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German Pages 670 Year 2012
Abhandlungen zum Deutschen und Europäischen Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht Band 59
Darlehensveräußerungen durch Banken Ein Beitrag zum Schuldner-, Datenund Funktionsschutz
Von
Urs Benedikt Lendermann
Duncker & Humblot · Berlin
URS BENEDIKT LENDERMANN
Darlehensveräußerungen durch Banken
Abhandlungen zum Deutschen und Europäischen Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht Herausgegeben von Professor Dr. Holger Fleischer, LL.M., Hamburg Professor Dr. Hanno Merkt, LL.M., Freiburg Professor Dr. Gerald Spindler, Göttingen
Band 59
Darlehensveräußerungen durch Banken Ein Beitrag zum Schuldner-, Datenund Funktionsschutz
Von
Urs Benedikt Lendermann
Duncker & Humblot · Berlin
Die Rechtswissenschaftliche Fakultät der Universität Zürich hat diese Arbeit im Jahre 2011 als Dissertation angenommen.
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Für Bernadette
Vorwort Das Kreditgeschäft der Banken dient der effizienten Kapitalallokation und ist ein Pfeiler der Wirtschaft. Auf der Suche nach neuen Geschäftsmodellen und Möglichkeiten zur Bilanzoptimierung betrachten Banken die von ihnen vergebenen Darlehen zunehmend als fungible Finanzprodukte, die sie dem Sekundärmarkt zugänglich machen und fortan dessen Regeln unterwerfen. Dies wirft eine Vielzahl kontrovers diskutierter Probleme auf, die sich im Kern um die Verkehrsfähigkeit von Forderungen und die Kontinuität des Vertragsverhältnisses drehen. Darlehensveräußerungen erschüttern die hergebrachte Gewissheit über die Grundfeste des Vertrauensverhältnisses zwischen Bank und Kunde, für das das Bankgeheimnis entscheidend ist. Zugleich verschärfen sie den ordnungspolitischen Diskurs über regulierungsbedüftige Finanzmarktaktivitäten. Dürfen Bankdarlehen dem regulierten Bereich entzogen werden? Erfordert der Kreditnehmerschutz ein Übertragungsverbot für Bankdarlehen mitsamt den zugehörigen Sicherheiten? Rechtfertigt sich umgekehrt eine Einschränkung des Bankgeheimnisses und anderer Rechtspositionen aus den Veräußerungsinteressen der Banken? Vertiefen Darlehensveräußerungen nicht die ohnehin bestehenden Anreizprobleme und Informationsasymmetrien zwischen den Beteiligten? Ausschlaggebend für die Auseinandersetzung mit diesen Fragestellungen wurde der bis anhin recht sorglose Umgang mit der Thematik, der in einem offensichtlichen Missverhältnis zu ihrer praktischen Brisanz stand. Die vorliegende Untersuchung begann gegen Ende des Jahres 2006. Sie fand mithin in einer spannenden und – wie sich bald herausstellen sollte – unverhofft passenden Zeit statt, waren Darlehensveräußerungen doch eine Hauptursache für die derzeitige Finanzmarktkrise. Mit dieser Arbeit sollen die mit Darlehensveräußerungen verbundenen Rechtsprobleme systematisch aufbereitet werden. Zugleich wird der Versuch unternommen, die gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen institutionell einzuhegen und eine praktikable Lösung zu unterbreiten, mit der die Veräußerbarkeit in das Konditionenbündel der Darlehen eingebettet werden kann. Diese Arbeit wurde am 14. Dezember 2011 von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Zürich als Dissertation angenommen. Ganz herzlich danke ich meinem Doktorvater Herrn Prof. Dr. Andreas Heinemann für die wohlwollende Aufnahme an seinem Lehrstuhl und die beispielhafte wie außergewöhnliche Unterstützung in allen Angelegenheiten. Er hat meine Begeisterung für das Thema von Beginn an geteilt und mir stets verlässlich Richtschnur gegeben, zugleich aber den Freiraum gewährt, von den üblichen Vorstellungen durchaus abweichende Ansätze zu verfolgen. Zu Dank verpflichtet bin ich Herrn Prof. Dr.
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Vorwort
Christian Kersting, Herrn Prof. Dr. Gebhard Rehm und Herrn Prof. Dr. Götz Schulze für den fachlichen Austausch und die vertrauensvolle Zusammenarbeit an der Universität Lausanne. In diesem Zusammenhang bedanke ich mich auch bei Frau Ute Cailler und Frau Daniela Serracca für ihre Hilfe in praktischen und persönlichen Belangen. Weiter danke ich meinem heutigen Arbeitgeber, der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht FINMA, namentlich meinem Vorgesetzten Herrn Dr. Reto Schiltknecht, dem Leiter der Gruppe Solvenz und Kapital im Geschäftsbereich Banken, für das meiner Arbeit entgegengebrachte Interesse und für vielseitige Förderung. Stellvertretend für meine Kollegen darf ich Herrn Christopher J. McHale und Herrn Andreas Achermann hervorheben, die anhand von Anschauungsmaterial zu strukturierten Darlehenstransaktionen dazu beigetragen haben, dass der Praxisbezug gewahrt blieb. Den Herausgebern der „Abhandlungen zum Deutschen und Europäischen Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht“ habe ich für die Aufnahme der Arbeit in ihre Reihe zu danken. Frau Regine Schädlich danke ich für die umsichtige Betreuung während der Drucklegung dieser Schrift. Besonders danke ich meinen Eltern Renate und Heiner B. Lendermann und meinen Schwiegereltern Annegret und Antonius Hummelt dafür, dass sie mich in meinem Weg stets bestärkt und dabei auf vielfältige Weise unterstützt haben. Meinem Vater danke ich insbesondere auch für wertvolle Anregungen sowie das sorgfältige Lektorat und meiner Mutter für die damit verbundene Logistik. Am meisten danke ich meiner Frau Bernadette für ihre verständnisvolle Fürsorge und selbstlose Hilfe. Ohne ihren Rückhalt und ihren steten Zuspruch wäre diese Arbeit nicht entstanden. Bern, im Mai 2012
Urs Benedikt Lendermann
Inhaltsverzeichnis 1. Kapitel Einleitung
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A. Darlehensveräußerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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B. Die Chronologie der Krisen ab dem Jahr 2007 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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C. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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D. Ziel der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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2. Kapitel Der Sekundärmarkt für Darlehen
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A. Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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B. Der Markt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Historische Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Ausfallrisiko der Darlehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Marktteilnehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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C. Motive und Interessenlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die veräußernden Banken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Erwerber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Die Darlehensnehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Gesamtwirtschaftliche Aspekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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D. Transaktionsstrukturen und rechtliche Gestaltungsmöglichkeiten . . . . . . . . I. Abtretung der Darlehensforderung (True Sale – Asset Deal) . . . . . . . . . . . . . II. Vertragsübernahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Abspaltung oder Ausgliederung der Darlehensverträge und Anteilsveräußerung (Share Deal) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Rechtliche Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Transaktionsgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Anwendungsbereiche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Scheinbare Vorteile der partiellen Gesamtrechtsnachfolge . . . . . . . . . . . .
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Inhaltsverzeichnis 3. Kapitel Die Reform des Darlehensrechts zum erweiterten Schutz von Kreditnehmern 2008
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A. Zweckmäßigkeit der nationalen Initiative . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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B. Einschränkung formularmäßiger Übernahmen von Darlehensverträgen . . I. Anwendung auf Vertragsübernahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Anwendung auf Forderungsabtretungen und Universalsukzessionen . . . . . .
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C. Transparenzregeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Hinweis auf die Abtretbarkeit und Übertragbarkeit bei Immobiliardarlehensverträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Gesetzeszweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zweckmäßigkeitsanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Beschränkung des Anwendungsbereichs auf Immobiliardarlehen . . . . . . II. Anzeigepflicht bei Forderungsabtretung und Wechsel der Person des Darlehensgebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Gesetzeszweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Kritik und Vorschlag eines alternativen Informationskonzepts . . . . . . . . . III. Verpflichtung des Darlehensgebers zu einem Folgeangebot oder einem Hinweis auf die Nichtverlängerung des Vertrages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Gesetzeszweck und Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Verpflichteter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Auswirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Europarechtliche und konzeptionelle Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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D. Verbesserter Kündigungsschutz bei Immobiliardarlehen . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Aufhebung der Privilegierung für Immobiliardarlehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Angleichung an die Kündigungsvoraussetzungen für Verbraucherkredite . . III. Auswirkung auf die Kündigung nach § 490 Abs. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Weitergehender Schutz vor Zinserhöhungen und Nachbesicherungen? . . . .
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E. Änderungen im Kreditsicherungs- und Zwangsvollstreckungsrecht . . . . . . . 90 I. Praxis der Grundschuldbesicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 II. Einreden aus dem Sicherungsvertrag gegenüber dem Erwerber einer Sicherungsgrundschuld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 1. Einredensystem der Grundschuld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 2. Geltung bei Erwerb noch nicht vollständig verwirklichter Einreden . . . . 100 3. Ausschluss des gutgläubigen einredefreien Erwerbs . . . . . . . . . . . . . . . . . 101
Inhaltsverzeichnis
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4. Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Dogmatische Bedenken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Praktisches Erfordernis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Verbleibende Schutzlücke hinsichtlich des abstrakten Schuldanerkenntnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Ausweichstrategie durch Renaissance der Verkehrshypothek? . . . . . . 5. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Kündigung als zwingende Voraussetzung für die Fälligkeit von Grundschulden zur Sicherung einer Geldforderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Besondere Kündigungsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Fehlende Regelung auf dinglicher Ebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Auslegung des Sicherungsvertrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Kündigungsgleichlauf und Fälligkeitsdifferenz nach dem Sicherungsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Reduzierung auf eine Warnfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Auswirkungen auf die Verwertbarkeit der Grundschuld . . . . . . . . . . . . . . a) Fehlen besonderer Vollstreckungsbedingungen und Aufnahme eines Nachweisverzichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Erteilung einer qualifizierten Vollstreckungsklausel unter Nachweis der Fälligkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung mit Nachweisverzicht . aa) Prinzipielle Bedenken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) AGB-rechtliche Klauselkontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Verbot der Beweislaständerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Unangemessene Benachteiligung wegen Verlagerung der Leistungsgefahr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Unangemessene Benachteiligung wegen Vollstreckungsmöglichkeit vor Fälligkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Unberücksichtigte Ansprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Zinsen und Nebenleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Abstraktes Schuldanerkenntnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Vollstreckbare Ausfertigung wegen der Zinsen und Nebenleistungen aus der Grundschuld und dem abstrakten Schuldanerkenntnis . . . . . . IV. Schadensersatzanspruch bei unzulässiger Vollstreckung aus Urkunden durch andere Gläubiger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Bedürfnis für die Haftungsregelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Verschuldensunabhängige Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Fortbestehende Schutzlücken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Inhaltsverzeichnis V. Einstellung der Zwangsvollstreckung ohne Sicherheitsleistung . . . . . . . . . . 136
F. Nicht abtretbare Unternehmenskredite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137
4. Kapitel Die Maßnahmen zur Finanzmarktstabilisierung im Jahre 2008 A. Interventionen des Staates als Lender of last Resort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Geschichtlicher Hintergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Lehrbuchartiges Vorgehen der Staatengemeinschaft in der Finanzkrise der Jahre 2007 bis 2009 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Das Gesetz zur Umsetzung eines Maßnahmenpakets zur Stabilisierung des Finanzmarktes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Gesetzesgenese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Überblick über das staatliche Instrumentarium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Folgen für den Staat und die Allgemeinheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Besondere Regelung der Risikoübernahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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5. Kapitel Darlehensveräußerungen und die Geheimhaltungspflichten des Kreditgewerbes A. Rechtsgrundlagen und Ausgestaltung der Geheimhaltungspflichten . . . . . . I. Verfassungsrechtliche Grundlagen der Geheimhaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Bankgeheimnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Funktion und Zweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Fehlen einer ausdrücklichen gesetzlichen Grundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Gewohnheitsrechtliche Schutzpflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Quasivertragliche gesetzliche Schutzpflicht aus gesteigertem Vertrauen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Vertragliche Nebenpflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Inhalt des Bankgeheimnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Bankgeheimnis in der Insolvenz der Bank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Amtsgeheimnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Schutzrichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Individualschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Gemeinschaftsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Schutzkombination . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
150 150 150 153 153 154 155 157 158 163 165 167 167 169 169 171 172
Inhaltsverzeichnis 3. Schutzinhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Geheimhaltungsverpflichtete und -berechtigte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Geheimhaltungsgegenstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Privatgeheimnisse und Darlehensveräußerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Staatliche Leistungsverwaltung im Kreditwesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Öffentliche Verwaltung und ihre Rechtfertigung . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Rückzug des Staates durch Privatisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Arten, Organisation und Eigentümerstruktur öffentlicher Banken . . . 5. Anwendung auf Mitglieder der Organe und Dienstkräfte öffentlicher Banken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Behörde oder sonstige Stelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Definition und Abgrenzung der Begriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Kreditinstitute in der Rechtsform einer Anstalt des öffentlichen Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Grundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Öffentlicher Auftrag im Kreditwesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Privatbeteiligung insbesondere über Holding-Modelle . . . . . (4) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Öffentliche Kreditinstitute in Privatrechtsform . . . . . . . . . . . . . . . dd) Gesetzesergänzung und einschränkende Auslegung des BGH . . ee) Eigentum der öffentlichen Hand und Finanzierung aus öffentlichen Mitteln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Staatliche Steuerungs- und Einflussnahmemöglichkeiten . . . (2) Staatliche Monopolstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Öffentliche Zwecksetzung im Gesellschaftsvertrag . . . . . . . . (4) Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Bestellungsakt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Konkrete Wahrnehmung von Aufgaben der öffentlichen Verwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Ansicht 1: Öffentliche Banken nehmen stets Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Ansicht 2: Funktionsbereiche sind auf Organebene untrennbar verbunden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Ansicht 3: Funktionsbezogene Unterscheidung; erwerbswirtschaftlich-fiskalische Tätigkeit ist keine öffentliche Verwaltung dd) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Anwendung auf Mitglieder der Organe und Angestellte von Privatbanken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Beleihung Privater . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Beleihung im Sparkassensektor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
13 173 173 174 174 176 176 179 184 187 189 189 191 191 192 194 196 197 197 199 200 201 201 202 205 205 206 207 208 210 212 213 213 213
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Inhaltsverzeichnis bb) Beleihung bei Inanspruchnahme von Stützungsmaßnahmen des Finanzmarktstabilisierungsgesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Mitarbeiter Beliehener als Amtsträger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Bezug der Amtsträgerschaft auf die Datenoffenbarung im Zuge von Darlehensveräußerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Analoge Anwendung auf Mitarbeiter von Privatbanken für den Normalfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Reichweite des speziellen und allgemeinen Analogieverbots . . . bb) Keine planwidrige Regelungslücke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Keine vergleichbare Interessenlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Verfassungskonforme Reduktion des Tatbestands von § 203 StGB für öffentliche Banken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die herrschende Ansicht in Rspr. und Lit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Anwendbarkeit des Willkürverbots . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Vergleichbarkeit der Bankengruppen und Ungleichbehandlung . . . . . aa) Geschäftstätigkeit und Wettbewerbsteilnahme . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Refinanzierungssituation nach Wegfall von Gewährträgerhaftung und Anstaltslast . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Datensensibilität und Offenbarungszwang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Sachliche Differenzierungskriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Strafzwecke als Rechtfertigung der Ungleichbehandlung . . . . . . bb) Staatliche Bindungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Erfüllung öffentlicher Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Erwartungshaltung und Vertrauen der Kunden im Lichte des Bezeichnungsschutzes für Sparkassen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Überdehnung des Willkürverbots . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Kein Erfordernis zu einer Angleichung der Rechtsfolgen aus Wettbewerbsgründen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Kein Zwang zur Reduktion des § 203 StGB aufgrund der europarechtlichen Kapitalverkehrsfreiheit und der Gleichbehandlung innerstaatlicher Sachverhalte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Auswirkungen auf den Wettbewerb im Kreditsektor . . . . . . . . . . ee) Formale Grenzen aufgrund der innerstaatlichen Kompetenzverteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Datenschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Schutzzweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Schutzinhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Adressatenkreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Differenzierung in öffentliche und nicht öffentliche Stellen . . . . . . . .
214 215 216 217 218 220 220 222 222 224 226 226 227 228 229 229 229 230 231 233 233 235
237 237 238 239 240 240 242 243 243 244
Inhaltsverzeichnis c) Personenbezogene Daten und Dateibezug bei nicht öffentlichen Stellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Erhebung, Verarbeitung und Nutzung im Zusammenhang mit Darlehensveräußerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Verhältnis des BDSG zum Bankgeheimnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Einordnung des Bankgeheimnisses in die Konkurrenzregelung des § 1 Abs. 3 S. 1 und 2 BDSG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Regelungsgehalt des § 1 Abs. 3 S. 2 BDSG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Vorrang des BDSG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Subsidiarität des BDSG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Parallelgeltung von BDSG und Bankgeheimnis . . . . . . . . . . . . . . dd) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Verhältnis des BDSG zu § 203 Abs. 2 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Eingriff in die Geheimhaltungspflichten bei einer Darlehensveräußerung . I. Rechtlicher Zusammenhang zwischen Abtretung und Informationsweitergabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Geheimhaltung im Widerstreit mit dem zivilrechtlichen Bestimmtheitsgebot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Geheimhaltung im Widerstreit mit der Auskunftspflicht aus § 402 BGB 3. Geheimhaltung im Widerstreit mit der Unwirksamkeit dinglicher Verfügungsverbote gemäß § 137 S. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen Abtretung und Informationsweitergabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Trennung von Forderungsinhaber und Servicer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Wahrscheinlichkeit einer Datenweitergabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Verletzung der Geheimhaltungspflichten in Sonderfällen . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Äquivalente Geheimhaltungspflicht des Erwerbers ohne Auswirkung . . 2. Rechtskräftige Feststellung der abzutretenden Forderung ohne Auswirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Rechtfertigt die Abtretung von Darlehensforderungen eine Beschneidung der Geheimhaltungspflichten? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Grenzen des Bankgeheimnisses nach den AGB-Banken . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Gesetzliche Bestimmung, Nr. 2 Abs. 1 S. 2 Var. 1 AGB-Banken . . . . . . . a) Informationspflicht aus § 402 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Abtretung als Auslagerung gemäß § 25a Abs. 2 KWG . . . . . . . . . . . . c) Ausnahmeregelung in § 16 Abs. 2 FMStBG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Gerichtsöffentlichkeit im Klageverfahren und Offenbarungen an Zwangsvollstreckungsorgane . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Bankauskunft, Nr. 2 Abs. 1 S. 2 Var. 3 AGB-Banken . . . . . . . . . . . . . . . .
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246 247 248 248 249 250 250 252 253 256 257 258 258 260 261 264 264 265 267 267 271 273 274 275 276 277 279 282 283 285
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Inhaltsverzeichnis 3. Einwilligung, Nr. 2 Abs. 1 S. 2 Var. 2 AGB-Banken . . . . . . . . . . . . . . . . . 285 a) Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285 b) Ausdrückliche Einwilligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287 c) Konkludente Einwilligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 288 d) Mutmaßliche Einwilligung und objektives Interesse des Kunden . . . 290 4. Selbstbeschränkung der Bank auf die Rechtfertigungsgründe der Nr. 2 Abs. 1 S. 2 AGB-Banken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292 5. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 294 6. Modifizierungsvorschlag für die AGB-Banken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 294 II. Grenzen des Bankgeheimnisses nach den AGB-Sparkassen . . . . . . . . . . . . . 295 1. Bankgeheimnis als vertragliche Pflicht nach Nr. 1 Abs. 1 S. 2 AGBSparkassen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295 2. Keine Selbstbeschränkung der Sparkasse hinsichtlich etwaiger Rechtfertigungsgründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 296 3. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297 III. Grenzen des Bankgeheimnisses außerhalb der AGB-Banken und AGBSparkassen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298 1. Möglichkeit weiter gehender Relativierungen oder Rechtfertigungen . . 298 2. Wahrnehmung berechtigter Interessen und überwiegendes Eigeninteresse des Kreditinstituts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 300 3. Schikaneverbot und fehlendes berechtigtes Eigeninteresse, §§ 226, 242 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303 4. Störung der Geschäftsgrundlage des Bankgeheimnisses nach § 313 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 305 5. Verhältnis zwischen dem Geheimhaltungsinteresse und finanziellem Aufwand gemäß § 275 Abs. 2 BGB (Faktische Unmöglichkeit) . . . . . . . 306 6. Rechtsmissbrauch wegen Unverhältnismäßigkeit und eigenen vertragswidrigen Verhaltens nach § 242 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 308 a) Verbleibender Anwendungsbereich für eine Schuldausschließung nach § 242 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 310 b) Bankbetrieblicher Normalfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 311 c) Notleidende Bank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 312 aa) Auskunftspflichten in Zwangsvollstreckungs- und Insolvenzverfahren des Darlehensgebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 312 (1) Rechtsprechung zu Berufsgeheimnisträgern . . . . . . . . . . . . . . 313 (2) Grundrechtliche Abwägung des Bundesverfassungsgerichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 314 (3) Übertragung auf Kreditinstitute . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 314 (4) Rechtstechnische Begründung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 315 bb) Übertragung der Grundsätze auf das Insolvenzverfahren des Darlehensgebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 316
Inhaltsverzeichnis cc) Übertragung der Grundsätze auf eine Krise des Darlehensgebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Stellenwert der Existenzsicherung von Banken . . . . . . . . . . . (2) Erforderlichkeit einer Datenweitergabe bei existenzsichernder Darlehensveräußerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Keine Sanierungsverantwortlichkeit der Darlehensnehmer . dd) Verlust der Fähigkeit des Zedenten zum Servicing nach anfänglich anonymisierter Abtretung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Notleidender Darlehenserwerber nach anonymisierter Veräußerung . e) Notleidende Kredite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Herrschende Ansicht: Berufung auf das Bankgeheimnis als Rechtsmissbrauch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Gerichtsöffentlichkeit im Klageverfahren und Datenweitergaben an Vollstreckungsorgane im Zuge von Zwangsvollstreckungen . . cc) Übertragung der Grundsätze auf eine Abtretung zu Verwertungszwecken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Geeignetheit und Erforderlichkeit im Hinblick auf eine alternative Eigenverwertung der Darlehen . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Betroffene Rechtsgüter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Abwägung der betroffenen Rechtsgüter . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Einfluss einer eigenen Vertragsverletzung des Darlehensnehmers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (5) Einfluss einer vergleichbaren Schweigepflicht des Erwerbers und einer rechtskräftigen Anspruchsfeststellung . . . . . . dd) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Immanente Grenzen des Bankgeheimnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Analogie zu gesetzlichen Offenbarungsbefugnissen für Berufsgeheimnisträger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Ausgewählte gesetzliche Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) § 49b Abs. 4 S. 1 BRAO und § 64 Abs. 2 S. 1 StBerG . . . . . . . . bb) § 17 Abs. 3 S. 2 KHEntgG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) § 16 Abs. 2 FMStBG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Übertragbarkeit und Verallgemeinerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Planwidrige Regelungslücke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Vergleichbarkeit der Interessenlage und Ergebnis einer Rechtsfolgenabwägung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Verfassungsrechtliche Schranken einer Analogie . . . . . . . . . . . . . 9. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Grenzen des Amtsgeheimnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Grenzen des Datenschutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Zweckbestimmung des Darlehens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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318 319 319 319 322 323 324 324 325 329 329 331 332 334 338 339 340 341 342 342 343 344 344 344 345 346 348 350 351 351
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Inhaltsverzeichnis a) Keine Erfassung der Datenübermittlung durch bisherige Zweckvereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Keine andere Beurteilung bei ausdrücklicher Vereinbarung der Veräußerbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Wahrung berechtigter Interessen der Bank oder des Darlehenserwerbers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Datenoffenbarung zur Verwirklichung der Interessen der veräußernden Bank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Einfluss der Interessen des Darlehenserwerbers . . . . . . . . . . . . . . . . . .
352 353 354 354 356
D. Geheimhaltungspflichten in Abspaltung und Ausgliederung . . . . . . . . . . . . . I. Verletzung des Datenschutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. UmwG als Spezialnorm oder Erlaubnisnorm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Übermittlung der Daten an einen Dritten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Besondere Rechtfertigung der Datenverarbeitung durch Umwandlungen a) Zweckbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Interessenabwägung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Fehlendes Umwandlungsprivileg bei Darlehenstransaktionen . . . . . . II. Verletzung des Bankgeheimnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Kein Übergang, sondern Vervielfältigung des Bankgeheimnisses in der Umwandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Konsequenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Verletzung des Amtsgeheimnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
357 358 358 359 363 363 364 366 367 367
E. Ökonomische Erwägungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Vertrauen im Kreditgewerbe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Prinzipal-Agent-Beziehung im Kreditgeschäft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Wohlfahrtseinbußen infolge einer Verletzung des Bankgeheimnisses . . . . . IV. Folgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
372 372 373 375 376
368 370 371
6. Kapitel Abtretungsverbote und Übertragungsverbote A. Historische Entwicklung der Sonderrechtsnachfolge in Forderungen und ihre Einschränkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Historischer Exkurs zur Etablierung der Forderungsabtretung . . . . . . . . . . . 1. Das klassische und nachklassische römische Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Der Weg in die Neuzeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Das Bürgerliche Gesetzbuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Ausgewählte Verbote und Begrenzungen der Sonderrechtsnachfolge in Forderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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379 379 379 380 381 384
Inhaltsverzeichnis
19
1. Das Verbot der Forderungsübertragung auf einen potentior . . . . . . . . . . . 2. Die Beschränkung der Höhe einer abgetretenen Forderung auf ihren Kaufpreis – Lex Anastasiana . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Veräußerungsverbote für Pfandleiher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Beschränkung der Abtretung von Pachtkrediten auf Kreditinstitute . . . . III. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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B. Abtretungsverbote aufgrund kreditaufsichtsrechtlicher Schutzvorschriften I. Anwendungsbereich des Kreditwesengesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Abgestufte Regulierung des KWG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Erwerb von Darlehensforderungen als Kreditgeschäft . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Keine Ausnahme für den Erwerb nicht fälliger Darlehensforderungen . . 4. Konditionenanpassungen und Moratorien hinsichtlich erlaubnisfrei erworbener Darlehensforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Zweck der Kreditaufsicht und der Regulierung des Kreditwesens . . . . . . . . 1. Stabilität des Finanzsystems und Schonung der Staatsfinanzen . . . . . . . . 2. Individualschutz der Gläubiger, Anteilseigner und Schuldner . . . . . . . . . a) Keine Geltung der gesetzlichen Schutzzweckbegrenzung für Institutspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Schutzzweck der materiellen Anforderungen an Kreditinstitute . . . . c) Rechtsprechung zum Schutzbereich von § 34 Abs. 3 GewO . . . . . . . d) Rechtsgedanke des § 13 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 PachtKrG . . . . . . . . . . . . . . e) Argument aus dem Anwendungsbereich des Kreditwesengesetzes . . 3. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Verbot der Abtretung von Forderungen aus Bankdarlehen de lege lata . . . . 1. Abtretungsverbot gemäß § 134 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Kein Verstoß gegen ein ausdrückliches gesetzliches Verbot . . . . . . . . b) Umgehung des Gesetzeszwecks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Verschiebung bestehender Risiken in nicht regulierte Bereiche als Verstoß gegen den aufsichtsrechtlichen Funktionsschutz . . . . (1) Fortbestand der Kreditrisiken nach einer Darlehensveräußerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Aufsichtsrechtliche Erfassung sowohl originärer als auch derivativer Kreditrisiken bei Kreditinstituten . . . . . . . . . . . . . (3) Keine Erfassung derivativer Kreditrisiken bei Nichtinstituten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Kritik an der Diskrepanz der Kreditdefinitionen im Lichte des aufsichtsrechtlichen Schutzzwecks . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Aushebelung der individualschützenden Vorschriften des KWG (1) Reichsgericht zur Abtretung von Forderungen von öffentlichen Pfandleihern an Dritte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Inhaltsverzeichnis (2) Umgehung der individualschützenden Regelungen des KWG (3) Abgrenzung zum Verbot der Kreditvergabe . . . . . . . . . . . . . . cc) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Nichtigkeitsfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Erforderlichkeit zur Verwirklichung der aufsichtsrechtlichen Schutzzwecke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Vertrauensschutz aufgrund bisheriger politischer Förderung . . . cc) Fehlen einer gesetzlichen Grundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Abtretungsverbot wegen Änderung der Gläubigereigenschaft gemäß § 399 Hs. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Vertragliches Verbot der Abtretung an Nichtbanken gemäß § 399 Hs. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Reform der Bankenaufsicht und Bankenregulierung de lege ferenda . . . . . . 1. Vorschläge des US-Federal Reserve System und Dodd-Frank Act 2010 2. Eigenmittelhinterlegung und Nachhaftung des Darlehensoriginators nach Richtlinie 2009/111/EG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Verhinderung eines Lemon Market . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Vorschläge im Gesetzgebungsverfahren zum Risikobegrenzungsgesetz und Koalitionsvertrag von CDU/CSU und FDP aus dem Jahr 2009 . . . . 5. Ansätze aus der aufsichtsrechtlichen Neubewertung des Factoring . . . . . 6. Stellungnahme zum gesetzlichen Status quo und den bisherigen Reformen und Vorschlägen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Eigener Vorschlag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Schließung der Schutzlücke für systemische Risiken aus der Darlehensvergabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Reduzierung komplexer Risikogewichtung der Verbriefungspositionen gegenüber Zweckgesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Reduzierung der Anreize zur Darlehensveräußerung aus Gründen der Aufsichtsarbitrage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Schutz der Interessen der Darlehensnehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Ausgestaltung einer gesetzlichen Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Erweiterung des Aufsichtsnexus um den Erwerb bestehender Darlehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Keine Ausnahme fälliger Forderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Ausnahme von Darlehen, die von vornherein am Kapitalmarkt begeben werden können . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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C. Abtretungsverbot für Darlehensforderungen als Folge einer drohenden Verletzung der Geheimhaltungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 436 I. Überblick über die Rechtsprechungsentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 437
Inhaltsverzeichnis
II. III. IV.
V.
1. Bundesgerichtshof zur Abtretung von Honorarforderungen durch Berufsgeheimnisträger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Oberlandesgericht Frankfurt am Main zur Abtretung von Darlehensforderungen einer Privatbank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Bundesgerichtshof zur Abtretung von Darlehensforderungen einer Privatbank an eine andere Privatbank mit formularmäßiger Einwilligung . . 4. Bundesverfassungsgericht zur Abtretung von Darlehensforderungen einer Privatbank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Bundesgerichtshof und Oberlandesgericht Schleswig zur Abtretung von Darlehensforderungen einer Sparkasse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Zusammenfassung und Problemschwerpunkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vertragliches Abtretungsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Inhaltsänderung der Forderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gesetzliches Abtretungsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Auswirkungen des Risikobegrenzungsgesetzes auf die Veräußerbarkeit von Darlehensforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Gewohnheitsrechtliche Regelung eines Abtretungsverbots, § 134 BGB 3. Datenschutzrechtliches Abtretungsverbot, § 134 BGB i.V. m. §§ 4, 28 BDSG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Amtsgeheimnis als Abtretungshindernis, § 134 BGB i.V. m. § 203 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erfordert die Gefährdung der informationellen Selbstbestimmung ein Abtretungsverbot? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Effizienz des Geheimnisschutzes durch anderweitige Prävention und Sanktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Gefährdungsgrad . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Abwägung mit dem Allgemeininteresse an der Verkehrsfähigkeit von Forderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
D. Schutz vor einem Wechsel des Sicherungsnehmers bei Immobiliardarlehen I. Ausgangslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Grundschuld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Ausdrückliche Vereinbarung eines Abtretungsausschlusses . . . . . . . . . . . 2. Fehlen eines ausdrücklichen Abtretungsausschlusses . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Die Sicherungsabrede . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Die Vollstreckungsunterwerfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Abtretungsverbot für die prozessuale Vollstreckungsunterwerfung . . . . . 2. AGB-rechtliche Unwirksamkeit im Falle der Veräußerbarkeit der Darlehen und Übertragbarkeit der Sicherheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Bisherige Interessenabwägung des BGH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Neubewertung unter dem Aspekt der Veräußerbarkeit und Veräußerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Inhaltsverzeichnis c) Kritik des BGH, der obergerichtlichen Rspr. sowie der Lit. unter Berücksichtigung des Risikobegrenzungsgesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Eintritt in den Sicherungsvertrag als Voraussetzung für die Erteilung der Rechtsnachfolgeklausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Zu einer Unwirksamkeit wegen Summierung der Titulierung mit ihrer Veräußerbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zu einem Abtretungsverbot für Vollstreckungsunterwerfungen . . . . . c) Zu der Auslegung des BGH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
E. Wirksamkeit der Darlehensübertragungen aufgrund von Abspaltung und Ausgliederung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Kreditaufsichtsrechtliche Aspekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Übertragungsverbote und Genehmigungsvorbehalte bezüglich des Rechtsübergangs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Beschränkung auf ausdrücklich vereinbarte Abtretungsverbote . . . . . . . . 2. Regelungsinhalt des § 132 UmwG a. F. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Abschaffung des § 132 UmwG a. F. und ihre Folgen . . . . . . . . . . . . . 4. Reduktion der Umwandlungsfreiheit aufgrund fehlenden Umwandlungsprivilegs bei Portfoliotransaktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Zustimmungserfordernis zum Pflichten- und Vertragsübergang . . . . . . . . . . 1. Zivilrechtliche Grundsätze zur Wahrung der Interessen der Gläubiger und Vertragspartner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zurücktreten von Zustimmungs- und Widerspruchsrechten Dritter hinter den Umsetzungsanspruch des Umwandlungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . 3. Auswirkungen eines fehlenden Umwandlungsprivilegs bei Darlehenstransaktionen auf die bisherige Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Stellungnahme und Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . F. Ökonomische Erwägungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Der ökonomisch „richtige“ Umgang mit externen Effekten . . . . . . . . . . . . . . II. Systemschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Individualschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Folgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
468 472 473 473 476 476 477 477 479 479 479 479 480 482 484 485 485 486 488 489 491 491 493 495 496
7. Kapitel Rechte des Darlehensnehmers aus der Verletzung der Geheimhaltungspflichten
497
A. Unterlassungsanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 497 B. Schadensersatzanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 498
Inhaltsverzeichnis
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Rechtsgrundlagen der Ersatzpflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Das Bankgeheimnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Das Amtsgeheimnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Der Datenschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Ersatzfähiger Schaden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Vorherrschende Ansicht: Kein ersatzfähiger Schaden bei Darlehensveräußerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Kenntnis des Zessionars von den Daten des Darlehensnehmers als unmittelbarer Schaden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Durchsetzbarkeit und Durchsetzung der Darlehensforderung durch Dritte als mittelbarer Schaden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Ausgangspunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Schutzbereich des Bankgeheimnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Möglichkeit der Durchsetzung durch die Bank als unbeachtliche Reserveursache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Ausgleich des unmittelbaren Schadens in Gestalt der Schuldnerdaten in Händen Dritter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Hinwirkung auf Löschung und Rücksendung der Daten . . . . . . . . . . . . . . 2. Auswirkung auf den Schuldendienst und Wirkung gegenüber dem Forderungserwerber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Einwand des Rechtsmissbrauchs wegen rechtswidriger Erlangung der Daten, § 242 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Bankgeheimnis und Amtsgeheimnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Besonderheiten des Datenschutzrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zurückbehaltungsrecht an den Darlehensraten mit Wirkung gegenüber dem Erwerber, §§ 273, 404 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Folgen für die Abtretung von Darlehensforderungen . . . . . . . . . . . . . . 3. Entschädigung in Geld? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Grenzen der Restitution . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Fehlendes vertragliches Äquivalent für die Geheimhaltungspflicht . . c) Grenzen der Kompensation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Prävention, Genugtuung und Sanktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Kommerzialisierung der Schuldnerdaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Vermögenswerte Interessen als Inhalt der Geheimhaltungsrechte – Property-Rights-Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Implizite Kommerzialisierung der Schuldnerdaten durch die Bank und den Forderungsinvestor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Wrotham-Park-Ansatz bei der Verletzung von Geheimhaltungspflichten – die Entscheidung Pell Frischmann . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Höhe einer fiktiven Lizenzgebühr bzw. Preis einer hypothetischen Einwilligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
498 498 498 499 499
I.
499 500 501 501 501 503 504 504 504 505 506 506 507 507 510 511 511 512 513 513 516 516 517 519 521
24
Inhaltsverzeichnis f) Mindestersatz mit Lenkungsfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Ausgleich des mittelbaren Schadens in Gestalt der Forderungsdurchsetzbarkeit durch Dritte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Freistellungsanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Anspruchsinhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Keine vollständige Befreiung von der Darlehensforderung . . . . . . . . c) Durchführung der Freistellung ohne Verlust der Forderung . . . . . . . . d) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Erstattungsanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Grundsatz: Umwandlung des Freistellungsanspruchs in einen Zahlungsanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Kein Ersatz des Integritätsinteresses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Kein Wertersatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
C. Sonderkündigungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Normative Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Verletzung der Geheimhaltungspflichten im Kreditgeschäft als schwerer Vertrauensbruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Scheinbare Nachteile eines Sonderkündigungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
523 523 523 523 524 525 527 527 527 528 529 531 531 531 532 534 535
D. Besonderheiten bei Abspaltung und Ausgliederung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 537
8. Kapitel Wahrung der wirtschaftlichen Selbstbestimmung und des vertraglichen Äquivalenzverhältnisses
539
A. Determinanten des Kreditzinses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Betriebswirtschaftliche Grundlagen der Risikoadjustierung mit Blick auf das versicherungstechnische Äquivalenzprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Systemimmanente Grenzen laufender Zinsanpassungen an Bonitätsveränderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Durchsetzung des Symmetrieprinzips und des Transparenzgebots . . . . . . . . IV. Solidargedanke und Gleichberechtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Drohende Überschuldung des Darlehensnehmers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Kompromiss zwischen Kollektivierung und Individualisierung . . . . . . . . . .
540
B. Die Veräußerbarkeit als Konditionenbestandteil des Darlehens . . . . . . . . . . . I. Vorgaben der Hinweispflicht nach Art. 247 § 9 Abs. 1 S. 2 EGBGB . . . . . 1. Fall 1: Erteilung des Hinweises . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Fall 2: Vereinbarung eines Abtretungs- und Übertragungsausschlusses . 3. Fall 3: Untätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
550 551 551 552 552
541 543 545 547 549 550
Inhaltsverzeichnis
25
II. Folgen einer Verletzung der Hinweispflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Schadensersatzanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Restitution im Wege der Freistellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Anpassung der im Zins enthaltenen Liquiditätsprämie . . . . . . . . . . . . c) Vertragsauflösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Sonderkündigungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Besonderheiten bei Abspaltung und Ausgliederung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Schuldrechtliche Wirkungen von Abtretungs- und Übertragungsverboten 2. Verletzung der Hinweispflicht als Verletzung der negativen Abschlussfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
554 554 554 555 555 556 556 557
C. Unzulässigkeit bonitätsabhängiger Zinsänderungsklauseln bei Summierung mit Veräußerbarkeit der Darlehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Der Kreditausfall als das mit dem Risikozuschlag und der Risikoprämie „versicherte“ Risiko . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Verschiebung des Äquivalenzverhältnisses aufgrund Veränderung der Risikostruktur des Gläubigers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Unterscheidung der Risikosphären und der Kontrollfähigkeit nach Art der Zinsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Änderung der Gewinnspanne aufgrund veränderter Kostenstruktur . . . . 3. Kautelarjuristische Maßnahmen zur Vermeidung der AGB-rechtlichen Unwirksamkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Instrumente des Darlehensnehmers zur Verhinderung des Gläubigerwechsels und des Datenflusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Widerspruchsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Sonderkündigungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Vorkaufsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Bevorzugte Lösung unter Sachgesichtspunkten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Diskussion im Gesetzgebungsverfahren zum Risikobegrenzungsgesetz . 2. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Normative Herleitung eines darlehensrechtlichen Vorkaufsrechts aus einer Analogie zum Wohnraummietrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Normzweck der § 577 i.V. m. §§ 463 ff. BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Planwidrige Regelungslücke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Vergleichbare Interessenlage mit dem Wohnraummietrecht . . . . . . . . . . . 4. Übertragbarkeit der Rechtsfolgen des § 577 BGB auf einen Darlehensverkauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Folgeprobleme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Vorkauf bei mehreren Verkäufen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Differenzierende Kaufpreisabrede im Hinblick auf die Vorfälligkeitsentschädigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
557 558 558 560 560 560 561 561 562 562 563 564 564 564 567 570 570 571 572 574 574 574 576
26
Inhaltsverzeichnis 3. Sicherheitsleistung zugunsten des Verkaufsverpflichteten . . . . . . . . . . . . 577 4. Geltung in Abspaltung und Ausgliederung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 578 V. Reformvorschlag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 579
9. Kapitel Formularmäßige Regelung der Darlehensveräußerung
580
A. Hinweis auf Veräußerbarkeit nach Art. 247 § 9 Abs. 1 S. 2 EGBGB . . . . . . 580 B. Befreiung vom Bankgeheimnis und den übrigen Geheimhaltungspflichten I. Anwendbarkeit der AGB-Kontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Schutz vor dem Überraschungsmoment, § 305c BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Unangemessene Benachteiligung gemäß § 307 Abs. 1 S. 1 BGB . . . . . . . . . 1. Berücksichtigung der Interessen des Partners bei anfänglichen Pauschaleinwilligungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Keine Ausnutzung eines strukturellen Ungleichgewichts aufgrund der Wahlmöglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Einzeleinwilligungen vor Darlehensveräußerung keine Alternative zu Pauschaleinwilligungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Angemessener Ausgleich für die Datenweitergabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Zinsvorteile ohne Einfluss auf das Abwägungsergebnis . . . . . . . . . . . b) Widerrufsrecht – partieller Opt-out . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Verfassungsrechtliche Garantien im Widerstreit mit dem Vertrauen auf den Bestand der Einwilligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) These von der entgeltlichen Lizenzierung der Schuldnerdaten . . cc) Interessenausgleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Vorkaufsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Beschränkungen und Verschwiegenheitsverpflichtung des Empfängers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Schutz vor Intransparenz, § 307 Abs. 1 S. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Grundsatz: „informed consent“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Beschränkte Möglichkeit zur Konkretisierung der Datenempfänger bei Vertragsschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Angemessener Ausgleich durch alternatives Informationskonzept . . . . . V. Äußere Gestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
580 582 583 583 584 584 586 587 587 589 589 590 590 591 592 593 593 594 594 594 595 596
C. Explizitmachung der Rechte des Darlehensnehmers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 596 Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 597
Inhaltsverzeichnis
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Anhang A: Vorschlag für die Einbeziehung des gewerbsmäßigen Erwerbs von Darlehen oder Darlehensforderungen in die Bankgeschäfte des KWG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 611 Anhang B: Vorschlag für eine Anpassung des Informationskonzeptes des § 496 Abs. 2 BGB sowie die Aufnahme eines Vorkaufsrechts . . . . . . 612 Anhang C: Vorschlag für eine Änderung der AGB-Banken . . . . . . . . . . . . . . . . . . 614 Anhang D: Vorschlag für eine formularmäßige Regelung der Veräußerbarkeit eines Immobiliardarlehensvertrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 615 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 618 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 664
Abkürzungsverzeichnis a. A. abl. ABlEG ABlEU ABS Abs. abw. AcP a. E. AEUV a. F. AG AGB AGBG AGG AktG allg. ALR Alt. Anh. Anm. AO arg. Art. AT Aufl. ausdr. BaFin BAG BAGE BayObLG BayObLGZ BB BBankG
anderer Ansicht ablehnend Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Amtsblatt der Europäischen Union Asset-Backed Securities Absatz (Absätze) abweichend Archiv für die civilistische Praxis am Ende Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union alte Fassung Aktiengesellschaft; Die Aktiengesellschaft (Zeitschrift); Amtsgericht Allgemeine Geschäftsbedingungen Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (aufgehoben) Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz Aktiengesetz allgemein Allgemeines Landrecht Alternative Anhang Anmerkung(en) Abgabenordnung argumentum Artikel Allgemeiner Teil Auflage ausdrücklich Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht Bundesarbeitsgericht Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts Bayerisches Oberstes Landesgericht Entscheidungen des Bayerischen Obersten Landesgerichts in Zivilsachen Der Betriebs-Berater Bundesbankgesetz
Abkürzungsverzeichnis BBl. Bd. BDSG Begr. BFH BFHE BGB BGBl. BGE BGH BGHSt BGHZ BHO BKR BMF BMJ BNotO BR BRAO BR-Drucks. BT-Drucks. BuB Buchst. BVerfG BVerfGE BVerwG BVerwGE bzgl. bzw. C CTh dass. DAV DB ders. dies. Diss. DJT DNotI DNotZ DÖV DRiZ
Schweizerisches Bundesblatt Band (Bände) Bundesdatenschutzgesetz Begründung Bundesfinanzhof Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Strafsachen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Bundeshaushaltsordnung Zeitschrift für Bank- und Kapitalmarktrecht Bundesministerium der Finanzen Bundesministerium der Justiz Bundesnotarordnung Bundesrat Bundesrechtsanwaltsordnung Bundesrats-Drucksache Bundestags-Drucksache Bankrecht und Bankpraxis Buchstabe Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Bundesverwaltungsgericht Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts bezüglich beziehungsweise Corpus Iuris Civilis, Codex Iustinianus Codex Theodosianus dasselbe Deutscher Anwaltverein Der Betrieb derselbe dieselbe(n) Dissertation Deutscher Juristentag Deutsches Notarinstitut Deutsche Notarzeitung Die öffentliche Verwaltung Deutsche Richterzeitung
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30 DSG DStR DVBl DZWir EG EGBGB EGV Einf. Einl. ErbStG EStG EU EuGH EuZW EWiR f., ff. FAZ FMSA FMStFG FMStFV FMStG Fn. FS GbR GewO GG ggf. GmbH GmbHR GO GRUR GVG Habil.-Schr. HGB HKK-BGB h. L. h. M. HR Hrsg. Hs.
Abkürzungsverzeichnis Datenschutzgesetz Deutsches Steuerrecht Deutsches Verwaltungsblatt Deutsche Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Europäische Gemeinschaften Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften Einführung Einleitung Erbschaftssteuergesetz Einkommensteuergesetz Europäische Union Europäischer Gerichtshof Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht folgende Frankfurter Allgemeine Zeitung Finanzmarktstabilisierungsanstalt Gesetz zur Errichtung eines Finanzmarktstabilisierungsfonds (Finanzmarktstabilisierungsfondsgesetz) Verordnung zur Durchführung des Finanzmarkstabilisierungsfondsgesetzes (Finanzmarktstabilisierungsfonds-Verordnung) Gesetz zur Umsetzung eines Maßnahmenpakets zur Stabilisierung des Finanzmarktes (Finanzmarktstabilisierungsgesetz) Fußnote Festschrift Gesellschaft bürgerlichen Rechts Gewerbeordnung Grundgesetz gegebenenfalls Gesellschaft mit beschränkter Haftung GmbH-Rundschau Gemeindeordnung Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht (Zeitschrift) Gerichtsverfassungsgesetz Habilitationsschrift Handelsgesetzbuch Historisch-kritischer Kommentar zum BGB herrschende Lehre herrschende Meinung Handelsregister Herausgeber Halbsatz
Abkürzungsverzeichnis i. d. F. i. d. R. i. E. insbes. InsO i. S. d. i. S. v. i.V. m. JR JuS JW JZ KG Kreditwesen krit. KWG LG LiqV Lit. lit. LM MaRisk MDR MittBayNot m.w. N. n. F. NJW NJW-RR Nr. NRW NZA NZG OLG OLGZ RegBegr RegE RG RGBl. RGSt RGZ
31
in der Fassung in der Regel im Ergebnis insbesondere Insolvenzordnung im Sinne des (der) im Sinne von in Verbindung mit Juristische Rundschau Juristische Schulung Juristische Wochenschrift Juristenzeitung Kammergericht; Kommanditgesellschaft Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen kritisch Kreditwesengesetz Landgericht Liquiditätsverordnung Literatur litera Nachschlagewerk des Bundesgerichtshofs, hrsg. von Lindenmaier, Möhring u. a. Mindestforderungen an das Risikomanagement Monatsschrift für deutsches Recht Mitteilungen der Bayerischen Notarkammer mit weiteren Nachweisen neue Fassung Neue Juristische Wochenschrift NJW-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht Nummer(n) Nordrhein-Westfalen Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht Oberlandesgericht Entscheidungen der Oberlandesgerichte in Zivilsachen einschließlich der freiwilligen Gerichtsbarkeit Regierungsbegründung Regierungsentwurf Reichsgericht Reichsgesetzblatt Entscheidungen des Reichsgerichts in Strafsachen Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen
32 RJA Rn. RNotZ RPfleger Rspr. S. s. SchlHA Schufa SJZ Slg. s. o. sog. SolvV Sp. SPV StBerG stdg. StGB str. s. u. SZW u. a. u. ä. UmwG UWG Var. vgl. Vorb. VwGO VwVfG Warn WM z. B. ZBB ZfbF ZGR ZHR ZInsO ZIP ZPO
Abkürzungsverzeichnis Entscheidungen in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit und des Grundbuchrechts, zusammengestellt im Reichsjustizamt Randnummer(n) Rheinische Notar-Zeitschrift Der deutsche Rechtspfleger Rechtsprechung Satz; Seite siehe Schleswig-Holsteinische Anzeigen Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung Schweizerische Juristenzeitung Sammlung siehe oben sogenannt(e) Solvabilitätsverordnung Spalte Special Purpose Vehicle (Zweckgesellschaft) Steuerberatungsgesetz ständig(e) Strafgesetzbuch streitig siehe unten Schweizerische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht und andere; unter anderem und Ähnliche(s) Umwandlungsgesetz Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb Variante vergleiche Vorbemerkung(en) Verwaltungsgerichtsordnung Verwaltungsverfahrensgesetz Warneyers Jahrbuch der Entscheidungen zum Bürgerlichen Gesetzbuch und den Nebengesetzen, 1900–1902, von Warneyer, Otto (Hrsg.) Wertpapier-Mitteilungen, Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht zum Beispiel Zeitschrift für Bankrecht und Bankwirtschaft Schmalenbachs Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht Zeitschrift für das gesamte Handels- und Wirtschaftsrecht Zeitschrift für das gesamte Insolvenzrecht Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Zivilprozessordnung
„Der Kaufmann hat in der ganzen Welt dieselbe Religion. [. . .] Sein Gold ist sein Gott, der Kredit ist sein Glauben.“ Heinrich Heine1 „I’m just a banker doing God’s work.“ Lloyd Blankfein2
1. Kapitel
Einleitung A. Darlehensveräußerungen Kreditinstitute sind Finanzintermediäre. Sie vermitteln zwischen Angebot und Nachfrage von Geld und Kapital.3 Sie nehmen fremde Gelder für eigene Rechnung an und gewähren damit ihrerseits Gelddarlehen. Auf diese Weise übernehmen sie für die Volkswirtschaft Informations-, Losgrößen-, Fristen- und Risikotransformationsfunktionen.4 Auf „erstaunliche“ 5 Weise verwandeln Banken riskante und langfristige Finanzkontrakte in relativ sichere und kurzfristige Vermögensanlagen. Damit bringen sie das von Kapitalgebern erwartete Verhältnis zwischen Rentabilität, Liquidität und Sicherheit mit dem von den Kapitalnachfragern gewünschten Verhältnis zwischen den genannten Parametern in Einklang. Soweit dabei ein Interessengleichlauf besteht, gereicht es allen Beteiligten und nicht zuletzt der Allgemeinheit zum Vorteil, wenn die Parteien ihre Interessen verfolgen. Dies ist ganz im Sinne von Adam Smith.6 Indessen lassen sich in der Regel schon bei der Vertragsanbahnung unterschiedliche Interessen erkennen: Die Kreditnehmer versuchen, möglichst niedrige Darlehenszinsen mit langfristiger Bindung auszuhandeln und streben nicht selten eine ertragreiche und deshalb riskante Mittelverwendung an. Die Banken verfolgen entgegengesetzte Ziele. Ihr Interesse liegt in einer möglichst sicheren Anlage bei einem hohen Zins. Ihre 1 Briefe aus Berlin, zweiter Brief, datiert vom 16.03.1822, abgedruckt in Reisebilder, 2. Theil, Hamburg 1827. 2 Chairman und Chief Executive Officer der Investment Bank Goldman Sachs im Interview mit John Arlidge, The Sunday Times vom 08.11.2009. 3 Schmalenbach, S. 134 ff.; Büschgen, Bankbetriebslehre, S. 34 f. 4 Vgl. dazu und im Folgenden Bitz/Stark, Finanzdienstleistungen, S. 8 ff. 5 Hartmann-Wendels/Pfingsten/Weber, Bankbetriebslehre, S. 14 f. 6 Smith, An Inquiry into the Nature and Causes of the Wealth of Nations, Vol. II, Book IV., Chap. II.: „By pursuing his own interest, he frequently promotes that of the society more effectually than when he really intends to promote it.“
34
1. Kap.: Einleitung
Zielvorstellungen lassen sich dahingehend konkretisieren, dass sich der Zinsertrag sowie die Laufzeit der Darlehensforderung und die Höhe des damit in Kauf genommenen Risikos in der von der Bankleitung gewünschten Relation bewegen. Solange diese Ziele befriedigt werden, sind die Banken in aller Regel an einer Vertragsbeziehung zu den Kreditnehmern interessiert. Das Hausbankprinzip hat in Deutschland eine lange Tradition. Bis zur Jahrtausendwende blieb ein einmal gewährter Darlehensvertrag bis zu seiner Tilgung oder anderweitigen Abwicklung in Händen der Bank.7 Trotz möglicher Wohlfahrtsgewinne aus einer Veräußerung galt dies auch in den Fällen, in denen die drei genannten Parameter sich außerhalb des jeweiligen Zielbereichs befanden. Der Grund dafür lag in statischeren Strukturen der Leistungserstellung, indes weniger im Schuldnerschutz als vielmehr in der Annahme, dass die Informationsasymmetrien zwischen Verkäufer und Käufer einer Darlehensforderung zu einem nicht lösbaren Anreizproblem des Verkäufers führen würden. Diese Paradigmen haben sich in den 1980er Jahren in den Vereinigten Staaten von Amerika und Anfang des 21. Jahrhunderts schließlich auch in Deutschland grundlegend gewandelt, als und indem sich ein reger Handel mit Bankdarlehen etabliert hat. Durch verschiedene institutionelle Vorkehrungen meinte man, die Anreizprobleme beherrschbar machen und als eines unter vielen anderen Risiken absichern zu können. Seither veräußern Banken ihre Forderungen gegen Darlehensnehmer und ganze Darlehensverträge an andere Banken oder auch an Nichtbanken, namentlich an Zweckgesellschaften,8 Investment-Fonds und Inkassounternehmen. Bei derartigen Darlehensveräußerungen9 entsteht ein Mehrpersonenverhältnis, dessen Beziehungsgeflecht – neben juristischem Reiz – auch besondere Schwierigkeiten bereitet. Im Verhältnis zwischen Veräußerer und Erwerber bestehen Arbitragemöglichkeiten aufgrund des zwischen ihnen bestehenden Informationsgefälles. Freilich darf nicht aus den Augen geraten, dass ein gewisses Maß an Informationsdisparitäten integraler Bestandteil jeglicher Austauschprozesse ist,10 der Markt mithin von der objektiv heterogenen Verteilung von Informationen und deren subjektiv unterschiedlicher Bewertung lebt. Die Darlehensnehmer sehen sich einem neuen Gläubiger mit den damit verbundenen
7 Knops, WM 2008, 2185, 2192: „Die Verkehrsfähigkeit von validen Darlehensforderungen war in Deutschland eigentlich nie ein Thema.“; zur vergleichbaren Situation in den USA in den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts Gorton/Pennacchi, Journal of Monetary Economics Vol. 35 (1995), 389, 390. 8 Vgl. die Definition in § 1 Abs. 26 KWG. 9 Darlehensveräußerungen fassen die formaljuristischen Vorgänge der Abtretung einzelner Darlehensforderungen und der Übertragung ganzer Darlehensverträge zusammen. Im Folgenden wird der besseren Lesbarkeit halber von Darlehensveräußerungen gesprochen, soweit es nicht auf die Unterschiede der konkreten Ausgestaltung ankommt. 10 Fleischer, S. 187.
B. Die Chronologie der Krisen ab dem Jahr 2007
35
Nachteilen gegenüber. Der freiere Umgang der Banken mit den personenbezogenen Daten ihrer Darlehensnehmer ist für den Vertrauensschwund im Bankgewerbe symptomatisch und ursächlich zugleich. Wenn der Pegelstand des Vertrauenskapitals als Indikator für den Zustand des Kreditwesens dienen sollte, bleibt zu hoffen, dass die sog. Disintermediation11 nicht zu einem Niedergang des Kreditwesens als Ganzem führt.
B. Die Chronologie der Krisen ab dem Jahr 2007 Die zu thematisierenden Problemschwerpunkte sind eng mit den Krisen des Finanzmarktes, des Darlehensnehmerschutzes sowie des Bankgeheimnisses in den Jahren 2007 bis 2009 verbunden. In der Bearbeitungszeit war die „Finanzkrise“ in aller Munde.12 Die wirtschaftshistorische Bedeutung, die sie weltweit erlangte, konnte ihre Wahl zum Wort des Jahres 2008 in Deutschland13 nur unvollkommen zum Ausdruck bringen. Ihr Auslöser war der Zusammenbruch zweier Hedge-Fonds der ehemaligen Investmentbank Bear Stearns im Juli 2007, die hauptsächlich in Darlehensverbriefungen (Asset-Backed Securities – ABS) investiert hatten.14 Die Kreditkrise breitete sich wie ein Flächenbrand weltweit aus, griff auf die Realwirtschaft über und beherrschte schließlich das politische Geschehen. Sie erlangte ihren Höhepunkt, als im Jahr 2008 die Investmentbank Lehman Brothers zusammenbrach.15 Wie sich rasch herausstellte, handelte es sich um eine Bank, deren Ausfall verheerende Auswirkungen auf das Finanzsystem hatte. Um den Ausnahmecharakter, den die Insolvenz der Bank besaß, plastisch zu machen, bediente man sich der Terminologie der Nuklearphysik und rief die „Kernschmelze im Finanzsystem“ 16 aus. Der deutsche Finanzminister Peer Steinbrück bezeichnete die Situation forthin als die „schwerste Finanzkrise seit 1929“.17
11
Dazu unten Kapitel 2 A. Vgl. die Aufarbeitungen etwa im Jahresgutachten 2007/08 des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, BT-Drs. 16/7083, S. 118 ff.; eine vertiefte Analyse findet sich bei M. Hellwig, Gutachten E zum 68. Deutschen Juristentag; D. Zimmer, Gutachten G zum 68. Deutschen Juristentag. 13 GfdS Gesellschaft für deutsche Sprache, Pressemitteilung vom 11.12.2008. 14 B. Fehr, Beide Hedge-Fonds von Bear Stearns fast wertlos, F.A.Z. vom 19.07. 2007, S. 21. 15 Brinkbäumer/Goos/Hornig/Ludwig/Pauly, in: Der Spiegel vom 09.03.2009 (11/ 2009), S. 40 ff. 16 So beispielsweise der Titel eines Werks von Münchau von November 2008; es handelt sich dabei um eine komplett überarbeitete und aktualisierte Ausgabe des mit „Vorbeben“ titulierten Buches desselben Autors von Januar 2008. 17 Bundesfinanzminister Peer Steinbrück, Die Zeit vom 16.10.2008, S. 3. 12
36
1. Kap.: Einleitung
Die Finanzkrise beruht zu einem wesentlichen Teil auf Darlehensveräußerungen. Sie waren gleichzeitig der Grund für eine sorglose und ausgedehnte Kreditvergabe als auch Voraussetzung von Informationsasymmetrien bei der Risikobewertung und schließlich Instrument zur weiten Verteilung unregulierter und unkalkulierbarer Kreditrisiken. Darlehen wurden vergeben, um sie anschließend zu veräußern und zu „verbriefen“. Die Möglichkeit, sich der Risiken günstig entledigen zu können, schuf den Anreiz zur übermäßigen Darlehensvergabe. Es kam zu einer von einer vernünftigen Kreditversorgung entkoppelten Kreditausweitung und zu einer Risikoverschiebung in die unregulierte Welt der Schattenbanken.18 Nachdem sich die zunächst kaschierten Risiken bei verschiedenen Marktteilnehmern realisierten, kam es bei diesen zu existenzbedrohenden und in manchen Fällen auch existenzvernichtenden Eigenkapitalverlusten und Liquiditätsengpässen. Die Folge war eine tiefgreifende Vertrauenskrise auf dem Finanzmarkt, und der Interbankenhandel kam zum Erliegen. Daraufhin sahen sich viele Industrieländer zu bisher nicht gekannten Staatseingriffen in den Finanzmarkt und zu direkten Stützungsaktionen für Kreditinstitute, Versicherungen und andere Marktteilnehmer gezwungen. Hielten Banken schon seit ehedem für ihre Darlehensnehmer die Kategorie der „notleidenden Kredite“ bereit, machte nunmehr der Begriff von der „notleidenden Bank“ die Runde. Ihm wurde die zweifelhafte Ehre zuteil, zum Unwort des Jahres 2008 in Deutschland gekürt zu werden.19 Die Wahl begründete die Jury damit, dass der Begriff das Verhältnis von Ursachen und Folgen der Weltwirtschaftskrise auf den Kopf stelle.20 Während die Volkswirtschaften in ärgste Bedrängnis geraten seien und die Steuerzahler Milliardenkredite mittragen müssten, würden die Banken, durch deren Finanzpolitik die Krise verursacht worden sei, zu Opfern stilisiert. Durch die Wahl zum Unwort wurde der Begriff der „notleidenden Banken“ denn auch in eine die mutmaßlich umgekehrte Kausalität kaum treffender zu bezeichnende Beziehung zum Wort des Jahres, nämlich der „Finanzkrise“, gerückt. Doch auch ein Unwort bleibt ein Wort: Und so vermochte der Versuch, die notleidenden Banken semantisch zu negieren, diese Banken nicht zu heilen. In Deutschland sah man sich gezwungen, in historisch einmaliger Geschwindigkeit ein Eilgesetz auf den Weg zu bringen, das die vorangegangenen Absprachen der Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union zu einem Maßnahmenpaket zur Stabilisierung des Finanzmarktes um18 Dazu Financial Stability Board, Shadow Banking: Strengthening Oversight and Regulation, Recommendations from 27 October 2011. 19 Die Wahl erfolgt durch die „Sprachkritische Aktion Unwort des Jahres“, die im Jahre 1994 aus der GfdS Gesellschaft für deutsche Sprache hervorgegangen ist, vgl. Unwort des Jahres, Informationen zu einer sprachkritischen Aktion, abgerufen am 30.12. 2010 unter http://www.uni-frankfurt.de/fb/fb10/IDLD/ehemalige_histSprw/Schlosser/ unwortdesjahres/index.html. 20 Vgl. die Darstellung der gekürten Unwörter unter http://www.uni-frankfurt.de/fb/ fb10/IDLD/ehemalige_histSprw/Schlosser/unwortdesjahres/unwoerter/index.html, abgerufen am 30.12.2010.
B. Die Chronologie der Krisen ab dem Jahr 2007
37
setzte.21 Der in den 1990er Jahren zu dem Zauber der Darlehensverbriefungen euphorisch ausgerufene Heureka-Ruf22 ist in der Krise verhallt – in Postkrisenzeiten hält die Finanzwirtschaft indes nichts mehr davon ab, derartige Transaktionen wieder aufkeimen zu lassen. In dem maßgeblichen Zeitraum trat auch eine Krise des Darlehensnehmerschutzes ins öffentliche Bewusstsein. Die Darlehensnehmer sind regelmäßig an einer Fortsetzung der Geschäftsbeziehung zu „ihrer“ Bank interessiert. Die Darlehensveräußerungen erfolgen jedoch bislang zumeist ohne ihre Zustimmung. Die Diskussion dreht sich deshalb auch um die Frage, ob sich die Bank überhaupt einseitig von der Darlehensforderung lösen kann. Muss der Schuldner einen Gläubiger akzeptieren, den er sich nicht selbst ausgesucht hat? Diese Frage beschäftigt die Rechtswissenschaft und -praxis schon seit der Etablierung des Instituts der Forderungsabtretung. Einigermaßen unproblematisch ist dies für den Kunden, solange ihm gegenüber weiterhin allein die kreditgebende Bank als Ansprechpartner und Verwalter (sog. Servicer) auftritt und der neue Gläubiger still im Hintergrund verbleibt. Sobald hingegen der Forderungserwerber die Verwaltung oder Verwertung der Darlehen mitsamt der auf ihn übergegangenen oder ihm separat übertragenen Sicherheiten übernimmt, wird das Thema brisant. Die Beziehung zu dem neuen Gläubiger gerät für den Schuldner nicht selten zu einem kafkaesken Erlebnis. Den Klagen von Darlehensnehmern, die dies nicht kritiklos hinnehmen wollen, schaffte der BGH in seiner von allen Seiten lange erwarteten Leitentscheidung vom Februar des Jahres 200723 keine Abhilfe. Vielmehr hat er darin einem Urteil des OLG Frankfurt24 aus dem Jahre 2004 widersprochen, das seinerzeit für großes Aufsehen in der Fachpresse gesorgt hatte. Das OLG Frankfurt hielt die Abtretung von Darlehensforderungen wegen des Verstoßes gegen Geheimhaltungspflichten für unwirksam. Das verneinte nun der BGH und sorgte in der Finanzbranche für Aufatmen. Nahezu ein halbes Jahr später bestätigte das BVerfG die Entscheidung des BGH durch einen Nichtannahmebeschluss.25 Doch das Thema war damit alles andere als erledigt. Als sich zunehmend auch die Öffentlichkeit mit dem Geschäftsgebaren der Kreditinstitute und der Erwerber der Darlehen befasste, begann sich im Herbst des Jahres 2007 auch die Politik für die Situation der Darlehensnehmer bei der Veräußerung ihrer Darlehen zu interessieren. Dies mündete darin, dass in das ohnedies geplante Risikobegrenzungsgesetz ein Maßnahmenpaket zugunsten des Darlehensnehmerschutzes eingefügt und mit diesem im August 2008 verabschiedet wurde. Eine folgende
21 Gesetz zur Umsetzung eines Maßnahmenpakets zur Stabilisierung des Finanzmarktes (Finanzmarktstabilisierungsgesetz – FMStG) vom 17.10.2008 (BGBl. I, 1982). 22 Vgl. nur Bär, passim, zu den Vorteilen insbes. S. 281 ff. 23 BGHZ 171, 180. 24 OLG Frankfurt a. M., NJW 2004, 3266. 25 BVerfG, NJW 2007, 3707.
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1. Kap.: Einleitung
Entscheidung des BGH, in der dieser die Abtretung von Darlehensforderungen durch Sparkassen nicht beanstandete,26 fand kaum noch Beachtung.27 Schließlich wird das Krisendreieck, das gewissermaßen die Arbeitsfläche für die vorliegende Untersuchung darstellt, durch die Krise des Bankgeheimnisses28 vervollständigt. Die Verwaltung und Verwertung der Darlehensforderungen ist Dritten nur dann möglich, wenn ihnen die veräußernde Bank die Schuldnerdaten weitergibt. Dagegen wehren sich die Darlehensnehmer, indem sie auf die Einhaltung des Bankgeheimnisses pochen. Der Datenschutz hebt sich von dem Schuldnerschutz ab und dient daher nicht lediglich als Begründungsansatz für ein Verbot von Forderungszessionen wie in den zuvor erwähnten Klagen. Die Darlehensnehmer sehen sich in dieser Hinsicht jedoch mit Marginalisierungstendenzen konfrontiert.29 Der Datenschutz wird gemeinhin als Handelshemmnis empfunden.30 Die Monographie von Wech31 und ein Vortrag mit daran anschließendem Aufsatz von Bitter32 brachten etwas Licht ins juristische Dunkel und entzauberten die weit verbreitete Illusion der Problemlosigkeit als literarisches Sedativum. Der Umgang der Banken mit den Daten im Zuge von Darlehensveräußerungen nährt die These von der Krise des Datenschutzes.33 Diese Krise trat im Bearbeitungszeitraum weit deutlicher im Vermögensverwaltungsgeschäft zutage. Im Jahre 2008 haben ehemalige Bankangestellte Daten vermögender Kunden von Banken aus Liechtenstein und der Schweiz entwendet und unter Verletzung des Bankgeheimnisses an ausländische Steuer- und Strafverfolgungsbehörden verkauft.34 Die öffentliche Empörung darüber war groß, weit größer indes als über die sich im Stillen vollziehende Verletzung des Bankgeheimnisses, die Platz greift, wenn Banken massenweise Daten ihrer Kreditkunden an Forderungserwerber weiterreichen. Vor diesem Hintergrund konnte die Untersuchung von den in den durchschrittenen Krisenjahren gemachten Erfahrungen profitieren; die Entwicklung weist ihr aber auch die Aufgabe zu, nunmehr aus einer Ex-post-Sicht zu einer Versachlichung der Diskussion beizutragen. Hintergründig scheint eine Allegorie auf die
26
BGHZ 183, 60 im Anschluss an OLG Schleswig, BKR 2008, 25. Aus der rechtswissenschaftlichen Lit. soweit ersichtlich Kritik nur von Stoll, DZWIR 2010, 139; Haas/Fischera, NZG 2010, 457, 458. 28 Ähnlich titelt Nobel, SJZ 106 (2010), 11, 14, unter Gliederungspunkt 4. 29 Wech, S. 437 ff.; Bitter, ZHR 173 (2009), 379, 390. 30 Vgl. zur angloamerikanischen Perspektive etwa Wuermeling, S. 6. 31 Wech, passim. 32 Referat auf dem ZHR-Symposium am 16. und 17.01.2009 in Stromberg/Bingen und daran anschließender Beitrag in ZHR 173 (2009), 379. 33 Vgl. dazu Simitis, NJW 1998, 2473, 2476 f.; ders., in: FS Simon, 2005, S. 511, 519; krit. Bull, NJW 2006, 1617, 1618. 34 Ziegert, Jagd auf Hunderte von Steuersündern, NZZ am Sonntag 17.02.2008, S. 3; Erpresser der LLB vor Gericht in Rostock (pra), NZZ vom 11.04.2008, S. 25. 27
C. Gang der Untersuchung
39
Suche nach Steuersündern und die Loyalität der Banken zu ihren Kunden in Zeiten der Krise durch.
C. Gang der Untersuchung Dem Anliegen der modernen Rechtswissenschaft, eine stärkere Interdisziplinarität zu praktizieren, soll in der vorliegenden Arbeit Genüge getan werden, indem wirtschaftswissenschaftliche und psychologische Erkenntnisse in die Bewertung der Interessenkonstellationen einbezogen, gleichwohl aber aus rechtswissenschaftlicher Perspektive autonom bewertet werden.35 Freilich wird dabei versucht, einzelne Theoreme dieser Disziplinen nicht kritiklos zu übernehmen, zumal in der Finanzmarktkrise gerade Zweifel an der Kompetenz der Wirtschaftswissenschaften aufgekommen sind.36 Im Verlauf der Untersuchung werden die verschiedenen Aspekte der dargestellten Krisen ineinander verwoben: Zunächst wird der wirtschaftliche und rechtliche Hintergrund von Darlehensveräußerungen dargestellt (2. Kapitel). Die Beziehung zwischen der veräußernden Bank und dem Erwerber wird jeweils nur insoweit ausgeleuchtet, als sie Einfluss auf die Position des Darlehensnehmers und den Datenfluss nimmt sowie für die Bewertung der systemischen Risiken aufgrund institutioneller Fehlanreize von Bedeutung ist. Im Übrigen aber, und dies betrifft nicht zuletzt die Strukturierung von Verbriefungstransaktionen, sei auf die reichhaltige Literatur zu diesen Themen verwiesen.37 Eine wesentliche Grundlage für die Analyse der Darlehensnehmerrechte bietet die im Jahre 2008 umgesetzte Reform des Darlehensrechts zum besseren Schutz von Kreditnehmern. Das Gesetzgebungsverfahren sowie die einzelnen Schutzvorschriften zugunsten des Kreditnehmers und Sicherungsgebers werden deshalb umfassend dargestellt und gewürdigt (3. Kapitel). Die Maßnahmen zur Finanzmarktstabilisierung in den Jahren 2008 und 2009 sind sowohl aus aufsichtsrechtlicher und ordnungspolitischer Perspektive als auch unter dem Aspekt des Individualschutzes von großer Bedeutung. Vor diesem Hintergrund wird das Artikelgesetz zur Umsetzung des entsprechenden Maßnahmenpakets in dem separaten 4. Kapitel überblicksartig dargestellt und einer summarischen Analyse unterzogen. Mit dem 5. Kapitel wird das Verhältnis der Darlehensveräußerungen zu den Geheimhaltungspflichten als Kern der Vertrauensbeziehung zwischen Bank und Kunde angegangen. Die Untersuchung beginnt mit der zentralen Frage, inwieweit 35
Heinemann, GRUR 2008, 949, 954. Vgl. nur Schmidt/aus dem Moore, Wirtschaftswissenschaften – Quo vadis, Ökonomik?, FAZ vom 22.5.2009, S. 14. 37 Bär; Th. Kaufmann; Chr. Weber, jeweils passim; Baums, WM 1993, 1 ff.; Früh, BB 1995, 105; Bomhard/Kessler/Dettmeier, BB 2004, 2085 ff.; Asmussen, Kreditwesen 2006, 1016 ff.; aus betriebswirtschaftlicher Perspektive Prüver; Richter, jeweils passim. 36
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1. Kap.: Einleitung
die Darlehensveräußerungen die Verletzung der Geheimhaltungspflichten, die sich aus verschiedensten Rechtsgrundlagen ergeben, zu rechtfertigen vermögen. Hierbei und im Folgenden wird zwischen reinen Forderungszessionen und Darlehensübertragungen im Wege der partiellen Gesamtrechtsnachfolge nach dem Umwandlungsgesetz differenziert. Das 6. Kapitel widmet sich der rechtlichen Primärebene. Für die Durchführung der Transaktionen ist es von grundsätzlicher Bedeutung, inwieweit die Verletzung von aufsichtsrechtlichen Vorgaben sowie von Rechtspositionen der Investoren und Darlehensnehmer die absolute, das heißt gegenüber jedermann geltende Wirksamkeit38 der Abtretung von Darlehensforderungen oder der Übertragung ganzer Darlehensverträge sowie der dazu bestellten Sicherheiten hindert. In diesem Kontext wird ein Vorschlag für eine Erweiterung des kreditaufsichtsrechtlichen Nexus entwickelt. Ein Schwerpunkt wird auch auf die Frage gelegt, ob die Verletzung der Geheimhaltungspflichten ein Abtretungs- und Übertragungsverbot begründet. Die Überlegungen lassen jeweils die in den ersten Kapiteln erörterten wirtschaftlichen und rechtlichen Grundlagen einfließen. Daraufhin wird im 7. Kapitel das Augenmerk auf etwaige Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche sowie Sonderkündigungsrechte des Darlehensnehmers wegen der Verletzung der Geheimhaltungspflichten gelenkt. Schwerpunktmäßig befasst sich die Untersuchung mit den Folgen einer pflichtwidrigen Datenweitergabe und mit dem Ausgleich des Schadens, der dem Geheimhaltungsberechtigten, der zugleich Schuldner des veräußerten Darlehens ist, entsteht. Neben einem in der Lit. aufgeworfenen Zurückbehaltungsrecht werden vor allem die Möglichkeiten der Naturalrestitution und des umstrittenen Geldausgleichs zur Kompensation des immateriellen Schadens aus der Verletzung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung bzw. des „Eigentumsrechts“ an den eigenen Daten diskutiert. Die Analyse widmet sich im weiteren Verlauf der Wahrung der wirtschaftlichen Selbstbestimmung und des vertraglichen Äquivalenzverhältnisses (8. Kapitel). Dabei wird ein allgemeiner Interessenausgleich zwischen der Bank und dem Darlehensnehmer angestrebt. Im abschließenden 9. Kapitel werden die AGB-rechtlichen Leitplanken für eine formularmäßige Regelung dieses Interessenausgleichs ausgelotet, wobei die Einwilligung in eine Durchbrechung des in den Geheimhaltungspflichten zum Ausdruck gebrachten Rechts auf informationelle Selbstbestimmung im Vordergrund steht. Die Erkenntnisse münden insbesondere in einen Entwurf für AGB-Klauseln zur Regelung der Veräußerbarkeit im Anhang, der sich exemplarisch auf ein Immobiliardarlehen mit Verbraucherbeteiligung beschränkt. In den Klauseln werden die erörterten Lösungskonzepte explizit gemacht. Damit fügt sich ein Puzzle aus verschiedenen ökonomischen, verhaltenspsychologischen und rechtlichen Aspekten in einer abschließenden Synthese zusammen. 38 Der BGH spricht von einem „dinglich wirkenden Abtretungsverbot“, BGHZ 171, 180, 185 f., das zu einem relativen, d. h. nur gegenüber dem (ursprünglichen) Vertragspartner wirkenden Abtretungsverbot zu unterscheiden ist.
D. Ziel der Untersuchung
41
D. Ziel der Untersuchung Ziel der Untersuchung ist es, zum Zwecke des Systemschutzes, des Darlehensnehmerschutzes und des Geheimnisschutzes Interpretationsvorschläge für die geltende Rechtslage zu machen und, soweit eine zweckkonforme Auslegung Grenzen findet, Gesetzesänderungen anzuregen, auf der Grundlage dieser Erkenntnisse eine Änderung der AGB-Banken vorzuschlagen und einen formularmäßigen Vertragsentwurf zu unterbreiten. Gewissermaßen als Nebengewinn möchte die Arbeit einen Einblick in das neuzeitliche Bankgeschäft bieten und ein Licht auf die Herausforderungen im Kreditgeschäft sowie das wirtschaftliche und rechtliche Verhältnis der Banken zu ihren Kreditkunden werfen. Dabei wird nicht verkannt, dass die Ergebnisse auch nach umfangreicher Erörterung in Rspr. und Lit. nur in einem Teilbereich rechtliche Gewissheit genießen. Die öffentliche Kritik an Darlehensveräußerungen ist nicht verstummt. So versuchen die Banken nunmehr eine Balance zwischen ihren mit einer Darlehensveräußerung verfolgten Interessen, den verbleibenden rechtlichen Risiken und dem schwindenden Vertrauen der Darlehensnehmer zu finden. Bei der Entwicklung entsprechender normativer Grundlagen sowie rechtlicher Auslegungskonzepte und prozessualer Vorgehensweisen wird versucht, der Erkenntnis Rechnung zu tragen, dass „Politik die Kunst des Möglichen ist“ 39. Dieser Maxime folgend, werden schließlich Vertragsklauseln vorgeschlagen, mit denen Transparenz sowie ein angemessener Interessenausgleich hergestellt und allen Beteiligten ein hohes Maß an Rechtssicherheit gewährleistet werden soll. Gleichzeitig will die Arbeit den Banken mit den Muster-AGBs ein Instrument an die Hand geben, mit dem sie sich im Wettbewerb um die Darlehenskunden fair und damit auf Dauer erfolgreich behaupten können.
39 Otto Eduard Leopold von Bismarck-Schönhausen (1815–1898) zugeschrieben, s. Böttcher/Berger/Krolop/Zimmermann, Geflügelte Worte, S. 523, Rn. 3451.
2. Kapitel
Der Sekundärmarkt für Darlehen A. Grundlagen Manchen Stimmen zufolge existierte in den USA ein Kredithandel bereits vor dem Jahr 1880.1 Im Februar 1970 wurden erstmals grundpfandrechtlich gesicherte Kredite an privatrechtlich organisierte, aber quasi-staatliche Institute2 verkauft, die ihrerseits handelbare Anleihen ausgaben und auf diese Weise die angekauften Darlehen verbrieften, mit staatlichen Garantien aufwerteten und das verbleibende Kreditrisiko in den privaten Bereich verlagerten.3 Später folgten private Emittenten dem Vorbild der quasi-staatlichen Institute, verbrieften schließlich alle Arten von Kreditforderungen4 und verteilten sie anschließend an Dritte, statt sie in den eigenen Bilanzen zu halten.5 In Europa und in Deutschland haben sich Kreditveräußerungen erst zu Beginn des 21. Jahrhunderts etabliert.6 Forderungen wurden schon lange als ein fungibler Vermögensgegenstand angesehen, der nur einen der möglichen Aggregatzustände darstellt, den der Produktionsfaktor „Kapital“ im Wirtschaftsverkehr annehmen kann.7 Bis in die 1980er Jahre ging die Wissenschaft,8 die durch die Insolvenzen verschiedener Banken bestätigt wurde,9 davon aus, dass die Informationsasymmetrien auf dem Sekundär1
Greenbaum/Thakor, Contemporary financial Intermediation, S. 387. Den Anfang machte 1938 die Federal National Mortgage Association (FNMA – kurz Fannie Mae). Es folgte die Federal Home Loan Mortgage Corporation (Freddie Mac) mit einem ähnlichen Konzept; die Government National Mortgage Association (GNMA – Ginnie Mae) garantiert Investoren die pünktlichen Zins- und Tilgungsleistungen von Verbriefungen staatlich versicherter oder garantierter Darlehen. 3 Knops/Knobloch/Dübel/Reifner, Erwerb von Kreditforderungen durch Private Equity-Unternehmen, S. 16. 4 Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Jahresgutachten 2007/08, BT-Drs. 16/7083, S. 115. 5 Bhatia, New Landscape, IMF Working Paper 07/195, S. 3. 6 BT-Drs. 16/7083, S. 115 ff. 7 Zweigert/Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung, § 33, S. 439. 8 Diamond, Review of Economic Studies, Vol. 51 (1984), 393 ff. 9 Als Beispiel für die Auswüchse, die die fehlerhaften Anreize bei Darlehensvergaben und Darlehensverkäufen haben können, sei die Insolvenz der Penn Square Bank im Jahre 1982 genannt, die die Insolvenzen von Seafirst of Seattle und Continental of Illinois nach sich zog. Die beiden letztgenannten Institute hatten Darlehen von Penn Square erworben, s. Sprague, Bailout, An insider’s account of bank failures and rescues, S. 11 f. 2
A. Grundlagen
43
markt für Darlehen zu einer negativen Auslese („adverse Selection“) und mithin zu einem Markt mit schlechten Produkten zu überhöhten Preisen (einem sog. „Lemon Market“) im Sinne des amerikanischen Ökonomen Akerlof 10 führe.11 Eine Bank als „Agent“ ist besser über die Ausfallrisiken der Darlehen informiert als der Erwerber, der als ihr „Prinzipal“ anzusehen ist.12 Demnach ist die Versuchung groß, schlechte Kredite zu nicht wertadäquaten Preisen und zur Erzielung von Provisionsgewinnen an schlecht informierte Investoren zu verkaufen. Bei einem Servicing durch die Bank besteht zudem ein größerer Anreiz, nach der Kreditvergabe die Ausfallrisiken eines Darlehens zu kontrollieren und zu minimieren, wenn sie das Darlehen selbst hält („buy and hold“), als wenn sie es verkauft („originate and distribute“).13 Die volkswirtschaftlichen Risiken, die die Möglichkeit zur Kreditveräußerung nach sich zieht, ergeben sich aus dem moralisch fragwürdigen Anreiz, bereits bei der Entscheidung über die Darlehensvergabe den kurzfristigen Gewinn über eine sichere Mittelverwendung zu stellen.14 Das führt zu einer immensen Kreditausweitung unter gleichzeitiger Absenkung der Kreditqualität. Ein größerer Sekundärmarkt für Kredite konnte sich erst um die Jahrtausendwende etablieren, als institutionelle Lösungen entwickelt wurden, mit denen man glaubte, die Anreizprobleme („Moral Hazard“) der Verkäufer handhaben zu können.15 Im Sinne einer anreizoptimierten institutionellen Ausgestaltung der Prinzipal-Agent-Beziehung wurden die Verkäufer der Darlehen etwa zum Teil an den Risiken beteiligt.16 Offenlegungsprozesse17 und der Einsatz unabhängiger Ratingagenturen18 sollten die Informationsasymmetrien minimieren. Daraufhin konnte ein Paradigmenwechsel Platz greifen, der gemeinhin als Disintermedia10
Akerlof, Quarterly Journal of Economics, Vol. 84 (1970), 488 ff. Zu allem Gorton/Pennacchi, Journal of Monetary Economics 1995 (Vol. 35), 389, 390 f., die jedoch die Anreizprobleme für lösbar halten; zu Gegenstrategien auch Fleischer, S. 121 ff. 12 So BT-Drs. 16/7083, S. 118 ff. 13 Vgl. BT-Drs. 16/7083, S. 120; Deutsche Bundesbank, Monatsbericht April 2004, S. 41 f.; Neus, in: Funktionsfähigkeit und Stabilität von Finanzmärkten, S. 175 f.; G. Hofmann, Kreditwesen 2007, 904, 905; Horn, BKR 2008, 452, 457 f. 14 So heute wieder Bernanke, Speech at the Federal Reserve Bank of Chicago’s 43rd Annual Conference on Bank Structure and Competition, Chicago, Illinois, May 17, 2007; Horn, BKR 2008, 452, 547; H.-W. Forkel, BKR 2008, 183, 184 spricht von einem „reckless lending“. 15 Die Lösungen hatten Bezeichnungen wie „Credit Enhancement“, vgl. Bär, S. 193 ff. 16 Dazu etwa Gorton/Pennacchi, Journal of Monetary Economics 1995 (Vol. 35), 389; Hartmann-Wendels/Pfingsten/Weber, Bankbetriebslehre, S. 293 ff.; Deutsche Bundesbank, Monatsbericht April 2004, S. 41 f. 17 Deutsche Bundesbank, Monatsbericht April 2004, S. 41 f. 18 Dazu krit. Jahresgutachten 2007/08 des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, BT-Drs. 16/7083, S. 120. 11
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2. Kap.: Der Sekundärmarkt für Darlehen
tion bezeichnet wird;19 Nach dem modernen, marktbasierten Ansatz hat die Bank nur noch die Aufgabe, innerhalb einer fragmentierten und separierten Kredithistorie die Kreditvergabe („originating“), die Veräußerung („sell“) und ggf. die Verwaltung („servicing“) zu übernehmen.20 Die Funktion der Bank besteht nunmehr allein in der Handelbarmachung der Kreditrisiken. Das Zinsgeschäft mit Krediten im eigenen Vermögensbestand verschiebt sich hin zum Provisionsgeschäft für die außerbilanzielle Kreditvergabe.21 Dabei gilt es jedoch sich bewusst zu machen, dass die Transformationsleistungen nicht etwa direkt vom „Markt“ übernommen,22 sondern auf einen übernehmenden Rechtsträger übertragen werden. Dies sind i. d. R. Zweckgesellschaften, die die Forderungen zu Asset-Backed Securities „verbriefen“. Erst diese Verbriefungen werden am Markt gehandelt. Die Kreditkrise der Jahre 2007 bis 2009 hat zutage gefördert, dass die genannten Instrumente kaum geeignet sind, die Anreizprobleme bei Darlehensveräußerungen zu lösen.23 Die Möglichkeit weitgehender Kreditveräußerungen im Zusammenspiel mit Intransparenz und verfehlten individuellen Anreizstrukturen24 offenbarte sich als Ursache der Krise.25 Neuere Studien identifizieren zunehmende Kreditverkäufe als Grund steigender Kreditausfälle,26 womit die These Akerlofs vom Lemon Market empirisch belegt wird.27 19 Kothari, Securitization, S. 20 ff.; Neus, in: Funktionsfähigkeit und Stabilität von Finanzmärkten, S. 175. 20 Kothari, Securitization, S. 21; Neus, in: Funktionsfähigkeit und Stabilität von Finanzmärkten, S. 175; Jahresgutachten 2007/08 des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, BT-Drs. 16/7083, S. 121; Sengera, Die Bank 2002, 238, 239. 21 Früh, WM 2000, 497, 498; Horn, BKR 2008, 452, 457. 22 Diese Formulierung hat sich in der Branche eingebürgert, vgl. etwa Sengera, Die Bank 2002, 238, 239; BT-Drs. 16/7083, S. 120 f. 23 Jahresgutachten 2007/08 des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, BT-Drs. 16/7083, S. 118 ff. 24 Zu der individuellen Anreizproblemen des Managements, insbes. zu der Frage nach der „richtigen“ Instrumentalisierung der Vergütungspolitik ausführlich Arnold, S. 115 ff. 25 Reifner, BKR 2008, 142 m.w. N.; Knops, WM 2008, 2185, 2193 mit Hinweis auf die Ergebnisse der Jackson-Hole-Geldmarktkonferenz 2007; Horn, BKR 2008, 452, 457; vgl. ausf. Kiff/Mills, IMF Working Paper No 07/188, 7 f.; M. Hellwig, Gutachten E zum 68. Deutschen Juristentag, S. E-19 f.; D. Zimmer, Gutachten G zum 68. Deutschen Juristentag, S. G-17 ff.; Blumberg/Davidson/Glass, Die Finanzkrise: Teil 1 und 2, NZZ Folio 01/2009, S. 23 ff., 37 ff., sowie Egli/Schenk/Schneider/Weber, Die Finanzkrise: Teil 3, NZZ Folio 01/2009, S. 47 ff. 26 Vgl. etwa Mian/Sufi, The National Bureau of Economic Research, Working Paper 13936, April 2008; Institute of International Finance, Interim Report of the IIF Committee on Market Best Practise, April 2008, S. 2 no. 6. 27 So weisen Downing/Jaffee/Wallace, Review of Financial Studies, Vol. 22 (2009), 2457 ff., für an Verbriefungszweckgesellschaften in einem Zeitraum von 1991 bis 2002 veräußerte Darlehen nicht unwesentliche „lemon spreads“ gegenüber nicht veräußerten Werten nach.
B. Der Markt
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B. Der Markt I. Historische Entwicklung Erreichten die Kreditverkäufe in den USA im Jahre 1989 einen ersten Höhepunkt von 290 Milliarden US-Dollar,28 so beliefen sich allein die Kreditverbriefungen im Jahre 2007 schon auf 10 Bio. US-Dollar, was in etwa der Hälfte aller ausstehenden privaten Schulden der US-amerikanischen Volkswirtschaft entspricht.29 Der Umfang des gesamten Sekundärmarktes in Deutschland lässt sich nicht genau beziffern, weil es keine öffentliche Transaktionsplattformen oder Meldepflichten30 gibt. Es liegt in der Natur der Sache, dass die beteiligten Parteien oftmals nicht viel Aufhebens um die Kreditveräußerungen machen wollen. Entsprechend schwanken die Marktschätzungen, und die folgenden Schätzungen sind mit Vorsicht zu betrachten. Manche Statistiken orientieren sich an den großvolumigen Kreditportfoliotransaktionen, die öffentlich bekannt geworden sind.31 Diese umfassten in den Jahren 2003 bis 2006 Darlehensforderungen in Höhe von über 24 Mrd. Euro. Nach Erhebungen der deutschen Kreditwirtschaft32 sollen seit 2002 Kreditforderungen in Höhe von 35 bis 40 Mrd. Euro an Dritte veräußert worden sein. Darin sind offenbar noch nicht die Forderungsverbriefungen enthalten, die nach Angaben der Ratingagentur Moody’s allein im Jahre 2006 in Deutschland ein Volumen von 55 bis 60 Mrd. Euro erreichten.33 Den Verbriefungen gehen bei True-Sale-Transaktionen echte („true“) Übertragungen („Sale“) der Darlehensforderungen auf Zweckgesellschaften voraus, seit dies im Rundschreiben 4/97 (ABS-Rundschreiben) des vormaligen BAKred34 aufsichtsrechtlich anerkannt worden ist. Das Verbriefungsgeschäft hat unter der Finanzkrise gelitten.35 Die Krise hat aber nicht zur Folge gehabt, dass das Konstrukt der Darlehensveräußerung und -übertragung an praktischer Bedeutung verloren hätte. Der Staat bzw. die Notenbanken boten sich selbst als Erwerber von Risikopositionen an, um die Liquiditätsengpässe einzelner Finanzmarktteilnehmer zu beseiti-
28 Gorton/Pennacchi, Journal of Monetary Economics 1995 (Vol. 35), 389, 391 m.w. N. 29 Unterrichtung durch die Bundesregierung vom 08.11.2007, BT-Drs. 16/7083, S. 115. 30 Aus diesem Grunde fordert die Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen die Einführung einer Meldepflicht, vgl. BT-Drs. 16/5595 vom 13.06.2007, S. 2 und 5. 31 Vgl. dazu die an Presseberichten orientierte Darstellung in Deutsche Bank Research/Schäfer, Notleidende Kredite, S. 7. 32 Zitiert nach BR-Drs. 152/08, S. 1 und BT-Drs. 16/9447, S. 1. 33 Zitiert nach Cerveny/Hilgert, Kreditwesen 2007, 899, 901. 34 Rundschreiben BaKred 4/97 v. 19.03.1997, WM 1997, 1821, 1822 (mittlerweile aufgehoben). 35 Wohl zweckoptimistisch waren noch die Einschätzungen von Bechtold/Renner, Kreditwesen 2007, 888 ff.; Cerveny/Hilgert, Kreditwesen 2007, 899.
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2. Kap.: Der Sekundärmarkt für Darlehen
gen und die Stabilität des Finanzmarktes zu stärken.36 Darlehensveräußerungen sind demnach Ursache der Krise und zugleich Mittel zu deren Bewältigung: Das Problem wird mit dem Instrument zu lösen versucht, das es verursacht hat.37
II. Ausfallrisiko der Darlehen Das gemeinhin wichtigste Kriterium für die wirtschaftliche, aber auch die aufsichtsrechtliche und zivilrechtliche Beurteilung der Darlehensveräußerungen ist das Zahlungsverhalten der Darlehensnehmer bzw. das Ausfallrisiko der Darlehen (auch „performance“ genannt). In dieser Hinsicht lassen sich Bankdarlehen – wie bereits vereinzelt angeklungen – grundlegend in intakt („performing loans“), unter besonderer Beobachtung („loans on watch list“), gefährdet („sub performing loans“), notleidend („non performing loans“) und uneinbringlich („defaulted“) unterteilen.38 Bisweilen wird in Abgrenzung zu dem Begriff der „non performing loans“ auch die Bezeichnung „distressed debt“ für alle Darlehen verwendet, die gefährdet, aber noch nicht kündbar sind.39 Die Unterscheidung bereitet mitunter Schwierigkeiten. Aufgrund zivilrechtlicher, steuerlicher, bilanzieller und aufsichtsrechtlicher Vorgaben variiert nicht nur die Begrifflichkeit, sondern auch die Definition der genannten Kategorien.40 Unter intakten Darlehen sind alle vertragsgemäß bedienten Kredite zu verstehen. Darlehen unter besonderer Beobachtung sind solche, die ein subjektiv oder objektiv überdurchschnittlich hohes Ausfallrisiko aufweisen, obgleich es noch nicht zu Zahlungsstörungen gekommen ist. Gefährdete Darlehen sind solche, bei denen bereits ein Verzug bei einzelnen Zins- und Tilgungsleistungen vorlag, die aber nicht die Qualität eines notleidenden Darlehens aufweisen. Die Kategorie der notleidenden Kredite erfordert eine tiefere Begriffsbestimmung. Dazu ist bei der spezifischen Ausfalldefinition des Kreditinstitutes oder der anwendbaren Bankaufsichtsregelung anzusetzen. In Abs. 79 der Basler Eigenkapitalvereinbarung vom Juni 2004 (Basel II) werden notleidende Darlehen als „Forderungen mit höherem Risiko“ („higher-risk categories“) bezeichnet. Dies sind Kredite mit einem 36 § 8 Abs. 1 FMStFG sieht etwa den Erwerb von Forderungen und die Übertragung weiterer Vermögenswerte, zu denen auch ABS zählen, an den neu errichteten Finanzmarktstabilisierungsfonds vor; vgl. zudem Europäische Zentralbank (EZB), Durchführung der Geldpolitik im Euro-Währungsgebiet, Allgemeine Regelungen für die geldpolitischen Instrumente und Verfahren des Eurosystems, November 2008. 37 Ähnlich Ortwin Runde (SPD), in der 230. Sitzung des Deutschen Bundestages am 02.07.2009, BT-Plenarprot. 16/230, S. 25636 D. 38 Froitzheim/Lotz/Breiteneicher/Nachtwey/Leclaire, S. 37 ff. 39 Vgl. Schuppener, in: Lützenrath/Schuppener/Peppmeier, S. 11; vgl. auch Kestler/ Striegel/Jesch, S. 9. 40 Vgl. Diehm/Griess/Mair/Wirsching, zfbf Sonderheft 57/2007, 63, 64; Kestler/ Striegel/Jesch, S. 9. Die nachfolgenden Definitionen orientieren sich an Froitzheim/ Lotz/Breiteneicher/Nachtwey/Leclaire, S. 37 ff.
B. Der Markt
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sehr schwachen Rating und solche, mit deren Rückzahlungen die Darlehensnehmer mehr als 90 Tage in Verzug sind (vgl. Abs. 75 Basel II). In der Solvabilitätsverordnung wird als Kriterium die unmittelbare Kündbarkeit herangezogen (§ 50 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SolvV). Eine Kreditlinie gilt danach als unmittelbar kündbar, wenn das Institut ein fristloses und unbedingtes Kündigungsrecht hat oder eine Bonitätsverschlechterung des Schuldners unmittelbar den Wegfall der eingeräumten Kreditlinie bewirkt (§ 51 S. 1 SolvV). Die Voraussetzungen für ein derartiges Kündigungsrecht werden im BGB41 genau bestimmt und in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Banken und Sparkassen42 übernommen beziehungsweise konkretisiert. Dabei kommt es sowohl nach Basel II als auch nach der SolvV nicht darauf an, ob eine Kündigung tatsächlich ausgesprochen wurde (vgl. dazu insbesondere auch § 51 S. 2 SolvV). Für die zivilrechtliche Beurteilung ist hingegen auch eine Kategorisierung in laufende und gekündigte oder kündbare Kredite sinnvoll. Zu den entsprechenden Anteilen an den Veräußerungen liegen allerdings keine gesicherten Erkenntnisse vor. Überdies geraten bei der Fokussierung auf notleidende Kredite oftmals die intakten oder gefährdeten Darlehensforderungen aus dem Blickfeld. Diese sind jedoch ebenso gefragte Handelsobjekte.43 Sie stammen meist aus nicht strategischen Geschäftsfeldern oder Regionen.44
III. Marktteilnehmer Als Veräußerer treten Banken aller Sparten auf, wobei die Hauptanbieter Geschäfts- und Hypothekenbanken sind.45 Öffentlich-rechtliche Banken und Genossenschaftsbanken sind gemessen an ihrem Anteil am gesamten Kreditgeschäft in Deutschland deutlich unterrepräsentiert. Infolge des Mengengeschäfts besteht zwar großer Bedarf an Darlehensveräußerungen. Allerdings sind die zu handelnden Kreditvolumen oftmals zu klein, um daraus die kritische Masse eines marktfähigen Kreditportfolios zusammenzustellen.46 Zudem gehen diese Banken aufgrund ihres öffentlichen Auftrags und ihrer lokalen Verwurzelung zurückhaltender vor.47
41
§§ 490 Abs. 1, 313, 314 i.V. m. 490 Abs. 3 BGB. Nr. 19 Abs. 3 AGB-Banken und Nr. 26 Abs. 2 AGB-Sparkassen. 43 Lediglich kurzer Hinweis darauf in Deutsche Bank Research/Schäfer, Notleidende Kredite, S. 8. 44 Froitzheim/Lotz/Breiteneicher/Nachtwey/Leclaire, S. 39. 45 Insofern sei auf die Statistik in Deutsche Bank Research/Schäfer, Notleidende Kredite, S. 7 f., verwiesen. 46 Kullrich, Börsen-Zeitung vom 23.09.2004, S. 4. 47 Ausnahmen bilden aber die medienwirksamen Veräußerungen der Niederschlesischen Sparkasse in Görlitz und der Sparkasse Wedel im Kreis Pinneberg; letztere war Partei des Präzendenzurteils in BGHZ 183, 60; vorgehend OLG Schleswig, BKR 2008, 25. 42
48
2. Kap.: Der Sekundärmarkt für Darlehen
Der Kreis der Erwerber der Darlehensforderungen ist entsprechend den unterschiedlichen Transaktionszwecken recht heterogen.48 Investmentbanken treten hauptsächlich als Händler der Darlehen auf. Sie verfolgen eine kurzfristige und passive Investmentstrategie („buy and sell“).49 Sie partizipieren an sanierungsbedingten Wertsteigerungen und nutzen sich bietende Arbitragemöglichkeiten aus. Letztere ergeben sich aus dem Umstand, dass der Sekundärmarkt für Darlehensforderungen im Bereich der Informationsverteilung und Preisfindung verhältnismäßig unvollkommen ist. Trader erwerben die Forderungen von den Originatoren und nehmen sie zumeist für kurze Zeit in die eigene Bilanz. Nachdem sie die Portfolios in marktgerechte Tranchen umgewandelt haben veräußern sie diese in möglichst kurzer Abfolge an Verwalter oder Verwerter.50 Verwalter halten die Darlehen für sich selbst oder wirtschaftlich für Dritte. Sie erwirtschaften eine stetige Rendite aus den Zins- und Tilgungsleistungen oder verwenden die Darlehen lediglich als Sicherheit für andere Forderungen. Überwiegend handelt es sich bei den die Darlehensforderungen bilanzierenden Verwaltern um Zweckgesellschaften („Special Purpose Vehicel“ – SPV). Sie erwerben die Darlehensforderungen, um sie zu ABS zu verbriefen und handelbar zu machen51 oder um sie treuhänderisch als Sicherheitenpool für die Investoren eigener Anleihenemissionen der Bank („Covered Bonds“) zusammenzufassen. Es treten aber auch weitere Kapitalsammelstellen wie Investmentfonds als Verwalter in Erscheinung, die das Darlehensrisiko nicht über den Umweg der von den SPV ausgegebenen ABS, sondern direkt durch Übernahme der Darlehensforderungen erwerben.52 Verwalter lagern die Betreuung der Darlehen zumeist an Dritte oder an die veräußernde Bank selbst aus. Die Zweckgesellschaften sind in aller Regel aufsichtsrechtlich nicht konsolidierte Töchter von Banken. Sie sind selbst weder Kreditinstitute noch Kapitalanlagegesellschaften und verfügen über keine Bankerlaubnis, wenn sie nicht ohnehin ihren Sitz wegen der Kapitalmarktorientierung und vor allem aus Gründen der Steueroptimierung im Ausland haben.53 Bei den meisten Fondsgesellschaften zeigt sich hinsichtlich der fehlenden Regulierung auch unter dem Kapitalanlagegesetz ein ähnliches Bild.
48 Vgl. dazu Wittig, in: Bankrechtstag 2005, S. 145, 153; Th. Weber, S. 54 f.; Prüver, S. 19; Froitzheim/Lotz/Breiteneicher/Nachtwey/Leclaire, S. 33; Schuppener, in: Lützenrath/Schuppener/Peppmeier, S. 20. 49 Prüver, S. 19. 50 Froitzheim/Lotz/Breiteneicher/Nachtwey/Leclaire, S. 33. 51 Schneider/Eichholz/Ohl, ZIP 1992, 1452 ff.; Baums, WM 1993, 1 ff.; Th. Weber, S. 9; Diehm/Griess/Mair/Wirsching, zfbf Sonderheft 57/2007, 63, 69; KobersteinWindpassinger, WM 1999, 473, 474. 52 Vgl. dazu Schulz-Hennig, Stellungnahme, S. 1 ff. und in der Anlage genannten Transaktionen mit diversen Opportunity Fonds. 53 U. H. Schneider/Eichholz/Ohl, ZIP 1992, 1452, 1455; Koberstein-Windpassinger, WM 1999, 473, 474; R. Freitag, WM 2008, 1813, 1815.
B. Der Markt
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Zum Kreise der Verwerter zählen Inkassounternehmen und sog. Bad Banks (Banken für schlechte Kredite, nicht: schlechte Banken). Letztere haben sich insbesondere in den öffentlich-rechtlichen und genossenschaftsrechtlichen Sektoren etabliert.54 Eine große Bedeutung in der öffentlichen Wahrnehmung haben Opportunity Fonds erlangt. Ihre Mittelherkunft, Organisation, Unternehmenspolitik und Entscheidungsfindung sind Außenstehenden indes weitgehend unbekannt.55 Investoren, die sich in letzter Zeit durch den Erwerb von Banken die Möglichkeit der Kreditvergabe verschafft haben, machen davon nur sehr zurückhaltend Gebrauch.56 Angebote werden überhaupt nicht oder allenfalls zu risikoadjustierten Zinssätzen57 unterbreitet, was für den Kreditnehmer eine deutliche Erhöhung des Schuldendienstes mit sich bringt.58 Ziel ist nicht die Verwaltung der Darlehen, sondern die Verwertung der Sicherheiten.59 Deren Qualität und Werthaltigkeit bestimmt den Wert der Darlehen.60 So sind vor allem Unternehmens- und Immobilienkredite begehrt.61 Die Erwerber trauen sich eine höhere Verwertungskompetenz zu als der kreditgebenden Bank;62 ob dies allerdings zutrifft, ist nicht unbestritten.63 Verwertungsorientierte Erwerber spekulieren auf einen Gewinn, der sich gerade aus der Beendigung und Abwicklung des jeweiligen Vertrages ergibt und der i. d. R. umso höher ausfällt, je schneller es zur Verwertung kommt. Strategische Investoren sind größtenteils Unternehmen aus verwandten Branchen des Darlehensnehmers, darunter auch Wettbewerber und sanierungsorientierte Investoren. Diese Investorengruppe beabsichtigt, über den Einkauf in das Fremdkapital eines Unternehmens Einfluss auf die Unternehmensstrategie zu erlangen. Dadurch möchte sie Synergieeffekte erzielen, ihre Marktstellung verbessern, durch Restrukturierungen einen Mehrwert schaffen und eine Wertsteigerung 54 Beispielhaft sei die Servicegesellschaft Kreditmanagement GmbH oder die Bankaktiengesellschaft Hamm genannt, s. Wentzler, in: Wiedenhofer, Non Performing Loans, S. 6. 55 Vgl. Schuppener, in: Lützenrath/Schuppener/Peppmeier, S. 21. 56 Vgl. Nobbe, ZIP 2008, 97, 98. 57 So ausdr. Köchling (Lone Star Germany), Protokoll zur 82. Sitzung des BT-Finanzausschusses vom 23.01.2008, Protokoll Nr. 16/82, S. 41. 58 Knops, WM 2008, 2185, 2193. 59 Vgl. OLG München, WM 2008, 688, 690; Nobbe, ZIP 2008, 97, 98; Brockmann/ Hommel, Kreditwesen 2007, 718, 719. 60 Schalast/Ockens/Jobe/Safran, HfB – Working Papers Series No. 76, S. 20; Diehm/Griess/Mair/Wirsching, zfbf Sonderheft 57/2007, 63, 64. 61 Vgl. Froitzheim/Lotz/Breiteneicher/Nachtwey/Leclaire, S. 18 und S. 41 f.; vgl. auch die Übersicht zu den Portfolioarten der NPL-Transaktionen von 2003 bis 2005 bei Diehm/Griess/Mair/Wirsching, zfbf Sonderheft 57/2007, 63, 71 und in Deutsche Bank Research/Schäfer, Notleidende Kredite, S. 7 f. 62 Vgl. dazu die Ausführungen von Damnitz/Rink, in: Lützenrath/Schuppener/Peppmeier, S. 45 ff. 63 Reiter, Protokoll zur 82. Sitzung des BT-Finanzausschusses vom 23.01.2008, Protokoll Nr. 16/82, S. 50.
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2. Kap.: Der Sekundärmarkt für Darlehen
für ihre Anteile erreichen. Das betrifft insbesondere Zulieferer, Konkurrenten oder Kunden des Darlehensnehmers. Als potenzielle Treiber können theoretisch auch sonstige Ziele angesehen werden, zu deren Erreichung sich der Einfluss auf den Darlehensnehmer als Mittel eignet. Zu denken ist sogar an persönliche Motive, die eine Machtausübung auf den Darlehensnehmer zum Selbstzweck haben. Angesprochen seien hier Konkurrenzverhältnisse oder auch nur persönliche Animositäten. Schließlich können die Darlehensforderungen als Vehikel für einen Unternehmenserwerb eingesetzt werden,64 indem sie in Eigenkapital umgewandelt werden („Debt-Equity-Swap“).65 Neben den klassischen Fremdinvestoren rücken zunehmend zwei weitere Investorengruppen ins Bewusstsein der Öffentlichkeit. Zum einen trat der Staat in der Finanzkrise ab 2008 über staatliche Erwerbergesellschaften im Rahmen der Finanzmarktstabilisierungsprogramme in Erscheinung. Außerdem ließen die Zentralbanken Kreditforderungen als Sicherheiten für Kreditgeschäfte des Währungssystems zu.66 Zum anderen handelt es sich bei den heutige Erwerbern zunehmend auch um den Darlehensnehmer oder den diesen beherrschenden Gesellschafter selbst, der den Erwerb der Darlehen als Alternative zur vorzeitigen Tilgung in Betracht zieht. Dieses Vorgehen ist aus der Anleihetilgung durch Einlieferung von Anteilen aus eigenem Besitz bekannt.67 Der Rückkauf eigener Schulden (sog. „Debt-Buy-Backs“) ist gerade während der Krise, in der Forderungen unter großen Abschlägen gehandelt werden, eine interessante Investitionsmöglichkeit.68 Allerdings sind bislang erst wenige Fälle bekannt geworden.
C. Motive und Interessenlage In der Hauptsache erfolgen die Darlehensveräußerungen zu dem Zweck, die Chancen und Risiken gegen Zahlung eines Kaufpreises vom bisherigen Kreditgeber vollständig auf einen Investor zu übertragen.69 Die Risiko-Liquiditäts-Rendite-Struktur eines Darlehens ändert sich durch seine Veräußerung indes nicht.70 64 Von Sydow/Beyer, AG 2005, 635, 635 f.; Paetzmann, Kreditwesen 2003, 968, 969 f. 65 Kestler/Striegel/Jesch, S. 29 ff.; Diehm/Griess/Mair/Wirsching, zfbf Sonderheft 2007, 63, 74; zum Debt Equity Swap Redeker, BB 2007, 673 ff. 66 Beispielhaft die Europäische Zentralbank für das Eurosystem, RL 2009/44/EG vom 6.05.2009 zur Änderung der RL 98/26/EG über die Wirksamkeit von Abrechnungen in Zahlungs- sowie Wertpapierliefer- und -abrechnungssystemen und der RL 2002/ 47/EG über Finanzsicherheiten im Hinblick auf verbundene Systeme und Kreditforderungen, ABl. EU Nr. L 146/37, Erwägung 5. 67 Vgl. etwa die Anleihebedingungen im Tatbestand von BGH, WM 2009, 501. 68 Dazu ausf. Friedl/Natusch, Finanz Betrieb 2009, 227. 69 Vgl. dazu – bezogen auf notleidende Darlehensforderungen – Wittig, in: Bankrechtstag 2005, S. 145, 155. 70 So auch H.-W. Forkel, BKR 2008, 183, 184.
C. Motive und Interessenlage
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Daraus folgt, dass eine Darlehensveräußerung in einem vollkommen transparenten Markt für beide Seiten uninteressant ist, wenn Veräußerer und Erwerber eine vergleichbare Kostenstruktur aufweisen und ein ähnliches Risiko-LiquiditätsRendite-Profil haben. In diesem Fall wird man sich kaum auf einen Kaufpreis einigen können, der über dem Wert liegt, den die veräußernde Bank in eigener Verwaltung und Verwertung erzielen könnte. Der Verkauf wäre ökonomisch sinnlos. Der Erwerber muss demnach komparative Kostenvorteile bei der Verwaltung und der Verwertung der Darlehen ausnutzen können. Andernfalls würden die Kosteneinsparungen bei der veräußernden Bank in einem perfekten Markt durch Kaufpreisabschläge auf den Buchwert wieder aufgezehrt. Viele der nachfolgend dargestellten Veräußerungsmotive stehen unter der Prämisse, dass die beabsichtigten Effekte nicht durch verkaufsbedingte Abschreibungen auf die Darlehen konterkariert werden.
I. Die veräußernden Banken Die Motive der Banken für Darlehensveräußerungen sind breit gefächert. Grundsätzlich wird Darlehensveräußerungen eine Liquiditätszugangs- sowie Refinanzierungsfunktion beigemessen.71 Damit lässt sich eine Substitutionsfinanzierung72 anderer Aktiva sowie die Tilgung eigener, zumeist kurzfristiger Verbindlichkeiten vornehmen, etwa im Falle einer Einschränkung des Liquiditätszugangs und der Erhöhung der Refinanzierungskosten. Unter unternehmenspolitischen Aspekten trennen sich Banken von bestimmten Engagements, um der Investorenseite einen aktiven Umgang mit der Risikobewältigung zu signalisieren. Dies kann einen positiven Einfluss auf die Entwicklung der Aktienkurse der Banken haben.73 Darlehensveräußerungen dienen zudem der Einsparung von Betriebskosten durch Konzentration der Kompetenzen und Reduzierung des Ressourcenbedarfs. Die höchsten Betriebskosten fallen im Bereich der Intensivbetreuung, der Problemkreditbetreuung und schließlich der Kreditabwicklung74 an,75 so dass sich zu einem Verkauf vor allem gefährdete, notleidende und ausgefallene Kredite anbieten. 71 The Boston Consulting Group, Kreditrisikomarkt/Verbriefungsmarkt, S. 20; Früh, BB 1995, 105, 106; Reuter/Buschmann, ZIP 2008, 1003; Schulz/Schröder, DZWIR 2008, 177; Schalast/Safran/Sassenberg, NJW 2008, 1486; Jaeger/Heinz, BKR 2009, 273. 72 Substitutionsfinanzierung bezeichnet eine reine Umschichtung von Vermögenswerten, ohne dass die Finanzierungsseite eines Unternehmens betroffen würde; deshalb handelt es sich nicht um eine Refinanzierung im engeren Sinne, dazu ausf. Busse, Grundlagen der betrieblichen Finanzwirtschaft, S. 768 f.; Stiefl, Finanzmanagement, S. 76. 73 Prüver, S. 72. 74 Zur Unterscheidung dieser Begriffe Theewen, WM 2004, 105, 106 f. 75 Richter, S. 18; Reuter/Buschmann, ZIP 2008, 1003.
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2. Kap.: Der Sekundärmarkt für Darlehen
Ein weiteres Verkaufsmotiv ist die Verminderung der Refinanzierungskosten durch Erhöhung des Ratings und der Kapitalmarktbewertung.76 Zur Verbesserung der Zinssätze für einzelne Emissionen genügt indes eine Besicherung der Anleihen mit einem Darlehensportfolio, das im Durchschnitt eine niedrigere Ausfallwahrscheinlichkeit aufweist als die Gesamtbank. Dieses Vorgehen, mit dessen Hilfe mittlerweile große Emissionsvolumina der Banken gedeckt und somit gegenüber den übrigen privilegiert werden, erfordert oftmals eine echte Forderungsübertragung in Gestalt einer Sicherungszession. Aufbauend auf den Erkenntnissen zur Risikoverringerung durch Diversifikation77 von Vermögensportfolios macht die Investition in nicht vollständig positiv korrelierte Projekte von Kreditnehmern die Finanzierung über Finanzintermediäre vorteilhaft und glättet die Ausfallschwankungen.78 Mit gezielten Kreditverkäufen beabsichtigt das Bankmanagement deshalb auch den Abbau von Klumpenrisiken und Risikokonzentrationen, um über eine Senkung des Korrelationskoeffizienten die Value-at-Risk-Kennziffer ihres Portfolios zu reduzieren,79 sofern dadurch nicht Effizienzen einer Spezialisierung verloren gehen. Als eines der Hauptmotive für Darlehensveräußerungen wird die Entlastung des regulatorischen bzw. des ökonomischen Kapitals genannt und gebetsmühlenartig auf die erhöhten Eigenkapitalanforderungen durch die Einführung von Basel II hingewiesen.80 Hintergrund ist, dass im Rahmen der Risikovorsorge für die Verluste ein Verlustdeckungspotenzial in Form von haftenden Eigenmitteln vorgehalten wird, damit die Bank selbst dann solvent bleibt, wenn eine unerwartete Maximalbelastungssituation eintritt.81 Das dazu entsprechend der Risikobereitschaft und der Risikotragfähigkeit benötigte Eigenkapital bezeichnet man als ökonomisches Kapital.82 Davon ist das aufgrund regulatorischer Anforderungen vorzuhaltende Mindestkapital zu unterscheiden. Dieses wird synonym als regulatorisches Kapital bezeichnet. Die im Jahre 1988 veröffentlichte Rahmenvereinba76
Paetzmann, Kreditwesen 2003, 968, 970; Prüver, S. 71. Grundlegend die Portfoliotheorie von Markowitz, Journal of Finance, Vol. 7 (1952), 77 ff. 78 Diamond, Review of Economic Studies, Vol. 51 (1984), 393 ff.; vgl. auch Winton, Finance University of Minnesota Department Working Paper Nr. 00 – 16, 1999; ferner Deutsche Bundesbank, Monatsbericht 2006, S. 35 ff. 79 Rob. Koch, BKR 2006, 182; Brockmann/Hommel, Kreditwesen 2007, 718, 718; Reuter/Buschmann, ZIP 2008, 1003; Lwowski/Wunderlich, in: Bankrechts-Handbuch, § 76 Rn. 146. 80 Hamberger/Diehm, Die Bank 2004, 182, 182 f.; Rinze/Heda, WM 2004, 1557, 1558; Schantz, VuR 2006, 464; Langenbucher, BKR 2004, 333, 334; Theewen, WM 2004, 105, 112 ff.; Sester/Glos, DB 2005, 375; Schalast, BKR 2006, 193, 194; R. Freitag, WM 2008, 1813, 1815; Jaeger/Heinz, BKR 2009, 273; Bitter, ZHR 173 (2009), 379, 407. 81 Schierenbeck, Ertragsorientiertes Bankmanagement, Bd. 2, S. 21; Büschgen, Bankbetriebslehre, S. 1080 ff. 82 Chorafas, Economic Capital Allocation – Cost & Benefit with Basel II, S. 107 ff. 77
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rung des Basler Ausschusses für Bankenaufsicht83 (Basel I)84 bezweckte, den systemischen Risiken des Kreditgeschäfts in Gestalt von internationalen Finanzkrisen vorzubeugen und im Hinblick auf das Aufsichtsrecht staatenübergreifend einheitliche Wettbewerbsbedingungen (sog. „Level Playing Field“) für die Marktteilnehmer zu schaffen.85 Banken mussten mindestens 8 Prozent ihrer standardisiert und lediglich in groben Kategorien86 gemessenen Risikopositionen als Eigenkapital vorhalten. Gegen Ende des Jahres 2006 trat Basel II in Kraft.87 Die Kapitalanforderungen an Banken sollten damit stärker als bisher vom eingegangenen Risiko abhängig gemacht und die wettbewerbsrechtlichen Implikationen der verschiedenen Kreditaufsichtskonzepte vereinheitlicht werden.88 Die wesentliche Neuerung von Basel II bestand darin, dass als Grundlage der Risikobemessung auch externe und sogar interne Ratings dienen können. Dies wird kritisch als „Selbstveranlagung“ der Kreditinstitute nach eigenen Maßstäben bezeichnet.89 Das regulatorische Kapital nähert sich demnach mehr und mehr dem ökonomischen Kapital an. In der Wissenschaft wurde auf Probleme bei der Risikomessung und auf Informationsasymmetrien hingewiesen, die die Umsetzung optimaler Eigenmittelanforderungen verhindern.90 Die Basler Übereinkünfte sind überobligatorisch in europäisches91 83 Vgl. zum Hintergrund Basler Ausschuss für Bankenaufsicht, Internationale Konvergenz der Eigenkapitalmessung und der Eigenkapitalanforderungen, Überarbeitete Rahmenvereinbarung, Juni 2004, S.1. 84 Basler Ausschuss für Bankenaufsicht, Internationale Konvergenz der Eigenkapitalmessung und Eigenkapitalanforderungen, Juli 1988. 85 Hintergrund war die Förderung eines solidarischen Aufsichtsverhaltens oder – pragmatischer ausgedrückt – die Vermeidung, dass ein Staat seinen Kreditinstituten Wettbewerbsvorteile verschafft, indem er geringe aufsichtsrechtliche Anforderungen stellt, weil er darauf vertrauen kann, dass im Falle einer internationalen Systemkrise die Staatengemeinschaft Hilfe leistet (Vermeidung eines moral hazard), vgl. Zeitler, WM 2001, 1397, 1397 f. 86 So Jochen Sanio, Präsident der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht auf dem Bankrechtstag 2003 in Düsseldorf, referiert bei Lange/Höche, WM 2003, 1645, 1646; Deutsche Bundesbank, Monatsbericht September 2004, S. 75 f. Im Übrigen sahen die Verfasser von Basel I selbst, dass es zu einigen pauschalen Beurteilungen kommen kann und wiesen deshalb darauf hin, dass die ökonomische Risikoberechnung und -bepreisung unabhängig von der aufsichtsrechtlichen Risikoeinstufung erfolgen müsse, Basel I Abs. 29. 87 Überblick bei Wittig, ZHR 169 (2005), 212 ff. 88 Das war ursprünglich das Hauptziel der Regelungen, die deshalb auch nur als Ergänzung des nationalen Aufsichtsrechts für international tätige Banken geplant waren, s. Elschen, in: Tietmeyer/Rolfes, Basel II, S. 14. 89 Zeitler, WM 2001, 1397, 1398. 90 Bichsel/Blum, in: SNB Quartalsheft 4/2005, S. 42, 43. 91 RL 2006/48/EG vom 14.06.2006 über die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Kreditinstitute (Neufassung), ABl. EU Nr. L 177 S. 1; RL 2006/49/EG vom 14.06. 2006 über die angemessene Eigenkapitalausstattung von Wertpapierfirmen und Kreditinstituten, ABl. EU Nr. L 177 S. 201; zu den Unterschieden zwischen Basel II und den EU-Richtlinen vgl. Deutsche Bundesbank, Monatsbericht, September 2004, S. 98 ff.
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2. Kap.: Der Sekundärmarkt für Darlehen
und nationales Recht92 sowie in ergänzende Regelungen93 umgesetzt worden. Aufgrund der Erfahrungen der Krise drängte das Financial Stability Forum der G-7-Staaten94 im Frühjahr 2008 auf Korrekturen und entwickelte ein Maßnahmenpaket,95 das der Basler Ausschuss für Bankenaufsicht im Wesentlichen in seiner Vorlage zur Revision der Basler Übereinkunft vor allem im Bereich der Marktrisiken übernahm.96 Vor diesem Hintergrund sind nach einem ersten Ansatz diejenigen Darlehen zu veräußern, die aufgrund gestiegenen Risikos eine erhöhte Eigenkapitalbindung aufweisen, für die jedoch auch unter etwaigen Zinsanpassungen kein Zinssatz zu realisieren ist, der den höheren kalkulatorischen Eigenkapitalkosten gerecht wird.97 Ein zweiter Ansatz besteht in der Einsparung von Aufsichtskosten bei der Veräußerung an nicht regulierte Erwerber (sog. Aufsichtsarbitrage).98 Das betrifft Darlehen, für die mehr regulatorisches Kapital vorzuhalten ist, als der Bank ökonomisch sinnvoll erscheint.99 Der Erwerber wird aber nur dann die Differenz zwischen ökonomischem und regulatorischem Kapital100 einsparen können, wenn er nicht den aufsichtsrechtlichen Mindestkapitalvorschriften unterliegt. Der komparative Kostenvorteil liegt somit darin, dass der Erwerber kein Kreditinstitut ist. Der dritte Ansatz ist gewissermaßen die Steigerungsform davon. Der Erwer92 Gesetz zur Umsetzung der neu gefassten Bankenrichtlinie und der neu gefassten Kapitaladäquanzrichtlinie vom 17.11.2006, BGBl. I, 2606 (7. KWG-Novelle). 93 Verordnung über die angemessene Eigenmittelausstattung von Instituten, Institutsgruppen und Finanzholding-Gruppen (Solvabilitätsverordnung – SolvV) vom 14.12. 2006 (BGBl. I, 2926); Verordnung über die Erfassung, Bemessung, Gewichtung und Anzeige von Krediten im Bereich der Großkredit- und Millionenkreditvorschriften des Kreditwesengesetzes (Großkredit- und Millionenkreditverordnung – GroMiKV) vom 14.12.2006 (BGBl. I, 3065). 94 Das Forum für Finanzstabilität setzt sich aus den für die Finanzsystemstabilität zuständigen nationalen Behörden insbes. der G7-Länder und internationalen Institutionen zusammen. Das Forum hat die Aufgabe, Schwachstellen des internationalen Finanzsystems frühzeitig zu identifizieren, Vorschläge in Form von Standards und Kodizes zu ihrer Beseitigung zu unterbreiten und deren Umsetzung zu überwachen. Infolge der Finanzkrise ist es zum Financial Stability Board erstarkt. 95 Financial Stability Forum, Report of the Financial Stability Forum on Enhancing Market and Institutional Resilience, 07.04.2008. 96 Basler Ausschuss für Bankenaufsicht, Revisions to the Basel II market risk framework, July 2009. 97 Das trifft allgemein auf jedes Darlehen zu, das die Abweichungslimite überschreitet, Schierenbeck, Ertragsorientiertes Bankmanagement Bd. 2, S. 218; konkret handelt es sich dabei zumeist um sub- und non-performing Loans, s. St. Hofmann/Walter, WM 2004, 1566, 1567 f.; Wittig, in: Bankrechtstag 2005, S. 145, 152. 98 Vgl. zu allem Neus, in: Funktionsfähigkeit und Stabilität von Finanzmärkten, S. 175 f.; Ricken, S. 59 ff.; Rudolph, zfbf 57 (März 2005), 176, 179 f. 99 Vgl. Rudolph, zfbf 57 (März 2005), 176, 179 f.; Hartmann-Wendels/Pfingsten/Weber, Bankbetriebslehre, S. 523; Sengera, Die Bank 2002, 238, 239. 100 Zu den Einsparungsmöglichkeiten bei Verbriefungen Bär, S. 323 ff.; Höche, in: FS Nobbe, S. 317, 319 f.
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ber verwendet zur Risikohinterlegung nicht nur weniger ökonomisches Kapital, als kreditaufsichtsrechtlich erlaubt wäre, sondern darüber hinaus auch weniger, als dem Originator ökonomisch sinnvoll erscheint. In diese Richtung weist die weit vor der Finanzkrise getroffene Aussage von König und van Aerssen, Kreditinstitute könnten durch die Forderungsveräußerung im Rahmen von ABS-Transaktionen „praktisch Eigengeschäft ohne Eigenmittelunterlegung“ betreiben.101 Das mutet wie Zauberei an, ist es aber nicht. Der Investor wählt einen extrem hohen Verschuldungsgrad.102 Diese Strategie wird gemeinsam mit Erwerbern wie Private-Equity-Gesellschaften sowie Hedge- und Opportunity-Fonds,103 vor allem aber mit der Darlehensverbriefung dienenden Zweckgesellschaften betrieben, die nur mit der gesellschaftsrechtlich erforderlichen Mindesteinlage kapitalisiert werden.104 Die von den Zweckgesellschaften ausgegebenen ABS erwerben Banken auch selbst, wodurch sie die Darlehen nunmehr indirekt halten. Auf diese Weise konnten sie zwischen Handelsbuch und Bankenbuch arbitragieren,105 bis der Basler Ausschuss für Bankenaufsicht im Jahre 2009 mit „Basel 2.5“ für derartige Wertpapiere eine erheblich höhere Eigenmittelhinterlegung einführte.106 Unter Anwendung des Disintermediationsmodells werden Darlehen von vornherein in der Absicht generiert, sie zu veräußern, um damit Provisionsgewinne zu erzielen.107 In einem Aufsatz im Monatsbericht der Deutschen Bundesbank von April 2004108 ist beiläufig davon die Rede, dass durch den Kredithandel Arbitragemöglichkeiten genutzt werden könnten. Das wirft die Frage auf, welche Marktdisparitäten außerhalb der zuvor erläuterten regulatorischen Arbitrage der Bank zum Vorteil gereichen können. In der Wissenschaft wird vermutet, dass die veräußernden Banken beim Darlehenshandel ihren Informationsvorsprung als „Insider“ 109 hinsichtlich der Qualität der Darlehen ausnutzen,110 mithin aus den
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König/van Aerssen, WM 1997, 1777, 1778 f. Die Zweckgesellschaft kann sich bis zu 100 Prozent fremdfinanzieren, s. Bär, S. 322 Fn. 113. 103 Vgl. Prüver, S. 79; vgl. allg. zu der Eigenkapitalausstattung von Private EquityGesellschaften Jahresgutachten 2005/06 des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, BT-Drs. 16/65, S. 467 f.; zu dem durchschnittlichen Eigenkapitalanteil von Hedgefonds in Höhe von 6 Prozent s. Jahresgutachten 2007/08 des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, BT-Drs. 16/7083, S. 135. 104 So ausdr. Knops, WM 2008, 2185, 2193, insbes. Fn. 76; vgl. auch Ricken, S. 23; Kothari, Securitization, S. 30, 99, spricht von Vorteilen der erwerbenden Zweckgesellschaft aus deutlich höherem Leverage. 105 Zeitler, WM 2012, 673, 674. 106 Basler Ausschuss für Bankenaufsicht, Revisions to the Basel II market risk framework, July 2009. 107 Früh, WM 2000, 497, 498; Horn, BKR 2008, 452, 457. 108 Deutsche Bundesbank, Monatsbericht April 2004, S. 29 f. 109 So Hartmann-Wendels/Pfingsten/Weber, Bankbetriebslehre, S. 293 f. 102
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2. Kap.: Der Sekundärmarkt für Darlehen
Informationsasymmetrien Profit ziehen. So lassen sich Erträge aus dem Verkauf von Forderungen im Zusammenhang mit Verbriefungstransaktionen („gain-onsale“) erklären, die nunmehr gemäß Basel III (2010) reguliert werden sollen.111 Zuletzt können Darlehensveräußerungen auch zur Erfüllung der Mindestkapitalanforderungen dienen, wenn dadurch der Risikoanrechnungsbetrag reduziert wird. Als Sanierungsmaßnahme sind sie schon im Vorfeld einer Insolvenz unentbehrlich.112 Zur Abwendung der Insolvenz einer Bank ist eine Darlehensveräußerung indes nur insoweit zweckmäßig, als dadurch Liquidität beschafft wird,113 ohne durch Abschreibungen auf den Buchwert der Darlehen zugleich die Überschuldungsgefahr zu erhöhen.114 Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über eine Bank steht das Interesse der Insolvenzgläubiger an der zügigen Befriedigung ihrer Forderungen im Vordergrund.115 Diesem Interesse dienen die Liquidierung der Bankaktiva vor der vertraglichen Fälligkeit und insbesondere die Veräußerung der Darlehen. Nach alledem ist die Ansicht weit verbreitet, dass die Veräußerung von Krediten ein opportunes Mittel zum Zwecke der aktiven Kreditrisikosteuerung, Refinanzierung und strategischen Neuausrichtung einer Bank darstellt.116
II. Die Erwerber Ein Darlehenserwerber wird sich finden, wenn die von ihm erwarteten Zinsund Tilgungsleistungen sowie ggf. die Erlöse aus der Verwertung der Sicherheiten neben den Kapital- und Betriebskosten mindestens auch das dem Kredit innewohnende Risiko inklusive eines Zuschlags für die aus dem Informationsnachteil resultierenden Gefahren für den Käufer abdecken.117 Der Käufer kann das In110 Jahresgutachten 2007/08 des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, BT-Drs. 16/7083, S. 120; Neus, in: Funktionsfähigkeit und Stabilität von Finanzmärkten, S. 175. 111 Basler Ausschuss für Bankenaufsicht, Basel III, Rz. 74. 112 Stürner, Stellungnahme vom 22.01.2008, S. 2 f.; ders., ZHR 173 (2009), 363, 366 f. 113 Die Zahlungsunfähigkeit ist allgemeiner Eröffnungsgrund für ein Insolvenzverfahren, § 17 Abs. 1 InsO. 114 Bei einer juristischen Person ist auch die Überschuldung Eröffnungsgrund für ein Insolvenzverfahren, § 19 Abs. 1 InsO. Banken sind zumeist juristische Personen. Privatbanken in der Rechtsform eines Einzelkaufmanns oder einer Personengesellschaft mit persönlicher Haftung sind rar geworden. 115 Die Änderung der Interessenlage wird beispielhaft an der Insolvenz der Gontard & Metall Bank deutlich, in der der Insolvenzverwalter der Bank Darlehensforderungen zur Liquiditätsgewinnung veräußerte, vgl. dazu OLG Frankfurt, NJW 2004, 3266 ff.; LG Frankfurt, BKR 2005, 67 ff. 116 Stellvertretend Bruchner, BKR 2004, 394, 396; Früh, WM 2000, 497; Langenbucher, BKR 2004, 333, 334. 117 Gorton/Pennacchi, Journal of Monetary Economics 1995 (Vol. 35), 389, 398 ff.
C. Motive und Interessenlage
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vestment realistischer bewerten, wenn und soweit er am Markt für „distressed debt“ einen zum Teil weit unter dem Nominalwert liegenden Kaufpreis zahlt und noch keine Abschreibung vornehmen musste. Grobe Schätzungen gehen bei notleidenden Darlehen von 45 bis 70 Prozent des Nominalwerts aus.118 Exemplarisch sei der von Schmelz geschilderte Fall angeführt, bei dem die Bank eine Kreditablösung bis zu 90 Prozent des Nominalwerts verbunden mit einem Teilverzicht gegenüber dem Darlehensnehmer abgelehnt und stattdessen das Darlehen zu einem Kaufpreis von lediglich 40 Prozent des Nominalwertes an einen Finanzinvestor veräußert hat.119 Wohlgemerkt beläuft sich der Anspruch rechtlich gesehen unverändert auf den Nominalwert, mithin auf 100 Prozent. So haben die Erwerber einen großen Spielraum, um komparative Vorteile und Effizienzsteigerungen bei der Verwertung auszunutzen. Zudem spielt die bereits erwähnte Regulierungsarbitrage eine Rolle, weil für Nichtbanken120 die Aufsichtskosten wegfallen, die jedoch in den Darlehenszins einkalkuliert sind. Die Erwerber wünschen i. d. R. den direkten Kontakt zum Darlehensnehmer, um ihm gegenüber die Forderung geltend machen zu können, soweit nicht – wie bei Verbriefungen oftmals der Fall – das Servicing bei der Bank verbleibt. Außerdem wollen verwertungsorientierte Investoren ihre eigene Verwertungskompetenz einsetzen.121 Dazu ist es erforderlich, dass sie über die Person und Adresse des Schuldners (Identifizierungsdaten) und Datum, Höhe und Konditionen des Darlehens u. a. (Strukturdaten) in Kenntnis gesetzt werden. Ferner verlangen die Investoren alle weiteren Informationen, die der Bank vorliegen, damit sie anhand dieser Informationen den Wert der Darlehen und somit die Angemessenheit des Kaufpreises bzw. ihren Verhandlungsspielraum gegenüber dem Schuldner beurteilen können. Ungeachtet der genannten Kaufpreisabschläge auf den Nominalwert kann der Veräußerer – wie oben dargestellt – durchaus auch Veräußerungsgewinne zu Lasten des Erwerbers beabsichtigen. Der Abbau von Informationsasymmetrien und die Reduzierung des Moral Hazards der veräußernden Bank haben deshalb für die Erwerber einen hohen Stellenwert. Wie bereits angeklungen ist, verfolgen handelsorientierte Erwerber kurzfristige Gewinnerzielungsstrategien vor allem durch Ausnutzung ihrer Marktkenntnis. Zweckgesellschaften, die die Darlehen zu ABS verbriefen, sind zumeist von den originierenden Banken gesteuert. Hierbei richtet sich der Blick auch auf die Investoren der ABS, die Gläubiger der Zweckgesellschaften sind. Sie möchten in 118
Vgl. Ernst & Young, Global Non Performing Loan Report 2006, S. 9. Wiedergegeben bei Wehlte/Holfter, BKR 2009, 130, 131. 120 Für Forderungsverwerter vgl. Schulz-Hennig, Stellungnahme, S. 3 unter Nr. 3; zu Verbriefungsvehikeln vgl. Jahresgutachten 2007/08 des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, BT-Drs. 16/7083, S. 120; vgl. im Übrigen Wittig, in: Bankrechtstag 2005, S. 145, 153; Koberstein-Windpassinger, WM 1999, 473, 474; R. Freitag, WM 2008, 1813, 1815. 121 Wittig, in: Bankrechtstag 2005, S. 145, 154 f.; Richter, S. 23. 119
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2. Kap.: Der Sekundärmarkt für Darlehen
Darlehen investieren, die ihrem Rendite-Risiko-Liquiditäts-Profil genügen und i. d. R. höher verzinst sind als andere am Markt erhältliche Fremdkapitalprodukte, insbesondere als solche, die von streng regulierten Kreditinstituten direkt emittiert werden. Insofern ergeben sich nur graduelle Unterschiede zu den Interessen der Finanzinvestoren, die ohne Zwischenschaltung eines SPV in großem Stil in Darlehensportfolios investieren. Auch sie möchten von laufenden Erträgen und Wertsteigerungen der Darlehen profitieren. Strategische Investoren sind darüber hinaus vor allem an einer Einflussnahme auf das Zielunternehmen interessiert, um Skalen- und Synergieeffekte ausschöpfen zu können. Verwerter betreiben entweder eine Sanierung bzw. Restrukturierung mit anschließendem Verkauf („buy, restructure and sell“)122 oder eine kurzfristige Liquidierung der zumeist notleidenden Darlehen unter Zugriff auf das Schuldnervermögen und die Sicherheiten.123 Der Staat verfolgt mit einem Erwerb von Risikopositionen bei einem Marktversagen primär das öffentliche Interesse, den Finanzmarkt zu stabilisieren. Daneben hat er wie die übrigen Investoren ebenfalls ein Informationsinteresse hinsichtlich der Schuldner-, Struktur- und Bonitätsdaten der Darlehen. Bei der Preisfindung für die Darlehen und deren Verbriefungen steht er vor einem Dilemma, an dem sich die ordnungspolitische Zweifelhaftigkeit des Staatseingriffs ablesen lässt. Bietet er einen zu geringen Ankaufpreis, sind die Banken zu (weiteren) ertragszehrenden Abschreibungen gezwungen. Bietet er einen zu hohen Preis, geht dies zu Lasten des Staatshaushaltes und letztlich des Steuerzahlers. Das BVerfG beschränkt die Rolle des Staates auf die Sicherstellung des Liquiditätszugangs und die Refinanzierungsfunktion zugunsten der Finanzinstitute im Interesse der Allgemeinheit an einem funktionierenden Finanzsystem.124 Es lässt dabei indes außer Acht, dass zugleich die Kosten des Liquiditätsverzichts gesenkt werden und es mithin schon aus diesem Grund zu einer wettbewerbsverzerrenden Subventionierung der veräußernden Banken kommt. Was die Besicherung von Reverse-Purchase-(Repo-)Geschäften im Rahmen der Offenmarktpolitik der Zentralbanken betrifft, so hat die Europäische Zentralbank aufgrund der Krisenerfahrung empfohlen, die Verwendung von Kreditforderungen zu Besicherungszwecken weiter zu erleichtern. Dem ist der europäische Richtliniengeber nachgekommen.125 Treten die Darlehensnehmer selbst als Erwerber auf,126 verringert sich die Anzahl der Beteiligten auf zwei Personen. Dadurch besteht Einklang hinsichtlich 122
Prüver, S. 19; vgl. zudem ausf. Richter, S. 29 ff.; Nobbe, ZIP 2008, 97, 98. Brockmann/Hommel, Kreditwesen 2007, 718, 719. 124 Vgl. BVerfG, NJW 2009, 2875. 125 RL 2009/44/EG vom 6.05.2009 zur Änderung der RL 98/26/EG über die Wirksamkeit von Abrechnungen in Zahlungs- sowie Wertpapierliefer- und -abrechnungssystemen und der RL 2002/47/EG über Finanzsicherheiten im Hinblick auf verbundene Systeme und Kreditforderungen, ABl. EU Nr. L 146/37, 41 ff., Artikel 2. 126 Zu dieser neueren Variante Namens „Debt buy back“ s. bereits oben 2. Kapitel B. III. 123
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des „Ob“ der Darlehensveräußerung. Das Problem der Informationsasymmetrien entfällt. Es kann allerdings zu Interessenkonflikten mit anderen Gläubigern kommen. Die individuellen Ziele des Darlehensnehmers sind finanzieller und strategischer Natur. Der Darlehenserwerb kann als Form der Geldanlage gesehen werden, weil der Darlehenszins eingespart wird. Zudem kann der Darlehensnehmer bei Kaufpreisen unter dem Rückzahlungsbetrag einen Gewinn erzielen. Auch hier ist der Schuldner wie jeder andere Erwerber an einem möglichst günstigen Kaufpreis interessiert.
III. Die Darlehensnehmer Sofern die Darlehensnehmer nicht selbst als Erwerber auftreten, bestehen ihre zentralen Bedenken gegenüber einer Veräußerung darin, dass der Erwerber von den ihm übertragenen Rechten kompromissloser und weit weniger behutsam Gebrauch macht, als es seine an einer langfristigen Geschäftsbeziehung interessierte Hausbank tun würde.127 Sofern der neue Gläubiger eine höhere Investitionsrendite als die veräußernden Banken erzielt, ist dies zu einem guten Teil auf eine Erhöhung des Druckpotenzials128 und die Erschwerung der Rechtsverteidigung zurückzuführen. Dieser Interessenkonflikt ist nicht neu, sondern geradezu charakteristisch für das Rechtsinstitut der Forderungszession und schon seit deren Etablierung in der Nachklassik Gegenstand des rechtswissenschaftlichen Diskurses.129 Bei Übertragung der Darlehensverträge als Ganzes steht überdies die Vertragspartnerwahlfreiheit zur Disposition.130 Die vertragliche Fremdbestimmung stößt sich an der freiheitlich geprägten Rechtskultur und Dogmatik. Die Darlehensnehmer vertrauen auf eine langfristig bestehende, vertrauensvolle Geschäftsbeziehung und haben insofern ein Kontinuitätsinteresse.131 Dies schließt eine Prolongation des Darlehens ein,132 auf die sie im Falle einer sog. „unechten Abschnittsfinanzierung“ ohnehin einen Anspruch haben. Schuldner von notleiden127 Heinen, in: Bankrechtstag 2008, S. 1, 2; Bredow/Vogel, BKR 2008, 271, 272; Eisele, ZIS 2011, 354, 355. 128 So bzgl. leistungsgestörter Kreditengagements ausdr. Wentzler, in: Wiedenhofer, Non-Performing Loans, S. 17; zurückhaltender Czech/Neumann, in: Lützenrath/Schuppener/Peppmeier, S. 40, die davon ausgehen, dass ein kooperativer Ansatz zwischen neuem Betreiber und Schuldner i. d. R. zu besseren Ergebnissen führt. 129 So schon Mühlenbruch, Die Lehre von der Cession der Forderungsrechte, S. 359 ff.; Windscheid, Lehrbuch des Pandektenrechts, Bd. 2, § 335 (S. 251) m.w. N. in Fn. 19. 130 Knops, WM 2008, 2185, 2185. 131 Bericht des Finanzausschusses (7. Ausschuss) vom 26.06.2008, BT-Drs. 16/9821, S. 12; dieses Interesse wird durch Darlehensveräußerungen grundlegend enttäuscht, so Schimansky, WM 2008, 1049; Knops, WM 2008, 2185, 2185. 132 So in OLG München, WM 2008, 688, 690 (aus dem Schreiben der Nebenintervenientin vom 27.1.2003 ging hervor, dass auch bei Prolongationen eine Berücksichtigung der Interessen des Klägers zu 1 nicht mehr möglich sei).
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den Engagements mögen an professionellen Sanierungshilfen interessiert sein.133 Jedoch werden professionelle Investoren im Zweifel keine Zwangsvollstreckungsund Insolvenzvermeidungsstrategie verfolgen, sondern an kurzfristigen Renditemaximierungen interessiert sein.134 Ferner drohen Missbrauchsgefahren135 sowie eine erschwerte Kreditabwicklung und Rechtsverteidigung bei Vollstreckungsabwehrklagen.136 Die Darlehensnehmer sind an einer prozessualen Waffengleichheit interessiert und wehren sich i. d. R. aus diesem Grund gegen eine Übertragung der treuhänderisch bestellten Sicherheiten inklusive der notariellen Vollstreckungsunterwerfung an den neuen Gläubiger.137 Hohe Streitwerte und die Verlagerung der Klagelast auf den Schuldner durch die Wahl abstrakter Sicherungsmittel tragen zur Erhöhung der prozessualen Nachteile bei. Der Darlehensnehmer hat insbesondere ein Interesse an der Wahrung des Bankgeheimnisses und des Datenschutzes. Dieses Interesse ist nicht dahingehend zu verkürzen, dass es lediglich als Hebel dienen soll, die Zustimmungsfreiheit der Darlehensübertragung auszuräumen. Das würde der Bedeutung der informationellen Selbstbestimmung als eigenständigem Wert nicht gerecht werden. Gleichwohl ist nicht zu verkennen, dass der Erwerber durch die Verletzung der Geheimhaltungspflichten in die tatsächliche Lage versetzt wird, gegenüber dem Schuldner in Erscheinung zu treten, um die Forderungen durchzusetzen.138 Deshalb kumulieren sich die Interessen des Schuldners bei einer Darlehensveräußerung sowie bei der damit verbundenen Übertragung der Sicherheiten und zuletzt bei der Vollstreckung in dem Wunsch nach Einhaltung der Geheimhaltungspflichten.139 133 So argumentiert John Grayken, Gründer und Vorstandschef des Lone Star Funds mit Sitz in Texas, USA, dass viele Betroffene dank der Forderungsveräußerung erstmals die Möglichkeit erhalten haben, ihr Darlehen mit einem Abschlag abzulösen, vgl. Buchter, Beim König der Heuschrecken, in: Die Zeit vom 26.06.2008, S. 26; Schubäus, Kreditwesen 2008, 71; Kestler/Striegel/Jesch, S. 11; für die reine Inkassozession gekündigter Darlehen zustimmend Knops, WM 2008, 2185, 2192. 134 Brockmann/Hommel, Kreditwesen 2007, 718, 719; Schimansky, WM 2008, 1049, 1050 f.; Heinen, in: Bankrechtstag 2008, S. 1, 2; Wentzler, in: Wiedenhofer, Non-Performing Loans, S. 17; Knops, WM 2008, 2185, 2185 und 2187. 135 Ob diese auch in der Praxis ausgenutzt wird, ist im Einzelnen str., vgl. aus der forensischen Praxis etwa OLG München, WM 2008, 688; OLG Schleswig, WM 2009, 1193, 1194 ff.; LG Frankfurt a. M., BeckRS 2009, 11909; aus der Lit. Zimmermann, BKR 2008, 95; Schimansky, WM 2008, 1049, 1050 f.; Domke/Sperlich, BB 2008, 342, 344; Knops, WM 2008, 2185, 2189; dagegen Bork, ZIP 2008, 2049, 2056 mit weiteren Nachweisen aus der Rspr. in Fn. 77 und 78; R. Freitag, WM 2008, 1813; vgl. ferner die lebhafte Diskussion zwischen Bundesfinanzminister Peer Steinbrück und Mitgliedern der Bundestagsfraktion Die Linken, BT-Plenarprot. 16/173, S. 18462. 136 Koberstein-Windpassinger, WM 1999, 473, 474; plastisch Schulz-Hennig, Protokoll zur 82. Sitzung des BT-Finanzausschusses vom 23.01.2008, Protokoll Nr. 16/82, S. 48. 137 Knops, WM 2008, 2185, 2186 ff.; Schwintowski/Schantz, NJW 2008, 472, 473 ff. 138 Ähnlich Knops, WM 2008, 2185, 2188.
C. Motive und Interessenlage
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Unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten wird ein Kunde die Abtretbarkeit bzw. Übertragbarkeit eines Darlehens zum Zeitpunkt der Kreditvergabe wegen des leichteren Zugangs zu günstigen Darlehen oftmals in Kauf nehmen; in seinem Interesse liegt das indes nicht.140 Das Disintermediationsmodell kann unverantwortlichen Kreditvergaben Vorschub leisten, so dass selbst der leichtere Kreditzugang angesichts einer drohenden Überschuldung i. d. R. nicht im Interesse des Darlehenskunden liegt. Nach der Kreditvergabe möchte der Darlehensnehmer an einer gestiegenen Sekundärliquidität und einer sich daraus ergebenden Verminderung der Risikokosten teilhaben, indem der Zinssatz entsprechend reduziert wird. Schließlich ist der Schuldner, dessen Darlehen sich im Abwicklungsstadium befindet, an einer möglichst günstigen Kreditablösung interessiert. Zumindest wäre ihm damit gedient, wenn ihm dieselben (Rück-)Kaufkonditionen eingeräumt würden wie dem Darlehenserwerber, wenn und soweit dieser – wie geschildert – nur einen Bruchteil des Nominalwertes für die Darlehen zahlen muss.141 Im Übrigen ist festzustellen, dass ein Gläubigerwechsel rein wirtschaftliche und in Geld messbare Beeinträchtigungen für den Schuldner allenfalls in geringem Umfang nach sich zieht, etwa durch erhöhten Buchhaltungsaufwand und Fehlzahlungen.142 Der praktische Mehraufwand, der mit dem Wechsel des Ansprechpartners zusammenhängt, kann lediglich in Einzelfällen größere Ausmaße annehmen.143
IV. Gesamtwirtschaftliche Aspekte Im Wege der Darlehensveräußerungen können Risikostreuungen erreicht und neue Refinanzierungsquellen erschlossen werden.144 Dies kann zur Stabilität der 139 So auch Hammen, in: Bankrechtstag 2005, S. 113, 123; dagegen sind die Bedenken, ob dies aus der Sicht des Darlehensnehmers das Kernproblem der Darlehenstransaktionen verfehlt, nicht verständlich, vgl. etwa Langenbucher, NJW 2008, 3169, 3170. 140 Verkürzt hingegen Lwowski/Wunderlich, in: Bankrechts-Handbuch, § 76, Rn. 161, 169; Früh, WM 2000, 497, 504; Paetzmann, Kreditwesen 2003, 968, 970; Cahn, WM 2004, 2041, 2047; Schulz/Schröder, DZWIR 2008, 177, 182; in RL 2009/44/EG vom 6.05.2009 ABl. EU Nr. L 146/37 wird trotz Hinweis auf die Vorteile einer verbesserten Veräußerung für den Kreditnehmer (Erwägung 5) eine Ausnahme für Verbraucherkredite vorgesehen, Artikel 2 Nr. 6 Buchst. b (Änderung von RL 2002/47/EG Art. 1 Abs. 4 Buchst. c). 141 s. o. Kapitel 2 C. II. 142 Vgl. Peters, AcP 206 (2006), 843, 847. 143 Als prominentes Beispiel mag der Fall des US-amerikanischen Immobilien-Tycoons Donald Trump dienen, dessen Schulden die Deutsche Bank bis auf einen geringen Selbstbehalt an „so many institutions, banks, junk bond firms, and virtually anybody that seemed to come along,“ verkauft hat, dass die Gruppe der Darlehensgeber bei Prolongations- und Umstrukturierungsverhandlungen nicht in der Lage war, zu einem Konsens zu finden, vgl. Frangos, Trump Files Suit Against Lenders, Developer Seeks to Extend $640 Million Loan on a Chicago Skyscraper, in: Wall Street Journal Online vom 08.11.2008.
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2. Kap.: Der Sekundärmarkt für Darlehen
einzelnen Banken beitragen,145 die Kreditversorgung der Volkswirtschaft verbessern146 und eine Absenkung des allgemeinen Zinsniveaus zur Folge haben.147 Werden Darlehen in großem Umfang veräußert, begrenzt das vorhandene Eigenkapital jedoch nicht mehr die Höhe der Kreditvergabe.148 Darlehensveräußerungen führen zu einer Ausweitung der Buchgeldschöpfung.149 Aufgrund der Auswirkungen auf die Geldmenge sind sie als versteckter Inflationstreiber zu identifizieren, den die Zentralbanken wegen der fehlenden Mindestreservepflicht nicht statistisch erfassen und regulieren können. Die Entkoppelung der Finanzwirtschaft von der Realwirtschaft wurde schon mit früheren Krisen in Zusammenhang gebracht, indem beispielsweise die durch Papierwährung künstlich erhöhten Preise als Ursache der Finanzkrise in Europa im Jahre 1857 ausgemacht wurden.150 Die Möglichkeit der Risikoentlastung schafft zudem den falschen Anreiz zu einer gesamtwirtschaftlich relevanten Kreditausweitung unter gleichzeitiger Absenkung der Kreditqualität. Dies führt letztlich zu einer asymmetrischen Verteilung der Chancen und Risiken zu Lasten des Staates, der in seiner Rolle als „lender of last resort“ für die Risiken einzustehen hat, sobald die Selbstheilungskräfte des Marktes versagen und tendenziell zu höherer Staatsverschuldung und möglichen Preissteigerungen. Volkswirtschaftlich problematisch ist es auch, wenn Kreditrisiken über die aufsichtsrechtlich regulierten Sektoren (Banken, Versicherungen, Fonds) hinaus transferiert werden und sich bei Investoren ansammeln, die weder deren Höhe exakt einschätzen können noch über adäquate Methoden und Verfahren zu deren Management verfügen.151 Die Diversifikationsbestrebungen dürfen nicht dazu führen, dass bekannte Risiken durch neue, unbekannte Risiken ersetzt werden, für deren Beherrschung die Kompetenz fehlt.152 Besonders prekär ist die Konstellation, in der die Risiken im Zuge einer Darlehensveräußerung nur scheinbar aus dem regulierten Bereich entfernt werden (sog. „scheinbare Disintermediation
144 Rudolph/Hofmann/Schaber/Schäfer, Kreditrisikotransfer, S. 177 ff.; Stürner, ZHR 173 (2009), 363, 366 f. 145 Deutsche Bundesbank, Stellungnahme vom 22.01.2008, S. 2; Theewen, WM 2004, 105, 114; Stürner, ZHR 173 (2009), 363, 367. 146 Asmussen, Kreditwesen 2006, 1016. 147 The Boston Consulting Group, Kreditrisikomarkt/Verbriefungsmarkt, S. 21. 148 H.-W. Forkel, BKR 2008, 183, 184 f.; Grundmann/Hofmann/Möslein, in: Finanzkrise und Wirtschaftsordnung, S. 9 ff. 149 U. H. Schneider/Eichholz/Ohl, ZIP 1992, 1456 ff. 150 Dazu K. Marx, Die Finanzkrise in Europa, abgedruckt in: ders./Engels, Werke, Bd. XII, S. 341; auf die Finanzkrise Finanzkrise in Europa im Jahre 1857 wird an anderer Stelle zurückzukommen sein, s. u. Kapitel 4 A. I. 151 Rudolph/Hofmann/Schaber/Schäfer, Kreditrisikotransfer, S. 177 ff.; Rudolph, Kredit und Kapital 2007, 1 ff.; The Boston Consulting Group, Kreditrisikomarkt/Verbriefungsmarkt, S. 21. 152 Rudolph, Kredit und Kapital 2007, 1, 5.
D. Transaktionsstrukturen und rechtliche Gestaltungsmöglichkeiten
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des Bankensystems“ 153). Es wurde bereits erwähnt, dass sich in der Finanzkrise die Darlehen in Form von illiquiden ABS zuhaufe in den Handelsbeständen der Banken wiederfanden. Die aggressive Darlehensverwertung mancher Investoren kann der Allgemeinheit hohe soziale und finanzielle Kosten aufbürden, wenn die Kreditnehmer in die staatlichen Sicherungssysteme gedrängt werden.154 Nicht nur der dadurch bedingte Unmut weiter Bevölkerungskreise, sondern grundsätzlich auch die Gefährdung sozialstaatlicher Statik fordern einen politischen Preis und führen zu Gegensteuerungstendenzen der Volksvertreter.155 Entsprechend zeigt sich eine gewisse Zerrissenheit hinsichtlich der Frage, ob der Handel mit Darlehensforderungen im Ergebnis positiv oder negativ zu beurteilen sei. Es muss austariert werden, bis zu welchem Maße die mit der Darlehensveräußerung verbundene Ausweitung der Geldmenge sowie der Verschuldung der Privathaushalte und Unternehmen sinnvoll und die Höhe der sozialen und volkswirtschaftlichen Kosten noch tragbar erscheinen. Bei Lichte betrachtet stehen sich in geradezu klassischer Weise die wirtschaftspolitischen Interessen an einer Wachstumsförderung, die finanzpolitischen Interessen an der Geldwertstabilität und das politische Interesse an sozialer Gerechtigkeit gegenüber. Jedenfalls dürfte Einigkeit darüber herrschen, dass grundsätzlich nicht der Staat für die von einzelnen Marktteilnehmern eingegangenen, dann aber veräußerten Risiken einzustehen hat. Das hindert sein Engagement jedoch nicht, wenn die Veräußerung von Darlehen im Rahmen der Bankensanierung letztendlich der Bewältigung einer Finanzkrise dient und dazu als ordnungspolitisches Instrument kaum zu entbehren ist.
D. Transaktionsstrukturen und rechtliche Gestaltungsmöglichkeiten Zur rechtlichen Gestaltung der Darlehenstransaktionen bieten sich – neben den für die vorliegende Untersuchung nicht relevanten synthetischen Transaktionen – drei Grundformen an.156 In deren Mittelpunkt steht entweder die Abtretung der 153 Jahresgutachten 2007/08 des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, BT-Drs. 16/7083, S. 121 ff. 154 Knops, WM 2008, 2185, 2187 hält bei manchen Transaktionen die Grenze des sozial Tolerablen für überschritten. 155 Die vom Individualnutzen geleiteten opportunistischen Handlungen einzelner Entscheidungsträger – in diesem Fall der Politiker – können durchaus beachtliche Auswirkungen auf der makroökonomischen Ebene mit sich bringen, vgl. zur Anwendung des methodologischen Individualismus auf Politiker im Bereich staatlicher Investitionskontrolle Heinemann, ,Ökonomischer Patriotismus‘ in Zeiten regionaler und internationaler Integration, S. 102 ff.; im Überblick Mankiw/Taylor, Grundzüge der Volkswirtschaftslehre, S. 545 ff., insbes. 550. 156 Vgl. dazu Wittig, in: Bankrechtstag 2005, S. 145, 155 f.; Teichmann, BKR 2011, 324, 324 f.
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2. Kap.: Der Sekundärmarkt für Darlehen
Darlehensforderung („Asset Deal“ oder auch „True Sale“), eine Vertragsübernahme oder schließlich eine Spaltung mit Übertragung der Darlehen auf einen neuen Rechtsträger mit anschließender Übertragung der Anteile an diesem auf den Investor (sog. „Share Deal“). Die Transaktionsformen kommen in der Praxis nicht selten auch kumuliert vor.157
I. Abtretung der Darlehensforderung (True Sale – Asset Deal) Die gemeinhin übliche Transaktion setzt sich aus einem Rechtskauf (§§ 453, 433 BGB) mit darauf folgender Abtretung (§ 398 BGB) zusammen.158 Der Erfüllung geht typischerweise noch die Stufe einer stillen Beteiligung voraus, mit der der Investor schon zuvor im Innenverhältnis wirtschaftlich Chancen und Risiken übernimmt.159 In einer weiteren Spielart lassen sich die Forderungen im Wege der Einzelrechtsnachfolge 160 in ein SPV einbringen, dessen Anteile anschließend dem Investor verkauft und übertragen werden.161 Durch die Abtretung erwirbt der neue Gläubiger nur die einzelne Darlehensforderung. Das Darlehensverhältnis besteht weiterhin mit der Bank und bindet diese nach wie vor gegenüber dem Schuldner.162 Dieser kann gegenüber dem neuen Gläubiger die Schutzvorschriften aus §§ 404 ff. BGB einwenden.163 Die akzessorischen Sicherheiten gehen gemäß § 401 BGB automatisch auf den Erwerber über.164 Hingegen sind nicht akzessorische Sicherheiten wie Grundschuld, Sicherungseigentum und zur Sicherheit zedierte Forderungen u. a. gesondert zu übertragen.165 Dazu ist die Bank gegenüber dem Erwerber in aller Regel vertraglich verpflichtet.166 In der Lit. wird stellenweise der Eindruck erweckt, Abtretungsgegenstand könne nur eine fällige Forderung aus gekündigten oder ausnahmsweise auch eine noch nicht fällige Forderung aus kündbaren Darlehen, keinesfalls hingegen eine Forderung aus ungekündigten, intakten Darlehen sein.167 Zudem sei die Herauslösung einzelner Forderungen aus dem Darlehensverbund nach § 399 Hs. 1 BGB wegen Inhaltsänderung der Forderung nichtig.168 Das irritiert. Abtretbar ist ge157
Siehe beispielhaft den Tatbestand von BGH, BKR 2011, 327. Windhöfel, in: Lützenrath/Schuppener/Peppmeier, S. 93. 159 Kristen/Kreppel, BKR 2005, 123, 125; Wittig, in: Bankrechtstag 2005, S. 145, 157. 160 Darin liegt der Unterschied zur u. g. Transaktionsstruktur, die sich die umwandlungsrechtliche Gesamtrechtsnachfolge zunutze macht. 161 Vgl. Froitzheim/Lotz/Breiteneicher/Nachtwey/Leclaire, S. 114. 162 Kestler/Striegel/Jesch, S. 53 Rn. 213; Windhöfel, in: Lützenrath/Schuppener/ Peppmeier, S. 93. 163 Kestler/Striegel/Jesch, S. 55 f. Rn. 219 ff. 164 Kristen/Kreppel, BKR 2005, 123, 125 f. 165 St. Hofmann/Walter, WM 2004, 1566, 1569; Kristen/Kreppel, BKR 2005, 123, 126. 166 Gaberdiel/Gladenbeck, Kreditsicherung durch Grundschulden, Rn. 970. 167 St. Hofmann/Walter, WM 2004, 1566, 1568 f. 168 Clemente, ZfIR 2007, 737, 739 f. 158
D. Transaktionsstrukturen und rechtliche Gestaltungsmöglichkeiten
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mäß § 398 S. 1 BGB grundsätzlich jede Forderung. Das gilt auch für künftige Forderungen (arg. a fortiori aus § 185 Abs. 2 BGB und arg. ex § 566b BGB)169 und erst recht für schon bestehende, aber noch nicht fällige Forderungen. Rechtlich ist es nicht einmal problematisch, wenn die Abtretung Forderungen zum Gegenstand hat, die in einem Gegenseitigkeitsverhältnis stehen.170 Eine von der rechtlichen Beurteilung zu unterscheidende Frage ist aber, ob es zweckmäßig erscheint, das Darlehensverhältnis aufzuteilen, indem die Pflichten des Schuldners von denen des Gläubigers getrennt werden. In der – für den Gesamtmarkt nicht repräsentativen – Statistik der durch die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KFW) bewilligten Verkäufe von Förderkrediten zeigt sich demnach kaum überraschend, dass die Transaktionsstruktur einer reinen Abtretung allein für Forderungen aus Problemkrediten verwendet wurde,171 die in aller Regel bereits gesamtfällig gestellt sind.
II. Vertragsübernahme Eine umfassende Übertragung aller Rechte und Pflichten aus dem Darlehensvertrag oder in einem weiteren Rahmen sogar der gesamten Geschäftsbeziehung zu einem Kunden kann im Wege einer Vertragsübernahme erfolgen.172 Wie zuvor ergibt sich die obligatorische Verpflichtung wiederum aus einem Rechtskauf zwischen Bank und Investor. Kaufgegenstand ist diesmal nicht eine einzelne Forderung, sondern das gesamte Darlehensverhältnis bzw. die gesamte Geschäftsverbindung. Die Erfüllung erfolgt durch die Vertragsübernahme. Dies ist ein eigenes, gesetzlich nicht geregeltes, aber richterrechtlich anerkanntes Rechtsinstitut. Mit ihrer Hilfe wird die Identität des Vertragsverhältnisses gewahrt, während es von den Personen der Vertragsschließenden losgelöst wird.173 Es wird mit dem Eintretenden kein neues Vertragsverhältnis begründet.174 Der Vertrag wird auch nicht in Forderungen und Verbindlichkeiten zerlegt, die ihrerseits durch eine Kombination von Abtretungen und Schuldübernahmen gemäß §§ 398 ff., 414 ff. BGB auf den Eintretenden übertragen werden.175 Von diesem Ansatz ging noch 169
MüKo-BGB/Roth, § 398 Rn. 79; Palandt/Grüneberg, BGB, § 398 Rn. 11. Allerdings kann die Auslegung der Willenserklärungen eine Vertragsübernahme ergeben, vgl. MüKo-BGB/Roth, § 399 Rn. 91. 171 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der FDP-Fraktion vom 13.05.2008, BT-Drs. 16/9199, S. 3 Antwort zu Frage Nr. 7. 172 Wittig, in: Bankrechtstag 2005, S. 145, 158; St. Hofmann/Walter, WM 2004, 1566, 1569; zur Praxis der antizipierten Zustimmung vgl. Schubäus, Kreditwesen 2008, 71, 72 ff. 173 Vgl. hierzu und im Folgenden die Darstellung bei Röthel/Heßeler, WM 2008, 1001, 1002 f. 174 Zur Abgrenzung BGHZ 137, 255, 259 f.; Nörr, in: ders./Scheyhing/Pöggeler, Sukzessionen, § 17 II; Pieper, S. 120 ff. 175 So noch die sog. Zerlegungstheorie, vgl. BGH, NJW 1961, 453, 454; Pieper, S. 39 ff. m.w. N. 170
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2. Kap.: Der Sekundärmarkt für Darlehen
der Gesetzgeber aus, was sein Schweigen erklärt. Dabei würde das Vertragsverhältnis zwischen den bisherigen Parteien bestehen bleiben. Mit der Vertragsübernahme wird jedoch vielmehr eine Vertragspartei ausgewechselt und das gesamte Vertragsverhältnis als Einheit übertragen.176 Das ist vor allem für die Zuordnung der Gestaltungsbefugnisse von Bedeutung.177 Mit der Vertragsübernahme wird mithin mehr erreicht als mit einer Kombination aus Abtretung und Schuldübernahme.178 Eine Übertragung der Darlehensverträge im Wege einer Vertragsübernahme wird für das Kreditinstitut interessant, wenn es sich noch weiteren Auszahlungsverpflichtungen ausgesetzt sieht und von dem Risiko einer zukünftigen Inanspruchnahme durch den Darlehensnehmer befreien möchte.179 Derartige ungewisse Verbindlichkeiten drohen, wenn offene Kreditlinien bestehen oder die Darlehen noch nicht voll valutiert sind. Auch im Hinblick auf etwaige Nebenpflichten wie die Geheimhaltungspflichten sowie die Treuhandpflichten bezüglich der Sicherheiten kann ein vollständiger Vertragsübergang für die Bank von Vorteil sein. Zu beachten ist aber, dass die Vertragsübernahme der Zustimmung aller Beteiligten und insbesondere auch des Darlehensnehmers bedarf, weil es sich um ein einheitliches Rechtsgeschäft handelt, mit dem über das bestehende Schuldverhältnis im Ganzen verfügt wird.180 Dieses Zustimmungserfordernis erweist sich zumeist als unüberwindliche Hürde (im Szenejargon ein sog. „Dealbreaker“ oder distinguierter „Showstopper“). Denn der Darlehensnehmer wird – von einzelnen Ausnahmen abgesehen181 – vor allem im Bereich der notleidenden Darlehen in den seltensten Fällen zustimmen.182 Ein wesentliches Anliegen der Parteien eines Darlehenskaufs ist es gerade, das Zustimmungserfordernis auszuräumen. Zwar sind antizipierte Zustimmungen zur Vertragsübernahme bei syndizierten Krediten anzutreffen.183 Es war allerdings unklar, ob und unter welchen Voraussetzungen entsprechende Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nach §§ 305c, 307 BGB wirksam waren.184 Im Interesse der Rechtssicherheit rieten Rechtsanwälte schon früher von der Verwendung derartiger Klauseln ab.185 176
So BGHZ 129, 371, 375 f.; MüKo-BGB/Möschel, Vor § 414 Rn. 7. Röthel/Heßeler, WM 2008, 1001, 1002; Rieble, in: Staudinger, BGB, § 414 Rn. 83. 178 Pieper, S. 177; Röthel/Heßeler, WM 2008, 1001, 1002; MüKo-BGB/Möschel, Vor § 414 Rn. 8; Rieble, in: Staudinger, BGB, § 414 Rn. 99. 179 Wittig, in: Bankrechtstag 2005, S. 145, 158. 180 Vgl. Busche, in: Staudinger, BGB, Einl. zu §§ 398 ff. Rn. 201; Palandt/Grüneberg, BGB § 398 Rn. 41; Röthel/Heßeler, WM 2008, 1001, 1002 ff. 181 Dazu Schubäus, Kreditwesen 2008, 71, 72 ff. 182 Kristen/Kreppel, BKR 2005, 123, 124; Froitzheim/Lotz/Breiteneicher/Nachtwey/ Leclaire, S. 112 f. sprechen von einer „gewissen Skepsis“ des Schuldners. 183 Windhöfel, in: Lützenrath/Schuppener/Peppmeier, S. 92. 184 Knops, WM 2008, 2185, 2190; a. A. Schubäus, Kreditwesen 2008, 71, 72. 185 So z. B. ausdr. Windhöfel, in: Lützenrath/Schuppener/Peppmeier, S. 92; anders Schubäus, Kreditwesen 2008, 71, 72. 177
D. Transaktionsstrukturen und rechtliche Gestaltungsmöglichkeiten
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Mit der Neufassung des § 309 Nr. 10 BGB durch das Risikobegrenzungsgesetz186 bestätigte der Gesetzgeber nun diese Bedenken.187 Demnach ist festzuhalten, dass Vertragsübernahmen zwar im Hinblick auf ihre Rechtsfolgen für Bank und Investor interessant sind, ihre Tatbestandsvoraussetzungen bei Darlehensübertragungen sich in der Praxis jedoch schwer handhaben lassen.
III. Abspaltung oder Ausgliederung der Darlehensverträge und Anteilsveräußerung (Share Deal) 1. Rechtliche Grundlagen Eine aus Sicht der Transaktionspartner elegante Möglichkeit, die Vorteile eines vollständigen Vertragsübergangs zu erreichen, zugleich aber die aufgezeigten Nachteile zu minimieren, bietet sich mit einer Gesamtrechtsnachfolge und einer anschließenden Übertragung der Anteile auf den neuen Rechtsträger (Share Deal) an.188 Mit dem Gesetz zur Bereinigung des Umwandlungsrechts vom 28.10. 1994189 wurde erstmals die Möglichkeit zur Spaltung von Gesellschaften geschaffen. Seit dem 01.01.1995 stehen verschiedene Spaltungsmöglichkeiten bereit (vgl. §§ 123 ff. UmwG), die zum Zwecke der Darlehensübertragung nutzbar gemacht werden können. Alle Formen der Spaltung haben gemeinsam, dass ein übertragender Rechtsträger sein Vermögen mitsamt den Verbindlichkeiten in mindestens zwei Teile spaltet. Von diesen Teilen wird mindestens ein Teil auf einen bestehenden (Spaltung durch Aufnahme) oder auf einen neuen Rechtsträger (Spaltung zur Neugründung) übertragen. Das geschieht durch einen (register-)richterlichen Gestaltungsakt, gleichwohl aber aufgrund einer privatautonomen Entscheidung der beteiligten Rechtsträger in Gestalt eines Spaltungs- oder Übernahmevertrags (§ 131 Abs. 1 Nr. 1 UmwG) bzw. eines Spaltungsplans (§ 136 S. 2 UmwG).190 Im Unterschied zu einer Verschmelzung wird das Vermögen nicht als Ganzes, sondern nur in Teilen übertragen.191 Die Teile werden ihrerseits aber als Gesamtheit behandelt, so dass es keiner mühseligen und ggf. steuerschädlichen192 Einzelrechts186
BGBl. I, 2008, S. 1666. s. u. Kapitel 3 B. 188 Froitzheim/Lotz/Breiteneicher/Nachtwey/Leclaire, S. 115 ff.; Wittig, in: Bankrechtstag 2005, S. 145, 156 f.; Windhöfel, in: Lützenrath/Schuppener/Peppmeier, S. 94 ff.; Bruchner, BKR 2004, 394, 397; ders./Krepold, in: Bankrechts-Handbuch, § 39 Rn. 72; Bredow/Vogel, BKR 2008, 271, 272 f.; Bütter/Tonner, ZBB 2005, 165, 172. 189 BGBl. 1994 I, S. 3210. 190 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 12 IV 4 (S. 357) und § 13 IV 4 (S. 400 f.); T. Marx, S. 68 ff.; davon ist freilich die prozessuale Behandlung zu unterscheiden, s. BGH, NJW 2001, 1217; BFHE 209, 30; 226, 492; zu den Unterschieden eingehend OLG Hamm, BeckRS 2010, 08022. 191 Teichmann, in: Lutter/Winter, UmwG, § 123 Rn. 11. 192 Vgl. Kübler, in: Semler/Stengel, UmwG, § 20 Rn. 2. 187
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2. Kap.: Der Sekundärmarkt für Darlehen
nachfolgen bedarf. Aufgrund dieser Zwitterstellung zwischen dem Ganzen und dem Einzelnen193 hat sich in der Rechtswissenschaft der Sprachgebrauch eingebürgert, bei der Spaltung komme es zu einer „partiellen Gesamtrechtsnachfolge“.194 Die Terminologie muss sich den nicht unberechtigten Vorwurf der Widersprüchlichkeit gefallen lassen (contradictio in adiecto).195 Gerade dadurch bringt sie jedoch die Komplexität der Spaltung so gut zum Ausdruck wie kaum eine andere Bezeichnung und erweist sich deshalb als besonders passend. Für die Veräußerung von Darlehensportfolios eignen sich die Abspaltung und die Ausgliederung, und zwar jeweils zur Neugründung, vgl. § 123 Abs. 2 Nr. 2 und Abs. 3 Nr. 2 UmwG.196 Im Gegensatz zur Aufspaltung wird die übertragende Gesellschaft nicht aufgelöst (vgl. § 131 Abs. 1 Nr. 2 UmwG), sondern bleibt als solche bei einer Abspaltung mit vermindertem oder bei einer Ausgliederung im Falle der Totalausgliederung sogar ohne Vermögen bestehen.197 Der neu zu gründende Rechtsträger entsteht gleichzeitig mit dem Teilvermögensübergang, was durch einen Registervermerk bei seiner Eintragung verdeutlicht wird, § 130 Abs. 1 S. 2 i.V. m. § 135 UmwG.198 Als Rechtsform der Zielgesellschaft kommen insbesondere die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), die Aktiengesellschaft (AG) und die GmbH & Co. KG in Betracht.199 Um die Vermögensverschiebung auf den aufnehmenden Rechtsträger zu kompensieren, werden im Gegenzug Anteile an diesem Rechtsträger gewährt.200 Die Spaltungsarten unterscheiden sich darin, wem diese Anteile zukommen:201 Bei der Abspaltung werden die Gesellschafter des übertragenden Rechtsträgers Inhaber der Anteile. Bei der Ausgliederung werden die Anteile an der Zweckgesellschaft dem übertragenden Rechtsträger selbst gewährt. Für Zwecke der Darlehensveräußerungen ist es vor dem Hintergrund kapitalmarktrechtlicher Anforderungen effizienter, die Beteiligung der Muttergesellschaft auf die Ausübung der Gesellschafterrechte zu beschränken.202 Deshalb wird für die Veräußerung von Darlehensportfolios in aller Regel eine Ausgliederung bevorzugt.
193 Zu der sich daraus ergebenden Problematik der Abgrenzung Teichmann, ZGR 1993, 396, 401. 194 Kallmeyer/Sickinger, in: Kallmeyer, UmwG, § 123 Rn. 2; Teichmann, in: Lutter/ Winter, UmwG, § 123 Rn. 11, § 131 Rn. 1 ff.; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 12 IV 4 (S. 357) und § 13 IV 4 (S. 399). 195 Zöllner, in: FS Claussen, 1997, S. 423, 441, Fn. 45; ebenso J. W. Flume, S. 77. 196 Froitzheim/Lotz/Breiteneicher/Nachtwey/Leclaire, S. 115; Bruchner, BKR 2004, 394, 397; ders./Krepold, in: Bankrechts-Handbuch, § 39 Rn. 72. 197 Teichmann, in: Lutter/Winter, UmwG, § 126 Rn. 23, 25. 198 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 13 IV 4 (S. 400). 199 Froitzheim/Lotz/Breiteneicher/Nachtwey/Leclaire, S. 115. 200 Windhöfel, in: Lützenrath/Schuppener/Peppmeier, S. 94. 201 Teichmann, in: Lutter/Winter, UmwG, § 123 Rn. 26. 202 Froitzheim/Lotz/Breiteneicher/Nachtwey/Leclaire, S. 116 f.
D. Transaktionsstrukturen und rechtliche Gestaltungsmöglichkeiten
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Die Übertragung von Darlehensverhältnissen im Wege der partiellen Gesamtrechtsnachfolge steht im Wesentlichen nur Privat- und Genossenschaftsbanken zur Verfügung, kaum hingegen öffentlich-rechtlichen Kreditinstituten wie etwa kommunalen Sparkassen.203 Als Anstalten des öffentlichen Rechts gehören diese nicht zu dem abschließend aufgezählten Kreis der spaltungsfähigen Rechtsträger nach §§ 124 Abs. 1, 3 Abs. 1 UmwG.204 Eine entsprechende Anwendung auf Rechtsträger, die das Gesetz bewusst aus dem Kreis der umwandlungsfähigen Rechtsträger ausgeschlossen hat, wird durch § 1 Abs. 2 UmwG verhindert.205 Schon aufgrund der öffentlich-rechtlichen Organisationsform kann ihre Errichtung, Liquidation und Umwandlung nur durch oder aufgrund eines Parlamentsgesetzes erfolgen. Eine spezialgesetzliche Ermächtigung zur Durchführung von Transaktionen im Wege der Gesamtrechtsnachfolge enthielten die Landessparkassengesetze jedoch nicht.206 Einen Vorstoß hat der bayerische Gesetzgeber mit der Bayerischen Landesbank gewagt, als er in Art. 1a BayLBG eine umfassende Ermächtigung zur Durchführung von Umwandlungsmaßnahmen aufgenommen hat.207 2. Transaktionsgestaltung Die Transaktion wird folgendermaßen gestaltet:208 Zunächst gliedert die Bank einen Unternehmensteil, dessen Vermögenswerte im Wesentlichen aus den zu veräußernden Darlehen bestehen, auf eine neu gegründete Zweckgesellschaft, das SPV, aus und erhält dafür die Anteile an dieser. In einem zweiten Schritt verkauft und überträgt die Bank die Anteile im Wege eines Share Deals an den jeweiligen Investor. Diese Transaktionsstruktur eröffnet eine große Flexibilität, weil die veräußernde Bank nach Bedarf selbst eine Beteiligungstranche zurückhalten kann. Damit kann sie an möglichen Erträgen der Darlehensportfolios partizipieren.209 Zugleich wird ein teilweiser Interessengleichlauf mit dem Erwerber hergestellt, um einem Moral Hazard und einer adverse Selection entgegenzuwirken. 3. Anwendungsbereiche Diese Transaktionsstruktur kann grundsätzlich für jede Darlehensveräußerung eingesetzt werden. Wegen der hohen Fixkosten für die Rechtsberatung und die 203
Bredow/Vogel, BKR 2008, 271, 273 Fn. 11. Vgl. Stengel, in: Semler/Stengel, UmwG, § 3 Rn. 1. 205 Semler, in: Semler/Stengel, UmwG, § 1 Rn. 58. 206 Bredow/Vogel, BKR 2008, 271, 273 Fn. 11; zu den beschränkten Möglichkeiten einer Veräußerung von Sparkassen im Wege eines share deals oder deren Vermögens im Wege eines asset deals Schalast/Sassenberg, BKR 2007, 498, 501 f. 207 Eingefügt durch Gesetz zur Änderung des Bayerischen Landesbank-Gesetzes und des Sparkassengesetzes, vom 15.07.2009 (GVBl. S. 397). 208 Froitzheim/Lotz/Breiteneicher/Nachtwey/Leclaire, S. 117. 209 Froitzheim/Lotz/Breiteneicher/Nachtwey/Leclaire, S. 115. 204
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2. Kap.: Der Sekundärmarkt für Darlehen
Strukturierung muss ein gewisses Transaktionsvolumen erreicht werden. Das Modell wird deshalb zur Übertragung großer Kreditportfolios auf Finanzinvestoren genutzt. Paradebeispiel ist der Verkauf und die Übertragung eines Kreditportfolios der Hypo Real Estate an Lone Star.210 Banken verwenden diese Transaktionsart aber auch für die Darlehensverbriefung, wobei in diesem Fall die Anteile an dem SPV in der Hand der originären Bank bleiben können, wenngleich das SPV nicht mehr in den aufsichtsrechtlichen Konsolidierungskreis fällt. Das SPV emittiert zur Refinanzierung Anleihen (ABS),211 denen die Darlehensforderungen und die zugehörigen Darlehensbesicherungen als obligatorische Sicherheit dienen.212 Hinzu treten ggf. Garantien und Liquiditätsfazilitäten des Originators.213 Die rechtliche Verselbständigung der Darlehensportfolios im Bestand der neuen Zweckgesellschaft hat zum Ziel, faktisch ein unabhängiges Sondervermögen zu schaffen, das vor dem Zugriff der Gläubiger des Originators geschützt ist und insoweit insolvenzfest („bankruptcy remote“) ist, als es nur zur Befriedigung der Gläubiger des SPV dient.214 Der Bank ist es nämlich verwehrt, den ABS ein Sondervermögen im Rechtssinne zuzuweisen, so dass es zwar in ihrem Eigentum stehen kann (so aber § 30 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 InvG für Kapitalanlagegesellschaften), jedoch nicht zu ihrer Insolvenzmasse gehört (so hingegen § 38 Abs. 3 S. 2 InvG).215 Für die ABS bestehen erst recht keine spezialgesetzlichen Deckungsmassen und Insolvenzvorrechte, wie dies für Pfandbriefe gilt, vgl. §§ 4 Abs. 1, 30 Abs. 1 PfandBG.216 Es bleibt allein die Möglichkeit des insolvenzfesten Zugriffs auf bestimmte Grundpfandrechte, die beim Originator belassen werden, wenn diese in ein Refinanzierungsregister eingetragen werden. Das entlastet allerdings nicht von der Errichtung eines SPV, dem die Grundpfandrechte wirtschaftlich dienen. Schließlich ist ein unabhängiges SPV, das – anders als der Originator – keine Erlaubnis zum Betreiben von Kreditgeschäften hat, unentbehrlich, wenn die bereits angesprochene Aufsichtsarbitrage betrieben werden soll. 210 Dazu und zu ähnlichen Transaktionen Wittig, in: Bankrechtstag 2005, S. 145, 148 ff.; Derleder, VuR 2007, 81 f.; s. ferner Schulz-Hennig, Stellungnahme, S. 1 ff.; es macht den Anschein, als sei die Betroffenheit von der Kreditkrise der Jahre 2007 bis 2009 mit der vorangegangenen Aktivität am Sekundärmarkt für Darlehen positiv korreliert, was vornehmlich auf die Hypo Real Estate zutrifft. 211 ABS ist ein Oberbegriff, der zugleich eine der Unterformen bezeichnet; zu weiteren Unterformen, insbes. Mortgage Backed Securities (MBS) und Collateralized Debt Obligations (CDS). 212 Eine detaillierte Darstellung der komplizierten Gestaltungen einer Verbriefungstransaktion würden Rahmen dieser Arbeit sprengen, vgl. dazu ausführlich Bär, S. 27 ff.; Hartmann-Wendels/Pfingsten/Weber, Bankbetriebslehre, S. 303 ff.; Früh, BB 1995, 105 ff.; Ricken, S. 26 ff.; Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Jahresgutachten 2007/08, BT-Drs. 16/7083, S. 107 ff. 213 Früh, BB 1995, 105, 107; Bär, S. 227; Hartmann-Wendels/Pfingsten/Weber, Bankbetriebslehre, S. 303 ff. 214 Bär, S. 112 ff.; Früh, BB 1995, 105, 107. 215 Zu den genannten Regelungen des InvG vgl. ausf. Kern, S. 168. 216 Zu den Schwächen dieser Regelungen vgl. Kern, S. 34 f.
D. Transaktionsstrukturen und rechtliche Gestaltungsmöglichkeiten
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4. Scheinbare Vorteile der partiellen Gesamtrechtsnachfolge Die partielle Gesamtrechtsnachfolge hat zur Folge, dass die Darlehensverträge im Ganzen mit allen Rechten und Pflichten kraft Gesetzes auf den Erwerber übergehen, vgl. §§ 131, 136 S. 2 UmwG.217 Die Darlehensnehmer müssen dem grundsätzlich nicht zustimmen, wie dies etwa bei einer Vertragsübernahme erforderlich ist oder für einen Schuldnerwechsel gemäß § 415 Abs. 1 BGB gilt.218 Um die damit verbundenen haftungsrechtlichen Nachteile zumindest teilweise zu kompensieren, wird ihnen eine zeitlich begrenzte gesamtschuldnerische Nachhaftung für die Verbindlichkeiten des übertragenden Rechtsträgers, die vor dem Wirksamwerden der Spaltung begründet worden sind (§ 133 Abs. 1 S. 1 UmwG), sowie ein Anspruch auf Sicherheitsleistung (§ 125 i.V. m. § 22 UmwG) gewährt.219 Die höchst umstrittene Behandlung von Übertragungsverboten im Bereich der Abspaltung und Ausgliederung und insbesondere die ersatzlose Streichung des § 132 UmwG a. F., der diesen Themenkomplex regelte, bleibt einer gesonderten Darstellung vorbehalten.220 Ebenso wird auf die Einschränkungen der Privatautonomie, die mit dem zustimmungslosen Wechsel der Vertragspartei verbunden sind, noch genauer einzugehen sein.221 Vom derzeitigen Standpunkt aus scheint die Spaltungsvariante mit anschließendem Anteilsverkauf – abgesehen von den hohen Transaktionskosten, die dieses Instrumentarium nur für die Veräußerung sehr großer Darlehensportfolios sinnvoll machen – aus Sicht der Banken und des Investors eine ideale Möglichkeit zu sein, die Darlehen zu übertragen.222 Die Statistik der bewilligten Kreditverkäufe durch die KFW belegt, dass die weitaus meisten Darlehen mit dieser Transaktionsvariante übertragen wurden, seien sie nun notleidend oder intakt.223
217 BGH, WM 2001, 538; OLG Dresden, WM 2008, 1273 f.; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 13 IV 4 (S. 398 f.). 218 BT-Drs. 12/6699, S. 74 f.; BAGE 114, 1; OLG Dresden, WM 2008, 1273 f.; T. Marx, S. 71. 219 BAGE 114, 1; OLG Dresden, WM 2008, 1273, 1273 f.; Schäfer, ZHR-Beiheft 68 (1999), 114, 137; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 13 IV 4 (S. 400 ff.); J. W. Flume, S. 183 ff.; Hörtnagl, in: Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, § 131 Rn. 39, 43. 220 s. u. Kapitel 6 E.II. 221 s. u. Kapitel 6 E.III. 222 Rögner, NJW 2004, 3230, 3232 f.; Bruchner, BKR 2004, 394, 397; ders./Krepold, in: Bankrechts-Handbuch, § 39 Rn. 72; Bütter/Tonner, ZBB 2005, 165, 172; Bredow/ Vogel, BKR 2008, 271, 272 f. 223 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der FDP-Fraktion vom 13.05.2008, BT-Drs. 16/9199, S. 3 Antwort zu Frage Nr. 7.
3. Kapitel
Die Reform des Darlehensrechts zum erweiterten Schutz von Kreditnehmern 2008 Ende des Jahres 2007 schafften Darlehensveräußerungen den Sprung auf die politische Agenda. Vor dem Hintergrund zunehmender Medienberichterstattung, 1 den Anfragen verunsicherter Darlehensnehmer2 sowie der jüngsten Rechtsprechungsentwicklung erkannte der Gesetzgeber, dass die steigende Zahl an Kreditverkäufen Fragen des Schuldnerschutzes, des Verbraucherschutzes, des Bankgeheimnisses und des Datenschutzes aufwerfen3 und gesetzgeberischer Handlungsbedarf besteht.4 Nach einem Prüfhinweis auf die Thematik im Entwurf des Gesetzes zur Begrenzung der mit Finanzinvestitionen verbundenen Risiken (Risikobegrenzungsgesetz)5 wurde nicht zuletzt aufgrund der bayerischen Initiative zur Begrenzung der Risiken des Kreditverkaufs (Kreditnehmerschutzgesetz)6 ein Maßnahmenpaket für einen erweiterten Schutz der Kreditnehmer geschnürt, das am 27.06.2008 vom Deutschen Bundestag beschlossen wurde7 und zum 19.08. 2008 in Kraft trat.8
A. Zweckmäßigkeit der nationalen Initiative Bei dem Risikobegrenzungsgesetz handelt es sich um eine nationale Initiative. Damit greift der deutsche Gesetzgeber den damals schon konzipierten9 Maßnah1
Vgl. die Angaben von Julia Klöckner, MdB, Verbraucherbeauftragte der CDU/ CSU-Fraktion in der 173. Sitzung des Deutschen Bundestages am 27.06.2008, BT-Plenarprot. 16/173, S. 18466. 2 Vgl. Axel Troost, MdB (Die LINKEN) und Julia Klöckner, MdB, Verbraucherbeauftragte der CDU/CSU-Fraktion in der 173. Sitzung des Deutschen Bundestages am 27.06.2008, BT-Plenarprot. 16/173, S. 18454 und 18466. 3 Gesetzentwurf der Bundesregierung zu einem Gesetz zur Begrenzung der mit Finanzinvestitionen verbundenen Risiken (Risikobegrenzungsgesetz) vom 07.12.2007, BT-Drs. 16/7438 S. 9 f. 4 Vgl. Beschlussempfehlung des Finanzausschusses (7. Ausschuss) vom 25.06.2008, BT-Drs. 16/9778 S. 2. 5 Entwurf der Bundesregierung zu einem Gesetz zur Begrenzung der mit Finanzinvestitionen verbundenen Risiken (Risikobegrenzungsgesetz) vom 07.12.2007, BT-Drs. 16/7438 S. 9 f.; vgl. zudem den ausf. Bericht in BT-Drs. 16/9821, S. 12 ff. 6 Gesetzesantrag vom 29.02.2008, BR-Drs. 152/08. 7 BT-Plenarprot. 16/173, S. 18467 f. 8 Art. 12 Risikobegrenzungsgesetz (BGBl. I 2008, 1671).
A. Zweckmäßigkeit der nationalen Initiative
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men der europäischen Kommission für EU-Hypothekarkreditmärkte vor. Da sich der Wettbewerb im Bankensektor vorwiegend grenzüberschreitend abspielt, ist ein Vorgehen im internationalen oder zumindest im europäischen Rahmen regelmäßig sinnvoll („level playing field“).10 Andernfalls sind Wettbewerbsnachteile für Kreditinstitute zu befürchten, wenn sie auf ausländischen Märkten mit Wettbewerbern konkurrieren, die geringeren Standards unterliegen. Umgekehrt können einzelne nationale Vorschriften Markteintrittsbarrieren für ausländische Wettbewerber darstellen, die mit der Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit in Konflikt geraten.11 Es droht die Gefahr des Ausweichens auf ausländische Märkte, die einer weniger strengen Regulierung unterliegen. Diese Erfahrungen hat der europäische Richtliniengeber unter Geltung der bisherigen Verbraucherkreditrichtlinie 12 gemacht.13 Im Bereich des Verbraucherschutzes hätte das Abwarten einer europäischen Lösung allerdings Verzögerungen und den Zwang zur zügigen Vereinheitlichung unterschiedlicher Kreditkulturen mit sich gebracht. Im Übrigen erwartete man offenbar, dass der unilaterale Vorstoß mit einer späteren internationalen und europäischen Harmonisierung zu vereinbaren sei. Allerdings erwies sich dies zumindest im Ansatz als Fehlannahme. Denn die neue Verbraucherkreditrichtlinie vom 23.04.2008 setzt nicht – wie bislang üblich – lediglich Mindeststandards, sondern sieht eine Vollharmonisierung und Unabdingbarkeit vor.14 Mithin ist es den Mitgliedstaaten verboten, Bestimmungen in ihrem innerstaatlichen Recht aufrechtzuerhalten oder einzuführen, die von den Bestimmungen der Richtlinie abweichen, was Erleichterungen sowohl zugunsten der Bank als auch zugunsten des Darlehensnehmers einschließt. Im Anwendungsbereich der Richtlinie15 ist die nationale Regelung deshalb möglicherweise in Teilen europarechtswidrig.16 Es bleibt jedoch festzuhalten, dass die Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie 17 schon nach kurzer Zeit eine Verschiebung der durch das Risikobegrenzungsgesetz eingeführten Normen zur Folge hatte. Die 9 EG-Kommission, Grünbuch Hypothekarkredite in der EU vom 19.07.2005, KOM (2005) 327; dies., Weissbuch über die Integration der EU-Hypothekarkreditmärkte vom 18.12.2007, KOM(2007) 807. 10 Stürner, Stellungnahme vom 22.01.2008, S. 1; allg. schon die Forderung von Artopoeus, Kreditwesen 1994, 1085, 1086. 11 Zentraler Kreditausschuss, Stellungnahme vom 18.01.2008, S. 7 f.; Verband der Auslandsbanken in Deutschland, Stellungnahme vom 18.01.2008, S. 13. 12 RL 87/102/EWG des Rates vom 22.12.1986 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über den Verbraucherkredit, ABlEU Nr. L 42 S. 48. 13 Erwägung 4 der Verbraucherkreditrichtlinie. 14 Art. 22 Abs. 1 Verbraucherkreditrichtlinie. 15 Art. 2 Verbraucherkreditrichtlinie. 16 Dazu Kapitel 3 C. IV. 17 Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie, des zivilrechtlichen Teils der Zahlungsdiensterichtlinie sowie zur Neuordnung der Vorschriften über das Widerrufs- und Rückgaberecht vom 29.07.2009 (BGBl. I, 2355).
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3. Kap.: Reform des Darlehensrechts zum Schutz von Kreditnehmern 2008
verschiedenen Vorstöße lösten damit eine regelungstechnische Unruhe im Kreditrecht aus, die sich darin widerspiegelt, dass die folgende Darstellung oftmals zu einer synoptischen Bezeichnung der Gesetzesnormen gezwungen ist.
B. Einschränkung formularmäßiger Übernahmen von Darlehensverträgen Nach § 309 Nr. 10 BGB a. F. war eine Bestimmung in Kauf-, Dienst- und Werkverträgen unwirksam, die einen Wechsel des Vertragspartners (auf Seiten des Verwenders der AGB) ermöglichte, es sei denn, der neue Vertragspartner wurde namentlich bezeichnet oder dem anderen Vertragsteil wurde das Recht eingeräumt, sich bei einem Wechsel des Vertragspartners vom Vertrag zu lösen. Es handelt sich dabei um ein Klauselverbot ohne Wertungsmöglichkeit. Das stellt die gesetzliche Überschrift klar.
I. Anwendung auf Vertragsübernahmen § 309 Nr. 10 BGB n. F. erstreckt diese Regelung auf Darlehensverträge. Der Gesetzgeber folgte damit der Forderung der Verbraucherzentrale Bundesverband.18 Die Aufnahme von Darlehensverträgen in die genannte Norm steht nach der in der Regierungsbegründung zum Ausdruck kommenden Überzeugung des Gesetzgebers in Einklang mit Art. 3 Abs. 3 i.V. m. Nr. 1p des Anhangs der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 05.04.1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen.19 Damit wird die Transaktionsvariante einer Vertragsübernahme im Massenkreditgeschäft vollends uninteressant.20 Die Einwilligungen können in formularmäßiger Form erst dann eingeholt werden, wenn der konkrete Investor namentlich bekannt ist. Der Name des Darlehenserwerbers wird jedoch regelmäßig noch nicht zur Zeit der Darlehensvergabe, sondern erst nach Abschluss des Bieterverfahrens kurz vor dem jeweiligen Vertragsübergang feststehen. Deshalb kann die Zustimmung des Darlehensnehmers zur Darlehensübernahme nur mit der Einräumung eines Kündigungsrechts „erkauft“ werden. Weil dessen Ausübung nicht mit etwaigen Nachteilen verbunden werden darf, kann die Bank in diesem Fall keine Vorfälligkeitsentschädigung (§ 490 Abs. 2 S. 3 BGB) verlangen.21 Dazu werden Banken nicht bereit sein, weil dies den Wert der zu veräußernden Darlehen unkalkulierbar macht. Allerdings wurde, wie oben dargestellt, die Vertragsübernahme im Bereich der Darlehenstransaktionen schon bislang AGB-rechtlich kritisch beurteilt. Sie fristete deshalb ohnehin nur ein 18
Verbraucherzentrale Bundesverband, Stellungnahme vom 18.01.2008, S. 6 ff. BT-Drs. 16/9821, S. 19, zu Nummer 2 (§ 309 Nr. 10); vgl. auch Knops, WM 2008, 2185, 2190. 20 Zu den bereits zuvor bestehenden Hindernissen s. oben Kapitel 2 D. II. 21 Bitter, ZHR 173 (2009), 379, 429. 19
C. Transparenzregeln
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Schattendasein. Die Neuregelung dient somit vornehmlich der Klarstellung. Ihre praktischen Auswirkungen halten sich dagegen in Grenzen.
II. Anwendung auf Forderungsabtretungen und Universalsukzessionen Die Gesetzesbegründung stellt klar, dass die reine Abtretung der Darlehensforderungen von § 309 Nr. 10 BGB unberührt bleibt.22 Das folgt bereits aus ihrer Zustimmungsfreiheit. Eine Erklärung des Kunden, auf die § 309 Nr. 10 BGB Anwendung finden könnte, ist nicht erforderlich. Die Abtretung vertraglicher Forderungen lässt das Vertragsverhältnis als solches unberührt. Die Gesetzesbegründung erwähnt an dieser Stelle allerdings mit keinem Wort, dass ähnliche Rechtsfolgen wie die einer Vertragsübernahme im Wege der Universalsukzession nach dem Umwandlungsgesetz ohne jegliche Zustimmung von Gläubigern oder Schuldnern und sogar unter Außerachtlassung von Abtretungs- und Übertragungshindernissen zu erreichen sind.23 Unter dieser Prämisse vertreten einige Stimmen in der Lit. folgerichtig, § 309 Nr. 10 BGB sei auf Vertragsübertragungen im Wege der Umwandlung nach dem UmwG nicht anwendbar.24 Dagegen stellt sich Bitter auf den Standpunkt, dass das Privileg der Zustimmungsfreiheit bei missbräuchlichem Einsatz des Umwandlungsinstrumentariums fehlen könne,25 so dass hierbei kein sachlicher Grund ersichtlich sei, warum § 309 Nr. 10 BGB nicht durchgreifen sollte.26 Auf diese Zusammenhänge wird später noch gesondert eingegangen.27 An dieser Stelle sei indes festgehalten, dass die Klauselkontrolle nur eingreift, sofern die Vertragsübertragung eine Zustimmung des Darlehensnehmers erfordert.
C. Transparenzregeln I. Hinweis auf die Abtretbarkeit und Übertragbarkeit bei Immobiliardarlehensverträgen 1. Überblick Bei Immobiliardarlehen 28 müssen die Kreditnehmer nach § 491a Abs. 1 BGB i.V. m. Art. 247 § 9 Abs. 1 S. 2 EGBGB (eingeführt als § 492 Abs. 1a S. 3 BGB 22
BT-Drs. 16/9821, S. 19, zu Nummer 2 (§ 309 Nr. 10). Vgl. oben Kapitel 2 D. III. 4. 24 Langenbucher, NJW 2008, 3169, 3170; Dörrie, ZBB 2008, 292, 296; Höche, in: FS Nobbe, S. 317, 320. 25 Bitter, ZHR 173 (2009), 379, 394 ff. 26 Bitter, ZHR 173 (2009), 379, 428. 27 s. u. Kapitel 6 E. III. 28 Definition in § 492 Abs. 1a S. 2 BGB a. F., nunmehr § 503 Abs. 1 BGB. 23
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3. Kap.: Reform des Darlehensrechts zum Schutz von Kreditnehmern 2008
a. F.) schon zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses darauf hingewiesen werden, dass die Kreditforderung ohne ihre Zustimmung abgetreten oder der Kreditvertrag auf einen Dritten übertragen werden kann. Der Hinweis muss in der vom Darlehensnehmer zu unterzeichnende Vertragserklärung enthalten sein. Einer separaten Unterzeichnung bedarf es aber nicht.29 Der Hinweis muss ferner in der Vertragsurkunde „deutlich ausgestaltet“ sein, womit bewusst der Wortlaut der Widerrufsbelehrung in § 355 BGB nachgezeichnet wurde, deren Grundsätze entsprechend auf den Hinweis anwendbar sind.30 Diese gebieten eine deutliche drucktechnische Hervorhebung und verbieten eine Vermengung mit anderen vertraglichen Erklärungen.31 Auf diese Weise dürfte die Kenntnisnahme durch den Darlehensnehmer sichergestellt sein. Die aktuelle Vorschrift sieht einen Ausnahmetatbestand vor, nach dem die Hinweispflicht insoweit keine Anwendung finden, als etwaige Abtretungsverbote oder Zustimmungserfordernisse bestehen, vgl. Art. 247 § 9 Abs. 1 S. 2 EGBGB a. E. Anders als in den nachfolgenden Neuregelungen (vgl. § 493 Abs. 4, 496 Abs. 2 S. 2 BGB) wurde in Art. 247 § 9 Abs. 1 S. 2 EGBGB keine Ausnahme für die Fälle geschaffen, in denen der Darlehensgeber als Servicer agiert und in dieser Eigenschaft dem Darlehensnehmer gegenüber weiterhin auftritt. 2. Gesetzeszweck Die rechtzeitige Information soll dem Überraschungsmoment einer Forderungsveräußerung oder Darlehensübertragung begegnen und dem Kreditnehmer von Anfang an vor Augen führen, dass diese möglich sind.32 Der Gesetzgeber hat mit dem Wort „übertragen“ in der Neuregelung insbesondere auch die Übertragungen nach dem Umwandlungsgesetz berücksichtigt.33 Zugleich beschränkte er den Anwendungsbereich mit der Formulierung „übertragen darf“ auf rechtsgeschäftliche Sukzessionen und nahm gesetzliche Gesamtrechtsnachfolgen aufgrund von Erbfällen, Insolvenzen u. a. aus.34 Eine Übertragung von Bankdarlehen im Wege eines Erbgangs wird ohnehin selten vorkommen, da es heutzutage kaum mehr inhabergeführte Banken gibt, die in großem Stil Kreditgeschäfte betreiben. Mit diesem Teil der Hinweispflicht sollte allein ein Ausgleich für die Nachteile geschaffen werden, die sich für den Darlehensnehmer aus strategischen Umstrukturierungen ergeben, ohne dabei die erforderlichen Neuausrichtungen im
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Höche, in: FS Nobbe, S. 317, 323. BT-Drs. 16/9821, S. 19, zu Nr. 3 (§ 492 Abs. 1a). 31 Im Grundsatz befürwortend, im konkreten Fall aber einschränkend BGHZ 172, 157; BGH, NJW 2008, 1728. 32 BT-Drs. 16/9821, S. 19, zu Nr. 3 (§ 492 Abs. 1a). 33 BT-Drs. 16/9821, S. 20, zu Nr. 3 (§ 492 Abs. 1a). 34 BT-Drs. 16/9821, S. 20, zu Nr. 3 (§ 492 Abs. 1a). 30
C. Transparenzregeln
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Geschäftsbetrieb durch generelle Abtretungsverbote oder Übertragungsbeschränkungen zu verhindern.35 3. Zweckmäßigkeitsanalyse Für den genannten Gesetzeszweck hätte dem ersten Anschein nach eine Aufklärungspflicht genügt, nach der die kreditgebende Bank auf ihre Berechtigung zur Datenweitergabe hinzuweisen hat und dies entfällt, soweit sie mit dem Darlehensnehmer vereinbart hat, dessen Daten nicht oder nur in anonymisierter Form (vgl. die Legaldefinition in § 3 Abs. 6 BDSG) weiterzuleiten. Eine solche Verpflichtung ergibt sich aber bereits aus dem Bankgeheimnis, dem Datenschutzrecht und dem Amtsgeheimnis. Denn der erforderlichen Einwilligung in die Datenweitergabe muss eine detaillierte Aufklärung insbesondere über den Empfänger der Daten und den Verwendungszweck vorausgehen.36 Gleichwohl beschränkt sich der Handlungsbedarf nicht auf eine derartige Aufklärung. Vielmehr muss der Darlehensnehmer darüber in Kenntnis gesetzt werden, welche Sekundärliquidität sein Darlehen aufweist, um dementsprechende Zinssätze aushandeln zu können. Ferner ist die Veräußerbarkeit Grundlage eines Vorkaufsrechts des Darlehensnehmers, das in dieser Arbeit vorgeschlagen wird. Aus Art. 247 § 9 Abs. 1 S. 2 EGBGB ergeben sich nicht sachgerechte Besonderheiten im Hinblick auf Übertragungen nach dem Umwandlungsgesetz. Weil diese Transaktionen keiner Zustimmung bedürfen37 und eine Übertragung der Darlehensverträge auf den neuen Rechtsträger nach Aufhebung des § 132 UmwG a. F.38 sogar unter Außerachtlassung von Abtretungs- und Übertragungshindernissen zu erreichen ist,39 wird die Ausnahme in Art. 247 § 9 Abs. 1 S. 2 EGBGB a. E. insoweit kaum jemals greifen.40 Die Vorschrift war in den „Formulierungshilfen“ des BMF und des BMJ41 nicht enthalten, sondern erst in letzter Minute ins Risikobegrenzungsgesetz eingefügt worden. So konnten die Verbände und Sachverständigen in der öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses am 23.01.2008 dazu nicht mehr Stellung nehmen. 35 BT-Drs. 16/9821, S. 19, zu Nr. 3 (§ 492 Abs. 1a); Es gehe nicht darum, Dinge einfach zu verbieten, wenn sie sinnlos werden, sondern dem Verbraucher das nötige Wissen zu vermitteln, damit er sich selbst zu entsprechenden Handlungen entscheiden kann, vgl. Julia Klöckner, MdB, Verbraucherbeauftragte der CDU/CSU-Fraktion in der 173. Sitzung des Deutschen Bundestages am 27.06.2008, BT-Plenarprot. 16/173, S. 18466. 36 Vgl. dazu unten Kapitel 9 B. IV. 37 BT-Drs. 16/9821, S. 20, zu Nr. 3 (§ 492 Abs. 1a); zu der Kritik unten Kapitel 6 E. III. 38 Dazu ausf. unten Kapitel 6 E.II. 39 Darauf geht die Gesetzesbegr. allerdings an keiner Stelle ein. 40 Zu dem seltenen Ausnahmefall eines auf die Gesamtrechtsnachfolge auflösend bedingten Vertragsverhältnisses unten Kapitel 6 E. III. 4. 41 Vgl. Anlage 2 des Berichts des Finanzausschusses vom 26.06.2008, BT-Drs. 16/ 9821, S. 27 ff.
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4. Beschränkung des Anwendungsbereichs auf Immobiliardarlehen Die Vorschrift des nach § 491a Abs. 1 BGB i.V. m. Art. 247 § 9 Abs. 1 S. 2 EGBGB beschränkt sich auf Immobiliardarlehen gemäß der Legaldefinition in § 503 Abs. 1 BGB. Davon sind nur Verbraucherdarlehen betroffen (vgl. § 491 Abs. 1 BGB). Der vom Bundesrat eingebrachte Vorschlag, Immobiliardarlehen aus der Systematik der Verbraucherdarlehen herauszunehmen und die Definition auch auf gewerbliche Darlehen zu erstrecken,42 hat sich nicht durchgesetzt. Die sachliche Beschränkung wird damit gerechtfertigt, dass hier das Vertrauen beider Vertragspartner im Hinblick auf eine längerfristige Bindung besondere Bedeutung genießt.43 Der Ausschluss von Unternehmenskrediten ist angreifbar.44 Es wäre für die Banken mit einem geringen Aufwand verbunden, würde aber gleichzeitig für alle Beteiligten eine erhöhte Rechtssicherheit bedeuten, wenn auch bei den übrigen Verbraucherdarlehen und darüber hinaus auch bei gewerblichen Darlehen, für die nun § 354a Abs. 2 HGB eingeführt wurde, die Frage der Veräußerbarkeit von Anfang an klargestellt würde. In dem gesetzlich vorgeschriebenen Hinweis auf Abtretbarkeit und Übertragbarkeit ist nicht danach zu unterscheiden, ob der neue Gläubiger der Kreditaufsicht unterliegt oder nicht. Auch dies hat Auswirkungen auf die Konditionen.
II. Anzeigepflicht bei Forderungsabtretung und Wechsel der Person des Darlehensgebers 1. Überblick Wird eine Forderung des Darlehensgebers aus einem Darlehensvertrag abgetreten oder findet in der Person des Darlehensgebers ein Wechsel statt, muss der Darlehensnehmer künftig unverzüglich darüber und über die Kontaktdaten des neuen Gläubigers unterrichtet werden, § 496 Abs. 2 S. 1 BGB. Ausgenommen von dieser Regelung sind die Fälle, in denen der bisherige Darlehensgeber mit dem neuen Gläubiger vereinbart hat, dass im Verhältnis zum Darlehensnehmer weiterhin allein der bisherige Darlehensgeber auftritt, vgl. § 496 Abs. 2 S. 2 BGB. Sobald die Voraussetzungen dieser Ausnahme wegfallen, ist die Unterrichtung unverzüglich nachzuholen, vgl. § 496 Abs. 2 S. 3 BGB. Die Vorschrift gilt für alle Verbraucherdarlehensverträge und beschränkt sich nicht auf Immobiliardarlehensverträge. Die Informationspflicht trifft nach allgemeinen Grundsätzen den ursprünglichen Darlehensgeber, weil es sich um eine vertragliche Verpflichtung zwischen den Parteien des Darlehensvertrags handelt.45 Hingegen trägt bei 42 BR-Drs. 152/08, S. 1 und S. 11, zu Art. 1 Nr. 1 (§ 488a Abs. 1 BGB) = BT-Drs. 16/9447 S. 5 zu Art. 1 (§ 488a Abs. 1 BGB-E). 43 BT-Drs. 16/9821, S. 19, zu Art. 1 Nr. 3 (§ 492 Abs. 1a). 44 s. etwa Bachner, DNotZ 2008, 644, 648. 45 BT-Drs. 16/9821, S. 21, zu Nummer 5 (§ 496 BGB).
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einer Vertragsübernahme oder einer Umwandlung der Erwerber die vertragliche Informationspflicht gegenüber dem Darlehensnehmer.46 2. Gesetzeszweck Aufgrund der Unterrichtung soll der Darlehensnehmer die Geschäftsziele seines neuen Gläubigers oder Vertragspartners – etwa eines Finanzinvestors – kennenlernen und sich rechtzeitig entscheiden können, ob er die Vertragsbeziehung längerfristig mit ihm fortsetzt.47 Ob dieser Zweck der Unterrichtungspflicht in der kodifizierten Form dem Darlehensnehmer wirklich einen Mehrwert bringt, wird anschließend noch zu hinterfragen sein. Die Vorschrift wurde im Gesetzgebungsverfahren von verschiedener Seite als sachgerecht,48 aber ohnehin schon üblich bezeichnet.49 Dabei wird eine nicht untergeordnete Rolle gespielt haben, dass eine Notifikation auch im Interesse der Zessionsparteien liegt, um die Wirkungen des § 406 ff. BGB auszuschließen50 und zugleich die des § 409 BGB auszulösen. Es ist überdies nicht ersichtlich, dass die Wirksamkeit der Abtretung von der vorgeschriebenen Unterrichtung abhängen sollte und den Zessionsparteien deshalb zum Nachteil gereichen könnte. Im Hinblick auf die Ausnahmeregelung in § 496 Abs. 2 S. 2 BGB spricht die Gesetzesbegründung von stillen Zessionen. Damit wurde eine Angleichung an die neue europäische Verbraucherkreditrichtlinie geschaffen,51 die indes keine Übertragungen der Darlehensverträge nach dem UmwG oder nach den Grundsätzen der Vertragsübernahme berücksichtigt. 3. Kritik und Vorschlag eines alternativen Informationskonzepts Die Verpflichtung zur Information über den neuen Gläubiger wird in der Lit. stellenweise für ungeeignet gehalten und aus dogmatischer Sicht als systemfremd kritisiert.52 Das Abtretungsrecht baue nicht auf einer Information des Schuldners, sondern auf einem Gutglaubensschutz (§§ 404, 407 BGB) auf, der im Anwendungsbereich der Neuregelung obsolet werde.53 Das dogmatische Argument kann 46
BT-Drs. 16/9821, S. 21, zu Nummer 5 (§ 496 BGB). BT-Drs. 16/9821, S. 21, zu Nummer 5 (§ 496 BGB). 48 Zentraler Kreditausschuss, Stellungnahme vom 18.01.2008, S. 11; Deutscher Industrie- und Handelskammertag, Positionspapier vom 18.01.2008, S. 3; Bundesverband der deutschen Industrie, Stellungnahme vom 18.01.2008, S. 13. 49 Lone Star Germany GmbH, Stellungnahme vom 16.01.2008, S. 4; GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen e. V., Stellungnahme vom Januar 2008, S. 5. 50 So in Bezug auf § 407 BGB Habersack, Stellungnahme vom 14.01.2008, S. 5. 51 Zentraler Kreditausschuss, Stellungnahme vom 18.01.2008, S. 12; True Sale International, Stellungnahme vom 17.01.2008, S. 2. 52 Raph. Koch, ZBB 2008, 232, 234. 53 Raph. Koch, ZBB 2008, 232, 234. 47
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jedoch die erforderliche Verbesserung des Schuldnerschutzes nicht überwiegen. Letztlich handelt es sich dabei um eine politische Entscheidung, die zwar den Gutglaubensschutz des Schuldners hinfällig werden lässt, jedoch für ihn weit gewichtigere Vorteile mit sich bringt. Richtig ist, dass dem Darlehensgeber im Interesse effizienter Transaktionsgestaltungen keine übermäßigen Informationspflichten aufgebürdet werden dürfen, wenn dem Schuldner daraus kein Nachteil erwächst. Dennoch ist es zur Ausübung des unten darzustellenden Vorkaufsrechts54 unentbehrlich, die Informationspflichten auf ausnahmslos alle Veräußerungen anzuwenden.55 Dessen ungeachtet leiden die kodifizierten Ausnahmeregelungen an einem zweifelhaften Ansatz. Es kommt nicht darauf an, ob und wie lange der neue Gläubiger gegenüber dem Schuldner nicht in Erscheinung tritt (so die Ausnahme), sondern ob er dazu überhaupt in der Lage ist. Entscheidend ist also nicht die „Stille“ der Zession, sondern die Anonymisierung der Schuldnerdaten. Die beiden Fälle unterscheiden sich nach dem Datenfluss: Bei stillen Zessionen kann der neue Gläubiger bereits Kenntnis von den Schuldnerdaten erlangen und die auf ihn übertragenen Forderungen gegenüber dem Schuldner geltend machen, während der Schuldner selbst noch keine Kenntnis von der Abtretung hat. Zu beachten ist hier, dass alle Formen der stillen Zession spätestens dann zur offenen Zession werden, wenn der Kreditgeber in eine Krise gerät.56 Bei einer Anonymisierung ist der neue Gläubiger dazu indes schon aus tatsächlichen Gründen nicht in der Lage: Er weiß nicht, wer sein Schuldner ist. Dies zwingt zu einer Ausnahmeregelung, die groteske Züge trägt: In § 496 Abs. 2 S. 2 BGB wird nämlich nichts anderes ausgedrückt, als dass der Darlehensgeber und der Investor den Schuldner nicht unterrichten müssen, wenn sie ihn nach ihrer Innenabrede nicht unterrichten sollen. Das Gesetz folgt mithin dem Vertrag. Die Unterrichtungspflicht wird damit in das Ermessen der Zessionsparteien gelegt. Der Klarheit und der Rechtssicherheit wäre es mithin zuträglicher, wenn die Informationspflicht in § 496 Abs. 2 S. 1 BGB tatbestandlich nicht nur allein an den Gläubigerwechsel, sondern – wie etwa § 33 Abs. 1 S. 1 und 2 BDSG – vor allem auch an die Kenntnis der Schuldnerdaten durch den neuen Gläubiger anknüpfen würde. Dadurch würden zudem sowohl die Ausnahme in § 496 Abs. 2 S. 2 BGB als auch die Rückausnahme in § 496 Abs. 2 S. 3 BGB entbehrlich. Hierbei lässt sich auch die in der Lit.57 geäußerte Kritik an dem nunmehr bestehenden Anzeigezeitpunkt aufgreifen. Der Zweck der nur nachträglichen An54
Kapitel 8 D. So freilich ohne Berücksichtigung eines Vorkaufsrechts Nobbe, ZIP 2008, 97, 104 f. 56 Stürner, Stellungnahme vom 22.01.2008, S. 4. 57 Nobbe, ZIP 2008, 97, 104 f., insbes. Fn. 47; Bachner, DNotZ 2008, 644, 646; so auch schon Albers, S. 469 ff. 55
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zeigepflicht, wie sie Gesetz geworden ist, ist zweifelhaft. Der Darlehensnehmer wird den Erwerber ohnehin früher oder später kennenlernen. Zweck muss es doch sein, dem Darlehensnehmer die Möglichkeit präventiven Rechtsschutzes gegen die Darlehensveräußerung sowie die damit verbundene Datenübermittlung zugeben, und zwar bevor die Bank mit dem Erwerber Fakten geschaffen hat. Wird dem Darlehensnehmer aber erst die vollzogene Darlehensveräußerung angezeigt, kommt dies zu spät. Um den Darlehensnehmer nicht zum „Befehlsempfänger“ 58 zu degradieren, ist somit eine Informationspflicht einzuführen, die vor der Darlehensübertragung oder Forderungszession ausgelöst wird.59 Werden die Daten nicht geheim gehalten, so muss er darüber informiert werden, von wem er aufgrund der Datenweitergabe Nachteile zu befürchten hat. Nur so kann die vom BVerfG60 geforderte Möglichkeit informationellen Selbstschutzes überhaupt gewährleistet werden. Auch zu diesem Zweck wäre es sinnvoller gewesen, in § 496 Abs. 2 BGB die Informationspflicht gemäß § 33 Abs. 1 S. 1 und 2 BDSG zu ergänzen und zugleich den Zeitpunkt der Information in ein Stadium vor der Datenweitergabe zu verlegen. Angemessen erscheint eine Frist von zwei Monaten. Sie belässt genügend Zeit für die Ergreifung rechtlicher Schritte. Auf diese Weise könnten die Lücken des BDSG geschlossen werden, die sich daraus ergeben, dass dessen Anwendungsbereich auf personenbezogene Daten natürlicher Personen begrenzt ist (vgl. § 4 Abs. 1, 1 Abs. 1, 3 Abs. 1 BDSG) und § 33 Abs. 1 S. 2 BDSG erst mit bzw. unmittelbar nach der erstmaligen Übermittlung greift. Schließlich wäre bei Darlehensübertragungen der Streit hinfällig, inwieweit §§ 33 i.V. m. 28 BDSG auf Umwandlungen anzuwenden ist.61
III. Verpflichtung des Darlehensgebers zu einem Folgeangebot oder einem Hinweis auf die Nichtverlängerung des Vertrages 1. Überblick Die zuvor dargestellten Informationspflichten werden durch eine Unterrichtungspflicht über ein Folgeangebot abgeschlossen. Die Regelung beruht auf dem bayerischen Gesetzentwurf für ein Kreditnehmerschutzgesetz. 62 Dort fand sich in § 488a Abs. 2 S. 1 BGB-E zunächst jedoch nur ein „Konditionenwecker“.63 Eingang ins Gesetz fand hingegen nicht nur die Verpflichtung des Darlehensgebers, dem Darlehensnehmer spätestens drei Monate vor Ende der Zinsbindung (§ 493 58
Bachner, DNotZ 2008, 644, 646. Bachner, DNotZ 2008, 644, 646. 60 BVerfG, WM 2006, 2270 ff. 61 Dies befürworten Teichmann/Kießling, ZGR 2001, 33, 70 f.; zur Anwendbarkeit des BDSG auf Umwandlungen s. unten Kapitel 5 D. I. 62 BR-Drs. 152/08, S. 1 und S. 11 f. zu Art. 1 Nr. 1 (§ 488a Abs. 2 BGB). 63 Bachner, DNotZ 2008, 644, 645. 59
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Abs. 1 S. 1 BGB, eingeführt als § 492a Abs. 1 S. 1 BGB a. F.) oder vor Beendigung eines Darlehensvertrags (§ 493 Abs. 2 S. 1 BGB, eingeführt als § 492a Abs. 2 S. 1 BGB a. F.) einen Hinweis zu erteilen. Der Darlehensgeber muss den Darlehensnehmer vielmehr auch darüber unterrichten, ob er zu einer neuen Zinsbindungsabrede bzw. zur Fortsetzung des Vertrags bereit ist. Erklärt sich der Darlehensgeber dazu bereit, muss die Unterrichtung den zum Zeitpunkt der Unterrichtung vom Darlehensgeber angebotenen Zinssatz (§ 493 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 S. 2 BGB) bzw. die zum Zeitpunkt der Unterrichtung gültigen Pflichtangaben nach § 492 Abs. 1 S. 2 BGB enthalten. Die Aufteilung von § 493 BGB in zwei Absätze hat folgenden Hintergrund: Die Regelung in Abs. 1 betrifft die in der Praxis weit überwiegende „unechte Abschnittsfinanzierung“. Es handelt sich dabei um eine bloße Fortsetzung des ursprünglichen Darlehensvertrages. Davon ist auszugehen, wenn dem Darlehensnehmer ein langfristiges Kapitalnutzungsrecht eingeräumt wird, die Zinsvereinbarung jedoch nicht für den gesamten Zeitraum, sondern lediglich für eine bestimmte Festzinsperiode getroffen wird.64 Vor Ablauf der Gesamtlaufzeit des Darlehens muss deshalb regelmäßig eine neue Festzinsvereinbarung geschlossen werden. Hingegen widmet sich Abs. 2 einer „echten Abschnittsfinanzierung“. Eine solche liegt vor, wenn dem Darlehensnehmer für einzelne Finanzierungsabschnitte jeweils ein separates vertragliches Kapitalnutzungsrecht zu den für den Finanzierungsabschnitt maßgeblichen Konditionen eingeräumt wird.65 Die Folgedarlehen refinanzieren die Restvaluta des jeweils vorangegangenen Darlehens, bis die Gesamtschuld getilgt ist. Bei der echten Abschnittsfinanzierung ist zwar der Zweck der Darlehensinanspruchnahme mit dem Ende des Darlehensvertrags noch nicht erreicht.66 Das Darlehen ist aber ohne Weiteres zurückzuzahlen, so dass sich der Darlehensnehmer um eine neue Anschlussfinanzierung kümmern muss. Damit trägt er das Risiko, dass er keine Refinanzierungsmöglichkeit erhält.67 Ein Anspruch darauf steht ihm gegenüber der bisher finanzierenden Bank nicht zu. In § 492a BGB findet sich – anders als etwa in Art. 247 § 9 Abs. 1 S. 2 EGBGB und § 503 Abs. 3 BGB – keine Beschränkung auf Immobiliardarlehen, weil es allein um eine Festzinsabrede geht, die sich nicht auf Immobiliardarlehen beschränkt. 2. Gesetzeszweck und Kritik Mit der Neuregelung in § 493 BGB soll der Darlehensnehmer in die Lage versetzt werden, die anstehenden Änderungen zu überblicken und sich darauf einzustellen.68 Schon im Gesetzgebungsverfahren stieß auf Kritik, dass die Vorschrift 64 65 66 67
BGH, NJW 1998, 602; NJW 2004, 2820; NJW-RR 2008, 1002. BGH, NJW 1998, 602; Eckstein/Wilhelm, in: BuB, Bd. l, Rn. 3/1103 f. m.w. N. BGH, NJW 1998, 602. BGH, NJW 1998, 602.
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in Abs. 1 ohnehin der Vertragspraxis unechter Abschnittsfinanzierungen entspricht.69 Die Mitteilung der Konditionen, verbunden mit einem Kündigungsrecht (nunmehr gesetzlich in § 489 Abs. 1 Nr. 1 BGB verankert), ist bei diesen Darlehen AGB-rechtliche Wirksamkeitsvoraussetzung für das formularmäßig ausbedungene Recht, nach dem die Bank zur einseitigen Bestimmung der Zinshöhe berechtigt ist.70 Im Übrigen bleibt die Regelung hinter den bestehenden Pflichten zurück, indem sie offenbar davon ausgeht, dass der Darlehensgeber bei einer unechten Abschnittsfinanzierung nach Ablauf der Festzinsperiode eine Wahl hätte, das Darlehen zu beenden oder fortzuführen. Doch anders als bei der echten Abschnittsfinanzierung wird das Darlehen zum Ende des Finanzierungsabschnitts nur dann fällig, wenn der Darlehensnehmer der vorgeschlagenen Änderung der Konditionen widerspricht.71 § 493 Abs. 1 S. 1 BGB ist nach Ablauf der Zinsbindungsperiode stets erfüllt. Danach erscheint die gesetzliche Hinweispflicht lediglich bei echten Abschnittsfinanzierungen sinnvoll. Das allein macht den Anwendungsbereich des § 493 Abs. 2 S. 1 BGB aus. Trotz der einhelligen Kritik wurde der Gesetzentwurf zu § 493 Abs. 1 S. 1 BGB jedoch nicht modifiziert. 3. Verpflichteter Werden Forderungen aus dem Darlehensvertrag abgetreten, sieht § 493 Abs. 4 BGB vor, dass die Pflichten „auch den neuen Gläubiger“ treffen. Die Regelung lässt sich dahingehend interpretieren, dass der neue Gläubiger kumulativ neben dem bisherigen Rechtsinhaber, der im Falle einer Zession Vertragspartner bleibt, verpflichtet wird.72 Die Verantwortlichkeit wurde damit im Falle der Zession deutlicher geregelt als in § 496 Abs. 2 BGB. Die Gesetzesbegründung geht davon aus, dass der bisherige Gläubiger in aller Regel kein Interesse mehr an einer Fortsetzung des Vertrages hat und dementsprechend schlechtere Konditionen unterbreiten wird als der neue Gläubiger.73 Wenn dieser aber ebenfalls über seine Konditionen unterrichten muss, hat der Darlehensnehmer die Vergleichsmöglichkeit. Jedoch ist die Information wertlos, wenn auch der neue Gläubiger eine Darlehensprolongation oder -neuvergabe weder anbieten kann noch will74 oder wenn er Abwehrkonditionen anbietet.75 68
BT-Drs. 16/9821, S. 20, zu Nummer 4 (§ 492a). Zentraler Kreditausschuss, Stellungnahme vom 18.01.2008, S. 9; Lone Star Germany GmbH, Stellungnahme vom 16.01.2008, S. 2 f.; GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen e. V., Stellungnahme vom Januar 2008, S. 5. 70 Bruchner, in: Bankrechts-Handbuch, § 78 Rn. 59 m.w. N. 71 BGH, NJW 1998, 602. 72 Vgl. Höche, in: FS Nobbe, S. 317, 327. 73 BT-Drs. 16/9821, S. 20, zu Nummer 4 (§ 492a). 74 Schmelz, Stellungnahme vom 22.01.2008, S. 27. 75 Reiter, Stellungnahme vom 18.01.2008, S. 4; Verbraucherzentrale Bundesverband, Stellungnahme vom 18.01.2008, S. 8 f. 69
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Es fehlt eine klarstellende Regelung, ob in Umwandlungsfällen auch der bisherige Vertragspartner neben dem neuen Vertragspartner verpflichtet wird. Die Lösung muss darin liegen, dass nach allgemeinen Grundsätzen – wie oben schon zu § 496 Abs. 2 BGB erörtert – allein der neue Rechtsträger, auf den das Darlehensverhältnis übertragen wurde, verpflichtet wird. Die Hinweispflicht des neuen Gläubigers wurde – parallel zu § 496 Abs. 2 S. 2 BGB – auf offengelegte Abtretungen beschränkt, § 493 Abs. 4 Hs. 2 BGB. Dies geht teilweise auf Vorschläge in der öffentlichen Anhörung zurück.76 Die Norm wird diesen Vorschlägen jedoch nicht vollständig gerecht, weil sie nur von „Abtretungen“ spricht. Nicht berücksichtigt wurde hingegen, dass sich auch die Übertragungen der Darlehensverträge nach dem Umwandlungsgesetz „still“ vollziehen können. Aufgrund der partiellen Gesamtrechtsnachfolge wird der neue Gläubiger – wie mehrfach erwähnt – auch Vertragspartner und deshalb „Darlehensgeber“ im Sinne von § 493 Abs. 1 und 2 BGB. Weil § 493 Abs. 4 BGB keine Anwendung findet, treffen ihn jedoch die genannten Informationspflichten auch dann, wenn das Servicing bei dem ursprünglichen Darlehensgeber verbleibt. 4. Auswirkungen Die „Unterrichtung“ ist schon begrifflich kein verbindliches Angebot im Sinne von § 145 BGB. Der notwendige Bedenkzeitraum von drei Monaten hätte eine zu lange Bindungsfrist für den Darlehensgeber zur Folge.77 Daraus ergibt sich aber die Unannehmlichkeit, dass gleichwohl zweimal ein förmliches „Angebot“ mit den Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB i.V. m. Art. 247 EGBGB und nach § 493 Abs. 2 S. 2 BGB unterbreitet werden muss, das im ersten Fall freilich nur informatorischer Natur ist. Insofern würde ein Hinweis in allgemeiner Form genügen.78 Außerdem stellt sich die Frage, wie bei Zinsgleitklauseln zu verfahren ist. Für sie wären nach den Buchstaben der Neuregelung regelmäßig neue Angebote zu unterbreiten, bevor sich der Referenzzinssatz ändert. Offen bleibt, wie ein Verstoß gegen die Unterrichtungspflicht sanktioniert wird. In § 488a Abs. 2 S. 2 BGB des bayerischen Entwurfs für ein Kreditnehmerschutzgesetz79 war vorgesehen, dass der Darlehensnehmer den Ablauf der Zinsbindung nicht anerkennen muss, wenn der Hinweis unterbleibt. Für den Fall, dass der Hinweis verspätet erfolgt, sah § 488a Abs. 2 S. 3 BGB desselben Entwurfs vor, dass der Darlehensnehmer den Ablauf der Zinsbindung erst drei Mo76 Deutsche Bundesbank, Stellungnahme vom 22.01.2008, S. 5; Verband der Auslandsbanken in Deutschland, Stellungnahme vom 18.01.2008, S. 9; True Sale International, Stellungnahme vom 17.01.2008, S. 4. 77 BT-Drs. 16/9821, S. 20, zu Nummer 4 (§ 492a); zust. Bachner, DNotZ 2008, 644, 645. 78 Zentraler Kreditausschuss, Stellungnahme vom 18.01.2008, S. 10. 79 BR-Drs. 152/08, S. 1 f.
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nate nach Zugang des Hinweises gegen sich gelten lassen muss. Dieses Sanktionskonzept erscheint ausgewogen und attraktiv. Die Bank übernimmt ohnehin die Rechnungslegung zu den Kreditverträgen und wird daher am besten die Laufzeit- und Zinsbindungsvereinbarungen überblicken. Dagegen hält die Gesetzesbegründung der Bundesregierung eine Vertragsfortsetzung zu bisherigen Konditionen nicht für zweckmäßig, weil damit keiner der Parteien gedient sei.80 Insbesondere entspräche dies bei sinkenden Zinssätzen auch nicht den Interessen des Darlehensnehmers. Letzteres überzeugt. Außerdem handelt es sich bei dieser Sanktion der Sache nach um einen Kontrahierungszwang. Eine schuldhaft fehlende Unterrichtung kann jedoch wie jede andere Pflichtverletzung keinen Vertragsschluss, sondern nur Schadensersatzansprüche auslösen. Antworten auf die Frage nach Schadenshöhe und -ausgleich bleibt der Gesetzgeber erneut schuldig.
IV. Europarechtliche und konzeptionelle Bewertung Eingangs ist die Vollharmonisierung und Unabdingbarkeit der neuen Europäischen Verbraucherkreditrichtlinie aus dem Jahre 200881 angesprochen worden. Es stellt sich demnach die Frage, inwieweit die vorgenannten Bestimmungen europarechtskonform sind. Art. 17 Abs. 2 Verbraucherkreditrichtlinie sieht die Unterrichtung über die Abtretung vor, was § 496 Abs. 2 S. 1 BGB entspricht. Die vorvertragliche Pflicht zum Hinweis auf die Abtretbarkeit und Übertragbarkeit bei Immobiliardarlehensverträgen ist in der Richtlinie zwar nicht enthalten. Auf grundpfandrechtlich besicherte Darlehen findet sie aber keine Anwendung.82 Aus der Richtlinie ist jedoch auch keine Verpflichtung des Darlehensgebers zu einem Folgeangebot oder zu einem Hinweis auf die Nichtverlängerung des Vertrages ersichtlich. Im Anwendungsbereich der Richtlinie83 ist § 493 BGB n. F. deshalb möglicherweise teilweise europarechtswidrig.84 Allerdings ist zu bedenken, dass die Pflicht zu einem Folgeangebot zumindest außerhalb der echten Abschnittsfinanzierungen nur die bestehenden vertraglichen Verpflichtungen des Darlehensgebers in deklaratorischer Weise nachzeichnet oder sogar dahinter zurückbleibt. Bei echten, nicht grundpfandrechtlich gesicherten Abschnittsfinanzierungen ist die Europarechtswidrigkeit hingegen nicht so einfach von der Hand zu weisen. Anlass zur Diskussion gibt schließlich das mit den Transparenzregeln verwirklichte Informationskonzept.85 Rehberg äußert Kritik daran, dass derartige Infor80
BT-Drs. 16/9821, S. 20, zu Nummer 4 (§ 492a). Art. 22 Abs. 1 Verbraucherkreditrichtlinie. 82 Art. 2 Abs. 2 lit. a) Verbraucherkreditrichtlinie. 83 Art. 2 Verbraucherkreditrichtlinie. 84 Dazu Artz, ZGS 2009, 23. 85 Vgl. zu den Informationspflichten im Wettbewerbs- und Vertragsrecht jüngst grundlegend Busch, passim; Besprechung von Kersting, GRUR Int 2010, 88. 81
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mationsmodelle heute vermehrt als Allheilmittel für Rechtseinschränkungen präsentiert werden.86 Eine Informationspflicht anstelle der Inhaltskontrolle führe dazu, dass über einen eigentlich zu missbilligenden Inhalt gegebenenfalls nur informiert, dieser aber nicht geändert werden müsse. Aufgrund der Fülle der Informationen komme dem Verbraucher die Informationspflicht letztlich nicht mehr zugute.87 Diese generellen Bedenken greifen im Bereich der Darlehensveräußerungen jedoch nicht durch. Die Regelung der Veräußerbarkeit ist künftig einer der Hauptbestandteile des Konditionenbündels.88 Sie ist derart wichtig, dass sie selbst keinen „information overflow“ erzeugt und keineswegs in den übrigen Informationen unterzugehen droht. Außerdem ist die Veräußerung der Darlehen kein zu missbilligender Vertragsinhalt. Vielmehr verhält es sich umgekehrt: Ein Abtretungs- und Übertragungsverbot wäre nur als Sanktion denkbar, um dem Darlehensnehmer einen auf andere Weise nicht herzustellenden Schutz zu gewähren. Die erhöhte Markttransparenz ist demnach mit den Worten Fleischers zur Verfeinerung der Verkehrsmoral und der Herstellung realer Freiheit beim Abschluss von Verträgen zu begrüßen,89 vorausgesetzt, die Informationspflicht wird in Übereinstimmung mit den obigen Vorschlägen an die Bedürfnisse des Darlehensnehmers angepasst. Mithin ist dem Risikobegrenzungsgesetz zugutezuhalten, dass es den liberalen Geist der deutschen Zivilrechtsordnung bewahrt hat und das Fundament des vertraglichen Selbstbestimmungsrechts durch eine erhöhte Konditionentransparenz gestärkt sowie etwaige Missbrauchsgefahren unterbunden hat. Demnach wurde das Verschlechterungsverbot umfassend verwirklicht, zugleich aber daran festgehalten, dass ein Gläubigerwechsel die Identität der Forderung grundsätzlich nicht berührt. Ob sich damit ein Markt für unveräußerliche Darlehen entwickeln kann und ob der Kunde im Einzelfall an diesem Markt teilnehmen kann, hängt aber letztlich von den ökonomischen Realitäten ab, nämlich inwieweit sich der Darlehensgeber die Unveräußerlichkeit abgelten lässt.
D. Verbesserter Kündigungsschutz bei Immobiliardarlehen Für Kreditnehmer von Immobiliardarlehen wird der Kündigungsschutz verbessert, vgl. § 503 Abs. 3 BGB (eingeführt als § 498 Abs. 3 BGB a. F.). Eine Kündigung leitet die Darlehensabwicklung ein. Aufgrund dessen folgt die Zins- und Tilgungsleistung nicht mehr der vertraglichen Ratenvereinbarung, mit der sie 86 Rehberg, in: Ökonomische Analyse der europäischen Zivilrechtsentwicklung, S. 284, 342 ff. 87 Vgl. weitere Nachweise bei Fleischer, S. 568 f. 88 Vgl. Eisele, ZIS 2011, 354, 356. 89 Fleischer, S. 570 ff.
D. Verbesserter Kündigungsschutz bei Immobiliardarlehen
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meist auf mehrere Jahre verteilt wird. Vielmehr wird die Restschuld sofort fällig. Wenn dem Darlehensnehmer schon die Zahlung einzelner Raten Probleme bereitet, stellt ihn dies vor ein kaum zu lösendes Refinanzierungsproblem. Erfüllt der Kreditschuldner die Darlehensforderungen trotz Fälligkeit nicht, tritt der Sicherungsfall im Sinne der regelmäßig vereinbarten Sicherungsabrede ein.90 Der Sicherungsfall ist neben Verzug und Androhung der Verwertung mit angemessener Frist eine wesentliche Voraussetzung der Verwertungsreife.91 Sobald die Verwertungsreife vorliegt, ist es dem Sicherungsnehmer erlaubt, auf die Darlehenssicherheiten zuzugreifen. Wenngleich der verbesserte Kündigungsschutz allgemeine Bedeutung hat, wirkt er sich auch auf Darlehensveräußerungen aus.
I. Aufhebung der Privilegierung für Immobiliardarlehen Immobiliardarlehen waren von dem Kündigungsschutz für Verbraucherkredite bislang ausdrücklich ausgenommen, so § 498 Abs. 3 BGB i. d. vor dem 19.08. 2008 geltenden Fassung.92 Die Ungleichbehandlung der beiden Kreditarten wurde in der Gesetzesbegründung zu der Vorgängervorschrift damit gerechtfertigt, dass § 498 Abs. 1 BGB auf Realkredite wegen der zumeist langen Laufzeiten mit niedriger Anfangstilgung nicht zugeschnitten sei und das Grundpfandrecht eine besondere Warnfunktion erfülle.93 Wegen Zahlungsverzugs des Darlehensnehmers konnten sie nach den allgemeinen Regeln der § 490 Abs. 1, 3, § 314 BGB außerordentlich gekündigt werden.94 Nach einem Vermögensverfall oder einem Wertverfall der Sicherheiten weicht das Rendite-Risiko-Kalkül negativ von demjenigen ab, das die Bank der Entscheidung über die Darlehensvergabe zugrunde gelegt hat, so dass eine außerordentliche Kündigung möglich sein muss. Im Falle einer Darlehensveräußerung bestand die zwar bestrittene,95 aber nicht ganz unbegründete Befürchtung, verwertungsorientierte Gläubiger könnten sich schon bei geringem Zahlungsverzug sachlich unzutreffend auf Vermögensverfall berufen 90
Otten, in: Handbuch zum deutschen und europäischen Bankrecht, § 23 Rn. 68. Clemente, ZfIR 2007, 737, 745 m.w. N. in Rspr. und Formularverträgen; Otten, in: Handbuch zum deutschen und europäischen Bankrecht, § 23 Rn. 69. 92 Eingefügt durch Art. 25 Abs. 1 Nr. 15 des Gesetz zur Änderung des Rechts der Vertretung durch Rechtsanwälte vor den Oberlandesgerichten (OLGVertrÄndG) vom 23.07.2002 (BGBl. I, 2850), womit jedoch nur die schon bisher geltende Rechtslage wiedergegeben wurde. 93 BT-Drs. 11/5462, S. 18, zu § 2 Abs. 1 VerbrKrG, der im Zuge der Schuldrechtsmodernisierung in § 498 Abs. 1 BGB aufgegangen ist. 94 Kessal-Wulf, in: Staudinger, BGB, § 498 Rn. 6; MüKo-BGB/Schürnbrand, § 498 Rn. 6. 95 Zentraler Kreditausschuss, Stellungnahme vom 18.01.2008, S. 14; Lone Star Germany GmbH, Stellungnahme vom 16.01.2008, S. 5 f.; R. Freitag, WM 2008, 1813, 1815 mit Hinweis auf die Kosten einer Zwangsvollstreckung und den geringeren Verwertungserlös. Dies spricht jedoch nicht dagegen, die Darlehen zu kündigen und anderweitige Verwertungsangebote zu unterbreiten. 91
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3. Kap.: Reform des Darlehensrechts zum Schutz von Kreditnehmern 2008
und das Gesamtengagement aus diesem Grund nach § 490 Abs. 1 BGB außerordentlich kündigen.96 Damit würde es möglich, trotz des geringen Rückstands für die gesamte Restschuld zuzüglich Zinsen und Kosten den Sicherungsfall auszulösen, um nach Verwertungsreife Vollstreckungsmaßnahmen einzuleiten. Die schon bisher eher schwachen Argumente für die Ausnahme von Immobiliarkrediten von § 498 Abs. 1 und 2 BGB97 begegnen in Zeiten zunehmender Darlehensveräußerungen besonderer Skepsis. Mithin wurde § 503 Abs. 3 BGB in der Weise gefasst, dass der Kündigungsschutz für Verbraucherdarlehen nach § 498 Abs. 1 BGB nunmehr auch für Immobiliardarlehensverträge gilt.98 Weil eine Gesamtfälligstellung unangemessen ist, wenn sich der Darlehensnehmer einem Liquiditätsengpass ausgesetzt sieht, der lediglich vorübergehender Natur ist, wurde mit § 498 Abs. 1 BGB die Grenze der Unzumutbarkeit für den Kreditgeber im Falle eines Zahlungsverzugs festgelegt. Zudem bezweckt die Vorschrift, im Zusammenspiel mit der in § 497 Abs. 3 S. 1 BGB vorgesehenen Tilgungsreihenfolge, die sich das Zinseszinsverbot zunutze macht, und der in § 497 Abs. 2 S. 2 BGB angeordneten Einschränkung des § 289 S. 2 BGB die Schuldturmproblematik zu entschärfen.99 Die qualifizierten Kündigungsvoraussetzungen sind nunmehr auf Immobiliardarlehensverträge mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Darlehensnehmer mit mindestens zwei aufeinanderfolgenden Teilzahlungen ganz oder teilweise und mindestens 2,5 Prozent des Nennbetrags des Darlehens in Verzug sein muss.
II. Angleichung an die Kündigungsvoraussetzungen für Verbraucherkredite Für Immobiliardarlehen ergibt sich dadurch eine Divergenz zwischen bankaufsichtsrechtlicher oder bilanzieller Bewertung und zivilrechtlicher Kündbarkeit.100 Die Formulierungshilfen sahen gar die vollständige Aufhebung des § 498 Abs. 3 BGB i.d. vor dem 19.08.2008 geltenden Fassung vor.101 Immobiliardarlehensverträge zeichnen sich anders als die übrigen Verbraucherdarlehen durch hohe Summen, lange Laufzeiten und geringe Anfangstilgungen aus.102 Anhand repräsenta96 Hierzu und im Folgenden BT-Drs. 16/9821, S. 21, zu Nummer 6 (§ 498 Abs. 3); Julia Klöckner, MdB, BT-Plenarprot. 16/173 S. 18466. 97 Schwintowski/Schantz, Stellungnahme vom 21.01.2008, S. 4; Schmelz, Stellungnahme vom 22.01.2008, S. 27. 98 Die Einschränkungen entsprechen fast wortgleich der früheren Regelung des § 12 VerbrKrG, die rein nationalen Ursprungs war, MüKo-BGB/Schürnbrand, § 498 Rn. 2, 6. 99 BT-Drs. 11/5462, S. 13 f.; Baum/Reiter/Methner, in: Handbuch zum deutschen und europäischen Bankrecht, § 34 Rn. 87; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 5.245 ff.; MüKo-BGB/Schürnbrand, § 498 Rn. 1. 100 Zentraler Kreditausschuss, Stellungnahme vom 18.01.2008, S. 15. 101 BT-Drs. 16/9821, Nr. 4, Anlage 2, S. 30. 102 So auch noch Begr. zum RegE, BT-Drs. 11/5462, S. 18 f. sowie MüKo-BGB/ Schürnbrandt, § 498, Rn. 6 m.w. N.
D. Verbesserter Kündigungsschutz bei Immobiliardarlehen
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tiver Beispiele wurde von Bankenseite errechnet, dass eine Kündigung gemäß den Formulierungshilfen erst bei einem Zahlungsverzug von 5 bis 20 Monatsraten begründet wäre.103 Das aber sei nicht einmal unter Berücksichtigung des Wohnraumschutzes gerechtfertigt, weil es über die Voraussetzungen einer außerordentlichen Kündigung der Wohnraummiete hinausgehe.104 Aus diesen Gründen wurde der Schwellenbetrag auf 2,5 Prozent abgesenkt. Es wird prophezeit, dass der Kündigungsschutz nach § 498 BGB im Regelfall auf einen ca. fünfmonatigen Verzug hinauslaufe.105 Der Vorschlag, den Kündigungszeitraum dadurch zu begrenzen, dass etwa Schwellenbeträge eingeführt würden, die auf die Höhe der ausstehenden Monatsleistungen (inklusive Zinsen) insgesamt abstellen,106 hat sich jedoch nicht durchgesetzt. Das eröffnet dem „geschickten“ Schuldner die Missbrauchsmöglichkeit, lediglich jede zweite Rate zu entrichten, ohne dass der Darlehensgeber dadurch zur Kündigung berechtigt wäre.107
III. Auswirkung auf die Kündigung nach § 490 Abs. 1 BGB Eine Kündigung wegen Zahlungsverzugs hat sich nunmehr allein an der neuen Vorschrift des § 503 Abs. 3 BGB auszurichten.108 Dem Kreditgeber ist es damit verstellt, den Vermögensverfall des Schuldners mit einem Zahlungsverzug zu begründen. Problematisch ist allerdings, dass § 490 Abs. 1 BGB davon unberührt bleibt.109 Die Gesetzesbegründung spricht insoweit zwar recht vage von einer „Ausstrahlungswirkung“.110 Auch nach neuer Rechtslage ist es dem Kreditgeber indes unabhängig von einem Zahlungsverzug möglich, den Kredit mit der Begründung zu kündigen, dass sich die Vermögensverhältnisse des Kreditnehmers oder die Werthaltigkeit der für das Darlehen bestellten Sicherheiten verschlechtern.111 Gerade Letzteres ist in Zeiten sinkender Immobilienpreise von Bedeu103 Deutsche Bundesbank, Stellungnahme vom 22.01.2008, S. 2; Zentraler Kreditausschuss, Stellungnahme vom 18.01.2008, S. 13; vgl. zudem Verband der Auslandsbanken in Deutschland, Stellungnahme vom 18.01.2008, S. 10 f.; Lone Star Germany GmbH, Stellungnahme vom 16.01.2008, S. 4 f. 104 Lone Star Germany GmbH, Stellungnahme vom 16.01.2008, S. 5. 105 Krüger, DRiZ 2008, 281, 282. 106 Deutsche Bundesbank, Stellungnahme vom 22.01.2008, S. 6; Verband der Auslandsbanken in Deutschland, Stellungnahme vom 18.01.2008, S. 11; Stürner, Stellungnahme vom 22.01.2008, S. 6. 107 Bachner, DNotZ 2008, 644, 646. 108 BT-Drs. 16/9821, S. 21, zu Nummer 6 (§ 498 Abs. 3); nach ausf. Diskussion ebenso Grüneberg, in: FS Nobbe, S. 283, 296. 109 BT-Drs. 16/9821, S. 21, zu Nummer 6 (§ 498 Abs. 3). 110 BT-Drs. 16/9821, S. 21, zu Nummer 6 (§ 498 Abs. 3). 111 Vgl. deshalb den Antrag der Bundestagsfraktion DIE LINKE vom 20.02.2008, BT-Drs. 16/8182, S. 4, 7; in diese Richtung auch der Antrag der Bundestagsfraktion der FDP vom 13.03.2008, BT-Drs. 16/8548, S. 2; in der fehlenden Änderung des § 490 Abs. 1 BGB sehen MdB Christian Ahrendt (FDP) und Gerhard Schick (Bündnis 90/Die
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3. Kap.: Reform des Darlehensrechts zum Schutz von Kreditnehmern 2008
tung. Man denke insoweit nur an die sog. „Schrottimmobilienfälle“, in denen die als Sicherheit dienende Immobilie im Vertragszeitraum einen starken Wertverfall verzeichnet.112 Andererseits zeigt sich in der aktuellen obergerichtlichen Rspr. aber auch ein restriktiver Umgang mit § 490 Abs. 1 BGB.113 Eine von den Verbraucherverbänden114 geforderte Regelung, die das Sonderkündigungsrecht des Darlehensgebers in den Fällen des § 490 Abs. 1 BGB im Grundsatz ausschließen würde, wäre nach Ansicht der Bundesregierung missbrauchsanfällig und würde im Übrigen der Solvabilitätsverordnung widersprechen.115
IV. Weitergehender Schutz vor Zinserhöhungen und Nachbesicherungen? Einen ähnlich hohen Stellenwert wie der Kündigungsschutz hat der Schutz vor Zinserhöhungen und Nachbesicherungen. Zinserhöhungen können sich nach Ablauf der Zinsbindungsfrist aus dem Folgeangebot der Bank bzw. gemäß Vereinbarung oder aus Zinsanpassungsklauseln ergeben. Insbesondere bonitätsabhängige Zinserhöhungen sind indes dazu geeignet, den Vermögensverfall des Darlehensnehmers im Sinne einer Selbsterfüllung zu beschleunigen, wenn nicht erst auszulösen. Man kann dies auf die kurze These reduzieren, dass man nahezu jedes intakte Darlehen durch Änderung der Konditionen in Notlage bringen kann. Es verwundert daher kaum, dass derartige Zinsanpassungen meist die Vorstufe zu einer Kündigung bilden. Das gilt gleichermaßen für den Anspruch des Kreditgebers auf Nachbesicherung aus Nr. 13 Abs. 2 und 3 AGB-Banken, Nr. 22 Abs. 1 AGB-Sparkassen bzw. aus § 313 BGB.116
E. Änderungen im Kreditsicherungsund Zwangsvollstreckungsrecht Mit einem weiteren Maßnahmenpaket innerhalb des Risikobegrenzungsgesetzes widmet sich der Gesetzgeber dem Kreditsicherungs- und ZwangsvollstreckungsGrünen) den Grund, warum § 498 Abs. 3 BGB (nunmehr § 503 Abs. 3 BGB) zu keinem verbesserten Kreditnehmerschutz führt, vgl. BT-Plenarprot. 16/173 S. 18456 f. und 18459. 112 Darauf weist MdB Kolbe im Namen der Abgeordneten aus den neuen Bundesländern hin, zitiert nach BT-Drs. 16/9821, S. 14 f.; vgl. zudem die umfangreiche Rspr. zu den Versuchen der Darlehensnehmer, sich von den Anlagen in Schrottimmobilien und von den Darlehen zu trennen, mit denen jene finanziert wurden, bei Habersack, BKR 2006, 305; Lechner, NZM 2007, 145, 151 ff.; Oechsler, NJW 2006, 2451. 113 Vgl. etwa OLG Brandenburg, WM 2010, 605, 607. 114 Verbraucherzentrale Bundesverband, Stellungnahme vom 18.01.2008, S. 10 f. 115 BT-Drs. 16/9821, S. 15. 116 Bruchner/Krepold, in: Bankrechts-Handbuch, § 79 Rn. 157.
E. Änderungen im Kreditsicherungs- und Zwangsvollstreckungsrecht
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recht. Die Kreditbesicherung ist ein bankübliches Mittel, um das Risiko eines Darlehens zu reduzieren. Die neuen Regelungen konzentrieren sich auf Sicherungsgrundschulden und die damit regelmäßig verbundenen Vollstreckungstitel. Die Bezeichnung der Sicherungsgrundschuld war dem BGB bislang fremd. Ihr Begriff wird als missverständlich kritisiert.117 Bei der Grundschuld handelt es sich um eine abstrakte Grundstücksbelastung (§ 1191 Abs. 1 BGB), die vom Bestand der zugrundeliegenden Forderung und schuldrechtlichen Kausalvereinbarungen unabhängig ist.118 Dessen ungeachtet übernahm der Gesetzgeber mit dem Risikobegrenzungsgesetz den Begriff der „Sicherungsgrundschuld“ in die Legaldefinition des § 1192 Abs. 1a S. 1 Hs. 1 BGB und knüpfte inhaltlich an die bereits bestehende Formulierung des § 216 Abs. 2 S. 1 BGB an.119 Die übrigen abstrakten Sicherheiten wie Sicherungsübereignung, Sicherungszession, abstraktes Schuldanerkenntnis u. a., bei denen sich aus der überschießenden Rechtsmacht der Bank ähnliche Probleme ergeben können, wurden im Risikobegrenzungsgesetz nicht berücksichtigt. Gleiches gilt für die weiteren Grundpfandrechte, die im Bereich der Darlehensbesicherung von der Sicherungsgrundschuld weitgehend verdrängt wurden.120
I. Praxis der Grundschuldbesicherung In der Praxis der Grundschuldbesicherung wird zugunsten des Darlehensgläubigers mit notarieller Urkunde eine Grundschuld bestellt.121 Nach dem gesetzlichen Regelfall (§ 1193 Abs. 1 BGB) wird das Kapital der Grundschuld erst mit einer Frist von sechs Monaten nach einer Kündigung fällig. Den bislang dispositiven Charakter (§ 1193 Abs. 2 BGB a. F.) nutzten die Kreditinstitute, um die Grundschulden sofort fällig zu stellen.122 Die zwangsweise Verwertung der Grundschuld bedarf der Titulierung des Duldungsanspruchs aus § 1147 BGB. Um ein kosten- und zeitaufwendiges gerichtliches Erkenntnisverfahren entbehrlich zu machen,123 enthalten Grundschuldbestellungen regelmäßig eine notariell 117
Wolfsteiner, in: Staudinger, BGB, Vorbem. zu § 1191 ff. Rn. 9 f. m.w. N. Prütting, Sachenrecht, Rn. 758; Wolfsteiner, in: Staudinger, BGB, Vorbem. zu § 1191 ff. Rn. 9; Jauernig/Jauernig, BGB, § 1191 Rn. 8; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 6.245. 119 BT-Drs. 16/9447, S. 11; BT-Drs. 16/9821, S. 22. 120 BT-Drs. 16/9447, S. 7; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 6.235 ff. 121 Vgl. ausführlich Jacoby, in: Handbuch zum deutschen und europäischen Bankrecht, § 24 Rn. 22 ff.; Stürner, JZ 1977, 431; Schmid/Voss, DNotZ 2008, 740, 741; Habersack, NJW 2008, 3173, 3173. 122 BT-Drs. 16/9821, S. 23; s. dazu auch noch die Musterfomulare bei Gaberdiel/ Gladenbeck, Kreditsicherung durch Grundschulden, Anh. 4, S. 607, und bei Wenzel, in: BuB, Bd. 2, Rn. 4/2156. 123 Bei einer Grundschuld in Höhe von beispielsweise 100.000 Euro ergibt sich aus einer vollstreckbaren Urkunde gegenüber einer nachträglichen gerichtlichen Beitrei118
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3. Kap.: Reform des Darlehensrechts zum Schutz von Kreditnehmern 2008
beurkundete Unterwerfung des jeweiligen Eigentümers unter die sofortige Zwangsvollstreckung in sein Grundstück (§ 794 Abs. 1 Nr. 5, 800 Abs. 1 S. 1 ZPO).124 Als weitere Sicherheit dient eine persönliche Haftungsübernahme des Darlehensnehmers.125 Dies stellt ein abstraktes Schuldversprechen bzw. eine abstrakte Schuldanerkenntnis126 dar.127 Dieser vom zugrundeliegenden Darlehensvertrag als auch von der Grundschuld unabhängige128 Anspruch wird ebenfalls gemäß § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO tituliert.129 Trotz nicht verstummender Kritik130 billigen die Rechtsprechung131 und der überwiegende Teil der Lehre132 diese Praxis. Die Ausübung der beiden Sicherungsmittel darf indes nicht kumulativ, sondern nur alternativ erfolgen133 und nicht der Sicherung fremder, sondern nur eigener Verbindlichkeiten des Sicherungsgebers dienen.134 Die Vollstreckungsunterwerfungen sind einseitige und rein prozessuale Erklärungen, die nicht Ergebnis eines gerichtlichen Erkenntnisverfahrens sind.135 Sie begründen eigenständige vollstreckbare Ansprüche.136 Ihre Wirksamkeit ist vom
bung ein Kostenvorteil in Höhe von 5.280 Euro, vgl. Bundesnotarkammer, Stellungnahme vom 15.01.2008, S. 4 f.; vgl. ferner die Beispielsrechnung bei Volmer, ZflR 2008, 634. 124 Jacoby, in: Handbuch zum deutschen und europäischen Bankrecht, § 24 Rn. 31; Habersack, NJW 2008, 3173; Schmid/Voss, DNotZ 2008, 740, 741. 125 Jacoby, in: Handbuch zum deutschen und europäischen Bankrecht, § 24 Rn. 41 ff.; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 6.252 ff.; Mackenthun, in: Rösler/Mackenthun/Pohl, Handbuch Kreditgeschäft, S. 980 f. 126 In Höhe der besicherten Darlehensforderungen handelt es sich begrifflich um ein abstraktes Schuldversprechen, § 780 S. 1 BGB. Soweit die Verpflichtung diese Forderungen übersteigt, liegt ein abstraktes Schuldanerkenntnis vor, § 781 S. 1 BGB. Die Begriffe gehen ineinander über, vgl. Baumann, S. 25 f.; Marburger, S. 35. Im Interesse besserer Lesbarkeit wird im Folgenden der stdg. Rspr. seit BGH, NJW 1985, 1831, 1832 gefolgt und einheitlich von einem abstrakten Schuldanerkenntnis gesprochen. 127 Stdg. Rspr. vgl. BGHZ 98, 256, 259; BGH, NJW 1991, 286 m.w. N.; Wolfsteiner, in: Staudinger, BGB, Vorbem. zu § 1191 ff. Rn. 141; Erman/Heckelmann/Wilhelmi, BGB, § 780 Rn. 3a. 128 Schmid/Voss, DNotZ 2008, 740, 741; vgl. zur Abstraktheit Palandt/Sprau, BGB, § 780 Rn. 2. 129 Jacoby, in: Handbuch zum deutschen und europäischen Bankrecht, § 24 Rn. 41 ff.; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 6.252 ff.; Mackenthun, in: Rösler/Mackenthun/Pohl, Handbuch Kreditgeschäft, S. 980 f. 130 Stürner, JZ 1977, 431, 432, und 634 f.; Bachner, DNotZ 2008, 644, 650 f.; vgl. auch Schimansky, WM 2008, 1049, 1050; krit. auch Derleder, ZIP 2009, 2221, 2221. 131 BGHZ 99, 274, 282 f.; 114, 9, 12 f.; BGH, NJW 1992, 971, 972; WM 2003, 2372, 2374; WM 2003, 2375, 2378; WM 2005, 828, 830 f.; WM 2006, 87, 88 nunmehr: „entspricht jahrzehntelanger Praxis“. 132 Erman/Wenzel, BGB, § 1191 Rn. 111; Palandt/Bassenge, § 1191 Rn. 47; Wolfsteiner, in: Staudinger, BGB, Vorbem. zu § 1191 ff. Rn. 143; Dietlein, JZ 1977, 637. 133 BGH, NJW 1988, 707; NJW 1991, 286 f.; NJW 1992, 971, 972. 134 BGHZ 114, 9, 12 f.; BGH, NJW 1992, 971, 972. 135 Zöller/Stöber, ZPO, § 794 Rn. 32.
