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German Pages [648] Year 2015
Konservierungswissenschaft · Restaurierung · Technologie Herausgegeben von Gabriela Krist
Band 12
Gabriela Krist (Hg.)
Collection Care / Sammlungspflege
2015 BÖHLAU VERLAG WIEN KÖLN WEIMAR
Gedruckt mit der Unterstützung durch: Amt der N.Ö. Landesregierung Universität für angewandte Kunst
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek : Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie ; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Umschlagabbildung : Kunstkammerschrank in der Sammlung von Stift Neukloster, Wiener Neustadt © Stift Neukloster, Wiener Neustadt, Institut für Konservierung und Restaurierung, Universität für angewandte Kunst Wien, Stefan Olah. © 2015 by Böhlau Verlag Ges.m.b.H., Wien Köln Weimar Wiesingerstraße 1, A-1010 Wien, www.boehlau-verlag.com Alle Rechte vorbehalten. Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist unzulässig. Korrektorat : Johanna Wilk, Wien Umschlaggestaltung : Michael Haderer, Wien Satz : Michael Rauscher, Wien Druck und Bindung : Balto print, Vilnius Gedruckt auf chlor- und säurefreiem Papier Printed in the EU ISBN 978-3-205-20135-9
Inhalt
Gabriela Krist Vorwort der Herausgeberin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 Gabriela Krist Publisher’s Foreword. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 Jonathan Ashley-Smith Introduction: Progress in Preventive Conservation. . . . . . . . . . . . . . . . . 19
I. Geschichte und Aufgabenfelder Martina Griesser-Stermscheg Quellenschriften zur Sammlungspflege und präventiven Konservierung in Mittelalter und Neuzeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 Johanna Wilk Ein aktueller Literaturüberblick zum Thema Sammlungspflege . . . . . . . . . . 49 Andreas Lehne Zur Idee der Prävention in der Denkmalpflege. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 Jürgen Pursche Raumdekorationen und Wandmalerei. Die Bedeutung von Wartung, Monitoring und Evaluation als Grundlage präventiver Konservierung . . . . . . . . . . . . . 75 Wolfgang Kippes Raumklima und Sammlungsmanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 Pascal Querner, Tanja Kimmel Integriertes Schädlingsmanagement (IPM) und integrierte Schädlingsbekämpfung in der Sammlungspflege. . . . . . . . . . . . . . . . . . 155
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Inhalt
Martina Grießer, Christina Schaaf-Fundneider Zu Auswirkungen von (Luft-)Schadstoffen im Sammlungsbereich, deren Nachweis und Monitoring – ein Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 Katja Sterflinger, Guadalupe Piñar Schimmelpilze in Museen, Sammlungen und Depots . . . . . . . . . . . . . . . 187 Aneta Zahradnik Interdisziplinäres Arbeiten am Kunstobjekt. Zur Zusammenarbeit von Kunstgeschichte und Restaurierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 Ulrike Vitovec Schätze ins Schaufenster – Qualitätsoffensive Museumsdepots in Niederösterreich. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211
II. Analyse, Pflege und Wartung Johanna Wilk Das Haus Beer – Die Bestandsaufnahme einer Innenausstattung aus den 1930er Jahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 Martina Markovska The Josephinum and the Anatomical Wax Model Collection – Historical Context and Methods for Care and Preservation . . . . . . . . . . . . 235 Käthe Klappenbach, Uta Scholz, Johanna Wilk „Repariret“, „aufgeputzet“ oder doch besser restauriert? Sammlungspflege von historischen Kronleuchtern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 Regina Höllinger, Heidrun Wallmann Konservatorische Bestandserfassung und Präsentationskonzept der Tapisserien und Polstermöbel des Boucher-Zimmers in der Hofburg Wien . . . . . . . . . . 259 Paul-Bernhard Eipper Rückseitenschutz für Gemälde. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277
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Eva Voglhuber, Eva Putzgruber Sammlungspflege = Kirchenpflege. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291 Eva Putzgruber, Kathrin Schmidt, Gabriela Krist Reality Check – Präventive Konservierung in der Objektrestaurierung. . . . . . . 301 Elisabeth Krack, Joachim Kreutner Sammlungspflege in der Metallrestaurierung am Bayerischen Nationalmuseum .. 315 Matea Ban Pflege und Erhaltung von Sichtbeton . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 323 Katharina Fuchs, Marija Milchin Evaluation and Maintenance of the Stone Monuments at the Royal Palace in Patan, Nepal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 335 Bettina Unterberger, Susanne Leiner Fugen als Pflege- und Wartungszone im Mauerwerksverband . . . . . . . . . . . 347 Jürgen Pursche Die Grotten-Sala terrena von Schloss Weißenstein in Pommersfelden: Bestandsaufnahme, Bestandssicherung – Prävention (?) . . . . . . . . . . . . . . 363
III. Aufbewahrung und Schutz Eva Bergt Die Sammlung „koptischer“ Textilien im Papyrusmuseum der Österreichischen Nationalbibliothek – Aufbewahrungs- und Lagerungskonzept. . . . . . . . . . . 385 Leonie Schwärzler Unter Dach und Fach – Überlegungen zur Aufbewahrung von Schirmsammlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 397 Claudia Bachlechner Aufbewahrung und Präsentation von Fastentüchern in Pfarren und Museen: Probleme in Bezug auf die Sammlungspflege und Beispiele aus der Praxis . . . . . 407
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Inhalt
Birgit Müllauer, Gabriela Krist Mit Porzellan verziert – die „Chinesischen Kabinette“ in Schloß Schönbrunn. Ein neues Montagesystem für die langfristige Erhaltung . . . . . . . . . . . . . . 423 Charlotte Holzer Asbest erhalten. Grundlagen zur Evaluierung mit Formblättern für den Museumsalltag.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 435 Gabriela Krist, Caroline Ocks, Veronika Loiskandl, Barbara Eisenhardt, Britta Schwenck Die Gemälde- und Paramentensammlung der Elisabethinen in Klagenfurt. Vom Dachboden zum Schaudepot.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 451 Martina Haselberger, Marija Milchin Wintereinhausungen für Natursteinobjekte im Außenbereich . . . . . . . . . . . 469 Susanne Heimel Gefunden und wieder verloren? Zur Problematik der Zwischenlagerung und Erhaltung archäologischer Eisenfunde. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 481 Emir Omercic Considerations on Damp-Storage and Dry-Storage Conditions for Excavated Ceramic Artifacts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 489 Anne Biber Gutes Klima im Flakturm. Aspekte der präventiven Konservierung im MAK Tower. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 505 Tanja Kimmel, Christina Schaaf-Fundneider, Stefan Fleck Die Historie der Sammlungspflege am Kunsthistorischen Museum Wien – von den Anfängen (A) bis zum Zentraldepot (Z). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 517 Christa Scheiblauer Ein Haus für die Kunst – Fünf Jahre Kulturdepot St. Pölten – Sammlungszentrum Kunst.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 531
Inhalt
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IV. International Workshops in Collection Care Tanja Kimmel Workshops zur Pflege und Erhaltung textiler Sammlungsbestände in Indien und der Mongolei – ein Erfahrungsbericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 547 Tanushree Gupta, M. V. Nair Collection Care – The Topic of Focus at the National Museum Institute of History of Art, Conservation and Museology, New Delhi . . . . . . . . . . . . 557 Satish C. Pandey, M. V. Nair Research and Training in the Field of Cultural Heritage Preservation – First Indian Austrian Summer School 2014 in Vienna . . . . . . . . . . . . . . . 565 Abbildungen.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 571
Vorwort der Herausgeberin Fünfzehn Jahre ist es nun her, dass ich 1999 an die Universität für angewandte Kunst Wien als Leiterin der Studienrichtung Konservierung und Restaurierung berufen wurde. Und fünfzehn Jahre später, also drei Generationen an Studierenden und elf Bände in dieser Schriftenreihe, hat sich unser Institut nicht nur im Bereich der Restaurierung, sondern vor allem im Bereich der Sammlungspflege regional wie international hervorgetan. Sammlungspflege verstehen wir als das aktuelle praktische Arbeits-, Experimentierund Forschungsfeld der präventiven Konservierung. Hat sich die präventive Konservierung in den letzten drei Jahrzehnten zum primären Aktions-, Forschungs- und Publikationsrahmen auf internationaler Ebene entwickelt, fehlen für den Teilbereich der Sammlungspflege, definiert als das angewandte Forschungsfeld, einschlägige systematische Aufarbeitung und die entsprechende Fachliteratur. Meist sind es nur unveröffentlichte Berichte, Arbeiten der Hochschulen, interne Projekte der Museen und Sammlungen, die collection care kommentieren, Publikationen fehlen aber bisher, bis auf wenige Ausnahmen. Die Grundlagen der präventiven Konservierung basieren auf den Forschungsarbeiten von ExpertInnen aus Canada, Großbritannien, den Niederlanden und Deutschland, sind meist naturwissenschaftlicher Ausrichtung und von den im Englischen so bezeichneten conservation scientists dominiert. Die Konservierungswissenschaften aber, wie wir sie nach der Wiener Tradition verstehen, ruhen ausgeglichen auf drei Säulen, den Naturund Kulturwissenschaften und der praktischen Restaurierung. Erfolgreiche Sammlungs pflege hat sehr viel damit zu tun, ob sich die Theorie in der Praxis bewährt. Und nur das zählt im Bereich der Kulturguterhaltung. Für eine intelligente Adaptierung theoretischer Empfehlungen in der musealen oder denkmalpflegerischen Praxis braucht es uns RestauratorInnen. Darüber wollen wir in diesem Band sprechen. Die Publikation ist in drei Teile gegliedert. Im ersten thematisieren wir die Ge schichte, den Forschungsstand und die theoretischen Grundlagen der Sammlungspflege/ collection care. Er wird eingeleitet von einem kritischen Beitrag von J. Ashley-Smith, einer Art Standortbestimmung. Aber auch Grundlagen des IPM – integrated pest management werden vorgestellt, die Schimmelproblematik sowie Schadstoffe und Staub in Sammlungen und ihre Auswirkungen auf die Erhaltung von Beständen. Im zweiten Teil werden praktische restauratorische Fallbeispiele vorgestellt. Zum Teil kommentieren diese Diplomarbeiten und Vordiplome unserer StudentInnen, es gibt aber auch eine Reihe von Beiträgen aus der aktuellen Praxis, die vor allem unsere AbsolventInnen und das Institutsteam aus dem direkten Berufsumfeld und RestauratorInnenalltag zusammengetragen haben. KollegInnen aus den diversen Museen haben uns
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Vorwort der Herausgeberin
Einblicke in ihren Erfahrungsschatz für die Publikation zur Verfügung gestellt, die die aktuelle Praxis an den Sammlungen dokumentieren. Das Depot und die Depotarbeit sind dabei ganz vorne gereiht, sind doch in den letzten Jahren gerade in Wien und Österreich viele neue Depots entstanden, daher liegen jetzt bedeutende Erfahrungswerte vor. Im Bereich des unbeweglichen Kulturgutes hat sich die Sammlungspflege – spät aber doch – als neuer konservierungswissenschaftlicher Forschungsschwerpunkt herauskristallisiert. Dies wird im dritten Teil unseres Bandes behandelt. Eine Vielzahl von Beiträgen stellt die aktuellen Arbeitsfelder vor. Jürgen Pursche haben wir gefragt, seine umfangreichen Fachkenntnisse für unseren Band aufzubereiten, und aus der Sicht der Baudenkmalpflege das Thema der Sammlungspflege abzuhandeln. Der Band ist zweisprachig angelegt, Abstracts ermöglichen zumindest einen Einstieg in die Materie. Gerade in Ländern, wo die Museen nicht immer über ausreichende Mittel für aufwändige Einzelrestaurierungen verfügen, erfreuen sich Strategien der Sammlungspflege großer Beliebtheit. So konnten in den letzten Jahren mit Lehrenden und Studierenden unter anderem in Indien und der Mongolei unvergessliche Workshops durchgeführt werden, die beide Seiten enorm bereicherten. Wichtiger Partner für das Institut war jahrelang das Schloss Schönbrunn und die angegliederten Sammlungen. Wolfgang Kippes ist Vorreiter einer professionellen Sammlungspflege auf höchstem wissenschaftlichem Niveau, die er auch als zentrale Management-Strategie betrachtet. Das zeigt sich in einem umfassenden Projekt über die Staubproblematik im Boucher-Zimmer in den Kaiserappartements der Hofburg als auch bei umfassenden Untersuchungen zu den Auswirkungen von Wintereinhausungen auf Natursteinskulpturen. Beide Projekte werden hier vorgestellt. Das seit 2013 bestehende Projekt des Landes Niederösterreich „Schätze ins Schaufenster – Qualitätsoffensive Museumsdepots“, welches von Ulrike Vitovec betreut wird, hat dem Institut neue Möglichkeiten eröffnet, sich mit dem Thema Depot und Sammlungspflege wissenschaftlich und praktisch auseinanderzusetzen. Aktuelle Projekte laufen derzeit im Krahuletzmuseum in Eggenburg, im Neukloster in Wiener Neustadt, im Stift Zwettl, im Museum im Ledererhaus in Purgstall und im Stadtmuseum Korneuburg. Hier konnten wir konservierungswissenschaftliche Forschung andocken, eine Dissertation von Johanna Wilk entsteht derzeit zu den Sammlungsbeständen des Neuklosters, wo auch ein Schaudepot für die Kunstkammerobjekte und Gemälde sowie eine neue Paramentenkammer in Planung sind. Martina Griesser-Stermscheg, langjährige wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut, hat gemeinsam mit uns die Sammlungspflege am Institut verankert, auf den Weg gebracht und diesen Sektor aufgebaut, ihr gilt mein Dank für ihr großes Engagement und Fachwissen. Schon ihre Dissertation, die ich betreuen durfte, war dem Thema gewidmet,
Vorwort der Herausgeberin
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es folgte ihre Habilitation, in der sie die Geschichte des Depots neu geschrieben hat. Martina Griesser hat auch den vorliegenden Sammelband im Vorfeld konzipiert, bevor sie an das Technische Museum als Leiterin der Abteilung Sammlungen abwanderte. Größter Dank gilt aber Johanna Wilk, die die Redaktionsarbeit geleistet und das Publikationsprojekt vorangetrieben hat. Mit Geduld und Präzision hat sie in den letzten beiden Jahren das Puzzle zusammengefügt und nun zu einem Ende gebracht. Hilfestellung für die Redaktion lieferte unsere Kollegin Barbara Eisenhart und für die englischen Beiträge und Abstracts unsere Diplomandin Glynis Gale-Schodterer. Wir danken euch und allen AutorInnen für die fruchtbare Zusammenarbeit sehr herzlich. Gabriela Krist Herausgeberin Wien, im Jänner 2015
Publisher’s Foreword It has been fifteen years now, since I was called to the University of Applied Arts Vienna in 1999 as head of the institute and the study programme for conservation and restoration. And fifteen years later, so three generations of students and eleven volumes of this publication series, our institute has not only excelled in the area of conservation, but most notably in the area of collection care – regionally as well as internationally. We regard collection care as the current practical field of work, of experiments and of applied research in preventive conservation. Whereas preventive conservation has developed in the last three decades as the primary framework for action, research and publication, the subarea of collection care, defined as the field of applied research, is missing systematic investigations of relevant subject matter and the according literature. Mostly there are only unpublished reports, university/college papers, in-house projects of the museums and collections, which comment on collection care. So far however, with a few exceptions, publications are missing. The basics of preventive conservation are founded on the research work of experts from Canada, Great Britain, the Netherlands and Germany. They are mostly oriented towards the natural sciences and dominated by the so called conservation scientists. However, the conservation sciences, as we understand them from the Viennese tradition, rest balanced on three pillars: natural sciences, cultural studies and practical conservation. Successful collection care has very much to do with whether or not a theory can be proved in practice. And only that counts in the area of cultural heritage preservation. We conservators are required for an intelligent adaption of theoretical recommendations in the practice of museums or monument care. That is what we want to talk about in this volume. The publication is divided into three parts. In the first part the central themes are the history, the current state of research and the theoretical basics of collection care. It is opened with a critical contribution by J Ashley Smith, sort of an assessment of the current position and an introduction. But also the basics of IPM – integrated pest management are presented, the problems with mould as well as pollutants and dust in collections and their influence on preservation. Practical conservation case studies are presented in the second part. Some comment on diplomas and pre-diplomas of our students, but there is also a series of contributions from the current practice, which have been gathered primarily by graduates and the institute’s team directly from the working environment and everyday life of conservators. Additionally colleagues from various museums have made insights into their wealth of experience available for the publication, which document the current practice in the
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Publisher’s Foreword
collections. The collection storage and work in or around the storage itself are right up front, since several new depots have emerged in Vienna and Austria in the last few years, and therefore important figures based on experience are now on hand. Better late than never – in the area of immovable cultural heritage, collection care has crystallized as the new research focus in conservation science. This is covered in the third part of our volume. A number of contributions present the current fields of work. We asked Jürgen Pursche to prepare his extensive knowledge on the subject for this volume, and to deal with the topic of collection care from the perspective of historic monuments care. The volume is bilingually accessible, abstracts allow at least an introduction into the matter. Especially in countries, where museums do not have sufficient means for extensive single restorations, the strategies of collection care are highly important. In the last few years teachers and students were able to carry out unforgettable workshops, amongst others in India and Mongolia, which were immensely enriching for both sides. For years an important partner of the institute has been Schloß Schönbrunn and the associated collections. Wolfgang Kippes is the vanguard of a professional collection care at the highest scientific level, which he also regards as a central management strategy. This is shown in an extensive project about the Boucher Rooms (Kaiserappartements, Hofburg) focusing on the problem of dust as well as in extensive investigations about the influence of winter coverings on natural stone sculptures. Both projects are presented here. A project of the province of Lower Austria, “Schätze ins Schaufenster – Qualitätsoffensive Museumsdepots” (treasures into showcases – quality offensive in museum storage), existing since 2013, is supervised by Ulrike Vitovec and has opened new possibilities for the institute to look into the topics of storage and collection care scientifically and practically. Currently projects are running in the Krahuletzmuseum in Eggenburg, in the Neukloster monastery in Wiener Neustadt, in the Zwettl monastery, in the museum of the Ledererhaus in Purgstall and in the city museum of Korneuburg. Here we were able to connect conservation science research: A dissertation by Johanna Wilk about the collection of the Neukloster monastery, where a new exhibition-storage for the Kunstkammer-collection the as well as a new chamber for liturgical garments are being planned, is currently in process. Martina Griesser-Stermscheg, who was on the scientific staff of the institute for many years, has made a path for collection care, together with us built up this sector and anchored it at our institute. I would like to thank her for her great commitment and expert knowledge. Already her dissertation, which I was allowed to supervise, was dedicated to the topic and in her following habilitation she re-wrote the history of the depot (collec-
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tion storage). Martina Griesser-Stermscheg also previously formed the concept for the edited volume on hand, before leaving to become head of the collections department at the Technical Museum. Many thanks also to Johanna Wilk, who carried out the editing work and pushed the publication project forward. With patience and precision she has pieced the puzzle together in the last two years and now brought it to completion. Help was provided for the editorial by our colleague Barbara Eisenhart and for the English contributions and abstracts by our diploma student Glynis Gale-Schodterer. Very warmly, we thank you and all the authors for the fruitful cooperation. Gabriela Krist Publisher Vienna, January 2015
Jonathan Ashley-Smith
Introduction: Progress in Preventive Conservation
There is no universal understanding of what preventive conservation is, and no agreement that it is always the best option. There is still violent disagreement about appropriate environments for collections. The story of how we got to our present state of understanding is not one of smooth progress. At best it has been a case of two steps forward and one step back.
Introduction I have just finished reading E.M.Forster’s 1908 novel ‘A Room with a View’1. The story describes the rituals and prejudices of English society at the beginning of the twentieth century. At the start of one chapter Mrs Honeychurch, a relentlessly orthodox woman, has closed the curtains of her country home during the daytime: ’for the carpet was new and deserved protection from the August sun’. The young, self-assured urbanite, Mr Vyse comes in and opens the curtains with a dramatic flourish. ‘He could not bear the Honeychurch habit of sitting in the dark to save the furniture’. This small episode from an English novel demonstrates a number of more universal points about collection care. More than a century ago, both of the characters appear to recognise that light could cause changes in the appearance of the furnishings. Neither of them was a conservation specialist. Mrs Honeychurch was too dull, and Mr Vyse too young, to have read widely about deterioration. It was just common and accepted knowledge. Mrs Honeychurch recognises that brand new things are vulnerable to damage from light; she protects them because she values their newness and wants to preserve their pristine appearance. Mr Vyse, on the other hand, gives greater weight to the value of a well-lit room and an unimpeded view through the windows. Even though it is not his house, he is happy to impose his views, even if it causes discomfort to someone else (and possibly causes damage to things he does not value greatly). We need to investigate the possibility that useful knowledge can be lost. We need to ask whether two people can hold opposing views and yet both be right.
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Forster, E. M., A Room with a View, 1st edition 1908, New York 2000.
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Jonathan Ashley-Smith
Common Knowledge Conservators in museums sometimes act as though they are the only guardians of the collections. Their life is a constant battle against the destructive whims of directors, curators and exhibition designers. Preventive conservation has become a complex subject studied at Masters level. Its practice is no longer considered a shared responsibility involving all museum staff, but an exclusive task restricted to the holders of specialist knowledge. In some institutions where there are a number of conservators, the specialist task has been given exclusively to just one person. This situation raises a couple of questions. Was some commonly held knowledge actually lost, or is it no longer sufficient for modern needs? What has changed about our understanding of objects that is so exceptional that it can only be understood by a few trained specialists? It is certain that some basic knowledge has been familiar for a long time. In the Sermon on the Mount, Jesus Christ assumes that his audience is familiar with the risks that moth and rust corrupt and thieves break in and steal.2 Common experience leads to common knowledge. It is probable that some familiar knowledge has actually been lost. The experience of the National Trust in England suggests that the common knowledge of the care of objects and furnishings, once familiar to the housekeeping staff in historic houses, seems to have disappeared sometime early in the 20th century. It could only be revived by seeking the advice of museum specialists, something that happened in the late 1970s. The first National Trust Manual of Housekeeping, based on a mixture of modern conservation and rediscovered historic traditions of care, was published in 1984.3 The cause of the loss is probably more complex than the often-cited excuse of the social disruption caused by World War I of 1914–18. The rising costs of maintaining large households, and a growing socialist dislike of servitude, may have contributed. Manfred Koller suggests that the early evolution of the conservation profession may have been instrumental in the loss of common knowledge. The development of professional restoration during the nineteenth century led to more intervention and the use more invasive methods.4 This in turn obscured the appreciation that damage had arisen from neglect of the conservation techniques known in earlier times.
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New Testament. Matthew Chapter 9 verse 19. Sandwith, H./Stainton, S., National Trust Manual of Housekeeping, London 1984. Koller, M., Learning from the history of preventive conservation, in: IIC (ed.), Preventive conservation: practice, theory and research. Preprints of the contributions to the Ottawa Congress, 12–16 September, London 1994. p. 1–7.
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In his book ‘The Museum Environment’ first published in 1978, Garry Thomson introduces the chapter on light by remarking that, due to the light-fastness of modern dyes and the affluent tendency to throw away rather than repair, the common knowledge of the effects of light no longer has the practical importance it used to.5 So two apparently opposing factors, the improved durability of materials and the treatment of household possessions as consumables rather than heirlooms, have removed light damage from common experience. So it has been lost as common knowledge.
Less common knowledge While a commonly shared knowledge may have been lost or diluted, a more select body of knowledge had been growing since the mid 19th century. People who made historic artefacts their business were gathering information about the effects of the environment on art works. Writing in 1870, Manfred Holyoake, in the aptly titled book ‘Conservation of Paintings’, talks of the ‘vicissitudes of pictures’. He lists the problems caused by light, heat, dampness and dirt as well as by bad handing and poor restoration.6 The development of knowledge of the effects of temperature and humidity is well documented. It has been reviewed by J.P.Brown and William Rose,7 who are primarily concerned about problems of specification and control, and by Stefan Michalski8 who is more concerned with the fate of the objects. Both reviews refer to the piecemeal accumulation of understanding, and to the arbitrary nature of practical decisions taken in the light of imperfect scientific knowledge. Both imply a slowly increasing body of knowledge that, for some reason, is still not treated as a consensus view but merely the starting point for discussion. In his excellent history of the early development of preventive conservation Simon Lambert9 writes of Garry Thomson’s notion of a ‘golden era’ when there was a strong understanding of the effects of the environment. Writing in the early 1970s Thomson 5 6 7
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Thomson, G., The Museum Environment, London 1978. Holyoake, M., The Conservation of Pictures, London 1870. Brown, J. P./Rose, W. B., Development of humidity recommendations in museums and moisture control in buildings, in: cool.conservation-us.org/byauth/brownjp/humidity1997.html, update 1997, access January 2014. The paper is the full-length text of an article which was published, in a somewhat adumbrated form, in the APT Bulletin as: Brown, J. P./Rose, W. B., Humidity and moisture in historic buildings: the origins of building and object conservation, in: APT Bulletin 27/1996, p. 12–24. Michalski, S., Relative Humidity: A Discussion of correct/incorrect Values, in: ICOM (ed.), ICOM Committee for Conservation 10th Triennial Meeting, Vol. II, Paris 1993, p. 624–629. See also Stefan’s talk at http://www.si.edu/PreservationEnvironment/summit. Lambert, S., The Early History of Preventive Conservation in Great Britain and the United States (1850– 1950), in: Conaissance et reconnaissance du conservateur-restaurateur 9/2014 and http://ceroart.revues. org/3733, update 2014, access January 2014.
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believed that this golden period was followed by the ‘Dark Ages’ during which conservation concerns were subservient to exhibit design, architecture and human comfort. The 1970s was a time when conservators were beginning to recognize and assert their professional identity. In the UK it was the period when conservation courses were being founded. It was the beginning of the period when ‘preventive conservation’ was seen as an important component of conservation training. It could be argued that this was the era when conservators chose to see curators, architects, exhibition designers, and even the visiting public, as the enemy. It was the start of the conservator’s reputation for saying ’No!’ – a reputation that stuck for more than forty years. For some reason the 1970s mark a period when many conservators chose to ignore all but a small part of the accumulated knowledge about the effects of the environment. I know this is true; I started my involvement in conservation in 1973 and remained an ignorant and unreasonable conservator until around 1990. In the early 1990s I began to learn about the concept of risk. It wasn’t until around the year 2000 that I understood the importance of uncertainty. It wasn’t until after 2010 that I learned why people make choices that are apparently irrational and not in their own interests. But let’s go back a step; there are other important strands to the story.
The influence of science Simon Lambert explains that “the history of the preventive conservation of museum collections (and arguably of conservation in general) is the story of how science slowly made its way into the museum world …”10. Science is a part of conservation, but not necessarily the major part. In the 1950s and 1960s science was going to transform the lives of everyone for the better. The professionalization of conservation was led to large extent by scientists who were able to gain positions of influence not available to the craft-based restorer. Although scientists such as Michael Faraday in England and Friedrich Rathgen in Germany had been involved in the problems of object deterioration since the mid 19th century, Garry Thomson’s 1978 book marks the point at which the science element of preventive conservation was broadcast to a wide museum audience. Charlie Costain and Jean Tétrault of the Canadian Conservation Institute have written their reflection on the evolution of preventive conservation.11 In the 1970s the individual elements related to en-
10 Ibidem. 11 Costain, C./Tétrault, J., The evolution of preventive conservation. in: CCI, Reflections on conservation, Ottawa 2012.
Introduction: Progress in Preventive Conservation
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vironmental deterioration such as light, humidity, and air pollution (the three sections of Thomson’s book) were frequently investigated as isolated components. In the 1980s the term “preventive conservation” emerged with a more holistic approach that encompassed a broader range of activities associated with collections care, such as handling and housekeeping. The initial stage of investigation was determinedly scientific. The development of a wider scope for preventive conservation did not need to be. Science is no longer thought of as the gleaming saviour of mankind. Rightly or wrongly it is blamed for a range of ills from the ozone hole to the decline of the bee population. Organic vegetables and alternative medicine are the ways that educated people defy the supremacy of science. Within conservation the relative importance of non-scientific factors such as significance and spiritual values has been recognized. Association with science has been a route to status for conservators but the exclusivity of science can lead to isolation. The world of humanities, art and craft and the world of science have become separated.12 In the 19th century the cultured classes were as likely to go to a lecture on the latest scientific discovery as one on the appreciation of art. By the mid 20th century it became socially acceptable not to understand something using the excuse that it was ‘scientific’. Yet it was stylish to feign an understanding of art. The two cultures of science and humanities had separated. It seems to be a long-standing imperative that conservators must be trained in science. In the 19th century, before the separation of the two cultures, Holyoake suggests that restorers should “be instructed in chemistry with regard to the nature and preparation of colours and art materials”. In the UK, in the 20th century, secondary schools allowed for specialisation in either arts or science. From the age of 16 many pupils chose not be exposed to science teaching. Some of these, because of their leanings towards the arts or humanities chose conservation as a possible career. They then had to be given some little learning in science, usually restricted to chemistry, the relevance of which was not immediately apparent in their practical training. Only a small number of people who studied science to graduate level then moved on to conservation training. By insisting that conservation is a predominantly scientific subject, conservators may have made relationships with other (non-scientific) museum colleagues more difficult, and also sown the seeds of discord within the conservation movement itself. By insisting that conservation is a predominantly scientific subject, people with excellent practical skills, intelligence and sensitivity are sometimes forced into confrontational situations when they do not have the necessary resources either to attack or defend.
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Ashley-Smith, J., Science and Art: Separated by a Common Language? in: V&.A Conservation Journal 36/2000 and in: http://www.vam.ac.uk/content/journals/conservation-journal/issue–36/science-and-artseparated-by-a-common-language/, update 2014, access January 2014.
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Collections care What is conservation if it is not scientific? Here I mean ‘scientific’ in a white-coat-wearing, formulae-and-equation-quoting, numerically-quantifying, access to expensive equipment, sort of way. It is pretty obvious that conservation should be methodical and based on observation and documentation, relying on the testing of hypotheses. But that is true of art history and literary criticism, and probably true of cake making. Practical interventive conservation requires powers of observation, practical sensitivity and skill, and knowledge of technical history. It requires an understanding of historic and spiritual significance, and the ways these may be affected by treatment. It does not require a deep knowledge of physics and chemistry, any more than using a mobile phone or putting fuel into the petrol tank of a car (that is using sophisticated equipment and handling flammable solvents). The self-assessment checklist ‘Benchmarks in Collection Care for Museums, Archives and Libraries’13 lists 30 aspects of collections management that need attention. All 30 aspects call for a consistent methodical approach but none requires deep scientific knowledge. The ‘Benchmarks’ document defines collection care as: “A broad concept that encompasses a range of activities that have an impact on the preservation of a collection. In the context of a museum, archive or library, these may include: institutional policies as they relate to the protection and care of the collections, buildings, security, storage, training, cleaning, preservation, environmental monitoring and control, exhibitions and loans, conservation, the provision of surrogate copies and disaster planning.” It places ’conservation’ (hands-on intervention) as a subset of collections management, among a number of activities that would not make it into most people’s definition of preventive conservation. Activities that few conservators would concern themselves with. Yet conservators should recognize the extent of the team they are a part of. This, incidentally, is only a part of the whole museum enterprise. But surely science is important in conservation! Yes, but that is not disputed. What is questioned is whether conservators, interventive or preventive, should strive to be scientists. What they should aspire is to be able to communicate with scientists. This is more a question of a common vocabulary than a common expertise. The ‘Benchmarks’ document is about the efficient day-to-day running of a museum. Science and engineering expertise may be needed if problems develop with the routine
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Collections Link, Benchmarks in Collections Care for Museums, Archives and Libraries, in: http://www. collectionslink.org.uk/programmes/benchmarks-for-collections-care/691-benchmarks-in-collectioncare-for-museums-archives-and-libraries, update 2014, access January 2014.
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procedures, or if known methods turn out to be insufficient to deal with individual problems or changes in overall context. When that happens the conservator needs to be ready with the right vocabulary with which to frame the problem.
The changing context Several changes have taken place during the past 20 years which alter the way museums need to function. These changes impinge on preventive conservation and increase the likelihood that conservators will need to communicate with specialists with different expertise. Among these are decreased funding for museums, demand for increased interaction with the public, increasing fuel costs, and concerns about climate change and sustainability. Since the 1990s some conservators have realised that they probably made a mistake believing that the best answer to proposed change was always “No”. They have come to think that making their work relevant to the public is the best way to make their careers more secure. They have been exposed to the idea that the assessment of individual risks may be a better approach than the blind application of standard solutions. Risk assessment should lead to a better sense of proportion, to the idea that some things just aren’t worth losing sleep over. Risk assessment should help the sense of priority, and dispel the fear of being overwhelmed by the backlog of tasks. Unfortunately the study of risk is also the study of uncertainty, a concept that conservators are reluctant to embrace.14 Within this context of change something has arisen that has exposed the limitations of the way preventive conservation is taught and the way it is practised in museums and galleries. Ostensibly the dispute is about appropriate conditions of temperature and humidity for international loans, but in reality it is about distrust and lack of communication within and between institutions. The problem is that a group of museum directors has suggested that perhaps the specification of ±5% for relative humidity may not be necessary, and that perhaps ±10% would suffice.15 These directors are part of the Bizot group, the International Group of Organizers of Large-scale Exhibitions. The argument they put forward is that tight environmental control uses energy, which adds to costs and lowers ‘green‘ credibility. Museums can only 14 Ashley-Smith, J., Developing professional uncertainty, in: IIC (ed.), Tradition and innovation: advances in conservation: contributions to the Melbourne Congress, 10–14 October 2000, Melbourne 2000, p. 14–17. 15 For discussion about the Bizot recommendations read: Burmester, A./Eibl, M., The Munich Position on Climate and Cultural Heritage, in: http://www.doernerinstitut.de/en/projekte/Bizot/bizot_1.html and http://www.doernerinstitut.de/downloads/Plus-Minus-Debate.pdf, update 2013, access January 2014.
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attract new audiences and attract continued funding through new exhibitions, especially those that involve objects from distant collections. The requirement for tight environmental control stands in the way of free exchange of objects between institutions. And anyway some conservation scientists have been saying for some time that very tight environmental control is not essential for object welfare. A number of people including other museum directors and scientists, but predominantly conservators, have disputed the truth and the relevance of these arguments. At this stage I have to declare an interest. I was trained as a scientist; I have practised as a conservator and have been part of the management team of a large museum dependent on international loans. In 1994 I addressed an international conservation congress saying: “The risk of damage may be much less than you imagine. Large numbers of objects that might through routine ignorance be put into the plus or minus 5% bracket are robust enough to be lent from 50 plus or minus 15% to 50 plus or minus 15%.”16
Why sensible people disagree During the last 20 years there have been several academic studies on decision-making and attitudes to risk. Many of these have become readily available on the Internet and in the popular scientific literature. Books like ‘Thinking, fast and slow’ by Daniel Kahneman17 and ‘Nudge’ by Richard Thaler and Cass Sunstein18 provide insights into the thought processes and unconscious biases that different groups bring to the debate. Rob Waller, leader in the field of collections risk assessment, recently recommended that I should read ‘The logic of Failure’ by Dietrich Dörner.19 That book is my current bedtime reading. All of the studies reported in these books shed light on why people take up the particular positions they adopt and why they argue in the way that they do. For instance Dörner talks about the difference between positive and negative goals. It is inherent in the nature of a negative goal, the intention to avoid some situation, that it is often vague and general. A positive goal, the intention to achieve a particular situation, can be expressed more clearly and the route to achieving it can be determined more eas16 Ashley-Smith, J./Umney, N./Ford, D., Let’s be honest – realistic environmental parameters for loaned objects, in: IIC (ed.), Preventive conservation: practice, theory and research. Preprints of the contributions to the Ottawa Congress, 12–16 September 1994, London 1994, p. 28–31 and in: http://cool. conservation-us.org/byauth/ashley-smith/honest.html, update 1995, access January 2014. 17 Kahneman, D., Thinking, Fast and Slow. London 2011. 18 Thaler, R. H./Sunstein, C. R., Nudge: Improving decisions about health, wealth and happiness, London 2011. 19 Dörner, D., The Logic of Failure: Recognising and Avoiding Error in Complex Situations. Cambrigde 1997.
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ily. Thus the aim of preventive conservation to avoid damage to objects, while very worthy, is negative, not specific, and does not suggest a definite way forward. To provide a stable environment is a positive goal. It may or may not be the best way of achieving the aim of preventing damage but it has the air of a call to action. It is thus easier to promote as a good thing. Dörner also talks about ‘Methodism’. In this context he means behaving in a routine way, meeting new problems by doing what you’ve always done, the unthinking application of a sequence of actions learned in the past. He says: “Methodism is likely to flourish in those situations that provide feedback on the consequences of our actions only rarely or only after a long time. In particular, if our plans apply to a field in which we rarely act, our planning degenerates into the application of ritual.” Preventive Conservation activities are not blessed by rapid feedback. The difference our decisions make to the lifespan of the objects in our care is often not noticeable during our working lifetime. It is an article of faith that our ritual actions are actually achieving our goals. It is not easy to counter an attack on ritual without getting defensive, defensive in either a cringing or in a belligerent fashion. In ‘Nudge’, another of my bedtime reads, two types of decision-maker are described. The person who diligently seeks out all relevant information and considers all possible options before making a choice is called an Econ. People who have not the time and energy to do all that work are called Human. Econs get upset if options are taken away from them. Humans would rather not be given too much choice. Indeed the easiest life is achieved by accepting someone else’s recommendation. The document PAS 198:2012 published by the British Standards Institute has the title ‘Specification for managing environmental conditions for cultural collections’.20 Given that title it is surprising that it does not specify suitable ranges of temperature and humidity. Instead it suggests a framework, and gives helpful information, to enable users to determine a locally relevant solution to environmental control. One that suits their own collection, philosophy, building and budget. It is ideally suited to Econs. Even though I’m too lazy to qualify as a fully fledged Econ I’m bound to recommend PAS 198 as a praiseworthy breakthrough in environmental guidelines. If only because I was on both the steering group and working group that helped prepare it. However it is not popular with Humans. It involves too much mental effort. It involves taking personal responsibility for one’s decisions. Its introduction has been opposed by the same people that are opposed to the Bizot recommendations. Daniel Kahneman writes about the ‘Endowment Effect’. In summary it can be expressed as: “Once I have acquired something it’s mine. I’ll never give it up, even if you offer me something better”. This effect has been demonstrated in numerous experiments 20 BSI. British Standards Institute. PAS 198:2012.
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and observations. People are reluctant to give up something they have been given, even if they have only had it for a short while and even if it is not very valuable. They will refuse to exchange it, even for something obviously more valuable. During their education, conservators may have been given some simple rules about the environment; for instance their teacher’s interpretation of what Garry Thomson is thought to have said. They will be reluctant to move out of their comfort zone by accepting something new, no matter that it is more appropriate to their situation. Uncertainty is always present, and its inevitability is highlighted by risk assessment. One of the possible responses to uncertainty is precautionary behaviour. It is difficult to argue with a ‘better safe than sorry’ attitude. But the universal appropriateness of the precautionary principle needs to be questioned. Garry Thomson writes: “We have a very uneven knowledge of how things in a museum change and what causes these changes, and yet we have to erect this framework of preventive conservation before rather than after our research has reached a dignified level of completion.” If this statement represents a positive goal; ‘we should do something, even if we don’t have full information’, it is not excessively precautionary. It allows for later changes of plan if further research suggests this. It is better than ‘we should do nothing until we are absolutely sure’. This is what is known as the paralysis of analysis. At the end of 2011 the National Gallery in London, where Garry Thomson once worked, launched new webpages about their environmental policy.21 They reaffirm the traditional specification of a set point of 55% RH with a tolerance of ±5% RH. This is precautionary behaviour. This specification is known to be safe but is possibly unnecessarily stringent. The gallery has experience of what is unsafe. In 1945, at the end of the war, paintings were brought from a store in a slate mine held at 58±3% RH to a heated gallery in winter. This may have caused a probable but unstated drop of 20–25% humidity. Most conservation scientists, most Bizot group members and even I, would predict that this would be unsafe. However the ±5% specification sheds no light on the actual tolerance limits of the paintings and it certainly does not provide evidence to criticize ±10%. The growing research evidence that ±10% might be acceptable22 is dismissed in these words: “Real paintings are very much more fragile than experimental test models which significantly over-simplify the nature of the problem, particularly with regard to their complex mechanical behaviour.”23 21
The National Gallery, Paintings and their environment, in: http://www.nationalgallery.org.uk/environmental-conditions, update 2011, access January 2014. 22 Bratasz, L., Allowable microclimatic variations in museums and historic buildings: reviewing the guidelines, in: Ashley-Smith, J./Burmester, A./Eibl, M. (ed.), Climate for Collections: Standards and Uncertainties, Munich 2012, see also: http://www.doernerinstitut.de/en/projekte/kuk2013/kuk_1.html. 23 The National Gallery, Paintings and their environment, in. http://www.nationalgallery.org.uk/
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Conclusions The symptoms of the ‘Dark Ages’ that worried Gary Thomson are an indication that preventive conservation must be practised as a part of a complete museum enterprise. The museum is a complex system whose success can only be judged as a whole rather than by the achievements of individual parts. It is inevitable that if activities such as loans increase then the risks to objects increase. The new conservation mantra should be “let’s do what is needed and work together to minimise risk”. If money and energy can be saved by adopting new tolerable ranges for humidity, the new guidelines should be accepted and monitored rather than opposed just because they are new. Changes to the way that conservation students are taught may offer a long-term way out of some of the problems outlined in this paper. Teaching environmental standards through the history of their slow development could prevent future backward steps. Teaching about risk and uncertainty might avoid some unthinking ritual behaviour. Teaching the vocabulary for communication with scientists and engineers might be more important than enforcing knowledge of elementary chemistry. An introduction to the biases and heuristics that are used when humans are forced to make choices might be useful. To return to the question posed in the introduction. Can two people hold opposing views and yet both be right? It is not wrong to insist on 5% RH for your own collection if you can afford it and can justify your use of energy. It is not wrong to recommend ±10% for your collection, it will cause no harm. So two institutions can choose different options and both be right. Mrs Honeychurch and Mr Vyse held opposing views, curtains open, curtains shut. Mrs Honeychurch was right to protect her property, Mr Vise was right to like daylight and a view. Both knew that light causes damage. With a little compromise on both sides, both could get their way, and both could be happy. I leave you to work out how.
paintings/caring-for-the-paintings/paintings-and-their-environment/*/viewPage/2, update 2011, access January 2014.
Martina Griesser-Stermscheg
Quellenschriften zur Sammlungspflege und präventiven Konservierung in Mittelalter und Neuzeit
Abstract Practical considerations on collection care and traditions in medieval and modern source texts are focused on in this article. Many topics, dealt with today in the care of collections, were discussed already in earlier centuries. The main sources in this context are the “Wiener Heiligthumbuch” (1502), the treaty “Inscriptiones vel Tituli Theatri Amplissimi” (1565) by Samuel Quiccheberg, Johann Daniel Major’s “Unvorgreiffliches Bedencken von Kunst- und Naturalienkammern” (1674) as well as the “Museographie” by Caspar Friedrich Neickel (1727). These and other selected written sources and images from the context of ecclesiastical collections (13th–16th century) and early Kunstand Wunderkammer-literature (16th–18th century) are processed in the view of today´s questions in preventive conservation: Topics are building structure of collection rooms, recommended environmental conditions, security, function and structure, storage furniture, systems of order, supports for handling and documentation media. Finally the tasks of a “Kunstkämmerer” in the 16th/17th century are compared with conservators today, working in the field of collection care.
Zusammenfassung Praktische Überlegungen zur Sammlungspflege und deren Überlieferung in mittelalterlichen und neuzeitlichen Quellenschriften stehen im Zentrum des Beitrages. Vieles von dem, das uns heute in der Pflege von Sammlungen beschäftigt, wurde in früheren Jahrhunderten bereits thematisiert. Die wichtigsten Quellenschriften in diesem Zusammenhang sind das „Wiener Heiligthumbuch“ von 1502, das Traktat „Inscriptiones vel Tituli Theatri Amplissimi“ von 1565 von Samuel Quiccheberg, Johann Daniel Majors „Unvorgreiffliches Bedencken von Kunst- und Naturalienkammern“ von 1674 sowie die „Museographie“ von Caspar Friedrich Neickel von 1727. Anhand dieser Schriften sowie anhand anderer ausgewählter Text- und Bildquellen aus dem Kontext kirchlicher Schatzkammern des 13–16. Jahrhunderts sowie fürstlicher Kunst- und Naturalienkam-
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mern des 16–18. Jahrhunderts werden damalige Erkenntnisse zu aktuellen Fragen der präventiven Konservierung aufgearbeitet. Themen sind die bauliche Beschaffenheit von Sammlungsräumen, erforderliche Umgebungsbedingungen, Sicherheitsfragen, Funktion und Raumstruktur, Aufbewahrungsmöbel, Ordnungssysteme, Handling-Hilfen und Dokumentationsmedien. Den Abschluss bilden eine Darstellung des Aufgabenfelds eines Kunstkämmerers im 16./17. Jahrhundert und möglichen Analogien zu heute in der Sammlungspflege tätigen RestauratorInnen.
Einleitung Seit gesammelt wird, muss auch manipuliert, verpackt, transportiert, verstaut, dokumentiert und gepflegt werden. Der Wissenschaftshistoriker Nicholas Jardine kritisiert, dass die historische Praxis des Sammelns bislang einen „blinden Fleck in der Sammlungsgeschichte“ darstellt.1 Wir lenken also in diesem Beitrag unseren Blick auf die historischen Vorläufer des modernen Museums, kirchliche Schatzkammern sowie fürstliche Kunstoder Naturalienkammern. Dabei werden wir sehen, dass vieles von dem, das uns heute in der Pflege von Sammlungen beschäftigt, schon viel früher einmal bedacht worden ist. In den frühen Quellenschriften, die meist Handbuch-Charakter aufweisen und üblicherweise von Sammlern selbst geschrieben wurden, wird Sammlungspflege höchst integrativ gedacht, als selbstverständliche Grundvoraussetzung für jede weitere Nutzung und/oder Beforschung, ohne die das „System Sammlung“ zusammenbrechen würde. Im Sinne einer mittelalterlich geprägten Auffassung ist dieses System ein vom Menschen künstlich erstelltes, und steht im Gegensatz zu einer göttlich vorgegebenen Ordnung, die sich selbst in Ordnung hält. Hingegen gibt in vom Menschen zusammengestellten Sammlungen die Natur der Dinge, ihre natürliche Eigenschaft zu altern und zu vergehen, die Notwendigkeit zur kontinuierlichen Pflege vor. Nur so kann die künstlich errichtete Ordnung durch permanente und kollektive Kraftanstrengung über Generationen aufrechterhalten werden.
Wie man Reliquien und Heiltümer erhalten soll In kirchlichen und klösterlichen Sammlungen finden wir sehr frühe Zeugnisse langfristiger Aufbewahrungs- und Präsentationsstrategien. Bis heute erhaltene Behältnisse für
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Jardine, N., Sammlung – Wissenschaft – Kulturgeschichte, in: Te Heesen, A./Spary, E. C. (Hg.), S ammeln als Wissen. Das Sammeln und seine wissenschaftsgeschichtliche Bedeutung, Göttingen 2001, S. 199–220, S. 214.
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den Zweck einer permanenten Aufbewahrung sind Reliquienbüsten. Als fast lebensgroße Büsten verkörpern sie Heilige und verwahren gleichzeitig im Inneren die dazugehörigen Reliquien. Längst werden Reliquienbüsten als autonome, äußerst kostbare Kunstwerke betrachtet, genau genommen waren sie aber ursprünglich ‚nur‘ der Aufbewahrungscontainer für den eigentlichen Wertgegenstand, der langfristig erhalten werden sollte – die Reliquie. Tatsächlich musste einiges in einem Büsten-Korpus Platz finden. So sollen sich beispielsweise in der Büste des Hl. Ulrich der mittelalterlichen Heiltumskammer der Klosterbasilika St. Ulrich und Afra in Augsburg folgende Reliquien befunden haben: Haupthaar, Manipel, Messgewand, Schweißtuch und Nachtrock des Heiligen, das Stück einer Hirnschale, ein Gebein, zwei Rippen, ein Hemd, ein Kleid und etwas „von dem Stuel und Grab“ des Hl. Hieronymus.2 Von einer recht dichten Schlichtung der genannten Gegenstände kann man durch das begrenzte Fassungsvermögen einer Büste ausgehen. Eingebracht wurden die Reliquien entweder über eine Klappe an der Schädelkalotte oder durch ein Türchen am Rücken. Bereits für das Frühchristentum lässt sich eine klare Beziehung zwischen der Anordnung im Inneren, dem Montagematerial, den Verweisen an Innen- und Außenseite des Deckels und der Materialität nachweisen.3 Das größte, im deutschsprachigen Raum noch erhaltene Ensemble von über hundert Reliquienbüsten aus Holz und Silber, einige davon aus dem 13. Jahrhundert, befindet sich in der Goldenen Kammer der Kirche St. Ursula in Köln.4 Zur öffentlichen Manifestation des kirchlichen Machtanspruches, aber auch um Gläubige an der Heilkraft der Reliquien teilhaben zu lassen, wurden Reliquiare bei Prozessionen präsentiert, so auch in Köln und Wien. Einmal im Jahr wurden die Wiener Heiligtümer am „Heilthumsstuhl“ gezeigt. Dieses Bauwerk, ein brückenartiges, rundum begehbares Gebäude, wurde 1483 vor der nordwestlichen Ecke des Stephansdoms errichtet (abgetragen um 1700). Eine Abbildung im „Wiener Heiligthumbuch“ von 1502 (Abb. 1) zeigt im Obergeschoß je acht Fenster an den Längs- und je drei an den Schmalseiten: An jedem Fenster steht ein Priester mit einem Heiligtum in Händen. Im Zuge von acht Rundgängen führten die Priester, ähnlich einem bemannten Karussell, der versammelten Menschenmenge nicht weniger als 255 Reliquien und Reliquienbehälter (Kreuze, Monstranzen, Büsten, Büchsen, Kelche, Lanzen, Trinkhörner etc.) in den 2
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Kilian, W., Warhaffte AbBildung Allez fürnemmen Haillthumbs Gefässzen, Nebst kurtze Beschreibung deren darin verschloßnen Reliquien: Welliche in dem würdigen Gotth-Haus St. Ulrichs und St. Afra in Augspurg aufbehalten werden, vermutl. Augsburg 1630, Tafel XX, S. 27. Reudenbach, B., Reliquien von Orten. Ein frühchristliches Reliquiar als Gedächtnisort, in: Reudenbach, B./Toussaint, G. (Hg.), Reliquiare im Mittelalter, Hamburger Forschungen zur Kunstgeschichte, Berlin 2005, S. 21–41, insbes. S. 22–26, S. 38, Anm. 9. Siehe dazu: Urbanek, R., Die goldene Kammer von St. Ursula in Köln. Aspekte zur Erhaltung einer barocken Reliquieninszenierung, in: Österr. Restauratorenverband (Hg.), Zeit und Ewigkeit. Erhaltung religiöser Kulturgüter, 21. Tagung des ÖRV am 7./8.11.2008 in Krems-Stein, Wien 2009, S. 25–32.
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Fenstern vor. Das mehrere Stunden dauernde „happening“ wurde von Gesang begleitet. Ob die Priester Handschuhe trugen ist leider nicht zu erkennen – denn priesterlicher Handschweiß hätte damals wie heute zu Korrosion auf Metallobjekten geführt. Für die jährlichen Vorführungen der Reliquien von San Lorenzo in Florenz (1530) sind jedenfalls Vorschriften überliefert, die verlangten, dass die Priester „weiße Handschuhe“ trugen und „fest mit beiden Händen das Gefäß“ umfassten.5 Ansonsten wurden die Wiener Heiligtümer in der Schatzkammer des Domes „behallten beschlossen und bewart“.6 Um 1500 war die Lagerung in Truhen gängig. So gibt Kaiser Maximilian I. (1459–1519) seinen Schatzkämmerern in der Hofburg Innsbruck und in Wiener Neustadt genaue Anleitungen zur Umlagerung, Verwahrung und Pflege von den in Truhen gelagerten Objekten: Er mahnt die Truhen mit den Textilien regelmäßig zu öffnen und zu lüften, die mit den Heiligtümern aus Silber aber gut verschlossen zu halten.7 Im Wiener Heiltumschatz waren textile Reliquien zusätzlich in sogenannten „plenari“, flachen bedeckelten Reliquienboxen, aufbewahrt, um den Zutritt von Staub und Schädlingen zu verhindern. Reliquien, die von Schädlingen gefressen werden, beschäftigten bereits im 12. Jahrhundert den Benediktinerabt Thiofrid von Echternach. Ein Kapitel im zweiten Buch seines Reliquientraktates titelt sehr treffend mit der Überschrift „Die Frage nach dem, was die Maus aufnimmt“. Abgesehen vom Verlust ziehe der Verzehr einer Reliquie durch Mäuse und andere Schädlinge selbstverständlich auch komplexe theologische Konsequenzen nach sich, die sich der arme Thiofrid abmüht zu erklären. Jedenfalls sei das Reliquiar der sicherste Schutz vor Schädlingen und Dieben.8 Für die Aufbewahrung von Gewändern verdanken wir den kirchlichen Sammlungen eine besondere Innovation – den Kleiderschrank, der seinen Ursprung von zwei oder mehreren übereinandergestellten Truhen herleitet, in welche Kleidungsstücke bis dahin nur gelegt werden konnten. Die neue Kirchenordnung nach dem Konzil von Trient (1545–1563) schrieb die Ausstattung von Sakristeien mit einstöckigen Kleiderkästen statt der bisherigen Faltung in Truhen vor. Die Sakristeikästen sollten großzügig angelegt sein und über Kleiderstangen zum Hängen verfügen, denn dann würden die Gewänder „von Schaben, Feuchtigkeit, Gestanck, Vewesung, Falten und Runtzeln rechter, sicherer, lenger und füglicher bewahret und versorget“.9 Für die schweren, meist bestickten Klei5 6 7
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Pomian, K., Der Ursprung des Museums. Vom Sammeln, Berlin 2001, S. 76f. Heuperger, M., Wiener Heiligthumbuch, Wien 1502, o. S. (auf Seite der Beschlussrede). Maximilian I., Anweisungen Kaiser Maximilians I. (1459–1519) zur Verwahrung und Pflege von Objekten, in: Jahrbuch kunsthistorischer Sammlungen 1 (1883), Reg. 219, 1500 Dezember 30, Linz und Reg. 225, 1501 August 11, Innsbruck. Für diesen Hinweis danke ich Franz Kirchweger. Ferrari, M. C., Gold und Asche. Reliquie und Reliquiare als Medien in Thiofrid von Echternachs Flores epytaphii sanctorum, in: Reudenbach, B./Toussaint, G. (Hg.), Reliquiare im Mittelalter, Hamburger Forschungen zur Kunstgeschichte, Berlin 2005, S. 61–74, S. 64, 65, S. 73, Anm. 13. Müller, J., Kirchen Geschmuck. Ornatus ecclesiasticus, München 1591, S. 119, zit. nach: Renz, C.,
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der sollten gekrümmte, vermutlich als Rutschschutz mit Schnüren überzogene Kleiderbügel verwendet werden.10 Im weltlichen Bereich sollte sich der Kleiderschrank erst ab der Mitte des 17. Jahrhunderts etablieren.11 Der Reformträgheit der katholischen Kirche verdanken wir im deutschsprachigen Raum einen relativ reichen, wenn auch recht gut verborgenen Schatz an noch erhaltenen Schränken ab dem 16. Jahrhundert, insbesondere in Sakristeien und Paramentenkammern von Klöstern. Die Praxis des kirchlichen und klösterlichen Sammelns findet zunehmend Aufarbeitung und macht die lebendige Wechselwirkung zwischen der Geistlichkeit und den weltlichen Fürsten deutlich.12
Wie man eine Kunst- oder Naturalienkammer bauen und räumlich strukturieren soll Im Jahr 1565 veröffentlichte Samuel Quiccheberg sein Traktat „Inscriptiones vel Tituli Theatri Amplissimi“, das früheste Handbuch der Museumskunde im deutschsprachigen Raum. Die erste vollständige Übersetzung vom Lateinischen ins Deutsche verdanken wir Harriet Roth.13 Das Traktat gibt den Idealplan einer Kunstkammer wieder und glänzt überdies als eindrucksvolles Zeugnis einer selbstverständlichen Verschränkung von Theorie und Praxis. Quiccheberg war am Münchner Hof angestellt und unter anderem mit der Ordnung und Klassifizierung der Kunstkammer von Herzog Albrecht V. betraut, die zwischen 1563 und 1567 errichtet wurde. Quiccheberg unterscheidet zwischen dem „theatrum“, der Schaubühne, dem Museum im eigentlichen Sinne, und dem „promptuarium“, dem Archiv, dem Speicher, dem Studiendepot. Das Theater ist eine permanente Einrichtung, die der Präsentation dient, im Gegensatz zum in Truhen oder Kisten gelagerten Archiv, das die Objekte im Theater auf einer Vertiefungsebene ergänzt und einen Schönheit alter Möbel im Verborgenen. Sakristeischränke in oberbayerischen Prälatenklöstern und Kollegiatsstiftskirchen im 17. und 18. Jahrhundert, Schriftenreihe Realienforschung: Vom traditionellen Handwerk zur industriellen Fertigung, Bd. 5, Wien 1998, S. 34. 10 Müller, J., Kirchen Geschmuck. Ornatus ecclesiasticus, München 1591, S. 120, zit. nach: Renz, C., Schönheit alter Möbel im Verborgenen. Sakristeischränke in oberbayerischen Prälatenklöstern und Kollegiatsstiftskirchen im 17. und 18. Jahrhundert, Schriftenreihe Realienforschung: Vom traditionellen Handwerk zur industriellen Fertigung, Bd. 5, Wien 1998, S. 35: „… auff glatte halbe Reiff, oder sonsten gekrümbte Hölzer gelegt, und uberzogen, mit einem Schnürlein, so an gedachten Reiff gebunden, auffgehenckt werden mögen.“. 11 Frenzel, M./Scheicher, E./Auer, A., Kunsthistorisches Museum, Sammlungen Schloss Ambras. Möbel, Innsbruck 1987, S. 4. 12 Siehe dazu: Schrott, G./Knedlik, M. (Hg.), Klösterliche Sammelpraxis in der frühen Neuzeit, Nordhausen 2010. 13 Roth, H. (Hg.), Der Anfang der Museumslehre in Deutschland. Das Traktat „Inscriptiones vel Tituli Theatri Amplissimi“ von Samuel Quiccheberg. Lateinisch-Deutsch, Berlin 2000.
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schnellen Zugriff (Prompt(!)uarium) ermöglicht.14 Beispielsweise empfiehlt Quiccheberg für die unzähligen Konvolute an Kupferstichen, Holzschnitten oder Handzeichnungen die Aufbewahrung im Promptuarium (Bildarchiv).15 Für die tägliche Arbeit und die erleichterte Pflege der Sammlung gibt er die Gliederung in mehrere Räume vor, die den jeweiligen Eigenschaften der gelagerten Materialien oder aber dem Sicherungsbedarf entsprechen. Mit „conclavia“ umschreibt er verschließbare Zimmer (clavis = Schlüssel), in denen Kupfertafeln, Gemälde, kunstvolle Werkzeuge oder Musikinstrumente aufbewahrt werden.16 „Thesauro“ entspricht einer Schatzkammer, die als Aufbewahrungsraum für das Kostbarste, nämlich religiöse Objekte, eine noch höhere Sicherheitsstufe impliziert.17 Der Autor übernimmt hier die Begriffstradition der kirchlichen Schatzkammer. Conclavia und Thesauro gegenüber steht die nicht unbedingt verschließbare „camera“ für textile Bestände, als Kammer für Wandteppiche, Vorhänge und Gewänder. Diese sollen von den übrigen Sammlungsteilen unbedingt getrennt aufbewahrt werden, nämlich in Kleiderschränken, wie sie für Schauspiele und Maskenbälle üblicherweise Verwendung fanden.18 Die ideale bauliche Beschaffenheit von Sammlungsräumen beschreibt Johann Daniel Major, Universitätsprofessor und Sammler aus Kiel in seiner Schrift „Unvorgreiffliches Bedencken von Kunst- und Naturalienkammern“ von 1674. Major bietet klare konservatorische Vorgaben für die Anlage des Raumes: geräumig, gewölbt, und nicht vertäfelt, ringsum gemauert und nirgends bemalt, mit Marmorsteinen gepflastert: „genugsam für Mäusen, Ratten, Katzen, einnistelnden Schwalben, einbrechenden Dieben, Wind, Staub, Platzregen und Feuersgefahr verwahret; wol (doch nicht übermäßig) mit Fenstern versehen und lichte: wie sonst auch von gesunder, reiner und trockener Lufft; gegen Süd-Osten fürnehmlich, aber zum wenigsten gegen Süd-Westen, keines weges aber gegé Norden situirt.“19 Grundsätzlich seien auch gefensterte, also verglaste Türen ein guter Schutz gegen Staub und Räuber.20 Der Hamburger Gelehrte Caspar Friedrich Neickel äußert sich in seiner „Museographie“ 1727 ähnlich: „Nachdem ein ziemlicher Vorrath von allerhand Raritäten an einem Ort zusammen gebracht worden, so erwähle man dazu 14 Roth, H. (Hg.), Der Anfang der Museumslehre in Deutschland. Das Traktat „Inscriptiones vel Tituli Theatri Amplissimi“ von Samuel Quiccheberg. Lateinisch-Deutsch, Berlin 2000, S. 112/113, 261. 15 Ebenda, S. 115. 16 Ebenda, S. 84–85, S. 88–89, S. 162. Roth interpretiert „conclavia“ auch als „Tennelein“ oder Studierzimmer, in dem „Ruhe zur Erinnerung und Verortung der Objekte“ gegeben ist (S. 262). 17 Ebenda, S. 40–41. 18 Ebenda , S. 84–85. 19 Major, J. D., Unvorgreiffliches Bedencken von Kunst- und Naturalienkammern insgemein, Kiel 1674, in: Valentini, M. B., Museum museorum oder vollstaendige Schau-Bühne aller Materialien und Specereyen nebst deren natürlichen Beschreibung, Election, Nutzen und Gebrauch, Frankfurt 1704, S. 14. 20 Ebenda, S. 17.
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ein Gemach, welches wegen der bequemen Lufft gegen Süd-Ost gelegen, dessen Mauern trocken, der Boden gewölbt, das Tages-Licht wohl ausgetheilet, und im übrigen vor allem Unfall wohl bewahret ist. Den Wänden der Mauern und Gewölbe geben man keinen anderen Zierath, als eine weisse helle Farbe.“21 Diese frühen konservatorischen Handlungsanweisungen haben nichts an Aktualität eingebüßt. Die ideale Ausrichtung eines Gebäudes zur Himmelsrichtung beschäftigte übrigens schon Vitruv genauso wie später Alberti oder Palladio. Manfred Koller verdanken wir eine beeindruckende Sammlung von Beispielen historischer Baumaßnahmen zur Trockenhaltung, Belüftung und zum Brandschutz: Als Schutz gegen aufsteigende Bodenfeuchte in Fundament und Wänden wurden beispielsweise im Stift Klosterneuburg und im Schloß Laxenburg bei Wien im 18. Jahrhundert unter Niveau geschlossene Gräben mit natürlicher Ventilation eingebaut. In der Stiftskirche von Melk finden wir eine noch intakte Raumlüftung von 1720, in der Stiftsbibliothek St. Florian hat man 1744 Feuermauern gegen die Nebentrakte errichtet.22 Das Wissen um praktikable Lösungen bei geringem technischem Aufwand war in früheren Jahrhunderten ungeahnt hoch. Historische Systeme zu erkennen und zu verstehen, um diese unter dem Motto kosteneffizienter oder „energieneutraler“ Nutzung zumindest teilweise wieder reaktivieren zu können, ist Gegenstand heutiger konservierungswissenschaftlicher Forschungsarbeit.
Wie man grosse und sehr kleine Objekte aufbewahren soll Der Fossilienschrank des deutschen Naturforschers Johannes Kentmann (Abb. 2) ist das älteste uns überlieferte Ordnungsmöbel einer Sammlung.23 Es handelt sich dabei um einen schlichten, verschließbaren Giebelschrank mit dreizehn Schubladen, deren Teilung 26 Kompartimente ermöglichte. Die einzelnen Schubladen sind nummeriert und ein analog zur Bestückung graphisch aufbereitetes Standortverzeichnis gewährt den Überblick zur Systematik der Sammlung. Eine Abbildung des leider nicht mehr erhaltenen Schranks wurde erstmals 1565 in Kentmanns Kompendium „Nomenclaturae rerum fossilium“ publiziert. 21
Neickel, C. F., Museographia Oder Anleitung Zum rechten Begriff und nützlicher Anlegung der Museorum, Oder Raritäten-Kammern […]. In beliebter Kürze zusammengetragen, und curiösen Gemüthern dargestellt, Leipzig-Breslau 1727, S. 421. 22 Koller, M., Zur Geschichte der vorbeugenden Konservierung, in: Restauratorenblätter, Schutz und Pflege von Kunst- und Baudenkmälern, 15/1995, S. 27–38, S. 29, S. 30, S. 36. 23 MacGregor, A., Curiosity and enlightenment. Collectors and collections from the sixteenth to the nineteenth century, New Haven-London 2007, S. 149f.
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Im selben Jahr veröffentlicht Quiccheberg in seinem Traktat unter dem Sammelbegriff „repositoria“, was er an Mobiliar und Ausstattung für unabdingbar hält: Dem Formenreichtum sollen keine Grenzen gesetzt und alles jederzeit griffbereit sein. Schränke sollen grundsätzlich nicht schwerer sein, als dass zwei Personen sie gemeinsam tragen können.24 Ein Repositorium aus dem 16. Jahrhundert ist bis heute auf Schloss Ambras erhalten und dort in der Kunstkammer zu sehen. Es diente einerseits als etwa tischhohes Demonstrationsmöbel zum Abstellen von aus den Schränken geholten Objekten, als auch in seinem unteren Teil als Stauraum. Repositorien konnten aber auch ganz andere Formen und Funktionen haben. Bei Quiccheberg werden auch Truhen, Kisten, Schreine, Vitrinen, Körbe, Wannen, Koffer oder Tröge als Repositoria angeführt.25 Gleichzeitig macht er auf die Notwendigkeit von kleinteiligen Ordnungselementen im Rahmen des größeren Mobiliars aufmerksam und führt als Beispiele Holzmagazine mit vorgefertigten Einbuchtungen, Schubladen mit eingesetzten Rastern oder Mappen zur Ordnung loser Blätter an. Er thematisiert die nötige Platzökonomie, aber auch die Verpflichtung zur deutlichen Standort-Kennzeichnung. Doch lassen wir den frühen Museumsexperten am besten selbst sprechen: „Es kann nämlich in schmalen Koffern, kleinen Schränken und Kisten vieles gerollt oder gefaltet versenkt werden, das woanders, an den größten Wänden ausgebreitet und auf den breitesten Tischen oder abgemessenen Prunktischen aufgestellt, kaum Platz hätte. Aber man muss hier außer an jene Schränke, Kisten, Koffer, Tische, Pulte auch daran erinnern, daß zu deren Nutzen Magazine sehr dienlich sein können, zumal tragbare Latten mit Einbuchtungen, die nach ihrem Standort benannt werden, ebenso tragbare Kisten mit quadratischen Mulden, dann kleine Schränke mit Flügeltüren, ebenso Bücher mit ausklappbaren Deckeln, schließlich aufeinandergetürmte Schränke mit verschiedenen Kunstwerken darin und großem Kennzeichen darauf.“26 Wie durch ein umfangreiches Forschungsprojekt zur Münchner Kunstkammer nachgewiesen werden konnte, kamen neben Etuis, Futteralen, Kästchen und Schachteln auch noch folgende Behältnisse in München zum Einsatz:27 ein handliches Gefäß, das „Ma24 Roth, H. (Hg.), Der Anfang der Museumslehre in Deutschland. Das Traktat „Inscriptiones vel Tituli Theatri Amplissimi“ von Samuel Quiccheberg. Lateinisch-Deutsch, Berlin 2000, S. 153. 25 Armariola: kleine Schränke (hier Bögen, Türmchen oder Pyramiden nachgestaltet), arcae: Truhen, cistae: Kisten, scrinia: Schreine, thecae: Vitrinen, cophini: Tragkörbe, alveoli: kleine Tröge, Wanne, oder Schanzkörbe, in parietibus obvelati forte risci: eventuell verhängte Koffer an den Wänden, receptacula: tragbare Magazine. Übersetzungen nach Roth, H. (Hg.), Der Anfang der Museumslehre in Deutschland. Das Traktat „Inscriptiones vel Tituli Theatri Amplissimi“ von Samuel Quiccheberg. LateinischDeutsch, Berlin 2000, S. 76f., S. 92f., S. 112, S. 126f., S. 153. 26 Roth, H. (Hg.), Der Anfang der Museumslehre in Deutschland. Das Traktat „Inscriptiones vel Tituli Theatri Amplissimi“ von Samuel Quiccheberg. Lateinisch-Deutsch, Berlin 2000, S. 90–93. 27 Bayerische Akademie der Wissenschaften (Hg.), Die Münchner Kunstkammer, Bd. 1–3, München 2008.
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nipl“, das „manipulum“ im ursprünglichen Wortsinn eine Handvoll;28 das „Gstätl“, ein kleiner Behälter für die Aufbewahrung von Dingen, die sonst leicht verloren gingen, beispielsweise Zahnstocher, Schachsteine, Erde, Erz- oder Mineralproben;29 das „Rundel“, eine Kapsel bzw. eine runde oder ovale Holzdose mit oder ohne Deckel, für die Aufbewahrung von Miniaturmalereien oder Medaillen;30 aber auch Papierkuverts, Papiertüten oder weiße Leinensäcke finden als Verpackungsmaterial Erwähnung.31 Aus der Grazer Kunstkammer, die erstmals im 15. Jahrhundert Erwähnung gefunden hatte, wissen wir von der Verwendung nummerierter „lädlein“ zur Aufbewahrung kleiner Objekte in Schränken.32 Zur Verwendung solcher „ledlein“ rät auch Quiccheberg für die Aufbewahrung von Saatgut, Getreide, Bruchstücken von Steinen und anderen kleinteiligen Objekten und meint hier Laden mit quadratischen Vertiefungen wie sie die Steinschneider nutzen, die bei Bedarf auch aufeinander gestapelt und gesteckt werden können, an. Diese seien in variierter, größerer Form auch in den Geschäften der Apotheker zu erwerben.33 Oft holten sich Sammler Anregungen von bereits am Markt befindlichen Aufbewahrungs- oder Lagerungssystemen. Ein kleinteiliges Ordnungssystem, wie Quiccheberg es bereits 1565 vorschlägt, etabliert sich im Verlauf der folgenden Jahrhunderte als Standardmöbel in vielen Sammlungen, und zwar meist in Form eines Samenschranks (seminarium), der entweder seiner ursprünglichen Verwendung nach oder eben zweckentfremdet mit anderen Kleinobjekten bestückt wurde. Ordnungsmöbel aus Gärtnereien und Sämereien wurden gerne für den musealen Gebrauch adaptiert. 28 Bayerische Akademie der Wissenschaften (Hg.), Die Münchner Kunstkammer, Bd. 1–3, München 2008, Kat.-Nr. 196, Bd. 1, S. 69 und Kat.-Nr. 2095, Bd. 2, S. 636. 29 Auch Gestatl, Gstätele, Gestättle, Gestätl. Bayerische Akademie der Wissenschaften (Hg.), Die Münchner Kunstkammer, Bd. 1–3, München 2008, Kat.-Nr. 2095, Bd. 2, S. 636: Äste; Kat.-Nr. 506, Bd. 1, S. 180: Zahnstocher; Kat.-Nr. 2012, Bd. 2, S. 621: ein Behältnis für einen Handstein von 1583 (Behältnis ist sogar mit Jahreszahl beschriftet); Kat.-Nr. 2040, Bd. 2, S. 626: Behältnis für Handstein, der darin nochmal in Papier eingewickelt war; Kat.-Nr. 2051, Bd. 2, S. 628: silberhältige Erde; Kat.-Nr. 2070– 2088, Bd. 2, S. 631–633: Mineral- oder Erzproben; Kat.-Nr. 2165, Bd. 2, S. 660: Schachsteine. 30 Bayerische Akademie der Wissenschaften (Hg.), Die Münchner Kunstkammer, Bd. 1–3, München 2008, Kat.-Nr. 177, Bd. 1, S. 64; Kat.-Nr. 381, Bd. 1, S. 143; Kat.-Nr. 566, Bd. 1, S. 198; Kat.-Nr. 636, Bd. 1, S. 215. 31 Bayerische Akademie der Wissenschaften (Hg.), Die Münchner Kunstkammer, Bd. 1–3, München 2008, Kat.-Nr. 401, Bd. 1, S. 151: Papierkuvert für verfilztes Material „Meermus“ („ein filzete Materi“); Kat.-Nr. 2168, Bd. 2, S. 660: Weißer Leinensack: für Verpackung eines bestickten Brettspiels; Kat.-Nr. 2070– 2088, Bd. 2, S. 631–633: Papiertüten. 32 Stolzer, J. S., Die Grazer Schatz-, Kunst- und Rüstkammer unter Kaiser Ferdinand III. und den Erzherzögen Karl II. und Ferdinand III, zit. nach: Raffler, M., Museum – Spiegel der Nation? Zugänge zur Historischen Museologie am Beispiel der Genese von Landes- und Nationalmuseen in der Habsburgermonarchie, Wien-Köln-Weimar 2007, S. 158f. 33 Roth, H. (Hg.), Der Anfang der Museumslehre in Deutschland. Das Traktat „Inscriptiones vel Tituli Theatri Amplissimi“ von Samuel Quiccheberg. Lateinisch-Deutsch, Berlin 2000, S. 126/127.
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Johann Daniel Major schreibt 1674: Damit kleine Objekte nicht – wie der Autor andernorts schon entrüstet gesehen haben will – „verworffen, zerbrochen, zerdrückt oder mit anderen confundirt werden“, empfiehlt er „große, lange, unten niedrig und oben etwas erhöhte, von dem Schreiner in viel kleine Fächer und quadrat-spacia eingetheilte öffene Kasten, als wie manch Gärtner zu ihren Garten-Saamen haben“.34 Anke te Heesen zeichnet den Gebrauch eines Samenschranks nach, wie er sich in vielen Naturalienkabinetten bis weit ins 18. Jahrhundert nachweisen lässt. In die einzelnen Schubladenfächer wurden meist kleinteilige Raster aus Holz oder Pappe eingesetzt, diese mit weißem Papier überzogen, die unterschiedlichen Samen eingelegt und das Papier mit einer Nummer oder der vollen Bezeichnung des Samens beschriftet.35 Drei Jahrzehnte nach dem Erscheinen von Quicchebergs Traktat, und etwa zeitgleich mit der Einrichtung von Schloß Ambras, bildete der Apotheker Ferrante Imperato in Neapel sein „museo“ in der von ihm verfassten „Historia Naturale“ von 1599 ab (Abb. 3). Barbara Mundt macht darauf aufmerksam, dass bei dieser Darstellung im Vergleich zu anderen erhaltenen Stichen von Kunst- oder Naturalienkammern des 16. und 17. Jahrhunderts der Funktionalität der Sammlungsmöbel besonderer Wert zugemessen wurde:36 Die Möbel sind geöffnet präsentiert, wobei die Klappen zugleich als Lesepulte dienen. Schranktüren, Einschubfächer, Setzkästen, Scharniere, Schlösser und andere Sicherungsvorrichtungen sind deutlich dargestellt und führen zur Kenntnis erstaunlich hoher technischer Standards bei dieser, aber vermutlich auch anderen zeitgleichen Sammlungen. In den verschließbaren Stauräumen der Wandschränke befinden sich Behelfe für die Manipulation der Objekte, Tröge, Gläser, Beutel und Spanschachteln. Letztere galten als „Allzweck-Verpackungsbehälter“.37 Am Frontispiz des mehrbändigen Kataloges „Continuatio“ von 1616 zur Sammlung des Nürnberger Apothekers Basilius Besler können wir Spanschachteln mit Fächern im Inneren erkennen. Johann Daniel Major warnt 1674 vor beschwerlichem Handling und einem Schadensrisiko, wenn bei Überfüllung der Fächer die Objekte „von Fach zu Fach aus ihren Win34 Major, J. D., Unvorgreiffliches Bedencken von Kunst- und Naturalienkammern insgemein, Kiel 1674, in: Valentini, M. B., Museum museorum oder vollstaendige Schau-Bühne aller Materialien und Specereyen nebst deren natürlichen Beschreibung, Election, Nutzen und Gebrauch, Frankfurt 1704, S. 17. 35 Te Heesen, A., Die doppelte Verzeichnung. Schriftliche und räumliche Aneignungsweisen von Natur im 18. Jahrhundert, in: Tausch, H. (Hg.), Gehäuse der Mnemosyne. Architektur als Schriftform der Erinnerung, Göttingen 2003, S. 263–286, S. 282–284. 36 Mundt, B., Vom Sammeln, in: Kunstgewerbemuseum Berlin/Mundt, B. (Hg.), Schatzkästchen und Kabinettschrank. Möbel für Sammler, Ausst. Kat., Kunstgewerbemuseum Berlin 1.10.1989–31.1.1990, Berlin 1989, S. 9–24, S. 16. 37 Rief, M., „…daß ein gantzer Wage mitt hohen Leittern wegen der Schwere der Taffeln moge anhero gesandt werden…“. Zum Kunsttransport in Spätgotik und Renaissance nördlich der Alpen, in: IIC Austria/Bindernagel, F./Griesser-Stermscheg, M. (Hg.), Reflexionen/Reflections. Für/to Manfred Koller, in: Restauratorenblätter 31/2012, S. 66–76, S. 68, Anm. 9.
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keln heraus geklaubet werden.“38 Als Ordnungssysteme für Kleinobjekte schlägt er vor: „kleine offene Schubladgen von Blech, und mit öhl-farbe vermahlet, oder deren Boden von Pappe, und die vier Wände herumb, von dünnen Führnen oder Cypressen Holtz lasse machen, einen Zoll hoch, 2. 3. oder 4. Zoll breit, und 3. 4. oder 5. Zoll lang , nach Unterschied der Dinge (daß sie alle einerley Höhe haben, und in Repositoriis vorwarts als nach der Schnur stehen) und richte darinn eines von den besten Exemplaren der Speciei auf, die anderen meistentheils zu boden legend; Aeusserlich aber füge Ich ein Zettelgen an, mit Auf-Schreibung des Nahmens.“39 Major bildet hier eine derartige, für die Unterbringung eines Korallenbäumchens bestimmte Lade ab (Abb. 4). Für Objekte, die so klein sind, „daß sie den obersten Rand der Schachtel kaum erreichen: und dennoch die Species soll frey gesehen werden; So brauche man diesen Vortheil: Entweder man fülle die Schachteln mit Sand, oder man formiere ein vierkantiges, in die vordere halbe Schachtel passendes Stücke feines Thons (Argillae) oder Wachs, und setze das Exemplar […] bloß und aufgerichtet darein.“ Am Frontispiz des Katalogs zum Museum des Mediziners Ole Worm (1588–1654) in Kopenhagen, zu ihrer Zeit wohl eine der berühmtesten Raritätenkammern nördlich der Alpen, sieht man am rechten Bildrand unten ein Fass mit Sand (Abb. 5). Möglicherweise ist dies der Vorrat, um fragile Objekte wie bei Major beschrieben, im Sandbett aufzubewahren. Die allerkleinste Einheit für die Aufbewahrung von beispielsweise Diamanten, geschliffenen Kristallen oder Perlen seien nach Major „Confection-Gläßgen“: Nachdem die Steine einzeln eingefüllt sind, „binde es zu, setze es in die Schachtel, und schreibe vorwarts […] den Nahmen dran, so ist die Sache richtig.“ Für die Beschriftung jeder Sammlungsgruppe innerhalb des Ordnungssystems dienen Holzklötzchen: Die jeweiligen Titel der Sammlungsgruppe (z.B. Metallica, Terras oder Herbas) werden „geschrieben auff ein Papier; und dieses vorangeleimet auf die eine Seite eines länglichen 1 Zoll hohen, und fein glatt-behobelten Stücklein Holtzes.“40
38 Major, J. D., Unvorgreiffliches Bedencken von Kunst- und Naturalienkammern insgemein, Kiel 1674, in: Valentini, M. B., Museum museorum oder vollstaendige Schau-Bühne aller Materialien und Specereyen nebst deren natürlichen Beschreibung, Election, Nutzen und Gebrauch, Frankfurt 1704, S. 17. 39 Major, J. D., Unvorgreiffliches Bedencken von Kunst- und Naturalienkammern insgemein, Kiel 1674, in: Valentini, M. B., Museum museorum oder vollstaendige Schau-Bühne aller Materialien und Specereyen nebst deren natürlichen Beschreibung, Election, Nutzen und Gebrauch, Frankfurt 1704, S. 17, S. 18. Siehe hierzu auch: Steckner, C., Das Museum Cimbricum von 1688 und die cartesianische „Perfection des Gemüthes“. Zur Museumswissenschaft des Kieler Universitätsprofessors Johann Daniel Major (1634–1693), in: Grote, A. (Hg.), Macrocosmos in Microcosmo. Die Welt in der Stube. Zur Geschichte des Sammelns 1450 bis 1800, Opladen 1994, S. 603–628, S. 615f. 40 Major, J. D., Unvorgreiffliches Bedencken von Kunst- und Naturalienkammern insgemein, Kiel 1674, in: Valentini, M. B., Museum museorum oder vollstaendige Schau-Bühne aller Materialien und Specereyen nebst deren natürlichen Beschreibung, Election, Nutzen und Gebrauch, Frankfurt 1704, S. 18.