E. Änderungen im Kreditsicherungs- und Zwangsvollstreckungsrecht
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Bestand der materiell-rechtlichen Verpflichtung unabhängig.137 Der Schuldner kann Einwendungen nur mit einer Vollstreckungsabwehrklage geltend machen.138 Der Notar erteilt dem Gläubiger sogleich eine vollstreckbare Ausfertigung der von ihm errichteten Vollstreckungsurkunde.139 Wegen der sofortigen Fälligkeit des Grundschuldkapitals sowie des abstrakten Schuldanerkenntnisses war es bislang nicht erforderlich, die Erteilung der vollstreckbaren Ausfertigung von weiteren Voraussetzungen abhängig zu machen, die der Notar im Klauselerteilungsverfahren zu berücksichtigen hat.140 Wenn die Banken gleichwohl Nachweisverzichte141 vorgaben,142 bezogen sich diese allein auf die Entstehung oder Fälligkeit des titulierten Anspruchs aus dem Darlehen selbst und dienten im Übrigen der Vermeidung von Unsicherheiten. Der Darlehensgeber war mithin im Besitz eines weitgehend perfekten Sicherungsbündels.143 Er hatte vollstreckbare Ausfertigungen sowohl eines dinglichen als auch eines persönlichen Titels. Nach Zustellung dieser Ausfertigungen an den Eigentümer bzw. Schuldner (§ 750 Abs. 1 ZPO) konnte er unter Einhaltung einer zweiwöchigen Wartefrist (§ 798 ZPO) die Zwangsvollstreckung in das Grundstück und in das sonstige Vermögen des Schuldners einleiten. Dies stand ihm jederzeit offen, ohne dass er im Außenverhältnis auf materiell-rechtliche Beschränkungen aus dem Darlehen und der Sicherungsabrede oder auf etwaige prozessuale Voraussetzungen oder Bedingungen Rücksicht nehmen musste. Die Verknüpfung der abstrakten Sicherungsmittel mit der gesicherten Forderung geschieht durch eine Sicherungsabrede zwischen dem Besteller der Sicherheiten und dem Gläubiger.144 Dieses fiduziarische Element ist für die Sicherungsgrundschuld kennzeichnend geworden.145 Dem Gläubiger wird dabei die Funktion eines treuhänderischen Sicherungsnehmers zugewiesen.146 Die Siche136 Münch, S. 183 ff.; Zöller/Stöber, ZPO, § 794 Rn. 32; MüKo-ZPO/Wolfsteiner, § 794 Rn. 182; ders., Die vollstreckbare Urkunde, Rn. 14.17; Schmid/Voss, DNotZ 2008, 740, 753; a. A. MüKo-BGB/Eickmann, § 1193 Rn. 4. 137 BGHZ 154, 283, 286; BGH, NJW 1985, 2423; NJW 1994, 2755; NJW 2004, 59; NJW 2004, 844. 138 BGH, NJW 1985, 2423; NJW-RR 2007, 1343; NJW-RR 2008, 1075; Zöller/Stöber, ZPO, § 794 Rn. 32. 139 Schmid/Voss, DNotZ 2008, 740, 754. 140 Schmid/Voss, DNotZ 2008, 740, 754. 141 Zu den begrifflichen Unterscheidungen MüKo-ZPO/Wolfsteiner, § 794 Rn. 155. 142 Volmer, MittBayNot 2009, 1, 7. 143 Dieckmann, NZM 2008, 865, 866; Derleder, ZIP 2009, 2221, 2221 ff. 144 Clemente, ZfIR 2007, 737, 740; Otten, in: Handbuch zum deutschen und europäischen Bankrecht, § 23 Rn. 32 ff.; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 6.263 ff.; Mackenthun, in: Rösler/Mackenthun/Pohl, Handbuch Kreditgeschäft, S. 795 ff.; ausf. Becker-Eberhardt, Die Forderungsgebundenheit der Sicherungsrechte, insb. S. 7 f., 48 ff. 145 Buchholz, AcP 187 (1987), 107, 109 m.w. N. 146 Vgl. etwa BGH, NJW-RR 1996, 234, 235; BT-Drs. 16/9447, S. 8; Wolfsteiner, in: Staudinger, BGB, Vorbem. vor § 1191 ff. Rn. 21; Clemente, ZfIR 2007, 737, 740; Epp,
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3. Kap.: Reform des Darlehensrechts zum Schutz von Kreditnehmern 2008
rungsabrede bildet den Rechtsgrund147 und die zweckentsprechende Rechtsbegrenzung.148 Aufgrund der Relativität der Schuldverhältnisse entfaltet sie ihre Wirkungen allerdings grundsätzlich nur zwischen Sicherungsgeber und Sicherungsnehmer.149 Obgleich die Sicherungsgrundschuld in § 1192 Abs. 1a S. 1 Hs. 1 BGB nunmehr legal definiert worden ist, wurde auf eine Inhaltsbestimmung des Sicherungsvertrags verzichtet.150 Auf die Sicherheiten kann erst zugegriffen werden, wenn der Schuldner trotz Fälligkeit nicht zahlt.151 Dieser sog. Sicherungsfall wird oftmals begrifflich der Verwertungsreife gleichgesetzt,152 obgleich die Verwertung zusätzliche Voraussetzungen haben kann.153 Die Auslösung des Sicherungsfalls hinauszuschieben ist Zweck der erhöhten Anforderungen an eine Gesamtfälligstellung in § 503 Abs. 3 BGB. Die nachfolgend dargestellten Maßnahmen sollen hingegen ausschließen, dass ein neuer Gläubiger die Vollstreckung in die Sicherheiten einleitet, obwohl überhaupt noch kein Sicherungsfall im Sinne der Sicherungsabrede vorliegt. Wendet man sich den gerichtlichen Rechtsschutzmöglichkeiten des Eigentümers bzw. Schuldners zu, wird eine Klauselerinnerung gemäß § 732 ZPO kaum Erfolg versprechen. Vor der Vollstreckung waren bislang – soweit ersichtlich – keine qualifizierten Voraussetzungen zu erfüllen. Sollten dennoch Vollstreckungsvoraussetzungen bestehen, würden die Nachweisverzichte greifen. Der Vollstreckungsschuldner kann sich deshalb gegen eine Vollstreckung wegen materiell-rechtlicher Einwendungen zweckmäßigerweise nur mit der Vollstreckungsgegenklage zur Wehr setzen und die Einstellung der Zwangsvollstreckung aus der notariellen Urkunde wegen des Verstoßes gegen den Sicherungsvertrag erwirken.154 Um die Vollstreckbarkeit des Titels zu hemmen, ist eine einstweilige Anordnung gemäß § 769 ZPO erforderlich. Das dem Schuldner obliegende Klage-
in: Bankrechts-Handbuch, § 94 Rn. 294; die Termini Sicherungsgeber und Sicherungsnehmer werden als Bezeichnung der Parteien des Sicherungsvertrags verwendet werden, vgl. Otten, in: Handbuch zum deutschen und europäischen Bankrecht, § 23 Rn. 4 m.w. N.; Schmid/Voss, DNotZ 2008, 740, 742. 147 BGH, NJW-RR 1996, 234, 235; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 6.263 ff.; Otten, in: Handbuch zum deutschen und europäischen Bankrecht, § 23 Rn. 10 f. m.w. N.; zu der These der Doppelcausa vgl. Neuhof/Richrath, NJW 1996, 2894, 2895 ff. 148 Clemente, ZfIR 2007, 737, 740; ders., Recht der Sicherungsgrundschuld, Rn. 225. 149 BGH, NJW 2003, 2673; ausf. Otten, in: Handbuch zum deutschen und europäischen Bankrecht, § 23 Rn. 4 ff. 150 Clemente, ZfIR 2008, 589, 598; Zetzsche, AcP 209 (2009), 543, 552. 151 Otten, in: Handbuch zum deutschen und europäischen Bankrecht, § 23 Rn. 68. 152 s. etwa BGH, NJW 1997, 1570, 1573. 153 Vgl. dazu Otten, in: Handbuch zum deutschen und europäischen Bankrecht, § 23 Rn. 69 ff. 154 Vgl. etwa BGHZ 168, 1; Dieckmann, NZM 2008, 865, 866.
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und Kostenrisiko kann gerade im Fall von Zahlungsschwierigkeiten den Rechtsschutz gegen unrechtmäßiges Verhalten des Gläubigers erschweren.155
II. Einreden aus dem Sicherungsvertrag gegenüber dem Erwerber einer Sicherungsgrundschuld Die besicherte Forderung ist für die Grundschuld nicht inhaltsbestimmend.156 In dieser Abstraktheit unterscheidet sich die Grundschuld von der Hypothek. Im Fall der Sicherungsgrundschuld bestimmt die besicherte Forderung nur den Zweck, nicht aber die Rechtfertigung des dinglichen Rechts.157 Der Erwerber der Grundschuld konnte aufgrund der im Außenverhältnis grundsätzlich unbeschränkten Rechtsmacht („rechtliches Können“) mehr erhalten, als dem Veräußerer nach der treuhänderischen Sicherungsabrede im Innenverhältnis („rechtliches Dürfen“) zustand.158 Ohne eine Bindung des Erwerbers an die Sicherungsabrede wäre es dem Schuldner nicht mehr möglich gewesen, seine Einreden aus der Forderung gegenüber den Ansprüchen des neuen Gläubigers aus den Sicherungsmitteln geltend zu machen.159 Für diesen Fall sah der Gesetzgeber den größten Handlungsbedarf.160 Die isolierte Abtretung der Grundschuld bleibt trotz Verstoßes gegen die Zweckbindung wirksam.161 Der Sicherungsgeber muss sich auf Sekundäransprüche verweisen lassen.162 Ob die Abstraktheit der Grundschuld von einzelnen Kreditkäufern tatsächlich ausgenutzt wurde, war bis zum Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens unklar. Jedenfalls wird den Investoren mit den sofort vollstreckbaren Ansprüchen ein wirksames Druckmittel zur Durchsetzung ihrer Verwertungsinteressen an die Hand gegeben.163 Als Folge wurde mit § 1192 Abs. 1a BGB die zentrale Norm aus dem Entwurf des Freistaats Bayern zu einem Kreditnehmerschutzgesetz 164 ins Risikobegrenzungsgesetz aufgenommen. Sie beschränkt sich nicht auf Immobiliardarlehen i. S. v. § 503 Abs. 1 BGB, so dass die durch sie vermittelte Schutzerhöhung auch gewerblichen Sicherungsgebern zuteilwird. Mit der Neuregelung hat im Bereich der Sicherungsgrund155
Schmid/Voss, DNotZ 2008, 740, 743 mit Hinweis auf BT-Drs. 16/9821, S. 23. Wolfsteiner, in: Staudinger, BGB, Vorbem. zu § 1191 ff. Rn. 9 f. 157 MüKo-BGB/Eickmann, § 1191 Rn. 11, 86. 158 Schmid/Voss, DNotZ 2008, 740, 742. 159 Vgl. Zetzsche, AcP 209 (2009), 543, 551. 160 BT-Drs. 16/9447, S. 7. 161 BGH, NJW 1982, 2768 Rn. 13. 162 Fest, ZfIR 2008, 660 m.w. N. in Fn. 93. 163 Schimansky, WM 2008, 1049, 1050 f. spricht insoweit plastisch von einer „Waffe“ in der Hand des Finanzinvestors. 164 Gesetzesantrag vom 29.02.2008, BR-Drs. 152/08; Beschluss des Bundesrates zur Einbringung des Entwurfs unter leichten Änderungen in den Bundestag, BR-Drs. 152/ 08 (Beschluss); Plenarprotokoll 843 des Deutschen Bundesrats vom 25.04.2008, S. 110 f.; Übersendung an den Bundestag vom 04.06.2008, BT-Drs. 16/9447. 156
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schuld eine stille „Revolution“ 165 stattgefunden. Einerseits wird die Geltendmachung erst nach Abtretung vollständig verwirklichter Einreden aus dem Sicherungsvertrag gegen die Inanspruchnahme aus der Sicherungsgrundschuld ermöglicht. Andererseits wird deren gutgläubiger einredefreier Erwerb ausgeschlossen. 1. Einredensystem der Grundschuld Grundsätzlich verfügt der Treuhänder über abstrakte Sicherungsmittel als Berechtigter, gleich in welchem Umfang er von seiner überschießenden Rechtsmacht Gebrauch macht.166 Im Bereich der Sicherungsgrundschuld gilt dies allerdings nicht uneingeschränkt. Die Rspr. und weite Teile der Lit. lesen aus § 1192 Abs. 1 BGB heraus, dass die hypothekarischen Vorschriften der § 1157 BGB167 und § 1169 BGB168 auch für die Grundschuld gelten und der Eigentümer dem Grundschuldberechtigten Einwendungen gegen die Forderung als Einreden aus dem Sicherungsvertrag entgegensetzen kann. Dieses Konzept ist als „zentraler Knoten des Rechts der Sicherungsgrundschuld“ 169 in der heutigen Rspr. und Rechtspraxis so selbstverständlich geworden, dass daran nur noch vereinzelt Zweifel geäußert werden.170 Nachdem die Erste Kommission zum BGB Grundpfandrechte noch als dingliche Rechte ansah, stellte die Zweite Kommission wieder die Realobligationen in den Vordergrund.171 Danach war es gedanklich nicht mehr per se ausgeschlossen, persönlichen Rechten gegenüber den Grundpfandrechten einredeweise dingliche Kraft beizulegen. Dies bereitete den Boden für eine Aufspaltung der Einreden in schuldnerbestimmte und eigentümerbestimmte Einreden, wie sie heute für §§ 1137, 1138 BGB einerseits sowie §§ 1157, 892 BGB andererseits kennzeichnend ist.172 Freilich wurde die Grundschuld als abstrakte, die Hypothek hingegen als individualisierte Realobligation aufgefasst.173 Demnach wird vereinzelt vertreten, die Einredensystematik sei nur auf die Hypothek abgestimmt, während für die Grundschuld der vorgefundene Status quo gewahrt werden sollte. Deren Dog165
So Fest, ZfIR 2008, 657, 663. Wiegand, in: FS Fikentscher, S. 344. 167 BGH, WM 1985, 953; NJW 1986, 1487; Jacoby, in: Handbuch zum deutschen und europäischen Bankrecht, § 24 Rn. 55; MüKo-BGB/Eickmann, § 1191 Rn. 11, 86; Huber, in: FS Serick, S. 204; Medicus, Jus 1971, 497, 503. 168 Vgl. BGH, NJW 1985, 800; BGHZ 108, 237, 243 f.; Palandt/Bassenge, BGB, § 1169 Rn. 3. 169 Wolfsteiner, in: Staudinger, BGB, § 1157 Rn. 17. 170 OLG Köln, OLGZ 1969, 419 ff.; Baden, JuS 1977, 75 ff.; Buchholz, AcP 187 (1987), 107 ff.; Wolfsteiner, in: Staudinger, BGB, § 1157 Rn. 16 ff. 171 Prot. III, 580 ff.; Mugdan III, 819 ff.; vgl. ausf. Buchholz, AcP 187 (1987), 107, 114 ff.; ders., AcP 203 (2003), 786, 795 ff., 805 ff. 172 Buchholz, AcP 203 (2003), 786, 795 ff., 805. 173 Prot. IV, 499. 166
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matik aber baute, insbesondere was die Einreden betrifft, bislang auf dem Wechselrecht auf.174 Danach spreche die Entstehungsgeschichte des § 1157 BGB gemäß Buchholz gegen eine gleichartige Behandlung der Einredenproblematik bei der Hypothek und der Grundschuld.175 Dem wird jedoch zu Recht entgegengesetzt, dass das historische Argument nicht überbewertet werden dürfe, zumal der zweite Redaktionsentwurf eine umfassende Erörterung des Grundschuldsystems schuldig blieb.176 Den Grundstein für eine Anwendung des § 1157 BGB auf die Grundschuld legte eine dem Reichstag vorgelegte Denkschrift des Reichsjustizamtes.177 Darin fand sich die Aussage, dass die Entwurfsfassung zum Erhalt der Einreden gegen die Hypothek auch für die Grundschuld von besonderer Bedeutung sei, da diese von der Forderung überhaupt unabhängig ist. Damit hat es folgende Bewandtnis:178 Für Einreden, die sich aus der hypothekarisch gesicherten Forderung ergeben, greifen die speziellen Regelungen der §§ 1137, 1138 BGB ein. Demnach bleibt für § 1157 BGB Raum, wenn es um die besonderen persönlichen Vereinbarungen zwischen Hypothekenschuldner und Hypothekar geht, die die Art und Weise der Geltendmachung des Verwertungsrechts selbst betreffen. Sie sind zwar schuldrechtlicher Natur, wirken aber direkt gegen das dingliche Recht. Weil und soweit demnach der Forderungsbezug fehlt, ist § 1157 BGB nicht als hypothekentypisch anzusehen und über § 1192 Abs. 1 BGB auf die Grundschuld anzuwenden.179 Letzten Zweifeln daran kann mittlerweile mit dem Hinweis auf eine gewohnheitsrechtliche Verankerung begegnet werden.180 Umstritten ist jedoch die „Gretchenfrage des § 1192 Abs. 1 BGB“,181 ob der Sicherungsvertrag als Rechtsverhältnis i. S. d. § 1157 BGB gelten kann. Die Bejahung dieser Frage führt zu einer Verdinglichung der forderungsbezogenen Einreden über das Vehikel des Sicherungsvertrags, und zwar in zweifacher Weise:182 Erstens können sie gemäß § 1157 S. 1 BGB über das ursprünglich schuldrechtliche Innenverhältnis hinaus Wirkung gegenüber unbeteiligten Dritten entfalten. Zweitens wird über §§ 1157 S. 2, 894 BGB das Bestehen einer Einrede der Un-
174 Nach Bähr, Die preußischen Gesetzentwürfe über die Rechte am Grundvermögen, 37 ff., 54 ff., 100 ff., 111 ff. 175 Vgl. Buchholz, AcP 187 (1987), 107, 116 f. 176 Wolfsteiner, in: Staudinger, BGB, § 1157 Rn. 17. 177 Denkschrift zum Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuchs, S. 221. 178 Vgl. im Folgenden Buchholz, AcP 187 (1987), 107, 124. 179 Stdg. Rspr. seit RG Recht 1908, Nr. 1984; RGZ 91 218, 224; Baden, JuS 1977, 75, 77; Huber, in: FS Serick, S. 203. 180 Neef, S. 91 ff.; Wolfsteiner, in: Staudinger, BGB, § 1157 Rn. 17; Baden, JuS 1977, 75, 77; so nun offenbar auch Buchholz, AcP 203 (2003), 786, 816; krit. weiterhin Kessal-Wulf, in: FS Nobbe, S. 351, 357. 181 Baden, JuS 1977, 75, 77. 182 Baden, JuS 1977, 75, 77 f.; Buchholz, AcP 187 (1987), 107, 112.
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richtigkeit des Grundbuchs gleichgesetzt. Die bereits erwähnte Aussage in der Denkschrift des Reichsjustizamtes183 lässt sich dahingehend deuten, dass dem Eigentümer mit der Fortwirkung nicht forderungsbezogener Einreden so etwas wie ein Trostpflaster gewährt werden sollte, weil eben die ganze Kategorie von Einreden aus dem Rechtsgrundverhältnis ausscheidet.184 Allerdings ging die reichsgerichtliche Interpretation dieser Worte im Jahre 1908185 deutlich weiter, indem § 1157 BGB auch auf das obligatorische Rechtsverhältnis zwischen Eigentümer und früherem Gläubiger Anwendung finden sollte, wozu insbesondere die sicherungsvertragliche Nichtvalutierungseinrede gezählt wurde. Im Jahre 1917 entschied das RG dann ganz deutlich, dass die Einreden aus einem fiduziarischen Rechtsverhältnis zwischen dem Eigentümer und dem bisherigen Gläubiger grundsätzlich auch den neuen Gläubiger über §§ 1192 Abs. 1, 1157 BGB binden.186 Der BGH187 hat den dogmatischen Grundansatz des RG trotz einzelner Modifizierungen im Bereich des Gutglaubensschutzes nicht in Frage gestellt, blieb aber eine Begründung schuldig.188 Die dieses Ergebnis befürwortende Lit. argumentiert schlicht, dass die Sicherungsabrede für die Grundschuld zwar nicht inhalts-, aber doch zweckbestimmend sei und es sich deshalb bei ihr um ein direkt das dingliche Recht betreffendes Rechtsverhältnis zwischen Eigentümer und Gläubiger im Sinne von § 1157 S. 1 BGB handle.189 Daneben hat sich eine weitergehende Ansicht gebildet, die dem fiduziarischen Rechtsverhältnis der Sicherungsgrundschuld eine umfassende und generelle Geltung verleiht, indem sie es als wirkungsbeschränkende Wesensbestimmung des Rechts ansieht.190 Daraus ergeben sich allerdings nur Abweichungen von der Rspr. bei der Frage, ob die Sicherungsabrede selbst und nicht nur die einzelne daraus entspringende Einrede eintragungsfähig ist und worauf sich ein eventueller Gutglaube beziehen muss. Jedenfalls ist festzuhalten, dass die Quasiverdinglichung der Sicherungsabrede dazu führt, dass § 1157 BGB für die Grundschuld den § 1137 BGB ersetzt.191 Alle forderungsbezogenen Einreden bei der Hypothek sind demnach bei der Grundschuld als „Einreden des mangelnden Sicherungsfalles“ 192 einzuordnen. 183
Denkschrift zum Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuchs, S. 221. Vgl. Buchholz, AcP 187 (1987), 107, 118. 185 RG Recht 1908, Nr. 1984. 186 RGZ 91 218, 224. 187 Stdg. Rspr. seit BGHZ 59, 1, 2; 97, 280; 103, 72, 82. 188 So Buchholz, AcP 187 (1987), 107, 123. 189 Huber, Die Sicherungsgrundschuld, S. 135 ff.; MüKo-BGB/Eickmann, § 1191 Rn. 86. 190 Friedrich, NJW 1968, 1655, 1656 ff., insbes. Schluss S. 1660; Lopau, NJW 1972, 2253 ff.; Wilhelm, JZ 1980, 625, 628 ff.; ders., NJW 1983, 2917, 2919. 191 MüKo-BGB/Eickmann, § 1191 Rn. 86. 192 Medicus JuS 1971, 497, 503. 184
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Teile der Lit. weisen indes darauf hin, dass § 1192 Abs. 1 BGB eine Verdinglichung forderungsbezogener Einwände bei der nicht akzessorischen Grundschuld unbedingt ausschließen wollte.193 Der Umstand, dass die Einreden aus der Sicherungsabrede die Geltendmachung des Verwertungsrechts beschränken sollen, könne sich daraus ergebende Schutzdefizite nicht ausgleichen.194 Vielmehr werde die Sicherungsgrundschuld durch diesen Kunstgriff zur „heimlichen Hypothek“.195 Dass dies gerade nicht Ziel des Gesetzes sei, wird im Grundsatz auch vom BGH betont,196 der sodann aber zu einem anderen Ergebnis gelangt. In der Rspr. hat einzig das OLG Köln in einer isoliert gebliebenen Entscheidung ausgesprochen, dass Einreden aus dem Sicherungsvertrag im Grunde nichts anderes seien als Einreden aus dem zugrundeliegenden Schuldverhältnis.197 Für diese kann jedoch nur § 1137 BGB gelten, dessen Anwendung auf die Grundschuld aber nach § 1191, 1192 Abs. 1 BGB ausgeschlossen ist. Im Übrigen wurde es bislang auch unter rechtspolitischen Aspekten für verfehlt gehalten, das gesetzlich vorgesehene Formenspektrum abstrakter und akzessorischer Grundpfandrechte auf diese Weise praktisch eines Teils zu berauben.198 Aufgrund der Regelungswidersprüche zwischen § 1191, 1192 Abs. 1 BGB einerseits und § 1157 BGB andererseits verlangten manche Stimmen nach einer differenzierenden Lösung. Wolf wollte nur „dingliche Einreden“ über § 1157 BGB gelten lassen.199 Wolfsteiner versuchte einen Umkehrschluss, indem er vor dem Hintergrund, dass Einreden eine Reduzierung des sachlichen Umfangs des Grundpfandrechts bewirken, nur solche Einreden unter § 1157 BGB fallen ließ, die Inhalt einer Grundschuld sein können.200 Dies definierte er eng. Trotz aller Bedenken hatte sich nach bisheriger Rechtslage die Auffassung durchgesetzt, dass der Grundschuld die Einreden gegen die Forderung als Einreden aus der Sicherungsabrede gemäß § 1157 BGB entgegengesetzt werden können. Wegen dieser Sondervorschrift hat Serick die Sicherungsgrundschuld als ein fiduziarisches Recht mit gewissen atypischen Zügen bezeichnet.201 Denn bei der gewöhnlichen Sicherungstreuhand braucht sich der Erwerber des Treuguts nicht um die fiduziarischen Bindungen zwischen Treugeber und Treunehmer zu kümmern. Durch § 1157 BGB tritt hingegen eine Verdinglichung der fiduziarischen Verhältnisse ein, weil die Einreden aus der Sicherungsabrede auch dem neuen 193 Baden, JuS 1977, 75, 79; Buchholz, AcP 187 (1987), 107, 125; differenzierend Wolfsteiner, in: Staudinger, BGB, § 1157 Rn. 19 ff. 194 Buchholz, AcP 187 (1987), 107, 125. 195 Baden, JuS 1977, 75. 196 BGHZ 59, 1. 197 OLG Köln, OLGZ 1969, 419 ff. 198 Wolfsteiner, in: Staudinger, BGB, § 1157 Rn. 18. 199 Wolf, Lehrbuch des Sachenrechts, S. 525 ff. 200 Wolfsteiner, in: Staudinger, BGB, § 1157 Rn. 20. 201 Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübertragung, Bd. 2, Teil 1, S. 413.
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Gläubiger entgegengehalten werden können. Bereits Huber hielt den Begriff der Sicherungstreuhand zur Bezeichnung der Sicherungsgrundschuld vor dem Hintergrund der Rechtsprechungsentwicklung für verfehlt.202 Eine Treuhand bestehe darin, dass ein sachenrechtlich unbeschränktes und unbeschränkbares Recht schuldrechtlich beschränkten Zwecken dient, während bei der Sicherungsgrundschuld ein an sich selbständiges Recht in Wahrheit von der Forderung abhänge. Ungeachtet der terminologischen Annäherung der „Sicherungsgrundschuld“ an die akzessorischen Sicherungsmittel wiesen die §§ 1157, 1169 BGB ihrerseits bei einer Drittbeteiligung immer noch Schutzlücken auf, die der Gesetzgeber nun aber vollends geschlossen hat. 2. Geltung bei Erwerb noch nicht vollständig verwirklichter Einreden Dem Wortlaut der §§ 1157 S. 1, 1169 BGB („zusteht“) und der Systematik (vgl. § 1156 BGB) ist zu entnehmen, dass sich der Anwendungsbereich der genannten Vorschriften allein auf diejenigen Einreden beschränkt, deren Tatbestand im Zeitpunkt des Übergangs bereits vollständig verwirklicht ist.203 Insofern zeigen sich Unterschiede zu § 404 BGB, der es genügen lässt, dass die Einwendungen bereits „begründet“ sind, wenn auch die Tatbestandsvollendung erst nach der Abtretung eintritt.204 Problematisch war es demnach insbesondere, wenn der Eigentümer die gesicherte Forderung durch Zahlung an den bisherigen Gläubiger erfüllte, nachdem dieser die Grundschuld auf einen Dritten übertragen hatte, der nicht an den Sicherungsvertrag gebunden war.205 In diesem Fall konnte dem Erwerber der Grundschuld das Erlöschen der gesicherten Forderung – wenn diese ggf. i.V. m. § 404 oder § 407 Abs. 1 BGB ebenfalls abgetreten wurde – weder unmittelbar aus dem Sicherungsvertrag noch mittelbar als Einrede des fehlenden Sicherungsfalls über § 1192 Abs. 1 i.V. m. § 1157 S. 1 BGB bzw. § 1169 BGB entgegengehalten werden. Um dies abzumildern, sollte die spätere Volltilgung als Weiterentwicklung der laufenden Tilgung gelten.206 Mit § 1192 Abs. 1a S. 1 Hs. 1 BGB hat der Gesetzgeber nun eine den § 1157 S. 1 BGB und den § 1169 BGB ergänzende Sonderregelung eingefügt. Danach können Einreden, die dem Eigentümer aufgrund des Sicherungsvertrags mit dem bisherigen Gläubiger gegen die Grundschuld zustehen oder sich aus dem Sicherungsvertrag ergeben, auch jedem Erwerber der Grundschuld entgegengesetzt werden. Der Wortlaut der Vorschrift bezieht sich auf alle Einreden, die sich „aus 202
Huber, Die Sicherungsgrundschuld, S. 260. Vgl. BGHZ 85, 388, 390 f.; BGH, WM 2001, 453, 454; Jacoby, in: Handbuch zum deutschen und europäischen Bankrecht, § 24 Rn. 55; Palandt/Bassenge, BGB, § 1157 Rn. 2. 204 Buchholz, AcP 187 (1987), 107, 120 f.; Kessal-Wulf, in: FS Nobbe, S. 351, 364 f. 205 BT-Drs. 16/9447, S. 8. 206 Palandt/Bassenge, BGB § 1191 Rn. 24 a. E. 203
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dem Sicherungsvertrag ergeben“ (§ 1192 Abs. 1a S. 1 Hs. 1 BGB). Damit wurde das „Fortbestehen“ (vgl. die gesetzliche Überschrift zu § 1157 BGB) der bereits verwirklichten Einreden um die erstmalige Geltung derjenigen Einreden erweitert, die im Zeitpunkt des Übergangs der Sicherungsgrundschuld im Sicherungsvertrag zwar schon begründet sind, deren Voraussetzungen aber erst später vollständig verwirklicht werden.207 Der Sicherungsvertrag transportiert die Einwendungen und Einreden zur Grundschuld, die gegen die besicherte Forderung bestehen. Wurde auch diese abgetreten, schützt § 404 BGB den Schuldner bei bereits bestehenden Einwendungen gegenüber dem neuen Gläubiger. Was künftige Rechtshandlungen betrifft, die der Schuldner in Unkenntnis der Abtretung gegenüber dem bisherigen Gläubiger vornimmt, gilt § 407 Abs. 1 BGB. In Kombination mit diesen Schutzvorschriften hat die Einführung des § 1192 Abs. 1a S. 1 Hs. 1 BGB eine Gestaltung des Sicherungsvertrags ermöglicht, die es erlaubt, der Sicherungsgrundschuld die Einwendungen oder Einreden gegen die gesicherte Forderung entgegenzusetzen. Besondere Beachtung schenkt die Gesetzesbegründung dem Umstand, dass die Regelung des § 1192 Abs. 1a S. 1 BGB auch auf die Einrede nach §§ 1192 Abs. 1, 1169 BGB Anwendung findet, durch welche die Geltendmachung der Grundschuld dauerhaft ausgeschlossen ist, wenn der Sicherungszweck (insbesondere infolge des Erlöschens der gesicherten Forderung) endgültig weggefallen ist. Dadurch begründet § 1192 Abs. 1a S. 1 BGB auch gegenüber dem Erwerber den Anspruch aus § 1169 BGB, wenn er nach Erwerb der Grundschuld entstanden ist. Einer weiteren Sonderregelung bedurfte es dazu nicht.208 3. Ausschluss des gutgläubigen einredefreien Erwerbs Dem rechtsgeschäftlichen Erwerber konnten nach bisheriger Rechtslage von den zum Zeitpunkt des Erwerbs bereits vollständig verwirklichten Einreden nach §§ 1192 Abs. 1, 1157 S. 1 und 1169 BGB nur solche entgegengehalten werden, die im Grundbuch eingetragen oder dem Erwerber im Zeitpunkt der Übertragung positiv bekannt waren (§ 1192 Abs. 1 i.V. m. § 1157 S. 2, § 892 Abs. 1 BGB). Grob fahrlässige Unkenntnis des Erwerbers (so aber etwa § 932 Abs. 2 BGB) genügte nicht. Waren diese Voraussetzungen nicht erfüllt, wurde die Sicherungsgrundschuld gutgläubig einredefrei erworben. Das erlaubte es dem Erwerber, aus der Grundschuld zu vollstrecken, ohne auf die Beschränkungen der Sicherungsabrede Rücksicht nehmen zu müssen.209 Zur Verhinderung des gutgläubigen einredefreien Erwerbs kann der Eigentümer zwar regelmäßig die Eintragung der verwirklichten Einreden ins Grund207 208 209
BT-Drs. 16/9447, S. 11; BT-Drs. 9821, S. 22. BT-Drs. 16/9447, S. 11; BT-Drs. 9821, S. 22. Vgl. Zetzsche, AcP 209 (2009), 543, 549 m.w. N. aus der Rspr. in Fn. 44 f.
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buch (§ 894 BGB) bzw. den Grundschuldbrief (§§ 1192 Abs. 1 S. 1, 1140 BGB) verlangen und die Durchsetzung dieser Einreden durch Widerspruch (§ 899 BGB) sichern.210 Eintragungsfähig ist jedoch bisher nicht das zwischen dem Eigentümer und dem Gläubiger bestehende Rechtsverhältnis selbst gewesen,211 sondern nur die konkrete Einrede, die dem Eigentümer aufgrund eines solchen Rechtsverhältnisses gegen die Grundschuld zusteht (§ 1157 S. 1 BGB).212 Deshalb konnte zwar nicht das Bestehen des Sicherungsvertrags oder die gesicherte Forderung an sich im Grundbuch oder im Grundschuldbrief eingetragen werden, wohl aber nach jeder Ratenzahlung die Einrede der Teilerfüllung der gesicherten Forderung.213 Dieses Vorgehen war indes kaum praktikabel.214 Wenn die die Grundschuld beschränkenden Einreden deshalb in aller Regel weder aus dem Grundbuch noch aus dem Brief hervorgingen, das Grundbuch mithin unrichtig war, kam es für den einredefreien Erwerb allein auf den guten Glauben des Zessionars an, ohne dass die Anforderungen des § 1155 BGB gewahrt sein mussten.215 Beim Erwerb von Grundschulden sind die Anforderungen an die einen guten Glauben ausschließende Kenntnis des Erwerbers allerdings hoch. Das Reichsgericht hat noch die bloße Kenntnis des Sicherungscharakters der Grundschuld genügen lassen.216 Der BGH hat hingegen die Generalisierung des fiduziarischen Elements abgelehnt. Denn der Erwerber einer Sicherungsgrundschuld stünde andernfalls schlechter als derjenige einer akzessorischen Verkehrshypothek, der über §§ 1138, 1157 S. 2, 892 BGB geschützt wird.217 Mit diesem Argument, das gleichfalls gegen die Eintragungsfähigkeit des Sicherungsvertrages an sich spricht, senkte er die Anforderungen an einen gutgläubigen einredefreien Erwerb ab und ging zu einer „und-Doktrin“ 218 über. Einreden sollten nur dann geltend gemacht werden können, wenn „der Zessionar den Sicherungscharakter und die Nichtvalutierung der Grundschuld kannte“.219 Erforderlich war
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Palandt/Bassenge, BGB, § 1157 Rn. 3; Kessal-Wulf, in: FS Nobbe, S. 351, 359 ff. So schon KG, JW 1932, 1759 f.; dagegen Friedrich, NJW 1968, 1655, 1656 ff.; Lopau, NJW 1972, 2253 ff. 212 BGH, NJW 1986, 53, 54; Baden, JuS 1977, 75, 78; Buchholz, AcP 187 (1987), 107, 140 f.; MüKo-BGB/Eickmann, § 1157 Rn. 16; insoweit auch Wolfsteiner, in: Staudinger, BGB, § 1191 Rn. 9. 213 BT-Drs. 16/9447, S. 8; BGH, ZIP 2001, 367; Huber, Sicherungsgrundschuld, S. 138; Buchholz, AcP 187 (1987), 107, 140 f.; MüKo-BGB/Eickmann, § 1157 Rn. 16. 214 BT-Drs. 16/9447, S. 8 f. 215 RGZ 135, 357, 361; Jacoby, in: Handbuch zum deutschen und europäischen Bankrecht, § 24 Rn. 55. 216 RGZ 91, 218; so auch noch Friedrich, NJW 1968, 1655 ff.; Lopau, NJW 1972, 2253 ff.; Wilhelm, JZ 1980, 625, 628 ff. 217 BGHZ 59, 1, 2; Baur/Stürner, Sachenrecht, § 45 III Rn. 63 ff. 218 So Buchholz, AcP 187 (1987), 107, 123. 219 Stdg. Rspr. seit BGHZ 59, 1, 2; 97, 280; 103, 72, 81 f.; ausf. Huber, in: FS Serick, S. 195 ff. 211
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danach positive Kenntnis des konkreten Einredetatbestands. Das aber war schwer nachzuweisen. Sinn der Gutglaubensregeln ist es im Allgemeinen, den gutgläubigen Erwerber als Repräsentanten der Allgemeinheit zu schützen, weil deren Interesse an der Zirkulation der Güter Vorrang vor den Individualinteressen des Rechtsinhabers verdient.220 Letzterer hat lediglich ein persönlich-individuelles Vertrauen in die Redlichkeit des missbräuchlich Verfügenden, dem er eine tatsächliche Position oder gar eine Rechtsmacht eingeräumt hat, die dieser missbrauchen kann.221 Speziell für die Sicherungsgrundschuld nimmt der bayerische Gesetzentwurf folgende Neubewertung der Interessenlage vor:222 Die im Innenverhältnis vereinbarten Beschränkungen (Sicherungsabreden) bieten dem Sicherungsgeber nur einen schwachen Schutz, weil sie einen einredefreien Erwerb und damit einen Verlust des Grundstücks nicht verhindern können. Der Sicherungsgeber hat kaum eine praktische Handhabe, das Vertrauen Dritter in die im Grundbuch oder im Grundschuldbrief eingetragene Rechtslage durch entgegenstehende Eintragungen zu zerstören oder die fehlende Schutzwürdigkeit des Erwerbers infolge seiner Kenntnis zu beweisen. Er hat aber ein berechtigtes Interesse daran, die Verkehrsfähigkeit der Grundschuld zumindest insoweit einzuschränken, als seine Einreden bei einem Erwerb bestehen bleiben. Einem Dritten soll nicht ein „Mehr“ übertragen werden können, als dem Sicherungsnehmer aufgrund der Beschränkungen des Sicherungsvertrags gegeben wurde. Da Grundschulden in der Praxis nahezu ausschließlich zur Sicherung von Forderungen bestellt werden, ist hingegen davon auszugehen, dass es dem Erwerber ohne großen Aufwand möglich und auch zuzumuten ist, vor Erwerb der Grundschuld zu prüfen, ob und in welcher Höhe eine durch die Grundschuld gesicherte Forderung besteht. Schließlich hat der Sicherungsgeber praktisch keine Möglichkeit, auf sicherere Alternativen wie etwa die Höchstbetragshypothek und Sicherungshypothek zurückzugreifen. Denn diese werden von den Darlehensgebern wegen der damit verbundenen Nachteile nicht oder zumindest nicht zu denselben Bedingungen akzeptiert. Vor diesem Hintergrund entschloss sich der Gesetzgeber zu dem rechtshistorisch beachtlichen Schritt, in § 1192 Abs. 1a S. 1 Hs. 2 BGB einen gutgläubigen einredefreien Erwerb der Sicherungsgrundschuld auszuschließen. Die in § 1192 Abs. 1a S. 1 Hs. 1 BGB genannten Einreden bestehen somit unabhängig davon fort, ob der Erwerber der Grundschuld von dem Sicherungscharakter der Grundschuld und darüber hinaus auch von den möglichen Einreden aufgrund der Siche220 Wiegand, in: FS Fikentscher, S. 345 f., der deshalb Konstruktionen, die der Bindung des Treuhänders gegenüber Dritten uneingeschränkte Wirksamkeit verleihen sollen, entschieden ablehnt, weil sie den Treugeber in einer mit den sonstigen Wertungen bei Verfügungsgeschäften unvereinbaren Weise schützen. 221 Wiegand, in: FS Fikentscher, S. 345. 222 Vgl. dazu im Folgenden BT-Drs. 16/9447, S. 8.
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rungsabrede Kenntnis gehabt hat. Damit wird das Vertrauen des Grundschuldbestellers auf den Erhalt seiner Einreden höher gewichtet als das abstrakte Vertrauen des Erwerbers und das Interesse der Allgemeinheit an einer uneingeschränkten Verkehrsfähigkeit. Diese Neuerungen gelten gleichermaßen für Verbraucher wie für Unternehmer. Die neue Vorschrift ist auf jeden Erwerb von Sicherungsgrundschulden anzuwenden, der nach dem 18.08.2008 erfolgt (Art. 229 § 18 Abs. 2 EGBGB), auch wenn die zu erwerbende Sicherungsgrundschuld vor diesem Zeitpunkt bestellt wurde. Wenn der Sicherungsvertrag nichtig ist, hat der Eigentümer einen Anspruch auf Kondiktion der Grundschuld gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 bzw. 2 Alt. 2 BGB. Die daraus folgende Einrede gegen die Grundschuld ergibt sich streng genommen nicht aus dem Sicherungsvertrag selbst. Die Neuregelung muss aber erst recht für derartige Fälle gelten, in denen sich der Inhaber einer Sicherungsgrundschuld nicht einmal auf eine hinkende Sicherungsabrede berufen, sondern er überhaupt keine Rechte aus einem Sicherungsvertrag herleiten kann. Mithin ist ein weites Einredeverständnis geboten. Danach umfasst § 1192 Abs. 1a S. 1 BGB neben den sicherungsvertraglichen Einreden auch solche aus §§ 821, 242 BGB.223 4. Bewertung a) Dogmatische Bedenken Teile der Rechtswissenschaft sehen in der Reform Wertungswidersprüche insbesondere im Hinblick auf die Verkehrshypothek,224 und kritisieren sie mehr noch als „politisch motivierten Schnellschuss [. . .], durch den das Kind mit dem Bade ausgeschüttet worden ist“.225 Die unbeschränkte Verfügungsbefugnis des Grundschuldinhabers wird nicht angetastet, vgl. § 1192 Abs. 1a S. 2 BGB. Ein gesetzliches Abtretungsverbot für Sicherungsgrundschulden wurde nicht in Betracht gezogen.226 Deshalb kann nicht davon gesprochen werden, dass die Sicherungsgrundschuld im Hinblick auf die Verkehrsfähigkeit der Sicherungshypothek über das richterrechtlich schon bisher geltende Maß hinaus angeglichen wird.227 Den Kritikern ist indes zuzugeben, dass die Reform den Gläubiger der Sicherungsgrundschuld punktuell schlechter stellt als einen Hypothekengläubiger, in223
Nietsch, NJW 2009, 3606, 3607 f.; Zetzsche, AcP 209 (2009), 543, 564. Baur/Stürner, Sachenrecht, 18. Auflage 2009, § 45 I Rn. 1, § 45 III 67l; Prütting, Sachenrecht, Rn. 771a. 225 Wolfsteiner, in: Staudinger, BGB, § 1192 Rn. 31. 226 Aus dem Sicherungsvertrag wurde vereinzelt schon nach bisheriger Rechtslage ein vertragliches Abtretungsverbot hergeleitet, so MüKo-BGB/Eickmann, § 1191 Rn. 24 und 56. 227 BT-Drs. 16/9447, S. 8; ebenso Nietsch, NJW 2009, 3606, 3607 ff. 224
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dem sie den gutgläubigen einredefreien Erwerb nach § 1157 S. 2 BGB bei Letzterem weiterhin erlaubt.228 Die dogmatisch fragwürdige Verbindung zwischen Grundschuld und Sicherungsabrede wird aktuell ausgeweitet und in Gesetzesform gegossen.229 So kann in der Tat vorsichtig von einer partiellen und mittelbaren Akzessorietät der Sicherungsgrundschuld gesprochen werden. In der Lit. wird zutreffenderweise darauf hingewiesen, dass die Verkehrshypothek der Abstraktheit der Sicherungsgrundschuld bisher in nichts nachstand.230 Allerdings gehen die Erschwerungen des Erwerbs der Sicherungsgrundschuld heute über die Regelungen zur Verkehrshypothek hinaus, für die §§ 1138, 1157 S. 2 BGB weiterhin uneingeschränkt gelten.231 Gegen eine Verschärfung der Voraussetzungen für einen gutgläubigen einredefreien Erwerb hatte der BGH indes bislang ins Feld geführt, dass der Erwerber einer Sicherungsgrundschuld nicht schlechter stehen dürfe als der einer Verkehrshypothek.232 Dieses zentrale Argument ließ der Gesetzgeber nun nicht mehr gelten. Vielmehr machte er den Sicherungszweck zu einem Strukturmerkmal der Grundschuld233 und stellte den Gedanken in den Vordergrund, dass der Schuldner nicht das Risiko treuwidrigen Verhaltens tragen soll.234 Damit ebnete er jegliche überschießende Rechtsmacht des Sicherungsnehmers ein und beförderte die Treuhandqualifikation der Grundschuld vollends in die Archive der Rechtsgeschichte.235 Es griffe zu kurz, in der aktuellen Reform lediglich ein „Rechtsprechungsänderungsgesetz“ 236 zu sehen. Vielmehr kommt ihr darüber hinaus die Bedeutung einer dogmatischen Neuausrichtung zu, die bei Entstehung des BGB womöglich als Sakrileg verurteilt worden wäre. Zwar wird bisweilen der Verlust eines vollständig abstrakten Grundpfandrechts unter rechtspolitischen Aspekten beklagt.237 In Zeiten, in denen sozialstaatlichem Denken auch im Zivilrecht ein höheres Ge228
Schmid/Voss, DNotZ 2008, 740, 754 mit Fn. 50; Nietsch, NJW 2009, 3606, 3609. Vgl. Zetzsche, AcP 209 (2009), 543, 558 mit Hinweis auf Ahrens, AcP 200 (2000), 123, 140 ff. 230 Nietsch, NJW 2009, 3606, 3606 f. 231 Schmid/Voss, DNotZ 2008, 740, 754 mit Fn. 50; Zetzsche, AcP 209 (2009), 543, 572; Baur/Stürner, Sachenrecht, § 45 III Rn. 67l; Wolfsteiner, in: Staudinger, BGB, § 1192 Rn. 31. 232 BGHZ 59, 1, 2; Baur/Stürner, Sachenrecht, § 45 III Rn. 63 ff. 233 So nach bisheriger Rechtslage schon Friedrich, NJW 1968, 1655, 1656 ff.; Lopau, NJW 1972, 2253 ff.; Wilhelm, JZ 1980, 625, 628 ff.; ders., NJW 1983, 2917, 2919, vgl. auch Mülbert, Stellungnahme vom 20.01.2008, S. 7, der die die Lösung des gesamten Problems der Einredenabschneidung in einer Rückkehr zu der reichsgerichtlichen Rspr. sieht und deshalb keinen gesetzlichen Handlungsbedarf erkennt. 234 So schon das Anliegen von Wilhelm, JZ 1980, 625 ff. 235 Vgl. Zetzsche, AcP 209 (2009), 543, 574 f. 236 Nietsch, NJW 2009, 3606, 3606. 237 So bereits zu der bisherigen Rechtslage Wolfsteiner, in: Staudinger, BGB, § 1157 Rn. 18. 229
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wicht beigemessen wird und die Rechtssetzung pragmatischen Lösungen aufgeschlossener begegnet, werden diese Bedenken durch einen effektiven Schuldnerschutz überwogen.238 Den Neuerungen stand das Schutzkonzept gemäß § 22j Abs. 2 S. 3 bis 5 KWG Pate, das bei Einführung des Refinanzierungsregisters239 diejenigen Nachteile ausgleichen sollte, die sich für die Sicherungsgeber aus der Unbeachtlichkeit von mündlichen oder konkludenten Abtretungsverboten gemäß § 22d Abs. 4 i.V. m. § 22j Abs. 2 S. 6 KWG ergaben.240 Die Verallgemeinerung auf alle Sicherungsgrundschulden ist gerechtfertigt. Wenn der Bankkunde nicht die Verhandlungsmacht besitzt, Abtretungsverbote zu vereinbaren, ist sein Schutzbedürfnis nicht geringer, als wenn vereinbarte Abtretungsverbote nicht gelten. Auch im Hinblick auf die wertungsmäßige Annäherung an die Mobiliarsicherungsübereignung und die Sicherungszession ist in der Reform kein systematischer Wertungswiderspruch, sondern eine zweckmäßige und deshalb nicht willkürliche Ausübung gesetzgeberischen Ermessens zu sehen.241 Außerdem ist nicht zu verkennen, dass die Abstraktheit der Grundschuld zumindest im Prinzip unberührt bleibt.242 b) Praktisches Erfordernis Das praktische Bedürfnis für eine Gesetzesänderung wurde trotz der dargestellten Schutzlücken angezweifelt.243 Um die fiduziarische Zweckbindung zu bewahren, ist der Sicherungsnehmer aus dem Sicherungsvertrag gegenüber dem Sicherungsgeber verpflichtet, die Forderung und das dingliche Recht nur zusammen zu zedieren244 und zudem für die Einhaltung245 der Pflichten aus dem Sicherungsvertrag oder sogar einen Eintritt des Zessionars in denselben zu sorgen.246 Andernfalls haftet er dem Sicherungsgeber für den Schaden, der sich aus einer vertragswidrigen Inanspruchnahme ergibt.247 Deshalb sollte es im eigenen 238
Ebenso Bachner, DNotZ 2008, 644, 649; Knops, WM 2008, 2185, 2189. Unterabschnitt 2a (§§ 22a–22o) KWG. 240 Vgl. dazu BT-Drs. 15/5852, S. 23 f.; Tollmann, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, § 22j, Rn. 26 ff.; Clemente, ZfIR 2007, 737, 738; kritisch Fleckner, WM 2007, 2272, 2279 f. („nunmehr ein Höchst- oder Übermaß an Schutz [. . .], dessen Kehrseite eine erhebliche Beeinträchtigung der Rechtsstellung der Übertragungsberechtigten ist.“). 241 So auch Nietsch, NJW 2009, 3606, 3609. 242 Vgl. Bachner, DNotZ 2008, 644, 647; Reiter, Stellungnahme vom 18.01.2008, S. 7. 243 Verneinend etwa Habersack, NJW 2008, 3173, 3176; Raph. Koch, ZBB 2008, 232, 235 f.; R. Freitag, WM 2008, 1813, 1814. 244 BGH, NJW 1982, 2768; NJW-RR 1987, 139. 245 So Bredow/Vogel, BKR 2008, 271, 273 f. 246 So MüKo-BGB/Eickmann, § 1191 Rn. 96; Habersack, NJW 2008, 3173, 3175. 247 BGH, NJW 1982, 2768; NJW-RR 1987, 139; NJW 1997, 461; Otten, in: Handbuch zum deutschen und europäischen Bankrecht, § 23 Rn. 43; Bredow/Vogel, BKR 2008, 271, 273 f. 239
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Interesse der Banken liegen, die Sicherheiten nur bei gleichzeitigem Eintritt des Zessionars in die Pflichten aus dem jeweiligen Sicherungsvertrag zu veräußern.248 Die Kreditwirtschaft bezeichnet dieses Vorgehen denn auch als Praxisstandard.249 Aufgrund der vorvertraglichen Prüfung („Due Diligence“) der Forderungen und ihrer Besicherung wird es für rein hypothetisch gehalten, dass der Zessionar die bestehenden Einreden gegen die Grundschuld nicht kennt und sie dem Schuldner daher verloren gehen.250 Mit der Erörterung dieser Fragen hält sich die Gesetzesbegründung indes zu Recht nicht lange auf. Denn in jedem Fall kann der insoweit beweisbelastete251 Grundstückseigentümer die positive Kenntnis des Erwerbers vom Einredetatbestand in der Praxis kaum nachweisen. Die Gesetzesbegründung verweist insbesondere auf Fälle der mehrmaligen Abtretung.252 Deshalb ist ein praktisches Bedürfnis für die Vorschrift des § 1192 Abs. 1a BGB gewiss vorhanden und dessen Einführung zu begrüßen. Die Möglichkeit, dem jeweiligen Inhaber der Sicherungsgrundschuld nunmehr nahezu alle Einreden gegen die Forderung über die Sicherungsabrede entgegenzusetzen und dabei keinen Beweisproblemen zu begegnen, erweitert auch den Primärrechtsschutz des Schuldners und damit die Effizienz seiner Rechtsverteidigung. Um eine publizitätswirksame Unterscheidung zwischen den bestehenden Grundschuldtypen und ihren Besonderheiten zu ermöglichen, wird bereits die alte Ansicht in neuem Kleid präsentiert, dass statt der von § 1192 Abs. 1a BGB erfassten Einreden nunmehr die „Sicherungsgrundschuld“ als solche einzutragen sei.253 Dafür besteht jedoch kein Bedarf, weil die Einreden gegen eine Sicherungsgrundschuld ohne Gutglaubensschutz stets fortgelten. c) Verbleibende Schutzlücke hinsichtlich des abstrakten Schuldanerkenntnisses Eine bedeutende Auslassung im Risikobegrenzungsgesetz liegt darin, dass für das abstrakte Schuldanerkenntnis keine den §§ 1192 Abs. 1, 1a, 1157, 1169 BGB vergleichbaren Regelungen geschaffen wurden, obwohl es ebenso wie die Sicherungsgrundschuld ohne die Sicherungsabrede auf Dritte übertragen werden 248
Habersack, NJW 2008, 3173, 3175. Bundesnotarkammer, Stellungnahme vom 15.01.2008, S. 5 unten. 250 So Raph. Koch, ZBB 2008, 232, 236; R. Freitag, WM 2008, 1813, 1814; Lone Star Germany GmbH, Stellungnahme vom 16.01.2008, S. 9; Bundesnotarkammer, Stellungnahme vom 15.01.2008, S. 5 f. 251 s. dazu und zu den Beweislasten des Grundschuldgläubigers Jacoby, in: Handbuch zum deutschen und europäischen Bankrecht, § 24 Rn. 56; vgl. im Zusammenhang mit Darlehensabtretungen kann aber den Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruch des Darlehensnehmers Bedeutung erlangen, OLG München, WM 2008, 688, 689 f. 252 BT-Drs. 16/9447, S. 8. 253 Nietsch, NJW 2009, 3606, 3606 f. 249
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kann.254 Insofern ist der Schuldner auf das stumpfe Schwert der Bereicherungseinrede nach §§ 821, 404 BGB ggf. i.V. m. §§ 406 f. beschränkt. Hat sich der Gesetzgeber nun ohnehin vom Dogma der Abstraktheit entfernt, so hat er es zugleich versäumt, den genannten Regelungen eine umfassende Geltung für alle abstrakten Sicherungsmittel zukommen zu lassen. Haftet der Sicherungsgeber aber ohnehin mit seinem persönlichen Vermögen, ist ihm mit dem durch § 1192 Abs. 1a S. 1 BGB erreichten Schutz vor einer Zwangsvollstreckung in das belastete Grundstück kaum geholfen. Aufgrund der Wechselwirkung zwischen Grundschuld und Schuldversprechen ist im Hinblick auf die Rechtsfolgen der beiden Sicherungsmittel ein Gleichlauf zu fordern.255 d) Ausweichstrategie durch Renaissance der Verkehrshypothek? Im Ergebnis rät Wolfsteiner dem Kreditgeber von der Verwendung der Sicherungsgrundschuld ab.256 Aufgrund der Gesetzesänderung könnte es künftig zu einer Renaissance der Verkehrshypothek kommen. Dagegen wird plausibel eingewendet, dass die Sicherungsgrundschuld als globales Sicherungsmittel für wechselnde Forderungen dienen kann und eine Kostenersparnis bei der Umschuldung sowie geringere Bewegungen im Grundbuch mit sich bringt, weshalb die Rechtsänderung nicht unbedingt einen Bedeutungsgewinn der Tilgungshypothek zur Folge habe.257 Allerdings wurden das abstrakte Schuldanerkenntnis sowie die Hypothek bei der Reform nicht mit einbezogen – die Neuregelung lässt keine Rückschlüsse auf die Verkehrshypothek zu.258 Dies ermöglicht es den Darlehensgläubigern, bei der Besicherung ihrer Ansprüche die durch die Reform erreichte Schutzerhöhung im Bereich der Sicherungsgrundschuld zu umgehen: Es steht ihnen offen, dass sie nach dem Muster Kockerols259 aus dem Jahre 1901 eine vollstreckbare Sicherungshypothek bestellen und diese nicht mit der eigentlich zu sichernden Darlehensforderung, sondern mit einem abstrakten Schuldanerkenntnis unterlegen. Damit wird den Schwierigkeiten begegnet, die eine unmittelbar darlehenssichernde Hypothek für die Praxis untauglich erscheinen lassen,260 und dennoch dem Erfordernis einer zu sichernden Hauptforderung (§ 1113 BGB) Genüge getan.
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Vgl. Bredow/Vogel, BKR 2008, 271, 274. So Zetzsche, AcP 209 (2009), 543, 565 f.; eine sogar vorgängige Befriedigung aus der Grundschuld als Voraussetzung für eine Vollstreckung aus dem Schuldversprechen vertritt Derleder, ZIP 2009, 2221, 2227. 256 Wolfsteiner, in: Staudinger, BGB, § 1192 Rn. 31. 257 Nietsch, NJW 2009, 3606, 3609. 258 Nietsch, NJW 2009, 3606, 3609. 259 Abgedr. bei Clemente, ZfIR 2004, 497, 498 Fn. 2. 260 Vgl. Dieckmann, RNotZ 2008, 597, 599. 255
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Der Anspruch aus dem abstrakten Schuldanerkenntnis unterlag nach dem Muster Kockerols’ einem Abtretungsausschluss nach § 399 Hs. 2 BGB.261 Heutzutage wird der Gläubiger ggf. darauf hinwirken, dass keine Vinkulierung vereinbart wird, um die Verkehrsfähigkeit des abstrakten Schuldanerkenntnisses und der dazu akzessorischen Hypothek beizubehalten, wie es etwa in der Vertragspraxis der Wohnungsbauförderungsanstalt Nordrhein-Westfalen üblich ist.262 Mit diesem Sicherungskonstrukt werden mithin dieselbe Trennung von der Darlehensforderung, derselbe Haftungsumfang und zugleich dieselbe Verkehrsfähigkeit hergestellt wie bei einer Grundschuld in Kombination mit einem abstrakten Schuldanerkenntnis. Bedeutsam ist indes vor allem, dass die Nachteile, die das Risikobegrenzungsgesetz für einen Grundschuldgläubiger zeitigt, auf diese Weise umgangen werden.263 Erstens ist ein gutgläubiger einredefreier Erwerb in Ansehung der Hypothek nach §§ 1138, 1157 S. 2, jeweils i.V. m. 892 BGB, möglich. Zweitens können der Hypothek nach § 1113 bzw. 1137 BGB ohnehin nicht die Einreden aus der Darlehensforderung, sondern nur aus dem abstrakten Schuldanerkenntnis entgegengesetzt werden. Dieses ist aber seinerseits von der Darlehensforderung unabhängig. Dem Schuldner bleibt mithin allein die Möglichkeit, gegenüber dem Zessionar des Schuldanerkenntnisses die Bereicherungseinrede gemäß §§ 821, 404 BGB ggf. i.V. m. §§ 406 f. BGB zu erheben und dies anschließend gegenüber der Hypothek einzuwenden. Man könnte versucht sein, aus der Sicherungsabrede herauszulesen, dass auch die Hypothek unmittelbar zur Sicherung der Darlehensforderung dient, Schuldanerkenntnis und Hypothek also gemeinsam die Darlehensforderung sichern.264 Der Hypothek wären die Einreden gegen die Darlehensforderung nach dem Muster der Sicherungsgrundschuld zumindest mittelbar gemäß § 1157 BGB als Einreden aus der Sicherungsabrede entgegenzusetzen. Dem steht aber schon die im Hypothekenrecht bisher sehr klar gezogene Differenzierung in forderungs- und hypothekenbezogene Einreden entgegen. Aus den oben genannten Gründen soll mit der Hypothek aber gerade nicht die Darlehensforderung, sondern das abstrakte Schuldanerkenntnis besichert werden. Das Besicherungskonstrukt ist somit von der Darlehensforderung vollständig unabhängig. Vor diesem Hintergrund ist die ein abstraktes Schuldanerkenntnis besichernde Hypothek für die Banken eine attraktive Alternative zur Sicherungsgrundschuld. Demnach wird schon die Rückkehr zur Hypothek propagiert.265 Entsprechende 261 Ein solcher war später auch bei einer vollstreckbaren Grundschuld nicht unüblich, vgl. etwa das Musterformular bei Weißler, Formularbuch für die freiwillige Gerichtsbarkeit, S. 35 f. 262 Nachweis bei Dieckmann, RNotZ 2008, 597, 599 Fn. 16. 263 Vgl. Habersack, NJW 2008, 3173, 3175. 264 So offenbar Reithmann, WM 1985, 441; Dieckmann, RNotZ 2008, 597, 599 und 603. 265 s. etwa Grziwotz, AnwBl 2008, 501.
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Gestaltungsvorschläge sehen sogar die Umwandlung bestehender Sicherungsgrundschulden in Hypotheken nach § 1198 BGB vor.266 Dies aber droht die Intention des Risikobegrenzungsgesetzes zu vereiteln.267 5. Zusammenfassung Die Kodifizierung des Instituts der Sicherungsgrundschuld ist dogmatisch bemerkenswert.268 Es ist anzunehmen, dass der Gesetzgeber damit dem von Rspr. und Rechtspraxis entwickelten Einredenkonzept, nach dem die Einreden gegen die Forderung über die Sicherungsabrede zu Einreden gegen die Grundschuld nach §§ 1192 Abs. 1, 1157 BGB werden, seinen Segen erteilt. Im Einzelnen ermöglicht die Neuregelung in § 1192 Abs. 1a BGB die Geltendmachung auch solcher Einreden gegen den Erwerber einer Sicherungsgrundschuld, die erst nach deren Abtretung entstehen. Daneben schließt sie den gutgläubigen einredefreien Erwerb einer Sicherungsgrundschuld aus. In prozessualer Hinsicht ermöglicht dies dem Eigentümer, schon gegen die Geltendmachung der Grundschuld durch den Zessionar vorzugehen, statt sich allein auf Schadensersatzansprüche gegen den Zedenten verweisen zu lassen. Auch wenn der praktische Anwendungsbereich der Bestimmung gering sein mag, so schließt sie doch Schutzlücken, denen der Eigentümer im Falle der Untreue des Sicherungsnehmers ausgesetzt war. Die Reform lässt dabei die Grenze zur Sicherungshypothek verschwimmen und stößt sich an der Abstraktheit der Grundschuld. Dies ist dogmatisch angreifbar, jedoch aus Gründen des Schuldnerschutzes in Kauf zu nehmen. Weil das abstrakte Schuldanerkenntnis bei der Reform außen vor gelassen wurde, sind Ausweichstrategien und Missbrauchsfälle allerdings auch künftig nicht auszuschließen.
III. Kündigung als zwingende Voraussetzung für die Fälligkeit von Grundschulden zur Sicherung einer Geldforderung 1. Überblick Eine weitere Änderung des Risikobegrenzungsgesetzes betrifft die Einwendungen gegen die Grundschuld selbst. Dies hat – wie der verbesserte Kündigungsschutz für das besicherte Darlehen selbst und die Verpflichtung zu einem Folgeangebot – keinen spezifischen Bezug zu Darlehensveräußerungen. Es kann jedoch mittelbar Rückwirkungen auf die Veräußerbarkeit der Darlehen haben. Nach § 1193 Abs. 1 S. 1 BGB wird das Kapital der Grundschuld erst nach vorgängiger Kündigung fällig. Die Kündigungsfrist beträgt im gesetzlichen Regel266 267 268
Hinrichs/Jaeger, ZfIR 2008, 745, 752. Volmer, MittBayNot 2009, 1, 3. So auch Bachner, DNotZ 2008, 644, 648; Fest, ZfIR 2008, 657, 663.
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fall gemäß § 1193 Abs. 1 S. 3 BGB sechs Monate. Allerdings sind nach § 1193 Abs. 2 S. 1 BGB abweichende Bestimmungen zulässig. In der Praxis ist diese Ausnahme zur Regel geworden, indem üblicherweise die sofortige Fälligkeit oder ein Recht zur sofortigen und fristlosen Kündigung der Grundschuld vereinbart wird.269 Um den Eigentümer von dem Druck zu entlasten, den derartige Vereinbarungen auf ihn ausüben, wurde § 1193 Abs. 2 BGB um einen zweiten Satz ergänzt, der eine von Abs. 1 abweichende Vereinbarung für unzulässig erklärt, wenn die Grundschuld der Sicherung einer Geldforderung dient. In diesen Fällen erfordert die Fälligkeit des Grundschuldkapitals nun zwingend eine Kündigung mit sechsmonatiger Frist. Demnach ist eine formularmäßige Fälligkeitsklausel, wie sie bisher praxisüblich war, nunmehr gemäß § 134 i.V. m. § 1193 Abs. 1 und 2 S. 2 BGB nichtig.270 Dies gilt für Verbraucher und Unternehmer gleichermaßen. Der gesetzliche Regelfall des § 1193 Abs. 1 BGB wird damit zum praktischen Regelfall271 sowie zum ausnahmslosen Prinzip für Grundschulden, die eine Geldforderung sichern. Vom Wortlaut des § 1193 Abs. 2 Satz 2 BGB werden ebenso Vereinbarungen ausgeschlossen, welche die gesetzliche Kündigungsfrist zugunsten des Eigentümers verlängern. Hier zeigt sich, dass das Gesetz mit heißer Nadel gestrickt wurde. Im Lichte des Gesetzeszwecks, den Eigentümer besser zu schützen, ist daher eine einschränkende Auslegung erforderlich: Es sollten lediglich Vereinbarungen ausgeschlossen werden, welche die Kündigungsvorschrift des § 1193 Abs. 1 BGB zulasten des Eigentümers verschärfen.272 Unklar bleibt schließlich die gesetzliche Differenzierung zwischen der Grundschuld zur Sicherung eines „Anspruchs“ in § 1192 Abs. 1a BGB und der Grundschuld zur Sicherung einer „Geldforderung“ in § 1193 Abs. 2 BGB. Dies lässt sich sachlich nicht begründen273 und ist wohl ebenfalls auf ein übereiltes Gesetzgebungsverfahren zurückzuführen. § 1192 Abs. 1a BGB beruht auf dem Gesetzesantrag des Freistaates Bayern (dort § 1192 Abs. 2 BGB-E).274 Darin war jedoch weder § 1193 Abs. 2 S. 2 BGB noch die Legaldefinition der Sicherungsgrundschuld enthalten. Der bayerische Vorschlag wurde erst später um diesen Zusatz ergänzt und in den Regierungsentwurf einbezogen. Offenbar gab dies dem Gesetzgeber auch Anlass zur Einführung des § 1193 Abs. 2 S. 2 BGB. Diese Norm erscheint erstmals in der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses vom 25.06.2008.275 Es lässt sich nur mit einem Versehen erklären, dass die neue Terminologie in dem vorangegangenen Paragraphen nicht übernommen und 269 270 271 272 273 274 275
BT-Drs. 16/9821, S. 23. Derleder, ZIP 2009, 2221, 2223. Schmid/Voss, DNotZ 2008, 740, 745. Schmid/Voss, DNotZ 2008, 740, 745 Fn. 21; Dieckmann, NZM 2008, 865, 868. Vgl. Volmer, MittBayNot 2009, 1. BR-Drs. 152/08, S. 3 f. BT-Drs. 16/9778, S. 22.
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kein Gleichlauf der Voraussetzungen hergestellt wurde. Trotz des abweichenden Wortlauts sollte mithin auch im Rahmen des § 1193 Abs. 2 Satz 2 BGB von „Sicherungsgrundschulden“ gesprochen werden.276 2. Besondere Kündigungsvoraussetzungen a) Fehlende Regelung auf dinglicher Ebene Der Gesetzgeber hat es unterlassen, die nun für die Fälligkeit als zwingend vorgeschriebene Kündigung mit sechsmonatiger Kündigungsfrist mit Regelungen zu flankieren, unter welchen Voraussetzungen das Kapital der Grundschuld gekündigt werden kann und welche Vereinbarungen hierzu getroffen werden können.277 Vielmehr ist und bleibt das Kapital der Grundschuld gemäß § 1193 Abs. 1 BGB im Grundsatz jederzeit kündbar. Eines sachlichen Grundes bedarf es auf der dinglichen Seite der Grundschuld nicht. Um dem Sicherungszweck der Grundschuld zu genügen, läge es daher nahe, eine dingliche Vereinbarung über den Kündigungszeitpunkt zu treffen. Teile der Lit. lehnen dies jedoch unter Hinweis auf den sachenrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz und den sachenrechtlichen Typenzwang ab.278 Es sei nicht zulässig, die Fälligkeit bzw. den Verzug mit der gesicherten Forderung vertraglich zur Voraussetzung für die Kündigung des Kapitals zu machen und auf diese Weise den dinglichen Inhalt der Grundschuld zu modifizieren.279 Richtig ist, dass andernfalls eine Akzessorietät zu der besicherten Forderung hergestellt würde, die der Grundschuld trotz der dargestellten Aufweichungen (§§ 1192 Abs. 1a S. 1, 1157 BGB) im Grundsatz auch weiterhin fremd ist.280 Der Gesetzgeber stand insofern vor einer unlösbaren Aufgabe: Es hätte einer noch weiter gehenden systematischen Intervention in das Konzept der nicht akzessorischen Sicherungsrechte bedurft, wenn die Grundschuld unmittelbar – d. h. ohne dass der Weg einer Vollstreckungsgegenklage nach § 767 ZPO eingeschlagen werden muss – an die Kündigung des Darlehens oder die Fälligkeit und Verwertungsreife der gesicherten Ansprüche hätte gebunden werden sollen.281 Derleder versucht dem teilweise Abhilfe zu schaffen, indem er zumindest eine gleichzeitig mit dem Vertragsschluss über die Grundschuldbestellung oder zu deren Eintragungszeitpunkt ausgesprochene Kündigung als widersprüchliches Verhalten (venire contra factum proprium) einstuft.282 Das
276 277 278 279 280 281 282
So auch Volmer, MittBayNot 2009, 1. Bachner, DNotZ 2008, 644, 647; Schmid/Voss, DNotZ 2008, 740, 746. Schmid/Voss, DNotZ 2008, 740, 747. Schmid/Voss, DNotZ 2008, 740, 747. Bachner, DNotZ 2008, 644, 647. Derleder, ZIP 2009, 2221, 2225. Derleder, ZIP 2009, 2221, 2225.
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Nichtigkeitsverdikt stützt er auf § 134 i.V. m. § 1193 Abs. 2 S. 2 BGB oder gar auf das Verbot überraschender Klauseln nach § 305c BGB. b) Auslegung des Sicherungsvertrags Besondere Kündigungsvoraussetzungen finden klassischerweise ihren Platz auf schuldrechtlicher Ebene, wo sie auch im vorliegenden Kontext von Teilen der Lit. verortet werden.283 Notare betonen einhellig, dass die Verletzung von Kündigungsbeschränkungen aus dem Sicherungsvertrag die dingliche Kündigung des Grundschuldkapitals nicht unwirksam werden lässt.284 Das ist für sich gesehen richtig, greift aber im Ergebnis zu kurz. Die Einreden, die sich aus dem Sicherungsvertrag ergeben, können dem Gläubiger und auch jedem Erwerber der Grundschuld entgegengesetzt werden, wobei ein gutgläubiger einredefreier Erwerb gemäß § 1192 Abs. 1a S. 1 BGB ausgeschlossen ist. Dem Eigentümer ist es also möglich, jedem Inhaber der Grundschuld die fehlende Verwertungsbefugnis als Einrede aus dem Sicherungsvertrag entgegenzusetzen. Allein dies führt schon dazu, dass die Grundschuld nicht durchsetzbar ist, ohne dass es darauf ankäme, ob sie dinglich fällig ist oder nicht. Nach bisherigem Verständnis darf der Gläubiger die Grundschuld aufgrund des Sicherungsvertrags frühestens dann verwerten, wenn der Sicherungsfall eingetreten ist.285 Nach der Gesetzesnovelle bieten sich künftig verschiedene Auslegungsvarianten an, die freilich nur dann durchgreifen, wenn keine ausdrückliche Regelung im Sicherungsvertrag getroffen wurde. aa) Kündigungsgleichlauf und Fälligkeitsdifferenz nach dem Sicherungsvertrag Es würde naheliegen, der Einführung der sechsmonatigen Kündigungsfrist den gesetzgeberischen Willen für einen Verwertungsaufschub zu entnehmen. In der Lit. wird dementsprechend verlangt, die Kündigungsbefugnis an den Eintritt des Sicherungsfalls zu knüpfen.286 Dann wäre die Kündigung des Grundschuldkapitals frühestens mit der Kündigung oder sonstigen Fälligkeit der gesicherten Forderung zulässig.287 Die Fälligkeit der Darlehensforderungen und der sich daran anschließende Schuldnerverzug wären mithin als sicherungsvertragliche Kündigungsvoraussetzungen der Grundschuld anzusehen. Dieser Auslegung wird ent283
Volmer, MittBayNot 2009, 1, 7; Schmid/Voss, DNotZ 2008, 740, 747. Bachner, DNotZ 2008, 644, 647, M. Zimmer, NotBZ 2008, 386; Schmid/Voss, DNotZ 2008, 740, 747; Volmer, MittBayNot 2009, 1, 5; ebenso Langenbucher, NJW 2008, 3169, 3172. 285 Clemente, Recht der Sicherungsgrundschuld, Rn. 611 ff.; Otten, in: Handbuch zum deutschen und europäischen Bankrecht, § 23 Rn. 68. 286 Dieckmann, NZM 2008, 865, 868. 287 So offenbar Volmer, MittBayNot 2009, 1, 5. 284
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gegnet, dass sie nicht mit der bisherigen Kreditpraxis in Einklang zu bringen sei.288 Die Grundschuld dürfte dann nicht unmittelbar, wenn der Schuldner mit der Bedienung der gesicherten Forderung in Verzug gerät, verwertet werden, sondern erst sechs Monate nach deren Fälligkeit. Einen Gleichlauf der Kündigungsvoraussetzungen für die Grundschuld und die gesicherte Forderung hat der BGH nach der alten Rechtslage in einem Fall angenommen, in dem die Kündigung des Grundschuldkapitals in damals noch zulässiger (§ 1193 Abs. 2 BGB a. F.) Ausnahme zu § 1193 Abs. 1 S. 3 BGB nicht fristgebunden war.289 Eine solche Auslegung wird nun nicht mehr aufrechtzuerhalten sein. Andernfalls würde dies unter Geltung des § 1193 Abs. 2 S. 2 BGB n. F. zu einem Auseinanderfallen der Fälligkeit von abgesicherter Forderung und Grundschuld führen.290 bb) Reduzierung auf eine Warnfunktion Deshalb reduziert insbesondere die Bundesnotarkammer den Gesetzeszweck der zwingenden Kündigung mit sechsmonatiger Frist auf eine Warnfunktion für den Eigentümer.291 Dabei kann sie sich auf den Bericht des Finanzausschusses292 berufen. Dem Eigentümer ermögliche die sechsmonatige Frist eine Prüfung und Wahrnehmung seiner Möglichkeiten zur Abwendung der Verwertung. Zugleich leitet diese Ansicht aus dem Sicherungsvertrag auch nach der Gesetzesänderung nur die konkludente Vereinbarung ab, dass die Grundschuld erst im Sicherungsfall verwertet werden darf.293 Von der Verwertungsvereinbarung sei eine Kündigungsvereinbarung zu unterscheiden. Der Zeitpunkt der möglichen Kündigung der Grundschuld könne und solle bereits vor der Fälligkeit der gesicherten Forderung liegen.294 Der Eigentümerschutz erfordere keine weiter gehende obligatorische Kündigungsbeschränkung. Ebenso wie die sofortige Fälligkeit der Sicherungsgrundschuld schon bisher keineswegs deren sofortige Verwertung zugelassen habe, müsse auch der Ablauf der Kündigungsfrist nach neuem Recht nicht dazu führen, dass die Grundschuld sofort verwertbar werde. Auf der anderen Seite würde ein weiterer Verwertungsaufschub das nach dem Sicherungsfall berechtigte Verwertungsinteresse des Gläubigers unangemessen beeinträchtigen. Im Ergebnis ließe sich aus dem Sicherungszweck nach der Einführung des Kündigungserfordernisses keine konkludente Vereinbarung entnehmen, wonach die 288
Schmid/Voss, DNotZ 2008, 740, 748. BGH, NJW 1986, 1928, 1929. 290 Volmer, MittBayNot 2009, 1, 5. 291 Bundesnotarkammer, Rundschreiben Nr. 23/2008 vom 26.08.2008, S. 9; ebenso Habersack, NJW 2008, 3173, 3176; Schmid/Voss, DNotZ 2008, 740, 748 m.w. N. in Fn. 30. 292 BT-Drs. 16/9821, S. 23. 293 Schmid/Voss, DNotZ 2008, 740, 748. 294 Schmid/Voss, DNotZ 2008, 740, 748 f. 289
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Grundschuld erst nach dem Eintritt der Fälligkeit der gesicherten Forderung gekündigt werden darf. Gleichwohl sollte die Kündigung in einem zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit einer drohenden Verwertung der Grundschuld stehen, um ihre Warnfunktion für den Eigentümer erfüllen zu können.295 c) Stellungnahme Der Gesetzgeber ist hinsichtlich der Kündigungsvoraussetzungen bei der Sicherungsgrundschuld auf halber Strecke stehen geblieben. Er wollte dem Eigentümer Abhilfe schaffen, hat es jedoch aus gutem Grund nicht unternommen, die Grundschuld vollends akzessorisch zu den damit besicherten Ansprüchen auszugestalten. Das nunmehr kodifizierte Ergebnis, für die Sicherungsgrundschuld eine Kündigungsfrist zwingend vorzugeben, zugleich aber auf das Erfordernis eines Kündigungsgrundes zu verzichten, kann allerdings kaum befriedigen. Wenn auch der dargestellten Ansicht zuzustimmen ist, dass die Vereinbarung einer sofortigen Fälligkeit zum Zeitpunkt der Grundschuldbestellung dem heutigen Gesetz entgegensteht und somit nichtig ist, so kann in der sofortigen Kündigung mit sechsmonatiger Frist zu demselben Zeitpunkt indes kein widersprüchliches Verhalten gesehen werden. Dies wird nicht lediglich formal der nunmehr zwingend vorgegebenen gesetzlichen Regelung in § 1193 Abs. 1 und 2 BGB gerecht, sondern dient gerade dem im Gesetz jetzt ausdrücklich genannten Zweck der Sicherungsgrundschuld, nach dem diese „zur Sicherung eines Anspruchs“ (§ 1192 Abs. 1a S. 1 Hs. 1 BGB) verschafft wird. Der Gläubiger begehrt stets und unabhängig von Zahlungsverzug oder Vermögensverfall die Fälligkeit der Sicherungsgrundschuld, damit er diese im Verwertungsfall sofort geltend machen kann. Die optimale Sicherung erfordert daher geradezu eine möglichst frühe Kündigung. Diese kann auch unmittelbar mit der Grundschuldbestellung ausgesprochen werden, ohne dass sich der die Kündigung aussprechende Grundschuldgläubiger dem Vorwurf widersprüchlichen Verhaltens ausgesetzt sehen und deshalb einem Nichtigkeitsverdikt unterliegen muss. Den Ansichten, die qualifizierte Kündigungsvoraussetzungen aus der Sicherungsabrede herauslesen wollen, ist zu entgegnen, dass der Bank nicht ein sechsmonatiges Abwarten mit der Verwertung zuzumuten ist, wenn sie schon die Darlehen außerordentlich kündigen durfte. Deshalb muss darauf verzichtet werden, die Fälligkeit der Grundschuld durch einen am Verwertungsfall orientierten Kündigungsgrund hinauszuschieben, sei es unmittelbar in dinglicher Hinsicht oder sei es über eine entsprechende Auslegung des Sicherungsvertrags. Vielmehr darf die Verwertung auch weiterhin sofort nach Eintritt des Sicherungsfalls eingeleitet werden.
295
Schmid/Voss, DNotZ 2008, 740, 751; ähnlich Habersack, NJW 2008, 3173, 3176.
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Für den Eigentümer ist der Umstand, dass die Kündigung grundlos erfolgen kann, nicht von Bedeutung, solange die Verwertung nach der Sicherungsabrede ohnehin unterbleiben muss. Die Einrede des fehlenden Sicherungsfalls kann dem originären Grundschuldinhaber entgegengesetzt werden und bleibt nunmehr gemäß § 1192 Abs. 1a S. 1 BGB gegenüber jedem Erwerber der Grundschuld bestehen, ohne dass es auf dessen fehlende Gutgläubigkeit ankäme. Umgekehrt beeinträchtigt es kaum die Verwertungsinteressen des Sicherungsnehmers, dass die sechsmonatige Kündigungsfrist nicht mehr abdingbar ist, wenn er die Kündigung alsbald nach Darlehensvergabe ausspricht. Es wird schon jetzt prophezeit, dass institutionelle Kreditgeber zu dieser Methode übergehen werden.296 Der Gesetzgeber verfolgte – wie dargestellt – mit dem neuen § 1193 Abs. 2 S. 2 BGB vermutlich das Ziel eines Warnschusses. Dieses Ziel ist mit der nur anfänglichen Fristverlängerung für die Fälligkeit der Grundschuld allein nicht zu erreichen. Denn zu einem zeitlichen und sachlichen Zusammenhang zwischen der Kündigung und der Verwertung schweigt das Gesetz ebenso wie zu den Kündigungsvoraussetzungen selbst, deren Fehlen in der Literatur teilweise als Mangel beklagt wird. Eine solche Kündigungsbeschränkung lässt sich auch nicht der Sicherungsabrede entnehmen. Darin wird nur die Verwertung beschränkt. Es spricht nichts dafür, dass der Gesetzgeber etwaige Verwertungsabreden um ein zwingendes Androhungserfordernis erweitern wollte. Ein derartiger Eingriff in die Vertragsautonomie der Sicherungsparteien wäre dem Gesetzgeber kaum erlaubt. Es bleibt vielmehr dabei, dass die Sicherheiten nur nicht vor Eintritt des Sicherungsfalls verwertet werden dürfen. Sowohl aus der dinglichen Rechtslage als auch aus dem Sicherungsvertrag ergibt sich keine weiter gehende Kündigungsbeschränkung. Somit stellt die Kündigung entgegen der mutmaßlichen gesetzgeberischen Intention und den Ansichten in der Lit. keine Warnung dar, die dem Schuldner den Handlungsdruck nehmen könnte. Wirksamer wäre eine zwingende Ankündigungsfrist als formelle Voraussetzung für die Zwangsvollstreckung aus der Vollstreckungsurkunde der Grundschuld und des abstrakten Schuldanerkenntnisses gewesen, die im Gesetzgebungsverfahren zum Risikobegrenzungsgesetz zwar vorgeschlagen,297 aber nicht aufgegriffen wurde. 3. Auswirkungen auf die Verwertbarkeit der Grundschuld Nach banküblicher Vorgehensweise unterwirft sich der jeweilige Eigentümer wegen des dinglichen Anspruchs aus der Grundschuld der sofortigen Zwangsvollstreckung gemäß §§ 794 Abs. 1 Nr. 5, 800 ZPO. Die Reform stellt die notarielle Praxis vor die Frage, wie sich § 1193 Abs. 2 S. 2 BGB auf die Verwertbarkeit der Grundschuld auswirkt. Konkret geht es um den Inhalt des Fälligkeits296 Bachner, DNotZ 2008, 644, 647; Dieckmann, NZM 2008, 865, 868; Volmer, MittBayNot 2009, 1, 5. 297 Stürner, Stellungnahme vom 23.01.2008, unter Punkt III. 8. a).
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nachweises gemäß §§ 795, 726 Abs. 1 ZPO und die Möglichkeit, auf diesen Nachweis zu verzichten. Bislang war es üblich, in die notarielle Urkunde keine ausdrücklichen Vollstreckungsbedingungen aufzunehmen.298 Die vollstreckbare Ausfertigung der Vollstreckungsunterwerfung wurde gemäß § 725 ZPO ohne jeden Fälligkeitsnachweis oder sonstigen Nachweis i. S. v. § 726 Abs. 1 ZPO erteilt. Das war problemlos möglich, weil die Grundschuld nach § 1193 Abs. 2 BGB a. F. materiell-rechtlich sofort fällig gestellt werden konnte. Nunmehr könnte es dabei zu zwingenden Verzögerungen kommen, nachdem die Fälligkeit der Grundschuld, die der Sicherung einer Geldforderung dient, gemäß § 1193 Abs. 1, 2 S. 2 BGB unabdingbar eine Kündigung mit sechsmonatiger Frist voraussetzt. a) Fehlen besonderer Vollstreckungsbedingungen und Aufnahme eines Nachweisverzichts Gibt die Unterwerfungserklärung über etwaige Beschränkungen der Zwangsvollstreckung keinen Aufschluss, wird die Fälligkeit des materiell-rechtlichen Anspruchs verschiedentlich als Vollstreckungsvoraussetzung im Sinne der §§ 795, 726 Abs. 1 ZPO eingeordnet.299 Die Voraussetzungen des materiell-rechtlichen Anspruchs würden danach automatisch für die Vollstreckungsunterwerfung gelten. Diese Auffassung ist jedoch mit der modernen Dogmatik des Vollstreckungsrechts nicht zu vereinbaren. Die Vollstreckungsunterwerfung bildet einen prozessualen Anspruch, der von seiner materiell-rechtlichen Grundlage zu trennen ist.300 Beide Ansprüche sind in Entstehung und Bestand grundsätzlich abstrakt. Die Fälligkeit des Grundschuldkapitals nach § 1193 Abs. 1 BGB ist jedoch zunächst nur eine Voraussetzung des materiell-rechtlichen Anspruchs, nicht aber der Vollstreckungsunterwerfung, wenn dies nicht aus dem Titel hervorgeht. Wie jede prozessuale Erklärung ist indes auch die Unterwerfungserklärung auslegungsfähig.301 Die Auslegung erfolgt nach objektiven Kriterien und ohne Berücksichtigung von Umständen, die außerhalb der Urkunde liegen. Allerdings lässt die Rspr. zur Herleitung des Titelinhalts gelegentlich einen Rückgriff auf gesetzliche Vorschriften zu.302 Vor diesem Hintergrund wird angenommen, dass der Schuldner die materiell-rechtliche Fälligkeit der Grundschuld in der Unterwerfungserklärung zu einer Vollstreckungsbedingung i. S. d. §§ 795, 726 Abs. 1 298 Volmer, MittBayNot 2009, 1, 6 f.; Schmid/Voss, DNotZ 2008, 740, 752 f. mit Hinweis auf Gaberdiel/Gladenbeck, Kreditsicherung durch Grundschulden, S. 603, Ziff. [8]. 299 MüKo-BGB/Eickmann, § 1193 Rn. 4. 300 KG, DNotZ 1983, 699 ff.; Münch, S. 183 ff.; MüKo-ZPO/Wolfsteiner, § 794 Rn. 182; ders., Die vollstreckbare Urkunde, Rn. 14.17; Apfelbaum, MittBayNot 2005, 64, 65; Schmid/Voss, DNotZ 2008, 740, 753. 301 OLG Frankfurt, NJW-RR 1988, 1213; Zöller/Stöber, § 794 Rn. 32; Wolfsteiner, Die vollstreckbare Urkunde, Rn. 13.1 und 13.2. 302 Vgl. etwa BayObLG DNotZ 1992, 309, 310.
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ZPO erhoben habe.303 Wird der Titel schon vor Fälligkeit errichtet, wird umgekehrt auch vertreten, der Schuldner habe stillschweigend auf den Nachweis der Fälligkeit des Grundschuldkapitals als Vollstreckungsbedingung verzichtet.304 Gegen jegliche Auslegung unter Bezugnahme auf die materielle Rechtslage ist einzuwenden, dass sowohl die Prüfungspflicht als auch die Prüfungsbefugnis des Klauselerteilungsorgans bis zu einer gewissen Evidenzgrenze (vgl. § 14 BNotO)305 allein auf formelle Voraussetzungen beschränkt sind.306 So sind insbesondere auch etwaige Fälligkeitsbedingungen, die sich nicht aus dem Inhalt der Urkunde selbst ergeben, sondern nur aus dem Gesetz, bei Erteilung der vollstreckbaren Ausfertigung nicht zu prüfen.307 Es liegt daher fern, die materielle Rechtslage – hier die Fälligkeit der Grundschuld nach vorangegangener Kündigung – als Grundlage einer Auslegung des Vollstreckungstitels heranzuziehen, die von dem Klauselerteilungsorgan vorzunehmen ist. b) Erteilung einer qualifizierten Vollstreckungsklausel unter Nachweis der Fälligkeit Es bleibt dem Vollstreckungsschuldner unbenommen, zwischen dem prozessualen Vollstreckungsanspruch und dessen sachlich-rechtlicher Grundlage eine partielle Akzessorietät herzustellen, indem er die materiell-rechtlich notwendige Kündigung mitsamt der sechsmonatigen Frist in die Unterwerfungserklärung aufnimmt. Damit würde er sie zu einer Vollstreckungsbedingung im Sinne der §§ 795, 726 Abs. 1 ZPO erheben. Dem kreditgebenden Gläubiger wäre dann mit Bestellung der Grundschuld eine Ausfertigung der Vollstreckungsurkunde mit einer qualifizierten Klausel zu erteilen.308 Eine solche Ausfertigung einzufordern ist dem Gläubiger anzuraten,309 weil er ohne Mitwirkung des Schuldners keine Ausfertigung der Urkunde erhalten kann310 und die Kooperationsbereitschaft des
303
Wolfsteiner, Die vollstreckbare Urkunde, Rn. 17.16. Münch, S. 239 f.; Habersack, NJW 2008, 3173, 3176 bei Fn. 47; a. A. Volmer, MittBayNot 2009, 1, 6 in Fn. 57. 305 BGH, WM 2009, 846, 847; BayObLG, DNotZ 2000, 368; MittBayNot 2005, 63 m. Anm. Apfelbaum auf S. 64; Volmer, MittBayNot 2009, 1, 6 f. 306 Stdg. Rspr., BGH, NJW-RR 2004, 1718; RPfleger 2005, 612; NJW-RR 2006, 567; BGH, WM 2009, 846, 847. 307 KG DNotZ 1983, 699; Zöller/Stöber, ZPO, § 794 ZPO Rn. 32. 308 Bundesnotarkammer, Rundschreiben Nr. 23/2008 vom 26.08.2008, S. 9 f.; Wolfsteiner, Die vollstreckbare Urkunde, Rn. 6.45 f. 309 Schmid/Voss, DNotZ 2008, 740, 755 f. 310 Der Gläubiger hat keinen eigenen Anspruch auf die Erteilung einer Ausfertigung der Grundschuld gemäß § 51 BeurkG, sondern kann lediglich auf eine Ermächtigung des Vollstreckungsschuldners zurückgreifen, die jedoch den Nachteil aufweist, dass sie widerruflich ist, s. Wolfsteiner, Die vollstreckbare Urkunde, Rn. 35.14, 11.51, 11.54; Gaberdiel/Gladenbeck, Kreditsicherung durch Grundschulden, Rn. 113 f. 304
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Schuldners spätestens im Verwertungsfall nicht mehr sichergestellt ist. Um später die vollstreckbare Ausfertigung zu erhalten, hat der Gläubiger gemäß § 726 Abs. 1 ZPO aber nicht die Wirksamkeit der Kündigungserklärung als solche, sondern nur deren Zugang durch öffentliche Urkunden nachzuweisen.311 Wenn die Kündigung über den Gerichtsvollzieher zugestellt wird, kann dessen Zustellungsurkunde bzw. die Zustellungsurkunde des von ihm betrauten Postzustellungsunternehmens als zulässiges Beweismittel dienen.312 Es wird aber diskutiert, ob der Notar die Vollstreckungsklausel bereits dann erteilen kann, wenn der Nachweis über die Zustellung der Kündigung erbracht wird,313 oder ob er zudem noch den Ablauf der sechsmonatigen Kündigungsfrist abwarten muss.314 Für Letzteres spricht, dass die Frist nicht kalendermäßig bestimmt ist, wie dies der Wortlaut des § 751 Abs. 1 ZPO vorgibt, sondern von einem Ereignis, namentlich der Kündigung, abhängig ist.315 Würde die Klausel schon vor Ablauf der Kündigungsfrist erteilt, wäre nach dieser Ansicht eine Klauselerinnerung nach § 732 ZPO begründet. Dagegen steht es dem Notar aber grundsätzlich frei, aufgrund des nachgewiesenen Kündigungszugangs eine vollstreckbare Ausfertigung schon vor Eintritt des den Vollstreckungsbeginn bestimmenden Kalendertages zu erteilen und dem Vollstreckungsorgan die Feststellung dieses Kalendertages nach § 751 Abs. 1 ZPO zu überlassen. Denn der Kalendertag muss nicht bestimmt, sondern lediglich bestimmbar sein.316 Das Vollstreckungsorgan kann die Fristberechnung auch selbst vornehmen, wenn ihm in der Urkunde die Berechnungsgrundlage genau vorgegeben ist.317 Nur wenn dies nicht möglich erscheint, ist der Fristablauf abzuwarten und vom Notar im Klauselerteilungsverfahren gemäß § 726 Abs. 1 ZPO festzustellen. Die notarielle Praxis schlägt eine qualifizierte Klausel gemäß § 726 Abs. 1 ZPO vor, in der allein der Kündigungszugang festgestellt wird.318 Das Vollstreckungsorgan könnte dann den Fälligkeitstermin anhand der im Titel bezeichneten Kündigungsfrist und des in der Klausel bestätigten Kündigungszugangs selbstän311 OLG Frankfurt, RPfleger 1973, 323; OLG Stuttgart NJW-RR 1986, 549; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 726 ZPO Rn. 7; MüKo-ZPO/Wolfsteiner, § 726, Rn. 37; Musielak/Lackmann, § 726 ZPO Rn. 3; Zöller/Stöber, ZPO, § 726 Rn. 6. 312 Bundesnotarkammer, Rundschreiben Nr. 23/2008 vom 26.08.2008, S. 9 f. 313 So Schmid/Voss, DNotZ 2008, 740, 755; Volmer, MittBayNot 2009, 1, 7. 314 So OLG Frankfurt, RPfleger 1973, 323; Zöller/Stöber, § 726 ZPO Rn. 6; M. Zimmer, NotBZ 2008, 386, 387. 315 Vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 726 ZPO Rn. 7; Musielak/Lackmann, ZPO, § 726 Rn. 3; Zöller/Stöber, § 726 ZPO Rn. 3. 316 Musielak/Lackmann, ZPO, § 751 Rn. 3. 317 Unter dieser Voraussetzung hält die Rspr. insbes. auch die selbständige Berechnung von Verzugszinsen durch das Vollstreckungsorgan im Grundsatz für unbedenklich, vgl. BGHZ 22, 54, 57 ff.; BGH, DNotZ 1971, 233, 234, NJW 1983, 2262. 318 Schmid/Voss, DNotZ 2008, 740, 755 mit Formulierungsvorschlag in Fn. 54.
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dig berechnen. Dies zieht die Frage nach sich, ob die Feststellung des Kalendertages durch das Vollstreckungsorgan nicht nur nach Maßgabe des Titels allein, sondern auch auf gemeinsamer Grundlage des Titels und der soeben bezeichneten Klausel zulässig ist.319 Der Wortlaut des § 751 Abs. 1 ZPO steht dem nicht entgegen, sondern fordert dies geradezu, damit es nicht zu einer verfrühten Vollstreckung kommt.320 Wenn § 750 Abs. 1 S. 1 ZPO es genügen lässt, dass die Parteien des Zwangsvollstreckungsverfahrens aus der Klausel ersichtlich sind, muss die Klausel ebenso als Grundlage zur Berechnung des Vollstreckungsbeginns genügen. Des Weiteren fällt die Berechnung der Kündigungsfrist nicht in die ausschließliche Kompetenz des Notars. Es spricht nichts dagegen, dass er die Bestimmung des Vollstreckungsbeginns dem Vollstreckungsorgan überlassen kann.321 Das Vollstreckungsorgan muss die Grundlagen der Fristberechnung und insbesondere den Fristbeginn nicht selbständig prüfen. Denn ihm wird der Kündigungszugang in der Klausel bindend bestätigt. Deshalb kann der Notar die vollstreckbare Ausfertigung bereits zum Zeitpunkt des Kündigungszugangs erteilen. In der Folge steht es dem Gläubiger frei, den Titel mitsamt der qualifizierten Klausel und den Nachweisurkunden gemäß § 750 Abs. 2 ZPO zur Ankündigung der Vollstreckung dem Schuldner schon in der laufenden Kündigungsfrist zuzustellen. Die Zustellung dieser Urkunden leitet noch nicht den „Beginn der Zwangsvollstreckung“ i. S. d. § 751 Abs. 1 ZPO ein.322 Dies ergibt sich aus § 750 Abs. 1 sowie § 798 ZPO, in denen jeweils zwischen der Zustellung des Titels nebst Anhang und dem Beginn der Zwangsvollstreckung unterschieden wird. Die Zustellung löst den Beginn der zweiwöchigen Wartefrist gemäß § 798 ZPO aus. Ein Vorgehen in der oben genannten Weise hat den Vorteil, dass die zweiwöchige Wartefrist nicht noch zu der Kündigungsfrist hinzutritt. Daraus ergibt sich jedoch, dass die vom Gesetzgeber beabsichtigte Entlastung des Schuldners von seinem Handlungsdruck nur eingeschränkt verwirklicht wird, wenngleich die Vollstreckung selbst wegen § 751 Abs. 1 ZPO erst nach Ablauf der Kündigungsfrist beginnen kann.323 Wenn mithin die Fälligkeit der Grundschuld nach dem Titel eine Vollstreckungsbedingung ist und ein nachfolgend zu erörternder Nachweisverzicht nicht ersichtlich ist, kann der Notar dem Gläubiger die vollstreckbare Ausfertigung bereits dann erteilen, wenn der Kündigungszugang nachgewiesen wurde. Den Fälligkeitstermin und somit den Beginn der Zwangsvollstreckung kann das Vollstreckungsorgan selbständig anhand der Angaben in Titel und Klausel berechnen. Der Gläubiger kann die vollstreckbare Urkunde dem Schuldner 319 Bejahend Wolfsteiner, Die vollstreckbare Urkunde, Rn. 39.20; Volmer, MittBayNot 2009, 1, 7; Schmid/Voss, DNotZ 2008, 740, 755. 320 Volmer, MittBayNot 2009, 1, 7. 321 Wolfsteiner, Die vollstreckbare Urkunde, Rn. 39.20; Volmer, MittBayNot 2009, 1, 7; Schmid/Voss, DNotZ 2008, 740, 755. 322 Volmer, MittBayNot 2009, 1, 7. 323 Volmer, MittBayNot 2009, 1, 7.
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noch vor Ablauf der Kündigungsfrist zustellen, um die Wartefrist nach § 798 ZPO einzusparen. c) Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung mit Nachweisverzicht Weitaus fraglicher ist es aber, ob dem Gläubiger die vollstreckbare Ausfertigung unmittelbar mit der Grundschuldbestellung erteilt werden kann.324 Es versteht sich von selbst, dass hier die Fälligkeit der Grundschuld nicht ausdrücklich in der Urkunde als Vollstreckungsbedingung genannt sein darf. Das ist ohnehin selten der Fall. Die bisher verwendeten Musterformulierungen zu Unterwerfungserklärungen über Ansprüche aus Grundschulden nehmen vielfach nur auf den Grundschuldbetrag und die Zinsen Bezug, ohne eine eigenständige inhaltliche Regelung zu treffen.325 Üblicherweise erklärt der Schuldner in der Bestellungsurkunde ausdrücklich, dass die Erteilung der vollstreckbaren Ausfertigung von keinem weiteren Nachweis abhängen soll.326 Ein solchermaßen erklärter Nachweisverzicht327 wird dogmatisch unterschiedlich eingeordnet. Nach einer Auffassung will der Vollstreckungsschuldner von vornherein einen vollstreckbaren Anspruch schaffen, der nicht von der Fälligkeit als Vollstreckungsvoraussetzung i. S. v. § 726 Abs. 1 ZPO abhängt.328 Man kann allerdings auch den Gedanken fortführen, dass die materiell-rechtlichen Tatbestandsmerkmale automatisch zu Vollstreckungsbedingungen werden. Von diesem Standpunkt aus liegt in der dargestellten Unterwerfungserklärung eine Vereinbarung über den Verzicht auf ihren Nachweis, welche die einseitige prozessuale Erklärung der Vollstreckungsunterwerfung ergänzt.329 Diese Überlegungen werden allerdings kaum praxisrelevant, da der Notar die Vollstreckungsklausel nach beiden Ansätzen sofort und ohne weiteren Nachweis erteilen kann. aa) Prinzipielle Bedenken Es wird vertreten, dass die die Vollstreckungsvoraussetzungen regelnden Vorschriften und die Erfüllung der den Rechtspflegeorganen übertragenen Rechts324
Abl. vor allem Derleder, ZIP 2009, 2221, 2223. Z. B. bei Gaberdiel/Gladenbeck, Kreditsicherung durch Grundschulden, S. 603, Ziff. [8]. 326 Bundesnotarkammer, Rundschreiben Nr. 23/2008 vom 26.08.2008, S. 8. 327 Dies ist ein irreführender Begriff, wenn man die unbedingte Unterwerfung als Regel ansieht und davon ausgeht, dass materiell-rechtliche Einwendungen im Klauselerteilungsverfahren keine Rolle spielen, vgl. Wolfsteiner, Die vollstreckbare Urkunde, Rn. 17.3; Münch, S. 80. 328 BGH (VII. Senat), WM 2001, 2352, 2353; OLG Hamm, DNotZ 1993, 244, 245; Wolfsteiner, Die vollstreckbare Urkunde, Rn. 6.42; Musielak/Lackmann, ZPO, § 794 Rn. 38. 329 Clemente, Recht der Sicherungsgrundschuld, Rn. 54; Zöller/Stöber, ZPO, § 726 Rn. 16. 325
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schutzaufgaben im öffentlichen Interesse liegen.330 Das führe dazu, dass die Vollstreckungsklausel nebst ihren Voraussetzungen nicht der Parteidisposition unterliege. Die überwiegende Ansicht sieht das heute zu Recht anders.331 Es liegt an dem Schuldner zu bestimmen, inwieweit er sich unterwerfen möchte und ob er die Vollstreckung in irgendeiner Weise beschränken will.332 Darin unterscheidet sich die notarielle Urkunde von einem gerichtlichen Urteil.333 Dem Schuldner ist es somit im Grundsatz möglich, mit der Verzichtsklausel den weiteren Verfahrensgang der Vollstreckung vorzugeben. bb) AGB-rechtliche Klauselkontrolle Die Wirksamkeit von Nachweisverzichten wird vor allem unter AGB-rechtlichen Gesichtspunkten angezweifelt, während vereinzelt auch auf § 134 i.V. m. § 1193 Abs. 1 und 2 BGB abgestellt wird.334 Die herrschende Auffassung in Rechtsprechung335 und Literatur336 hat formularmäßige Unterwerfungserklärungen bereits seit Inkrafttreten des früheren AGBG der Klauselkontrolle unterworfen. Daran wird Kritik geübt, weil einseitige und zudem prozessuale Erklärungen – wie es die Unterwerfungserklärung ist – keine „Vertragsbedingungen“ im Sinne von § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB sein könnten.337 Außerdem werden die Bedingungen von einem Notar und nicht etwa von einer Vertragspartei vorgeschlagen.338 Es wird daher für dogmatisch sauberer gehalten, nur die formularmäßige Verpflichtung zur Unterwerfung, nicht aber die Unterwerfungserklärung selbst der Klauselkontrolle zu unterziehen und für den Fall, dass die Verpflichtung unwirksam ist, in der Vollstreckung aus der Urkunde einen Rechtsmissbrauch zu sehen.339 330
OLG Düsseldorf (IX. Senat) OLGZ 1980, 339, 341; Stürner, JZ 1977, 431, 432. BGH, NJW 2008, 3208, 3210; OLG Celle DNotZ 1969, 102, 104; OLG Düsseldorf (III. Senat) DNotZ 1977, 413, 414; Münch, NJW 1991, 795, 801. 332 Musielak/Lackmann, ZPO, § 797 Rn. 38; Wolfsteiner, Die vollstreckbare Urkunde, Rn. 6.42. 333 Apfelbaum, MittBayNot 2005, 64. 334 Derleder, ZIP 2009, 2221, 2223. 335 Vgl. nur BGHZ 99, 274, 282 f.; 114, 9, 12 f. nunmehr ausdr. BGH, NJW 2002, 138, 139. 336 Schon unter richterrechtlicher Klauselkontrolle Stürner, JZ 1977, 431; heute Ulmer/Habersack, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, § 305 Rn. 17 f., 19 (Stichwort: Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung); Baur/Stürner/Bruns, Zwangsvollstreckungsrecht, Rn. 16.19; MüKo-BGB/Basedow, § 305 Rn. 10; Musielak/ Lackmann, ZPO, § 794 Rn. 30; Bork, ZIP 2008, 2049, 2052. 337 Vgl. Dietlein, JZ 1977, 637, 638; Wolfsteiner, DNotZ 1990, 531, 547 f.; MüKoZPO/Wolfsteiner, § 794 Rn. 133; Zöller/Stöber, ZPO, § 794 Rn. 32; Bachner, DNotZ 2008, 644, 650; Habersack, NJW 2008, 3173, 3174. 338 Jauernig/Stadler, BGB, § 305, Rn. 6; Schulz, ZIP 2008, 1858, 1860. 339 Vgl. Dietlein, JZ 1977, 637, 638 und heute MüKo-ZPO/Wolfsteiner, § 794 Rn. 134; Binder/Piepenbrock, WM 2008, 1816, 1819. 331
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Dies vermag jedoch ebenso wenig zu überzeugen wie die jüngst vorgetragene Überlegung, dass die Klauselkontrolle aufgrund des hoheitlichen Charakters der Unterwerfungserklärung nicht eingreife.340 Die notarielle Urkunde beruht der Sache nach auf einer privatautonomen Entscheidung des Schuldners. Im Vordergrund steht die materiell-rechtliche Bedeutung der bedingungslosen Unterwerfung unter die Zwangsvollstreckung.341 Es entspricht gängiger Praxis, dass Banken die Unterwerfungserklärung verlangen, ohne dem Kunden einen weiteren Verhandlungsspielraum zu belassen.342 Vor diesem Hintergrund wäre es kaum vertretbar, die massenhaft erklärten Vollstreckungsunterwerfungen aufgrund der vorgetragenen dogmatischen und formalen Aspekte von der Klauselkontrolle auszunehmen. Der Schutzzweck der Klauselkontrolle verlangt nach einer weiten Auslegung ihres Anwendungsbereichs. cc) Verbot der Beweislaständerung Unter früherer Rspr. konnte erwogen werden, inwiefern eine Unterwerfungserklärung mit Nachweisverzicht unter das Verbot der Beweislaständerung nach §§ 307, 309 Nr. 12 BGB fällt.343 Der III. Zivilsenat des BGH344 war nämlich damals der Ansicht, die Beweislast für alle Einwendungen gegen bestehende Vollstreckungstitel treffe grundsätzlich den Vollstreckungsschuldner, auch wenn es sich um vollstreckbare Urkunden nach § 794 ZPO handle. Sie seien wie Urteile vollwertige und endgültige Vollstreckungstitel und bedürften daher derselben Behandlung. Die Vereinbarung eines Nachweisverzichtes spreche dafür, dass die Parteien eine Beweislaständerung gewollt hätten. Diese sehr umstrittene Rspr. hat der XI. Zivilsenat des BGH nach einer Zuständigkeitsänderung im Geschäftsverteilungsplan aufgegeben.345 Er hat entschieden, dass weder die Vollstreckungsunterwerfung noch der Nachweisverzicht oder auch die Vollstreckungsgegenklage (§§ 795, 797 Abs. 4, 767 ZPO) etwas an der Beweislastverteilung für die Berechtigung aus dem materiellen Anspruch ändern. Diese Ansicht steht in Einklang mit dem modernen, rein prozessualen Verständnis der Vollstreckungsunterwerfung: Sie lässt die materiell-rechtliche Rechtslage und das Verfahren unberührt. Die Unterwerfungserklärung ist einem gerichtlichen Urteil nicht gleichzustellen. Es fehlt außerdem an einem Vertrag, in dem eine Beweislaständerung vereinbart werden könnte. Die Beweislast wird 340
Wolfsteiner, Die vollstreckbare Urkunde, Rn. 6.10. BGH, NJW 2002, 138, 139. 342 BGH, ZIP 2001, 2288; 2006, 119 f. 343 Stürner, JZ 1977, 431, 432; Coester-Waltjen, in: Staudinger, BGB, § 309 Nr. 12 Rn. 5. 344 BGH, NJW 1981, 2756. 345 BGHZ 147, 203, 206 m.w. N. auch zu der Gegenansicht. 341
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bereits durch die Wahl der abstrakten Kreditsicherungsmittel umgekehrt,346 die ihrerseits jedoch grundsätzlich nicht nach § 309 Nr. 12 BGB oder nach § 307 Abs. 1 BGB unwirksam sind, weil der Gesetzgeber selbst solche Vertragstypen anbietet.347 Wenn die Errichtung einer Unterwerfungserklärung mit Nachweisverzicht nach alledem keine Beweislaständerung mit sich bringt, ist insoweit ein Verstoß gegen §§ 307, 309 Nr. 12 BGB ausgeschlossen. dd) Unangemessene Benachteiligung wegen Verlagerung der Leistungsgefahr Unter dem Gesichtspunkt einer unangemessenen Benachteiligung i. S. d. Generalklausel des § 307 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 1 BGB ist zu diskutieren, ob mit dem Nachweisverzicht eine unzumutbare Verlagerung der vertraglichen Gefahrtragung einhergeht. Der BGH hat in zwei Urteilen348 zu Vollstreckungsunterwerfungen mit Nachweisverzichten in Bauträgerverträgen entschieden, dass sie aus eben diesem Grund nichtig sind. In seiner ersten Entscheidung stützte er den Nichtigkeitsausspruch gemäß § 134 BGB auf die insoweit zumeist anwendbaren §§ 3, 12 Makler- und Bauträgerverordnung (MaBV).349 Streitgegenstand des zweiten Urteils war ein beurkundeter Werkvertrag, auf den die MaBV nicht anwendbar war, weil der Bauträger nicht gewerbsmäßig handelte. Nur in diesem Fall hat der BGH eine AGB-Kontrolle durchgeführt und die Klausel an § 9 AGBG (§ 307 Abs. 1 BGB) scheitern lassen.350 Zur Begründung hat der BGH ausgeführt, der Auftraggeber werde in einem solchen Fall der Gefahr einer Vorleistung ausgesetzt, die der gesetzlichen Regelung des Werkvertrags fremd sei (§§ 641, 320 BGB). Der Erwerber laufe zudem Gefahr, durch die vom Unternehmer betriebene Zwangsvollstreckung und dessen Vermögensverfall Vermögenswerte endgültig zu verlieren. Dagegen hat es das Gericht für zulässig erachtet, dass sich der Schuldner wegen des dinglichen Anspruchs aus einer Grundschuld bzw. des zugleich errichteten abstrakten Schuldanerkenntnisses der sofortigen Zwangsvollstreckung unter Verzicht auf etwaige Vollstreckungsnachweise unterwirft, wenn dies der Sicherung von Darlehensforderungen dient.351 In dem Urteil setzte er sich auch mit seiner zuvor genannten Rspr. zu Werkunternehmerverträgen auseinander. Die darin gemachten Erwägungen träfen bei vollstreckbaren Schuldversprechen in Höhe des Grundschuldbetrags zu Gunsten einer Bank „ersichtlich“ nicht zu.352 346 BGHZ 99, 274, 284; 147, 203, 208 ff.; BGH, WM 2001, 2352, 2353; Bachner, DNotZ 2008, 644, 650; Bork, ZIP 2008, 2049, 2056. 347 BGHZ 99, 274, 284; 147, 203, 208 ff.; BGH, WM 2001, 2352, 2353; krit. Derleder, ZIP 2009, 2221, 2221 f. 348 BGH, NJW 1999, 51, 52; NJW 2002, 138 139 f. 349 BGH, NJW 1999, 51, 52. 350 BGH, NJW 2002, 138 139 f. 351 BGH, NJW 2008, 3208, 3210. 352 BGH, NJW 2008, 3208, 3210.
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Das bedarf einer genaueren Betrachtung. Vor der wirksamen Bestellung der Sicherheiten wird eine Bank die Darlehen nicht valutieren. Eine Vollstreckungsunterwerfung mit Nachweisverzicht wird deshalb typischerweise schon vor Auszahlung des Darlehens beurkundet. Es ist nicht ganz von der Hand zu weisen, dass der Darlehensnehmer bzw. Sicherungsgeber ebenso einem Vorleistungsrisiko ausgesetzt ist wie der Werkbesteller. Der Darlehensgeber kann von der Vollstreckungsurkunde Gebrauch machen, noch bevor das Darlehen ausgezahlt wurde.353 Dies widerspräche der Sache nach § 488 Abs. 1 S. 2 BGB, was über §§ 1192 Abs. 1, 1a BGB, 1157 BGB i.V. m. der Sicherungsabrede gegenüber der Grundschuld einzuwenden wäre. Danach erfordert es der Rückzahlungsanspruch, dass das Darlehen dem Darlehensnehmer zur Verfügung gestellt wurde. Ferner entstehen auch die Zinsen erst nach Ausreichung des Darlehens.354 Die Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung mit Nachweisverzicht begründet somit auch hier die latente Gefahr einer tatsächlichen Vorleistung mit der Folge, dass der Darlehensnehmer in diesem Fall das Insolvenzrisiko der Bank zu tragen hätte. Es liegt nicht fern, entsprechend den Überlegungen des BGH in seinem Urteil zu Werkunternehmerverträgen dem § 488 Abs. 1 S. 2 BGB auch für die rein prozessuale und abstrakte Unterwerfungserklärung Leitbildfunktion gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB beizulegen. Allerdings wird die Auszahlung meist unmittelbar nach Bestellung der Sicherheiten erfolgen, so dass die Frist, in der die dargestellte Gefahr besteht, in aller Regel überschaubar ist. Außerdem wird in der Praxis kaum ein Kreditinstitut vor Valutierung des Kredits die Zwangsvollstreckung gegen den Kunden betreiben.355 Die tatsächliche Abweichung von dem Grundgedanken „Rückzahlung erst nach Auszahlung“ durch die Beurkundung einer Vollstreckungsunterwerfung mit Nachweisverzicht bereits vor Auszahlung ist deshalb nicht so wesentlich, dass sie mit § 488 Abs. 1 S. 2 BGB nicht mehr zu vereinbaren wäre. Dem BGH356 ist mithin im Ergebnis zuzustimmen. ee) Unangemessene Benachteiligung wegen Vollstreckungsmöglichkeit vor Fälligkeit Das Problem liegt jedoch nach neuer Rechtslage in Folgendem: Der Gläubiger kann sich ohne Fälligkeitsnachweis und somit noch vor Fälligkeit der Grundschuld eine vollstreckbare Ausfertigung der notariellen Urkunde erteilen lassen, auch wenn sich die Vorleistungspflichten nicht ändern. Nach bisheriger Rechtslage wurde argumentiert, dass die Abdingbarkeit der Kündigung nach § 1193 Abs. 2 BGB a. F. als gesetzlichem Leitbild gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB a maio353
Vgl. etwa BGHZ 147, 203, in dem der Darlehensgeber jedoch kein Kreditinstitut
war. 354 355 356
Jauernig/Mansel, BGB, § 488 Rn. 22. OLG Rostock, BauR 2005, 444 ff. BGH, NJW 2008, 3208, 3210.
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re ad minus auch einen Nachweisverzicht erlaube.357 Dieses Argument greift nun nicht mehr, seit die Kündigung gemäß § 1193 Abs. 2 S. 2 BGB mit sechsmonatiger Frist als Fälligkeitsvoraussetzung zwingend ist.358 Das allein kann allerdings auch nicht begründen, dass ein Nachweisverzicht in unangemessener Weise zum Nachteil des Schuldners vom gesetzlichen Leitbild abweicht oder gar eine offene Missachtung eines aus der neuen Regelung herauszulesenden gesetzlichen Verbots darstellt, die Grundschuld vor Ablauf der Kündigungsfrist geltend zu machen.359 Der BGH360 hält dies ebenfalls nicht für stichhaltig. Durch die Verzichtsklausel bestimmt der Schuldner einerseits die Art der Klauselerteilung (§§ 724, 725 ZPO statt §§ 726, 730 ZPO), andererseits die Form des Rechtsschutzes (§ 767 ZPO statt § 768 ZPO).361 Beides ist in der ZPO vorgesehen. Der BGH argumentiert, der Nachweisverzicht diene lediglich der Vereinfachung des Nachweises der problemlos gegebenen Vollstreckungsvoraussetzungen, die sonst in einer oft nicht praktikablen Weise nach § 726 Abs. 1 ZPO durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden gegenüber dem Notar (§ 797 Abs. 2 S. 1 ZPO) nachgewiesen werden müssten.362 Die Entscheidung erging zwar nach Einführung des § 1193 Abs. 2 S. 2 BGB. Allerdings bezog sie sich noch auf einen Altfall, auf den die Neuregelung noch keine Anwendung fand. Der BGH setzte sich folglich nicht mit der Absicht des Gesetzgebers auseinander, den Handlungsdruck zu reduzieren.363 Insofern könnte § 1193 Abs. 1, 2 S. 2 BGB als neues gesetzliches Leitbild der Klauselkontrolle zugrunde gelegt werden.364 Kann die Vollstreckungsunterwerfung ohne Rücksicht auf die Fälligkeit erteilt werden, würde von diesem Leitbild zu Lasten des Vertragspartners des Verwenders abgewichen. Das wirft die Frage nach der Unangemessenheit auf. Dabei wird ins Feld geführt, dass sich die Gesamtgebühren des Notars bei Erteilung einer qualifizierten Vollstreckungsklausel wegen § 133 KostO um die Hälfte erhöhen und diese Mehrkosten im Ergebnis der Schuldner zu tragen habe.365 Allerdings ist bei der Annahme eines mutmaßlichen Interesses des Darlehensnehmers Zurückhaltung geboten. Außerdem sind gegenüber dem Preisargument in der Klauselkontrolle prinzipielle Vorbehalte angebracht.366 Ungeachtet dessen ist 357 358 359 360 361 362 363 364 365 366
Wolfsteiner, in: Staudinger, BGB, § 1193 Rn. 3. Schmid/Voss, DNotZ 2008, 740, 757. Zu letzterem Derleder, ZIP 2009, 2221, 2223. BGH, NJW 2008, 3208, 3210. BGH, NJW 2008, 3208, 3210; Münch, NJW 1991, 795, 801. BGH, NJW 2008, 3208, 3210. Volmer, MittBayNot 2009, 1, 8. Vgl. diesen Gedanken von Schmid/Voss, DNotZ 2008, 740, 757. Schmid/Voss, DNotZ 2008, 740, 756. s. u. Kapitel 9 B. III. 2. a).
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dem Vollstreckungsschuldner auch in der konkreten Situation nicht zu unterstellen, dass er wegen dieser Kosten auf den Fälligkeitsnachweis verzichten möchte. Denn im Verhältnis zu den Kosten eines Prozesses mitsamt den zu diesem Zeitpunkt aufgelaufenen Verzugszinsen und anderen Verfahrenskosten handelt es sich nur um geringfügige Beträge. Der Schuldner wird sie in Kauf nehmen, wenn er sich damit eine sechsmonatige Überlegungs- und Sanierungsfrist vor Vollstreckung verschaffen kann.367 Gleichwohl stimmen diese Prämissen nicht. Die vom Gesetzgeber beabsichtigte Verzögerung kann gar nicht erreicht werden. Denn der Sicherungsgeber kann die Grundschuld sofort nach deren Bestellung kündigen.368 Zudem wird von Notaren zutreffend ins Feld geführt, dass das Risikobegrenzungsgesetz in das Verfahren der Zwangsvollstreckung selbst nicht unmittelbar, sondern nur nachgelagert (über §§ 769 Abs. 1, 799a ZPO) eingreife.369 Das wird nicht zuletzt an der erweiterten Möglichkeit zur einstweiligen Einstellung der Zwangsvollstreckung ohne Sicherheitsleistung nach § 769 Abs. 1 Satz 2 ZPO deutlich. Mithin hat selbst ein aufgezwungener Nachweisverzicht keine unzumutbaren Folgen. Eine unangemessene Benachteiligung ist demnach nicht in dem Umstand zu erkennen, dass der Gläubiger vor Fälligkeit der Grundschuld vollstrecken kann. Ungeachtet der nunmehr zwingend als Fälligkeitsvoraussetzung gemäß § 1193 Abs. 2 S. 2 BGB erforderlichen Kündigung mit sechsmonatiger Frist sind Nachweisverzichte für die Vollstreckungsklauseln weiterhin zulässig.370 d) Zusammenfassung Gibt die prozessuale Unterwerfungserklärung über etwaige Beschränkungen der Zwangsvollstreckung keinen Aufschluss, kann die Fälligkeit des materiellrechtlichen Anspruchs nicht als Vollstreckungsvoraussetzung im Sinne der §§ 795, 726 Abs. 1 ZPO eingeordnet werden. Umgekehrt kann aus einer Errichtung des Titels vor Fälligkeit nicht darauf geschlossen werden, der Schuldner habe stillschweigend auf den Nachweis der Fälligkeit des Grundschuldkapitals als Vollstreckungsbedingung verzichtet. Dem Gläubiger kann aber zum Zeitpunkt der Grundschuldbestellung eine nicht vollstreckbare Ausfertigung der Vollstreckungsurkunde erteilt werden. Um die vollstreckbare Ausfertigung zu erhalten, muss er gemäß § 726 Abs. 1 ZPO nicht die Wirksamkeit der Kündigungserklärung als solche, sondern nur deren Zugang durch öffentliche Urkunden nachweisen. Das Vollstreckungsorgan berechnet den Beginn der Zwangsvoll367
Volmer, MittBayNot 2009, 1, 8. Volmer, MittBayNot 2009, 1, 8. 369 Bundesnotarkammer, Rundschreiben Nr. 23/2008 vom 26.08.2008, S. 9; Bachner, DNotZ 2008, 644, 651. 370 So auch LG Lübeck RPfleger 2009, 451; Palandt/Bassenge, BGB, § 1193 Rn. 3 mit zusammenfassendem Nachweis des Meinungsbildes in der Literatur. 368
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streckung anhand der Angaben in Titel und Klausel. Eine Zustellung der vollstreckbaren Urkunde vor Ablauf der Kündigungsfrist ist zulässig, um die Wartefrist gemäß § 798 ZPO einzusparen. Die vollstreckbare Ausfertigung kann weiterhin ohne Verstoß gegen zwingendes Recht (insbesondere § 307 BGB) mit einem Nachweisverzicht bezüglich der Fälligkeit des Anspruchs aus der Grundschuld versehen werden. 4. Unberücksichtigte Ansprüche a) Zinsen und Nebenleistungen Das Kündigungserfordernis des § 1193 Abs. 1 S. 1 BGB gilt ausdrücklich nur für das „Kapital der Grundschuld“ und ist daher nicht auf die Grundschuldzinsen und sonstigen Nebenleistungen anwendbar.371 Deren Fälligkeit setzt keine Kündigung voraus. Vielmehr ist § 488 Abs. 2 BGB heranzuziehen.372 Danach sind die vereinbarten Zinsen grundsätzlich nach dem Ablauf je eines Jahres zu entrichten. Allerdings ist § 488 Abs. 2 BGB dispositiv. Demnach überrascht es kaum, dass in der Lit. die Ansicht vertreten wird, die Fälligkeit der Grundschuldzinsen und sonstigen Nebenleistungen könne unabhängig von der Fälligkeit des Grundschuldkapitals und abweichend vom gesetzlichen Regelfall vereinbart werden.373 Dagegen hat der XI. Senat des BGH im Jahre 1999 entschieden, dass Zinsen aus Sicherungsgrundschulden nach § 197 BGB a. F. verjähren und die Verjährung nicht bis zum Eintritt des Sicherungsfalls gehemmt ist.374 Dem hat sich der IX. Senat des BGH unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung375 angeschlossen376 und sich in einer nachfolgenden Entscheidung ebenfalls gegen eine entsprechende Anwendung des § 202 Abs. 1 BGB a. F. ausgesprochen.377 Würden die Zinsen kraft Vereinbarung erst mit dem Verwertungsfall fällig werden, würde der Schuldner einer Sicherungsgrundschuld durch die Sicherungsabrede gegenüber Schuldnern einer isolierten Grundschuld oder einer Hypothek benachteiligt. Bei diesen greife § 202 Abs. 1 BGB nicht ein.378 Die Differenzierung sei durch nichts zu rechtfertigen. Insbesondere sei es Zweck der Sicherungs371
Wolfsteiner, in: Staudinger, BGB, § 1193 Rn. 5; Schmid/Voss, DNotZ 2008, 740,
745. 372
MüKo-BGB/Eickmann, § 1193 Rn. 5. Volmer, MittBayNot 2009, 1, 4 f.; Schmid/Voss, DNotZ 2008, 740, 745 Fn. 21 mit Hinweis auf Wolfsteiner, in: Staudinger, BGB, § 1193 Rn. 5, Vorbem. zu den §§ 1191 ff. Rn. 81 f.; MüKo-BGB/Eickmann, § 1193 Rn. 5; Palandt/Bassenge, BGB, § 1193 Rn. 4. 374 BGHZ 142, 332, 334. 375 BGH, ZIP 1993, 257, 258; BGH, NJW 1996, 253. 376 Antwort des IX. Senats mit Beschluss vom 15.04.1999, WM 1999, 1165 auf Anfrage des XI. Senats durch Beschluss vom 26.01.1999, WM 1999, 382. 377 BGHZ 142, 332. 378 BGHZ 142, 332, 336. 373
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abrede, den Schuldner zu schützen. Es sei systemwidrig, wenn sie den Schuldner durch eine Verjährungshemmung benachteilige. Wenn nunmehr über das Instrument der Fälligkeitsvereinbarung eine spätere Fälligkeit der Zinsen begründet werden könnte, würden diese Grundsätze unterlaufen. Allerdings liegen die Urteile zeitlich vor der Schuldrechtsreform. Nach Streichung des § 225 BGB a. F. sind nunmehr gemäß § 202 Abs. 2 BGB Verjährungsvereinbarungen zulässig, mit denen die Verjährungsfrist bis zu 30 Jahren ab dem gesetzlichen Verjährungsbeginn verlängert werden kann. Im Lichte dessen, dass nunmehr auch hinsichtlich der Zinsen aus isolierten Grundschulden und Hypotheken eine Verjährungserschwerung möglich ist, erscheint auch eine von § 488 Abs. 2 abweichende Fälligkeitsvereinbarung nicht mehr ausgeschlossen. Gleichwohl werden die Zinsen üblicherweise jährlich nachträglich fällig gestellt, wie dies § 488 Abs. 2 BGB entspricht. Rückständige Grundschuldzinsen werden nach § 10 Abs. 1 Nr. 4 i.V. m. 13 Abs. 1 ZVG nur für die vergangenen zwei Jahre ab Fälligkeit in der Rangklasse des Rechts berücksichtigt.379 Nach ständiger Rspr. des BGH sichern die ausbedungenen Grundschuldzinsen nicht nur die Darlehenszinsen, sondern auch die Hauptforderung.380 Der Gläubiger setzt deshalb allein durch die Zins-Versteigerung schon erhebliche Summen durch.381 „Wegen planmäßiger Übersicherung durch Grundschuldzinsen“ 382 in Höhe von üblichen 18% erreichen diese in dem verjährungsrechtlich jedenfalls unproblematischen Zeitraum von vier Jahren die Größenordnung von 72 % des Hauptsachebetrages.383 Zu dem Hauptsachebetrag treten freilich die zwischen Fälligkeit der Hauptforderung und Vollstreckung der Sicherheiten aufgelaufenen Zinsen und Gebühren hinzu. Selbst unter Berücksichtigung dieser Beträge können die Darlehensforderungen zu großen Teilen über die Zinsvollstreckung durchgesetzt werden, ohne dass es diesbezüglich der allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen bedürfte.384 Indem sich § 1193 Abs. 2 S. 2 BGB nicht auf die Zinsen und Nebenleistungen der Grundschuld erstreckt, wird somit der Gesetzeszweck, den Vollstreckungsdruck zu verringern,385 verfehlt.386 In diesem Lichte erscheint der Vorschlag von Clemente attraktiv, dem § 1193 BGB Leitbildfunktion i. S. d. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB zu entnehmen, so dass der Gläubiger auch wegen der Zinsen und Neben379
Schmid/Voss, DNotZ 2008, 740, 745. BGH, NJW 1982, 2768; BGHZ 142, 332, 337 m.w. N. 381 Volmer, MittBayNot 2009, 1, 4. 382 So der Titel des Beitrags von Clemente/Lenk, ZflR 2002, 337; vgl. ferner Dieckmann, NZM 2008, 865, 866. 383 Volmer, MittBayNot 2009, 1, 4; Hinrichs/Jaeger, ZfIR 2008, 745, 751. 384 Volmer, MittBayNot 2009, 1, 4. 385 BT-Drs. 16/9821, S. 23. 386 Clemente, ZfIR 2008, 589, 596; Volmer, MittBayNot 2009, 1, 4. 380
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leistungen erst nach Ablauf der sechsmonatigen Kündigungsfrist vollstrecken könnte.387 Dem wird allerdings zutreffend entgegengesetzt, dass die Klauselkontrolle das falsche Instrument für die Berichtigung gesetzlicher Widersprüche oder Regelungslücken ist.388 Vielmehr erfordert es die Sicherungsfunktion der Grundschuld sogar, dass der Zinslauf nach Kündigung des Grundschuldkapitals nicht gestoppt wird.389 b) Abstraktes Schuldanerkenntnis Es fällt erneut auf, dass der Gesetzgeber auch in § 1193 Abs. 2 Satz 2 BGB das abstrakte Schuldanerkenntnis nicht berücksichtigt hat. Ansprüche aus diesem Rechtsgrund sind weiterhin sofort und ohne vorherige Kündigung fällig, so dass einer sofortigen Vollstreckung in das persönliche Vermögen des Schuldners bzw. des Sicherungsgebers nichts im Wege steht.390 Die Fälligkeit des Schuldanerkenntnisses richtet sich nach der jeweiligen Parteivereinbarung und bei Fehlen einer solchen nach § 271 BGB.391 Es sind mithin Fallgestaltungen denkbar, in denen der Sicherungsnehmer aus dem abstrakten Schuldanerkenntnis in das gesamte persönliche Vermögen des Schuldners vollstrecken kann, mangels Fälligkeit der Sicherungsgrundschuld hingegen nicht aus dieser in die Immobiliarsicherheiten.392 Das Problem hat der Gesetzgeber gesehen, die Fälligkeit des Schuldanerkenntnisses jedoch „erstaunlicherweise“ 393 nicht geregelt. Derleder will dem Abhilfe schaffen, indem er gewissermaßen ein Rangverhältnis zwischen den Sicherheiten vorgibt, dem zufolge im Sinne einer dem Immobiliarkreditverhältnis angeblich eigenen und durch § 1193 Abs. 2 S. 2 BGB anerkannten „Vorgängigkeitsabrede“ zuerst die Grundschuld und erst im Anschluss daran das Schuldversprechen geltend gemacht werden dürfte.394 Clemente erwägt eine analoge Anwendung des Kündigungserfordernisses von § 1193 BGB oder auch seiner Funktionalität als gesetzliches Leitbild i. S. v. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB.395 Allerdings ist bereits zu der Grundschuld nach den vorangegangenen Erwägungen die Erkenntnis gereift, dass der Kündigung allenfalls Warncharakter zukommt. Selbst wenn die Kündigung von einem zwingenden Grund abhängen würde, er-
387
Clemente, ZfIR 2008, 589, 596. Hinrichs/Jaeger, ZfIR 2008, 745; Volmer, MittBayNot 2009, 1, 5. 389 Derleder, ZIP 2009, 2221, 2224, der sich insofern der Ansicht anschließt, dass die Erteilung einer einfache Vollstreckungsklausel in Bezug auf die Zinsen und die sofort fälligen Nebenleistungen zulässig ist. 390 Volmer, MittBayNot 2009, 1, 5; Schmid/Voss, DNotZ 2008, 740, 751. 391 Schmid/Voss, DNotZ 2008, 740, 752. 392 Derleder, ZIP 2009, 2221, 2226. 393 Dieckmann, NZM 2008, 865, 868. 394 Derleder, ZIP 2009, 2221, 2226. 395 Clemente, ZfIR 2008, 589, 596. 388
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schiene ein sich daraus ergebender Verwertungsaufschub unangemessen. Vor diesem Hintergrund ist es letztlich zu begrüßen, dass der Gesetzgeber zur Fälligkeit des abstrakten Schuldanerkenntnisses schweigt. Eine Vorgängigkeitsabrede hinsichtlich des Verhältnisses von Grundschuld und Schuldversprechen würde im Übrigen eine dem Sicherungszweck widersprechende zu späte persönliche Inhaftnahme des Schuldners nach sich ziehen und Vermögensverschiebungen Tür und Tor öffnen. c) Vollstreckbare Ausfertigung wegen der Zinsen und Nebenleistungen aus der Grundschuld und dem abstrakten Schuldanerkenntnis Die diskutierten Probleme der Fälligkeit als Vollstreckungsbedingung i. S. v. § 726 ZPO und des Nachweisverzichts stellen sich im Hinblick auf die Zinsen und Nebenleistungen aus der Grundschuld und den Ansprüchen aus dem abstrakten Schuldanerkenntnis nicht. Diesbezüglich darf die vollstreckbare Ausfertigung unstreitig sofort nach Errichtung der notariellen Urkunde erteilt werden. Die Ansprüche aus dem fälligen Schuldanerkenntnis haben keine weiteren materiellrechtlichen Voraussetzungen. Es besteht kein Anlass, die Erteilung der vollstreckbaren Ausfertigung von weiteren Bedingungen abhängig zu machen, die der Notar im Klauselerteilungsverfahren zu prüfen hätte. Gleiches gilt für die nach den vorangegangenen Ausführungen fälligen und kalendermäßig berechenbaren Zinsen. Den sich daraus ergebenden Vollstreckungsanspruch bestimmt gemäß § 751 Abs. 1 ZPO allein das Vollstreckungsorgan, sofern die dingliche Vollstreckungsklausel ausdrücklich auf Zinsen und Nebenleistungen beschränkt ist.396
IV. Schadensersatzanspruch bei unzulässiger Vollstreckung aus Urkunden durch andere Gläubiger 1. Überblick Nach einer Übertragung der Darlehensforderung mitsamt den Vollstreckungstiteln kann der Erwerber unmittelbar selbst die Zwangsvollstreckung betreiben, ohne dass es dazu einer erneuten Titulierung bedarf. Allerdings muss er zuvor eine Klauselumschreibung auf seinen Namen beantragen, die nach §§ 795 S. 1 i.V. m. 727 Abs. 1 ZPO für den Rechtsnachfolger erteilt wird. Der Schuldner ist einer Vollstreckung aus der Urkunde ohne gerichtliches Erkenntnisverfahren ausgeliefert, wenn er nicht selbst die Klageinitiative ergreift. Diesem Problem widmet sich der neu eingeführte § 799a ZPO. Darin ist eine verschuldensunabhängige Haftung für Vollstreckungen aus bestimmten Urkunden nach § 794 Abs. 1 396
Hinrichs/Jaeger, ZfIR 2008, 745, 751; Volmer, MittBayNot 2009, 1, 6.
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Nr. 5 ZPO vorgesehen, wenn ein anderer als der in der Urkunde bezeichnete Gläubiger die Vollstreckung betreibt und diese für unzulässig erklärt wird (hauptsächlich nach §§ 795, 797 Abs. 4, 767 Abs. 1 ZPO). Der Gesetzgeber hatte dabei die einleitend dargestellten gerichtlichen und insbesondere notariellen Urkunden im Blick, in denen sich der Eigentümer eines Grundstücks in Ansehung einer Hypothek oder einer Grundschuld der sofortigen Zwangsvollstreckung in das Grundstück unterwirft (§ 799a S. 1 ZPO). Hier bedachte er auch die Urkunden, in denen sich der Schuldner wegen der besicherten Forderung oder wegen der Forderung aus einem zur Sicherheit dienenden abstrakten Schuldanerkenntnis der sofortigen Zwangsvollstreckung in sein Vermögen unterworfen hat (§ 799a S. 2 ZPO). 2. Bedürfnis für die Haftungsregelung Hinsichtlich der genannten Vollstreckungstitel fand eine weitgehende Haftungsangleichung an §§ 717 Abs. 2 S. 1 ZPO und an die ähnlichen Regelungen in §§ 302 Abs. 4 S. 3, 641 g, 945 ZPO statt. Diese Anspruchsgrundlagen finden in einer Reihe weiterer Fälle kraft gesetzlicher Verweisung (§ 600 Abs. 2, 1065 Abs. 2 S. 2 ZPO u. a.) Anwendung. Hat das RG die Vorschriften noch als der Analogie nicht fähige Ausnahmen von der Verschuldenshaftung angesehen,397 so ist der BGH davon abgerückt und hat wiederholt entschieden, dass ihnen ein allgemeiner Rechtsgedanke zugrunde liege, der die analoge Anwendung auf andere, gesetzlich nicht geregelte Fälle ermögliche.398 Das galt vor der Reform jedoch nicht für Urkunden i. S. v. § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO.399 Zwar sind diese Urkunden ebenfalls Vollstreckungstitel (vgl. § 794 Abs. 1 ZPO), über die noch kein rechtskräftiges gerichtliches Urteil ergangen ist. Die Unterscheidung konnte aber mit folgender Argumentation gerechtfertigt werden: Den genannten Vorschriften ist gemein, dass die Vollstreckung immer aufgrund eines nur vorläufigen oder unter Vorbehalt ergangenen Vollstreckungstitels erfolgt. Ihnen liegt der gesetzliche Gedanke zugrunde, dass der Gläubiger auf eigene Gefahr handelt, wenn er in diesem Schwebezustand vollstreckt, statt die Rechtskraft des Titels abzuwarten.400 Der Gläubiger vollstreckt, obwohl er weiß, dass noch nicht rechtskräftig darüber entschieden ist, ob der zu vollstreckende Titel Bestand haben wird. Bei den Urkunden nach § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO handelt es sich hingegen um endgültige Vollstreckungstitel.401 Es fehlt hier der Schwebezustand einer vorläufigen Voll397 RG, JW 1906, 89; HRR 1925 Nr. 141; vgl. auch JW 1912, 201 Nr. 28; HRR 1933 Nr. 1541. 398 Vgl. BGHZ 30, 123, 128 f.; BGHZ 62, 7; im Einzelnen Zöller/Herget, § 717 Rn. 5; Musielak/Lackmann, ZPO, § 717 Rn. 5 f. m.w. N. 399 BGH, WM 1977, 656, 657; NJW 1994, 2755, 2756; Zöller/Herget, § 717 Rn. 5. 400 BGHZ 30, 123, 128 ff.; BGHZ 95, 10, 14; BGH, NJW 1988, 1268, 1269. 401 OLG Düsseldorf, NJW 1972, 2311.
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streckbarkeit oder eines Vorbehalts, der in absehbarer Zeit durch ein rechtskräftiges Urteil beendet wird. Eine gerichtliche Überprüfung kann sogar vollständig ausbleiben. Die Schadensersatzpflicht würde also wie ein Damoklesschwert über dem Vollstreckungsgläubiger schweben und ihn im Zweifel von einer Vollstreckung abhalten. § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO soll die Vollstreckung indes gerade vereinfachen. Deshalb schuldete ein solcher Gläubiger vor der Reform keinen Schadensersatz analog § 717 Abs. 2 S. 1 ZPO, wenn sich herausstellte, dass die Zwangsvollstreckung ganz oder teilweise unzulässig war. Es stellte sich die Frage, ob der Schuldner durch anderweitige Ersatzansprüche vor den Folgen der Vollstreckung eines nicht bestehenden Anspruchs geschützt wurde. Dies hat der BGH für deliktische Ansprüche prinzipiell verneint. Derjenige, der sich zum Vorgehen gegen seinen Schuldner eines staatlichen, gesetzlich eingerichteten und geregelten Verfahrens bedient, könne nicht rechtswidrig handeln.402 Sind in dem besonderen Verfahren keine Schadensersatzansprüche normiert, sind sie deshalb nicht durch einen Rückgriff auf §§ 823 ff. BGB zu ersetzen, schon weil es an der Rechtswidrigkeit mangelt. Eine Ausnahme machte der BGH insoweit für Fälle der vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung nach § 826 BGB.403 Allerdings wird zumindest im Ansatz eine Schadensersatzpflicht wegen der Verletzung besonderer vertraglicher404 oder vorvertraglicher405 Schutz- und Rücksichtnahmepflichten gemäß § 280 Abs. 1 BGB in Erwägung gezogen. Demnach können wegen der Vollstreckungen in die Sicherheiten eines Immobiliardarlehens zumindest gegen den ursprünglichen Gläubiger materiell-rechtliche Schadensersatzansprüche aus § 280 Abs. 1 BGB i.V. m. dem Sicherungsvertrag bestehen, soweit die Vollstreckung dem Sicherungszweck widerspricht.406 Diese Ersatzansprüche erfordern zwar ein Verschulden. Eine Erleichterung ergibt sich für den Vollstreckungsschuldner jedoch daraus, dass die Exkulpation dem Vollstreckenden obliegt (vgl. § 280 Abs. 1 S. 2 BGB). Ferner kann sich dieser nicht auf einen unvermeidlichen Rechtsirrtum berufen, dem er im Vertrauen auf eine vorangegangene gerichtliche Entscheidung erlegen sei, wie sich dies etwa bei § 717 Abs. 2, 945 ZPO u. a. darstellt. Die Urkunden nach § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO sind gerade keine Urteile. War der Schuldner gegenüber dem ursprünglichen Vollstreckungsgläubiger somit über die vertraglichen Schadensersatzansprüche ausreichend geschützt, galt dies nicht gegenüber neuen Vollstreckungsgläubigern, die nicht an die Sicher402 Vgl. BGHZ 38, 18, 20 ff.; BGH, NJW 1961, 2254, 2255; 1979, 1351; BGHZ 95, 10, 18 ff. 403 BGH, NJW 1961, 2254, 2255. 404 Vgl. BGH, NJW 1988, 1268, 1269; vgl. auch BGHZ 74, 9, 11 und 17; BGHZ 95, 10, 17 unter Nr. 4; MüKo-ZPO/Schilken, § 804 Rn. 33 m.w. N. 405 Vgl. BGH, NJW 1994, 2755, 2756. 406 Vgl. BGH, WM 1977, 656, 657; Habersack, NJW 2008, 3173, 3176 in Fn. 50.
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heitsabrede gebunden sind und zu denen auch im Übrigen keine Vertragsbeziehungen bestehen. Zwar konnte diesen gegenüber auch eine Vollstreckungsabwehrklage erhoben werden, in der der Anspruch ohne die Beschränkung des § 767 Abs. 2 ZPO vollumfänglich geprüft wurde (§§ 795, 797 Abs. 4 ZPO). War die Vollstreckung danach unzulässig, konnten jedoch dieser Vollstreckungsgläubiger wegen fehlender Vertragspflichten nicht aus § 280 Abs. 1 BGB und wegen des gesetzlich geregelten staatlichen Verfahrens auch nicht aus § 823 ff. BGB für etwaige Vollstreckungsschäden belangt werden. Es blieb allein eine Haftung nach §§ 826 und 812 BGB. Bei ersterem ergeben sich für den Anspruchsteller im Gegensatz zu § 280 Abs. 1 S. 2 BGB deutliche Erschwerungen. Er muss sowohl hinsichtlich des Haftungsgrunds als auch des Schadenseintritts Verschulden in Form von Vorsatz darlegen und ggf. nachweisen. Deshalb kann i. d. R. nur die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung (§§ 812 ff. BGB) gefordert werden.407 Es fehlte demzufolge ein effektiver Schutz des Schuldners gegenüber neuen Vollstreckungsgegnern, denen im Falle einer materiell-rechtlich unzulässigen Vollstreckung keine vertraglichen Schadensersatzansprüche drohten.408 Einen solchen Schutz soll nunmehr der verschuldensunabhängige Schadensersatzanspruch vermitteln. Er beschränkt sich konsequent auf die Fälle, in denen ein anderer als der in der Urkunde bezeichnete Gläubiger vollstreckt. Dem Argument, dass der neue Gläubiger dadurch entgegen des Zwecks des § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO von der Vollstreckung aus diesen Urkunden abgehalten werden kann, wird folgende Wertung entgegengehalten: Derjenige, der von dem Recht Gebrauch macht, aus einer Urkunde zu vollstrecken, ohne dass zuvor ein Gericht die materielle Berechtigung nachgeprüft hat, müsse für die Risiken einstehen, die sich aus einer nicht gerechtfertigten Vollstreckung ergeben.409 3. Verschuldensunabhängige Voraussetzungen Die erste Voraussetzung des Schadensersatzanspruchs aus § 799a ZPO ist eine Rechtsnachfolge des Vollstreckungsgläubigers. Hingegen ist es nicht erforderlich, dass die Rechtsnachfolge unwirksam ist, etwa wegen Verstoßes gegen ein Abtretungsverbot.410 Dies kann aber zur Begründung des Schadensersatzanspruchs nach dessen zweitem Tatbestandsmerkmal führen. Die Schadensersatzpflicht knüpft nämlich nach ihrer zweiten Voraussetzung daran an, dass die Vollstre407
OLG Düsseldorf, NJW 1972, 2311. BT-Drs. 16/9821, S. 24. 409 Vgl. Begr. zu Art. Z 1 der „Formulierungshilfen“ des BMF und des BMJ zur „Verbesserten Transparenz bei Verkäufen von Kreditforderungen“ in Anlage 2 des Berichts des Finanzausschusses vom 26.06.2008, BT-Drs. 16/9821, S. 33. 410 Vollkommer, ZIP 2008, 2060, 2061. 408
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ckung aus einer Urkunde nach § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO für unzulässig erklärt wird. Darin ähnelt § 799a ZPO dem § 717 Abs. 2 S. 1 ZPO. In einem Rechtsstreit über den Schadensersatzanspruch soll keine erneute Überprüfung der materiellen Rechtslage erfolgen. Damit wird bei § 717 Abs. 2 S. 1 ZPO vor allem das Ziel verfolgt, die Rechtskraft (§§ 322 Abs. 1, 700 Abs. 1 ZPO) des aufhebenden oder abändernden Urteils nicht zu unterwandern. In § 799a ZPO hätte dies der Einführung von materiellen Schadensersatzvoraussetzungen nicht entgegengestanden. Denn der Vollstreckung aus Urkunden nach § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO geht gerade kein Erkenntnisverfahren voraus, in dem über die materiell-rechtlichen Anspruchsvoraussetzungen entschieden wird. Sie erwachsen gerade nicht in Rechtskraft. Der Grund für die formelle Anknüpfung in § 799a ZPO findet sich woanders. Der Gesetzgeber verwirklicht auf diese Weise den Vorrang des Primärrechtsschutzes. Das dient der Rechtssicherheit und der Vermeidung divergierender Titel. Alternativ wäre es denkbar gewesen, den Schadensersatzanspruch allein davon abhängig zu machen, dass aus einem Titel nach § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO vollstreckt wurde, obwohl der darin beurkundete Anspruch materiell-rechtlich nicht bestand. Aber auch dann wären weiterhin vollstreckbare Titel im Umlauf, obgleich im Schadensersatzprozess festgestellt werden würde, dass die Vollstreckung daraus materiell-rechtlich unzulässig sei. Würde gegen einen solchen Titel zudem eine Vollstreckungsabwehrklage erhoben, könnten die Urteile voneinander abweichen. Der Gesetzgeber folgt deshalb konzeptionell der Ansicht des BGH. Dieser hält die Vollstreckung aus einer notariellen Urkunde, in der sich der Schuldner wegen eines abstrakten Schuldanerkenntnisses der sofortigen Zwangsvollstreckung unterwirft, solange für gerechtfertigt, wie der Schuldner nicht die Unwirksamkeit der damit besicherten Forderung geltend macht und/oder Vollstreckungsabwehrklage erhebt.411 Auch wenn § 799a ZPO zur Erhebung einer Vollstreckungsabwehrklage zwingt und dadurch gegebenenfalls zwei Prozesse erforderlich werden, ist die rein formelle tatbestandliche Anknüpfung aus den zuvor genannten Gründen zu befürworten. Als anspruchsauslösende Verletzungshandlung wird in § 799a ZPO die dritte Voraussetzung aufgestellt, dass aus der Urkunde nach § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO vollstreckt wurde, die Gegenstand der zuvor erörterten Vollstreckungsgegenklage ist. Es handelt sich um eine Gefährdungshaftung. Auf ein Verschulden kommt es – wie bei § 717 Abs. 2 S. 1 ZPO – nicht an. Will der Erwerber einer notariellen Urkunde aus dieser vollstrecken, trägt er somit die Gefahr der Unzulässigkeit dieser Vollstreckung.
411
BGH, NJW 1994, 2755.
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4. Fortbestehende Schutzlücken Die Schadensersatzpflicht aus § 799a ZPO wäre ein stumpfes Schwert, wenn es weiterhin rechtliche Schutzlücken gäbe, nach denen missbräuchliche Zwangsvollstreckungen in abstrakte Sicherungsmittel durch Dritte materiell-rechtlich zulässig wären. In diesem Fall wären die Vollstreckungsabwehrklagen unbegründet und § 799a ZPO liefe ins Leere. Deshalb war es vorrangig notwendig, die in den ersten Reformvorschlägen noch allein stehende Norm412 insbesondere mit § 1192 Abs. 1a S. 1 BGB zu flankieren. Sofern weitere Schutzlücken verbleiben, hebt die Schadensersatzpflicht zumindest die Hemmschwelle für missbräuchliche Vollstreckungen an. Abschließend sei hervorgehoben, dass der Gesetzgeber in § 799a ZPO alle rechtlich möglichen Transaktionsarten berücksichtigt, nach denen der Vollstreckungsgläubiger ausgetauscht werden kann.413
V. Einstellung der Zwangsvollstreckung ohne Sicherheitsleistung Die Erhebung der genannten Vollstreckungsabwehrklage oder anderer Rechtsmittel im Zwangsvollstreckungsverfahren hindert den Gläubiger grundsätzlich nicht an der Vollstreckung der streitgegenständlichen Urkunden.414 Die Vollstreckungsgefahr ist erst dann vollständig ausgeräumt, wenn das Gericht die Zwangsvollstreckung in einem Urteil für unzulässig erklärt. Für die Zwischenzeit muss der Schuldner nach § 769 ZPO die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung beantragen. Das Prozessgericht, in dringenden Fällen das Vollstreckungsgericht (§ 769 Abs. 2 ZPO), kann durch Beschluss vorläufig anordnen, dass gemäß § 769 Abs. 1 S. 1 ZPO die Zwangsvollstreckung bis zum Erlass des Urteils insbesondere gegen oder ohne Sicherheitsleistung eingestellt werde. Zwar ordnet das Gesetz in § 769 Abs. 1 S. 3 ZPO (vormals S. 2) an, dass die tatsächlichen Behauptungen, die den Antrag begründen, glaubhaft zu machen sind. Die Voraussetzungen selbst waren ihm bislang jedoch nicht zu entnehmen. Die systematische Auslegung aller Vorschriften über die Einstellung (§§ 707, 719, 769 ZPO) ergab jedoch, dass bei Rechtsbehelfen des Schuldners dieselben Kriterien gelten müssen wie im Rahmen des § 707 ZPO.415 Demnach konnte die Vollstreckung im Hinblick auf einen rechtshängigen Rechtsbehelf des Schuldners schon unter bisheriger Rechtslage nur eingestellt werden, wenn das Rechtsmittel nach summarischer Prüfung Aussicht auf Erfolg hat.416 Die fehlende gesetzliche 412 Vgl. Art. Z 1 der „Formulierungshilfen“ zur Einführung eines § 795 S. 3 ZPO, der vollumfänglich auf § 717 Abs. 2 ZPO verwies, BT-Drs. 16/9821, S. 33. 413 BT-Drs. 16/9821, S. 24. 414 Vgl. dazu Schimansky, WM 2008, 1049, 1051. 415 Musielak/Lackmann, ZPO, § 769 Rn. 4; Zöller/Herget, ZPO, § 769 Rn. 6. 416 BGH, NJW-RR 2002, 1090; OLG Köln NJW-RR 1987, 189.
F. Nicht abtretbare Unternehmenskredite
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Kodifizierung von Tatbestandsvoraussetzungen führte dazu, dass die Einstellung ohne Sicherheitsleistung gegenüber § 707 Abs. 1 S. 2 ZPO formal gesehen sogar erleichtert war. Jedoch fand der Rechtsgedanke von § 707 ZPO auch hier Anwendung, so dass die Einstellung gegen Sicherheitsleistung nach § 769 ZPO die Regel war.417 Aufgrund der asymmetrischen finanziellen Leistungsfähigkeit ist die wirtschaftliche Freiheit zwischen den Beteiligten unterschiedlich verteilt. Für den Kreditnehmer kann es gerade im Bereich der Immobiliarvollstreckung, in der es um hohe Vollstreckungswerte geht, schwierig sein, eine Sicherheit zu stellen. Der Gesetzgeber befürchtete deshalb, dass dies eine unangemessene Erschwerung oder gar Vereitelung der Rechtsverfolgung nach sich ziehen könne.418 Wenn die Rechtsverfolgung erfolgversprechend sei, sei es nicht zu vertreten, wenn der Schuldner die Einstellung von Vollstreckungsmaßnahmen nur gegen Sicherheitsleistung erreichen kann.419 Deswegen ordnet die neu eingefügte Regelung des § 769 Abs. 1 S. 2 ZPO an, dass das Gericht keine Sicherheitsleistung für die Einstellung der Zwangsvollstreckung festsetzt, wenn der Schuldner zur Sicherheitsleistung nicht in der Lage ist und die Rechtsverfolgung durch ihn hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Im Vergleich zu § 707 Abs. 1 S. 2 ZPO, auf den im Rahmen des § 769 ZPO bislang rekurriert wurde, bringt die Einführung des § 769 Abs. 1 S. 2 ZPO insofern eine Erleichterung, als nicht glaubhaft gemacht werden muss, dass die Vollstreckung einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde. Sofern sie im Übrigen mit § 707 Abs. 1 S. 2 ZPO übereinstimmt und die bisherige Rspr. zu § 769 BGB kodifiziert ist, hat die Norm lediglich klarstellende Bedeutung.
F. Nicht abtretbare Unternehmenskredite Im Jahre 1994 erfuhr der vertragliche Abtretungsausschluss nach § 399 Hs. 2 BGB durch Einführung des § 354a Abs. 1 S. 1 HGB (vormals allein S. 1) eine Einschränkung.420 Seither ist die Abtretung § 354a Abs. 1 S. 1 HGB zufolge trotz eines vertraglichen Abtretungsverbotes gleichwohl wirksam, wenn es sich um eine Geldforderung aus einem beiderseitigen Handelsgeschäft handelt. § 354a Abs. 1 S. 2 HGB gibt dem Schuldner die Möglichkeit, an den Zedenten als Nichtberechtigtem befreiend zu leisten. Im Unterschied zu § 407 Abs. 1 BGB schadet die Kenntnis der Abtretung nicht.421 417
Musielak/Lackmann, ZPO, § 769 Rn. 4. BT-Drs. 16/9821, S. 24. 419 BT-Drs. 16/9821, S. 24. 420 Art. 2 Nr. 11 des (zweiten) Gesetzes zur Änderung des D-Markbilanzgesetzes und anderer handelsrechtlicher Bestimmungen vom 25.07.1994 (BGBl. I, 1682). 421 BGH, NJW-RR 2005, 626; Roth, in: Koller/Roth/Morck, HGB, § 354a Rn. 3. 418
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Die Sondervorschrift des § 354a HGB ist Ausfluss der Erkenntnis, dass der professionelle Wirtschaftsverkehr bisweilen besondere Regeln erfordert, die vom bürgerlichen Recht abweichen oder es ergänzen.422 Die Regelung hatte folgenden konkreten Hintergrund: Nahezu alle Großunternehmen in Deutschland nutzten damals die Möglichkeit des § 399 Hs. 2 BGB, um in ihren Einkaufsbedingungen die Abtretung von Forderungen aus Warenlieferungen und Dienstleistungen mit Wirkung gegenüber jedermann auszuschließen.423 Die Zulässigkeit eines formularmäßigen Abtretungsausschlusses ist zwar umstritten, aber von der Rspr. anerkannt.424 Die Abtretungsverbote versperrten den Lieferanten den Zugang zu Liquidität, zu Refinanzierungsquellen sowie die Möglichkeit zur Bilanzverkürzung, weil sie gerade ihre bonitätsmäßig einwandfreien Außenstände nicht zur Kreditsicherung und Fakturierung verwenden konnten.425 In Kombination mit der Ausschöpfung der Zahlungsziele konnte das Abtretungsverbot den Großabnehmern und öffentlichen Stellen dazu dienen, ihre Marktmacht zu demonstrieren, um bessere Konditionen durchzusetzen.426 Serick wies schon früh darauf hin, dass die Zulässigkeit der Ausschließungsabrede volkswirtschaftlich unerwünscht sei, weil sie vorwiegend den kleinen und mittleren Lieferanten trifft.427 Mit Einführung der Sondervorschrift im Jahre 1994 sollten deshalb die Refinanzierungsmöglichkeiten und somit die Wettbewerbsbedingungen der genannten Unternehmer verbessert werden.428 Dies geschah durch Erhöhung der Verkehrsfähigkeit der Handelsforderungen (§ 354a Abs. 1 S. 1 HGB) unter gleichzeitiger Wahrung des Schuldnerschutzes (§ 354a Abs. 1 S. 2 HGB).429 Mit § 354a Abs. 1 S. 1 HGB wurden zudem die beim verlängerten Eigentumsvorbehalt entstehenden Konflikte zwischen Forderungsschuldner, Verwender des Abtretungsverbots und Vorbehaltslieferanten zugunsten des Letzteren entschärft.430 Die Vorschrift belässt es bei der Zulässigkeit von vertraglichen und insbesondere formularmäßigen Abtretungsverboten.431 Sie beschränkt jedoch deren dingliche Wirkungen und strahlt auf ein obligatorisches
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Dazu Heinemann, in: FS Fikentscher, S. 364. BT-Drs. 12/7570, S. 4; BT-Drs. 12/7912, S. 25. 424 BGH, NJW 2006, 3487; H. Schmidt, in: Ulmer/Brandner/Hensen/Anh § 310 BGB Teil 3 (1) Rn. 1 ff.; zur AGB-Auslegung unter Geltung des § 354a HGB Canaris, in: FS Serick, S. 9, 33. 425 Vgl. Willoweit, in: FS Gernhuber, S. 549, 550 ff. 426 BT-Drs. 12/7570, S. 3; BT-Drs. 12/7912, S. 24. 427 Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Bd. II, Teil 1, S. 289. 428 BT-Drs. 12/7570, S. 3; BT-Drs. 12/7912, S. 24; vgl. MüKo-HGB/K. Schmidt, § 354a Rn. 1. 429 E. Wagner, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, Bd. II, § 354a Rn. 2 f. 430 BT-Drs. 12/7570, S. 3; BT-Drs. 12/7912, S. 24. 431 Roth, in: Koller/Roth/Morck, HGB, § 354a Rn. 1. 423
F. Nicht abtretbare Unternehmenskredite
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Abtretungsverbot insoweit aus, als die Abtretung unabdingbar zulässig ist und daher keine Pflichtverletzung darstellt.432 Im Jahre 2008 sah der Gesetzgeber indes, dass die in § 354a HGB vorausgesetzte Interessenlage im Verhältnis zwischen Kreditinstitut und gewerblichem Schuldner i. d. R. nicht gegeben ist.433 Es ist zwar daran zu denken, den Gesetzeszweck des § 354a HGB nunmehr auf die Refinanzierungsfunktion der Banken zu erweitern.434 Entscheidend ist aber, dass ein Kreditinstitut als Gläubiger einem kaufmännischen Schuldner zumeist wirtschaftlich und strukturell überlegen ist. Im Bereich der Bankdarlehen diktiert der Gläubiger die Geschäftsbedingungen, nicht der Schuldner. Außerdem werden nicht lediglich kurzfristige Forderungen aus Lieferung und Leistung, sondern Forderungen aus Darlehen abgetreten, die unterschiedliche und mitunter auch mittel- bis langfristige Laufzeiten aufweisen. In diesen Konstellationen dient ein vertraglicher Abtretungsausschluss nicht der Ausübung von Marktmacht. Er schadet – plastisch ausgedrückt – nicht dem „kleinen Mann“, wie dies als sozialer Gedanke für § 354a HGB leitend wird.435 Vielmehr wahrt die Vinkulierung von Forderungen aus Bankdarlehen das berechtigte Interesse des Schuldners. Er ist nicht gezwungen, einen neuen Gläubiger zu akzeptieren, den er sich nicht ausgesucht hat. Für diese Fallkonstellation hat der Gesetzgeber mit Einführung des § 354a Abs. 2 HGB eine Rückausnahme zu § 354a Abs. 1 HGB geschaffen. Somit bleiben vertragliche Abtretungsausschlüsse für kaufmännische Forderungen aus einem Darlehensvertrag, deren Gläubiger ein Kreditinstitut im Sinne des Kreditwesengesetzes ist, dinglich wirksam. Der Gesetzgeber gießt damit die Überlegungen von Hammen436 zu einer teleologischen Reduktion des bisherigen § 354a HGB in Gesetzesform. Ursprünglich diente die Änderung des § 354a HGB der Anpassung an die vorgeschlagene Verpflichtung der Banken in § 16 KWG-E, Kredite anzubieten, deren Forderungen nicht veräußert werden dürfen.437 Nachdem sich diese gesetzliche Verpflichtung im Gesetzgebungsverfahren im Jahre 2008 nicht durchsetzen konnte, ist die Änderung des HGB gleichwohl beibehalten worden, damit die Vorschrift einem freiwilligen Abtretungsausschluss nicht entgegensteht.438 Die Neufassung nimmt den Verfechtern einer uneingeschränkten Verkehrsfähigkeit von Forderungen ein wichtiges Argument.
432 433 434
Vgl. MüKo-HGB/K. Schmidt, § 354a Rn. 32. Vgl. Hammen, in: Bankrechtstag 2005, S. 113, 120 f. Verband der Auslandsbanken in Deutschland, Stellungnahme vom 18.01.2008,
S. 14. 435 436 437 438
Canaris, in: FS Serick, S. 9, 10. Hammen, in: Bankrechtstag 2005, S. 113, 120 f. BT-Drs. 16/9821, Nr. 1 (zu § 16 KWG-E) Anlage 2, S. 27. Zentraler Kreditausschuss, Stellungnahme vom 18.01.2008, S. 18.
„Was ist ein Einbruch in eine Bank gegen die Gründung einer Bank?“ Bertolt Brecht1 „Man braucht gewisse Möbel für die Bühne, aber wenn das Stück nicht mehr gespielt wird, brauche ich auch das Inventar nicht mehr.“ Ferdinand Graf von Galen2
4. Kapitel
Die Maßnahmen zur Finanzmarktstabilisierung im Jahre 2008 A. Interventionen des Staates als Lender of last Resort I. Geschichtlicher Hintergrund In der Einleitung wurde Adam Smith zitiert.3 Nach ihm gereicht der Egoismus der Wirtschaftssubjekte unter Minimierung staatlicher Einflussnahme einer gesamten Volkswirtschaft grundsätzlich zum Vorteil. Allerdings schließt das Eingehen unternehmerischer Risiken es mit ein, etwaige Verluste aus der Tätigkeit auch selbst zu tragen (Haftungsprinzip). Dies hat Walter Eucken, der Mitbegründer der Freiburger Schule, als eines der konstituierenden Prinzipien einer freiheitlichen und sozialen Marktwirtschaft erkannt.4 Der Egoismus einzelner Personen kann andernfalls zu einer Asymmetrie in der Chance-Risiko-Verteilung, einer unvorsichtigeren Disposition des Kapitals und letztlich zu einer Funktionsstörung des Wettbewerbs der Leistung führen. Diese Schwäche hat schon Karl Marx in einem Leitartikel in der New York Daily Tribune vom 22.12.18575 festgestellt. Darin beschreibt er die Staatsintervention durch den Hamburger Senat in der Finanzkrise des Jahres 1857 in Europa, die ein ähnliches Muster aufwies wie diejenige der Jahre 2007 bis 2009. Der Senat und die Erbgesessene Bürgerschaft hat1 Die Dreigroschenoper (Druckfassung 1931), III, 9 (Mac). In: Ausgewählte Werke in sechs Bänden. Erster Band: Stücke 1. Frankfurt am Main: Suhrkamp Verlag, 1997, S. 267. 2 Ehemals persönlich haftender Gesellschafter des Bankhauses Schröder, Münchmeyer, Hengst & Co., zitiert nach Ulrich Manz, „Das Stück wird nicht mehr gespielt“, in: DER SPIEGEL vom 21.01.1985, S. 81, 82. 3 s. dazu oben Kapitel 1 A. 4 Eucken, Grundsätze der Wirtschaftspolitik, S. 254 ff. 5 Abgedr. bei K. Marx/Engels, Werke, Bd. 12, S. 339 ff.
A. Interventionen des Staates als Lender of last Resort
141
ten die Krise dadurch zu lösen versucht, dass sie verzinsliche Wertpapiere (Noten der Kämmerei) zu einem Betrag von 15 Millionen Mark Banko herausgaben, um damit Vorschüsse auf Waren dauerhafter Art oder auf Staatspapiere zu gewähren. Marx kommt zu dem Schluss: „Mit anderen Worten, das Vermögen der gesamten Gesellschaft, welche die Regierung vertritt, hätte die Verluste der privaten Kapitalisten zu vergüten. Diese Art Kommunismus, wo die Gegenseitigkeit völlig einseitig ist, erscheint den europäischen Kapitalisten ziemlich anziehend.“ 6
Man erkennt, dass die Gewinne schon damals individualisiert, die Verluste hingegen sozialisiert wurden. Wo Scheitern systemimmanent ist, erscheint eine implizite Staatsgarantie indes als Marktanachronismus. Dagegen war Bagehot im Jahre 1873 der Ansicht, dass es sogar die Pflicht der Bank of England sei, in Zeiten der Panik den Markt freigiebig mit Liquidität zu unterstützen.7 Mehr noch vertrat er die Meinung, dass die Notenbank dem Markt unmissverständlich und zu jeder Zeit klarmachen müsse, dass sie diese Pflicht auch erfüllen wird.8 Denn obgleich die Bank of England in Finanzkrisen am Ende regelmäßig doch den Markt unterstützte, habe ihr anfängliches Zögern unnötige Ungewissheit und dadurch mehr Panik ausgelöst, als wenn sie von Beginn an klar kommuniziert hätte, dass auf sie zu zählen ist.9 So prägte Bagehot den Begriff des „lender of last resort“ imperativisch.10 Gleichwohl wusste er von der wettbewerbsverzerrenden Wirkung und dem Schaden für die Marktordnung, wenn ein Marktaustritt von „schlechten“ Banken nicht gewährleistet ist und sie vielmehr einen Anreiz zum riskanten Verhalten erhielten.11 Diese negativen Effekte der Staatshilfen wollte er mit einer soliden Besicherung und einem Strafzins auf die Liquiditätsfazilitäten begegnen.12 Die Wirksamkeit dieser Instrumente sei dahingestellt. Adam Smith sprach von einer unsichtbaren Hand13 als Metapher für die Selbstregulierungskräfte des Marktes. Obschon letztlich unbeantwortet bleiben 6
K. Marx/Engels, Werke, Bd. 12, S. 340. Bagehot, Lombard Street, S. 61. 8 Bagehot, Lombard Street, S. 64. 9 Bagehot, Lombard Street, S. 64. 10 Vgl. auch Wood, The Independent Review, Vol. VII (2003), S. 343 ff.; einen ansprechenden Überblick über die akademische Lit. zum „Lender of Last Resort“ bieten Freixas/Giannini/Hoggarth/Soussa, Financial Stability Review der Bank of England 1999, 151. 11 Bagehot, Lombard Street, S. 100 f.: „Any aid to a present bad Bank is the surest mode of preventing the establishment of a future good Bank.“ 12 Bagehot, Lombard Street, S. 61. 13 Die bekannteste der insgesamt nur dreimaligen Verwendung des Begriffs der „invisible hand“ findet sich bei einer kritischen Auseinandersetzung mit nationalen Einfuhrbeschränkungen, s. Smith, An Inquiry into the Nature and Causes of the Wealth of Nations, Vol. II., Book IV., Chap. II.: „By preferring the support of domestic to that of foreign industry, he intends only his own security; and by directing that industry in such 7
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4. Kap.: Die Maßnahmen zur Finanzmarktstabilisierung im Jahre 2008
muss, wer diese Hand steuert, hatte Smith sicherlich nicht die sichtbare Hand des Staates im Sinn, wenngleich auch er geahnt haben muss, dass das Versagen der Selbstregulierungskräfte systemimmanent ist.
II. Lehrbuchartiges Vorgehen der Staatengemeinschaft in der Finanzkrise der Jahre 2007 bis 2009 Als die Notenbanken und Regierungen in der Finanzkrise der Jahre 2007 bis 2009 erst sehr spät Rettungsmaßnahmen ergriffen, wiederholten sich die Vorgänge, die Bagehot schon im 19. Jahrhundert beobachtet hatte. Und wieder entsprach dieses Verhalten nicht den von ihm formulierten Forderungen. Denn zunächst wurde der Investment-Bank Lehman Brothers die Staatshilfe versagt. Zugleich wurde getestet, ob nicht die Selbstheilungskräfte des Marktes zur Lösung der Finanzkrise genügten. Als die Insolvenz von Lehman Brothers schließlich deren systemische Relevanz14 ins öffentliche und politische Bewusstsein rückte, kam es zu übereilten individuellen Stützungsaktionen für einzelne Finanzinstitute weltweit. Sie folgten dem klassischen Muster einer gemeinschaftlichen Aktion unter Einbindung der Bankaufsicht, der Zentralbank sowie der Kreditwirtschaft, nach dem Banken mit gesteigerter Relevanz für andere Marktteilnehmer für gewöhnlich zu retten versucht werden.15 In der aktuellen Finanzkrise zeichnete sich aber bald ab, dass dies zwar im Einzelfall Erfolg versprach, die Systemkrise selbst jedoch keineswegs beseitigen konnte. Daraufhin griffen die führenden Industrienationen mit einem international abgestimmten und umfangreichen Maßnahmenpaket massiv in den Finanzmarkt ein. Endlich machten sie explizit, dass sie das Finanzsystem bedingungslos unterstützen würden. Die Maßnahmen zur Finanzmarktstabilisierung sind ein psychologisches Instrument zur Wiederherstellung des Vertrauens. Das Vertrauen ist wichtig, weil a manner as its produce may be of the greatest value, he intends only his own gain; and he is in this, as in many other cases, led by an invisible hand to promote an end which was no part of his intention.“ 14 In Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie zur Durchführung und Qualitätssicherung der laufenden Überwachung der Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute durch die Deutsche Bundesbank i. d. F. der Bekanntmachung vom 21.02.2008 werden systemrelevante Institute für aufsichtliche Zwecke folgendermaßen definiert: „Institute, deren Bestandsgefährdung auf Grund ihrer Größe, der Intensität ihrer Interbankbeziehungen und ihrer engen Verflechtung mit dem Ausland erhebliche negative Folgeeffekte bei anderen Kreditinstituten auslösen und zu einer Instabilität des Finanzsystems führen könnte.“ Die Einstufung als systemrelevantes Institut in diesem Sinne erfolgt einvernehmlich zwischen BaFin und Bundesbank; vgl. auch Becker/Mock, FMStG, § 4 FMStFG Rn. 40 ff. 15 Vgl. etwa zu dem gemeinsamen Vorgehen im Hinblick auf den Zusammenbruch der Herstatt-Bank im Jahre 1974 „Einiges steckengeblieben“, Der Spiegel vom 08.07. 1974, Seite 22 ff.; zu dem Zusammenbruch der Bank Schröder, Münchmeyer, Hengst & Co im Jahre 1983 s. die vierteilige Serie von J. Preuß, „Früher hätte man sich erschossen“ in: DER SPIEGEL vom 06., 13., 20. und 27.01.1986.
A. Interventionen des Staates als Lender of last Resort
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das den Banken anvertraute Geld kaum physisch vorhanden ist. Die bislang implizite Staatsgarantie, die in den Maßnahmen zur Finanzmarktstabilisierung vorübergehend explizit gemacht wurde, entfaltet ihre volle Funktion gerade dann, wenn sie nicht in Anspruch genommen werden muss. Der Staat leiht den Banken seine Bonität. Dies gipfelte darin, dass Bundeskanzlerin Merkel eine mündliche Staatsgarantie für alle Kundeneinlagen bei Banken abgab, in der Absicht, einen Bank-Run zu verhindern. Zu diesem Zeitpunkt war die Panik auf dem Finanzmarkt bereits eingetreten. Die Staaten wurden mithin geradezu lehrbuchartig als „lender of last resort“ tätig.
III. Zwischenfazit Die detaillierten Interventionsvorschriften sind eine Reaktion darauf, dass die Finanzmärkte nicht im Stande sind, sich selbst zu regulieren.16 Die Ende des vergangenen Jahrhunderts angestoßenen Liberalisierungstendenzen sind ins Stocken geraten. Die Kreditwirtschaft hat es nicht vermocht, ihren wettbewerbspolitischen Ausnahmecharakter abzulegen. Über die asymmetrische Verteilung der Chancen und Risiken zu Gunsten Einzelner und zu Lasten der Allgemeinheit hatte sich schon, wie wir sahen, Marx seine Gedanken gemacht. Überdies ist eine strukturelle Schieflage zwischen der Forderung nach staatlicher Unterstützung im Krisenfall und dem gesamtgesellschaftlichen Beitrag der Banken im Normalfall auszumachen, wenn es ihnen nach dem juristisch sicherlich zutreffenden Selbstverständnis manch eines Bankvertreters nicht obliegen soll, das Gemeinwohl zu fördern.17 Dass das Kreditwesen eine Sonderstellung im wirtschaftlichen Wettbewerb darstellt, scheint nicht nur bei dem Staatseingriff zur Bankenrettung, sondern auch bei der nachfolgenden Aufarbeitung der Krise durch. Man identifizierte Banken, die aufgrund ihrer besonderen Bedeutung für die Volkswirtschaft im Zweifel vom Staat gerettet werden müssen, mithin – verkürzt gesagt – zu groß sind, um zu scheitern („too big to fail“), genauer: um sie scheitern zu lassen. Die Wettbewerbsverzerrungen aus der impliziten Staatsgarantie für derartige Banken wurden allerdings nicht mit einer erweiterten Anwendung des klassischen wettbewerbsrechtlichen Instrumentariums,18 sondern mit dem Bankaufsichtsrecht ab16 Bundesfinanzminister Peer Steinbrück zum Finanzmarktstabilisierungsgesetz am 15.10.2008 vor dem Deutschen Bundestag, zitiert nach Lorenz, WM 2008, 2087 f. 17 Alexander Dibelius, Chef von Goldman Sachs in Deutschland, Österreich, Russland, Zentral- und Osteuropa, auf einer Veranstaltung der Wissenschaftlichen Hochschule für Unternehmensführung WHU – Otto Beisheim School of Management am 14.01.2010 in Vallendar bei Koblenz; Zitat in Anlehnung an Adam Smith (s. oben Fn. 4) im Original: „Banks, particulary private and listed institutions, do not have an obligation to promote the public good.“, zitiert nach von der Hagen, Gottes Werk und Dibelius’ Beitrag, in: Süddeutsche Zeitung vom 15.01.2010. 18 Stellvertretend für viele sah D. Zimmer Entflechtungsmaßnahmen als eingriffsintensiver und daher nur subsidiär zur klassischen Bankenregulierung an, s. ders., Gut-
144
4. Kap.: Die Maßnahmen zur Finanzmarktstabilisierung im Jahre 2008
zumildern versucht,19 freilich ohne das allgemeine Kartell- und Wettbewerbsrecht damit in seinem Anwendungsbereich zu beschneiden. Die in diesem Zusammenhang präsentierten Vorschläge der internationalen Aufsichtsgremien20 lassen hinter dem Bankaufsichtsrecht letztlich wieder den Wunsch nach einheitlichen Wettbewerbsbedingungen („Level Playing Field“) so deutlich erkennen wie bei der Gründung des Basler Ausschusses für Bankenaufsicht.
B. Gesetz zur Umsetzung eines Maßnahmenpakets zur Stabilisierung des Finanzmarktes I. Die Gesetzesgenese Das Maßnahmenpaket zur Stabilisierung des Finanzmarktes beruht auf den Beschlüssen der europäischen G-8-Staats- und Regierungschefs bei ihrem Treffen in Paris am 04.10.2008 und des Treffens der G-7-Finanzminister und Notenbankgouverneure am 10.10.2008.21 Europäische Impulse gaben die Beschlüsse des EU-Finanzministerrats vom 07.10.2008 und die Übereinkommen der Staatsund Regierungschefs der Eurozonenländer bei ihrem Treffen am 12.10.2008.22 Das „Gesetz zur Umsetzung eines Maßnahmenpakets zur Stabilisierung des Finanzmarktes“ (Finanzmarktstabilisierungsgesetz – FMStG) hat in Rekordzeit die parlamentarischen Hürden genommen: Zwischen der Einbringung des Gesetzentwurfs am 14.10.200823 und seiner Verkündung im Bundesgesetzblatt am 17.10. 200824 lagen drei Tage.25 Die wesentlichen Regelungen des Gesetzes traten geachten zum 68. DJT, G 25 ff., Ergebnis G 40; ebenso die herrschende Ansicht in der Schweiz, obgleich sich hier die Problematik aufgrund der verhältnismäßig geringen Rettungskapazitäten des Staates noch schärfer darstellt, s. Schweizerische Expertenkommission, Schlussbericht, S. 127 ff. 19 In Deutschland etwa das Gesetz zur Restrukturierung und geordneten Abwicklung von Kreditinstituten, zur Errichtung eines Restrukturierungsfonds für Kreditinstitute und zur Verlängerung der Verjährungsfrist der aktienrechtlichen Organhaftung (Restrukturierungsgesetz) vom 09.12.2010 (BGBl. I S. 1900); in den USA Dodd-Frank Wall Street Reform and Consumer Protection Act vom 21.07.2010 [H.R. 4173] 12 USC 5301; in der Schweiz Vorlage zur Änderung des Bankengesetzes (Too big to fail), BBl. 2011, 4807 ff. mitsamt Botschaft (Regierungsbegründung), BBl. 2011, 4717 ff.; dazu Schiltknecht, SZW 82 (2010), 435 ff. 20 Manifestiert in den Papieren des Basler Ausschusses für Bankenaufsicht, Global systemically important banks, sowie des Financial Stability Board zu Key Attributes of Effective Resolution Regimes for Financial Institutions, die beide am 04.11.2011 von den Staats- und Regierungschefs der G-20 beschlossen wurden. 21 Gesetzentwurf der Fraktion der CDU/CSU, Fraktion der SPD vom 14.10.2008, BT-Drs. 16/10600, S. 15. 22 BT-Drs. 16/10600, S. 15. 23 BT-Drs. 16/10600. 24 BGBl. I, 1982.
B. Gesetz zur Umsetzung eines Maßnahmenpakets
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mäß Art. 7 Abs. 1 FMStG am Tag nach der Verkündung, am 18.10.2008, in Kraft. Die in den Geschäftsordnungen der jeweiligen Gesetzgebungsorgane vorgesehenen Fristen wurden nicht eingehalten. Schneller wurde ein Bundesgesetz noch nie in der Geschichte der Bundesrepublik verabschiedet, so dass unklar ist, ob der parlamentarische Willensbildungsprozess in dieser Zeit funktionieren konnte und nicht ein lediglich formaler Beschluss über den von der Regierung vorgelegten Entwurf stattfand.
II. Überblick über das staatliche Instrumentarium Das FMStG ist ein Artikelgesetz, das als Hauptbestandteil das Gesetz zur Errichtung eines Finanzmarktstabilisierungsfonds (Finanzmarktstabilisierungsfondsgesetz – FMStFG)26 enthält. Mit § 1 FMStFG wurde ein nicht rechtsfähiges27 Sondervermögen „Finanzmarktstabilisierungsfonds – FMS“ errichtet, das von der „Bundesanstalt für Finanzmarktstabilisierung – FMSA“ 28 verwaltet wird.29 Der Fonds soll ausweislich seines gesetzlich in § 2 Abs. 1 FMStFG verankerten Zwecks der „Stabilisierung des Finanzmarktes durch Überwindung von Liquiditätsengpässen und durch Schaffung der Rahmenbedingungen für eine Stärkung der Eigenkapitalbasis“ dienen. Der Fonds verfügt dazu über ein Instrumentarium aus drei sich ergänzenden Maßnahmen: Erstens wird das BMF dazu ermächtigt, für den Fonds Garantien bis zur Höhe von 400 Milliarden Euro zu übernehmen, und zwar für ab Inkrafttreten des Gesetzes und bis zum 31.12.2009 begebene Schuldtitel und begründete Verbindlichkeiten von Unternehmen des Finanzsektors (u. a. Kreditinstitute, Versicherungsund Kapitalanlagegesellschaften), die eine Laufzeit von bis zu 36 Monaten haben, bzw. für entsprechende Verbindlichkeiten von Zweckgesellschaften, die Ri-
25 Das Gesetzgebungsverfahren umfasste über die zuvor genannten Stationen hinaus noch folgende: 1. Beratung am 15.10.2008 – BT-Plenarprotokoll 16/182, S. 19349B– 19376A, Beschlussempfehlung und Bericht des Haushaltsausschusses vom 17.10.2008 – BT-Drs. 16/10651, Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 17.10. 2008 – BT-Drs. 16/10661, 2. Beratung am 17.10.2008 – BT-Plenarprotokoll 16/184, 3. Beratung am 17.10.2008 – BT-Plenarprotokoll 16/184, Unterrichtung des BR über Gesetzesbeschluss des BT vom 17.10.2008 – BR-Drs. 750/08, Durchgang am 17.10. 2008 – BR-Plenarprotokoll 849, Beschlussdrucksache vom 17.10.2008 – BR-Drs. 750/ 08(B). 26 Art. 1 des Gesetzes vom 17.10.2008 (BGBl. I, 1982). 27 § 3 Abs. 1 FMStFG. 28 Deren bewegte Geschichte lässt die Lektüre des § 3a Abs. 1 FMStFG erahnen; vgl. die einzelnen Änderungen aufgrund von Art. 1 Finanzmarktstabilisierungsergänzungsgesetz vom 07.04.2009 (BGBl. I, 725) sowie von Art. 1 des Gesetzes zur Fortentwicklung der Finanzmarktstabilisierung vom 17.07.2009 (BGBl. I, 1980). 29 § 3a Abs. 2 S. 1 FMStFG; vgl. auch BT-Drs. 16/10600 vom 14.10.2008, S. 16 f. (zu Art. 1, §§ 1 bis 3, zu §§ 6 bis 8).
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4. Kap.: Die Maßnahmen zur Finanzmarktstabilisierung im Jahre 2008
sikopositionen eines Unternehmens des Finanzsektors übernommen haben (§ 6 Abs. 1 FMStFG). Zweitens kann sich der Fonds an der Rekapitalisierung von Unternehmen des Finanzsektors beteiligen, insbesondere gegen Leistung einer Einlage Anteile oder stille Beteiligungen erwerben und sonstige Bestandteile der Eigenmittel dieser Unternehmen übernehmen (§ 7 Abs. 1 FMStFG). Drittens kann der Fonds den Marktteilnehmern durch Risikoübernahme den Zugang zu Liquidität erleichtern, indem er von Unternehmen des Finanzsektors vor dem 13.10.2008 erworbene Risikopositionen, insbesondere Forderungen, Wertpapiere, derivative Finanzinstrumente, Rechte und Pflichten aus Kreditzusagen oder Gewährleistungen und Beteiligungen, jeweils nebst zugehöriger Sicherheiten, erwerben oder auf andere Weise absichern kann. Dasselbe gilt gegenüber Zweckgesellschaften, die Risikopositionen eines Unternehmens des Finanzsektors übernommen haben (§ 8 Abs. 1 FMStFG).
III. Folgen für den Staat und die Allgemeinheit Die Regelungen werfen zahlreiche ökonomische und verfassungsrechtliche, auch europarechtliche und vor allem wettbewerbs- und allgemein ordnungsrechtliche Fragen auf.30 Der Kollektivschutz des Finanz- und Wirtschaftssystems sowie der reflexartige Individualschutz im Hinblick auf die einzelnen Anleger und Gläubiger der Banken stehen in einem Spannungsverhältnis zum verfassungsrechtlich verankerten31 Prinzip der marktwirtschaftlich-wettbewerbsrechtlichen Ordnung. Die Staatsgarantie beschert den aufgrund ihrer Systemrelevanz begünstigten Banken einen quantifizierbaren Windfall-Profit in Gestalt niedrigerer Refinanzierungskosten.32 Im vorliegenden Zusammenhang interessieren vor allem zwei Aspekte: Der erste besteht darin, dass überhaupt ein ordnungswidriger Staatseingriff notwendig wurde. Daraus ergibt sich das Ziel, Darlehensveräußerungen als Ursache für eine Bankenkrise auszuschließen. Der zweite Aspekt betrifft die Art und Weise, wie die Übertragung von Risikopositionen geregelt worden ist. Dies soll im Folgenden genauer spezifiziert werden. Es wird deutlich gemacht, wie die Realisierung der für Kreditinstitute typischen Risiken durch un30 Vgl. dazu Köndgen, ZBB 2009, 144 ff.; H.-J. Hellwig, Das Rettungspaket verstößt gegen Europarecht, FAZ vom 05.11.2008, S. 23; Arhold, EuZW 2008, 713; das BVerfG hat eine Verfassungsbeschwerde wegen fehlender Ausschöpfung des Rechtswegs nicht zur Entscheidung angenommen, BVerfG, WM 2009, 17, 786; das Finanzmarktstabilisierungsgesetz sei nicht unmittelbar mit Verfassungsbeschwerde angreifbar. 31 Grundrechtlich vor allem in Art. 12 Abs. 1 GG (Berufsfreiheit), so BVerfGE 32, 311, 317; 46, 120, 137, aber auch in Art. 9 und 14 Abs. 1 GG, institutionell mehr noch in Art. 2 Abs. 1 GG (allgemeine Handlungsfreiheit), so BVerwGE 17, 306, 309; 30, 191, 198; 79, 326, 329, vgl. ausf. Di Fabio, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 2 Rn. 116. 32 D. Zimmer, Gutachten G zum 68. Deutschen Juristentag, S. G-11 f.
B. Gesetz zur Umsetzung eines Maßnahmenpakets
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orthodoxe Maßnahmen zu bewältigen ist und welche Interessen in den Hintergrund gedrängt werden. Die nationale Umsetzung des Maßnahmenpakets befasst sich nämlich auch mit einigen der wesentlichen Probleme der Darlehensveräußerungen, die den Gegenstand dieser Untersuchung bilden.
IV. Besondere Regelung der Risikoübernahme Vor diesem Hintergrund ist es angebracht, die Regelungen zur Risikoübernahme in § 8 Abs. 1 FMStFG genauer zu betrachten. Mit dem FMStG wurde zugleich das Gesetz zur Beschleunigung und Vereinfachung des Erwerbs von Anteilen an sowie Risikopositionen von Unternehmen des Finanzsektors durch den Fonds „Finanzmarktstabilisierungsfonds – FMS“ (Finanzmarktstabilisierungsbeschleunigungsgesetz – FMStBG) eingeführt.33 In dem mit „Erwerb von Risikopositionen“ überschriebenen § 16 FMStBG hat der Gesetzgeber die Transaktionen kurzerhand von allen in Betracht kommenden Rechtsrisiken befreit, die nach dem Stand der juristischen Diskussion akut erschienen.34 Angesichts der langjährigen Erörterungen und der keineswegs abgeschlossenen Bewertung wird man seine Überraschung über die Chuzpe des Gesetzgebers kaum verhehlen können, wenn man in § 16 Abs. 1 S. 2 bis 4 FMStBG folgende Regelungen vorfindet: „2Zivilrechtliche Abtretungs- und Übertragungshindernisse, einschließlich des Erfordernisses einer Zustimmung Dritter, stehen der Wirksamkeit der Übertragung an den Fonds nicht entgegen. 3Die Übertragung einer Forderung oder eines Vertragsverhältnisses an den Fonds stellt keinen wichtigen Grund zur Kündigung im Sinne des § 314 des Bürgerlichen Gesetzbuchs dar. 4Die §§ 307 bis 309 des Bürgerlichen Gesetzbuchs und § 354a Abs. 2 des Handelsgesetzbuchs sind auf Übertragungen an den Fonds und die von ihm verwandten Vertragsbedingungen nicht anwendbar.“
In § 16 Abs. 2 FMStBG werden ohne viel Aufhebens das Bankgeheimnis, der Datenschutz und das Amtsgeheimnis beschränkt: „1Die an einer Übertragung von Risikopositionen an den Fonds Beteiligten dürfen personenbezogene Daten erheben, verarbeiten und nutzen, soweit dies zur Übertragung erforderlich ist. 2§ 203 des Strafgesetzbuchs steht einer Übertragung von Informationen im Rahmen der Übertragung von Risikopositionen an den Fonds nicht entgegen.“
In den Regelungen zeigen sich gleichermaßen die Erfahrung und der Einfluss der am Gesetzentwurf beteiligten Wirtschaftskanzleien.35 Die Regierungsbegrün33 Verkündet als Art. 2 des Gesetzes vom 17.10.2008 (BGBl. I, 1982); der aktuelle Titel beruht auf Art. 2 des Finanzmarktstabilisierungsergänzungsgesetzes vom 07.04. 2009 (BGBl. I, 725). 34 Vgl. dazu Kremer/Fürmaier, in: Jaletzke/Veranneman, FMStG, FMS § 16 Rn. 5 ff. 35 Der Gesetzeswortlaut stammt weitgehend aus der Feder von wenigen Wirtschaftskanzleien, die das BMF beratend hinzugezogen hatte, vgl. Antwort der BReg auf eine Kleine Anfrage, BT-Drs. 16/14133 vom 26.10.2009, Anlage 3 und 4 S. 8 f.; siehe zuvor
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4. Kap.: Die Maßnahmen zur Finanzmarktstabilisierung im Jahre 2008
dung beeilt sich, festzuhalten, dass mit den Regelungen keine implizite Aussage darüber getroffen wird, ob die angesprochenen Transaktionshindernisse nach allgemeinen Regeln bestehen.36 Man wollte nur die Unsicherheit hierüber im Keim ersticken. Dem Gesetz lässt sich gleichwohl die Wertung entnehmen, dass die Stabilisierung des Finanzmarktes durch Überwindung von Liquiditätsengpässen und Stärkung der Eigenkapitalbasis insbesondere von Instituten im Sinne von § 1 Abs. 1b KWG, also vor allem von Kreditinstituten, die weitgehende Aushebelung des Gläubiger- und Schuldnerschutzes sowie der Geheimhaltungspflichten rechtfertigen könne. Umso mehr muss unter diesem Aspekt verhindert werden, dass ein Staatseingriff zur finanziellen Rettung der Institute erforderlich wird. Schließlich findet sich eine interessante Regelung zum aufsichtsrechtlichen Status der Bundesanstalt für Finanzmarktstabilisierung in § 3a Abs. 6a S. 2 FMStFG: „Die Anstalt gilt nicht als Kreditinstitut oder Finanzdienstleistungsinstitut im Sinne des Kreditwesengesetzes, als Wertpapierdienstleistungsunternehmen im Sinne des Wertpapierhandelsgesetzes oder als Versicherungsunternehmen im Sinne des Versicherungsaufsichtsgesetzes.“
Die gleiche Ausnahme wird in § 8a Abs. 5 S. 1 FMStFG für die Abwicklungsanstalten gemacht. Der Bericht des Haushaltsausschusses offenbart ein Verharren in alten Denkmustern, wenn es dort zur Erläuterung der Vorschriften heißt, dass die mit der Unterstellung unter das Kreditwesengesetz verbundenen erheblichen Kapitalanforderungen bislang ein wesentliches Hindernis für die Übertragung der Risikopositionen bilden würden.37 Weiter führt der Bericht aus, dass mit der in § 8a Abs. 5 FMStFG vorgesehenen Befreiung der Abwicklungsanstalten von wesentlichen Anforderungen des Kreditwesengesetzes das bislang gebundene aufsichtsrechtliche Eigenkapital bei dem jeweiligen Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitut verbleiben und damit den strategienotwendigen Geschäftsbereichen zur Verfügung stehen könne. Die Tätigkeit der Zweckgesellschaften, mit denen die Privatwirtschaft in großem Umfang Aufsichtsarbitrage betrieben hat, wird mithin durch ein staatliches Pendant perpetuiert. Dieses unterliegt ebenfalls nicht der Regulierung für Kredit- und Finanzinstitute und muss demnach insbesondere nicht die regulatorischen Eigenkapitalanforderungen erfüllen. Gerade der (daraus folgende) Mangel an Risikoabsicherung stellte eine der Ursachen der Finanzkrise und ein wesentliches Hindernis bei ihrer Bewältigung dar. Wenngleich bereits Antwort der BReg vom 31.03.2009, BT-Drs. 16/12547, S. 1 f. zu Frage Nr. 1; zu etwaigen Interessenkonflikten und den Vergütungen der beauftragten Kanzleien, die zuvor auch von nunmehr notleidenden „Nehmer“-Banken mandatiert worden waren, äußerte sich die Bundesregierung nicht und berief sich interessanterweise auf das Geschäfts- und Betriebsgeheimnis der Kanzleien; BT-Drs. 16/12547, S. 3 ff., zu Fragen Nr. 7–15; krit. auch Battis, ZRP 2009, 201. 36 BT-Drs. 16/10600 vom 14.10.2008, S. 20 f. (zu Art. 2 § 16). 37 BT-Drs. 16/13591 vom 2.7.2009, S. 31 f.
B. Gesetz zur Umsetzung eines Maßnahmenpakets
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die fehlende Aufsichtsunterworfenheit der Stabilisierungs- und Abwicklungsanstalten ein ordnungspolitisch falsches Signal sendet, ist sie dennoch wegen des staatlichen Hintergrundes der Anstalten zu billigen. Letztlich wäre die Eigenmittelausstattung eine vorgezogene Inanspruchnahme von Steuergeldern, die prinzipiell jederzeit verfügbar sein sollten.
„Hinter dem Bankgeheimnis steht ein Prinzip: Der Bürger ist kein Untertan.“ Ralph Pöhner1 „Die Banken und Sparkassen haben gewöhnlich einen feinen, zugekniffenen Mund, und solche Lippen reden erst dann, wenn die Gewissheit der endgültigen Zahlungsunfähigkeit buchstäblich vorhanden ist.“ Robert Walser2
5. Kapitel
Darlehensveräußerungen und die Geheimhaltungspflichten des Kreditgewerbes A. Rechtsgrundlagen und Ausgestaltung der Geheimhaltungspflichten I. Verfassungsrechtliche Grundlagen der Geheimhaltung Die Darlehensveräußerung betrifft den Kreditnehmer im Hinblick auf die Verschwiegenheit der Bank, insofern sie Geheimhaltungspflichten berührt. Die Geheimhaltungspflichten und insbesondere das Bankgeheimnis lassen sich auf verschiedene verfassungsrechtliche Grundlagen zurückführen.3 Daraus werden diejenigen bedeutsam, die auch eine Ausstrahlungswirkung auf das Privatrecht entfalten und den Darlehensnehmer zu schützen bestimmt sind.4 Die so eingegrenzten Grundrechte bestehen für Privatkunden primär aus dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung.5 Dieses Recht liest das BVerfG seit dem Volkszählungsurteil6 aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht gemäß Art. 2 Abs. 1
1
Schweizer Mythos, in: Die Zeit vom 26.02.2009, S. 23. Der Gehülfe, Berlin 1908. 3 Dazu Huhmann, S. 415; Petersen, S. 16 ff.; Junker, DStR 1996, 224. 4 Nobbe, WM 2005, 1537, 1538 f.; zu diesen und den übrigen verfassungsrechtlichen Grundlagen vgl. ausf. Canaris, in: Großkommentar HGB, Bd. 5, Bankvertragsrecht I, Rn. 36 ff.; Lerche, ZHR 149 (1985), 165; Koberstein-Windpassinger, WM 1999, 473, 476; Vollborth, S. 61 ff. 5 BVerfG, NJW 2007, 3707; Rob. Koch, BKR 2006, 182, 187; Nobbe, WM 2005, 1537, 1538 f.; Vollborth, S. 63 ff.; so trotz Kritik an der Bemühung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts letztlich auch Canaris, in: Großkommentar HGB, Bd. 5, Bankvertragsrecht I, Rn. 41. 6 BVerfGE 65, 1, 41 ff. 2
A. Rechtsgrundlagen und Ausgestaltung der Geheimhaltungspflichten
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i.V. m. Art. 1 Abs. 1 GG heraus. Der Einzelne ist dazu befugt, über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten selbst zu bestimmen. Daraus ergeben sich die zentralen Forderungen, beim Umgang mit Daten das Erforderlichkeitsprinzip, die Zweckbindung und das Transparenzgebot zu beachten.7 Einer Rückbindung an das allgemeine Persönlichkeitsrecht selbst, dessen enger Schutzbereich lediglich Überschneidungen mit den im Folgenden darzustellenden Geheimhaltungspflichten aufweist,8 bedarf es nicht mehr. Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung umfasst alle Informationen, gleich, welchen Grad von Persönlichkeitsbezug sie aufweisen, und unabhängig von der qualitativen Aussagekraft der betroffenen persönlichen Daten.9 Im Bereich der automatischen Datenverarbeitung gibt es kein „belangloses“ Datum.10 Welche Folgen die Verarbeitung haben kann, bestimmt sich vielmehr nach der konkreten Verwendung.11 Der Datenschutz fand als solcher auch Eingang in die Charta der Grundrechte der Europäischen Union vom 18.12.2000.12 Für gewerbliche Kunden lässt sich das teilweise aus Art. 12 Abs. 1, 14 Abs. 1 GG hergeleitete13 Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb für den Schutz der Geschäftsgeheimnisse des Betroffenen anführen.14 Dies umfasst auch die Kreditdaten. Der sich aus diesen Grundrechten ergebende Schutz ist jedoch beschränkt, weil sie nach einer Konkretisierung im Einzelfall unter Berücksichtigung des jeweiligen Schrankenvorbehalts verlangen.15 Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung entfaltet zunächst Bindungswirkung gegenüber staatlichen Stellen (vgl. Art. 1 Abs. 3, Art. 20 Abs. 3 GG). In jüngeren Entscheidungen spricht ihm das BVerfG allerdings auch Privatrechtswirkung16 zu.17 Es schütze nicht nur vor direkten staatlichen Eingriffen. Vielmehr handle es sich um eine Norm des objektiven Rechts. In dieser Eigenschaft
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BVerfGE 65, 1, 43 ff. Deshalb krit. Wech, S. 70 f. 9 Di Fabio, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 2 Abs. 1 Rn. 174. 10 BVerfGE 65, 1, 45. 11 Simitis/Simitis, BDSG, Einl. Rn. 34. 12 Charta der Grundrechte der Europäischen Union (ABlEG Nr. C 364 vom 18.12. 2000, S. 1, 10). 13 Str., bejahend für die Gesamtheit der Güter, die den wirtschaftlichen Wert des Gewerbebetriebs ausmachen BGHZ 23, 157, 162 f. und BVerwGE 62, 224, 226; hingegen nur auf Gegenstände des Gewerbebetriebs beschränkend, die auch isoliert dem Eigentumsrecht unterfallen BVerfGE 51, 193 ff.; 58, 300, 353. 14 Canaris, in: Großkommentar HGB, Bd. 5, Bankvertragsrecht I, Rn. 41; Erman/ Schiemann, BGB, § 823 Rn. 57 a. E.; Palandt/Sprau, BGB, § 823 Rn. 127; Rob. Koch, BKR 2006, 182, 187. 15 Dies ist etwa in § 28 BDSG geschehen. 16 Zu der „mittelbaren Drittwirkung“ der Grundrechte Herdegen, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 1 Abs. 3 Rn. 61 ff. 17 BVerfGE 84, 192, 194 f.; WM 2006, 2270, 2271; NJW 2007, 3707. 8
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5. Kap.: Geheimhaltungspflichten des Kreditgewerbes
strahle es auf die Auslegung und Anwendung privatrechtlicher Vorschriften aus. Den Wirkungszusammenhang stellt das BVerfG über den justiziellen Zivilrechtsschutz her: Der Richter hat kraft Verfassungsgebots die zivilrechtlichen Vorschriften im Lichte der Grundrechte auszulegen und anzuwenden.18 Verfehlt der Richter, der eine privatrechtliche Streitigkeit entscheidet, den Schutzgehalt dieses Rechts, so verletzt er als Träger öffentlicher Gewalt durch sein Urteil das Grundrecht des Bürgers in seiner Funktion als Schutznorm.19 Herdegen legt Wert auf die Feststellung, dass die „mittelbare Drittwirkung“ der Grundrechte in privatrechtlichen Rechtsbeziehungen rein tatsächlicher Natur ist, den Einzelnen indes nicht zum Grundrechtsverpflichteten macht.20 Das BVerfG führte schon im Volkszählungsurteil aus, dass die informationelle Selbstbestimmung die individuellen Entfaltungschancen des Einzelnen und daneben auch das Gemeinwohl schützt.21 In seinem Nichtannahmebeschluss zu der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit von Darlehensveräußerungen betonte es ungeachtet des von ihm gefundenen Ergebnisses, dass es grundsätzlich dem Einzelnen selbst obliege, seine Kommunikationsbeziehungen zu gestalten.22 Damit wird nicht nur die kommunikative, sondern allgemeiner noch die wirtschaftliche Bewegungsfreiheit im Privatrechtsverkehr gewährleistet. In einer anderen Entscheidung sieht das BVerfG den faktischen Zwang zur Datenoffenbarung gegenüber einer privatrechtlichen Institution als Grund für das Bedürfnis nach einem besonderen grundrechtlichen Datenschutz an.23 Die Selbstbestimmung ist eine elementare Funktionsbedingung des auf Handlungs- und Mitwirkungsfähigkeit seiner Bürger begründeten freiheitlichen demokratischen Gemeinwesens.24 Diese für den Fortgang der Untersuchung sehr bedeutsame Aussage konkretisiert das BVerfG dahingehend, dass ohne einen wirksamen Datenschutz die Vollständigkeit und Richtigkeit jeglicher Datenerhebung nicht gewährleistet ist.25 Der Datenschutz ist deshalb nicht zuletzt der Funktionsfähigkeit der Institutionen geschuldet, die die Daten erheben und verwenden.
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BVerfGE 7, 198, 206; 81, 40, 52. BVerfGE 84, 192, 194 f. 20 Herdegen, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 1 Abs. 3 Rn. 99. 21 BVerfGE 65, 1 43. 22 So auch ausdr. BVerfG, NJW 2007, 3707. 23 BVerfG, WM 2006, 2270, 2271 (Obliegenheit zur Schweigepflichtentbindung als faktischer Zwang zur Datenoffenbarung gegenüber einer Versicherung). 24 BVerfGE 65, 1, 43. 25 BVerfGE 65, 1, 43. 19
A. Rechtsgrundlagen und Ausgestaltung der Geheimhaltungspflichten
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II. Bankgeheimnis 1. Funktion und Zweck Das Bankgeheimnis ist das Berufs- und Geschäftsgeheimnis im Kreditgewerbe.26 Als solches besitzt es eine doppelte Schutzrichtung und Erscheinungsform:27 Seine Funktion besteht einerseits darin, den Kunden vor der Weitergabe der über ihn vorhandenen Informationen zu schützen. Anderseits wird unter dem Bankgeheimnis die Berechtigung der Kreditinstitute verstanden, den Zugriff Dritter, insbesondere staatlicher Stellen, auf Kundeninformationen abzuwehren. Dies schützt unmittelbar die Bank. Sie hat ein originäres ökonomisches Eigeninteresse daran, die Geheimhaltungsinteressen ihrer Kunden und deren Vertrauen in die angebotenen Bankdienstleistungen zu wahren. Zudem ist ihr am seriösen Erscheinungsbild des Berufsstandes gelegen. Für den hier relevanten Bereich der Darlehensveräußerungen wird allein die individualschützende Seite, also die Verschwiegenheitspflicht der Bank gegenüber ihren Kunden, bedeutsam.28 In dieser Hinsicht ist das Bankgeheimnis präziser mit Bankkundengeheimnis zu bezeichnen.29 Das Kreditinstitut ist dazu verpflichtet, Verschwiegenheit über alle kundenbezogenen Tatsachen und Werturteile zu wahren, von denen es Kenntnis erlangt.30 Dies schützt unmittelbar die Geheimhaltungsinteressen des Kunden und sichert seine informationelle Selbstbestimmung im privaten Bankverkehr. Es ist müßig zu erwähnen, dass das Bankgeheimnis auch zugunsten der Darlehenskunden besteht. Angesichts des hohen wirtschaftlichen Stellenwerts, den Kreditgeschäfte im Wirtschaftsleben einnehmen, und des faktischen Zwangs zur Datenoffenbarung gegenüber Banken ergibt sich ein besonderer Bedarf für eine Geheimhaltung.31 Eine seriöse Bank wird nicht zum Abschluss eines Kreditvertrags bereit sein, wenn der Antragsteller ihr nicht Daten offenbart, anhand derer sie die Risiken bewerten und mit deren Hilfe sie die Darlehensforderungen durchsetzen kann. Aufgrund der aufsichtsrechtlichen Informations- (§ 18 KWG) 26 Bruchner, in: Bankrechts-Handbuch, § 39 Rn. 4 m.w. N.; Koberstein-Windpassinger, WM 1999, 473, 474. 27 Vgl. Beckhusen, in: Handbuch zum deutschen und europäischen Bankrecht, § 6 Rn. 11; Weber, in: BuB, Rn. 1/35 ff.; Petersen, Das Bankgeheimnis zwischen Individualschutz und Institutionsschutz, S. 22; Cahn, WM 2004, 2041, 2042; Nobbe, WM 2005, 1537, 1538; Vollborth, S. 38; Wittig, in: Bankrechtstag 2005, S. 145, 150. 28 Vgl. Wittig, in: Bankrechtstag 2005, S. 145, 150. 29 Steiner, S. 181; Nobbe, WM 2005, 1537, 1539; Herzog, in: Bankrechtstag 2003, S. 47, 52. 30 BGH, NJW 2006, 830, 833; Beckhusen, in: Handbuch zum deutschen und europäischen Bankrecht, § 6 Rn. 3; Bruchner, in: Bankrechtshandbuch, § 39 Rn. 1; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 2.142, Steindorff, ZHR 149 (1985), 151, 151 f.; Nobbe, WM 2005, 1537, 1538; Vollborth, S. 33. 31 Wech, S. 73 ff. m.N. aus der Rspr. in Fn. 35.
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5. Kap.: Geheimhaltungspflichten des Kreditgewerbes
und Anzeigepflichten (insbes. §§ 13 ff., 14 KWG) dürfte sie nicht anders handeln. Die Verschwiegenheitspflicht ist ein angemessener Ausgleich für diese Offenbarungspflichten. Zwar ist die Bank nicht Berechtigte, sondern Verpflichtete der Geheimhaltung. Andernfalls könnte die Befreiung von der Geheimhaltungspflicht zweifellos nicht im alleinigen Ermessen des Bankkunden liegen.32 Dies zwingt indes nicht zu dem Schluss, die Bank und zudem die Öffentlichkeit würden von der Geheimhaltungspflicht nicht geschützt.33 Die Bank kann ihr Informationsinteresse nur dann durchsetzen, wenn es das Bankgeheimnis gibt. Wird dem Kunden keine Vertraulichkeit garantiert, sind von ihm keine vollständige und wahrheitsgemäße Auskunft und keine Kontrahierungsbereitschaft zu erwarten. Dieser indirekte Schutz des Informationsinteresses verträgt sich mit der Dispositionsbefugnis des Bankkunden und ist überdies mit der Wertung der Pflicht zur Aussage nach prozessualer Schweigepflichtentbindung nach §§ 385 Abs. 2, 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO zu vereinbaren.34 Um das Vertrauensverhältnis zu wahren und ein kooperatives Informationsverhalten zu gewährleisten, muss keine absolute, vom Willen des Kunden abgehobene Geheimhaltung garantiert werden. Vielmehr ist dazu allein die informationelle Selbstbestimmung des Kunden sicherzustellen, die ihm aufgrund des faktischen Zwangs zur Datenoffenbarung gegenüber der Bank ein Stück weit genommen wurde. 2. Fehlen einer ausdrücklichen gesetzlichen Grundlage Bei einer Bestandsaufnahme zu den Rechtsgrundlagen des Bankgeheimnisses präsentiert sich ein diffuses Bild. Seine Konkretisierungen im Zivilrecht lassen sich danach unterscheiden, ob sie gesetzlicher, quasivertraglicher oder vertraglicher Natur sind. Die Rechtsquellen des Bankgeheimnisses sind nicht nur von rein theoretischem Interesse.35 Vielmehr entscheiden sich daran die Anwendbarkeit der Haftungsgrundlagen, insbesondere der in den AGB-Banken bzw. den AGBSparkassen enthaltenen Pflichten und Beschränkungen, sowie die normative Anknüpfung der Nichtigkeitswirkung des § 134 BGB auf eine Abtretung bzw. die vertragliche Grundlage eines Abtretungsverbots nach § 399 Hs. 2 BGB. Die allgemein akzeptierte Definition des Bankgeheimnisses, die auch in Nr. 2 Abs. 1 S. 1 AGB-Banken aufgenommen wurde, darf nicht den Blick davor verschließen, dass das Bankgeheimnis ein Rechtsinstitut ist,36 das im Einzelnen 32 Insoweit zutreffend Wech, S. 169 ff. mit Blick auf das Schrifttum zu § 383 Abs. 1 Nr. 6 , 385 Abs. 2 ZPO. 33 So aber Wech, S. 76 ff. 34 A.A. Wech, S. 170 f. 35 So aber eine früher weit verbreitete Ansicht, vgl. Weber, in: BuB, Rn. 1/33. 36 So die zentrale These von Petersen, Das Bankgeheimnis zwischen Individualschutz und Institutionsschutz, passim.
A. Rechtsgrundlagen und Ausgestaltung der Geheimhaltungspflichten
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viele Fragen aufwirft. Besteht über seinen Schutzbereich noch weitgehend Einigkeit, so sind es vor allem seine Grenzen, über die Streit herrscht. Verschiedenen Forderungen nach einer klärenden Kodifizierung, wie sie etwa in vergangenen Jahrhunderten erhoben wurden37 und denen andere Länder teilweise erst in jüngerer Zeit nachkamen,38 wurde in Deutschland jeweils eine Absage erteilt.39 Im Gesetzgebungsverfahren zum Risikobegrenzungsgesetz kam erneut die Forderung auf, die privatrechtliche Seite des Bankgeheimnisses zu normieren, möglicherweise strafrechtlich zu bewehren40 und sogar die Durchbrechung durch formularmäßige Zustimmung auszuschließen.41 Das Verhältnis zwischen Forderungsveräußerungen bzw. Darlehensübertragungen und Bankgeheimnis bzw. Datenschutz bleibt indes ungeregelt. Das formale Gesetz kann demnach nicht unmittelbar für die Beurteilung einzelner Fallgestaltungen als Rechtsquelle fruchtbar gemacht werden.42 Der Umstand, dass der Gesetzgeber das Bankgeheimnis vereinzelt als bestehend voraussetzt,43 bestätigt allenfalls die Existenz des Bankgeheimnisses an sich, ohne dass ihm jedoch subsumtionsfähige Inhalte entnommen werden können. 3. Gewohnheitsrechtliche Schutzpflicht Das Bankgeheimnis ist in seiner Ausprägung als Bankkundengeheimnis gewohnheitsrechtlich überwiegend anerkannt.44 Es finden sich allerdings auch 37 Zur Geschichte des Bankgeheimnisses vgl. ausf. Sichtermann/Feuerborn/Kirchherr/Terdenge, Bankgeheimnis und Bankauskunft, S. 70 ff. 38 Österreich: § 38 Abs. 1 S. 1 des Bundesgesetzes über das Bankwesen (Bankwesengesetz – BWG); Liechtenstein: Art. 14 Bankengesetz; Frankreich: art. 57 de la loi bancaire, zuvor art. L. 511-33 du Code monétaire et financier; in der Schweiz wird das Bankgeheimnis in Art. 47 des Schweizerischen Bundesgesetzes über die Banken und Sparkassen (Bankgesetz – BankG) strafbewehrt, jedoch nicht definiert, sondern als bestehend vorausgesetzt. 39 Vgl. den Vorschlag von Sprengel, Die Sparkasse 1954, 243, 244 und der Ablehnung des Gesetzgebers, diesen Vorschlag bei der Neufassung des KWG vom 10.07. 1961 (BGBl. I, 881) gesetzlich zu regeln, Schork, WM 1959, Sonderbeilage Nr. 2, 14, 31; vgl. ausf. Vollborth, S. 33 ff. m.w. N. 40 Entsprechende Forderungen wurden schon in der Vergangenheit laut, vgl. etwa Rech, Kreditwesen 1962, 156 f. m.w. N.; Tiedemann, in: FS Kohlmann, S. 307, 308 und 317 sowie insbes. die Stellungnahmen von Vors. Dr. Müller-Emmert, und MinRat Dr. Göhler zur Beratung des Sonderausschusses des Deutschen Bundestages für die Strafrechtsreform, 1973, Prot. 7/178 f. 41 Beschlussantrag der Bundestagsfraktion DIE LINKE, BT-Drs. 16/8182 vom 20.02. 2008, S. 3 unter Nr. 4. 42 In diese Richtung auch Herzog, in: Bankrechtstag 2003, S. 47, 50. 43 Vgl. als prominentestes Beispiel § 30a Abgabenordnung (AO), ferner § 12 Geldwäschegesetz (GWG); vgl. zudem die Schweigepflicht nach § 32 Bundesbankgesetz (BBankG). 44 Bruchner/Krepold, in: Bankrechts-Handbuch, § 39 Rn. 8 f.; Schwintowski, Bankrecht, § 3 Rn. 3; Huhmann, S. 33 f.; Koberstein-Windpassinger, WM 1999, 473, 474;
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5. Kap.: Geheimhaltungspflichten des Kreditgewerbes
Stimmen, die dies in Frage stellen oder verneinen.45 Nach Art. 2 EGBGB ist jede Rechtsnorm und damit auch die gewohnheitsrechtlich gebildete Norm ein Gesetz i. S. d. BGB und des EGBGB.46 Für eine gewohnheitsrechtliche Ausprägung ist eine lang dauernde, tatsächliche, gleichmäßige und allgemeine Übung erforderlich, die durch die Rechtsüberzeugung der beteiligten Verkehrskreise getragen werden muss.47 Es spricht einiges dafür, dass die unter dem Begriff des Bankgeheimnisses zusammengefassten Verschwiegenheitspflichten diese Voraussetzungen erfüllen. Das wird von den Befürwortern mit historischen Banksatzungen,48 den aktuellen Geschäftsbedingungen der Banken und Sparkassen,49 der verschiedentlichen Bezugnahme des Gesetzgebers50 und mit der übereinstimmenden und gelebten Rechtsüberzeugung der beteiligten Verkehrskreise, nämlich der Banken und ihrer Kunden, begründet.51 Die Grenze des Gewohnheitsrechts zum Richterrecht ist fließend.52 Teile der Lit. gehen sogar davon aus, dass mit der Anerkennung von Gewohnheitsrecht nach Art. 2 EGBGB zugleich die rechtsgestaltende Kraft der Jurisprudenz anerkannt worden sei.53 Das moderne Gewohnheitsrecht bilde sich vornehmlich durch richterliche Rechtsfortbildung aus oder trete zumindest im Gewande der ständigen Rspr. durch Gerichtsgebrauch als Richterrecht auf.54 Sofern man sich dem anschließen mag,55 kann anhand einer homogenen Reihe von Entscheidun-
Nobbe, WM 2005, 1537, 1540; Paetzmann, Kreditwesen 2003, 968, 970; Böhm, BB 2004, 1641, 1642; St. Hofmann/Walter, WM 2004, 1566, 1570; Vollborth, S. 88. 45 Ungnade, WM 1976, 1210, 1210; Gehrlein, S. 120 f.; Roth, in: Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, § 11 Rn. 134; Steindorff, ZHR 149 (1985), 151, 153; Jobe, ZIP 2004, 2415, 2416. 46 MüKo-BGB/Säcker, Einl., Rn. 84. 47 BVerfGE 28, 21, 28; 61, 149, 203; BGHZ 37, 219, 222; 171, 180, 183 ff. 48 Etwa die 12. Regel des Cartulariums des heiligen Ambrosius vom 14.09.1593; Art. 6 der Ordnung und Articuli der ersten deutschen Bank, der im Jahre 1619 gegründeten „Wechsel-Banco von Hamburg“; Art. 19 des „Reglements der Königlichen Giround Lehn-Banco zu Berlin“; § 113 der Bankordnung der Preußischen Bank, der Nachfolgerin der zuvor genannten Bank. 49 Nr. 2 Abs. 1 AGB-Banken, Nr. 1 Abs. 1 S. 2 AGB-Sparkassen. 50 U. a. § 30a AO; § 12 GWG; der stellenweise zitierte § 17 Abs. 2 PachtKreditG ist hingegen nur noch historisch bedeutsam, nachdem er mit Gesetz vom 08.11.1985 (BGBl. I, 2065) aufgehoben wurde. 51 Statt vieler Sichtermann/Feuerborn/Kirchherr/Terdenge, Bankgeheimnis und Bankauskunft, S. 62 ff.; Petersen, Das Bankgeheimnis zwischen Individualschutz und Institutionsschutz, S. 7; Nobbe, WM 2005, 1537, 1539 f.; Bruchner/Krepold, in: Bankrechts-Handbuch, § 39 Rn. 8 f.; 1540; Vollborth, S. 81 ff. 52 Raisch, ZHR 150 (186), 117; Claussen, Bank- und Börsenrecht, § 1 VI Rn. 172. 53 W. Flume, Steuerberater-Jahrbuch 1964/65, 55, 59. 54 Vgl. Fikentscher, Methoden des Rechts, Bd. 3, S. 319; Bydlinski, S. 213 ff., 501 ff.; Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 258; vgl. auch BGH, NJW 1958, 709. 55 Krit. MüKo-BGB/Säcker, Einl. Rn. 84 ff. mit Hinweis auf die Gesetzesentstehung.
A. Rechtsgrundlagen und Ausgestaltung der Geheimhaltungspflichten
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gen56 belegt werden, dass auch die Rspr. die Verschwiegenheitspflicht der Kreditinstitute schon seit langem anerkennt. Der Einwand, dass das Bankgeheimnis gleichwohl zu wenig gesichert sei,57 kann vor diesem Hintergrund nicht überzeugen. Ebenso wenig kann aber davon gesprochen werden, dass es für eine gewohnheitsrechtliche Absicherung des Bankgeheimnisses neben dessen übrigen Rechtsquellen keinen Bedarf gebe.58 Denn so gilt das Bankgeheimnis auch dann, wenn die Bank Einblick in geheimhaltungsbedürftige Sachverhalte einer Person erlangt, mit der es in keinem Vertragsverhältnis steht. Dass der Staat das Bankgeheimnis selbst durch gesetzliche Auskunftspflichten mehrfach durchbrochen hat, stellt die gewohnheitsrechtliche Anerkennung indes nicht in Frage,59 sondern bestätigt sie im Grundsatz geradezu.60 Eine ernst zu nehmende Kritik besteht hingegen darin, dass es den hergebrachten Geheimhaltungspflichten an der nötigen Bestimmtheit fehle.61 Dies steht der Qualifizierung des Bankgeheimnisses als Gewohnheitsrecht im Grundsatz nicht entgegen, sondern wird erst bei der Definition des Inhalts und insbesondere der Grenzen relevant. 4. Quasivertragliche gesetzliche Schutzpflicht aus gesteigertem Vertrauen Eine einflussreiche Ansicht sieht in der Verschwiegenheitspflicht des Kreditinstituts einen Ausfluss aus dem mit der Aufnahme geschäftlichen Kontakts entstehenden gesetzlichen Schuldverhältnis ohne primäre Leistungspflicht als Unterfall einer auf der Geschäftsverbindung beruhenden Vertrauenshaftung.62 Diese Verschwiegenheitspflicht ergibt sich nach der Kodifizierung des gewohnheitsrechtlich und richterrechtlich anerkannten Rechtsinstituts der „culpa in contrahendo“ im Rahmen der Schuldrechtsreform63 nunmehr zwanglos aus §§ 311
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RGZ 126, 50, 52; 139, 103, 105; BGH, BB 1953, 993; LG Frankfurt, NJW 1954, 689 f.; BGHZ 27, 241, 246; OLG Karlsruhe, NJW 1971, 1042; BGH, WM 2006, 380, 384. 57 Steindorff, ZHR 149 (1985), 151, 153. 58 A.A. Rehbein, ZHR 149 (1985), 139, 145. 59 So aber Ungnade, WM 1976, 1210, 1210. 60 Sichtermann/Feuerborn/Kirchherr/Terdenge, Bankgeheimnis und Bankauskunft, S. 64; Bruchner/Stützle, Leitfaden zu Bankgeheimnis und Bankauskunft, S. 4 f.; Vollborth, S. 86. 61 Gehrlein, S. 121. 62 Canaris, in: Großkommentar HGB, Bd. 5, Bankvertragsrecht I, Rn. 42 und Rn. 12 ff.; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 2.808; Steindorff, ZHR 149 (1985), 151, 152; Nobbe, WM 2005, 1537, 1539 f.; Beckhusen, in: Handbuch zum deutschen und europäischen Bankrecht, § 6 Rn. 8; vgl. auch Nr. 1 S. 1 AGB-Sparkassen; ebenso LG Frankfurt a. M., ZIP 2005, 115, 116. 63 Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26.11.2001 (BGBl. I, 3138); vgl. auch den unverändert übernommenen RegE BT-Drs. 14/6040 = BT-Drs. 14/6857.
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Abs. 2 i.V. m. 241 Abs. 2 BGB.64 Spätestens sobald der Kunde der Bank seine persönlichen Daten und ggf. weitere Informationen offenbart, um einen Darlehensvertrag abzuschließen, sind die Voraussetzungen zumindest des § 311 Abs. 2 Nr. 2 BGB (Vertragsanbahnung) erfüllt.65 Das sich daraus ergebende Schuldverhältnis wird mit Vertragsschluss oder mit Abbruch der Verhandlungen beendet.66 Wenn es zu einem Vertragsschluss kommt, ist künftige Grundlage für die Verschwiegenheit der Bank der Vertrag i.V. m. § 241 Abs. 2 BGB. Bei einem Abbruch der Verhandlungen bleibt die Bank zur Wahrung des Bankgeheimnisses hinsichtlich der Informationen des Kunden verpflichtet, die ihr zugänglich gemacht wurden.67 Denn ihr ist die Kenntnis von diesen Informationen nicht ohne Weiteres wieder zu nehmen, so dass die Möglichkeit zur Einwirkung auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des Kunden (vgl. Wortlaut des § 311 Abs. 2 Nr. 2 BGB) fortbesteht. In gleicher Weise gilt das Bankgeheimnis auch nach Beendigung einer Vertragsbeziehung fort.68 5. Vertragliche Nebenpflicht Für etwaige Unterlassungs- und Schadensersatzpflichten ist es grundsätzlich gleich, ob sich die aus § 241 Abs. 2 BGB herausgelesene Geheimhaltungspflicht aus § 311 Abs. 2 BGB ergibt, wie zuvor festgestellt, oder ob sie ihre Wirkung über § 311 Abs. 1 BGB entfaltet, sobald die Pflicht auf ein rechtsgeschäftliches Niveau gehoben wurde.69 Es wäre aber verfrüht, die Herleitung einer Vertragspflicht aus diesem Grunde insgesamt für überflüssig zu halten.70 Das Argument, eine vertragliche Vereinbarung könne nicht erklären, warum das Bankgeheimnis auch ohne wirksamen Vertrag oder bei entgegenstehendem Willen der Bank gilt,71 spricht allein für eine Verankerung des Bankgeheimnisses im Gewohn64 BGH, NJW 2006, 830; 833 f.; LG Frankfurt a. M., ZIP 2005, 115, 116; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 2.808; Beckhusen, in: Handbuch zum deutschen und europäischen Bankrecht, § 6 Rn. 8; Nobbe, WM 2005, 1537, 1539 f.; Vollborth, S. 74 f. 65 Die Anbahnung eines Vertrages i. S. der Nr. 2 umfasst als Grundtatbestand auch die Aufnahme von Vertragsverhandlungen (Nr. 1) als den spezielleren Fall, vgl. MüKoBGB/Emmerich, § 311 Rn. 68, 71. 66 Palandt/Grüneberg, BGB, § 311 Rn. 25. 67 In diesem Sinne wohl Vollborth, S. 75. 68 BGH, BB 1953, 993; BGHZ 27, 241, 246; BGH, WM 1973, 892; Beckhusen, in: Handbuch zum deutschen und europäischen Bankrecht, § 6 Rn. 26; Bruchner/Stützle, Leitfaden zu Bankgeheimnis und Bankauskunft, S. 5; Bruchner/Krepold, in: Bankrechts-Handbuch, § 39, Rn. 18; Sichtermann/Feuerborn/Kirchherr/Terdenge, Bankgeheimnis und Bankauskunft, S. 206 f. 69 So auch Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 2.826; Thessinga, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, Bd. II, Bank- und Börsenrecht, Rn. I12; Bunte, in: Bankrechts-Handbuch, § 4 Rn. 15. 70 So aber BGH, NJW 2002, 3695, 3696 f.; Nobbe, WM 2005, 1537, 1539; zust. Lang, BKR 2003, 227, 233. 71 Nobbe, WM 2005, 1537, 1539.
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heitsrecht und in einem gesetzlichen Schuldverhältnis nach § 311 Abs. 2 BGB. Indes steht es den Geschäftspartnern schon vom Grundsatz her frei, durch Vertrag die Rechte und Pflichten, die sich aus Gesetz und gesetzlichem Schuldverhältnis ergeben, zu konkretisieren und zu modifizieren.72 Das gewährt ihnen die Privatautonomie. Ob überhaupt ein Vertrag mit einer entsprechenden Nebenpflicht vorliegt, bleibt ebenso wie die Frage, ob damit ggf. das Bankgeheimnis modifiziert wurde, der Auslegung überlassen. Allein aus der bloßen, auch längerfristigen Geschäftsbeziehung einen konkreten Erklärungswert für eine Einigung über besondere Pflichten zu entnehmen, wie dies unter dem Stichwort eines die Geschäftsbeziehung zwischen Kreditinstitut und Kunden als Ganzes erfassenden eigenständigen „allgemeinen Bankvertrags“ 73 vertreten wird,74 fällt in der Tat schwer.75 Vorliegend steht hingegen nicht in Zweifel, ob überhaupt eine vertragliche Grundlage besteht. Es liegt immer ein Darlehensvertrag vor, nämlich der, aus dem sich die abzutretenden Ansprüche ergeben bzw. der in Gänze zu übertragen ist. Die zuvor nur vorvertragliche Geheimhaltungspflicht wird auf die Stufe einer Nebenpflicht des betreffenden Darlehensvertrages angehoben, die nachvertraglich fortbesteht.76 Daneben verortet vor allem die Rspr. das Bankgeheimnis als Nebenpflicht in den einzelnen mit dem Kreditinstitut geschlossenen Verträgen ggf. i.V. m. Nr. 2 Abs. 1 AGB-Banken.77 Um die Missverständnisse und Verwirrungen nicht zu vertiefen, die sich um die Bezeichnung des allgemeinen Bankvertrags ranken,78 72 Vgl. BGHZ 63, 382, 388; Grigoleit, S. 247; Hopt, in: Bankrechts-Handbuch, § 1 Rn. 49; Thessinga, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, Bd. II, Bank- und Börsenrecht, Rn. I11; ebenso im Grundsatz Vollborth, S. 81; Wech, S. 137, die eine vertragliche Vereinbarung des Bankgeheimnisses dennoch ablehnen und die AGB-Banken sowie die AGB-Sparkassen für deklaratorisch halten. 73 Dazu BGH, DB 1953, 1031; Hopt, in: Bankrechts-Handbuch, § 1 Rn. 1 ff.; Bunte, in: ebenda, § 2 Rn. 2; Schwintowski, Bankrecht, § 1 Rn. 11 ff. und § 3 Rn. 12; Ungnade, WM 1976, 1210, 1211; Fisahn, CR 1995, 632, 634; Kusserow/Dittrich, WM 1997, 1786, 1792; Vallender, in: FS Uhlenbruck, S. 133, 134; Köndgen, NJW 2004, 1288, 1289. 74 So statt vieler OLG Karlsruhe, NJW 1971, 1042 f.; Lwowski/Roth, in: BuB, Rn. 2/1a f.; Weber, in: BuB, Rn. 2/842; Claussen, Bank- und Börsenrecht, § 1 VI Rn. 193 ff. 75 Unter diesem Gesichtspunkt verständlich: BGH, NJW 2002, 3695, 3696 f.; Nobbe, WM 2005, 1537, 1539; Lang, BKR 2003, 227, 233; Palandt/Sprau, BGB, § 675 Rn. 9. 76 BGH, BB 1953, 993; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 2.144; Bruchner, BKR 2004, 394, 395; Hammen, in: Bankrechtstag 2005, S. 113, 123. 77 RGZ 139, 103; BGH, BB 1953, 993; BGHZ 27, 241, 246; 95, 362, 365 (Schufa); 166, 84 (Kirch/Deutsche Bank-Breuer); Liesecke, WM 1975, 238, 247; Rehbein, ZHR 149 (1985), 139, 141; Bütter/Tonner, ZBB 2005, 165, 168; Hammen, in: Bankrechtstag 2005, S. 113, 123; Wittig, in: Bankrechtstag 2005, S. 145, 170; Hopt, in: BankrechtsHandbuch, § 1 Rn. 49. 78 Die Probleme mit der Begrifflichkeit werden an BGH, NJW 2002, 3695, 3696 deutlich, der einen allgemeinen Bankvertrag als Rahmenvertrag bezeichnet, diesen
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5. Kap.: Geheimhaltungspflichten des Kreditgewerbes
wird auf eine abstrakte Verwendung und Erörterung dieses Begriffs verzichtet. Dieses Konstrukt wurde inhaltlich dazu nutzbar gemacht, einen Kontrahierungszwang hinsichtlich risikoneutraler Geschäfte79 und möglicherweise auch eine weiter gehende Haftung der Bank zu begründen.80 Der erste Aspekt ist vorliegend nicht von Belang. Der zweite Aspekt lässt sich hinsichtlich des Bankgeheimnisses allein aus den AGB-Banken und AGB-Sparkassen herleiten. Der für eine wirksame Einbeziehung erforderliche Vertragsschluss (§ 305 Abs. 2 BGB) wird regelmäßig mit den zu veräußernden Darlehensverträgen vorliegen. Die Einbeziehung der AGB-Banken oder AGB-Sparkassen selbst stellt nichts anderes als eine Zusatzvereinbarung dar, die sich nach Vertragsgrundsätzen richtet und an die besondere Mindestanforderungen gestellt werden (vgl. § 305 Abs. 2 Nr. 1 und 2 BGB). Zudem gilt Folgendes: Werden die Klauselwerke erstmalig in einen beliebigen Vertrag einbezogen, entfalten sie zugleich Geltung für die gesamte Geschäftsverbindung. Dies wird für die Fälle relevant, in denen die jeweiligen AGB in den Darlehensvertrag ausnahmsweise nicht einbezogen wurden. Abweichend vom Regelfall der Einzelgeltung können die Vertragsparteien die Geltung der AGB nach § 305 Abs. 3 BGB auch für eine bestimmte Art von Rechtsgeschäften im Voraus vereinbaren. Von der Möglichkeit einer Rahmenvereinbarung über die Geltung wurde in Nr. 1 Abs. 1 S. 1 AGB-Banken81 und Nr. 1 Abs. 2 S. 1 AGBSparkassen82 reger Gebrauch gemacht. Zwar wurde Art. 1 S. 2 der Präambel der AGB-Banken von 1988 gestrichen, nach der die Bank ihren Kunden mit ihren Geschäftseinrichtungen zur Erledigung verschiedenster Aufträge zur Verfügung steht.83 Aus der Präambel sollte kein Vertragsangebot für Hauptleistungspflichten herausgelesen werden können, wodurch sich die Bank selbst ungewollt einem
gleichzeitig aber von einer Rahmenvereinbarung i. S. v. § 305 Abs. 3 BGB (§ 2 Abs. 2 AGBG a. F.) abzugrenzen scheint; vgl. zudem Vollborth, S. 72 f. 79 Pikart, WM 1957, 1238 ff.; Claussen, Bank- und Börsenrecht, § 1 VI Rn. 197 f., der allerdings keinen Kontrahierungszwang sieht; Thessinga, in: Ebenroth/Boujong/ Joost/Strohn, HGB, Bd. II, Bank- und Börsenrecht, Rn. I16, der nur willkürliche Ablehnungen als durch den allgemeinen Bankvertrag ausschlossen ansieht; dagegen Canaris, in: Großkommentar HGB, Bd. 5, Bankvertragsrecht I, Rn. 6 ff.; Lwowski/Roth, in: BuB, Rn. 2/3. 80 Dies abl. BGH, NJW 2002, 3695, 3696 f.; krit. dazu Hopt, in: Bankrechts-Handbuch, § 1 Rn. 19 ff. 81 Nr. 1 Abs. 1 S. 1 AGB-Banken lautet: „Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen gelten für die gesamte Geschäftsverbindung zwischen dem Kunden und den inländischen Geschäftsstellen der Bank (im Folgenden Bank genannt).“ 82 Nr. 1 Abs. 2 S. 1 AGB-Sparkassen lautet: „Für die Geschäftsbeziehung gelten ergänzend zu den einzelvertraglichen Vereinbarungen diese Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB).“ 83 AGB-Banken, Fassung 01.01.1988, I. Allgemeines vor Nr. 1, abgedr. in: Baumbach/Hopt, HGB, 28. Aufl. 1989, V. (8) AGB-Banken; vgl. dazu Sonnenhol, in: BuB, Rn. 1/14c.
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Kontrahierungszwang unterworfen hätte.84 Die Änderungen haben jedoch keine Auswirkungen darauf, dass die Nebenleistungspflichten und die sonstigen Regelungen, die sich unmittelbar aus den AGB selbst ergeben, weiterhin umfassend für die gesamte Geschäftsverbindung gelten. Die Möglichkeit, eine Rahmenvereinbarung nach § 305 Abs. 3 BGB zu treffen, macht eine Einbeziehungsvereinbarung nach § 305 Abs. 2 BGB nicht entbehrlich.85 Die einseitige Erklärung in den genannten Klauseln selbst kann keinen Vertrag begründen. Es bedarf zumindest eines mehrseitigen Rechtsgeschäfts. Die konkludente Einbeziehung der AGB im Rahmen eines ebenso konkludent geschlossenen Vertrages ist im Rechtsverkehr einer Bank mit einem Kunden, der kein Unternehmer i. S. v. § 14 BGB ist, nahezu ausgeschlossen.86 Wenn unter diesen Voraussetzungen eine Einbeziehung wirksam vereinbart wurde, gelten die AGB aufgrund von Nr. 1 Abs. 1 S. 1 AGB-Banken, Nr. 1 Abs. 2 S. 1 AGB-Sparkassen umfassend für alle künftigen Einzelgeschäfte, auch ohne dass es einer abermaligen Einbeziehung bedarf.87 Daran ändert es kaum etwas, wenn man die Vereinbarung der umfassenden Geltung der AGB als ein eigenständiges Rechtsgeschäft ansieht88 oder darin lediglich ein unselbständiges Anhängsel des Anlassvertrags erblickt.89 Letzteres wäre bei einer Nichtigkeit des Anlassvertrags relevant. Es würde jedoch nicht den umfassenden Geltungsbereich der einmal wirksam einbezogenen AGB beschränken.90 Vielmehr wird durch die Zulässigkeit einer Rahmenvereinbarung gemäß § 305 Abs. 3 BGB und die Nutzung dieser Möglichkeit in den genannten Klauseln einerseits sowie durch das Ausdrücklichkeitserfordernis aus § 305 Abs. 2 BGB andererseits die Diskussion um einen allgemeinen Bankvertrag aus der hier allein relevanten Sicht des AGB-Rechts obsolet.91 Wurden die AGB in einen Vertrag gemäß § 305 Abs. 2 BGB eingebunden, gilt das Bankgeheimnis als vertragliche Pflicht mit dem Inhalt und den Grenzen von Nr. 2 AGB-Banken bzw. Nr. 1 Abs. 1 S. 2 und Nr. 3 AGB-Sparkassen. Die Verfasser der AGB-Banken von 1993 beabsichtigten, das Bankgeheimnis im Interesse einer höheren Transparenz und Rechtssicherheit festzuschreiben und dem
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Sonnenhol, in: BuB, Rn. 1/14c. Palandt/Grüneberg, BGB, § 305 Rn. 44; Bunte, AGB-Banken, Nr. 1 Rn. 70. 86 MüKo-BGB/Basedow, § 305, Rn. 47 f. mit Hinweis auf BMJ-Arbeitsgruppe, 1. Teilbericht S. 41 f. 87 BGH, WM 1986, 1194, 1195; Bunte, in: Bankrechts-Handbuch, § 5 Rn. 22; Vollborth, S. 80. 88 BGH, WM 1986, 1194, 1195; OLG Frankfurt a. M., WM 1989, 1881, 1883; Bunte, in: Bankrechts-Handbuch, § 2 Rn. 3. 89 BGH, NJW 2002, 3695, 3696. 90 Sonnenhol, in: BuB, Rn. 1/16. 91 Bunte, in: Bankrechts-Handbuch, § 4 Rn. 15. 85
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5. Kap.: Geheimhaltungspflichten des Kreditgewerbes
hohen Stellenwert des Bankgeheimnisses Rechnung zu tragen.92 Zudem war beabsichtigt, dessen Umfang und Grenzen dem Bankkunden zu verdeutlichen.93 Schließlich sollte den Banken eine schriftliche Grundlage an die Hand gegeben werden, damit um Auskunft ersuchenden ausländischen Stellen eine ausdrückliche Berechtigung zur Auskunftsverweigerung entgegengehalten werden kann.94 Es ist nahezu einhellige Meinung,95 dass die Festlegung des Bankgeheimnisses in den AGB-Banken 1993 der Intention ihrer Verfasser gerecht geworden sei und an dem zuvor bestehenden Rechtszustand nichts geändert habe, so dass die Klauseln rein deklaratorischer Natur seien. Allerdings scheint es doch fraglich, wie diese Aussage damit zu vereinbaren ist, dass in den Zeiten vor der formularmäßigen Festlegung des Bankgeheimnisses über dessen Rechtsgrundlage, Umfang und Reichweite gerade Unsicherheit herrschte.96 Wenn die Rechtslage bislang unklar gewesen war und nun eine klärende formularvertragliche Regelung eingeführt wurde, dann kann nämlich gerade nicht mit letzter Sicherheit behauptet werden, dass die bisherige Rechtslage durch diese Regelung nicht geändert wurde. Außerdem kann selbst ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis97 in gewissem Widerspruch zu seiner Bezeichnung konstitutiv wirken.98 Entspricht das vermeintlich anzuerkennende Schuldverhältnis nicht der Rechtslage, so wird es erst durch den Anerkenntnisvertrag geschaffen.99 Nr. 2 AGB-Banken enthält einen eigenständigen Regelungsgehalt und nicht etwa nur eine Wissenserklärung. Hingegen findet sich in Nr. 1 Abs. 1 S. 2 AGBSparkassen zum Bankgeheimnis eine wesentlich blumigere Formulierung.100 Gleichwohl hat Nr. 3 AGB-Sparkassen eine klare Vorgabe für den Inhalt von 92 Weber, in: BuB, Rn. 1/34 und 2/842; Bunte, in: Bankrechts-Handbuch, § 7 Rn. 1; Beckhusen, in: Handbuch zum deutschen und europäischen Bankrecht, § 6 Rn. 3; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 2.148 f. 93 Beckhusen, in: Handbuch zum deutschen und europäischen Bankrecht, § 6 Rn. 3. 94 Weber, in: BuB, Rn. 1/34 und 2/842; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 2.148. 95 LG Koblenz BKR 2005, 108, 110; Weber, in: BuB, Rn. 2/842; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 2.149; Bunte, in: Bankrechts-Handbuch, § 7 Rn. 1; Hopt, in: Baumbach/Hopt, HGB, V. (8) AGB-Banken, § 2 Rn. 3; Petersen, Das Bankgeheimnis zwischen Individualschutz und Institutionsschutz, S. 23; Koberstein-Windpassinger, WM 1999, 473, 475; Bruchner, BKR 2005, 123, 130; Cahn, WM 2004, 2041, 2043; Nobbe, WM 2005, 1537, 1539; Wittig, in: Bankrechtstag 2005, S. 145, 171; Vollborth, S. 36; Wech, S. 99 ff.; a. A. soweit ersichtlich nur Rob. Koch, BKR 2006, 182, 186 f., 192 und ihm folgend Clemente, ZfIR 2007, 737, 739; offenbar auch Hammen, in: Bankrechtstag 2005, S. 113, 139; offengelassen Hopt, in: Bankrechts-Handbuch, § 1 Rn. 49. 96 Bunte, in: Bankrechts-Handbuch, § 7 Rn. 1. 97 Das deklaratorische – oder besser: kausale – Schuldanerkenntnis ist gesetzlich nicht geregelt, aber aus der Vertragsfreiheit zulässig und in stdg. Rspr. anerkannt seit RG JW 1916, 960; BGHZ 66, 250, 254; 104, 18, 24. 98 OLG Dresden, DtZ 1994, 31, 32 li. Sp.; MüKo-BGB/Habersack, § 781, Rn. 1, 5. 99 MüKo-BGB/Habersack, § 781, Rn. 5. 100 Vgl. Aden, NJW 1993, 832 f.
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Bankauskünften sowie für deren Voraussetzungen und Grenzen geschaffen. Zumindest dieser Vorschrift ist ein selbständiger Regelungsgehalt zu entnehmen. Es wäre verfehlt, die genannten Klauseln und die sich daraus ggf. ergebenden vertraglichen Pflichten mit Hinweis auf einen angeblich deklaratorischen Charakter von vornherein als unverbindlichen Programmsatz abzutun oder ihnen einen Inhalt beizulegen, der nicht ihrem Wortlaut, sondern dem Wunsch des jeweiligen Vertragsinterpreten entspricht. Die Formularklauseln sind – sofern Vertragsbestandteil – mit ihrem Inhalt und ihren Grenzen als Vertragspflicht für die Bank verbindlich101 und als solche von den übrigen Quellen des Bankgeheimnisses unabhängig. Man kann sogar vertreten, dass die Vereinbarung des Bankgeheimnisses in den AGB schon aufgrund ihrer Unabhängigkeit von den übrigen Rechtsgrundlagen konstitutiv wirkt.102 6. Inhalt des Bankgeheimnisses Über den Inhalt des Bankgeheimnisses besteht heute – wohlgemerkt anders als über dessen Grenzen – weitgehend Einigkeit. Für alle Quellen des Bankgeheimnisses wird vorab gemeinsam geklärt, ob es bei einer Darlehensveräußerung überhaupt zu einem relevanten Datentransfer kommt, bevor hinsichtlich dessen Grenzen bzw. der Rechtfertigung einer Verletzung nach den einzelnen Quellen und Regelungsebenen differenziert wird. Auszugehen ist von Nr. 2 Abs. 1 S. 1 AGB-Banken. Die Regelung lautet wie folgt: „Nr. 2. Bankgeheimnis und Bankauskunft Abs. 1 Bankgeheimnis 1
Die Bank ist zur Verschwiegenheit über alle kundenbezogenen Tatsachen und Wertungen verpflichtet, von denen sie Kenntnis erlangt (Bankgeheimnis). [. . .]“
Das Bankgeheimnis verpflichtet begrifflich nur Banken. Forderungserwerber sind nicht daran gebunden, es sei denn, sie sind selbst Banken oder sie sind Nichtbanken, die aber anderweitig zur Einhaltung des Bankgeheimnisses verpflichtet werden. Im ersten Fall gilt das Bankgeheimnis schon aus Gewohnheitsrecht und gesetzlichem Schuldverhältnis, kann aber gesondert durch eine vertragliche Verpflichtung ergänzt werden. Im letzten Fall kann die Geltung auf zweierlei Weise erreicht werden. Einerseits kann sich der Erwerber durch einen echten Vertrag zugunsten Dritter mit der veräußernden Bank zur Einhaltung des Bankgeheimnisses verpflichten. Andererseits wird die bestehende Geheimhaltungspflicht im Wege der partiellen Gesamtrechtsnachfolge auf den übernehmenden Rechtsträger vervielfältigt, wenn sich die beteiligten Parteien zur Durchführung 101 So ausdr. Hammen, in: Bankrechtstag 2005, S. 113, 139; Rob. Koch, BKR 2006, 182, 186 f. 102 Ähnlich Hopt, in: Bankrechts-Handbuch, § 1 Rn. 49.
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5. Kap.: Geheimhaltungspflichten des Kreditgewerbes
der Transaktion einer Umwandlung bedienen.103 Die Organe und Angestellten der geheimhaltungsverpflichteten Bank sind dem Geheimnisherrn nicht unmittelbar schuldrechtlich verpflichtet.104 Das Bankgeheimnis berechtigt alle Kunden der Bank.105 Dies wird an dem Adjektiv „kundenbezogenen“ deutlich und ergibt sich ferner daraus, dass der „Kunde“ nach Nr. 2 Abs. 1 S. 2 AGB-Banken seine Einwilligung zur Datenweitergabe geben kann.106 Kunde ist der Vertragspartner der Bank.107 Auf gesetzlicher und quasivertraglicher Ebene wird ergänzend dazu jeder berechtigt, der mit der Bank in Kontakt tritt. Die Geheimhaltungspflicht kann aber auch gegenüber Dritten bestehen, der nicht Kunde der geheimhaltungsverpflichteten Bank ist.108 Das spielt allerdings vorliegend kaum eine Rolle, weil der Darlehensnehmer, dessen Daten weitergegeben werden, stets Kunde der veräußernden Bank ist. Geheimhaltungsberechtigter kann sowohl eine natürliche als auch eine juristische Person sein. Darin stimmt das Bankgeheimnis mit § 203 StGB überein, unterscheidet sich aber vom Anwendungsbereich des BDSG. Das Bankgeheimnis erstreckt sich auf Tatsachen, daneben aber auch auf Werturteile, Eindrücke und Einsichten.109 Letzteres ging aus der Definition des Bankgeheimnisses, wie sie die Rspr. und Lit. vor der Neuformulierung der AGB-Banken zum 01.01.1993 vornahm, noch nicht eindeutig hervor.110 Davor hieß es noch gemeinhin, das Bankgeheimnis beziehe sich „auf alle Tatsachen, die der Kunde geheim zu halten wünscht.“ 111 Im Rahmen einer Darlehensveräußerung werden ohnehin auch und vor allem kundenbezogene Tatsachen übermittelt. Die gesonderte Begrenzung durch den Geheimhaltungswunsch des Kunden wurde nicht in die AGB-Banken 1993 aufgenommen, weil der Kunde regelmäßig die 103
s. Kapitel 5 D. II. 2. BGHZ 166, 84 113 (Kirch/Deutsche Bank-Breuer): „Schadensersatzansprüche des Klägers gegen den Beklagten zu 2) auf vertraglicher Grundlage bestehen nicht.“ 105 Canaris, in: Großkommentar HGB, Bd. 5, Bankvertragsrecht I, Rn. 43; Weber, in: BuB, Rn. 2/846; Sichtermann/Feuerborn/Kirchherr/Terdenge, Bankgeheimnis und Bankauskunft, S. 152. 106 Beckhusen, in: Handbuch zum deutschen und europäischen Bankrecht, § 6 Rn. 17. 107 Weber, in: BuB, Rn. 2/846. 108 Vgl. dazu Schwintowski, Bankrecht, § 3 Rn. 10; Bruchner, in: Bankrechts-Handbuch, § 39 Rn. 12; Weber, in: BuB, Rn. 1/38. 109 BGH, NJW 2006, 830, 833; Weber, in: BuB, Rn. 1/36; Bruchner, in: BankrechtsHandbuch, § 39 Rn. 1; Sichtermann/Feuerborn/Kirchherr/Terdenge, Bankgeheimnis und Bankauskunft, S. 38; Beckhusen, in: Handbuch zum deutschen und europäischen Bankrecht, § 6 Rn. 12; Nobbe, WM 2005, 1537, 1538. 110 Hinsichtlich der AGB-Sparkassen ist dies auch weiterhin offen, vgl. Aden, NJW 1993, 832. 111 So etwa BGHZ 27, 241, 246; Canaris, in: Großkommentar HGB, Bd. 5, Bankvertragsrecht I, Rn. 48 ff. 104
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Geheimhaltung sämtlicher Einzelheiten seiner Geschäftsbeziehung zu seiner Bank wünscht.112 Unerheblich ist, auf welche Art und Weise die Bank von den Tatsachen Kenntnis erlangt, sei es durch die Darlegung des Kunden, die Mitteilung eines Dritten oder die eigene Wahrnehmung, also des Geschäftsinhabers, eines Organs oder eines Wissensvertreters.113 Jedoch muss ein innerer Zusammenhang zwischen der Erlangung der Kenntnis und der Geschäftsverbindung bestehen.114 Die Informationen, um die es bei einer Darlehensveräußerung geht, werden der Bank regelmäßig im Zusammenhang mit der Kreditvergabe und -betreuung durch den Kunden bekannt. Die „kundenbezogenen Tatsachen und Wertungen“ umfassen nicht nur alle geschäftlichen Angelegenheiten und Vermögensverhältnisse, sondern auch die offenbarten Privatverhältnisse des Kunden, wie etwa dessen Adresse oder Familienverhältnisse.115 Die Geheimhaltung gipfelt darin, dass bereits das Bestehen der Geschäftsverbindung an sich unter das Bankgeheimnis fällt.116 Die „Verschwiegenheit“ nach Nr. 2 Abs. 1 S. 1 AGB-Banken wird mithin schon dann „verletzt“, wenn die Bank nur den Darlehensnehmer namentlich nennt und zugleich als solchen bezeichnet. 7. Bankgeheimnis in der Insolvenz der Bank Die Geheimhaltungspflichten erlöschen nicht, sondern gelten im Insolvenzverfahren für den Schuldner weiter.117 Sie zählen nicht zu den Insolvenzforderungen, weil sie keinen vermögensrechtlichen (vgl. §§ 1 S. 1, 38 InsO) und damit keinen in Geld bewertbaren Inhalt haben.118 Geheimhaltungspflichten werden nur dann zu Masseverbindlichkeiten, wenn die Geheimhaltung als Nebenpflichten eines noch nicht voll erfüllten gegenseitigen Vertrag vereinbart wurde und der Insolvenzverwalter dessen Erfüllung nach § 103 InsO wählt.119 In der Insolvenz entscheidet vor- und außerprozessual sowie in gerichtlichen Verfahren allein der Insolvenzverwalter über die Offenbarung geschäftlicher Geheimnisse des In112 Beckhusen, in: Handbuch zum deutschen und europäischen Bankrecht, § 6 Rn. 12. 113 Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 2.152; Weber, in: BuB, Rn. 2/856; Koberstein-Windpassinger, WM 1999, 473, 475. 114 BGHZ 166, 84, 92 m.w. N.; dazu ausf. Vollborth, S. 39 ff. 115 Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 2.153. 116 Weber, in: BuB, Rn. 2/844; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 2.154; Beckhusen, in: Handbuch zum deutschen und europäischen Bankrecht, § 6 Rn. 15; Koberstein-Windpassinger, WM 1999, 473, 475; Stiller, ZIP 2004, 2027, 2029; Rob. Koch, BKR 2006, 182, 190; Vollborth, S. 42; vgl. auch Steiner, S. 115 und 187 zur Rechtslage in der Schweiz nach StGB 321 und BaG 47 m.w. N. Die in einigen der vorgenannten Zitate angesprochene Frage eines konkludenten Verzichts spielt auf der Eingriffsebene keine Rolle, sondern wird allenfalls im Bereich der Rechtfertigung relevant. 117 Vgl. Wenner/Schuster, ZIP 2005, 2191, 2193, 2195. 118 MüKo-InsO/Ehricke, § 38, Rn. 14, 36; Uhlenbruck/Sinz, InsO § 38 Rn. 10. 119 Wenner/Schuster, ZIP 2005, 2191, 2192.
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5. Kap.: Geheimhaltungspflichten des Kreditgewerbes
solvenzschuldners.120 Ihre Grenze finden seine Verwaltungs- und Verfügungsrechte in den Zielen des Insolvenzverfahrens und der Aufgabenzuweisung in §§ 80 ff. InsO.121 Daraus wird stellenweise gefolgert, dass ihm mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens dieselben Rechte und Pflichten zustehen würden, die dem Schuldner zustanden.122 Dem entspricht auch das Selbstverständnis vieler Insolvenzverwalter, die sich an vertragliche Geheimhaltungspflichten, die der Schuldner eingegangen war, gebunden fühlen.123 Der Sache nach gibt es aber keine gesetzliche Grundlage, die dem Insolvenzverwalter eine Verschwiegenheitspflicht auferlegen würde.124 Der BGH hat klargestellt, dass gerichtlich bestellte Insolvenzverwalter nicht von vornherein der Verschwiegenheitspflicht des Insolvenzschuldners unterliegen, wenngleich auch Anlass bestehen mag, sie derselben Verschwiegenheitspflicht zu unterwerfen.125 Der Verwalter ist weder Vertreter des Insolvenzschuldners noch des Insolvenzgläubigers oder der Insolvenzmasse.126 Demnach käme man zu dem sonderbaren Ergebnis, dass der Insolvenzverwalter die ihm von einem geheimhaltungspflichtigen Insolvenzschuldner in zulässiger Weise offenbarten Daten Dritter beliebig weitergeben darf. Der BGH betont aber sogleich, dass der Insolvenzverwalter die ihm zugänglich gemachten Daten nur verwerten darf, soweit dies zur Erfüllung der ihm im Insolvenzverfahren obliegenden Aufgaben notwendig ist.127 In konsequenter Anwendung der Amtstheorie ist die Amtsträgereigenschaft des Insolvenzverwalters gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 2 StGB zu bejahen,128 weil das Insolvenzverfahren als solches hoheitlichen bzw. amtlichen Charakter trägt und die vom Insolvenzverwalter wahrgenommenen Aufgaben zur öffentlichen Verwaltung zählen.129 Die Daten von Darlehensnehmern einer von ihm liquidierten Bank fallen demnach unter den Schutz des Berufsgeheimnisses. Eine ergänzende Geheimhaltungspflicht des Insolvenzverwalters aus seiner Eigenschaft als Berufsgeheimnisträger nach § 203 Abs. 1 StGB130 besteht jedoch 120 BGH, NJW 1990, 510; MüKo-StGB/Cierniak, § 203, Rn. 56; Wenner/Schuster, ZIP 2005, 2191, 2192. 121 Vgl. etwa OLG Schleswig, ZIP 1983, 968. 122 Uhlenbruck/Uhlenbruck, InsO, § 80 Rn. 90. 123 Wenner/Schuster, ZIP 2005, 2191, 2192. 124 Bork, ZIP 2007, 793 m.w. N. 125 BGHZ 141, 173, 179; 162, 187; BGH, ZIP 2004, 915, 917 (insoweit nicht abgedr. in BGHZ 158, 212), was Bork, ZIP 2007, 793, 794, zu dem Schluss kommen lässt, dass die Verschwiegenheitspflicht des Insolvenzverwalters für den BGH selbstverständlich sei. 126 Klopp/Kluth, in: Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch, § 22, Rn. 24. 127 BGHZ 158, 212; 162, 187. 128 Brüning, S. 48 f.; Bork, ZIP 2007, 793, 797; Rausch, S. 139; Brand, DZWIR 2008, 318, 322 f.; Deckenbrock/Fleckner, ZIP 2005, 2290, 2298 f.; a. A. begründungsarm Heinrich, S. 358 f., 390; vgl. auch RGSt 19, 86. 129 N. Preuß, S. 9, 307; Brand, DZWIR 2008, 318, 325 ff. m.w. N.
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nicht und wäre auch nicht erforderlich. Einem als Insolvenzverwalter tätigen Rechtsanwalt werden die Auskünfte nach §§ 98 Abs. 2, 97 Abs. 1 S. 1 InsO nicht funktional „als“ Rechtsanwalt erteilt, sondern aufgrund der gerichtlichen Bestellung.131 Dessen ungeachtet wäre dem Insolvenzverwalter aufgrund seiner Pflichtenstellung eine Datenweitergabe auch ohne Verpflichtung auf das Amtsgeheimnis nicht beliebig erlaubt.132 Alles andere wäre kaum verständlich. Er muss die vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens bestehende Rechtslage übernehmen133 und darf somit die Drittgeheimnisse ebenso wenig verletzen wie der Insolvenzschuldner selbst. Ihm kommen insoweit nicht mehr und keine anderen Rechte zu als diesem.134 Man kann sogar sagen, dass er hier erst recht Stillschweigen zu wahren hat, weil die Offenbarung dieser Informationen an ihn schon nicht erforderlich war. § 97 Abs. 1 S. 1 InsO verlangt nämlich nur die Offenbarung aller „das Verfahren betreffenden Verhältnisse“. Zudem ist einzuwenden, dass der Insolvenzverwalter die berechtigten Belange „aller Beteiligten“ (§ 60 Abs. 1 S. 1 InsO) zu beachten hat.135 Mithin hat er das Bankgeheimnis „für“ den Gemeinschuldner und im Interesse des Bankkunden zu wahren. Dies gilt unabhängig von der Frage, ob die Verletzung insolvenzfremder Geheimhaltungspflichten Schadensersatzansprüche auslöst, für die der Insolvenzverwalter den Insolvenzgläubigern nach § 60 Abs. 1 S. 1 InsO haftet.136 Darüber hinaus besteht ohnehin Einigkeit darüber, dass er die geschäftstypischen Sonderpflichten des Schuldners stets zu wahren hat.137
III. Amtsgeheimnis 1. Allgemeines Einen wesentlichen Baustein im Gebäude der Geheimhaltungspflichten bildet das strafbewehrte Amtsgeheimnis. Es erfährt zweierlei Ausprägungen: Einerseits bindet es als Dienstgeheimnis die Beamten138 und Angestellten im öffentlichen 130 So war etwa der Insolvenzverwalter über das Vermögen der Gontard & Metall Bank ein Rechtsanwalt, von Frentz, „Gontard & Metallbank – Das Ende“, in: Manager Magazin online vom 17.05.2002. 131 Wenner/Schuster, ZIP 2005, 2191, 2193 Fn. 30; MüKo-StGB/Cierniak, § 203, Rn. 42; ähnlich Lenckner/Eisele, in: Schönke/Schröder, StGB, § 203 Rn. 13 zu dem Zessionar von Mandantenforderungen, dem Auskünfte nach § 402 BGB erteilt werden. 132 Vgl. BGHZ 158, 212; 162, 187. 133 Vgl. insoweit BGHZ 24, 15, 18; 44, 1, 4; 56, 228. 134 OLG Frankfurt a. M., NJW 2004, 3266, 3267. 135 Kluth, NZI 2000, 351, 353. 136 Brüning, S. 201 ff. 137 MüKo-InsO/Görg, § 159 Rn. 17 hält auch den Verwalter an die Rspr. zur Nichtigkeit der Abtretung einer anwaltlichen Honorarforderung (BGHZ 122, 115) gebunden; Wenner/Schuster, ZIP 2005, 2191, 2193. 138 § 37 BeamtStG, vormals § 39 BRRG, § 61 BBG.
168
5. Kap.: Geheimhaltungspflichten des Kreditgewerbes
Dienst gegenüber ihrem Dienstherrn.139 Im Kreditwesen gelten die spezialgesetzlich normierten Verschwiegenheitspflichten von Organen der Sparkassen und deren Dienstkräften.140 Andererseits bindet das Amtsgeheimnis die staatliche Verwaltung unmittelbar gegenüber dem Bürger.141 Diese Seite hat den Schutz der Privatgeheimnisse zum Ziel. Entsprechende Geheimhaltungsansprüche der Betroffenen sind erst in jüngerer Zeit kodifiziert worden. So wird den Beteiligten etwa in § 30 VwVfG und in den entsprechenden Landes-VwVfG ein unmittelbarer Anspruch auf Wahrung ihrer persönlichen Geheimnisse gegenüber den Behörden gewährt.142 Der Anspruch ist Ausdruck und Bestandteil rechtsstaatlichen Verwaltungsverfahrens.143 Sein Umfang wird durch den allgemeinen Subsidiaritätsvorbehalt des § 1 Abs. 1, 2 S. 1 VwVfG und des § 1 Abs. 4 BDSG zwar beschnitten; er wird dadurch aber nicht obsolet.144 Die unbefugte Offenbarung von Privatgeheimnissen ist nach § 203 Abs. 2 StGB strafbar, diejenige von Dienstgeheimnissen nach § 353b StGB. Die Straftatbestände flankieren die zuvor genannten Schutzpflichten und begründen ein eigenständiges Offenbarungsverbot. Die Untersuchung widmet sich allein dem Schutz von Privatgeheimnissen. Dabei liegt der Schwerpunkt auf der Strafandrohung des § 203 Abs. 2 StGB. Die strafrechtlichen und zivilrechtlichen Folgen für den einzelnen Mitarbeiter sind im vorliegenden Zusammenhang zu vernachlässigen; die kriminalpolitische Bedeutung des § 203 StGB ist gering.145 Zivilrechtliche Ansprüche gegen die Bankangestellten stoßen wegen deren begrenzter Solvenz schnell an eine Wertgrenze. Von Interesse sind dagegen die zivilrechtlichen Konsequenzen für die öffentliche Bank, der die Verletzung des Amtsgeheimnisses durch ihre Mitarbeiter zugerechnet wird oder die sie sonst zu verantworten hat. Der Gesetzgeber hebt den Geheimnisschutz mit § 203 Abs. 2 StGB auf ein besonderes Niveau. Damit lässt er zugleich den hohen Stellenwert erkennen, den er dem Privatgeheimnis beimisst. Im Kontext der Darlehensveräußerungen sind drei grundlegend verschiedene Aspekte auseinanderzuhalten: Erstens geht es um die Anwendbarkeit des § 203 StGB auf die mit Darlehensveräußerungen betrauten Bankmitarbeiter. Zweitens steht die Modifizierung des Anwendungsbereichs entweder durch Analogie zu 139 140
§ 9 BAT. Vgl. etwa §§ 22, 23 Abs. 3 SpkG NW; dazu schon Ungnade, WM 1976, 1210,
1211. 141
Zu der Begr. einer besonderen, nach außen wirkenden „Amtspflicht“ Leimbrock,
S. 11. 142 Vor 1973 bestand lediglich einen Anspruch auf fehlerfreie Ermessensausübung bei der Entscheidung über die Wahrung der Verschwiegenheit als Reflex dienst- und arbeitsrechtlicher Geheimhaltungspflichten, vgl. BVerwGE 31, 301, 306; BVerwG, NJW 1970, 1760. 143 Bonk/Kallerhoff, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 30 Rn. 1. 144 Bonk/Kallerhoff, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 30 Rn. 4. 145 MüKo-StGB/Cierniak, § 203 Rn. 7.
A. Rechtsgrundlagen und Ausgestaltung der Geheimhaltungspflichten
169
Lasten der Privatbanken oder durch teleologische Reduktion zu Gunsten der öffentlichen Banken im Raum. Drittens stellt sich die Frage, welche Rechtsfolgen sich daraus im Hinblick auf Darlehensveräußerungen ergeben, wobei es wiederum auf einen Vergleich mit anderen Bankengruppen einerseits und den übrigen Berufsgeheimnisträgern andererseits ankommt. 2. Schutzrichtung Die Ansichten zu der Schutzrichtung der in § 203 Abs. 2 StGB ausgesprochenen Strafandrohung lassen sich im Wesentlichen zwei Lagern zuordnen.146 Das eine sieht den Zweck vorwiegend oder ausschließlich im Individualschutz.147 Das andere stellt daneben auch und vor allem auf den Gemeinschaftsschutz ab.148 a) Individualschutz Der zuerst genannte Ansatz lässt sich historisch149 und mit dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung150 begründen. Im 15. Abschnitt des StGB hat der Gesetzgeber die Vorschriften, die dem Schutz des persönlichen Lebens- und Geheimbereichs dienen, zusammengefasst.151 Zudem lässt sich die Existenz von § 203 StGB („Verletzung von Privatgeheimnissen“) neben § 353b StGB („Verletzung von Dienstgeheimnissen“) anscheinend nur plausibel erklären, wenn man von unterschiedlichen Rechtsgütern ausgeht.152 Als Argumente können das tatbestandsausschließende Einverständnis, die Entbindungsmöglichkeit nach § 53
146
Zum Rechtsgut der Amtsdelikte allg. Leimbrock, S. 9 ff. Zum Anwaltsgeheimnis noch BGH NJW 1990, 510, 511 f.; BGHZ 115, 123, 125; 122, 115, 117; BGH, NJW 1992, 2348, 2349; Geppert, S. 11; Peglau, S. 34 f.; Michalowski, ZStW 109 (1997), 519, 522; Rogall, NStZ 1983, 1, 4 f.; Fischer, StGB, § 203 Rn. 2; Eisele, ZIS 2011, 354, 357. 148 Erste Ansätze in der Rspr. bezogen sich nur auf die ärztliche Schweigepflicht, vgl. etwa BGH, NJW 1968, 2288, 2290 m.w. N.; aus der Lit. schon A. Kaufmann, NJW 1958, 272, 272 f.; heute allg. für einen Gemeinschaftsschutz aller in Art. 203 StGB genannten Berufsgeheimnisse Henssler, NJW 1994, 1817, 1819 f.; ebenso Goll, S. 36 ff.; Lenckner/Eisele, in: Schönke/Schröder, StGB, § 203 Rn. 3. 149 Zum Anwaltsgeheimnis noch in den 1990er Jahren BGH NJW 1990, 510, 511 f.: „Es [das Anwaltsgeheimnis] dient nicht dem eigenen Geheimhaltungsinteresse des Anwalts, sondern ausschließlich dem in den Schutzbereich der anwaltlichen Tätigkeit fallenden „Herrn des Geheimnisses“ (Friedlaender, RAO, 3. Aufl. (1930), § 28 Exkurs I Rn. 9); insbes. also dem Auftraggeber. Dies entspricht alter deutscher Rechtstradition.“; krit. Henssler, NJW 1994, 1817, 1819 f. 150 So BVerfG, NJW 2002, 2164. 151 MüKo-StGB/Cierniak, § 203 Rn. 1 mit Hinweis auf die Gesetzesbegr. in BT-Drs. 7/550, S. 235. 152 Vgl. Perron, in: Schönke/Schröder, StGB, § 353b, Rn. 24; MüKo-StGB/Graf, § 353b, Rn. 85. 147
170
5. Kap.: Geheimhaltungspflichten des Kreditgewerbes
Abs. 2 S. 1 StPO und naheliegenderweise das Strafantragserfordernis des § 205 StGB herangezogen werden, aus dem sich die Dispositionsbefugnis des Verletzten (vgl. § 77 Abs. 1 StGB) ergibt.153 Indes ist § 203 StGB als echtes Sonderdelikt ausgestaltet.154 Der Strafbarkeit unterliegen nur die Angehörigen bestimmter Berufe bzw. bestimmte Funktionsträger. Dagegen würde ein schlüssiger grundrechtlicher Ansatz gleichermaßen eine Ausweitung und eine Einschränkung nahelegen. Einerseits müssten die privaten Daten ohne Rücksicht auf den Kreis der Verwender geschützt werden.155 Andererseits gewährleistet das Strafrecht aufgrund seiner Ultima Ratio-Funktion nur das sozialethische Minimum.156 Deshalb wäre der Geheimnisschutz auf den Kernbereich der Persönlichkeit, mithin auf Informationen aus der Intimsphäre zu beschränken.157 Schließlich wurden bereits im Jahre 1974158 Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse in § 203 StGB aufgenommen. Um dies mit dem Strafkonzept in Einklang zu bringen, wird der Schutzzweck in die Richtung wirtschaftlicher Interessen von Unternehmungen und damit letztlich auf den Vermögensschutz zu lenken versucht.159 Die Einbeziehung juristischer Personen in den Schutzbereich des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts, aus dem sich die informationelle Selbstbestimmung ableitet, begegnet hingegen Zweifeln und ist allenfalls für Teilbereiche und auf geringerem Schutzniveau zu akzeptieren.160 Nach einer „viktimologischen“ Betrachtungsweise wird die Beschränkung des Täterkreises auf bestimmte Berufsgruppen mit dem hier bestehenden „faktischen Zwang“ zur sozial notwendigen Preisgabe der privaten Geheimnisse erklärt.161 Ähnlich argumentiert das BVerfG, wenn es bei Lebensversicherungen162 ein faktisch einseitig bestehendes Recht erkennt, den Versicherungsnehmer zur Preisgabe persönlicher Informationen zu bestimmen, und damit ein besonderes Rechtsschutzbedürfnis des Geheimnisherrn begründet.163
153 BGHZ 115, 123, 125; Lenckner/Eisele, in: Schönke/Schröder, StGB, § 203 Rn. 3; Eisele, ZIS 2011, 354, 357. 154 BeckOK-StGB/Kudlich, § 25 Rn. 7; MüKo-StGB/Cierniak, § 203 Rn. 28. 155 Vgl. Lenckner/Eisele, in: Schönke/Schröder, StGB, § 203 Rn. 3; MüKo-StGB/ Cierniak, § 203 Rn. 4. 156 BVerfGE 39, 1, 47. 157 MüKo-StGB/Cierniak, § 203 Rn. 3. 158 Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch vom 02.03.1974 (BGBl. I, 469). 159 Vgl. Rogall, NStZ 1983, 1, 3. 160 Di Fabio, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 2 Abs. 1 Rn. 224; Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 2 Rn. 39. 161 Schünemann, ZStW 90 (1978), 11, 53 ff.; ders., in: LK-StGB, § 203, Rn. 14 ff., 16. 162 Deren „Angehörige“ sind Täter i. S. v. § 203 Abs. 1 Nr. 6 StGB. 163 BVerfG, WM 2006, 2270, 2271 f.
A. Rechtsgrundlagen und Ausgestaltung der Geheimhaltungspflichten
171
b) Gemeinschaftsschutz Die Befürworter einer institutionellen Rechtsgutsbestimmung sehen den Zweck des § 203 StGB in erster Linie darin, das allgemeine Vertrauen in die Verschwiegenheit der Angehörigen bestimmter Berufe und der Verwaltung als Voraussetzung dafür zu gewährleisten, dass diese ihre im Interesse der Allgemeinheit liegenden Aufgaben erfüllen können.164 Kaufmann165 stellte die freie Entfaltung des beruflichen Könnens in den Mittelpunkt der Berufsgeheimnisse. Er unterschied eine Unterlassungs- und eine Handlungspflicht. Die Unterlassungspflicht, Geheimnisse, die ihm in seiner beruflichen Eigenschaft zugänglich geworden sind, nicht unbefugt preiszugeben, schulde der Berufsgeheimnisträger – in seinem Fall ein Arzt – allein dem jeweiligen Geheimhaltungsberechtigten;166 die positive Pflicht hingegen, von diesen Geheimnissen den (in diesem Fall ärztlich) richtigen Gebrauch zu machen, schulde er immer auch der Allgemeinheit.167 Der Gemeinschaftsschutz wird damit ebenso als Zweck der Verschwiegenheit von Amts- und ähnlichen Funktionsträgern (§ 203 Abs. 2 StGB) angesehen.168 Die besondere Verantwortlichkeit der Amtsträger gründet sich allgemein auf das Vertrauen der Bürger in die „Reinheit“ der Amtsführung und die Integrität der Amtsträger.169 Speziell zu § 26 (jetzt § 30) VwVfG führt die Regierungs164 In der Rspr. setzte insofern in den 1950er Jahren ein Umdenken ein; es bezog sich indes allein auf die ärztliche Schweigepflicht, vgl. etwa BGH, NJW 1968, 2288, 2290 m.w. N.: „Sie [die Schweigepflicht des Arztes] dient nicht nur dem Interesse des Einzelnen an seiner Geheimsphäre, sondern, wie Bockelmann und Mittelbach mit Recht ausführen, auch dem Schutz der Allgemeinheit; denn die Öffentlichkeit hat ebenfalls ein Interesse daran, daß das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient nicht beeinträchtigt wird und sich Kranke nicht aus Zweifel an der Verschwiegenheit des Arztes davon abhalten lassen, ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen.“; aus der Lit. für eine Übertragung auf das Anwaltsgeheimnis Henssler, NJW 1994, 1817, 1819 f.: „Die Rechtsgemeinschaft als ganzes muß Wert darauf legen, daß die Geheimsphäre des einzelnen durch den Geheimnisträger respektiert wird, aber auch respektiert werden kann. Es geht beim Arztberuf nicht um den Schutz der „Intimsphäre“ schlechthin, sondern um den Umstand, daß dieser Individualbereich dem Arzt offen liegt. Dieses besonders gefährdete Fenster in der sonst gegen Einblicke von außen abgeschotteten menschlichen Individualität bedarf einer erweiterten Sicherheitszone durch einen institutionalisierten Schutz des Arztberufes. Der Gedanke des Gemeinwohlbezuges ist auf das anwaltliche Berufsgeheimnis uneingeschränkt zu übertragen“; ebenso Goll, S. 36 ff.; Lenckner/Eisele, in: Schönke/Schröder, StGB, § 203 Rn. 3. 165 A. Kaufmann, NJW 1958, 272, 272 f. 166 A. Kaufmann nennt den Geheimhaltungsberechtigten in abw. Terminologie „Geheimnisträger“, s. NJW 1958, 272 f. 167 A. Kaufmann stützt dies damit, dass eine Geheimnisoffenbarung zum Schutze höher zu wertender Rechtsgüter auch gegen den Willen des Geheimnisträgers zulässig sei, s. NJW 1958, 272 f. 168 Lenckner/Eisele, in: Schönke/Schröder, StGB, § 203 Rn. 3 m.w. N. 169 So allg. C. Schröder, NJW 1984, 2510, 2511, wobei dies angesichts der Vielzahl zusätzlicher Zwecke der verschiedenen Amtsträgerdelikte nur der kleinste gemeinsame Nenner oder – nach Kindhäuser, in: Bausteine eines europäischen Wirtschaftsstraf-
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5. Kap.: Geheimhaltungspflichten des Kreditgewerbes
begründung aus, dass der Bürger das „nötige Vertrauen zur Verwaltung nur hat, wenn er sicher ist, dass die Tatsache, an deren Geheimhaltung er ein schutzwürdiges Interesse hat, von der Verwaltung nicht unbefugt offenbart“ wird.170 Der organschaftliche Geheimhaltungsschutz kommt also mittelbar auch der Verwaltung zugute, da der Bürger im Vertrauen auf die Verschwiegenheit der Behörde eher bereit sein wird, ihr Tatsachen zu offenbaren, an deren Geheimhaltung er ein Interesse hat.171 Hier gilt wiederum, dass § 203 Abs. 2 StGB nur den individuellen Geheimnisverrat des einzelnen Funktionsträgers erfasst, gleichwohl aber die organschaftliche Seite einbezieht. Die Argumentation zu § 30 VwVfG ist deshalb auf § 203 Abs. 2 StGB übertragbar. c) Schutzkombination Betrachtet man den Wortlaut des § 203 StGB, die dazu vertretenen Schutzzwecke und im Vergleich dazu die Vorschrift des § 353b StGB, so erscheint das Gesetz uneinheitlich.172 Doch dieser Schein trügt. Das Gesetz ist multifunktional. Erst die Kombination aus dem Schutz des informationellen Selbstbestimmungsrechts und dem Institutionenschutz kann die Begrenzung des persönlichen Anwendungsbereichs in § 203 StGB und die unterschiedliche Nuancierung in Abs. 1 und Abs. 2 stringent erklären. Diese Ansicht entspricht einer modernen Rechtsgutsdefinition,173 der letztlich zu folgen ist. Einerseits soll mit § 203 StGB der Kern des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung und zudem das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb geschützt werden. Außerdem wird den Besonderheiten staatlicher Stellen Genüge getan (§ 203 Abs. 2 StGB). Im Unterschied zu Abs. 1 werden in Abs. 2 nicht Berufsgruppen aufgeführt, die mit besonders sensiblen Informationen in Berührung kommen, sondern schlicht Amtsträger und ähnliche Funktionsträger. Die staatlichen Stellen sind anders als die in Abs. 1 genannten Berufsgruppen unmittelbar den Grundrechten und der Rechtmäßigkeit der Verwaltung verpflichtet. Zudem kann der Staat eine besondere Machtfülle bei der Erhebung und Verwendung von enormen Mengen an Informationen zur Geltung bringen. Angesichts dessen gilt gerade im staatlichen Bereich, dass es kein belangloses Datum gibt, sondern sich die Bedeutung eines Datums aus seiner Nutzbarkeit und Verwendungsmöglichkeit ergibt.174 rechts, Madrid Symposium, S. 125, 128 f. – ein „mediatisiertes Zwischenrechtsgut“ ist. Der Sinn einer besonderen Auseinandersetzung mit derlei Rechtsgütern mag fraglich erscheinen, soweit die besonderen Einzelinteressen des jeweiligen Straftatbestands klar ersichtlich sind, Puppe, in: Kindhäuser/Neumann/Paeffgen, StGB, § 152a Rn. 4. Diese sind in Bezug auf § 203 StGB indes gerade nicht eindeutig. 170 Referiert bei Knemeyer NJW 1984, 2241, 2242. 171 Knemeyer, NJW 1984, 2241, 2242. 172 In diese Richtung LK-StGB/Schünemann, § 203, Rn. 15. 173 So auch MüKo-StGB/Cierniak, § 203 Rn. 5; allg. zu den Amtsträgerdelikten Lenckner, ZStW 106 (1994), 502, 531 ff.; Leimbrock, S. 14 ff. 174 BVerfGE 65, 1, 44 ff.
A. Rechtsgrundlagen und Ausgestaltung der Geheimhaltungspflichten
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Die staatliche Stellung, das Vertrauen in die Rechtmäßigkeit der Verwaltung an sich und die Quantität der erhobenen Informationen lassen es demnach als angemessen erscheinen, jegliche Informationen ungeachtet ihrer Qualität dem Strafrechtsschutz zu unterwerfen. Der Schutz der informationellen Selbstbestimmung geht Hand in Hand mit dem Umstand, dass es andererseits gerade die in der Strafnorm genannten Berufe und öffentlichen Stellen sind, deren Funktionsfähigkeit es im Interesse der Allgemeinheit besonders zu schützen gilt. Daraus ergibt sich kein Widerspruch zur viktimologischen Betrachtungsweise. Weil die genannten Berufe und Stellen besonders auf Informationen angewiesen sind, kann ihnen gegenüber nicht nur ein faktischer, sondern sogar ein rechtlicher Zwang zur Datenoffenbarung bestehen. Der Funktionsschutz kann letztlich nur gewährleistet werden, wenn die erforderliche Datenoffenbarung der Betroffenen gegenüber den genannten Stellen durch eine strafbewehrte Geheimhaltungspflicht flankiert wird. Diese muss umso effektiver gestaltet werden, je stärker die informationelle Selbstbestimmung gefährdet wird. Andernfalls wären die Betroffenen aufgrund des geringeren Schutzniveaus kaum dazu bereit, auch im Interesse der Allgemeinheit vollständige und wahrheitsgetreue Angaben zu machen. Die Dispositionsbefugnis des Betroffenen steht dem Gemeinschaftsschutz nicht entgegen. Der Funktionsschutz ist nämlich dann nicht gefährdet, wenn der Betroffene in die Geheimnisoffenbarungen einwilligt. Denn in diesem Fall tritt kein Vertrauensverlust ein, der den Geheimnisherrn dazu veranlassen könnte, dem jeweiligen Berufsträger oder der Behörde oder sonstigen Stelle künftig Informationen vorzuenthalten. Damit ist abschließend festzustellen, dass die einzelnen Schutzzwecke gleichrangig sind und sich ergänzen. Es zeigt sich, dass der Zweck des Amtsgeheimnisses mit dem Zweck des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung, des Bankgeheimnisses und des Datenschutzes vergleichbar ist. Ein Unterschied in der Gewichtung liegt allerdings darin, dass der Funktionsschutz nicht etwa in den Hintergrund tritt (so der Schutz des BDSG), auch nicht dem Kreditwesen und damit nur mittelbar der Allgemeinheit dient (so das Bankgeheimnis), sondern ähnlich wie das gegenüber dem Staat bestehende Recht auf informationelle Selbstbestimmung auch dem Staat zugutekommt. Der Staat schützt sich mit § 203 Abs. 2 StGB letztlich auch selbst. 3. Schutzinhalt a) Geheimhaltungsverpflichtete und -berechtigte Der persönliche Anwendungsbereich des § 203 Abs. 2 S. 1 StGB umfasst auf Täterseite allein Amtsträger und sonstige Funktionsträger, nicht hingegen die öffentlichen Rechtsträger oder Institutionen als juristische Person.175 Eine juristi175
Das betont auch Wech, S. 528.
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5. Kap.: Geheimhaltungspflichten des Kreditgewerbes
sche Person bzw. Organisation kann nach deutschem Recht nicht Täter einer Straftat sein.176 Demnach wird die Bank selbst nicht erfasst. Auf Seiten des Geheimnisherrn können hingegen sowohl natürliche als auch juristische Personen stehen. Darin liegt ein Unterschied zu dem vom BDSG gewährten Schutz, der sich auf die Daten natürlicher Personen beschränkt. b) Geheimhaltungsgegenstand Geheimhaltungsgegenstand sind „Privatgeheimnisse“. Sie werden in dieser Vorschrift nicht definiert. Nach der strafrechtlichen Wissenschaft und Praxis umfassen sie grundsätzlich alle Tatsachen, die nur einem begrenzten Personenkreis bekannt sind und nach dem objektiv berechtigten Interesse des Geheimnisträgers nicht weiter bekannt werden sollen.177 Manche Stimmen fordern zudem einen Geheimhaltungswillen des Berechtigten.178 Die zuletzt genannten normativen Merkmale sind zur Strafbarkeitsbegrenzung sinnvoll und unterscheiden das Privatgeheimnis nach § 203 StGB vom Bankgeheimnis. Zum Bankgeheimnis wurden sie früher diskutiert, fanden aber berechtigterweise keinen Eingang in die Begriffsbestimmung der Nr. 2 Abs. 1 S. 1 AGB-Banken 1993. Im vorliegenden Zusammenhang spielt die insoweit restriktivere Fassung des § 203 StGB keine Rolle, weil der Darlehensnehmer regelmäßig die Geheimhaltung aller seiner Daten gegenüber Dritten wünscht und dies auch berechtigterweise darf. c) Privatgeheimnisse und Darlehensveräußerungen In den strafrechtlichen Standardkommentaren ist zu lesen, dass durch die Anknüpfung an die Amtsträgereigenschaft in § 203 StGB bei öffentlich-rechtlichen Kreditinstituten das Bankgeheimnis geschützt werde.179 Dagegen wendet sich der BGH in seinem Urteil zur Forderungsabtretung durch Sparkassen mit der Ansicht, dass das Bankgeheimnis generell kein strafrechtlich geschütztes „Geheimnis“ sei.180 Ausgehend von einer am Schutzzweck orientierten Wertung rückt er das Recht auf informationelle Selbstbestimmung in den Mittelpunkt des § 203 StGB. Sodann erklärt er unter Bezugnahme auf den Nichtannahmebeschluss des BVerfG zur Abtretung von Darlehensforderungen,181 dass dieses Recht durch 176 Deutschland ist eines der wenigen Länder, in denen der Grundsatz „societas delinquere non potest“ gilt, MüKo-StGB/Joecks, Vorbem. zu § 25 Rn. 16 f. 177 Lenckner/Eisele, in: Schönke/Schröder, StGB, § 203 Rn. 5; LK-StGB/Schünemann, § 203 Rn. 19; MüKo-StGB/Cierniak, § 203 Rn. 11. 178 OLG Hamm, NJW 2001, 1957; LK-StGB/Schünemann, § 203 Rn. 19; MüKoStGB/Cierniak, § 203 Rn. 11, 18. 179 s. etwa MüKo-StGB/Cierniak, § 203 Rn. 92; Lenckner/Eisele, in: Schönke/ Schröder, StGB, § 203 Rn. 44. 180 BGHZ 183, 60, 64. 181 BVerfG, NJW 2007, 3707.
A. Rechtsgrundlagen und Ausgestaltung der Geheimhaltungspflichten
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§ 402 BGB im Interesse der Verkehrsfähigkeit von Forderungen nicht in unangemessener Weise eingeschränkt werde und dies letztlich die Anwendung des § 203 StGB ausschließe. Diese Argumentation kann keinen Bestand haben. Der Gedankengang des BGH verläuft in der Weise, dass § 203 StGB das Recht auf informationelle Selbstbestimmung schütze, dieses wiederum bei Darlehensveräußerungen im Ergebnis nicht verletzt sei und deshalb § 203 StGB von vornherein nicht anwendbar sei. Mit diesem an mehreren Punkten angreifbaren Zirkelschluss ist der BGH bei der Prüfung befangen und konzentriert sich nicht auf die eigentlich nötige Subsumtion unter den Wortlaut des Gesetzes. Nach diesem aber werden grundsätzlich alle „Geheimnisse“ im weiten Sinne geschützt.182 Der Grundrechtsbezug erlaubt keine Einschränkungen. Das BVerfG hält es in dem vom BGH zitierten Beschluss nach typisierender Betrachtung lediglich nicht für erforderlich, das Recht auf informationelle Selbstbestimmung durch ein generelles Abtretungsverbot zu schützen. Der BGH zieht daraus den unzutreffenden Schluss, dass das Recht auf informationelle Selbstbestimmung generell nicht verletzt sein kann, wenn den jeweiligen Erwerbern im Zuge von Darlehensveräußerungen die Schuldnerdaten offenbart werden. Der Beschluss des BVerfG nimmt indes zu diesem Gesichtspunkt nicht Stellung. Die Frage nach der Verletzung der Geheimhaltungspflichten und damit der Grundrechtspositionen sowie ihrer Rechtfertigung ist jedoch streng von dem Erfordernis einzelner Sanktionen zu unterscheiden. Das BVerfG lässt ausdrücklich andere individuelle Ausgleichsformen, insbesondere auf schuldrechtlicher Ebene, offen, die ihrerseits gerade eine Verletzung der Rechtspositionen des Geheimnisherrn voraussetzen. Neben der verfehlten Deutung vermischt der BGH in der Sache das Problem der Rechtfertigung einer Geheimnisverletzung über § 402 BGB183 mit der vorgelagerten Frage nach der Anwendbarkeit des § 203 StGB. Damit folgt er implizit der zum Bankgeheimnis vertretenen und im Ergebnis abzulehnenden Ansicht, nach der die Geheimhaltungspflicht immanente Grenzen aufweise.184 Selbst von seinem Ansatz aus ist dem BGH keine schlüssige Argumentation gelungen. Er verkürzt den Schutzzweck des § 203 StGB auf die Wahrung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung. Den Gemeinschaftsschutz blendet der BGH aus. Die terminologische Vereinfachung der Kommentarliteratur kann zu Recht moniert werden, wenn sie Privatgeheimnis und Bankgeheimnis bei öffentlichen Banken gleichstellt. Darüber ist jedoch hinwegzusehen, weil beide Geheimnisarten im Darlehensgeschäft der öffentlichen Kreditinstitute bei wortlautkonformer Anwendung weitgehende Überschneidungen aufweisen. Das Amtsgeheimnis reicht bei öffentlichen Banken kaum weniger weit als das Bankgeheimnis. Jedenfalls 182 183 184
Eisele, ZIS 2011, 354, 357 f. Dazu Kapitel 5 C. I. 1. a). s. Kapitel 5 C. III. 7.
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5. Kap.: Geheimhaltungspflichten des Kreditgewerbes
kann nicht mit Hinweis auf angeblich unangetastete Grundrechtspositionen bereits der Tatbestand einer Geheimnisoffenbarung verneint werden.185 Dies muss vielmehr sorgsam geprüft werden. Im Zusammenhang mit einer Darlehensvergabe und in der Folge werden den Bankmitarbeitern Daten übermittelt, die nur einem begrenzten Personenkreis bekannt sind und die der Darlehensnehmer gerade gegenüber potenziellen Darlehenserwerbern berechtigterweise geheim zu halten wünscht. Aus den Umständen ergibt sich regelmäßig eine Verpflichtung zur Verschwiegenheit, so dass der erforderliche Vertrauensakt zwischen Bankmitarbeitern und Darlehensnehmern vorliegt.186 Mithin liegt entgegen der jüngsten Äußerung des BGH187 ein Geheimnis vor.188 Es kann auch nicht darauf ankommen, ob die Daten der Bank und nicht dem einzelnen Mitarbeiter anvertraut wurden.189 Denn es genügt zur Erfüllung des § 203 StGB auch, dass das Geheimnis dem Täter „sonst bekannt geworden“ ist. Das ist der Fall, wenn er es auf andere Weise, insbesondere aufgrund eigener Tätigkeit, erfahren hat.190 Dieses Erfordernis wird spätestens dadurch erfüllt, dass die schuldner- und darlehensbezogenen Informationen den Mitarbeitern, die mit einer Darlehensveräußerung befasst sind, im internen Bereich zur Kenntnis gelangen. Das Geheimnis nach § 203 Abs. 2 StGB ist „offenbart“, wenn die geschützten Informationen in irgendeiner Weise an einen anderen gelangen.191 Dies geschieht durch die dem einzelnen Mitarbeiter zurechenbare Informationsweitergabe an die Darlehenserwerber. In welchen Fällen die handelnden Personen bei dem Informationszufluss und zudem bei der Geheimnisoffenbarung als Amtsträger handeln, bleibt der folgenden ausführlichen Untersuchung vorbehalten. 4. Staatliche Leistungsverwaltung im Kreditwesen a) Öffentliche Verwaltung und ihre Rechtfertigung Unter der Geltung des verfassungsrechtlich verankerten Sozialstaatsprinzips (Art. 20 Abs. 1 GG) übernimmt die öffentliche Hand nicht allein Aufgaben der Eingriffsverwaltung, sondern auch der Leistungsverwaltung und Daseinsvorsorge.192 Handelt der Staat, muss er sich stets mit der Verfolgung eines öffent185
Ebenso Stoll, DZWIR 2010, 139, 143. OLG Köln, NStZ 1983, 412; NJW 2000, 3656, 3657. 187 BGHZ 183, 60, 64 ff. 188 Ebenso Eisele, ZIS 2011, 354, 358. 189 A.A. Otto, wistra 1999, 201, 202. 190 OLG Köln, NJW 2000, 3656, 3657. 191 Vgl. Lenckner/Eisele, in: Schönke/Schröder, StGB, § 203, Rn. 19. 192 Den Begriff der Daseinsvorsorge verwendete erstmals Forsthoff, Die Verwaltung als Leistungsträger; vgl. dazu Badura, DÖV 1966, 624, 626; Ossenbühl, DÖV 1971, 513 ff.; Schorner, S. 141 ff. 186
A. Rechtsgrundlagen und Ausgestaltung der Geheimhaltungspflichten
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lichen Zwecks legitimieren.193 Das folgt aus dem Rechtsstaatsprinzip und den Grundrechten.194 Im Bereich der Leistungsverwaltung schützt die Zwecksetzung die Kommunen vor den Gefahren überdehnter unternehmerischer Tätigkeit und zugleich die Privatwirtschaft vor einer ungezügelten Erwerbstätigkeit der öffentlichen Hand zu ihren Lasten.195 Die ausschließliche Gewinnerzielungsabsicht ist kein öffentlicher Zweck.196 Selbst vorrangige wirtschaftliche Interessen würden einem zu schützenden öffentlichen Interesse zuwiderlaufen.197 Nach der Konzeption der Finanzverfassung hat sich der Staat durch Steuern und Abgaben zu finanzieren.198 Durch die Beteiligung am wirtschaftlichen Erfolg der Steuer- und Abgabenpflichtigen ist die öffentliche Hand davon freigestellt, unmittelbar selbst am allgemeinen wirtschaftlichen Wettbewerb teilzunehmen und die damit einhergehenden Risiken zu tragen.199 In einer derartigen Strenge lassen sich die Vorgaben im öffentlichen Wirtschaftsleben allerdings nicht einhalten. Die Bundeshaushaltsordnung200 sowie die Gemeindeordnungen der Länder201 verpflichten die 193 BVerfGE 61, 82, 107 – Sasbach: „[. . .] die Nutzung von Vermögen und die erwerbswirtschaftliche Betätigung öffentlich-rechtlicher Körperschaften [ist] i. d. R. nur im Zusammenhang mit der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben zulässig [. . .]“; BVerfGE 42, 312, 332: „Das Grundgesetz hat [. . .] den Zweck des Staates [. . .] auf die Wahrung des Gemeinwohls beschränkt.“; ebenso Püttner, Öffentliche Unternehmen, S. 128; Isensee, DB 1979, 145, 146; D. Ehlers, JZ 1990, 1089, 1091; Koenig, WM 1995, 317; Lutter, BB 2009, 786, 789; weitergehend einzelne Gemeindeordnungen der Länder, etwa § 107 Abs. 1 Nr. 1 GO NRW („Die Gemeinde darf sich zur Erfüllung ihrer Aufgaben wirtschaftlich betätigen, wenn ein dringender öffentlicher Zweck die Betätigung erfordert.“), dazu OVG NRW, NZV 2005, 218 („. . . die wirtschaftliche Betätigung [muss] für den öffentlichen Zweck objektiv erforderlich i. S. v. vernünftigerweise geboten [sein]“); zudem dient eine die Exekutive bindende Zweckbestimmung dem Gesetzgeber zur Steuerung der Haushaltsmittel, so das SächsVerfGH, NVwZ-RR 2010, 1, 3 a. E.; ähnlich VerfGH NRW NVwZ 1995, 159, 160. 194 Die staatliche Wirtschaftstätigkeit berührt die Wettbewerbsfreiheit, Di Fabio, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 2, Rn. 119 ff.; zur Berufsfreiheit Hösch, DÖV 2000, 393, 395 f. 195 BGHZ 150, 343, 348 m.w. N. 196 So deklaratorisch § 116 Abs. 1 S. 2 GO LSA: „Alle Tätigkeiten oder Tätigkeitsbereiche, mit denen die Gemeinde an dem vom Wettbewerb beherrschten Wirtschaftsleben teilnimmt, um ausschließlich Gewinn zu erzielen, entsprechen keinem öffentlichen Zweck.“; ähnlich Art. 87 Abs. 1 S. 3 BayGemO; Isensee, DB 1979, 145, 149; Stober, NJW 2002, 2357, 2362; Lutter, BB 2009, 786, 789. 197 BVerwGE 39, 334, 329; deshalb kommt Gusy, JA 1995, 166, 169, zu dem Schluss, dass faktisch nicht das Vorliegen eines öffentlichen Zwecks geprüft werde, sondern, ob ein öffentlicher Zweck entgegensteht. 198 BVerfGE 78, 249, 266 f.; 82, 159, 178; 93, 319, 342; VGH Rheinland-Pfalz, DÖV 2000, 682, 685; Isensee, DB 1979, 145, 149; D. Ehlers, JZ 1990, 1089, 1091; Stober, NJW 2002, 2357, 2362. 199 Henneke, Öffentliches Finanzwesen, Finanzverfassung, § 10 C 6; Löwer, VVDStRL 60 (2001), 416, 420. 200 § 7 Abs. 1 BHO. 201 Vgl. etwa § 101 GemO BaWü, Art. 95 Abs. 1 Satz 1 GO Bay, § 107 Satz 2 GO Bbg, § 121 Abs. 8 HGO, § 114 NGO, § 85 Abs. 2 GemO RP, § 116 KSVG Sl, § 97 Abs. 3 GO SN, § 109 GO NRW.
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5. Kap.: Geheimhaltungspflichten des Kreditgewerbes
Verwaltung sogar regelmäßig dazu, im Interesse einer sparsamen Haushaltswirtschaft ihre Unternehmen wirtschaftlich zu betreiben und möglichst Gewinne zu erzielen. Die Gewinnerzielung darf indes nicht unmittelbarer Hauptzweck der staatlichen wirtschaftlichen Betätigung sein, sondern muss Nebenzweck bleiben, der im Zweifel hinter den öffentlichen Auftrag zurücktritt.202 Andererseits ist zu beachten, dass eine wie auch immer geartete Zweckvorgabe häufig kaum mehr als eine Leerformel ist.203 Es lässt sich nämlich stets ein öffentlicher Zweck finden, auch wenn es eigentlich um Gewinnerzielung geht.204 Wegen der weit auszulegenden staatlichen und gesellschaftlichen Verantwortung für das Gemeinwohl205 kann praktisch jede Aufgabe im Rahmen der verfassungsrechtlichen Vorgaben zu einer staatlichen gemacht werden, indem die staatlichen Organe sie schlicht wahrnehmen.206 Im Bereich der Leistungsverwaltung sind indes abgesehen von originären Aufgaben auch einige vorstellbar, die der Staat nicht zwingend selbst erfüllen müsste.207 In dieser Hinsicht billigt die Rspr. der öffentlichen Hand jedoch eine weitgehende Einschätzungsprärogative zu.208 Diese richterliche Selbstbeschränkung wird vehement kritisiert.209 Allerdings würde die Rspr. an ihre Funktionsgrenzen stoßen, wenn sie die Zweckkonkretisierung vollständig überprüfen müsste, die die öffentliche Hand unter Abwägung verschiedenster Belange einschließlich ökonomischer und prognostischer Ele202 Gärtner, S. 105; Franz, S. 701 ff.; Schmidt-Aßmann/Röhl, in: Schmidt-Aßmann, Besonderes Verwaltungsrecht, S. 92 f., Rn. 120; Lutter, BB 2009, 786, 789. 203 Schuppert, VVDStRL 60 (2001), 607. 204 D. Ehlers, Gutachten E zum 64. Deutschen Juristentag, S. E-71. 205 Isensee, in: HStR IV, § 73 Rn. 55 ff.; Heintzen, VVDStRL 62 (2003), 220, 237 f. 206 BVerfGE 12, 205, 243 („Wenn sich der Staat mit dieser Aufgabe in irgendeiner Form befasst, wird sie zu einer ,staatlichen Aufgabe‘“); OLG Karlsruhe, NJW 1983, 352; KG, NStZ 1994, 242; zur „Befugnistheorie“ schon Krautzberger, S. 51 f.; Burgi, S. 49 ff.; Ossenbühl, JR 1992, 473, 474; Lenckner, ZStW 106 (1994), 502, 532; Schorner, S. 47, 133 ff.; Ibler, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 86 Rn. 110; Isensee, in: HStR IV, § 73 Rn. 55 („Kompetenz-Kompetenz“); MüKo-StGB/Radtke, § 11 Rn. 40 („Definitionsmacht des Staates“). 207 Badura/Huber, in: Schmidt-Aßmann, Besonderes Verwaltungsrecht, Rn. 63 ff., S. 329 f.; Voßkuhle, VVDStRL 62 (2003), 266, 275; zu den Grenzen aber Kämmerer, S. 152 ff.; aus der Rspr. zuletzt HessVGH DÖV 2008, 607 (Privatisierung eines kommunalen Weihnachtsmarktes); bei Pflichtaufgaben erfordert die Privatisierung allerdings eine gesetzliche oder sogar verfassungsrechtliche Grundlage, vgl. Schoch, DVBl 1994, 962, 974; wegen des in Art. 20 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich vorgegebenen Sozialstaatsprinzips krit. Broß, NZBau 2004, 465, 466; für den Bereich des Sicherheitssektors ebenso krit. Stober, NJW 2008, 2301. 208 BGH, GRUR 1959, 244, 246; ihm weitgehend folgend BVerwGE 39, 329, 334; differenzierend hingegen BVerwG, BayVBl. 1978, 375; bei der Frage nach einem Wettbewerbsverstoß nimmt der BGH von vornherein keine Prüfung der öffentlichen Zwecksetzung vor, weil aus einer fehlenden öffentlichen Zwecksetzung keine Sittenwidrigkeit i. S. v. § 1 UWG herzuleiten wäre, BGHZ 150, 343, 346 ff. 209 Hidien, DÖV 1983, 1002; Scharpf, VerwArch 2005, 485, 506 ff.; Lutter, BB 2009, 786, 790.
A. Rechtsgrundlagen und Ausgestaltung der Geheimhaltungspflichten
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mente vorgenommen hat.210 Daran zeigt sich, dass der schon lange schwelende Streit um die Grenzen der wirtschaftlichen Betätigung des Staates letztlich politischer Natur ist. Der Staat hat es weitgehend selbst in der Hand, zu bestimmen, was zur öffentlichen Verwaltung gehört und was nicht. b) Rückzug des Staates durch Privatisierung Adam Smith hat bereits im Jahre 1776, also in Zeiten des von Protektion und Intervention geprägten Merkantilismus, den Monarchien Europas nahegelegt, Kronland zu verkaufen, um damit die Volkswirtschaften zu stimulieren, während gleichzeitig die öffentlichen Schulden reduziert und die gesamtwirtschaftliche Profitabilität erhöht werde.211 Es dauerte lange, bis dies Eingang in die politische Programmatik fand. Als Wegbereiter des Paradigmenwechsel der politischen Ökonomie, der im 20. Jahrhundert einsetzte,212 mag der österreichische Ökonom Drucker gelten. Er formulierte im Jahre 1969 erstmals seine Forderung nach einer „re-privatization“ (Re-Privatisierung).213 Aufgabe des Staates sei es, zu regieren; dagegen sei er nicht fähig, zu wirtschaften. Nur zehn Jahre später214 begann die damalige britische Ministerpräsidentin Margaret Thatcher unter der leicht abgewandelten Bezeichnung der „privatization“ (Privatisierung) mit der politischen Umsetzung eines Privatisierungsprogramms.215 Dieses auch ideologisch fundierte Konzept breitete sich rasch international aus.216 Seither ist die Diskussion um die wirtschaftliche Betätigung des Staates auch in anderen Ländern von Forderungen nach einem schlanken Staat geprägt.217 In der deutschen Bundeshaushaltsordnung218 ist seit dem Jahre 1993219 zu lesen, dass die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit dazu verpflichten zu prüfen, inwieweit staatliche Aufgaben oder öffentlichen Zwecken dienende wirtschaftliche Tätigkeiten durch Ausgliederung und Entstaatlichung oder Privatisierung erfüllt werden können (§ 7 Abs. 1 S. 2 BHO). Die Landesgesetz210
Franz, S. 219. Smith, An Inquiry into the Nature and Causes of the Wealth of Nations, Vol. II., Book V., Chap II., Part I. 212 Wright, in: Privatization in Western Europe, S. 2. 213 Drucker, The Age of Discontinuity, S. 240. 214 Zuvor kamen Privatisierungen nur sehr sporadisch vor, vgl. Süß, S. 10 m.w. N. 215 Deshalb existieren in Großbritannien auch keine öffentlich-rechtlichen Kreditinstitute mehr, vgl. Witt, S. 39 ff. 216 Wright, in: Privatization in Western Europe, S. 5. 217 Storr, S. 52 ff.; Franz, S. 111; s. zudem die Beiträge in H. Berg, Deregulierung und Privatisierung. 218 s. dazu aus der Vielzahl an Lit. grundlegend die Monographien von Burgi; Remmert; Franz; Lee; Süß; Kämmerer; Gramm; zudem D. Ehlers, Gutachten E für den 64. Deutschen Juristentag Berlin 2002. 219 Gesetz v. 21.12.1993 (BGBl. I, 2353). 211
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5. Kap.: Geheimhaltungspflichten des Kreditgewerbes
geber sind mit entsprechenden Haushaltsregelungen gefolgt. Schließlich haben die Aspekte der Privatisierungsdebatte auch die Ebene der Gemeindeordnungen erreicht. Die Landesgesetzgeber erlauben der öffentlichen Hand nur eine gegenüber der Privatwirtschaft subsidiäre Tätigkeit, wobei zwischen einfachen220 und restriktiveren, echten Subsidiaritätsklauseln221 zu unterscheiden ist. Der Begriff der Privatisierung ist zunächst eine Sammelbezeichnung mit systematisierender Funktion.222 Seit er als unbestimmter Rechtsbegriff Eingang in die Bundeshaushaltsordnung fand, kann ihm allerdings kaum noch eine rechtsdogmatische Seite abgesprochen werden.223 In der staats- und verwaltungsrechtlichen Lit. wird trotz fehlender einheitlicher Terminologie224 üblicherweise zumindest zwischen formeller (Organisations-), materieller (Aufgaben-) und funktionaler Privatisierung unterschieden.225 Im Rahmen der Organisationsprivatisierung bedient sich die öffentliche Hand zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben privatrechtlicher Rechtsformen.226 Es werden aber weder staatliche Aufgaben noch staatliches Vermögen auf Private übertragen.227 Deshalb wird auch vereinzelt von einer unechten Privatisierung228 oder drastischer von einem Etikettenschwindel229 gesprochen.230 Bei der Aufgabenprivatisierung verlagert der Staat indessen auch die Aufgabenwahrnehmung und Aufgabenverantwortung auf unabhängige Private.231 Prägnant formuliert schafft die Organisationsprivatisierung verselbständigte Verwaltungseinheiten, wohingegen die Aufgabenprivatisierung auf ihre Abschaffung zielt.232 Schließlich zieht der Staat im Wege der als Zwischentypus zu charakterisierenden funktionalen Privatisierung Privatrechtssubjekte zur Erledi220 Die wirtschaftliche Betätigung ist erlaubt, wenn nicht nur ein öffentlicher Zweck die Tätigkeit erfordert, sondern die wirtschaftliche Betätigung auch in einem angemessenen Verhältnis zur Leistungsfähigkeit der Gebietskörperschaft steht und „durch andere Unternehmen nicht besser und wirtschaftlicher erfüllt werden kann“, vgl. etwa § 68 KV MV, § 97 SächsGemO, § 101 GO SH. 221 Die Gemeinden dürfen sich erst dann wirtschaftlich betätigen, wenn „der Zweck nicht ebenso gut und wirtschaftlich durch einen privaten Anbieter“ erbracht werden kann, vgl. etwa § 102 GemO BW, Art. 87 GO Bayern, § 107 GO NRW, § 85 GemO RP. 222 Remmert, S. 191; Franz, S. 111; Lee, S. 24 ff. 223 Burgi, S. 434; Stober, NJW 2008, 2301, 2302; a. A. Remmert, S. 191. 224 Schmidt-Preuß, VVDStRL 56 (1997), 160, 168. 225 Schmitz, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 1 Rn. 121 ff.; Remmert, S. 189 ff. m.w. N. in Fn. 45; Franz, S. 112 ff.; ausf. Darstellung bei Kämmerer, S. 7, 16 ff., insbes. 20 m.w. N. in Fn. 55. 226 Schuppert, DÖV 1995, 761, 766; Di Fabio, JZ 1999, 585, 588. 227 Remmert, S. 190 f.; ein tabellarischer Überblick zu den Variationen der Organisationsprivatisierung findet sich bei Kämmerer, S. 45. 228 D. Ehlers, DVBl. 1997, 137 in Fn. 1; Gramm, S. 110. 229 So im Zusammenhnag mit den Auswirkungen auf das Berufsbeamtentum Isensee, ZBR 1998, 295, 303 f. 230 Abl. Kämmerer, S. 228 ff., 474. 231 Schoch, DVBl 1994, 962, 974; Kämmerer, S. 28 ff. 232 Hood/Schuppert, Verselbständigte Verwaltungseinheiten in Westeuropa, S. 207.
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gung öffentlicher Aufgaben heran, wobei er die hoheitliche Verantwortung beibehält.233 Letzteres wird unter dem Aspekt der Beleihung von Kreditinstituten aufzugreifen sein.234 Das Spektrum der Ziele und Ausprägungen von Privatisierungen ist unüberschaubar. In knapper, aber auch sehr abstrakter Formel können ideologische, makro- und mikroökonomische, grund- und wettbewerbsrechtliche sowie fiskal-, ordnungs- und machtpolitische Aspekte sowie nicht zuletzt wirtschaftliche Gruppeninteressen identifiziert werden.235 In dieser Hinsicht ist es sachgerecht, zumindest zwischen formeller und materieller Privatisierung zu unterscheiden. Die besondere Dynamik, die Organisations- und Funktionsprivatisierungen mittlerweile erreicht haben, wird damit zu erklären versucht, dass das staatliche Aufgabenspektrum weiter, tiefer und komplexer geworden sei und es dies alles dringender erscheinen lasse, zur Verwirklichung öffentlicher Interessen aus den „Problemlösungsressourcen der Gesellschaft“ zu schöpfen.236 Maßgebliche Auslöser von Privatisierungen waren zudem europarechtliche Vorgaben,237 Auflagen kreditgebender Institutionen238 und vor allem finanzpolitische Erwägungen.239 Mit einer Privatisierung verspricht man sich, die der Privatwirtschaft gemeinhin zugeschriebene höhere allokative und produktive Effizienz nutzbar zu machen.240 Durch eine Lockerung staatlicher Bindungen241 insbesondere haushaltsrechtlicher, dienstrechtlicher und verfahrensrechtlicher Art242 sollen die Wirtschaftlichkeit und Wettbewerbsfähigkeit erhöht werden.243 Dafür könnten bislang nicht einsetzbare Anreiz- und Sanktionssysteme244 nutzbar gemacht werden. Organisationsprivatisierungen sollen Steuerungsdefizite vermeiden245 und zu einer 233
Schuppert, DÖV 1995, 761, 768 ff.; Di Fabio, JZ 1999, 585, 588; Lee, S. 165. s. u. Kapitel 5 A. III. 6. a). 235 Aus juristischer Perspektive Bauer, VVDStRL 54 (1995), 243, 256; Süß, S. 10 ff.; Remmert, S. 191 ff. m.w. N.; aus ökonomischer Perspektive W. Gurlit, S. 10 ff.; zur Privatisierung von Sparkassen s. zudem Möschel, in: FS Fikentscher, 574, 575 ff. 236 Voßkuhle, VVDStRL 62 (2003), 266, 268. 237 Kämmerer, S. 90 ff.; als Beispiele seien im Kreditsektor etwa die Aufhebung der Anstaltslast und Gewährträgerhaftung sowie der Verkauf bislang staatlicher Banken als Auflage für europarechtliche Sanierungshilfen genannt. 238 Süß, S. 30 mit Hinweis auf Weltbank, Internationalen Währungsfonds und private Banken. 239 Süß, S. 27 ff. mit Hinweis auf verschiedene empirische Studien; Bauer, VVDStRL 54 (1995), 243, 257; Osterloh, VVDStRL 54 (1995), 204, 213 f.; Kämmerer, S. 3; Remmert, S. 191 f. 240 Bauer, VVDStRL 54 (1995), 243, 256. 241 Oftmals ist dies nur scheinbar der Fall, vgl. Storr, S. 52 ff. 242 Windisch, in: Privatisierung natürlicher Monopole, S. 1, 33 f. 243 Storr, S. 54. 244 Möschel, in: FS Fikentscher, S. 574, 576. 245 Gramm, S. 18 f. 234
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Dezentralisierung der Verwaltung mit effizienzsteigernder Wirkung führen.246 Die formelle Privatisierung konzentriert sich wohlgemerkt nicht auf eine Verbesserung der Wirtschaftlichkeit und Wettbewerbsfähigkeit der privaten Unternehmen, sondern des Staates. Die schonende Gewinnmaximierung genügt zwar dem haushaltsrechtlichen Wirtschaftlichkeits- und Sparsamkeitsgebot und entschärft die Grundrechtsrelevanz. Gleichwohl ist allein damit den Anforderungen an die Legitimation der Tätigkeit noch nicht Genüge getan. Mit der formellen Privatisierung muss deshalb auch eine Verbesserung des vom öffentlichen Zweck getragenen staatlichen Leistungsangebots einhergehen, soll die Gewinnerzielung nicht ihren dienenden Charakter verlieren. Hingegen lässt sich allein die Aufgaben- bzw. Vermögensprivatisierung mit neoliberalen ökonomischen Modellen schlüssig deuten.247 Sie ist logische Konsequenz, wenn die staatliche Wirtschaftstätigkeit nicht durch einen öffentlichen Zweck zu rechtfertigen ist. Das Bedürfnis dafür erscheint noch dringender, wenn durch Wettbewerbsverzerrungen zudem Grundrechtspositionen privater Unternehmer beeinträchtigt werden. Als weiterer Grund für die materielle Privatisierung wird die unmittelbare (indes nur einmalige) Freisetzung von Liquidität angeführt, mit der sich die schon von Adam Smith geforderte Reduzierung der Staatsverschuldung finanzieren lässt. Indem der Staat durch Steuern und Abgaben an dem wirtschaftlichen Erfolg und Misserfolg der privaten Erwerber teilhat, genügt dies auch dem Konzept der Finanzverfassung. Die oftmals kritisierte Akkumulation von wirtschaftlicher und politischer Macht248 lässt sich ebenfalls nur konsequent ausräumen, wenn es zu einer echten, d. h. materiellen Privatisierung kommt, sieht man einmal vom Austausch der politischen Amtsträger aufgrund von Wahlen ab. Damit ist nicht nur die Öffnung staatlicher Monopole für Private und die Befreiung von Beschränkungen im Sinne einer Deregulierung, sondern weiter gehend der Rückzug des Staates als Marktteilnehmer gemeint.249 Es soll nicht unerwähnt bleiben, dass werder der Volkswirtschaft noch dem Einzelnen damit gedient wäre, wenn die staatlichen Monopole durch private ersetzt werden oder es infolge einer Privatisierung gar zu einer Unterversorgung der Bevölkerung mit insbesondere lebensnotwendigen Produkten, Dienstleistungen und Infrastrukturen kommt. Daher rühren die Regelungen in den Gemeindeordnungen, die eine privatwirtschaftliche Betätigung des Staates nicht schlechthin verbieten, sondern lediglich deren Subsidiarität anordnen. Zugleich gebieten sie, dass die Qualität der Zweckerfüllung bei einer Privatisierung keinen Schaden nehmen darf, der Zweck durch Private vielmehr gleich gut bzw. besser erfüllt werden muss.
246 247 248 249
Remmert, S. 192; Möschel, in: FS Fikentscher, S. 574, 576. Windisch, in: Privatisierung natürlicher Monopole, S. 1; Remmert, S. 191. Möschel, in: FS Fikentscher, S. 574, 576 f. Vgl. Remmert, S. 191 m.w. N. in Fn. 57 und 58.
A. Rechtsgrundlagen und Ausgestaltung der Geheimhaltungspflichten
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Bei einer Analyse der Impulsgeber für Privatisierungen ist festzustellen, dass die kommunale Wirtschaftsbetätigung an den Subsidiaritätsklauseln der Gemeindeordnungen in der justiziellen Praxis bislang noch nicht gescheitert ist.250 Die Entscheidung über die Modalitäten der staatlichen Aufgabenerfüllung und wirtschaftlichen Betätigung folgt vor allem dem Diktat leerer Kassen. Der Gesetzgeber gesteht dies implizit zu, indem er den Privatisierungsbegriff gerade im Haushaltsrecht251 positiviert hat. Es ist womöglich ein erwünschter Nebeneffekt ganz im Sinne der Public Choice Theory, wenn sich mit Privatisierungen zugleich die Wählerstimmen der Anhänger wirtschaftsliberaler Privatisierungsideologien abernten lassen. Indem das „Familiensilber“ unter Wert preisgegeben wird,252 kann bei der betreffenden Wählerschicht politische Unterstützung geschaffen oder bei einzelnen Profiteuren gar impliziter Stimmenkauf getätigt werden.253 Der wahlpolitische Ertrag derartiger Entscheidungen ist allerdings ambivalent zu bewerten. Die ökonomischen Vorteile einer materiellen Privatisierung sehen sich nämlich auch Zweifeln ausgesetzt.254 Es ist nicht sicher, ob die erhofften Angebotsverbesserungen im Hinblick auf Qualität, Vielfalt und Flächendeckung erfüllt werden können. Aus sozialer Perspektive wird schließlich relevant, dass die Effizienzsteigerungen oftmals auf Arbeitsplatzabbau und Lohnkürzungen beruhen.255 Von der Erosion des Sozialstaats ist die Rede.256 Eine Mehrheit in der Bevölkerung scheint mittlerweile einen Rückzug des Staates zumindest aus den von ihm klassischerweise wahrgenommenen Aufgaben der Daseinsvorsorge abzulehnen, was sie schon in Einzelfällen mithilfe basisdemokratischer Instrumente durchgesetzt hat.257 Auch die Kommunen ziehen vermehrt die Erträge nicht defizitärer Unternehmungen deren Veräußerungserlösen vor. Demzufolge ist in man-
250 VGH Baden-Württemberg, DÖV 2006, 831; OVG Münster, NVwZ 2003, 1520; OVG Münster, NVwZ 2008, 1031; OVG Niedersachsen, DÖV 2008, S. 1008; OVG Saarlouis, BeckRS 2008 40151; OVG Magdeburg, NVwZ-RR 2009, 347; VG Frankfurt a. M., NVwZ-RR 2009, 396; das Durchsetzungsproblem ist freilich vielfach dem fehlenden Drittschutz zu Gunsten der Kläger oder der weiten Einschätzungsprärogative der Kommunen geschuldet. 251 § 7 Abs. 1 S. 2 BHO und landesrechtliche Entsprechungen. 252 Vgl. Chapman, passim; zum sog. „Underpricing“ aus dem für sich genommen durchaus positiv zu bewertenden Motiv, möglichst breite Bevölkerungsschichten an den Privatisierungen teilhaben zu lassen, wie dies vor allem in Großbritannien geschehen ist, Süß, S. 3, 31 m.w. N. 253 Süß, S. 30 f. 254 Osterloh, VVDStRL 54 (1995), 204, 213 f. 255 Zu Sparkassen s. Witt, S. 41 ff.; allg. Windisch, in: Privatisierung natürlicher Monopole, S. 1, 33 f. 256 Broß, NZBau 2004, 465, 466. 257 Theobald, DÖV 2009, 356, 358 m.w. N. in Fn. 14 zur gescheiterten Teilprivatisierung der Stadtwerke Leipzig GmbH aufgrund eines erfolgreichen Bürgerentscheids.
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5. Kap.: Geheimhaltungspflichten des Kreditgewerbes
chen Bereichen ein Trend zur „Rekommunalisierung“ zu verzeichnen.258 Spätestens seit der jüngsten Finanz- und Wirtschaftskrise haben „Visionen materieller Privatisierung an Leuchtkraft eingebüßt“.259 c) Arten, Organisation und Eigentümerstruktur öffentlicher Banken Vor diesem theoretischen Hintergrund schwenkt der Blick auf die Erscheinungsformen des öffentlichen Kreditwesens. Die öffentlichen Banken wurden dazu gegründet, um im Sinne der Daseinsvorsorge bestimmte Lücken in der Versorgung der Bevölkerung mit Bankleistungen zu schließen und das Leistungsangebot der privaten Kreditwirtschaft im Sinne des Subsidiaritätsprinzips, das in den Sparkassengesetzen und Gesetzen über die Landesbanken allerdings nicht ausdrücklich kodifiziert ist,260 zu ergänzen.261 Zudem spielte zumindest historisch auch die Sicherheit der staatlichen Trägerschaft für den Einlagenschutz eine Rolle. Die staatliche Betätigung in diesem Bereich wird deshalb klassischerweise mit der Erfüllung von Aufgaben der Daseinsvorsorge attribuiert.262 Dem allgemeinen Trend folgend ist aber auch sie vermehrt von europarechtlich und finanzpolitisch determinierten Privatisierungstendenzen gekennzeichnet. Im europäischen Vergleich ist gleichwohl festzustellen, dass die Privatisierung der öffentlichen Banken in Deutschland bislang sehr zurückhaltend ausgefallen ist.263 Der Sparkassensektor besteht aus den kommunalen Sparkassen, den regionalen Landesbanken/Girozentralen und der DekaBank Deutsche Girozentrale als überregionalem Spitzeninstitut.264 Dieses Netz ist grundsätzlich durch die Anbindung an die öffentliche Hand charakterisiert.265 Entstehungsgeschichtlich waren Sparkassen vormals rechtlich unselbständige Teile der Kommunalverwaltung mit dem Charakter eines Sondervermögens.266 258 Theobald, DÖV 2009, S. 356, 358 ff.; vgl. dazu auch die Urteile des Kartellsenats des BGH zur Rekommunalisierung profitabler Energienetze, BGH, NJW-RR 2010, 1070; BeckRS 2010, 05636. 259 Battis, ZRP 2009, 201 f. 260 Vgl. Witt, S. 56. 261 OLG Hamm, NJW 1981, 695, 696; Bericht der Bundesregierung über die Untersuchung der Wettbewerbsverschiebungen im Kreditgewerbe und über die Einlagensicherung (Wettbewerbsenquete), BT-Drs. V/3500, S. 40 ff. 262 Zu Sparkassen BVerfGE 75, 192, 197 ff.; BVerwG, DVBl. 1972, 780, 781; BVerwGE 41, 195, 196 f.; 69, 11, 22; BGH, NJW 1983, 2509, 2511; BGHZ 154, 146, 150; NRW VerfGH, NVwZ 1987, 211, 212 f.; BayVerfGH, DVBl 1986, 39, 41 f.; OVG Münster, DVBl 1980, 70, 71, Nierhaus, DÖV 1984, 662, 665 ff.; Rümker/Keßeböhmer, in: Bankrechts-Handbuch, § 124 Rn. 17. 263 Witt, S. 39 ff. 264 Rümker/Keßeböhmer, in: Bankrechts-Handbuch, § 124 Rn. 93 ff.; zu Details zu der S-Finanzgruppe s. die Stellungnahme des Wissenschaftlichen Dienstes des Schleswig-Holsteinischen Landtags v. 06.04.2009, LT Schleswig Holstein, Drs. 16/4264 zu Frage 1, S. 2 ff. 265 Ausf. Wittmann, S. 3.
A. Rechtsgrundlagen und Ausgestaltung der Geheimhaltungspflichten
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Seit der rechtlichen Verselbständigung der Sparkassen im Jahre 1931267 sind sie als rechtsfähige Anstalten des öffentlichen Rechts zu errichten. Die weitaus meisten Sparkassen bestehen heute in dieser Rechtsform268 und befinden sich in öffentlicher Trägerschaft. Soweit in der Vergangenheit die Möglichkeit zur Bildung von „Stammkapital“, „Trägeranteilen“ oder „Trägerkapital“ geschaffen wurde, diente dies vor allem dem Umstrukturierungsbedarf innerhalb des öffentlichen Sektors,269 nicht jedoch einer mehrheitlichen Beteiligung Privater. Eine Besonderheit des Sparkassensektors bilden die sieben freien Sparkassen.270 Sie sind aus historischen Gründen als gemeinnützige Stiftungen oder wirtschaftliche Vereine organisiert.271 Mittlerweile wurden sechs von ihnen in Aktiengesellschaften ausgegliedert, während die bisherigen Unternehmensträger Mehrheitsaktionäre blieben. Eine firmiert nach einer Fusion als rechtsfähige Anstalt öffentlichen Rechts. Ein Unikum selbst unter den freien Sparkassen stellt die HASPA dar. Sie ist die einzige und letzte „juristische Person alten Hamburgischen Rechts“ und gehört „sich selbst“.272 Eine staatlich-hoheitliche Entscheidung, dass die Sparkasse als „öffentliche Sparkasse“ fungiert, kann in den Errichtungs- und Satzungsgenehmigungen durch den Senat in Verbindung mit der Eignungserklärung zur Anlegung von Mündelgeld gemäß § 1807 BGB erblickt werden.273 Die Landesbanken/Girozentralen sind überwiegend Anstalten des öffentlichen Rechts mit Ausnahme von dreien, die jeweils als Aktiengesellschaften firmieren.274 Das frühere „Berliner Modell“,275 nach dem eine als Aktiengesellschaft 266
Vgl. BVerfGE 75, 192, 197 ff.; VerfGH NRW NVwZ 1987, 211, 212. Aufgrund der Dritten Notverordnung des Reichspräsidenten vom 06.10.1931 (RGBl. I, 537 (554)) mit Änderungen in der Vierten Notverordnung vom 08.12.1931 (RGBl. I, 699 (716)). 268 So der gesetzliche Regelfall, vgl. etwa § 3 BaySpkG, § 1 Abs. 1 S. 2 BbgSpkG, § 1 Abs. 1 SpkG RP, § 1 Abs.1 SpkG MV, § 1 Abs. 1 S. 1 SpkG NW; LT Schleswig Holstein, Drs. 16/4264 zu Frage 2, S. 5 ff. 269 Vgl. dazu im Überblick Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Jahresgutachten 2004/05, Tabelle 65, Punkt II, S. 300; ausf. Schalast, Stammkapital, Stille Beteiligung und Zusammenschlussoptionen, passim. 270 Vormals zählte auch die Frankfurter Sparkasse von 1822 zu den freien Sparkassen. Sie war ursprünglich als wirtschaftlicher Verein organisiert, fusionierte aber am 08.03.1989 mit der Stadtsparkasse Frankfurt a. M. zur Frankfurter Sparkasse. Diese wurde im Zuge der Integration in den öffentlich-rechtlichen Helaba-Konzern kurzzeitig in eine AG umgewandelt, um am 01.07.2007 schließlich in eine Anstalt des öffentlichen Rechts überführt zu werden. 271 Vgl. dazu etwa § 32 Abs. 1 SpkG SH; LT Schleswig Holstein, Drs. 16/4264 zu Frage 2, S. 7; Fischer, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, § 40 Rn. 8. 272 Volker Mester, „Wem gehört die Haspa?“, in: Hamburger Abendblatt vom 13.06. 2002. 273 LT Schleswig Holstein, Drs. 16/4264 zu Frage 2, S. 10. 274 Rümker/Keßeböhmer, in: Bankrechts-Handbuch, § 124 Rn. 97 ff. (die Ausführungen zur Sachsen LB in Rn. 111 sind aufgrund der Fusion mit der LBBW überholt); LT Schleswig Holstein, Drs. 16/4264 zu Frage 2, S. 7 f. m.w. N. 267
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5. Kap.: Geheimhaltungspflichten des Kreditgewerbes
firmierende Landesbankenholding eine öffentlich-rechtlich organisierte Sparkasse als Tochtergesellschaft hält,276 wurde nunmehr durch ein Modell ersetzt, nach dem eine Aktiengesellschaft sich aufgrund hoheitlicher Beleihung an der Sparkasse beteiligt und deren öffentlich-rechtliche Rechtsform beibehalten wird.277 Die Vollprivatisierung eines Kreditinstituts des Sparkassensektors stand zwar zur Disposition, wurde bislang jedoch nicht verwirklicht.278 Der Freistaat Bayern betritt mit der künftigen Organisation der Bayerischen Landesbank (BayernLB) eigene Pfade.279 Im Bayerischen Landesbank-Gesetz wurden die gesetzlichen Voraussetzungen dafür geschaffen, einer juristischen Person des Privatrechts die Trägerschaft an der BayernLB zu übertragen.280 Die Bank bleibt wie die Sparkasse Berlin weiterhin eine Anstalt öffentlichen Rechts, während sie selbst von einer privatrechtlich organisierten Holding gehalten werden kann, an der sich private Investoren beteiligen können. Die Übertragung der Anstalt auf die Holding erfolgt wie heute auch in Berlin aufgrund hoheitlicher Beleihung durch öffentlich-rechtlichen Vertrag.281 Diese Möglichkeiten wurden im Jahre 2009 insbesondere durch eine umfassende gesetzliche Ermächtigung zu Umwandlungsmaßnahmen ergänzt,282 die die nötige Flexibilität bei der Umstrukturierung der Bank gewähren.283 Verlässt man den Sparkassensektor und wendet sich den öffentlich-rechtlichen Kreditinstituten mit Sonderaufgaben zu, so besteht diese Gruppe vor allem aus Förderbanken. An prominentester Stelle ist die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) zu nennen. Sie wurde 1948 als Kreditleitstelle für den Wiederaufbau in den Nachkriegsjahren mit Sitz in Frankfurt am Main in der Rechtsform einer Anstalt des öffentlichen Rechts aufgrund Gesetzes284 gegründet und mit Wirkung
275
Wolfers, in: Daseinsvorsorge und Privatisierung, S. 105 ff. s. Fett, S. 89 ff.; Lange, S. 147 ff., 173 ff. 277 Vgl. § 3 Abs. 2 S. 2 Berliner Sparkassengesetz; allg. Hecker, VerwArch 92 (2001), 261, 283; O. Freitag, S. 45; Wolfers/Kaufmann, DVBl 2002, 507 ff. 278 Zum Beispiel das „diskriminierungsfreie“ Verkaufsangebot im Hinblick auf die Landesbank Berlin mitsamt Sparkasse aufgrund Entscheidung der EU-Kommission 2005/345/EG, ABlEG Nr. L 116, S. 50. 279 Dazu Lange, S. 167 ff.; Helmrich/Schick, BKR 2003, 882, 883 f. 280 Vgl. Art. 3 Abs. 1 S. 2 Gesetz über die Bayerische Landesbank (Bayerisches Landesbank-Gesetz – BayLBG) i. d. F. der Bekanntmachung vom 01.02.2003 (GVBl S. 54, berichtigt S. 316). 281 Art. 3 Abs. 1 S. 2 BayLBG; zur Beleihungsfähigkeit einer vom Staat beherrschten juristischen Person des Privatrechts Lange, S. 233 ff. 282 Vgl. Art. 1a BayLBG, eingefügt durch Gesetz zur Änderung des Bayerischen Landesbank-Gesetzes und des Sparkassengesetzes, vom 15.07.2009 (GVBl. S. 397). 283 Zu den Hintergründen s. Begr. der Staatsregierung zum Gesetzentwurf, LT-Drs. 16/1391, v. 19.05.2009, S. 1 ff. 284 Gesetz über die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KredAnstWiAG) v. 05.11.1948 i. d. F. der Bek. v. 23.06.1969 (BGBl. I, 573). 276
A. Rechtsgrundlagen und Ausgestaltung der Geheimhaltungspflichten
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zum 01.01.2003 mit der Deutschen Ausgleichsbank verschmolzen.285 An dem Grundkapital der KfW sind der Bund mit drei Milliarden Euro und die Länder mit siebenhundertfünfzig Millionen Euro beteiligt.286 Der Bund übernimmt die Gewährträgerhaftung.287 Der KfW kommt der öffentliche Auftrag einer Förderbank zu. Heute soll sie die gesamte öffentliche Finanzierung des Mittelstandes, der freien Berufe und der Existenzgründer übernehmen sowie durch die „KfWMittelstandsbank“ Risikokapital bereitstellen.288 Die KfW gilt nicht als Kreditinstitut im aufsichtsrechtlichen Sinne (vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 2 KWG), was angesichts ihrer weitreichenden Geschäftstätigkeit auf Kritik stößt.289 Zu den öffentlichen Kreditinstituten mit Sonderaufgaben zählt eine Vielzahl an Landesförderinstituten und Investitionsbanken in der Rechtsform von Anstalten öffentlichen Rechts.290 Hinzu tritt ferner die Landwirtschaftliche Rentenbank. Sie wurde als zentrales, wettbewerbsneutrales Refinanzierungsinstitut der Landwirtschaft ebenfalls als Anstalt des öffentlichen Rechts gegründet.291 5. Anwendung auf Mitglieder der Organe und Dienstkräfte öffentlicher Banken Wie die einleitende Darstellung gezeigt hat, setzt die Anwendung des § 203 StGB voraus, dass das fremde Geheimnis dem Angehörigen eines Katalogberufes i. S. v. § 203 Abs. 1 StGB oder einem Amtsträger bzw. einer der den Amtsträgern gleichgestellten Personen i. S. v. § 203 Abs. 2 S. 1 StGB anvertraut worden oder sonst bekanntgeworden ist. Zunächst widmet sich die Untersuchung den Mitgliedern der Organe und den Dienstkräften von öffentlichen Banken. Der BGH hat in einer Leitentscheidung aus dem Jahre 1983 klargestellt, dass die Organe einer öffentlich-rechtlichen Landesbank Amtsträger gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. c Alt. 2 StGB sind.292 Gegenstand war das Strafverfahren gegen den ehemaligen Vorstandsvorsitzenden der Westdeutschen Landesbank (WestLB), die damals noch als Anstalt öffentli285
Vgl. Rümker/Keßeböhmer, in: Bankrechts-Handbuch, § 124, Rn. 132 f. § 1 Abs. 2 S. 2 Gesetz über die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KredAnstWiAG) vom 23.06.1969 (BGBl. I, 573). 287 § 1a KredAnstWiAG. 288 Vgl. § 2 KredAnstWiAG, aktualisiert durch Art. 2 des Gesetzes zur Neustrukturierung der Förderbanken des Bundes v 15.08.2003 (BGBl. I, 1659). 289 Vgl. etwa den Gesetzentwurf der FDP-Fraktion zur Schließung kreditwirtschaftlicher Aufsichtslücken im Deutschen Bundestag, BT-Drs. 16/12884 v. 06.05.2009. 290 s. die detaillierte Auflistung in Kreditwesen 2009, 653 ff. 291 Gesetz über die Landwirtschaftliche Rentenbank vom 11.05.1949 i. d. F. der Bekanntmachung vom 15.07.1963 (BGBl. I, 465). 292 BGHSt 31, 264 – „Poullain“; zuvor Zulassungsbeschluss des OLG Hamm NJW 1981, 695. 286
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5. Kap.: Geheimhaltungspflichten des Kreditgewerbes
chen Rechts organisiert war, wegen Bestechlichkeit und Vorteilsannahme (§§ 331 und 332 StGB).293 In den Urteilsgründen führte der BGH aus, dass der Angeklagte ungeachtet seines privatrechtlichen Anstellungsvertrages Amtsträger sei und als solcher nicht gegen die Bestechungstatbestände und einige andere Straftatbestände verstoßen durfte. Dazu zählte er in einem obiter dictum ausdrücklich auch die Verletzung von Dienst- und Privatgeheimnissen nach §§ 353b, 203 Abs. 2 StGB.294 Der Angeklagte, ein Bankier alter Schule, der in jüngerer Zeit durch kritische Anmerkungen zur Zeitgeschichte wieder von sich reden machte,295 wurde schließlich freigesprochen. Dies beruhte indes allein auf einem Erlaubnistatbestandsirrtum, in dem er sich296 nach Ansicht des BGH befunden hatte.297 Den objektiven Tatbestand der Anklagepunkte hatte der Angeklagte jedoch verwirklicht; so jedenfalls bewertete das Gericht den Umstand, dass er im Rahmen eines Beratervertrages 1 Mio. DM und weitere 100.000 DM in seiner Eigenschaft als Vorstand der WestLB von einem Kunden dieses Instituts angenommen hatte.298 Die Pressestelle des BGH stellte anschließend klar, für vergleichbare künftige Fälle komme ein „Freispruch mit dieser Begründung nicht mehr in Betracht. Nach der jetzigen Entscheidung des BGH kann vielmehr für die Vorstände von öffentlich-rechtlichen Unternehmungen wie der WestLB nicht mehr zweifelhaft sein, dass sie sich strafrechtlich als Beamte bzw. Amtsträger behandeln lassen müssen.“ 299 Die Entscheidung soll im Hinblick auf die Strafbarkeit eines Verrats von Privatgeheimnissen nach §§ 203 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 StGB bei Darlehensveräußerungen genauer nachvollzogen werden. Hier wie dort steht die Figur des Amtsträgers im Mittelpunkt. Bei öffentlichen Banken ist es heutzutage unüblich geworden, dass die Mitglieder ihrer Organe sowie ihre Angestellten verbeamtet werden. Privatrechtliche Anstellungsverträge sind gang und gäbe. Mithin kann die Amtsträgerschaft nicht bereits aus einem staatsrechtlich zu verstehenden300 Beamtenverhältnis i. S. v. § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. a StGB gefolgert werden. Die Angestellten öffentlicher Banken stehen auch nicht in einem sonstigen öffentlich293
BGHSt 31, 264. BGHSt 31, 264, 278 f. 295 s. etwa Ludwig Poullain, „Sittenverfall im Bankwesen. Ungehaltene Rede“, FAZ vom 16.07.2004, Seite 9, sowie Interview von Winand von Petersdorff mit Ludwig Poullain zur Finanzkrise unter dem Titel „Die Banker haben die Marktwirtschaft verraten“, FAS vom 06.10.2008. 296 Der Angeklagte war in der Öffentlichkeit ansonsten als besonders versiert und gut beraten bekannt, so Dingeldey, NStZ 1984, 503, 505. 297 BGHSt 31, 264, 285 ff. (Ausschluss der Strafbarkeit wegen vorsätzlicher Tat analog § 16 Abs. 1 StGB). 298 BGHSt 31, 264, 264 f. 299 Pressemitteilung des BGH, auszugsweise abgedr. bei Mauz, „Eine objektiv unerlaubte Vorteilsannahme“, DER SPIEGEL vom 14.03.1983, S. 106. 300 BT-Drs. 7/550 S. 209, Fischer, StGB, § 11, Rn. 13. 294
A. Rechtsgrundlagen und Ausgestaltung der Geheimhaltungspflichten
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rechtlichen Amtsverhältnis i. S. v. § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. b StGB. Dies ist eng auszulegen und nur zu bejahen, wenn eine dem Richter- und Beamtenstatus vergleichbare personale Bindung an den Staat mit ähnlichen Treuepflichten besteht.301 Eine solche gesetzliche Zuweisung fehlt hingegen bei Mitgliedern der Organe und den Mitarbeitern öffentlich-rechtlicher Banken.302 Mithin bestimmt sich die Person des Amtsträgers im vorliegenden Zusammenhang allein nach § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. c StGB. Nach dieser Vorschrift ist eine Person Amtsträger, die dazu bestellt ist, bei einer Behörde oder bei einer sonstigen Stelle oder in deren Auftrag Aufgaben der öffentlichen Verwaltung unbeschadet der zur Aufgabenerfüllung gewählten Organisationsform wahrzunehmen. Demnach ist zu untersuchen, ob die an einer Datenweitergabe beteiligten Personen dem Anwendungsbereich dieser Vorschrift unterfallen. a) Behörde oder sonstige Stelle aa) Definition und Abgrenzung der Begriffe Das Strafrecht kennt keinen eigenen Behördenbegriff.303 Deshalb wird gemeinhin die staats- und verwaltungsrechtliche Auslegung für maßgeblich gehalten.304 In den einschlägigen Grundlagenwerken wird die Bezeichnung „Behörde“ kontextabhängig und dadurch uneinheitlich verwendet.305 Nach dem organisationsrechtlichen Verständnis des BVerfG306 und der übrigen Rechtsprechung307 sind Behörden Handlungsorgane von öffentlichen Rechtsträgern.308 Im Verwaltungsverfahrensrecht herrscht hingegen ein funktionaler Behördenbegriff vor.309 Er ist weiter gefasst und schließt nicht nur öffentlich-rechtliche, sondern auch privatrechtliche Organisationsformen mit ein,310 sofern sie nur Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnehmen (vgl. § 1 Abs. 4 VwVfG). Mit dieser Ein301
BGH, NStZ 2006, 389, 390; Heinrich, S. 349 ff.; Welp, in: FS Lackner, S. 761,
764. 302
Schulz/Schröder, DZWIR 2008, 177, 178. § 11 Abs. 1 Nr. 7 StGB ist wenig ergiebig; Fischer, StGB, § 11 Rn. 38; MüKoStGB/Radtke, § 11 Rn. 95. 304 BGHSt 43, 370, 374 ff.; MüKo-StGB/Radtke, § 11 Rn. 30, 95; Eser/Hecker, in: Schönke/Schröder, StGB, § 11 Rn. 22; für eine einheitliche Verwendung des Begriffs in allen Rechtsgebieten auch BGHZ 3, 110; 25, 186; 40, 225. 305 Böckenförde, Organisationsgewalt, S. 31; Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften, S. 436 f.; aus heutiger Zeit Traumann, S. 42. 306 BVerfGE 10, 20, 48. 307 BVerwGE 87, 310, 312; BGHZ 3, 110, 116 f.; 25, 186, 188 f.; so auch schon RGSt. 18, 246. 308 Burgi, in: Erichsen/D. Ehlers, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 52 Rn. 29. 309 Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 21 Rn. 33. 310 OVG Münster, NVwZ-RR 2003, 800; Burgi, in: Erichsen/D. Ehlers, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 54 Rn. 30; offen gelassen in BGHZ 155, 166, 172 f. 303
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schränkung gelten öffentliche Unternehmungen ungeachtet ihrer Rechtsform als Behörde, und zwar sie selbst als Rechtsträger und nicht lediglich ihre Organe. Welcher Auslegung zu folgen ist, muss entsprechend der vom Gesetzgeber vorgenommenen Abstraktion grundsätzlich für alle Amtsdelikte einheitlich entschieden werden,311 wobei jedoch die geschützten Rechtsgüter der einzelnen Bestimmung – hier des § 203 Abs. 2 StGB – im Auge zu behalten sind.312 In § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. c StGB haben die Organisationsform der Dienststelle und die Art des Anstellungsverhältnisses keine Bedeutung.313 Ersteres folgt seit Erlass des Korruptionsbekämpfungsgesetzes im Jahre 1997314 aus dem Wortlaut, Letzteres aus einem Umkehrschluss zu § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. a, Nr. 2 lit. b und Nr. 4 StGB. Die Figur des Amtsträgers wird folglich über ihre Funktion definiert.315 Der Gesetzgeber geht davon aus, dass es auf die Art der Aufgabe ankommt und nicht darauf, in welcher Form sie erbracht wird.316 Dem musste sich schließlich auch der BGH anschließen.317 Deshalb wäre es konsequent, auch hinsichtlich des Behördenbegriffs einer funktionsorientierten Auslegung den Vorzug zu geben.318 Der Unterscheidung zwischen der „Behörde“ und einer „sonstigen Stelle“ käme dann aber keine über den Terminus „Aufgaben der öffentlichen Verwaltung“ (vgl. § 1 Abs. 4 VwVfG) hinausgehende Bedeutung zu.319 Die Begriffe sind gar identisch, wenn man davon ausgeht, dass die „sonstige Stelle“ ebenso Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnehmen muss, damit diese „bei“ ihr erfüllt werden können.320 Die Kumulierung zweier identischer Bezeichnungen wäre aber eine unnötige Redundanz. Dies zwingt vielmehr zu einer restriktiven Auslegung des Behördenbegriffs, der folglich organisationsrechtlich zu verstehen ist.321 Das entlastet nebenbei vom Interpretationsdruck und erleichtert die Subsumtion: Die öffentlich-rechtliche Organisationsform lässt bereits auf die Behördeneigenschaft ihrer Organe schließen. 311
P. Schröder, S. 56; ebenso Welp, in: FS Lackner, 1987, 771. H. Wagner, JZ 1987, 594; Lenckner, ZStW 106, 502, 507; OLG Karlsruhe, NStZ 1988, 503; aus praktischen Erwägungen auch Weiser, NJW 1994, 968, 969. 313 Heinrich, S. 352. 314 Korruptionsbekämpfungsgesetz vom 13.08.1997 (BGBl. I, 2038). 315 Eser/Hecker, in: Schönke/Schröder, StGB, § 11 Rn. 21; MüKo-StGB/Radtke, § 11 Rn. 35. 316 RegBegr., BT-Drs. 13/5584 v. 24.09.1996, S. 12; im Anschluss an Ossenbühl, JR 1992, 473 f. 317 Stdg. Rspr. seit BGHSt 43, 370, 375 ff.; anders noch BGHSt 38, 199, 203; deutliche Kritik an der Kehrtwende des BGH und zugleich an dem großen Einfluss der Anm. von Ossenbühl, JR 1992, 473, auf die Rspr. finden Bernsmann/Gatzweiler, S. 31 ff., Rn. 126 ff. 318 Insoweit zuzustimmen, BeckOK-StGB/Trüg, § 11 Nr. 2 Rn. 44. 319 So C. Schröder, NJW 1984, 2510, 2511; Hellmann, wistra 2007, 282. 320 Lenckner, ZStW 106 (1994), 502, 515. 321 So i. E. ausdr. bei der Negativabgrenzung des Begriffs der „sonstigen Stelle“, BGHSt 52, 290, 298 ff. 312
A. Rechtsgrundlagen und Ausgestaltung der Geheimhaltungspflichten
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Für das Ergebnis weit entscheidender ist jedoch die äußere Grenze des § 11 Abs. 2 Nr. 2 lit. c StGB. Sie wird von dem Begriff der „sonstigen Stelle“ gezogen. Dabei handelt es sich um eine behördenähnliche Institution, die unabhängig von ihrer Organisationsform befugt ist, bei der Ausführung von Gesetzen mitzuwirken, ohne dabei eine Behörde im (vorgenannten) organisatorischen Sinn zu sein.322 Hier nun kommt man mit Blick auf die vielfältigen Privatisierungsformen nicht umhin zu fragen, ob diese Institution überhaupt mit der Wahrnehmung von Aufgaben der öffentlichen Verwaltung betraut ist, damit diese „bei ihr“ erfüllt werden können. bb) Kreditinstitute in der Rechtsform einer Anstalt des öffentlichen Rechts (1) Grundsätze Anstalten des öffentlichen Rechts sind verselbständigte,323 i. d. R. nicht mitgliedschaftlich organisierte rechtsfähige Verwaltungseinheiten, die zur dauerhaften Wahrnehmung von Aufgaben im öffentlichen Interesse errichtet werden.324 In Art. 86 S. 1 GG werden bundesunmittelbare Körperschaften oder Anstalten des öffentlichen Rechts in einem Atemzug mit der bundeseigenen Verwaltung genannt. In einigen Landesorganisationsgesetzen wird den Anstalten des öffentlichen Rechts ausdrücklich die Aufgabe zugewiesen, bei der Landesverwaltung nach Maßgabe der hierfür geltenden gesetzlichen Vorschriften mitzuwirken.325 Den Anstalten des öffentlichen Rechts ist es immanent, Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrzunehmen. Der Unterschied zur Wahrnehmung dieser Aufgaben durch bundes- oder landeseigene Behörden besteht darin, dass es sich nicht um unmittelbare, sondern um mittelbare Bundes- oder Landesverwaltung handelt.326 Als selbständige Rechtsträger sind sie nach dem hier anzulegenden organisationsrechtlichen Verständnis keine Behörden, haben aber ihrerseits welche, die für sie handeln.327 Sie selbst können nur „sonstige Stellen“ sein. 322 BGHSt 43, 370, 375 ff.; 49, 214, 219; 52, 290; Heinrich, S. 379; Lenckner, ZStW 106 (1994), 502, 515; ähnlich Leimbrock, S. 71, 153 f. 323 Anderes galt für Sparkassen in Zeiten, als sie noch unselbständige Teile der Kommunalverwaltung waren, dazu wurde zu Recht die Behördeneigenschaft bejaht, s. RGSt 6, 247; 39, 391; 61, 126; 71, 101. 324 s. etwa § 10 Abs. 2 LOG M-V; zur Definitionsbildung ausf. Krebs, NVwZ 1985, 609; W. Berg, NJW 1985, 2294, 2297. 325 s. etwa § 21 i.V. m. § 19 Abs. 1 LOG NW; § 21 i.V. m. § 19 Abs. 1 LOG Saar; § 10 Abs. 4 S. 3 LOG M-V. 326 Vgl. Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 23 Rn. 1 ff.; Burgi, in: Erichsen/ D. Ehlers, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 52 Rn. 18. 327 Erichsen, in: Erichsen/D. Ehlers, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 12 Rn. 14 f.; KassKomm/Seewald, SGB I, § 12 Rn. 8.
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5. Kap.: Geheimhaltungspflichten des Kreditgewerbes
(2) Öffentlicher Auftrag im Kreditwesen Der Begriff der öffentlichen Verwaltung i. S. v. § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. c StGB umfasst nicht allein die Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben durch die Exekutive,328 sondern auch die Ausübung von Diensten der staatlichen Daseinsvorsorge, die bestimmt sind, unmittelbar für die Daseinsvoraussetzungen der Allgemeinheit oder ihrer Glieder zu sorgen.329 Dies ist unmittelbare Folge des von Forsthoff entwickelten rechtsformunabhängigen Verständnisses von einem erweiterten staatlichen Aufgabenspektrum.330 Dem hat der Gesetzgeber für die Sparkassen Genüge getan, indem er ihnen im Wesentlichen drei Funktionen zugewiesen hat:331 Sie haben die Aufgabe, die Bevölkerung und die Wirtschaft insbesondere des Geschäftsgebietes und ihres Trägers mit geld- und kreditwirtschaftlichen Leistungen zu versorgen.332 Sie unterstützen ihren Träger bei der Erfüllung von Aufgaben im wirtschaftlichen, regionalpolitischen, sozialen und kulturellen Bereich.333 Schließlich stärken sie den Wettbewerb im Kreditgewerbe.334 Während die Privatbanken langfristig eine Steigerung der Gewinne anstreben, führen die öffentlich-rechtlichen Kreditinstitute ihre Geschäfte zwar nach wirtschaftlichen Grundsätzen, sind aber nicht dem Gewinn, sondern dem Gemeinwohl verpflichtet.335 So heißt es etwa in § 2 Abs. 3 SpkG NW wörtlich: „Die Sparkassen führen ihre Geschäfte nach kaufmännischen Grundsätzen unter Beachtung ihres öffentlichen Auftrags. Gewinnerzielung ist nicht Hauptzweck des Geschäftsbetriebes.“
Die enumerative Aufzählung erlaubter Betätigungsbereiche ist mittlerweile weitgehend entfallen. Vielmehr wird den Sparkassen heute im Grundsatz erlaubt, alle banküblichen Geschäfte zu betreiben, wobei sich nur gelegentlich Einschränkungen aus den Sparkassengesetzen und den danach erlassenen Begleitvorschrif328 Eine Beschränkung auf die Eingriffsverwaltung ist jedenfalls seit der Änderung des § 11 Abs. 1 Nr. 2c StGB durch das Korruptionsbekämpfungsgesetz vom 13.08.1997 (BGBl. I, 2038) nicht mehr vertretbar, s. MüKo-StGB/Radtke, § 11 Rn. 36 m.w. N. 329 BGHSt 12, 89, 90; 31, 264, 268 mit Hinweis auf die Gesetzesgenese; BGHSt 38, 199, 201 f.; 43, 370, 375; 45, 16, 19; 49, 214, 220 ff.; 52, 290; Landsberg, in: Die Daseinsvorsorge im Spannungsfeld von europäischem Wettbewerb und Gemeinwohl, S. 290, 291 ff. 330 Dazu Badura, DÖV 1966, 624, 627: „Die Lehre von der Daseinsvorsorge begründet auch für die privatrechtlich handelnde Verwaltung verwaltungsrechtliche Rechtsfolgen, indem sie die Gewährung von Leistungen durch die Verwaltung ohne Rücksicht auf die angewandte Rechtsform einheitlich als Ausübung öffentlicher Verwaltung begreift und damit die in Verwirklichung von Daseinsvorsorge privatrechtlich handelnde Exekutive der Ungebundenheit der Privatautonomie entzieht.“ 331 s. Rümker/Keßeböhmer, in: Bankrechts-Handbuch, § 124 Rn. 17; krit. Möschel, in: FS Fikentscher, 574, 578 ff. 332 Vgl. etwa § 2 Abs. 1 SpkG NW. 333 Vgl. etwa § 2 Abs. 2 S. 2–4 SpkG NW. 334 Vgl. etwa § 2 Abs. 2 S. 1 SpkG NW. 335 BVerfGE 75, 192, 199 f.; NRW VerfGH, NVwZ 1987, 211, 212 f.
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ten ergeben, vgl. etwa § 2 Abs. 4 SpkG NW. Zwar müssen auch die Sparkassen aufgrund des allgemeinen Wirtschaftlichkeitsgebots und insbesondere der Eigenkapitalanforderungen Gewinne erwirtschaften.336 Dies findet nach den genannten Vorgaben aber seine Grenze, sobald die Gewinnerzielung mit dem besonderen öffentlichen Auftrag nicht mehr in Einklang zu bringen ist.337 Die Landesgesetzgeber verzichteten in den Sparkassengesetzen, die als leges speciales den Gemeindeordnungen vorgehen, anders als in diesen auf eine gesetzlich angeordnete Subsidiarität gegenüber der Tätigkeit privater Mitbewerber. Es spielt demnach keine Rolle, ob der öffentliche Zweck im Sparkassensektor nicht besser bzw. ebenso gut und zumindest mit der gleichen Wirtschaftlichkeit durch einen privaten Anbieter erfüllt werden kann. Damit wird dem öffentlichen Auftrag im Kreditwesen ein besonderes Gewicht beigemessen und eine universelle Geltung verliehen. Nach alledem herrscht Einigkeit, dass Sparkassen öffentliche Aufgaben aus dem Bereich der kommunalen Daseinsvorsorge erfüllen.338 Bei den öffentlich-rechtlichen Landesbanken zeigt sich ein ähnliches Bild, wenngleich die örtliche und sachliche Beschränkung ihrer Geschäftstätigkeit mitunter in den Hintergrund zu geraten scheint. Die Landesbanken haben in aller Regel die Funktion einer Sparkassenzentral-, einer Kommunal- und einer Staatsbzw. Landesbank.339 Daneben nehmen sie die Aufgaben einer allgemeinen Geschäftsbank wahr und tätigen dabei alle banküblichen Geschäfte, wobei sich zumeist aber die Einschränkung findet, dass dies auch ihren Trägern340 oder den Zwecken der Bank341 dienen muss.342 Die Anordnung, dass die Banken die Geschäfte unter Beachtung allgemein wirtschaftlicher Grundsätze nach kaufmänni336
Witt, S. 69. Dass Sparkassen auf die Bedürfnisse ihrer Kunden an Bankdienstleistungen über Gebühr eingehen, wird nicht zuletzt an verschiedenen Fällen der Beihilfe zur Steuerhinterziehung durch diese Institute deutlich, was freilich auch nichts mehr mit dem öffentlichen Auftrag zu tun hat (vgl. etwa die Sachverhalte zu BFH, NVwZ 1991, 512 sowie zu LG Itzehoe, NStZ 2000, 149). 338 BVerfGE 75, 192, 199; BVerwG, DVBl. 1972, 780, 781; BVerwGE 41, 195, 196 f.; 69, 11, 22; BGH, NJW 1983, 2509, 2511; BGHZ 154, 146, 150; NRW VerfGH, NVwZ 1987, 211, 212 f.; BayVerfGH, DVBl 1986, 39, 41 f.; OVG Münster, DVBl 1980, 70, 71, Nierhaus, DÖV 1984, 662 ff. 339 Vgl. etwa § 3 Abs. 1 S. 1 Satzung BayernLB; § 5 Abs. 1 Satzung Helaba; § 5 Abs. 1 S. 1 Satzung Bremer Landesbank Kreditanstalt Oldenburg; § 4 Abs. 1, 3 Staatsvertrag zwischen dem Land Niedersachsen, dem Land Sachsen-Anhalt und dem Land Mecklenburg-Vorpommern über die Norddeutsche Landesbank – Girozentrale, § 4 Abs. 1 Satzung NordLB; § 5 Abs. 1 S. 1, 2 Satzung SaarLB; § 2 Abs. 2 S. 2, Abs. 4 Gesetz über die Landesbank Baden-Württemberg (Landesbankgesetz – LBWG), § 4 Abs. 2 S. 2, Abs. 4, 6 Satzung LBBW. 340 § 5 Abs. 1 S. 1 Satzung der Bremer Landesbank Kreditanstalt Oldenburg, § 4 Abs. 1 Satzung NordLB. 341 § 5 Abs. 6 S. 1 Satzung der Helaba; § 5 Abs. 1 S. 1 Satzung SaarLB. 342 Beide Einschränkungen kumulativ in § 5 Abs. 1 S. 2 Satzung der Bremer Landesbank Kreditanstalt Oldenburg. 337
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schen Gesichtspunkten zu führen haben, wird häufig dahingehend ergänzt, dass sie dabei ihren öffentlichen Aufgaben Rechnung zu tragen haben.343 Umgekehrt findet sich für die Landesbank Baden-Württemberg eine sehr weite Geschäftsdefinition, insofern sie eine Universalbank und internationale Geschäftsbank ohne Beschränkungen ist.344 Dagegen nimmt sie auf dem Gebiet der Landeshauptstadt Stuttgart in entsprechender Anwendung des § 6 Abs. 1 SpkG BW Aufgaben einer Sparkasse wahr.345 Hinsichtlich der Förderbanken ist ohne vertiefte Erörterung davon auszugehen, dass sie immer einen öffentlichen Auftrag ausüben. (3) Privatbeteiligung insbesondere über Holding-Modelle Bedenken ergeben sich hinsichtlich der heute vermehrt in Erscheinung tretenden Beteiligung Privater an unternehmenstragenden Anstalten öffentlichen Rechts. Die Gesamtkonstruktion beschreibt Hecker als „Kapitalgesellschaft öffentlichen Rechts“, die „zwitterhaften“ Charakter habe und sich im „Niemandsland zwischen öffentlichem Recht und Privatrecht“ bewege.346 In der Lit. wird an der Praktikabilität derartiger Gestaltungen wegen der Vorgaben aus dem Gesetzesvorbehalt und des Demokratieprinzips gezweifelt.347 Gleichwohl sollen im Einklang mit der Auffassung der Verfassungsgerichte348 und eines Teils der Lehre349 bei der Leistungsverwaltung großzügigere Maßstäbe an die Rückbindung an den Legitimationsgeber angelegt werden als bei einer grundrechtsbeschränkenden Eingriffsverwaltung. Der Berliner Verfassungsgerichtshof hat das Holding-Modell im Fall der Privatisierung der Berliner Wasserwerke geprüft und dort für wirksam gehalten.350 Die rein kapitalmäßige Beteiligung Privater an einer Anstalt öffentlichen Rechts werfe keine spezifisch verfassungsrechtlichen oder auch nur verwaltungsrechtlichen Probleme auf.351 Der Anstaltsträger könne im Rahmen seiner Organisationsgewalt auch – durch Gesetz oder auf der Grundlage eines Gesetzes – die Möglichkeit einer kapitalmäßigen Beteiligung von Privatpersonen eröffnen.352 Das Gericht verweist auf entsprechende Regeln, die sich schon im Reichs343 § 3 Abs. 4 Satzung BayernLB; § 5 Abs. 6 Satzung SaarLB; § 5 Abs. 9 S. 3 Satzung Helaba. 344 § 2 Abs. 1, 3 LBWG; § 4 Abs. 2 S. 2, Abs. 1, 3 Satzung LBBW. 345 § 2 Abs. 5 LBWG, § 4 Abs. 2 S. 2, Abs. 5 Satzung LBBW. 346 So Hecker, VerwArch 92 (2001), 261, 283. 347 Heintzen, VVDStRL 62 (2003), 220, 246 f.; zu den verfassungsrechtlichen Determinanten der Privatisierung Kämmerer, S. 174 ff. 348 BVerfGE 93, 37, 70 f.; BerlVerfGH, NVwZ 2000, 794. 349 D. Ehlers, JZ 1987, 218, 223; Kämmerer, S. 194. 350 BerlVerfGH, NVwZ 2000, 794 ff. 351 BerlVerfGH, NVwZ 2000, 794, 795. 352 BerlVerfGH, NVwZ 2000, 794, 795.
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bankG353 und später im Gesetz über die Deutsche Siedlungs- und Landesrentenbank354 finden. Somit sind stille Beteiligungen ohne Einflussmöglichkeiten an öffentlich-rechtlich organisierten Kreditinstituten unbedenklich.355 Problematisch ist es indes, wenn Privatrechtssubjekten mitunternehmerische Rechte eingeräumt werden. Im Anschluss an die Rspr. des BVerfG zu den Grenzen der Mitbestimmung von Personalräten im öffentlichen Dienst356 führt der Berliner Verfassungsgerichtshof aus, die Ausübung staatlicher Herrschaft müsse in Erfüllung des Amtsauftrages gegenüber den Bürgern ungeachtet unterschiedlicher Anforderungen an das erforderliche Legitimationsniveau im Einzelfall stets der Letztentscheidung der demokratisch legitimierten Amtsträger vorbehalten sein.357 Eine kapitalmäßige Beteiligung Privater sei also nur dann verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn derartige Rechte – etwa in Form von Zustimmungs- oder Widerspruchsrechten – die Anstalt öffentlichen Rechts nicht daran hindern, die ihr gesetzlich zugewiesenen öffentlichen Aufgaben eigenverantwortlich zu erfüllen.358 Die Einflussmöglichkeiten atypisch still an Sparkassen beteiligter Privatpersonen sind in Hessen und in Rheinland-Pfalz in zweierlei Richtung beschränkt. Einerseits ist die Anzahl der Beteiligten im Verwaltungsrat auf vier von 15 Mitgliedern (§ 23 Abs. 1 S. 2 Hess. SpkG) bzw. auf maximal drei von 14 Mitgliedern begrenzt (§ 21a Abs. 1 S. 2 SpkG RP). Andererseits können stille Einlagen nur in Höhe von bis zu 49 Prozent des (modifizierten) haftenden Eigenkapitals der Sparkasse entgegengenommen werden (§ 22 Abs. 2 Hess. SpkG, § 21 Abs. 2 S. 1 SpkG RP). Eine beherrschende Stellung Privater, die die Erfüllung der öffentlichen Aufgaben beeinträchtigen könnte, ist damit ausgeschlossen. Die Berliner Sparkasse kann seit der Übernahme der sie tragenden LBB durch die deutsche Sparkassenorganisation kaum mehr als Anwendungsfall des Berliner Modells gelten, weil die Privatbeteiligung mittlerweile auf einen zu vernachlässigen Umfang geschrumpft ist. In Bayern ist der Weg für das Holding- Modell geebnet worden. Sobald es umgesetzt ist, wird zu prüfen sein, ob die Beteiligung Privater den Einfluss des Staates soweit zurückdrängt, dass die erforderliche Rückbindung an den staatlichen Souverän nicht mehr gewährleistet ist. In Sachsen muss der Beteiligung Privater eine organisatorische Privatisierung der Sachsen-Finanzgruppe vorangehen, die schon jetzt als Holding für alle öffentlich-rechtlichen Institute im Freistaat fungiert. Auf diesem Wege würde auch dort das Holding-
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§ 5 ReichsbankG vom 30.04.1924 (RGBl. II, 235). § 4 I des Gesetzes über die Deutsche Siedlungs- und Landesrentenbank vom 11.07.1989 (BGBl. I, 1421). 355 Vgl. auch Noltensmeier StV 2006, 132, 134 f. 356 BVerfGE 93, 37, 67 und 70. 357 BerlVerfGH, NVwZ 2000, 794, 795. 358 BerlVerfGH, NVwZ 2000, 794, 795. 354
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Modell umgesetzt. Der Privatanteil wurde in Sachsen auf 49 Prozent359 begrenzt. In § 53 Abs. 1 ÖRKredInstG Sachsen war bis zum 13.07.2007 ein weiterer Satz enthalten, nach dem im Falle der Beteiligung von Personen des privaten Rechts zu gewährleisten sei, dass die juristischen Personen des öffentlichen Rechts im Freistaat Sachsen über hinreichende Einwirkungs- und Steuerungsmöglichkeiten über Entscheidungen der Finanzgruppe verfügen. Nunmehr schloss man sich offenbar der Bremer Ansicht360 an, dass der staatliche Einfluss allein schon durch den Mehrheitsanteil der öffentlichen Hand gesichert werden könne, ohne dass es weiterer Einschränkungen bedürfte. Für das Bundesland Bremen stellt sich die spezielle Situation der Beteiligung Privater über eine Holding an einer öffentlich rechtlichen Anstalt nicht, weil die Beteiligung Privater dort eine organisatorische Privatisierung der Sparkasse selbst voraussetzt. (4) Zwischenergebnis Die Kreditinstitute in der Rechtsform einer Anstalt des öffentlichen Rechts sind aufgrund ihres besonderen Status und des ihnen gesetzlich zugeordneten öffentlichen Auftrags Teil der öffentlichen Verwaltung. Die Verwaltungsräte und Vorstände öffentlich-rechtlich organisierter Kreditinstitute sind öffentliche Behörden.361 Das stellen einige Sparkassengesetze der Länder ausdrücklich klar.362 Zugleich sind die öffentlich-rechtlich organisierten Kreditinstitute ihrerseits keine Behörden, weil sie keine Organe, sondern Rechtsträger sind.363 Gleichwohl sind sie den Behörden funktional vergleichbar, weil durch sie mittelbare Staatsverwaltung ausgeübt wird. Somit können sie zwanglos als „sonstige Stellen“ eingeordnet werden. Dies gilt selbst dann, wenn sie im Wesentlichen in Formen des Privatrechts tätig werden.364 Auch durch die Beteiligung Privater verlieren sie nicht ihre Rechtsform, da sie alleinige Unternehmensträger bleiben.365 Bislang sind Private an den öffentlichen Banken nicht in verfassungsrechtlich unzulässiger Weise mit Mitsprache- und Mitbestimmungsrechten beteiligt. Selbst wenn sich 359
§ 53 Abs. 1 S. 3 ÖRKredInstG Sachsen. Bremische Bürgerschaft, Mitteilung des Senats vom 11.03.2003, Drs. 15/1405, S. 7, 9. 361 Insofern ungenau BGHSt 19, 19, 21 (Sparkassenbücher als öffentliche Urkunden); BayObLG, DNotZ 1997, 337, 340; OLG Düsseldorf, NStZ 1982, 290; NStZ 1991, 38, 39 (jeweils zu Versicherungen an Eides statt vor Sparkassen). 362 s. etwa § 7 Abs. 1 S. 1 Hess. SpkG, Art. 5 Abs. 5 BaySpkG, § 16 Abs. 2 S. 1 SpkG Bremen; vgl. zudem allg. § 12 LVwG SH. 363 Insofern zutreffend (bezogen auf den Sonderfall öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten) Bernsmann/Gatzweiler, Verteidigung bei Korruptionsfällen, S. 38 Rn. 154 f. 364 BayObLGZ 1998, 261 (zu öffentlich-rechtlichen Sparkassen); Deutsches Notarinstitut, DNotI-Report 2000, 101, 102; zu Organen von Körperschaften öffentlichen Rechts s. BGHZ 40, 225. 365 BerlVerfGH, NVwZ 2000, 794, 795. 360
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künftig in Einzelfällen Änderungen ergäben, hätte dies keinen Einfluss auf die zuvor vorgenommene Einordnung. Denn würde die unzulässige Beteiligung Privater dazu führen, dass die Banken nicht mehr als staatlich anzusehen wären, müssten zugleich die Vorgaben des Gesetzesvorbehalts und des Demokratieprinzips entfallen. Diese Argumentation gleicht jedoch einem Zirkelschluss, mit der die speziellen Anforderungen nicht auszuräumen sind. Der BGH ging in der Poullain-Entscheidung mit keiner Silbe darauf ein, ob die damals noch als Anstalt öffentlichen Rechts organisierte WestLB eine Behörde oder eine sonstige Stelle war.366 Er setzte dies gleichsam stillschweigend voraus und wendete sich sogleich der Frage zu, ob ihr Vorstand selbst Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnahm.367 cc) Öffentliche Kreditinstitute in Privatrechtsform Öffentliche Kreditinstitute in Privatrechtsform sind ebenso wie ihr öffentlichrechtlich organisiertes Pendant selbständige Rechtsträger. Schon deshalb sind sie wie diese nach organisationsrechtlichem Verständnis keine Behörden. Juristische Personen des Privatrechts sind nicht im Rechtssinne Staat, sondern können diesem nur zugeordnet sein. Doch selbst dann müssen die Zwecke nicht kongruent sein.368 Problematisch ist deshalb seit jeher, ob und unter welchen Voraussetzungen sie unter dem Begriff der „sonstigen Stelle“ i. S. v. § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. c StGB zu fassen sind. dd) Gesetzesergänzung und einschränkende Auslegung des BGH Im Lichte der unterschiedlichen Privatisierungsformen ist der im Jahre 1997 eingefügte369 Zusatz zu sehen, dass die Amtsträgereigenschaft „unbeschadet der zur Aufgabenerfüllung gewählten Organisationsform“ zu beurteilen ist. Die bloße Organisationsprivatisierung wird mithin im Hinblick auf die Amtsträgereigenschaft für unbeachtlich erklärt und steht dem Vorliegen einer „sonstigen Stelle“, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt, nicht entgegen.370 Die Privatrechtsperson bleibt Erfüllungsgehilfe der Verwaltung und ist Verwaltung im 366
BGHSt 31, 264, 266 ff. Eine konkrete Aussage findet sich allein in der Entscheidung des KG zur Treuhandanstalt, NStZ 1994, 242 („[. . .] die [THA unterfällt] als Anstalt des öffentlichen Rechts ohne weiteres dem Begriff der „sonstigen Stelle“ i. S. von § 11 I Nr. 2c StGB . . .“); zust. Fischer, StGB, § 11 Rn. 19b. 368 Kämmerer, S. 279 f. 369 Korruptionsbekämpfungsgesetz vom 13.08.1997 (BGBl. I, 2038). 370 Vgl. Heinrich, S. 391 ff.; 547; Eser/Hecker, in: Schönke/Schröder, StGB, § 11 Rn. 22; MüKo-StGB/Radtke, § 11 Rn. 40 und 56; ders., NStZ 2007, 57, 60. 367
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materiellen Sinn.371 Der Gesetzgeber trat damit einer Entscheidung des BGH entgegen, nach der die Verwendung privatrechtlicher Organisationsformen durch eine öffentlich-rechtliche Körperschaft i. d. R. dafür spreche, dass die handelnden Personen Privatangestellte ohne amtliche Eigenschaft blieben.372 Andernfalls könne man sich der strafrechtlichen Sanktion durch die Wahl einer privatrechtlichen Organisationsform allzu leicht entziehen.373 Die Gesetzesreform zementierte damit das funktionelle Verständnis vom Amtsträgerbegriff. Sie steht dabei in Einklang mit der Ansicht des BVerfG, das bei der Frage nach hoheitlichen Bindungen und Berechtigungen ebenfalls allein auf die Art der Aufgabe abstellt.374 Dem musste sich der BGH anschließen.375 Im Folgenden verlagerte sich der Streit auf die Frage, wann die Schwelle von der Organisationsprivatisierung zur Aufgabenprivatisierung überschritten wird. Die funktionelle Betrachtungsweise hat nämlich zur Konsequenz, dass ein Privatrechtssubjekt nicht mehr als „sonstige Stelle“ i. S. v. § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. c StGB zu qualifizieren ist, wenn der Staat die bislang öffentliche Aufgabe nicht mehr als solche wahrnimmt und das betreffende Unternehmen vollständig aus der Staatsverwaltung entlässt.376 Hier setzte der BGH an, um auf die Gesetzesreform, der er im Übrigen nur klarstellenden Charakter beimessen wollte, mit einer einschränkenden Auslegung des Begriffs der „sonstigen Stelle“ zu reagieren und dies sodann mit einer konsequenten Ausrichtung am Rechtsgüterschutz zu rechtfertigen:377 Die Gleichstellung privatrechtlich organisierter Einrichtungen mit Behörden bzw. ihrer Angestellten mit Beamten sei nur zu rechtfertigen, wenn diese Einrichtung bei einer Gesamtbetrachtung „als verlängerter Arm des Staates“ erscheine.378 In der Lit. stieß diese Rspr. – trotz Kritik im Einzelnen – insofern auf Beifall, als in Zeiten, in denen der Staat vermehrt auf privatrechtliche Organisations- und Handlungsformen zugreift, die Strafbarkeit aufgrund der ohnehin nicht sonderlich konturscharfen Norm379 auszuufern drohe.380 Schon früher wurde in der Wissenschaft die Ansicht vertreten, dass die Organisationsform, in der eine öf371
Franz, S. 112. BGHSt 38, 199, 203 (Geschäftsführer einer landeseigenen gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaft in Form einer GmbH) unter Bezugnahme auf RGSt 60, 139, 141. 373 BT-Drs. 13/5584 v. 24.09.1996, S. 12. 374 Vgl. etwa BVerfGE 45, 63, 78 ff. 375 BGHSt 43, 370, 377. 376 Heinrich, S. 461 f.; Radtke, NStZ 2007, 57, 60. 377 BGHSt 43, 370, 377. 378 BGHSt 43, 370, 377 unter Hinweis auf Lenckner, ZStW 106 (1994), 502, 515 und Haft, NJW 1995, 1113, 1114; seither stdg. Rspr. BGHSt 45, 16, 19; 46, 310, 312 f.; 49, 214, 219; 50, 299, 303; 52, 290. 379 Welp, in: FS Lackner, S. 761, 770; Lenckner, ZStW 106 (1994), 502, 514. 380 BeckOK-StGB/Trüg, § 11 Nr. 2 Rn. 16; MüKo-StGB/Radtke, § 11, Rn. 31, 38. 372
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fentliche Aufgabe erledigt wird, nur dann unerheblich sei, wenn die öffentliche Hand zumindest mittelbar Träger der Aufgabenwahrnehmung ist und sie steuert.381 Eine öffentliche Aufgabe sei allerdings nicht mehr ersichtlich, wenn der Hoheitsträger die Aufgabe gänzlich aus der Hand gebe und ihre Erledigung einem privaten, marktwirtschaftlich agierenden Unternehmen überlasse, auch wenn dieses je nach dem öffentlichen Gewicht der Aufgabe einer staatlichen Aufsicht unterstellt werde.382 Dann liege nicht mehr nur eine Organisationsprivatisierung, sondern eine Aufgabenprivatisierung vor. Die Leistungserbringung sei dann nicht nur instrumental, sondern dem Prinzip nach an unternehmerischen Betriebs- und Geschäftsgrundsätzen orientiert.383 In die vom BGH geforderte Gesamtbetrachtung zur Bestimmung des staatlichen Einflusses sind alle wesentlichen Merkmale der Gesellschaft einzubeziehen, insbesondere, ob diese gewerblich tätig ist und mit anderen im Wettbewerb steht,384 ob im Gesellschaftsvertrag eine öffentliche Zwecksetzung festgeschrieben ist,385 ob sie im Eigentum der öffentlichen Hand steht und ihre Tätigkeit aus öffentlichen Mitteln finanziert wird386 sowie in welchem Umfang staatliche Steuerungs- und Einflussnahmemöglichkeiten bestehen.387 Unter diesen Aspekten sind die privatrechtlichen Kreditinstitute in öffentlicher Hand genauer zu betrachten. ee) Eigentum der öffentlichen Hand und Finanzierung aus öffentlichen Mitteln In Bremen und in Sachsen muss der materiellen Teilprivatisierung der Sparkasse bzw. der Sachsen-Finanzgruppe eine Umwandlung in eine privatrechtliche Rechtsform vorangehen.388 Die Beteiligungsmöglichkeit kann jedoch in keinem Fall zu einer beherrschenden Stellung Privater oder gar zu einer materiellen Vollprivatisierung der Sparkassen bzw. der Finanzgruppe führen, da der Privatanteil in Bremen auf 49,9 Prozent389 und in Sachsen auf 49 Prozent390 begrenzt wurde. 381
Ossenbühl, JR 1992, 473 f.; Remmert, S. 20 Fn. 36. Vgl. Ossenbühl, JR 1992, 473, 475; ihm folgend BGHSt 31, 264; 43, 370, 377. 383 Vgl. Badura, Wirtschaftsverfassung und Wirtschaftsverwaltung, S. 134, Rn. 165. 384 BGHSt 38, 199, 204; 50, 299, 305 f.; BGH, NStZ 2007, 211. 385 BGHSt 43, 370, 372 f.; 52, 290. 386 BGHSt 45, 16, 20; 52, 290. 387 BGHSt 43, 370, 378 f.; 45, 16, 20 f.; 49, 214, 224 f. 388 In Bremen ist der Formwechsel auf die Aktiengesellschaft beschränkt, § 3b Abs. 1 SpkG Bremen. Für die nötige Umwandlung der Sachsen-Finanzgruppe steht hingegen jede privatrechtliche Form nach Maßgabe des Umwandlungsgesetzes offen, § 56 Abs. 2 Nr. 17 Gesetz über die öffentlich-rechtlichen Kreditinstitute im Freistaat Sachsen und die Sachsen-Finanzgruppe vom 13.12.2002 – ÖRKredInstG Sachsen (GVBl. S. 333). 389 § 3b Abs. 3 S. 2 SpkG Bremen. 390 § 53 Abs. 1 S. 3 ÖRKredInstG Sachsen. 382
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Die WestLB ist vollständig, die LBB zu 98,6 Prozent und die HSH Nordbank zu 90,8 Prozent weit überwiegend in öffentlicher Hand. Eine materielle Vollprivatisierung ist gesetzlich für keine der Banken ausgeschlossen. Das ist gegenwärtig aber noch nicht passiert. Demnach ist festzuhalten, dass die bis hierhin genannten Banken weit überwiegend im Eigentum der öffentlichen Hand stehen und ihre Tätigkeit aus öffentlichen Mitteln finanziert wird. Anders ist dies hingegen bei den freien Sparkassen. Diese sind nicht kommunal gebunden. Ihre Aktienanteile werden überwiegend von nicht staatlichen, gemeinnützigen Trägern und Privatinvestoren gehalten. (1) Staatliche Steuerungs- und Einflussnahmemöglichkeiten Die öffentlichen Banken in Privatrechtsform sind ausnahmslos Aktiengesellschaften. Der BGH legt im Falle der Deutschen Bahn AG dar, dass weder die hoheitliche Staatsaufsicht allein noch die gesellschaftsrechtlichen Einflussmöglichkeiten des Mehrheitsaktionärs im Aktienrecht (anders möglicherweise im GmbH-Recht391) genügen, um konkrete Staatsinteressen durchzusetzen, wenn diese mit den zumeist wirtschaftlichen Interessen der Unternehmung nicht zu vereinbaren sind.392 Die Entscheidungszuständigkeit der Hauptversammlung ist im Wesentlichen auf die in § 119 Abs. 1 AktG aufgelisteten Gegenstände beschränkt.393 Sowohl Vorstands- als auch Aufsichtsratsmitglieder der Aktiengesellschaft sind ausschließlich den Belangen des Unternehmens verpflichtet und – abgesehen von den Fällen eines Beherrschungsvertrags gemäß §§ 291 ff. AktG – grundsätzlich nicht weisungsgebunden.394 Etwaige, aufgrund des öffentlichen Auftrags geforderte, für die Aktiengesellschaft aber unrentable Leistungen könnten also selbst bei einer Mehrheitsbeteiligung des Staates nicht durchgesetzt werden. Darin kann man ein strukturimmanentes Ingerenzdefizit erblicken.395 Der BGH verneint aus diesem Grund für die Deutsche Bahn AG das Merkmal der „sonstige Stelle“ i. S. v. § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. c StGB.396 Die fehlende Gewähr einer Operationalisierung der öffentlichen Zwecksetzung würde sogleich die Existenzberechtigung staatlicher Kreditinstitute in Frage stellen.397 Im Hinblick auf die freien Sparkassen und die Landesbanken ist über die gesellschaftsrechtlichen Instrumente demnach von vornherein keine ausreichende staatliche Kontrolle und Einflussnahme möglich. Es besteht allein die Sparkassenaufsicht. 391 Vgl. dazu etwa BGHSt 50, 299, 305 f. (Private Müllentsorgung AVG Köln mbH); zustimmend, weil das Erfordernis einer staatlichen Steuerungs- und Einflussnahmemöglichkeit ohnehin abl. Radtke, NStZ 2007, 57; vgl. auch BGH, NStZ 2007, 211. 392 BGHSt 49, 214, 224 f. mit Hinweis auf RGSt 60, 139, 141. 393 BGHSt 49, 214, 224 f. 394 Vgl. § 76 Abs. 1 AktG; §§ 116 i.V. m. 93 AktG; Franz, S. 231. 395 So Franz, S. 231 f. 396 BGHSt 49, 214, 224 f. mit Hinweis auf RGSt 60, 139, 141. 397 Witt, S. 17 f.
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(2) Staatliche Monopolstellung Sämtliche privatrechtlich organisierten Sparkassen und Landesbanken sind gewerblich tätig und betreiben im Grundsatz alle banküblichen Geschäfte.398 Es besteht in diesem Bereich kein öffentliches Monopol. Bei der Ausübung ihrer Tätigkeit stehen sie im Wettbewerb mit privaten Kreditinstituten. Das folgt für die freien Sparkassen zwingend aus ihrem gesetzlichen Auftrag, für ihr Geschäftsgebiet den Wettbewerb zu stärken und die Versorgung mit geld- und kreditwirtschaftlichen Leistungen sicherzustellen.399 Das gilt für die HASPA Finanzholding zwar nicht kraft Gesetzes. Gleichwohl ist auch sie nach ihrer Präambel verpflichtet, durch die Hamburger Sparkasse AG dauerhaft und am Gemeinwohl orientiert das Sparkassengeschäfte in Hamburg zu betreiben. Unternehmensgegenstand der drei privatrechtlich organisierten Landesbanken ist ihren jeweiligen Satzungen zufolge das Betreiben bankmäßiger Geschäfte aller Art.400 Für die HSH Nordbank AG ist in § 2 Abs. 1 S. 1 ihrer Satzung ausdrücklich festgeschrieben, dass sie eine allgemeine Geschäftsbank ist. Insofern unterscheiden sich das Leistungsangebot und die Tätigkeit der Institute grundsätzlich nicht von denen auch materiell privater Banken. Es spräche selbst nichts dagegen, dass Privatbanken bankmäßige Produkte für Sparkassen und öffentliche Kunden bereitstellten und als Sparkassenzentralbank und Girozentrale tätig würden. (3) Öffentliche Zwecksetzung im Gesellschaftsvertrag Die freien Sparkassen üben – wenn auch auf anderer organisatorischer Basis und durch autonome Satzungsgestaltung – wie die öffentlich-rechtlich organisierten Sparkassen einen öffentlichen Auftrag aus.401 In Schleswig-Holstein sind sie bereits kraft Gesetzes „öffentliche“ Unternehmen.402 In Bremen hat die Satzung der Aktiengesellschaft gemäß § 3b Abs. 3 S. 1 SpkG Bremen die Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben sicherzustellen. Diese bestehen § 3 SpkG Bremen zufolge für die Sparkassen darin, vorrangig in ihrem jeweiligen Geschäftsgebiet die Versorgung mit geld- und kreditwirtschaftlichen Leistungen zu gewährleisten, den Wettbewerb im Kreditgewerbe zu stärken und ihre Leistungen für die Bevölkerung, die Wirtschaft und die öffentliche Hand unter Berücksichtigung der Marktund Wettbewerbserfordernisse zu erbringen. Für die HASPA gilt nach der Präam-
398
Vgl. ausdr. § 3 Abs. 3 SpkG Bremen. § 32 Abs. 1 S. 2 SpkG SH, § 3b Abs. 3, 5 i.V. m. 3 Abs. 1 und 2 SpkG Bremen. 400 § 2 Abs. 1 Satzung WestLB AG, § 2 Abs. 1 S. 1 Satzung LBB AG, § 2 Abs. 1 S. 2 Satzung HSH Nordbank AG. 401 Vgl. etwa § 32 Abs. 1 S. 2 SpkG SH, § 3b Abs. 3 SpkG Bremen; LT Schleswig Holstein, Drs. 16/4264 zu Frage 2, S. 6 f.; Verband der Deutschen Freien Öffentlichen Sparkassen e. V., Jahresbericht 2007, S. 29. 402 s. ausdr. § 32 Abs. 1 S. 1 SpkG SH. 399
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5. Kap.: Geheimhaltungspflichten des Kreditgewerbes
bel ihrer Satzung nichts anderes, wenngleich hier eine entsprechende gesetzliche Regelung fehlt. Schließlich sind die drei privatrechtlich organisierten Landesbanken zu betrachten. Nach § 2 Abs. 2 S. 1 ihrer Satzung obliegen der WestLB AG die Aufgaben einer Sparkassenzentralbank und einer Kommunalbank. Als Teil der Sparkassenorganisation umfasst der Geschäftszweck auch die Entwicklung und Bereitstellung bankmäßiger Produkte für Sparkassen und öffentliche Kunden, so § 2 Abs. 2 S. 2 der Satzung. Mit § 2 Abs. 2 trägt die Satzung der Beleihung gemäß § 37 Abs. 1, 2 SpkG NRW Rechnung. Ferner hält die WestLB AG 37,5 Prozent an der Landesbank Rheinland-Pfalz, wozu es gemäß § 26b Abs. 3 SpkG RP einer Beleihung durch das Land Rheinland-Pfalz bedurfte.403 Unternehmensgegenstand der LBB AG ist gemäß § 2 Abs. 1 S. 1 der Satzung der Betrieb von Bankgeschäften jeder Art und die Durchführung der damit zusammenhängenden Handelsgeschäfte, Finanz- und sonstigen Dienstleistungen aller Art. Die Gesellschaft ist aber auch zur Trägerschaft an der Berliner Sparkasse berechtigt und dazu nach Maßgabe einer Beleihung gemäß § 3 Abs. 2 S. 2, 3 SpkG Berlin verpflichtet, so § 2 Abs. 3 S. 1 der Satzung. Der Geschäftsbetrieb der Berliner Sparkasse hat wiederum § 4 S. 2 SpkG Berlin zufolge nicht die Erzielung von Gewinn zum Hauptzweck. Vielmehr sind ihr Aufgaben gemäß § 2 SpkG Berlin der Wirtschafts- und Sozialförderung zugewiesen. Die LBB ist Sparkassenzentralbank (Girozentrale) und gilt als eigener Sparkassenverband, so § 2 Abs. 6 S. 1 der Satzung. Die HSH Nordbank AG bietet als Bankpartner der Länder Schleswig-Holstein und Hamburg laut § 2 Abs. 1 S. 3 der Satzung Finanzdienstleistungen für öffentliche Kunden an und nimmt die Funktion einer Sparkassenzentralbank wahr. In § 2 Abs. 1 S. 4 der Satzung wird klargestellt, dass die Bank Mitglied der Sparkassen-Finanzgruppe ist. Mithin finden sich für die genannten Banken im Gesetz oder in ihren Satzungen öffentliche Zwecksetzungen.404 (4) Bewertung Die Verfassungsgerichtsbarkeit ist der Ansicht, dass die Verwaltungstätigkeit – unabhängig davon, ob sie privatrechtlich oder öffentlich-rechtlich ausgeübt wird405 – als Teil der mittelbaren Staatsverwaltung dem Demokratieprinzip unterworfen ist.406 Ferner ist das Budgetrecht des Haushaltsgesetzgebers zu wahren.407 Deshalb müssen die staatlichen Steuerungs- und Einflussnahmemöglichkeiten bei 403
Helmrich/Schick, BKR 2003, 882, 884. Vgl. auch Lutter, BB 2009, 786, 788. 405 BerlVerfGH, NVwZ 2000, 794, 795; ebenso Lutter, BB 2009, 786, 789. 406 BVerfGE 93, 37, 66 ff.; VerfGH NRW, NVwZ 1987, 211 ff.; BerlVerfGH, NVwZ 2000, 794, 795. 407 SächsVerfGH, NVwZ-RR 2010, 1, 5; VerfGH NRW NVwZ 1995, 159, 160. 404
A. Rechtsgrundlagen und Ausgestaltung der Geheimhaltungspflichten
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einer formellen Privatisierung gewährleistet bleiben, wobei das „Legitimationsniveau“ bei den verschiedenen Erscheinungsformen von Staatsgewalt unterschiedlich ausgestaltet sein kann.408 Da sie bei einer Aktiengesellschaft grundsätzlich nicht in ausreichendem Maße vorliegen, müsste die Amtsträgereigenschaft bei dieser Rechtsform in aller Regel verneint werden. Dem steht § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. c StGB entgegen, wonach die Wahl einer bestimmten Organisationsform weder positiv noch negativ darüber entscheiden soll, ob sich die jeweilige konkrete Tätigkeit als Erfüllung der Aufgaben öffentlicher Verwaltung darstellt oder nicht.409 Wenngleich die vom BGH beabsichtigte Strafbarkeitsbegrenzung zu begrüßen ist, wird demnach die Kritik der Lit. verständlich, die das Beherrschungskriterium als überflüssig und darüber hinaus als zu unbestimmt ansieht.410 Dagegen ist die dargestellte Rspr. des BGH zur Deutschen Bahn AG kaum verallgemeinerungsfähig. Die Deutsche Bahn AG ist aufgrund der Bahnstrukturreform ein Sonderfall. Hierbei wurde kraft Verfassungsänderung in Art. 87e GG411 bewusst die Schwelle von der Organisationsprivatisierung zur Aufgabenprivatisierung überschritten, die lediglich durch einen fortbestehenden staatlichen Gewährleistungsauftrag modifiziert wurde.412 Im Übrigen ist selbst diese Rspr. nicht konsistent. Der BGH begründete später für eine Tochter der Deutsche Bahn AG im Bereich Fahrweg ihre Eigenschaft als „sonstige Stelle“ aufgrund einer Gesamtbetrachtung damit, dass sonstige Einfluss- und Kontrollmöglichkeiten bereits im Vorfeld einer etwaigen Entscheidung des Aufsichtsrates eine hinreichend konkrete staatliche Steuerung erlauben, obgleich die Vertreter der öffentlichen Hand im Aufsichtsrat nur auf eine Sperrminorität beschränkt waren.413 Der europäische Richtliniengeber geht bei der Definition des „öffentlichen Unternehmens“ in Art. 2 Abs. 1b der Transparenzrichtlinie 414 nicht sonderlich restriktiv vor. Er lässt es genügen, wenn die öffentliche Hand aufgrund von Eigentum, finanzieller Beteiligung, Satzung oder sonstigen Bestimmungen, die die Tätigkeit des Unternehmens regeln, unmittelbar oder auch nur mittelbar einen beherrschenden Einfluss ausüben kann, wobei das Alternativitätsverhältnis hervorzuheben ist. Auch die Bremische Bürgerschaft hält eine staatliche Mehrheitsbeteiligung für ausreichend, um den öffentlichen Einfluss auf die Sparkassen si-
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BVerwGE 106, 64, 74; BVerwG NVwZ 1999, 870; Burgi, S. 63 ff., 86 f. Ransiek, NStZ 1997, 519, 523; MüKo-StGB/Radtke, § 11 Rn. 35. 410 MüKo-StGB/Radtke, § 11 Rn. 55; ders., NStZ 2007, 57, 58 ff. 411 Eingefügt durch Gesetz vom 20.12.1993 (BGBl. I, 2089). 412 Musil, S. 68 ff.; Möstl, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 87e, Rn. 20. 413 BGHSt 52, 290, 296 f. 414 RL 2000/52/EG vom 26.07.2000 zur Änderung der RL 80/723/EWG über die Transparenz der finanziellen Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten und den öffentlichen Unternehmen öffentliches Unternehmen, ABlEG L 193/75. 409
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cherstellen zu können.415 Wenn die öffentliche Hand Geschäftsanteile an einem Privatrechtssubjekt hält und diesem zudem einen öffentlichen Zweck vorgibt, wird daran zur Genüge deutlich, dass die Körperschaft an der Erfüllung der Aufgabe als öffentliche weiterhin interessiert ist.416 Bei höheren Anforderungen ergäbe sich ein Wertungswiderspruch zu den Holdingmodellen. Zudem nimmt das BVerwG bei einem privatrechtlich organisierten Unternehmen eine die Grundrechtsbindung auslösende staatliche Qualifikation schon dann an, wenn es im Alleinbesitz des Staates steht oder nur alternativ vom Staat beherrscht wird.417 Im Hinblick auf den auch individualschützenden Zweck des § 203 Abs. 2 StGB und unter konsequenter Anwendung der von § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. c StGB vorgegebenen funktionellen Betrachtungsweise muss deshalb bei juristischen Personen des Privatrechts jedenfalls eine Mehrheitsbeteiligung des Staates genügen, um eine Gleichstellung mit Behörden rechtfertigen zu können.418 Die meisten der zuvor genannten Kreditinstitute befinden sich bislang weit überwiegend in staatlichem Eigentum. Soweit dies bei den freien Sparkassen nicht der Fall ist, wird dieses Defizit durch die gesetzliche Widmung kompensiert. Gegen die Klassifizierung der genannten Kreditinstitute als „sonstige Stellen“ fällt ins Gewicht, dass ihre Tätigkeit nicht monopolistisch und nicht allein dem Staat möglich ist. Allerdings kann auch damit der Anwendungsbereich der Amtsdelikte nicht ausgeschlossen werden. Denn im Sinne des Subsidiaritätsprinzips muss dem Staat eine partielle Aufgabenerfüllung möglich bleiben. Er muss sich darauf beschränken können, die Privatwirtschaft lediglich darin zu unterstützen, für die Daseinsvoraussetzungen der Allgemeinheit oder ihrer Glieder zu sorgen. Das Interesse der Bürger an einem ordnungsgemäßen Funktionieren öffentlicher Verwaltung, das als Rechtsgut durch die Amtsträgerdelikte gewährleistet wird,419 ist jedoch nicht geringer als bei einem staatlichen Monopol auf der Anbieterseite.420 Den BGH beschäftigte schließlich die Frage, ob der öffentliche Zweck auch dann verfolgt würde, wenn er mit der Gewinnerzielungsabsicht in Konflikt geriete.421 Die öffentlichen Aufgaben sind bei den Kreditinstituten ausdrücklich in der Satzung festgelegt. Wenn sich zwischen der jeder Aktiengesellschaft eigenen Gewinnerzielungsabsicht und dem öffentlichen Auftrag ein Spannungsverhältnis 415 Bremische Bürgerschaft, Mitteilung des Senats vom 11.03.2003, Drs. 15/1405, S. 7, 9. 416 Vgl. Radtke, NStZ 2007, 57, 61, der dabei die traditionellen Aufgaben der öffentlichen Verwaltung – insbes. die der Daseinsvorsorge – betont. 417 BVerwGE 113, 208, 211. 418 Heinrich, S. 382 f.; MüKo-StGB/Radtke, § 11 Rn. 46, 55. 419 So auch BGHSt 43, 370, 377. 420 MüKo-StGB/Radtke, § 11 Rn. 40; krit. ebenfalls Eser/Hecker, in: Schönke/Schröder, StGB, § 11 Rn. 22. 421 BGHSt 49, 214, 224 f. (Deutsche Bahn AG).
A. Rechtsgrundlagen und Ausgestaltung der Geheimhaltungspflichten
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ergeben sollte, könnte der Vorstand den finanziellen Interessen nicht per se den Vorzug geben, so § 82 Abs. 2 AktG. Es gilt das zu den öffentlich-rechtlich organisierten Kreditinstituten Gesagte gleichermaßen: Die Geschäftsausrichtung ist nicht gewinn-, sondern aufgabenorientiert. Das Gewinnerzielungsinteresse ist den Banken als Nebenzweck zuzugestehen, wenn es der Verfolgung des öffentlichen Zweckes dienlich ist. Insofern kann auch ein Interesse des Privaten an einer Beteiligung aus eigenem wirtschaftlichem Kalkül bestehen.422 Aufgrund der staatlichen Gründung und Mehrheitsbeteiligung sowie der gesetzlichen und satzungsmäßigen öffentlichen Zwecke stellt sich die Tätigkeit der in privatrechtlicher Rechtsform organisierten Sparkassen und Landesbanken bei einer Gesamtbetrachtung als staatliche Tätigkeit dar. Die Institute sind demnach den Behörden vergleichbar und gelten somit als „sonstige Stellen“ i. S. v. § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. c StGB. b) Bestellungsakt Die Bestellung einer Privatperson zum Amtsträger muss entweder mit einer über den einzelnen Auftrag hinausgehenden längerfristigen Tätigkeit423 oder mit einer organisatorischen Eingliederung in die Behördenstruktur verbunden sein.424 Ein förmlicher Bestellungsakt ist allerdings nur bei Beamten im staatsrechtlichen Sinne erforderlich (§ 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. a StGB). Eine „förmliche Verpflichtung“ verlangt ferner § 11 Abs. 1 Nr. 4 StGB. Für Nr. 2 lit. c genügt hingegen ein Handeln „im Auftrag“. Hier ergibt sich die Bestellung nicht aus einem förmlichen Akt, der die Betreffenden im Übrigen regelmäßig zu besonders Verpflichteten machen würde, sondern aus der Art der übertragenen Aufgaben.425 Es reicht mithin eine formlose, rein tatsächliche Beauftragung der Person mit der Erledigung von Aufgaben der öffentlichen Verwaltung.426 Die bei öffentlichen Banken heutzutage üblichen privatrechtlichen Anstellungsverträge begründen regelmäßig eine längerfristige Tätigkeit und Einbindung der Mitarbeiter in die Organisationsstruktur ihres Arbeitgebers. Demnach kann festgehalten werden, dass die hoheitliche Beauftragung mit dem Vertragsschluss in aller Regel zumindest konkludent vorgenommen wird.427 c) Konkrete Wahrnehmung von Aufgaben der öffentlichen Verwaltung Bei einem Amtsträger, der nicht Beamter im staatsrechtlichen Sinn ist, ist im Grundsatz zwischen Verwaltungs- und sonstiger Tätigkeit zu unterscheiden, so 422 423 424 425 426 427
Voßkuhle, VVDStRL 62 (2003), 266, 279. BGHSt 43, 96, 105. BGHSt 43, 370, 380; Eser/Hecker, in: Schönke/Schröder, StGB, § 11 Rn. 27. BGH, NStZ 2008, 87, 88. BGHSt 43, 96, 102 f.; 46, 310; BGH, NStZ 2008, 87, 88. So auch Wech, S. 254.
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5. Kap.: Geheimhaltungspflichten des Kreditgewerbes
dass § 203 Abs. 2 StGB nur dann erfüllt sein kann, wenn die Wahrnehmung der konkreten Aufgabe den Bereich der öffentlichen Verwaltungstätigkeit betrifft.428 Alle öffentlichen Banken nehmen Aufgaben der Daseinsvorsorge wahr. Um die mit der Veräußerung von Bankdarlehen und der damit verbundenen Geheimnisoffenbarung betrauten Personen als Amtsträger gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. c StGB erscheinen zu lassen, müssen gerade diese Tätigkeiten der öffentlichen Leistungsverwaltung zuzurechnen sein. Zudem müssen die Privatgeheimnisse dem Betroffenen „als Amtsträger“ anvertraut worden oder sonst bekanntgeworden sein, um die Strafbarkeit auszulösen. Zunächst sei daran erinnert, dass öffentliche Banken, gleich in welcher Rechtsform sie organisiert sind und in welcher Form sie handeln, stets Teil der Staatsgewalt sind. Es kommt mithin darauf an, ob die fraglichen Handlungen der Organe und Angestellten auch dem staatlichen Zweck dienen, der den öffentlichen Banken regelmäßig zugewiesen ist. Dazu finden sich in Rspr. und Schrifttum unterschiedliche Ansätze. aa) Ansicht 1: Öffentliche Banken nehmen stets Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahr In den strafrechtlichen Standardkommentaren wird formuliert, dass das Bankgeheimnis bei öffentlich-rechtlichen Kreditinstituten durch die Anknüpfung an die Amtsträgereigenschaft geschützt werde,429 womit suggeriert wird, dass dies ungeachtet der konkreten Tätigkeitsbereiche stets zutrifft.430 Das OLG Hamm vertrat in dem Zulassungsbeschluss zum Strafverfahren gegen den ehemaligen Vorstandsvorsitzenden der WestLB die Ansicht, dass jegliches staatliche Handeln öffentliche Verwaltung i. S. v. § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. c StGB sei.431 Der Begriff der öffentlichen Verwaltung sei lediglich als Abgrenzung zu sonstigen Bereichen staatlicher Tätigkeit, namentlich zur Gesetzgebung und zur Rechtsprechung, zu begreifen.432 In Einklang und unter Berufung auf die bereits dargelegten verfassungsrechtlichen Grundsätze zur Legitimation staatlichen Handelns müssen auch die öffentlichen Banken in jeder Hinsicht und in jedem Geschäftsbereich einen öffentlichen Zweck erfüllen.433 Nach der hier referierten Ansicht würden sie dem
428 BGHSt 31, 264, 274; BGH, NStZ 2004, 559; OLG Hamm, NJW 1981, 695, 696; zum Begriff der „Aufgaben der öffentlichen Verwaltung“ bei erwerbswirtschaftlich-fiskalischer Tätigkeit des Staates vgl. Leimbrock, S. 227 ff. 429 MüKo-StGB/Cierniak, § 203 Rn. 92; Lenckner/Eisele, in: Schönke/Schröder, StGB, § 203 Rn. 44. 430 So jetzt auch Eisele, ZIS 2011, 354, 362. 431 OLG Hamm, NJW 1981, 695, 696; ebenso OLG Karlsruhe NJW 1983, 352; Isensee, DB 1979, 145, 146; Koenig, WM 1995, 317; Lutter, BB 2009, 786, 788 f. 432 OLG Hamm, NJW 1981, 695, 696 mit Hinweis auf die Begr. der Bundesregierung zu § 11 StGB, BT-Drs. 7/550, S. 209. 433 Lutter, BB 2009, 786, 788 f.
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auch tatsächlich gerecht.434 Der ihnen zugewiesene öffentliche Auftrag435 binde sie umfassend und bei allen ihren Tätigkeiten.436 Nach Meinung des OLG Hamm nimmt die WestLB auch insoweit Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahr, als sie im Wettbewerb mit privaten Kreditinstituten Bankgeschäfte betreibt.437 Auch in diesem Bereich erfülle sie Aufgaben der Daseinsvorsorge und sei nicht rein erwerbswirtschaftlich-fiskalisch orientiert.438 Das Kreditgeschäft im Allgemeinen und die Veräußerung von Darlehen mitsamt der zugehörigen Datenweitergabe im Besonderen zählen demnach zur öffentlichen Verwaltung. Folglich sind den Personen, die diese Aufgaben bei öffentlichen Banken ausführen, die Privatgeheimnisse der Darlehensnehmer als Amtsträger anvertraut worden oder sonst im bankinternen Bereich bekannt geworden. In dieser Eigenschaft offenbaren sie dann auch dem Darlehenserwerber diese Geheimnisse. bb) Ansicht 2: Funktionsbereiche sind auf Organebene untrennbar verbunden Der BGH hat sich in der Revision desselben Strafverfahrens nicht festgelegt, ob die WestLB in jedem ihrer Funktionsbereiche Aufgaben der staatlichen Daseinsvorsorge wahrnimmt und ihre Geschäftstätigkeit deshalb vollumfänglich öffentliche Verwaltung darstellt.439 Zumindest mit ihrer Tätigkeit als Staatsund Kommunalbank sowie als Sparkassenzentralbank verfolge sie öffentliche Zwecke, womit der BGH nebenbei eine stets hoheitliche Tätigkeit der Sparkassen impliziert.440 Für ihre Organe bildeten jedoch alle Funktionsbereiche der WestLB eine untrennbare Einheit.441 Sämtliche Geschäftsbereiche der Bank seien eng miteinander verflochten, weil sie aus demselben Liquiditätsfundus wirtschaften. Die Organe müssten bei ihren geschäftspolitischen Entscheidungen, soweit sich diese überhaupt einem einzelnen Geschäftszweig zuweisen lassen, zugleich die Interessen aller anderen Geschäftsbereiche wahrnehmen.442 Eine Ressortverteilung, etwa in der Weise, dass einzelne Mitglieder ausschließlich in ei434 OLG Hamm, NJW 1981, 695, 696; Wech, S. 257; anders allerdings Lutter, BB 2009, 786, 789, was er zugleich kritisiert. 435 Dazu ausf. oben Kapitel 5 A. III. 5. a) bb) (2). 436 OLG Hamm, NJW 1981, 695, 696; Wech, S. 257. 437 OLG Hamm, NJW 1981, 695, 696. 438 OLG Hamm, NJW 1981, 695, 696 unter Berufung auf die Einordnung der Tätigkeiten von öffentlichen Sparkassen durch das BVerwG, DÖV 1972, 350 und BVerwGE 41, 195. 439 BGHSt 31, 264, 269 ff. 440 BGHSt 31, 264, 269 ff. 441 BGHSt 31, 264, 274 ff.; tendenziell auch OLG Hamm, NJW 1981, 695, 696. 442 BGHSt 31, 264, 274.
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5. Kap.: Geheimhaltungspflichten des Kreditgewerbes
nem bestimmten Geschäftsbereich tätig sind, könne allenfalls zu einer Verteilung der Verantwortungsgewichte, nicht aber zu einer Verlagerung der Verantwortung auf die anderen Vorstandsmitglieder führen.443 Die Organe nähmen somit aufgrund der Stellung, die ihnen Gesetz und Satzung zuweisen, in jeder Hinsicht Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahr. Das Urteil erging zu einer Zeit, als die WestLB noch eine Anstalt des öffentlichen Rechts war. Die Grundsätze zur ungeteilten Vorstandsverantwortung gelten allerdings gleichermaßen für Aktiengesellschaften, aus deren Regelungsgebiet der BGH sie herleitete.444 Zusammenfassend ist dem Urteil folgende Aussage zu entnehmen: Sofern zumindest in Teilbereichen einer Bank öffentliche Verwaltung wahrgenommen wird, „infiziert“ dies auf der Vorstandsebene alle übrigen Sparten. Aus diesem Grund ließ es der BGH offen, ob sich der Amtsträgerbegriff auch auf die bei isolierter Betrachtung rein erwerbswirtschaftlich-fiskalische Geschäftsbankentätigkeit erstreckt.445 In Fortführung der dargestellten Ansicht ist festzuhalten, dass der Vorstand, wenn er über Darlehenstransaktionen entscheidet und dem Darlehenserwerber in diesem Zusammenhang die schuldnereigenen Privatgeheimnisse offenbart, in Ausübung einer Verwaltungstätigkeit handelt. Zu der Frage, ob dies auch für die übrigen Angestellten der Bank gilt, die mit der Datenweitergabe betraut sind, werden keine Aussagen getroffen. cc) Ansicht 3: Funktionsbezogene Unterscheidung; erwerbswirtschaftlich-fiskalische Tätigkeit ist keine öffentliche Verwaltung Soweit öffentliche Banken als allgemeine Geschäftsbanken tätig werden, verfolgen sie nach der im Strafverfahren um den Vorstandsvorsitzenden der WestLB bereits vom LG Münster446 und heute zunehmend im Schrifttum447 vertretenen Auffassung allein erwerbswirtschaftlich-fiskalische Zwecke. Die Ausübung einer entsprechenden Betätigung wird bei rein funktioneller Betrachtungsweise nicht von den Amtsdelikten erfasst.448 Der BGH hat diese Frage in seinem Urteil zur 443
BGHSt 31, 264, 276 f. BGHSt 31, 264, 277. 445 BGHSt 31, 264, 274. 446 LG Münster, ZIP 1982, 679. 447 Koenig, WM 1995, 317, 321; Bomhard/Kessler/Dettmeier, BB 2004, 2085, 2087; Kristen/Kreppel, BKR 2005, 123, 131; Nobbe, WM 2005, 1537, 1542; ders., ZIP 2008, 97, 101; Schulz/Schröder, DZWIR 2008, 177, 179 f.; Schalast/Safran/Sassenberg, NJW 2008, 1486, 1488; Jaeger/Heinz, BKR 2009, 273, 274; LK-StGB/Schünemann, § 203 Rn. 71; Dörrie, ZBB 2008, 292, 294; Vollborth, S. 153 ff.; Lutter, BB 2009, 786, 789, der dies jedoch für unzulässig hält. 448 Heinrich, S. 489 f.; Leimbock, S. 230 ff.; Welp, in: FS Lackner, S. 761, 786; Dingeldey, NStZ 1984, 503 f.; Ransiek, NStZ 1997, 519, 522; Lenckner, ZStW 106 (1994), 502, 533; Fischer, StGB, § 11 Rn. 22; MüKo-StGB/Radtke, § 11 Rn. 45; Eser/Hecker, in: Schönke/Schröder, StGB, § 11 Rn. 22. 444
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Abtretung von Darlehensforderungen durch Sparkassen ausdrücklich offengelassen.449 Jedoch entschied er vor nicht allzu langer Zeit mit knappen Worten, dass ein Sparkassenangestellter nicht seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger missbraucht,450 wenn er in seiner Eigenschaft als Privatkundenberater einen Betrug begeht.451 Der BGH grenzt sich damit nunmehr in zweierlei Hinsicht von seinem WestLB-Urteil452 ab: Nach seiner heutigen Auffassung nehmen auch Sparkassen nicht mehr in jeder Hinsicht Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahr. Außerdem trennt er unterhalb der Vorstandsebene die Geschäftsbereiche einer öffentlichen Bank in einen gemeinnützigen und einen wirtschaftlichen Teil.453 Diese Tendenz ist auch in der Rspr. des BVerfG zu erkennen, wenn es mittlerweile verschiedentlich in Erwägung zieht, dass Sparkassen auch außerhalb des Bereichs der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben tätig werden können.454 Vereinzelt wird bereits an dieser Stelle die Abschaffung der Anstaltslast und Gewährträgerhaftung aufgrund der sog. Brüsseler Verständigung455 ins Spiel gebracht: Weil nur noch das Eigenkapital des jeweiligen Instituts als Haftungsmasse zur Verfügung stehe, sei eine rein erwerbswirtschaftliche Geschäftsführung unausweichlich.456 Vor diesem Hintergrund ordnen Teile der Lit. die Darlehensveräußerungen dem kommerziellen Bankbetrieb zu und vermögen dabei kein irgendwie geartetes hoheitliches Tätigwerden der Bank sowie ihrer damit befassten Mitarbeiter zu erkennen.457 Im Übrigen wird darauf aufmerksam gemacht, dass die Kunden ihre Informationen regelmäßig nicht dem Bankangestellten, sondern der Bank anvertrauen würden.458 Nach anderer Argumentation würden sie dem Bankmitarbeiter jedenfalls nicht in seiner Funktion als Amtsträger bekannt.459
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BGHZ 183, 60, 63 f. Vgl. das Regelbeispiel in § 263 Abs. 3 Nr. 4 StGB. 451 BGH, NStZ 2004, 559. 452 BGHSt 31, 264. 453 So allg. auch Lutter, BB 2009, 786, 789. 454 BVerfGE 75, 192; BVerfG, NJW 1995, 582, 583. 455 Dazu ausf. Kapitel 5 A. III. 7. d) dd). 456 Nobbe, WM 2005, 1537, 1542; ders., ZIP 2008, 97, 101; Schulz/Schröder, DZWIR 2008, 177, 179 f.; Jaeger/Heinz, BKR 2009, 273, 274; oftmals bleibt allerdings unklar, ob der Strukturwandel im Sparkassensektor bereits eine Tätigkeit als Amtsträger ausschließt oder eine teleologische Reduktion von § 203 StGB erforderlich macht (dazu unten Kapitel 5 A. III. 7.); konsequent und ausdr. nur für letzteres Sester/ Glos, DB 2005, 375, 377; Wech, S. 256 ff. in Fn. 46 und 55. 457 Nobbe, WM 2005, 1537, 1542; ders., ZIP 2008, 97, 101; Vollborth, S. 153 f.; Schalast/Safran/Sassenberg, NJW 2008, 1486, 1488; Jaeger/Heinz, BKR 2009, 273, 274. 458 Otto, wistra 1999, 201, 202. 459 Wie etwa Bomhard/Kessler/Dettmeier, BB 2004, 2085, 2087; Vollborth, S. 153. 450
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5. Kap.: Geheimhaltungspflichten des Kreditgewerbes
dd) Stellungnahme Die zuletzt dargestellte Ansicht kann nicht überzeugen. Die Beteiligten nehmen auch bei der Veräußerung von Darlehen Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahr. Die Darlehen werden aus dem Kreditgeschäft generiert, das in aller Regel zum allgemeinen Geschäftsbankenbereich zählt. Die Kreditversorgung der Bevölkerung und der Wirtschaft ist, zumindest soweit es die Sparkassen betrifft, Teil des öffentlichen Auftrags.460 Infolge der sich an die Finanzkrise der Jahre 2007 bis 2009 anschließenden Kreditklemme wurde das besondere Bedürfnis für eine staatliche Wahrnehmung dieser Aufgabe deutlich. Die Veräußerung von Darlehen, die in Erfüllung des öffentlichen Auftrags vergeben wurden, hat zwar nicht direkt eine Kreditversorgung der Betroffenen zum Ziel, stellt aber auch nicht die Kehrseite der Auftragserfüllung dar. Vielmehr schafft dieses Vorgehen die Möglichkeit, weitere Kredite zu vergeben, ohne den bisherigen Darlehensnehmern ihre Darlehen zu nehmen. Dies dient dem öffentlichen Auftrag.461 Selbst wenn man aber unterstellt, dass in dem Teilbereich der Geschäftsbankentätigkeit kein öffentlicher Zweck ersichtlich ist, wäre dies unschädlich. Die Darlehensveräußerung erfolgt nämlich stets im Interesse der Gesamtbank. Wird die Risiko-, Liquiditäts- und Ertragslage verbessert, dient dies der Funktionsfähigkeit aller Geschäftsbereiche. Damit werden jedenfalls auch die Aufgaben der Daseinsvorsorge gefördert, die den Kreditinstituten zugewiesen sind und daher, einmal unterstellt, der Geschäftsbankenbereich wäre davon ausgenommen, zumindest in irgendeiner Sparte wahrgenommen werden müssen. Zieht man die Erwägungen des BGH im Poullain-Urteil heran, muss dazu nicht einmal die Gesamtkompetenz des Vorstandsvorsitzenden und die Gesamtverantwortung des Vorstandskollegiums bemüht werden. Die Entscheidung über die Darlehensveräußerung wird zwar zumeist in die Kompetenz des Vorstands fallen.462 Die verschiedenen Sparten sind in dieser Beziehung aber untrennbar miteinander verbunden, und zwar ohne dass dies auf die Vorstandsebene beschränkt wäre. Der zwingende Zusammenhang zwischen dem Kreditgeschäft und der Funktionsfähigkeit der übrigen Geschäftsbereiche wurde in der Finanzkrise heuristisch bewiesen. Als Konsequenz daraus hat der 68. Deutsche Juristentag 2010 mit großer Mehrheit beschlossen, dass der öffentliche Auftrag von Landesbanken und gegebenenfalls anderen öffentlich-rechtlichen Finanzinstituten gesetzlich so zu fassen ist, dass eine Quersubventionierung der damit verbundenen Geschäftsaktivitäten durch rein ertrags- und renditeorientierte Geschäftsbankentätigkeiten unzulässig ist.463 Diese Forderung bestätigt implizit, dass eine ohnehin kaum mit 460
s. o. Kapitel 5 A. III. 5. a) bb) (2). Es ist klarzustellen, dass eine Geheimnisoffenbarung damit freilich nicht zu rechtfertigen ist. 462 Vgl. Sester/Glos, DB 2005, 375, 376. 461
A. Rechtsgrundlagen und Ausgestaltung der Geheimhaltungspflichten
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dem funktionalen Verständnis des Amtsträgers zu vereinbarende Unterteilung nach Geschäftsbereichen oder Hierarchiestufen in tatsächlicher Hinsicht nicht möglich ist.464 Mithin nimmt jeder, der mit der Darlehensveräußerung betraut ist und in diesem Zusammenhang schuldner- und darlehensbezogene Daten offenbart, Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahr. Die Darlehensnehmer legen ihre privaten, betriebs- oder geschäftsbezogenen Daten der Bank zum Zwecke der Kreditvergabe und -betreuung offen. Wird in dem erstmaligen Anvertrauen der Schuldnerdaten im Kreditgeschäft noch kein Bezug zu einer öffentlichen Tätigkeit gesehen,465 wird jedenfalls mit der Geheimnisoffenbarung eben dieser Daten an den Darlehenserwerber die Schwelle des Kreditgeschäfts überschritten und eine Zweckänderung vorgenommen, nach der die Daten nunmehr auch der Darlehensveräußerung dienen. Diese aber befindet sich – wie dargestellt – immer im Rahmen des öffentlichen Auftrags. Die Einordnung einzelner Tätigkeiten öffentlicher Banken als rein erwerbswirtschaftlich-fiskalisch begegnet zudem prinzipiellen Bedenken. Sie würde jedenfalls im vorliegenden Zusammenhang nicht zu einer Ablehnung der Amtsträgereigenschaft führen. Die Landesgesetzgeber gehen mit dem Verzicht auf eine Subsidiaritätsklausel in den Fachgesetzen implizit davon aus, dass die Betätigung der öffentlichen Banken immer der Daseinsvorsorge dient und deshalb auch im Wettbewerb mit Privaten stets gerechtfertigt ist. Hingegen vernachlässigt der BGH stellenweise, dass ein staatliches Handeln ohne einen öffentlichen Zweck nach staatsrechtlichem Verständnis auch für isolierbare Geschäftsbereiche im Grunde unzulässig ist. Die Bank darf schon aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht rein erwerbswirtschaftlich tätig werden und soll auch nach ihrer gesetzgeberischen Konzeption in erster Linie der Daseinsvorsorge dienen. In der Praxis könnte sie aber unbehelligt und eventuell sogar planmäßig gegen diese Vorgaben verstoßen.466 Mithin drohen Anspruch und Wirklichkeit auseinanderzufallen. Diesen Missstand hat der 68. Deutsche Juristentag 2010 mit dem mehrheitlichen Anliegen aufgegriffen, dass allein auf ertrags- und renditeorientierte Geschäftsbankentätigkeiten angelegte Geschäftszweige von Landesbanken und gegebenenfalls anderen öffentlich-rechtlichen Finanzinstituten abzuwickeln bzw. zu privatisieren seien.467 All dies ist vorliegend jedoch nicht ausschlaggebend. Die etwaige Unzulässigkeit ihres Handelns kann die öffentlichen Einrichtungen und Unternehmen nicht 463 Deutscher Juristentag e. V., Verhandlungen des 68. Deutschen Juristentages, Bd. II/1, Abteilung Öffentliches und Privates Wirtschaftsrecht, Beschluss I (5) b). 464 Vgl. Sester/Glos, DB 2005, 375, 376; Schalast/Safran/Sassenberg, NJW 2008, 1486, 1487 in Fn. 14. 465 So etwa Bomhard/Kessler/Dettmeier, BB 2004, 2085, 2087; Vollborth, S. 153. 466 So der tatsächliche Befund von Lutter, BB 2009, 786, 789. 467 Deutscher Juristentag e. V., Verhandlungen des 68. Deutschen Juristentages, Bd. II/1, Abteilung Öffentliches und Privates Wirtschaftsrecht, Beschluss I (5) c).
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5. Kap.: Geheimhaltungspflichten des Kreditgewerbes
ihres Pflichtenkorsetts entkleiden468 und nicht von ihrer staatlichen Herkunft entkoppeln. So hob Badura im Jahr 1966 in exklusivem Verständnis der Daseinsvorsorge hervor, dass die Gewährung von Leistungen durch die Verwaltung ohne Rücksicht auf die angewandte Rechtsform einheitlich als Ausübung öffentlicher Verwaltung zu sehen und der Ungebundenheit der Privatautonomie entzogen sei.469 Entsprechend gilt hier: Die Strafbarkeit nach § 203 Abs. 2 StGB dient der Absicherung der Geheimhaltungspflicht. Soweit sich deren Zwecke auf den Schutz der informationellen Selbstbestimmung der Darlehensnehmer und die Funktionsfähigkeit der auf die Informationen angewiesenen staatlichen Banken richten und solange die Geheimhaltung für öffentliche Kreditinstitute selbst470 sowie für die Organe und Dienstkräfte der Sparkassen flankierend als Dienstpflicht normiert ist,471 behält die Strafbarkeit der Geheimnisoffenbarung ihre Berechtigung. Es ist zu bedauern, dass sich der XI. Zivilsenat des BGH anders als dessen Strafsenate zuletzt ausdrücklich einer verbindlichen Aussage dazu enthalten hat, ob die Mitarbeiter von öffentlichen Kreditinstituten im Darlehensgeschäft und konkret bei Darlehensveräußerungen als Amtsträger i. S. v. § 203 Abs. 2 StGB tätig werden.472 Er ging den Weg des geringsten Widerstands und reduzierte den Anwendungsbereich der Vorschrift auf andere Weise. Das ist verfahrensökonomisch nachvollziehbar, im Ergebnis allerdings eine verpasste Möglichkeit, in Bezug auf die Amtsträgereigenschaft von Mitarbeitern öffentlicher Banken, die sich auch auf einschneidendere Straftatbestände (man denke an §§ 331, 332 StGB) auswirkt, Rechtssicherheit herbeizuführen. d) Ergebnis Die Vorstände und Mitarbeiter öffentlicher Kreditinstitute handeln grundsätzlich als Amtsträger, wenn ihnen im Darlehensgeschäft Privat-, Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse anvertraut oder sonst bekanntgegeben werden und sie diese im Zuge von Darlehensveräußerungen dem jeweiligen Erwerber offenbaren. Nach einigen Sparkassengesetzen der Länder sind Verwaltungsräte und Vorstände öffentlich-rechtlich organisierter Kreditinstitute selbst öffentliche Behörden. Im Übrigen steht dieses Ergebnis in Einklang mit der früheren strafrecht-
468
Storr, S. 54. Badura, DÖV 1966, 624, 627. 470 § 30 VwVfG sowie die einschlägigen landesrechtlichen Normen. 471 Auf §§ 1, 20 (heute § 19) SpkG SH, 96 LVwG SH wies der Klägervortrag im Zivilverfahren vor dem OLG Schleswig hin, in dem die Abtretbarkeit von Darlehensforderungen einer Sparkasse im Streit stand, insoweit nicht wiedergegeben in BKR 2008, 25, 28. 472 BGHZ 183, 60, 63 f. 469
A. Rechtsgrundlagen und Ausgestaltung der Geheimhaltungspflichten
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lichen Rspr. des BGH,473 der Obergerichte474 und der bislang noch herrschenden Ansicht in der öffentlich-rechtlichen, strafrechtlichen und gesellschaftsrechtlichen Literatur.475 Den neueren, diesem Ergebnis entgegenstehenden Tendenzen in der Rspr. eines Strafsenats des BGH,476 des LG Münster im Poullain-Fall477 und in einem Teil des Schrifttums zu Darlehensveräußerungen478 ist nicht zu folgen. 6. Anwendung auf Mitglieder der Organe und Angestellte von Privatbanken Für den privaten Bankensektor stellt sich die Rechtslage grundsätzlich anders dar. Die Tätigkeit der privaten Geschäftsbanken ist in der Diktion der Rspr. zum früheren strafrechtlichen Beamtenbegriff 479 nicht von der Staatsgewalt abgeleitet und dient dem ersten Anschein nach keinen staatlichen Zwecken. Private Banken sind deshalb im Grundsatz keine „sonstige Stellen“, ihre Mitarbeiter keine Amtsträger. Anders ist dies im Falle der Beleihung, worauf im Folgenden eingegangen wird. Im Anschluss daran wird erörtert, inwieweit eine analoge Anwendung des § 203 Abs. 2 StGB auf Mitarbeiter von Privatbanken in den übrigen Fällen in Betracht zu ziehen ist. a) Beleihung Privater aa) Beleihung im Sparkassensektor Sollten die öffentlichen Träger ihre Sparkassen und Landesbanken in der Weise privatisieren, dass künftig auch eine Aufgabenprivatisierung anzunehmen ist, so erlangt der Umstand Bedeutung, dass die Landesbanken bzw. deren Holdings zumindest bislang noch mit bestimmten öffentlichen Aufgaben beliehen 473
BGHSt 31, 264, 267 ff. OLG Hamm, NJW 1981, 695, 696; OLG Karlsruhe NJW 1983, 352. 475 Isensee, DB 1979, 145, 146; Koenig, WM 1995, 317; Domke/Sperlich, BB 2008, 342, 346; Lutter, BB 2009, 786, 788 f.; MüKo-StGB/Cierniak, § 203 Rn. 92; Lenckner, in: Schönke/Schröder, StGB, § 203 Rn. 44. 476 BGH, NStZ 2004, 559. 477 LG Münster, ZIP 1982, 679. 478 Koenig, WM 1995, 317, 321; Bomhard/Kessler/Dettmeier, BB 2004, 2085, 2087; Kristen/Kreppel, BKR 2005, 123, 131; Nobbe, WM 2005, 1537, 1542; ders., ZIP 2008, 97, 101; Vollborth, S. 153; Schulz/Schröder, DZWIR 2008, 177, 179 f.; Schalast/Safran/Sassenberg, NJW 2008, 1486, 1488; Jaeger/Heinz, BKR 2009, 273, 274; LKStGB/Schünemann, § 203 Rn. 71. 479 RGSt 70, 236; 72, 290, BGHSt 8, 22; 11, 349; so selbst noch BGHSt 37, 191; die Formel ist heute überholt, weil in einem weiteren, funktionalen Sinne nur noch von „öffentlicher Verwaltung“ die Rede ist, Eser/Hecker, in: Schönke/Schröder, StGB, § 11 Rn. 22. 474
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5. Kap.: Geheimhaltungspflichten des Kreditgewerbes
sind.480 Namentlich sind dies ohne Anspruch auf Vollständigkeit die Beleihung der LBB mit der Trägerschaft einer Sparkasse in der Rechtsform einer Anstalt öffentlichen Rechts,481 einer Holding mit der Trägerschaft der BayernLB, die eine Anstalt öffentlichen Rechts bleibt,482 sowie die WestLB mit den Aufgaben als Sparkassenzentralbank und Girozentrale.483 Angesichts der Entwicklungen ist zu ergänzen, dass die hoheitliche Beleihung mit staatlichen Aufgaben im Falle der WestLB endet, sobald keine juristische Personen des öffentlichen Rechts mehr an ihr mehrheitlich beteiligt sind.484 bb) Beleihung bei Inanspruchnahme von Stützungsmaßnahmen des Finanzmarktstabilisierungsgesetzes Wurde die Abschaffung der Gewährträgerhaftung aus Kreisen der Privatbanken und diesen folgend auch von der EU-Kommission bislang vehement gefordert und schließlich auch durchgesetzt, konnte vom Sparkassensektor mit Genugtuung registriert werden, dass sich der Trend in der Finanzmarktkrise der Jahre 2007 bis 2009 innerhalb kürzester Zeit gewendet hat. Nun verlangten selbst private Banken staatliche Unterstützungen durch den Finanzmarktstabilisierungsfonds. In Einzelfällen wurden sogar kurzfristige Teilverstaatlichungen erforderlich. Bei der Übertragung von Risikopositionen auf den Finanzmarktstabilisierungsfonds erfüllen die übertragenden Banken einen öffentlichen Auftrag. Dieser besteht allgemein in ihrem Beitrag zur Stabilisierung des Finanzmarktes. Zudem müssen Unternehmen des Finanzsektors, die Stabilisierungsmaßnahmen nach §§ 6, 7, 8 FMStFG in Anspruch nehmen, im Rahmen ihrer Kreditvergabe oder Kapitalanlagen dem Kreditbedarf der inländischen Wirtschaft, insbesondere kleiner und mittlerer Unternehmen, durch marktübliche Konditionen Rechnung tragen (§ 10 Abs. 2 S. 1 Nr. 1, Abs. 3, 4 FMStFG i.V. m. § 5 Abs. 2 Nr. 2 FMStFV). Somit erfüllen diese Unternehmen während des Förderungszeitraums auch im Kreditgeschäft Aufgaben der Daseinsvorsorge. Zugleich geht der Gesetzgeber offenbar selbst davon aus, dass Personen, die mit der Übertragung von Risikopositionen auf den Finanzmarktstabilisierungsfonds befasst sind, Amtsträger sind. Um die Wirksamkeit entsprechender Transaktionen sicherzustellen, hat er in § 16 Abs. 2 S. 2 FMStFG ausdrücklich erklärt, dass § 203 StGB einer Übertragung von Informationen im Rahmen der Übertragung von Risikopositionen an den Fonds nicht entgegensteht. Nach dem zuvor Gesagten ist nicht anzunehmen, dass er dabei nur die Mitarbeiter öffentlicher Banken im Blick hatte, sondern alle An480 481 482 483 484
Zur Zulässigkeit s. Schmidt am Busch, DÖV 2007, 533, 537. § 3 Abs. 2 S. 2 Berliner SpkG. Art. 3 Abs. 1 S. 2 BayLBG. § 37 Abs. 1 SpkG NW. § 37 Abs. 3 S. 1b SpkG NW.
A. Rechtsgrundlagen und Ausgestaltung der Geheimhaltungspflichten
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gestellten, deren Arbeitgeber Empfänger von Staatshilfen nach dem FMStFG sind. cc) Mitarbeiter Beliehener als Amtsträger Privatpersonen sind Beliehene, soweit sie aufgrund eines Beleihungsakts mit der hoheitlichen Wahrnehmung bestimmter Verwaltungsaufgaben im eigenen Namen betraut sind.485 Dabei besteht eine Divergenz zwischen privatem Status und staatlicher Funktion des Leistungserbringers, die sich aber auf die einzelnen wahrzunehmenden Aufgaben beschränkt.486 In strafrechtlicher Hinsicht sind Beliehene selbst weder Behörden noch sonstige Stellen, sondern „sonst Bestellte“, die im Auftrag von Behörden oder sonstigen Stellen handeln, so § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. c Alt. 2 StGB.487 Im vorliegenden Zusammenhang erlangt allein die Beleihung der Banken als Unternehmen Bedeutung. Eine unmittelbare Einzelbeleihung ihrer Mitarbeiter kommt hingegen nicht in Betracht.488 Damit ist zu entscheiden, ob eine Subdelegation der Beleihung von dem strafrechtlich nicht zu belangenden Kreditinstitut auf dessen Mitarbeiter möglich ist. Davon hängen in der Praxis die Anforderungen des hoheitlichen Verpflichtungstatbestands ab.489 Ein Teil der Lit. geht davon aus, dass die Stellung des Amtsträgers nicht weiterzureichen sei und die Mitarbeiter eines Beliehenen deshalb nur „für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichtete“ nach § 11 Abs. 1 Nr. 4b StGB sein könnten.490 Hingegen vertreten das OLG Frankfurt a. M. und andere Teile des Schrifttums die Ansicht, dass zumindest leitende Mitarbeiter des unmittelbar Beliehenen die tatsächlichen Inhaber der Staatsgewalt seien und damit selbst als Amtsträger i. S. d. § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. c StGB angesehen werden müssten.491 Das systematische Verhältnis zu § 11 Abs. 1 Nr. 4b StGB sowie das Ziel einer Strafbarkeitsbegrenzung der wenig konturscharfen Norm sprechen zunächst für eine restriktive Auslegung des Amtsträgerbegriffes im Sinne der zuerst referierten Ansicht.492 Auch der mittels öffentlich-rechtlichen Vertrags aufgrund der Be485 Schmidt am Busch, DÖV 2007, 533, 535; vgl. zu der Unanwendbarkeit des Verwaltungsrechts in diesem Fall BGH, BKR 2003, 664. 486 Burgi, S. 79. 487 Heinrich, S. 362 f., 385; Lenckner, ZStW 106 (1994), 502, 523 f.; MüKo-StGB/ Radtke, § 11 Rn. 56. 488 Insofern vergleichbar BGHSt 43, 96, 101 ff.; anders etwa in BGHSt 45, 16. 489 BGHSt 43, 96, 105 f.; Ransiek, NStZ 1997, 519, 524. 490 Heinrich, S. 575; Lenckner, ZStW 106 (1994), 502, 543 f.; MüKo-StGB/Radtke, § 11 Rn. 76. 491 OLG Frankfurt a. M., NJW 1994, 2242; Weiser, NJW 1994, 968, 971 f.; MüKoStGB/Radtke, § 11 Rn. 56, insoweit uneinheitlich mit Rn. 76, s. Fn. zuvor. 492 Vgl. Ransiek, NStZ 1997, 519, 524; Lenckner, ZStW 106 (1994), 502, 543 f.
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5. Kap.: Geheimhaltungspflichten des Kreditgewerbes
leihungsgesetze vorgenommene Bestellungsakt betrifft formal nur den Arbeitgeber, nicht die Angestellten. Jedoch würde in diesem Fall ein Wertungswiderspruch zu staatlich beherrschten Privatrechtssubjekten drohen, die als „sonstige Stelle“ eingeordnet werden und deren Mitarbeiter deshalb auch ohne förmliche Verpflichtung Amtsträger i. S. v. § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. c StGB sind.493 Die funktionale Betrachtung erfordert auch im Hinblick auf die derzeitige Renaissance und Ausweitung der Beleihung,494 dass die Mitarbeiter der Beliehenen in den Kreis der Amtsträger i. S. v. § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. c StGB einbezogen werden. Der hoheitliche Bestellungsakt entfaltet somit seine Wirkung auch gegenüber den Bankangestellten. Dabei werden die Mitarbeiter regelmäßig längerfristig im hoheitlichen Aufgabenbereich tätig, so dass auch die weiteren Anforderungen, die an den Bestellungsakt gestellt werden,495 erfüllt sind. dd) Bezug der Amtsträgerschaft auf die Datenoffenbarung im Zuge von Darlehensveräußerungen Die Betreffenden unterliegen jedoch nur bei der Ausführung der öffentlichen Aufgaben den Amtsträgerdelikten, weil sie lediglich insoweit „hoheitliche Aufgaben im Auftrag einer Behörde oder sonstigen Stelle“ wahrnehmen.496 Im Gegensatz zu öffentlichen Banken müssen Privatbanken nicht in jeder Hinsicht einen öffentlichen Zweck verfolgen, um ihre Tätigkeit legitimieren zu können. Bei einer eng umgrenzten Beleihung ist es im Einzelfall denkbar, dass die Datenweitergaben im Zuge von Darlehensveräußerungen nicht dem hoheitlichen Aufgabenbereich zuzurechnen sind. Für die relevanten Beleihungsformen gelten hingegen die obigen Ausführungen zu Darlehensveräußerungen von öffentlichen Banken entsprechend. Die Darlehensveräußerungen wirken sich auf den gesamten Bankbetrieb aus. Sie lassen sich daher nicht auf einzelne Geschäftsbereiche beschränken. Findet im Rahmen der Beleihung mit der Trägerschaft eines öffentlichrechtlichen Kreditinstituts auf Holdingebene ein operatives Geschäft statt, in dessen Rahmen Darlehen veräußert werden, so schlägt dies auch auf die konzerninternen Finanzierungsmöglichkeiten der öffentlich-rechtlichen Tochter durch. Noch deutlicher wird die Abhängigkeit bei der Beleihung der WestLB mit Aufgaben als Sparkassenzentralbank und Girozentrale. Wendet man sich den Finanzmarktstabilisierungsmaßnahmen zu, so gleichen die Auflagen für Banken, die solcherart Hilfe in Anspruch nehmen, dem öffentlichen Auftrag der Sparkassen bei der Kreditversorgung der inländischen Wirtschaft. Die Erfüllung all dieser Aufgaben wird von den durch eine Darlehensver493 494 495 496
Ähnlich MüKo-StGB/Radtke, § 11 Rn. 56. Schmidt am Busch, DÖV 2007, 533 ff. s. Kapitel 5 A. III. 5. b). MüKo-StGB/Radtke, § 11 Rn. 56.
A. Rechtsgrundlagen und Ausgestaltung der Geheimhaltungspflichten
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äußerung bedingten Ertrags-, Risiko- und Liquiditätsveränderungen beeinflusst. Eine Trennung in verschiedene Bereiche ist insoweit nicht möglich. Die Mitarbeiter der beliehenen Banken werden deshalb vollumfänglich als Amtsträger tätig, wenn sie im Rahmen der Veräußerung von Bankdarlehen mit der Übermittlung schuldnerbezogener Daten an die Erwerber befasst sind. Damit korrespondierend sind Beliehene an § 30 VwVfG bzw. an dessen landesrechtliche Entsprechungen gebunden, nach denen sie Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse nicht unbefugt offenbaren dürfen.497 Diese Geheimhaltungspflicht sichert § 203 Abs. 2 StGB dadurch ab, dass die Geheimnisoffenbarung durch die Mitarbeiter der Beliehenen strafbar ist. b) Analoge Anwendung auf Mitarbeiter von Privatbanken für den Normalfall In der Finanzmarktkrise war man sich parteiübergreifend darin einig, dass die Funktionsfähigkeit der Banken ein öffentliches Gut ist.498 Konkret wurde vertreten, dass die Geldversorgung von Unternehmen und Verbrauchern eine hoheitliche Aufgabe sei.499 Dies konsequent zu Ende gedacht, würden die Mitarbeiter von Privatbanken auch im Normalfall Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnehmen. Demnach läge die These nicht fern, dass sie stets Amtsträger und damit taugliche Täter des § 203 Abs. 2 StGB sind. Obgleich von ihrer Tätigkeit in hohem Maße öffentliche Interessen betroffen sind, hält dies jedoch einer genaueren Prüfung nicht stand. In der Sache kann nicht von einem Tätigwerden „bei einer Behörde oder bei einer sonstigen Stelle oder in deren Auftrag“ i. S. v. § 11 Abs. 1 Nr. 2c StGB die Rede sein. Wenn Privatbanken nicht mit öffentlichen Aufgaben beliehen sind, kommt ihren Kunden die von § 203 Abs. 2 StGB vermittelte Erhöhung des Geheimnisschutzes nicht zugute. Dies hat eine Benachteiligung der Kunden von Privatbanken gegenüber den Kunden von öffentlichen Banken zur Folge, die für willkürlich und wenig sinnvoll gehalten wird.500 Die Forderung nach einer umfassenden gesetzlichen Einbeziehung des Bankgeheimnisses in den Tatbestand des § 203 StGB steht daher seit langem im Raum501 und 497 BVerwG, NVwZ 2000, 1175, 1178; für eine Geltung auch im Verwaltungsprivatrecht von Zezschwitz, NJW 1983, 1873, 1881. 498 Bundesminister der Finanzen Peer Steinbrück (SPD), BT-Plenarprot. 16/182 vom 15.10.2008, S. 19354 f.; MdB Norbert Röttgen (CDU), BT-Plenarprot. 16/181 vom 07.10.2008, S. 19333; MdB Ortwin Runde (SPD), BT-Plenarprot. 16/181 vom 07.10. 2008, S. 19342; Entschließungsantrag der FDP-Fraktion, BT-Drs. 16/13709 vom 03.07. 2009 S. 1. 499 Bundesminister der Finanzen Peer Steinbrück (SPD), BT-Plenarprot. 16/182 vom 15.10.2008, S. 19355. 500 Lenckner, in: Schönke/Schröder, StGB, § 203 Rn. 44; MüKo-StGB/Cierniak, § 203 Rn. 92; LK-StGB/Schünemann, § 203 Rn. 71. 501 Vgl. etwa Rech, Kreditwesen, 1962, 156, 157; Tiedemann, in: FS Kohlmann, S. 307, 308, 317 sowie die Stellungnahmen zur Beratung des Sonderausschusses des
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5. Kap.: Geheimhaltungspflichten des Kreditgewerbes
wird im Kontext der Darlehensveräußerungen aktualisiert.502 Nach gegenwärtiger Gesetzeslage kommt jedoch allein eine analoge Anwendung der Vorschrift auf die Mitarbeiter von privaten Banken in Betracht. aa) Reichweite des speziellen und allgemeinen Analogieverbots Die Analogie zu § 203 Abs. 2 StGB wird für Privatbanken nicht wegen der Strafbarkeit, sondern nur wegen solcher zivilrechtlichen Rechtsfolgen erörtert, die sich sowohl gegen den „Täter“ als auch gegen die Bank richten.503 Die „Tat“ soll lediglich als Anknüpfung für ein Abtretungsverbot, ein Kündigungsrecht und einen Schadensersatzanspruch dienen. Dieser Ansatz klingt vor dem Hintergrund des Art. 103 Abs. 2 GG504 zunächst erstaunlich. Und tatsächlich zögern Rechtsprechung505 und Literatur506 nicht, den Einwand zu erheben, dies verstoße gegen das Analogieverbot im Strafrecht,507 womit a. A. geradezu verfassungsrechtliche Blindheit unterstellt wird. Daran ist richtig, dass eine Bestrafung der betreffenden Mitarbeiter von privaten Banken wegen einer Verletzung von Privatgeheimnissen ausgeschlossen ist. Denn in der genannten Verfassungsnorm ist das verfassungsrechtliche Bestimmtheitsgebot verankert, aus dem ein Analogieverbot im Strafrecht herauszulesen ist.508 Allerdings umfasst die Norm ihrem Wortlaut nach nur die Strafbarkeit und Strafe als Konsequenzen einer Tat.509 Die Bestrafung ist eine missbilligende hoheitliche Reaktionen auf ein schuldhaftes Verhalten510 und somit ein Zugriff auf Deutschen Bundestages für die Strafrechtsreform, 1973, Prot. 7/178 f.; zusammenfassend LK-StGB/Schünemann, § 203 Rn. 7 u. 71 m.w. N. 502 Vgl. Koberstein-Windpassinger, WM 1999, 473, 479; Tiedemann, NJW 2003, 2213, 2215; Eckl, DZWIR 2004, 221, 226. 503 Differenzierend auch Vollborth, S. 149 f. 504 Art. 103 Abs. 2 GG wird einfachgesetzlich in § 1 StGB wiederholt, was trotz der prominenten Stelle aufgrund des identischen Wortlauts nur deklaratorische Bedeutung erlangt, s. MüKo-StGB/Schmitz, § 1 Rn. 1; vgl. zudem Art. 7 Abs. 1 MRK und in Art. 15 Abs. 1 IPBPR, die jedoch weniger weit reichen. 505 So etwa der BGH in seinen beiden Leiturteilen BGHZ 171, 180, 186 und BGHZ 183, 60, 65. 506 Nobbe, WM 2005, 1537, 1542; ders., ZIP 2008, 97, 100. 507 Abl. i. E. auch OLG Köln, BKR 2005, 450; LG Frankfurt a. M., BKR 2005, 67, 70; LG Koblenz BKR 2005, 108, 110; Cahn, WM 2004, 2041, 2044; Vollborth, S. 149 f. 508 BVerfGE 71, 108, 115; 82, 236, 269; 87, 209, 224 (nullum crimen sine lege; nulla poena sine lege). 509 Hammen, in: Bankrechtstag 2005, S. 113, 131; dabei kann im Übrigen der Begriff „Tat“ i. S. v. Art. 103 Abs. 2 GG nicht als Straftat im Rechtssinne gedeutet werden, weil die Norm die Möglichkeit voraussetzt, dass die Strafbarkeit der Tat vor ihrer Begehung nicht gesetzlich bestimmt war, sie somit keine Straftat war. 510 BVerfGE 26, 186, 204; 45, 346, 351.
A. Rechtsgrundlagen und Ausgestaltung der Geheimhaltungspflichten
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die Persönlichkeit einer Person.511 Diese Eingriffsqualität und -intensität ist auch der Grund für den qualifizierten Parlamentsvorbehalt des Art. 104 Abs. 1 GG, der das Adjektiv „gesetzlich“ i. S. v. Art. 103 Abs. 2 GG präzisiert. Im Unterschied dazu haben zivilrechtliche Sanktionen – wie etwa Abtretungsverbote, Schadensersatz- und Unterlassungsansprüche, um die es hier geht – keinen Persönlichkeitsbezug und sind nach den Worten des BVerfG daher grundsätzlich nicht von dem absoluten Analogieverbot betroffen.512 In gewissem Widerspruch dazu ließ es in einem jüngeren Fall Art. 103 Abs. 2 GG indes hinsichtlich zivilrechtlicher Schadensersatzansprüche durchgreifen, weil diese Rechtsfolge tatbestandlich an die analoge Anwendung einer Strafnorm anknüpfe.513 Ähnlich zeigt sich das Meinungsbild in der zivilrechtlichen Rspr. und Lit.514 Diese Ansicht ist schwerlich mit dem Wortlaut des Art. 103 Abs. 2 GG zu vereinbaren. Denn die Vorschrift bezieht sich auf nichts weiter als auf die Rechtsfolgen einer Strafbarkeit und Strafe. Allein der staatliche Vorwurf einer Straftat mag schon für sich genommen ein Grundrechtseingriff sein,515 wird aber jedenfalls nicht von Art. 103 Abs. 2 GG erfasst, wenn er in einem Zivilverfahren erhoben wird. Die Einwände erlangen aber unter den Gesichtspunkten der Einheit der Rechtsordnung sowie des Gesetzesvorbehalts und des Rechtsstaatsprinzips Bedeutung. Es wäre kaum verständlich, zivilrechtliche Folgen aus einem Verhalten herzuleiten, das zwar auf der Analogie zu einer Strafnorm gründet, aber nicht strafrechtlich sanktioniert wird.516 Diese Argumentation wird allerdings dadurch entkräftet, dass die Analogie letztlich selbst zum Ziel hat, die Einheit der Rechtsordnung herzustellen. Bei einer auf einer Analogie gründenden zivilrechtlichen Sanktion ergeben sich Einschränkungen aus den insofern weiter gefassten Anforderungen des Rechtsstaatsprinzips und des Gesetzesvorbehalts. Die Eingriffe in die Rechte der Privatbanken und ihrer Mitarbeiter, die insbesondere von Abtretungsverboten, Schadensersatzansprüchen und Sonderkündigungsrechten ohne Nachteilsausgleich ausgehen, stoßen an die vom Gesetzesvorbehalt und dem Rechtsstaatsprinzip gezogenen Grenzen, obgleich sie unter der Schwelle einer Strafe liegen.
511
Schmid-Aßmann, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 103 Abs. 2, Rn. 165. BVerfGE 34, 269, 293. 513 BVerfG, NJW 2008, 1726, 1727 (Kapitalanlagebetrug gem. § 264a StGB). 514 BGHZ 171, 180, 186; BGHZ 183, 60, 65; Nobbe, WM 2005, 1537, 1542; ders., ZIP 2008, 97, 100. 515 Lagodny, S. 96 ff. mit Hinweis auf Jellinek, Die sozialethische Bedeutung von Recht, Unrecht und Strafe, S. 135, der da schreibt, die Strafe beginne sogar schon „mit dem im Strafgesetze ausgesprochenen Willen des Staates, die Verbrechen zu ahnden“. 516 Vgl. Vollborth, S. 149 f. 512
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5. Kap.: Geheimhaltungspflichten des Kreditgewerbes
bb) Keine planwidrige Regelungslücke Eine Analogie zu § 203 Abs. 2 StGB scheitert letztlich jedoch entscheidend an ihren eigenen Voraussetzungen. Eine analoge Anwendung des Gesetzes erfordert eine planwidrige Lücke,517 die sich aus einem unbeabsichtigten Abweichen des Gesetzgebers von seinem – dem konkreten Gesetzgebungsverfahren zugrundeliegenden – Regelungsplan ergibt.518 In der Lit. wurde ausführlich herausgearbeitet, dass es im Hinblick auf einen strafrechtlichen Schutz des Bankgeheimnisses an einer solchen Lücke fehlt.519 Ausweislich der Materialien zur Strafrechtsreform des Jahres 1973520 wurde eine Aufnahme der Mitarbeiter privater Banken in den Katalog des § 203 StGB bzw. eine umfassende Strafbewehrung des Bankgeheimnisses erwogen, jedoch im Ergebnis abgelehnt.521 Schließlich wurden erneut aufkeimende Forderungen522 auch im Gesetzgebungsverfahren zum Risikobegrenzungsgesetz im Jahre 2008 nicht weiter verfolgt. cc) Keine vergleichbare Interessenlage Des Weiteren erfordert eine Analogie nach der Formulierung des BGH, dass der zu beurteilende Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht so weit mit dem vom Gesetzgeber geregelten Tatbestand vergleichbar sein muss, dass angenommen werden kann, der Gesetzgeber wäre bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von den gleichen Grundsätzen hätte leiten lassen wie bei dem Erlass der herangezogenen Gesetzesvorschrift, zu dem gleichen Abwägungsergebnis gekommen.523 Ob diese Voraussetzung vorliegt, ist zweifelhaft. Die Rechtsgüter des § 203 Abs. 2 StGB umfassen neben dem Schutz der informationellen Selbstbestimmung auch die Funktionsfähigkeit des Staates und die Gewährleistung der Rechtmäßigkeit staatlichen Handelns. Nach vielfach vertretener Ansicht soll es sich beim Bankgeheimnis nicht um einen derart sensiblen Bereich handeln, wie er in § 203 StGB vorausgesetzt wird.524 Mithin sei dessen 517
BGHZ 149, 165, 174. BGH, WM 2010, 28, 31; BGHZ 155, 380, 389 f. 519 Petersen, Das Bankgeheimnis zwischen Individualschutz und Institutionsschutz, S. 65 f.; Vollborth, S. 150. 520 Beratung des Sonderausschusses des Deutschen Bundestages für die Strafrechtsreform, 1973, Prot. 7/178 f.; vgl. schließlich Einführungsgesetz zum StGB aus dem Jahr 1974 (BGBl. I, 469). 521 Hammen, in: Bankrechtstag 2005, S. 113, 132; Vollborth, S. 147 ff. 522 Beschlussantrag der Bundestagsfraktion DIE LINKE, BT-Drs. 16/8182 vom 20.02.2008, S. 3 unter Nr. 4. 523 BGH, WM 2010, 28, 31; BGHZ 105, 140, 143; 110, 183, 192; 120, 239, 252. 524 OLG Köln, BKR 2005, 450, 452; LG Frankfurt a. M., BKR 2005, 67, 70; LG Koblenz BKR 2005, 108, 110; Cahn, WM 2004, 2041, 2044; vgl. ferner zur Eingriffsintensität BVerfG, NJW 2007, 3707 f.; Petersen, Das Bankgeheimnis zwischen Individualschutz und Institutionsschutz, S. 16 ff.; Junker, DStR 1996, 224, 224 f. 518
A. Rechtsgrundlagen und Ausgestaltung der Geheimhaltungspflichten
221
analoge Anwendung weder erforderlich, noch geboten.525 Das ist jedoch nicht so selbstverständlich, wie es die genannten Quellen glauben machen wollen.526 Ähnlich wie etwa die privaten Kranken-, Unfall- oder Lebensversicherungen (vgl. § 203 Abs. 1 Nr. 6 StGB) erhält auch die Bank manches Mal Kenntnis von nach § 203 StGB unstreitig geschützten Daten, etwa wenn der Geheimnisherr einen Geldbetrag zur Erfüllung einer Forderung aus dem Mandats- oder Patientenverhältnis an einen Anwalt oder Arzt überweist. Manche Stimme geht sogar so weit, dass die Bank häufig mehr über ihren Kunden wisse als dessen eigener Ehepartner.527 Allerdings wird zuzugestehen sein, dass dies nicht den Regelfall darstellen dürfte. Jedenfalls aber ist hinsichtlich der Sensibilität der den privaten Banken anvertrauten Daten kein Unterschied zu denjenigen zu erkennen, die den öffentlichen Banken anvertraut werden. Öffentliche Banken nutzen ebenfalls nicht das hoheitliche Instrumentarium der Eingriffsverwaltung, so dass ein rechtlicher Zwang zur Datenoffenbarung ihnen gegenüber nicht zu erkennen ist. Der verbleibende faktische Zwang zur Datenoffenbarung besteht bei beiden Institutsgruppen gleichermaßen. Danach erscheint eine analoge Anwendung des § 203 StGB auf private Banken und deren Mitarbeiter im zivilrechtlichen Kontext nicht mehr abwegig. Dagegen sprechen jedoch verschiedene Aspekte, die aus der Wahrnehmung von Aufgaben der öffentlichen Verwaltung folgen. Die Funktionsfähigkeit privater Banken hat einen hohen Stellenwert. Die Finanzkrise hat die Systemrelevanz einzelner Banken aufgezeigt und zugleich vor Augen geführt, dass Banken insbesondere im Bereich der Kreditversorgung der Bevölkerung und der Wirtschaft unentbehrliche Aufgaben der Daseinsvorsorge wahrnehmen. Die anschließende Staatsintervention lässt schließlich an einem wertungsmäßigen Unterschied zwischen Staat und Privaten zweifeln, soweit es ihre Funktionsfähigkeit betrifft. Ebenso liegt es im Allgemeininteresse, dass die Banken über bonitätsrelevante Umstände ihrer Darlehensnehmer vollständig und wahrheitsgetreu informiert werden. Gleichwohl erlangt der Schutz privater Banken aber im Einzelfall nicht den Stellenwert des von § 203 Abs. 2 StGB gewährleisteten staatlichen Selbstschutzes. Die Rechtmäßigkeit der Verwaltung ist ungleich wichtiger und dringender als die Rechtmäßigkeit des Verhaltens Privater. Schließlich unterliegen private Banken keinen hoheitlichen und insbesondere keinen speziellen verfassungsrechtlichen Bindungen. Die Datenbehandlung ist daher primär eine zivilrechtliche Frage, in die freilich die verfassungsrechtliche Wertordnung ausstrahlt, ohne sie allerdings unmittelbar zu beherrschen. Jedoch kann es allein die Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben bei Behörden oder diesen vergleichbaren Stellen rechtfertigen, eine Strafbarkeit zu verlangen und daran entsprechende zivilrecht525 526 527
OLG Köln, BKR 2005, 450, 452; Cahn, WM 2004, 2041, 2044. Krit. auch Rob. Koch, BKR 2006, 182, 190. So Aden, NJW 1993, 832, 833.
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5. Kap.: Geheimhaltungspflichten des Kreditgewerbes
liche Konsequenzen zu knüpfen. Der Schutz des Bankgeheimnisses bedarf hingegen nicht einer allgemeinen Strafbewehrung. Auch heute können die Gründe für die zivilrechtlichen Folgen einer Verletzung des § 203 Abs. 2 StGB nicht für Privatbanken und deren Mitarbeiter gelten, soweit diese nicht im Rahmen einer Beleihung öffentliche Aufgaben ausführen. Die vorgebrachten Einwände gegen eine Analogie können daher im Ergebnis nicht entkräftet werden, wenngleich die Begründung des BGH528 und des Schrifttums529 den Geltungsgehalt des Art. 103 Abs. 2 GG zu weit fasst.530 7. Verfassungskonforme Reduktion des Tatbestands von § 203 StGB für öffentliche Banken a) Die herrschende Ansicht in Rspr. und Lit. Nach alledem präsentiert sich zwischen der öffentlichen und der privaten Säule des Banksektors ein ähnliches Verwirrspiel um die Vergleichsmaßstäbe wie im Bahnhofsapothekenurteil des BVerfG aus dem Jahre 1961.531 Dort ging es um die zulässigen Öffnungszeiten einer Bahnhofsapotheke, die wie andere Verkaufsstellen auf Personenbahnhöfen damals noch ein Bundesbahnnebenbetrieb war und der Deckung von Reisebedarf diente. In ihrer Eigenschaft als Apotheke kam ihr aber zugleich die Aufgabe zu, die Bevölkerung mit Arzneimitteln zu versorgen. Vorliegend stehen öffentliche Banken zur Debatte, die einerseits wie private Banken Kreditinstitute sind, andererseits aber wie die anderen in § 203 Abs. 2 StGB genannten Personen einen besonderen öffentlichen Auftrag ausführen. Konzentrierte man sich auf die zuletzt genannte Funktion, gäbe es keinen Anlass für Korrekturen an dem zuvor gefundenen Ergebnis. Hielte man hingegen die Eigenschaft als Bank für ausschlaggebend, wäre konsequenterweise der Geheimnisschutz der beiden Institutsgruppen anzugleichen. Weil die Ungleichbehandlung indes nicht zu Lasten der Privatbanken aufgelöst werden kann (s. o.), bliebe allein eine teleologische Reduktion der Strafbarkeit für Mitarbeiter öffentlicher Banken.532 Eben dies wurde von beachtlichen Stimmen im Schrifttum533 528
BGHZ 171, 180, 186; BGHZ 183, 60, 65. Nobbe, WM 2005, 1537, 1542; ders., ZIP 2008, 97, 100. 530 Ebenso Hammen, in: Bankrechtstag 2005, S. 113, 131. 531 BVerfGE 13, 225; heute mit liberalerer Tendenz BVerfGE 104, 357. 532 So auch BGHZ 183, 60, 64 f. 533 Bomhard/Kessler/Dettmeier, BB 2004, 2085, 2087; Sester/Glos, DB 2005, 375, 379 f.; Kristen/Kreppel, BKR 2005, 123, 131; Nobbe, WM 2005, 1537, 1542; später ders., ZIP 2008, 97, 101; Wittig, in: Bankrechtstag 2005, S. 145, 176; Vollborth, S. 152 f.; Wech, S. 257 f.; Gehrlein, S. 141 f.; Schulz/Schröder, DZWIR 2008, 177, 179 f.; Schalast/Safran/Sassenberg, NJW 2008, 1486, 1488 ff.; Domke/Sperlich, BB 2008, 342, 346; Jaeger/Heinz, BKR 2009, 273, 274 f. 529
A. Rechtsgrundlagen und Ausgestaltung der Geheimhaltungspflichten
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und ihnen folgend vom OLG Schleswig534 unter Berufung auf das Willkürverbot vertreten und über einen Ausschluss des Merkmals „unbefugt“ i. S. v. § 203 Abs. 2 StGB umgesetzt. Der BGH schloss sich dem im Ergebnis an, verlagerte die Wertung aber auf eine höhere Ebene und sah nach einschränkender Auslegung bereits kein „fremdes Geheimnis“ i. S. v. § 203 Abs. 2 StGB berührt.535 Die Argumentation bezog sich allein auf die Abtretbarkeit von Darlehensforderungen durch öffentliche Banken und insbesondere Sparkassen, wobei insoweit unterstellt wurde, dass die Abtretung an §§ 134 BGB i.V. m. 203 Abs. 2 StGB scheitert. Eine Reduktion der genannten Strafnorm gilt jedoch gleichermaßen für alle weiteren zivilrechtlichen Folgen. Für eine solche Reduktion wird ins Feld geführt, dass die Veräußerung von (notleidenden) Darlehensportfolios bei Sparkassen einerseits und bei Privatbanken andererseits Sachverhalte darstellen, die im Wesentlichen gleich seien.536 Bei den Vorständen von Instituten der beiden unterschiedlichen Bankgruppen handle es sich in dieser Hinsicht um taugliche Vergleichsgruppen. Gleichwohl würden sie im Rahmen von Darlehensveräußerungen ungleich behandelt. Dies habe für die Betroffenen einen Nachteil zur Folge, wobei bereits ein geringer Nachteil Anlass für eine Willkürprüfung geben könne.537 Ein sachlicher Grund für eine Differenzierung könne heute nicht mehr in einer erhöhten Erwartungshaltung der Kunden öffentlicher Banken gesehen werden.538 Dagegen erforderten die Erfüllung von Aufgaben der Daseinsvorsorge auf der Grundlage der Markt- und Wettbewerbserfordernisse und die Vorgabe, ihren Gewinn nach wirtschaftlichen Grundsätzen zu erzielen, dass öffentliche Banken das Instrument der Abtretung und Ausgliederung frei von Informationsbeschränkungen nutzen könnten. Nach Wegfall von Anstaltslast und Gewährträgerhaftung werde dieser Nachteil nicht mehr durch ein geeignetes Äquivalent kompensiert. Hinzu kam in den von der Rspr. entschiedenen Fällen ein gemeinschaftsrechtlicher Bezug, der dem gefundenen Ergebnis weitere Nahrung gab. Wegen der von Art. 63 Abs. 1 AEUV (vormals Art. 56 Abs. 1 EGV a. F.) gewährleisteten Kapitalverkehrsfreiheit gelte die Beschränkung des § 203 StGB nicht bei grenzüberschreitenden Darlehensveräußerungen. Demgegenüber ergebe sich durch den Geheimnisschutz eine willkürliche Schlechterstellung des innerstaatlichen Kapitalverkehrs, die über eine korrigierende Auslegung des § 203 StGB aufgefangen werden müsse.539 Schließlich entspreche es heute nicht mehr der Lebenswirklich534
So OLG Schleswig, BKR 2008, 25, 27. BGHZ 183, 60, 64 ff. 536 BGHZ 183, 60, 64 ff.; OLG Schleswig, BKR 2008, 25, 28; Sester/Glos, DB 2005, 375, 379; Nobbe, WM 2005, 1537, 1543; ders., ZIP 2008, 97, 101. 537 Insoweit wird auf BVerfGE 71, 39, 50 verwiesen. 538 OLG Schleswig, BKR 2008, 25, 28 f.; Sester/Glos, DB 2005, 375, 379; Nobbe, WM 2005, 1537, 1543; ders., ZIP 2008, 97, 101. 539 OLG Schleswig, BKR 2008, 25, 29. 535
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5. Kap.: Geheimhaltungspflichten des Kreditgewerbes
keit, öffentlich-rechtliche Kreditinstitute und ihre Vorstände und Mitarbeiter strafrechtlich anders zu behandeln als private Banken und Genossenschaftsbanken.540 Der BGH gibt als Grund für seine einschränkende Auslegung an, dass mangels erkennbarer Sachgründe die gesetzgeberische Grundentscheidung gegen einen strafrechtlichen Schutz des Bankgeheimnisses in § 203 Abs. 1 StGB auch für dessen Abs. 2 zu gelten habe und deshalb aufgrund des Normzwecks und der Systematik kein „fremdes Geheimnis“ i. S. d. § 203 Abs. 2 StGB vorliege.541 Diese Ansicht bedarf einer genaueren Untersuchung. Dabei werden einige Aspekte, die zuvor bereits zu einer Anhebung der Strafbarkeit von Mitarbeitern privater Banken in Erwägung gezogen wurden, unter umgekehrten Vorzeichen erneut auszuloten sein. b) Anwendbarkeit des Willkürverbots In der Diskussion steht vordergründig eine teleologische Reduktion der Strafbarkeit zugunsten der Person des Amtsträgers. Natürliche Personen können sich gegenüber den Maßnahmen der Strafjustiz auf ihre Grundrechte berufen. Es handelt sich um hoheitliche Eingriffsverwaltung im klassischen subordinationsrechtlichen Sinne.542 Demnach ist es ohne Weiteres möglich, die behauptete Benachteiligung der Angestellten öffentlicher Banken gegenüber ihren „Kollegen“ in privaten Banken unter dem Gesichtspunkt des Gleichbehandlungsgebots (Art. 3 Abs. 1 GG) und der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) zu untersuchen. Das wird der Sache allerdings kaum gerecht. Die strafrechtlichen und zivilrechtlichen Konsequenzen für den einzelnen Mitarbeiter spielen nämlich nur eine Nebenrolle. Vorliegend sind allein die zivilrechtlichen Konsequenzen für die öffentlichen Banken von Bedeutung, soweit sie eine Verletzung des Amtsgeheimnisses durch ihre Mitarbeiter zu verantworten haben. Hoheitsträger sind jedoch grundrechtsverpflichtet, nicht aber grundrechtsberechtigt (vgl. Art. 1 Abs. 3, 20 Abs. 3 GG).543 Die öffentlichen Institutionen nehmen nicht unabgeleitete, ursprüngliche Freiheiten wahr, sondern Kompetenzen, die vom positiven Recht zugeordnet, inhaltlich bemessen und begrenzt sind.544 Konsequenterweise sind die materiellen Grundrechte „nach ihrem Wesen“ auf Kreditinstitute in den Rechtsformen des öffentlichen Rechts nicht anwendbar (Art. 19 Abs. 3 GG).545 Anderes gilt allenfalls im Hinblick auf die grundrechts540
Nobbe, Vortrag zum Verkauf von Krediten, S. 9. BGHZ 183, 60, 64 ff. 542 s. etwa BVerfGE 2, 118; 6, 389; ausf. Lagodny, S. 78 ff.; der Eingriffscharakter wird an den speziellen Vorschriften der Art. 101–104 GG deutlich; das Strafgesetzbuch unterliegt als vorkonstitutionelles Gesetz allerdings nicht dem Zitiergebot des Art. 19 Abs. 1 S. 2 GG, BVerfGE 2, 121, 122 f. 543 Konfusionsargument, BVerfGE 21, 362, 368 ff. 544 BVerfGE 39, 302, 312 ff.; 68, 193, 205 ff.; 70, 1, 15; 75, 192, 196 f. 545 BVerfGE 75, 192, 197. 541
A. Rechtsgrundlagen und Ausgestaltung der Geheimhaltungspflichten
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gleichen Verfahrensrechte der Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG und Art. 103 Abs. 1 GG.546 Selbst wenn wegen der weitgehenden Angleichung an das private Bankgewerbe für die Beurteilung der Funktion der öffentlich-rechtlichen Sparkassen nicht mehr deren öffentlicher Auftrag, sondern die privatwirtschaftliche Unternehmenstätigkeit bestimmend wäre, könnte dies nicht zu einem Grundrechtsschutz führen. Der hierfür erforderliche Bezug zum Freiheitsraum natürlicher Personen würde fehlen, solange ihre Träger staatlicher Natur sind.547 Auch private Unternehmen sind nicht grundrechtsfähig, soweit sie öffentliche Aufgaben wahrnehmen.548 Es begegnet demnach Zweifeln, wenn das Gleichbehandlungsrecht des einzelnen Amtsträgers – in seiner Eigenschaft als Grundrechtsträger – als Hebel dazu angesetzt wird, um die Handlungsfreiheit eines öffentlich-rechtlichen Kreditinstituts zu Lasten seiner Kunden – ebenfalls Grundrechtsträger – zu erweitern, indem versucht wird, den Geheimnisschutz auf der Ebene des Strafrechts zu reduzieren.549 Gegen die zivilrechtlichen Konsequenzen für die öffentliche Bank, die an einen Verstoß ihrer Mitarbeiter gegen § 203 Abs. 2 StGB anknüpfen, können mithin keine materiellen Grundrechte und insbesondere nicht die Wettbewerbsfreiheit (Art. 3 Abs. 1 i.V. m. Art. 12 Abs. 1 GG) in Stellung gebracht werden, und zwar weder aus eigenem Recht noch aus abgeleitetem Recht ihrer Mitarbeiter. Das verkennen auch die Stimmen nicht, die eine Reduktion des Straftatbestandes befürworten; sie rekurrieren deshalb auf das allgemeine Willkürverbot.550 Daran ist richtig, dass das verfassungsrechtliche Willkürverbot für jede staatliche Tätigkeit und damit auch für die Beziehungen innerhalb des hoheitlichen Staatsaufbaus Geltung beansprucht.551 Es gründet auf dem Rechtsgedanken des Gleichheitssatzes sowie dem Rechtsstaatsprinzip552 und gilt als selbstverständlicher, ungeschriebener Verfassungsgrundsatz in allen Rechtsbereichen.553 Die Gerichte haben es daher auch in solchen Verfahren zu beachten, an denen eine juristische Person des öffentlichen Rechts beteiligt ist.554 Deshalb ist dem OLG Schles-
546
Vgl. BVerfGE 61, 82, 104; 75, 192, 200. BVerfGE 75, 192; BVerfG, NJW 1995, 582, 583. 548 BVerfGE 45, 63, 78 ff.; BVerfG, NJW 1990, 1783 (gemischt-wirtschaftliche Unternehmen des Privatrechts). 549 So aber tendenziell Sester/Glos, DB 2005, 375, 379; Nobbe, WM 2005, 1537, 1543; ders., ZIP 2008, 97, 101; dagegen wie hier krit. Stoll, DZWIR 2010, 139, 142. 550 OLG Schleswig, BKR 2008, 25, 28; Sester/Glos, DB 2005, 375, 379; Nobbe, WM 2005, 1537, 1543; ders., ZIP 2008, 97, 101. 551 BVerfGE 75, 192, 195 (Sparkassen); Herzog, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 3 Anh., Rn. 35 ff. 552 BVerfGE 69, 161, 169; 86, 148, 251. 553 BVerfGE 35, 263, 271 f.; 75, 192, 195. 554 So auch BVerfGE 75, 192, 195. 547
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5. Kap.: Geheimhaltungspflichten des Kreditgewerbes
wig555 auch darin zuzustimmen, dass es dem allgemeinen Willkürverbot im Zivilrechtsstreit um die Abtretung von Darlehensforderungen durch Sparkassen ein Forum bietet. Aus dem Willkürverbot ergibt sich für den betreffenden Hoheitsträger aber keineswegs ein mit Grundrechtsschutz ausgestattetes subjektives Recht.556 Daher ist kritisch zu überprüfen, ob die genannten Stimmen das Willkürverbot hinsichtlich Inhalt und Grenzen zutreffend definieren und anwenden. Es begegnet starken Zweifeln, ob für öffentliche Banken im Kontext von Darlehensveräußerungen wegen des Willkürverbots aus dem Straftatbestand des § 203 Abs. 2 StGB keine zivilrechtliche Konsequenzen anknüpfen, was eine Sachprüfung von vornherein ausschlösse. c) Vergleichbarkeit der Bankengruppen und Ungleichbehandlung Will man gleichwohl die ausführliche Prüfung der Rechtsprechung557 sowie der Literatur558 nachvollziehen, ist dem – obgleich reine Willkürprüfung – nach den vorangegangenen Erwägungen die Formel des BVerfG zum allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG559 zugrunde zu legen. Demnach muss untersucht werden, ob der Gesetzgeber wesentlich Gleiches willkürlich ungleich behandelt und sich kein sachliches Differenzierungskriterium finden lässt. Für öffentliche Banken besteht im Unterschied zu Privatbanken wegen § 203 Abs. 2 StGB ein erhöhter Geheimnisschutz. Genau genommen liegt allein darin die Ungleichbehandlung der Mitarbeiter öffentlicher Banken gegenüber denjenigen von Privatbanken. Der BGH und das OLG Schleswig konzentrieren sich auf die Auswirkung, dass dadurch die Darlehensveräußerungen im öffentlichen Bankensektor erschwert werden, wohingegen dies den Privatbanken in weiterem Maße möglich ist.560 Es ist deshalb zu erörtern, inwieweit die beiden Sachverhalte vergleichbar sind. aa) Geschäftstätigkeit und Wettbewerbsteilnahme Die öffentlichen Banken führen ihre Geschäfte nach kaufmännischen Grundsätzen. Den meisten Sparkassen und Landesbanken ist es mittlerweile erlaubt, als allgemeine Geschäftsbanken tätig zu werden und nahezu alle banküblichen Geschäfte zu betreiben. Dem ist das frühere Enumerationsprinzip heute weitgehend gewichen. Insofern ist ihre Geschäftstätigkeit derjenigen von Privatbanken in weiten Teilen vergleichbar. Um den öffentlichen Zweck, auch den Wettbewerb zu 555
OLG Schleswig, BKR 2008, 25, 28. Vgl. BVerfGE 21, 362, 372. 557 BGHZ 183, 60, 64 ff.; OLG Schleswig, BKR 2008, 25, 28. 558 Sester/Glos, DB 2005, 375, 379; Nobbe, WM 2005, 1537, 1543; ders., ZIP 2008, 97, 101. 559 BVerfGE 20, 31, 33. 560 BGHZ 183, 60, 42 ff.; OLG Schleswig, BKR 2008, 25, 28. 556
A. Rechtsgrundlagen und Ausgestaltung der Geheimhaltungspflichten
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fördern, erfüllen zu können, müssen sich öffentliche Kreditinstitute naturgemäß dem Wettbewerb mit anderen Banken stellen. bb) Refinanzierungssituation nach Wegfall von Gewährträgerhaftung und Anstaltslast Bis vor nicht allzu langer Zeit unterschieden sich die öffentlichen Banken von den Privatbanken durch die Anstaltslast und die Gewährträgerhaftung. Die Anstaltslast bezeichnet die Verpflichtung des Trägers einer Anstalt, die wirtschaftliche Basis der Anstalt zu sichern, wodurch die Insolvenz der Anstalt in der Praxis ausgeschlossen wird.561 Die Gewährträgerhaftung bezeichnet hingegen die gesetzlich normierte unmittelbare Haftung des Trägers einer öffentlich-rechtlichen Anstalt für die Verbindlichkeiten der Anstalt im Außenverhältnis gegenüber Dritten.562 Die Ausgestaltung der staatlichen Trägerschaft stieß in der privaten Bankwirtschaft schon seit 1992 auf latente Kritik.563 Schließlich erhob die Bankenvereinigung der Europäischen Union (EBV) bei der EU-Kommission im Dezember 1999 Beschwerde gegen die Gewährträgerhaftung und die Anstaltslast.564 Diese Haftungsinstitute seien als unbefristete Staatsgarantien einzustufen. Daraus ergäben sich Refinanzierungsvorteile, die zu unzulässigen innergemeinschaftlichen Wettbewerbsverzerrungen führten. Dem schloss sich die EU-Wettbewerbskommission weitgehend an und vertrat die Ansicht, dass Anstaltslast und Gewährträgerhaftung eine verbotene staatliche Beihilfe im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV (vormals Art. 87 Abs. 1 EGV a. F.) darstellten.565 Das daraufhin eingeleitete Verfahren mündete schließlich in der Brüsseler Verständigung I.566 In der nach intensiven Verhandlungen gefundenen Kompromisslösung wurde die Gewährträgerhaftung abgeschafft und die Anstaltslast durch eine „normale wirtschaftliche Eigentümerbeziehung gemäß marktwirtschaftlichen Grundsätzen“ zwischen dem Eigentümer und dem öffentlich-rechtlichen Kreditinstitut ersetzt. Seither gehört die unbeschränkte Haftung des Trägers für Verbindlichkeiten des 561 Vgl. Legaldefinition des § 6 S. 3 SpkG NW i. d. F. v. 18.10.2002 (GVBl. S. 504, ber. S. 578). 562 Vgl. § 6 S. 1, 2 SpkG NW a. F. (s. vorangegangene Fn.). 563 Claussen, Bank- und Börsenrecht, § 1 Rn. 34. 564 Ausf. Wiesel, ZBB 2002, 288 ff.; Bunte, in: Bankrechts-Handbuch, § 142 Rn. 56 ff.; krit. Landsberg, in: Die Daseinsvorsorge im Spannungsfeld von europäischem Wettbewerb und Gemeinwohl, S. 290, 293 ff. 565 Dazu ausf. Kämmerer, S. 129 ff. 566 EU-Kommission Schreiben C(2002) 1286/1 vom 27.03.2002, State Aid N ë E 10/ 2000-Germany „Anstaltslast and Gewährträgerhaftung – State guarantees for public credit institutions in Germany“, Part 2, S. 12 ff.; der Inhalt der Verständigung vom 17.07.2001 ist auch abgedr. im Anh. der Pressemitteilung der EU-Kommission vom 28.02.2002, Referenz IP/02/343; s. zudem ABlEG v. 22.6.2002, Nr. C 150/7.
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5. Kap.: Geheimhaltungspflichten des Kreditgewerbes
Instituts der Vergangenheit an. Daneben wurden auch Absichtserklärungen oder Garantien für den Bestand des öffentlichen Kreditinstituts verboten. Die öffentliche Rechtsform durfte jedoch erhalten bleiben. Auch dürfen die Träger ihren Instituten weiterhin Kapital zur Verfügung stellen, allerdings nur zu marktüblichen Konditionen. Die Brüsseler Verständigung ist inzwischen in den Landesgesetzen über die Sparkassen und Landesbanken in nationales Recht umgesetzt worden.567 Mit der Verständigung II vom 01.03.2002568 haben die EU-Kommission und die Bundesrepublik Deutschland die Rahmenbedingungen für rechtlich selbständige Förderbanken geschaffen, die im öffentlichen Auftrag Aufgaben der Wirtschafts- und Strukturförderung wahrnehmen. Hier bleibt es bei der Anstaltslast und Gewährträgerhaftung wie bisher. Dagegen sind für die im Wettbewerb mit privaten Geschäftsbanken stehenden Institute die expliziten Staatsgarantien entfallen. Nach dem Ziel der Brüsseler Verständigung I müsste die zuvor zumindest faktisch bestehende Insolvenzfestigkeit der öffentlichen Geschäftsbanken hinfällig geworden sein.569 Das ist allerdings gerade nicht der Fall. Vielmehr blieben implizite Staatsgarantien bestehen. Das wurde am Beispiel etlicher Landesbanken in der Finanzkrise der Jahre 2007 bis 2009 deutlich, als sie von ihren Trägern gestützt wurden. Nichts anderes gilt allerdings auch für systemrelevante Banken, so dass insofern die Vergleichbarkeit dennoch wieder gegeben zu sein scheint. Dessen können sich jedoch Privatbanken anders als öffentliche Banken nicht immer sicher sein, wie im internationalen Kontext die Verweigerung von Staatshilfe für die Investmentbank Lehman Brothers im Jahre 2008 zeigte. cc) Datensensibilität und Offenbarungszwang Die Sensibilität der von öffentlichen Banken erhobenen und verwendeten Daten unterscheidet sich kaum von derjenigen der Daten, die von Privatbanken verarbeitet werden. Das OLG Schleswig vergleicht in dieser Hinsicht eine Sparkasse nur mit Ärzten und Anwälten, ohne den ebenso wichtigen Vergleich mit Privatbanken zu ziehen.570 Insofern beschränkt es sich darauf, dass nicht festzustellen sei, ob der Geschäftsverkehr unterschiedliche Erwartungen an den Geheimnisschutz habe.571 Der BGH sieht darüber hinaus auch bei der Datensensibilität keine Unterschiede. Der Zessionar erhalte „wie auch bei einer Forderungsveräu567
Vgl. etwa § 44 SpkG NW i.V. m. § 7 Abs. 2 SpkG NW. EU-Kommission, Schreiben C(2002) 1286/1 vom 27.03.2002, State Aid N ë E 10/ 2000-Germany „Anstaltslast and Gewährträgerhaftung – State guarantees for public credit institutions in Germany“, Part 3, S. 16 ff.; s. zudem ABlEG v. 22.6.2002, Nr. C 150/7. 569 So Wech, S. 155 f. 570 OLG Schleswig, BKR 2008, 25, 27 und 28. 571 OLG Schleswig, BKR 2008, 25, 28. 568
A. Rechtsgrundlagen und Ausgestaltung der Geheimhaltungspflichten
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ßerung durch eine private Bank“ über das nach § 402 BGB bestehende Auskunftsrecht „nur“ solche Informationen, die für ihn erforderlich seien, um die Forderung geltend machen zu können.572 Wendet man sich den Umständen der Datenerhebung und -verarbeitung zu, üben öffentliche Banken gegenüber den Darlehensnehmern zwar keinen besonderen rechtlichen Zwang zur Datenoffenbarung aus,573 sehr wohl besteht indes in derselben Weise ein faktischer Zwang zur Datenoffenbarung, der sich nicht von demjenigen privater Banken unterscheidet, wenn deren Kunden eine Kreditbewilligung erhalten möchten.574 d) Sachliche Differenzierungskriterien Im Anschluss ist zu untersuchen, inwieweit sich aus beiden Sachverhalten Differenzierungskriterien ergeben, die eine unterschiedliche Gewichtung des Geheimnisschutzes auf der Rechtsfolgenseite rechtfertigen. Die Anwendbarkeit des § 203 Abs. 2 StGB setzt nach dem funktionalen Verständnis des Amtsträgerbegriffs an der Ausübung öffentlicher Aufgaben an. Demnach muss auch die Suche nach Sachgründen an dieser Stelle beginnen. aa) Strafzwecke als Rechtfertigung der Ungleichbehandlung Es sei an dieser Stelle einmal mehr wiederholt, dass die Strafandrohung für die Offenbarung von Amtsgeheimnissen zum Zweck hat, die informationelle Selbstbestimmung des Einzelnen zu schützen, die Rechtmäßigkeit und Funktionsfähigkeit der Verwaltung sicherzustellen und das Vertrauen der Bürger in die Rechtmäßigkeit und Funktionsfähigkeit des Staates erhalten und zu fördern. Es wurden oben bereits einige Gründe dafür genannt, warum sich die Strafbarkeit in § 203 Abs. 2 StGB auf alle Amtsträger erstreckt und von der Sensibilität und dem Verwendungszusammenhang der Daten unabhängig ist. Dies beruht darauf, dass der Staat im Gegensatz zu Privaten unmittelbar an die Grundrechte gebunden ist, die Rechtmäßigkeit und Funktionsfähigkeit des Staates zu den vorrangigsten Interessen der Allgemeinheit zählen und schließlich auch dem Selbstschutz des Staates eine besondere strafrechtliche Absicherung der Verschwiegenheitspflichten nahelegt. bb) Staatliche Bindungen Banken, die als Anstalten des öffentlichen Rechts organisiert sind, sind gemäß Art. 1 Abs. 3, 20 Abs. 3 GG an die Grundrechte und das Rechtsstaatsprinzip ge572
BGHZ 183, 60, 66; für Privatbanken ebenso schon BVerfG, NJW 2007, 3707,
3708. 573 574
Schulz/Schröder, DZWIR 2008, 177, 179. Ähnlich Privatversicherungen, s. BVerfG, WM 2006, 2270, 2271.
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5. Kap.: Geheimhaltungspflichten des Kreditgewerbes
bunden.575 Es macht keinen Unterschied, wenn sie die öffentlichen Aufgaben in privatrechtlichen Rechtsformen wahrnehmen.576 Der Grundrechtsbindung unterliegt auch ein privatrechtliches Unternehmen, das im Alleinbesitz des Staates steht oder vom Staat beherrscht wird.577 Deshalb ändern auch die geschilderten Organisationsprivatisierungen öffentlicher Kreditinstitute nichts an der Grundrechtsbindung. Dem Staat ist insofern die „Flucht ins Privatrecht“ versperrt. Der Schutz der informationellen Selbstbestimmung geht Hand in Hand mit dem Umstand, dass gerade die Funktionsfähigkeit des Staates im Interesse der Allgemeinheit besonders zu schützen ist. All dies wird nicht dadurch obsolet, dass der Staat seinen originären Tätigkeitsschwerpunkt verlässt und sich privatwirtschaftlich betätigt, solange damit nicht eine Aufgabenprivatisierung verbunden ist. Aus den derzeitigen Reformvorhaben geht im Übrigen – abgesehen von der BayernLB – nicht hervor, dass der Trägerkreis der Sparkassen und Landesbanken in der Mehrheit auf andere als öffentlich-rechtliche Träger ausgedehnt werden soll. cc) Erfüllung öffentlicher Aufgaben Der Wettbewerb unter den Instituten der drei Bankengruppen findet auch heute noch seine Existenzberechtigung in der unterschiedlichen Zielsetzung.578 Noch vor der Brüsseler Verständigung I hat das BVerfG im Jahre 1987 betont, dass die öffentlich-rechtlichen Sparkassen „auch nach ihrer heutigen Ausgestaltung und Aufgabenstellung“ noch Merkmale aufweisen, „die es rechtfertigen, an ihrer Einordnung als Einrichtungen der öffentlichen Daseinsvorsorge festzuhalten.“ 579 Von der Abschaffung der Gewährträgerhaftung und der Anstaltslast ist der öffentliche Auftrag der Sparkassen und Landesbanken nicht berührt worden.580 Dabei ist die Asymmetrie des mitgliedstaatlichen und gemeinschaftsrechtlichen Zielsystems zu bedenken. Ihrer originären Natur als Wirtschaftsgemeinschaft entsprechend, betrachtet die EU nur wettbewerbsrechtliche Implikationen und blendet nichtökonomische Ziele aus, die sich die Mitgliedstaaten als Maxime set575 BGHZ 154, 146, 149 f. (Kündigung von Konten der NPD bei einer Sparkasse); von Usslar, BKR 2008, 177, 179; das BVerfG, hat eine entsprechende Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen, EuGRZ 2001, 334. 576 BGHZ 154, 146, 150. 577 BVerwGE 113, 208, 211 (Deutsche Post AG); Müller-Dehn, DÖV 1996, 863; Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 10 Rn. 9; hingegen soll die Postbank AG einer nur mittelbaren Grundrechtsbindung unterliegen, die sich auf das Willkürverbot beschränkt, BGH, NJW 2004, 1031; offengelassen BVerfG, NVwZ 2002, 847; str. bei Deutscher Bahn AG, vgl. dazu Ibler, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 86 Rn. 100; Jochum, NVwZ 2005, 779. 578 Landsberg, in: Die Daseinsvorsorge im Spannungsfeld von europäischem Wettbewerb und Gemeinwohl, S. 290, 293 ff.; krit. Möschel, in: FS Fikentscher, 574, 578 ff. 579 BVerfGE 75, 192, 199. 580 Schorner, S. 72, 133 ff., 141 ff.; Domke/Sperlich, BB 2008, 342, 346; von Usslar, BKR 2008, 177 ff.; Wech, S. 255 ff.
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zen.581 Dementsprechend lag auch der Aufhebung der Haftungsinstrumente nur der Gedanke zugrunde, dass die staatliche Wirtschaftstätigkeit nicht zu einer Wettbewerbsverzerrung im Bankwesen führen sollte. Daraus ist aber nicht zu folgern, dass kein öffentlicher Auftrag mehr verfolgt werden darf und nunmehr eine rein privatwirtschaftsgleiche Betätigung vorliegen muss. Dagegen hat nicht zuletzt die Finanzkrise deutlich gemacht, dass die ordnungsgemäße Durchführung bestimmter kreditwirtschaftlicher Geschäfte wie des Zahlungsverkehrs, der Einlagenbewirtschaftung und der Kreditvergabe im öffentlichen Interesse liegt und zur Aufrechterhaltung im Zweifel staatliche Gewähr erfordert. Umgekehrt wiegt es schwerer, wenn im Einzelfall Unregelmäßigkeiten bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben auftreten, als wenn sich dies im rein privaten Bankgeschäft ereignet. dd) Erwartungshaltung und Vertrauen der Kunden im Lichte des Bezeichnungsschutzes für Sparkassen Für sich genommen ist der Gesichtspunkt, dass nur bei der Repräsentation des Staates gegenüber dem Bürger582 die Gefahr besteht, dass beim Staat „etwas hängenbleiben“ könne,583 ein wichtiger Baustein im Rechtfertigungsgebäude der Amtsträgerdelikte. Es ist zu lesen, dass insbesondere die Sparkassen heute in der Öffentlichkeit als private Unternehmen, nicht aber als Behörde oder staatliche Verwaltungsstelle wahrgenommen werden584 und die Darlehensnehmer den Mitarbeitern einer öffentlichen Bank ihre Privatgeheimnisse in deren Funktion als Bankangestellte und nicht als Amtsträger anvertrauen.585 Das OLG Schleswig586 hat sich dem in der Literatur587 geäußerten Befund angeschlossen, dass der Rechtsverkehr nicht per se höhere Erwartungen an den Geheimnisschutz von Sparkassen hegt als an denjenigen von Privatbanken.588 Diese Feststellung lässt sich nicht verifizieren und führt im Übrigen kaum weiter. Es kann nicht darauf ankommen, was die Kunden tatsächlich erwarten, sondern, was sie bei einem öffentlichen Kreditinstitut erwarten dürfen. Mithin muss ein normatives Vertrauen genügen. Die Geheimhaltungspflicht besteht bei öffentlichen wie bei privaten Banken gleichermaßen. Nur ist das Vertrauen in den Staat wichtiger und die Einhaltung der Geheimhaltungspflicht bei öffentlichen Banken 581
Bührle, S. 66. MüKo-StGB/Radtke, § 11 Rn. 36. 583 Lenckner, ZStW 106 (1994), 502, 532. 584 Jaeger/Heinz, BKR 2009, 273, 274. 585 Bomhard/Kessler/Dettmeier, BB 2004, 2085, 2087; Vollborth, S. 153. 586 OLG Schleswig, BKR 2008, 25, 28. 587 Sester/Glos, DB 2005, 375, 379 f.; Nobbe, WM 2005, 1537, 1543; Schulz/Schröder, DZWIR 2008, 177, 180. 588 OLG Schleswig, BKR 2008, 25, 28; im Anschluss an Sester/Glos, DB 2005, 375, 379 f.; Nobbe, WM 2005, 1537, 1543; Schulz/Schröder, DZWIR 2008, 177, 180. 582
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5. Kap.: Geheimhaltungspflichten des Kreditgewerbes
dementsprechend dringender. Das Vertrauen kann sich aus dem staatlichen Hintergrund und der gesetzgeberischen Konzeption nähren, dass die Gewinnerzielung im Zweifel hinter öffentliche Zwecke und vor allem hinter die Gewährleistung rechtmäßigen und grundrechtsgebundenen Verwaltungshandelns zurückzutreten hat. Die Bürger als Kunden müssen den öffentlichen Banken und damit auch deren Mitarbeitern von vornherein ein höheres Vertrauen entgegenbringen dürfen als beliebigen Privaten, die ein solches Vertrauen erst durch eigenständige vertragliche Regelwerke und ein normgemäßes Verhalten aufbauen müssen. Auf diesem Gedanken fußt auch der Bezeichnungsschutz für Sparkassen nach § 40 KWG. Sein Fortbestand kann als gewichtiges Argument gegen eine Angleichung der verschiedenen Bankengruppen herangezogen werden. Der Bezeichnungsschutz konnte sich bis heute gegen alle Auflösungstendenzen behaupten, obgleich auch er ins Kreuzfeuer der europäischen Politik geraten ist.589 Anlass für Letzteres war der Verkauf der LBB im Jahre 2006 und eine Beschwerde des US-Investors Christopher Flowers590 an die EU-Kommission, der als Kaufinteressent auch an der Marke „Sparkasse“ interessiert war. Er beanstandete, dass die Ausschreibung private Bieter diskriminiere und damit gegen die Verkaufsauflagen verstoße.591 Daraufhin kam es Ende November 2006 zu einer Verständigung zwischen der EU-Kommission und der Bundesregierung.592 Sie wurde aber im Ergebnis nicht relevant, weil schließlich die deutsche Sparkassenorganisation den Zuschlag erhielt. Danach blieb der Wortlaut des § 40 Abs. 1 KWG für alle übrigen Fälle unangetastet.593 Zur Klarstellung wird die entsprechende Pressemitteilung der EU-Kommission wörtlich wiedergegeben: „Die Kommission anerkennt, dass der Schutz des Namens ,Sparkasse‘ wegen des Gemeinwohlauftrags dieser Banken und der Notwendigkeit, dass Verbraucher sie von anderen Banken unterscheiden, begründet ist. Allerdings ist das Verbot, den Namen ,Sparkasse‘ nach einer Privatisierung weiter zu verwenden, keine Maßnahme, die in einem angemessenen Verhältnis zur Gewährleistung des Schutzes dieses Gemeinwohls steht. Deutschland könnte Maßnahmen erlassen, die in einem angemessenen 589
Vgl. Brenncke, ZBB 2007, 1 ff.; dagegen Vogel, ZBB 2007, 130 ff. Die Private Equity-Gesellschaft J. C. Flowers & Co. LLC hält mittlerweile eine Beteiligung an der HSH Nordbank. Diese wurde jedoch im Zuge der Finanzkrise der Jahre 2007 bis 2009 stark entwertet und ihr Anteil am Gesamtkapital aufgrund erforderlicher Stützungsmaßnahmen der staatlichen Mehrheitseigentümer massiv zurückgedrängt (s. o.). Noch weniger Fortune hatte der Investor mit seinem Engagement bei der privaten, damals bereits sanierungsbedürftigen und mittlerweile mit den Instrumenten des Finanzmarktstabilisierungsgesetzes vollverstaatlichten Hypo Real Estate (HRE), vgl. dazu Zuck, DÖV 2009, 558 ff.; E. Gurlit, NZG 2009, 601, 601 ff. 591 Landsberg, in: Die Daseinsvorsorge im Spannungsfeld von europäischem Wettbewerb und Gemeinwohl, S. 290, 296 ff. 592 Es gab noch ein internes bzw. nationales Nachspiel vor dem LG Berlin, vor dem sich der DSGV und die LBB um die Verwendungsmöglichkeiten des Markennamen „Sparkasse“ auf Grundlage der Markensatzung des DSGV stritten, wenn die LBB nicht mehr dem öffentlichen Lager angehören würde, vgl. LG Berlin, DVBl 2007, 1252 L. 593 Vgl. Brenncke, ZBB 2007, 1 ff. m.w. N. 590
A. Rechtsgrundlagen und Ausgestaltung der Geheimhaltungspflichten
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Verhältnis stehen, etwa dadurch, dass die Namensnutzung durch private Banken von der Erfüllung bestimmter Gemeinwohlverpflichtungen, wie sie von öffentlich-rechtlichen Sparkasseninstituten gefordert werden, abhängig gemacht wird oder eine besondere Namensgebung vorgeschrieben wird.“ 594
Die EU-Kommission geht demnach ebenfalls davon aus, dass den Sparkassen ein besonderes Vertrauen entgegengebracht wird und werden darf. Soweit im Übrigen aber der Bezeichnungsschutz gelockert werden soll, ist die von der Kommission vertretene Ansicht nicht mit dem Verständnis öffentlicher Aufgabenwahrnehmung zu vereinbaren und daher abzulehnen. Es würde eine nur vermeintliche Wettbewerbsgleichheit hergestellt und sogar an unlauteren Wettbewerb (Art. 2 UWG) grenzen, wenn sich private Erwerber den Deckmantel des Staates überziehen dürften und wahrheitswidrig eine staatliche Legitimation vortäuschten. Die Gemeinwohlverpflichtung allein kann dies nicht kompensieren. Zu Recht ist deshalb auch eine Vollprivatisierung von bisher staatlichen Instituten unzulässig, wenn Beleihungen mit Aufgaben, in deren Zusammenhang die Bezeichnung Sparkasse verwendet wird, beibehalten werden.595 Demnach unterscheiden sich öffentliche Banken auch heute noch darin von Privatbanken, dass ihnen ein höheres Vertrauen, und zwar auch in den von ihnen gewährten Geheimnisschutz, entgegengebracht werden darf. Dass öffentlichen Banken offenbar auch tatsächlich eine besonders hohe Vertrauenswürdigkeit genießen, spiegelt sich exemplarisch in dem hohen Wert der Marke „Sparkasse“ wider, der sich nicht zuletzt aus dem ihnen entgegengebrachten Vertrauen speist. Ziel der Angriffe gegen den Bezeichnungsschutz war es nämlich gerade, dass private Investoren diesen Vermögenswert für sich aktivieren und kommerzialisieren wollten. e) Bewertung Auf der Grundlage dieser Erkenntnisse zu Gemeinsamkeiten und Unterschieden der öffentlichen und der privaten Banken ist unter Anwendung des Willkürverbots abschließend zu beurteilen, ob sich daraus das Erfordernis ergibt, den Straftatbestand des § 203 Abs. 2 StGB für Mitarbeiter öffentlicher Banken insgesamt oder zumindest bei der Darlehensveräußerung zu reduzieren. aa) Überdehnung des Willkürverbots Dazu müssen zunächst Ziele und Grenzen des Willkürverbots genauer vor Augen geführt werden. Der Willkürbegriff macht nicht den Geltungsinhalt des 594 Pressemitteilung der EU-Kommission IP06/870 v. 28.6.2006; dazu auch Fischer, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, § 40, Rn. 11a ff. 595 Vgl. etwa § 37 Abs. 3 S. 1b SpkG NW; s. zudem Wissenschaftlicher Dienst des Landtags Schleswig-Holstein, Stellungnahme v. 06.04.2009 Umdruck des LT SH 16/ 4264 zu Frage 2, S. 36 ff.
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5. Kap.: Geheimhaltungspflichten des Kreditgewerbes
Art. 3 Abs. 1 GG aus, sondern beschreibt und beschränkt vor allem die richterliche Kontrollbefugnis, und zwar auch aus Gründen der innerstaatlichen Kompetenzverteilung.596 Aus dieser Perspektive ergibt sich die Ausgestaltung des allgemeinen Willkürverbots. Es geht weniger um den vom OLG Schleswig penibel genau durchgeführten Vergleich. Vielmehr ist das Willkürverbot erst dann verletzt, wenn eine Entscheidung bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz beherrschenden Gedanken nicht mehr verständlich ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass sie auf sachfremden Erwägungen beruht.597 Willkür setzt Evidenz voraus.598 Demnach erscheint ein Gesetz nur dann willkürlich, wenn zwischen Tatbestand und Rechtsfolge überhaupt kein innerer Zusammenhang erkennbar wird und es auch nach Auslegung nicht mehr nachvollziehbar und schlechterdings unvertretbar ist.599 Die hier zu diskutierende Ansicht verkennt das Ziel und damit den Maßstab der Willkürprüfung. Das zeigt sich sprachlich daran, dass das OLG Schleswig600 ebenso wie Teile der Literatur601 unmittelbar Art. 3 Abs. 1 GG zitieren und darauf die Formel des BVerfG zum grundrechtlichen Gleichheitssatz602 folgen lassen. Diese Deutlichkeit vermeidet der BGH in der Revision, obschon er der Sache nach ähnlich entscheidet.603 Sodann trägt das OLG Schleswig auch inhaltlich bei der Reduktion des Gesetzes dem zuvor noch von ihm selbst ausgiebig erörterten Umstand nicht hinreichend Rechnung, dass es sich bei dem allgemeinen Willkürverbot um eine Norm des objektiven Rechts und gerade nicht um ein Grundrecht handelt. Gleichwohl erhebt es die Willkürprüfung von einer Evidenzkontrolle zu einer Gleichheitsprüfung und ersetzt darüber hinaus die Wertung des Gesetzgebers durch sein eigenes Urteil. Die aufgezeigten Strafbarkeitszwecke sowie die Unterschiede zwischen den öffentlichen und privaten Banken stellen auch heute noch durchgreifende Sachkriterien dar, die eine Strafbarkeit von Mitarbeitern öffentlicher Banken bei einem Verrat von Privatgeheimnissen von dem Verdacht der evidenten Willkür entlasten.604 Die dargestellte Ansicht zur Reduktion der Vorschrift beschränkt sich hingegen nicht darauf, ein eklatantes Ungleichgewicht abzufedern, sondern versucht, hinsichtlich des Geheimnisschutzes im Ergebnis eine vollkommene Gleichbehandlung herbeizuführen. 596
Dürig/Scholz, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 3 Abs. 1 Rn. 294, 297 ff.; 331 ff. Stdg. Rspr. seit BVerfGE 4, 1, 7. 598 BVerfGE 89, 132, 142. 599 BVerfGE 70, 93, 98; 86, 59, 63 f.; BVerfG, NJW 1995, 124 f.; NJW 1993, 1380 f. 600 OLG Schleswig, BKR 2008, 25, 28. 601 Sester/Glos, DB 2005, 375, 379; Nobbe, WM 2005, 1537, 1543; ders., ZIP 2008, 97, 101. 602 BVerfGE 20, 31, 33. 603 BGHZ 183, 60, 64 ff. 604 Ebenso Eisele, ZIS 2011, 354, 366. 597
A. Rechtsgrundlagen und Ausgestaltung der Geheimhaltungspflichten
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bb) Kein Erfordernis zu einer Angleichung der Rechtsfolgen aus Wettbewerbsgründen Inhaltlich wird für eine Angleichung des Geheimnisschutzes ins Feld geführt, eine Ungleichbehandlung von Mitarbeitern öffentlicher Banken gegenüber Mitarbeitern von Privatbanken sei in Zeiten, in denen sich jene genauso wie diese dem Wettbewerb stellen müssen, nicht mehr vertretbar.605 Man könne den öffentlichen Banken nicht die Gewährträgerhaftung entziehen, ihnen gleichzeitig aber besondere strafrechtlich relevante Geheimhaltungspflichten in den Weg legen.606 Denn wegen des Wegfalls der Gewährträgerhaftung gewännen externe Ratings besondere Bedeutung für die Refinanzierung des öffentlichen Sektors. Die Wettbewerbsgleichheit werde in Frage gestellt, wenn zwar die Bonität mittlerweile nicht mehr durch Staatsgarantien sichergestellt werde, aber Eigenkapitalmaßnahmen aus eigener Kraft in geringerem Maße möglich seien als bei Privatbanken. Ferner ist gerade im Sparkassensektor eine Häufung regionaler und branchenspezifischer Risiken zu verzeichnen. Daher scheint eine operative und strategische Neuausrichtung der Sparkassen und Landesbanken unausweichlich, die über eine Umstrukturierung des Kreditbestandes vollzogen wird.607 Daneben wird angeführt, dass der Gesetzgeber im Bereich des Datenschutzrechts ausdrücklich anerkannt habe, dass in bestimmten Bereichen eine Gleichbehandlung von Privatunternehmen und öffentlichen Stellen notwendig ist.608 So sind öffentliche Stellen, die im Wettbewerb mit privaten Unternehmen stehen, nach dem BDSG609 und mehr noch die landeseigenen und kommunalen Kreditinstitute nach den ausdrücklichen Verweisungen in den Landesdatenschutzgesetzen 610 jenen Regulierungen unterworfen, die im privaten Sektor gelten. Die gesetzgeberische Wertung für eine Wettbewerbsgleichheit im Bereich des Datenschutzes ist als Argument nicht ganz von der Hand zu weisen. Allerdings ist das BDSG schon formal nicht zu einer Einschränkung des § 203 Abs. 2 StGB geeignet. Diese Vorschrift geht nach § 1 Abs. 3 S. 1 BDSG dem BDSG vor. Im Übrigen bestehen in § 43 f. BDSG eigenständige, auf den Sinn und Zweck des BDSG abgestimmte Strafvorschriften. Dagegen haben das BDSG und die entsprechenden Landesgesetze auch der Sache nach nichts mit § 203 Abs. 2 StGB gemein. Die Strafbarkeit rechtfertigt sich aus besonderen Schutzzwecken, die 605 Nobbe, WM 2005, 1537, 1542 f.; ders., ZIP 2008, 97, 101; Wittig, in: Bankrechtstag 2005, S. 145, 176. 606 Vgl. Sester/Glos, DB 2005, 375, 379; Froitzheim/Lotz/Breiteneicher/Nachtwey/ Leclaire, S. 109. 607 Th. Weber, S. 81. 608 Sester/Glos, DB 2005, 375, 380; Nobbe, WM 2005, 1537, 1543; Vollborth, S. 158. 609 § 12 Abs. 1, 2 Nr. 1, § 27 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BDSG. 610 Vgl. etwa § 3 Abs. 2 S. 2 BayDSG; § 2 Abs. 3 S. 1 HmbDSG; § 2 Abs. 4 NDSG; § 2 Abs. 3 SächsDSG; § 3 Abs. 2 Nr. 2 DSG-LSA.
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5. Kap.: Geheimhaltungspflichten des Kreditgewerbes
über den Schutz der informationellen Selbstbestimmung hinausgehen. Gegenstand ist auch der Gemeinschaftsschutz. Er verliert seine Bedeutung nicht dadurch, dass sich der Staat am Wettbewerb beteiligt und dort ökonomischen Zwängen unterliegt. Das wird daran deutlich, dass die Geheimhaltung für die Organe und Dienstkräfte der Sparkassen spezialgesetzlich und über das BDSG hinaus normiert wurde.611 Außerdem kann angezweifelt werden, ob die Einschränkung des § 27 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BDSG der unmittelbaren Grundrechtsbindung des Staates im Wirtschaftsleben gerecht wird. Jedenfalls haben insbesondere die Landesgesetzgeber mit den entsprechenden Sonderregeln für Kreditinstitute rechtsgestaltende Regelungen getroffen, denen kein verallgemeinerungsfähiger Rechtsgrundsatz entnommen werden kann, der über den Datenschutz hinausreicht. Die Diskussion um die Wettbewerbsgleichheit ist im Übrigen nicht neu. Deshalb verwundert es, wenn die eine Angleichung favorisierende Ansicht mit Formulierungen wie „dass es der Lebenswirklichkeit nicht mehr entspricht, öffentlich-rechtliche Kreditinstitute und ihre Vorstände und Mitarbeiter strafrechtlich anders zu behandeln als private Banken und Genossenschaftsbanken“ 612 einen gesellschaftlichen Wandel suggeriert, der sich in jüngster Vergangenheit im Kreditwesen vollzogen haben soll und nunmehr zu einer Gleichbehandlung öffentlicher und privater Banken zwinge. Der BGH hat entsprechenden Vorstellungen nämlich bereits im Poullain-Urteil entgegnet, dass die „für eine erfolgreiche Teilnahme der WestLB am Wettbewerb“ erforderliche „Entfaltung unternehmerischer Initiative durch den Vorstand der Bank, Entscheidungsspielraum und Risikobereitschaft“ sowie die „Führung der Bank nach Rentabilitätsgesichtspunkten“ nicht beeinträchtigt würden.613 Im Anschluss ließ er es sich nicht nehmen, die Auswirkungen der Amtsträgereigenschaft mit lakonischen Worten zusammenzufassen: Sie habe im Wesentlichen nur zur Folge, dass der Betreffende nicht gegen die einschlägigen Bestechungstatbestände und insbesondere auch nicht gegen das Verbot der Verletzung von Dienst- und Privatgeheimnissen verstoßen dürfe.614 Ein Amtsträger habe hingegen „alle Freiheiten, die seine dienstliche Stellung in einer Großbank im geschäftlichen und gesellschaftlichen Verkehr erforderte“.615 Dies gilt vorliegend in derselben Weise, weil es den Mitarbeitern der öffentlichen Banken jederzeit offensteht, eine Einwilligung in die Datenweitergabe einzuholen, die Darlehensveräußerung anonymisiert vorzunehmen oder aber darauf zu verzichten. Im Rahmen des Zulässigen besteht mithin für öffentliche Banken kein Unterschied zu den Handlungsmöglichkeiten privater Banken, die immerhin den Pflichten des Bankgeheimnisses und des Datenschutzes unterliegen. Die 611 612 613 614 615
Vgl. etwa §§ 22, 23 Abs. 3 SpkG NW; §§ 1, 20 f. SpkG SH, 96 LVwG SH. Nobbe, Vortrag zum Verkauf von Krediten, S. 9. BGHSt 31, 264, 278. BGHSt 31, 264, 278 f. BGHSt 31, 264, 279.
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Strafvorschrift des § 203 Abs. 2 StGB dient für öffentliche Banken nur als zusätzliche Garantie und Verschärfung dieses Geheimnisschutzes, geht in ihrer Reichweite aber nicht über das Bankgeheimnis hinaus. Sie behält ihre Berechtigung, um die Rechtmäßigkeit staatlichen Handelns sicherzustellen. cc) Kein Zwang zur Reduktion des § 203 StGB aufgrund der europarechtlichen Kapitalverkehrsfreiheit und der Gleichbehandlung innerstaatlicher Sachverhalte Es vermag nicht zu überzeugen, die von Art. 63 Abs. 1 AEUV gewährleistete Kapitalverkehrsfreiheit als Argument dafür heranzuziehen, § 203 StGB bei Darlehensveräußerungen durch öffentliche Banken generell für unanwendbar zu erklären. Die Kapitalverkehrsfreiheit wird nicht unmittelbar durch Informationsbeschränkungen im Zuge von Darlehensveräußerungen betroffen, sondern nur durch ein aus § 203 StGB möglicherweise herauszulesendes Abtretungsverbot. Darauf wird später ausführlich eingegangen.616 Jedenfalls zwingen Art. 63 Abs. 1 AEUV bzw. die entsprechende Gleichbehandlung innerstaatlicher Sachverhalte nicht dazu, § 203 StGB bei Darlehensveräußerungen durch öffentliche Kreditinstitute gänzlich unangewendet zu lassen, nur weil sich daraus für die Transaktionen Erschwernisse ergeben. Es ist im Auge zu behalten, dass die Kompetenzübertragung auf die Europäische Union (Art. 23 Abs. 1 S. 2 GG) nicht das Strafrecht umfasst, dem § 203 StGB zugeordnet ist.617 Auch soweit es um die zivilrechtlichen Folgen der Strafnorm geht, ist zu beachten, dass sich öffentliche Kreditinstitute ebenso wenig auf die europarechtlichen Freiheiten berufen können wie auf die Gleichbehandlung nach der nationalen Verfassung. Die Kapitalverkehrsfreiheit und eine Inländerdiskriminierung könnten allenfalls im Hinblick auf die privaten Erwerbsinteressenten relevant werden. Es ist aber bereits fraglich, ob der Informationsfluss durch § 203 StGB derart erschwert wird, dass die Interessenten von einem Darlehenserwerb abgehalten werden könnten. Zudem haben sie keine gefestigte Rechtsposition, auf die sie sich stützen könnten. Im Grunde ist es der Staat selbst, der es ihnen mittels seiner Gesetzgebung erschwert, Forderungen von staatlichen Institutionen, nämlich von den öffentlichen Kreditinstituten, zu erwerben. dd) Auswirkungen auf den Wettbewerb im Kreditsektor Betrachtet man die zivilrechtlichen Konsequenzen für öffentliche Banken, so wird mit der geforderten Reduktion des § 203 Abs. 2 StGB kein staatsinternes Ungleichgewicht korrigiert. Vielmehr beabsichtigt die Ansicht ausdrücklich, die 616
s. u. Kapitel 6 C. IV. 4. Ähnlich kritisch, auch schon was die Berührung der Kapitalverkehrsfreiheit betrifft, Eisele, ZIS 2011, 354, 365. 617
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5. Kap.: Geheimhaltungspflichten des Kreditgewerbes
Wettbewerbsfähigkeit der öffentlichen Banken und die ihnen obliegende Erfüllung des öffentlichen Auftrags zu verbessern.618 Dagegen hat das Willkürverbot nicht zum Ziel, den Hoheitsträgern einen Nachteilsausgleich im Wettbewerb zu verschaffen. Denn ein Grundrechtsschutz gegen die Verletzung des Willkürverbots kommt öffentlichen Institutionen – jedenfalls im Bereich der Anwendung materiellen Rechts – gerade nicht zu.619 Außerdem darf nicht übersehen werden, dass sich eine verbesserte Marktstellung der öffentlichen Banken notwendig zu Lasten der Privatbanken auswirkt. Das wiederum ist unter dem Aspekt der Wettbewerbsfreiheit problematisch, die den privaten Banken im Gegensatz zu den öffentlichen Banken grundrechtlich garantiert ist und sich nicht etwa auf eine Evidenzkontrolle beschränkt. Auch der Auftrag, den Wettbewerb zu stärken, erfordert es nicht, dass den öffentlichen Banken der Stand im Wettbewerb erleichtert wird, indem sie von den staatlichen Nachteilen in Gestalt der besonderen Bindung an den Geheimnisschutz entlastet werden. Die staatliche Wettbewerbsteilnahme hat nicht automatisch eine Gleichordnung in den rechtlichen Rahmenbedingungen zur Folge, auch wenn dies unter fiskalischen Aspekten von staatlicher Seite insgeheim gewünscht würde.620 Dabei ist zu bedenken, dass bereits die Anstaltslast und die Gewährträgerhaftung den Wettbewerb verzerrt haben. Wenn nun die Abschaffung der beiden Haftungsinstitute – wie gefordert – mit einer Lockerung des Geheimnisschutzes kompensiert werden sollte, käme es erneut zu Wettbewerbsverzerrungen. Soll sich die staatliche Beteiligung am Wettbewerb im Kreditwesen auch unter heutigen Umständen gegenüber den kritischen Stimmen621 behaupten können, so dürfen dem Staat nicht seine Pflichten und seine Verantwortung genommen werden. ee) Formale Grenzen aufgrund der innerstaatlichen Kompetenzverteilung Zuletzt verstößt die Rspr. des BGH622 und des OLG Schleswig623 mit ihrer einschränkenden Auslegung gegen die innerstaatliche Kompetenzverteilung. Genauer stößt sie sich an dem aus dem Demokratie- und Rechtsstaatsprinzip folgenden Parlamentsvorbehalt. Bei staatlicher Wirtschaftstätigkeit sitzen Spieler, Schiedsrichter und Regelersteller in einem Boot.624 Dies ist problematisch, hat aber im vorliegenden Fall einerseits zur Konsequenz, dass es dem Staat in seiner Rolle als Gesetzgeber freisteht, seine Amtsträger von der Strafbarkeit nach § 203 Abs. 2 StGB und seine Exekutive von den sich daraus ergebenden rechtlichen 618 619 620 621 622 623 624
OLG Schleswig, BKR 2008, 25, 29. s. BVerfGE 21, 362, 372. Krit. Storr, S. 54. Etwa Möschel, in: FS Fikentscher, S. 574, 578 ff. BGHZ 183, 60, 64 ff. OLG Schleswig, BKR 2008, 25, 29. Möschel, in: FS Fikentscher, S. 574, 577.
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Fesseln zu befreien, wie er es etwa in § 16 Abs. 2 S. 2 FMStBG getan hat.625 Ebenso liegt es an ihm, den normativen Rahmen dafür zu schaffen, dass die öffentlichen Banken den ihnen zugewiesenen Aufgaben der Daseinsvorsorge ordnungsgemäß nachkommen können.626 Andererseits ist zur Kenntnis zu nehmen, dass auch die Gerichtsbarkeit im selben staatlichen Boot sitzt, es gleichwohl vermessen erscheint, das erforderliche Gesetzgebungsverfahren im Wege einer einfachen richterlichen Willkürprüfung zu ersetzen, ohne dass dafür etwa aufgrund eines evidenten Grundrechtseingriffs Veranlassung bestünde. Schließlich ist auch mit Blick auf die Literaturstimmen kein Bedürfnis dafür ersichtlich, warum dem Gesetzgeber sein Rechtssetzungsprivileg durch eine teleologische Reduktion der von ihm selbst erlassenen Gesetze abgenommen wird, wenn das geforderte Ergebnis doch ohnehin im ureigenen Staatsinteresse liegen soll. f) Ergebnis Das Willkürverbot gebietet keine einschränkende Auslegung oder Reduktion des § 203 Abs. 2 StGB, soweit davon Mitarbeiter öffentlicher Banken betroffen sind und sich daraus zivilrechtliche Konsequenzen für die genannten Institute ergeben.627 Zwar unterscheiden sich die öffentlichen Banken im Hinblick auf ihre Wettbewerbstätigkeit im Geschäftsbankenbereich, ihre Refinanzierungssituation sowie die Sensibilität der im Darlehensgeschäft verwendeten Daten kaum von Privatbanken. Jedoch vermag es die eine Reduktion des § 203 Abs. 2 StGB befürwortende Ansicht nicht, ein schlüssiges Gesamtkonzept der Relationen von öffentlichen Banken zu Privatbanken einerseits und den übrigen Berufsgeheimnisträgern andererseits zu präsentieren. Vielmehr rechtfertigen die staatliche Bindung an die Grundrechte, das Prinzip der Rechtmäßigkeit der Verwaltung, das Interesse an der Funktionsfähigkeit des Staates und die ordnungsgemäße Erfüllung des öffentlichen Auftrags sowie letztlich das normative Vertrauen in die Integrität des Staates weiterhin die Strafbewehrung des Geheimnisschutzes für Mitarbeiter öffentlicher Banken.628 Schon aus diesem Grund ist es zweifelhaft, ob sich die Strafsenate des BGH der auch vom XI. Zivilsenat des BGH629 vorgenommenen Einschränkung des Geheimnisbegriffes für Angestellte öffentlicher 625 Ein weiteres Beispiel sind die für öffentlich-rechtliche Wettbewerbsunternehmen geltenden datenschutzrechtlichen Rahmenbedingungen, die nach § 12 Abs. 1, 2 Nr. 1, § 27 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BDSG denjenigen für die Privatwirtschaft entsprechen. 626 Vgl. dagegen OLG Schleswig BKR 2008, 25, 29. 627 Ebenso Stoll, DZWIR 2010, 139, 142 ff.; Haas/Fischera, NZG 2010, 457, 458, stimmen dem Urteil des BGH, BGHZ 183, 60, zwar i. E. zu (kein Abtretungsverbot), halten die Begr. aber ebenfalls für rechtsmethodologisch fragwürdig und sehen sogar Gefahren für die Legitimation höchstrichterlicher Leitentscheidungen. 628 In Bezug auf die Aufgabe der Daseinsvorsorge ebenso Stoll, DZWIR 2010, 139, 143. 629 BGHZ 183, 60, 64 ff.
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5. Kap.: Geheimhaltungspflichten des Kreditgewerbes
Banken anschließen würden.630 Eine Angleichung an die Rechtsstellung der Mitarbeiter von Privatbanken würde ferner das Willkürverbot überstrapazieren. Denn mit den zuvor herausgearbeiteten Differenzierungskriterien ist eine evident unsachliche Ungleichbehandlung auszuschließen. Eine Reduktion des Straftatbestandes ist für die Durchführung von Darlehenstransaktionen auch nicht zwingend erforderlich. Dagegen darf auch nicht übersehen werden, dass sich der Staat nicht unter Berufung auf die Wettbewerbsgleichheit von seinen staatlichen Bindungen lösen kann. Damit würde er letztlich eine Wettbewerbsverzerrung herbeiführen. Im Übrigen würde eine Tatbestandsreduktion eine Kompetenzüberschreitung des erkennenden Gerichts darstellen, mit der die Rechte des Parlaments missachtet würden. Weil die beabsichtigte Rechtsfolge im staatlichen Interesse liegt, ist wegen der gesetzgeberischen Möglichkeiten kein Bedarf für ein derartiges Vorgehen erkennbar. Nach hier vertretener Ansicht behält die Aussage in einigen strafrechtlichen Standardkommentaren entgegen der jüngeren zivilrechtlichen Rechtsprechung631 und entgegen Teilen des Schrifttums632 weiterhin ihre Berechtigung, nach der das Bankgeheimnis bei öffentlich-rechtlichen Kreditinstituten durch die Anknüpfung an die Amtsträgereigenschaft geschützt wird.633 Mit der grundsätzlichen Anwendbarkeit des § 203 Abs. 2 StGB auf öffentliche Banken ist allerdings noch keine Aussage darüber getroffen, ob sich daraus ein Abtretungs- und Übertragungsverbot für Darlehensforderungen ergibt.