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Was Kunstkämmerer und RestauratorInnen gemeinsam haben Schon im Mittelalter wurde der Kämmerer, der die Oberaufsicht über eine Schatzkammer hatte, zur Allegorie der Memoria erklärt, zur zentralen Figur der Gedächtniskunst.41 Kämmerer zu sein war sicher keine einfache Sache. Einer der wenig namentlich bekannten Kunstkämmerer war Matthias Schelling, auch Mathias Schalling(er), genannt Mättl. Die Spur zu seiner Persönlichkeit führt über seine Werkstatt. Im Versuch, die Münchner Kunstkammer zu rekonstruieren, erwähnt Lorenz Seelig (2008) einen „wenig anspruchsvollen“, nahe dem Eingang gelegenen Eckraum in der vierflügeligen Anlage. Dieser Raum wurde als Manipulations-, Transfer- und Arbeitsraum des Kämmerers identifiziert und enthielt Werkstattmöbel und verschiedene Werkzeuge.42 Mättl betätigte sich nicht nur als „Kunstcamer-Pfleger“, sondern auch als Schnitzer, Modelleur und Rahmenmacher. Zuständig war er später auch für den Ankauf von Graphik, wie bei Quiccheberg vermerkt wird. Seit 1558 am herzoglichen Hof tätig, wird er schließlich 1588 als „Antiquarius“ angeführt.43 Über seinen Nachfolger Wilhelm Büchler wird 1611 berichtet, dass jener immer „gnug zu schaffen daß er ain Ding sauber vnderhalte“.44 Taucht man tiefer in die Berichte über Mättl und Büchler ein, erschließt sich, dass die beiden Kämmerer in Personalunion von Kustos, Restaurator, Vermittler, Reinigungskraft, Hausmeister und Sicherheitsbeauftragter ein vielfältiges Aufgabenfeld zu erfüllen hatten. Dieser Eindruck entspricht auch dem anspruchsvollen Jobprofil eines Kämmerers, das Major 1674 in seinem Ratgeber für Museen empfiehlt: Der Kämmerer solle ein Universalgelehrter sein, kein Spezialist in nur einer Disziplin, sondern Kenntnisse in Materialkunde, Mathematik, Mechanik, Anatomie sowie empirische Methoden der naturwissenschaftlichen Forschung beherrschen, nicht unbedingt aber wenn möglich auch Französisch und Italienisch konversieren können. Er solle auch kein Künstler oder Handwerker sein (von Uhrmachern oder Drehern rät Major übrigens explizit ab), aber 41 Wenzel, H., Imaginatio und Memoria. Medien der Erinnerung im höfischen Mittelalter, in: Assmann, A./Hardt, D. (Hg.), Mnemosyne, Stuttgart 1991, S. 57–82, S. 65f., zit. nach: Traninger, A., Im Keller. Statik, Dynamik und das Raumproblem in der Mnemotechnik der Frühen Neuzeit, in: Tausch, H. (Hg.), Gehäuse der Mnemosyne. Architektur als Schriftform der Erinnerung, Göttingen 2003, S. 41–60. 42 Seelig, L., Die Münchner Kunstkammer, in: Bayerische Akademie der Wissenschaften (Hg.), Die Münchner Kunstkammer, Bd. 3, Aufsätze und Anhänge, München 2008, S. 1–114, S. 22./Diemer, P., Kat.-Nr. 3366–3372, in: Bayerische Akademie der Wissenschaften (Hg.), Die Münchner Kunstkammer, Bd. 2, Kat.-Bd. 2, S. 1048–1050. 43 Volk, P., Kat.-Nr. 943, in: Bayerische Akademie der Wissenschaften (Hg.), Die Münchner Kunstkammer, Bd. 1, München 2008, S. 303f. 44 Hainhofer, P., Kurtze vertrewliche Relation, wie ich Philippus Hainhofer Burger in Augspurg, meine Rays, nacher Eystatt und München verrichtet habe…, Innsbruck 1611, in: Bayerische Akademie der Wissenschaften (Hg.), Die Münchner Kunstkammer, Bd. 3, München 2008, Anhang 8, S. 370–377, S. 377.
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manuell und technisch geschickt sein, das freie wie dokumentarische Zeichnen und die Geometrie perfekt beherrschen.45 Heute wären wohl RestauratorInnen diejenigen, die ein ähnlich breites Anforderungsprofil wie das die Kämmerer zu erfüllen haben. Anders als in den traditionellen geistes- und naturwissenschaftlichen Disziplinen basiert die akademische Disziplin der Restaurierung auf einem Drei-Säulen-Modell: Im Mittelpunkt steht die Restaurierung und Konservierungswissenschaft, in ihrem Selbstverständnis eine notwendige und daher enge Symbiose zwischen Theorie und Praxis, flankiert von den Geistes- und Naturwissenschaften. RestauratorInnen verfügen gleichermaßen über Kenntnisse der Kulturgeschichte wie über materialwissenschaftliche Untersuchungsfähigkeiten. Das manuelle Geschick versteht sich im praktischen Umgang mit Sammlungen von selbst, auch wenn die Qualifikation der handwerklichen Meisterschaft oft unter- oder gar geringeschätzt wird. Richard Sennett spricht von „tacit knowledge“, schweigendem Wissen, das manuelle, handwerkliche Handlungen beschreibt, für welche die Sprache kein adäquates Vermittlungsinstrument ist.46 Im Bereich der Sammlungspflege ist diese Art von Wissen essentiell, damals wie heute.
Literatur Quellen Hainhofer, P., Kurtze vertrewliche Relation, wie ich Philippus Hainhofer Burger in Augspurg, meine Rays, nacher Eystatt und München verrichtet habe…, Innsbruck 1611, in: Bayerische Akademie der Wissenschaften (Hg.), Die Münchner Kunstkammer, München 2008, Bd. 3, Anhang 8, S. 370–377. Heuperger, M., Wiener Heiligthumbuch, Wien 1502. Kilian, W., Warhaffte AbBildung Allez fürnemmen Haillthumbs Gefässzen, Nebst kurtze Beschreibung deren darin verschloßnen Reliquien: Welliche in dem würdigen Gotth-Haus St. Ulrichs und St. Afra in Augspurg aufbehalten werden, vermutl. Augsburg 1630. Major, J. D., Unvorgreiffliches Bedencken von Kunst- und Naturalienkammern insgemein, Kiel 1674, in: Valentini, M. B., Museum museorum oder vollstaendige Schau-Bühne aller Materialien und Specereyen nebst deren natürlichen Beschreibung, Election, Nutzen und Gebrauch, Frankfurt 1704. 45 Major, J. D., Unvorgreiffliches Bedencken von Kunst- und Naturalienkammern insgemein, Kiel 1674, in: Valentini, Michael Bernhard, Museum museorum oder vollstaendige Schau-Bühne aller Materialien und Specereyen nebst deren natürlichen Beschreibung, Election, Nutzen und Gebrauch, Frankfurt 1704, S. 13. 46 Sennet, R., The craftsman, London 2008, S. 95f., zit. nach: Schinzel, H., „Schweigendes Wissen“ und Kommunikation. Teil 1: Gedanken über ein Fachgebiet im Wandel, in: Restauro 3/2012, S. 56–63, S. 57.
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Sekundärliteratur Bayerische Akademie der Wissenschaften (Hg.), Die Münchner Kunstkammer, Bd. 1–3, München 2008. Ferrari, M. C., Gold und Asche. Reliquie und Reliquiare als Medien in Thiofrid von Echternachs Flores epytaphii sanctorum, in: Reudenbach, B./Toussaint, G. (Hg.), Reliquiare im Mittelalter, Hamburger Forschungen zur Kunstgeschichte, Berlin 2005, S. 61–74. Frenzel, M./Scheicher, E./Auer, A., Kunsthistorisches Museum, Sammlungen Schloss Ambras. Möbel, Innsbruck 1987. Jardine, N., Sammlung – Wissenschaft – Kulturgeschichte, in: Te Heesen, A./Spary, E. C. (Hg.), Sammeln als Wissen. Das Sammeln und seine wissenschaftsgeschichtliche Bedeutung, Göttingen 2001, S. 199–220. Koller, M., Zur Geschichte der vorbeugenden Konservierung, in: Restauratorenblätter 15/1995, S. 27–38. MacGregor, A., Curiosity and enlightenment. Collectors and collections from the sixteenth to the nineteenth century, New Haven-London 2007. Mundt, B./Kunstgewerbemuseum Berlin (Hg.), Schatzkästchen und Kabinettschrank. Möbel für Sammler, Ausst. Kat., Kunstgewerbemuseum Berlin 1.10.1989–31.1.1990, Berlin 1989. Pomian, K., Der Ursprung des Museums. Vom Sammeln, Berlin 2001. Raffler, M., Museum – Spiegel der Nation? Zugänge zur Historischen Museologie am Beispiel der Genese von Landes- und Nationalmuseen in der Habsburgermonarchie, Wien-Köln-Weimar 2007. Renz, C., Schönheit alter Möbel im Verborgenen. Sakristeischränke in oberbayerischen Prälatenklöstern und Kollegiatsstiftskirchen im 17. und 18. Jahrhundert, Schriftenreihe Realienforschung: Vom traditionellen Handwerk zur industriellen Fertigung, Bd. 5, Wien 1998. Reudenbach, B., Reliquien von Orten. Ein frühchristliches Reliquiar als Gedächtnisort, in: Reudenbach, B./Toussaint, G. (Hg.), Reliquiare im Mittelalter, Hamburger Forschungen zur Kunstgeschichte, Berlin 2005, S. 21–41. Rief, M., „…daß ein gantzer Wage mitt hohen Leittern wegen der Schwere der Taffeln moge anhero gesandt werden…“. Zum Kunsttransport in Spätgotik und Renaissance nördlich der Alpen, in: IIC Austria/Bindernagel, F./Griesser-Stermscheg, M. (Hg.), Reflexionen/Reflections. Für/to Manfred Koller, in: Restauratorenblätter 31/2012, S. 66–76.
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Schinzel, H., „Schweigendes Wissen“ und Kommunikation. Teil 1: Gedanken über ein Fachgebiet im Wandel, in: Restauro 3/2012, S. 56–63. Schrott, G./Knedlik, M. (Hg.), Klösterliche Sammelpraxis in der frühen Neuzeit, Nordhausen 2010. Steckner, C., Das Museum Cimbricum von 1688 und die cartesianische „Perfection des Gemüthes“. Zur Museumswissenschaft des Kieler Universitätsprofessors Johann Daniel Major (1634–1693), in: Grote, A. (Hg.), Macrocosmos in Microcosmo. Die Welt in der Stube. Zur Geschichte des Sammelns 1450 bis 1800, Opladen 1994, S. 603–628. Stolzer, J. S., Die Grazer Schatz-, Kunst- und Rüstkammer unter Kaiser Ferdinand III. und den Erzherzögen Karl II. und Ferdinand III., Dissertation, Graz 2002. Te Heesen, A., Die doppelte Verzeichnung. Schriftliche und räumliche Aneignungsweisen von Natur im 18. Jahrhundert, in: Tausch, H. (Hg.), Gehäuse der Mnemosyne. Architektur als Schriftform der Erinnerung, Göttingen 2003, S. 263–286. Traninger, A., Im Keller. Statik, Dynamik und das Raumproblem in der Mnemotechnik der Frühen Neuzeit, in: Tausch, H. (Hg.), Gehäuse der Mnemosyne. Architektur als Schriftform der Erinnerung, Göttingen 2003, S. 41–60. Urbanek, R., Die goldene Kammer von St. Ursula in Köln. Aspekte zur Erhaltung einer barocken Reliquieninszenierung, in: Österr. Restauratorenverband (Hg.), Zeit und Ewigkeit. Erhaltung religiöser Kulturgüter, 21. Tagung des ÖRV am 7./8.11.2008 in Krems-Stein, Wien 2009, S. 25– 32.
Johanna Wilk
Ein aktueller Literaturüberblick zum Thema Sammlungspflege
Abstract Collection care covers every discipline, which contributes to the preservation of collection items. This article provides an overview to the bibliography on collection care. The references to different publications are commented and arranged by topics, starting with the history and the basics of collection care. Further aspects are museum-environment, sustainable pest control (Integrated Pest Management) and risk assessment. Storage, exhibition, documentation and inventory of collection items are presented as well. A special focus is set on the discussion of new challenges, such as climate change and the subsequent claim for more sustainability in museums. Collection care and preventive conservation play a major role in conservation science. Related literature and publications serve as a basis for knowledge transfer and contribute to real improvements in museums and collections.
Zusammenfassung Die Sammlungspflege beschäftigt sich mit allen Disziplinen, die zur Erhaltung von Sammlungsbeständen beitragen. Dieser Artikel gibt einen Überblick über die aktuelle Literatur. Die kommentierten Literaturverweise sind nach Themen geordnet, beginnend mit der Geschichte und den Grundlagen. Weitere Aspekte sind die Umgebungsbedingungen in Museen, die nachhaltige Schädlingsbekämpfung (Integrated Pest Management) und die Risikoanalyse (Risk Assessment). Die Sammlungspflege im Bereich des Depots und der Ausstellung und die Dokumentation und Inventarisierung von Beständen werden ebenfalls vorgestellt. Große Bedeutung kommt auch der Auseinandersetzung mit neuen Herausforderungen, wie dem Klimawandel und der daraus resultierenden Forderung nach Nachhaltigkeit im Museum zu. Sammlungspflege und präventive Konservierung werden auch in Zukunft eine wichtige Rolle in der Konservierungswissenschaft spielen. Fachliteratur und Publikationen zum Thema dienen als Grund-
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lage der Wissenskommunikation und tragen so zu realen Verbesserungen in Museen und Sammlungen bei.
Geschichte Die präventive Konservierung tritt im 20. Jahrhundert als Wissenschaft erstmals mit Klimathemen in Erscheinung. Den Startpunkt einer langen Diskussion bildete eine im Jahr 1960 veröffentlichte Umfrage, die bevorzugte Luftfeuchtigkeits- und Temperaturwerte in Museen abfragte. Die Ergebnisse entwickelten sich zu Richtlinien.1 1978 folgte das Standardwerk „The Museum Environment“ 2 , das schnell zu einer der wichtigsten Informationsquellen für Empfehlungen für Museen wurde und heute bereits kritisch hinterfragt wird.3 In den 1980er Jahren stieg vor allem das CCI (Canadian Conservation Institute) in die Thematik und die Forschung zur präventiven Konservierung ein.4 Stefan Michalski entwickelte mit seinem Team das „Framework for Preventive Conservation“ (Rahmen, Gerüst). Es berücksichtig alle „agents of deterioration“, also alle Verursacher des Verfalls bzw. der Zerstörung in Sammlungen.5 Ein Ergebnis dieses Frameworks ist eine Tabelle, die dabei helfen soll, die Gefahren für eine Sammlung objektiv zu beurteilen.6 Zahlreiche andere Themen der präventiven Konservierung wurden im Jahr 1994 auf der 15. Konferenz des IIC (International Institute für Conservation of Historic and Artistic Works) in Ottawa diskutiert.7 Zur Konferenz und zur anschließenden Publikation trugen unter anderem Robert Child und David Pinniger8, Marion Mecklenburg, Jo-
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Plenderleith, H./Philpott, P., Climatology and conservation in museums, in: UNESCO Paris, Museum 13/1960, S. 202–289. Thomson, G., The Museum Environment, 1st edition, London 1978. Erhard, D./Mecklenburg, M./Tumosa, C., Applying science to the question of museum climate, in: Padfield, T. (Hg.), Museum microclimates, Contributions to the Copenhagen Conference, 19–23 November 2007, Kopenhagen 2007, S. 11–18. Canadian Conservation Institute, CCI-notes, in: http://www.cci-icc.gc.ca/publications/notes/index-eng. aspx, update 29.7.2013, Zugriff 8.12.2013. CCI, Ten agents of deterioration, in: http://www.cci-icc.gc.ca/caringfor-prendresoindes/ articles/10agents/index-eng.aspx, update 19.7.2013, Zugriff 2.12.2013. Canadian Conservation Institute (CCI), Framework for the Preservation of Museum Collections Wall Chart. Ottawa 2004. IIC (Hg.), Preventive conservation. Practice, theory and research. Preprints of the contributions to the Ottawa Congress, 12–16 September 1994, London 1994. Child, R./Pinninger, D., Insect trapping in museums and historic houses, in: IIC (Hg.) Preventive conservation: practice, theory and research. Preprints of the contributions to the Ottawa Congress, 12 –16 September 1994, London 1994, S. 129–131.
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nathan Ashley-Smith und Manfred Koller bei. Letzterer thematisierte insbesondere die historische Dimension der präventiven Konservierung.9 Wichtige internationale Publikationsreihen beschäftigen sich teilweise schon seit den 1980er Jahren mit Themen der Sammlungspflege, etwa die „CCI-notes“ (Canadian Conservation Institute), Studies in Conservation (herausgegeben von IIC) oder das „Journal of the American Institute for Conservation“ (JAIC). Auch der US-National Park Service, der für zahlreiche Museen in Amerika zuständig ist, ist hier von großer Bedeutung mit der Publikationsreihe „Conserve-O-Grams“. Der National Trust in Großbritannien nimmt eine Vorreiterrolle ein. Diese Institution ist für die Pflege von mehr als einer Million Objekten in Sammlung zuständig und zwar seit 1895.10 In Österreich sind es Institutionen wie Museen, Universitäten und Vereine, die sich dem Thema widmen: zum Beispiel IIC-Österreich, der ÖRV (Österreichischer Restauratorenverband), das Kunsthistorische Museum oder das Institut für Konservierung und Restaurierung der Universität für angewandte Kunst mit seiner Schriftenreihe. Das Thema der präventiven Konservierung wird an der Universität für angewandte Kunst in zahlreichen Diplomarbeiten, Vordiplomen und andere Semesterarbeiten bearbeitet.11
Grundlagen Im Laufe der letzten zwanzig Jahre entstanden vermehrt in Europa und Nordamerika Handbücher für Museumspersonal, die sich mit Themen der Sammlungspflege beschäftigen, aber auch Fragen des Museumsmanagement oder der Ausstellungspraxis behandeln. Meistens stammen diese Handbücher von (staatlichen) Institutionen. Sie sollen die Museumsarbeit vereinheitlichen und vereinfachen und sind an Laien gerichtet. Besonders hervorzuheben ist hier Stefan Michalskis Beitrag „Care and preservation of collections“ im Handbuch „Running a Museum“ von ICOM (The International Council of Museums), das die wichtigsten Eckpunkte der Sammlungspflege behandelt.12 Interessant 9
Koller, M., Zur Geschichte der vorbeugenden Konservierung, in: Restauratorenblätter 15/1995, S. 27–38/ Koller, M., Learning from the history of preventive conservation, in: IIC (Hg.), Preventive conservation: practice, theory and research. Preprints of the contributions to the Ottawa Congress, 12–16 September 1994, London 1994, S. 1–7. 10 National Trust (Hg.), Manual of housekeeping. The care of collections in historic houses open to the public, Amsterdam 2006. 11 Das Thema ist auch im Lehrprogramm des Instituts fix verankert: Priv. Doz. Dr. Martina GriesserStermscheg, Vorbeugende Konservierung: Literatur. online-Foren und ÖNormen, Institut für Konservierung und Restaurierung, Universität für angewandte Kunst Wien, WS 2013/14. 12 Michalski, S., Care and preservation of collections, in: ICOM (Hg.), Running a museum. A practical handbook, Paris 2004, S. 51–90.
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sind auch die im Internet zugänglichen Publikationen und Handbücher des US-Natio nal Park Service.13 Besonders aktuell ist ein Leitfaden zur präventiven Konservierung von ICOM Deutschland, der überblicksmäßig auf alle Faktoren hinweist, die in der präventiven Konservierung und in der Sammlungspflege beachtet werden müssen und sich insbesondere an kleinere Sammlungen richtet. Hier gibt es am Ende eine umfassende Literaturliste zur weiteren Information.14 Es gibt zahlreiche Handbücher für bestimmte Arten von Sammlungen, die tiefer in die Materie einführen. Das Werk “Unravelling Textiles. A Handbook for the Preservation of Textile Collections” erklärt etwa Schadens- und Abbaumechanismen an Textilien und gibt Ratschläge für Lagerung, Ausstellung, Konservierung und Dokumentation textiler Sammlungen.15 Das Buch „An Illustrated Guide to the Care of Costume and Textile Collections“ stellt die Grundprinzipien der Pflege von textilen Sammlungen auch für Laien sehr anschaulich dar.16 Das “Manual of Housekeeping” des National Trusts in Großbritannien beschäftigt sich insbesondere mit der Pflege von Sammlungen und Ausstattungen in historischen Gebäuden.17 Eine Vielzahl an Zerstörungsmechanismen und Schadensursachen werden im Buch „A Guide to the Preventive Conservation of Photograph Collections” beschrieben, da Fotografien eine sehr fragile Objektgruppe darstellen.18 Ein weiteres bekanntes Grundlagenwerk, das man als Handbuch der Museumstechnik bezeichnen kann, ist „Sammlungsgut in Sicherheit“, das erstmals im Jahr 1987 veröffentlicht wurde. Die technischen Aspekte der Sicherheit, der Beleuchtung, der Klimatisierung, der Schadstoffprävention, Schädlingsbekämpfung und des Gefahrenmanagements stehen hier im Vordergrund. Die letzte Auflage erschien 2002.19 Mit der Beschaffenheit von Sammlungen, ihrer Zugänglichkeit und Funktion, beschäftigen sich etwa die Bücher „Fragments of the World“20 oder „Collections for 13
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National Park Service (Hg.), Museum Handbook, Washington 2006/Conserve O Grams, National Park Service Museum Management Program, in: http://www.nps.gov/history/museum/publications/conserveogram/cons_toc.html#collectionpreservation, Zugriff 22.12.2013. Waentig, F./Dropmann, M./Konold, K./Spiegel, E./Wenzel, C., Präventive Konservierung. Ein Leitfaden, ICOM Deutschland, Beiträge zur Museologie, Band 5, Berlin 2014. Boersma, F./Brokerhof, A., Unravelling textiles. A handbook for the preservation of textile collections, London 2005. Scottish Museums Council; Museums & Galleries Commission (Hg.), An illustrated guide to the care of costume and textile collections, London 2000. National Trust (Hg.), Manual of housekeeping. The care of collections in historic houses open to the public, Amsterdam 2006. Lavédrine, B., A guide to the preventive conservation of photograph collections, Los Angeles 2003. Hilbert, G., Sammlungsgut in Sicherheit: Beleuchtung und Lichtschutz. Klimatisierung. Schadstoffprävention. Schädlingsbekämpfung. Sicherungstechnik. Brandschutz. Gefahrenmanagement, Berlin 2002. Keene, S., Fragments of the world. Uses of museum collections, Oxford 2005.
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People“21. „An Introduction to Museum Archaeology“ behandelt dieses Thema in Bezug auf archäologische Sammlungen und zeigt, wie solche Sammlungen in Museen gehandhabt und aufbereitet werden.22 Die aktuelle Publikation „Tabu Depot“ legt den Schwerpunkt auf Sammlungen in Depots. Sie zeigt die Geschichte des Depots, die historische Praxis des Sammelns und die aktuellen Herausforderungen, denen sich Museen beim Sammeln und im Depot heute stellen müssen.23
„Environment“ – Klima Seit den 1980er stieg das Bewusstsein in Museen für die Auswirkungen von Umgebungsbedingungen auf Sammlungen. Im Jahr 2007 fand eine Konferenz unter dem Titel „Museum Microclimates“ statt. Der Schwerpunkt im dazugehörigen Tagungsband liegt auf der Kontrolle und Vermeidung von Klimaschwankungen in Innenräumen, die nicht die geltenden Standards für Museen erfüllen. Als Lösung wird unter anderem das Schaffen künstlicher Mikroklimata vorgestellt.24 Eine weitere innovative Möglichkeit zur Klimakontrolle ist die Temperierung. Die Idee kam in den 1990er Jahren auf, wobei vor allem Henning Großeschmidt eine wichtige Rolle spielte.25 Durch Heizelemente direkt in den Wänden kann das Klima mit geringem Energieaufwand kontrolliert werden. Es gibt inzwischen mehrere aufschlussreiche Artikel und Anwendungsbeispiele aus Österreich.26 Die Dissertation von Alfons Huber mit dem Titel „Ökosystem Museum“ zeigt einen nachhaltigen und innovativen Lösungsansatz für die Verbesserung des Klimas in einem historischen Gebäude am Beispiel der Neuen Burg. Hier wird auch das vorhandene ursprüngliche Haustechniksystem berücksichtigt.27 „Climate for Collections. Standards and Uncertainties“ aus dem Jahr 2013 zeigt die Ergebnisse einer Konferenz des Dörner Instituts im Jahr 2012. Das Buch behandelt das Klima in Museen und Sammlungen und berücksichtigt die Themen des Klimawandels und der Nachhaltigkeit. Hier 21 Keene, S., Collections for people: Museums’ stored collections as a public resource, London 2008. 22 Swain, H., An introduction to museum archaeology, New York 2007. 23 Griesser-Stermscheg, M., Tabu Depot. Das Museumsdepot in Geschichte und Gegenwart, Konservierungswissenschaft – Restaurierung – Technologie, Wien 2013. 24 Padfield, T. (Hg.), Museum microclimates, Contributions to the Copenhagen conference 19–23 November 2007, Kopenhagen 2007. 25 Großeschmidt, H., Die Temperierung, Landesstelle für die nichtstaatlichen Museen in Bayern, München 1992. 26 Kotterer, M./Kippes, W., Klima in Museen und historischen Gebäuden. Die Temperierung, Wien 2004/ Tagung-Architekturerbe – Energieeffizienz durch Temperierung, 18.1.2013, Naturhistorisches Museum Wien. 27 Huber, A., Ökosystem Museum. Ein konservatorisches Betriebskonzept für die Neue Burg in Wien, Dissertation, Akademie der bildenden Künste, Wien 2011.
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werden bestehende Standards und deren Gültigkeit diskutiert und neue Strategien für die Sammlungspflege beschrieben, etwa die Nutzung historischer Gebäudetechnik, das Risk-Assessment, Computer Simulationen und erneuerbare Energien für Sammlungen und Museen.28
„Environment“ – Schadstoffe Schadstoffe haben neben den traditionellen Parametern wie Temperatur und Luftfeuchte als Teil der Umgebung großen Einfluss auf die Erhaltung von Kunstobjekten. Im Museum stellt sich in Bezug auf Schadstoffe vor allem die Frage nach der Auswahl und Überprüfung von Materialien zur Einrichtung von Ausstellungs- und Depoträumen. In verschiedenen Publikationen werden Schadstoffe, ihre Quellen, Schadensmechanismen und mögliche Maßnahmen beschrieben. „Airborne Pollutants in Museums, Galleries, and Archives: Risk Assessment, Control Strategies and Preservation Management“ geht tief und wissenschaftlich in die Materie ein und soll dabei helfen, effiziente und ökonomische Entscheidungen zu treffen.29 Einen praxisorientierten und leicht verständlichen Leitfaden zum Thema bilden „Pollutants in the Museum Environment“ 30 oder die deutschsprachige, aktuelle Publikation „Schadstoffe in Museen, Bibliotheken und Archiven“31. Verschiedene Testverfahren für schädliche Emissionen in Museen und deren praktische Durchführung stellt das Werk “Selection of Materials for the Storage or Display of Museum Objects” vor. 32
Ausstellung Im Ausstellungsbetrieb sind Fragen der präventiven Konservierung und der Sammlungspflege besonders wichtig, da hier verschiedene Bedürfnisse und Notwendigkeiten auftreten, die nicht immer zur Erhaltung der Objekte beitragen.
28 Ashley-Smith, J./Burmester, A./Eibl, M., Climate for Collections. Standards and Uncertainties, London 2013. 29 Tétreault, J., Airborne Pollutants in Museums, Galleries and Archives: Risk Assessment, Control Strategies and Preservation Management, Ottawa 2003. 30 Hatchfield, P., Pollutants in the museum environment: Practical strategies for problem solving, exhibition and storage, London 2002. 31 Schieweck, A./Salthammer, T., Schadstoffe in Museen Bibliotheken und Archiven, Braunschweig 2006. 32 Thickett, D., Selection of materials for the storage or display of museum objects, London 2004.
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Die erste große Publikation, die sich ausschließlich der Ausstellung von Objekten von einem konservatorischen Standpunkt widmete, war Nathan Stolow’s „Conservation and Exhibition“ aus dem Jahr 1987. Das Buch gibt Informationen zum Handling, der Ausstellung, der Lagerung und dem Transport von Objekten.33 Mit der Frage der Beleuchtung in Ausstellungen beschäftigt sich „Light for Art’s Sake“. Das Buch gibt grundlegende Informationen für eine professionelle Beleuchtungspraxis, die die Ansprüche des Lichtdesigns und der Restaurierung miteinander verbindet.34 Zur Befestigung und Halterung von Sammlungsobjekten liefert „Mount making for Museum Objects“ Ratschläge, Ideen und technische Informationen. Der praktische Schwerpunkt liegt auf Materialien und Verarbeitungstechniken mit Fallbeispielen und Anleitungen.35
Depot und Lagerung Das Museumsdepot erfüllt eine essentielle Aufgabe in der Sammlungspflege. Eine der ersten Publikation, die sich explizit mit dem Museumdepot beschäftigt, stammt aus der Publikationsreihe der Landesstelle für nichtstaatliche Museen beim Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege. Neben Raumklimafragen und Schädlingsbekämpfung wird hier die Bedeutung und die Ausstattung des Depots sowie die Frage des Aussonderns von Sammlungsobjekten behandelt.36 Im Handbuch „Handhabung und Lagerung von mobilem Kulturgut“ geht es um Einrichtung und Betrieb eines Depots, etwa um das Schaffen geeigneter Umgebungsbedingungen, die Lagerung, die Reinigung und der Umgang mit Objekten.37 Die aktuelle Ausgabe der Technologischen Studien des Kunsthistorischen Museums Wien beschäftigt sich mit der Errichtung und Einrichtung des neuen Zentraldepots und der Übersiedelung von großen Sammlungsbeständen.38 Die bereits erwähnte Publikation „Tabu Depot“ zeigt die Geschichte und die Bedeutung des Depots und des Sammelns auf.39
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Stolow, N., Conservation and exhibitions, London 1987. Cuttle, C., Light for art’s sake. Lighting for Artworks and Museum Displays, Amsterdam 2007. Barclay, R./Bergeron, A./Dignard, C., Mount making for Museum Objects, Ottawa 1998. Landessstelle für die Nichtstaatlichen Museen in Bayern (Hg.), Das Museumsdepot, München 1998. Huber, J./Lerber, K., Handhabung und Lagerung von mobilem Kulturgut. Ein Handbuch für Museen, kirchliche Institutionen, Sammler und Archive, Bielefeld 2003. 38 Kunsthistorisches Museum Wien (Hg.), Technologische Studien, Sonderband Depot 9/10/2013. 39 Griesser-Stermscheg, M., Tabu Depot. Das Museumsdepot in Geschichte und Gegenwart, Konservierungswissenschaft – Restaurierung – Technologie, Band 10, Wien 2013.
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Integrated Pest Management Früher war Schädlingsbekämpfung in Museen mit dem Einsatz von giftigen Pestiziden verbunden und startete erst bei der Entdeckung eines Befalls. Im Laufe der letzten 30 Jahren wuchs jedoch das Wissen um die unerwünschten Nebeneffekte dieser Maßnahmen und das sogenannte Integrated Pest Management – IPM – wurde entwickelt. Prävention und Kontrolle stehen hier im Vordergrund. David Pinniger zählt zu den Begründern des IPMs. Seine Bücher, etwa „Pest Management in Museums, Archives and Historic Houses“40 oder „Pest Management. A Practical Guide“ 41 stellen wichtige Standardwerke im nachhaltigen Schädlingsschutz für Sammlungen dar. Im Jahr 2007 wurden von niederländischen Institutionen zwei Bücher zum Thema veröffentlicht: „Buggy Biz: Integrated Pest Management in Collections“ und „Fluffy Stuff: Integrated Control of Mould in Archives“. Ersteres beschäftigt sich insbesondere mit Schadinsekten und anderen tierischen Schädlingen, zweiteres mit Schimmel. Der Schwerpunkt liegt in beiden Fällen auf der praktischen Umsetzung des IPMs.42
Risk Assessment Das Risk Assessment – die Risikoabschätzung – ist eigentlich eine Methode aus der Wirtschaft. Jonathan Ashley-Smith legte sie auf die Konservierung um. In einem weit gefassten philosophischen, konservierungswissenschaftlichen Werk zeigt er wie mathematische Mittel bei der Entscheidungsfindung in einem Museumsbetrieb helfen können.43 Die Methode, ihre Anwendungsmöglichkeiten und Grenzen wurden im Jahr 2008 noch einmal in Kürze bei der ICOM-CC Konferenz in Delhi zusammengefasst.44 Als Anwendungsbeispiel in Österreich ist etwa das Risk Assessment der Sammlung im CATTower des MAKs im Rahmen einer Diplomarbeit zu nennen.45 40 Pinniger, D., Pest Management in Museums, Archives and Historic Houses, London 2001. 41 Pinniger, D., Pest management. A practical guide, Cambridge 2008. 42 Brokerhof, A., Buggy biz: integrated pest management in collections. Amsterdam 2007/Brokerhof, A., Fluffy stuff: integrated control of mould in archives, Amsterdam 2007. 43 Ashley-Smith, J., Risk Assessment for Object Conservation, New York 1999. 44 Waller, R., Cultural property risk assessment: matching approach with purpose, in: ICOM-CC (Hg.), preprints to the 15th Triennial Conference New Delhi, 22–26 September 2008, New York 2008, S. 815– 819. 45 Biber, A., Kunst im Bunker, Präventive Konservierung und Risikoanalyse im Gefechtsturm Arenbergpark. Die Erhaltungsbedingungen im Gegenwartskunstdepot des Österreichischen Museums für angewandte Kunst/Gegenwartskunst Wien, Diplomarbeit, Universität für angewandte Kunst Wien, 2012.
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Dokumentation und Inventarisation Sammlungsdokumentation ist eine grundlegende Aufgabe des Museums. Die Vorgehensweise bei der konservatorischen Bestandsaufnahme, die ein wichtiger Teil davon ist, wird etwa von Gabriela Krist erläutert.46 Erwähnenswert sind außerdem der Band „Inventarisation als Grundlage der Museumsarbeit“ der Landesstelle für die Nichtstaatlichen Museen in Bayern aus dem Jahr 201347 und der „Leitfaden für die Dokumentation von Museumsobjekten“ vom deutschen Museumsbund48 als besonders nützliche und aktuelle Instrumente für die praktische Arbeit. Er gibt vor allem Richtlinien und Vorgehensweisen vor, die nach Bedarf angepasst werden sollten.
Wartung und Pflege in der Denkmalpflege Bei der präventiven Konservierung in der Denkmalpflege handelt es sich nicht um Sammlungspflege im engeren Sinn. Sie umfasst unter anderem Wartungs- und Pflegemaßnahmen und Bestandsaufnahmen, insbesondere von unbeweglichen Objekten. Ein Leitfaden aus dem Jahr der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) beschäftigt sich etwa mit dem Monitoring von Natursteindenkmälern im Außenbereich und stellt geeignete Messmethoden vor.49 Eine Tagung des Schweizerischen Verbandes für Konservierung und Restaurierung (SKR) widmete sich im Jahr 2009 ausschließlich der präventiven Konservierung im Bereich der Baudenkmäler.50 Zum Thema Bestandsaufnahmen gibt es einige Anwendungsbeispiele hier in Wien.51 So wurde etwa im Jahr 2007 das Palmenhaus von Schönbrunn vom Institut für Konservierung und Restaurierung der Universität für angewandte Kunst aufgenommen, um konservatorische und nachhaltige Lösungen für die Sanierung zu ermitteln.52 Weitere Bestandsaufnahmen des Ins46 Krist, G., Bestandsaufnahme – Sammlungsanalyse – Musterrestaurierung, in: Restauratorenblätter 25/2005/Krist, G., Bestandsaufnahme und Zustandsdokumentation, in: Restauratoren-Taschenbuch, München 2003. 47 Henker, M. (Hg.), Inventarisation als Grundlage der Museumsarbeit, Berlin 2013. 48 Deutscher Museumsbund e. V. (Hg.), Leitfaden für die Dokumentation von Museumsobjekten – von der Eingangsdokumentation bis zur wissenschaftlichen Erschließung, Berlin 2011. 49 Auras, M./Meinhardt, J./Snethlage, R. (Hg.), Leitfaden Naturstein-Monitoring. Nachkontrolle und Wartung als zukunftsweisende Erhaltungsstrategien, Stuttgart 2010. 50 Association Suisse de Conservation et Restauration (Hg.), Conservation preventive: pratique dans le patrimoine bâti, Actes du colloque, 3 et 4 septembre 2009, Fribourg 2009. 51 Krist, G., Konservatorisch-restauratorische Bestandsaufnahme als Tool für die Denkmalpflege, in: Theune, C./Walzer, T. (Hg.), Jüdische Friedhöfe, Kultstätte, Erinnerungsort, Denkmal, Wien 2011. 52 Griesser-Stermscheg, M., Das Palmenhaus in Schönbrunn (1882): Die präventive Konservierung eines Gewächshauses in: Krist, G./Griesser-Stermscheg, M. (Hg.), Konservierungswissenschaften heute: Von
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tituts dieser Art beschäftigten sich mit der Ausstattung der Donaufelder Kirche in Wien Floridsdorf53, dem Plenarsaal des österreichischen Parlaments54 , dem 20er-Haus55, der Innenausstattung des Haus Beer von Josef Frank56, der Aquäduktbrücke in Liesing57 oder den Kapellengittern in der Michaelerkirche58.
Neue Herausforderungen Aktuell gibt es zahlreiche neue Herausforderungen für die Sammlungspflege und die präventive Konservierung. Eine davon ist der Trend zu immer mehr Leihverkehr und größere Zugänglichkeit für das Publikum. Mit diesem Thema beschäftigte sich etwa die Tagung des ÖRV im Jahr 2013 unter dem Titel „Kunst unterwegs“. Die Tagungsbeiträge reichen dabei neben Kunsttransporten in der Geschichte, Schäden, Veränderungen und Restaurierungen im Kontext mit der Bewegung des Kulturguts, bis zur Übersiedelungslogistik.59 Eine ungleich dramatischere Herausforderung ist jedoch der Klimawandel und die laufende Dezimierung der vorhandenen Ressourcen auf der Erde. Diese bedenk-
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Objekten, Gemälden, Textilien und Steinen, Wien 2010, S. 221–231/Käferhaus, J./Griesser-Stermscheg, M., Das Palmenhaus in Schönbrunn – tropische Pflanzenwelt in Stahl und Glas, Monitoring, Pflege und Wartung, in: Association suisse de conservation et restauration /SCR (Hg.), Conservation preventive, Pratique dans le domaine du patrimoine bati, Actes du colloque 3et 4 septembre 2009, Friburg 2009, S. 114–120. Griesser-Stermscheg, M., Die Kunstgeschichte ergänzen – Buntmetall und elektrische Glühbirnen: Die Kirchenausstattung der Donaufelder Kirche im Zeichen des Wiener Secessionismus, Wien 2009. Der Plenarsaal des Österreichischen Nationalrats im Parlament (Max Fellerer und Eugen Wörle, 1955/56), in: http://www.parlament.gv.at/ZUSD/PDF/Plenarsaal_Dokumentation_der_Universitaet_ fuer_Angewandte_Kunst.pdf, Zugriff 12.12.2013. Griesser-Stermscheg, M./Wilk, J., Nachkriegsarchitektur dokumentieren: Materialität, Raumlicht und -akustik. Vom Festhalten des Vergänglichen, in: Restauratorenblätter 30/2011, S. 43–50. Wilk, J., Das Haus Beer (1930), Bestandsaufnahme und Erhaltungsstrategien für die Innenausstattung, Diplomarbeit, Universität für angewandte Kunst Wien, 2012/Wilk, J., Das Haus Beer (1930). Ein österreichisches Architekturdenkmal. Bestandsklärung und Erhaltungsstrategien für die Innenausstattung, in: ÖRV-Journal 6/2013. Leiner, S./Mozdyniewicz, M., Die Aquäduktbrücke in Liesing, Wien XXIII Gemeindebezirk. Eine Bestandsaufnahme und die Entwicklung eines Maßnahmenkonzeptes, Diplomarbeit, Universität für angewandte Kunst Wien, 2013. Gollner, I./Pfanner, A., Zwischen Hammer und Amboss – die schmiedeeisernen Kapellengitter der Michaelerkirche in Wien. Eine technologische und konservatorische Bestandsklärung der österreichischen Schmiedekunst vom 17. bis zum 19. Jahrhundert, Diplomarbeit, Universität für angewandte Kunst Wien, 2013. ÖRV (Hg.), Kunst unterwegs, 23. Tagung des Österreichischen Restauratorenverbandes 2012, 30. November – 1. Dezember 2012, Wien 2013.
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lichen Entwicklungen fordern von den Museen sich mit Einsparungen, Nachhaltigkeit und Umweltfreundlichkeit auseinanderzusetzten. Das Museum, als ein Haus der Erhaltung, ist besonders gut als Vorbild geeignet. Nachhaltigkeit beschränkt sich per Definition nicht nur auf Umweltfaktoren, sondern umfasst auch soziale und wirtschaftliche Faktoren. Eine Publikation aus dem Jahr 2008 widmet sich diesem Thema: „The Green Museum. A primer on environmental practice“. Es handelt sich um ein Handbuch für Museumspersonal, das Möglichkeiten aufzeigt, wie Design und Modifizierungen von alltäglichen Vorgängen im Museum zur Nachhaltigkeit und Umweltfreundlichkeit beitragen können. In Fallstudien werden die Vorteile solcher Vorgehensweisen auch aus wirtschaftlicher Sicht dargestellt.60 Das bereits erwähnte Buch „Climate for Collections. Standards and Uncertainties“ stellt ein aktuelles Werk zum Thema dar und gibt einen Überblick über den Stand der Forschung und neue Strategien.61
Fazit Nicht zuletzt aufgrund der aktuellen Nachhaltigkeitsdiskussion werden Sammlungspflege und präventive Konservierung auch in Zukunft immer mehr an Bedeutung gewinnen. Umso wichtiger ist die Rolle der Fachliteratur als Mittel der Wissenskommunikation für die Konservierungswissenschaft. So können die neuesten Erkenntnisse und Errungenschaften in der Praxis umgesetzt und reale Verbesserungen in Museen und Sammlungen erreicht werden. Wichtig ist hier einfachen und schnellen Zugang zu dieser Literatur zu schaffen und auszubauen. Online Publikationen und Plattformen mit Sammlungen von Links und Literaturverweisen können hier wesentlich dazu beitragen.
Literatur Ashley-Smith, J./Burmester, A./Eibl, M., Climate for Collections. Standards and Uncertainties, London 2013. Online: http://www.doernerinstitut.de/downloads/Climate_for_Collections. pdf, update 2013, Zugriff 10.8.2014. Ashley-Smith, J., Risk Assessment for Object Conservation, New York 1999. Association Suisse de Conservation et Restauration (Hg.), Conservation preventive: pratique dans le patrimoine bâti, Actes du colloque, 3 et 4 septembre 2009, Fribourg 2009.
60 Brophy, S./Wylie, E., The green museum. A primer on environmental practice, Lanham 2008. 61 Ashley-Smith, J./Burmester, A./Eibl, M., Climate for Collections. Standards and Uncertainties, London 2013.
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Andreas Lehne
Zur Idee der Prävention in der Denkmalpflege
Abstract The realization of the necessity of preventive restoration emerged from the criticism of the ‘stylistic’ restorations during the era of historicism. Any renewal of their physical make-up destroys the essence of a monument. Only through regular and preventive measures can the authenticity of a historical object be secured. These ideas were formulated by John Ruskin in 1849 and became more widely known to the interested public through the manifest of the ‘Society for the Protection of Ancient Buildings’, which was founded in 1877. Out of these demands the theory of “restauro filologico” developed in Italy, which regarded the monument as an untouchable document. Starting with Camillo Boito’s first Italian Charta del Restauro of 1883 we find these same principles in many texts forming the basis of European monument protection, such as the Charta of Venice of 1964. To fulfil these theoretical demands of regular control and maintenance, institutions have been established during the last few years in individual European countries. They all offer similar services and are sometimes supported by official state institutions.
Zusammenfassung Die Einsicht in die Notwendigkeit der präventiven Konservierung ergab sich aus der Kritik an den (stilistischen) Restaurierungen des Historismus. Erneuerungen seiner physischen Substanz zerstören die Essenz des Denkmals, nur durch regelmäßig durchgeführte präventive Maßnahmen kann die Authentizität eines historischen Objektes gesichert werden. Diese Gedanken wurden 1849 von John Ruskin formuliert, und durch das „Manifest“ der 1877 gegründeten „Society for the Protection of Ancient Buildings“ einem großen Kreis interessierter Personen bekannt. Aus diesen Forderungen entwickelte sich in Italien die Theorie des „restauro filologico“, die das Denkmal als unantastbares Dokument betrachtet. Ausgehend von der ersten italienischen Charta del Restauro von Camillo Boito von 1883 finden sich die Grundsätze in vielen für die europäische Denkmalpflege grundlegenden Texte, wie etwa in der Charta von Venedig von 1964. Um diese
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theoretische Forderung nach regelmäßiger Kontrolle und Wartung auch auf breiter Basis praktisch umzusetzen, haben sich in den letzten Jahren in einzelnen europäischen Ländern Einrichtungen etabliert, die derartige Dienstleistungen anbieten und dabei teilweise von den offiziellen Denkmalschutzinstitutionen unterstützt werden.
Die handwerkliche Tradition Der antike Architekt und Architekturtheoretiker Vitruvius war der Meinung, dass ein Gebäude drei Anforderungen entsprechen sollte: Utilitas (Nützlichkeit), Venustas (Anmut bzw. Schönheit) und Firmitas (Stabilität bzw. Haltbarkeit). Dementsprechend enthalten seine Bücher Anweisungen, wie durch entsprechende bauliche Maßnahmen, von der Orientierung des Gebäudes bis zur Verwendung des geeigneten Baumaterials, dem Verfall vorgebeugt und eine lange Lebenszeit erzielt werden kann. Ähnliche Anweisungen, die teilweise auch Pflegeanleitungen einschließen, gibt es seit alters her für zahlreiche Gewerke und Kunstgattungen: So soll etwa Albrecht Dürer seinen Auftraggebern gegenüber darauf bestanden haben, dass nur er selbst den Firnis auftragen und erneuern dürfe. Es gibt Beispiele für Verträge über die Herstellung von Holzskulpturen im Mittelalter und in der Barockzeit, in der Künstler zu Wartungs- und Reparaturarbeiten verpflichtet wurden. In manchen Gemäldegalerien wurden besonders wertvolle Bilder sogar durch Vorhänge geschützt, um nur für den jeweiligen Betrachter enthüllt zu werden. In seinem Aufsatz „Zur Geschichte der vorbeugenden Konservierung“1 hat Manfred Koller eine Fülle einschlägiger Quellen zusammengestellt und darauf hingewiesen, dass „die Ursachen vieler Schäden in der Nichtbeachtung [derartiger] alter vorhandener Schutzvorkehrungen“ lägen und aus der langen Geschichte der vorbeugenden Restaurierung sowohl „praktische Grundsätze als auch viele Maßnahmen“ weiterhin Gültigkeit hätten2. Schließlich sei das konservatorische Ziel der Vermeidung oder Minimierung von Eingriffen in den Gegenstand nur durch vorbeugende Konservierung zu erreichen.
Die Anfänge einer Theorie der Prävention in England Dieser logisch erscheinende Schritt von der lange geübten, durch schriftlich niedergelegte Verträge, Herstellungs-, Gebrauchs- und Pflegeanleitungen dokumentierten
1 2
Koller, M., Zur Geschichte der vorbeugenden Konservierung, in: Restauratorenblätter 15/1995, S. 27–38. Koller, M., Zur Geschichte der vorbeugenden Konservierung, in: Restauratorenblätter 15/1995, S. 27–38, S. 37.
Zur Idee der Prävention in der Denkmalpflege
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handwerklichen Praxis zur denkmalpflegerischen Theorie ist historisch schwer nachzuvollziehen. Die ersten grundlegenden theoretischen Texte, die sich diesem Thema widmen, sind nämlich nicht aus diesen jahrhundertealten Traditionen entwickelt worden. Sie entstanden vielmehr aus einer geradezu emotionellen Reaktion auf die gewaltsamen Eingriffe, die die „stilistischen“ Restaurierungen des 19. Jahrhunderts mit sich gebracht hatten: “Do not let us talk then of restoration. The thing is a lie from beginning to end“.3schrieb der englische Kunst- und Kulturhistoriker John Ruskin (1819–1900) in seinem 1849 erschienenen architekturtheoretischem Werk „The Seven Lamps of Architecture“, in dem er Grundprinzipien historischer (romanischer und gotischer) Architektur aufstellen wollte – vor dem Hintergrund ihrer systematischen Zerstörung durch „Restaurierungen“, mit denen er auf seinen ausgedehnten Studienreisen durch Frankreich und Italien ständig konfrontiert war. In den sprachlich eindrucksvollsten Formulierungen des sechsten Kapitels „The Lamp of Memory“, in dem es um das Potential der Baukunst geht Vergangenheit zu bewahren, (er hielt die Baukunst in dieser Beziehung für wirkmächtiger als die Dichtkunst) geht es im Wesentlichen um Authentizität. Präventive Maßnahmen sollen dafür sorgen, dass die Einheit von Erscheinung und Substanz möglichst lange gewahrt bleibt: „Take proper care of your monuments, and you will not need to restore them. A few sheets of lead put in time upon the roof, a few dead leaves and sticks swept in time out of a water- course, will save both roof and walls from ruin. Watch an old building with an anxious care; guard it as best you may, and at any cost, from every influence of dilapidation. Count its stones as you would jewels of a crown; set watches about it as if at the gates of a besieged city; bind it together with iron where it loosens; stay it with timber where it declines; do not care about the unsightliness of the aid: better a crutch than a lost limb; and do this tenderly, and reverently, and continually, and many a generation will still be born and pass away beneath its shadow. Its evil day must come at last; but let it come declaredly and openly, and let no dishonouring and false substitute deprive it of the funeral offices of memory.”4 3 4
Ruskin,J., The Seven Lamps of Achitecture, in: https://archive.org/stream/1920sevenlampsof00ruskuoft /1920sevenlampsof00ruskuoft_djvu.txt, Zugriff 8. 12. 2013, S. 205. Ebenda, S. 205–206. Übersetzung nach Wilhelm Schoelermann, 1900: „Kümmert euch um eure Denkmale und ihr werdet nicht nötig haben, sie wiederherzustellen. Einige Bleiplatten beizeiten auf ein Dach gelegt, ein paar Blätter und Zweige rechtzeitig aus einem Abflussrohr entfernt, werden sowohl Dach wie Mauer vom Verderben retten. Bewacht ein altes Bauwerk mit ängstlicher Sorgfalt; bewahrt es so gut wie möglich und um jeden Preis vor dem Zerfall. Zählt seine Steine wie Edelsteine einer Krone; stellt Wachen ringsherum auf, wie an den Toren einer belagerten Stadt; bindet es mit Eisenklammern zusammen, wo es sich löst, stützt es mit Balken, wo es sich neigt; kümmert euch nicht um die Unansehnlichkeit solcher Stützen: besser eine Krücke als ein verlorenes Glied. Tut dies alles zärtlich und ehrfurchtsvoll und unermüdlich und noch manches Geschlecht wird unter seinem Schatten entstehen, leben und wieder vergehen. Sein letzter Tag muss einmal kommen; aber lasst ihn offen und unzweifelhaft sein, und lasst keine Entwürdigung und falsche Herstellung ihn noch der letzten Totenehren berauben, die Erinnerung ihm erweist!“.
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Man mag sich vielleicht fragen, wie Ruskin, den wir uns als feinsinnigen und wohl auch ein wenig weltfremden Intellektuellen vorstellen, zu diesen sehr handgreiflichen Beispielen vom Ausflicken der Bleideckungen und der Reinigung der Entwässerungsrinnen kommt. Das hängt wohl damit zusammen, dass Ruskin die alten Bauten vor Ort mit so großer Sorgfalt beobachtet und dokumentiert hat, wie kaum jemand nach ihm: „Den Küstern nordfranzösischer Kirchen war er noch Jahrzehnte nach dem Exkursionsjahr 1848 als derjenige Fremde in Erinnerung, der am längsten und am gründlichsten ihre Bauwerke untersucht hat.“5 Im Gegensatz zu Ruskins Selbsteinschätzung – er betrachtete die Mission, die er mit seinem Text verfolgt hat, als gescheitert6 – hatte sein Buch eine ungeheure Wirkung. Es erschien nicht nur in unzähligen Auflagen und Übersetzungen, sondern mündete in einen der ersten programmatischen und appellativen Grundsatztext zur Denkmalpflege, der bis heute Gültigkeit hat. Der Text stammt von Ruskins Landsmann William Morris (1834–1896), der, eine halbe Generation jünger und mit einer vergleichbaren Vielfalt von intellektuellen und sprachlichen Fähigkeiten ausgestattet, zusätzlich über unternehmerische Tatkraft und organisatorisches Talent verfügte. Von Ruskins Ideen angestachelt und angesteckt gründete Morris 1877 die heute noch aktive „Society for the Protection of Ancient buildings“ (SPAB), deren Mitglieder sich auch heute noch durch ihre Unterschrift zu dem von Morris in einem „Manifest“ niedergelegten Grundsätzen bekennen müssen. Der vorletzte Absatz dieses Textes lautet: “It is for all these buildings, therefore, of all times and styles, that we plead, and call upon those who have to deal with them, to put Protection in the place of Restoration, to stave off decay by daily care, to prop a perilous wall or mend a leaky roof by such means as are obviously meant for support or covering, and show no pretence of other art, and otherwise to resist all tampering with either the fabric or ornament of the building as it stands; if it has become inconvenient for its present use, to raise another building rather than alter or enlarge the old one; in fine to treat our ancient buildings as monuments of a bygone art, created by bygone manners, that modern art cannot meddle with without destroying.”7 5 6
7
Kemp, W., Nachwort zum Reprint, in: Ruskin, J., Die sieben Leuchter der Baukunst, Faksimile Ausgabe der deutschen Übersetzung von 1900, Dortmund 1994, S. I–XX, S. I, S. VI. Im Vorwort zur dritten Auflage schrieb Ruskin: „Eigentlich wollte ich dieses Buch nicht wieder neu auflegen, da es das nutzloseste von allen Büchern geworden ist, die ich je veröffentlicht habe. Die Bauten, die es mit soviel Freude beschreibt, wurden entweder abgerissen, oder sie wurden abgekratzt und entstanden in Glätte und Glanz neu, was tragischer ist als der völlige Verlust.“ (Siehe: Kemp, W., Nachwort zum Reprint, in: Ruskin, J., Die sieben Leuchter der Baukunst, Faksimile Ausgabe der deutschen Übersetzung von 1900, Dortmund 1994, S. I–XX, S. IV) SPAB, The Manifesto, in: http://www.spab.org.uk/what-is-spab-/the-manifesto/, Zugriff 21.11.2013. Übersetzung: „Wir wollen uns für die Gebäude aller Epochen und Stile einsetzen und an die dafür Ver-
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Die SPAB beschränkte ihre Aktivitäten nicht nur auf Großbritannien. Nach heutigem Sprachgebrauch würde man sie als international tätige NGO bezeichnen. So setzte sie sich etwa vehement gegen die (stilistische) Restaurierung der West-Front von San Marco in Venedig ein, indem sie eine Petition mit über 1000 Unterschriften an das italienische Unterrichtsministerium schickte. Die Diskussion um die Restaurierung von San Marco wurde zu einem wichtigen Ausgangspunkt für die Überwindung der Ideologie der Restaurierung in Italien8. Einer der wesentlichen Protagonisten dafür war Tito Vespasiano Paravicini (1832–1899), einer der ItalienKorrespondenten der SPAB. Parravicini hielt den archäologischen Approach für vorbildlich, die Idee also, dass ein Denkmal in erster Linie eine historische Quelle darstelle und daher einer philologisch zu analysierenden Urkunde entspreche, die keinesfalls verfälscht werden dürfte. Aus dieser Vorstellung, die Paravicini zwischen 1879 und 1881 in mehreren Aufsätzen publizierte, entwickelte sich die Idee des Restauro filologico, die in einer der ersten offiziellen Empfehlungen ihren Niederschlag fand. 1883 publizierte der Architekt und Schriftsteller Camillo Boito (1836–1914) anlässlich des 4. Kongresses der Ingenieure und Architekten in Rom einen Text, der in der Folge vom italienischen Unterrichtsministerium angenommen wurde und heute als die erste italienische „Charta del Restauro“ gilt. Er beginnt mit folgender Bemerkung: “Considerando che i monumenti architettonici del passato non solo valgono allo studio dell architettura, ma servono, quali documenti essenzialissimi, a chiarire e ad illustrare in tutte le sue parti la storia del vari popoli e di vari tempi e percio vanno rispettati e serbati con iscrupulo religioso, appunto come documenti in cui una modificazione anche lieve, la quale possa parere opera originaria trae in inganno e conduce via via a deducione sbagliate und folgert daraus unter anderem. I monumenti architettonici, quando sia dimostrato incontestabilmente la necessità di porvi mano, devono venire piuttosto consolidate che riparati, piuttosto riparati che restaurati.”9.
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antwortlichen appellieren, Schutz an die Stelle von Restaurierung zu setzen, Verfall durch tägliche Pflege zu verhindern, eine gefährdete Wand zu stützen oder ein undichtes Dach auszubessern, mit einfachen Mitteln, wie sie eben zum Stützen und Dachdecken gedacht sind, ohne künstlich etwas vorzutäuschen; und auch sonst allen Versuchungen zu widerstehen, an der bestehenden Substanz und dem Schmuck des Hauses herumzupfuschen. Und wenn das Gebäude nicht mehr verwendet werden sollte, eher ein neues zu errichten, als das alte zu verändern oder zu vergrößern. Schließlich unsere alten Bauten wie Denkmäler einer vergangenen Kunstepoche zu behandeln, als Schöpfungen einer anderen Kultur, in die sich moderne Kunst nicht einmischen kann, ohne sie zu zerstören.“ Siehe: Jokilehto, J., A History of Architectural Conservation, Oxford 1999, S. 198ff. Zitiert nach: Di Biase, C., Camillo Boito, in: Casiello, S., (Hg.), La cultura del restauro, Venedig 1996, S. 146–159. Übersetzung : „Wenn man bedenkt, dass die Architekturdenkmale der Vergangenheit, nicht nur für das Studium der Architektur wertvoll sind, sondern als besonders wichtige Dokumente mit allen ihren Teilen dazu dienen, die Vergangenheit der verschiedenen Völker und Zeiten zu erklären und zu veranschaulichen, dann müssen sie mit religiöser Skrupelhaftigkeit respektiert und erhalten werden.
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Aus diesen Forderungen ergibt sich zwar nicht expressis verbis aber doch zwischen den Zeilen spürbar die Präferenz für kontinuierliche Erhaltungsmaßnahmen, was dann in der folgenden italienischen Charta del Restauro von 1932 ausdrücklich formuliert wird: „che al di sopra di ogni altro intento debba la massima importanza attribuirsi alle cure assidue di manutenzione e alle opere di consolidamento, volte a dare nuovamente al monumento la resistenza e la durevolezza tolta dalle menomazioni o dalle disgregazioni.“10 Während sich also für Italien die Beeinflussung der modernen Restaurierungsdoktrin durch die englischen Vordenker nachweisen lässt (was hier natürlich nur in extrem verkürzter Form geschehen konnte), lässt sich eine ähnliche Abhängigkeit für Österreich nicht ohne weiteres behaupten. Ziemlich sicher scheint, dass der Wiener Kunsthistoriker Moritz von Thausing über die italienische Philosophie der philologischen Restaurierung informiert war. In dem in der Neue Freie Presse vom 26. April 1882 unter dem humorvollen, auf die damalige, die Weinkulturen bedrohende Reblausseuche bezugnehmenden Titel „Phylloxera renovatrix“ erschienenen, polemischen Artikel gegen geplante (stilistische) Restaurierungen am Stephansdom verwendet der Autor jene Metapher vom Baudenkmal als historische Quelle, wie sie von Paravicini entwickelt worden war, in dem er den Dom selbst sprechen lässt: „Ohne prahlen zu wollen, bin ich die ehrwürdigste aller Urkunden, die ihr habt.“11 In Wien dürfte man mit den italienischen Fachkollegen und der italienischen Sprache eher vertraut gewesen sein als mit dem Diskurs in England. Ruskins „Seven Lamps of Architecture“ wurde erst im Jahr 1900 ins Deutsche übertragen und es stellt sich die Frage, ob Alois Riegl, der österreichische Autor des grundlegenden Theoriewerks „Der Modernen Kult der Denkmalpflege“12 Ruskin gelesen hat und ob Genauso wie Dokumente, bei denen auch nur eine geringe Änderung, die wie das originale Werk erscheinen könnte, zu einer Täuschung führt und schließlich zu falschen Schlüssen verleitet… Wenn sich unbestreitbar die Notwendigkeit ergeben sollte, Hand an Architekturdenkmale zu legen, dann sollten sie eher konsolidiert als repariert, eher repariert als restauriert werden.“ 10 Zitiert nach: Carta del Restauro 1932, in: http://www.inforestauro.org/carta-del-restauro–1932. html?start=1, Zugriff 17.11.2013. Übersetzung: „Vor jedem anderen Vorhaben muss der meiste Wert auf die kontinuierliche Bemühung um Erhaltung und auf Konsolidierungsmaßnahmen gelegt werden, um dem Denkmal wieder jene Widerstandsfähigkeit und Dauerhaftigkeit zurückzugeben, die ihm durch Schäden und Auflösungserscheinungen genommen worden sind.“ 11 Thausing lässt den Dom fortfahren: „und so wenig als ihr ohne zu freveln an dem Pergamente einer alten Urkunde einen Theil, wäre es auch ein Schreibfehler oder nur ein unrichtiger Buchstabe ausradiren und eurer Meinung gemäß renoviren dürft, so wenig dürft ihr ohne dringende Noth an meinem Gewande, das die Handschrift eurer Vorfahren trägt, etwas verändern, wegnehmen oder ersetzen“ (Siehe: Thausing, M., Phylloxera renovatrix (Wiener Kunstbriefe) in: Neue Freie Presse, Wien, 26 April 1882.) 12 Riegl, A., Der moderne Kult der Denkmalpflege, Wien 1903. Es ist hier nicht der Ort das komplexe Theoriengebäude Riegls näher zu erläutern. Sie dazu u. A.: Bacher, E. (Hg.), Kunstwerk oder Denkmal, Alois Riegls Schriften zur Denkmalpflege, Wien 1995.
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der von Riegl geprägte Begriff des „Alterswerts“ von dessen Ideen (mit fast einem halben Jahrhundert Verspätung) beeinflusst war. Für Riegl gilt der Primat des Alterswerts (der nach diesem komplexen Gedankengebäude allerdings mit anderen Denkmalwerten konkurriert), dessen konsequente Berücksichtigung bedeutet, das Denkmal den zerstörenden Kräften der Natur zu überantworten und weder restaurierend noch konservierend zu intervenieren. Allerdings sieht Riegl hier präventive Maßnahmen als interessante Ausnahme vor: „Es ist aber sogar nicht selten die Möglichkeit gegeben, dass der Alterswert selbst den von ihm so grundsätzlich verpönten Eingriff der Menschenhand in den Lebenslauf eines Denkmals fordern muß. Es trifft dies dann zu, wenn das Denkmal einer vorzeitigen Zerstörung durch die Naturkräfte, einer enorm raschen Auflösung seines Organismus zu verfallen droht. Wenn man zum Beispiel wahrnimmt, daß an einem bisher wohlerhaltenen Fresko an der Außenwand einer Kirche neuerdings jeder Regen einen Teil herunterwäscht, so daß das Fresko unter unseren Augen in kürzester Frist zugrunde zu gehen droht, wird sich heute auch ein Anhänger des Alterswertes der Anbringung eines Schutzdaches über dem Fresko nicht wohl widersetzen können, wenngleich dies zweifellos einen hemmenden Eingriff der modernen Menschenhand in den selbstständigen Lauf der Naturkräfte fordert.“13 Wir sehen hier, dass Riegl mit dieser „Erlaubnis“ präventive Maßnahmen durchzuführen, Ruskins Devise „better a cruch than a lost limb“ recht nahe kommt. Max Dvořak (1874–1921), Riegls Nachfolger im Amt des Generalkonservators, hat dessen Ansätze aufgenommen, aber auch abgewandelt und vor allem im Hinblick auf den „Alterswert“ relativiert14 . In seinem Band „Katechismus der Denkmalpflege“15, der ja anders als Riegls „Denkmalkultus“ nicht als theoretische Abhandlung sondern als ein appellativer, an die breite Öffentlichkeit gerichteter Text konzipiert war, finden sich sowohl grundsätzliche Maximen, als auch unter dem Titel „Einige Ratschläge“ (Kapitel VI) praktische Hinweise zum Umgang mit historischem Kulturgut, die auf routinemäßige Kontroll- und Pflegemaßnahmen abzielen. So heißt es im Abschnitt über die „Erhaltung alter im Gebrauch stehender Gebäude“ etwa, dass diese „eine ständige Fürsorge [erforderten], durch die in vielen Fälle weitgehende Restaurierungen vermieden werden können. Und weiter: Zeit und Abnutzung bringen es mit sich, dass bei alten Gebäuden fast immer etwas auszubessern ist. Fußböden werden ausgetreten, Fenster und Türrahmen verwittern, der Verputz fällt ab. Man darf nicht warten bis der Schaden einen großen 13
Riegl, A., Der moderne Denkmalkultus, in: Rosenauer, A. (Hg.), Klassische Texte der Wiener Schule der Kunstgeschichte, Bd. 5, Wien 1996, S. 163. 14 Siehe: Scarrocchia, S., Denkmalpflege und Moderne: Die Lehre Max Dvořaks, in: Dvořak, M., Schriften zur Denkmalpflege, Gesammelt und kommentiert von Sandro Scarrocchia, Studien zu Denkmalschutz und Denkmalpflege Bd. XXII, Wien 2012, S. 23–120. 15 Dvořak, M., Katechismus der Denkmalpflege, Wien 1915.
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Umfang angenommen hat, da durch rasche Behebung kleiner Schäden große abgewendet, Kosten gespart und die Denkmäler in gutem Zustand erhalten werden können.“16 Es konnte also gezeigt werden, dass die Theorie der präventiven Konservierung sich aus der Ablehnung der verfälschenden Restaurierungspraxis des 19. Jahrhunderts entwickelt hat. Als Basis jeder sinnvollen, auf Substanzerhaltung zielenden Denkmalpflege hat sie dann (bisweilen allerdings, wie etwa bei Riegl mehr implizit als explizit) Eingang in viele der frühen grundlegenden Texte gefunden und schließlich wurde sie auch in manche der einschlägigen jüngeren internationalen Charten und Empfehlungen aufgenommen. So enthält etwa die noch auf eine Initiative des Völkerbundes zurückgehende Charta von Athen aus dem Jahr 1931 im zweiten Abschnitt den Hinweis, dass im Denkmalschutz nun die Tendenz vorherrsche, „auf vollständige Wiederherstellungen zu verzichten…sowie durch regelmäßige Instandsetzungsmaßnahmen die Erhaltung der Bauwerke zu gewährleisten.“17 Auch die vor allem wegen ihrer Forderung, ein „ergänzendes Werk“ hätten „den Stempel unserer Zeit zu tragen“ so häufig zitierte Charta von Venedig18 von 1964 enthält im Abschnitt über die Erhaltung an erster Stelle (Artikel 4) die ebenso lapidare wie kategorische (allerdings eher selten zitierte) Feststellung „Die Erhaltung der Denkmäler erfordert zunächst ihre dauerhafte Pflege.“ Ähnliche Formulierungen finden sich auch in zahlreichen anderen einschlägigen Texten, beispielsweise auch in der Empfehlung des Europarates „Zum Schutz des baulichen Erbes gegen Naturkatastrophen“ von 1993, wo es heißt: „Die Eigentümer der aufgelisteten Objekte sollten verpflichtet werden, ihren Besitz in gutem Zustand zu erhalten; dies sollte mit Hilfe von Untersuchungen der Bausubstanz, der Durchführung regelmäßiger Wartungs- und Reparaturpläne und Risikoeinschätzungen erfolgen“19. Abschließend könnte man die Frage stellen, warum, wenn die Sinnhaftigkeit präventiver Maßnahmen schon vor so langer Zeit erkannt und auf ihre Notwendigkeit in so vielen einschlägigen Texten hingewiesen wurde, noch immer viel zu wenig auf diesem Gebiet geschieht? Die Antwort lautet wohl, weil es sich bei der Routine von regelmäßigen Inspektionen und kleinen Ausbesserungsarbeiten um „Schattenarbeit“ handelt. Um Arbeit, die ungeheuer wichtig ist, die sich aber in der Öffentlichkeit schlecht „verkaufen“ lässt. Verkaufen lassen sich in letzter Minute durchgeführte dramatische Ret-
16 Ebenda, S. 40–41. 17 Charta von Athen (1931), in: Deutschen Nationalkomitees für Denkmalschutz (Hg.), Denkmalschutz – Texte zum Denkmalschutz und zur Denkmalpflege, Bd. 52, Bonn 1996, S. 13. 18 Charta von Venedig (1964), in: Deutschen Nationalkomitees für Denkmalschutz (Hg.), Denkmalschutz – Texte zum Denkmalschutz und zur Denkmalpflege, Bd. 52, Bonn 1996, S. 55–56. 19 Empfehlung zum Schutz des baulichen Erbes gegen Naturkatastrophen, Straßburg, 2. März 1993, in: Deutschen Nationalkomitees für Denkmalschutz (Hg.), Denkmalschutz – Texte zum Denkmalschutz und zur Denkmalpflege, Bd. 52, Bonn 1996, S. 240–243.
Zur Idee der Prävention in der Denkmalpflege
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tungsmaßnahmen, verkaufen lassen sich große Investitionen, verkaufen lassen sich bedauerlicherweise auch architektonisch spektakuläre Adaptierungen und Ergänzungen, die das Denkmal verfremden, seine Integrität verletzen und heute mindestens ebenso viel Schaden anrichten wie die „stilistischen“ Restaurierungen des 19. Jahrhunderts. Die stille Kultur der alltäglichen Obsorge und Pflege wird dagegen geringgeschätzt. Verantwortungsvolle und ökonomisch kluge ImmobilienbesitzerInnen bzw. -verwalterInnen haben seit jeher derartige Inspektionen und „Servicearbeiten“ durchführen lassen, doch war dies ihrer Initiative und Voraussicht überlassen. Erst in den letzten Jahrzehnten haben sich in einzelnen europäischen Staaten Institutionen etabliert, die derartige Kontrollmaßnahmen als Dienstleistung anbieten. Eine erste derartige, zunächst als Verein tätige Gesellschaft wurde 1973 in den Niederlanden unter dem Namen „Monumentenwacht“ gegründet. Nach ihrem Vorbild entstanden ähnliche Organisationen in Belgien, Dänemark (Center for Bygningsbevaring), Ungarn (Mameg) und einigen deutschen Bundesländern (etwa „Monumentendienst“ in Niedersachsen oder „Denkmalwacht“ in Brandenburg und Berlin). Das Grundprinzip ist überall dasselbe: Die Mitgliedschaft ist freiwillig, die Organisation bietet Inspektionen an, die in regelmäßigen Intervallen von entsprechend geschultem Fachpersonal durchgeführt werden. Das Ergebnis der Untersuchungen wird in Berichten festgehalten, in denen Reparaturmaßnahmen vorgeschlagen werden. Kleinere Arbeiten können dabei unmittelbar von den MitarbeiterInnen der Organisation durchgeführt werden. In einigen Ländern hat sich die ressourcen- und denkmalsubstanzsparende Tätigkeit dieser Betriebe so bewährt, dass sie von den staatlichen Denkmalschutzbehörden unterstützt werden. Das kann soweit gehen, dass Denkmalpflege-Subventionen nur an EigentümerInnen ausbezahlt werden, die diesen Monumentenwacht-Institutionen beigetreten sind. An sich kein absurder Gedanke. Wenn der Staat (auch finanziell) Mitverantwortung für die Erhaltung von privaten Kulturgütern übernimmt, dann ist es nur konsequent, wenn er das Recht in Anspruch nimmt, auf präventiven Servicemaßnahmen zu bestehen. So ist es inzwischen in einzelnen Ländern gelungen, einen Schritt von der Theorie in die Praxis zu machen und Institutionen zu schaffen, mit deren Hilfe der vernünftige aber oft nur abstrakte Wunsch nach Prävention in einem System von Durchsetzung und Kontrolle verwirklicht und auf diese Weise Denkmal-Pflege im ursprünglichen, eigentlichen Wortsinn betrieben werden kann. Der Begriff bezeichnet heute ja die gesamte praktische Tätigkeit der staatlichen Denkmalinstitutionen, die hauptsächlich daraus besteht, von außen herangetragene Veränderungsbegehren zu administrieren (Management of Change) und weniger damit, präventive Maßnahmen zu propagieren oder zu unterstützen. Monumentenwacht-Institutionen könnten daher in ihren Bemühungen, den EigentümerInnen bei aktiven Erhaltungsmaßnahmen zur Seite zu stehen auch wesentlich zur Bewusstseinsbildung für die Anliegen wahrer Denkmal-Pflege beitragen.
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Raumdekorationen und Wandmalerei. Die Bedeutung von Wartung, Monitoring und Evaluation als Grundlage präventiver Konservierung
Abstr act Together with an inadequate room climate, the migration of harmful salts in the plaster and masonry of historical walls and interiors continues to be among the traditional conservation problems that must be dealt with again and again. The destructive potential, which is directly related to the prevailing structural and climatic conditions, often instigates the initial approach to considering conservation. Naturally, when building elements such as floors and brickwork have contact to the ground, they will be affected by substance damaging moisture and salt problems. In order to control these problems, scheduled maintenance and care is required. This task of preventive conservation is not possible without preceding evaluation and monitoring. Combining the phenomenological evaluation of a handed-down condition with the systematic analysis of previous measures and concepts, as well as the present status, is a scientific task performed by competent personnel, whereby the concrete requirements of maintenance can be defined. In this article, the themes of maintenance, monitoring and evaluation as well as their history and importance for monuments will be discussed against the background of practical monument care and demonstrated with actual case studies.
Zusammenfassung Zu den traditionellen, immer wieder neu zu lösenden Erhaltungsproblemen historischer Wand- und Raumgestaltungen gehören neben den unzulänglichen Raumklimata die in Putz und Mauerwerk eingewanderten bauschädlichen Salze. In direkter Abhängigkeit von den baulichen Verhältnissen und den jeweiligen klimatischen Bedingungen bildet das daraus resultierende Zerstörungspotential meist den primären Ansatz für bestandserhaltende Überlegungen. Naturgemäß sind bei entsprechender baulicher Disposition bzw. Gebäudegeometrie vor allem erdberührte Bauteile wie Böden und Mauerwerk von substanzschädigenden Feuchte- und Salzproblemen betroffen. Um diese Probleme zu
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kontrollieren, bedarf es planmäßiger Wartung und Pflege. Diese Aufgaben der präventiven Konservierung sind ohne vorausgegangene Evaluation und ohne grundlegende Vorkenntnisse lieferndes Monitoring nicht möglich. Diese Verknüpfung der phänomenologischen Bewertung eines überkommenen Zustandes mit der systematischen Analyse aller vormaligen Maßnahmen und Konzepte und des bestehenden Status versteht sich als eine wissenschaftliche Aufgabenstellung, die von kompetentem Personal durchgeführt werden muss. So kann das konkrete Anforderungsprofil der Wartung erst definiert werden. In diesem Beitrag sollen nun die Themen der Wartung, des Monitoring und der Evaluation sowie ihre Geschichte und Bedeutung im Bereich der wandfesten Denkmale erörtert und vor dem Hintergrund praktischer Denkmalpflege mit Fallbeispielen anschaulich gemacht werden.
Wartung Im Allgemeinen wird unter Wartung das regelmäßige, sorgfältige, fachmännische Gewartetwerden einer „Betrachtungseinheit“ verstanden.1 Sie soll eine möglichst lange Lebensdauer und geringen Verschleiß der gewarteten Objekte gewährleisten. Wartung ist im Laufe der Geschichte kein neues Thema. Eine der frühesten schriftlichen Erwähnungen des Prinzips der Wartung findet sich bei Filarete (ca. 1400–1469) in seiner architekturtheoretischen Abhandlung „Trattato di architettura“. Er schreibt, dass ein Gebäude krank würde, wenn man es nicht versorge und pflege, es würde nach und nach verfallen wie ein Mann ohne Nahrung.2 Diese Darstellung ist zweifellos dem Wissen um die natürliche Alterung von Baumaterial geschuldet. Sinnbildlich wird vorgeführt, dass baulicher Verfall ein von Menschen herbeigeführtes Problem sein kann, das sich nur durch geplantes Eingreifen verhindern lässt.3 1 2
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Wartung, in: Duden, Deutsches Universalwörterbuch, 6. Auflage, Mannheim 2007. „L’edificio si ammala quando non mangia, quando cioe non è mantenuto, e viene scadendo a poco a poco, come fa proprio l‘uomo quando sta senza cibo, e poi si casca morto.“, aus: Averlino, A./Il Filarete, Trattato di architettura, libro I, 1461–1464, herausgegeben von A. M. Finoli, Mailand 1972, S. 30–31, zit. nach: Lamberini, D./Belli, G./Marinai, A./Migliori, A., L’architetto e il cantiere della manutenzione. Note critiche di storia e prassi, in: Biscontin, G. (Hg.), Bilancio e prospettive: atti del Convegno di studi, Bressanone, 5–8 Luglio 1994, Padova 1994, S. 431–437, S. 433. Der italienische, Filarete zitierende Text, setzt sich mit der Rolle von Architekten auseinander, die mit denkmalpflegerischen Aufgaben betraut sind. Darin wird nicht nur empfohlen, Wartung als unverzichtbaren Bestandteil von Restaurierungen vorzusehen, sondern es wird darüber hinaus die Ansicht vertreten, dass die konstante Erhaltung eines Baudenkmals die Aufgabe kompetenter Architekten sei. Siehe: Lamberini, D./Belli, G./Marinai, A./Migliori, A., L’architetto e il cantiere della manutenzione. Note critiche di storia e prassi, in: Biscontin, G. (Hg.), Bilancio e prospettive: atti del Convegno di studi, Bressanone, 5–8 Luglio 1994, Padova 1994, S. 431–437.
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Werden bauhistorische Analysen auch als „Erkenntnisquelle“ verstanden, wird deutlich, dass „das Bewusstsein für Vorkehrungen zum richtigen Bauerhalt (…) seit Jahrtausenden entwickelt (ist)“, schreibt Koller.4 Bereits in Vitruvs „De Architectura Libri Decem“, die bedeutendsteQuellenschrift zur antiken Architektur, finden sich Textpassagen, die auf eine Auseinandersetzung mit klimatischen Problemen, wie Wind, Luft, Sonne und Feuchte, schließen lassen. Dies legt etwa Steckner in seinem Buch zu Baurecht und Bauordnung bei Vitruv dar und resümiert, dass man das von Vitruv beschriebene Bauwesen als „Bauphysik oder Bauklimatik“ bezeichnen könne.5 Auch Petzet und Mader verweisen auf „Denkmalschutzverordnungen seit der römischen Kaiserzeit“, auf eine „nie abgerissene ‚denkmalpflegerische’ Tradition des üblichen Bauunterhalts“ bis hin zu Karl Friedrich Schinkels (1781–1841) Memorandum zur Erhaltung aller Denkmäler und Altertümer (1815).6 Koller wiederum belegt, dass das Errichten von Doppelwänden „als Maßnahme gegen feuchte oder versalzte Mauern“ schon seit der Antike bekannt war und weist auf bauphysikalische Überlegungen und Maßnahmen vom 15. bis zum 20. Jahrhundert hin.7 In der einschlägigen Quellenliteratur des 18. Jahrhunderts dienten Empfehlungen zur überlegten Bauplatzsuche oder zur bewussten Materialauswahl nicht nur der Sicherstellung von Bequemlichkeit, sondern auch der Vermeidung reparaturanfälliger Baufehler. So warnt Leonhard Christoph Sturm vor allzu „unnützem Mauerwerk“ und verwinkelten Dachformen, welche nicht „dicht können gedecket werden als mit Bley oder Kupffer und auch dabey nicht wohl gehörig können in acht genommen werden.“8 In Davilers „Anleitung zur Civil-Baukunst“ findet sich folgender Wartungshinweis in Bezug auf Dachziegel: „weil sie (…) offt brechen/und reparirens brauchen/so 4
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Das gilt fünfzehn Jahre nach dieser Feststellung noch weit mehr: Koller, M., Zur Vorgeschichte von Salzbelastungen am Denkmal, in: Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege (Hg.), Salzschäden an Wandmalereien, Arbeitshefte des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege, Band 78, München 1996, S. 11–14, S. 11. Steckner, C., Baurecht und Bauordnung – Architektur, Staatsmedizin und Umwelt bei Vitruv, in: Knell, H./Wesenberg, B. (Hg.), Vitruv-Kolloquium, 17./18. Juni 1982, Technische Hochschule Darmstadt, THD Schriftenreihe Wissenschaft und Technik 22, Darmstadt 1984, S. 259–277, S. 265. Die Darstellungen Steckners werden aber kontrovers diskutiert. Petzet, M./Mader, G., Praktische Denkmalpflege, Stuttgart 1993, S. 13–23. Koller, M., Zur Vorgeschichte von Salzbelastungen am Denkmal, in: Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege (Hg.), Salzschäden an Wandmalereien, Arbeitshefte des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege, Band 78, München 1996, S. 11–14, S. 11. Bemerkenswert ist hier auch der Verweis auf die Fassadenmalerei in Venedig bzw. Genua: „In Venedig ist praktisch nichts mehr an historischen Fassadenmalereien in situ erhalten. (…) Dagegen befinden sich in Genua noch über ein Dutzend Fassaden in ganzer Fronthöhe in situ und werden jetzt nacheinander mit Paraloid imprägniert. Die Erfolge und Probleme werden wir im Laufe der nächsten Jahrzehnte noch beobachten können.“ Sturm, L. C., Vollständige Anweisung Grosser Herren Palläste, starck bequem nach den Reguln der antiquen Architectur…Wobey zugleich Von Marställen…Insonderheit aber Von Fürstlichen Lust=Gärten ausführliche Anweisung geschiehet. Augspurg 1718, S. 20–21.