IV. Datenschutz 1. Allgemeines Eine wesentliche Bedeutung für die Geheimhaltung im Kreditsektor kommt der Datenschutzgesetzgebung zu. Sie wirkt sich unmittelbar auf Darlehensveräußerungen aus. Den Beginn markierte das 1. Hessische Datenschutzgesetz vom 30.09.1970634 als weltweit erstes Datenschutzgesetz. Kurz darauf wurde in den 630 Die Strafgerichte haben kaum einmal Gelegenheit zu einer Urteilsfindung, solange die kriminalpolitische Bedeutung des § 203 StGB in der Strafverfolgungspraxis weiterhin als gering angesehen wird, vgl. MüKo-StGB/Cierniak, § 203 Rn. 7. 631 BGHZ 183, 60, 64 ff.; OLG Schleswig, BKR 2008, 25, 27. 632 Bomhard/Kessler/Dettmeier, BB 2004, 2085, 2087; Sester/Glos, DB 2005, 375, 379 f.; Kristen/Kreppel, BKR 2005, 123, 131; Nobbe, WM 2005, 1537, 1542; ders., ZIP 2008, 97, 101; Wittig, in: Bankrechtstag 2005, S. 145, 176; Vollborth, S. 153; Wech, S. 257 f.; Gehrlein, S. 141 f.; Schulz/Schröder, DZWIR 2008, 177, 179 f.; Schalast/ Safran/Sassenberg, NJW 2008, 1486, 1488 ff.; Domke/Sperlich, BB 2008, 342, 346; Jaeger/Heinz, BKR 2009, 273, 274. 633 So auch Domke/Sperlich, BB 2008, 342, 346; MüKo-StGB/Cierniak, § 203 Rn. 92; Lenckner/Eisele, in: Schönke/Schröder, StGB § 203 Rn. 44. 634 GVBl. I 1970, 625.
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USA am 26.10.1970 der Fair Credit Reporting Act635 verabschiedet.636 Dieser bildet gemeinsam mit dem im Jahre 1978 flankierend eingeführten Fair Debt Collection Practices Act637 den Grundpfeiler des amerikanischen Kreditnehmerschutzes. In Deutschland sollte es nach dem hessischen Vorstoß und weiteren Landesgesetzen noch einige Jahre dauern, bis schließlich am 01.02.1977 das erste Bundesdatenschutzgesetz638 verkündet wurde.639 Mit den Datenschutzgesetzen reagierten der Bundes- wie auch die Landesgesetzgeber auf die fortschreitende Automatisierung der Datenverarbeitung.640 Das Volkszählungsurteil des BVerfG,641 das aufgrund einer Verfassungsbeschwerde gegen das Volkszählungsgesetz642 ergangen ist, erforderte eine erste Modifizierung des Schutzgehalts.643 Weitere Impulse gab die europäische Vereinheitlichung des Datenschutzes in Gestalt der EG-Datenschutzrichtlinie vom 24.10.1995,644 deren dreijährige Umsetzungsfrist vom deutschen gesetzgeber weit überschritten wurde.645 Die mangelnde Transparenz und fehlende Rechtssicherheit im Auskunfteiwesen, die sich speziell beim Kreditscoring zeigte, hat den Gesetzgeber dazu veranlasst, mit der BDSG-Novelle I646 Informations- und Auskunftsrechte der Betroffenen zu stärken und spezifische Erlaubnistatbestände einzuführen. Ergänzend ist im Rahmen der BDSGNovelle III647 Art. 9 der Verbraucherkreditrichtlinie in nationales Recht umgesetzt worden. Diese Vorschrift kommt Kreditgebern aus sämtlichen Mitgliedstaaten zugute, indem ihnen bei grenzüberschreitenden Krediten ein diskriminierungsfreier Zugang zu den zur Bewertung der Kreditwürdigkeit des Verbrauchers verwendeten Auskunftssystemen zu gewähren ist.648
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Kodifiziert in 15 USC § 1681 ff. Vgl. dazu A. Miller, Einbruch in die Privatsphäre, S. 29 ff. 637 Kodifiziert in 15 USC § 1692 ff. 638 BGBl. I, 201. 639 Vgl. ausf. Simitis/Simitis, BDSG, Einl. Rn. 1 ff. 640 Simitis/Simitis, BDSG, Einl. Rn. 6 ff. 641 BVerfGE 65, 1. 642 BGBl. I, 369. 643 Die entsprechende Novellierung des BDSG wurde jedoch erst am 20.12.1990 Gesetz (BGBl. I, 2954). 644 Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24.10.1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (ABlEG L 281 vom 23.11.1995, S. 31 ff.). 645 Die Umsetzung im BDSG erfolgte erst im Jahre 2001 durch Gesetz zur Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes und anderer Gesetze vom 22.05.2001 (BGBl. I, 904). 646 Gesetz zur Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes (Gesetz zur Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSGÄndG) vom 29.07.2009 (BGBl. I, 2254). 647 Art. 5 des Gesetzes zur Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie, des zivilrechtlichen Teils der Zahlungsdiensterichtlinie sowie zur Neuordnung der Vorschriften über das Widerrufs- und Rückgaberecht vom 29.07.2009 (BGBl. I, 2355). 648 Vgl. zu allem Gola/Klug, NJW 2009, 2577 ff. 636
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5. Kap.: Geheimhaltungspflichten des Kreditgewerbes
2. Schutzzweck Das Bundesdatenschutzgesetz hat den Zweck, den Einzelnen davor zu schützen, dass er durch den Umgang mit seinen personenbezogenen Daten in seinem Persönlichkeitsrecht beeinträchtigt wird. Diesen Zweck hat der Gesetzgeber mit § 1 Abs. 1 BDSG den Normen als Interpretationsrahmen vorangestellt. Der Hinweis auf das Persönlichkeitsrecht verdeutlicht, dass es sich bei dem BDSG um in Gesetzesform gegossenes Verfassungsrecht handelt. Richtigerweise dreht es sich bei dem geschützten Rechtsgut allerdings nicht allein um das in seiner Schutzwirkung auf bestimmte Persönlichkeitssphären bezogene Persönlichkeitsrecht,649 sondern um das Recht auf informationelle Selbstbestimmung.650 Damit liegt die Betonung auf dem Individualschutz. Das BDSG orientiert sich nicht am Inhalt der einzelnen Daten, die es zu schützen – oder besser – zu sichern gilt, weil es nach den Worten des BVerfG in Zeiten der automatisierten Datenverarbeitung und Vernetzung kein belangloses Datum gibt.651 Den gesetzlichen Regelungen kommt insbesondere eine Präventivfunktion zu: Sie sollen nicht primär bereits entstandene Schäden ausgleichen, sondern mit einer Reihe allgemeiner Verhaltensregeln verarbeitungsbedingte Gefährdungen im Sinne einer „Vorfeldsicherung“ von vornherein ausschließen.652 Der vom BVerfG im Volkszählungsurteil angesprochene Funktionsschutz wird durch das BDGS bedauerlicherweise nicht näher konkretisiert. Am Rande sei auch der Paradigmenwechsel erwähnt, der mit dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG)653 und seinen landesrechtlichen Entsprechungen vollzogen wurde. Nach Maßgabe von § 1 Abs. 1 S. 1 IFG hat jeder gegenüber den Behörden des Bundes einen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen. Dies wird im vorliegenden Zusammenhang aber nicht relevant, da es allein einen Auskunftsanspruch im Verwaltungsverfahren betrifft. Wendet man sich den europarechtlichen Einflüssen zu, so bestimmt die EGDatenschutzrichtlinie in ihrem Art. 1 Abs. 1, dass sie dem Schutz der Grundrechte und Grundfreiheiten und insbesondere dem Schutz der Privatsphäre natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten dient. Allerdings steht der Individualschutz neben dem gleich im Anschluss in Art. 1 Abs. 2 EGDatenschutzrichtlinie formulierten Ziel, den freien Verkehr personenbezogener 649
So noch BVerfGE 27, 1, 6 ff. (Mikrozensus). Simitis/Simitis, BDSG, § 1 Rn. 25 ff.; indes vermag Gola/Schomerus, BDSG, § 1 Rn. 6, in der abw. Formulierung keinen materiellen Unterschied gegenüber den Aussagen des BVerfG bzw. gegenüber anders lautenden Landesdatenschutzgesetzen zu erkennen. 651 BVerfGE 65, 1, 45; Di Fabio, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 2 Abs. 1 Rn. 174. 652 Bull, NJW 2006, 1617, 1623; Simitis/Simitis, BDSG, Einl. Rn. 17, § 1 Rn. 79. 653 Gesetz zur Regelung des Zugangs zu Informationen des Bundes vom 05.09.2005 (BGBl. I, 2722). 650
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Daten zwischen Mitgliedstaaten aus Gründen des Individualschutzes nicht zu beschränken oder zu untersagen. Der scheinbare Zielkonflikt wird dialektisch dahingehend aufzulösen versucht, dass die Verwirklichung des Binnenmarkts in der Europäischen Gemeinschaft nicht den Abbau des Schutzes von Grundrechten, sondern im Gegenteil seine Gewährleistung gebiete.654 3. Schutzinhalt Das Datenschutzrecht ist als notwendige Folge der Komplexität seiner Ziele und Zwecke stark durchregelt worden, was seiner Verständlichkeit nicht unbedingt zuträglich ist. Nach der zentralen Norm des § 4 Abs. 1 BDSG sind die Erhebung,655 Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten nur so weit zulässig, wie das BDSG oder eine andere Rechtsvorschrift dies erlaubt oder anordnet oder der Betroffene eingewilligt hat. a) Adressatenkreis Die den Schutzpflichten unterliegende „verantwortliche Stelle“ ist nach § 3 Abs. 7 BDSG jede Person oder Stelle, die personenbezogene Daten für sich selbst erhebt, verarbeitet oder nutzt oder dies durch andere im Auftrag vornehmen lässt. Das trifft im Kontext dieser Untersuchung zunächst auf den Darlehensveräußerer zu. Im Gegensatz zu den beiden anderen Geheimhaltungspflichten (Bankgeheimnis und Amtsgeheimnis) kommt zudem der Empfänger seinerseits als verantwortliche Stelle i. S. v. § 3 Abs. 7 BDSG in Betracht.656 Das gilt jedoch nicht für die Mitarbeiter der verantwortlichen Stellen und andere Beauftragte, soweit sie die personenbezogenen Daten nicht für sich selbst erheben, verarbeiten oder nutzen. Das hat grundlegende Konsequenzen: Die bei der Datenverarbeitung beschäftigten Personen sind regelmäßig nicht „Dritte“ i. S. v. § 3 Abs. 8 S. 2 BDSG.657 Offenbart ihnen die verantwortliche Stelle im Rahmen ihrer Tätigkeit personenbezogene Daten, ist dies datenschutzrechtlich irrelevant. Für den Datenumgang ihres Arbeit- oder Auftraggebers sind sie nicht verantwortlich. Solange sie das Datengeheimnis wahren, dem sie nach § 5 BDSG unterliegen, sind sie demnach nicht persönlich haftbar zu machen. Insofern zeigt sich ein bedeutender Unterschied zu § 203 Abs. 2 StGB.
654 Brühann, in: Grabitz/Hilf, Das Recht der Europäischen Union, Bd. IV, A 30, RL 95/46/EG, Rn. 37 ff. 655 Das Merkmal der Erhebung wurde mit Umsetzung von Art. 2b der EG-Datenschutzrichtlinie eingeführt. 656 Insoweit zutreffend Knops, WM 2008, 2185, 2188; zur Passivlegitimation bei Ansprüchen nach dem BDSG vgl. OLG Celle, NJW 1980, 347. 657 Gola/Schomerus, BDSG, § 3 Rn. 54.
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5. Kap.: Geheimhaltungspflichten des Kreditgewerbes
b) Differenzierung in öffentliche und nicht öffentliche Stellen Während für alle Arten von Stellen einheitlich die allgemeinen Regeln der §§ 1 bis 11 BDSG gelten, entscheidet eine Differenzierung in öffentliche und nicht öffentliche Stellen über die Zuordnung zu den besonderen Regeln des 2. Abschnitts (§§ 12 bis 26 BDSG) oder des 3. Abschnitts (§§ 27 bis 38a BDSG). Die verantwortlichen Stellen zerfallen in öffentliche (§ 1 Abs. 2 Nr. 1, 2 BDSG) und nicht öffentliche Stellen (§ 1 Abs. 2 Nr. 3 BDSG). Öffentliche Stellen sind einheitlich die Behörden, die Organe der Rechtspflege und andere öffentlich organisierte Einrichtungen des Bundes, der Länder und der Kommunen sowie deren Vereinigungen, wobei es gemäß § 2 Abs. 1, 2 BDSG auf die Rechtsform nicht ankommt. Nicht öffentliche Stellen werden in § 2 Abs. 4 S. 1 BDSG positiv als natürliche und juristische Personen, Gesellschaften und andere Personenvereinigungen des privaten Rechts definiert und negativ von den zuvor genannten öffentlichen Stellen abgegrenzt. Privatbanken unterfallen demnach grundsätzlich dem 3. Abschnitt. Letztlich wird aber ein aufgabenbezogenes Begriffsbild leitend:658 Nach § 2 Abs. 4 S. 2 BDSG zählen nicht öffentliche Stellen insoweit zu den öffentlichen Stellen, als sie hoheitliche Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnehmen. Dies umfasst Private, die mit hoheitlichen Aufgaben beliehen sind.659 Die oben dargestellten Beleihungen privatrechtlich organisierter Banken und Holdings mit der Trägerschaft von Anstalten des öffentlichen Rechts oder mit Aufgaben der Daseinsvorsorge führen demnach im Grunde zur Geltung des 2. Abschnitts, soweit die betroffenen Stellen nicht ohnehin öffentlich i. S. v. § 1 Abs. 2 Nr. 1, 2 BDSG sind. Dabei sind aber die folgenden Ausnahmen zu beachten. Umgekehrt kommen nämlich für öffentliche Stellen die für die Privatwirtschaft geltenden Regelungen zur Anwendung, soweit sie als öffentlich-rechtliche Unternehmen am Wettbewerb teilnehmen, so § 12 Abs. 1, 2 Nr. 1, § 27 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BDSG. Voraussetzung dafür ist ungeachtet einer möglichen Gewinnerzielungsabsicht, dass sie Leistungen erbringen, die auch von privaten Anbietern erbracht werden, und dass sie keine rechtliche Monopolstellung als Anbieter einnehmen.660 Demnach kommt die Anwendung des 2. Abschnitts vor allem für die Finanzmarktstabilisierungsanstalt in Betracht, wenn sie Risikopositionen von Banken erwirbt. Kreditinstitute des Bundes treten bei Darlehensveräußerungen kaum in Erscheinung.661 Sie umfassen ausschließlich Institute mit Sonderaufgaben. Deren Förderauftrag im Kreditgeschäft stellt ein Alleinstellungsmerkmal gegenüber Priva-
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Zum insoweit inhaltsgleichen Hessischen Datenschutzgesetz Schild, NVwZ 1990,
339 f. 659 660 661
Schild, NVwZ 1990, 339 f.; Gola/Schomerus, BDSG, § 27 Rn. 6. Gola/Schomerus, BDSG, § 27 Rn. 7 m.w. N. Vgl. zu ABS-Transaktionen Koberstein-Windpassinger, WM 1999, 473, 476.
A. Rechtsgrundlagen und Ausgestaltung der Geheimhaltungspflichten
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ten dar, weshalb sie insoweit nicht am Wettbewerb teilnehmen und somit ebenfalls dem 2. Abschnitt des BDSG zuzurechnen sind. Anders verhält es sich mit den öffentlichen Kreditinstituten der Länder und Kommunen, mithin vor allem den Sparkassen und Landesbanken. Für sie gelten oftmals Spezialregelungen, aufgrund derer sich eine Subsumtion unter die allgemeine Definition erübrigt. So erklären einige Landesdatenschutzgesetze, denen gegenüber das BDSG nur subsidiär gilt,662 den 3. Abschnitt des BDSG für öffentlich-rechtliche Kreditinstitute ausdrücklich für anwendbar.663 In den Ländern, in denen hingegen Spezialverweise für öffentliche Kreditinstitute fehlen, findet sich regelmäßig eine allgemeine Verweisung für erwerbswirtschaftliche Unternehmen der Länder und Kommunen auf den 3. Abschnitt des BDSG.664 Dann muss auch nach Landesrecht regelmäßig geprüft werden, ob die betreffenden Kreditinstitute am Wettbewerb teilnehmen. Die herrschende Auffassung in der Lit. bejaht dies.665 Mit Blick auf die Funktion als allgemeine Geschäftsbank, die in zivilrechtlichen Formen und im Wettbewerb mit Privatbanken wahrgenommen wird, geht sie davon aus, dass öffentliche Kreditinstitute auch unabhängig von etwaigen Spezialregelungen dem 3. Abschnitt des BDSG unterfallen. Würde hingegen konsequent ein aufgabenbezogenes Verständnis angelegt, könnte hierzu im Grunde nichts anderes gelten als das, was zum Amtsgeheimnis gesagt wurde. Dort wurde festgehalten, dass sich die Anwendbarkeit des § 203 Abs. 2 StGB auf Mitarbeiter von Sparkassen und Landesbanken im Zusammenhang mit Darlehensveräußerungen daraus ergibt, dass sie Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnehmen. Dabei kam es nicht darauf an, ob diese Aufgaben in hoheitlicher oder zivilrechtlicher Rechtsform ausgeführt wurden.666 Eine staatliche Monopolstellung ist dabei zwar ein Indiz für die Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben. Umgekehrt spielt ihr Fehlen bei der Gesamtbewertung des Tätigkeitscharakters von Sparkassen und Landesbanken im 662 §§ 1 Abs. 2, 27 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 lit. b BDSG; vor dem Hintergrund dieser Subsidiaritätsklausel verfängt zumindest heute nicht mehr das Argument, der Bund habe für nicht-öffentliche Stellen seine konkurrierende Gesetzgebung mit Sperrwirkung für die Landesgesetzgebung ausgeübt, so noch Schild, NVwZ 1990, 339, 340 mit Hinweis auf BT-Drs. 7/1027, Begr. Teil A. 3.2, S. 16. 663 Vgl. etwa § 3 Abs. 2 S. 2 BayDSG; § 2 Abs. 3 S. 1 HmbDSG; § 2 Abs. 4 NDSG; § 2 Abs. 3 SächsDSG; § 3 Abs. 2 Nr. 2 DSG-LSA. 664 § 2 Abs. 2 S. 2 BbgDSG; § 2 Abs. 3 S. 2 BlnDSG; § 1 Abs. 5 S. 2 BremDSG; § 3 Abs. 6 S. 2 HDSG; § 2 Abs. 4 S. 1 LDSG BW; § 2 Abs. 5 S. 2 DSG M-V; § 2 Abs. 2 S. 2 DSG NW; § 2 Abs. 3 S. 2 DSG RLP; § 2 Abs. 2 S. 2 SDSG; § 3 Abs. 2 Hs. 2 LDSG SH; § 26 S. 2 ThürDSG. 665 Vgl. Buck, S. 484; Sester/Glos, DB 2005, 375, 377; Cahn, WM 2004, 2041, 2050; Nobbe, WM 2005, 1537, 1543; zur Abgrenzung bei Kreditinstituten vgl. Simitis/ Simitis, BDSG, § 27 Rn. 13. 666 Anders für das Datenschutzrecht offenbar Schild, NVwZ 1990, 339, 340; Buck, S. 484, die jeweils entgegen § 2 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 („. . . ungeachtet ihrer Rechtsform“) auf ein hoheitliche Tätigkeit abstellen.
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5. Kap.: Geheimhaltungspflichten des Kreditgewerbes
Bereich der Darlehensveräußerungen aber eine untergeordnete Rolle. Dagegen rückt die Wettbewerbsteilnahme im Datenschutzrecht als maßgebliches Unterscheidungskriterium ins Zentrum der Anwendungsvorschrift. Der Gesetzgeber hat einen vermeintlichen Wettbewerbsnachteil seiner Unternehmen gegenüber Privaten gesehen und dem mit dieser Regelung entgegenwirken wollen.667 Insofern ist die herrschende Meinung in der Lit. zum Anwendungsbereich der Regelungen für die Privatwirtschaft im BDSG gesetzeskonform, wenngleich dies rechtspolitisch und unter Wertungsgesichtspunkten fragwürdig ist. Die Unterscheidung ist im Datenschutzrecht aber ohnehin nicht derart bedeutsam wie in § 203 Abs. 2 StGB, da das Datenschutzrecht generell auch für Private gilt. Auf die jeweils nur graduellen Unterschiede des Schutzumfangs wird im konkreten Zusammenhang eingegangen. Mithin gilt der 2. Abschnitt des BDSG bei Darlehensveräußerungen nur für die Finanzmarktstabilisierungsanstalt sowie für öffentliche Förderbanken. Auf alle übrigen Kreditinstitute, seien sie privatrechtlich oder öffentlich-rechtlich organisiert, ist der 3. Abschnitt anwendbar. c) Personenbezogene Daten und Dateibezug bei nicht öffentlichen Stellen Unter personenbezogenen Daten sind nach § 3 Abs. 1 BDSG Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person zu verstehen, die insoweit als „Betroffener“ legal definiert wird. Das BDSG findet demnach keine Anwendung auf Daten von juristischen Personen. Vielmehr konzentriert es sich auf den durch § 1 Abs. 1 BDSG vorgegebenen Schutz des Persönlichkeitsrechts bzw. des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung. Darin liegt ein wesentlicher Unterschied zu den übrigen Geheimhaltungspflichten und zu dem Datenschutz anderer Länder wie etwa Österreichs und Dänemarks.668 Unklar ist die Geltung des BDSG für Daten einer Personengesellschaft und einer GmbH, soweit sie eine Ein-Mann-GmbH oder nach ihrem Gesamtbild im Innenverhältnis Personengesellschaft ist.669 Soweit eine enge finanzielle, personelle oder wirtschaftliche Verflechtung zwischen der Gesellschaft und der dahinter stehenden natürlichen Person besteht und sich die jeweiligen Angaben über jene auch auf diese beziehen, d. h., wenn sie auf diese „durchschlagen“, können sich die betroffenen Personen auf das BDSG berufen.670 667 Teichmann/Kießling, ZGR 2001, 33, 41; Simitis/Simitis, BDSG, § 27 Rn. 7 („Der Grund liegt auf der Hand“); Gola/Schomerus, BDSG, § 27 Rn. 7. 668 Ambs, in: Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, BDSG § 3 Rn. 2. 669 Dazu Zöllner, ZHR 149 (1985), 179, 182. 670 BGH, NJW 1986, 2505, 2506 (Ein-Mann-GmbH); VG Braunschweig, ZUR 2009, 211, 212 (Landwirtschaftliche GbR); Zöllner, ZHR 149 (1985), 179, 182; Sichtermann/ Feuerborn/Kirchherr/Terdenge, Bankgeheimnis und Bankauskunft, S. 423; Gola/Schomerus, BDSG, § 3 Rn. 11a.
A. Rechtsgrundlagen und Ausgestaltung der Geheimhaltungspflichten
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Der Schutz des BDSG erstreckt sich auf alle Daten, die die eigene Person betreffen. Das Recht des Betroffenen aus § 4 Abs. 1 BDSG knüpft nicht an die Gefährdung oder gar Verletzung einer bestimmten Sphäre an, was sich auch kaum abstrakt bestimmen ließe.671 Dem Inhalt des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung entsprechend kommt es nicht auf die Natur oder das Wesen der Daten an, sondern einzig auf ihren konkreten Verwendungszusammenhang.672 Einschränkend ist jedoch die Besonderheit zu beachten, dass die Verarbeitung und Nutzung in Akten für die Privatwirtschaft nur bei einem mittelbaren Dateibezug in die geltenden Regelungen einbezogen sind (vgl. §§ 27 Abs. 2 BDSG). Die EG-Datenschutzrichtlinie verzichtet gänzlich auf eine Differenzierung.673 Im Zusammenhang mit Darlehensveräußerungen wird dies jedoch kaum relevant, weil die maßgeblichen Identifikations- und Strukturdaten des Darlehens regelmäßig in automatisierten Dateien gespeichert sind.674 Ob dem Darlehenserwerber darüber hinaus Akten mit weiteren Informationen übermittelt werden, auf die das BDSG insoweit nicht anwendbar ist, mag deshalb dahinstehen. Jedenfalls wird im Zusammenhang mit Darlehensveräußerungen mit Daten umgegangen, die die Kriterien des § 4 Abs. 1 BDSG erfüllen, sofern sie einen Bezug zu natürlichen Personen aufweisen. d) Erhebung, Verarbeitung und Nutzung im Zusammenhang mit Darlehensveräußerungen Der Umgang mit personenbezogenen Daten stellt den in § 1 Abs. 1 BDSG exklusiv verwendeten Oberbegriff für die sieben Phasen des Erhebens, Speicherns, Veränderns, Übermittelns, Sperrens, Löschens und Nutzens dar.675 § 3 Abs. 4 BDSG fasst die fünf mittleren Handlungsformen zugunsten der Lesbarkeit des weiteren Normtextes zum Begriff des Verarbeitens zusammen. Zum Zeitpunkt der Darlehensvergabe und im weiteren Vertragsverlauf „beschafft“ die Bank Daten über den Betroffenen zumeist bei diesem selbst oder ohne seine Mitwirkung bei Dritten (vgl. § 4 Abs. 2 S. 1 und 2 BDSG), insbesondere bei Auskunfteien und Scoringinstituten. Mithin „erhebt“ sie die Daten (§ 3 Abs. 3 BDSG). Sogleich „speichert“ sie die Bank und „verarbeitet“ sie deshalb (§ 3 Abs. 4 Nr. 1 BDSG), um sie fortan zur Verwaltung und Verwertung der Darlehen zu „verwenden“ und somit zu „nutzen“ (§ 3 Abs. 5 BDSG). Damit verwirklicht die Bank gleich mehrere datenschutzrechtlich relevante Tatbestände, die jeweils nach § 4 Abs. 1 BDSG rechtfertigungsbedürftig sind. 671
Di Fabio, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 2 Abs. 1 Rn. 174. BVerfGE 65, 1, 45. 673 Dennoch sei die Übereinstimmung der nationalen Regelung mit der Richtlinie nach Dammann kaum in Frage zu stellen, Simitis/Dammann, BDSG, § 1 Rn. 138. 674 Koberstein-Windpassinger, WM 1999, 473, 476; Vollborth, S. 179. 675 Gola/Schomerus, BDSG, § 1 Rn. 22. 672
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5. Kap.: Geheimhaltungspflichten des Kreditgewerbes
Ohne der genaueren Untersuchung vorzugreifen, wann es im Zuge einer Darlehensveräußerung zu einer Verletzung der Geheimhaltungspflichten kommt, ist summarisch auf die normative Einordnung einer Informationsoffenbarung einzugehen. Die dem BDSG unterliegenden Daten werden „übermittelt“ und damit „verarbeitet“ gemäß § 3 Abs. 4 S. 1 BDSG, wenn sie an einen Dritten weitergegeben werden (§ 3 Abs. 4 S. 2 Nr. 3 lit. a) BDSG) oder der Dritte zur Einsicht oder zum Abruf bereitgehaltene Daten einsieht oder abruft (§ 3 Abs. 4 S. 2 Nr. 3 lit. b) BDSG). „Dritter“ ist gemäß § 3 Abs. 8 S. 2 BDSG jede Person oder Stelle außerhalb der verantwortlichen Stelle. Der Betroffene selbst sowie Personen und Stellen, die im Geltungsbereich des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum personenbezogene Daten im Auftrag erheben, verarbeiten oder nutzen, werden laut § 3 Abs. 8 S. 3 BDSG davon ausgenommen. Der Darlehenserwerber ist regelmäßig Dritter, weil er nicht im Auftrag der veräußernden Stelle handelt, sondern die Daten für eigene Rechnung und im eigenen Interesse verwendet. Daraus folgt, dass es bei einer Datenoffenbarung an den Darlehenserwerber zu einer Datenübermittlung und mithin zu einer Datenverarbeitung kommt, für die sich die veräußernde Bank als verantwortliche Stelle rechtfertigen muss. Unabhängig davon ist auch der Empfänger in der Pflicht.676 Werden ihm die Daten übermittelt, erhebt er die Daten, indem er sie von dem Veräußerer beschafft (vgl. § 3 Abs. 3 BDSG). Er verarbeitet sie, indem er sie speichert (vgl. § 3 Abs. 4 Nr. 1 BDSG). Und schließlich nutzt er sie, indem er sie zur Geltendmachung der Forderungen gegenüber dem Darlehensnehmer als Betroffenen verwendet (vgl. § 3 Abs. 5 BDSG). 4. Verhältnis des BDSG zum Bankgeheimnis Im Rahmen des Anwendungsbereichs des BDSG kommt es zu Überschneidungen mit dem Bankgeheimnis. Auf die Daten natürlicher Personen können im Grundsatz beide Geheimhaltungspflichten Anwendung finden. Dementsprechend steht im Zentrum der Diskussion um den vom BDSG vermittelten Schutz des Bankkunden bei Darlehensveräußerungen die Frage, wie sich das Verhältnis des BDSG zum Bankgeheimnis im Bereich der skizzierten Schnittmenge darstellt. Darüber herrscht in Wissenschaft und Praxis bis heute Verunsicherung und Streit. a) Einordnung des Bankgeheimnisses in die Konkurrenzregelung des § 1 Abs. 3 S. 1 und 2 BDSG Zentrale Norm für das Konkurrenzverhältnis ist § 1 Abs. 3 BDSG. Nach dessen S. 1 sollen andere Rechtsvorschriften des Bundes den Vorschriften des BDSG 676
Knops, WM 2008, 2185, 2188.
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„vorgehen“, „soweit“ sie auf personenbezogene Daten einschließlich deren Veröffentlichung anzuwenden sind. Hingegen bleibt die Verpflichtung zur Wahrung gesetzlicher Geheimhaltungspflichten oder von Berufs- oder besonderen Amtsgeheimnissen, die nicht auf gesetzlichen Vorschriften beruhen, von den Bestimmungen des Bundesdatenschutzgesetzes „unberührt“ (§ 1 Abs. 3 S. 2 BDSG). Das Bankgeheimnis ist ein Berufsgeheimnis, das nicht auf gesetzlichen Vorschriften beruht und deshalb der zuletzt genannten Regelung unterliegt.677 Gegen diese Einschätzung würde zwar sprechen, dass es als quasivertragliche gesetzliche Schutzpflicht aus den allgemeinen Normen der §§ 311 Abs. 2 i.V. m. 241 Abs. 2 BGB hergeleitet werden kann und seine gewohnheitsrechtlichen Quellen nach Art. 2 EGBGB Gesetzesqualität haben. Gleichwohl wird von niemandem vertreten, dass es sich bei derartigen Generalklauseln und allgemeinen Rechtsgrundsätzen um spezielle „Rechtsvorschriften des Bundes“ i. S. v. § 1 Abs. 3 S. 1 BDSG handelt. Andernfalls nämlich würde die Differenzierung in den beiden Sätzen weitgehend leerlaufen.678 Denn die im zweiten Satz gesondert genannten gesetzlichen Geheimhaltungspflichten sowie Berufs- und Amtsgeheimnisse lassen sich letztlich allesamt auf Rechtsvorschriften zurückführen oder werden in solchen zumindest vorausgesetzt. Deshalb wird der Tatbestand des § 1 Abs. 3 S. 1 BDSG in einschränkender Auslegung nur von solchen Rechtsvorschriften des Bundes erfüllt, die einen speziellen Bezug zur Begrenzung der Datenverarbeitung aufweisen679 und überdies mit den Tatbeständen des BDSG „deckungsgleich“ sind.680 Beides trifft auf das Bankgeheimnis nicht zu. Damit bestätigt sich die allgemeine Ansicht, nach der für das Bankgeheimnis allein § 1 Abs. 3 S. 2 Var. 2 BDSG gilt. b) Regelungsgehalt des § 1 Abs. 3 S. 2 BDSG Wenngleich mithin der normative Ausgangspunkt für das Konkurrenzverhältnis von BDSG und Bankgeheimnis feststeht, gehen die Auffassungen über den Regelungsgehalt des § 1 Abs. 3 S. 2 BDSG hingegen weit auseinander. In Betracht kommen insoweit drei Möglichkeiten, nämlich ein Vorrang des BDSG, eine Subsidiarität des BDSG und schließlich eine Parallelgeltung von BDSG und 677 BGHZ 171, 180, 188 f.; Gola/Schomerus, BDSG, § 1 Rn. 25; Simitis/Walz, BDSG, § 1 Rn. 182, § 28 Rn. 134; Fisahn, CR 1995, 632, 634 f.; Koberstein-Windpassinger, WM 1999, 473, 476; Nobbe, WM 2005, 1537, 1544; ders., ZIP 2008, 97, 101; Rinze/Heda, WM 2004, 1557, 1563; Vollborth, S. 180; Wech, S. 375; Scharf, S. 116 ff.; Bitter, ZHR 173 (2009), 379, 388. 678 Vgl. Canaris, in: Großkommentar HGB, Bd. 5, Bankvertragsrecht I, S. 48 f., Rn. 72. 679 Vgl. Zöllner, ZHR 149 (1985), 179, 180 Fn. 3; Canaris, in: Großkommentar HGB, Bd. 5, Bankvertragsrecht I, Rn. 72. 680 Das Erfordernis der Deckungsgleichheit folgt aus dem „soweit“-Vorbehalt des § 1 Abs. 3 S. 1 BDSG, vgl. Simitis/Walz, BDSG, § 1 Rn. 170.
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5. Kap.: Geheimhaltungspflichten des Kreditgewerbes
Bankgeheimnis. Die mehrdeutigen Gesetzesbegründungen,681 die verschiedentlich in dieser Sache herangezogene Schufa682-Entscheidung des BGH683 sowie die terminologisch uneinheitlichen Äußerungen des BGH im Zusammenhang mit der Abtretbarkeit von Darlehensforderungen684 stifteten mehr Verwirrung, als dass sie zur Klärung der Rechtslage beitrugen. aa) Vorrang des BDSG Teile der Wissenschaft interpretierten das Schufa-Urteil des BGH685 in der Weise, dass das Gericht dem BDSG grundsätzlich Vorrang vor dem Bankgeheimnis beimisst.686 Bei Lichte betrachtet ist dem Urteil eine klare Aussage dieses Inhalts nicht zu entnehmen, worauf auch der BGH in seinem späteren Urteil zu Abtretungen von Darlehensforderungen hinweist.687 Die Interpreten stützen sich einzig auf die Vorgehensweise des BGH, der die Wirksamkeit der Schufa-Klausel, soweit davon natürliche Personen betroffen sind, allein anhand der Wertungen des BDSG prüfte. Zugleich teilen die betreffenden Autoren die von ihnen aus dem Urteil herausgelesene Ansicht ihrerseits nicht.688 Auch im übrigen Schrifttum wird – soweit ersichtlich – ein Vorrang des BDSG vor jeglichen Geheimhaltungspflichten nicht vertreten.689 bb) Subsidiarität des BDSG Eine größere Gefolgschaft findet hingegen die Meinung, dass das Bankgeheimnis grundsätzlich Vorrang vor dem BDSG genieße, dieses mithin nur subsidiär gelte.690 Die besonderen Geheimhaltungspflichten blieben nach dem Wort681
BT-Drs. 7/1027, S. 37; BT-Drs. 11/4306 v. 06.04.1989, S. 39. „Schufa“ steht für „Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung“; es handelt sich um eine private Gesellschaft in der Rechtsform der AG, vgl. ausführlich Hendriks, ZHR 149 (1985), 199, 199 ff.; Ganßauge, S. 30 ff. 683 BGHZ 95, 362, 367 f. 684 BGHZ 171, 180, 188. 685 BGHZ 95, 362, 367 f. 686 Canaris, in: Großkommentar HGB, Bd. 5, Bankvertragsrecht I, Rn. 72; unklar Petersen, Das Bankgeheimnis zwischen Individualschutz und Institutionsschutz, S. 92. 687 BGHZ 171, 180, 188; dazu sogleich. 688 Canaris, in: Großkommentar HGB, Bd. 5, Bankvertragsrecht I, Rn. 72; Petersen, Das Bankgeheimnis zwischen Individualschutz und Institutionsschutz, S. 92. 689 Wech, S. 374. 690 BGHZ 171, 180, 188; Fisahn, CR 1995, 632, 634 f.; Koberstein-Windpassinger, WM 1999, 473, 476 f.; Nobbe, WM 2005, 1537, 1544; ders., ZIP 2008, 97, 101, 103; Schubäus, Kreditwesen 2008, 71, 72; Vollborth, S. 182 ff.; i. E. ähnlich trotz anderer Intention Gola/Schomerus, BDSG, § 1 Rn. 25, wenn sie erläutern, dass (offenbar allein) der Schutz der besonderen Geheimhaltungspflichten gelte, wenn dieser weitergehe als jener des BDSG. 682
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sinn nur dann „unberührt“, wenn das BDSG in sie überhaupt nicht eingreifen würde.691 Historisch knüpft die Ansicht an die früher verbreitete Auffassung an, dass § 1 Abs. 3 S. 2 BDSG lediglich eine Konkretisierung von § 1 Abs. 3 S. 1 BDSG ist und somit die Anwendung der Übermittlungsvorschriften des BDSG ausschließe.692 Zwischen beiden Normen bestehe ein systematischer Zusammenhang, indem beide Male der Zweck leitend werde, die bereichsspezifischen mit den allgemeinen Datenschutzregeln im BDSG zu verzahnen.693 Diese Auffassung kann den Urheber des Gesetzes als prominenten Fürstreiter für sich aufbieten. Denn schon die Regierungsbegründung zu dem ursprünglichen § 45 S. 3 BDSG führte aus, dass dem Datenschutz dienende bundesrechtliche Spezialvorschriften den Vorschriften des BDSG „vorgehen“ und dieser Grundsatz auf die in § 300 StGB a. F. (heute § 203 StGB) genannten Berufsgeheimnisse erstreckt werde.694 Das setzte sich in der amtlichen Begründung zur Novelle des BDSG im Jahre 1990695 fort, mit der § 45 S. 3 BDSG a. F. in seinem Anwendungsbereich erweitert und in § 1 Abs. 3 S. 2 BDSG überführt wurde. Die Auffassung des BGH zu dieser Frage wird erst nach genauerer Analyse erkennbar. In seinem Urteil zur Abtretung von Darlehensforderungen durch Privatbanken formuliert er zunächst, dass „Datenschutz und Bankgeheimnis nebeneinander gelten“,696 was für eine Anspruchskonkurrenz sprechen würde.697 Doch gleich im nächsten Halbsatz erklärt er, dass „das Datenschutzrecht im Verhältnis zum Bankgeheimnis als Berufsgeheimnis zugleich eine Auffangfunktion hat“,698 was für sich gesehen im Sinne einer Subsidiarität zu interpretieren wäre.699 Die Divergenz der beiden Aussagen macht den Standpunkt des BGH zweideutig. In seinen Erwägungen beruft er sich zum einen auf die Stimmen in der Literatur, die größtenteils eine echte Anspruchskonkurrenz befürworten,700 zum anderen aber auch auf eben jene oben genannte Gesetzesbegründung zum BDSG 1990,701 691
Koberstein-Windpassinger, WM 1999, 473, 476 f. Dazu Meier, S. 30. 693 Koberstein-Windpassinger, WM 1999, 473, 476 f. 694 Amtliche Begr. des RegEs zu der damals noch als § 37 bezeichneten Norm vom 21.09.1973, BT-Drs. 7/1027, S. 37. 695 Vgl. amtliche Begr. zu Art. 1 § 1 Abs. 5 des RegEs des Gesetzes zur Fortentwicklung der Datenverarbeitung und des Datenschutzes, BT-Drs. 11/4306 v. 06.04.1989, S. 39. 696 BGHZ 171, 180, 188 f. 697 Insofern wäre Bitter, ZHR 173 (2009), 379, 388 f. in Fn. 49 a. E. zuzustimmen. 698 BGHZ 171, 180, 188 f. 699 Scharf, S. 116 ff. 700 So Simitis/Walz, BDSG, § 1 Rn. 175 ff., Simitis/Simitis, BDSG, § 28 Rn. 134; unklar hingegen Gola/Schomerus, BDSG, § 1 Rn. 25; Fisahn, CR 1995, 632, 634 f.; Koberstein-Windpassinger, WM 1999, 473, 476; Nobbe, WM 2005, 1537, 1544; Rinze/ Heda, WM 2004, 1557, 1563. 701 BT-Drs. 11/4306 v. 06.04.1989, S. 39. 692
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5. Kap.: Geheimhaltungspflichten des Kreditgewerbes
wodurch die von ihr vorgenommene semantische Gleichsetzung von bundesrechtlichen Spezialvorschriften und Berufsgeheimnissen in das Urteil einfließt. Obgleich der BGH an späterer Stelle auf die Geltung der Bußgeld- und Strafvorschriften der §§ 43, 44 BDSG hinweist,702 verzichtet er in der Sache doch gänzlich auf eine inhaltliche Erörterung des BDSG. Damit setzt er sich methodisch in Widerspruch zu seinem Schufa-Urteil, wenngleich er selbst eine Diskontinuität seiner Rspr. nicht zu erkennen vermag.703 Aus alledem kann nur geschlossen werden, dass der BGH nunmehr eine Subsidiarität des BDSG gegenüber dem Bankgeheimnis befürwortet.704 cc) Parallelgeltung von BDSG und Bankgeheimnis In der Wissenschaft herrscht hingegen die Meinung vor, dass zwischen Bankgeheimnis und Datenschutz eine echte Anspruchskonkurrenz bestehe.705 Das Bankgeheimnis möge zwar ein höheres Schutzniveau aufweisen als der Datenschutz, so dass prima facie angenommen werden könne, dass in dem Fall, in dem eine Verletzung des Bankgeheimnisses zu verneinen sei, erst recht nicht das niedrigere Schutzniveau des BDSG verletzt sei.706 Daraus folge aber keine generelle Subsidiarität des Datenschutzes gegenüber dem Bankgeheimnis.707 Vielmehr stellten die besonderen Berufsgeheimnisse eine zusätzliche Schutzebene dar, neben der die Vorschriften des BDSG anwendbar blieben.708 Aufgrund dieser „additiven oder kumulativen Geltung“ 709 beider Geheimhaltungsregelungen wird auch von einer „Zweigleisigkeit“ 710 oder „Zwei-Schranken-Theorie“ 711 gesprochen. Im Gegensatz zu der zuvor referierten Meinung nehmen die Verfechter dieser Ansicht den Gesetzgeber beim Wort und heben die begriffliche Differenzierung zwischen § 1 Abs. 3 S. 1 und S. 2 BDSG hervor.712 Unterschiede sehen sie auch in den Schutzrichtungen: Das BDSG schütze die verfassungsrechtlich ge702
BGHZ 171, 180, 189. BGHZ 171, 180, 188. 704 Deshalb trifft allein die Deutung von Scharf, S. 116 ff., zu. 705 Canaris, in: Großkommentar HGB, Bd. 5, Bankvertragsrecht I, Rn. 72; Zöllner, ZHR 149 (1985), 179, 179 ff.; Kusserow/Dittrich, WM 1997, 1786, 1792; Früh, WM 2000, 497, 500; Rinze/Heda, WM 2004, 1557, 1563; Cahn, WM 2004, 2041, 2050; Bitter, ZHR 173 (2009), 379, 393; Wech, S. 375 f.; Scharf, S. 116 ff.; Simitis/Walz, BDSG § 1 Rn. 184 ff.; Wittig, in: Bankrechtstag 2005, S. 145, 173 spricht von Subsidiarität, bejaht i. E. aber eine kumulative Anwendung. 706 Bitter, ZHR 173 (2009), 379, 393. 707 Scharf, S. 117 ff.; Bitter, ZHR 173 (2009), 379, 393. 708 Cahn, WM 2004, 2041, 2050; Simitis/Walz, BDSG, § 1 Rn. 175. 709 Zöllner, ZHR 149 (1985), 179, 180; ebenso Wech, S. 375 f.; Scharf, S. 116 ff. 710 Zöllner, ZHR 149 (1985), 179, 180. 711 Weyer, DSG NW, § 2 Rn. 11; Roßnagel/Schirmer, Handbuch Datenschutzrecht, Kap. 7.12, Rn. 26; Simitis/Walz, BDSG, § 1 Rn. 186 Fn. 444. 712 s. insbes. Weyer, DSG NW, § 2 Rn. 11; Simitis/Walz, BDSG, § 1 Rn. 184. 703
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währleistete informationelle Selbstbestimmung, während sich die vom Bankgeheimnis geschützten Daten primär auf die Geschäftsbeziehung mit der Bank bezögen; die Schutzbereiche seien deshalb nicht zwingend deckungsgleich, sondern stünden nebeneinander.713 Dieses Nebeneinander habe zur Folge, dass die Datenverarbeitung nur dann zulässig sei, wenn sie nach beiden Regelungen erlaubt sei.714 Das vom BDSG gesetzte Schutzniveau stelle damit in der Praxis den Minimalstandard dar,715 der von standes- oder vertragsrechtlich begründeten Vertraulichkeitsnormen wie dem Bankgeheimnis nicht unterschritten werden dürfe.716 dd) Stellungnahme Ein Vorrang des BDSG ist weder dem Gesetz noch der Rspr. zu entnehmen.717 In § 1 Abs. 3 S. 1 und 2 BDSG ist von einem Vorrang bzw. einem Unberührtsein anderer Vorschriften die Rede; ein Vorrang des BDSG wird hingegen nirgends angeordnet. In seiner Schufa-Rechtsprechung impliziert der BGH nur, dass dem Bankgeheimnis kein Vorrang zukommt – andernfalls hätte er dies nämlich erörtern müssen. Diese Herangehensweise spricht aber nicht zwingend für einen Vorrang des BDSG, sondern lässt sich auch im Sinne eines Nebeneinanders der beiden Regelwerke deuten. Denn das Klageziel war bereits in Anwendung des BDSG zu erreichen. Eine weiter gehende Prüfung des Bankgeheimnisses wäre nur erforderlich gewesen, wenn der BGH von dessen Vorrang ausgegangen wäre und ihm weniger weit reichende Einschränkungen entnommen hätte. Dass dem Datenschutz kein Vorrang vor anderen Geheimhaltungspflichten zukommt, steht auch mit dem gewandelten Selbstverständnis des Datenschutzrechts in Einklang: Das BDSG erhebt nicht mehr den Anspruch, den Datenschutz abschließend zu kodifizieren, sondern sieht sich als Teil einer von bereichsspezifischen Vorschriften dominierten Regelung.718 Ist mithin einerseits ein genereller Vorrang des BDSG vor dem Bankgeheimnis auszuschließen, so vermag andererseits auch die Ansicht, dass dem BDSG gegenüber dem Bankgeheimnis lediglich eine Auffangfunktion zukomme, nicht zu überzeugen. Die Regierungsbegründung zum ursprünglichen § 45 S. 3 BDSG719 713 Beucher/Räther/Stock, AG 2006, 277, 279; Schantz, VuR 2006, 464, 466; Wech, S. 70 ff. 714 Simitis/Walz, BDSG, § 1 Rn. 186. 715 Insofern ähnlich ähnlich Nobbe, WM 2005, 1537, 1544, wenn er dem BDSG einen „lückenfüllenden Schutz auf geringerem Niveau“ zuspricht. 716 Simitis/Walz, BDSG, § 1 Rn. 186. 717 Ebenso Nobbe, WM 2005, 1537, 1544; Vollborth, S. 182; Wech, S. 374. 718 So aber noch das BDSG 1977, vgl. Simitis/Simitis, BDSG, Einl. Rn. 18 ff. 719 Amtliche Begr. des RegEs zu der damals noch als § 37 bezeichneten Norm vom 21.09.1973, BT-Drs. 7/1027, S. 37.
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leidet unter ihrer Normferne. Entgegen ihren Ausführungen stand im verabschiedeten Gesetzestext nicht etwa, dass die in § 300 StGB a. F. (heute § 203 StGB) genannten Berufsgeheimnisse den Vorschriften des BDSG „vorgehen“, sondern dass diese „unberührt“ bleiben. Darin liegt der Unterschied zum damaligen § 45 S. 1 BDSG, der unverändert in § 1 Abs. 3 S. 1 BDSG übernommen wurde. Mithin wurden zwei im Gesetz unterschiedlich verwendete Begriffe in der Gesetzesbegründung über einen Kamm geschoren. Dieser Fehler setzte sich in der amtlichen Begründung zur Novelle des BDSG im Jahre 1990720 fort, mit der § 45 S. 3 BDSG a. F. in seinem Anwendungsbereich erweitert und in § 1 Abs. 3 S. 2 BDSG überführt wurde. Es verwundert daher kaum, wenn man diese Gesetzesbegründung in Rspr. und Teilen der Lit. nicht so recht einzuordnen weiß und sich mit der gesetzlichen Terminologie bis heute nicht im Reinen ist. Der BGH721 hat mit seinen stellenweise widersprüchlichen Ausführungen die Herausforderung des Gesetzgebers an die Semantik nicht gemeistert.722 Die Rückwirkung auf Teile des Schrifttums ließ nicht lange auf sich warten: In einzelnen Werken gipfelt die Unsicherheit über die beiden hier relevanten Termini in der bemerkenswerten Dialektik, dass „das Bankgeheimnis dem BDSG vorgeht und von diesem unberührt bleibt“,723 um also im Anschluss an den BGH offenbar für einen Vorrang des Bankgeheimnisses zu plädieren.724 Die hehre Absicht, mit der kumulativen Verwendung der Begriffe „unberührt“ und „vorgehen“ vorderhand eine harmonische Synthese zu schaffen, hat zur Folge, dass die differenzierte sprachliche Unterscheidung zwischen § 1 Abs. 3 S. 1 und S. 2 BDSG eingeebnet wird. Der Wortlaut der Norm gibt aber deutliche Signale dafür, bei den jeweiligen Rechtsfolgen zu unterscheiden. Das ergibt sich zudem aus Sinn und Zweck der Vorschriften: Mit der Anordnung des Vorrangs anderer Rechtsvorschriften des Bundes in § 1 Abs. 3 S. 1 BDSG wird lediglich das Prinzip der Priorität spezieller Normen wiederholt.725 Eine Einschränkung des BDSG kann nur durch formelle oder materielle Gesetze des Bundes erfolgen, wobei der „soweit“-Vorbehalt eine tatbestandliche Deckungsgleichheit der spezielleren Regelung voraussetzt.726 Mit § 1 Abs. 3 S. 2 BDSG soll hingegen sichergestellt werden, dass der auf spezifische Verwaltungszweige und Berufsgruppen bezogene Sonderschutz durch das BDSG nicht verringert 720 Vgl. amtliche Begr. zu Art. 1 § 1 Abs. 5 des RegEs des Gesetzes zur Fortentwicklung der Datenverarbeitung und des Datenschutzes, BT-Drs. 11/4306 v. 06.04.1989, S. 39. 721 BGHZ 171, 180, 188. 722 Krit. auch Lieth, BKR 2007, 198, 199; Scharf, S. 116 ff. 723 Vollborth, S. 185. 724 BGHZ 171, 180, 188 f.; ihm folgend Vollborth, S. 185. 725 Simitis/Walz, BDSG, § 1 Rn. 158. 726 Simitis/Walz, BDSG, § 1 Rn. 170; Gola/Schomerus, BDSG, § 1 Rn. 23 f.
A. Rechtsgrundlagen und Ausgestaltung der Geheimhaltungspflichten
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wird.727 Die speziellen Geheimhaltungspflichten stellen eine zusätzliche Schutzebene dar. Die Ansicht, die auch in diesem Kontext für eine Subsidiarität des BDSG eintritt, verkehrt das Bankgeheimnis in eine Eingriffsbefugnis, die einen Rückgriff auf das BDSG versperrt.728 Sie weitet das in § 1 Abs. 3 S. 1 BDSG wiederholte Prinzip der Priorität spezieller Normen in unzulässiger und zudem unnötiger Weise aus. Dem stehen schon kompetenzrechtliche Erwägungen entgegen. Denn andernfalls würde dem Standes- und Gewohnheitsrecht eine größere Bedeutung beikommen als dem Bundesgesetz. Soweit es sich bei dem Bankgeheimnis um eine vertragliche oder quasivertragliche Geheimhaltungspflicht handelt, kann das BDSG deren Vereinbarung aus Gründen der Privatautonomie nicht verbieten. Umgekehrt kann eine Vereinbarung aus Gründen der staatlichen Gewaltenzuordnung grundsätzlich nicht die Geltung eines Eingriffsgesetzes729 beschneiden. Das Datenschutzrecht ist kein nachgiebiges Recht, wie es etwa das Zivilrecht in weiten Teilen ist. Sonst könnte man diese Pflichten, die dem Schutz einer Partei dienen, beliebig abbedingen. Daraus ergibt sich als einzig zutreffende Lösung eine Parallelgeltung von BDSG und Bankgeheimnis. Auch die Absicht, einen möglichst weitgehenden Schutz des Bankgeheimnisses zu gewährleisten, muss nicht zwingend die Anwendung des BDSG ausschließen. Wenn es – wie oftmals behauptet730 – eine geringere Schutzdichte aufweisen sollte als das Bankgeheimnis, spricht nichts dagegen, seinen Standard kumulativ zu Letzterem einzuhalten. Dass es im Übrigen auch weiter reichen kann als das Bankgeheimnis, zeigt sich an dem prominenten Beispiel des Schriftformerfordernisses für die Einwilligung in eine Datenweitergabe nach § 4a BDSG.731 Ein solches besteht beim Bankgeheimnis allenfalls aus der Verkehrssitte im Kreditgeschäft. Bemerkenswerterweise führt der BGH den angeblichen Vorrang des Bankgeheimnisses auch nicht zum Schutz, sondern zu Lasten des Geheimnisherrn ins Feld, wenn er feststellt, dass sich aus dem BDSG kein Abtretungsverbot herleiten lasse, weil sich dies schon nicht aus dem Bankgeheimnis ergebe. Demnach ist der zuletzt referierten Ansicht zuzustimmen, nach der „Unberührtbleiben“ i. S. d. hier maßgeblichen § 1 Abs. 3 S. 2 BDSG bedeutet, dass das BDSG neben dem Bankgeheimnis anzuwenden ist und als zusätzliche Schutzebene zu diesem hinzutritt. Die Unklarheiten setzen sich jedoch bei den praktischen Auswirkungen dieser Feststellung fort. Im Schrifttum finden sich allenthalben Erläuterungen, die zwar von einer Parallelgeltung ausgehen, im Detail aber ebenso unscharf bleiben wie die Subsidiaritätsthese, wenn die Folgen wie folgt 727
Simitis/Walz, BDSG, § 1 Rn. 175. Scharf, S. 119. 729 Zum BDSG als Eingriffsgesetz Gola/Schomerus, BDSG, § 1 Rn. 16. 730 Nobbe, WM 1537, 1544; ders., ZIP 2008, 97, 101; Schubäus, Kreditwesen 2008, 71, 72; ebenso Bitter, ZHR 173 (2009), 379, 394 a. A. 731 Ähnlich im Verhältnis zum Arztgeheimnis Simitis/Walz, BDSG, § 1 Rn. 187. 728
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5. Kap.: Geheimhaltungspflichten des Kreditgewerbes
beschrieben werden: „Wo der Schutz der besonderen Geheimhaltungspflichten weitergehend als der des BDSG ist, gilt dieser weitergehende Schutz. Ist das Schutzniveau gleich, gibt es keine Besonderheiten. Ist das Schutzniveau geringer, gilt für Daten, die unter das BDSG fallen, dieses Gesetz, in allen anderen Fällen der Schutz der speziellen Geheimhaltungsregelung.“ 732 In diesen Ausführungen wird das Verhältnis von BDSG und Bankgeheimnis unter Heranziehung des jeweiligen Schutzniveaus erläutert. Eine derartige Argumentation führt jedoch nicht zum Ziel. Als Konsequenz der Parallelgeltung sind Datenverarbeitungen vielmehr nur dann zulässig, wenn sie nach beiden Regelungen erlaubt sind.733 Die Datenverarbeitung ist mithin immer an beiden Pflichtengrundlagen unabhängig voneinander zu messen, und es greifen immer die Rechtsfolgen beider Regelungen durch.734 5. Verhältnis des BDSG zu § 203 Abs. 2 StGB Ein weiteres, in der Wissenschaft weit weniger diskutiertes Problem liegt in dem Verhältnis des BDSG zu § 203 Abs. 2 StGB. Nach Teilen der Lit. besteht eine Subsidiarität des BDSG gegenüber den bereichsspezifischen Sanktionen der Persönlichkeitsrechtsverletzung.735 So träten die § 43 Abs. 2 i.V. m. § 44 Abs. 1 BDSG wegen § 1 Abs. 3 S. 1 BDSG hinter § 203 Abs. 2, 5 StGB zurück.736 Andere Teile des Schrifttums sehen in der Tathandlung nach den Strafbestimmungen des BDSG einen gegenüber der Verletzung des Privatgeheimnisses nach § 203 StGB eigenen Unrechtsgehalt.737 Die Rspr. ist insofern kaum ergiebig, weil sie zumeist zu landesrechtlichen Datenschutzbestimmungen Stellung bezog und deren Anwendung gegenüber § 203 StGB schon wegen des Grundsatzes „Bundesrecht bricht Landesrecht“ (Art. 31 GG) und aufgrund der entsprechenden landesgesetzlichen Subsidiaritätsklauseln ablehnte.738 Anzumerken ist aber, dass das OLG Koblenz in § 203 Abs. 2 StGB und § 37 I Nr. 1 Var. 7 RhPfDSG denselben Schutzzweck enthalten sieht.739 In Bezug auf das BDSG ist diese Frage – soweit ersichtlich – noch nicht entschieden. Richtig ist, dass sich § 203 Abs. 2 S. 2, Abs. 5 StGB mit § 43 Abs. 2 i.V. m. § 44 Abs. 1 BDSG weitgehend überschneidet. Die Strafandrohungen sind identisch, und das Strafantragserfordernis ist hier 732
Gola/Schomerus, BDSG, § 1 Rn. 25. Simitis/Walz, BDSG, § 1 Rn. 186. 734 Wittig, in: Bankrechtstag 2005, S. 145, 173. 735 Gola/Schomerus, BDSG, § 44 Rn. 2. 736 Meier, S. 121 f.; LK-StGB/Schünemann, § 203 Rn. 166; MüKo-StGB/Cierniak, § 203 Rn. 135. 737 Ambs, in: Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, BDSG § 44 Rn. 4. 738 BGH, NJW 2003, 226, 228 zu § 32 I Nr. 1 lit. c SächsDSG wegen Subsidiarität gegenüber Bundesvorschriften nach § 1 Abs. 4 SächsDSG; OLG Koblenz NJW 2008, 2794, 2795 zu § 37 I Nr. 1 Var. 7 RhPfDSG wegen Art. 31 GG. 739 OLG Koblenz NJW 2008, 2794, 2795. 733
B. Eingriff in die Geheimhaltungspflichten bei einer Darlehensveräußerung 257
wie dort gleichermaßen gegeben. Für das Strafrecht ist eine Idealkonkurrenz kaum vertretbar. Festzuhalten bleibt jedoch, dass sich eine Subsidiarität des BDSG nur auf die Strafnorm bezieht, nicht aber, „soweit“ (vgl. § 1 Abs. 3 S. 1 BDSG) darüber hinaus weitere Regelungen aufgestellt werden. Durch ein Zusammentreffen des BDSG mit § 203 StGB werden mithin die Schadensersatz- und Restitutionsansprüche des Geheimnisherrn aus dem BDSG nicht geschmälert. Umgekehrt kann das BDSG nicht dazu führen, weiter gehende Rechtfertigungsmöglichkeiten in den Tatbestand des § 203 StGB zu tragen, wenn dies zu einer Reduzierung der Schutzkraft führen würde.740
B. Eingriff in die Geheimhaltungspflichten bei einer Darlehensveräußerung Für die folgende Untersuchung ist zu prüfen, ob und ggf. unter welchen Bedingungen die Weitergabe von Geheimnissen die Grenzen der Verschwiegenheitspflichten durchbrechen. In Ergänzung zu der allgemein dargestellten Interessenlage seien knapp die Kommunikationsinteressen bei einer Darlehensveräußerung zusammengefasst: Die Bank erhebt beim Darlehensnehmer oder anderweitig vor der Kreditvergabe, aber auch während der Kreditlaufzeit höchstpersönliche, insbesondere auch wirtschaftliche Informationen.741 Die Erhebung und Speicherung der Identifizierungsdaten ermöglicht zum einen die Geltendmachung der Darlehensforderung. Zum anderen ergeben sich die Informations- und Prüfungspflichten aus dem bankkaufmännischen Grundsatz, Kredite nur nach umfassender und sorgfältiger Bonitätsprüfung zu gewähren und bei bestehenden Kreditverhältnissen die Bonität des Kreditnehmers laufend zu überwachen.742 Dazu ist die Bank auch aufsichtsrechtlich verpflichtet, § 18 KWG.743 Der Erwerber möchte hinsichtlich der an ihn abgetretenen Forderung grundsätzlich auf denselben Informationsstand gesetzt werden wie der Veräußerer. Dies dient der Wertbestimmung und der Forderungsdurchsetzung, wenn das Servicing auf ihn übergehen soll. Der Veräußerer ist dem Erwerber aus dem schuldrechtlichen Kausalgeschäft (i. d. R. einem Rechtskauf) ggf. i.V. m. § 402 BGB zu einer Offenlegung aller relevanten Informationen verpflichtet. Die Datenweitergabe verletzt schon dann die Geheimhaltungspflicht des Veräußerers gegenüber dem Darlehensnehmer, wenn nur dessen Name genannt und mit dem Darlehen in Verbindung gebracht wird. Im Fortgang wird untersucht, wann es tatsächlich zu einem derartigen Informationsfluss 740
Eisele, ZIS 2011, 354, 366. Vgl. OLG Karlsruhe, WM 2001, 1803, 1804. 742 BT-Drs. 16/11643 v. 21.01.2009, S. 240; BGHSt 46, 30; 47, 148; Bock, in: Boos/ Fischer/Schulte-Mattler, KWG, § 18, Rn. 1. 743 Die Vorschrift wurde erst kürzlich um § 18 Abs. 2 KWG ergänzt. Dieser Abs. beruht auf Art. 8 der Verbraucherkreditrichtlinie. 741
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5. Kap.: Geheimhaltungspflichten des Kreditgewerbes
kommt und das Bankgeheimnis sowie die übrigen Geheimhaltungspflichten auf der Grundlage der dargestellten Rechtsquellen im Zuge einer Abtretung verletzt werden.
I. Rechtlicher Zusammenhang zwischen Abtretung und Informationsweitergabe 1. Geheimhaltung im Widerstreit mit dem zivilrechtlichen Bestimmtheitsgebot Voraussetzung einer wirksamen Abtretung ist gemäß § 398 BGB ein Vertrag des bisherigen Gläubigers mit einer anderen Person über den Übergang der Forderung auf diese. Im Interesse der Rechtssicherheit muss die abzutretende Forderung genügend bestimmt oder zumindest bestimmbar sein (Bestimmtheitsgrundsatz744).745 Fraglich ist, ob dazu in jedem Fall die Person des Schuldners der abzutretenden Forderung namentlich genannt werden muss, wodurch die Geheimhaltungspflichten verletzt wären. Müsste der Schuldner namentlich genannt werden, wäre die Abtretung einer Mehrheit künftiger Forderungen gegen noch unbekannte Schuldner nicht möglich. Das würde sich negativ auf die Refinanzierungsmöglichkeiten insbesondere von Zulieferern und Großhandelsunternehmen auswirken. Gerade bei globalen Sicherungszessionen und bei Anschlusszessionen im Rahmen von verlängerten Eigentumsvorbehalten lassen sich die Schuldnernamen in den zumeist formularmäßigen Abtretungserklärungen nicht konkret benennen. Die Rspr. billigt jedoch unter dem Gesichtspunkt des Bestimmtheitserfordernisses beide Rechtskonstrukte.746 Sie lässt es zu, dass die Auslegung der Abtretungserklärung auf Umstände außerhalb der Urkunde rekurriert.747 Zur Individualisierung der zu zedierenden Forderungen wird der Rückgriff auf die Aufzeichnungen in den Geschäftsbüchern einer Partei zugelassen.748 Mithin genügt die für die Globalzession übliche Bezeichnung „sämtliche bestehenden und künftigen Forderungen aus Warenlieferungen und Leistungen von Anfangsbuchstaben A bis Z“ 749 nach Ansicht des 744 Zu der verfehlten Bezeichnung „sachenrechtlicher Bestimmtheitsgrundsatz“ in diesem Zusammenhang vgl. Wiegand, in: FS Schimansky, S. 845. 745 Stdg. Rspr., seit BGHZ 7, 365, 367 f.; aus jüngerer Zeit BGH NJW 1995, 1668, 1669; NJW-Spezial 2008, 149; OLG Dresden NJW-RR 1997, 1070 f.; Ganter, in: Bankrechts-Handbuch, § 96 Rn. 45; noch strenger RGZ 155, 26 ff. 746 Zum verlängerter Eigentumsvorbehalt schon BGHZ 7, 365, 367 f.; zur Globalzession etwa BGHZ 71, 75, 78 f.; 174, 297. 747 BGH, NJW 2000, 276, 277. 748 MüKo-BGB/Roth, § 398, Rn. 69; zu den Folgen nicht ausreichender Debitorenbuchhaltung BGH, NJW 1978, 1632. 749 Vgl. Nr. 1 Abs. 1 lit. b des Musters eines praxisüblichen Globalzessionsvertrags bei Lwowski, in: Bankrechts-Handbuch, Anh. zu § 96.
B. Eingriff in die Geheimhaltungspflichten bei einer Darlehensveräußerung 259
BGH dem Bestimmtheitsgebot im Rahmen des § 398 BGB.750 Auch die Literatur751 hält es für ausreichend, dass die Person des Schuldners anhand anderer Kriterien als dem Namen bestimmbar ist, soweit damit im Zeitpunkt des Entstehens der Forderung eindeutig feststellbar ist, ob die Forderung von der Abtretung erfasst ist. Damit wird die Rechtssicherheit hinsichtlich der Zuordnung einzelner Forderungen in gleicher Weise gewährleistet wie bei einer namentlichen Nennung des Schuldners in der Abtretungserklärung. Darlehensforderungen lassen sich demnach auch unter Anonymisierung oder Pseudonymisierung der Schuldnernamen abtreten.752 Die abzutretenden Darlehensforderungen sind auch dann ausreichend bestimmbar, wenn der Schuldnername und weitere Daten nur anhand der Buchführungsunterlagen der veräußernden Bank oder mithilfe eines Entschlüsselungscodes individualisiert werden können. Dieser Ansicht ist auch das vormalige Bundesaufsichtsamt für Kreditwesen in seinem ABS-Rundschreiben.753 Als Hauptidentifizierungsmerkmal kann zum Beispiel die Kontonummer dienen.754 Dagegen finden sich allerdings auch vereinzelte Stimmen in der Literatur, die im Rahmen der Darlehensveräußerungen das Bestimmtheitsprinzip im Wortsinne anwenden möchten, weil kaum künftige, bloß bestimmbare Forderungen abgetreten würden.755 Allerdings lässt es auch diese Ansicht genügen, wenn die Schuldnerdaten verschlüsselt weitergegeben werden.756 Das hat folgenden Hintergrund: Soll dem Erwerber wenigstens für bestimmte Fälle, insbesondere der Insolvenz des Originators, der Einzug der Forderungen vorbehalten bleiben, kann dies durch eine Weitergabe der Daten in verschlüsselter Form unter Einschaltung eines Datentreuhänders ermöglicht werden, bei dem der Schlüssel zu den verschlüsselten Daten hinterlegt wird.757 Wenn und solange es dem Erwerber durch die Anonymisierung, Pseudonymisierung bzw. Verschlüsselung nicht möglich ist, die einzelnen Forderungen einem bestimmten Schuldner zuzuordnen, sind die Geheimhaltungspflichten nicht betroffen. In die750
BGHZ 71, 75, 78 f.; BGHZ 174, 297. Palandt/Grüneberg, BGB, § 398 Rn. 11 und 14 a. E.; Kusserow/Dittrich, WM 1997, 1786, 1794; Koberstein-Windpassinger, WM 1999, 473, 480; a. A. offenbar Mankowski, JZ 1993, 48, 50 mit Hinweis auf zahlreiche reichsgerichtliche Urteile. 752 Kusserow/Dittrich, WM 1997, 1786, 1794; Koberstein-Windpassinger, WM 1999, 473, 480; Stiller, ZIP 2004, 2027, 2029; Vollborth, S. 199 ff.; a. A. Wiegand, in: FS Schimansky, S. 844 f., der das Bestimmtheitsprinzip im Wortsinne anwenden möchte, weil im Rahmen der Darlehensveräußerungen kaum künftige, bloß bestimmbare Forderungen abgetreten werden. Allerdings hält auch er die nachfolgend dargestellte Verschlüsselung der Schuldnerdaten als mit dem Bestimmtheitsprinzip vereinbar, vgl. ders., a. a. O., S. 847, Fn. 33. 753 Rundschreiben BaKred 4/97 v. 19.03.1997, WM 1997, 1821, 1822. 754 Vollborth, S. 199 ff.; vgl. auch B. Berger, recht 2000, 182, 191. 755 Wiegand, in: FS Schimansky, S. 844 f. 756 Wiegand, in: FS Schimansky, S. 847, Fn. 33. 757 Vgl. Rundschreiben BaKred 4/97 v. 19.03.1997, WM 1997, 1821, 1822; Stiller, ZIP 2004, 2027, 2029; Rinze/Heda, WM 2004, 1557, 1562. 751
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5. Kap.: Geheimhaltungspflichten des Kreditgewerbes
sem Fall sind die Tatsachen nicht „kundenbezogen“ i. S. v. Nr. 2 Abs. 1 S. 1 AGBBanken758 bzw. „personenbezogen“ i. S. v. § 4 Abs. 1 BDSG. Im Ergebnis zwingt daher das Bestimmtheitsgebot bei einer Abtretung nicht zu einer Verletzung der Geheimhaltungspflichten. 2. Geheimhaltung im Widerstreit mit der Auskunftspflicht aus § 402 BGB Zu klären ist, ob dennoch andere rechtliche Bestimmungen oder tatsächliche Umstände eine Offenbarung kundenbezogener Tatsachen infolge einer Abtretung zwingend gebieten. Nach § 402 BGB ist der bisherige Gläubiger verpflichtet, dem neuen Gläubiger die zur Geltendmachung der Forderung nötige Auskunft zu erteilen und ihm die zum Beweis der Forderung dienenden Urkunden, soweit sie sich in seinem Besitz befinden, auszuliefern. Der Zweck der Norm geht schon aus ihrem Wortlaut hervor: Der neue Gläubiger soll über den Inhaberwechsel hinaus in die Lage versetzt werden, die erworbene Forderung erfolgreich geltend zu machen.759 Andernfalls läge auch ein Verstoß gegen § 137 S. 1 BGB vor, da die Rechtsträgerschaft und die Verfügungsbefugnis nicht voneinander getrennt werden können (dazu ausf. im Folgenden).760 Es zeichnet sich mithin ein rechtlicher Konflikt zwischen dem in § 402 BGB vorausgesetzten Informationsinteresse des Zessionars und der Geheimhaltungspflicht des Zedenten gegenüber dem Schuldner ab. Dem ersten Anschein nach ist die Pflicht aus § 402 BGB eine zwingende gesetzliche Folge der Forderungszession. Dementsprechend lässt sich auch manchen Gerichtsentscheidungen die Aussage entnehmen, die Abtretung sei mit der Auskunftspflicht untrennbar verbunden.761 Daraus folgern Teile der Literatur, dass mit der Abtretung ein Automatismus ausgelöst werde.762 Für diese Ansicht sprechen zwar die Gesetzesgenese763 und die systematische Stellung der Norm im fünften Abschnitt des zweiten Buches (§§ 389–413 BGB), der ausweislich seiner Überschrift die Übertragung einer Forderung regelt. Beides führt aller758 So auch Vollborth, S. 202; Früh, WM 2000, 497, 501; Rinze/Heda, WM 2004, 1557, 1562; Theewen, WM 2004, 105, 113; zur Wahrung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung in diesem Fall Peters, AcP 206 (2006), 843, 863 f. 759 RGZ 90, 273, 276; BGH, NJW 1993, 2795; Busche, in: Staudinger, BGB, § 398 Rn. 11; MüKo-BGB/Roth, § 398, Rn. 19 und § 402 Rn. 1; Peters, AcP 206 (2006), 843, 847 f. 760 BGHZ 56, 275, 278; BGH, NJW 1993, 1640, 1641; MüKo-BGB/Roth, § 398, Rn. 19. 761 BGH, NJW 1993, 2795; BGH, NJW 1996, 775; OLG Düsseldorf, NJW-RR 1994, 438. 762 Koberstein-Windpassinger, WM 1999, 473, 479; S. Fuhrmann, S. 52 f. 763 Vgl. die Begr. zu § 301 des ersten Entwurfs zum BGB, Mot. II S. 128 (Mugdan II S. 70).
B. Eingriff in die Geheimhaltungspflichten bei einer Darlehensveräußerung 261
dings in die Irre. Bei § 402 BGB handelt es sich richtigerweise um eine leistungssichernde Nebenpflicht (§ 241 Abs. 2 BGB) des zwischen Zedent und Zessionar bestehenden schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäfts.764 Dementsprechend finden sich schon in früheren Urteilen des BGH differenzierende Äußerungen: Die Abtretung einer Honorarforderung habe „in aller Regel“ eine Preisgabe von Geheimnissen zur Folge.765 Die Informationspflicht aus § 402 BGB sei nur „typischerweise“ mit der Abtretung verbunden.766 Nunmehr hat der BGH767 in seinem Urteil zur Wirksamkeit der Abtretung von Darlehensforderungen in erfreulicher Deutlichkeit zu dem Verhältnis der Abtretung zu der Informationspflicht aus § 402 BGB Stellung bezogen. Er folgte insoweit der vom LG Frankfurt a. M.768 und von der überwiegenden Literatur769 vertretenen Ansicht, nach der § 402 BGB lediglich eine gesetzlich typisierte, aber keineswegs zwingende Pflicht enthält, die abbedungen oder beschränkt werden kann. Dem ist zuzustimmen. Weil die Wurzeln der Pflicht im schuldrechtlichen Rechtsgeschäft zu verorten sind, ergibt sich dieses Ergebnis zwanglos aus der Privatautonomie. Mithin besteht kein rechtlich zwingender Zusammenhang zwischen einer Forderungsabtretung und der Pflicht zur Offenbarung kundenbezogener Tatsachen nach § 402 BGB. 3. Geheimhaltung im Widerstreit mit der Unwirksamkeit dinglicher Verfügungsverbote gemäß § 137 S. 1 BGB Es bleibt demnach aber ein Konflikt der anonymisierten Abtretungen mit § 137 S. 1 BGB bestehen. Anders als § 402 BGB hat diese Vorschrift nicht den Zweck, den Informationsinteressen des Erwerbers auf schuldrechtlicher Ebene zu entsprechen. Vielmehr soll sie auf dinglicher Ebene Orientierungssicherheit schaffen:770 In den Funktionen des § 137 S. 1 BGB verbindet sich die Abwehr der privatautonomen Schaffung von Verkehrsunfähigkeit771 mit der Absicherung des sachenrechtlichen Typenzwangs gegen privatautonome Modifikationen772 sowie 764 Fikentscher/Heinemann, Schuldrecht, S. 355 f., Rn. 727; MüKo-BGB/Roth, § 402 Rn. 1 f.; Palandt/Grüneberg, BGB, § 402 Rn. 1; Mankowski, JZ 1993, 48, 50; Peters, AcP 206 (2006), 843, 847 f. 765 BGHZ 122, 115, 118. 766 BGH, NJW 1996, 2576. 767 BGH, NJW 2007, 2106, 2107. 768 LG Frankfurt a. M., BKR 2005, 67, 71 m. Anm. Brandt. 769 MüKo-BGB/Roth, § 402 Rn. 1 f.; Palandt/Grüneberg, BGB, § 402 Rn. 1; Klüwer/Meister, WM 2004, 1157, 1160; Cahn, WM 2004, 2041, 2046; Nobbe, WM 2005, 1537, 1541; insoweit wohl auch noch Rinze/Heda, WM 2004, 1557, 1564. 770 Kohler, DNotZ 1989, 339, 347; vgl. auch BGHZ 134, 182, 186; einschr. MüKoBGB/Armbrüster, § 137, Rn. 7. 771 BGHZ 56, 275, 278 f.; E. Wagner, S. 366 ff. 772 Protokolle III S. 256 f.; Timm, JZ 1989, 13, 16.
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5. Kap.: Geheimhaltungspflichten des Kreditgewerbes
dem Streben nach Gläubigerschutz in der Zwangsvollstreckung.773 Die Rspr. und Teile der Lit. sahen eine unwirksame Verfügungsbeschränkung i. S. v. § 137 S. 1 BGB bislang in einer Vereinbarung, nach der dem Neugläubiger die Befugnis zur Geltendmachung der Forderung auf Dauer und bedingungslos versagt bleiben soll; desgleichen, wenn sie ihm erst und nur für den Fall von Vollstreckungsmaßnahmen Dritter gegen den Rechtsvorgänger oder in dessen Insolvenz erwachsen soll.774 Als Konsequenz wäre die einschränkende Zusatzvereinbarung unwirksam, obgleich der Gläubiger dadurch allein noch nicht in der Lage wäre, die Forderung durchzusetzen, solange ihm die Kenntnis der Schuldnerdaten vorenthalten bleibt. Zum Verständnis eignet sich ein Blick ins Sachenrecht. Für den Eigentumserwerb gilt gemäß § 929 S. 1 BGB der Grundsatz der Inbesitznahme. Dies dient nicht allein der Publizität. Denn andernfalls wären die Ausnahmen der §§ 930 ff. BGB nicht zu erklären, wonach es genügt, dass der Erwerber nur den mittelbaren Besitz erhält, der äußerlich nicht sichtbar wird. Vielmehr soll dem Eigentümer die Möglichkeit gewährt werden, von seinem Eigentum Gebrauch zu machen. Eine ältere Formel des römischen Rechts lautet, etwas sei noch nicht gefunden, wenn man wisse, wo es sich befinde, sondern erst, wenn man es ergriffen habe. Es ist somit Herrschaftsgewalt erforderlich. Übertragen auf den ebenfalls gegenüber jedermann wirkenden Forderungserwerb bedeutet dies: Weiß der Forderungsinhaber nicht einmal, wo sich der Schuldner befindet, kann er ihn auch nicht ergreifen, um seine Forderung geltend zu machen. Bleibt man gedanklich noch für einen Moment im Sachenrecht, ist die Übertragung des Eigentums allerdings auch durch Besitzkonstitut (§ 930 BGB) und durch Abtretung des Herausgabeanspruchs (§ 931 BGB) möglich. Der Rechtsnachfolger erhält in diesen Fällen nicht den unmittelbaren, sondern lediglich den mittelbaren Besitz. Der neue Eigentümer kann nur mittels eines anderen auf sein Eigentum zugreifen und ist von dessen Verhalten abhängig. Ihm selbst ist es gemäß § 986 BGB aufgrund der schuldrechtlichen Abrede sogar mit dinglicher Wirkung verwehrt, sein Eigentum in Besitz zu nehmen. Dies steht dem Eigentumserwerb aber nicht entgegen. Die Besitzausübung ist keine Verfügung i. S. v. § 137 S. 1 BGB wie der Forderungseinzug. Bei Ersterem bleibt das Recht selbst unberührt, bei Letzterem erlischt es. Gleichwohl lässt sich der Grundgedanke auf die Forderungszession übertragen: Es kann auch einem Forderungserwerb nicht entgegenstehen, wenn nur ein Dritter die Rechte für den Forderungsinhaber ausüben kann. Die Praxis der Siche-
773
Vgl. Motive III S. 77. RGZ 90, 273, 276; 92, 105, 108; 160, 204, 207; BGH, WM 1960, 259, 261; NJW 1993, 1640; Busche, in: Staudinger, BGB, § 398 Rn. 11; MüKo-BGB/Roth, § 398, Rn. 19. 774
B. Eingriff in die Geheimhaltungspflichten bei einer Darlehensveräußerung 263
rungszession im Wege der sog. stillen Zession führte dazu, dass die strenge Anwendung des § 137 S. 1 BGB von der Rspr. eine Öffnung erfahren hat. Den Vorbehalt, dass der Zessionar erst nach einer bestimmten Zeit oder unter bestimmten Voraussetzungen seine Gläubigerstellung ausüben darf, hielt die Rspr. schließlich ganz im Sinne der vorgenannten Überlegungen für unschädlich.775 Gegen eine zu strenge Anwendung des § 137 S. 1 BGB spricht ohnedies, dass selbst der Gesetzgeber diese Norm bei Abtretungen nicht dogmatisch konsequent einhält. Das wird an der Möglichkeit deutlich, ein dinglich wirkendes Abtretungsverbot nach § 399 Hs. 2 BGB rechtsgeschäftlich zu vereinbaren. Allerdings ist zweifelhaft, ob daraus a maiore ad minus der Schluss gezogen werden kann, dass Forderungen übertragen werden können, ohne dass zugleich bestimmungsgemäß das Recht auf deren Geltendmachung mitübertragen wird. Es würde dann einiges dafür sprechen, von vornherein keine Abtretung anzunehmen, weil andernfalls lediglich eine wertlose Hülle übertragen würde. Wenn der Zedent dem Zessionar die Schuldnerdaten nicht oder nur verschlüsselt weitergibt, wird der Erwerber die Forderung zunächst nicht geltend machen können. Dieser Beschränkung unterliegt auch jeder außenstehende Dritte, der die Forderung von dem Zessionar erwirbt und die Schuldnerdaten von ihm nicht erlangen kann. Deshalb könnte man der fehlenden Datenweitergabe eine dingliche Verfügungsbeschränkung entnehmen. Unter diesem Aspekt läge es nahe, den Zweck von § 402 BGB auch darin zu sehen, die Unwirksamkeit dinglicher Verfügungsbeschränkungen nach § 137 S. 1 BGB in rein tatsächlicher Hinsicht abzusichern. Dazu müsste dem Auskunftsanspruch aus § 402 BGB dingliche Wirkung zukommen. Das verneint der BGH776 aber gerade. Er geht damit – ohne dieses Problem zu erörtern – offenbar zugleich davon aus, dass § 137 S. 1 BGB einer anonymisierten Forderungsabtretung nicht abträglich ist. Das ist jedoch nur anzunehmen, wenn eine anonymisierte Abtretung einen dinglich unbeschränkten und damit wirksamen Forderungserwerb darstellt. Das überzeugt, wenn nur der Erwerber einen Anspruch darauf hat, die Daten von einem Datentreuhänder oder dem Rechtsvorgänger zu erhalten, sobald er die Einziehung vornehmen möchte. Die Anonymisierung ist demnach nicht auf Dauer garantiert.777 Gleichwohl kann die Abtretung zunächst anonymisiert vorgenommen werden. Ob die Datenweitergabe später vor dem Hintergrund des Bankgeheimnisses rechtlich zulässig ist, ist eine davon unabhängig zu beantwortende Frage. Etwaige Beschränkungen der Forderungsdurchsetzung stellen demnach nur schuldrechtliche Verpflichtungen dar, deren Vereinbarung den Zessionsparteien gemäß § 137 S. 2 BGB unbenommen bleibt. Unter diesen Voraussetzungen steht § 137 S. 1 BGB einer Anonymisierung der Abtretung im Zeitpunkt ihrer Vornahme nicht entgegen. 775 776 777
RGZ 133, 234, 242; BGHZ 26, 185, 191 ff. BGH, NJW 2007, 2106, 2107. Wech, S. 326 ff., dort allerdings ohne Erörterung des § 137 S. 1 BGB.
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5. Kap.: Geheimhaltungspflichten des Kreditgewerbes
II. Wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen Abtretung und Informationsweitergabe 1. Trennung von Forderungsinhaber und Servicer Besteht demnach kein rechtlicher Zwang zur Informationsweitergabe, so fragt sich, ob eine Bekanntgabe der Person des Schuldners sowie weiterer Identifikationsdaten und Strukturdaten des Kreditvertrages778 nicht aus wirtschaftlichen Gründen erforderlich ist. Man könnte meinen, dass die Forderung in den Händen des Zessionars für ihn nur dann werthaltig ist, wenn er durch diese Informationen in die Lage versetzt wird, die Forderung gegenüber dem Schuldner geltend zu machen und durchzusetzen.779 Koch vertritt deshalb die Ansicht, ein Ausschluss der Datenweitergabe und eine Abbedingung von § 402 BGB im Kaufvertrag zwischen den Zessionsparteien scheitere an § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB.780 Dem ist selbst bei typisierender Betrachtung nicht zuzustimmen. Der Zessionar mag zwar in einer Vielzahl der Fälle ein Informationsinteresse haben. Zwingend ist dies allerdings nicht.781 Denn die Kreditbetreuung und -abwicklung kann auch bei dem Zedenten verbleiben, der in diesem Fall die Funktion eines Service Agent übernimmt.782 Hauptanwendungsbereich ist hier die Darlehensverbriefung über Zweckgesellschaften („Securization“).783 Die Zweckgesellschaften sind lediglich rechtliche Konstrukte und haben regelmäßig nicht die Infrastruktur und das Personal für ein Credit-Servicing.784 Der Zweck derartiger Darlehensveräußerungen liegt fern des Inkassos. Entsprechend ist es jedenfalls im Zeitpunkt ihrer Vornahme – auf den es hier zunächst ankommt – wirtschaftlich nicht zwingend, dem Erwerber die Schuldnerdaten zu offenbaren. Ein weiterer Gesichtspunkt ist die vorvertragliche Überprüfung der Kredite und Kreditportfolios auf ihren Wert und ihre Risiken durch den Erwerber und dessen Berater (sog. „Due Diligence“).785 Dies dient dem Abbau von Informationsasymmetrien zwischen Verkäufer und Erwerber und damit der Findung ei778 Zu diesen Begriffen Weichert, Verkauf von Darlehen an Unternehmen im Ausland, Punkt 3.1. 779 Vgl. Mankowski, JZ 1993, 48, 50. 780 Rob. Koch, BKR 2006, 182, 190. 781 Anders Steiner, S. 187; B. Berger, recht 2000, 182, 189. 782 BGH, NJW 2007, 2106, 2107; Theewen, WM 2004, 105, 113; Toth-Feher/Schick, ZIP 2004, 491, 493; Wiegand, in: FS Schimansky, S. 851 ff.; Bütter/Tonner, ZBB 2005, 165, 170; Langenbucher, BKR 2004, 333, 334; dies., NJW 2008, 3169, 3170; Stiller, ZIP 2004, 2027, 2029; Vollborth, S. 201 ff.; s. auch Rundschreiben BaKred 4/97 v. 19.03.1997, WM 1997, 1821, 1822. 783 Früh, WM 2000, 497, 501 f.; Rinze/Heda, WM 2004, 1557, 1565 f.; Stiller, ZIP 2004, 2027, 2029 f.; Vollborth, S. 199 ff. 784 Tollmann, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, Vorb. vor 22a–22o, Rn. 7. 785 Vgl. Rinze/Heda, WM 2004, 1557, 1565; Gehrlein, S. 47 ff.; Lwowski/Wunderlich, in: Bankrechts-Handbuch, § 76 Rn. 161.
B. Eingriff in die Geheimhaltungspflichten bei einer Darlehensveräußerung 265
nes fairen Preises. Doch zu der Bewertung eines Forderungspools oder ganzer Kreditportfolios ist es nicht erforderlich und eher unüblich, die Darlehensnehmer namentlich zu nennen.786 Solange es deshalb nicht zu einer Weitergabe des Schuldnernamens und anderer Identifizierungsdaten kommt, wird das Bankgeheimnis von vornherein nicht betroffen.787 Somit bleibt festzuhalten, dass zwischen einer Zession und einem Eingriff in die Verschwiegenheitspflicht des Kreditinstituts weder ein rechtlich noch ein wirtschaftlich zwingender Zusammenhang besteht.788 2. Wahrscheinlichkeit einer Datenweitergabe Der Zessionar ist zwar nicht stets, aber doch üblicherweise daran interessiert, die erworbene Forderung unabhängig von dem Zedenten selbst geltend zu machen oder zumindest geltend machen zu können. Dazu ist er als Forderungsinhaber berechtigt, und daran kann er nur schuldrechtlich gehindert werden (s. zuvor). Um die Forderung einzuziehen, benötigt der Zessionar die in § 402 BGB genannten Informationen und Urkunden. Die Informationen müssen neben den Strukturdaten des Darlehens nun insbesondere auch die Identifizierungsdaten des Schuldners umfassen.789 Dadurch erst werden die Geheimhaltungspflichten berührt. Wurde soeben noch dargelegt, dass das Bankgeheimnis nicht betroffen ist, wenn der Schuldnername nicht genannt wird, so ist dies umgekehrt schon dann der Fall, wenn der Zessionar von der Identität einer Person erfährt und dazu die Information erhält, dass es sich bei ihr um einen Schuldner des geheimhaltungspflichtigen Zedenten handelt. Ungeachtet dessen besteht das Minimum der für eine Geltendmachung der Forderung erforderlichen Parameter ohnehin nicht nur darin, gegen wen sich die abgetretene Forderung richtet, sondern auch darin, dass eine solche Forderung existiert, dass sie sich auf die Zahlung eines Geldbetrages richtet, und in welcher Höhe sie besteht.790 Bereits diese Informationen sind im Zusammenhang mit dem Schuldnernamen „kundenbezogene Tatsachen“ i. S. v. Nr. 2 Abs. 1 S. 1 AGB-Banken. In der Praxis der Darlehensveräußerungen erhält der Erwerber die Informationen, wenn die Darlehensforderungen unmittelbar zur Verwertung und 786
Vgl. Früh, WM 2000, 497, 501 f.; Theewen, WM 2004, 105, 113. BGH, NJW 2007, 2106, 2107; Theewen, WM 2004, 105, 113; Toth-Feher/Schick, ZIP 2004, 491, 493; Wiegand, in: FS Schimansky, S. 851 ff.; Bütter/Tonner, ZBB 2005, 165, 170; Langenbucher, BKR 2004, 333, 334; Stiller, ZIP 2004, 2027, 2029; Vollborth, S. 201 ff.; Rundschreiben BaKred 4/97 v. 19.03.1997, WM 1997, 1821, 1822. 788 So auch BGH, NJW 2007, 2106, 2107; LG Frankfurt a. M., BKR 2005, 67, 71 m. Anm. Brandt; Rinze/Heda, WM 2000, 1557, 1559; Nobbe, WM 2005, 1537, 1541; Bütter/Tonner, ZBB 2005, 165, 170. 789 Zu den erforderlichen Daten vgl. Weichert, Verkauf von Darlehen an Unternehmen im Ausland, Punkt 3.1. 790 Mankowski, JZ 1993, 48, 50. 787
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5. Kap.: Geheimhaltungspflichten des Kreditgewerbes
zu Einziehungszwecken veräußert werden.791 Das betrifft insbesondere die Veräußerung notleidender Darlehen. Dann besteht der Zweck der Veräußerung i. d. R. gerade darin, die besonderen Verwertungskompetenzen des Erwerbers nutzbar zu machen. Hier ist der Erwerber regelmäßig schon zum Zeitpunkt des Kauf- und Abtretungsvertrages über alle relevanten Informationen in Kenntnis zu setzen. Aber auch wenn die Weitergabe der Schuldner- und Kreditdaten zunächst nur in anonymisierter Form erfolgt, sind die Informationen in vollem Umfang offenzulegen, sobald es dem Erwerber nicht mehr nur um die Bewertung des Forderungspools oder des ganzen Kreditportfolios geht, sondern um die Begutachtung eines Einzelengagements und um die Frage, ob jeweils der Sicherungsfall eingetreten ist.792 Schließlich besteht ein rechtliches Bedürfnis für eine Entschlüsselung der anonymisierten Daten, wenn gegen den Erwerber die Zwangsvollstreckung betrieben wird und er demnach der Pflicht zur Aufstellung eines Vermögensverzeichnisses nach § 807 Abs. 1 ZPO sowie der Auskunftspflichten nach § 836 Abs. 3 ZPO unterliegt. Ebenso entsteht gemäß § 159 InsO eine Auskunftspflicht nach § 97 Abs. 1 S. 1 InsO, wenn der Erwerber in Insolvenz fällt und der Insolvenzverwalter sein Vermögen unverzüglich verwerten muss. Andererseits sind auch Fälle denkbar, in denen der Veräußerer das Servicing wegen seiner eigenen Insolvenz nicht mehr sinnvoll ausüben kann oder wegen Vertragsverletzungen oder Unstimmigkeiten mit dem Erwerber nicht mehr übernehmen soll.793 In der Folge wird der Service-Vertrag beendet, und ein Ersatz-Servicer tritt an die Stelle des Originators, um statt seiner die Kreditbetreuung und -abwicklung zu übernehmen. In diesem Fall wird eine Datenweitergabe praktisch unumgänglich. Mithin wird zutreffend darauf hingewiesen, dass der Verbleib der Einziehungsbefugnis bei der Bank kein Ausweg ist, weil dem Zessionar als neuem Gläubiger die Einziehungsbefugnis auf Dauer nicht verwehrt werden kann.794 Ein Eingriff in die Geheimhaltungsinteressen des Schuldners ist somit aufgrund der Forderungsveräußerung zwar weder rechtlich noch tatsächlich zwingend. Es ist aber nicht unwahrscheinlich, dass die Bank wenn nicht zum Zeitpunkt der Zession, dann zumindest später die Schuldnerdaten an den Forderungserwerber oder an Dritte weitergibt, wovon auch die gesetzliche Typisierung in § 402 BGB ausgeht.
791 Nach dem Zweck der Zession differenzierend auch Peters, AcP 206 (2006), 843, 850 ff. 792 Früh, WM 2000, 497, 501 f.; Theewen, WM 2004, 105, 113. 793 Vgl. Stiller, ZIP 2004, 2027, 2030; Früh, BB 1995, 105, 106; Tollmann, in: Boos/ Fischer/Schulte-Mattler, KWG, § 22 l, Rn. 3; Jahn, in: Bankrechts-Handbuch, § 114a, Rn. 38; Vollborth, S. 202 ff.; vgl. ferner Rundschreiben BaKred 4/97 v. 19.03.1997, WM 1997, 1821, 1822. 794 Wech, S. 326 ff., 330 sowie bereits unter dem rechtlichen Gesichtspunkt des § 137 S. 1 BGB oben Kapitel 5 B. I. 3.
B. Eingriff in die Geheimhaltungspflichten bei einer Darlehensveräußerung 267
III. Verletzung der Geheimhaltungspflichten in Sonderfällen 1. Äquivalente Geheimhaltungspflicht des Erwerbers ohne Auswirkung In der Lit. wird die Ansicht vertreten, dass die Geheimhaltungsinteressen des Kunden schon von vornherein nicht betroffen seien, wenn der Erwerber „denselben“ Verschwiegenheitspflichten unterliegt wie der Veräußerer795 oder wenn er als Kreditinstitut an das Bankgeheimnis gebunden ist796 und ggf. zusätzlich eine Vertraulichkeitserklärung abgibt.797 Eine ähnliche Tendenz kann vereinzelten Entscheidungen des BGH798 entnommen werden,799 in denen er andeutet, dass eine äquivalente Geheimhaltungspflicht des Erwerbers eine Abweichung von dem Abtretungsverbot aus §§ 134 BGB, 203 StGB für Vergütungsansprüche erlaube. Wenn ein Abtretungsverbot mit Hinweis auf eine vergleichbare Geheimhaltungspflicht des Erwerbers abgelehnt wird, wird damit zugleich impliziert, dass der Veräußerer unter dieser Voraussetzung erst recht nicht gegen das Berufsgeheimnis verstößt, wenn er dem Erwerber im Zuge der Zession die Schuldnerdaten weitergibt. Der Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages800 interpretierte in seiner Begründung für einen Vorschlag zur Einführung des § 49b Abs. 4 S. 1 BRAO801 zwei der zitierten Urteile des BGH802 in der Weise, dass eine Abtretung anwaltlicher Gebührenforderungen wirksam sein könne, wenn der Zessionar und der Zedent denselben Schweigepflichten unterworfen seien. Diese Interpretation des Rechtsausschusses ist mit Einführung des § 49b Abs. 4 S. 1 BRAO Gesetz geworden und verdient für die hiesige Untersuchung umso mehrBeachtung. Sie lässt sich zwar nicht auf das vom Rechtsausschuss zitierte Urteil des BGH vom 25.03.1993803 stützen. Hinweise darauf finden sich aber in der ebenfalls zitierten Entscheidung vom 13.05.1993.804 Darin erwägt der BGH, dass es nicht zu einer Verletzung der Geheimhaltungspflichten komme, wenn sich der Zessionar dem 795 Cahn, WM 2004, 2041, 2047 f.; Toth-Feher/Schick, ZIP 2004, 491, 495; Rinze/ Heda, WM 2004, 1557, 1565; Bütter/Tonner, ZBB 2005, 165, 170 f. 796 Langenbucher, BKR 2004, 333, 334; St. Hofmann/Walter, WM 2004, 1566, 1574; Bütter/Tonner, ZBB 2005, 165, 170 f. 797 St. Hofmann/Walter, WM 2004, 1566, 1574. 798 BGHZ 122, 115, 121 („. . . Beeinträchtigung, die mit der Weitergabe der Einzelheiten aus dem Mandatsverhältnis an einen ihm (dem Mandanten eines Rechtsanwalts) gegenüber nicht zum Schweigen verpflichteten Dritten verbunden war.“); BGH, NJW 1993, 1912; BGHZ 171, 252. 799 So der Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages in seiner Begr. zu einem Vorschlag für die Einführung des § 49b Abs. 4 S. 1 BRAO, BT-Drs. 12/7656, S. 49. 800 BT-Drs. 12/7656, S. 49. 801 Gesetz v. 02.09.1994 (BGBl. I, 2278). 802 BGHZ 122, 115; BGH, NJW 1993, 1912. 803 BGHZ 122, 115. 804 BGH, NJW 1993, 1912.
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5. Kap.: Geheimhaltungspflichten des Kreditgewerbes
Zedenten gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichtet hätte, der wiederum einer Geheimhaltungspflicht gegenüber dem Schuldner unterliegen würde. Das brauchte jedoch nicht weiter ausgeführt zu werden. Die anwaltliche Schweigepflicht bezieht sich nicht auf Informationen, die dem Zessionar in seiner Eigenschaft als Berufsgeheimnisträger aufgrund von § 402 BGB übermittelt werden.805 Der BGH trat dem in einer späteren Entscheidung806 entgegen und hielt dem Rechtsausschuss807 eine Fehlinterpretation seiner Urteile vor. Zugleich stellte er klar, dass der Umstand, dass der Zessionar nach der Strafvorschrift ebenfalls einer Schweigepflicht unterliege, auch im Hinblick auf Honorarforderungen von Rechtsanwälten das Abtretungsverbot aus §§ 134 BGB, 203 StGB nicht entkräften könne.808 Er verwies auf seine Urteile zur Abtretung ärztlicher Honorarforderungen809 und zur Weitergabe einer ärztlichen Patienten- und Beratungskartei.810 Deren Erwägungen sollen für die Abtretung rechtsanwaltlicher Honorarforderungen entsprechend gelten.811 Als der BGH schließlich den Streit entscheiden musste, ob eine Abtretung an einen anderen Berufsgeheimnisträger im Umkehrschluss zu § 49b Abs. 4 S. 2 BRAO a. F. zulässig sei, schlug er gegenüber dem Rechtsausschuss versöhnlichere Töne an.812 Nunmehr entnahm er seinem Urteil vom 13.05.1993813 ebenfalls, dass es für eine Abtretbarkeit zwar nicht ausreichend, aber doch erforderlich sei, dass der Zessionar den gleichen Schweigepflichten unterworfen wird wie der Zedent.814 Ferner führte er Entscheidungen815 an, nach denen eine Abtretung durch Berufsgeheimnisträger schon vor Einführung des § 49b Abs. 4 BRAO wirksam war, eben weil die Zessionare einer gesetzlichen Schweigepflicht unterlagen.816
805 BGH, NJW 1993, 1912; in Übereinstimmung mit Lenckner/Eisele, in: Schönke/ Schröder, StGB, § 203 Rn. 13, 15; MüKo-StGB/Cierniak, § 203 Rn. 41, 45; Prechtel, NJW 1997, 1813, 1814. 806 BGH, WM 2004, 2505, 2506. 807 BT-Drs. 12/7656, S. 49. 808 BGH, WM 2004, 2505, 2506. 809 BGHZ 115, 123, 128 f. 810 BGHZ 116, 268, 272. 811 BGH, WM 2004, 2505, 2506. 812 BGHZ 171, 252, 258 ff. 813 BGH, NJW 1993, 1912. 814 BGHZ 171, 252, 257. 815 Beitreibung der Gebührenforderung durch anderen Rechtsanwalt: BGHZ 122, 115, 120; 148, 97, 102; BGH, NJW 2005, 507; NJW 1995, 2915; Abtretung an den Erwerber einer Anwaltskanzlei, der zuvor als Mitarbeiter des Zedenten die Angelegenheit umfassend kennengelernt hatte: BGH, NJW 1995, 2915; Abtretung an den Erwerber einer Anwaltskanzlei, der in die mit ihm bestehende (Außen-)Sozietät eingetreten war: BGHZ 148, 97, 101 ff.; Abtretung an den bereits vor der Abtretung bestellten Abwickler der Kanzlei: BGH, NJW 1997, 188. 816 BGHZ 171, 252.
B. Eingriff in die Geheimhaltungspflichten bei einer Darlehensveräußerung 269
Zu der Diskussion des BGH, des Rechtsausschusses und der zu Beginn referierten Ansicht im rechtswissenschaftlichen Schrifttum ist wie folgt Stellung zu nehmen: Eine Offenbarungsbefugnis vermögen die Erwägungen der vom BGH817 zuletzt herangezogenen Urteile nicht zu stützen. Diese hatten nicht die Verletzung der Geheimhaltungspflicht zum Gegenstand. Die kundenbezogenen Informationen verblieben dort entweder im Innenbereich der Geheimhaltungsverpflichteten,818 oder das Geheimnis war dem Erwerber bereits im Innenverhältnis in zulässiger Weise bekannt geworden.819 Der BGH sieht in der äquivalenten Geheimhaltungspflicht des Forderungserwerbers nach § 49b Abs. 4 S. 1 BRAO a. F. lediglich die Schließung einer anderenfalls bestehenden Schutzlücke.820 Den Schuldner könnte eine solche Geheimhaltungspflicht zwar in begrenztem Umfang schützen. Der Schuldner wird dadurch aber nur vor einer Weitergabe durch den Zessionar, nicht aber an den Zessionar geschützt. Doch schon die Datenweitergabe durch das Kreditinstitut an den Zessionar stellt eine Verletzung des Bankgeheimnisses dar, weil die Daten aus dem Innenbereich des Zedenten herausgelangen. Der Wortlaut von Nr. 2 Abs. 1 S. 1 AGB-Banken – wie auch der des § 203 StGB – unterscheidet nicht danach, ob die Datenempfänger einer vergleichbaren Geheimhaltungspflicht unterliegen wie der Veräußerer. Mangels anderweitiger Einschränkungen ist die Bank zur Verschwiegenheit über alle kundenbezogenen Tatsachen und Wertungen, von denen sie Kenntnis erlangt, gegenüber jedermann verpflichtet. Dies ist keine reine Formalie.821 Ein Geheimnis ist kein Geheimnis mehr, wenn es einer anderen Person offenbart wird, gleich ob diese ebenfalls geheimhaltungsverpflichtet ist oder nicht. Ansonsten wäre dem Missbrauch Tür und Tor geöffnet und das Bankgeheimnis würde ad absurdum geführt:822 Indem man hypothetisch alle Datenempfänger der Geheimhaltungspflicht unterwerfen würde, käme es niemals mehr zu einem Geheimnisbruch.823 Das Bankgeheimnis ist demgegenüber eine Unterlassungspflicht und als solche an die Person des Ge-
817
BGHZ 171, 252, 257. So bei der Beauftragung eines anderen Rechtsanwalts mit der Beitreibung der Gebührenforderung: BGHZ 122, 115 (Tatbestand: „Sie unterhalten mit der Klägerin eine gemeinsame Büroadresse.“). 819 So bei der Abtretung an den Erwerber einer Anwaltskanzlei, der zuvor als Mitarbeiter des Zedenten die Angelegenheit umfassend kennengelernt hatte, BGH, NJW 1995, 2915; Abtretung an den Erwerber einer Anwaltskanzlei, der in die mit ihm bestehende (Außen-)Sozietät eingetreten war BGHZ 148, 97, 101 ff.; Abtretung an den bereits vor der Abtretung bestellten Abwickler der Kanzlei BGH, NJW 1997, 188. 820 BGHZ 171, 252, 257. 821 So aber Cahn, WM 2004, 2041, 2047. 822 Vgl. Bitter, ZHR 173 (2009), 379, 412. 823 Gehäufte Veräußerungen sind indes nicht praxisfern, s. etwa BGH, BKR 2011, 327 und OLG München, WM 2008, 688. 818
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5. Kap.: Geheimhaltungspflichten des Kreditgewerbes
heimhaltungsverpflichteten gebunden. Diese Pflicht kann nicht mit befreiender Wirkung einem Dritten übertragen werden. Ebenso ist es unerheblich, ob der Forderungserwerber ebenso wie der Veräußerer eine Bank ist und die Informationen gleichsam „in der Familie“ 824 bleiben. Richtig ist, dass das Bankgeheimnis auch zwischen mehreren Banken gilt825 und die Bank dem Darlehensnehmer gegenüber ihrerseits zumindest aufgrund gewohnheitsrechtlicher oder quasivertraglicher Grundlage zur Verschwiegenheit verpflichtet ist, selbst wenn sie keine unmittelbare Vertragsbeziehung mit ihm unterhält.826 Der Zessionar kann aufgrund der höchstpersönlichen Bindung aber niemals derselben, sondern allenfalls der gleichen Schweigepflicht unterliegen wie der Zedent. Der Zedent ist nach seinem Pflichtenkatalog dazu verpflichtet, niemandem, also auch nicht dem Zessionar, etwaige Informationen zu offenbaren. Hingegen ist Bezugsobjekt der Geheimhaltungspflicht des Zessionars dieser selbst und nicht der Zedent. Hier ist die sprachliche Präzision des Gesetzgebers hervorzuheben, der im Bereich der Offenbarungsbefugnisse von Rechtsanwälten und Steuerberatern laut § 49b Abs. 4 S. 4 BRAO, § 64 Abs. 2 S. 4 StBerG davon spricht, dass der Erwerber in „gleicher“ und nicht etwa in „derselben“ Weise der Geheimhaltung unterliegen soll. Demnach ergibt sich aus diesen Normen keine allgemeine Regel, dass „vertrauliche Forderungen“ Vorrang vor dem Geheimhaltungsinteresse des Schuldners haben.827 Dieses Ergebnis wird durch das Datenschutzrecht gestützt. Die Einschränkungen der § 4 und 28 BDSG gelten, obwohl sowohl der Datenübermittler als auch der Empfänger als künftiger Nutzer zum Datenschutz nach dem BDSG, also zur Verschwiegenheit verpflichtet sind. Eine äquivalente Geheimhaltungspflicht des Erwerbers ändert mithin nichts daran, dass das Kreditinstitut in das Bankgeheimnis eingreift, wenn es ihm kundenbezogene Tatsachen offenbart.828 Sie kann allenfalls als angemessener Ausgleich auf Rechtfertigungsebene relevant werden. Darauf wird noch einzugehen sein. Aus diesen Erwägungen folgt umgekehrt, dass der Forderungserwerber seinerseits durch die Entgegennahme der Daten selbst dann nicht das Bankgeheimnis und das Amtsgeheimnis verletzen kann, wenn auch er dieser oder einer entsprechenden Geheimhaltungspflicht unterliegt.829 Anderes gilt indes hinsichtlich der 824
Koberstein-Windpassinger, WM 1999, 473, 481. Nobbe, WM 2005, 1537, 1546; ders., ZIP 2008, 97, 103; Bitter, ZHR 173 (2009), 379, 411. 826 Vgl. dazu BGHZ 27, 241, 256. 827 So aber Cahn, WM 2004, 2041, 2048. 828 LG Ravensburg, Urteil vom 20.01.2005 – 6 O 399/04, juris, Rn. 27; LG Frankfurt a. M., Urteil vom 25.03.2004 – 2/23 O 78/04, S. 5 (unveröffentlicht); Hammen, in: Bankrechtstag 2005, S. 113, 141; Nobbe, WM 2005, 1537, 1546; ders., ZIP 2008, 97, 103 mit Hinweis auf die Rspr. des BGH. 829 Vgl. dazu BGH, WM 1973, 892, 894. 825
B. Eingriff in die Geheimhaltungspflichten bei einer Darlehensveräußerung 271
Pflichten aus dem BDSG. Von diesen ist bereits gesagt worden, dass sie auch den Datenempfänger treffen, jedoch nichts an der Verschwiegenheitspflicht der Beteiligten ändern. Zudem sei schon hier darauf hingewiesen, dass ein Darlehenserwerber über Umwandlungstatbestände in der Weise an die Geheimhaltungspflicht des Veräußerers gebunden werden kann, dass er für die Verschwiegenheit des Veräußerers ihm gegenüber Sorge tragen muss. In diesem Falle ist es ihm also verboten, von dem Erwerber Daten anzunehmen. 2. Rechtskräftige Feststellung der abzutretenden Forderung ohne Auswirkung Die forensische Tätigkeit von Rechtsanwälten bringt es mit sich, dass oftmals bestimmte, wenn auch keineswegs alle mandanten- und forderungsbezogenen Informationen bereits einer normativen Öffentlichkeit (§ 169 GVG) zugänglich gemacht worden sind, bevor sie im Zuge einer Zession von Honorarforderungen an die Forderungserwerber weitergegeben werden. Die Geschäftsbeziehung eines Kreditinstitutes mit ihren Kunden spielt sich dagegen im Idealfall nicht in der Gerichtsöffentlichkeit ab. Darin ähnelt sie dem Arzt-Patienten-Verhältnis und unterscheidet sich gerade von dem Anwalt-Mandanten-Verhältnis. Letzterem wird das Bank-Kunden-Verhältnis deshalb erst ähnlich, wenn die abzutretende Darlehensforderung in einem Erkenntnisverfahren rechtskräftig festgestellt worden ist. Die Bundesregierung hielt für den Fall eines vorangegangenen Erkenntnisverfahrens eine Verletzung des Berufsgeheimnisses durch eine Forderungszession an Dritte für ausgeschlossen.830 Nach ihrer Begründung zur Einführung der §§ 49b Abs. 4 S. 2 BRAO, 64 Abs. 2 S. 2 StBerG sei der Zessionar oder Einziehungsermächtigte in diesem Fall auf schützenswerte Informationen nicht mehr angewiesen, um die Forderung geltend zu machen.831 Hingegen ist zu bedenken, dass die Forderungszession trotz einer vorangegangenen Geheimnisoffenbarung in einem Gerichtsverfahren keineswegs ohne Kommunikation vor sich gehen kann. Der Zessionar benötigt von dem Zedenten auch danach weiterhin Auskunft über den konkreten Schuldnernamen und die Strukturdaten des erworbenen Darlehens, um die Forderung geltend machen zu können. Die Begründung liegt deshalb vor allem darin, dass diese Daten nicht mehr geheim sind, wenn sie bereits der normativen Öffentlichkeit des Erkenntnisverfahrens zugänglich gemacht wurden. Dies wird in Rspr. und Lit. ganz allgemein vertreten.832 830 RegBegr. zum Gesetz zur Neuregelung des Rechtsberatungsrechts, BT-Drs. 16/ 3655 v. 30.11.2006, S. 82; RegBegr. zum Achten Gesetzes zur Änderung des Steuerberatungsgesetzes, BT-Drs. 16/7077 v. 12.11.2007, S. 34. 831 BT-Drs. 16/3655 v. 30.11.2006, S. 82; BT-Drs. 16/7077 v. 12.11.2007, S. 34. 832 BGHZ 122, 115, 118; OLG Köln, NJW 2000, 3656; Rogall, NStZ 1983, 1, 6 an Fn. 102; Bork, NJW 1992, 2449, 2452; Würz-Bergmann, S. 44 ff.; Besprechung von Mankowski, JZ 1994, 48, 50; MüKo-StGB/Cierniak, § 203 Rn. 16.
272
5. Kap.: Geheimhaltungspflichten des Kreditgewerbes
Das trifft es jedoch nicht ganz. Informationen sind im Kontext ihrer Verwendung zu sehen. Dem Zessionar ist nicht damit gedient, dass er von dem Bestand irgendeines Darlehensvertrages zwischen irgendeinem Schuldner und dem Zedenten weiß oder – wegen der nur normativen Öffentlichkeit – auch nur wissen könnte. Vielmehr muss ihm gerade aus dem Mund der veräußernden Bank mitgeteilt werden, dass es die Forderungen genau dieses individualisierten Schuldners sind, die ihm abgetreten werden. Mit dem Bezug zum Zedenten und dem Zessionsgegenstand wird ihm ein „Mehr“ an Informationen übermittelt, als er sich aus dem öffentlichen Erkenntnisverfahren selbst erschließen könnte. Diese Informationsverknüpfung ist weiterhin geheim. Betrachtet man die bank- und sparkassenspezifischen Regelungen, so geht aus Nr. 2 Abs. 1 S. 1 AGB-Banken nicht hervor, dass Informationen, die Dritten bereits bekannt sind oder sein könnten, von der Verschwiegenheitspflicht der Bank ausgenommen sein sollten. Hierzu herrscht die Meinung vor, dass es für die Geheimhaltung nicht darauf ankomme, ob die betreffenden Umstände offenkundig sind oder nicht.833 Es spricht nichts dagegen, dass der Kunde von der Bank selbst gegenüber den Personen Verschwiegenheit erwarten darf, die bereits Kenntnis von den relevanten Daten haben.834 Denn auch die Ergänzung unvollständigen oder die Bestätigung unsicheren Wissens kann dem Interesse des Kunden zuwiderlaufen. Ein ebenso restriktiver Maßstab muss an § 203 StGB angelegt werden. Zwar wird in der gerichtliche Praxis und Lit. überwiegend vertreten, dass kein Geheimnis mehr vorliege, wenn die Informationen offenkundig seien und jedermann sie etwa in einer öffentlichen Gerichtsverhandlung wahrnehmen könne, gleich, wie viele Personen davon tatsächlich Kenntnis nehmen.835 Dagegen wurde aber schon früher kritisch eingewendet, dass eine Tatsache nicht notwendig ihren Geheimnischarakter verliere, wenn sie schon einmal verraten worden ist.836 Diese Kritik hat weitere Nahrung erhalten. Der Gesetzgeber geht heute insbesondere im Bereich der Forderungsveräußerungen konzeptionell von der Schutzbedürftigkeit aller Informationen aus, seien sie offenkundig oder nicht. Andernfalls hätte es der Einführung der als Rechtfertigungstatbestand ausgestalteten §§ 49b Abs. 4 833 Canaris, in: Großkommentar HGB, Bd. 5, Bankvertragsrecht I, Rn. 48 ff.; Sichtermann/Feuerborn/Kirchherr/Terdenge, Bankgeheimnis und Bankauskunft, S. 139; Bruchner, in: Bankrechts-Handbuch, § 39 Rn. 9; Beckhusen, in: Handbuch zum deutschen und europäischen Bankrecht, § 6 Rn. 14; Petersen, Das Bankgeheimnis zwischen Individualschutz und Institutionsschutz, S. 29. 834 So auch zur strafrechtlichen Seite Schweizerisches BGE 75 IV 71, 75, allerdings relativiert durch BGE 106 IV 131, 133; 835 BGHSt 48, 30; BGHZ 122, 115, 118; Lenckner/Eisele, in: Schönke/Schröder, StGB, § 203 Rn. 6. 836 Schmitz, JA 1996, 772, 774; anschaulich am Beispiel der Schwangerschaftskonfliktberatung Rudolphi, in: FS Bemmann, S. 412, 418.
B. Eingriff in die Geheimhaltungspflichten bei einer Darlehensveräußerung 273
S. 2 BRAO, 64 Abs. 2 S. 2 StBerG nicht bedurft. Sie regeln die Zulässigkeit der Abtretung in Fällen, in denen die Daten im Rahmen eines Gerichtsverfahrens öffentlich gemacht worden sind. Damit ist der oben zitierten Ansicht entgegenzutreten. Dieses Ergebnis gilt schließlich auch für das BDSG und wird durch dessen detaillierte Regelungen gestützt. Selbst Daten, die allgemein zugänglich sind, unterliegen dem Datenschutz und können nur unter dem Vorbehalt, dass der Betroffene kein überwiegendes schutzwürdiges Interesse hat, den Erlaubnistatbestand des § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BDSG erfüllen. Eine Zusammenschau mit der EG-Datenschutzrichtlinie bestätigt dies. Ihr ist eine entsprechende Privilegierung allgemein zugänglicher Daten gänzlich fremd.837 Zudem ist nach den neuen nationalen Regelungen in § 28a Abs. 1 Nr. 1 BDSG die Übermittlung von Angaben über eine Forderung an Auskunfteien zulässig, wenn neben weiteren Voraussetzungen die Forderung durch ein rechtskräftiges oder für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil festgestellt worden ist oder ein Schuldtitel nach § 794 ZPO vorliegt. Dies lässt darauf schließen, dass die forderungsbezogenen Daten auch in diesem Fall zunächst dem Anwendungsbereich des BDSG unterliegen.
IV. Zwischenergebnis Die Abtretung von Darlehensforderungen führt nicht zwingend, aber typischerweise zu einem Verstoß gegen das Bankgeheimnis und die weiteren Geheimhaltungspflichten. Es besteht zwar nicht stets ein Informationsinteresse des Zessionars, das mit der Geheimhaltungspflicht des Zedenten in Konflikt geraten könnte. Gleichwohl ist eine Berührung des Bankgeheimnisses unausweichlich, wenn und sobald der Zessionar die Darlehensforderungen selbst oder durch einen Dritten verwerten will. Dies ist bei der Veräußerung zu Verwertungszwecken die Regel. Bei einer Veräußerung zu Verbriefungszwecken wurde es bislang als höchst unwahrscheinlich angesehen, dass ein Ersatz-Servicer die grundsätzlich beim Originator verbleibende Kreditbetreuung und -abwicklung übernehmen muss.838 Diese Ansicht dürfte durch die vermehrten Bankzusammenbrüche in der Finanzkrise der Jahre 2007 bis 2009 faktisch widerlegt sein. Danach ist festzuhalten, dass bei jeder Abtretung zumindest die Möglichkeit besteht, dass das Bankgeheimnis betroffen wird. Dies gilt auch in Sonderfällen, in denen der Erwerber einer vergleichbaren – nicht etwa derselben – Geheimhaltungspflicht unterliegt wie der Veräußerer oder die Forderung bereits in einem öffentlichen Erkenntnisverfahren rechtskräftig festgestellt wurde. Kommt es schließlich zu einem solchen Eingriff, 837 Die deutsche Umsetzung wird gleichwohl für richtlinienkonform gehalten, weil sie eine Konkretisierung der in Art. 7 Buchst. f EG-Datenschutzrichtlinie geforderten Interessenabwägung darstellt, Gola/Schomerus, BDSG, § 28 Rn. 31. 838 Stiller, ZIP 2004, 2027, 2030.
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5. Kap.: Geheimhaltungspflichten des Kreditgewerbes
sind auf einer zweiten Stufe die Grenzen des Bankgeheimnisses bzw. die Rechtfertigung einer Verletzung nach den verschiedenen Regelungsebenen zu prüfen. Dem widmen sich die folgenden Ausführungen.
C. Rechtfertigt die Abtretung von Darlehensforderungen eine Beschneidung der Geheimhaltungspflichten? In der Vergangenheit führten Durchbrechungen des Bankgeheimnisses stets zu heftigen Diskussionen in der Öffentlichkeit und lösten einen intensiven wissenschaftlichen Diskurs aus.839 Insofern seien beispielhaft die negativen Reaktionen auf die erstmalige Regelung der Bankauskunft in Nr. 10 Abs. 1 AGB-Banken vom 01.01.1984 genannt.840 Die entsprechenden Klauseln mussten schließlich im Rahmen eines Kompromisses zwischen den Spitzenverbänden der Kreditwirtschaft und den Vertretern der Datenschutzaufsichtsbehörden des Bundes und der Länder841 modifiziert werden. Ferner sei auf die ähnlich gelagerte Problematik des Schufa-Verfahrens hingewiesen, mit dem sich der BGH842 ausgiebig befasst hat und zu dem er schließlich eine kritische Haltung annahm.843 Das mündete in einer Neufassung der Schufa-Klausel.844 Vor diesem Hintergrund verwundert es, dass bei der massenhaften Datenweitergabe durch Banken an die Erwerber der Darlehen ein öffentlicher Aufschrei ausblieb. Die kritischen Reaktionen, die sich hauptsächlich in den Tageszeitungen und Nachrichtenmagazinen fanden, bezogen sich weniger auf die Verletzung der Geheimhaltungspflichten als auf die Veräußerung der Darlehen selbst. In der rechtswissenschaftlichen Lit. wurde die Verletzung des Bankgeheimnisses zumindest im Falle von notleidenden Krediten weit überwiegend als gerechtfertigt angesehen.845 Kaum jemand846 forderte eine prinzipielle und ausdrückliche Einwilligung in die Datenweitergabe wie etwa für die Erteilung von Bankauskünften über Private.847 Erst in jüngerer Zeit sorgt der 839 Vgl. dazu insbes. die Abhandlungen zu den Referaten auf dem 4. BankrechtsSymposium der ZHR vom Januar 1985 in ZHR 149 (1985), 138 ff.; vgl. ferner Herzog, in: Bankrechtstag 2003, S. 47 und die nachfolgenden Beiträge der 2. Abteilung zu dem Spannungsverhältnis von Bankgeheimnis und Geldwäscheprävention. 840 A. Weber, Die Bank, 1984, 530 ff. 841 Kommuniqué über das Bankauskunftsverfahren vom 17.10.1984, abgedr. bei Weber, in: BuB, Rn. 1/29 f. 842 BGH, NJW 1978, 2151; BGHZ 95, 362. 843 BGHZ 95, 362, 363 ff. 844 Bruchner, in: Bankrechts-Handbuch, § 41 Rn. 14. 845 s. die zahlreichen Nachweise bei Nobbe, ZIP 2008, 97, 102 f. 846 Rob. Koch, BKR 2006, 182, 186 f., 192; Clemente, ZfIR 2007, 737, 739; zuvor nur Schantz, VuR 2006, 464, 467; Schwintowski/Schantz, Stellungnahme vom 21.01. 2008, S. 4. 847 Vgl. Nr. 2 Abs. 3 S. 3 AGB-Banken und Nr. 3 Abs. 2 S. 2 AGB-Sparkassen.
C. Rechtfertigung einer Beschränkung
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laxe Umgang mit den Kundendaten in der unvoreingenommenen Wissenschaft für Verwunderung und regelrechten Unmut.848 Der nachfolgende Prüfungsablauf folgt den Vorgaben der Zweckmäßigkeit. Zunächst werden die Möglichkeiten, das Bankgeheimnis zum Zwecke der Darlehensveräußerung zu durchbrechen, getrennt nach den AGB-Banken und AGBSparkassen untersucht. Dies wird ihrem Stellenwert als wichtigste Rechtsquellen des Bankrechts849 und damit auch des Bankgeheimnisses gerecht. Schließlich wird die Rechtslage ohne Einbeziehung formularmäßiger Regelungen erörtert. Daran schließen sich kürzere Stellungnahmen zu der Zulässigkeit einer Verletzung des Amtsgeheimnisses und des Datenschutzes an. Die Untersuchung konzentriert sich auf die Frage, ob die Darlehensveräußerung die Verletzung der Geheimhaltungsinteressen des Darlehensnehmers generell oder in typisierten Fallgruppen rechtfertigen kann. Davon ist die Frage zu unterscheidend, ob die drohende Verletzung der Geheimhaltungspflichten ein generelles Abtretungsverbot und somit die Einschränkung der Verkehrsfähigkeit von Forderungen rechtfertigt. Diesem Aspekt wird ebenso wie den weiteren Rechtsfolgen einer ungerechtfertigten Verletzung der Geheimhaltungspflichten erst im Anschluss nachgegangen.
I. Grenzen des Bankgeheimnisses nach den AGB-Banken Wenn die AGB-Banken in den jeweiligen Darlehensvertrag einbezogen werden, handelt es sich bei dem Bankgeheimnis um eine vertragliche Pflicht mit dem Inhalt der Nr. 2 Abs. 1 AGB-Banken. Wird der Tatbestand der Nr. 2 Abs. 1 S. 1 AGB-Banken verwirklicht, indem der Zedent die kundenbezogenen Tatsachen an den Zessionar weitergibt, kommt es entscheidend auf die Grenzen des Bankgeheimnisses an, die auf formularvertraglicher Ebene in Nr. 2 Abs. 1 S. 2 AGB-Banken ausgestaltet sind. Darin heißt es: „Nr. 2. Bankgeheimnis und Bankauskunft Abs. 1 Bankgeheimnis [. . .] 2Informationen über den Kunden darf die Bank nur weitergeben, wenn gesetzliche Bestimmungen dies gebieten oder der Kunde eingewilligt hat oder die Bank zur Erteilung einer Bankauskunft befugt ist. [. . .]“
Die drei dort abschließend aufgezählten Ausnahmetatbestände werden im Folgenden auf ihre Anwendbarkeit hin geprüft.
848 849
Wech, S. 448; Bitter, ZHR 173 (2009), 379, insbes. 390 ff. Claussen, Bank- und Börsenrecht, § 1 VI Rn. 174.
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5. Kap.: Geheimhaltungspflichten des Kreditgewerbes
1. Gesetzliche Bestimmung, Nr. 2 Abs. 1 S. 2 Var. 1 AGB-Banken Zunächst ist in Nr. 2 Abs. 1 S. 2 Var. 1 AGB-Banken von gesetzlichen Bestimmungen die Rede, die eine Weitergabe der Informationen über den Kunden gebieten. Damit werden die AGB-Banken für die gesetzlichen Auskunfts-, Offenlegungs- und Anzeigepflichten geöffnet. Der Gesetzgeber hat damit für bestimmte Situationen die Wertentscheidung zugunsten des staatlichen oder individuellen Informationsinteresses und gegen etwaige Geheimhaltungsinteressen getroffen. Die AGB-Banken mussten an diese Offenbarungspflichten angepasst werden, weil das Gesetz Vorrang gegenüber vertraglichen Regelungen genießt (vgl. § 134 BGB) und andernfalls die Gesamtnichtigkeit von Nr. 2 Abs. 1 S. 1 und 2 AGBBanken gedroht hätte (vgl. § 306 Abs. 1 und 2 BGB).850 Derartige gesetzliche Pflichten bestehen insbesondere gegenüber staatlichen Behörden und Gerichten in Straf-,851 Steuer-852 und Bankenaufsichtsverfahren.853 Im hier relevanten zivilrechtlichen Bereich stellt sich die zentrale Frage, ob die Ausnahmeregelung in Nr. 2 Abs. 1 S. 2 Var. 1 AGB-Banken die Weitergabe kundenbezogener Tatsachen und Wertungen im Zuge einer Zession an den Zessionar zu rechtfertigen vermag. 850 Eine geltungserhaltende Reduktion wäre im AGB-Recht unzulässig, stdg. Rspr. seit BGHZ 84, 109, 115 f.; 146, 377, 385; BGH, NJW 2005, 1275; 2005, 1574, 1576; ebenso H. Schmidt, in: Ulmer/Brandner/Hensen, § 306 BGB Rn. 14 ff.; Palandt/Grüneberg §§ 306 Rn. 6; differenzierend Lindacher, in: Wolf/Horn/Lindacher § 305c BGB Rn. 118 ff. 851 Zu nennen sind insbes.: Pflicht der Bankmitarbeiter, als Zeuge vor der Staatsanwaltschaft und vor Gericht zu erscheinen, ohne sich auf ein Aussageverweigerungsrecht nach § 52 ff. StPO berufen zu können, § 161a StPO; Beschlagnahme beweisrelevanter Geschäftsunterlagen, §§ 94 Abs. 2, 98 StPO, Herausgabe von Kontounterlagen nach § 95 Abs. 1 StPO; Anzeigepflicht bei Verdacht auf Geldwäsche, § 11 GWG; vgl. dazu Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 2.181 ff. 852 Gegenüber den Finanzbehörden besteht im Besteuerungsverfahren eine Auskunftspflicht nach § 92 AO, ohne dass das Bankgeheimnis zu den privilegierten Berufsgeheimnissen nach § 102 AO zählt; ein automatisierter Abruf von Kontostammdaten ist durch § 93 Abs. 7, 8 und 93b AO ermöglicht worden; die Steuerfahndung hat weitreichende Befugnisse nach §§ 208 ff., 385 ff. AO; beachte ferner § 45d EStG und § 33 ErbStG. Im Bereich des Steuerrechts wurde durch § 30a AO der besonderen Bedeutung des Vertrauensverhältnisses zwischen Bank und Kunden Rechnung getragen und damit dem zivilrechtlichen Bankgeheimnis ein hoher Stellenwert beigemessen. Wegen der verfassungsrechtlich erforderlichen Besteuerungsgleichheit ist eine Berücksichtigung des Bankgeheimnisses allerdings nur in begrenztem Masse möglich; vgl. beispielhaft die Kritik in BVerfGE 84, 239; zu allem Dahm, in: BuB, Rn. 2/869 ff.; Bruchner/Krepold, in: Bankrechts-Handbuch, § 39 Rn. 231. 853 Die BaFin und die Deutsche Bundesbank, soweit sie in der Funktion der Bankenaufsicht tätig wird, haben ein weitreichendes Auskunfts- und Vorlagerecht aus § 44 Abs. 1 KWG; ferner bestehen Anzeigepflichten für Groß-, Millionen- und Organkredite nach §§ 13 ff. KWG. Dies wird durch umfassende und dauerhafte Verschwiegenheitspflichten der Mitarbeiter der BaFin (§ 9 KWG) und der Deutschen Bundesbank (§ 32 S. 1 BBankG) flankiert, die zudem nach § 203 StGB strafbewehrt sind; vgl. ausf. Weber, in: BuB 2/915 ff.
C. Rechtfertigung einer Beschränkung
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a) Informationspflicht aus § 402 BGB Gewichtige Stimmen in Rspr. und Lit. sehen die Informationspflicht aus § 402 BGB als eine gesetzliche Bestimmung im Sinne dieser Klausel an.854 Danach wäre die Datenweitergabe im Zuge einer Zession nahezu immer zulässig. § 402 BGB stelle eine gesetzliche Bestimmung dar, die zum Zeitpunkt der Einführung der AGB-Banken bereits existierte, nur den Sondersachverhalt Abtretung betreffe und insoweit lex specialis zum Bankgeheimnis sei.855 Der dispositive Charakter der Norm stehe der Einordnung als „gesetzliche Bestimmung“ i. S. v. Nr. 2 Abs. 1 S. 2 Var. 1 AGB-Banken nicht entgegen.856 Insoweit sei die Abbedingung eine vorgelagerte Tatsache. Dies ändere nichts daran, dass es sich um eine gesetzliche Bestimmung handle. § 402 BGB liege bereits eine gesetzliche Abwägung zugrunde, die dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung und den Besonderheiten des Bankgeheimnisses in angemessener Weise Rechnung trage.857 Denn die Pflicht beschränke sich darauf, dass dem neuen Gläubiger nur die zur Geltendmachung der Forderung nötige Auskunft zu erteilen ist. Davon blieben allgemeine Informationen über die Vermögensverhältnisse und andere persönliche Informationen unberührt. Gegen diese Ansicht spricht allerdings, dass für eine Rechtfertigung nach Nr. 2 Abs. 1 S. 2 Var. 1 AGB-Banken nicht jedwede Pflichtenregelung genügt, die der Gesetzgeber in ein formelles Gesetz gegossen hat. Vielmehr wird vorausgesetzt, dass die Datenweitergabe aufgrund eines hoheitlichen Eingriff erfolgt, zu dem eine gesetzliche Bestimmung ermächtigt. Darin unterscheidet sich die Regelung von § 4 BDSG, der für eine Durchbrechung des Datenschutzes durch nichtstaatliche Stellen (§ 1 Abs. 2 Nr. 3 BDSG) bereits eine gesetzliche Erlaubnis, also die Berechtigung zu einem freiwilligen Handeln, genügen lässt. Ähnliches gilt für § 203 StGB. Danach ist die Offenbarung von der Geheimhaltung unterliegenden Daten schon dann nicht „unbefugt“ im Sinne dieser Vorschrift, wenn und soweit der Berufsgeheimnisträger durch Gesetz dazu berechtigt ist,858 ohne dass es einer hoheitlichen Verpflichtung bedarf. Um hingegen das Bankgeheim854 OLG Köln, BKR 2005, 450, 451; LG Koblenz, BKR 2005, 108, 110; Klüwer, Asset-Backed Securitisation, S. 212, 216; heute relativierend ders./Meister, WM 2004, 1157, 1160; Canaris, in: Großkommentar HGB, Bd. 5, Bankvertragsrecht I, Rn. 61a; Petersen, Das Bankgeheimnis zwischen Individualschutz und Institutionsschutz, S. 39; Baums, WM 1993, 1, 6 f.; Rinze/Heda, WM 2004, 1557, 1564 f.; OLG Celle, WM 2004, 1384, 1385 und OLG Köln, BKR 2005, 450, 452 argumentieren mit § 402 BGB als Rechtfertigung im Rahmen von § 28 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BDSG. Teichmann und Kiessling halten generell alle Übertragungsnormen für Erlaubnisnormen i. S. v. § 4 Abs. 1 BDSG, der insoweit Nr. 2 Abs. 1 S. 2 Var. 1 AGB entspricht, vgl. dies., ZGR 2001, 33, 53 ff. 855 Rinze/Heda, WM 2004, 1557, 1564. 856 Rinze/Heda, WM 2004, 1557, 1564. 857 Rinze/Heda, WM 2004, 1557, 1564 f. 858 BGHZ 115, 123, 126; 162, 187.
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5. Kap.: Geheimhaltungspflichten des Kreditgewerbes
nis nach Nr. 2 Abs. 1 S. 2 Var. 1 AGB-Banken in zulässiger Weise durchbrechen zu können, muss die Informationspflicht ihren Entstehungsgrund in einer unfreiwilligen Entscheidung der Bank haben.859 Das trifft indes auf § 402 BGB nicht zu. Denn diese Norm ist kein zwingendes gesetzliches Gebot, sondern dispositiv.860 Ihre Abdingbarkeit erlaubt es den Zessionsparteien, etwaige Interessenkollisionen auch zugunsten der Geheimhaltungsinteressen des Schuldners zu lösen. Das ergibt sich sogar, ohne dass sie auf die Abtretung selbst verzichten müssen, etwa indem diese anonymisiert vorgenommen wird. Der Vorschrift ist demnach nur eine Typisierung, jedoch keine prinzipielle gesetzgeberische Entscheidung zugunsten einer Datenweitergabe zu entnehmen. Als weiteres entscheidendes Argument ist anzuführen, dass § 402 BGB seinerseits ein wirksames Kausalgeschäft erfordert, das auf eine Abtretung gerichtet ist.861 Selbst wenn es sich also um eine unabdingbare Vorschrift handeln würde, wäre sie immer noch Folge und nicht Voraussetzung dieser Rechtsgeschäfte. Sowohl Verfügungs- als auch Verpflichtungsgeschäfte erfolgen aber nicht aufgrund gesetzlicher Pflicht, sondern aufgrund privatautonomer Entscheidung.862 Aus dem zuletzt genannten Aspekt erfordern auch Legalzessionen keine andere Bewertung. Zwar gelangt über die Verweisung in § 412 BGB ein auf die Nebenpflichten beschränktes Schuldverhältnis zur Entstehung,863 wonach § 402 BGB zwingend anzuwenden ist.864 Doch auch hier beruht die nunmehr gesetzliche Auskunftspflicht zumindest mittelbar auf einem Rechtsgeschäft, das der Verpflichtete im Interesse der Geheimhaltungspflicht hätte unterlassen können. Wenn die Parteien aber die Möglichkeit haben, auf die Geschäfte, welche die Auskunftspflicht zur Folge haben, zu verzichten, kann § 402 BGB keine generelle Offenbarungsbefugnis enthalten. Auch das allgemeine Bestimmtheitsgebot zwingt nicht zu einer Durchbrechung des Bankgeheimnisses, weil dem auch mit einer Verschlüsselung und Anonymisierung der Schuldnerdaten Genüge getan werden kann. Ungeachtet dieser technischen Argumente verdient vor allem das Bestreben Aufmerksamkeit, das Institut des Bankgeheimnisses zu erhalten: Würde man die genannten Normen als gesetzliche Offenlegungspflichten anerkennen, würde das
859 Rob. Koch, BKR 2006, 182, 187; vgl. zudem BGH, NJW 2005, 1308 zu § 49b Abs. 4 BRAO a. F. 860 Klüwer/Meister, WM 2004, 1157, 1160; zu den rechtlichen und tatsächlichen Zusammenhängen zwischen Abtretung und Informationsweitergabe, insbes. der Pflicht aus § 402 BGB s. oben Kapitel 5 B. I. und II. 861 Hammen, in: Bankrechtstag 2005, S. 113, 127 in Fn. 66. 862 Cahn, WM 2004, 2041, 2046. 863 MüKo-BGB/Roth, § 402 Rn. 3. 864 Peters, AcP 206 (2006), 843, 856 f., der zudem auf den gesetzlichen Übergang des Mietvertrages infolge einer Wohraumübereignung nach § 566 BGB hinweist.
C. Rechtfertigung einer Beschränkung
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Bankgeheimnis zur Disposition des Geheimnisverpflichteten gestellt.865 Die Befürworter beteuern zwar, dass das Bankgeheimnis dadurch lediglich für den Teilbereich der Forderungsabtretungen durchbrochen werde und Daten an den Zessionar nur im Rahmen des Erforderlichen weitergegeben würden.866 Jedoch unterliegen auch die zur Geltendmachung der Forderung nötigen Daten dem Bankgeheimnis. Allein schon ihre Offenbarung kann verheerende Auswirkungen für den Schuldner haben. Mit einer schonenden Durchführung der Abtretung ließe sich zudem nicht das Grundproblem beseitigen, dass die Kreditinstitute die Voraussetzungen des § 402 BGB selbst schaffen und sich damit beliebig von ihrer Geheimhaltungspflicht befreien könnten.867 Nach alledem ist festzuhalten, dass § 402 BGB typisierend die Datenweitergabe als vertragliche Pflicht vorsieht, wie dies für gewöhnlich der Interessenlage unter den Zessionsparteien entspricht. Das hat jedoch keinerlei Auswirkungen auf entgegenstehende Geheimhaltungspflichten des Zedenten gegenüber Dritten. Die Norm ist mithin keine gesetzliche Bestimmung i. S. v. Nr. 2 Abs. 1 S. 2 Var. 1 AGB-Banken, die eine Weitergabe kundenbezogener Tatsachen an den Zessionar gestatten würde.868 b) Abtretung als Auslagerung gemäß § 25a Abs. 2 KWG Teile der Lit. sehen die Vorschrift in § 25a Abs. 2 KWG und das dazu erlassene, aber mittlerweile durch die MaRisk869 ersetzte Auslagerungsrundschreiben des ehemaligen Bundesaufsichtsamtes für Kreditwesen870 als Beleg dafür an, dass die Durchbrechung des Bankgeheimnisses zur Abtretung von Darlehensforderungen zulässig sei.871 In § 25a KWG werden Anforderungen dafür aufgestellt, dass wesentliche Geschäftsbereiche eines Kreditinstituts auf fremde Dienstleister ausgelagert werden können. Damit wird zugleich postuliert, dass die Auslagerung von Bereichen auf ein anderes Unternehmen zulässig ist.872 Die 865 Cahn, WM 2004, 2041, 2046; Klüwer/Meister, WM 2004, 1157, 1160; Rob. Koch, BKR 2006, 182, 187; Nobbe, WM 2005, 1537, 1546; ders., ZIP 2008, 97, 103; Wittig, in: Bankrechtstag 2005, S. 145, 183. 866 Rinze/Heda, WM 2004, 1557, 1564. 867 Wittig, in: Bankrechtstag 2005, S. 145, 183. 868 Klüwer/Meister, WM 2004, 1157, 1160; Rob. Koch, BKR 2006, 182, 187; Nobbe, WM 2005, 1537, 1546; ders., ZIP 2008, 97, 103; Vollborth, S. 209; so auch Peters, AcP 206 (2006), 843, 856 f. 869 BaFin, Rundschreiben 5/2007 (BA) – Mindestanforderungen an das Risikomanagement – MaRisk, BA 17-K 3106-2007/0010 vom 30.10.2007. 870 BaKred, Rundschreiben 11/2001 zur Auslagerung von Bereichen auf ein anderes Unternehmen gemäß § 25a Abs. 2 KWG vom 06.12.2001. 871 So etwa Bütter/Tonner, ZBB 2005, 165, 169; Früh, WM 2000, 497, 504; Bruchner, BKR 2004, 394, 396; Sester/Glos, DB 2005, 375, 378; ähnlich Cahn, WM 2004, 2041, 2046. 872 Braun, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, § 25a, Rn. 579.
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5. Kap.: Geheimhaltungspflichten des Kreditgewerbes
MaRisk stellen in AT 9 Abs. 4 klar, dass grundsätzlich alle Aktivitäten und Prozesse auslagerbar sind, solange dadurch die Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsorganisation gemäß § 25a Abs. 1 KWG nicht beeinträchtigt wird. Das noch im Auslagerungsrundschreiben873 genannte Inkassowesen, das naturgemäß nur unter Kenntnis der Schuldnernamen betrieben werden kann,874 wird in den MaRisk jedoch nicht mehr angeführt. Dazu ist zu sagen, dass § 25a Abs. 2 KWG eine Durchbrechung des Bankgeheimnisses nicht erlaubt. Schon der Wortlaut gibt nichts für eine Durchbrechung der Verschwiegenheitspflichten gegenüber den von der Auslagerung betroffenen Bankkunden her. Indem § 25a KWG die zivilrechtliche Zulässigkeit von Auslagerungen voraussetzt, ordnet er diese nicht an.875 Die Regelung stellt keine gesetzliche Bestimmung dar, die die Datenweitergabe im Zuge einer Zession gebietet. Das vertragliche oder quasivertragliche Bankgeheimnis steht schon aus Gründen der Privatautonomie (Art. 2 Abs. 1 GG)876 auch nicht zur Disposition der Bankenaufsicht. Es ist daher eine andere, von § 25a KWG unabhängige Begründung dafür zu suchen, dass eine Auslagerung das Bankgeheimnis nicht beeinträchtigt, bevor dazu übergegangen werden kann, ob dies auch für eine Datenweitergabe im Zuge von Zessionen gilt. Hier erlangt die Interpretation des ABS-Rundschreibens Bedeutung, das freilich auch nur die zivilrechtliche Rechtslage wiedergeben, nicht aber selbst gestalten kann.877 Der Grund für eine Privilegierung liegt darin, dass bei einer Auslagerung der Dienstleister Erfüllungsgehilfe der Bank bleibt.878 Die Bank ist weiterhin für die Geheimhaltung der Daten, und zwar auch im Bereich des fremden Dienstleisters, verantwortlich. So schreibt auch § 25a Abs. 2 S. 4 und 5 KWG vor, dass die Auslagerung nicht zu einer Delegation der Verantwortung der Geschäftsleitung an das Auslagerungsunternehmen führen darf und die Leitungsaufgaben der Geschäftsleitung nicht auslagerbar sind. Die Daten gelangen mithin nicht aus ihrem ursprünglichen Geheimhaltungs- und Verantwortungsbereich hinaus. Nach weit verbreiteter Ansicht berührt eine intrakorporative Datenverbreitung deshalb das Bankgeheimnis von vornherein nicht.879 Dieser Gedanke liegt auch der Regelung der Auftragsdatenverarbeitung in § 3 Abs. 8 S. 3 BDSG zu-
873 874 875
BaKred, Rundschreiben 11/2001, Tz. 11. Cahn, WM 2004, 2041, 2046. OLG Schleswig, BKR 2008, 25, 27 f.; Hammen, in: Bankrechtstag 2005, S. 113,
133. 876 Art. 2 Abs. 1 GG gewährleistet die Privatautonomie als „Selbstbestimmung des Einzelnen im Rechtsleben“, BVerfGE 91, 346, 358; BVerfGE 99, 341, 350. 877 Hammen, in: Bankrechtstag 2005, S. 113, 133; insoweit übereinstimmend mit den Aussagen von Cahn zum ABS-Rundschreiben in WM 2004, 2041, 2047. 878 Nobbe, WM 2005, 1537, 1546; ders., ZIP 2008, 97, 103. 879 So Wech, S. 302 ff. m.w. N. auch zur Gegenmeinung.
C. Rechtfertigung einer Beschränkung
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grunde, nach der Personen und Stellen, die personenbezogene Daten im Auftrag erheben, verarbeiten oder nutzen, nicht „Dritte“ sind.880 Dies vermag jedoch kaum zu erklären, warum bei Funktionsübertragungen an Auslagerungsunternehmen gleichwohl die zum „inneren Bankgeheimnis“ 881 entwickelten Grundsätze gelten sollen882 bzw. sich zum Datenschutz in § 11 BDSG besondere Vorgaben finden. Richtig ist sicherlich, dass die Verantwortung für den Umgang mit dem Geheimnisschutz bei dem bisherigen Dateninhaber verbleibt.883 Nach hier vertretener Ansicht kann dies aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass jede Datenweitergabe ein Geheimnisbruch ist, gleich an welche Person sie erfolgt. Die Besonderheiten fließen erst auf der Ebene der Rechtfertigung ein: Der Geheimnisherr ist nämlich regelmäßig damit einverstanden, dass Hilfspersonen des Kreditinstitutes oder beauftragte Dritte von vertraulichen Tatsachen Kenntnis erlangen.884 Die Auslagerungsunternehmen unterscheiden sich insoweit nicht von jedem Angestellten und jedem Organ der Bank. Daraus folgt zwanglos, dass jene wie diese dem Bankgeheimnis zu unterstellen und ausdrücklich dazu zu verpflichten sind, die Vertraulichkeit der Kundendaten zu wahren,885 was indes für sich allein eine Datenoffenbarung an diesen Personenkreis nicht zulässig macht. Die Datenverwendung im internen Bereich ist vielmehr regelmäßig aufgrund einer – letztlich mutmaßlichen886 – Einwilligung des Geheimnisherrn gerechtfertigt. Allerdings findet sie ihre Grenze spätestens dann, wenn die Daten an bestimmte Personen des internen Bereichs gelangen, die er nicht im Besitz seiner Daten wissen möchte. Damit lässt die hier vertretene Ansicht dem Geheimnisherrn eine weiter gehende Selbstbestimmung. Demnach ist der Aussage entgegenzutreten, dass die Schuldnerdaten im Rahmen einer Auslagerung stets auch an Inkassounternehmen weitergegeben werden dürften.887 Eine Bestätigung bringt der Umstand, dass der Gesetzgeber in § 49b Abs. 4 BRAO neben der Abtretung von Vergütungsforderungen auch schon die bloße Übertragung ihrer Einziehung im Lichte der Geheimhaltungspflichten für regelungsbedürftig hielt. Dessen ungeachtet ist festzuhalten, dass gesonderte und ausdrückliche Einwilligungen zumindest im Grundsatz entbehrlich sind, wenn die Datenweitergaben zum Zwecke von Auslagerungen erfolgen. 880
Gola/Schomerus, BDSG, § 11 Rn. 3. Dazu Bruchner, in: Bankrechts-Handbuch, § 39 Rn. 21 ff. 882 Wech, S. 334 ff. 883 Evers/Keine, NJW 2003, 2726, 2727 f. 884 Bruchner, in: Bankrechts-Handbuch, § 39 Rn. 29 f., 21 ff.; Weber, in: BuB, Rn. 2/855. 885 Vgl. BaKred, ehem. Rundschreiben 11/2001 zur Auslagerung von Bereichen auf ein anderes Unternehmen gemäß § 25a Abs. 2 KWG vom 06.12.2001, Nr. 43; Braun, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, § 25a Rn. 645; Cahn, WM 2004, 2041, 2046. 886 Dazu ausf. Kapitel 5 C. I. 3. d). 887 Cahn, WM 2004, 2041, 2046 unter Bezugnahme auf das mittlerweile aufgehobene Rundschreiben 11/2001, Tz. 11. 881
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5. Kap.: Geheimhaltungspflichten des Kreditgewerbes
Daraus kann indes nicht geschlossen werden, dass Datenweitergaben auch für beliebige Forderungszessionen zulässig seien.888 Denn bei Darlehensveräußerungen unterscheidet sich die Situation grundlegend von Auslagerungen einzelner Funktionen: Die Bank trennt sich vollständig von dem Risiko aus den Darlehensforderungen.889 Damit werden die Schuldnerdaten aus ihrer Betriebssphäre herausgeführt. Sie hat keinen Einfluss mehr auf die Einhaltung des Bankgeheimnisses und die Verwendung der Daten bei dem Erwerber. Dieser ist ihr nämlich nicht weisungsgebunden oder vertraglich verpflichtet. Eine Datenweitergabe an diese Personen ist nicht von der generellen Einwilligung des Geheimnisherrn umfasst. Betroffen ist nicht das innere, sondern das äußere Bankgeheimnis. Mithin ist festzuhalten, dass die Regelung des § 25a Abs. 2 KWG eine Verletzung des Bankgeheimnisses nicht zu rechtfertigen vermag, aber im Bereich der Auslagerungen zutreffend voraussetzt. Die Rechtslage zu einer an sich zulässigen Datenweitergabe im Rahmen von Funktionsauslagerungen lässt sich nicht auf die Datenweitergabe im Zuge von Darlehensveräußerungen übertragen. c) Ausnahmeregelung in § 16 Abs. 2 FMStBG Für Kreditinstitute steht keine allgemeine Befugnis zur Weitergabe kundenbezogener Tatsachen und Wertungen im Rahmen einer Zession bereit. Zudem fehlt eine Regelung, die in ihrer Reichweite der Offenbarungsbefugnis für Rechtsanwälte, Steuerberater und Ärzte gemäß § 49b Abs. 4 BRAO, § 64 Abs. 2 StBerG bzw. § 17 Abs. 2 KHEntgG890 auch nur annähernd gleichkäme. Es findet sich – soweit ersichtlich – lediglich die punktuelle Sonderregelung in § 16 Abs. 2 S. 1 FMStBG. Sie besagt, dass die an einer Übertragung von Risikopositionen an den neu gegründeten staatlichen Finanzmarktstabilisierungsfonds Beteiligten personenbezogene Daten erheben, verarbeiten und nutzen dürfen, soweit dies zur Übertragung gefährdeter Risikopositionen gemäß § 8 FMStFG erforderlich ist. Der Gesetzgeber wollte mit der Einführung der Erleichterungen für Forderungsabtretungen an den Finanzmarktstabilisierungsfonds einer transaktionsgefährdenden Diskussion um Geheimhaltungspflichten von vornherein vorbeugen und entschied den Interessenkonflikt pauschal zugunsten der Interessen der Zessionsparteien an einer Datenweitergabe. Es ist zu hinterfragen, ob mit der Vorschrift in ihrem engen Anwendungsbereich eine Verletzung des Bankgeheimnisses zu rechtfertigen wäre. Dessen Durchbrechung ist gemäß Nr. 2 Abs. 1 S. 2 Var. 1 AGB-Banken nur aufgrund einer gesetzlichen Bestimmung zulässig, die 888 Vgl. OLG Schleswig, BKR 2008, 25, 27 f.; R. Freitag, EWiR § 399 BGB 1/04, 741, 742; Nobbe, WM 2005, 1537, 1546; ders., ZIP 2008, 97, 103; Hammen, in: Bankrechtstag 2005, S. 113, 133; Schantz, VuR 2006, 464, 467. 889 R. Freitag, EWiR § 399 BGB 1/04, 741, 742; Nobbe, WM 2005, 1537, 1546; ders., ZIP 2008, 97, 103; Hammen, in: Bankrechtstag 2005, S. 113, 133. 890 Vgl. dazu ausführlich unten Kapitel 5 C. III. 8. a).
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eine Weitergabe der Informationen über den Kunden gebietet. Nach den herausgearbeiteten Grundsätzen darf die Informationspflicht ihren Entstehungsgrund aber nicht in einer freiwilligen Entscheidung der Bank haben. Ob die Banken Darlehensforderungen auf den Fonds übertragen, liegt jedoch in ihrem eigenen Ermessen. Der Staatseingriff beruht auf Freiwilligkeit und – im Unterschied zu anderen Ländern – nicht auf Zwang. Demnach ist die Datenweitergabe im Zuge einer derartigen Darlehensübertragung ebenfalls Ausfluss einer freiwilligen Entscheidung. Die Regelung des § 16 Abs. 2 S. 1 FMStBG enthält folglich nur eine Erlaubnis, kein Gebot. Das Gesetz kann zwar hoheitliche Auskunftspflichten aufstellen, jedoch keine Verträge modifizieren. Ersteres ist im FMStBG nach dem zuvor Gesagten nicht geschehen. Letzteres wäre ein unverhältnismäßiger Eingriff in die Privatautonomie. Deshalb ist es kaum möglich, die formularvertraglich geregelten Grenzen des Bankgeheimnisses durch das Notgesetz zu verwässern. Die Regierungsbegründung891 sieht in diesem Bereich keine Klarheit, sondern Unsicherheiten, die es nur für den im FMStBG geregelten Spezialbereich auszuschließen gilt. Die pauschale Form der Ausnahmeregelung ist vor dem Hintergrund des informationellen Selbstbestimmungsrechts bedenklich892 und keineswegs verallgemeinerungsfähig. Es sind große Zweifel angebracht, ob mit § 16 Abs. 2 S. 1 FMStBG eine gesetzliche Bestimmung – insbesondere auch im Sinne von Nr. 2 Abs. 1 S. 2 Var. 1 AGB-Banken – geschaffen wurde, die eine Datenweitergabe im Zuge eines Risikotransfers auf den staatlichen Fonds legitimieren kann. d) Gerichtsöffentlichkeit im Klageverfahren und Offenbarungen an Zwangsvollstreckungsorgane Nach § 169 S. 1 GVG ist die Verhandlung vor dem erkennenden Gericht einschließlich der Verkündung der Urteile und Beschlüsse öffentlich (Grundsatz der Gerichtsöffentlichkeit).893 Klagt somit die Bank eine Forderung gegen ihren Darlehensnehmer ein, so muss sie das Bankgeheimnis verletzen, weil die Schuldnerdaten und Strukturdaten des Darlehens einer normativen Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden müssen. Gleiches gilt für die Zwangsvollstreckung. Um diese durchführen zu können, muss den Vollstreckungsorganen mit dem Auftrag zur Zwangsvollstreckung gemäß § 754 ZPO eine vollstreckbare Ausfertigung des Titels übermittelt werden. Das Urteil selbst enthält laut § 313 ZPO insbesondere die Prozessparteien und die Urteilsformel, in der der Anspruch in vollstreckungs891
Vgl. BT-Drs. 16/10600 vom 14.10.2008, S. 20 f. Zweifelnd auch Spindler, DStR 2008, 2268, 2275; ähnlich krit. hinsichtlich der nötigen Bestimmtheit der personenbezogenen Daten Kremer/Fürmaier, in: Jaletzke/ Veranneman, FMStG, FMS § 16 Rn. 20. 893 Die Gerichtsöffentlichkeit ist nach BVerfGE 103, 44, 63 ein Verfassungsgrundsatz; anders noch BVerfGE 15, 303, 307; vgl. auch Stürner, Gutachten A zum 58. DJT, A 42 f. 892
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5. Kap.: Geheimhaltungspflichten des Kreditgewerbes
fähiger Form tenoriert wird. Dies sind zugleich die Mindestanforderungen für die Vollstreckbarkeit von Titeln i. S. v. § 794 Abs. 1 ZPO. In § 750 Abs. 1 ZPO wird zusätzlich angeordnet, dass die Personen, für und gegen die die Vollstreckung stattfinden soll, in der vollstreckbaren Ausfertigung namentlich bezeichnet sein müssen. Den Vollstreckungsorganen sind demnach sowohl der Schuldnername nebst weiteren persönlichen Identifikationsdaten, der Gläubigername sowie der zu vollstreckende Anspruch zwingend mitzuteilen. Sowohl die Klageerhebung als auch die Zwangsvollstreckung beruhen auf freiwilligen Entscheidungen des Klägers bzw. Vollstreckungsgläubigers. Deshalb können weder § 169 S. 1 GVG noch § 754 ZPO als gesetzliche Bestimmungen angesehen werden, die die Weitergabe kundenbezogener Tatsachen und Wertungen zwingend „gebieten“ gemäß Nr. 2 Abs. 1 S. 2 Var. 1 AGB-Banken. In diesem Kontext wird auch die Erklärungspflicht des Drittschuldners gegenüber dem Gläubiger nach § 840 Abs. 1 ZPO (Drittschuldnererklärung) angeführt.894 Eine Drittschuldnererklärung greift in das Bankgeheimnis ein, wenn Dritte Forderungen eines Kunden in seiner Eigenschaft als Gläubiger der Bank pfänden lassen und es demnach die Bank ist, die die Erklärung abgibt. Darauf aufbauend wird in der Lit. folgender Schluss gezogen: Wenn die Bank Daten ihrer Kunden zur Durchsetzung fremder Forderungen weitergeben dürfe, müsse Gleiches gelten, wenn sie ihre eigenen Forderungen gegen ihre Darlehensnehmer durchsetze.895 Auch bei der Drittschuldnererklärung handelt es sich streng genommen nicht um die Erfüllung einer gesetzlichen Pflicht, sondern nur um eine Obliegenheit, deren Missachtung zu einer Haftung auf Schadensersatz nach § 840 Abs. 2 S. 2 ZPO führt.896 Ihre Befolgung ist rechtlich nicht zwingend. Weil indes die Haftung bei Nichtbefolgung zwingend ist, erscheint es vertretbar, das Bankgeheimnis für die Erteilung der Drittschuldnererklärung zu öffnen.897 Damit ist die Datenweitergabe zur Durchsetzung eigener Forderungen aber nicht vergleichbar. Denn diese beruht ausschließlich auf einer selbstbestimmten Entscheidung des Geheimhaltungsverpflichteten. Deshalb ergibt sich nichts anderes als zu §§ 169 S. 1 GVG, 754 ZPO: Die Durchsetzung eigener Forderungen „gebietet“ keine Datenweitergabe. Darüber hinaus ist auch die „Natur der Sache“, aus der die Offenlegung nach manchen Stimmen folgen soll,898 keine „gesetzliche Bestimmung“ i. S. v. Nr. 2 Abs. 1 S. 2 Var. 1 AGB-Banken.
894 So etwa Hammen, in: Bankrechtstag 2005, S. 113, 128; Jobe, ZIP 2004, 2415, 2417; Wech, S. 387; Bitter, ZHR 173 (2009), 379, 408 f. 895 Bitter, ZHR 173 (2009), 379, 409. 896 So die mittlerweile h. M. in der Rspr.: BGH, NJW-RR 2006, 1566; BGHZ 86, 23; 91, 126, 129; a. A. noch OLG Köln MDR 1978, 941; ferner aus der Lit. Musielak/ Becker, ZPO, § 840, Rn. 8; Staab, NZA 1993, 439, 442 (Lohnpfändung). 897 Bunte, AGB-Banken, Rn. 93; Weber, in: BuB, Rn. 2/865; Wech, S. 387; Bitter, ZHR 173 (2009), 379, 408 f. 898 Vgl. Bitter, ZHR 173 (2009), 379, 409.
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2. Bankauskunft, Nr. 2 Abs. 1 S. 2 Var. 3 AGB-Banken Das Bankauskunftsverfahren wurde erstmals in Nr. 10 Abs. 1 AGB-Banken vom 01.01.1984 formularvertraglich geregelt und stieß prompt auf vehemente öffentliche Kritik.899 Im Rahmen eines Kompromisses wurde zwischen den Spitzenverbänden der Kreditwirtschaft sowie den Vertretern der Datenschutzaufsichtsbehörden des Bundes und der Länder900 eine Modifizierung vorgenommen, deren Ergebnis in die nunmehr geltenden AGB-Banken eingeflossen ist:901 Nach Nr. 2 Abs. 1 S. 2 Var. 3 AGB darf die Bank Informationen über ihren Kunden weitergeben, wenn sie zur Erteilung einer Bankauskunft befugt ist. Allein diese Ausnahme vermag die im Zuge einer Darlehensveräußerung erfolgende Datenweitergabe nicht zu rechtfertigen. Denn die zedierende Bank teilt dem Zessionar nicht lediglich allgemein gehaltene Feststellungen und Bemerkungen über die wirtschaftlichen Verhältnisse des Kunden, seine Kreditwürdigkeit und Zahlungsfähigkeit mit, so Nr. 2 Abs. 2 S. 1 AGB-Banken. Vielmehr werden konkrete schuldnerbezogene Daten weitergegeben und insbesondere auch Angaben über die Höhe der Kreditinanspruchnahme gemacht. Diese Angaben werden laut Nr. 2 Abs. 2 S. 2 AGB-Banken von einer Bankauskunft ausdrücklich nicht umfasst.902 Überdies müssen gemäß Nr. 2 Abs. 3 S. 3 AGB-Banken Privatkunden und Geschäftskunden, die keine juristischen Personen sind und nicht im Handelsregister eingetragen sind, in die Weitergabe der sie betreffenden Informationen ausdrücklich einwilligen. Für Privatkunden ist deshalb die Weitergabe der Daten, die zur Forderungseinziehung erforderlich sind, schon tatbestandlich nicht über die Ausnahme für Bankauskünfte zu rechtfertigen. Für diese Kunden kann eine rechtfertigende Einwilligung daher nicht entbehrt werden. 3. Einwilligung, Nr. 2 Abs. 1 S. 2 Var. 2 AGB-Banken a) Grundlagen Nach Nr. 2 Abs. 1 S. 2 Var. 2 AGB-Banken kann die Einwilligung des Bankkunden das Bankgeheimnis durchbrechen. Damit wird der allgemeine Rechtsgrundsatz „volenti non fit iniuria“ – „dem Einwilligenden geschieht kein Unrecht“ in den Kanon der Ausschlusstatbestände der AGB-Banken aufgenommen. Der Grundsatz ist die sprichwörtliche Umformulierung eines Satzes, der sich bei Ulpian findet und dort eher beiläufig und wie selbstverständlich erwähnt wird:903 899
A. Weber, Die Bank, 1984, 530 ff.; Thilo, NJW 1984, 582, 582 ff. Kommuniqué über das Bankauskunftsverfahren vom 17.10.1984, abgedr. bei Weber, in: BuB, Rn. 1/29 f. und 2/948. 901 Bruchner, in: Bankrechts-Handbuch, § 40 Rn. 1 f.; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 2.201 f. 902 Für Geschäftskunden offenbar anders Früh, WM 2000, 497, 503. 903 Ulp. D.47.10.1.5, vgl. auch Ohly, insbes. S. 25. 900
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5. Kap.: Geheimhaltungspflichten des Kreditgewerbes
Die wirksame, im Augenblick des Eingriffs vorliegende Einwilligung des Betroffenen in die Rechtsgutsverletzung hebt die Rechtswidrigkeit des Eingriffs auf.904 Aufgrund der herausragenden Bedeutung, die der Einwilligung in der modernen Rechtspraxis zukommt, wird sie auch als „Königin der Rechtfertigungsgründe“ 905 bezeichnet. Das gilt auch in Bezug auf die nachteiligen Folgen einer Darlehensveräußerung. Eine ausdrückliche gesetzliche Definition der Einwilligung findet sich nicht. Dementsprechend unklar sind ihre Rechtsnatur und ihr Anwendungsbereich. Das Meinungsspektrum ist breit gefächert.906 Es reicht von rechtsgeschäftlichen 907 und rechtsgeschäftsähnlichen 908 Ansätzen bis hin zu einer Einordnung als Realakt,909 wobei sich jeweils verschiedene Spielarten und Begründungsansätze finden lassen.910 Fraglich ist insbesondere, ob die Einwilligung nur gegenüber unerlaubten Handlungen rechtfertigend wirkt oder ob sie auch auf vertragliche Schuldverhältnisse anwendbar ist. Insofern ist zwischen Eingriff und vertraglicher Grundlage, mithin zwischen Einwilligung und rechtsgeschäftlicher Erklärung zu differenzieren.911 Im vertraglichen Bereich erteilt der Rechtsinhaber keineswegs einen Dispens von der Befolgung vertraglicher Pflichten.912 Vielmehr kann man sich auf den Standpunkt stellen, dass die Einholung der Einwilligung Teil der Vertragserfüllung sei und – ihre Annahme vorausgesetzt – zu einem Erlass- oder Änderungsvertrag führe.913 Mithin ist sie, soweit sie sich auf Vertragsverletzungen bezieht, keine rechtfertigende Tatsachenerklärung, sondern der Sache nach eine Willenserklärung, die sich auf den Abschluss eines Vertrages richtet und auf die die Vorschriften der §§ 182, 183 BGB unmittelbar anzuwenden sind. Dies wird einer etwaigen Kommerzialisierung der betreffenden Rechtsgüter am besten gerecht.914
904
Vgl. BGHZ 29, 33, 36 ff.; 106, 391, 397 f. Steiner, S. 159. 906 Instruktiv Ohly, S. 35 ff. mit zusammenfassendem Überblick auf S. 59. 907 Zur Einwilligung in Heileingriffe Rosener, S. 100 ff.; zur Einwilligung nach § 4a BDSG OLG Celle, NJW 1980, 1287, 1288; Simitis/Simitis, BDSG, § 4a Rn. 20 ff. m.w. N.; zur Einwilligung nach 22 KUG OLG München, NJW-RR 1990, 999; dagegen nicht mehr eindeutig OLG München NJW 2002, 305. 908 BGHZ 29, 33, 36 ff.; Erman/Schiemann, BGB, § 823 Rn. 147. 909 Schütte, NJW 1979, 592; Laufs/Katzenmeier/Lipp, Arztrecht, V.B.III.2.b, Rn. 41, in Fn. 146. 910 Zum Meinungsstand A. Diederichsen, in: FS Hirsch, S. 355 ff. m.w. N. 911 Ähnlich Roxin, Strafrecht AT I, S. 569. 912 Ohly, S. 22. 913 Ohly, S. 22 und S. 178 ff. 914 Diesen Aspekt hervorhebend Götting, S. 165 ff. 905
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Die Einwilligung des zu Schädigenden in deliktische Handlungen ist dagegen nicht mit der in § 183 BGB bezeichneten zu verwechseln.915 Nach überwiegender Ansicht, die von der Rspr. des BGH geprägt ist, handelt es sich nicht um eine rechtsgeschäftliche Willenserklärung – obgleich sie in Erfüllung eines Rechtsgeschäfts abgegeben werden kann –, sondern um eine „Gestattung oder Ermächtigung zur Vornahme tatsächlicher Handlungen, die in den Rechtskreis des Gestattenden eingreifen“.916 Im Übrigen besagt § 183 BGB selbst lediglich – und darin nun stimmen die beiden ansonsten vollkommen unterschiedlichen Rechtsinstitute überein917 –, dass die Einwilligung zeitlich vor der Verletzungshandlung liegt und widerruflich ist. Die rechtfertigende Wirkung einer Einwilligung ist § 183 BGB ohnehin nicht zu entnehmen. Sie folgt aus allgemeinen Rechtsgrundsätzen. Die Diskussion ist vor allem für die Anwendung der AGB-Kontrolle auf formularmäßig vorgegebene Einwilligungen entscheidend. Jedenfalls führt die Einwilligung dazu, dass eine Verletzung des Bankgeheimnisses nach Nr. 2 Abs. 1 S. 2 Var. 2 AGB-Banken gerechtfertigt ist. b) Ausdrückliche Einwilligung Das höchste Maß an Rechtssicherheit können Banken dadurch herbeiführen, dass sie eine ausdrückliche Einwilligung einholen. Ein etwaiges Schriftformerfordernis stellt hierbei keine unüberbrückbare Hürde dar. Dabei sind grundsätzlich zwei Alternativen in Betracht zu ziehen:918 Eine Einwilligung kann bereits bei Abschluss des Darlehensvertrags erteilt werden, was fast ausschließlich in formularmäßiger Form erfolgt. Die AGB-rechtlichen Voraussetzungen dieser Möglichkeit werden abschließend in Kapitel 9 erörtert, wo auf der Grundlage dieser Untersuchung ein entsprechender Formulierungsvorschlag entwickelt wird. Als zweite – bislang aber kaum praxisrelevante – Alternative erfolgt die Einwilligung unmittelbar vor der Transaktion.919 In diesem Stadium können die Forderungserwerber und damit zugleich auch die Datenempfänger konkret bestimmt werden. Zudem hat der Geheimhaltungsberechtigte in aller Regel die freie Wahl, ob er die Einwilligung erteilt oder ob er darauf verzichtet. Mithin steht deren Wirksamkeit nichts entgegen, soweit sie nur ausdrücklich und schriftlich erteilt wurde und zeitlich vor der Datenweitergabe liegt. Es bleibt anzumer915
Vgl. BGHZ 29, 33, 36; Palandt/Ellenberger, BGB, Einf. v. § 182 Rn. 2. BGHZ 29, 33, 36; BGH, NJW 1964, 1177 f.; BGHZ 105, 45, 47 f.; Laufs/Katzenmeier/Lipp, Arztrecht, V.B.III.2.b, Rn. 41, in Fn. 146; ähnlich Erman/Palm, BGB, Vor 182 Rn. 3. 917 Insoweit zutreffend Weber, in: BuB, Rn. 1/50; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 2.163; Bunte, in: Bankrechts-Handbuch, § 7 Rn. 12. 918 Vgl. B. Berger, Duty of Confidentiality, S. 80 ff.; Schubäus, Kreditwesen 2008, 71, 72 f. 919 So der Praxistipp von Möhlenkamp, BB 2007, 1126, 1128. 916
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5. Kap.: Geheimhaltungspflichten des Kreditgewerbes
ken, dass nachträgliche Zustimmungen dagegen schon begrifflich nicht die Voraussetzungen einer Einwilligung erfüllen. Sie entfalten auch keine Heilungswirkung, sondern können allenfalls als Verzicht auf die Geltendmachung von Ersatzansprüchen ausgelegt werden. c) Konkludente Einwilligung Eine konkludente Einwilligung liegt regelmäßig hinsichtlich der Verwendung der Bankdaten im internen Bankbereich vor.920 Dies steht seinerseits unter dem Vorbehalt, dass eine Verwendung der Daten für den internen Organisationsablauf erforderlich ist. Die Grenze zieht das sog. „innere Bankgeheimnis“.921 Ausgehend von einer am Willen des Geheimnisherrn orientierten Auslegung findet dessen im Grunde schon mutmaßliche Einwilligung im internen Bereich ihre Grenze, wenn seine Daten an Personen gelangen, die er nicht in deren Besitz wissen möchte. Das steht in seinem Ermessen. Seine Einwilligung bezieht sich typischerweise auf reine Service Agents, nicht aber auf Inkassounternehmen, die auf eine zügige und wenig behutsame Verwertung der Darlehen spezialisiert sind. Konkludente Einwilligungen könnten auch im Zusammenhang mit Darlehen vorliegen, die zum Zeitpunkt ihrer Ausreichung im klassischen Sinne922 in einer Urkunde verbrieft werden, in der die wesentlichen schuldner- und forderungsbezogene Informationen enthalten sind. Das betrifft insbesondere Schuldscheindarlehen923 und Wechsel. Mit der Verbriefung verfolgt der Kreditgeber den Zweck, die Darlehen zu handeln und an Dritte zu veräußern, womit regelmäßig die Weitergabe der in der jeweiligen Urkunde angegebenen Daten verbunden ist.924 Der neue Gläubiger erhält regelmäßig den Besitz an der Urkunde.925 Deshalb wird die Ansicht vertreten, dass der Darlehensnehmer bei diesem Vertragstyp mit der Weitergabe schuldnerbezogener Informationen an die Zessionare rechnen müsse.926 Es liegt somit nahe, aus dem Abschluss eines derartigen Kreditvertrags im 920
Bruchner, in: Bankrechts-Handbuch, § 39 Rn. 21 ff. Bruchner, in: Bankrechts-Handbuch, § 39 Rn. 21 ff. 922 Heutzutage wird mit dem Begriff der Verbriefung vorwiegend die nachträgliche „Verbriefung“ gebündelter Darlehen zu ABS verstanden, die mittelbar über Zweckgesellschaften produziert werden. Diese sind von den hier angesprochenen Verbriefungen zu unterscheiden. 923 So in den vom OLG Frankfurt a. M., NJW 2004, 3266 und LG Frankfurt a. M., BKR 2005, 67 entschiedenen Fällen. 924 Vgl. Lwowski/Wunderlich, in: Bankrechts-Handbuch, § 75, Rn. 29. 925 Die Rechtslage stellt sich hierbei wie folgt dar: Das Eigentum an der Urkunde wird im Falle einer Inhaberschuldverschreibung (vgl. §§ 793 ff. BGB), bei der das Recht aus dem Papier (die Forderung) dem Recht an dem Papier folgt, grundsätzlich nach §§ 929 ff. BGB übertragen. Handelt es sich dagegen um ein Namenspapier (Rektapapier), folgt das Eigentum am Papier kraft Gesetz der Forderung gemäß § 952 Abs. 1 S. 1 BGB, vgl. dazu im Überblick Jauernig/Stürner, BGB, § 398 Rn. 4 f. 926 Hammen, in: Bankrechtstag 2005, S. 113, 141; Brandt, BKR 2005, 71, 72. 921
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Wege der Auslegung (§§ 133, 157 BGB) zugleich die konkludente Einwilligung in eine Datenweitergabe herauszulesen.927 Angesichts der mittlerweile jahrhundertealten Übung, die in dieser Weise verbrieften Forderungen weiterzuveräußern, spricht einiges dafür, die damit verbundene Weitergabe von Schuldnerdaten nicht als Verstoß gegen das Bankgeheimnis anzusehen. Als kritisch erweist sich indes, dass mit dieser Argumentation auch in die Ausstellung von Grundschuldbriefen eine konkludente Einwilligung in die Datenweitergabe hineingelesen werden könnte.928 Briefrechte werden oft zu dem Zweck bestellt, sie ohne die Schwerfälligkeiten des Grundbuchverkehrs zügig als Sicherungsmittel für Kredite einsetzen zu können.929 Im Interesse dieser erhöhten Verkehrsfähigkeit ist der Grundschuldbrief erkennbar zur Weitergabe an den jeweiligen Erwerber der Grundschuld bestimmt, wodurch die darin enthaltenen persönlichen Daten des Schuldners offengelegt werden.930 Sieht man demnach in der Ausstellung eines Grundschuldbriefes zugleich die Befugnis zur Datenweitergabe, könnte dies von den Transaktionsparteien für die Veräußerung jeglicher Immobiliardarlehen genutzt werden, um insofern die Einholung einer ausdrücklichen Offenbarungsbefugnis zu vermeiden. Es ist aber keineswegs gesagt, dass der Geheimhaltungsberechtigte mit einer Forderungsverbriefung auch immer seine Bereitschaft zu einer Datenoffenbarung verbindet, geschweige denn sich darüber überhaupt Gedanken macht. Dieselben Gründe sprechen auch dagegen, dem Verhalten eines Kunden, der in Kenntnis einer entsprechenden Übung des Kreditinstituts der Datenweitergabe nicht widerspricht, den Inhalt einer stillschweigenden Einwilligung zu entnehmen.931 An diesem Befund ändern auch die in der Praxis verwendeten Kundenanschreiben nichts, in denen die Bank bestimmt, dass sie von der Einwilligung des Kunden ausgeht, wenn er nicht innert angemessener Frist widerspricht.932 Auf diese Weise würde das Institut der konkludenten Einwilligung überstrapaziert. Eine stillschweigend erteilte Einwilligung erscheint unter formalen Gesichtspunkten überhaupt nur möglich, wenn man annimmt, dass im Bereich des Bankgeheimnisses kein Schriftformerfordernis (vgl. § 125 BGB) herrscht.933 Dies ist allerdings schwer festzustellen, weil das Bankgeheimnis allein über die AGB927
Hammen, in: Bankrechtstag 2005, S. 113, 141; Brandt, BKR 2005, 71, 72. So etwa St. Hofmann/Walter, WM 2004, 1557, 1566. 929 BGH, MDR 1981, 130; Kessal-Wulf, in: Staudinger, Eckpfeiler, Recht der Kreditsicherung, Rn. 108 f. 930 Die Preisgabe der schuldnerbezogenen Daten kann durch ein treuhänderische Verwahrung vermieden werden, vgl. dazu Schubäus, Kreditwesen 2008, 71, 72. 931 So BGH, NJW 1991, 2955, 2957 zur konkludenten Einwilligung in die Datenweitergabe bei Abtretungen von Honorarforderungen. 932 So i. E. auch Schubäus, Kreditwesen 2008, 71, 73, hält derartige Einwilligungen allerdings schon für formunwirksam, vgl. dazu oben. 933 Vgl. Koberstein-Windpassinger, WM 1999, 473, 477. 928
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Banken einigermaßen fassbar ist. In Nr. 2 Abs. 1 S. 2 Var. 2 AGB-Banken ist jedoch von einem Schriftformerfordernis keine Rede. Darin unterscheidet sich die Bestimmungen der AGB-Banken zum Bankgeheimnis vom Bundesdatenschutzgesetz, was § 4a Abs. 1 S. 3 BDSG zu erkennen gibt.934 Allerdings wird in anderem Zusammenhang – nämlich bei der Frage nach einem Abtretungsverbot – angeführt, dass in der Kreditwirtschaft allgemein die Verkehrssitte herrsche, vertragliche Vereinbarungen stets schriftlich zu treffen.935 Das muss konsequenterweise auch bei der Frage nach einer Offenbarungsbefugnis gelten, wodurch die Wirksamkeit stillschweigend erteilter Einwilligungen zweifelhaft wird. Im Übrigen begegnet es Bedenken, wenn eine Einwilligung in die Durchbrechung des Bankgeheimnisses für eine Vielzahl von Darlehensverträgen konkludent soll erteilt werden können, während sie in formularmäßiger Form nur wirksam ist, wenn der Geheimhaltungsberechtigte über Inhalt und Reichweite seiner Erklärung gebührend aufgeklärt und ihm zugleich ein Ausgleich für die ihm erwachsenden Nachteile gewährt wird.936 Deshalb ist bei der Annahme konkludenter Einwilligungen im Massengeschäft Zurückhaltung geboten. Den Banken steht die Möglichkeit offen, eine ausdrückliche Einwilligung einzuholen, bevor sie kundenbezogene Tatsachen und Wertungen weitergeben.937 Eine konkludente Einwilligung bezieht sich nach alledem grundsätzlich nur auf eine Datenweitergabe und -verwendung im internen Bankbetrieb. d) Mutmaßliche Einwilligung und objektives Interesse des Kunden Ist weder eine ausdrückliche noch eine konkludente Einwilligung des Bankkunden in die Datenweitergabe erkennbar, liegt es nahe, subsidiär auf eine mutmaßliche Einwilligung oder ein aus objektiver Sicht zu beurteilendes Interesse des Bankkunden abzustellen.938 Das Rechtsinstitut der mutmaßlichen Einwilligung ist gewohnheitsrechtlich anerkannt und stellt einen eigenständigen Rechtfertigungsgrund dar.939 Im Zentrum steht die Kompetenzfrage. Wer kann über 934 Ob die Einwilligung eines Patienten zur Abtretung einer Forderung des behandelnden Arztes der Form des § 4a BDSG bedarf, hat der BGH bislang ausdr. offen gelassen, vgl. BGHZ 115, 123, 129 zu § 4 Abs. 2 S. 2 BDSG i. d. F. des Gesetzes vom 20.12.1990 m.w. N. zum Streitstand. 935 Jobe, ZIP 2004, 2415, 2417; Vollborth, S. 123. 936 Vgl. dazu ausführlich unten Kapitel 9 B. 937 So zumindest für intakte Kredite auch Schubäus, Kreditwesen 2008, 71, 72; s. dazu auch Art. 6 Schweizerisches Obligationenrecht, wonach stillschweigende Annahmen eines Antrags nur dann in Betracht kommen, wenn „wegen der besonderen Natur des Geschäftes oder nach den Umständen eine ausdr. Annahme nicht zu erwarten“ ist. 938 Canaris, in: Großkommentar HGB, Bd. 5, Bankvertragsrecht I, Rn. 49 und 54; Steindorff, ZHR 149 (1985), 151, 152 und 158; Koberstein-Windpassinger, WM 1999, 473, 477 und 580 f.; Früh, WM 2000, 497, 503; Theewen, WM 2004, 105, 114. 939 BVerfG, NJW 2002, 2164, 2165 m.w. N.
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das Interesse des Geheimhaltungsverpflichteten befinden? Die Antwort ist schnell gefunden: Es wäre die Bank selbst. Das Bankgeheimnis stünde somit zu ihrer Disposition. Es ist aber keineswegs sichergestellt, dass die Bank den Willen ihrer Kunden richtig einzuschätzen weiß.940 Vielmehr hegt die Bank bei einer Datenweitergabe im Zusammenhang mit einer Zession ein Eigeninteresse, das dem Bankgeheimnis entgegensteht. Darin unterscheidet sich die vorliegende Situation ebenfalls von Bankauskünften, an denen die Bank selbst allenfalls dann interessiert ist, wenn die Anfrage von ihren eigenen Kunden stammt und diesen gegenüber ausnahmsweise eine Hinweispflicht besteht. Hingegen ist die Bank in den vorliegenden Fällen immer an der Datenweitergabe an den Zessionar interessiert, um ihre Pflichten aus dem Kaufvertrag und insbesondere aus § 402 BGB zu erfüllen. Sie ist also regelmäßig befangen. Dem Kunden würde seine Stellung als Geheimnisherr weitestgehend genommen.941 Zu § 203 StGB hat der BGH942 entschieden, dass die aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht fließende Befugnis des Einzelnen, über Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten selbst zu bestimmen,943 die Annahme einer mutmaßlichen Einwilligung des Geheimhaltungsberechtigten verbiete. Steindorff, der hinsichtlich des Bankgeheimnisses zu demselben Ergebnis kommt, legt dar, dass die Geheimhaltungspflicht unabhängig von dem mutmaßlichen Willen und dem Interesse des Geheimhaltungsberechtigten gelte und dessen Wille nur bei einer ausdrücklichen Einwilligung in eine Durchbrechung relevant werde.944 Neben dem Aspekt der zweifelhaften Entscheidungskompetenz sprechen weitere Sachgesichtspunkte gegen eine Rechtfertigungsmöglichkeit: Der mutmaßliche Wille und das objektive Interesse des Kunden können erst dann herangezogen werden, wenn der Geheimnisherr zweifelsfrei und erkennbar kein Interesse an der Wahrung des Geheimnisses hat oder wenn sich der tatsächliche Wille nicht rechtzeitig ermitteln lässt.945 Die Bank hat jedoch regelmäßig die Möglichkeit, eine Einwilligung des Bankkunden einzuholen.946 Die Kreditinstitute sind schon bislang – seit dem Jahre 1993 auch ausdrücklich in Nr. 2 Abs. 1 S. 1 AGBBanken – typisierend davon ausgegangen, dass der Kunde alle ihn betreffenden 940 Bunte, in: Bankrechts-Handbuch, § 7 Rn. 12; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 2.163. 941 Beckhusen, in: Handbuch zum deutschen und europäischen Bankrecht, § 6 Rn. 56. 942 BGHZ 122, 115, 119; so auch OLG Schleswig, BKR 2008, 25, 27. 943 Dazu grundlegend BVerfGE 65, 1, 43 (Volkszählung). 944 Steindorff, ZHR 149 (1985), 151, 152. 945 BVerfG, NJW 2002, 2164, 2165; zu § 203 StGB: BGH, NJW 1991, 2955, 2956; 1993, 1638, 1639; Lenckner/Eisele, in: Schönke/Schröder, StGB, § 203 Rn. 27. 946 Cahn, WM 2004, 2041, 2045; Sester/Glos, DB 2005, 375, 377; zumindest für intakte Darlehen auch Schubäus, Kreditwesen 2008, 71, 72.
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Tatsachen und Wertungen geheim zu halten wünscht.947 Überdies ist es weitgehend auszuschließen, dass der Darlehensnehmer ein Interesse daran haben könnte, dass seine persönlichen Identifikationsdaten an den Zessionar übermittelt werden.948 Denn dadurch wird der Zessionar in die Lage versetzt, die abgetretenen Darlehensforderungen dem Schuldner gegenüber durchzusetzen. Dem stehen keinerlei Vorteile gegenüber, die den Schuldner mutmaßlich zu einer Einwilligung bewegen würden.949 In diesem Stadium hängt von der Einwilligung weder eine Darlehensbewilligung ab, noch locken im Gegenzug vergünstigte Kreditzinsen.950 Das BVerfG kommt in einem ähnlich gelagerten Fall zu dem Ergebnis, dass ein Versicherer das Recht auf informationelle Selbstbestimmung eines Versicherungsnehmers verletzt, wenn er den Abtretungsempfänger der Versicherungsansprüche von einem Prämienrückstand unterrichtet, ohne zuvor eine ausdrückliche Einwilligung eingeholt zu haben.951 Das lässt sich auf die prägnante Formel bringen: Wenn eine Datenoffenbarung im Interesse des Geheimnisherrn liegen soll, kann man ihn auch um seine Einwilligung bitten. Die Verletzung des Bankgeheimnisses ist mithin nicht nach Nr. 2 Abs. 1 S. 2 Var. 2 AGB-Banken zu rechtfertigen, wenn der Darlehensnehmer keine ausdrückliche schriftliche Einwilligung in die Datenweitergabe erteilt hat.
4. Selbstbeschränkung der Bank auf die Rechtfertigungsgründe der Nr. 2 Abs. 1 S. 2 AGB-Banken Die AGB-Banken begrenzen die Rechtfertigungsmöglichkeiten auf die in Nr. 2 Abs. 1 S. 2 AGB genannten. Nach der Formulierung der Klausel darf die Bank Informationen über den Kunden „nur“ weitergeben, wenn zumindest einer der drei Ausnahmetatbestände durchgreift. Entgegen einer weit verbreiteten Behauptung952 ist darüber hinaus keine weitere Einschränkung des Bankgeheimnisses 947 Weber, in: BuB, Rn. 1/37; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 2.157; Bunte, in: Bankrechts-Handbuch, § 7 Rn. 8. 948 Es sei denn, der Darlehensnehmer ist an der Zession interessiert, z. B. weil er mit dem neuen Gläubiger besser auskommt als mit dem bisherigen. 949 So i. E. auch Cahn, WM 2004, 2041, 2045; Jobe, ZIP 2004, 2415, 2419; Koberstein-Windpassinger, WM 1999, 473, 481; Klüwer/Meister, WM 2004, 1157, 1162; Vollborth, S. 197; Bunte, in: Bankrechts-Handbuch, § 7 Rn. 12 unter Heranziehung der höchstrichterlichen Rspr. zur Einwilligung in die Beeinträchtigungen der Privatsphäre durch Telefonanrufe. 950 Darin unterscheidet sich die Einwilligung in die Datenweitergabe an einen Zessionar auch von der Schufa-Auskunft, die bei positiver Kredithistorie zumindest eine gute Bonitätsbeurteilung für künftige Kreditvergaben zur Folge haben kann. Gleichwohl verneint Steindorff, ZHR 149 (1985), 151, 158, auch hier einen entsprechenden Willen, sofern sich die Einwilligung auf die Weitergabe von Negativmerkmalen bezieht. 951 BVerfG, NJW 2002, 2164. 952 Statt vieler Cahn, WM 2004, 2041, 2046; Wittig, in: Bankrechtstag 2005, S. 145, 181.
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möglich.953 Eine erweiternde Auslegung widerspräche dem klaren Wortlaut der Klausel und verböte sich bereits im Ansatz.954 Im Übrigen besagt § 305c Abs. 2 BGB, dass Zweifel bei der Auslegung allgemeiner Geschäftsbedingungen zu Lasten des Verwenders gehen. Soweit die gewohnheitsrechtlichen, gesetzlichen bzw. vertragsimmanenten Grenzen des Bankgeheimnisses und des Datenschutzes enger gefasst sind – was keineswegs gesagt ist955 –, ist die Regelung in Nr. 2 Abs. 1 S. 2 AGB nicht deklaratorisch,956 sondern gerade konstitutiv.957 In diesem Fall legt die Klausel Umfang und Grenzen des Bankgeheimnisses abschließend fest.958 Darin liegt eine juristische Selbstbeschränkung der Bank.959 Es mag dahinstehen, ob dieses Ergebnis tatsächlich den Intentionen des Klauselerstellers entspricht. An dieser Stelle kann offenbleiben, welchen Charakter die Klausel hat. Es ist festzuhalten, dass sie jedenfalls kein unverbindlicher Programmsatz ist.960 Ihre Begrenzungen gelten bei einer wirksamen Einbeziehung der AGB-Banken in jedem Fall.961 Wenn ein Vertragspartner vertragliche Verpflichtungen eingeht, die miteinander unvereinbar sind, fällt sein Unvermögen, die eine oder andere Pflicht zu erfüllen, in seine Verantwortung, von der er sich nicht durch eine inhaltliche Reduktion der kollidierenden Pflichten entlasten kann.962 Demnach kann sich das Kreditinstitut nicht seiner Geheimhaltungspflicht aus Nr. 2 Abs. 1 AGB-Banken entziehen, indem es sich auf eine Kollision mit der Pflicht zur Datenweitergabe beruft, die sich aus dem Kaufvertrag (§§ 453 Abs. 1, 433 Abs. 1 i.V. m. 402 BGB) mit dem Erwerber der Darlehensforderungen ergibt. Freilich wäre es etwas anderes, wenn die Verschwiegenheitspflicht von 953 Vgl. Hammen, in: Bankrechtstag 2005, S. 113, 138 ff.; Rob. Koch, BKR 2006, 182, 186 f., 192. 954 Vgl. allg. Casper, in: Handbuch zum deutschen und europäischen Bankrecht, § 3 Rn. 5 m.w. N. 955 Vgl. dazu unten unter Gliederungspunkt § 6 C. III. 956 So aber LG Koblenz BKR 2005, 108, 110; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 2.149; Bunte, in: Bankrechts-Handbuch, § 7 Rn. 1; Hopt, in: Baumbach/ Hopt, V. (8) AGB-Banken, § 2 Rn. 3; Petersen, Das Bankgeheimnis zwischen Individualschutz und Institutionsschutz, S. 23; Koberstein-Windpassinger, WM 1999, 473, 475; Bruchner, BKR 2005, 123, 130; Cahn, WM 2004, 2041, 2043; Nobbe, WM 2005, 1537, 1539; Wittig, in: Bankrechtstag 2005, S. 145, 171; Vollborth, S. 36, die darauf verweist, dass lediglich eine einzelne Literaturstimme dagegen spreche (vgl. dazu die folgende Fn). 957 Rob. Koch, BKR 2006, 182, 186 f., 192; Clemente, ZfIR 2007, 737, 739. 958 Vgl. Hammen, in: Bankrechtstag 2005, S. 113, 139. 959 Rob. Koch, BKR 2006, 182, 187, spricht zutreffend von einer „selbst verursachten Benachteiligung“; eine mglw. ebenso konstitutive Wirkung, jedoch in begünstigender Weise entfaltet die Ausnahme für Bankauskünfte in Nr. 2 Abs. 1 S. 2 Var. 3 AGB-Banken, vgl. Canaris, in: Großkommentar HGB, Bd. 5, Bankvertragsrecht I, Rn. 56 und schon oben. 960 Hammen, in: Bankrechtstag 2005, S. 113, 139. 961 So offenbar auch Giovannopoulos, S. 33. 962 Roth, in: Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, § 11 Rn. 135.
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5. Kap.: Geheimhaltungspflichten des Kreditgewerbes
vornherein durch eine allen Beteiligten ersichtliche Notwendigkeit eines Interessenkompromisses begrenzt wäre.963 Soweit diese Notwendigkeit aber in seinen eigenen AGB begründet ist, fällt es allein in den Verantwortungsbereich des Verwenders, wenn sich darin keine Öffnungsklausel findet, die die Erfüllung seiner Pflichten zu einer Datenweitergabe an den Forderungskäufer ermöglicht. Fehlt eine Einwilligung des Kreditnehmers und liegt keine gesetzliche Offenbarungsbefugnis vor, die sich im vorliegenden Zusammenhang allein aus § 16 FMStBG ergeben kann, ist nach gegenwärtiger Fassung des Nr. 2 Abs. 1 S. 2 AGB eine Vertragsverletzung der Bank festzustellen, ohne dass sich aus anderen Rechtsquellen eine Rechtfertigung ergeben könnte. Am Rande sei angemerkt, dass auch die Offenbarung von Daten im Klageverfahren, in der Zwangsvollstreckung gegen den Darlehensnehmer und bei allen übrigen Formen der Durchsetzung eigener Forderungen unter Geltung des selbst auferlegten Rechtfertigungskorsetts in den AGB-Banken nicht zu rechtfertigen ist. 5. Zwischenergebnis Die AGB-Banken erheben das Bankgeheimnis zu einer Vertragspflicht, die die Banken durch eine Datenweitergabe im Zuge einer Zession verletzen. Dies ist nach den AGB-Banken weder durch § 402 BGB noch durch § 25a Abs. 2 KWG und auch nicht durch § 16 Abs. 2 FMStBG gerechtfertigt. Ergänzend ist festzustellen, dass die Datenweitergabe im Zuge einer Zession von vornherein nicht dem Bankauskunftsverfahren unterfällt. Außerhalb einer ausdrücklichen Einwilligung ist die Verletzung des Bankgeheimnisses im Zusammenhang mit einer Darlehensveräußerung nach den AGB-Banken nicht zu rechtfertigen. Die Bank unterwirft sich durch die Verwendung der gegenwärtig geltenden AGB-Banken einer Selbstbeschränkung bzgl. weiterer Rechtfertigungsmöglichkeiten außerhalb dieses Klauselwerks. 6. Modifizierungsvorschlag für die AGB-Banken Es ist Sache der Banken, den Interessenausgleich in ihren AGB vorzunehmen, wodurch insoweit auch die juristische Selbstbeschränkung – ggf. teilweise – entfiele. Die sicherste Methode bestünde darin, die gesamte Vorschrift der Nr. 2 Abs. 1 AGB-Banken zu streichen. Dies wäre aber mit Blick auf den Fortbestand der Motive, die zu einer Aufnahme des Bankgeheimnisses in den AGB führten,964 kaum sachgerecht. Eine andere Möglichkeit bestünde in einer tatsächlich deklaratorischen Formulierung, wie dies auch beabsichtigt war. Auch dadurch 963 Das ist das Einfallstor für eine Interessenabwägung bei Roth, in: Assmann/ Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, § 11 Rn. 135. 964 s. dazu Kapitel 5 A. II. 5.
C. Rechtfertigung einer Beschränkung
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könnte die vertragliche Selbstbeschränkung ausgeräumt werden. Das würde indes zur Trivialisierung des Bankgeheimnisses führen. Als Kompromiss könnte eine Formulierung gewählt werden, die der in § 4 Abs. 1 BDSG gewählten insofern entspricht, als eine Datenweitergabe schon dann zulässig ist, wenn eine Rechtsvorschrift dies lediglich „erlaubt“. Damit wäre zumindest das Spannungsverhältnis zwischen dem Bankgeheimnis und der Datenoffenbarung im Rahmen einer freiwilligen Inanspruchnahme staatlicher Verfahren entschärft. Ein entsprechender Vorschlag wird in Anhang C unterbreitet. Im Übrigen aber ist es nicht nur sinnvoll, sondern auch notwendig, eine ausdrückliche Einwilligungserklärung des Kunden für Fälle der Darlehensveräußerung einzuholen.
II. Grenzen des Bankgeheimnisses nach den AGB-Sparkassen Die Rechtslage hinsichtlich der Vertragspflichten erscheint bei Einbeziehung der AGB-Banken recht eindeutig. Dies kann man im Hinblick auf die Geltung der AGB-Sparkassen nicht sagen. „Nr. 1 Grundlagen der Geschäftsbeziehung Abs. 1 Geschäftsbeziehung als Vertrauensverhältnis 1
Die Geschäftsbeziehung zwischen dem Kunden und der Sparkasse ist durch die Besonderheiten des Bankgeschäfts und ein besonderes Vertrauensverhältnis geprägt. 2 Der Kunde kann sich darauf verlassen, dass die Sparkasse seine Aufträge mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns ausführt und das Bankgeheimnis wahrt.“ Allgemeine Geschäftsbedingungen der Sparkassen (AGB-Sparkassen)
Die Bezugnahme auf die „Besonderheiten des Bankgeschäfts“ und das „besondere Vertrauensverhältnis“ in Nr. 1 Abs. 1 S. 1 AGB-Sparkassen ist rechtlich schwer zu fassen.965 Insbesondere fehlt eine Definition des Bankgeheimnisses. 1. Bankgeheimnis als vertragliche Pflicht nach Nr. 1 Abs. 1 S. 2 AGB-Sparkassen Dem Wortlaut der Nr. 1 Abs. 1 S. 2 AGB-Sparkassen ließe sich möglicherweise nur ein Hinweis auf die übrigen Rechtsquellen des Bankgeheimnisses, verbunden mit dem erklärten Willen, die sich daraus ergebenden Pflichten einhalten zu wollen, entnehmen.966 Dann würde die Vorschrift keine selbständige vertragliche Verpflichtung begründen. Sie wäre jenseits ihrer deklaratorischen Bedeutung rechtlich funktionslos.967 Dafür spräche, dass sich der in demselben Satz 965
So Aden, NJW 1993, 832, der sich insoweit an die Anrufung der Musen erinnert
fühlt. 966 967
Bunte, AGB-Banken, Nr. 2, Rn. 105. Aden, NJW 1993, 832.
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5. Kap.: Geheimhaltungspflichten des Kreditgewerbes
genannte Sorgfaltsmaßstab für die Bank bereits aus dem Gesetz, nämlich aus § 347 Abs. 1 HGB, ergibt.968 Von einem objektiven Standpunkt aus betrachtet ist aber kaum anzunehmen, dass die Erwähnung des Bankgeheimnisses lediglich ein unverbindlicher Programmsatz sein soll.969 Das wäre entbehrlich. Außerdem wurde der Begriff des Bankgeheimnisses durch die Neufassung zum 01.01.1993 von der Präambel in den Regelungstext der AGB-Sparkassen gehoben.970 Nach dieser Entwicklung fällt es schwer, die rechtliche Unverbindlichkeit mit deklaratorischen Absichten zu begründen. Der Erklärung in Nr. 1 Abs. 1 S. 2 AGB-Sparkassen ist demnach eine konkrete vertragliche Geheimhaltungsverpflichtung zu entnehmen,971 die zu den übrigen Rechtsquellen des Bankgeheimnisses hinzutritt.972 2. Keine Selbstbeschränkung der Sparkasse hinsichtlich etwaiger Rechtfertigungsgründe Es kommt erneut maßgeblich darauf an, wie die vertragliche Geheimhaltungspflicht aus sich selbst heraus begrenzt wird und ob sie möglicherweise außervertragliche Rechtfertigungsmöglichkeiten im Wege einer juristischen Selbstbeschränkung ausschließt. In den AGB-Sparkassen ist allein für das Bankauskunftsverfahren eine Durchbrechung vorgesehen (Nr. 3 AGB-Sparkassen). Der Inhalt von Bankauskünften sowie die Voraussetzungen und Grenzen der Auskunftserteilung werden dort ausdrücklich und klar geregelt. Auf dieser Grundlage könnte man sich auf einen verwenderfeindlichen Standpunkt stellen973 und der Regelung einen abschließenden Charakter beimessen. Jegliche Durchbrechung des Bankgeheimnisses durch Auskünfte der Bank gegenüber nichtstaatlichen Stellen wäre demnach durch Nr. 3 AGB-Sparkassen vertraglich abschließend geregelt. Die Bank würde sich in Nr. 1 AGB-Sparkassen dazu verpflichten, dass Bankgeheimnis umfassend zu wahren und nur so weit Auskünfte zu erteilen, wie dies gemäß Nr. 3 AGB-Sparkassen möglich ist. Wenn schon das Bankauskunftsverfahren eine ausdrückliche Regelung erfordert und strikten Voraussetzungen unterliegt,
968
Sonnenhol, in: BuB, Rn. 1/14c. Hammen, in: Bankrechtstag 2005, S. 113, 139. 970 Aden, NJW 1993, 832. 971 Hammen, in: Bankrechtstag 2005, S. 113, 139; so wohl auch Becher/Gößmann, BKR 2002, 519, 527. 972 Ob auch Werturteile dazuzählen, wie in Nr. 2 Abs. 1 S. 1 AGB-Banken klargestellt wird, mag offenbleiben, da bereits Tatsachen über den Kunden weitergegeben werden. 973 Die kundenfreundlichste Auslegung der AGB folgt grds. erst in einem zweiten Schritt, nachdem festgestellt wurde, dass die Klausel selbst in ihrer kundenfeindlichste Auslegung nicht unwirksam ist, dazu Casper, in: Handbuch zum deutschen und europäischen Bankrecht, § 3 Rn. 5 m.w. N. 969
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so gälte dies erst recht für eine Weitergabe detaillierterer kundenbezogener Informationen, die auch konkrete Angaben zur Höhe der in Anspruch genommenen Kredite umfassen.974 Mit hohem Argumentationsaufwand wäre zu begründen, warum Datenweitergaben daneben zumindest in Fällen der Einwilligung und aufgrund gesetzlicher Auskunftspflichten keine Vertragsverletzung darstellen würden. Dieses Ergebnis kann man hinsichtlich der Einwilligung nur erklären, wenn man sie als Angebot zu einem Verzichts- oder Änderungsvertrag ansieht. Zu den gesetzlichen Auskunftspflichten wäre zu vertreten, dass diese wegen des Gesetzesvorrangs keiner Erwähnung in den AGB-Sparkassen bedürften, ohne aber eine Gesamtnichtigkeit975 der Geheimhaltungspflicht in Nr. 1 Abs. 1 S. 2 AGBSparkassen auszulösen. Vor dem historischen Hintergrund976 liegt es jedoch näher, Nr. 3 AGB-Sparkassen in der Weise auszulegen, dass nur eine Öffnung des Bankgeheimnisses für das Bankauskunftsverfahren vorgenommen werden sollte, ohne damit zugleich weitere Rechtfertigungsmöglichkeiten für seine Durchbrechung auszugrenzen. Es würde zu weit führen, dem Schweigen der AGB-Sparkassen über die Frage, ob Datenweitergaben im Zuge von Darlehensveräußerungen zulässig sind, eine Aussage über deren Unzulässigkeit zu entnehmen. Eine nach dem Wortlaut abschließende Aufzählung wie in Nr. 2 Abs. 1 S. 2 AGB-Banken („nur“) findet sich hier gerade nicht. Die AGB-Sparkassen enthalten dazu schlechthin keine Aussage. Andernfalls wäre es auch kaum vertretbar, in der Datenweitergabe aufgrund hoheitlicher Auskunftspflichten und aufgrund individueller Einwilligung einen gerechtfertigten Eingriff in die Geheimhaltungspflichten aufgrund der AGB-Sparkassen zu sehen. Diese sind ebenfalls nicht in den AGB-Sparkassen erwähnt. 3. Zwischenergebnis Die AGB-Sparkassen erheben das Bankgeheimnis zu einer Vertragspflicht. Durch eine Datenweitergabe im Zuge einer Darlehensveräußerung wird darin eingegriffen. Dafür findet sich in den AGB-Sparkassen keine Rechtfertigung. Die Verwendung der AGB-Sparkassen schließt jedoch weitere Rechtfertigungsmöglichkeiten außerhalb dieses Klauselwerks nicht aus.
974 Vgl. hingegen den nach Nr. 3 Abs. 1 AGB-Sparkassen zulässigen Inhalt von Bankauskünften. 975 Eine geltungserhaltende Reduktion wäre im AGB-Recht unzulässig. 976 Die Gründe für eine formularvertragliche Regelung des Bankauskunftsverfahrens in den AGB-Sparkassen waren dieselben wie diejenigen, die für eine Regelung in den AGB-Banken stritten; vgl. dazu oben Kapitel 5 A. II. 5.
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5. Kap.: Geheimhaltungspflichten des Kreditgewerbes
III. Grenzen des Bankgeheimnisses außerhalb der AGB-Banken und AGB-Sparkassen In einem weiteren Schritt ist zu untersuchen, welche Grenzen des Bankgeheimnisses und welche Rechtfertigungsmöglichkeiten außerhalb der AGB-Banken und AGB-Sparkassen den Kreditinstituten bestehen, die eine Weitergabe der kundenbezogenen Tatsachen im Zuge einer Zession legitimieren. In Bezug auf Privatbanken erlangt dies nur in dem seltenen Fall Bedeutung, dass die AGBBanken nicht in den Darlehensvertrag einbezogen wurden und auch nicht aus anderen Gründen, insbesondere aufgrund einer Rahmenvereinbarung nach § 305 Abs. 3 BGB, gelten. Denn nur dann wäre die juristische Selbstbeschränkung ausgeschlossen. In Bezug auf öffentlich-rechtliche Banken, insbesondere Sparkassen, kommt es dagegen immer auf die Grenzen und Rechtfertigungsmöglichkeiten außerhalb des Klauselwerks an. 1. Möglichkeit weiter gehender Relativierungen oder Rechtfertigungen Es wurde mehrfach erwähnt, dass in Teilen der Rspr. und der Lit. die Ansicht vertreten wird, die AGB-Banken hätten lediglich deklaratorischen Charakter.977 Die Richtigkeit dieser Ansicht wird in dieser Arbeit bestritten. Sie lässt sich aber folgerichtig umkehren: Ist die Regelung des Bankgeheimnisses in den AGB-Banken nur deklaratorisch, hat das Bankgeheimnis aus den übrigen Rechtsquellen dieselben Grenzen und vor allem dieselbe Beschränkung auf die dort genannten Rechtfertigungsmöglichkeiten. Mit anderen Worten: Würden die AGB-Banken die Grenzen des Bankgeheimnisses aus den übrigen Quellen nachzeichnen, würden Umfang und Grenzen des Bankgeheimnisses aus den übrigen Rechtsquellen denen aus Nr. 2 Abs. 1 S. 1 und 2 AGB-Banken entsprechen. Dafür spricht, dass das Bankgeheimnis von einer gewichtigen Stimme in der bankrechtlichen Lit. als übereinstimmend praktizierte Rechtsüberzeugung von Banken und Kunden verstanden werde, wobei – und darauf kommt es an – jegliche Abweichung als Verstoß aufgefasst worden sei.978 Dazu passt auch die andernorts vertretene Meinung, nach der die formularmäßige Einwilligung in das Bankauskunftsverfahren konstitutive Wirkung entfalte, weil der Verkehrssitte und dem Handelsbrauch eine solche Durchbrechung nicht zu entnehmen sei und der Handelsbrauch ein so fundamentales Gebot wie das Bankgeheimnis ohnehin nicht außer Kraft zu setzen vermöge.979 Daraus könnte man den Schluss ziehen, dass die Datenweitergabe im Zuge einer Darlehensveräußerung erst recht stets die Grenzen des Bankgeheimnisses sprenge.
977 978 979
s. o. Kapitel 5 A. II. 5. Nobbe, WM 2005, 1537, 1540. So Canaris, in: Großkommentar HGB, Bd. 5, Bankvertragsrecht I, Rn. 56.
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Damit aber ließe man die Ersteller der AGB-Banken über die Auslegung des Bankgeheimnisses entscheiden. Es würde zu Wertungsasymmetrien führen, wenn ein Verstoß gegen § 203 StGB und § 4 BDSG durch andere Normen gerechtfertigt werden könnte, ein Verstoß gegen das Bankgeheimnis hingegen nicht. Es ist deshalb anzunehmen, dass die Ersteller der AGB-Banken bei dem Versuch, das Bankgeheimnis lediglich nachzuzeichnen, über das Ziel hinausgeschossen sind.980 Als der Gesetzgeber bei der Neufassung des KWG im Jahr 1961 auf eine gesetzliche Kodifizierung des Bankgeheimnisses verzichtete, geschah dies vor allem deshalb, um das praxisübliche Bankauskunftsverfahren nicht zu beschränken.981 Eine entsprechende Ausnahmeregelung wurde mit der Begründung abgelehnt, dass diese das Bankgeheimnis in einem solchen Ausmaß durchbrechen würde, dass es eine Regelung des Bankgeheimnisses seinerseits gänzlich obsolet mache. Deshalb sollte es weiterhin bei der nur gewohnheitsrechtlichen Anerkennung des Bankgeheimnisses bleiben, die vor allem wegen ihrer „Elastizität“ geschätzt wurde.982 Der Gesetzgeber selbst sieht mithin das Bankgeheimnis, was seine gewohnheitsrechtliche Ausgestaltung und seinen Inhalt als vorvertragliche und vertragliche Nebenpflicht anbelangt, nicht als so umfassend an, dass es keiner weiteren Durchbrechung außerhalb der Einwilligung und der gesetzlichen Bestimmungen zugänglich wäre. Außerhalb der juristischen Selbstbeschränkung in den AGB-Banken ist somit grundsätzlich der Weg zu verschiedenen Regelungen eröffnet, die für die Legitimierung einer Datenweitergabe im Zuge einer Darlehensveräußerung fruchtbar gemacht werden können. Es sei aber darauf hingewiesen, dass auch hier keine Rechtfertigung über § 402 BGB, anderweitige gesetzliche Übertragungstatbestände und § 25a KWG zu erreichen ist, weil diese Normen allesamt kein gesetzliches Offenbarungsgebot beinhalten. Bezüglich § 16 Abs. 2 FMStFG verbleiben die genannten Zweifel, ob diese Vorschrift eine Durchbrechung des Bankgeheimnisses zu rechtfertigen vermag. Es stellt sich im Kern die Frage, welches die Grundlagen einer Interessenabwägung sind und wo die Grenze zwischen zulässiger und unzulässiger Offenlegung kundenbezogener Tatsachen und Wertungen bei der Veräußerung von Darlehensforderungen verläuft. Vielfach begibt sich die vorgefundene Argumentation auf das dünne Eis einer extensiven Interessen-983 und Wertungsjurisprudenz.984 Wenngleich dieser methodische Ansatz auch im Folgenden angewendet werden soll, wird indes die erforderliche normative Anbindung nicht außer Acht gelas980
So auch Rob. Koch, BKR 2006, 182, 187. Schork, WM 1959, Sonderbeilage Nr. 2, 14, 31. 982 Schork, WM 1959, Sonderbeilage Nr. 2, 14, 31. 983 Grundlegend Heck, AcP 112 (1914), 1 ff.; dazu Wieacker, Privatrechtsgeschichte der Neuzeit, S. 433; Schoppmeyer, passim. 984 Dazu E. Meyer, passim. 981
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sen und zugleich versucht, den gesetzlichen Rahmen nicht zu überdehnen.985 Es sei von vornherein klargestellt, dass das Interesse der Bank an einer Darlehensveräußerung nicht notwendig mit einem Interesse an einer Datenweitergabe verbunden sein muss. Die Abtretung hat nicht zwingend eine Datenweitergabe zur Folge.986 So lassen sich einige der Ziele, die mit einer Darlehensveräußerung verfolgt werden, auch unter Anonymisierung der Schuldnerdaten erreichen, ohne dass auf die Veräußerung selbst verzichtet werden muss. Eine Offenbarung des Schuldnernamens, mit der erst die Geheimhaltung verletzt wird, dient nur dem Zweck, dass die Erwerber oder andere Personen die Forderungen geltend machen können. 2. Wahrnehmung berechtigter Interessen und überwiegendes Eigeninteresse des Kreditinstituts Eine hauptsächlich in der Rechtspraxis987 vertretene Meinung bezieht die Interessen beider Vertragsparteien in eine umfassende Abwägung ein und lässt bei einer Verletzung des Bankgeheimnisses die Wahrnehmung eines berechtigten Eigeninteresses des Kreditinstituts für eine Rechtfertigung genügen, sofern das Interesse des Geheimnisherrn lediglich überwiegt. Dabei beruft sie sich auf Argumentationsmodelle, die sich ansatzweise in der Rspr. zu Auskünften988 sowie Aufklärungs- und Warnpflichten989 im Interesse Dritter finden. So sachgerecht dieser Abwägungsvorgang auf den ersten Blick erscheinen mag,990 so groß ist die Unsicherheit hinsichtlich seiner dogmatischen Grundlage. Von vielen Literaturstimmen wird eine Analogie zu §§ 193 StGB, 824 Abs. 2 BGB gebildet.991 Diese findet ihren Ursprung in einem Urteil des BGH aus dem 985
Zu dieser Kritik im Kontext des Bankgeheimnisses Bitter, ZHR 173 (2009), 379,
390. 986
Vgl. schon oben Kapitel 5 B. I. und II. Früh, WM 2000, 497, 503; Bruchner, BKR 2004, 394, 396; Klüwer/Meister, WM 2004, 1157, 1159; Theewen, WM 2004, 105, 113; Sester/Glos, DB 2005, 375, 376 ff.; Schilmar/Breiteneicher/Wiedenhofer, DB 2005, 1367, 1370; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 2.174; Kusserow/Dittrich, WM 1997, 1786, 1792; St. Hofmann/Walter, WM 2004, 1566, 1573 f.; Wittig, in: Bankrechtstag 2005, S. 145, 184; Beucher/Räther/Stock, AG 2006, 277, 279; i. E. übereinstimmend Toth-Feher/Schick, ZIP 2004, 491, 494; Rinze/Heda, WM 2004, 1557, 1565; zweifelnd Jobe, ZIP 2004, 2415, 2418 f. 988 BGH, NJW 1978, 2151, 2152 (Weitergabe harter Negativdaten an die Schufa); BGH, NJW 1989, 1601 (Auskunftsanspruch des Erben). 989 BGH, NJW 1991, 693, 694 (Warnpflicht gegenüber Kunden vor der Insolvenz anderer Kunden). 990 Krit. auch Wech, S. 423 f. 991 Theewen, WM 2004, 105, 113; Rinze/Heda, WM 2004, 1557, 1565; Schilmar/ Breiteneicher/Wiedenhofer, DB 2005, 1367, 1370; Beckhusen, in: Handbuch zum deutschen und europäischen Bankrecht, § 6 Rn. 52; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 2.174; Schwintowski, Bankrecht, § 3 Rn. 50 ff.; offenbar auch Früh, WM 2000, 497, 503. 987
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Jahr 1978992 zum sog. Schufa-Verfahren. Aus dem Rechtsgedanken der genannten Normen destillierte der BGH einen allgemeinen Grundsatz und ließ ihn zumindest insoweit rechtfertigend eingreifen, als die Bank mit der Weitergabe harter Negativmerkmale ohne Einwilligung des Betroffenen Ehrverletzungen (§§ 185 ff. StGB) begeht. Dieses Ergebnis ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass die Funktionsfähigkeit und Effizienz der Schufa empfindlich beeinträchtigt würde, wenn ein Kunde durch Widerruf der von ihm unterzeichneten SchufaKlausel oder durch eine entsprechende sonstige Erklärung die Weitergabe harter Negativmerkmale rechtswirksam untersagen könnte.993 Von diesem Ergebnis distanzierte sich das BVerfG in einer jüngeren Entscheidung unter dem Aspekt des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung, indem es stets eine ausdrückliche Einwilligung des Geheimhaltungsberechtigten verlangt.994 In systematischer Hinsicht wird dem Verweis auf §§ 193 StGB, 824 Abs. 2 BGB zutreffenderweise entgegengesetzt, dass sich ein aus diesen Normen entnommener Rechtsgrundsatz auf Ehrverletzungsdelikte beschränkt und nicht verallgemeinerungsfähig ist.995 Im Zuge einer Zession werden zudem hauptsächlich kundenbezogene Tatsachen wie Identifikations- und Strukturdaten des Kreditvertrages an den Zessionar übermittelt. Anders als bei einer Bankauskunft über die Bonität des Kunden stehen kaum Wertungen ehrverletzenden Inhalts oder Tatsachen, die als Grundlage derartiger Wertungen dienen, im Mittelpunkt.996 Die Rechtfertigungsmöglichkeit nach §§ 193 StGB, 824 Abs. 2 BGB besteht indes zur Wahrung der grundrechtlich garantierten Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG).997 Der Zedent einer Forderung verfolgt andere und, soweit es das Eigentum bzw. rein wirtschaftliche Gesichtspunkte betrifft, auch weniger gewichtige Interessen.998 Schließlich muss eine Analogie von vornherein am Fehlen einer ausfüllungsfähigen und -bedürftigen Regelungslücke scheitern, weil mit den unten noch genauer zu betrachtenden Vorschriften der §§ 226, 275, 242 BGB und § 34 BGB gerade Rechtfertigungs- und Schuldausschließungsregeln zur Verfügung
992
BGH, NJW 1978, 2151, 2152. Bruchner/Stützle, Leitfaden zu Bankgeheimnis und Bankauskunft, S. 25 f. 994 BVerfG, NJW 2002, 2164. 995 LG Frankfurt a. M. BKR 2005, 67, 72 f.; Palandt/Sprau, BGB, § 824 Rn. 9; Bruchner/Krepold, in: Bankrechts-Handbuch, § 39 Rn. 93; Jobe, ZIP 2004, 2415, 2419; St. Hofmann/Walter, WM 2004, 1566, 1573; Brandt, BKR 2005, 71, 72; Nobbe, WM 2005, 1537, 1546; ders., ZIP 2008, 97, 103; Wittig, in: Bankrechtstag 2005, S. 145, 184; Vollborth, S. 57 ff., 214. 996 Vollborth, S. 214; überdies stellen selbst an sich zwar ehrenrührige, aber tatsachenadäquate Werturteile schon tatbestandsmäßig keine Beleidigung dar (so Lenckner/ Eisele, in: Schönke/Schröder, StGB, § 193 Rn. 1), so dass es dafür selbst unter strafrechtlichen Aspekten ohnehin keiner Rechtfertigung nach § 193 StGB bedürfte. 997 Zu § 193 StGB vgl. Lenckner/Eisele, in: Schönke/Schröder, StGB, § 193 Rn. 1, 15; zu § 824 Abs. 2 BGB vgl. MüKo-BGB/G. Wagner, § 824 Rn. 40. 998 Hammen, in: Bankrechtstag 2005, S. 113, 126; Vollborth, S. 214. 993
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5. Kap.: Geheimhaltungspflichten des Kreditgewerbes
stehen.999 Diese stellen jedoch weitaus strengere Anforderungen, die nicht unterlaufen werden dürfen.1000 Um die Abwägung zwischen den widerstreitenden Interessen vorzunehmen, wenden andere Teile der Literatur1001 § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BDSG analog an. Dagegen ist einzuwenden, dass der Datenschutz mangels einer vergleichbaren Sonderverbindung im Grundsatz weniger weit reicht als das Bankgeheimnis und weitgehend durchbrochen wird.1002 Dies wird gerade an der angeführten Norm deutlich, die den Kreditinstituten ein Übermitteln personenbezogener Daten schon dann erlaubt, wenn kein Grund zu der Annahme bestehe, dass das schutzwürdige Interesse des Betroffenen überwiegt, also schon bei Gleichwertigkeit der widerstreitenden Interessen.1003 Wäre § 28 BDSG eine Offenbarungsbefugnis zu entnehmen, ergäbe sich das sinnwidrige Ergebnis, dass geheime personenbezogene Daten (§§ 1 Abs. 1, 3 Abs. 1 BDSG) weniger geschützt wären als andere dem Bankgeheimnis unterliegende Daten und insbesondere solche juristischer Personen, auf die das BDSG keine Anwendung findet.1004 Das BDSG genießt keinen Vorrang vor dem Bankgeheimnis. Andernfalls wäre konsequenterweise zu erwägen, diese Vorschrift bereits als gesetzliches Offenlegungsgebot im Sinne von Nr. 2 Abs. 1 S. 2 Var. 1 AGB-Banken anzusehen. Dem steht jedoch wieder das geringere Schutzniveau des Bundesdatenschutzes gemäß § 4 Abs. 1 BDSG entgegen, wonach die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten nicht erst dann zulässig sind, wenn dies gesetzlich angeordnet ist, sondern schon dann, wenn dies nur gesetzlich erlaubt ist. Stellenweise wird auch angenommen, dass die Rspr. der Sache nach unausgesprochen § 34 StGB anwendet, wenn sie im Rahmen des § 203 StGB nach dem Grundsatz einer allgemeinen „Güter- und Interessenabwägung“ verfährt.1005 Auf999 Vgl. OLG Schleswig, BKR 2008, 25, 27 f. (keine Rechtfertigung eines Verstoßes gegen § 203 StGB über § 34 StGB); LK-StGB/Schünemann, § 203 Rn. 131; Fischer, StGB, § 203 Rn. 45; Schulz/Schröder, DZWIR 2008, 177, 181 f. 1000 Vgl. OLG Schleswig, BKR 2008, 25, 27 f.; Lenckner/Eisele, in: Schönke/Schröder, StGB, § 203 Rn. 30; LK-StGB/Schünemann, § 203 Rn. 131; Fischer, StGB, § 203 Rn. 45; vgl. auch Wittig, in: Bankrechtstag 2005, S. 145, 184 will von vornherein nur Handlungen in notstandsähnlichen Situationen als „Wahrnehmung berechtigter Interessen“ gelten lassen. 1001 Beucher/Räther/Stock, AG 2006, 277, 279; offenbar auch Früh, WM 2000, 497, 503; Wittig, in: Bankrechtstag 2005, S. 145, 184 f. unter Berufung auf BGH, WM 1985, 1305 ff. 1002 Canaris, in: Großkommentar HGB, Bd. 5, Bankvertragsrecht I, Rn. 72; Nobbe, WM 2005, 1537, 1546; ders., ZIP 2008, 97, 103. 1003 Nobbe, WM 2005, 1537, 1546; ders., ZIP 2008, 97, 103. 1004 Vgl. Canaris, in: Großkommentar HGB, Bd. 5, Bankvertragsrecht I, Rn. 72; Schulz/Schröder, DZWIR 2008, 177, 181. 1005 OLG Schleswig, BKR 2008, 25, 27 f.; Lenckner, in: Schönke/Schröder, StGB, § 203, Rn. 30 mit Blick auf BGHSt 1 366, MDR 56, 625, NJW 68, 2288; vgl. auch OLG Köln NJW 2000, 3657, OVG Lüneburg NJW 75, 2264, VG Lüneburg NJW 97, 2468.
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grund der Einheitlichkeit der Rechtsordnung gilt § 34 StGB auch im Zivilrecht.1006 Im Unterschied zu §§ 228 BGB, der nur den Defensivnotstand regelt, rechtfertigt § 34 StGB auch Eingriffe in persönliche Rechtsgüter, hat aber einen strengeren Abwägungsmaßstab.1007 Er kann daher ebenfalls nicht für eine allgemeine Güter- und Interessenabwägung herhalten. Der Wahrnehmung berechtigter Interessen ist somit die Qualität eines eigenständigen und universellen Rechtfertigungsgrunds wegen ihrer fehlenden normativen Verankerung abzusprechen.1008 Insgesamt droht die Gefahr, dass das Bankgeheimnis zur Disposition der Bank gestellt wird, obgleich der Kunde der Geheimnisherr ist.1009 Eine allgemeine Abwägbarkeit des Bankgeheimnisses durch das zur Geheimhaltung verpflichtete Kreditinstitut selbst würde zu willkürlichen Ergebnissen führen1010 und wäre mit der Verpflichtung zu seiner strikten Einhaltung nicht zu vereinbaren.1011 Dies entspricht der mittlerweile herrschenden Ansicht.1012 Für einen Ausschluss des Bankgeheimnisses, der im Zusammenhang mit einer Zession zur Zulässigkeit der Datenweitergabe führen würde, können deshalb nur Schuldbefreiungs- und Rechtfertigungsgründe herangezogen werden, die qualifizierte Anforderungen an eine Rechtsgüter- und Interessenabwägung stellen. 3. Schikaneverbot und fehlendes berechtigtes Eigeninteresse, §§ 226, 242 BGB Unter Hinweis auf die rechtseinschränkende Funktion des § 242 BGB und ein strafrechtliches Urteil des OLG Düsseldorf 1013 zu § 203 StGB fordert eine in der Literatur1014 vertretene Meinung, dass dem Kunden die Berufung auf das Bankgeheimnis versagt werden soll, wenn er kein sachlich berechtigtes Interesse an der Geheimhaltung hat. Zugleich beeilt sich diese Ansicht, das Kriterium dergestalt einzuschränken, dass ihm lediglich die Funktion einer negativen Abgrenzung gegenüber reiner Willkür und Launenhaftigkeit des Kunden zukomme. In-
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Palandt/Ellenberger, BGB, § 228 Rn. 2. Palandt/Ellenberger, BGB, § 228 Rn. 2. 1008 So auch OLG Schleswig, BKR 2008, 25, 27 f. 1009 Weber, in: BuB, Rn. 1/55; Beckhusen, in: Handbuch zum deutschen und europäischen Bankrecht, § 6 Rn. 52; Nobbe, WM 2005, 1537, 1547; ders., ZIP 2008, 97, 103 f. 1010 Wittig, in: Bankrechtstag 2005, S. 145, 184. 1011 So auch Nobbe, WM 2005, 1537, 1546; ders., ZIP 2008, 97, 103; Vollborth, S. 214 ff. 1012 Nobbe, WM 2005, 1537, 1546; ders., ZIP 2008, 97, 103; Vollborth, S. 214 ff.; Wech, S. 419 ff., 436 ff.; Bitter, ZHR 173 (2009), 379, 409 a. E. 1013 OLG Düsseldorf, JMBlNW 1990, 153. 1014 Jobe, ZIP 2004, 2415, 2419 f. 1007
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5. Kap.: Geheimhaltungspflichten des Kreditgewerbes
soweit greift sie auf die strafrechtliche Lit. zu § 203 StGB1015 zurück und vollzieht eine verfassungsrechtliche Abwägung zwischen dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Bankkunden und den kollidierenden Rechtspositionen der Bank.1016 Dem Darlehensnehmer ist keine Schikane im Sinne von § 246 BGB vorzuwerfen. Er beabsichtigt nicht, die darlehensgebende Bank zu schädigen, wenn er sich dieser gegenüber auf das Bankgeheimnis beruft. Nach dem Schikaneverbot gemäß § 226 BGB ist die Ausübung eines Rechts unzulässig, wenn sie nur den Zweck haben kann, einem anderen Schaden zuzufügen. Für einen Rechtsmissbrauch nach § 242 BGB, das das Schikaneverbot im Weiteren mit umfasst,1017 genügt es indes, wenn keine berechtigten Eigeninteressen vorliegen, es dem Rechtsinhaber also nicht um eine Schädigung, sondern um vertragsfremde oder unlautere Zwecke geht.1018 Die Berufung auf sein Recht darf ihm objektiv keinerlei Vorteile bringen.1019 Bei der Subsumtion unter dieses Kriterium geht die referierte Meinung sehr weit: Die Kreditnehmer könnten sich gegenüber der Bank nicht auf eine Verletzung des Bankgeheimnisses berufen, wenn die Bank Kreditforderungen veräußert und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlichen kundenbezogenen Daten und Informationen weitergibt.1020 Ihnen fehle ein berechtigtes Eigeninteresse, wenn die Bank Maßnahmen der Risikound Eigenkapitalsteuerung, der Refinanzierung sowie der Auslagerung ergreift oder Problemkredite veräußert.1021 Dem kann man entnehmen – auch wenn dies von der Ansicht nicht explizit formuliert wird –, dass eine Berufung auf das Bankgeheimnis bei nahezu jeder Darlehensveräußerung rechtsmissbräuchlich sei. Von rechtlicher Seite aus ist dagegen der bekannte Einwand zu wiederholen, dass das Bankgeheimnis nicht zur Disposition der Bank gestellt werden darf.1022 Denn Geheimnisherr ist der Bankkunde. Auf seinen tatsächlichen Willen zur Geheimhaltung kommt es nach allgemeiner Meinung an, gleich, ob dieser objektiv berechtigt oder auch nur vernünftig ist oder dagegen als willkürlich erscheint.1023 1015
Lenckner/Eisele, in: Schönke/Schröder, StGB, § 203 Rn. 7. Jobe, ZIP 2004, 2415, 2419 f. 1017 Palandt/Ellenberger, BGB, § 226 Rn. 1; MüKo-BGB/Roth, § 242, Rn. 211. 1018 Looschelders/Olzen, in: Staudinger, BGB, § 242, Rn. 260. 1019 OLG Frankfurt, NJW 1979, 1613; Hammen, in: Bankrechtstag 2005, S. 113, 124. 1020 Jobe, ZIP 2004, 2415, 2419 f. 1021 Jobe, ZIP 2004, 2415, 2419 f. 1022 Weber, in: BuB, Rn. 1/55; Beckhusen, in: Handbuch zum deutschen und europäischen Bankrecht, § 6 Rn. 52; Nobbe, WM 2005, 1537, 1547; ders., ZIP 2008, 97, 103 f. 1023 BGHZ 27, 241, 246; Bruchner, in: Bankrechts-Handbuch, § 39 Rn. 10; Grundmann, in: Ebenroth/Boujong/Joost, HGB, Bd. II, Bank- und Börsenrecht Rn. I158; Beckhusen, in: Handbuch zum deutschen und europäischen Bankrecht, § 6 Rn. 13; Claussen, Bank- und Börsenrecht, § 3 I Rn. 9; Sichtermann/Feuerborn/Kirchherr/Terdenge, Bankgeheimnis und Bankauskunft, S. 135; Koberstein-Windpassiger, WM 1999, 473, 474; Nobbe, WM 2005, 1537, 1547; ders., ZIP 2008, 97, 103. 1016
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Noch überzeugender erscheint der Ansatz Steindorffs, nach dem das Bankgeheimnis von vornherein unabhängig von dem Willen und Interesse des Geheimhaltungsberechtigten zu gelten habe.1024 Damit meint er indes nicht, dass der Wille des Berechtigten überhaupt nicht von Belang sei. Nur kommt der Wille des Berechtigten allein zu seinen Gunsten in Betracht, indem es ihm nämlich offensteht, in die Durchbrechung des Bankgeheimnisses ausdrücklich einzuwilligen. Steindorff rückt damit konzeptionell zurecht, dass der Berechtigte in Bezug auf seinen Willen und sein Interesse im Einzelfall nicht darlegungspflichtig ist und Dritte darüber nicht zu urteilen haben. Hier erscheint die Kategorie des mutmaßlichen Willens und objektiven Interesses in neuem Kleid. Darüber hinaus muss der Ansicht auch bei der Subsumtion unter die Voraussetzungen dieser Fallgruppe widersprochen werden.1025 Das Geheimhaltungsinteresse des Darlehensnehmers weist einen eigenständigen Wert auf und darf nicht auf ein Mittel verkürzt werden, das dazu dient, die Zustimmungsfreiheit bei einer Forderungsübertragung auszuräumen. Überdies kumulieren sich die Interessen des Schuldners gegen eine Darlehensveräußerung, die entsprechende Übertragung der Sicherheiten und gegen die Vollstreckung derselben in seinem Interesse an der Wahrung des Bankgeheimnisses.1026 4. Störung der Geschäftsgrundlage des Bankgeheimnisses nach § 313 BGB Für eine Äquivalenzstörung stellt die Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB eine abschließende Sonderregelung dar.1027 Die Wahrung des Bankgeheimnisses ist aber eine Nebenpflicht, die nicht in einem synallagmatischen Verhältnis zu dem Darlehenszins steht oder auch nur in diesen eingepreist wäre. Liegt mithin keine Äquivalenzstörung vor, so gilt für die erwünschte Pflichtenmodifikation § 313 BGB nur neben § 275 Abs. 2 BGB.1028 Um einen möglichst wenig einschneidenden Eingriff in die Vertragsautonomie zu gewährleisten, ist § 313 BGB indes generell die sachgerechtere Norm; sie erfordert rechtsgestaltende Erklärungen und bietet den Vertragsparteien ein dem Grad der Unzumutbarkeit entsprechendes System abgestufter Rechtsfolgen von der Vertragsanpassung (§ 313 Abs. 1 BGB) bis hin zur Vertragsauflösung (§ 313 Abs. 3 BGB). Um diesen vertraglichen Aspekten gerecht zu werden, erscheint es angemessen, § 313 BGB auch auf nicht synallagmatische Pflichten anzuwenden. Die Regelung gibt den Vertragsparteien ein spezielles Anpassungsinstrument an die Hand, 1024
Steindorff, ZHR 149 (1985), 151, 152. So auch Nobbe, WM 2005, 1537, 1547; ders., ZIP 2008, 97, 103. 1026 So auch Hammen, in: Bankrechtstag 2005, S. 113, 123. 1027 BT-Drs. 14/6040, S. 130; Looschelders/Olzen, in: Staudinger, BGB, § 242, Rn. 278; MüKo-BGB/Roth, § 242, Rn. 411. 1028 MüKo-BGB/Ernst, § 275 Rn. 23; Palandt/Grüneberg, BGB, § 275 Rn. 29. 1025
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das nur für solche Ausnahmefälle greift, in denen außerhalb des Vertrages liegende Umstände die Erfüllung von Vertragspflichten unzumutbar machen und dies zu Vertragsbeginn nicht berücksichtigt werden konnte.1029 Der Kreditausfall ist ein typisches Geschäftsrisiko der Bank.1030 Demnach ist bei gleichbleibenden Kreditausfallraten, gleichbleibendem wirtschaftlichen Zustand der Bank und gleichbleibendem Marktumfeld für eine Störung der Geschäftsgrundlage kein Raum. Betrachtet man die hochentwickelten Risikosysteme einer Bank, ist es zudem zweifelhaft, ob die Bank die Darlehensrisiken und ihre eigenen Existenzrisiken nicht regelmäßig insoweit berücksichtigt, als sie sich gegenüber den erwarteten und unerwarteten Verlusten absichert. Eine Störung der Geschäftsgrundlage käme daher nur dann in Betracht, wenn sich diese Risiken außerhalb des Planbereichs realisierten und die Bank zur Wahrung des Bankgeheimnisses einen Aufwand aufbringen müsste, der deutlich höher ausfällt, als sie bei der Darlehensvergabe zugrunde gelegt hat. An diesen Voraussetzungen sowie insbesondere an der Rechtsfolge des § 313 BGB offenbart sich, dass dessen Anwendung im vorliegenden Zusammenhang kaum zweckmäßig ist. Die Anpassung nach § 313 BGB tritt – anders als nach früherer Rechtslage – nicht kraft Gesetzes ein.1031 Es wird lediglich ein Anspruch auf Vertragsanpassung gewährt.1032 Zur Verwirklichung bedarf es aber der Zustimmung des anderen Teils. Für Kündigung und Rücktritt nach § 313 Abs. 3 S. 1, 2 BGB ist naturgemäß eine Erklärung der Bank gegenüber dem Geheimnisherrn erforderlich. Diese wirkt nur ex nunc. Sie kann also keine Datenweitergaben legitimieren, die in der Vergangenheit liegen. Die Vertragsanpassung bzw. -auflösung hilft indes kaum weiter, soweit das Bankgeheimnis im Gewohnheitsrecht und im gesetzlichen Schuldverhältnis verortet wird. Die sich daraus ergebenden Pflichten können nämlich nicht durch rechtsgestaltende Erklärungen entfallen. Eine Verletzung kann allenfalls durch Einwilligung des Rechtsinhabers gerechtfertigt werden. Dies ist jedoch nicht Gegenstand des § 313 BGB. 5. Verhältnis zwischen dem Geheimhaltungsinteresse und finanziellem Aufwand gemäß § 275 Abs. 2 BGB (Faktische Unmöglichkeit) Die Schuldbeendigung aufgrund faktischer oder praktischer Unmöglichkeit gemäß § 275 Abs. 2 BGB ist als Leistungsverweigerungsrecht ausgestaltet. Das hat für Unterlassungspflichten und speziell für das Bankgeheimnis die sonder1029
BGH, NJW 1997, 1702, 1704 m.w. N. Stoll, DZWir 2010, 139, 144; Eisele, ZIS 2011, 354, 364. 1031 Hammen, in: Bankrechtstag 2005, S. 113, 127; Palandt/Grüneberg, BGB, § 313 Rn. 41 m.w. N. 1032 BT-Drs. 14/6040 S. 176. 1030
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bare Konsequenz, dass die Bank zunächst die Einrede erklären muss, bevor sie das Bankgeheimnis nicht mehr zu befolgen hat. Dies macht die praktische Handhabung im vorliegenden Zusammenhang schwierig. Der Tatbestand des § 275 Abs. 2 BGB enthält einen noch engeren Abwägungsmaßstab, als Rspr. und Lehre zuvor angelegt haben:1033 Nach § 275 Abs. 2 S. 1 BGB kann der Schuldner die Leistung verweigern, soweit diese einen Aufwand erfordert, der unter Beachtung des Inhalts des Schuldverhältnisses und der Gebote von Treu und Glauben in einem groben Missverhältnis zu dem Leistungsinteresse des Gläubigers steht. Die Schuld würde somit entfallen, wenn die Erbringung der Leistung zwar nicht naturgesetzlich ausgeschlossen ist, aber mit exorbitanten Kosten verbunden wäre.1034 Die Berücksichtigung der in § 275 Abs. 2 BGB angeführten Umstände ist nur in einer Abwägung möglich, wobei das Ergebnis der Abwägung ein Urteil über das Verhältnis des Leistungsaufwands und des Leistungsinteresses des Gläubigers ist (Kosten-Nutzen-Kalkül).1035 Nicht von Belang sind hingegen der individuelle Aufwand des Schuldners und sonstige Umstände.1036 Der Aufwand zur Einhaltung des Bankgeheimnisses tendiert für sich betrachtet gegen null. Denn die Bank muss die Datenweitergabe schlicht unterlassen. Es liegt jedoch nahe, auch den mittelbaren Aufwand und die kalkulatorischen Kosten einzubeziehen, deren Erzielung der Einhaltung des Bankgeheimnisses entgegenstehen würde. Dazu lassen sich folgende Überlegungen anstellen: Erstens kann die Bank die Abtretung der Forderungen anonymisiert vornehmen. Dadurch ist es ihr allenfalls verstellt, die Kosten für das Servicing sowie weitere Betriebskosten einzusparen, die auf die Konzentration der Kompetenzen und die Reduzierung des Ressourcenbedarfs entfallen, sofern dies nicht ohnehin in dem Kaufpreis für das Darlehen berücksichtigt wird. Allerdings ließe sich das Servicing auch lediglich auslagern (§ 25a Abs. 2 KWG). Dann käme es nicht zu einer Rechtsverletzung, soweit anzunehmen ist, dass die konkludente Einwilligung des Geheimnisherrn in die Verwendung seiner Daten im bankinternen Bereich eine Weitergabe an diese Personen umfasst.1037 Zweitens kann die Bank auf die Darlehensveräußerung gänzlich verzichten. Dadurch erhöhen sich für sie die Kosten des Liquiditätsverzichts. Eine Verminderung der Refinanzierungskosten durch Erhöhung des Ratings und der Kapitalmarktbewertung wäre nicht möglich und sie könnte aus der Veräußerung keine Provisions- bzw. Arbitragegewinne generieren. Auch die Senkung der Risikokosten durch Risikodiversifikation und die Reduzierung der kalkulatorischen Eigenkapitalkosten wären nicht erreichbar. 1033 Gefordert wurde ein „offensichtliches Missverhältnis zwischen Leistung und Aufwand“, vgl. BGH, NJW 1983, 2873, 2874; Palandt/Grüneberg, BGB, § 275 Rn. 22. 1034 MüKo-BGB/Emmerich, § 275, Rn. 37. 1035 MüKo-BGB/Emmerich, § 275, Rn. 69. 1036 Looschelders/Olzen, in: Staudinger, BGB, § 242, Rn. 273; MüKo-BGB/Ernst, § 275 Rn. 69. 1037 s. oben Kapitel 5 C. I. 3. c).
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Drittens ist zu berücksichtigen, dass die Schuldnerdaten im Rahmen von Erkenntnis- oder Zwangsvollstreckungsverfahren einer normativen Öffentlichkeit zugänglich zu machen sind. Sollen die Schuldnerdaten also geschützt werden, müsste in letzter Konsequenz auch auf Rechtsschutz verzichtet werden. Dadurch würde die Bank im ungünstigsten Fall den wirtschaftlichen Wert der Forderung verlieren. Aus dem zuvor Gesagten ergibt sich eine fixe Obergrenze für den finanziellen Aufwand zur Einhaltung des Bankgeheimnisses: Die Geheimhaltung kann stets zu dem Preis bzw. Wert der jeweiligen Darlehensforderung gewahrt werden. Der Versuch, Geldeinheiten als Bewertungsmaßstab für das Geheimhaltungsinteresse des Bankkunden anzulegen, um im Anschluss einen quantitativen Vergleich vornehmen zu können, muss von vornherein daran scheitern, dass dem Bankgeheimnis selbst ein immaterieller Wert zukommt.1038 Nur sofern man dahinter auch das Interesse des Geheimhaltungsberechtigten sieht, dass Dritte die Forderungen nicht gegen ihn geltend machen, kann man dem Interesse auch eine vermögensrechtliche Komponente abgewinnen.1039 Dem Bankgeheimnis käme insofern ein Wert zu, der im äußersten Fall an die Höhe der Forderung heranreicht, die wegen des entgegenstehenden Bankgeheimnisses von dem Erwerber nicht geltend gemacht werden kann. Nach dem Maßstab des § 275 Abs. 2 BGB übersteigen die Kosten zur Einhaltung des Bankgeheimnisses keinesfalls in grobem Maße das Interesse des Darlehensnehmers an der Geheimhaltung. Es ist der Bank somit nicht faktisch unmöglich, das Bankgeheimnis im Kreditgeschäft zu wahren. Der Aufwand reicht bei weitem nicht an die unkalkulierbaren und im Zweifel unermesslich hohen Beträge heran, die für die in Lehrbüchern exemplarisch angeführte Suche eines Gegenstands auf dem Meeresboden aufzuwenden wären.1040 Es liegt allenfalls eine „wirtschaftliche Unmöglichkeit“ vor.1041 Die Anwendung des einschlägigen § 313 BGB1042 wurde jedoch als für die vorliegenden Konstellationen nicht sachgerecht ausgeschlossen. 6. Rechtsmissbrauch wegen Unverhältnismäßigkeit und eigenen vertragswidrigen Verhaltens nach § 242 BGB In dem gesetzlich mit „Leistung nach Treu und Glauben“ überschriebenen § 242 BGB heißt es, dass der Schuldner verpflichtet ist, die Leistung so zu be-
1038 Kleiner/Schwob/Winzeler, in: Bodmer/Kleiner/Lutz, Schweizerisches Bankengesetz, Art. 47 Rn. 330. 1039 Vgl. dazu auch Kleiner/Schwob/Winzeler, in: Bodmer/Kleiner/Lutz, Schweizerisches Bankengesetz, Art. 47 Rn. 330. 1040 Vgl. Fikentscher/Heinemann, Schuldrecht, S. 199 f., Rn. 396. 1041 Vgl. Fikentscher/Heinemann, Schuldrecht, S. 200, Rn. 398. 1042 Palandt/Grüneberg, § 275 Rn. 21.
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wirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern. Als zentrales Element der Rechtsfolgenaussage findet sich eine Ansammlung unbestimmter Rechtsbegriffe, mit denen bei unbefangener Betrachtung nur Selbstverständliches zur Leistungspflicht des Schuldners zum Ausdruck gebracht wird. Doch der Schein trügt. In der Norm verkörpert sich ein Grundelement einer organisierten Rechtskultur, bestehend aus dem Prinzip wechselseitigen Vertrauens unter den Mitgliedern der Gesellschaft.1043 Wenngleich eine Subsumtion unter diesen „Prototyp einer Generalklausel“ naturgemäß schwerfällt,1044 kann die Norm nicht als ein bloßer Programmsatz abgetan werden. Vielmehr enthält sie einen sachlichen Informations- und Regelungsgehalt1045 und öffnet das kodifizierte Recht für überrechtliche soziale Gebote1046 und ethische Prinzipien,1047 die der gesamten Rechtsordnung zugrunde liegen.1048 Über die Generalklausel entfalten deshalb insbesondere die in der Verfassung garantierten Grundrechte ihre „mittelbare Drittwirkung“ im bürgerlichen Recht.1049 Durch Konkretisierung können aus § 242 BGB verschiedene Funktionen abgeleitet werden.1050 Gemäß der Begrenzungs- oder Schrankenfunktion muss der Schuldner „nach Treu und Glauben“ weniger leisten, als er eigentlich schuldig ist. Dabei ist zu betonen, dass § 242 BGB seinem Wortsinn und seiner systematischen Stellung nach allein die Art und Weise der Leistungserbringung durch den Schuldner betrifft.1051 Daher kommt ihm grundsätzlich nur eine schuldausfüllende, jedoch keine schuldausschließende Wirkung zu.1052 Allerdings gehen je nach Grad der Fokussierung das „Ob“ und das „Wie“ der Leistungspflicht ineinander über.1053 So kann es in Grenzfällen einem Gläubiger nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte schlechthin verboten sein, von seinem Recht Gebrauch zu machen, wenn dem Schuldner die Erfüllung der Schuld
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Fikentscher, Methoden des Rechts, Bd. 1, S. 109, 179. MüKo-BGB/Roth, § 242, Rn. 2 f. 1045 Vgl. Looschelders/Olzen, in: Staudinger, BGB, § 242, Rn. 138 f. 1046 Wieacker, Zur rechtstheoretischen Präzisierung des § 242 BGB, S. 10. 1047 Erman/Hohloch, BGB, § 242 Rn. 3. 1048 Vgl. Looschelders/Olzen, in: Staudinger, BGB, § 242, Rn. 142 f.; MüKo-BGB/ Roth, § 242, Rn. 11. 1049 Vgl. dazu allg. BVerfGE 7, 198, 206 f.; 103, 89, 100; Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, Vor Art. 1 Rn. 58; MüKo-BGB/Säcker, Einl. Rn. 59 ff.; MüKo-BGB/Armbrüster, § 134, Rn. 34, § 138 Rn. 20. 1050 Fikentscher/Heinemann, Schuldrecht, S. 118, Rn. 206 f.; zu den unterschiedlichen Ansätze der Funktionskreistheorie ausf. Looschelders/Olzen, in: Staudinger, BGB, § 242, Rn. 172 ff.; Palandt/Grüneberg, BGB, § 242 Rn. 13 f. 1051 MüKo-BGB/Roth, § 242, Rn. 8. 1052 Fikentscher/Heinemann, Schuldrecht, S. 119 f., Rn. 208 f.; Hammen, in: Bankrechtstag 2005, S. 113, 124 mit Hinweis auf die oben dargestellte Unmöglichkeitsregel des § 275 Abs. 3 BGB. 1053 Fikentscher/Heinemann, Schuldrecht, S. 119 f., Rn. 208 f. 1044
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nicht zuzumuten ist.1054 Ist § 242 BGB durchaus die gewünschte Rechtsfolge einer Befreiung vom Bankgeheimnis zu entnehmen, so unterliegt die vorzunehmende Interessen- und Güterabwägung jedoch weitgehenden Einschränkungen. In § 242 BGB kann man einen (begrenzten) Verzicht des Staates auf einen Wertemonopolismus1055 erkennen, der den Kompetenzbereich der Gerichte erweitert, um ihnen unter Mithilfe der Rechtswissenschaft die Rechtsfortbildung zu ermöglichen.1056 Von dieser Freiheit wurde ausgiebig Gebrauch gemacht, so dass für die Konkretisierung der relevanten, also atypischen Interessenlagen die Bildung von Fallgruppen unvermeidlich ist.1057 Sie beleuchten verschiedene Aspekte in einem Spektrum zwischen objektiver Unverhältnismäßigkeit und subjektiver Verwerflichkeit der Rechtsausübung. Roth bezeichnet diese Fallgruppen als „Akzentuierungen innerhalb eines Kontinuums“, die „keine kategorischen Unterscheidungen“ darstellen.1058 a) Verbleibender Anwendungsbereich für eine Schuldausschließung nach § 242 BGB Über § 242 BGB wird kein verhältnismäßiger Ausgleich zwischen verschiedenen Interessen durchgeführt, sondern es werden nur schlechthin unverhältnismäßige Ergebnisse korrigiert.1059 Es ist also allein maßgebend, ob bestimmten Interessen der Bank ein derart hohes Gewicht zukommt, dass sich hieraus Zwänge ergeben, das Bankgeheimnis ausnahmsweise zurücktreten zu lassen. In der heutigen Rechtsordnung werden die zivilrechtlichen Interessen an den hinter ihnen stehenden Verfassungswerten gemessen und anschließend einer Abwägung unterzogen. § 242 BGB öffnet den Vorhang des Zivilrechts und gibt den Blick ein Stück weit frei auf die verfassungsrechtliche Bühne. Die zuvor angesprochenen Ausschlussgründe erfordern eine Begrenzung von Anwendungsbereich und Abwägungsmaßstab des § 242 BGB. Weil die Einhaltung des Bankgeheimnisses eine unpersönliche Leistung darstellt, entstehen keine Überschneidungen mit § 275 Abs. 3 BGB. Anderes gilt für das Verhältnis zu § 275 Abs. 2 BGB. Dessen Wortlaut nimmt ausschließlich auf das Gläubigerinteresse Bezug und blendet somit die Schuldnerinteressen aus, soweit sie nicht den Leistungsaufwand selbst betreffen. Weil die beiderseitigen Interessen in § 275 Abs. 2 BGB somit nur
1054 Vgl. etwa BGH, NJW-RR 2005, 308; NZG 2008, 143; OLG Düsseldorf, NJOZ 2003, 970; Fikentscher/Heinemann, Schuldrecht, S. 120, Rn. 209. 1055 Looschelders/Olzen, in: Staudinger, BGB, § 242, Rn. 143. 1056 MüKo-BGB/Roth, § 242, Rn. 3, 21 ff. 1057 Die Einteilung ist naturgemäß uneinheitlich, vgl. etwa MüKo-BGB/Roth, § 242, Rn. 211; Looschelders/Olzen, in: Staudinger, BGB, § 242, Rn. 214 ff.; Palandt/Grüneberg, BGB, § 242 Rn. 42 ff. 1058 MüKo-BGB/Roth, § 242 Rn. 385. 1059 Vgl. Kleiner, in: FS Bärmann, S. 523, 526 ff.
C. Rechtfertigung einer Beschränkung
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schablonenhaft gewürdigt werden, ist dieser Norm keine allgemeine Unzumutbarkeitsregelung für die Naturalvollstreckung zu entnehmen.1060 Eine Korrektur der Schuldnerpflichten ist jedoch nur aufgrund anderer bzw. weiterer Umstände als dem bereits von § 275 Abs. 2 BGB erfassten wirtschaftlichen Aufwand möglich.1061 Dessen hoher Maßstab verschließt ohnedies die Möglichkeit, anderen Normen, die geringere Relationen genügen lassen,1062 eine allgemeingültige Unverhältnismäßigkeitsschranke zu entnehmen und diese über § 242 BGB anzuwenden.1063 Der Gesetzgeber hat die bisher aus §§ 251 Abs. 2, 651c Abs. 2 BGB gewonnene Schwelle absichtlich1064 auf ein grobes Missverhältnis angehoben.1065 Eine allgemeine Interessenabwägung, wie sie Teile der Literatur1066 anhand von § 242 BGB vornehmen, geht danach zu weit.1067 Jedem Versuch, die finanziellen Interessen der Bank in die Waagschale des § 242 BGB zu legen und einen geringeren Maßstab als den des § 275 Abs. 2 BGB anzulegen, ist mithin der Boden entzogen. b) Bankbetrieblicher Normalfall Im bankbetrieblichen Normalfall steht die Einhaltung des Bankgeheimnisses weder dem Rechtsschutz der Bank vor einem vertragswidrigen Verhalten des Kunden noch der Erhaltung der eigenen Existenz entgegen. Wenn sich aber weder der Kunde noch die Bank selbst in einer finanziellen Notlage befinden, müssen die Darlehen nicht zügig verwertet werden, und ihre Verwaltung bedarf nicht der Einschaltung Dritter. Der Forderungseinzug und das Servicing können selbst dann bei der Bank verbleiben, wenn die Darlehensforderungen aus den unterschiedlichsten Gründen an Dritte abgetreten werden sollen. Zwar ist die Verkehrsfähigkeit von Forderungen ein für die Privatrechtsordnung wesentlicher Allgemeinbelang.1068 Die Datenweitergabe vereinfacht und vergünstigt jedoch nur die Darlehensveräußerungen, ist aber – worauf der BGH1069 in seinem Urteil zur 1060
MüKo-BGB/Emmerich, § 275, Rn. 69. Looschelders/Olzen, in: Staudinger, BGB, § 242, Rn. 276. 1062 Vgl. etwa §§ 251 Abs. 2 S. 1, 281 Abs. 1 S. 3, 320 Abs. 2, 323 Abs. 5 S. 2, 439 Abs. 3, 635 Abs. 3, 651c Abs. 2 BGB. 1063 Vgl. BGHZ 88, 91, 95; Palandt/Grüneberg, BGB, § 242, Rn. 53; Looschelders/ Olzen, in: Staudinger, BGB, § 242, Rn. 272. 1064 BT-Drs. 14/6040, S. 130. 1065 Looschelders/Olzen, in: Staudinger, BGB, § 242, Rn. 272; Palandt/Grüneberg, BGB, § 275 Rn. 26 ff.; MüKo-BGB/Emmerich, § 275, Rn. 69; Hammen, in: Bankrechtstag 2005, S. 113, 127. 1066 Früh, WM 2000, 497, 503 f., der daneben aber auch eine Anwendung von § 193 BGB erwägt; Klüwer/Meister, WM 2004, 1157, 1159. 1067 So auch Vollborth, S. 216. 1068 BVerfG, NJW 2007, 3707, 3708. 1069 BGH, NJW 2007, 2106, 2107. 1061
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5. Kap.: Geheimhaltungspflichten des Kreditgewerbes
Wirksamkeit der Abtretung von Darlehensforderungen zu Recht hinweist – weder rechtlich noch tatsächlich zwingend. Die Bank würde in diesem Fall mit der Datenweitergabe nur finanzielle Interessen verfolgen, die im Rahmen des § 242 BGB unbeachtlich sind. Das Servicing ließe sich aus Kostengründen problemlos auslagern, wobei der Service Agent Erfüllungsgehilfe der Bank wäre und somit das Bankgeheimnis in aller Regel nicht verletzt würde.1070 Die Abtretung begründet in diesem Fall keine Kommunikationsinteressen der Zessionsparteien, auf die der Darlehensnehmer Rücksicht nehmen müsste. Würde die Bank nach Abtretung der Forderung zugleich auch das Servicing in die Hände Dritter legen wollen, stünde es ihr frei, eine Einwilligung des Bankkunden in die dazu nötige Datenweitergabe einzuholen.1071 Eine konkrete Abwägung seiner Geheimhaltungspositionen mit dem Interesse der Kaufparteien an einer Darlehensveräußerung erübrigt sich in dieser Fallgruppe. Das Bankgeheimnis hat in dieser Situation nicht unter dem Gesichtspunkt der Unverhältnismäßigkeit nach § 242 BGB hinter den Interessen der Bank zurückzutreten.1072 c) Notleidende Bank Anders ist die Situation möglicherweise dann zu beurteilen, wenn sich die Bank in einer Notlage befindet. Ihre Motivation zur Datenweitergabe im Zuge einer Zession von Darlehensforderungen ist dann nicht allein von finanziellen Interessen bestimmt, sondern betrifft nunmehr auch das schützenswertere Rechtsgut der Existenzerhaltung. In einem späteren Stadium kann hinzutreten, dass die Bank aufgrund ihrer finanziellen Verfassung operativ nicht mehr in der Lage ist, das Servicing für ihre Darlehen selbständig zu betreiben und den Forderungseinzug vorzunehmen. Sobald die Insolvenz eingetreten ist, ist sie dazu auch rechtlich nicht mehr befugt, weil gemäß §§ 80 Abs. 1, 81 Abs. 1 S. 1 InsO die Verfügungsbefugnis auf den Insolvenzverwalter übergeht. Nunmehr stehen die Interessen der Gläubigergemeinschaft an einer zügigen Verwertung im Vordergrund. Um die Darlehensverwaltung und -verwertung Dritten übertragen zu können, ist es erforderlich, diesen die Schuldnerdaten zu offenbaren. aa) Auskunftspflichten in Zwangsvollstreckungs- und Insolvenzverfahren des Darlehensgebers Den Auskunftspflichten in der Zwangsvollstreckung und im Insolvenzverfahren sind gesetzliche Wertungen zu entnehmen, die für eine Forderungsabtretung zur Bankensanierung fruchtbar gemacht werden können. 1070
s. o. Kapitel 5 C. I. 3. c). Vgl. Nobbe ZIP 2008, 97, 99. 1072 So auch Rögner, NJW 2004, 3230, 3232; Rinze/Heda, WM 2004, 1557, 1566; Nobbe, WM 2005, 1537, 1546 f.; ders., ZIP 2008, 97, 103; Vollborth, S. 218, 226; krit. sogar Bankenvertreter, s. Wittig, in: Bankrechtstag 2005, S. 145, 188 f. 1071
C. Rechtfertigung einer Beschränkung
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(1) Rechtsprechung zu Berufsgeheimnisträgern Im Vorfeld sei klargestellt, dass die Erklärungspflicht des Drittschuldners gegenüber dem Gläubiger nach § 840 Abs. 1 ZPO (Drittschuldnererklärung) in diesem Zusammenhang nicht von Belang ist. Eine Drittschuldnererklärung greift nur dann in das Bankgeheimnis ein, wenn Dritte Forderungen eines Kunden in seiner Eigenschaft als Gläubiger der Bank pfänden lassen und es demnach die Bank ist, die die Erklärung abgibt.1073 Hier aber geht es um die Notlage der Bank. Pfänden Dritte ihre Forderungen, wäre es der Darlehensnehmer, der die Drittschuldnererklärung abzugeben hätte. Er ist aber selbst der Geheimnisherr und bedarf deshalb gegenüber Dritten keiner gesetzlichen Rechtfertigung, um Informationen über sich preiszugeben. Sinnvolle Ansatzpunkte stellen hingegen die Pflichten zur Aufstellung eines Vermögensverzeichnisses nach § 807 Abs. 1 ZPO sowie die Auskunftspflichten nach § 836 Abs. 3 ZPO1074 und §§ 98 Abs. 2, 97 Abs. 1 S. 1 InsO dar. Aufgrund dieser Normen halten der BGH und der BFH die Preisgabe von forderungsbezogenen Daten an Gläubiger und Insolvenzverwalter trotz etwaiger Verschwiegenheitspflichten gegenüber Drittschuldnern1075 für gerechtfertigt, wenn es zu einer Forderungspfändung bei einem Berufsgeheimnisträger bzw. zu einer Insolvenz eines Berufsgeheimnisträgers kommt.1076 Die Schweigepflicht trete zurück, wenn überragende Interessen des Gemeinwohls oder vorrangige Belange Dritter dies geböten und der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gewahrt sei.1077 Das Geheimhaltungsinteresse der betroffenen Mandanten und Patienten werde im Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung geschützt. Trotz der hohen Sensibilität der von § 203 StGB geschützten Daten erstreckten sich die Auskunftspflichten des zur Verschwiegenheit verpflichteten Schuldners jedoch weder nach § 807 ZPO noch nach § 836 Abs. 3 ZPO und auch nicht nach § 97 Abs. 1 InsO auf Daten, die der Intimsphäre zuzurechnen und deshalb uneingeschränkt schutzwürdig sind. Das Geheimhaltungsinteresse rechtfertigt nicht den Ausschluss des durch 1073 Zu der Frage, wie sich das Bankgeheimnis in der Insolvenz des Kunden verhält, findet sich reichlich Schrifttum, vgl. etwa Obermüller, in: Gottwald, InsolvenzrechtsHandbuch, § 98, Rn. 25–28; Vallender, in: FS Uhlenbruck, S. 133 ff.; Stephan, WM 2009, 241 ff. 1074 Dieser Anspruch ist zwar (im Gegensatz zu dem aus § 840 ZPO) einklagbar, davon Gebrauch zu machen ist jedoch zumeist unzweckmäßig, vgl. Staab, NZA 1993, 439, 440. 1075 Das BVerfG hatte zu §§ 75, 102 Abs. 2 Konkursordnung entschieden, dass eine uneingeschränkte Aussagepflicht jedenfalls nicht das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Gemeinschuldners verletze, BVerfG, NJW 1981, 1431. 1076 BGHZ 141, 173, 176 ff. (Steuerberater); BGH, NJW-RR 2004, 54 (Rechtsanwalt); BFH NJW 2005, 1308 (Rechtsanwalt); BGHZ 162, 187 (Privatarzt); noch einschränkend OLG Stuttgart NJW 1994, 2838; vgl. ferner BGH, NJW 2004, 2015, 2017. 1077 BGHZ 162, 187, 190 mit Hinweis auf BVerfGE 32, 373, 380; BVerwGE 82, 56; s. ferner BVerfG, NJW 2002, 2164.
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5. Kap.: Geheimhaltungspflichten des Kreditgewerbes
Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Befriedigungsrechts der Gläubiger des Geheimhaltungsverpflichteten. Zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung sei die Benennung der jeweiligen Drittschuldner bzw. Masseschuldner unverzichtbar.1078 Deshalb ist ein Zurücktreten ausnahmsweise möglich. Rechtlich offenbart ein Berufsgeheimnisträger die der Geheimhaltung unterliegenden Daten nicht unbefugt i. S. v. § 203 Abs. 1 StGB, wenn und soweit er durch Gesetz dazu berechtigt bzw. gemäß §§ 807, 836 Abs. 3 ZPO, § 97 Abs. 1 InsO dazu verpflichtet ist.1079 (2) Grundrechtliche Abwägung des Bundesverfassungsgerichts Dem zugrundeliegenden allgemeinen Persönlichkeitsrecht natürlicher Personen entnimmt das BVerfG1080 kein absolutes, uneingeschränktes Herrschaftsrecht über bestimmte Informationen. Der Einzelne sei vielmehr eine sich innerhalb der sozialen Gemeinschaft entfaltende, auf Kommunikation angewiesene Persönlichkeit.1081 An anderer Stelle betont das BVerfG, dass auch der Rechtsverkehr auf den Austausch von Informationen angewiesen sei.1082 Wenngleich ein Höchstmaß an selbstbestimmter Kommunikationsteilhabe zu gewährleisten sei, bedinge dies gleichwohl Rücksichtnahmen auf die Kommunikationsinteressen anderer. Eine Pflicht zur Übermittlung persönlichkeitsrelevanter Informationen über Dritte, die zugleich aber den Betroffenen die Möglichkeit versagt, auf den Informationsfluss einzuwirken, stelle zwar einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht dar. Sie sei jedoch verfassungsrechtlich zulässig, wenn sie hinreichend gewichtigen Belangen des Gemeinwohls diene und die Vorenthaltung effektiven informationellen Selbstschutzes um dieser Belange willen angemessen ist. Unter Anwendung desselben Maßstabs lässt sich die Geheimhaltung von Daten juristischer Personen aufgrund des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb im Wege eines verhältnismäßigen Ausgleichs einschränken. (3) Übertragung auf Kreditinstitute Das von der Rspr. gefundene Abwägungsergebnis muss gleichermaßen für Kreditinstitute gelten, die dem Bankgeheimnis unterliegen. Der Geheimnisherr muss der Bank Informationen preisgeben, damit zwischen beiden ein Darlehensvertrag geschlossen und durchgeführt werden kann. Kommt es zu Forderungs-
1078 BGHZ 141, 173, 176 ff.; BGH, NJW-RR 2004, 54; BFH NJW 2005, 1308; BGHZ 162, 187. 1079 BGHZ 162, 187. 1080 BVerfG, NJW 2007, 3707 f.; zu der ähnlich gelagerten Situation im Versicherungsrecht BVerfG, NJW 2002, 2164 f.; WM 2006, 2270, 2271. 1081 BVerfGE 65, 1, 43 f. 1082 BVerfG, NJW 2007, 3707, 3708.
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pfändungen bei dem Darlehensgeber oder fällt er in Insolvenz, ist ein Informationsaustausch mit Dritten zwingend erforderlich. In diesen Fällen setzt der insoweit außen stehende Geheimnisherr zwar nicht selbst die Ursache für die Datenoffenbarung. Übereinstimmungen finden sich aber insoweit, als die Vollstreckungsgläubiger und die Insolvenzverwalter wie die Gläubiger notleidender Darlehen ohne eine Datenoffenbarung letztlich handlungsunfähig und rechtlos gestellt würden. Der Vollstreckungs- und der Insolvenzschuldner selbst sind zum Forderungseinzug nicht mehr befugt. Ihnen eine Einzugsermächtigung zu erteilen, wäre mit zu großen Unsicherheiten und Missbrauchsgefahren verbunden. Die Datenweitergabe ist in diesen Fällen Ultima Ratio, zu der es keine weniger einschneidende Alternative gibt. Es ist auch verfassungsrechtlich nicht erforderlich, einen absoluten Schutz zu gewähren, weil die zu offenbarenden Geheimnisse nicht den unantastbaren Kernbereich privater Lebensgestaltung betreffen. Insofern ist es angemessen, den Kommunikationsinteressen der Zwangsvollstreckungs- und Insolvenzgläubiger Vorrang vor den Geheimhaltungsinteressen der Darlehensnehmer in ihrer Eigenschaft als Drittschuldner zu geben. Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung und damit auch das Bankgeheimnis muss nach dieser Abwägung ausnahmsweise zurücktreten. (4) Rechtstechnische Begründung Die Begründung folgt Nr. 2 Abs. 1 S. 2 Var. 1 AGB-Banken, wonach die Bank Informationen über den Kunden weitergeben darf, wenn gesetzliche Bestimmungen dies gebieten. Die Informationspflichten aus den zuvor genannten Normen haben ihren Entstehungsgrund nicht in einer freiwilligen Entscheidung der Bank. Denn Zwangsvollstreckung und Insolvenzverfahren stehen nicht im Belieben der Bank als betroffener Schuldnerin.1083 Die mit Pfändung und Insolvenzbeschlag verbundenen Auskunftspflichten ergeben sich aus gesetzlichen Bestimmungen i. S. v. Nr. 2 Abs. 1 S. 2 Var. 1 AGB-Banken. Diese Begrenzung gilt in derselben Weise für das Bankgeheimnis als gesetzliches Schuldverhältnis und Gewohnheitsrecht. Es verstößt demnach nicht gegen das Bankgeheimnis, wenn die Bank dem Gerichtsvollzieher nach § 807 Abs. 1 ZPO, ihren eigenen Vollstreckungsgläubigern nach § 836 Abs. 3 ZPO sowie dem Insolvenzverwalter ihres Vermögens nach §§ 98 Abs. 2, 97 Abs. 1 S. 1 InsO Daten ihrer Darlehensnehmer offenbart.1084
1083 Vgl. wiederum zu § 203 StGB BGHZ 141, 173, 179; BFH NJW 2005, 1308 f. und BGHZ 162, 187. 1084 s. nunmehr auch die klare Regelung in § 31 Abs. 9 PfandBG, der durch das Gesetz zur Fortentwicklung des Pfandbriefrechts vom 20.03.2009 eingefügt wurde, BGBl. I, 607.
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5. Kap.: Geheimhaltungspflichten des Kreditgewerbes
bb) Übertragung der Grundsätze auf das Insolvenzverfahren des Darlehensgebers Nach diesem Befund könnte man geneigt sein, dem Insolvenzverwalter zuzugestehen, dass er die zügige Verwertung der zur Insolvenzmasse gehörenden Darlehensforderungen durch deren Veräußerung verfolgt und sich zugleich vom Servicing befreit, indem er diese Aufgabe dem Forderungserwerber überträgt und ihm zu diesem Zweck die Schuldnerdaten offenbart. So hielt es auch das vormalige Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen in seinem ABS-Rundschreiben1085 für möglich, dass nach einer (zunächst) anonymisierten Abtretung ein Dritter die Funktion der ursprünglichen Gläubigerbank als Service Agent übernimmt, wenn Letztere in Insolvenz fällt. Damit wird impliziert, dass dem neuen Service Agent in diesem Fall die zur Rechtsverfolgung erforderlichen Schuldnerdaten übergeben werden dürfen. Diese Situation lag dem bekannten Urteil des OLG Frankfurt a. M. vom 25.05. 2004 zugrunde, in dem es sich für ein Abtretungsverbot für Forderungen aus Darlehen wegen Verstoßes gegen das Bankgeheimnis aussprach.1086 Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht verhängte am 06.05.2002 gegenüber der Gontard & Metall Bank AG wegen hoher Verlustausweise Schutzmaßnahmen nach §§ 46, 46a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 bis 3 KWG.1087 Mit Beschluss vom 17.05.2002 eröffnete das Amtsgericht Frankfurt a. M.1088 das Insolvenzverfahren über die Bank und bestellte einen Insolvenzverwalter. Dieser veräußerte im Rahmen der Verwertung des zur Insolvenzmasse gehörenden Vermögens ein Kreditportfolio der Bank an Dritte und gab diesen die Schuldnerdaten weiter. Im Vordergrund stand die Frage, ob es sich um notleidende Darlehen handelte. Dies ließ den ebenso interessanten Gesichtspunkt in den Hintergrund treten, dass die Transaktion vor allem durch die zügige Liquidierung des Bankvermögens motiviert war. Beim Betrachten des Urteilstatbestands kommen Zweifel auf, ob überhaupt das in den Gründen erörterte Bankgeheimnis betroffen war. Die Bank selbst hat die Daten ihrer Darlehensnehmer nur dem Insolvenzverwalter offenbart. Dies tat sie in zulässiger Weise (s. o.). Die Weitergabe an die Forderungserwerber erfolgte nunmehr aber durch den Insolvenzverwalter. Dies allein ist problematisch. Das Bankgeheimnis ist wegen seiner gesetzlichen Wurzeln insolvenzfest. Es gilt für die Bank auch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens fort. Der Insolvenzver1085
Rundschreiben BaKred 4/97 v. 19.03.1997, WM 1997, 1821, 1822. OLG Frankfurt a. M., NJW 2004, 3266; zum Sachverhalt s. zudem LG Frankfurt a. M., BKR 2005, 67 ff. 1087 Otto, „Aufsichtsamt schließt Gontard & Metallbank, Kleine Banken mit großen Problemen“, Handelsblatt vom 07.05.02 S. 11. 1088 Az. 810 IN 493/02 G (unveröffentlicht), s. auch LG Frankfurt a. M., BKR 2005, 67 ff. 1086
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walter selbst unterliegt dem gesetzlichen Amtsgeheimnis, das dieselben Tatsachen und Wertungen umfasst, die auch das Bankgeheimnis schützt.1089 Danach gelangt man zu dem eigentlichen Gesichtspunkt, dass die Berufung auf das Bankgeheimnis in dieser Situation rechtsmissbräuchlich (§ 242 BGB) sein könnte, weil sie die Interessen der Gläubigergemeinschaft an einer zügigen Befriedigung ihrer Vermögensansprüche unverhältnismäßig beeinträchtigt. Dem ist insofern entgegenzutreten, als auch dann, wenn es dem Insolvenzverwalter verwehrt wäre, Dritten das Servicing und Inkasso der ihnen abgetretenen Forderungen zu übertragen, die Forderungen nicht inhaltsleer würden. Darin besteht der wesentliche Unterschied zu der Situation, die mit den gesetzlichen Auskunftsrechten in Zwangsvollstreckung und Insolvenz zu Lasten der Geheimhaltungsinteressen gelöst wurde. Die Geltendmachung durch den Insolvenzverwalter bliebe weiterhin möglich. Der Rechtsschutz vor den ordentlichen Gerichten wäre ebenfalls nicht verbaut. So wandte auch die 23. Kammer des LG Frankfurt a. M. ein, die Verwertung der Forderungen der insolventen Gontard & Metall Bank hätte nicht durch Verkauf bzw. Abtretung erfolgen müssen, denn der Insolvenzverwalter hätte die nunmehr auf den Forderungserwerber übergegangenen akzessorischen Sicherheiten auch selbst versteigern können.1090 Die Existenzsicherung kann auf Seiten der Bank nicht (mehr) ins Feld geführt werden. Die Sekundärliquidation insbesondere von unkündbaren lang- und mittelfristigen Darlehen trägt jedoch zur deutlichen Beschleunigung des Insolvenzverfahrens bei, was bei Banken aufgrund ihrer Fristentransformationsfunktion besondere Bedeutung erlangt. Der Insolvenzverwalter ist gemäß § 159 InsO verpflichtet, das ihm anvertraute Vermögen unverzüglich und unter Erzielung des höchstmöglichen Erlöses zu verwerten.1091 Mit der Insolvenz der Bank realisiert sich ein typisches Vertragsrisiko. Der Darlehensnehmer kann nicht darauf vertrauen, dass ihm die Bank weiterhin als Vertragspartner erhalten bleibt und das Servicing und Inkasso fortführt. Er hat nach den gesetzlichen Vorgaben nur damit zu rechnen, dass die Verfügungsmacht über das Darlehen im Falle der Insolvenz auf einen Insolvenzverwalter übergeht (§§ 80 Abs. 1, 81 Abs. 1 S. 1 InsO) und diesem die zur Geltendmachung erforderlichen Daten offenbart werden (§§ 98 Abs. 2, 97 Abs. 1 S. 1 InsO). Der BGH stellt fest, dass das Insolvenzgericht bei der Auswahl des Insolvenzverwalters hohe persönliche Anforderungen stellt, zu denen nicht nur dessen fachliche Qualifikation, sondern auch seine Integrität gehört.1092 Darin sieht der BGH eine hinreichende Gewähr dafür, dass die aus dem Insolvenzverfahren bekannt wer1089
s. o. Kapitel 5 A.II.7. Vgl. LG Frankfurt a. M., Urteil vom 25.03.2004 – 2/23 O 78/04 (unveröffentlicht), insoweit wiedergegeben im Sachverhalt von OLG Frankfurt a. M., NJW 2004, 3266, das sich dem ebenda auf S. 3267 anschließt. 1091 OLG Köln, BKR 2005, 450, 452; LG Koblenz, BKR 2005, 108, 110. 1092 BGH, NJW 2005, 1505, 1507 unter Hinweis auf BGH, NJW-RR 2004, 1422. 1090
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5. Kap.: Geheimhaltungspflichten des Kreditgewerbes
denden Informationen tatsächlich vertraulich behandelt werden.1093 Zudem ist der Aussage des BGH zu entnehmen, dass Dritte, die nicht von einem Insolvenzgericht oder anderen amtlichen Stellen ausgewählt worden sind, diese Gewähr möglicherweise nicht bieten. Hieraus wird deutlich, dass die Geheimhaltungspflichten nicht per se der Insolvenz des Geheimhaltungspflichtigen zum Opfer fallen sollen. Dagegen können die Geheimhaltungsinteressen des Darlehensnehmers dem Interesse der Gläubigergemeinschaft an einer Beschleunigung des Insolvenzverfahrens zuwiderlaufen. Die Insolvenz der Bank stellt aber auch für die Gläubiger ein typisches Vertragsrisiko dar. Dass sie nicht vollkommen rechtlos gestellt werden, wird bereits durch die Informationsrechte aus § 97 Abs. 1 InsO vermieden. Diese sind Ultima Ratio und können nicht etwa auf dort nicht genannte Forderungserwerber ausgedehnt werden. Die Pflicht der insolventen Bank zur Auskunftserteilung gegenüber dem Insolvenzverwalter darf keinen Dammbruch der Geheimhaltung zur Folge haben. Allein zum Zweck der Verfahrensbeschleunigung ist den Geheimhaltungsberechtigten keine Solidarität mit den Geldgläubigern der Bank aufzuzwingen. Es gibt keinen allgemeinen Grundsatz, wonach man verpflichtet ist, seine Interessen hinter diejenigen anderer Beteiligter zurückzustellen.1094 Die Insolvenz der Bank lässt es mithin nicht unverhältnismäßig und rechtsmissbräuchlich erscheinen, wenn sich der Darlehensnehmer gegenüber einer Preisgabe seiner Daten an Forderungserwerber zur Wehr setzt und sich auf das Bankgeheimnis beruft.1095 Schließlich ist § 159 InsO auch keine gesetzliche Bestimmung i. S. v. Nr. 2 Abs. 1 S. 2 Var. 1 AGB-Banken.1096 cc) Übertragung der Grundsätze auf eine Krise des Darlehensgebers Nachfolgend sind die Interessen der Beteiligten im Vorstadium der Insolvenz auszuloten. Wenn sich die Bank in einer Krise befindet, gilt es, ihre Insolvenz abzuwenden und ihre Existenz zu sichern. Die Forderungsveräußerungen, zu deren Zweck die Schuldnerdaten offenbart werden, dienen dann vor allem der Liquiditätsbeschaffung, um die Vorschriften der LiqV erfüllen zu können. Damit werden die ungünstigen oder gänzlich fehlenden Refinanzierungsmöglichkeiten am Geld- und Kapitalmarkt kompensiert. Ferner bezweckt die Veräußerung eine Einsparung von Betriebs- und Refinanzierungskosten sowie eine Risikoentlastung, um einerseits die aufsichtsrechtlichen Eigenkapitalanforderungen erfüllen zu können und andererseits Unsicherheiten wegen unerwarteter Verluste in der Zukunft auszuräumen, womit sich unter Umständen das Rating verbessert. 1093
BGH, NJW 2005, 1505, 1507. Looschelders/Olzen, in: Staudinger, BGB, § 242, Rn. 264 f.; MüKo-BGB/Roth, § 242 Rn. 357; Jauernig/Mansel, BGB, § 242, Rn. 41. 1095 So i. E. auch OLG Frankfurt a. M., NJW 2004, 3266, 3267 f. 1096 So auch Vollborth, S. 212 f. 1094
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(1) Stellenwert der Existenzsicherung von Banken Die wirtschaftliche Existenz der Bank ist ein hochrangiges Gut. Es lässt sich individuell auf die Berufsausübungsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG der Bank sowie das Eigentumsrecht der Gläubiger und der Anteilseigner nach Art. 14 Abs. 1 GG stützen, für die die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens unweigerlich hohe materielle Verluste zur Folge hätte. Ferner stehen dahinter die Vermeidung systemischer Risiken sowie die Abwendung der oftmals unausweichlichen Staatshaftung. Die große Bedeutung, die der Gesetzgeber der Existenzerhaltung beimisst, wird aus den Notbefugnissen ersichtlich, die er mit § 46a Abs. 1 S. 1 KWG („zur Vermeidung des Insolvenzverfahrens“) der staatlichen Bankenaufsicht verliehen hat. Noch stärker auf die vorliegende Problematik ist § 16 Abs. 2 S. 1 FMStBG gerichtet.1097 Er hebt die Geheimhaltung in einem Teilbereich ausdrücklich auf, um Datenweitergaben im Zuge der Übertragung von Risikopositionen auf den staatlichen Fonds (§ 8 FMStFG) zu ermöglichen, der seinerseits der Stabilisierung des Finanzmarktes dient. Allerdings wurde deutlich, dass damit – wenn überhaupt – nur eingeschränkt in das Bankgeheimnis eingegriffen wird. (2) Erforderlichkeit einer Datenweitergabe bei existenzsichernder Darlehensveräußerung Davon, dass Darlehensverkäufe dazu dienen können, eine Bank vor der Insolvenz zu retten, geht offenbar auch § 8 FMStFG aus. Darüber wird aber nicht zuletzt der Preis entscheiden, den die Bank für die Vermögenswerte erhält. Dies alles mag der Einschätzung der Beteiligten überlassen bleiben. In den Vordergrund tritt hier erneut die davon zu unterscheidende Frage, inwieweit es im Zuge der Forderungszessionen erforderlich ist, dem Erwerber die Schuldnerdaten weiterzugeben. Das Servicing kann auch dann bei der Bank verbleiben, wenn die Darlehensveräußerungen der Existenzsicherung der Bank dienen. Durch die Übertragung dieser Aufgabe würden allein die Kosten eingespart, die sich aus der Aufgabe als Service Agent ergeben. Diese Kosten sind nur im Rahmen des § 275 Abs. 2 BGB beachtlich und könnten durch eine reine Auslagerung des Servicings nach § 25a KWG schonender eingespart werden. Somit ist festzustellen, dass eine Datenweitergabe vor der Insolvenz der Bank nicht erforderlich ist, um eine Darlehensveräußerung zur Existenzsicherung zu ermöglichen. (3) Keine Sanierungsverantwortlichkeit der Darlehensnehmer Selbst wenn eine Datenoffenbarung an die Erwerber der Forderungen unerlässlich wäre, etwa weil die mit einer Anonymisierung der Abtretungen verbundenen Kosten und die Tätigkeit als Service Agent die finanziellen Schwierigkeiten der 1097
Dazu oben Kapitel 4 B. IV.
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5. Kap.: Geheimhaltungspflichten des Kreditgewerbes
Bank nicht unerheblich verschärfen würden, müsste die Frage gestellt werden, warum der Darlehensnehmer seine Geheimhaltungsinteressen hinter den Interessen an einer Existenzsicherung seines insolvenzbedrohten Darlehensgebers zurückstellen sollte. Zwar ließe sich hier wieder auf den nicht schrankenlosen Schutz des informationellen Selbstbestimmungsrechts und die lediglich der Privatsphäre zuzuordnenden Schuldnerdaten hinweisen und dagegen die besondere Schutzwürdigkeit des auch öffentlichen Interesses an der Existenzsicherung der Bank und der Systemstabilität anführen. Dies würde aber im Kern auf eine bankrechtliche Treuepflicht unter umgekehrten Vorzeichen hinauslaufen. Die bankrechtliche Treuepflicht wurde bislang für die Gewährung von Sanierungskrediten und Kündigungseinschränkungen zugunsten von Bankkunden ins Feld geführt, die sich in der Krise befinden.1098 Canaris1099 hat dazu vor längerer Zeit einen beachtlichen Vorstoß gewagt, indem er unter bestimmten Voraussetzungen (ausreichende Sicherheiten, Beteiligung der Gesellschafter u. a.) eine Pflicht der Bank zur Kreditverlängerung bzw. -gewährung vorschlug, um kurzfristige Liquiditätsengpässe überbrücken zu können. Interessant ist hieran die Begründung: Dies folge aus der Treuepflicht der Bank, die, anhand des Übermaßverbots konkretisiert, gemäß § 242 BGB auf die laufende Geschäftsverbindung zwischen dem Kreditnehmer und der Bank zurückzuführen sei.1100 Ohne in die Details zu gehen, ist hier nur festzustellen, dass sich Canaris mit dieser Ansicht nicht durchsetzen konnte. Der BGH wendet gegen Kündigungsbeschränkungen knapp ein: „Einer Bank bleibt es grundsätzlich überlassen, ob sie ein notleidendes Unternehmen, dem sie Kredit gegeben hat, fallen lassen will.“ 1101 Später sagte er sogar: „Dass es eine Gläubigerbank danach unter Umständen in der Hand hat, den Zeitpunkt der Zahlungseinstellung zu beeinflussen, muss grundsätzlich hingenommen werden.“ 1102 Nach Ansicht der obergerichtlichen Rspr. bestehe keine Kreditgewährungspflicht der Bank; vielmehr herrsche unternehmerische Eigenverantwortung.1103 In der Lit. wird die Ansicht von Canaris mit den Worten: „systemwidriger Kündigungsausschluss mit aufgesatteltem Kontrahierungszwang“ 1104 apostrophiert. Eine öffentliche Verantwortung der Kreditinstitute für die Kreditversorgung von Unternehmen, die sich in bestimmten Rechtspflichten gegenüber diesen Unternehmen oder Dritten niederschlagen 1098
Häuser, in: Bankrechts-Handbuch, § 85 Rn. 26. Canaris, ZHR 143 (1979), 113, 133; ders., in: Großkommentar HGB, Bd. 5, Bankvertragsrecht I, Rn. 1272. 1100 Canaris, ZHR 143 (1979), 113, 121. 1101 BGHZ 90, 381, 399. 1102 BGHZ 118, 171, 175. 1103 Vgl. OLG Zweibrücken, WM 1984, 1635; OLG Frankfurt, MDR 1986, 849; OLG Düsseldorf, WM 1989, 1838; OLG Karlsruhe, WM 1991, 1332; OLG München, WM 1994, 1028, 1030. 1104 Batereau, WM 1992, 1517, 1519. 1099
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könnte, sei rechtlich nicht fassbar und vor dem Hintergrund der Privatautonomie nicht zu rechtfertigen.1105 Soweit die Ursache in einem Marktversagen bestehe, sei die Kompensation etwaiger Defizite Aufgabe des Staates.1106 Der bankrechtlichen Treuepflicht wird damit in der Krise des Kunden eine klare Absage erteilt. Vertrauen wirkt sich im Geschäftsverkehr für alle Beteiligten positiv aus.1107 Wie alle kooperativen Verhaltensweisen1108 lässt es sich in einem wiederholten Interaktionszusammenhang als individuell rational erklären. Es trägt zur Effizienz bei, indem es die allseitige Einsparung von Absicherungskosten erlaubt.1109 Möglicherweise verdichten sich im Bankgeschäft die Nebenpflichten infolge der besonderen Dauer und Häufigkeit der vertragsrelevanten Berührungen in besonderem Maße.1110 Daraus können aber keine zusätzlichen Verpflichtungen abgeleitet werden, vor allem dann nicht, wenn dem Vertrauen bereits die Grundlage entzogen wurde. Dies würde letztlich zu einer aufgezwungenen Vertrauenserweiterung führen.1111 Insgesamt ergibt sich damit, dass dem Vertrauen im Grundsatz kein normativer Charakter zuzubilligen ist, aus denen besondere Sanierungsverantwortlichkeiten herrühren. Nach alledem darf die Frage erlaubt sein, warum demgegenüber der Kreditnehmer der Bank beizustehen haben sollte, wenn sich diese ihm gegenüber nicht solidarisch zeigen muss, sobald er sich seinerseits in einer Notlage befindet. Dabei geht es gar nicht so sehr um die Reziprozität altruistischen Verhaltens oder gar um das Talionsprinzip als dessen Kehrseite. Vielmehr fehlt es an einer konkreten Treuepflicht des Darlehensnehmers, die sich als Verzicht auf den bestehenden Geheimhaltungsanspruch gegenüber der Bank auswirken könnte. Die Datenweitergabe selbst stellt einen Bruch berechtigten Vertrauens, und zwar durch die Bank, dar. Wenn der Kreis derjenigen, die Kenntnis von den Daten des Darlehensnehmers erlangen, auf beliebige Darlehenserwerber erweitert werden könnte, wird dem Darlehensnehmer ein Vertrauen in deren Integrität aufgezwungen, das sich aus seiner Treuepflicht der Bank gegenüber gerade nicht herleiten lässt. Der Darlehensnehmer trägt keine Sanierungsverantwortung für den Darlehensgeber. Insoweit liegt es in der unternehmerischen Eigenverantwortung der Bank, auf eine Einwilligung des Darlehensnehmers zu einer Weitergabe im Zuge sanierungserforderlicher Darlehensveräußerungen hinzuwirken. Auch hat der 1105 Hopt, ZHR 143 (1979), 139 ff.; K. Schmidt, WM 1983, 490, 492; aus jüngerer Zeit K. P. Berger, in: FS H. P. Westermann, 2008, 109 ff. 1106 Häuser, in: Bankrechts-Handbuch, § 85 Rn. 24. 1107 Ripperger, S. 46 ff., 271. 1108 Dazu allg. Trivers, Quarterly Review of Biology Vol. 46 (1971), 35 ff. 1109 Ripperger, S. 46 ff.; 271. 1110 Aden, NJW 1993, 832, 833. 1111 In diesem Lichte ist auch die Option von „Zwangskrediten“ krit. zu betrachten, die der Bundesminister für Finanzen im Fortgang der Finanzkrise 2007 bis 2009 ins Gespräch brachte.
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5. Kap.: Geheimhaltungspflichten des Kreditgewerbes
Darlehensnehmer nicht ohne Weiteres seine Interessen hinter dem öffentlichen Interesse an der Vermeidung oder dem Abbau von Systemrisiken zurückzustellen. Eine derartige Sozialpflichtigkeit hinge im konkreten Fall davon ab, ob der Darlehensnehmer Kunde einer systemrelevanten Bank ist, und wäre demnach mit untragbaren Unsicherheiten belastet. Schließlich bleibt es dem Staat unbenommen, seine Interessen im Rahmen des Zumutbaren gesetzlich durchzusetzen, wie dies etwa mit § 16 Abs. 2 S. 1 FMStBG geschehen sollte. Im Übrigen wäre eine gesetzliche Regelung schon wegen des intensiven Grundrechtseingriffs unverzichtbar. Aus diesen Gründen ist es im Ergebnis nicht rechtsmissbräuchlich, wenn sich der Darlehensnehmer gegenüber einer Darlehensveräußerung zur Existenzsicherung der Bank auf das Bankgeheimnis beruft. dd) Verlust der Fähigkeit des Zedenten zum Servicing nach anfänglich anonymisierter Abtretung Fraglich ist, in welcher Weise der Interessenausgleich vorgenommen werden muss, wenn die Bank Darlehensforderungen zunächst anonymisiert an einen Forderungserwerber veräußert und weiterhin das Servicing betreibt, dann aber in Insolvenz fällt. Im bereits genannten ABS-Rundschreiben1112 wird es für möglich gehalten, dass in diesem Fall ein Dritter die Funktion der ursprünglichen Gläubigerbank als Service Agent übernehmen kann. In dieser Situation besteht ein Servicing-Vertrag zwischen dem Forderungserwerber und der Bank, aufgrund dessen die Bank zum Servicing der Darlehen und zum Forderungseinzug berechtigt und verpflichtet ist. In der Insolvenz der Bank erlangt deren Insolvenzverwalter nach §§ 80 Abs. 1, 81 Abs. 1 S. 1 InsO die Verfügungsbefugnis auch über diese Rechte und Pflichten. Im Normalfall würde der Insolvenzverwalter der Bank das Servicing aus der Vertragspflicht der Bank für die eigentlichen Forderungsinhaber übernehmen. Das erscheint sicherlich lebensfremd. Die Forderungsinhaber werden bei Insolvenz des Servicers ihre vertraglichen oder gesetzlichen Möglichkeiten ausschöpfen, um den Servicing-Vertrag zu kündigen und von der Bank zugleich die Schuldnerdaten herauszuverlangen. Allerdings vermag das vertragliche Verhältnis zwischen Zedent und Zessionar allein eine Verletzung des Bankgeheimnisses gegenüber dem Darlehensnehmer nicht zu rechtfertigen. Alles andere käme auf einen unzulässigen Vertrag zu Lasten Dritter heraus. Vielmehr verhält es sich umgekehrt: Ohne Offenbarungsbefugnis liefe der Anspruch des Forderungsinhabers auf Preisgabe der Daten wegen rechtlicher Unmöglichkeit (§ 275 Abs. 1 BGB) ins Leere. Der Insolvenzverwalter käme nicht umhin, das Servicing ohne Auftrag fortzuführen. Für eine Datenweitergabe, die das Servicing ermöglicht, würde wiederum die gebotene Beschleunigung des Insolvenzverfahrens sprechen. Das Servicing muss 1112
Rundschreiben BaKred 4/97 v. 19.03.1997, WM 1997, 1821, 1822.
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bis zum Tilgungsablauf der Darlehen betrieben werden. Das schmälert oder verzögert jedoch nicht die Erfüllung der von den Gläubigern der Bank im Insolvenzverfahren angemeldeten Vermögensansprüche. Die Gläubigergemeinschaft hat hinsichtlich der veräußerten Forderungen, für die weiterhin das Servicing zu betreiben ist, bereits einen bedeutenden Vorteil erreicht: In der Insolvenzmasse befinden sich statt dieser illiquiden Forderungen nunmehr Barmittel. Das erlaubt Abschlagszahlungen nach § 187 Abs. 2 S. 1 InsO und trägt zu einer beschleunigten Befriedigung ihrer Ansprüche bei. Durch ein auch lang andauerndes Servicing für Dritte wird die Erfüllung ihre Ansprüche aus der Insolvenzmasse also nicht in die Länge gezogen. Zudem können aus dem Servicing weitere Provisionserträge zugunsten der Masse erzielt werden. Im Vordergrund stehen in dieser Konstellation dagegen die Interessen der Darlehenserwerber. Sie werden das Vertrauen in ein ordnungsgemäßes Servicing durch die insolvente Bank verloren haben und nicht damit einverstanden sein, dass ein Insolvenzverwalter diese Aufgabe übernimmt. Dafür spricht, dass Vollstreckungsgläubiger bei einer Forderungspfändung nach §§ 807, 836 Abs. 3 ZPO auf die Schuldnerdaten zugreifen dürfen. Dagegen spricht indes, dass die Forderungserwerber anders als die Gläubiger in einer Zwangsvollstreckung nicht rechtlos gestellt sind. In der Zwangsvollstreckung könnte niemand außer dem Vollstreckungsschuldner selbst den Forderungseinzug vornehmen, ohne dass das Bankgeheimnis verletzt würde. Dem Vollstreckungsschuldner ist jedoch kaum mehr zu trauen, wenn er schon bislang die fälligen und nun zu vollstreckenden Forderungen nicht erfüllt hat. In der Insolvenz stellt sich die Situation hingegen anders dar: Die Durchsetzung der Darlehensforderungen ist gerade durch das Servicing des Insolvenzverwalters gesichert, dem zu diesem Zweck die Schuldnerdaten nach §§ 98 Abs. 2, 97 Abs. 1 S. 1 InsO in zulässiger Weise weitergegeben wurden. Der Vergleich mit einem Auskunftsrecht in der Zwangsvollstreckung hinkt aber auch aus anderem Grund: Die Forderungen könnten gar nicht mehr bei der Bank gepfändet werden, weil sie nicht mehr Forderungsinhaberin ist. Überdies ist § 89 InsO zufolge eine Vollstreckung in der Insolvenz ohnehin ausgeschlossen. Zudem würde sich auch ein Wertungswiderspruch zu dem zuvor gefundenen Ergebnis ergeben: Dürfen die Schuldnerdaten während des Insolvenzverfahrens nicht weitergegeben werden, wenn die Abtretung nach dessen Eröffnung stattfand, muss dasselbe gelten, falls die Abtretung zuvor erfolgte. d) Notleidender Darlehenserwerber nach anonymisierter Veräußerung Gerät der Forderungserwerber nach einer anonymisierten Abtretung von Darlehensforderungen in die Insolvenz, wie dies in den Jahren 2007 bis 2009 vor allem auf Verbriefungsvehikel zutraf, greifen Auskunftsansprüche seiner Vollstreckungsgläubiger nach §§ 807, 836 Abs. 3 ZPO bzw. seines Insolvenzverwal-
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ters nach § 97 Abs. 1 InsO zunächst ins Leere. Denn der Schuldner befindet sich nicht im Besitz der verlangten Informationen. Er kann sich diese nur von dem Forderungsveräußerer oder mittels Entschlüsselung von einem Datentreuhänder auf der Grundlage einer entsprechenden vertraglichen Abrede beschaffen. Dann aber kommt es zu einem grundsätzlich einwilligungspflichtigen Offenbarungsvorgang. Die Gründe für die Datenoffenbarung sind nicht Gegenstand der Vertragsbeziehung zwischen Kunde und Bank gewesen. Es ist nicht vertretbar, dass der Bankkunde auch das Risiko der Insolvenzgefahr von am Vertrag unbeteiligten Dritten tragen muss. Deren finanzielle Notlage und deren damit verbundene Auskunftspflichten zählen nicht zu den typischen Risiken, die der Darlehensnehmer bei Abschluss des Darlehensvertrags übernommen hat. Hierin zeigen sich die Auswirkungen der Relativität des Schuldverhältnisses, die nach einer Abschirmung des Vertragsverhältnisses gegen Eingriffe Dritter verlangt.1113 Es liegt allein in der Verantwortung der Bank selbst, wenn sie sich Dritten gegenüber dazu verpflichtet, ihnen Daten zu offenbaren, ihr dies aber rechtlich anfänglich unmöglich ist. Ihr steht es in diesem Fall frei, ihr Unvermögen nachträglich aufzuheben, indem sie Einwilligungen des Darlehensnehmers einholt oder die Veräußerung rückgängig zu machen, worin zugleich eine Verwertung der Darlehen in der Insolvenz des Dritten zu sehen wäre. Eine Datenweitergabe ist jedoch mit den Bedürfnissen des Darlehenserwerbers nicht zu rechtfertigen. Darin offenbart sich an diesem Fall letztlich die praktische Wertlosigkeit einer anonymisierten Datenweitergabe. e) Notleidende Kredite aa) Herrschende Ansicht: Berufung auf das Bankgeheimnis als Rechtsmissbrauch Der letzte, gleichwohl bedeutsamste Fall besteht in der Weitergabe von Schuldnerdaten an die Erwerber von notleidenden Krediten. Die mittlerweile vorherrschende Ansicht1114 lässt einen Rechtsmissbrauch gemäß § 242 BGB des Ge1113 Vgl. ausf. Krasser, S. 299; Henke, S. 11; Hassemer, S. 14; MüKo-BGB/Kramer, Einl. vor §§ 241 ff. Rn. 15; die Relativität des Schuldverhältnisses wird erneut als Grund für ein mögliches Zustimmungserfordernis zum Pflichten- und Vertragsübergang nach dem Umwandlungsgesetz relevant, dazu unten Kapitel 6 E. III. 1114 OLG Celle, WM 2004, 1384, 1385; LG Frankfurt a. M. BKR 2005, 67, 72 f.; Bruchner/Krepold, in: Bankrechts-Handbuch, § 39 Rn. 60 f. mit Hinweis auf Bruchner, ebenda, Vorauflage, § 39 Rn. 29, 42; dagegen allerdings weitergehend Bruchner, BKR 2004, 394, 396 (allgemeine Abwägung, s. o.); Weber, in: BuB, Rn. 2/927; Langenbucher, BKR 2004, 333, 334; Böhm, BB 2004, 1641, 1643; Rögner, NJW 2004, 3230, 3232; Kuder, ZInsO 2004, 903 f.; Kristen/Kreppel, BKR 2005, 123, 131; Nobbe, WM 2005, 1537, 1547; ders., ZIP 2008, 97, 104; Klüwer/Meister, WM 2004, 1157, 1162; Brandt, BKR 2005, 71, 72; Vollborth, 218 ff.; Schulz/Schröder, DZWIR 2008, 177, 183; Wech, S. 464 ff.; Wittig, in: Bankrechtstag 2005, S. 145, 184, der im Folgenden aber Relativierungen zulässt.
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heimnisherrn als Grenze des Bankgeheimnisses durchgreifen, wenn sich der Darlehensnehmer selbst vertragswidrig verhält. Dieser Meinung ist zugutezuhalten, dass sie das Bankgeheimnis nicht zur Disposition der Bank stellt, sondern die von ihr aufgestellten Voraussetzungen für eine Durchbrechung allein dem Kunden zuzurechnen sind. Es liegt an ihm, zu zahlen oder nicht. Gleichwohl ist es bezeichnend, dass dieselben Stimmen, die eine allgemeine Güter- und Interessenabwägung ablehnen und die Bank dazu verpflichtet sehen, das Bankgeheimnis „ohne Wenn und Aber“ einzuhalten,1115 dennoch Durchbrechungen desselben bei der Übertragung notleidender Kredite gutheißen.1116 Die Argumentation stützt sich im Wesentlichen auf zwei Aspekte:1117 Einerseits rechtfertige das Notleiden des Darlehens bzw. das vertragswidrige Verhalten des Darlehensnehmers eine Verschiebung der Interessenabwägung zu Lasten seiner Geheimhaltungsinteressen. Andererseits mache es keinen Unterschied, ob die erforderliche Verwertung der Darlehen durch die Bank selbst ggf. unter Inanspruchnahme des Rechtswegs erfolge oder durch die Veräußerung der Darlehen. Implizit werden die Rechtsprechungsgrundsätze zur zulässigen Offenbarung von Schuldnerdaten in Gerichtsverfahren auf eine Datenweitergabe zum Zwecke von Inkassozessionen übertragen. bb) Gerichtsöffentlichkeit im Klageverfahren und Datenweitergaben an Vollstreckungsorgane im Zuge von Zwangsvollstreckungen Es wurde gezeigt, dass die Durchsetzung eigener Forderungen keine Datenweitergabe „gebietet“. Darüber hinaus ist die „Natur der Sache“, aus der die Offenlegung folgen soll,1118 keine „gesetzliche Bestimmung“ i. S. v. Nr. 2 Abs. 1 S. 2 Var. 1 AGB-Banken. Die Offenbarung von Daten ist im Klageverfahren, in der Zwangsvollstreckung gegen den Darlehensnehmer und bei allen übrigen Formen der Durchsetzung eigener Forderungen unter Geltung des selbst auferlegten Rechtfertigungskorsetts1119 in den AGB-Banken nicht zu rechtfertigen. Die vorliegenden Ausführungen konzentrieren sich hingegen auf die Rechtslage, wie sie sich ohne Einbeziehung der AGB-Banken darstellt. Insofern ist der einhelligen Meinung im Hinblick auf den Prüfungsmaßstab des § 242 BGB beizupflichten, dass die Aufdeckung der Bankkundengeheimnisse in einem öffentlichen Prozess hinzunehmen sei.1120 Das entspricht der Auffassung des BGH zu den Grenzen
1115 Wörtlich Nobbe, WM 2005, 1537, 1547; ähnlich Wech, S. 437 ff.; Bitter, ZHR 173 (2009), 379, 392 ff. 1116 Nobbe, WM 2005, 1537, 1546 f.; ders., ZIP 2008, 97, 103 f.; Wech, S. 464 ff.; Bitter, ZHR 173 (2009), 379, 408 ff. 1117 Vgl. Nobbe, WM 2005, 1537, 1547; ders., ZIP 2008, 97, 104. 1118 Bitter, ZHR 173 (2009), 379, 409. 1119 Dazu oben Kapitel 5 C. I. 4. 1120 Cahn, WM 2004, 2041, 2043; Jobe, ZIP 2004, 2415, 2419; Hammen, in: Bankrechtstag 2005, S. 113, 128; Nobbe, WM 2005, 1537, 1547; ders., ZIP 2008, 97, 104.
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der Berufsgeheimnisse i. S. v. § 203 StGB.1121 Dem liegt die Wertung zugrunde, dass die „völlige Zurückweisung staatlicher Kontrolle aus Gründen der Geheimhaltung [. . .] rechtlich nicht anerkannt werden [kann]“ 1122. Um die von der Lit. und dem BGH vorgenommene Abwägung nachzuvollziehen, ist der vom BVerfG1123 aufgestellte Maßstab zu vergegenwärtigen: Die im zivilrechtlichen Umfeld vollzogene Übermittlung persönlichkeitsrelevanter Informationen über Dritte, denen zugleich aber die Möglichkeit versagt wird, auf den Informationsfluss einzuwirken, sei verfassungsrechtlich nur dann zulässig, wenn sie hinreichend gewichtigen Belangen des Gemeinwohls dient und die Vorenthaltung effektiven informationellen Selbstschutzes um dieser Belange willen angemessen ist. Kann die Bank ihre ausstehenden Forderungen nicht ohne fremde Hilfe realisieren, geht es nicht mehr nur um wirtschaftliche Interessen, die den Schutz des Art. 14 Abs. 1 GG beanspruchen können und im Rahmen des § 275 Abs. 2 BGB abzuwägen wären, sondern zudem um die Frage der Rechtsdurchsetzung. Soweit dies unter Inanspruchnahme hoheitlichen Rechtsschutzes geschieht, steht dem Interesse der Bank an einer Datenoffenbarung im Rahmen eines entsprechenden Verfahrens der allgemeine Justizgewährungsanspruch zur Seite, den das BVerfG aus Art. 2 Abs. 1 GG i.V. m. dem Rechtsstaatsprinzip ableitet.1124 Dies konkretisiert sich im Zivilrecht in dem Grundsatz der Klagbarkeit von Ansprüchen.1125 In einem ersten Schritt ist demnach festzuhalten, dass dem Geheimhaltungsinteresse des Darlehensnehmers gewichtige Rechtsgüter entgegenstehen können, die über rein wirtschaftliche Interessen hinausgehen. Der BGH erlaubt eine Durchbrechung der Geheimhaltungspflichten von Berufsgeheimnisträgern in öffentlichen Prozessen nur dann, wenn die gerichtliche Geltendmachung der Honorarforderungen letztes Mittel für deren Durchsetzung ist und hinzutritt, dass der Inhaber der Forderung ansonsten praktisch rechtlos gestellt wäre.1126 Unter Erforderlichkeitsaspekten wird schon angezweifelt, ob der Geheimhaltungspflichtige einen Rechtsanwalt beiziehen darf, wenn er selbst Rechtsanwalt ist und den Prozess folglich selbst führen könnte.1127 Zudem ließe sich die Öffentlichkeit des Erkenntnisverfahrens durch eine Unterwerfung des
1121
BGHZ 115, 123, 129; 122, 115. Schulze, S. 591. 1123 BVerfG, NJW 2007, 3707, 3708. 1124 BVerfGE 88, 118, 123 f.; BVerfGE 107, 395, 401 ff.; Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 19 Abs. 4 Rn. 16 ff.; eine spezielle Ausprägung der Rechtsschutzgarantie findet sich in Art. 19 Abs. 4 GG, der allerdings nur für Rechtsverletzungen „durch die öffentliche Gewalt“ gilt. 1125 Hammen, in: Bankrechtstag 2005, S. 113, 128. 1126 BGHZ 115, 123, 129; 122, 115, 120; OLG Schleswig, BKR 2008, 25, 28; Lenckner/Eisele, in: Schönke/Schröder, StGB, § 203 Rn. 30, 33; zum Schweizer Recht insoweit übereinstimmend Steiner, S. 200; B. Berger, recht 182, 189. 1127 Lenckner/Eisele, in: Schönke/Schröder, StGB, § 203 Rn. 33. 1122
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Schuldners unter die sofortige Zwangsvollstreckung in notarieller Urkunde (§ 794 Abs. 1 Nr. 5, 800 Abs. 1 S. 1 ZPO) vermeiden. Ein solches Vorgehen entspricht der Praxis der Immobiliardarlehen und dient neben den Interessen der Bank an einer zügigen Vollstreckung deshalb letztlich auch dem Diskretionsbedürfnis des Darlehensnehmers. Flankierend könnte ein Klagbarkeitsausschluss oder die Einschaltung von Schiedsgerichten in Erwägung gezogen werden.1128 Dabei stellt sich allerdings die Frage, ob sich dies in gleicher Weise zur Rechtsdurchsetzung eignet wie eine öffentliche Klage. Die Datenweitergabe an die Vollstreckungsorgane im Rahmen der Zwangsvollstreckung wird dadurch ohnehin nicht entbehrlich. Außerdem sind die Schuldnerdaten bei der Einlegung einer Vollstreckungsgegenklage der Prozessöffentlichkeit preiszugeben. Zur Begründung dieser Klage muss der Schuldner seine Darlehensbeziehung zur Bank offenlegen. Das geschieht zwar noch „mit seiner Einwilligung“, weil er seine Daten in eigenem Interesse offenbart. Allerdings muss die Bank als Beklagte des Verfahrens unter Umständen weitere, dem Bankgeheimnis unterliegende Tatsachen vortragen, um sich in sinnvoller Weise gegen eine solche Klage verteidigen zu können. In einem zweiten Schritt ist daher festzustellen, dass der staatliche Rechtsschutz in weiten Teilen in Anspruch genommen werden muss und sich nicht vollständig ausschließen lässt. Dasselbe gilt für die dazu erforderliche Datenweitergabe. Auf der Ebene der Angemessenheit könnte hineinspielen, dass dem Schweigepflichtigen gerade aus der Sphäre des Geheimnisherrn Gefahr droht, wenn dieser seine Forderung nicht bedient.1129 Der Interessenkonflikt des Geheimhaltungsverpflichteten wurde vom Darlehensnehmer selbst veranlasst. In den Begriffskategorien der Rechtfertigungsregeln wäre ein Defensivnotstand anzunehmen.1130 Der strafrechtlichen Lit. ist die Formel zu entnehmen, dass der Gefährdete umso weniger Solidarität beanspruchen kann, je mehr ihm die Notstandslage zuzurechnen ist.1131 Darauf, dass das durch sein Verhalten verletzte Rechtsgut – das Bankgeheimnis – in diesem Fall weniger schutzwürdig ist, als wenn ein völlig Unbeteiligter in Anspruch genommen wird, beruhen die unterschiedlichen Schadensrelationen in den §§ 228, 904 BGB.1132 Im Rahmen der nach § 242 BGB vorzunehmenden Abwägung wird das subjektive Unwerturteil gelegentlich als ein „akzentuierendes Element“ angesehen, „welches den Rechtsmissbrauch eindrücklicher, das Ergebnis eindeutiger macht“.1133 Vorliegend kann es jedoch kaum Einfluss haben, ob den Geheimnisherrn ein Vorverschulden trifft, aufgrund 1128
Schulze, S. 591. BGHZ 122, 115, 120. 1130 Lenckner/Eisele, in: Schönke/Schröder, StGB, § 203 Rn. 30. 1131 Perron, in: Schönke/Schröder, StGB, § 34 Rn. 30; MüKo-StGB/Erb, § 34 Rn. 9, 145, Roxin, Strafrecht AT I, S. 654 ff. 1132 Perron, in: Schönke/Schröder, StGB § 34 Rn. 30. 1133 MüKo-BGB/Roth, § 242 Rn. 211. 1129
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dessen sich die Bank zur Inanspruchnahme staatlichen Rechtsschutzes und letztlich zu einer Datenweitergabe gezwungen sieht. Denn einerseits würde dies ein Begründungsdefizit für die Fälle hervorrufen, in denen die Datenweitergabe auch in Zwangsvollstreckungs- und Insolvenzverfahren des Darlehensgebers zulässig sein soll. Andererseits würde auf diese Weise das dem Bankgeheimnis zugrundeliegende Vertrauensverhältnis zwischen der Bank und dem Kunden ausgeblendet. Danach ist es nämlich gerade die Aufgabe des Kreditinstituts, die Interessen des Kunden zu wahren, die zumindest dann nicht ihre Schutzwürdigkeit einbüßen, wenn sich mit der Verschlechterung der Schuldnerbonität ein typisches Vertragsrisiko realisiert. Schließlich soll die Vertragsuntreue des Darlehensnehmers im Erkenntnisverfahren erst festgestellt werden. In einem dritten Schritt ist daher festzuhalten, dass die Vertragsuntreue des Darlehensnehmers nur als ein zusätzliches Begründungselement dienen kann, dessen es eigentlich nicht bedarf, das aber das Abwägungsergebnis in der vorgenannten Terminologie eindeutiger erscheinen lässt. Die Begründung orientiert sich demnach im Wesentlichen an objektiven Kriterien. Es ist davon auszugehen, dass die vom Bankgeheimnis geschützten Daten nicht der schrankenlos gewährten Intim- und Privatsphäre zuzurechnen sind. Das gilt auch für die Tatsachen, die im Rahmen von Erkenntnis- und Zwangsvollstreckungsverfahren zu offenbaren sind. Sie sind daher einer konkreten Abwägung grundsätzlich zugänglich. Wäre in den genannten Situationen das Bankgeheimnis zu wahren, stünde der Schweigepflichtige letztlich rechtlos.1134 Er würde dann nicht nur massiv in seinen Eigentumsrechten eingeschränkt, sondern ihm würde überdies der Justizgewährungsanspruch abgesprochen. Unter vertragsrechtlichen Gesichtspunkten kann sich daran die Wertung anschließen, dass eine Nebenleistungspflicht nicht so weit reichen darf, dass sie die Erfüllung der Hauptleistungspflicht des anderen Teils vereitelt.1135 Demnach lässt sich in einem vierten Schritt festhalten, dass das Bankgeheimnis nicht den Zweck hat, den Schuldner vor der Geltendmachung der Ansprüche durch den Gläubiger zu schützen.1136 Der informationelle Selbstschutz des Darlehensnehmers hat gemäß § 242 BGB wegen Unverhältnismäßigkeit ausnahmsweise hinter den Interessen des Geheimhaltungspflichtigen an einem effektiven Rechtsschutz und an seinen Eigentumsrechten zurückzutreten, wenn der Darlehensgeber die Darlehensforderungen nur durch deren gerichtliche Geltendmachung und durch Anwendung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen durchsetzen kann.
1134
BGHZ 122, 115, 120. Wech, S. 441 ff.; Bitter, ZHR 173 (2009), 379, 409. 1136 Langenbucher, BKR 2004, 333, 334; Cahn, WM 2004, 2041, 2046; insoweit übereinstimmend Rob. Koch, BKR 2006, 182, 188. 1135
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cc) Übertragung der Grundsätze auf eine Abtretung zu Verwertungszwecken Auf der Grundlage dieses Ergebnisses zieht die herrschende Meinung folgenden Schluss: Es stehe der Bank im Sinne einer alternativen Handlungsoption frei, ob sie die Verwertung notleidender Forderungen selbst vornehme oder ob sie diese durch eine Inkassozession verwerte.1137 Eine Datenweitergabe sei in der ersten Situation zulässig, folglich auch in der zweiten. Diese Ansicht stützt sich stellenweise auf ein Urteil des BGH,1138 in dem das Gericht bei notleidenden Darlehen ein berechtigtes Interesse der Kreditinstitute an einer Verwertung der Sicherheiten durch deren Veräußerung anerkennt.1139 Inhaltlich hält die vorgetragene Schlussfolgerung einer genaueren Untersuchung nicht stand. Es wird durchweg der Zwischenschritt unterschlagen, ob die Veräußerung der Darlehensforderungen wertungsmäßig mit der gerichtlichen Geltendmachung und ob die Verwertung von Sicherheiten mit der Verwertung der besicherten Forderungen gleichzusetzen ist.1140 (1) Geeignetheit und Erforderlichkeit im Hinblick auf eine alternative Eigenverwertung der Darlehen Um eine echte Alternative zu einer Verwertung unter eigener Leitung ggf. unter Inanspruchnahme staatlichen Rechtsschutzes zu sein, muss die Abtretung der Darlehensforderungen zur Verwertung und die damit verbundene Datenweitergabe zumindest gleich geeignet sein und ein ebenso mildes Mittel darstellen, um die damit verfolgten Zwecke zu erreichen. Hinsichtlich der ersten Voraussetzung wird angezweifelt, ob die Abwicklungsexpertise der Investoren tatsächlich besser ist als die der Bank.1141 Jedoch ist der Bank eine weite Einschätzungsprärogative zuzugestehen. Sie hat selbst darüber zu befinden, ob der Kaufpreis, den sie für die notleidenden Darlehen erhält, höher ist als der Erlös, den sie aus der eigenen Verwertung erzielen könnte. Ferner ist es ihr anheimzustellen, ob eine Veräußerung der Darlehen unter allen in Betracht zu ziehenden Gesichtspunkten betriebs1137 Bruchner/Krepold, in: Bankrechts-Handbuch, § 39 Rn. 61; Rögner, NJW 2004, 3230, 3232; Cahn, WM 2004, 2041, 2043; Nobbe, WM 2005, 1537, 1547; ders., ZIP 2008, 97, 104; Vollborth, S. 219; Wech, S. 462, 464 ff.; Schulz/Schröder, DZWIR 2008, 177, 183; Bitter, ZHR 173 (2009), 379, 409; in anderem Zusammenhang Habersack, NJW 2008, 3173, 3175. 1138 BGH, ZIP 1982, 1051. 1139 So etwa Nobbe, WM 2005, 1537, 1541; Wittig, in: Bankrechtstag 2005, S. 145, 186. 1140 Rob. Koch, BKR 2006, 182, 187 mit Hinweis auf Nr. 17 Abs. 1 AGB-Banken. 1141 So Reiter, Protokoll zur 82. Sitzung des BT-Finanzausschusses vom 23.01.2008, Protokoll Nr. 16/82, S. 50; dagegen Nobbe, ZIP 2008, 97, 98 mit Blick auf die hohe Effizienz der institutsgruppeneigenen Beitreibungs- und Verwertungsgesellschaft der Volksbanken und Raiffeisenbanken BAG.
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wirtschaftlich sinnvoll ist. Sie muss sich gegenüber ihren Anteilseignern und Gläubigern verantworten und wird im Idealfall schon im eigenen Interesse keiner ungeeigneten Lösung den Vorzug geben. Fest steht, dass die Datenweitergabe an den Zessionar tatsächlich zwingend ist, wenn die Abtretung zur Verwertung erfolgt. Nur so kann der Zessionar die ihm nach dem Vertragszweck zukommende Verwertung selbständig vornehmen. Deshalb wäre es in dieser Fallgruppe, anders als in den vorangegangenen, kaum sinnvoll, die Veräußerung von der Datenweitergabe zu trennen. Demnach verschiebt sich die Frage dahin, ob die Abtretung der Darlehensforderungen zur Verwertung unter Einschluss der Datenoffenbarung zwingend erscheint. Dazu wird vertreten, dass der bisherige Gläubiger mit der Abtretung eine schonende und kostengünstige Alternative zu einem Prozess wählt.1142 Jedoch läuft dies auf eine unzulässige Mutmaßung hinaus. Wäre die Datenweitergabe an etwaige Zessionare im Sinne des Geheimnisherrn, würde nichts dagegen sprechen, ihn um seine Einwilligung zu bitten.1143 Der BGH geht indes davon aus, dass die Betroffenen etwa einer parallel gelagerten Weitergabe harter Negativmerkmale an die Schufa nicht zustimmen werden.1144 Aus der fehlenden Zustimmungsbereitschaft kann jedoch umgekehrt nicht auf die Erforderlichkeit einer zustimmungsfreien Datenoffenbarung geschlossen werden, wie dies offenbar der BGH tut.1145 So entschied auch das BVerfG1146 unter Hinweis auf das informationelle Selbstbestimmungsrecht, dass selbst dann eine ausdrückliche Einwilligung des Geheimhaltungsberechtigten in die Datenweitergabe erforderlich sei, wenn davon auszugehen ist, dass er sie nicht erteilen wird. Auch unter objektiven Kriterien ergibt sich kein anderes Bild: Vergleicht man die Intensität der Datenweitergabe im Zuge einer Zession mit derjenigen, die zur Durchführung eines Erkenntnis- und Zwangsvollstreckungsverfahrens erforderlich wird, steht keineswegs fest, dass die Einzelheiten aus dem Darlehensverhältnis im Falle einer gerichtlichen Geltendmachung sämtlich in der mündlichen Verhandlung erörtert werden. Der Schuldner kann die Öffentlichkeit einer mündlichen Verhandlung durch ein sofortiges Anerkenntnis weitreichend einschränken.1147 Im Bereich der Immobiliardarlehen entfällt aufgrund der üblichen Unterwerfungserklärungen meistens das Erfordernis, vor der Vollstreckung der Ansprüche Klage zu erheben. Eine Darlehensveräußerung ist folglich keine Alternative zu einer gerichtlichen Durchsetzung, sondern allenfalls zur Zwangsvollstreckung. Der Vergleich der Handlungsoptionen hinkt ohnehin. Denn auch 1142 1143 1144 1145 1146 1147
Früh, WM 2000, 497, 504; Theewen, WM 2004, 105, 114. Peters, AcP 206 (2006), 843, 860. Vgl. BGH, NJW 1978, 2151, 2152. BGH, NJW 1978, 2151, 2152. BVerfG, NJW 2002, 2164. Hammen, in: Bankrechtstag 2005, S. 113, 129.
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der Erwerber kommt am Ende nicht um eine gerichtliche Geltendmachung bzw. eine Zwangsvollstreckung herum, wenn der Darlehensnehmer die Forderung nicht erfüllt. Selbst nach einer Forderungsveräußerung bleibt die Inanspruchnahme staatlichen Rechtsschutzes letztes Mittel. Zwischen den beiden Möglichkeiten besteht daher nur für die Bank ein Alternativitätsverhältnis. Für den Darlehensnehmer kumuliert sich hingegen die Weitergabe der Daten an den Zessionar in aller Regel mit deren zusätzlicher Offenbarung im Rechtsschutzverfahren, das nunmehr der Zessionar betreibt. Entsprechend sieht auch der BGH die Abtretung von Honorarforderungen durch Rechtsanwälte nicht als mildere Alternative zu einer Verwertung und gerichtlichen Geltendmachung unter eigener Leitung an.1148 Er führt aus, dass die Gefahr einer Beeinträchtigung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung, die der Geheimnisherr bei einer Geltendmachung durch den ursprünglichen Gläubiger hätte hinnehmen müssen, von vornherein weniger schwerwiegend sei als die Beeinträchtigung, die mit der Weitergabe der geheimhaltungsbedürftigen Informationen an einen Dritten verbunden ist.1149 Dem ist auch in Bezug auf die vom Bankgeheimnis geschützten Daten uneingeschränkt zuzustimmen. Für die Frage, ob das Verwertungsinstrument erforderlich ist, ist es nicht ausschlaggebend, ob das Bankgeheimnis einen geringeren Persönlichkeitsbezug aufweist als die in § 203 StGB genannten Berufsgeheimnisse. Nach alledem ist der Bank schon unter dem Gesichtspunkt der Erforderlichkeit ein Bedürfnis für eine Abtretung und damit zugleich für eine Datenweitergabe an den Erwerber abzusprechen, weil sie ihre Darlehensforderungen selbst im Erkenntnisverfahren geltend machen und im Zwangsvollstreckungsverfahren durchsetzen kann.1150 (2) Betroffene Rechtsgüter Der vorangegangene Befund hat auch Auswirkungen auf die Frage der Angemessenheit. Die bei einer Inanspruchnahme staatlichen Rechtsschutzes betroffenen Interessen unterscheiden sich von denjenigen, die mit einer Abtretung notleidender Darlehen zur Verwertung verfolgt werden. Sieht man Letztere als Form der Darlehensverwertung an, so dient sie in gleichem Maße der Sicherung des in seinem Bestand grundrechtlich gewährleisteten Eigentums wie eine gerichtliche Geltendmachung der Forderung mit anschließender Vollstreckung. Hingegen kann die Bank sich bei einer Forderungszession nicht auf den Justizgewährungsanspruch berufen. Sie beansprucht gerade keinen staatlichen Rechtsschutz, sondern verfolgt vor allem wirtschaftliche Interessen. Um das Gewicht genauer zu 1148
BGHZ 122, 115, 120. BGHZ 122, 115, 121; zustimmend Hammen, in: Bankrechtstag 2005, S. 113, 129. 1150 So auch OLG Frankfurt a. M., NJW 2004, 3266, 3268; Hammen, in: Bankrechtstag 2005, S. 113, 129; Peters, AcP 206 (2006), 843, 860 f. 1149
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bestimmen, muss festgestellt werden, welche Motive ein Kreditinstitut gerade dazu bewegen, sich für eine Abtretung von Forderungen aus notleidenden Darlehen zu entscheiden, wenn ihr zur Verwertung alternativ der Rechtsweg offensteht. Die Bank reduziert mit dem Verkauf notleidender Darlehen die Verwertungsund Risikokosten. Den darüber hinausgehenden Vermögensinteressen wäre hingegen auch mit einer Verwertung in eigener Regie gedient. Das Interesse der Bank an einem Verkauf notleidender Darlehen hat demnach ein bedeutend geringeres wirtschaftliches Gewicht. Es kann somit quantitativ weit weniger die Eigentumsgarantie für sich beanspruchen als das Interesse, die Forderungen überhaupt verwerten zu können. Wenn die Geheimhaltung der Erzielung zusätzlicher Gewinne in der Zukunft entgegensteht, geht es sogar nur um Chancen, die nicht von dem verfassungsrechtlich gewährleisteten Eigentumsschutz umfasst werden.1151 Es besteht mithin sowohl ein quantitativer als auch ein qualitativer Unterschied zwischen der Eigenverwertung unter Inanspruchnahme staatlichen Rechtsschutzes einerseits und einer Veräußerung zur Verwertung andererseits. Letzterer steht nicht der Justizgewährungsanspruch zur Seite, und sie dient der Verwirklichung des Eigentumsschutzes, dem auch die Verkehrsfähigkeit der Forderungen unterfällt, in geringerem Maße. (3) Abwägung der betroffenen Rechtsgüter Die Abtretung zur Verwertung und die damit verbundene Datenweitergabe würden demnach allein der Kosten-Nutzen-Maximierung dienen. Dies aber kann von vornherein nicht im Rahmen des § 242 BGB, sondern allenfalls unter § 275 Abs. 2 BGB berücksichtigt werden. Lässt man diesen formalen Aspekt einmal außen vor, vermögen rein wirtschaftliche Erwägungen, von denen die Durchsetzung des Anspruchs nicht abhängt, das Geheimhaltungsinteresse des Berechtigten ohnehin nicht zu überwiegen. Dieses Ergebnis stimmt im Bereich personenbezogener Daten mit der Ansicht des BVerfG überein, nach der es das Recht auf informationelle Selbstbestimmung verletzt, wenn Lebensversicherer sich mit Banken ohne Einwilligung des betroffenen Verbrauchers über den Ausfall von Prämienzahlungen bei als Sicherheit fungierenden Versicherungen austauschen.1152 Das gilt selbst dann, wenn von Seiten des Versicherers nicht der unantastbare Kernbereich privater Lebensgestaltung betroffen ist. Die Informationen über die Prämienrückstände können auch in die Sphäre Dritter, namentlich der darlehensgebenden Bank, wirken.1153 Ähnlich ist es bei Darlehensveräußerungen: Die Banken haben ein beachtliches wirtschaftliches Interesse an der Kenntnis dieser Informationen, weil sich danach der Wert der Darlehen bestimmt. Gleichwohl überwiegt dieses Interesse nach Ansicht des BVerfG nicht das Inte1151 1152 1153
BVerfGE 68, 193; 105, 252, 277; BVerfG, NZS 2005, 479, 480. BVerfG, NJW 2002, 2164. BVerfG, NJW 2002, 2164, 2165.
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resse der Schuldner an ihrer informationellen Selbstbestimmung. Das muss erst recht für die Datenweitergabe an Darlehenserwerber gelten, die dem Verbraucher völlig unbekannt sind. Gleicher Ansicht sind der BGH1154 und die Literatur1155 zum Arzt- und Rechtsanwaltsgeheimnis nach § 203 StGB. Diese Bewertung wird davon geleitet, dass das Berufsgeheimnis auch dazu dient, die informationelle Selbstbestimmung zu gewährleisten. Derselbe Maßstab ist anzuwenden, wenn die Geheimhaltung von Daten juristischer Personen, denen das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb zur Seite steht, eingeschränkt werden soll. Hier ist es nicht nur das Eigentumsrecht, sondern auch das Recht auf freie Berufsausübung, das in die Abwägung einfließt und dem Geheimhaltungsinteresse ein besonderes, nicht lediglich finanzielles Gewicht gibt. Deshalb wird in der strafrechtlichen Lit. die Ansicht vertreten, dass Geheimnisoffenbarungen, die nicht dem Schutz bedrohter Interessen, sondern der Schaffung neuer Werte dienen, analog § 30 Abs. 4 Nr. 5 AO bei Bestehen eines zwingenden öffentlichen Interesses allenfalls öffentlichrechtlichen Stellen zugestanden werden können, nicht aber Berufsgeheimnisträgern.1156 Zu demselben Ergebnis kam bemerkenswerterweise auch das OLG Schleswig,1157 als es die Geheimhaltungspflichten aus § 203 StGB auf eine öffentlich-rechtliche Sparkasse und damit auf ein Kreditinstitut anwandte. Selbst wenn man hinsichtlich des Bankgeheimnisses keine „Heiligtümer in Vorhöfe zerrt“,1158 es also seines verfassungsrechtlichen Mantels entkleidet und das informationelle Selbstbestimmungsrecht sowie Überlegungen zur Intim- und Privatsphäre außen vor lässt, fällt es schwer, ein grobes Missverhältnis zwischen dem Diskretionsbedürfnis des Darlehensnehmers und den Verwertungsinteressen der Bank festzustellen, das eine Unverhältnismäßigkeit begründen könnte. Es gibt keinen Grundsatz, dass (scheinbar) geringfügige Pflichtverletzungen – hier auf Seiten der Bank hinsichtlich des Bankgeheimnisses – ohne Rechtsfolgen bleiben1159 und dass die Rechtsfolgen einer Pflichtverletzung in einem angemessenen Verhältnis zu deren Schwere stehen müssen.1160 Es gibt auch keinen allgemeinen Grundsatz, wonach man verpflichtet ist, seine Interessen hinter diejenigen anderer Beteiligter zurückzustellen.1161 Die Sicherung der Vertrauensumstände ist über § 242 BGB erst dann aufzuheben, wenn die Enttäuschung des 1154
BGHZ 115, 123, 129. Lenckner/Eisele, in: Schönke/Schröder, StGB, § 203 Rn. 30, 33; Steiner, S. 200; B. Berger, recht 182, 189. 1156 Lenckner/Eisele, in: Schönke/Schröder, StGB, § 203, Rn. 30. 1157 OLG Schleswig, BKR 2008, 25, 28. 1158 Canaris, in: Großkommentar HGB, Bd. 5, Bankvertragsrecht I, Rn. 36. 1159 BGHZ 88, 91, 95; Palandt/Grüneberg, BGB, § 242, Rn. 53. 1160 Palandt/Grüneberg, BGB, § 242, Rn. 54. 1161 Looschelders/Olzen, in: Staudinger, BGB, § 242, Rn. 265; Jauernig/Mansel, BGB, § 242, Rn. 41; MüKo-BGB/Roth, § 242 Rn. 409. 1155
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Verpflichteten über einen Vertrauensumstand so schwer wiegt, dass es mit Blick auf die vertragsspezifische, die vertragstypische oder die gesetzestypische Risikoverteilung und der ihr zugrundeliegenden Rechtswerte untragbar erscheint, die Pflicht aufrechtzuerhalten. 1162 Demnach ist es der Bank zuzumuten, die Verwirklichung des Risikos, das sie mit der Darlehensvergabe bewusst eingegangenen ist und sich abgelten lässt, auch selbst in vollem Umfang zu tragen.1163 Dazu wird zu ergänzen sein, dass es der Bank selbst obliegt, sich zuvor in angemessener Weise gegen diese Risiken abzusichern und im Vorhinein gegebenenfalls eine Einwilligung einzuholen. Anders als in staatlichen Verfahren steht die Bank schließlich nicht rechtlos, wenn sie aufgrund des Geheimnisschutzes auf eine Datenweitergabe und damit letztlich auf eine Darlehensveräußerung zur Verwertung verzichten muss. Es ist der Bank nicht verstellt, staatlichen Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen, wenn sie die Forderungen im Eigenbestand behält. Umgekehrt liegt gerade darin der Ausschlussgrund für eine Veräußerung. Die Angemessenheitsklausel des § 34 StGB wird in der Weise ausgelegt, dass sie eine Rechtfertigung dann ausschließt, wenn zur Durchsetzung des Erhaltungsinteresses ein bestimmter Verfahrensweg gesetzlich vorgegeben ist, wie insbesondere das Zwangsvollstreckungsverfahren.1164 Auch von dem zivilrechtlichen Selbsthilferecht kann nach § 229 BGB nur Gebrauch gemacht werden, „wenn obrigkeitliche Hilfe nicht rechtzeitig zu erlangen ist“. Aus dieser gesetzlichen Wertung ergibt sich vorbehaltlich des nachfolgend zu erörternden Gesichtspunkts des Vorverschuldens, dass die Abtretung und Datenweitergabe an einen Zessionar keine angemessene Alternative für eine eigene Verwertung unter Inanspruchnahme staatlichen Rechtsschutzes ist. (4) Einfluss einer eigenen Vertragsverletzung des Darlehensnehmers Allerdings steht in Frage, welche Bedeutung dem Umstand zukommt, dass der Darlehensnehmer sich selbst vertragswidrig verhalten hat, indem er dem Schuldendienst nicht nachkommt. Nach den bisherigen Untersuchungen könnte die Säumnis des Schuldners das Abwägungsergebnis nicht von sich aus in eine entgegengesetzte Richtung lenken. Die Datenweitergabe im Zuge der Forderungsabtretung erscheint gegenüber der Datenoffenbarung im Prozess und der Zwangsvollstreckung nicht als erforderliche Abwehrreaktion auf die Zahlungsunfähigkeit oder -unwilligkeit des Darlehensnehmers. Allein das Verschulden des Darlehensnehmers kann die geringe Kostenersparnis, die die Bank durch eine Veräußerung erzielt, nicht aufwiegen. Auch und gerade bei einem Fehlverhalten 1162 Fikentscher/Heinemann, Schuldrecht, S. 122; Looschelders/Olzen, in: Staudinger, BGB, § 242, Rn. 220. 1163 Vgl. Peters, AcP 206 (2006) 843, 860 f. 1164 MüKo-StGB/Erb, § 34 Rn. 172 ff.
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des Betroffenen ist dem staatlichen Rechtsschutz der Vorzug zu geben, weil es nur hier rechtskräftig festgestellt werden kann.1165 Es muss demnach ein eigenständiger, zuvor noch nicht erörterter Gesichtspunkt gefunden werden. Das Unwerturteil muss auf die eigene Rechtsausübung abfärben, ohne dass es dazu einer Kausalität zwischen den beiden unrechtmäßigen Handlungen bedarf. Im Kern geht es darum, ob nur der selbst dem Recht Treue Rechtstreue fordern kann.1166 Diese Argumentation ist aus dem Tu-quoque-Grundsatz1167 bzw. unter dem Stichwort „unclean hands“ 1168 geläufig und wird vor allem im Bereich synallagmatischer Austauschverträge1169 und bei beiderseitigen Verstößen gegen das Wettbewerbsrecht1170 diskutiert. Wieacker führt dies auf die bekannte goldene Regel der ethischen Tradition zurück, nach der gilt: „Was Du nicht willst, was man Dir tu’, das füg’ auch keinem anderen zu.“ 1171 Ein Kläger, der trotz eigenen Rechtsverstoßes fordere, wolle damit Ungleichbehandlung des Gegners zu seinen Gunsten.1172 Ergänzend kann der Sanktionsgedanke angeführt werden. Mit der Schuld des Täters lässt sich die Notwendigkeit von Strafe1173 und deren Zumessung bzw. Begrenzung (vgl. § 46 Abs. 1 S. 1 StGB) begründen. Außerdem sei die von Rapoport entwickelte Kooperationsstrategie zu erwähnen, die als „Tit for Tat“-Formel („wie du mir, so ich dir“) bekannt wurde.1174 Von diesen Ansätzen darf man sich allerdings nicht dazu verleiten lassen, im Ergebnis eine Gleichheit im Unrecht herzustellen. Deshalb wird der Tu-quoquebzw. Unclean-Hands-Grundsatz nicht zu einem allgemeinen Rechtsprinzip erhoben.1175 Vielmehr besteht weitgehend Einigkeit darüber, dass die Verletzung ei1165 Vgl. dazu LG Koblenz BKR 2005, 108, 110, wonach dennoch die Interessen zumindest eines säumigen Schuldners hinter denen der Bank zurückstehen sollen. 1166 Dies befürwortet Wieacker, Zur rechtstheoretischen Präzisierung des § 242 BGB, S. 31. 1167 Vgl. Schwarze, in: Staudinger, BGB, § 281, Rn. B 70 ff.; Otto/Schwarze, ebenda, § 323 Rn. E 10 ff. 1168 Prölss, ZHR 132 (1969), 35; für das Patentrecht Heinemann, Immaterialgüterschutz in der Wettbewerbsordnung, S. 48. 1169 Vgl. RGZ 67, 313; 149, 401, 404; 152, 119, 123; BGH, NJW 1958, 177; 1966, 200; 1968, 103; 1971, 1747; WM 1972, 1056; NJW 1974, 36; 1977, 580; WM 1978, 731, 732; 1980, 826; NJW 1984, 869; 1985, 266, 267; 1987, 251, 253; NJW-RR 1991, 898; 1993, 372; NJW 1999, 352, 352 f.; aus der Lit. Wieacker, Zur rechtstheoretischen Präzisierung des § 242 BGB, S. 31. 1170 BGH, GRUR 1954, 337, 341 – Radschutz; GRUR 1957, 23, 24 – Bünder Glas; GRUR 1971, 582, 584 – Kopplung im Kaffeehandel; BGH, GRUR 77, 494, 497 – Dermatex. 1171 Wieacker, Zur rechtstheoretischen Präzisierung des § 242 BGB, S. 31. 1172 Wieacker, Zur rechtstheoretischen Präzisierung des § 242 BGB, S. 31 f. 1173 Kant, Grundlegung zur Metaphysik der Sitten, in: Werke, Bd. IV, S. 455. 1174 Rapoport/Chammah, Prisoner’s dilemma, passim. 1175 BGH, NJW 2000, 505, 506; Prölss, ZHR 132 (1969), 35, 36 ff.; Jauernig/Mansel, BGB, § 242, Rn. 47.
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gener Pflichten durch den Gläubiger grundsätzlich nur zu Gegenansprüchen des Schuldners führt und den Gläubiger nicht an der Geltendmachung seines Anspruchs hindert.1176 Auch der Tit-for-Tat-Formel kann lediglich eine vernünftige Handlungsanweisung entnommen werden.1177 Ihr kommt jedoch kein normativer Charakter zu. Etwas anderes kann sich nur in den gesetzlich normierten oder in den wenigen richterrechtlichen Ausnahmefällen ergeben, denen die zuvor genannten Ansätze zugrunde liegen. Im Bereich des Schuldrechts findet sich eine wechselseitige Abhängigkeit der Pflichten, soweit diese aus gegenseitigen Verträgen folgen (vgl. §§ 320 ff. BGB).1178 Das versteht sich aus dem vertraglichen Äquivalenzverhältnis. Zudem kann die Leistung nur aufgrund von Vorschriften mit Strafcharakter wie etwa den §§ 241a, 661a, 817 S. 2 BGB und dem etwas „milderen“ § 654 BGB entfallen.1179 Diese sind allesamt nicht auf Geheimhaltungspflichten wie das Bankgeheimnis zugeschnitten. Abgesehen davon wurde die eigene Vertragstreue zwar als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal in Kündigungs- und Vertragslösungsrechte hineingelesen.1180 Die eigene Vertragsverletzung macht die Rechtsausübung in Bezug auf Schadensersatzansprüche wegen positiver Vertragsverletzung indes nicht unzulässig, wie bereits das Reichsgericht erkannte.1181 Vielmehr bleibt es dem Schuldner mit den Worten Schwarzes stets unbenommen, seinen durch das Fehlverhalten des Gläubigers entstandenen Integritätsschaden zu liquidieren, wie auch umgekehrt dem Gläubiger trotz dessen eigener Vertragsuntreue durch Pflichtverletzung kein Integritätsschaden zugefügt werden darf.1182 Außerhalb des Kontextes synallagmatischer Austauschverträge hält es der BGH1183 zwar für rechtsmissbräuchlich, wenn sich der Gläubiger auf einen Anspruch beruft, der auf einem
1176 RGZ 123, 238, 242; BGH, NJW 2000, 505, 506; NJW-RR 2005, 743, 745 f.; Looschelders/Olzen, in: Staudinger, BGB, § 242, Rn. 251 f.; Palandt/Grüneberg, BGB, § 242 Rn. 46; Jauernig/Mansel, BGB, § 242, Rn. 47; Canaris, in: Großkommentar HGB, Bd. 5, Bankvertragsrecht I, Rn. 58; Hammen, in: Bankrechtstag 2005, S. 113, 122 ff.; Rob. Koch, BKR 2006, 182, 189; Wech, S. 439 ff., 460 f.; Bitter, ZHR 173 (2009), 379, 408 f. 1177 Vgl. Axelrod, Die Evolution der Kooperation, S. 99 ff. 1178 MüKo-BGB/Roth, § 242 Rn. 357; Hammen, in: Bankrechtstag 2005, S. 113, 123; vgl. auch Prölss, ZHR 132 (1969), 35, 41 ff. 1179 Vgl. Looschelders/Olzen, in: Staudinger, BGB, § 242, Rn. 251. 1180 Für Kündigungsrechte BGH, NJW 1971, 1747; zu § 326 BGB a. F. RGZ 149, 404; 152, 123; OLG Nürnberg, NJW 1972, 2270, 2271; OLG Zweibrücken, NJW-RR 2002, 746, 747; MüKo-BGB/Roth, § 242 Rn. 357; dagegen krit. Otto/Schwarze, in: Staudinger, BGB, § 323 Rn. E 10 m.w. N. 1181 RGZ 123, 238, 242: „Positive Vertragsverletzungen sind einem Vertragsteil wegen einer Vertragsverletzung des anderen niemals gestattet.“; ihm folgend BGH, NJW 1962, 2198; 1971, 1747; MüKo-BGB/Roth, § 242 Rn. 357, 362. 1182 Schwarze, in: Staudinger, BGB, § 281, Rn. B 81. 1183 BGHZ 92, 396, 403; BGH, DNotZ 1978, 478, 479; NJW-RR 2005, 743, 745 f.; so auch OLG Nürnberg, NJW 1972, 2270, 2271; MüKo-BGB/Roth, § 242 Rn. 288.
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erheblichen von ihm selbst begangenen Verstoß gegen Pflichten beruht, die in einem inneren Zusammenhang mit seinem Anspruch stehen. Darin zeigen sich Parallelen zum Wettbewerbsrecht.1184 Zu Recht weist Reifner jedoch darauf hin, dass § 242 BGB einen Extremfall betreffe, der nur dann vorliege, wenn der Schuldner seine Zahlungsunfähigkeit treuwidrig und absichtlich herbeigeführt und dadurch eine formale Rechtsmacht erhalten habe, deren Ausübung ihm subjektiv vorwerfbar und der anderen Partei nicht zumutbar sei.1185 Das liegt jedoch in den weitaus meisten Fällen notleidender Kredite fern. Verletzt eine Vertragspartei ihre Hauptleistungspflicht, rechtfertigt dies nicht die Verletzung einer Nebenleistungspflicht durch die andere Vertragspartei, soweit die Hauptleistungspflicht auch ohne die konkrete Verletzung der Nebenleistungspflicht – wie hier durch Verwertung unter eigener Leitung – durchsetzbar ist. Der Zahlungsverzug des Geheimnisherrn erreicht außerdem nicht die Qualität der Verletzung eines Verbotsgesetzes nach § 134 BGB, einer Sittenwidrigkeit nach § 138 BGB oder eines Verstoßes gegen Treu und Glauben nach § 242 BGB, wie dies als Präzisierung des eigenen Rechtsverstoßes zur Bejahung von „unclean hands“ gefordert wird.1186 Es handelt sich folglich nicht um eine ethisch oder moralisch verwerfliche „Berufung auf eigene Rechtswidrigkeit“,1187 wenn der Darlehensnehmer auf Einhaltung des Bankgeheimnisses besteht, obgleich er sich selbst in Zahlungsverzug befindet. Es liegt fern, in diesem Zusammenhang eine Selbstbehauptung des Rechts ins Spiel zu bringen. Mithin führt das eigene mutmaßliche Verschulden des Darlehensnehmers im Zahlungsverzug nicht dazu, dass ihm die Geltendmachung des Geheimhaltungsanspruchs ohne das Band eines Synallagmas oder einer Notstandssituation allein wegen der ethisch-moralischen Verwerflichkeit versagt wird. Alles andere würde letztlich darauf hinauslaufen, dass überhaupt keine Vertragsverletzung mehr vorliegen würde, sobald sich auch der andere Teil vertragswidrig verhält.1188 Dies käme einer außerhalb der Schadensersatzansprüche nicht angelegten, zusätzlichen Sanktionierung rechtswidrigen Verhaltens gleich. Einer strengen Reziprozität in diesem Sinn haftet der Geruch archaischer Rechtsordnungen an.
1184 BGH, GRUR 1954, 337, 341 – Radschutz; GRUR 1957, 23, 24 – Bünder Glas; GRUR 1971, 582, 584 – Kopplung im Kaffeehandel; BGH, GRUR 77, 494, 497 – Dermatex. 1185 Reifner, BKR 2008, 142, 151. 1186 Prölss, ZHR 132 (1969), 35, 38. 1187 So Ladenburg, AcP 74, 445 ff., der in seiner Analyse reichsgerichtlicher Urteile Fälle in den Blick nimmt, in denen die (mögliche) Einwendung schon rechtswidrig erworben wurde, so z. B. Ablehnung der kaufmännischen Verpflichtung aufgrund selbst unterlassener Eintragung ins Handelsregister oder Ablehnung der Einlösung von Inhaberobligationen, die der Emittent ausgegeben hat, obwohl er dazu wegen fehlender hoheitlicher Genehmigung nicht befugt war. 1188 RGZ 123, 239, 241 f.
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(5) Einfluss einer vergleichbaren Schweigepflicht des Erwerbers und einer rechtskräftigen Anspruchsfeststellung Abschließend bleibt zu prüfen, wie es sich auf die Abwägung auswirkt, wenn der Zessionar einer vergleichbaren Schweigepflicht unterliegt wie der Zedent oder wenn die abzutretende Forderung bereits rechtskräftig festgestellt wurde. Dies beides könnte zu einer geringeren Gewichtung des Geheimhaltungsinteresses des Darlehensnehmers führen und umgekehrt ein Überwiegen der Interessen der Zessionsparteien an einer Datenweitergabe begründen. Eine Verletzung des Bankgeheimnisses kann nicht dadurch umgangen werden, dass der Erwerber vertraglich oder aus anderen Rechtsgründen an eine vergleichbare Geheimhaltungspflicht gebunden wird wie die veräußernde Bank.1189 Der Auffassung, eine Verletzung des Bankgeheimnisses durch die Datenweitergabe an den Zessionar sei nach einer vorangegangenen rechtskräftigen Feststellung der Forderung zumindest weniger schwerwiegend, wenn nicht sogar ausgeschlossen,1190 wurde entgegnet, dass dieser Umstand eine zeitlich nachfolgende Verletzung des Bankgeheimnisses nicht auszuschließen vermag.1191 Als Grund wurde angeführt, dass dem Zessionar mit dem Bezug der Identifikations- und Strukturdaten des Darlehens zum Zessionsgegenstand ein „Mehr“ an Informationen übermittelt wird, als er sich aus einem vorangegangenen öffentlichen Erkenntnisverfahren selbst hätte erschließen können. Informationen, die Dritten bereits bekannt sind oder sein könnten, werden nicht von der Verschwiegenheitspflicht ausgenommen. Auch bei der Frage, ob die Berufung auf das Bankgeheimnis in diesen Fällen unverhältnismäßig erscheint, vermag dies keine andere Bewertung zu rechtfertigen. Vielmehr liegt es auf der Hand, dass der Darlehensnehmer auch nach der Offenbarung aller schuldner- und forderungsbezogenen Informationen im Rahmen eines Erkenntnisverfahrens weiterhin ein essentielles Interesse daran hat, dass Dritte im Zuge einer Zession keine Kenntnis von diesen Daten erlangen, um die Forderung gegen ihn geltend zu machen. Das Gewicht seiner Geheimhaltungsinteressen verringert sich dadurch keineswegs. Eine vergleichbare Schweigepflicht des Zessionars oder ein vorangegangenes Erkenntnisverfahren über die abzutretende Darlehensforderung werfen mithin nicht ein solches Gewicht in die Waagschale, dass das Bankgeheimnis schon allein deshalb hinter dem Interesse an einer Datenweitergabe zurückzutreten hätte. Abgesehen davon kann damit nicht die mangelnde Erforderlichkeit einer Datenweitergabe überwunden werden. Die Verwaltung und Verwertung der Darlehen in der Verantwortung der Bank stellt weiterhin das mildere Mittel gegenüber einer Darlehensveräußerung mitsamt Datenweitergabe an den Erwerber dar. 1189
Kapitel 5 B. III. 1. Vgl. Würz-Bergmann, S. 44 ff.; Mankowski, JZ 1994, 48, 50; RegBegr. zum Gesetz zur Neuregelung des Rechtsberatungsrechts, BT-Drs. 16/3655 v. 30.11.2006, S. 82. 1191 s. o. Kapitel 5 B. III. 2. 1190
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Eine vergleichbare Schweigepflicht des Erwerbers einerseits sowie ein vorangegangenes Erkenntnisverfahren andererseits genügen daher nicht für eine Rechtfertigung der Datenweitergabe. Was die Schweigepflicht betrifft, so liegt darin zwar eine notwendige Kompensation für einen Eingriff in das Bankgeheimnis. Sie begründet jedoch selbst ebenso wenig die Befugnis zu einem Eingriff in das Bankgeheimnis wie eine der Abtretung vorangegangene Datenoffenbarung. So bestand der BGH auch in seiner jüngsten Entscheidung darauf, dass eine gesetzliche Regelung unerlässlich sei, die die Abtretung und folglich die Datenweitergabe erlaube.1192 Er konnte dazu auf § 49b Abs. 4 BRAO a. F. zurückgreifen. Eine solche Norm fehlt jedoch im Bereich des Bankgeheimnisses und kann nicht durch die Generalklausel des § 242 BGB ersetzt werden. Das Argument einer etwaigen Kompensation für die Verletzung des Bankgeheimnisses überzeugt somit nicht, weil es bereits an einer Befugnisnorm fehlt.1193 Gleiches gilt für den Umstand, dass der Datenweitergabe im Zuge einer Zession schon eine Datenoffenbarung in einem Erkenntnisverfahren vorangegangen ist. dd) Zwischenergebnis Die herrschende Ansicht, die eine Berufung auf das Bankgeheimnis für rechtsmissbräuchlich hält, wenn die abgetretenen Darlehensforderungen aus notleidenden Krediten stammen, überzeugt nicht. Es ergibt sich in diesem Fall eine andere Bewertung als zur Gerichtsöffentlichkeit im Klageverfahren und zur Datenweitergabe im Zuge einer Zwangsvollstreckung, die ihrerseits beide zulässig sind. Die dazu entwickelten Grundsätze sind nach umfassender Prüfung aller Aspekte nicht auf die Datenweitergabe im Zuge einer Zession übertragbar. Auf die oftmals vorgenommene Differenzierung zwischen Kündbarkeit des Darlehens aufgrund der Nichtleistung und bereits ausgesprochener Kündigung oder sogar der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners1194 kommt es deshalb nicht an. Selbst in den Fällen, in denen der Darlehensnehmer mit dem Schuldendienst in Verzug gerät, ist es wegen der Möglichkeit zur Eigenverwertung ggf. unter Beiziehung staatlichen Rechtsschutzes nicht erforderlich und auch im Übrigen unangemessen, die Schuldnerdaten zum Zwecke der Verwertung an Dritte, die außerhalb der Geschäftsbeziehung zwischen dem Kunden und der Bank stehen, weiterzugeben.1195 Ein eigenes vertragswidriges Verhalten 1192
BGHZ 171, 252, 257. So zu § 203 StGB OLG Schleswig, BKR 2008, 25, 27. 1194 Vgl. etwa Nobbe, WM 2005, 1538, 1547; ders., ZIP 2008, 97; Wittig, in: Bankrechtstag 2005, S. 145, 185 ff.; Vollborth, S. 220. 1195 So i. E. auch Rob. Koch, BKR 2006, 182, 189; Schantz, VuR 2006, 464, 468; Reifner, BKR 2008, 142, 151; zum Amtsgeheimnis Eisele, ZIS 2011, 354, 364; zumindest keinen Schuldausschluss nach § 242 BGB erkennen Hammen, in: Bankrechtstag 2005, S. 113, 125, und Cahn, WM 2004, 2041, 2046 f.; ebenso unter dem Gesichtspunkt des § 203 StGB für öffentlich-rechtliche Banken OLG Schleswig, BKR 2008, 25, 1193
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5. Kap.: Geheimhaltungspflichten des Kreditgewerbes
des Darlehensnehmers führt außerhalb einer gegenseitigen Bedingung der Pflichten, die hier gerade nicht vorliegt, nicht zu einer Entbindung der Bank vom Bankgeheimnis in dem Sinne, dass nur der dem Recht Treue Rechtstreue verlangen könnte. Der Tu-quoque- bzw. Unclean-Hands-Grundsatz kann nicht zu einem allgemeinen Rechtsprinzip erhoben werden. Andernfalls würde man das als Ausnahme konzipierte Institut des Rechtsmissbrauchs bei Darlehensveräußerungen zum System erheben und bei dessen Anwendung zu einer allgemeinen Abwägung gelangen. Eine solche findet jedoch bei § 242 BGB gerade nicht statt. Das Bankgeheimnis steht nicht unter einem solchen Vorbehalt. 7. Immanente Grenzen des Bankgeheimnisses Wie oben erwähnt, kann das Argument einer etwaigen Kompensation für die Verletzung des Bankgeheimnisses und einer zuvor bereits in anderem Kontext erfolgten Datenoffenbarung nicht ins Feld geführt werden, weil es – abgesehen von der Spezialregelung des § 16 Abs. 2 FMStBG – bereits an einer entsprechenden Befugnisnorm fehlt. In der Lit. ist man sich des Problems durchaus bewusst. Eine im Vordringen befindliche Ansicht geht davon aus, dass das Bankgeheimnis nicht jegliche Datenweitergabe verbiete, sondern immanente Grenzen aufweise.1196 Sie zieht den Schutzbereich enger, so dass es danach einer Einwilligung des Berechtigten oder einer gesetzlichen Rechtfertigung gar nicht erst bedarf. Als eine solche Grenze ordnen Wech und Bitter das Ergebnis der vertraglichen Wertung ein, wonach eine Nebenleistungspflicht nicht so weit reichen darf, dass sie die Erfüllung der Hauptleistungspflicht des anderen Teils vereitelt.1197 Cahn arbeitet hingegen anhand des Zwecks des Bankgeheimnisses aus verschiedenen anerkannten Durchbrechungen allgemeine Grundsätze heraus.1198 In ihrer Gesamtheit sollen sie den Rahmen des Bankgeheimnisses abstecken und aufgrund der in ihnen enthaltenen Kompensationen eine legalisierende Wirkung entfalten. Diese Ansichten setzen auf der Ebene des Schutzbereichs eines Rechts an, um dieses selbst zu begrenzen. Dies ist eine aus dem Verfassungsrecht bekannte Methode,1199 mit dem die Frage der Rechtfertigung auf nicht immer zweifelsfreie Weise zu umgehen versucht wird.1200 Zudem entbehrt es jeglicher Grundlage, 27 f., das jedoch im Weiteren ein Abtretungsverbot unter anderem mit einer teleologischen Reduktion des § 203 StGB verneint; zu Berufgeheimnisträgern i. S. v. § 203 StGB s. BGHZ 115, 123, 129; 122, 115 121; Lenckner/Eisele, in: Schönke/Schröder, StGB, § 203 Rn. 29, 33; Perron, ebenda, § 34 Rn. 9. 1196 Cahn, WM 2004, 2041, 2047 f.; Hammen, in: Bankrechtstag 2005, S. 113, 127 ff.; Wech, S. 441 ff.; Bitter, ZHR 173 (2009), 379, 408 f.; ähnlich Roth, in: Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, § 11 Rn. 135. 1197 Wech, S. 441 ff.; Bitter, ZHR 173 (2009), 379, 409. 1198 Cahn, WM 2004, 2041, 2045 ff. 1199 Vgl. etwa Herdegen, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 1 Abs. 1 Rn. 43 ff., 69. 1200 Krit. auch das BVerfG, vgl. etwa NJW 1992, 1875 f.
C. Rechtfertigung einer Beschränkung
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den Schutzbereich des Bankgeheimnisses zu begrenzen. Der Wortlaut der AGBBanken gibt dafür nichts her. Eine engere Definition könnte man allenfalls dann erwägen, wenn die AGB-Banken nicht Vertragsbestandteil sind. Würde das Bankgeheimnis mit immanenten Grenzen versehen, würde insoweit nach den Gesetzen der Logik kein striktes Geheimnis mehr vorliegen. Dem steht schon die Terminologie „Bankgeheimnis“ entgegen. Die von Wech und Bitter vorgetragene These bietet überdies keine Handhabe, soweit die gesetzlichen und insbesondere gewohnheitsrechtlichen Grundlagen des Bankgeheimnisses betroffen sind. Denn eine das vertragliche Äquivalenzverhältnis sichernde Auslegung kann nur insoweit durchgreifen, als vertragliche oder quasivertragliche Pflichten im Raume stehen. Doch auch hierbei greift die Ansicht zu kurz: Auch etwaige – hier in Abrede gestellte – immanenten Grenzen des Bankgeheimnisses müssen sich letztlich am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit messen lassen. Sein Schutzbereich könnte deshalb ohnehin nicht weiter eingeschränkt werden, als sich aus der vorangegangenen Untersuchung ergeben hat. Damit kann der Auffassung von Bitter ungeachtet seines Begründungsansatzes im Ergebnis nur insoweit zugestimmt werden, als der Schuldner durch das Bankgeheimnis selbstverständlich nicht vor der Geltendmachung der Ansprüche durch den Gläubiger selbst geschützt werden soll. Die Durchsetzung dieser Ansprüche durch Dritte fällt jedoch nicht darunter. Eine Inkassozession ist angesichts der Möglichkeit staatlichen Rechtsschutzes zur Durchsetzung der Hauptleistungspflicht nicht erforderlich. Wendet man sich der Ansicht von Cahn zu, beinhaltet diese der Sache nach nichts anderes als eine unausgesprochene Analogie zu gesetzlichen und sonstigen Offenlegungsmöglichkeiten, die im Bereich der Rechtfertigung bzw. Schuldausschließung verortet werden muss und im Folgenden nachvollzogen wird. 8. Analogie zu gesetzlichen Offenbarungsbefugnissen für Berufsgeheimnisträger Es sei daran erinnert, dass keine Begrenzung des Bankgeheimnisses möglich ist, wenn die AGB-Banken wirksam in den Vertrag einbezogen wurden. Denn in Nr. 2 Abs. 1 S. 2 AGB-Banken sind die Einschränkungsmöglichkeiten der Geheimhaltungspflicht abschließend festgelegt. Mithin ist der Anwendungsbereich der hier präsentierten Ansicht von vornherein auf die Fälle beschränkt, in denen die Geschäftsbedingungen nicht wirksam einbezogen wurden oder allenfalls die AGB-Sparkassen dem Vertrag zugrunde liegen. In diesem Rahmen lässt sich der Gedanke, dass die Datenweitergabe im Zuge von Abtretungen an Zessionare zulässig ist, wenn diese der gleichen Geheimhaltung unterliegen wie der Zedent, aufgreifen, um weitere Aspekte ergänzen und möglicherweise mit einer Analogie zu §§ 49b Abs. 4 BRAO, 64 Abs. 2 StBerG, 17 Abs. 2 KHEntgG, 16 Abs. 1 S. 2 FMStBG normativ begründen.
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5. Kap.: Geheimhaltungspflichten des Kreditgewerbes
a) Ausgewählte gesetzliche Regelungen aa) § 49b Abs. 4 S. 1 BRAO und § 64 Abs. 2 S. 1 StBerG In dem bereits verschiedentlich angesprochenen § 49b Abs. 4 S. 1 BRAO aus dem Jahre 1994 hieß es lediglich, dass der Rechtsanwalt, der eine Gebührenforderung erwirbt, in gleicher Weise zur Verschwiegenheit verpflichtet ist wie der beauftragte Rechtsanwalt. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird im Folgenden allein auf § 49b Abs. 4 BRAO Bezug genommen. Die Ausführungen gelten entsprechend für den gleich gestalteten § 64 Abs. 2 StBerG.1201 Für den Gesetzgeber stand nicht die Rechtfertigung eines Verstoßes gegen die Berufsgeheimnispflichten im Vordergrund, sondern die Durchbrechung des vom BGH ausgesprochenen Abtretungsverbotes für Honorarforderungen der Berufsgeheimnisträger. Die Frage der Zulässigkeit einer Datenweitergabe wurde stiefmütterlich behandelt. In den Normen wird denn auch nur die Verschwiegenheitspflicht des Erwerbers geregelt, ohne dass damit gesagt wäre, dass eine Datenweitergabe zulässig ist, und zwar gerade aufgrund seiner Verschwiegenheitspflicht. Gleichwohl urteilte der BGH recht spät, nämlich erst 13 Jahre nach Erlass des § 49b Abs. 4 BRAO a. F., dass diese Norm einen Erlaubnistatbestand darstelle, der insbesondere auch eine Strafbarkeit des anwaltlichen Zedenten nach § 203 StGB ausschließe.1202 Verbleibende Zweifel sind im Bereich der rechts- und steuerberatenden Berufe unterdessen durch Einführung der §§ 49b Abs. 4 S. 1 BRAO n. F.,1203 64 Abs. 2 S. 1 StBerG n. F.1204 ausgeräumt worden. Der Gesetzgeber hat nunmehr ausdrücklich festgelegt, dass die Abtretung von Vergütungsforderungen oder die Übertragung ihrer Einziehung an Rechtsanwälte oder rechtsanwaltliche Berufsausübungsgemeinschaften zulässig ist. Daraus ergibt sich zugleich, dass in diesen Fällen die Datenweitergabe erlaubt wird. Gegen diese Schlussfolgerung könnte man das bekannte Argument einwenden, dass bei einer Forderungsveräußerung die Datenweitergabe nicht zwingend ist. Es ist hingegen kaum vorstellbar, dass ein Rechtsanwalt nach einer solchen Transaktion weiterhin das Forderungsservicing und -inkasso übernimmt. Zudem ist in § 49b Abs. 4 S. 1 Alt. 2 BRAO neben der Abtretung auch die Übertragung der Einziehung angesprochen. Für Letzteres ist die Datenweitergabe in jedem Fall zwingend. Allerdings wird die These, dass der Grund für ein Abtretungsverbot allein in der fehlenden Geheimhaltungspflicht des Erwerbers zu sehen ist, durch die Neufassung in § 49b Abs. 4 BRAO nicht gestützt. Während in § 49b Abs. 4 S. 1 1201 1202 1203 1204
Gesetz v. 24.06.1994 (BGBl. I, 1387). BGHZ 171, 252, 258 f. Gesetz v. 12.12.2007 (BGBl. I, 2840). Gesetz v. 08.04.2008 (BGBl. I, 666).
C. Rechtfertigung einer Beschränkung
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BRAO a. F. nur ein Rechtsanwalt, der eine Gebührenforderung erwirbt, einer gesonderten Geheimhaltungspflicht unterworfen wird, ist nach § 49b Abs. 4 S. 4 BRAO nunmehr jeder neue Gläubiger oder Einziehungsermächtigte in gleicher Weise zur Verschwiegenheit verpflichtet wie der beauftragte Rechtsanwalt. Gleichwohl ist die Abtretung von Vergütungsforderungen ohne weitere Bedingungen auch künftig nur an Rechtsanwälte zulässig, so § 49b Abs. 4 S. 1 BRAO. Wäre das Fehlen der Geheimhaltungspflicht für das Abtretungsverbot nicht ausschlaggebend, müsste die Abtretung auch an jeden Dritten ohne Weiteres zulässig sein. Das ist aber § 49b Abs. 4 S. 2 BRAO zufolge gerade nicht der Fall. Demnach kann man der Regelung nur entnehmen, dass eine Datenweitergabe im Zuge von Zessionen lediglich an Angehörige derselben Berufsgruppe möglich ist, die der gleichen Geheimhaltung unterliegen. An andere Berufsgruppen ist die Datenweitergabe nur dann zulässig, wenn sie in gleicher Weise zur Geheimhaltung verpflichtet sind und eine ausdrückliche, schriftliche Einwilligung des Geheimnisherrn vorliegt oder die Forderung rechtskräftig festgestellt ist. bb) § 17 Abs. 3 S. 2 KHEntgG Die ärztliche Schweigepflicht wird strenger gehandhabt als die zuvor genannten Berufsgeheimnisse. Eine punktuelle Offenbarungsbefugnis gewährt § 17 Abs. 3 S. 2 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG).1205 Danach kann ein zur gesonderten Berechnung wahlärztlicher Leistungen berechtigter Arzt des Krankenhauses eine Abrechnungsstelle mit der Abrechnung der Vergütung für die wahlärztlichen Leistungen beauftragen oder die Abrechnung dem Krankenhausträger überlassen. § 17 Abs. 3 S. 3 KHEntgG begründet in diesem Fall für den Arzt oder eine von ihm beauftragte Abrechnungsstelle die Verpflichtung, dem Krankenhaus umgehend die zur Ermittlung der zu erstattenden Kosten jeweils erforderlichen Unterlagen einschließlich einer Auflistung aller erbrachten Leistungen vollständig zur Verfügung zu stellen. Eine Begrenzung der Datenweitergabe findet sich in § 17 Abs. 3 S. 6 KHEntgG, indem personenbezogene Daten an eine beauftragte Abrechnungsstelle außerhalb des Krankenhauses nur mit Einwilligung des Betroffenen, die jederzeit widerrufen werden kann, übermittelt werden dürfen. Dabei ist zu beachten, dass auch die Angehörigen einer privatärztlichen Verrechnungsstelle in § 203 Abs. 1 Nr. 6 StGB genannt sind und deshalb der Geheimhaltung unterliegen.
1205 Gesetz v. 23.04.2002 (BGBl. I, 1412); das Krankenhausentgeltgesetz ersetzt zum 01.01.2003 die Bundespflegesatzverordnung bei den Krankenhäusern, die dem neuen DRG-Vergütungssystem nach § 17b KHG unterliegen. I § 17 KHEntgG wurden die entsprechenden Vorschriften der Bundespflegesatzverordnung im Wesentlichen übernommen, vgl. Begr. zum Fraktionsentwurf v. 11.09.2001, BT-Drs. 14/6893, S. 46.
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5. Kap.: Geheimhaltungspflichten des Kreditgewerbes
cc) § 16 Abs. 2 FMStBG Eine klare Regelung zur Datenweitergabe an einen Erwerber findet sich in § 16 Abs. 2 FMStBG. Darin wird ausdrücklich festgelegt, dass die an einer Übertragung von Risikopositionen an den Finanzmarktstabilisierungsfonds Beteiligten personenbezogene Daten erheben, verarbeiten und nutzen dürfen, soweit dies zur Übertragung erforderlich ist (S. 1), und § 203 StGB einer Übertragung von Informationen im Rahmen der Übertragung von Risikopositionen an den Fonds nicht entgegensteht (S. 2). Es fehlt aber eine Geheimhaltungsverpflichtung des Erwerbers, wie sie § 49b Abs. 4 S. 4 BRAO zu entnehmen ist. Als Erwerber und Datenempfänger kommt jedoch allein der staatliche Finanzmarkstabilisierungsfonds in Betracht, dessen Personal ohnehin der nach § 203 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 und 2 StGB i.V. m. § 11 Abs. 1 Nr. 2, 4 StGB strafbewehrten Amtsverschwiegenheit unterliegt. Auch außerhalb der juristischen Selbstbeschränkung in Nr. 2 Abs. 1 S. 2 Var. 1 AGB-Banken sind große Zweifel daran angebracht, ob mit § 16 Abs. 2 S. 1 FMStBG eine gesetzliche Bestimmung mit der nötigen Bestimmtheit geschaffen wurde, die eine Datenweitergabe im Zuge einer Abtretung der Darlehensforderungen an den staatlichen Fonds legitimieren kann.1206 b) Übertragbarkeit und Verallgemeinerung Eine Analogie ist nur zulässig, wenn das Gesetz eine planwidrige Regelungslücke, mithin eine planwidrige Unvollständigkeit, enthält.1207 Der zu beurteilende Sachverhalt muss zudem in rechtlicher Hinsicht so weit mit dem Tatbestand vergleichbar sein, den der Gesetzgeber geregelt hat, dass anzunehmen ist, der Gesetzgeber wäre bei Ausübung seines gesetzgeberischen Ermessens bzw. bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von den gleichen Grundsätzen hätte leiten lassen wie bei dem Erlass der herangezogenen Gesetzesvorschrift, zu dem gleichen Abwägungsergebnis gekommen.1208 aa) Planwidrige Regelungslücke Der Gesetzgeber hat das Problem der Datenoffenbarung für bestimmte Berufsgeheimnisträger allgemein, für Kreditinstitute hingegen nur für den Spezialfall der Abtretung von Forderungen an den Finanzmarktstabilisierungsfonds geregelt. Auch im Risikobegrenzungsgesetz sucht man eine allgemeingültige Befugnis zur Datenoffenbarung für Banken vergeblich. Im Gesetzgebungsverfahren wurde auf die datenschutzrechtliche Problematik von Darlehensveräußerungen nicht einge1206
s. o. Kapitel 5 C. I. 1. c). Vgl. BGHZ 149, 165, 174; Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 194 ff. 1208 Vgl. BGH, NJW 2003, 1932, 1933; Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 202 ff. 1207
C. Rechtfertigung einer Beschränkung
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gangen, obschon dazu Anlass bestanden hätte. Vielmehr setzte man insgesamt auf die Selbstregulierungskräfte des Marktes und stärkte diese mit Transparenzvorschriften. Statt in die Privatautonomie einzugreifen, wurden Informationsasymmetrien zwischen Darlehensgeber und Darlehensnehmer abgebaut. Die Regelung der Abtretbarkeit und Übertragbarkeit von Immobiliardarlehen aufgrund von Art. 247 § 9 Abs. 1 S. 2 EGBGB überlässt es den Vertragsparteien, sich auch über eine Einwilligung in die damit verbundene Datenweitergabe zu verständigen. Einer gesetzlichen Offenbarungsbefugnis bedarf es nach diesem Konzept gerade nicht. Deshalb ließe sich aus § 16 Abs. 2 FMStBG der Umkehrschluss ziehen, dass nur in dem dort geregelten Notstandsfall auf eine Einwilligung des Betroffenen in die Datenweitergabe verzichtet werden kann, die Einwilligung im Übrigen jedoch stets erforderlich bleibt. Angesichts dessen erscheint es schon zweifelhaft, ob überhaupt eine planwidrige gesetzliche Regelungslücke gegeben ist, die eine Analogie erlaubt. bb) Vergleichbarkeit der Interessenlage und Ergebnis einer Rechtsfolgenabwägung Die den dargestellten Normen zugrundeliegende Interessenlage müsste derjenigen bei einer Veräußerung von Bankdarlehen vergleichbar sein. In den geregelten Fällen werden jeweils die Geheimhaltungsinteressen der Schuldner eingeschränkt, wenn es zu einer Geltendmachung der Forderungen durch Dritte kommt. Der Offenbarungsbefugnis in § 17 Abs. 3 S. 2 KHEntgG liegt das Interesse des Arztes zugrunde, die Abrechnung der Vergütungsansprüche nicht selbst vornehmen zu müssen, wobei allerdings nicht gesagt ist, dass es hierzu zu einer Abtretung der Ansprüche kommen muss. In § 49b Abs. 4 S. 1 BRAO und § 64 Abs. 2 S. 1 StBerG wird dem Interesse der Rechtsanwälte und Steuerberater an einer Veräußerung ihrer Honorarforderungen an Berufskollegen und nicht berufsständische Dritte genügt. Diese Interessen entsprechen denen der Banken an einer Darlehensveräußerung. Ein anderes Bild ergibt sich aber in Hinblick auf § 16 Abs. 2 FMStBG. Hier wird zwar das Interesse an einer Übertragung von Risikopositionen über das Geheimhaltungsinteresse der Schuldner gestellt. Allerdings liegt dies nicht allein im Interesse der Banken. Denn zugleich will der Staat in seiner Rolle als Erwerber umfassend über die Risiken der von ihm zu erwerbenden Darlehen und Darlehensforderungen informiert werden. Überdies dient jegliche Veräußerung von Vermögenswerten nach § 8 FMStFG auch und vor allem dem Interesse des Staates, die Bankensanierung voranzutreiben und damit die Systemstabilität wiederherzustellen. Darin liegen gerade Grund und Rechtfertigung für die einschneidende „staatliche Intervention zum kurzfristigen Krisenmanagement“,1209 deren Grundlage mit dem FMStFG und nicht zuletzt auch mit 1209
BT-Drs. 16/10600 S. 15.
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5. Kap.: Geheimhaltungspflichten des Kreditgewerbes
§ 16 Abs. 2 FMStBG geschaffen wurde. Dies entspricht jedoch nicht der typischen Interessenlage, wie sie sich bei einer Darlehensveräußerung durch Banken an beliebige Dritte im Allgemeinen präsentiert. Es handelt sich also um eine spezielle Ausnahmevorschrift, die keine Verallgemeinerung zulässt. Mit der hier zu erörternden Interessenlage ist somit allein diejenige vergleichbar, die den §§ 49b Abs. 4 S. 1 BRAO, 64 Abs. 2 S. 1 StBerG, 17 Abs. 3 S. 2 KHEntgG zugrunde liegt. Hinsichtlich der zuletzt genannten Befugnisnormen bietet sich folgender Schluss an: Wenn Rechtsanwälte, Steuerberater und Ärzte zu einer Datenoffenbarung im Zuge einer Zession befugt sind, muss dies unter denselben Voraussetzungen und im selben Umfang erst recht Kreditinstituten erlaubt sein. Das gilt freilich nur, wenn man der Ansicht des BGH und des BVerfG folgt und die vom Bankgeheimnis durch eine Forderungszession betroffenen Informationen für weniger schutzwürdig hält als die, die Rechtsanwälte, Steuerberater und Ärzte im Zuge einer Forderungszession an die jeweiligen Erwerber weitergeben.1210 cc) Verfassungsrechtliche Schranken einer Analogie Problematisch ist aber, ob die Eingriffe in das Bankgeheimnis nicht einer ausdrücklichen gesetzlichen Grundlage bedürfen. Dies würde eine Analogie ausschließen. Das Bankgeheimnis steht im Lichte des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG und der Gewährleistung der Privatautonomie aus Art. 2 Abs. 1 GG. Das BVerfG beanstandet die Methode der Analogie nicht grundsätzlich.1211 Jedoch findet sie nach seinen Worten ihre verfassungsrechtlichen Schranken in dem in Art. 20 Abs. 3 GG angeordneten Vorrang des Gesetzes.1212 Dieser gewährleiste als Element des Rechtsstaatsprinzips zugleich das Maß an Rechtssicherheit, das zur Wahrung der Freiheitsrechte unerlässlich sei.1213 Das erlangt seine Wirkung über den Mechanismus der gerichtlichen Rechtsdurchsetzung. Der Richter darf nicht ohne gesetzliche oder vertragliche Regelung die Rechte der Betroffenen einschränken. Zudem stehen Einschränkungen des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung und der Privatautonomie unter Gesetzesvorbehalt. Nach der vom BVerfG entwickelten Wesentlichkeitstheorie verpflichten Rechtsstaatsprinzip und Demokratiegebot den Gesetzgeber, die für die Grundrechtsverwirklichung maßgeblichen Regelungen im Wesentlichen selbst zu treffen und diese nicht dem Handeln und der Entscheidungsmacht der Exekutive zu überlassen.1214 Dies steht in gleicher Weise der analogen Anwendung gesetzlicher Vorschriften durch die Judikative entgegen. 1210 1211 1212 1213 1214
BVerfG, NJW 2007, 3707, 3708. Vgl. BVerfGE 25, 167, 183; 82, 6. Vgl. BVerfGE 82, 6. Vgl. BVerfGE 7, 89, 92; 7, 194, 196; 13, 261, 271; 49, 304, 318. Vgl. BVerfGE 33, 125, 158; 83, 130, 140 m.w. N.
C. Rechtfertigung einer Beschränkung
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Soweit die gesetzlichen und quasivertraglichen Grundlagen des Bankgeheimnisses betroffen sind, wäre zu deren Einschränkung eine gesetzliche Regelung erforderlich. Diese muss umso konkreter formuliert sein, je intensiver der Eingriff in das jeweilige Recht ist. Der BGH hat im Zusammenhang mit der Beurteilung der Abtretung anwaltlicher Honorarforderungen nach § 203 StGB i.V. m. § 134 BGB ausgeführt, dass eine Erlaubnisnorm eine eindeutig formulierte und dem Gebot der Normenklarheit entsprechende gesetzliche Regelung sein müsse, welche die Abtretung erlaube und den Zessionar denselben Schweigepflichten unterwerfe wie den Zedenten.1215 Dem schloss sich das OLG Schleswig1216 an und stellte fest, dass eine entsprechende Befugnisnorm für die Abtretung von Darlehensforderungen öffentlich-rechtlicher Banken fehlt. Eine Analogie zu § 49b Abs. 4 BRAO hat es nicht diskutiert. Der Unterschied zwischen dem Bankgeheimnis und den kodifizierten Berufsgeheimnissen besteht auch darin, dass sich Ersteres nicht nur auf eine gesetzliche Pflicht stützt, sondern auch auf eine vertragliche.1217 Nach der ständigen Rspr. des BVerfG ist die Gestaltung der Rechtsverhältnisse durch den Einzelnen nach seinem Willen ein Teil der allgemeinen Handlungsfreiheit.1218 Im Bereich vertraglicher Geheimhaltungspflichten ist deshalb zudem die von Art. 2 Abs. 1 GG gewährleistete Privatautonomie als Selbstbestimmung des Einzelnen im Rechtsleben1219 betroffen. Das BVerfG erläutert, dass die Privatautonomie notwendigerweise begrenzt ist und der rechtlichen Ausgestaltung bedarf. Dies bedeute jedoch nicht, dass die Privatautonomie zur beliebigen Disposition des Gesetzgebers stünde und ihre grundrechtliche Gewährleistung infolgedessen leerliefe.1220 Einerseits ist deshalb für eine Offenbarungsbefugnis eine klare gesetzliche Regelung erforderlich, andererseits ist aber auch selbst dadurch kein unbegrenzter Eingriff in die vertraglichen Geheimhaltungspflichten möglich. Welch’ hohen Stellenwert der Gesetzgeber der Privatautonomie im Bereich des Bankvertragsrechts beimisst, wird einmal mehr daraus ersichtlich, dass er auf die im Risikobegrenzungsgesetz erwogene gesetzliche Verpflichtung zum Angebot nicht abtretbarer Kredite verzichtet hat. Soweit die vertraglichen Grundlagen des Bankgeheimnisses betroffen sind, wäre es demnach von vornherein zweifelhaft, ob eine gesetzliche Regelung die Vertragspflichten modifizieren könnte. Erst recht aber muss eine nur analoge Anwendung anderweitiger gesetzlicher Offenbarungsbefugnisse ausscheiden. Es liegt vielmehr in der Hand der Parteien, die
1215
BGH, NJW 1993, 1912; NJW 2007, 1196, Tz. 19. BKR 2008, 25, 27. 1217 s. o. Kapitel 5 A. II. 5. 1218 Vgl. BVerfGE 8, 274, 328; BVerfGE 72, 155, 170. 1219 BVerfGE 91, 346, 358; BVerfGE 99, 341, 350; Isensee, in: Isensee/Kirchhof, HStR VII, § 150 Rn. 57 ff. 1220 BVerfGE 89, 214. 1216
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Frage der Durchbrechung des Bankgeheimnisses privatautonom zu lösen. Dies ist bislang nicht geschehen. 9. Zusammenfassung Außerhalb der vertraglichen Selbstbeschränkung in den AGB-Banken ist der Weg zu verschiedenen Regelungen eröffnet, die für die Legitimierung einer Datenweitergabe im Zuge einer Darlehensveräußerung fruchtbar gemacht werden können. Auch hier ist indes keine Rechtfertigung über § 402 BGB, anderweitige gesetzliche Übertragungstatbestände und § 25a KWG zu erreichen, weil diese Normen allesamt kein gesetzliches Offenbarungsgebot beinhalten. Auch mit Blick auf § 16 Abs. 2 FMStFG verbleiben Zweifel an dessen Rechtfertigungswirkung. Die Wahrnehmung berechtigter Interessen kann entsprechend der mittlerweile h. M. die Datenoffenbarung im Zuge von Darlehensveräußerungen nicht rechtfertigen, weil dies zu willkürlichen Ergebnissen führen würde und mit der Verpflichtung zu einer strikten Einhaltung des Bankgeheimnisses nicht zu vereinbaren wäre. Es können nur Schuldbefreiungs- und Rechtfertigungsgründe herangezogen werden, die qualifizierte Anforderungen an eine Rechtsgüter- und Interessenabwägung stellen. Dem Darlehensnehmer ist keine Schikane i. S. v. § 226 BGB vorzuwerfen, soweit er nicht beabsichtigt, die darlehensgebende Bank zu schädigen, wenn er sich dieser gegenüber bei Datenweitergaben im Zuge von Darlehensveräußerungen auf das Bankgeheimnis beruft. Vielmehr will er seine Daten nicht in den Händen Dritter wissen, die sie dazu verwenden, ihm gegenüber Forderungen geltend zu machen. Jedoch ist auch die Fallgruppe des Rechtsmissbrauchs nach § 242 BGB in Gestalt eines fehlenden berechtigten Eigeninteresses nicht einschlägig, weil der Bankkunde ein solches nicht benötigt, um sich auf das Bankgeheimnis berufen zu können. Für eine Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB ist bei gleichbleibenden Kreditausfallraten, gleichbleibendem wirtschaftlichen Zustand der Bank und gleichbleibendem Marktumfeld kein Raum. Außerdem scheiden angesichts der hochentwickelten Risikosysteme Konstellationen aus, in denen etwaige Veränderungen vorhersehbar waren. Eine Störung der Geschäftsgrundlage kommt nur dann in Betracht, wenn die Risiken sich außerhalb des Planbereichs realisieren und die Bank zur Wahrung des Bankgeheimnisses einen deutlich höheren Aufwand aufbringen müsste, als sie bei der Darlehensvergabe zugrunde gelegt hat. Ohnedies gewährt § 313 BGB lediglich einen Anspruch auf Vertragsanpassung, die bei Zustimmung nur ex nunc wirkt und frühere Datenweitergaben nicht legitimieren sowie die gesetzlichen Geheimhaltungspflichten nicht modifizieren kann. Nach dem Maßstab des § 275 Abs. 2 BGB ist es der Bank nicht faktisch unmöglich, die Geheimhaltungspflichten bei einer Darlehensveräußerung zu wahren. Nach allen denkbaren Relationen übersteigt der finanzielle Aufwand für die Wahrung der Geheimhaltung jedenfalls nicht in grobem Maße das Interesse des Darlehensnehmers an der Einhaltung des Bankgeheimnisses.
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In der Berufung auf das Bankgeheimnis kann in keiner Fallgruppe ein Rechtsmissbrauch wegen Unverhältnismäßigkeit und eigenem vertragswidrigen Verhaltens nach § 242 BGB gesehen werden: Wenn sich weder die Darlehensnehmer noch die Bank selbst in einer finanziellen Krise befinden, steht die Einhaltung des Bankgeheimnisses weder dem Rechtsschutz der Bank vor einem vertragswidrigen Verhalten des Kunden noch der Erhaltung der eigenen Existenz entgegen. Die meisten Ziele einer Darlehensveräußerung lassen sich in dieser Konstellation auch unter Anonymisierung oder Pseudonymisierung der Schuldnerdaten erreichen, ohne dass auf die Veräußerung selbst verzichtet werden muss. Nichts anderes gilt, wenn sich die Bank in einer Notlage befindet und eine Darlehensveräußerung mitsamt einer Übertragung des Servicing an die Erwerber der Forderungen zur Existenzsicherung zweckmäßig erscheint. Der Darlehensnehmer trägt keine Sanierungsverantwortung für den Darlehensgeber. Eine Sozialpflichtigkeit erfordert eine gesetzliche Grundlage und darf nur die Ausnahme darstellen. Auch ein insolvenzbedingter Verlust der Fähigkeit zum Servicing des Zedenten nach anfänglich anonymisierter Abtretung vermag eine Verletzung des Bankgeheimnisses nicht zu rechtfertigen. Die Durchsetzung der Darlehensforderungen ist gerade durch das Servicing des Insolvenzverwalters gesichert, dem zu diesem Zweck die Schuldnerdaten nach §§ 98 Abs. 2, 97 Abs. 1 S. 1 InsO in zulässiger Weise weitergegeben werden können. Gerät der Forderungserwerber nach einer anonymisierten Abtretung von Darlehensforderungen in die Krise, ist es erst recht nicht vertretbar, dass der Bankkunde deshalb auf den Geheimnisschutz verzichten muss. Seine finanzielle Notlage des Erwerbers und die damit verbundene Auskunftspflichten zählen nicht zu den typischen Risiken, die der Darlehensnehmer bei Abschluss des Darlehensvertrags übernommen hat, abgesehen davon, dass insofern erst recht keine Sanierungsverantwortlichkeit besteht. Darin offenbart sich die praktische Wertlosigkeit einer anonymisierten Datenweitergabe. Werden notleidende Darlehen zur Verwertung veräußert, ist die Datenweitergabe zwar zur Forderungsdurchsetzung wirtschaftlich erforderlich. Allerdings ist die Verwertung der Darlehensforderungen auch ohne deren Veräußerung möglich. Deshalb wird der Hauptleistungsanspruch der Bank auf den Schuldendienst nicht durch ihre Nebenleistungspflicht zur Geheimhaltung vereitelt. Die Zulässigkeit einer Datenoffenbarung in einem Klageverfahren und in der Zwangsvollstreckung können entgegen der h. M. nicht auf eine Darlehensveräußerung zur Verwertung übertragen werden. Klageverfahren und Zwangsvollstreckung müssen wegen der grundrechtlichen Gewährleistung staatlichen Rechtsschutzes als Ultima Ratio stets zulässig sein, weil andernfalls der Gläubiger rechtlos gestellt wäre. Dies gilt für verwertungsmotivierte Darlehensveräußerungen indes nicht, weil der Bank die Möglichkeit zur Eigenverwertung unter Beiziehung staatlichen Rechtsschutzes offensteht. Die Darlehensveräußerungen stehen nicht alternativ zu staatlichem Rechtsschutz, sondern erfolgen allein aus wirtschaftlichen Interessen, die das Geheimhaltungsinteresse
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5. Kap.: Geheimhaltungspflichten des Kreditgewerbes
nicht überwiegen können. Auch der Erwerber wird letztlich zu staatlichem Rechtsschutz greifen müssen, wodurch sich die Verletzungen des Bankgeheimnisses kumulieren würden. Auf die Differenzierung zwischen Kündbarkeit des Darlehens aufgrund der Nichtleistung und bereits ausgesprochener Kündigung oder der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners kommt es nicht an. Ein persönliches Vorverschulden des Darlehensnehmers in Bezug auf seine Zahlungsunfähigkeit begründet kein anderes Ergebnis, weil zwischen dem Bankgeheimnis und dem Schuldendienst kein funktionaler oder auch nur ethisch-moralischer Zusammenhang mit synallagmatischer Wirkung hergestellt werden kann. Schließlich kann eine Bindung des Erwerbers an eine Schweigepflicht, die dem Bankgeheimnis vergleichbar ist, einen angemessenen Ausgleich für eine Schweigepflichtentbindung darstellen, diese jedoch nicht ersetzen. Die bestehenden gesetzlichen Offenbarungsbefugnisse für bestimmte Berufsgeheimnisträger nach §§ 49b Abs. 4 S. 1 BRAO, 64 Abs. 2 S. 1 StBerG, 17 Abs. 3 S. 2 KHEntgG sowie für Banken im Spezialfall des § 16 Abs. 2 FMStBG können weder als immanente Grenzen des Bankgeheimnisses noch im Wege einer analogen Anwendung eine Datenoffenbarung im Zuge einer Darlehensveräußerung legitimieren. Der Inhalt dieser Befugnisnormen kann auch nicht aus § 242 BGB, § 34 StGB hergeleitet werden. Der Gesetzgeber hat gerade deshalb die genannten Ausnahmeregelungen geschaffen, derer es sonst nicht bedurft hätte.
IV. Grenzen des Amtsgeheimnisses Mit Blick auf die Grenzen des Amtsgeheimnisses wird wiederum unterstellt, dass eine ausdrückliche rechtfertigende Einwilligung des Geheimnisherrn fehlt. Eine konkludente oder mutmaßliche Einwilligung greift hier ebenso wenig durch wie beim Bankgeheimnis. Die Grenzen der Verletzung von Privatgeheimnissen nach § 203 Abs. 2 StGB richten sich primär an dem Merkmal „unbefugt“ aus. Der Sache nach wendet die Rspr. den Notwehrtatbestand des § 34 StGB an. Hier verhält sich die Argumentation ähnlich wie zum Bankgeheimnis. Die betroffenen Interessen und ihre Gewichtung verschieben sich freilich noch weiter zu Lasten einer Geheimnisoffenbarung. Es besteht ein Allgemeininteresse an der Verkehrsfähigkeit von Forderungen und an der Funktionsfähigkeit der Daseinsvorsorge. Gleichwohl hat § 203 Abs. 2 StGB auch zum Zweck, im Interesse der Funktionsfähigkeit staatlicher Datenerhebung und -verarbeitung eine vollständige und wahrheitsgemäße Information zu gewährleisten, die durch eine Verletzung der Geheimnisse beeinträchtigt wird. Dem verfassungsrechtlich garantierten Recht auf informationelle Selbstbestimmung stehen auf Seiten der öffentlichen Kreditinstitute allein staatliche Interessen gegenüber, die je für sich keinen Grundrechtsschutz beanspruchen können. Ein Zurücktreten der Geheimhaltungspflicht aus § 203 Abs. 2 StGB kann nur als Ultima Ratio erwogen werden, wenn die
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Offenbarung der einzig mögliche Weg zur ordnungsgemäßen Erfüllung einer im öffentlichen Interesse liegenden überragend wichtigen Verwaltungsaufgabe ist.1221 Demgemäß hat § 203 StGB keine geringere Schutzdichte und kann nicht leichter durchbrochen werden als das Bankgeheimnis. Man gelangt hiernach zu demselben Ergebnis wie bei einer Durchbrechung des Bankgeheimnisses.
V. Grenzen des Datenschutzes Parallel zum Bankgeheimnis und zum Amtsgeheimnis sind die Möglichkeiten einer Weitergabe der Schuldnerdaten an Dritte zum Zwecke einer Darlehensveräußerung nach dem BDSG auszuloten. Die Datenübermittlung an den Darlehenserwerber ist nach § 4 Abs. 1 BDSG nur zulässig, soweit das BDSG oder eine Rechtsvorschrift dies erlaubt oder anordnet oder der Betroffene eingewilligt hat. Entsprechend den obigen Erörterungen sind § 402 BGB und § 25a Abs. 2 KWG keine Erlaubnisnormen, die eine Durchbrechung des Datenschutzes im Zuge von Forderungsabtretungen rechtfertigen könnten.1222 Die Möglichkeiten formularmäßiger Einwilligungen werden auch im Hinblick auf die Maßstäbe des BDSG abschließend gesondert erörtert. Hier wird wiederum unterstellt, dass eine ausdrückliche Einwilligung in die Datenweitergabe nicht vorliegt. Eine konkludente oder mutmaßliche Einwilligung ist wegen des Schriftformerfordernisses gemäß § 4a Abs. 1 S. 3 BDSG ohnedies noch schwerer zu konstruieren als im Bereich des Bank- und Amtsgeheimnisses. Als Grundlage der Datenübermittlung können deshalb nur die spezifisch datenschutzrechtlichen Erlaubnistatbestände der §§ 28 ff. BDSG dienen. Das BVerfG hat die Zweckbindung und das Erforderlichkeitsprinzip als für den Datenschutz konstitutiv hervorgehoben.1223 Dementsprechend ist im Kontext der Darlehensveräußerungen zu diskutieren, ob die Datenweitergabe an Darlehenserwerber im Rahmen der originären Zweckbestimmung des Darlehens liegt oder ob die Daten zumindest zur Wahrung berechtigter Interessen der verantwortlichen Stelle oder eines Dritten weitergeleitet werden können. 1. Zweckbestimmung des Darlehens Die Datenverarbeitung ist zulässig, soweit sie für die Begründung, Durchführung oder Beendigung eines rechtsgeschäftlichen oder rechtsgeschäftsähnlichen Schuldverhältnisses mit dem Betroffenen erforderlich ist (§ 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BDSG). Im Vertragsverhältnis legen die Beteiligten zugleich konsensual die ori1221 So zu § 30 VwVfG: OVG Münster, NVwZ 2009, 475, 476; Bonk/Kallerhoff, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 30 Rn. 20; Eisele, ZIS 2011, 354, 364. 1222 s. o. Kapitel 5 C. I. 1., dort in Bezug auf Nr. 2 Abs. 1 S. 2 Var. 1 AGB-Banken. 1223 BVerfGE 65, 45 ff.
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ginäre Zweckbestimmung1224 der Datenerhebung fest.1225 Dies steckt den Rahmen ab, innerhalb dessen die Daten nach dem Parteiwillen verarbeitet oder sonst genutzt werden dürfen.1226 Vor diesem Hintergrund wird vereinzelt die Ansicht vertreten, die Datenübermittlung bei der Veräußerung von Darlehen diene der Zweckbestimmung des Darlehensvertrages.1227 Das OLG Celle beschränkt diese Aussage auf notleidende Kredite.1228 Lwowski und Wunderlich beziehen sie auf die Veräußerung jeglicher Darlehen.1229 Sie argumentieren, dass sowohl eine möglichst günstige Refinanzierung als auch die Vermeidung und Streuung wirtschaftlicher Risiken einer der wesentlichen Faktoren bei der Bestimmung der Vertragskonditionen und mithin Zwecke des Darlehensvertrags seien.1230 a) Keine Erfassung der Datenübermittlung durch bisherige Zweckvereinbarungen Diese Argumentation überzeugt indes nicht. Die Zwecke, für die die Daten verarbeitet oder genutzt werden sollen, sind gemäß § 28 Abs. 1 S. 2 BDSG konkret festzulegen und Gegenstand der Hinweispflicht nach § 4 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 BDSG. Die Schuldnerdaten dienen dem Darlehensgeber zur Kontaktaufnahme, Bonitätsprüfung und Geltendmachung der Forderung. Bisher fehlten aber Angaben im Darlehensvertrag, aus denen sich ergeben hätte, dass die Daten darüber hinaus für Zwecke einer Darlehensveräußerung an Dritte weitergegeben werden können. Deshalb wurde in der Lit. darauf verwiesen, die Veräußerbarkeit des Darlehens sei eine insoweit unerhebliche1231 einseitige Vorstellung der Bank.1232 Mit einer Datenweitergabe wäre demnach eine nachträgliche Zweckänderung verbunden, die nur unter besonderen Voraussetzungen erfolgen kann.1233
1224 Vgl. auf europäischer Ebene ebenso Art. 6 Abs. 1 lit. b) und c) EGDatSchRL; zu Problemen bei der nationalen Umsetzung Simitis/Simitis, BDSG, § 28 Rn. 2; allg. zur Zweckbindung Roßnagel/von Zezschwitz, Handbuch Datenschutzrecht, Kap. 3.1, Rn. 20 ff. 1225 Hartmann, in: BuB, Rn. 17/89; Lwowski/Wunderlich, in: Bankrechts-Handbuch, § 76 Rn. 165 f. 1226 Zöllner, ZHR 149 (1985), 179, 188 m.w. N. zu den unterschiedlichen Formeln in der Literatur. 1227 OLG Celle, WM 2004, 1384; Lwowski/Wunderlich, in: Bankrechts-Handbuch, § 76 Rn. 166. 1228 OLG Celle, WM 2004, 1384. 1229 Lwowski/Wunderlich, in: Bankrechts-Handbuch, § 76 Rn. 166. 1230 Lwowski/Wunderlich, in: Bankrechts-Handbuch, § 76 Rn. 166 unter Bezug auf Hartmann, in: BuB, Rn. 17/115 und Früh, WM 2000, 497, 503. 1231 Vgl. Hartmann, in: BuB, Rn. 17/89; Simitis/Simitis, BDSG, § 28 Rn. 80. 1232 Vollborth, S. 193. 1233 Vgl. Gola/Schomerus, BDSG, § 28 Rn. 34 ff.
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b) Keine andere Beurteilung bei ausdrücklicher Vereinbarung der Veräußerbarkeit Unter Berücksichtigung der neu eingeführten Hinweispflicht gemäß Art. 247 § 9 Abs. 1 S. 2 EGBGB könnte unterdessen eine Änderung eingetreten sein. Nach dem gesetzlichen Leitbild ist in der Vertragserklärung künftig im Regelfall der Passus enthalten, dass die Bank Forderungen aus dem Darlehensvertrag ohne Zustimmung des Darlehensnehmers abtreten und das Vertragsverhältnis auf einen Dritten übertragen darf. Unterzeichnet der Darlehensnehmer die Klausel, bietet dies einen objektiven Ansatz, um daraus eine konsensuale Zweckbestimmung nach § 28 Abs. 1 S. 2 BDSG herauszulesen, die über die vom Gesetzgeber offenbar beabsichtigte deklaratorische Funktion hinausgeht. Mit wenigen Ergänzungen wäre zudem der korrespondierenden Unterrichtungspflicht nach § 4 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 BDSG Genüge getan.1234 Doch selbst wenn die Zweckbestimmung des Darlehens danach ausdrücklich dessen Veräußerung an Dritte umfassen sollte, kann eine solche Festlegung die Übermittlung der Schuldnerdaten an die Erwerber der Darlehen nicht nach § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BDSG legitimieren. Denn das grundsätzlich weite Spektrum der in dieser Vorschrift anerkannten Datenverarbeitungszwecke findet seine Grenzen darin, dass § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BDSG nur auf solche eigenen Geschäftszwecke abzielt, die sich auf die Erfüllung von Verträgen „mit dem Betroffenen“ 1235 beziehen. Eine vertragliche Rechtspflicht des für die Verarbeitung Verantwortlichen, die er gegenüber einem Dritten eingegangen ist, genügt diesem Erfordernis nicht. Sie würde überdies nicht dem Begriff der „rechtlichen Verpflichtung“ i. S. v. Art. 7 lit. c EGDSchRL genügen,1236 sofern man diesen in richtlinienkonformer Auslegung als weiteren Zulässigkeitstatbestand anerkennen wollte. Eine derart vorgenommene Umgrenzung der Verarbeitungszwecke ist zur Wahrung der informationellen Selbstbestimmung des Betroffenen geboten. Andernfalls könnten mithilfe einer weiten Zweckbestimmung die Abwägungserfordernisse der übrigen Zulässigkeitstatbeständen umgangen werden.1237 Des Weiteren würden die besonderen Anforderungen an Konkretisierung und Form einer Einwilligung obsolet, obwohl der Betroffene an die Zweckvereinbarung noch erheblich stärker gebunden ist. Während er die Einwilligung nämlich jederzeit einseitig widerrufen könnte, wäre die Zweckbestimmung nur konsensual zu ändern.1238 1234 Erfolgt keine Information, sind die gewonnenen Tatsachenerkenntnisse nicht verwertbar; vgl. Simitis/Sokol, BDSG, § 4 Rn. 57; Gola/Schomerus, BDSG, § 4 Rn. 46 unter Hinweis auf den Wortlaut von § 28 Abs. 1 S. 2 BDSG 1990 (Erhebung muss „auf rechtmäßige Weise“ und „unter Beachtung von Treu und Glauben“ erfolgen). 1235 Nationale Umsetzung von Art. 7 lit. b EGDSchRL (dort „betroffene Person“). 1236 Brühann, in: Grabitz/Hilf, Das Recht der Europäischen Union, RL (EWG) 95/46 Art. 7, Rn. 16. 1237 Vgl. etwa § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 1, 2 lit. a BDSG. 1238 Dazu Zöllner, ZHR 149 (1985), 179, 189.
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Daraus ergibt sich im Kontext der Darlehensveräußerungen Folgendes: Dem Interesse des Darlehenserwerbers, die Darlehensforderungen gegenüber dem Darlehensnehmer geltend machen zu können, entspricht in aller Regel eine Übermittlungspflicht der Bank hinsichtlich der Schuldnerdaten aus dem Rechtskauf mit dem Erwerber.1239 Die Daten behalten zwar ihre Akzessorietät und ihre dem Darlehensvertrag dienende Funktion, verwandeln sich aber gemeinsam mit diesem in eine „Ware“, die nunmehr fremden Zwecken unterliegt.1240 Diese Datenübermittlung dient weder der Begründung noch der Durchführung und ebenso wenig der Beendigung des Kreditvertrags zwischen der Bank als originärer Darlehensgeberin und dem Darlehensnehmer.1241 Die Geschäftszwecke weisen nur einen Bezug zu dem Rechtskauf mit dem Darlehenserwerber auf. Es handelt sich mithin um Zwecke, die im Rahmen des § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BDSG keine Beachtung finden können.1242 Eine Datenweitergabe an den Darlehenserwerber ist deshalb nicht mit der originären Zweckbestimmung des Darlehens zu rechtfertigen, und zwar selbst dann nicht, wenn die Zweckbestimmung ihrem Wortlaut nach die Veräußerung umfasst. 2. Wahrung berechtigter Interessen der Bank oder des Darlehenserwerbers a) Datenoffenbarung zur Verwirklichung der Interessen der veräußernden Bank Aufgrund der vorangegangenen Erkenntnisse richtet sich die Zulässigkeit der Datenübermittlung nach dem Ergebnis einer von § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 1, 2 lit. a) BDSG vorgegebenen Interessenabwägung. Für den Fall, dass die veräußernde Bank den für öffentliche Stellen geltenden Maßstäben der §§ 15 f. BDSG unterliegt,1243 ist anzumerken, dass insofern nur marginale Unterschiede zu den Vorschriften bestehen, die auf private Stellen anwendbar sind. Die EGDatenschutzrichtlinie verzichtet sogar vollständig auf eine Differenzierung.1244 Anknüpfend an die Diskussion zu den Grenzen des Bankgeheimnisses findet sich in der Lit. die Ansicht, dass die Interessenabwägung im Rahmen des BDSG nach denselben Maßstäben erfolge.1245 Demgegenüber sind andere Stimmen der 1239
Vgl. §§ 433 Abs. 1 S. 1, 453 Abs. 1, bei Forderungsabtretungen i.V. m. § 402
BGB. 1240
Simitis/Simitis, BDSG, § 28 Rn. 22. Vollborth, S. 193. 1242 I. E. ebenso Kusserow/Dittrich, WM 1997, 1786, 1790; Vollborth, S. 192 ff. 1243 s. zu der Einordnung ausf. oben Kapitel 5 A. IV. 3. b). 1244 Krit. zu der nationalen Differenzierung in zwei Normenkomplexe Simitis/Simitis, BDSG, § 1 Rn. 56. 1245 Kusserow/Dittrich, WM 1997, 1786, 1792; Koberstein-Windpassinger, WM 1999, 473, 477; St. Hofmann/Walter, WM 2004, 1566, 1574; Cahn, WM 2004, 2041, 2050; Schilmar/Breiteneicher/Wiedenhofer, DB 2005, 1367, 1370. 1241
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Meinung, das BDSG gewähre einen niedrigeren Schutz als das Bankgeheimnis, weil es im Gegensatz zu diesem unter dem Vorbehalt einer allgemeinen Güterund Interessenabwägung stehe.1246 In einem kaum auflösbaren Widerspruch dazu lassen selbst die Vertreter der strengen Auslegung gegenüber dem Bankgeheimnis verschiedene Ausnahmeregelungen (insbesondere § 242 BGB) durchgreifen.1247 Daraufhin fällt ihnen die Argumentation scheinbar leicht: Verletze die Datenweitergabe nicht das Bankgeheimnis, folge daraus mittels eines Erst-recht-Schlusses zwanglos die Zulässigkeit des Verarbeitungsvorgangs nach dem BDSG.1248 Andere bemühen den Erst-recht-Schluss nur zur Ablehnung eines auf das BDSG gründenden Abtretungsverbots.1249 Schließlich mangelt es in der Lit. auch nicht an eingehenden Abwägungsversuchen, die aber überwiegend zum Ergebnis haben, dass die Datenweitergabe nach dem BDSG zumindest zur Veräußerung notleidender Kredite erlaubt sei.1250 Soweit ersichtlich, hat sich einzig das LG Lüneburg gegen eine Datenweitergabe auf der Grundlage des § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BDSG ausgesprochen.1251 Das Urteil ist jedoch aufgehoben worden.1252 Da dem Bankgeheimnis eine allgemeine Abwägbarkeit fremd ist,1253 ist der Ansicht zuzustimmen, nach der sich im Hinblick auf den Abwägungsmaßstab des BDSG keinerlei Abweichungen zum Bankgeheimnis ergeben. Sowohl die für das Bankgeheimnis geltenden Ausnahmeregelungen als auch die Interessenabwägung im Rahmen des BDSG eröffnen den Raum für einen an den Verfassungswerten orientierten Ausgleich der betroffenen Grundrechtspositionen im Wege der praktischen Konkordanz.1254 Das offenbart sich an der Formulierung der einschlägigen Normen: Die Verarbeitung der Daten ist gemäß § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 1, 2 lit. a) BDSG zulässig, soweit sie zur Wahrung berechtigter Interessen eines Beteiligten erforderlich ist. Handelt es sich dabei um Interessen der verantwortlichen Stelle, ist die Datenübermittlung für eigene Geschäftszwecke nach § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BDSG oder für andere Zwecke nach § 28 Abs. 2 1246 Vgl. Canaris, in: Großkommentar HGB, Bd. 5, Bankvertragsrecht I, Rn. 72; Nobbe, WM 2005, 1537, 1544; ders., ZIP 2008, 97, 101; Schubäus, Kreditwesen 2008, 71, 72; Wand, WM 2005, 1969, 1978; Wech, S. 436 ff.; Bitter, ZHR 173 (2009), 379, 392 ff. 1247 Vgl. oben Kapitel 5 C. III. 6. 1248 Toth-Feher/Schick, ZIP 2004, 491, 494; Rinze/Heda, WM 2004, 1557, 1563. 1249 So Nobbe, WM 2005, 1537, 1544, der aber anmerkt, dass über die Zulässigkeit der Datenweitergabe nach dem BDSG in zahlreichen Einzelfällen gestritten werden könne. 1250 Früh, WM 2000, 497, 503 f.; St. Hofmann/Walter, WM 2004, 1566, 1574; Nobbe, WM 2005, 1537, 1547; ders., ZIP 2008, 97, 104; erweiternd auf alle Kreditveräußerungen Vollborth, S. 194. 1251 LG Lüneburg, ZVI 2003, 162. 1252 OLG Celle, WM 2004, 1384, 1385. 1253 s. ausf. oben Kapitel 5 C. III. 2. 1254 s. schon Koberstein-Windpassinger, WM 1999, 473, 477 mit Hinweis auf BVerfGE 41, 29, 50 f.; Wech, S. 424.
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5. Kap.: Geheimhaltungspflichten des Kreditgewerbes
Nr. 1 i.V. m. Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BDSG erlaubt, wenn ihnen gegenüber das schutzwürdige Interesse des Betroffenen an einem Ausschluss der Verarbeitung oder Nutzung nicht überwiegt. Das BDSG verzichtet also ebenso wenig wie die für das Bankgeheimnis geltenden Ausnahmeregelungen auf die Erforderlichkeit der Datenweitergabe und die Prüfung der Angemessenheit im Rahmen eines Interessenausgleichs. Mithin ist die Datenweitergabe zum Zwecke der Darlehensveräußerung auch nach dem BDSG in keiner der zum Bankgeheimnis erörterten Fallgruppen zulässig, wenn der Betroffene nicht seine Einwilligung dazu erteilt hat. Eine dem § 28a BDSG, der Datenübermittlungen an Auskunfteien regelt, vergleichbare Regelung fehlt für Darlehensveräußerungen. b) Einfluss der Interessen des Darlehenserwerbers Im Übrigen wäre es gut vertretbar, wenn man – isoliert von den Interessen der Bank an der Darlehensveräußerung und der Erfüllung ihrer Übermittlungspflichten aus der Rechtsveräußerung – nur ein Interesse des Darlehenserwerbers an der Datenübermittlung erkennen würde. Allein er benötigt die Daten für die Geltendmachung sowie die Bewertung der an ihn abgetretenen Forderung, während die Bank die Datenübermittlung zum Zwecke der Darlehensveräußerung grundsätzlich gleichgültig sein kann. Zwecke Dritter sind indes von § 28 Abs. 1 BDSG ausgenommen. Das wird an der Differenzierung in „eigene“ Geschäftszwecke in § 28 Abs. 1 S. 1 BDSG sowie „andere“ Zwecke in § 28 Abs. 2 BDSG1255 deutlich. Zwecke Dritter werden nur von der letztgenannten Vorschrift umfasst. Ihr fehlt jedoch eine dem § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BDSG entsprechende Regelung, die eine Verarbeitung ohne weitere Voraussetzungen zulassen würde. Wenn ausschließlich Interessen eines solchen Dritten, nicht aber Interessen der verantwortlichen Stelle für eine Datenübermittlung streiten, die gemäß § 28 Abs. 2 Nr. 1 i.V. m. Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BDSG in eine qualifizierte Abwägung einzustellen sein könnten, bleibt allein § 28 Abs. 2 Nr. 2 lit. a) BDSG als Zulässigkeitstatbestand in Erwägung zu ziehen. Daran wird indes ein strenger Maßstab angelegt. Der Betroffene darf überhaupt kein schutzwürdiges Interesse an dem Ausschluss der Übermittlung haben.1256 Im Unterschied zu § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BDSG fehlt in § 28 Abs. 2 Nr. 2 lit. a) BDSG der Begriff „überwiegt“. Eine Interessenabwägung im eigentlichen Sinne findet also nicht statt, wenn der Betroffene auch nur ein schutzwürdiges Interesse geltend machen kann. Das ist vorliegend der Fall. Es sei nochmals betont, dass das Geheimhaltungsinteresse des Darlehensnehmers einen eigenständigen Wert aufweist. Zudem bildet es gerade die Grundlage dafür, dass der Darlehenserwerber nicht in den Stand versetzt wird, ihm gegenüber die Darlehensforderungen und Ansprüche aus den Sicherheiten geltend zu machen. 1255
Vgl. ferner § 28 Abs. 3 und §§ 29 ff. BDSG. s. die auch für § 28 Abs. 2 Nr. 2 lit. a) BDSG geltende kumulative Voraussetzung im Anschluss an § 28 Abs. 2 Nr. 2 lit. b) BDSG. 1256
D. Geheimhaltungspflichten in Abspaltung und Ausgliederung
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Auch dieses Interesse ist schutzwürdig. Demnach sind die Interessen des Darlehenserwerbers, in den Besitz der Daten des Darlehensnehmers zu gelangen, gegenüber den Geheimhaltungsinteressen des Darlehensnehmers von vornherein unbeachtlich. Auch insoweit unterscheidet sich die Rechtslage im Ergebnis nicht von derjenigen beim Bankgeheimnis.
D. Geheimhaltungspflichten in Abspaltung und Ausgliederung Nicht allein Abtretungen, sondern auch Umwandlungen können mit den Geheimhaltungspflichten in Konflikt geraten. Dies offenbarte sich in den Jahren 2000/2001 in einem kritischen Aufsatz von Wengert, Widmann und Wengert,1257 in dem diese eine Zustimmung aller Kunden bei Bankenfusionen für unerlässlich und „durchaus praktikabel“ 1258 hielten. Nicht zuletzt aufgrund einer deutlichen Replik von Lüttge1259 brach eine leidenschaftliche Debatte aus,1260 die schließlich in eine Sonderveranstaltung der ZHR am 05.04.2001 in Frankfurt am Main mündete.1261 Die Diskussion bezog sich ganz allgemein auf alle Formen der Umwandlung und konzentrierte sich auf das Spannungsverhältnis zum BDSG.1262 Nachdem einer breiteren Öffentlichkeit bekannt geworden war, dass Abspaltungen und Ausgliederungen nach dem UmwG vermehrt für die ohnehin umstrittenen Darlehensveräußerungen zur Übertragung ganzer Darlehensverträge genutzt wurden, weil man damit Probleme im Hinblick auf das Bankgeheimnis und den Datenschutz zu vermeiden sucht, widmete sich Bitter im Rahmen eines weiteren ZHR-Symposiums am 16. und 17.01.2009 in Stromberg bei Bingen den damit zusammenhängenden Fragen.1263 Er stellte sich auf den Standpunkt, dass ein wie auch immer geartetes Umwandlungsprivileg für die Übertragung von Darlehensportfolios nicht bestehe.1264 Seine kritischen Thesen fanden bei den anwesenden Bankpraktikern wenig Zuspruch.1265 Zur Nachzeichnung der Debatte soll mit der 1257
Wengert/Widmann/Wengert, NJW 2000, 1289 ff. Wengert/Widmann/Wengert, NJW 2000, 1289, 1294 f.; ebenso bereits Wiegand, in: FS Schimansky, S. 849 ff. 1259 Lüttge, NJW 2000, 2463, 2464. 1260 Eine erste tiefere Auseinandersetzung findet sich bei Teichmann/Kießling, ZGR 2001, 33 ff. 1261 Marsch-Barner/Mackenthun, ZHR 165 (2001), 426; Zöllner, ZHR 165 (2001), 440; Simitis, ZHR 165 (2001), 453; Chr. Schneider, Diskussionsbericht, ZHR 165 (2001), 462. 1262 Grundlegend Scharf, passim. 1263 Bitter, ZHR 173 (2009), 379; Gegenstand des Symposiums waren ferner die Auswirkungen des Risikobegrenzungsgesetzes, dazu referierte Stürner, ZHR 173 (2009), 363. 1264 Bitter, ZHR 173 (2009), 379, 403. 1265 s. Diskussionsbericht von Jungmann, ZHR 173 (2009), 436. 1258
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5. Kap.: Geheimhaltungspflichten des Kreditgewerbes
Erörterung der Rechtslage zum BDSG begonnen werden, weil sich hieran der ursprüngliche Streit entzündete.
I. Verletzung des Datenschutzes Nach der herrschenden Ansicht sollen herkömmliche Umwandlungen generell nicht an den Einschränkungen des BDSG scheitern.1266 Die Argumentation setzt auf allen denkbaren Ebenen an und ist im besonderen Kontext der Abspaltung und Ausgliederung von Darlehensportfolios kritisch zu hinterfragen. 1. UmwG als Spezialnorm oder Erlaubnisnorm Einige Stimmen messen dem UmwG die Bedeutung einer Rechtsvorschrift des Bundes gemäß § 1 Abs. 3 S. 1 BDSG bei, die dem BDSG generell vorgehe.1267 Die partielle Gesamtrechtsnachfolge nach §§ 20 und 131 UmwG schließe notwendigerweise den zustimmungsfreien Übergang aller Daten ein, die für die weitere Erfüllung der übergehenden Verträge notwendig sind.1268 Mit normativ anderem Ansatz, aber mit derselben Begründung wird das UmwG als Erlaubnisnorm i. S. v. § 4 Abs. 1 BDSG eingeordnet.1269 Gegen diese Ansichten wird zutreffend eingewendet, dass das BDSG nicht von Vorschriften verdrängt werden kann, die zwar Verarbeitungsvorgänge und insbesondere Übermittlungen voraussetzen, aber den Anforderungen an bereichsspezifische Normen im Übrigen nicht genügen, weil sie personenbezogene Daten nicht ausdrücklich berücksichtigen.1270 Daher besteht keine Spezialität des Umwandlungsgesetzes gegenüber dem BDSG. Das UmwG kann auch deshalb nicht als Erlaubnisnorm dienen, weil es die freie Übertragbarkeit von Rechten und Pflichten bzw. ganzer Verträge voraussetzt, aber keine Datenoffenbarungen anordnet.1271 Die Spaltung ist ein „Rechtsgeschäft“, wie sich aus § 126 Abs. 1 Nr. 2 1266
Vgl. Überblick bei Scharf, S. 19 f.; Bitter, ZHR 173 (2009), 379, 381. Marsch-Barner/Mackenthun, ZHR 165 (2001), 426, 429 f.; Dieckmann/Eul/Klevenz, RDV 2000, 149, 151. 1268 Marsch-Barner/Mackenthun, ZHR 165 (2001), 426, 430; Dieckmann/Eul/Klevenz, RDV 2000, 149, 151. 1269 Teichmann/Kießling, ZGR 2001, 33, 53 ff.; Teichmann, in: Lutter/Winter, UmwG, § 131 Rn. 97 zudem mit Verweis auf die Zulässigkeit der Datenübermittlung im Interesse der Verkehrsfähigkeit von Forderungen nach BVerfG NJW 2007, 307, 308; Marsch-Barner, in: Kallmeyer, UmwG, § 20 Rn. 23a; Schröer, in: Semler/Stengel, UmwG, § 131 Rn. 39. 1270 Wengert/Widmann/Wengert, NJW 2000, 1289, 1291 f.; Simitis, ZHR 165 (2001), 453, 456; Roßnagel/Büllesbach, Handbuch Datenschutzrecht, Kap. 7.1, Rn. 53; Schröcker, S. 143 ff., 158 ff. 1271 Zöllner, ZHR 165 (2001), 440, 446; Simitis, ZHR 165 (2001), 453, 455 f.; Scharf, S. 181 ff.; Bitter, ZHR 173 (2009), 379, 394 f. 1267
D. Geheimhaltungspflichten in Abspaltung und Ausgliederung
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UmwG ergibt.1272 Grundlage der gesetzlichen Gesamtrechtsnachfolge ist also eine privatautonome Entscheidung, jedoch keine hoheitliche Erlaubnis oder Anordnung. Deshalb können nur die datenschutzrechtlichen Erlaubnistatbestände maßgeblich sein.1273 Insofern sei darauf verwiesen, dass auch § 402 BGB und § 25a Abs. 2 KWG keine gesetzlichen Bestimmungen enthalten, die eine Durchbrechung der Geheimhaltungspflichten im Zuge von Forderungsabtretungen rechtfertigen könnten.1274 2. Übermittlung der Daten an einen Dritten Eine datenschutzrechtlich relevante „Übermittlung“ kann schon nach den Gesetzen der Logik nur vorliegen, wenn neben der verantwortlichen Stelle ein „Dritter“ i. S. v. § 3 Abs. 4 S. 2 Nr. 3 lit. a) oder lit. b) BDSG auftritt, der als Empfänger der Daten in Betracht kommt. Für die Bestimmung der verantwortlichen Stelle könnte an die jeweilige betriebliche Organisationseinheit angeknüpft werden, so dass keine Datenübermittlung an „Dritte“ vorläge, wenn bei der Umwandlung die Kontinuität des Unternehmens gewahrt bliebe.1275 Insofern könnte für die Übergabe der Daten auf die Grundsätze des unternehmensbezogenen Geschäfts rekurriert werden.1276 Wer offenkundig mit Vertretungsmacht im Namen eines Unternehmens handelt, bindet den identifizierbaren Unternehmensträger.1277 Entsprechend ist zu erwägen, ob der Betroffene auch seine Daten nicht dem Unternehmensträger, sondern dem Unternehmen anvertraut. Dieser Ansatz erscheint jedoch ungeeignet, weil die Pflichten aus dem BDSG nur eine Rechtsperson, nicht aber die davon ggf. abweichende Organisationseinheit binden können.1278 So kommt es nach herrschender Ansicht für die Einordnung als verantwortliche Stelle bzw. als Dritter im nicht öffentlichen Bereich allein auf die rechtliche, nicht aber die organisatorische Selbständigkeit an.1279 Überdies wird 1272
Vgl. BT-Drs. 12/6699, S. 118; T. Marx, S. 70 f. Chr. Schneider, Diskussionsbericht, ZHR 165 (2001), 462. 1274 s. o. Kapitel 5 C. I. 1. a) und b). 1275 OLG Stuttgart, NJOZ 2007, 1211, 1220 („die organisatorische Einheit, die die Daten speichert, [wird] mitübernommen“); Roßnagel/Roßnagel, Handbuch Datenschutzrecht, Kap. 7.2 Rn. 75; Chr. Schneider, Diskussionsbericht, ZHR 165 (2001), 462 („[Es sei] darauf abzustellen, ob die betrieblich organisatorische Einheit, die über die Daten verfügt, aufgehoben oder verändert wird“); Bitter, ZHR 173 (2009), 379, 399 („Der Bankkunde [hat] seine Daten letztlich [nicht dem Unternehmensträger, sondern] ,dem Unternehmen‘ anvertraut“). 1276 Dazu grundlegend K. Schmidt, Handelsrecht, § 5 III. 1 a) (S. 122); vgl. ferner J. W. Flume, S. 148 ff.; aus der Rspr. im Kontext der Abspaltung jüngst etwa OLG Hamm, BeckRS 2010 08022. 1277 BGH, NJW 1984, 1347 f.; MüKo-BGB/Schramm, § 164 Rn. 23. 1278 Generell krit. wegen der fehlenden Rechtssubjektivität des Unternehmens schon Müko-HGB/Lieb, 2. Auflage 2005, § 25 Rn. 89b. 1279 Wengert/Widmann/Wengert, NJW 2000, 1289, 1291; Teichmann/Kießling, ZGR 2001, 33, 46 ff.; Scharf, S. 144 f. und 154 ff.; Simitis/Dammann, BDSG § 3 Rn. 232. 1273
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5. Kap.: Geheimhaltungspflichten des Kreditgewerbes
bei reinen Portfoliotransaktionen ohnehin keine Unternehmenskontinuität gewahrt, so dass die Daten die jeweilige Unternehmenseinheit wechseln. Demnach ist regelmäßig eine Drittbeteiligung zu bejahen. Die Darlehensportfolios werden im Zuge der Abspaltung oder Ausgliederung auf rechtlich selbständige Rechtsträger und mithin auf eine Person oder Stelle außerhalb der verantwortlichen Stelle (§ 3 Abs. 8 S. 2 BDSG) übertragen. Konnte im Rahmen der Singularzession ein Übermittlungstatbestand ohne Weiteres bejaht werden, erweist sich dies bei Umwandlungen gerade als Problem. Man könnte geneigt sein anzunehmen, dass es notgedrungen zu einem Übermittlungsvorgang gekommen sein muss, wenn sich Informationen einer Person nunmehr im Besitz einer davon rechtlich zu unterscheidenden Person befinden, selbst wenn der Vorgang den Beteiligten noch so sehr als interne Angelegenheit vorkommt. So gehen Teile des Schrifttums davon aus, dass bei identitätsändernden Umwandlungen – also mit Ausnahme des identitätswahrenden Formwechsels (§§ 190 ff. UmwG) – stets eine Datenübermittlung stattfinde.1280 Diese Auffassung hat jedoch eine beachtliche Gegnerschaft.1281 Lüttge argumentiert, bei einer nach dem Umwandlungsrecht vollzogenen Gesamtrechtsnachfolge finde keine faktische Transferhandlung statt, sondern es liege ein rein rechtliches Konstrukt des Datenübergangs vor.1282 Als wesentliches gemeinsames Merkmal aller Übermittlungsarten des § 3 Abs. 4 S. 2 Nr. 3 lit. a) und lit. b) BDSG sieht er die äußere Wahrnehmbarkeit an.1283 Bei einer Umwandlung im Gesetzessinne würden Daten aber in keiner Weise physisch „bewegt“ oder zur Verfügung gestellt.1284 Ferner vertreten Marsch-Barner und Mackenthun die Ansicht, es sei keine Vermehrung der Informationsträger bei Umwandlungen zu erkennen; vielmehr gehe neben den Daten auch die Funktion der speichernden verantwortlichen Stelle auf den übernehmenden Rechtsträger über.1285 Neuere Ansätze wie der von Beuthien und Helios1286 sehen die Übertragungstatbestände des geltenden Umwandlungsrechts als rechtsdogmatisch unausgereift an, und begreifen jegliche Umwandlung 1280 Wengert/Widmann/Wengert, NJW 2000, 1289, 1291 f.; Grunewald, in: Lutter/ Winter, UmwG, § 20 Rn. 39; Zöllner, ZHR 165 (2001), 440, 442 ff.; ebenso die Mehrheit der Teilnehmer des ZHR-Symposiums vom 05.04.2001, vgl. Chr. Schneider, Diskussionsbericht, ZHR 165 (2001), 462; Teichmann/Kiessling, ZGR 2001, 33, 43 ff. (bezogen auf Abspaltung und Ausgliederung); Scharf, S. 126 ff.; ähnlich Bitter, ZHR 173 (2009), 379, 394. 1281 LG München, WM 2007, 1276, 1282; Lüttge, NJW 2000, 2463, 2464 f.; ähnlich Dieckmann/Eul/Klevenz, RDV 2000, 149, 151 f.; Schaffland, NJW 2002, 1539, 1540 f. (beschränkt auf Fusionen); Schröcker, S. 159 ff. (ebenfalls beschränkt auf Fusionen); Rudolf/Kötterheinrich, in: Handbuch zum deutschen und europäischen Bankrecht, § 5 Rn. 17; Simitis/Dammann, BDSG § 3 Rn. 144. 1282 Lüttge, NJW 2000, 2463, 2464 f. 1283 Lüttge, NJW 2000, 2463, 2464 f. 1284 Lüttge, NJW 2000, 2463, 2464 f. 1285 Marsch-Barner/Mackenthun, ZHR 165 (2001), 426, 435. 1286 Beuthien/Helios, NZG 2006, 369.
D. Geheimhaltungspflichten in Abspaltung und Ausgliederung
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als transaktionslose Rechtsträgertransformation. Dabei würde der Tatbestand einer Datenübermittlung kaum erfüllt werden. Im Rahmen einer genaueren Beurteilung dieser Ansätze sind die Gesamtrechtsnachfolge, die tatsächliche Kenntnis und die Datenverarbeitung in Form des Übermittelns i. S. v. § 3 Abs. 4 Nr. 3 BDSG auseinanderzuhalten. Ein Dritter kann außerhalb der Erhebung beim Betroffenen (§ 3 Abs. 3 BDSG) nur durch ein Übermitteln i. S. v. § 3 Abs. 4 Nr. 3 BDSG Kenntnis von den Daten erlangen.1287 Dies definiert das BDSG als Bekanntgeben gespeicherter oder durch Datenverarbeitung gewonnener personenbezogener Daten an einen Dritten, indem sie weitergegeben werden (lit. a) oder der Dritte sie einsieht oder abruft (lit. b). Wendet man sich der Gesamtrechtsnachfolge zu, so umfasst sie nur Rechte und Pflichten. Sie bewirkt jedoch keine Änderungen in tatsächlicher Hinsicht. Die Bekanntgabe der Daten und die Kenntnis bzw. der Besitz der Daten sind solchermaßen rein tatsächliche Umstände. Sie sind von der Gesamtrechtsnachfolge unabhängig.1288 Insofern können allenfalls Fiktionen, wie etwa die Besitzfiktion des § 857 BGB für den Fall der Erbschaft, die ohnehin keine Wissenszurechnung anordnen, greifen. Sie sind dem Umwandlungsgesetz indes fremd und könnten im Übrigen keine Auswirkungen auf die Bewertung nach dem BDSG haben. Dessen Zweck, die informationelle Selbstbestimmung zu gewährleisten, erhellt, dass es nicht auf einen fiktiven, sondern allein auf den tatsächlichen Umgang mit den Informationen ankommt. Daraus ergibt sich Folgendes: Die Gesamtrechtsnachfolge selbst enthält keine Bekanntgabe der Daten i. S. v. § 3 Abs. 4 Nr. 3 BDSG.1289 Die Gesamtrechtsnachfolge bewirkt aber auch nicht, dass der neue Rechtsträger als Dritter von den Daten aufgrund eines rechtlichen Konstrukts Kenntnis erlangt, ohne dass es einer Bekanntgabe i. S. v. § 3 Abs. 4 Nr. 3 BDSG bedürfte.1290 Die Gesamtrechtsnachfolge ersetzt schließlich keine Bekanntgabe der Daten. Hat eine Gesamtrechtsnachfolge stattgefunden, muss der neue Rechtsträger erst noch Kenntnis der Schuldnerdaten erlangen, um die Forderungen aus den auf ihn übergegangenen Verträgen geltend machen zu können. Das Abstraktum der juristischen Person stellt die Wissenschaft in datenschutzrechtlicher Hinsicht vor besondere – jedoch lösbare – Herausforderungen. Die Bekanntgabe von Daten vollzieht sich bei identitätsändernden Umwandlungen wie folgt: Eine juristische Person hat über ihre Organe und Wissensvertreter Kenntnis und übt über diese die tatsächliche Sachherrschaft an ihrem Vermögen 1287
Zutreffend Wengert/Widmann/Wengert, NJW 2000, 1289, 1291 f. So auch Zöllner, ZHR 165 (2001), 440, 442 ff. 1289 Simitis/Dammann, BDSG, § 3 Rn. 144; insoweit ist Lüttge, NJW 2000, 2463, 2464 f., zuzustimmen und greifen Wengert/Widmann/Wengert, NJW 2000, 1289, 1291 f. zu kurz. 1290 A.A. Lüttge, NJW 2000, 2463, 2464 f. 1288
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5. Kap.: Geheimhaltungspflichten des Kreditgewerbes
aus.1291 Ein Datenfluss kommt also zustande, sobald die Organe und Wissensvertreter des ausgegliederten oder abgespaltenen Rechtsträgers tatsächlich Kenntnis von den Daten oder Besitz an den Datenträgern erlangen.1292 Selbst wenn diese Organe und Wissensvertreter bisher für den übertragenden Rechtsträger tätig wurden, ergibt sich nichts anderes. Sobald sie – obgleich sie auf demselben Stuhl am selben Schreibtisch, im selben Büro mit denselben Akten in demselben Gebäude verharren – Organ oder Wissensvertreter des übernehmenden Rechtsträgers werden, üben sie ab einem bestimmten Zeitpunkt ihr Wissen von den Daten und den Besitz an den Akten für den übernehmenden Rechtsträger aus. In dieser Situation kommt es zu einem Datenfluss. Dieser beruht nicht auf dem Übergang des Arbeitsverhältnisses im Wege der Gesamtrechtsnachfolge, sondern auf der im Tatsächlichen anzusiedelnden Willensänderung, nunmehr für den übernehmenden Rechtsträger tätig werden zu wollen.1293 Dies steht häufig in zeitlichem Zusammenhang mit der Gesamtrechtsnachfolge in das Dienst- und Arbeitsverhältnis; das ist aber nicht zwingend.1294 Wenn diesem Vorgang die äußere Erkennbarkeit fehlen sollte, kann das der Annahme einer Bekanntgabe in Gestalt einer „Weitergabe“, „Einsichtnahme“ oder eines „Abrufs“ nicht entgegenstehen. Beharrte man hierbei auf Begriffsjurisprudenz, würde dies den Sinn und Zweck des BDSG auf „zu schlichte Weise“ ausblenden.1295 Niemand wollte behaupten, dass es nicht zu einer Bekanntgabe von Daten kommt, wenn ein neu eingestellter Mitarbeiter die ihm bekannten Informationen nun in seine Tätigkeit bei seinem neuen Arbeitgeber einbringt, obgleich auch dieser Vorgang äußerlich kaum bemerkt wird. Schließlich kann auch der These von der transaktionslosen Rechtsträgertransformation nach dem bestehenden Konzept des Umwandlungsgesetzes zumindest in Spaltungsfällen nicht gefolgt werden. Wenn eine identitätswechselnde Umwandlung vorgenommen wird, muss es aufgrund der Rechtsträgerverschiedenheit sowohl zu einem rechtlichen als auch zu einem von diesem unabhängigen tatsächlichen Übertragungsvorgang kommen. Dies zu ignorieren, würde heißen, die sich aus der Übertragung ergebenden Probleme zu kaschieren. Mithin liegt ein erlaubnispflichtiger Verarbeitungstatbestand nach § 4 Abs. 1 BDSG vor, wenn 1291
Teichmann/Kiessling, ZGR 2001, 33, 43 ff. und insbes. 50. Teichmann/Kiessling, ZGR 2001, 33, 46. 1293 Diese kann, muss aber nicht mit der Eintragung der Gesamtrechtsnachfolge im Handelsregister übereinstimmen, insoweit ist zu differenzieren bei Teichmann/Kiessling, ZGR 2001, 33, 46. 1294 Deshalb erscheint die Unterscheidung nach dem Zeitpunkt der Datenübermittlung im Rahmen des Umwandlungsvollzugs nicht unbedingt notwendig, so aber Zöllner, ZHR 165 (2001), 440 ff. 1295 Insoweit zutreffend die Kritik von Zöllner, ZHR 165 (2001), 440, 442 Fn. 3; ähnlich Simitis, ZHR 165 (2001) 453, 458 ff., der eine Einwilligung für erforderlich hält, obgleich er die Übermittlungstatbestände des § 3 Abs. 4 Nr. 3 BDSG bei der Gesamtrechtsnachfolge nicht gegeben sieht. 1292
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die Bank dem übernehmenden Rechtsträger die Schuldnerdaten zu den mit der Abspaltung oder Ausgleiderung übertragenen Darlehensverträgen in der beschriebenen Weise übermittelt. 3. Besondere Rechtfertigung der Datenverarbeitung durch Umwandlungen Die herrschende Meinung in der Lit. ist der Ansicht, die solchermaßen erfolgte Datenübermittlung sei im Zuge einer Umwandlung gleichwohl nach § 28 BDSG zulässig. a) Zweckbestimmung Einige Stimmen argumentieren mit der Zweckbestimmung der Daten nach § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BDSG.1296 Wäre die Datenweitergabe unzulässig, könnten die nach dem UmwG übertragenen Darlehensverträge in aller Regel nicht mehr fortgesetzt werden.1297 Dem ist jedoch nicht zu folgen. Die Schuldnerdaten sollen dem Darlehensgeber zur Kontaktaufnahme, Bonitätsprüfung und Geltendmachung der Forderung dienen. Ebenso wie zur Abtretung von Darlehensforderungen fehlten in den Darlehensverträgen bisher aber Angaben, aus denen sich ergeben würde, dass die Schuldnerdaten darüber hinaus für Zwecke einer Darlehensübertragung an abgespaltene oder ausgegliederte Rechtsträger weitergegeben werden dürften. Selbst wenn entsprechend der neu eingeführten Hinweispflicht gemäß Art. 247 § 9 Abs. 1 S. 2 EGBGB eine Vereinbarung getroffen wird, nach der die Zweckbestimmung des Darlehens ausdrücklich die Veräußerung an Dritte umfassen soll, könnte eine solche Festlegung die Übermittlung der Schuldnerdaten an die Erwerber der Darlehen nicht nach § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BDSG rechtfertigen. Dazu sei auf die Ausführungen zur Abtretung von Darlehensforderungen verwiesen, die an dieser Stelle erneut kurz in Erinnerung gerufen werden sollen:1298 Zwecke Dritter werden von § 28 Abs. 1 S. 1 BDSG nicht erfasst, selbst wenn sie Inhalt der zwischen Bank und Darlehensnehmer vereinbarten Zwecke der Datenerhebung und -verarbeitung sind. Denn in der Vorschrift ist nur von „eigenen Geschäftszwecken“ die Rede. Es liegt jedoch primär im Interesse des übernehmenden Rechtsträgers, die Schuldnerdaten nutzen zu können. Außerdem sind nur solche eigenen Geschäftszwecke relevant, die sich auf die Erfüllung von Verträgen „mit dem Betroffenen“ beziehen.1299 Die Zweckbestimmung des Umwand1296 Zöllner, ZHR 165 (2001), 440, 446 ff.; Lüttge, NJW 2000, 2463, 2465 f.; K. Schmidt, DB 2001, 1019, 1022; Marsch-Barner, in: Kallmeyer, UmwG, § 20 Rn. 23a. 1297 Zöllner, ZHR 165 (2001), 440, 447 f. 1298 s. o. Kapitel 5 C. V. 1299 Das betonen noch Marsch-Barner/Mackenthun, ZHR 165 (2001), 426, 436; dagegen ohne weitere Einschränkungen Marsch-Barner, in: Kallmeyer, UmwG, § 20 Rn. 23a.
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5. Kap.: Geheimhaltungspflichten des Kreditgewerbes
lungsvertrags, der die Rechtsverhältnisse zwischen übertragendem und übernehmendem Rechtsträger regelt, ist deshalb ebenfalls nicht von Belang.1300 Auch die in der Lit. stellenweise geforderte entsprechende Anwendung des § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BDSG auf Verträge mit Dritten1301 ist abzulehnen. Ansonsten würde in die Sphäre des Betroffenen aufgrund einer Rechtsbeziehung eingegriffen, die er bei Vertragsschluss nicht vorhersehen konnte und die nicht von seinem Willen getragen wird.1302 Übermittelt die Bank Schuldnerdaten an die abgespaltenen oder ausgegliederten Rechtsträger, auf die auch die Darlehensportfolios übertragen werden, ist dies folglich nicht aufgrund der Zweckbestimmung der Darlehensverträge oder des Übertragungsvertrags gemäß § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BDSG zu legitimieren.1303 b) Interessenabwägung Die wohl herrschende Ansicht begründet die von ihr vertretene Zulässigkeit der Datenübermittlung bei Umwandlungen teilweise alternativ, teilweise aber auch kumulativ zu dem zuvor genannten Aspekt mit dem Ergebnis einer Interessenabwägung nach dem Maßstab des § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und 2 bzw. Abs. 2 Nr. 1, 2 lit. a) BDSG.1304 Diese Abwägung wird im Hinblick auf die Abspaltung und Ausgliederung von Darlehensportfolios strukturiert nachvollzogen. Dabei ist zu entscheiden, ob die Besonderheiten der Universalsukzession ein Ergebnis rechtfertigen, das sich von dem zur Singularsukzession gefundenen1305 unterscheidet. Entgegen a. A.1306 erfordert auch die Übertragung ganzer Darlehensverträge durch Abspaltung und Ausgliederung nicht zwingend eine Datenweitergabe. Die Daten können bei dem übertragenden Rechtsträger verbleiben.1307 Insofern gilt nichts anderes, als oben zu den Forderungsabtretungen gesagt wurde. Gleichwohl werden die Schuldnerdaten an den übernehmenden Rechtsträger (oder auch an Dritte) übermittelt, wenn das Servicing nicht bei dem ursprünglichen Darlehensgeber verbleibt. 1300
Insoweit zuzustimmen Teichmann/Kießling, ZGR 2001, 33, 52 f.; Teichmann, in: Lutter/Winter, UmwG, § 131 Rn. 98. 1301 So Teichmann/Kießling, ZGR 2001, 33, 52 f.; Teichmann, in: Lutter/Winter, UmwG, § 131 Rn. 98. 1302 Insoweit ebenso Zöllner, ZHR 165 (2001), 440, 447. 1303 Ebenso Scharf, S. 199 ff. 1304 Grunewald, in: Lutter/Winter, UmwG, § 20 Rn. 39; Teichmann, in: Lutter/Winter, UmwG, § 20 Rn. 98 f.; Marsch-Barner, in: Kallmeyer, UmwG, § 20 Rn. 23a; Marsch-Barner/Mackenthun, ZHR 165 (2001), 426, 436 f.; Zöllner, ZHR 165 (2001), 440, 448 f.; Schaffland, NJW 2002, 1539, 1541 f.; differenzierend Scharf, S. 210 ff. 1305 s. o. Kapitel 5 C. V. 1306 Bitter, ZHR 173 (2009), 379, 421; allg. für Umwandlungen Marsch-Barner/ Mackenthun, ZHR 165 (2001), 426, 436. 1307 Anders als bei der Spaltung ist dies bei Verschmelzungen kaum praktisch vorstellbar, da hier der Besitz an Datenträgern und die Kenntnis der Organe und Wissensvertreter notgedrungen ab dem Umwandlungszeitpunkt für den gesamten neuen Betrieb erfolgt.
D. Geheimhaltungspflichten in Abspaltung und Ausgliederung
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Unter dem Aspekt der Erforderlichkeit halten es Wengert, Widmann und Wengert – wie anfänglich erwähnt – für weniger einschneidend, aber gleich geeignet, eine Einwilligung der betroffenen Bankkunden zu der Übermittlung einzuholen.1308 Diese Behauptung provozierte Widerspruch. Es könne schlechterdings nicht sein, dass die Einwilligung aller Bankkunden eingeholt werden muss, sofern nicht deren Daten gelöscht werden.1309 Bei derartigen Beschränkungen wäre jegliche Umwandlung faktisch ausgeschlossen.1310 Zwar seien bei Outsourcing-Maßnahmen,1311 AGB-Änderungen sowie Konditionenänderungen ebenfalls Massenzustimmungen erforderlich. Gleichwohl müsste bei einer Umwandlung jeder, dessen Daten von der Umstrukturierung betroffen sind, seine Erlaubnis erteilen, wodurch der Aufwand ungleich größer wäre als in den genannten Beispielen. Demnach befürworten die meisten Stimmen einen Vorrang des Umwandlungsvorgangs vor dem Datenschutzinteresse der Vertragspartner und berufen sich dabei auf die gesetzgeberische Wertung zugunsten der Umwandlungsfreiheit.1312 Dem ist zuzugeben, dass sich ein gesetzliches Umwandlungsprivileg nicht leugnen lässt.1313 Es zeigt sich in der zustimmungsfreien Übertragung von Pflichten und Verträgen.1314 Das Genehmigungserfordernis des § 415 Abs. 1 BGB findet keine Anwendung. Zudem hat der Gesetzgeber vertraglichen Abtretungsausschlüssen nach § 399 Hs. 2 BGB in Abspaltung und Ausgliederung ihre Relevanz abgesprochen, indem er jüngst § 132 UmwG a. F. aufgehoben hat.1315 Daran anschließend kann man davon ausgehen, dass der Gesetzgeber notwendige und nützliche Umstrukturierungen von Unternehmen ermöglichen bzw. erleichtern wollte1316 und dieser Gedanke auch in das Datenschutzrecht einfließen muss.1317 1308 Wengert/Widmann/Wengert, NJW 2000, 1289, 1294 f.; s. auch Simitis, ZHR 165 (2001) 453, 459 und 461. 1309 Zöllner, ZHR 165 (2001), 440, 446. 1310 Teichmann/Kießling, ZGR 2001, 33, 52. 1311 Dazu und zu der Ausnahme von Auftragsdatenverarbeitungen nach § 11 BDSG Evers/Keine, NJW 2003, 2726 ff. 1312 LG München, WM 2007, 1276, 1282; Marsch-Barner/Mackenthun, ZHR 165 (2001), 426, 436 f.; Zöllner, ZHR 165 (2001), 440, 446 ff.; Schaffland, NJW 2002, 1539, 1542; Grunewald, in: Lutter/Winter, UmwG, § 20 Rn. 39; vgl. zum Zweck der Einführung des UmwG RegBegr., BT-Drs. 12/6699, S. 71 ff., 78 f. 1313 Im Grundsatz zustimmend Bitter, ZHR 173 (2009), 379, 385 f. und 395 f. 1314 BAGE 114, 1; OLG Dresden, WM 2008, 1273, 1273 f.; Hörtnagl, in: Schmitt/ Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, § 131 Rn. 6, § 132 UmwG Rn. 2 ff., insbes. Rn. 46 f. 1315 Habersack, NJW 2008, 3173, 3175; Schröer, in: Semler/Stengel, UmwG, § 131 Rn. 12. 1316 Theißen, S. 125 ff. m.w. N. 1317 Bruchner, BKR 2004, 394, 397; ähnlich Schröcker, S. 185, für Verschmelzungen, bei denen sich allerdings nicht nur im Hinblick auf Übertragungsverbote Besonderheiten gegenüber der Spaltung ergeben.
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5. Kap.: Geheimhaltungspflichten des Kreditgewerbes
Im Referentenentwurf zum Umwandlungsgesetz wollte man dagegen auch einer missbräuchlichen Anwendung der Spaltungsvorschriften entgegentreten. Deshalb sah § 123 Abs. 5 UmwG-E noch vor, dass „nicht im Wesentlichen nur ein einzelner Gegenstand übertragen oder eine einzelne Verbindlichkeit übergeleitet werden [kann].“ 1318 Wegen Abgrenzungsschwierigkeiten hat man diese Norm nicht ins Gesetz aufgenommen und es bei der Schutzvorschrift des § 132 UmwG a. F. belassen.1319 Grundanliegen dieser Regelung war es, die Geltung des zivilrechtlichen Sukzessionsschutzes klarzustellen.1320 Weil sich diese Vorschrift indes als zu weitgehend erwies, wurde schon vor ihrer Abschaffung eine teleologische Reduktion für die Fälle gefordert, in denen in Anlehnung an die arbeitsrechtliche Terminologie in § 613a Abs. 1 S. 1 BGB Betriebe oder Betriebsteile abgespalten wurden.1321 Als Grund dieser Privilegierung sah man die Fortführung der Unternehmenskontinuität.1322 Durch das UmwG soll ebenso wie etwa durch §§ 25, 28 HGB die Unternehmenskontinuität gesichert werden, wenn das Unternehmen als tatsächliche Einheit von sächlichen und personellen Mitteln infolge eines Unternehmensübergangs vom Unternehmensträger als dem rechtlichen Zuordnungssubjekt gelöst wird.1323 Diese Thesen finden sich in der Diskussion zum Datenschutz wieder. So wird stellenweise eine Zustimmung zu der Datenweitergabe im Zuge von Umwandlungsmaßnahmen deshalb für entbehrlich gehalten, weil und wenn die betreffende betriebliche Organisationseinheit identisch bleibt und die Daten gemeinsam mit dieser übertragen werden.1324 Der Kunde habe den Vertrag gleichsam mit „dem Unternehmen“ geschlossen und müsse eine Übertragung seines Vertrags sowie seiner Daten auf einen anderen Rechtsträger hinnehmen. c) Fehlendes Umwandlungsprivileg bei Darlehenstransaktionen Umgekehrt betont Bitter, dass es jedenfalls kein irgendwie geartetes Umwandlungsprivileg bei der Übertragung von Kreditportfolios gebe, wenn nicht auch der zugehörige Bankbetrieb auf den neuen Rechtsträger mit übergehe.1325 In diesem 1318 Abgedruckt bei Ganske, Referentenentwurf, Gesetz zur Bereinigung des Umwandlungsrechts, S. 80. 1319 Vgl. Teichmann, ZGR 1993, 396, 402 ff. 1320 Petersen, Gläubigerschutz im Umwandlungsrecht, S. 347. 1321 Vgl. Mayer, in: Widmann/Mayer, § 132 UmwG Rn. 7 m.w. N.; K. Müller, NZG 2006, 491, 492 f. m.w. N. 1322 Hörtnagl, in: Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, § 132 UmwG Rn. 15. 1323 J. W. Flume, passim; Teichmann/Kießling, ZGR 2001, 33, 34; Bitter, ZHR 173 (2009), 379, 397 ff.; zu der dogmatischen Trennung von Unternehmen und Unternehmensträger ausf. K. Schmidt, Handelsrecht, §§ 4 ff. (S. 63 ff.). 1324 Marsch-Barner/Mackenthun, ZHR 165 (2001), 426, 437. 1325 Bitter, ZHR 173 (2009), 379, 398 ff.
D. Geheimhaltungspflichten in Abspaltung und Ausgliederung
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Fall werde gerade keine Unternehmenskontinuität gewährleistet, so dass der gesetzgeberische Grund für eine Bevorzugung der Umwandlungsmaßnahmen nicht besteht. Das entspricht der gesetzlichen Wertung in den neu eingeführten Hinweis- und Informationspflichten des Risikobegrenzungsgesetzes,1326 in denen die Abtretungs- und Umwandlungsvorgänge im Hinblick auf Darlehensveräußerungen gleich behandelt werden.1327 Daraus ergibt sich, dass die Verwendung des umwandlungsrechtlichen Spaltungsinstrumentariums jedenfalls für Darlehenstransaktionen keine Veränderung der Zugriffslegitimation nach sich zieht. Das Ergebnis entspricht mithin dem zur Forderungsabtretung gefundenen. Die Datenübermittlung im Zuge einer Abspaltung oder Ausgliederung von Kreditportfolios ist nicht nach § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 1, 2 lit. a) BDSG wegen eines überwiegenden Interesses der Bank zulässig, gleich ob die Darlehen ungekündigt oder fällig, intakt oder notleidend sind. Die Bank ist auch in diesem Fall auf die Einwilligung des Kunden (§ 4a BDSG) angewiesen.
II. Verletzung des Bankgeheimnisses 1. Meinungsstand Nach Teilen der Lit. soll das Bankgeheimnis bei Umwandlungen von Banken ebenso wenig ein Problem darstellen, wie (nach ihrer Ansicht) der Datenschutz.1328 Dies haben sich nicht nur interessierte Kreise für die Übertragung von Kreditportfolios nach dem UmwG zu eigen gemacht. Vielmehr wird einhellig die Meinung vertreten, das Bankgeheimnis werde bei der Übertragung von Kreditportfolios in vollem Umfange gewahrt.1329 Der neue Rechtsträger übernehme die Darlehensverhältnisse samt der Verpflichtung zur Wahrung der Verschwiegenheit im Zuge der partiellen Gesamtrechtsnachfolge in vollem Umfange lückenlos.1330 Das Bankgeheimnis werde daher im Ergebnis im gleichen Umfange geschützt wie bei der Vereinbarung der Verschwiegenheit im Falle der Aus1326
Vgl. Bitter, ZHR 173 (2009), 379, 400 f. Zu Anwendungsbereich und Inhalt von §§ 492 Abs. 1a S. 3, 496 Abs. 2 BGB s. o. Kapitel 3 C. 1328 Marsch-Barner/Mackenthun, ZHR 165 (2001), 426, 438; Zöllner, ZHR 165 (2001), 440, 449 f. 1329 LG Nürnberg-Fürth, WM 2008, 2015, 2016; Rögner, NJW 2004, 3230, 3232; Bruchner, BKR 2004, 394, 397; Cahn, WM 2004, 2041, 2046; Rinze/Heda, WM 2004, 1557, 1559; Wand, WM 2005, 1969, 1977 f.; Bütter/Tonner, ZBB 2005, 172 f.; Rob. Koch, BKR 2006, 182, 189; Nobbe, ZIP 2008, 97, 99; Bredow/Vogel, BKR 2008, 271, 272 f.; Langenbucher, NJW 2008, 3169, 3170; Bruchner/Krepold, in: Bankrechts-Handbuch, § 39 Rn. 72; ähnlich sogar Schantz, VuR 2006, 464, 469. 1330 LG Nürnberg-Fürth, WM 2008, 2015, 2016; Bruchner, BKR 2004, 394, 397; Nobbe, ZIP 2008, 97, 99. 1327
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5. Kap.: Geheimhaltungspflichten des Kreditgewerbes
lagerung von Bankgeschäften auf ein anderes Unternehmen im Sinne von § 25a KWG. Aus diesem Grunde sei bei einer Abspaltung oder Ausgliederung eines Kreditportfolios nach dem Umwandlungsgesetz die ansonsten möglicherweise notwendige Zustimmung der einzelnen Kreditnehmer nicht erforderlich.1331 Gegen diese Einschätzung hat sich – soweit ersichtlich – allein Bitter ausgesprochen.1332 Er argumentiert ergebnisorientiert: Wenn dem Forderungsübergang ein umwandlungsrechtliches Kleid übergestülpt werde, könne nichts anderes gelten als bei der Übermittlung von Daten im Zuge einer Forderungsabtretung; in beiden Fällen sei das Bankgeheimnis betroffen.1333 Damit entlarvt er den Einsatz des umwandlungsrechtlichen Instrumentariums für Darlehensveräußerungen als Missbrauch, weil es unter anderem zur Aushebelung des Geheimnisschutzes eingesetzt wird. 2. Kein Übergang, sondern Vervielfältigung des Bankgeheimnisses in der Umwandlung Bitters Wertung verdient Zuspruch. Eine schlüssige dogmatische Begründung ist er indes schuldig geblieben. Um sich einer solchen zu nähern, ist bei dem höchstpersönlichen Charakter des Bankgeheimnisses anzusetzen. Im Grundsatz beinhaltet die partielle Gesamtrechtsnachfolge zwar auch den zustimmungsfreien Übergang von Pflichten. Dies findet jedoch seine Grenze in der Übertragung höchstpersönlicher Pflichten, weil damit deren inhaltliche Veränderung (vgl. § 399 Hs. 1 BGB)1334 einhergehen würde.1335 Daran hat die Abschaffung des § 132 UmwG a. F., der sich ohnedies allein auf Rechte bezog, nichts geändert.1336 Im Zentrum steht die Frage, ob das Bankgeheimnis höchstpersönlichen Charakter hat. Eine höchstpersönliche Leistung zeichnet sich dadurch aus, dass sie allein vom Schuldner und von sonst niemandem erbracht werden kann. Das trifft auf die meisten künstlerischen Werke und wissenschaftlichen Erkenntnisse zu. Höchstpersönlichkeit ist dagegen zu verneinen, wenn der Schuldner ausnahmsweise auch durch einen Vertreter oder Treuhänder tätig werden kann.1337 Sicherlich ist Zurückhaltung geboten, eine höchstpersönliche Beziehung zu juristischen 1331
Bruchner/Krepold, in: Bankrechts-Handbuch, § 39 Rn. 72. Bitter, ZHR 173 (2009), 379. 1333 Bitter, ZHR 173 (2009), 379, 394 f. mit dem plastischem Beispiel einer DatenCD einer Bank, die einmal durch Übereignung, ein anderes Mal durch Abspaltung oder Ausgliederung zur Aufnahme i. S. v. § 123 Abs. 2 und 3 UmwG auf einen Zeitungsverlag übertragen wird. 1334 Alternative dogmatische Anknüpfungen erörtert J. W. Flume, S. 153 ff. 1335 Hörtnagl, in: Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, § 131 UmwG, Rn. 92; Busche, in: Staudinger, BGB, § 398 Rn. 193; Knops, WM 2008, 2185, 2186. 1336 So ausdr. RegBegr. BT-Drs. 16/2919, S. 19. 1337 MüKo-BGB/Emmerich, § 275, Rn. 38. 1332
D. Geheimhaltungspflichten in Abspaltung und Ausgliederung
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Personen anzunehmen.1338 Sie handeln durch ihre Organe, Vertreter und Erfüllungsgehilfen und nicht im engeren Sinne „in Person“.1339 Es würde aber erstaunen, wenn juristischen Personen die Möglichkeit einer persönlichen Leistungserbringung per se versperrt wäre. Eine persönliche Bindung kann sich auch aus anderen Aspekten ergeben als aus der menschlichen Sozialkomponente, die in der Beziehung zu einer Bank als rechtlichem Abstraktum zugegebenermaßen fehlt. Auch juristische Personen sind nicht so einfach austauschbar. Zieht man den Kreis etwas weiter, so kann es sehr wohl darauf ankommen, dass eine Leistung gerade von einer speziellen Bank bzw. nur von ihrer Unternehmenseinheit erbracht wird. Hierbei fließt die Besonderheit ein, dass es sich bei dem Bankgeheimnis um eine Unterlassungspflicht handelt. Das Bankgeheimnis ist darauf gerichtet, keine Datenoffenbarungen vorzunehmen. Unterlassungsansprüche binden den Schuldner immer höchstpersönlich, soweit sie nur von ihm selbst erfüllt werden können. Mithin kann die Bank die Erfüllung der Geheimhaltungspflicht nicht mit befreiender Wirkung an Dritte delegieren mit der Folge, dass sie ihrerseits die Daten nunmehr beliebig weitergeben dürfte. Unklar ist nunmehr das Bezugsobjekt der personalen Bindung. Beispielhaft führt J. W. Flume ein Mietverhältnis an, das nach allgemeiner Meinung nicht ohne Zustimmung aller Vertragsparteien auf Dritte übertragen werden kann, weil damit eine Änderung des Leistungsinhalts verbunden wäre.1340 In der Umwandlung hingegen wird die Übertragbarkeit des Mietverhältnisses auf andere Rechtsträger trotz der vorliegenden Höchstpersönlichkeit akzeptiert.1341 Die Argumentationslinie leuchtet unter Bezug auf die Grundsätze des unternehmensbezogenen Geschäfts1342 ein: Liegt ein unternehmensbezogener Mietvertrag vor, steht für den Vermieter weniger die Person des Mieters als das von diesem betriebene Unternehmen im Vordergrund.1343 Die personale Bindung bezieht sich demnach auf das Unternehmen und nicht auf den Unternehmensträger.1344 Der Übergang höchstpersönlicher Verträge auf einen neuen Rechtsträger beruht demzufolge auf der Unternehmenskontinuität.1345 Eine Unternehmenskontinuität ist bei einer Portfoliotransaktion nach der zutreffenden These Bitters aber gerade nicht gegeben.1346 Damit wird auch dann das personale Bezugsobjekt ausgetauscht, wenn 1338 Stratz, in: Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, § 20 UmwG Rn. 84; dazu ausf. J. W. Flume, S. 159 ff., 165 ff. 1339 Vgl. Hammen, in: Bankrechtstag 2005, S. 113, 125. 1340 J. W. Flume, S. 168. 1341 Vgl. OLG Karlsruhe NZG 2009, 315, 317. 1342 Vgl. dazu bereits oben Kapitel 5 D. I. 2. 1343 Vgl. OLG Karlsruhe NZG 2009, 315, 317 m.w. N. 1344 Bitter, ZHR 173 (2009), 379, 398. 1345 Zu weitgehend J. W. Flume, S. 169: § 399 BGB solle in der Umwandlung generell keinerlei Anwendung finden. 1346 Bitter, ZHR 173 (2009), 379, 398 f.
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5. Kap.: Geheimhaltungspflichten des Kreditgewerbes
im Hinblick auf das Bankgeheimnis das Unternehmen und nicht der Rechtsträger maßgeblich sein sollte. Demnach ist es einerseits nicht möglich, das Bankgeheimnis unverändert auf den neuen Rechtsträger zu übertragen, der auch die Darlehen übernimmt. Zugleich können aber zusammenhängende Rechtspositionen wie Hauptpflichten und daran anknüpfende Nebenpflichten nicht voneinander getrennt werden.1347 Unter diesem Aspekt hat das Bankgeheimnis andererseits den Darlehensverträgen zu folgen, weil es ihnen als Nebenpflicht zu dienen bestimmt ist. Die Lösung dieses Paradoxons findet sich darin, dass der Berechtigte ungeachtet der im Spaltungs- und Übernahmevertrag vorgenommenen Zuordnung eine Vervielfältigung und Zuweisung der Geheimhaltungspflicht zu beiden Rechtsträgern verlangen kann, weil sonst die Geschäftsgrundlage der Pflicht vollends wegfallen würde.1348 Der übertragende Rechtsträger bleibt mithin an das Bankgeheimnis gebunden. Zugleich entsteht in der Person des übernehmenden Rechtsträgers die gleiche, nicht aber dieselbe Geheimhaltungspflicht.1349 Plastisch kann man sich den Vorgang nicht als Übertragung eines Rechtstransplantats,1350 sondern als Implantation eines Rechtsduplikats vorstellen. 3. Konsequenzen Es besteht somit kein Unterschied zu der Situation einer Forderungsabtretung, in deren Folge der Erwerber mit einem echten Vertrag zugunsten Dritter an die Vertraulichkeit gebunden wird oder sogar selbst ein Kreditinstitut ist, das per se dem Bankgeheimnis unterliegt: Offenbart die Bank im Zuge der Umwandlung Daten des Schuldners an den übernehmenden Rechtsträger, kommt es auch zu einer das Bankgeheimnis verletzenden Offenbarung. Hier gelten die allgemeinen Feststellungen zum Datenschutz gleichermaßen.1351 Auf Seiten der Darlehensveräußerer und -erwerber fließen keine über die Interessen an einer Darlehensveräußerung hinausgehenden Interessen ein, die im Wege der Umwandlung verfolgt würden und deshalb eines gehobenen Schutzes bedürften. Eine besondere Rechtfertigung ist mangels eines Umwandlungsprivilegs für die isolierte Übertragung von Kreditportfolios nach den vorangegangenen Ausführungen nicht möglich. Mithin ist eine Einwilligung des Darlehensnehmers in die Verletzung des 1347 Teichmann, in: Lutter/Winter, UmwG, § 131 Rn. 5 ff.; Schröer, in: Semler/Stengel, UmwG, § 131 Rn. 37. 1348 Vgl. Schäfer, ZHR Beiheft 68, 1999, S. 114, 138; Schröer, in: Semler/Stengel, UmwG, 2. Auflage 2007, § 131 Rn. 29. 1349 Auf diesen unscheinbaren, aber bedeutenden Unterschied wurde bereits hingewiesen, s. oben Kapitel 5 B. III. 1. 1350 Zu Rechtstransplantaten als Instrument der Rechtsreform und -transformation, vgl. Rehm, RabelsZ 72 (2008) 1 ff. 1351 s. o. Kapitel 5 C. V.
D. Geheimhaltungspflichten in Abspaltung und Ausgliederung
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Bankgeheimnisses unentbehrlich, wenn die Schuldnerdaten an den Investor übermittelt werden sollen. Dies verhält sich unabhängig von dem Zahlungszustand des Darlehens. Die Datenweitergabe wird nicht ungeschehen gemacht und kann nicht legitimiert werden, indem die Bank versucht, den aufnehmenden Rechtsträger an dieselbe Geheimhaltungspflicht zu binden. Dieser Versuch muss scheitern, weil sich der aufnehmende Rechtsträger allenfalls einer vergleichbaren Pflicht unterwerfen kann.
III. Verletzung des Amtsgeheimnisses Das Amtsgeheimnis nach § 203 Abs. 2 StGB wird in Abspaltung und Ausgliederung kaum relevant, da öffentliche Banken als Anstalten des öffentlichen Rechts nur im Falle der BayernLB die Umwandlungsinstrumente in unbegrenztem Umfang in Anspruch nehmen können. Abgesehen davon kann es vereinzelt nur für öffentliche Banken in Privatrechtsform Bedeutung gewinnen, wenn sie im öffentlichen Auftrag tätig werden. Das Amtsgeheimnis nach § 203 StGB verpflichtet natürliche Personen. Daher kommt es darauf an, ob der einzelne Amtsträger, der Kenntnis von den geheimhaltungsbedürftigen Daten hat, identisch bleibt oder ob er die Daten an andere Personen weitergibt. Unerheblich ist es hingegen, ob es aufgrund der Abspaltung oder Ausgliederung zu einem Arbeitgeberwechsel kommt und der Amtsträger daraufhin für einen anderen Rechtsträger handelt. Jedoch sind beim Begriff des Offenbarens Einschränkungen zu machen, wenn das Geheimnis nicht einer bestimmten Person, sondern einer Einrichtung anvertraut ist.1352 Für die interne Weitergabe muss in diesem Fall Entsprechendes gelten wie bei Behörden. So liegt es hier: Die Daten werden in aller Regel nicht dem jeweiligen Mitarbeiter persönlich, sondern der gesamten Bank anvertraut. Daraus ergibt sich, dass eine besondere Rechtfertigung aufgrund des Umwandlungsinstrumentariums für eine Geheimnisoffenbarung gegenüber Personen innerhalb der Bank besteht, gegenüber solchen außerhalb der Bank hingegen nicht. Mithin darf der Amtsträger die Daten auch nicht an den Rechtsträger weitergeben, auf den im Wege der Gesamtrechtsnachfolge die Darlehen übertragen werden. Dabei kann es dahinstehen, dass das Amtsgeheimnis durch diesen Vorgang wegen der Bindung an den Amtsträger einerseits und der besonderen hoheitlichen Qualität andererseits nicht vervielfältigt wird. Dies vermag die Datenoffenbarung nach den obigen Erörterungen, die hier entsprechend gelten, ohnehin nicht zu legitimieren.
1352 Vgl. LG Bonn, NJW 1995, 2419, 2420 f. m.w. N. (Geltendmachung der Chefarzthonorare durch die Krankenhausträgerin mangels Offenbarens und wegen konkludenter Einwilligung zu dem Informationsfluss wirksam).
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5. Kap.: Geheimhaltungspflichten des Kreditgewerbes
E. Ökonomische Erwägungen I. Vertrauen im Kreditgewerbe Vertrauen ist die Grundlage des Bankgewerbes1353 und die Geschäftsbasis der Finanzmärkte.1354 Kreditinstitute tragen das Vertrauen („Kredit“) in ihrem Namen. Es ist bereits seit Trivers bekannt, dass reziprok altruistisches Handeln grundsätzlich für beide Seiten eine vernünftige Handlungsanweisung ist.1355 Ausgehend von Rapoports „Tit for Tat“-Formel („Wie du mir, so ich dir“),1356 die eine reziproke Reaktion auf das Verhalten des Gegenspielers verlangt, zeigte Axelrod, dass Kooperation unter egoistischen Individuen selbst dann sinnvoll ist, wenn sie nicht durch eine äußere Instanz, durch Moral oder durch Gesetze erzwungen wird.1357 Auf unkooperatives Verhalten des Gegenspielers wird allerdings mit einem in Qualität und Quantität gleich unkooperativen Verhalten reagiert. Ihren Ursprung fand diese Strategie in der Suche nach einer erfolgreichen Lösung im sog. Gefangenendilemma, das die Spieltheoretiker beschäftigte. Axelrod stellte zu Beginn der 1980er Jahre in einem Computerturnier die große Effizienz und den langfristigen Erfolg dieser Strategie unter Beweis.1358 Es ist experimentell bewiesen worden, dass die Mehrheit der Menschen im täglichen Leben diese Strategie unbewusst anwendet und sich tatsächlich reziprok verhält, d. h., sie belohnt faires Verhalten und bestraft unfaires Verhalten, selbst wenn dies mit Kosten verbunden ist.1359 In Abkehr vom Homo oeconomicus wird der Wirtschaftsakteur nunmehr schon als „Homo reciprocans“ modelliert.1360 Vor diesem Hintergrund reduziert gegenseitig gewährtes Vertrauen die Komplexität von Entscheidungssituationen, erspart allen Beteiligten Absicherungskosten und ermöglicht damit eine effiziente Wirtschaft.1361 Es ist mithin nicht unbedingt moralisch motiviert, sondern lässt sich auch als individuell rational erklären. Insofern kann man allenfalls von einer Ökonomik der Moral spre1353 s. Nr. 1 Abs. 1 S. 1 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der Sparkassen, die überschrieben ist mit: „Geschäftsbeziehung als Vertrauensverhältnis“; ähnlich auch noch die Präambel der AGB-Banken bis zu deren ersatzloser Streichung im Jahre 1993, vgl. dazu Köndgen, NJW 1996, 558, 560; zu der Geschäftsverbindung als Grundlage einer Vertrauenshaftung der Banken vgl. ausf. Canaris, in: Großkommentar HGB, Bd. 5, Bankvertragsrecht I, Rn. 12 ff. 1354 Bundeskanzlerin Angela Merkel, BT-Plenarprotokoll 16/182 vom 15.10.2008, S. 19349 B; vgl. auch „Vertrauenskrise“ in BT-Drs. 16/10600 vom 14.10.2008, S. 1 unter Punkt A und S. 15. 1355 Trivers, Quarterly Review of Biology Vol. 46 (1971), 35 ff. 1356 Rapoport/Chammah, Prisoner’s dilemma, passim. 1357 Axelrod, Die Evolution der Kooperation, S. 99 ff. 1358 Axelrod, Die Evolution der Kooperation, S. 35 ff. 1359 s. die Studie von Falk, Homo Oeconomicus Versus Homo Reciprocans. 1360 Falk, Homo Oeconomicus Versus Homo Reciprocans. 1361 Ripperger, S. 46 ff., 271.
E. Ökonomische Erwägungen
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chen.1362 Es würde demnach zu kurz greifen, das Bankgeheimnis nur als Institut zum Schutz der Bankkunden zu begreifen. Weil es die Bereitschaft des Kunden zu einer vollständigen und wahrheitsgemäßen Unterrichtung der Bank fördert, kann behauptet werden, dass es letztlich dem Bankgewerbe selbst dient.1363 Das gilt insbesondere im Kreditgeschäft. Das Bankgeheimnis ist Ausfluss des Vertrauens und wirkt zugleich vertrauensbildend. Das Vertrauen in die Verschwiegenheit der Bank ist notwendige Voraussetzung für die Bereitschaft des Kunden, der Bank die von ihr benötigten Angaben zugänglich zu machen.1364
II. Prinzipal-Agent-Beziehung im Kreditgeschäft Als Teilbereich der Neuen Institutionenökonomik versucht die PrinzipalAgent-Theorie1365, bestimmte Verhaltensweisen von Menschen in einer Hierarchie bei unvollkommenen Verträgen1366 unter Unsicherheit, Risiko und Informationsasymmetrie zu erklären.1367 Ziel ist eine anreizkompatible und effiziente Ausgestaltung der Institutionen.1368 Ursprünglich für explizite Abhängigkeitsverhältnisse in Unternehmen entwickelt,1369 ist das Modell im weitesten Sinne zur Beschreibung aller Situationen geeignet, in denen jemand (der Agent) im Wesentlichen nicht im eigenen Interesse, sondern für eine andere Person (den Prinzipal) Entscheidungen trifft.1370 Es wird davon ausgegangen, dass der Agent unvollkommen rational und opportunistisch handelt.1371 Daraus ergeben sich verschiedene Hypothesen. Im Vordergrund steht eine im Grunde naheliegende Erkenntnis: Je weniger Informationen der Prinzipal besitzt, je mehr läuft er Ge1362
Ripperger, S. 242 ff. Ähnlich das Beichtgeheimnis der katholischen Kirche dieser Institution selbst dient, was gemäß Kleiner, in: FS Bärmann, S. 523, freilich niemand ernsthaft behaupten will. 1364 Vgl. zu dieser Überlegung als Hintergrund des Amtsgeheimnisses Knemeyer, NJW 1984, 2242 m.w. N. 1365 Ein kurzer Überblick findet sich bei Mankiw/Taylor, Grundzüge der Volkswirtschaftslehre, S. 538 ff. 1366 Die sog. „Theorie der unvollständigen Verträge“ geht auf Ronald Coase zurück, der Unternehmen als hierarchisches Vertragsgeflecht und ihre Existenz als Folge von Transaktionskosten beschreibt und damit den Blick auf die wirtschaftliche Bedeutung von Verträgen lenkt, vgl. ders., Economia, Vol. 4 (1937), 386 ff. 1367 Den Grundstein legte der Aufsatz von Jensen/Meckling, Journal of Financial Economics, Vol. 3 (1976) 305 ff.; Erlei/Leschke/Sauerland, Neue Institutionenökonomik, S. 45 ff. 1368 M. Meyer, S. 1. 1369 So etwa in dem bereits genannten Initialaufsatz von Jensen/Meckling, Journal of Financial Economics, Vol. 3 (1976) 305 ff. 1370 So haben Jensen/Meckling, Journal of Financial Economics, Vol. 3 (1976) 305, 309, gesehen, dass Prinzipal-Agent-Beziehungen allgegenwärtig sind. 1371 Richter/Furubotn, Neue Institutionenökonomik, S. 4 ff. 1363
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5. Kap.: Geheimhaltungspflichten des Kreditgewerbes
fahr, dass der Agent seine eigenen Interessen zu Lasten der Interessen des Prinzipals, die der Agent in seiner Tätigkeit wahrzunehmen hat, durchsetzt. Im vorvertraglichen Stadium droht eine adverse Selection.1372 Im Vertragsverlauf unterliegt der Agent einem Moral Hazard (im Sinne eines sorglosen oder sogar moralisch nicht einwandfreien Verhaltens).1373 Dies vermag die Wohlfahrtsgewinne der grundsätzlich effizienten Arbeitsteilung und Risikoteilung zwischen Prinzipal und Agent1374 aufzuzehren. Wegen der Trennung von wirtschaftlichem Eigentum und Kontrolle ist auch das Verhältnis zwischen Bank und Darlehensnehmer als eine Prinzipal-Agent-Beziehung zu charakterisieren. Weil der Kreditnehmer Geld aus dem Vermögen der kreditgebenden Bank erhält und dafür Zinsen erwirtschaften muss, wird er als „Agent“ für die Bank tätig, die mithin als sein „Prinzipal“ beschrieben werden kann. Bei der Konditionengestaltung und bei der Mittelverwendung werden Interessengegensätze zwischen Kreditgeber und Kreditnehmer deutlich, die in eine Risikokaschierung und Risikoerhöhung münden können. Die Kreditgeber können an einer positiven wirtschaftlichen Entwicklung lediglich bis zur Höhe der vereinbarten Zins- und Tilgungsleistungen teilnehmen,1375 während sie darüber hinaus typischerweise nicht am Gewinn der damit verwirklichten Projekte beteiligt sind. Dafür tragen sie ein auf die Höhe des Engagements begrenztes Verlustrisiko und werden in der Insolvenz vorrangig befriedigt. Demnach sollten Banken in ihrer Position als Fremdkapitalgeber risikoaverser sein als die Darlehensnehmer. Diese versuchen in aller Regel, möglichst niedrige Fremdkapitalkosten auszuhandeln, und streben eine für sie selbst möglichst ertragreiche und deshalb nicht selten riskante Mittelverwendung an.1376 Freilich wird bei dieser Charakterisierung die Gefährdung eines (vorrangig vor dem Fremdkapital) haftenden Eigenkapitals ebenso außer Betracht gelassen wie die Vermeidung persönlicher Nachteile einer Insolvenz. Gleichwohl lässt sich das Fazit ziehen, dass die Risikoteilung zwischen Kreditgeber und Kreditnehmer unvollkommen ist.1377 Das Grundproblem der Koordination jeglicher wirtschaftlicher Aktivitäten, dass niemand über alle Informationen in ihrer Gesamtheit verfügt,1378 konkreti1372 Dazu grundlegend Akerlof, Quarterly Journal of Economics, Vol. 84 (1970), 488; Richter/Furubotn, Neue Institutionenökonomik, S. 173 ff. und 239 ff. 1373 Der Begriff wurde von Arrow im Kontext von Versicherungsgeschäften geprägt, vgl. ders., Essays in the Theory of Risk-Bearing, S. 142; s. zudem Harris/Raviv, Journal of Economic Theory, Vol. 20 (1979), 231; einen guten Überblick bieten Dembe/Boden, A Journal of Environmental and Occupational Health Policy, Vol. 10 (2000), 257 ff. 1374 M. Meyer, S. 67, 113. 1375 Deutsche Bundesbank, Monatsbericht März 2005, S. 17; Büschgen, Bankbetriebslehre, S. 927. 1376 Grundlegend Stiglitz/Weiss, The American Economic Review Vol. 71 (1981), S. 393 ff.; Spremann, ZfB 1990, 561, 570; Büschgen, Bankbetriebslehre, S. 927. 1377 So Büschgen, Bankbetriebslehre, S. 927. 1378 von Hayek, The American Economic Review Vol. 35 (1945), 519 ff.
E. Ökonomische Erwägungen
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siert sich im Kreditgeschäft darin, ob ein Darlehen vertragsgemäß zurückgezahlt wird oder nicht. Gleichzeitig zeichnet sich ein Kredit hinsichtlich der dafür maßgeblichen Umstände auch durch eine asymmetrische Informationsverteilung zu Lasten des Kreditgebers aus.1379 Die Bank kann versteckte Intentionen und Handlungen („hidden actions“) des Kreditnehmers sowie alle übrigen kreditrelevanten Informationen („hidden information“) nicht oder zumindest nicht gleich gut beobachten, kontrollieren und vorhersehen wie der Kreditnehmer selbst.1380 Daraus ergibt sich vor, bei und nach Vertragsschluss das nicht unbedeutende Risiko der Bank, vom Kreditnehmer nicht über alle ihm bekannten Umstände in Kenntnis gesetzt zu werden, die für die Entscheidung über die Kreditvergabe, Konditionengestaltung und Kreditfortführung von Belang sind. Zur Reduzierung dieser Problematik dienen klassischerweise die branchenüblichen1381 und aufsichtsrechtlichen1382 Prüfungs- und Informationspflichten bezüglich der bonitätsrelevanten Umstände des Kreditnehmers.1383 Um ein opportunistisches Verhalten des Kreditnehmers zu verhindern, müssen zudem Anreiz- und Kontrollsysteme implementiert werden. Dennoch bleiben Verträge stets unvollständig, wie bereits Coase1384 beschrieben hat.
III. Wohlfahrtseinbußen infolge einer Verletzung des Bankgeheimnisses Die von der Prinzipal-Agent-Theorie vorgebrachten Anreizprobleme werden durch einen Vertrauensbruch der Bank vertieft. In der Folge ist eine reziproke Reaktion des Betroffenen zu erwarten. Mithin nimmt die genannte Unvollkommenheit der Verträge zu. Das Kreditinstitut kann bei einem sorglosen Umgang mit dem Bankgeheimnis auf lange Sicht nicht mehr erwarten und darauf vertrauen, dass es von den Darlehensnehmern vollständig und wahrheitsgemäß informiert wird. Dies führt zu Problemen bei der Risikoeinschätzung der Darlehen und einer Zunahme unerwarteter Kreditausfälle. Das hat letztlich eine Steigerung
1379 Stiglitz/Weiss, The American Economic Review Vol. 71 (1981), 393 ff.; Spremann, ZfB 1990, 561 ff. 1380 Zu Arbeitsverhältnissen grundlegend Holmström, The Bell Journal of Economics, Vol. 10 (1979), 74 ff. 1381 Dies ergibt sich aus den hergebrachten kaufmännischen Grundsätzen ordnungsgemäßer Geschäftsführung im Kreditgewerbe; BT-Drs. 16/11643 v. 21.01.2009, S. 240; Bock, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, § 18 Rn. 1; zu den banküblichen Informations- und Prüfungspflichten im strafrechtlichen Kontext s. BGHSt 46, 30; 47, 148. 1382 Die aufsichtsrechtliche Vorschrift des § 18 KWG beinhaltet eine Selbstverständlichkeit, erhebt sie aber zu einer gesetzlichen Pflicht. 1383 Holmström, The Bell Journal of Economics, Vol. 10 (1979), 74, 81 ff.; Arrow, in: Principal and Agents – The Structure of Business, S. 37, 45 f. 1384 Coase, Economia, Vol. 4 (1937), 386 ff.
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5. Kap.: Geheimhaltungspflichten des Kreditgewerbes
der Absicherungskosten zur Folge, weshalb alle Beteiligten Wohlfahrtseinbußen zu verkraften haben. Hinzu tritt ein kaum monetär quantifizierbarer,1385 aber wegen des immateriellen und abstrakten Charakters von Bankprodukten umso bedeutsamerer1386 Imageschaden, den der Darlehensverkauf und insbesondere auch die unbefugte Datenweitergabe bei den Kreditkunden und in der Öffentlichkeit auslöst.1387 Es kann deshalb kaum als eine nachhaltige Strategie angesehen werden, in den allgemeinen Geschäftsbedingungen1388 und andernorts1389 feierliche Bekenntnisse zum Bankgeheimnis abzulegen, sich aber nur optional daran zu halten, wenn es zum Schwur kommt. Die in dieser Hinsicht zu beobachtenden Marginalisierungstendenzen1390 werden der Sache nicht gerecht. Die Geheimhaltungspflichten dienen im Kreditgeschäft auch dem Staat und der Allgemeinheit. Der Gesetzgeber ordnet in § 18 KWG die Offenlegung der für die Bonitätsbeurteilung relevanten Kreditnehmerinformationen an. Zweck der durch die überarbeitete Verbraucherkreditrichtlinie 1391 verschärften Informationspflicht ist es, im Interesse der Einleger und der Allgemeinheit eine zutreffende Beurteilung der im Finanzsektor vorhandenen Risiken zu ermöglichen.1392 Diesem Zweck würde es zuwiderlaufen, wenn die Bank die auf dieser Grundlage erhobenen Daten unbefugt an Dritte weitergeben könnte. Außerdem würde sich dies nicht mit der Auskunftspflicht des Darlehensnehmers vertragen. Der Gesetzgeber sah sich deshalb sogar zu der Klarstellung veranlasst, dass die Bestimmungen zum Schutz personenbezogener Daten unberührt bleiben, so § 18 Abs. 2 S. 5 KWG. Zugleich wurden über die bereits erfolgte nationale Einbeziehung der Auskunfts- und Scoringverfahren hinaus (§ 28a BDSG) die Datenschutzregeln in § 29 Abs. 7 BDSG verschärft.
IV. Folgerungen Nach alledem liegt es im Interesse der Banken, der Darlehenserwerber sowie der Allgemeinheit an einer funktionierenden Risikokontrolle und -bewertung, dass die Datenweitergabe an Dritte im Zuge von Darlehensveräußerungen nur mit dem Einverständnis der Betroffenen geschieht. Die möglichst weitgehende 1385
Meffert/Burmann/Kirchgeorg, Marketing, S. 634. Vgl. Kühlmann/Käßer-Pawelka/Wengert/Kurtenbach, Marketing für Finanzdienstleistungen, S. 29 ff. 1387 Vgl. dazu Waschbusch/Staub/Knoll/Loewens, Finanz Betrieb 2009, 15, 21 ff. 1388 Nr. 2 Abs. 1 S. 1 AGB-Banken, Nr. 1 Abs. 1 S. 2 AGB-Sparkassen. 1389 Vgl. etwa Herzog, in: Bankrechtstag 2003, S. 47, 52; St. Hofmann/Walter, WM 2004, 1566, 1570 f. 1390 Wech, S. 437 ff.; Bitter, ZHR 173 (2009), 379, 390 jeweils m. N. 1391 Art. 8 der Verbraucherkreditrichtlinie. 1392 RegE eines KWG, BT-Drs. III/1114, Begr. zu § 17; BGHSt 46, 30; 47, 148; Zweck ist hingegen nicht die Gewährleistung, dass nur risikofreie Kredite vergeben werden, s. Bock, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, § 18, Rn. 4. 1386
E. Ökonomische Erwägungen
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Selbstbestimmung des Kunden dient letztlich der Funktionsfähigkeit des Kreditwesens. Insofern zeigen sich Parallelen zu dem Verhältnis des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung zu den Gemeinwohlzwecken der Volkszählung1393 sowie im weiteren Sinne zu dem Verhältnis des Beichtgeheimnisses zu dem Sakrament der Beichte.1394 Wird die Geheimhaltung respektiert, entsteht regelmäßig eine Win-win-Situation. Die Wirtschaft hat selbst erkannt, dass dem Datenschutz und der Datensicherheit die Bedeutung eines Qualitäts- und Wettbewerbsmerkmals zukommt und beides gerade bei Finanzdienstleistungen als ein nicht zu vernachlässigender Wirtschaftsfaktor zu begreifen ist.1395 Diese Erkenntnis mag den Interpretationsdruck lösen, der bei dem Versuch zu verspüren ist, die zustimmungslose Geheimnisoffenbarung im Zuge von Darlehensveräußerungen zu rechtfertigen. Verpflichtet sich die Bank zu einer Datenweitergabe an den Darlehenserwerber, muss sie die Konfliktsituation, die sich aus der entgegenstehenden Geheimhaltungspflicht gegenüber dem Darlehensnehmer ergibt, im eigenen Interesse lösen. Die Bank wähnt sich zwischen Skylla und Charybdis. Die Situation ist jedoch nicht aussichtslos. Denn sie kann bei ihren Kunden vertrauensvoll auf eine Schweigepflichtentbindung hinwirken, wobei sie selbst hierbei noch die Möglichkeit eines weitgehenden informationellen Selbstschutzes gewährt.1396 Dadurch entfallen die Bedenken des Kunden, der Bank Informationen anzuvertrauen. Dies wäre ganz im Sinne der Forderung nach einer institutionellen Abmilderung der Anreizprobleme.1397 Die sich aus der Einholung der Schweigepflichtentbindung ergebenden Kosten sind im Vergleich zu den andernfalls drohenden Wohlfahrtseinbußen marginal. Die Vertretungskosten der Prinzipal-Agent-Beziehung können dadurch insgesamt gesenkt werden. Aus derartigen institutionellen Vertrauensgrundlagen erwächst mit der Zeit wertvolles „Vertrauenskapital“ zum Wohle aller Parteien.1398 Dem wird in Kapitel 9 mit dem Vorschlag einer fairen formularmäßigen Einwilligung in die Datenweitergabe der Boden bereitet. Schließlich bleibt anzumerken, dass der bisherige Datenumgang im Zuge von Darlehensveräußerungen eine vollständige Abkehr vom ordnungsrechtlichen Ansatz des Datenschutzes und eine Hinwendung zu einem marktwirtschaftlichen 1393
BVerfGE 65, 1, 43 ff. Vgl. Kleiner, in: FS Bärmann, S. 523. 1395 Büllesbach, CR 2000, 544; ders., RDV 1997, 239 ff. (der Autor war Konzernbeauftragter für den Datenschutz der DaimlerChrysler AG). 1396 BVerfG, WM 2006, 2270, 2271. 1397 So der Ansatz von Harris/Raviv, Journal of Economic Theory, Vol. 20 (1979), 231; Drucker/Puri, Review of Financial Studies, Vol. 22 (2009), 2835 ff.; allg. M. Meyer, S. 1. 1398 So nicht ohne Pathos der Deutsche Industrie- und Handelskammertag, Positionspapier zum Thema: Verbesserte Transparenz bei Verkäufen von Kreditforderungen vom 18.01.2008, S. 2. 1394
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5. Kap.: Geheimhaltungspflichten des Kreditgewerbes
Anreizsystem1399 verfrüht erscheinen lässt. Eine vollständige Entlassung der Banken in die Selbstregulierung1400 ist auch deshalb kaum effizient, weil die Banken und Sparkassen mit der Aufnahme des Bankgeheimnisses in ihre allgemeinen Geschäftsbedingungen eine eben solche Selbstverpflichtung zum Datenschutz vollzogen haben, die die Darlehensnehmer allerdings nicht vor unbefugten Geheimnisoffenbarungen an die Darlehenserwerber zu schützen vermochte.
1399
Bäumler, in: Freundesgabe Büllesbach, S. 106 ff. Zu Modellen und Chancen der Selbstregulierung Roßnagel/Roßnagel, Handbuch Datenschutzrecht, Kap. 3.6. 1400
6. Kapitel
Abtretungsverbote und Übertragungsverbote A. Historische Entwicklung der Sonderrechtsnachfolge in Forderungen und ihre Einschränkung Die Probleme, die mit der Übertragung einer Forderung einhergehen, bestehen nicht erst seit der enormen Mobilisierung von Forderungen im modernen Wirtschaftsleben.1 Vielmehr wurden die theoretischen Schwierigkeiten, die sich daraus ergeben, dass die Forderung nicht nur ein persönliches Band zwischen Schuldner und Gläubiger, sondern auch ein verwertbarer Vermögensgegenstand ist, schon seit Jahrtausenden gewälzt.2 Im Zentrum steht die praktische Frage, was mit dem Schuldner geschieht, über den in gewisser Weise „mitverfügt“ wird.3 Das Verhältnis zwischen den Interessen des Gläubigers an einer Verwertung der Forderung und dem billigen Anliegen des Schuldners, durch einen Wechsel des Gläubigers keine Nachteile zu erleiden, wurde in der Vergangenheit immer wieder von Neuem ausgelotet.4 Im Folgenden wird nach einem kurzen historischen Exkurs zur Etablierung der Forderungsabtretung auf ausgewählte Verbote und Begrenzungen der Sonderrechtsnachfolge in Forderungen eingegangen.
I. Historischer Exkurs zur Etablierung der Forderungsabtretung 1. Das klassische und nachklassische römische Recht Im frühen und im klassischen römischen Recht war eine Forderungsabtretung prinzipiell ausgeschlossen.5 Es hieß: „obligatio personam non egreditur“ 6 – „die Forderung kann nicht aus der Person des Gläubigers herausgelöst werden“. Dabei 1
HKK-BGB/Hattenhauer, §§ 398–413 Rn. 42; Eidenmüller, AcP 204 (2004) 457,
458. 2
Vgl. ausf. HKK-BGB/Hattenhauer, §§ 398–413 Rn. 1. Luig, in: Wissenschaft und Kodifikation des Privatrechts, Bd. II, S. 112 f. 4 Luig, in: Wissenschaft und Kodifikation des Privatrechts, Bd. II, S. 112 f. 5 Kaser, Das römische Privatrecht II, § 276 I 1 (S. 451); HKK-BGB/Hattenhauer, §§ 398–413 Rn. 3 m.w. N. 6 Vgl. Mühlenbruch, Die Lehre von der Cession der Forderungsrechte, S. 28. 3
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6. Kap.: Abtretungsverbote und Übertragungsverbote
mag der Mangel einer Übertragungsform mitgewirkt haben.7 Jedenfalls aber lag dem die Anschauung zugrunde, dass durch das Eintreten eines neuen Gläubigers immer auch der Leistungsinhalt geändert wird, so dass die Forderung bei einer Abtretung unweigerlich untergehen muss.8 Neben diesen dogmatischen Bedenken spielt auch hinein, dass sich der Schuldner eine Abtretung nicht gefallen lassen muss.9 Im Laufe der Zeit wurden jedoch einige Hilfskonstruktionen bemüht, um das wirtschaftliche Bedürfnis nach einem Gläubigerwechsel zumindest im Ergebnis zu befriedigen.10 Namentlich geschah dies durch die Verpflichtungsanweisung bzw. Aktivdelegation (delegatio obligandi), die Prozessvertretung (mandatum in rem suam) und schließlich die Übertragung des Rechts des Zedenten als actio utilis, mit dem der Zessionar aus eigenem Recht klagen konnte.11 Das nachklassische weströmische Recht des 4. und 5. Jahrhunderts schließlich fühlte sich an das Prinzip der Unübertragbarkeit der Forderung nicht mehr gebunden und erkannte die Forderungsabtretung im Sinne eines vollständigen Gläubigerwechsels an,12 ohne jedoch zwischen Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft zu trennen.13 Später verband selbst die Doktrin des Ostens, die weit stärker an der klassischen Tradition festhielt, mit dem Begriff der Abtretung einen vollständigen Forderungsübergang.14 2. Der Weg in die Neuzeit Seit der Wiederentdeckung und Rezeption des Corpus Iuris Civilis im 11. Jahrhundert hieß es wieder ganz klassisch: „nomina ossibus inhaerent“ 15 – „die Forderungen hängen an den Knochen“. Dem Unübertragbarkeitsdogma schlossen sich insbesondere die französischen und niederländischen Humanisten an.16 Hingegen regte sich ab dem 16. Jahrhundert in der gemeinrechtlichen Praxis und Wissenschaft Widerstand, bis sich die Naturrechtswissenschaftler schließlich völlig von den römisch-rechtlichen Dogmen lösten und die vollständige Forderungs7
Windscheid, Lehrbuch des Pandektenrechts, Bd. 2, § 329 (S. 227 ff.) mit Fn. 1. HKK-BGB/Hattenhauer, §§ 398–413 Rn. 3. 9 Windscheid, Lehrbuch des Pandektenrechts, Bd. 2, § 329 (S. 227 ff.). 10 Eingehend Windscheid, Lehrbuch des Pandektenrechts, Bd. 2, § 329 (S. 227 ff.); HKK-BGB/Hattenhauer, §§ 398–413 Rn. 3; ferner Peters, AcP 206 (2006) 843 (844) mit Fn. 4. 11 Vgl. Kaser, Das römische Privatrecht II, § 276 I 1 (S. 451); HKK-BGB/Hattenhauer, §§ 398–413 Rn. 8 f. 12 Kaser, Das römische Privatrecht II, § 253 IV (S. 326), § 276 I 1 (S. 452). 13 HKK-BGB/Hattenhauer, §§ 398–413 Rn. 10. 14 Vgl. Kaser, Das römische Privatrecht II, § 276 I 3 (S. 452). 15 Vgl. Genzmer, in: Mélanges Philippe Meylan Bd. 1, S. 159 ff. 16 HKK-BGB/Hattenhauer, §§ 398–413 Rn. 14. 8
A. Historische Entwicklung der Sonderrechtsnachfolge in Forderungen
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übertragung anerkannten.17 Verschiedene Kodifikationen aus dem 18. und frühen 19. Jahrhundert wie etwa das preußische ALR (1794), der französische Code civil (1804) und das österreichische ABGB (1811) regelten dementsprechend die Zession als Vollrechtsübertragung.18 Mühlenbruch kehrte mit seiner Zessionstheorie19 zur römisch-rechtlichen Zessionslehre zurück. Damit stieß er – obgleich ein „Außenseiter der historischen Rechtsschule“ – in der Pandektenwissenschaft auf großen Anklang.20 Jedoch musste sich die im klassischen römischen Recht verwurzelte Wissenschaft den praktischen Erfordernissen beugen. Die Unterscheidung zwischen Rechtsinhaberschaft (ius) und dem Recht, das Geschuldete in eigenem Namen einzufordern (actio), wurde von der modernen Rechtspraxis nicht mehr nachvollzogen.21 Daraufhin reifte in der Lebensauffassung und der darauf gegründeten Rechtsübung22 der Gedanke, dass die Forderungen als solche ohne Einwilligung des Schuldners23 auf Dritte übertragen werden können.24 Damit wurde dem Verkehrsbedürfnis des aufkommenden Industriezeitalters nach einer Handelbarkeit von Forderungen in vollem Umfang Rechnung getragen. 3. Das Bürgerliche Gesetzbuch Schließlich nahm der Gesetzgeber das Institut der Forderungsabtretung in das Bürgerliche Gesetzbuch auf (vgl. §§ 398 ff. BGB).25 Es handelt sich dabei um eine vom Verpflichtungsgeschäft losgelöste (abstrakte) Vollrechtsübertragung.26 Demnach unterscheidet sich die Abtretung von den sachenrechtlichen Geschäften vordergründig nur noch dadurch, dass Gegenstand der Verfügung keine Sache, sondern eine Forderung ist.27 Zusammenfassend wird auch von einem „dinglich wirkenden Verfügungsgeschäft der Forderungsabtretung“ 28 gesprochen. Das erscheint sprachlich ungenau, weil die Forderung i. e. S. kein „Ding“ ist und sie 17
HKK-BGB/Hattenhauer, §§ 398–413 Rn. 18 f. Huwiler, S. 103 ff. 19 Mühlenbruch, Die Lehre von der Cession der Forderungsrechte, S. 28. 20 So vor allem von Savigny, Das Obligationenrecht als Theil des heutigen Römischen Rechts, 2. Bd., § 62, S. 98; Bucher, Das Recht der Forderungen, S. 67 ff.; vgl. ferner Luig, Zur Geschichte der Zessionslehre, S. 59 ff. 21 Vgl. Windscheid, Lehrbuch des Pandektenrechts, Bd. 2, § 329 (S. 230); HKKBGB/Hattenhauer, §§ 398–413 Rn. 25 ff. 22 Vgl. etwa die Hinwendung zur Vollrechtsübertragung in RGZ 4, 111, 115. 23 So ausdrücklich Art. 164 Abs. 1 des schweizerischen Obligationenrechts. 24 Vgl. Motive II, S. 118 f. bei Mugdan II, S. 65. 25 Vgl. Motive II, S. 118 f. bei Mugdan II, S. 65. 26 HKK-BGB/Hattenhauer, §§ 398–413 Rn. 38. 27 Rob. Koch, BKR 2006, 182, 185 f. 28 So etwa BGHZ 171, 180, 185. 18
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6. Kap.: Abtretungsverbote und Übertragungsverbote
ihre obligatorische Eigenschaft stets beibehält.29 Gleichwohl ist der Terminologie eine gewisse Berechtigung nicht abzusprechen, weil die Verfügung über eine Forderung in gleicher Weise Wirkung gegenüber jedermann entfaltet wie die Verfügung über ein absolutes Recht. Der gesetzliche Paradigmenwechsel bei Einführung des BGB vollzog sich freilich nicht ohne fortdauernde Kritik aus der Rechtstheorie, die bis zuletzt an den klassischen Prinzipien festhielt.30 Nach geltendem Recht bedarf zwar ein Schuldnerwechsel der Zustimmung des Gläubigers, so § 415 Abs. 1 S. 1 BGB. Hingegen bedarf ein Gläubigerwechsel regelmäßig nicht der Zustimmung des Schuldners – eine dem § 415 Abs. 1 S. 1 BGB entsprechende Regelung findet sich nicht. Selbst auf ein Notifikationserfordernis wurde verzichtet.31 Dem heutigen Zessionsrecht liegt die Identitätsvorstellung zugrunde.32 In § 399 Hs. 1 BGB spiegelt sich der bereits dargestellte Gedanke wider, dass sich der Schuldner eine Leistungsänderung nicht gefallen lassen muss. Freilich wird nicht mehr vertreten, dass der Leistungsbegriff zwingend das Subjekt einschließt, an das geleistet wird.33 § 295 Abs. 1 des ersten Entwurfs des BGB sah noch ausdrücklich vor, dass nur Forderungen unübertragbar sind, die von einer nicht übertragbaren Eigenschaft des Gläubigers abhängen, bei denen die Leistung an einen anderen als den ursprünglichen Gläubiger nicht möglich ist oder deren Inhalt durch die Leistung an einen anderen Gläubiger verändert würde.34 Abgesehen von dem engen Anwendungsbereich des § 399 Hs. 1 BGB wird die Identität der Forderung allein dadurch gewahrt, dass alle Gegenrechte des Schuldners über die §§ 404 ff. BGB erhalten bleiben. Der Austausch des Gläubigers schmälert nicht die Verteidigungsmöglichkeiten des Schuldners und verletzt mithin nicht das Verschlechterungsverbot.35 Das Misstrauen des Schuldners, dass der Zessionar nicht so behutsam mit seinen ihm berechtigterweise zustehenden Ansprüchen umgehen könnte wie der Zedent, ist hingegen prinzipiell unbeachtlich.36 Das BGB atmet liberalen Geist, wenn es den Schuldner nicht per se vor einem Gläubigerwechsel schützt, sondern auf die Fähigkeit zur Selbstbestimmung setzt. Es stellt dem Schuldner frei, mit dem Gläubiger ein Abtretungsverbot (pactum de 29
Dazu J. W. Flume, S. 22 ff., insbes. S. 27 ff. Vgl. Windscheid, Lehrbuch des Pandektenrechts, Bd. 2, § 329 (S. 230), insbes. Fn. 10 m.w. N., der jedoch selbst zugab, dass die Zession gewohnheitsrechtlich als feststehend anerkannt sei. 31 HKK-BGB/Hattenhauer, §§ 398–413 Rn. 34, 38. 32 Nörr, in: ders./Scheyhing/Pöggeler, Sukzessionen, § 4 I und II; Buchholz, AcP 187 (1987), 107, 130. 33 So noch Windscheid, Lehrbuch des Pandektenrechts, Bd. 2, § 329 (S. 227 f.) mit Fn. 2. 34 Protokolle S. 771 ff. bei Mugdan II, S. 573. 35 Buchholz, AcP 187 (1987), 107, 130; Haertlein, JuS 2007, 1073, 1075. 36 Vgl. zu Darlehensforderungen Schimansky, WM 2008, 1049 m.w. N. 30
A. Historische Entwicklung der Sonderrechtsnachfolge in Forderungen
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non cedendo) nach § 399 Hs. 2 BGB zu vereinbaren. Der Abtretungsausschluss trägt nach den Überlegungen von Sintenis37 und Windscheid38 einen rechtsgestaltenden („dinglichen“) Rechtsverzicht in das Bündel der Forderungsrechte hinein (Immanenztheorie).39 Nach dem Inhalt der Forderung darf nur der Gläubiger in Person von dem Schuldner fordern; infolge einer Abtretung würde die Forderung ihre Identität verlieren. Davon ist ein rein schuldrechtliches Verfügungsverbot gegenüber beliebigen Personen nach § 137 S. 2 BGB zu unterscheiden, das gerade nicht Inhalt der Forderung wird.40 Dieses Konzept war und ist allerdings nicht unumstritten. Die 1. Kommission zum BGB wollte die Forderung gleichsam sachenrechtlich betrachtet wissen und zog hieraus in Anlehnung an § 107 Abs. 2 des 1. Entwurfs zum BGB den Schluss, dass rechtsgeschäftlichen Veräußerungsbeschränkungen keine dingliche Wirkung zukommt.41 Die 2. Kommission relativierte dies und stellte fest, der Schuldner habe in manchen Fällen ein berechtigtes Interesse, sich nur gegenüber dem bestimmten Gläubiger verbindlich zu machen.42 In der daraufhin eingeführten Möglichkeit eines rechtsgeschäftlichen Abtretungsverbots nach § 399 Hs. 2 BGB liegt die wesentliche Unterscheidung zum Sachenrecht. Hier können rechtsgeschäftliche Verfügungsverbote gemäß § 137 S. 1 BGB keine allgemeine Geltung entfalten. Der Entwicklungsprozess mündete in dem gegenwärtigen gesetzlichen Status quo, nach dem die Forderungsabtretung ausnahmsweise wegen einer Inhaltsänderung der Forderung (§ 399 Hs. 1 BGB), wegen eines vertraglichen (§ 399 Hs. 2 BGB) oder eines gesetzlichen (§ 134 BGB) Abtretungsverbots unwirksam sein kann. Nach herrschender Ansicht kommt diesen Abtretungsverboten eine absolute Wirkung zu.43 Mithin wird der Forderung kraft Parteiwillens der Inhalt beigelegt, dass eine Abtretung derselben gegenüber jedermann unwirksam ist. Im internationalen und europäischen Rechtsraum zeigt sich im Hinblick auf die Wirkung von Abtretungsverboten ein uneinheitliches Bild.44 Eidenmüller konstatiert eine im Vergleich mit der internationalen Entwicklung insbesondere
37
Sintensis, Das practische gemeine Civilrecht, 2. Bd., S. 809 f. Windscheid, Lehrbuch des Pandektenrechts, Bd. 2, § 329 (S. 248) Anm. 5. 39 Willoweit, in: FS Gernhuber, S. 549, 552 ff.; Armgardt, RabelsZ 73 (2009), 314, 316 ff.; ausf. E. Wagner, S. 77 ff., der selbst eine „modifizierte Rechtsinhaltstheorie“ vertritt, vgl. S. 403 ff. 40 Busche, in: Staudinger, BGB, § 399 Rn. 51. 41 Motive II bei Mugdan II, S. 67. 42 Motive II bei Mugdan II, S. 573; vgl. dazu Hammen, in: Bankrechtstag 2005, S. 113, 134. 43 BGHZ 40, 156, 160; 56, 228, 230; 112, 387, 389 f.; Busche, in: Staudinger, BGB, § 399 Rn. 65; MüKo-BGB/Roth, § 399 Rn. 36. 44 Ausf. Armgardt, RabelsZ 73 (2009), 314, 324 ff.; Vollborth, S. 125 f. 38
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6. Kap.: Abtretungsverbote und Übertragungsverbote
in der UN-Abtretungskonvention, der Ottawa-Konvention sowie den Lando- und UNIDROIT-Prinzipien zunehmende Isolation der verbotsfreundlichen Regelung des § 399 Hs. 2 BGB.45 Es zeichne sich zumindest bei Geldforderungen ein Trend ab hin zu einer weiteren Verdinglichung der Forderungen und ihrer Entkoppelung von der Person des Gläubigers.46 Als Ziel wird eine Verkehrsfähigkeit angestrebt, die der einer Sache gleichkommt. Dahinter muss der Schuldnerschutz notgedrungen zurücktreten,47 obgleich die Auswirkungen nur relativ wirkender Abtretungsverbote im Einzelnen unklar sind48 und in den internationalen Konventionen teils beachtlich divergieren.49 Diverse Vorschläge zur europäischen Rechtsvereinheitlichung bezüglich eines pactum de non cedendo sehen entweder eine Kombination von relativer Unwirksamkeit mit Gutglaubensschutzgedanken (Code Européen des Contrats und die Principles of European Contract Law) oder sogar die absolute Wirksamkeit der Abtretung (so der jüngste Vorschlag zum Draft Common Frame of Reference) vor.50 Gegenüber Forderungen nach ähnlich konstruierten Zessionswirkungen im deutschen Recht51 ist festzuhalten, dass die bisherige Regelung dem Interesse des Wirtschaftsverkehrs an der Vermehrung umlauffähiger Vermögenswerte weit entgegenkommt, ohne jedoch die Schuldnerbelange allzu sehr zu vernachlässigen.52 Dieser Wertung ist jedenfalls im Hinblick auf Forderungen aus Bankdarlehen zuzustimmen.
II. Ausgewählte Verbote und Begrenzungen der Sonderrechtsnachfolge in Forderungen 1. Das Verbot der Forderungsübertragung auf einen potentior Mit der Etablierung der Forderungsabtretung oder entsprechender Hilfskonstruktionen kam auch das Bedürfnis nach einer Einschränkung derselben auf. Erste Abtretungsverbote zum Schutz des Schuldners finden sich bereits im Codex Theodosianus (438).53 Von Interesse für diese Arbeit ist insbesondere das Verbot der Forderungsabtretung an einen „potentior“ – einen „Mächtigeren“. Wenn Forderungen, gleich welcher Art, an einen potentior zum Inkasso abgetreten wurden, sollten die Gläubiger mit dem Verlust ihrer Forderung und der Befreiung des 45
Vgl. Eidenmüller, AcP 204 (2004) 457, 465; Vollborth, S. 128 ff. Vgl. Eidenmüller, AcP 204 (2004) 457, 465. 47 So etwa Willoweit, in: FS Gernhuber, S. 549, 557 ff. 48 Canaris, in: FS Serick, S. 9, 21 spricht von „Konstruktionsschwierigkeiten“. 49 Überblick bei MüKo-HGB/Brink, Art. 6 FactUe Rn. 73. 50 Armgardt, RabelsZ 73 (2009), 314, 330 f. 51 So Eidenmüller, AcP 204 (2004) 457, 471 ff.; Armgardt, RabelsZ 73 (2009), 314, 333 f. 52 So die Bewertung von HKK-BGB/Hattenhauer, §§ 398–413 Rn. 3. 53 Vgl. Kaser, Das römische Privatrecht II, § 276 I 3 (S. 453). 46
A. Historische Entwicklung der Sonderrechtsnachfolge in Forderungen
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Schuldners bestraft werden.54 In Ermangelung einer allgemeingültigen Definition ist unklar, wer eigentlich als potentior zu betrachten war.55 Es spricht einiges dafür, darunter jede Person zu subsumieren, welcher gegenüber dem Schuldner die Rechtsverteidigung erschwert oder geschmälert wird.56 Seinen Grund fand dies darin, dass Erpressung durch Beamte oder sonstige potentiores in dieser Zeit weit verbreitet schien.57 Dies nutzte man und pflegte dem Kaiser, seinem Fiskus oder anderen Männern von bedeutendem Einfluss Forderungen zu übertragen, gleich, ob unentgeltlich oder gegen Entgelt.58 Dadurch gestaltete sich die Lage des jeweiligen Schuldners „drückender“, und ihm wurde eine „kraftvolle“ Rechtsverteidigung erschwert, wenn er nicht sogar gleich ganz davor zurückschreckte. Indem der Gläubiger ihm einen beschwerlicheren Gegner entgegenstellte, bestimmte er den Schuldner also zu einer zügigen Erfüllung seiner möglicherweise sogar streitigen Verbindlichkeiten.59 Zweck des Verbots war es deshalb, den Schuldner vor einer willkürlichen und schikanösen Rechtsdurchsetzung zu schützen. Als Tatbestandsmerkmal wird wegen des Strafcharakters der Vorschrift teilweise die Absicht des Gläubigers verlangt, den Schuldner durch die Abtretung zu „drücken“.60 Angesichts der Gleichheit aller vor dem Gesetz verblasste die Vorschrift im Laufe der Zeit,61 so dass sie sich schließlich auch im BGB nicht wiederfindet. 2. Die Beschränkung der Höhe einer abgetretenen Forderung auf ihren Kaufpreis – Lex Anastasiana Zessionen unter der zulässigen62 Vereinbarung eines Kaufpreises, der unter dem Nominalwert der Forderung lag, konnten gewerbsmäßige Aufkäufer von Forderungen nutzen, um aus der schlechten Wirtschaftslage Gewinn zu ziehen. Gegen diese Strategie wandte sich ein Gesetz von Kaiser Anastasius.63 Danach 54 CTh 2.13.1 (Codex Theodosianus, bearbeitet von Mommsen/Krüger/Meyer) = C 2.13.2 (Corpus Iuris Civilis, Codex Iustinianus, bearbeitet von Mommsen/Krüger/ Scholl/Kroll). 55 Mühlenbruch, Die Lehre von der Cession der Forderungsrechte, S. 378 ff. 56 Windscheid, Lehrbuch des Pandektenrechts, Bd. 2, § 335 (S. 251); HKK-BGB/ Hattenhauer, §§ 398–413 Rn. 39. 57 CTh 3.1.9 mit Interpretatio. 58 Eingehend Mühlenbruch, Die Lehre von der Cession der Forderungsrechte, S. 359 ff. m.w. N. 59 Mühlenbruch, Die Lehre von der Cession der Forderungsrechte, S. 359 ff. 60 Windscheid, Lehrbuch des Pandektenrechts, Bd. 2, § 335 (S. 251) m.w. N. in Fn. 19. 61 HKK-BGB/Hattenhauer, §§ 398–413 Rn. 39 m.w. N. 62 Vgl. Mühlenbruch, Die Lehre von der Cession der Forderungsrechte, S. 367; Kaser, Das römische Privatrecht II, § 276 I 3 (S. 453). 63 C 4.35.22; vgl. dazu Kaser, Das römische Privatrecht II, § 276 I 3 (S. 452 f.); Beaucamp, passim.
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6. Kap.: Abtretungsverbote und Übertragungsverbote
durfte der Käufer einer Forderung, der einen geringeren Kaufpreis bezahlt hatte, als die Forderungssumme betrug, vom Schuldner nur den Betrag dieses Kaufpreises, allerdings zuzüglich der Zinsen, eintreiben.64 Dafür ist von Bedeutung, dass die damalige actio utilis des Zessionars den Nachweis des Verpflichtungsgeschäfts erforderte, so dass der Kaufpreis aus der Zessionsurkunde ersichtlich war.65 Später berücksichtigte Kaiser Justinian erneut aufkeimende Umgehungsversuche, indem er auch Abreden verbot, nach denen die Forderungen nur zum Teil verkauft, zum Teil gültig verschenkt sein sollen.66 An dem genannten Gesetz des Kaisers Anastasius ist bemerkenswert, dass kein Abtretungsverbot verhängt wurde. Vielmehr beschränkte der Gesetzgeber die Umgehungsgeschäfte allein in ihren Wirkungen.67 Dadurch machte er den Handel mit Forderungen für Spekulanten uninteressant, ohne die Verkehrsfähigkeit der Forderungen über Gebühr einzuschränken. Man kann darin eine gute Portion Augenmaß erblicken. Nach heutigem Verständnis stößt dies aber auf dogmatische Bedenken. Die Trennung zwischen schuldrechtlichem Kauf und dinglicher Abtretung wird durchbrochen, indem sich der vereinbarte Kaufpreis zwischen den Zessionsparteien unmittelbar auf die Höhe der Forderung gegenüber dem Schuldner auswirkt. Dieser aber ist am Kaufvertrag nicht beteiligt. Die Lex Anastasiana hat sich lange gehalten und wurde erst durch I, 11, §§ 390, 391 ALR und Art. 299 ADHGB ausdrücklich aufgehoben.68 In den Motiven zum ALR wird die Aufhebung mit der Einordnung der Forderung als veräußerbarer Eigentumsgegenstand und dem Verkehrsinteresse an dem Handel mit Forderungen begründet.69 Die Motive sprechen ausdrücklich von einem möglicherweise „unedlen Gewinn“, wenn die Forderung zu einem geringeren Preis als der Valuta erworben wird.70 Die Vorteile der Aufhebung überwögen jedoch die Nachteile einer Beibehaltung.71 Dazu wurden der Wandel in der Dogmatik des Forderungsbegriffs und praktische Probleme bei der Veräußerung von Schuldverschreibungen mit täglich wechselnden Kursen angeführt.72 Bei der Entwicklung des BGB sah man schließlich keinen Grund, die Lex Anastasiana wieder aufzunehmen.73 64
C 4.35.22. HKK-BGB/Hattenhauer, §§ 398–413 Rn. 29. 66 C 4.35.22.3. 67 Mühlenbruch, Die Lehre von der Cession der Forderungsrechte, S. 367. 68 HKK-BGB/Hattenhauer, §§ 398–413 Rn. 33. 69 Motive zum Entwurf der 11. und 13. Titel des ersten Theils des Allgemeinen Landrechts, S. 71. 70 Motive zum Entwurf der 11. und 13. Titel des ersten Theils des Allgemeinen Landrechts, S. 71. 71 Motive zum Entwurf der 11. und 13. Titel des ersten Theils des Allgemeinen Landrechts, S. 71. 72 Motive zum Entwurf der 11. und 13. Titel des ersten Theils des Allgemeinen Landrechts, S. 71. 73 HKK-BGB/Hattenhauer, §§ 398–413 Rn. 39 m.w. N. 65
A. Historische Entwicklung der Sonderrechtsnachfolge in Forderungen
387
Dieses Ergebnis der Lex Anastasiana lässt sich nach geltender Rechtslage über das Konstrukt einer „wirtschaftlichen Zwangsabtretung“ erreichen, das sich § 267 Abs. 1 BGB zunutze macht.74 Dabei zahlt der Investor keinen Kaufpreis. Vielmehr zahlt er auf die Darlehensverbindlichkeit des Schuldners bei der Bank. Die Forderung der Bank erlischt in Höhe des Tilgungsbetrages (§ 362 BGB). Es kommt allerdings nicht zu einer dem § 268 Abs. 3 BGB entsprechenden Legalzession, sondern dem neuen Gläubiger wird ein Kondiktionsanspruch gegen den Schuldner nach § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB eröffnet. Dieser Kondiktionsanspruch besteht nur in Höhe des tatsächlich geleisteten (Teil-)Betrages. Damit wird dasselbe Ergebnis, nämlich eine Beschränkung der Forderung auf die Höhe des gezahlten Betrages, erreicht. Der darüber hinausgehende Forderungsteil verbleibt bei dem Altgläubiger, mithin der Bank. Im Gesetz des Kaisers Anastasius ist hingegen unklar, ob der Zedent den Differenzbetrag zwischen Kaufpreis und ursprünglicher Forderungshöhe geltend machen kann oder ob die Regelung zu einem Teilerlass zugunsten des Schuldners führt. Letzteres ist mit Puchta zu befürworten.75 Von Bedeutung ist das Kaisergesetz vor allem auch für die Ergebnisse eines Vorkaufsrechts. Darauf wird unten in Kapitel 9 eingegangen. 3. Veräußerungsverbote für Pfandleiher Die Abtretung von Darlehensforderungen stellte schon nach der Anerkennung der Sondernachfolge im 19. Jahrhundert einen konfliktträchtigen Sonderfall dar, soweit es Darlehen von öffentlichen Pfandleihern betraf. Die öffentlichen Pfandleiher hatten für die Geldversorgung der damaligen Bevölkerung eine Bedeutung, die mit derjenigen der heutigen Banken vergleichbar ist. In der Verfügung des württembergischen Ministeriums des Innern, betreffend den Gewerbebetrieb der Pfandleiher, vom 15.03.76 und 28.05.188277 wurde öffentlichen Pfandleihern für ihre Darlehensforderungen ausdrücklich ein Veräußerungsverbot auferlegt. In § 13 der Ministerialverfügung hieß es wörtlich: „Die Veräußerung oder Verpfändung der Darlehensforderung durch den Pfandleiher, die Weiterverpfändung der verpfändeten Sache oder die Benützung derselben durch den Pfandleiher und ebenso die Überlassung des Pfandgegenstandes an dritte Personen zur Benützung sind den Pfandleihern auch insoweit untersagt, als diese Handlungen nicht durch allgemeine Strafgesetze mit Strafe bedroht sind. Verabredungen, welche mit diesen Verboten in Widerspruch stehen, dürfen nicht abgeschlossen werden.“ 78
74 75 76 77 78
Vgl. den Vorschlag von Kestler/Striegel/Jesch, S. 44. Puchta, Vorlesungen über das heutige römische Recht, Zweiter Bd., S. 140. Regierungs-Blatt für das Königreich Württemberg, 1882, 83 ff. Regierungs-Blatt für das Königreich Württemberg, 1882, 200 ff. Regierungs-Blatt für das Königreich Württemberg, 1882, 83, 87.
388
6. Kap.: Abtretungsverbote und Übertragungsverbote
4. Beschränkung der Abtretung von Pachtkrediten auf Kreditinstitute Eine weitere interessante Ausnahme von der freien Verfügungsbefugnis eines Forderungsinhabers bezieht sich auf die Eigenschaft des Zessionars. Eine entsprechende Regelung findet sich im Pachtkreditgesetz (PachtKrG).79 In der noch jungen Vorschrift des § 13 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 PachtKrG80 heißt es: „Die nach Maßgabe dieses Gesetzes gesicherte Forderung kann nur an ein Kreditinstitut abgetreten werden.“
Der Pachtkredit ist eine Sonderform des Lombardkredits:81 Das Pachtkreditgesetz ermöglicht es dem Pächter eines landwirtschaftlichen Grundstücks, einem Kreditinstitut zur Sicherung eines ihm gewährten Darlehens ein Pfandrecht (§ 1204 BGB) an dem ihm gehörenden Inventar zu bestellen, ohne dass dazu eine Übergabe der Inventarstücke erforderlich ist, § 1 PachtKrG. Stattdessen ist gemäß § 2 Abs. 1 PachtKrG ein schriftlicher Verpfändungsvertrag und dessen Niederlegung beim Amtsgericht erforderlich. Diese Vorschriften stellen somit eine Ausnahme zu § 1205 BGB dar, wonach die Verpfändung grundsätzlich eine Besitzübertragung voraussetzt. Diese Besonderheiten erleichtern dem Pächter die Kreditaufnahme.82 Bis zur Neuordnung des landwirtschaftlichen Pachtrechts im Jahr 1985 durften Gläubiger des Pachtkredites nur besondere, ausdrücklich zugelassene Pachtkreditinstitute sein.83 Für eine Beibehaltung dieser Restriktion sah man schließlich kein Bedürfnis mehr, weil davon auszugehen sei, dass jedes aufsichtsbehördlich zugelassene Kreditinstitut den wirtschaftlichen Belangen von Pachtbetrieben Rechnung tragen und die Regelungen des Pachtkreditgesetzes sachgerecht anwenden könne. Gleichwohl war man weit davon entfernt, die Anforderungen an die Qualifikation des Gläubigers vollständig entfallen zu lassen; Gläubiger durfte weiterhin nur ein Kreditinstitut sein. Das bedeutet nicht nur, dass die Kreditvergabe durch ein Kreditinstitut erfolgen muss. Auch anschließend dürfen die Kreditforderungen nicht in die Hände eines Dritten gelangen, der nicht dem Gesetz über das Kreditwesen unterliegt. Im Unterschied dazu unterfällt das reine Halten von Forderungen ohne weitere Auszahlungsverpflichtung nach allgemeiner Meinung nicht dem Kreditgeschäft in der Definition des § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 KWG.84 Das 79 Neubekanntmachung des Gesetzes betreffend die Ermöglichung der Kapitalkreditbeschaffung für landwirtschaftliche Pächter vom 09.07.1926 (RGBl. I, 399, ber. S. 412) auf Grund des Art. II Gesetz vom 05.08.1951 (BGBl. I, 492) unter der neuen Bezeichnung „Pachtkreditgesetz“. 80 Eingefügt durch Art. 4 Nr. 4d des Gesetzes zur Neuordnung des landwirtschaftlichen Pachtrechts vom 08.11.1985 (BGBl. I, 2065). 81 MüKo-BGB/K. P. Berger, Vor § 488 BGB, Rn. 35 und 50. 82 RegBegr., BT-Drs. 10/509, S. 30 (zu Art. 4, Nr. 4). 83 RegBegr., BT-Drs. 10/509, S. 30 (zu Art. 4, Nr. 4). 84 Vgl. dazu und zu der Kritik daran ausf. unten Kapitel 6 B. I. ff.
B. Abtretungsverbote aufgrund kreditaufsichtsrechtlicher Schutzvorschriften 389
KWG selbst steht einer Abtretung der Kreditforderungen an eine Nichtbank also nicht entgegen. Dies mündete zwangsläufig in der Einführung des speziellen Abtretungsverbots in § 13 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 PachtKrG. Das sah der Gesetzgeber offenbar als so selbstverständlich an, dass die Regierungsbegründung nur lapidar auf erforderliche Folgeänderungen zu der Aufhebung des Zulassungsverfahrens für Pachtkreditinstitute hinweist.85 Zu dem aufgezeigten Zusammenhang mit dem KWG verliert sie kein Wort.