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ist es vor Bürger besser/daß sie dem Dachdecker eine gewisse Summe geben und eindingen/allezeit zu repariren/damit sie nicht allezeit davor sorgen dürffen.“9 Schon im 17. Jahrhundert scheint sich in England eine systematischere Wartungspraxis oder Wartungskultur zu entwickeln wie sie sich in frühen Handbüchern zum „Housekeeping“, oder auch in den Instruktionen des „Housekeeping Book“ (1776–1789) von Susanna Whatman (1753–1814)10 widerspiegelt und heute im „Manual of Housekeeping“ des National Trust (2011)11 weiterhin tradiert ist., John Ruskin (1819–1900) formulierte in „The Seven Lamps of Architecture“ in der Mitte des 19. Jahrhunderts nicht nur zukunftsweisende denkmalpflegerische Sichtweisen, sondern dringt in seinen Überlegungen darüber hinaus auch auf eine pflegende Erhaltung von Baudenkmalen.12 Eine Abhandlung über Ursachen verschiedener Baumängel mit Maßnahmenempfehlungen von Wilhelm Günther Bleichrodt (1784–1857)13, zeugt bereits 1824 von einem geschärften Bewusstsein für dieses Thema und – gepaart mit ursächlichen Erklärungsversuchen und Wartungsvorschlägen – von dem Bedürfnis der theoretischen Erörterung. Der unmittelbare Erfolg derartiger Bemühungen einer Kunstpflege war von den organisatorischen Fähigkeiten, vom handwerklichen Geschick und von der wohlüberlegten Sorgfalt des mit den Wartungsaufgaben befassten Personenkreises abhängig, der jedoch über sehr unterschiedliches Einfühlungsvermögen und zunächst eher selten über die entsprechende Qualifikation zur Pflege von Kunstgut verfügte. Man denke nur an feuchte Staubbeseitigung auf Polimentvergoldungen oder die unzweckmäßigen Bemühungen zur Reinigung von Wandmalereien oder die im Bereich erdnaher Wandflächen im 19. 9 Daviler, A. C., Ausführliche Anleitung zu der ganzen Civil-Baukunst, Augsburg 1725, S. 235. 10 Whatmann, S., Susanna Whatman. Her Housekeeping Book (1776–1789), in: Staniforth, S. (Hg.), Historical Perspectives on Preventive Conservation, Readings in Conservation, The Getty Conservation Institut, Los Angeles 2013, S. 50–55. 11 The National Trust (Hg.), Manual of Housekeeping. The care of collections in historic houses open to the public, National Trust Books, London 2011. 12 Ruskin, J., The Seven Lamps of Architecture, London 1849, the Lamp of Memory, chap. 6 (no. 10, 18, 19, 20), in: No. 19: „Take proper care of your monuments, and you will not need to restore them. A few sheets of lead put in time upon the roof, a few dead leaves and sticks swept in time out of a water-course, will safe both roof and walls from ruin. Watch an old building with an anxious care; guard it as best you may, and at any cost, from every influence of dilapidation…“. Siehe: Stanley Price, N./Kirby Talley, M./Melucco Vaccaro, A., Historical and Philosophical Issues in the Conservation of Cultural Heritage, Readings in Conservation, Los Angeles 1996, S. 322–323/Reichensperger, A., Einige Andeutungen in Bezug auf die Restaurationen geschichtlicher Baudenkmäler (1845), in: Huse, N. (Hg.), Denkmalpflege. Deutsche Texte aus drei Jahrhunderten, München 1996, S. 96–99. 13 Bleichrodt, W. G., Theoretisch-praktische Abhandlung über die Ursachen der Feuchtigkeit in den Gebäuden, über Schwamm, Salpeterfraß und Angabe der Mittel, diese Uebel aus den Gebäuden zu entfernen. Nebst Notizen und gesammelten Erfahrungen über die zweckmäßigste Construction der Abtritte zur Vermeidung des üblen Geruchs, so wie über den Bau der Schornsteine, Oefen und Feuerungs-Anlagen überhaupt, Ilmenau 1824.
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Jahrhundert einsetzenden, zementgebundenen Putzerneuerungen bzw. –reparaturen, die ein erhebliches Zerstörungspotential darstellten.14 Erst mit dem erweiterten, zunehmend auf wissenschaftlicher Basis beruhenden Wissen gegen Ende des 19. Jahrhunderts konnten die chemisch-physikalischen Zusammenhänge und Wechselwirkungen der Malmaterialien untereinander und insbesondere zwischen Baumaterial, Standort- und Umgebungsbedingungen oder Feuchtigkeit und Klima verständlich gemacht werden. Erst damit sind die Voraussetzungen gegeben, daß sich in einschlägigen Zeitschriften wie den „Technischen Mitteilungen für Malerei“ (ab 1884), der „Tonindustrie Zeitung“ (ab 1876/77), in „Die Denkmalpflege“ (ab 1899) sowie dem „Zentralblatt der Bauverwaltung“ (ab 1881) und ab 1926/27 der „Zeitschrift für Denkmalpflege“ vermehrt spezifische, bauphysikalisch relevante Beiträge finden. Exemplarisch sei in diesem Zusammenhang auf Erklärungen und Abhandlungen in den „Technischen Mitteilungen für Malerei“15 verwiesen, wo beginnend mit dem ersten Jahrgang 1884 neben aktuellen Problemen der Farbenfabrikation entsprechend dem Kenntnisstand eben auch Bauphysik thematisiert wurde.16 In Verbindung mit der „Restaurierung der Hofgartenarkaden in München“ hielt August Wilhelm Keim (1851–1913) im Polytechnischen Verein am 17. November 1884 einen kritisch formulierten Vortrag über den Zustand und die Instandsetzung der Arkadenpfeiler, der die bauphysikalischen Mängel und konzeptionellen Fehlleistungen bei der Pflege der ca. 1829 entstandenen Arkaden und deren freskaler Bemalungen deutlich machte. Für die Reparaturen sollten die von Keim entwickelten und propagierten Mineralfarben zur Anwendung kommen. Den Vortrag schließt er mit der zukunftsweisenden Bemerkung, dass bei Restaurierungen notwendigerweise mit der nötigen Gründlichkeit in der Untersuchung der Ursachen des Verfalles vorzugehen sei.17
14 Diese Putzerneuerungen und –reparaturen setzten seit der Erfindung, Produktion und dem Gebrauch von Portlandzement (1824/1844) ein. Siehe: Danzl, T./Exner, M./Rüber-Schütte, E. (Hg.), Wandmalereien in Krypten, Grotten, Katakomben. Zur Konservierung gefasster Oberflächen in umweltgeschädigten Räumen, ICOMOS Hefte des Deutschen Nationalkomitees LVI, Halle 2013. 15 Die „Technischen Mitteilungen für Malerei“, 1884 von August Wilhelm Keim (1851–1913) gegründet, waren „Offizielles Organ der Deutschen Gesellschaft zur Beförderung rationeller Malverfahren.“ Diese Zeitschrift verstand sich zudem als „Technisches Central-Organ für Kunst- und Dekorationsmaler, Architekten, Baumeister, Fabrikanten, Techniker, sowie für die gesamte Farben-Industrie“, das mit der sogenannten „I. Versuchsanstalt für Malerei, sowie Prüfungs- und Auskunftsstelle für Erhaltung und Wiederherstellung von Gemälden“ zusammenarbeitete. Siehe: Keim, A. W., Ueber Maltechnik. Ein Beitrag zur Beförderung rationeller Malverfahren, Leipzig 1903. 16 Z. B: Über die Verwitterung der Bausteine, Technische Mitteilungen für Malerei, 28/1887, S. 7. In diesen Mitteilungen finden sich 1889 auch Bemerkungen über Verwitterung, Baufeuchte, Baumaterial usw., später gleichfalls: Zur Erhaltung der Denkmäler, Technische Mitteilungen für Malerei 142&143/1892, S. 69/Bestimmung der Wandfeuchtigkeit, in: Technische Mitteilungen für Malerei 154&155/1892, S. 162. 17 Keim, A. W., Restaurierung der Hofgartenarkaden in München, in: Technische Mitteilungen für Malerei 4/1885, S. 3–4.
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Keim hat immer versucht, seine Überzeugungen auch in die Praxis umzusetzen. Etwa acht Jahre nach den benannten baulichen Aktivitäten in den Hofgartenarkaden in München war die Überarbeitung bzw. Erneuerung der ursprünglich freskal ausgeführten Wandbilder beschlossen worden. Unter direkter Anleitung von Keim sollten diese reproduzierenden Arbeiten in der Keim’schen Mineralfarbentechnik erfolgen. Nach so vielen, durch mangelhafte Umsetzung enttäuschenden Ergebnissen der silikatischen Maltechnik auf Putz plante Keim hier, zusammen mit Wilhelm Lindenschmit d. J. (1829–1895) die Tauglichkeit seiner das Fresko ersetzenden Technologie exemplarisch unter Beweis zu stellen.18 Auf sein Ansuchen wurde wegen „Nichtberücksichtigung technischer Vorschriften“ ein Gutachten „…über die Temperatur- und Feuchtigkeitsverhältnisse der Außenluft unter besonderer Berücksichtigung ihres Einflusses auf die Mauerfeuchtigkeit“ erstellt.19 Die von Keim ausführlich kommentierte Untersuchung dürfte eine der frühesten wissenschaftlichen, die klimatische Abhängigkeit des silikatischen Abbindungsprozesses aufzeigenden Erörterungen gewesen sein und beeinflusste sowohl die Baustellen- wie die Beratungspraxis, aber wohl auch die Verfahrensweise der Pflege von Mineralmalereien.20 Der Hinweis auf die Anfänge systematischer Bauphysik soll im Rahmen der Ausführungen deutlich machen, dass die heutige Wartungspraxis von Kunstwerken als angewandte Wissenschaft eine eigene Entwicklungsgeschichte aufweist, die synchron mit der Entwicklung der Naturwissenschaften verlaufen ist und weiterhin verlaufen wird. Insbesondere die quantitative und qualitative Wissenserweiterung über Kunsttechniken und Materialien hat sich in den letzten Jahrzehnten für die präventive Konservierung nicht nur als hilfreich, sondern als unentbehrlich erwiesen. Für die Sicherstellung einer effizienten Wartung von Kunstwerken müssen die Parameter der substantiellen Beschaffenheit sowie der Einfluss des jeweiligen Standortes bekannt sein. Von größter Bedeutung waren und sind hierbei die Forschungen über natürliche Alterungsprozesse und die bauphysikalischen Ursachen von Veränderungen und Zerfall. Diese gehen einher mit immer komplexeren Analysen, Mess- und Kontrollmethoden.21 18
„…, dass es Herrn Keim bis jetzt noch nie möglich gemacht worden ist, sein eigenes Malverfahren ganz rein darzustellen,…“ usw., aus : Keim, A. W., Ueber Mal-Technik, Leipzig 1903, S. 165. 19 Technische Mitteilungen für Malerei 161/1893, S. 216–220 und 162/1893, S. 234–237. Diese „Bemerkungen…“ von Privatdozent Dr. Erk sind außerordentlich ausführlich; die Temperaturverläufe werden mit Diagrammen visualisiert. Siehe auch Keim, A. W., Ueber Mal-Technik, Leipzig 1903, S. 168. 20 Diese Verfahrensweisen umfassen beispielsweise Einhausung der Arbeitsstellen an der Wand. Der berechtigte Anspruch an eine systematische Vorgehensweise war vor allem der Erfahrung geschuldet, dass maltechnisches Unverständnis und mangelnde Umsicht immer wieder zu desaströsen Ergebnissen geführt hatten und die Akzeptanz der Keim’schen Mineralmalerei untergrub. Siehe: Keim, A. W., Ueber Mal-Technik, Leipzig 1903/Pursche, J., Betrachtungen zur Malerei mit Alkalisilikaten. Geschichte, Maltechnik und Restaurierung, in: Mineralfarben. Beiträge zur Geschichte und Restaurierung von Fassadenmalereien und Anstrichen, Zürich 1998, S. 53–66. 21 Auf diesem Gebiet war ein wichtiges Forschungsprojekt des Bundesministers für Forschung und Tech-
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Monitoring und Evaluation Eine erfolgreich vorbeugende Wartung und Pflege architekturgebundener Kunstwerke und historischer Architektur ist heute eigentlich nicht mehr denkbar ohne systematische Dauerbeobachtung. Derartige als Monitoring bezeichnete Überwachungen werden generell messtechnisch gestützt durch Klimakontrollen und durch die Überwachung der Dynamik von Konstruktion und Material der Bauwerke. Von spezifischem Interesse ist die Verhaltensweise der Malerei-Oberflächen oder auch von Farbfassungen, weil sie am empfindlichsten reagieren können auf Verschmutzung, thermo-hygrische Einwirkung sowie mikrobiologische Belastung. Es bedarf aber nicht allein der messtechnischen Instrumentierung, sondern der Interpretation der Messergebnisse, um Veränderungsprozesse zu definieren, Schäden zu prognostizieren und mögliche Verluste vermeiden zu können. Als maßgebliche Arbeitshilfe für derartige Vorgehensweisen zählt neben einem Monitoring auch die Evaluation, die sich ebenso als kritisch-fachgerechte Untersuchung und Bewertung zugrundeliegender Konzepte wie abgeschlossener bzw. noch in Arbeit befindlicher Projekte versteht. Nur kritische Analysen eignen sich als solide Grundlage zur Definition modifizierter Parameter für eine dauerhaft wirksame Prävention. In den folgenden Ausführungen werden, besonders mit Blick auf historische Entwicklungen, Monitoring und Evaluation als sich ergänzende Aktivitäten behandelt. Denn das sinnvolle Monitoring an einem Bauwerk oder in einem Gesamtkunstwerk bzw. an einer Wandmalerei bedarf umfassender Detailkenntnisse (Standort, Klima, Material, Kunstund Maltechnik, konstruktive Zusammenhänge). Zu deren Bereitstellung ist in der Regel auch die Einschätzung des Vorzustands erforderlich, der ja in den meisten Fällen von vorangegangenen Interventionen geprägt und hinsichtlich potentieller Schadensfaktoren zu prüfen ist, also evaluiert werden sollte.22 Vom 18. Jahrhundert ausgehend hatten sich im Verlaufe des 19. Jahrhunderts traditionelle Produktionsweisen und Produktionsmittel geändert, mit tiefgreifenden als „indusnologie mit dem Titel „Schäden an Wandmalereien und ihre Ursachen“. Siehe: Möller, H.-H., (Hg.), „Wandmalerei-Schäden“, Arbeitshefte zur Denkmalpflege in Niedersachsen Nr. 8, Hannover 1990 und Segers-Glocke, C., et al. (Hg.), Forschungsprojekt Wandmalerei-Schäden, Arbeitshefte zur Denkmalpflege in Niedersachsen Nr. 11, Hannover 1994, hier beispielsweise B. Rösch, H./Schwarz, H.-J., Mineralogische und anorganisch-chemische Untersuchungen zur Klärung der Schadensursachen an romanischen Wandmalereien, S. 104–114. Bedauerlicherweise ist es bislang zu keiner Gesamtauswertung und Publikation der Ergebnisse dieses Projektes gekommen. 22 Siehe: Teeken, S./Wander, A., Möglichkeiten und Durchführung der Evaluation konservatorisch-restauratorischer Arbeiten an Wandmalereien in Lübeck. Versuch einer kritischen Qualifizierung als Baustein zur Nachhaltigkeit und Prävention unter mikrobiologischen Aspekten, Masterarbeit, Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst HAWK Hildesheim/Holzminden/Göttingen, 2009.
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trielle Revolution“ bezeichneten Umbildungen von Technik und Wissenschaft. Dieser Prozess wirkte sich sowohl auf die Vermarktung als auch auf die Qualität und die Verarbeitung verschiedenster Produkte aus, mit Konsequenzen für deren Dauerhaftigkeit sowie Reparaturfähigkeit. So wundert es nicht, dass mit dem beginnenden Industriezeitalter das effiziente Streben nach neuen Technologien und Materialien in der Bautechnik, in der Kunst und im Handwerk nicht nur erfreuliche Ergebnisse hervorbrachte. Das ließ mitunter MaterialPrüfungen zweckmäßig erscheinen, die in vielerlei Hinsicht einer Evaluation glichen.23 Verwiesen sei hier beispielshalber auf eine „Prüfung von Baumaterialien“ am eidgenössischen Polytechnikum in Zürich24 mit Angabe der Prüfmethoden sowie der Resultate, oder auf eine vergleichende Recherche über die Verwitterung von Bausteinen.25 Bekanntermaßen war der einzigartige Wechsel zur industriellen Herstellung neuer Malmaterialien und Farbmittel26 von eklatanten Misserfolgen und Irritationen begleitet. Speziell die Fabrikation künstlicher mineralischer bzw. organischer Farbmittel und Farbstoffe erlangte aus heutiger konservatorisch-restauratorischer Sicht spektakuläre Bedeutung, weil diese Produkte ungeachtet ihrer chemisch-physikalischen Stabilität auch in anspruchsvolle Kunst- und Dekorationstechniken Eingang fanden. Das machte im ausgehenden 19. Jahrhundert eine nahezu systematische Bewertung von Malmaterialien notwendig. Am deutlichsten werden diese Probleme in den aufschlussreichen Beiträgen und Schriften von Adolf Wilhelm Keim (1851–1913) offengelegt, wie in den Ausführungen oben dargelegt. Keim war technischer Chemiker und beschäftigte sich eingehend mit der Chemie der Farbmittel. In München lebend, wurde ihm nicht nur die Optimierung der als „Stereochromie“27 bekannt gewordenen Wandmalerei mit 23 Siehe u.a.: Koller, M., Wandmalerei der Neuzeit, Kap. 5, Maltechniken im 19. und 20. Jahrhundert, in: Knöpfli, A./Emmenegger, O./Koller, M./Meyer, A. (Hg.), Reclams Handbuch der künstlerischen Techniken, Wandmalerei Mosaik, Stuttgart 1990, S. 347–348, S. 348: „…Die zahlreichen Nachrichten über mangelnde Haltbarkeit von Wandgemälden im 19. Jh. zeigen jedenfalls, daß mit der raschen technischen Entwicklung die handwerklich-künstlerische Beherrschung der eingesetzten Materialien oft nicht schritthalten konnte.“ 24 Technische Mitteilungen für Malerei 4/1885, S. 5 (auch: Technische Mitteilungen für Malerei 28/1887, S. 7), Text übernommen aus den Mitteilungen der Anstalt zur Prüfung von Baumaterialien am eidgenössischen Polytechnikum Zürich 1/2/1884: 1. Methoden und Resultate der Prüfung natürlicher und künstlicher Bausteine, 2. Methoden und Resultate der Prüfung schweizerischer Bauhölzer der natürlichen und künstlichen Bausteine bzw. schweizerischen Bauhölzer. 25 Vgl. Anmerkung 16. 26 Siehe: Dingler’s Polytechnisches Journal LXXXIII/1856, S. 351–365, erforscht durch: Pietsch, A., Material, Technik, Ästhetik und Wissenschaft der Farbe 1750–1850. Eine produktionsästhetische Studie zur Blüte und zum Verfall der Malerei in Deutschland am Beispiel Berlin, in: Kunstwissenschaftliche Studien 179/2014. 27 Die Stereochromie wurde von Johann Nepomuk von Fuchs und Josef Schlotthauer entwickelt. Ausführlich in: Dingler’s Polytechnisches Journal LXXXIV/1856, S. 365–392/Dingler’s Polytechnisches Journal
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Wasserglasbindung, sondern speziell auch die Fortentwicklung und Verbesserung der mineralischen Farbpigmente zur Lebensaufgabe. Er hatte den Verfälschungen und dem Verschnitt der Künstlerfarben durch minderwertige, industriell hergestellte Farbmittel den Kampf angesagt.28 Seine emphatisch vorgetragenen Ausführungen dokumentieren die fast schmerzlich empfundene Notlage, in welcher er die seinerzeitigen Maltechniken wusste. Schon in der ersten Ausgabe der Technischen Mitteilungen für Malerei sah er sich veranlasst, über „Verschiedene Mängel in der Kunst- und Dekorationsmalerei…“ zu berichten. Er war überzeugt, „daß zu einer wirklichen Besserung und Abhülfe der großen Übelstände, welche thatsächlich auf dem Gebiete unserer modernen Maltechniken herrschen, in allererster Linie die Erkenntnis des Übels erforderlich ist…“ und dass es allein die Technik sei, „durch welche wir den Geist und den Gedanken des Künstlers, das Kunstwerk der Nachwelt, welche sicher ein heiliges Anrecht auf dasselbe hat, überliefern können.“ Darüber hinaus stellte er fest, dass das „Schmieren und Fälschen“ an Farben und Malmitteln sich nicht allein auf die teuren Materialien des Künstlers erstrecke, „sondern auch auf die des Dekorations- und Zimmermalers, wie des einfachen Anstreichers und Tünchers.“29 Ziemlich ernüchternd mutet das Szenario an, das Keim in seiner Publikation „Ueber Maltechnik“ aus dem Jahr 1903 schließlich erfahrbar macht. Die bedenklichen Missstände auf dem Gebiet der Maltechnik waren ein Anlass für die Gründung der Zeitschrift „Technische Mitteilungen für Malerei“ gewesen, die als offizielles Organ der „Deutschen Gesellschaft zur Beförderung rationeller Malverfahren“ fungierte und technischen Rückhalt in der „1. Versuchsanstalt für Malerei …“ fand.30 C/1856, S. 427–444. Die Ausführungen beziehen sich u. a. auf „Fixierungs-Wasserglas“, auf „Eigenschaften und Verhalten“ sowie „Wand- oder Monumentalmalerei auf Mörtelgrund (Stereochromie)“. Siehe: Pursche, J., Betrachtungen zur Malerei mit Alkalisilikaten. Geschichte, Maltechnik und Restaurierung, in: Mineralfarben. Beiträge zur Geschichte und Restaurierung von Fassadenmalereien und Anstrichen, Zürich 1998, S. 53–66. 28 Insbesondere die industrielle Produktion von Farb- und Bindemitteln entwickelte sich nicht nur zum Segen namentlich der Kunst- und Dekorationsmalerei; dazu zählte beispielsweise das „Schönen“ minderwertiger Pigmente mit Anilinfarben, deren Entdeckung 1834 Friedlieb Ferdinand Runge zurückgeht. Die Produktion organischer Farbstoffe begann etwa ab 1856 und erst 1880 gelang die Synthese des Indigos. 29 Keim, A. W., Verschiedene Mängel in der Kunst- und Dekorationsmalerei, Technische Mitteilungen für Malerei 1/1884, S. 3: „Wir halten es für einen großen Fehler, daß, statt auf die Reinheit und Echtheit der Farbe zu achten, im Allgemeinen zu viel auf ihre momentane Brillanze gesehen wird, welche letztere ja doch beim Verarbeiten durch Mischungen wieder gebrochen werden muß und die, wenn sie blos durch Färbemittel erzeugt wird, ebendaher in kurzer Zeit verschwindet. …“. Auch die Anfragen an den „Briefkasten der Redaktion“ mit den dazu gehörenden Antworten oder die Kommentare in „Verschiedene Mitteilungen“ zeugen von der den neuen Materialien geschuldeten Verunsicherung. 30 Ausführlich vorgetragen und berichtet in: Keim, A. W., Ueber Maltechnik. Ein Beitrag zur Beförderung rationeller Malverfahren, Leipzig 1903. Bemerkenswerterweise wird in dieser Publikation auch die Rolle des Staates erörtert, der hinsichtlich der jährlichen Ausgaben für den Ankauf von Gemälden und als Be-
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Aus heutiger Sicht tragen die kritischen Abhandlungen und zusammenfassenden Berichte in Keims Zeitschrift und Publikationen alle Merkmale einer Evaluation der bestehenden mangelhaften und unbefriedigenden Zustände, deren Analyse und differenzierte Darstellung die Grundlagen für Verbesserungen und Erneuerung schuf. Das „Europäische Denkmalschutzjahr 1975“31 hatte zweifellos zu rationalerem Denken und zu mehr Besonnenheit im Umgang mit Bau- und Kunstdenkmälern inspiriert und sich insbesondere auf die Arbeit der praktischen Denkmalpflege ausgewirkt.32 Bei der Fülle denkmalpflegerischer Maßnahmen solle nicht vergessen werden, schreibt Michael Petzet zum 75-jährigen Bestehen der Bayerischen Denkmalpflege 1983, dass es eigentlich darauf ankäme, dass solche Maßnahmen möglichst selten und am besten überhaupt nicht notwendig wären. „Denn jede Maßnahme bedeutet ja notgedrungen auch Verluste“. Als zukunftsweisendes Modell sollten angesichts der komplexer werdenden Umweltprobleme die „Wartungsverträge mit freien Restauratoren“ zu größerer Geltung gelangen, zumindest für einzelne, besonders gefährdete Ausstattungsstücke wie der Lorenzkirche in Nürnberg. Dadurch würden Gefahren für die Kunstwerke frühzeitig entdeckt, „kleine Anfangsschäden Jahr für Jahr ohne besonderen Aufwand behoben und auf lange Sicht größere Restaurierungsmaßnahmen überflüssig.“ Das Modell der Wartungsverträge sei aber nicht auf die allgemeine Baudenkmalpflege übertragbar. Dort gelte „eigentlich das Prinzip des ständigen Bauunterhalts, der Instandhaltung, die große Instandsetzungsmaßnahmen auf längere Sicht überflüssig macht.“33 Nun haben sich zwischenzeitlich die technischen Möglichkeiten für Kontrolle und Messung, Wartung und Monitoring jedoch so umfassend verbessert und erweitert, dass auch im Bereich der Baudenkmalpflege und der zugehörigen Kunstwerke komplexe Wartungs- und Beobachtungsaufgaben wahrgenommen werden könnten. Spätestens seit den 1980er Jahren starteten dann große, teilweise länderübergreifende Projekte, die darauf abzielten, die konservierungstechnischen Möglichkeiten sitzer großer Gemäldesammlungen an bleibenden Werten interessiert sein (!) und zur Wahrung stabiler Malverfahren beitragen sollte (S. 377–378). Aktuell dazu siehe: Kinseher, K., „Womit sollen wir malen?“ Farben-Streit und maltechnische Forschung in München. Ein Beitrag zum Wirken von Adolf Wilhelm Keim, München 2014. 31 1972 startete zuvor als Initiative der UNESCO die „Welterbekonvention“. 32 Bauerhaltende Reparaturmaßnahmen hatten zwangsläufig schon immer bewahrenden und im Einzelfall eben denkmalpflegerischen Charakter, was aber im 19. Jahrhundert erst mit der Gründung der sogenannten „Generalinspektionen“ in Frankreich, in Bayern und in Preußen oder der „K.k. Zentralkommission für Kunst und Historische Denkmale“ in Österreich begrifflich auch so formuliert wurde. Die konkreten Begrifflichkeiten und die weitgehend genormte Zuordnung der für „Wartung und „Monitoring“ relevanten Dienste und Arbeiten sind aber der Entwicklung in den letzten Jahrzehnten geschuldet. 33 Petzet, M., 75 Jahre Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege, in: Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege (Hg.), Denkmalpflege in Bayern. 75 Jahre Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege, Arbeitshefte des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege Nr. 18, München 1983, S. 7–39, S. 34.
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der systematischen Erhaltung des architektonischen Erbes sowie der darin integrierten Raumkunstwerke bzw. Wandmalereien auszuloten und darzulegen.34 Das mag einer der Gründe sein, dass in den letzten Jahrzehnten die Zahl spezieller, sich mit der Wartungsproblematik und präventiven Erhaltungsprogrammen auseinandersetzenden Tagungen bzw. Tagungsbeiträgen zugenommen hat. Die auf denkmalpflegerischer, naturwissenschaftlicher oder konservierungswissenschaftlicher Ebene zu dieser Thematik geführten Diskurse und die spezifischen Veröffentlichungen lassen ein ernsthaftes und nachdrückliches Herangehen an diesen Aufgaben- und Problemkreis erkennen. Von musealer Sammlungspflege einmal abgesehen,35 fließen in die denkmalpflegerischen Erhaltungskonzepte vermehrt Überlegungen ein, deren Ansatz in der „präventiven Konservierung“ liegt, einer konzeptionellen Vorgehensweise also, die den historischen Bestand, welcher Art auch immer, nicht nur temporär gesichert wissen will, sondern durch optimierte Rahmenbedingungen, durch Beobachtung und Kontrolle, durch gezielte Reparatur und punktuelles Intervenieren eine langfristige, kostenminimierte Erhaltung sicherzustellen bemüht ist. Auf einige der grundlegenden Publikationen zu diesem Thema soll hier zunächst verwiesen werden. In der einschlägigen Literatur oder in Form von Berichten, Projektunterlagen und Kongressakten, sogar als Norm oder Richtlinie existieren schon seit vielen Jahren (!) Empfehlungen, Merkblätter und Anleitungen sowie gesetzlich verankerte Vorgaben36, die die Erhaltung des Kulturerbes, den Umgang mit „kulturhistorischen Objekten“37 sowie die Arbeit der Denkmalämter betreffen. Aus der mittlerweile vielsprachigen Flut der Publikationen, die grundsätzlich oder objektbezogen der Erhaltung von jeweils nationalem Kulturerbe bis hin zum Weltkulturerbe gewidmet sind, lässt sich eine erstaunliche Vielzahl spezieller Beiträge zur präventiven Konservierung und Wartungsproblematik herausfiltern, die insgesamt zur Kenntnis zu nehmen und auszuwerten ein eigenes, gleichwohl sehr sinnvolles Projekt wäre. Das Prinzip der Wartung wird erstmals 1964 in der Charta von Venedig verankert: „Article 4. It is essential to the conservation 34 Forschungsprojekte des Bundesministeriums für Forschung und Technologie (BMFT) zum Steinzerfall bzw. Wandmalereizerfall; auch die EUROCARE-Projekte. 35 Die vergleichbare Problemstellung in Sammlungen, Museen, Archiven, Depots usw. wird an anderer Stelle der vorliegenden Publikation diskutiert. 36 Wissenschaftlich-Technische-Arbeitsgemeinschaft für Bauwerkserhaltung und Denkmalpflege e.V. (Hg.), WTA Merkblatt, Klima und Klimastabilität in historischen Bauwerken I: Einführung, Merkblatt 6–12, Ausgabe: 07.2011/D, Stuttgart 2011/Martin, D. J./Krautzberger, M., Handbuch Denkmalschutz und Denkmalpflege einschließlich Archäologie. Recht, fachliche Grundsätze, Verfahren, Finanzierung, 3. Auflage, München 2010. 37 Verein Deutscher Ingenieure (Hg.), VDI-Richtlinie 3798 Blatt 1, Untersuchung und Behandlung von immissionsgeschädigten Werkstoffen, insbesondere bei kulturhistorischen Objekten, Ausgabe 1989–12, überprüfter Status.
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of monuments that they be maintained on a permanent basis.“38 Gleichfalls programmatisch wird 1979 die Veranlassung von „Pflege und Vorsorgemaßnahmen“ als Grund für die institutionelle Einschaltung der Fachbehörde für Denkmalpflege verstanden 39 und 1982 wird postuliert, dass „wertvolle und gefährdete Kunstgegenstände“ eigentlich ständig von einem Fachrestaurator beobachtet werden sollten, es lohne sich die vorbeugende Beaufsichtigung kostbaren Kulturgutes, die mit Hilfe eines „Wartungsvertrages“ sicher gestellt werden könne.40 1998 resümiert M. Kühlenthal, dass über das denkmalpflegerische Tagesprogramm hinaus auch die konsequente Verwirklichung einer Forderung angesagt sei, die schon 1963 von Cesare Brandi erhoben, aber erst im letzten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts intensiver in die Diskussion gebracht worden wäre: „die Forderung nach Pflege, Wartung und Prävention. (…) Damit ist ebenso die Pflege von Kunstwerken gemeint, die noch in einem guten Zustand bewahrt oder bereits restauriert worden sind wie die umsichtige Vermeidung möglicher Gefahren und die Sicherung günstiger Existenzbedingungen, um keine Schäden mehr entstehen zu lassen. Das bedeutet, dass Kunstwerke nicht erst dann unsere Zuwendung verdienen, wenn sie geschädigt oder entstellt sind.“41 Als Ausgabe der bayerischen „Denkmalpflege Informationen“ wurden 2002 dann „Empfehlungen zur Instandhaltung von Baudenkmälern und ihrer Ausstattung“ herausgegeben.42 Auch hier wird wieder „bei reicher und wertvoller Ausstattung“ der Abschluss eines Wartungsvertrags mit einem qualifizierten Restaurator empfohlen und nahegelegt, dass man auch nach einer abgeschlossenen Instandsetzung ein Gebäude und seine Ausstattung nicht sich selbst überlassen, „sondern das Ergebnis der Instandsetzung durch kontinuierliche Pflege und Wartung möglichst lange erhalten“ solle. Diese Empfehlungen waren als „grundsätzliche Anleitung für den mit Baudenkmälern unmittelbar 38 ICOMOS (Hg.), International Charters for Conservation and Restoration, Monuments and Sites I, Paris 2004, S. 37. 39 Hier – stellvertretend für gleichartige Schriften vieler Denkmalämter und mit Denkmalpflege befasster Institutionen – am Beispiel des Bayerischen Landesamtes durchgespielt: Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege (Hg.), Konservierung Restaurierung Renovierung, Arbeitshefte des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege Nr. 6, München 1979, S. 7. 40 Dietrich, D., Der Kirchenbau und seine Ausstattung. Hinweise für Pfarrer, Kirchenvorsteher, Kirchenpfleger und Mesner, Arbeitshefte des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege Nr. 13, München 1982, S. 34. 41 Kühlenthal, M., Die Restaurierung der Restaurierungen, in: Böning-Weis, S./Hemmeter, K., Langenstein, Y. (Hg.), MONUMENTAL Festschrift für Michael Petzet, Arbeitsheft 100, Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege, München 1998, S. 313–323, S. 320–321. 42 Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege (Hg.), Denkmalpflege Informationen, Vorsorge, Pflege, Wartung. Empfehlungen zur Instandhaltung von Baudenkmälern und ihrer Ausstattung, Ausgabe A 88, Oktober 2002, München 2002. An der Formulierung war in kooperativer Weise die „Arbeitsgruppe Restaurierung der Vereinigung der Landesdenkmalpfleger in der Bundesrepublik Deutschland“ beteiligt.
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befassten Laien gedacht.“, das heißt, sie beruhten auf den klassischen Aktivitäten der Vorsorge und Inspektion, was aber immer die Abhängigkeit vom persönlichen Interesse und von der individuellen Wahrnehmungsfähigkeit der beauftragten Laien bedeutet. In einem eigenen Kapitel wird Vorsorge und Pflege aktuell definiert: „Zur Vorsorge gehören präventive Schutzmaßnahmen, die Gefahren abwenden und die Entstehung von Schäden verhindern sollen.“ Und: „Pflege ist in umfassendem Sinne als stetige Bemühung zu verstehen, Schäden zu verhüten und zu begrenzen mit dem Ziel, die materielle Existenz der Baudenkmäler und Kunstwerke zu verlängern.“ Schließlich wird festgestellt, dass „Beobachtung und Pflege die Denkmäler schont und gleichzeitig die wirtschaftlichste Erhaltungsmaßnahme ist. Gut und laufend gepflegte Gebäude und Ausstattungen verursachen geringere Unterhalts- und Restaurierungskosten.“43 Beigefügt waren neben einem Wartungsvertrag-Vordruck verschiedenartige Wartungs-Checklisten. Auf internationaler Ebene wurden 2003 durch die 14. Generalversammlung von ICOMOS „Grundsätze für die Erhaltung und Konservierung/Restaurierung von Wandmalereien“ beschlossen, in denen zwar nicht explizit Wartung und Pflege angesprochen, aber in Artikel 4 die Bedeutung von „präventiver Konservierung, Instandhaltung und Management“, hervorgehoben wird: „Das Ziel präventiver Konservierung ist es, günstige Bedingungen im Umfeld zu schaffen, um den Zerfall zu minimieren, unnötige konservatorische Eingriffe zu vermeiden und so die Lebensdauer von Wandmalereien zu verlängern. Ein angemessenes Monitoring und die Kontrolle der Umgebung sind wesentliche Elemente der präventiven Konservierung (…)“.44 Und in einer der letzten Ausgaben von „Monuments and Sites“, um eine weitere ICOMOS-Schrift heranzuziehen, werden Wartung/Instandhaltung, Reparatur und Stabilisierung als wesentliche Aspekte vorbeugender und umsichtiger Erhaltung eingestuft. Schließlich sind auch Vorsorgemaßnahmen gegen Katastrophen und Unfälle einbezogen, als Teil kontinuierlicher Wartung, die das Überleben eines Denkmals garantieren.45 43 Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege (Hg.), Denkmalpflege Informationen, Vorsorge, Pflege, Wartung. Empfehlungen zur Instandhaltung von Baudenkmälern und ihrer Ausstattung, Ausgabe A 88, Oktober 2002, München 2002, S. 10. 44 ICOMOS Deutschland/ICOMOS Luxemburg/ICOMOS Österreich/ICOMOS Schweiz (Hg.), Monumenta I, Internationale Grundsätze und Richtlinien der Denkmalpflege, Victoria Falls 2003, S. 191– 192. Siehe hier auch die gleichzeitigen „Grundsätze zur Analyse, Konservierung und Restaurierung der Baustruktur von Denkmälern, 3. Sanierungsmaßnahmen und Kontrollen, 3.21. Während und nach dem Eingriff sind Überprüfungen und langfristige Kontrollen durchzuführen, um seine Wirksamkeit zu belegen.“, S. 203. 45 Petzet, M., International Principles of Preservation, in: Monuments and Sites XX/2009/Lieske, H./ Schmidt, E./Will, T., Hochwasserschutz und Denkmalpflege, Stuttgart 2012/TU Dresden, Hochwasserschutz für historische Städte. Integration denkmalpflegerischer Belange in wasserbauliche Schutzkonzepte, Internationale Fachtagung in Dresden, 13.–14.06.2014, in: www.flood-heritage–2014.de, Zugriff 16.9.2014, update 1.8.2014.
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Bezeichnenderweise setzte in Italien seit den 80er Jahren eine durchaus entschlossen wirkende Debatte zur Pflege und Wartung von Kunstdenkmälern ein. Schon 1945 hatte Cesare Brandi in seiner systematischen Abhandlung „Carmine o della pittura“ die „allgemeine Notwendigkeit vorbeugender Maßnahmen für die Erhaltung von Kunstwerken erwähnt“46, bevor er 1964 in der „Teoria del restauro“ einem „damals wie heute sehr innovativen Konzept: der präventiven Restaurierung“ ein Kapitel widmet.47 Eine systematische Auseinandersetzung mit diesen spezifischen Erhaltungsprogrammen lässt sich wohl am deutlichsten in Italien erkennen. Seit 1985 werden in Bressanone jährliche Tagungen mit dem übergreifenden Motto „Scienza e Beni Culturali“ organisiert und publiziert. In den mittlerweile neunundzwanzig, thematisch ausgerichteten „ATTI del convegno…“48 wurden seither aus unterschiedlichen Blickwinkeln konservatorische und restauratorische Themenstellungen der Denkmalpflege erörtert, hauptsächlich objektbezogene Abhandlungen beispielsweise über Wartung49, Evaluation50 oder Prävention51, neben Themen zur Reversibilität oder zur Behandlung von Architekturde46 Brandi, C., Theorie der Restaurierung, herausgegeben, aus dem Italienischen übersetzt und kommentiert von Ursula Schädler-Saub und Dörthe Jakobs, ICOMOS Hefte des Deutschen Nationalkomitees XLI, München 2006, Glossar: „restauro preventivo“, S. 167. 47 Brandi, C., Theorie der Restaurierung, herausgegeben, aus dem Italienischen übersetzt und kommentiert von Ursula Schädler-Saub und Dörthe Jakobs, ICOMOS Hefte des Deutschen Nationalkomitees XLI, München 2006, S. 29. Brandi versteht unter „präventiver Restaurierung“ aber nicht nur die heutige „präventive Konservierung“, oder Prävention, „sondern er spricht von präventiver Restaurierung, weil er vom Kunstwerk nicht nur materiellen, sondern auch ästhetischen Schaden fernhalten will.“. 48 Scienza e Beni Culturali, Atti del convegno di Studi Bressanone, a cura di Guido Biscontin e Guido Driussi, Padua (1985–1995) und Venezia (1996 ff ). 49 Pesenti, S., L’evoluzione storica del concetto di manutenzione. L’esperienza fiorentina negli interventi del secondo ottocento, in: Bicontin, G./Driussi, G. (Hg.), Ripensare alla manutenzione. Ricerce, progettazione, materiali, tecniche per la cura del costruito, Scienza e Beni Culturali XV. 1999, Atti del Convegno di Studi Bressanone, Venezia 1999, S. 177–185. 50 Barucco, P., Il restauri del Ninfeo di Genazzano. Verifica di tre interventi conservativi del XX secolo, in: Bicontin, G./Driussi, G. (Hg.), La Prova del Tempo. Verifiche degli interventi per la conservazione del costruito, Scienza e Beni Culturali XVI. 2000, Atti del convegno di Studi Bressanone, Venezia 2000, S. 511–523/Toniolo, L./Rampazzi, L., Valutenzione del ruolo protettivo delle pellicole ad ossalato, in: Bicontin, G./Driussi, G. (Hg.), La Prova del Tempo. Verifiche degli interventi per la conservazione del costruito, Scienza e Beni Culturali XVI. 2000, Atti del convegno di Studi Bressanone, Venezia 2000, S. 107–116/Gizzi, S., Il controllo dei restauri degli anni ’cinquanta a Villa Adriana, in: Bicontin, G./Driussi, G. (Hg.), La Prova del Tempo. Verifiche degli interventi per la conservazione del costruito, Scienza e Beni Culturali XVI. 2000, Atti del convegno di Studi Bressanone, Venezia 2000, S. 199–216. 51 Curto, D. del/Manfredi, C./Pertot, G./Pracchi, V./Rosina, E./Valisi, L., Prevenire il degrado da umidita’ dopo il restauro. Soluzioni impiantistiche per il controllo del microclima presso l’Oratorio di Santo Stefano a Lentate sul Seveso (Mi), in: Biscontin, G./Driussi, G. (Hg.), Scienza e Beni Culturali XXVI. 2010, Atti del convegno di Studi Bressanone, Venezia 2010, S. 243–252/Magnani, V./Ferrazza, V./Rosi, L./Picollo, M./Botticelli, G./Germani, G./Dei, L., L’intervento di restauro e la compatibilità dei materiali nell’ottica della conservazione preventiva: Il caso delle pitture murali di casa Vasari a Firenze, in:
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korationen52. Was diese Publikationsreihe gegenüber vergleichbaren Produktionen außerhalb Italiens auszeichnet, ist das stringent interdisziplinäre und am jeweils aktuell geführten Diskurs orientierte Programm. Ganz in dieser interdisziplinären Tradition war auch die Mailänder Tagung „Built Heritage 2013 – Monitoring Conservation Management“ angelegt worden.53 In diesem Rahmen waren drei Themenschwerpunkte definiert, „Conservation and management“, „ICT and new technologies“ sowie „Materials, preventive conservation and maintenance“, die sich mit den drängendsten Erhaltungsproblemen des baulichen Kulturerbes befassten (Materialkunde, Altbau-Diagnose, Evaluation von Stabilität, Überwachung von Zerfallsprozessen, Schutzstrategien sowie wirtschaftliche und territoriale Planung). Als sehr überzeugende Publikation zum Thema Instandhaltung erschien 2011 ein Handbuch unter dem Titel „Wartung des baulichen Kulturerbes“. Die Autoren beschreiben an Beispielen in Rom und Pompei systematisch und differenziert die Möglichkeiten, Strategien und unterschiedlichen Wartungs-Konzepte bis hin zur Darstellung des Prozessflusses anhand eines umfassenden Diagramms.54 Von Jürgen Klemisch ist eine im Grundsatz vergleichbare Publikation verfügbar: „Maintenance of Historic Buildings“. Als Praxishandbuch für Innenräume wie für den Außenbereich konzipiert, werden die erforderlichen Wartungsschritte für alle möglichen Kategorien am Beispiel eines kleineren Landschlosses des 19. Jahrhunderts detailliert aufgelistet und anhand sogenannter „work cards“ beschrieben und dokumentiert.55 Neben solchen zweckmäßigen, detaillierte Handlungsanweisungen gebenden Praxishandbüchern werden z. B. für Monitoring auch sogenannte Leitfäden herausgegeben. Es zeigt sich, dass über Systematik und Struktur eines „Leitfadens“ sehr unterschiedliche Auffassungen bestehen wie zwei prominente Beispiele zeigen: Der „Leitfaden ZustandBiscontin, G./Driussi, G. (Hg.), Scienza e Beni Culturali XXVI. 2010, Atti del convegno di Studi Bressanone, Venezia 2010, S. 501–512. 52 Mastroviti, A. C./Pezzani, C./Signani, G./Zilocchi, B., Il comportamento di consolidanti organici e inorganici. Due casi Parmigiani a a confronto: Risultati del monitoraggio degli interventi condotti sulle facciate tardo-seicentesche di Palazzo Piazza-Cordero e di Palazzo Boveri, in: Biscontin, G./Driussi, G. (Hg.), Il consolidamento degli apparati architettonici e decorativi. Conoscenze, Orientamenti, Esperienze, Scienza e Beni Culturali XXIII. 2007, Atti del Convegno di Studi, Bressanone 10–13 luglio 2007, Bressanone 2007, S. 225–234. 53 „Built Heritage 2013“, 18. bis 20. November 2013, Milano, Politecnico di Milano, Centro per la conservazione e valorizzazione dei Beni Culturali „Cultural Heritage is a strategic resource not only favoring the social and economic development, but also enhancing the quality of life of a country. The issue of protecting, preserving and promoting these resources involves a wide range of disciplines and techniques, oftentimes implying multi-disciplinary expertise.“ 54 Cecchi, R./Gasparolo, P., La manutenzione programmata dei beni culturali edificati. Procedimenti scientifici per lo sviluppo di piani e programmi di manutenzione, casi studio su architetture di interesse archeologico a Roma e Pompei, Firenze 2011. 55 Das Buch wurde wohl auch für den englischen Markt vorgesehen: Klemisch, J., Maintenance of Historic Buildings. A Practical Handbook, Shaftesbury/Stuttgart 2011.
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serhebung und Monitoring an Wandmalerei und Architekturoberfläche“56 des österreichischen Bundesdenkmalamtes ist systematisch gegliedert, mit der Bestandserhebung beginnend. Weiterführende kurze Erläuterungen und eine Staffelung mittels sogenannter „Bausteine“ führen den Nutzer durch alle erforderlichen Handlungseinheiten bis hin zur Ergebnis-Dokumentation des Monitorings. Entscheidend sei zunächst aber die Einschätzung der Notwendigkeit einer systematischen und periodischen Kontrolle. Denn erst eine „Monitoring-Überwachung“ liefere die erforderlichen Daten, „um die konservatorischen Erhaltungsbedingungen für ein Objekt zu erkennen und zu definieren.“57 In der klaren Strukturierung dient dieser Leitfaden einerseits spezialisierten RestauratorInnen und andererseits beteiligten Entscheidungsträgern als Planungsinstrument für die qualifizierte Erstellung präventiver Konservierungsbedingungen. Dagegen erweist sich der „Leitfaden Naturstein-Monitoring. Nachkontrolle und Wartung als zukunftsweisende Erhaltungsstrategien“58 als beträchtlich umfangreicher und anders aufgebaut: Diese Publikation basiert auf einem von der „Deutschen Bundesstiftung Umwelt“ finanzierten Projekt und ist das Ergebnis einer zwischen 2008 und 2010 laufenden Nachkontrolle und Effizienzprüfung.59 Wesentliche Voraussetzungen für die Abwicklung dieses ambitionierten Forschungs- und Untersuchungsprogramms waren neben der Einbindung kompetenter Partner aus Denkmalpflege und wissenschaftlichen Fachinstituten die Erarbeitung von Projektgrundlagen wie die „Standardisierung einer Untersuchungsmethodik oder die Entwicklung einer tragfähigen Systematik“. Mit dem Projekt verbinde sich ein „Erkenntnisgewinn“, der weit über das Vorhaben einer Nachkontrolle und Effizienzprüfung hinausweise und die Bedeutung regelmäßiger Nachkontrolle als konsequenteste Version kontinuierlicher Pflege des Denkmalbestandes unterstreiche.60 Als einer von insgesamt neunzehn Autoren verweist R. Snethlage in der Projekt-Einleitung u. a. auf eine bedauerliche Tendenz zu periodischen Generalsanierungen. Unter dem Druck knapper öffentlicher Finanzmittel bestehe zu deren Minimierung deshalb „großer Bedarf an der Qualitätssicherung und Nachhaltigkeit für alle zukünftigen Restaurierungsmaßnahmen.“ Die beste Möglichkeit, Qualitätssicherung und Nachhaltigkeit sicherzustellen, ergebe sich zwangsläufig durch Untersuchung und 56 Bundesdenkmalamt Österreich (Hg.), Leitfaden Zustandserhebung und Monitoring an Wandmalerei und Architekturoberfläche, 1. Fassung, 6. März 2012, Wien 2012. 57 Ebenda, S. 16. Wichtig ist hier auch die Integration von „Referenzflächen“ in das Monitoring zur „periodischen vergleichenden Kontrolle“. 58 Auras, M./Meinhardt, J./Snethlage, R., Leitfaden Naturstein-Monitoring. Nachkontrolle und Wartung als zukunftsweisende Erhaltungsstrategien, Stuttgart 2011. 59 Töpfer, L., Geleitwort zum Leitfaden Naturstein-Monitoring, in: Auras, M./Meinhardt, J./Snethlage, R., Leitfaden Naturstein-Monitoring. Nachkontrolle und Wartung als zukunftsweisende Erhaltungsstrategien, Stuttgart 2011, S. 5. 60 Ebenda, S. 6.
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folgerichtige Analyse vorangegangener Maßnahmen hinsichtlich ihrer konservatorischen Verlässlichkeit im natürlichen Umfeld.61 Genau genommen liegt mit diesem auf Forschungs- und Untersuchungsarbeit aufbauenden Monitoring-Leitfaden ein umfassender Ergebnisbericht vor, der die Struktur eines Ablaufplans zur Evaluation (Wirkungskontrolle) längst fertiggestellter Steinkonservierungen und -restaurierungen aufweist. Obwohl nicht nur in diesem Projektbericht die begriffliche Weichzeichnung zuweilen etwas irritiert, um an dieser Stelle einen wunden Punkt anzusprechen, so ist doch festzuhalten, dass sich trotz der Formulierungsvielfalt von Wartung, Instandhaltung, Monitoring und Evaluation in den natur- und/oder konservierungswissenschaftlichen Ausführungen immer die Zielvorstellung präventiver Konservierung wiederfindet. 62 Längst dokumentiert sich das konservatorische Umdenken darin, dass es kaum noch ernstgemeinte Publikationen zum kulturellen Erbe ohne die Thematisierung präventiver Erhaltungskonzepte gibt. Von dieser Entwicklung werden nicht zuletzt die hier angesprochenen Raumausstattungen und Wandmalereien erfasst. Die Auseinandersetzung mit Wartung und Instandhaltung sowie mit den darin integrierten Kategorien des Monitorings und der Evaluation ist zu einem der wichtigsten Themen der Konservierungswissenschaft sowie der Kunst- und Denkmalpflege geworden. Auf Sammlungsobjekte bezogen wird dieses aktuelle Engagement für die vorbeugende Konservierung beispielsweise in „Konservierungswissenschaften und Restaurierung heute“, einer Publikation der Universität für angewandte Kunst Wien,63 betont: Zur Vermeidung wiederholter Eingriffe am Kunst- und Kulturgut und der damit verbundenen Finanzierungen seien vorausschauende Investitionen in eine Prävention nicht nur gut angelegt, sondern schlechthin ausschlaggebend für eine langfristige, Verluste weitgehend ausschließende Erhaltung.64 Der aktuelle Diskurs über präventive Konservierung soll in der vorliegenden Studie noch durch einige Informationen ergänzt werden. In der überarbeiteten, 2010 herausgegebenen dritten Auflage des „Handbuch Denkmalschutz und Denkmalpflege“65 61 Auras, M./Meinhardt, J./Snethlage, R., Leitfaden Naturstein-Monitoring. Nachkontrolle und Wartung als zukunftsweisende Erhaltungsstrategien, Stuttgart 2011, S. 13–17. Siehe auch: ICOMOS (Hg.), MONUMENTS AND SITES XV, Illustriertes Glossar der Verwitterungsformen von Naturstein, Petersberg 2010. 62 Nicht zu verwechseln mit „präventivem Monitoring“, das sich im Rahmen der Welterbekonvention von 1972 auf das „Monitoring des Erhaltungszustands der Welterbestätten“ bezieht und programmatisch deren kontinuierliche Beobachtung vorsieht. Siehe: Petzet, M./Marano G., Welterbe in Deutschland – Präventives Monitoring und Erhaltungsperspektiven, in: Die Denkmalpflege 1/70/2012, S. 8–17. 63 Herausgegeben von o. Univ. Prof. Mag. Dr. Gabriela Krist, Institut für Konservierung und Restaurierung, Universität für angewandte Kunst Wien. 64 Krist, G./Griesser-Stermscheg, M. (Hg.), Konservierungswissenschaften und Restaurierung heute. Von Objekten, Gemälden, Textilien und Steinen, Konservierungswissenschaft Restaurierung Technologie, Band 7, Wien 2010, S. 12. 65 Martin, D. J./Krautzberger, M., Handbuch Denkmalschutz und Denkmalpflege einschließlich Archäologie. Recht, fachliche Grundsätze, Verfahren, Finanzierung, 3. Auflage, München 2010.
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wird der interessierte Leser unter dem Kapitel „Denkmalpflege“ nicht nur über die „Denkmalverträglichkeit“66 von Maßnahmen informiert, sondern auch über Erhaltung, Vorsorge und Pflege67 aufgeklärt: Demnach stützen sich präventive Maßnahmen für ein Baudenkmal und dessen Ausstattung „auf die Kenntnis potentieller Schadensursachen“, deren Entstehen durch eine geeignete Vorsorge zu verhindern sei. Dazu gehöre das Monitoring, „die regelmäßige Erfassung und Dokumentation des Erhaltungszustandes eines Kulturdenkmals in bestimmten zeitlichen Abständen, unter gleichen technischen Bedingungen.“ Bedeutende Ausstattungsstücke in sakralen und profanen Räumen, heißt es weiter, „benötigen eine sachgerechte Pflege, die nicht im Rahmen der üblichen Reinigungsarbeiten erfolgen kann (durch gut gemeintes Abstauben und Abwischen sind leider schon viele Kunstwerke nachhaltig beschädigt worden!). Die kontinuierliche Beobachtung des Erhaltungszustandes von Ausstattungsstücken unterschiedlichster Art, von Wandgemälden und Glasmalereien über Holzvertäfelungen bis zu Tafelgemälden, Skulpturenschmuck und Textilien, durch Restauratoren wird nicht nur von kleinen Pflegemaßnahmen wie z. B. dem Entfernen von Spinnweben und Staub begleitet, sondern führt auch zum rechtzeitigen Erkennen von Veränderungen und Beschädigungen.“68 Vor dem Hintergrund der Denkmalschutzgesetze wird also nicht nur die Denkmalverträglichkeit als „ethisches Postulat“ angesprochen, vielmehr kann für angemessene konservatorisch-restauratorische Maßnahmen an Kunstwerken ein „rechtliches Gebot“ abgeleitet werden.69 66 „Alle Maßnahmen an Denkmälern müssen den Grundsätzen der Denkmalverträglichkeit entsprechen. Dies ist ein ethisches Postulat, zugleich aber seit dem Erlass der Denkmalschutzgesetze ein rechtliches Gebot.“, Ebenda, S. 246–247. 67 „Je nach den gesammelten Erfahrungen müssen Beobachtungs- und Pflegepläne fortgeschrieben werden. Auf die Einhaltung notwendiger Qualität ist zu bestehen. Nicht ungewöhnlich ist das Verlangen fördernder Stellen in Zuschussbescheiden, dass der Empfänger den dauerhaften Erfolg einer Maßnahme durch einen Beobachtungs-, Wartungs- und Pflegevertrag sicherstellt.“, Ebenda, S. 270–271. Das Kapitel „D. Denkmalpflege“ schließt mit einer Mustergliederung für Fachbehörde-Gutachten sowie einem Wartungsvertrag-Muster, ebenda, S. 479–481. 68 Brandi, C., Theorie der Restaurierung, herausgegeben, aus dem Italienischen übersetzt und kommentiert von Ursula Schädler-Saub und Dörthe Jakobs, ICOMOS Hefte des Deutschen Nationalkomitees XLI, München 2006, IV. Erhaltung, Vorsorge und Pflege, S. 270–274. 69 An dieser Stelle sei auf deutsche, u. a. auch in Österreich bestehende, Normen-Regelwerke verwiesen, z. B. DIN 31051: Grundlagen der Instandhaltung, DIN Deutsches Institut für Normung e.V., 2012-09 (entspr. DIN EN 13306: 2010): „Der Begriff ‚Instandhaltung’ gemäß DIN 31051 bzw. DIN EN 13306 ist ein Ober- oder Sammelbegriff für die Kombination aller technischen undadministrativen Maßnahmen sowie Maßnahmen des Managements über den gesamten Lebenszyklus einer „Betrachtungseinheit“ zur Erhaltung eines funktionsfähigen Zustandes bzw. der Rückführung in diesen.“, zitiert nach: Gesellschaft für Instandhaltung e. V., in: www.gfin-portal.de, Zugriff 16.9.2014. Die technischen Instandhaltungsstrategien verstehen sich zwar als Teil des Qualitätsmanagements von Unternehmen und sind nicht systematisch an den Ansprüchen der Denkmalpflege orientiert, dennoch ist es nicht abwegig,
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Vom „Denkmal-Info“ bis zum gesetzlichen Regelwerk ist hiermit ein zweckdienlicher Überblick wiedergegeben, der die präventiv-konservatorischen Ansätze für die Bewahrung und Überlieferung sowohl hochwertiger Artefakte als auch des gebauten Kulturerbes aufzeigt und vor allem die beachtliche Übereinstimmung der Prinzipien vor Augen führt.
Das Instrumentarium Um Schadensprozesse und deren auslösende Faktoren nicht nur darstellen, sondern im Sinne der Erhaltung betroffener Kunstwerke kontrollieren zu können, bedarf es eines besonderen messtechnischen Instrumentariums. Repräsentativ wird hier auf einige probate, in den letzten Jahren weiterentwickelte Systeme verwiesen. Ein Rückblick macht jedenfalls deutlich, dass der methodische Ansatz sich nicht wesentlich geändert hat. Gleichwohl stellte sich bezüglich der Messtechnik und raumklimatischen Regelungsmöglichkeiten ein bemerkenswertes Gefälle zur Vergangenheit ein, das letztlich auch die Entwicklung der Wissenschaften und die Ergebnisse kontinuierlicher Forschung widerspiegelt. Die Vervollkommnung von Methoden oder von spezifischen Geräte-Anwendungen basiert in nicht unbeträchtlichem Umfang auf aktuellen Forschungsergebnissen im Rahmen von Projekten, deren Programme und Zielstellungen an bestimmten Erfordernissen eines Baudenkmals orientiert wurden. Die verbesserten Mess- oder Analysetechniken bekommen durch Veröffentlichungen Breitenwirksamkeit. Längst hat sich als unumstößliche Tatsache erwiesen, dass eine sinnvolle Erhaltung baugebundener Kunstwerke im Kontext baulicher Maßnahmen meist nur mittels modifizierter raumklimatischer Verhältnisse realisierbar ist. Vor dem Hintergrund steigender Energiekosten muss sich deshalb die Frage nach innovativen, für eine kostengünstige Nutzung an und in Baudenkmalen geeigneten Techniken stellen.
entsprechende Regelwerke zur Klärung von Begrifflichkeiten zu nutzen oder als Grundlage für administrative und organisatorische Vorgehensweisen einzubringen. Siehe auch: VDI Richtlinie 4.1. Dokumentation: „Nach Abschluss der Untersuchungen und Behandlungen sind alle Befunde, Meßdaten, Auswertungsergebnisse, Maßmahmen und Kosten sowie alle Empfehlungen für eine künftige wissenschaftliche Begleitung des Objektes in einer zusammenfassenden Schlußdokumentation niederzulegen.“ 4.2. Nachkontrollen: „In geeigneter Weise und in geeigneten Zeitabständen sind wissenschaftlich begleitete Nachkontrollen durchzuführen; zu diesem Zweck empfiehlt es sich, diese Nachkontrollen nach Art, Umfang und zeitlichem Abstand unmittelbar nach Abschluss der Sanierungsmaßnahme in einem Überwachungsvertrag festzulegen. Auch diese Nachkontrollen sind in ihren Ergebissen protokollarisch festzuhalten und der Schlußdokumentation anzufügen.“
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Anwendungsbeispiele und Forschungsansätze Zur Erhaltung ursprünglicher sowie historischer Oberflächen in einigen Räumen des Klosters Maulbronn (z. B. Dormentbau) entwickelte H. Garrecht schon Ende der 80er Jahre computergestützte Systeme um das Klima zu steuern. Deren Installation und zweckmäßige Justierung sorgte in den kritischen, feuchtebelasteten Raumzonen für ein angemessenes Umgebungsklima der Raumoberflächen. 70 Unter Zugrundlegung ausgewerteter Klimamessungen wurde eine computergestützte Simulation erstellt, um die präventiv-konservatorische Wirkung der Klimasteuerung sicherzustellen. Derartige Computersimulationen gehören heute selbstverständlich zur Vorbereitung eines geregelten Raumklimas und sie haben sich methodisch als nahezu unumgänglich für eine umsichtige Risikoeinschätzung entwickelt.71 Eine in diesem Zusammenhang interessante interdisziplinäre Forschungsarbeit der jüngsten Vergangenheit ist das Projekt „Intelligente Bauwerksüberwachung von historischen Bauwerken“ (SmooHS – Smart monitoring of historic structures),72 dessen Endbericht seit 2013 verfügbar ist.73 Neben dem eingangs betonten allgemeinen Bedarf an „systematischen und objektiven Untersuchungsmethoden“, die besonders über längere Zeiträume „eine Charakterisierung von Einwirkungen und Auswirkungen ermöglichen“, wird ebenso der schwindenden finanziellen Ressourcen gedacht wie der „nach bisheriger Kenntnis kaum mehr abzuwendenden Einflüsse aus der Klimaveränderung“, die es perspektivisch zu berücksichtigen gelte.74 70 Garrecht, H./Kropp, J., Untersuchungen zur Feuchtesituation im Dormentbau Kloster Maulbronn – Ziele und Methodik, in: Universität Karlsruhe (Hg.), Jahrbuch – Sonderforschungsbereich 315, Erhalten historisch bedeutsamer Bauwerke, Berlin 1992, S. 73–80/Garrecht, H., Die Feuchtesituation im Erdgeschoss des Dormentbaus der Klosteranlage Maulbronn, in: Universität Karlsruhe (Hg.), Jahrbuch 1993 des Sonderforschungsbereichs 315 Erhalten historisch bedeutender Bauwerke, Berlin 1996, S. 315–342. 71 Garrecht, H./Kropp, J./Hilsdorf, H. K., Die Computersimulation – eine Hilfe bei der Feuchtesanierung historischer Bauten?, in: Universität Karlsruhe (Hg.), Erhalten historisch bedeutsamer Bauten, Jahrbuch des SFB 315 1988, Berlin 1989/Kilian, R., Klimastabilität historischer Gebäude – Bewertung hygrothermischer Simulationen im Kontext der Präventiven Konservierung, Forschungsergebnisse aus der Bauphysik, Band 15, Stuttgart 2013. 72 Teilprojekt der „Forschungsinitiative Zukunft BAU“, MPA Universität Stuttgart, Dr. Markus Krüger (project coordinator). Krüger, M./Frick, J./Dieruff, B./Fiedler, K./Simon, S./Pamplona, M./Willeke, J., Intelligente Bauwerksüberwachung von historischen Bauwerken (Smart monitoring of historic stuctures), Teilprojekt Zukunft Bau der deutschen Partner – SmooHS, Endbericht, Stuttgart 2013. 73 Siehe: www.smoohs.eu, mit Angabe interessanter, im Rahmen des Forschungsvorhabens erschienener Berichte und Veröffentlichungen. Siehe dazu auch: MPA Universität Stuttgart (Hg.), Cultural Heritage Preservation (EWCHP–2011). Proceedings of the European Workshop on Cultural Heritage Preservation, Berlin, Germany, September 26 to 28, 2011, Stuttgart 2011. 74 Krüger, M./Frick, J./Dieruff, B./Fiedler, K./Simon, S./Pamplona, M./Willeke, J., Intelligente Bauwerksüberwachung von historischen Bauwerken (Smart monitoring of historic stuctures), Teilprojekt Zu-
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Beachtenswert sind aber nicht nur die ganzheitlich konzipierten Technologien computergestützter Messtechnik, erstaunlich aussagefähig ist auch der fokussierte Blick auf das Detail, auf den Punkt an der Oberfläche, in die Oberflächenstruktur bzw. in die darunterliegende Matrix.75 Damit verbunden ist die apparative Analyse der beobachteten Details, was hier aber nicht zur Auflistung sämtlicher Analysenmethoden führen soll. Angesprochen ist die laufende Weiterentwicklung von Untersuchungsverfahren als Resultat veränderter Fragestellungen oder methodischen Umdenkens. Aus einer Vielzahl vergleichbarer Entwicklungen sei als Beispiel auf eine „Neuartige Untersuchungsmethode zur Erfassung der klimabedingten Beanspruchung wertvoller Fassungsoberflächen am Beispiel der Schwind-Fresken auf der Wartburg“ verwiesen, die u. a. geeignet ist, den pathologischen Zustand einer Malschicht zu belegen.76 Die weitgehend freskierten, teilweise jedoch bereits kurz nach deren Fertigstellung 1854/55 belasteten Wandmalereien Moritz v. Schwinds (1804–1871) sind mit größeren Unterbrechungen seit mehr als zwanzig Jahren Gegenstand umfassender Untersuchungen und zugleich konservatorisch-restauratorischer Arbeiten. Vor dem Hintergrund der touristischen Beanspruchung waren neben den Schwind’schen Wandmalereien und den Dekorationsmalereien die außenwie innenklimatischen Verhältnisse sämtlicher Räume des Palas einbezogen. Zusammenfassend darf der Charakter der weit über zwei Jahrzehnte sich erstreckenden Interventionen als eine Kombination aus Evaluation, Monitoring und Wartung bezeichnet werden. Neben musealen Anforderungen haben die daraus resultierenden Erkenntnisse nicht nur zu konservatorisch-restauratorischen Arbeiten an den beschädigten Teilen der Wandgemälde geführt, sondern konsequenterweise zu einer neuen Regie, zu einem auf den Palas zugeschnittenen „Management“ der Raumklimata.77 Einschränkend ist jedoch
kunft Bau der deutschen Partner – SmooHS, Endbericht, Stuttgart 2013, S. 4–6/Siehe auch: Klinzmann, C., Methodik zur computergestützten, probabilistischen Bauwerksbewertung unter Einbeziehung von Bauwerksmonitoring, Dissertation, Technischen Universität Braunschweig, 2008. Beachtenswert auch: Maierhofer, C./Krankenhagen, R./Röllig, M./Mecke, R./Schiller, M./Seidl, T./Kalisch, U./Hennen, C./ Meinhardt, J., Monitoring – Zuverlässige Quantifizierung und Bewertung von Schädigungsprozessen an Bauteiloberflächen und –grenzflächen mit Hilfe optischer und thermografischer zerstörungsfreier Prüfverfahren, Frauhofer IRB, Stuttgart 2010. 75 Arnold, A., Naturwissenschaft und Denkmalpflege, in: Deutsche Kunst und Denkmalpflege 45/1987, S. 2–11. 76 Untersuchungen zum Feuchtespeicherverhalten und zu den hygrischen Formveränderungen von Malschichtproben: Garrecht, H./Reeb, S., Neuartige Untersuchungsmethoden zur Erfassung der klimabedingten Beanspruchung wertvoller Fassungsoberflächen am Beispiel der Schwind-Fresken auf der Wartburg, in: Wartburg-Stiftung Eisenach/Schuchardt, G. (Hg.), Wartburg-Jahrbuch 2010, Regensburg 2011, S. 63–76. 77 Vogel, P., Ansätze für das künftige Klimamanagement – Raumklimatische Einflüsse im Palas der Wartburg, in: Wartburg-Stiftung Eisenach/Schuchardt, G. (Hg.), Wartburg-Jahrbuch 2010, Regensburg 2011, S. 96–107.
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festzuhalten, dass ein Monitoring definierter Referenzflächen überprüfen soll, ob die angestrebte Beruhigung des kontrollierten Raumklimas auch tatsächlich auf der Oberfläche geschädigter Wandmalereibereiche ankommt, damit sich ein Nachjustieren des Systems auf signifikante Daten stützen kann.78 Ein derartiges Szenario ist in gewölbten oder mit Flachdecke versehenen Monumentalräumen zwar nicht ausgeschlossen, wird von Ausnahmen abgesehen aber nicht häufig praktiziert.79 Einerseits auf die eingeschränkte Zugänglichkeit relevanter Bereiche der Raumschale angewiesen andererseits von gelegentlichen Gerüsterstellungen abhängig zu sein, schränkt dort das instrumentelle Monitoring verständlicherweise ein. In manchen Großräumen könnte die gerüstunabhängige Kontrolle oder die Installation entsprechender Sensoren mit moderner Hubtechnik betrieben werden. Erfreulicherweise hat sich in den letzten Jahren aber die Technologie der Fotodokumentation und Untersuchung mithilfe von Ballonsystemen o. Ä. rapide weiterentwickelt, sodass Aufnahmen und Untersuchungen auch in sonst nur mit Gerüst erreichbaren Höhen möglich geworden sind (Abb. 6).80
Beispiele der Evaluation, Wartung und Instandhaltung 81 Im Einzelfall wird erst eine Evaluation – die Analyse und Wertung realisierter Projekte und ihrer Konzeptionen – praxisrelevante verwertbare Daten und Informationen liefern und damit die Voraussetzung schaffen, innovative Lösungen zu erarbeiten. Allein eine 78 Pursche, J., Empfehlungen für ein restauratorisch-denkmalpflegerisches Konzept zur Erhaltung der Fresken Moritz von Schwinds auf der Wartburg, in: Wartburg-Stiftung Eisenach/Schuchardt, G. (Hg.), Wartburg-Jahrbuch 2010, Regensburg 2011, S. 108–118, S. 117–118/Krüger, M./Samuals, J. M./Bachmaier, F./Lehmann, F./Willeke, J., Condensation risk analysis and indoor climate manipulation assisted by continuous monitoring at Johanniskirche in Schwäbisch Gmünd, in: Krüger, M./MPA Universität Stuttgart (Hg.), Cultural Heritage Preservation, EWCHP–2011, Proceedings of the European Workshop on Cultural Heritage Preservation, Berlin, Germany, September 26 to 28, 2011, Stuttgart 2011, S. 53–61. 79 Garrecht, H./Müller, H., Raumklimatische Beanspruchung von Raumschalen historischer Bauwerke – Maßnahmen am Beispiel des Speyerer Doms, in: Häupl, P./Roloff, J. (Hg.), 10. Bauklimatisches Symposium, Technische Universität Dresden 27.–29.9.1999, Dresden 2000, S. 833–845/Teeken, S./Wander, A., Möglichkeiten und Durchführung der Evaluation konservatorisch-restauratorischer Arbeiten an Wandmalereien in Lübeck. Versuch einer kritischen Qualifizierung als Baustein zur Nachhaltigkeit und Prävention unter mikrobiologischen Aspekten, Masterarbeit, Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst HAWK Hildessheim/Holzminden/Göttingen, 2009. 80 Beispielsweise: „PHOTOLIFTER“ und „SENSORLIFTER“ – ermöglicht Fotodokumentationen oder die Platzierung und Wiederaufnahme von Messsensoren oder Datenloggern in beliebigen Höhen, s. unter www.photolifter.de. 81 Im Rahmen der vorliegenden Publikation kann mit einigen Ausnahmen nur auf deutsche Aktivitäten eingegangen werden.
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Prüfung der in der Vergangenheit entwickelten Methodik und insbesondere der in Anwendung gebrachten Konservierungsstoffe verschafft jenen konservierungstechnischen Qualitätssprung, der die zukünftigen Erhaltungsstrategien bestimmen sollte. Weitsichtige kontinuierliche Wartung und präventive Konservierung, die durch instrumentelles Monitoring unterstützt werden soll, kann nun schon seit geraumer Zeit auf ein bemerkenswertes, ständig verbessertes Instrumentarium zurückgreifen. Ohne den Einsatz von Computertechnik und spezifischen teilweise modifizierten Programmen ist im Baudenkmal und an dessen Ausstattung ein Monitoring über längere Zeiträume nicht mehr sinnvoll, weil ohne systematische, objektivierbare Darstellungen des Schadenspotentials keine signifikanten Aussagen über Schadensprozesse möglich sind. Das kann am besten durch fest installierte, autark und zeitlich unbegrenzt arbeitende Sensorsysteme geleistet werden, die für den richtigen Kontrollansatz jedoch dokumentierte Klimamessungen und materialkundliche Untersuchungen voraussetzen. Allerdings sollte dabei die nutzbringende Wahrnehmung geschulter und kompetenter Fachkräfte und RestauratorInnen nicht unterschätzt werden.
Resolution des ICOM-Komitees für Museumslaboratorien 1957 Eine der frühesten und zugleich ambitioniertesten Unternehmungen, breit gefächerte Kenntnisse über Konservierungs- und Restaurierungsmethoden zu erlangen, war organisatorisch gesehen eine Form der Evaluation. Der äußerst eingeschränkte Anpassungsgrad einiger „historischer“ Festigungs- und Konservierungsmittel (Kasein, Wasserglas, Wachs, Kunstharze u. Ä.) an die stofflichen Bedingungen der Wandmalereikunstwerke, verbunden mit rücksichtsloser Anwendung und Applikationsweise, rückte bereits in den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts in das Bewusstsein besorgter RestauratorInnen und DenkmalpflegerInnen, die erkannt hatten, dass darin einer der entscheidenden Faktoren für eine größere Zahl „verlorengegangener oder konservierungsbedürftiger Wandmalereien“ liegt. Diese Erkenntnis gab schon frühzeitig Anlass zur Sorge um die Erhaltung von Wandmalereien und veranlasste das Komitee für Museumslaboratorien des Internationalen Museumsrates im Jahre 1957 zu einer Umfrage an die einzelnen Mitgliedstaaten u. a. mit dem Thema der Wandmalereirestaurierung. Der Fragebogen wurde von C. Brandi, Rom, in Zusammenarbeit mit P. Coremans, Brüssel, und H. J. Plenderleith, London, verfasst und enthielt u. a. folgende Fragen: (Nr. 2) Nach welchen Prinzipien und mit welchen Methoden werden Ihre Wandmalereien behandelt? Wie sind die Resultate?
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(Nr. 6) Welche Schwierigkeiten bei der Restaurierung von Wandmalereien beschäftigen Sie am meisten?82 Christian Wolters und Johannes Taubert fassten die Resultate zusammen und gaben den „Bericht über die auf Grund der Resolution des ICOM-Komitees für Museumslaboratorien vom 24. September 1957 auf den Fragebogen über Wandmalerei eingegangenen Antworten aus der Bundesrepublik Deutschland“ heraus, der in knapper Form ein verhältnismäßig klares von den kritischen Verhältnissen geprägtes Bild zum Stand der Wandmalereikonservierung zeichnet. Diese Aktion kommentierend, beschrieb J. Taubert 1958 die Problematik technisch wie ästhetisch unbefriedigender Fixierungsmittel und wies darauf hin, dass es genügend Beispiele für Fehlbehandlungen aus den letzten 150 Jahren gäbe, bei denen versucht wurde, durch Tränkungen oder durch Überzüge mit optisch wirksamen Medien die Nachteile z. B. von Verschleierungen zu beheben.83
Twenty years after restoration Weniger öffentlich und zentral organisiert, dennoch einer Evaluation gleichkommend sollte im Rahmen eines zunächst privat initiierten kleineren überschaubaren Projekts eine Effizienz-Bewertung ca. 20 Jahre alter konservatorisch-restauratorischer Arbeiten an Wandmalereien vorgenommen werden.84 Der Plan sah ab 1985 vor, von etwa 20 prominenten Wandmalereien den aktuellen Zustand mit jenem nach der letzten Restaurierung zu vergleichen und an maßgebenden Stellen eine repräsentative Aussage über die Halt82 Pursche, J., Die „Entsorgung“ restauratorischer Eingriffe an Wandmalereien, in: Das Denkmal als Altlast? Auf dem Weg in die Reparaturgesellschaft, ICOMOS Hefte des Deutschen Nationalkomitees XXI/2000, S. 82/Pursche, J., Die „Entsorgung“ restauratorischer Eingriffe an Wandmalereien, in: Kunsttechnologie und Konservierung 12/2/1998, S. 321–324. 83 Taubert, J., Restaurierungsprobleme alter Wandmalereien, in: Maltechnik 4/1958, S. 102–105. „Auch die übermalenden ‚Restaurierungen‘ stellen ja in der Regel den Versuch dar“, schrieb Taubert u. a., „die Sichtbarkeit der Darstellungen wiederherzustellen. Die Entfernung dieser Tränkungs- und Überzugsmittel sowie die Re-Restaurierung derartig verunstalteter Wandmalereien bieten erheblicheSchwierigkeiten und sind ein besonderes Anliegen des heutigen Denkmalpflegers. Dabei fehlen ihm häufig Mittel, die die konservatorischen Ansprüche zugleich mit den ästhetischen erfüllen, d. h. ausreichende und dauerhafte Haftfestigkeit zugleich mit ausreichender Transparenz und Erhaltung des Oberflächencharakters der Malerei sicherzustellen.“ Grundsätzlich angesprochen sind hier auch Fragen der Reversibilität, die beispielsweise ebenso bei der Steinkonservierung (Acrylharzvolltränkung) zum Problem werden kann. Siehe: Petzet, M., Reversibiltät – das Feigenblatt in der Denkmalpflege?, in: Reversibilität. Das Feigenblatt in der Denkmalpflege, ICOMOS Hefte des Deutschen Nationalkomitees VIII/1992, S. 9–14/ Emmerling, E., Reversibilität aus der Sicht des Restaurators in der Denkmalpflege, in: ICOMOS Hefte des Deutschen Nationalkomitees VIII/1992, S. 37–47. 84 Projektidee: Hans Peter Autenrieth, Krailling, Durchführung auf privater Basis: Hans Peter Autenrieth, Jürgen Pursche, München.
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barkeit der Putz- und Malschicht-Sicherungen sowie die Beständigkeit restauratorischer Hinzufügungen zu erstellen. Ein Zwischenergebnis konnte 1986 in Bologna im Rahmen der IIC-Tagung „Case Studies in the Conservation of Stone and Wall Paintings“ als Poster erfolgreich präsentiert werden: „H. P. Autenrieth, J. Pursche: Twenty Years After Restoration.“85 Das systematisch konzipierte Projekt wollte durchaus die alterungsbedingten Veränderungen und Folgen konservatorisch-restauratorischer Interventionen an Wandmalereien bilanzieren und fotografisch belegen. Doch obwohl zu jedem der bearbeiteten Wandmalereiobjekte ein genaues Protokoll entstand, sollte daraus zunächst keine Regieanweisung zu spontanem erneuten Handeln entstehen. Freilich wurden an den untersuchten Wandmalereien Informationen und Unterlagen erarbeitet, die sich als Basis für präventive Konservierungskonzepte nutzen ließen, wie am nächsten Beispiel deutlich wird.
Romanische Ausmalung des Karners in Perschen Vom zuständigen Staatlichen Bauamt in Amberg aktiv unterstützt mit dem Auftrag, die Malereien falls notwendig punktuell auch zu sichern, konnte 1986 an der romanischen Ausmalung (ca. 1165/70) des zweigeschossigen Karners in Perschen (Bayern, Landkreis Nabburg) eine Evaluation und Bestandsdokumentation durchgeführt werden.86 Daraus resultierten Erkenntnisse und Empfehlungen, die eine systematische Malschichtsicherung nahelegten. Bis 1997 wurde die Bestand-Sicherung zweimal seitens des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege wiederholt, bevor 1998 eine umfassende, durch naturwissenschaftliche Analysen und Messungen gestützte Evaluation der älteren Restaurierungsarbeiten von 1965/69 folgte. In kooperativer Weise durch Gerüsterstellung vom Staatlichen Bauamt unterstützt, wurden mit selbständigen RestauratorInnen bis 2013 mehrere erfolgreiche Wartungskampagnen an den mittlerweile stabilisierten Wandmalereien geleistet, was in größeren Zeitabständen auch für die Zukunft vorgesehen ist.87 85 IIC Bologna Congress, 21–26 September 1986, Case Studies in the Conservation of stone and wall paintings. Mit vier Objekt-Darstellungen kam es zwischenzeitlich zur Präsentation bei der Poster Session im Rahmen der IIC-Tagung: Autenrieth, H. P./Pursche, J., Poster-session, Twenty years after restoration, für: Case studies in the conservation of stone and wall paintings, IIC Bologna Congress, 21–26 September 1986. Leider sind vom Poster keine qualitätvollen Fotos mehr verfügbar. Trotz detailliert ausgearbeiteter Vorschläge wurde die Systematik dieser Projektidee bedauerlicherweise nicht in das in den achtziger Jahren laufende BMFT Projekt „Wandmalereischäden“ integriert und weitergeführt; eine private Umsetzung dieses Vorhabens war auf Dauer jedoch weder finanziell (z. B. Gerüstkosten) noch zeitlich zu verwirklichen. 86 Ausführung: Arbeitsgemeinschaft Autenrieth/Pursche 87 Ergänzend zur restauratorischen Wartung erfolgten bauliche Veränderungen zur besseren Ableitung des Regenwassers (z. B. Dachrinne) sowie Fenster- und Türreparaturen. Die Ausführung der romanischen Malereien im Karner Perschen erfolgte auf zwei zum Zeitpunkt des male-
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Weltkulturerbestätte Assisi Sieht man einmal ab von gepflegten Museen und Sammlungen (Beiträge in dieser Publikation) lassen sich die gut organisierten individuellen Wartungs- und Pflegeaktivitäten wohl auf eine überschaubare Zahl bedeutender Baudenkmale bzw. monumentaler Gesamtkunstwerke begrenzen. Zu dieser Gruppe zählen insbesondere die Weltkulturerbestätten der UNESCO-Liste. Erst 2000 wurden die franziskanischen Pilgerstätten mit den beiden Basiliken in Assisi zum Weltkulturerbe erklärt. Lange davor – berichtet G. Basile – hatte 1989 das Zentralinstitut für Restaurierung in Rom eine erste Inspektionsund Wartungs-Kampagne der Wandmalereien in der Basilika des Hl. Franziskus unternommen. Später wurden die Fenster mit integriert und seit 1991 kontrollierten RestauratorInnen des Zentralinstituts systematisch einzelne Wandmalereizyklen.88 Erst die katastrophalen Verluste an baulicher Substanz und an der Malerei im Evangelistengewölbe der Vierung (Cimabue, ca. 1240-ca. 1302) und im Kirchenvätergewölbe (Giotto, 1266–1337) als Folge eines Erdbebens am 26. September 1997 machten neue konservatorische und restauratorische Konzepte unumgänglich.