III. Zusammenfassung Jeweils nach der Etablierung der Forderungsabtretung, sei es im Sinne einer Übertragung der Verfügungsberechtigung oder eines vollständigen Gläubigerwechsels, kam auch das Bedürfnis nach einer Einschränkung derselben auf. Den genannten Abtretungsverboten und -beschränkungen ist gemein, dass sie im Interesse des Schuldnerschutzes die Verkehrsfähigkeit der Forderungen einschränken. Es treten verschiedene Aspekte zutage: Erstens galt es, die Ausbeutung der wirtschaftlichen Not des Schuldners zu verhindern. Zweitens spielte die Person des Zessionars eine Rolle. Allein aus der Person des Zessionars kann auf die Ausbeutungsabsicht oder eine unzureichende Kompetenz zur Forderungsverwaltung und -verwertung geschlossen werden. Drittens ist zu beobachten, dass sich die Sanktionen eines Verstoßes gegen die Abtretungsverbote im Laufe der Zeit qualitativ mäßigten. Drohte anfänglich der Verlust der Forderung, so konnte später die Forderung nur teilweise nicht durchgesetzt werden. Heute aber kann zumindest der ursprüngliche Gläubiger die Forderung weiterhin in voller Höhe geltend machen, wenn er gegen ein bestehendes Abtretungsverbot verstößt. Eine einschneidende Sanktionswirkung ist damit nicht mehr verbunden.
B. Abtretungsverbote aufgrund kreditaufsichtsrechtlicher Schutzvorschriften Die Darlehensveräußerungen werfen gesamtwirtschaftliche und individuelle Probleme auf. Hauptauslöser der Finanzmarktkrise in den Jahren 2007 bis 2009 waren massenhafte Darlehensverbriefungen. Ihnen liegen im Kern Darlehensveräußerungen durch Banken an Zweckgesellschaften zu Grunde, die damit wiederum Asset-Backed Securities oder Collateral Debt Obligations emittierten. Auf die Qualität der Darlehen wurde bei deren Vergabe kaum mehr geachtet. Zudem wurden die Risiken auf diesem Wege oftmals in den nichtregulierten Bereich transferiert. Dies wurde in der öffentlichen Diskussion insbesondere auch im Hinblick auf den Individualschutz der Darlehensnehmer beanstandet.86 Hier sind 85 86
RegBegr., BT-Drs. 10/509, S. 30 (zu Art. 4, Nr. 4). So etwa Schimansky, WM 2008, 1049, 1050.
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6. Kap.: Abtretungsverbote und Übertragungsverbote
es vor allem spezialisierte Fonds und Abwicklungsgesellschaften, die die Darlehen am Ende auf Nichtbanken87 übertragen und bei der Durchsetzung nicht an das standesgemäße Berufsethos gebunden sind, vor allem aber nicht die besondere Gewähr der Beaufsichtigung bieten. Die Darlehensveräußerungen bergen systemische Risiken. Sie können mithin mit den Zwecken der Bankenregulierung und -aufsicht in Konflikt geraten. Die folgende Untersuchung beginnt mit der Definition des Anwendungsbereichs des Kreditwesengesetzes, um zu analysieren, inwieweit erworbene Darlehen nach geltender Rechtslage von der Bankenaufsicht erfasst werden. Anschließend wird der Zweck der Regulierung und Beaufsichtigung herausgearbeitet. Auf der Grundlage der daraus gewonnenen Erkenntnisse wird untersucht, ob sich daraus bereits nach gegenwärtiger Rechtslage ein auf Nichtbanken beschränktes Abtretungsverbot herleiten lässt. Schließlich wird den aktuellen Reformvorhaben im Aufsichtsrecht Aufmerksamkeit geschenkt, um mit einem eigenen Vorschlag für eine Ergänzung des Aufsichtsrechts zu schließen.
I. Anwendungsbereich des Kreditwesengesetzes 1. Abgestufte Regulierung des KWG Kreditinstitute88 und Finanzdienstleistungsinstitute werden in § 1 Abs. 1 S. 1, Abs. 1a S. 1 KWG über Bankgeschäfte bzw. Finanzdienstleistungen bestimmt, die sie gewerbsmäßig oder in einem Umfang betreiben bzw. erbringen, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert.89 Das KWG folgt dem materiellen Institutsbegriff.90 Wer unter die Legaldefinition des § 1 Abs. 1 oder Abs. 1a KWG fällt, ist Kreditinstitut bzw. Finanzdienstleistungsinstitut, auch wenn er keine Erlaubnis für diese Geschäfte hat. In § 1 Abs. 1b KWG werden Institute im Sinne des KWG als Kreditinstitute und Finanzdienstleistungsinstitute definiert. Für alle Institute gelten die regulatorischen Bestimmungen der §§ 10 ff. KWG i.V. m. der Solvabilitäts- und der Liquiditätsverordnung. Ihre Tätigkeiten unterliegen der Institutsaufsicht nach dem dritten Abschnitt des Kreditwesengesetzes (§§ 32 ff KWG). Institute sind an den Erlaubnisvorbehalt des § 32 Abs. 1 S. 1 KWG gebunden. Die Erteilung der Erlaubnis setzt voraus, dass ein ausführlich zu begründender Antrag nach § 32 Abs. 1 S. 2 KWG gestellt wurde und dass kein Versagungsgrund nach § 33 KWG vorliegt. Zu ergänzen ist,
87 Genauer muss auf Unternehmen oder Personen abgestellt werden, die keine Institute i. S. v. § 1 Abs. 1b KWG sind. 88 Zum Begriff Beck/Samm/Kokemoor, KWG, § 1 Rn. 26 ff. 89 Vgl. Teichmann, BKR 2011, 324, 325. 90 Reschke, BKR 2009, 141 in Fn. 1.
B. Abtretungsverbote aufgrund kreditaufsichtsrechtlicher Schutzvorschriften 391
dass auf den noch relativ jungen Typus des Finanzdienstleistungsinstituts im Grundsatz alle wesentlichen KWG-Bestimmungen Anwendung finden, wie sie auch für Kreditinstitute gelten.91 Unter den Begriff des Finanzunternehmens i. S. v. § 1 Abs. 3 KWG werden hingegen alle übrigen Unternehmen des Finanzsektors gefasst. Anders als Institute sind Finanzunternehmen grundsätzlich nicht an die Vorschriften der §§ 10 ff. KWG gebunden. Die einzige Ausnahme besteht für Finanzunternehmen, die entgeltlich Gelddarlehen erwerben. Sie sind zur Anzeige von Millionenkrediten nach §§ 14 Abs. 1 i.V. m. 1 Abs. 3 Nr. 2 KWG verpflichtet. Im Übrigen verwendet das KWG den Begriff des Finanzunternehmens lediglich als tatbestandliche Anknüpfung für Institutspflichten. Aufgrund der negativen Abgrenzung zu Instituten in § 1 Abs. 3 KWG betreiben Finanzunternehmen weder Bankgeschäfte, noch erbringen sie Finanzdienstleistungen. Ihre Tätigkeiten sind somit nach § 32 Abs. 1 S. 1 KWG erlaubnisfrei. 2. Erwerb von Darlehensforderungen als Kreditgeschäft Nach der gesetzlichen Definition in § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 KWG ist unter einem Kreditgeschäft die „Gewährung“ von Gelddarlehen und Akzeptkrediten zu verstehen. Damit wird nach h. M. nur die erstmalige Hingabe von Geld bezeichnet, nicht aber die Übernahme schon bestehender Darlehen ohne weitere Auszahlungsverpflichtung.92 Gewichtige Argumente gegen diese Ansicht bringt indes Teichmann unter Hinweis auf die Pflicht des Darlehensgebers, nicht nur das Darlehen zu verschaffen, sondern es auch während der Vertragslaufzeit zu überlassen, sowie auf den Schutzzweck des Bankaufsichtsrechts vor.93 Allerdings wird die h. M. von der Gesetzessystematik gestützt. In § 1 Abs. 3 Nr. 2 KWG ist geregelt, dass Unternehmen, deren Haupttätigkeit darin besteht, Geldforderungen entgeltlich zu erwerben, lediglich Finanzunternehmen sind. Mit dem darin verankerten Prinzip des Vorrangs der Bankgeschäfte und Finanzdienstleistungen hat der Gesetzgeber den Erwerb von Darlehensforderungen in dieser Norm insoweit abschließend geregelt, als nicht andere spezielle Tatbestände durchgreifen, wie etwa für das Factoring. Dies bestätigt ein Umkehrschluss zu der speziellen Abtretungsbeschränkung in § 13 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 PachtKrG,94 wonach Pachtkreditfor91
Schäfer, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, § 1 Rn. 117, 119. LG Nürnberg-Fürth, WM 2008, 2015, 2019; Schäfer, in: Boos/Fischer/SchulteMattler, KWG, § 1 Rn. 46; Szagunn/Haug/Ergenzinger, KWG, § 1 Rn. 31; Wittig, in: Bankrechtstag 2005, S. 145, 163; Lützenrath/Neumann, in: Lützenrath/Schuppener/ Peppmeier, S. 79, 84; Kestler/Striegel/Jesch, S. 12 f.; Grundmann/Hofmann/Möslein, in: Finanzkrise und Wirtschaftsordnung, S. 9 ff. 93 Teichmann, BKR 2011, 324, 325 f. 94 Eingefügt mit Gesetz zur Neuordnung des landwirtschaftlichen Pachtrechts vom 08.11.1985 (BGBl. I, 2065). 92
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6. Kap.: Abtretungsverbote und Übertragungsverbote
derungen nur an Kreditinstitute abgetreten werden dürfen.95 Wäre der Erwerb bestehender Darlehensforderungen schon per se ein Bankgeschäft oder eine Finanzdienstleistung, bestünde für diese Regelung kein Bedarf. Demnach begründet der Erwerbsvorgang nur dann ein Kreditgeschäft im Sinne des KWG, wenn eine Übernahme von Darlehensverträgen im Wege der Vertragsübernahme oder der Umwandlung nach dem Umwandlungsgesetz erfolgt und diese zudem dazu führt, dass der Erwerber der Darlehensverträge Auszahlungsverpflichtungen übernimmt.96 Die bankaufsichtsrechtliche Definition des „Gewährens“ stimmt somit nicht mit der Verkehrsauffassung über die zivilrechtliche Ausgestaltung des Darlehensrechts überein. Darauf wird unter Aufnahme der Bedenken Teichmanns, dass der Schutzzweck des KWG auf diese Weise nicht umfassend verwirklicht werde,97 noch kritisch einzugehen sein. Im Übrigen sei angemerkt, dass mit dem Erwerb von Darlehensforderungen auch kein Revolvinggeschäft nach § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 7 KWG vorliegt.98 3. Keine Ausnahme für den Erwerb nicht fälliger Darlehensforderungen Vereinzelt wird eine Erlaubnispflicht in Erwägung gezogen, wenn die erworbenen Forderungen noch nicht fällig sind.99 Eine solche Differenzierung findet jedoch keine Stütze im Wortlaut des § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 KWG. Die Fälligkeit der Forderung entscheidet nur darüber, ob den Gläubiger hinsichtlich der Darlehensvaluta noch eine Belassungspflicht trifft. Für die Qualifizierung als Kreditgeschäft kommt es allein darauf an, ob gegenüber dem Darlehensnehmer eine Überlassungspflicht besteht.100 Diese entfällt aber schon nach Valutierung der Darlehenssumme. Mithin ist die Fälligkeit der Darlehensforderungen für die 95 Die RegBegr. verliert allerdings zu dem damaligen aufsichtsrechtlichen status quo kein Wort, vgl. BT-Drs. 10/509 v. 21.10.1983, S. 30 (zu Art. 4, Nr. 4). 96 So auch Wittig, in: Bankrechtstag 2005, S. 145, 164 m.w. N.; zu weitgehend der Bericht des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages zu dem Entwurf eines Gesetzes zur Fortentwicklung der Finanzmarkstabilisierung, BT-Drs. 16/13591 vom 02.07.2009, S. 31 f.; Höche, in: FS Nobbe, S. 317, 319 f.; ebenfalls von einer Genehmigungsfreiheit ausgehend LG Hamburg, NJW 2008, 2784, 2786; Genehmigungspflicht im konkreten Fall wegen fehlenden gewerbsmäßigen Betreibens von Bankgeschäften verneinend LG München, WM 2007, 1276, 1280; unter schweizerischem Recht (Art. 2a lit. a BankV i.V. m. Art. 1 Abs. 1 BankG) wird der Erwerb von Drittforderungen von einem einzigen Unternehmen (wie bei der „asset securitization“) bislang ebenfalls nicht als bankmässige Finanzierung betrachtet, s. Kleiner/Schwob, in: Bodmer/Kleiner/ Lutz, BankG, Art. 1 N 56. 97 Teichmann, BKR 2011, 324, 326. 98 Dazu Bomhard/Kessler/Dettmeier, BB 2004, 2085, 2087. 99 Vgl. Theewen, WM 2004, 105, 112; offenbar auch Nobbe, WM 2005, 1537, 1548; ders., ZIP 2008, 97, 104; vgl. zudem Froitzheim/Lotz/Breiteneicher/Nachtwey/Leclaire, S. 123. 100 Wittig, in: Bankrechtstag 2005, S. 145, 163 f.
B. Abtretungsverbote aufgrund kreditaufsichtsrechtlicher Schutzvorschriften 393
Frage, ob ihr Erwerb ein Kreditgeschäft ist, nach gegenwärtiger Rechtslage nicht von Belang. 4. Konditionenanpassungen und Moratorien hinsichtlich erlaubnisfrei erworbener Darlehensforderungen Die Umwandlung einer auf anderer Rechtsgrundlage (z. B. Kaufvertrag) beruhenden Verpflichtung in eine Darlehensschuld wird gemeinhin als Kreditgeschäft angesehen, weil dazu die Neubegründung der Schuld notwendig sei.101 Handelt es sich hingegen bereits um Ansprüche aus Darlehen, die umgeschuldet werden sollen, wird die bereits valutierte Darlehensschuld wirtschaftlich nur weiterhin belassen.102 Es kommt aber in tatsächlicher Hinsicht nicht zu einer erneuten Auszahlung. Damit wird das aufsichtsrechtlich bereits erfasste Risiko nominell nicht erweitert. Vielmehr wird allein das bisherige Darlehen buchungstechnisch in eine neue Rechnung überführt, wobei eine Konditionenanpassung vereinbart wird. Für eine Stundung gilt dasselbe. Der Gläubiger gewährt hier ebenfalls keine neue Überlassung, sondern lediglich eine Verlängerung der Belassung. Bei einem Teilverzicht liegt es schließlich schon begrifflich fern, von einer Gewährung eines Darlehens zu sprechen, weil hier kein Geld überlassen, sondern eine Schuld erlassen wird. Subsumiert man konsequent unter die geläufige Definition, liegt in allen angeführten Fällen keine Darlehensvergabe vor.103 5. Ergebnis Werden Darlehensforderungen im Wege der Abtretung oder voll valutierte Darlehen ohne weitere Auszahlungsverpflichtung im Wege der Vertragsübernahme oder Umwandlung übertragen, stellt dies de lege lata für den Erwerber kein Kreditgeschäft und auch keine Finanzdienstleistung dar.104 Wenn der Erwerber von Bankdarlehen nicht schon aus anderem Grund die Voraussetzungen eines Instituts i. S. v. § 1 Abs. 1b, 1, 1a KWG erfüllt, ist er nicht dazu gezwungen, die Institutspflichten einzuhalten. Mithin verbietet es das Kreditwesengesetz nicht, ohne eine Erlaubnis zum Betreiben von Kreditgeschäften und Finanzdienstleis-
101 RGZ 152, 159, 165; Szagunn/Haug/Ergenzinger, KWG, § 1 Rn. 31; Schäfer, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, § 1 Rn. 46. 102 Der BGH spricht in anderem Zusammenhang (Heilung eines Verstoßes gegen Verbraucherschutzvorschriften) von einer Inanspruchnahme des neuen Darlehens durch Fortsetzung der Darlehensnutzung, vgl. BGHZ 165, 213, 218; BGH, NJW-RR 2008, 645. 103 Anders offenbar Bomhard/Kessler/Dettmeier, BB 2004, 2085, 2087; St. Hofmann/Walter, WM 2004, 1566, 1569; Schilmar/Breiteneicher/Wiedenhofer, DB 2005, 1367, 1371. 104 Offengelassen in BGH, BKR 2011, 327, 328.
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6. Kap.: Abtretungsverbote und Übertragungsverbote
tungen Inhaber von Forderungen aus Bankdarlehen zu werden, soweit dieser keine Auszahlungsverpflichtungen übernimmt.
II. Zweck der Kreditaufsicht und der Regulierung des Kreditwesens Obschon das Kreditaufsichtsrecht einem Gläubigerwechsel bei Bankdarlehen dem Grunde nach nicht entgegensteht, so ist dennoch zu überlegen, ob der Wechsel nicht zu einer Aushebelung des Schutzes führt, der durch die §§ 10 ff., 32 ff. KWG i.V. m. SolvV und LiqV bezweckt wird. Dazu ist zunächst zu klären, welcher Schutzzweck diesen Vorschriften zukommt.105 1. Stabilität des Finanzsystems und Schonung der Staatsfinanzen Einigkeit besteht darüber, dass die Vorschriften des Kreditwesengesetzes dem Interesse der Institutsgläubiger in ihrer Allgemeinheit an der Aufrechterhaltung des Kreditgewerbes, einem stabilen Finanzsystem und dem Schutz des Vertrauens der Öffentlichkeit in die Funktionsfähigkeit der Kreditwirtschaft dienen.106 Zugleich beabsichtigt der Staat, den eigenen Finanzhaushalt zu schützen. Denn sobald Bank- und Finanzmarktkrisen ein derart bedrohliches Ausmaß angenommen haben, dass sie nicht mehr von den übrigen Marktteilnehmern autonom bewältigt werden können, ist er gezwungen, in seiner normativ verstandenen Eigenschaft als Lender of the last Resort unterstützend einzuschreiten.107 Die gesonderte Aufführung des Kreditgeschäfts in § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 KWG zeigt, dass der Gesetzgeber den Kreditausfallrisiken ein Gefährdungspotenzial beimisst, das über die Bank-, Gläubiger- und Anteilseignergefährdung sowie die Beeinträchtigung der Darlehensnehmer hinausgeht.108 Mit den hochentwickelten Risikosteue-
105 Allg. zur ökonomischen Theorie der Regulierung Heinemann, Grenzen staatlicher Monopole im EG-Vertrag, S. 13 ff. 106 Vgl. RegBegr. zur 2. KWG-Novelle, BT-Drs. 7/3657; BVerfGE 14, 197, 216 ff.; BGHZ 162, 49, 57 ff.; Beck/Samm/Kokemoor, KWG, § 6 Rn. 20 ff. und mit besonderer Betonung des Kreditgeschäfts § 1 Rn. 194; Schulte-Mattler, in: Boos/Fischer/ Schulte-Mattler, KWG, Einf. Rn. 61 ff.; Binder/Piepenbrock, WM 2008, 1816, 1820 f.; in der Schweiz ist das Aufsichtsrecht ebenfalls über den Gläubigerschutzzweck hinausgegangen und orientiert sich auch an einem umfassenderen Funktionsschutz, vgl. etwa Art. 5 FINMAG („Die Finanzmarktaufsicht bezweckt nach Massgabe der Finanzmarktgesetze den Schutz der Gläubigerinnen und Gläubiger, der Anlegerinnen und Anleger, der Versicherten sowie den Schutz der Funktionsfähigkeit der Finanzmärkte. Sie trägt damit zum Ansehen und zur Wettbewerbsfähigkeit des Finanzplatzes Schweiz bei.“), dazu Kleiner/Schwob, in: Bodmer/Kleiner/Lutz, BankG, Art. 1 N 17. 107 s. dazu oben Kapitel 4 A. I. und B. 108 So auch OLG Stuttgart NJW 1958, 1360, 1361; Szagunn/Haug/Ergenzinger, KWG, § 1 Rn. 33 mit Hinweis auf die Genese des KWG.
B. Abtretungsverbote aufgrund kreditaufsichtsrechtlicher Schutzvorschriften 395
rungsmechanismen der §§ 10 ff. KWG sowie der LiqV, der SolvV, der GroMiK und der MaRisk will der Staat vor allem die Allgemeinheit vor dem Eintritt systemischer Risiken im Finanzsektor bewahren, für die er aufgrund seiner impliziten Staatsgarantie haftet. Für den Bereich der förmlichen Kreditaufsicht wird dies durch § 4 Abs. 4 FinDAG bestätigt. Die Regelung stellt klar, dass die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht ihre Aufgaben und Befugnisse nur im öffentlichen Interesse ausübt.109 Damit sollten insoweit bestehende Zweifel ausgeräumt werden, die Ende der 70er Jahre des vergangenen Jahrhunderts durch das Wetterstein-110 und das Herstatt-Urteil111 des BGH aufgeworfen wurden.112 Nach langem Streit steht nunmehr fest, dass § 4 Abs. 4 FinDAG europarechts-113 und grundrechtskonform114 ist. Der Zweck der Sondervorschrift ist einerseits, unüberschaubare Haftungsrisiken wegen fehlerhafter Aufsichtstätigkeit der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht zu minimieren.115 Andererseits sollte die Unabhängigkeit der Aufsicht sichergestellt und möglichst verhindert werden, dass sie faktisch zu einer zu ambitionierten Ergreifung von Aufsichtsmaßnahmen gezwungen werden kann.116 So werden schon frühere Forderungen erfüllt, nach der die Aufsichtsbehörde keine spezielle Verbraucherschutzeinrichtung sein soll.117 Dies erscheint auch rechtspolitisch sinnvoll, weil der Staat nicht von einzelnen Gläubigern oder Investoren in die Rolle des Lender of the last Resort gedrängt werden darf. Dementsprechend dient die Beschränkung des Aufsichtszwecks in § 4 Abs. 4 FinDAG dem Schutz des Fiskus und der Unabhängigkeit der Aufsichtsbehörden. Als Zwischenergebnis ist festzuhalten, dass die formellen wie auch die materiellen Aufsichtsregeln die Funktionsfähigkeit des Kredit- und Finanzdienstleistungswesens sowie den Staatshaushalt und die Allgemeinheit schützen sollen. Die Allgemeinheit darf auf die risikogerechte Bewirtschaftung des Produkts Darlehen mit einer Absicherung nach Bankenstandard vertrauen.
109 RegBegr. zur 2. KWG-Novelle BT-Drs. 7/3657; Beck/Samm/Kokemoor, KWG, § 6 Rn. 20 ff.; Hammen, WM 1998, 741, 745. 110 BGHZ 74, 144, 148 ff. 111 BGH NJW 1979, 1879. 112 Die Staatshaftung zugunsten einzelner geschädigter Gläubiger befürwortete schon früh Beck/Samm/Kokemoor, KWG, § 6 Rn. 68 ff., der in der diesen Ausführungen zugrundeliegenden Ergänzungslieferung allerdings noch nicht § 4 Abs. 4 FinDAG berücksichtigt, wobei dies nach hier vertretener Ansicht ohnehin nichts ändert. 113 EuGH, Urteil vom 12.10.2004 – C-222/02 (Peter Paul u. a./Bundesrepublik Deutschland), Slg. 2004, I-9425. 114 BGHZ 162, 49, 57 ff. 115 Vgl. zu der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit Binder, WM 2005, 1781 ff. 116 Fischer, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, § 32 Rn. 18. 117 Artopoeus, Kreditwesen 1994, 1085, 1090.
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6. Kap.: Abtretungsverbote und Übertragungsverbote
2. Individualschutz der Gläubiger, Anteilseigner und Schuldner a) Keine Geltung der gesetzlichen Schutzzweckbegrenzung für Institutspflichten Von diesem Standpunkt aus ist zu untersuchen, inwieweit der Schutzzweck der Normen des KWG auch die Interessen der Bankkunden und insbesondere diejenigen der Darlehensnehmer umfasst. Während zu Ersterem eine einhellige Meinung nicht auszumachen ist,118 wird Letzteres umso deutlicher von der wohl herrschenden Ansicht abgelehnt.119 Einige Literaturstimmen dehnen die zur hoheitlichen Bankaufsicht aufgrund der gesetzlichen Regelung des § 4 Abs. 4 FinDAG nunmehr zutreffende Feststellung, dass dieser Aufsicht kein Drittschutz zugunsten der Bankkunden zukommt, auf die materielle Regulierung der Kreditinstitute aus.120 Dieser Ansicht ist entgegenzutreten, weil sie die erforderliche Differenzierung vermissen lässt. Denn § 4 Abs. 4 FinDAG nimmt entsprechend seiner dargestellten engen Zielsetzung nur die Vorschriften aus dem Schutzumfang heraus, die das Bundesamt für Finanzdienstleistungen berechtigen und verpflichten. Das gilt insbesondere für das Erlaubnisverfahren (§ 35 ff. KWG), die Missstandsaufsicht (§ 6 Abs. 2 und 3 KWG) und die Solvenz- und Liquiditätsaufsicht (§§ 45 ff. KWG).121 Davon sind indes die Pflichten und Anforderungen zu unterscheiden, die an die Kreditinstitute selbst gestellt werden und das zivilrechtliche Verhältnis zwischen diesen und ihren Kunden prägen, wie dies das BVerwG jüngst in erfreulicher Deutlichkeit hervorgehoben hat.122 Allein diese gesetzlichen Standards können zur Bewertung zivilrechtlicher Interessen herangezogen werden. Dazu verhält sich § 4 Abs. 4 FinDAG indes nicht. Die Vorschrift begrenzt nicht die Haftung der Bank gegenüber ihren Kunden. Es ist nicht ersichtlich, dass sie in das privatrechtliche Pflichtenverhältnis zwischen Kunde und Bank eingreift oder eingreifen sollte. 118 Gläubigerschutz befürwortend Beck/Samm/Kokemoor, KWG, § 6 Rn. 68 ff., allerdings unter Vorbehalten, weil die diesen Ausführungen zugrundeliegende Ergänzungslieferung – wie bereits erwähnt – noch nicht § 4 Abs. 4 FinDAG berücksichtigt. 119 OLG Frankfurt a. M., BeckRS 2011, 01666; Schulz, ZIP 2008, 1858, 1862; Buschmann, BKR 2008, 415, 416; Binder/Piepenbrock, WM 2008, 1816, 1820 f. mit Hinweis auf BVerfGE 14, 197, 216 ff. und BGHZ 162, 49, 57 ff.; Fischer, in: Boos/ Fischer/Schulte-Mattler, KWG, Einf. Rn. 61 ff.; Palandt/Sprau, BGB, § 823 Rn. 66; Beck/Samm/Kokemoor, § 6 Rn. 76: „Ob darüber hinaus der Gesetzeszweck auch den Schutz des Schuldners eines Instituts bezweckt, unterliegt starken Zweifeln.“; anders offenbar Samm, ebenda, § 1 Rn. 203, wenn er einer Zession im Gegensatz zu einer Vertragsübernahme durch Dritte keine aufsichtsrechtliche Bedeutung beimisst, weil „dem Darlehensnehmer so, was den Pflichtenkreis des Darlehensgebers angeht, ein staatlich beaufsichtigtes Kreditinstitut als Schuldner bleibt.“ 120 So etwa Binder/Piepenbrock, WM 2008, 1816, 1822; Bork, ZIP 2008, 2049, 2057; Höche, in: FS Nobbe, S. 317, 334. 121 Vgl. dazu ausf. Binder/Piepenbrock, WM 2008, 1816, 1820 ff. 122 BVerwG, BKR 2011, 208, 210.
B. Abtretungsverbote aufgrund kreditaufsichtsrechtlicher Schutzvorschriften 397
b) Schutzzweck der materiellen Anforderungen an Kreditinstitute Danach rückt der Schutzinhalt der maßgeblichen Vorschriften des KWG in das Blickfeld. Allgemein ist es wenig überzeugend, einen Kundenschutz mit Blick auf den ordnungsrechtlichen Hintergrund dieser Vorschriften abzulehnen.123 Ordnungsrecht und privatrechtlicher Drittschutz müssen sich nicht gegenseitig ausschließen, sondern können sich in effizienzsteigernder Weise ergänzen. So ist etwa anerkannt, dass der Erlaubnisvorbehalt in § 32 KWG zumindest die Eigenschaft eines Schutzgesetzes im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB aufweist und Schutzwirkung zugunsten der Gläubiger entfaltet.124 Es kommt entscheidend darauf an, ob sowohl die Anforderungen der §§ 10 ff. sowie 33 KWG als auch die Erlaubnis nach § 32 KWG, die für die Einhaltung jener Anforderungen eine gewisse hoheitliche Gewähr bieten, ebenso die Investoren und Darlehensnehmer zu schützen bestimmt sind. Es begegnet Zweifeln, ob die Solvenz- und Liquiditätsgrundsätze (§§ 10 ff. KWG i.V. m. SolvV und LiqV) allein einen Funktionsschutz entfalten und selbst der Einlegerschutz lediglich einen Reflex desselben darstellt.125 Es sind auch und gerade die Fremd- und Eigenkapitalinvestoren, die dadurch vor einem Verlust ihres Vermögens geschützt werden sollen. Insofern ergibt sich allerdings ein weitgehender Gleichlauf mit den Interessen der Allgemeinheit an einer regulatorischen Krisenprävention, leiden doch nicht allein die Gläubiger und Anteilseigner einer Bank unter einer Insolvenz derselben, sondern zumeist auch das Finanzsystem als solches. Was die Darlehensnehmer betrifft, auf deren Interessen im Folgenden besonders einzugehen ist, so sind sie von der Insolvenz der darlehensgebenden Bank von vornherein nur mittelbar betroffen.126 Umso entschiedener muss diesbezüglich jedoch die Kritik an der Ansicht ausfallen, nach der die Darlehensnehmer auch durch die organisatorischen Vorgaben im weitesten Sinne nicht geschützt werden.127 Was das Erfordernis der „Zuverlässigkeit“ in § 33 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, 3, 4a KWG betrifft, werden auch und vor allem die Darlehensnehmer geschützt. Zudem dient das Erfordernis, dass die Inhaber oder die Geschäftsleiter der Bank 123 So noch Fischer, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, 2. Auflage 2004, § 32 Rn. 18. 124 Vgl. BGH, NJW 1973, 1547, 1548 f.; 1994, 1801, 1804; 2005, 2703; BKR, 2007, 251; Szagunn/Haug/Ergenzinger, KWG, § 32 Rn. 11, 21; MüKo-StGB/Janssen, Wirtschaftsstrafrecht, KWG § 54, Rn. 11 ff. 125 So aber Binder/Piepenbrock, WM 2008, 1816, 1822, mit Hinweis auf EuGH, Urteil vom 12.10.2004 – C-222/02 (Peter Paul u. a./Bundesrepublik Deutschland), Slg. 2004, I-9425 und BGHZ 162, 49, 57 ff.; für Gläubigerschutz, aber differenzierend MüKo-StGB/Janssen, Wirtschaftsstrafrecht, KWG § 54, Rn. 13 f. 126 Insoweit vollkommen zutreffend Binder/Piepenbrock, WM 2008, 1816, 1822; ähnlich Buschmann, BKR 2008, 415, 416 f. 127 Binder/Piepenbrock, WM 2008, 1816, 1822.
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6. Kap.: Abtretungsverbote und Übertragungsverbote
die „zur Leitung des Instituts erforderliche fachliche Eignung“ haben müssen (§ 33 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 KWG), nicht von vornherein nur einem Teil der Gegenparteien der Bank, sondern kann insbesondere auch der Kundengruppe der Darlehensnehmer zugutekommen. Gleiches gilt für die Bereitschaft und Fähigkeit gemäß § 33 Abs. 1 S. 1 Nr. 7 KWG, „die erforderlichen organisatorischen Vorkehrungen zum ordnungsmäßigen Betreiben der Geschäfte zu schaffen“. Schließlich ist nicht ersichtlich, dass die Bezeichnungen „Bank“, „Bankier“, „Volksbank“ und „Sparkasse“ in den §§ 39, 40 KWG nur im Interesse der Allgemeinheit oder des Staates selbst geschützt werden. Vielmehr dient dieser Schutz ganz allgemein der Wahrung des Vertrauens in die ordnungsgemäße Durchführung der Bankgeschäfte.128 Dies gilt auch und vor allem im Hinblick auf die Bankkunden. c) Rechtsprechung zum Schutzbereich von § 34 Abs. 3 GewO Greift man die in diesem Zusammenhang wichtigste aufsichtsrechtliche Vorgabe der „Zuverlässigkeit“ in § 33 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, 3, 4a KWG heraus, bietet es sich an, deren Schutzbereich in derselben Weise zu bestimmen, wie es das Reichsgericht129 hinsichtlich der Zuverlässigkeit von öffentlichen Pfandleihern i. S. v. § 34 GewO getan hat. Das Reichsgericht hat nämlich bereits im Jahre 1904 auf der Grundlage der neuen Zivilrechtsordnung entschieden, dass öffentliche Pfandleiher Forderungen aus Darlehen, welche sie in ihrem Geschäftsbetrieb gegen Faustpfänder gewährt haben, an Dritte, die nicht öffentliche Pfandleiher sind, nicht übertragen können.130 Es sah in den Abtretungen einen Verstoß insbesondere gegen aufsichtsrechtliche Grundsätze, die nach seiner Ansicht vorwiegend den Schutz der Darlehensnehmer bezwecken, und ließ ein gesetzliches Abtretungsverbot gemäß der allgemeinen Regel des § 134 BGB durchgreifen.131 Nach Ansicht des Reichsgerichts diente insbesondere die Voraussetzung der Zuverlässigkeit des Pfandleihers, die mit der Novelle vom 23.07.1879132 in § 34 GewO aufgenommen worden ist, zwar nicht ausschließlich, aber doch vorwiegend dem Schutz des mit dem Pfandleiher verkehrenden Publikums – also der Darlehensnehmer – vor der Ausbeutung ihrer Not und ihres Leichtsinns.133 Das ergibt sich auch daraus, dass das Interesse der Verpfänder ausdrücklich in der bereits genannten Regelung des § 34 Abs. 1 S. 2 GewO aufgeführt wurde. Ferner bestanden landesgesetzliche Vorschriften, nach denen die Privatautonomie der 128
Fischer, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, § 39 Rn. 1. RGZ 58, 71 ff. 130 RGZ 58, 71 ff. 131 RGZ 58, 71, 72 ff. 132 RGBl. I, 267. 133 RGZ 58, 71, 73 mit Hinweis auf die Gesetzesbegr. bei Rohrscheidt, Gewerbeordnung, Erster Bd., 2., § 34, S. 246 f. 129
B. Abtretungsverbote aufgrund kreditaufsichtsrechtlicher Schutzvorschriften 399
öffentlichen Pfandleiher zum Schutze der Darlehensnehmer hinsichtlich Zinshöhe, Buchführung, Kündigungsfristen und Prolongationspflichten eingeschränkt wurde.134 Das Reichsgericht führte schließlich das oben bereits zitierte, heute freilich nicht mehr gültige Abtretungsverbot in § 13 der württembergischen Ministerialverfügung vom 15.03. und 28.05.1882135 zur Untermauerung seiner Ansicht an.136 Es ist nicht abwegig, diese Überlegungen trotz der veränderten rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen auch auf Kreditinstitute zu übertragen. Die spezifischen Geschäftstätigkeiten der beiden Branchen ähneln sich. Das zeigt sich schon daran, dass sich der Gesetzgeber in §§ 38 Abs. 3 GewO und § 2 Abs. 1 Nr. 5 KWG zu einer Abgrenzung gezwungen sah.137 Beide Male werden Darlehen vergeben. Im Pfandleihgeschäft wird ein Faustpfandrecht an einem Sicherungsgut bestellt. Im Kreditgewerbe ist die Kreditbesicherung ebenfalls üblich.138 Für beide Geschäfte besteht eine hoheitliche Aufsicht. Im Vergleich zu der Gewerbeaufsicht besitzt die Aufsicht über das Kreditwesen sogar eine erheblich höhere Kontrollintensität und ein erheblich differenzierteres Arsenal an Eingriffsmitteln (vgl. etwa §§ 32 ff. KWG). Wie in der Gewerbeordnung wird auch im Kreditwesengesetz die Zulassung zum Geschäftsbetrieb von einer ausreichenden Mittelausstattung und insbesondere von der „Zuverlässigkeit“ der verantwortlichen Personen abhängig gemacht (vgl. §§ 34 Abs. 1 Nr. 1 und 2, § 38 Abs. 1 S. 1 GewO einerseits mit § 33 Abs. 1 S. 1 Nrn. 1, 2, 3 und 4a KWG andererseits). Darüber hinaus müssen die Verantwortlichen eines Kreditinstituts sogar eine besondere fachliche Eignung nachweisen (§ 33 Abs. 1 S. 1 Nrn. 4 und 4a, Abs. 2 KWG). Schließlich bestehen im Kreditwesengesetz besondere Vorkehrungen, die verhindern sollen, dass eine wirksame Aufsicht beeinträchtigt wird (§ 33 Abs. 3 KWG). Eine dem § 144 Abs. 1 Nr. 1 lit. e) GewO vergleichbare Strafbewehrung findet sich in § 54 KWG. Die Interessenlage und Schutzbedürftigkeit der Darlehensnehmer ist heute nicht anders zu beurteilen als zu Zeiten des reichsgerichtlichen Urteils. Die Kreditaufnahme bei öffentlichen Pfandleihern entsprang vielfach den Bedürfnissen wirklicher Not oder einem aus Leichtsinn hervorgegangenen Mangel. Not wie Leichtsinn aber unterliegen der Gefahr der Ausbeutung in besonderem Maße. Das wusste schon der Gesetzgeber, als er aus diesem Grunde die Vorschrift des § 34 GewO einführte.139 Gleiches kann heute für das Kreditgeschäft der Banken 134
RGZ 58, 71, 74 m.w. N. Regierungs-Blatt für das Königreich Württemberg 1882, 83 und 200. 136 RGZ 58, 71, 74. 137 Vgl. zu der Unterscheidung Marcks, in: Landmann/Rohner, GewO, Bd. 1, § 34 Rn. 5. 138 s. nur Nr. 13–17 AGB-Banken, die sich mit der Besicherung befassen; zudem etwa BGH NJW 2003, 885. 139 Vgl. Rohrscheidt, Gewerbeordnung, Erster Bd., § 34, S. 246 f. 135
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6. Kap.: Abtretungsverbote und Übertragungsverbote
gelten. Es ist gleichermaßen anfällig für die Ausbeutung finanziell Schwächerer. Das betrifft vor allem die Schuldner von gefährdeten und notleidenden Darlehen. Gerade diese Darlehen werden wegen der damit einhergehenden Risiko- und Eigenkapitalentlastung bevorzugt veräußert. Das hat den Gesetzgeber schließlich dazu veranlasst, die Schuldnerschutzvorschriften in das Risikobegrenzungsgesetz aufzunehmen. Auch und gerade heute wollen die Darlehensnehmer auf das moralisch einwandfreie Verhalten ihres Gläubigers vertrauen können, wenn sie sich bei einem Kreditinstitut finanzieren, das der Finanzaufsicht unterliegt.140 Sie tun dies im Hinblick auf die gesamte Laufzeit des Darlehens einschließlich der Abwicklungsphase. Dieses Vertrauen gründet auch darauf, dass die Zuverlässigkeit der Verantwortlichen einer Bank von Gesetzes wegen gegeben sein muss und hoheitlich kontrolliert wird. Der Bezeichnungsschutz der §§ 39, 40 KWG trägt dem in besonderer Weise Rechnung.141 Vor diesem Hintergrund kann der Schutzbereich des § 33 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 KWG nicht weniger umfassend sein als derjenige des § 34 GewO. Daraus ergibt sich, dass die Vorschrift des § 33 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 KWG, was das Merkmal der „Zuverlässigkeit“ und deren Überprüfbarkeit durch die Finanzaufsicht betrifft, zumindest auch dem Schutz der Darlehensnehmer gegenüber ihren Gläubigern dient. d) Rechtsgedanke des § 13 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 PachtKrG Der speziellen Abtretungsbeschränkung in § 13 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 PachtKrG kann man entnehmen, dass der Gesetzgeber den Schuldner eines Pachtkredits hinsichtlich der Identität seines Gläubigers für schutzbedürftig ansah. Vor Einführung dieser Vorschrift existierte, wie bereits oben erwähnt,142 eine noch strengere Regelung, nach der nur besondere, ausdrücklich zugelassene Pachtkreditinstitute Gläubiger des Pfandrechts sein konnten.143 Um die Verwaltung zu vereinfachen, hielt es die Bundesregierung aber für ausreichend, wenn der Gläubiger eines Pachtkredits lediglich ein Kreditinstitut ist.144 Es bleibt offen, weshalb allein die Schuldner eines Pachtkredits in den Genuss einer derartigen Abtretungsbeschränkung kommen. Dies kann mit der Komplexität begründet werden, die den Vorschriften des Pachtkreditgesetzes eigen ist. Denn für die Abwicklung derartiger Kredite ist eine besondere fachliche Eignung erforderlich. Es sei davon auszugehen, so die Regierungsbegründung, dass jedes aufsichtsbehördlich zugelassene Kreditinstitut den wirtschaftlichen Belangen von Pachtbetrieben Rech140 Vgl. zu diesem Vertrauenstatbestand Fischer, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, § 32 Rn. 19. 141 Fischer, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, § 39 Rn. 1. 142 6. Kapitel, A. II. 3. 143 Vgl. RegBegr., BT-Drs. 10/509 v. 21.10.1983, S. 30 (zu Art. 4, Nr. 4). 144 Vgl. RegBegr., BT-Drs. 10/509 v. 21.10.1983, S. 30 (zu Art. 4, Nr. 4).
B. Abtretungsverbote aufgrund kreditaufsichtsrechtlicher Schutzvorschriften 401
nung tragen und die Regelungen des Pachtkreditgesetzes sachgerecht anwenden könne.145 Damit wird zugleich klargestellt, dass die Abtretungsbeschränkung in § 13 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 PachtKrG gerade auch dem Schutz des Darlehensnehmers dient, indem sie eine ordnungsgemäße Abwicklung des Pachtkredits sicherstellen soll. Obgleich es sich um eine Spezialnormierung handelt, vermag ihre Existenz die These zu stützen, dass der Darlehensnehmer vor einer Abtretung seiner Darlehensverbindlichkeiten an Nichtbanken zu schützen ist. e) Argument aus dem Anwendungsbereich des Kreditwesengesetzes In der Lit. wird zugegeben, dass die Rspr. in § 32 KWG ein Schutzgesetz i. S. v. § 823 Abs. 2 BGB zugunsten des Gläubigers erkannt hat; zugleich wird aber eingewandt, dass dies nicht auch zugunsten des Schuldners gilt.146 Dem ist jedoch mit folgender Argumentation zu begegnen: Sicherlich gehen von dem Kreditgeschäft an sich besondere Risiken aus; allerdings ist fraglich, für wen. Um etwa nur den Gläubigerschutz und im Übrigen auch den Funktions- und Systemschutz sowie schließlich den Schutz des Finanzhaushaltes sicherzustellen, hätte es genügt, den Anwendungsbereich des KWG auf Unternehmen, die ganz allgemein Fremdkapital aufnehmen und insbesondere Einlagen- und Pfandbriefgeschäfte betreiben (§ 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 und 1a KWG), zu beschränken. Wurde zudem der Anlegerschutz beabsichtigt, hätte es genügt, Publikumsgesellschaften in den Anwendungsvorschriften gesondert zu berücksichtigen. Jedoch wurde vor allem auch das Kreditgeschäft separat in den Kanon der erlaubnispflichtigen und zu regulierenden Bankgeschäfte aufgenommen (vgl. § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 KWG). Darin unterscheidet sich der Kreditinstitutsbegriff des KWG von der EU-rechtlichen Definition nach Art. 4 Nr. 1 lit. a) der Bankenrichtlinie 2006/48/EG.147 Danach ist ein Kreditinstitut nämlich ein Unternehmen, dessen Tätigkeit darin besteht, Einlagen oder andere rückzahlbare Gelder des Publikums entgegenzunehmen und dazu Kredite für eigene Rechnung zu gewähren. Nach dieser EUrechtlich auf den Einlegersschutz beschränkten Sicht müssen also beide Geschäfte kumulativ betrieben werden.148 Dagegen genügt nach der deutschen Regelung das isolierte Betreiben des Kreditgeschäfts, um die Institutspflichten auszulösen.149 Dementsprechend ergibt 145
Vgl. RegBegr., BT-Drs. 10/509 v. 21.10.1983, S. 30 (zu Art. 4, Nr. 4). Buschmann, BKR 2008, 415, 416, unter Hinweis auf BGH NJW 2005, 2703 sowie weitere Entscheidungen in Fn. 16. 147 RL 2006/48/EG vom 14.06.2006 über die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Kreditinstitute, ABl. EU Nr. L 177, S. 1 v. 30.6.2006, vormals Art. 1 der Ersten Bankrechtskoordinierungsrichtlinie, aufgenommen in Art. 1 Nr. 1 Bankenrichtlinie. 148 U. H. Schneider, DB 1991, 1865, 1869. 149 So BVerwG WM 2009, 1553, 1554 f.; BVerwG Buchholz 451.61 KWG Nr. 12; VG Berlin WM 1997, 218, 221 f.; Gesetzentwurf über das Kreditwesen vom 25.05. 146
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6. Kap.: Abtretungsverbote und Übertragungsverbote
sich aus Wortlaut und Sinn des § 1 KWG nach Ansicht des BVerwG und der obergerichtlichen Rechtsprechung, dass auch das Ausleihen eigener Mittel, wenn es wie ein bankmäßiges Unternehmen betrieben wird, unter die Erlaubnispflicht fällt, selbst wenn dazu keine Fremdmittel verwendet werden.150 Zur Begründung wurden allerdings nur Gesetzeszwecke herangezogen, die im öffentlichen Interesse liegen; so wurden etwa die Währungspolitik und die gesunde Entwicklung des Geld- und Kapitalmarkts genannt.151 Aus den europäischen Richtlinien folgt nach Ansicht des BVerwG keine Pflicht zur gleichlautenden Begriffsbestimmung im nationalen Recht, denn die engere gemeinschaftsrechtliche Definition des Kreditinstituts diene lediglich dazu, den Anwendungsbereich der Richtlinie einzugrenzen.152 Ein Unternehmen, das gewerbsmäßig Kreditgeschäfte betreibt, fällt somit auch dann in den Anwendungsbereich des KWG, wenn es selbst keine Gläubiger hat, insbesondere kein Einlagen- oder Pfandbriefgeschäft betreibt und möglicherweise auch nur einen Eigner hat, der zugleich die Geschäfte leitet. In diesem Fall sind aber nicht allein das öffentliche Interesse der Währungspolitik und die gesunde Entwicklung des Geld- und Kapitalmarkts betroffen. Vielmehr werden auch und vor allem die Darlehensnehmer mit der gesonderten Erwähnung des Kreditgeschäfts in § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 KWG geschützt. Nach alledem greift es zu kurz, wenn man dem Darlehensnehmer pauschal eine Schutzwürdigkeit unter dem Gesichtspunkt abspräche, dass er von der Bank eine Leistung erhält.153 Vielmehr wirken die Bezeichnungen „Bank“, „Bankier“, „Sparkasse“ und „Volksbank“ aufgrund der Banklizenz nach den §§ 32 ff. KWG und des Bezeichnungsschutzes gemäß §§ 39, 40 KWG als Gütesiegel. Ursprünglich sollte zwar primär das Vertrauen in die Solvenz der Kreditinstitute wiederhergestellt werden.154 Unabhängig von dieser gesetzgeberischen Intention wird durch die Erlaubnispflicht und die damit zusammenhängenden Voraussetzungen auch gegenüber den Kreditnehmern ein Vertrauen insbesondere in die ordnungsmäßige Durchführung der Bankgeschäfte im Sinne einer integren und langfristig ausgerichteten und seriösen Geschäftspolitik geschaffen. 1959, BT-Drs. 3/1114, S. 27; Beck/Samm/Kokemoor, KWG, § 1 Rn. 196; vgl. bereits zur früheren Fassung des § 1 Abs. 1 lit. a KWG, der sogar von „Annahme und Abgabe von Geldbeträgen“ sprach, OLG Stuttgart NJW 1958, 1360, 1361; OVG Koblenz, DVBl. 54, 371; Bergmann, NJW 1953, 450 (das Wort „und“ verbinde zwei gleichwertige Sachverhalte, von denen jeder ein Bank- oder Sparkassengeschäft darstelle); die Abweichungen der nationalen Regelung von der Bankenrichtlinie werden indes für äußerst fragwürdig gehalten, s. Schäfer, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, § 1 Rn. 12. 150 BVerwG WM 2009, 1553, 1555; OLG Stuttgart NJW 1958, 1360, 1361. 151 OLG Stuttgart NJW 1958, 1360, 1361. 152 BVerwG WM 2009, 1553, 1555. 153 So aber Lünterbusch, S. 35. 154 Fischer, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, § 32 Rn. 4 f.
B. Abtretungsverbote aufgrund kreditaufsichtsrechtlicher Schutzvorschriften 403
3. Ergebnis Die Finanzaufsicht und die regulatorischen Anforderungen des KWG an die Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute dienen primär dem öffentlichen Interesse an der Stabilität des Finanzsystems und der Schonung der Staatsfinanzen. Darüber hinaus ist nach den vorangegangenen Erörterungen entgegen der wohl herrschenden Ansicht eine nicht nur reflexartige Einbeziehung der Darlehensnehmer in den Schutzbereich der § 33 Abs. 1 S. 1 Nrn. 2, 3, 4, 4a, 7 KWG zu bejahen, soweit dort die Merkmale der Zuverlässigkeit und der fachlichen Eignung sowie das Erfordernis der organisatorischen Vorkehrungen zum ordnungsmäßigen Betreiben der Geschäfte genannt sind. Auf die Einhaltung dieser Erfordernisse können sich die Schuldner wegen § 4 Abs. 4 FinDAG zwar nicht gegenüber der Finanzaufsicht, wohl aber gegenüber ihrem jeweiligen Vertragspartner berufen, der Kreditgeschäfte betreibt. Die übrigen Anforderungen des KWG an Institute entfalten jedoch keinen Individualschutz zugunsten der Darlehensnehmer. Die Tätigkeit der Finanzaufsicht selbst erfolgt nach der gesetzgeberischen Klarstellung nur im Allgemeininteresse. Auf der Grundlage dieser Feststellungen ist im Folgenden zu erörtern, ob den Normen des KWG, soweit sie als Schutznormen in Betracht kommen, auch gesetzliche Abtretungsverbote entnommen werden können.
III. Verbot der Abtretung von Forderungen aus Bankdarlehen de lege lata 1. Abtretungsverbot gemäß § 134 BGB Nach § 134 BGB ist ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz etwas anderes ergibt. Die Abtretung von Darlehensforderungen durch eine Bank an einen Dritten ist ein Rechtsgeschäft und unterliegt deshalb der allgemeinen gesetzlichen Inhaltskontrolle. Insoweit besteht Einigkeit.155 Eine besondere Schwierigkeit bei der Anwendung der Vorschrift stellt hingegen die zentrale Frage dar, ob die Parteien bei der Abtretung von Darlehensforderungen gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen, wobei als Grundlage vorliegend § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 2, § 32, 54 KWG in Betracht kommen, und ob dies zudem zur Nichtigkeit des vorgenommenen Rechtsgeschäfts führt. Die gesetzlichen und die rechtsgeschäftlichen Regelungen verhalten sich nach dem in § 134 BGB niedergelegten Konzept in der Weise zueinander, dass ein Rechtsgeschäft mit gesetzeswidrigem Inhalt grundsätzlich nichtig ist. Das steht seinerseits allerdings unter dem Vorbehalt, dass sich aus dem Verbotsgesetz keine oder eine andere Sanktion ergibt. 155 s. etwa BGHZ 115, 123, 127 f.; 116, 268, 272 ff.; 122, 115; 171, 180; Vollborth, S. 136.
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6. Kap.: Abtretungsverbote und Übertragungsverbote
a) Kein Verstoß gegen ein ausdrückliches gesetzliches Verbot Der Umstand, dass eine Handlung unter Strafe gestellt oder als Ordnungswidrigkeit mit einer Geldbuße bedroht ist, bewirkt nicht unabweislich die Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts; vielmehr sind für jede einzelne Vorschrift Normrichtung und -zweck zu ermitteln und zu werten.156 Verträge, durch deren Abschluss beide Vertragspartner ein gesetzliches Verbot verletzen, sind im Allgemeinen nichtig.157 Eine für alle Beteiligten geltende Straf- oder Bußgeldandrohung gibt einen gewichtigen Hinweis darauf, dass die Rechtsordnung einem das Verbot missachtenden Vertrag die Wirksamkeit versagen will. Handelt es sich nur um ein einseitiges Verbot, so ist ein diesem Verbot entgegenstehender Vertrag i. d. R. wirksam.158 Bei alledem ist jedoch zu beachten, dass die Wortwahl des Gesetzes, ein zwingender Charakter der Norm, eine Strafbewehrung und der Umstand, dass beide Vertragspartner das gesetzliche Verbot verletzen, nur Indizfunktion haben können.159 Weil der Erwerb voll valutierter Darlehen kein Kreditgeschäft und auch keine Finanzdienstleistung darstellt, verstößt es nicht gegen § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 2, § 32 KWG, wenn eine Person Bankdarlehen erwirbt, obgleich sie sich nicht im Besitz einer Erlaubnis zum Betreiben von Bankgeschäften und zur Erbringung von Finanzdienstleistungen befindet.160 Dies löst auch nicht die strafrechtliche Sanktion des § 54 KWG aus. Mithin besteht in diesem Bereich kein ausdrückliches Verbot im Sinne von § 134 BGB, mit dem eine Darlehensveräußerung unmittelbar kollidieren würde. b) Umgehung des Gesetzeszwecks Der Grund für eine Nichtigkeit der Abtretung von Darlehensforderungen an Nichtinstitute ist somit allein in einer Umgehung161 der Gesetzeszwecke zu suchen, die mit der Beaufsichtigung und Regulierung der Institute i. S. v. § 1 Abs. 1b KWG verfolgt werden.162 Aus rechtssystematischen Erwägungen und 156
BGHZ 118, 142, 144 f.; 152, 10, 11 f.; 159, 334. BGHZ 118, 142, 145; 159, 334. 158 BGHZ 118, 142, 145; 159, 334. 159 MüKo-BGB/Armbrüster, § 134 Rn. 49. 160 Offengelassen in BGH, BKR 2011, 327, 328. 161 Kritik an der Terminologie der Umgehung übt Jauernig, weil § 134 BGB angewandt und nicht umgangen werde, die Gesetzesumgehung also scheitere, Jauernig/ Jauernig, BGB, § 134, Rn. 18. 162 In diese Richtung geht auch der Parteivortrag im Urteil des OLG Frankfurt a. M., BeckRS 2011, 01666, dem das erkennende Gericht allerdings nicht folgt: „. . . der Kläger meint, angesichts dessen seien die Eigenkapitalvorschriften der Banken sinnlos und es werde keine Rücksicht auf die Qualität des Vertragspartners für den Kreditnehmer genommen, . . .“ 157
B. Abtretungsverbote aufgrund kreditaufsichtsrechtlicher Schutzvorschriften 405
wegen der verfassungsrechtlich gesetzten Grenzen der Gesetzesanwendung ist in dem Umgehungsverbot kein eigenständiges Rechtsinstitut zu erblicken, sondern das Ergebnis einer teleologischen Auslegung oder sogar einer Analogie, deren Rechtsfolgen sich nach § 134 BGB richten.163 Seine besondere Ausprägung findet das Umgehungsverbot mancherorts im Gesetz, so in §§ 306a, 312f S. 2, 475 Abs. 1 S. 2, 487 S. 2, 506 S. 2, 507 BGB, § 42 AO. In der Rspr. wird allgemein betont, dass es für die praktische Rechtsanwendung entscheidend sei, ob sich das Gesetz nicht nur gegen den Abschluss des Rechtsgeschäfts wendet, sondern auch gegen seinen wirtschaftlichen Erfolg.164 Das RG war bereits der Ansicht, dass ein an sich zulässiger Erfolg unbedenklich statt durch ein (an sich näherliegendes, aber) verbotenes Geschäft durch ein erlaubtes Geschäft bewirkt werden könne, ein nicht zulässiger Erfolg dagegen auch nicht durch ein erlaubtes Geschäft herbeigeführt werden dürfe.165 Dementsprechend bildet die Gesetzesumgehung auch nach heutigem Erkenntnisstand einen Nichtigkeitsgrund nach § 134 BGB, wenn durch die gewählte, vom Gesetzeswortlaut nicht erfasste rechtliche Gestaltung der Zweck einer Rechtsnorm vereitelt wird.166 Das BAG spricht treffend von einer „objektiven Funktionswidrigkeit“ des Umgehungsgeschäfts.167 Im vorliegenden Zusammenhang ist die Umgehung der mit einzelnen Genehmigungserfordernissen verbundenen Aufsichts- und Regulierungszwecke von besonderem Interesse.168 Stets ist die teleologische Auslegung der Bestimmungen unerlässlich.169 Sie ist für die Erkennung des Verbotsverstoßes sowie die Begründung der eigentlichen Nichtigkeitsfolge schlechthin bestimmend. Bezogen auf Darlehensveräußerungen könnte somit ein gesetzliches Abtretungsverbot gemäß 163
Teichmann, JZ 2003, 761; MüKo-BGB/Armbrüster, § 134, Rn. 15. BGHZ 118, 142; 144 f.; 152, 10, 11 f.; OLG Hamm, NJW 1983, 2708; OLG Köln, NJW-RR 2000, 136. 165 RGZ 155, 138, 146. 166 BGH, JZ 1956, 119; BAGE 10, 65, 70; NJW 1959, 332, 334; BGHZ 58, 60, 65 f.; 85, 39, 46; BGH, NJW 1991, 1060, 1061; MüKo-BGB/Armbrüster, § 134, Rn. 17. 167 BAG, NZA 2009, 663, 664. 168 Nichtigkeit des vorgenommenen Umgehungsgeschäfts etwa bei BAG NZA 2009, 663, 665 (Umgehung des Genehmigungszwecks durch Zurverfügungstellung des Meistertitels ohne Erbringung einer nennenswerten Arbeitsleistung); KG, NJW 1956, 713 und ArbG Ludwigshafen a.R. NZA-RR 1997, 122 (Umgehung der Erlaubnispflicht des gewerblichen Güterkraftverkehrs); OLG Hamm NJW 1986, 2440, 2441 (Umgehung einer Gaststättenkonzessionspflicht); Gegenbeispiel bei BGH, WM 1976, 1026, 1027; NJW-RR 2003, 1116, 1117 (Keine Nichtigkeit des Gesellschaftvertrags bei Verstoß gegen das Konzessionserfordernis für das gewerbsmäßige Betreiben einer Spielhalle durch Einschaltung eines Strohmanns als Konzessionsträger; Erörterung anhand von § 138 BGB); als Beispiel für eine sehr weitgehende Nichtigkeitsfolge sei die Rspr. zur Regulierung unfallbedingter Mietwagenkosten unter dem Gesichtspunkt des RBerG (nunmehr RDG) angeführt, zuletzt noch BGH NJW 2003, 1938; NJW 2004, 2516. 169 Beater, AcP 197 (1997), 505, 515 ff.; Krampe-Bender, AcP 194 (1994), 1, 28 ff. 164
406
6. Kap.: Abtretungsverbote und Übertragungsverbote
§ 134 BGB, das sich auf Nichtinstitute i. S. v. § 1 Abs. 1b KWG beschränkt, mit einer Umgehung der zuvor herausgearbeiteten Aufsichts- und Regulierungszwecke begründet werden, wenngleich auch kein ausdrückliches gesetzliches Verbot ersichtlich ist. aa) Verschiebung bestehender Risiken in nicht regulierte Bereiche als Verstoß gegen den aufsichtsrechtlichen Funktionsschutz Unter aufsichtsrechtlichem Blickwinkel wurde von den Verfassern von Basel II, dem europäischen Richtliniengeber und dem nationalen Gesetzgeber nur geregelt, inwieweit sich ein Kreditinstitut insbesondere zum Zwecke der Eigenmittelberechnung von seinen Risiken bei der Veräußerung von Darlehensforderungen auf Zweckgesellschaften befreien kann und wie die Risikogewichtung von ABS im Vermögen von Banken erfolgen soll.170 Die Frage, ob der Forderungserwerber selbst aufgrund der Gefahren, die sich für das Finanzsystem aus dem Erwerb und dem Halten der Risikopositionen ergeben, der Aufsicht unterworfen werden sollte, haben alle Normsetzungsinstanzen ausgeblendet. In der Lit. wurde die Aufsichtsunterworfenheit des Forderungserwerbers bislang nur de lege lata erörtert.171 Eine kritische Auseinandersetzung mit dem gefundenen Ergebnis erfolgte kaum.172 (1) Fortbestand der Kreditrisiken nach einer Darlehensveräußerung Die Kreditrisiken, denen mit den Risikosteuerungsmechanismen der §§ 10 ff. KWG sowie der LiqV, der SolvV, der GroMiK und der MaRisk begegnet werden soll, entstehen zwar zeitlich mit der Vergabe der Darlehen. Sie werden aber mit der Veräußerung der Darlehensforderungen keineswegs beseitigt.173 Vielmehr werden sie lediglich verschoben, verbleiben aber bis zum Ablauf der Vertragslaufzeit und vollständigen Rückzahlung im Finanzsystem, das es insgesamt zu schützen gilt.174
170 Vgl. Basel II Abs. 538 ff., Art. 94 ff. und Anh. IX der Bankenrichtlinie (2006/ 48/EG) sowie §§ 225 ff. SolvVO. 171 Vgl. etwa U. H. Schneider/Eichholz/Ohl, ZIP 1992, 1452, 1455; Baums, WM 1993, 1, 9. 172 Soweit ersichtlich nur Teichmann, BKR 2011, 324, 326; erkenntnisreich auch Grundmann/Hofmann/Möslein, in: Finanzkrise und Wirtschaftsordnung, S. 9 ff. 173 Ähnlich Teichmann, BKR 2011, 324, 326; insofern nur aus Bankensicht zutreffend R. Freitag, WM 2008, 1813, 1815 an Fn. 18. 174 Knops, WM 2008, 2185, 2192 f.
B. Abtretungsverbote aufgrund kreditaufsichtsrechtlicher Schutzvorschriften 407
(2) Aufsichtsrechtliche Erfassung sowohl originärer als auch derivativer Kreditrisiken bei Kreditinstituten Es ist eine Selbstverständlichkeit, dass Institute i. S. v. § 1 Abs. 1b KWG die aufsichtsrechtlichen Vorgaben befolgen müssen. Sowohl für die Solvabilitätsvorschriften175 als auch für die Regulierung des Kreditgeschäfts176 ist der Begriff der „Bilanzaktiva“ bestimmend. Er umfasst insbesondere auch Kredite im Sinne von § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 KWG. Dies bezieht sich für die gesamte Laufzeit sowohl auf Darlehen, die das Kreditinstitut selbst vergeben hat, als auch auf solche, die es entgeltlich erworben hat (arg. e § 19 Abs. 5 KWG).177 Hintergrund dessen ist nach der ratio legis, dass solche isoliert betrachtet bankfremden Geschäfte infolge der Verzahnung voll auf den Bankbereich durchschlagen.178 (3) Keine Erfassung derivativer Kreditrisiken bei Nichtinstituten Hingegen ist ein Nichtinstitut bei dem Erwerb von Kreditforderungen nicht an die aufsichtsrechtlichen Vorgaben gebunden. Es unterliegt nicht den Institutspflichten des KWG. Und der Erwerb voll valutierter Forderungen begründet für sich betrachtet keine derartigen Pflichten, weil dieser nach bisheriger Rechtslage – wie eingangs erörtert179 – kein Bankgeschäft und keine Finanzdienstleistung darstellt. Folglich ist ein Nichtinstitut nach Erwerb der Positionen nicht an die in § 32 f. KWG genannten Vorschriften hinsichtlich der Mittelausstattung seines Betriebes sowie der Zuverlässigkeit und der fachlichen Eignung seiner verantwortlichen Personen gebunden. Ferner unterliegt es nicht den Eigenkapitalunterlegungs- und Anlagevorschriften der §§ 10 ff. KWG i.V. m. der Solvabilitätsverordnung und der Liquiditätsverordnung. Bei hinreichender Unabhängigkeit des Erwerbers besteht auch keine aufsichtsrechtliche Konsolidierungspflicht im Konzern der Bank, wodurch die Risiken zumindest auf konsolidierter Ebene reguliert würden.180 Dieser Wertungswiderspruch wird durchaus wahrgenommen, jedoch dadurch aufzulösen versucht, dass die Definition des Kreditgeschäfts in § 1 Abs. 1 Nr. 2 KWG folgerichtig enger gezogen wird als der volkswirtschaftliche Kreditbegriff, der § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG zugrunde liegen soll.181 Zweck 175
§ 10 Abs. 1 S. 9 KWG i.V. m. § 10 Nr. 1 SolvV. §§ 19 Abs. 1 S. 1, 13 ff. KWG. 177 Szagunn/Haug/Ergenzinger, KWG, § 1 Rn. 31. 178 Vgl. Beck/Samm/Kokemoor, KWG, § 1 Rn. 54. zu den Gründen der Diskrepanz zwischen den Kreditbegriffen des § 1 Abs. 1 und §§ 19, 21 KWG s. Samm, ebenda, Rn. 199. 179 s. Kapitel 6 B. I. 2. 180 Dazu Th. Kaufmann, S. 270 ff. 181 Beck/Samm/Kokemoor, KWG, § 1 Rn. 197 ff.; Schäfer, in: Boos/Fischer/SchulteMattler, KWG, § 1 Rn. 45. 176
408
6. Kap.: Abtretungsverbote und Übertragungsverbote
der Ersteren sei es, nur die aufsichtsrechtlich „beobachtungsbedürftigen“ Kreditgeschäfte zu erfassen. In den anderen KWG-Vorschriften sei die Definition des Kreditgeschäfts weiter gezogen, um das Eigenkapital und die Liquidität der Kreditinstitute unter Risikogesichtspunkten bemessen zu können. Aufbauend auf diesen Erwägungen wird zudem die Ansicht vertreten, der Funktionsschutz des KWG erfordere es nicht, den Erwerb ungekündigter Darlehensforderungen in den Aufsichtskatalog einzubeziehen.182 (4) Kritik an der Diskrepanz der Kreditdefinitionen im Lichte des aufsichtsrechtlichen Schutzzwecks Diese Argumentation vermag indes nicht zu überzeugen. Die Solvabilitätsvorschriften nehmen auf alle noch nicht glatt gestellten Risikopositionen im Bestand der Bank gleichermaßen Bezug, seien sie von der Bank selbst generiert oder auf dem Sekundärmarkt erworben, seien sie fällig oder nicht.183 Mit diesen Vorschriften soll aber nicht allein die Bank, sondern auch die Funktion des Finanzsystems abgesichert werden. Die darlehenstypischen Gefahren sind aber erst gebannt, sobald die Ansprüche aus den Darlehen vollständig befriedigt werden. Die Frage, ob eine erstmalige Darlehensüberlassung vorliegt (so § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 KWG), der Darlehensnehmer noch ein laufendes Nutzungsrecht hat oder ihn aufgrund der Fälligkeit schon eine Rückzahlungspflicht trifft (so die Begründung des Finanzausschusses zu § 1 Abs. 1a S. 2 Nr. 9 KWG184), führt in diesem Zusammenhang nicht weiter. Der Systemschutz verlangt vielmehr danach, alle Forderungen gegenüber Dritten, die noch nicht erfüllt wurden, in die aufsichtsrechtlich vorgegebenen Risikosysteme einzubeziehen und deren Ausfallrisiken mit Eigenkapital zu unterlegen. Stringent umgesetzt ist diese Überlegung im Diskontgeschäft gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 3 KWG, indem dort der Ankauf von Schecks und Wechseln und nicht lediglich die Gewährung entsprechender Kredite als Bankgeschäft erfasst wird. Die Insolvenz einer Nichtbank, die diese Geschäfte tätigt, hat für alle Beteiligten dieselben Folgen wie die Insolvenz einer Bank. Besonders auf Makroebene können die Auswirkungen vergleichbar sein: Durch die Insolvenz von im Finanzsektor aktiven Nichtbanken – gedacht sei hier vor allem an die als Finanzintermediäre fungierenden Verbriefungszweckgesellschaften, aber auch an Investment-Fonds – können Schäden für die Volkswirtschaft entstehen, die hinter den Folgen einer Bankinsolvenz keineswegs zurückbleiben. Demnach stehen die von der Erlaubnispflicht und der Bankenregulierung verfolgten öffentlichen Interes182
Binder/Piepenbrock, WM 2008, 1816, 1822. So auch Teichmann, BKR 2011, 324, 326, mit Hinweis insbesondere auf § 25a sowie § 32 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2, 3 KWG. 184 BT-Drs. 16/11108, S. 67. 183
B. Abtretungsverbote aufgrund kreditaufsichtsrechtlicher Schutzvorschriften 409
sen einer derartigen Aufsichtsarbitrage entgegen.185 Man kann dem auch nicht entgegensetzen, die Zweckgesellschaften seien wie Investmentgesellschaften näher am Kapitalmarkt und am einzelnen Investor als an der Bank, die sich dadurch refinanziert. Denn sie sind zumeist ebenso wenig im Besitz einer Bewilligung zum Betreiben des Kapitalanlagegeschäfts und würden die Voraussetzungen im Hinblick auf die Diversifizierung und hinreichende Liquidität des Anlagevermögens, die wesentlich zur Sicherheit der Kapitalanlagegesellschaften beiträgt, gerade nicht erfüllen. Es bleibt mithin dabei, dass der Transfer von Kreditrisiken von Kreditinstituten auf andere, nicht regulierte Investorengruppen eine Verletzung der Marktdisziplin darstellt. Man kann dies zurückhaltend als Ausdruck eines Ausweichverhaltens der Banken hinsichtlich gestiegener Regulierungsbemühungen sehen. Jedoch werden die normativ verankerten und differenzierten Risikosteuerungsmechanismen durch den Gläubigerwechsel hin zu einem Nichtinstitut umgangen.186 Die Darlehensverlagerung in den nichtregulierten Bereich war ein wesentlicher Treiber der Finanzmarktkrise der Jahre 2007 bis 2009. Sie machte die weitreichenden staatlichen Finanzmarktstabilisierungsmaßnahmen erforderlich, was durch die Bankenregulierung gerade verhindert werden sollte und soll. Das Interesse der Banken, mit einer Veräußerung der Risikopositionen eine Eigenkapitalentlastung zu erzielen, wie dies in Rechtswissenschaft und -praxis in unkritischem Nachvollzug betriebswirtschaftlicher Thesen nahezu einhellig als sinnvolles Veräußerungsmotiv dargestellt wird,187 ist demnach in Wahrheit nicht schutzwürdig. bb) Aushebelung der individualschützenden Vorschriften des KWG Die Gläubiger und Anteilseigner eines Darlehensinvestors, der ein Nichtinstitut ist, werden nicht in einer Weise geschützt wie diejenigen einer Bank, obgleich beide Male die Intermediation ihrer Vermögenswerte in eine Darlehensinvestition mündet. Erschwerend kommt hinzu, dass gerade die Gläubiger und Anteilseigner eines Darlehensinvestors letztlich Opfer der aufgezeigten Anreizprobleme bei Darlehensveräußerungen werden. Insofern ist im Ergebnis keine andere Bewertung als zu dem Funktionsschutz angezeigt. Weitaus differenzierter – und deshalb hier vorrangig zu erörtern – ist indes die Veränderung der Gläubigereigenschaft aus der Perspektive der Darlehensnehmer zu werten, die nach den obigen Erörterungen ebenfalls durch das KWG geschützt werden. Ein Gläubigerwechsel, in Vollzug dessen eine Person Forderungsinhaberin wird, die nicht der Institutsaufsicht nach dem dritten Abschnitt des Kreditwesengesetzes (§§ 32 ff. KWG) unterliegt und nicht an die dort genannten Vorgaben hinsichtlich der Zuverlässig185 186 187
So auch Knops, WM 2008, 2185, 2193. Knops, WM 2008, 2185, 2193. s. die Nachweise in Kapitel 2 C. I.
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6. Kap.: Abtretungsverbote und Übertragungsverbote
keit, der fachlichen Eignung sowie hinsichtlich der erforderlichen organisatorischen Vorkehrungen zum ordnungsmäßigen Betreiben der Geschäfte gebunden ist, würde die Gewährleistung des KWG zu Lasten der Darlehensnehmer untergraben. (1) Reichsgericht zur Abtretung von Forderungen von öffentlichen Pfandleihern an Dritte Das Reichsgericht hielt in der oben bereits erörterten Entscheidung aus dem Jahre 1904 die Abtretungen eines öffentlichen Pfandleihers an Dritte, die keine öffentlichen Pfandleiher sind, gemäß § 134 BGB wegen Verstoßes gegen die einschlägigen Schutzbestimmungen für unwirksam.188 Es begründete seine Ansicht wie folgt: „Die in allen erwähnten Gesetzesbestimmungen [insbesondere der Gewerbeordnung und des Strafgesetzbuches] zum Ausdruck gekommene gesetzgeberische Absicht würde vereitelt, wenn den öffentlichen Pfandleihern gestattet wäre, die geschützten Darlehensforderungen an Dritte abzutreten, die weder die bei ihnen vorausgesetzten moralischen Garantien bieten, noch rechtlich (insbesondere auch strafrechtlich) an die Beschränkungen der Vertragsfreiheit zugunsten der Darlehensnehmer gebunden sind, und wenn letzteren zugemutet würde, diese Dritten als Gläubiger anzunehmen.“ 189
Das Reichsgericht knüpft das Abtretungsverbot an die fehlende Qualifikation des Zessionars. Es geht damit weniger weit als die oben zitierte württembergische Ministerialverfügung, die ein generelles Abtretungsverbot für die Berufsgruppe der Pfandleiher aussprach. Vielmehr verlangt das Reichsgericht de facto eine Pfandleiherlizenz für den Erwerb der bereits bestehenden Darlehensforderungen. (2) Umgehung der individualschützenden Regelungen des KWG Tritt eine Bank Forderungen aus von ihr gewährten Darlehen an eine Nichtbank ab, ergibt sich nichts anderes. Insbesondere die Zuverlässigkeit des Zessionars – also die Annahme, dass er sich unter anderem nicht an den Pfändern vergreift oder die Notlage, den Leichtsinn oder die Unerfahrenheit seiner Kunden ausnutzt190 – wäre weder gesichert noch kontrollierbar. Das ist vor allem deshalb von Bedeutung, weil als Erwerber der Darlehensforderungen gegenwärtig auch unregulierte Kapitalsammelstellen in Erscheinung treten, die sich in hohem Maße der Gewinnmaximierung verschrieben haben und ihre Geschäftsstrategie 188
RGZ 58, 71, 74. RGZ 58, 71, 74. 190 So entsprechend der ratio legis des § 34 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 GewO die Definition der Zuverlässigkeit von Marcks, in: Landmann/Rohner, GewO, Bd. 1, § 34 Rn. 19. 189
B. Abtretungsverbote aufgrund kreditaufsichtsrechtlicher Schutzvorschriften 411
auf eine zügige Forderungsverwertung gründen.191 Dagegen ist schon hier der Einwand beachtlich, dass das Vertrauen des Kreditnehmers, die Sicherheiten würden im Sicherungsfall durch ein Kreditinstitut schonend abgewickelt,192 eine Abtretung an Nichtinstitute nicht von vornherein unzulässig erscheinen lasse.193 Anders gewendet mache die Person des Gläubigers194 ebenso wie die des Vollstreckenden195 nach vielfach vertretener Ansicht keinen Unterschied. Die Aufsichtsunterworfenheit rechtfertige nicht die Annahme qualitativer Unterschiede zwischen aufsichtsrechtlichen Kreditinstituten und unkontrollierten Erwerbern, die als solche für die Darlehensnehmer zu spürbaren Beeinträchtigungen führten und damit das Unwirksamkeitsverdikt begründen könnten.196 Konkret kann man sich fragen, warum heutzutage gerade Kreditinstitute noch die Gewähr für eine moralisch einwandfreie Kreditverwaltung und -abwicklung bieten sollen, sind sie doch wie Finanzinvestoren gleichermaßen der Renditemaximierung verpflichtet. Bestimmte, hier in Rede stehende Finanzinvestoren können selbst einen strategischen Einfluss auf einzelne Banken erwerben und damit die ihnen eigene Geschäftsstrategie auf ein operatives Bankgeschäft übertragen. Auf der anderen Seite wird angezweifelt oder gar als Unterstellung zurückgewiesen, dass Finanzinvestoren typischerweise missbräuchlich vorgehen würden.197 Unter Missbrauch wird insoweit nur verstanden, dass der Erwerber die ihm übertragenen Darlehensforderungen und Vollstreckungstitel dazu ausnutzt, um sich Geld zu verschaffen, das ihm nicht zusteht.198 Es gebe ferner keinen allgemeinen Erfahrungssatz, dass ein Finanzinvestor über bessere rechtliche Beratung, über ein größeres Durchhaltevermögen oder über mehr finanzielle Mittel als eine Bank verfüge und der Kreditnehmer daher einem Investor unterlegener sei als einer Bank.199 Inkassounternehmer müssten für die Ausübung ihrer Tätigkeit nach §§ 2 i.V. m. 10 ff. RDG sogar in größerem Maße als Kreditinstitute eine besondere Sachkunde nachweisen.200 Somit wird die Erlaubnispflicht
191 In diese Richtung auch Schimansky, WM 2008, 1049, 1050 ff.; LG Hamburg, NJW 2008, 2784. 192 Dafür plädieren Schwintowski/Schantz, NJW 2008, 472, 473 f.; MüKo-BGB/ Roth, § 399 Rn. 29a. 193 Habersack, Stellungnahme vom 14.01.2008, S. 7; ders., NJW 2008, 3173, 3175; Nobbe, ZIP 2008, 97, 98; Schulz, ZIP 2008, 1858, 1860; R. Freitag, WM 2008, 1813, 1815; Bork, ZIP 2008, 2049, 2054; Lehleiter/Hoppe, BKR 2008, 363, 365. 194 Bredow/Vogel, BKR 2008, 271, 272. 195 Lehleiter/Hoppe, BKR 2008, 363, 364 f.; Schulz, ZIP 2008, 1858, 1864. 196 Binder/Piepenbrock, WM 2008, 1816, 1820 ff. 197 R. Freitag, WM 2008, 1813; Bork, ZIP 2008, 2049, 2056 m.w. N. aus der Rspr. in Fn. 77 und 78. 198 Bork, ZIP 2008, 2049, 2056. 199 Lehleiter/Hoppe, BKR 2008, 363, 366. 200 Schulz, ZIP 2008, 1858, 1862.
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6. Kap.: Abtretungsverbote und Übertragungsverbote
bzw. laufende Aufsicht als Differenzierungskriterium teilweise für untauglich gehalten.201 Ob es nach Darlehenserwerben durch unregulierte Investoren zu Missbrauchsfällen der zuvor bezeichneten Art kam, ist in der Lit. und sogar im Gesetzgebungsverfahren zum Risikobegrenzungsgesetz nicht geklärt worden. Es wird allerdings in verdächtiger Weise angemerkt, dass der oft – auch in dieser Arbeit – bemühte Fall des OLG München202 exemplarisch beweise, dass der Schutz des Schuldners gegenüber dem Zessionar durchaus funktioniere.203 Bei genauerem Blick auf die Urteilsgründe beweist dieser Fall aber ähnlich wie andere204 auch, dass gegen den Erwerber vermehrt Rechtsschutz wegen rechtswidrigen Vortrags in Anspruch genommen werden muss. Die vorliegenden Urteile geben auch kein vollständiges Bild darüber ab, wie viele der Darlehensnehmer, die wegen der Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung die Klagelast trifft, keinen Rechtsschutz in Anspruch genommen haben. Es handelt sich um eine Tatsachenfrage, die heillos umstritten bleiben wird. Darauf wurde bereits bei der Darstellung der Interessenlage hingewiesen.205 Es soll ausdrücklich nicht versucht werden, einem Anspruch des Kreditnehmers auf Schutz vor einer zügigen und effektiven Verwertung der bestellten Sicherheiten im Sicherungsfall das Wort zu reden.206 Davon ist das hier verfolgte Anliegen zu trennen, die Regulierung und Aufsichtsunterworfenheit des Vertragspartners zu wahren. Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass sich die Gefahr der Ausbeutung strukturell schwächerer Darlehensnehmer mit der Veräußerung der Darlehen an nicht beaufsichtigte und nicht regulierte Investoren weitaus leichter realisieren kann, als wenn die Darlehen bei einem Kreditinstitut verbleiben. Kreditinstitute pflegen bereits aus Gründen der öffentlichen Wahrnehmung, der Rückwirkung auf das Neugeschäft und nicht zuletzt wegen der Missstandskontrolle der BaFin gemäß § 6 Abs. 2 KWG207 ihre Geschäfte ordnungsgemäß und seriös durchzuführen. Mithin ist die vertrauensvolle Verwaltung und Abwicklung der Kreditengagements durch ein Kreditinstitut nicht nur eine reine Gefälligkeit gegenüber dem Kunden. Veräußerungsbereite Kreditinstitute sind zwar ebenso wenig an der Fortsetzung des Darlehensengagements interessiert wie verwertungsorientierte Erwerber.208 Man muss jedoch im Auge behalten, dass es den 201
Schulz, ZIP 2008, 1858, 1862. OLG München, WM 2008, 688. 203 R. Freitag, WM 2008, 1813. 204 s. etwa LG Frankfurt a. M., BeckRS 2009 11909. 205 s. o. Kapitel 2 C. III. 206 Einen solchen Anspruch verneinen etwa Nobbe, ZIP 2008, 97, 98; Lehleiter/ Hoppe, BKR 2008, 363, 365; R. Freitag, WM 2008, 1813, 1815; Habersack, NJW 2008, 3173, 3175; Bork, ZIP 2008, 2049, 2054. 207 Vgl. dazu Schäfer, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, § 6 Rn. 32 ff. 208 R. Freitag, WM 2008, 1813, 1815. 202
B. Abtretungsverbote aufgrund kreditaufsichtsrechtlicher Schutzvorschriften 413
Finanzinvestoren vor allem auch deshalb möglich ist, aus der Verwertung der Darlehen einen höheren Ertrag zu erzielen als die abtretende Bank, weil sie die Forderungen schneller und aggressiver durchsetzen, ohne auf gewachsene Kundenbeziehungen Rücksicht nehmen zu müssen. Dies muss zwar nicht immer ein eklatanter Missbrauch sein, jedoch werden die Schuldnerinteressen in jedem Fall gefährdet. In der Lit. wird beschwichtigt, dass dem Darlehensnehmer bei einem reinen Gläubigerwechsel infolge einer Forderungszession – anders als bei einer Vertragsübernahme – im Hinblick auf den Pflichtenkreis des Darlehensgebers ein staatlich beaufsichtigtes Institut als Schuldner bleibt.209 Dies führt indes nicht zu einer anderweitigen Bewertung. Das Servicing der Darlehensforderungen muss und wird der Darlehensgeber regelmäßig nicht persönlich fortführen. Seine nach der vollständigen Darlehensvalutierung verbleibenden Treue- und Rücksichtnahmepflichten verhelfen dem Darlehensnehmer nicht zu einer besseren Position gegenüber einem unbeaufsichtigten Zessionar. Bildlich gesprochen verlässt die Darlehensforderung den sicheren ordnungsrechtlichen Hafen der Kreditaufsicht und wird durch die Darlehensveräußerung an ein Nichtinstitut auf die hohe See eines unregulierten und unkontrollierten Finanzmarktes geschwemmt. Es steht mithin dem Schutz der Darlehensnehmer entgegen, wenn das Gütesiegel der Bank bei einer Darlehensveräußerung an Nichtinstitute verloren geht. (3) Abgrenzung zum Verbot der Kreditvergabe Zwar wird in Rspr. und Lit. bislang wohl überwiegend davon ausgegangen, dass Kreditverträge zwischen Bankkunden und Kreditinstituten trotz Verstoßes gegen die §§ 32 ff., 54 ff. KWG nicht nach § 134 BGB unwirksam sind.210 Das beruht darauf, dass nicht die Vornahme des Bankgeschäfts selbst verboten ist, sondern die Vorschriften lediglich das Kreditinstitut verpflichten, mithin nur ein einseitiger Verstoß vorliegt. Diese Entscheidungen halten auch einer wertungsmäßigen Überprüfung stand. Denn in den zugrundeliegenden Sachverhalten hat sich der Schuldner seinen Gläubiger selbst ausgesucht. Außerdem würde im Bereich eines Einlagegeschäfts die Nichtigkeit dazu führen, dass der Bankkunde, den es zu schützen gilt, zweckwidrig benachteiligt wird.211 Bei einer Darlehens209
Beck/Samm/Kokemoor, KWG, § 1 Rn. 203. Stdg. Rspr. gemäß BGH, BKR 2011, 327, 328 m.w. N.; a. A. noch BGH, NJW 1964, 252, 253; offengelassen von BGH, NJW 2005, 1784, 1785; ebenso offengelassen in BVerwG, BKR 2011, 208, 211 m.w. N.; aus der Lit. zustimmend Fischer, in: Boos/ Fischer/Schulte-Mattler, KWG, § 32 Rn. 16; Palandt/Ellenberger, BGB, § 134 Rn. 20 m.w. N. 211 Dempewolf, Anm. zu LG Köln, NJW 1964, 252, 253; s. dazu schon Ladenburg, AcP 74 (1889), 445, 447 ff., der für die Einlösung von Inhaberobligationen, die ohne die erforderliche hoheitliche Genehmigung ausgegeben wurden, argumentiert, dies indes unter dem Gesichtspunkt der Treuwidrigkeit der Berufung auf eigenes Unrecht. 210
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6. Kap.: Abtretungsverbote und Übertragungsverbote
veräußerung liegt der Fall indes anders. Die Wirksamkeit des Darlehensvertrags im Verhältnis zwischen Bank und Darlehensnehmer steht außer Streit. Vielmehr geht es um die davon zu unterscheidende Frage, ob die Abtretung der Darlehensforderung von der Bank an einen Dritten ohne Zutun des Schuldners wirksam ist, während der Schuldner durch ein Unwirksamkeitsverdikt geschützt würde. Den neuen Gläubiger hat sich der Schuldner nicht selbst ausgesucht. Dieser konnte somit nicht feststellen, ob jener die aufsichtsrechtlichen Anforderungen in gleichem Maße erfüllt wie der originäre Darlehensgeber. Die unterschiedlichen Rechtsbeziehungen sowie Interessenlagen lassen das OLG Frankfurt a. M.212 sowie der BGH213 außer Acht, wenn sie die Wirksamkeit, also die fehlende Nichtigkeit nach § 134 BGB, einer gegen §§ 1, 32 Abs. 1 S. 1 KWG verstoßenden Darlehensvergabe in eine Reihe mit der Übertragung von Bankdarlehen bzw. Darlehensforderungen auf eine Nichtbank stellen. cc) Zwischenergebnis Wenn der Zessionar der Darlehensforderung kein Kreditinstitut ist, umgehen die Zessionsparteien mit einer Abtretung die Schutzvorschriften der §§ 32 ff., 54 ff. KWG. Durch die Verschiebung der bestehenden Risiken in den nichtregulierten Bereich wird gegen den aufsichtsrechtlichen Funktionsschutz verstoßen. Die Kreditrisiken bleiben nach einer Darlehensveräußerung bestehen, werden bei einem Nichtinstitut indes aufsichtsrechtlich nicht mehr erfasst. Es besteht ein Wertungswiderspruch dazu, dass bei Kreditinstituten nicht allein die originären, sondern auch die derivativen Kreditrisiken für die aufsichtsrechtlichen Kapitalanforderungen und das Risikomanagement maßgeblich sind. Ein Gläubigerwechsel mit dem Ergebnis, dass ein Nichtinstitut Forderungsinhaberin wird, untergräbt zudem die Gewährleistung des KWG zu Lasten der Darlehensnehmer. c) Nichtigkeitsfolge aa) Erforderlichkeit zur Verwirklichung der aufsichtsrechtlichen Schutzzwecke Fehlt es bei einem Umgehungsgeschäft bereits an einem Verstoß gegen ein ausdrückliches Verbot, so ist erst recht keine ausdrückliche Vorschrift zu erkennen, die die Nichtigkeitsfolge in der erwünschten Klarheit zum Ausdruck brächte. Gerade auch für Umgehungsgeschäfte gilt, dass die Nichtigkeitsfolge eintritt, wenn der Gesetzeszweck anders als durch die Nichtigkeit des Umge212
OLG Frankfurt a. M., BeckRS 2011, 01666. BGH, BKR 2011, 327, 328 f.; ihm in dieser Begründung folgend Teichmann, BKR 2011, 324, 326. 213
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hungsgeschäfts nicht zu erreichen ist.214 Das ist unter Aspekten des Darlehensnehmerschutzes bei zustimmungsfreien Darlehensveräußerungen an Nichtbanken nicht zwingend, weil das Servicing bei der Bank verleiben kann. Gleichwohl wird dies zumeist nicht der Fall sein. Die Interessen des Schuldners sind zumindest akut gefährdet. Jedenfalls aber kann auch der Schutz des Fiskus, der Allgemeinheit und der Anleger wirksam nur dadurch erreicht werden, dass die Forderungsabtretung an Nichtinstitute für nichtig erklärt wird. Allein damit kann der Entziehung der Darlehen aus dem regulierten Bereich entgegengetreten werden. bb) Vertrauensschutz aufgrund bisheriger politischer Förderung Vor diesem Hintergrund gibt es aber zu denken, dass die Disintermediation und damit zugleich auch die Aufsichtsarbitrage bislang nicht etwa kritisiert, sondern politisch erwünscht waren215 und sogar durch verschiedene gesetzliche Maßnahmen gefördert wurden.216 Der Gesetzgeber hat damit Vertrauenstatbestände gesetzt und zu erkennen gegeben, dass ihm an einer Förderung der Veräußerungspraxis gelegen ist. Um es Kreditinstituten zu erleichtern, Kreditforderungen zu verbriefen, wurden Zweckgesellschaften, die von Kreditinstituten Kreditforderungen übernehmen und verbriefen, durch § 19 GewStDV gewerbesteuerrechtlich den Banken gleichgestellt.217 In § 4 Nr. 8c UStG ist der Verkauf von Forderungen von der Umsatzsteuer befreit. Infolge des Urteils des EuGH vom 26.06. 2003218 bezieht das BMF in einem Erlass219 zur umsatzsteuerlichen Behandlung des Factorings zwar eine differenzierte Stellung. Transaktionen im Rahmen von ABS-Modellen nimmt es jedoch ausdrücklich von der Umsatzsteuerpflicht aus.220 Nur wenn der Erwerber von Darlehensforderungen mit dem Ausfallrisiko zugleich auch den Forderungseinzug übernimmt, kann dies entsprechend den Factoring-Grundsätzen zu einer Umsatzsteuerbelastung führen, was etwa auf den Erwerb von Non-Performing Loans zutreffen kann.221 Im früheren Rechtsbera214 OLG Frankfurt, NJW 2001, 1504, 1505; BayObLG, NJW 2000, 1875, 1876; MüKo-BGB/Armbrüster, § 134, Rn. 17. 215 So der Ministerialdirektor im BMF Asmussen, Kreditwesen 2006, 1016 ff.; vgl. ferner R. Freitag, WM 2008, 1813, 1815; Binder/Piekenbrock, WM 2008, 1816, 1824. 216 Vgl. zusammenfassend die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion der CDU/CSU – Drucksache 15/5496 –, BT-Drs. 15/5559, S. 2. 217 Gesetz zur Förderung von Kleinunternehmern und zur Verbesserung der Unternehmensfinanzierung (Kleinunternehmerförderungsgesetz) vom 31.07.2003 (BGBl. I, 1550). 218 C-305/01, BStBl. 2004 II S. 688. 219 Sog. Factoring-Erlass, BMF-Schreiben vom 03.06.2004, BStBl. 2004 I S. 737. 220 Abschnitt 18 Abs. 9 S. 5 UStR 2008; vgl. auch Froitzheim/Lotz/Breiteneicher/ Nachtwey/Leclaire, S. 136 f. 221 Vgl. dazu und zu der Kritik Tillmann, in: Lützenrath/Schuppener/Peppmeier, S. 235 f. m.w. N.; Vorlage zum EuGH anhängig, BFH, DStR 2010, 377.
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6. Kap.: Abtretungsverbote und Übertragungsverbote
tungsgesetz wurde klargestellt,222 dass Unternehmen, die – wie bei Verbriefungen üblich – Forderungen einziehen, die sie zuvor an eine Zweckgesellschaft abgetreten haben, nicht in dessen Anwendungsbereich fallen. Der echte Forderungskauf ist seit der Entscheidung des BVerwG aus dem Jahre 2002223 zur Nichtanwendbarkeit des § 1 Abs. 1 S. 1 der Fünften Verordnung zur Ausführung des Rechtsberatungsgesetzes nicht mehr gesetzlich reguliert. Diese Entscheidung wurde in den nunmehr geltenden § 2 Abs. 2 S. 1 RDG224 überführt. Danach werden alle Fälle des Ankaufs fremder Forderungen, bei denen ein endgültiger Forderungserwerb stattfindet und das Risiko des Forderungsausfalls auf den Erwerber übergeht, vom Anwendungsbereich des RDG nicht erfasst.225 Insofern erfolgt ein Forderungsinkasso nicht für fremde, sondern für eigene Rechnung des Erwerbers. Alternativ kann der bisherige Gläubiger das Servicing erlaubnisfrei fortführen. Das erlaubt die Fiktion in § 2 Abs. 2 S. 2 RDG. Die Regierungsbegründung stellt klar, dass der Ankauf von Kreditportfolios, insbesondere im Rahmen von Non-Performing-Loan-Transaktionen, von vornherein nicht unter das RDG fällt.226 Daneben wurde mit den §§ 22a ff. KWG ein Refinanzierungsregister eingeführt, das vor allem für Verbriefungstransaktionen bereitstehen soll. Im Gesetzgebungsverfahren zum Risikobegrenzungsgesetz wurde das Thema der Aufsichtsarbitrage nicht angegangen. Besonders verwundert es aber, dass sogar innerhalb des Aufsichtsrechts spezielle Vorschriften für den Erwerb von Forderungen durch Zweckgesellschaften getroffen wurden. Es kann davon ausgegangen werden, dass die Autoren von Basel II dabei auch solche Zweckgesellschaften im Blick hatten, die über keine Erlaubnis zum Betreiben von Kreditgeschäften verfügen.227 Zunächst hatte das BAKred im Jahre 1997 mit seinem ABS-Rundschreiben228 Voraussetzungen aufgestellt, unter denen sich Banken von Risiken regulatorisch entlasten können. Nunmehr wurden auf internationaler und europäischer Ebene sowie in der nationalen Umsetzung umfangreiche Anforderungen an Verbriefungstransaktionen von Kreditinstituten normiert, die zur Minderung der Kreditrisiken der Banken durchgeführt werden und auch die Übertragung von Forderungen an Zweckgesellschaften (ohne Bankerlaubnis) einschließen.229 Selbst die Europäische Kom222
Viertes Finanzmarktförderungsgesetz vom 21.06.2002 (BGBl. I, 2010). BVerwGE 118, 319. 224 Gesetz zur Neuregelung des Rechtsberatungsrechts; Gesetz vom 12.12.2007 (BGBl. I, 2840). 225 BT-Drs. 16/3655 S. 36, 48. 226 BT-Drs. 16/3655 S. 48. 227 R. Freitag, WM 2008, 1813, 1815. 228 Rundschreiben BaKred 4/97 v. 19.03.1997, WM 1997, 1821, 1822. 229 Vgl. Basel II Abs. 538 ff., Art. 94 ff. und Anh. IX der Bankenrichtlinie (2006/ 48/EG) sowie §§ 225 ff. SolvVO. 223
B. Abtretungsverbote aufgrund kreditaufsichtsrechtlicher Schutzvorschriften 417
mission begrüßt die Übertragbarkeit von Krediten und Kreditportfolios, wobei der Fokus stets auf der Bank liegt, die sich von den Risiken entlastet,230 der Erwerber aber im regulatorischen Dunkel bleibt. In Anbetracht dieser Maßnahmen erscheint es zweifelhaft, aus dem Umstand der Aufsichtsarbitrage nunmehr ein gesetzliches Verbot (§ 134 BGB) für die Abtretung von Darlehensforderungen an Nichtbanken herzuleiten. Die Darlehensgeber vertrauen derzeit auf diese Förderungsmaßnahmen, die allesamt von der Veräußerbarkeit an Nichtbanken ausgehen. Aus der individuellen Sicht des Bürgers bedeutet Rechtssicherheit als Teil des Rechtsstaatsprinzips vor allem Vertrauensschutz.231 Damit wird zwar künftigen Gesetzesänderungen nicht der Weg verstellt und die Rspr. nicht von ihrer Gesetzmäßigkeit (Art. 20 Abs. 3 GG) entbunden. Jedoch erhöht die gesetzgeberische Förderung die Hürde für eine Veräußerungsrestriktion in der praktischen Anwendung. cc) Fehlen einer gesetzlichen Grundlage H. P. Westermann beschäftigt sich in einer Abhandlung mit den Drittinteressen und dem öffentlichen Wohl als Element der Bewertung privater Rechtsverhältnisse.232 Er stellt fest, dass die auf unterschiedlichen rechtstechnischen Wegen vorgenommene Einbeziehung von Dritt- und Allgemeininteressen in die Bewertung privater Rechtsverhältnisse grundsätzlich akzeptiert sei, jedoch lediglich eine Ausnahme vom Prinzip der bloßen Inter-partes-Wirkung des Schuldverhältnisses darstelle. Mit der vorliegend in Frage stehenden Abtretungsbeschränkung wäre ein intensiver Eingriff in die Eigentums- und Gewerbefreiheit sowie die Privatautonomie verbunden. Wegen der hohen Grundrechtsrelevanz wäre für die Nichtigkeitsfolge demzufolge eine ausdrückliche und konkrete gesetzliche Regelung vonnöten.233 Auch aus Gründen der innerstaatlichen Kompetenzverteilung darf die Bestimmung des Inhalts und der Grenzen eines solchen gesetzlichen Verbots nicht allein der Rspr. überlassen bleiben.234 230 Vgl. dazu ausf. Annex III (Impact Assessment on Specific Issues) zu dem das Weißbuch der Kommission zur Integration der EU-Hypothekenmärkte begleitenden Impact Assessment Report der Kommission vom 18.12.2007, SEK(2007) 1683 Annex III, S. 163 ff.; vgl. auch Staub, SZW/RSDA 2009, 323, 331 ff. 231 Herzog, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 20, Rn. 69. 232 H. P. Westermann, AcP 208 (2008), 141, 180 f. 233 Zu der Funktion des Gesetzesvorbehalts in der Grundrechtsdogmatik Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 20 Abs. 4 Rn. 79 ff.; zu seiner Funktion im Zivilrecht Beater, AcP 194 (1994), 505, 524. 234 Grzeszick, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, GG, Art. 20 Abs. 4 Rn. 90, 148; die gleichermaßen freiheitsgewährende wie kompetenzwahrende Funktion des Gesetzesvorbehalts folgt aus dem Rechtsstaatsprinzip und findet etwa ihre spezielle Ausprägung in dem strafrechtlichen Art. 103 Abs. 2 GG, Schmid-Aßmann, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 103 Abs. 2 Rn. 178–189.
418
6. Kap.: Abtretungsverbote und Übertragungsverbote
Es sprechen gute Gründe dafür, zur Vermeidung einer Aufsichtsarbitrage die Übertragung von Darlehensforderungen auf Institute i. S. v. § 1 Abs. 1b KWG zu beschränken. Die Kreditdefinition in § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 KWG müsste an den in den §§ 10, 13 und 19 KWG verwendeten volkswirtschaftlichen Kreditbegriff angeglichen werden; der Systemschutz erfordert dies. Das ist aber nicht geschehen. Der mit dem KWG bezweckte Systemschutz ist mithin im Bereich der Kreditgeschäfte bislang nicht vollständig normativ umgesetzt worden. Gleiches gilt für den aus dem KWG fließenden Schutz der Darlehensnehmer. Die Integrität und das rechtmäßige Verhalten des Vertragspartners werden zwar auch durch die Unterworfenheit des Gläubigers unter das Kreditwesengesetz gewährleistet. Der Schutz des hierauf fußenden Vertrauens der Darlehensnehmer erreicht für sich gesehen aber keine Gesetzeskraft, aus der sich ein eigenständiges gesetzliches Verbot nach § 134 BGB ergeben könnte. Auch H. P. Westermann kommt in seiner Untersuchung zu dem Schluss, dass sich das Privatrecht stets des Umstands bewusst sein müsse, dass es, um aus der Beschränkung der zu berücksichtigenden Interessen auf die Belange der am Rechtsverhältnis Beteiligten herauszutreten, insbesondere einer gesetzlichen Ermächtigung bedarf, die ihrerseits fordert, dass Dritt- oder Allgemeinwirkungen von solcher Breite und von solchem Gewicht auftreten, dass das Recht einer Privatrechtsgesellschaft darauf reagieren muss.235 Diese Schwelle ist bei einer Darlehensveräußerung an Nichtinstitute erreicht. Doch solange das reine Haben und Halten bestehender und voll valutierter Darlehensforderungen nicht in dem Katalog der erlaubnispflichtigen Kreditgeschäfte enthalten ist, besteht keine ausdrückliche gesetzliche Verbotsnorm, die sich gegen einen Forderungserwerb durch Nichtinstitute und vor allem gegen dessen wirtschaftlichen Erfolg wenden würde. Versuche, ein solches Verbot im Wege der Auslegung herzuleiten, finden ihre Grenze im Wortlaut der §§ 1, 32, 54 KWG. Der mit diesen Normen abstrakt bezweckte Schutz der Darlehensnehmer, des Staates sowie der Allgemeinheit entfaltet für sich gesehen keine derartige normative Kraft, um darauf ein belastbares Abtretungsverbot stützen zu können. Andernfalls würde die Grenze der zulässigen Rechtsfortbildung überschritten. d) Ergebnis Die Abtretung einer Darlehensforderung eines Kreditinstituts an ein Nichtinstitut ist de lege lata nicht gemäß § 134 BGB unwirksam.236 Es liegt kein unmittelbarer Verstoß gegen die Schutzvorschriften des KWG, sondern lediglich 235
H. P. Westermann, AcP 208 (2008), 141, 180 f. Ebenso i. E. OLG Frankfurt a. M., BeckRS 2011, 01666; für den Fall eines Zwischenerwerbs durch eine Nichtbank für eine logische Sekunde, im Übrigen aber offengelassen BGH, BKR 2011, 327, 329; zust. Teichmann, BKR 2011, 324, 326. 236
B. Abtretungsverbote aufgrund kreditaufsichtsrechtlicher Schutzvorschriften 419
eine Umgehung des Gesetzeszwecks vor. Zur Verwirklichung der aufsichtsrechtlichen Schutzzwecke wäre zwar ein Abtretungsverbot für Darlehensforderungen aus Bankdarlehen an Nichtbanken erforderlich. Aufgrund des Schutzes des gesetzgeberisch begründeten Vertrauens und des Fehlens einer gesetzlichen Grundlage für ein derart weitreichendes Verfügungsverbot lässt sich dies jedoch nicht mit der geltenden Rechtslage vereinbaren. 2. Abtretungsverbot wegen Änderung der Gläubigereigenschaft gemäß § 399 Hs. 1 BGB Davon bleibt allerdings unberührt, die Eigenschaft als Kreditinstitut im Rahmen von § 399 Hs. 1 oder Hs. 2 BGB für beachtlich zu halten. Den §§ 398 ff. BGB liegt die Identitätsvorstellung zugrunde. Die Identität der Forderung wird durch die Wahrung der Einwendungen und Einreden sichergestellt. Ein Gläubigerwechsel berührt hingegen grundsätzlich nicht die Identität der Forderung.237 Eine Ausnahme dazu bildet § 399 Hs. 1 BGB. Nach dieser Vorschrift kann eine Forderung nicht abgetreten werden, wenn die Leistung an einen anderen als den ursprünglichen Gläubiger nicht ohne Veränderung ihres Inhalts erfolgen kann. Eine solche Inhaltsänderung liegt nicht nur bei höchstpersönlichen oder unselbständigen akzessorischen Ansprüchen vor, sondern auch dann, wenn ein Gläubigerwechsel zwar rechtlich vorstellbar, das Interesse des Schuldners an der Beibehaltung einer bestimmten Gläubigerperson aber besonders schutzwürdig ist.238 Ein solches schutzwürdiges Interesse wird bei Ansprüchen angenommen, bei denen es für den Schuldner entscheidend darauf ankommt, an wen er die Leistung zu erbringen hat.239 Teile der Lit. haben diesen Ansatz aufgegriffen und die Eigenschaft des Gläubigers als Kreditinstitut als Forderungsinhalt angesehen, weil die gewerbsmäßige Gewährung von Gelddarlehen ein Kreditgeschäft sei.240 Entsprechend sehen sie in der Abtretung der Kreditforderung durch ein Kreditinstitut an ein Unternehmen, das kein Kreditinstitut ist, eine Änderung dieses Forderungsinhalts, die die Abtretung nach § 399 Hs. 1 BGB unwirksam sein lässt. Weiter gehend betont Knops die Personalität des Schuldverhältnisses in einem noch stärkeren Maße, indem er die Übertragung langfristiger Immobiliarkredite nicht einmal auf Kreditinstitute gelten lassen will.241
237
s. bereits verschiedentlich oben Kapitel 6 A. I. 3., B. III. 2. sowie D. I. BGHZ 96, 146, 149; MüKo-BGB/Roth, § 399 Rn. 1, 8 ff. 239 Insofern übereinstimmend LG Nürnberg-Fürth, WM 2008, 2015, 2017. 240 Schwintowski/Schantz, NJW 2008, 472 ff.; Knops, WM 2008, 2185, 2188; MüKo-BGB/Roth, § 399 Rn. 29a. 241 Knops, WM 2008, 2185, 2186. 238
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6. Kap.: Abtretungsverbote und Übertragungsverbote
Zur Begründung der Unwirksamkeitsthese wird das besondere Vertrauen des Schuldners in die Erfüllung der Verpflichtungen durch die Bank angeführt.242 Insbesondere wird gefordert, dass der Schuldner nach Ablauf einer langfristigen Festzinsabrede einem Partner gegenüberstehen soll, der mit ihm über eine Prolongation des Darlehens und Vertragsanpassungen zumindest verhandeln kann.243 Hintergrund dessen ist die Pflicht des Darlehensgebers zum Angebot eines Folgedarlehens bei der echten Abschnittsfinanzierung bzw. zum Angebot einer neuen Zinsbindungsabrede bei der unechten Abschnittsfinanzierung.244 Dies alles kann jedoch im Rahmen des § 399 Hs. 1 BGB nicht berücksichtigt werden. Denn es geht dabei nicht um die abzutretenden Forderungen der Bank, sondern um deren entgegengerichtete Verbindlichkeiten gegenüber dem Darlehensnehmer. Es betrifft somit allein den Schuldner-, nicht aber den von § 399 BGB erfassten Gläubigerwechsel.245 Aus demselben Grund kann das Urteil des BVerfG,246 in dem es den Wechsel unter Lebensversicherern mit Hinweis auf die Privatautonomie für verfassungswidrig hält, nicht die Ansicht stützen, dass bei der Übertragung von Darlehensforderungen auf Dritte eine unzulässige Inhaltsänderung vorliege. Das gelegentlich247 in diesem Zusammenhang angeführte Urteil des Reichsgerichts zur Abtretung von Darlehensforderungen durch Pfandleiher248 kann in diesem Zusammenhang allenfalls ergänzend herangezogen werden, denn es hatte § 399 Hs. 1 BGB nicht in Erwägung gezogen.249 Für einen Abtretungsausschluss nach § 399 Hs. 1 BGB wird ferner aber vorgetragen, dass der Inhalt grundpfandrechtlich gesicherter Darlehensverträge infolge einer Veräußerung dadurch geändert werde, dass die Verbindung zwischen der dinglichen Forderung und der ihr zugrundeliegenden Causa gekappt werde.250 Dem wird jedoch zutreffend entgegengehalten, dass die dinglich gesicherte Forderung stets eine Darlehensforderung bleibt.251 Zudem führen die Neuerungen durch die Schuldnerschutzvorschriften des Risikobegrenzungsgesetzes dazu, dass selbst eine Trennung der Grundschulden von der damit gesicherten Forderung kaum mehr rechtliche Nachteile für den Schuldner nach sich zieht, sieht man von den Schwächen der Neuregelungen insbesondere in Hinblick auf das abstrakte Schuldanerkenntnis einmal ab. Im Übrigen spricht grundsätzlich nichts dagegen, 242
Schwintowski/Schantz, NJW 2008, 472, 473; Knops, WM 2008, 2185, 2186. Schwintowski/Schantz, NJW 2008, 472, 473; Knops, WM 2008, 2185, 2188. 244 Vgl. dazu Kapitel 3 C. III. 1. 245 Schulz, ZIP 2008, 1858, 1860. 246 BVerfG, NJW 2005, 2363, 2365. 247 Schwintowski/Schantz, NJW 2008, 472, 473. 248 RGZ 58, 71. 249 So zutreffend Schulz, ZIP 2008, 1858, 1860. 250 Schwintowski/Schantz, NJW 2008, 472, 473. 251 OLG Frankfurt a. M., BeckRS 2011, 01666; LG Nürnberg-Fürth, WM 2008, 2015, 2017. 243
B. Abtretungsverbote aufgrund kreditaufsichtsrechtlicher Schutzvorschriften 421
einzelne Forderungen aus einem Vertragsverhältnis herauszulösen.252 Davon geht der Gesetzgeber in § 398 BGB selbst aus. Damit reduziert sich die Argumentation erneut auf den Kern des Problems: Der Schuldner erwartet, dass sein Darlehen ordnungsgemäß verwaltet und die dafür bestellten Sicherheiten im Sicherungsfall schonend abgewickelt werden.253 Selbst wenn ein solches Vertrauen berechtigterweise besteht, so ist gleichwohl mit der überwiegenden Ansicht anzunehmen, dass dies keinen besonderen, rechtlich relevanten Inhalt der Kreditforderung darstellt.254 Eine Forderungsabtretung hat keine Auswirkung auf die Rechtsstellung des Schuldners. Weder der Leistungsinhalt der Geldforderung wird geändert noch der Zweck der Forderung vereitelt oder entfremdet.255 Konkret hängt auch die Abtretung eines grundpfandrechtlich gesicherten Darlehens nicht von der Eigenschaft des Kreditgebers als Kreditinstitut im Sinne des KWG ab.256 Etwas unscharf ist allerdings die Aussage, dass es dem Kreditnehmer regelmäßig gleichgültig sei, an wen er die ihm obliegenden Zins- und Tilgungsleistungen nach der Auszahlung der Darlehenssumme erbringt, solange nur die Erfüllungswirkung (§ 362 Abs. 1 BGB) mit jeder Zahlung eintritt.257 Es mag ihm zwar gleichgültig sein, an wen er zahlt, nicht aber, wer die Forderung geltend macht und ihn zur Zahlung veranlasst. Letzteres ist allerdings aufgrund der Identitätsvorstellung nach gegenwärtiger Rechtslage für eine Anwendung des § 399 Hs. 1 BGB nicht ausreichend. 3. Vertragliches Verbot der Abtretung an Nichtbanken gemäß § 399 Hs. 2 BGB Das Vertrauen des Darlehensnehmers auf die Eigenschaft seines Gläubigers als Kreditinstitut kann möglicherweise zu einem vertraglichen Abtretungsverbot nach § 399 Hs. 2 BGB führen. Nimmt ein Kunde bei einer Bank ein Darlehen auf, wird er gemeinhin nicht davon ausgehen, dass sich die daraus ergebenden Forderungen irgendwann einmal nicht mehr in den Händen einer Bank befinden werden. Bei aller gebotenen Zurückhaltung im Hinblick auf die Annahme mutmaßlicher Interessen einer Vertragspartei wird es erlaubt sein anzunehmen, dass 252
Das sehen auch Schwintowski/Schantz, NJW 2008, 472, 473. Schwintowski/Schantz, NJW 2008, 472, 473 f.; MüKo-BGB/Roth, § 399 Rn. 29a. 254 LG Nürnberg-Fürth, WM 2008, 2015, 2017; Habersack, Stellungnahme vom 14.01.2008, S. 7; ders., NJW 2008, 3173, 3175; Schulz, ZIP 2008, 1858, 1860; R. Freitag, WM 2008, 1813, 1815; Bork, ZIP 2008, 2049, 2054; Lehleiter/Hoppe, BKR 2008, 363, 365. 255 LG Nürnberg-Fürth, WM 2008, 2015, 2017; Schulz, ZIP 2008, 1858, 1860; zum Schweizer Recht zu Recht abl. Steiner, S. 100 ff., 186 mit Hinweis auf BGE 63 II 157, 158; 109 II 445; 115 II 264. 256 Bredow/Vogel, BKR 2008, 271, 275. 257 LG Nürnberg-Fürth, WM 2008, 2015, 2017. 253
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6. Kap.: Abtretungsverbote und Übertragungsverbote
die Darlehensnehmer die mit einer Darlehensveräußerung an Nichtbanken verbundenen Gefahren bei Darlehensaufnahme generell nicht eingehen wollten. Um diesem Interesse an einer Bewahrung der aufsichtsrechtlichen Umgebung einen für den Vertragspartner erkennbaren Erklärungswert beimessen zu können, müsste sich aber ein entsprechender objektiver Anhaltspunkt finden lassen. Dieser könnte in den Vertragsformularen gefunden werden. Wird im Vertragstext die Bezeichnung „Bank“ gewählt, ist es nicht abwegig, daraus zumindest ein partielles Abtretungsverbot dahingehend herauszulesen, dass der jeweilige Darlehensgläubiger ein Kreditinstitut i. S. v. § 1 Abs. 1 S. 1 KWG sein muss. Diesen Gedanken hat das LG Hamburg258 zu der Abtretung einer Sicherungsgrundschuld erwogen, jedoch im Ergebnis verworfen. Das Gericht sieht in der im konkreten Vertragstext gewählten Bezeichnung „Bank“ lediglich ein Kürzel für die Vertragsparteienbezeichnung. Überdies spricht gegen einen entsprechenden Erklärungswert das grundschuldspezifische Argument, dass dann infolge einer entsprechenden Abtretungsbeschränkung nicht der jeweilige Gläubiger – wie in der Grundschuldbestellungsurkunde niedergelegt – eine vollstreckbare Ausfertigung erhalten könnte, sondern nur ein Kreditinstitut. Ein vertragliches Abtretungsverbot aus einer solchen Vertragspartnerbezeichnung herzuleiten, erscheint formalistisch und steht auf tönernen Füßen. Nach dem Risikobegrenzungsgesetz ist künftig ohnehin die Frage der Abtretbarkeit bzw. Übertragbarkeit nach Art. 247 § 9 Abs. 1 S. 2 EGBGB im Vertrag zwingend klarzustellen. Der Rechtssicherheit wegen ist anzuraten, diese Hinweise sowie die ggf. notwendigen Einwilligungen um den ausdrücklichen Zusatz zu ergänzen, dass die Darlehensveräußerung auch an Nichtbanken erfolgen kann – oder eben nicht. Im Übrigen aber ist ohne weitere Anhaltspunkte kein vertragliches Verbot der Abtretung von Bankdarlehen an Nichtbanken ersichtlich.259
IV. Reform der Bankenaufsicht und Bankenregulierung de lege ferenda Darlehensveräußerungen sind sowohl auf gesamtwirtschaftlicher als auch auf individueller Ebene problematisch, und zwar aus ökonomischer wie aus sozialer Sicht. Das gilt insbesondere dann, wenn die Erwerber Nichtinstitute sind. Es wurde offenbar, dass allein eine gesetzliche Einschränkung diesen Problemen abhelfen kann. Der Basler Ausschuss für Bankenaufsicht260 und der europäische Gesetzgeber haben sich der aufsichtsrechtlichen Implikationen der (auch nur 258
LG Hamburg, NJW 2008, 2784, 2785. Ebenso OLG Frankfurt a. M., BeckRS 2011, 01666; LG Hamburg, NJW 2008, 2784, 2785. 260 Basler Ausschuss für Bankenaufsicht, Revisions to the Basel II market risk framework, July 2009. 259
B. Abtretungsverbote aufgrund kreditaufsichtsrechtlicher Schutzvorschriften 423
scheinbaren) Disintermediation im Bankensektor angenommen. Auch die Rechtswissenschaft wird sich zunehmend eines Regulierungsdefizits bewusst.261 1. Vorschläge des US-Federal Reserve System und Dodd-Frank Act 2010 Das Federal Reserve System der Vereinigten Staaten von Amerika262 hat einen Vorstoß gemacht, nach dem Schattenbanken nicht mehr zur Umgehung regulatorischer Anforderungen einladen sollen und einer ähnlichen Regulierung unterstellt werden wie traditionelle Institute, wenn sie ähnliche Funktionen, insbesondere Intermediärfunktionen, übernehmen.263 Mit Verabschiedung des DoddFrank Wall Street Reform and Consumer Protection Act vom 21.07.2010 (DoddFrank Act)264 hat sich der US-amerikanische Regulierungsansatz von der bisher auf den Einlegerschutz beschränkten Sicht verabschiedet und einer umfassenden funktionsorientierten Sicht zugewandt. Nach Sec. 113, 115 des Dodd-Frank Act haben die Behörden die Kompetenz, auch bestimmte Finanzinstitute, die keine Banken, aber überwiegend im Finanzbereich tätig sind, zu überwachen und ab einer Bilanzsumme in der Größenordnung von 50 Mrd. US-Dollar zu regulieren. Nach Sec. 102 (a) (6) gilt für Finanzgeschäfte die Definition der „activities, which are financial in nature“ nach Sec. 4 (k) (4) des Bank Holding Company Act vom 09.05.1956.265 Dort wird insbesondere das Darlehensgeschäft (A), aber bemerkenswerterweise auch die Emission oder der Verkauf von Instrumenten genannt, die die wirtschaftlichen Werte von Vermögenswerten bündeln, die den Banken direkt zu halten erlaubt wären (D). Darunter fallen vor allem Darlehen. Die Regulierung von Schattenbanken wurde auf internationaler Ebene aufgenommenen und auf eine breitere Basis gestellt.266 2. Eigenmittelhinterlegung und Nachhaftung des Darlehensoriginators nach Richtlinie 2009/111/EG Zur Gewährleistung gleichmäßiger Wettbewerbsbedingungen267 muss eine einheitliche Regelung im internationalen oder zumindest europäischen Rahmen ge261 Vgl. die Diskussion zu den Referaten von Stürner, Bitter und Geiger zum ZHRSymposium am 16./17.01.2009, Jungmann, ZHR 173 (2009), 436, 436. 262 Das Federal Reserve System ist das Zentralbank-System der Vereinigten Staaten, das allg. auch US-Notenbank genannt wird. 263 NZZ vom 13.07.2010, Das Fed rügt „Schattenbanken“ (sse), S. 25; ferner Jahresgutachten 2008/09 des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Ziffer 174, S. 120. 264 [H.R. 4173] 12 USC 5301. 265 12 USC 1841. 266 Financial Stability Board, Shadow Banking: Strengthening Oversight and Regulation, Recommendations from 27 October 2011. 267 Die wettbewerbspolitische Bedeutung des Aufsichtsrechts war der Grund dafür war, dass mit Basel I und II weltweit einheitliche Aufsichtsstandards geschaffen wur-
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6. Kap.: Abtretungsverbote und Übertragungsverbote
schaffen werden. Zu dem Inhalt einer solchen Regelung ist schon früh der interessante Gedanke aufgeworfen, im Ergebnis aber abgelehnt worden, dass die durch die Banken veräußerten Forderungen von diesen weiterhin mit Eigenkapital unterlegt werden müssten.268 Dieser Vorschlag diente dem Schutz der Bank im Sinne einer Vorsorge für ihre implizite Nachhaftung und nicht etwa dem Schutz der Allgemeinheit vor den Anreizproblemen und den sich daraus ergebenden Systemrisiken.269 Gleichwohl hat die EU-Kommission einen ähnlichen Vorschlag als Reaktion auf die Finanzkrise der Jahre 2007 bis 2009 ins Gespräch gebracht,270 den sie nunmehr in der Richtlinie 2009/111/EG umgesetzt hat.271 Nach deren Art. 122a Abs. 1 ist – vereinfacht dargestellt – bei der Verbriefung von Kreditrisiken ein „Selbstbehalt“ des ursprünglichen Kreditgebers, Sponsors oder Originators in Höhe von 5 Prozent der Risikoposition zwingend.272 Dieses quantitative Kriterium wird weiter durch qualitative Anforderungen sowohl an Investoren als auch an Originatoren bzw. Sponsoren ergänzt. Der Anteil der Nachhaftung war ursprünglich höher angesetzt und ist im Gesetzgebungsverfahren verwässert worden. Auf dem 68. Deutschen Juristentag wurden Zweifel an der Effektivität der Regelung laut, woraufhin das Plenum beschloss, dass die Anreizsteuerung durch den Selbstbehalt bei Verbriefungen verstärkt werden sollte, indem entweder eine Erhöhung oder eine Bemessung nach dem Risiko des zugrundeliegenden Forderungsportfolios der Verbriefung vorgesehen wird.273 Der ersten Alternative folgend wurde die europäische Vorgabe in § 18a Abs. 1 KWG mit einem auf 10 Prozent erhöhten Selbstbehalt umgesetzt.
den; die Gewährleistung international einheitlicher Wettbewerbsbedingungen wurde auch im Gesetzgebungsverfahren zum Risikobegrenzungsgesetz einem nationalen Alleingang entgegengesetzt, vgl. dazu oben Kapitel 3 A. 268 Baums, WM 1993, 1, 6; Früh, BB 1995, 105, 107 mit Fn. 11. 269 Früh, BB 1995, 105, 107. 270 Commission of the European Communities, Brussels, COM(2008) 602/3 2008/ xxxx (COD) (vorläufig), Proposal for a Directive of the European Parliament and of the Council amending Directives 2006/48/EC and 2006/49/EC as regards banks affiliated to central institutions, certain own funds items, large exposures, supervisory arrangements, and crisis management, 6.4.6.3 (new Art. 122a), S. 10. 271 RL 2006/48/EG i. d. F. der RL 2009/111/EG des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der RL 2006/48/EG, 2006/49/EG und 2007/64/EG hinsichtlich Zentralorganisationen zugeordneter Banken, bestimmter Eigenmittelbestandteile, Großkredite, Aufsichtsregelungen und Krisenmanagement, ABl. EU 2009 Nr. L 302/ 97 ff. 272 Zum Selbstbehalt aus juristischer und ökonomischer Sicht grundlegend Siepmann, passim, die einen isolierten Selbstbehalt, zumal in der vorgeschlagenen Höhe von 5 Prozent, kaum für geeignet hält, um die Fehlanreize zu beseitigen. 273 Deutscher Juristentag e. V., Verhandlungen des 68. Deutschen Juristentages, Bd. II/1, Abteilung Öffentliches und Privates Wirtschaftsrecht, Beschluss Nr. II (10).
B. Abtretungsverbote aufgrund kreditaufsichtsrechtlicher Schutzvorschriften 425
3. Verhinderung eines Lemon Market Bei der Darlehensveräußerung lässt sich die Frage der Staatsverantwortung von dem Individualschutz kaum trennen. Verbraucher- bzw. Schuldnerschützer bilden eine bemerkenswerte Allianz mit Ordnungspolitikern. So wähnt der Verfassungs- und Steuerrechtler und frühere Richter am Bundesverfassungsgericht Paul Kirchhof in einem Aufsatz, der im Feuilleton der Frankfurter Allgemeine Zeitung erschien, die heutige Wirtschaftswelt in der Anonymität eines nicht mehr überschaubaren Marktes, der von struktureller Nichtverantwortlichkeit geprägt sei.274 Er sieht es als sehr kritisch an, dass sich der Kreditgeber mit der Darlehensveräußerung der Verantwortung für den von ihm ausgewählten Schuldner begibt, und verlangt eine Rückkehr zur persönlichen Haftung des handelnden Wirtschaftssubjekts.275 Diese Ansicht schließt sich an die Grundsätze der Wirtschaftspolitik von Walter Eucken an, der die Haftung des Einzelnen als konstituierendes Prinzip der Wettbewerbsordnung formulierte.276 Zudem kann sich Kirchhof auf die Erkenntnisse zu den wirtschaftlichen Auswirkungen von Darlehensveräußerungen stützen. Die damit verbundenen Anreizprobleme münden in der Generierung schlechter Darlehen und der Ausnutzung von Informationsasymmetrien, die über das für die Existenz eines Marktprozesses richtige und nötige „Mischungsverhältnis von Wissen und Unwissen“ 277 hinausgehen. Deshalb ist nicht allein die zuvor eingehend erörterte Aufsichtsarbitrage einzudämmen. Das Interesse der Banken an der Generierung von Provisions- und Arbitragegewinnen durch Darlehensveräußerungen ist viel allgemeiner auch insoweit nicht schützenswert, als sie aus dem Umstand Gewinn ziehen, dass sie ihre Informationsvorsprünge als „Insider“ zu Lasten der Erwerber ausnutzen. Ob die Verantwortlichen damit gelegentlich die Schwelle zur Wirtschaftskriminalität überschritten haben, sei dahingestellt. Von Bedeutung ist vor allem, dass damit einem systemisch gefährlichen Lemon Market der Weg geebnet wird.278 Dies führt letztlich zu einem Marktversagen, das auf den Primärmarkt für Darlehen zurückschlägt. Den Mechanismus hat die Finanzmarktkrise empirisch bestätigt, als der Staat als Lender of last Resort aufwendige Maßnahmen zur Finanzmarktstabilisierung ergreifen musste. Das Aufsichtsrecht muss es leisten können, dass sich ein derartiger Eingriff des Staates in das Finanzgeschehen nicht wiederholen muss. Der dargestellten Entwicklung kann am effektivsten dadurch vorgebeugt werden, dass die Banken die von ihnen eingegangenen Risiken selbst tragen müssen. Schließlich hat sich gezeigt, dass mildere Mittel der Risikobeteiligung und der externen Risikobewertung durch Rating-Agenturen nicht 274 275 276 277 278
P. Kirchhof, FAZ v. 28.05.2009, S. 31, 34. P. Kirchhof, FAZ v. 28.05.2009, S. 31, 34. Eucken, Grundsätze der Wirtschaftspolitik, S. 254 ff. Fleischer, S. 187, 193 f. s. dazu oben Kapitel 2 A.
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6. Kap.: Abtretungsverbote und Übertragungsverbote
geeignet sind, die Probleme zu kompensieren. Konsequenz der Überlegung von Kirchhof ist, dass die Darlehensveräußerung – sei es an Banken oder sei es an Nichtbanken – im Wege eines gesetzgeberischen Eingriffs gänzlich verboten wird. 4. Vorschläge im Gesetzgebungsverfahren zum Risikobegrenzungsgesetz und Koalitionsvertrag von CDU/CSU und FDP aus dem Jahr 2009 Die Intention des Risikobegrenzungsgesetzes, die sich in dem Gesetzestitel ausdrückt, hätte es nahegelegt, auch die aufsichtsrechtlichen Probleme einer Kreditveräußerung zu regeln. Das ist jedoch nicht geschehen. Ein umfassendes Veräußerungsverbot für Bankdarlehen im vorgenannten Sinne wurde weder aus Gründen des Systemschutzes noch des Schuldnerschutzes in Erwägung gezogen. Das Risikobegrenzungsgesetz hat an dem liberalen Grundkonzept der §§ 398 ff. BGB nichts geändert. Der Gesetzgeber hat sich darauf beschränkt, die Selbstregulierungs- und Selbstheilungskräfte des Marktes zu stärken und das Verschlechterungsverbot umfassend zu realisieren. Die Gesetzesbegründung stellt klar, dass die Abtretung der Darlehensforderungen grundsätzlich zulässig bleibt.279 In den Stellungnahmen zu den Schuldnerschutzvorschriften des Risikobegrenzungsgesetzes findet sich hingegen der Vorschlag, Abtretungen und Abspaltungen bzw. Ausgliederungen auf Nichtbanken gesetzlich zu unterbinden.280 Damit wäre die bereits bestehende Spezialregelung des § 13 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 Pachtkreditgesetz (PachtKredG) verallgemeinert worden. Dies entspräche den obigen Erörterungen zu dem Schutz, den das Kreditaufsichtsrecht vermitteln soll. Auf den Vorschlag wurde jedoch im weiteren Gesetzgebungsverfahren kaum mehr eingegangen. Dagegen wurde lediglich die Variante näher konkretisiert, die Kreditinstitute durch einen in das Kreditwesengesetz aufzunehmenden § 16 zumindest zu verpflichten, auch nicht abtretbare Darlehen anzubieten.281 Sie wurde von den Verbänden, die für die Darlehensnehmerinteressen eintreten, begrüßt.282 Die Banken- und Investorenseite kritisierte den § 16 KWG-E jedoch vehement als ord279
BT-Drs. 16/9821, S. 19, zu Nummer 2 (§ 309 Nr. 10). GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen e. V., Stellungnahme vom Januar 2008, S. 4; so auch die Ansichten in der Diskussion zu den Referaten von Stürner, Bitter und Geiger zum ZHR-Symposium am 16./17.01.2009, wiedergegeben bei Jungmann, ZHR 173 (2009), 436, 436. 281 Vgl. Nr. 1 der „Formulierungshilfen“ zur „Verbesserten Transparenz bei Verkäufen von Kreditforderungen“ in Anlage 2 des Berichts des Finanzausschusses vom 26.06. 2008, BT-Drs. 16/9821, S. 27. 282 Haus & Grund Deutschland, Stellungnahme vom 21.01.2008, S. 2; Deutscher Industrie- und Handelskammertag, Positionspapier vom 18.01.2008, S. 3; Bundesverband der deutschen Industrie, Stellungnahme vom 18.01.2008, S. 12; GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen e. V., Stellungnahme vom Januar 2008, S. 5. 280
B. Abtretungsverbote aufgrund kreditaufsichtsrechtlicher Schutzvorschriften 427
nungspolitisch rigide Vorgabe ohnegleichen, die in die verfassungsrechtlich geschützte Produktgestaltungsfreiheit eingreife.283 Sie führe zu einem Kontrahierungszwang, der mit der Privatautonomie,284 der Eigentumsfreiheit und der europäischen Kapitalverkehrsfreiheit285 nicht zu vereinbaren sei. Es sei besser, den Markt und Wettbewerb weitgehend selbst wirken zu lassen.286 Außerdem handle es sich um einen Fremdkörper im Gefüge des Bankaufsichtsrechts und sei im Übrigen systematisch in § 16 KWG nicht sachgerecht verortet.287 Schließlich würde es einen großen Bedarf für Ausnahmeregelungen eröffnen. Das gelte für bestimmte Forderungen, bei denen sich die Übertragbarkeit bereits aus der Struktur des Kreditprodukts ergibt.288 Ein Abtretungs- und Übertragungsverbot sei auch in Bezug auf Verbriefungstransaktionen ungeeignet, die ja besonders erleichtert werden sollten.289 Irgendwelche Risiken für den Kreditnehmer ergäben sich dabei ohnehin nicht, weil die Bank sein Ansprechpartner bleibe.290 Daneben kollidiere § 16 KWG-E mit den gesetzlichen Regelungen der §§ 22a ff. KWG291 und § 32 PfandbriefG.292 Breiter praktiziert führe das Angebot nicht abtretbarer Kredite zu schwer zu rechtfertigenden sowie unverhältnismäßigen Komplizierungen und Schwierigkeiten des Risikomanagements einer Bank.293 Insbesondere in der finanziellen Krise oder Schräglage der Bank fehle die nötige Flexibilität und die Regelung werde so zur Falle.294 Im Vorgriff auf eine gesetzliche Verpflichtung haben sich die Banken gleichwohl beeilt, noch während des laufenden Gesetzgebungsverfahrens auf freiwilliger Basis nicht übertragbare Darlehen anzubieten.295 Darauf verwiesen denn 283
Zentraler Kreditausschuss, Stellungnahme vom 18.01.2008, S. 5. So Verband der Auslandsbanken in Deutschland, Stellungnahme vom 18.01.2008, S. 8 f. 285 So Stürner, Stellungnahme vom 22.01.2008, S. 4. 286 Deutsche Bundesbank, Stellungnahme vom 22.01.2008, S. 3 f.; Lone Star Germany GmbH, Stellungnahme vom 16.01.2008, S. 2; S. Müller, Stellungnahme vom 17.01. 2008, Gliederungspunkt 3.5. 287 Deutsche Bundesbank, Stellungnahme vom 22.01.2008, S. 4. 288 Verband der Auslandsbanken in Deutschland, Stellungnahme vom 18.01.2008, S. 6 f. 289 Verband der Auslandsbanken in Deutschland, Stellungnahme vom 18.01.2008, S. 8. 290 Zentraler Kreditausschuss, Stellungnahme vom 18.01.2008, S. 6; True Sale International, Stellungnahme vom 17.01.2008, S. 2. 291 Habersack, Stellungnahme vom 14.01.2008, S. 2; Stürner, Stellungnahme vom 22.01.2008, S. 4. 292 Zentraler Kreditausschuss, Stellungnahme vom 18.01.2008, S. 7; Stürner, Stellungnahme vom 22.01.2008, S. 3. 293 Stürner, Stellungnahme vom 22.01.2008, S. 2 f.; ders., ZHR 173 (2009), 363, 376. 294 Stürner, Stellungnahme vom 22.01.2008, S. 2 f. 295 Vgl. Bank/Eckstein, Capital 04/2008, S. 82 ff. unter Bezugnahme auf eine Umfrage der FMH-Finanzberatung bei 60 Banken und eigene Recherchen; zu der Höhe der 284
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6. Kap.: Abtretungsverbote und Übertragungsverbote
auch gleich einige Stimmen aus dem Bankensektor296 und der Rechtswissenschaft.297 Unter dem Eindruck, dass die Drohung mit einer gesetzlichen Verpflichtung genügt, um den Wettbewerb um nicht abtretbare Darlehen in Gang zu setzen, sah der Gesetzgeber die Einführung des § 16 KWG-E als obsolet an. Damit ist das Thema allerdings noch nicht vollständig erledigt. Nachdem die FDP im Jahre 2009 im Bund in die Regierungsverantwortung kam, hat sie in den Koalitionsvertrag die Absicht zu einer Gesetzesänderung einfließen lassen, nach der eine Abtretung von Forderungen aus vertragsmäßig bedienten Immobiliardarlehen oder die Übertragung des gesamten Kreditverhältnisses an ein Unternehmen ohne Banklizenz nur noch bei Vorliegen einer Genehmigung des Darlehensnehmers wirksam ist.298 Bislang ist dieses Vorhaben jedoch nicht umgesetzt worden. 5. Ansätze aus der aufsichtsrechtlichen Neubewertung des Factoring Das Verhältnis zwischen Erwerber und Forderungsschuldner ist beim Factoring in derselben Weise zu beurteilen wie bei den Darlehensveräußerungen. In der Vergangenheit wurde in Bezug auf das Verhältnis zwischen Veräußerer und Erwerber differenziert: Das echte Factoring war nach überwiegender Ansicht ein Forderungskauf gemäß §§ 433, 453 BGB und sollte deshalb nicht in den abschließenden Katalog des § 1 Abs. 1 Satz 2 KWG passen.299 Das unechte Factoring wurde hingegen zivilrechtlich und somit auch aufsichtsrechtlich als Kreditgeschäft eingestuft.300 Den Grund sah man in der Delkrederefunktion: Der Veräußerer haftet dem Erwerber beim unechten Factoring nicht nur für die Verität der Forderung, sondern auch für die Bonität des Forderungsschuldners. Die Forderungsveräußerung begründet deshalb ein Darlehensverhältnis zwischen dem Erwerber und dem Veräußerer, das den Tatbestand des § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 KWG erfüllt.301 Mit dem Jahressteuergesetz 2009 hat der Gesetzgeber jedoch einen bedeutenden Vorstoß gewagt, indem er das Factoring neuerdings insgesamt als Finanz-
Zinssätze in diesen Fällen s. Bundesverband der deutschen Industrie, Stellungnahme vom 18.01.2008, S. 12; Bockholt, Stellungnahme vom 15.01.2008, S. 3. 296 Zentraler Kreditausschuss, Stellungnahme vom 18.01.2008, S. 5 m.w. N. 297 Habersack, Stellungnahme vom 14.01.2008, S. 3. 298 CDU, CSU und FDP, Koalitionsvertrag für die 17. Legislaturperiode, S. 47. 299 Martinek/Oechsler, in: Bankrechts-Handbuch, § 102 Rn. 85; Kayser, in: BuB, Rn. 13/44 f.; Baums, WM 1993, 1, 9. 300 Bericht des Finanzausschusses v. 26.11.2008, BT-Drs. 16/11108, S. 67; Reschke, BKR 2009, 141, 142 und 144; Martinek/Oechsler, in: Bankrechts-Handbuch, § 102 Rn. 86; a. A. aber Kayser, in: BuB Rn. 13/44 ff.; Baums, WM 1993, 1, 9. 301 Bericht des Finanzausschusses v. 26.11.2008, BT-Drs. 16/11108, S. 67.
B. Abtretungsverbote aufgrund kreditaufsichtsrechtlicher Schutzvorschriften 429
dienstleistung gemäß § 1 Abs. 1a S. 2 Nr. 9 KWG302 qualifiziert und damit vollumfänglich den Vorschriften des KWG für Finanzdienstleistungsinstitute unterwirft. Nach der neu eingeführten Definition ist unter Factoring der laufende Ankauf von Forderungen auf der Grundlage von Rahmenverträgen mit oder ohne Rückgriff zu verstehen.303 Damit wurde erstmalig das echte Factoring in den Aufsichtsnexus einbezogen. Die amtliche Begründung rechtfertigt dies damit, dass der Erwerber eine Finanzierungsfunktion wahrnehme.304 Die Delkrederefunktion wird hingegen nicht mehr als ausschlaggebend angesehen.305 Nach der Gesetzesbegründung sei aber weiterhin insoweit eine Ausnahme zu machen, als der rückgriffslose Ankauf fälliger Forderungen keine Finanzdienstleistung sei, weil es hier sowohl an einer Refinanzierungs- als auch an einer Delkrederefunktion fehle.306 Die Neuregelung wurde allerdings mit einer umfassenden Ausnahmevorschrift in § 2 Abs. 7 S. 2 KWG flankiert. Darin werden Factoringunternehmen insbesondere von der Einhaltung der Liquiditäts- und Solvabilitätsvorschriften (§§ 10, 11 bis 13 KWG) ausgenommen.307 Es wurde demnach lediglich eine abgeschwächte Regulierung eingeführt.308 Dies ist für das „normale“ Factoring vertretbar, weil der Originator der Forderungen anders als ein Kreditinstitut regelmäßig nicht dem KWG unterliegt und deshalb nicht diese Vorgaben erfüllen muss. Die zumeist kurzfristigen Forderungen ergeben sich in aller Regel aus Lieferung und Leistung eines Nichtinstituts und stellen somit keine Gelddarlehen i. S. v. § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 KWG dar. 6. Stellungnahme zum gesetzlichen Status quo und den bisherigen Reformen und Vorschlägen Der US-amerikanische funktionsorientierte Aufsichtsansatz ist konzeptionell überzeugend, wenngleich die praktische Umsetzung abzuwarten bleibt. Das Abrücken von der auf den Einleger- bzw. Anlegerschutz verengten Sicht ist zur Einbeziehung von riskanten Geschäften und den diese Geschäfte betreibenden Gesellschaften konsequent und geboten, um das Finanzsystem präventiv vor Schäden zu bewahren. Ein rein am Einlegerschutz orientierter Regulierungsansatz genügt schon nicht einem umfassenden Gläubigerschutz und versagt erst Recht beim Systemschutz. Allerdings ist die Begrenzung des Anwendungsbereichs auf 302 Eingefügt mit Art. 27 des Jahressteuergesetzes 2009 vom 19.12.2008 (BGBl. I, 2794). 303 Zu der Auslegung der einzelnen Tatbestandsmerkmale Reschke, BKR 2009, 141 ff. 304 BT-Drs. 16/11108, S. 67. 305 Vgl. BT-Drs. 16/11108, S. 67. 306 BT-Drs. 16/11108, S. 67; so auch Reschke, BKR 2009, 141 ff. 307 Zu den verbleibenden Auslegungsproblemen Glos/Sester, WM 2009, 1209, 1214 f. 308 Glos/Sester, WM 2009, 1209, 1215.
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6. Kap.: Abtretungsverbote und Übertragungsverbote
Gesellschaften mit einer sehr großen Bilanzsumme nicht verständlich, weil die Risiken für das Finanzsystem nicht allein von der Größe, sondern auch von der Vernetzung der Gesellschaft und der Volatilität der von ihr betriebenen Geschäfte abhängen. Jedenfalls ist dies ein erster Schritt, um die Aufsichtsarbitrage und insbesondere die Verschiebung von Darlehensforderungen in den unregulierten Raum einzudämmen. Der Basler Ausschuss hat mit der Erhöhung der Eigenmittelunterlegung für Wiederverbriefungen im Handelsbuch einen wichtigen Schritt getan.309 Indes schützt dies nicht beliebige Dritte vor dem Erwerb „schlechter Darlehen“. Die von der EU-Kommission eingeführte Nachhaftung der Banken in Gestalt einer fortwährenden Pflicht zur Unterlegung der veräußerten Darlehen mit Eigenkapital setzt ebenfalls nicht bei den Erwerbern der Darlehen an und geht im Übrigen nicht weit genug.310 Ebenso wie die partielle Veräußerungsbeschränkung hat diese Maßnahme eine Eindämmung der Interessenkonflikte zum Ziel, die sich aus der asymmetrischen Informationsverteilung zwischen Verkäufer und Käufer ergeben. In der Kreditkrise hat sich allerdings gezeigt, dass auch die selbstauferlegten Maßnahmen, mit denen in ähnlicher Weise versucht wurde, die Anreizprobleme im Zusammenhang mit den Kreditverkäufen auszuräumen, nicht von Erfolg gekrönt waren. Die Qualität der vergebenen Kredite konnte dadurch nicht dauerhaft sichergestellt werden. Erwähnt sei insbesondere, dass Vereinbarungen, nach denen der Darlehensoriginator an den veräußerten Risiken beteiligt blieb, nicht verhindern konnten, dass es zu einer schwerwiegenden Erhöhung der Kreditausfälle aufgrund einer laxeren Kreditvergabepraxis kam. Die von der EUKommission vorgeschlagenen Maßnahmen sind ein Schritt in die richtige Richtung, ihre Eignung ist jedoch nicht ausreichend gesichert. Hingegen wäre ein vollständiges Verbot der Veräußerung von Bankdarlehen geeignet, die Gefahren, die sich aus dem Versagen des Sekundärmarktes für Darlehen ergeben, umfassend auszuschließen. Der Darlehenshandel birgt wegen der systemischen Relevanz und der Rückwirkung auf die „Produktion“ schlechter Darlehen höhere Gefahren und betrifft weit mehr Personen als andere Märkte. Man kann dieser Lösung einige Sympathien entgegenbringen, wenn in Betracht gezogen wird, welches Interesse an einer Darlehensveräußerung so schützenswert erscheint, dass es die mit der Darlehensveräußerung verbundenen individuellen und systemischen Nachteile überwiegen könnte. Erzielt die Bank aus der Darlehensveräußerung einen Gewinn, kann dies daran liegen, dass die komparativen Kostenvorteile des Erwerbers zwischen den Kaufparteien gütlich geteilt wurden. 309 Basler Ausschuss für Bankenaufsicht, Revisions to the Basel II market risk framework, July 2009. 310 D. Zimmer hält diese Regelung grundsätzlich für geeignet, meldet aber ebenfalls Zweifel an, ob ein Selbstbehalt in Höhe von 5 Prozent zur Ausräumung der Anreizproblematik ausreichend ist, s. ders., Gutachten G zum 68. Deutschen Juristentag, S. G-23.
B. Abtretungsverbote aufgrund kreditaufsichtsrechtlicher Schutzvorschriften 431
Gehen die Kostenvorteile auf die Ausnutzung von Regulierungsarbitrage zurück, wird die Risikoabsicherung zu Lasten der Allgemeinheit vernachlässigt. Beruhen sie auf einer intensiveren Forderungsverwertung, geht der Gewinn zu Lasten des Darlehensnehmers. Erzielt die Bank einen Veräußerungsgewinn und erleidet der Erwerber mit dem Investment schließlich Verluste, ist die Möglichkeit nicht auszuschließen, dass die Bank Informationsvorsprünge ausgenutzt hat. Kommt man aber – wie so oft –311 zu dem Ergebnis, dass die Bank einen zu geringen Preis für die Darlehensforderungen erhalten hat, liegt der Darlehensverkauf gar nicht in ihrem Interesse. Ein vollständiges Verbot des Kredithandels wäre gleichwohl volkswirtschaftlich nicht realisierbar. Es sei nur daran erinnert, wie die Bankenverbände und Teile der Wissenschaft auf den Gesetzentwurf reagiert haben, nach dem die Banken lediglich dazu verpflichtet werden sollten, auch nicht abtretbare Darlehen (lediglich) anzubieten. Vor dem Hintergrund der verfassungsrechtlich gewährleisteten Eigentums- und Gewerbefreiheit ist ein solches vollständiges Verbot nur schwer vertretbar. Dagegen streiten auch die durchaus schutzwürdigen Interessen der an einer Darlehensveräußerung beteiligten Personen. So ist es positiv zu bewerten, wenn die Bank über Darlehensveräußerungen eine Risikodiversifizierung erreicht. Insbesondere in der Krise kann die Bank darauf angewiesen sein, sich auf diesem Wege Liquidität zu verschaffen und sich zu refinanzieren. Die Gläubigergemeinschaft hat in der Insolvenz ein berechtigtes Interesse an einer zügigen Liquidierung des Bankvermögens. Schließlich sieht das BVerfG die Verkehrsfähigkeit von Forderungen schlechthin als Allgemeininteresse an, das es zu schützen gilt.312 Die im Koalitionsvertrag vorgesehene Abtretungs- und Übertragungsbeschränkung geht hingegen nicht weit genug. Indem der Vorschlag eine Dispositionsbefugnis des Darlehensnehmers vorsieht, blendet er die allgemeinschützende Seite des Bankaufsichtsrechts aus. Die Beschränkung auf intakte Darlehen ist sowohl unter dem Gesichtspunkt des Kollektiv- als auch des Individualschutzes nicht nachvollziehbar. Dagegen ist die nun gesetzlich zwar nicht vorgeschriebene, aber durch Hinweispflichten geförderte Etablierung eines Primärmarktes für nicht veräußerbare Darlehen aus Sicht der Kreditinteressenten zu begrüßen. Das gilt wohlgemerkt nur für solche Interessenten, die sich derartige Darlehen leisten können. Im Übrigen trägt dies zu einer systemischen Verbesserung nur wenig bei, insofern die Veräußerung von Darlehen nicht gänzlich ausgeschlossen wird. Es bleibt deshalb weiterhin möglich, die Darlehen zu veräußern, für die keine Abtretungsverbote vereinbart wurden.
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Zu den durchschnittlich gezahlten Kaufpreisen oben Kapitel 2 C. III. BVerfG, NJW 2007, 3707, 3708.
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6. Kap.: Abtretungsverbote und Übertragungsverbote
7. Eigener Vorschlag a) Ansatz Unbegrenzte Freiheit schließt stets die Freiheit zur Abschaffung der Freiheit ein.313 Ein Schutz der wirtschaftlichen Freiheit bedarf daher der „Regulierung“ der Wirtschaft, verstanden nicht als hemmenden Eingriff in die grundsätzlich frei ablaufende Wirtschaft, sondern als ein Eingriff in das Wirtschaftsgeschehen, der dafür sorgt, dass die Wirtschaft frei und lauter, und zwar möglichst nachhaltig, an- oder weiterzulaufen vermag.314 Von diesem Standpunkt aus ist aus den erörterten öffentlichen und privaten Interessen im Zusammenhang mit dem Aufsichtsrecht und unter Beachtung der zuvor dargestellten Ansätze ein Vorschlag für eine Erweiterung des Aufsichtsnexus zu entwickeln. Als Ergebnis sollte eine im Vergleich zu dem Kommissionsvorschlag umfassendere, im Vergleich zu einem vollständigen Verbot und einer gesetzlichen Produktangebotsgestaltung aber schonendere Bewältigung der Kreditrisiken gewählt werden. Sie soll sich an den Neuregelungen des Factorings orientieren und neben den öffentlichen Interessen zugleich auch die privaten Belange der Darlehensnehmer berücksichtigen. Es mag dahinstehen, ob es sinnvoll ist, nunmehr die Regulierung der Banken selbst zu verschärfen, wie dies die Kommissionsvorschläge vorsehen und dies im Übrigen auch mit der Erhöhung der Eigenkapitalquoten auf dem G-20-Gipfel am 25.09.2009 in Pittsburgh beschlossen wurde. Hier wird dafür plädiert, den Fokus auf die Investoren zu richten. Der Anwendungsbereich der Institutsvorschriften des KWG muss auf die Erwerber der Darlehensrisiken erweitert werden. Dies muss einheitlich im internationalen Rahmen geschehen. aa) Schließung der Schutzlücke für systemische Risiken aus der Darlehensvergabe Es erscheint verfehlt, wenn der Begriff des Kreditgeschäfts nach gegenwärtiger Rechtslage nur mit der Kreditvergabe, nicht aber auch mit dem bloßen Haben und Halten von Darlehen definiert wird. Die Banken müssen für alle Kreditrisiken in ihrem Bestand – gleich ob diese originär oder derivativ sind – die regulatorischen Anforderungen erfüllen. Die systemschädlichen Risiken können de lege lata aber auf Nichtbanken übertragen werden, die nicht an die Einhaltung der regulatorischen Mindeststandards gebunden sind und auch nicht infolge des Erwerbs der Darlehensforderungen dem Anwendungsbereich des KWG unterworfen werden. Diese Risiken können demnach nach ihrer Erschaffung im Kreditwesen den regulatorischen Rahmen verlassen und auf Dritte verstreut werden. 313 Sog. Freiheitsparadox, s. Heinemann, Die Freiburger Schule und ihre geistigen Wurzeln; Fikentscher, Die Freiheit und ihr Paradox. 314 Fikentscher, GRUR Int 2009, 635.
B. Abtretungsverbote aufgrund kreditaufsichtsrechtlicher Schutzvorschriften 433
Darin liegt eine gesetzliche Schutzlücke und ein Wertungswiderspruch. Nach dem Aufsichtskonzept des KWG soll nicht primär die Bank, sondern das Finanzsystem geschützt werden. Um den Risikosystemen des KWG umfassend Beachtung zu verschaffen, muss die Differenzierung zwischen dem volkswirtschaftlichen Kreditbegriff in § 19 KWG und dem bisherigen aufsichtsrechtlichen Kreditbegriff in § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 KWG zugunsten des ersteren aufgehoben werden. Dadurch würden alle Risiken aus dem Kreditgeschäft im Anwendungsbereich des KWG erfasst. bb) Reduzierung komplexer Risikogewichtung der Verbriefungspositionen gegenüber Zweckgesellschaften Mit der Einbeziehung der erworbenen Bankdarlehen in den Aufsichtsnexus und die Eigenmittelanforderungen entfiele der Bedarf für die komplizierten Anforderungen an eine Eigenkapitalentlastung durch einen Risikotransfer auf Zweckgesellschaften und umgekehrt die Berücksichtigung der von der Bank selbst erworbenen ABS in Teil 2 Nr. IV von Basel II (Abs. 538 ff.).315 Gleiches gilt für den Selbstbehalt nach Art. 122a Abs. 1 der Richtlinie 2009/111/EG. Das Basler Regelwerk und die europäischen Vorgaben lassen bei der aufsichtsrechtlichen Behandlung angekaufter ABS unberücksichtigt, dass die Regulierungsarbitrage bereits in der Übertragung der Risiken auf die Zweckgesellschaften und nicht erst im Erwerb der ABS oder der Kreditvergabe an Zweckgesellschaften durch eine Bank liegt. Die Erwerbsgesellschaften unterliegen keinerlei Regulierung, obwohl sie als Intermediäre bankähnliche Funktionen wahrnehmen. Wenn die Erwerber und insbesondere die Zweckgesellschaften selbst Kreditinstitute wären, könnten und müssten die Forderungen gegen sie schlicht wie Forderungen gegen Kreditinstitute bewertet werden. Die Banken kämen nicht umhin, die Zweckgesellschaften aufsichtsrechtlich in ihren Konsolidierungskreis einzubeziehen. cc) Reduzierung der Anreize zur Darlehensveräußerung aus Gründen der Aufsichtsarbitrage Unter dem Aspekt der Einsparung von regulatorischen Kosten bestünde kein Anreiz mehr zur Vornahme einer Forderungsveräußerung, wenn der Erwerber dieselben Anforderungen erfüllen müsste wie der Veräußerer. Indem die Bankenaufsicht sich von vornherein auf alle Kreditrisiken bezieht, wird verhindert, dass der Staat die Risiken, die durch Veräußerung der Bankenaufsicht entzogen wurden, in der Krise durch Aufkaufprogramme wieder unter seine Kontrolle bringen muss.
315 Umgesetzt in Art. 94 ff. und Anh. IX der Bankenrichtlinie sowie §§ 225 ff. SolvVO.
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6. Kap.: Abtretungsverbote und Übertragungsverbote
dd) Schutz der Interessen der Darlehensnehmer Auf diese Weise wird zugleich den Interessen und dem Vertrauen der Darlehensnehmer zumindest insoweit genügt, als die Forderungen nicht in die Hand unregulierter und unbeaufsichtigter Investoren fallen können. b) Ausgestaltung einer gesetzlichen Regelung Zur konkreten Verwirklichung der Ziele wird eine einfache, aber wirksame Änderung des Kreditaufsichtsreglements vorgeschlagen, die sich an dem im Gesetzgebungsverfahren zum Risikobegrenzungsgesetz vorgeschlagenen Abtretungsverbot an Nichtbanken316 orientiert. aa) Erweiterung des Aufsichtsnexus um den Erwerb bestehender Darlehen Die Anwendbarkeit des KWG soll nicht mehr mit der erstmaligen Gewährung von Gelddarlehen und Akzeptkrediten sein Bewenden haben. Vielmehr wird der Erwerb bestehender Darlehen und Darlehensforderungen, deren Gewährung dem KWG unterfiel, in die Definition des Kreditgeschäfts i. S. v. § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 KWG bzw. der Bankgeschäfte i. S. v. § 1 Abs. 1 S. 2 KWG einbezogen. Somit ist schon das bloße gewerbsmäßige Haben und Halten bereits valutierter Darlehen ohne weitere Auszahlungsverpflichtung dem Aufsichtsnexus des KWG zuzuordnen und der Anwendungsbereich der Kreditaufsicht entsprechend zu erweitern.317 Dies entspricht in der Zielrichtung dem neuen funktionsorientierten Ansatz der US-Regulierung. Der wesentliche Unterschied in der Ausführung liegt indes darin, dass nach dem hiesigen Vorschlag die risikoreichen Geschäfte aus dem Halten von Krediten unmittelbar als Bankgeschäfte qualifiziert werden und besondere aufsichtsrechtliche Anforderungen nicht erst ab einer bestimmten Größenordnung gestellt werden. bb) Keine Ausnahme fälliger Forderungen Entsprechend der Regierungsbegründung zur Reform der Factoringaufsicht müssten Darlehenserwerbungen insoweit von der Regulierung und Aufsichtspflicht ausgenommen werden, als die erworbenen Forderungen fällig sind.318 Diese Einschränkung ist allerdings abzulehnen. Der Blick verengt sich auf das Verhältnis des Erwerbers zu dem Veräußerer. Nur insoweit wird die Frage gestellt, ob der Veräußerer dem Erwerber haftet. Dabei blendet die Regierungsbe316 GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen e. V., Stellungnahme vom Januar 2008, S. 4. 317 Ähnlich im Ansatz Bachner, DNotZ 2008, 644, 649. 318 BT-Drs. 16/11108, S. 67; so auch Reschke, BKR 2009, 141 ff.
B. Abtretungsverbote aufgrund kreditaufsichtsrechtlicher Schutzvorschriften 435
gründung aus, dass der Erwerber auch bei einem Rechtskauf fälliger Forderungen ohne Rückgriffsmöglichkeiten ein Kreditausfallrisiko zu tragen hat. Dies besteht nämlich, bis der Darlehensnehmer die Forderungen vollständig beglichen hat, auch wenn er sie nach Vertrag bereits hätte begleichen müssen. So werden in Abs. 75 Basel II auch solche Darlehen erfasst, mit deren Erfüllung der Darlehensnehmer mehr als 90 Tage in Verzug ist, was gerade die Fälligkeit voraussetzt. Deshalb ist konsequenterweise auch der Erwerb fälliger Darlehensforderungen in die Definition der Institutstätigkeiten aufzunehmen. Auch eine dem § 2 Abs. 7 S. 2 KWG entsprechende Ausnahmeregelung ist im Bereich des Darlehenserwerbs fehl am Platz. Da schon die Banken als Darlehensoriginatoren die regulatorischen Anforderungen einhalten mussten, muss dies auch für die Erwerber gelten. cc) Ausnahme von Darlehen, die von vornherein am Kapitalmarkt begeben werden können Der hiesige Vorschlag bezieht sich hingegen nicht auf Darlehen, die ein Schuldner von vornherein in verbriefter Form am Kapitalmarkt aufnehmen kann. Trotz bestehender Gemeinsamkeiten ist eine Differenzierung zwischen Bankdarlehen und diesen Papieren im systematischen Vergleich gerechtfertigt. Banken werden im Rahmen des Emissionsgeschäfts oftmals, aber nicht immer für das erlaubnispflichtige (vgl. § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 10 KWG) Geschäft eingeschaltet, Anleihen zur Platzierung für eigenes Risiko oder gleichwertige Garantien zu übernehmen. Der entscheidende Unterschied zu ordinären Bankdarlehen besteht darin, dass der Zeichner von Anleiheemissionen nicht zwingend eine Bank sein muss. Die Perspektive des Agierens ist mithin eine andere. Die Anleihen werden nicht wie Darlehen von Banken gewährt, sondern vom Schuldner selbst ausgereicht. Die Emission kann vollständig unabhängig von einer Bank am Kapitalmarkt erfolgen, ohne dass sie der Erlaubnis bedarf. Mithin besteht insofern nicht der aufgezeigte Wertungswiderspruch, dass eine zunächst bestehende Erlaubnispflicht bei Kreditvergabe durch eine Veräußerung an Nichtbanken ausgehebelt werden kann. Anleihen, bei denen es sich zumeist um Inhaberschuldverschreibungen handelt, sind sie überdies noch in weit höherem Maße verkehrsfähig als Bankdarlehen. Denn sie werden nach sachenrechtlichen Gesichtspunkten durch Übereignung des Papiers (§§ 929 ff. BGB) übertragen.319 Dabei kann keine dem § 399 BGB entsprechende Verfügungsbeschränkung zum Zuge kommen, weshalb § 137 BGB ein höheres Gewicht zukommt. Anleihen weisen mithin in aller Regel eine geringere Bindung an den Darlehensgeber auf als Bankdarlehen. Dies rechtfertigt es auch, keine Erlaubnis zu fordern, die an die Person des Darlehensgebers anknüpft. 319 „Das Recht aus dem Papier folgt dem Recht an dem Papier“, vgl. Palandt/Sprau, BGB Einf. v. § 793 Rn. 3, § 793 Rn. 9; Jauernig/Stadler, BGB, § 793 Rn. 6.
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6. Kap.: Abtretungsverbote und Übertragungsverbote
c) Ergebnis Der Erwerb bestehender Darlehen und Darlehensforderungen in gewerbsmäßigem Umfang ist in die Definition des Kreditgeschäfts i. S. v. § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 KWG einzubeziehen. Ein entsprechender Formulierungsentwurf findet sich in Anhang A. Somit ist schon das bloße gewerbsmäßige Haben und Halten bereits valutierter Darlehen ohne weitere Auszahlungsverpflichtung dem Aufsichtsnexus des KWG zuzuordnen. Dies gilt ungeachtet der Fälligkeit der Darlehensforderungen. Ausgenommen sind nur Darlehen und Darlehensforderungen, die in Schuldurkunden verbrieft sind und schon bei ihrer Schaffung von Unternehmen am Kapitalmarkt platziert werden können. Aus dieser Neuregelung würde sich für Darlehensforderungen zwanglos ein Verbot der Abtretung an Nichtbanken nach § 134 BGB ergeben, wenn die Darlehensgewährung bereits ein reguliertes Kreditgeschäft darstellt.
C. Abtretungsverbot für Darlehensforderungen als Folge einer drohenden Verletzung der Geheimhaltungspflichten Nach der bisherigen Untersuchung konnte als Ergebnis festgehalten werden, dass die Banken mit den Datenoffenbarungen im Zuge von Darlehensveräußerungen zwar nicht zwingend, aber doch typischerweise gegen die für sie geltenden Geheimhaltungspflichten verstoßen. Die mit den Darlehensveräußerungen verbundenen Zwecke vermögen dies weder generell noch in typisierten Fallgruppen zu rechtfertigen. Nunmehr steht in Frage, welche Konsequenzen sich daraus ergeben. Als praktisch bedeutsamste Folge kommt ein Abtretungsverbot für Forderungen aus Bankdarlehen in Betracht.320 Grundsätzlich ist danach zu differenzieren, ob ein Rechtsgeschäft nichtig, allein mit Strafe bedroht oder ohne weitere Auswirkungen nur zu missbilligen ist. Ihrem Stellenwert als gewichtige Rechtserkenntnisquelle Reverenz erweisend, wird einführend die Entwicklung der höchstrichterlichen und obergerichtlichen Rspr. zu Abtretungsverboten aufgrund von Geheimhaltungspflichten in weiterem Rahmen dargestellt. Im Anschluss daran werden die verschiedenen gesetzlichen und vertraglichen Wertungen, an denen ein Abtretungsverbot für Forderungen aus Bankdarlehen anknüpfen kann, genauer betrachtet. Abschließend wird das gefundene Ergebnis einer grundrechtlichen Gegenprobe unterzogen und im Lichte ökonomischer Gesichtspunkte betrachtet.
320 Vgl. dazu schon ausf. Hammen, in: Bankrechtstag 2005, S. 113, 130 ff.; Wech, S. 516 ff., S. Fuhrmann, passim.
C. Abtretungsverbot wegen Verletzung der Geheimhaltungspflichten
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I. Überblick über die Rechtsprechungsentwicklung 1. Bundesgerichtshof zur Abtretung von Honorarforderungen durch Berufsgeheimnisträger Einen ersten präjudiziellen Koordinatenpunkt zur Bestimmung der Abtretbarkeit von Forderungen vor dem Hintergrund von Geheimhaltungspflichten setzte der BGH in den neunziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Er entschied, wie bereits oben dargestellt, zu Berufsgeheimnisträgern wie Ärzten,321 Rechtsanwälten322 und Steuerberatern,323 dass die Abtretung ihrer Honorarforderungen nach § 134 BGB jeweils i.V. m. § 203 Abs. 1 StGB bzw. § 49b Abs. 4 S. 2 BRAO oder § 64 Abs. 2 S. 2 StBerG unwirksam ist. Die Argumentationsstruktur lässt sich dabei wie folgt zusammenfassen: Mit der Abtretung sei nach § 402 BGB eine umfassende Informationspflicht gegenüber dem neuen Gläubiger verbunden.324 Es wurde oben bereits erörtert, dass es weder rechtlich noch wirtschaftlich zwingend ist, die Schuldnerdaten weiterzuleiten. 325 Die Abtretung von Honorarforderungen habe jedoch „in aller Regel“ die Preisgabe von Geheimnissen zur Folge, die dem zedierenden Berufsgeheimnisträger von seinen Schuldnern anvertraut wurden.326 Daraus ergibt sich eine abstrakte Gefährdung des Geheimnisschutzes. Die einzige Möglichkeit, die Verletzungshandlung effektiv zu verhindern, bestehe demnach in einem Abtretungsverbot. Unter Abwägung des Geheimhaltungsschutzes einerseits und dem Interesse des Gläubigers an einer Abtretung andererseits genieße die Geheimhaltung der Daten generell Vorrang. Grund dafür ist die hohe Sensibilität der zu schützenden Daten sowie die Regelmäßigkeit, mit der bei einer Abtretung gegen § 203 StGB verstoßen werde. Der BGH sprach sich deshalb für ein generelles gesetzliches Abtretungsverbot nach § 134 BGB aus. Dies sollte unabhängig davon gelten, ob im Einzelfall überhaupt eine Datenweitergabe stattfindet und obgleich sich das Verbotsgesetz lediglich an eine Zessionspartei – nämlich den Zedenten – wendet.327 Auf diese Rspr. hat der Gesetzgeber im Hinblick auf Rechtsanwälte und Steuerberater mit § 49 Abs. 4 BRAO, § 64 Abs. 2 StBerG reagiert. Mit dem darin enthaltenen Erlaubnistatbestand328 wird die Abtretung von Vergütungsforderungen oder jeweils die 321 BGHZ 115, 123, 127 f.; BGHZ 116, 268, 272 ff.; BGH, NJW 1996, 775 f. (Schadensersatzforderung); 2005, 1505, 1506. 322 BGHZ 122, 115; BGH, NJW 1993, 1912; 1993, 2795; 1995, 2026. 323 BGH, NJW 1996, 2087 (Praxiskauf); vgl. auch OLG Hamm, DStR 1992, 557; für Wirtschaftsprüfer haben gemäß § 203 Abs. 1 StGB bzw. § 55a Abs. 3 WPO dieselben Grundsätze zu gelten, vgl. MüKo-StGB/Cierniak, § 203 Rn. 69. 324 BGHZ 122, 115, 117. 325 s. o. Kapitel 5 B. I. und II. 326 BGHZ 122, 115, 118. 327 MüKo-BGB/Armbrüster, § 134 Rn. 54. 328 So BGHZ 171, 252, 258.
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6. Kap.: Abtretungsverbote und Übertragungsverbote
Übertragung ihrer Einziehung an Berufskollegen für zulässig erklärt. Im Übrigen übernimmt die Regelung die Rechtsprechung, wonach die Übertragung mit ausdrücklicher, schriftlicher Einwilligung des Mandanten oder nach rechtskräftiger Feststellung zulässig ist. Für Ärzte wurde lediglich die punktuelle Regelung des § 17 Abs. 3 S. 2 KHEntgG eingeführt, so dass die strenge Rspr. zum Abtretungsverbot in weitem Umfang erhalten blieb. 2. Oberlandesgericht Frankfurt am Main zur Abtretung von Darlehensforderungen einer Privatbank Die mittlerweile gefestigte Ansicht des BGH zur Unwirksamkeit der Forderungsabtretung durch Berufsgeheimnisträger hat das OLG Frankfurt a. M. im Jahre 2004 in einer vielbeachteten und vielkritisierten329 Eilentscheidung aufgegriffen und auf die Abtretung von Darlehensforderungen durch Banken übertragen.330 Dies mag zunächst verwundern, weil das Bankgeheimnis in Deutschland nicht strafbewehrt ist, infolgedessen ein gesetzliches Abtretungsverbot nach § 134 BGB i.V. m. § 203 StGB dem ersten Anschein nach fernlag (zu der anderweitigen Beurteilung im konkreten Fall sogleich).331 Jedoch stützte sich das Urteil nicht in erster Linie auf ein gesetzliches Abtretungsverbot wegen Verstoßes gegen ein Verbotsgesetz, sondern auf ein vertragliches Abtretungsverbot nach § 399 Alt. 2 BGB. Ein solches las das Gericht aus der Verschwiegenheitspflicht in Nr. 2 Abs. 1 AGB-Banken heraus, die in dem entschiedenen Fall in den Darlehensvertrag einbezogen worden waren. Dazu übertrug es die oben dargestellte Argumentationslinie auf das Bankgeheimnis und ergänzte, dass der Wille der Vertragsparteien auf eine solche Einigung abziele, weil andernfalls das Bankgeheimnis nicht wirksam geschützt werde. Dem ist im konkreten Fall entgegenzusetzen, dass die Darlehensveräußerungen und die Datenweitergabe nicht von der Bank, sondern im Stadium der Insolvenz von dem Insolvenzverwalter vorgenommen wurde. Dieser unterliegt zwar nicht dem Bankgeheimnis. Doch ist er selbst Berufsgeheimnisträger. Als solcher ist er an das nach § 203 StGB strafbewehrte Privatgeheimnis gebunden. Demnach hätte die Rspr. zu Datenweitergaben im Zuge von Forderungsabtretungen durch Berufsgeheimnisträger unmittelbar eingreifen können, ohne dass es dazu eines besonderen Argumentationsaufwands bedurft hätte.
329 Böhm, BB 2004, 1641, 1642 f.; Bütter/Aigner, BB 2005, 119, 121 f.; Bütter/Tonner, ZBB 2005, 165, 169 ff.; Bruchner, BKR 2004, 394 ff.; Cahn, WM 2004, 2041, 2048 ff.; St. Hofmann/Walter, WM 2004, 1566, 1571 f.; Jobe, ZIP 2004, 2415, 2416 ff.; Langenbucher, BKR 2004, 333 f.; Nobbe, WM 2005, 1537, 1540 ff.; Rinze/Heda, WM 2004, 1557, 1559; Rögner, NJW 2004, 3230, 3232 f.; Stiller, ZIP 2004, 2027, 2029; Kuder, ZInsO 2004, 903 f. 330 OLG Frankfurt a. M., NJW 2004, 3266, 3267 f. 331 Deshalb zu Recht krit. Vollborth, S. 89.
C. Abtretungsverbot wegen Verletzung der Geheimhaltungspflichten
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3. Bundesgerichtshof zur Abtretung von Darlehensforderungen einer Privatbank an eine andere Privatbank mit formularmäßiger Einwilligung Der Entscheidung widersprach der XI. Senat des BGH erwartungsgemäß332 und entschied, dass die Abtretung von Darlehensforderungen wirksam ist.333 Im zu entscheidenden Fall hatte eine Bank eine Darlehensforderung an eine Privatbank abgetreten.334 Der BGH lehnte sowohl ein vertragliches Abtretungsverbot (§ 399 Hs. 2 BGB) aus der Vereinbarung des Bankgeheimnisses in den AGBBanken als auch ein gesetzliches Abtretungsverbot (§ 134 BGB) aus Gewohnheitsrecht, aus § 203 StGB analog oder aus dem Bundesdatenschutzgesetz ab.335 Von Interesse ist vor allem die Argumentation, mit der der BGH die konkludente Vereinbarung eines vertraglichen Abtretungsverbots verneint. Sie unterscheidet sich grundlegend von derjenigen, die den Urteilen zu den Abtretungsverboten von Berufsgeheimnisträgern zugrunde lag. Der XI. Senat sieht in § 402 BGB zwar eine typisierende, aber keineswegs zwingende Regelung. Insoweit stimmt er mit der Rspr. anderer Senate zu Abtretungsverboten nach § 203 StGB überein. Den nächsten Schritt aber, nach dem „in aller Regel“ die Abtretung mit einer Verletzung der Geheimhaltungsverpflichtung einhergeht, vollzog er nicht mehr. Es bedurfte deshalb eines nicht unerheblichen Argumentationsaufwands, um aus der Argumentationsweise zu Berufsgeheimnisträgern nach § 203 Abs. 1 StGB auszubrechen, sofern man einmal von dem scheinbar schlagenden Analogieverbot des Art. 103 Abs. 2 GG absieht.336 Der BGH stützte seine Erwägungen primär auf den Umstand, dass – anders als bei Forderungsabtretungen durch Berufsgeheimnisträger – eine Geheimnisverletzung bei Banken nicht die absolute Regel ist.337 Ferner sah er angesichts der bestehenden Bußgeld- und Strafvorschriften der §§ 43, 44 BDSG sowie der Schadensersatzpflichten ein generelles Abtretungsverbot nicht aus Sanktionsgründen gerechtfertigt; vielmehr würde es die grundsätzliche Abtretbarkeit von Geldforderungen entgegen der gesetzgeberischen Intention aushebeln.338 Dem Urteil des BGH lag eine formularmäßige Einwilligung in die Abtretung zum Zwecke der Refinanzierung zugrunde.339 Das gab 332 Der Vorsitzende Richter des zuständigen Senats hatte zuvor bereits einen Aufsatz zu der Thematik veröffentlicht (Nobbe, WM 2005, 1537). 333 BGHZ 171, 180, 183 ff. 334 Vgl. Tatbestand der Ausgangsinstanz LG Ravensburg, Urteil vom 20.01.2005 – 6 O 399/04, juris. 335 BGHZ 171, 180, 183 ff. 336 BGHZ 171, 180, 186; dazu bereits ausführlich oben Kapitel 5 A. III. 6. b). 337 Vgl. BGHZ 171, 180, 185. 338 BGHZ 171, 180, 189. 339 BGHZ 171, 180, 181 (Wortlaut der Klausel: „Die Bank ist berechtigt, im Fall der Refinanzierung die Darlehensforderung abzutreten und die vom Darlehensnehmer bestellten Sicherheiten an die Refinanzierungsstelle zu übertragen.“).
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6. Kap.: Abtretungsverbote und Übertragungsverbote
dem Gericht im konkreten Fall ein gewichtiges Argument zumindest gegen ein vertragliches Abtretungsverbot an die Hand, freilich ohne dass es die Klausel auf ihre Wirksamkeit hin geprüft hätte. Insofern ist es nicht unproblematisch, dieses Urteil als Grundsatzurteil für alle übrigen Fallkonstellationen anzusehen, in denen eine Einwilligung in die Darlehensveräußerung bzw. die Datenweitergabe fehlt. 4. Bundesverfassungsgericht zur Abtretung von Darlehensforderungen einer Privatbank Auf die Verfassungsbeschwerde des Schuldners hin bestätigte das BVerfG die zuvor referierte Entscheidung des BGH.340 Die Länge der Ausführungen stand in gewissem Widerspruch zu dem Umstand, dass das Gericht der Verfassungsbeschwerde mit der Wahl eines Nichtannahmebeschlusses implizit keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung (vgl. § 93a Abs. 2 BVerfGG) beimaß. Gegenstand des Verfahrens war ausschließlich das Urteil des BGH. Über dessen Verfassungsmäßigkeit hatte das BVerfG allein am Prüfungsmaßstab des informationellen Selbstbestimmungsrechts zu befinden. Die Frage eines zwingenden Zusammenhangs zwischen Forderungsabtretung und Datenübermittlung wurde nicht weiter diskutiert. Vielmehr konzentrierte sich das BVerfG darauf, dass der Bankkunde die Datenübermittlung nicht verhindern könnte.341 Dennoch war es der Ansicht, die Verkehrsfähigkeit von Forderungen habe als wesentlicher Allgemeinbelang Vorrang vor den Geheimhaltungsinteressen des Schuldners, die durch das Recht auf informationelle Selbstbestimmung geschützt werden. Hierbei sei eine Generalisierung geboten, weil die Rechtssicherheit und der Verkehrsschutz Einzelfallentscheidungen entgegenstünden. Für eine Einschränkung für Darlehen seien keine Anhaltspunkte gegeben. Darlehensverhältnisse wiesen nicht generell einen gesteigerten Persönlichkeitsbezug auf. Die Darlehensunterlagen würden nur im Ausnahmefall Auskünfte über vertrauliche oder gar intime Umstände enthalten. Ein typischer besonderer informationeller Schutzbedarf des Schuldners, der über das bei Geldforderungen übliche Maß deutlich hinausgehe, sei nicht ersichtlich. Auch die Beteiligung eines Kreditinstituts führe nicht zu einer anderen Beurteilung. Zwar hätten Kreditinstitute eine zentrale Stellung im Wirtschaftsleben, weil die meisten Zahlungsvorgänge, die über Bargeschäfte des täglichen Lebens hinausgingen, über Banken abgewickelt würden. Informationen über die Bankgeschäfte einer Person könnten deren grundrechtlich geschütztes Geheimhaltungsinteresse durchaus erheblich berühren. Dem Zessionar einer Bankforderung werde jedoch kein derart umfassender Überblick über die Verhältnisse des Schuldners verschafft wie etwa bei einer gezielten Kontenabfrage. Typischerweise sei nicht der unantastbare Kernbereich privater Lebensgestaltung betroffen. 340 341
BVerfG, NJW 2007, 3707. BVerfG, NJW 2007, 3707, 3708.
C. Abtretungsverbot wegen Verletzung der Geheimhaltungspflichten
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Eine davon zu unterscheidende Frage war hingegen, ob der BGH der Privatautonomie ausreichend Rechnung getragen hat, als er aus der Vereinbarung des Bankgeheimnisses insbesondere in den AGB-Banken kein vertragliches Abtretungsverbot herausgelesen hat. Dazu hat sich das BVerfG jedoch nicht geäußert. 5. Bundesgerichtshof und Oberlandesgericht Schleswig zur Abtretung von Darlehensforderungen einer Sparkasse Zuletzt hatte der BGH342 im Anschluss an das OLG Schleswig343 den im Zusammenhang mit einem Verstoß gegen das Amtsgeheimnis bereits erörterten Fall zu entscheiden, in dem Darlehensforderungen einer Sparkasse an ein ausländisches Kreditinstitut344 veräußert wurden. Die Gerichte hielten die Abtretung für wirksam, obgleich es nahegelegen hätte, diesen Fall in die Entscheidungskette zur Forderungsabtretung durch Berufsgeheimnisträger einzureihen.345 Denn Sparkassenvorstände sind nach höchstrichterlicher Rspr. Amtsträger gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 2c) StGB und unterfallen bei Tätigkeiten in dieser Eigenschaft dem § 203 Abs. 2 Nr. 1 StGB.346 Außerdem unterliegt die Sparkasse der Verschwiegenheitspflicht nach §§ 1, 20 f. des Sparkassengesetzes Schleswig-Holstein (SparkassenG S-H) sowie § 96 LVwG.347 Dagegen sah der BGH aber bekanntermaßen den Anwendungsbereich des § 203 StGB nicht als erfüllt an, weil es an einem Geheimnis im Sinne dieser Norm mangle.348 Das OLG Schleswig führte zudem den EU-Auslandsbezug ins Feld und argumentierte, die Veräußerung von Forderungen unterfalle mit Rücksicht auf die Kapital- und Zahlungsverkehrsfreiheit des Art. 56 Abs. 1 EGV a. F. (nunmehr Art. 63 Abs. 1 AEUV) nicht § 134 BGB und beinhalte darüber hinaus auch keinen Verstoß gegen § 203 StGB.349 In einer möglichen Nichtigkeit nach § 134 BGB i.V. m. § 203 StGB würde ein ungerechtfertigter Verstoß gegen den vorrangigen Art. 56 Abs. 1 EGV a. F. (nunmehr Art. 63 Abs. 1 AEUV) liegen.350 Zudem gebiete § 134 BGB auch bei einem unterstellten Verstoß gegen § 203 Abs. 2 Nr. 1 StGB nicht die Nichtigkeit einer solchen Abtretung. Denn das OLG Schleswig hatte sich der Ansicht angeschlossen, dass die Übertragung von Darlehensforderungen durch eine Sparkasse an ein privatrecht-
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BGHZ 183, 60. OLG Schleswig, BKR 2008, 25. 344 Konkret war dies die Investmentbank Credit Swiss First Boston International, London (Vereinigtes Königreich), die mithin der Erwerbergruppe der Trader zuzuordnen ist. 345 Vgl. Haas/Fischera, NZG 2010, 457, 458. 346 s. o. Kapitel 5 A. III. 5. 347 Vgl. OLG Schleswig, BKR 2008, 25, 26. 348 BGHZ 183, 60, 64 ff. 349 OLG Schleswig, BKR 2008, 25, 27. 350 OLG Schleswig, BKR 2008, 25, 27. 343
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6. Kap.: Abtretungsverbote und Übertragungsverbote
liches Kreditinstitut in angeblich verfassungskonformer Auslegung des § 203 Abs. 2 Nr. 1 StGB nicht „unbefugt“ erfolge.351 6. Zusammenfassung und Problemschwerpunkte Die jeweils nur für Teilbereiche gültige, in der Zusammenschau jedoch nicht völlig konsistente Rspr. provoziert Widerspruch. Es mag einleuchten, dass der Geheimnisschutz der Privatbanken Unterschiede zu demjenigen aufweist, dem die Berufsgeheimnisträger nach § 203 StGB unterliegen. Wendet man sich den öffentlichen Banken zu, so sind die von der Rspr. vorgenommenen Einschränkungen des strafrechtlichen Geheimnisschutzes nach hier vertretener Auffassung abzulehnen.352 Gleichwohl bleibt zu fragen, ob sich aus dem drohenden Verstoß gegen die Geheimhaltungspflichten ein Abtretungsverbot ergibt und dies ein effektiver Schutz der informationellen Selbstbestimmung sogar gebietet. Die folgenden Ausführungen setzen sich deshalb vertieft mit den Auswirkungen der drohenden Geheimnisverletzung auf die Wirksamkeit der Forderungsübertragung auseinander.
II. Vertragliches Abtretungsverbot Den Parteien des Darlehensvertrags steht es offen, von der Möglichkeit des § 399 Hs. 2 BGB Gebrauch zu machen und die Abtretung der Darlehensforderungen vertraglich auszuschließen. Infolgedessen wäre eine entgegen dieser Vereinbarung vorgenommene Abtretung absolut unwirksam. Ein solcher Abtretungsausschluss dürfte heute aufgrund des neuen Vertragsgestaltungskonzeptes des Risikobegrenzungsgesetzes (Art. 247 § 9 Abs. 1 S. 2 EGBGB) vermehrt ausdrücklich vereinbart werden. Lässt man dies außen vor, kommt mangels ausdrücklicher Regelung nur ein stillschweigend vereinbarter Abtretungsausschluss in Betracht.353 Dieser Weg ist nicht bereits dadurch versperrt, dass das Bankgeheimnis als Gewohnheitsrecht oder als vorvertragliche Pflicht eines gesetzlichen Schuldverhältnisses qualifiziert wird. Denn es erlangt vertragliche Geltung, indem Nr. 2 Abs. 1 AGB-Banken bzw. Nr. 1 Abs. 1 S. 2 AGB-Sparkassen in den Darlehensvertrag einbezogen werden.354 Aus diesen Regelungen lesen allein das OLG Frankfurt am Main355 und wenige Stimmen in der Literatur356 ein vertragliches Abtretungsverbot heraus. Da der Zedent dem Zessionar im Zuge der Abtretung regelmäßig die Infor351
OLG Schleswig, BKR 2008, 25, 28. s. o. Kapitel 5 A. III. 7. 353 Vgl. Hammen, in: Bankrechtstag 2005, S. 113, 133 ff.; Vollborth, S. 112 ff. 354 s. o. Kapitel 5 A. II. 5. 355 OLG Frankfurt a. M., NJW 2004, 3266, 3267. 356 Rob. Koch, BKR 2006, 182, 186; ferner zumindest im Ansatz Hammen, in: Bankrechtstag 2005, S. 113, 133 ff. 352
C. Abtretungsverbot wegen Verletzung der Geheimhaltungspflichten
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mation über die vertragsgegenständliche Forderung zukommen lasse und zudem der Auskunftspflicht gemäß § 402 BGB unterliege, sei damit das Bankgeheimnis verletzt.357 Die Rechtsfolgen eines solchen Verstoßes seien formularvertraglich nicht abschließend geregelt.358 Der Schuldner habe aber ein objektiv erkennbares Interesse an einer effektiven Durchsetzung der Geheimhaltungspflicht.359 Dies sei durch ein Abtretungsverbot zu gewährleisten. Insofern wird eine Parallele zum gesetzlichen Abtretungsverbot für Honorarforderungen anderer Berufsgeheimnisträger gezogen und auf eine Entscheidung des OLG Düsseldorf verwiesen, in der es aus der Geheimhaltungsverpflichtung eines Unternehmenssanierers einen konkludenten Abtretungsausschluss hergeleitet hat.360 Koch formuliert prägnant, wenn die Abtretung einer Darlehensforderung zwingend mit der Weitergabe von Kontendaten verbunden sei, die unter dem Zustimmungsvorbehalt des betreffenden Darlehensnehmers stehen, müsse auch die Abtretung selbst an die Zustimmung des Darlehensnehmers gebunden sein.361 Gegen ein vertragliches Abtretungsverbot wenden sich indes der BGH und der überwiegende Teil der Literatur.362 Angesichts der wirtschaftsbedingt wachsenden Zahl zahlungsunfähiger Kreditnehmer und der sich ausdehnenden Aufgabenbereiche der Kreditinstitute erschließe sich erkennbar kein entsprechender Bindungswille der Banken.363 Aufgrund des im Kreditgeschäft verkehrsüblichen Schriftformerfordernisses bestehen ohnedies generelle Vorbehalte gegen konkludente Vereinbarungen.364 Dies offenbare zugleich, dass es an einem hinreichend konkreten objektiven Anhaltspunkt für einen Abtretungsausschluss fehle. Ein absolut wirkendes Abtretungsverbot verschließe jegliche Differenzierungsmöglichkeit und entscheide den Streit von vornherein zu Lasten des Gläubigers, wie etwa das LG Koblenz einwendet.365 Im Übrigen entspreche der Vorrang der Verkehrsfähigkeit von Forderungen dem gesetzgeberischen Willen.366 Dieser werde an 357
OLG Frankfurt a. M., NJW 2004, 3266, 3267. OLG Frankfurt a. M., NJW 2004, 3266, 3267. 359 Hammen, in: Bankrechtstag 2005, S. 113, 136 ff. 360 OLG Düsseldorf, NJW-RR 1994, 438. 361 Rob. Koch, BKR 2006, 182, 189 f. 362 BGHZ 171, 180, 183 ff.; zudem schon BGH, Beschl. v. 27.01.1998 – XI ZR 208/ 97 (unveröffentlicht); Bruchner, BKR 2004, 394, 396; Cahn, WM 2004, 2041, 2048; Langenbucher, BKR 2004, 333, 334; Stiller, ZIP 2004, 2027, 2031; Jobe, ZIP 2004, 2415, 2416 ff.; Nobbe, WM 2005, 1537, 1541; Schantz, VuR 2006, 464, 465; Wittig, in: Bankrechtstag 2005, S. 145, 178 ff.; Vollborth, S. 116 ff.; Casper, in: Handbuch zum deutschen und europäischen Bankrecht, § 3 Rn. 11. 363 Vgl. BGHZ 171, 180, 183 ff.; OLG Köln, WM 2005, 2385 2386; LG Koblenz, WM 2005, 30, 32. 364 Jobe, ZIP 2004, 2415, 2417; Vollborth, S. 123. 365 LG Koblenz BKR 2005, 108 (110). 366 So noch zur alten Rechtslage BGHZ 171, 180, 189 f.; OLG Köln, BKR 2005, 450; Langenbucher, BKR 2004, 333, 334; Wittig, in: Bankrechtstag 2005, S. 145, 178 f.; dagegen schon damals Hammen, in: Bankrechtstag 2005, S. 113, 135. 358
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6. Kap.: Abtretungsverbote und Übertragungsverbote
§ 354a HGB und § 22d KWG Abs. 4 KWG deutlich. Unter den dort genannten Voraussetzungen hindere selbst ein vertragliches Abtretungsverbot nach § 399 Alt. 2 BGB die Abtretbarkeit der Forderung nicht.367 Den beiden grundsätzlich verschiedenen Auffassungen ist gemein, dass sie dazu tendieren, den einseitigen Willen einer Partei zum objektiven Erklärungsinhalt der AGB zu erheben. Zugegebenermaßen würde es die Wirksamkeit eines vertraglichen Abtretungsverbotes nicht hindern, wenn sich die Bank über die Folgen der formularmäßigen Vereinbarung der Geheimhaltungspflicht irren würde.368 Zudem erscheint ein schlüssig vereinbartes Abtretungsverbot nicht fernliegend, wenn man bedenkt, dass ein solches gemeinhin auch für kontokorrentgebundene Forderungen aus der Kontokorrentabrede (§§ 355 ff. HGB) herausgelesen wird.369 Der Hinweis auf die vorrangige Verkehrsfähigkeit von Forderungen wird nunmehr dadurch entkräftet, dass § 354a HGB durch das Risikobegrenzungsgesetz um eine Ausnahmeregelung für Bankdarlehen ergänzt wurde, die der Schutzbedürftigkeit des Bankkunden Rechnung trägt (vgl. § 354a Abs. 2 HGB).370 Schließlich streitet die besondere Auslegungsvorschrift des § 305c Abs. 2 BGB für die Interessen des Vertragspartners des Verwenders.371 Es wäre demnach grundsätzlich an den Banken, in dieser Hinsicht für Klarheit zu sorgen. Gleichwohl darf diese Auslegungsregel nicht überstrapaziert werden. Aus der Vereinbarung des Bankgeheimnisses ergibt sich für die Kreditinstitute nicht notwendig die Konsequenz, Abtretungen von Darlehensforderungen zu unterlassen. Von entscheidender Bedeutung ist hierbei die Trennung von Abtretung und Informationsweitergabe.372 Der Geheimnisherr kann aus dem Bankgeheimnis allein Verschwiegenheit verlangen. Diese Pflicht hat rein schuldrechtlichen Charakter. Die Bank kann durch eine Abbedingung oder Modifizierung des § 402 BGB gegenüber dem Zessionar auch im Falle einer Abtretung ihrer Pflicht zur Wahrung des Bankgeheimnisses gerecht werden. Dagegen wird vorgebracht, dass dieses Argument wegen der gebotenen objektiv-generalisierenden Auslegung von Formularklauseln unbeachtlich sei, weil die Datenweitergabe nach der gesetzlichen Typisierung in § 402 BGB die Regel sei.373 Diese Typisierung führt jedoch nicht zu einem zwingenden Automatismus, demzufolge die Vereinbarung der Geheim367
So BGHZ 171, 180, 189. Vgl. Hammen, in: Bankrechtstag 2005, S. 113, 135 f. 369 BGH, NJW 1985, 1219; BGH, NJW 2002, 2865, 2866; Bruchner, BKR 2004, 394, 395; Hammen, in: Bankrechtstag 2005, S. 113, 135; Palandt/Grüneberg, BGB, § 399 Rn. 8; gegen einen stillschweigenden Abtretungsausschluss, aber i. E. ebenso aufgrund der Natur des Schuldverhältnisses Busche, in: Staudinger, BGB, § 399 Rn. 38, 55. 370 s. o. Kapitel 3 F. 371 Rob. Koch, BKR 2006, 182, 186. 372 Vgl. BGHZ 171, 180, 185; Einsele, Bank- und Kapitalmarktrecht, § 1 Rn. 26; Bitter, ZHR 173 (2009), 379, 404. 373 Rob. Koch, BKR 2006, 182, 190. 368
C. Abtretungsverbot wegen Verletzung der Geheimhaltungspflichten
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haltung stets zugleich die Einigung über ein Abtretungsverbot enthält. Deshalb ist dem BGH und der Mehrheit im Schrifttum darin zuzustimmen, dass ein vertragliches Abtretungsverbot aufgrund des Bankgeheimnisses als reine „Fiktion“ 374 abzulehnen ist. Weil die mit dem Risikobegrenzungsgesetz eingeführte Hinweispflicht in Art. 247 § 9 Abs. 1 S. 2 EGBGB losgelöst vom Bankgeheimnis eigenständige Bedeutung erlangt und ihre Auswirkungen nicht auf die Frage eines Abtretungsausschlusses beschränkt sind, wird der damit zusammenhängende Themenkreis separat erörtert.375 Dennoch ist an dieser Stelle bereits festzuhalten, dass die Hinweispflicht für ein vertragliches Abtretungsverbot Auslegungsklarheit schafft: Sofern die Bank sie erfüllt und ausdrücklich auf die Abtretbarkeit hinweist, hindert bereits dies künftig die Annahme eines schlüssig vereinbarten Abtretungsverbots aufgrund des Bankgeheimnisses. Wird hingegen auf dieser Grundlage ein Abtretungsverbot tatsächlich vereinbart, macht dies die Diskussion um einen Abtretungsausschluss als Folge des Bankgeheimnisses entbehrlich.
III. Inhaltsänderung der Forderung Nachdem die Identitätsvorstellung bereits unter anderen Aspekten erörtert wurde, könnte sie insofern Bedeutung erlangen, als das Bankgeheimnis Inhalt der Forderungen aus den Bankdarlehen sein könnte. Dadurch wären die Forderungen untrennbar mit der geheimhaltungspflichtigen Bank verbunden.376 Die Abtretung an Dritte würde folglich zu einer Inhaltsänderung führen und wäre gemäß § 399 Hs. 1 BGB nichtig. Diese Ansicht wurde zu Honorarforderungen von Berufsgeheimnisträgern nach § 203 Abs. 1 StGB abgelehnt.377 Auch im Hinblick auf die personale Bindung von Forderungen aus Bankdarlehen ist Skepsis angebracht. Bei der Zession geht zwar der auf die betreffende Forderung bezogene Schutz des Bankgeheimnisses verloren. Doch ist zu abstrahieren. Das Bankgeheimnis ist nicht Inhalt der Forderungen aus den Bankdarlehen, sondern eine separate Pflicht der Bank. Es bezieht sich zwar auf die Vertragsdurchführung. Als Nebenpflicht des Darlehensvertrags muss es diesem in einer Universalsukzession stets folgen. Das reicht jedoch nicht so weit, dass es zu einem Inhalt der einzelnen Forderung aus dem Bankdarlehen würde. Die Abtretung umfasst nur einzelne Forderungen; die Darlehensbeziehung zu der Bank besteht fort. Durch eine Abtretung wird deshalb weder der Leistungsinhalt der betreffenden Geldforderung geändert noch der Zweck der einzelnen Forderung vereitelt oder ent374
Nobbe, WM 2005, 1537, 1541. s. u. Kapitel 8 B. 376 Ähnlich unter dem Aspekt der Bindung an die Kreditaufsicht Schwintowski/ Schantz, NJW 2008, 472, 473; Knops, WM 2008, 2185, 2186. 377 Vgl. Würz-Bergmann, S. 6 ff., die aber die Abtretbarkeit aus der Natur der Sache ausschließen will, S. 17 ff. 375
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6. Kap.: Abtretungsverbote und Übertragungsverbote
fremdet.378 Die abstrakte Forderung bleibt stets eine Darlehensforderung, die an jeden beliebigen Gläubiger erfüllt werden kann, ohne dass es auf dessen Bindung an eine Geheimhaltungspflicht ankäme. Mithin greift § 399 Hs. 1 BGB nicht durch.379
IV. Gesetzliches Abtretungsverbot 1. Auswirkungen des Risikobegrenzungsgesetzes auf die Veräußerbarkeit von Darlehensforderungen Mit einer verbesserten Markttransparenz in Gestalt neuer Aufklärungspflichten im Risikobegrenzungsgesetz soll zwischen den Darlehensparteien ein einheitliches Informationsniveau sichergestellt werden. Der Gefahr, dass sich die Rechtsposition des Schuldners durch eine Veräußerung verschlechtert, wurde im Recht der Sicherungsgrundschuld mit der Schließung bestehender Schutzlücken vorgebeugt. Die Verkehrsfähigkeit der Darlehensforderungen sowie der dazu bestellten Sicherheiten wurde hingegen nicht eingeschränkt. Dementsprechend hat der Gesetzgeber kein generelles Abtretungsverbot für Darlehensforderungen eingeführt.380 Dies wurde nicht einmal für Forderungen aus ungekündigten381 oder intakten Darlehen382 oder für Fälle einer Verletzung der Geheimhaltungspflichten vorgesehen.383 Auf diese Weise hätte der Bank die Rechtfertigungslast hinsichtlich einer Darlehensveräußerung auferlegt werden können. Sie wäre dann in Zugzwang gewesen, auf die Einwilligung in die Abtretungen hinzuwirken.384 Zugleich hätte darin die Frage der Entbindung von den Geheimhaltungspflichten geklärt werden können und müssen.385 Demnach liegt die Frage auf der Hand, ob der Gesetzgeber nunmehr von einer freien Abtretbarkeit von Darlehensforderun378 LG Nürnberg-Fürth, WM 2008, 2015, 2017; Schulz, ZIP 2008, 1858, 1860; Bredow/Vogel, BKR 2008, 271, 272; zum Schweizer Recht zu Recht abl. Steiner, S. 100 ff., 186. 379 Ebenso BGH, BKR 2011, 327, 329; Vollborth, S. 90 ff.; Wech, S. 522. 380 Entgegen der Forderung von Schwintowski/Schantz, Stellungnahme vom 21.01. 2008, S. 4; Verbraucherzentrale Bundesverband, Stellungnahme vom 18.01.2008, S. 6 f. 381 So der Antrag der Bundestagsfraktion DIE LINKE vom 20.02.2008, BT-Drs. 16/ 8182, S. 4; abgelehnt am 27.06.2008, BT-Plenarprot. 16/173, S. 18467. 382 So der Antrag der Bundestagsfraktion der FDP vom 13.03.2008, BT-Drs. 16/ 8548, S. 2; ebenfalls abgelehnt am 27.06.2008, BT-Plenarprot. 16/173, S. 18467; vgl. auch den an eine Inhaltsänderung i. S. v. § 399 Hs. 1 BGB anknüpfenden Vorschlag zur Einführung eines § 399 S. 2 BGB in Art. 1 eines Immobiliarkreditnehmerschutzgesetzes bei Derleder/Knops, VuR 2008, 241, 243 und 246. 383 So der Vorschlag der Verbraucherzentrale Bundesverband, Stellungnahme vom 18.01.2008, S. 16 f. 384 So auch Deutscher Industrie- und Handelskammertag, Positionspapier vom 18.01. 2008, S. 1. 385 Schwintowski/Schantz, Stellungnahme vom 21.01.2008, S. 4.
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gen ausgeht. Der Gesetzestext schweigt dazu. Dennoch hat der Gesetzgeber die freie Abtretbarkeit dieser Forderungen offenbar für möglich gehalten. Dafür finden sich Anhaltspunkte in der Hinweispflicht des Art. 247 § 9 Abs. 1 S. 2 EGBGB und in dem Schadensersatz nach § 799a ZPO. Letzterer gilt freilich nur für den Teilbereich der Vollstreckung aus Urkunden durch einen anderen als den in der Urkunde bezeichneten Gläubiger. Die Gesetzesbegründung wird hierzu deutlicher, wenn sie klarstellt, dass die Abtretung der Darlehensforderungen grundsätzlich zulässig bleibe.386 Die Lösung der damit verbundenen Konflikte bleibt weiterhin der Rspr. überlassen. Dem Fehlen entsprechender Neuregelungen ist allerdings kein Hinweis darauf zu entnehmen, ob der Gesetzgeber diese Rspr. befürwortet. Aus seinem Schweigen auf seine Zustimmung zu schließen, wäre ein hermeneutischer Kunstfehler. Die interpretatorische Figur des beredten Schweigens setzt einen geschlossenen Mitteilungszusammenhang voraus. Daran fehlt es vorliegend. Der Gesetzgeber hat sich schlicht nicht mit der Thematik befasst oder gar befassen wollen. 2. Gewohnheitsrechtliche Regelung eines Abtretungsverbots, § 134 BGB In der gewohnheitsrechtlichen Grundlage387 des Bankgeheimnisses erstarkt es gemäß Art. 2 EGBGB zum Gesetz. Dies erlaubt es dem Grunde nach, aus dem Bankgeheimnis ein gesetzliches Abtretungsverbot gemäß § 134 BGB herauszulesen. Der BGH und weite Teile der Lit. sehen jedoch nicht, dass das Bankgeheimnis die Vornahme einer Abtretung unmissverständlich verwerfen würde.388 Das Bankgeheimnis verbietet zunächst nur die Datenweitergabe. Hier kommt erneut zum Tragen, dass seine Verletzung weder rechtlich noch tatsächlich zwingend ist, wenn eine Darlehensforderung abgetreten wird.389 Ein Abtretungsverbot würde mithin auch Fälle erfassen, in denen das Bankgeheimnis nicht bedroht ist. Dieser Umstand spricht dagegen, aus dem Geheimnisschutz die strenge Konsequenz eines Abtretungsverbots herzuleiten.390 Zudem ist nur bei einem beiderseitigen Verstoß Nichtigkeit die Regel.391 Hier aber liegt lediglich ein Verstoß der Bank, nicht aber des Zessionars vor. Ihm selbst ist kein rechtswidriges Handeln vorzuwerfen. Er verstößt auch nicht gegen Treu und Glauben, wenn er die übertragenen Darlehensforderungen durchsetzt, obgleich er die dazu erforderlichen 386
BT-Drs. 16/9821, S. 19, zu Nummer 2 (§ 309 Nr. 10). s. o. Kapitel 5 A. II. 3. 388 BGHZ 171, 180, 186 f.; Jobe, ZIP 2004, 2415, 2418; Nobbe, WM 2005, 1437, 1542; Vollborth, S. 159 ff. 389 s. o. Kapitel 5 B. I. und II. 390 LG Frankfurt a. M., BKR 2005, 67, 71. 391 St. Rspr. seit RGZ 60, 273; BGHZ 115, 123, 127 f. 387
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6. Kap.: Abtretungsverbote und Übertragungsverbote
Daten nur unter Verstoß gegen das ihn nicht bindende Bankgeheimnis erhalten hat.392 Die Kaufparteien wirken auch nicht kollusiv zum Nachteil des Darlehensnehmers zusammen.393 Gleichwohl kann sich durch Auslegung ergeben, dass die Nichtigkeit zur Prävention und Sanktion erforderlich ist. Dagegen wenden sich aber der BGH und die Literatur.394 Es sei atypisch, dass sich Gewohnheitsrecht gegen ein bestimmtes Rechtsgeschäft richtet.395 Vorliegend fehle es zudem an der erforderlichen lang dauernden Übung, die durch die Rechtsüberzeugung der beteiligten Verkehrskreise getragen werden muss.396 Dieser Wertung kann nur schwer widersprochen werden. Es liegt in der Natur des Gewohnheitsrechts, dass es nicht kodifiziert und deshalb inhaltlich kaum klar zu umreißen ist. Allerdings ist einzuwenden, dass die Abtretung von Forderungen aus Bankdarlehen nicht langjähriger Praxis entspricht. Ein schwunghafter Sekundärmarkt für Forderungen aus Bankdarlehen hat sich erst um die Jahrtausendwende etablieren können. Dieser Wandel ist bei weitem nicht bei allen Beteiligten auf Zustimmung gestoßen. Das allein vermag allerdings noch kein Abtretungsverbot zu begründen. Wurden zuvor keine Darlehensveräußerungen durchgeführt, zwingt dies nicht zu dem Schluss, dass bislang von dem Bestehen eines gewohnheitsrechtlichen Abtretungsverbots ausgegangen wurde. Dessen Grundlage wäre im Übrigen eher in der Vertrauensbeziehung zwischen Bank und Kunde zu suchen denn in der speziellen Ausprägung des Bankgeheimnisses. Überzeugend gegen ein gewohnheitsrechtliches Abtretungsverbot spricht aber letztlich, dass ein solches nicht das Maß an Konkretisierung und Klarheit aufweisen würde, das nötig ist, um die verfassungsrechtlich geschützte Vertragsfreiheit sowie die Verkehrsfähigkeit von Forderungen einschränken zu können.397 3. Datenschutzrechtliches Abtretungsverbot, § 134 BGB i.V. m. §§ 4, 28 BDSG In Teilen der Instanzrechtsprechung und der Lit. wird erwogen, dass die Regelungen der §§ 4, 28 BDSG ein Verbotsgesetz i. S. d. § 134 BGB seien, so dass im Falle eines Verstoßes gegen diese Bestimmungen auch die Abtretung von Darlehensforderungen unwirksam sei.398 Dem widersprechen der BGH und der über392 393 394 395 396
BGH, WM 1973, 892, 894. Rob. Koch, BKR 2006, 182, 192. BGHZ 171, 180, 186; Nobbe, WM 2005, 1537, 1540 f. MüKo-BGB/Armbrüster, § 134 Rn. 32. BGHZ 171, 180, 186 f. unter Hinweis auf BVerfGE 28, 21, 28; BGHZ 37, 219,
222. 397
Das betont auch Vollborth, S. 161. LG Lüneburg, ZVI 2003, 162; Kusserow/Dittrich, WM 1997, 1786, 1791; Schantz, VuR 2006, 464, 467. 398
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wiegende Teil des Schrifttums.399 Das BDSG ist nach den obigen Ausführungen neben dem Bankgeheimnis parallel anwendbar.400 Insofern greift auch die Kritik der Lit. nicht durch, dass der Schutz des BDSG nicht weiter reichen könne als der des Bankgeheimnisses und deshalb jegliche Prüfung entbehrlich sei, sofern man bereits aus dem Bankgeheimnis kein Abtretungsverbot habe herleiten können.401 Ein solcher Erst-recht-Schluss ist unzulässig. Der BGH und die Diskussion bestimmende Teile der Lit. argumentieren jedoch weiter, ein allein auf das BDSG gestütztes Abtretungsverbot führe zu einem untragbaren Wertungswiderspruch zwischen natürlichen und juristischen Personen.402 Es sei kein sachlich gerechtfertigter Grund ersichtlich, die Abtretung von Darlehensforderungen eines Kreditinstituts gegen natürliche Personen an einem datenschutzrechtlichen Abtretungsverbot scheitern zu lassen, die Abtretung solcher Forderungen gegen juristische Personen aber als wirksam anzusehen, weil sie durch das BDSG nicht geschützt werden. Diese Wertung greift im Wesentlichen eine These von Canaris auf und präsentiert sie mit umgekehrten Vorzeichen. Canaris schrieb, dass kein Grund ersichtlich sei, warum auf natürliche Personen grundsätzlich nur das BDSG anzuwenden sei, wenn juristischen Personen der Schutz des Bankgeheimnisses voll erhalten bleibe.403 Nun spricht der BGH von einer Privilegierung natürlicher gegenüber juristischen Personen, wenn das BDSG neben dem Bankgeheimnis anwendbar wäre.404 Dies entbehrt jeglicher Logik. Canaris hat mit seiner Argumentation nur einen Vorrang des BDSG ausschließen wollen. Mit der umgekehrten Argumentation lässt sich hingegen ein Vorrang des Bankgeheimnisses nicht positiv begründen. Vielmehr bleibt auch Raum für eine Parallelgeltung. Wenn ein gesetzliches Abtretungsverbot nur auf das BDSG gestützt werden könnte und demnach nur natürlichen Personen zugutekäme, läge darin kein Wertungswiderspruch zu dem Schutz juristischer Personen, weil der Gesetzgeber in § 3 Abs. 1 BDSG selbst ausdrücklich differenziert.405 Nach alledem sind die maßgeblichen Bestimmungen des BDSG unabhängig vom Bankgeheimnis daraufhin zu überprüfen, ob sich daraus ein gesetzliches Abtretungsverbot ergibt.
399 BGHZ 171, 180, 189; Einsele, Bank- und Kapitalmarktrecht, § 1 Rn. 22; Bütter/ Aigner, BB 2005, 119, 122; Bütter/Tonner, ZBB 2005, 165, 170; Cahn, WM 2004, 2041, 2051; Früh, WM 2000, 497, 501; ders., in: BuB, Rn. 3/138h; Nobbe, WM 2005, 1537, 1543 f.; ders., ZIP 2008, 97, 101 f.; Rinze/Heda, WM 2004, 1557, 1563; Theewen, WM 2004, 105, 113; Vollborth, S. 185 ff. 400 s. o. Kapitel 5 A. IV. 4. 401 Nobbe, WM 2005, 1537, 1544; ders., ZIP 2008, 97, 101 f. 402 BGHZ 171, 180, 189; Nobbe, WM 2005, 1537, 1544. 403 Canaris, in: Großkommentar HGB, Bd. 5, Bankvertragsrecht I, Rn. 72. 404 BGHZ 171, 180, 189. 405 Scharf, S. 120.
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6. Kap.: Abtretungsverbote und Übertragungsverbote
Werden Darlehensforderungen abgetreten, kommt es i. d. R. zu einer Datenoffenbarung an den Darlehenserwerber und mithin zu einer Datenverarbeitung, für die sich die veräußernde Bank als verantwortliche Stelle nach §§ 4 Abs. 1, 28 BDSG rechtfertigen muss. Im Unterschied zum Bankgeheimnis kommt es beim BDSG sogar zu einem beiderseitigen Verstoß. Denn nach § 4 BDSG ist die Übermittlung für den Empfänger der Daten eine Erhebung und Verwendung. Dies ist ihm ebenso verboten, sofern nicht die Ausnahmeregelungen nach § 28 ff. BDSG greifen, was hier aber kaum der Fall sein dürfte. Damit könnte die Regel einschlägig sein, dass der Verstoß gegen ein Verbotsgesetz die Nichtigkeit eines Rechtsgeschäfts zur Folge hat, wenn sich das Verbot gegen beide Seiten richtet.406 Verbotswidrig ist jedoch allein die Verpflichtung zur unberechtigten Datenweitergabe, nicht aber die Abtretung der Darlehensforderungen. Hier ist wiederum die Abtretung von der Datenoffenbarung zu trennen. Die Informationspflicht nach § 402 BGB ist nicht Teil oder Folge der Abtretung, sondern des Verpflichtungsgeschäfts. Dieses ist nicht zwingend mit jener verbunden. Analog zum Bankgeheimnis lässt sich die Konsequenz eines Abtretungsverbots verneinen. Im Mittelpunkt der Argumentation steht aber eine weitere Besonderheit des BDSG: Verstöße gegen § 28 BDSG werden durch die Bußgeld- und Strafandrohungen der §§ 43, 44 BDSG sanktioniert. Das betonen manche Stimmen in der Instanzrechtsprechung und Literatur.407 Nach allgemeiner Meinung, die die Rspr. teilt, sind Strafvorschriften zwar nicht ausnahmslos, aber im Zweifel Verbotsgesetze i. S. d. § 134 BGB.408 Umgekehrt muss eine Strafbarkeit nicht zwingend mit der zivilrechtlichen Nichtigkeit eines Vertrages einhergehen, wie Peters anhand von § 123 BGB belegt.409 Das OLG Celle hebt im konkreten Fall hervor, dass die Folgen eines möglichen Verstoßes im Bundesdatenschutzgesetz selbst geregelt seien (§§ 43, 44 BDSG) und § 134 BGB deshalb nicht zur Anwendung komme.410 Ähnlich argumentiert das Waadtländer Kantonsgericht zu den Auswirkungen eines Verstoßes gegen die Strafbestimmung in Art. 47 des Schweizerischen Bundesgesetzes über die Banken und Sparkassen.411 Allerdings gilt der Vorrang der lex specialis nur insoweit, als das Gesetz die Folgen der Gesetzesverletzungen selbständig regelt. Da die §§ 43, 44 BDSG über die zivilrechtlichen Folgen schweigen, lässt dies durchaus Raum für zivilrechtliche Sanktionen.412 Ferner lassen sich auch Strafbestimmungen finden, die ein bestimmtes Verhalten sank406 Stdg. Rspr. seit RGZ 60, 273; beiderseitiger Verstoß indes nicht gegeben bei BGHZ 115, 123, 125. 407 LG Lüneburg, ZVI 2003, 162; Kusserow/Dittrich, WM 1997, 1786, 1791. 408 BGHZ 53, 152, 157; 115, 123, 125; MüKo-BGB/Armbrüster, § 134 Rn. 50 mit Hinweis auf Motive I S. 210. 409 Peters, AcP 206 (2006), 843, 851. 410 OLG Celle, WM 2004, 1384. 411 Waadtländer Kantonsgericht, SJZ 98 (2002) 309, 310. 412 Vgl. MüKo-BGB/Armbrüster, § 134 Rn. 3.
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tionieren und zugleich als Verbotsgesetze anerkannt sind.413 Der BGH will derartige Fallgruppenbildungen nicht überbewerten, sondern prüft individuell, ob der Zweck des übertretenen Gesetzes dieses als Verbotsgesetz erscheinen lässt.414 Für den vorliegenden Fall schließt er sich der Ansicht des OLG Celle an, indem er in den Bußgeld- und Strafvorschriften der §§ 43, 44 BDSG eine ausreichende Sanktion der Verstöße gegen das BDSG sieht, die ein Abtretungsverbot auf zivilrechtlicher Grundlage entbehrlich machen.415 Dieser Beurteilung ist insofern entgegenzutreten, als sich die Effektivität der anderweitigen Sanktionen im Zusammenhang mit Darlehensveräußerungen bislang nicht erwiesen hat. Bei richtiger Anwendung des bestehenden Instrumentariums bedarf es allerdings tatsächlich keines Abtretungsverbotes. Werden die Ersatzansprüche aus dem BDSG in der weiter unten beschriebenen Weise mit einem Freistellungsanspruch ausgefüllt und zudem mit einem Zurückbehaltungsrecht und mit einem Sonderkündigungsrecht mit Ausgleich des Kündigungsfolgeschadens flankiert, ist dies bereits für sich genommen geeignet und ausreichend, um den Anreiz für eine unzulässige Datenverarbeitung auszuschließen. Auf dieser Grundlage kann dem Anliegen des BGH gefolgt werden, dass ein auf das BDSG gestütztes Abtretungsverbot das Institut der Forderungszession nicht entgegen der gesetzgeberischen Intention (§ 398 BGB) in weiten Bereichen aushebeln darf.416 Ein solches Verbot würde im Übrigen nicht nur für Banken gelten, sondern auch für alle übrigen Stellen, die den Pflichten des BDSG unterliegen. Dies wäre nicht vertretbar. Mithin ist ein datenschutzrechtliches Abtretungsverbot aus § 134 BGB i.V. m. §§ 4, 28 BDSG nicht herleitbar. 4. Amtsgeheimnis als Abtretungshindernis, § 134 BGB i.V. m. § 203 StGB Oben wurde festgehalten, dass § 203 Abs. 2 Nr. 1 StGB auf Mitarbeiter öffentlicher Banken anzuwenden ist und für Mitarbeiter privater Banken nur im Falle der Beleihung mit öffentlichen Aufgaben Geltung erlangt. Eine analoge Anwendung auf Mitarbeiter von Privatbanken ist im Übrigen ausgeschlossen. Damit besteht kein Ansatz, Privatbanken unter dem Aspekt des § 203 StGB die Abtretung von Darlehensforderungen zu verbieten. Nachfolgend ist zu untersuchen, ob § 203 StGB nach seinem Sinn und Zweck als Verbotsgesetz zu beurteilen ist, aus dem sich für Darlehensforderungen von Kreditinstituten ein Abtretungsverbot
413
Nobbe, WM 2005, 1537, 1543 f. Vgl. BGHZ 53, 152, 157; 115, 123; 132, 313, 318; 171, 180; ferner MüKo-BGB/ Armbrüster, § 134 Rn. 60 m.w. N. 415 BGHZ 171, 180, 189. 416 Vgl. BGHZ 171, 180, 189. 414
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nach § 134 BGB ergibt.417 Für einen solchen umfassenden Schutz der Individualsphäre des Betroffenen spricht wie bei Ärzten, Anwälten und Steuerberatern, dass die Bestimmung das unbefugte Offenbaren eines unter die Schweigepflicht fallenden Geheimnisses grundsätzlich mit Strafe bedroht. Gegen ein Abtretungsverbot wird in der Lit. angeführt, dass § 203 Abs. 2 StGB unmittelbar nur den einzelnen Mitarbeiter, nicht jedoch das Kreditinstitut selbst binde.418 Deshalb ließe sich darauf kein Abtretungsverbot für die Bank gründen. Dem ist jedoch mit der Argumentation entgegenzutreten, dass das jeweilige Kreditinstitut die zivilrechtliche Verantwortung tragen muss, wenn seine Mitarbeiter Rechtsverletzungen und Straftaten begehen, die allein in seinem eigenen Interesse liegen. Ähnlich wie das Bankgeheimnis enthält die Vorschrift des § 203 StGB als echtes Sonderdelikt allerdings nur ein einseitiges Verbot gegenüber dem zur Geheimhaltung Verpflichteten. Der Erwerber der Darlehensforderungen kann mithin allenfalls Teilnehmer, nicht aber Täter sein. Der Zweck der Vorschrift könnte dennoch ausnahmsweise die Nichtigkeit des Rechtsgeschäftes gebieten.419 Ein weiterer Aspekt liegt erneut in der Trennung zwischen Informationspflicht und Verfügung. Dagegen kann wiederum die enge Verbindung zwischen den einzelnen Elementen ins Spiel gebracht werden. Die Abtretung von Honorarforderungen habe zwar nicht zwingend, jedoch „in aller Regel“ die Preisgabe von Geheimnissen zur Folge, die dem zedierenden Berufsgeheimnisträger von seinen Schuldnern anvertraut wurden.420 Daher ist zu erörtern, ob sich bereits aus dieser abstrakten Gefährdung unter Abwägung des Geheimhaltungsschutzes einerseits mit dem Interesse des Gläubigers an einer Abtretung andererseits ergibt, dass die Geheimhaltung der Daten generell Vorrang genießt. Die Rechtsprechung421 verneint dies im Ergebnis mit der herrschenden Ansicht im Schrifttum.422 Nach einschränkender Auslegung liege kein „fremdes Geheimnis“ i. S. d. § 203 Abs. 2 StGB vor.423 Die Ansicht führt das bekannte Argument ins Feld, dass öffentlich-rechtlich organisierte Sparkassen gegenüber privaten Kreditinstituten ohne sachlichen Grund benachteiligt
417 So BGHZ 115, 123, 124 ff. und BGH, NJW 1993, 2371, 2372 zu § 203 Abs. 1 Nr. 1 StGB sowie BGHZ 122, 115 zu § 203 Abs. 1 Nr. 3 StGB. 418 Schulz/Schröder, DZWIR 2008, 177, 183; Wech, S. 528. 419 So BGHZ 115, 123, 125 und BGH, NJW 1993, 2371, 2372 zu § 203 Abs. 1 Nr. 1 StGB sowie BGHZ 122, 115 zu § 203 Abs. 1 Nr. 3 StGB. 420 BGHZ 122, 115, 118; Koberstein-Windpassinger, WM 1999, 473, 479. 421 BGHZ 183, 60, 65 f.; OLG Schleswig, BKR 2008, 25. 422 Vgl. Einsele, Bank- und Kapitalmarktrecht, § 1 Rn. 22; Gehrlein, S. 141 f.; Sester/ Glos, DB 2005, 375, 379; Nobbe, ZIP 2008, 97, 101; Jaeger/Heinz, BKR 2009, 273, 275; Vollborth, S. 152 f. 423 BGHZ 183, 60, 64 ff.
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würden.424 Dieser Linie ist nicht zu folgen. Es wurde dargelegt, dass öffentliche Kreditinstitute einen besonderen öffentlichen Auftrag ausführen und deshalb Korrekturen an dem Anwendungsbereich des § 203 StGB nicht veranlasst sind.425 Die Eigenschaft als Bank führt nicht dazu, dass das Niveau des Geheimnisschutzes der Institutsgruppen durch eine Lockerung des Amtsgeheimnisses anzugleichen wäre. Die erörterten Differenzierungskriterien würden es mithin auch nicht willkürlich erscheinen lassen, wenn aus dieser Vorschrift ein Abtretungsverbot nur für öffentliche Banken, nicht aber für private Banken hergeleitet würde. Das Augenmerk ist vielmehr darauf zu richten, ob es nicht umgekehrt einen Wertungswiderspruch bedeuten würde, wenn öffentliche Banken ihre Forderungen gegenüber geheimhaltungsberechtigten Personen an Dritte abtreten dürften, für Honorarforderungen der übrigen Berufsgeheimnisträger i. S. v. § 203 Abs. 1 StGB nach der Rspr. aber ein generelles Abtretungsverbot nach § 134 BGB gilt. Eine Datenweitergabe kann durch ein Abtretungsverbot nicht wieder rückgängig gemacht werden.426 Allerdings wird zumindest der fortwährenden Nutzung der rechtswidrig erlangten Daten ein Riegel vorgeschoben.427 Das richterrechtliche Abtretungsverbot lässt sich dennoch im Wesentlichen als Sanktion für die Verletzung des Berufsgeheimnisses verstehen; es nimmt den Berufsgeheimnisträgern den Anreiz zur Verletzung der Verschwiegenheitspflicht, der trotz drohender Strafbarkeit verbleiben könnte.428 Das Abtretungsverbot rechtfertigt sich mithin aus seiner zivilrechtlichen Präventivfunktion und sanktioniert die Verletzung des Privatgeheimnisses.429 Das OLG Celle unterscheidet innerhalb der Tatbestände des § 203 Abs. 1 StGB, wenn es die Abtretung von Honorarforderungen von Tierärzten für wirksam hält.430 Die Weitergabe der Informationen beeinträchtigt typischerweise nicht den persönlichen Lebensbereich des Tiereigentümers bzw. des Auftraggebers einer tierärztlichen Behandlung.431 Der BGH differenziert infolge der Änderungen in § 49b Abs. 4 S. 1 BRAO und § 64 Abs. 2 S. 1 StBerG neuerdings sogar zwischen Ärzten und Anwälten und sieht darin keine sachfremde Ungleichbehandlung.432 Bei typisierender Betrachtungsweise sei nicht zu verkennen, dass Fragen der Gesundheit i. d. R. den Bereich der Intimsphäre betreffen, während die
424
BGHZ 183, 65 f.; OLG Schleswig, BKR 2008, 25, 28. s. o. Kapitel 5 A. III. 5. und 7. 426 Cahn, WM 2004, 2041, 2049. 427 Schantz, VuR 2006, 464, 467. 428 Cahn, WM 2004, 2041, 2049. 429 Cahn, WM 2004, 2041, 2049; ähnlich Schantz, VuR 2006, 464, 467. 430 OLG Celle, NJW 1995, 786; a. A. LG Bochum, NJW 1993, 1535; LG Lüneburg, NJW 1993, 2994. 431 OLG Celle, NJW 1995, 786. 432 BGHZ 171, 252, 259. 425
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6. Kap.: Abtretungsverbote und Übertragungsverbote
dem Anwalt offenbarten Tatsachen jedenfalls außerhalb der strafrechtlich bedeutsamen Sphäre meist lediglich dem wirtschaftlichen Bereich zuzuordnen sind. Zu dem Verhältnis zwischen öffentlichen Banken und den übrigen Berufsgeheimnisträgern hat sich in der Rspr. nur das OLG Schleswig geäußert. Seine Aussagen sind indes nicht widerspruchsfrei: Einerseits sei aus § 203 StGB keine Differenzierung ersichtlich.433 Der Strafrahmen sei in allen Fällen des § 203 Abs. 1 StGB sowie in denen des Abs. 2 derselbe, was im Hinblick auf ein Abtretungsverbot für öffentliche Banken dieselbe Bewertung wie bei Ärzten, Anwälten, Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern erfordern würde. Dies liegt ganz in der Linie der früheren Literatur, die unter Hinweis auf die nahezu gleiche Datensensibilität bei Banken und bei Wirtschaftsprüfern eine Strafbewehrung des Bankgeheimnisses forderte.434 Andererseits nimmt das OLG Schleswig im weiteren Verlauf dennoch eine Differenzierung zwischen den Berufsgeheimnisträgern des Abs. 1 und den Mitarbeitern öffentlicher Banken vor, die unter Abs. 2 fallen.435 Für Letztere gelte kein Abtretungsverbot. In der Lit. wird insbesondere unter Hinweis auf die Rspr. des OLG Celle ein Abtretungsverbot im Bankbereich für ausgeschlossen gehalten, weil die Abtretung typischerweise nicht mit der Weitergabe derart intimer Daten verbunden sei, wie sie bei den übrigen Berufsgeheimnisträgern anfielen.436 Das BVerfG sieht die Geheimhaltungsinteressen des Schuldners ebenfalls nicht als derart schwerwiegend beeinträchtigt an, dass das Allgemeininteresse an der Verkehrsfähigkeit der Forderungen zurückzustehen habe.437 Dazu ist Folgendes zu sagen: Im Bereich öffentlicher Banken blendet die Diskussion um die Datensensibilität den zentralen Aspekt des § 203 StGB aus. Sie soll deshalb erst nachfolgend bei der Frage nach dem Gefährdungsgrad der Grundrechtspositionen und deren Ausstrahlungswirkung auf das Zivilrecht geführt werden.438 Der Grund des besonderen Geheimnisschutzes für diese Banken liegt nämlich primär darin, dass sie rechtsstaatlichen Bindungen unterliegen, als besonders vertrauenswürdige Geheimnisträger anerkannt sind und besondere Aufgaben für das Gemeinwohl wahrnehmen.439 Zugleich ist in Erinnerung zu 433
OLG Schleswig, BKR 2008, 25, 28 unter B. 2. e). Rech, Kreditwesen 1962, 156. 435 OLG Schleswig, BKR 2008, 25, 28 unter B. 1. b). 436 Cahn, WM 2004, 2041, 2044; Hammen, in: Bankrechtstag 2005, S. 113, 132; Rinze/Heda, WM 2004, 1557, 1562 und 1565; Schulz/Schröder, DZWIR 2008, 177, 183; vgl. auch Vollborth, S. 190; für eine Trennung von Intim- und Privatsphäre im Zusammenhang mit dem Bankgeheimnis plädieren auch Petersen, Das Bankgeheimnis zwischen Individualschutz und Institutionsschutz, S. 16 ff.; Junker, DStR 1996, 224, 224 f. 437 BVerfG, NJW 2007, 3707, 3708. 438 s. Kapitel 6 C. V. 2. 439 Diesen Aspekt betont Hammen, in: Bankrechtstag 2005, S. 113, 132. 434
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rufen, dass einem Abtretungsverbot in Ermangelung eines zwingenden Zusammenhangs zwischen Abtretung und Datenweitergabe lediglich Präventiv- und Sanktionsfunktionen zukommen. Die Funktionen greifen bei öffentlichen Stellen indes nicht durch. Die Rechtswidrigkeit staatlichen Handelns wird durch die dafür vorgesehenen Verfahren geahndet. Eine zivilrechtliche Sanktionierung durch ein Abtretungsverbot ist hier fehl am Platze. Die Ziele hoheitlichen Handelns werden im demokratischen Willensbildungsprozess festgelegt. Daraus ergibt sich, dass es nicht tauglich ist, die Rechtmäßigkeit dieses Handelns durch zivilrechtlich wirkende Verbote sicherzustellen, die letztlich von einem Richter ausgesprochen werden. Mithin ist es abwegig, öffentlichen Stellen mit einem Abtretungsverbot den Anreiz zu nehmen, sich künftig rechtswidrig zu verhalten, indem sie unzulässigerweise Daten offenbaren.
V. Erfordert die Gefährdung der informationellen Selbstbestimmung ein Abtretungsverbot? Was nützt dem Rechtsuchenden die Waage, wenn Justitia kein Schwert besitzt? Der Geheimhaltungsberechtigte muss seinen Geheimhaltungsanspruch effektiv durchsetzen können. Gleichsam als Gegenprobe zu den vorangegangenen Ergebnissen ist zu fragen, ob zur Verwirklichung des verfassungsmäßigen Rechts auf informationelle Selbstbestimmung die Sanktion ein Abtretungsverbot geboten wäre.440 1. Effizienz des Geheimnisschutzes durch anderweitige Prävention und Sanktion Das BVerfG betont die staatliche Verantwortung, die Voraussetzungen selbstbestimmter Kommunikationsteilhabe zu gewährleisten, zugleich aber den Betroffenen die Möglichkeit zu geben, auf den Informationsfluss einzuwirken. Bei der Abtretung von Darlehensforderungen sieht es insoweit Defizite, als die §§ 404 ff. BGB nicht vor Geheimnisverletzungen schützen. Seine Vermutung, einen vertraglichen Abtretungsausschluss (§ 399 Alt. 2 BGB) würden viele Schuldner faktisch nicht aushandeln können, ist jedoch unterdessen durch das Risikobegrenzungsgesetz überholt. Nach dem gesetzgeberischen Konzept des Art. 247 § 9 Abs. 1 S. 2 EGBGB wird die Veräußerbarkeit der Darlehen demnächst explizit in den Vertragsbedingungen geregelt und damit ein Markt für nicht veräußerbare Darlehen entstehen. Damit ist auch die freie Entscheidung über die Datenweitergabe verbunden. Zudem wird die informationelle Selbstbestimmung auch nach Vertragsschluss durch das nachfolgend zu entwickelnde Vorkaufsrecht gewährleistet.441 440 441
So auch der Ansatz von Schantz, VuR 2006, 464, 467. s. u. Kapitel 8 D.
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6. Kap.: Abtretungsverbote und Übertragungsverbote
Wird gleichwohl durch eine Forderungsabtretung das Interesse des Schuldners, über die Preisgabe persönlicher Informationen selbst entscheiden zu können, berührt, stellt sich die Frage, ob ein Abtretungsverbot erforderlich ist, um das verfassungsrechtlich garantierte Recht auf informationelle Selbstbestimmung zu schützen. Ebenso wie eine Datenweitergabe die Abtretung und ihre Folgen erleichtert, erleichtert ein Abtretungsverbot die Durchsetzung des Geheimnisschutzes. Als weniger einschneidende Alternativen kommen die Präventions- und Sanktionsfunktionen des Straf- und Ordnungsrechts sowie der zivilrechtlichen Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche in Betracht. In dieser Weise versteht sich die Argumentation des OLG Celle, nach der aus dem BDSG kein Abtretungsverbot folge, weil die Folgen eines möglichen Verstoßes dort selbst und damit offenbar ausreichend geregelt seien (§§ 43, 44 BDSG).442 Gleiches gilt für die Argumentation mit § 203 StGB. Die Strafverfolgungsstatistik offenbart jedoch eine nur geringe kriminalpolitische Bedeutung dieser Norm.443 Hier beweist sich der allgemeine Befund von Wagner, dass der Einwand des Strafrechts kaum tragfähig ist.444 Zivilrechtliche Unterlassungsansprüche gegen die Datenweitergabe sind ebenfalls kaum rechtzeitig gerichtlich durchsetzbar.445 Es bleibt deshalb abzuwarten, bis der Unterlassungsanspruch in Beseitigungs- und Kompensationsansprüche umschlägt.446 Der BGH verweist gerade auf derartige Schadensersatzansprüche des Schuldners gegen den Zedenten.447 Dem Schutzbedürfnis des Bankkunden sei damit genügt. Dem Bankgeheimnis sei deshalb keine unmissverständliche Missbilligung der Forderungsabtretung zu entnehmen.448 Gerade auch wegen dieser Schadensersatzansprüche hält es der BGH nicht für geboten, die Verkehrsfähigkeit von Darlehensforderungen einzuschränken, um damit die Verletzung des Bankgeheimnisses auszuschließen. Ebenso argumentieren Teile der Literatur.449 Allerdings vertritt insbesondere auch der ehemalige Vorsitzende Richter des erkennenden XI. Senats, dass die Ersatzansprüche des Geschädigten nicht werthaltig seien, weil es nur zu einem Gläubigerwechsel komme, so dass ein ersatzfähiger Schaden fehle.450 Diese Aussage mindert die Überzeugungskraft des von 442
OLG Celle, WM 2004, 1384. MüKo-StGB/Cierniak, § 203 Rn. 7. 444 G. Wagner, AcP 206 (2006), 352, 442 ff. 445 Nobbe, WM 2005, 1537, 1545; ders., ZIP 2008, 97, 104. 446 Dazu bei freiheitsrechtlichen Abwehransprüchen Röder, S. 199 ff. 447 BGHZ 171, 180, 185. 448 So BGHZ 171, 180, 186 f.; OLG Köln, BKR 2005, 450; LG Frankfurt a. M., BKR 2005, 67, 70; Bruchner, in: Bankrechts-Handbuch, § 39 Rn. 29. 449 Vgl. etwa Domke/Sperlich, BB 2008, 342, 348 zu § 203 StGB. 450 Nobbe, WM 2005, 1537, 1545; ders., ZIP 2008, 97, 99; Schimansky, WM 2008, 1049; Hopt, in: Baumbach/Hopt, V. (7) Bankgeschäfte, Rn. A/9; Hammen, in: Bank443
C. Abtretungsverbot wegen Verletzung der Geheimhaltungspflichten
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ihm mitverfassten Urteils. Denn nach dieser Betrachtung wären die Sekundäransprüche für eine Unterbindung der Vorgehensweise keineswegs geeignet und der Geheimnisherr wäre gerade schutzlos.451 Wie noch zu zeigen sein wird, besteht aber durchaus ein effizienter Schadensersatzanspruch zum Ausgleich der Schäden des Geheimnisbruchs.452 Die unmittelbaren immateriellen Schäden können jedoch nicht ausgeglichen werden. Zum Schutz vor diesen immateriellen Schäden ist allein die zivilrechtliche Nichtigkeit der Abtretung geeignet, weil sie jeglichen Anreiz für eine Geheimnisverletzung nimmt und sich der Geheimnisherr in einer komfortableren prozessualen Situation befindet, als wenn er Sekundäransprüche einklagen und beweisen muss.453 2. Gefährdungsgrad Die Forderungen aus Bankdarlehen hätten regelmäßig auch abgetreten werden können, ohne dass das Bankgeheimnis verletzt worden wäre. Der historische Konditionalis ist in dieser Arbeit bereits oft verwendet worden. Es findet sich zwar kein zwingender Zusammenhang zwischen der Abtretung der Forderung und einer Datenweitergabe.454 Dennoch geht das BVerfG davon aus, dass ein solcher Zusammenhang „typischerweise“ bestehe.455 Wagner hat herausgearbeitet, dass Lenkungswirkungen und Prävention dem Zivilrecht nicht fremd sind.456 Auch die Sanktion eines Abtretungsverbots läge vorliegend nicht fern. Doch es ginge über das für einen Geheimnisschutz Erforderliche hinaus, weil auch die Fälle erfasst wären, in denen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung nicht verletzt wird. Demnach ist zu prüfen, ob eine abstrakte Gefährdung ausreicht, um eine derart weitreichende Maßnahme wie ein Abtretungsverbot zu rechtfertigen. Eine Gefahr ist das Produkt aus Eintrittswahrscheinlichkeit und Verletzungsintensität. Die Wahrscheinlichkeit einer Verletzung des Bankgeheimnisses bei einer Darlehensveräußerung ist hoch. Zur Intensität des Eingriffs ist festzustellen, dass eine Einbeziehung des Bankgeheimnisses in die vom Persönlichkeitsrecht gemäß Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG schrankenlos gewährte Intim- und Privatrechtstag 2005, S. 113, 136 f.; Bütter/Tonner, ZBB 2005, 165, 171; Klüwer/Meister, WM 2004, 1157, 1159; Rögner, NJW 2004, 3230, 3232; Vollborth, S. 225; Bredow/Vogel, BKR 2008, 271, 275. 451 Hammen, in: Bankrechtstag 2005, S. 113, 136 ff. 452 Vgl. unten Kapitel 7 B. III. 2. und IV. 453 So die Argumentation des BGH zu § 203 Abs. 1 Nr. 1 StGB i.V. m. § 134 BGB, vgl. BGH, NJW 1991, 2955, 2956, zu der sich BGHZ 171, 180, 185 folglich in Widerspruch setzt. 454 Bitter, ZHR 173 (2009), 379, 404. 455 BVerfG, NJW 2007, 3707, 3708. 456 G. Wagner, AcP 206 (2006), 352, insbes. 445 ff.
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6. Kap.: Abtretungsverbote und Übertragungsverbote
sphäre457 überwiegend als zu weit gehend abgelehnt wird.458 So sieht das BVerfG im konkreten Fall der Abtretung von Darlehensforderungen zwar das informationelle Selbstbestimmungsrecht, nicht aber den unantastbaren Kernbereich privater Lebensgestaltung betroffen.459 Auch auf der Ebene der Privatsphäre sei ein besonderer informationeller Schutzbedarf des Schuldners nicht ersichtlich.460 Das kann im Einzelfall angezweifelt werden.461 Es ist davon auszugehen, dass sämtliche beim Zedenten vorhandenen Daten und Akten zum Darlehensnehmer an den Zessionar gelangen.462 Trotz der Einschränkungen nach § 10 Abs. 1 S. 3 KWG i.V. m. § 3 Abs. 9 BDSG und § 10 Abs. 1 S. 4 ff. KWG für das Kreditscoring und -monitoring ist es denkbar, dass die Kreditakte Details zu Krankheiten und Gerichtsverfahren enthält, sofern diese Umstände Bonitätsrelevanz aufweisen. Kreditdaten können ebenso wie darlehensnehmerbezogene Wertungen von besonders sensibler Natur sein, da sie Rückschlüsse auf deren wirtschaftliche Situation zulassen oder zu Spekulationen Anlass geben, deren Ausmaße nicht vorhersehbar sind.463 Nach der hier gebotenen generalisierenden Betrachtung ist dies allerdings nicht typisch. Danach ist dem BVerfG in seiner Ansicht beizupflichten, dass Darlehensverhältnisse nicht generell einen gesteigerten Persönlichkeitsbezug aufweisen.464 Die Darlehensunterlagen würden nur im Ausnahmefall Auskünfte über vertrauliche oder gar intime Umstände enthalten. Ferner fände auch keine umfassende Datensammlung wie bei gezielten Kontenabfragen statt.465 Deshalb spricht es dem Schuldner einen besonderen informationellen Schutzbedarf ab, der über das bei Geldforderungen übliche Maß hinausginge. Letztlich mag man auch die Rspr. zu den Abtretungsverboten aus § 203 StGB unter dem Aspekt des Übermaßverbotes auf den Prüfstand stellen.466 Von betroffenen Ärzten wird sie als lebensfremd empfunden.467
457 So Sichtermann/Feuerborn/Kirchherr/Terdenge, Bankgeheimnis und Bankauskunft, S. 41 f.; zum Datenschutz ebenso das Mikrozensus-Urteil, BVerfGE 27, 1, 6 ff. 458 Canaris, in: Großkommentar HGB, Bd. 5, Bankvertragsrecht I, Rn. 36; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 12.145; Vollborth, S. 63 m.w. N. 459 BVerfG, NJW 2007, 3707, 3708; ähnlich BVerfG, NJW 2002, 2164, 2165. 460 BVerfG, NJW 2007, 3707, 3708. 461 Rob. Koch, BKR 2006, 182, 190. 462 Weichert, Verkauf von Darlehen an Unternehmen im Ausland, Punkt 3.1. 463 OLG Frankfurt a. M., NJW 2004, 3266, 3267; insoweit auch OLG Schleswig, BKR 2008, 25, 28; Rob. Koch, BKR 2006, 182, 190 mit Hinweis auf BGH, NJW 2006, 830 ff. 464 BVerfG, NJW 2007, 3707, 3708. 465 Cahn, WM 2004, 2041, 2044. 466 Krit. auch schon Chr. Berger, NJW 1995, 1584, 1586 ff. 467 Taupitz, MDR 1992, 421, 422.
D. Schutz vor Wechsel des Sicherungsnehmers bei Immobiliardarlehen
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3. Abwägung mit dem Allgemeininteresse an der Verkehrsfähigkeit von Forderungen Mit einem Abtretungsverbot würde, wie bereits wiederholt betont, der Schutz der informationellen Selbstbestimmung am effektivsten verwirklicht.468 Doch das allgemeine Persönlichkeitsrecht, wie es zuvor umrissen wurde, gewährt nicht ein Recht im Sinne einer absoluten, nicht einschränkbaren Herrschaft über bestimmte Informationen, sondern ist auch durch Rücksichtnahme auf die Kommunikationsinteressen anderer begrenzt.469 Deshalb sieht es das BVerfG nach Abwägung mit hinreichend gewichtigen Belangen des Gemeinwohls nicht als unangemessen an, die Abtretung einer Darlehensforderung durch ein Kreditinstitut ungeachtet einer möglichen Verletzung vertraglicher oder datenschutzrechtlicher Regelungen für wirksam zu halten.470 Denn sie diene der Verkehrsfähigkeit von Forderungen und damit einem für die Privatrechtsordnung wesentlichen Allgemeinbelang. In Ergänzung dazu fließt in grenzüberschreitenden Sachverhalten die europäische Kapitalverkehrsfreiheit nach Art. 63 AEUV (zuvor Art. 56 EGV a. F.) ein, der bereits das OLG Schleswig besonderes Gewicht beimisst.471 Zuzustimmen ist dem BVerfG zudem darin, dass die Belange der Rechtssicherheit und des Verkehrsschutzes eine nur einzelfallbezogene Abwägung verbieten und insoweit eine generalisierende Regelung rechtfertigen.472 Dies ist umso wichtiger, weil ein gutgläubiger Erwerb von Forderungen nicht möglich ist.473 Mithin ist ein allgemeines Abtretungsverbot aus Gründen der informationellen Selbstbestimmung gerade unter Berücksichtigung der vermehrt auf freiwilliger Basis vereinbarten Abtretungsverbote sowie eines noch zu erörternden Freistellungsanspruchs und Vorkaufsrechts nicht angemessen, um die informationelle Selbstbestimmung der Darlehensnehmer zu gewährleisten.
D. Schutz vor einem Wechsel des Sicherungsnehmers bei Immobiliardarlehen I. Ausgangslage Mit dem Risikobegrenzungsgesetz wurden im Bereich der Grundschuld Schutzlücken geschlossen, die es dem Zessionar bislang ermöglichten, die Ab468 Hammen, in: Bankrechtstag 2005, S. 113, 138; Peters, AcP 206 (2006), 843, 852; Cahn, WM 2004, 2041, 2049; Schantz, VuR 2006, 464, 467. 469 BVerfG, NJW 2007, 3707 f. 470 BVerfG, NJW 2007, 3707, 3708. 471 OLG Schleswig, BKR 2008, 25, 27; so auch Schulz/Schröder, DZWIR 2008, 177, 183; kritisch zur Anwendbarkeit Eisele, ZIS 2011, 354, 365 m.w. N. 472 BVerfG, NJW 2007, 3707, 3708. 473 Nobbe, WM 2005, 1537, 1544.
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6. Kap.: Abtretungsverbote und Übertragungsverbote
straktheit der Grundschuld auszunutzen, um dem Darlehensnehmer seine Einreden gegen die Forderung abzuschneiden. Damit wurde dem Verschlechterungsverbot weitgehend Genüge getan. Das Risikobegrenzungsgesetz hat jedoch nichts unternommen, das Interesse des Schuldners an einer Gläubigerkontinuität in stärkerem Maße zu schützen als bisher. Dem BGB liegt weiterhin die Identitätsvorstellung zugrunde. Das bedeutet, dass die Identität der Forderung allein durch die Wahrung der Einwendungen und Einreden gewahrt wird, ein Gläubigerwechsel die Identität der Forderung hingegen grundsätzlich nicht berührt.474 Zu diesem einer jeden Zession innewohnenden Problem kommt im Bereich der Immobiliardarlehen erschwerend hinzu, dass der Zessionar neben der Darlehensforderung zugleich ein Bündel an Sicherheiten erhält, das der Bank als ursprünglicher Gläubigerin treuhänderisch übertragen wurde. Dieses Bündel, bestehend aus dem abstrakten Schuldanerkenntnis, der Grundschuld und den diesbezüglichen Unterwerfungen unter die sofortige Zwangsvollstreckung, kann sich in der Hand des Erwerbers möglicherweise „als Waffe“ erweisen.475 Der neue Gläubiger kann sich jederzeit nach §§ 795 S. 1 i.V. m. 727 Abs. 1 ZPO eine qualifizierte Vollstreckungsklausel erteilen lassen. Es bleibt deshalb die berechtigte Sorge bestehen, dass der Erwerber die ihm abgetretenen Rechte weit weniger schonend ausüben könnte, als es der ursprüngliche Gläubiger tun würde. Die Titulierung dient ihm als Druckmittel. Ihre Geltendmachung bürdet dem Sicherungsgeber die Klagelast auf. Er befindet sich unter Zeitdruck, weil ihm jederzeit die Vollstreckung droht.
II. Die Grundschuld 1. Ausdrückliche Vereinbarung eines Abtretungsausschlusses Am effektivsten wäre dem Schuldner mit einem Abtretungsverbot für die Grundschulden geholfen.476 Vertragliche Abtretungsverbote (§§ 399 Hs. 2, 413 BGB) waren der Vertragspraxis früherer Zeiten nicht fremd.477 Nach dem gesetzlichen Leitbild des neu eingeführten Art. 247 § 9 Abs. 1 S. 2 EGBGB dürften sie künftig auch hinsichtlich der Grundschuld und des Schuldanerkenntnisses eine Renaissance in den Vertragsklauseln erleben. Es kommt indes darauf an, inwieweit sich der Darlehensgeber ein vertragliches Abtretungsverbot entgelten lassen wird. Willoweit ist der Ansicht, dass gerade der Fall, auf den sich der BGH in 474 Nörr, in: ders./Scheyhing/Pöggeler, Sukzessionen, § 4 I und II; Buchholz, AcP 187 (1987), 107, 130; Haertlein, JuS 2007, 1073, 1075. 475 So Schimansky, WM 2008, 1049, 1050. 476 MüKo-BGB/Eickmann, § 1191 Rn. 24 und 56; Willoweit, in: FS Gernhuber, S. 549 f. 477 Vgl. etwa das Musterformular für eine vollstreckbare Grundschuld bei Weißler, Formularbuch für die freiwillige Gerichtsbarkeit, S. 35 f.
D. Schutz vor Wechsel des Sicherungsnehmers bei Immobiliardarlehen
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einem Urteil aus den 1980er Jahren478 bezog,479 „nach dem Schutz des Schuldners förmlich schrie“,480 weil dort eine Bank die ihr treuhänderisch gewährte und nur teilvalutierte Grundschuld zur Besicherung eigener Refinanzierungsfazilitäten an Dritte abgetreten hatte. Gleichwohl werden an ein vertragliches Abtretungsverbot nach § 399 Hs. 2 BGB hohe formelle Anforderungen gestellt. Weil der Abtretungsausschluss eine Inhaltsänderung der Grundschuld i. S. d. § 877 BGB darstellt, was insofern ganz in der Tradition der These von der Rechtsmachtbegrenzung der Forderung steht,481 muss er gemäß § 873 Abs. 1 BGB zu seiner Wirksamkeit in der Eintragungsbewilligung aufgenommen sein und bedarf zudem der Eintragung ins Grundbuch.482 Wird die Grundschuld entgegen eines solchen dinglichen Abtretungsausschlusses abgetreten und der Gläubigerwechsel nach § 1154 Abs. 3 BGB ins Grundbuch eingetragen, ist das Grundbuch unrichtig. Teile der Lit. versagen dem Eigentümer in diesem Fall aber einen Berichtigungsanspruch und einen Widerspruch (§ 899 BGB).483 Zur Begründung wird ein Urteil des Reichsgerichts484 zitiert, wonach der Eigentümer in Unkenntnis der Unrichtigkeit mit befreiender Wirkung an den Eingetragenen zahlen könne (§ 893 BGB) und deshalb durch den Gläubigerwechsel nicht beeinträchtigt werde.485 Dem ist zuzugeben, dass der Schuldner nach dem Konzept des § 893 BGB ebenso wie nach dem Gedanken der §§ 404 ff. BGB durch einen Gläubigerwechsel im Grundsatz nicht beeinträchtigt wird. Gleichwohl erkennt der Gesetzgeber das berechtigte Interesse des Eigentümers an einer Gläubigerkontinuität gerade dann an, wenn dieser von den Möglichkeiten eines vertraglichen Abtretungsverbots (§ 399 Hs. 2 BGB) Gebrauch macht. Das gilt nach § 413 BGB, der auf § 399 Hs. 2 BGB verweist,486 gleichermaßen für das Interesse des Eigentümers an einer Kontinuität des Grundschuldinhabers. Deshalb ist Eickmann zuzustimmen, wenn er dem Eigentümer einen Berichtigungsanspruch und Widerspruch für den Fall zubilligt, dass ein Dritter entgegen einem in der vorbezeichneten Weise vereinbarten und zugleich eingetragenen Abtretungsverbot als Grundschuldinhaber ins Grundbuch eingetragen wurde.487 Zudem kann der Eigentümer 478
BGH, NJW 1982, 2768, dazu sogleich. BGH, NJW 1972, 1463. 480 Willoweit, in: FS Gernhuber, S. 549. 481 Zur Immanenztheorie s. oben Kapitel 6 A. I. 3. 482 OLG Stuttgart OLGZ 1965, 96 ff.; OLG Hamm NJW 1968, 1289, 1290; Eickmann, in: FS H. P. Westermann, S. 175, 179; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, Zweiter Teil, Rn. 2379. 483 MüKo-BGB/Kohler, § 894 Rn. 21. 484 RG, HRR 1930, Nr. 1615. 485 MüKo-BGB/Kohler, § 894 Rn. 21. 486 s. bereits Friedrich, NJW 1968, 1655, 1656. 487 Eickmann, in: FS H. P. Westermann, S. 175, 180. 479
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6. Kap.: Abtretungsverbote und Übertragungsverbote
gegen die Vollstreckung durch Dritte mit der Abwehrklage nach §§ 767 Abs. 1, 768 ZPO vorgehen, weil die Vollstreckungsklausel wegen Verstoßes gegen das Abtretungsverbot nach § 727 ZPO unwirksam ist.488 2. Fehlen eines ausdrücklichen Abtretungsausschlusses Wurde ein Abtretungsverbot hingegen nicht ausdrücklich vereinbart und demnach auch nicht ins Grundbuch eingetragen, lässt sich hierzu nicht auf das Gesetz zurückgreifen. Eine Kodifikation fehlt. Ein Abtretungsverbot kann nicht aus der Rechtsnatur der Grundschuld nach §§ 399 Hs. 1, 413 BGB hergeleitet werden.489 Denn die Rechte aus der Grundschuld sind nicht personal gebunden. Die Verkehrsfähigkeit ist ihr besonderes Wesensmerkmal. Jeder Grundschuldinhaber kann die Duldung der Zwangsvollstreckung verlangen. Ein scheinbar größeren Erfolg versprechender Ansatz wwar allerdings, dass man aus dem vermuteten Parteiwillen ein Abtretungsverbot nach §§ 399 Hs. 2, 413 BGB herzuleiten versuchte. Die reichsgerichtliche Rspr. und Teile der älteren Lit. argumentierten mit der treuhänderischen Natur der Sicherungsgrundschuld, um jedoch sogleich festzustellen, dass ein darauf gestütztes Abtretungsverbot ohne Eintragung desselben kaum ergiebig sei.490 Im Jahre 1982 berief sich ein Sicherungsgeber auf die damals übliche formularvertragliche Bestimmung, nach der die Trennung von Grundschuld und Forderung ausgeschlossen sein soll.491 Dies fand beim BGH indes kein Gehör; die Unwirksamkeit der Abtretung vermochte er daraus nicht herauszulesen.492 Die Klausel löse nur schuldrechtliche Folgen aus, soweit nicht ausdrücklich etwas anderes vereinbart sei.493 Zuletzt hat der BGH klargestellt, dass es zur Wirksamkeit einer Grundschuldabtretung eines Eintritts des Zessionars in den Sicherungsvertrag nicht bedarf, also aus dem Fehlen einer treuhänderischen Bindung der Grundschuld an den Sicherungszweck für diese kein Abtretungsverbot herzuleiten sei.494 488
Eickmann, in: FS H. P. Westermann, S. 175, 180. Für ein dingliches Abtretungsverbot aus Gründen des Schuldnerschutzes plädiert MüKo-BGB/Eickmann, § 1191 Rn. 24 und 56; ähnlicher Ansatz ders., in: FS H. P. Westermann, S. 175, 177 („Abtretung als inhaltliche Veränderung (§ 399 1. Alt. BGB) schuldrechtlich unzulässig“); krit. auch Willoweit, in: FS Gernhuber, S. 549 ff. 490 RGZ 135, 357, 364; Friedrich, NJW 1968, 1655, 1656 m.w. N. auch zu der damals schon nicht unbedeutenden Gegenansicht, die ein Abtretungsverbot ablehnte. 491 Im konkreten Fall handelte es sich um die bis Ende 1992 gültige Klausel in Nr. 21 Abs. 3 S. 2 AGB-Banken, die wie folgt lautete: „Grund- und Rentenschulden wird die Bank freihändig mangels Zustimmung des Sicherheitsbestellers nur zusammen mit der gesicherten Forderung und nur in einer im Verhältnis zu ihr angemessenen Höhe verkaufen.“ 492 BGH, NJW 1982, 2768 unter Bezugnahme auf sein insofern kaum ergiebiges Urteil in NJW 1972, 1463. 493 BGH, NJW 1982, 2768; nachfolgend NJW-RR 1987, 139; NJW-RR 1991, 305. 494 BGH, BKR 2011, 327, 328 (Klarstellung von BGH, NJW 2010, 2041, dazu unten). 489
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Nunmehr kommt dem Eigentümer zudem das Risikobegrenzungsgesetz entgegen, indem er dem neuen Grundschuldinhaber ein schuldrechtliches Abtretungsverbot nach §§ 1192 Abs. 1, 1a S. 1 i.V. m. 1157 S. 1 BGB in vollem Umfang entgegengehalten kann. Zuletzt wurde die oftmals in den Vertragsformularen für den Gläubiger verwendete Bezeichnung „Bank“ angeführt. Das LG Hamburg sieht darin allerdings lediglich ein Kürzel für die Vertragspartei, so dass daraus kein partielles Abtretungsverbot des Inhalts folge, dass nur ein Kreditinstitut i. S. v. § 1 Abs. 1 KWG Forderungsinhaber werden darf.495 Für ein allgemeines vertragliches Abtretungsverbot findet sich zwar ein Anhaltspunkt darin, dass heute üblicherweise eine Buchgrundschuld gegenüber den als verkehrsfähiger angesehenen Briefrechten496 vorgezogen wird. Dagegen ist jedoch nach dem Inhalt der Grundschuldbestellungsurkunden regelmäßig der jeweilige Gläubiger berechtigt, eine vollstreckbare Ausfertigung zu verlangen.497 Nach Verwertungsreife ist die freihändige Verwertung der Grundschuld (im Unterschied zu einer Verwertung des Darlehens durch dessen Veräußerung, dazu oben) nach vorheriger Androhung498 zulässig, obgleich seit 1993 eine entsprechende Regelung in den AGB fehlt.499 Gegen ein konkludentes Abtretungsverbot auf dinglicher Ebene sprechen schließlich überzeugend die dargestellten hohen formellen Anforderungen an eine solche Vereinbarung und das Eintragungserfordernis.500 Beides dient der Rechtssicherheit und dem Rechtsfrieden.
III. Die Sicherungsabrede Zudem kann erwogen werden, dem Sicherungsgeber ein Recht zur außerordentlichen Kündigung des Sicherungsvertrags zu gewähren, wenn der Sicherungsvertrag im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf einen Dritten übergeht.501 Infolge der Ausübung eines solchen Kündigungsrechts würde sich ein schuldrechtlicher Anspruch auf Rückübertragung der dinglichen Sicherheiten ergeben. In Fällen der Gesamtrechtsnachfolge ist eine Vervielfältigung der Pflichten zu
495
LG Hamburg, NJW 2008, 2784, 2785. Buchholz, AcP 187 (1987), 107, 110. 497 LG Hamburg, NJW 2008, 2784, 2785. 498 Wolfsteiner, in: Staudinger, BGB, Vor 1191 ff. Rn. 93. 499 Nr. 21 Abs. 3 AGB-Banken a. F.; Nr. 22 Abs. 5 AGB-Sparkassen; dazu Eickmann, in: FS H. P. Westermann, S. 175, 177 f. 500 Vgl. zu einem ähnlichen Publikationserfordernis allg. bei Abtretungen Art. 164 Abs. 2 Schweizerisches Obligationenrecht: „Dem Dritten, der die Forderung im Vertrauen auf ein schriftliches Schuldbekenntnis erworben hat, das ein Verbot der Abtretung nicht enthält, kann der Schuldner die Einrede, dass die Abtretung durch Vereinbarung ausgeschlossen worden sei, nicht entgegensetzen.“ 501 Dies forderte Wolfsteiner, in: Staudinger, BGB, Vorbem. zu § 1191 ff. Rn. 188 mit Hinweis auf Rieble, ZIP 1997, 301. 496
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befürworten, indem der neue Inhaber der Sicherheiten zu dem bisherigen Verpflichteten der Sicherungsabrede hinzutritt. Der gleiche Schutz des Treugebers wird im Zuge von Einzelrechtsnachfolgen infolge eines echten Vertrages zugunsten Dritter erreicht. Hingegen stand der Gesetzgeber allgemeinen Sonderkündigungsrechten für diese Fälle kritisch gegenüber und sah von einer entsprechenden Kodifizierung für Darlehensverträge im Risikobegrenzungsgesetz ab. Deshalb ist anzunehmen, dass allein der Umstand, dass der Darlehensvertrag mitsamt den Sicherheiten auf Dritte übertragen wird, an sich noch kein Recht zur Kündigung der Sicherungsabrede auszulösen vermag.502
IV. Die Vollstreckungsunterwerfung Es bleibt der Verdacht bestehen, dass der Gläubigerwechsel an sich im Widerspruch zur fiduziarischen Zweckbindung der abstrakten Sicherungsrechte stehen könnte.503 Das Hauptaugenmerk richtet sich auf die Vollstreckungsunterwerfung. Sie ist als Prozesshandlung unwiderruflich.504 Dem Erwerber der Darlehen und der Sicherheiten wird die Zwangsvollstreckung daraus in aller Regel aufgrund einer titelumschreibenden Klausel i. S. d. § 795 S. 1, § 727 Abs. 1 ZPO ermöglicht.505 Die Versuche, die Situation des Sicherungsgebers bzw. Vollstreckungsschuldners anhand der bestehenden gesetzlichen Möglichkeiten abzumildern, reichen von einem Abtretungsverbot über einen AGB-rechtlichen Unwirksamkeitsausspruch bis hin zu dem Ansatz, die formellen Voraussetzungen für die Erteilung einer Rechtsnachfolgeklausel zu verschärfen. 1. Abtretungsverbot für die prozessuale Vollstreckungsunterwerfung Reifner nimmt für die Unterwerfungserklärung des Schuldners aufgrund einer Auslegung gemäß § 305c Abs. 2 BGB ein Abtretungsverbot an, weil dies neben der Sicherheitenbestellung ein weiterer und besonderer Ausdruck eines persönlichen Vertrauensverhältnisses sei.506 Daraus ergebe sich eine starke Bindung an die Person des Treuhänders, der praktisch gerichtsfrei über das wesentliche Vermögen des Treugebers mithilfe der staatlichen Zwangsvollstreckung verfügen könne. Dem widerspricht der BGH507 mit der Begründung, dass die Rechtsnachfolge unter den Voraussetzungen der §§ 795 Abs. 1, 727 Abs. 1 ZPO kraft gesetz502 Ansätze bieten indes etwaige Verstöße gegen Geheimhaltungspflichten sowie gegen die gesetzlichen Hinweispflichten, s. dazu auch unten Kapitel 7 C., Kapitel 8 B. 503 Buchholz, AcP 187 (1987), 107, 111 („Verdacht des Doppelmangels“). 504 Vgl. etwa Baur/Stürner/Bruns, Zwangsvollstreckungsrecht, Rn. 16.18. 505 BGH, NJW 2010, 2041, 2042 f. 506 Reifner, BKR 2008, 142, 148 f. 507 BGH, NJW 2010, 2041, 2042.
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licher Anordnung eintritt. Einer Abtretungsvereinbarung bedarf es insoweit nicht.508 Für ein Abtretungsverbot ist daher kein Raum.509 2. AGB-rechtliche Unwirksamkeit im Falle der Veräußerbarkeit der Darlehen und Übertragbarkeit der Sicherheiten Hingegen hält Schimansky,510 ehemals Vorsitzender Richter des XI. Senats des BGH, die formularmäßige Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung in einer Grundschuldbestellungsurkunde hinsichtlich der Darlehensforderung für eine unangemessene Benachteiligung des Kreditnehmers i. S. d. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB, wenn die Bank die Kreditforderung frei an beliebige Dritte abtreten kann. Dem schloss sich das LG Hamburg511 in einem Erinnerungsverfahren gegen die Erteilung einer notariellen Rechtsnachfolgevollstreckungsklausel an. a) Bisherige Interessenabwägung des BGH Bislang sind alle damit befassten Senate des BGH in ständiger Rspr. davon ausgegangen, dass die formularmäßige Vereinbarung abstrakter persönlicher Zahlungsverpflichtungen und die damit verbundene Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung in das gesamte Vermögen des Schuldners der Inhaltskontrolle von AGBs standhält, sofern damit keine materielle Haftungserweiterung, etwa für am Kreditverhältnis unbeteiligte Dritte, einhergeht512 und die kumulative Geltendmachung der abstrakten Sicherheiten nicht zu einer materiell-rechtlichen Bereicherung des Sicherungsnehmers führt.513 Eine Verschiebung der Gefahrenverteilung aufgrund eines Verzichts auf den Nachweis i. S. v. § 726 Abs. 1 ZPO hält der BGH für unbedenklich, wenn er gegenüber Banken erklärt wird.514 Die Einführung des zwingenden Kündigungserfordernisses für die Sicherungsgrundschulden führt nach obigen Erörterungen nicht zu einem abweichenden Ergebnis.515 508
Volmer, ZfIR 2008, 634, 635. BGH, NJW 2010, 2041, 2042. 510 Schimansky, WM 2008, 1049, 1050 ff. 511 LG Hamburg, NJW 2008, 2784. 512 BGHZ 114, 9, 12 f.; BGH, NJW 1992, 971, 972; noch offengelassen von BGHZ 99, 274, 282 f. 513 BGH NJW 2003, 885; WM 2003, 2372, 2374; WM 2003, 2375, 2378; WM 2003, 2410, 2411; NJW 2005, 1576; WM 2006, 87, 88 („entspricht jahrzehntelanger Praxis“); zustimmend Epp, in: Bankrechts-Handbuch, § 94 Rn. 226 f.; Habersack, NJW 2008, 3173, 3173 f. 514 BGHZ 147, 203, 210 (Vollstreckungsunterwerfung vor Darlehensvalutierung möglich, aber keine Beweislastverschiebung); BGH, NJW 2008, 3208, 3210 (zu sofort fälliger Grundschuld nach alter Rechtslage); so zuletzt auch BGH, NJW 2010, 2041, 2045. 515 Kapitel 3. E. III. 3. 509
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Mit der Vollstreckungsunterwerfung kann die Bank ohne eine gerichtliche Überprüfung in das Vermögen des Schuldners vollstrecken. Zudem kommt es zu einer Umkehrung der prozessualen Rollenverteilung, indem der Schuldner in die aktive Klagerolle gedrängt wird. Darin kann man eine Benachteiligung gegenüber einer Vollstreckung aus einem Urteil erblicken. Im Weiteren argumentiert der BGH hingegen wie folgt:516 Der „Vollstreckung nach Erkenntnisverfahren“ komme keine gesetzliche Leitbildfunktion in dem Sinne zu, dass eine formularmäßige Vollstreckungsunterwerfung schon an der Vermutungsregel des § 9 Abs. 2 AGBG (nunmehr § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB) scheitern müsste. Denn hinsichtlich der Zwangsvollstreckung stelle der Gesetzgeber die vollstreckbaren notariellen Urkunden (§ 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO) den Urteilen (§ 704 Abs. 1 ZPO) gleich.517 Auch liege keine unangemessene Benachteiligung im Sinne von § 9 Abs. 1 AGBG (nunmehr § 307 Abs. 1 S. 1 BGB) vor. Die Störungen bei der Abwicklung des Kreditverhältnisses, die die Bank zur zwangsweisen Durchsetzung ihrer Forderungen veranlassen, ergeben sich typischerweise aus einer Vermögensverschlechterung des Kunden. Deshalb sei der mit der persönlichen Vollstreckungsunterwerfung verfolgte Zweck, die Voraussetzung für einen raschen Gläubigerzugriff auf das Schuldnervermögen zu schaffen, gerechtfertigt.518 Der Schuldner erhalte für die ihm aus der Vollstreckungsunterwerfung erwachsenden Nachteile einen angemessenen Ausgleich:519 Mit dem Erfordernis notarieller Beurkundung seien notarielle Belehrungspflichten verbunden. Gegen eine unzulässige Vollstreckung stünden die vollstreckungsrechtlichen Rechtsbehelfe (§§ 732, 767, 323 ZPO u. a.) offen. Diese böten erweiterte Verteidigungsmöglichkeiten (vgl. §§ 797 Abs. 4, 767 Abs. 2 ZPO), durch die das Fehlen eines vorangehenden Erkenntnisverfahrens kompensiert werden könne. Zugleich könne der Schuldner auf vielfältige Weise eine einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung erreichen. Schließlich wird die missbräuchliche Ausnutzung des Vollstreckungstitels durch Schadensersatzpflichten der Bank zu verhindern versucht. Entgegen einer Literaturansicht 520 habe die Vollstreckungsunterwerfung selbst (ebenso wie ein zugleich erklärter Nachweisverzicht) zwar keine unzulässige Beweislaständerung zur Folge.521 Dies ergebe sich bereits aus dem auf eine jederzeit fällige Zahlung gerichteten abstrakten Schuldanerkenntnis, das Gegenstand der Vollstreckungsunterwerfung ist.522 Diese Beweislaständerung führe jedoch 516 517 518 519 520 521
Vgl. BGHZ 99, 274, 284 m.w. N.; zuletzt auch BGH, NJW 2010, 2041, 2043. Ebenso Bachner, DNotZ 2008, 644, 651; Bork, ZIP 2008, 2049, 2053. So auch Habersack, NJW 2008, 3173, 3173. Vgl. BGHZ 99, 274, 284; zuletzt wiederum BGH, NJW 2010, 2041, 2043. Stürner, JZ 1977, 639. Vgl. BGHZ 99, 274, 284; 147, 203, 208 ff.; BGH, WM 2001, 2352, 2353 und
2357. 522 So auch MüKo-BGB/Habersack, § 780 Rn. 48; Bachner, DNotZ 2008, 644, 650; Bork, ZIP 2008, 2049, 2056.
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nicht zu einer Unwirksamkeit der persönlichen Verpflichtungserklärung nach § 11 Nr. 15 AGBG (jetzt § 309 Nr. 12 BGB) oder nach § 9 Abs. 1 AGBG (jetzt § 307 Abs. 1 BGB). Denn sie sei durch die schutzwürdigen Interessen der Gläubiger an der Sicherung der Kreditverpflichtungen gerechtfertigt, soweit dadurch nicht die Haftung des Schuldners erstmalig auf sein gesamtes Vermögen erweitert wird. Nach der Schuldrechtsreform ergibt sich für die Bank ein zusätzliches Interesse an der Hereinnahme von Vollstreckungsunterwerfungen daraus, dass die dafür geltende Verjährungsfrist nunmehr länger ist als diejenige für den gesicherten kreditvertraglichen Rückzahlungsanspruch.523 Dieser unterliegt der dreijährigen Regelverjährung nach § 195 BGB. Für Ansprüche aus vollstreckbaren Urkunden gilt hingegen nach § 197 Abs. 1 Nr. 4 BGB eine dreißigjährige Verjährungsfrist. Bei einer Unwirksamkeit wäre eine sich daraus ergebende Verjährungsverlängerung hinfällig. Obgleich die Besicherung die Haftung erweitern kann, indem sie sie zeitlich verlängert, erfordert dies keine abweichende Beurteilung. b) Neubewertung unter dem Aspekt der Veräußerbarkeit und Veräußerung Schimansky524 und das LG Hamburg525 sehen es als unausgesprochene Grundlage der dargelegten Interessenabwägung an, dass der Kunde erwarten dürfe, von der Vollstreckungsmöglichkeit könne allein die vom Schuldner ausgesuchte kreditgebende Bank Gebrauch machen, und sie werde dies nur tun, wenn der Vermögensverfall ihres Kreditnehmers einen raschen Zugriff notwendig mache. Diese Grundlage entfalle hingegen, wenn sich nunmehr aufgrund der jüngsten Rspr. des BGH526 und des BVerfG527 aus dem Jahre 2007 herausstelle, dass die Darlehensforderungen frei abtretbar seien und Kredite nebst Sicherheiten in massenhaftem Umfang insbesondere auch an Nichtbanken veräußert würden. Diese Ansicht sieht sich dazu veranlasst, eine Überprüfung und Neubewertung der höchstrichterlichen Rspr. zur Wirksamkeit formularmäßiger Vollstreckungsunterwerfungen unter dem Gesichtspunkt eines mutmaßlich geänderten rechtlichen und tatsächlichen Umfelds vorzunehmen.528 Mit dem Wechsel des Gläubigers wechsle zugleich die Zweckrichtung der Sicherheiten. Es stehe nicht mehr eine langfristig angelegte und von gegenseitigem Vertrauen geprägte Kundenbeziehung im Vordergrund, sondern die kurzfristige Realisierung der Forderungen und Sicherheiten. Die Sicherheiten dienten nicht mehr der Sicherung der Kreditforderungen, sondern als Druckmittel zur vorzeitigen Erfüllung der Darlehensfor523
Lehleiter/Hoppe, BKR 2008, 363, 364. Schimansky, WM 2008, 1049, 1050. 525 LG Hamburg, NJW 2008, 2784, 2785. 526 BGHZ 171, 180. 527 BVerfG, NJW 2007, 3707. 528 Ausf. Schimansky, WM 2008, 1049, 1051 f.; knapper mit Betonung der fehlenden Bankerlaubnis des Investors LG Hamburg, NJW 2008, 2784, 2785. 524
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derungen. Ihre Verwertung diene der Gewinnerzielung. Ohne vorangegangene gerichtliche Überprüfung sei Raum für jede unberechtigte oder zumindest rechtlich zweifelhafte Ankündigung oder Einleitung der Zwangsvollstreckung. Dagegen müsse ein juristisch nicht vorgebildeter Schuldner die Hemmschwelle zur Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe überwinden, weil ihm aufgrund der Vollstreckungsunterwerfung die Initiative zur Einleitung des Verfahrens obliege. Der nunmehr eingeführte Schadensersatzanspruch wegen Missbrauchs der Vollstreckungsmöglichkeit nach § 799a ZPO biete einen steinigen und langen Weg. Liege auch der Gerichtsstand für das Erkenntnisverfahren, in dem dieser Schadensersatzanspruch geltend gemacht werden müsse, im Inland, so müsse die Vollstreckung möglicherweise im außereuropäischen Ausland durchgeführt werden, vorausgesetzt, der Investor existiere dann noch und habe noch Vermögen, auf das nach der Rechtsordnung des fremden Staates schließlich auch zugegriffen werden könne. Demnach verbiete sich die Einbeziehung des Schadensersatzanspruchs in die Abwägung nach § 307 BGB. Die Vertreter dieser Ansicht kommen zu dem Schluss, dass die freie Abtretbarkeit der Vollstreckungsunterwerfungen und ein schneller Gläubigerzugriff in formularmäßiger Form unter dem Aspekt des Summierungseffekts529 nicht kumulativ, sondern nur alternativ zulässig seien. Die formularmäßige Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung sei somit als unangemessene Benachteiligung des Kreditnehmers i. S. d. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB zu qualifizieren, wenn die Bank die Kreditforderung frei an beliebige Dritte abtreten kann.530 c) Kritik des BGH, der obergerichtlichen Rspr. sowie der Lit. unter Berücksichtigung des Risikobegrenzungsgesetzes Der Beitrag von Schimansky und die Entscheidung des LG Hamburg haben in der juristischen Lit. einen beachtlichen Schreibreflex mit weit überwiegend kritischer Haltung ausgelöst.531 Schließlich hat sich auch der BGH erwartungsgemäß532 in zwei Entscheidungen533 ablehnend geäußert. In seiner ersten Entschei529 530
BGH, NJW 2006, 2116; MüKo-BGB/Kieninger, § 307 Rn. 34. So ausdr. Schimansky, WM 2008, 1049, 1051; LG Hamburg, NJW 2008, 2784,
2786. 531 Vgl. R. Freitag, WM 2008, 1813; Habersack, NJW 2008, 3173; Volmer, ZfIR 2008, 634; ders., MittBayNot 2009, 1, 6; Koser/Werner-Jensen, BKR 2008, 340; Langenbucher, NJW 2008, 3169, 3172; Bachner, DNotZ 2008, 644, 649 ff.; Dümig, NJW 2008, 2786; Buschmann, BKR 2008, 415; Lehleiter/Hoppe, BKR 2008, 363; Bork, ZIP 2008, 2049; Schulz, ZIP 2008, 1858; Binder/Piepenbrock, WM 2008, 1816; Kalkbrenner, ZNotP 2008, 401, 402; am Rande auch Schmid/Voss, DNotZ 2008, 740, 754; Höche, in: FS Nobbe, S. 317, 333 f.; Prütting, Sachenrecht, Rn. 771b. 532 Dümig, NJW 2008, 2786; Habersack, NJW 2008, 3173, 3175; Schmid/Voss, DNotZ 2008, 740, 754. 533 BGH, NJW 2009, 1887 und NJW 2010, 2041.
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dung, mit der er den Beschluss des LG Hamburg aufhob, hat er sich allerdings allein mit prozessualen Fragen nach der Prüfungskompetenz des Klauselerteilungsorgans sowie dem Prüfungsmaßstab in der Klauselerinnerung befasst.534 In Fortführung seiner bisherigen Rechtsprechung535 hielt er es für unzulässig, der Klauselerinnerung aus materiell-rechtlichen Erwägungen stattzugeben. Titeleinwendungen gemäß § 307 Abs. 1 BGB seien allein mit der Titelgegenklage analog § 767 ZPO geltend zu machen.536 Darüber hatte der BGH schließlich im Jahre 2010 zu entscheiden.537 Er hielt an seinem bisherigen Abwägungsergebnis fest und führte aus, dass eine unangemessene Benachteiligung der Kreditschuldner auch unter Berücksichtigung des Umstands nicht gegeben sei, dass die Kreditwirtschaft in den letzten Jahren von der Möglichkeit der freien Abtretbarkeit der Kreditforderungen und der sie sichernden Grundschulden vermehrt Gebrauch gemacht haben möge.538 Dem legte der BGH sogar die „kundenfeindlichste“ Auslegung zugrunde, nach der die Vollstreckungsunterwerfung sämtliche Grundschuldansprüche unabhängig von deren Bindung an den Sicherungszweck erfasse. Bei der Beurteilung der Unangemessenheit ist dem BGH zufolge im Individualprozess auf die tatsächlichen Verhältnisse zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses abzustellen.539 Andernfalls sei die Beurteilung der Wirksamkeit einer einbezogenen Klausel immer nur eine temporäre.540 Anderes gelte für die rechtliche Beurteilung. Dabei seien die Rechtsanwender völlig frei und insbesondere nicht an die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltende Rspr. gebunden.541 Schimansky und das LG Hamburg bemängelten jedoch nicht eine abweichende rechtliche Beurteilung eines identischen Sachverhalts, sondern forderten, erst nach Vertragsschluss eingetretene tatsächliche Umstände im Rahmen der Interessenabwägung zu berücksichtigen.542 Von einer Rechtsprechungsänderung kann bei den Urteilen des BGH543 und dem Nichtannahmebeschluss des BVerfG544 zur Abtret534
Dazu ausf. Binder/Piekenbrock, WM 2008, 1816, 1816 ff.; Bork, ZIP 2008, 2049,
2050. 535
BGH, NJW-RR 2004, 1718; RPfleger 2005, 612; NJW-RR 2006, 567. BGHZ 124, 164, 170 f.; BGH, NJW 2002, 138, 139; WM 2004, 1745; NJW 2008, 3208, 3210. 537 BGH, NJW 2010, 2041; Bestätigung von OLG Celle, WM 2009, 1185 ff.; dazu Hinrichs/Jaeger, NJW 2010, 2017; Freckmann, BKR 2010, 275. 538 BGH, NJW 2010, 2041, 2043. 539 BGHZ 143, 103, 117; Palandt/Grüneberg, BGB, § 307 Rn. 3; Coester-Waltjen, in: Staudinger, BGB, § 307 Rn. 100; Wolf, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, § 307 BGB Rn. 93. 540 Medicus, NJW 1995, 2577, 2580. 541 BGHZ 132, 6, 11 f.; BGH, NJW 2008, 1438 Rn. 19 f. 542 BGH, NJW 2010, 2041, 2044. 543 Vgl. BGHZ 171, 180; BGHZ 183, 60. 544 BVerfG, NJW 2007, 3707. 536
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6. Kap.: Abtretungsverbote und Übertragungsverbote
barkeit von Darlehensforderungen jedoch keine Rede sein.545 Der Umstand, dass sich die schon immer zulässigen Darlehensveräußerungen erst in jüngster Zeit in der Bankenpraxis etabliert haben, wird in der Lit. allenfalls als ein Wertewandel eingeordnet, der sich nicht auf die Beurteilung von Verträgen auswirken könne, die vor Beginn des Wandels abgeschlossen worden sind.546 In Einklang und in Ergänzung seiner Rspr. zur Abtretbarkeit der Kreditforderungen547 erkennt der BGH nun auch gewichtige Interessen des Verwenders an der Veräußerung der Sicherungsmittel und der Vollstreckungsunterwerfung an.548 Könnte die Bank die Kreditsicherheiten nur ohne Vollstreckungsunterwerfung übertragen, wäre das Interesse an Forderungskäufen ungleich geringer, das Kaufpreisniveau niedriger.549 In der Lit. wird ergänzt, dass das typische Risiko des Vermögensverfalls des Darlehensnehmers bestehen bleibe, gleich, ob die Darlehensforderung veräußerbar sei oder nicht und unabhängig von der Person des Gläubigers.550 Wäre die Vollstreckungsunterwerfung unwirksam, gäbe dies dem Schuldner seinerseits ein effektives Druckpotenzial.551 Die Verfahrensdauer würde ihm ein faktisches Moratorium gewähren, das von der Rechtsschutzmöglichkeit eigentlich nicht bezweckt werde. Schließlich wird wieder darauf hingewiesen, dass eine AGB-rechtliche Unwirksamkeit der Vollstreckungsunterwerfungen ohne Abtretungsverbote in umwandlungsrechtlichen Transaktionsgestaltungen leer laufe.552 Demgegenüber wird bestritten, dass der Sicherungsgeber von einer Übertragung der Darlehenssicherheiten mitsamt den Unterwerfungserklärungen auf Dritte beeinträchtigt werde.553 Die Person des Vollstreckenden mache qualitativ keinen Unterschied.554 Das Vorgehen der Vollstreckungsorgane bleibe stets gleich. Missbräuchlich sei nicht die Inanspruchnahme bestellter Sicherheiten im Falle der nicht vertragsmäßigen Bedienung des Darlehens, sondern allein die Vollstreckung ohne Verwertungsreife.555 Soweit man auf eine Veränderung der wirtschaftlichen Beziehungen der Parteien des Darlehensverhältnisses abstelle, 545
Lehleiter/Hoppe, BKR 2008, 363, 364 f. Bork, ZIP 2008, 2049, 2051 f. 547 Vgl. BGHZ 171, 180; BGHZ 183, 60. 548 BGH, NJW 2010, 2044. 549 Ebenso Binder/Piekenbrock, WM 2008, 1816, 1824; Bork, ZIP 2008, 2049, 2053. 550 Bachner, DNotZ 2008, 644, 652. 551 Binder/Piepenbrock, WM 2008, 1816, 1820. 552 Binder/Piepenbrock, WM 2008, 1816, 1825. 553 Habersack, Stellungnahme vom 14.01.2008, S. 7; ders., NJW 2008, 3173, 3175; Nobbe, ZIP 2008, 97, 98; Schulz, ZIP 2008, 1858, 1860 f.; R. Freitag, WM 2008, 1813, 1815; Bork, ZIP 2008, 2049, 2054; Lehleiter/Hoppe, BKR 2008, 363, 365; Binder/Piepenbrock, WM 2008, 1816, 1820 ff. 554 Lehleiter/Hoppe, BKR 2008, 363, 364 f.; Schulz, ZIP 2008, 1858, 1864. 555 Binder/Piepenbrock, WM 2008, 1816, 1823; Bork, ZIP 2008, 2049, 2055 f. 546
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471
würden diese bereits durch die Abtretung selbst verändert, nicht erst durch die Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung.556 Neben der allgemein gehaltenen Einschätzung zur materiell-rechtlichen und tatsächlichen Situation des Sicherungsgebers finden sich auch Untersuchungen, die zu dem Ergebnis gelangen, dass sich für den Sicherungsgeber aus der Rechtsnachfolge bei den Unterwerfungserklärungen keine Rechtsschutzverkürzung ergibt.557 An den von Schimansky vertretenen Thesen wird ferner kritisiert, dass sie über das Ziel hinausschießen. Die angeführte Missbrauchsgefahr bestehe nur dann, wenn die titulierte Forderung tatsächlich abgetreten werde. Die praxisübliche Unterwerfungserklärung wäre aber schon wegen der bloßen Möglichkeit der Veräußerung unabhängig von deren tatsächlichen Durchführung unwirksam.558 Es sei aber nicht gerechtfertigt, auch Titelgläubigern, die eine Veräußerung gar nicht erwögen, auf diese Weise den raschen Vollstreckungszugriff zu versagen, zumal die kostengünstige Titulierung auch dem Schuldner Vorteile bringe.559 Der Beschluss des LG Hamburg wurde dafür kritisiert, dass das Gericht nicht das sich bereits abzeichnende Inkrafttreten des Risikobegrenzungsgesetzes abgewartet hat.560 Nunmehr wird allgemein das Schuldnerschutzkonzept des Risikobegrenzungsgesetzes als Antithese vertreten. Die Stärkung der Rechte des Sicherungsgebers insbesondere auch gegenüber einem Neugläubiger561 hätte der Annahme einer unangemessenen Benachteiligung den Boden entzogen.562 Das gewichtigste Argument wird in der Einführung des verschuldensunabhängigen Schadensersatzanspruchs in § 799a ZPO gesehen. In dieser Norm nämlich gehe der Gesetzgeber selbst von der Möglichkeit eines Wechsels des Vollstreckungsgläubigers durch Abtretung, Vertragsübernahme oder andere Gestaltungen aus und halte die entsprechenden Vollstreckungsunterwerfungen gleichwohl für wirksam.563 Die individuelle Beurteilung, ob der Gläubiger mit den Kreditsicherungsrechten und den Vollstreckungsunterwerfungen missbräuchlich verfahre, finde
556
Binder/Piepenbrock, WM 2008, 1816, 1822. Lehleiter/Hoppe, BKR 2008, 363, 366; Schulz, ZIP 2008, 1858, 1863; R. Freitag, WM 2008, 1813, 1815; Binder/Piepenbrock, WM 2008, 1816, 1823; 558 Binder/Piekenbrock, WM 2008, 1816, 1818 und 1820; Habersack, NJW 2008, 3173, 3175. 559 BGH, NJW 2010, 2041, 2044; dazu Bork, ZIP 2008, 2049, 2058; Habersack, NJW 2008, 3173; Volmer, ZfIR 2008, 634. 560 Langenbucher, NJW 2008, 3169, 3172. 561 §§ 1192 Abs. 1a, 1193 Abs. 2 S. 2 BGB n. F., §§ 769 Abs. 1 S. 2, 799a ZPO n. F. 562 BGH, NJW 2010, 2041, 2044; Bundesnotarkammer, Rundschreiben Nr. 23/2008 vom 26.08.2008, S. 9; R. Freitag, WM 2008, 1813; Schmid/Voss, DNotZ 2008, 740, 754; Habersack, NJW 2008, 3173, 3176. 563 BGH, NJW 2010, 2041, 2044 unter Hinweis auf BT-Drs. 6/9821, S. 18 f.; Volmer, MittBayNot 2009, 1, 6; Langenbucher, NJW 2008, 3169, 3172; Habersack, NJW 2008, 3173, 3176 f. 557
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6. Kap.: Abtretungsverbote und Übertragungsverbote
nach dem gesetzgeberischen Konzept somit nicht bei der Wirksamkeitskontrolle statt, sondern bleibe einem etwaigen Schadensersatzprozess vorbehalten.564 3. Eintritt in den Sicherungsvertrag als Voraussetzung für die Erteilung der Rechtsnachfolgeklausel Die Rechtsnachfolge tritt zumeist aufgrund einer titelumschreibenden Klausel gemäß §§ 795 Abs. 1, 727 Abs. 1 ZPO ein. Der Bankensenat des BGH entnimmt in der Begründung zu seiner Entscheidung vom 30.3.2010 der Vollstreckungsunterwerfung in der nach § 305c Abs. 2 BGB gebotenen kundengünstigsten Auslegung, dass sie nur Ansprüche aus einer treuhänderisch gebundenen Sicherungsgrundschuld tituliert.565 Der Grund ist darin zu sehen, dass die fiduziarische Bindung der Sicherungsgrundschuld bei ihrer Übertragung nicht verloren gehen soll. Andernfalls könnten dem Zessionar nach der Rechtslage vor dem Risikobegrenzungsgesetz Einwendungen oder Einreden aus dem Sicherungsvertrag gem. § 1192 Abs. 1, § 1157, § 892 BGB a. F. unter bestimmten Voraussetzungen (siehe ausf. oben) nicht mehr entgegengehalten werden. Der Erwerber könnte dann in rechtlich zulässiger Weise den vollen Grundschuldbetrag geltend machen, unabhängig davon, ob und in welcher Höhe die gesicherte Forderung besteht. Daraus schließt der BGH, dass der Eintritt in den Sicherungsvertrag Voraussetzung für die Rechtsnachfolge in den titulierten Anspruch i. S. d. § 727 Abs. 1 ZPO ist. Übernehme der Zessionar der Grundschuld die Verpflichtungen aus dem Sicherungsvertrag – insbesondere die Pflicht zur Grundschuldrückgewähr nach Erledigung des Sicherungszwecks – zwischen Sicherungsgeber und Zedent nicht, so komme ihm auch die Unterwerfungserklärung nicht zugute. Die Prüfung, ob eine Rechtsnachfolge gem. § 795 S. 1, § 727 Abs. 1 ZPO eingetreten ist, soll dem Klauselerteilungsverfahren vorbehalten bleiben. Damit wird das Problem in die Vollstreckungsunterwerfung verlagert. Der Vorteil besteht nach Auffassung des BGH darin, dass die für die Titelumschreibung zuständige Stelle von Amts wegen prüfen muss, ob der neue Grundschuldinhaber den Eintritt in den Sicherungsvertrag nach den Maßgaben des § 727 Abs. 1 ZPO nachgewiesen hat. Damit ändert sich die prozessuale Rollenverteilung zugunsten des Schuldners. Erst im Falle der Klauselerteilung muss ein Schuldner, der den Übergang der titulierten Forderung auf den Vollstreckungsgläubiger gleichwohl für unwirksam hält, die in diesem Verfahren vorgesehenen Rechtsbehelfe nach §§ 732, 768 ZPO ergreifen.566
564
Bachner, DNotZ 2008, 644, 652. BGH, NJW 2010, 2041, 2044 f.; zustimmend noch der V. Senat, BGH, BKR 2011, 291. 566 BGH, NJW 2010, 2041, 2045. 565
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Es ist zu ergänzen, dass der VII. Senat des BGH dieses obiter dictum und mithin die propagierte kundenfreundlichste Auslegung der Unterwerfungserklärung schon ein Jahr später verwarf und den Eintritt des neuen Titelinhabers in den Sicherungsvertrag nicht mehr als eine implizite Vollstreckungsbedingung ansah, die von dem Klauselerteilungsorgan zu prüfen sei.567 4. Stellungnahme Formularmäßig erteilte Unterwerfungserklärungen unterliegen ungeachtet ihrer Einseitigkeit und ihres prozessualen Charakters der Klauselkontrolle nach §§ 305 ff. BGB. Gegen diese mittlerweile gefestigte Auffassung wurden im vorliegenden Zusammenhang wiederum Bedenken geäußert,568 denen allerdings mit Hinweis auf die obigen Ausführungen zu begegnen ist.569 a) Zu einer Unwirksamkeit wegen Summierung der Titulierung mit ihrer Veräußerbarkeit Die Angemessenheit der Unterwerfungserklärung ist – isoliert betrachtet – nach § 307 Abs. 1 BGB weiterhin in derselben Weise zu bewerten wie bisher. Darin sind sich alle Stimmen einig. Die nicht leicht zu durchdringenden Überlegungen Schimanskys stießen auf Deutungs- und Einordnungsprobleme. Im Kern ging es ihm darum, eine Rechtsprechungsänderung herbeizuführen. Die Rechtsprechung sollte die Abtretungsmöglichkeiten berücksichtigen, die zwar bei Vertragsschluss bereits vorliegen, aber erst später ins Bewusstsein der Öffentlichkeit rücken. Die rechtliche und tatsächliche Veräußerbarkeit der Darlehen mitsamt der Sicherheiten und Titulierungen bestand schon immer. Die Rspr. – und wenn man so will auch das Risikobegrenzungsgesetz – hat dies ohne Änderung der Rechtslage in einzelnen Fällen lediglich klargestellt. Die aktuellen AGB, in denen die Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung formuliert wird, seien aber, so Schimansky, unter dem Gesichtspunkt der Veräußerung und Veräußerbarkeit erneut auf den Prüfstand der Inhaltskontrolle zu stellen. Seine These betrifft die Reichweite und die Auswirkungen des Summierungseffekts von Unterwerfungserklärung und deren Veräußerbarkeit. Die Ansicht von Schimansky, die das LG Hamburg teilt, macht sich in der Tat angreifbar, weil sie nur die Rechtslage vor Verabschiedung des Risikobegrenzungsgesetzes berücksichtigt. Wendet man sich aber der Neubewertung zu, kann 567
BGH, NJW 2011, 2803. Bachner, DNotZ 2008, 644, 650; Habersack, NJW 2008, 3173, 3174; Schulz, ZIP 2008, 1858, 1860; Binder/Piepenbrock, WM 2008, 1816, 1819. 569 Der BGH verliert darauf in NJW 2010, 2041 kein Wort mehr, s. ausf. oben Kapitel 3 E. III. 3. c) bb). 568
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6. Kap.: Abtretungsverbote und Übertragungsverbote
ein Abtretungs- bzw. Übertragungsverbot für die Sicherheiten nicht überzeugen. Denn der Gesetzgeber hat kein Abtretungsverbot auf der Ebene der Darlehensforderungen eingeführt und selbst von einer Verpflichtung der Banken zum Angebot nicht abtretbarer Darlehen abgesehen. Auch der Versuch, das Problem ins Zwangsvollstreckungsrecht zu verlagern und entweder die Vollstreckungsunterwerfung für nicht übertragbar oder sogar für gänzlich unwirksam zu halten, auch wenn ihre Übertragbarkeit nicht ausgeschlossen wurde, erscheint wenig sinnvoll. Die Frage der freien Abtretbarkeit ist vielmehr auf allgemeiner Ebene auch für die besicherten Darlehensforderungen zu lösen und darf sich nicht nur auf die Sicherheiten beschränken. Dazu wurde aber bereits festgestellt, dass de lege lata kein gesetzliches Abtretungsverbot besteht. Gleichwohl wurde die Forderung erhobe, den Erwerb und das bloße Haben und Halten von Darlehensforderungen in den gesetzlichen Aufsichtsnexus der Bankgeschäfte nach § 1 Abs. 1 KWG einzuführen. Wenn diese Forderung umgesetzt würde und der Weg der sofort vollstreckbaren Ansprüche auf Nichtinstitute auf diese Weise versperrt wäre, würde dies auch einer professionellen und seriösen Verwaltung und Abwicklung der Sicherheiten nicht abträglich sein. In rechtlicher Hinsicht verliert die Titulierung durch die dargestellten Kreditnehmerschutzvorschriften des Risikobegrenzungsgesetzes einen Großteil ihrer Gefahr: Über dem Sicherungsgeber schwebt ohne vorheriges Erkenntnisverfahren zwar das Damoklesschwert der Vollstreckung. Die Bundesnotarkammer erläutert das tunliche Vorgehen des Sicherungsgebers bei einer unzulässigen Zwangsvollstreckung aber wie folgt:570 Fehlt es bei der Einleitung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen beispielsweise an einer wirksamen Kündigung, ist eine Zwangsvollstreckung aus der Grundschuld nach §§ 795, 767 ZPO für unwirksam zu erklären. Zuvor lässt sich mit dem erweiterten § 769 Abs. 1 ZPO unter erleichterten Voraussetzungen eine einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung oder zumindest eine werthaltige Sicherheitsleistung erreichen. Tritt im zuletzt genannten Fall durch die Fortsetzung der Zwangsvollstreckung ein Schaden ein, kann dieser vom Schuldner gegenüber dem ursprünglichen Gläubiger aufgrund des mit der Grundschuldbestellung entstandenen Treueverhältnisses und gegenüber dem Neugläubiger aufgrund des neu eingefügten § 799a ZPO geltend gemacht werden. Selbst wenn der Gerichtsstand für Schadensersatzansprüche nach § 799a ZPO nicht im Inland liegen sollte,571 kann der sich daraus ergebenden Risikoerhöhung mit einer erhöhten Sicherheitsleistung nach § 769 Abs. 1 ZPO ausreichend Rechnung getragen werden.572 Im Übrigen darf nicht 570 Vollkommer, ZIP 2008, 2060, 2064; Bundesnotarkammer, Rundschreiben Nr. 23/ 2008 vom 26.08.2008, S. 9. 571 Dazu ausf. R. Freitag, WM 2008, 1813, 1815; Lehleiter/Hoppe, BKR 2008, 363, 366; Binder/Piepenbrock, WM 2008, 1816, 1823. 572 Lehleiter/Hoppe, BKR 2008, 363, 366; Höche, in: FS Nobbe, S. 317, 334.
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außer Acht gelassen werden, dass weiterhin Schadensersatzansprüche gegenüber dem Zedenten aufgrund der Sicherungsabrede bestehen.573 Damit wird das Druckmittel für rechtswidrige Vollstreckungen abgeschwächt, wenngleich zuzugeben ist, dass mit dem Schadensersatzanspruch lediglich die Scherben einer bereits vollzogenen rechtswidrigen Vollstreckung aufgekehrt werden können. Vor diesem Hintergrund erscheint ein derartig starker Eingriff in die Privatautonomie wie eine generelle Unwirksamkeit formularmäßiger Vollstreckungsunterwerfungen nicht angemessen. Hier gilt gleichermaßen wie für die Frage, ob für die Klauselerteilung auf einen qualifizierten Nachweis von Vollstreckungsvoraussetzungen verzichtet werden kann, dass das Risikobegrenzungsgesetz in das Verfahren der Zwangsvollstreckung selbst nicht unmittelbar, sondern nur nachgelagert (über §§ 769 Abs. 1, 799a ZPO) eingreifen will.574 Soweit der Darlehensnehmer weiche Faktoren sieht, also Bedenken tatsächlicher Art gegen eine Veräußerung hat, wurde ihm auch in dieser Hinsicht geholfen. Nach den neuen Transparenzregeln besteht nunmehr die Pflicht, über die Abtretbarkeit aufzuklären. Somit wird die Abtretbarkeit als Konditionenbestandteil künftig Gegenstand der Vertragsverhandlungen sein. Der Darlehensnehmer wird also wissen, dass nicht nur das Darlehen, sondern auch die Sicherheiten und zudem die Vollstreckungsunterwerfungen auf Dritte übertragen werden können. Einer Veräußerung kann er entgegensteuern, indem er – sofern erschwinglich – ein Abtretungsverbot vereinbart. Die materiellen und prozessualen Schuldnerschutzvorschriften, die durch die Neuregelungen gestärkt wurden, bieten einen angemessenen Ausgleich für die Nachteile, die sich aus der Sicherheitenübertragung ergeben können. Insoweit ist anzuerkennen, dass der neue Gläubiger die gleichen berechtigten Interessen an einer unkomplizierten und schnellen Vollstreckung hat wie vordem der Veräußerer. Der Hinweis auf die Kostenvorteile der Vollstreckungsunterwerfung für den Schuldner selbst geht indes fehl. Dieses Preisargument, das auch der BGH aufgreift, ist im AGB-Recht unzulässig. Außerdem kann es keine Voraussetzung für die Unwirksamkeit einer Klausel sein, ob und in welchem Umfang von ihr Gebrauch gemacht wird.575 Vielmehr ist überindividuell und generalisierend nach der Typizität der Risiken abzugrenzen.576 Wenn kein Gebrauch von der Klausel gemacht werden soll, dann spricht nichts dagegen, die Abtretung und Veräußerung auszuschließen. Außerdem wird wiederum darauf hingewiesen, dass diese Lösung über eine AGB-rechtliche Unwirksamkeit der Vollstreckungsunterwerfungen ohne Abtretungsverbote in umwandlungsrechtlichen Transaktionsgestal573 Lehleiter/Hoppe, BKR 2008, 363, 366; Habersack, NJW 2008, 3173, 3176 mit Fn. 50. 574 s. o. Kapitel 3 E. III. 3. c) ee). 575 Bachner, DNotZ 2008, 644, 651 mit Hinweis auf BGH, NJW 1983, 159, 161. 576 Bachner, DNotZ 2008, 644, 652.
476
6. Kap.: Abtretungsverbote und Übertragungsverbote
tungen leer laufe.577 Das kann zwar zu Ungleichbehandlungen und Ausweichlösungen führen, aber nicht als Argument gegen eine Unwirksamkeit einer Abtretung dienen. Schließlich spricht aber überzeugend gegen ein entgegenstehendes gesetzliches Leitbild, dass § 799a ZPO die Übertragbarkeit grundpfandrechtlich besicherter Darlehen geradezu voraussetzt. b) Zu einem Abtretungsverbot für Vollstreckungsunterwerfungen Der Ansicht Reifners ist mit dem BGH entgegenzusetzen, dass kein Anhaltspunkt für ein Abtretungsverbot in Bezug auf die Vollstreckungsunterwerfung besteht. Die Titulierung geht hinsichtlich des titulierten Anspruchs kraft gesetzlicher Anordnung auf den Rechtsnachfolger über. Die Möglichkeiten einer Rechtsnachfolge sind daher vielmehr eine Frage der Ausgestaltung des Verfahrens nach den §§ 727 ff. ZPO. Hier setzt der BGH mit seiner Auslegung an, die insofern die Ansicht Reifners abmildert, aber mit dem Gebot der kundenfreundlichsten Auslegung nach § 305c Abs. 1 BGB denselben gesetzlichen Korrekturansatz wählt. c) Zu der Auslegung des BGH Die Auslegung des BGH in seiner Entscheidung aus dem Jahr 2010, dass die Titulierung nur Ansprüche aus einer treuhänderisch gebundenen Sicherungsgrundschuld umfasst, erscheint allerdings insofern problematisch, als sie nicht klar genug ist. Im Gegensatz zum Schuldanerkenntnis (§ 780 BGB) bedarf die Vollstreckungsunterwerfung nicht einmal eines wirksamen Rechtsgrundes (§ 812 Abs. 2 BGB). Wenn dem Erwerber der mit den Sicherheiten verbundenen Unterwerfungserklärungen die materiell-rechtliche Berechtigung fehlt, berührt dies folglich nicht die Wirksamkeit des Titels.578 Die rechtlichen Nachteile des Schuldners gegenüber einem neuen Grundschuldinhaber resultieren aus dem materiellen Recht und nicht aus der Unterwerfungsklausel.579 Bei der Erteilung der Rechtsnachfolgeklausel findet aber lediglich eine formelle Prüfung statt (vgl. § 727 Abs. 1 ZPO), wie der BGH in seinem ersten Urteil aus dem Jahre 2009 zu der Thematik selbst betonte.580 Um die fehlende Aktivlegitimation des Vollstreckenden oder die Unwirksamkeit der Unterwerfungserklärung aus materiellrechtlichen Gründen geltend zu machen, bleibt dem Schuldner nur, eine Vollstreckungsgegenklage zu erheben.581 Für den Fall, dass ein anderer als der in der 577 578
Binder/Piepenbrock, WM 2008, 1816, 1825. MüKo-ZPO/Wolfsteiner, § 794 Rn. 134; Binder/Piepenbrock, WM 2008, 1816,
1819. 579 580 581
Bork, ZIP 2008, 2049, 2055. BGH, WM 2009, 846, 847. MüKo-ZPO/Wolfsteiner, § 794 Rn. 247, 249.
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Urkunde bezeichnete Gläubiger die Vollstreckung betreibt und diese für unzulässig erklärt wird, besteht die verschuldensunabhängige Haftung aus § 799a ZPO. Der BGH überspannt mithin die Anforderungen an die formale Prüfung des Klauselerteilungsorgans.582 Dies mag allerdings vor dem Hintergrund vertretbar sein, dass es nur für Altfälle relevant wird. Unter Geltung des § 1192 Abs. 1a BGB bleiben dem Schuldner ungeachtet der Übertragung des Sicherungsvertrages alle sich daraus ergebenden Einwendungen und Einreden erhalten.583 Die Wirkung der Rspr. des BGH beschränkt sich somit darauf, den Status der Altfälle in Einklang mit der heutigen Rechtslage zu bringen.584 Insoweit ist ihr zu folgen. Im Übrigen ist sie indes mit der zutreffenden Begündung des VII. Senats in dessen Beschluss vom 29.06.2011585 abzulehnen. d) Ergebnis Unterwerfungserklärungen sind nicht nach § 307 Abs. 1 BGB unwirksam, wenn es an einem zugleich vereinbarten Abtretungsverbot für die Grundschulden und die Darlehensforderung fehlt. Ein Abtretungsverbot allein für die Vollstreckungsunterwerfung ist ebenso abzulehnen. Die Titulierung umfasst zwar lediglich die treuhänderisch gebundene Sicherungsgrundschuld. Dies wirkt sich – mit Ausnahme von Altfällen – indes nicht in der Weise aus, dass ohne eine Verpflichtung des Erwerbers auf die Sicherungsabrede keine Rechtsnachfolgeklausel erteilt würde.
V. Zusammenfassung Das Risikobegrenzungsgesetz hat Schutzlücken geschlossen, die sich aus der Abstraktheit der Grundschuld ergaben, jedoch nichts unternommen, das Interesse des Schuldners an einer Gläubigerkontinuität in stärkerem Maße zu schützen als bisher. Am effektivsten wäre dem Schuldner mit einem Abtretungsverbot für die Grundschulden (§§ 399 Hs. 2, 413 BGB) geholfen, das nach dem gesetzlichen Leitbild des Art. 247 § 9 Abs. 1 S. 2 EGBGB künftig auch hinsichtlich der Grundschuld und des Schuldanerkenntnisses eine Rückkehr in die Vertragsklauseln erleben wird. Wird ein Abtretungsverbot hingegen nicht ausdrücklich vereinbart, kann es nicht aus der Rechtsnatur der Grundschuld nach §§ 399 Hs. 1, 413 BGB hergeleitet werden. Gegen ein konkludentes Abtretungsverbot auf dinglicher Ebene sprechen die hohen formellen Anforderungen an eine solche Vereinbarung und das Eintragungserfordernis. Allein der Umstand, dass der Darle582 583 584 585
Ähnlich Herrler, NJW 2011, 2762, 2763 f. So auch Herrler, NJW 2011, 2762, 2763 f. Ähnlich Freckmann, BKR 2010, 275, 279. BGH, NJW 2011, 2803.
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6. Kap.: Abtretungsverbote und Übertragungsverbote
hensvertrag mitsamt den Sicherheiten im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf Dritte übertragen wird, vermag an sich noch kein Recht zur Kündigung der Sicherungsabrede auszulösen. Der Gesetzgeber stand allgemeinen Sonderkündigungsrechten für diese Fälle kritisch gegenüber und sah von einer entsprechenden Kodifizierung für Darlehensverträge im Risikobegrenzungsgesetz ab. Ein vertragliches Abtretungsverbot für die prozessuale Vollstreckungsunterwerfung scheitert bereits im Ansatz daran, dass die Rechtsnachfolge kraft gesetzlicher Anordnung unter den Voraussetzungen der §§ 795 Abs. 1, 727 Abs. 1 ZPO eintritt. Die Möglichkeit einer Rechtsnachfolge ist eine Frage der Ausgestaltung des Verfahrens nach den §§ 727 ff. ZPO. Die formularmäßige Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung in einer Grundschuldbestellungsurkunde ist hinsichtlich der Darlehensforderung nicht aufgrund eines Summierungseffektes wegen unangemessener Benachteiligung des Kreditnehmers i. S. d. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam, wenn die Bank die Kreditforderung frei an beliebige Dritte abtreten kann. Insofern ist eine in der Literatur vertretene Ansicht, der eine untergerichtliche Entscheidung folgt, mit der h. M. in Lit. und Rspr. abzulehnen. Die Frage der freien Abtretbarkeit ist auch für die besicherten Darlehensforderungen auf allgemeiner Ebene zu lösen und darf sich nicht nur auf die Sicherheiten beschränken. Das Druckmittel für rechtswidrige Vollstreckungen aufgrund der titulierten Vollstreckungsunterwerfung wird durch die Kreditnehmerschutzvorschriften des Risikobegrenzungsgesetzes deutlich abgeschwächt. Demgegenüber ist ein derartig starker Eingriff in die Privatautonomie wie eine generelle Unwirksamkeit formularmäßiger Vollstreckungsunterwerfungen nicht angemessen. Der Darlehensnehmer wird aufgrund der Hinweispflichten künftig wissen, dass nicht nur das Darlehen, sondern auch die Sicherheiten und zudem die Vollstreckungsunterwerfungen auf Dritte übertragen werden können, sofern er kein Abtretungsverbot vereinbart. Gegen ein gesetzliches Leitbild, demgemäß eine Vollstreckungsunterwerfung nur im Falle ihrer Unübertragbarkeit gesetzlich vorgesehen wäre, spricht entscheidend, dass § 799a ZPO nunmehr die Übertragbarkeit grundpfandrechtlich besicherter Darlehen voraussetzt. Die bereits wieder revidierte Auslegung des BGH, dass der Vollstreckungstitel nur Ansprüche aus einer treuhänderisch gebundenen Sicherungsgrundschuld umfasst, erschien problematisch. Sie überspannte die Anforderungen an die formale Prüfung des Klauselerteilungsorgans. Unter Geltung des neuen § 1192 Abs. 1a BGB bleiben dem Schuldner ungeachtet der Übertragung des Sicherungsvertrages alle daraus ergebenden Einwendungen und Einreden erhalten. Die Rspr. des BGH beschränkt sich somit darauf, den Status der Altfälle in Einklang mit der heutigen Rechtslage zu bringen. Insoweit ist ihr zu folgen.
E. Abspaltung und Ausgliederung
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E. Wirksamkeit der Darlehensübertragungen aufgrund von Abspaltung und Ausgliederung I. Kreditaufsichtsrechtliche Aspekte Die Wirksamkeit von Darlehensübertragungen durch Abspaltung und Ausgliederung kann an den kreditaufsichtsrechtlichen Vorschriften scheitern. Wie dargelegt, ist die Übernahme voll valutierter Darlehensforderungen ohne weitere Auszahlungsverpflichtung de lege lata kein Kreditgeschäft, das die Erlaubnispflicht nach § 32 KWG begründet. Die Aufsichtspraxis verfährt bei der Übernahme ganzer Darlehensverträge nicht anders, was schon aus individualschützender Perspektive kritisch zu sehen ist.586 Gehen im Wege der partiellen Gesamtrechtsnachfolge hingegen auch Auszahlungsverpflichtungen, etwa Prolongationspflichten, auf den Erwerber über, muss dieser indes im Besitz der Erlaubnis zum Betreiben von Kreditgeschäften sein. Nach dem obigen Vorschlag zur Erweiterung des Aufsichtsnexus um den Erwerb bestehender Darlehen würde das im Interesse sowohl des Individual- als auch des Funktionsschutzes ohnehin stets gelten. Die Erlaubniserteilung hat persönlichen Charakter, der keinen Übergang im Wege der Einzel- oder Gesamtrechtsnachfolge zulässt.587 Spaltungen zur Neugründung gem. § 135 UmwG und sonstige Übertragungen auf natürliche oder juristische Personen bedürfen demnach einer separaten Erlaubnis. Anders ist dies, wenn die rechtliche Identität des Erlaubnisträgers in der Umwandlung erhalten bleibt, was allein auf die formwechselnde Umwandlung zutrifft.588 In diesem Fall besteht nur eine Anzeigepflicht nach § 24 Abs. 1 Nr. 3 KWG. Wären die Darlehensforderungen infolge einer Abspaltung oder Ausgliederung demnach in der Hand einer Nichtbank, obwohl eine Erlaubnispflicht besteht, stellen sich die bekannten und erörterten Probleme in neuem Gewand. Im Interesse des Staates und der Allgemeinheit hätte dies vorliegend die Nichtigkeit des Spaltungs- und Übernahmevertrags gemäß § 134 BGB i.V. m. §§ 1, 32 ff. KWG zur Folge.
II. Übertragungsverbote und Genehmigungsvorbehalte bezüglich des Rechtsübergangs 1. Beschränkung auf ausdrücklich vereinbarte Abtretungsverbote Richtet man das Augenmerk auf den Individualschutz, ist zu erörtern, wie sich Übertragungsverbote und Genehmigungsvorbehalte auf den Übergang der Forderungen der Bank auswirken. Nach den vorangegangenen Ausführungen ergibt 586
Zutreffend Beck/Samm/Kokemoor, KWG, § 1 Rn. 203. Fischer, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, § 32, Rn. 25 f. 588 Fischer, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, § 32, Rn. 25, 27; allg. Schröer, in: Semler/Stengel, UmwG, § 131, Rn. 43; vgl. auch BFH, NZG 2004, 439, 440. 587
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6. Kap.: Abtretungsverbote und Übertragungsverbote
sich ein Abtretungsverbot weder aus den Geheimhaltungspflichten noch aus einer etwaigen personalen Bindung der Darlehensforderungen und überdies auch nicht aus dem treuhänderischen Charakter der für das Darlehen bestellten Sicherheiten. Die Datenweitergabe ist bei einer Umwandlung zwar dringender als bei einer Abtretung, aber ebenfalls keineswegs zwingend.589 Umgekehrt würde der dingliche Ausschluss des Vertragsübergangs die rein faktische Datenweitergabe nicht verhindern oder gar rückgängig machen können.590 Die Geheimhaltungspflichten bei Darlehenstransaktionen verhalten sich in einer Universalsukzession nicht anders als in einer Individualsukzession.591 Dafür spricht nicht zuletzt die identische Behandlung der beiden Transaktionsarten im Risikobegrenzungsgesetz.592 Auch wenn den reinen Portfoliotransaktionen ein Umwandlungsprivileg abzusprechen ist, kann die Rechtsstellung des übernehmenden Rechtsträgers, dem die Darlehensverträge aufgrund einer Gesamtrechtsnachfolge nach dem UmwG übertragen werden, nicht das Niveau der Rechtsstellung eines Zessionars unterschreiten, der die Forderungen aus den Darlehensverträgen mittels einer Einzelrechtsnachfolge nach § 398 BGB erhält. Demzufolge ergeben sich auch für die Abspaltung und Ausgliederung keinerlei Übertragungsverbote oder Genehmigungsvorbehalte, die einen Einfluss auf die Wirksamkeit der Gesamtrechtsnachfolge haben könnten.593 Vielmehr kommen einzig vertragliche Abtretungsverbote (§ 399 Hs. 2 BGB) in Betracht, die aufgrund der Hinweispflicht nach Art. 247 § 9 Abs. 1 S. 2 EGBGB ausdrücklich vereinbart werden. Ihr Schicksal in der Umwandlung ist vor dem Hintergrund der Abschaffung des § 132 UmwG a. F. genauer zu untersuchen. 2. Regelungsinhalt des § 132 UmwG a. F. Es ist bereits mehrfach angeklungen, dass die Rechtsfolgen der Abspaltung die latente Befürchtung begründen, Spaltungen könnten dazu missbraucht werden, ja geradezu dazu einladen, die bei einer Einzelrechtsübertragung bestehenden Beschränkungen zu umgehen.594 Um dem zu begegnen, hatte der Gesetzgeber mit Einführung der Spaltungsvorschriften zugleich eine Regelung – § 132 S. 1 589 A.A. Bitter, ZHR 173 (2009), 379, 421; allg. für Umwandlungen Marsch-Barner/ Mackenthun, ZHR 165 (2001), 426, 436. 590 So auch Bitter, ZHR 173 (2009), 379, 425; ähnlich zu Forderungsabtretungen schon Cahn, WM 2004, 2041, 2049. 591 s. o. Kapitel 5 D. 592 Bitter, ZHR 173 (2009), 424. 593 Gegen eine Unwirksamkeit der Umwandlung wegen Verletzung der Geheimhaltungspflichten auch Teichmann/Kießling, ZGR 2001, 33, 68 ff.; Bitter, ZHR 173 (2009), 379, 425; a. A. Wengert/Widmann/Wengert, NJW 2000, 1289, 1294. 594 BT-Drs. 16/2919 vom 12.10.2006, S. 19; zu Nummer 21 (§ 132); so zu Abtretungsverboten für Darlehensforderungen schon Windhöfel, in: Lützenrath/Schuppener/ Peppmeier, S. 95.
E. Abspaltung und Ausgliederung
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UmwG a. F. – geschaffen, nach der allgemeine Vorschriften, welche die Übertragbarkeit eines bestimmten Gegenstandes ausschließen oder an bestimmte Voraussetzungen knüpfen oder nach denen die Übertragung eines bestimmten Gegenstandes einer staatlichen Genehmigung bedarf, sowie § 613a Abs. 1 S. 1 BGB durch die Wirkungen der Eintragung nach § 131 UmwG unberührt blieben. Bei der Spaltung in Form der Aufspaltung (§ 123 Abs. 1 UmwG) ordnete § 132 S. 2 UmwG a. F. ausdrücklich an, dass § 399 Hs. 2 BGB keine Wirkung hat, weil der bisherige Rechtsträger erlischt (§ 131 Abs. 1 Nr. 2 UmwG) und der Forderung im Falle eines Abtretungsverbotes somit das Zuordnungssubjekt fehlen würde.595 Bei der Verschmelzung entstand eine ähnliche Situation. Jedoch stand die Vorschrift im systematischen Zusammenhang mit den Spaltungsregeln und verwies auf § 131 UmwG, der nur die Spaltung betrifft. Deshalb fanden § 132 UmwG a. F. und damit § 399 BGB auf Verschmelzungen ohnehin keine Anwendung.596 Umso bedeutsamer sind die Normen hingegen für die Spaltung in den Formen der Abspaltung (§ 123 Abs. 2 UmwG) und der Ausgliederung (§ 123 Abs. 3 UmwG) gewesen.597 Gerade für die Transaktionsarten, die für Darlehensveräußerungen relevant werden, setzte § 132 S. 1 UmwG a. F. implizit die Geltung des § 399 BGB voraus. Das wurde im Umkehrschluss aus § 132 S. 2 UmwG a. F. hergeleitet,598 weshalb dieser Norm für den Sukzessionsschutz eine wesentliche Bedeutung zukam, wenn der Ausgangsrechtsträger bestehen blieb. Dessen ungeachtet entband dieses Postulat nicht von einem autonomen gesetzlichen Geltungsgrund. Dazu wendeten einige Stimmen in der Lit. § 412 BGB zumindest auf die Abspaltung und Ausgliederung nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 UmwG an und kamen darüber zu einer Geltung des § 399 BGB.599 Diese Ansicht sah sich der Kritik ausgesetzt, dass die Übertragung nach dem Umwandlungsgesetz kein gesetzlicher Forderungsübergang sei.600 Jedoch kann kaum geleugnet werden, dass es sich überhaupt um eine „Übertragung“ handelt, obgleich das Gesetz terminologisch nicht eindeutig ist. In § 131 Abs. 1 Nr. 1 595
K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 13 IV 4 (S. 399). Vgl. Grunewald, in: Lutter/Winter, UmwG, § 20 Rn. 31 m.w. N.; Heidenhain, ZIP 1995, 801 ff.; Mayer, GmbHR 1996, 403, 405; Schröcker, S. 150 ff., 185. 597 Rob. Koch, BKR 2006, 182, 189 Fn. 80; Windhöfel, in: Lützenrath/Schuppener/ Peppmeier, S. 95. 598 BT-Drs. 12/6699, S. 121; Busche, in: Staudinger, BGB, Einl. zu § 398 ff. Rn. 194. 599 MüKo-BGB/Roth, § 412 Rn. 15; Knops/Knobloch/Dübel/Reifner, Erwerb von Kreditforderungen durch Private Equity-Unternehmen, S. 94 ff.; unklar Erman/H. P. Westermann, BGB, § 412 Rn. 2; die Anwendbarkeit des § 412 BGB auf Verschmelzungen und Spaltungen mit Bezug auf den Schutz der §§ 404 ff. BGB befürwortend, jedoch ohne explizit auf § 399 BGB einzugehen Habersack, Stellungnahme vom 14.01. 2008, S. 2 f. 600 Hörtnagl, in: Schmitt/Hörtnagl/Stratz, § 131 UmwG Rn. 31; Schröer, in: Semler/ Stengel, UmwG, § 131, Rn. 31; T. Marx, S. 68 ff.; abl. in Bezug auf Verschmelzungen auch Schröcker, S. 185 m.w. N. 596
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6. Kap.: Abtretungsverbote und Übertragungsverbote
UmwG heißt es ebenso wie in § 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG lediglich, das Vermögen und die Verbindlichkeiten „gehen [. . .] über“. Die Gesamtrechtsnachfolge beruht auf einem autonomen Willensentschluss der Parteien und ist damit letztlich rechtsgeschäftlicher Natur.601 J. W. Flume sieht sich sogar dazu veranlasst, die Universalsukzession als eine Verfügungstechnik zu bezeichnen.602 Das spricht jedoch nicht gegen die Geltung von Verfügungsverboten, sondern könnte ihre Anwendbarkeit im Gegenteil geradezu aufdrängen. Dabei ist es von untergeordneter Bedeutung, ob § 399 Hs. 2 BGB mittels § 412 BGB oder unmittelbar zur Anwendung gelangt. 3. Die Abschaffung des § 132 UmwG a. F. und ihre Folgen Diese Erkenntnisse stehen jedoch auf dem Prüfstand, seit von § 132 UmwG a. F. nur noch in der Vergangenheitsform zu sprechen ist. Der Gesetzgeber hat sich nämlich im Jahre 2006 der Ansicht in Wissenschaft und Praxis angeschlossen, dass sich aus dieser Regelung zahlreiche kaum lösbare Probleme und Ungereimtheiten ergaben.603 Gesellschaftsrechtler apostrophierten die Norm als „Spaltungsbremse“.604 Deshalb wurden § 132 UmwG a. F. und der mit ihm im Zusammenhang stehende § 131 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 UmwG a. F. mit Wirkung zum 25.04.2007 ersatzlos gestrichen.605 Die gesellschaftsrechtliche Praxis nahm dies mit großer Erleichterung auf.606 Dagegen verschlechterte es die Rechtsposition der Gläubiger, Schuldner und Dritter.607 Die Gesetzesbegründung verwies die Betroffenen auf die insoweit geltenden allgemeinen Vorschriften etwa zur Kündigung, zum Rücktritt und zur Störung der Geschäftsgrundlage.608 Im Hinblick auf Darlehensforderungen ist dazu jedoch zu sagen, dass für den Fall des Vertragsübergangs keine Kündigungs- oder Widerrufsmöglichkeiten bestehen, wie sie 601 Grundlage der Spaltung ist ein Spaltungs- oder Übernahmevertrag (§ 131 Abs. 1 Nr. 1 UmwG) bzw. ein Spaltungsplan (§ 136 S. 2 UmwG). 602 J. W. Flume, S. 67. 603 RegBegr. zum Zweiten Gesetz zur Änderung des Umwandlungsgesetzes vom 12.10.2006, BT-Drs. 16/2919, zu Nummer 21 (§ 132), S. 19; s. ferner noch die umfangreiche Diskussion zu den Auswirkungen von § 132 UmwG a. F. auf die Übertragung von Kreditportfolios bei Gehrlein, S. 75 bis 118. 604 Noch zurückhaltend in Frage gestellt im Titel von Mayer, GmbHR 1996, 403; deutlicher Heidenhain, ZIP 1995, 801, 805 („missraten“); Kallmeyer, GmbHR 1996, 242, 244 („gesetzestechnisch verunglückt“); Handelsrechtsausschuss des DAV, NZG 2000, 802, 806 f. 605 Art. 1 des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Umwandlungsgesetzes vom 19.04.2007 (BGBl. I, 542); vgl. im Einzelnen BT-Drs. 16/2919, 12.10.2006, S. 19, zu Nummer 21 (§ 132). 606 Handelsrechtsausschuss des DAV, NZG 2006, 737, 743; Centrale für GmbH, GmbHR 2006, 418, 421; Bayer/Schmidt, NZG 2006, 841, 845; zuletzt etwa auch J. W. Flume, S. 168. 607 Zu Recht krit. Mayer, in: Widmann/Mayer, UmwG, § 132 Rn. 7. 608 BT-Drs. 16/2919, 12.10.2006; zu Nummer 21 (§ 132), S. 19.
E. Abspaltung und Ausgliederung
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etwa in § 569 Abs. 1 BGB für den Miet- oder in § 613a Abs. 6 S. 1 BGB für den Dienstvertrag vorgesehen sind. Auch eine Kündigungsklausel für den Fall, dass es zu einem Kontrollwechsel des Rechtsträgers kommt,609 wie sie sich etwa in den Verträgen wichtiger Vertragspartner oder in den Arbeitsverträgen des Unternehmensmanagements finden lassen,610 werden zugunsten der Darlehensnehmer kaum vereinbart.611 Von einer allgemeinen gesetzlichen Kündigungsmöglichkeit sah der Gesetzgeber im Risikobegrenzungsgesetz ausdrücklich ab.612 Der Gesetzesbegründung zur Einführung des § 132 UmwG a. F. war noch zu entnehmen, dass diese Regelung in ihrem ersten Satz nur klarstellende Bedeutung habe.613 Durch ihre Aufhebung wäre demnach nichts verloren. Dies würde allenfalls Verwirrung stiften. Inhaltlich würde sich aber nichts ändern.614 In der Lit. wird kritisch anmerkt, dass durch die Abschaffung einer verunglückten Problemlösung das ursprüngliche Problem in aller Regel noch nicht gelöst sei.615 Demnach könnte der Sukzessionsschutz des § 399 BGB in Abspaltung und Ausgliederung nach Aufhebung der Vorschrift weitergelten. So vertreten einzelne Autoren unter Hinweis auf die Kommentarliteratur, die im Wesentlichen aber noch nicht die Abschaffung des § 132 UmwG a. F. berücksichtigt,616 dass § 399 BGB über § 412 BGB weiterhin auf Gesamtrechtsnachfolgen nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 UmwG Anwendung finde.617 Dem ist entgegenzutreten. Dies vernachlässigt die Rückwirkung von § 132 S. 2 UmwG a. F. auf den Inhalt des ersten Satzes dieser Norm und hält nicht mit dem gesetzgeberischen Wandel Schritt. Oben ist bereits angeklungen, dass die Regelung des § 399 BGB im Umkehrschluss zu § 132 S. 2 UmwG a. F. bei Abspaltungen und Ausgliederungen Geltung entfalten sollte. In diesem Lichte gesehen musste § 399 BGB als eine allgemeine Vorschrift i. S. v. § 132 S. 1 UmwG a. F. aufgefasst werden, die von der Wirkung der Eintragung unberührt blieb. Indem der Gesetzgeber aber auch § 132 S. 2 UmwG a. F. aufgehoben hat, hat er dieses Auslegungskartenhaus zu Fall gebracht. Das hatte konstitutive Wirkung – andernfalls hätte er darauf verzichten können. Diese These wird durch die Gesetzesbe-
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Sog. „Change-of-Control“-Klauseln. Vgl. Krause, AG 2002, 133, 143; Arnold, S. 240. 611 Anderes gilt zugunsten der Banken bei einem Kontrollwechsel der Kreditnehmer, vgl. Werhahn, insbes. S. 298 ff. 612 s. dazu unten Kapitel 8 D. II. 1. 613 BT-Drs. 12/6699, S. 121; zweifelnd T. Marx, S. 95 ff. 614 So etwa J. W. Flume, S. 167. 615 Schröer, in: Semler/Stengel, UmwG, § 131 Rn. 12; ähnlich Hörtnagl, in: Schmitt/ Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, § 131 UmwG, Rn. 97 f. 616 s. die Referenzen bei Knops/Knobloch/Dübel/Reifner, Erwerb von Kreditforderungen durch Private Equity-Unternehmen, S. 95 in Fn. 150. 617 Knops/Knobloch/Dübel/Reifner, Erwerb von Kreditforderungen durch Private Equity-Unternehmen, S. 94 ff. 610
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6. Kap.: Abtretungsverbote und Übertragungsverbote
gründung gestützt, die darauf hinweist, dass nach der nunmehr geltenden Rechtslage nur noch höchstpersönliche Rechte und Pflichten von der Rechtsnachfolge ausgenommen bleiben sollen.618 Ließe man hingegen vertragliche Abtretungsverbote nach § 399 Hs. 2 BGB ggf. über § 412 BGB in Abspaltung und Ausgliederung weiterhin durchgreifen, würde dies die Rechtsfolgen fortbestehen lassen, die man durch die Abschaffung des § 132 UmwG a. F. und des damit korrespondierenden § 131 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 UmwG a. F. gerade vermeiden wollte:619 Die Gegenstände, die nicht mit Rechtsgeschäft übertragen werden können, verblieben bei dem übertragenden Rechtsträger. Würden Abtretungsverbote hingegen auch ohne § 132 UmwG a. F. aufgrund der allgemeinen Vorschriften (§§ 412 i.V. m. 399 BGB) durchgreifen, hätte es dieser Vorschrift insoweit von Beginn an gar nicht bedurft.620 Demnach ist der gesetzgeberischen Intention zu folgen, nach der vertragliche Abtretungsverbote in Spaltungsfällen wie bei Verschmelzungen behandelt werden sollen.621 Im Grundsatz wirken sie hier wie dort nicht.622 4. Reduktion der Umwandlungsfreiheit aufgrund fehlenden Umwandlungsprivilegs bei Portfoliotransaktionen Noch unter der Geltung des § 132 UmwG a. F. wurde für den Übergang eines Betriebs oder Betriebsteils die Reduktion dieser Vorschrift gefordert, um die Fortführung der Unternehmenskontinuität sicherstellen zu können.623 Nachdem der Sukzessionsschutz aufgehoben wurde, wird von manchen Autoren nunmehr umgekehrt eine Reduktion der Umwandlungsfreiheit für die Fälle verlangt, in denen keine Unternehmenskontinuität gewährleistet ist, sondern im Kern eine Umgehung zivilrechtlicher Übertragungsverbote und Zustimmungserfordernisse bezweckt wird.624 Ein Aufleben der Abtretungsverbote ist insbesondere dann zu erwägen, wenn nur einzelne vinkulierte Forderungen ohne die zugehörigen Betriebe oder Betriebsteile mittels Spaltung übertragen werden.625 Dies findet je618
BT-Drs. 16/2919, S. 19. Schröer, in: Semler/Stengel, UmwG, § 131, Rn. 31. 620 Schröer, in: Semler/Stengel, UmwG, § 131, Rn. 31. 621 RegBegr., BT-Drs. 16/2919, zu Nummer 21 (§ 132), S. 19. 622 MüKo-HGB/K. Schmidt, § 354a Rn. 15; Hörtnagl, in: Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, § 131 UmwG Rn. 31; Schröer, in: Semler/Stengel, UmwG, § 131 Rn. 31. 623 Heidenhain, ZIP 1995, 801; Kallmeyer, GmbHR 1996, 242; Mayer, GmbHR 1996, 403; K. Müller, NZG 2006, 491, 492 f. m.w. N.; Mayer, in: Widmann/Mayer, UmwG, § 132, Rn. 7; Hörtnagl, in: Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, § 132 UmwG Rn. 15. 624 Vgl. Verbraucherzentrale Bundesverband, Stellungnahme vom 18.01.2008, S. 13; s. auch Bitter, ZHR 173 (2009), 379, 401 ff. und 421 ff.; Mayer, in: Widmann/Mayer, UmwG, § 132, Rn. 9 (Kündigungsrecht und Ausschluss des Übergangs nach Treu und Glauben, § 242 BGB). 625 So zum Schweizerischen FusG Watter/Kägi, SZW/RSDA 2004, 231, 242. 619
E. Abspaltung und Ausgliederung
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doch keine Stütze im Wortlaut des § 123 Abs. 2 bzw. Abs. 3 UmwG.626 Hiernach muss es sich lediglich um einen Teil des Vermögens des übertragenden Rechtsträgers handeln, den zu definieren in der Disposition der Parteien des Spaltungsund Übernahmevertrags bzw. des Spaltungsplans steht.627 Der Übertragung einzelner Vermögensgegenstände stehen die Buchstaben des Gesetzes daher ebenso wenig entgegen wie etwa einer Totalausgliederung mit dem Ergebnis, dass bei dem übertragenden Rechtsträger als Holding lediglich die Beteiligung an dem übernehmenden Rechtsträger verbleibt.628 Zudem besteht die Gefahr, dass die Verengung der spaltungsrechtlichen Verfügungsmöglichkeiten auf Betriebsteile im arbeitsrechtlichen Sinne oder etwa auch auf Teilbetriebe im steuerrechtlichen Sinne zu Abgrenzungsproblemen und zu untragbaren Rechtsunsicherheiten führen würde. Umwandlungstransaktionen würden in Frage gestellt, obgleich ihnen die registerrechtliche Publizität den Anschein der Wirksamkeit verleiht. Gegenüber den gewichtigen Belangen des Verkehrsschutzes und der Allgemeinheit an einem rechtssicheren Umwandlungsvorgang kann der Schuldnerschutz nach Aufhebung des § 132 UmwG a. F. lediglich durch Kündigung, Rücktritt, Berufung auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage u. Ä. verwirklicht werden.629 Gleichwohl ist es vorzuziehen, vertraglichen Abtretungsverboten in der Abspaltung und Ausgliederung auch dann keine dingliche Wirkung beizulegen, wenn die Darlehenstransaktionen infolge mangelnder Unternehmenskontinuität kein Umwandlungsprivileg für sich beanspruchen können. Sie haben lediglich schuldrechtliche Folgen.630
III. Zustimmungserfordernis zum Pflichtenund Vertragsübergang 1. Zivilrechtliche Grundsätze zur Wahrung der Interessen der Gläubiger und Vertragspartner Die partielle Gesamtrechtsnachfolge beinhaltet nicht nur eine Forderungsübertragung, sondern ermöglicht auch den Übergang ganzer Darlehensverträge. Die Transaktionen betreffen den Darlehensnehmer daher nicht allein in seiner Eigenschaft als Schuldner, sondern zudem als Gläubiger und als Vertragspartner. Die Konstellation einer Vertrags- und Schuldübernahme gehorcht aber einer den 626
Beschränkt auf die Ausgliederung OLG Hamm, BeckRS 2010 08022 m.w. N. OLG Hamm, BeckRS 2010 08022. 628 Teichmann, in: Lutter/Winter, UmwG, § 123 Rn. 25; Kallmeyer/Sickinger, in: Kallmeyer, UmwG, § 123, 12; eine „Totalabspaltung“ wäre hingegen schon logisch nicht möglich. 629 RegBegr. zum Zweiten Gesetz zur Änderung des Umwandlungsgesetzes vom 12.10.2006, BT-Drs. 16/2919, zu Nummer 21 (§ 132), S. 19. 630 In diesem Sinne auch KK-UmwG/Simon, § 131 Rn. 12, 19. 627
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6. Kap.: Abtretungsverbote und Übertragungsverbote
Grundsätzen der Forderungsabtretung gegenläufigen Dogmatik: Wird in den §§ 398 ff. BGB die Verkehrsfähigkeit von Forderungen vorausgesetzt und ermöglicht, so hängt die Wirksamkeit einer isolierten Schuldübernahme von der Genehmigung des Gläubigers gemäß § 415 Abs. 1 BGB ab. Vertragsübernahmen, die bekanntermaßen mehr beinhalten als eine Kombination aus Forderungsabtretung und Schuldübernahme, bedürfen nach gefestigtem Richterrecht der Zustimmung einer jeden Vertragspartei.631 Demnach lässt sich dem Zivilrecht der Grundsatz entnehmen, dass es eine Verkehrsfähigkeit von Verträgen und Verbindlichkeiten nicht gibt und sich darauf kein Vertrauen gründen lässt.632 2. Zurücktreten von Zustimmungs- und Widerspruchsrechten Dritter hinter den Umsetzungsanspruch des Umwandlungsrechts Dem deutschen Umwandlungsgesetz sind Zustimmungs- und Widerspruchsrechte Dritter jedoch fremd.633 Selbst eine ausdrückliche Einschränkung der Forderungsfungibilität gemäß § 399 Hs. 2 BGB kann den Übergang des gesamten Rechtsverhältnisses nicht hindern,634 vermag es doch nach den vorangegangenen Erwägungen nicht einmal die Übertragung isolierter Forderungen zu vereiteln. Mithin müssen die elementaren zivilrechtlichen Mechanismen zum Gläubigerund Kontrahentenschutz635 dem Umsetzungsanspruch der Gesamtrechtsnachfolge weichen.636 Damit sind zweierlei Aspekte angesprochen: Erstens kann die Gesamtrechtsnachfolge die Werthaltigkeit der Ansprüche Dritter gefährden. Dem hat sich das Umwandlungsgesetz angenommen: Der drohenden Erhöhung des Insolvenzrisikos, die aus dem zustimmungsfreien Schuldnerwechsel folgt, soll mit der gesamtschuldnerischen Nachhaftung des übertragenden Rechtsträgers und mit dem Anspruch auf Sicherheitsleistung begegnet werden. Indes genügt dieses Zustimmungssubstitut der Wahrung der Vermögensinteressen nur in unzureichendem Maße637 und stößt vollends an seine Leistungsfähigkeit, wenn persönlich zu erfüllende Pflichten zur Disposition stehen,638 für deren Verletzung infolge ihres 631
s. o. Kapitel 2 D. II. Bitter, ZHR 173 (2009), 379, 421 f.; anders aber für das Umwandlungsrecht J. W. Flume, S. 181 f. („Die freie Übertragbarkeit von Rechtsverhältnissen kann zumindest für das Umwandlungsrecht nicht mehr bestritten werden [. . .]“). 633 BT-Drs. 12/6699, S. 74 f.; BAGE 114, 1; OLG Dresden, WM 2008, 1273 f.; OLG Karlsruhe, NJW-RR 2008, 1698; OLG Hamm, BeckRS 2010 08022; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 13 IV 4 (S. 399); T. Marx, S. 71. 634 K. Schmidt, DB 2001, 1019, 1022; MüKo-HGB/K. Schmidt, § 354a Rn. 15; J. W. Flume, S. 169, 180. 635 Vgl. BVerfG, NJW 2006, 1724, 1725. 636 Vgl. etwa OLG Dresden, WM 2008, 1273 f.; OLG Hamm, BeckRS 2010 08022; bzgl. Verschmelzungen Schröcker, S. 185. 637 Simon, Der Konzern 2004, 191 ff. 638 Vgl. die ähnliche Problematik bei Sachleistungsschulden bei J. W. Flume, S. 201. 632
E. Abspaltung und Ausgliederung
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immateriellen Charakters kaum Ersatz geleistet werden kann. So stellt es sich im Zuge der Gesamtrechtsnachfolge im Hinblick auf das Bankgeheimnis dar. Es ist das Verdienst von Knops und Bitter, die besondere Bedeutung des zweiten, mindestens ebenso gewichtigen Aspekts für Darlehenstransaktionen ins Bewusstsein gerückt zu haben.639 Er betrifft namentlich die Vertragsfreiheit als Ausfluss der Privatautonomie.640 Sie ist verfassungsrechtlich Ausfluss der allgemeinen Handlungsfreiheit, die ihrerseits Teil des Grundrechts auf freie Entfaltung der Persönlichkeit gemäß Art. 2 Abs. 1 GG ist.641 In ihrem Status negativus bietet die Vertragsfreiheit Schutz davor, dass die öffentliche Gewalt bereits rechtswirksam abgeschlossene Verträge nachträglich einer Änderung unterzieht.642 Allerdings dürfen durch oder aufgrund Gesetzes Einschränkungen vorgenommen werden, soweit dies verfassungsrechtlich geboten, im Interesse der Allgemeinheit oder zur Verwirklichung von Rechten Dritter erforderlich ist und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt bleibt.643 Für partielle Gesamtrechtsnachfolgen aufgrund von Abspaltungen und Ausgliederungen von Darlehensportfolios ergibt sich daraus im Grundsatz Folgendes: Der zustimmungsfreie Übergang der Vertragsverhältnisse auf den übernehmenden Rechtsträger beschneidet die Möglichkeit, sich seinen Vertragspartner selbst auswählen zu können. Dafür sieht das Umwandlungsgesetz keine Kompensationen oder alternative Schutzinstrumente vor. Das Vertrauen auf den Bestand der Organisationseinheit bzw. des Unternehmens bewertet der Gesetzgeber schlechthin niedriger als die Interessen an notwendigen und nützlichen Umstrukturierungen von Unternehmen.644 Dass dieses Ergebnis nicht zwingend ist, zeigt sich im Rechtsvergleich mit Österreich. Dort wird mit der Privatautonomie der vom Unternehmensübergang betroffenen Dritten zurückhaltender umgegangen, indem ihnen mit § 38 Abs. 2 und 3 Österreichisches UGB ein gesetzliches Widerrufsrecht zugebilligt wird.645 Zu der Rechtslage in Deutschland muss hinge639 Bitter, ZHR 173 (2009), 379, 422 f.; s. auch schon Knops/Knobloch/Dübel/Reifner, Erwerb von Kreditforderungen durch Private Equity-Unternehmen, S. 91 f., 97 ff. 640 Zum Eingriff in die Vertragsfreiheit durch Umwandlungen allg. T. Marx, S. 87 ff. m.w. N. 641 Vgl. BVerfGE 8, 274, 328; BVerfGE 95, 267; Di Fabio, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 2 Rn. 101 f. 642 BVerfGE 89, 48, 61. 643 Vgl. BVerfGE 7, 198, 206; 95, 267; 103, 197. 644 s. dazu bereits oben Kapitel 5 D. I. 3. b). 645 Befürwortend Krejci, in: FS Canaris, Bd. II, S. 735, 753 f., der stets für eine solche Lösung plädiert hat (vgl. Krejci, Betriebsübergang und Arbeitsvertrag, S. 212, 220 f.) und in ÖJZ 1975, 449, 459 sogar die Zustimmung des Vertragspartners verlangte; den Ansatz Krejcis, ein Vertragsübergang vollziehe sich bei einem Unternehmensübergang schon nach allgemeinem Rechtsgedanken und somit ohne explizite gesetzliche Anordnung oder vertragliche Vereinbarung aufnehmend Hüffer, in: Großkommentar HGB, Bd. I, § 25 Rn. 95; zum Schutz der Vertragsfreiheit im Rahmen von § 25 HGB ähnlich wie Krejci die Forderung nach einem Widerspruchsrecht von Lieb, vgl.
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6. Kap.: Abtretungsverbote und Übertragungsverbote
gen verwundern, dass an dem hiesigen Vorrang der Umwandlungsfreiheit bei Fusionen bislang niemand Anstoß genommen hat.646 Die Diskussion machte sich stattdessen allein an der informationellen Selbstbestimmung fest.647 Die vertragliche Selbstbestimmung steht letzterer aber in nichts nach, ist sie doch mit ihr gemeinsam Funktionsbedingung für die vom BVerfG anerkannte „Freiheit im wirtschaftlichen Verkehr“.648 3. Auswirkungen eines fehlenden Umwandlungsprivilegs bei Darlehenstransaktionen auf die bisherige Bewertung Im Hinblick auf Darlehenstransaktionen stellen Bitter und Knops die Wertung des deutschen Gesetzgebers zugunsten der Umwandlungsfreiheit in Frage. Damit wenden sie sich gegen die obergerichtliche Rechtsprechung649 sowie weite Teile der Literatur,650 die eine Einschränkung der umwandlungsrechtlichen Prinzipien für reine Darlehenstransaktionen nicht einmal ansatzweise in Erwägung ziehen. Bitter gelangt zu folgendem Ergebnis: Würde keine Unternehmenskontinuität gewährleistet, sei auch kein Grund dafür ersichtlich, die Zustimmungsfreiheit der Gesamtrechtsnachfolge als Ausfluss des vom Umwandlungsgesetz vermittelten Umwandlungsprivilegs durchgreifen zu lassen.651 Jedenfalls bei langfristigen Kreditverträgen bestehe wegen des besonderen gegenseitigen Vertrauens ein Schutzbedürfnis.652 Wenn ein einzelner Vertrag oder eine Vielzahl von Verträgen ohne zugehörige Unternehmenseinheit vom bisherigen Unternehmensträger durch Spaltung abgetrennt werde und keine wirksame Zustimmung des betreffenden Vertragspartners vorliege, werde die „negative Abschlussfreiheit“ verletzt.653 An dieser Stelle wird auch der von Knops propagierte Schutz der Personalität des Schuldverhältnisses relevant.654 Er greift zwar nicht aus dem Blickwinkel des MüKo-HGB/Lieb, 2. Auflage 2005, § 25 Rn. 85, 89c; derartige Einschränkungen der freien Übertragungen demgegenüber abl. in der Neuauflage MüKo-HGB/Thiessen, § 25 Rn. 87 (Unsicherheit für alle Beteiligten während der schwebenden Widerspruchsfrist, die zu der Wirkung des Zustimmungsvorbehalts hinzutrete); abl. J. W. Flume, S. 182. 646 Höche, in: FS Nobbe, S. 317, 320. 647 Allein Simitis/Simitis, BDSG § 28 Rn. 90, sieht das Problem auch in der Aufoktroyierung eines Vertragspartners. 648 BVerfGE 8, 274, 328. 649 OLG Dresden, WM 2008, 1273 f. 650 Rögner, NJW 2004, 3230, 3232 f.; Bruchner, BKR 2004, 394, 397; Bütter/Tonner, ZBB 2005, 165, 172; Bredow/Vogel, BKR 2008, 271, 272 f.; Bruchner/Krepold, in: Bankrechts-Handbuch, § 39 Rn. 72. 651 Bitter, ZHR 173 (2009), 379, 422 f. 652 Bitter, ZHR 173 (2009), 379, 422 f. 653 Bitter, ZHR 173 (2009), 379, 426 f. 654 Knops/Knobloch/Dübel/Reifner, Erwerb von Kreditforderungen durch Private Equity-Unternehmen, S. 99 ff.
E. Abspaltung und Ausgliederung
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§ 399 Hs. 1 BGB durch, etwa weil die Forderungen der Bank – wie ebenfalls von Knops vertreten655 – als „Bankforderungen“ untrennbar an die Person des Gläubigers gebunden wären. Vielmehr bildet die einem jeden Schuldverhältnis innewohnende Relativität den sachgerechten Ansatz. Die Relativität des Schuldverhältnisses ist die zivilrechtliche Konsequenz der Vertragsfreiheit. Sie verlangt im Grundsatz nach einer Abschirmung der Vertragsverhältnisse gegen Eingriffe privater Dritter.656 In dieser Weise äußert sich auch Knops, ohne sich freilich auf Umgehungstatbestände zu beschränken. Die Folge einer hiernach erforderlichen, aber fehlenden Zustimmung der einzelnen Kreditnehmer wird von den Autoren uneinheitlich beantwortet. Teichmann hält die Unübertragbarkeit nach einer Abwägung der widerstreitenden Belange zwar nicht im Bereich der Kreditverhältnisse, aber doch in anderen Bereichen aufgrund eines besonderen Vertrauens ausnahmsweise für möglich.657 Bitter zieht einen dinglichen Ausschluss des Vertragsübergangs in Betracht,658 befürwortet im Ergebnis aber allein schuldrechtliche Folgen659 und stützt sich maßgeblich auf die Gesetzesbegründung zur Abschaffung des § 132 UmwG a. F.660 Knops661 kann sich ebenfalls nicht zu der Konsequenz einer Unübertragbarkeit durchringen und belässt es im Anschluss an Simitis662 bei der Forderung nach einem Widerspruchsrecht entsprechend § 613a Abs. 6 BGB.663 Mayer befürwortet – neben einem Ausschluss der Übertragung in eklatanten Fällen wegen Verstoßes gegen Treu und Glauben – ein Kündigungsrecht.664 4. Stellungnahme und Ergebnis Unter der rechtlichen Annahme, dass in der Verwendung des Umwandlungsinstrumentariums für Darlehensveräußerungen ein Gestaltungsmissbrauch zu sehen wäre, müssten konsequenterweise die Rechtsfolgen eines Scheingeschäfts durchgreifen: Der Vertragsübergang im Wege der Gesamtrechtsnachfolge wäre 655 Knops, WM 2008, 2185, 2186; ebenso Schwintowski/Schantz, NJW 2008, 472, 473; zu dem Ansatz, dass die Geheimhaltungspflicht Bestandteil der Forderung sei, s. o. Kapitel 6 C. III. 656 Vgl. ausf. Krasser, S. 299; Henke, S. 11; Hassemer, S. 14; MüKo-BGB/Kramer, Einl. vor §§ 241 ff. Rn. 15. 657 Teichmann, in: Lutter/Winter, UmwG § 131 Rn. 43, 44. 658 Bitter, ZHR 173 (2009), 379, 423. 659 Bitter, ZHR 173 (2009), 379, 423 ff. und 426 f. 660 BT-Drs. 16/2919, zu Nummer 21 (§ 132), S. 19. 661 Knops, WM 2008, 2185, 2191; Knops/Knobloch/Dübel/Reifner, Erwerb von Kreditforderungen durch Private Equity-Unternehmen, S. 99 ff. 662 Simitis, ZHR 165 (2001), 453, 461. 663 Darauf wird noch ausführlich einzugehen sein, s. u. Kapitel 8 D. I. und II. 664 Mayer, in: Widmann/Mayer, UmwG, § 132 Rn. 9.
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6. Kap.: Abtretungsverbote und Übertragungsverbote
eine Simulation, die nach § 117 Abs. 1 BGB nichtig wäre. Das dissimulierte Geschäft wäre nach § 117 Abs. 2 BGB eine Vertragsübernahme im Wege der Einzelrechtsnachfolge. Sie erfordert eine Zustimmung des Darlehensnehmers.665 Mithin wäre die Vertragsübernahme ohne Zustimmung des Darlehensnehmers nach allgemeinen Regeln unwirksam mit der Folge, dass der Vertrag bei dem übertragenden Rechtsträger verbliebe. Ein solches Ergebnis ist im vorliegenden Kontext aber sachwidrig. Für eine Wirksamkeit streiten zunächst erneut der Wortlaut des § 123 Abs. 2 und 3 UmwG, der keine Beschränkung der Abspaltung und Ausgliederung auf Betriebe oder Betriebsteile bzw. Teilbetriebe vorsieht, sowie die überwiegenden Belange des Verkehrsschutzes und der Allgemeinheit. Überdies ist die spezielle Wertung des Risikobegrenzungsgesetzes einzubeziehen. Die Hinweispflicht nach Art. 247 § 9 Abs. 1 S. 2 EGBGB zielt primär darauf ab, die vertragliche Selbstbestimmung sicherzustellen.666 In der zweiten Alternative („das Vertragsverhältnis auf einen Dritten übertragen darf“) sind genau die Darlehenstransaktionen angesprochen, die mithilfe des UmwG durchgeführt werden und denen in der Diktion von Bitter ein Umwandlungsprivileg abzusprechen ist. Zwar zieht der Gesetzgeber die Möglichkeit einer Zustimmungspflicht in Erwägung, wenn er die Hinweispflicht in Art. 247 § 9 Abs. 1 S. 2 EGBGB insofern nicht ausreichen lässt, als „der Darlehensnehmer der Übertragung zustimmen muss.“ Das hat er jedoch nicht zum Regelfall erhoben. Andernfalls könnte die Hinweispflicht faktisch ins Leere laufen. Vielmehr ist sie gerade das Zugeständnis an die negative Abschlussfreiheit. Sie tritt an die Stelle einer Zustimmung und macht diese entbehrlich. Dafür wurde die Erkenntnis leitend, dass das Umwandlungsrecht den Darlehensnehmer nur unzureichend schützt, die Darlehenstransaktionen jedoch zugleich nicht in demselben Maße die umwandlungsrechtlichen Erleichterungen genießen können wie reguläre Unternehmensumstrukturierungen. Somit bildet die Hinweispflicht den gesetzlichen Kompromiss zwischen einem Zustimmungserfordernis zur Wahrung der vertraglichen Selbstbestimmung und einer Zustimmungsfreiheit im Interesse eines reibungslosen Umwandlungsvollzugs. Hiernach verstößt die spaltungsrechtliche Übertragung von Darlehen nicht schon dann gegen die Vertragsfreiheit, wenn der Darlehensnehmer diesem Vorgang nicht wirksam zugestimmt hat,667 sondern erst dann, wenn einerseits die Hinweispflicht missachtet oder andererseits ein ausdrücklich vereinbartes Übertragungsverbot verletzt wurde. Doch auch dies hat keine dinglichen, sondern nur schuldrechtliche Auswirkungen, so dass § 309 Nr. 10 BGB in diesem Zusammenhang praktisch nicht anwendbar ist. Den Vertragsübergang können vertragliche Vereinbarungen nur verhindern, wenn sie mit der erforderlichen Konkretisierung 665 666 667
s. o. Kapitel 2 D. II. Hingegen verhält sich dies zu den Geheimhaltungspflichten neutral. So aber Bitter, ZHR 173 (2009), 379, 427.
F. Ökonomische Erwägungen
491
auf das entsprechende Ergebnis hin auflösend bedingt sind.668 Mit dieser seltenen Gestaltung669 ist der enge Anwendungsbereich der Ausnahmeregelung in Art. 247 § 9 Abs. 1 S. 2 EGBGB a. E. in Umwandlungsfällen benannt.
F. Ökonomische Erwägungen Ist nach juristischen Maßstäben geklärt, dass es gerecht wäre, einerseits die Veräußerung von Darlehen auf Kreditinstitute zu beschränken, andererseits aber auf ein generelles Abtretungsverbot zum Schutz der Darlehensnehmer zu verzichten, ist nachfolgend aus ökonomischer Perspektive zu untersuchen, ob diese Lösung auch effizient wäre.
I. Der ökonomisch „richtige“ Umgang mit externen Effekten Im Zentrum steht der Umgang mit sog. externen Effekten des Handelns einzelner Wirtschaftssubjekte. Arthur Pigou bestimmte diese wie folgt: „[O]ne person A, in the course of rendering some service, for which payment is made, to a second person B, incidentally also renders services or disservices to other persons [. . .], of such a sort that payment cannot be exacted from the benefited parties or compensation enforced on behalf of the injured parties.“ 670
Die Systemschädigung sowie die Verletzung des Bankgeheimnisses sind demnach externe Effekte, die die zwischen Banken und Investoren vorgenommenen Darlehensveräußerungen auf die Interessen der Allgemeinheit bzw. der Schuldner ausübten. In Frage steht, ob die Schädigung der Betroffenen einerseits unterbunden werden muss oder ob sie andererseits im Sinne eines „dulde und liquidiere“ zugelassen und gegebenenfalls mit Zahlung kompensiert werden soll. Nach der traditionellen, maßgeblich von Pigou geprägten Doktrin sind negative externe Effekte der wirtschaftlichen Handlung eines Akteurs hoheitlich mit Schadensersatz, Besteuerung und Verbot zu unterbinden.671 Für die Wohlfahrtsökonomie ist hingegen die Allokationseffizienz leitend.672 Die Güter sollen der Verwendung zugeführt werden, in der sie den höchsten Nutzen erzielen. Dazu finden sich zwei Spielarten: Zur Erreichung des nach dem Ökonomen und Soziologen Vilfredo Pareto benannten Pareto-Optimums werden alle Maßnahmen gut geheißen, die irgendjemandem nützen und niemandem schaden.673 Dies ist von dem 668
J. W. Flume, S. 180 m.w. N. L. Fuhrmann/Simon, AG 2000, 49, 57. 670 Pigou, The Economics of Welfare, S. 183. 671 Pigou, The Economics of Welfare, S. 183 ff. 672 Vgl. van Aaken, in: Beiträge zur Ökonomischen Analyse im Öffentlichen Recht, German Working Papers 2002, Paper 1, S. 6, 13 ff. 673 Pareto, Manuale di economia politica, IV, § 33; ders., Manual d’economie politique, IV, § 33. 669
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6. Kap.: Abtretungsverbote und Übertragungsverbote
Kaldor-Hicks-Kriterium674 abzugrenzen, nach dem es keine alternative Verteilung von Ressourcen gibt, die in der Summe einen höheren Nutzen aller Beteiligten zur Folge hat, wobei einzelne Personen auch schlechter gestellt werden können. Bei schadenorientierter Betrachtung gerät die ökonomische Kosten-NutzenRechnung von Richter Billings Learned Hand in den Blickpunkt, die er schon im Jahre 1938 zur Lösung von Haftungsfällen angewendet hat: „[L]iability depends upon an equation in which the gravity of the harm, if it comes, multiplied into the chance of its occurrence, must be weighed against the expense, inconvenience and loss of providing against it.“ 675
Später formulierte er diese Aussage in einem Urteil (!) in algebraischer Form,676 die unter der Bezeichnung „Learned-Hand-Formel“ bekannt wurde.677 In Fortentwicklung dieser Thesen und in Abgrenzung zu Pigou äußerte sich der Wirtschaftswissenschaftler Ronald Harry Coase später wie folgt: „We are dealing with a problem of a reciprocal nature. To avoid the harm to B would inflict harm on A. The real question that has to be decided is: should A be allowed to harm B or should B be allowed to harm A? The problem is to avoid the more serious harm.“ 678
Diese als „Coase-Theorem“ 679 bezeichnete These lässt die von Pigou befürworteten Staatseingriffe zur Internalisierung externer Effekte überflüssig erscheinen, weil eine pareto-effiziente Allokation im Interesse beider Parteien liege und sich deshalb bei Abwesenheit von Transaktionskosten im Wege des Verhandlungsausgleichs vertraglich durchsetzen müsse. Darauf aufbauend wird diskutiert, ob den Betroffenen sogar eine Zustimmungspflicht trifft, wenn etwaige Nachteile kompensiert werden.680 Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass der Umgang von Coase mit individuellen Rechten aus dem Blickwinkel der Grundrechtsdogmatik nicht unbedenklich ist. Anders als Pigou misst er ihnen keinen im Zweifel hoheitlich zu schützenden Eigenwert zu, sondern trägt sie zu Markte, wo sie zur Disposition einer Kosten-Nutzen-Analyse gestellt werden, anhand derer allein ihr Wohl674 Kaldor, The Economic Journal, Vol. 49 (1939), S. 549 ff.; Hicks, The Economic Journal, Vol. 49 (1939), S. 696 ff. 675 US Court of Appeals, 2nd Circuit, Gunnarson v. Robert Jacob, Inc., 94 F.2d 170 (1938). 676 US Court of Appeals, 2nd Circuit, United States v. Carroll Towing Co., 159 F.2d 169 (1947). 677 Schäfer/Ott, Ökonomische Analyse des Rechts, S. 158 ff. 678 Coase, Journal of Law and Economics. Vol. 3 (1960), 1. 679 So die Bezeichnung von Stigler, The Theory of Price, S. 113. 680 Blaurock, ZHR 142 (1978), 325, 334 f.; Ott, in: Essays in Law and Economics 2, S. 29, 33.
F. Ökonomische Erwägungen
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fahrtsbeitrag gemessen wird.681 Der nachträgliche und von Coase propagierte Schadensausgleich ist weitaus weniger effektiv als ein absolutes Recht, die Unterlassung einer rechtswidrigen Handlung zu verlangen. Die Verhandlungspositionen verhalten sich nämlich genau umgekehrt zueinander: Der Unterlassungsanspruch ermöglicht es dem Betroffenen, den möglichen Schädiger unter Druck zu setzen und die Verletzungshandlung nur zu genehmigen, wenn die Entschädigungssumme höher ist als die zu erwartende Einbuße. Dagegen führt die Verletzung zur Umkehrung der Rollenverteilung, weil nunmehr der Geschädigte die Initiative ergreifen muss, um seinen Schaden zu liquidieren. In emotionaler Hinsicht bewertet der Untersagungsberechtigte die fehlende Schädigung meist höher als den tatsächlich eintretenden Schaden. Andernfalls könnte es dem Betroffenen gleich sein, ob es zu einer Verletzung kommt oder nicht. Diese These wurde empirisch bestätigt.682
II. Systemschutz Die Eingehung von Risiken ist das Kerngeschäft der Banken.683 Der Erbringung banktypischer Intermediationsleistungen in Gestalt des Zinsdifferenzgeschäfts ist ein hoher Verschuldungsgrad immanent. Die Absicherung der Risiken erfordert indes neben anderen Instrumenten der Risikoprävention vor allem die Vorhaltung eines Minimums an Eigenmitteln bzw. eine Höchstverschuldungsquote (Leverage Ratio).684 Der dagegen von Bankenseite vorgebrachte Einwand, Eigenkapital sei „teuer“, entpuppt sich als Irrtum.685 Vielmehr sind die kalkulatorischen Kosten des Eigenkapitals dem im Vergleich zum Fremdkapital höheren Risiko gerade angemessen; Eigenkapital ist seinen „Preis wert“. Wenn der Verschuldungsgrad erhöht wird, werden die vermeintlich eingesparten Finanzierungskosten in einem friktionslosen Idealmarkt durch höhere Risikoprämien (im Sinne von Opportunitätskosten) auf das verbleibende Eigenkapital kompensiert. Im Übrigen steigen – freilich in geringerem Maße – auch die Kosten des Fremdkapitals, weil es mit abnehmender Haftungsmasse ebenfalls einem gesteigerten Risiko ausgesetzt ist.
681 Vgl. van Aaken, in: Beiträge zur Ökonomischen Analyse im Öffentlichen Recht, German Working Papers 2002, Paper 1, S. 6, 13. 682 Vgl. Kahneman/Knetsch/Thaler, Journal of Political Economy 98 (1990), S. 1325. 683 So ausdr. Hildebrand, Schweizerische Nationalbank, Halbjahres-Mediengespräch in Genf am 19.06.2008. 684 Die weiterentwickelte Basler Übereinkunft aus dem Jahre 2010 sieht eine solche Höchstverschuldungsquote nach einer Beobachtungsperiode vor, Basler Ausschuss für Bankenaufsicht, Basel III, Rn. 151 ff. 685 Das bezieht sich freilich auf die kalkulatorischen Eigenkapitalkosten, mithin der Renditeerwartung der Eigenkapitalinvestoren, Admati/DeMarzo/M. Hellwig/Pfleiderer, Working Paper No. 86.
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6. Kap.: Abtretungsverbote und Übertragungsverbote
Den theoretischen Überbau dieser Aussagen bilden die Irrelevanztheoreme von Modigliani und Miller; danach ist die Finanzierungsform für die Gesamtkapitalrendite und den Unternehmenswert, das Rendite-Risiko-Verhältnis des Eigenkapitals sowie schließlich die Rendite einzelner Investitionen unter Idealbedingungen nicht von Bedeutung.686 In der Praxis allerdings steigt wegen der steuerlichen Abzugsfähigkeit des Zinsaufwands und der Unvollkommenheit der Märkte, in denen die Risiken der Fremdkapitalgeber nicht ausreichend abgegolten werden, sowie schließlich der Unentgeltlichkeit impliziter oder expliziter Staatsgarantien mit zunehmendem Verschuldungsgrad die Rendite auf das Eigenkapital stärker an als das Risiko, dem es ausgesetzt ist. Aufgrund dessen haben sich Admati, DeMarzo, M. Hellwig und Pfleiderer dazu veranlasst gesehen, die Irrelevanztheoreme in einen makroökonomischen Kontext zu stellen. Dies leitete zu der Erkenntnis, dass der Verschuldungsgrad einer Unternehmung gesamtwirtschaftlich irrelevant ist.687 Die privaten Steuerersparnisse und Refinanzierungsvorteile aufgrund einer hohen Verschuldungsquote werden durch entsprechend höhere soziale Kosten der unternehmerischen Risiken kompensiert. Ein Abtretungs- und Übertragungsverbot, das sich auf Transaktionen von Kreditinstituten an Nichtinstitute beschränkt, soll verhindern, dass die regulatorischen Mindestanforderungen an die Absicherung der banktypischen Kreditrisiken durch eine Verschiebung in den nicht regulierten Bereich unterlaufen werden, während diese Risiken für das Finanzsystem fortbestehen. Die Krise hat geoffenbart, dass die Systemschädigungen externe Effekte massenhafter Darlehensveräußerungen sind. Da hiervon sehr viele Personen betroffen sind, ist es kaum möglich, deren Schäden in ihrer Gesamtheit zu liquidieren. Allein deshalb rechtfertigt sich aus ökonomischen Gründen eine Unterbindung der Gefahren. Der Staat muss in seiner Rolle als Lender of last Resort nicht nur den Zusammenbruch einzelner systemischer Finanzinstitute, sondern auch des gesamten Finanzsystems verhindern. Nach den Thesen von Admati, DeMarzo, M. Hellwig und Pfleiderer sind diese Kosten zumindest gleich hoch wie der Effizienzgewinn aus der Aufsichtsarbitrage. Das gilt selbst dann, wenn sich der Staat nachträglich schadlos zu halten versucht, wie dies etwa die Finanzminister der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer (G20) im Wege einer Beteiligung des Finanzsektors an den Kosten der Finanzkrise diskutierten.688 Mithin hat der Systemschutz
686 Modigliani/M. Miller, The American Economic Review 1958 (Vol. 48), 261 ff.; im Übrigen hat schon K. Marx nicht eingesehen, worin der Unterschied in der Finanzierungsstruktur liegen soll, wenn er schreibt: „als Kapital, ob geborgtes oder eigenes, wirkt das Kapital nur, soweit es Profit erzielt.“, K. Marx, Das Kapital Bd. III, S. 405 f.; indem er Mitteln im Falle ihrer fehlenden Verwendung die Eigenschaft von Kapital abspricht, verneint er zugleich die Opportunitätskosten von Eigenkapital. 687 Admati/DeMarzo/M. Hellwig/Pfleiderer, Working Paper No. 86. 688 Beschluss des Bundesrates vom 07.05.2010 zum Gesetz zur Übernahme von Gewährleistungen zum Erhalt der für die Finanzstabilität in der Währungsunion erforder-
F. Ökonomische Erwägungen
495
auch aus ökonomischen Gründen Vorrang vor individuellen Veräußerungsinteressen.
III. Individualschutz Weniger eindeutig erscheint hingegen das Ergebnis einer Abwägung, in die die Kosten eines Abtretungsverbots für Banken mit den wahrscheinlichkeitsgewichteten Kosten für die typischerweise mit einer Abtretung einhergehende Verletzung des Bankgeheimnisses eingestellt werden. Dabei würde die Einschränkung der Verkehrsfähigkeit von Darlehensforderungen dazu führen, dass der Bank der Weg versperrt ist, sich im Einzelfall bzw. im Bedarfsfall Liquidität zu verschaffen, sich von Risiken zu trennen, Kosten zu senken u. a. Außerdem könnte nicht mehr derjenige die Forderungen in Händen halten, der sie am effizientesten zu nutzen und zu verwerten vermag. Freilich ist es nicht gewährleistet, dass eine Darlehensveräußerung stets zu einer Effizienzsteigerung führt. Die Verletzung des Bankgeheimnisses und der übrigen Geheimhaltungspflichten ist hingegen zunächst allein immaterieller Art. Die Kosten sind kaum zu beziffern. Soweit es tatsächlich wohlfahrtsfördernd ist, wenn die Darlehensforderungen von jemandem anderen gehalten werden als der darlehensgebenden Bank, müsste nach Coase folglich die Entscheidung zugunsten der Verkehrsfähigkeit der Darlehensforderungen und gegen die Einzelinteressen des Darlehensnehmers ausfallen. Das bedeutet ein Recht der Bank auf Schädigung des Darlehensnehmers. Im Anschluss ist allerdings fraglich, wie sich der von Coase beschriebene Verhandlungsausgleich gestaltet. Der Darlehensnehmer wird eine Entschädigung für die Beeinträchtigung seines Geheimhaltungsrechts verlangen. Die obere Grenze bilden die Effizienzgewinne, die durch eine Forderungsabtretung mitsamt der Datenweitergabe erzielt werden. Jedoch wird der Darlehensnehmer diesen Betrag nicht gerichtlich durchsetzen können, weil der immaterielle Schaden aufgrund der Verletzung des Bankgeheimnisses kaum in Geld zu bewerten ist und dem Betroffenen von der herrschenden Ansicht in Rspr. und Wissenschaft bislang ein materieller Schaden abgesprochen wird.689 Das schmälert gegenwärtig noch seine Verhandlungsposition für eine einvernehmliche Regelung. Die Bank verspürt kaum Druck für eine derartige Einigung, wenn sie das Bankgeheimnis rechtsfolgen- und damit auch kostenlos verletzen kann. Deshalb droht ein privatautonomer Ausgleich zu versagen. Momentan kann mit der Veräußerbarkeit von Bankdarlehen allein das Kaldor-Hicks-Kriterium erfüllt werden; es wird jedoch kein Pareto-Optimum erreicht.
lichen Zahlungsfähigkeit der Hellenischen Republik (Währungsunion-Finanzstabilitätsgesetz – WFStG), BR-Drs. 274/10, S. 4. 689 s. u. Kapitel 7 B. II. 1.
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6. Kap.: Abtretungsverbote und Übertragungsverbote
IV. Folgerungen Einem zumindest auf die Darlehensübertragung auf Nichtbanken begrenzten Veräußerungsverbot aus Gründen des Systemschutzes ist aus ökonomischen Gründen Vorrang vor individuellen Veräußerungsinteressen zuzusprechen. Hingegen ist ein generelles Abtretungsverbot zum Schutz des Bankgeheimnisses als wirtschaftshemmend abzulehnen. Selbst die Schwächen eines vertraglichen Ausgleichs mit den dadurch benachteiligten Schuldnern und Geheimhaltungsberechtigten vermögen dies nicht zu rechtfertigen. Gleichwohl ist dem Eindruck entgegenzutreten, das Bankgeheimnis sei ineffizient, weil es ökonomisch sinnvolle und somit wohlfahrtssteigernde Transaktionen behindere. Dazu ist einerseits darauf zu verweisen, dass reziprok gewährtes Vertrauen eine effiziente Wirtschaft ermöglicht. Andererseits kann das Bankgeheimnis nach liberalem Verständnis schon deshalb nicht ineffizient sein, weil es die Beteiligten andernfalls nicht freiwillig in den AGB-Banken und AGB-Sparkassen vereinbaren würden. Das Bankgeheimnis führt zu eigenständigen Wohlfahrtsgewinnen. Gleiches gilt für die nur scheinbar ineffiziente staatliche Regulierung des Bankwesens. Die Einflussnahme des Gesetzgebers in Gestalt der Pflicht aus Art. 247 § 9 Abs. 1 S. 2 EGBGB, nach dem die Bank auf die Abtretbarkeit der Kreditforderungen oder die Übertragbarkeit des Kreditvertrags hinweisen muss, ist zu begrüßen. Er erreicht nicht die Intensität der von Pigou geforderten Staatseingriffe, sondern hält lediglich zu der von Coase geforderten Verhandlungslösung an, die vorliegend die Veräußerbarkeit der Darlehen und damit zugleich die Entbindung von der Geheimhaltung oder eben den Verzicht auf beides zum Inhalt hat. Damit schränkt die Hinweispflicht den Wettbewerb nicht ein, sondern fördert ihn. Dessen ungeachtet muss der Schadensersatzanspruch bei einer Verletzung des Bankgeheimnisses derart effektiviert werden, dass die Bank einen Anreiz zu einer normkonformen Lösung bzw. zu einer Verhandlung über die Einwilligung spürt. Darauf und auf die Ausgestaltung der vertraglichen Gegenleistungen wird einzugehen sein.
„Qui tacet, consentire videtur.“ „Wer schweigt, scheint zuzustimmen.“ Papst Bonifatius VIII. (um 1235–1303)1
7. Kapitel
Rechte des Darlehensnehmers aus der Verletzung der Geheimhaltungspflichten Im Folgenden steht zu erörtern, wie sich der nach den bisherigen Ergebnissen noch unbefriedigende Schutz des Bankgeheimnisses, des Amtsgeheimnisses und des Rechts auf Wahrung des Datenschutzes mittels Unterlassungs- und Schadensersatzansprüchen sowie eines Sonderkündigungsrechts bewirken lässt. Die Rechte gründen auf etwaigen rechtswidrigen und schuldhaften Verletzungen des Bankgeheimnisses durch die Bank bzw. den Darlehenserwerber.
A. Unterlassungsanspruch Das Bankgeheimnis begründet unmittelbar einen Unterlassungsanspruch gegen die Bank, Informationen an Dritte weiterzugeben.2 Gleiches ergibt sich aus der abwehrrechtlichen Funktion des Amtsgeheimnisses und des Datenschutzes. Die Kritik von Nobbe und Bachner, dass die Durchsetzung dieser Ansprüche meist zu spät komme,3 hat weiterhin Bestand. Der Darlehensnehmer muss auch gemäß § 496 Abs. 2 S. 1 BGB erst nach der Forderungsabtretung bzw. nach dem Wechsel der Person des Darlehensgebers unverzüglich über diesen Umstand informiert werden. Dagegen wählt § 33 Abs. 1 BDSG mit der erstmaligen Speicherung der übernommenen Daten durch die aufnehmende Stelle den richtigen Ansatz,4 greift aber ebenfalls zu spät. Vielmehr müsste der Darlehensnehmer gemäß des hier entwickelten Auskunftskonzepts über die Datenweitergabe in Kenntnis gesetzt werden, bevor diese stattfindet.5 Nur auf diese Weise würde dem Unterlassungsanspruch praktischer Wert verliehen. Daraufhin kann die informationelle Abwehrposition im einstweiligen Verfügungsverfahren nach §§ 932, 935 ff. ZPO gesichert und mit einer vorbeugenden Unterlassungsklage durchgesetzt werden.6 1
Vgl. dazu Schwartze, Qui tacet, consentire videtur – eine Rechtsregel im Kommentar. Schwintowski, Bankrecht, § 3 Rn. 56; Casper, in: Handbuch zum deutschen und europäischen Bankrecht, § 3 Rn. 13. 3 Nobbe, ZIP 2008, 97, 104 f., insbes. Fn. 47; Bachner, DNotZ 2008, 644, 646. 4 Dazu Teichmann/Kießling, ZGR 2001, 33, 70 f. 5 s. o. Kapitel 3 C. II. 3. 6 Beckhusen, in: Handbuch zum deutschen und europäischen Bankrecht, § 6 Rn. 63; Sichtermann/Feuerborn/Kirchherr/Terdenge, Bankgeheimnis und Bankauskunft, S. 205 m.w. N. 2
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7. Kap.: Rechte wegen Geheimnisverletzung
B. Schadensersatzanspruch I. Rechtsgrundlagen der Ersatzpflicht 1. Das Bankgeheimnis Die Grundlage für den Schadensersatzanspruch bei Verletzung des Bankgeheimnisses im Zusammenhang mit einer Darlehensveräußerung findet sich in § 280 Abs. 1 bzw. in § 311 Abs. 2 bzw. 3, jeweils i.V. m. § 241 Abs. 2 BGB.7 Das Verschulden der Organe wird der Bank nach § 31 BGB zugerechnet (Organtheorie).8 Daneben hat die Bank das Verschulden ihrer Erfüllungsgehilfen nach § 278 BGB zu vertreten. Die Vermutung des § 280 Abs. 1 S. 2 BGB lässt sich nicht widerlegen, weil die Bankmitarbeiter die Schuldnerdaten i. d. R. sogar bewusst weitergeben. Wegen der vorsätzlichen Handlung greifen formularmäßige Haftungserleichterungen in aller Regel nicht durch (vgl. § 309 Nr. 7 lit. b BGB.). Das gilt nach § 276 Abs. 3 BGB auch hinsichtlich individueller Entlastungen der Organe. Deren Verschulden stellt nach § 31 BGB ein eigenes Verschulden der Bank dar. Eine Darlehenstransaktion wird regelmäßig unter Einschaltung des Vorstandes durchgeführt. Von der Möglichkeit, die Haftung für Vorsatz ihrer Erfüllungsgehilfen im Voraus individuell auszuschließen (§ 278 S. 2 BGB), kann die Bank dann keinen Gebrauch machen. Vielmehr hat sie die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns (§ 347 HGB) einzuhalten. 2. Das Amtsgeheimnis Die Ansprüche wegen Verletzung des Amtsgeheimnisses finden ihre Grundlage in § 823 Abs. 2 i.V. m. § 203 Abs. 2 StGB. Hervorzuheben ist hierbei, dass der Anspruchsgegner unmittelbar der Organwalter bzw. der jeweilige Mitarbeiter des Kreditinstituts ist. Die Haftung der handelnden Personen beruht auf der Strafandrohung. Nun anzunehmen, dass die Bank von jeglicher Verantwortung entlastet sei,9 wäre verfehlt. Zwar kann sie als (in aller Regel) juristische Person nicht strafrechtlich belangt werden. Sie haftet aber zivilrechtlich für das Verhalten ihrer Angestellten im Rahmen des § 831 BGB und für ihre Organe nach den §§ 31 BGB.
7 BGHZ 171, 180, 185; Nobbe, WM 2005, 1537, 1541; Casper, in: Handbuch zum deutschen und europäischen Bankrecht, § 3 Rn. 13; Wech, S. 530; in anderem Zusammenhang schon BGHZ 27, 241, 247; 166, 84 Rn. 25, 33, 46; allg. Bruchner/Krepold, in: Bankrechts-Handbuch, § 39 Rn. 300. 8 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 427 f.; krit. BGH, NJW 1994, 2349; die Haftung der Körperschaft i. S. des § 31 BGB knüpft an fremde Delikte, nämlich solche der Organwalter, an, Bruchner/Krepold, in: Bankrechts-Handbuch, § 39 Rn. 302. 9 In diese Richtung aber Wech, S. 528, wenn sie § 203 StGB für Banken die Eigenschaft als Verbotsgesetz abspricht.
B. Schadensersatzanspruch
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3. Der Datenschutz Im Hinblick auf das BDSG ist bedeutsam, dass sich der Anspruch auf Schadensersatz wegen schuldhafter Datenschutzverstöße aus § 7 BDSG10 sowohl gegen die Bank als auch gegen den Darlehens- bzw. Datenerwerber richtet. Dieser ist ebenso wie jene „verantwortliche Stelle“ i. S. v. § 3 Abs. 7 BDSG. Mithin bestehen gegen ihn eigenständige Ersatzansprüche. Auf die besonderen Auswirkungen wird an geeigneter Stelle eingegangen. Zudem ist er speziell aus § 35 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 BDSG zur Löschung der Daten verpflichtet.11 Stehen der Löschung gesetzliche Hindernisse entgegen, tritt gemäß § 35 Abs. 3 BDSG an die Stelle der Löschung eine Sperrung der Daten. Dies führt § 35 Abs. 8 BDSG zufolge grundsätzlich dazu, dass ihre Nutzung oder Übermittlung ohne Einwilligung unzulässig ist.12
II. Ersatzfähiger Schaden 1. Vorherrschende Ansicht: Kein ersatzfähiger Schaden bei Darlehensveräußerungen Den Geheimhaltungspflichten ist immanent, dass nur sporadisch Rspr. zu Schadensersatzansprüchen veröffentlicht ist.13 Es liegt offenbar im Interesse beider Parteien, einer außergerichtlichen Einigung gegenüber einem öffentlichen Prozess den Vorzug zu geben. Der Lit. sind zum Schaden und Schadensausgleich bei einer unberechtigten Geheimnisoffenbarung lediglich knappe Aussagen zu entnehmen. Sie sollen als zu falsifizierende Hypothesen der folgenden Untersuchung vorangestellt werden: Im Wesentlichen werden Schadensersatzansprüche kaum für werthaltig befunden.14 Ein Anspruch auf Naturalrestitution führe nicht weiter, weil ein einmal erfolgter Geheimnisverrat nicht heilbar sei.15 Ein Scha10 Nationale Umsetzung von Art. 23 EU-DatSchRL; die aktuelle Fassung gilt im Gegensatz zu der Vorgängernorm sowohl für öffentliche als auch für nichtöffentliche Stellen, setzt nunmehr aber ein Verschulden voraus, das allerdings nach § 7 S. 2 BDSG widerleglich vermutet wird, dazu Gola/Schomerus, BDSG, § 7 Rn. 1 f. 11 In § 35 Abs. 1 S. 1 BDSG findet sich zudem eine spezielle Erlaubnis zur Löschung. Sie ist nötig, weil auch das Löschen ein unter dem Verbot mit Erlaubnisvorhalt (§ 4 Abs. 1) stehender Verarbeitungsschritt ist (§ 3 Abs. 4) und ist sachlich dadurch gerechtfertigt, dass von dem generellen Interesse des Berechtigten an einer Löschung auszugehen ist, soweit nicht § 35 Abs. 3 Nr. 2 BDSG eingreift. 12 Vgl. dazu Teichmann/Kiessling, ZGR 2001, 33, 71. 13 Soweit ersichtlich allein BGHZ 27, 241 und BGH, WM 1973, 892. 14 Klüwer/Meister, WM 2004, 1157, 1159; Rögner, NJW 2004, 3230, 3232; Nobbe, WM 2005, 1537, 1545; ders., ZIP 2008, 97, 99; Bütter/Tonner, ZBB 2005, 165, 171; Bredow/Vogel, BKR 2008, 271, 275; Schimansky, WM 2008, 1049; Hopt, in: Baumbach/Hopt, V. (7) Bankgeschäfte, Rn. A/9; Hammen, in: Bankrechtstag 2005, S. 113, 136 f.; Vollborth, S. 225. 15 Hammen, in: Bankrechtstag 2005, S. 113, 136.
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densersatz in Geld sei bei Geheimnisoffenbarungen im Rahmen einer Darlehensveräußerung ohne praktische Bedeutung, weil es an einem nachweisbaren Vermögensschaden fehle.16 Es handle sich allein um immaterielle Schäden, für die allenfalls eine billige Entschädigung in Geld erwogen werden könne. Die Informationsweitergabe erreiche jedoch nicht die Intensität einer schwerwiegenden Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, so dass dem Geheimnisherrn auch eine Entschädigung aus diesem Gesichtspunkt nicht zukomme.17 Ungeachtet ihrer zu hinterfragenden Schlüssigkeit wird die vorgetragene Argumentation im Ergebnis nicht dem Anspruch gerecht, dass der Geheimhaltungsberechtigte in die Lage sein muss, seine Geheimhaltungsinteressen effektiv durchzusetzen. 2. Kenntnis des Zessionars von den Daten des Darlehensnehmers als unmittelbarer Schaden Zunächst ist zu untersuchen, inwieweit durch die Datenweitergabe das Integritätsinteresse betroffen ist und sich daraus ein ersatzfähiger Schaden ergibt. Dazu muss man sich die allgemeinen Prinzipien des Schadensrechts vor Augen führen: Ein Schaden ist in diesem Zusammenhang jede Beeinträchtigung eines Interesses, wobei es keine Rolle spielt, ob es sich um ein vermögenswertes oder um ein nicht vermögenswertes Interesse handelt.18 Eine Differenzierung nach den beiden Spielarten des Interesses wird erst im Rahmen des Schadensausgleichs relevant, wenn es darum geht, ob dem Geschädigten ein Anspruch auf Geldersatz zukommt (vgl. § 253 Abs. 1 BGB).19 Die Verletzung des Bankgeheimnisses durch das Kreditinstitut hat unmittelbar zur Folge, dass der Zessionar von den Daten des Darlehensnehmers Kenntnis erlangt. Damit ist das Interesse des Darlehensnehmers an der Geheimhaltung beeinträchtigt. Die Kenntnis des Zessionars von den Daten des Darlehensnehmers stellt grundsätzlich einen ausgleichspflichtigen Schaden dar.20 16 Nobbe, WM 2005, 1537, 1545; ders., ZIP 2008, 97, 99; Vollborth, S. 225; auf dieses Manko wies schon Rech, Kreditwesen 1962, 156, hin, und forderte deshalb zur Durchsetzung des Bankgeheimnisses dessen Strafbewehrung. 17 Bütter/Tonner, ZBB 2005, 165, 171 mit Hinweis auf OLG Frankfurt a. M., WM 1988, 154, 160. 18 RGZ 94, 1, 3; BGHZ 63, 295; MüKo-BGB/Oetker, § 249, Rn. 24, 309; in § 1293 Abs. 1 des österreichischen Entwurfs eines neuen Schadensrechts aus dem Jahre 2005, der nicht Gesetz geworden ist, war ausdr. geregelt: „Schaden ist jeder Nachteil, den jemand an seiner Person, seinem Vermögen oder an seinen sonstigen geschützten Interessen erleidet. Handelt es sich um einen geldwerten Nachteil, so liegt ein Vermögensschaden vor, sonst ein ideeller Schaden.“; dazu und zu der Übernahme dieses Vorschlags in Art. 2.101 des Entwurfs von Principles of European Tort Law (PETL) der European Group on Tort Law (EGTL) s. Koziol, in: Essays in Honour of Dufwa, Bd. II, S. 645, 653. 19 MüKo-BGB/Oetker, § 249, Rn. 25, § 253 Rn. 5 f. 20 So auch Knops, WM 2008, 2185, 2188; Wech, S. 534 f.; Bitter, ZHR 173 (2009), 379, 417 ff.
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3. Durchsetzbarkeit und Durchsetzung der Darlehensforderung durch Dritte als mittelbarer Schaden a) Ausgangspunkt Von der Ersatzpflicht sind auch die mittelbaren Schäden umfasst, soweit sie nur kausal adäquate Folge der Verletzungshandlung sind.21 Der BGH führte in einem älteren Urteil zu den Folgeschäden einer Verletzung des Bankgeheimnisses durch eine Bank wörtlich aus: „Der Klägerin [ist] durch die unbefugte Mitteilung vom Eingang der Überweisung ein Schaden entstanden [. . .]. Die Mitteilung versetzte den Ehemann Hi. in die Lage, den Anspruch, der seiner Ehefrau aus dem Überweisungsauftrag erwachsen sein konnte, zu pfänden und sich zur Einziehung überweisen zu lassen.“ 22
In denselben Bahnen verläuft die Schadensbestimmung im vorliegenden Kontext: Erst durch die Verletzung des Bankgeheimnisses hat der Zessionar Kenntnis von den Schuldnerdaten erlangt. Dadurch ist er in die Lage versetzt worden, die infolge der Zession ihm zustehende Forderung gegenüber dem Darlehensnehmer selbst geltend zu machen.23 Der Darlehensnehmer wird mithin in seinem Interesse beeinträchtigt, nicht von Dritten mit einem Forderungsinkasso behelligt zu werden. Die Durchsetzbarkeit und die tatsächliche Durchsetzung der Darlehensforderung durch den Datenempfänger stellen einen auszugleichenden Schaden dar,24 wobei zunächst wiederum dahinstehen kann, ob diese Nachteile wirtschaftlicher oder rein immaterieller Art sind. b) Schutzbereich des Bankgeheimnisses Das wirft sogleich die Frage auf, ob der Schutzbereich des Bankgeheimnisses auch einen derartigen Schaden umfasst. Worin besteht das Interesse eines Kunden an der Geheimhaltung? Diese Frage zieht sich wie ein roter Faden durch die weitere Untersuchung. Man könnte sich auf den Standpunkt stellen, das Bankgeheimnis diene nur dazu, den Bankkunden vor Getratsche und Kreditgefährdung, nicht hingegen vor der Geltendmachung berechtigter Forderungen zu schützen. Vielfach wird die Bedeutung des Bankgeheimnisses in dieser Weise heruntergespielt.25 Dem kann allenfalls insoweit zugestimmt werden, als sich das Bankgeheimnis auf die Durchsetzung der Forderung durch den Geheimnisverpflichteten selbst bezieht. Gegen eine weitere Einschränkung spricht indes, dass ein solcher 21
Palandt/Grüneberg, BGB Vorb. v. § 249 Rn. 15. BGHZ 27, 241, 247. 23 Vgl. Knops, WM 2008, 2185, 2188. 24 Ebenso mit Einschränkungen Wech, S. 534 f. 25 Vgl. etwa die Diskussion zu den Referaten von Stürner, Bitter und Geiger zum ZHR-Symposium am 16./17.01.2009, wiedergegeben bei Jungmann, ZHR 173 (2009), 436, 437. 22
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Inhalt weder einer vorvertraglichen noch einer gewohnheitsrechtlichen Geheimhaltungspflicht und insbesondere auch nicht dem Wortlaut von Nr. 2 Abs. 1 AGB-Banken – soweit diese Klausel Vertragsbestandteil wurde – zu entnehmen ist. Der BGH definiert den Schutzbereich des Bankgeheimnisses denn auch in der Weise, dass die Gläubiger des Geheimnisherrn das Vorhandensein von finanziellen Mitteln des Geheimnisherrn nicht erfahren dürfen und damit insbesondere auch keine Gelegenheit zum Zugriff auf diese Mittel erhalten sollen.26 Das gilt auch, wenn – wie in dem entschiedenen Fall – der Gläubiger sogar einen vollstreckbaren Titel in Form eines rechtskräftigen Urteils gegen seine Schuldnerin hat. Das Fürstliche Landgericht Liechtenstein kommt im Streit um die von der LGT gestohlenen Bankdaten zu dem Ergebnis, dass sogar die Bewährungsauflage eines Bankkunden einen ersatzfähigen Schaden darstellt.27 Der Betroffene war wegen Steuerdelikten zu einer bedingten Freiheitsstrafe von zwei Jahren und einer Bewährungsauflage von 7,5 Millionen Euro verurteilt worden. Die Verurteilung beruhte auf der Weitergabe von Daten der LGT durch einen „Datendieb“ an die deutschen Steuerbehörden. Es sei angemerkt, dass dieses Urteil insofern eine neue Linie einschlägt, als Rechtsprechung28 und Literatur29 bislang Geldstrafen und in strafbarer Weise vorenthaltene oder erlangte Gelder wegen fehlender Schutzwürdigkeit des Geheimnisherrn aus dem zu ersetzenden Schadensumfang herausgenommen haben. Dahinter steht der im Strafrecht früher zu § 257 StGB a. F. (Begünstigung) vertretene,30 mittlerweile aber überkommene31 Gedanke, dass der Strafzweck vereitelt würde, wenn ein anderer die Geldstrafe für den Verurteilten bezahlt. Der Verurteilte spüre in diesem Fall kein Strafübel. Damit wird jedoch keine Aussage darüber getroffen, ob eine normative Korrektur auch dann angebracht ist, wenn sich der Schuldner redlich verhalten hat. In den hier vorliegenden Fällen ist den Darlehensnehmern allenfalls ein Zahlungsverzug, i. d. R. aber kein strafbares Handeln vorzuwerfen. 26 BGHZ 27, 241, 246: „[. . .] die Gläubiger der Überweisungsempfängerin sollten den Eingang des Betrages bei der Beklagten nicht erfahren und keine Gelegenheit zur Pfändung der für den Betrieb der Empfängerin bestimmten Mittel erhalten. [. . .] Die Beklagte verletzte [. . .] schuldhaft ihre Pflicht zur Verschwiegenheit, indem ihr Angestellter K Dr. Ha. von der Tatsache des Eingangs einer Überweisung für Frau H. Kenntnis gab.“ 27 Fürstliches Landgericht Liechtenstein, Urteil vom 07.01.2010 (unveröffentlicht). 28 Vgl. OLG Köln, BB 1992, 2174, 2175; s. auch BGE 115 II 72, 73 ff. (Erwägung 3). 29 Vgl. von Caemmerer, S. 16. 30 RGSt 30, 232; eine nachträgliche Erstattung der Geldstrafe an den Verurteilten, nachdem dieser die Strafe bezahlt hat, hielt allerdings schon das RG für nicht strafbar, RGZ 169, 267 ff. 31 BGHSt 37, 222; auch heute noch differenzierend Stree/Hecker, in: Schönke/Schröder, StGB, § 258 Rn. 29.
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Auch die viel diskutierten Fragen, ob das Bankgeheimnis vor einem Gläubigerwechsel32 oder vor einer Pfändung beim geheimhaltungspflichtigen Gläubiger selbst33 schützen soll, werden hier nicht berührt. Es wird allein die Aussage getroffen, dass das Bankgeheimnis hier auch dazu bestimmt ist, den Geheimnisherrn vor der Durchsetzung rechtlich bestehender Forderungen durch Dritte zu schützen. Spiegelbildlich ist dies gerade der Zweck des Informationsflusses bei Darlehensveräußerungen: Die Datenempfänger sollen in die Lage versetzt werden, die abgetretenen Forderungen gegen den Geheimnisherrn durchzusetzen. Dass dies nicht im Interesse des Geheimnisherrn liegt, ist der Bank – ähnlich wie in dem oben zitierten Urteil des BGH34 – sogar bewusst. Es lässt sich aber weder eine gesetzliche noch eine vertragliche Einschränkung des Bankgeheimnisses finden, die diese Zweckbestimmung vom Schutz des Bankgeheimnisses ausnehmen würde. Dem Geheimnisherrn mangelt es in dieser Beziehung nicht an der nötigen Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit. Die Durchsetzbarkeit und die tatsächliche Durchsetzung der Darlehensforderung durch Dritte sind mithin in die auszugleichenden Schadenspositionen einzustellen. c) Möglichkeit der Durchsetzung durch die Bank als unbeachtliche Reserveursache Der Einwand, die Bank hätte die Forderung auch selbst geltend machen können,35 betrifft lediglich eine hypothetische Schadensursache. Das Gesetz sagt nur, dass das schädigende Ereignis zur Ermittlung des herzustellenden Zustandes wegzudenken ist (§ 249 Abs. 1 BGB), nicht aber, dass hypothetische Ursachen hinzuzudenken sind.36 Dementsprechend ist die Berücksichtigung einer solchen Reserveursache prinzipiellen Bedenken ausgesetzt und wird überdies dem kon-
32 Zu Recht verneinend Bruchner/Krepold, in: Bankrechts-Handbuch, § 39 Rn. 61; Cahn, WM 2004, 2041, 2046; Langenbucher, BKR 2004, 333 f.; Rob. Koch, BKR 2006, 182, 188; a. A. MüKo-BGB/Roth, § 399 Rn. 29a; das BVerfG hat ausdr. erklärt, dass das Interesse des Schuldners, dass sein Forderungsgläubiger ihm erhalten bleibe, nicht unter das Recht auf informationelle Selbstbestimmung falle und von Art. 2 Abs. 1 i.V. m. Art. 1 Abs. 1 GG nicht geschützt werde, vgl. BVerfG, NJW 2007, 3707, 3708 a. E. 33 Dies ebenfalls zu recht verneinend BGH, NJW 1999, 1544 (Steuerberater); BGH, NJW-RR 2004, 54; BFH NJW 2005, 1308 (Rechtsanwalt); BGH, NJW 2005, 1505 (Arzt); Hier besteht eine andere Interessenlage: Die Bank steht unter dem äußeren Zwang der Zwangsvollstreckung gegen sich selbst oder unter dem Zwang eines Insolvenzverfahrens über ihr eigenes Vermögen. Die Datenweitergabe wird in diesen Fällen durch §§ 807, 836 Abs. 3 ZPO bzw. § 97 InsO legitimiert, die gesetzlich zwingenden Normen i. S. v. Nr. 2 Abs. 1 S. 2 Var. 1 AGB-Banken darstellen und daher schon den Haftungsgrund entfallen lassen. 34 BGHZ 27, 241, 246 f. 35 Bredow/Vogel, BKR 2008, 273, 275. 36 Palandt/Grüneberg, BGB, Vorb. v. § 249 Rn. 56.
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kreten Interesse des Geheimhaltungsberechtigten, von Dritten nicht behelligt zu werden, nicht gerecht. d) Zwischenergebnis Dem Geheimnisherrn ist durch die Verletzung der Geheimhaltungspflichten sowohl ein unmittelbarer Schaden in der Form entstanden, dass der Darlehenserwerber nun Kenntnis von seinen Daten besitzt, als auch ein mittelbarer Schaden insofern, als der Darlehenserwerber die Darlehensforderungen aufgrund der Kenntnis tatsächlich durchsetzen kann. Beide Schäden sind ausgleichspflichtig.
III. Ausgleich des unmittelbaren Schadens in Gestalt der Schuldnerdaten in Händen Dritter 1. Hinwirkung auf Löschung und Rücksendung der Daten Der unmittelbare Schaden in Gestalt der „Daten in der Hand des Zessionars“ ist gemäß § 249 Abs. 1 BGB im Wege der Naturalrestitution auszugleichen. Dem betroffenen Kreditnehmer steht gegen die geheimhaltungsverpflichtete Bank ein Restitutionsanspruch des Inhalts zu, dass sie beim Darlehenserwerber auf Rücksendung der Daten bzw. deren Löschung hinwirken muss.37 Die Naturalrestitution ist nicht auf Vermögensschäden beschränkt38 und findet ungeachtet der damit verbundenen Kosten statt.39 Eine subjektive Unmöglichkeit (§ 275 Abs. 1 BGB) wird die Bank kaum einwenden können, weil das Geschäft von Beginn an einen wirtschaftlichen Hintergrund hatte und sie die Daten vom Darlehenserwerber – dessen Kooperation unterstellt – „zurückkaufen“ kann.40 Eine Grenze bildet allenfalls § 251 Abs. 2 BGB. Dies gilt aber nur unter Besonderheiten, weil diese Norm auf Vermögenseinbußen zugeschnitten ist und es bei einem Ausgleich immaterieller Nachteile an einer in Geld messbaren Bezugsgröße fehlt.41 Für die Bewertung des Restitutions- und Kompensationsinteresses müssen vielmehr immaterielle Gesichtspunkte Vorrang haben. Andernfalls bliebe dem Verletzten der Anspruch auf Naturalrestitution wegen unverhältnismäßiger Herstellungskosten in aller Regel versagt, sofern die Restitution nicht durch ein zureichendes Vermögensinteresse gerechtfertigt wäre.42 37 Vgl. schon RGZ 94, 1, 3; OLG Frankfurt a. M., WM 1988, 154, 159; Hammen, in: Bankrechtstag 2005, S. 113, 136 in Fn. 113; Knops, WM 2008, 2185, 2188 mit Hinweis auf MüKo-BGB/Rixener, Anh. zu § 12, Rn. 204 f.; Bitter, ZHR 173 (2009), 379, 417 f. 38 § 253 Abs. 1 BGB wird insoweit nicht berührt, MüKo-BGB/Oetker, § 253 Rn. 6. 39 Bitter, ZHR 173 (2009), 379, 418. 40 Bitter, ZHR 173 (2009), 379, 417 f. 41 BGHZ 63, 295, 299; MüKo-BGB/Oetker, § 251, Rn. 48 ff. 42 BGHZ 63, 295, 299.
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Zwar wird die Möglichkeit des „Enforcements“, also die praktische Durchsetzbarkeit des Ausgleichsanspruchs, berechtigterweise angezweifelt.43 Im Rahmen der Darlehensveräußerungen kommt der Datenlöschung und -rückgewähr jedoch eine besondere praktische Bedeutung zu. Für den Darlehensnehmer als Geheimnisherrn ist nämlich vor allem von Interesse, dass der Datenerwerber keinen Gebrauch mehr von den Daten macht. Ohne die Daten kann dieser die auf ihn übertragenen Forderungen gegenüber dem Darlehensnehmer nicht mehr geltend machen. Solange der neue Gläubiger die Forderung gegenüber dem Darlehensnehmer aber weiterhin geltend macht, liegt darin der Beweis dafür, dass er die Schuldnerdaten noch nicht zurückgegeben bzw. gelöscht hat. Die Erhebung des Erfüllungseinwands ist dann weder im Erkenntnisverfahren über den Schadensersatzanspruch noch in der Zwangsvollstreckung44 eines entsprechenden Urteils erfolgversprechend. Um den Erfüllungseinwand glaubhaft machen zu können, muss der Erwerber im Minimum die Geltendmachung der Forderungen unterlassen. Damit wird gerade der Zweck der Datenweitergabe vereitelt, so dass der weitere Besitz der Daten für den Darlehenserwerber wirtschaftlich uninteressant wird. Es wird im Folgenden darauf eingegangen, dass sich gegen den Darlehenserwerber auf der Grundlage des Bankgeheimnisses und des Amtsgeheimnisses – anders hingegen nach dem Bundesdatenschutzgesetz – grundsätzlich keine Ansprüche ergeben, weil er nicht der Geheimhaltungspflicht unterliegt und diese deshalb nicht verletzen kann. Der BGH hat nur in einem eklatanten Fall der Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts § 1004 BGB zu Hilfe genommen und aufgrund einer entsprechenden Anwendung dieser Norm ausnahmsweise auch vom Datenempfänger die Beseitigung oder Vernichtung des Datensatzes gefordert.45 Dies war im Einzelfall vertretbar, weil die Initiative zur Datenabfrage allein vom Empfänger ausging. 2. Auswirkung auf den Schuldendienst und Wirkung gegenüber dem Forderungserwerber Zur Entschärfung des Enforcement-Problems würde es entscheidend beitragen, wenn der Darlehensnehmer den Schadensersatzanspruch in irgendeiner Weise gegen seine Pflicht zum Schuldendienst in Stellung bringen könnte und dies auch gegenüber dem Darlehenserwerber gelten würde. 43 So die Bedenken gegen Bitters Thesen, referiert bei Jungmann, ZHR 173 (2009), 436, 439. 44 Der BGH hat sich der Ansicht angeschlossen, wonach der Erfüllungseinwand im Rahmen des § 887 ZPO grundsätzlich zu berücksichtigen ist, vgl. BGHZ 161, 67 m.w. N.; zust. Zöller/Stöber, ZPO, § 887, Rn. 7; krit. Musielak/Lackmann, ZPO, § 887 Rn. 19, § 888 Rn. 8. 45 BGHZ 91, 233, 239 ff.
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a) Einwand des Rechtsmissbrauchs wegen rechtswidriger Erlangung der Daten, § 242 BGB aa) Bankgeheimnis und Amtsgeheimnis Ein erster Ansatz bestünde in dem Einwand des Rechtsmissbrauchs nach § 242 BGB. Hierbei könnte die Fallgruppe der rechtswidrigen Erlangung einer Rechtsposition durchgreifen, weil der Darlehenserwerber nur aufgrund einer Verletzung des Bankgeheimnisses in den Besitz der Informationen gelangt ist.46 Die Kenntnis ist zwar keine Rechtsposition, sondern ein tatsächlicher Zustand. Jedoch ist die damit hergestellte Durchsetzbarkeit der Darlehensforderung für den Erwerber durchaus einer geldwerten Rechtsposition vergleichbar. Hier erlangt es aber Bedeutung, dass die Verwendung der Informationen durch den Datenempfänger grundsätzlich nicht unzulässig ist. Er selbst verletzt das Bankgeheimnis nicht. Deshalb ist dem BGH darin zuzustimmen, dass gegenüber dem Informationsempfänger der Einwand des Rechtsmissbrauchs nicht durchgreift, wenn er die ihm übermittelten Informationen verwendet.47 Die bloße Kenntnis von dem Geheimnisbruch schadet ihm nicht.48 Canaris zieht dennoch einen Rechtsmissbrauch in Erwägung, wenn der Empfänger den Geheimnisbruch gefördert oder gar angeregt hat.49 In eine ähnlich Richtung weist die bereits kurz angesprochene Einzelfallentscheidung des BGH, in der er ausnahmsweise auch einen Anspruch gegen den Datenempfänger bejaht hat.50 Diese Besonderheiten werden bei den Erwerbern von Bankdarlehen aber in aller Regel nicht vorliegen. Auch wenn sie die Datenweitergabe verlangen, muss damit nicht zwingend das Bankgeheimnis verletzt werden, weil die Bank auch die Selbstbestimmung des Kunden wahren kann, indem sie seine Einwilligung einholt. Es liegt allein in der Verantwortung der Bank, das Bankgeheimnis zu wahren. Mithin ist der Datenempfänger bzw. der Darlehenserwerber nicht daran gehindert, von den Daten Gebrauch zu machen, und zwar indem er sie zur Ermittlung des Schuldners und zur Geltendmachung seiner Forderungen nutzt. Der Restitutionsanspruch des Berechtigten ist ihm gegenüber nicht begründet. Es zeigt sich ein strukturelles Problem der Informationsweitergabe unter Verletzung des Bankgeheimnisses: Der Geheimnisbruch lässt sich nur schwer rückgängig machen, und der Datenempfänger selbst ist nicht zur Restitution verpflichtet, weil ihm keine Pflichtverletzung vorzuwerfen ist.
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Vgl. allg. Looschelders/Olzen, in: Staudinger, BGB, § 242 Rn. 238 m.w. N. BGH, WM 1973, 892, 894. Casper, in: Handbuch zum deutschen und europäischen Bankrecht, § 3 Rn. 12. Canaris, in: Großkommentar HGB, Bd. 5, Bankvertragsrecht I, Rn. 71. BGHZ 91, 233, 239 ff.
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bb) Besonderheiten des Datenschutzrechts Etwas anderes ergibt sich im Hinblick auf den Datenschutz. Der Darlehenserwerber kann die Darlehensforderungen nur geltend machen, indem er selbst (und nicht etwa nur die Bank) gegen § 4 Abs. 1 BDSG verstößt. Damit wäre zwingend eine (weitere) unzulässige Nutzung der Daten, und zwar durch den Erwerber selbst, verbunden. Für den Erwerber folgt deshalb aus § 4 Abs. 1 BDSG auch das Gebot, die Geltendmachung der Forderung unter Verwendung der Schuldnerdaten zu unterlassen. Tritt der Datenempfänger dennoch mit einer Zahlungsaufforderung an den Geheimhaltungsberechtigten heran, greift ihm gegenüber der Einwand des Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB). Darin unterscheidet sich die Rechtslage vom Bankgeheimnis.51 b) Zurückbehaltungsrecht an den Darlehensraten mit Wirkung gegenüber dem Erwerber, §§ 273, 404 BGB Bitter entwickelte das Konzept eines Zurückbehaltungsrechts, das der Darlehensnehmer auch gegenüber dem Erwerber in Stellung bringen kann.52 Im Einzelnen folge aus dem Schadensersatzanspruch wegen der Verletzung des Bankgeheimnisses ein Zurückbehaltungsrecht nach § 273 BGB an den laufenden Darlehensraten. Dieses Recht könne der Darlehensnehmer gemäß § 404 BGB auch dem Forderungserwerber entgegenhalten. Mit dieser Ansicht griff Bitter eine jüngere Entscheidung des OLG München auf, nach der einem Darlehensnehmer ein solches Zurückbehaltungsrecht gegenüber dem Neugläubiger zustand, weil die Bank, die die Darlehensforderung veräußert hatte, ihrer Pflicht zur Auskunft und Abrechnung des Kreditvertrags nicht nachkam.53 Aufgrund der Vorleistungspflicht der Bank und der besonderen Schwere befand das Gericht die Zwangsvollstreckung im konkreten Fall sogar für rechtsmissbräuchlich. Die Überlegungen zum Zurückbehaltungsrecht gegenüber dem Forderungserwerber überträgt Bitter auf die Verletzung des Bankgeheimnisses. Für das Zurückbehaltungsrecht müssen zweierlei Tatbestände erfüllt sein, sowohl der des § 273 BGB als auch der des § 404 BGB. Nach § 273 Abs. 1 BGB kann der Schuldner die geschuldete Leistung verweigern, bis die ihm gebührende Leistung bewirkt wird, wenn der Schuldner aus demselben rechtlichen Verhältnis, auf dem seine Verpflichtung beruht, einen fälligen Anspruch gegen den Gläubiger hat und sofern sich nicht aus dem Schuldverhältnis etwas anderes ergibt. Vorliegend ist allein die Konnexität zweifelhaft, also die Voraussetzung, dass sich Anspruch und Gegenanspruch „aus demselben rechtlichen Verhältnis“ ergeben 51 52 53
Insoweit unterscheidet sich dieser Fall von BGH, WM 1973, 892, 894. Bitter, ZHR 173 (2009), 379, 418 f. OLG München, WM 2008, 688, 689.
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7. Kap.: Rechte wegen Geheimnisverletzung
müssen.54 Nach Ansicht des BGH erfordert dieser Begriff in Erweiterung des Wortlauts nicht, dass die sich gegenüberstehenden Ansprüche auf demselben Rechtsverhältnis beruhen.55 Vielmehr genüge es, wenn ihnen ein innerlich zusammenhängendes, einheitliches Lebensverhältnis zugrunde liege, so dass sie in einem solchen natürlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, dass es gegen Treu und Glauben verstoßen würde, wenn der eine Anspruch ohne Rücksicht auf den der anderen Seite zustehenden geltend gemacht und durchgesetzt werden könnte.56 In dem vom OLG München entschiedenen Fall trat der Zusammenhang zwischen dem unerfüllten Anspruch auf Auskunft über die Ablösesumme und Rechnungslegung einerseits sowie den Zins- und Tilgungsleistungen andererseits klar zutage. Bevor der Darlehensnehmer die Zahlungsansprüche erfüllen kann, muss er nämlich deren Höhe kennen. Die Bank war deshalb sogar vorleistungspflichtig. Dem ist die vorliegende Konstellation nicht unähnlich. In der Diktion des BGH würde es gegen Treu und Glauben verstoßen, wenn auch der Erwerber die Darlehensforderungen gegen den Darlehensnehmer ohne Rücksicht darauf durchsetzen könnte, dass er sie bei Erfüllung des Schadensersatzanspruchs in tatsächlicher Hinsicht nicht mehr gegen den Darlehensnehmer geltend machen könnte. Denn würden die Daten in Erfüllung des Schadensersatzanspruchs beim Darlehenserwerber gelöscht, befände sich dieser nicht mehr in deren Besitz. In wirtschaftlicher Hinsicht bedingt die Erfüllung des Schadensersatzanspruchs den Hauptleistungsanspruch, insofern damit der Personenkreis der möglichen Anspruchssteller eingeschränkt wird. Im Übrigen folgen sowohl das Bankgeheimnis als auch der Schuldendienst aus einer einheitlichen und ständigen Geschäftsverbindung zwischen der Bank und dem Darlehensnehmer.57 Damit ist auch die Identität des rechtlichen Verhältnisses im Wortsinne von § 273 Abs. 1 BGB zu bejahen. Gegen eine Anwendung des Zurückbehaltungsrechts wird in der Lit. jedoch eingewendet, das Bankgeheimnis stehe weder im Gegenseitigkeitsverhältnis zu den Zins- und Tilgungsleistungen, noch habe es die Leistung der Bank zu fördern, sondern diene lediglich dem Rechtsgüterschutz.58 Diese Überlegungen mögen die Anwendung eines auf § 320 Abs. 1 S. 1 BGB gestützten Leistungsverweigerungsrechts ausschließen. Weshalb demzufolge jedoch auch ein Zurückbehaltungsrecht nach § 273 BGB aus „systematischen und teleologischen Gründen“ ausgeschlossen sein soll,59 bedarf einer genaueren Untersuchung. Eine Beschrän54
Zu dem Begriff MüKo-BGB/Krüger, § 273 Rn. 13. BGHZ 47, 157, 167; 64, 122, 125; 92, 194, 196; 115, 99. 56 Zust. Erman/Ebert, BGB, § 273 Rn. 15; MüKo-BGB/Krüger, § 273 Rn. 13. 57 Vgl. zu der Geschäftsverbindung als Konnexitätskriterium BGHZ 54, 244, 250. 58 Wech, S. 556 f. in Fn. 287. 59 So Wech, S. 556 f. in Fn. 287; Wech weist allerdings selbst auch auf eine entgegenstehende, ihrer Ansicht nach aber nicht übertragbare Rspr. des BAG hin, nach der 55
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kung auf leistungsbezogene Pflichten findet keine Stütze in dem Wortlaut des § 273 Abs. 1 BGB. Die Norm stellt allein auf die Konnexität von fälligem Anspruch und Gegenanspruch ab. Indes könnte sich die Bank auf den Standpunkt stellen, sie habe eine Art Zurückbehaltungsrecht an der Erfüllung der Geheimhaltungspflicht, sobald der Schuldner seinem Schuldendienst nicht mehr nachkommt, womit ein dem oben abgelehnten Schuldausschluss nach § 242 BGB vergleichbares Ergebnis erreicht würde. Ein derartiger Umkehrschluss ist indes unzulässig, weil die Pflichtenkonstellation nicht symmetrisch ist. Beim Bankgeheimnis handelt es sich um einen Unterlassungsanspruch. Ein daran ausgeübtes Zurückbehaltungsrecht mit der Folge, dass Daten an Dritte weitergegeben würden, würde diesen Anspruch endgültig vereiteln. Eine einmal erfolgte Verletzung des Bankgeheimnisses ist bekanntlich irreversibel. Die Erfüllung der auf Geldzahlung gerichteten Zins- und Tilgungsleistungen bleibt hingegen auch nach vorübergehender Zurückbehaltung möglich. Demnach ist eine wertungsmäßige Korrektur nicht angebracht. Dem Darlehensnehmer steht ein Zurückbehaltungsrecht an dem Schuldendienst zu, solange der Anspruch aus der Verletzung des Bankgeheimnisses nicht ordnungsgemäß erfüllt wurde. Ob der Darlehensnehmer dieses Recht auch gegenüber dem Forderungserwerber geltend machen kann, richtet sich nach § 404 BGB. Nach dieser Vorschrift kann der Schuldner dem neuen Gläubiger die Einwendungen entgegensetzen, die zur Zeit der Abtretung der Forderung gegen den bisherigen Gläubiger begründet waren. Dem Schuldner bleiben grundsätzlich alle Verteidigungsmöglichkeiten erhalten, also nicht nur „Einwendungen“, sondern auch Einreden im eigentlichen Sinne, zu denen auch das Zurückbehaltungsrecht zählt.60 Ein Problem besteht aber darin, dass der Schadensersatzanspruch wegen Verletzung des Bankgeheimnisses, aus dem sich das Zurückbehaltungsrecht ergibt, nicht zwingend bereits zur Zeit der Forderungsabtretung fällig und durchsetzbar ist. Vielmehr könnten die Kaufparteien die Wirkung des § 404 BGB aushebeln, indem sie zunächst eine anonymisierte Abtretung der Darlehensforderungen vornehmen und erst im Anschluss daran die (restlichen) schuldner- und forderungsbezogenen Informationen austauschen, wodurch die Entstehung des Schadensersatzanspruchs wegen Verletzung des Bankgeheimnisses hin zu diesem späteren Zeitpunkt verschleppt würde. Der BGH verzichtet jedoch darauf, dass der Gegenanspruch des Schuldners bereits vor der Abtretung fällig sein muss. In wortlautkonformer Auslegung des Merkmals „begründet“ i. S. v. § 404 BGB lässt er es genügen, wenn der Gegenanspruch zu diesem Zeitpunkt nur dem Rechtsgrund nach gegeben ist, aber spätestens gleichzeitig mit der abgetretenen Forderung fällig wird.61 Er argumen-
die Verletzung von arbeitsrechtlichen Schutzpflichten ein Zurückbehaltungsrecht begründet, BAGE 83, 105, 118 ff. 60 BGHZ 19, 153, 162; 58, 327; 64, 122, 126; MüKo-BGB/Roth, § 404 Rn. 5. 61 BGHZ 58, 327, 331; 64, 122, 126; BGH, NJW-RR 1994, 880, 881.
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tiert mit dem in §§ 404, 406 BGB umgesetzten Verschlechterungsverbot.62 Dem Normzweck entsprechend sieht der BGH das Vertrauen des Schuldners auf ein Leistungsverweigerungsrecht, das erst nach Abtretung erstmalig ausgeübt werden kann, als schützenswert an.63 Dieses Vertrauen findet allerdings seine Grenze, wenn der abgetretene Anspruch fällig ist, bevor der Gegenanspruch fällig wird. Der Schuldner hätte ab diesem Zeitpunkt auch ohne die Abtretung der Forderung keine Möglichkeit mehr, die Leistung zu verweigern. Außerdem lässt der BGH durchblicken, dass eine derartige Einschränkung des § 404 BGB auch einem denkbaren Vorgehen des Schuldners entgegenwirkt, sich auf rechtswidrige Weise ein Zurückbehaltungsrecht zu verschaffen, indem er die eigene Leistung verzögert, bis ein Gegenanspruch fällig wird.64 Dagegen muss freilich eingewendet werden, dass diese Bedenken auch gegenüber der Anwendung von § 273 Abs. 1 BGB bestehen können. Dort findet sich aber nur die Voraussetzung, dass der Gegenanspruch fällig sein muss, jedoch keine derartige Begrenzung, dass er vor dem anderen Anspruch fällig sein muss. Im Übrigen ist es Sache des Gläubigers, und zwar auch des Zessionars, seine Forderungen zügig durchzusetzen. Die zusätzliche Voraussetzung lässt sich deshalb allein mit dem – durch den Verschlechterungsschutz des Schuldners begrenzten – Vertrauen des Zessionars rechtfertigen, dass er die erworbene Forderung grundsätzlich frei von Einwendungen erwirbt. c) Folgen für die Abtretung von Darlehensforderungen Die Pflichten aus dem Bankgeheimnis entstehen spätestens in dem Zeitpunkt, in dem der Darlehensvertrag abgeschlossen wird. Der Schadensersatzanspruch beruht auf einer Verletzung dieser Pflichten. Er entsteht dem Grunde nach schon mit der Abtretung der Darlehensforderungen. Wenn die Darlehensforderungen in dem Zeitpunkt, in dem der Zedent das Bankgeheimnis verletzt, noch nicht fällig sind, greift das Zurückbehaltungsrecht nach §§ 404, 273 BGB gegenüber dem Forderungserwerber stets durch. Probleme bereitet es hingegen, wenn bereits fällige Darlehensforderungen abgetreten werden. Wird der Schadensersatzanspruch erst nach Fälligkeit der Darlehensforderungen und zudem erst nach der Abtretung fällig, kann er dem Forderungserwerber nicht mehr über §§ 273 Abs. 1, 404 BGB entgegengesetzt werden. In diesem Fall versagt das Konzept Bitters. Das spielt nach seiner Ansicht allerdings kaum eine Rolle. Denn fällige, nicht bediente und deshalb veräußerte Forderungen stammen regelmäßig aus notleidenden Darlehen; Bitter hält die Geheimnisoffenbarung zum Zweck der Inkassozession derartiger Darlehen für zu62 63 64
So schon BGHZ 19, 153, 156 ff. mit Hinweis auf RGZ 73, 138, 139/140. BGHZ 58, 327, 331; 64, 122, 126. BGHZ 58, 327, 331.
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lässig.65 Nach der hier vertretenen Ansicht hätte der Darlehensnehmer hingegen auch in dieser Konstellation einen Schadensersatzanspruch wegen Verletzung des Bankgeheimnisses, sofern er die Bank nicht vom Bankgeheimnis entbunden hat. Demnach bleibt festzuhalten, dass der Schadensersatzanspruch durch das Zurückbehaltungsrecht insoweit an Effizienz gewinnt, als der Darlehensnehmer zumindest die Forderungen, die bei Verletzung des Bankgeheimnisses noch nicht fällig sind, faktisch nicht mehr zurückzahlen muss, bis die Verletzungsfolgen rückgängig gemacht sind.66 Dabei kommt dem Darlehensnehmer die dargestellte praktische Beweiserleichterung zugute. Ist die Naturalrestitution schließlich vorgenommen worden, indem die Daten beim Forderungserwerber gelöscht bzw. der Bank zurückgegeben wurden, kann der Forderungserwerber die Ansprüche ohnehin aus praktischen Gründen nicht mehr geltend machen. 3. Entschädigung in Geld? a) Grenzen der Restitution Auch wenn das dargestellte Restitutionskonzept einen der wichtigsten Nachteile der Geheimnisoffenbarung für den Darlehensnehmer ausräumen kann, indem es die Geltendmachung der Darlehensforderungen durch Dritte verhindert, beschränkt es sich doch nur auf einen Ausschnitt des verursachten Schadens. Dagegen ist es letztlich unmöglich, das Bankgeheimnis vollständig zu restituieren, wenn es einmal verletzt worden ist. Die Vorstellung, dass dies dadurch geschehen könnte, dass etwaige Akten oder Datenträger, in denen bzw. auf denen sich die geheimhaltungsbedürftigen Daten befinden, kurzerhand vernichtet, gelöscht oder dem Zedenten bzw. dem Geheimnisherrn zurückgegeben werden, mutet illusorisch an.67 Eine Weiterverbreitung lässt sich dadurch eindämmen, jedoch nicht gänzlich ausschließen. Sobald Menschen von den Daten Kenntnis erlangt haben, können sie diese nicht auf Verlangen wieder vergessen. Es wurde gezeigt, dass der Beweis, dass die Schuldnerdaten beim Erwerber gelöscht wurden, nicht erbracht werden kann, solange dieser die Forderungen gegenüber dem Schuldner weiterhin geltend macht. Dies lässt sich indes nicht umkehren: Macht der neue Gläubiger die Forderung gegenüber dem Darlehensnehmer nicht mehr geltend, ist damit noch nicht der Beweis dafür erbracht, dass er die Schuldnerdaten auch zurückgegeben bzw. gelöscht hat.68 Der Geheimnisherr kann sich im Übrigen niemals sicher sein, dass die Daten nicht bereits weiteren Personen zugänglich 65
Bitter, ZHR 173 (2009), 379, 409. Ohne Einschränkungen Bitter, ZHR 173 (2009), 379, 419. 67 Ähnlich Hammen, in: Bankrechtstag 2005, S. 113, 136; Vollborth, S. 223. 68 Im umgekehrten Fall ist hingegen der Beweis dafür erbracht, dass er die Daten nicht zurückgegeben oder vernichtet hat, wenn er die Forderung weiterhin geltend macht. 66
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gemacht wurden. Schließlich ist zu bedenken, dass das Bankgeheimnis Ausfluss der Vertrauensbeziehung zwischen Kunde und Bank ist. Die Verletzung des Bankgeheimnisses ist zugleich ein Vertrauensbruch. Das beschädigte Vertrauen ist durch eine schlichte Datenrückgabe oder -löschung nicht wieder herzustellen. Aufgrund dieser Unzulänglichkeiten der Restitution rücken Kompensations-, Genugtuungs- und Präventionsinteressen in den Blick, die letztlich eine Geldzahlung zum Gegenstand haben.69 b) Fehlendes vertragliches Äquivalent für die Geheimhaltungspflicht Hinsichtlich eines monetären Ersatzes ist zunächst zu untersuchen, ob ein vertragliches Äquivalent für die Geheimhaltungspflicht besteht, dessen Erstattung zu fordern ist, wenn die vertragliche Geheimhaltungspflicht verletzt wird (Schadensersatz statt der Leistung, §§ 280 Abs. 1, 3, 281 ff. BGB). Richtet man das Augenmerk auf die Kreditkonditionen, so ist ein Entgelt denkbar, das für die Übernahme der Geheimhaltungsverpflichtung entrichtet wurde und das – einem Schweigegeld vergleichbar – in den Kreditzins einbezogen ist.70 Das setzt voraus, dass die Geheimhaltung zur separaten Primärleistungspflicht erhoben und entgeltlich ausgestaltet ist, mithin der Kreditzins eine derartige Schweigegeldkomponente enthält. Dies ist in der Bankpraxis ungewöhnlich. Aus einem anderen Blickwinkel wäre zu überlegen, ob das Bankgeheimnis auf Seiten der zedierenden Bank zu Geheimhaltungskosten führt. Solche Kosten würden aber nur dann in den Zins eingepreist, wenn die Bank davon ausginge, dass die Geheimhaltungsverpflichtung einer Übertragung der Darlehensforderungen entgegensteht. In der gegenwärtigen Transaktionspraxis sind die Banken davon allerdings weit entfernt. Sie können sich dabei auf die ihnen günstige höchstrichterliche Rspr. stützen.71 Ein nach der Veräußerbarkeit differenzierendes Kreditangebot vermag dies nicht zu widerlegen. Denn damit tragen die Banken vor allem Abtretungs- und Übertragungsverboten Rechnung, die aufgrund der Hinweispflicht nach Art. 247 § 9 Abs. 1 S. 2 EGBGB vereinbart werden. Im Kreditvertrag fehlt indes regelmäßig eine ausdrückliche Entgeltbestimmung für die Geheimhaltung. In Nr. 2. Abs. 1 S. 1 AGB-Banken wird die Geheimhaltung unentgeltlich gewährt. Genauso verhält es sich in Nr. 1 Abs. 1 S. 2 AGB-Sparkassen. Auch aus den übrigen Quellen des Bankgeheimnisses folgt nicht, dass der Geheimnisherr für die Verschwiegenheit seines Vertragspartners einen Preis zu entrichten hat. 69 Zu einem entsprechenden Vorstoß in § 1315 des österreichischen Entwurf eines neuen Schadensrechts aus dem Jahre 2005, der nicht Gesetz geworden ist, Koziol, in: Essays in Honour of Dufwa, Bd. II, S. 645, 662 f. 70 So tendenziell zum Datenschutz Lwowski/Wunderlich, in: Bankrechts-Handbuch, § 76 Rn. 167, die davon ausgehen, dass der Darlehensnehmer sich mit einem Abtretungsausschluss zugleich auch die Geheimhaltung durch einen höheren Zins „erkaufen“ kann. 71 BGHZ 171, 180; BGHZ 183, 60.
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Es braucht kaum betont zu werden, dass die verfassungsrechtlichen, gesetzlichen und gewohnheitsrechtlichen Grundlagen dem Geheimnisherrn die Geheimhaltung der Daten ebenfalls kostenlos gewähren. Die Kreditinstitute sind auch dann zur Geheimhaltung verpflichtet, wenn es gar nicht zu einem Vertrag kommt, aus dem sich etwaige Zahlungspflichten ergeben. Vor diesem Hintergrund wäre es kaum vertretbar, aus dem Kreditzins auch eine Entgeltvereinbarung für die Geheimhaltungspflicht herauszulesen, die im Wege des Schadensersatzes als Leistungsäquivalent zu erstatten wäre. Es wäre allenfalls daran zu denken, dass sich der Geheimnisherr umgekehrt eine Einwilligung in die Durchbrechung des Bankgeheimnisses bezahlen ließe. Dies leitet über zum Wertersatz. c) Grenzen der Kompensation Nach geltendem Recht kann Wertersatz (§ 251 Abs. 1 BGB) nur für Vermögensschäden, grundsätzlich jedoch nicht für Nichtvermögensschäden (das sog. Affektionsinteresse) gewährt werden.72 Das stellt § 253 Abs. 1 BGB klar. Damit soll verhindert werden, dass der Geschädigte Nichtvermögensschäden kommerzialisiert.73 Für immaterielle Schäden ist lediglich ein angemessener Ausgleich in Geld und dies nur unter den engen Voraussetzungen des § 253 Abs. 2 BGB (Verletzung von Körper, Gesundheit oder Freiheit) zu beanspruchen. Das wirft erneut die Frage nach dem wirtschaftlichen Wert des Bankgeheimnisses auf. Unmittelbar ist kein Wertinteresse des Darlehensnehmers beeinträchtigt, das in Geld zu ersetzen wäre. Der unmittelbare Schaden in Gestalt der Daten in den Händen Dritter ist nach bisheriger Sichtweise allein immaterieller Art.74 Er ist auf Seiten des Geschädigten kaum in Geld quantifizierbar. Weil der Darlehensnehmer infolge der Verletzung der Geheimhaltungspflichten unmittelbar keinen Vermögensschaden erleidet, hat er nach weit verbreiteter Ansicht keine Ersatzansprüche in Geld.75 Der „klassische“ Schadensersatzanspruch, bei dem der konkret entstandene Schaden zu ermitteln und zu kompensieren ist, stößt somit an praktische Grenzen. d) Prävention, Genugtuung und Sanktion Mit ähnlichen Problemen sehen sich die Rechtssetzung und die Rspr. heute auch in vielen anderen Gebieten konfrontiert. Die Tendenz geht dahin, das Haftungs- und Schadensrecht für eine Verhaltenssteuerung zu instrumentalisieren, 72 OLG Köln, OLGZ 1973, 7; Palandt/Grüneberg § 251 Rn. 10; MüKo-BGB/Oetker, § 249, Rn. 24 f. 73 Bitter, ZHR 173 (2009), 379, 418; MüKo-BGB/Oetker, § 249, Rn. 309. 74 Vgl. Wech, S. 535 f.; Kleiner/Schwob/Winzeler, in: Bodmer/Kleiner/Lutz, Schweizerischen Bankengesetz, Art. 47 Rn. 330. 75 So auch Hammen, in: Bankrechtstag 2005, S. 113, 136 f.
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die neben die ihm ursprüngliche zugewiesene Schadensausgleichsfunktion tritt.76 Zum Schutz von Immaterialgüterrechten und zum Kapitalanlegerschutz werden die potenziellen Schädiger schon jetzt durch Androhung abschreckender Sanktionen zu rechtmäßigem Verhalten angehalten.77 Zugleich wird der Staat von der Rechtsdurchsetzung entlastet, indem den Schadensersatzklagen der Geschädigten und damit der privaten Rechtsdurchsetzung zum Erfolg verholfen wird.78 Ähnliche Konzepte werden nunmehr für das Wettbewerbs- und Kartellrecht erwogen.79 Das Bankgeheimnis und die übrigen Geheimhaltungspflichten verlangen ebenso nach einer Effektivierung. Eine bedeutsame Nuance erhält die Thematik dadurch, dass die Verstöße zugleich eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts bzw. des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb umfassen können.80 Daraus lassen sich zusätzliche Ansätze gewinnen, die für die Rechtsfolgengestaltung zum Zwecke einer Prävention, Genugtuung und Sanktion bzw. zum Ausgleich noch unberücksichtigter vermögenswerter Interessen nutzbar gemacht werden können.81 Obgleich das allgemeine Persönlichkeitsrecht nicht vom Wortlaut des § 253 Abs. 2 BGB erfasst wird, sieht der BGH in der Genugtuungsfunktion des Schmerzensgeldes eine Möglichkeit zur Sanktion von Persönlichkeitsrechtsverletzungen aus unlauterem Gewinnstreben.82 So gewährt er zum Ausgleich immaterieller Schäden wegen schwer wiegender Verletzungen der Würde und Ehre des Menschen eine Geldentschädigung unmittelbar aufgrund des Schutzauftrags aus Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG.83 Das findet die Billigung des BVerfG.84 Dem Sanktionsgedanken im Zivilrecht steht Art. 103 Abs. 2 GG nicht entgegen. Der Wortlaut spricht allein von „kann nicht bestraft werden“.85 Weil die Zu76 Ebert, passim; für Generalprävention Canaris, in: FS Steindorff, S. 519; zwar gegen den Strafgedanken, aber für Prävention G. Wagner, AcP 206 (2006) 352 ff.; ders., Gutachten A zum 66. Deutschen Juristentag, S. A-14 f., A-20 ff., dort allerdings beschränkt auf den Strafschadensersatz; dazu Staudinger, NJW 2006, 2433, 2435; D. Zimmer/Höft, ZGR 2009, 662, 663 f. 77 D. Zimmer/Höft, ZGR 2009, 662, 663 f. 78 Vgl. zum Gesetz über Musterverfahren in kapitalmarktrechtlichen Streitigkeiten (Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz – KapMuG) die RegBegr., BT-Drs. 15/5091, S. 1. 79 Vgl. etwa die Empfehlungen zum Schweizer Recht mit umfassendem Rechtsvergleich von Heinemann, Die privatrechtliche Durchsetzung des Kartellrechts; ferner Kersting, ZWeR 2008, 252 ff.; Alexander, passim. 80 OLG Frankfurt a. M., NJW-RR 2008, 1228; Bruchner/Krepold, in: BankrechtsHandbuch, § 39 Rn. 300. 81 Vgl. Palandt/Grüneberg, BGB § 253 Rn. 10; Palandt/Sprau, BGB § 823 Rn. 124. 82 Honsell, in: FS H. P. Westermann, 315, 322. 83 Vgl. BGHZ 26, 349 – Herrenreiter; BGHZ 35, 363 – Ginsengwurzel; BGHZ 128, 1, 15; BGH, NJW 1996, 984 – Caroline v. Monaco I; BGHZ 143, 214, 218 – Marlene; BGHZ 160, 298. 84 BVerfGE 34, 269 – Soraya. 85 Vgl. BVerfGE 34, 269, 293.
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billigung einer Geldentschädigung keinen Zugriff auf die Persönlichkeit des Haftenden darstellt,86 ist sie keine strafrechtliche Sanktion.87 Pönale Elemente finden im Zivilrecht dennoch viele Gegner.88 Honsell fasst die Kritik wie folgt zusammen: „Pönale Elemente sind im Zivilrecht ein Fremdkörper, bewirken eine schleichende Entprivatisierung des Privatrechts, widersprechen dem Prinzip der Privatautonomie, beachten die Funktionsteilung zum Strafrecht nicht und sind schließlich ungerecht, weil sie tendenziell nicht schuldangemessen sind und auf eine ungerechtfertigte Bereicherung des Geschädigten zielen. Das Überhandnehmen präventiver und zwingender und damit öffentlich-rechtlicher Normen im Privatrecht führt zu einer Aushöhlung desselben, die dessen Charakter schließlich vollständig verändert.“ 89
In juristischen Standardwerken wird die verhaltenssteuernde Wirkung von Haftungsandrohungen zwar akzeptiert, bislang jedoch überwiegend nur als „erwünschtes Nebenprodukt“ aufgefasst.90 Ein deutliches Meinungsbild, das für sich allerdings keine Repräsentativität und keine staatliche Legitimation beanspruchen kann, zeichnet die Abstimmung zum 66. Deutsche Juristentag zum Thema „Neue Perspektiven im Schadensersatzrecht – Kommerzialisierung, Strafschadensersatz, Kollektivschaden“.91 Dort wurde der Beschlussantrag, dass Aufgabe des Schadensersatzrechts neben dem Ausgleich entstandener Schäden auch die Verhaltenssteuerung im Präventionsinteresse sei, für eine allgemeine Geltung abgelehnt und lediglich für einzelne Sonderbereiche angenommen. Auch die Ersatzfähigkeit von Nichtvermögensschäden fand nur für bestimmte Fallgruppen Zustimmung. Strafschadensersatz wurde selbst für Einzelfälle abgelehnt, und systematischen Durchsetzungsdefiziten sollte nicht durch Erhöhung oder Vervielfachung des Ersatzbetrags im Präventionsinteresse begegnet werden.92 Vor diesem Hintergrund steht die Lit. einem derartigen Schadensausgleich ablehnend gegenüber, wenn es im Zuge von Darlehensveräußerungen zu einer Verletzung des Bankgeheimnisses kommt.93 Dem ist für den Regelfall zuzustimmen. 86
Schmid-Aßmann, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 103 Abs. 2, Rn. 165. BGHZ 160, 298. 88 H. P. Westermann, in: Einheit und Folgerichtigkeit im juristischen Denken, S. 125 ff.; Honsell, in: FS H. P. Westermann, S. 315 ff.; Thüsing, ZRP 2001, 126 ff. („der Schadensersatz zielt auf Ausgleich des entstandenen Schadens, die Strafe auf Vergeltung des zugefügten Übels“). 89 Honsell, in: FS H. P. Westermann, S. 315, 336. 90 So etwa Lange/Schiemann, Schadensersatz, Einl. III 2, S. 11; MüKo-BGB/Oetker, § 249 Rn. 9; vgl. auch Thüsing, ZRP 2001, 126 f., der dieses Zitat Larenz zuordnet. 91 Vgl. dazu und im Folgenden Deutscher Juristentag e. V., Verhandlungen des 66. Deutschen Juristentages, Bd. II/1, Abteilung Zivilrecht. 92 Gegen einen Strafschadensersatz zur zivilrechtlichen Durchsetzung von Wettbewerbsverstößen auch Heinemann, Die privatrechtliche Durchsetzung des Kartellrechts, S. 126. 93 Bütter/Tonner, ZBB 2005, 165, 171; auch Hammen, in: Bankrechtstag 2005, S. 113, 137. 87
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Der Eingriff erscheint in den meisten Fällen nicht schwerwiegend genug, um eine Geldentschädigung aus dem Präventions-, Genugtuungs- oder Sanktionsgedanken heraus zu rechtfertigen. e) Kommerzialisierung der Schuldnerdaten aa) Vermögenswerte Interessen als Inhalt der Geheimhaltungsrechte – Property-Rights-Ansatz Dagegen rückt in den Blickpunkt, worum es meistens eigentlich geht. Mit dem immateriellen Schadensersatz wird weniger eine Verletzung der Ehre und des Ansehens ausgeglichen als auf verdeckte Weise der Marktwert der verletzten Rechtsposition liquidiert.94 Die Geldentschädigung beruht darauf, dass ohne sie nicht in ausreichendem Maße der tatsächlichen Kommerzialisierung von Persönlichkeitsgütern Rechnung getragen wird.95 Der BGH schenkt diesem Aspekt seit der Marlene-Dietrich-Entscheidung größere Aufmerksamkeit. Nach seiner expliziten Diktion schützten das allgemeine Persönlichkeitsrecht und seine besonderen Ausprägungen auch vermögenswerte Interessen der Person.96 Der Abbildung, dem Namen sowie sonstigen Merkmalen der Persönlichkeit wie etwa der Stimme könne ein beträchtlicher wirtschaftlicher Wert zukommen.97 Für die schuldhafte Verletzung dieser rein vermögenswerten Bestandteile des Persönlichkeitsrechts durch ihre unbefugte Verwendung gewährt der BGH dem Träger der Rechtsposition einen Schadensersatzanspruch, und zwar unabhängig von der Schwere des Eingriffs.98 Auch in der Lit. kamen Zweifel an dem strengen Dogma der Unübertragbarkeit von vermögenswerten Bestandteilen des Persönlichkeitsrechts auf.99 Eine Lizenzierung persönlichkeitsrelevanter Rechtspositionen ist mittlerweile üblich geworden, wenngleich im Hinblick auf eine inhaltliche Aussage zu der Rechtsnatur oder Reichweite dieser Verträge oftmals Zurückhaltung geübt wird.100 Gegen den Widerstand konservativer Kräfte, die am monistischen Verständnis des allgemeinen Persönlichkeitsrechts als „Mutter- und Quellrecht“ festhalten wollen,101 propagieren Ullmann sowie Beuthien und Schmölz noch weiter ge94
Götting, S. 266; Klüber, S. 270. Vgl. auch Thüsing, ZRP 2001, 126 f. der ausführt: „Weil die verletzten Nichtvermögensinteressen regelmäßig nicht restituiert, sondern nur kompensiert werden können, sich in Geld aber nur unsicher ausdrücken lässt, was eben nicht als Vermögensposition verstanden wird, treten hier die Nebenzwecke des Schadensrechts deutlicher zu Tage.“, um im Folgenden (S. 128 f.) eine großzügigere Zulassung von Schadensersatz für Nichtvermögensschäden zu befürworten. 96 BGHZ 143, 214, 219. 97 BGHZ 143, 214, 219. 98 BGHZ 143, 214, 219 f. 99 H. Forkel, GRUR 1988, 491, 500. 100 MüKo-BGB/Bayreuther, § 12, Rn. 132 ff. 101 Stellvertretend Peukert, ZUM 2000, 710, 719. 95
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hend übertragbare „persönlichkeitsbezogene Immaterialgüterrechte“ am Namen oder sonstigen charakteristischen Kennzeichen einer Person102 bzw. ein „umfassendes Immaterialgüterrecht an eigenpersönlichen Gegenständen“ 103. Ein solcher „Property Rights“-Ansatz104 wird nicht nur für den Kernbereich des besonderen Persönlichkeitsrechts, sondern auch allgemein im Datenschutzrecht gefordert.105 Den betroffenen Personen sei ein Eigentum an „ihren“ Daten zuzubilligen und Wettbewerb sei dadurch zu initiieren, dass die betroffenen Personen ihre Daten an Nachfrager „verkaufen“ können.106 Dem wird entgegnet, dass eine solche Konzeption die Grundstruktur personenbezogener Daten und der informationellen Selbstbestimmung verkenne.107 Sie tauge nicht für eine gesellschaftliche Ordnung im Umgang mit personenbezogenen Daten, die den Freiheitsrechten aller Beteiligten gerecht werde. Aus dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung folge kein absolutes, dem Eigentum vergleichbares Herrschaftsrecht über die eigenen Daten.108 Dies ist trotz der im Grundsatz berechtigten Vorbehalte mit Buchner dahingehend zu relativieren, dass die Selbstbestimmung gerade auch die Entscheidung einschließt, ob der Rechtsträger aus seinen auch persönlichkeitsbezogenen Daten Kapital schlagen möchte oder nicht.109 Dahingehend ist auszuloten, inwieweit die Rechtsordnung eine dem einzelnen dienende Funktion einnehmen sollte oder ob das Recht aus Gründen eines Selbstschutzes des Grundrechtsträgers sowie nicht zuletzt zur Wahrung objektiv-rechtlicher Wertvorstellungen der Kommerzialisierung von Persönlichkeitsrechten eine Grenze setzen sollte. bb) Implizite Kommerzialisierung der Schuldnerdaten durch die Bank und den Forderungsinvestor Übertragen auf das Bankgeheimnis lässt sich Folgendes festhalten: Zwar sind die dem Bankgeheimnis unterliegenden Informationen keine schöpferische Geistesleistung des Namens- bzw. Dateninhabers. Sie sind auch kein Warenzeichen bzw. keine Marke, die mit einer besonderen Leistung des Bezeichneten in Verbindung zu bringen wäre. Dennoch kommt ihnen wie diversen Immaterialgüterrechten ein bedeutender Wert zu, weil nur sie die Durchsetzung von Forderungen ermöglichen. So liegt es nicht fern, von einem ökonomischen Wert der Daten und 102 103
Ullmann, AfP 1999, 209, 214. Beuthien/Schmölz, Persönlichkeitsschutz durch Persönlichkeitsgüterrechte, S. 16 f.,
64. 104 Zu den ökonomischen Begründungsansätzen kommerzieller Persönlichkeitsgüter Klüber, S. 207 ff. 105 s. etwa Ladeur, DuD 2000, 12, 18; ähnlich Weichert, NJW 2001, 1463, 1467 f. 106 Abl. Roßnagel, in: Freundesgabe Büllesbach 2002, S. 131, 133 ff. 107 Roßnagel, in: Freundesgabe Büllesbach 2002, S. 131, 133 ff.; ähnlich Peukert, ZUM 2000, 710, 719. 108 s. zuletzt E. Gurlit, NJW 2010, 1035, 1036. 109 Buchner, DuD 2010, 39, 43.
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einer darauf bezogenen Eigentumsposition des Darlehensnehmers zu sprechen, die in die Hände der Banken übergeht, sobald ihnen die Daten bekanntgegeben werden.110 Um nicht in die Untiefen der Diskussion um die Zulässigkeit des Property-Rights-Ansatzes im Hinblick auf Persönlichkeitsmerkmale abzugleiten, mag hier die Feststellung genügen, dass die Bank und der Forderungsinvestor im Zuge des Darlehens- bzw. Forderungskaufs die Schuldnerdaten unausgesprochen kommerzialisieren, 111 sei dies nun dogmatisch zulässig oder nicht. Die Daten folgen dem Darlehen und werden wie dieses zur „Ware“.112 Entsprechend muss dieser Umstand dem Betroffenen im Schadensrecht zugutekommen. Dies gilt ungeachtet dessen, ob er seine Daten selbst verkaufen könnte oder dürfte. Ist mithin der kommerzielle Wert des Bankgeheimnisses zumindest im Schadensrecht zu bejahen, folgt daraus zwanglos die Anwendung der Schadenstrias im Immaterialgüterrecht zum Ausgleich der Verletzungsfolgen.113 Der geschädigte Bankkunde hat die Wahl zwischen dem Ersatz seines konkret berechneten Schadens (§§ 249 bis 252 BGB), der Zahlung eines Betrags, der einer unter Berücksichtigung von Umfang und Dauer der widerrechtlichen Benutzung angemessenen Lizenzgebühr entspricht, und schließlich der Herausgabe des vom Verletzer durch die widerrechtliche Benutzung seiner Daten erzielten Gewinns.114 Ein konkreter Vermögensschaden ist dem Geheimnisherrn nicht entstanden. Will man hingegen am Verletzergewinn ansetzen, wären die Vertragsparteien des Forderungskaufs beim Wort zu nehmen. Im Werbemarkt werden schon seit Längerem für Daten relevanter Kundengruppen je nach Sensibilität beachtliche Summen geboten.115 In gleicher Weise wie Adresshändler kommerzialisieren auch die Kaufparteien der Darlehen die Schuldnerdaten, indem sie sie mit der Forderung „mitverkaufen“. Nach dem vertraglichen Pflichtenkanon des Rechtskaufs gemäß §§ 433, 453, 402 BGB wird grundsätzlich nicht nur die Abtretung der Forderung geschuldet, sondern auch die Datenweitergabe. Diese ist aber kaum in Geld zu beziffern und wird nicht separat im Kaufpreis ausgewiesen sein. Es lässt sich nur eine Höchstgrenze angeben. Diese läge bei dem Wert der Forderung selbst, deren Durchsetzung nämlich von dem Besitz der Daten abhängt. Doch welcher Anteil im äußersten Fall noch auf die Forderung entfallen würde, ist unklar. Den Inte110
Chr. Schneider, Diskussionsbericht, ZHR 165 (2001), 462, 463. Zur um sich greifenden expliziten Kommerzialisierung personenbezogener Angaben Simitis, NJW 1998, 2473, 2476 f. 112 Vgl. Simitis/Simitis, BDSG, § 28 Rn. 22. 113 So auch BGHZ 143, 214, 231 f. – Marlene – mit Hinweis auf BGHZ 20, 345, 353 f. – Paul Dahlke. 114 RGZ 35, 63, 67 ff.; RGZ 43, 56, 58 f.; RGZ 156, 65, 67; BGH, GRUR 1962, 401, 402 l.; GRUR 1962, 509, 511; Ebert, S. 544 ff.; Kraßer, Patentrecht, § 35 IV. a); Schaub, GRUR 2005, 918, 919. 115 Zum wirtschaftlichen Wert personenbezogener Daten Weichert, NJW 2001, 1463 ff. 111
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ressen des Darlehensnehmers wäre demnach allein mit einer fiktiven Lizenzgebühr für die Nutzung der Daten, die in der Übermittlung an den Darlehenserwerber liegt, gedient. Forderungsschuldner wäre insofern die veräußernde Bank. cc) Wrotham-Park-Ansatz bei der Verletzung von Geheimhaltungspflichten – die Entscheidung Pell Frischmann Zur Bestimmung der fiktiven Lizenzgebühr lohnt ein Blick in den angelsächsischen Rechtsraum. Dort hat man schon früh die Problematik gesehen, dass ein konkreter Schaden des Betroffenen in manchen Fallgestaltungen nicht zu ermitteln ist und eine Kompensationslösung folglich ins Leere stoßen muss. Ohne an die dogmatischen Regeln kontinentaler Kodifikationen gebunden zu sein, konnte die englische Rspr. im Schadensrecht kreativer zu Werke gehen. Bereits im Jahre 1974 hat der High Court of Justice für England und Wales im Fall Wrotham Park Estate Co. Ltd. v. Parkside Homes Ltd. („Wrotham Park“)116 entschieden, dass der Schadensersatz nicht notwendig durch die finanziellen Vermögenseinbußen des Geschädigten begrenzt sein müsse. Klagegegenstand war das Recht, dass ein Grundstück nicht ohne das Einverständnis des Nachbarn (des Klägers) bebaut werden darf. Der Beklagte kaufte das betreffende Grundstück in Kenntnis des Rechts. Dennoch bebaute er es ohne Zustimmung des Klägers mit einer Straße und mit Häusern. Dagegen erhob der Kläger Leistungsklage mit dem Ziel des Rückbaus. Zur Zeit der Gerichtsverhandlung waren die Häuser jedoch bereits fertiggestellt, so dass es das Gericht für unangemessen hielt, dem Klägerbegehren stattzugeben. An die Stelle des Primäranspruchs trat somit ein Schadensersatzanspruch nach dem Lord Cairn’s Act.117 Durch den Bau der Häuser und einer Straße war dem Kläger nach allgemeiner Regel jedoch kein Vermögensschaden entstanden, weil der Wert seines Anwesens durch die Maßnahmen auf dem Nachbargrundstück nicht geschmälert worden war. Damit wurde ihm in dieser Situation der Primärrechtsschutz verwehrt und er erhielt auch keinen Schadensersatz, während der Schädiger die Früchte seiner Verletzungshandlung ungestört genießen zu können schien.118 Zur Vermeidung dieses als ungerecht empfundenen Ergebnisses stellte das Gericht folgende Überlegung an:119 Zur Erfüllung des klägerischen Rechts hatte der 116 Brightman J in Wrotham Park Estate Co Ltd v Parkside Homes Ltd (1974) 1 WLR 798; es entschied die Chancery Division, die interessanterweise auch für Streitigkeiten aus dem Immaterialgüterrecht zuständig ist. 117 Section 50 Supreme Court Act 1981. 118 Brightman J in Wrotham Park Estate Co Ltd v Parkside Homes Ltd (1974) 1 WLR 798, 812. 119 Brightman J in Wrotham Park Estate Co Ltd v Parkside Homes Ltd (1974) 1 WLR 798, 815: „. . . [T]he general rule would be to measure damages by reference to that sum which would place the plaintiffs in the same position as if the covenant had
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7. Kap.: Rechte wegen Geheimnisverletzung
Beklagte die Wahl zwischen einer Unterlassung der Bebauung und einer Einigung mit dem Kläger über eine Zustimmung. Da sich der Kläger gegen die erste Alternative entschieden habe, sei als Schadensersatz der Betrag zugrunde zu legen, den die geschädigte Partei hypothetisch für eine Aufhebung der Vertragspflichten bzw. als Gegenleistung für eine Einwilligung in die Rechtsverletzung verlangt hätte. Zu diesem Zweck unterstellte das Gericht eine beiderseitige Verhandlungsbereitschaft und ignorierte den Umstand, dass eine oder beide Parteien in Wahrheit eine vertragliche Lösung abgelehnt hatten. Diese Ansicht wurde in der Folge mehrfach bestätigt und zählt heute zum Common Law.120 Die Wrotham-Park-Rechtsprechung wurde lange Zeit auf Grundstücksrechte beschränkt, bei deren Verletzung der Schadensersatz an die Stelle des Primärrechtsschutzes tritt.121 Infolge der Entscheidung Attorney-General v. Blake aus dem Jahre 2001122 setzte sich jedoch die Ansicht durch, dass der Schadensersatz nach dem Wrotham-Park-Ansatz in allen Vertragsfällen anwendbar sei. Damit waren die Grundlagen gelegt, um auch die Verletzung von vertraglichen Geheimhaltungspflichten („confidentiality agreements“) mit dem Betrag eines hypothetischen Verhandlungsergebnisses für eine Einwilligung auszugleichen. Diesen Zusammenhang stellte Ende des Jahres 2009 das Privy Council in dem Fall Pell Frischmann Engineering Ltd. v. Bow Valley Iran Ltd. & others („Pell Frischmann“)123 her. Die Konstellation fügt sich nahtlos in den vorliegenden Kontext ein. Die Schäden aufgrund eines Geheimnisverrats sind nicht immer kompensierbar, weil sie oftmals allein immaterieller Art sind. Wenn zudem der Primärrechtsschutz keinen Erfolg verspricht, bleibt der Bruch der Geheimhaltungspflichten sanktionslos. Problematisch war es in dem entschiedenen Fall naturgemäß, den not been broken. Parkside and the individual purchasers could have avoided breaking the covenant in two ways. One course would have been not to develop the allotment site. The other course would have been for Parkside to have sought from the plaintiffs a relaxation of the covenant. On the facts of this particular case the plaintiffs, rightly conscious of their obligations towards existing residents, would clearly not have granted any relaxation, but for present purposes I must assume that it could have been induced to do so. In my judgment a just substitute for a mandatory injunction would be such a sum of money as might reasonably have been demanded by the plaintiffs from Parkside as a quid pro quo for relaxing the covenant.“ 120 Nourse LJ and Nicholls LJ in Stoke on Trent City Council v W & J Wass Ltd (1988) 1 WLR 1406; Sir Thomas Bingham MR and Millett LJ in Jaggard v Sawyer (1995) 1 WLR 269; Lord Nicholls in Attorney-General v Blake (2001) 1 AC 268; Mance LJ (and the short concurring judgment of Peter Gibson LJ) in Experience Hendrix Plc v PPX Enterprises (2003) 1 All ER (Comm) 830; Neuberger LJ in Lunn Poly Ltd v Liverpool & Lancashire Properties Ltd (2006) 25 EG 210; Warren J in Field Common Ltd v Elmbridge Borough Council (2008) EWHC 2079 (Ch); Arden LJ in Devenish Nutrition v Sanofi-Aventis (2009) 3 All ER 27. 121 Sir Thomas Bingham MR and Millett LJ in Jaggard v Sawyer (1995) 1 WLR 269. 122 Lord Nicholls in Attorney-General v Blake (2001) 1 AC 268, 283. 123 Lord Walker in Pell Frischmann Engineering Ltd v Bow Valley Iran Ltd & others (2009) UKPC 45.
B. Schadensersatzanspruch
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Wert der vertraulichen Informationen und damit der Geheimhaltungspflicht zu bestimmen.124 Der Wrotham Park-Ansatz hat dieselben gedanklichen Wurzeln wie das CoaseTheorem und die Learned-Hand-Formel. Ausgangspunkt ist der ökonomisch vernünftige Gedanke, dass dem wirtschaftlich wertvolleren Interesse auf Primärebene der Vorrang vor dem wirtschaftlich geringwertigeren Interesse eingeräumt wird. Anders gewendet ist von zwei Handlungsalternativen diejenige zu bevorzugen, die den geringsten Schaden verursacht, mit dem Ziel, dass gesamtwirtschaftlich ein möglichst geringer Schaden oder – anders gesagt – ein größtmöglicher Wohlfahrtsgewinn entsteht. Das gewährt der einen Partei zwar kein implizites Recht auf Schädigung, verpflichtet sie aber nur auf Sekundärebene zum Ausgleich, wobei Coase davon ausgeht, dass dieser Ausgleich im Verhandlungswege erreicht wird. An der fehlenden Verhandlungsbereitschaft der Parteien im Wrotham-Park-Fall zeigt sich aber gerade, dass dies nicht immer durchführbar ist und nach juristischen Maßstäben auch nicht gerecht sein muss. Um für den Schädiger einen Anreiz für normgerechtes Verhalten zu schaffen, ist es gleichwohl erforderlich und deshalb in Kauf zu nehmen, das hypothetische Ergebnis einer Verhandlungslösung im Coase’schen Sinne auf der Grundlage des Schadensrechts vorwegzunehmen und zu verwirklichen. Unter diesen Gesichtspunkten ist die Wrotham-Park-Rechtsprechung gut vertretbar. Die Ausdehnung auf den Geheimnisschutz in der Pell-Frischmann-Entscheidung erspart die Klimmzüge zu informationellen Property Rights, wie sie wegen der Statik des deutschen Rechts unternommen werden müssten, im Schadensrecht dennoch plausibel sind. Die angelsächsische Rspr. verdeutlicht, dass es in Wahrheit nicht so sehr um den Schutz absoluter Rechtspositionen, sondern um eine Verwirklichung der Vertragsfreiheit und der Herstellung vertraglicher Äquivalenz mithilfe des Schadensrechts geht. Im Fall Lunn Poly Ltd. v. Liverpool & Lancashire Properties Ltd. spricht das Gericht deshalb zutreffend von „negotiating damages“.125 Beides geht freilich ineinander über, kann ein Rechtsinhaber doch vertraglich einen Eingriff in seine Rechte zulassen. Der Pell-Frischmann-Ansatz bietet somit wichtige Impulse für einen Schadensersatz nach kontinentalem Recht bei Verletzung des Bankgeheimnisses und anderer Geheimhaltungspflichten. dd) Höhe einer fiktiven Lizenzgebühr bzw. Preis einer hypothetischen Einwilligung Nach den zuvor angestellten Überlegungen kommt zum Ausgleich des Schadens eine fiktive Lizenzgebühr in Betracht. Ihre Berechnung nach dem Property124 Lord Walker in Pell Frischmann Engineering Ltd v Bow Valley Iran Ltd & others (2009) UKPC 45 bei para 56 ff. 125 Neuberger LJ in Lunn Poly Ltd v Liverpool & Lancashire Properties Ltd (2006) 25 EG 210 bei Abs. 22.
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7. Kap.: Rechte wegen Geheimnisverletzung
Rights-Ansatz und ihre Ermittlung unter Zugrundelegung einer hypothetischen Einigung über die Möglichkeit der Datenweitergabe nach der Pell-FrischmannEntscheidung unterscheiden sich im Ergebnis nicht voneinander. Beide Male ist ein Irrealis zu formulieren. Einen Preis unter subjektiv gefärbten Annahmen zu finden, die tatsächlich nicht zutreffen, bleibt stets eine Unterstellung. Der Kunde stellt seine Daten der Bank spätestens im Kreditantrag kostenlos bereit. Wie viel er für die Einwilligung in eine weiter gehende Nutzung durch Dritte verlangen würde, lässt sich nur näherungsweise ermitteln. Aus Sicht des Darlehensnehmers könnte der Preis die nominale Höhe der Restforderung erreichen, die mithilfe der Daten durch den Forderungserwerber durchgesetzt wird. Dieser Betrag würde prohibitiv hoch sein. Die Bank wäre damit nicht einverstanden gewesen. Außerdem ist das Coase-Theorem im Auge zu behalten.126 Die gesamtwirtschaftlichen Wohlfahrtsgewinne aus der Darlehensveräußerung dürfen, soweit sie reichen (und nicht durch etwaige Wohlfahrtsverluste kompensiert werden), nicht zunichtegemacht werden. Zweck ist es nicht, die Geltendmachung der Forderung generell auszuschließen, sondern den Preis für die Datenverwendung durch Dritte festzulegen. Dies hängt maßgeblich von dem Preis für die Veräußerbarkeit der Darlehen ab. Es gilt weiterhin, dass in den Darlehenszins keine Geheimhaltungskosten eingepreist sind, sondern allenfalls Abtretungs- und Übertragungsverbote. Gleichwohl würde die Darlehensveräußerung unter Wahrung der Geheimhaltung zumeist sinnlos sein, weil der Erwerber die ihm übertragenen Forderungen nicht durchsetzen könnte. Diese Rückwirkung erlaubt die Annahme, dass die Parteien für den Fall einer Datenweitergabe auch die Konditionen eines veräußerbaren Darlehens gewählt hätten. Der Schadensersatz liegt demnach in einer Geldzahlung, deren Höhe sich aus der Differenz aus den tatsächlich gezahlten Zinsen und den Zinsen errechnet, die hypothetisch für ein veräußerbares Darlehen zu zahlen gewesen wären. Als problematisch erweisen sich die Fälle, in denen die niedrigeren Zinsen für ein veräußerbares Darlehen berechnet wurden oder ein solches sogar ausdrücklich vereinbart wurde, gleichwohl aber keine Zustimmung zur Datenweitergabe vorliegt. Hätten die Parteien dann für die Einwilligung in die Datenweitergabe bzw. als Lizenzgebühr für die Datennutzung einen weiteren Abschlag auf den Zins vereinbart? Die Antwort lautet Nein. Daraus ergibt sich aber die Konsequenz, dass die Bank in diesen Fällen sanktionslos das Bankgeheimnis und weitere Geheimhaltungspflichten verletzen kann, wenn sie sich mit dem Darlehensnehmer nur über die Veräußerbarkeit des Darlehens geeinigt hat. In diesem Fall taugt die hypothetische Vertragslösung nicht als Schadensersatzkonzept.
126
s. o. Kapitel 6 F. I.
B. Schadensersatzanspruch
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f) Mindestersatz mit Lenkungsfunktion Die Bank muss sich weiterhin dazu veranlasst sehen, mit dem Darlehensnehmer über seine Einwilligung in die Datenweitergabe zu verhandeln. Flankierend zu der ermittelten Vertragslösung muss sie deshalb unabhängig von der konkreten Situation einen Mindestpreis für die Fremdnutzung der Daten erstatten. Dafür wird leitend, ab welchem Betrag es für die Bank sinnvoll wäre, die unbefugte Datenweitergabe zu unterlassen und einer einvernehmlichen Lösung mit dem Darlehensnehmer den Vorzug zu geben. Gegebenenfalls würde dazu schon ein niedriger Prozentsatz der Darlehenssumme oder auch ein Festbetrag genügen. In der datenschutzrechtlichen Diskussion findet sich hierzu ein Vorstoß. Ein Eckpunktepapier der Justizbehörde Hamburg aus dem Jahre 2009, das von Justizsenator Steffen initiiert wurde, sieht die Einführung eines pauschalierten Mindestschadensersatzanspruchs von 100 Euro bei widerrechtlicher Datenverarbeitung vor.127 Dies ist im Lichte der vorangegangenen Erörterungen zu befürworten. Obschon der Betrag nur symbolisch ist und die Bank ihn kurzerhand an den Darlehensnehmer zahlen wird, kann er dem Anspruch des Darlehensnehmers auch in einem Gerichtsverfahren zum Erfolg verhelfen. Die Außenwirkung einer Zahlung der Bank wegen Verletzung des Bankgeheimnisses oder sogar eines Urteils mit diesem Inhalt ist nicht zu unterschätzen.
IV. Ausgleich des mittelbaren Schadens in Gestalt der Forderungsdurchsetzbarkeit durch Dritte 1. Freistellungsanspruch a) Anspruchsinhalt An den nur unzureichenden Ausgleich des unmittelbaren Schadens schließt sich das Problem an, wie der mittelbare Schaden in Gestalt der Durchsetzbarkeit bzw. Durchsetzung der Forderung durch Dritte zu ersetzen ist. Der Schadensausgleich findet auch hier gemäß § 249 Abs. 1 BGB im Wege der Naturalrestitution statt. Der Darlehensnehmer ist in die Lage zu versetzen, in der er sich ohne Verletzung des Bankgeheimnisses befinden würde. Der Zessionar nutzt die ihm preisgegebenen Daten für die Forderungsdurchsetzung.128 Demnach ist der Darlehensnehmer so zu stellen, als ob der Zessionar die Forderung gegen ihn nicht geltend machen könnte. Dazu muss die Bank die Forderungsdurchsetzung durch den Zessionar abwehren. Der Darlehensnehmer hat demnach gegen die Bank einen Anspruch auf Freistellung von der Verbindlichkeit gegenüber dem Daten-
127 128
Steffen, ZRP 2009, 95. Knops, WM 2008, 2185, 2188; so auch im Fall BGHZ 27, 241, 246 ff.
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7. Kap.: Rechte wegen Geheimnisverletzung
empfänger. Weil der Freistellungsanspruch eine Form der Naturalrestitution ist,129 ergeben sich aus § 253 Abs. 1 BGB keine Einschränkungen. b) Keine vollständige Befreiung von der Darlehensforderung Es war in der Nachklassik nicht unüblich, dass Verstöße gegen Abtretungsverbote der römischen Kaiser mit dem Verfall der Forderung sanktioniert wurden.130 Auch der BGH ging in seinem bereits mehrfach zitierten Urteil so weit, dass er die Bank dazu verurteilte, der Geschädigten letztlich die volle Forderungssumme zu zahlen, die von einem Dritten aufgrund der Verletzung des Bankgeheimnisses bei der Bank selbst gepfändet werden konnte.131 Die Bank hätte diesen Betrag ohne den Gläubigerzugriff nicht – wie geschehen – hinterlegen, sondern – vereinfacht dargestellt – an die Klägerin auszahlen müssen. Deshalb folgte der Zahlungsanspruch aus der Pflicht zur Naturalrestitution (§ 249 BGB). Im Wege des Vorteilsausgleichs war die Bank zwar dazu berechtigt, von der Geschädigten die Abtretung des Anspruchs auf Auszahlung des hinterlegten Betrages gegen die Hinterlegungsstelle Zug um Zug gegen Nachweis der Einwilligung des Drittgläubigers zu verlangen. Ob dieser Anspruch werthaltig war, war damals allerdings unklar. Es war nämlich noch strittig, ob der Zahlungseingang schon bei seiner Verbuchung auf ein „Konto pro diverse“ 132 einen Auszahlungsanspruch des noch unbekannten Begünstigten auslöste133 und damit im konkreten Fall die Pfändung des Gläubigers durchgreifen ließ. Wäre dies der Fall gewesen, was das Gericht offenließ, hätte die Klägerin durch das Urteil ihren Anspruch gegenüber der Bank behalten und wäre zugleich wegen der erfolgreichen Pfändung von ihrer Verbindlichkeit gegenüber dem Drittgläubiger auf Kosten der Bank befreit worden. Bei den hiesigen Darlehensveräußerungen führt eine rechtswidrige Datenweitergabe hingegen regelmäßig nicht zu der besonderen Situation, dass eine Zahlungspflicht der Bank gegenüber dem Geheimnisherrn entfallen würde. Es wird lediglich die bestehende Forderung eines Dritten faktisch durchsetzbar. Deshalb ist die Naturalrestitution zunächst allein auf Freistellung von dieser Forderung gerichtet. Nimmt der Schädiger die Freistellung vor, kann es aber möglicherweise ebenfalls zu einer vollständigen Befreiung des Darlehensnehmers kommen. Dieser Möglichkeit ist jedoch mit der Überlegung entgegenzutreten, dass sie dem Schuldner mehr gewähren würde, als er wegen der Verletzung des Bankge129
Vgl. BGH, NJW-RR 1989, 1043, 1044; NJW 1991, 2014. Vgl. Kapitel 6 A. II. 1. 131 BGHZ 27, 241, 247 ff. 132 Ein Konto pro diverse ist ein Sammelkonto innerhalb der Bank, auf das nicht zuzuordnende Zahlungseingänge oder -ausgänge für eine Vielzahl von Kunden vorübergehend verbucht werden. 133 Zum damaligen Streit BGHZ 27, 241, 247 f. 130
B. Schadensersatzanspruch
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heimnisses verlangen kann. Durch den Schadensausgleich soll und darf allein die Geltendmachung der Forderungen durch Dritte verhindert werden, an die die Daten unrechtmäßig weitergegeben wurden. Der Darlehensnehmer kann also nur verlangen, dass die Bank eine Geltendmachung der Forderung durch Dritte ausschließt. Weil die Bank selbst die Daten des Darlehensnehmers rechtmäßig und gerade auch zu diesem Zweck besitzt, muss sie die Forderungen gegen den Darlehensnehmer noch geltend machen können und dürfen.134 Der Schadensausgleich darf mithin nicht dazu führen, dass der Darlehensnehmer von der Verbindlichkeit auch materiell befreit wird. Darin unterscheidet sich der Inhalt des Ersatzanspruchs von den Fällen, in denen der Geschädigte auch materiell mit einer Forderung belastet ist. Daraus ergibt sich Folgendes: Zahlt die Bank zur Freistellung des Geschädigten an den Darlehenserwerber, muss ihr die Möglichkeit bleiben, die Forderungen gegen den Darlehensnehmer selbst durchzusetzen. c) Durchführung der Freistellung ohne Verlust der Forderung Dem Schuldner eines Befreiungsanspruchs kann wählen, auf welchem Weg er seiner Verpflichtung zur Freistellung nachkommen will.135 Demnach ist der Bank anzuraten, mit dem Erwerber eine Vereinbarung zu treffen, nach der dieser sich – neben der ohnehin gemäß obigem Ergebnis erforderlichen Datenrückgabe – dazu verpflichtet, die Forderungen gegenüber dem Darlehensnehmer nicht mehr geltend zu machen. Im Gegenzug kann er die Bank zum Einzug der Forderung für ihn ermächtigen und verpflichten. Daneben ist aber vor allem eine Rückkaufvereinbarung über die Darlehen bzw. die daraus ergebenden Forderungen sinnvoll. Dieser Vertrag wird durch Rückabtretung der Forderung oder Rückübertragung des Darlehensvertrags gegen Zahlung des Kaufpreises erfüllt. Sofern dazu die Zustimmung des Darlehensnehmers erforderlich sein sollte, ist er zu deren Erteilung aus den Grundsätzen des Vorteilsausgleichs verpflichtet.136 Der frühere Erwerber kann die Forderungen in jedem Fall nicht mehr geltend machen. Dadurch ist dem Freistellungsanspruch Genüge getan. Zugleich kann die Bank aber selbst die Forderung gegenüber dem Darlehensnehmer durchsetzen. Fehlt es an derartigen Vereinbarungen, wird die Darlehensforderung gegen den Darlehensnehmer nach §§ 267, 362 Abs. 1 BGB erfüllt, sobald die Bank an den Zessionar zur Freistellung zahlt. Der Bank könnte danach der Bereicherungsrückgriff gegen den Darlehensnehmer nach § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB (Leistungskondiktion) offenstehen. Sie hat in diesem Falle eine rechtlich existente Forderung gegen den Darlehensnehmer mit Fremdtilgungswillen erfüllt. Dadurch hat 134 Vgl. Bruchner/Krepold, in: Bankrechts-Handbuch, § 39 Rn. 61; Cahn, WM 2004, 2041, 2046; Langenbucher, BKR 2004, 333 f.; Rob. Koch, BKR 2006, 182, 188. 135 BGHZ 91, 73, 76 f.; OLG Karlsruhe NJW-RR 1994, 1157, 1159. 136 Vgl. BGHZ 27, 241, 248 f.
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7. Kap.: Rechte wegen Geheimnisverletzung
sie objektiv eine Leistung an den Darlehensnehmer erbracht. Hinsichtlich des Rechtsgrundes müsste getrennt werden: Die Freistellung des Darlehensnehmers, also die Freistellung von der Zahlung an den Zessionar, gründet auf dem Schadensersatzanspruch des Darlehensnehmers gegen die Bank wegen der Verletzung des Bankgeheimnisses. Die vorangegangenen Erwägungen müssten nun in der Weise einfließen, dass der Inhalt des Schadensersatzanspruchs nicht so weit reicht, den Darlehensnehmer vollständig von der Forderung seitens der Bank zu befreien. Die Freistellung von der Forderung ist mit Rechtsgrund erfolgt, die Forderungserfüllung hingegen nicht. Gleichwohl würde es die formelle Erfüllungswirkung nach §§ 267, 362 Abs. 1 BGB der Bank nunmehr verschließen, sich ihre ursprüngliche Darlehensforderung vom Erwerber vertraglich rückübertragen zu lassen, denn die Forderung ist erloschen. Dagegen wäre es vorzugswürdig, der Bank in diesem Fall analog § 268 Abs. 3 S. 1 BGB einen Zessionsrückgriff zu gewähren. Dann hätte ihre Zahlung an den Zessionar im Gegensatz zu § 267 BGB von vornherein keine Erfüllungswirkung. Stattdessen würde die Forderung des Zessionars gegen den Darlehensnehmer an die Bank analog § 268 Abs. 3 S. 1 BGB legalzediert. Das hätte für die Bank den entscheidenden Vorteil, dass sie sich nicht auf schwache Kondiktionsansprüche beschränken müsste, denen die Einwendungen nach §§ 814, 818 Abs. 3 BGB entgegengehalten werden könnten. Vielmehr erhielte sie ihre ursprüngliche Forderung zurück, und zwar mit allen Neben- und Vorzugsrechten gemäß §§ 412, 401 BGB. Für die Analogie spricht, dass die Interessenlage zwischen Bank, Darlehensnehmer und Zessionar der in § 268 BGB vorausgesetzten ähnelt: Der Zessionar hat im Außenverhältnis eine Forderung gegen den Darlehensnehmer. Wenn der Darlehensnehmer diese erfüllt, läuft die Bank – obgleich gegenüber dem Anspruchsteller im Unterschied zu § 86 Abs. 1 VVG weder Schuldnerin noch Haftende – Gefahr, ein Recht zu verlieren. Sie ist nämlich daran interessiert, den Freistellungsanspruch gegenüber dem Darlehensnehmer zu erfüllen. Damit übt sie nicht lediglich ein fremdes (so die Interessenlage bei § 267 BGB), sondern ein eigenes Befriedigungsrecht aus.137 Das nämlich folgt aus dem Freistellungsanspruch des Darlehensnehmers. Würde der Darlehensnehmer an den Zessionar zahlen, wäre der Bank dieses Befriedigungsrecht genommen. Ein weiter gehendes Haftungsrisiko der Bank gegenüber dem Darlehensnehmer wäre die Folge. In Betracht kämen insbesondere Ansprüche gegen die Bank wegen Verzugs oder wegen Unmöglichkeit der Freistellung im Verzug, wobei der Bank die Haftungsverschärfung des § 287 S. 2 BGB zum Nachteil gereichen würde. Die Bank hat deshalb ein berechtigtes Interesse daran, diese Haftungsrisiken durch Zahlung an den Zessionar zu vermeiden. Schließlich steht auch der Darlehensnehmer genau so wie zuvor. Er kann der Bank seine ursprünglichen Einwendungen, insbeson137
Vgl. zu dieser Unterscheidung Palandt/Grüneberg, BGB, § 268 Rn. 5.
B. Schadensersatzanspruch
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dere die Verjährungseinrede, weiterhin nach §§ 412, 399 bis 404, 406 bis 410 BGB entgegenhalten. Deshalb ist es interessengerecht, der Bank einen Zessionsrückgriff nach § 268 Abs. 3 S. 1 BGB analog zu gewähren, wenn sie den Darlehensnehmer gegenüber dem Forderungserwerber freistellt und mit Letzterem keine Rückkaufvereinbarung getroffen hat. d) Zwischenergebnis Dem Geheimhaltungsberechtigten kommt ein Freistellungsanspruch gegen die Bank zu. Dieser führt nicht zu einer vollständigen Befreiung von der Verbindlichkeit. Vielmehr sieht sich der Darlehensnehmer aufgrund eines Zessionsrückgriffs analog § 268 Abs. 3 S. 1 BGB wieder der ursprünglichen Forderung der Bank ausgesetzt, sobald diese die Freistellung durch Zahlung auf die Forderung vornimmt. Die Bank und der Zessionar können den Freistellungsanspruch im Übrigen auch dadurch erfüllen, dass die Bank die Forderung für den Zessionar aufgrund einer entsprechenden Ermächtigung einzieht. Alternativ können ihr die Darlehensforderungen rückabgetreten bzw. die Darlehen rückübertragen werden. In jedem Fall wäre der Zustand, wie er ohne Verletzung des Bankgeheimnisses bestünde, insoweit wieder hergestellt, als der Erwerber die Forderung nicht mehr gegen den Darlehensnehmer geltend macht. 2. Erstattungsanspruch a) Grundsatz: Umwandlung des Freistellungsanspruchs in einen Zahlungsanspruch Ungeklärt sind bis hierhin die Folgen einer Zahlung des Darlehensnehmers an den Erwerber. Der Ersatzanspruch des Geschädigten nach § 249 Abs. 1 BGB richtet sich grundsätzlich nicht auf Zahlung, sondern auf Befreiung von der Verbindlichkeit.138 Der Geschädigte hat kein Wahlrecht zwischen Naturalrestitution und Geldersatz für eine Selbstvornahme. Weil die Verbindlichkeit, von der freizustellen ist, keine „Sache“ i. S. v. § 90 BGB ist, greift § 249 Abs. 2 S. 1 BGB nicht durch. Vielmehr steht dem Schädiger ein Wahlrecht zu, und zwar dahingehend, auf welchem Weg er seiner Verpflichtung zur Freistellung nachkommen will.139 Das darf ihm der Geschädigte nicht nehmen. Der Freistellungsanspruch wandelt sich aber grundsätzlich in einen Zahlungsanspruch, sobald der Freistellungsgläubiger (also der Darlehensnehmer) den Zahlungsanspruch des Drittgläubigers erfüllt. Weil § 249 Abs. 2 S. 1 BGB diese Folge aus den zuvor genannten Gründen nicht stützen kann, bedarf es einer anderen normativen Begründung. 138
Vgl. BGHZ 57, 78, 81; NJW-RR 1987, 44, 45. BGHZ 91, 73, 76 f.; OLG Karlsruhe NJW-RR 1994, 1157, 1159; Palandt/Grüneberg, BGB, § 257 Rn. 2. 139
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7. Kap.: Rechte wegen Geheimnisverletzung
Der BGH zieht § 250 S. 2 Hs. 1 BGB heran, wonach der Geschädigte dem Schädiger zunächst erfolglos eine Frist zur Herstellung (Freistellungserklärung bzw. Übernahme der Verbindlichkeit) mit Ablehnungsandrohung setzen muss.140 Dies sei entbehrlich, wenn der Schuldner die Herstellung oder überhaupt jede Schadensersatzleistung ernsthaft und endgültig abgelehnt hat.141 In diesem Fall wandle sich der Befreiungsanspruch in eine Geldforderung um, sobald der Berechtigte Geldersatz fordere.142 In Rspr. und Lit. wird heute zunehmend vertreten, dass der Freistellungsgläubiger den Anspruch des Dritten unmittelbar erfüllen dürfe, ohne dass dies der Umwandlung des Freistellungsanspruchs in den Zahlungsanspruch abträglich sei.143 Der Geldersatz steht ohnehin spätestens in der Zwangsvollstreckung der Freistellung gleich, so § 887 Abs. 1 und 2 ZPO.144 Die Entscheidungsfreiheit des Schädigers ist hier nicht zu hoch zu bewerten. Sobald der Drittgläubiger den Geschädigten zur Tilgung auffordert oder dazu gar unter Androhung von Klage und Zwangsvollstreckung veranlasst, kann der Schädiger sich nicht mehr auf seine Wahlfreiheit berufen, wie er den Freistellungsanspruch erfüllen will. Diese wurde ihm von dem Drittgläubiger und nicht etwa von dem Geschädigten genommen. Die Selbstvornahme muss in dieser Situation zulässig sein. Der Geldersatzanspruch ist deshalb zugunsten der Wertentschädigung nur für die Zeit auszuschließen, in der der Geschädigte die Naturalrestitution noch nicht selbst vorgenommen hat. b) Kein Ersatz des Integritätsinteresses Es herrscht die Auffassung vor, dass § 250 S. 2 Hs. 1 BGB in seiner Rechtsfolge dem § 249 Abs. 2 S. 1 BGB und nicht dem § 251 Abs. 1 BGB vergleichbar sei.145 Demnach ist das Integritätsinteresse zu ersetzen und keine Wertentschädigung zu leisten. In den beiden Anspruchsinhalten sind lediglich verschiedene Ausprägungen ein und desselben Schadensersatzanspruchs zu erblicken.146 Dies entspricht dem Verhältnis zwischen den Ansprüchen auf Naturalrestitution nach
140 BGH, WM 1965, 287, 289; WM 1986, 1115, 1117; NJW-RR 1987, 44, 45; 1987, 869, 870; NJW 2004, 1868 f. 141 BGH, WM 1965, 287, 289. 142 BGH, WM 1965, 287, 289. 143 BGH, NJW 1989, 1215, 1216 (Erfüllung durch Aufrechnung des Geschädigten gegenüber dem Drittgläubiger, allerdings neben Erfüllungsverweigerung nach § 250 S. 2 BGB); LG Zwickau, NZV 2003, 585 (Abwarten einer Frist zur Freistellung mit Ablehnungsandrohung nach § 250 S. 1 BGB sei zu „formaljuristisch“); allg. zur Selbstvornahme der Naturalrestitution bei Nichtvermögensschäden MüKo-BGB/Oetker, § 249 Rn. 310. 144 OLG Karlsruhe NJW-RR 1994, 1157, 1159. 145 MüKo-BGB/Oetker, § 250 Rn. 12 m.w. N. 146 Vgl. BGH, NJW 1985, 1152, 1154; NJW 1991, 2014, 2014.
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§ 249 Abs. 1 BGB und Geldersatz nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB.147 Der Schädiger muss auch dann die Kosten für die Naturalrestitution ersetzen, wenn damit Nichtvermögensschäden ausgeglichen werden.148 Der Geschädigte soll zwar immaterielle Güter nicht kommerzialisieren können.149 Diesem Anliegen ist aber dadurch Rechnung zu tragen, dass der zur Herstellung gezahlte Betrag zweckgebunden ist und vom Geschädigten nicht anderweitig verwendet werden darf.150 Das wäre hier unter dem Aspekt der Fall, dass der Darlehensnehmer das zu erstattende Geld dazu verwendet, die Geltendmachung einer gegen ihn gerichteten Forderung durch einen Dritten abzuwenden, indem er diese erfüllt. Damit übernimmt der Geschädigte die Naturalrestitution. Der Inhalt des Schadensersatzanspruchs, der dem Geschädigten aufgrund der Verletzung des Bankgeheimnisses zusteht, wandelt sich deshalb von einem Freistellungsanspruch über den Geldersatz in einen Anspruch auf Zahlung der Beträge, die der Geschädigte an den Drittgläubiger gezahlt hat. Dieses Restitutionskonzept kann jedoch im vorliegenden Zusammenhang nicht angewendet werden. Dem Geschädigten würde damit wiederum mehr zukommen, als ihm aufgrund der Verletzung des Bankgeheimnisses zusteht. Er kann vom Schädiger lediglich verlangen zu verhindern, dass Dritte ihm gegenüber die Darlehensforderungen geltend machen. Im Gegensatz zu den üblichen Fällen eines Freistellungsanspruchs umfasst dies nicht die materielle Befreiung von der Verbindlichkeit, zu der die Abwehr der Geltendmachung lediglich ein Annex wäre. Mit der Zahlung wird deshalb nicht nur die Freistellung unmöglich, so dass ein materieller Ausgleichsanspruch bestehen bliebe. Vielmehr ist dem Geschädigten auch die Selbstvornahme selbst von vornherein nicht möglich. Die vom Schädiger geschuldete Abwehr der Geltendmachung von Forderungen durch Dritte kann er gar nicht selbst vornehmen. Der Geldersatz ist in den vorliegenden Schadensfällen keine andere Erscheinungsform des mit der Freistellung vorzunehmenden Schadensersatzes. c) Kein Wertersatz Nimmt der Geschädigte die Zahlung vor, ergibt sich demnach Folgendes: Die Zahlung des Geschädigten an den Drittgläubiger führt zur Unmöglichkeit der Naturalrestitution wegen Zweckerreichung. Weil die Sonderregelungen des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB und konkret auch die des § 250 S. 2 Hs. 1 BGB nicht eingreifen, weil eine Selbstvornahme in dieser Hinsicht nicht denkbar ist, ist der Ge147
Vgl. BGH, NJW 1991, 2014, 2014. Schiemann, in: Staudinger, BGB, § 253 Rn. 9; Palandt/Grüneberg, BGB, § 253 Rn. 3; Jauernig/Teichmann, BGB, § 249 Rn. 2. 149 MüKo-BGB/Oetker, § 253 Rn. 5. 150 MüKo-BGB/Oetker, § 249 Rn. 345. 148
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schädigte allein auf den Wertersatz nach § 251 Abs. 1 Alt. 1 BGB verwiesen. Zu demselben Ergebnis käme man ebenso, wenn der Schädiger grundsätzlich nur Wertersatz zu leisten hätte, weil entweder die Voraussetzungen des § 250 S. 2 Hs. 1 BGB enger gezogen werden und der Geschädigte verfrüht auf die Forderung des Darlehenserwerbers zahlt oder weil die Rechtsfolge des § 250 S. 2 Hs. 1 BGB in einem Wertersatz gesehen wird. Dabei ist jeder Schaden wertersatzfähig, selbst wenn er aus der Verletzung eines Nichtvermögensrechts – hier der Verletzung des Bankgeheimnisses – resultiert, soweit er nur selbst einen Vermögensschaden darstellt.151 Demnach käme es wiederum darauf an, ob die Geltendmachung der Forderung durch Dritte einen Vermögensnachteil darstellt und in welcher Höhe dieser gegebenenfalls zu bemessen wäre. Erst durch die Verletzung des Bankgeheimnisses hat der Zessionar Kenntnis von den Schuldnerdaten erlangt und ist dadurch in die Lage versetzt worden, seine Forderung gegenüber dem Darlehensnehmer selbst geltend zu machen.152 Die Information macht die Forderung für den Zessionar werthaltig, wenn er sich nicht auf einen Forderungseinzug durch den Zedenten verlassen möchte.153 Dagegen wäre das Vermögen des Darlehensnehmers ohne eine Verletzung des Bankgeheimnisses zwar rechtlich, nicht aber wirtschaftlich mit der Forderung des Zessionars belastet. Daran schließt sich die Frage an, ob im Hinblick auf eine Vermögensminderung allein auf das rechtliche Bestehen einer Forderung oder auch auf die wirtschaftliche Belastung mit einer Verbindlichkeit abgestellt werden soll. Teile der Literatur154 ziehen allein die rechtliche Lage als Maßstab heran. Seinen Grund finde dies darin, dass die zu erfüllenden Ansprüche bereits vor und unabhängig von der Verletzung des Bankgeheimnisses entstanden seien.155 Der tatsächlichen Durchsetzbarkeit eines bereits bestehenden Anspruchs wird implizit keine Bedeutung für die Schadensberechnung beigemessen. Dem dargestellten Ansatz, nach dem in der Schadensbilanz das Maß der wirtschaftlichen Belastung einer Verbindlichkeit ausgeblendet wird, ist entgegenzutreten: Bei Beschädigung von Aktiva wird ein wirtschaftlicher Schadensbegriff angewendet. Es herrscht Einigkeit darüber, dass sich die Schadenshöhe als Differenz zwischen dem Marktwert des jeweiligen Gegenstandes in unversehrtem und versehrtem Zustand bestimmt.156 Der Preis, den man am Markt für eine Forderung bezahlen muss, hängt nicht allein von ihrem zivilrechtlichen Bestehen, son-
151
MüKo-BGB/Oetker, § 249 Rn. 310, 345, § 253 Rn. 6. Knops, WM 2008, 2185, 2188 und wiederholt oben ausgeführt. 153 So auch Mankowski, JZ 1993, 48, 50. 154 Zu Steuernachzahlungen nach der Verletzung des Bankgeheimnisses Canaris, in: Großkommentar HGB, Bd. 5, Bankvertragsrecht I, Rn. 66. 155 Zu Fällen der Steuerpflicht Schwintowski, Bankrecht, § 3 Rn. 55; Bruchner/ Stützle, Leitfaden zu Bankgeheimnis und Bankauskunft, S. 79. 156 Vgl. etwa MüKo-BGB/Oetker, § 249 Rn. 40 ff. 152
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dern auch und gerade von ihrer tatsächlichen Durchsetzbarkeit ab. Die Berechtigung an einer Forderung allein nützt also nichts, solange der neue Gläubiger nicht auch die zur Geltendmachung erforderlichen Informationen über die Forderung und den Schuldner erhält. Dieser Gedanke liegt auch dem Gesetz zugrunde, wenn dem Zessionar das Recht aus § 402 BGB zur Seite gestellt wird, damit dieser die von ihm erworbene Forderung auch erfolgreich geltend machen kann.157 Jedoch ist an dieser Stelle nun die Ansicht, dass die Bank die Forderung auch selbst hätte geltend machen können,158 unter folgendem Gesichtspunkt begründet: Die Darlehensforderung ist weiterhin – wenn auch über Umwege – durchsetzbar, nämlich indem dem Darlehensveräußerer, der die Daten rechtmäßigerweise besitzt, eine Einzugsermächtigung erteilt wird. Demnach bleibt allein der Nachteil aus der Geltendmachung der Forderung selbst. Dieser hat für den Geschädigten kaum Vermögensrelevanz, sondern stellt hauptsächlich einen immateriellen Schaden dar. d) Ergebnis Dem Darlehensnehmer ist mithin anzuraten, die Zahlung solange zu verweigern, bis der Schädiger ihn freistellt. Dabei kommt ihm das Zurückbehaltungsrecht gegenüber dem Erwerber zugute. Beide Rechte greifen Hand in Hand und ergänzen sich. Sobald der Darlehensnehmer an den Darlehenserwerber zur Erfüllung der Darlehensforderung zahlt, wird die Erfüllung des Freistellungsanspruchs aufgrund der Zweckerreichung unmöglich. Der Freistellungsanspruch wandelt sich indes nicht in einen Anspruch auf Ersatz der Kosten für eine etwaige Selbstvornahme der Freistellung. Denn der Darlehensnehmer kann die geschuldete Abwendung der gegen ihn gerichteten Forderung nicht selbst vornehmen. Das zu ersetzende Wertinteresse erreicht nicht die Höhe des zur Erfüllung der Darlehensforderung an den Erwerber gezahlten Betrags. Denn die Forderung selbst bliebe weiterhin durch die Bank rechtmäßig durchsetzbar. Die Geltendmachung durch den Erwerber, deren Verhinderung allein mit der Freistellung zu beanspruchen war, hat keinen bezifferbaren Wert. Das Bankgeheimnis reicht nicht so weit, dass der Schadensausgleich zu einer materiellen Befreiung des Darlehensnehmers von der Verbindlichkeit führen würde.
C. Sonderkündigungsrecht I. Normative Grundlagen Flankierend zu dem dargestellten Unterlassungs- und Schadensersatzansprüchen wird ein Sonderkündigungsrecht wegen Verletzung der Geheimhaltungs157 158
BGH, NJW 1993, 2795; Peters, AcP 206 (2006), 843, 847 f. Bredow/Vogel, BKR 2008, 273, 275.
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7. Kap.: Rechte wegen Geheimnisverletzung
pflichten diskutiert.159 Grundlage dieses Rechts sind vor allem Nr. 18 Abs. 2 AGB-Banken, Nr. 26 Abs. 2 AGB-Sparkassen sowie bei jeder Art von Dauerschuldverhältnissen § 314 Abs. 1 S. 1 BGB.160 Dessen Einführung im Rahmen der Schuldrechtsreform hat die Bedeutung der genannten Vertragsklauseln auf eine deklaratorische Ebene herabgestuft.161 Alle Rechtsquellen setzen für die Kündigung einen wichtigen Grund voraus. Ein solcher liegt nach § 314 Abs. 2 S. 2 BGB vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. In Nr. 18 Abs. 2 AGB-Banken, Nr. 26 Abs. 2 AGB-Sparkassen finden sich kürzere, inhaltlich aber ähnlich Formulierungen. Sie beziehen sich jeweils auf die Unzumutbarkeit, den Vertrag fortzusetzen. Teilweise wird auch § 313 Abs. 3 S. 2 BGB herangezogen,162 worin als Folge der Störung von Geschäftsgrundlagen auch ein Kündigungsrecht enthalten ist. Die Beiträge in Rspr. und Literatur, die sich auf die Grundsätze dieses Rechtsinstituts beziehen, datieren zumeist noch vor dem Jahr 2002.163 Die Störung der Geschäftsgrundlage war damals aber noch nicht in § 313 BGB kodifiziert, und eine allgemeine Regelung zur Kündigung von Dauerschuldverhältnissen aus wichtigem Grund, wie sie nun in § 314 Abs. 1 BGB enthalten ist, gab es noch nicht. Gleichwohl lässt sich auch hierauf subsidiär zurückgreifen, soweit man die Verletzung der Vertragspflichten lediglich als Störung der Geschäftsgrundlage aufgrund externer Einflüsse bewertet. § 313 Abs. 1, Abs. 3 S. 1 BGB stellt ebenfalls darauf ab, dass dem Betroffenen das Festhalten am unveränderten Vertrag oder die Anpassung des Vertrages nicht zugemutet werden kann.
II. Meinungsstand In der bekannten Diskussion um das Verhältnis von Datenschutz und Umwandlungen wurde am Rande die Frage nach einer Anwendung eines Sonderkün159 Vgl. Casper, in: Handbuch zum deutschen und europäischen Bankrecht, § 3 Rn. 13; Canaris, in: Großkommentar HGB, Bd. 5, Bankvertragsrecht I, Rn. 69; Schwintowski, Bankrecht, § 3 Rn. 56; Früh, WM 2000, 497, 501; Toth-Feher/Schick, ZIP 2004, 491, 494; Schilmar/Breiteneicher/Wiedenhofer, DB 2005, 1367, 1370; Nobbe, WM 2005, 1537, 1547 f. 160 Bruchner/Krepold, in: Bankrechts-Handbuch, § 39 Rn. 310; Früh, WM 2000, 497, 501; St. Hofmann/Walter, WM 2004, 1566, 1572; Bütter/Tonner, ZBB 2005, 165, 171; Bredow/Vogel, BKR 2008, 271, 275 f.; Wech, S. 555. 161 Hopt, in: Baumbach/Hopt, HGB, V. (8) AGB-Banken, Nr. 18 Rn. 2; Bunte, AGBBanken, Nr. 18, Rn. 418. 162 Vgl. Scharf, S. 396 f.; Bitter, ZHR 173 (2009), 379, 433, nennt §§ 313, 314 BGB in einem Atemzug, ohne hierbei zu differenzieren. 163 Vgl. OLG Karlsruhe, WM 2001, 1803, 1804 f.; Wengert/Widmann/Wengert, NJW 2000, 1289, 1294; eine Ausnahme bildet die Monographie von Scharf, S. 396 f.
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digungsrechts berührt.164 Auf diesen Gesichtspunkt bezieht sich auch einer der wenigen Hinweise in der Rechtsprechung: Das OLG Karlsruhe hat im Jahre 2001 entschieden, dass ein Bankkunde seinen langfristigen Kreditvertrag ohne Verpflichtung zur Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) und unter Anlehnung an die Grundsätze der Anpassung eines Vertrags bei Wegfall einer Geschäftsgrundlage (heute § 313 Abs. 3 S. 2 BGB) fristlos kündigen konnte, nachdem seine Hausbank – eine Volksbank im ländlichen Raum – mit einer anderen Volksbank fusioniert hatte.165 Darin, dass diese Bank infolge der Universalsukzession in den Kreditvertrag mit eintrat, sah das Gericht das Vertrauensverhältnis zwischen den Darlehensparteien gefährdet. Die Hausbank befinde sich im Besitz höchstpersönlicher, insbesondere auch wirtschaftlicher Informationen über den Kreditnehmer und müsse derartige Informationen auch nach der Fusion laufend weiter erheben. Das OLG Karlsruhe war im konkreten Fall der Ansicht, dass die diesbezüglichen Geheimhaltungsinteressen gegenüber der Bank, mit der die Hausbank fusionierte, aufgrund personaler Verflechtungen und möglicher Interessenkonflikte schutzbedürftig seien. Der Darlehensnehmer dürfe ihr daher einen Einblick in seine wirtschaftlichen Aktivitäten verwehren.166 Zu diesem Zweck scheint eine Kündigung nicht unbedingt geeignet zu sein, lässt sich damit doch der bereits erfolgte Datenfluss nicht rückgängig machen, sondern nur ein weiterer Einblick in geheimhaltungsbedürftige Informationen unterbinden. Das Gericht stellte jedoch in den Vordergrund, dass dem Darlehensnehmer die Vertragsfortsetzung mit dem fusionierten Institut wegen des fehlenden Vertrauensverhältnisses unzumutbar sei. Das Kündigungsrecht war allerdings verfristet, so dass die gerichtlichen Ausführungen lediglich ein obiter dictum darstellen.167 Der BGH hat die Revision nicht angenommen.168 In der Lit. teilt sich das Meinungsspektrum im Wesentlichen in zwei Lager: Auf der einen Seite stehen die Befürworter eines generellen Kündigungsrechts. Insbesondere Hellner und Steuer sowie ihnen folgend Bitter sind der Ansicht, bei Verletzung des Bankgeheimnisses sei eine Fortsetzung des Darlehensvertrages immer unzumutbar.169 Wengert, Widmann und Wengert sowie Scharf leiten im Falle von Umwandlungen ein Kündigungsrecht nach § 313 Abs. 3 S. 2 BGB aus der Interessenbewertung des Widerspruchsrechts nach § 35 Abs. 5 BDSG her.170 164 Vgl. Wengert/Widmann/Wengert, NJW 2000, 1289, 1294; Zöllner, ZHR 165 (2001), 440, 449. 165 OLG Karlsruhe, WM 2001, 1803 ff. 166 OLG Karlsruhe, WM 2001, 1803, 1804. 167 OLG Karlsruhe, WM 2001, 1803, 1804 f. 168 s. Anm. der Schriftleitung zu OLG Karlsruhe, Urteil vom 25.6.2001 – 9 U 143/ 00, NJW-RR 2002, 720. 169 Weber, in: BuB, Rn. 2/859; Bitter, ZHR 173 (2009), 379, 419 f.; ohne Einschränkung auch Casper, in: Handbuch zum deutschen und europäischen Bankrecht, § 3 Rn. 13. 170 Wengert/Widmann/Wengert, NJW 2000, 1289, 1294; Scharf, S. 396 ff.
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Soweit der Betroffene der Erhebung, Verarbeitung und Nutzung seiner Daten erfolgreich widerspricht, folge daraus auch ein Kündigungsrecht, weil eine Vertragsanpassung regelmäßig nicht möglich sei. Auf der anderen Seite finden sich zahlreiche Stimmen, die eine Unzumutbarkeit i. S. v. § 314 Abs. 1 S. 2 BGB nicht schon bei jeder schuldhaften Verletzung des Geheimhaltungspflichten annehmen, sondern dies einzelfallabhängig entscheiden wollen.171 Insbesondere Canaris und Grigoleit wollen ein Sonderkündigungsrecht nur durchgreifen lassen, wenn zu befürchten ist, dass die Bank auch künftig und bei anderer Gelegenheit das Bankgeheimnis nicht wahren wird.172 Nobbe zieht vor allem die Veräußerung an Nichtbanken in Erwägung, die dem sozialen Umfeld des Darlehensnehmers nicht fern stehen und denen die Bank auch künftig aufgrund regelmäßiger Bonitätsprüfungen erhobene Informationen weitergibt.173 Ähnlich restriktiv äußern sich Teichmann und Kießling zu den Folgen der Verletzung des Datenschutzes in Umwandlungsvorgängen: Unter Berücksichtigung des besonderen Umwandlungsprivilegs reiche die Löschung und Sperrung der Daten grundsätzlich zum Schutz des Betroffenen aus.174
III. Verletzung der Geheimhaltungspflichten im Kreditgeschäft als schwerer Vertrauensbruch Nach allgemeiner Meinung ist eine schwerwiegende Pflichtverletzung ein wichtiger Grund im Sinne der vorgenannten Regelungen,175 die eine Vertragsfortführung unzumutbar macht. Grigoleit gibt allerdings zu bedenken, es sei keine Selbstverständlichkeit, dass sich eine Schutzpflichtverletzung auf den Fortbestand des zwischen den Parteien bestehenden Leistungsverhältnisses auswirke.176 Eine entsprechende Einschränkung lässt sich den Kündigungsvorschriften jedoch nicht entnehmen. In § 314 Abs. 1 S. 2 BGB wird vielmehr die Unzumutbarkeit als maßgebliches Kriterium genannt, die unter Berücksichtigung „aller“ Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen zu ermitteln ist. Eine Einschränkung auf Leistungsinteressen ist nicht ersicht171 Canaris, in: Großkommentar HGB, Bd. 5, Bankvertragsrecht I, Rn. 69; Grigoleit, in: FS Canaris, Bd. I, S. 275, 294; St. Hofmann/Walter, WM 2004, 1566, 1572; Nobbe, WM 2005, 1537, 1547 f.; ders., ZIP 2008, 97, 104; Wech, S. 555 ff.; Bruchner/Krepold, in: Bankrechts-Handbuch, § 39 Rn. 310; Bunte, AGB-Banken, Nr. 18, Rn. 418. 172 Canaris, in: Großkommentar HGB, Bd. 5, Bankvertragsrecht I, Rn. 69; Grigoleit, in: FS Canaris, Bd. I, S. 275, 294; ebenso Bunte, AGB-Banken, Nr. 18, Rn. 418; Wech, S. 556. 173 Nobbe, WM 2005, 1537, 1547 f.; ders., ZIP 2008, 97, 104, offenbar im Anschluss an das genannte Urteil des OLG Karlsruhe, WM 2001, 1803. 174 Teichmann/Kießling, ZGR 2001, 33, 73. 175 BGH, WM 1978, 234; Canaris, in: Großkommentar HGB, Bd. 5, Bankvertragsrecht I, Rn. 1248. 176 Grigoleit, in: FS Canaris, Bd. I, S. 275, 293.
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lich. Gemäß § 324 BGB berechtigt den Gläubiger auch die Verletzung einer Pflicht nach § 241 Abs. 2 BGB zum Rücktritt von einem gegenseitigen Vertrag. Es ist nicht gerechtfertigt, dies bei einer Kündigung von Dauerschuldverhältnissen anders zu handhaben, zumal der Wahrung des Vertrauensverhältnisses hierbei eine gehobene Stellung zukommt.177 Die Verletzung der Geheimhaltungspflichten ebnet dem Darlehensnehmer demnach grundsätzlich den Weg zu einem Kündigungsrecht. Eine wesentliche Hürde stellt die erforderliche Intensität der Verletzung dar. Für die Bank können sich aus dem Sonderkündigungsrecht wegen der entfallenden Vorfälligkeitsentschädigung und dem Kündigungsfolgeschaden ungleich höhere Kosten ergeben als aus dem zuvor geschilderten Restitutionskonzept. Das vertraglich zugrunde gelegte Äquivalenzverhältnis wird damit nicht wie bei der Naturalrestitution wieder hergestellt, sondern zu Lasten der Bank durchbrochen. Das lässt sich nur rechtfertigen, wenn der von der Bank vorgenommene Eingriff in das Vertrauensverhältnis entsprechend schwerwiegend ist. Auch hierzu findet sich ein Anhaltspunkt in § 324 BGB, wonach die Verletzung einer Nebenpflicht i. S. v. § 241 Abs. 2 BGB den Gläubiger nicht immer, sondern nur dann zum Rücktritt berechtigt, wenn ihm ein Festhalten am Vertrag nicht mehr zuzumuten ist. Eine solche Unzumutbarkeit ist jedoch immer gegeben, wenn die Bank dem Darlehenserwerber die Schuldnerdaten offenbart, damit dieser den Forderungseinzug vornehmen kann. Das Vertrauen der Kunden und der Kapitalmärkte ist schlechthin konstituierend für die Bank. Deshalb kommt ihm ein besonderer Stellenwert zu. Das Bankgeheimnis ist eine wesentliche Stütze dieses Vertrauens. Die Kunden reagieren mit einem Abzug ihres Vermögens, wenn es nicht eingehalten wird. Im Kreditgeschäft ist die Bedeutung des Bankgeheimnisses und weiterer Geheimhaltungspflichten nicht geringer. Die Geheimnisoffenbarung ermöglicht Dritten die Durchsetzung der vertraglichen Ansprüche der Bank. Dies allein macht es dem Darlehensnehmer schon unzumutbar, das Vertragsverhältnis mit der Bank bzw. dem neuen Gläubiger fortsetzen zu müssen. Er muss zumindest für die Zukunft verhindern können, dass der neue Gläubiger ihm gegenüber so auftritt wie er es unter Wahrung des Bankgeheimnisses nicht könnte.
IV. Scheinbare Nachteile eines Sonderkündigungsrechts Von Bank- und Wirtschaftsanwälten wird in Frage gestellt, ob ein Sonderkündigungsrecht überhaupt den Interessen der Darlehensnehmer gerecht wird.178 177 Bruchner/Krepold, in: Bankrechts-Handbuch, § 79 Rn. 165; MüKo-BGB/Gaier, § 314, Rn. 12; eingehend Wech, S. 555 f. 178 Bütter/Tonner, ZBB 2005, 165, 171; Bredow/Vogel, BKR 2008, 271, 276; Dörrie, ZBB 2008, 292, 295.
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7. Kap.: Rechte wegen Geheimnisverletzung
Aufgrund der sofortigen Gesamtfälligkeit müssten die Schuldner die Restschuld unmittelbar im Anschluss an die Kündigung vollständig zurückzahlen bzw. refinanzieren. Das hält gerade bonitätsschwache Kunden von der Ausübung ihres Rechts ab. In anderem Zusammenhang weist auch der BGH auf die hohen Transaktionskosten einer Umschuldung hin.179 Außerdem könne der bezweckte Schuldnerschutz damit sogar pervertiert werden. Denn die Kündigung könne den Verwender von einem zuvor für ihn ungünstigen, für den Kunden jedoch vorteilhaften Vertrag befreien.180 Veräußert eine Bank ein Darlehen, liegt die Vermutung nahe, dass sie es für unwirtschaftlich hält, es sei denn, sie befände sich in Liquiditätsschwierigkeiten. Der Darlehensnehmer muss das Darlehen zum Nominalwert zurückzahlen. Insbesondere bei einem schlechten Darlehenszustand könnte die Bank diesen Wert gegenüber dem Investor nicht als Kaufpreis durchsetzen. Eine Vertragsauflösung kann für die Bank sogar dann finanziell vorteilhaft sein, wenn die Vorfälligkeitsentschädigung wegfallen sollte. Dies gilt zumal dann, wenn sie nicht sicher sein kann, dass sie einen Dritten findet, der ihr das Darlehen für einen entsprechenden Betrag abkauft. Diese Einwendungen können jedoch allesamt nicht dazu führen, dem Darlehensnehmer ein Sonderkündigungsrecht abzusprechen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass dieses Recht aufgrund einer Verletzung der Geheimhaltungspflichten gewährt wird, die von der Bank zu verantworten ist. Mithin zieht seine Ausübung keine Verpflichtung zur Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung gemäß § 490 Abs. 2 S. 3 BGB nach sich.181 Außerdem hat der Darlehensnehmer laut § 314 Abs. 4 BGB einen Anspruch auf Ersatz des Kündigungsfolgeschadens aus § 280 Abs. 1 BGB, der sich auf die Verletzung der Geheimhaltungspflicht stützen kann und durch die Kündigung nicht ausgeschlossen wird.182 Bitter weist daher zu Recht auf die besondere Effizienz des Sonderkündigungsrechts hin.183 Den sich aus der Vertragsverkürzung ergebenden (kalkulatorischen) Zinsschaden der Bank hat der Darlehensnehmer wegen der entfallenden Vorfälligkeitsentschädigung nicht zu tragen. Die Refinanzierungsschäden, die dem Darlehensnehmer aus der sofortigen Fälligkeit und ungünstigeren Marktzinsen entstehen, werden durch den Anspruch auf Ersatz des Kündigungsfolgeschadens kompensiert. Außerdem hat der Darlehensnehmer die Wahl, ob er das Kündigungsrecht ausübt. Liegt es nicht in seinem Interesse, steht es ihm frei, auf die Ausübung zu verzichten.
179
BGHZ 180, 257, 271. Vgl. BGHZ 180, 257, 271; BGH NJW 2008, 360, 363; Habersack, WM 2001, 753, 757. 181 Vgl. OLG Karlsruhe, WM 2001, 1803, 1804. 182 Schantz, VuR 2006, 464, 468 f.; Bitter, ZHR 173 (2009), 379, 419 f. und 433; Wech, S. 531, 557. 183 Bitter, ZHR 173 (2009), 379, 419 f. 180
D. Besonderheiten bei Abspaltung und Ausgliederung
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D. Besonderheiten bei Abspaltung und Ausgliederung Das Sonderkündigungsrecht und die zuvor genannten Restitutions- und Schadensersatzansprüche bestehen bei Transaktionen aufgrund einer rechtsgeschäftlichen Gesamtrechtsnachfolge nach §§ 123 Abs. 2 und 3, 131 Abs. 1 UmwG in derselben Weise wie bei einer Einzelrechtsnachfolge nach § 398 BGB. Die entsprechenden Pflichten treffen sowohl die Bank als auch den Erwerber, ohne dass es hierbei auf eine Überleitung nach § 404 BGB ankäme.184 Zur Begründung können zwei Wege aufgezeigt werden: Einerseits ist es vorstellbar, dass die Geheimhaltungspflichten zum Zeitpunkt ihrer Verletzung allein den übertragenden Rechtsträger, also die Bank, binden. Das gilt im Hinblick auf das Bankgeheimnis dann, wenn die Daten noch vor Wirksamwerden der Spaltung durch Eintragung ins Handelsregister weitergegeben werden. In diesen Fällen gehen allein die bestehenden Ersatzpflichten und Kündigungsrechte wegen der Verletzung der Geheimhaltungspflichten akzessorisch zu dem Darlehensvertrag auf den übernehmenden Rechtsträger über.185 Denn die Geheimhaltungspflichten sind dem Darlehensvertrag zu dienen bestimmt, weshalb auch die entsprechenden Rechte und Sekundäransprüche seinem Schicksal folgen. Zugleich unterfallen sie aber der gesamtschuldnerischen Nachhaftung der Bank gemäß § 133 Abs. 1 S. 1 UmwG.186 Andererseits sei daran erinnert, dass die Geheimhaltungspflichten im Falle des Bankgeheimnisses durch den Umwandlungsprozess vervielfältigt werden. Hierzu ist der Inhalt der Geheimhaltungspflicht des übernehmenden Rechtsträgers präzise herauszuarbeiten. Bislang wurde lediglich davon gesprochen, dass die Verschwiegenheitspflicht des Erwerbers nicht „dieselbe“ ist, der die Bank unterliegt, sondern dieser Pflicht nur „vergleichbar“ ist. Der inhaltliche Unterschied der Aussage findet sich in der Person des Verpflichteten: Die Bank ist dazu verpflichtet, eine Datenoffenbarung zu unterlassen. Den übernehmenden Rechtsträger trifft hingegen die Pflicht, dass er selbst die Daten nicht weitergibt. Bei genauer Nachbildung des Pflichteninhalts tritt hinzu, dass der Erwerber dafür Sorge tragen muss, dass es die Bank unterlässt, Daten an Dritte, und zwar insbesondere auch an ihn selbst, weiterzugeben. Somit verletzt der Erwerber die ihn bindende Geheimhaltungspflicht selbständig, wenn er die Schuldnerdaten nach Durchführung der Gesamtrechtsnachfolge von der Bank entgegennimmt. In datenschutzrechtlicher Hinsicht sind ohnehin beide Rechtsträger „verantwortliche Stellen“ i. S. d. § 3 Abs. 7 BDSG.
184
Bitter, ZHR 173 (2009), 379, 429 f. Anders ist dies hinsichtlich der Kündigungsrechte des Darlehensgebers, sie gehen nur im Falle der ausdr. oder stillschweigenden Mitübertragung über, vgl. OLG Schleswig, WM 2009, 1193, 1195. 186 Bitter, ZHR 173 (2009), 379, 429 f. 185
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7. Kap.: Rechte wegen Geheimnisverletzung
Die Datenweitergabe führt so nach allgemeinen Grundsätzen sowohl zu einer Haftung des Veräußerers als auch des Erwerbers. Unterliegen mithin beide den gleichen Geheimhaltungspflichten, verletzen sie diese jeder für sich durch die Datenweitergabe und haften dafür, ohne dass für die übertragende Person die Nachhaftungsregeln bemüht werden müssten. Für den eingeschränkten Anwendungsbereich des Amtsgeheimnisses in der Umwandlung gelten Besonderheiten. Es ist an die Person des Amtsträgers gebunden und wird nicht in der Person des übernehmenden Rechtsträgers vervielfältigt. Folglich kann es von diesem nicht verletzt werden. Insofern haftet der übernehmende Rechtsträger nur dann für die Verletzung des Amtsgeheimnisses, wenn die daraus resultierenden Schadensersatzansprüche zur Zeit der Gesamtrechtsnachfolge bereits bestehen und als Verbindlichkeit auf ihn übergehen.
„Ich leihe mir Geld für drei Prozent, verleihe es für sechs Prozent und gehe um drei Uhr Golf spielen.“ Einem liberalen Banker und Politiker zugeschrieben „Monkeys reject unequal pay“. Sarah F. Brosnan, Frans B. M. de Waal 1
8. Kapitel
Wahrung der wirtschaftlichen Selbstbestimmung und des vertraglichen Äquivalenzverhältnisses Mit dem zuvor entwickelten Instrumentarium kann die Verletzung des Bankgeheimnisses und der übrigen Geheimhaltungspflichten präventiv abgewehrt, restituiert, kompensiert und in beschränktem Maße auch sanktioniert werden. In Abgrenzung dazu sollen nunmehr die Möglichkeiten erörtert werden, wie bei Darlehensveräußerungen die wirtschaftliche Selbstbestimmung und die vertragliche Äquivalenz sichergestellt werden können. Dazu dient nach dem gesetzgeberischen Gedanken das Zusammenspiel der neuen Hinweispflicht gemäß Art. 247 § 9 Abs. 1 S. 2 EGBGB mit gegebenenfalls vertraglich vereinbarten Abtretungsund Übertragungsverboten. Ausgehend von den Grundlagen der Zinsbestimmung ist festzustellen, dass die Bestimmung der (Nicht-)Veräußerbarkeit einen festen Bestandteil der Darlehenskonditionen bildet. Sie hat unmittelbaren Einfluss auf die Zinshöhe. Darauf aufbauend wird diskutiert, inwieweit sich bonitätsabhängige Zinsänderungsklauseln mit der Veräußerbarkeit und Veräußerung der Darlehen vertragen. Weiter wird nach Lösungen gesucht, die negative Abschlussfreiheit und den Datenschutz zu effektivieren, indem dem Darlehensnehmer ein Einfluss auf die Forderungsabtretung bzw. den Vertragsübergang gegeben wird. Die informationelle Selbstbestimmung muss auch dann in höchstmöglichem Maße gewahrt werden, wenn der Darlehensnehmer bereits pauschal in die Datenweitergabe eingewilligt hat.2 Gleiches gilt für die wirtschaftliche Selbstbestimmung. Zudem muss dem Darlehensnehmer die Möglichkeit gegeben werden, von den Gewinnen der Darlehensveräußerung zu profitieren.
1 2
Nature 2003 (Vol. 425), 297 ff. Vgl. BVerfG, WM 2006, 2270, 2271 ff.
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8. Kap.: Wirtschaftliche Selbstbestimmung und Vertragsäquivalenz
A. Determinanten des Kreditzinses Karl Marx hat das Geldkapital als solches als eine selbständige Form des Kapitals bzw. als das Kapital „par excellence“ aufgefasst.3 Der Zins sei der Mehrwert, den das bloße Eigentum am Kapital liefere, obgleich sein Eigentümer außerhalb des Produktionsprozesses stehen bleibe.4 So stellt der Zins auch in den Augen des Gesetzgebers den Preis für die schlichte Inanspruchnahme eines Kredites dar (vgl. § 488 Abs. 1 S. 2 BGB). Der Zins besteht aus dem risikolosen Fremdkapitalkostensatz, einem Vermittlerentgelt, der Liquiditätsprämie, dem Risikozuschlag und der Risikoprämie.5 Die Liquiditätsprämie 6 ist der Preis dafür, dass der Gläubiger über das verliehene Geld während der Laufzeit des Kredits nicht verfügen kann.7 Die Liquidität bezieht sich auf den Kredit und hängt einerseits von seiner Selbstliquidationsperiode8 und andererseits von seiner vorzeitigen Veräußerbarkeit ab. Zu dem Zins, der für laufzeitkongruente Fremdkapitalprodukte zu zahlen ist, tritt ein Risikozuschlag hinzu.9 Er dient dazu, statistisch zu erwartende Kreditausfälle auszugleichen.10 Die Risikoprämie dient hingegen dazu, unerwartete Verluste zu kompensieren.11 Die tatsächlichen Verluste zeichnen den Erwartungswert nämlich nicht notwendig nach, sondern schwanken im Zeitverlauf zufällig um den Erwartungswert. In dieser Volatilität liegt das eigentliche Kreditrisiko.12 Die Bezeichnung als „unerwartete Verluste“ ist insofern ungenau, als die Bandbreite und bestimmte andere Eigenschaften der Streuwerte durchaus zu erwarten sind. Die Höhe der Risikoprämie hängt von der individuellen Risikoneigung des Investors ab. 3 K. Marx, Das Kapital Bd. III, S. 411; zum Geldkapital zählt er insbes. auch Hypotheken, s. ebenda S. 508. 4 K. Marx, Das Kapital Bd. III, S. 411. 5 Vgl. zu den Zinsbestandteilen grundlegend Fisher, The Theory of Interest; in weiten Teilen basierend auf Fisher, The Rate of lnterest; aus heutiger Zeit Brigham/ Houston, Fundamentals of Financial Management, S. 137 ff.; aus dem deutschsprachigen Raum: Issing, Einführung in die Geldtheorie, S. 99 ff. 6 Keynes, The General Theory of Employment, Interest and Money, Chapter 17 II; von Böhm-Bawerk spricht von „Underestimate of the Future“ bzw. „Undervaluation of future goods“, vgl. ders., The Positive Theory of Capital, V.III. (Überschrift) und V.III.9. 7 Dem kommt die vor allem für die Preisbildung von Wertpapieren geläufige Bezeichnung als „Illiquiditätsprämie“ näher. 8 Der Begriff geht zurück auf Stützel, in: Grochla/Wittmann, Handwörterbuch der Betriebswirtschaftslehre, Sp. 2515 ff. 9 Hartmann-Wendels/Pfingsten/Weber, Bankbetriebslehre, S. 439; Büschgen, Bankbetriebslehre, S. 931 ff.; der Risikozuschlag und die im Folgenden zu erläuternde Risikoprämie werden auch als implizite (d. h. stillschweigende) Fremdkapitalkosten bezeichnet, vgl. Perridon/Steiner, Finanzwirtschaft der Unternehmung, S. 495. 10 Vgl. zu dem Hintergrund der zweigeteilten Risikoabgeltung für erwartete und unerwartete Verluste Schierenbeck, Ertragsorientiertes Bankmanagement, Bd. 1, S. 311 ff. 11 Büschgen, Bankbetriebslehre, S. 866 f., 931. 12 Büschgen, Bankbetriebslehre, S. 866, 931.
A. Determinanten des Kreditzinses
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Unter Zugrundelegung der „Prospect Theory“ von Kahneman und Tversky13 kann der individuelle Erwartungsnutzen einzelner Ergebnisse subjektiv ganz unterschiedlich bewertet werden. Aufgrund ihrer spezifischen Erwartungsnutzenstruktur beteiligen sich Glücksspieler am Roulette, wissend, dass dessen nomineller Erwartungswert stets niedriger ist als derjenige einer hypothetisch sicheren Alternativanlage (des Sicherheitsäquivalents).14 Andernfalls würde sich der Geschäftsbetrieb für eine Spielbank – den Gegenspieler – auf Dauer kaum lohnen.15 Das leitet über zur Risikoaversion. Diese Eigenschaft ist den weitaus meisten Marktteilnehmern zuzuschreiben, wobei sich freilich graduelle Unterschiede zeigen.16 Risikoaverse Anleger bevorzugen ein Sicherheitsäquivalent auch dann, wenn dessen Ertrag niedriger liegt als der Erwartungswert der Risikoposition.17 „Vernünftigen“ Menschen ist eben der Spatz in der Hand näher als die Taube auf dem Dach, wobei die Vernunft indes in einem anderen, profaneren Sinne zu verstehen ist als die von den neoklassischen Theorien angenommene, oder besser: geforderte Rationalität. Unsichere Gewinne in der Zukunft sind weniger begehrt als die möglichen Verluste gefürchtet. Je höher danach die Risikoaversion eines Anlegers ist, desto höhere Entgelte verlangt er in Gestalt der Risikoprämie zur Absicherung der unerwarteten Verluste.
I. Betriebswirtschaftliche Grundlagen der Risikoadjustierung mit Blick auf das versicherungstechnische Äquivalenzprinzip Die Zinsliberalisierung im Jahre 196718 ebnete den Weg für die bankinterne Kalkulation des Kreditzinses unter besonderer Berücksichtigung individueller 13 Kahneman/Tversky, Econometrica 47 (1979), 263; vgl. ferner die letzte Weiterentwicklung vor dem Tod von Tversky: dies., in: Choices, values and frames, S. 44. 14 Der Erwartungswert ist für die Spieler beim Roulette regelmäßig negativ. Das Sicherheitsäquivalent besteht darin, einfach nicht zu spielen und beträgt demzufolge Null. 15 Man muss sich dabei vergegenwärtigen, dass der Verlust des Spielers der Gewinn der Spielbank ist. Für sie ist der statistische Erwartungswert in absoluten Zahlen stets positiv. 16 Der Nachweis dieses Phänomens bildete den Kern der Prospect Theory von Kahneman/Tversky, Econometrica 47 (1979), 263. 17 Vgl. Bamberg/Coenenberg, Betriebswirtschaftliche Entscheidungslehre, S. 94 f. 18 Noch bis ins Jahr 1985 wurde der Bundesminister der Finanzen in § 23 Abs. 1 KWG zum Erlass einer Rechtsverordnung zur Zins- und Konditionenreglementierung ermächtigt. Diese Ermächtigung wurde als Folge der Weltwirtschaftskrise durch Reichsnotverordnung vom 08.12.1931 (RGBl. I, 699, 704) eingeführt, in das Reichs-KWG übernommen und später im KWG der Bundesrepublik Deutschland beibehalten. Hintergrund war einerseits die Angst vor einem schädigenden Konditionenwettbewerb im Kreditgewerbe; andererseits sollten kreditpolitische Maßnahmen der Deutschen Bundesbank erleichtert werden, RegBegr. zum KWG 1961, BT-Drs. 3/1114, VI 4; Fischer, in: Bankrechts-Handbuch, § 131 Rn. 4; die letzte auf dieser Ermächtigungsgrundlage erlassene Zinsverordnung vom 05.02.1965 (BGBl. I, 33) schrieb Höchstsätze für Kredite samt Kreditkosten, Einlagen und Nebenbedingungen vor. Sie wurde im Zuge der Zins-
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Kreditrisiken, wie es heute allgemein üblich ist.19 Die Risikoabgeltung wirkt nicht unmittelbar risikoreduzierend, sondern wälzt lediglich die Risikokosten auf die Darlehensnehmer ab. Damit fließen Elemente des Versicherungsprinzips in die Leistungserstellung des Kreditgeschäfts ein.20 Das BVerfG sieht die Äquivalenz von Beitrag und Leistung (versicherungstechnisches Äquivalenzprinzip) als dessen prägendes Kennzeichen.21 Mit den Prämien wird ein im Einzelnen ungewisser, insgesamt aber schätzbarer Geldbedarf für Schäden auf der Grundlage eines Risikoausgleiches im Kollektiv und in der Zeit gedeckt.22 Zu Zeiten der Zinsreglementierung haben die Banken gezwungenermaßen die Kosten der Kreditausfälle weitgehend einheitlich auf das Kollektiv der Kreditnehmer umgelegt. In den letzten Jahren gingen sie dazu über, den kollektiven Erwartungswert der Schäden den einzelnen Kreditnehmern entsprechend ihres jeweiligen Verursachungsbeitrags im Sinne des individuellen Äquivalenzprinzips zuzurechnen. Dieser Entsolidarisierung liegen vornehmlich Wettbewerbserwägungen zugrunde.23 Im Versicherungsgeschäft werden gleiche Prämien als eine versicherungsfremde, systematische Umverteilung aufgefasst, die nicht Gegenstand der Individualversicherung sei.24 Dementsprechend kann eine einheitliche Bepreisung auch im Kreditgeschäft als Quersubventionierung begriffen werden.25 Bonitätsmäßig „gute“ Kreditkunden zahlen im Verhältnis zu ihrem Ausfallrisiko zu hohe Zinsen, bonitätsmäßig „schlechte“ Kreditnehmer verhältnismäßig niedrige Zinsen. Deshalb werden entsprechende Abwanderungs- und Zuwanderungstendenzen befürchtet, die eine negative Risikoauslese (Adverse Selection) auslösen könnten.26 liberalisierung zum 01.04.1967 mit der Verordnung über die Aufhebung der Zinsverordnung und von Bestimmungen über die Kosten für Teilzahlungsfinanzierungskredite und Kleinkredite vom 21.03.1967 (BGBl. I, 352) aufgehoben. Die Ermächtigung in § 23 Abs. 1 KWG a. F. war seither ohne praktische Relevanz, wurde aber erst mit der 3. KWG-Novelle vom 20.12.1984 (BGBl. I, 1693) endgültig gestrichen. 19 Sie ist zugleich die Geburtsstunde flexibler Zinsanpassungsregelungen, so Bruchner, referiert von Mackenthun/Sonnenhol, WM 2001, 1585, 1588. 20 Schierenbeck, Ertragsorientiertes Bankmanagement, Bd. 1, S. 311 ff. 21 BVerfGE 79, 87, 101; 90, 226, 240; 92, 53, 71 ff.; Wandt/H. Ehlers, in: Essays in Honour of Dufwa, Bd. II, S. 1201, 1219 a. E. („kalkulatorische Grundfeste des Versicherungswesens“). 22 Farny, Versicherungsbetriebslehre, S. 8. 23 Ausdr. Wandt/H. Ehlers, in: Essays in Honour of Dufwa, Bd. II, S. 1201, 1205, („Der angestrebte Wettbewerb erfordert eine Prämiendifferenzierung nach dem individuellen Äquivalenzprinzip“); aus der Privatversicherungswirtschaft ist bekannt, dass Kunden zu teurer Versicherungen zur Konkurrenz abwandern und sich bei zu günstigen Versicherungen hingegen Verluste einstellen, vgl. G. Schmidt, in: FS Karten, S. 27, 30 f. 24 Karten, Versicherungsbetriebslehre, S. 97. 25 So Schmeisser/Mauksch, Finanz Betrieb 2005, 296; Schulte-Mattler, WM 2007, 1865, 1866 f.; Zeitler, WM 2001, 1397, 1398. 26 Rolfes/Emse, DStR 2001, 316 ff.; dies., in: Tietmeyer/Rolfes, Basel II, S. 57 ff.; Fraedrich, in: Tietmeyer/Rolfes, Basel II, S. 126 f.; Schierenbeck, Ertragsorientiertes Bankmanagement, Bd. 1, S. 312 f.; vgl. schon früh Gürtler, ZfB 1962, 605.