Camera degli Sposi, Palazzo Ducale Mantua Verbunden mit einer Evaluation und Bestandsanalyse begannen etwa gleichzeitig wie in Assisi die ersten planmäßigen Wartungen an den Wandmalereien von Andrea Mantegna (1431–1506) in der „Camera degli Sposi“, Palazzo Ducale, Mantua.. Vor der Beauftragung der Kontroll- und Wartungsarbeiten an eine private Firma 1996, hatte das römische Zentralinstitut für Restaurierung zusammen mit seinen ChemikerInnen und MikrobiologInnen zunächst auch hier die konservierungswissenschaftliche Betreuung der berühmten Wandmalereien übernommen. Zum fünfhundertsten Todestag Andrea Mantegnas in das Zentrum öffentlichen Interesses gerückt, wurde in dem Ausstellungskatalog „Andrea Mantegna e i Gonzaga“ 2006 rischen Farbauftrags frischen Kalktünchen. Das Problem besteht im punktuellen Adhäsionsverlust der beiden Kalkschichten untereinander, was im Extremfall zum spannungsbedingten Abfallen und Verlust von kleineren Teilstücken mit Malerei führen kann. „Der Gesamteindruck im Innern des Karner hat sich seit der Konservierung 1998/99 deutlich ver-bessert.“, s.d. Arbeitsbericht von Claudia Salzberger: Salzberger, C., Die romanischen Wandmalereien im Karner in Perschen (um 1165), Wartung 2013, Zusammenfassung der Schadensentwicklung seit 1998, Juli 2013, im Archiv der Restaurierungswerkstatt/ BLfD, München. 88 Basile, G., Le Pitture murali delle due Basiliche sotto tutela dell’ICR. Da 6 anni prevenzione e manutenzione ad Assisi. Sistematici interventi di controllo e manutenzione, poco costosi anche se non appetiti dagli sponsor consentono di evitare infuturo complessi, rischiosi e costosissimi restauri, in: Il Giornale dell’Arte 130/1995, S. 61.
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deutlich gemacht, dass auch über die aktuelle Instandsetzung von Mantegnas Malereien hinaus die Klimakontrolle und Wartung in regelmäßigen Abständen fortzusetzen sei.89 Wandmalereien in Räumen und Situationen wie Giottos Zyklen in der „Scrovegni Kapelle“ in Padua oder wie Leonardos „Abendmahl“ in Santa Maria delle Grazie in Mailand, unterliegen aus nachvollziehbaren konservatorischen Gründen schon seit Jahren einem strengen Klima-Regime in Verbindung mit kontrolliertem Tourismus.
Klosterkirche Müstair Die komplizierten konservatorischen Probleme der karolingischen und romanischen Wandmalereien in der Klosterkirche in Müstair sind in deren „Biographie“ und Restaurierungsgeschichte begründet und beanspruchen seit vielen Jahren restauratorische und naturwissenschaftliche Aufmerksamkeit und „nachhaltige Pflege“ wie A. Arnold schreibt. In der praktischen Kunstdenkmalpflege erkennt er jedoch zwei „verschiedene Haltungen“: die „periodischen Restaurierungen“ als die übliche Praxis und die „andauernde Pflege“ mit dem Ziel, große und durchgreifende Restaurierungen zu vermeiden oder die Wiederholungsrate zu verringern.90 Doch besonders die nachhaltigen Pflegekonzepte würden gründliche Untersuchungen und ausreichendes „Wissen über das Schadensgeschehen“ erfordern, wozu es Fachleute, Zeit und Geld brauche. Nur dieses Wissen ermögliche eine effiziente Prävention. „Nachhaltige Pflege heißt nun, allgemeiner formuliert, den Zustand der Wandmalerei zu erfassen, ihre Gefährdung zu verstehen und dieser so vorzubeugen, dass die Malerei möglichst lange integral erhalten bleibt.“ Zukünftige Schäden sollten also präventiv verhindert werden, in diesem Sinne sei Prävention nichts anderes „als eine Vorkehrung gegen eine erkannte Gefährdung beziehungsweise gegen wahrgenommene Risiken.“91
89 Ceriotti, M. C., La manutenzione della Camera degli Sposi, in: Trevisani, F. (Hg.), Rinascimento nel Castello San Giorgio: Andrea Mantegna e i Gonzaga, Mantova, 16 settembre 2006–14 gennaio 2007, Ausst. kat., Milano 2006, S. 296–298. 90 Arnold, A., Die nachhaltige Pflege der Wandmalerei in der Klosterkirche, in: Wyss, A./Rutishauser, H./ Nay, M. A. (Hg.), Die mittelalterlichen Wandmalereien im Kloster Müstair, Grundlagen zu Konservierung und Pflege, Zürich 2002, S. 141–149, S. 141. 91 Arnold differenziert hier auch in „allgemeine Prävention“ (z. B. Umwelteinflüsse, Klimaregelung) und in eine „spezielle Prävention“, die das Verstehen und die Vermeidung bestimmter Schadensvorgänge anstrebt. Siehe: Arnold, A., Die nachhaltige Pflege der Wandmalerei in der Klosterkirche, in: Wyss, A./ Rutishauser, H./Nay, M. A. (Hg.), Die mittelalterlichen Wandmalereien im Kloster Müstair, Grundlagen zu Konservierung und Pflege, Zürich 2002, S. 141–149, S. 141–142/Zehnder, K./Voute, A., LangzeitVerformung. Messungen an Hohlliegenden Wandmalereien, in: Restauro 1/2005, S. 49–53.
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St. Georg ob Judenburg und Bischofskapelle in Gurk Die letzte Restaurierung des künstlerisch und ikonographisch bedeutenden Georgszyklus (um 1240) in der Pfarrkirche von St. Georgen ob Judenburg datiert in die Zeit zwischen 1990 und 1994. Daran anschließend wurden die Malereien und das Kirchengebäude in ein Forschungsprojekt integriert, das dem Thema der Gefährdung durch Mauersalze gewidmet war.92 In jüngerer Zeit lief ein Monitoring, das die damaligen Untersuchungen (z. B. Leitfähigkeitsmessungen) und die materialspezifischen Veränderungen des Malereizustandes unter besonderer Berücksichtigung des Raumklimas evaluierte. Unter Einbeziehung bestimmter Referenzflächen und anspruchsvoller Fotodokumentation der beobachteten Schadensbilder sollte eine verbesserte Grundlage für zukünftige Evaluierungsmaßnahmen geschaffen werden.93 Die in diesem Rahmen erarbeiteten allgemeinen Standards für eine Zustandserhebung und das Monitoring an Wandmalerei und Architekturoberfläche fanden Eingang in den bereits erwähnten, 2012 veröffentlichten Leitfaden des Bundesdenkmalamtes Wien.94 Im Rahmen eines Beitrags über „Dokumentation in der Wandmalerei“ erörterten W. Baatz und M. Santner am Beispiel der Wandmalereien in der Bischofskapelle in Gurk begründeterweise die Nachvollziehbarkeit von Dokumentationen. Das eigentliche Motiv derartiger Dokumentationen sei es ja, die Qualität des Zustandes, z. B. einer bestimmten Wandmalerei, wie auch die Beweggründe der ausgeführten Interventionen zu verstehen. Vor diesem Hintergrund würden die Begriffe Evaluierung und Monitoring zunehmende Bedeutung erlangen, weil neben dem viel umfassenderen Konzept der „präventiven Konservierung“ die einzeln gesetzte Konservierungs-Restaurierungsmaßnahme an Gewicht verliere.95 Auch wenn das die Perspektive ist , bleibt die spezifische Bedeutung der punktuellen Bestandsicherung erhalten. Anhand der sehr guten Aktenlage über ca. 150 Jahre war einerseits die Biografie der bedeutenden Malereien in der Bischofskapelle nachvollziehbar und andererseits konnte mithilfe naturwissenschaftlicher Untersuchungen und einer Dokumentation im Rahmen
92 Das Projekt war an der Universität für angewandte Kunst angesiedelt, Institut für Kunst und Technologie (Bearb.: Johannes Weber und Heinz Leitner). 93 Kooperation: Akademie der bildenden Künste Wien (Institut für Konservierung– Restaurierung) | Universität für angewandte Kunst (Institut für Kunst und Technologie)/Universität für Bodenkultur (Institut für Meteorologie) RestauratorInnen: Mag. Beate Sipek/StudentInnen d. Akademie d. bild. Künste. 94 Leitfaden Zustandserhebung und Monitoring an Wandmalerei und Architekturoberfläche, hrsg. vom Bundesdenkmalamt Wien, 1. Fassung–6-März 2012, Wien 2012. Zu Judenburg siehe website/BDA Bundesdenkmalamt, Abteilung für Konservierung und Restaurierung, Leporello 2012. 95 Baatz, W./Santner, M., Dokumentation in der Wandmalerei und ihre Nachvollziehbarkeit – am Beispiel der Bischofskapelle in Gurk, in: Restauratorenblätter 28/2008/09, S. 97–107, S. 98.
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einer Diplomarbeit (2005/06)96 die Salzbelastung in den Gewölbeflächen als Ursache der Zermürbung von Malschichten erkannt werden. Methodisch gesehen handelte es sich dabei auch um Evaluation, weil ein wesentlicher Aspekt der Arbeit gewesen ist, „die vorherigen Ergebnisse mit den aktuell erarbeiteten zu vergleichen und so eine Aussage zum Verlauf von etwaigen Schadensprozessen zu ermöglichen.“97 Damit sind Voraussetzungen für ein Wartungskonzept als Grundlage präventiver Konservierung geschaffen.98
Die Wandmalereien der Fugger’schen Sammlungsräume in Augsburg 99 Eine „konsequente Vermeidung schadensrelevanter Wechselprozesse von bauschädlichen Salzgemischen durch kontrollierte Steuerung des Raumklimas“ legt E. Wendler in dem Beitrag „Langfristige Erhaltung der restaurierten Groteskenmalereien“ dar (Abb. 7). 100 Aufgrund der bekannten salzbedingten Komplikationen101, mit denen auch nach abgeschlossener Konservierung und Restaurierung zu rechnen war, galt es, einen „stabilen, weitgehend temperaturunabhängigen Klimakorridor zwischen 60 und 70 % relativer Luftfeuchte zu erreichen.“102 Nach Inbetriebnahme von Be- und Entfeuchtern kontrollie96 Santner, M., Zur malerischen Gesamtausstattung (13. Jh.) der Bischofskapelle im Gurker Dom und deren Erhaltungsgeschichte, Diplomarbeit, Akademie der bildenden Künste Wien, 2007. 97 Baatz, W./Santner, M., Dokumentation in der Wandmalerei und ihre Nachvollziehbarkeit – am Beispiel der Bischofskapelle in Gurk, in: Restauratorenblätter 28/2008/09, S. 97–107, S. 98–101. 98 Dr. Bernd Euler-Rolle, Leiter der Abteilung für Konservierung und Restaurierung des Bundesdenkmalamtes Wien, website, „mission statement“: „Den Restaurierwerkstätten Kunstdenkmale kommt … als zentrale Fachabteilung eine österreichweite Richtlinienkompetenz zu, die durch die Ausarbeitung von Standards zu Untersuchung und Dokumentation, zum monitoring und zur Durchführung von Restaurierungen wahrgenommen wird.“ Über Modellrestauriereungen hinaus kommt es zu Konzeptentwicklungen „zur Wartung, Pflege und Versorgung der Kunstdenkmale, die unter eingeschränkten wirtschaftlichen Bedingungen immer wichtiger werden.“ Ein wichtiger Bereich sei auch die Evaluierung von Vorgängerrestaurierungen, um die Nachhaltigkeit von Konservierungs- und Restaurierungsmethoden bestimmen zu können. 99 Ausführung zwischen 1569–1573 von Friedrich Sustris (1540–1599); siehe: Hagen von, B./Pursche, J./ Wendler, E. (Hg.), Die „Badstuben“ im Fuggerhaus zu Augsburg, München 2012. 100 Wendler, E., Langfristige Erhaltung der restaurierten Groteskenmalereien. Konsequente Vermeidung schadensrelevanter Wechselprozesse von bauschädlichen Salzgemischen durch kontrollierte Steuerung des Raumklimas, in: Hagen, B./Pursche, J./Wendler, E. (Hg.), Die „Badstuben“ im Fuggerhaus zu Augsburg, München-London-New York 2012, S. 226–237. 101 Siehe: Pursche, J., Die Wandmalereien und die plastischen Dekorationen in den ehemaligen Fuggerschen Sammlungskabinetten. Konservierung und Restaurierung 1996 – 2012, in: Hagen von, B./Pursche, J., Wendler, E. (Hg.), Die „Badstuben“ im Fuggerhaus zu Augsburg, München 2012, S. 120–225. 102 Wendler, E., Langfristige Erhaltung der restaurierten Groteskenmalereien. Konsequente Vermeidung schadensrelevanter Wechselprozesse von bauschädlichen Salzgemischen durch kontrollierte Steuerung des Raumklimas, in: Hagen, B./Pursche, J./Wendler, E., Die „Badstuben“ im Fuggerhaus zu Augsburg, München-London-New York 2012, S. 226–237, S. 236.
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ren elf Prüfpositionen die Messdaten aus insgesamt neunzehn Kanälen (Mauerkerntemperatur und –feuchte, Wandoberflächentemperatur und –feuchte, Raumlufttemperatur, Raumluftfeuchte), die sich kontinuierlich über eine Telefonleitung auf dem PC abrufen lassen. „Wird dieser Korridor im statistischen Mittel an mehreren Messpunkten eindeutig durchschritten, erfolgt automatisch per Telefonanruf eine Warnung (zu feucht, zu trocken etc.).“103 Parallel zu diesem instrumentellen Monitoring werden die Wandmalereien regelmäßig in sechsmonatigem Zeitabstand durch RestauratorInnen kontrolliert und gewartet. Die wirkungsvolle Instandsetzung der sogenannten „Badstuben“ (Musensaal und Zodiakusraum), „wäre in ihrem Bestand gefährdet, wenn sich die zwangsläufig in den Tiefen des Mauerwerks verbliebenen hygroskopischen Nitrate erneut an der raumseitigen Oberfläche anreichern und dort einem Wechselklima unterliegen, das zu Kristallisationsund/oder Hydratationswechseln führt.“104
Architektur der Klassischen Moderne Die elementaren Forderungen an die Erhaltung der Baudenkmäler führten schließlich auch bei denkmalgeschützten Bauten der „Klassischen Moderne“ zur Anwendung des „Prinzips Wartung“, was einem Perspektivwechsel gleichkam.105 Eine „systematische Pflege auf der Grundlage wissenschaftlicher Forschung ist daher eine zunehmend wichtige Voraussetzung für die langfristige Erhaltung der Gebäudesubstanz”, argumentiert M. Markgraf im Rahmen von konzeptionellen Überlegungen zur Entwicklung eines Wartungs-Systems für die „Bauhaus-Gebäude“ in Dessau (Weltkulturerbe). In der Praxis stellen sich der Realisierung dieser vernünftigen Ansprüche allerdings immer wieder Geldmangel und wohl auch Unverständnis entgegen.106 In die Liste des UNESCO Weltkulturerbes ist beispielsweise auch die „Villa Tugendhat“ in Brno aufgenommen worden, von Ludwig Mies van der Rohe 1929 bis 1930 erbaut. Nach Abschluss der Instandsetzung, Konservierung und Restaurierung 2012, soll hier ein Wartungsprogramm den restaurierten Zustand nachhaltig und im Sinne präventiver Konservierung bewahren. „Es ist eines der traditionellen Prinzipien, die auch beim Haus Tugendhat verwendet worden sind, dass der Bau durch ständige Pflege über 103 Ebenda. 104 Ebenda. 105 Danzl, T., Präventive Konservierungsstrategien an Denkmalen der klassischen Moderne in Dessau im Spannungsfeld von Musealisierung, (Massen-)Tourismus und multifunktionaler Nutzung, in: SchädlerSaub, U. (Hg.), Weltkuturerbe Deutschland – Präventive Konservierung und Erhaltungsperspektiven, ICOMOS Hefte des Deutschen Nationalkomitees XLV, Regensburg 2008, S. 133–140. 106 Markgraf, M., Maintenance system for the Bauhaus buildings in Dessau and Weimar: conceptual development of a methodology, in: Canziani, A. (Hg.), Conservazione programmata per il patrimonio architettonico del XX secolo, Milano 2009, S. 259–267.
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Jahrhunderte in Stand zu halten ist.“, äußert sich I. Hammer in einem Interview mit dem Tschechischen Rundfunk 2012.107
Die Grotten von Schloss Hellbrunn bei Salzburg Entstanden mit dem Schlossbau Hellbrunn um 1615 und später immer wieder verändert, bilden die Wasserspiele zusammen mit Neptunsgrotte, Muschel- und Ruinengrotte sowie Vogelsang- und Spiegelgrotte eine der interessantesten Anlagen dieser Art aus dem frühen 17. Jahrhundert108 – heute aber auch eine der gefragtesten Touristenattraktionen. Park und Schloss sind seit den neunzehnhundertzwanziger Jahren öffentlich. Damit sind die entscheidenden Probleme bereits umrissen: Dauerhafte Feuchtigkeit und – gemessen an der Nutzungsfrequenz der vorangegangenen Jahrhunderte – während der Öffnungszeiten intensive Beanspruchung durch täglich wiederholtes Betreiben der Wasserspiele. Dazu kommt ein Grundwasserstand, der jetzt knapp unterhalb des Bodenplattenniveaus liegt, was als Resultat hydromorphologischer Veränderungen im Umfeld des Schlosses seit den 90er Jahren aber als eine Verbesserung im Vergleich zu zeitweise überschwemmtem Bodenniveau einzustufen ist (Abb. 8 und Abb. 9). Im Verlauf dreier Restaurierungskampagnen konnten zwischen 1992 und 1995 nicht nur eine Schadenskartierung und eine Dokumentation durchgeführt werden, sondern es ließen sich auch erste Erfolge für eine Stabilisierung des überkommenen Bestands in den grottierten Räumen erzielen. In diesem Zeitraum ermöglichten die schrittweise über einige Jahre verteilten konservatorisch-restauratorischen Interventionen „eine Überprüfung aller verwendeten Materialien und deren Anwendung unter den gegebenen Extrembedingungen…“.109 Ein kontinuierliches, mit einem kompetenten Restaurator oder einer kompetenten Restauratorin vertraglich abgesichertes Wartungsprogramm wurde aber bislang nicht installiert, weil das hauseigene Personal erkennbare Schäden beobachtet und dann angemessen reagieren kann. Dem Vernehmen nach rechnet die Verwaltung von Schloss und Park bisher in Wartungszyklen von etwa zwanzig Jahren, sodass nun in naher Zu107 Radio Prag – Ivo Hammer über Sanierung der Villa Tugendhat, 26.10.2012, in: www.radio.cz/de/rubrik/ tourist/ivo-hammer-ueber-sanierung-der-villa-tugendhat, Zugriff 26.10.2014. 108 Zur Ausstattung, zu den Befunden und Problemstellungen siehe: Tinzl, C./Fricke-Tinzl, H., Die Grotten von Schloß Hellbrunn: Befundsituation und Anmerkungen zu ihrer Restaurierung, in: Schloß Hellbrunn in Salzburg und seine Grotten. Studien und Beobachtungen zu ihrer Geschichte und Restaurierung, Barockberichte 14/15/1997, S. 529–534/Leitner, H., Gedanken zur Konservierung und Restaurierung der Grotten von Hellbrunn, in: Schloß Hellbrunn in Salzburg und seine Grotten. Studien und Beobachtungen zu ihrer Geschichte und Restaurierung, Barockberichte 14/15/1997, S 548–559. 109 Tinzl, C./Fricke-Tinzl, H., Die Grotten von Schloß Hellbrunn: Befundsituation und Anmerkungen zu ihrer Restaurierung, in: Schloß Hellbrunn in Salzburg und seine Grotten. Studien und Beobachtungen zu ihrer Geschichte und Restaurierung, Barockberichte 14/15/1997, S. 529–534, S. 533.
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kunft eine erneute Auseinandersetzung mit den spezifischen Problemen der Grottenräume ansteht. Sicher nicht zu früh, denn zwischen den zyklischen Instandsetzungen ist ja mit einem langsamen, dennoch kontinuierlichen Verfall zu rechnen, der inzwischen schon erkennbare Formen angenommen hat.110 Dieser Verwitterungsprozess ist in der „Ruinengrotte“ sozusagen weich gezeichnet, weil das der Gestaltungsidee zugrundeliegende „Ruinöse“ sich vom realen Verfall teilweise kaum noch unterscheidet und vom Normalbetrachter somit kaum differenziert wahrgenommen und nicht zugeordnet werden kann. (Abb. 10–12) Weitere Planungen zur Voruntersuchung und Konzeptfindung haben jedoch begonnen und es darf angenommen werden, dass die in den letzten Jahren intensivierte Zusammenarbeit mit dem Denkmalamt und spezifisch fachkompetenten Instituten und RestauratorInnen auch zu einer präventiv angelegten Konservierungskonzeption führt.111
Schloss Linderhof, Venusgrotte Die 1877 im Park von Linderhof errichtete Venusgrotte geht auf einen Erlass Ludwigs II. (1845–1886; 1864 bis 1886 König von Bayern) zurück. Zu den bemerkenswerten Details dieses „illusionistischen Gebäudes“ gehörte ursprünglich die an kuppeligen Ziegelgewölben aufgehängte Grottenschale, eine Heizanlage mit eigenem Kraftwerk, Beleuchtung mit farbigem Licht (Kohlebogenlampen, Farbglasfilter), ein künstlicher See mit Wasserfällen usw. (Abb. 13–14).112 Die innere Oberfläche der Grotte ist eine modellierte, meist aus in den Raum hineinhängenden künstlichen „Tropfsteinen“ bestehende Schale. Filigran miteinander verbundene Eisenstäbe und Rundeisen bilden die tragende, von den Gewölben abgehängte Unterkonstruktion, die ihrerseits die Grottenhülle vorformt. Zusammen mit einem darauf flächig applizierten Drahtgeflecht war auf diese Weise eine sogenannte „Drahtputzschale“ entstanden, die als eigentlicher Träger für die zentimeterdicke Romanzement-Beschichtung fungiert.113 110 Beispielsweise zunächst kompensiert durch ein Schutzgerüst gegen herabfallende Dekorationsteile in der „Vogelsang-Grotte“. 111 Die Grotten im Schloss Hellbrunn ließen sich hinsichtlich der Anlage und des herrschaftlichen Anspruchs, aber heute auch in Bezug auf die außerordentliche touristische Nutzung mit der östlich von Bayreuth gelegenen markgräflichen Eremitage und deren Grottensaal (ab 1735) vergleichen. Insbesondere die in den Grottensaal verlegten Wasserspiele führen langfristig – konservatorisch gesehen – gleichfalls zu einem sehr feuchten Raumklima und zwangsläufig zu der mit dieser extensiven Nutzung verbundenen Beanspruchung des vor einigen Jahren restaurierten Raumes. Einen restauratorischen Wartungsvertrag gibt es nicht, aber auch hier ist das hauseigene Personal zur Beobachtung und Pflege angehalten (zuständig: Bayerische Verwaltung der staatlichen Schlösser Gärten und Seen, München). 112 Pfeil, M., Die Venusgrotte Linderhof. Schwierige Sanierung eines „illusionistischen Gebäudes“, in: Denkmalpflege Informationen 155/2013, S. 16–20/Küffner, G., Die Feuchtigkeit muss aus der Grotte raus, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, Dienstag 24. April 2012, Nr. 96, Technik und Motor, Seite T1. 113 Barthel, R./Kayser, C./Martin, F./Maus, H., Die Venusgrotte im Schlosspark von Linderhof – Untersu-
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Diese technisch seinerzeit hochmoderne Anlage ist dann in vielen Details den raumklimatischen Beanspruchungen auf Dauer nicht gewachsen gewesen. Abgesehen von dem extensiv gesteigerten Tourismus, führten die ständig vorhandene Feuchtigkeit sowie die Kondensationsfeuchte und die Korrosion im Bereich der Unterkonstruktionen zwischen der Eisenarmierung und dem ummantelnden Romanzement zu einer besorgniserregenden Schwächung des statischen Systems und der Grottenschale: „Der historische Bestand der Grottenhülle mit seinen Stalagmiten und Stalagtiten ist zu über einem Drittel unrettbar verloren, ein weiteres Drittel muss intensiv saniert werden, …“.114 Vor allem die Korrosion der Armierungen im Kern der Romanzement-Putzschale hat das Absprengen von Putzteilen zur Folge, möglicherweise zusätzlich befördert durch thermische Spannungen zwischen der tragenden Eisenkonstruktion und der steifen Putzschale (Abb. 15–16). Eine umfassende Instandsetzung ist geplant. Alle erforderlichen konservierungswissenschaftlichen Voruntersuchungen, die Tragwerksplanung, die Berechnungen und die Versuche, den Verfall zu kompensieren, sind veranlasst oder abgeschlossen. Das denkmalpflegerische Konzept sieht unter Berücksichtigung notwendiger Erneuerungen die Bestandsicherung vor.115 Wie andere Baudenkmale auch wird diese künstliche Grotte jedoch ein Patient bleiben. Die notwendige Bewahrung der Verkehrssicherheit erfordert zukünftig regelmäßige Kontrollen des Systems der Tragstrukturen, an bestimmten Stellen wohl auch ein instrumentelles Monitoring, das kooperativ zwischen StatikerInnen und RestauratorInnen abzustimmen wäre. Derzeit sind vor Beginn der konkreten Instandsetzung der Venusgrotte noch jene Schadensmechanismen aktiv, die ursächlich die bestanderhaltenden Maßnahmen auslösen. Bis zum Abschluss des Korrosionsschutzes sind daher systematische Kontrollen veranlasst und die zukünftige Wartung der Anlage nach Abschluss der Instandsetzung wird voraussichtlich Teil des Bauunterhaltes werden.116 In diesem Zusammenhang sei der Hinweis erlaubt, dass aus Sicht in der Denkmalpflege tätiger ArchitektInnen bzw. Architekturbüros ganz allgemein das Fehlen von Wartungsprogrammen als Teil einer Gesamtplanung – und somit auch finanziell abgesichert – vermisst wird. chungen zur Baukonstruktion, in: Hassler, U. (Hg.), Felsengärten, Gartengrotten, Kunstberge. Tagung an der ETH Zürich, 10.–11. Juni 2010, Zürich 2013/14, S. 244–259. 114 Pfeil, M., Die Venusgrotte Linderhof. Schwierige Sanierung eines „illusionistischen Gebäudes“, in: Denkmalpflege Informationen 155/2013, S. 16–20, S. 19. 115 Pfeil, M., Die Venusgrotte Linderhof. Schwierige Sanierung eines „illusionistischen Gebäudes“, in: Denkmalpflege Informationen 155/2013, S. 16–20, S. 20: „Wir stehen in der Pflicht, diese höchst empfindliche, nicht für die Ewigkeit gedachte, aber in hohem Maße bewahrenswerte künstliche Grotte als besonderes Beispiel für die Geisteswelt des Märchenkönigs Ludwig II. für künftige Generationen zu sichern.“ 116 Gespräch im September 2013 mit P. Seibert (Leiter der Bauabteilung der Bayerischen Verwaltung der staatlichen Schlösser, Gärten und Seen), M. Bosch und K. Häfner.
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Conclusio und Ausblick Ausgehend von der Tatsache weitgehend fehlender oder doch unzureichender Wartungskonzepte für die monumentalen Gestaltungen von Großräumen, stellt sich die Frage nach den Gründen. Schon 1988 konstatierte E. Oellermann, dass nahezu jeder notwendig gewordene akute Restaurierungsfall in sich den Vorwurf an uns alle berge, dass es an ausreichender Sorgfalt gefehlt hat.117 Aber immer bleibt dabei zu bedenken, dass die richtige Antwort auf Spezialfragen noch lange nicht das Erkennen der Gesamtproblematik bedeutet.118 Zwar spielt das Thema der Wartung historischer Bauwerke inzwischen eine zentrale Rolle in der Konservierungsdebatte, doch scheint es, als würde das bereits vorhandene Wissen unzureichende Verbreitung erfahren und/oder es findet der Komplexität wegen nicht konsequent den Weg in die Praxis. Allerdings muss man einräumen, dass häufig die Finanzierbarkeit ausschlaggebend ist für eine konsequente Umsetzung systematischer Wartungsprogramme. Diesbezüglich sollte allerdings der resümierende Rückblick, die prognostizierte Möglichkeit von Klimaveränderungen und finanziellen Engpässen zu Überlegungen motivieren, ob sich im Einzelfall eine systematische Wartung und Pflege nicht doch günstiger auf die wirtschaftliche Bilanz auswirkt, als die chronische Wiederholung teurer Gesamtmaßmaßnahmen. Als verbindendes Prinzip lässt sich für die hier stellvertretend angeführten Fallstudien jedenfalls festhalten, dass unter Einbeziehung der Präventivmethodik jeweils angestrebt wurde, zu konservierungswissenschaftlich tragfähigen Konzepten zu gelangen. Was steht also der vermehrten Anwendung postkonservatorischer Wartungsprogramme entgegen? Derzeit sind weder Forschungsmangel anzunehmen noch zu wenige finanzierte Projekte – es scheint eher an der Vermittlung und Verknüpfung der Ergebnisse und der spezifischen Erfahrungen zu liegen, dass selbst große und finanziell aufwendige Restaurierungsprojekte keine die Nachhaltigkeit sicherstellenden Maßnahmen eingeplant haben. In einer Zeit, die der Wirtschaftlichkeit vieler Vorgänge Priorität einräumt, oder wo finanzielle Ressourcen beispielsweise für soziale Projekte benötigt werden, muss sich auch die Frage nach der Sinnhaftigkeit konservatorisch-restauratorischer Leistungen stellen, wenn noch innerhalb einer Generation der gleiche Aufwand erneut betrieben werden muss. Abgesehen von offensichtlichen Bearbeitungsfehlern sollte immer auch geprüft werden, inwieweit jede erneute Intervention nicht auf anderen Methoden und neueren Er117 Zitiert nach: Oellermann, E., Restaurieren zwischen Anspruch und Wirklichkeit, in: Zeitschrift für Kunsttechnologie und Konservierung 2/1988, S. 329–335, S. 331. Eine Konservierung-Restaurierung setzt Schäden voraus, die es unter günstigen Bedingungen nicht hätte geben müssen. 118 Arnold, A., Das Original im Beziehungsfeld zwischen Naturwissenschaft und Denkmalpflege, in: Deutsche Kunst und Denkmalpflege 45/1987, S. 149–156, S. 152.
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kenntnissen aufgebaut werden müsste und ob zusätzliche Parameter und Kriterien zu berücksichtigen sind, damit Wirtschaftlichkeit sich langfristig dadurch einstellt, dass sich die Zeitabstände zwischen den finanziell kostspieligen „Runderneuerungen“ verlängern.119 Bezogen auf historische Bauten und die darin integrierten Kunstdenkmale äußerte sich M. Kühlenthal schon 1998 dahingehend, dass eine umsichtigere Gesellschaft vorstellbar sei, die bewusster pflegt und bewahrt. Pflege sei dabei aber nicht als „Einhaltung von Reparaturintervallen“ zu verstehen, sondern als regelmäßige Inspektion und Wartung. Der Zeitpunkt sei gut, darüber nachzudenken, „wie viele Restaurierungen ein Kunstwerk verträgt (…) und wie viel Konservierung es aushält, bevor es zum unlösbaren Problemfall wird.“ Es sollte für Kunstdenkmale eine konservierungswissenschaftlich gestützte Kultur der Wartung und Pflege aufgebaut werden, derer sich die institutionelle Denkmalpflege als Werkzeug bedienen könnte.120 Eine derartige Praxis kann derzeit jedoch nicht allein von Denkmalpflege-Institutionen geleistet werden. Zusätzlich wäre eine gut strukturierte Organisation vorstellbar, etwa vergleichbar mit der niederländischen sogenannten „Monumenten Wacht“.121 Immerhin schließt R. Snethlage zumindest für ein Monitoring bei Objekten aus Naturstein dieses Modell nicht aus, was aber eine kompetente Besetzung mit RestauratorInnen sowie interdisziplinäre Arbeit voraussetzen würde.122
119 Grundlegend für eine solche Analyse ist die Beantwortung der Fragen, warum das Objekt gut oder schlecht steht, was und warum hat sich etwas bewährt bzw. warum nicht? 120 Kühlenthal, M., Die Restaurierung der Restaurierungen, in: Böning-Weis, S./Hemmeter, K., Langenstain, Y. (Hg.), MONUMENTAL Festschrift für Michael Petzet, Arbeitsheft 100, Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege, München 1998, S. 313–323, S. 321. 121 Lipovec, N. Č./Balen, K. van, Tra Prevenzione e Manutenzione: I „Monumentenwachten“, in: Biscontin, G./Driussi, G. (Hg.), Pensare la prevenzione. Manufatti, usi, ambienti, Atti del XXVI Convegno internazionale Scienza e beni culturali, Bressanone, 13–16 luglio 2010, Venezia 2010, S. 193–202/Weaver, M. E., Historic Preservation Maintenance in the Netherlands. The Monumentenwacht, in: Bulletin of the Association for Preservation Technology 18/3/1986, S. 10–11. In England besteht das Projekt „Maintain Our Heritage“. 122 Snethlage, R., Vorwort, in: Auras, M./Meinhardt, J./Snethlage, R., Leitfaden Naturstein-Monitoring. Nachkontrolle und Wartung als zukunftsweisende Erhaltungsstrategien, Stuttgart 2011, S. 13–14. Die Überlegungen zur Qualitätsssicherung bei künftigen Restaurierungsmaßnahmen „haben in jüngster Vergangenheit in Anlehnung an die seit langer Zeit in den Niederlanden erfolgreich betriebene ‚Monumentenwacht’ zur Gründung einer vergleichbaren Organisation in Niedersachsen, dem ‚Monumentendiest’ geführt, welcher beim Museumsdorf in Cloppenburg angesiedelt ist und dessen Start ebenfalls durch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt gefördert wurde.“; siehe im Internet auch unter: Fowler, A., Nachhaltige Denkmalpflege – Monumentenwacht – regelmäßige Inspektionen und Kontrollen mit sofortiger Kleinreparatur – Totalsanierung durch Vorbeugen vermeiden, Vortrag am 27.Oktober 2005, Tagung, Vorpommersche Guts- und Parkanlagen, in: www.denkmalwacht-bb.de/beitraege/25, Zugriff 26.10.2014, update 2009.
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Für den Fortbestand von Wandmalerei bzw. wandfester Ausstattung hat die Therapie der Ursachen nicht nur theoretisch Vorrang vor der kosmetischen Beseitigung der Symptome.123 Der Blick sollte nach dem Ursache-Wirkung-Prinzip keinesfalls nur am makro- oder mikroskopischen Detail haften bleiben, sondern unter Einbeziehung des Umfeldes eines Kunstwerks durch methodisches Fokussieren „vom Großen zum Kleinen“ schließlich zu ganzheitlicher Sicht gelangen.124 Auf dieser Basis darf als sicher angenommen werden, dass sorgsame Wartung, Beseitigung der Baumängel und die intelligente Steuerung angemessener Raumklimata langfristig Bestandserhaltung garantieren. Doch eine kritische Betrachtung der von „Fehlleistungen der angewandten Konservierungstechnik“ beeinflussten Restaurierungsgeschichte macht immer noch misstrauisch. Sogenannte „sichere“ Methoden erwiesen sich letztlich doch als zerfallsbeschleunigend, weil die substantiellen Eigenschaften der eingesetzten Materialien und deren Wirkung sich in das bestehende System nicht ausreichend integrierten und somit nicht kompatibel waren.125 Erstrebens- und wünschenswert ist weiterer Ausbau der Zerfallsforschung in interdisziplinärer Projektarbeit mit konservierungswissenschaftlicher Forschung. Das schmerzliche Erfahrungswissen aus der Vergangenheit sowie der bedingte Erfolg selbst wissenschaftlicher Methodik, den Zerfall von klimatisch exponierten Kunstwerken aufzuhalten – manchmal nur zu verlangsamen – sollte uns die Vorläufigkeit mancher bestanderhaltenden Bemühungen nicht vergessen lassen.126 Ein Blick auf die Vielzahl publizierter Äußerungen zum Thema Pflege und präventives Erhalten des kulturellen Erbes könnte zu der Auffassung verleiten, theoretisch sei alles schon gesagt. Ist es wohl auch, denn in Fachkreisen wurden wohl die meisten Probleme angesprochen und debattiert, ist diskursiv nach Lösungen gesucht worden. Fraglich bleibt jedoch die überzeugende Vermittlung der präventiv-konservatorischen Notwendigkeiten mit den daraus resultierenden Ansprüchen an die privaten und/oder öffentlichen Entscheidungsträger. Das Fehlen einer fachübergreifenden Plattform für Naturwissenschaft, Konservierungswissenschaft, Restaurierung, Denkmalpflege und Öffentlichkeit dürfte einmal mehr einer in zu engen Bahnen verlaufenden Kommunikation 123 Hammer, I., Symptome und Ursachen. Methodische Überlegungen zur Erhaltung von Fassadenmalerei als Teil der Architekturoberfläche, in: Zeitschrift für Kunsttechnologie und Konservierung 10/1996, S. 63–86. 124 Arnold, A., Naturwissenschaft und Denkmalpflege, in: Deutsche Kunst und Denkmalpflege 45/1987, S. 2–11. 125 Interessant dazu: Vester, F., Neuland des Denkens. Vom technokratischen zum kybernetischen Zeitalter, München 1997. 126 Pursche, J., Die „Entsorgung“ restauratorischer Eingriffe an Wandmalereien, in: Das Denkmal als Altlast? Auf dem Weg in die Reparaturgesellschaft, ICOMOS Hefte des Deutschen Nationalkomitees XXI/2000, S. 82/Pursche, J., Die „Entsorgung“ restauratorischer Eingriffe an Wandmalereien, in: Kunsttechnologie und Konservierung 12/2/1998, S. 321–324.
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geschuldet sein. Mangels Information wird vielerorts die gleiche Problematik bearbeitet, ohne auf eigentlich bereits verfügbare Erkenntnisse zuzugreifen. Ein auch international denkbarer Lösungsansatz auf dem Gebiet der präventiven Konservierung und systemischen Wartung wäre zukünftig die bessere Kopplung der Neuerungen mit studentischer Ausbildung sowie eine gezielte kenntnisreiche Vermittlung der einschlägigen technischen und wissenschaftlichen Innovationen an die Denkmalpflege-Institutionen und staatlichen sowie kirchlichen Bauverwaltungen. Erstrebenswert wäre eine Kultur der Wartung und Pflege. Ein jährlich mindestens einmal organisierter Workshop – als Denkanstoß – könnte gleichfalls den internationalen Erfahrungsaustausch sichern. Und eine ebenso restauratorisch wie konservierungswissenschaftlich strukturierte, auch die konkreten Interessen und Erfahrungen kompetenter vor Ort arbeitender RestauratorInnen und DenkmalpflegerInnen berücksichtigende Publikationsreihe könnte als spezifisches Forum und vielfältiger Wissensspeicher dienen. Damit würde vor allem der praktischen Denkmalpflege ein Instrument an die Hand gegeben sein, mit dem eine wirtschaftlichen Gesichtspunkten genügende Bestandsicherung zukunftswirksam zu realisieren wäre.
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Wolfgang Kippes
Raumklima und Sammlungsmanagement
Abstract The long discussion on indoor climate monitoring for historic collections was difficult and controversial, framed by irrational arguments and marketing of the technical industry. After profound scientific research and by remembering the history of the object, the current conclusion was set up: The “historic” climate that proved to be best for the objects throughout history is the actual standard that should be followed, not the interests and comfort of visitors and staff. The indoor climate in museums therefore bases on strict but easy monitoring without major technical equipment. Climate values should always be determined by conservation science. Besides these general aspects of room climate, a practical way to follow these standards is described using the example of the current initiative of Lower Austria to reorganize historic collections.
Zusammenfassung Die lange andauernde Diskussion um wünschenswerte Raumklimawerte in Sammlungen war von Zufällen, Marketinginteressen der Technikindustrie und unreflektiertem Nachplappern geprägt. Erst genaueste materialwissenschaftliche Untersuchungen, verbunden mit der Rückbesinnung auf die Geschichte der Objekte, haben die aktuelle Lösung ermöglicht: Das Sollklima einer Sammlung hängt nicht von den Komfortwünschen der BesucherInnen oder MuseumsmitarbeiterInnen und nicht unmittelbar vom Material ab, sondern vom „historischen“ Klima, also jenem Raumklima, das in der Geschichte der Objekte als das geeignetste belegt wurde. Damit wird die Beherrschung des musealen Raumklimas zu einer nüchternen Angelegenheit und ist im Alltag einfach umzusetzen. Die Klimawerte sind aber immer konservierungswissenschaftlich begründet. Neben diesen allgemeinen Aspekten zum Thema des Raumklimas werden außerdem die Anwendungsmöglichkeiten der neuen Sichtweise auf aktuelle Initiativen zur Sanierung der Depotbestände in niederösterreichischen Sammlungen beschrieben.
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Der lange Marsch zur Erkenntnis – zur Geschichte der Raumfeuchte-Standards im Museumswesen Der Einfluss wechselnder Feuchte auf Kunstwerke wird seit annähernd 100 Jahren untersucht. Die physikalischen Hilfsmittel dazu entwickelten Carrier 1911 („Psychometric Chart“) und Mollier 1926 („Mollier Chart“), indem sie die Zusammenhänge von Feuchte, Temperatur und Energieinhalt der Luft systematisch darstellten. Die Wirkung elektrischer Heizung auf Kirchenräume hat Jacobson in Schweden erstmals 1926 gemessen, zwei Jahre zuvor hatte Ramsbotton in London den Feuchteeinfluss auf Leinwandgemälde studiert und 1929 führte die National Gallery eine ebensolche Studie an Holztafelgemälden durch. In all diesen Studien wurden große Schwankungen der relativen Feuchte (rF) als Ursache von Schadensbildern festgemacht. Die ersten Sollwerte für die rF aus konservatorischer Sicht wurden von MacIntyre im Courtauld Institute in London bereits 1934 definiert. Unter den dortigen Klimabedingungen fand er heraus, dass ein Wert der rF zwischen 55 % und 60 % wohl die geringsten Schadensbilder an Objekten auslöst. Er beschrieb, dass bei diesen Feuchtewerten die Reduktion der Pigmentverluste („reduced pigment fading“) am geringsten war. Das bedeutet, dass er weniger am Prozess des Quellens und Schwindens organischer Materialien (als Bildträger) interessiert war – sondern vielmehr die Farbschichten und Pigmente selbst untersuchte. 1955 führte das International Council for Museums (ICOM) eine Umfrage unter 64 Archiven, Bibliotheken und Museen und einigen ExpertInnen durch, über deren Empfehlungen zu Sollwerten des Raumklimas in den Sammlungen. Dabei scheint es sich eher um abgefragte Erfahrungen mit den damals in der Praxis üblichen Klimawerten gehandelt zu haben, als um materialwissenschaftlich begründete Werte. Die Ergebnisse dieser Umfrage wurden 1960 publiziert1 – und damit wurde unbeabsichtigt ein nachhaltiger Einfluss auf die Kuratorenschaft bis heute ausgeübt. Aus einem schlichten ersten Bericht über diese Umfrage wurde unfreiwillig quasi ein „Beschluss“ – ein neuer Standard war gesetzt, der heute noch unauslöschlich in den Gehirnen von SammlungsleiterInnen besteht. Der neue Standard besagte, dass die rF bei einem Sollwert von 55 % mit einer Schwankungstoleranz von 5 % bei Raumtemperatur von 20°C liegen sollte. Schon damals war klar, dass möglichst niedrige Raumtemperaturen vorteilhaft wären – aber der Komfort der BesucherInnen und MuseumsmitarbeiterInnen war ebenfalls zu berücksichtigen. Nur kurze Zeit später wurde der neugefundene Standard ohne viel Diskussion für kontinentale Bereiche (eigentlich für ‚nichtmaritime‘ Bereiche) auf einen Sollwert 1
Plenderleith, H./Philpott, P., Climatology and conservation in museums, in: UNESCO Paris, Museum 13/1960, S. 202- 289, S. 203ff.
Raumklima und Sammlungsmanagement
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von 50 % +/– 5 % gesenkt, weil während der Heizperiode die hohen Feuchtewerte nicht einhaltbar waren.
Über die segensreiche Wirkung der technischen Industrie Allein in der Art der Zieldefinition wird ersichtlich, dass für die Einhaltung eines gewünschten Raumklimas allein die Technikindustrie zuständig sein kann: Die Natur wird sich nicht von selbst an diesen Werten orientieren, Erfahrung von Jahrhunderten über natürliche Klimaschwankungen ohne Schadenswirkung wird ignoriert und der Nutzen der Bausubstanz wird ausgeblendet. Das Umfrageergebnis von 1955, das bis heute maßgeblichen Einfluss auf das Sammlungsmanagement haben sollte, wurde vorrangig in Sammlungen erzielt, die über damals moderne Raumklimaanlagen verfügten. Da diese technische Ausrüstung teuer war, mussten die befragten KustodInnen wohl oder übel die von ihnen verursachten hohen Investitionen als notwendig und vorteilhaft darstellen. Wortgewaltige Werbung der Lieferindustrie hatte ja die Einhaltung dieser Werte versprochen und die Kaufverträge die Einhaltung der Anforderungen bedungen. Bei etwas genauerem Hinsehen hätten schon damals Bedenken aufkommen müssen: Unter welchen äußeren und inneren Rahmenbedingungen sind die Versprechungen der Lieferanten gültig? Das sprichwörtlich „Kleingedruckte“ hat aber kein Käufer gelesen – die absolute Technikgläubigkeit hatte ihren Höhepunkt erreicht. Was passiert, wenn die technischen Anlagen einmal ausfallen? Den Werbeaussagen folgend ein undenkbarer Zustand. Selbst wenn man naiv genug wäre, dies zu glauben: Mit der Anschaffung wurden gleichzeitig teure Wartungsverträge verkauft. Für die Wartung muss die Anlage abgeschaltet werden. Nur juristischen Spitzfindigkeiten der Wortwahl ist es zu verdanken, dass dies keinen Anlagenausfall darstellt. Und was passiert bei Stromausfall? Auch kein „Anlagenausfall“, weil ja die Schuld woanders zu suchen ist. Aus der Sicht der Materialanforderungen der Sammlungen gab es damals keinerlei Begründung für diesen Standard. Die Fragestellung von ICOM hatte dieses Thema auch gar nicht betroffen. Daraus ergab sich unfreiwillig das nächste Problemfeld. Seit dem 19. Jahrhundert ist bekannt, dass Papier, Holz, Textilien oder Metalle unterschiedliche Klimaanforderungen haben. In den meisten Museen wird diese Tatsache auch berücksichtigt, indem die Ausstellungsobjekte heute noch grob materiell klassifiziert in verschiedenen Abteilungen präsentiert werden. Einen einheitlichen Sollwert für das Raumklima festzulegen (als Ergebnis einer schlichten Umfrage), war also damals schon nicht mehr „state of the art“. Das Marketing der Technikindustrie kann sich aber um solche Details nicht kümmern, der Segen ihrer Produkte wäre in Frage gestellt.
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Seit zwei Generationen haben nun die Sammlungsverantwortlichen aller Welt eifrig nach den genannten Zielwerten getrachtet, haben fleißig Hygrometer angekauft, diese mitunter auch kalibriert2 und Messdaten dokumentiert – nur um diese Dokumente nie wieder zu studieren. Einerseits, weil die Datenfülle unermesslich wurde („Datenoverkill“), andrerseits, weil der zeitliche Verlauf von Temperatur (T) und relativer Luftfeuchtigkeit (rF) als Kurvenbild dargestellt nicht ganz einfach interpretiert werden kann. So kann es nicht verwundern, dass die Klimaaufzeichnungen kaum mehr als Zufallswerte darstellen.
Über die Mühen des langen Marsches Natürlich ist es auch nicht verwunderlich, dass die recht irrational oder eher zufällig definierten Sollwerte des Raumklimas bald zur Diskussion standen. Schon 1964 empfahl Buck, die Referenzwerte von Klimaanlagen den Jahreszeiten folgend gleitend einzustellen (vgl. auch Gael de Guichen 1984), und eine Reihe von Autoren (u.a. Kadijsky 1980) plädierten für die regionale Differenzierung der Sollwerte3 – was die technische Industrie stillschweigend übernahm. In Österreich wurde das Thema erstmals 1981 einer breiten Fachwelt erschlossen. Manfred Koller und Rainer Prandstetten publizierten in den Restauratorenblättern eine Zusammenfassung der bis dahin geführten Diskussionen.4 Maßgeblichen Einfluss auf die internationale Debatte hatte Garry Thomson von der National Gallery London mit seinem Standardwerk „The Museum Environment“5 – er wird häufig, aber unzutreffend, als Begründer der oben beschriebenen „Zufallsdefinition“ der Sollwerte für das Raumklima bezeichnet. Tatsächlich aber hatte Thomson in einem sehr praktischen Ansatz die musealen Sammlungen in zwei Gruppen klassifiziert: Alle großen Sammlungen in Neubauten sollten auf einen Referenzwert der rF eingestellt werden, der zwischen 45 % und 60 % liegt und nicht mehr als 5 % von diesem Referenz2
3
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Nach VDI-Standard 3786 (1985) wären Haarhygrometer wöchentlich zu prüfen. Gael de Guichen forderte 1984 die Kalibrierung von Haarhygrometern jede 2. Woche! Wer hat das jemals eingehalten? Selbst moderne elektronische Fühler bedürfen der regelmäßigen Kalibrierung. In der aktuellen Norm für Luftfeuchtemessgeräte (EN 16242) wird nur mehr von „regelmäßiger“ Kalibrierung gesprochen, abhängig von Gerätetypus und Hersteller. Kadijsky, C. Climate Control within historic buildings: some technical aspects, in: IIC/Bromelle, N. S./Thomson, G./Smith, P. (Hg.), Conservation within historic buildings, IIC – Vienna Congress, 7–13 September 1980, Preprints, London 1980, S. 30–31. Koller, M./Prandstetter. R. (Hg.), Klima- und Ausstellungsprobleme, Rechts- und Finanzfragen, Restauratorenblätter 5/1981. Thomson, G., The Museum Environment, London 1978.
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wert abweichen soll. Die zweite Gruppe sollte alle gemischten Sammlungen (compound collections) umfassen, mit der Empfehlung für Werte zwischen 40 % und 60 %. Diese wären vom vorherrschenden regionalen Außenklima abhängig zu setzen. Wirklich fruchtbar wurde die wissenschaftliche Debatte, als sich das Smithsonian Institute (Erhardt, Mecklenburg, Tumosa, u.a.) in den USA sowie das Canadian Conservation Institute (CCI) des Themas annahmen und sowohl die Geschichte der Diskussion als auch die materialwissenschaftliche Fragestellung analysierten. Große Beachtung im deutschen Sprachraum fand Günther S. Hilbert, der Leiter des Technischen Dienstes der Staatlichen Museen Preußischer Kulturbesitz, der 1987 erstmals die Notwendigkeit technischer Anlagen zur Klimastabilisierung in Frage stellte und auf die Vorteile baulicher Vorkehrungen unter Nutzung natürlicher Speicher- und Austauschvorgänge verwies.6 Auf diesem Ansatz baute May Cassar in der Folge ihre wissenschaftliche Qualifikation an der London University auf. Sie kam 1994 in einer Studie der „Museums and Galleries Commission“ in London zu dem Schluss, dass jene Museen, die auf Klimastabilisierung und Heizung verzichteten, nicht nur günstiger wirtschafteten, sondern auch die besseren konservatorischen Bedingungen aufwiesen!7 Ein Meilenstein in der Begründung der „Preventive Conservation“ war der IIC-Kongress 1994 in Ottawa.8 Bei dieser Gelegenheit präsentierten David Erhardt und Marion Mecklenburg die Ergebnisse ihrer langjährigen Forschungen.9 Sie wiesen die damals und mitunter heute noch üblichen Klimasollwerte der technischen Industrie als unbegründet aus (“without justification or references“) und belegten, dass immer mehrere Faktoren gleichzeitig für Schadensprozesse maßgeblich sind. Dazu gehören biogene Schädigungen (z. B. Schimmel), mechanische Prozesse, Salzkristallisation und chemische Abbauprozesse. Als Schlussfolgerung kann gelten, dass es überhaupt keinen sicheren Bereich der rF geben kann, da immer und gleichzeitig mehrere Momente – häufig widersprüchlich – zusammenwirken. Ziel müsste sein, jenen Klimabereich zu definieren, in dem der natürliche Alterungsprozess und das Schadensrisiko am geringsten sind. Aus diesen Gründen gibt die neue europäische Norm „Erhaltung des kulturellen Erbes – Festlegungen für Temperatur und relative Feuchte…“ keinerlei Zahlenwerte mehr 6 7 8 9
Hilbert, G. S., Sammlungsgut in Sicherheit, Teil 2, Lichtschutz und Klimastabilisierung, Berliner Schriften zur Museumskunde, Bd.6, Berlin 1987. Cassar, M. (Hg.), Museums, Environment, Energy, The Museums and Galleries Commission, London 1994. Die zusammenfassende Folgerung ist ein persönlicher Hinweis von May Cassar. IIC/Roy, A./Smith, P. (Hg.), Preventive conservation: practice, theory and research. Ottawa Congress, 12–16 September 1994, London 1994. Erhardt, D./Mecklenburg, M., Relative humidity re-examined!, in: IIC/Roy, A./Smith, P. (Hg.), Preventive conservation: practice, theory and research. Ottawa Congress, 12–16 September 1994, London 1994, S. 32–38.
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vor, sondern spricht vom Zielbereich des Klimas, vom „historischen“ Klima, also jenem, „das sich als für die Erhaltung von Objekten als unbedenklich erwiesen hat“10. Der lange Marsch hat sein Ziel erreicht! Willkommen in der Realität von heute! Natürlich kann heute für jede Materialart recht genau ein optimaler Bereich der rF und T festgelegt werden, damit wird aber nicht die Frage nach der Wechselwirkung (Ausgleichsfeuchte) zwischen dem Objekt und seiner Umgebung beantwortet. Und wo gibt es ein historisches Objekt, das nur aus einer Materialkomponente besteht? Nicht einmal Gemälde erfüllen diese Forderung. Und wo gibt es eine Sammlung, die nicht aus den verschiedensten Materialien besteht, mit den häufig widersprechenden Klimaanforderungen? Die Realität heute ist oft eine historisch gewachsene Sammlung, untergebracht zumeist in bedeutender ev. sogar denkmalgeschützter alter Bausubstanz, die keine beliebigen baulichen Änderungen zulässt. Die Realität ist aber auch eine Überfülle an gesammelten Objekten – also immer auch ein Raumproblem. Selbst eigentlich ungeeignete Kammern oder Kellerräume müssen heute als Sammlungsdepots dienen und brauchbare konservatorische Anforderungen erfüllen. Als Beispiel für diese alltäglichen Erfahrungen soll hier die aktuelle Initiative der Niederösterreichischen Landesregierung zur Depotsanierung der vielen Sammlungen im Land dienen.11 In den meisten der dabei mitwirkenden Sammlungen konnte ich einen Überblick über die Raumklimaprobleme gewinnen. Die Rahmenbedingungen waren immer vergleichbar: Die Sammlungen sind immer in alter Bausubstanz untergebracht: Altehrwürdige Klöster, spezielle Museumsbauwerke aus der ersten Zeit des Museumsbooms vor mehr als 100 Jahren, historische Räumlichkeiten, für ganz andere Zwecke errichtet aber aus Platznot vollgeräumt mit Sammlungsgut aus den verschiedensten Materialien (organisch und anorganisch). Aus dem Blickwinkel der Bauphysik sind die Rahmenbedingungen ebenfalls vergleichbar: – Große Baumassen – gut für Speicherungsvorgänge, puffern Schwankungen; – Keine Heizung – gut zur Aufrechterhaltung der winterlichen rF; – Wenn schon Heizung, dann nur für den kustodischen Betrieb – hier muss sorgsam zwischen dem Komfort der MitarbeiterInnen und den konservatorischen Ansprüchen entschieden werden; 10 EN 15757: Erhaltung des kulturellen Erbes – Festlegungen für Temperatur und relative Luftfeuchte zur Begrenzung klimabedingter mechanischer Beschädigungen an organischen hygroskopischen Materialien; Ausgabe 20120–11-01, S.7. 11 Schätze ins Schaufenster – Depotoffensive Museumsdepots in Niederösterreich
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– Immer aber mit Kondensatproblemen: Putzschäden an den Wänden12, Schimmelbildung in Raumecken oder schlecht durchlüftetem Staubereich, Wasserperlen an der inneren Unterkante der Fensterscheiben, im Extremfall sogar „Eisblumen“ an der Innenseite der Fensterscheiben; – Aufzeichnungen über das Raumklima sind fehlend bis mangelhaft.
Der Lösungsansatz Beispielhaft sei hier das Krahuletzmuseum in Eggenburg herausgegriffen – eine der ersten Institutionen im Kreis der Offensive Museumsdepots des Landes Niederösterreichs. Erste Aufgabe war ein Ortsaugenschein, in dem ein Überblick zu gewinnen war über den Sammlungsbestand, die Baumasse und die organisatorischen Rahmenbedingungen. Darauf folgend musste ein Messprogramm des Raumklimas entwickelt und umgesetzt werden, um die vermuteten klimatischen Risiken zu belegen. Wichtig dabei: 1. Die KuratorInnen dürfen mit technischen Alltäglichkeiten nicht belastet werden, sie haben andere Aufgaben zu lösen: Datenerfassung, -übertragung, -speicherung und regelmäßige Datenauswertung, Kalibrierung der Fühler, Prüfung der Datenqualität, etc. sind als Dienstleistung extern zu liefern. Die heute übliche IT ermöglicht eine permanente online-Information überall auf der Welt über den aktuellen Status und darüber hinaus auch automatische Warnhinweise bei Grenzwertüberschreitungen. 2. Die Daten dürfen nicht im Sinne des „Datenoverkills“ abstrakt abgespeichert werden, sondern müssen mit knappstem Umfang in lesbarer Form zur Verfügung gestellt werden. Am Beispiel Krahuletzmuseum Eggenburg: Für die beiden Bauwerke, dem ursprünglichen Museumsbau und dem gegenüberliegenden, alten Lichtspielhaus wurde mit 6 Sensoren (inkl. Außenklimaaufzeichnung) das Auslangen gefunden. Anhand der Daten der ersten Messperiode (April bis Juli 2013, Tab. 1) sollen hier die Schwierigkeiten der Dateninterpretation dargestellt werden.13 Der Temperaturverlauf (rot) entspricht der jahreszeitlichen Erwartung: Es gibt keine Heizung und keinen ausgeprägten Tagesgang, der auf hohe innere Heizlasten wie Besucher, Licht, etc. hinweisen würde, Der Verlauf der rF (blau) liegt konstant zwischen 70 % und 85 % und zeigt wiederum keine größeren Spitzen im Tagesgang. Eine Wirkung des
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In den seltensten Fällen handelt es sich dabei um „aufsteigende Feuchte“! Die Daten stammen aus: OFI: Prüfbericht Nr. 409.792 vom 22.8.2013; Krahuletzmuseum, 3730 Eggenburg; Permanentüberwachung des Raumklimas; März bis Juli 2013.
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Außenklimas kann nicht abgelesen werden. Auffallend sind die immer wieder auftretenden geraden Linien (z. B. von Mitte Mai bis Mitte Juni). Sie deuten auf einen Ausfall des Messfühlers hin, hier handelt es sich eher um einen Ausfall der Kommunikation zwischen Fühler und lokalem Modem. Das Niveau der rF ist extrem hoch. Auf Extremwerte der rF kann nicht geschlossen werden: Ein stündlicher Messwert ist für statistische Zwecke ausreichend, nicht aber für Rückschlüsse auf einzelne Extrema. Dagegen sprechen schon die Prinzipien der mathematischen Statistik. Aus dem Kurvenverlauf kann nur auf ein alarmierend hohes Niveau der rF geschlossen werden. Da der Ortsaugenschein deutliche Hinweise auf Kondensatbildung ergeben hat, wurden dieselben Messdaten gemäß Tabelle 1 als Streudiagramm ausgewertet14: Tab.2. Bei dieser Darstellung wurden dieselben Messdaten (T, rF) aus Tab. 1 unabhängig von ihrem zeitlichen Verlauf aufgetragen. Hier ist das konservatorische Problem unmittelbar ablesbar: Die Mehrzahl der gemessenen Daten liegt im rot markierten Feld „Mikrobiologie“. Diese Bezeichnung gilt als Kürzel für das Auftreten von kondensiertem Wasser, das in Verbindung mit unvermeidbarem Staub zu mikrobiologischen Wachstumsprozessen führt. Ohne konservatorische Eingriffe muss mit Schimmelbildung gerechnet werden!15 100
Raumklima Sensor 5 ‐ Lichtspielhaus unten relative Luftfeuchtigkeit [%] Lufttemperatur [°C]
90 80 70
[°C] bzw. [%]
60 50 40 30 20 10 0 27.03.2013
16.04.2013
06.05.2013
26.05.2013
15.06.2013
05.07.2013
25.07.2013
14.08.2013
Tab. 1: Sensor 5 – Lichtspielhaus unten (Depot), zeitlicher Verlauf.
14 Ich danke Günther Fleischer vom OFI für die Entwicklung dieser Darstellungsform der Messergebnisse. 15 „Schimmel“ wird hier als verkürzter Sammelbegriff für die unendliche Vielzahl mikrobieller Wachstumsprozesse verwendet.
Raumklima und Sammlungsmanagement
149
Krahuletzmuseum ‐ Sensor 5, Lichtspielhaus unten 100 90
Mikrobiologie
Relative Luftfeuchtigkeit [%]
80 70 60
Frost
50 40 30 20
Trockenheit
10 0 ‐15
‐10
‐5
0
5
10
15
20
25
Temperatur [°C]
Tab. 2: Sensor 5 Lichtspielhaus unten (Depot), Streudiagramm. Raumklima Sensor 4 ‐ Lichtspielhaus oben 100
relative Luftfeuchtigkeit [%]
90
Lufttemperatur [°C]
80 70
[°C] bzw. [%]
60 50 40 30 20 10 0 07.03.2013
27.03.2013 16.04.2013
06.05.2013 26.05.2013 15.06.2013
05.07.2013 25.07.2013
14.08.2013
Tab. 3: Sensor 4 – Lichtspielhaus oben (Depot), zeitlicher Verlauf.
Ein ähnliches Bild ergibt sich beim zweiten Sensor im Lichtspieltheater: Tab. 3. Der zeitliche Verlauf der rF liegt im Bereich zwischen 65 % und 75 %. Nur minimale Kurzzeitschwankungen (Spitzen) sind erkennbar. Damit ist die rF überraschend konstant. Der Temperaturverlauf liegt etwas höher als bei Sensor 5 (Tab. 1), ist aber ebenfalls überzeu-
150
Wolfgang Kippes
gend konstant. Kein Grund zur Besorgnis? Aus dem Streudiagramm der Daten desselben Sensors in derselben Messperiode aber wird die Gefahr der Kondensate und damit der Schimmelbildung sofort ersichtlich. (Tab. 4) Krahuletzmuseum ‐ Sensor 4, Lichtspielhaus oben 100
Relative Luftfeuchtigkeit [%]
90 80
Mikrobiologie
70 60
Frost
50 40 30 20
Trockenheit
10 0 ‐15
‐10
‐5
0
5
Temperatur [°C]
10
15
20
25
Tab. 4: Sensor 4 – Lichtspielhaus oben (Depot), Streudiagramm.
Um den zeitlichen Verlauf der Messdaten des Innenklimas interpretieren zu können, ist unbedingt das lokale Außenklima aufzuzeichnen. Der Bezug auf Daten einer in der Nähe liegenden meteorologischen Station ist unzureichend, weil das lokale Mikroklima um das Gebäude herum davon immer stark abweicht. Der Einfluss von Wind, Sonne und Beschattung ist enorm. Daher wurde mit einem der sechs Sensoren das lokale Außenklima dokumentiert. Auch hier ist Sorgfalt bei der Standortauswahl und laufende Beobachtung nötig. Der betreffende Sensor ist zeitweilig ausgefallen, wofür Taubenkot verantwortlich war. Sowohl der Verlauf der Temperatur als auch der rF bildet den Tagesgang deutlich ab. Die oberen Extrema der rF liegen selten über 80 %, sind also geringer als bei Sensor 5 – Lichtspielhaus unten (Tab. 1)! Auch das ist ein Hinweis darauf, dass im Lichtspielhaus die hohen Werte der rF nicht vom Außenklima herrühren können. Aus Tab. 6 wird die puffernde Wirkung der Bausubstanz erkennbar: Obwohl der Dachboden des alten Museumsgebäudes in keiner Weise dafür ausgebaut wurde, genügt die leichte Dachkonstruktion für einen ausreichenden Puffer gegenüber dem Außenklima. Der Tagesgang der Temperatur ist gering, die Außenfeuchte wirkt auf das Innen-
Raumklima und Sammlungsmanagement
151
klima überhaupt nicht ein. Aus Tab. 7 ist auch ablesbar, dass keinerlei Kondensate zu befürchten sind! Sensor 1 ‐ Außenklima 100
relative Luftfeuchtigkeit [%] Lufttemperatur [°C]
80
[°C] bzw. [%]
60
40
20
0 27.03.2013
16.04.2013
06.05.2013
26.05.2013
15.06.2013
05.07.2013
25.07.2013
‐20
Tab. 5: Sensor 1 – Außenklima, zeitlicher Verlauf. Raumklima Sensor 2 ‐ Dachboden 100
relative Luftfeuchtigkeit [%] Lufttemperatur [°C]
90 80 70
[°C] bzw. [%]
60 50 40 30 20 10 0 07.03.2013
27.03.2013
16.04.2013
06.05.2013
26.05.2013
15.06.2013
05.07.2013
25.07.2013
Tab. 6: Sensor 2 – Dachboden Hauptgebäude, zeitlicher Verlauf.
152
Wolfgang Kippes
Krahuletzmuseum ‐ Sensor 2, Dachboden 100
Mikrobiologie
90
Relative Luftfeuchtigkeit [%]
80 70 60
Frost
50 40 30 20
Trockenheit
10 0
‐15
‐10
‐5
0
5
10
15
20
25
Temperatur [°C]
Tab. 7: Sensor 2 – Dachboden Hauptgebäude, Streudiagramm.
Obwohl für eine umfassende Interpretation zumindest ein ganzes Jahr gemessen werden sollte16, kann jetzt bereits ein Lösungsansatz für die konservatorischen Probleme angeboten werden. Da die Risiken offensichtlich ausschließlich in den Kondensaterscheinungen liegen, ist „konservatorisches Heizen“ erforderlich. Dabei wird – nur in den gefährdeten Zonen – durch Wärmezufuhr die lokale Taupunkttemperatur soweit angehoben, dass kein Kondensat mehr auftreten kann. Sehr billig ist das durch Anbringen von elektrischen Heizkabeln möglich. Etwas mehr Investment, aber dafür weniger Betriebskosten verspricht die Wärmeübertragung mit Wasser in Kunststoffleitungen. Die Heizenergie wird dabei durch Sonnenkollektoren gewonnen.
Conclusio Der Weg zu einer nüchternen und dennoch sachlich begründeten Sichtweise auf das Raumklima in Sammlungen war lang und von Irrwegen und Partialinteressen geleitet. 16 Z. B. ist die Wirkung von Frost im Dachboden und im Lichtspielhaus noch nicht erkennbar.
Raumklima und Sammlungsmanagement
153
Strenge materialwissenschaftliche Forschungen und die Besinnung auf die Geschichte der Objekte führte letztlich zu einer praktisch anwendbaren Sicht: Das ‚historische Klima‘, das für die Objekte im Laufe der Zeit das geringste Schadenspotential bedeutet hat, wird zum Sollklima – ohne großen technischen Aufwand, aber mit permanenter Kontrolle. Damit gibt es die Ausrede nicht mehr: „Da kann man mit unseren Mitteln nichts tun!“
Liter atur IIC/Bromelle, N. S./Thomson, G./Smith, P. (Hg.), Conservation within historic buildings, IIC – Vienna Congress, 7–13 September 1980, Preprints, London 1980. Cassar, M. (Hg.), Museums, Environment, Energy, The Museums and Galleries Commission, London 1994. EN 15757, Erhaltung des kulturellen Erbes – Festlegungen für Temperatur und relative Feuchte zur Begrenzung klimabedingter mechanischer Beschädigungen an organischen hygroskopischen Materialien. EN 15759 – 1, Erhaltung des kulturellen Erbes – Raumklima; Teil 1: Leitfäden für die Beheizung von Andachtsstätten, Nov. 2011. EN 16242, Erhaltung des kulturellen Erbes – Verfahren und Geräte zur Messung der Luftfeuchte und des Austausches von Feuchtigkeit zwischen Luft und Kulturgut. Erhardt, D./Mecklenburg, M., Relative humidity re-examined!, in: IIC/Roy, A./Smith, P. (Hg.), Preventive conservation: practice, theory and research. Ottawa Congress, 12–16 September 1994, London 1994, S. 32–38. Hilbert, G. S., Sammlungsgut in Sicherheit, Teil 2, Lichtschutz und Klimastabilisierung, Berliner Schriften zur Museumskunde, Bd.6, Berlin 1987. IIC/Roy, A./Smith, P. (Hg.), Preventive conservation: practice, theory and research. Ottawa Congress, 12–16 September 1994, London 1994. Kadijsky, C., Climate Control within historic buildings: some technical aspects, in: IIC/Bromelle, N. S./Thomson, G./Smith, P. (Hg.), Conservation within historic buildings, IIC – Vienna Congress, 7–13 September 1980, Preprints, London 1980, S. 30–31. Koller, M./Prandstetter. R. (Hg.), Klima- und Ausstellungsprobleme, Rechts- und Finanzfragen, Restauratorenblätter 5/1981. Plenderleith, H./Philpot, P.,Climatology and conservation in museums, in: UNESCO Museum 13/1960, S. 202–289. OFI: Prüfbericht Nr. 409.792 vom 22.8.2013; Krahuletzmuseum, 3730 Eggenburg; Permanentüberwachung des Raumklimas; März bis Juli 2013. Thomson, G., The Museum Environment, London 1978.
Pascal Querner, Tanja Kimmel
Integriertes Schädlingsmanagement (IPM) und integrierte Schädlingsbekämpfung in der Sammlungspflege
Abstract Integrated Pest Management (IPM) is an important part of preventive conservation and collection care. IPM tries to keep a collection free of pests such as harmful beetles, moths, silverfish, mice and other animals. The focus of IPM lies in the prevention of an infestation, which involves continuous monitoring of traps and baits, as well as the collection itself. If an infestation occurs despite preventive measures, it must be detected as fast as possible and non-toxic methods should be applied to eradicate the pests. Tidiness as well as regular and intensive cleaning in exhibition and storage areas (“good housekeeping” and “deep clean”) are an important part of IPM. By reducing food sources and disturbing their habitat on a regular basis, pests will clear out or never even appear, especially pests like webbing clothes moths and various carpet beetles that can live off dust.
Zusammenfassung Ein integriertes Schädlingsmanagement und Bekämpfungskonzept (IPM) ist ein wichtiger Bestandteil der präventiven Konservierung und Sammlungspflege. Dabei wird langfristig versucht, die Sammlung schädlingsfrei zu halten, sowohl vor schädlichen Käfern, Motten, Silberfischchen als auch vor Mäusen und anderen Tieren. Der Schwerpunkt des IPMs liegt in der Prävention vor einem Befall, einhergehen regelmäßige Kontrollen der ausgebrachten Fallen und Köder sowie der Sammlung selbst. Kommt es trotz vorbeugender Maßnahmen zu einem Befall, gilt es diesen schnell zu erkennen und soweit wie möglich mit giftfreien Methoden zu bekämpfen. Ordnung halten und eine gründliche Reinigung der Ausstellungs- und Depoträume sind wichtige Bestandteile des IPMs, im Englischen als „good housekeeping“ und „deep clean“ bezeichnet. In ihrem Lebensraum gestört und ihrer Nahrungsgrundlage entzogen, verschwinden die Schädlinge bzw. siedeln sich erst gar nicht an. Dies gilt insbesondere für Kleidermotten und verschiedene Pelzkäferarten, die auch im Staub leben können.
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Pascal Querner, Tanja Kimmel
Einleitung Häufige Schädlinge in Museen, Archiven, Bibliotheken und Schlössern in Zentraleuropa sind z. B. die Kleidermotte (Tineola bisselliella), der Brotkäfer (Stegobium paniceum), der Gemeine Nagekäfer (Anobium punctatum), unterschiedliche Pelz- und Wollkrautblütenkäfer (Anthrenus sp., Attagenus sp.) oder Silberfischchen (Lepisma saccharina).1 Auch Mäuse, Ratten, Tauben und Schimmel können zu erheblichen Problemen führen. Die Tiere haben eine weltweite Verbreitung und verursachen als Materialschädlinge immer wieder große Verluste und Beeinträchtigungen in den Sammlungen. Objekte aus Holz, Textilien, Fell, Federn, Filz und anderen organischen Materialien oder mit Stärkekleister verarbeitete Objekte sind vermehrt gefährdet, seitdem Insektizide in Museen nicht mehr regelmäßig eingesetzt werden.2
Integriertes Schädlingsmanagement (IPM) und integrierte Schädlingsbekämpfung in Museen Um einen Befall zu vermeiden oder zu bekämpfen, wurde das Konzept des integrierten Schädlingsmanagements (engl. = Integrated Pest Management, kurz IPM) in der Nahrungsmittelproduktion und -lagerung entwickelt und seit den 1980er-Jahren erfolgreich auch in Museen angewendet. Heute gibt es kaum noch ein großes Museum in Europa, in dem regelmäßig Pestizide wie DDT, Lindan, Methylbromid, Blausäure oder Naphthalin gegen Schädlinge eingesetzt werden, da sich diese Chemikalien als schädlich für Objekte, Mensch und Umwelt erwiesen haben. Nach Brokerhof und anderen Autoren hat die IPM-Strategie fünf Schwerpunkte: Vermeiden, Abwehren, Kontrollieren, Isolieren und Bekämpfen.3 1
2
3
Querner, P., Museumsschädlinge und die Umsetzung der integrierten Schädlingsbekämpfung in Wiener Museen – ein erster Überblick, in: Mitteilungen der Deutschen Gesellschaft für allgemeine und angewandte Entomologie 17/2009, S. 231–233. Querner, P./Morelli, M., Integrierte Schädlingsbekämpfung in Museen. Erfahrungen einer Umstellung, in: Restauro 4/2010, S. 234–241/Querner, P./Morelli, M., Integrierte Schädlingsbekämpfung in Museen. Ein Leitfaden für eine Einführung bzw. Umstellung auf IPM, in: Restauro 5/2010, S. 332–333/Querner, P./Simon, S./Morelli, M./Fürnkranz, S., Insect pest management programmes and results from their application in two large museum collections in Berlin and Vienna, in: International Biodeterioration & Biodegradation 84/2013, S. 275–280. Brokerhof, A.W./Van Zanen, B./Van de Watering, K./Porck, H., Buggy Biz. Integrated Pest Management in Collections, Amsterdam 2007/Pinniger, D. B., Pest Management in Museums, Archives and Historic Houses, London 2001/Pinniger, D. B., Pest Management: A practical guide, Cambridge 2008/ Querner, P./Simon, S., Developing and Implementing an Integrated Pest Management Concept in the large Collections of the National Museums in Berlin, in: Winsor, P. et al. (Hg.), Integrated Pest Management for Collections. Proceedings of 2011: A Pest Odyssey. 10 Years Later, London 2012, S. 38–45/
Integriertes Schädlingsmanagement (IPM) und integrierte Schädlingsbekämpfung in der Sammlungspflege
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Prävention – Gebäude In der integrierten Schädlingsbekämpfung ist die Prävention der erste Schritt, um die Sammlung vor Schädlingen zu schützen. Eine dichte Gebäudehülle verhindert das Eindringen von Schädlingen und ist der sicherste Schutz. Türbürsten oder Insektengitter sind dabei wichtige und kostengünstige Hilfsmittel.
Prävention – Klima Ein entsprechend reguliertes Klima im Gebäude kann die Lebensbedingungen der Tiere verschlechtern und ihre Entwicklung verlangsamen oder stoppen. Bei Temperaturen unter 15°C wird die Entwicklung der Insekten (Ei, Larve, Puppe, adultes Tier) sehr stark verlangsamt und unter 10°C gibt es keinerlei Aktivität, so dass sie ihren Lebenszyklus nicht mehr abschließen können. Feuchtigkeit ist für manche Insekten wie Silberfischchen aber auch für Nagekäfer ein wichtiger regulativer Faktor; andere Arten sind hier toleranter und können unterschiedliche Bedingungen überleben. Daher sind die zwei genannten Arten auch ein guter Indikator für eine erhöhte Luftfeuchte, zumindest in mikroklimatischen Bereichen wie Spalten und an Außenmauern.
Prävention – Reinigung Die intervallsmäßige Reinigung von Böden, Fensterbänken, Nischen, Schächten etc. reduziert die potentiellen organischen Nahrungsquellen (Staub) für Insekten wie Kleidermotten, unterschiedliche Pelzkäferarten und Silberfischchen. Bei der Reinigung, besonders durch geschultes Personal, wird der Zustand der Sammlung in regelmäßigen Abständen kontrolliert, um z. B. neue Fraßschäden zu erkennen.
Prävention – Quarantäne Ist ein Objekt befallen, muss es vom Rest der Sammlung isoliert werden, um eine Verbreitung des Befalls zu verhindern. Durch Quarantäne kann das Einschleppen von Schädlingen bei einem Neuerwerb von Objekten oder nach der Rückkehr von Leihgaben langfristig verhindert werden.4
4
Strang, T. J. K./Kigawa, R., Levels of IPM Control: Matching Conditions to Performance and Effort, in: Collection Forum 21/2006, S. 96–116. Querner, P./Kimmel, T./Fleck, S./Götz, E./Morelli, M./Sterflinger, K., Integriertes Schädlingsmanagement (IPM) beim Umzug der zu deponierenden Objekte nach Himberg, in: Haag, S. (Hg.), Technologische Studien Kunsthistorisches Museum. Sonderband Depot 9/10, S. 63–80.
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Pascal Querner, Tanja Kimmel
Kontrolle (Monitoring) Im Rahmen eines Monitorings wird das Auftreten von Tieren, z. B. von Mäusen oder Insekten, frühzeitig mit Hilfe von UV-, Köder-, Klebe- oder Pheromonfallen erkannt (Abb. 17). Die Fallen sollten regelmäßig kontrolliert und die Ergebnisse in Tabellen sowie einem Fallenplan aufgezeichnet werden. Auf diese Weise lässt sich die Eintrittsstelle oder der Befallsherd im Gebäude genau lokalisieren. Erst die genaue Bestimmung der Tiere5 (meist Insekten oder andere Gliedertiere wie Spinnen) ermöglicht es, gezielt nach befallenen Objekten zu suchen und notwendige Maßnahmen festzulegen. Treten Tiere vermehrt auf, weisen sie auf eine undichte Gebäudehülle (z. B. massenhafte Fliegen), feuchte Umgebungsbedingungen (z. B. vermehrt Silberfischchen) oder grundsätzlich eine schlechte Reinigung hin (Materialschädlinge wie Kleidermotten).
Alternative Bekämpfungsmethoden zum Gifteinsatz In den letzten Jahren haben sich unterschiedliche giftfreie Bekämpfungsmaßnahmen für befallene Museumsobjekte durchgesetzt, so dass bereits völlig auf Pestizide verzichtet werden kann. Dabei stehen zwei Möglichkeiten zur Wahl: Einerseits bietet sich eine Behandlung der Objekte in angepasster Atmosphäre unter Zugabe inerter Gase (Halogene, N2) oder von CO2 an, wodurch der Sauerstoffgehalt künstlich abgesenkt wird. Andererseits lassen sich die Tiere mittels eines thermischen Verfahrens, z. B. durch Einfrieren (meist für eine Woche bei –30°C) oder kontrollierter Erwärmung für eine Stunde auf 55–60°C abtöten. Welche die beste Methode ist, hängt von der Beschaffenheit der Objekte (Größe, Material, Transportfähigkeit), der Art der Schädlinge, aber auch den zeitlichen und finanziellen Ressourcen ab.6 Relativ neu im Museum ist der Einsatz von Nützlingen zur Schädlingsbekämpfung (z. B. Lagererzwespen oder andere parasitoide Insekten), die ihre Eier auf vorhandene Käferlarven legen. Durch ihre Fraßaktivität im Larveninneren dezimieren sie die Schädlingspopulation und sterben ab, sobald sie keine Nahrungsquelle mehr haben. Die 5 6
Weidner, H./Sellenschlo, U., Vorratsschädlinge und Hausungeziefer: Bestimmungstabellen für Mitteleuropa, Heidelberg-Berlin 2003, 6. Auflage, S. 322–324. Querner, P./Kjerulff A.-K., Non-Chemical Methods to Control Pests in Museums: An Overview, in: Rogerio-Candelera, M. A./Lazzeri, M./Cano, E. (Hg.), Science and Technology for the Conservation of Cultural Heritage, Santiago de Compostela 2013, S. 273–276/Strang, T. J. K., Studies in Pest Control for Cultural Property, in: Gothenburg Studies in Conservation 30/2012, S. 1–286.
Integriertes Schädlingsmanagement (IPM) und integrierte Schädlingsbekämpfung in der Sammlungspflege
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Raumtemperatur ist dabei ein wichtiger Faktor, den es zu berücksichtigen gilt: Denn erst über 15°C sind die Wespen aktiv und in der Lage, ihre Wirte zu finden. Derzeit ist der Einsatz von Nützlingen im Rahmen eines IPMs nur für eine begrenzte Anzahl von Schädlingen durchführbar.7
Abwehrende Mittel Abwehrende Naturstoffe (Lavendel, Zedernholz, Neembaumöle, Kampfer) oder künstlich hergestellte Stoffe (Paradichlorbenzol, Naphthalin) kommen als sogenannte „Repellents“ immer wieder in Museen zum Einsatz, wobei v.a. letztgenannte Gruppe aufgrund ihrer Toxizität nachweislich die menschliche Gesundheit und die Umwelt gefährden. Darüber hinaus bieten die abwehrenden Mittel meist keinen hunderprozentigen Schutz vor einem Schädlingsbefall und müssen mindestens zwei Mal im Jahr erneuert werden. Auch wenn ein Befall bereits vorhanden ist, sind diese Stoffe keine effiziente Bekämpfungsmethode. Kieselgur kann z. B. in schwer zugänglichen Bereichen wie Spalten, unter Parkettböden oder Kästen ausgebracht werden, um die Lebensbedingungen der Schädlinge hier effizient zu verschlechtern.
IPM in der Sammlungspflege – von „housekeeping“ zu „deep clean“ Um einen Sammlungsbestand langfristig schädlingsfrei zu halten, ist das IPM ein wichtiger Bestandteil in der Sammlungspflege. In der englischsprachigen Fachliteratur wird „housekeeping“ als ein wesentlicher Part der präventiven Konservierung propagiert, welcher sehr eng mit dem IPM zusammenhängt. Im deutschen Sprachgebrauch lässt sich „housekeeping“ mit der regelmäßigen Sichtung und Reinigung der Objekte sowie der Räumlichkeiten beschreiben, in denen sie ausgestellt oder gelagert sind, impliziert aber auch ein gewisses Ordnung halten. Aus konservatorischer Sicht ist „housekeeping“ notwendig, um den Schädlingen einerseits durch „Unrat“ keine Unterschlupf-Möglichkeit zu bieten und ihnen andererseits eine zusätzliche Nahrungsgrundlage in Form von Staub bzw. Schmutz zu entziehen. Einhergehen regelmäßige Kontrollen der ausgebrachten Fallen und Köder sowie der Sammlung selbst. 7
Querner, P./Götz, E./Kimmel, T./Morelli, M., Nützlingseinsatz im Museum. Zum Einsatz von Lagererzwespen im Rahmen eines Integrierten Schädlingsmanagements (IPM) im Kunsthistorischen Museum Wien, in: Restauro 1/2013, S. 42–45.
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Pascal Querner, Tanja Kimmel
Primäres Ziel eines IPM-Konzepts ist immer die Prävention vor einem Schädlingsbefall und der langfristige Schutz der Sammlung vor dadurch bedingten Schäden, ohne die Objekte zusätzlich mit Pestiziden zu belasten. Das Monitoring ist meist der erste Schritt, um ein IPM-Konzept zu implementieren sowie eine einfache und relativ kostengünstige Methode einen Schädlingsbefall festzustellen. Besonders in großen Museen bzw. Depots mit einer immensen Anzahl von Objekten ist diese Methode viel effizienter und kostengünstiger als regelmäßige optische Kontrollen aller Kunstwerke. Jedoch dürfen diese nicht ausbleiben, wenn das Monitoring Schädlinge aufzeigt und gezielt nach befallenen Objekten gesucht werden muss. Neben dem Monitoring ist auch die Reinigung ein wichtiger Bestandteil des IPM in der Sammlungspflege. Staub und Schmutz stellen eine potentielle Nahrungsquelle für Schädlinge dar, egal ob als Ablagerungen auf den Objekten oder als Ansammlungen in Bodenfugen, hinter Regalen oder unter Schränken (Abb. 18 und 19).8 In der Praxis muss zwischen der Reinigung des Objekts und der Reinigung des Gebäudes mit Ausstellungs- bzw. Depoträumlichkeiten differenziert werden. Während die Reinigung des Objektes dem/der RestauratorIn obliegt, sind für die Reinigung des Gebäudes von der Beauftragung bis zur Durchführung der Leistung unterschiedliche Personen zuständig. Die Reinigung des Objektes steuert der/die RestauratorIn durch die ausgewählte Methode selbst, auf die Gebäudereinigung kann er oder sie hingegen nur bedingt Einfluss nehmen. Die Reinigung des Objekts ist einerseits notwendig, damit durch Staub und Schmutz keine neuen Schädlinge angezogen werden, andererseits, um in der Zukunft einen neuen Befall am Objekt schneller feststellen zu können. Denn oft ist es schwierig zwischen neuem und altem Befall zu unterscheiden, egal ob es sich um leere Puppenhüllen von Pelz- oder Kleidermotten auf einem Textil oder um Ausfluglöcher diverser Nagekäfer auf einem Holzobjekt handelt. Wurden diese Objekte hingegen gereinigt, lässt sich ein neuer Befall jedoch eindeutig detektieren und entsprechende Maßnahmen ergreifen (Abb. 20). Ausstellungsräume in Museen werden meist täglich gereinigt, in den Depots sieht diese Situation oft anders aus und es wird gespart. Dies führt oft zu einer massiven Ansammlung von Staub bzw. Schmutz in Bodenfugen oder hinter Regalen, von toten Fliegen und anderen Tieren bei Fenstern bzw. Türen und damit letztlich zu Schädlingsproblemen. Hier können sich z. B. unterschiedlichste Materialschädlinge wie Kleidermotten (Tineola bisselliella), diverse Arten von Pelz- und Wollkrautblütenkäfer (Anthrenus sp., Attagenus sp.) oder Silberfischchen (Lepisma saccharina) entwickeln.
8
Querner, P./Morelli, M., Nachweis von Museumsschädlingen in Schmutz, in: Restauro 2/2009, S. 85.
Integriertes Schädlingsmanagement (IPM) und integrierte Schädlingsbekämpfung in der Sammlungspflege
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Im Rahmen einer integrierten Schädlingsbekämpfung können Staub- bzw. Schmutzproben aus Bodenfugen, unter Regalen und Schaukästen entnommen und auf Schädlinge untersucht werden (siehe Abb. 18). Häufig lassen sich darin Schädlinge wie Kleidermotten oder Pelzkäfer durch ihre Larvenhüllen oder toten adulten Stadien nachweisen. Oft sind sich die MuseumsmitarbeiterInnen dieser neuralgischen Stellen als Schädlingsquellen nicht bewusst, aber auch mangelnde Sorgfalt oder unpassende Reinigungsmethoden können zu Staub- bzw. Schmutzansammlungen führen. Nicht selten ist der Befall von Museumsobjekten auf den vorhandenen Staub bzw. Schmutz zurückzuführen, der für die Schädlinge eine potentielle Nahrungsquelle darstellt und deswegen unbedingt zu beseitigen ist. Unter „deep clean“ versteht man eine sehr gründliche Reinigung von Räumlichkeiten (inklusive Inventar), um Staub bzw. Schmutz aus allen zugänglichen Fugen und Spalten als potentielle Nahrungsquelle für Schädlinge zu entfernen. Dafür ist es oft notwendig, diese zunächst auszukratzen und anschließend gründlich auszusaugen. Damit diese Problemstellen in der Zukunft nicht wieder entstehen, empfehlen wir nach der gründlichen Reinigung eine permanente Abdichtung der Fugen entlang der Wände bzw. im Parkettboden mit Silikon oder Kork.
Erfahrungen aus der Praxis Um Kosten zu sparen haben inzwischen viele Museen den hauseigenen Reinigungsdienst an Privatunternehmen ausgelagert. Eine Identifikation mit dem Arbeitsplatz bleibt aus. Ein spezifisches Know-how kann kaum mehr aufgebaut werden, da die Leistung jährlich neu ausgeschrieben werden muss. Was nicht im Leistungsverzeichnis aufscheint, findet bei der Reinigung keine Berücksichtigung. Auch werden aus finanziellen Gründen immer mehr Reinigungskräfte eingespart bzw. Reinigungsintervalle ausgedehnt, sprich weniger häufig gereinigt. Nicht selten sind MitarbeiterInnen des Besucherdienstes angehalten, eine halbe Stunde vor der Öffnung des Museums in den Ausstellungsräumen „Hand anzulegen“, also den Boden zu wischen bzw. Vitrinen zu putzen. Früher waren die meisten Museen montags geschlossen, d.h. es gab einen fixen Schließtag in der Woche, der unter anderem für Reinigungszwecke genutzt werden konnte. Heute sind die Museen wegen zusätzlicher Einnahmen aus Eintrittsgeldern gezwungen, die Schließtage v.a. in den touristenstarken Monaten auszusetzen. Generell sind die Rahmenbedingungen für die Gebäudereinigung überwiegend „qualitätsfeindlich“. Das Grundproblem besteht darin, dass es keine festgelegten Qualitätsstandards gibt und subjektiv beurteilt wird, was als sauber gilt. „Nicht das angestrebte
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Pascal Querner, Tanja Kimmel
Ergebnis, die Sauberkeit, ist das entscheidende Kriterium dafür, ob die vereinbarte Leistung erbracht wurde, sondern ein abgearbeitetes Leistungsverzeichnis.9 Zu den potentiellen „Qualitätskillern“ zählt auch der Umstand, dass die Reinigungstätigkeit schlecht angesehen und bezahlt ist. Hinzu kommen prekäre Beschäftigungsverhältnisse in der Branche. Meistens findet die Reinigung unter Zeitdruck außerhalb gängiger Arbeits- und Bürozeiten statt. Den MitarbeiterInnen wird ein hohes Maß an Flexibilität abverlangt. So ist es nicht verwunderlich, dass im Reinigungsgewerbe ein hoher Anteil an Personal mit Migrationshintergrund beschäftigt ist und das Personal häufig wechselt. Kommunikationsschwierigkeiten sind die Folge: Beanstandungen der Reinigungsqualität werden nicht verstanden, verhallen im Nichts oder treffen den Falschen.
Empfehlungen für ein gutes „housekeeping“ Wir empfehlen mehr Zeit und Geld in ein Qualitätsmanagement zu investieren, sodass späteres Troubleshooting vermieden werden kann! Reinigungsmaßnahmen und –intervalle, sprich wann was wie gereinigt wird, sollten gemeinsam mit den zuständigen MitarbeiterInnen der ausführenden Reinigungsfirma in einem Leistungsverzeichnis detailliert festgehalten und die Qualitätsstandards immer wieder kontrolliert werden. Neben der regelmäßigen Unterhaltsreinigung wird im Abstand von mehreren Jahren auch eine Grundreinigung des gesamten Museums notwendig, bei der nicht nur Böden, Besuchertoiletten und Ausstellungsräume, sondern auch „hinter den Kulissen“ z. B. Lüftungsschächte und Kabelkanäle gereinigt werden. Besonders in den Ausstellungsräumen spielt die regelmäßige Staubentfernung eine wichtige Rolle10, da lang haftender Staub nicht nur den Kunstwerken schadet, sondern auch als Nahrungsquelle für Schädlinge dienen kann. Eine Grundreinigung der Depots sollte zumindest einmal jährlich erfolgen, am besten im Frühjahr zu Beginn der Schädlingssaison. „Um die Kunst herum“ übernimmt dies ein Gebäudereinigungsdienstleister, für die Entstaubung der Objekte sind die RestauratorInnen zuständig. Als Beispiel sei hier das Kunsthistorische Museum Wien angeführt, das im Zentraldepot einmal im Jahr gemeinsam mit einer Fachfirma und den zuständigen 9
Hansjörg, P., Qualität ist planbar, in: http://www.reinigung-aktuell.at/qualitat-ist-planbar/, Zugriff Februar 2014, update 2012. 10 Schaaf-Fundneider, C./Lichtscheidl, O./Hottenroth, E., Die Kustodische Großreinigung unter RestauratorInnenaufsicht. Eine Präventiv-konservatorische Ensemblepflege in historischen Prunkräumen an den Beispielen der Kaisserappartements, des Sisi-Museum und der Historischen Silberkammer in der Wiener Hofburg, in: Haag, S. (Hg.), Technologische Studien des Kunsthistorischen Museum 7/2011, S. 73–85.
Integriertes Schädlingsmanagement (IPM) und integrierte Schädlingsbekämpfung in der Sammlungspflege
163
SammlungsmitarbeiterInnen in einer zweiwöchigen Aktion eine Fläche von 14.000m2 reinigt.11 Wie personal- und kostenintensiv eine Grundreinigung mitunter sein kann zeigt das Beispiel der Stuttgarter Staatsgalerie, wo von den RestauratorInnen in einen Zeitraum von drei Monaten 4500 in den Depots gelagerte Gemälde abgestaubt werden.12 Um den MitarbeiterInnen den Sinn und Zweck des IPMs zu erläutern, bieten sich Schulungen an. Diese sind auch ein geeignetes Mittel, um das Personal wieder auf Qualitätskurs zu bringen und die Wichtigkeit einer ergebnisorientierten Reinigung zu unterstreichen. Was im Zweifelsfall zu tun ist, lässt sich in regelmäßigen Besprechungen erfragen. Diese bieten auch die Möglichkeit zu direktem Feedback. Wichtig ist es, gute Leistungen zu honorieren und dem Reinigungspersonal entsprechende Anerkennung und Wertschätzung entgegenzubringen.
Bezugsquellen Für ein Monitoring von Schadinsekten werden in Museen meist Klebe-, Pheromonoder Lichtfallen eingesetzt. Diese können z. B. bei den Firmen Pestimoservices13, Insects Limited14 oder Historyonics15 bezogen werden. Ein kompetenter Nützlingsanbieter ist beispielsweise die Firma Biologische Beratung (BIP)16 mit Geschäftsstelle in Berlin, die auch Neebaumöl oder Kieselgur in ihrem Sortiment führt.
Resümee und Ausblick IPM ist ein wichtiger Teil der präventiven Konservierung und spielt damit in der Sammlungspflege eine essentielle Rolle: Ziel ist es, eine Sammlung langfristig vor einem Befall zu schützen und Schäden an den Kunstwerken zu vermeiden. Prävention, regelmäßige 11
Kimmel, T./Schaaf-Fundneider, C., Kampagnen 2012. Übersiedelung der Sammlungsbestände des KHM Wien in das neue Zentraldepot in Himberg, in: Jahresbericht 2012 des Kunsthistorischen Museums Wien, Wien 2013, S. 184–185/Schaaf-Fundneider, C./Kimmel, T., Das kostenoptimierte Kunstdepot unter Einhaltung zeitgemäßer Standards. Das Beispiel des neuen Zentraldepots Wien, Teil 2: Die Übersiedelung, Planung und Umsetzung, in: Restauro 5/2012, S. 63. 12 Cleaners.cc, Reinigung von Museen und Kunstwerken, in: http://www.cleaners.cc/Ratgeber/Reinigungvon-Museen-und-Kunstwerken.html, Zugriff Februar 2014. 13 Pestimoservices, http://www.pestimoservices.com. 14 Insects Limited, http://www.insectslimited.com. 15 Historyonics, http://historyonics.com. 16 Biologische Beratung (BIP), http://www.biologische-beratung.de.
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Pascal Querner, Tanja Kimmel
Kontrolle und giftfreie Bekämpfungsmethoden, die den Objekten nicht schaden, sind dabei wesentliche Bereiche. Je nach Art des Museums (Naturhistorisch, Ethnologisch, Kunsthistorisch, Technisch) hat das IPM eine hohe bis sehr hohe Priorität, so dass ausreichende Ressourcen zur Verfügung gestellt werden müssen. Wir haben versucht, den besonderen Stellenwert eines guten „housekeepings“ im Kontext von Sammlungspflege und Schädlingsprävention darzustellen und hoffen, dass die Reinigung neben der Schädlingsproblematik in Zukunft mehr Aufmerksamkeit erfährt und entsprechende Mittel in den Budgets berücksichtigt werden.
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Integriertes Schädlingsmanagement (IPM) und integrierte Schädlingsbekämpfung in der Sammlungspflege
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Martina Griesser, Christina Schaaf-Fundneider
Zu Auswirkungen von (Luft-)Schadstoffen im Sammlungsbereich, deren Nachweis und Monitoring – ein Überblick
Abstract In the field of preventive conservation in museum environment the importance of monitoring (airborne) pollutants, besides climatic and lighting conditions, has increased in recent years. The aim is to avoid the contact of harmful substances with sensitive objects. On the one hand this can be achieved by avoiding pollutants, but also by putting objects into environments as tightly sealed and contaminant-free as possible. In order to rule out pollutants, different testing methods for ambient air and/or employed materials, in individual cases on the objects themselves, help to identify them, to detect their concentration, or to determine the corrosive potential of the environments surrounding the objects. However, a once achieved positive outcome in an investigation does not eliminate the need to repeatedly test for pollutants, especially in suspicious cases. Also the composition of materials employed in exhibition and storage areas should be checked at regular intervals.
Zusammenfassung Im Bereich der präventiven Konservierung im Museums- und Sammlungsbereich gewinnt in den letzten Jahren die Untersuchung bzw. das Monitoring von (Luft-) Schadstoffen, neben den Klima- und Lichtbedingungen, zunehmend an Bedeutung. Ziel ist dabei, den Kontakt zwischen schädigenden Substanzen und empfindlichen Objekten möglichst zu vermeiden. Das kann einerseits durch die Vermeidung von Schadstoffen, andererseits aber auch durch das Einbringen der Objekte in möglichst dichte und schadstofffreie Umgebungen, z.B. Vitrinen oder Verpackungen, erreicht werden. Um Schadstoffe ausschließen zu können, helfen unterschiedliche Testmethoden der Umgebungsluft und/oder der zur Verwendung vorgesehenen Materialien, im Einzelfall auch Analysen an den Objekten selbst, bei der Identifizierung einzelner Schadstoffe bzw. Schadstoffklassen, bei der Erhebung ihrer Konzentration oder bei der Feststellung des
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Martina Grießer, Christina Schaaf-Fundneider
korrosiven Potentials von Objektumgebungen. Eine einmal erfolgte positiv verlaufene Untersuchung enthebt jedoch nicht der Notwendigkeit, Tests auf Schadstoffe immer wieder, speziell beim Vorliegen konkreter Verdachtsfälle, zu wiederholen bzw. die Zusammensetzung von in Ausstellungen und Depotbereichen eingesetzten Materialien in regelmäßigen Abständen zu hinterfragen.
Einleitung und historische Entwicklung Neben der bereits seit Jahrzehnten üblichen Kontrolle des Klimas in Sammlungsbereichen hinsichtlich Temperatur, relativer Luftfeuchte und – etwas kürzer – Lichtintensität und Lichtspektrum, gewinnen die Untersuchung und das Monitoring von (Luft-)Schadstoffen im musealen Kontext als Teil der präventiven Konservierung in den letzten Jahren vor allem in deutschsprachigen Ländern zunehmend an Bedeutung. Verglichen dazu ist in anglo-amerikanischen und skandinavischen Ländern ein deutlicher Vorsprung in der Forschung und den Publikationen auf diesem Gebiet zu verzeichnen.1 In Museumsfachkreisen wurde der Einfluss von urbanen Luftverschmutzungen auf Kunstwerke bereits Mitte des 19. Jahrhunderts erstmals thematisiert2, als um 1850 die schädigenden Wirkungen von Ruß und Schwefeldioxid auf Gemälden der National Gallery London beobachtet und erste Verglasungen über den Kunstwerken installiert wurden.3 In den Tätigkeitsbereich von RestauratorInnen und KonservatorInnen fließen die Beobachtung und Aufzeichnung der Umgebungsbedingungen ab der Mitte des 20. Jahrhunderts ein. Gleichzeitig führt die Gründung mehrerer internationaler Organisationen wie IIC4, ICOM5 und ICCROM6, mit ihren regelmäßig abgehaltenen Fachtagungen, dazu, dass die Problematik der Luftschadstoffe in Sammlungsbereichen international breiter diskutiert und umfangreicher publiziert wird.7 WissenschaftlerInnen unterschiedlichster 1 2
3 4 5 6 7
Waller, C., Reduzierung von Luftschadstoffen in Museen und Archiven, in: http://www.cwaller.de/teil4. htm, Zugriff 15.10.2013. Siehe hierzu: Eastlake, C. L./Faraday, M./Russell, W., Report on the subject of the protection of the pictures in the National Gallery by glass, House of Commons, 24. May 1850, in: Thompson, G., The Museum Environment, 2. Aufl., London 1986, S. 130. Hatchfield, P. B., Pollutants in the Museum Environment, Practical Strategies for Problem Solving in Design, Exhibition and Storage, London 2002, S. 1. International Institute for Conservation of Historic and Artistic Works (IIC), gegründet 1950, http:// www.iiconservation.org/. International Council of Museums (ICOM), gegründet 1946 in Zusammenarbeit mit der UNESCO, http://icom.museum/. International Centre for the Study of the Preservation and Restoration of Cultural Property (ICCROM), gegründet 1959, http://www.iccrom.org/. Thompson, G., The Museum Environment, 2. Aufl., London 1986, Series Editor’s Preface.
Zu Auswirkungen von (Luft-)Schadstoffen im Sammlungsbereich
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Disziplinen (u. a. PhysikerInnen, ChemikerInnen, spezialisierte RestauratorInnen) tauschen sich im Rahmen von Fachkongressen regelmäßig über den aktuellen Forschungsstand aus.8 Dabei zählen heute Alexandra Schieweck und Tunga Salthammer, gemeinsam mit ihren KollegInnen, vom Fraunhofer-Institut für Holzforschung – Wilhelm-KlauditzInstitut WKI in Braunschweig, u.a. auch durch die Publikation „Schadstoffe in Museen, Bibliotheken und Archiven“9, im deutschsprachigen Raum zu den führenden Fachleuten.
Schadstoffe im Bereich der präventiven Konservierung Innerhalb der präventiven Konservierung wird versucht, die negativen Auswirkungen von (Luft-)Schadstoffen auf Objekte dadurch zu vermeiden, dass die Schadstoffe mit den Objekten möglichst gar nicht in Kontakt kommen. Dabei gilt folgenden Aspekten besondere Aufmerksamkeit: – welche Schadstoffquellen liegen vor, – welche Testmethoden stehen zur Verfügung, – Eruierung des potentiellen Schadens, – Aufnahme der in der Umgebung verwendeten Konstruktionsmaterialien, – Verwendung möglichst stabiler/unbedenklicher Materialien, – Schutz von Objekten in Vitrinen bzw. durch dichte Verpackungen.10 Zum Nachweis von (Luft-)Schadstoffen, die aus den Konstruktionsmaterialien von Gebäuden oder Einrichtungsgegenständen, aus Verpackungsmaterialien bzw. aus den Objekten selbst stammen können, steht eine Vielzahl von unterschiedlich komplexen Testmethoden zur Verfügung. Diese Testmethoden können in zwei Gruppen unterteilt werden: – Methoden, welche die Umgebungsbedingungen untersuchen und – Methoden, welche Materialien untersuchen. Die Untersuchung der Umgebungsbedingungen wird dort eingesetzt, wo befürchtet wird, dass flüchtige Schadstoffe, die sich in der Umgebungsluft befinden, Kunstwerke und Artefakte schädigen können. Dazu gehören die im nächsten Kapitel beschriebenen Schadstoffe, die aus unterschiedlichsten Quellen stammen können. 8
So findet z.B. das „Indoor Air Quality Meeting“, eine regelmäßige Tagung im Bereich der Schadstoffe in Museen und Archiven, alle zwei Jahre statt (zuletzt April 2014 in Prag). 9 Schieweck, A./Salthammer, T., Schadstoffe in Museen, Bibliotheken und Archiven, Braunschweig 2006. 10 Hatchfield, P. B., Pollutants in the Museum Environment: Practical Strategies for Problem Solving in Design, Exhibition and Storage, in: WAAC Newsletter 26/2004, S. 10–22.
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Martina Grießer, Christina Schaaf-Fundneider
Eine weitere Gefahr geht aber auch von nichtflüchtigen Schadstoffen aus, die durch den direkten Kontakt zwischen kontaminierten Materialien und Objekten zu Verfärbungen bzw. Versprödungen und bei längerfristigem Kontakt auch zu deutlicher Korrosion führen können. Es ist somit wichtig, die im Ausstellungsbetrieb, in Depotsituationen oder in Verpackungen verwendeten, handelsüblichen Industrieprodukte hinsichtlich ihrer Unbedenklichkeit bei der Verwendung mit Kunstwerken und anderen wertvollen Artefakten zu überprüfen. Neben der nicht immer (vollständig) bekannten Zusammensetzung der Produkte kommt dabei erschwerend die laufende Veränderung (Weiterentwicklung) von Erzeugnissen hinzu, die nicht immer an die KonsumentInnen weiter kommuniziert wird. Vergleichsweise einfache Materialtests können daher zwar helfen, problematische Quellen für Schadstoffe aufzuzeigen und durch gezielten Ausschluss von Materialien deren negativen Effekt auf Objekte möglichst auszuschließen, entbinden jedoch nicht von der Notwendigkeit, Schadstofftests – besonders beim Vorliegen konkreter Verdachtsfälle – immer wieder erneut durchzuführen bzw. die Veränderung von Produktzusammensetzungen bei Herstellerfirmen regelmäßig nachzufragen.
Die wichtigsten Schadstoffe und ihre Quellen Schadstoffquellen Durch das Einbringen von Außenluft (über Lüftungsanlagen oder auch durch offene Fenster) und ihre Konditionierung für Galerien und Depots gelangen – abhängig von den verwendeten Filtersystemen – Außenschadstoffe ins Innere der Gebäude. Auch Bau- und Ausstattungsmaterialien im Gebäude selbst (Anstriche, Lacke, Dichtungsmaterialien, Fußbodenbeläge usw.) sowie Reinigungsmittel emittieren Schadstoffe. Menschliche Aktivitäten dürfen als Quelle für Schadstoffe in Museen und Archiven gleichfalls nicht vernachlässigt werden (CO2- und H2S-Ausstoß durch die Atmung, Feuchteeintrag, Schmutzpartikel usw.).11 Schließlich können Schadstoffe in Form von Materialkomponenten der Kunstwerke selbst vorliegen oder durch chemische Reaktionen auf den Oberflächen bzw. innerhalb des Materialgefüges durch Wechselwirkungen unterschiedlicher Bestandteile gebildet werden – dieser Umstand wird auch als „sekundärer Schadstoff(eintrag)“ bezeichnet12, der über den gesamten Lebenszyklus eines Materials anhalten kann.13 11
Waller, C., Reduzierung von Luftschadstoffen in Museen und Archiven, in: http://www.cwaller.de/teil4. htm, Zugriff 15.10.2013. 12 Tétreault, J., Agent of Deterioration: Pollutants, in: http://www.cci-icc.gc.ca/caringfor-prendresoindes/ articles/10agents/chap07-eng.aspx, Zugriff 15.10.2013. 13 Wolkoff, P./Nielsen, P. A., How to evaluate VOC emissions from building products? A perspective, in:
Zu Auswirkungen von (Luft-)Schadstoffen im Sammlungsbereich
– – – – –
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Das Einbringen von (Luft-)Schadstoffen lässt sich in folgende Kategorien einteilen: Umgebungseinflüsse (Außenluft, Erdreich), menschliche Aktivitäten (Atmung, Transpiration, körperliche Betätigung), Bauprodukte und Einrichtungsgegenstände, Exponate (objektimmanente Materialien, Konservierungs, Restaurierungsprodukte)14, Schadstoffaustausch durch Kontakt zwischen zwei Materialien.15
Schadstoffe können gasförmig, als Aerosol, als Flüssigkeit oder partikelförmig (als [Fein-] Stäube) in der Luft vorliegen. Diese feinen, auf einem Objekt abgelagerten Partikel, können stark an der Oberfläche gebunden werden16, und spielen somit in der Objekterhaltung ebenfalls eine nicht unwesentliche Rolle. Hierbei werden vor allem gasförmige Komponenten (volatile organic compounds, VOCs) an den Staub adsorbiert.17 Neben der optisch störenden Verschmutzung werden durch Staubablagerungen, die Feuchte binden können, zusätzlich Korrosions- und Abbauprozesse gefördert. Zudem stellt Staub einen Nährboden für Schadinsekten und Schimmelbildung dar. Die wichtigsten Luftschadstoffe aus der Außenluft (natürliche und zivilisationsbedingte Quellen) sind: – Schwefeldioxid (SO2), – Carbonylsulfid (COS), – Stickstoffdioxid (NO2) bzw. Stickoxide (NOx), – Ozon (O3), – Schwefelwasserstoff (H2S, zum Teil auch aus der Innenluft).18
14 15
16 17
18
ISIAQ (Hg.), Proceedings of Healthy Buildings/IAQ 1997, Washington DC/USA, September 1997, Bd. 3, Washington 1997, S. 491–496/Uhde, E./Salthammer, T., Impact of reaction products from building materials and furnishings on indoor air quality – A review of recent advances in indoor chemistry, Atmospheric Environment 41/2007, S. 3111–3128. Der Schadstoff existiert also bereits als Materialkomponente im Objekt oder wird durch chemische Reaktionen auf seiner Oberfläche bzw. innerhalb des Materialgefüges gebildet. Schieweck, A./Salthammer, T., Schadstoffe in Museen, Bibliotheken und Archiven, Braunschweig 2006, S. 21/Tétreault, J., Agent of Deterioration: Pollutants, in: http://www.cci-icc.gc.ca/caringfor-prendresoindes/articles/10agents/chap07-eng.aspx, Zugriff 15.10.2013. Tétreault, J., Agent of Deterioration: Pollutants, in: http://www.cci-icc.gc.ca/caringfor-prendresoindes/ articles/10agents/chap07-eng.aspx, Zugriff 15.10.2013. Eibl, M., Die Reinigung musealer Räume als Maßnahme der Präventiven Konservierung, Teil 1 – Grundlagen der Verschmutzung und Reinigung, in: Zeitschrift für Konservierung und Kunsttechnologie 23/2009, S. 81. Grießer, M., Aufbewahrungsbedingungen und Depotmaterialien, in: Krist, G., Sommerakademie Sammlungspflege und Bestandserfassung am Institut für Konservierung und Restaurierung, Universität für angewandte Kunst, Wien 15.–23.9.2007, Vortrag.
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Martina Grießer, Christina Schaaf-Fundneider
Die wichtigsten Luftschadstoffe aus der Innenluft stammen meist aus Baustoffen, Wandverkleidungen, Boden- und Kastenmaterialien sowie Reinigungsmitteln und sind folgende: – Organische Säuren (z. B. Essigsäure oder Ameisensäure), – Formaldehyd (HCHO), – Ammoniak (NH3), – Lösungsmitteldämpfe, wie z. B. Benzine, Aromaten, Alkohole, Ester, – Schwefelwasserstoff (H2S, zum Teil auch aus der Außenluft).19 Die Angabe der Konzentrationen von Luftschadstoffen erfolgt meist in parts per million [ppm], parts per billion [ppb] oder in Mikrogramm/Kubikmeter [µg/m3]20, wobei die Umrechnung von ppb in µg/m3 streng genommen von der Temperatur und dem Luftdruck abhängig ist.
Die „Schlüssel“-Luftschadstoffe 21 Als „Schlüssel“-Luftschadstoffe in Zusammenhang mit der Erhaltung von Kunst und Kulturgut gelten die oben bereits erwähnten Schadstoffe, zu denen im Anschluss noch einige weiterführende Informationen zusammengestellt sind.22 19 Ebenda. 20 Einheit: ppm; Bedeutung: Anzahl von Molekülen in einer Million (106) Luftmoleküle (Verwendung: Verbindungen in der Gasphase). Umrechnung: 1 ppm = 103 ppb. Einheit: ppb; Bedeutung: Anzahl von Molekülen in einer Billion (1012) Luftmoleküle (Verwendung: Verbindungen in der Gasphase). Umrechnung: 1 ppb = 10–3 ppm. Einheit: µg/m3; Bedeutung: Massenkonzentration pro Volumeneinheit (Verwendung: atmosphärische Schwebstoffe, Aerosole, Partikel/Staub). Umrechnung: µg/m3 = ppm x 40,9 (MW) = ppb x 0,0409 (MW). MW = Molekulargewicht der Verbindung. Siehe: Schieweck, A./ Salthammer, T., Schadstoffe in Museen, Bibliotheken und Archiven, Braunschweig 2006, S. 2. 21 Tétreault, J., Agent of Deterioration: Pollutants, in: http://www.cci-icc.gc.ca/caringfor-prendresoindes/ articles/10agents/chap07-eng.aspx, Zugriff 15.10.2013/Tétreault, J., Airborne Pollutants in Museums, Galleries and Archives: Risk Assessment, Control Strategies and Preservation Management, Ottawa 2003/Waller, C., Reduzierung von Luftschadstoffen in Museen und Archiven, in: http://www.cwaller.de/ teil4.htm, Zugriff 15.10.2013/Schieweck, A./Salthammer, T., Schadstoffe in Museen, Bibliotheken und Archiven, Braunschweig 2006. 22 Die Ausführungen zu den einzelnen Schadstoffen in den folgenden Kapiteln stützen sich auf folgende Literatur: Waller, C., Reduzierung von Luftschadstoffen in Museen und Archiven, in: http://www. cwaller.de/teil4.htm, Zugriff 15.10.2013/Schieweck, A./ Salthammer, T., Schadstoffe in Museen, Bibliotheken und Archiven, Braunschweig 2006/Tétreault, J., Agent of Deterioration: Pollutants, in: http:// www.cci-icc.gc.ca/caringfor-prendresoindes/articles/10agents/chap07-eng.aspx, Zugriff 15.10.2013/ Ryhl-Svendsen, M., Luftschadstoffe in Museen – Eine Einführung in Wirkungsweise, Monitoring und Kontrolle, in: Restauro 8/2001, S. 613–619/Hackney, S., The distribution of gaseous air pollution
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Essigsäure (CH3COOH), Ameisensäure (HCOOH) und Formaldehyd (HCHO) Organische Säuren – wie Essigsäure und Ameisensäure – als Endprodukte des Zerfalls organischer Substanzen sowie Aldehyde sind in unterschiedlichem Maß in vielen Vitrinen und Depotschränken und dort besonders in luftdichten Gehäusen anzutreffen, v.a. wenn bei der Ausstattung (Bodenbeläge, Vitrinenbau usw.) ungeeignete Produkte zum Einsatz kommen.23 Holzwerkstoffe aller Art und jeden Alters sind als schädlich für empfindliche Museumsgegenstände einzustufen, da sie Essigsäure, Ameisensäure und Formaldehyd freisetzen. Die höchste Emissionsrate von Essigsäure zeigt Eichenholz. Die Menge der abgegebenen flüchtigen Säuren steht in Zusammenhang mit dem pH-Wert des jeweiligen Holzes, jenes mit einem pH-Wert < 5 sollte nicht zum Einsatz kommen. In diesem Zusammenhang spielt auch das Klima eine Rolle, da bei hoher relativer Luftfeuchtigkeit und Temperatur weit mehr Säure freigesetzt wird. Ferner setzen holzhaltige Produkte wie Papier, Pappen und Kartonagen Säuren frei und sind deshalb zur Lagerung säureempfindlicher Materialien nicht geeignet. Als weitere Quellen für organische Säuren kommen PVAc-Kleber, essigsäureabspaltende Silikonharze, Zelluloseacetat (Filme, Folien etc.), Lacke, Ölfarbenanstriche, Haushaltsreiniger und viele weitere Materialien in Frage. Ameisensäure entsteht zusätzlich auch durch die Oxidation von Formaldehyd (s. u.) in der Raumluft oder an Oberflächen. Formaldehyd zählt zu den bekanntesten Luftschadstoffen und wird in größeren Mengen u. a. von Spanplatten und mitteldichten Faserplatten (MDF, medium dense fiberboard) emittiert, die mit Harnstoff-Formaldehyd-Harz gebunden sind. Trotz der heute üblichen formaldehydarmen Ausführung von Span-, Sperrholz- und Tischlerplatten nach der Norm E1 verbleibt in der Regel ein Restgehalt des überaus reaktiven Formaldehyds, der beträchtliche Schadstoffkonzentrationen aufbauen kann und somit eine Gefährdung v. a. für sensible Objekte darstellt. Weitere Emissionsquellen von Formaldehyd können Appreturen von Textilien oder nicht richtig ausgehärtete Einbrennlackierungen sein. Formaldehyd ist ein starkes Reduktionsmittel und reagiert mit einer Vielzahl von Materialien. Formaldehyd kann – katalysiert durch Säuren, Basen oder Metalle – zu Ameisensäure oxidiert werden und so within museums, in: Studies in Conservation 29(3)/1984, S. 105–116. Sie sind detaillierter nachzulesen in: Schaaf-Fundneider, C./Grießer, M., Zum Monitoring von (Luft-)Schadstoffen als Werkzeug der Präventiven Konservierung. Einführung und erste Erfahrungen aus dem Zentraldepot Himberg, in: Technologische Studien. Kunsthistorisches Museum. Konservierung – Restaurierung – Forschung – Technologie 9/10/2012/13, S. 228–255. 23 Holzwerkstoffe, Klebstoffe, Farben/Lacke (im Speziellen auf Öl-Basis), Dichtungsmaterialien/Silikone usw.
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zu säureinduzierten Schäden führen. Die Konzentration von Formaldehyd kann saisonal schwanken.
Ammoniak (NH3) Ammoniakhaltige Verbindungen als wichtigste alkalische Komponenten im Innenraum stammen v. a. aus Zusätzen von Reinigungsprodukten u. ä., aber auch aus Emissionen biologischer Abbauprozesse. In geringerem Ausmaß können sie ferner aus Kühlsystemen (Klimaanlagen), Abwasseranlagen und Metallpolituren freigesetzt werden.
Schwefelwasserstoff (H2S) und Carbonylsulfid (COS) Bei Schwefelwasserstoff handelt es sich um ein reduziertes Schwefelgas mit typischem Geruch nach „faulen Eiern“, das als Produkt natürlicher organischer Zersetzung oder aus industriellen Prozessen entstehen kann. Außerhalb urbaner Gebiete wird Schwefelwasserstoff von Ozeanen, Vulkanen und geothermischen Aktivitäten, Sumpfgebieten und Vegetation emittiert. Innerhalb von Gebäuden sind Besucher und Mitarbeiter durch Ausdünstungen, insbesondere durch die Atmung, oftmals die Hauptquelle für Schwefelwasserstoff. Darüber hinaus werden schweflige Gase von Objekten oder verbauten Materialien im Innenraum emittiert, wobei hier z. B. Wolle, Gummi, Kautschuk oder Klebstoffe auf Polysulfid-Basis zu nennen sind. Eine weitere nicht zu vernachlässigende Schwefelverbindung in der Atmosphäre ist Carbonylsulfid (COS), das durch Verbrennungsprozesse entsteht. Es handelt sich um ein Gas mit hoher Beständigkeit, das maßgeblich für Korrosion verantwortlich ist. Carbonylsulfid ist in Stadt- wie Landluft gleichermaßen enthalten. Die Konzentrationen in der Außen- und Innenluft unterscheiden sich kaum – sie liegen jedoch in der Regel deutlich höher als die von H2S – und COS kann sich zusätzlich in Anwesenheit von Wasser zu Schwefelwasserstoff umbilden.
Stickoxide (NOx), v. a. Stickstoffdioxid (NO2) Unter Stickoxiden (NOx) versteht man die gasförmigen Oxide des Stickstoffs, in der Hauptsache Stickstoffmonoxid (NO) und Stickstoffdioxid (NO2). Stickoxide entstehen bei hohen Temperaturen, z. B. in Verbrennungsmotoren oder bei Funkenentladungen. Im Innenraum können zudem Gasherde als Schadstoffquelle fungieren. Stickoxide werden aber auch bei der Zersetzung von Cellulosenitrat ausgedünstet, das etwa für Filme Verwendung gefunden hat oder auch in zeitgenössischen Objekten enthalten sein kann, womit Objekte selbst zur Hauptschadstoffquelle werden können.
Zu Auswirkungen von (Luft-)Schadstoffen im Sammlungsbereich
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Für Objekte stellt Stickstoffdioxid die größte Gefahr dar, da es aus der Außenluft (z. B. durch Filterung) nur schwer entfernt werden kann, sich an Innenraumflächen nur langsam abbaut und mit Feuchte Salpetersäure (HNO3, eine starke Säure) bildet.
Schwefeldioxid (SO2) Schwefeldioxid (SO2) entsteht hauptsächlich bei der Verbrennung fossiler Brennstoffe wie Kohle und Heizöl. In geschlossenen Innenräumen liegt die SO2-Konzentration merklich niedriger als in der Außenluft, da es von vielen Oberflächen sehr schnell absorbiert wird und mit entsprechender Filterung gut entfernt werden kann. SO2 selbst ist nur schwach sauer, es oxidiert jedoch weiter zu Schwefeltrioxid (SO3) und reagiert dann mit Feuchtigkeit zu Schwefelsäure (H2SO4, ebenfalls eine starke Säure). Als Quellen für schwefelhaltige Verbindungen können weiters auch proteinische Substanzen, mit Schwefel vulkanisierter Gummi sowie oxidierende Sulfide aus geologischem Material und aus einzelnen Farbstoffen dienen.
Ozon (O3) Ozon (O3) entsteht nicht nur in der höheren Atmosphäre, sondern ist auch ein photochemisches Reaktionsprodukt von Stickoxiden aus Kfz-Abgasen und Kohlenwasserstoffen (Sommersmog). Darüber hinaus kann es von elektrischen Geräten wie Fotokopiergeräten und bestimmten Lampen emittiert werden, die heute in der Regel jedoch mit Ozonabsorbern ausgestattet sind. In Innenräumen ist die Konzentration meist wesentlich niedriger als in der Außenluft, da Ozon rasch mit organischen Materialien reagiert und so vorrangig durch die Reaktion mit ungesättigten Kohlenwasserstoffen abgebaut wird. Die entstehenden Abbauprodukte, wie organische Säuren, Aldehyde und Ketone, stellen ihrerseits wiederum Luftschadstoffe dar.
Andere flüchtige und schwer flüchtige organische Substanzen (VOC und SVOC) Die flüchtigen organischen Verbindungen (VOC) bilden den wichtigsten Bestandteil der Innenraumluftverunreinigungen. Am häufigsten nachzuweisen sind Lösemittel, die primär aus Baumaterialien und Einrichtungsgegenständen stammen. Es handelt sich normalerweise um typische Industriechemikalien wie sie in Farben, Lacken, Fußbodenbelägen, Reinigungs- und Pflegemitteln vorkommen (Tabelle 1), weiters um sekundäre Produkte aus unvollständigen Verbrennungsprozessen sowie in museal genutzten Innen-
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räumen auch um Emittenten aus objektimmanenten Materialien und/oder konservatorisch-restauratorischen Behandlungen der Exponate. Auch in neuen Vitrinen werden VOCs aus Lösungsmitteln und Zusatzstoffen in Anstrichen, Beschichtungen und Dichtungsmaterialien freigesetzt und können unter bestimmten Bedingungen zur Bildung sekundärer Verbindungen (z.B. Freisetzung von Essigsäure) führen. Zu den schwer flüchtigen organischen Substanzen zählen u.a. Weichmacher (z. B. Phthalate), die auch in Kunstobjekten aus Weich-PVC (Polyvinylchlorid) enthalten sind, oder verschiedene Pestizide und Biozide, wie z. B. Holzschutzmittel des 20. Jahrhunderts. Diese sollen zwar an bzw. auf den Objekten verbleiben, können jedoch im Laufe der Zeit über die Oberflächen wieder an die Umgebung abgegeben werden.
Staub Staub setzt sich aus den in der Luft normalerweise immer vorhandenen Schwebstoffen als sichtbarer Belag auf Oberflächen ab und kann dabei sowohl in der Teilchengröße24 als auch in der Zusammensetzung sehr stark variieren. In der Außenluft entstehen Partikel vorrangig bei Industrieprozessen und bei der Verbrennung fossiler Brennstoffe und gelangen dann in die Innenräume. In Museen und Sammlungen sind zusätzlich die Besucher für weiteren Staubeintrag z. B. neben Hautschuppen und Haaren auch von Straßenschmutz und Fasern und das Aufwirbeln des Staubes verantwortlich. Bei Bauarbeiten werden vermehrt Stäube z. B. von Kalk, Gips und Ziegelmehl sowie Holz- und Metallstäube freigesetzt.
Auswirkungen von Schadstoffen auf Kunst- und Kulturgut Die Website von Christoph Waller25 bietet eine ausführliche Übersicht über die Auswirkungen von Schadstoffen im Museumsbereich, in Tabelle 2 sind sie zusammenfassend dargestellt. Die empfindlichsten Materialgruppen sind dabei: – Organische Materialien (Papier, Textil, Leder etc.); – Kalkhaltige Materialien; – Glas und Email;
24 Man unterscheidet Grobstaub (Teilchengröße > 10 µm), Feinstaub (Teilchengröße < 10 µm) und Feinststaub (ultrafeine Partikel, Teilchengröße < 0,1 µm). 25 Waller, C., Reduzierung von Luftschadstoffen in Museen und Archiven, in: http://www.cwaller.de/teil4. htm, Zugriff 15.10.2013.
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– Metalle (v. a. unedle wie Blei, Zink und Eisen bzw. Kupfer und Kupferlegierungen; Silber v. a. gegen H2S und COS), sowie – bestimmte Pigmente und Farbstoffe.
Empfohlene Richtwerte für gasförmige Schadstoffe 26 Aufgrund der Komplexität der Luftchemie und der vielfachen möglichen Wechselwirkungen von Schadstoffen untereinander und mit reaktiven Oberflächen haben sich trotz mehrfacher Bemühungen im musealen Bereich bisher keine internationalen Richtlinien für Schadstoffkonzentrationen durchgesetzt, sodass mehrere große Museen ihre eigenen Standards entwickelt haben. Ein v. a. im anglo-amerikanischen Raum relativ weit verbreitetes Bewertungsschema wurde von Jean Tétreault entwickelt: Die Gefährlichkeit eines Luftschadstoffs in Bezug auf verschiedene Materialgruppen wird dabei anhand der NOAEL- (No observed adverse effect level), der LOAEL- (Lowest observed adverse effect level) oder der LOAED(Lowest observed adverse effect dose) Werte bestimmt (Tabelle 3).27 Da sich die angegebenen Werte auf Beobachtungen stützen, die unter verschiedenen Bedingungen und unter Anwendung unterschiedlicher Methoden sowie oft auch nur für einzelne Schadstoffe ermittelt wurden, gestaltet sich die Vergleichbarkeit untereinander und der Bezug zu realen – komplexen – Situationen jedoch schwierig. Die in verschiedenen Publikationen gelisteten Werte können daher nur als Anhaltspunkte und nicht als fester Richtwert verstanden werden.28
26 Waller, C., Reduzierung von Luftschadstoffen in Museen und Archiven, in: http://www.cwaller.de/teil4. htm, Zugriff 15.10.2013/Tétreault, J., Guidelines for Pollutant Concentrations in Museums, in: CCI, http://www.cci-icc.gc.ca/cci-icc/about-apropos/nb/nb31/pollutants-eng.aspx, Zugriff 15.10.2013, update 2003/Schieweck, A., Schadstoffe in musealen Einrichtungen – Historie und aktueller Forschungsstand, in: Preventive Conservation – Beiträge des Workshops Preventive Conservation am 1. März 2007 an der Fachhochschule für Technik und Wirtschaft Berlin, München 2007, S. 45–52. 27 Tétreault, J., Airborne Pollutants in Museums, Galleries and Archives: Risk Assessment, Control Strategies and Preservation Management, Ottawa 2003/Tétreault, J., Guidelines for Pollutant Concentrations in Museums, in: CCI, http://www.cci-icc.gc.ca/cci-icc/about-apropos/nb/nb31/pollutants-eng.aspx, Zugriff 15.10.2013, update 2003. 28 Tétreault, J., Guidelines for Pollutant Concentrations in Museums, in: CCI, http://www.cci-icc.gc.ca/ cci-icc/about-apropos/nb/nb31/pollutants-eng.aspx, Zugriff 15.10.2013, update 2003/Grzywacz, C. M., Monitoring for Gaseous Pollutants in Museum Environments, Los Angeles 2006.
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Messmethoden und Analytik Testmethoden für die Umgebungsluft Die sensitivsten und daher wo immer möglich bevorzugt eingesetzten Testmethoden für die Umgebungsbedingungen entnehmen aktiv, d.h. manuell oder mittels einer Pumpe, Proben aus der Umgebungsluft. Die in der Luft enthaltenen Schadstoffe werden dabei normalerweise in entsprechend vorbereiteten Sammlern adsorbiert bzw. in Flüssigkeiten gelöst und im Anschluss mit diversen Analysenmethoden, wie z.B. GaschromatographieMassenspektrometrie (GC-MS), Hochleistungsflüssigkeitschromatographie (HPLC) oder Ionenchromatographie (IC) analysiert. Die aktive Luftanalyse setzt daher den Zugang zu anspruchsvollen, meist kostspieligen, analytische Methoden voraus und liefert Ergebnisse hoher Detailgenauigkeit, die so nicht immer erforderlich ist. Eine Alternative, die ebenfalls meist ausreichend präzise, wenn auch über einen längeren Zeitraum gemittelte Ergebnisse liefert, stellt die Verwendung sogenannter Passivsammler anstelle der aktiven Luftbeprobung dar. Passivsammler arbeiten mit der Affinität von Schadstoffen zu den meist eigens vorbereiteten Trägermaterialien und sind insgesamt weniger sensitiv als aktive Sammler. Weiters benötigen sie meist ebenfalls eine Analyse und Auswertung mit den oben bereits erwähnten analytischen Methoden. Während der Beprobungsphase der Umgebungsluft, die mehrere Tage bis Wochen in Anspruch nehmen kann, benötigt man jedoch weniger Unterstützung von Experten. Ein vergleichsweise einfaches System an Aktivsammlern stellen die sogenannten Dräger-Röhrchen dar, an denen direkt aufgrund einer Farbveränderung die Konzentration eines bestimmten Luftschadstoffes nach Durchsaugen einer vorgegebenen Luftmenge abgelesen werden kann. Da diese Sammler für individuelle Schadstoffe entwickelt worden sind, zeigt z.B. ein Indikatorröhrchen für Formaldehyd tatsächlich nur die Konzentration an Formaldehyd und nicht die Anwesenheit von z.B. Ameisensäure an. Ein anderer Ansatz verfolgt das Sichtbarmachen des korrosiven Potentials der Umgebungsluft. Dabei geht es nicht um die Identifizierung einzelner Schadstoffe sondern darum, an möglichst einfach abzulesenden oder auszuwertenden „Sensoren“ schädigende Wirkungen des in der Luft vorhandenen Schadstoffgemisches – bei den jeweils vorherrschenden Umgebungsbedingungen – sichtbar zu machen. Im einfachsten Fall können Metallplättchen, die normalerweise für den sogenannten Oddy-Test zum Einsatz kommen (s. u.), über mehrere Wochen bzw. Monate z.B. in Vitrinen direkt ausgelegt werden (Abb. 21). Veränderungen, in der Regel Verfärbungen, an der Oberfläche der Plättchen können dabei ähnlich wie beim klassischen Oddy-Test dahingehend interpretiert werden, dass für das verfärbte Metall potentiell korrosive Umgebungsbedingungen herrschen, die zu einer Veränderung der Vitrinensituation Anlass geben sollten.
Zu Auswirkungen von (Luft-)Schadstoffen im Sammlungsbereich
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Die ersten Systeme zum direkten Monitoring der Luftqualität greifen das Prinzip der Korrosion von Metall- bzw. Glasoberflächen auf und erlauben mit Hilfe von entsprechend vorbereiteten Sensoren und unter Zuhilfenahme eigener Auslesegeräte und Software Aussagen über das korrosive Potential von Umgebungen. Solche Systeme wurden und werden zurzeit auch im Rahmen von EU-Projekten, z.B. MUSECORR (s. später) oder MEMORI29 (weiter)entwickelt. Eine detailliertere Beschreibung der gängigsten Testmethoden findet sich bei Pamela B. Hatchfield in ihrer Publikation „Pollutants in the Museum Environment: Practical Strategies for Problem Solving in Design, Exhibition and Storage“30.
Testmethoden für Materialien Um das Potential von Materialien und/oder Objekten zur Freisetzung von schädlichen Verbindungen abschätzen zu können, kommen beschleunigte Alterungstests oder mikrochemische Tests zur Identifizierung einzelner Substanzen oder Substanzklassen zum Einsatz. Beschleunigte Testverfahren verwenden möglichst einheitliche Referenzmaterialien, wie z.B. Metallcoupons von vorgegebener Reinheit, Größe und Materialstärke oder Papier bestimmter Qualität. In einem geschlossenen Raum (Kammer) werden die zu testenden Materialien gemeinsam mit den Referenzplättchen oder -streifen entweder ohne Kontakt oder in direktem Kontakt zueinander einer höheren Temperatur und relativen Luftfeuchte (als denen der Umgebungsbedingungen) ausgesetzt und können so innerhalb relativ kurzer Zeit einen unmittelbaren Eindruck über die Reaktion (wie Korrosion oder Verfärbung), die das Material am jeweiligen Referenzstück verursacht, geben. Zu den weitverbreitetsten Tests im Museumsbereich gehört in dieser Kategorie der OddyTest (siehe unten). Mikrochemische Tests schließlich weisen das Vorliegen einzelner chemischer Substanzen in Materialien und/oder Objekten nach, die als Schadstoffquellen wirken können, und erleichtern somit die Abschätzung ihres korrosiven Potentials. Zu den beschleunigten Testverfahren und Materialtests finden sich ebenfalls weiterführende Informationen bei Pamela B. Hatchfield sowie auch in der Publikation „Material characterization tests for objects of art and archaeology“31. 29 Für weitere Informationen siehe www.memori-project.eu, Kultur und Arbeit e.V. – Association „Culture & Work“, Kontakt: Dr. Karin Drda-Kühn, Tel. 0049–79315636374. 30 Hatchfield, P. B., Pollutants in the Museum Environment, Practical Strategies for Problem Solving in Design, Exhibition and Storage, London 2002. Auszugsweise publiziert (und elektronisch verfügbar) im WAAC Newsletter: Hatchfield, P. B., Pollutants in the Museum Environment: Practical Strategies for Problem Solving in Design, Exhibition and Storage, in: WAAC Newsletter 26/2004, S. 10–22. 31 Odegaard, N./Carroll, S./Zimmt, W. S., Material characterization tests for objects of art and archaeo-
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Kontrolle von Luftschadstoffen im Kunsthistorischen Museum 32 Am Kunsthistorischen Museum Wien (KHM) befassen sich die MitarbeiterInnen des Naturwissenschaftlichen Labors in Kooperation mit den RestauratorInnen der Sammlungen seit einigen Jahren mit der Analyse und seit ca. zwei Jahren auch mit dem Monitoring von Luftschadstoffen. So wurde zur Vermeidung des Einbringens von Schadstoffen in Ausstellungsvitrinen durch die verwendeten Materialien – wie Plattenmaterialien, Lacke, Dichtungsmassen, Textilien, etc. – 1999 der sogenannte Oddy-Test als Routinetest eingeführt, der im British Museum von Andrew Oddy als einfacher Materialtest für den Museumsbereich entwickelt wurde33. Er ermöglicht es, die in Sonderausstellungen, permanenten Ausstellungen und Depotbereichen zur Verwendung vorgesehenen Materialien zu überprüfen und gegebenenfalls – bei Nichteignung – durch besser geeignete zu ersetzen. Das Thema von Schadstoffen in Vitrinen kam in größerem Umfang ab 2010 im Rahmen der Neuaufstellung der Kunstkammer auf, die zur spezifischen Kontrolle der Klimabedingungen für einzelne Objekte durchgehend mit Dichtvitrinen ausgestattet ist, in denen sich dort eingeschlossene Schadstoffe katastrophal auf die Objekterhaltung auswirken können. Die für die Neueinrichtung angekauften Vitrinen wurden von der BAM (Bundesanstalt für Materialforschung, Berlin) stichprobenartig auf Schadstofffreiheit überprüft. Für das neu errichtete Zentraldepot in Himberg ergab sich 2011 für das Labor des KHM erstmals die Möglichkeit, einen Bau von Beginn an hinsichtlich der Schadstoffbelastung zu überprüfen und möglichst von Anfang an ein Schadstoffmonitoring einzuführen, welches in verschiedenen Messkampagnen regelmäßig durchgeführt wird. Dabei wurden und werden folgende Maßnahmen getroffen bzw. Methoden angewandt: – Im Vorfeld der Übersiedelung: Evaluierung aller für die Verpackung und für die permanente Lagerung verwendeten Materialien sowie der Beschichtung der Lagertechnik mittels Oddy-Test. logy, Second edition, London 2005. 32 Für eine detailliertere Beschreibung, v.a. auch der Messungen und Ergebnisse aus dem Zentraldepot Himberg, siehe Schaaf-Fundneider, C./Grießer, M., Zum Monitoring von (Luft-)Schadstoffen als Werkzeug der Präventiven Konservierung. Einführung und erste Erfahrungen aus dem Zentraldepot Himberg, in: Technologische Studien. Kunsthistorisches Museum. Konservierung – Restaurierung – Forschung – Technologie 9/10/2012/13, S. 228–255. 33 Zur Durchführung des Tests siehe Lee, L. R./Thickett, D., Selection of Materials for the Storage or Display of Museum Objects, London 1996. Zu Materialien im Museumsbereich siehe Kalabis, S., Schadstofffreie Materialien für Ausstellung, Deponierung und Transport von Kunstwerken, in: Verbund Oberösterrischer Museen (Hg.), Restaurierung und Konservierung – Ein Praxisleitfaden, Leonding 2011, S. 12–16.
Zu Auswirkungen von (Luft-)Schadstoffen im Sammlungsbereich
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– Laufende Kontrolle der flüchtigen organischen Verbindungen (VOCs) im gesamten Gebäude an insgesamt 35 Messpunkten im zwei- bis vierwöchigen Rhythmus mittels eines VOC-Handheld-Messgeräts.34 – Jährliche qualitative und quantitative Messung einzelner Schadstoffe in zwei ausgewählten Depotbereichen durch ein Umweltanalytiklabor.35 Zu Beginn wurde dabei das Emissionsverhalten der Gebäudehülle mit minimaler Lagertechnikausstattung und eingezogenen Zwischendecken sowie das Verhalten der Umluftanlage unter Einbeziehung von Vergleichsmessungen mit der Außenluft (Vergleich von Schwefeldioxid, Stickoxiden, Ozon und Feinstaub in der Außen- und Innenraumluft) erhoben. Seit der Bestückung des Depots mit Kunstwerken wird einmal jährlich eine Kontrolle der Konzentrationen von VOCs, Carbonsäuren, Aldehyden und Ketonen vorgenommen, wobei wechselweise jeweils zwei Bereiche aus den unterschiedlichen Sammlungsabschnitten ausgewählt werden. – Monitoring des korrosiven Potentials der Atmosphäre im Rahmen des End-UserTestings des von der EU geförderten, MUSECORR-Projekts „Real time monitoring of air corrosivity using Air Corr Loggers“. Unter der Leitung des Institut de la Corrosion (French Corrosion Institute; ICO) wurden im Rahmen dieses Projektes Korrosionssensoren entwickelt, die einen Anhaltspunkt für das korrosive Potential von Atmosphären für bestimmte Objekte bzw. Objektgruppen geben können.36 Diese Sensoren konnten für ein halbes Jahr an verschiedenen Standorten des neuen Depots getestet werden. Mittlerweile sind die AirCorr Korrosionssensoren auch kommerziell erhältlich37 und sollen innerhalb des KHM auch zukünftig zum Schadstoffmonitoring eingesetzt werden.
Tabellen Verbindungen
Quelle
Acrylate
Farben, Lacke
aliphatische Aldehyde (C1 – C4)
Alkydharze
Alkane, Testbenzin
Teppichböden, Tapeten
34 ppbRAE3000, RAE Systems, Inc. 35 Firma IBO Innenraumanalytik OG/Innenraum Mess- & Beratungsservice. 36 Für weitere Details siehe www.musecorr.eu und Hubert, V., et.al., Kulturgüterschutz durch Korrosionsdatenlogger. Ein neuer Weg zur Bewertung der Luftqualität, in: Restauro 8/2012, S. 22–27. 37 Für Informationen und die Bestellung von Loggern bzw. Sensoren ist Erwan Diler (email: erwan.diler@ institut-corrosion.fr) vom Institut de la Corrosion zu kontaktieren. Mittlerweile können die Logger und Sensoren auch bereits über Christoph Waller, www.cwaller.de, bezogen werden.
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Verbindungen
Quelle
alkalische Aerosole
Beton, Mörtel, Putz
Alkydharze, ungesättigte Fettsäuren
Linoleum
alkylierte Benzole
Farben, Kleber, Lacke
Amine
Lacke, Teppichböden
Asbest
Bauprodukte, Außenluft
Benzaldehydderivate
Spaltprodukte von Photoinitiatoren
Benzol
Benzin, Verbrennungsgase
Diisocyanate
Lacke, PUR-Schäume
Formaldehyd
Holzwerkstoffe, Lacke
Halogenkohlenwasserstoffe
Abbeizmittel
Kohlendioxid (CO2)
offene Flammen, menschlicher Stoffwechsel
Kohlenmonoxid (CO)
Außenluft, Tabakrauch, Verbrennungsprozesse
künstliche Mineralfasern (KMF)
Bauprodukte
Kunststoffe: Weichmacher, Flammschutzmittel u. a.
Wand- und Deckenverkleidungen, Bodenbeläge
mikrobielle Verunreinigungen
Feuchteschäden, menschliche Aktivitäten, Luftbefeuchter, raumlufttechnische Anlagen, Außenluft
organische Lösemittel
Farben, Kleber, Lacke, Reinigungsmittel
organische Säuren
Holzwerkstoffe
PAK (polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe)
Verbrennungsprozesse, teerhaltige Produkte (Carbolineum)
Pentachlorphenol (PCP), Lindan
Holzschutzmittel
Pestizide
Reinigungs- & Versiegelungsmittel, Schädlingsbekämpfungsmittel
Phenol
Kleber, Korkprodukte
polychlorierte Biphenyle (PCB)
Leuchtstoffröhren, Transformatoren
Phthalsäureester (Weichmacher)
Teppichböden, PVC-Materialien
Schwebstaub
Außenluft, Bautätigkeit, Tabakrauch, Verbrennungsprozesse
Staubniederschlag
Verbrennungsprozesse, Bautätigkeit, Außenluft, menschliche Aktivitäten
Schwermetalle
Farben, Lacke, Außenluft, Tabakrauch
Schwefeldioxid (SO2)
Außenluft, Textilentfärber, Verbrennungsprozesse
Zu Auswirkungen von (Luft-)Schadstoffen im Sammlungsbereich
Verbindungen
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Quelle
Stickstoffdioxid (NO2)
Außenluft, Verbrennungsprozesse
Styrol
Lacke, Teppichböden, Dämmstoffe
Terpene
Holz, Reinigungsmittel, Duftstoffe
Vinylacetat
Fußbodenbeläge
Vinylchlorid
PVC-Materialien
„Sonstige Verunreinigungen“ (Elektrosmog)
Mobilfunkanlagen, Elektroinstallationen, elektrische und elektronische Geräte
Tab. 1: Üblicherweise in der Innenraumluft anzutreffende Verbindungen mit ihren Herkunftsquellen.38 Schadstoff Ozon (O3)
Stickoxide (NOx)
Schwefeldioxid (SO2)
Schwefelwasserstoff (H2S)
Material Gummi Metall Textilfarbstoffe fotografisches Material Papier, Textilien Gummi fotografisches Material, Plastik, Metalle Metalle Farben, Farbstoffe, fotografisches Material, Leder, Papier, Textilien anorganische Materialien (z. B. Glas, Stein, Kalkputz, Fresken) organische Materialien (z. B. Cellulose, Proteine, Pflanzenfasern) Metalle Farben Bleipigmente fotografisches Material
Schadensbild Versprödung Korrosion Ausbleichen Zersetzung Stabilitätsverlust Versprödung Zersetzung Anlaufen Zersetzung, Versprödung Farbveränderungen Korrosion
Anlaufen Zerstörung Verschwärzung Zersetzung
38 Nach: Schieweck, A./Salthammer, T., Schadstoffe in Museen, Bibliotheken und Archiven, Braunschweig 2006, S. 23./Salthammer, T., Luftverunreinigende organische Substanzen in Innenräumen, in: Chemie in unserer Zeit 28/1994, S. 280–290/ Moriske, H-J./Beuermann, R., Schadstoffe in Wohnungen: Hygienische Bedeutung und rechtliche Konsequenzen (Das Grundeigentum), Berlin-Reinickendorf 2004.
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Schadstoff Formaldehyd (HCHO)
Ameisensäure (HCOOH) Essigsäure (CH3COOH) Wasserstoffperoxid (H2O2) Ammoniak (NH3)
Material Papier, Metalloxid-Pigmente, Leder, Pergament, Wolle, Seide, Papier Metalle, kalkhaltige Materialien, Papier, Textilien proteinhaltige Materialien Eisen fotografisches Material Metalle
Schadensbild Zerstörung, Verfärbung, Versprödung Korrosion Korrosion Korrosion Farbveränderungen Korrosion, Anlaufen
Tab. 2: Zusammenfassende Darstellung der durch Luftschadstoffe an Kunstwerken hervorgerufenen Veränderungen.39
Schlüssel- Luftschadstoffe
maximale durchschnittliche Konzentration zur Gewährleistung der Objekt-erhaltung, µg/m3 (ppb)a]
1.000 (400) 1 (0,71)
100 0,1
100 0,01
durchschnittlicher K onzentrationsbereich als Referenz in µg/m3 saubere urbane TropoUmgebung sphäre 0,3–5 0,5–20b 0,01–1 0,02–1
10 (5,2) 10 (5,0) 10 (3,8) 10
1 1 1 1
0,1 0,1 0,1 0,1
0,2–20 2–200 0,1–30 1–30
1 Jahr Essigsäure Schwefelwasserstoff Stickstoffdioxid Ozon Schwefeldioxid Feinpartikel (PM2,5) Wasserdampf
10 Jahre
unter 60 %rF haltenc
100 Jahre
3–200 20–300 6–100 1–100
N/A
Tab. 3: Beispiel für Richtwerte für Luftschadstoffe im Museums- bzw. Sammlungsbereich.40
Anmerkungen: a) Gewährleistung der Objekterhaltung meint die Zeitspanne (in Jahren), für die Objekte den angegebenen Schadstoffkonzentrationen mit nur geringem Risiko einer Veränderung ausgesetzt werden können. 39 Nach: A. Schieweck, Airborne Pollutants in Museum Showcases – material emissions, influences, impact on artworks, Dissertation, Hochschule für Bildende Künste Dresden, 2009, S. 9/Bears, N. S./Banks, P. N., Indoor air pollution: effects on cultural and historical materials, in: The International Journal of Museum Management and Curatorship 4/1985, S. 9–20/Brimblecombe, P., The composition of museum atmospheres, in: Atmospheric Environment 24B/1990, S. 1–8/Pietsch, A., Vitrinenwerkstoffe und ihre Gefahren für Museumsobjekte, in: Biermann, A. W. (Hg.), Der Ausstellungsraum im Ausstellungsraum – Moderne Vitrinentechnik für Museen, Schriftenreihe des Rheinischen Museumsamtes Nr. 59, Köln 1994. 40 Übersetzt nach: Tétreault, J., Pollutants, in: http://www.cci-icc.gc.ca/crc/articles/mcpm/chap07-eng. aspx, Zugriff 15.3.2011, Taf. 2.
Zu Auswirkungen von (Luft-)Schadstoffen im Sammlungsbereich
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Diese Zeitspannen basieren auf den LOAED-Werten der meisten Objekte (mit Ausnahme von besonders heiklen Objekten) und setzen eine mittlere relative Luftfeuchte zwischen 50 und 60 %rF sowie eine mittlere Temperatur von 20 bis 30 °C ebenso voraus wie eine regelmäßige Reinigung der Sammlungen (sollte die Einhaltung der angegebenen Bedingungen nicht möglich sein, müssen die Maximalwerte für die Schlüsselschadstoffe entsprechend angepasst werden). Diese Werte sind auf hochsensible Materialien nicht anwendbar – ppb steht für parts per billion. b) Essigsäure kann in geschlossenen Systemen, die aus ungeeigneten Materialien wie z. B. Essigsäure abspaltendes Silikon hergestellt wurden, in Konzentrationen von bis zu 10.000 µg/m3 freigesetzt werden. c) Kann in permanenten Sammlungen die relative Luftfeuchte nicht zwischen 50 und 60 %rF gehalten werden, sollen die historischen Bedingungen möglichst beibehalten werden.
Literatur Bears, N. S./Banks, P. N., Indoor air pollution: effects on cultural and historical materials, in: The International Journal of Museum Management and Curatorship 4/1985, S. 9–20. Biermann, A. W. (Hg.), Der Ausstellungsraum im Ausstellungsraum – Moderne Vitrinentechnik für Museen, Schriftenreihe des Rheinischen Museumsamtes, Köln 1994. Brimblecombe, P., The composition of museum atmospheres, in: Atmospheric Environment 24B/1990, S. 1–8. Eastlake, C./Faraday, L./Russell, W., Report on the subject of the protection of the pictures in the National Gallery by glass, House of Commons, 24. May 1850, in: Thompson, G., The Museum Environment, 2. Aufl., London 1986, S. 130. Eibl, M., Die Reinigung musealer Räume als Maßnahme der Präventiven Konservierung, Teil 1 – Grundlagen der Verschmutzung und Reinigung, in: Zeitschrift für Konservierung und Kunsttechnologie 23/2009, S. 79–114. Grießer, M., Aufbewahrungsbedingungen und Depotmaterialien, in: Krist, G., Sommerakademie Sammlungspflege und Bestandserfassung, Institut für Konservierung und Restaurierung, Universität für angewandte Kunst, Vortrag, Wien 15.9.2007 – 23.9.2007. Grzywacz, C. M., Monitoring for Gaseous Pollutants in Museum Environments, Los Angeles 2006. Hackney, S., The distribution of gaseous air pollution within museums, in: Studies in Conservation 29/1984, S. 105–116. Hatchfield, P. B., Pollutants in the Museum Environment, Practical Strategies for Problem Solving in Design, Exhibition and Storage, London 2002. Hatchfield, P. B., Pollutants in the Museum Environment: Practical Strategies for Problem Solving in Design, Exhibition and Storage, in: WAAC Newsletter 26/2004, S. 10–22. Hubert, V., et. al., Kulturgüterschutz durch Korrosionsdatenlogger. Ein neuer Weg zur Bewertung der Luftqualität, in: Restauro 8/2012, S. 22–27. Kalabis, S., Schadstofffreie Materialien für Ausstellung, Deponierung und Transport von Kunstwerken, in: Verbund Oberösterreichischer Museen (Hg.), Restaurierung und Konservierung – Ein Praxisleitfaden, Leonding 2011, S. 12–16.
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Katja Sterflinger, Guadalupe Piñar
Schimmelpilze in Museen, Sammlungen und Depots
Abstr act Fungi play a considerable role in the deterioration of cultural heritage. Due to their enormous enzymatic activity and their ability to grow at low aw values (water activity) fungi are able to decompose and destroy paintings, textiles, paper, parchment, wood, leather, oil, casein, glue and other materials used for historical art objects. In museums and their storage rooms, climate control, regular cleaning and microbiological monitoring are essential in order to prevent fungal contamination. Biocide treatments of contaminated objects have to be carefully evaluated and must be accompanied by microbiological analysis before and after application. Close collaboration of conservators and mycologists is needed to develop object specific methods for the cleaning and preservation of contaminated objects. New molecular techniques based on DNA and RNA are available for the examination of microbial communities and their activity in materials of cultural heritage objects.
Zusammenfassung Schimmelpilze spielen eine beträchtliche Rolle für die Zerstörung von Kunst- und Kulturgut. Durch ihre Fähigkeit zahlreiche Enzyme zu bilden und bei relativ geringen aw Werten (Wasseraktivität) wachsen zu können, zersetzen und zerstören sie Malerei, Textilien, Papier, Pergament, Holz, Leder, Öl, Casein, Leime und andere Materialien und Bestandteile von Kunstobjekten. In Museen und deren Depots sind Klimakontrolle, regelmäßige Reinigung und mikrobiologisches Monitoring erforderlich, um Kontaminationen durch Pilze vorzubeugen. Biozidbehandlungen an bereits bewachsenen Objekten müssen mit großer Vorsicht erwogen und ausgeführt werden und sollten in jedem Fall von mikrobiologischen Untersuchungen – vor und nach einer Biozidapplikation – begleitet werden. Objektspezifische Lösungen für die Reinigung und den Erhalt von Objekten sollten in enger Zusammenarbeit zwischen RestauratorInnen und MykologInnen erarbeitet werden. Neue Methoden zur Untersuchung von mikrobiellen Gemeinschaften und deren Aktivität an Kunst und Kulturgut basieren auf molekularbiologischen RNAund DNA- Untersuchungen.
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Katja Sterflinger, Guadalupe Piñar
Schimmelpilze in Museen, Sammlungen und Depots Pilze stellen in der Natur ein eigenes Organismenreich dar, sie sind weder Pflanzen noch Tiere. Die Anzahl der in der Natur vorkommenden Pilzarten wird von MykologInnen auf 1,5 Millionen geschätzt. Gegenwärtig sind mehrere zehntausend Arten beschrieben. Unter dem Begriff Schimmelpilze versteht man diejenigen Pilze, die keine makroskopischen Fruchtkörper – wie dies bei den Großpilzen der Fall ist – bilden. Schimmelpilze sind an kleinen, flachen Kolonien erkennbar, deren Oberfläche durch die Produktion von meist farbigen Sporen matt und pudrig aussieht und deren Myzel (Netz aus Zellfäden) sich über das Substrat ausbreitet sowie in dieses eindringt. In Innenräumen, in Depots und Sammlungen beläuft sich die Anzahl der immer wieder vorkommenden Arten auf bis zu einhundert, die Art und Anzahl der tatsächlich vorkommenden Pilze wird von Fall zu Fall durch das Klima und die Materialien bestimmt.1 Schimmelpilze, aber auch Großpilze, sind in der Lage alle Arten von organischem und anorganischem Material zu besiedeln, zu verändern und abzubauen. Sie können daher auf Objekte in Depots und Sammlungen enorm zerstörerisch wirken. Unter geeigneten Bedingungen breiten sich Schimmelpilze rasch und manchmal in wenigen Tagen über ganze Bestände aus. Häufig tritt Schimmelpilzbefall an Kunstgegenständen auf, wenn schlechte Lagerungsbedingungen zu erhöhter Feuchtigkeit in der Raumluft oder an den Gegenständen selber führen. Schimmelpilzschäden gibt es in alten, nicht klimatisierten Museen ebenso wie in neu errichteten Museen mit technisch hochwertiger Klimatisierung.2 Ein wesentlicher Grund für die erheblichen biogenen Schäden sind die organischen Materialien, aus denen die Gegenstände hergestellt wurden. Fast alle sind für Pilze gut
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Sterflinger, K., Fungi: Their role in the deterioration of cultural heritage, in: Fungal Biology Reviews 24/2010, S. 47–55/Sterflinger, K./Pinar, G., Microbial deterioration of cultural heritage and works of art – tilting at windmills?, in: Appl Microbiol Biotechnol. 97/2013, S. 9637–9646. Allsopp, D./Seral, K./Gaylarde, C., Introduction to Biodeterioration, Cambridge 2004, S. 237/Nittérus, M., Fungi in archives and libraries, a literary survey, in: Restaurator 21/2000, S. 25–40/Capitelli, F./ Fermo, P./Vechi, R./Piazzalunga, A./Valli, G./Zanardini, E./Sorlini, C., Chemical–physical and microbiologicalmeasurements for indoor air qualita assessment at the Ca‘Granda Historical Archive, Milan (Italy), in: Water, Air, and Soil Pollution 201/2009, S. 109–120/Manoharachary, C./Reddy, P. J. M./Prabhakar, B./Mohan, K. C., Fungal spora and biodeterioration in some museums and libraries of Hyderabad, India, in: Journal of Environmental Biology 18/1997, S. 37–42/Mesquita, N./Portugal, A./Videira, S./Rodriguez-Echeverría, S./Bandeira, A. M. L./Santos, M. J. A./Freitas, H., Fungal diversity in ancient documents. A case study on the Archive of the University of Coimbra, in: International Biodeterioration and Biodegradation 63/2009, S. 626–629/Pangallo, D./Simonovicova, A./Chovanova, K./Ferianc, P., Wooden art objects and the museum environment: identification and biodeteriorative characteristics of isolated microflora, in: Letters in Applied Microbiology 45/2007, S. 78–94/Koestler, R. J./Koestler, V. H./Charola, A. E./Nieto Fernandez, F. E. (Hg.), Art, Biology and Conservation: Biodeterioration of Works of Art. The Metropolitan Museum of Art, New York 2003.
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abbaubar: Zu diesen organischen Materialien gehören, neben Textilien, Leder, Stroh, Lehm, Naturhaar, Federn, Papier, Papyrus und Pergament, Bindemittel wie Eidotter, Kasein, Leinsamen-, Mohn- oder Hanföl, Chinaholzöl und Harze und Klebstoffe wie Zelluloseklebstoffe, Hasenleim und Fischleim. Diese Binde- und Klebemittel werden an verschiedener Stelle eingesetzt: Hasenleim oder Stärke zum Grundieren von Leinwänden, Klebstoffe in Holz und Holzwerkstoffen oder Stuck und Öle bei Vergoldungen. Pilze bauen diese Materialien ab, indem sie die hochmolekularen organischen Verbindungen durch Exoenzyme – Zellulasen, Glutanasen, Laccasen, Phenolasen, Keratinasen, Monooxygenasen und viele andere – in kleinere Moleküle aufspalten und dann in ihre Zellen aufnehmen. Da manche Pilze bereits bei einer Wasserverfügbarkeit von aw0.65 (Wasseraktivität) auskeimen und wachsen können, bedarf es bei der Lagerung von Museumsgegenständen einer besonderen Kontrolle der mikroklimatischen Nischen in unmittelbarer Umgebung der Objekte oder sogar am Material selbst. An vielen Kunstobjekten stellt Pilzbefall aufgrund oftmals intensiver Pigmentierung der Kolonien zunächst eine, wenn auch schwerwiegende, ästhetische Beeinträchtigung dar.3 Mit der Besiedlung einhergehend kommt es in vielen Fällen jedoch auch zum Materialabbau und damit zum Materialverlust. Der enzymatische Abbau von organischen Bindemitteln reduziert die Farbschichten, das Pigment verliert die Haftung zum Untergrund. Pilze dringen mit ihren Hyphen (Zellfäden) durch Risse in Malschichten ein und bilden unter der Fassung neue Myzelien und Kolonien. Dies kann zu einer mechanischen Absprengung loser Malschichtschollen führen oder eine Schollenbildung erst verursachen. Für die Erhaltung von Bibliotheksbeständen sind Pilze ein besonderes Problem: Insbesondere in Depots gibt es auf und in Schriftstücken und Büchern oft zahlreiche, aus der Luft stammende Schimmelpilzsporen. Kommt es zu einer Erhöhung der Feuchtigkeit aufgrund eines Wasserschadens, einer defekten Klimaanlage oder aufgrund geänderter Heiz- und Lüftungsgewohnheiten, können Bestände innerhalb weniger Tage von Schimmelpilzrasen überzogen sein. Für Papier und Papyrus sind Schimmelpilze deshalb besonders zerstörerisch, weil es durch die Ausscheidung von Zellulasen, zu der zahlreiche Pilzarten befähigt sind, rasch zur Schädigung der Papierfasern kommt.4 So sind an geschädigtem Papier – aber auch Holz oder Karton fast immer Arten der Gattungen Chaetomium, erkennbar an den schwarzen, kugelförmigen und mit Setae versehenen Fruchtkörper, oder Trichoderma, erkennbar an den gelblich bis grünen und granulären Kolonien, anzutreffen. Arten dieser Gattungen sind gute Zelluloseverwerter und bauen Papier rasch ab (Abb. 22). 3 4
Sterflinger, K./Krumbein, W. E./Rullkötter, J., Patination of marble sandstone and granite by microbial communities, in: Zeitschrift der Deutschen Geologischen Gesellschaft 150/1999, S. 299–311. Sterflinger, K./Pinzari, F. The revenge of time: fungal deterioration of cultural heritage with particular reference to books, paper and parchment, in: Environ Microbiol. 14/3/2012, S. 559–566.
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Auch manche Großpilze haben die Eigenschaft Zellulose sehr rasch und effektiv abzubauen: Serpula lacrymans, der „Echte Hausschwamm“ oder Coniophora puteana, auch als „Kellerschwamm“ oder „brauner Warzenschwamm“ bekannt, sind eine Gefahr für historische Holzkonstruktionen. In Kirchen, an Altären, an historischen Dachstühlen, Fachwerkhäusern oder Zwischendecken aus Holz können diese Pilze beträchtliche Schäden anrichten.5 Der Abbau des Holzes kann bis zum völligen Verlust der Tragfähigkeit gehen und damit statische Probleme in Gebäuden verursachen. Die Behandlung eines Hauschwammbefalles erfolgt nach der Ö-Norm B 3802–3. Da diese Ö-Norm die Entfernung des befallenen Holzes (+ 1,5 m über den sichtbar befallenen Bereich) vorschreibt, ist sie auf historische Objekte nur bedingt anwendbar. Oft müssen daher objektspezifische Lösungen gefunden werden, mit denen der Hausschwamm zwar nicht völlig entfernt, aber abgetötet oder zum Wachstumsstillstand gebracht werden kann. In machen Fällen ist eine thermische Behandlung erfolgreich (Aufheizen von Holz oder Bauteilen unter kontrollierten Bedingungen), in anderen Fällen kann durch Trockenlegung, Klimakontrolle und Biozidbehandlung (Bohrlochtränkung) benachbarter Wandbereiche ein Zustand erzeugt werden, in dem der Pilz nicht aktiv ist und sich nicht weiter ausbreiten kann. Ein innenraumrelevanter Pilz, der zum Abbau des Lignins befähigt ist – und daher die so genannte „Weißfäule“ verursacht – ist der „Ausgebreitete Hausporling“ (Donkiporia expansa). In Abhängigkeit von der Wasserverfügbarkeit beschränkt sich der Artenreichtum von Pilzen im Museum oder Lagerräumen auf einige wenige xerophile (Trockenheit liebende) oder xerotolerante (Trockenheit tolerierende) Arten wie Eurotium sp., Aspergillus sp. oder Wallemia sp.. So wachsen manche Arten der Gattung Eurotium bereits bei eine Wasseraktivität von > aw 0,6. Dies ist auch der Grund dafür, dass sich an manchen Objekten und in machen Sammlung an beinahe Reinkulturen einer Pilzart ausbreiten, deren ökologische Nische exakt den dort herrschenden Bedingungen entspricht. Da die meisten anderen Schimmelpilze höhere Wasseraktiviäten für ihre Keimung und ihr Wachstum benötigen, kommt es nur dann zur Entwicklung einer großen Diversität von Pilzen, wenn die relative Luftfeuchtigkeit für einen Zeitraum von einigen Wochen oder sogar Monaten auf mehr als 80% erhöht ist. Dies kann zum Beispiel durch einen unbemerkten Defekt der Klimaanlage, einen Wasserschaden oder durch falsches Lüftungsverhalten während eines feucht-warmen Sommers verursacht werden. Daher ist die Installation von Datenloggern, die Messdaten an ein Alarmsystem übermitteln, ein wesentlicher Bestandteil der modernen Museumsplanung, jedoch ist ein solches System bei weitem noch nicht in allen Museum, die wertvolle Gegenstände lagern, etabliert.