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Im Ergebnis erhöhen sich dadurch die Risikokosten für die Institute, die pauschal bepreisen, zugunsten derjenigen, die risikoadäquate Zinsstaffelungen anbieten. Es wird deshalb gefordert, dass sich auch Kreditinstitute auf ein differenziertes Produktangebot einlassen müssen, um im Wettbewerb bestehen zu können.27 Demgemäß wird auf dem Boden zunehmend individualisierter Risikokosten die Risikoabgeltung auch während der Vertragslaufzeit aufgrund von Zinsänderungsklauseln an die einzelnen Bonitätsveränderungen angepasst.28 Die zeitliche Dynamisierung der aufsichtsrechtlichen Vorgaben zur Risikovorsorge nach Basel II hat dazu den Anstoß und die Rechtfertigung gegeben.29
II. Systemimmanente Grenzen laufender Zinsanpassungen an Bonitätsveränderungen Akerlof betrachtet im Rahmen seiner Studie zum Market of Lemons die Wirkungszusammenhänge zwischen Preis und Risiko gerade umgekehrt zu den vorangegangenen Erwägungen und stellt am Beispiel der Krankenversicherung die These auf, dass der durchschnittliche Gesundheitszustand der Versicherungsbewerber, also das durchschnittliche Vertragsrisiko, umso schlechter werde, je höher die Risikoprämie sei.30 Ein steigender Preis ziehe gerade diejenigen Kunden an, die sich sicher seien, dass ihre Risiken eintreten würden.31 Eine schlechte Risikoeinstufung führt zu höheren Kreditzinsen. Die höhere finanzielle Belastung macht einen Kreditausfall wahrscheinlicher, so dass die Bonitätseinstufung einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung gleicht. Noch prozyklischer wirkt eine dynamische Anhebung der Risikoprämie aufgrund einer Bonitätsverschlechterung des Darlehensnehmers, weil dessen Tragfähigkeit ohnehin eingeschränkt ist. Im Übrigen können die Risikokosten, soweit sie noch nicht amortisiert sind, bei 27 So konstatiert Schaar kritisch, dass das Aussieben von Kunden nach Arm und Reich auch in anderen Branchen zu einem wichtigen Instrument im Produktmarketing geworden ist, vgl. ders., Stellungnahme zur „Modernisierung des Datenschutzes“ am 05.03.2007, BT-Innenausschuss, Ausschussdrucksache 16(4)176 B, S. 10. 28 Vgl. etwa Kersting, ZIP 2007, 56. 29 Stellvertretend Wittig, ZHR 169 (2005), 212, 231 f., der von einem durch den Basler Ausschuss vermittelten ökonomischen Zwang zur Durchsetzung risikoadäquater Konditionen spricht. 30 Akerlof, Quarterly Journal of Economics, Vol. 84 (1970), 488, 492; dazu im Zusammenhang mit Darlehensveräußerungen ausf. Kapitel 2 A. 31 Akerlof plädiert deshalb für eine obligatorische Krankenversicherung, vgl. Akerlof, Quarterly Journal of Economics, Vol. 84 (1970), 488, 494; gegen eine Risikoadjustierung im Kreditgeschäft befanden Loeb, Cohen und Johnson im Jahre 1995 unter Bezugnahme auf eine Studie der National Association of Insurance Commissioners, dass die individuelle Risikodifferenzierung adverse Effekte auch in anderer Weise hervorruft, als sie zur Begr. des individuellen Äquivalenzprinzips herangezogen wurden, vgl. Loeb/Cohen/Johnson, U.S. News and World Report vom 17. April 1995, 51–58; vgl. auch Korczak/Wilken, Scoring im Praxistest, S. 26.
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einem Kreditausfall nicht mehr eingezogen werden. Deshalb würden nicht allein die bonitätsmäßig schwachen Kunden von einer gleichmäßigen Umlage auf das Kollektiv profitieren, sondern auch und vor allem die Bank selbst.32 Ausdifferenzierungen lassen sich bei den verschiedenen Risikogruppen ohnedies nur bis zu einem Grad vornehmen, mit dem den versicherungstechnischen Grundsätzen genügt werden kann und solange der Ausgleich im Kollektiv noch gewährleistet ist.33 Im Extremfall einer vollständigen Prämiendifferenzierung müssten die individuellen Risikoentgelte in der Summe dem Schaden selbst entsprechen, wodurch das Versicherungsprinzip ad absurdum geführt würde.34 Die Marktfähigkeit der Konditionen35 schwindet. Ein anfänglich als bonitätsschwach eingestufter Darlehensnehmer wird sich aufgrund der „statistischen Sippenhaft“ 36 im Nachhinein regelmäßig über zu hohe Risikozuschläge und -prämien beschweren. In Wahrheit wurden in seiner Person fremde Risiken individualisiert. Mithin ist Wandt und H. Ehlers beizupflichten, wenn sie Begriffe wie „risikoadäquate“ oder gar „risikogerechte Prämie“, „gleiche Risiken“ oder „homogene Risikogruppen“ aus versicherungstechnischer Perspektive als Euphemismen entlarven und sie lediglich für richtungsweisend, nicht aber für ergebnisbestimmend halten.37 Eine Übertragung der Versicherungsgrundsätze auf das Kreditgeschäft leidet ohnedies daran, dass der dem Versicherungsprinzip immanente Risikotransfer vom Versicherungsnehmer auf den Versicherer38 fehlt. Von den Zahlungen profitiert nämlich allein die Bank. Der Darlehensnehmer erwirbt im Falle einer Vermögensverschlechterung keinen eigenen „Versicherungsschutz“ etwa in Form einer Freistellung von Zins und Tilgung als Gegenleistung.39
32 Das wird offenkundig an dem Beispiel von Bruchner/Krepold, in: BankrechtsHandbuch, § 79 Rn. 73 ff., mit dem die Autoren den BGH widerlegen wollen, der von der Vorfälligkeitsentschädigung die noch zu zahlenden Risikoprämien abzieht und dabei offenbar schon von einer weit fortgeschrittenen Individualisierung der Risikoprämien ausgeht. Zumindest der Versicherungsanteil der Risikoprämie müsste wohl in der Vorfälligkeitsentschädigung enthalten bleiben, während der Verursachungsbeitrag des Einzelrisikos entsprechend der Konditionen der Bank entfallen müsste. 33 Grabosch, S. 146. 34 Bittl/Vielreicher, ZVersWiss 1994, 193, 202 f.; Grabosch, S. 146. 35 Eisen, ZVersWiss, 1980, S. 529, 539. 36 Tiaden, Vortragspräsentation Kredit-Scoring und Datenschutz, Mainz, 8. Juli 2009, S. 4. 37 Wandt/H. Ehlers, in: Essays in Honour of Dufwa, Bd. II, S. 1201, 1206. 38 Farny, Versicherungsbetriebslehre, S. 8. 39 Anders kann dies bei Kreditversicherungen sein, die aber ihrerseits klassisches Versicherungsgeschäft sind.
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III. Durchsetzung des Symmetrieprinzips und des Transparenzgebots Die bonitätsabhängigen variablen Zinssätze beruhen auf Zinsanpassungsklauseln.40 Nach herkömmlicher Lesart wurden sie als Preisvorbehaltsklauseln41 angesehen.42 Im Gegensatz zu Kostenelementeklauseln kommen sie ohne eine Anpassungsautomatik aus und lassen der Bank einen Ermessensspielraum, der es ihr ermöglicht, die neue Höhe des Zinses nach Billigkeitsgrundsätzen zu bestimmen.43 Damit begründen sie ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht des Verwenders der Klauseln, das durch § 315 BGB konkretisiert wird.44 Zinsanpassungsklauseln sind Preisnebenabreden, deren AGB-rechtliche Kontrollfähigkeit45 insbesondere auch dann befürwortet wird, wenn der Anpassungsmechanismus an die Schuldnerbonität anknüpft.46 Der BGH hat ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht in Zinsanpassungsklauseln in einer Grundsatzentscheidung aus dem Jahre 1986 für AGB-rechtlich zulässig erklärt.47 Banken können deshalb bei Marktzinsänderungen unter Ausnutzung ihres Informationsvorsprungs und ihrer höheren Verhandlungsmacht die Zinsreagibilitäten zu ihren Gunsten steuern und damit vorübergehend die Zinsmarge erhöhen.48 Darauf fußt das Zinselastizitätskonzept von Rolfes.49 Der BGH konkretisierte jedoch das Ermessen der Bank insofern, als die Bank nicht nur zur Erhöhung des Zinssatzes berechtigt sein dürfe, sondern unter bestimmten Umständen auch zur Herabsetzung des dem Kunden berechneten Zinssatzes verpflichtet sein müsse (Symme40 Zu der Zulässigkeit von und den Anforderungen an Klauseln zu bonitätsabhängigen Zinsanpassungen hat sich ein reichhaltiges Schrifttum entwickelt, vgl. Lischek, passim; Jungmann, WM 2001, 1401 ff.; Hey, ZBB 2004, 219 ff.; Mülbert, WM 2004, 1205 ff.; Pfingsten, in: Bankrechtstag 2004, 43 ff.; Langenbucher, in: Bankrechtstag 2004, S. 63 ff.; Wand, WM 2005, 1969 ff.; Wittig, ZHR 169 (2005), 212, 232 ff.; Kersting, ZIP 2007, 56 ff.; Ohletz, BKR 2007, 129, 129 ff.; Polke, S. 173 ff.; umstritten ist zudem, ob dem Darlehensnehmer für den Fall der Zinserhöhung ein Kündigungsrecht zukommt, vgl. Achtert, BKR 2007, 318 ff. 41 Das noch junge Gesetz über das Verbot der Verwendung von Preisklauseln bei der Bestimmung von Geldschulden (Preisklauselgesetz) vom 07.09.2007 (BGBl. I, 2246, 2247) gibt mit seinen Definitionen in § 1 Abs. 2 PreisklauselG eine geeignete Klassifizierung für die im Kreditwesen geläufigen Zinsanpassungsklauseln. 42 Nicht terminologisch, aber sachlich identisch BGHZ 158, 149, 153 ff. 43 Vgl. § 1 Abs. 2 Nr. 1 PreisklauselG. 44 Thomas, AcP 209 (2009), 84, 88. 45 Allg. BGHZ 158, 149, 153; zu Preisänderungsklauseln BGHZ 100, 157, 173; MüKo-BGB/Kieninger, § 307 Rn. 16; Thomas, AcP 209 (2009) 84, 90 f. 46 Vgl. Hey, ZBB 2004, 219, 225 f.; Langenbucher, in: Bankrechtstag 2004, 63, 71; Kersting, ZIP 2007, 56, 57. 47 BGHZ 97, 212. 48 Anschaulicher Vergleich des Vertragszinses mit Euribor Dreimonatsgeld bei Metz, BKR 2010, 265, 266. 49 Rolfes, Die Steuerung von Zinsänderungsrisiken in Kreditinstituten, passim.
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trieprinzip).50 Die Klausel selbst hielt er jedoch in seiner mehrfach bestätigten51 Entscheidung für wirksam, solange sie nur in der vom BGH vorgenommenen weiten Auslegung eine Anpassung des Vertragszinses in dieser Weise zuließ. Erst im Jahre 2009 änderte der BGH unter Heranziehung der zuvor schon für verschiedenste Wirtschaftsbereiche präzisierten Anforderungen an Preisanpassungsklauseln seine Rspr. und legte konsequent die „kundenfeindlichste“ Auslegung an.52 Demnach verwarf er Zinsanpassungsklauseln in Darlehensverträgen,53 deren Wortlaut mehr als zwanzig Jahre nach der genannten Leitentscheidung immer noch nicht seine wohlwollende Auslegung explizit machte.54 Dem Kreditinstitut muss es verwehrt werden, das ursprünglich vereinbarte vertragliche Äquivalenzverhältnis zu seinen Gunsten zu verändern.55 Wegen der Bindung des Ermessens an die Billigkeit (§ 315 Abs. 1, 3 S. 1 BGB) geht das Zinsänderungsrecht mit der Rechtspflicht einher, gefallenen Refinanzierungskosten nach den gleichen Maßstäben wie gestiegenen Kosten Rechnung zu tragen.56 Der Bank kommt in dieser Hinsicht gar kein Ermessen mehr zu.57 Das Symmetrieprinzip muss ausdrücklich und seinem Inhalt nach umfassend in die AGB aufgenommen werden. Die Bank muss ihre bisherigen Preisvorbehaltsklauseln demnach durch Kostenelementeklauseln ersetzen. Wird der Automatismus nicht deutlich gemacht, genügt die Berechnungsgrundlage für den Zins auch nicht dem Transparenzgebot58 des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB und ist auch aus diesem Grunde unwirksam. Eine vom Gericht gefundene subsidiäre Bestimmung darf nur Zinsanpassungen zugunsten des Darlehensnehmers vorschreiben.59 Andernfalls würde dem Verwender nicht der Anreiz genommen, die Klausel trotz ihrer Unwirksamkeit weiterzuverwenden, so dass das Verbot geltungserhaltender Reduktion im Individualprozess über eine ergänzende Vertragsauslegung unterlaufen würde. Im Ergebnis stört eine asymmetrische Anpassung das Äquivalenzverhältnis demnach nun zu Lasten des Darlehensgebers. Am Umsetzungshorizont der neuen Rspr.
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BGHZ 97, 212. BGH, WM 1987, 921, 922; WM 1991, 179, 181; WM 1992, 940, 941. 52 BGH, NJW 2009, 2051, 2053 (XI. Senat) mit Hinweis auf die ähnlich gelagerte Problematik bei Preisanpassungsklauseln in Gasversorgungs-Sonderverträgen, zu denen der VIII. Senat in gleicher Weise entschieden hat, s. BGHZ 176, 244; s. dazu ferner BGHZ 182, 59. 53 Entsprechende Zinsänderungsklauseln im langfristigen Sparvertrag hat der BGH schon zuvor nicht mehr aufrechterhalten, allerdings unter dem Gesichtspunkt des § 308 Nr. 4 BGB, s. BGHZ 158, 149, 156. 54 BGH, NJW 2009, 2051 (Amtl. Leitsatz 4). 55 BGH, NJW 2009, 2051, 2053. 56 Vgl. entsprechend BGHZ 176, 244; BGHZ 182, 59. 57 BGH, NJW 2009, 2051, 2053. 58 Vgl. etwa BGH, NJW 2008, 360, 361. 59 Restriktiv etwa auch BGH, NJW 2008, 2172, 2175. 51
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zeichnet sich bereits das Ende des Zinselastizitätskonzepts ab, soweit es sich auf laufende Verträge bezieht.60 Der sachliche Grund für bonitätsabhängige Zinsanpassungen liegt in den variablen Risikokosten der Bank. Sie oszillieren mit der Schuldnerbonität. Hierbei ist die Vorgabe zu beachten, dass bei einer verbesserten Bonität des Darlehensnehmers Zinssenkungen zu seinen Gunsten vorgenommen werden müssen. Die Voraussetzungen der Änderung müssen in den AGB klar dargestellt werden. Danach kristallisiert sich als wesentliches AGB-rechtliches Problem bonitätsabhängiger Zinsänderungsklauseln ihre Vereinbarkeit mit dem Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 S. 2 BGB) und dem Überraschungsverbot (§ 305c Abs. 1 BGB) heraus.61 Die Berechnungsgrundlage zählt zu den am besten gehüteten Geschäftsgeheimnissen und verbirgt sich meist in einem komplizierten Rechenwerk. Das Interesse der Darlehensnehmer an einer nachvollziehbaren Berechnung der einseitig auferlegten Risikozuschläge und -prämien wird indes mit §§ 29 Abs. 2, 34 BDSG höher bewertet als das Betriebs- und Geschäftsgeheimnis der Banken und Scoringbzw. Ratingunternehmen. Neben der weitgehend in Konkretisierung der Berechnungsgrundlage ist es erforderlich, klare Zinsobergrenzen für einzelne Bonitätsstufen zu setzen.
IV. Solidargedanke und Gleichberechtigung Des Weiteren entsteht ein Konflikt mit dem Diskriminierungsverbot bei der Erhebung der Bonitätskriterien.62 Eine klassische Erkenntnis der Konsumforschung lautet, dass der Arme mehr zahlt („the poor pay more“).63 Die Versicherungswissenschaftler ziehen sich gleichwohl darauf zurück, dass das individuelle Äquivalenzprinzip unideologisch sei, und verorten die Kritik daran im unökonomischen Bereich.64 Der Solidargedanke oder die Gleichberechtigung seien außer Betracht zu lassen.65 Dafür spricht wohl, dass die Versicherten eines Kollektivs in 60 Dass dies auch das Ende für die Preisanpassungsklauseln bedeutet, so Graf von Westphalen, MDR 2008, 424, wird hingegen für übertrieben gehalten, Metz, BKR 2010, 265, 270. 61 Vgl. dazu Langenbucher auf dem Bankrechtstag 2004, referiert von Voges/Rehberg, WM 2004, 1605, 1610; Polke, S. 176 ff.; ausf. Kersting, ZIP 2007, 56, 58. 62 MüKo-BGB/Thüsing, § 19 AGG Rn. 25, sieht Parallelen zwischen den existenzgefährdenden Auswirkungen der Verweigerung eines Versicherungsabschlusses und der Ablehnung eines Kreditantrags. 63 Grundlegend Caplovitz, The Poor Pay More, insbes. S. 170 ff.; der Autor führt seine Erkenntnis darauf zurück, dass ärmere Verbraucher ihre Rechte kaum wahrnehmen und sie deshalb häufiger übervorteilt werden als Verbraucher mit höherem Einkommen. 64 G. Schmidt, in: FS Karten, S. 27, 29 ff.; Farny, Versicherungsbetriebslehre, S. 71. 65 So mit Hinweis auf das (nicht bestehende) Schwangerschaftsrisiko von Männern: G. Schmidt, in: FS Karten, S. 27, 29 ff.
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aller Regel keine soziologisch miteinander verbundene Gemeinschaft bilden,66 aus der irgendwelche Solidaritätsforderungen hergeleitet werden können.67 Eine Korrektur ungerechter Ressourcenverteilung ist grundsätzlich Aufgabe des Sozialstaats. Versicherungsdogmatiker fordern daher die vollumfängliche Geltung des versicherungstechnischen Äquivalenzprinzips in der Individualversicherung.68 Der entsprechenden Praxis hat jedoch der EuGH beispielsweise Grenzen gesetzt, indem er der Gleichbehandlung von Mann und Frau Vorrang vor einer individuellen Risikobepreisung einräumte.69 Das Urteil, das nebenbei zu einem aufsichtsrechtlichen Paradigmenwechsel führte,70 stieß wegen des tiefgreifenden Einschnitts in die Privatautonomie auf Abwehrreaktionen.71 Einzelne Stimmen sahen sich überdies dazu veranlasst, die subtile Kompetenzverteilung zwischen rechtsprechender und rechtssetzender Gewalt grundlegend zu hinterfragen.72 Gleichwohl zeichnet sich eine Tendenz zu einer stärkeren Umsetzung und Durchsetzung der Diskriminierungsverbote ab, sei es durch den Gesetzgeber oder die Gerichte. Demgegenüber können die Versicherungen ihre marketingpolitischen Erwägungen nicht mehr unter dem Deckmantel vorgeblich wertneutraler Risikofaktoren ausreizen. Dies gilt gleichermaßen für Banken. Der Gesetzgeber hat sich zur Begrenzung der Automatisierung sowie zur Einschränkung der zu erhebenden und zu verwertenden Datenarten und schließlich zur Kodifizierung von Offenlegungspflichten des Kreditwesengesetzes (§ 10 Abs. 1 S. 3 KWG i.V. m. § 3 Abs. 9 BDSG und § 10 Abs. 1 S. 4 ff. KWG73) und des Bundesdatenschutzgeset66 Das gilt selbst dann, wenn die Versicherungen bestimmte Gruppen bilden wie etwa Beamte mit Beihilfeanspruch, Selbständige u. a. oder gar ein gesondertes Versorgungsrecht für einzelne Berufsgruppen besteht. 67 Karten, Das Einzelrisiko und seine Kalkulation, S. 65, der allerdings kleinere Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit davon ausnimmt. 68 So etwa Karten, Versicherungsbetriebslehre, S. 105; vgl. auch Grabosch, S. 159 ff. 69 Künftig sind nach Geschlecht differenzierende Versicherungstarife unzulässig; die bisherige Ausnahmemöglichkeit in Art. 5 Abs. 2 der RL 2004/113/EG des Rates vom 13.12.2004 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen (dazu Wandt/H. Ehlers, in: Essays in Honour of Dufwa, Bd. II, S. 1201, 1216 ff.) erklärte der EuGH wegen Unvereinbarkeit mit Art. 21 und 23 der EU-Grundrechtecharta mit Wirkung zum 21.12.2012 für ungültig, EuGH, Urteil vom 01.03.2011 – C-236/09 (Association Belge des Consommateurs Test-Achats u. a./Conseil des ministres), NJW 2011, 907. 70 In § 12 Abs. 1 Nr. 1 VAG ist eine geschlechtsbezogene Differenzierung für die substitutive Krankenversicherung bislang sogar verbindlich vorgeschrieben, vgl. Anm. von Armbrüster, LMK 2011, 315339. 71 Gleichheit der Geschlechter eine Leerformel (nz), NZZ vom 02.03.2011, S. 26. 72 Krohn, Richter machen Politik, FAZ vom 02.03.2011; Jahn, Gerichte sollen Gesetzgeber nicht länger entmündigen, FAZ vom 08.03.2011. 73 Nach § 10 Abs. 1 S. 3 KWG i.V. m. § 3 Abs. 9 BDSG ist Kreditinstitute die Erhebung oder Verwendung von Angaben zu folgenden Bereichen untersagt: Staatsangehörigkeit, rassische und ethnische Herkunft, politische Meinungen, religiöse oder philosophische Überzeugungen, Gewerkschaftszugehörigkeit, Gesundheit oder Sexualleben.
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zes (§§ 6a Abs. 1, 28b Nr. 1 bis 4, 29 Abs. 7 S. 1, 34 Abs. 2 BDSG) bedient. Soweit die individuellen Preisparameter gegen spezielle Diskriminierungsverbote verstoßen oder auf einer unzulässigen Erhebung von Bonitätskriterien beruhen, ergeben sich daraus für die Darlehensbepreisung Grenzen.
V. Drohende Überschuldung des Darlehensnehmers Die Sittenwidrigkeit der Kreditzinssätze74 erlebt eine Renaissance.75 Legt man das Verursacherprinzip konsequent zugrunde, würde der risikoadjustierte Zinssatz bei variabler Ausgestaltung spätestens zu dem Zeitpunkt, in dem der Kredit notleidend würde, die von der Rspr. entwickelten Richtwerte zur Sittenwidrigkeit (§ 138 Abs. 1 BGB) durchbrechen.76 Zugleich erhöhen die risikoadjustierten Zinssätze ihrerseits im Sinne einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung das Ausfallrisiko des Darlehens. Aufgrund der Prozyklizität gerät der Darlehensnehmer in eine Abwärtsspirale. Während die Kosten einer Restschuldversicherung nicht in die Gesamtbelastung einzubeziehen sind, die die Sittenwidrigkeit begründet,77 wäre dies für individuelle Risikoprämien sehr wohl der Fall, weil sie allein der Bank zugutekommen. Die in der Lit. aufgeworfene Frage nach einem geeigneten Vergleichszins sollte nicht zu einer Maßstabsverschiebung führen,78 deren Konsequenz ein Rückfall in die Zeiten des Zinswuchers wäre.79
74 Dazu ausf. Schulte-Mattler, WM 2007, 1865 ff.; Reifner, BKR 2008, 142, 142 ff.; zu den darüber hinaus (noch) geltenden Konditionenregelungen vgl. Fischer, in: Bankrechts-Handbuch, § 131 Rn. 5. 75 Dies offenbar unbewusst suggerierend Nobbe, ZBB 2008, 78, 82 („[. . .] außerhalb des § 138 BGB [. . .]“); ahnlich Metz, BKR 2007, 401, zu der Einbeziehung von Restschuldversicherungen in Konsumentenkrediten. 76 Als kritische Grenze gelten ein absoluter Zinsunterschied von 12 Prozentpunkten zwischen Vertrags- und Marktzins (auch in einer Hochzinsphase), BGHZ 110, 336, WM 1989, 1675, oder die relative Überschreitung des marktüblichen Zinses um 100%, OLG Stuttgart, NJW 1979, 2409; BGH, NJW 1981, 1206; 2003, 2530; 2004, 156. Nach Einstellung der Bundesbankstatistik zum Schwerpunktzinssatz und Umstellung auf die EWU-Zinsstatistik besteht nach dem 20.06.2003 Unsicherheit darüber, auf welchen „marktüblichen Vergleichszins“ abzustellen ist, um die Sittenwidrigkeit bei Ratenkrediten festzustellen, vgl. Schulte-Mattler, WM 2007, 1865 f. Absolute Zinsobergrenzen oder starre Richtwerte bestehen aber ohnehin nicht, vgl. zu allem Hopt, in: Baumbach/ Hopt, HGB, V. (7) Bankgeschäfte, Rn. G/10; Gundlach, in: Bankrechts-Handbuch, § 82 Rn. 29. 77 BGH, NJW 1988, 1661, 1662; der BGH hat in NJW 2010, 531 erst kürzlich entschieden, dass eine Restschuldversicherung ein mit dem Darlehen verbundenes Geschäft darstellen kann, verwehrt sich aber weiterhin einer Einbeziehung der Prämie in den die Sittenwidrigkeit bestimmenden Zins; zum Ganzen krit. Metz, BKR 2007, 401, 401 ff. 78 s. Schulte-Mattler, WM 2007, 1865, 1870 f., der in der Möglichkeit, höhere Zinssätze vereinbaren zu können (die nach gegenwärtiger Rspr. wucherähnlich wären) den Vorzug sieht, dass Banken dadurch zu einer expansiveren und volkswirtschaftlich begrüßenswerten Kreditvergabe veranlasst werden, vgl. ebenda S. 1871.
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8. Kap.: Wirtschaftliche Selbstbestimmung und Vertragsäquivalenz
VI. Kompromiss zwischen Kollektivierung und Individualisierung Eine Kollektivverteilung dominiert auch in Zukunft die Gestaltung der Risikozuschläge und –prämien. Das Verursachungsprinzip kann und soll im Bereich der Risikosteuerung hingegen lediglich ergänzenden Einfluss gewinnen, und dies vorrangig auch nur, um gute Bonitäten anzulocken und schlechte Bonitäten abzuweisen. Insoweit kann man die Individualisierung der Risikoabgeltung weniger als risikopolitisches Instrument denn als Marketinginstrument80 bezeichnen. Zudem kann sie der Selbstselektion dienen, wenn die Zinssätze gestaffelt an unterschiedlich tiefe Bonitätsprüfungen geknüpft werden.81 Es bleibt im Grundsatz bei einer Verteilung der einzelnen Risikokosten auf mehrere Darlehensnehmer. Deshalb hat sich schon in der Versicherungswirtschaft herausgestellt, dass zwischen Kollektivierung und Individualisierung ein Kompromiss zu suchen ist.82
B. Die Veräußerbarkeit als Konditionenbestandteil des Darlehens Durch die Veräußerbarkeit und tatsächliche Veräußerung der Darlehen verändert sich das klassische darlehensvertragliche Äquivalenzverhältnis. Die Zinssätze müssen bei variablen Zinsvereinbarungen an fallende Refinanzierungskonditionen der Bank angepasst werden. Dieser Situation ist es vergleichbar, wenn die Refinanzierungskonditionen und übrigen Kosten der Bank bzw. des Darlehensgläubigers sinken. Durch die mit dem Risikobegrenzungsgesetz eingeführte Hinweispflicht nach Art. 247 § 9 Abs. 1 S. 2 EGBGB wird die Veräußerbarkeit als Konditionenbestandteil wahrgenommen. Verletzt die Bank die Hinweispflicht, werden davon das vertragliche Äquivalenzverhältnis und die wirtschaftliche Selbstbestimmung betroffen. In der Abspaltung und Ausgliederung ergeben sich daraus die Besonderheiten, dass sich die Verletzung der Veräußerungsverbote hier nur schuldrechtlich auswirkt.
79 Zur Begr. der Wirksamkeit bonitätsabhängiger Zinsanpassungsklauseln beruft sich die Lit. auf Urteile zu Gleit- oder Spannungsklauseln (vgl. § 1 Abs. 2 Nr. 2 PreisklauselG), nach denen die Höhe des Vertragszinssatz allein von einem Referenzzinssatz abhängt und die mit bonitätsabhängigen Zinsvereinbarungen nicht zu verwechseln sind, vgl. MüKo-BGB/K. P. Berger, § 488, Rn.179; Ohletz, BKR 2007, 129. 80 So zur zunehmenden Bonitätssensibilisierung im Bereich der Kreditgewährung Schaar, Stellungnahme zur „Modernisierung des Datenschutzes“ am 05.03.2007, BT-Innenausschuss, Ausschussdrucksache 16(4)176 B, S. 10. 81 Dazu Fleischer, S. 125 f. 82 Vgl. Grabosch, S. 157.
B. Die Veräußerbarkeit als Konditionenbestandteil des Darlehens
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I. Vorgaben der Hinweispflicht nach Art. 247 § 9 Abs. 1 S. 2 EGBGB Betrachtet man die Hinweispflicht in Art. 247 § 9 Abs. 1 S. 2 EGBGB genauer, wirkt sie sich auf die Vertragsverhältnisse womöglich in weiterem Maße aus, als die deklaratorisch klingende Bezeichnung „Hinweis“ vermuten lässt. Konkret sind drei Szenarien vorstellbar, die im Folgenden jeweils näher betrachtet werden: Erstens wird der Hinweis ordnungsgemäß in die Vertragserklärung aufgenommen und vom Darlehensnehmer unterzeichnet (Fall 1). Zweitens wird ein Abtretungs- und Übertragungsausschluss vereinbart (Fall 2). Drittens wird schlichtweg nichts getan, also kein Hinweis in die Vertragserklärung aufgenommen und keine Abtretungs- oder Übertragungsbeschränkung vereinbart (Fall 3). 1. Fall 1: Erteilung des Hinweises Im ersten Fall ist der Unterzeichnung des Hinweises zwar keine Zustimmung des Darlehensnehmers zu einer Übertragung des Darlehens im Wege eines Vertragsübergangs zu entnehmen. Eine solche bedarf auch bei (insoweit unzutreffendem) Hinweis regelmäßig einer qualifizierten Zustimmung gemäß § 309 Nr. 10 BGB n. F. Eine derartige Zustimmung kann in der schlichten Unterzeichnung des mit dem Hinweis versehenen Vertrages durch den Kunden nicht gesehen werden. Umgekehrt bleibt die Übertragung im Wege der Umwandlung stets zustimmungsfrei wirksam, so dass es hierzu gar nicht erst einer Erklärung des Darlehensnehmers bedarf. Jedoch kann die Unterzeichnung des Hinweises nach den allgemeinen Grundsätzen über Willenserklärungen so ausgelegt werden (§§ 133, 157 BGB), dass der Darlehensgeber und der Darlehensnehmer schuldrechtlich ein veräußerbares Darlehen vereinbaren und der Darlehensnehmer sich mit dem Darlehensgeber über den Ausschluss gegebenenfalls bestehender vertraglicher Abtretungsverbote einigt. Wenn die im Hinweis aufgenommene Erklärung über die Abtretbarkeit bisher nicht zutraf, kann die Unterzeichnung des Hinweises der darin enthaltenen Erklärung konstitutive Wirkung verleihen. Ein derartiges Rechtsgeschäft ginge über den deklaratorischen Charakter hinaus, den der Gesetzgeber dem Hinweis offenbar zukommen lassen wollte. Vielmehr würde sie im Ergebnis der internationalen Marktpraxis entsprechen, nach der die ausdrückliche Einwilligung in die Abtretung verlangt wird, um möglicherweise bestehende gesetzliche Hindernisse auszuschließen.83 Die Regelung kann sich demnach entgegen der gesetzgeberischen Intention für den Darlehensnehmer nachteilig auswirken. Hingegen sorgt sie auf Seiten des Darlehensgebers für mehr Rechtssicherheit.
83
Vgl. Stürner, Stellungnahme vom 22.01.2008, S. 2.
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8. Kap.: Wirtschaftliche Selbstbestimmung und Vertragsäquivalenz
2. Fall 2: Vereinbarung eines Abtretungsund Übertragungsausschlusses Zu dem zweiten Fall ist zunächst anzumerken, dass es den Vertragsparteien nach § 399 Hs. 2 BGB weiterhin freisteht, den Ausschluss einer Abtretung mit dinglicher Wirkung zu vereinbaren. Es ist gerade das Ziel der Hinweispflicht in Art. 247 § 9 Abs. 1 S. 2 EGBGB, die Darlehensinteressenten dafür zu sensibilisieren, dass sie solche Vereinbarungen ausdrücklich vornehmen können. Auf diese Weise soll sich ein Markt für nicht abtretbare Darlehen entwickeln. Wurde ein solcher Abtretungsausschluss vereinbart, ist eine dennoch erfolgte Abtretung der Darlehensforderung unwirksam. Eine Übertragung des Darlehensvertrages im Wege der Vertragsübernahme wäre ohnehin zustimmungspflichtig (§ 415 BGB bzw. Grundsätze der Vertragsübernahme), ohne dass es auf das vereinbarte Abtretungsverbot ankäme. Darum entfällt insoweit die Hinweispflicht aufgrund des Ausnahmetatbestands in Art. 247 § 9 Abs. 1 S. 2 EGBGB a. E. Hingegen ergeben sich für Übertragungen nach dem Umwandlungsgesetz aus Art. 247 § 9 Abs. 1 S. 2 EGBGB nicht sachgerechte Besonderheiten. Denn bei diesen Transaktionen besteht kein dem § 415 BGB oder den Grundsätzen der Vertragsübernahme vergleichbares Zustimmungserfordernis.84 Eine Übertragung der Darlehensverträge auf den übernehmenden Rechtsträger ist zudem unter Außerachtlassung von Abtretungs- und Übertragungshindernissen zu erreichen.85 Die Verletzung der negativen Abschlussfreiheit hat keine dinglichen Folgen.86 Die Ausnahme in Art. 247 § 9 Abs. 1 S. 2 EGBGB a. E. wird deshalb insoweit nur in dem seltenen Fall einer auf den Eintritt der Spaltung auflösend bedingten Abrede eingreifen. Mithin muss der Darlehensgeber trotz entgegenstehender Vereinbarungen stets darauf hinweisen, dass eine Übertragung der Darlehensverträge auf Dritte im Wege des Umwandlungsgesetzes rechtlich möglich ist und dies trotz entgegenstehender Vereinbarungen auch bleibt. 3. Fall 3: Untätigkeit Abschließend ist anzunehmen, dass weder Abtretungs- und Übertragungsbeschränkungen vereinbart werden noch auf die Abtretbarkeit und Übertragbarkeit hingewiesen wird. Der Darlehensgeber verstößt somit gegen Art. 247 § 9 Abs. 1 S. 2 EGBGB. Dieser Fall erweist sich als der komplizierteste. Die Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen die Hinweispflicht sind weitgehend unklar. Dem Gesetzeswortlaut selbst lässt sich dazu nichts entnehmen. Ein unbefangener Darlehensnehmer, der die gesetzliche Hinweispflicht kennt und einen entsprechenden Hin84
BT-Drs. 16/9821, S. 20, zu Nummer 3 (§ 492 Abs. 1a). Darauf geht die Gesetzesbegr. allerdings an keiner Stelle ein. 86 Zu den allein schuldrechtlichen Folgen einer Verletzung der negativen Abschlussfreiheit s. unten Kapitel 8 B. II. 85
B. Die Veräußerbarkeit als Konditionenbestandteil des Darlehens
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weis in seiner Vertragserklärung weder vorfindet noch unterzeichnet, wird im Umkehrschluss davon ausgehen und darauf vertrauen dürfen, dass sein Darlehen nicht abtretbar und nicht übertragbar ist. Das entspricht dem objektiven Erklärungswert (§§ 133, 157 BGB) dieser Umstände. Wenn der Hinweis nach Art. 247 § 9 Abs. 1 S. 2 EGBGB fehlt, erscheint es deshalb naheliegend, die konkludente Vereinbarung eines unveräußerlichen Darlehens und eines entsprechenden Abtretungs- und Übertragungsverbots anzunehmen. Allerdings verliefe die Begründung einer derartigen vertraglichen Vereinbarung auf dem schmalen Grat zwischen zulässiger Auslegung schlüssigen Verhaltens einerseits und unzulässiger Fiktion einer Willenserklärung andererseits. Dem Schweigen der Parteien zu der Frage der Abtretbarkeit dürfte gemäß den allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen87 kein Erklärungswert beizulegen sein. Zudem macht die Gesetzesbegründung deutlich, dass ein Verstoß gegen die Hinweispflicht gerade nicht zur Nichtigkeit der Forderungsabtretung oder Darlehensübertragung führen soll.88 Eine solche Folge sei unangemessen. Dem ist zuzugeben, dass andernfalls das generelle Abtretungs- und Übertragungsverbot durch die Hintertür eingeführt würde,89 von dem der Gesetzgeber jedoch ausdrücklich abgesehen hat.90 Unter diesem Aspekt erscheint es sinnvoll, den Verstoß gegen die Hinweispflicht lediglich mit einer Schadensersatzpflicht zu bewehren.91 Das wirft allerdings mehrere Fragen auf, die vom Gesetzgeber ebenfalls nicht beantwortet werden. Um die Unklarheiten zu vermeiden, die sich in diesem dritten Fall zeigen, hätten die Darlehensgeber nicht nur einseitig dazu verpflichtet werden müssen, in der Vertragserklärung auf die Möglichkeit der Abtretung und Übertragung hinzuweisen, wenn sie veräußerbare Darlehen anbieten. Vielmehr wäre eine umfassende Hinweispflicht sinnvoll gewesen, die sich auch auf den Ausschluss der Abtretbarkeit und der Übertragbarkeit erstreckt. Ungeachtet dessen sind die Banken gut beraten, die Hinweispflicht ernst zu nehmen. Es ist nicht auszuschließen, dass die Rspr. aus dem Fehlen des Hinweises wie zuvor erörtert ein konkludentes Abtretungs- und Übertragungsverbot herausliest, mithin der Wille der Gesetzgebungsorgane und das verabschiedete Gesetz divergieren. Schließlich muss der Einführung der Hinweispflicht entnommen werden, dass das Interesse des Darlehensnehmers an der Stabilität und Dauerhaftigkeit seiner Geschäftsbeziehung zur Bank nunmehr grundsätzlich als schützenswert anerkannt ist.92 87
Vgl. MüKo-BGB/Busche, § 133 Rn. 58. BT-Drs. 16/9821, S. 20, zu Nummer 3 (§ 492 Abs. 1a); ebenso Höche, in: FS Nobbe, S. 317, 324. 89 Der unterzeichnete Hinweis gemäß § 492 Abs. 1a S. 3 BGB wäre dazu eine stets konstitutive Ausnahme. 90 s. o. Kapitel 7 C. IV. 1. 91 So BT-Drs. 16/9821, S. 20, zu Nummer 3 (§ 492 Abs. 1a). 92 A.A. noch vor der Reform BVerfG, NJW 2007, 3707, 3708 a. E.; Schimansky, WM 2008, 1049; Langenbucher, BKR 2004, 333, 334. 88
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8. Kap.: Wirtschaftliche Selbstbestimmung und Vertragsäquivalenz
II. Folgen einer Verletzung der Hinweispflicht 1. Schadensersatzanspruch Hinsichtlich der Hinweispflicht nach Art. 247 § 9 Abs. 1 S. 2 EGBGB steht ähnlich wie bei dem Bankgeheimnis ein „Enforcement-Problem“ zu befürchten. Ein Verstoß gegen § 491a Abs. 1 BGB i.V. m. Art. 247 § 9 Abs. 1 S. 2 EGBGB ist jedenfalls eine Pflichtverletzung i. S. v. § 280 Abs. 1 BGB. Er kann darin liegen, dass die Bank bei Vertragsschluss nicht auf die Veräußerbarkeit hingewiesen hat. Allerdings wird sie die Verschuldensvermutung des § 280 Abs. 1 S. 2 BGB mit dem Argument zu widerlegen versuchen, sie habe zu diesem Zeitpunkt selbst noch nicht in Erwägung gezogen, dass sie das Darlehen später veräußert. Deshalb erscheint es vorzugswürdig, die Pflichtverletzung darin zu sehen, dass die Bank die Darlehensforderung oder das Darlehen veräußert, obwohl sie auf diese Möglichkeit zuvor nicht hingewiesen hat. Die Verschuldensvermutung wird bei diesem Ansatz kaum zu widerlegen sein. In der Folge kann der Darlehensnehmer von ihr verlangen, dass sie den Zustand herstellt, der hypothetisch bei korrektem Hinweis auf die Veräußerbarkeit bestehen würde. Dazu bieten sich drei Varianten an. a) Restitution im Wege der Freistellung Naheliegenderweise kann sich der Darlehensnehmer darauf berufen, dass er sich dem Zweck der Hinweispflicht entsprechend bei beratungsgerechtem Verhalten gegen ein abtretbares Darlehen und für eine Vinkulierung entschieden hätte.93 Man könnte sogar so weit gehen, die Unveräußerbarkeit als Inhalt des Darlehensvertrages anzusehen. Dieser Erklärungswert ließe sich aus dem Umstand herauslesen, dass der Hinweis nach Art. 247 § 9 Abs. 1 S. 2 EGBGB fehlt. Als Ersatzmaßnahme muss die Bank jedenfalls den Zustand herstellen, der bei Vereinbarung eines Abtretungsverbotes bestehen würde. Der Darlehensnehmer kann deshalb von der Bank verlangen, dass sie sich die Forderungen rückabtreten lässt und ihn bis zu diesem Zeitpunkt von der Geltendmachung der Forderung durch den Darlehenserwerber freistellt. Dem Erwerber kann er auf derselben Grundlage ein Zurückbehaltungsrecht an den noch nicht bezahlten Zins- und Tilgungsraten nach §§ 273, 404 BGB entgegenhalten, solange der Anspruch auf Rückabtretung noch nicht erfüllt wurde.94 Der neue Gläubiger hat die Forderung mit einem fehlerhaften Hinweis und einer entsprechenden Schadensersatzpflicht belastet erworben, was sich im Ergebnis wie ein relatives Abtretungsverbot auswirkt. 93 Zu der gleichgelagerten Frage nach einer Verletzung von Aufklärungspflichten über die Zweckmäßigkeit der Darlehensaufnahme s. Köndgen, NJW 1994, 1508, 1510 f. 94 Vgl. entsprechend oben Zurückbehaltungsrecht an den Darlehensraten mit Wirkung gegenüber dem Erwerber, §§ 273, 404 BGB.
B. Die Veräußerbarkeit als Konditionenbestandteil des Darlehens
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b) Anpassung der im Zins enthaltenen Liquiditätsprämie Alternativ dazu kann der Darlehensnehmer vortragen, dass er zwar die Veräußerbarkeit akzeptiert hätte, dies aber nur zu einem entsprechend niedrigeren Darlehenszins. Das hat folgenden praktischen Hintergrund: Wenn die Bank keinen Hinweis auf die Veräußerbarkeit gegeben hat, wird sie in aller Regel auch die Zinssätze für ein unveräußerliches Darlehen angewendet haben. Das Äquivalenzverhältnis eines Darlehensvertrags, dessen Konditionen eine Unveräußerbarkeit zugrunde liegt, wird durch eine Veräußerung zum Nachteil des Darlehensnehmers gestört. Es sei daran erinnert, dass die Liquidität eines Vermögensgegenstandes sowohl von der Selbstliquidationsperiode als auch von der Möglichkeit einer vorzeitigen Veräußerung abhängt.95 Vorliegend wird der zweite Parameter, mithin die höhere Sekundärliquidität betroffen. Damit sinkt die Liquiditätsprämie.96 Die Kostenersparnis ist in hohem Maße subjektiv determiniert. Mithin ist der Zinssatz für die Zukunft auf den Satz zu senken, den dieselbe Bank bei Vertragsschluss für veräußerbare Darlehen mit ansonsten gleichen Konditionen angeboten hätte. Zudem ist dem Darlehensnehmer für die bisherige Laufzeit die Differenz zwischen dem gezahlten Zinsen und den Zinsen, die er hypothetisch für ein nicht veräußerbares Darlehen hätte zahlen müssen, zu erstatten. In dieser Differenz ist die Prämie für die geringere Sekundärliquidität des vereinbarten Darlehens zu sehen. Problematisch erscheint es, wenn sich in dem Angebot der Bank kein entsprechender Referenzzins finden lässt. So kann die Bank den Ersatz mit dem Argument zu torpedieren versuchen, dass sie entweder bei den Zinssätzen keine Unterscheidung hinsichtlich der Veräußerbarkeit trifft oder überhaupt keine veräußerbaren Darlehen anbietet. In diesem Fall ist ein Fremdvergleich anhand der vor Ort üblichen Marktzinsen für ein veräußerbares Darlehen mit gleicher Liquiditäts- und Risikostruktur durchzuführen. Der daraus gewonnene Zinssatz ist der Berechnung zugrunde zu legen. c) Vertragsauflösung Schließlich kann der Darlehensnehmer darlegen, dass er sich bei ordnungsgemäßer Aufklärung überhaupt nicht für einen Darlehensvertrag mit der Bank entschieden hätte. Dies erscheint glaubhaft, wenn ihm die Bank bislang die Zinsen für ein veräußerbares Darlehen berechnet hat und die von ihr angebotenen Zinsen für ein unveräußerliches Darlehen höher liegen. Die Motivation des Darlehensnehmers ist folglich damit begründbar, dass ein veräußerbares Darlehen für ihn nicht in Betracht gekommen wäre und ihm ein unveräußerliches Darlehen zu kostspielig gewesen wäre. Beide Erwägungen hätten sein Finanzierungsprojekt 95 Stützel, in: Grochla/Wittmann, Handwörterbuch der Betriebswirtschaftslehre, Sp. 2515 ff.; Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Jahresgutachten 2007/08, BT-Drs. 16/7083, S. 124 f. 96 Zu den Grundlagen oben Kapitel 2 C.
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8. Kap.: Wirtschaftliche Selbstbestimmung und Vertragsäquivalenz
rückblickend in Frage stellen können. Folglich ergibt sich für den Darlehensnehmer gegen die Bank aus § 280 Abs. 1 BGB auch ein Anspruch auf Vertragsauflösung ohne Vorfälligkeitsentschädigung ggf. unter Ausgleich des Refinanzierungsschadens zu seinen Gunsten. 2. Sonderkündigungsrecht Das vorangegangene Ergebnis schließt es nicht aus, dass sich der Darlehensnehmer auch dann von dem Vertrag lösen kann, wenn ihm die Bank die Zinssätze für ein unveräußerliches Darlehen berechnet hat und diese wiederum höher sind als das Angebot für veräußerbare Darlehen. In diesem Fall ist das originäre vertragliche Äquivalenzverhältnis in einer Weise gestört, die es dem Darlehensnehmer unzumutbar macht, den Vertrag fortzuführen. Bei Dauerschuldverhältnissen – um ein solches handelt es sich bei Darlehen – können schon kleinste Abweichungen in den nominalen Zinssätzen große Auswirkungen auf den zu entrichtenden Gesamtbetrag haben. Damit wäre die Störung des Leistungsverhältnisses angesprochen, die den Hauptanwendungsfall des § 314 BGB stellt.97 Das Verhalten der Bank ist zudem unredlich und bei vorsätzlichem Handeln für die betreffenden Mitarbeiter auch strafrechtlich nicht unbedenklich.98 Mit dieser Begründung kann der Darlehensnehmer den Darlehensvertrag nach Nr. 18 Abs. 2 AGB-Banken bzw. Nr. 26 Abs. 2 AGB-Sparkassen und allgemein nach § 314 Abs. 1 BGB ohne die Verpflichtung zur Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung kündigen. Seinen Refinanzierungsschaden kann er ggf. nach § 280 Abs. 1 BGB i.V. m. § 314 Abs. 4 BGB liquidieren.
III. Besonderheiten bei Abspaltung und Ausgliederung Das wesentliche Instrument zur Verwirklichung der wirtschaftlichen Selbstbestimmung sind vertraglich vereinbarte Abtretungs- und Übertragungsverbote. Sie zeitigen grundsätzlich eine absolute Wirkung und stehen demnach einer rechtsgeschäftlichen Individualsukzession entgegen. In der rechtsgeschäftlichen Universalsukzession erweisen sie sich hingegen als weniger effektiv. Hier können sie nur schuldrechtliche Wirkungen entfalten. Zudem ist ein ausdrückliches Zustimmungserfordernis, wie es den zivilrechtlichen Vertragsübernahmen immanent ist, der Umwandlung fremd. Bei Darlehensveräußerungen tritt an dessen Stelle die Hinweispflicht nach Art. 247 § 9 Abs. 1 S. 2 EGBGB und wird auf diese Weise der Vertragsfreiheit im Zusammenspiel mit den Umwandlungsinteressen gerecht. Nachfolgend werden die besonderen Auswirkungen entsprechender Pflichtverletzungen dargestellt. 97 98
MüKo-BGB/Gaier, § 314, Rn. 11. s. insbes. § 263 StGB.
B. Die Veräußerbarkeit als Konditionenbestandteil des Darlehens
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1. Schuldrechtliche Wirkungen von Abtretungsund Übertragungsverboten Abtretungs- und Übertragungsverbote reduzieren sich in der Gesamtrechtsnachfolge auf die schuldrechtliche Verpflichtung, die Übertragung von Darlehensforderungen und ganzer Darlehensverträge mithilfe des umwandlungsrechtlichen Instrumentariums auf Dritte zu unterlassen. Es ist davon auszugehen, dass diese Pflicht höchstpersönlicher Natur ist und ähnlich dem Bankgeheimnis nicht auf den neuen Rechtsträger übergeht, gleichwohl aber zu den Darlehensforderungen und -verträgen akzessorisch bleibt und in der Spaltung mithin vervielfältigt wird.99 Der neue Rechtsträger wird bei einer Spaltung und Vertragsübernahme an das gleiche (nicht an dasselbe) Abtretungs- und Übertragungsverbot gebunden. Im Ergebnis sind sowohl die übertragende Bank als auch der übernehmende Rechtsträger zur Restitution verpflichtet, wenn sie sich nicht an vereinbarte Abtretungs- und Übertragungsverbote halten. Die Folgen gleichen denjenigen eines relativen Abtretungs- bzw. Verfügungsverbotes gemäß § 135 BGB: Obgleich die Übertragung der Darlehen bzw. der daraus resultierenden Forderungen gegenüber Dritten wirksam ist, muss der Schuldner sie nicht gegen sich gelten lassen.100 Die Bank ist zur Freistellung verpflichtet. Der übernehmende Rechtsträger darf die Forderungen nicht durchsetzen. Überdies schulden beide dem Darlehensnehmer gemäß den §§ 280 Abs. 1, 421 BGB gesamtschuldnerisch Ersatz weiter gehender Schäden, die ihm ggf. aus der Verletzung entstanden sind. 2. Verletzung der Hinweispflicht als Verletzung der negativen Abschlussfreiheit Wurden Abtretungs- und Übertragungsverbote nicht gesondert vereinbart, so ist in der zustimmungsfreien Übertragung isolierter Kreditverträge im Wege der partiellen Gesamtrechtsnachfolge nicht per se eine Verletzung der negativen Abschlussfreiheit zu sehen.101 Sie begründet keinen eigenständigen Verletzungstatbestand i. S. v. § 280 Abs. 1 BGB. Die gesetzliche Privilegierung von Umwandlungen wird selbst im Falle einer fehlenden Unternehmenskontinuität nicht von der zivilrechtlichen Regel durchbrochen, nach der Vertragsübernahmen die Zustimmung aller Vertragspartner erfordern. Deshalb ist § 309 Nr. 10 BGB in diesem Zusammenhang praktisch nicht anwendbar. Der negativen Abschlussfreiheit wird allein mit dem Hinweis auf die Übertragbarkeit der Darlehen nach Art. 247 § 9 Abs. 1 S. 2 EGBGB Genüge getan. Richtiger Ansatz ist somit nicht ein etwaiges Zustimmungserfordernis, sondern die Hinweispflicht. 99 Vgl. zu der Situation mit Blick auf das Bankgeheimnis die Ausführungen oben Kapitel 5 D. II. 2. 100 Vgl. MüKo-BGB/Armbrüster, § 135 Rn. 31 ff.; zu dem relativen Abtretungsverbot nach Art. 6 Abs. 2 FactUe MüKo-HGB/Brink, Art. 6 FactUe, Rn. 48. 101 Dazu oben Kapitel 6 E. III. 4. entgegen Bitter, ZHR 173 (2009), 379, 426 f.
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8. Kap.: Wirtschaftliche Selbstbestimmung und Vertragsäquivalenz
Zu dem Inhalt der Hinweispflicht in Bezug auf Umwandlungsfälle wurde die Besonderheit herausgestellt, dass die vertraglichen Abtretungs- und Übertragungsverbote in der Umwandlung zugunsten des Umwandlungsvollzugs keine absolute Wirkung entfalten und die Bank deshalb nach Art. 247 § 9 Abs. 1 S. 2 EGBGB auf diesen Umstand hinzuweisen hat.102 Eine Verletzung dieser Pflicht löst Rechtsfolgen sowohl zu Lasten der Bank als auch des Erwerbers aus, ohne dass auf § 404 BGB rekurriert werden müsste. Die Verletzungshandlung erfolgt bereits zu Vertragsbeginn. Die dargestellten Unterlassungs- und Schadensersatzpflichten gehen deshalb im Wege der Gesamtrechtsnachfolge als Verbindlichkeit akzessorisch zum Darlehensvertrag auf den übernehmenden Rechtsträger über; das Sonderkündigungsrecht kann der Darlehensnehmer gegenüber dem neuen Rechtsträger ausüben. Die Bank haftet mit dem Erwerber gemeinschaftlich gemäß § 133 Abs. 1 S. 1 UmwG.
C. Unzulässigkeit bonitätsabhängiger Zinsänderungsklauseln bei Summierung mit Veräußerbarkeit der Darlehen Ein Teil der Probleme, die sich aus dem Äquivalenzverhältnis des Darlehens ergeben, wurde im Zusammenhang mit der Verletzung der Hinweispflicht nach Art. 247 § 9 Abs. 1 S. 2 EGBGB zu lösen versucht. Der Darlehensnehmer hat unter anderem einen Anspruch auf Anpassung der Zinsen mit Blick auf die Veräußerbarkeit des Darlehens, wenn die Bank die Hinweispflicht missachtet und zugleich den Zins für ein unveräußerliches Darlehen berechnet hat. Im Vordergrund stand dabei die im Zinssatz enthaltene Liquiditätsprämie. Ein weiteres Problemfeld eröffnet sich bei der Summierung der Darlehensveräußerung mit individualisierten sowie variablen Risikozuschlägen und Risikoprämien. Zunächst wird erörtert, ob dem Darlehensnehmer aus Gerechtigkeitserwägungen und aus ökonomischen Gesichtspunkten der damit finanzierte Absicherungsmechanismus zugutekommen soll. Im Anschluss daran wird konkret zu prüfen sein, inwieweit eine AGB-rechtliche Handhabe zur Umsetzung des gefundenen Ergebnisses besteht, um die Verwertung des Darlehens durch dessen Veräußerung auszuschließen.
I. Der Kreditausfall als das mit dem Risikozuschlag und der Risikoprämie „versicherte“ Risiko Es ist bereits angeklungen, dass die Risikoabgeltung keine Kreditausfallversicherung zugunsten des Darlehensnehmers begründet.103 Einerseits stehen die mit dem Risikozuschlag angesparten Rücklagen bei Eintritt des Kreditausfalls allein 102 103
s. o. Kapitel 6 E. III. 4. und Kapitel 8 B. III. 2. s. o. Kapitel 8 A. II.
C. Unzulässigkeit bonitätsabhängiger Zinsänderungsklauseln
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der Bank zur Verfügung. Andererseits wird mit der Risikoprämie das Haftungskapital verzinst, das zur Vorsorge unerwarteter Verluste vorgehalten wird und ohnehin der Bank zusteht. Von einer Versicherung des Darlehensnehmers kann keine Rede sein. Der Versicherungsschutz wirkt sich nicht in der Weise aus, dass die rechtlichen Verpflichtungen des Darlehensnehmers zur Rückzahlung der Darlehensvaluta mitsamt Zahlung der Zinsen und Gebühren entfallen würden, sobald er den Schuldendienst nicht mehr erfüllt. Vielmehr bleibt er in der Schuld. Geht man demnach davon aus, dass der Darlehensnehmer die Kosten einer Versicherung trägt, in deren Genuss er nicht kommt, erscheint das Austauschverhältnis unausgewogen. Deswegen wäre es konsequent, zu fordern, dass der mit den Risikoprämien abgegoltene Versicherungsschutz dem Darlehensnehmer zumindest im Zeitpunkt des Kreditausfalls in Gestalt eines (teilweisen) Forderungsverzichts zugutekommen muss. Was dem ersten Anschein nach gerecht ist, wäre unter ökonomischen Gesichtspunkten jedoch verheerend. Mit einer generellen Versicherung hätte der Darlehensnehmer nämlich keinen Anreiz mehr, das Darlehen zu bedienen. Vielmehr wäre zu befürchten, dass er in Versuchung (Moral Hazard) gerät oder vielmehr dazu eingeladen wird, den Zahlungsdienst grundlos einzustellen und somit eigenhändig die Bedingung für seine Entschuldung herbeizuführen. Im Unterschied zu einer Bürgschaft oder einer Garantie müsste er keinen Regress fürchten.104 Auf diese Weise würde die Prinzipal-Agent-Problematik vertieft. Es ergibt sich die Situation, der in § 162 Abs. 2 BGB damit begegnet werden soll, dass eine treuwidrig herbeigeführte Bedingung als nicht eingetreten gilt. Die Anreizprobleme stellen sich nur dann nicht oder allenfalls marginal, wenn einzelne Kreditausfallursachen versichert werden, auf die der Darlehensnehmer kaum Einfluss ausüben kann oder an deren Ausbleiben er regelmäßig ein höheres Interesse hat als an seiner Entschuldung. Weitgehend unbedenklich ist es deshalb, wenn der Darlehensnehmer eine branchenübliche Restschuldversicherung abschließt, die nicht jeden Fall der Nichterfüllung der gesicherten Forderung, sondern nur den Fall des Todes, der Arbeitsunfähigkeit und der Arbeitslosigkeit des Darlehensnehmers abdeckt.105 Hingegen ist eine generelle Versicherung für jeden Fall der Nichterfüllung aus den vorgenannten Gründen abzulehnen.
104 Bei Inanspruchnahme der Bürgschaft kommt es zu einem gesetzlichen Forderungsübergang nach § 774 BGB ungeachtet der vertraglichen Regelung im Innenverhältnis zwischen Bürgen und Hauptschuldner. 105 Bei dieser Ausgestaltung handelt es sich bei der Kreditversicherung nicht um eine Kreditsicherheit, vgl. BGH, WM 2010, 166, 168, der den Darlehensvertrag und die Restschuldversicherung als verbundene Verträge i. S. v. § 358 f. BGB ansieht.
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8. Kap.: Wirtschaftliche Selbstbestimmung und Vertragsäquivalenz
II. Verschiebung des Äquivalenzverhältnisses aufgrund Veränderung der Risikostruktur des Gläubigers Nach diesen allgemeinen Überlegungen steht in Frage, inwieweit sich das vertragliche Äquivalenzverhältnis bei einer Darlehensveräußerung verschiebt, ohne dass dies bereits durch einen geringeren Zinssatz im Rahmen der Vereinbarung eines veräußerbaren Kredits berücksichtigt wird. 1. Unterscheidung der Risikosphären und der Kontrollfähigkeit nach Art der Zinsvereinbarung In rechtlicher Hinsicht ist dazu zunächst nach der Art der Zinsvereinbarung zu unterscheiden: In einem fixen Zinssatz ist auch die künftige Entwicklung der Risikokosten dem Chancen- und Risikobereich der Bank zugewiesen, während der Darlehensnehmer Planungssicherheit erlangt. Der Bank steht es frei, ihr individuelles Risikomanagement zu modifizieren und entsprechend höhere oder niedrigere Risikokosten aufzuwenden. Hat sie zudem den Zinssatz für veräußerbare Darlehen vereinbart und auf die Veräußerbarkeit hingewiesen, ist es ihr auch vor dem Hintergrund des Art. 247 § 9 Abs. 1 S. 2 EGBGB nicht verboten, die Höhe des dem Darlehensnehmer berechneten Risikozuschlags und der Risikoprämie unverändert zu lassen, während sie zugleich das Darlehen auf Dritte überträgt, um auf diese Weise die Risikokosten zu senken. Dieses Vorgehen wäre ohnehin der Inhaltskontrolle von AGB nach § 307 BGB entzogen, weil sich für eine solche schlicht kein Ansatz finden ließe; die Höhe des vereinbarten Zinses ist ebenso wenig kontrollfähig wie das Fehlen einer Klausel, in der ein Veräußerungsverbot enthalten sein müsste. Anders stellt sich dies aber dar, wenn ein variabler bonitätsabhängiger Zinssatz vereinbart ist. Derartige Preis- bzw. Zinsanpassungsklauseln dienen dazu, dem Verwender das Risiko langfristiger Kalkulation abzunehmen und ihm seine Gewinnspanne trotz nachhaltiger, ihn belastender Kostensteigerungen zu sichern.106 Hingegen würde es dem Zweck dieser Klausel zuwiderlaufen, wenn die Bank mithilfe von Zinsanpassungen ihre Gewinnspanne nachträglich steigern könnte.107 Lässt die Klausel dies zu, folgt daraus nach neuester Rspr. des BGH ihre Unwirksamkeit gemäß § 307 BGB.108 2. Änderung der Gewinnspanne aufgrund veränderter Kostenstruktur Die Kosten der Leistungserbringung für das Produkt „Darlehen“ können für den Erwerber niedriger sein als für den Veräußerer. Wesentliche Kostenunter106 107 108
Thomas, AcP 209 (2009), 84, 85. BGHZ 82, 21, 25; 94, 335, 339; 158, 149 f.; 180, 257, 266 f. BGHZ 180, 257, 266 f.
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schiede ergeben sich insbesondere bei einem Darlehenstransfer aus dem regulierten in den unregulierten Bereich. Dem vereinbarten bonitätsabhängigen Zinsanpassungsmechanismus liegt jedoch weiterhin die Risikostruktur des Veräußerers zugrunde, während nach einer Darlehensveräußerung die Höhe einer kalkulatorischen Risikoprämie insbesondere durch den Grad der individuellen Risikoaversion des Erwerbers bestimmt wird, die freilich von aufsichtrechtlichen Vorgaben beschränkt werden kann. Daraus ergibt sich Folgendes: Obgleich dem Darlehensnehmer in bonitätsabhängigen Zinsänderungsklauseln das Risiko eigener Bonitätsänderungen weitgehend selbst zugewiesen ist, wird er in diesen Fällen nicht an den geringeren Kosten der Risikobewirtschaftung des Erwerbers teilhaben. Stattdessen profitiert der Erwerber von einer höheren Gewinnspanne. 3. Kautelarjuristische Maßnahmen zur Vermeidung der AGB-rechtlichen Unwirksamkeit Der Summierungseffekt aus der Darlehensveräußerung und der bonitätsabhängigen Zinsanpassung begründet die Unwirksamkeit der Klausel nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB. Um dies zu verhindern, sind zwei Lösungswege gangbar: Einerseits kann eine Preisverhandlungsklausel eingeführt werden, die unter der Bedingung der Veräußerung des Darlehens eingreift.109 Dabei darf vermutet werden, dass die Veräußerung nicht zu einer schlechteren Bewirtschaftung führt. Andernfalls wäre schon die Veräußerung ökonomisch sinnlos. Deshalb darf die Berechnungsgrundlage der bonitätsabhängigen Zinsanpassungen nicht zu Ungunsten des Darlehensnehmers geändert werden. Damit stünden Neuverhandlungen über die Berechnungsgrundlage der risikoadjustierten Zinsänderungen an, sobald das Darlehen veräußert wird und sich dadurch die Parameter der bonitätsabhängigen Zinssätze ändern. Dies würde dem Darlehensnehmer eine nachträgliche Anpassung der im Zins enthaltenen Risikoprämie an die Kostenstruktur des Erwerbers erlauben. Als Alternative dazu bleibt allein, die Unveräußerbarkeit der betroffenen Darlehen zu vereinbaren, um die Unwirksamkeit der bonitätsabhängigen Zinsänderungsklausel auszuschließen.
D. Instrumente des Darlehensnehmers zur Verhinderung des Gläubigerwechsels und des Datenflusses In den vorangegangenen Erörterungen wurde unterstellt, dass die Veräußerbarkeit Eingang in die Liquiditätsprämie des Darlehens findet und die Risikoprämie im Falle einer variablen bonitätsabhängigen Verzinsung der Kostenstruktur des 109 Dies präferiert Jungmann generell anstelle bonitätsabhängiger Zinsanpassungsklauseln, s. ders., WM 2001, 1401 ff.; wegen der geringeren Effizienz krit. Mülbert, WM 2004, 1205, 1208; Wand, WM 2005, 1969, 1974.
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8. Kap.: Wirtschaftliche Selbstbestimmung und Vertragsäquivalenz
Erwerbers angepasst wird. Auf diese Weise konnte das dem Vertrag zugrundeliegende Äquivalenzverhältnis auch für den Fall der Veräußerung gewahrt werden. Als letzter Baustein zum Ausgleich der beteiligten Interessen fehlt indes noch ein Instrumentarium, mit dem die wirtschaftliche und informationelle Selbstbestimmung des Darlehensnehmers auch dann noch sichergestellt wird, wenn dieser mit der Darlehensveräußerung und der Datenweitergabe bei Vertragsschluss einverstanden war.110 Dabei kann in Teilen auf die Diskussion um die negative Abschlussfreiheit Dritter bei Vertragsübertragungen aufgrund von Gesamtrechtsnachfolgen nach dem Umwandlungsgesetz rekurriert werden. Im Zusammenhang mit Darlehensveräußerungen erhält diese allgemeine Diskussion aber eine etwas andere Akzentuierung. Das Schutzinstrumentarium wird als Mittel zur Verwirklichung der wirtschaftlichen und informationellen Selbstbestimmung des Darlehensnehmers eingesetzt. Dementsprechend wird es auf reine Forderungsabtretungen ausgeweitet, bei denen nicht die Vertragsfreiheit, sondern allein der Schuldner- und Geheimnisschutz leitend wird. Der Lösung nähert sich die folgende Erörterung damit, dass zunächst ein Überblick über die möglichen Instrumente gegeben, anschließend die sachgerechteste Lösung herauskristallisiert und diese in Ergänzung zu einer kautelarjuristischen Einbindung in die Darlehen normativ herzuleiten versucht wird. Abschließend werden Folgeprobleme der gefundenen Lösung aufgezeigt.
I. Überblick 1. Widerspruchsrecht Zunächst ist ein Widerspruchsrecht bezüglich des Forderungs- und Vertragsübergangs zu erwägen, wie es sich allgemein in § 38 Abs. 2 und 3 Österreichisches UGB für Umwandlungen und in § 613a Abs. 6 BGB speziell für Betriebsübergänge findet.111 Das zunächst nur richterrechtlich hergeleitete Widerspruchsrecht des Arbeitnehmers gegenüber dem Betriebsnachfolger nach § 613a BGB ist vom Bundesarbeitsgericht in ständiger Rspr. seit über 25 Jahren112 und vom Europäischen Gerichtshof seit 1992113 anerkannt.114 Das BAG hat die viel110 Vgl. dazu die Forderung des BVerfG nach umfangreichem informationellen Selbstschutz, WM 2006, 2270, 2271 f. 111 Für ein Widerspruchsrecht bei Abtretungen Derleder/Knops, VuR 2008, 241, 244 und 248; für ein solches bei Umwandlungen Simitis/Simitis, BDSG § 28 Rn. 90; Knops, WM 2008, 2185, 2191; Knops/Knobloch/Dübel/Reifner, Erwerb von Kreditforderungen durch Private Equity-Unternehmen, S. 99 ff. 112 BAGE 26, 301. 113 Urt. v. 16.12.1992 – verb. Rs. C-132/91, 138/91, 139/91, Slg. 1992 S. I-06577 zu Art. 3 Abs. 1 der RL 77/187 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen. 114 BT-Drs. 14/7760 vom 07.12.2001, S. 20.
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fältigen Gründe für das Widerspruchsrecht kürzlich stichwortartig mit folgenden Worten zusammengefasst: „Kein aufgezwungener Schuldnerwechsel (analog § 415 Abs. 1 S. 1 BGB); kein ,Verkauf‘ des Arbeitnehmers gegen seinen Willen (Art. 1, 2 GG), Grundrecht auf freie Arbeitsplatzwahl (Art. 12 GG); höchstpersönlicher Charakter der Dienstleistung; Möglichkeit des Verzichts auf arbeitsrechtlichen Bestandsschutz; Entstehungsgeschichte des § 613a BGB.“ 115
Im Jahre 2001 wurde das Widerspruchsrechts in § 613a Abs. 6 S. 1 BGB im Interesse der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit116 ausdrücklich gesetzlich geregelt.117 Stünde dem Darlehensnehmer ein derartiges Widerspruchsrecht gegenüber der Darlehensübertragung bzw. der Forderungsabtretung zu und würde er es ausüben, bestünde der Darlehensvertrag in der Folge mit dem Veräußerer ex tunc fort.118 Der vermeintliche Zedent oder der übertragende Rechtsträger bliebe Inhaber der Darlehensforderungen. Zwischen dem Forderungserwerber und dem Darlehensnehmer bestünde keine rechtliche Beziehung. 2. Sonderkündigungsrecht Unabhängig von dem auf die Verletzung des Bankgeheimnisses beschränkten Kündigungsrecht119 kann ein Sonderkündigungsrecht des Darlehensnehmers auch allgemein für alle Darlehensveräußerungen erwogen werden.120 Dies kann auf den Gesichtspunkt gestützt werden, dass aus der Sphäre der Bank auf die Vertragsfreiheit des Darlehensnehmers bzw. das besondere Vertrauensverhältnis eingewirkt wird. So sieht das OLG Karlsruhe in seiner bereits erwähnten Entscheidung bei einem langfristigen Kreditvertrag ein besonderes Vertrauensverhältnis und im Einzelfall Gründe dafür als gegeben an, von einer Zusammenarbeit mit einem bestimmten Erwerber Abstand zu nehmen.121 Dem folgend leiten manche Stimmen in der Lit. ein Sonderkündigungsrecht unter unterschiedlich strengen 115
BAG, NZA 2008, 815, 816. BT-Drs. 14/7760 vom 07.12.2001, S. 20. 117 Gesetz vom 23.03.2002 (BGBl. I, 2002, S. 1163). 118 Vgl. zu dem Widerspruchsrecht nach § 38 UGB vgl. dort Abs. 3; zu dem Widerspruchsrecht nach § 613a Abs. 6 BGB vgl. MüKo-BGB/Müller-Glöge, § 613a, Rn. 122. 119 s. o. Kapitel 7 C. III. 120 Für ein Sonderkündigungsrecht bei Darlehensübertragungen in Ausnahmefällen OLG Karlsruhe, WM 2001, 1803, 1804; bei Umwandlungen Simitis, ZHR 165 (2001), 453, 460 f.; Wengert/Widmann/Wengert, NJW 2000, 1289, 1294; ein Sonderkündigungsrecht zum Schutz der negativen Vertragsfreiheit bei isolierter Vertragsübertragung fordert Mayer, in: Widmann/Mayer, UmwG, § 132 Rn. 9; dies will Bitter mit Schadensersatz aus § 280 BGB wegen Verletzung der negativen Abschlussfreiheit kombinieren, Bitter, ZHR 173 (2009), 379, 427 und 433. 121 OLG Karlsruhe, WM 2001, 1803, 1804. 116
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Voraussetzungen aus § 313 Abs. 3 S. 2 BGB her,122 während andere auch auf Nr. 18 Abs. 2 AGB-Banken, Nr. 26 Abs. 2 AGB-Sparkassen sowie bei jeder Art von Dauerschuldverhältnissen auf § 314 Abs. 1 S. 1 BGB abstellen.123 Es sei ergänzt, dass die §§ 313, 314 BGB124 auch in der Umwandlung gelten.125 3. Vorkaufsrecht Schließlich könnte dem Darlehensnehmer ein Vorkaufsrecht gemäß § 463 ff. BGB an „seinem“ Darlehen gewährt werden, wie es etwa in § 577 BGB für den Mieter im Hinblick auf „seine“ Wohnung normiert ist. Der Vorkauf wird als ein Kaufvertrag zwischen dem Berechtigten und Verpflichteten gedeutet, der durch den Abschluss eines Kaufvertrags mit einem Dritten sowie durch die Ausübung des Vorkaufsrechts doppelt aufschiebend bedingt ist.126 Man kann darüber streiten, ob in der Ausübung zumindest eines gesetzlichen Vorkaufsrechts kein Bedingungseintritt, sondern eher eine Gestaltungserklärung oder gar die Annahme eines Angebots zu sehen ist.127 Jedenfalls würde der Darlehensnehmer mit Ausübung eines solchen Rechts in den schuldrechtlichen Kaufvertrag zwischen der Bank und dem Darlehenserwerber zu denselben Konditionen eintreten (vgl. § 464 Abs. 2 BGB). Das Vorkaufsrecht dient dem Vorkaufsberechtigten allgemein zur Befriedigung seiner Interessen an einem Eigenerwerb und kumulativ oder alternativ an der Abwehr eines Fremderwerbs im Hinblick auf einen Gegenstand oder der Beteiligung an einer Gemeinschaft, zu dem oder zu der er eine besondere wirtschaftliche, soziale oder persönliche Bindung hat.128 Die besondere Angewiesenheit auf oder Beziehung zu dem betreffenden Gegenstand oder der Gemeinschaft kann er durch Ausübung des Vorkaufsrechts schützen bzw. vertiefen.
II. Bevorzugte Lösung unter Sachgesichtspunkten 1. Diskussion im Gesetzgebungsverfahren zum Risikobegrenzungsgesetz Der erste Formulierungsvorschlag für die Kreditnehmerschutzvorschriften im Risikobegrenzungsgesetz sah in § 490 Abs. 3 BGB-E129 ein Sonderkündigungs122
So Scharf, S. 396 f. Teichmann/Kießling, ZGR 2001, 33, 73; Wech, S. 555 ff. 124 Zum unklaren Verhältnis der beiden Normen zueinander MüKo-BGB/Roth, § 313, Rn. 141. 125 Scharf, S. 396. 126 Stdg. Rspr. seit RGZ 72, 385, 386; 110, 327, 333; BGHZ 60, 275, 294. 127 Zu allem Nachweise bei Schurig, S. 63 ff., 81 ff.; Mader, in: Staudinger, BGB, Vorbemerkungen zu §§ 463 ff. Rn. 26, der darauf hinweist, dass BGHZ 32, 375, 383 das Vorkaufsrecht ausdrücklich als ein Gestaltungsrecht qualifiziert. 128 Vgl. Schurig, S. 15 f.; differenzierend nach rechtsgeschäftlichen und gesetzlichen Vorkaufsrechten Mader, in: Staudinger, BGB, Vorbemerkungen zu §§ 463 ff. Rn. 2 f. 123
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recht des Darlehensnehmers ohne Vorfälligkeitsentschädigung vor. Es sollte für den Fall einer Vertragsübertragung (Variante 1) oder auch schon für den Fall einer bloßen Forderungsabtretung (Variante 2) gelten. Ähnliche Ansätze finden sich im bayerischen Gesetzentwurf für ein Kreditnehmerschutzgesetz (dort § 490 Abs. 3 S. 2 BGB-E)130 und wurden auch von der Literatur131 in verschiedenen Formen diskutiert. Der Gesetzgeber hat jedoch bewusst von der Einführung eines derartigen Gestaltungsrechts abgesehen.132 Es ist naturgemäß umstritten, ob das Vertrauen in die Person des Vertragspartners, den sich der Schuldner selbst ausgesucht hat, in jedem Fall die Zubilligung eines Sonderkündigungsrechts rechtfertigt.133 Häufig wird ergebnisorientiert dargelegt, dass Umstrukturierungen und Refinanzierungen durch ein Sonderkündigungsrecht erheblich erschwert würden.134 Bei einem Portfolioverkauf wäre nicht absehbar, welche Darlehen der Erwerber übernehmen kann und welche sich aufgrund der Kündigung aus dem Portfolio herauslösen würden. Das wiederum würde eine Vielzahl von Einschränkungen erfordern, was der Übersichtlichkeit abträglich wäre.135 Es stellte sich schließlich heraus, dass die Banken das Problem des Sonderkündigungsrechts vor allem in dem Verlust der Vorfälligkeitsentschädigung verorten.136 Die Vorfälligkeitsentschädigung nach § 490 Abs. 2 BGB wird grundsätzlich damit gerechtfertigt, dass die Kündigungsgründe aus dem Risikobereich des Darlehensnehmers herrühren.137 Zudem müsste die Vorfälligkeitsentschädigung entfallen, weil dem Kündigungsberechtigten andernfalls die Ausübung seines 129
BT-Drs. 16/9821, Nr. 5, Anlage 2, S. 31 f. BR-Drs. 152/08, S. 3 (Art. 1 Nr. 3 Kreditnehmerschutzgesetz). 131 Derleder/Knops, VuR 2008, 241, 244 und 248; Zimmermann, BKR 2008, 95, 101; für Umwandlungen wiederum Knops, WM 2008, 2185, 2191; vgl. schon Wolfsteiner, in: Staudinger, BGB, Vorbem. zu § 1191 ff. Rn. 188. 132 BT-Drs. 16/9821, S. 14. 133 s. einerseits Haus & Grund Deutschland, Stellungnahme vom 21.01.2008, S. 4; andererseits Mülbert, Stellungnahme vom 20.01.2008, S. 2 ff.; ein Sonderkündigungsrecht für den Fall einer Darlehensveräußerung an Investoren, die nicht über eine bankrechtliche Erlaubnis verfügen, befürwortet Nobbe, ZIP 2008, 97, 104 mit Hinweis auf Schantz, VuR 2006, 464, 468. 134 BT-Drs. 16/9821, S. 14; Deutsche Bundesbank, Stellungnahme vom 22.01.2008, S. 7; Zentraler Kreditausschuss, Stellungnahme vom 18.01.2008, S. 16 f.; Lone Star Germany GmbH, Stellungnahme vom 16.01.2008, S. 6 f.; Verband der Auslandsbanken in Deutschland, Stellungnahme vom 18.01.2008, S. 12; Habersack, Stellungnahme vom 14.01.2008, S. 7 f.; Mülbert, Stellungnahme vom 20.01.2008, S. 5; Stürner, Stellungnahme vom 22.01.2008, S. 6; so auch Bundesverband der deutschen Industrie, Stellungnahme vom 18.01.2008, S. 13 und Deutscher Industrie- und Handelskammertag, Positionspapier vom 18.01.2008, S. 3, die allerdings ein Sonderkündigungsrecht für Abtretungen begrüßen. 135 BT-Drs. 16/9821, S. 14. 136 Ausführlich Knops, in: Handbuch zum deutschen und europäischen Bankrecht, § 14 Rn. 1 ff. 137 MüKo-BGB/K. P. Berger, § 490 Rn. 30. 130
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Kündigungsrechts erschwert würde.138 Das aber würde das Kreditgeschäft für die Banken unkalkulierbar machen.139 Ohne die Pflicht zur Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung wirkt sich im Falle einer Kündigung das mit einer Festzinsvereinbarung ausgeschlossene Zinsänderungsrisiko einseitig zu Lasten des Kreditgebers aus.140 Der Darlehensnehmer würde die Kündigungsmöglichkeit zur Erzielung eines „windfall profit“ nutzen können, der sich daraus ergibt, dass die Neuzinssätze in Phasen eines sinkenden Zinsniveaus niedriger liegen als die bisher vereinbarten.141 Es wurde eingewendet, dass dies alles schließlich zu einer Verteuerung der Kredite führe, was nicht im Interesse der Verbraucher liege142 und die verbraucherfreundliche deutsche Kultur des Langfristzinses insgesamt gefährde.143 Das deutsche Festzinssystem trage jedoch in hohem Maße auch zur Systemstabilität bei.144 Diese Argumentation ist aus dem Kontext der Abtretungsverbote hinlänglich bekannt. Nur stellt sich die Frage, ob die Praxis dies bestätigt. Denn wenn schon nichtabtretbare Kredite zu kaum erhöhtem Zins angeboten werden145 und Darlehen an Investoren zu einem Preis verkauft werden, der selbst unter der Differenz aus Nominalbetrag und Vorfälligkeitsentschädigung liegt, ist dies kaum verständlich. Jedoch gaben selbst Verbraucherschützer einem Widerspruchsrecht entsprechend der Regelung des § 613a Abs. 6 BGB den Vorzug vor einem Sonderkündigungsrecht.146 Letzteres sei dem Kunden auch ohne die Verpflichtung zur Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung nicht zumutbar, weil die Gefahr bestehe, dass er sich schon aufgrund eines gestiegenen Zinsniveaus nicht durch einen neuen Kredit refinanzieren kann.147 Dies wiederum bekam Beifall von anderer Seite. Erneut wurde das bekannte Argument angeführt, dass der Schuldner aufgrund der Gesamtfälligkeit die zum Zeitpunkt der Kündigung bestehende Rest138
Schwintowski/Schantz, Stellungnahme vom 21.01.2008, S. 6. Bundesminister der Finanzen Peer Steinbrück (SPD) in der 173. Sitzung des Deutschen Bundestages am 27.06.2008, BT-Plenarprot. 16/173, S. 18462. 140 Deutsche Bundesbank, Stellungnahme vom 22.01.2008, S. 7. 141 Zentraler Kreditausschuss, Stellungnahme vom 18.01.2008, S. 16; Mülbert, Stellungnahme vom 20.01.2008, S. 4; Scharf, S. 395. 142 Bundesminister Peer Steinbrück (SPD), BT-Plenarprot. 16/173, S. 18462. 143 BT-Drs. 16/9821, S. 15; Leo Dautzenberg (CDU/CSU), BT-Plenarprot. 16/173, S. 18463. 144 Deutsche Bundesbank, Stellungnahme vom 22.01.2008, S. 8. 145 Vgl. Bank/Eckstein, Capital 04/2008, S. 82 ff. unter Bezugnahme auf eine Umfrage der FMH-Finanzberatung bei 60 Banken und eigene Recherchen; Schmelz, Stellungnahme vom 22.01.2008, S. 26. 146 Schwintowski/Schantz, Stellungnahme vom 21.01.2008, S. 3; Schmelz, Stellungnahme vom 22.01.2008, S. 27. 147 Schwintowski/Schantz, Stellungnahme vom 21.01.2008, S. 3; Schmelz, Stellungnahme vom 22.01.2008, S. 27. 139
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schuld in einem Mal vollständig zurückzahlen bzw. refinanzieren müsse.148 Dadurch würden gerade bonitätsschwächere Darlehensnehmer von der Geltendmachung des Sonderkündigungsrechts abgehalten. Ohnehin sei der Darlehensnehmer gerade bei langfristigen Immobiliardarlehen an einer Fortsetzung des zinsgünstigen Kreditengagements interessiert.149 Gegen ein Widerspruchsrecht wird jedoch im Kontext der Umwandlungen vorgebracht, es stelle inzident die Möglichkeit einer freien Übertragung in Frage und lasse befürchten, dass das Ziel, notwendige oder nützliche Unternehmensumstrukturierungen zu vereinfachen, vereitelt würde.150 Zwar wäre die Bank bei Darlehensveräußerungen wegen des fehlenden Umwandlungsprivilegs ohnehin nicht schutzwürdig. Doch wurde oben festgestellt, dass sich daraus keine dinglichen Beschränkungen ergeben können. Eine derartige Einschränkung des Forderungsverkehrs ist auch in der Individualsukzession kritisch zu sehen. Ein Widerspruchsrecht fand keinen Eingang ins Gesetz. Letztlich ist zu bedauern, dass in der Diskussion zum Risikobegrenzungsgesetz kein Vorkaufsrecht erörtert wurde und dementsprechend keine fachlichen Stellungnahmen zu dieser Variante vorliegen. Ein Vorkaufsrecht ist lediglich im Zusammenhang mit den Maßnahmen zur Finanzmarktstabilisierung erörtert worden. Interessierte Kreise wollen den Unternehmen des Finanzsektors, die durch eine Risikoübernahme des Finanzmarktstabilisierungsfonds in der Finanzkrise begünstigt worden sind, ein Vorkaufsrecht (besser: bevorrechtigter Rückerwerb) an den zuvor veräußerten Vermögenswerten einräumen, wenn der Fonds die Werte weiterveräußert, wie dies in § 4 Abs. 2 S. 2 Nr. 4 S. 1 letzter Hs. FMStFV explizit als Option erwogen wird.151 2. Stellungnahme Ein Widerspruchsrecht nach dem Vorbild des § 613a BGB bzw. § 38 Abs. 2 und 3 Österreichisches UGB schiene für Darlehensverträge nicht sachgerecht. Zwar würde das Interesse des Darlehensnehmers gewahrt, keinem neuen Vertragspartner bzw. Gläubiger gegenüberstehen zu müssen. Jedoch würden die Interessen des Darlehensnehmers einseitig zu Lasten der Bank durchgesetzt.152 Das käme im Ergebnis einem faktischen Abtretungsverbot gleich, wobei das RegelAusnahme-Prinzip von freier Abtretbarkeit und Unübertragbarkeit umgekehrt 148 Bütter/Tonner, ZBB 2005, 165, 171; Bredow/Vogel, BKR 2008, 271, 276; Dörrie, ZBB 2008, 292, 295; auch Knops, WM 2008, 2185, 2191, hält das Kündigungsrecht für unterlegen. 149 GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen e. V., Stellungnahme vom Januar 2008, S. 6; so auch Nobbe, ZIP 2008, 97, 104. 150 J. W. Flume, S. 182. 151 Kremer/Beck, in: Jaletzke/Veranneman, FMStG, FMStFG § 8 Rn. 46 f. 152 Krit. auch Müko-HGB/Thiessen, § 25 Rn. 87, 89 ff.
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würde. Zugleich würde der veräußernden Bank erst im Nachhinein der Anreiz genommen, die Daten an den Erwerber weiterzugeben. Dies käme zu spät. Ein allgemeines Sonderkündigungsrecht ohne Grundlage in einer Pflichtverletzung der Bank oder des Erwerbers wird ebenfalls zu Recht abgelehnt.153 Auch ein solches Instrument wäre nicht mit dem Vorrang der Umwandlungsfreiheit154 bzw. dem freien Forderungsverkehr zu vereinbaren. Das Sonderkündigungsrecht würde sich wegen des Entfallens der Vorfälligkeitsentschädigung zu Lasten des Darlehensgebers auswirken. Dem stünden auf Seiten des Darlehensnehmers kaum Vorteile gegenüber. Ohne schuldhafte Pflichtverletzung greift ein Ersatzanspruch hinsichtlich des Kündigungsfolgeschadens nicht durch.155 Die Ansicht, der Kunde würde „windfall profits“ erzielen, ist allerdings kaum nachvollziehbar: Bei notleidenden Darlehen liegt eine Kündigung ohnehin zumeist im Interesse der Bank. Dies könnte für sie sogar dann finanziell günstig sein, wenn die Vorfälligkeitsentschädigung wegfällt, weil das Darlehen zum Nominalwert zurückgezahlt werden muss und sie diesen Wert als Kaufpreis gegenüber einem Investor kaum durchsetzen könnte. Bei intakten Darlehen hat der Darlehensnehmer nur in dem seltenen Fall ein Interesse an einer Kündigung, wenn ein festes Hochzinsdarlehen in eine Niedrigzinsphase gerät. Dabei sind allerdings die hohen Transaktionskosten einer häufig erforderlichen Umschuldung einzukalkulieren.156 Im Übrigen, also bei Niedrigzinsdarlehen in einer Hochzinsphase, hätte wiederum nur die Bank ein Interesse an der Kündigung. Es bleibt anzumerken, dass ein Sonderkündigungsrecht nicht geeignet wäre, der Bank den Anreiz zu einer Datenübermittlung an den Erwerber zu nehmen, und dass es diese auch nicht nachträglich obsolet machen würde. Das Darlehen wäre auch nach einer Kündigung an den neuen Gläubiger zurückzuzahlen. Ein Sonderkündigungsrecht würde mithin den Interessen keiner Partei gerecht. Mit einem Vorkaufsrecht wäre hingegen sowohl den Darlehensnehmern als auch der Bank gedient. Die Bank erhält in jedem Fall einen Anspruch auf den Kaufpreis. Die Person des Anspruchsgegners kann ihr gleich sein, sofern nur die Zahlung gewährleistet ist. Letzteres kann durch Besicherungsklauseln im Kaufvertrag, in den der Darlehensnehmer gegebenenfalls eintritt, oder in den Bestimmungen des Darlehensvertrags kautelarjuristisch geregelt werden. Mit Ausübung des Vorkaufsrechts kann der Darlehensnehmer auf der anderen Seite verhindern, dass ihm Dritte als Gläubiger der Darlehensforderungen entgegentreten. Ein vor dem Hintergrund der informationellen Selbstbestimmung sehr wichtiger Effekt des Vorkaufs äußert sich darin, dass er der Bank zugleich den Rechtsgrund und 153
So für Umwandlungen, die gegen das BDSG verstoßen Scharf, S. 395 ff. Ebenso Petersen, Der Gläubigerschutz im Umwandlungsrecht, S. 331; Teichmann/Kießling, ZGR 2001, 33, 73. 155 Vgl. zu diesem Konzept oben Kapitel 7 C. IV. 156 BGHZ 180, 257, 271. 154
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den Anreiz dafür nimmt, die Schuldnerdaten an den bisher vorgesehenen Erwerber weiterzuleiten. Den Darlehensnehmern würde zudem die Möglichkeit gegeben, eine etwaige Gewinnspanne der Investoren für sich zu nutzen. Die Erschwernisse der Anschlussfinanzierung könnten abgefedert werden, wenn und soweit der Refinanzierungsbetrag in Gestalt des Kaufpreises niedriger liegt als die aktuelle Darlehensvaluta: Die Schuld des Darlehensnehmers würde sich auf den Betrag reduzieren, den der Erwerber im Kaufvertrag vereinbart hat. Gerade für bonitätsmäßig schlechter gestellte Darlehensnehmer verbliebe danach ein quantitativ geringeres Refinanzierungsproblem als bei der Ausübung eines Sonderkündigungsrechts. Im Übrigen steht es ihnen frei, kürzer zu treten und den Kauf ihres Darlehens mit einem Verkauf ihres Wohnobjekts zu finanzieren. Es ergäbe sich somit wirtschaftlich ein ähnliches Ergebnis wie nach der Lex Anastasiana, nach der die Höhe einer abgetretenen Forderung auf ihren Kaufpreis begrenzt ist.157 Der wesentliche Unterschied bestünde indes darin, dass ein Recht des Darlehensnehmers gegenüber der Bank erweitert wird, ohne zugleich die Forderungsrechte des Erwerbers gegenüber dem Darlehensnehmer unter Durchbrechung des Trennungs- und Abstraktionsprinzips auf den Kaufpreis zu beschneiden. Das Vorkaufsrecht bietet dem Darlehensnehmer eine privilegierte Beteiligung am Darlehensmarkt. Dadurch wird die beste Allokation des Darlehens ermöglicht und gleichzeitig ein gerechter Interessenausgleich hergestellt.158 Eine Ausübung des Vorkaufsrechts ginge letztlich nur zu Lasten des Erwerbers. Dessen Interessen sind im Verhältnis zwischen Darlehensgeber und Darlehensnehmer aber kaum berücksichtigungsfähig. Es gilt die Relativität des Schuldverhältnisses. Zwischen dem Erwerber und dem Darlehensnehmer besteht kein Vertrag. Zudem schafft die Anbahnung des Kaufvertrags zwischen Bank und potentiellem Erwerber noch keinen Besitzstand, auf den der Erwerber vertrauen könnte, sondern lediglich eine Erwerbschance. Schließlich gefährdet das Vorkaufsrecht auch nicht die beabsichtigten Darlehenstransaktionen, indem es den Beteiligten die Planungssicherheit nehmen würde, wie es in der Lit. als Kritik etwa einem Sonderkündigungsrecht entgegengesetzt wird. Eine kurzfristige Abtrennung einzelner Verkaufsgegenstände ist von Immobilienverkäufen bekannt. Dort ist es ebenfalls nicht vorhersehbar, welcher Mieter von seinem Vorkaufsrecht nach § 577 BGB Gebrauch macht.159 Es hat sich aber gezeigt, dass dies zwischen den Kaufvertragsparteien kautelarjuristisch lösbar ist.
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s. o. Kapitel 6 A. II. 2. Dieses Ergebnis stünde in Einklang mit der Spieltheorie, s. E. Fehr/Schmidt, The Quarterly Jornal of Economics Vol. 114 (1999), 817 ff. 159 Wegen dieses Vorkaufsrechts im Wohnungsmietrecht bezieht Lone Star Germany GmbH, Stellungnahme vom 16.01.2008, S. 7 den Hinweis auf den gesetzlichen Vertragsübergang nach § 566 BGB, der sich ohne Vorkaufsmöglichkeit vollzieht, allein auf Gewerbeimmobilien. 158
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8. Kap.: Wirtschaftliche Selbstbestimmung und Vertragsäquivalenz
Mit dem Vorkaufsrecht steigt der Darlehensnehmer in die starke Verhandlungsposition des Erwerbers ein. Auf diese Weise kann das strukturelle Defizit der fehlenden finanziellen Waffengleichheit und Marktmacht des Darlehensnehmers beseitigt und Chancengleichheit mit dem potenziellen Darlehenserwerber hergestellt werden. Wenn im Zuge der Diskussion um Darlehensveräußerungen regelmäßig die Verkehrsfähigkeit der Forderungen propagiert wird, muss gleichzeitig der Weg zu einem effizienten und transparenten Markt geebnet werden. Dies schließt es ein, den Darlehensnehmer selbst als Käufer anzusprechen. Ihm muss nach wertender Betrachtung sogar ein Vorrecht vor den Unternehmen des Finanzsektors zukommen, wenn diesen entsprechend dem Gedanken in § 4 Abs. 2 S. 2 Nr. 4 S. 1 FMStFV ein bevorzugter Rückerwerb an den zuvor auf den Finanzmarktstabilisierungsfonds übertragenen Vermögenswerten zugebilligt wird. Nach alledem erscheint ein Vorkaufsrecht des Darlehensnehmers als die sachgerechteste Lösung zum Ausgleich der beteiligten Interessen.
III. Normative Herleitung eines darlehensrechtlichen Vorkaufsrechts aus einer Analogie zum Wohnraummietrecht Nach dem Vorgesagten ist es sinnvoll, ein Vorkaufsrecht in die Vertragswerke der Darlehen einzubinden. Nachfolgend wird der Frage nachgegangen, ob sich ein solches Recht bereits im Wege der Gesetzesanalogie ergibt. Um die Wohnung nicht nur bei einer Miete, sondern auch dann zu schützen, wenn sie dem Bewohner gehört, bietet sich eine Analogie zum mietrechtlichen Vorkaufsrecht gemäß § 577 BGB i.V. m. §§ 463 ff. BGB an. 1. Normzweck der § 577 i.V. m. §§ 463 ff. BGB In § 566 BGB (= § 571 BGB a. F.) findet sich der Grundsatz „Kauf 160 bricht nicht Miete“.161 In dieser schon sehr alten Regelung liegt ein „Tropfen sozialen Öls im BGB“.162 Wegen des gesetzlichen Vertragsübergangs muss der Mieter nicht fürchten, nach einem Verkauf aus der Wohnung verwiesen zu werden, weil er dem neuen Eigentümer gegenüber nicht mehr zum Besitz berechtigt wäre. Die Vorschrift des § 577 BGB ist als flankierende Maßnahme zu verstehen, die das nach dem gesetzlichen Vertragsübergang gesteigerte Risiko des Mieters, dass 160 Besser: „Veräußerung bricht nicht Miete“, vgl. zu der sprichwörtlichen, aber ungenauen Terminologie, die trotz Kritik Teil der bei der Neufassung 2002 erlassenen gesetzlichen Überschriften geworden ist Streyl, in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, § 566 BGB Rn. 1. 161 Vgl. zu dieser reichseinheitlich eingeführten Regelung Hattenhauer, NZM 2003, 666. 162 Derleder, NJW 2008, 1189; näher Streyl, in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, 9. Auflage 2007, § 566 BGB Rn. 2.
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ihm der Erwerber und neue Vermieter kündigt, vorbeugt. Sie ist dem – inzwischen durch Art. 6 Nr. 2 des Gesetzes zur Reform des Wohnungsbaurechts vom 13.09.2001163 aufgehobenen – § 2b WoBindG nachgebildet.164 Der Anwendungsbereich dieser Vorschrift war auf den öffentlich geförderten Wohnungsbau beschränkt. Mit der Schaffung des § 2b WoBindG hat der Gesetzgeber beabsichtigt, der Gefahr einer spekulativen Umwandlung von Sozialmietwohnungen in Eigentumswohnungen und der sich daraus ergebenden Verdrängung der Mieter entgegenzuwirken.165 Der Eigentümer, der von einer Wohnungsumwandlung profitieren möchte, will sein Spekulationsinteresse typischerweise durch einen baldigen Verkauf der umgewandelten Wohnungen realisieren. Gegen das damit verbundene Vertreibungsrisiko wollte der Gesetzgeber den Mieter schützen.166 Im Jahre 1993 wurde das gesetzliche Vorkaufsrecht auf den freien Wohnungsbau ausgeweitet (§ 570b BGB a. F. = § 577 BGB n. F.).167 Dazu ist wiederholt betont worden, dass der Schutz des Mieters „vor einer Verdrängung im Zusammenhang mit einer Umwandlung“ bei frei finanzierten Wohnungen nicht weniger dringlich sei als bei Sozialwohnungen.168 Dies rechtfertigt den Eingriff in die Vertragsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) und die wirtschaftliche Dispositionsfreiheit des Wohnungseigentümers (Art. 14 Abs. 1 GG). So ist auch der BGH der Ansicht, dass das Vorkaufsrecht für die erste Veräußerung einen ausgewogenen Kompromiss zwischen dem Verwertungsinteresse des Eigentümers und dem Interesse des Mieters am Erhalt der Wohnung darstellt.169 2. Planwidrige Regelungslücke Es ist zu bedenken, dass der Gesetzgeber im Rahmen des Risikobegrenzungsgesetzes ein Vorkaufsrecht hätte regeln können, dies aber nicht getan hat. In Anbetracht dessen, dass ihm diese Überlegung vorlag,170 könnte eine planwidrige Regelungslücke zu verneinen sein. Zudem hat er von einem Kündigungsrecht für den Fall der Darlehensveräußerung ohne Vorfälligkeitsentschädigung gerade Ab163
BGBl. I, 2376. Vgl. dazu RegBegr. zu dem Gesetz zur Wiederherstellung eines sozialen MietR, BT-Drs. 12/3013, S. 18, sowie die Stellungnahme des BR zum RegE des 4. Mietrechtsänderungsgesetzes, BT-Drs. 12/3254, S. 40. 165 Beschlussempfehlung u. Bericht des Ausschusses für Raumordnung, Bauwesen u. Städtebau, BT-Drs. 8/3403, S. 35, 40 f. 166 BGH, NJW 1999, 2044, 2045. 167 G v. 21.07.1993 (BGBl. I, 1257). 168 BT-Drs. 12/3013, S. 18; BT-Drs. 12/3254, S. 40; vgl. zu allem auch BGHZ 167, 58, 61 f.; NJW 2006, 1869, 1870 f. 169 BGH, NJW 1999, 2044, 2045. 170 Erörtert wurde dies kurz beim Expertenhearing im Finanzausschuss des Bundestages am 19.09.2007, vgl. Pressemitteilung des Instituts für Finanzdienstleistungen e. V. (iff) vom 19.09.2007. 164
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8. Kap.: Wirtschaftliche Selbstbestimmung und Vertragsäquivalenz
stand genommen. Man wollte nicht die Möglichkeiten des Risikotransfers unterbinden. Zudem wurde argumentiert, dass der Entfall der Vorfälligkeitsentschädigung zu pauschal sei und nicht die wirtschaftlichen Zusammenhänge einbeziehe. Damit aber hat das Vorkaufsrecht nichts gemein. Vielmehr ist es deutlich differenzierter. Eine analoge Anwendung des § 577 BGB i.V. m. §§ 463 ff. BGB ist flexibler handhabbar und verständlicher als ein Sonderkündigungsrecht ohne Vorfälligkeitsentschädigung. Das Konzept vermag nicht an einer ggf. fehlenden planwidrigen Regelungslücke zu scheitern. 3. Vergleichbare Interessenlage mit dem Wohnraummietrecht Der Mietvertrag regelt, dass der Mieter an den Vermieter einen Mietzins zahlt und als Gegenleistung in dessen Wohnobjekt wohnen kann. Dem Darlehen liegt die Interessenlage zugrunde, dass der Immobiliardarlehensnehmer von der Bank die Mittel erhält, mit denen er seine Wohnung finanziert. Stellt er den Schuldendienst ein, wird in das regelmäßig grundpfandrechtlich belastete Wohnungsgrundstück vollstreckt. Der Darlehensnehmer erbringt mithin die Zins- und Tilgungsleistung an die Bank, um in seiner Wohnung wohnen zu können. Bei wirtschaftlicher Betrachtung lässt sich dies auf die Formel verkürzen, der Darlehensnehmer sei „Mieter der Bank“, wobei mit der Bank freilich nicht das Mietobjekt, sondern die Vertragspartei bezeichnet ist. Wendet man sich nunmehr der Sukzession auf Seiten des Darlehensgebers zu, wird durch §§ 123, 131 Abs. 1 UmwG und einseitig beschränkt auf die isolierten Darlehensforderungen auch durch § 398 BGB derselbe Rechtszustand hergestellt wie im Mietrecht durch § 566 BGB. Nur erfolgt dies unter umgekehrten Vorzeichen: Während der Erwerber einer Immobilie diese in aller Regel frei von Mietern erwerben möchte, ist der Erwerber des Darlehens oder der Darlehensforderung an einem Vertrags- bzw. Forderungsübergang im Sinne von „Umwandlung bzw. Abtretung bricht nicht Darlehen“ sehr wohl interessiert. Indessen besteht ebenso wie im Mietrecht die gesteigerte Gefahr, dass der Erwerber dem Darlehensnehmer zu kündigen versucht, um ihn aus seinem als Sicherheit dienenden Wohnobjekt zu verdrängen, damit er dessen Wert realisieren kann. Beiden Fällen ist zudem gemeinsam, dass Mieter und Darlehensnehmer ein Interesse daran haben, keinem neuen Vertragspartner bzw. Gläubiger gegenüberzustehen und möglicherweise selbst zu denselben Konditionen in den Kaufvertrag eintreten zu können. Hingegen richten sich die Interessen der Banken häufig gegen eine Veröffentlichung des Kaufpreises der Darlehen. Zumindest im Bereich der Sub- und NonPerforming Loans liegt dieser in aller Regel weit unter dem Nominalwert.171 Das Geheimhaltungsinteresse der Bank, das in diesem Falle unter das Betriebsge171
Wittig, in: Bankrechtstag 2005, S. 145, 155.
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heimnis fällt, wird jedoch dadurch relativiert, dass die neuen Gläubiger oftmals Teilerlasse anbieten.172 Wenn der Käufer der Darlehen bzw. Darlehensforderungen in einer derart pragmatischen Weise vorgeht, ist dem Darlehensnehmer ohne Weiteres der Rückschluss möglich, dass die Bank das Darlehen zumindest unter dem eingeforderten Betrag verkauft hat. Die Bank kann sich dann nicht mehr auf das Betriebsgeheimnis zurückziehen. Im Übrigen ist eine derartige Intransparenz im Umgang mit Risiken und deren Bewertung gegenüber dem betroffenen Kunden im Einzelfall nicht schützenswert. Ein nicht unerheblicher Unterschied zu der mietrechtlichen Interessenlage besteht aber in einem Anreiz- und Gleichbehandlungsproblem. Es wurde zwar bereits beschrieben, dass einerseits der Kaufpreis eines Hauses zu einem Teil auch von der Bonität der Mieter abhängt und andererseits der Wert einer Darlehensforderung auch von dem Wert der als Sicherheit dienenden Immobilie bestimmt wird. Ungeachtet des Werts der Sicherheiten wird ein Darlehensnehmer geringerer Bonität – im Falle der Ausübung seines Vorkaufsrechts – einen günstigeren Kaufpreis für seine Forderung erhalten als ein Darlehensnehmer höherer Bonität. Denn die Forderungshöhe hängt in weit unmittelbarerem Masse von der Bonität des Schuldners ab als der Ertragswert einer Immobilie von der Bonität der Mieter. Der „schlechtere“ Darlehensnehmer würde „belohnt“. Das könnte wegen der Rückwirkung auf andere Kunden bedenklich sein. Den übrigen Darlehensnehmern müsste ebenfalls ein Verkauf „ihres Darlehens“ mit einem vergleichbaren Abschlag angeboten werden. Das Gleichbehandlungsgebot kann allerdings nicht als Argument ins Feld geführt werden. Der Bonitätsunterschied ist idealerweise schon vorgängig durch individuell erhöhte Risikozuschläge und Risikoprämien kompensiert worden. Mit dem günstigeren Vorkauf kommt die durch sie finanzierte „Versicherung“ im nicht technischen Sinne den bonitätsschwächeren Darlehensnehmern selbst zugute, wodurch im Ergebnis die Vertragsäquivalenz hergestellt wird.173 Sofern die individuell bonitätsabhängige Bepreisung die Ausfälle nicht abdeckt bzw. ohnehin eine Einheitsbepreisung vorgenommen wurde, bleibt es indes dabei, dass die Abschreibungen der einzelnen Darlehen auf den zu zahlenden Kaufpreis von dem Kollektiv der zahlenden Kreditnehmer quersubventioniert werden. Der Verkauf an den Darlehensnehmer stellt indes auch insoweit nur scheinbar einen ungerechten Umgang mit dem Risikoprämientopf dar. Das Prinzip der Quersubventionierung wird nämlich nicht erst mit dem Kauf durch den Darlehensnehmer, sondern schon dann in Frage gestellt, wenn die Bank das betreffende Darlehen zum Verkauf anbietet. Damit leitet sie selbst die Entsolidarisierung der Kreditnehmerge172 So die Aussage von John Grayken, Gründer und Vorstandschef des Lone Star Funds mit Sitz in Texas, USA, vgl. Buchter, Beim König der Heuschrecken, in: Die Zeit vom 26.06.2008, S. 26. 173 Vgl. auch die Rechtsprechungsnachweise zur Erstattung der Versicherungsprämien bei vorzeitiger Vertragsauflösung MüKo-BGB/Armbrüster, § 138 Rn. 119 f.
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meinschaft ein, wenn eine solche überhaupt jemals als bindende Solidargemeinschaft bestand, was im Versicherungsrecht überwiegend bestritten wird.174 Schließlich sei die für institutionelle Schuldner und insbesondere auch für Banken nicht unübliche Strategie erwähnt, von Abwärtsmigrationen der eigenen Bonität zu profitieren, indem der Emittent Anleihen zu Kursen unterhalb des Emissionspreises zurückerwirbt. Darin ist keine Ungerechtigkeit, sondern lediglich ein marktkonformes Spiel von Angebot und Nachfrage zu sehen. Gleiches gilt für den in Rede stehenden Erwerb eigener Darlehen durch Darlehensnehmer einer Bank, denen durch das Vorkaufsrecht lediglich eine privilegierte Tür zum Markt geöffnet wurde. Mithin stehen die genannten Einwände nicht dem Ergebnis entgegen, dass eine im Wesentlichen gleiche Interessenlage zwischen der mietrechtlichen und der darlehensrechtlichen Situation auszumachen ist. 4. Übertragbarkeit der Rechtsfolgen des § 577 BGB auf einen Darlehensverkauf Trotz der vergleichbaren Interessenlage und desselben Schutzbedürfnisses des fremdfinanzierten Wohneigentümers fehlt dem Darlehensnehmer anders als dem Mieter der ausdrückliche Schutz des Vorkaufsrechts aus § 577 BGB. Es muss ihm ermöglicht werden, sich aus dem Darlehensvertrag herauszukaufen, indem er die Quelle seiner Zahlungspflicht, mithin den Darlehensvertrag oder einzelne Forderungen daraus, erwirbt wie der Mieter das Wohnobjekt. Mithin ist ein obligatorisches Vorkaufsrecht des Darlehensnehmers zu denselben Konditionen, wie sie dem Darlehens- bzw. Forderungserwerber gewährt werden, zumindest für grundpfandrechtlich besicherte Darlehen in Analogie zu §§ 577, 463 ff. BGB zu befürworten.
IV. Folgeprobleme 1. Vorkauf bei mehreren Verkäufen In Frage steht, ob das Vorkaufsrecht für einen Verkaufsfall oder eine Vielzahl an Verkäufen der Darlehen oder Darlehensforderungen gilt. Dies ist nach allgemeinen Grundsätzen durch Auslegung der das Vorkaufsrecht begründenden Vorschrift oder des dieses einräumenden Vertrags zu bestimmen.175 Im Mietrecht beziehen die Rspr. und weite Teile der Lit. das gesetzliche Vorkaufsrecht nach § 577 BGB176 nur auf den Erstverkauf. Eine weiter gehende Anwendung würde zu stark in die Eigentumsfreiheit eingreifen, weil nur durch den 174
s. dazu oben 2. Kapitel F. III. 2. Mader, in: Staudinger, BGB, § 463 Rn. 41 f. 176 BGHZ 141, 194; 167, 58; Rolfs, in: Staudinger, BGB, § 577 Rn. 32; MüKoBGB/Häublein, § 577 Rn. 13. 175
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Erstverkauf das Vertreibungsrisiko für den Mieter signifikant erhöht werde, während dies bei weiteren Verkäufen der Wohnung nicht in gleicher Weise der Fall sei.177 Die Mieterinteressen werden bei Letzteren durch §§ 566 ff. als ausreichend geschützt angesehen.178 Diese Rechtsprechung ist angreifbar, weil sie dem Mieter keine zweite Chance gewährt, wenn ihm bei einem weiteren Verkauf zuvor nicht vorhandene Finanzierungsmöglichkeiten offenstünden und er dann ggf. sogar einen günstigeren Kaufpreis erhielte. Die Begründung, dass der erste Verkauf einer Wohnung „erfahrungsgemäß in besonderer Weise von spekulativen Absichten begleitet ist“,179 spricht eher gegen denn für eine Beschränkung des Vorkaufsrechts auf gerade diesen Verkauf. Bei Darlehensveräußerungen ist das Schutzbedürfnis des vorkaufsberechtigten Darlehensnehmers weitaus dringender. Im Verlaufe des Lebenszyklus eines Darlehens kann es zu gehäuften Veräußerungen, und zwar auch in unmittelbarer Abfolge, kommen, wie ein Blick in die Rechtsprechungsfälle zeigt.180 Darlehen unterliegen zudem erhöhten Wertschwankungen. Der Verkauf kann sogar zu Erträgen führen.181 Spätere Abschreibungen auf die Forderung können alsdann in eine Drittgesellschaft verlagert werden. Der Kaufvertrag der betreffenden „Abschreibungsgesellschaft“ mit dem niedrigsten Preis steht dann erst am Ende der Verkaufskette. Nach dem dargestellten Konzept geht es für den Darlehensnehmer indes nicht allein darum, eine einmalige Chance zu erhalten, sich aus den Fesseln des „Mietvertrags mit der Bank“ zu lösen und sein eigener Herr zu werden. Vielmehr muss ihm auch der echte und faire Marktwert des Darlehens zugutekommen, und zwar zu jeder Zeit. Mithin entfaltet das auf eine Gesetzesanalogie zum Mietrecht gestützte Vorkaufsrecht des Darlehensnehmers abweichend von der mietrechtlichen Auslegung für alle Verkaufsfälle und gegenüber jedem Verkäufer des Darlehens oder der Darlehensforderungen Geltung. Dieses Ergebnis sollte zweckmäßigerweise auch auf schuldrechtlicher Grundlage erreicht werden. Rechtsprechung und Literatur lassen ein rechtsgeschäftlich begründetes Vorkaufsrecht im Grundsatz nur für ei177
BGHZ 167, 58, 60 ff. MüKo-BGB/Häublein, § 577 Rn. 13. 179 Rolfs, in: Staudinger, BGB, § 577 Rn. 43. 180 Siehe etwa in BGH, BKR 2011, 327 (in kurzfristiger Folge Ausgliederung der Darlehen der Klägerin durch die T. AG an die G. GmbH, Verkauf der Darlehensforderungen durch die G. GmbH an die Y. Limited und Abtretung an diese, unmittelbar danach Abtretung der Forderungen durch die Y. Limited an die Beklagte, wobei unklar bleibt, ob letzteres auf Grundlage eines Kaufvertrages erfolgte.); OLG München, WM 2008, 688 (Übergang der Darlehensverträge von der X Bank auf die Hypo Real Estate im Jahre 2001, Ausgliederung der Darlehensforderungen (str.) von der Hypo Real Estate auf eine der Beklagten im Jahre 2004). 181 Dies wurde im Zusammenhang mit Verbriefungstransaktionen („gain-on-sale“) vom Basler Ausschuss für Bankenaufsicht erkannt und reguliert, s. ders., Basel III, Abs. 74. 178
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nen Verkaufsfall gelten.182 Gleichwohl handelt es sich bei den Bestimmungen um dispositives Recht. Das Vorkaufsrecht darf daher im Rahmen der Privatautonomie auf weitere Verkaufsfälle ausgeweitet werden, erfordert indes eine separate Verpflichtung auch des Rechtsnachfolgers des Vorkaufsverpflichteten.183 Dies geschieht durch eine Übertragung des das Vorkaufsrecht enthaltenden Darlehensvertrags im Wege der Universalsukzession und im Übrigen durch einen Vertrag des Darlehensveräußerers mit dem Käufer zugunsten des Darlehensnehmers. 2. Differenzierende Kaufpreisabrede im Hinblick auf die Vorfälligkeitsentschädigung Im Grundsatz kommt gemäß § 464 Abs. 2 BGB mit der Ausübung des Vorkaufsrechts der Kauf zwischen dem Berechtigten und dem Verpflichteten unter den Bestimmungen zustande, welche der Verpflichtete mit dem Dritten vereinbart hat. Eine Vereinbarung des Verpflichteten mit dem Dritten, durch welche der Kauf von der Nichtausübung des Vorkaufsrechts abhängig oder dem Verpflichteten für den Fall der Ausübung des Vorkaufsrechts der Rücktritt vorbehalten wird, ist dem Vorkaufsberechtigten gegenüber gemäß § 465 BGB unwirksam. Im Mietrecht wird jedoch eine differenzierende Kaufpreisabrede je nachdem, ob das Mietervorkaufsrecht ausgeübt wird bzw. verneinendenfalls der Erstkäufer ein bestehendes Mietverhältnis übernehmen muss, teilweise für zulässig gehalten.184 Der niedrigere Kaufpreis steht unter der auflösenden, der höhere Kaufpreis unter der aufschiebenden Bedingung der Ausübung des Vorkaufsrechts.185 Die Begründung findet sich darin, dass ein vermietetes Objekt in aller Regel preiswerter ist, weil der Mietvertrag nach § 566 BGB zu denselben, möglicherweise nicht mehr adäquaten Konditionen auf den Erwerber übergeht. Der Mieter genießt Kündigungsschutz. Ihm können nur in engem Rahmen Mieterhöhungen vorgegeben werden. Schließlich steht die Vermietung zumeist auch Sanierungsmaßnahmen und Umstrukturierungen entgegen. Im Gegensatz zu Dritten, die sich diesen Nachteilen gegenübersehen, würde der Mieter bei Ausübung seines Vorkaufsrechts eine unvermietete Wohnung erwerben. Denn § 566 BGB führt in diesem Fall zur Konfusion. Die weitere Nutzung des vormaligen Mieters und jetzigen Eigentümers ist ohne Belang. Für das Mietrecht wird deshalb gefordert, dass die unterschiedliche Bewertung, der ökonomischen Realität Rechnung tragend, zu einer unterschiedlichen Preisgestaltung führen darf.186 Dagegen äußert 182 BayObLGZ 1965, 153, 157; Mader, in: Staudinger, BGB, § 463 Rn. 41; MüKoBGB/H. P. Westermann, § 463, Rn. 30. 183 Mader, in: Staudinger, BGB, § 463 Rn. 41. 184 OLG München, MittBayNot 2005, 306 f.; Derleder, NJW 1996, 2817, 2819 f.; Blank, in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, § 577 BGB Rn. 79 m.w. N.; a. A. Sonnenschein, NJW 1997, 1270, 1283 f.; ihm folgend Rolfs, in: Staudinger, BGB, § 577 Rn. 83. 185 Krit. Sonnenschein, NJW 1997, 1270, 1283 f. 186 Derleder, NJW 1996, 2817, 2819.
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die Gegenansicht dogmatische Bedenken (zwei verschiedene Kaufverträge über dieselbe Sache, aber mit unterschiedlichen Preisen) und hält daran fest, dass eine unzulässige Benachteiligung des Mieters bei Ausübung seines Vorkaufsrechts nicht von der Hand zu weisen ist, weil er nicht in den Genuss des niedrigsten Kaufpreises kommt.187 In Bezug auf Darlehensveräußerungen stellt sich das Preis-Leistungs-Verhältnis jedoch ohnehin anders dar. Zunächst besteht insofern Übereinstimmung, als die gegen den Darlehensnehmer gerichteten Forderungen ebenfalls infolge Konfusion durch Zusammenfallen der Gläubiger- und Schuldnerstellung erlöschen,188 wenn er das Vorkaufsrecht ausgeübt hat und die Bank ihm in Erfüllung des Kaufvertrages die gegen ihn gerichteten Forderungen abgetreten bzw. das Darlehen als Ganzes übertragen hat. Der Darlehensnehmer erhält mithin wirtschaftlich ein gekündigtes Darlehen. Es scheint daher, als erspare er sich damit die Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung gegenüber der Bank, die bei einer Kündigung anfallen würde. Diese Hypothese trifft jedoch nicht zu. Anders als eine vermietete Wohnung ist ein intaktes ungekündigtes Darlehen objektiv wertvoller als ein intaktes gekündigtes Darlehen. Der Erwerber erwirbt auch den bestehenden Anspruch auf Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung für den Fall einer vorzeitigen Kündigung des Darlehensnehmers. Es ist davon auszugehen, dass dieser Anspruch zu Lasten jeglicher Erwerber eingepreist wird. Erwirbt nun der Darlehensnehmer sein eigenes Darlehen, indem er das Vorkaufsrecht ausübt, erwirbt er zugleich auch einen Anspruch auf Zahlung der Vorfälligkeitsentschädigung. Der Anspruch wird erfüllt, indem er entfällt. Er ist Bestandteil der Gegenleistung des Kaufpreises. Die Bank ist mit Ausübung des Vorkaufsrechts nicht schlechter gestellt als ohne. Der Darlehensnehmer erhält als Erwerber nicht mehr als jeder Dritter. Eine gespaltene Kaufpreisabrede, nach deren Inhalt der Darlehensnehmer bei Ausübung seines Vorkaufsrechts einen um die Vorfälligkeitsentschädigung erhöhten Betrag zahlen müsste, stünde mithin in Konflikt mit § 464 Abs. 2 BGB. Sie würde gegen § 465 BGB verstoßen, aus dem allgemein der Rechtsgedanke hergeleitet wird, dass der Vorkaufsberechtigte gegen Umgehung und Vereitelung zu schützen ist.189 3. Sicherheitsleistung zugunsten des Verkaufsverpflichteten Die verkaufsverpflichtete Bank hat ein schutzwürdiges Interesse an einer Sicherheitsleistung für die kaufvertraglichen Verpflichtungen gegen ihren Darlehensnehmer zumal dann, wenn er bisher schon mit der Erfüllung seiner darle187 Sonnenschein, NJW 1997, 1270, 1283 f.; Rolfs, in: Staudinger, BGB, § 577 Rn. 83. 188 Zur Abtretung an den Schuldner Palandt/Grüneberg, BGB § 398 Rn. 3 a. E. und Überbl. v. § 362 Rn. 4. 189 Vgl. Derleder, NJW 1996, 2817, 2819.
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hensrechtlichen Pflichten in Verzug geraten ist. Ist in dem Kaufvertrag mit dem Dritten eine Stundungsvereinbarung enthalten, muss der in diesen Vertrag eintretende Vorkäufer gemäß § 468 Abs. 1 BGB bereits aufgrund Gesetzes Sicherheit leisten, wenn er von dieser Stundungsvereinbarung Gebrauch machen will. Die Bank hat aber auch außerhalb dieser Regelung die Möglichkeit, in den Kaufvertrag die Pflicht zur Sicherheitsleistung aufzunehmen. Soll diese indes nicht den Drittkäufer binden, ist es ihr nicht verwehrt, eine Sicherheitsleistung im Darlehensvertrag mit dem Vorkäufer für den Fall der Ausübung des Vorkaufsrechts zu vereinbaren. Es ist sogar als AGB-rechtlich (§ 307 BGB) zulässig anzusehen, wenn sie die Befugnis zur Ausübung des Vorkaufsrechts zweckmäßigerweise an die Erfüllung des Besicherungsanspruchs knüpft. Dies steht in Einklang mit der Rechtsprechung, nach der die Ausübungserklärung wegen Verstoßes gegen Treu und Glauben unwirksam wäre, wenn der Berechtigte es zugleich ablehnt, die mit seiner Erklärung verbundenen Pflichten zu tragen.190 Zwar stehen der Bank im Kaufrecht für Fälle des Verzugs und der Leistungsverweigerung weiter gehende Vertragslösungsrechte zu als im Darlehensrecht. Dennoch würde die mit der Ausübung und Durchsetzung dieser Rechte verbundene Zeitspanne vor dem Hintergrund unzumutbar sein, dass sich die Bank den aufgrund des Vorkaufs eingetretenen Gläubiger nicht selbst ausgesucht hat. Die Sicherheitsleistung wird im Falle eines Immobiliardarlehens regelmäßig aus der ohnehin schon zu Gunsten der Bank bestehenden Sicherungsgrundschuld bestehen. 4. Geltung in Abspaltung und Ausgliederung Die (partielle) Gesamtrechtsnachfolge infolge einer Abspaltung oder Ausgliederung enthält eine Vermögensübertragung auf der Grundlage eines Spaltungsund Übernahmevertrags (§ 126 UmwG), jedoch keinen Kauf im Sinne von § 433 BGB. Mithin stellt eine Umwandlung grundsätzlich keinen zum Vorkauf berechtigenden Vorgang dar. Ausnahmen werden unter dem Aspekt eines Umgehungsgeschäfts diskutiert und in Einzelfällen bejaht.191 Damit stellt sich die Frage eines fehlenden Umwandlungsprivilegs und nach den daraus zu ziehenden Konsequenzen für die Übertragung von Darlehensportfolios in anderem Gewand erneut. Es ist indes nicht zu rechtfertigen, dem Darlehensnehmer einen Erwerb seines eigenen Darlehens zu verweigern, wenn die Transaktion mithilfe des umwandlungsrechtlichen Instrumentariums ausgeführt wird, sofern damit dasselbe wirtschaftliche Ergebnis wie mit einem Rechtskauf erreicht werden soll, der mit einer Vertragsübernahme zu erfüllen ist. Es ist indes nicht erforderlich, sich lediglich auf eine Vorhand als eine schwächere, da lediglich eine Angebots- oder 190 BGH WM 1962, 1091; WM 1962, 722; OLGR Koblenz 2000, 133; kritisch, aber für Fälle der Leistungsunfähigkeit bereits vor Ausübung des Vorkaufsrechts zustimmend Mader, in: Staudinger, BGB, § 464 Rn. 6. 191 s. MüKo-BGB/H. P. Westermann, § 463, Rn. 19 m.w. N. aus der Rspr.
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auch nur Informationspflicht auslösende192 Vertragsgestaltung zurückzuziehen, die keine preisliche Festlegung enthält. Vielmehr sind die Bedingungen des Vor„kaufs“-rechts in der Weise auszugestalten, dass der Darlehensnehmer in diesen Fällen in einen hypothetischen Kaufvertrag zwischen übertragendem und übernehmendem Rechtsträger eintritt. Kaufgegenstand ist sein im Übertragungsvertrag bezeichneter oder zu bezeichnender Darlehensvertrag. Als Kaufpreis ist in Ermangelung einer entsprechenden Angabe im Übernahmevertrag der Preis anzusetzen, den ein Dritter aufgrund des Kaufs zu entrichten hätte, also einem Fremdvergleich standhalten muss. Damit wird regelmäßig der Wert des Darlehens einzusetzen sein, mit dem der übernehmende Rechtsträger das Darlehen in seiner Handelsbilanz ansetzen würde, damit der Darlehensnehmer diesem gleichgestellt wird. Gegebenenfalls wird hierzu das Gutachten eines unabhängigen Gutachters entscheidend sein.
V. Reformvorschlag Die vorgenannten Überlegungen zu einem schuldrechtlichen Vorkaufsrecht sind ungeachtet der analogen Herleitung aus § 577 i.V. m. 463 ff. BGB im Interesse der Rechtssicherheit und wegen des Konkretisierungsbedarfs gemäß der 2. Variante des Gesetzesvorschlags in Anhang B zu kodifizieren, wobei auch dem Sicherungsinteresse des zum Vorverkauf verpflichteten Darlehensgebers genügt wird. Subsidiär wird ein Vorschlag für ein formularvertragliches Vorkaufsrecht mit demselben Inhalt in Anhang D Nr. 2 unterbreitet.
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Dazu Bork, in: Staudinger, BGB, Vor. §§ 145–156, Rn. 77 f.
„Cross the Border – Close the Gap“. Leslie Aaron Fiedler (1917–2003), amerikanischer Literaturwissenschaftler und -kritiker
9. Kapitel
Formularmäßige Regelung der Darlehensveräußerung Im Anschluss an die Erörterung der Rechtsprobleme ist es das Ziel, ein Regelwerk zu erstellen, mit dem veräußerbare Darlehen zu fairen Konditionen angeboten werden können. Die Informationsbereitschaft des Darlehensnehmers gegenüber der Bank soll durch die Datenweitergabe nicht geschmälert werden. Der Darlehensnehmer erhält einen angemessenen Ausgleich für die Befreiung vom Bankgeheimnis, für die erhöhte Sekundärliquidität seines Darlehens und für die gegebenenfalls geringeren Risikokosten des Erwerbers. Die Vertragsgestaltung genügt mithin marketingpolitischen Erfordernissen,1 ist anreizoptimiert und trägt zur Abmilderung der Prinzipal-Agent-Problematik bei. Zugleich sind die bestehenden Rechte des Darlehensnehmers explizit zu machen.
A. Hinweis auf Veräußerbarkeit nach Art. 247 § 9 Abs. 1 S. 2 EGBGB Inhalt der Vertragsdokumentation von Immobiliardarlehen ist zunächst der Hinweis auf die Veräußerbarkeit. Die Kreditnehmer müssen nach Art. 247 § 9 Abs. 1 S. 2 EGBGB zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses darauf hingewiesen werden, dass die Kreditforderung ohne ihre Zustimmung abgetreten oder der Kreditvertrag auf einen Dritten übertragen werden kann. Der Hinweis muss deutlich ausgestaltet und in der vom Darlehensnehmer zu unterzeichnenden Vertragserklärung enthalten sein, wenngleich er auch keiner separaten Unterzeichnung bedarf. Dies gebietet eine deutliche drucktechnische Hervorhebung und verbietet eine Vermengung mit anderen vertraglichen Erklärungen.
B. Befreiung vom Bankgeheimnis und den übrigen Geheimhaltungspflichten Wird die Veräußerbarkeit der Darlehen festgelegt, holen die Banken in diesem Zusammenhang von dem Darlehensnehmer auch Einwilligungen in die Daten1
Vgl. dazu Waschbusch/Staub/Knoll/Loewens, Finanz Betrieb 2009, 15, 20 ff.
B. Befreiung vom Bankgeheimnis und den übrigen Geheimhaltungspflichten 581
weitergabe an den Erwerber ein.2 Dabei ist nach Art, Inhalt und Zeitpunkt der Einwilligung zu unterscheiden: Die Einwilligung kann individuell oder formularmäßig erfolgen. Letzteres ist aus Gründen einer effizienten Gestaltung der Massenverträge die häufigste Erscheinungsform. Im Übrigen werden Vertragsklauseln in Verbraucherverträgen wegen § 310 Abs. 3 Nr. 2 i.V. m. § 305 Abs. 1 BGB regelmäßig als AGB zu qualifizieren sein. Die Einholung einer Zustimmung zur Datenweitergabe ist nicht etwa unpraktikabel.3 Sie ist in formularmäßiger Form ebenso möglich wie die Erfüllung der Hinweispflicht nach Art. 247 § 9 Abs. 1 S. 2 EGBGB. Es ist festzustellen, dass Einwilligungen in die Datenweitergabe bisher hauptsächlich formularmäßig und vor Konkretisierung der Darlehenstransaktion erteilt werden. Dem Tatbestand des BGH-Urteils vom 27.02.20074 lag – wie erwähnt – eine solche noch recht knapp gehaltene Einwilligungsklausel zugrunde.5 Der Bundesverband deutscher Banken (BdB) hat unterdessen detaillierte Formulierungen für gewerbliche Kreditvergaben vorgeschlagen.6 Ähnliche Klauseln verwendet die Bankpraxis nunmehr auch gegenüber Privatkunden, wogegen der Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) rechtlich vorgeht.7 Die Einwilligungsklauseln haben eine doppelte Funktion: Erstens heben sie die dargestellte Selbstbeschränkung des Verwenders in Nr. 2 Abs. 1 AGB-Banken gegenüber weiteren Rechtfertigungsmöglichkeiten außerhalb der AGB8 wieder auf, indem sie die Öffnungsklausel in Nr. 2 Abs. 1 S. 2 Var. 2 AGB-Banken nutzbar machen. Zweitens begründen sie eine eigene Rechtfertigung für die Durchbrechung der außervertraglichen Quellen der Geheimhaltungspflichten. Zur Vorbereitung eines eigenen Formulierungsvorschlags sollen die Grenzen derartiger Einwilligungsklauseln abgesteckt werden.9
2
Die Möglichkeit, rechtswirksam vom Bankgeheimnis zu befreien, wird zur Verwendung der Darlehen als Finanzsicherheiten europarechtlich ausdrücklich verlangt, RL 2009/44/EG vom 6.05.2009, Art. 2 Nr. 6 Buchst. b (Änderung von RL 2002/47/EG Art. 3 Abs. 3 ii). Für Verbraucherkredite kann indes eine Ausnahme vorgesehen werden, Art. 2 Nr. 6 Buchst. b (Änderung von RL 2002/47/EG Art. 1 Abs. 4 Buchst. c). 3 Wiegand, in: FS Schimansky, S. 837, 847; Wengert/Widmann/Wengert, NJW 2000, 1289, 1294 f.; a. A. die einer Zustimmung ohnehin entgegenstehenden Stimmen, so etwa Kusserow/Dittrich, WM 1997, 1786, 1794. 4 BGHZ 171, 180, 181. 5 Krit. deshalb S. Hofmann, BKR 2008, 241, 242. 6 Ziffer 12 des Musterdarlehensvertrages, abgedr. bei Wand, WM 2005, 1942, 1945 sowie in Lwowski/Wunderlich, in: Bankrechts-Handbuch, § 76 Rn. 179. 7 Vgl. dazu S. Hofmann, BKR 2008, 241. 8 Vgl. oben Kapitel 5 C. I. 4. 9 Dazu schon Früh, WM 2000, 497, 502; St. Hofmann/Walter, WM 2004, 1566, 1572; Wittig, in: Bankrechtstag 2005, S. 145, 189 f.; Wand, WM 2005, 1969, 1977 ff.; ausführlich Vollborth, S. 229; Wech, S. 402 ff.
582
9. Kap.: Formularmäßige Regelung der Darlehensveräußerung
I. Anwendbarkeit der AGB-Kontrolle Die Kontrollfähigkeit formularmäßig erteilter Einwilligungen hängt davon ab, ob es sich dabei um „Vertragsbedingungen“ im Sinne von § 305 Abs. 1 S. 1 BGB handelt. Hierbei erlangt die erörterte Qualifizierung der Einwilligung eine gewisse Bedeutung. Die Beurteilung zwischen rechtsgeschäftlichen und rechtsgeschäftsähnlichen Grundlagen bis hin zu einem Realakt oszilliert.10 Soweit die Geheimhaltungspflichten auf vertraglicher Grundlage fußen, wurde einer vertraglichen Lösung der Vorzug gegeben, während im Hinblick auf die außervertraglichen und insbesondere deliktsrechtlichen Quellen der Geheimhaltung in der Einwilligung lediglich eine Gestattung oder Ermächtigung zur Vornahme tatsächlicher Handlungen zu sehen ist. Unter dem Blickwinkel der Kontrollfähigkeit spielt diese Differenzierung nach Ansicht der Rechtsprechung11 und eines Großteils der Literatur12 keine Rolle. Die vereinzelt geäußerten Bedenken, dass die Einwilligung – zumindest im deliktischen Bereich – keine kontrollfähige rechtsgeschäftliche Willenserklärung sei, lässt die Rspr. nicht gelten.13 Selbst Tatsachenerklärungen könnten und müssten kontrolliert werden, wenn sie durch ihre Mitwirkung an der inhaltlichen Gestaltung des Vertragsverhältnisses die Rechtsposition des betroffenen Vertragsteils verändern.14 Es kommt nicht so sehr auf die Änderung vertraglicher Rechte und Pflichten an als vielmehr auf die auch nur mittelbare Entfaltung rechtlicher Wirkungen im Allgemeinen.15 Für dieses weite Verständnis wird überzeugend der Zweck der gesetzlichen AGB-Kontrolle ins Feld geführt. Die Inanspruchnahme einseitiger Gestaltungsfreiheit soll kontrolliert werden können, um auf diese Weise dem Schutz des privatautonomen Bestimmungsrechts des Einzelnen zu dienen.16 Das schließt eine Kontrolle aller Erklärungen ein, die im Zusammenhang mit einem Vertrag abgegeben und von der anderen Seite aufgrund einseitiger Gestaltungsmacht vorformuliert werden.17
10
s. o. Kapitel Kapitel 5 C. I. 3. a). BGHZ 141, 124, 126; BGH, NJW 1990, 2313, 2314; NJW 2000, 2677. 12 Kohte, AcP 185 (1985), 105, 128 m.w. N.; Wolf, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGBRecht, § 305 BGB Rn. 7; Ulmer/Habersack, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, § 305 Rn. 17 f., 19 (insbes. Stichwort: Einwilligung zur Erfassung personenbezogener Daten). 13 Ausführlich OLG Celle NJW 1980, 1287, 1288; OLG Koblenz NJW 1989, 2950, 2951. 14 OLG Celle NJW 1980, 1287, 1288. 15 Wolf, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, § 305 BGB Rn. 7. 16 BGHZ 141, 124, 126; OLG Koblenz NJW 1989, 2950, 2951; Kohte, AcP 185 (1985), 105, 129. 17 Vgl. Kohte, AcP 185 (1985), 105, 129. 11
B. Befreiung vom Bankgeheimnis und den übrigen Geheimhaltungspflichten 583
II. Schutz vor dem Überraschungsmoment, § 305c BGB Die Ansicht, dass die Veräußerung der Darlehen zum Zwecke der Refinanzierung und Risikoentlastung schon dem Grunde nach nicht überraschend im Sinne von § 305c Abs. 1 BGB sei,18 ist mit der Einführung der Hinweispflicht in Art. 247 § 9 Abs. 1 S. 2 EGBGB der Boden entzogen worden. Der Gesetzgeber hält die Darlehensveräußerung für so ungewöhnlich, dass er eine gesonderte Aufklärung des Verbrauchers mittels eines entsprechenden Hinweises verlangt, der überdies deutlich gestaltet sein muss. Ohnehin ist nicht primär auf die Veräußerbarkeit der Darlehen abzustellen, sondern auf die Datenweitergabe. Die Verletzung der Geheimhaltungspflichten ist schon im Grundsatz als überraschend anzusehen.19 Die Einwilligung in die Datenweitergabe ist deshalb zumindest in der gleichen Weise auszugestalten wie der Hinweis auf die Veräußerbarkeit. Die Einwilligung ist demnach unter gesonderter Überschrift klar erkennbar hervorzuheben, um einen Verstoß gegen § 305c Abs. 1 BGB auszuschließen.20
III. Unangemessene Benachteiligung gemäß § 307 Abs. 1 S. 1 BGB In einer liberalen Wirtschaftsordnung ist der Vertrag das maßgebliche Instrument zur Verwirklichung freien und eigenverantwortlichen Handelns in Beziehung zu anderen.21 Soweit sich dies innerhalb der gesetzlichen Rahmenbedingungen hält, ergibt sich aus dem privatautonomen Handeln der Wirtschaftssubjekte im Idealfall ein sachgerechter Interessenausgleich, den der Staat zu respektieren hat.22 Die wertende Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB findet deshalb gemäß § 307 Abs. 3 BGB nur dann Anwendung, wenn die Vertragsklauseln von gesetzlichen Regelungen abweichen. Sowohl beim Bankgeheimnis als auch beim Datenschutz (§ 4a BDSG) und beim strafbewehrten Amtsgeheimnis (§ 203 Abs. 2 StGB) wird die Einwilligung des Betroffenen als uneingeschränkte Rechtfertigung einer Datenverarbeitung entweder ausdrücklich (§ 4a BDSG) oder aufgrund des allgemeinen Rechtsgrundsatzes des „volenti non fit iniuria“ gesehen.23 Zum Zwecke der Forderungsveräußerung von Anwälten und Steuerbe18
Vollborth, S. 231 ff. Wech, S. 403 ff. 20 Ebenso Bitter, ZHR 173 (2009), 414. 21 BVerfG, WM 2006, 2270, 2271. 22 BVerfG, WM 2006, 2270, 2271; gleichwohl besteht selten gleiche Verhandlungsmacht, so dass der vom Gesetzgeber abgesteckte Rahmen noch weiten Spielraum für Verhandlungsergebnisse bietet, die als ungerecht empfunden werden können (s. z. B. oben: „the poor pay more“). 23 Aufgrund des seiner Ansicht nach nicht dispositiven Persönlichkeitsrechts hegt Steindorff Zweifel an der Möglichkeit eines umfassenden Verzichts, vgl. ders., ZHR 149 (1985), 151, 158; s. auch Diskussionsbericht, ZHR 149 (1985), 177, 178. 19
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9. Kap.: Formularmäßige Regelung der Darlehensveräußerung
ratern wird in § 49b Abs. 4 S. 2 BRAO sowie in § 64 Abs. 2 S. 2 StBerG die Möglichkeit einer Einwilligung in die Datenoffenbarung überdies explizit vorausgesetzt. Die Befreiung von den Geheimhaltungspflichten bewegt sich demnach grundsätzlich im Rahmen des Zulässigen, weicht aber von dem gesetzlichen Regelfall ab, womit die Voraussetzung des § 307 Abs. 3 BGB für eine Inhaltskontrolle vorliegt. Gleichwohl ist die Klausel nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt. Eine Formularklausel ist nach ständiger Rspr. unangemessen, wenn der Verwender missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten des Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein die Interessen seines Partners hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen.24 Im Zusammenhang mit der Schufa-Klausel haben der BGH sowie Teile der Lit. allgemein Zweifel an der Möglichkeit der formularmäßigen Einwilligung geäußert, sich jedoch einer abschließenden Beurteilung enthalten.25 1. Berücksichtigung der Interessen des Partners bei anfänglichen Pauschaleinwilligungen a) Keine Ausnutzung eines strukturellen Ungleichgewichts aufgrund der Wahlmöglichkeit Das BVerfG lenkt den gesetzlichen Prüfauftrag der Gerichte auf die Ausnutzung struktureller Ungleichgewichte der Vertragsparteien.26 Die Gründe dafür hat es anlässlich der Verfassungsbeschwerde gegen eine versicherungsvertragliche Obliegenheit zur Schweigepflichtentbindung bei Abschluss einer Berufsunfallversicherung prägnant zusammengefasst: „Ist jedoch ersichtlich, dass in einem Vertragsverhältnis ein Partner ein solches Gewicht hat, dass er den Vertragsinhalt faktisch einseitig bestimmen kann, ist es Aufgabe des Rechts, auf die Wahrung der Grundrechtspositionen beider Vertragspartner hinzuwirken, um zu verhindern, dass sich für einen Vertragsteil die Selbstbestimmung in eine Fremdbestimmung verkehrt.“ 27
Die aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht (genauer: die aus dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung) folgende Schutzpflicht fordere eine gericht24 BGHZ 90, 280, 284; 120, 108, 118; BGH, NJW 2010, 2041, 2043; Heinemann/ Lendermann, JURA 2008, 57, 64; Palandt/Grüneberg, BGB, § 307 Rn. 12. 25 BGHZ 95, 362, 368; Steindorff, ZHR 149 (1985), 151, 158 ff.; vgl. zudem Diskussionsbericht, ZHR 149 (1985), 177, 178. 26 BVerfG, WM 2006, 2270, 2271 f.; BVerfGE 103, 89, 101; 114, 1, 34 f.; 114, 73, 90. 27 BVerfG, WM 2006, 2270, 2271.
B. Befreiung vom Bankgeheimnis und den übrigen Geheimhaltungspflichten 585
liche Überprüfung, ob das Geheimhaltungsinteresse des unterlegenen Teils dem Offenbarungsinteresse des überlegenen Teils angemessen zugeordnet wurde.28 Wenn im Bereich privater Leistungen anfänglich ein faktischer Zwang zur Datenoffenbarung besteht, um bestimmte Angebote in Anspruch nehmen zu können, verliert das Einwilligungserfordernis seine Eignung zur Verwirklichung der Grundrechtspositionen.29 Die Forderung nach einer „freien Entscheidung“ in § 4a Abs. 1 S. 1 BDSG oder nach einer Einwilligung „ohne Zwang“ (Art. 2 lit. h EG-Datenschutzrichtlinie) gerät dann zur Makulatur.30 Der BGH verfolgt dieselbe Linie. In seinem Urteil zu der früheren Fassung der Schufa-Klausel zieht er allgemein in Zweifel, inwieweit eine Einwilligung formularmäßig, mithin in allgemeinen Geschäftsbedingungen, erteilt werden kann: „Wenn die Verwender den Abschluss bestimmter Verträge generell von der formularmäßigen Einwilligung abhängig machen, besteht in Fällen, in denen der Kunde auf den Vertragsschluss angewiesen ist, die Gefahr, dass ihm jede echte eigene Entscheidung verwehrt ist und seine Einwilligung zu einer reinen Formalität absinkt.“ 31
Mithin wird eine zwingende Verknüpfung von Leistungserbringung und Einwilligung im Hinblick auf die Freiwilligkeit der Einwilligung erst dann zu einem Problem, wenn der Betroffene auf eine bestimmte Leistung angewiesen ist.32 Wendet man diese Grundsätze auf die zur Entscheidung stehende Konstellation an, ist zugunsten der Bank anzuführen, dass sie dem Kunden nach dem gesetzlichen Leitbild des Art. 247 § 9 Abs. 1 S. 2 EGBGB künftig bei Vertragsschluss eine echte Wahl zwischen einem veräußerlichen und einem unveräußerlichen Darlehen lässt. Damit steht es dem Kunden zugleich frei, in die Datenoffenbarung einzuwilligen oder nicht. Entscheidet er sich gegen eine Einwilligung, muss er nicht gänzlich auf das Darlehen verzichten, sondern kann dessen Unveräußerbarkeit vereinbaren. Die ggf. höheren Zinssätze stellen dabei keine unzumutbare Hürde dar. Die Bedingungen des Darlehens und der Datenoffenbarung sind im Unterschied zu einer Schufa-Erklärung durchaus verhandelbar. Im Mittelpunkt steht mithin weniger die Einengung der Entscheidungsfreiheit bei Vertragsschluss als vielmehr die Bindung an die Einwilligung in die Datenoffenbarung im weiteren Verlauf der Darlehensbeziehung. Die informationelle Selbstbestimmung ist auch während dieser Zeit gegenüber der strukturell überlegenen Bank soweit als möglich zu gewährleisten.
28
BVerfG, WM 2006, 2270, 2272. Vgl. Gola/Schomerus, BDSG, § 1 Rn. 8a. 30 Simitis/Simitis, BDSG § 4a Rn. 8. 31 BGHZ 95, 362, 367 f. 32 Buchner, DuD 2010, 39, 41, der die datenschutzrechtliche Maxime der Freiwilligkeit einer Einwilligung deshalb nicht überstrapazieren will. 29
586
9. Kap.: Formularmäßige Regelung der Darlehensveräußerung
b) Einzeleinwilligungen vor Darlehensveräußerung keine Alternative zu Pauschaleinwilligungen Das BVerfG stellte in seinem mehrfach zitierten Urteil fest, dass die formularmäßige Einwilligung in eine unbestimmte Vielzahl an Abfragen von Patientendaten unverhältnismäßig sei, weil alternativ mögliche Einzeleinwilligungen und Einzelangaben durch den Patienten selbst ebenso geeignet seien, jedoch weniger intensiv in die genannten Grundrechtspositionen eingriffen.33 In diesem Kontext wird auch die Kernaussage des genannten Schufa-Urteils des BGH relevant: Eine pauschale Einwilligung in die Weitergabe von Daten an eine Vielzahl von Personen ohne Interessenabwägung im Einzelfall verstoße gegen den wesentlichen Grundgedanken der §§ 4a, 28 BDSG und des Bankgeheimnisses.34 Ebenso kann § 309 Nr. 10 BGB, der allerdings der Vertragspartnerwahlfreiheit dient, als Muster zur Wahrung der informationellen Selbstbestimmung herangezogen werden. Muss demnach der neue Vertragspartner in der formularmäßigen Zustimmung zu einem Vertragsübergang namentlich bezeichnet werden, wenn kein Sonderkündigungsrecht eingeräumt wird, so kann dies als Ideal für eine formularmäßige Einwilligung in die Datenweitergabe an den neuen Dateninhaber gelten. Der Nachteil anfänglicher Einwilligungen besteht darin, dass sie zwangsläufig pauschal bleiben müssen.35 Der Darlehensnehmer kann bei Vertragsschluss schlicht nicht die Konsequenzen seiner Einwilligung absehen, weil die Person des Informationsempfängers noch unbekannt ist. Damit fehlt ein Parameter, der für seine Entscheidung leitend wird. Um dieses Problem auszuräumen, stünde es der Bank offen, Einzeleinwilligung in spezifische Datenoffenbarungen einzuholen. Dies wäre ein weniger einschneidendes, allerdings praktisch kaum zu handhabendes Vorgehen. Wenn die Bank den Schuldner erst zu diesem Zeitpunkt zur Erteilung einer Einwilligung auffordert,36 wird er diese in aller Regel nicht mehr erteilen.37 Besteht zu Beginn der Kreditverhandlungen noch ein gewisser Druck, eine Einwilligungsklausel zu akzeptieren, wird der Darlehensnehmer dazu nämlich keine Veranlassung mehr sehen, sobald der Darlehensvertrag abgeschlossen und die Darlehenssumme valutiert ist. Das gilt zumindest, sofern dem Darlehensnehmer keine besonderen finanziellen Anreize für die Einwilligung geboten wer-
33
BVerfG, WM 2006, 2270, 2272. BGHZ 95, 362, 367 ff. 35 Zu den zusätzlichen Nachteilen im Hinblick auf die prozessuale Initiative des Dateninhabers bei einem „opt-out“ aus einer zuvor pauschal erteilten Einwilligung gegenüber einem „opt-in“ bei anfänglich fehlender Einwilligung s. Buchner, DuD 2010, 39, 42. 36 So der Praxistipp von Möhlenkamp, BB 2007, 1126, 1128. 37 Anders Schubäus, Kreditwesen 2008, 71, 73 f., der für den engen Bereich der seriös gestalteten Transaktionen von Immobiliardarlehen von Zustimmungsquoten in Höhe von 75 bis 90 % spricht. 34
B. Befreiung vom Bankgeheimnis und den übrigen Geheimhaltungspflichten 587
den. Darin besteht auch der wesentliche Unterschied zu dem vom BVerfG entschiedenen Fall. Dort nämlich verspürte der Vertragspartner des Verwenders jederzeit einen Anreiz zur Einwilligungserteilung, weil davon die Fälligkeit diverser Auszahlungsansprüche abhing. Hingegen bietet sich dem Darlehensnehmer nach der Valutierung des Darlehens keine solche Aussicht mehr. Überdies ist sein Interesse an der Kenntnis der konkreten Identität des Datenempfängers ohnehin nicht zu hoch zu bewerten. Denn ihm ist schon bei Erteilung der Einwilligung bekannt, dass es sich dabei vor allem um den Darlehenserwerber handeln wird. An dieser Eigenschaft machen sich aber vor allem seine Bedenken gegen die Datenweitergabe fest. Auf der anderen Seite ist das Interesse der Bank an Planungssicherheit anzuerkennen. Bei wirksamer Vereinbarung eines veräußerlichen Darlehens ist sie nicht darauf beschränkt, erst vor der konkreten Veräußerung eine Einwilligung in die Datenweitergabe einzuholen. Insofern muss ein Gleichlauf mit der korrespondierenden Vereinbarung der Veräußerbarkeit möglich sein. Der Gesetzgeber akzeptiert schließlich mit Einführung der Hinweispflicht nach § 491a Abs. 1 BGB i.V. m. Art. 247 § 9 Abs. 1 S. 2 EGBGB, dass die Übertragbarkeit von Darlehen nach dem UmwG sowie die Abtretbarkeit von Darlehensforderungen zu Beginn eines Darlehens vereinbart werden kann. Ferner ist selbst die Vereinbarung einer Vertragsübernahme gemäß § 309 Nr. 10 BGB anfänglich zulässig, sofern dem Darlehensnehmer ein Sonderkündigungsrecht umt wird. Formularmäßige Einwilligungen in eine Datenweitergabe an noch nicht namentlich spezifizierte Darlehenserwerber sind mithin vorbehaltlich der nachfolgenden Ausführungen zum angemessenen Ausgleich grundsätzlich wirksam.38 2. Angemessener Ausgleich für die Datenweitergabe Die demnach grundsätzlich zulässige Befreiung von den Geheimhaltungspflichten kann gleichwohl unangemessen sein, wenn der Verwender für die Durchsetzung seiner damit verfolgten Interessen seinem Vertragspartner keinen angemessenen Ausgleich zugesteht. Treten demnach präventive Pauschaleinwilligungen nicht generell hinter konkreten Einzeleinwilligungen zurück, fragt sich auf nachgelagerter Stufe umso dringender, welchen Ausgleich der Verwender dem Darlehensnehmer anbieten muss, um die Pauschaleinwilligung dem Verdikt des Unangemessenen vollständig entziehen zu können. a) Zinsvorteile ohne Einfluss auf das Abwägungsergebnis Die vorangegangenen Ausführungen führen zu der Frage, ob die niedrigeren Zinssätze für ein veräußerbares Darlehen auch die Nachteile eines geringeren 38
Casper, in: Handbuch zum deutschen und europäischen Bankrecht, § 3 Rn. 11.
588
9. Kap.: Formularmäßige Regelung der Darlehensveräußerung
Datenschutzniveaus kompensieren können. Die Befreiung von den Geheimhaltungspflichten dient dem wirtschaftlichen Zweck der Darlehensveräußerung. Deshalb liegt es nicht fern, dass nicht nur die höhere Sekundärliquidität, sondern auch die Befreiung von der Geheimhaltungsverpflichtung mit der Zinseinsparung abgegolten wird. Dies scheint eher vertretbar zu sein als ein im Zinssatz enthaltenes Schweigegeld. Der Darlehensnehmer erkauft sich nicht die Geheimhaltung. Vielmehr „verkauft“ er der Bank eine Lizenz zur Nutzung seiner Daten durch die Darlehenserwerber,39 womit der Kommerzialisierungsgedanke wieder in den Raum tritt. Dessen Geltung ist im Hinblick auf höchstpersönliche Rechtsgüter bekanntlich umstritten. Allerdings vermag das dargestellte Preis- oder Tarifwahlargument eine Benachteiligung des Darlehensnehmers ohnedies nicht zu rechtfertigen.40 Würde man dies gelten lassen, müssten die Gerichte die Angemessenheit des Preisunterschieds zwischen den zur Auswahl stehenden Konditionen beurteilen. Der Preis ist aber das Ergebnis der am relevanten Markt herrschenden Angebots- und Nachfragesituation. Außerdem dürfen Ursache und Wirkung nicht vertauscht werden: Die Kreditkonditionen sind Grundlage der Preisbildung und nicht umgekehrt. Hier steht aber nicht zu entscheiden, ob der Preis gerecht ist, sondern ob die Konditionen zulässig sind. Dies ist eine dem Preis vorgelagerte Frage; sie kann nicht mit dem Preis beantwortet werden. Das Preis- oder Tarifwahlargument hätte eine pauschale Rechtfertigung aller belastenden Umstände zur Folge. Die Inhaltskontrolle liefe leer. Außerdem darf der Schuldnerschutz nach den Worten des ehemaligen Vorsitzenden Richters des Bankensenats Schimansky nicht zu einer Ware verkommen, die der Gläubiger als zusätzliche Einnahmequelle nutzen kann, obgleich anzunehmen ist, dass diese ohnehin schon in die bisherige Kalkulation eingeflossen ist.41 Im Ergebnis würde dies bedeuten, dass angemessenen Schuldnerschutz nur der erhalten kann, der ihn sich leisten kann.42 Prohibitive Konditionen lassen die Gewährung von Schuldnerschutz zur Makulatur werden. Es ist regelmäßig fraglich und gerichtlich nicht nachvollziehbar, ob mit der Verwendung nicht benachteiligender Klauseln eine Preissteigerung eintritt, die am Markt auch tatsächlich durchsetzbar ist.43 Somit ist es unerheblich, ob ein Ausschluss des Bankgeheimnisses sich auch für den Käufer insoweit günstig auswirken mag, als sich ein solcher Ausschluss in einem verbilligten Zins für den Kredit niederschlägt.
39
Vgl. Buchner, DuD 2010, 39, 43 (Einsatz von „Daten als Kapital“). BGHZ 22, 90; 77, 126, 131; 120, 216, 226; BGH, NZM 2008, 243, 245; CoesterWaltjen, in: Staudinger, BGB, § 307 Rn. 129 ff.; MüKo-BGB/Kieninger, § 307 Rn. 41 f.; differenzierend Palandt/Grüneberg, BGB, § 307 Rn. 18. 41 Schimansky, WM 2008, 1049, 1051 f. 42 Schimansky, WM 2008, 1049, 1051 f. 43 BGH, NZM 2008, 243, 245; MüKo-BGB/Kieninger, § 307 Rn. 42. 40
B. Befreiung vom Bankgeheimnis und den übrigen Geheimhaltungspflichten 589
b) Widerrufsrecht – partieller Opt-out Um die informationelle Selbstbestimmung auch bei anfänglich pauschalen Einwilligungen zu wahren und mithin eine unangemessene Benachteiligung auszuschließen, könnte ein Recht zum Widerruf der Einwilligung zweckmäßig und erforderlich sein. Es kann entweder mit einem Zahlungsausgleich zugunsten der Bank verbunden sein oder müsste zur effektiven Verwirklichung der Grundrechtspositionen möglicherweise sogar ohne einen Zahlungsausgleich gewährt werden. Dagegen ist jedoch zu erwägen, ob die Einwilligung in die Datenweitergabe zur Verwirklichung des Zwecks eines veräußerbaren Darlehens nicht von vornherein konzeptionell unwiderruflich ist. aa) Verfassungsrechtliche Garantien im Widerstreit mit dem Vertrauen auf den Bestand der Einwilligung Einigkeit dürfte allein darüber herrschen, dass die Einwilligung unwiderruflich ist, sobald der Eingriff in das Rechtsgut erfolgt ist.44 Darüber hinaus ist die Widerrufsmöglichkeit Gegenstand divergierender Ansichten. Das Rechtsinstitut der Einwilligung ist nach Mienung von Ohly keiner allgemeingültigen Auslegung zugänglich.45 Im Vordergrund stünden vielmehr die Ausgestaltung des jeweiligen subjektiven Rechts und die Feststellung, welche Gestaltungsformen jeweils erlaubt sind.46 Im Hinblick auf die Eingriffe in höchstpersönliche Rechtsgüter – wie sie hier mit den Geheimhaltungspflichten zur Disposition stehen – kristallisiert sich heraus, dass mit der Widerruflichkeit der Einwilligung erreicht werden soll, dem Rechtsträger zu jeder Zeit seine Selbstbestimmung und die Dispositionsbefugnis über sein Recht zu erhalten. Damit wird die besondere grundrechtliche Garantie des Rechtsguts verwirklicht.47 Anders ist aber dann zu entscheiden, wenn die Gestattung eines Eingriffs in das betroffene Rechtsgut als Gegenstand eines Vertrages entgeltlich erfolgt oder wenn sich der Gestattende davon zumindest einen wirtschaftlichen Vorteil verspricht.48 Dann fließt auf Seiten des Handelnden ein schutzwürdiges Vertrauen auf den Fortbestand der Einwilligung in die Bewertung ein, die eine freie Widerruflichkeit in Frage stellt. Das führt seinerseits im Kern zu der verschiedentlich angesprochenen Diskussion, ob damit nicht hintergründig einer möglicherweise unzulässigen Kommerzialisierung des Rechtsguts Vorschub geleistet wird. 44
Ohly, S. 346 m.w. N. Ohly, S. 347 ff. 46 Ohly, S. 349. 47 Zu ärztlichen Heileingriffen BGH, NJW 1980, 1903 f.; MüKo-BGB/G. Wagner, § 823 Rn. 672; wenngleich auch ein Widerrufsverzicht für möglich gehalten wird, Spranger, NJW 2005, 1084, 1087. 48 Ohly S. 347 ff.; Gola/Schomerus, BDSG, § 4a, Rn. 18a; Simitis/Simitis, BDSG § 4a Rn. 69 ff. 45
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9. Kap.: Formularmäßige Regelung der Darlehensveräußerung
bb) These von der entgeltlichen Lizenzierung der Schuldnerdaten Es ist bereits die rechtliche Konstruktion erwogen worden, dass der Darlehensnehmer der Bank eine Lizenz erteilt, die mit dem geringeren Zinssatz für veräußerliche Darlehen abgegolten wird und nach deren Inhalt die Schuldnerdaten entgeltlich an Dritte weitergegeben werden dürfen. Diese dürfen sie wie die Bank selbst zur Bewertung, Verwaltung und Verwertung des Darlehens verwenden. Konzeptionell würden Kunde und Bank im Bereich der Vertragspflichten einen Verzichts- und zu der Verletzung der übrigen Rechtsgüter einen Gestattungsvertrag abschließen, der über eine einseitige Einwilligungserklärung insofern hinausgeht, als sich der Darlehensnehmer davon nur in engen Grenzen (§§ 242, 226 f., 275, 313 BGB u. a.) lösen kann.49 Es ist unklar ob solche Vereinbarungen den gegenseitigen Erklärungen im Wege der Auslegung zu entnehmen sind. Jedenfalls aber verspricht sich der Darlehensnehmer von der Vereinbarung eines veräußerbaren Darlehens Zinsvorteile. Es muss ihm bewusst sein, dass der wirtschaftliche Zweck der Veräußerung ohne eine Befreiung vom Bankgeheimnis zumeist vereitelt wird. Auf Seiten der Bank fließt die Möglichkeit der Datenweitergabe in die Kalkulation der Darlehenszinsen ein. Ihr Vertrauen auf den Fortbestand der Einwilligung muss daher Schutz genießen, der in der Bewertung Berücksichtigung finden muss. Demnach wäre eine Widerruflichkeit der Einwilligung tendenziell zu verneinen. cc) Interessenausgleich Dagegen stellt sich nunmehr die Frage, ob das Recht auf informationelle Selbstbestimmung bei Darlehensveräußerungen einen derart hohen Stellenwert erlangt, dass dem Darlehensnehmer zum Ausgleich für seine pauschale Einwilligung in die Datenweitergabe unter AGB-rechtlichen Aspekten ein Widerrufsrecht gewährt werden muss. Einer Kommerzialisierung der Schuldnerdaten würde auf diesem Wege ein Riegel vorgeschoben, womit zugleich über die dogmatische Anerkennung des Datenhandels ablehnend entschieden wäre. Das Vertrauen der Bank auf den Bestand der Einwilligung würde in den Hintergrund gedrängt. Dieses Vertrauen würde allein für den Folgeschritt leitend, ob der Widerruf zu einer (zusätzlichen) Zahlungspflicht führt. Der widerspruchslose Vertragsschluss eröffnet dem Kunden günstige Konditionen, deren Grundlage durch den späteren Widerspruch entfallen würde und die deshalb nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) zu erstatten wären.50 Zu einer effektiven Durchsetzung seines grundrechtlichen Anspruchs dürfte dem Darlehensnehmer jedoch nicht einmal eine solche Zahlungspflicht in den Weg gestellt werden. 49 50
Ohly, S. 349. Lwowski/Wunderlich, in: Bankrechts-Handbuch, § 76 Rn. 167.
B. Befreiung vom Bankgeheimnis und den übrigen Geheimhaltungspflichten 591
Ein Widerruf mit einem Zahlungsausgleich ist jedoch insbesondere bei notleidenden Darlehen wenig sinnvoll, weil eine Anspruchserhöhung in diesem Fall wirtschaftlich wertlos wäre, obschon gerade hier die Veräußerung zum Zweck der Verwertung besonders sinnvoll erscheint. Ohnehin entfaltet der Widerruf seine Wirkung nur ex nunc.51 Deshalb wäre es rechtlich schwer zu erklären, warum die Zinsvorteile nicht nur seit dem Wirksamwerden des Widerrufs, sondern überdies seit Vertragsbeginn zu kompensieren wären. Ein Widerruf ohne Zahlungsausgleich würde die Bank hingegen vollkommen rechtlos stellen. Dagegen ist die Einwilligung wirtschaftlich mit der Vereinbarung eines zinsgünstigeren veräußerlichen Darlehens verbunden. Würde der Widerruf zugelassen, wäre der Zweck der Veräußerung in Frage gestellt. Deshalb ist wiederum zu fordern, dass die Veräußerbarkeit und die Befreiung von den Geheimhaltungspflichten parallel ausgestaltet werden. Die Veräußerbarkeit ist aber schon deshalb nicht widerruflich, weil sie den Normalfall darstellt. Eine Vereinbarung ist nur für ein Abtretungs- oder Übertragungsverbot erforderlich. Demnach sollte auch die Einwilligung in die Datenweitergabe allein im Ausnahmefall widerruflich sein.52 Dies muss sich darauf beschränken, dass sich die bei Vertragsschluss bekannten Umstände nachträglich wesentlich ändern. Eine relevante Änderung kann allein in der Person des Datenempfängers liegen. Er ist bislang zwar als Darlehenserwerber im Vertrag bestimmt worden. Gleichwohl ist seine Identität noch unbekannt. Sie kann dem Bankkunden erst unmittelbar vor dem Darlehensverkauf und der Datenweitergabe bekanntgegeben werden. dd) Zwischenergebnis Hinsichtlich der Einwilligung in die Datenoffenbarung besteht für den Darlehensnehmer nur insoweit ein Widerrufsrecht, als die Person des Datenempfängers ein Merkmal aufweist, das über den bereits bekannten Umstand, dass sie das Darlehen erwirbt, hinausgeht. Zugleich muss anzunehmen sein, dass eine Datenweitergabe an diese Person in besonderer Weise die persönlichkeits- oder unternehmensrelevanten Interessen des Darlehensnehmers beeinträchtigen wird. Zu denken ist etwa an Personen aus dem familiären Umkreis, an Verschwägerte, Geschiedene, vermeintliche Freunde, Konkurrenten, Lieferanten. Generell können Erwerber abgelehnt werden, die die Kenntnis der Daten auch für andere Interessen nutzen als lediglich für eine rein finanziellen Zwecken dienende Forderungsdurchsetzung und dabei womöglich in Interessenkonflikte geraten oder dem Darlehensnehmer schlicht schaden wollen. Ein Nachteil kann darin gesehen werden, dass der Darlehensnehmer hingegen nicht Investoren ablehnen kann, von denen zu erwarten ist, dass sie die Forderung „konsequenter“ durchsetzen als die Bank, 51 52
a. E.
Ganßauge, S. 142 f.; Gola/Schomerus, BDSG, § 4a, Rn. 18. So tendenziell auch Lwowski/Wunderlich, in: Bankrechts-Handbuch, § 76 Rn. 167
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9. Kap.: Formularmäßige Regelung der Darlehensveräußerung
dem Grundproblem dieser Untersuchung. Damit muss er nunmehr aufgrund der Information rechnen, sofern diese die Forderungsverwertung als Zweck der Datenweitergabe enthält. Mit anderen Worten hat der Darlehensnehmer nur in Ausnahmefällen das Recht, die Datenweitergabe an einzelne Erwerbsinteressenten abzulehnen. Hingegen kann er seine Einwilligung nicht gänzlich widerrufen. Vielmehr ist die Bank dazu berechtigt, ihm weitere Personen zu präsentieren, an die sein Darlehen mitsamt der zugehörigen Daten verkauft werden soll. Infolge einer Ausübung des Widerrufs kommt es nicht zu einem nachträglichen Zinsausgleich dergestalt, dass er nachträglich die Differenz zwischen dem Zins, der für unwiderrufliche Darlehen gilt, und dem bisher gezahlten Zins nachzuzahlen hätte und künftig den Zins für unveräußerliche Darlehen zahlen müsste. Ein solcher Zinsausgleich könnte die Ausübung des Widerrufsrechts vereiteln. Schließlich bleibt anzumerken, dass das Widerrufsrecht infolge der obigen Auslegung der Sache nach auf eine beiderseitige Aufhebung des konstruierten Vertrages zur Gestattung der Eingriffe in bzw. des Verzichts auf das Recht der informationellen Selbstbestimmung gerichtet ist. Aus Gründen der Rechtssicherheit ist dieses „Widerrufsrecht“ in die AGB aufzunehmen, wobei offenbleiben kann, ob dies konstitutiv oder deklaratorisch erfolgt. c) Vorkaufsrecht Die informationelle Selbstbestimmung des Darlehensnehmers wird vor allem auch durch ein Vorkaufsrecht an seinem Darlehen gewährleistet, bei dessen Ausübung die Datenweitergabe an einen potenziellen Investor obsolet wird. Der Geheimnisherr muss effektiv verhindern können, dass die Daten fließen. Denn sind sie bereits geflossen, ist es ungleich schwerer, die Verletzung des Geheimnisses wieder zu heilen.53 Das Vorkaufsrecht ist deshalb als Ausgleich für die Benachteiligungen zu fordern, die mit der Pauschaleinwilligung in die Datenweitergabe verbunden sind. Es wird damit zur Kompensationsbedingung für den faktischen Verlust der informationellen Selbstbestimmung. Die mit der Ausgestaltung verbundenen Kosten sind demgegenüber für die Bank tragbar.54 Mit dem Vorkaufsrecht kann der Darlehensnehmer schließlich auch die Forderungsdurchsetzung durch jegliche Dritte verhindern, die dabei „konsequenter“ vorgehen als die Bank. Ein solches Vorkaufsrecht ergibt sich nach der hier vertretenen Ansicht ohnehin aus einer Analogie zu § 577 BGB. Es ist zum Erhalt wirtschaftlicher Äquivalenz erforderlich, um den Darlehensnehmer aus den Ressourcen des Darlehensverkaufs schöpfen zu lassen, die sich aus einem Kaufpreisabschlag ergeben. Eine deklaratorische Aufnahme in die AGB ist gleichwohl ratsam.
53 Albers, S. 469 ff.; s. auch die nachfolgenden Schwierigkeiten bei der Bestimmung des Schadensersatzes. 54 Vgl. BVerfG, WM 2006, 2270, 2273.
B. Befreiung vom Bankgeheimnis und den übrigen Geheimhaltungspflichten 593
d) Beschränkungen und Verschwiegenheitsverpflichtung des Empfängers Die Datenweitergabe muss auf das Maß des Erforderlichen beschränkt werden. Zudem muss mit einer Vertraulichkeitsvereinbarung als echtem Vertrag zugunsten Dritter dafür Sorge getragen werden, dass der neue Gläubiger die weitergegebenen Daten und Informationen mit demselben Grad an Vertraulichkeit behandelt wie der Zedent.55 Dies kann die Datenweitergabe, wie oben gezeigt wurde, nicht rechtfertigen, muss dem Darlehensnehmer aber gleichwohl als verhältnismäßiger Ausgleich gewährt werden. 3. Zwischenergebnis Die Pauschaleinwilligung in die Datenweitergabe bei Abschluss eines veräußerlichen Darlehens beruht nicht auf der Ausnutzung eines strukturellen Ungleichgewichts, weil dem Kunden eine nicht nur scheinbare Möglichkeit gewährt wird, stattdessen ein unveräußerliches Darlehen ohne Einschränkung der informationellen Selbstbestimmung zu erhalten. Die Zinsvorteile für ein veräußerliches Darlehen müssen bei der weiteren Beurteilung außer Betracht bleiben. Gleichwohl stellen Einzeleinwilligungen unmittelbar vor einer konkreten Darlehensveräußerung keine angemessene Alternative zu Pauschaleinwilligungen dar, weil den Nachteilen für die Bank keine wesentliche Erweiterung der Entscheidungsfreiheit des Kunden gegenüberstehen würde, sofern er bei Vertragsschluss weiß, dass die Daten an den potenziellen Erwerber seines Darlehens übermittelt werden, dessen Identität er lediglich noch nicht kennt. Zum Ausgleich der verbleibenden Nachteile ist dem Darlehensnehmer deshalb nur für den Fall, dass sich allein aus der Person des Datenempfängers Umstände ergeben, die zum Zeitpunkt der Einwilligung noch nicht bekannt sind und die Datenoffenbarung für ihn unzumutbar machen würden, ein Widerrufsrecht im Sinne eines partiellen Opt-out einzuräumen. Im Übrigen muss dem Darlehensnehmer auch aus Gründen des informationellen Selbstschutzes ein Vorkaufsrecht analog § 577 BGB an seinem Darlehen zukommen, damit er die Datenweitergabe mittelbar verhindern kann und somit die Nachteile der anfänglichen Pauschaleinwilligung kompensiert werden können. Unter diesen Voraussetzungen sieht sich die anfängliche Pauschaleinwilligung in die Datenweitergabe keinen Bedenken wegen einer unangemessenen Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB ausgesetzt. Die beiden Komponenten – partielles Widerrufsrecht und Vorkaufsrecht – haben ihrer Wirkung nach einen ähnlichen Ausgleichscharakter wie das Sonderkündigungsrecht, das vereinbart werden kann, um die Unwirksamkeit einer anfänglichen Pauschaleinwilligung in eine Vertragsübernahme gemäß § 309 Nr. 10 BGB zu vermeiden.
55
Wittig, in: Bankrechtstag 2005, S. 145, 190.
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9. Kap.: Formularmäßige Regelung der Darlehensveräußerung
IV. Schutz vor Intransparenz, § 307 Abs. 1 S. 2 BGB 1. Grundsatz: „informed consent“ Die Einwilligung zur Datenweitergabe muss sich am Transparenzgebot nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB messen lassen. Formularmäßige Einwilligungserklärungen sind nur dann wirksam, wenn darin hinreichend präzise festgelegt wird, wer welche Daten für welchen Zweck verarbeiten darf. Der Einwilligende muss sich der Bedeutung und Tragweite seiner Erklärung bewusst sein. Er muss eine im Wesentlichen zutreffende Vorstellung davon haben, worin er einwilligt.56 Im Arztrecht spricht man treffend von einem „informed consent“.57 Das vormalige Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen forderte Angaben zu der Art der Transaktion, bei der der Kreditgeber die Informationen zum Darlehensverhältnis und zum Darlehensnehmer weitergeben darf, sowie zu dem Zweck der Informationsweitergabe und zu den potenziellen Empfängern dieser Informationen.58 Im Anwendungsbereich des Bundesdatenschutzgesetzes ist mit § 4a Abs. 1 S. 2 BDSG ausdrücklich vorgegeben, dass auf den vorgesehenen Zweck der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung sowie, soweit nach den Umständen des Einzelfalles erforderlich oder auf Verlangen, auf die Folgen der Verweigerung der Einwilligung hinzuweisen ist. Nur so wird der in § 4a Abs. 1 S. 1 BDSG geforderten freien Entscheidung des Betroffenen der Boden bereitet. 2. Beschränkte Möglichkeit zur Konkretisierung der Datenempfänger bei Vertragsschluss In der Lit. wird angezweifelt, ob diese Voraussetzungen erfüllt werden, wenn der Darlehensnehmer der Bank eine pauschale Einwilligung in formularmäßiger Form erteilt, während er die Identität des Datenempfängers noch nicht kennt.59 Das angesprochene Problem, dass bei Abschluss nicht angegeben wird, an wen die Daten weitergeben werden sollen, präsentiert sich in neuem Gewande. Dem Berechtigten kommt es zwar darauf an, zu wissen, wer künftig in den Besitz seiner Daten gelangt.60 Er kann aber anhand der in den Einwilligungstext aufzunehmenden Empfängerkategorien erkennen, dass die Daten an einen Darlehenserwerber weitergeben werden, der sie dazu verwenden wird, um das Darlehen ein56 BGH, NJW 1991, 2955; dazu Körner-Dammann, NJW 1992, 729; BGH, NJW 1992, 2348, 2350; Ganßauge, S. 135 f.; Lenckner/Eisele, in: Schönke/Schröder, StGB, § 203 Rn. 24 m.w. N. 57 Laufs/Katzenmeier/Lipp, Arztrecht, V.A.II. 58 Rundschreiben BaKred 4/97 v. 19.03.1997, WM 1997, 1821, 1822; ferner gilt im Anwendungsbereich des BDSG die Vorschrift des § 4a Abs. 1 S. 2 BDSG. 59 Wech, S. 407; Kusserow/Dittrich, WM 97, 1786, 1789; Schulz/Schröder, DZWIR 2008, 177, 180; St. Hofmann/Walter, WM 2004, 1566, 1572; krit. auch Vollborth, S. 238; Schimansky, WM 2008, 1049, 1049. 60 So auch Wittig, in: Bankrechtstag 2005, S. 145, 189.
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zuschätzen, zu verwalten und schließlich auch zu verwerten. Der Bank kann dagegen nichts aufgegeben werden, was ihr nicht möglich ist. Im Ergebnis muss eine vorherige Einwilligung im Grundsatz zulässig sein, wie schon ein Vergleich mit der Wechselweitergabe, dem Scheckinkasso und der Veräußerung von Schuldscheindarlehen zeigt. Zudem liegt eine Parallele zu der Einwilligung nach § 49b Abs. 4 S. 2 BRAO, § 64 Abs. 2 S. 2 StBerG nahe. Obgleich diese in aller Regel formularmäßig erteilt wird,61 hegt der BGH keine inhaltlichen Bedenken gegen ihre Wirksamkeit, wenn der Mandant nur in einer nach dem Schutzzweck des Geheimhaltungsrechts ausreichenden Weise über die Folgen belehrt worden ist.62 Sicherlich muss die Einwilligungsklausel den Zweck der Durchbrechung erkennen lassen und zudem von einem schutzwürdigen Interesse der Bank getragen sein, das sich insbesondere aus dem Bedürfnis nach Refinanzierung und Risikodiversifizierung ergeben kann.63 3. Angemessener Ausgleich durch alternatives Informationskonzept Zum Ausgleich des Informationsdefizits zu Beginn des Vertrags ist indes zu fordern, dass die Bank den Darlehensnehmer unverzüglich über die Datenweitergabe und die Empfänger der Datenweitergabe aufklärt, sobald ihr der Erwerber namentlich bekannt ist. Die Informationsasymmetrie ist in dieser Weise in angemessener Zeit vor Durchführung der Transaktion abzubauen. Diese Pflicht muss, wenn und solange nicht dem obigen Vorschlag für eine Gesetzesanpassung gefolgt wird, in die AGB aufgenommen werden. Der Sache nach handelt es sich um eine nachträgliche Konkretisierung der formularmäßig abgegebenen Erklärung. Entweder ist darin eine nachträgliche AGB-Änderung64 oder sogar deren Überlagerung durch Individualvereinbarung zu sehen. Jedenfalls ist die bislang unzureichende Anzeigepflicht in § 496 Abs. 2 S. 1 BGB zur Effektivierung des informationellen Selbstschutzes insoweit auszuweiten, als vor der Anzeige kein Datenfluss erfolgen darf.65 Um die Ausübung des Vorkaufsrechts zu ermöglichen, muss der Zeitpunkt der Anzeige vorgerückt werden. Entsprechend § 469 Abs. 2 S. 1 Alt. 1 BGB hat sie mindestens zwei Monate vor dem geplanten Abschluss des Kaufvertrags zu erfol61 Bei einem Verbrauchervertrag sind die AGB-Regeln schon bei einmaliger Verwendung anwendbar (§ 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB), wobei Bedeutung erlangt, dass der Rechtsanwalt bzw. Steuerberater Unternehmer i. S. v. § 14 BGB ist, vgl. MüKo-BGB/Micklitz, § 14, Rn. 20, 30 ff. 62 BGH, WM 2008, 1229, 1231. 63 Vollborth, S. 235 f.; Wech, S. 406 f.; Bitter, ZHR 173 (2009) 379, 414. 64 Dazu Wech, S. 408 ff. 65 s. o. Kapitel 3 C. II. 3.; ähnlich zu einer Ankündigungspflicht vor Verwertung und Datenweitergabe Wech, S. 466 ff.
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gen, damit der Darlehensnehmer genügend Zeit zur Entscheidungsfindung und zur Sicherstellung der Finanzierung hat. Die Nachreichung der erforderlichen Angaben ist ein interessengerechter Ausgleich für die anfängliche Pauschalisierung der Empfängerkategorien. Dies ermöglicht die Ausübung des Vorkaufsrechts, das der mittelbaren Vermeidung der Datenweitergabe dient, sowie des auf die Datenweitergabe an einzelne Erwerber beschränkten Widerrufsrechts.
V. Äußere Gestaltung Die Einwilligung in die Datenweitergabe nach § 4a Abs. 1 S. 3, 4 BDSG bedarf grundsätzlich der Schriftform. Soll die Einwilligung zusammen mit anderen Erklärungen schriftlich erteilt werden, ist sie besonders hervorzuheben. Eine separate und deutliche Hervorhebung der Sonderbedingungen folgt auch aus den Vorgaben für das äußere Erscheinungsbild gemäß § 305c Abs. 1 BGB.
C. Explizitmachung der Rechte des Darlehensnehmers Aus Gründen der Rechtssicherheit sind die erörterten Rechte des Darlehensnehmers in den Sonderbedingungen explizit zu machen. Diese umfassen zunächst das lediglich im Hinblick auf einzelne potenzielle Datenempfänger beschränkte Recht zum Widerruf der pauschalen Einwilligung in die Datenweitergabe. Ferner ist das Vorkaufsrecht des Darlehensnehmers aufzuführen. Die modifizierte Anzeigepflicht nach § 496 Abs. 2 S. 1 BGB wird um die nach § 469 BGB erforderlichen Angaben ergänzt und zeitlich vor die Erfüllung des Kaufvertrags und den Datenfluss verlegt. Sie enthält in Textform den Inhalt des Kaufvertrags und insbesondere die Identität des Erwerbers, den Preis und den Zweck der Darlehensveräußerung. Vor Ablauf von zwei Monaten nach dieser Anzeige darf die Bank die Daten nicht an den Erwerber weitergeben und den Kaufvertrag über das Darlehen bzw. die daraus entspringenden Forderungen nicht erfüllen. Wenn die Zinssätze laufend an die individuelle Bonität des Kunden angepasst werden, werden schließlich bei einem Darlehensverkauf Zinsverhandlungen verbindlich. Aus alledem folgt der im Anhang D niedergelegte Vorschlag für eine formularmäßige Regelung der Veräußerbarkeit eines Immobiliardarlehensvertrags.
Fazit 1. Die Finanzkrise der Jahre 2007 bis 2009 beruhte zu einem bedeutenden Teil auf Darlehensveräußerungen zuvorderst zum Zwecke der „Darlehensverbriefung“. Sie waren zugleich Ursache einer sorglosen Kreditvergabe, Voraussetzung von Informationsasymmetrien bei der Risikobewertung und Instrument zur Verteilung nicht regulierter und unkalkulierbarer Kreditrisiken im Bankensystem und im Kapitalmarkt. Zuletzt dienten sie als Mittel zur Bankensanierung in der Krise, so dass die Fungibilität der Darlehen am Ende kaum mehr entbehrlich war. Zum Schutz des Finanzsystems muss es Ziel sein, die Entfernung der Darlehensrisiken aus dem Zuständigkeitsbereich der Bankenaufsicht zu verhindern und den kaum transparenten Darlehensmarkt, auf dem Produkte schlechter Qualität zu überhöhten Preisen im Sinne eines sog. Zitronenmarktes („Lemon Market“) gehandelt werden, besser zu regeln. 2. Bei Darlehensveräußerungen muss den berechtigten Geheimhaltungsinteressen der Darlehensnehmer zur Durchsetzung verholfen werden. Dies gilt auch und vor allem, da es sich bei der Geheimhaltung zwar unmittelbar „nur“ um einen immateriellen, aufgrund ihrer verfassungsrechtlichen Wurzeln indes umso höher zu gewichtenden Wert handelt. Die latent bestehende Krise des Datenschutzes hatte im Jahre 2008 einen zwischenzeitlichen Höhepunkt erreicht, als ehemalige Bankangestellte Daten vermögender Kunden von Banken aus Liechtenstein und der Schweiz entwendet und unter Verletzung des Bankgeheimnisses an ausländische Steuer- und Strafverfolgungsbehörden verkauft hatten. Dem ist hinzuzufügen, dass es in der Schweiz in der Zwischenzeit zu einer hoheitlichen Anordnung einer Datenübermittlung an U.S.amerikanische Behörden kam, womit unter formaler Wahrung des den Geheimhaltungstatbestand begrenzenden Eingriffsrahmens existenzbedrohende Zwangs- und Strafmaßnahmen gegen eine als systemrelevant eingestuften Großbank abgewendet werden konnten.1 Der akademische Wert dieses auf eine seltene Ausnahme beschränkten Vorgangs liegt in der exemplarischen Finalität zwischen der Verletzung des Bankgeheimnisses und der Bewältigung der Finanzkrise. Mit ähnlichem Ziel, nämlich zur Stabilisierung des Finanzmarktes, und in ähnlicher Weise, nämlich kraft gesetzlichen Aus1 Vgl. dazu Schweizerisches Bundesverwaltungsgericht BVG, Abt. I, Urteil vom 05.03.2009, A-7342/2008 und A-7426/2008 sowie schließlich Abt. II, Urteil vom 05.01.2010, B-1092/2009; Nobel, SJZ 106 (2010), 11 ff.
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Fazit
schlusses bislang bestehender Geheimhaltungspflichten, durften notleidende Banken in Deutschland seit dem Jahre 2008 Schuldnerdaten an den staatlichen Finanzmarktstabilisierungsfonds als Erwerber von Risikopositionen weitergeben. Dies ist im Hinblick auf das zivilrechtlich verankerte Bankgeheimnis bedenklich und bietet privaten Banken angesichts der bestehenden Formulierung in den AGB-Banken kaum eine Rechtfertigungsmöglichkeit. 3. Indem die staatlichen Stabilisierungs- und Abwicklungsanstalten (mit „Bridge Banks“, „Bad Banks“) – wie etwa auch in Großbritannien und den Vereinigten Staaten von Amerika – nicht an Bankenstandards gebunden sind, wird die mangelnde Risikoabsicherung privater Zweckgesellschaften perpetuiert und ein ordnungspolitisch falsches Signal gesendet. Wegen des staatlichen Hintergrundes der Anstalten und zur Schonung des Staatshaushalts muss dies jedoch letztlich hingenommen werden. Um die genannten staatlichen Eingriffe künftig zu vermeiden, muss sichergestellt werden, dass die Darlehensveräußerungen nicht weiterhin zu einer Schwächung des Bankensystems und des Finanzmarktes beitragen. 4. Mindestens ebenso bedeutsam ist eine Interpretation der Krise des Bankgeheimnisses und derjenigen des Finanzsystems im Sinne von Ursache und Wirkung: Ein sorgloser Umgang mit dem Bankgeheimnis vertieft die Informationsasymmetrien zwischen Bank und Kreditnehmer. Letzterer wird nicht zu einer wahrheitsgetreuen und umfassenden Auskunft bereit sein, wenn er sich nicht der Vertraulichkeit seiner Angaben sicher sein kann. Dadurch sinkt das Informationsniveau des Darlehenserwerbers, der am Ende der Informationskette ohnehin Leidtragender kumulierter Anreizprobleme in den Personen des Darlehensnehmers und der veräußernden Bank ist. Um die Transparenz über die Risiken im Kreditgeschäft nicht zu gefährden, muss es demnach auch Ziel sein, die informationelle Selbstbestimmung des Darlehensnehmers möglichst umfassend zu wahren. 5. Die Schnittstelle zwischen dem Bankgeheimnis und dem Schuldnerschutz zeigt sich gleichermaßen im Kreditgeschäft wie im Geschäft mit vermögenden Privatkunden in deren Eigenschaft als Steuerschuldner: Den beiden auf den ersten Blick grundverschiedenen Sachverhalten ist gemeinsam, dass das Bankgeheimnis zwar nicht vor einem Gläubigerwechsel, wohl aber vor der Geltendmachung von Forderungen durch Dritte schützt, seien dies Erwerber der Darlehensforderungen oder ausländische Steuerbehörden. Auch diesem – bei Darlehensveräußerungen normativ zu befürwortenden – Geltungsgehalt des Bankgeheimnisses sowie der weiteren Geheimhaltungspflichten muss mithilfe des rechtlichen Instrumentariums Effektivität verliehen werden. 6. Ein fairer Umgang der Bank mit dem Darlehensnehmer sichert unter mutmaßlich weit verbreiteter Anwendung der „Tit for tat“-Strategie dessen kooperatives Verhalten. Als Anliegen formuliert, ist ein kooperatives Verhalten
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in der „Prinzipal-Agent“-Beziehung eines Darlehensverhältnisses besonders dringend. Schuldnerschutz ist Bankenschutz. Das Institut der Forderungsabtretung lässt indes ein wesentliches Schutzelement vermissen: Es enthält eine abstrakte Vollrechtsübertragung, die nicht der Zustimmung des Schuldners bedarf. Darlehensveräußerungen führen auch zu keiner nach § 399 Hs. 1 BGB unzulässigen Leistungsänderung. Die Identität der Forderung wird vielmehr durch die Fortgeltung der bereits entstandenen Einwendungen und Einreden gegenüber dem Zessionar gewahrt. Hingegen ist das Misstrauen des Schuldners, dass der Zessionar nicht so zurückhaltend mit seinen ihm berechtigterweise zustehenden Ansprüchen umgehen könnte wie der Zedent, prinzipiell unbeachtlich. Es steht dem Schuldner aber frei, mit dem Gläubiger ein gegenüber jedermann geltendes (absolutes) Abtretungsverbot nach § 399 Hs. 2 BGB zu vereinbaren. 7. Die Kreditnehmerschutzvorschriften des Risikobegrenzungsgesetzes setzen die liberale Tradition des BGB fort, indem sie auf ein gesetzliches Abtretungsverbot für Forderungen aus Bankdarlehen oder auch lediglich die Verpflichtung der Banken zum Angebot unveräußerlicher Darlehen verzichten, zugleich aber die Transparenz hinsichtlich der Darlehenskonditionen verstärken. So soll auf eine klare Entscheidung für oder gegen ein Abtretungs- oder Übertragungsverbot hingewirkt werden. Ziel ist es, dass sich neben einem Markt für veräußerbare Darlehen zukünftig auch ein solcher für unveräußerliche entwickelt. Zur vollständigen Umsetzung dieses Konzepts bleiben Abtretungsausschlüsse nunmehr auch für kaufmännische Forderungen aus Bankdarlehen gegenüber jedermann wirksam. Die nach § 404 ff. BGB lediglich mögliche Notifikation wird zudem zur Pflicht erhoben, ohne dass davon jedoch die Wirksamkeit des Forderungsübergangs abhängig wäre. Rechtsdogmatisch beachtlich und im Interesse des Schuldnerschutzes trotz der grundsätzlichen Abstraktheit zu begrüßen ist es, dass auch die Identität der bestellten Sicherungsgrundschulden vollumfänglich gewahrt wird. Dem künftigen Gläubiger können alle Einwendungen aus dem Sicherungsvertrag ungeachtet seines diesbezüglichen Gutglaubens entgegengehalten werden, seien sie bei der Abtretung bereits entstanden oder auch noch nicht einmal angelegt. 8. Eine Verkehrsfähigkeit, wie sie Forderungen zu eigen ist, ist Verträgen indes fremd. Eine Vertragsübernahme bedarf der Zustimmung eines jeden Vertragspartners. Das Risikobegrenzungsgesetz hat die Vertragsfreiheit im Darlehensrecht konsequent durch hohe Anforderungen an den formularmäßigen „informed consent“ verstärkt. Soll die Zustimmungsklausel AGB-rechtlich wirksam sein, muss entweder der neue Vertragspartner konkret angegeben oder dem Darlehensnehmer ein Kündigungsrecht eingeräumt werden. Universalsukzessionen berühren die Vertragspartnerinteressen zwar in gleicher Weise. Auf umwandlungsrechtliche Darlehensübertragungen hat der Gesetz-
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geber stattdessen aber dasselbe Transparenzkonzept angewendet wie auf Forderungszessionen, die umwandlungsrechtliche Zustimmungsfreiheit indes nicht angetastet. 9. Zusätzlicher Verbraucherschutz findet sich in der Verbesserung des Kündigungsschutzes und somit in der Erweiterung der Einwendungen gegen die Gesamtfälligstellung der Darlehensforderung. Indem nunmehr auch die Fälligkeit der Sicherungsgrundschuld von einer Kündigung abhängig ist, tritt auch insofern eine Verbesserung ein. Sie hält sich in der Praxis allerdings in Grenzen, weil kein Kündigungsgrund erforderlich ist. Nachweisverzichte in den vollstreckbaren Urkunden bleiben wirksam. Im Bereich der Zwangsvollstreckung stellt der Gesetzgeber ohnedies konzeptionell auf einen nachgelagerten Rechtsschutz ab, was sich in dem verschuldensunabhängigen Schadensersatzanspruch manifestiert. 10. Das Risikobegrenzungsgesetz ist im Bereich der Kreditnehmerschutzvorschriften trotz Verzichts auf ausdrückliche Abtretungsverbote und vereinzelten Korrekturbedarfs insgesamt weit mehr als ein „Beruhigungsgesetz“ für Darlehensnehmer, die angesichts der enormen staatlichen Unterstützung für ihre Gläubiger, die Banken, in den Krisenjahren wenn auch keine finanzielle Hilfen, so doch zumindest eine Verbesserung ihrer Rechtsposition erwarteten. 11. Die Abtretung von Darlehensforderungen führt nicht zwingend, aber typischerweise zu einem Verstoß gegen das Bankgeheimnis und die weiteren Geheimhaltungspflichten. Dies ist dann der Fall, wenn der Darlehensnehmer namentlich genannt und mit dem Darlehen in Verbindung gebracht wird. Das zivilrechtliche Bestimmtheitsgebot erfordert dies wegen Alternativen in Form einer Anonymisierung indes nicht zwingend. Es besteht auch kein rechtlich zwingender Zusammenhang zwischen einer Forderungsabtretung und der Pflicht zur Offenbarung kundenbezogener Tatsachen nach § 402 BGB. Diese Vorschrift enthält lediglich eine gesetzlich typisierte Vertragspflicht, die abbedungen oder beschränkt werden kann. Das Verbot dinglich wirkender Verfügungsbeschränkungen nach § 137 S. 1 BGB steht Anonymisierungen im Zeitpunkt der Abtretung ebenfalls nicht entgegen, soweit sie nicht unbedingt und auf Dauer angelegt sind. Es sei indes angemerkt, dass in den Fällen, in denen die veräußernde Bank als ursprünglich Einziehungsberechtigte ihre Aufgabe als Verwalter nicht mehr ausüben kann oder soll, eine Entschlüsselung zunächst nur verschlüsselt weitergegebener Schuldnerdaten rechtlich oder wirtschaftlich zwingend wird. Darin offenbart sich letztlich die praktische Wertlosigkeit einer anonymisierten Datenweitergabe. Die Verschlüsselung führt demnach lediglich zu einer Verschiebung und Reduzierung des Datenflusses auf das Notwendige, sie löst aber nicht den Konflikt zwischen Datenweitergabe und Geheimhaltung im Kern.
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12. Eine Verletzung des Bankgeheimnisses zum Zweck der Darlehensveräußerung ist ohne eine ausdrückliche Einwilligung des Geheimnisherrn in keinem Fall zu rechtfertigen. Das gilt im bankbetrieblichen Normalfall, aber auch bei einer Darlehensveräußerung durch eine notleidende Bank oder bei einer Datenweitergabe an einen Forderungserwerber, der nachträglich in Insolvenz fällt. Denn den Darlehensnehmer trifft hier keine Sanierungsverantwortlichkeit, aufgrund derer seine Geheimhaltungsrechte zurückzustehen hätten. Auch wenn ein Darlehen notleidend wird, ändert dies nichts an der Rechtfertigungslage. Die AGB-Banken enthalten gegenwärtig sogar eine rechtliche Selbstbeschränkung hinsichtlich der Durchbrechung des Bankgeheimnisses und sind insoweit entgegen der h. M. nicht deklaratorisch, sondern konstitutiv. Unterliegt der Darlehenserwerber einer vergleichbaren Geheimhaltungspflicht wie der Veräußerer, wird dadurch eine Verletzung des Bankgeheimnisses nicht ausgeräumt. Aufgrund der höchstpersönlichen Bindung von Geheimhaltungspflichten kann der Datenempfänger stets nur der gleichen, nicht aber derselben Geheimhaltungspflicht unterliegen. Selbst wenn die Forderung bereits in einem öffentlichen Erkenntnisverfahren rechtskräftig festgestellt wurde, kann es im Zuge ihrer Zession weiterhin zu einer rechtfertigungsbedürftigen Datenübermittlung kommen. Eine Tatsache verliert nicht notwendig ihren Geheimnischarakter, wenn sie schon einmal verraten worden ist. Auch ist keine Rechtfertigung über gesetzliche Übertragungstatbestände und insbesondere § 25a KWG sowie § 16 Abs. 2 FMStFG zu erreichen, weil diese Normen nach hier vertretener Ansicht allesamt kein gesetzliches Offenbarungsgebot beinhalten. 13. Selbst die Verwertung notleidender Darlehen ist ohne deren Veräußerung möglich. Die Durchsetzung des Hauptleistungsanspruchs – des Schuldendienstes des Darlehensnehmers – zwingt die Bank deshalb nicht dazu, ihre Nebenleistungspflicht – die Wahrung der Geheimhaltung – zu verletzen. Die Wertungen zur Zulässigkeit einer Datenoffenbarung in einem Klageverfahren und in der Zwangsvollstreckung können entgegen der h. M. nicht auf eine Darlehensveräußerung zur Verwertung übertragen werden. Die Darlehensveräußerungen stehen nicht alternativ zu staatlichem Rechtsschutz, sondern erfolgen allein aus wirtschaftlichen Interessen, die das Geheimhaltungsinteresse nicht überwiegen können. Auch der Erwerber wird am Ende zu staatlichem Rechtsschutz mit entsprechender Öffentlichkeit greifen müssen, wodurch sich die Verletzungen des Bankgeheimnisses kumulieren würden. Ein persönliches Vorverschulden des Darlehensnehmers in Bezug auf seine Zahlungsunfähigkeit begründet kein anderes Ergebnis, weil zwischen dem Bankgeheimnis und dem Schuldendienst kein funktionaler oder auch nur ethisch-moralischer Zusammenhang mit synallagmatischer Wirkung hergestellt werden kann. Schließlich kann eine Bindung des Erwerbers an eine Schweigepflicht, die dem Bankgeheimnis vergleichbar ist, einen angemesse-
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nen Ausgleich für eine Schweigepflichtentbindung darstellen, diese jedoch nicht ersetzen. Die bestehenden gesetzlichen Offenbarungsbefugnisse für bestimmte Berufsgeheimnisträger nach §§ 49b Abs. 4 S. 1 BRAO, 64 Abs. 2 S. 1 StBerG, 17 Abs. 3 S. 2 KHEntgG sowie für Banken im Spezialfall des § 16 Abs. 2 FMStBG können weder als immanente Grenzen des Bankgeheimnisses noch im Wege einer analogen Anwendung eine Datenoffenbarung im Zuge einer Darlehensveräußerung legitimieren. Wenn die Bank sich widerstreitende Pflichten eingeht, liegt es an ihr, diesen Interessenkonflikt durch eine konsensuale Pflichtenreduzierung der einen oder anderen Seite zu lösen. Schließlich muss die Datenweitergabe der informationellen Selbstbestimmung auch deshalb gerecht werden, damit die Grundlagen für ein kooperatives Verhalten des Darlehensnehmers als Voraussetzung der Risikotransparenz in der Kreditwirtschaft erhalten bleiben. 14. Das gemäß § 203 Abs. 2 StGB strafbewehrte Amtsgeheimnis gilt für Organe und Mitarbeiter öffentlicher Banken und für solche von privaten Banken insoweit, als diese mit öffentlichen Aufgaben beliehen sind, insbesondere wenn sie Stützungsmaßnahmen des Finanzmarktstabilisierungsgesetzes in Anspruch nehmen. Der Straftatbestand wird bei Datenweitergaben im Rahmen von Darlehensveräußerungen entgegen der von der Rspr. vertretenen Ansicht erfüllt. Er ist nicht zur Verwirklichung scheinbarer Wettbewerbsgleichheit mit privaten Banken zu reduzieren. Die Rechtmäßigkeit der Verwaltung, ihre Bindung an die Grundrechte, das Interesse an der Funktionsfähigkeit des Staates und die ordnungsgemäße Erfüllung der öffentlichen Aufgaben sowie letztlich das Vertrauen in die Integrität öffentlicher Banken, das durch den fortbestehenden Bezeichnungsschutz für die Marke „Sparkasse“ genährt wird, vermögen weiterhin die Strafbewehrung des Geheimnisschutzes für Mitarbeiter öffentlich-rechtlicher Banken zu rechtfertigen. Die öffentlichen Banken dürfen sich nicht unter Berufung auf die Wettbewerbsgleichheit von ihren rechtsstaatlichen Bindungen lösen. Entgegen dem öffentlichen Auftrag würde dies den Wettbewerb verzerren statt fördern. Schließlich liefe eine Tatbestandsreduktion auf eine Kompetenzüberschreitung der erkennenden Gerichte hinaus. Wegen der Möglichkeit des Gesetzgebers, seine Amtsträger von der Strafbarkeit nach § 203 Abs. 2 StGB und seine Exekutive von den sich daraus ergebenden rechtlichen Fesseln zu befreien, ist im Übrigen kein Bedarf für ein derartiges Vorgehen erkennbar. In der staatlichen Trägerschaft und Ausübung, der hoheitlichen Zwecksetzung sowie der Grundrechtsbindung liegen demnach auch heute weiterhin gültige Differenzierungskriterien. 15. Entgegen mehrdeutiger oder gar abweichender Auslegung des BGH und der Lit. zum Verhältnis des BDSG zu anderen Geheimhaltungspflichten bedeutet „Unberührtbleiben“ i. S. d. hier maßgeblichen § 1 Abs. 3 S. 2 BDSG, dass das BDSG neben dem Bankgeheimnis anzuwenden ist und als zusätzliche Schutzebene zu diesem hinzutritt. Als Konsequenz der Parallelgeltung sind
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Datenverarbeitungen nur dann zulässig, wenn sie nach beiden Regelungen erlaubt sind. Die Erfüllung ihres jeweiligen Tatbestands vorausgesetzt, greifen die Rechtsfolgen beider Regelungen kumulativ durch. Ein Zusammentreffen des BDSG mit § 203 Abs. 2 StGB schmälert die zivilrechtlichen Schadensersatz- und Restitutionsansprüche des Berechtigten gegenüber den verantwortlichen Stellen aus dem BDSG nicht. Die Subsidiarität des BDSG gegenüber dem StGB gilt insofern nur, „soweit“ (vgl. § 1 Abs. 3 S. 1 BDSG) die Verletzung der Geheimhaltungspflicht eine Strafbarbeit der handelnden Personen begründet (insbesondere § 43 Abs. 2 i.V. m. § 44 Abs. 1 BDSG). 16. Eine Verletzung von § 203 StGB bedarf bei Darlehensveräußerungen ebenso der Rechtfertigung wie die Verletzung des Bankgeheimnisses. Die betroffenen Interessen und ihre Gewichtung verschieben sich bei Privatgeheimnissen nach § 203 Abs. 2 StGB noch weiter zu Lasten einer Geheimnisoffenbarung. Muss ein Bankkunde damit rechnen, dass seine Privatgeheimnisse bei einer öffentlichen Bank nicht sicher sind, wird mit Angaben gegenüber der Bank zurückhaltend sein, während im Interesse der Funktionsfähigkeit staatlicher Datenerhebung und -verarbeitung doch eine vollständige und wahrheitsgemäße Information gewährleistet werden soll. 17. Bei einer Weitergabe der Schuldnerdaten an Dritte zum Zwecke einer Darlehensveräußerung nach dem BDSG gilt nichts anderes. Insbesondere ist eine konkludente oder mutmaßliche Einwilligung wegen des Schriftformerfordernisses gemäß § 4a Abs. 1 S. 3 BDSG kaum zu konstruieren. Fehlen Angaben im Darlehensvertrag, aus denen sich ergibt, dass die Daten neben den für die Darlehensbetreuung durch die Bank üblichen Zwecken auch zur Weitergabe im Zusammenhang mit einer Darlehensveräußerung an Dritte verwendet werden können, wäre mit einer Datenweitergabe eine nachträgliche Zweckänderung verbunden, die nur unter besonderen Voraussetzungen erfolgen kann. Eine Datenweitergabe an den Darlehenserwerber ist aber auch nicht mit der originären Zweckbestimmung des Darlehens zu rechtfertigen (§ 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BDSG), wenn diese nach ihrem Wortlaut die Veräußerung umfasst. Eine demnach erforderliche Interessenabwägung gemäß § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 1, 2 lit. a) BDSG ergibt jedoch kein anderes Ergebnis als zum Bankgeheimnis, so dass eine ausdrückliche schriftliche Zustimmung unentbehrlich ist. 18. In umwandlungsrechtlichen Ausgliederungen und Abspaltungen ist die Datenweitergabe zum Zwecke der Darlehensveräußerung ebenso unzulässig, wenn der Betroffene dazu nicht seine Einwilligung erteilt hat. Der Erwerber ist aufgrund des BDSG selbständig an den Datenschutz gebunden. Das zivilrechtliche Bankgeheimnis enthält eine höchstpersönliche Unterlassungspflicht und verbleibt beim übertragenden Rechtsträger, ohne dass dieser durch die Universalsukzession von seiner Geheimhaltungspflicht befreit
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würde. Da es aber auch akzessorisch zu den Darlehensverträgen auf den übernehmenden Rechtsträger übergehen muss, wird es vervielfältigt, ohne in der Person des übernehmenden Rechtsträgers inhaltlich dasselbe zu sein wie in der des übertragenden. Die Datenübermittlung ist von den umwandlungsrechtlichen Rechtsvorgängen zu trennen und wird von diesen weder umfasst noch ersetzt. Zu einer Verletzung der Geheimhaltungspflichten kommt es, sobald Organe und Mitarbeiter für den übernehmenden Rechtsträger Kenntnis von den Schuldnerdaten erlangen und ihren Besitz an den jeweiligen Akten bzw. Daten für diesen ausüben. 19. Die Finanzmarktaufsicht und die regulatorischen Anforderungen des KWG an die Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute dienen primär dem öffentlichen Interesse an der Stabilität des Finanzsystems und der Schonung der Staatsfinanzen. Darüber hinaus ist entgegen der wohl herrschenden Ansicht eine nicht nur reflexartige Einbeziehung der Darlehensnehmer in den Schutzbereich der § 33 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, 3, 4, 4a, 7 KWG zu bejahen, soweit dort die Merkmale der Zuverlässigkeit, der fachlichen Eignung sowie der erforderlichen organisatorischen Vorkehrungen zum ordnungsmäßigen Betreiben der Geschäfte genannt sind. Auf die Einhaltung dieser Erfordernisse können sich die Schuldner wegen § 4 Abs. 4 FinDAG zwar nicht gegenüber der Finanzaufsicht, wohl aber gegenüber ihrem jeweiligen Vertragspartner berufen, der das betreffende Kreditgeschäft betreibt. 20. Wenn Zessionar der Darlehensforderung kein Kreditinstitut ist, umgehen die Zessionsparteien mit der Abtretung indes die Schutzvorschriften der §§ 32 ff., 54 ff. KWG. Die Verschiebung der bestehenden Risiken in den nichtregulierten Bereich vereitelt den Funktionsschutz als Aufsichtszweck. Diese sog. regulatorische Arbitrage ist gesamtwirtschaftlich als ineffizient zu beurteilen. Die Kreditrisiken bleiben nach einer Darlehensveräußerung bestehen. Sie werden bei einem Nichtinstitut indes aufsichtsrechtlich nicht mehr erfasst. Es besteht ein Wertungswiderspruch dazu, dass bei Kreditinstituten richtigerweise nicht allein die originären, sondern auch die derivativen Kreditrisiken für die aufsichtsrechtlichen Kapitalanforderungen und das Risikomanagement maßgeblich sind. Ein Gläubigerwechsel mit dem Ergebnis, dass ein Nichtinstitut Forderungsinhaberin wird, untergräbt zudem die Gewährleistung des KWG zu Lasten der Darlehensnehmer. Zur Verwirklichung der aufsichtsrechtlichen Schutzzwecke wäre demnach zwar ein Abtretungsverbot für Darlehensforderungen aus Bankdarlehen an Nichtbanken erforderlich. Aufgrund des Schutzes des gesetzgeberisch begründeten Vertrauens und des Fehlens einer gesetzlichen Grundlage für ein derart weitreichendes Verfügungsverbot ergibt sich ein solches Verbot jedoch nicht aus der geltenden Rechtslage. 21. Selbst wenn ein Vertrauen des Schuldners, dass sein Darlehen ordnungsgemäß verwaltet und die dafür bestellten Sicherheiten im Sicherungsfall scho-
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nend abgewickelt werden, berechtigterweise besteht, so ist gleichwohl mit der überwiegenden Ansicht anzunehmen, dass dies keinen besonderen, rechtlich relevanten Inhalt der Kreditforderung darstellt, die ihrer Abtretbarkeit entgegenstehen würde (§ 399 Hs. 1 BGB). Eine Forderungsabtretung hat keine Auswirkung auf die Rechtsstellung des Schuldners. Weder der Leistungsinhalt der Geldforderung wird geändert noch der Zweck der Forderung vereitelt oder entfremdet. Konkret hängt auch die Abtretung eines grundpfandrechtlich gesicherten Darlehens nicht von der Eigenschaft des Kreditgebers als Kreditinstitut im Sinne des KWG ab. Die Neuerungen durch die Schuldnerschutzvorschriften des Risikobegrenzungsgesetzes führen dazu, dass selbst eine Trennung der Grundschulden von der damit gesicherten Forderung kaum mehr rechtliche Nachteile für den Schuldner nach sich zieht. Etwas unscharf ist allerdings die Aussage, dass es dem Kreditnehmer regelmäßig gleichgültig sei, an wen er die ihm obliegenden Zins- und Tilgungsleistungen nach der Auszahlung der Darlehenssumme erbringt, solange nur die Erfüllungswirkung (§ 362 Abs. 1 BGB) mit jeder Zahlung eintritt. Es mag ihm zwar gleichgültig sein, an wen er zahlt, nicht aber, wer die Forderung geltend macht und ihn zur Zahlung veranlasst. Letzteres ist allerdings aufgrund der Identitätsvorstellung nach gegenwärtiger Rechtslage für eine Anwendung des § 399 Hs. 1 BGB unbedeutend. 22. Zur Verwirklichung des Schutzes des Banken- und Finanzsystems sowie eines minimalen Darlehensnehmerschutzes besteht mithin Reformbedarf. Es hat sich gezeigt, dass die Versuche einer zivilrechtlichen Abmilderung der Anreizprobleme gescheitert sind und dies nicht durch die Erhebung des teils bereits vertraglich geregelten Selbstbehalts zu einer Gesetzespflicht zu lösen ist. Die übrigen regulatorischen Vorgaben zur quantitativen und qualitativen Absicherung erworbener Darlehensrisiken lindern nur die Symptome, solange ihr Anwendungsbereich nur Banken umfasst. Die Wurzel des Problems bekommt man indes nur dann zu fassen, wenn man davon ausgeht, dass das Interesse der Banken, mit einer Veräußerung der Risikopositionen an Nichtbanken eine Eigenkapitalentlastung zu erzielen, in Wahrheit nicht schutzwürdig ist. Um derartiger Aufsichtsarbitrage vorzubeugen, sind voll valutierte, erworbene Darlehensforderungen in den Katalog der Bankgeschäfte aufzunehmen. Demnach wären eine Abtretung dieser Forderungen sowie eine Übertragung derartiger Darlehensverträge de lege ferenda zwar nicht gänzlich, wohl aber auf Nichtbanken verboten. Im Hinblick auf den Individualschutz ähneln die Interessenlage und das Ergebnis denjenigen des römischrechtlichen Verbots einer Forderungsübertragung an einen „potentior“ (einem Mächtigeren) im Codex Theodosianus und des Veräußerungsverbots für Pfandkreditforderungen nach einer Verfügung des württembergischen Ministeriums des Innern aus dem Jahre 1882.
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23. Im Übrigen aber ist ein Abtretungs- und Übertragungsverbot aufgrund des Bankgeheimnisses, Amtsgeheimnisses und des Datenschutzes weder geboten noch erforderlich. Zwar ist ein Verstoß gegen diese Geheimhaltungspflichten im Zuge der Darlehensveräußerungen die Regel, aber nicht zwingend. Eine daraus resultierende Verletzung ist schwerwiegend. Sie betrifft indes regelmäßig nicht den verfassungsrechtlich uneingeschränkt gewährleisteten Kernbereich der Persönlichkeit. Mithin ist keine im Zivilrecht ohnedies zurückhaltend einsetzbare Sanktion des Sukzessionsausschlusses geboten. Im Hinblick auf das Amtsgeheimnis erscheint ein Abtretungsverbot von vornherein nicht angebracht, weil die Exekutive nicht durch die Judikative sanktioniert werden sollte. Die Übertragungsfreiheit bleibt auch für die Sicherungsgrundschulden sowie die Vollstreckungsunterwerfungen gewahrt. Letztere bleiben nach AGB-rechtlicher Beurteilung selbst dann mitsamt der Rechtsnachfolgeklausel wirksam, wenn nicht zugleich ein Abtretungsverbot für die Grundschulden und die Darlehensforderung vereinbart wurde. 24. Das Umwandlungsrecht bewertet die Umwandlungsfreiheit im Grundsatz höher als die Gläubiger- und Vertragspartnerinteressen, indem es keine Zustimmungspflichten Dritter zu Schuld- oder Vertragsübernahmen enthält und nach der Abschaffung des § 132 UmwG a. F. Abtretungsverboten auch in Abspaltung und Ausgliederung keine absolute Wirkung mehr beimisst. Portfoliotransaktionen, die ohne gleichzeitigen Übergang eines vom Rechtsträger zu abstrahierenden Unternehmens auskommen, ist nach einer in der Lit. vertretenen Ansicht die Berechtigung für ein derartiges Umwandlungsprivileg abzusprechen. Teils wird darin sogar eine unzulässige Umgehung des Zustimmungserfordernisses gesehen. Wenn Darlehensverträge im Wege der Einzelrechtsnachfolge nicht zustimmungsfrei übertragen werden dürfen, müsste dies erst Recht für massenhafte Übertragungen im Wege der Universalsukzession nach dem Umwandlungsgesetz gelten. Dennoch ist daraus mit der h. M. in der Lit. keine Unwirksamkeit der einzelnen Übertragung oder des gesamten Übertragungsvertrages herzuleiten. Denn das Risikobegrenzungsgesetz hat dieses Umwandlungsprivileg nicht angetastet. Vielmehr wendet es auf umwandlungsrechtliche Darlehensübertragungen dasselbe Transparenzkonzept an wie auf Forderungszessionen. Zur interessengerechten Regelung der Übertragbarkeit ist demnach bei der neuen Aufklärungspflicht anzusetzen. 25. Externalitäten der Darlehensveräußerungen müssen und können nach geltender Rechtslage effektiv und mit präventiver Wirkung im Wege des Rechtsschutzes gegen die Verletzung der Geheimhaltungspflichten und die Verletzung der Vertragsfreiheit selbst ausgeglichen werden. Der Darlehensnehmer hat einen Anspruch auf Unterlassung unzulässiger Datenweitergaben an Darlehenserwerber. Zudem besteht ein Schadensersatzanspruch gegen die Bank, der darauf gerichtet ist, dass diese auf die Löschung und Rückgabe der Daten beim Datenempfänger hinwirkt. Bis zur Erfüllung dieses Anspruchs
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kommt dem Darlehensnehmer gegenüber dem bisherigen sowie dem neuen Gläubiger nach einer Ansicht in der Lit. über §§ 404, 273 BGB ein Zurückbehaltungsrecht an den Zins- und Tilgungsraten zugute. Dieser Ansicht wird gefolgt, sofern die Datenweitergabe vor oder im Zusammenhang mit der Veräußerung erfolgt. Im Übrigen hat der Geheimhaltungsberechtigte einen Anspruch gegen die Bank auf Freistellung von den Ansprüchen, die als mittelbare Folge der Verletzungshandlung nur aufgrund der Datenweitergabe von Dritten gegen ihn geltend gemacht werden können. Dieser Anspruch erlischt indes nach Zahlung durch den Darlehensnehmer, weil das Bankgeheimnis nur vor der Durchsetzung der Darlehensforderung durch Dritte schützt, nicht aber einen Gläubigerwechsel und die Befriedigung der Forderung an sich verhindern soll. Zum Ausgleich eines verbleibenden unmittelbaren und immateriellen Schadens ist dem Umstand Rechnung zu tragen, dass die Kaufparteien die persönlichkeitsrelevanten Schuldnerdaten kommerzialisiert haben. Dem Darlehensnehmer ist regelmäßig die Zinsdifferenz zu veräußerbaren, im Übrigen aber konditionengleichen Darlehen zu erstatten. Im Minimum ist die Zahlung von 100 Euro zur Genugtuung angemessen und als Anreiz für die Bank, eine vertragliche Lösung zu finden, sachgerecht. Obschon der Betrag lediglich symbolischen Charakter hat, kann er Klagen zum Erfolg verhelfen. Weil die Verletzung der Geheimhaltungspflichten einen schweren Vertrauensbruch darstellt und das Vertrauen für das Kreditgewerbe schlechthin konstituierend ist, hat der Darlehensnehmer zudem ein Sonderkündigungsrecht an seinem Darlehen, wobei keine Pflicht zur Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung besteht und etwaige Refinanzierungsnachteile als Kündigungsfolgeschaden auszugleichen sind. 26. Der Darlehenserwerber unterliegt im Falle einer Universalsukzession wenn auch nicht denselben, so doch den gleichen Geheimhaltungspflichten wie die Bank. Zudem ist er unabhängig von jeglicher Rechtsnachfolge nach dem BDSG selbständig zum Datenschutz verpflichtet. Beide Gesichtspunkte beinhalten nicht erst die Pflicht, es zu unterlassen, erlangte Daten an Dritte weiterzugeben, sondern schon, die Geheimhaltung der Daten durch die veräußernde Bank zu wahren, die Daten mithin nicht unberechtigt anzunehmen und für eigene Zwecke zu verwenden. Bei Missachtung der letztgenannten Pflichten bezieht sich der Unterlassungsanspruch auch auf die Geltendmachung von Forderungen gegen den Darlehensnehmer. Die Verwendung der Schuldnerdaten zum Inkasso stellt in diesen Fällen eine nach Treu und Glauben unzulässige Ausnutzung einer rechtswidrig erlangten Position dar, wobei hier die Kenntnis von den Daten als tatsächliche Position genügt. Zudem steht dem Darlehensnehmer ein Restitutionsanspruch auf Rücksendung bzw. Löschung der Daten zu, bis zu dessen Erfüllung er nach zutreffender Ansicht in der Lit. ein Zurückbehaltungsrecht an Darlehensraten hat, ohne dass es auf eine Überleitung nach § 404 BGB ankäme.
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27. Die vertragliche Äquivalenz zwischen Darlehensgeber und Darlehensnehmer wird durch den Hinweis auf die Abtretbarkeit oder Übertragbarkeit maßgeblich gefördert. Wird kein entsprechender Hinweis erteilt, kann dies Rückwirkungen auf die Vertragsauslegung in der Weise haben, dass eine Abtretung konkludent ausgeschlossen ist. Die schadensrechtlichen Folgen einer Verletzung der Hinweispflicht reichen von einer Freistellung von der Geltendmachung der Darlehensforderung durch den Erwerber über eine Reduktion der im Zins enthaltenen Liquiditätsprämie bis hin zu einer Vertragsauflösung ohne Vorfälligkeitsentschädigung unter Ausgleich des Refinanzierungsschadens. Flankierend dazu besteht auch wegen Verletzung der Hinweispflicht ein Sonderkündigungsrecht. 28. Wenngleich dem Darlehensnehmer in bonitätsabhängigen Zinsänderungsklauseln das Risiko eigener Bonitätsänderungen weitgehend selbst zugewiesen ist, so muss er doch bei derartigen Zinsvereinbarungen an möglicherweise geringeren Kosten der Risikobewirtschaftung des Erwerbers teilhaben. Andernfalls profitiert der Erwerber von einer höheren Gewinnspanne. Aus diesem Grund begründet der Summierungseffekt aus der Darlehensveräußerung und der bonitätsabhängigen Zinsanpassung die Unwirksamkeit der zugrundeliegenden Zinsänderungsklauseln nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB. Als kautelarjuristische Lösung kann einerseits eine Preisverhandlungsklausel eingeführt werden, die unter der Bedingung der Veräußerung des Darlehens eingreift, oder andererseits die Unveräußerbarkeit vereinbart werden. 29. Der Darlehensnehmer soll nicht allein in den Genuss erhöhter Transparenz des Primärmarktes kommen. Ihm muss auch Zugang zum Sekundärmarkt für sein eigenes Darlehen gewährt werden. So kann er von den teilweise recht niedrigen Marktpreisen und nicht zuletzt von der internalisierten „Versicherungssumme“ für Kreditausfälle profitieren, die er mit der im Zins enthaltenen Risikoprämie selbst finanziert. Deshalb wird ein Vorkaufsrecht des Darlehensnehmers an seinem Darlehen bzw. seiner Darlehensforderung in Analogie zum Mietrecht favorisiert. Zumindest der Schuldner eines zur Finanzierung einer selbst genutzten Wohnimmobilie dienenden Darlehens ist quasi „Mieter der Bank“ (im Sinne einer Bezeichung der Vertragsparteien). Mit einer Darlehensübertragung und auch schon mit einer Forderungszession mitsamt der Sicherungsgrundschuld findet somit ein „Vermieterwechsel“ statt. Es soll keiner Rückkehr zu der spätrömischen Lex Anastasiana das Wort geredet werden, wonach der Käufer einer Forderung, der einen geringeren Kaufpreis bezahlt hat, als die Forderungssumme beträgt, vom Schuldner nur die Höhe dieses Kaufpreises zuzüglich der Zinsen eintreiben durfte. Das Gesetz wurde durch das ALR im 19. Jahrhundert aufgehoben, weil es dem modernen Forderungsverkehr widerstrebte. In wirtschaftlicher Hinsicht wird mit dem Vorkaufsrecht ein ähnliches Ergebnis erreicht. Das Vorkaufsrecht durch-
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bricht jedoch weder die Relativität des Schuldverhältnisses noch die Abstraktheit der Vollrechtsübertragung, sondern gewährt dem Schuldner nach liberalem Ansatz nur ein Recht auf Marktteilnahme. Dadurch kann er nicht zuletzt auch zur Verwirklichung seiner informationellen Selbstbestimmung die Datenweitergabe verhindern. Die Verkehrsfähigkeit der Forderungen wird nicht in Mitleidenschaft gezogen; die Forderungshöhe wird nicht berührt. Solange dem Darlehensgeber in Höhe des Kaufpreises Sicherheit geleistet wird, erleidet er durch den Vorkauf keine Nachteile – etwaige Verkaufsverluste müsste er auch bei einem Verkauf an jegliche Dritte abschreiben. Das Vorkaufsrecht gilt für jeden Verkauf unter Ausschluss von Kaufpreisabreden, die im Hinblick auf die Vorfälligkeitsentschädigung nach den Erwerbern (Darlehensnehmer oder Dritte) differenzieren würden. Das Vorkaufsrecht gilt sinngemäß in Abspaltung und Ausgliederung, wobei die aufschiebende Bedingung des Vorkaufsrechts in dem Abschluss des Übertragungsvertrages liegt und die Kaufpreishöhe durch den hypothetischen handelsrechtlichen Bilanzwert beim Erwerber bestimmt wird. 30. Die Entwicklung von formularmäßigen Einwilligungen in die Datenweitergabe erfolgt vor dem Hintergrund, dass ausreichend konkretisierte Einzeleinwilligungen unmittelbar vor einer Darlehensveräußerung keine angemessene und praxistaugliche Alternative zu einer anfänglichen Pauschaleinwilligung darstellen. Den Nachteilen für die Bank würde keine wesentliche Erweiterung der Entscheidungsfreiheit des Kunden gegenüberstehen. Bei Pauschaleinwilligungen zu Beginn des Darlehensvertrages muss die Person des Datenerwerbers indes notwendig unbestimmt bleiben. Als angemessener Ausgleich ist dem Darlehensnehmer dafür ein beschränktes Widerrufsrecht an seiner Einwilligung einzuräumen. Danach kann er die Datenweitergabe an Personen für unzulässig erklären, die ihm als potenzielle Erwerber zum Zeitpunkt der Einwilligung noch nicht namentlich bekannt waren und wenn es ihm unzumutbar wäre, dass diesen die Daten offenbart würden. Der Umstand allein, dass der Empfänger die Daten dazu verwenden wird, um das Darlehen einzuschätzen, zu verwalten und schließlich auch zu verwerten, berechtigt nicht zum Widerruf, sofern nur darauf hingewiesen wurde. In Erweiterung von § 496 Abs. 2 S. 1 BGB ist die Mitteilung der Darlehensveräußerung – solange nicht gesetzlich, so im Wege der Vertragsklausel – zeitlich vorzuverlegen. Sie muss innerhalb einer Frist von zwei Monaten vor dem Datenfluss und der Erfüllung des Kaufvertrages mit Dritten erfolgen. Die Nachreichung der erforderlichen Angaben ist ein interessengerechter Ausgleich für das anfängliche Informationsdefizit aufgrund der Pauschalisierung der Erwerberkategorien in der Einwilligung. Sie ist Grundlage für die Geltendmachung des auf einzelne Empfänger beschränkten Widerrufsrechts und des Unterlassungsanspruchs hinsichtlich der Datenweitergabe. Schließlich ist sie unentbehrlich für die Ausübung des Vorkaufsrechts.
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31. Mit den im Anhang vorgeschlagenen Vertragsklauseln und den Reformvorschlägen und Anwendungskonzepten geltenden Rechts wird eine institutionelle Reduzierung der für die Banken sowie das Finanzsystem bedrohlichen Anreizprobleme verfolgt. Das vertragliche Äquivalenzprinzip und die Selbstbestimmung des Darlehensnehmers im Rechtsleben bleiben gewahrt. Insbesondere wird dem hohen Stellenwert von Bankgeheimnis, Datenschutz und Amtsgeheimnis Rechnung getragen. Darunter leiden weder die Verkehrsfähigkeit von Darlehensforderungen noch die Umwandlungsfreiheit. Auf dieser Grundlage kann eine individuell gerechte und gesamtwirtschaftlich effiziente Allokation der Darlehen und Darlehensforderungen gedeihen.
Anhang A
Vorschlag für die Einbeziehung des gewerbsmäßigen Erwerbs von Darlehen oder Darlehensforderungen in die Bankgeschäfte des KWG Änderung des § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 KWG: „die Gewährung von Gelddarlehen und Akzeptkrediten sowie deren Erwerb und der Erwerb einzelner Forderungen daraus (Kreditgeschäft);“ 1
1 Die Änderung zur bestehenden Gesetzesformulierung ist in kursiver Schrift hervorgehoben.
Anhang B
Vorschlag für eine Anpassung des Informationskonzeptes des § 496 Abs. 2 BGB sowie die Aufnahme eines Vorkaufsrechts Neufassung des § 496 Abs. 2 BGB unter Streichung der bestehenden Sätze:1 1. Variante (ohne Berücksichtigung eines Vorkaufsrechts): Wird eine Forderung des Darlehensgebers aus einem Darlehensvertrag an einen Dritten abgetreten oder findet in der Person des Darlehensgebers ein Wechsel statt und sollen diesem oder einem von ihm Beauftragten die den Darlehensnehmer betreffenden Daten weitergegeben werden,2 ist der Darlehensnehmer innerhalb von zwei Monaten vor der Datenweitergabe in Textform über die Person und die Kontaktdaten des neuen Gläubigers nach Artikel 246 § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch und den Zweck der Darlehensveräußerung zu unterrichten. 2. Variante (mit einem Vorkaufsrecht und den entsprechend erweiterten Informationspflichten): Verkauft der jeweilige3 Darlehensgeber das Darlehen oder einzelne Forderungen daraus an einen Dritten, so ist der Darlehensnehmer bis zum Ablauf von zwei Monaten nach Empfang der Mitteilung gemäß § 469 Abs. 14 zum Vorkauf berechtigt.5 Die Vorschrift des § 464 Abs. 2 gilt mit der Maßgabe, dass der Darlehensnehmer infolge der Ausübung des Vorkaufsrechts in die Rechtsposition eintritt, die der Dritte aufgrund des Kaufs einnehmen würde.6 Macht der Darlehensnehmer von seinem Vorkaufsrecht Gebrauch, muss der Darlehensgeber dies nur gegen sich gelten lassen, wenn der Darlehensnehmer ihm innerhalb von zwei Monaten nach der Mitteilung nach Maßgabe von § 469 Abs. 1 Sicherheit in Höhe seiner Gesamtverpflichtungen 1 Damit wird die Anzeigepflicht nach § 496 Abs. 2 BGB entsprechend den Ausführungen oben Kapitel 3 C. II. 3. modifiziert. 2 Die Datenweitergabe kann zuvor, zugleich oder auch erst längere Zeit nach der Veräußerung stattfinden. 3 Hiermit wird klargestellt, dass das Vorkaufsrecht für alle Verkäufe gilt und somit nicht allein die das Darlehen originierende Bank, sondern jeder „jeweilige“ Darlehensgeber an das Vorkaufsrecht gebunden ist. 4 Die Mitteilung nach § 469 BGB tritt bei einem Vorkaufsrecht an die Stelle des bisherigen Informationsinhaltes nach § 496 Abs. 2 BGB. 5 Kodifizierung der Überlegungen aus Kapitel 8 D. III. 6 Ausdr. Ausschluss einer gespaltenen Kaufpreisabrede, die dem Darlehensnehmer zum Nachteil gereichen würde.
Vorschlag für Anpassung des Informationskonzeptes des § 496 Abs. 2 BGB 613 aus dem Kaufvertrag leistet.7 Vor Ablauf von zwei Monaten nach der Mitteilung darf der Darlehensgeber die den Darlehensnehmer betreffenden Daten nicht an den Dritten übermitteln und den Vertrag zur Übertragung des Darlehens oder zur Abtretung der daraus entspringenden Forderungen mit dem Dritten nicht erfüllen. Die Sätze 1 bis 4 gelten für wirtschaftlich vergleichbare Übertragungen von Darlehensverträgen oder Forderungen daraus nach dem Umwandlungsgesetz mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Vertrags im Sinne von § 469 Abs. 1 der geschlossene Übertragungsvertrag tritt, Gegenstand des Kaufs im Sinne von § 464 Abs. 2 der im Übertragungsvertrag bezeichnete oder zu bezeichnende Darlehensvertrag oder die Forderungen daraus ist und als Kaufpreis der Preis anzusetzen ist, den ein Dritter aufgrund des Kaufs zu entrichten hätte.
7 Damit wird dem Sicherungsbedürfnis der Bank gedient, das sich aus der Gläubigerverschiedenheit ergibt.
Anhang C
Vorschlag für eine Änderung der AGB-Banken „Nr. 2. Bankgeheimnis und Bankauskunft Abs. 1 Bankgeheimnis [. . .] 2Informationen über den Kunden darf die Bank nur weitergeben, wenn gesetzliche Bestimmungen dies erlauben1 oder2 gebieten, der Kunde eingewilligt hat oder die Bank zur Erteilung einer Bankauskunft befugt ist. [. . .]“
1 Mit der zusätzlichen Variante, dass bereits eine Norm ausreicht, die eine Datenweitergabe schon bloß erlaubt, wird die Vertragsklausel dem § 4 Abs. 1 BDSG angeglichen. Damit wird die bisherige Selbstbeschränkung hinsichtlich einer Datenoffenbarung zumindest für die freiwillige Inanspruchnahme staatlicher Verfahren geöffnet. 2 Die Änderung zur bestehenden Klausel ist in kursiver Schrift hervorgehoben.
Anhang D
Vorschlag für eine formularmäßige Regelung der Veräußerbarkeit eines Immobiliardarlehensvertrags Sonderbedingungen für die Veräußerbarkeit der Darlehensforderungen Nr. 1 Hinweis auf die Veräußerbarkeit Die [Firma] (Bank) ist dazu berechtigt, Forderungen aus dem Darlehensvertrag ohne Zustimmung des Darlehensnehmers an einen Dritten (Erwerber) abzutreten und das Vertragsverhältnis im Wege der Abspaltung und Ausgliederung nach dem Umwandlungsgesetz auf einen Erwerber zu übertragen (Transaktion).1 Das Zustimmungserfordernis zu einer Vertragsübernahme bleibt davon unberührt.2 Die Bank muss die bestellten Sicherheiten gemeinsam mit dem Darlehen auf den Erwerber übertragen. Die Abtretung oder Übertragung kann auch an Personen erfolgen, die sich nicht im Besitz einer Erlaubnis zum Betreiben von Bankgeschäften oder zum Erbringen von Finanzdienstleistungen befinden.3 Nr. 2 Zweckerweiterung der Datenerhebung Die Bank erhebt und speichert Informationen über die Person des Kreditnehmers sowie über das Darlehen sowie die dazu bestellten Sicherheiten (Daten). Dies erfolgt zu dem Zweck, dass der Vertragspartner sowie der jeweilige Gläubiger der Darlehensforderungen in die Lage versetzt werden, mit dem Kreditnehmer in Kontakt zu treten, den Risikogehalt des Darlehens zu bestimmen und die Forderungen aus dem Darlehen und den zugehörigen Sicherheiten geltend zu machen.4 Dieser Zweck bindet den Darlehensnehmer sowohl gegenüber der Bank als auch gegenüber dem Erwerber. Nr. 3 Befreiung von dem Bankgeheimnis, dem Datenschutz und ggf. dem Amtsgeheimnis Die Bank darf die Daten an den Erwerber sowie an solche Personen weitergeben, die aus technischen oder rechtlichen Gründen an der Abwicklung der Transaktion mitwir1
§ 491a Abs. 1 BGB i.V. m. Art. 247 § 9 Abs. 1 S. 2 EGBGB. Wegen § 309 Nr. 10 BGB. 3 Dieser Passus dient der Ausräumung eines auf die Bewilligung gründenden Vertrauens und ist ggf. zu streichen, wenn die Veräußerung nur an Kreditinstitute erfolgen soll. 4 Erfüllung der Vorgaben aus § 4 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 BDSG; die Zweckangabe entbindet allerdings nicht von der Einwilligung in die Datenweitergabe, weil Zwecke bzw. Interessen Dritter nicht von § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BDSG erfasst werden; die Zwecke der Darlehensveräußerung selbst sind wegen der in § 491a Abs. 1 BGB i.V. m. Art. 247 § 9 Abs. 1 S. 2 EGBGB vorausgesetzten Veräußerbarkeit nicht gesondert aufzuführen, anders offenbar die Überlegung hinter Nr. 12 Abs. 1 S. 1 der Muster-AGB für gewerbliche Darlehen bei Wand, WM 2005, 1942, 1945. 2
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Anhang D
ken, z. B. Rating-Agenturen, Rechtsanwälte oder Wirtschaftsprüfer.5 Der Darlehensnehmer entbindet die Bank insoweit vom Bankgeheimnis und den datenschutzrechtlichen Geheimhaltungspflichten [und dem Amtsgeheimnis].6 Nr. 4 Anzeigepflicht vor Verkauf Die Bank hat den Kunden unverzüglich in Textform über den Inhalt des mit dem Erwerber geschlossenen Vertrags, in dem sie sich zu der Transaktion verpflichtet, zu informieren und insbesondere die Identität des Erwerbers, den Preis und den Zweck der Darlehensveräußerung anzugeben.7 Vor Ablauf von zwei Monaten nach Zugang dieser Anzeige darf die Bank die Daten nicht an den Erwerber weitergeben und die Transaktion nicht durchführen. Nr. 5 Vorkaufsrecht des Darlehensnehmers Verkauft die Bank oder einer ihrer Rechtsnachfolger das Darlehen oder einzelne Forderungen daraus an einen Erwerber, so ist der Darlehensnehmer bis zum Ablauf von zwei Monaten nach Zugang der Anzeige gemäß Nr. 4 zum Vorkauf berechtigt.8 Übt der Darlehensnehmer sein Vorkaufsrecht aus, tritt er in den Kaufvertrag zwischen der Bank und dem Erwerber ein und erhält die gleiche Rechtsposition, die der Erwerber bei einem Kauf erhalten würde.9 Die Bank muss die Ausübung des Vorkaufsrechts nur dann gegen sich gelten lassen, wenn der Darlehensnehmer ihr innerhalb von zwei Monaten nach Zugang der Anzeige gemäß Nr. 4 Sicherheit in Höhe seiner Gesamtverpflichtungen aus dem Kaufvertrag leistet.10 5Dasselbe gilt für wirtschaftlich vergleichbare Übertragungen von Darlehensverträgen oder Forderungen daraus nach dem Umwandlungsgesetz mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Kaufs der geschlossene Übertragungsvertrag tritt, Gegenstand des Kaufs der im Übertragungsvertrag bezeichnete oder zu bezeichnende Darlehensvertrag oder die Forderung daraus ist und als Kaufpreis der Preis anzusetzen ist, den ein Dritter aufgrund des Kaufs zu entrichten hätte. Nr. 6 Widerrufsrecht Der Darlehensnehmer kann die Entbindung von den Geheimhaltungspflichten nach Nr. 3 bezüglich einzelner, ihm nach Nr. 4 angezeigter Erwerber widerrufen, wenn anzu5 Insoweit ähnlich Nr. 12 Abs. 1 S. 3 der Muster-AGB für gewerbliche Darlehen bei Wand, WM 2005, 1942, 1945; auf eine weitere Umschreibung des Erwerberkreises, die ohnehin stets zu allgemein bleiben würde, wird zugunsten des alternativen Aufklärungskonzeptes in Nr. 4 der Sonderbedingungen verzichtet. 6 Mit der Erklärung wird zugleich die juristische Selbstbeschränkung aus Nr. 2 Abs. 1 S. 2 AGB-Banken bzw. Nr. 1 Abs. 1 S. 2 AGB-Sparkassen wieder aufgehoben. 7 Damit und mit dem Folgesatz wird die Anzeigepflicht nach § 496 Abs. 2 S. 1 BGB entsprechend den Ausführungen oben Kapitel 9 B. IV. 3. ausgeweitet, solange der Vorschlag für eine Gesetzesänderung in Anh. B zuvor nicht umgesetzt wird. 8 Soweit der hier vertretenen These von einer analogen Anwendung des § 577 Abs. 1 S. 1 i.V. m. §§ 463 ff. BGB gefolgt wird (s. o. Kapitel 8 D. III.) ist diese Klausel lediglich deklaratorisch, verlängert jedoch die Frist des § 469 Abs. 2 BGB auf zwei Monate; dies ist wegen des dispositiven Charakters der Norm zulässig, Mader, in: Staudinger, BGB, § 469 Rn. 1. 9 Mit der von § 464 Abs. 2 BGB abw. Formulierung wird eine gespaltene Kaufpreisabrede ausgeschlossen, dazu oben Kapitel 8 D. IV. 2. 10 Dazu oben Kapitel 8 D. IV. 3.
Vorschlag für Veräußerbarkeit eines Immobiliardarlehensvertrags
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nehmen ist, dass eine Datenweitergabe an den Erwerber in unzumutbarer Weise die Persönlichkeitsinteressen des Darlehensnehmers beeinträchtigen würde und ihm dieser Umstand zum Zeitpunkt der Befreiung von den Geheimhaltungspflichten nach Nr. 3 nicht bekannt war. Die Umstände sind vom Darlehensnehmer darzulegen. Nr. 7 Bindung des Erwerbers und weiterer an der Transaktion beteiligter Personen an die Verschwiegenheitspflicht, den Sicherungszweck und das Vorkaufsrecht Die Bank vereinbart mit dem Erwerber und ggf. den weiteren in Nr. 3 genannten Personen vor Weitergabe der Daten, dass über die Daten gegenüber Dritten Stillschweigen zu wahren ist und von den Daten nur in dem Umfang Gebrauch gemacht werden darf, wie dies zur Durchführung der Transaktion erforderlich ist und dem Zweck der Datenerhebung entspricht. Die Bank vereinbart mit dem Erwerber, dass dieser an die Bedingungen und Verpflichtungen aus der von der Bank für die Grundschuld mit dem Grundstückseigentümer/Sicherungsgeber abgeschlossenen (oder übernommenen) Sicherungszweckvereinbarung und aus etwaigen sonstigen abtretungs- bzw. verwertungsbeschränkenden Vereinbarungen gebunden ist und der Erwerber die Übernahme dieser Bedingungen und Verpflichtungen im Falle einer Weiterübertragung des Grundpfandrechts auch seinen Rechtsnachfolgern auferlegt.11 Die Bank vereinbart mit dem Erwerber, dass dieser für weitere Verkaufsfälle an das Vorkaufsrecht des Darlehensnehmers nach Nr. 5 gebunden ist. Auf die vorgenannten Vereinbarungen wird sich der Darlehensnehmer unmittelbar gegenüber dem Erwerber berufen können.12 Rechtsnachfolger der Bank treffen mit weiteren Erwerbern entsprechende Vereinbarungen. Nr. 8 Zinsverhandlung bei bonitätsabhängiger Zinsanpassung Wurde vereinbart, dass die Zinssätze für das Darlehen laufend an die Bonität des Darlehensnehmers angepasst werden (bonitätsabhängige Zinsanpassungsklausel), muss mindestens einen Monat vor dem Verkauf des Darlehens oder einzelner Forderungen daraus über die Berechnungsgrundlage dieser Zinssätze unter Berücksichtigung der Risiko- und Kostenstruktur des Erwerbers neu verhandelt werden. Die Berechnungsgrundlage darf nicht zu Ungunsten des Darlehensnehmers geändert werden.13
11 Man kann darüber streiten, ob eine unmittelbare Verpflichtung des Erwerbers auf den Inhalt der Sicherungszweckvereinbarung, wie sie Hinrichs/Jaeger, NJW 2010, 2017, 2018, als Konsequenz aus dem obiter dictum des BGH, NJW 2010, 2041, 2045, vorschlagen und wie sie hier wiedergegeben wird, für Neufälle überhaupt noch erforderlich ist, zumal der BGH diese Entscheidung in BGH, NJW 2011, 2803 selbst mit deutlichen Worten verworfen hat. Die Aufnahme dieser Klausel ist aus Gründen der Rechtssicherheit und -klarheit dennoch zweckmäßig. 12 Umschreibung des echten Vertrags zugunsten Dritter gemäß § 328 Abs. 1 BGB, den die Bank indes nicht in den AGB mit dem Kunden vereinbaren kann, sondern erst in dem Vertrag mit dem Erwerber begründen muss, weshalb eine vorsichtigere Formulierung gewählt wurde. 13 Dazu Kapitel 8 C. II. 3.
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Sachverzeichnis Abspaltung siehe Spaltung Abstraktes Schuldanerkenntnis 91 ff., 107 ff., 130 ff., 460, 466, 476 f. Abtretungsverbot – für Forderungen 137 ff., 237 f., 263 ff., 342 f., 379 ff., 551 ff., 566 f., 599 ff. – für Grundschulden 460 ff. – für prozessuale Vollstreckungsunterwerfungen 464 ff. – in Abspaltung und Ausgliederung 479 ff. – wegen Geheimhaltungspflichten 436 ff. – wegen kreditaufsichtsrechtlicher Schutzvorschriften 389 ff. „Adverse Selection“ siehe auch „Moral Hazard“ 43, 69, 374, 542 Affektionsinteresse siehe Schaden, nichtvermögenswerter Amtsgeheimnis – Abtretungsverbot 441, 451 ff. – allgemein 147, 167 ff., 270, 602 ff. – Einwilligung 580 ff. – Grenzen 317, 350 f. – in Abspaltung und Ausgliederung 371, 538 – Schadensersatz 498 ff., 506 Amtsträger 166, 167 ff., 187 ff., 213 ff., 371, 441, 538, 602 Analogie – zu gesetzlichen und sonstigen Offenbarungsbefugnissen 341 ff. – zum mietrechtlichen Vorkaufsrecht gemäß § 577 BGB 570 ff., 602 ff. – zum Schadensersatz wegen unzulässiger Vollstreckung gemäß §§ 717 Abs. 2 S. 1 ZPO 133 ff.
– zum Zessionsrückgriff gemäß § 268 Abs. 3 S. 1 BGB 526 f. – zum zwingenden Kündigungserfordernis gemäß § 1193 Abs. 2 S. 2 BGB 130 ff. – zur Strafbarkeit der Verletzung von Privatgeheimnissen gemäß § 203 Abs. 2 StGB 217 ff., 439, 451 ff. – zur Wahrnehmung berechtigter Interessen gemäß §§ 193 StGB, 824 Abs. 2 BGB, § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BDSG 300 ff. Analogieverbot 218 ff., 439 Anonymisierte Veräußerung 77 ff., 258 ff., 312 ff., 323, 509, 600 Anreizproblem siehe auch Moral Hazard 42 ff., 57, 69, 141, 373 ff., 424 ff., 559, 568 ff., 598 ff. Anstalt des öffentlichen Rechts 191 ff. Anstaltslast 209, 223, 227 ff., 238 Anzeigepflicht 78 ff., 154, 276, 479, 595 f., 512, 616 Äquivalenzverhältnis 305 f., 336 ff., 521, 535, 539 ff., 592, 608 ff. „Asset Deal“ siehe auch Share Deal 63 ff. Aufgaben der öffentlichen Verwaltung 189 ff., 205 ff., 244 Aufklärungspflicht siehe Hinweispflicht Aufsichtsarbitrage 55 ff., 70, 148, 307, 409, 415 ff., 433, 494, 604 f. Ausfallrisiko 46 ff., 415, 435, 542, 549 Ausgliederung siehe Spaltung Auskunftspflicht 157, 260 ff., 312 ff., 349, 376, 442 f. Auslagerung 279 ff., 304, 319
Sachverzeichnis Bankauskunft 163, 274 ff., 285 ff., 298 ff., 614 Bankgeheimnis – allgemein 147, 153 ff., 248, 257 ff. – Abtretungsverbot 438 ff., 442 ff. – Befreiung 285 ff., 580 ff. – Grenzen 274 ff. – in Abspaltung und Ausgliederung 367 ff. – in der Insolvenz 165 f. – Schadensersatz 498 ff. Basel I 53 Basel II 46 f., 52 ff., 406, 416, 422, 433 f., 543 Basel 2.5 55, 422 Basel III 55, 493 Befreiung von den Geheimhaltungspflichten siehe Einwilligung Behörde 168, 189 ff., 213 ff., 231, 244, 371 Beleihung mit öffentlichen Aufgaben 181, 186, 202, 213 ff., 233, 244, 451 Berufsgeheimnis der Ärzte, Rechtsanwälte, Steuerberater 167 ff., 254 ff., 267 ff., 341 ff., 436 ff., 452 ff. Bestellungsakt siehe auch Amtsträger 205, 216 Bestimmtheitsgebot 218, 258 ff., 278, 600 Beweislaständerung 107, 123 f., 465 ff. Bezeichnungsschutz – für Kreditinstitute 400, 402 – für Sparkassen 231 ff., 602 Coase-Theorem 492 f., 495 f., 521 f. Datenschutz – Abtretungsverbot 448 ff. – allgemein 240 ff., 377 f., 537, 597 ff. – Befreiung 580 ff. – Grenzen 351 ff. – in Abspaltung und Ausgliederung 358 ff., 537 – Schadensersatz 498 ff., 507, 517, 523
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Datensensibilität 172, 220 f., 228 f., 313, 437, 454, 457 f., 518 „Debt-Buy-Back“ 50, 58 f. „Debt-Equity-Swap“ 50 Determinanten des Kreditzinses 540 ff. Differenzierende Kaufpreisabrede 576 f., 609, 612, 616 Disintermediation siehe auch Intermediation 35, 43, 55, 61 f. Dodd-Frank Act 2010 144, 423 Eigenkapital siehe Kapital Eigenmittel siehe Kapital Einredensystem der Grundschuld 95 ff., 460, 472, 477 ff. Einwilligung siehe Zustimmung Erwerbswirtschaftlich-fiskalische Tätigkeit 177, 206 ff. Externalität 491 ff., 606 Externe Effekte siehe Externalität Factoring 391, 415, 428 f., 432, 434 Fiktive Lizenzgebühr für die Schuldnerdaten 517 ff., 521 ff. Finanzintermediär 33, 52, 408, 423, 433 Finanzkrise 35 ff., 45 f., 50 ff., 140 ff., 214, 422 ff., 597 ff. Finanzmarktstabilisierung 50, 140 ff., 214 f., 244, 246, 282, 344, 598 Freiheitsparadox 432 Freistellungsanspruch siehe auch Schadensersatz 451, 459, 523 ff., 557, 607 f. Funktionsbereiche einer Bank 207 Funktionsschutz 173, 242, 394, 397, 406 ff., 414, 479, 604 Gefährdungsgrad 454, 457 Gemeinschaftsschutz 169, 171 ff., 175, 236 Genugtuung 214, 512, 513 ff., 607 Gerichtsöffentlichkeit 271, 283 ff., 325 ff.
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Sachverzeichnis
Gewährträgerhaftung 209, 223, 227 f., 230, 235, 238 Gleichbehandlungsgebot 222 ff., 335, 453, 476, 548, 573 Gutglaubensschutz 79 f., 98, 101 ff., 113, 116, 384, 459, 599 Hausbankprinzip 34, 59 Hinweispflicht 75 ff., 363, 367, 496, 551 ff., 580, 608, 615 Holding-Modelle 186, 194 ff., 204, 213, 214, 216, 244 Identitätsvorstellung 382, 419, 421, 445, 460, 599, 605 Immanenztheorie 383, 461 Immobiliardarlehen 75 ff., 86 ff., 459 ff., 596, 615 Individualisierung 258, 544, 550 Individualschutz 153, 169 f., 242 f., 396 ff., 409 ff., 431, 495, 605 Informationelle Selbstbestimmung 150 ff., 169 ff., 455 ff., 517, 521, 584 ff., 598 ff. Informationsasymmetrie siehe auch Moral Hazard 34 ff., 53, 55, 57 f., 264, 373, 595, 597 f. „Informed consent“ siehe auch Einwilligung 594, 599 Inhaltsänderung der Forderung 64, 383, 419, 420, 445 f., 461 Innerstaatliche Kompetenzverteilung 234, 230, 417, 548 Insider 55, 425 Intermediation siehe auch Disintermediation 33, 409, 493 Intransparenz siehe auch Informationsasymmetrie 44, 45 ff., 573, 594 ff. Irrelevanztheoreme siehe auch Kapital 493 ff. Kapital – ökonomisches 52 ff. – private Investitionsmittel 140, 194 f., 374
– regulatorisches 52 ff., 145 ff., 406 ff., 423 f., 433, 493 Kapitalverkehrsfreiheit 223, 237, 427, 459 Kollektivierung der Risikovorsorge 542 ff., 550, 573 Konditionenbestandteil, Veräußerbarkeit als 475, 550 ff. Kreditrisiko siehe auch Risikoprämie und -zuschlag 46 f., 51 ff., 540, 558 ff. Kreditrisikosteuerung 51 ff. Kündigung – der Grundschuld 110 ff., 465 – von Immobiliardarlehen 86 ff. – wegen Verletzung der Geheimhaltungspflichten 531 ff. – wegen Verletzung der Hinweispflicht 556 – wegen Verschlechterung der Vermögenslage 89 ff. „Lemon Market“ 43 f., 425 ff., 597 „Lender of last Resort“ 62, 140 ff., 425, 494 Lenkungsfunktion 457, 523 Lex Anastasiana 385 ff., 569, 608 Liquiditätsprämie 540, 555, 558, 561, 608 „Moral Hazard“ 57, 69, 373 ff., 559 Nachhaftung des Darlehensoriginators 71, 423 ff., 486, 537 f. Nachweisverzicht bezüglich Vollstreckungsvoraussetzungen 93 f., 117 ff., 466, 600 Nebenleistung 128 ff., 161, 328, 357, 340, 349, 601 Negative Abschlussfreiheit 488 ff., 539, 552, 557 ff. Nichtbank 57, 388 ff., 479, 604 f. Notleidende Bank 36, 312 ff., 598, 601 Notleidender Darlehenserwerber 323 f. Notleidender Kredit 46 ff., 324 ff., 337, 355
Sachverzeichnis Offenbarungszwang 152 ff., 228 f., 585 Öffentliche Banken siehe öffentliche Kreditinstitute Öffentliche Kreditinstitute 176 ff., 187 ff., 222 ff., 371, 451 ff. Öffentlicher Auftrag 192 ff., 230 Öffentlicher Zweck 176 ff., 210 ff. Pachtkreditgesetz 388 f. Parallelgeltung von Bankgeheimnis und BDSG 252 ff., 449, 602 Partielle Gesamtrechtsnachfolge siehe auch Abspaltung und Ausgliederung 67 ff., 358, 367 ff., 368 ff., 479 ff., 485 ff., 557 ff. Partieller Opt-out siehe auch Widerrufsrecht 589 ff. „Pell Frischmann“-Rechtsprechung siehe auch Schadensersatz 519 ff. Personenbezogene Daten 147, 243 ff., 246 ff., 282, 358 Pfandleiher, öffentliche 387, 410, 398 Portfoliotransaktion 67 ff., 360, 363, 480, 484 ff. Potentior 384 f. „Poullain“-Rechtsprechung 187 ff., 197, 210, 236 Primärmarkt siehe auch Sekundärmarkt 33 ff., 431, 608 Prinzipal-Agent-Beziehung 43, 373 ff., 559, 580 Privatbank 169, 192, 201, 213 ff., 222 ff., 235 ff., 438 ff., 451 Privatisierung 179 ff., 230, 232 f. Property-Rights-Ansatz 516 ff. Rechtsgüter 169 ff., 220 ff., 303, 331 f., 508, 588 ff. Rechtsmissbrauch 122, 304, 308 ff., 506 f. Rechtsnachfolgeklausel 472 ff., 606 Refinanzierung 50 ff., 82, 87, 138 f., 146, 227, 235, 494, 536, 550, 565
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Relativität des Schuldverhältnisses 94, 324, 489, 569, 609 Reverse-Purchase (Repo) 58 Risikoadjustierung des Zinses 541 Risikobegrenzungsgesetz 72 ff., 344, 426, 446, 468 ff., 564 ff., 598 ff. Risikogewichtung 406, 433 Risiko-Liquiditäts-Rendite-Struktur 50 ff., 555, 560 Risikoprämie siehe auch Risikozuschlag 540 ff., 558 ff., 573 Risikosphäre 560 Risikoübernahme 51 ff., 147 ff., 567 Risikozuschlag siehe auch Risikoprämie 540 ff., 558 ff., 573 Sanierungsverantwortlichkeit 319 ff., 349, 601 Schaden – mittelbarer 501 ff., 523 ff. – nichtvermögenswerter 504, 513 ff., 531, 597 – Reserveursache 503 f. – unmittelbarer 500, 504 ff. – vermögenswerter 514 ff. Schadensersatz – für mittelbare Schäden 523 ff. – für unmittelbare Schäden 504 ff. – Integritätsinteresse 500, 528 – Kommerzialisierungsgedanke 233, 286, 516 ff., 587 ff. – Kompensation 504, 512, 513 – Prävention 457 ff., 513 ff. – Restitution 499, 504 ff., 511 f., 523 ff., 527 ff., 554, 603 – Sanktion 455 ff., 513 ff. Schikaneverbot 303 ff. Schutzpflicht aus gesteigertem Vertrauen 157 f. Schutzzweckbegrenzung 396 f. Schweigepflicht des Erwerbers 267 ff., 338 f., 347, 350, 601 f. Sekundärmarkt für Darlehen 42 ff., 408, 430, 448, 608
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Sachverzeichnis
Selbstbehalt 423, 433, 605 Selbstbeschränkung, juristische 292 ff., 296 ff., 344 ff., 581, 601 Servicing 43 ff., 57, 84, 257 ff., 307, 311 ff., 322, 413 ff. „Share Deal“ 63, 67 ff. Sicherheitsleistung 71, 136 f., 474, 486, 577 Sicherungsabrede 87, 91 ff., 101 ff., 113 ff., 463 f., 472, 478 Sicherungsgrundschuld 91 ff., 128 ff., 422, 462, 472 ff. Sicherungsvertrag siehe Sicherungsabrede Solidargedanke 547 ff. Spaltung (Abspaltung und Ausgliederung) 67 ff., 357 ff., 479 ff., 537 ff., 556 f., 578 f. Staatliche Leistungsverwaltung 176 ff. Staatliche Monopolstellung 201, 244 ff. Stabilität des Finanzsystems siehe Finanzmarktstabilisierung Störung der Geschäftsgrundlage 305 f., 348, 482 Summierungseffekt – bonitätsabhängige Zinsänderungsklausel mit Veräußerbarkeit der Darlehen 558 ff., 608 – Vollstreckungsunterwerfung mit Veräußerbarkeit der Darlehen sowie der Sicherheiten 467 ff. Symmetrieprinzip siehe auch Zinsänderungsklausel, bonitätsabhängige 545 ff. Systemrelevanz 142, 146, 221 Systemschutz 394, 426, 429, 493 ff. „Tit for tat“-Formel 335 f., 372, 598 Transaktionsstruktur 63 ff. Transformationsfunktion 33, 44, 317 Transparenz siehe auch Intransparenz 75 ff., 545, 594, 598 ff. „True Sale“ 64 f.
Überraschungsmoment 76, 583 Übertragungsverbot 71, 86, 379 ff., 479 ff., 557 Überwiegendes Eigeninteresse siehe Wahrnehmung berechtigter Interessen Umwandlungsfreiheit 365, 484 ff., 568, 606, 610 Umwandlungsprivileg (bei Portfoliotransaktionen) 357 f., 366 ff., 484 f., 488 ff. Unangemessene Benachteiligung 124 ff., 465 ff., 583 Universalsukzession siehe auch Abspaltung und Ausgliederung 75, 364, 445, 480, 533, 556, 599 ff. Unterlassungsanspruch 219, 369, 456, 497, 509, 607, 609 Veräußerungsverbot siehe auch Abtretungsverbot 387, 426, 550, 560 Verbriefung – Asset Backed Securities 35 ff., 42 ff., 45 ff., 264, 273, 288 f., 323, 389, 416 Verfügungsverbot 261 ff., 383, 557, 604, 419, 482 Verkehrsfähigkeit (von Forderungen) 103 f., 138 ff., 381 ff., 431 ff., 446, 459, 599 ff. Verschwiegenheitsverpflichtung siehe auch Schweigepflicht des Erwebers 593 Versicherungstechnisches Äquivalenzprinzip 541 ff. Vertragliches Äquivalent für die Geheimhaltungspflicht 512 Vertragsübernahme 65 ff., 74 ff., 392, 413, 471, 486 ff., 552 ff., 615 Vertrauen 157, 231 ff., 372, 534, 589 ff. Vertrauensschutz 415 ff. Vollstreckbare Ausfertigung 93, 117 ff., 131, 283 Vollstreckungsklausel, qualifizierte 118 ff., 460 ff. Vollstreckungsunterwerfung 92, 117, 464 ff., 476
Sachverzeichnis Vorfälligkeitsentschädigung 74, 532 ff., 556, 565 ff., 576 f., 607 ff. Vorkaufsrecht 80, 455, 459, 564 ff., 592, 612 f., 616 Wahrnehmung berechtigter Interessen 300 ff. Warnfunktion 87, 114 f. Wettbewerb im Kreditsektor 53 ff., 226 f., 235 ff., 423 ff., 496, 542 ff., 602 Widerrufsrecht 487, 589 ff., 609, 616 Widerspruchsrecht 195, 486 ff., 533, 562 ff. Willkürverbot 223 ff. Wohlfahrtseinbuße 375 ff. Wohlfahrtsgewinn 34, 374, 496, 522 „Wrotham Park“-Ansatz siehe auch Schadensersatz 519 f. Zins 540 ff., 558, 587
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Zinsänderungsklausel, bonitätsabhängige 543 ff., 558, 566, 608, 617 Zinsanpassung 90, 393, 543 ff., 555, 560 ff., 608 Zinselastizität 545 ff. Zinsvorteil 587 ff. Zurückbehaltungsrecht 507 ff., 607 ff. Zustimmung – Anreiz zur Verhandlungslösung 496, 520 ff. – Geheimhaltungspflichten 255, 285 ff., 439 ff., 520 ff., 580 ff. – zur Datenoffenbarung bei Abspaltung und Ausgliederung 365 ff., 370 f. – zur Übertragung von Verträgen 74, 365, 484 ff. Zweckbestimmung 351 ff., 363 ff., 503, 603 Zweckgesellschaft 45 ff., 70, 146 ff., 406 ff., 433, 598