5
Bech-Andersen, J./Elborne, S. A., The true dry rot fungus (Serpula lacrymans) from nature to houses, in: Dradacky, M. (Hg.), European Research on Cultural Heritage State of the Art Studies, vol. 2, Prag 2004, S. 445–448.
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Die Mikroflora von Pilzen in Museen ist auch davon beeinflusst, wie hoch der Eintrag von Kohlenstoff, Mineralien und anderen Luftinhaltsstoffen ist. Gysels et al. (2004) zeigten in einer Studie, dass die Aerosole des Innenraums im Königlichen Museums der Bildenden Künste Antwerpen großteils von der Außenatmosphäre und den externen Quellen von organischen und anorganischen Verschmutzungen bestimmt werden.6 Viele Pilze sind durchaus in der Lage, verschiedene Arten von organischen Verschmutzungen abzubauen, darunter auch polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (engl. PAHs). Aus diesem Grund ist auch die Diversität von Pilzen auf Denkmälern im urbanen Raum wesentlich höher als im ländlichen Raum der gleichen Klimazone.7
Vorbeugung und Behandlung von Schimmelpilzschäden an Objekten Die drei Schlüssel zur Verhinderung von Schimmelpilzkontaminationen in Museen sind: Klimaregelung, Reinigung und regelmäßige Überwachung des Klimas, der Raumhygiene (Luftkeime, Keime und Staubablagerungen) und des Zustandes der Objekte.
Klimaregelung Klimakonzepte müssen der spezifischen Architektur des Museums angepasst werden, und es bedarf einer genau abgestimmten Planung der Klimaregelung. Die Temperatur im Zusammenhang mit der relativen und absoluten Feuchtigkeit sind entscheidende Parameter für die Auskeimung der Pilzsporen und das Wachstum eines Myzels. Dabei gilt grundsätzlich, dass die Pilze für die Keimung der Sporen mehr Feuchtigkeit benötigen als für das anschließende Wachstum des Myzels. Obwohl der Wert von 55% relativer Feuchtigkeit (rF) in den meisten Museen als Kardinalwert gilt und die in den Räumen durchgeführte Klimatisierung auf die Einhaltung dieses Wertes als maximale Obergrenze abzielt, kommt es dennoch regelmäßig zum Befall von Bauteilen oder Objekten in Museen. Warum ist das so? Alle Museen auf der Welt messen Temperatur und Feuchtigkeit in Lager- und Schauräumen mit modernen Datenloggern, Datenschreibern oder einfachen Hygro- und Thermometern. Jedoch ist die Art und Weise der Klimamessungen oft 6
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Gysels, K./Delalieeux, F./Deutsch, F./Van Gieken, R./Camuffo, D./Bernardi, A./Sturaro, G./Busse, H. J./Wieser, M., Indoor environment and conservation in the Royal Museum of Fine Arts, in: Journal of Cultural Heritage 5/2004, S. 221–230. Sterflinger, K./Prillinger, H., Molecular taxonomy and biodiversity of rock fungal communities in an urban environment (Vienna, Austria), in: Antonie van Leeuwenhoek 80/2001, S. 275–286.
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unzureichend um das wirkliche Klima wiederzugeben und verschiedene Klimazonen im Gebäude zu entdecken. In seinem Buch über das Mikroklima in Museen zeigt Camuffo (1998) die Komplexität der Klimaüberwachung, für die ein in der Mitte eines Museumsraums angebrachter Datenlogger deutlich unzureichend ist.8 Der Luftzug durch geöffnete Türen, die Erwärmung durch Sonnenlicht und die täglichen Änderungen des Temperaturgradienten, sowie die Isolation und Exposition der Gebäudehülle sind ebenso zu berücksichtigen. Pilze wachsen meist zwischen Regalen mit wenig Belüftung oder nahe an Wänden mit Temperaturen unter dem Kondensationspunkt. Mikronischen entstehen auch oft durch die Verpackung von einzelnen Objekten in Plastik oder extrem engen Schachteln, die einen Austausch von Luft und Feuchtigkeit nicht zulassen. Insbesondere in Kompaktregalen oder zwischen Aufhängungssystemen, die zwar eine platzsparende Lösung für die Lagerung von Objekten darstellen, entsteht aufgrund des völligen Fehlens einer Belüftung oft ein Pilz-förderndes Mikroklima (Abb. 23). Dabei spielt auch die Eigenschaft einiger Materialien Wasser aufzunehmen und dieses nur verzögert wieder abzugeben eine Rolle: so kann Pilzwachstum in einem hygroskopischen Material (z.B. Holz, Papier) auch dann noch stattfinden, wenn das Klima im Raum nach einer kurzfristigen Erhöhung der rF bereits wieder normalisiert ist.
Reinigung Trotz gewissenhafter Klimatisierung und -überwachung kann es in alten aber auch in neuen Museumsgebäuden zu unerwarteten Wasserschäden kommen. In diesem Fall ist die hygienische Situation – nämlich die Menge der auf den Objekten und im Staub abgelagerten Pilzsporen – letztlich entscheidend für das Ausmaß der mit einem Wasserschaden einhergehenden Pilzkontamination. Objekte, die stark mit Pilzsporen belastet sind, werden bei ausreichender Feuchtigkeit innerhalb von wenigen Tagen ausgedehnte Schimmelpilzrasen entwickeln. Auf ein sauberes Objekt mit geringer Sporenbelastung hingegen wird sich der Schaden viel geringer auswirken. Der Luftzug und Luftaustausch in den Räumen, der von der Ventilation herrührt, die Besucheranzahl, das Öffnen und Schließen von Türen, alle haben einen Einfluss auf den Sporeneintrag und die Sporenmenge. Neu erbaute Lagerräume können mittlerweile mit Filtersystemen ausgestattet werden, die das Eindringen von Pilzsporen, pflanzlichen Pollen und Schmutzpartikeln verhindern. Allgemein wird die Filterklasse F5-F7 als Endfilter in Klimaanlagen für Büros, Verkaufsräume, bestimmte Produktionsstätten und Museen verwendet. Häufiges Reinigen der Objekte und Lagerregale mit HEPA-Saugern wird empfohlen, um die Menge an abgelagerten Pilzsporen möglichst klein zu halten. 8
Camuffo, D., Microclimate for Cultural Heritage, Amsterdam 1998.
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Regelmässige Überwachung Durch regelmäßige Überwachung der Objekte und der Raumluft können Veränderungen, die auf einen Pilzbefall hinweisen, frühzeitig bemerkt und behandelt werden. Bedeutende europäische Museen, darunter auch das Albertina Museum Wien, haben mikrobielle Überwachungsprogramme eingerichtet: Diese umfassen die Messung von Pilzsporen in der Raumluft, die quantitative und qualitative Untersuchung von Pilzsporen auf Oberflächen von Objekten und in Museumsregalen und die Entwicklung von museumsspezifischen Hygieneplänen sowie der im Falle eines Wasserschadens zu ergreifenden Notfallmaßnahmen. Aufgrund mikrobiologischer Untersuchungen kann der hygienische Zustand des Museums ermittelt und ein Konzept für dessen Optimierung sowie eine spezifische Katastropheneinsatzplanung erstellt werden.9 Die Einrichtung von Quarantäneräumen für befallene Objekte stellt eine wesentliche Voraussetzung zur Verhinderung von Kontaminationen in Schauräumen oder Depots dar.
Reinigung von kontaminierten Objekten Im Zuge von Reinigungs- und Konservierungsmaßnahmen erfolgt zunächst eine sorgfältige Untersuchung der Objekte durch RestauratorInnen. Besteht der Verdacht auf einen Befall mit Schimmelpilzen oder Bakterien, sollten MikrobiologInnen zugezogen werden, die in weiteren Untersuchungen die entsprechenden Reinigungsmaßnahmen gemeinsam mit dem Restaurator /der Restauratorin festlegen. Vorzugsweise sollte auf Seite der MikrobiologInnen Grundkenntnisse über Materialien und Restaurierungstechniken vorhanden sein, damit ein optimal auf das Objekt abgestimmter Behandlungsplan entwickelt werden kann. Für einen auf der Oberfläche vorhandenen Pilzbefall gilt, dass dieser zunächst mechanisch entfernt werden sollte. Die geeignete Reinigungsmethode, Saugen, Bürsten, Abnahme mit Wattestäbchen oder Skalpell, wird von der chemischen Zusammensetzung und der Stärke des Materials selbst sowie von der chemischen Qualität der nichtbiogenen Patina und der Verschmutzungen bestimmt. Bei der Abnahme von Schimmelpilzkolonien muss beachtet werden: (1) Die mechanische Behandlung darf nicht dazu führen, dass die Pilzsporen tiefer in das Material getrieben werden – dies kann insbesondere bei porösen Untergründen passieren – und (2) die ausführenden Restaura9
Dicus, D. H., One response to a collection wide mould outbreak: how bad can it be, how good can it get?, in: Journal of the American Institute for Conservation 39/2000, S. 85–105/Barton, J. P./Wellheiser, J. G. (Hg.), An Ounce of Prevention: a Handbook on Disaster Contingency Planning for Archives, Libraries and Record Centres, Toronto 1985.
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torInnen müssen sich u. a. durch Feinstaubmasken (FFP 3) und Schutzkleidung vor dem Einatmen aufgewirbelter Pilzsporen schützen. Die Überprüfung der Lebensfähigkeit der Schimmelpilze und ihrer Sporen ist wesentlich für die Auswahl der über die mechanische Reinigung hinausgehenden Desinfektionsmaßnahmen. Die Entnahme von Proben, Pilzsporen oder kleiner Myzelfragmente, kann Aufschluss über die Keimungsfähigkeit der Sporen und die Wachstumsfähigkeit der Myzelien liefern. Die Probenentnahme kann meist vor Ort im Museum erfolgen und wird mit einer Nadel (Glasnadel oder chirurgische Nadel), mit Wattestäbchen oder dem sterilen Skalpell durchgeführt. Diese Methoden sind für das Objekt zerstörungsfrei oder zumindest minimal invasiv. In manchen Fällen ist es wichtig festzustellen, ob die Pilze in die Tiefe des Materials – z.B. unter die Malschicht oder in den Putz – eingedrungen sind. In diesem Fall sollten die RestauratorInnen gemeinsam mit den MikrobiologInnen über eine geeignete Stelle am Objekt entscheiden, an der eine tiefer gehende Beprobung zulässig ist. Zur Anreicherung der Pilze im Labor sind Malzextraktagar und Dichloran-Glycerol-Agar in Routinetests gebräuchlich. Insbesondere die xerophilen Pilze sind nur auf osmotischen Medien wachstumsfähig: zum Nachweis sollten daher Czapek Medium mit 10% oder 20 % Zucker verwendet werden. Um die Fähigkeit der Pilze bestimmte Materialien abzubauen testen zu können, werden Zelluloseagar, Kaseinagar oder andere spezielle Indikatormedien verwendet.10 Sollte sich die auf einem Objekt vorhandene Pilzflora als nicht mehr keimungs- und wachstumsfähig herausstellen, dann ist der Einsatz eines Biozides nicht notwendig und auch nicht sinnvoll. Für eine Desinfektion von rezenten und fortschreitendem Pilzschäden gibt es eine Reihe von physikalischen und chemischen Methoden11, von denen nur diejenigen hier aufgezählt werden, die zum einen in der Routinearbeit verwendet werden und deren Verträglichkeit gegenüber zahlreichen unterschiedlichen Materialien nachgewiesen ist. Eine wirksame physikalische Methode um Pilze und ihre Sporen zu töten ist der Gebrauch von Gammastrahlung. Die meisten Forscher empfehlen eine höhere Dosis als für Bakterien: Um Pilze und deren Sporen abzutöten, ist eine Dosis von 10–20KGy notwendig.12 In solchen Dosen angewendet, zerstört Gammastrahlung jedoch unter Umständen auch die chemische Zusammensetzung von Materialien – z.B. kommt es zum wesentlichen Verlust der Festigkeit von Papier durch die Zerstörung der Zellulosefasern. Daher muss der Einsatz von Gammastrahlung gründlich überdacht und auf besonders stabile Materialien beschränkt bleiben. 10 Pangallo, D./Chovanova, K./Simonovicova, A./Ferianc, P., Investigation of microbial community isolated from indoor artworks and their environment: identification, biodegradative abilities, and DNA typing, in: Canadian Journal of Microbiology 55/2009, S. 277–287. 11 Allsopp, D./Seral, K./Gaylarde, C., Introduction to Biodeterioration. Cambridge 2004, S. 237. 12 Nittérus, M., Fungi in archives and libraries, a literary survey, in: Restaurator 21/2000, S. 25–40.
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Die Auswahl eines geeigneten Biozides zur chemischen Behandlung und Abtötung von Schimmelpilzen ist durch die Europäische Biozidproduktedirektive (http:// ec.europa.eu./environment/biocides/index.htm) reglementiert. Für die Anwendung im Bereich Restaurierung und Konservierung gelten drei Substanzklassen als materialverträglich und zugleich wirksam gegen Pilze: – Formaldehyddepotverbindungen, die meist eine gute Wirksamkeit aufweisen, aber sowohl für den Menschen wie auch für die Umwelt schädlich sind. Da Formaldehyd mit Proteinen wechselwirkt, kann es nur dann verwendet werden, wenn das zu behandelnde Objekt keine Proteine (z.B. Casein als Bindemittel) enthält, da es sonst zu Verfärbungen und Strukturveränderungen kommt. – Die zweite Substanzklasse umfasst Produkte, die quaternäre Ammoniumverbindungen enthalten, mit einer optimalen Kettenlänge von C14-C16, z.B. Metatin 5810–101, Neo Desogen, Dimanin, Antimoos. Diese so genannten „Quats“ sind schnell wirksame anti-mikrobielle Mittel, die als relativ umweltfreundlich gelten. Ihre Wirksamkeit wird bei einem hohen Anteil von Salzen und Proteinen verringert. – Isothiazolinon ist ein relativ neues Biozid, von dem gezeigt wurde, dass es sehr wirksam und sogar vorbeugend bei Objekten aus Papier ist. Behandlungen mit verschiedenen Phenolen (z.B. Thymol, Zymol) ergaben in mehreren Studien gute Ergebnisse, sollten aber nicht als allgemein fungitoxisch angesehen werden. Ethanol (70%) ist das häufigste Desinfektionsmittel in der Mikrobiologie, es kann dann effektiv eingesetzt werden, wenn die Einwirkzeit zumindest 2–3 Minuten beträgt und wenn die Pilze keine dickwandigen Sporen gebildet haben. Bloßes Aufsprühen von Ethanol, das dann gleich wieder verdampft, ist zur Abtötung von Pilzen nicht ausreichend.13
Methoden zur Untersuchung von Pilzen auf Kunst- und Kulturgut Heutzutage gibt es viele hoch technisierte Methoden um die Interaktion von Mikroorganismen mit dem Material zu untersuchen. Dennoch ist für die Konservierung von Museumsobjekten und für die Vermeidung von biogenen Schäden eines besonders wichtig: Am Anfang jeder Untersuchung steht die genaue Beobachtung des Objektes und der darauf befindlichen Schimmelpilze zunächst mit dem unbewaffneten Auge, dann mit dem Mikroskop. Ein Test mit einem Luminometer zur Messung von Adenosintri-, di-, und monophosphat (ATP, ADP, AMP, es sind dies Moleküle des Energiestoffwechsels in Zellen) kann Aufschluss darüber geben, ob aktive Mikroorganismen am Objekt vorhan13
Nittérus, M., Ethanol as fungal sanitizer in paper conservation. Restaurator 21/2000, S. 101–115.
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den sind. Ein Test mit dem Luminometer ersetzt jedoch nicht die weitere Analyse der Mikroorganismen und erlaubt keine Rückschlüsse auf Gesundheitsgefährdung oder geeignete Reinigungsmethoden. Die Routineanalytik von Schimmelpilzen im Innenraum, auf Kunstgegenständen und Denkmälern basiert noch immer hauptsächlich auf klassischen Kultivierungsmethoden, unter Verwendung von standardisierten Medien wie MEA, DG18 und Dichlorbengalrosa-Medium (DRBC). Bei Bakterien wird allgemein angenommen, dass bei der Kultivierung aus einer Umweltprobe die Wiederfindungsrate bei weniger als 1% liegt. Im Gegensatz dazu wird die Wiederfindungsrate von Pilzen auf mehr als 70% geschätzt. Daher hat die Verwendung von Methoden, die auf Kultivierung basieren, trotz der rasanten Entwicklung von molekularbiologischen Methoden noch immer ihre Berechtigung. Reinkulturen von den isolierten Pilzen können von erfahrenen MykologInnen morphologisch gut bestimmt werden. In Museen und von RestauratorInnen werden zunehmend auch sogenannte „Abklatschplatten“ oder „Oberflächenkontaktplatten“ verwendet, mit denen Sporen und Myzelteile von der Oberfläche eines Objektes abgenommen und zum Wachstum gebracht werden können. Die Aussagekraft dieser Tests ist aber nur dann gegeben, wenn das Ergebnis richtig interpretiert wird: Oft werden Sporen von allgemein im Staub vorkommenden Pilzen isoliert. Diese wachsen auf den Platten gut an, obwohl sie am Objekt gar nicht etabliert sind (Abb. 24). Die wirklich schädigenden Pilze werden davon oft verdeckt oder kommen gar nicht zum Wachstum, weil die kommerziellen Nährböden nicht für deren Wachstum geeignet sind. Bevor also vom Restaurator/der Restauratorin ein Oberflächenkontakt entnommen wird, sollte ein Mikrobiologe/eine Mikrobiologin zu Rate gezogen werden, der/die (a) das am Objekt vorliegend Schadensbild hinsichtlich der mikrobiellen Besiedlung zu interpretieren weiß und (b) daraus die richtigen Schlüsse über die geeigneten Nachweismethoden und Nährböden ziehen kann und (c) die Mikroorganismen identifizieren und anhand der Kenntnisse über die Ökologie der Organismen das Ergebnis interpretieren und geeignete Maßnahmen für die Reinigung und Konservierung mit dem Restaurator/der Restauratorin entwickeln kann. Molekularbiologische Methoden, die darauf beruhen, die Pilz-DNA in Objekten zu untersuchen, werden insbesondere eingesetzt, um bereits abgestorbene Pilze nachzuweisen und damit Rückschlüsse auf die Lagerungshistorie, die Herkunft der Objekte oder spezifische Zerstörungsmuster ziehen zu können. DNA ist ein äußert stabiles Molekül, das auch nach Jahrzehnten noch in Objekten nachweisbar sein kann. Auch im Falle, dass Objekte aufgrund ihres hohen Wertes nur minimale Probenmengen erlauben, kann aus diesen noch effektiv DNA extrahiert und die Pilzmikroflora damit untersucht werden. Die derzeit gängigste Methode zur Charakterisierung der Pilzmikroflora in Materialien ist die
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so genannte Denaturing Gradient Gel Electrophoresis (DGGE).14 Dabei wird die DNA aus einer Probe extrahiert und die Gesamtheit der Pilz-DNA mit Hilfe der PolymeraseKettenreaktion vervielfältigt. Die DNA der unterschiedlichen Pilze wird durch einen chemischen Gradienten im Gel aufgetrennt und die unterschiedlichen Banden können dann genauer charakterisiert und bestimmten Pilzarten zugeordnet werden. DGGE Studien von Schimmelpilzpopulationen basieren vorwiegend auf Amplifizierung der ITS Bereiche.15 Ein wesentlich tieferer Einblick in die Lebensweise und metabolische Aktivität von Pilzen auf und in Materialien und die damit verbundenen Zerstörungen wird durch die Analyse von RNA erzielt. Die Menge der in den Zellen vorhandenen RNA ist ein Maß für deren Aktivität. Die Menge spezifischer RNA Moleküle erlaubt Aufschluss über bestimmte, in der Zelle aktive Funktionen. Mit Hilfe der reversen Transcriptase qPCR können RNA Moleküle, die für spezifische Enzyme und damit Funktionen kodieren quantitativ erfasst werden. RNA-basierte Untersuchungen wurden bereits in der Höhle von Altamira in Spanien erfolgreich durchgeführt.16 Neueste technologische Entwicklungen („Next Generation Sequencing“) lassen die Analyse einer gesamten mikrobiellen Gemeinschaft in einer Probe zu.
Literatur Allsopp, D./Seral, K./Gaylarde, C., Introduction to Biodeterioration, Cambridge 2004, S. 237. Barton, J. P./Wellheiser, J. G. (Hg.), An Ounce of Prevention: a Handbook on Disaster Contingency Planning for Archives, Libraries and Record Centres, Toronto 1985. Bech-Andersen, J./Elborne, S. A., The true dry rot fungus (Serpula lacrymans) from nature to houses, in: Dradacky, M. (Hg.), European Research on Cultural Heritage State of the Art Studies, vol. 2, Prag 2004, S. 445–448. Camuffo, D., Microclimate for Cultural Heritage, Amsterdam 1998. Capitelli, F./Fermo, P./Vechi, R./Piazzalunga, A./Valli, G./Zanardini, E./Sorlini, C., Chemical– physical and microbiologicalmeasurements for indoor air qualita assessment at the Ca’Granda Historical Archive, Milan (Italy), in: Water, Air, and Soil Pollution 201/2009, S. 109–120.
14 Portillo, M. C./Gonzalez, J. M./Saiz-Jimenez, C., Metabolically active microbial communities of yellow and grey colonizations on the walls of Altamira Cave, Spain, in: Journal of Applied Microbiology 104/2008, S. 681–691. 15 Michaelsen, A./Pinarzi, F./Ripka, K./Lubitz, W./Pinar, G., Application of molecular techniques for identification of fungal communities colonizing paper material, in: International Biodeterioration and Biodegradation 58/2006, S. 133–141. 16 Portillo, M. C./Gonzalez, J. M./Saiz-Jimenez, C., Metabolically active microbial communities of yellow and grey colonizations on the walls of Altamira Cave, Spain, in: Journal of Applied Microbiology 104/2008, S. 681–691.
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Aneta Zahradnik
Interdisziplinäres Arbeiten am Kunstobjekt Zur Zusammenarbeit von Kunstgeschichte und Restaurierung
Abstract Various experts are involved in the analysis of an art object. Each of them treats the artwork according to his or her discipline. This paper deals with the cooperation of art historians and conservation scientists by pointing out their respective tasks and focusing on the problem of subjectivity. Both the conservatorial and the art-historical view are highly exposed to subjectivism and bias. Furthermore, methods of natural science that are included to complement, correct or refine have to be interpreted and are therefore not free from subjectivity. Consequently, in order to obtain valuable results, the positions of art history, conservation and the interpretation of the scientific methods used have to be linked in an interdisciplinary manner. An open dialogue will then lead to conclusions that can balance the individual subjective judgments. This paper promotes a research practice that transcends disciplinary boundaries and operates within a paradigm of interdisciplinarity and complementarity.
Zusammenfassung Bei der Arbeit am Kunstwerk sind verschiedenste ExpertInnen beteiligt, die mit ihrem eigenen fachspezifischen Blick das zu untersuchende Objekt analysieren. Der Beitrag widmet sich der Zusammenarbeit von KunsthistorikerInnen und RestauratorInnen, indem er zunächst deren jeweilige Aufgabenbereiche bei der Analyse von Kunstobjekten absteckt, um dann auf die Problematik der Subjektivität einzugehen. Sowohl der restauratorische als auch der kunsthistorische Blick sind dabei stets mit dem Problem konfrontiert, Subjektivismen und Neigungen übermäßig ausgeliefert zu sein. Auch Ergebnisse naturwissenschaftlicher Analysen, als ergänzende, korrigierende oder präzisierende Instanz herangezogen, sind als subjektive Interpretationen objektiver Daten zu betrachten. Folglich gilt es, subjektive Auslegungen aus kunsthistorischen, restauratorischen sowie aus naturwissenschaftlichen Methoden, in interdisziplinärer Zusammenarbeit mitein-
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ander zu koppeln, um in einem offen wissenschaftlichen Dialog Aussagen zu treffen, die die Balance zwischen subjektiven Urteilen halten. Der Beitrag plädiert folglich für eine Forschung, die ihre eigenen fachlichen Grenzen überschreitet und Wissenschaft unter den Vorzeichen von Interdisziplinarität und Komplementarität betreibt.
Einleitung Bei der Analyse eines Kunstwerks, seiner räumlichen und zeitlichen Einordnung, seiner Zuschreibung an einen Künstler, eine Künstlerin und schließlich seiner Interpretation und Deutung sind verschiedenste Fachleute beteiligt, die mit ihrer jeweiligen Expertise und dem in ihrem eigenen Fach antrainierten Blick, das zu untersuchende Objekt betrachten. Im Idealfall gelingt es den KunsthistorikerInnen, RestauratorInnen und NaturwissenschaftlerInnen in einem offenen Austausch untereinander ihre jeweiligen Ergebnisse soweit zu koppeln und miteinander zu verbinden, dass eine bestmögliche Untersuchung des Kunstwerks möglich gemacht wird. Dennoch handelt es sich immer um unterschiedliche Betrachtungsweisen, um Blicke aus verschiedenen Richtungen, die jeweils manchmal mehr, manchmal weniger von subjektiven Motiven geleitet sind. Warum Kunstwerke immer wieder aufs Neue betrachtet werden sollten, gefällte Urteile überdacht, eventuell mit neuen Methoden überprüft und gegebenenfalls revidiert gehören, zeigt ein aktuelles Beispiel. Was auf den ersten Blick vielleicht einem weniger bedeutenden Künstler zugeschrieben wird, gar einem Kopisten, könnte sich bei weiterer Untersuchung als herausragendes Werk eines großen Meisters herauskristallisieren. „Meister auf den zweiten Blick“, so titelte kürzlich ein in der Tageszeitung „Der Standard“ erschienener Artikel, der sich mit Neuzuschreibungen von Gemälden anhand aktueller Ergebnisse aus gemäldetechnologischen Untersuchungen befasste.1 Vor allem thematisierte dieser, wie die Revidierung von vor Jahrzehnten gefällten Urteilen immensen Einfluss auf den Handelswert eines Kunstobjekts haben kann. Beispielhaft und aus aktuellem Anlass zog die Autorin das Porträt Papst Julius II. heran (Abb. 25), das 2010 vom Frankfurter Städel Museum erworben wurde und seit November 2013 in einer Kabinettsausstellung präsentiert wird, die sich dem Bildtypus des Papstporträts, der Genese und insbesondere der Zuschreibung des Bildnisses widmet.2 Das Porträt, das drei Jahre zuvor noch bei einer Auktion im Wiener Dorotheum als das Werk eines Nachahmers des bekannten Porträts Julius II. von Raffael von 1511 (National Gallery, London) gehan1 2
Kronsteiner, O., Meister auf den zweiten Blick, in: Der Standard, online, 7. Dezember 2013, in: http:// derstandard.at/1385170085086/Meister-auf-den-zweiten-Blick, Zugriff März 2014, update 10.12.2013. Siehe: Sander, J. (Hg.), Raffael und das Porträt Julius‘ II. Das Bild eines Renaissance-Papstes, Ausst. Kat., Städel Museum, Frankfurt am Main 2013–2014, Frankfurt am Main 2013.
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delt wurde, hatte man nun nach ausführlichen gemäldetechnologischen Untersuchungen und grundlegender Provenienzforschung als ein von Raffael und Mitarbeitern seiner Werkstatt geschaffenes Gemälde erkannt und in Frankfurt als solches dem Publikum präsentiert. Was 2007 noch für 10.300 Euro von einem deutschen Kunsthändler erworben wurde, verkaufte dieser nun, nachdem er in die Erforschung des Gemäldes investiert hatte, für eine unbekannte Summe – wohl im sieben bis achtstelligen Bereich – an das Frankfurter Museum.3 Infrarotaufnahmen brachten eine vorbereitende Unterzeichnung im Bereich des Antlitzes zum Vorschein, die den Beweis liefere, dass es sich hier nicht um eine Kopie nach Raffael handle, sondern welche als Indiz für einen kreativen Schaffensvorgang des Malers dem Meister selbst zuzurechnen sei (Abb. 26–27).4 In der Ausstellung wurden neben weiteren Repliken des Julius-Porträts auch Röntgen- und Infrarotaufnahmen als beweisführendes Material präsentiert, um den BesucherInnen das Nachvollziehen der Zuschreibung zu ermöglichen. Der Katalog vereinte neben kunsthistorischen Aufsätzen zum Typus des Papstporträts und der Genese und Zuschreibung des Bildnisses einen Text des zuständigen Restaurators, der die restauratorischen Maßnahmen am Gemälde beschrieb und dokumentierte.5 Ein Produkt, das die gemeinschaftliche Arbeit verschiedenster ExpertInnen, die mit der Analyse eines Kunstgegenstandes betraut werden, veranschaulicht. Vor allem in Fällen der Unterscheidung zwischen Original und Kopie, des Nachweises von Echtheit oder Fälschung oder der künstlerischen Händescheidung wird die Zusammenarbeit zwischen RestauratorInnen und KunsthistorikerInnen für das breitere Publikum meist am ersichtlichsten. In kriminalistischer Manier werden Beweise an den Tag gebracht, die für das Publikum spannend gemacht als Sensationen in den Museumsräumen präsentiert werden. Vermehrt scheint es vordergründig darum zu gehen, ob es sich denn nun um einen „echten“ oder eine „falschen“ Raffael, Rembrandt oder Rubens handelt. Die kulturhistorische Kontextualisierung tritt dabei oftmals in den Hintergrund. Der an große Namen geknüpfte Handelswert kann allzu schnell Einfluss auf die Urteilsfindung ausüben, denn ist ein Werk erst einmal Raffael (und Werkstatt) zugeschrieben, steigt der Handelswert der Kunstware um ein Vielfaches. Die Künstlerzuschreibung, aber auch die Datierung oder Verortung eines Kunstwerks, läuft stets Gefahr sich den Subjektivismen und Neigungen des eigenen Urteils übermäßig auszuliefern. 3 4 5
Kronsteiner, O., Meister auf den zweiten Blick, in: Der Standard, online, 7. Dezember 2013, in: http:// derstandard.at/1385170085086/Meister-auf-den-zweiten-Blick, Zugriff März 2014, update 10.12.2013. Die ExpertInnen sehen nur in der malerischen Durchgestaltung des Gesichtes die Hand Raffaels, den Rest schreiben sie aufgrund der schlechteren Qualität Mitarbeitern seiner Werkstatt zu. Knobloch, S., Zur Restaurierung des Porträts Papst Julius‘ II. im Städel Museum, in: Sander, J. (Hg.), Raffael und das Porträt Julius‘ II. Das Bild eines Renaissance-Papstes, Ausst. Kat., Städel Museum, Frankfurt am Main 2013–2014, Frankfurt am Main 2013, S. 103–115.
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Der Kunsthistoriker Willibald Sauerländer stellt für sein eigenes Fach fest, dass es dazu neige ein möglichst gereinigtes und verklärtes Bild vom Oeuvre eines Künstlers oder einer Künstlerin zu entwerfen, worin sich Vorlieben, Neigungen und Interessen der Begutachtenden widerspiegeln würden.6 Die moderne Kunstgeschichte versucht der Biografisierung ihres Forschungsgebietes, bei der das künstlerische Individuum vermehrt im Zentrum steht, entgegenzuwirken. Man war bestrebt die Entwicklung der Kunst wie andere historische Prozesse von objektiven Faktoren bestimmt zu sehen.7 Auch der Eingang naturwissenschaftlicher Methoden in die kunsthistorische Analyse ist als ein Versuch jener Objektivierung lesbar. Ergänzend zu kunsthistorischen Untersuchungen wurden bereits Anfang des 20. Jahrhunderts etwa Röntgen- oder Infrarotstrahlen genutzt, um künstlerische Artefakte auf ihre Werkstoffe und Techniken, ihre Herkunft, zeitliche Entstehung und ihren Produzenten hin zu befragen. Heute haben die Naturwissenschaften einen festen Platz in der restauratorischen und kunsthistorischen Praxis. Dennoch sind die als objektiv geltenden Ergebnisse naturwissenschaftlicher Analysen von der kunsthistorischen wie restauratorischen Fachschaft stets mit Vorsicht zu interpretieren. Der Restaurator Ulrich Schießl warnt, dass man sich bewusst machen müsse, dass die Vielfalt an Ergebnissen, die die modernen analytischen Möglichkeiten zu Tage bringen und die der Kunsthistoriker für naturwissenschaftlich „objektiv“ erachtet, ebenfalls ein gehöriges Maß an Interpretation voraussetzen.8 Sauerländer mahnt ebenfalls, wenn er meint, dass die neuen Methoden den KunsthistorikerInnen das eigene kennerschaftliche Urteil niemals abnehmen könnten.9 So ist bei der Auslegung und Deutung von Ergebnissen das Problem der subjektiven Interpretation sowohl eines der Kunstgeschichte als auch eines der Restaurierung. Die Zusammenarbeit zwischen beiden kann eine Chance bedeuten, den eigenen Blick auf die Objekte immer wieder neu zu überdenken und im Austausch Urteile zu revidieren.
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Sauerländer, W., Alterssicherung, Ortssicherung und Individualsicherung, in: Belting, H. (Hg.), Kunstgeschichte. Eine Einführung, Berlin 2008, S. 125–152, S. 148. Vgl. Giovanni Morellis Bestrebungen mittels einer mikroskopischen Art des Beobachtens der malerischen Wiedergabe von Teilen des Gesichts, der Hände, der Falten etc. möglichst objektive Kriterien für die Identifizierung von Künstlern zu erlangen: Morelli, G., Kunstkritische Studien über italienische Malerei von Ivan Lermolieff (pseud.), 3 Bände, Leipzig 1890–93. Schießl, U., Materielle Befundsicherung an Skulptur und Malerei, in: Belting, H. (Hg.), Kunstgeschichte. Eine Einführung, Berlin 2008, S. 63–93, S. 80. Sauerländer, W., Alterssicherung, Ortssicherung und Individualsicherung, in: Belting, H. (Hg.), Kunstgeschichte. Eine Einführung, Berlin 2008, S. 125–152, S. 143ff.
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Der Blick des Restaur ators Der Verantwortungsbereich des Restaurators oder der Restauratorin umfasst die konservatorische Bestandsaufnahme eines künstlerischen Artefakts, die als materieller und physischer Befund Basis jeder kunsthistorischen Analyse ist. Der Restaurator hat hierbei die Aufgabe der Identifikation und schriftlichen sowie bildlichen Dokumentation eines Werkes der bildenden Kunst in seinen Werkstoffen, Herstellungs- und Gestaltungstechniken sowie seinen materiellen Wandlungen durch anthropogene und natürliche Einflüsse.10 Eine konservatorische Bestandsaufnahme beurteilt das ästhetische Erscheinungsbild sowie den Erhaltungszustand des Gegenstandes. Sie gibt Auskunft über vorangegangene Restaurierungen sowie über Alterungsspuren, Schäden und Veränderungen, die dem Artefakt seit seiner Herstellung widerfahren sind. Der materielle und technische Befund kommt damit einer Art „materiellen Biografie“ nahe, die Auskunft über die individuelle Geschichte des Objekts, über dessen gewachsenen Zustand gibt.11 All diese grundlegenden Informationen machen eine Datierung, Lokalisierung, künstlerische Zuschreibung sowie letztlich eine Deutung und Interpretation des Kunstobjekts erst möglich. In dieser Phase der unmittelbaren Arbeit am Objekt sind KunsthistorikerInnen folglich auf die Expertise der RestauratorInnen angewiesen. Das Kunstobjekt interessiert den Restaurator jedoch nicht nur in seiner vergangenen materiellen Geschichte, sondern auch hinsichtlich seiner zukünftigen physischen Sicherung. So informiert der konservatorische Befund schließlich auch über die Dringlichkeit von restauratorischen Eingriffen und empfiehlt konservatorische und präventive Maßnahmen, um das Fortbestehen des Kulturgutes zu gewährleisten. Dies kann die Erstellung eines passenden Pflegekonzepts, Hinweise zur Aufbewahrung, der richtigen Lagerung oder dem Handling von Kunstwerken beinhalten. Restauratorische Methoden reichen dabei von optisch beschreibenden, historischen, technologischen bis zu naturwissenschaftlichen (archäometrischen) Verfahren. Das Aufgabengebiet des Restaurators liegt folglich sowohl im geisteswissenschaftlichen als auch im naturwissenschaftlichen Bereich. Die junge interdisziplinär ausgerichtete Konservierungswissenschaft erforscht Kulturgüter damit einerseits auf einer materiellen Ebene – Fragen nach Struktur, Werkstoffen, Techniken sowie Schadensbild und Korrosionsgeschichte nachgehend – und andererseits auf einer geistig-inhaltlichen, die eine Analyse des Kunstobjekts unter künstlerischen, technologischen und historischen Aspekten un-
10 Schießl, U., Materielle Befundsicherung an Skulptur und Malerei, in: Belting, H. (Hg.), Kunstgeschichte. Eine Einführung, Berlin 2008, S. 63–93, S. 63. 11 Schießl, U., Materielle Befundsicherung an Skulptur und Malerei, in: Belting, H. (Hg.), Kunstgeschichte. Eine Einführung, Berlin 2008, S. 63–93, S. 64.
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ternimmt und damit den kunst- und kulturhistorischen Kontext ins Auge fasst.12 Diese Öffnung der Konservierungswissenschaft gegenüber kunsthistorischen Fragestellungen ist als ein Zeichen für die Notwendigkeit zu sehen, bei der Erforschung von Kunstwerken die Grenzen der eigenen Disziplin zu überschreiten und zu erweitern. Die Ausdehnung des eigenen Forschungsfeldes ist aber auch als ein Emanzipierungsstreben zu werten, denn RestauratorInnen seien, wie Elisabeth Krack ausführt, keine Handwerker mehr, die sich von KunsthistorikerInnen und NaturwissenschaftlerInnen anleiten ließen, sondern würden nun als „Konservierungswissenschaftler“ drei Disziplinen vereinen – das Handwerklich-Künstlerische, das Geisteswissenschaftliche und das Naturwissenschaftliche.13
Der Blick des Kunsthistorikers Treffen KunsthistorikerInnen auf ein Kunstwerk, das seine ursprüngliche Funktion und seinen Ort verloren hat, das ihm oder ihr zeitlos und namenlos begegnet, so versuchen diese zunächst wie eine Art „Spurensicherer“ die historische Identität jener Gegenstände mit den Mitteln der Wissenschaft so genau wie möglich zu rekonstruieren.14 Ihre Methoden können dabei aus den unterschiedlichsten Disziplinen stammen. Zunächst ist es die schriftliche und bildliche Überlieferung der Kunstwerke, die eine wichtige Quelle zur Rekonstruktion der historischen Identität darstellt. Besitzerarchive und -inventare, Verträge, Rechnungen oder Auktionskataloge liefern Informationen zur Provenienz von Kunstgegenständen und machen die Herkunftsgeschichte inklusive aller Wechsel der Besitzerverhältnisse seit der Entstehung des Objekts nachvollziehbar. Damit kann der verlorene funktionelle und geschichtliche Zusammenhang im besten Fall rekonstruiert werden und trägt schließlich zum Verständnis der Mitteilung des Kunstwerks bei.15 Künstlerviten, Orts- und Reiseliteratur stellen ebenfalls Informationsquellen zur Geschichte des Objekts dar. Es ist diese erste Phase der Archivarbeit, in der alle Quellen aufs Gründlichste auszuwerten sind und Auskünfte über den örtlichen, zeitlichen und künstlerischen Entstehungskontext geben. Auch Erkenntnisse über die angewandten Materialien und Produktionsverfahren sind für die kunsthistorische Arbeit von außerordentlicher Bedeutung, denn Kunstgeschichte ist immer auch die Geschichte vergangener 12 Hubel, A., Denkmalpflege: Geschichte, Themen, Aufgaben, Stuttgart 2006, S. 252. 13 Krack, E., Konservierungswissenschaft schreibt Geschichte, Wien 2012, S. 21. 14 Sauerländer, W., Die Gegenstandssicherung allgemein, in: Belting, H. (Hg.), Kunstgeschichte. Eine Einführung, Berlin 2008, S. 51–61, S. 51f. 15 Sauerländer, W., Alterssicherung, Ortssicherung und Individualsicherung, in: Belting, H. (Hg.), Kunstgeschichte. Eine Einführung, Berlin 2008, S. 125–152, S. 141f.
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künstlerischer Produktionsweisen. Gerade hier kann die restauratorische Untersuchung zusätzlich Kriterien liefern, die für Datierung und Verortung sowie für die Feststellung der künstlerischen Urheberschaft, ja und letztlich für eine kunstwissenschaftliche Deutung von höchster Relevanz sind. Neben diesen Objekt-Daten, die das Kunstwerk als Gegenstand adressieren, ist es der Darstellungsinhalt selbst, der zu untersuchen ist. In der ikonographischen Analyse, der Beschreibung und Deutung des Bildinhalts, lassen sich fundamentale Erkenntnisse über den Entstehungskontext des Kunstwerks gewinnen. Methoden aus anderen Disziplinen der Historischen Hilfswissenschaften wie der Heraldik, Paläografie, Epigrafik, Sphragistik, Kostüm- oder Waffenkunde liefern wichtige Hinweise zur örtlichen und zeitlichen Einordnung. Die Kunstgeschichte ist eingebunden in die allgemeine Kulturgeschichte, weshalb Material-, Quellen- und Realienkunde eine unverzichtbare Basis der kunsthistorischen Gegenstandssicherung bilden.16 Erst auf dieser Grundlage können verschiedenste Methoden der Werkinterpretation aufbauen, gleich ob sie von einem ikonologischen, stilgeschichtlichen, hermeneutischen, kunstsoziologischen, rezeptionsästhetischen, feministischen, semiotischen oder bildanthropologischen Ansatz ausgehen.17 Sauerländer betont, dass beispielsweise das stilkritische Urteil niemals gegenüber der Quellenkritik überhand nehmen dürfe, denn damit erhöhe sich der Anteil an subjektiven Leitmotiven. Bei kennerschaftlichen oder stilkritischen Urteilen könne es sich nie um exakte Feststellungen handeln, sondern immer nur um kritische Vermutungen, welche stets revidiert und verfeinert werden müssen.18 Nur mit maßvoller Stilkritik und deren Verknüpfung mit gesicherten Ergebnissen der Quellenkunde ließen sich kunsthistorische Urteile fällen.19 Datierungen unter rein stilkritischen Kriterien tragen stets den Charakter unsicherer Hypothesen, da sie meist eine konsequente stilistische Entwicklung annehmen und damit Ausnahmen, Antizipationen oder Verspätungen ausblenden.20 Die Realität von künstlerischem Schaffen ist stets widersprüchlicher als ihre Nachzeichnung in der zeitlich entrückten Theorie. Es gilt folglich die Balance zwischen objektiven Fakten und subjektiven Urteilen zu halten.
16 Sauerländer, W., Die Gegenstandssicherung allgemein, in: Belting, H. (Hg.), Kunstgeschichte. Eine Einführung, Berlin 2008, S. 51–61, S. 59. 17 Brassat, W./Kohle, H., Methoden-Reader Kunstgeschichte. Texte zur Methodik und Geschichte der Kunstwissenschaft, Köln 2009. 18 Sauerländer, W., Die Gegenstandssicherung allgemein, in: Belting, H. (Hg.), Kunstgeschichte. Eine Einführung, Berlin 2008, S. 51–61, S. 59. 19 Sauerländer, W., Alterssicherung, Ortssicherung und Individualsicherung, in: Belting, H. (Hg.), Kunstgeschichte. Eine Einführung, Berlin 2008, S. 125–152, S. 132. 20 Ebenda, S. 126ff.
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Naturwissenschaftliche Verfahren in Restaurierung und Kunstgeschichte Neben der Quellen-, Stil- und Realienkunde können bei der Analyse von Kunstgegenständen auch naturwissenschaftliche Methoden zur zeitlichen und örtlichen Bestimmung herangezogen werden und ergänzende, korrigierende oder präzisierende Hinweise liefern. Indem sie das Material des Kunstwerks sowie seine Verwendung untersuchen, im Falle der Malerei die Maltechnik, werden sie auch bei der Zuschreibung und Händescheidung eingesetzt. Mittels Tiefenuntersuchungsverfahren wie der Röntgen- oder Infrarotaufnahme lässt sich die Malweise, die zu einem bestimmten ästhetischen Erscheinungsbild führt, nachvollziehen. Der Kunsthistoriker und Restaurator Johannes Taubert leistete einen bedeutenden Beitrag für die Neuausrichtung der Restaurierung, als er die Synthese von naturwissenschaftlicher Analyse und kunstwissenschaftlichen Methoden als Bereicherung beider Disziplinen propagierte. Mit seiner 1956 abgeschlossenen Dissertation „Zur kunstwissenschaftlichen Auswertung von naturwissenschaftlichen Gemäldeuntersuchungen“ 21 schloss er an Christian Wolters‘ Versuch von 1938 an, naturwissenschaftliche Methoden in die Kunstwissenschaft einzuführen.22 Taubert verfolgte im Anschluss an Wolters den Ansatz, dem Entstehungsvorgang eines Gemäldes mit Hilfe von Infrarotstrahlen nachzugehen, um sich dann einem stilkritischen Vergleich zwischen Röntgen- und Oberflächenbild zu widmen. Die kunstwissenschaftliche Beurteilung eines Röntgenfilms – ein kunsthistorischer Blick also, der nun auf ein technisches Bild gerichtet ist – verlange in Wolters Augen „die gleiche Schärfe des Sehens und der Beurteilung des Gesehenen wie die Betrachtung des Oberflächenbildes“.23 Taubert untersuchte am Beispiel der altniederländischen Malerei Veränderungen des malerischen Schaffensvorgangs. Das Oberflächenbild sei letztlich ein Ergebnis schöpferischer Bemühungen, welche anhand von Tiefenuntersuchungen „nun im Nachgehen dieser besonderen Schöpfungsrichtungen ein Nacherleben der Formgestaltung ermöglichten.“24 Eine wesentliche Rolle spielte dabei die Unterzeichnung, die mittels Röntgenstrahlen sichtbar gemacht, als künstlerischer Ausgangspunkt Einblick in den malerischen Schöpfungsvorgang eines indivi-
21 Taubert, J., Zur kunstwissenschaftlichen Auswertung von naturwissenschaftlichen Gemäldeuntersuchungen, Marburg 1956. 22 Wolters, C., Die Bedeutung der Gemäldedurchleuchtung mit Röntgenstrahlen für die Kunstgeschichte. Dargestellt an Beispielen aus der niederländischen und deutschen Malerei des 15. und 16. Jahrhunderts, Frankfurt am Main 1938. 23 Ebenda, S. 9. 24 Taubert, J., Zur kunstwissenschaftlichen Auswertung von naturwissenschaftlichen Gemäldeuntersuchungen, Marburg 1956, S. 110.
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duellen Künstlers liefern konnte. Taubert unternahm damit den Versuch anhand des Röntgenbildes den Stil eines Künstlers vom dem eines anderen oder eines Nachahmers abzugrenzen – er analysierte die Gemälde letztlich unter stilkritischen Gesichtspunkten. Die Betrachtung des Röntgenfilms konnte im Vergleich mit dem Oberflächenbild zuvor kunsthistorisch herausgearbeitete Stile widerlegen oder bestätigen. 25 Wolters wie Taubert stellten für ihre Zeit seitens der Kunstgeschichte eine allgemeine Unsicherheit und ambivalente Haltung gegenüber der Einbeziehung von naturwissenschaftlichen Methoden fest. Entweder wurden diese aufgrund von mangelnder Aussagefähigkeit abgewiesen, oder es wurden unerfüllbare Forderungen an sie gestellt und Ergebnisse kritiklos übernommen.26 Der Wert für Konservator und Maltechniker sei unbestritten, nur bei der kunstgeschichtlichen Betrachtung würden sich die Meinungen trennen, zwischen jenen, die naturwissenschaftliche Methoden entweder nicht für adäquat hielten und anderen, die an sie mit überschätzender Erwartung herantreten würden und meinten „objektive“ Tatsachen könnten neben das „subjektive“ Urteil des Kunstkenners gesetzt werden. Bei beiden liege der gleiche Irrtum vor, wenn chemische Formel oder Röntgenfilm als der Endpunkt einer Untersuchung verstanden werde und nicht, wie es sinnvoller wäre, als Ausgangspunkt und Material für eine erneute, rein kunstwissenschaftliche Untersuchung.27 Erst wenn KunsthistorikerInnen die naturwissenschaftliche Ergebnisse interpretieren und mit diesen sinnvoll arbeiten können, werden sich Geistes- und Naturwissenschaft wechselseitig durchdringen und eine Optimierung der Ergebnisleistung stattfinden können. Es gilt Ergebnisse aus kunsthistorischen, restauratorischen oder naturwissenschaftlichen Methoden, welche stets subjektive Auslegungen darstellen, miteinander zu koppeln und im Austausch zu einem Urteil zu gelangen. So betonte der Kunsthistoriker Otto Pächt, dass Ergebnisse durch technische Untersuchungen niemals als absolute Wahrheit unreflektiert und ungeprüft übernommen werden dürfen. In jedem Fall müsse für Pächt die Stilkritik gegen Behauptungen, die auf technischen Untersuchungen basieren, Stellung nehmen.28
25 Ebenda, S. 89. 26 Wolters, C., Die Bedeutung der Gemäldedurchleuchtung mit Röntgenstrahlen für die Kunstgeschichte. Dargestellt an Beispielen aus der niederländischen und deutschen Malerei des 15. und 16. Jahrhunderts, Frankfurt am Main 1938. S. 9/Taubert, J., Zur kunstwissenschaftlichen Auswertung von naturwissenschaftlichen Gemäldeuntersuchungen, Marburg 1956, S. 1f. 27 Wolters, C., Die Bedeutung der Gemäldedurchleuchtung mit Röntgenstrahlen für die Kunstgeschichte. Dargestellt an Beispielen aus der niederländischen und deutschen Malerei des 15. und 16. Jahrhunderts, Frankfurt am Main 1938. S. 9. 28 Pächt, O., Van Eyck. Die Begründer der altniederländischen Malerei, München 2007, S. 122.
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Interdisziplinarität und Tr ansdisziplinarität So wie die kunstgeschichtliche Kennerschaft29 – in Sauerländers Worten – das „Stigma der Subjektivität und der Zeitgebundenheit ihrer Urteile (…) nie völlig abstreifen könne“30 und damit dem Vorwurf einer der Willkür ausgesetzten kennerschaftlichen Urteilsfindung ausgesetzt ist, kämpft der Restaurierungsspezialist bis heute mit dem im 19. Jahrhundert geprägten Bild des Restaurators als schöpferischer Handwerker. Cesare Brandi sprach in den 1960er Jahren diese Problematik an, als er auf die Vergeblichkeit objektiven Handelns in der Restaurierung hinwies, da diese immer der ästhetischen Vorstellung der eigenen Zeit folgen müsse.31 Auch Katrin Janis bemerkt, dass jede Restaurierung einen Verlust an Informationen bedeute und immer eine „subjektive Entscheidung vor einem objektiven Hintergrund“ sei, denn ein restauratorischer Eingriff basiere stets zuerst auf einer Interpretation des Restaurators.32 Eine Möglichkeit, die Versuchung sich von Subjektivismen leiten zu lassen, so gering wie möglich zu halten, ist die interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen ExpertInnen aus unterschiedlichen Wissenschaften. Jede dieser Personen tritt mit ihrem eigenen subjektiven Blick an das Kunstwerk heran, der jeweils nach jahrelangem Studium ein angelernter ist. Der Austausch kann eine Relativierung und annähernde Objektivierung der eigenen Urteilsfindung möglich machen. Seit den Anfängen der Kunstgeschichte als wissenschaftliche Disziplin war diese mit Fragen der Wiederherstellung von Kunstwerken konfrontiert und dabei stets auf die fachliche Zusammenarbeit mit den ausführenden RestauratorInnen angewiesen. Manfred Koller konstatierte Mitte der 1980er Jahre, dass diese Zusammenarbeit jedoch oft „in Form von mehr oder weniger autoritativer Anordnung“ geschah.33 Durch die Spezialisie29 Das moderne Kunstmuseum beruht auf dem Ordnungsprinzip und der Hängung nach künstlerischen Schulen. Dieses System entwickelte sich von der kennerschaftlichen Theorie des 17. Jahrhunderts zur Verknüpfung von Kunstgeographie und -genealogie im frühen 18. Jahrhundert in illustrierten Kunstbüchern. Diese trugen entscheidend dazu bei, eine Kunstgeschichte nach Schulen wahrzunehmen und bildeten das kennerschaftliche Sehen aus. Was sich hier in den Kunstbüchern verbreitete, wurde im Museum mit der Hängung nach Schulen fortgeführt. Die sich konstatierenden Dominanzen im durch Kennerschaft geprägten kunsthistorischen Blick wurden ins Museums weitergetragen und nehmen bis heute ihren Lauf. Siehe: Bickendorf, G., Schule des Sehens. Die künstlerischen Schulen und der kunsthistorische Blick, in: Krause, K./Niehr, K. (Hg.), Kunstwerk – Abbild – Buch. Das illustrierte Kunstbuch von 1730 bis 1930, München-Berlin 2007, S. 33–52. 30 Sauerländer, W., Alterssicherung, Ortssicherung und Individualsicherung, in: Belting, H. (Hg.), Kunstgeschichte. Eine Einführung, Berlin 2008, S. 125–152, S. 147. 31 Brandi, C., Theorie der Restaurierung, München 2006, zit. nach: Janis, K., Restaurierungsethik im Kontext von Wissenschaft und Praxis, München 2005, S. 28. 32 Janis, K., Restaurierungsethik im Kontext von Wissenschaft und Praxis, München 2005, S. 139. 33 Koller, M., Kunstgeschichte und Restaurierung – Ideal und Wirklichkeit, in: Kunsthistoriker. Mitteilungen des Österreichischen Kunsthistorikerverbandes 3/1984, S. 14f.
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rung der Restauratorensparte und vor allem der naturwissenschaftlichen Hilfsdisziplinen hätte sich die Faktenkenntnis ungeheuer vermehrt und die Verantwortungsbereiche weit verstreut: ArchitektInnen, KunsthistorikerInnen, DenkmalpflegerInnen, RestauratorInnen und ArchäometrieforscherInnen hätten kaum Kontakt untereinander.34 Ihnen drohe der Verlust des Blicks für die historische Ganzheit. Koller sah die externen Pole von Theorie und Praxis, die universitäre kunsthistorische Forschung auf der einen, und der Bereich der sogenannten „angewandten“ Forschung in Museen und Denkmalpflege auf der anderen Seite, als höchst problematisch an. So seien Theorie und Praxis voneinander isoliert, anstatt sich fruchtbar zu ergänzen und wechselseitig arbeitsmäßig zu entlasten.35 Der Erfolg einer interdisziplinären Zusammenarbeit zwischen RestauratorInnen und KunsthistorikerInnen muss deshalb in der wechselseitig angestrebten Verständigung sowie in der Mitteilung der jeweiligen Fragestellungen und der genauen Dokumentation der angewandten Verfahren und Ergebnisse liegen. Isolierte Forschungsgewohnheiten behindern wissenschaftlichen Fortschritt und blockieren die Möglichkeit eines offenen Dialogs zwischen den Disziplinen. Grundlage von problemorientierter Forschung ist die Überschreitung der Grenzen der eigenen Disziplin. So sollte der Forschungsprozess unter den Vorzeichen von Transdisziplinarität und Komplementarität betrieben werden; denn: „Jede Wissenschaft hat ihren eigenen Zugang zur Welt, weist aber über sich selbst hinaus, insofern sie allein die (wissenschaftliche) Erfassung der Welt nicht zu leisten vermag.“36 Fächerübergreifendes Forschen ermöglicht das Erkennen von Problemen, die uns zwar betreffen, aber nicht unbedingt im Gesichtsfeld der eigenen Disziplin auftauchen. Damit dient interdisziplinäre Forschung auch der „Rückgewinnung der wissenschaftlichen Wahrnehmungsfähigkeit“37. Die Kompetenz quer über die Grenzen seines Faches zu denken sollte deshalb schon während des Studiums angeeignet werden, „Interdisziplinarität von unten“ und nicht erst auf Professorenebene auf Anfrage von Wissenschaftsministerium und Drittmittelgebern.38 Letztlich kann sich die Kunsthistorikerin der Restauratorin Katrin Janis anschließen, die im gleichberechtigten und konstanten wissenschaftlichen Dialog sowie in einer Kultur der sich öffnenden und kooperierenden Wissenschaften im Sinne einer transdisziplinären Forschung die Grundvoraussetzung für erfolgreiche Forschung sieht.39 34 Ebenda. 35 Ebenda. 36 Gräfrath, B., et al., Einheit – Interdisziplinarität – Komplementarität. Orientierungsprobleme der Wissenschaft heute, Berlin-New York 1991, S. 3. 37 Mittelstraß, J., Wohin geht die Wissenschaft? Über Disziplinarität, Transdisziplinarität und das Wissen in einer Leibniz-Welt, in: Mittelstraß, J. (Hg.), Der Flug der Eule, Frankfurt am Main 1989, S. 60–90, S. 106. 38 Ebenda. 39 Janis, K., Restaurierungsethik im Kontext von Wissenschaft und Praxis, München 2005, S. 125ff.
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Ulrike Vitovec
Schätze ins Schaufenster – Qualitätsoffensive Museumsdepots in Niederösterreich
Abstract Due to some museums being established very early, the urban, monastic and regional collections of Lower Austria are of cultural-historical and geographical importance. In many cases they are neither much investigated, nor stored adequately. Insufficient documentation and unorganized storage prevent the collections’ values being recognized and their full potential tapped. Also, there is not enough qualified staff in the museums to deal with the collections accordingly. A pilot project to improve museum storage and to qualify the collections is being carried out in selected regional museums from 2013 to 2016. The individual projects are organized by the Museum Management of Lower Austria and accompanied by the Institute of Conservation at the University of Applied Arts Vienna. The project “Schätze ins Schaufenster – Qualitätsoffensive Museumsdepots“ (treasures into showcases – quality offensive in museum storage) is aimed at collections, which are not property of Lower Austria but are important for the province, and should establish high quality in city-, monastery- and regional museums.
Zusammenfassung In den städtischen, klösterlichen und regionalen Sammlungen Niederösterreichs befinden sich aufgrund von zum Teil sehr frühen Museumsgründungen bedeutende kulturgeschichtliche und landeskundliche Sammlungsbestände, die in vielen Fällen wenig aufgearbeitet und konservatorisch bedenklich deponiert sind. Mangelhafte Dokumentation und unübersichtliche Lagerungen verhindern, dass die Werte der Sammlungen erkannt und ihre Potentiale ausgeschöpft werden. In den Museen fehlt zudem ausreichend fachlich qualifiziertes Personal, um die Sammlungen entsprechend zu bearbeiten. In ausgewählten Regionalmuseen Niederösterreichs wird in den Jahren 2013 bis 2016 ein Pilotprojekt zur Qualitätsverbesserung der Museumsdepots sowie zur Qualifizierung der Sammlungen durchgeführt. Die einzelnen Projekte werden vom Museumsmanagement Niederösterreich organisatorisch und vom Institut für Konservierung und Restaurie-
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rung der Universität für angewandte Kunst in Wien fachlich begleitet. Ziel des Projektes „Schätze ins Schaufenster – Qualitätsoffensive Museumsdepots“ ist die qualifizierte Aufarbeitung von nicht in Landeseigentum befindlichen, jedoch für das Land Niederösterreich bedeutenden, kulturhistorischen Sammelbeständen und damit die Schaffung von qualitativ hochwertigen Stadt-, Stifts- und Regionalmuseen in Niederösterreich.
Niederösterreichs Museumslandschaft und Museumsmanagement Niederösterreichs Museumslandschaft ist eine sehr heterogene – und eine sehr große. Über 750 öffentlich zugängliche, museale Einrichtungen unterschiedlichster Thematik, aber auch unterschiedlichster Qualität, bedeuten für die landesweite Betreuungseinrichtung, das Museumsmanagement Niederösterreich, große Herausforderungen. Den weitgehend professionell geführten Stadt- und Stiftsmuseen sowie großen Regional- und Spezialmuseen stehen eine Vielzahl von Freiwilligen geführte, lokale Museen und Sammlungen gegenüber, die zwar mitunter über gute Netzwerke zu ProfessionistInnen verfügen, in der Regel jedoch mehr oder weniger autark und autodidaktisch den täglichen Arbeitsaufwand bewältigen. Der im Vergleich zu europäischen Nachbarländern eklatante Mangel an ausgebildetem Fachpersonal im musealen Bereich macht sich mittlerweile vielfach bemerkbar. Es fehlen ausreichende Kenntnisse über Sammelbestände, die vielfach nicht einmal inventarisiert oder gut dokumentiert sind und deren Potentiale aus diesem Grund nicht ausgeschöpft werden können. Mit wenigen Ausnahmen besteht in den Depots bei der Ausstattung und Lagerung der Bestände großer Handlungsbedarf – und es fehlt eine grundlegende Vernetzung der Museumsträger, um diesen Herausforderungen gemeinsam zu begegnen. Es sind die fehlenden Personalressourcen, die verhindern, dass die Sammlungen gut aufgearbeitet, dokumentiert und fachgerecht deponiert sind – und es sind die fehlenden Personalressourcen, die Museen daran hindern, sich an Forschungsprojekten und anderen gemeinsamen Vorhaben zu beteiligen. Der Niederösterreichische Museumstag im Jahr 2009, eine Fachtagung speziell für die BetreuerInnen von Lokal- und Regionalmuseen, bildete rückblickend gesehen den Ausgangspunkt für eine Reihe von Maßnahmen, die nun im Jahr 2014 zu greifen beginnen. Erstmals wurde das damals noch große Tabuthema der Museumswelt, das „Entsammeln“ – die Deakzession – zum Inhalt einer Tagung gemacht.1 Aus vielen Grün-
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Die Referate des Niederösterreichischen Museumstags 2009 wurden publiziert: Wenn Depots überquellen. Entsammeln oder: Sammeln bis zum Umfallen? in: Die Stellwand, Österreichische Zeitschrift für Museen und Sammlungen 1/2009, S. 6–26 (mehrere Artikel).
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den wurde dieses brisante Thema aufgegriffen und zur Diskussion gestellt. Einer der wichtigsten war der zunehmende Druck, der auf den von Freiwilligen betreuten Museen lastet, ihre Sammlungen und ihre Depoträume, die vielfach inadäquat in Dachböden, Scheunen oder Gemeindebauhöfen untergebracht sind, zu „entrümpeln“. Dabei zeigt sich eine Problematik der nicht professionell geführten Museen: Die Sammlungen entstanden vielfach aus dem „Wildwuchs“ heraus, zusammengetragen über Generationen, ohne Sammlungskonzept, ohne adäquate Dokumentation, in vielen Fällen auch ohne Inventarverzeichnis oder Eingangsbuch. Sie gleichen mehr Ansammlungen als unserem Kulturerbe verpflichteten, musealen Sammlungen. Die Fronten sind dann oftmals klar: hier die Museumsträger, die Gemeinden, die in Zeiten der Effizienzsteigerung vermeintlich inadäquat genutzte Räume durchforsten, dort die die Sammlungen betreuenden MuseumskustodInnen oder die Museumsvereine, die ohne über ein entsprechendes Budget zu verfügen, unbezahlt und mit viel Engagement und Idealismus den Museumsbetrieb so gut es geht aufrecht halten. Den KustodInnen fehlen angesichts der in so manchen Fällen wohl berechtigten Fragen der Gemeinde nach der Bedeutung der Depotbestände die Argumente, warum ausgerechnet diese für den Ort und die Region zu erhalten sind. Diese Menschen zu unterstützen bei ihrer Arbeit, bei der Argumentation gegenüber den eigentlichen SammlungseigentümerInnen, in dem der Wert der Sammlungen sichtbar gemacht wird durch inhaltliche Dokumentation und adäquate Lagerung, ist eine der großen Herausforderungen der Museumsservicestellen in den Bundesländern. Für Museumsverantwortliche gilt es, viele Fragen zu klären, wenn es um das Thema Sammlungsqualifizierung geht. Der Arbeitsaufwand ist ressourcenintensiv, wenn Sammlungen zu sichten und zu bewerten sind, die ohne Konzept, ohne Inventaraufnahme und ohne begleitende Dokumentation entstanden sind. Es braucht ein interdisziplinäres Netzwerk an praxiserfahrenen ExpertInnen, um Dinge zu sondieren, Objekte auszuscheiden, die nicht ins Sammlungsprofil passen, von denen bereits gleichartige, vollständigere oder besser dokumentierte in der Sammlung vorhanden sind. Es ist zu klären, wo Sammlungen untergebracht werden können, für deren konservatorische Erhaltung vor Ort Raum und Mittel fehlen. Dass Sammeln und Bewahren zu den zentralen Aufgaben von Museen zählen und Museen Verantwortung tragen für die ihnen überlassenen Sammelbestände, ist in der professionellen Museumswelt Selbstverständlichkeit, auch in den größeren Stadt- und Regionalmuseen sind die Museumssammlungen in der Regel gut betreut. In der Welt der kleineren Lokal- und Regionalmuseen und ihrer Träger werden Aufgaben wie Sammlungspflege oder Dokumentation und Erforschung des Bestands nicht mehr so selbstverständlich als alltägliche Museumsarbeit gesehen. Vielmehr bedeutet dies einen Mehraufwand, für den zusätzliche finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt werden müssen und für den personelle Ressourcen und Knowhow vor Ort fehlen. Die Beiträge der Expertin-
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nen und Experten am Niederösterreichischen Museumstag 2009 in Eggenburg sowie die endlich öffentlich geführte Diskussion konnte die Themen „Sammeln mit Konzept“, des praktischen Umgangs mit Sammlungen in Depots und das in so manchen Fällen notwendige „Entsammeln“ zumindest in Grundsätzen ins Bewusstsein der Regionalmuseen bringen. Es gilt nun, verstärkt Beispiele vorzustellen und Hilfestellung zu geben, um Projekte im Bereich der Sammlungsqualifizierung zu initiieren und um Museen zu motivieren, das Thema Sammlungspflege in der Prioritätenliste nach vorne zu reihen.
Qualitätsoffensive Museumsdepots in Niederösterreich Zwei konkrete Vorbilder trugen dazu bei, eine Qualitätsoffensive für die Sammlungen der niederösterreichischen Stadt-, Stifts- und Regionalmuseen konkret zu planen: In Niederösterreich lief 2006 bis 2009 eine Qualitätsoffensive für Gemeindearchive, in deren Rahmen, fachlich begleitet vom Niederösterreichischen Landesarchiv, historische Archivbestände in den Gemeinden gesichert wurden. Das zweite Vorbild war und ist das Projekt „Ent-sammeln“ der Ostfriesischen Museen, ein Projekt, das von Dirk Heisig 2007 in einer Publikation vorgestellt wurde und das mit seiner Praxisnähe, seiner Vergleichbarkeit mit den Problemstellungen in den niederösterreichischen Regionalmuseen und den erarbeiteten Checklisten zur Nachahmung motivierte.2 Ausgehend von der niederösterreichischen Besonderheit, dass aufgrund der späten Gründung des Landesmuseums die bedeutenden kulturgeschichtlichen und landeskundlichen Sammlungen nicht zentral in den Landessammlungen, sondern in den bisweilen bedeutend älteren Stadt-, Stifts- und Regionalmuseen zu finden sind,3 konnten schnell überzeugende Argumente gefunden werden, um für die folgenden Vorhaben die Unterstützung des Niederösterreichischen Kultursenats unter dem damaligen Vorsitz von Fritz F. Steininger und – aufgrund dessen Empfehlungen – die finanzielle Unterstützung des Landes Niederösterreich zu erreichen.
Detailanalyse der Sammlungen und Depots In den Jahren 2010 und 2011 wurde zunächst eine Befragung der Museen und Sammlungen Niederösterreichs hinsichtlich Art und Umfang der kultur- und naturwissenschaftlichen Sammlungen, deren Lagerung und Problemstellungen durchgeführt. Dabei 2 3
Heisig, D. (Hg.), Ent-sammeln. Neue Wege in der Sammlungspolitik von Museen. Ostfriesland-Stiftung der Ostfriesischen Landschaft, Aurich 2007. Vgl. Steininger, H., Alte Sammlungen, in: Forum Museum 1/2007, S. 16–19 und Forum Museum 1/2008, S. 26–28.
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zeigte sich, dass vor allem die Depoträume in vielen Fällen inadäquat waren: aufgeteilt auf mehrere kleine Standorte ohne fachgerechte Ausstattung und mit problematischen Klimasituationen. Konservatorische Probleme lagen in der Regel beim Befall mit Holzschädlingen, mangelhaftem Mottenschutz, hoher Luftfeuchtigkeit, Rostbefall, Schimmel und bei der nicht fachgerechten Lagerung von Textilien. Beim Grad der Inventarisierung war der Unterschied zwischen städtischen Museen mit Personal und regionalen bzw. lokalen Museen besonders deutlich: sind die Sammlungen der Stadtmuseen relativ vollständig inventarisiert, so ist in den kleineren Museen häufig nicht einmal die Anzahl der Sammlungsbestände bekannt. Zu dem kommt, dass in den von Freiwilligen betreuten Museen mangels Fachkenntnis die Depotsituation nur selten realistisch eingeschätzt und damit auch ein Verbesserungsbedarf nicht entsprechend artikuliert werden konnte. Basierend auf den Befragungsergebnissen wurden für eine Detailanalyse in Zusammenarbeit mit der Depotexpertin Martina Griesser-Stermscheg4 sieben Sammlungen exemplarisch ausgewählt. Kriterien waren das Alter, der Umfang und die Bedeutung der Sammlung, das aktuelle Sammlungsprofil, die Beschaffenheit der Museums- und Depotgebäude, die vertretenen Materialien in der Sammlung, der Inventarisierungsgrad, der Restaurierungsbedarf und die in der Rückmeldung beschriebenen Zustände der Depoträumlichkeiten. Dabei wurde auf eine vielfältige Palette an Problemstellungen aber auch eine breite Streuung der regionalen Verteilung der Museen innerhalb Niederösterreichs geachtet. So unterschiedlich die Problemstellungen auf den ersten Blick auch schienen, lassen sich doch deutliche Gemeinsamkeiten und „Trends“ im Handlungsbedarf erkennen. Intention war nun, mit exemplarischen Problemlösungen von Einzelfällen, die auf andere Museen übertragen werden konnten, einen Mehrwert für ähnlich geartete Sammlungen in Niederösterreich zu erreichen. Eines der Ergebnisse der Feinanalyse der Depot-Situationen war zunächst, dass die Identifikation der vorwiegend freiwillig Tätigen mit ihren Museen eine überaus große ist und der Wille, diese Sammlungen in gutem Zustand zu präsentieren, ausgesprochen ausgeprägt ist. Die Schausammlungen wurden in durchaus gepflegtem Zustand vorgefunden, die Depoträume hingegen in einem teilweise katastrophalem. Allzu deutlich war die Knappheit an personellen und finanziellen Ressourcen ersichtlich. Die Prioritätensetzung aller Museen lag eindeutig auf Seiten von Sonderausstellungen und Veranstaltungen, und nicht bei der ebenso notwendigen Sammlungspflege im Depot. Als Depot dienten vielfach Keller und Dachböden, in einigen Museen herrschte akute Platznot, während andere die Sammlungen willkürlich in großen, jedoch nicht adäquaten Lagerräumen deponierten. Sämtliche Depots lagen in historischen Gebäuden, die ursprüng4
Univ. Lekt. Dr. Mag. Martina Griesser-Stermscheg war zu diesem Zeitpunkt Mitarbeiterin am Institut für Konservierung und Restaurierung der Universität für angewandte Kunst Wien.
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lich für keine museale Nutzung vorgesehen waren. Schmale Treppenaufgänge oder nur notdürftig vorgenommene Adaptierungen erschwerten Zugänglichkeit und Manipulation mit dem Sammlungsgut. In überfüllten Depoträumen oder auch in Ausstellungsräumen werden historische Kästen und Truhen – selbst Sammlungsobjekt – als Depotmöbel verwendet. Vor allem Sammlungen von Textilien und Kopfbedeckungen leiden durch Deformation und Mottenbefall in überfüllten Kästen. Einige Museen haben ihre Depoträume in externen Gebäuden, die oft monatelang nicht aufgesucht werden. Es mangelte nicht nur an Standortverzeichnissen, sondern generell an der Übersicht und qualifizierten Kontrolle. In den Depoträumen wurde in der Regel keine Trennung zwischen Sammlungsobjekten und der Lagerung von sonstigen Gebrauchsdingen des Museums wie Vitrinen, Stellwänden und Verpackungsmaterial vorgefunden. Hinsichtlich des Grads der Inventarisierung gab es in keiner der analysierten Sammlungen ein vollständiges Inventar. Somit war davon auszugehen, dass noch vor den tatsächlichen Maßnahmen zur Depotoptimierung zunächst die Sammlungen vollständig gesichtet und aufzunehmen sein würden – Arbeiten, für die vor Ort die personellen Ressourcen und zum Teil auch die fachliche Kompetenz fehlt. Mit Ausnahme eines der besuchten Museen mangelte es den Sammlungen grundsätzlich an einem klaren, schriftlich formulierten Sammlungskonzept. Bemerkbar war dies an Depots, die mit zweitrangigen Dingen überfüllt waren, die im Zuge von unkontrolliert angenommenen Schenkungen ans Museum kamen. Oft waren diese Objekte sehr sperrig, wie im Fall von landwirtschaftlichem Gerät oder im Fall von Werkstatteinrichtungen, die hohen Platzbedarf beanspruchen und deshalb oft übereinander und ineinander gestapelt vorgefunden wurden. Archäologische Funde harrten in Unmengen an Kartons auf ihre Bearbeitung, für die vermutlich über Generationen keine ausreichenden Ressourcen zur Verfügung gestellt werden können. Die klimatischen Bedingungen waren in allen Depoträumen unzureichend für die Langzeitlagerung. Festzustellen waren feuchte Wände, Schimmel und Stockflecken auf Büchern, Rost auf Waffensammlungen und sogar nistende Fledermäuse. Der Bedarf an Restaurierungen war wegen der oft schlechten Zugänglichkeit kaum zu erheben – und wird wohl eine Reihe an Folgeprojekten erfordern. Leider gering ausgeprägt war auch das Bewusstsein über die Qualität von Restaurierungen. Handwerkliche Überarbeitungen in Eigenregie zeigten sich bei so manchem für Ausstellungszwecke vorbereiteten Objekt. Das Kostenargument stand stets stärker im Vordergrund als eine fachgerechte Restaurierung – dies geschah auf Kosten der Authentizität und der Originalsubstanz. Der Bedarf an Bewusstseinsbildung bei welchen Maßnahmen besser ein/e RestauratorIn hinzugezogen werden sollte, wurde in den Gesprächen mit den Verantwortlichen überdeutlich. Erfreulich war, dass sich fast alle bereit zeigten, eine Sammlungsqualifizierung durchzuführen und in deren Zuge auch Objekte abzugeben. Bis zu dieser abschließenden Projektphase sind
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jedoch zunächst noch viele Aufgaben zu bewältigen, Leitbilder zu erstellen, die vorhandenen Bestände vollständig zu erfassen und fachliche Bewertungen vorzunehmen.
Planung und Umsetzung Aus dem Detailbefund zur Lage der kultur- und naturwissenschaftlichen Sammlungen und ihrer Depots wurde schlussendlich ein Projektentwurf für eine Qualitätsoffensive im Bereich der Regionalmuseen formuliert. Es sollte ein Pilotprojekt mit exemplarisch ausgewählten Museen durchgeführt werden, deren in den Depots befindlichen Sammlungen übersiedelt, zentralisiert, profiliert, inventarisiert und restauriert werden sollten. Ziel sollte es sein, drei unterschiedliche Projekte zu realisieren, die dann für andere Museen beispielgebend wirken sollten. Bei einem der vorgeschlagenen Vorhaben ging es um die Übersiedlung einer großen Sammlung in ein neu zu adaptierendes Depotgebäude, ein zweites Vorhaben sollte sich mit der Zentralisierung und konservatorischen Umlagerung einer auf mehrere Standorte verteilten Sammlung befassen, ein drittes schließlich mit der Sichtung einer nicht aufgearbeiteten Sammlung, der Erstellung eines Leitbilds sowie der Einrichtung eines Schaudepots. Um die Teilnahme am Pilotprojekt allen in Frage kommenden niederösterreichischen Museen zu ermöglichen, wurde der vorgelegte Projektentwurf weitgehend objektiviert und Museen zur Beteiligung eingeladen. Als Hauptzielgruppe für diese Offensive wurden die rund 100 ältesten und für die Kulturgeschichte Niederösterreichs bedeutendsten nichtstaatlichen Museen und Sammlungen Niederösterreichs definiert. Einer Empfehlung des Kultursenats und einer weiteren des für Landesförderungen im Bereich der Museen und Sammlungen zuständigen Gutachtergremiums folgend, stellte das Land Niederösterreich für dieses Pilotprojekt im Jahr 2012 Mittel in der Höhe von € 600.000,- für die Projektdauer von vier Jahren zur Verfügung. Unter dem Titel „Schätze ins Schaufenster – Qualitätsoffensive Museumsdepots“ werden nun in den Jahren 2013 bis 2016 fünf museale Sammlungen vollständig aufgenommen, inventarisiert, Depoträume optimiert und die Bestände darin fachgerecht gelagert. Eine Kooperation mit dem Institut für Konservierung und Restaurierung an der Universität für Angewandte Kunst in Wien stellt die professionelle Begleitung der Maßnahmen in den Museen sicher. Institutsvorständin Gabriela Krist erarbeitet mit AssistentInnen, DiplomantInnen, DoktorantInnen und Studierenden die jeweiligen Depotkonzepte oder vermittelt für diese Aufgaben AbsolventInnen des Instituts. Im Zuge der Arbeiten werden die Bestände nach Materialgruppen durchgegangen, einfache Konservierungsmaßnahmen durchgeführt und die neuen Depots fachgerecht bestückt. Die beteiligten Sammlungsträger mussten für die Vorhaben selbst Eigenmittel einsetzen und sich für die Teilnahme am Pilotprojekt bewerben. Die Auswahl erfolgte durch das für Museumsförderungen im Land Niederösterreich zuständige Gutachtergremium.
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Grundlage für die Auswahl ist ein Kriterienkatalog, dessen wesentliche Punkte wie folgt lauten: 1. Das Museum darf nicht dem Land Niederösterreich bzw. einer dem Land Niederösterreich nahe stehenden Einrichtung gehören und muss die Erreichung der ICOM-Kriterien anstreben. Es muss daher seine Mitarbeiter insbesondere zur Einhaltung des von ICOM verabschiedeten „Code of Ethics“ in der jeweils geltenden Fassung verpflichten. 2. Das Museum muss über bedeutende Museumsbestände verfügen, also über Bestände, die aus natur- bzw. geisteswissenschaftlicher, historischer, landeskundlicher, wirtschaftlicher, technischer, künstlerischer oder anderer berücksichtigungswürdiger Sichtweise einzigartig, besonders wertvoll oder aus anderen Gründen für das Land Niederösterreich von besonderem Interesse sind und deren sinngemäße Bedeutung vom Gutachtergremium des Landes Niederösterreich für den Bereich Museen und Sammlungen diskutiert, anerkannt und bestätigt worden ist. Für diese Sammlungen muss hinsichtlich Inventarisierung und fachgerechte Unterbringung in einem Museumsdepot Handlungsbedarf bestehen. 3. Der Museumsträger muss einverstanden sein, dass Arbeitsprozesse und Ergebnisse der im Zuge des Pilotprojekts durchgeführten Qualifizierungsmaßnahmen bei Workshops, Tagungen sowie in Publikationen und anderen Medien vermittelt werden. Die gesamten Maßnahmen werden von regionalen Medien begleitet und nach Abschluss einer Evaluation unterzogen. Besonders positiv ist die Wirkung, die das laufende Pilotprojekt auf andere Museen in Niederösterreich ausübt. Animiert, das Augenmerk verstärkt auf die Sammlungen und deren Lagerung und Erhaltungszustand zu lenken, begannen mehrere Museen, Sammlungsgruppen aufzuarbeiten und ihre Depots zu optimieren. Für diese Maßnahmen stehen im Rahmen der jährlichen Museumsförderung des Landes Niederösterreich ebenfalls schwerpunktmäßig Mittel zur Verfügung. Teilnehmer am aktuellen Pilotprojekt sind das Krahuletz-Museum Eggenburg – mit rund einer Million Objekten das größte und bedeutendste Regionalmuseum Niederösterreichs –, dessen gesamtes Depot im Zuge des Projekts neu organisiert und umgelagert werden wird. Zweiter Projektpartner ist das Museum Retz, eine frühe Museumsgründung (1833) mit einer historischen Stadtsammlung, die auf mehrere völlig unzureichende Depoträume aufgeteilt war und für die neue zentrale Depoträume im Komplex des Museums geschaffen wurden. Ein drittes Museum ist das Stadtmuseum Korneuburg, gegründet 1863, dessen Sammlungen weitgehend unübersichtlich und unaufbereitet deponiert vorgefunden wurden. Auch in diesem Fall werden im Museumsgebäude neue Depoträume adaptiert, die Sammlungen aufgearbeitet und neu gelagert. Die weitgehend unbekannte Sammlung des Stifts Neukloster in Wiener Neustadt, ähnlich einer Kunst- und Wunderkammer, stellt ein weiteres, äußerst interessantes Projekt dar. Sie war Jahrzehnte nicht mehr der Öffentlichkeit zugänglich und konnte nun aufgenommen,
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mit alten Inventaren verglichen und fachgerecht zwischengelagert werden, bis die neuen Depot- und Schaudepoträume adäquat vorbereitet sind. Die ebenfalls eher unbekannten Sammlungen des Stifts Zwettl mit Gemälden, einer Uhrensammlung und einem Archiv, werden inventarisiert, konservatorisch aufgenommen und ein Sammlungspflegekonzept erstellt. Auch in diesem Fall werden neue Depoträume eingerichtet (erste Arbeitseinsätze, Abb. 28–31).
Fazit In Niederösterreich werden in den künftigen Jahren die Sicherung und Aufarbeitung der musealen Sammlungen wichtige Arbeitsschwerpunkte sein. Mit dem Projekt „Schätze ins Schaufenster – Qualitätsoffensive Museumsdepots“ werden erstmals medial begleitet die Themen Sammlungspflege und generell der Wert musealer Sammlungen, auch wenn diese deponiert sind, in das öffentliche Bewusstsein gebracht. Für viele von Freiwilligen betreute Lokal- und Regionalmuseen bedeutet dies eine wichtige Unterstützung in der Argumentation vor Ort, wenn es um die Finanzierung der nicht nach außen gerichteten Museumsarbeit geht. Eine neue Dynamik darf künftig vom im Frühjahr 2014 an der Donau-Universität Krems eingerichteten Zentrum für museale Sammlungswissenschaften und der neu ausgeschriebenen Professur für Kulturgeschichte und museales Sammlungswesen erwartet werden. Im Bereich der Regionalmuseen wird ein Projekt zur Inventaraufnahme der historischen Sammlungen durchgeführt werden. Alle diese Maßnahmen folgen einer in den vergangenen zwei Jahren erarbeiteten Sammlungsstrategie des Landes Niederösterreich, deren Ziel es ist, die Landessammlungen aufzuarbeiten und mit den Sammlungen der Regionalmuseen in Forschungsprojekten sowie anderen gemeinsamen Aktivitäten zu vernetzen. Wichtige Grundsteine sind nun gelegt, um dem Anspruch zumindest ein wenig gerecht zu werden, den nachfolgenden Generationen das materielle Kulturerbe in akzeptablem Zustand weiterzugeben. Ob die Möglichkeiten genutzt werden, liegt in der Verantwortung jeder einzelnen Person, die im Museum tätig ist.
Literatur Heisig, D. (Hg.), Ent-sammeln. Neue Wege in der Sammlungspolitik von Museen. OstfrieslandStiftung der Ostfriesischen Landschaft, Aurich 2007. Steininger, H., Alte Sammlungen, in: Forum Museum 1/2007, S. 16–19. Steininger, H., Alte Sammlungen, in: Forum Museum 1/2008, S. 26–28. Wenn Depots überquellen. Entsammeln oder: Sammeln bis zum Umfallen? in: Die Stellwand, Österreichische Zeitschrift für Museen und Sammlungen 1/2009, S. 6–26 (mehrere Artikel).
Johanna Wilk
Das Haus Beer – Die Bestandsaufnahme einer Innenausstattung aus den 1930er Jahren
Abstract Conservation science isn’t only suitable for research and preservation of small objects or collections, it can also be applied to architectural works of art. In a master thesis at the institute of conservation and restoration of the University of Applied Arts Vienna in the years 2011–2012 a significant architectural monument of the 1930s in Vienna was analysed and documented. It is about “Haus Beer”, which was designed by Josef Frank and Oskar Wlach. The survey focuses on the interior and the identification of the historical elements, their design, materiality, condition and ageing properties. The knowledge gained serves as a basis for future decisions. In this article the results are summarized and presented by case studies. Moreover, the architectural and cultural background and the approach of the survey and the identification of the historical elements are described. The methods and structures of this work can be applied to other objects or collections.
Zusammenfassung Die Konservierungswissenschaften dienen nicht nur zur Erforschung und Erhaltung kleiner Einzelobjekte und Sammlungen, sie können auch bei architektonischen Kunstwerken zum Einsatz kommen. Im Rahmen einer Diplomarbeit am Institut für Konservierung und Restaurierung der Universität für angewandte Kunst in den Jahren 2011– 2012 wurde ein bedeutendes Architekturdenkmal der 1930er Jahre in Wien analysiert und dokumentiert. Es handelt sich um das von Josef Frank und Oskar Wlach entworfene „Haus Beer“. Der Fokus der Bestandsaufnahme liegt auf der Innenausstattung und auf der Identifikation der Elemente aus der Erbauungszeit, deren Gestaltung, Materialität, Zustand und Alterungseigenschaften. Die so gewonnen Erkenntnisse dienen nun als Wissensgrundlage für zukünftige Entscheidungen. In diesem Beitrag werden die Ergebnisse zusammengefasst und mit Fallbeispielen untermauert. Darüber hinaus werden die architektur- und kulturhistorischen Hintergründe und die Vorgehensweise bei der
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Bestandsaufnahme bzw. Bestandsklärung beschrieben. Die Methoden und Strukturen dieser Arbeit können auch auf andere Objekte oder Sammlungen umgelegt werden.
Einleitung Die Innenausstattung des Hauses Beer kann im engeren Sinn des Wortes nicht als „Sammlung“ bezeichnet werden. Es handelt sich vielmehr um ein architektonisches Denkmal in seiner Gesamtheit. Die Erforschung der einzelnen Elemente und das Herausarbeiten von Erhaltungsstrategien für die Zukunft, kann auf jeden Fall als Teil der „Pflege“ betrachtet werde, sei es nun Sammlungspflege oder Denkmalpflege. Im Jahr 2012 wurde die Bestandsaufnahme dieses architektonischen Kunstwerkes des 20. Jahrhunderts abgeschlossen. Die Bestandsaufnahme beschäftigte sich mit der Inneneinrichtung von Josef Frank und Oskar Wlach aus den 1930er Jahren und umfasste insgesamt 17 Räume auf drei Stockwerken. Ziel war es, durch die Erforschung und Analyse eine Entscheidungsgrundlage für die Zukunft zu schaffen. Denn erst wenn bekannt ist, was vorhanden ist, kann richtig damit umgegangen werden. Für die Bestandsaufnahme war der größte Teil des Hauses sieben Monate lang uneingeschränkt zugänglich.1
Das Haus Beer und seine Architekten Das Haus Beer repräsentiert einen Meilenstein der modernen Architektur im internationalen Kontext. Es entstand in den Jahren 1929–1930 für den Industriellen Julius Beer und seine Frau Margarethe in der Wenzgasse 12 im 13. Wiener Gemeindebezirk. Die planenden Architekten waren Josef Frank und Oskar Wlach, die seit 1925 gemeinsam das Einrichtungsunternehmen „Haus & Garten“ führten und damit einen wesentlichen Beitrag zur Wiener Wohnkultur leisteten.2 Haus & Garten bot handwerklich gefertigte, hochqualitative Einzelmöbel aus edlen Materialien.3 Ziel war es, individuelle und flexible Wohnlösungen zu schaffen, die frei von dogmatischen Vorgaben waren
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Es handelt sich um eine Diplomarbeit, die unter der Betreuung von Univ. Prof. Mag. Dr. Gabriela Krist am Institut für Konservierung und Restaurierung der Universität für angewandte Kunst durchgeführt wurde: Wilk, J., Das Haus Beer (1930), Bestandsklärung und Erhaltungsstrategien für die Innenausstattung, Diplomarbeit, Universität für angewandte Kunst Wien, 2012. Spalt, J., Josef Frank 1885–1967. Möbel & Geräte & Theoretisches, Hochschule für angewandte Kunst, Wien 1981, S. 3. Wallner, M., Haus & Garten – Frank & Wlach. Ein Beitrag zur österreichischen Wohnkultur, Graz 2008, S. 23.
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und vor allem der Bequemlichkeit der Bewohner dienten.4 Neben seiner Tätigkeit bei Haus & Garten mit Wlach, arbeitete Josef Frank schon ab 1932 für das schwedische Einrichtungshaus „Svenskt Tenn“ und übte in der weiteren Folge großen Einfluss auf den schwedischen Wohnstil aus.5 Die langjährige Zusammenarbeit mit Oskar Wlach war vermutlich zum großen Teil von der Arbeitsteilung geprägt, die schon in der Einrichtungsfirma Haus & Garten festgesetzt wurde: Josef Frank war der künstlerischer Leiter, Oskar Wlach Geschäftsführer.6 Beide Architekten waren jüdischer Herkunft und waren gezwungen, Österreich nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten zu verlassen.7 Mit dem Haus Beer, das innerhalb eines Jahres zwischen 1929–1930 entstand, erhielt Frank Gelegenheit seine architektonischen Ideen und seine Vorstellung vom Wohnen uneingeschränkt umzusetzen. Von außen, von der Straßenseite aus betrachtet, wirkt das Haus geschlossen und geometrisch durchkomponiert. Die Gartenseite ist hingegen in quaderförmige Raumteile und mehrere Terrassen aufgegliedert (Abb. 32). Die Räume im Inneren liegen auf verschiedenen Niveaus mit insgesamt drei Hauptetagen und sind durch eine verschlungene Wegführung miteinander verbunden. Den Mittelpunkt des Hauses bildet die Treppe. Franks Vorbild bei der Strukturierung der Räume war zum einen eine gewachsene Stadt, zum anderen ein „Bohèmeatelier im Mansardendach (…) das aus Zufälligkeiten aufgebaut ist“8. Ein Teil der ursprünglichen Innenausstattung stammt aus dem Sortiment von Haus & Garten, wie etwa bunt gemusterte Polstermöbel, Tischchen und Sessel. Es gibt auch neue, eigens für das Haus Beer entwickelte Innenraumkonzepte, zum Beispiel weiße Einbauschränke und offene Kamine mit Natursteinen. Sie werden durch Elemente ergänzt, die typische, industrielle Produkte ihrer Zeit darstellen: Fliesen, Armaturen, Lichtschalter oder das allgegenwärtige Fischgrätparkett. Die aus Stahlprofilen zusammengesetzten Fenster prägen den Innenraum sowohl bauphysikalisch als auch atmosphärisch. Als wichtige Materialgruppen begegnen uns im Haus Beer vor allem Holz, einheimische und exotische Sorten, Holzwerkstoffe, Messing und Eisen, Naturstein und Kunststein, 4
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Gmeiner, A./Pirhofer, G., Haus & Garten – Neue Wiener Wohnkultur, in: Gmeiner, A./Pirhofer, G. (Hg.), Der österreichische Werkbund. Alternative zur klassischen Moderne in Architektur, Raum- und Produktgestaltung, Wien 1985, S. 111–122, S. 113f.. Ott, M., Josef Frank (1885–1967) – Möbel und Raumgestaltung, Dissertation, Universität Wien, 2009, S. 20, S. 41/Spalt, J., Josef Frank 1885–1967. Möbel & Geräte & Theoretisches, Hochschule für angewandte Kunst, Wien 1981, S. 4. Wallner, M., Haus & Garten – Frank & Wlach. Ein Beitrag zur österreichischen Wohnkultur, Graz 2008, S. 20f.. Czech, H./Spalt, J., Josef Frank. 1885–1967, Wien 1981, S. 5/Prokop, U., Oskar Wlach, in: Architekturzentrum Wien, http://www.architektenlexikon.at/de/695.htm, update 13.05.2008, Zugriff 6.12.2011. Frank, J., Das Haus als Weg und Platz, Der Baumeister 29/1931, S. 316–323, S. 316.
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Johanna Wilk
Keramik, frühe Kunststoffe und unterschiedliche Oberflächenveredelungstechniken wie Schleiflack, Zellulosenitratlack oder Verchromungen.
Die Nutzungsgeschichte des Haus Beer Das Haus und die Familie Beer erlebten eine wechselvolle Geschichte. Die Beers waren schon ab 1932 aus finanziellen Nöten gezwungen, das Haus ganz oder teilweise zu vermieten. 1938 ging es samt mitverpfändeter Einrichtung in den Besitz der hypothekenfinanzierenden Versicherung über und blieb einige Jahre unbewohnt. Die Mitglieder der jüdischen Familie Beer waren gezwungen, Wien zu verlassen. Julius und Margarethe Beer emigrierten 1940 nach New York, wo Julius Beer kurz darauf verstarb. Die jüngste Tochter Elisabeth Beer wurde 1942 nach Minsk deportiert und in Maly Trostinec ermordet. 1941 kaufte der Textilunternehmer Pöschmann das Haus samt Mobiliar. In den Jahren 1946–1952 mietete die britische Armee das Haus und brachte dort eine Sonderabteilung des Militärgeheimdienstes unter. Wenig später erfolgte eine Aufteilung der Wohnfläche auf die verschiedenen Nachkommen der Familie Pöschmann.9 1972 entstand die lange bestehende Teilung in 5/8 und 3/8 der Fläche. Seit dem Jahr 1987 steht das Haus unter Denkmalschutz. Im Jahr 2008 wurde der größere 5/8 Anteil des Hauses vom heutigen Privateigentümer übernommen.10 Im Sommer 2012 gingen auch die restlichen 3/8 der Fläche in den Besitz von Dr. Johannes Strohmayer über.11 Beim Abschluss der Bestandsaufnahme war die weitere Nutzung noch unklar.
Bestandsaufnahme, Bestandsklärung Der Schwerpunkt der Bestandsaufnahme lag auf der Innenausstattung des Hauses. Hierfür waren die 5/8 des Hauses, die sich seit 2008 im Besitz der Strohmayer Privatstiftung befinden, sieben Monate lang zugänglich. Eine solche Öffnung des Hauses für Forschungszwecke war trotz zahlreicher Bemühungen von Architekten und anderen bisher noch nie möglich.
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Bojankin, T., Das Haus Beer und seine Bewohner, in: Meder, I. (Hg.), Josef Frank 1885–1967. Eine Moderne der Unordnung, Wien 2008, S. 105–111. 10 Grundbuch, Hietzing, EZ 253. 11 Baryli, S., „Villa Beer war mein Zuhause“, 4.7.2012, in: bz Wiener Bezirkszeitung, Wien–13 Hietzingmein bezirk.at, http://www.meinbezirk.at/wien–13-hietzing/chronik/villa-beer-war-mein-zuhaused210391.html, Zugriff 11.11.2013
Das Haus Beer – Die Bestandsaufnahme einer Innenausstattung aus den 1930er Jahren
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Die so entstandene Bestandsaufnahme dient als Entscheidungsgrundlage für den weiteren Umgang mit dem Haus Beer und seiner Innenausstattung. Das auf der Bestandsaufnahme basierende Maßnahmenkonzept umfasst vor allem Sicherungs- und Pflegemaßnahmen, um Schäden und Verluste zu verhindern bis die weitere Nutzung feststeht und über weiterführende Maßnahmen entschieden werden kann.
Struktur und Methode Im Mittelpunkt stand zunächst die Bestandsklärung. Ziel war es, die heute noch vorhandenen Elemente der ersten Ausstattungsphase zu identifizieren, also jene Elemente, die Josef Frank und Oskar Wlach entwarfen und die im trivialen Sprachgebrauch als „original“ bezeichnet werden können. Die erste Ausstattungsphase wurde definiert als Zeitraum zwischen 1930–1932, als die Familie Beer selbst noch das Haus bewohnte. Dieser Zeitraum ist durch zahlreiche, zeitgenössische Publikationen mit Fotostrecken und Plänen des Hauses außerordentlich gut dokumentiert. Josef Frank veröffentlichte 1931 in der Zeitschrift „Der Baumeister“ selbst einen Artikel mit dem Titel: „Das Haus als Weg und Platz“.12 Die Zeitschrift „Innendekoration“ widmete dem Haus Beer gar eine ganze Monatsausgabe mit mehreren Beiträgen.13 Akademische Arbeiten, Diplomarbeiten und Dissertationen über Josef Frank und die Einrichtungsfirma Haus & Garten bieten wichtige Grundlagen für diese Arbeit, jedoch mit einer großen Konzentration auf die architektonische Hülle des Hauses.14 Für jedes einzelne Ausstattungselement müssen im Zuge der Bestandsklärung dieselben Fragen beantwortet werden. Sie beziehen sich auf die Funktion und die Gestaltungsmerkmale des Objekts, Vergleichsbeispiele, die Technologie und das Material, den Zusammenhang des Objekts mit der gesamten Ausstattung, den Zustand, die Geschichte und mögliche Veränderungen. Das Ergebnis ist eine konservierungswissenschaftliche Analyse und in der Folge eine Bestandsklärung. Die Analyse setzt sich zusammen aus der optischen Befundung vor Ort und der formalen, technologischen und materialwissenschaftlichen Analyse sowie dem Literatur- und Quellenstudium. Wertvolle Quellen sind etwa historische Pläne und Fotos. Probeentnahmen führen zur genauen Definition der wichtigsten Bestandteile und Techniken. Durch die Literaturrecherche wird die Einordnung einzelner Aus12 Frank, J., Das Haus als Weg und Platz, Der Baumeister 29/1931, S. 316–323. 13 Innendekoration 42/1931, gesamte Oktober-Ausgabe. 14 Zum Beispiel: Ott, M., Josef Frank (1885–1967) – Möbel und Raumgestaltung, Dissertation, Universität Wien, 2009/Spalt, J., Josef Frank 1885–1967. Möbel & Geräte & Theoretisches, Hochschule für angewandte Kunst, Wien 1981/Wallner, M., Haus & Garten – Frank & Wlach. Ein Beitrag zur österreichischen Wohnkultur, Graz 2008.
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stattungselemente in einen größeren Kontext möglich, etwa mit Hilfe von Vergleichsbeispielen. Der Strukturierung der Ergebnisse im Text kommt bei der Bestandsklärung und Bestandsaufnahme einer gesamten Innenausstattung eine wichtige Rolle zu. Es hat sich als geeignet erwiesen, vor der detaillierten Erfassung der einzelnen Elemente zunächst einen Überblick über alle Räume in Form eines Rundgangs zu geben. In Hinblick auf den Zustand ist neben der Behandlung der Einzelobjekte vor allem eine zusammenfassende Kategorisierung je nach Ausmaß der Schadens- bzw. Alterungsphänomene zu empfehlen. So kann der Handlungsbedarf deutlich gemacht werden.
Ergebnisse Die Ergebnisse der Bestands- und Zustandserfassung, lassen sich folgendermaßen zusammenfassen: 75 % der fix eingebauten Elemente und 5 % der beweglichen Elemente der ersten Ausstattungsphase sind heute noch erhalten. Sie wurden zum Teil stark überarbeitet und in ihrem optischen Erscheinungsbild verändert, aber sie befinden sich in den meisten Fällen in einem guten und stabilen Zustand. Das Maßnahmenkonzept beinhaltet demzufolge minimale, aber effiziente Vorschläge zur Substanzerhaltung und Pflegemaßnahmen, die zum Teil auch vor Ort in Musterrestaurierungen demonstriert wurden. Es zeigte sich, dass die Elemente der ersten Ausstattungsphase mit aufwändigen handwerklichen Techniken mit großer Sorgfalt und edelsten Materialien hergestellt wurden. Die Möbelentwürfe konnten zum großen Teil auf das Sortiment von Haus & Garten von Frank und Wlach zurückgeführt werden. Manche Ideen wurden im Haus Beer auch erstmals umgesetzt und finden sich heute noch im Sortiment der schwedischen Einrichtungsfirma Svenskt Tenn, für die Josef Frank seit 1932 tätig war.
Beispiele Die Ergebnisse der Arbeit im Detail lassen sich am besten an Hand von Beispielen darstellen.
Fallbeispiel: ein weiss lackierter Einbauschrank Beim ersten Fallbeispiel handelt es sich um einen Einbauschrank im Ankleideraum im Obergeschoß (Abb. 33). Er ist auf einem historischen Foto aus dem Jahr 1932 eindeutig
Das Haus Beer – Die Bestandsaufnahme einer Innenausstattung aus den 1930er Jahren
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zu erkennen.15 Diese Art von Möbelstück kommt in verschiedenen Ausführungen mehrmals im Haus Beer vor. Es handelt sich um eine Rahmenkonstruktion aus Massivholz und verschiedenen Holzwerkstoffen. Der weiße Lack an der Außenseite des Einbauschrankes stand im Mittelpunkt der materialwissenschaftlichen Analysen, da er im Haus Beer und bei Josef Frank ein wichtiges Gestaltungselement darstellt.16 Als Literaturquellen dienten Handbüchern der Lackindustrie aus den 1920er und 1930er Jahren.17 Es wurde deutlich, dass es sich beim Lacksystem der ersten Ausstattungsphase wahrscheinlich um einen weißen Seidenglanzlack bzw. Schleiflack handelt. Diese hochwertige Art der Lackierung erfreute sich seit den 1920er Jahren im Möbelbau großer Beliebtheit. Das Lacksystem besteht aus mehreren Schichten und wird aufwändig geschliffen bis eine seidenglänzende Oberfläche entsteht. Im Haus Beer ist die ursprüngliche Oberfläche heute aufgrund zahlreicher Überarbeitungen auf keinem Möbelstück im Haus sichtbar. Der Aufbau des Lackes konnte anhand von Querschliffen nachvollzogen werden (Abb. 34). Bei der ersten Schicht, direkt auf dem Holz, handelt es sich um einen dünnen, ölgebundene Grundanstrich. Darauf folgt ein Spachtelkitt mit einer großen Menge Füllstoff und einem Bindemittelgemisch aus Zellulosenitrat und Naturharz. Solche Produkte wurden damals unter der Bezeichnung „Zellulosespachtel“ verkauft. Die darauffolgende Deckschicht weist ein ähnliches Bindemittel auf, jedoch ohne Füllstoffe. Hier liegt vermutlich ein schnelltrocknender „Emaillack“ vor. In allen Schichten ist Lithopone als Weißpigment enthalten. In der obersten Emaillack-Schicht finden sich außerdem minimale Mengen von synthetischem Ultramarin. Dies ist ein wichtiges Indiz dafür, dass es sich um die Oberfläche der ersten Ausstattungsphase handelt. Ein geringer Anteil blauen Pigmentes wurde üblicherweise zugesetzt, um den durch das Bindemittel bedingten, leichten Gelbstich in der obersten Deckschicht aufzuheben. Im Aufbau fehlen Schmutzhorizonte, da vermutlich bei jeder Überarbeitung immer wieder die Oberfläche angeschliffen wurde. Der Einbauschrank im Obergeschoß, zeigt eines der wenigen prekären Schadensphänomene im Haus Beer. Durch das undichte Dach drang Wasser ein und bewirkte einen Haftungs- und Festigkeitsverlust der weißen Lackoberfläche an einer Flügeltür des Kastens. Die weiße Lackierung löste sich vom Holzträger und ist stark verworfen. Vor Ort wurden verschiedene Festigungsmedien18 getestet. Bei einer Anwendung mit Wärme und 15 Abbildung in: Wenzel, A., Die neutrale Stimmung, in: Innendekoration 42/1931, S. 388–396, S. 395. 16 Untersuchungsmethoden: Strahlendiagnostische Untersuchungen (energiedisperse Röntgenanalyse REM-EDX), Lichtmikroskopie, mikrochemische Tests, histochemische Anfärbungen. 17 Stock, E., Taschenbuch für die Farben- und Lackindustrie sowie für den einschlägigen Handel, Stuttgart 1937, S. 394f./Andés, L. E., Die technischen Vollendungsarbeiten der Holz-Industrie. Schleifen, Beizen, Lackieren, Anstreichen und Vergolden des Holzes, Wien 1929, S. 184–189. 18 Getestet wurden: tierischer Leim (Hasenhautleim, modifizierter, kaltflüssiger Hautleim: „Titebond Li-
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Druck erwies sich tierischer Leim, insbesondere modifizierter, kaltflüssiger Hautleim in unterschiedlichen Konzentrationen (unter 10 %) als gut geeignet und anwendbar.19
Fallbeispiel: Deckenlampen aus Messing Weitere interessante Beispiele stellen die Beleuchtungskörper aus Messing im Haus Beer dar, wie die dreiarmigen und fünfarmigen Deckenleuchten, die sich in vielen verschiedenen Räumen des Hauses befinden (Abb. 35). Die dreiarmige Variante der Deckenleuchten kommt im Sortiment von Haus & Garten bereits seit 1928/29 vor.20 Die fünfarmige Version scheint von Josef Frank erstmals für das Haus Beer realisiert worden zu sein, weil keine davor datierten Beispiele bekannt sind.21 Beide Lampentypen wurden von der Firma Svenskt Tenn in leicht veränderter Form bis zum heutigen Zeitpunkt weiterproduziert.22 So wurde auch ein Teil der Beleuchtungskörper im Haus Beer im Laufe der Jahre durch nachgekaufte Stücke ersetzt. Die Elemente der ersten Ausstattungsphase sind an charakteristischen Alterungsspuren und durch das Design und den Vergleich mit historischen Fotos eindeutig zu identifizieren. Die Lampen bestehen zum großen Teil aus Messing. Die Oberfläche wurde so wie die meisten anderen Messingoberflächen im Haus Beer mit einem Lack auf Zellulosenitratbasis lackiert.23 Der Lack dient zum Schutz vor Abnützung, Feuchtigkeitseinflüssen und Korrosion und soll den Glanz erhalten. Die ältesten Zellulosenitratlacke, oder auch „Zaponlacke“ entstanden schon um 188024. In den dreißiger Jahren setzten sich Zellulosenit-
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quid Hide Glue“), Acrylharzdispersionen („Lascaux Acrylharzkleber 360 HV“, „Lascaux Acrylharzkleber 489 HV“, „Lascaux Medium für Konsolidierung“) und Acrylharzklebemittel auf Lösemittelbasis („Plexisol P 550–40“). Den wässrigen Medien wurde Netzmittel („Surfinol 61“) zur besseren Benetzung und Penetration zugesetzt. Es handelt sich bei dem getesteten Produkt um „Titebond Liquid Hide Glue“. Wallner, M., Haus & Garten – Frank & Wlach. Ein Beitrag zur österreichischen Wohnkultur, Graz 2008, S. 295. Wallner, M., Haus & Garten – Frank & Wlach. Ein Beitrag zur österreichischen Wohnkultur, Graz 2008, S. 295. Die Lampen werden unter dem Namen „Ceiling Lamp 2353 Brass“ und „Ceiling Lamp 2353 Chrome“ von Svenskt Tenn verkauft. In der Produktbeschreibung verweist die Firma auch auf die Lampen im Haus Beer: Siehe: Svenskt Tenn, Ceiling Lamp 2353 Brass, in: http://www.svenskttenn.se/en-us/ product/0167/lighting/ceiling-lamps/ba10036/ceiling-lamp–2353-brass.aspx, update 2010, Zugriff 24.10.2011/Svenskt Tenn, Ceiling Lamp 2353 Chrome, in: http://www.svenskttenn.se/en-us/product/0167/lighting/ceiling-lamps/ba10039/ceiling-lamp–2353-chrome.aspx, update 2010, Zugriff 24.10.2011. Nachweis auf Zellulosenitrat: Odegoard, N./Carroll, S./Zimmt, W. S., Material characterization tests for objects of art and archaeology, London 2000, S. 165. Die erste lacktechnische Verwendung von Zellulosenitratlacken erfolgte um 1880. Siehe: Prieto, J./Kiene, J., Holzbeschichtungen. Chemie und Praxis, Hannover 2007, S. 58f.
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ratlacke (Nitrozelluloselacke oder Nitrolacke) wegen ihrer besonderen Eigenschaften wie der raschen Trocknung und ihrer großen Widerstandskraft in zahlreichen Anwendungsgebieten durch.25 Die charakteristischen Alterungsspuren, die sich an der Messingoberfläche der Lampen im Haus Beer zeigen, entstanden vermutlich durch das Auftragen mit einem Pinsel oder ähnlichem Werkzeug. Die unterschiedliche Stärke der Lackschicht führt im Zuge der Alterung zu einem streifigen Erscheinungsbild. Überall dort wo der Lack seine Schutzfunktion nicht mehr vollständig erfüllt entstehen dunkle Oxidschichten durch die Reaktion mit der Luft und Feuchtigkeit. Sie stellen noch keine akute Gefährdung für das Metall dar, zeigen jedoch, dass der Schutzüberzug auf der Oberfläche bereits mangelhaft ist und begünstigen die Korrosion des Werkstoffes. Solche Oberflächen sollten immer wieder inspiziert werden, um rechtzeitig korrosive, substanzgefährdende Prozesse zu bemerken und zu verhindern.
Fallbeispiel: Fenster Die Fenster stellen ein wichtiges Merkmal des Hauses Beer dar, sowohl im Außen- als auch im Innenraum (Abb. 36). Es handelt sich meistens um Kastenfenster mit Fensterbänken aus grauem Kunststein im Inneren und Öffnungs- und Schließmechanismen aus Messing und Eisen. Die Fensterrahmen bestehen aus schmalen Stahlprofilen und schließen bündig mit der Fassade ab und tragen so zum geschlossenen geometrischen Erscheinungsbild der Außenfassade bei. Das Material Stahl wurde wegen seiner hohen Festigkeit bei gleichzeitig schlankem Querschnitt ausgewählt. Ein großer Anteil der Öffnungs- und Schließmechanismen der Fenster aus der ersten Ausstattungsphase ist im Haus Beer noch erhalten. Es handelt sich um ein historisches Zeugnis der industriellen Produktion der Epoche. In den meisten Fällen konnte die Datierung entweder an Hand von Fotos nachgewiesen werden, bei anderen halfen Vergleichsbeispiele. Ersteres trifft auf den häufigsten Verschluss der Drehfensterflügel im Haus Beer zu, das sogenannte „Einsteckfenstergetriebe“26. Es besteht aus einem Griff und einer zweigeteilten Stange, deren Teile beim Schließen in entgegengesetzter Richtung verschoben werden und oben und unten in einem Schließblech oder Rollenkolben einrasten27. Weitere Beispiele sind etwa einfache Riegel oder zwei miteinander verbun-
25 Andés, L. E., Die technischen Vollendungsarbeiten der Holz-Industrie. Schleifen, Beizen, Lackieren, Anstreichen und Vergolden des Holzes, Wien 1929, S. 178. 26 Schneck, A. G., Fenster aus Holz und Metall. Konstruktion und Maueranschlag, Stuttgart 1932, S. 2. 27 Gerner, M./Gärtner, D., Historische Fenster. Entwicklung Technik Denkmalpflege, Stuttgart 1996, S. 60.
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dene Riegel mit einem Drehgriff.28 Um 1932 waren erwiesenermaßen ähnliche Modelle im Handel und wurden etwa in Stuttgart in der Weißenhofsiedlung eingesetzt29. Charakteristisch sind auch die Fensterbänke aus Kunststein aus der ersten Ausstattungsphase. Sie wurden vermutlich direkt vor Ort mit Schalungen hergestellt. Die Masse besteht zur Hälfe aus Zement und zur Hälfte aus Zuschlagstoffen, bei denen es sich zum großen Teil um Leithakalkbruchstücke handelt. Leithakalk, der am Rand des Wiener Beckens in großen Mengen vorkommt, ist einer der wichtigsten Bausteine in Wien. Der Stein besteht unter anderem aus fossilen Rotalgenbruchstücken (Lithothamnien) und Foraminiferen (einzelligen Meereslebewesen), Seeigelfragmenten und diversen Schalentieren.30 Diese Bestandteile sind an der Oberfläche der Kunststeinmasse im Haus Beer teilweise gut zu erkennen. Die Fenster und ihre Bestandteile befinden sich in einem erstaunlich guten Zustand. Der Korrosionsschutzanstrich wurde im Laufe der Zeit offensichtlich mehrmals erneuert. Nur an einem Fenster in der Bibliothek sind substanzgefährdende Schadensphänomene zu beobachten. Aufgrund von Kondenswasser ist der Fensterrahmen an einer Stelle korrodiert und es hat sich Rost gebildet. Gleich darunter weist die Fensterbank aus Kunststein Risse und lose Bruchteile auf, verursacht durch Temperaturschwankungen, Einwirkung von Feuchtigkeit und Spannungen innerhalb des Materials. Die vorhandenen Risse und Fugen bieten mögliche Angriffsstellen für die Destabilisierung der Fensterbank. Das Maßnahmenkonzept sieht vor, dass der korrodierte Fensterrahmen mechanisch von den abgehobenen Schollen des alten Anstriches und dem Rost befreit und anschließend ein neuer Korrosionsschutzanstrich aufgetragen werden soll. Der Korrosionsschutzanstrich sollte idealerweise einem historischen System folgen (Bleimennige in Öl). Bei der betroffenen Fensterbank aus Kunststein sollen lose Teile wiederbefestigt und die Risse geschlossen werden. Die darauffolgende Kittung soll mit einer Zementmasse, die dem Vorbild des Kunststeins der ersten Ausstattungsphase entspricht, durchgeführt werden. Die Zusammensetzung ist, wie bereits erwähnt, durch eine materialwissenschaftliche Analyse bekannt.
28 Schneck, A. G., Fenster aus Holz und Metall. Konstruktion und Maueranschlag, Stuttgart 1932, S. 81. 29 In der Weißenhofsiedlung in Stuttgart gestaltete auch Josef Frank ein Haus. 30 Die Zusammensetzung des Kunststeins im Haus Beer wurde von Dr. Roman Sauer analysiert. Siehe: Wilk, J., Das Haus Beer (1930), Bestandsklärung und Erhaltungsstrategien für die Innenausstattung, Diplomarbeit, Universität für angewandte Kunst Wien, 2012, Anhang. Materialwissenschaftliche Analysen. Probe 10.
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Fazit Die Ergebnisse der Bestandsklärung sollen gemeinsam mit den Empfehlungen zur Konservierung und Pflege, zum langfristigen Erhalt des Hauses Beer beitragen und als Grundlage für künftige Entscheidungen, vor allem bei der Konservierung und Restaurierung, dienen. So kann die vorhandene Substanz der ersten Ausstattungsphase im Haus Beer als solche erkannt und mit Respekt behandelt werden.
Literatur Andés, L. E., Die technischen Vollendungsarbeiten der Holz-Industrie. Schleifen, Beizen, Lackieren, Anstreichen und Vergolden des Holzes, Wien 1929. Baryli, S., „Villa Beer war mein Zuhause“, 4.7.2012, in: bz Wiener Bezirkszeitung, Wien–13 Hietzing- mein bezirk.at, http://www.meinbezirk.at/wien–13-hietzing/chronik/villa-beer-war-meinzuhause-d210391.html, Zugriff 11.11.2013. Bojankin, T., Das Haus Beer und seine Bewohner, in: Meder, I. (Hg.), Josef Frank 1885–1967. Eine Moderne der Unordnung, Wien 2008, S. 105–111. Czech, H./Spalt, J., Josef Frank. 1885–1967, Wien 1981. Frank, J., Das Haus als Weg und Platz, Der Baumeister 29/1931, S. 316–323. Gerner, M./Gärtner, D., Historische Fenster. Entwicklung Technik Denkmalpflege, Stuttgart 1996. Gmeiner, A./Pirhofer, G., Haus & Garten – Neue Wiener Wohnkultur, in: Gmeiner, A./Pirhofer, G. (Hg.), Der österreichische Werkbund. Alternative zur klassischen Moderne in Architektur, Raum- und Produktgestaltung, Wien 1985, S. 111–122. Gmeiner, A./Pirhofer, G. (Hg.), Der österreichische Werkbund. Alternative zur klassischen Moderne in Architektur, Raum- und Produktgestaltung, Wien 1985. Meder, I. (Hg.), Josef Frank 1885–1967. Eine Moderne der Unordnung, Wien 2008. Odegoard, N./Carroll, S./Zimmt, W. S., Material characterization tests for objects of art and archaeology, London 2000. Ott, M., Josef Frank (1885–1967) – Möbel und Raumgestaltung, Dissertation., Universität Wien, 2009. Prieto, J./Kiene, J., Holzbeschichtungen. Chemie und Praxis, Hannover 2007. Schneck, A. G., Fenster aus Holz und Metall. Konstruktion und Maueranschlag, Stuttgart 1932. Prokop, U., Oskar Wlach, in: Architekturzentrum Wien, http://www.architektenlexikon.at/ de/695.htm, update 13.05.2008, Zugriff 6.12.2011. Spalt, J., Josef Frank 1885–1967. Möbel & Geräte & Theoretisches, Hochschule für angewandte Kunst, Wien 1981. Stock, E., Taschenbuch für die Farben- und Lackindustrie sowie für den einschlägigen Handel, Stuttgart 1937. Svenskt Tenn, Ceiling Lamp 2353 Brass, in: http://www.svenskttenn.se/en-us/product/0167/lighting/ceiling-lamps/ba10036/ceiling-lamp–2353-brass.aspx, update 2010, Zugriff 24.10.2011.
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Svenskt Tenn, Ceiling Lamp 2353 Chrome, in: http://www.svenskttenn.se/en-us/product/0167/ lighting/ceiling-lamps/ba10039/ceiling-lamp–2353-chrome.aspx, update 2010, Zugriff 24.10.2011. Wallner, M., Haus & Garten – Frank & Wlach. Ein Beitrag zur österreichischen Wohnkultur, Graz 2008. Wenzel, A., Die neutrale Stimmung, in: Innendekoration 42/1931, S. 388–396. Wilk, J., Das Haus Beer (1930), Bestandsklärung und Erhaltungsstrategien für die Innenausstattung, Diplomarbeit, Universität für angewandte Kunst Wien, 2012.
Martina Markovska
The Josephinum and the Anatomical Wax Model Collection – Historical Context and Methods for Care and Preservation
Zusammenfassung Die Sammlung anatomischer Wachsmodelle als Teil der Medizinischen Universität Wien, stellt einen einzigartigen Beitrag zum Kulturerbe der Stadt dar. Die Sammlung wurde von Kaiser Joseph II. angelegt und im Josephinum untergebracht. Das Ensemble ist seit seiner Eröffnung im 1785 Zeugnis der reformistischen Ideen des 18. Jahrhunderts. Es stellt ein Denkmal der Aufklärung in Österreich dar und vereint Kunst und die Wissenschaft. Der vorliegende Beitrag illustriert zunächst den historischen Hintergrund der Sammlung und behandelt die verwendeten Materialien, den aktuellen Zustand der Objekte sowie auftretende Alterungserscheinungen und Schäden. Darüber hinaus werden die konservatorischen Maßnahmen zur Behandlung der häufigsten Schadensbilder, die Entscheidungsprozesse in der Restaurierung und die Prioritätensetzung im Zuge der Sammlungspflege beleuchtet.
Abstract The collection of anatomical wax models displayed at Vienna’s Medical University’s Josephinum is a unique contribution to the city’s cultural heritage. Created at the behest of Emperor Joseph II and housed at the Josephinum from its foundation in 1785 until the present day, the collection is a testament to the reformist zeal of the 18th century period in which it was crafted, a remarkable benchmark of Enlightenment that spans the divide between art and science. This paper begins with an illustration of the collection’s historic milieu, and then goes on to examine the diverse materials used in its construction, its current condition, and the damage inflicted upon it with the passage of time. Conservation methods for the most commonly appearing damage phenomena, as well at the decision-making and prioritization procedures employed in its restoration and maintenance are then presented as well.
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Josephinum – Foundation and Context Inspired by his experiences during his travels, Emperor Joseph II (1741–1790) became intent on reforming the domestic healthcare system from the ground up. This resulted first in the establishment of the “Allgemeines Krankenhaus” (General Hospital) in 1784. Built on the estate of the 17th century “Großarmen- und Invalidenhaus” (Poor- and Invalid house), this was to become Vienna’s biggest public hospital, with around 100 different wards and 2000 beds. In the same year, the so-called “Narrenturm” (Fools’ Tower), a panopticon-style building for the treatment of the mentally ill, also opened. The foundation of a military hospital for the care and treatment of soldiers followed in 1785, with two special birthing facilities for soldiers’ wives also integrated within. And, on the same date, a new, centralized, medico-surgical school celebrated its opening (fig. 37). Giovanni Alessandro Brambilla (1728–1800), the Emperor’s closest and most trusted adviser, was appointed as first director of this school, now commonly known as the Josephinum.1 Along with this new medical institution, Brambilla ushered in a revamped approach to medical pedagogy. This distinguished itself from previous methods through additional training for army and country rural doctors, as well as extended education for surgeons, who, at that time, belonged to the barbers’ guild and were therefore classified as craftsmen rather than medical practitioners. The aim here was to raise the status of the occupation of surgeon to that of a professional medic – as such, to that of gentlemen with academic backgrounds.2 The school was equipped to the most modern of standards and, one year after founding, was promoted to a higher rank and renamed the “Josephinische medizinisch-chirurgische Akademie” (Joseph’s medical-surgical academy).3 In terms of its layout, the academy’s ground floor included storage rooms for medication, bandaging materials, and surgical instruments. A number of rooms served to accommodate the dissector, the concierge and the military surgeons. A central, circular room was the lecturing hall. Two further rooms were used for the cleaning of pathological preparations, and the two remaining rooms housed the academy’s archives. The building’s first floor featured an extensive library of 10 000 volumes, a room for the arranging of preparations for the anatomy hall, and rooms with pathological preparations, enamel paintings depicting eye diseases, and medical instruments. In the middle was the amphitheatre with an anatomy table. It was the northwest wing of the first floor that was chosen to house the academy’s most valuable objects: the anatomical wax models. These 1 2 3
Skopec, M., Anatomie in Wachs, in: Skopec, M./Gröger, H. (Hg.), Anatomie als Kunst, Anatomische Wachsmodelle des 18. Jahrhunderts im Josephinum in Wien, Wien 2002, S. 31–71. Schoenbauer, L., Das Medizinische Wien, Geschichte, Werden, Würdigung, Wien 1944, S. 145–146. Skopec, M., Anatomie in Wachs, in: Skopec, M./Gröger, H. (Hg.), Anatomie als Kunst, Anatomische Wachsmodelle des 18. Jahrhunderts im Josephinum in Wien, Wien 2002, S. 31–71.
The Josephinum and the Anatomical Wax Model Collection –
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were displayed through six different rooms. The second floor, besides having apartments for the professors, also had two more rooms with wax models depicting embryology and obstetric embodiments.4
Anatomical Wax Model Collection – Origin and Establishment Many of the path breaking developments during the reign of Joseph II began life as the ideas of his advisers. With regards to medical matters, Brambilla played a key role in the change and development of medical facilities and the new education system for medicine. He was an outstanding military surgeon of Italian origin, who had good connections to many medical institutions in Italy. As personal physician to the Emperor, he consulted and accompanied Joseph II on all his travels from 1763 onward.5 During the course of this foreign travel, Joseph II became acquainted with innovations in political, scientific, and educational matters, particularly those in the field of medicine. In 1780 the Emperor travelled to Italy for the second time and, while visiting his brother Peter Leopold, the Grand Duke of Tuscany, in Florence, was shown the new collection of anatomical wax models at the Imperial Regio Museo di Fisica e Storia Naturale, commonly known as “La Specola”. The Emperor’s admiration for the models was so strong that he asked to purchase such a collection for his new medico-surgical academy.6 This was not instantly welcomed by either the Grand Duke, or by Felice Fontana, the director of “La Specola” at the time, as they feared this would cause delays in the completion of their own collection. However, the Emperor was persistent, an agreement was made, and in 1781 the models destined for Vienna were officially ordered.7 Fontana was personally responsible for supervising the artistic and technical accuracy of the objects, while Clemente Susini, a future director of “La Specola”, also worked on the sculptures, while training 16 external modellers. A fortunate coincidence for the future 4
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Lesky, E., Wien und die Weltmedizin, in: Lesky, E. (Hg.), International Academy of the History of Medicine, Wien und die Weltmedizin, 4. Symposium der Internationalen Akademie für Geschichte der Medizin veranstaltet im Institut für Geschichte der Medizin der Universität Wien, 17.–19. September 1973, Graz 1974, S. 43–48. Switalek, M., Das Josephinum, Aufklärung, Klassizismus, Zentrum der Medizin, Dissertation, Technische Universität Wien, 2011, S. 28–36. Skopec, M., Anatomie in Wachs, in: Skopec, M./Gröger, H. (Hg.), Anatomie als Kunst, Anatomische Wachsmodelle des 18. Jahrhunderts im Josephinum in Wien, Wien 2002, S. 31–71. Poggesi, M., Die Wachsfigurensammlung des Museums La Specola in Florenz, in: Düring, M./Poggesi, M./Didi-Huberman, G./Museo La Specola Florence (Hg.), Encyclopaedia Anatomica, Museo La Specola Florence, Köln 2006, S. 35.
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importance of the Vienna collection was the engagement of anatomist Paolo Mascagni at “La Specola” at the same time as work on Joseph II’s project was beginning. His main area of research was the lymphatic system – an aspect of physiology still new to 18th century anatomists. His depictions of the lymphatic vessels on numerous models destined for Vienna lent the collection a unique pioneering quality. The entire collection was completed in five years and transported to Vienna by 1786. At that time it contained 1192 wax models in original wooden showcases.8
Josephinum and the Collection of Anatomical Wax Models – Usage and Care in Retrospect Reform to the medical education system and the resulting search for optimal teaching methods and materials were the principal motivations behind the purchase of the Josephinum’s anatomical wax collection. The didactic purpose of the objects becomes clearer still when one considers how each model was also illustrated in a tempera-coloured drawing. These were originally displayed above the corresponding model, the drawings’ details marked and numbered to reference didactic texts situated in drawers integrated below the models’ showcases. These texts were written in both German and Italian, and contain detailed descriptions of most of the elements illustrated on the drawing or depicted on the model. Artistically speaking, the high aesthetics of the objects were as important as their didactic message. Precious nut wood with rosewood veneer and gilded borders, as well as blown glass, were used for the showcases. The models are surrounded by historic silk drapery, or laid on mattresses covered with purple silk, and each of the whole-body models shows a different movement: poses that capture the classical ideals of the renaissance.9 Nevertheless, every aspect of the models and their presentation had a practical use. The showcases are intelligently built: their use is simple, pragmatic, and allows the best view onto the models. The display cases for the upright, whole-body models also contained mechanisms enabling the models to be rotated about their axis, thus enabling the observer to view the models from a variety of differing perspectives. The poses struck by the whole-body models also allow optimal angles to see certain areas of the body, such as the armpit or the interdependence between the spine and the muscles, which a standard pose would obscure. Furthermore, the models’ lifelike colours, which corpses lack but which 8 9
Skopec, M., Anatomie in Wachs, in: Skopec, M./Gröger, H. (Hg.), Anatomie als Kunst, Anatomische Wachsmodelle des 18. Jahrhunderts im Josephinum in Wien, Wien 2002, S. 31–71. Almhofer, E., Beredte Bilder des Leibes, in: Skopec, M./Gröger, H. (Hg.), Anatomie als Kunst, Anatomische Wachsmodelle des 18. Jahrhunderts im Josephinum in Wien, Wien 2002, S. 21–29.
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play important role for surgical interventions10, gave the wax objects a certain comparative advantage (fig. 38–40). The medico-surgical Joseph’s Academy was active for 129 years, with only two interruptions (in 1820 and 1848). The last students were affiliated in 1869, and the academy closed in 1874. After its closure, the building was used to give courses in military medicine, and between 1900 and 1918 a higher-education school for such was situated there. Until the integration of the collection into the Institute for History of Medicine of Vienna University in 1927, the anatomical wax models suffered neglect, and parts of its original configuration have been lost.11 Fortunately, the majority of the collection endured until the present day. Of the 1192 original models, 995 have withstood the turbulence of history. Today, these are displayed in six rooms on the west side of the first floor. Three of these are open to the public, while the remaining three – containing obstetric models of pathological birth conditions – can be visited with a guided tour. Although both the models as well as their showcases were made of high quality materials and with excellent handcrafting, the collection required care and protection from the very beginning. In regard to the wax models, small repairs were most probably carried out shortly after the transport to Vienna12. After World War II, the Viennese wax modeller Karl Stolarzyk was responsible for handling the damaged objects. In 1965, under the management of the collections’ director, Erna Lesky, a large-scale renovation of the entire interior of the Josephinum’s building was undertaken. Major changes to the ceilings, lighting, as well as to the presentation of the wax models in the exhibiting rooms were made. The present-day appearance of the milieu can be dated to 1965. The historic furnishings, such as tables and cockle stoves, have been retained. During renovation, the anatomical models were treated by the wax modeller Willibald Kauer. From 1975, the sculptor Rita Furrer undertook the restoration of the objects and was the first to take a scientific approach to the methods for treatment of the wax models, in cooperation with the Austrian Federal Museums Office and under the direction of Manfred Koller.13 With the work on the diploma thesis of Sandra Kokarnig began a successful collaboration between the Josephinum as part of the Medical University of Vienna and the Institute of
10 Gröger, H., in: Anatomie als Kunst, Anatomische Wachsmodelle des 18. Jahrhunderts im Josephinum in Wien, Wien 2003, S. 125–147, S. 146f. 11 Schmidt, G., Geburtshilfliche Wachspräparate des Josephinums: die Sammlung geburtshilflicher Wachsmodelle und ihre Nutzung zum Unterricht an der medizinisch-chirurgischen Josephs-Akademie in Wien, Wien 1997, S. 296–297. 12 Brambilla, G. A., Appendice alla Storia della Chirurgia Austrica Militare, Pavia 1800, S. 66f. 13 Furrer, R., Die Restaurierung anatomischer und geburtshilflicher Wachsmodelle im Wiener Josephinum, in: Restauratorenblätter 22/2000, S. 105–116.
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Conservation and Restoration at the University of Applied Arts Vienna, with Gabriela Krist as head of the latter. In her work, Kokarnig carried out profound research on the techniques of the wax modelling and defined methods for treatment of damage such as breakages, cracks, surface degradation, and the replacement of missing parts, through series of tests and analyses.14 This was followed by an undergraduate thesis on the conservation and restoration of the historic textiles of the collection by Leonie Tscherner.15 The environmental conditions and effects thereof on the collection were examined and evaluated in a 2011 diploma thesis. External factors such as climate, light, vermin, mechanical stress, as well as dust and pollution contamination were defined and reviewed in relation to the objects in the collection. Methods for eliminating or reducing further damages related to environmental factors were also suggested and discussed.16
The Collection Now – Condition and Damage Considering the collection’s age and the turbulence it has withstood, its condition can be classified as good. However, the aging of the materials, partly through natural processes, but also caused by unsuitable environmental conditions and a lack of adequate and regular care, has led to degradation and damage to the wax models, as well as to their showcases and the textiles which the models are surrounded by.
Wax models Dust is the most frequent problem in the collection. Due to the permeability of the showcases, as well as to the doors and windows, which are not tight enough, the dust exposure of the objects is quite high. Over time, the dust particles can penetrate the wax if they are not removed from the surface. This penetration can accelerate at higher temperatures. Once the dust is stuck in the wax, there is no possibility of reducing or removing the particles without loss of original material.
14 Kokarnig, S., Anatomische Wachsmodelle im Josephinum in Wien, Diplomarbeit, Universität für angewandte Kunst Wien, 2004. 15 Tscherner, L., Textile Bestandteile im Josephinum, Vordiplomsarbeit, Universität für angewandte Kunst Wien, 2009. 16 Markovska, M., Die Sammlung anatomischer Wachsmodelle im Josephinum Wien, Präventive Konservierung und langfristige Erhaltungsstrategien, Diplomarbeit, Universität für angewandte Kunst Wien, 2011. This diploma thesis was supervised by o. Univ. Prof. Mag. Dr. Gabriela Krist, Head of the Institute of Conservation.
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Cracks in the wax models vary from hairline cracks to gaping cracks of up to one centimetre. These are mainly caused by the aging of the resin component, which leads to loss of flexibility of the wax-resin mixture. Fluctuations in temperature as well as tensions between the materials (wax fixated on a wooden plate carrier) can also trigger the damage (fig. 41).17 Breakage is not a very frequent damage. In some cases however, the broken parts of the models are missing, whereas the majority of the fragments are loose and can usually be found in the showcase. The reasons for breakage are similar to the cracks, with addition of mechanical stress as a factor. Deformation has been detected on objects with thin parts, such as depictions of ribs and other thin bones. In such cases, the fragile structure of the models in combination with time and gravity, have led to the damage. The phenomenon is not persistent on all objects of this kind, and only a minority have been affected, which suggests that those models have been also exposed near source of heat, such as heating oven in winter or close to the window during summer heat. Breaking edges tend to deform after time as well. Collision with the showcase glass can be the result of deformation or cracks in the binding media (wax-resin mixture with higher percentage of resin than the modelling mixture) between the model and the carrier plate, whereby the model slides forward and collides with the glass. Alteration, inadequate cleaning, as well as movements through deformation or breakage, have in some cases induced yellowing, craquelure or flaking of the varnish.18 Further damages such as loss of polychrome surface details or loss of the original surface layer through chemical treatment can be detected on individual objects. Three of the whole body female models have been extensively overpainted during treatments in the 60ties. Old completions and retouching can be found on other models as well. However, these interventions affect a small group of objects in the collection and are more linked to optical and aesthetic issues. To the contrary, the damages listed above can lead to further loss of original substance and need to be prioritized.
Historic showcases and textiles The historic showcases as well as the textile inventory have also suffered loss. The most frequent damages are as follows: 17 Kokarnig, S., Anatomische Wachsmodelle im Josephinum in Wien, Diplomarbeit, Universität für angewandte Kunst Wien, 2004, S. 36. 18 Kokarnig, S., Anatomische Wachsmodelle im Josephinum in Wien, Diplomarbeit, Universität für angewandte Kunst Wien, 2004, S. 37.
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Wood Almost all wooden surfaces are affected by dust, mainly from the outside but also from inside the showcase. Fading of the inlay occurs due to excessive exposure to light over long period of time.19 This damage is irreversible. Shrinkage cracks and deformations in the word are a result to tensions induced by climate fluctuations, especially relative humidity. Brittleness of the adhesive agent through alteration, accompanied with fluctuations in the relative humidity can cause tensions between the inlay and the ground and lead to the loosening of the inlay. Scratches are mostly induced by mechanical stress, through inadequate cleaning methods or after extensive usage.
Glass Dust affects most of the glass surfaces on the outside, never the less, the inside are also affected in many cases. Stains in form of drops or flow-paths have been detected on the inside of the glasses. These have been induced by inadequate cleaning methods. Cracks and breakages in the glass are mostly due to the deformation of its wooden frames, in some cases however breakages have been induced by visitors through mechanical stress. Scratches occur through mechanical stress mainly induced by visitors and inappropriate cleaning methods. There is also clouding of the surface. In this case the glass is intact but cloudy because of a thin layer of wax covering the surface. The phenomenon can be only seen on the inside of the showcases and the wax particles are probably emitted by the wax models.
Textiles There are some parts or whole draperies missing, because damaged textiles have been removed or replaced with synthetic silk in the past. Dust on the textiles is mainly loose and can be easily removed. Occurring stains are mostly induced by water or other liquids as well as by wax drops and grease. 19 Kösling, V., Vom Feuerstein zum Bakelit, Historische Werkstoffe verstehen, AdR-Schriftreihe zur Restaurierung, Bd. 5/6, Stuttgart 1999, S. 38.
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Cracks and breakages within the fibres are due to exposure to strong light or exposure to light over longer period of time, as well as thermic influences. Finally there are also frayed bordering ribbons.
Collection care The solutions for long-term preservation of the collection of anatomical wax models can be divided into two main categories: regular and adequate care implied directly at the objects, and optimizing the environmental conditions within which the collection is kept. In September 2013, continuous care for the wax models and their exhibition rooms was implemented. The condition of all the exhibits was examined, resulting in a priority list of objects, containing short descriptions of their current state and rating the degree of damage. The affected objects were divided into three groups: high, medium and lower priority for treatment. The first group included 36 objects showing cracks, breakage, loose parts and other damage that could cause further loss of the original substance. The second group included objects with considerably loose glass, inlays, damaged textiles, or other defects where treatment is needed, but where no danger of loss or downgrade to the condition is likely to occur in the next year or two. This group consists of 49 objects. The last group consists of 46 objects that need to be controlled, that show dust layers, stains, secondary labels or other, mainly cosmetic issues. The conservation and restoration treatment began with the first group. The dust layers are being removed with smooth brushes and a low-power vacuum cleaner. The wax models are then cleaned with extra absorbent sponge (“Blitz-Fix”) and distilled water. Dark surface stains are removed with ethanol and distilled water (1:1) (fig. 42). Loose or broken parts of the wax models are supported and glued with different mixtures of acrylic dispersions, polyethylene glycol or sturgeon glue depending on the sites of fracture. The wax-resin fillers that bind the models onto their carrier plates are controlled and consolidated in order to prevent the models from detaching from the carrier and getting damaged further. Heavily degraded varnish on the wax models surface is punctually removed and supplemented. The cleaning of the wood surface is carried out with brushes and a vacuum cleaner. In addition, latex sponge is used for the ground wood and polyurethane sponges for the inlay. The consolidating and bonding of loose inlay is carried out with rabbit skin glue. On the ground wood surface, where the base plate and the showcase are sliding into each other, wax (from a tea light candle) is applied in order to facilitate the opening and closing of the historic display cases.
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The abrasive dust particles are removed from the mouth-blown glass surfaces with a brush and vacuum cleaner. In addition to that, the glass is cleaned with soft microfiber cloths and ethanol-water mixture. Breakages and cracks are glued with epoxide resin or UV adhesive, depending on the individual case. The stable textiles are cleaned with low vacuum cleaner and latex sponge. In order to keep the dust exposure of the objects as low as possible, additional personnel have been trained to clean the showcases from the outside as well as the historic furniture and the floors in the exhibition rooms, on a weekly basis.
Conclusion Ongoing care and maintenance are of great importance in the preservation of historic collections. However, even regularly applied measures – such as cleaning and treating the exhibits – have their limits, and cannot alone prevent deterioration. Optimized environmental conditions play key role in the long-term upkeep of every collection. With specific regard to the anatomical wax model collection, inadequate temperatures, relative humidity, exposure to light, as well as a high presence of dust, have all induced or accelerated degradation of most of the collection’s material. These factors remain present, and influence the collection’s condition. In collaboration with the University of Applied Arts (Institute of Conservation and Restoration) and the Federal Monuments’ Office in Vienna, various concepts for preventive conservation and improvement of the environmental conditions surrounding the collection have been drafted over the past three years. Unfortunately, implementation of the measures is dependent on funding, and steps can only be taken gradually.
Literature Brambilla, G. A., Appendice alla Storia della Chirurgia Austrica Militare, Pavia 1800. Furrer, R., Die Restaurierung anatomischer und geburtshilflicher Wachsmodelle im Wiener Josephinum, in: Restauratorenblätter 22/2000, S. 105–116. Kokarnig, S., Anatomische Wachsmodelle im Josephinum in Wien, Diplomarbeit, Universität für angewandte Kunst Wien, 2004. Kösling, V., Vom Feuerstein zum Bakelit, Historische Werkstoffe verstehen, AdR-Schriftreihe zur Restaurierung, Bd. 5/6, Stuttgart 1999. Lesky, E. (Hg.), International Academy of the History of Medicine, Wien und die Weltmedizin, 4. Symposium der Internationalen Akademie für Geschichte der Medizin veranstaltet im Institut für Geschichte der Medizin der Universität Wien, 17 – 19. September 1973, Graz 1974.
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Käthe Klappenbach, Uta Scholz, Johanna Wilk
„Repariret“, „aufgeputzet“ oder doch besser restauriert? Sammlungspflege von historischen Kronleuchtern
Abstract Lustres have always been status symbols. In the course of history their former value and significance have often been forgotten, for example when removed from their spatial context or equipped with new illuminants. In most cases the objects are composed of various furnishing phases. Therefore, conservation surveys and scientific research on these complex objects are very important to establish standards for adequate handling. The Prussian Palaces and Gardens Foundation Berlin-Brandenburg houses numerous, valuable lustres made of gilt or silvered brass, wood, steel, rock crystal, glass and porcelain and has decades of experience in the care of lustres. This article describes the significance of these objects, common damage and their handling in a historical context. Adequate measures of care and methods of conservation are presented by several case studies of the Prussian Palaces and Gardens Foundation. The aim of this article is to contribute to the appreciation and the preservation of lustres.
Zusammenfassung Kronleuchter sind seit jeher Statussymbole. Im Laufe der Geschichte gerieten ihr einstiger Wert und ihre Bedeutung oftmals in Vergessenheit, sie wurden etwa aus dem räumlichen Zusammenhang entfernt oder auf neue Leuchtmittel umgerüstet. Der Bestand setzt sich in beinahe allen Fällen aus mehreren Ausstattungsphasen zusammen. Umso wichtiger sind deshalb die konservatorische Bestandsaufnahme und die wissenschaftliche Erforschung dieser diffizilen Objekte, um eine Grundlage für den richtigen Umgang mit ihnen zu schaffen. Die Stiftung Preußischer Schlösser und Gärten beherbergt zahlreiche, wertvolle Kronleuchter aus vergoldetem oder versilbertem Messing, Holz, Stahl, Bergkristall, Glas und Porzellan und verfügt über jahrzehntelange Erfahrung in der Pflege von Kronleuchtern. In diesem Beitrag werden nun die Bedeutung dieser Objekte, die häufigsten Schadensbilder und der Umgang mit ihnen in der Geschichte aufgezeigt. Geeignete Pflegemaßnahmen und Restaurierungsmethoden werden an Hand von mehreren
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Käthe Klappenbach, Uta Scholz, Johanna Wilk
Beispielen aus der Stiftung Preußischer Schlösser und Gärten vorgestellt. Ziel dieses Beitrags ist es zur Wertschätzung und Erhaltung von Kronleuchtern beizutragen.
Einleitung Die Beliebtheit prächtiger Hängeleuchter aus wertvollen Materialien und in auserlesenen Gestaltungen stand und steht oft noch immer in keinem Verhältnis zum Umgang mit ihnen. Die teuren Kronleuchter zählten für die Fürsten und Adelsfamilien Europas zu den Statussymbolen und Prestigeobjekten. Bis heute blieb ihre Popularität ungebrochen, wobei sich der Kreis der Besitzer nicht mehr nur auf den Adel und wohlhabende Bürger sowie öffentliche Einrichtungen beschränkt, sondern sich erweitert hat, und neben den Museen sich vor allem die „Highsociety“ aller Couleur auch dieser Symbole bedient. Am häufigsten sind sie jedoch in Museumsschlössern1 anzutreffen, oft auch in Kirchen, seltener in Museen. Eine Besondertheit unterscheidet sie von den meisten anderen Kunstwerken in einem Raum: sie befinden sich in der Regel nicht in einer Vitrine sondern hängen frei und ungeschützt mitten im Raum. Dadurch sind sie bei Reinigungs- oder Transportaktionen mittels Leitern sehr gefährdet. Andererseits müssen auch sie gesichert sein, denn die Gäste und das Museumspersonal halten sich häufig direkt unter den Objekten auf. Oft ist ihr Wert nicht bekannt, da ihre systematische Erforschung erst begonnen hat.2 Absicht des Beitrages ist es, die Bedeutung dieser hängenden Kunstwerke und die häufigsten Schadensbilder vorzustellen, den Umgang mit ihnen in der Geschichte aufzuzeigen und an Hand von einigen Beispielen aus dem großen Bestand an Kronleuchtern in der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg (im folgenden SPSG) die jetzt übliche Pflege, präventive Konservierung und Restaurierung aufzuzeigen und zu appellieren, sie als Kunstwerke zur betrachten und zu behandeln.
Bedeutung von Kronleuchtern Schon ihr sehr anschaulicher Name lässt Rückschlüsse auf ihr Ansehen zu. Leicht ist es, aus den in Nordeuropa nördlich von Bayern bis nach Norwegen üblichen Bezeichnun1
2
In einem Museumsschloss wird mit originalen Objekten, die in den Inventaren nachgewiesen sind, die Ausstattung eines Schlosses in einer bestimmten Zeit präsentiert. Im Gegensatz dazu ist bei einem Schlossmuseum das Schloss nur Hülle für eine rein museale Ausstellung. Klappenbach, K., Kronleuchter mit Behang aus Bergkristall und Glas sowie Glasarmkronleuchter bis 1810, Berlin 2001.
„Repariret“, „aufgeputzet“ oder doch besser restauriert?
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gen, die von Kronleuchter über Krone oder Lichterkrone3 variieren, herauszulesen, dass es sich hier um den krönenden Abschluss eines Raumes und Blickfang, der den „Luftraum möbliert“,4 handelte. Nicht minder bildlich ist die in Süddeutschland und Österreich übliche Bezeichnung „Lüster“ oder „Luster“. Sie ist auch in einigen slawischen Ländern üblich.5 Mit dieser aus dem Französischen übernommenen Bezeichnung wird nicht nur sein Aussehen sondern auch gleichzeitig seine Bestimmung beschrieben, nämlich bei Tageslicht die Strahlen der Sonne aufzunehmen und zu reflektieren und bei außergewöhnlichen Anlässen am Abend und in der Nacht als Träger brennender Kerzen aus sich heraus zu leuchten und die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Wie jedes andere Kunstwerk in einem fürstlichen Gemach hatten auch sie die Aufgabe, zu demonstrieren, welche finanziellen Möglichkeiten ihr Besitzer hatte und ob er der herrschenden Mode genügte. Je erlesener die Gestaltung eines Leuchters, umso feiner der Geschmack des Besitzers. Die Funktion, bei besonderen Anlässen auch brennende Kerzen zu tragen, war zweitrangig, denn die dabei erzeugte Lichtmenge hatte kaum Auswirkungen auf die Beleuchtung des Raumes. Wichtiger dafür waren die neben Spiegeln angebrachten Wandleuchter und vor allem die sich auf Konsol- oder anderen Tischen befindlichen Leuchter. Ein Lichtexperiment, welches in der SPSG im Jahr 2009 durchgeführt wurde und in einem Dokumentarfilm festgehalten ist, beweist das. Die Beleuchtungsstärke unter einem Kronleuchter mit 12 brennenden Kerzen betrug nur 5 lux.6 Die auf Kronleuchtern während eines festlichen Anlasses brennenden Kerzen hatten also vor allem die Bestimmung, „die gesellschaftliche und wirtschaftliche Stellung durch übertriebenen Kerzenluxus zu demonstrieren“.7 Damit konnte der Welt gezeigt werden, welch finanziellen Aufwand man treiben konnte, um die äußerst kostspieligen gebleichten Bienenwachskerzen zu benutzen. Zahlreiche bildliche Darstellungen schon vor dem 17. Jahrhundert bis zur Erfindung der Stearin- und Paraffinkerzen in der Mitte des 19. Jahrhunderts belegen das. Besonders deutlich ist das bei den Darstellungen anlässlich der Hochzeit Josephs II. mit Isabella von Parma 1760, gemalt von Martin van Meytens. Bei der am Tage stattfindenden „Hoftafel in der Anticamera“ (Wien, Kunsthistorisches Museum) sind keine Kerzen auf den zahlreichen Kronleuchtern dargestellt, beim „Abendlichen Konzert im Redoutensaal“ (Wien, Schloss Schönbrunn. Kunsthistorisches Museum) werden brennende Kerzen gezeigt. Die Regeln des Hof-Zeremoniells und der Rang der Räume waren oft ausschlaggebend für Material und Größe der Leuchter. Dabei gab es immer eine Steigerung vom we3 4 5 6 7
Niederländisch „kroonen“, dänisch „lysekrone“ schwedisch „ljuskrona“, norwegisch „lysekroner“. Diesen sehr bildlichen Begriff hat Hans Harald Rath, Fa. Lobmeyr, Wien, kreiert und ich danke Herrn Peter Rath, Wien, für die Mitteilung darüber. Zum Beispiel in Tschechien „lustr“ und in Russland „люстра“ (Lüstra). Lehmann, A., Das Licht des Königs, Film, Deutschland, ZDF 2009. Seidel, K., Die Kerze. Motivgeschichte und Ikonologie. Hildesheim 1996, S. 29.
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nig beleuchteten Vorzimmer bis hin zu den üppig erhellten Festsälen.8 Welches Material dann wirklich verwendet wurde, bestimmte die herrschende Mode und die Vorliebe des Bestellers. Besonders beliebt waren lichtreflektierende Materialien, wie vergoldetes oder versilbertes Messing, Stahl oder Eisen als Gestell, Bergkristall oder Glas als Behang aber auch Kronleuchter aus Porzellan oder ganz aus Glas. Sogar vergoldetes oder versilbertes Holz kam häufig zur Anwendung.
Schadensbilder und ihre Ursachen Das Brennen der ausnahmslos immer tropfenden Kerzen hatte zur Folge, dass nach jedem Gebrauch das Kerzenwachs entfernt werden musste. Weitere Spuren hinterließen Staub und Fliegenkot. Der exponierte Platz mitten im Raum, unsachgemäße Reinigungen und Umhängungen, unzureichend gesicherte Aufhängungen, Unachtsamkeit beim Aufstecken von Kerzen und die schädigende Wirkung der Stearinsäure auf dem Metall, ungeschützte Transporte und schlechte klimatische Bedingungen verursachten weitere Schadensbilder. Noch größere Folgen hatten das Vergessen der einstigen Bedeutung, die darauf folgende Entfernung aus dem inhaltlichen Kontext und die den immer steigenden Lichtbedürfnissen geschuldete Umrüstung auf neue Leuchtmittel. Das Ende dieses Abstiegs war die Herabwürdigung zur bloßen „Lampe“ oder „Leuchte“, der man die Herkunft, ihre einstige Schönheit und vor allem den sehr hohen Erwerbspreis nicht mehr ansah. Dies hatte zur Folge, dass jeder mit einer handwerklichen Begabung und Kenntnissen auf dem Gebiet der Elektrotechnik sich berufen fühlte, „Reparaturen“ an Kronleuchtern durchführen zu können. Die originale Substanz wurde zwar meist nach bestem Wissen und Gewissen behandelt, doch der Vorzustand spielte eine untergeordnete oder gar keine Rolle. Dokumentationen gab es kaum. Ziel war das „Erstrahlen im neuen Glanz“. Dies führte dazu, dass es zum Beispiel keinen historischen Behang-Kronleuchter mehr gibt, der sich im Originalzustand befindet, denn es ist mit größter Sicherheit davon auszugehen, dass alle abnehmbaren Teile irgendwann einmal bei einer Reinigung oder einem Umhängen ausgetauscht, verändert oder sogar einer neuen Mode angepasst worden sind. Im Neuen Palais (erbaut 1763–1769) im Potsdamer Park Sanssouci wurden in den 8
Rohr, J. B. von, Einleitung zur Ceremoniell-Wissenschafft der großen Herren, Berlin 1733, S. 73–74: „§ 23 Die Meublen und Tapisserien sind nach dem Unterschied der Gemächer unterschieden. In der ersten Antichambre sind sie nicht so kostbar als in der letztern. Je näher die Vorgemächer den Herrschafftlichen Gemächern kommen, je mehr nehmen die Meublen an Kostbarkeit zu. … Fallen Galla-Tage bey Hofe ein, so wird … die Pracht der Meublen noch weit mehr vergrößert, da zeigen sich allenthalben, sonderlich aber in den Paradezimmern, goldene und silberne Pretiositäten, an Tischen, Spiegeln, Gueridons und Gheridonetten, Cronleuchtern, Wandleuchtern u.s.f.“
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letzten Jahren französische Bergkristall-Behang-Kronleuchter aus der Mitte des 18. Jahrhunderts „wiederentdeckt“, die zur Regierungszeit Kaiser Wilhelms II. (1888–1918) elektrifiziert, mit mehr Kerzentüllen als ursprünglich und mit neuem, stilistisch falschem, Glasbehang versehen und damit so stark entstellt waren, dass ihre ursprüngliche Gestalt und ihr Wert nicht mehr sichtbar waren (Fallbeispiele 1 und 2). Kronleuchter, vor allem die aus vergoldetem oder versilbertem Messing mit Behang aus Bergkristall oder Glas, sind Kunstwerke, die einen Preis hatten, der oft den von Gemälden, Möbeln und Skulpturen übertraf.9 Sie sind nach einem bestimmten System aufgebaut. Ihr Behang, der immer verschiedenen Werkstätten einer Region entstammte und in der Regel vom Hersteller des Metallgestelles oder vom Händler stilistisch passend ausgewählt war, wurde nach ästhetischen Grundsätzen angebracht.10 So ist ein Kronleuchter mit Behang aus Bergkristall oder Glas ein Gesamtkunstwerk aus vielen Einzelteilen und vergleichbar mit einem Porzellanservice: jedes Einzelstück ist gleichbedeutend und muss sich am richtigen Platz befinden, sonst wird der Charakter des Leuchters verfälscht. Dabei ist zu beachten, dass es seit dem 17. Jahrhundert regional unterschiedliche stilistische Strömungen bei der Herstellung von Kronleuchterbehang gab. So unterscheiden sich die Formen des Kronleuchterbehangs der Mailänder Bergkristallschleifer stark vom geschliffenen böhmischen Glasbehang. Das bezieht sich auf die Formen wie auf die Abmessungen der Behangteile. In BrandenburgPreußen wurden im 18. Jahrhundert von der Königlichen Glashütte Zechliner Hütte die Mailänder Bergkristallpendeloquen in Glas genau kopiert und es gab Einfuhrverbote für böhmisches Glas. Im übrigen Europa verwendete man den böhmischen Glasbehang, der auch in vielen Ländern in den heimischen Glashütten kopiert wurde.11
Der Umgang mit Kronleuchtern in der Geschichte Bis zum Beginn der Einführung des elektrischen Stroms wurden in den preußischen Schlössern entweder die jeweiligen Hersteller der Kronleuchter oder ihre Nachfahren, 9
Zwei Kronleuchter mit Bergkristallbehang, die am 24.12.1746 in Paris für Friedrich II. erworben wurden, kosteten je 3000 Taler. Die gleichzeitig gekauften zwölf Gemälde von Nicolas Lancret und Jean-Baptist Pater hatten einen Preis von insgesamt 3500 Talern. (Seidel, P., Friedrich der Große als Sammler, in: Jahrbuch der Königlich-Preußischen Kunstsammlungen 15/1894, S. 48–57/S. 81–93, S. 50.). 10 Jaubert, P., Dictionaire raisonné universel des arts et métiers, 5 Vol., Paris 1773, S. 521. „La maniére de les décorer n’est assujettie à aucune regle, le caprice de l’ouvrier et surtout son bon goût, décident de la façon dont il doit disposer ses ornements, … les lustries n’ont que le mérite de l’arrangement.“ Übersetzung: „Die Dekorationsweise ist keiner Regel unterworfen, die Laune des Arbeiters und insbesondere sein guter Geschmack entscheiden darüber, wie er den Schmuck verteilen muß. … Die Lustriers haben nur den Ruhm des Arrangements, der Anordnung.“ 11 Klappenbach, K., Kronleuchter mit Behang aus Bergkristall und Glas sowie Glasarmkronleuchter bis 1810, Berlin 2001, S. 131, Abb. 136, S. 167–169, S. 385–421.
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des weiteren Schlossdiener oder andere Bedienstete aber auch Glaser oder Händler, die mit diesen Objekten handelten, mit dem Reinigen, dem „Repariren“ oder „Aufputzen“, der Anfertigung von neuen Behangteilen,12 dem Umhängen der Leuchter oder dem neu Verdrahten13 beauftragt. Bereits im 19. Jahrhundert sank jedoch die Wertschätzung der Kronleuchter. Auf die Anfrage eines Schlosskastellans, ob für das „Aufputzen“ statt der „ungeschickten“ Schlossdiener „…wobei über jedesmal Beschädigungen vorgekomen…“ doch lieber der Glaser bestellt werden sollte, erhält dieser vom Hofmarschallamt die Antwort, „… auch müssen sich die Schloßdiener darauf einarbeiten, es würde zu viel kosten wenn in allen Schlössern der Glaser die Cronen extra putzen sollte“.14 Seit der allgemeinen Einführung der Elektrifizierung entstanden im Berliner Schloss und am Potsdamer Neuen Palais so genannte „Lampierwerkstätten“ oder „Elektrische Stationen“. Zur Aufgabe ihres Personals gehörte neben der Betreuung der neuen elektrischen Anlagen auch die Reparatur der historischen Beleuchtungskörper. Bei der großen Menge der vorhandenen Kronleuchter und der fehlenden Kenntnis der Materialien und des Ranges der Objekte gab es hier wahrscheinlich die größten undokumentierten Veränderungen, trotz des sicher vorhandenen guten Willens. Die Veränderungen, die bei der Elektrifizierung der historischen Kronleuchter durch die Firma Siemens & Halske zwischen 1888 und 1916 vorgenommen worden, sind ebenfalls nie dokumentiert.
Der gegenwärtige Umgang mit Kronleuchtern in der SPSG Je mehr Erkenntnisse mit der Erforschung der historischen Beleuchtungskörper gewonnen wurden, desto mehr steigerte sich auch deren Wertschätzung. Die Ansprüche an die Behandlung und die Restaurierung von Kronleuchtern, die früher selten der Um12 „Für Sr. Königliche Majestät Lust Schloß Sangsouci habe verfertiget an denen befindlichen Cronen Leuchter 2 Bandeloquen (Pendeloquen, Anm. d. V.) à 5 Rtl. – 10 Rtl., 1 großer Stern 1 Rtl. Summa 11 Rtl., Johann Christian Bode Junior, Potsdam 16. Juli1754“. In: Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz (GStAPK), I. HA, Rep. 36, Nr. 3266, p. 8. 13 „In dem Königl. Neuen Palais habe 13 Stück große Kristallene Kronen Leuchter abgenommen und wieder angebracht; auch anstatt der Stücken, so teils gefehlt, teils schadhaft gewesen, neue angebracht; alles mit neuem Draht befestiget und in vollkommenen Stand gesetzt 104 Rtl., An den Schwerdtfeger bezahlt 4 Rtl., An die Arbeitsleute, so mir dabey Handreichung gethan, bezahlt 13 Rtl., (…) Joh. Christoph Brockes“, in: Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz (GStAPK), I. HA Rep. 36 Nr. 3070, S. 108. Im April 1782 gingen 26 Taler „An Brooks (Johann Christoph Brockes, Anm. d. V.) für Ausbesserung, und Aufputzung der Cronen=Leuchter zu Sanssouci, und denen Neuen Cammern“, in: Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz (GStAPK), Monatliche Schatullrechnungen Friedrichs II., BPH, Rep. 47 G Nr. 9, Bd. 37, Bl. 4, recto. 14 Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz (GStAPK), BPH, Rep. 113, Nr. 2751, p. 40.
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gangsweise mit einem Kunstwerk entsprachen, stiegen und erfüllen jetzt in der Regel die üblichen Anforderungen. In der SPSG ist heute bei der Pflege der Kronleuchter in den Museumsschlössern das Ziel, das Gesamtbild im Kontext mit ihrer Geschichte und der räumlichen Umgebung wiederherzustellen. Dieser Anspruch rechtfertigt Kopien oder Ergänzungen verlorener Einzelteile – eine Vorgehensweise, die bereits im 18. Jahrhundert üblich war. Als Grundlage dafür diente seit Beginn der Forschungsarbeiten eine zeichnerische Dokumentation der Behangteile, die bei Restaurierungen von Kronleuchtern vorübergehend abgenommen waren.15 Diese zeichnerische Erfassung war Grundlage für die seit 2012 vorgenommene Gesamtinventarisierung aller vorrätigen Behangteile aus Glas und Bergkristall mit einer zeitlichen und stilistischen Zuordnung auf Grund der Formen, des Materials und der Verarbeitung. Sie ist als Bestandsnachweis und vor allem als Arbeitsgrundlage für Kronleuchterrestaurierungen unerlässlich geworden. Eine Initiative von „Light & Glass“, der “European Society and Documentation centre for Chandeliers, Light and Lighting”16, ruft dazu auf, europaweit diese zeichnerischen Dokumentationen von Kronleuchterbehang in Form eines Dictionary anzulegen, einmal, um einheitliche Bezeichnungen mit den jeweils landestypischen Synonymen für die unterschiedlichen Teile zu erlangen, und zum anderen um weitere Forschungen zur stilistischen Entwicklung des Kronleuchterbehanges in Europa zu unterstützen. Dieses soll auf der Website www. lightandglass.eu abrufbar werden. Sehr hilfreich für die Datierung sind vergleichende Glasanalysen, die in der SPSG schon seit 1988 beauftragt wurden.17 Wichtige Erkenntnisse konnten bisher daraus gezogen werden. Mit den jährlich notwendigen Reinigungen werden jetzt fast ausschließlich Restauratorinnen oder Restauratoren und in Ausnahmefällen bewährte Fachkräfte beauftragt. Das betrifft ebenfalls alle Transporte und Ortsveränderungen. Bei diesen Maßnahmen schützen diese Fachleute die Behangteile mit Hilfe einer Umhüllung aus Schlauchbinden vor dem Zusammenschlagen. Die Elektrifizierung und die Transporte übernehmen jeweils nach Einweisung durch die oben genannten Fachleute mit einer restauratorischen Ausbildung das Personal des stiftungseigenen Meisterbereiches Elektro., welches dafür Transportgestelle entwickelt hat und auf Grund seiner Erfahrungen auch das Abnehmen und wieder Aufhängen der Kronleuchter im Raum vornimmt.
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Dieser Katalog ist erstmals veröffentlicht in: Klappenbach, K., Kronleuchter mit Behang aus Bergkristall und Glas sowie Glasarmkronleuchter bis 1810, Berlin 2001, S. 384–421. 16 www.lightandglass.eu 17 Klappenbach, K./Müller, W./Adam, K., Kronleuchterbehang aus Glas. Schadensformen und chemische Zusammensetzung als Hilfsmittel bei der Herkunftsbestimmung, in: Berliner Beiträge zur Archäometrie 12/1993, S. 97–107.
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Käthe Klappenbach, Uta Scholz, Johanna Wilk
Fallbeispiele Anhand von einzelnen Fallbeispielen soll nun erläutert werden, wie die Sammlungspflege in der Praxis konkret aussehen kann. Die drei ersten beschriebenen Projekte wurden im Jahr 2010 in der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten durchgeführt.
Fallbeispiel 1 (Johanna Wilk) Beim ersten Beispiel handelt es sich um einen „lustre en cristal de roche“: also einen französischen Kronleuchter mit Bergkristallbehang.18 Er wurde von König Friedrich II. gekauft und entstand wahrscheinlich 1740–1746 in Frankreich. Ein wichtiger Hinweis für die Datierung ist das „C-Couronné“, eine Punze, die sich auf jedem Metallelement befindet.19 Der Kronleuchter hängt seit 1922/1923 im zweiten Vorzimmer der Königswohnung im Neuen Palais. Er wurde im Laufe der Geschichte sehr stark verändert, insbesondere während seiner Elektrifizierung. Dem Gestell wurden Arme hinzugefügt und die Anzahl der Lichtquellen bzw. Kerzentüllen von 6 auf 18 vergrößert. So stellen sich die Gestellkomposition und die Lichtkomposition heute vollkommen anders dar als zur Zeit des Erwerbs des Kronleuchters. Im Zuge dieser Veränderungen wurden außerdem Teile des Behangs ersetzt, neue Elemente hinzugefügt, andere gingen verloren. Der Behang bestand zu Beginn des Projektes im Jahr 2010 aus Bergkristall- und Glaselementen unterschiedlichster Herkunft, letztere waren teilweise korrodiert. Das Ziel des Projekts war es, den Bestand zu analysieren und zu dokumentieren und dann ein Konzept für die Rückführung bzw. Annäherung des Kronleuchters an die erste, friderizianische Ausstattungsphase zu erstellen. Die Seltenheit solcher französischer Bergkristallkronleuchter aus der Zeit des französischen Königs Ludwigs XV. rechtfertigte dieses Vorgehen, welches intern in der SPSG abgestimmt war. Zunächst wurden die Spuren der Objektgeschichte festgehalten, beginnend mit der Unterscheidung der sekundären Glasteile von den Bergkristallteilen. Die Provenienz des Behangs konnte beinahe restlos durch die Identifikation der Form und des Materials geklärt werden. Zur besseren Übersicht wurde eine Kartierung angelegt, die über drei Kategorien verfügte: Bergkristallelemente (erste Ausstattungsphase), Glaselemente und korrodierte Glaselemente (sekundär). Im Fall des Gestells wurden sekundäre Arme von jenen der ersten Ausstattungsphase unterschieden.
18 Der Kronleuchter ist im Inventar der SPSG unter der Inventar-Nummer VIII 542 verzeichnet. 19 Klappenbach, K., Kronleuchter mit Behang aus Bergkristall und Glas sowie Glasarmkronleuchter bis 1810, Berlin 2001, S. 189, S. 163.
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Als Vergleichsbeispiel für die Rückführung des Kronleuchters diente ein sehr ähnlicher, nicht elektrifizierter Kronleuchter, der sich im Konzertzimmer im Schloss Sanssouci befindet.20 So konnte ein Konzept mit detaillierten Plänen erstellt werden, das zum Anlass der Ausstellung zum 300. Geburtstag Friedrichs II. „FRIEDERISIKO“ im Jahr 2012 von einem Metallrestaurator umgesetzt wurde. Dem Konzept folgend, wurden die sekundären Elemente des Gestells abgenommen. Dadurch wurde die Zahl der Lichtquellen wieder auf 6 statt 18 Stück reduziert und man konnte sich an die ursprüngliche Form und Lichtkomposition annähern. Der Behang aus Glas, der im Laufe der Zeit den ursprünglichen Bergkristallbehang ersetzte, wurde abgenommen. Die Verteilung des Behanges wurde rekonstruiert. Vorgabe dabei war, bevorzugt Bergkristallbehänge aus der Entstehungszeit des Kronleuchters, die noch im Depot vorhanden waren, zu verwenden. Darüber hinaus wurden exakte Kopien in Bergkristall nach den historischen Vorbildern angefertigt. Die Bergkristallkopien führte die Edelsteinschleiferei Erwin Moser, Fischbach/Nahe (bei Idar-Oberstein) aus. Abb. 43 zeigt den Kronleuchter vor und nach der Rückführung.
Fallbeispiel 2 (Johanna Wilk) Beim zweiten Fallbeispiel handelt es sich ebenfalls um einen französischen Kronleuchter aus der Zeit 1740–1746. Aufgabe war es hier, den Kronleuchter und insbesondere den Behang für den Transport und die Hängung in einem anderen Raum zu sichern. Zum Schutz wurden die Einzelteile des Behangs mit Schlauchverband21 überzogen, damit sie beim Transport nicht aneinanderschlagen konnten und somit die Gefahr von Absplitterungen gebannt war. Diese Lösung hatte sich in der Praxis in der SPSG bereits als sehr gut geeignet erwiesen und kommt auch weiterhin zum Einsatz (Abb. 44). Im Zuge der vorangehenden Bestandsaufnahme vor dem Transport ergab sich ein spektakulärer Fund, der sich erst bei näherer Betrachtung auf der Leiter offenbarte: Der Kronleuchter wies sowohl vereinzelten Bergkristallbehang als auch eine Punze („C-Couronné“) auf – ein eindeutiges Indiz dafür, dass es sich um einen französischen Kronleuchter aus der Mitte des 18. Jahrhunderts handelt, der ursprünglich nur Bergkristallbehang trug. In diesem Fall sprach das Objekt selbst eine andere Sprache als die Inventare, die den Kronleuchter als Nachbau nach französischen Vorbildern aus dem 19. Jahrhundert beschrieben und es erfolgte eine Korrektur.
20 Der Kronleuchter ist im Inventar der SPSG unter der Inventar-Nummer VIII 83 verzeichnet. 21 Schlauchverband, Stülpa Hartmann, Paul Hartmann AG, 89522 Heidenheim, Deutschland.
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Fallbeispiel 3 (Johanna Wilk) Beim dritten Fallbeispiel handelt es sich um eine Reifenkrone mit einem Gestell aus ölvergoldetem Holz, konstruktiven Eisenelementen und Glasbehang.22 Sie ist 1962 für das Schloss Charlottenburg in Berlin erworben worden und entstand um 1830 vermutlich nach Entwurf von Karl Friedrich Schinkel bei der Firma Werner & Neffen, Berlin. Teile des Gestells und des Behangs lagen nur noch lose vor oder waren nicht mehr stabil miteinander verbunden. Die Holzelemente wiesen Risse und Sprünge auf. Der gesamte Kronleuchter war stark verschmutzt. Ziel war es den Bestand zu erfassen und den Kronleuchter mit all seinen Einzelteilen für die Aufbewahrung im Depot vorzubereiten. Die losen Elemente des Gestells wurden zusammengesetzt und die Steckverbindungen durch Füllungen mit säurefreiem Karton verbessert. Die Festigung der Fassung und der losen Teil der Holzreifen erfolgte mit tierischem Leim. Die Verdrahtungen des Behangs wurden überprüft und optimiert und die verbliebenen losen Elemente einzeln verpackt. Zusätzlich erfolgte eine Sicherung des Kronleuchters durch Schlauchverband. Diesmal diente der Schlauchverband nicht nur als temporärer Transportschutz sondern als langfristiger Schutz vor Verstauben und mechanischen Beschädigungen im Depot. Die Sicherung durch Schlauchverband gewährleistet außerdem, dass der Behang fix mit dem Gestell verbunden bleibt (Abb. 45).
Fallbeispiel 4 (Uta Scholz, Käthe Klappenbach) Bei den folgenden Beispielen handelt es sich Glasarmkronleuchter aus der Zechliner Glashütte (restauriert durch Uta Scholz, SPSG). Glasarmkronleuchter wurden nachweisbar seit der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts von jeder europäischen Glashütte, die die Geheimnisse der Kristallglasherstellung kannte, gefertigt. Vom Aufbau her gleichen sich alle, nur stilistische Unterschiede lassen die Zuordnung zu einer bestimmten europäischen Glashütte zu. Sie bestehen aus einem Schaft, der Seele, auf der geblasene Glasteile in unterschiedlichen Formen aufgereiht sind. Am unteren Teil des Schaftes, in der Mitte und auch als oberer Abschluss sind in Glasschüsseln befindliche Holzkuchen eingefügt. Diese Holzkuchen oder die Glasschüsseln sind versilbert oder vergoldet. Sie dienen zur Aufnahme der unterschiedlichen Glasarme. Oft wurde diese Art Kronleuchter beim Reinigen auseinander genommen ohne vorher den Zustand zu dokumentieren. Fehlende Teile wurden mit vorhandenem Ersatzmaterial ergänzt, welches stilistisch nicht immer passte. Ein großer Teil dieses Kronleuchtertyps aus Potsdam gelangte nach dem Zweiten Weltkrieg als Kriegsbeute in die 22 Der Kronleuchter ist im Inventar der SPSG unter der Inventar-Nummer VIII 1284 verzeichnet.
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damalige Sowjetunion. Die Einzelteile der 1958 von dort zurückgekommenen Glasarmkronleuchter konnten nicht konkret zugeordnet werden. Sie lagerten in verschiedenen Kisten, waren beschädigt und verschmutzt. Um diese vorhandenen Teile präsentieren zu können, war es die Aufgabe, sie nach historischen Abbildungen wieder zusammenzufügen, eine Maßnahme, welche am historischen Vorgehen gerechtfertigt wird. Der erste Kronleuchter sollte für das Schloss Rheinsberg restauriert werden (Abb. 46). Anhand von Vorlagen, Abbildungen und Zeichnungen wurde die Anzahl der Holzkuchen (Etagen), der Glasarme, der Hörnchen, Obelisken und Teile auf dem Schaft bestimmt. Auch konnten alle hängenden Teile und Rosetten mit Hilfe von historischen Aufnahmen gefunden werden. Aus Stabilitätsgründen wurden neue Holzkuchen angefertigt und anschließend, wie im Original, versilbert. Restaurieren bedeutete auch, Glasteile haltbar zu kleben und eine Lösung für fehlende Ösen zu finden. Letztere konnten durch schmale Acrylglasbänder (an den Enden je ein Loch), die erwärmt und um den Glasarm gelegt wurden, gelöst werden. Die Montage des 3-etagigen Glasarmkronleuchters gestaltete sich sehr problematisch. Alle Schaftteile, bis auf die Abschlussbirne (zuletzt von unten angebracht), mussten von oben auf den Schaft aufgefädelt werden. In diesem Zustand erfolgte die Hängung am Deckenhaken. Anschließend konnten die Kerzenarme, Obelisken und Hörnchen eingesteckt und alle hängenden Teile, einschließlich Rosetten, verdrahtet werden. Im Schloss Rheinsberg und im Schloss Charlottenburg hängen zwei weitere Glasarmkronleuchter, deren Restaurierung ebenso schwierig, wie die des ersten war. Es zeigt sich, wie wichtig es ist, den Zustand aller ausgeführten Arbeiten und Ergänzungen zu dokumentieren. Die Glasarmkronleuchter werden regelmäßig mit einem nebelfeuchten Mikrofasertuch gereinigt. Gleichzeitig erfolgt die Zustandskontrolle. Nur Restauratorinnen oder Restauratoren führen in der SPSG diese Arbeiten aus.
Fazit Kronleuchter waren und sind noch immer Statussymbole. Im Kontext aller der Reputation dienenden Objekte unterscheiden sich Kronleuchter mit der Verwendung kostbarer Materialien und symbolträchtiger Gestaltungen wenig von den anderen Einrichtungsgegenständen und Kunstwerken barocker Fest- und Repräsentationsräume. Das Vergessen ihres einstigen Wertes und ihrer Bedeutung, das Entfernen aus dem räumlichen Zusammenhang durch spätere Generationen und das Umrüsten auf neue Leuchtmittel um den steigenden Lichtbedürfnissen Genüge zu tun, ließen die Kronleuchter oft zum bloßen
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Gebrauchsgegenstand verkommen. Um ihnen den Rang als ehemals fürstliches Repräsentationsobjekt wiedergeben zu können, müssen sie auch wie Kunstwerke behandelt werden. Die Pflege durch Restauratorinnen oder Restauratoren und gut eingewiesenes Personal konservatorische Bestandsaufnahmen und die Dokumentation aller vorgenommenen Restaurierungsmaßnahmen sowie ihre wissenschaftliche Erforschung sind auch bei Kronleuchtern wichtige Werkzeuge der Sammlungspflege. Nur so kann der Bestand, der sich oft als Komposition mehrerer Ausstattungsphasen darstellt, ermittelt und eine Grundlage für den richtigen Umgang mit diesen diffizilen Objekten geschaffen werden. Aus vermeintlichen Gebrauchsgegenständen werden wieder Kronleuchter – Repräsentationsobjekte voller Glanz.
Literatur Jaubert, P., Dictionaire raisonné universel des arts et métiers, 5 Vol., Paris 1773. Klappenbach, K., Kronleuchter mit Behang aus Bergkristall und Glass sowie Glasarmkronleuchter bis 1810, Berlin 2001. Klappenbach, K./Müller, W./Adam, K., Kronleuchterbehang aus Glas. Schadensformen und chemische Zusammensetzung als Hilfsmittel bei der Herkunftsbestimmung, in: Berliner Beiträge zur Archäometrie, 12/1993, S. 97–107. Lehmann, A., Das Licht des Königs, Film, Deutschland, ZDF 2009. Rohr, J. B. von, Einleitung zur Ceremoniell-Wissenschafft der großen Herren, Berlin 1733. Seidel, K., Die Kerze. Motivgeschichte und Ikonologie. Hildesheim 1996. Seidel, P., Friedrich der Große als Sammler, in: Jahrbuch der Königlich-Preußischen Kunstsammlungen 15/1894, S. 48–57/S. 81–93.
Archivalien Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz (GStAPK), I. HA, Rep. 36, Nr. 3266. Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz (GStAPK), I. HA Rep. 36 Nr. 3070. Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz (GStAPK), BPH, Rep. 113, Nr. 2751. Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz (GStAPK), Monatliche Schatullrechnungen Friedrichs II., BPH, Rep. 47 G Nr. 9, Bd. 37, Bl. 4, recto.
Regina Höllinger, Heidrun Wallmann
Konservatorische Bestandserfassung und Präsentationskonzept der Tapisserien und Polstermöbel des Boucher-Zimmers in der Hofburg Wien
Abstract From 2011 to 2012, in two pre-diploma theses of the Institute of Conservation at the University of Applied Arts Vienna, an inventory was carried out and an appropriate presentation concept was developed for the tapestries and upholstered furniture of the Boucher Room in the Imperial Apartments of the Vienna Hofburg. Besides analysing the inventory and condition of the tapestries and upholstery, primarily the dust in the room was analysed, as well as light and climate measurements and pest inspections. The high visitor numbers lead to noticeable dust formation in the museum rooms, objects must be cleaned frequently. To check the origin and potential danger of the settled dust, samples were examined and the dust on upholstery and tapestries compared. Based on these examinations preventive measures were developed, to protect the objects from dust, light, climate and pests. Furthermore it was important to optimize the mounting of the tapestries, to lessen the burden of their own weight.
Zusammenfassung In den Jahren 2011 bis 2012 erfolgte im Rahmen von zwei Vordiplomarbeiten am Institut für Konservierung und Restaurierung an der Universität für angewandte Kunst Wien eine Bestandserfassung sowie die Entwicklung eines konservatorisch geeigneten Präsentationskonzepts für die Tapisserien und Polstermöbel des Boucher-Zimmers in den Kaiserappartements der Wiener Hofburg. Neben der Bestands- und Zustandsanalyse der Tapisserien und Polstermöbel wurden im Raum primär Staubanalysen sowie Licht- und Klimamessungen und eine Schädlingskontrolle durchgeführt. Das hohe Besucheraufkommen führt hier zu einer merklichen Staubentwicklung in den Museumsräumen, die Objekte müssen häufig gereinigt werden. Um die Herkunft und das Schadenspotential des abgesetzten Staubs zu überprüfen, wurden Proben untersucht und die Staubablagerung an den Polstermöbeln und Tapisserien verglichen. Basierend auf den Untersuchun-
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gen wurden präventive Verbesserungsmaßnahmen erarbeitet, um die Objekte vor Staub, Licht, Klima und Schädlingen zu schützen. Bei den Tapisserien war zudem die Optimierung der Montage wichtig, um sie von ihrem Eigengewicht zu entlasten.
Geschichte, Bestand und Erhaltungszustand der Tapisserien und Polstermöbel Die textile Raumausstattung besteht aus einer Serie von vier Tapisserien und dazu passenden Möbelbezügen in Tapisserietechnik von zwei Kanapees, zwölf Fauteuils, einem Kaminschirm und einem sechsteiligen Paravent. Sie wurde 1772–76 in der Pariser Gobelinmanufaktur gefertigt und kam 1777 durch eine Schenkung des französischen Königs Ludwig XVI. an Kaiser Joseph II. an den Wiener Hof, wo sie lange Zeit zur Ausstattung von Räumlichkeiten der Hofburg Verwendung fand. Im Boucher-Zimmer (auch „Roter Salon“ genannt) der Kaiserappartements im zweiten Geschoß der Amalienburg befindet sich das Ensemble seit ca. 1880. 1921 wurden die Objekte der Sammlung des Kunsthistorischen Museums Wien (Kunstkammer) angegliedert, mit Ausnahme der Möbelgestelle, die Eigentum der Bundesmobilienverwaltung sind (Abb. 47). Die Tapisserien1 zeigen in den zentralen Medaillons zwei mythologische Szenen („Vertumnus und Pomona“ sowie „Aurora und Cephalus“) und zwei Genreszenen („Die Fischerei“ und „Die Wahrsagerin“) nach einem Entwurf des französischen Künstlers Francois Boucher, nach dem das Zimmer in der Hofburg auch benannt wurde.2 Den Hintergrund mit Blumen- und Rahmenmotiven sowie die Möbelbezüge mit entsprechendem floralen Design gestaltete Maurice Jacques, während der Weber Jacques Neilson für die textiltechnische Umsetzung verantwortlich war.3 Dieser Tapisserietypus entwickelte sich im 18. Jahrhundert und sollte ein gerahmtes Gemälde an einer mit Seidendamast bespannten und mit Blumenschmuck dekorierten, architektonisch gegliederten Wand imitieren.4 Mit den in Gestaltung und Technik entsprechenden Möbelbezugs-
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Maße: ca. 400 x 300 cm (Tapisserie 1 und 2) bzw. ca. 400 x 360 cm (Tapisserie 3 und 4). Francois Boucher übernahm 1755 die künstlerische Leitung der Gobelinmanufaktur in Paris. Weltweit gibt es 14 Serien nach dieser Vorlage, die in der Pariser Manufaktur von 1765 bis 1791 gewirkt wurden und sich zum Teil in Maßen, Medaillon- und Hintergrundgestaltung unterscheiden. Prominente Sammlungen sind z. B. Metropolitan Museum of Art New York, Musée du Louvre und Mobilier National in Paris, National Trust in England, J. Paul Getty Museum in Los Angeles, Palazo Liria in Madrid, Schloss Ludwigsburg in Deutschland, wobei die Kombination mit dazu passenden Polstermöbeln vielfach vorkommt. Heinz, D., Europäische Tapisseriekunst des 17. und 18. Jahrhunderts. Die Geschichte ihrer Produktionsstätten und ihrer künstlerischen Zielsetzungen, Wien 1995, S. 260f.
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stoffen wurde ein einheitliches Raumensemble erzielt.5 Die Gestelle der Polstermöbel sind im Stil des Zweiten Rokoko oder Louis Philippe (1830/40–1870) gearbeitet, der auf die verspielten und geschweiften Rokoko-Formen des 18. Jahrhunderts zurückgreift.6 Die Tapisserien und Bezüge der Polstermöbel sind aus Wolle und Seide gewirkt und weisen eine relativ feine Struktur mit einer Kettdichte von 9–10 Fäden/cm auf. Dadurch wurde eine sehr detaillierte Zeichnung der Motive erzielt. Als Kettfäden fanden naturweiße Wollzwirne Verwendung, die musterbildenden Schussfäden sind gefärbte Wollfäden und Seidenzwirne. Die Materialeigenschaften wurden gezielt eingesetzt. Helle, lichtbestrahlte Flächen der Darstellung wurden mit glänzend leuchtenden Seidenfäden und dunkle, schattige Bildbereiche mit matten Wollfäden gewebt. Beim roten Damasthintergrund mit Blüten- und Blattmuster wurde der Hell-Dunkel-Effekt von Muster und Grund eines Damasts durch zwei unterschiedliche Rottöne erzielt. Die Verbindung von Farbflächen in der Tapisserie erfolgte mittels Schlitznähten, Verhängen und Verzahnen der zusammentreffenden Schussfäden. Die Schlitze wurden mit Überwendlingsstichen geschlossen, kurze Schlitze blieben als Gestaltungseffekt bewusst offen. Die vier Tapisserien sind mit einem ungefärbten dichten Baumwollgewebe in Köperbindung vollflächig gefüttert. Dieses ist mit versetzten Vorstichreihen sowie entlang der Kanten nähtechnisch an der Tapisserie fixiert. Zur Montage dient ein Klettband, das rückseitig an die Objektoberkante genäht ist. Der Zustand der Tapisserien kann allgemein als gut eingestuft werden. Typische Schäden sind eine leichte Oberflächenverschmutzung, ausgeblichene Farben, abgebaute Schussfäden (besonders rote und weiße Seide) und folglich frei liegende Kettfäden, offene Schlitznähte sowie Gewebeschäden durch punktuelle Montagemethoden mit Nägeln oder Insektenbefall. Daraus resultieren einzelne Reparaturen wie sekundär vernähte Schlitze und nachgewebte Partien. Bereiche mit freiliegenden Kettfäden und Faserstaub, der sich beim Absaugen sowie beim Handling löste, sind Indizien für einen fortgeschrittenen Faserabbau der Seidenfäden. Beim Bezugsstoff der Schauseite der Polstermöbel handelt es sich um dieselbe Art von Tapisserie wie bei den Wandbehängen. Die Bespannung der Rückwände und Armlehnen besteht aus einem ripsartigen Gewebe, das im Muster dem damastartigen Hintergrund der Tapisserien nachempfunden ist. Zur Kaschierung der Nagelleisten der Polsterung sind Borten angebracht, die gleichzeitig einen dekorativen Abschluss bilden. Die Sitz-
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Mertens, W., Flowers on damask grounds: French furniture tapestries, 1760–1800, in: Jolly, A. (Hg.), Furnishing textiles. Studies on seventeenth- and eighteenth-century interior decoration, Riggisberger Berichte, Bd. 17, Riggisberg 2009, S. 141–152. Haaff, R., Louise Philippe Möbel. Bürgerliche Möbel des Historismus, Stuttgart 2004, S. 11. Maße der Polstermöbel (H/B/T): 103/78/60 (Fauteuils) bzw. 103/198/60 (Kanapees).
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polster der Möbel sind in der traditionellen Hochpolsterung des 19. Jahrhunderts7 gefertigt. Da die dabei verwendeten Sprungfedern erst um 1828 zum Einsatz kamen, ist anzunehmen, dass die Tapisseriebezüge (1772–76) erst im 19. Jahrhundert auf die Möbelgestelle im Neorokokostil montiert oder von alten Gestellen abgenommen und auf die neuen aufgebracht wurden. Die Sichtholzgestelle der Möbel sind weiß und gold gefasst. An allen zwölf Fauteuils, nicht aber an den Kanapees, sind Sesselrollen angebracht, die um die Mitte des 19. Jahrhunderts sehr beliebt und weit verbreitet waren. Die Polstermöbel befinden sich in einem deutlich schlechteren Zustand als die Tapisserien. Sie weisen besonders an horizontalen Flächen wie den Sitzen und oberen Bereichen der Rückenlehnen Staubauflagen auf, die einen stark abweichenden, optisch störenden Farbunterschied zwischen Sitz und Rückenlehne bewirken. Zusätzlich sind die Gewebe durch Flecken verunreinigt. Durch Licht verursachter Faserabbau zeigt sich in Form von Verlusten der roten und weißen Seidenfäden in den Tapisseriebezügen sowie von flottierenden Fäden im Ripsgewebe der Rückenspannteile. Mechanische Schäden an den Bezügen, wie abgeriebene Bereiche, zeigen sich an stark beanspruchten Stellen wie den Kanten und Ecken der Sitze, den oberen Bereichen der Rückenlehnen, in der Mitte der Sitze sowie in den vorderen Bereichen der Armlehnen. Diese sind auf die jahrelange Nutzung der Möbel zurückzuführen. An der Fassung der Möbelgestelle finden sich besonders an exponierten Stellen und im Bereich der Holzverbindungen Fehlstellen und Risse. Außerdem weisen die Tapisseriebezüge Restaurierungen in Form von Einwebungen sowie mit farblich passendem Gewebe unterlegte und mit Spannstichen gesicherte Bereiche auf.
Analyse und Evaluierung der Staubbelastung im Raum Staubauflagen auf Objekten sind nicht nur ästhetisch störend, weil sie die Oberfläche farblich verändern und zu einer erschwerten Lesbarkeit führen, sie können je nach Zusammensetzung auch den Abbau von organischen Materialien fördern. Um die Situation zu erfassen und Staubschutzmaßnahmen zu erarbeiten, stellten sich zunächst grundsätzliche Fragen wie: Woraus besteht der Staub und woher kommt er? Wie kommt der Staub auf die Objekte? Ist der vorhandene Staub nur ein ästhetisches oder auch ein konservatorisches Problem? Verursacht der Staub selbst oder die wiederholte Reinigung eine größere Schädigung an den Objekten? Wie stark wirkt sich der Besucherbetrieb auf die Staubentwicklung im Raum aus?
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Unter einer Hochpolsterung versteht man das Fertigen eines Sitzpolsters mit Sprungfedern.
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Herkunft, Zusammensetzung und Ablagerung von Staub Unter Staub versteht man partikelförmige Verunreinigungen, die in der Luft suspendiert sind. Grundsätzlich wird zwischen dem relativ schnell am Ort seiner Entstehung sedimentierenden Grobstaub und dem feinen, länger in der Luft verweilenden Schwebstaub mit einer Partikelgröße unter ca. 25 µm unterschieden.8 Staub wird einerseits durch Verbrennung organischer Materialien und andererseits durch Reibungsvorgänge produziert. Externe Staubquellen sind z. B. Mineralstaub von Böden und Baumaterialien, Ruß von Industrie, Verkehr und Hausheizung oder pflanzliches Material wie Blütenstaub und Pilzsporen. Quellen im Innenraum können Baumaterialien, Einrichtungsgegenstände, Klimaanlagen, Menschen oder Reinigungsmittel sein.9 Im Museum spielen die BesucherInnen eine große Rolle, da sie Staub aus der Außenluft an Kleidung und Schuhen in den Raum transportieren und ihn auch intern durch den Verlust von Haaren, Hautschuppen und Kleidungsfasern produzieren. Staub aus der Außenluft kann zudem durch Fenster und Türen oder andere Öffnungen im Zuge des Luftwechsels ins Gebäude gelangen. Grobstaub setzt sich infolge der Schwerkraft relativ schnell vorwiegend auf horizontalen Flächen ab, im Fall des Boucher-Zimmers an den Sitzflächen der Polstermöbel. Feiner Schwebstaub kann in der Luft transportiert werden und sich auch auf weiter entfernten Objekten oder vertikalen Flächen anlagern. Staubtransport mit der Luftströmung findet z. B. durch Temperaturdifferenzen statt, indem sich durch das Ausgleichen des Druckunterschieds das wärmere Luftvolumen zum kälteren hinbewegt. Daher wird Staub vermehrt zu Objekten befördert, die sich in kühleren Zonen eines Raumes, beispielsweise an den Außenwänden eines Gebäudes befinden. Das ist bei zwei der „Boucher-Tapisserien“ der Fall.10 Da diese als textile Gewebe luftdurchlässig, jedoch ausreichend dicht sind, um als Filter für die mittransportierten Staubpartikel zu wirken, setzen sich die Partikel an der Gewebeoberfläche ab. Ob und wie stark Staubpartikel an Objektoberflächen haften, hängt von vielen Faktoren wie den Umgebungsbedingungen 8
Eibl, M., Die Reinigung musealer Räume als Maßnahme der Präventiven Konservierung, Erster Teil – Grundlagen der Verschmutzung und Reinigung, in: Zeitschrift für Kunsttechnologie und Konservierung 1/2009, S. 79–114, S. 80–83. 9 Eibl, M., Die Reinigung musealer Räume als Maßnahme der Präventiven Konservierung, Erster Teil – Grundlagen der Verschmutzung und Reinigung, in: Zeitschrift für Kunsttechnologie und Konservierung 1/2009, S. 79–114, S. 81f., S. 88f./Winkelmann, U., Mechanismen der Ablagerung von Schwebstaub, in: Eipper, P.-B. (Hg.), Handbuch der Oberflächenreinigung, München 2011, S. 6–15, S. 8f. 10 Winkelmann, U., Mechanismen der Ablagerung von Schwebstaub, in: Eipper, P.-B. (Hg.), Handbuch der Oberflächenreinigung, München 2011, S. 6–15, S. 10–13/Eibl, M., Die Reinigung musealer Räume als Maßnahme der Präventiven Konservierung, Erster Teil – Grundlagen der Verschmutzung und Reinigung, in: Zeitschrift für Kunsttechnologie und Konservierung 1/2009, S. 79–114, S. 84–87.
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und den Eigenschaften von Partikel- und Objektoberfläche ab.11 In der strukturierten Oberfläche der textilen Fasern bzw. Gewebe verankern sich Staubpartikel sehr leicht.
Staubprobenentnahme im Boucher-Zimmer Um die Herkunft und Zusammensetzung sowie das Schadenspotential des abgelagerten Staubs im Boucher-Zimmer zu bestimmen, wurden Staubanalysen durchgeführt.12 Staubproben von den Tapisserien und Sitzflächen der Polstermöbel ermöglichten einen Vergleich der Ablagerung zwischen vertikalen und horizontalen Flächen. Zur Entnahme der Proben dienten sogenannte „Staubmonitore“ mit eingesetztem Filter der Firma Millipore (Abb. 48).13 In diesen, in den Staubsaugeraufsatz integrierten Behältern, wurde der Staub beim Absaugen aufgefangen. Um auch feine Staubpartikel zurück zu halten, kamen Filter mit einer Porengröße von 0,1 µm zum Einsatz. An den Staubmonitoren wurden an den Stellen der roten und blauen Kappen Adapter14 befestigt, an die wiederum ein dünner, transparenter Polyesterschlauch gesteckt wurde. Mit einem Adapter am hinteren Schlauchstück konnte die Konstruktion an der großen Düse des Staubsaugers fixiert werden. Am vorderen Schlauchstück wurde eine schmale Düse zum Absaugen der Objekte aufgesteckt (Abb. 49). Für die Proben wurden eine Tapisserie und fünf Sitzpolster der Fauteuils abgesaugt. Bei der Tapisserie erfolgte zudem ein Vergleich zwischen dem oberen und unteren Bereich, um einen eventuellen Unterschied bei der Anlagerung von Staub in verschiedenen Höhen zu überprüfen. Dafür wurde die Tapisserie in Felder unterteilt, um zwei Testserien von je fünf gleichwertigen Proben zu erhalten. Die fünf Proben pro Bereich (Tapisserie oben/Tapisserie unten/Fauteuils) waren notwendig, um unterschiedliche Untersuchungsmethoden durchführen zu können. Das Absaugen erfolgte im Ausstellungsraum mit Rucksackstaubsaugern, um auch auf der Leiter ein sicheres Arbeiten zu gewährleisten. Die abgerundete Staubsaugerdüse wurde in Schussrichtung des Gewebes systematisch über die Objektoberflächen geführt. 11
Winkelmann, U., Mechanismen der Ablagerung von Schwebstaub, in: Eipper, P.-B. (Hg.), Handbuch der Oberflächenreinigung, München 2011, S. 6–15, S. 13f./Eibl, M., Die Reinigung musealer Räume als Maßnahme der Präventiven Konservierung, Erster Teil – Grundlagen der Verschmutzung und Reinigung, in: Zeitschrift für Kunsttechnologie und Konservierung 1/2009, S. 79–114, S. 90f. 12 Die Methoden der Staubanalyse wurden mit Ing. Brigitta Colbert (ÖTI – Institut für Ökologie, Technik und Innovation GmbH) und Dr. Wolfgang Kippes (Schloss Schönbrunn Kultur- und Betriebsges.m.b.H.) festgelegt. Die Durchführung wurde von Ing. Brigitta Colbert betreut. 13 EMD-Millipore, Aerosol Contamination Monitors, Aerosol Analysis Monitors, in: http://www.millipore.com/catalogue/module/C222, Zugriff 03.09.2012. 14 Die zu den Monitoren passenden Adapter wurden ebenfalls von der Firma Millipore bezogen.
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Ergebnisse der Untersuchungen Makroskopische und lichtmikroskopische Analyse Die Menge des abgesaugten Materials von den Polstermöbeln war um ein Vielfaches höher als die der Tapisserien (Abb. 50).15 Die Erwartung, dass sich an den horizontalen Flächen der Fauteuils deutlich mehr Staub als an den vertikal hängenden Tapisserien abgelagert hatte, bestätigte sich somit. In erster Linie beinhalteten die Staubproben textile Fasern. Die Tapisserieproben zeigten vorwiegend kurze Seidenfaserstücke in den Farben Rot, Gelb und Weiß sowie einzelne Wollfasern, die vermutlich vom Objekt selbst stammen (Abb. 51). Aufgrund der vorherrschend roten Farbe des Faserstaubs handelt es sich höchstwahrscheinlich um abgebautes Material des roten Hintergrundes. Das Probenmaterial der Fauteuils zeigte sich in der typischen grauen Staubfarbe und bestand aus diversen Arten von Textilfasern, die nicht den Objekten zugeordnet werden konnten und vermutlich hauptsächlich von der Kleidung der BesucherInnen stammen (Abb. 52). Die Nähe der Fauteuils zum Besucherweg begünstigt das Ablagern des eingetragenen Staubs. Neben textilen Fasern wurden bei den Tapisserie- und Fauteuilproben unter dem Lichtmikroskop transparente, amorphe Partikel beobachtet, vermutlich Hautschuppen, die ebenfalls von BesucherInnen eingebracht werden. Da es sich hierbei um Grobpartikel handelt, dürften sie jedoch nicht bis zu den Tapisserien gelangen. Sehr kleine dunkle Partikel in den Proben sind vermutlich als Schwebstaub zu deklarieren.
Röntgendiffraktometrische Analyse 16 Die Röntgendiffraktometrie (XRD) ist eine Methode zur Charakterisierung von kristallinen Feststoffen. Substanzen mit gleicher oder ähnlicher chemischer Zusammensetzung können im Gegensatz zur chemischen Analyse eindeutig identifiziert werden. Die Proben der Tapisserie und der Fauteuils enthielten Quarz (SiO2), Calcit (CaCO3) und Bassanit (CaSO4.0.5H2O, „Halbhydrat”) als nachweisbare kristalline Bestandteile. Es lag in allen Proben noch eine weitere Phase, die sogenannte Hauptphase vor, die nicht eindeutig identifiziert werden konnte. Vermutlich war diese Phase semi-kristallin und im Wesentlichen röntgenamorph, was auf Textilfasern schließen ließ. Die nachgewiesenen Mineralpartikel stammen vermutlich von baulichen Maßnahmen, die im Herbst 2011 in 15
Dabei muss beachtet werden, dass die abgesaugte Fläche der Tapisserien pro Probe zweimal so groß war als die Flächen des Fauteuils. Die Probenmenge der Fauteuils wäre somit bei gleicher Fläche doppelt so groß gewesen. 16 Durchgeführt von Ass. Prof. Dipl. Ing. Dr. techn. Erich Halwax, Technische Universität Wien/Institut für Chemische Technologien und Analytik.
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einem Nebenraum stattgefunden haben. Ob auch mineralischer Staub von der Außenluft in die Räumlichkeiten gelangte, konnte nicht festgestellt werden, es ist jedoch anzunehmen, dass dieser beim Luftwechsel durch die Fenster und Türen eingeschleust wird. Straßenstaub von den Schuhen der BesucherInnen wird durch die Lage des BoucherZimmers am Ende der Besucherroute vermutlich kaum mehr eingebracht.
Rasterelektronenmikroskopische Analyse 17 Mit dem Rasterelektronenmikroskop (REM) erfolgten eine optische Analyse der Staubproben sowie die Identifizierung der chemischen Elemente der anorganischen Staubpartikel mittels energiedispersiver Röntgenanalyse (EDX). Bei der optischen Begutachtung zeigten sich neben zahlreichen textilen Fasern weiß erscheinende scharfkantige Partikel. Mit der folgenden Elementaranalyse wurden vor allem Calcium und Silizium als vorherrschende Bestandteile nachgewiesen, was auf Silikate und Calciumcarbonate hinweist. Des Weiteren kamen Eisen, Aluminium und Magnesium sowie in geringen Mengen Schwefel, Chlor, Titan, Kupfer, Kalium, Phosphor und Natrium vor. Die Ergebnisse von Tapisserie- und Fauteuilproben waren identisch. Die analysierten Partikel hatten eine Größe von weniger als 30 µm und sind somit in den mittleren bis feineren Bereich einzuordnen. Dadurch ist eine Verteilung über die Luft bis zu den Tapisserien hin möglich. Die Ergebnisse der Elementanalyse stimmten mit der röntgendiffraktometrischen Untersuchung überein. Ein Großteil der nachgewiesenen Elemente ist in mineralischen Baustoffen vorhanden. Metalle wie Eisen, Kupfer oder Aluminium könnten auch von Beizmitteln stammen, die beim Färben der Fasern verwendet wurden. Phosphor und Schwefel sind Elemente, die in den Aminosäuren von Wollfasern vorkommen.
Bestimmung des pH-Werts 18 Befinden sich Substanzen im Staub, die in Verbindung mit Feuchtigkeit Säuren oder Basen bilden, können die Staubauflagen eine schädigende Wirkung auf textile Fasern ausüben. Die Textilien im Boucher-Zimmer bestehen hauptsächlich aus proteinhaltigen Fasern, die vor allem auf Alkalien empfindlich reagieren. Der pH-Wert des wässrigen Extraktes der Staubproben war bei Tapisserie und Fauteuils neutral. 17 Durchgeführt von Dipl. Ing. Rudolf Erlach, Universität für angewandte Kunst Wien/Institut für Kunst und Technologie/Archäometrie. 18 Die folgenden Untersuchungen (die Bestimmung des pH-Werts, des anorganischen Anteils und der Partikelgrößen sowie der Nachweis von Schimmel) wurden von Ing. Brigitta Colbert am Institut für Ökologie, Technik und Innovation (ÖTI) in Wien durchgeführt. Die Ergebnisse wurden aus ihrem Untersuchungsbefund entnommen.
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Quantitative Bestimmung des anorganischen Anteils Aufgrund der vermuteten „Kalten-Wand-Problematik“ im Boucher-Zimmer wurde angenommen, dass an den Tapisserien infolge des Luftstroms durch das Gewebe eine stärkere Anlagerung von Schwebstaub als an den Polstermöbeln erfolgt. Zum Vergleich konnten Staubuntersuchungen im „Reichen Zimmer“ von Schönbrunn herangezogen werden. Dort fand sich feiner, vorwiegend anorganischer Schwebstaub und grober, vermehrt organischer Staub. Demnach müssten sich im Boucher-Zimmer mehr anorganische Staubpartikel an den Tapisserien als an den Polstermöbeln befinden.19 Der anorganische Teil der Staubproben wurde mittels Veraschen bestimmt. Durch Verbrennen und einstündiges Glühen der Staubproben bei 800 °C wurden die organischen Partikel komplett zerstört. Beim Vergleich des Gewichts des Rückstands mit dem Ausgangsgewicht der Proben konnte ein anorganischer Anteil von 5,8 % bei der Tapisserie und 14,2 % bei den Fauteuils festgestellt werden. Somit wurde die anfängliche Hypothese widerlegt. Im Boucher-Zimmer ist die Belastung mit anorganischem Schwebstaub deutlich geringer als jene damalige im Reichen Zimmer in Schönbrunn. Die höhere Menge an anorganischen Staubpartikeln bei den Fauteuils war vermutlich in der Größe und dem dadurch raschen Absetzen der meisten Partikel in der Nähe vom Durchgang bedingt.
Bestimmung der Partikelgrösse Um die Vermutung zu überprüfen, dass sich an den Tapisserien nur kleine und leichte Partikel über den Lufttransport anlagern und größere, schwere Teilchen sich vorwiegend an horizontalen Flächen absetzen, wurde eine Partikelgrößenmessung der Staubproben unter dem Lichtmikroskop durchgeführt. Die nicht textilen Staubpartikel wiesen bei der Tapisserie eine Größe zwischen 1,55 und 55,87 µm (Mittelwert 14,04 µm) und bei den Fauteuils zwischen 3,79 und 80,88 µm (Mittelwert 22,73 µm) auf. Die Faserbruchstücke ergaben bei der Tapisserie eine Länge zwischen 10,95 und 236,30 µm (Mittelwert 63,26 µm) und bei den Fauteuils zwischen 23,30 und 643,86 µm (Mittelwert 188,83 µm). Das Ergebnis bestätigte die anfängliche Vermutung. Beachtenswert ist jedoch, dass an der Tapisserie auch relativ große nicht-textile Partikel nachgewiesen wurden, die nicht mehr der Kategorie des Schwebstaubs zuzuordnen sind. Beim Vergleich der Länge der Faserbruchstücke von Tapisserie und Fauteuils muss bedacht werden, dass es sich bei den sehr viel kürzeren Fasern der Tapisserieproben hauptsächlich um objekteigenes Material 19 Zippel, E., Staubuntersuchungen im Geburtszimmer Kaiser Franz-Josefs, in: Neugebauer, H. (Hg.), Zur Restaurierung des Reichen Zimmers, Wissenschaftliche Reihe Schönbrunn, Bd. 5, Wien 1999, S. 40–47/ Freundliche Mitteilung von Dr. Wolfgang Kippes, Schloss Schönbrunn Kultur- und Betriebsges.m.b.H, Gespräch vom 15.11.2011. Der anorganische Anteil der Staubproben lag in Schönbrunn bei ca. 45 %.
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handelt, das nicht zu den akkumulierten Staubpartikeln gerechnet werden kann. Die deutlich längeren Fasern der Fauteuilproben sind dagegen zum großen Teil abgelagerte Fremdmaterialien.
Untersuchung auf das Vorhandensein von Schimmelpilzen Aufgrund der starken Staubansammlung an den horizontalen Flächen wurde das Potential eines Schimmelbefalls durch Nachweis von Schimmelsporen in den Staubproben ermittelt. Im Fall eines Wachstums, das vor allem im feuchten und warmen Milieu stattfindet, kann es zum beschleunigten Abbau von textilen Fasern sowie zur Fleckenbildung kommen. Zudem werden Staubschichten stärker an die Objektoberfläche gebunden.20 Die Untersuchung wurde mittels Petrifilm Hefe- und Schimmelzählplatten durchgeführt. Diese enthalten Nährstoffe angereichert mit Antibiotika, ein kaltlösliches Geliermittel und einen Farbstoff zum Sichtbarmachen des Wachstums. Sowohl die Fauteuil- als auch die Tapisserieproben enthielten Schimmelpilze. Zu bedenken ist dabei, dass Schimmelsporen immer in der Luft und im Staub enthalten sind und diese sich nur bei idealen Bedingungen wie hoher Luftfeuchtigkeit, Wärme und schlechter Luftzirkulation ausbreiten und zum Wachstum führen.
Resümee und konservatorische Problematik Staub lagert sich vor allem an den horizontalen Flächen der Polstermöbel ab im Gegensatz zu den Tapisserien, die von einer Staubanlagerung kaum betroffen sind. Dies ist neben der vertikalen Ausrichtung durch den größeren Abstand zum Besucherweg bedingt. Zwischen der oberen und unteren Hälfte der Tapisserie konnte kein Unterschied festgestellt werden. Da der Staub hauptsächlich aus textilen Fasern besteht, wird das Schadenspotential als relativ gering eingeschätzt und ist hauptsächlich ein ästhetisches Problem. Konservatorisch bedenklich werden die Staubauflagen, wenn sie sich verdichten und Feuchtigkeit und Schadstoffe aus der Luft aufnehmen. Die dabei entstehenden feuchten Kompressen binden die Staubpartikel fester an die Objektoberfläche, wodurch eine Reinigung erschwert wird. Sie können zudem abbaufördernd auf die Textilien wirken oder zu Schimmelwachstum und Schädlingsbefall führen. Aufgrund der relativ niedrigen Luftfeuchtigkeit im Boucher-Zimmer besteht nur eine geringe Gefahr in Bezug auf diese Faktoren. 20 Winkelmann, U., Mechanismen der Ablagerung von Schwebstaub, in: Eipper, P.-B. (Hg.), Handbuch der Oberflächenreinigung, München 2011, S. 6–15, S. 14.
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Säuren oder Basen werden aus diesem Grund und aufgrund des neutralen pH-Werts des Staubs auch nicht entstehen. Die anorganischen Staubpartikel sollten konservatorische Beachtung finden, da sie mit ihren scharfen Kanten die Fasern schädigen, aber auch chemische Veränderungen auslösen können. Besonders Schwermetalle beschleunigen den Faserabbau. Darüber hinaus ist Staub ein indirekter Schadensfaktor, da der vermehrte Reinigungsbedarf das Risiko von Schäden an den Objekten erhöht. Durch den hohen Anteil an objekteigenen Fasern in den Staubproben der Tapisserie konnte deutlich gemacht werden, dass beim Absaugen trotz der angewandten geringen Saugkraft hauptsächlich Fasermaterial vom Objekt entfernt wurde. Dies betraf hauptsächlich bereits abgebaute, nur mehr lose im Verbund haftende Fasern. Weil das regelmäßige Absaugen der Objekte sowie das ständige Reinigen der Ausstellungsräume langfristig einen Verlust an Originalsubstanz bewirken kann, der Staub jedoch nicht ungefährlich für die textilen Materialien ist, sollte einer Staubablagerung an den Objekten bestmöglich vorgebeugt werden.
Wie können die Objekte vor Staub geschützt werden? In den Kaiserappartements in der Hofburg befindet sich bereits eine sogenannte Schmutzschleuse. Die BesucherInnen werden durch ein mit Teppichen ausgelegtes Stiegenhaus in den zweiten Stock geleitet und verlieren dadurch Staub und Schmutzpartikel von Schuhen und Kleidung. Trotz der Lage des Boucher-Zimmers im vorletzten Raum der Besucherroute kommt es zu starker Staubentwicklung. Dies veranlasste die Diskussion verschiedener Staubschutzmöglichkeiten vor allem für die am meisten betroffenen Polstermöbel. Erste Überlegungen waren eine abgedichtete Glasabsperrung in der Höhe der BesucherInnen bzw. bis zur Decke hochgezogene Glaswände. Die bestehenden Glaspaneele bieten keinen Staubschutz, da zwischen den einzelnen Paneelen sowie zum Boden Freiraum besteht. Bis zur Decke reichende Glaswände würden die Staubablagerung an den Polstermöbeln verhindern und auch die Tapisserien schützen. Ein bedeutendes Gegenargument ist, dass eine Glaswand massiv in das historische Raumbild eingreift. Dabei ist zu bemerken, dass auch die bestehende Absperrung den historischen Raum bereits verändert und somit eine Ausweitung des Glasschutzes nicht auszuschließen ist. Eine weitere Möglichkeit ist, Reproduktionen von den Tapisseriebezügen der Polstermöbel anzufertigen und diese über dem Original zu montieren. Die entsprechend der originalen Größe angefertigten Repliken können an den horizontalen Sitzflächen einfach aufgelegt und an den vertikalen Rückenlehnen bzw. Rückenspannteilen mittels
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Baumwollbändern, die Stege zwischen dem Lehnen- und dem Rückenspannteil bilden, fixiert werden. Dabei wird das Originalgewebe nicht belastet und der Holzrahmen der Möbel bleibt sichtbar. Durch die geplante Schrägpräsentation der Tapisserien verschmälert sich die Ausstellungsfläche wegen der in den Raum tretenden Konstruktion um ca. einen halben Meter. Nachdem die vielen Möbelstücke bereits sehr verdichtet stehen, ist eine Reduzierung der ausgestellten Objekte durch eine abwechselnde Präsentation der beiden Sitzgarnituren anzudenken. Dabei kann eine Garnitur immer im Depot aufbewahrt werden, wo sie mit Hussen aus konservatorisch geeigneten Materialien wie Mollino oder Inlett vor Staub geschützt wird. Zur Vermeidung von mechanischen Schäden an den Objekten bei Transport oder Handling, können die exponierten Bereiche der Hussen mit Acrylwatte gepolstert werden. Um die Staubentwicklung auf einem Minimum zu halten, ist es auch wichtig, dass die Ausstellungsräume regelmäßig durch Reinigungsfachkräfte gepflegt werden, die auf die speziellen musealen Anforderungen geschult sind. Präsentierte Einrichtungsgegenstände sollten idealerweise nur durch RestauratorInnen gereinigt werden.
Zum Raumklima im Boucher-Zimmer Zur Analyse und Evaluierung der klimatischen Bedingungen in den Kaiserappartements wurden einerseits die Klimaaufzeichnungen der Schönbrunn Kultur- und Betriebsges.m.b.H. eines Jahres (2011) ausgewertet und andererseits zusätzliche Messungen im Boucher-Zimmer über einen Monat mit detailliertem Tagesverlauf durchgeführt. Diese zeigten, dass das Raumklima grundsätzlich dem Außenklima folgt, jedoch mit deutlich geringerer Schwankungsbreite der Werte. Die Gebäudehülle wirkt somit als guter Puffer für wechselnde Temperatur- und Feuchtewerte.21 Die Jahrestemperaturen reichen von unter 15 °C im Winter bis zu über 30 °C im Sommer, die Übergänge erfolgen im Laufe der Jahreszeiten langsam und gleichmäßig. Die relative Luftfeuchtigkeit hält sich im Winter zwischen ca. 30 und 50 %, im Sommer zwischen ca. 40 und 60 %. Daneben finden regelmäßige Tag-Nacht-Schwankungen von 2–4 °C und 2–10 % relativer Feuchte statt. Es stellte sich heraus, dass Feuchtigkeit und Temperatur grundsätzlich während des Tages höher sind als in der Nacht. Der Feuchtigkeitsanstieg während des Tages kann mit dem Besucherbetrieb zusammenhängen, da durch das Öffnen von Eingangs- und Ausgangstüren und von einzelnen Fenstern Außenluft in die Räume strömt, 21 Bis auf den Eingangs- und Ausgangsbereich (Kassenraum, Café, Museumsshop, Gang) sind die Räumlichkeiten des Museums im Winter nicht beheizt.
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besonders an feuchten und kühlen Tagen. Bei sehr hohen Außentemperaturen im Sommer übersteigen die Raumtemperaturen wiederholt die 25 °C- oder sogar 30 °C-Marke. Die Wärme wird einerseits durch Sonnenbestrahlung des Gebäudes und andererseits durch Türen und Fenster in den Raum geleitet. Die drei Fenster des Boucher-Zimmers sind südwestlich ausgerichtet und werden nachmittags von der Sonne bestrahlt.22 Weitere Wärmequellen im Innenraum bilden Beleuchtungskörper sowie die BesucherInnen, die auch für die höheren Temperaturen unter Tags im Vergleich zur Nacht mitverantwortlich sind. Bei den kurzzeitigen Messungen über einen Monat23 zeichneten drei Datenlogger den Klimaverlauf im Boucher-Zimmer im Zehn-Minuten-Intervall auf. Zwei Messgeräte wurden an der Außenwand mit den Tapisserien, eines vor und eines hinter der Tapisserie, und ein Messgerät entlang einer Innenwand angebracht, um einerseits den Temperaturunterschied zwischen Außen- und Innenwand zu ermitteln und andererseits die Problematik der kalten Wand zu überprüfen. Die kurzen Messintervalle zeigten, dass die relative Luftfeuchtigkeit innerhalb eines Tages mehrmals anstieg und abfiel, wobei die größten Schwankungen an besucherstarken Wochenenden oder Feiertagen auftraten. Die nächtlichen Kurven zeigten einen relativ ruhigen und tendenziell sinkenden Verlauf. Dies weist wiederum darauf hin, dass durch den Besucherbetrieb vermehrt und unkontrolliert Außenluft in die Räume befördert wird. Des Weiteren fiel auf, dass die Luftfeuchte ab ca. sechs Uhr am Morgen bis gegen zehn Uhr am Vormittag deutlich sank, bevor dann der erste Anstieg erfolgte. Dies könnte mit dem Öffnen von Türen und Fenstern im Zuge der morgendlichen Reinigung zusammenhängen. Zwischen den unterschiedlichen Bereichen im Raum wurde kein großer Unterschied festgestellt. Die Messkurven der Datenlogger an der Außen- und Innenwand zeigten um ca. 1 °C tiefere Temperaturen im Vergleich zur Kurve des Datenloggers, der vor der Tapisserie und somit mehr in der Raummitte angebracht war. Die Feuchtigkeitswerte entlang der Wände waren dementsprechend um durchschnittlich 3 % höher. Trotz der variierenden Werte ist das Klima für ein nicht klimatisiertes Gebäude relativ stabil. Konservatorische Beachtung sollten dennoch die häufigen Schwankungen der relativen Feuchtigkeit, die Trockenheit in den Wintermonaten24 sowie die hohen Temperaturen im Sommer25 finden, da diese klimatischen Gegebenheiten bei organischen Materialien den Abbau beschleunigen können. Um einen unkontrollierten Luftwechsel in den Ausstellungsräumen zu vermeiden, sollten Fenster und Türen so weit wie möglich ge22 Beschattet sind die Fenster mit hellen Baumwollrollos und Faltjalousien aus UV-reflektierendem Gewebe im Fensterkasten, wobei die Baumwollrollos innen liegen und die Faltjalousien außen. 23 Die Messungen wurden von Ende Oktober bis Ende November 2011 durchgeführt. 24 Im Jahr 2011 hatte es im Boucher-Zimmer an ca. 75 Tagen eine relative Feuchte unter 35 %. 25 An zwölf Tagen im Sommer 2011 hatte es 30 °C im Boucher-Zimmer.
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schlossen bleiben bzw. sollte der für den Betrieb notwendige Luftaustausch mit einem Ampelsystem26 geregelt werden. Noch besser wäre eine Belüftungsmöglichkeit über historische Lüftungs- oder Kaminschächte, wodurch Temperatur- und Feuchtedifferenzen der einströmenden Luft ausgeglichen werden, bevor diese die Räume erreicht.27 Um die relative Luftfeuchte im Winter nicht zu stark zu senken, ist das Einströmen von beheizter, trockener Luft von Nebenräumen durch geschlossene Türen so weit wie möglich zu verhindern. Unterstützend können lokale Luftbefeuchter eingesetzt werden. Bei hohen Raumtemperaturen im Sommer bewirkt eine Außenbeschattung der Fenster eine merkliche Verbesserung, da sie im Vergleich zu einem Lichtschutz im Fensterkasten oder Innenraum die Wärme am wirksamsten abhält.28 Den besten Schutz vor klimatischen Einflüssen bietet die Abgrenzung der Ausstellungsbereiche mit bis zur Decke reichenden Glaswänden.
Die Beleuchtung im Boucher-Zimmer Lux-Messungen an verschiedenen Stellen der Objekte zeigten bei den Tapisserien Werte von ca. 10–20 Lux. Wesentlichen Einfluss übten die unmittelbar neben den Tapisserien montierten Wandleuchter aus, die die seitlichen Objektkanten in einem kleinen Bereich mit bis zu 80 Lux bestrahlten. Die Messergebnisse in der Höhe der Möbel lagen zwischen 10 und 30 Lux. Die höheren Werte waren bei den Fauteuils in der vordersten Reihe aufgrund des geringeren Abstands zu den Deckenlustern zu verzeichnen. Auf der Vorderseite des vor den Fenstern platzierten Kaminschirms zeigten sich im Vergleich zur fensterseitigen Rückseite höhere Lichtwerte. Die Lichtabstrahlung durch die Deckenluster war somit stärker als die Tageslichteinstrahlung durch die Fenster. Die Objekte sind daher durch die Beschattung der Fenster relativ gut vor Tageslicht geschützt. Trotz der tendenziell niedrigen Lux-Werte sollte die Beleuchtung der Objekte auf einem Minimum gehalten werden, da es bei Lichtschäden nicht nur auf die Lichtstärke, 26 Die „Lüftungsampel“ ist ein Gerät, das die absoluten Luftfeuchtewerte von Innenraum und Außenbereich misst und vergleicht. Je nach Überschreitung eines gewissen Rahmens wird grünes oder rotes Licht für oder gegen das Öffnen der Fenster angezeigt. Siehe: Käferhaus, J., Kontrollierte natürliche Lüftung und Bauteilheizung als probate Mittel der Schadensprävention am Beispiel von Schloss Schönbrunn, in: Boody, F./Großeschmidt, H./Kippes, W./Kotterer, M. (Hg.), Klima in Museen und Historischen Gebäuden. Die Temperierung, Wissenschaftliche Reihe Schönbrunn, Bd. 9, Wien 2004, S. 49–76, S. 55. 27 Käferhaus, J., Kontrollierte natürliche Lüftung und Bauteilheizung als probate Mittel der Schadensprävention am Beispiel von Schloss Schönbrunn, in: Boody, F./Großeschmidt, H./Kippes, W./Kotterer, M. (Hg.), Klima in Museen und Historischen Gebäuden. Die Temperierung, Wissenschaftliche Reihe Schönbrunn, Bd. 9, Wien 2004, S. 49–76. 28 Huber, A., Fenster im Kunsthistorischen Museum, in: Technologische Studien. Konservierung, Restaurierung, Forschung, Technologie 4/2007, S. 155–188.
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sondern vor allem auf die Bestrahlungsdauer ankommt. In jedem Fall ist die Strahlungsstärke der Wandleuchter deutlich zu reduzieren. Eine verkürzte Präsentationsdauer und Rotation der einzelnen Objekte sowie Bewegungsmelder sind weitere Optionen, um die Beleuchtungsdauer zu verkürzen. Licht ist für die textilen Fasern ein wesentlich höherer Schadensfaktor als z. B. die Zugbelastung durch das Eigengewicht der Tapisserien. Diese wird erst durch die lichtbedingten Faserschäden verstärkt zum konservatorischen Problem.
Insekten-Monitoring im Boucher-Zimmer Aufgrund der Ausstattung des Boucher-Zimmers mit Textilien und Holz ist ein regelmäßiges Monitoring auf Schädlinge sehr wichtig. Im Zuge dieses Projekts wurden Kontrollen durch Aufstellen von Klebe- und Pheromonfallen entlang von Wänden, in Fensternischen und unter Kaminen durchgeführt. Während des Monitorings von Oktober bis Jänner wurden auf sechs von zehn Fallen Schadinsekten identifiziert. Es handelte sich um die Larven des Wollkrautblütenkäfers (engl. Varied Carpet Beetle, lat. Anthrenus verbasci) und des sogenannten Kugelkäfers (engl. Shiny Spider Beetle, lat. Gibbium psylloides).29 Alle Insekten wurden auf den Fallen in der Nähe der Fenster detektiert, was zeigt, dass die Schädlinge durch die Fenster in das Gebäude eindringen. Da die Kontrolle während der Wintermonate erfolgte, könnte das Ergebnis nicht aussagekräftig genug sein. Eine Schädlingskontrolle sollte zweimal pro Jahr in den Ausstellungsräumen erfolgen, vorzugsweise einmal im Frühjahr oder Frühsommer, wenn die Insekten am aktivsten sind. Dunkle und unzugängliche Zonen brauchen besondere Aufmerksamkeit, ebenso Bereiche rund um Fenster und Kamine, durch die Schädlinge gerne eindringen. Zudem ist wichtig, die MuseumsmitarbeiterInnen zu schulen und mit den Methoden des Integrated Pest Management (IPM) vertraut zu machen.
Zur Montage der Tapisserien Neben der Staubproblematik war die Verbesserung der Montage der Tapisserien ein Schwerpunkt des Projekts. Durch die Befestigung an der Oberkante mit Klettband wird vor allem der obere Bereich der frei hängenden Tapisserie durch ihr Eigengewicht stark belastet. Um die Objekte zu entlasten, wurden ab den 1990er Jahren nur mehr jeweils zwei der vier Tapisserien im Wechsel präsentiert. Der durch die fehlenden Exemplare 29 Freundliche Mitteilung von Dr. Robert Child, Gespräch vom 22.02.2012.
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unausgewogene und nicht authentische Raumeindruck führte zum Anliegen, die Montage zu optimieren, wie z. B. mit einer Schrägpräsentation auf einer Platte. In der Vordiplomarbeit wurden grundsätzliche Methoden zum Entlasten von Tapisserien und dazu verwendbare Materialien und Techniken diskutiert. Heute übliche Praktiken sind vollflächige oder partielle Stützgewebe und die Präsentation auf einer schrägen Platte, die mit einem rutschhemmenden Gewebe belegt wird. Durch die Kombination von Schräglage und Reibungswiderstand verteilt sich das Gewicht der Tapisserie gleichmäßig auf die gesamte Fläche. Die Auflageplatte dient gleichzeitig als Rückseitenschutz, indem sie den Lufttransport durch das Gewebe und infolge eine Staubanlagerung unterbindet. Trotz der entlasteten Montage sollen die Boucher-Tapisserien auch in Zukunft nicht dauerhaft präsentiert werden, sondern rotierend mit weitmöglichster Reduktion der Ausstellungsdauer, um sie vor Licht und anderen schädlichen Einflüssen zu schützen. Es wurde angedacht, immer nur eine Tapisserie der Serie zu präsentieren und das bedeutende Raumensemble mit drucktechnischen Reproduktionen zu vervollständigen. Mit der Bestands- und Zustandserfassung der Tapisserien und Polstermöbel sowie der Analyse der Präsentationsbedingungen im Boucher-Zimmer wurde eine Grundlage für die Ermittlung konservatorisch notwendiger Maßnahmen an den Objekten und in den Räumlichkeiten geschaffen.30
Literatur Boody, F./Großeschmidt, H./Kippes, W./Kotterer, M. (Hg.), Klima in Museen und Historischen Gebäuden. Die Temperierung, Wissenschaftliche Reihe Schönbrunn, Bd. 9, Wien 2004. Eibl, M., Die Reinigung musealer Räume als Maßnahme der Präventiven Konservierung, Erster Teil – Grundlagen der Verschmutzung und Reinigung, in: Zeitschrift für Kunsttechnologie und Konservierung 1/2009, S. 79–114. Eipper, P.-B. (Hg.), Handbuch der Oberflächenreinigung, München 2011. EMD-Millipore, Aerosol Contamination Monitors, Aerosol Analysis Monitors, in: http://www. millipore.com/catalogue/module/C222, Zugriff 03.09.2012. Haaff, R., Louise Philippe Möbel. Bürgerliche Möbel des Historismus, Stuttgart 2004. Heinz, D., Europäische Tapisseriekunst des 17. und 18. Jahrhunderts. Die Geschichte ihrer Produktionsstätten und ihrer künstlerischen Zielsetzungen, Wien 1995.
30 Höllinger, R./Wallmann, H., Die Tapisserien und Polstermöbel (1772–76) im „Boucher-Zimmer“ der Hofburg Wien, Konservatorische Bestandserfassung und Präsentationskonzept, unpublizierte Vordiplomsarbeit, Universität für angewandte Kunst Wien 2012. Das Projekt wurde von o. Univ.-Prof. Mag. Dr. Gabriela Krist, Univ.-Ass. Mag. Britta Schwenck, Univ.-Ass. Mag. Barbara Eisenhardt, Dipl.-Rest. Tanja Kimmel, Mag. Dr. Martina Griesser-Stermscheg und M.A. André Brutillot restauratorisch betreut.
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Höllinger, R./Wallmann, H., Die Tapisserien und Polstermöbel (1772–76) im „Boucher-Zimmer“ der Hofburg Wien, Konservatorische Bestandserfassung und Präsentationskonzept, unpublizierte Vordiplomsarbeit, Universität für angewandte Kunst Wien 2012. Huber, A., Fenster im Kunsthistorischen Museum, in: Technologische Studien. Konservierung, Restaurierung, Forschung, Technologie 4/2007, S. 155–188. Jolly, A. (Hg.), Furnishing textiles. Studies on seventeenth- and eighteenth-century interior decoration, Riggisberger Berichte, Bd. 17, Riggisberg 2009. Käferhaus, J., Kontrollierte natürliche Lüftung und Bauteilheizung als probate Mittel der Schadensprävention am Beispiel von Schloss Schönbrunn, in: Boody, F./Großeschmidt, H./Kippes, W./Kotterer, M. (Hg.), Klima in Museen und Historischen Gebäuden. Die Temperierung, Wissenschaftliche Reihe Schönbrunn, Bd. 9, Wien 2004, S. 49–76. Mertens, W., Flowers on damask grounds: French furniture tapestries, 1760–1800, in: Jolly, A. (Hg.), Furnishing textiles. Studies on seventeenth- and eighteenth-century interior decoration, Riggisberger Berichte, Bd. 17, Riggisberg 2009, S. 141–152. Neugebauer, H. (Hg.), Zur Restaurierung des Reichen Zimmers, Wissenschaftliche Reihe Schönbrunn, Bd. 5, Wien 1999. Winkelmann, U., Mechanismen der Ablagerung von Schwebstaub, in: Eipper, P.-B. (Hg.), Handbuch der Oberflächenreinigung, München 2011, S. 6–15. Zippel, E., Staubuntersuchungen im Geburtszimmer Kaiser Franz-Josefs, in: Neugebauer, H. (Hg.), Zur Restaurierung des Reichen Zimmers, Wissenschaftliche Reihe Schönbrunn, Bd. 5, Wien 1999, S. 40–47.
Paul-Bernhard Eipper
Rückseitenschutz für Gemälde
Abstract For centuries it has been common practise to protect the backside of paintings against climate fluctuations. Leaving the backside of a painting open to allow quick access to possible hints may be popular with art historians and provenance researchers, but in terms of conservation it is unacceptable. If a painting is hanging on an external wall it is part of the wall structure. The painting itself then becomes an interface between the interior climate and the wall structure. Primarily the function of a protective backing is to buffer the sometimes considerable difference between the microclimate behind the painting on the wall and the interior climate, and so to protect the painting against fluctuations. Thus the backsides of paintings were protected early on. The simplest form of protection is a coating on the back, which has been applied from time immemorial until today. This article is an updated version of an article from “Museum aktuell” of the year 2004.
Zusammenfassung Seit Jahrhunderten ist es gängige Praxis, die Rückseiten von Gemälden gegen Klimaschwankungen zu schützen. Eine frei zugängliche Rückseite ermöglicht zwar einen schnellen Zugang zu etwaig vorhandenen Hinweisen auf der Rückseite eines Gemäldes und ist deshalb bei KunsthistorikerInnen und ProvenienzforscherInnen sehr beliebt, jedoch aus konservatorischen Gründen untragbar. Hängt ein Gemälde an einer Außenwand, so ist es Bestandteil der äußeren Raumschale. Das Gemälde selbst stellt dann die Trennlinie zwischen Innenraumklima und der äußeren Raumschale dar. Die notwendige Funktion eines Rückseitenschutzes besteht also vornehmlich darin, das bisweilen beträchtliche Gefälle zwischen dem Mikroklima hinter dem an der Wand hängenden Gemälde und dem Raumklima zu puffern und so das Gemälde vor Klimaschwankungen zu schützen. Früh schon hat man deshalb die Rückseiten von Gemälden geschützt. Die einfachste Art eine Rückseite zu schützen stellt ein Rückseitenanstrich dar, welcher seit jeher bis heute ausgeführt wird.
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Dieser Artikel ist eine aktualisierte Version eines Artikels aus Museum aktuell im Jahr 2004.
Rückseitenschutzanstriche im Laufe der Geschichte Seit dem Mittelalter1 werden Rückseitenanstriche wie vorderseitige Grundierungen schon vor dem eigentlichen Malprozess2 aufgebracht, um Tafeln gegen Verwerfen zu schützen. Oftmals sind bestimmte Kunstwerke ohnehin beidseitig gestaltet, weshalb sich bei ihnen die Frage nach einem spezifischen Rückseitenanstrich nicht stellt. Hier sind zum Beispiel Wandelaltäre zu nennen und die meisten Altarflügel. Bei den Altären, bei denen sich die künstlerische Gestaltung nur auf die Vorderseite beschränkt, sind Rückseitenanstriche nicht zwingend vorhanden, wurden aber häufig aus ästhetischen Gründen angebracht, etwa in schwarz-marmorierter Form bei Cranach oder einem Werk aus dem Umkreis von Friedrich Pacher. Konservatorische Beweggründe lassen sich vor allem dann mit Sicherheit feststellen, wenn die Rückseite ursprünglich nicht einsehbar konzipiert war. In solchen Fällen zeigen vorhandene Rückseitenanstriche, dass es damals bereits ein Bewusstsein über die Notwendigkeit einer solchen Behandlung aus Gründen der Haltbarkeit und der Erhaltung gab. Heute lassen sich noch eine Vielzahl von Rückseitenanstrichen im Laufe der Geschichte feststellen, wie Leimfarben3, Gipsgrund4, Gipsgrund mit Mennige-Tempera-Anstrich5, 1
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Uzielli, L., Historical Overview of Panel Making Techniques in Central Italy, in: Dardes, K./Rothe, A. (Hrsg), The structural Conservation of Panel Paintings. Proceedings of a Symposion at the Paul Getty Museum, April 1995, Los Angeles 1998, S. 110–135, S. 128. Wadum, J., Historical Overview of Panel-Making Techniques in the Northern Countries, in: Dardes, K./Rothe, A. (Hrsg), The structural Conservation of Panel Paintings. Proceedings of a Symposion at the Paul Getty Museum, April 1995, Los Angeles 1998, S. 149–177, S. 168. Eine Leimfarben-Marmorierung befindet sich auf der Rückseite einer Kreuzigung Christi, um 1500, 29,5 x 24,5 cm, Tempera auf Fichte, 0,7 cm stark, aus dem Umkreis von Friedrich Pacher (* um 1435, † nach 1508) an der Alten Galerie am Universalmuseum Joanneum, Graz, AG Inv. Nr. 358. Wahrscheinlich wurde die Rückseite deshalb marmoriert weil die Tafel ein Teil eines Triptychons war und auch von hinten betrachtet werden konnte. Ein Anstrich auf Leimfarbe findet sich etwa auf einer Dreieinigkeitsdarstellung von Beccafumi in der Pinacoteca Nazionale, Siena. Siehe: Uzielli, L., Historical Overview of panel Making Techniques in Central Italy, in: Dardes, K./Rothe, A. (Hrsg), The structural Conservation of Panel Paintings. Proceedings of a Symposion at the Paul Getty Museum, April 1995, Los Angeles 1998, S. 110–135, S. 128. Ein Gips/ Kreidegrund findet sich auch auf der Rückseite von Filippo Lippis „Tondo Bartolino“ (135 Durchmesser, Tempera auf Holz, 1452) in der Galleria Palatina, Palazzo Pitti, Firenze. Gipsgrund mit Mennige-Tempera-Anstrich findet sich auf einer Kreuzigungs-Darstellung, Tempera auf Holz, Rimini, 14. Jahrhundert. Siehe: Rothe, A., Critical History of Panel Painting Restoration in Italy, in: Dardes, K./Rothe, A. (Hg.), The structural Conservation of Panel Paintings. Proceedings of a Sym-
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Gipsgrund mit öl-, bzw. leimgebundenen Erdpigmenten6, Gipsgrund mit öl-, bzw. leimgebundenen Bleiweiß7, ölgebundenes Bleiweiß8, ölgebundene Erdfarben9, Bienenwachs10, Papier11, heiß aufgetragenes Leinöl12, Schellack13, Zinkweiß und Gips14, Kreide, Zinkweiß und Schwerspat15 und Aluminiumsilikat16. Die Rückseitenanstriche müssen nicht identisch mit der jeweils verwendeten Grundierung sein.
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posion at the Paul Getty Museum, April 1995, Los Angeles 1998, S. 188–199, S. 189/Uzielli, L., Historical Overview of panel Making Techniques in Central Italy, in: Dardes, K./Rothe, A. (Hrsg), The structural Conservation of Panel Paintings. Proceedings of a Symposion at the Paul Getty Museum, April 1995, Los Angeles 1998, S. 110–135, S. 128. Mennige (Blei (I,IV)-oxid) als Rückseitenanstrich auf leimgrundierter Pappel findet sich auch bei Giottos „Stimmate di San Francesco“ (313 x 162 cm, 1298) im Louvre Paris. Bei Simone Martini wird Mennige als Temperaanstrich beobachtet. Uzielli, L., Historical Overview of panel Making Techniques in Central Italy, in: Dardes, K./Rothe, A. (Hrsg), The structural Conservation of Panel Paintings. Proceedings of a Symposion at the Paul Getty Museum, April 1995, Los Angeles 1998, S. 110–135, S. 128. Uzielli, L., Historical Overview of panel Making Techniques in Central Italy, in: Dardes, K./Rothe, A. (Hrsg), The structural Conservation of Panel Paintings. Proceedings of a Symposion at the Paul Getty Museum, April 1995, Los Angeles 1998, S. 110–135, S. 128. Ölgebundenes Bleiweiß findet sich etwa auf der Rückseite zweier Eichenholztafeln (NG Inv. Nr. 248, 505) von Ferdinand Georg Waldmüller (15.1.1793–23.8.1865) an der Neuen Galerie am Universalmuseum Joanneum, Graz. Bleiweißanstriche finden sich im 19. Jahrhundert sogar auf dem gesamten Parkett parkettierter Tafeln. Ölgebundene Erdfarben kamen z. B. bei Paul Schad-Rossa: „Eden“ (1900, Mischtechnik auf Holz mit Einschubleisten, NG Inv.-Nr. I/727 ) in der Neuen Galerie am Universalmuseum Joanneum, Graz vor. Bienenwachs ist auch eine wahrscheinliche Zutat einer späteren Restaurierung/Rückseitenimprägnierung. Siehe: Uzielli, L., Historical Overview of panel Making Techniques in Central Italy, in: Dardes, K./Rothe, A. (Hrsg), The structural Conservation of Panel Paintings. Proceedings of a Symposion at the Paul Getty Museum, April 1995, Los Angeles 1998, S. 110–135, S. 128. Nach Beobachtungen von Jorgen Wadum verwölben Bienenwachsaufträge die parkettierten Tafeln noch mehr, da Parkettleisten und Bienenwachspartien unterschiedliche Wasserdampfdiffusionskonstanten haben. Auf geteilten Tafeln wurde Papier mit Leim aufgebracht, um dieses zu stabilisieren. Siehe: Schiessl, U., History of Structural Panel Painting Conservation in Austria, Germany, and Switzerland, in: Dardes, K./ Rothe, A. (Hrsg), The structural Conservation of Panel Paintings. Proceedings of a Symposion at the Paul Getty Museum, April 1995, Los Angeles 1998, S. 200- 236, S. 228. Heißes Leinöl wurde etwa auf der Rückseite einer Dornenkrönung der Museen der Stadt Regensburg aufgetragen (Hinweis von Frau Dipl.-Rest. Annette Kurella). Schellack (nach PEG-Behandlung) wurde auch zur Begradigung von verwölbten Tafeln verwendet. Zinkweiß und Gips finden sich auf der Rückseite von E. L. Kirchners „Badende“ (1914/15). Siehe Krekel, C./Skowranek, H., „Der Reichtum der Palette“ – Kirchners Pigmente, in: Zeitschrift für Kunsttechnologie und Konservierung 1/2013, S. 17–29, S. 21. Kreide, Zinkweiß und Schwerspat finden sich auf der Rückseite von E. L. Kirchners „Mandolinistin“ (1921). Siehe: Krekel, C./Skowranek, H., „Der Reichtum der Palette“ – Kirchners Pigmente, in: Zeitschrift für Kunsttechnologie und Konservierung 1/2013, S. 17–29, S. 21. Aluminiumsilikat findet sich auf der Rückseite von E. L. Kirchners „Alpleben“ (1917/19). Siehe: Krekel, C./Skowranek, H., „Der Reichtum der Palette“ – Kirchners Pigmente, in: Zeitschrift für Kunsttechnologie und Konservierung 1/2013, S. 17–29, S. 21.
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Falls kein Rückseitenanstrich aufgebracht wurde, finden sich schon früh, in den Niederlanden etwa bereits im 16. Jahrhundert17, rückseitige Abschlüsse aus Holz. Später tauchen dann textile Hinterspannungen auf, sowie Faserplatten, Pappen oder Karton. Diese Beispiele belegen frühe konservatorische Überlegungen (Abb. 53–54).
Anforderungen an einen Rückseitenschutz Aufgrund der maltechnisch unterschiedlichen Behandlung sowie der im Werkstück selbst unterschiedlichen Beschaffenheit von Vorder- und Rückseiten, ist ein Rückseitenschutz immer zu empfehlen. Zudem schützt er das Gemälde vor rückseitigem Lichteinfall, Verstaubung sowie vor mechanischen Beschädigungen und Vibrationen beim Transport. Ein Rückseitenschutz soll nach Möglichkeit einen möglichst großen Klimapuffer darstellen, um kurzfristige Klimaschwankungen aufzufangen, das heißt, dass er sehr hygroskopisch sein sollte. Das verwendete Material sollte frei von für das Gemälde gefährlichen chemischen Zusätzen und Leimen sein. Der Schutz sollte die Rückseite des Gemäldes so dicht verschließen, dass die Leinwand beim Transport vor Vibrationen geschützt ist, und gleichzeitig die Rückseite nicht hermetisch abgeschlossen wird. Darüber hinaus sollte der Rückseitenschutz vor Licht und Verstaubung schützen, den Keilrahmen stabilisieren und selbst dimensionsstabil bleiben und so eine Stoßsicherheit bei der Manipulation des Gemäldes darstellen. Die Herstellung und Montage sollte einfach und rationell sein. Folien- und Stoffhinterspannungen sowie Polycarbonat- und Acrylglasplatten gewährleisten zwar einen Blick auf die Gemälderückseite, sind aber aus klimatischen Gründen nicht geeignet. Sie können die Anforderungen nicht erfüllen, auch wenn sie bisweilen gerne durchgeführt werden (Hinterspannungen mit Folie etwa am National Trust). Aus diesem Grund werden sie hier nicht weiter behandelt. Ein klimapuffernder Rückseitenschutz ist für jedes Gemälde empfehlenswert und wurde bereits in den meisten großen Kunstsammlungen umgesetzt, während er in kleineren Museen und Privatsammlungen meist fehlt. Er bewahrt Leinwandgemälde unter anderem vor irreversiblen Keil- bzw. Spannrahmensprüngen der Malschicht. Diese Schäden werden durch die fehlende Klimatisierung der Ausstellungsräume und ungeschützte Hängung der Gemälde vor allem an Außenwänden hervorgerufen und sind einer der
17 So ist eine rückseitige, historische Holzverschalung eines zwischen zwei Säulen hängenden Gemäldes zu sehen bei: „das Grab von Wilhelm dem Schweiger in der Neuen Kirche zu Delft“ von Gerard Houckgeest, 1650, Mauritshuis, Den Haag.
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wichtigsten Gründe, warum der Gemälderückseitenschutz unbedingt zu empfehlen ist. Auch an größeren Beständen ist es möglich, diese Maßnahme rationell auszuführen (Abb 55–56).
Materialien Folgende Materialien finden derzeit für Rückseitenschütze Verwendung. Sie sind aus verschiedenen Gründen nach dem oben beschriebenen Anforderungsprofil mehr oder weniger gut geeignet. Mehrlagiger säurefreier, alterungsbeständiger Museumskarton18 neigt dazu, sich zu verwerfen und ist nicht besonders hygroskopisch. Ähnliche Materialien mit gewisser Stärke sind stabiler und isolieren besser, haben jedoch ebenfalls zu wenige klimapuffernde Eigenschaften, etwa mehrlagige Wellpappen in Museumskartonqualität, KartonWabenplatten, kartonbeklebte Kunstharzwabenplatten19 und Hartfaserplatten20. Besonders feuchtigkeitsausgleichend wirken hingegen im Nassverfahren hergestellte, d. h. mit holzeigenen Stoffen und ohne zusätzliche Leime gebundene Weichfaserplatten. Sie neigen jedoch bei Berührung zum Ausfasern und Ausbrechen. Drei- bis fünflagige Masonite Platten21, die ebenfalls mit holzeigenen Stoffen und ohne zusätzliche Leime hergestellt werden, sind durch ihr hohes Eigengewicht sehr dimensionsstabil und können somit verzogene Keil- und Spannrahmen wieder in Form bringen. Sie sind jedoch ebenfalls wenig hygroskopisch und werden im Laufe der Alterung sauer. Aus diesem Grund ist von der Verwendung dieser Platten bei Leinwandgemälden dringend abzuraten.22 Zudem sind Masonite-Platten relativ teuer. Stäbchenholzplatten („Tischlerplatten“) sind aus verleimten Stäbchen zusammengesetzt und weisen unten und oben eine Furnierdeckschicht auf. Sie sind zwar preisgünstig aber für einen Rückseitenschutz zu dick und zu schwer. 18
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Der ideale Museumskarton besteht aus 100 Prozent gebleichtem Zellstoff, ist neutral geleimt, frei von säurebildenden Bestandteilen und hat über 3 % Anteil an Kalziumkarbonat als Puffer gegen Säuren. Information der Walter Klug & Co., D–87503 Immenstadt. In den Wellen können sich jedoch Insekten einnisten, weshalb die Schnittkanten abgeklebt sein müssen. Wohl, D., Kleine Eingriffe – große Wirkung, in: Zeitschrift für Kunsttechnologie und Konservierung 2/2004, S. 398–406. Wehlte empfiehlt Hartfaserplatten als Rückseitenschutz. Siehe: Wehlte, K., Werkstoffe und Techniken der Malerei. 5. Auflage, von Hajo Düchting bearbeitet, Ravensburg 1985, S. 414f. Eine patentierte Art von Sperrholzplatte, die aufgrund der Rohstoffzerfaserung durch Dampfexplosion (nach Mason) ohne Klebestoffe seit 1924 hergestellt werden. Frøysaker, T., The paintings of Edvard Munch in the Assembly Hall of Oslo University, in: Restauro 4/2007, S. 246–257, S. 253.
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Sperrholzplatten23 bestehen aus drei bis fünf, 1,5 mm starken Lagen Birkenholz, die kreuzweise verleimt sind, und zumindest ein halbes, idealerweise zwei Jahre abgelagert sein sollten. Sie enthalten unterschiedlich hohe Mengen an problematischen, ausdunstenden Klebern, wie Melamin-Harnstoff-Formaldehydharze und Phenolharz-Aminoplastleime24. Diese Klebstoffe beinhalten freies Formaldehyd, das zu Ameisensäure oxydieren und so Farbveränderungen, Korrosion und Gerbung von Bindemitteln hervorrufen kann. Die Verleimung von Sperrholz mit Phenolharzleim kann an der dunklen Klebefuge erkannt werden. Bei Importware muss darauf geachtet werden25, dass hier andere Auflagen für die Produktion vorliegen können. Doppellagige Kartons mit Polyurethan-Schaum (PUR)-Zwischenlage, z.B. „KapaPlatten“ 26, sind an sich nicht stabil. Die Schäume sind gegen thermische und photolytische Reaktionen empfindlich, welche wiederum hydrolytische Spaltungen hervorrufen. Das Abbauprodukt ist dunkler als das Ausgangsprodukt, klebrig, krümelig und sauer. Um dies zu vermeiden, sind Stabilisatoren und Antioxidantien beigegeben, welche den Abbau aber nur begrenzt aufhalten können. Der einzige Vorteil von „Kapa-Platten“ liegt in ihrem geringen Gewicht, weshalb sie für großformatige Gemälde oft eingesetzt werden. Gipskartonplatten, auch „Rigips-Platten“ genannt, haben sehr gute klimapuffernde Eigenschaften, besser als Holz27, sollten aber ab einer relativen Luftfeuchtigkeit von 70 % nicht mehr verwendet werden. An den Kanten neigen Gipskartonplatten dazu zu stauben und auszubrechen und sollten deshalb abgeklebt werden. Ihr hohes Gewicht sowie die schwierige Befestigung der Platten auf dem Keilrahmen schränken ihre Verwendung als Rückseitenschutz zusätzlich ein.
23 Wehlte empfiehlt Sperrholzplatten als Rückseitenschutz. Siehe: Wehlte, K., Werkstoffe und Techniken der Malerei. 5. Auflage, von Hajo Düchting bearbeitet, Ravensburg 1985, S. 414f. 24 Z. B. Kaurit K 285. Mitteilung der BASF. 25 Der führende Hersteller finnischer Sperrholzplatten ist z.B. Metsä-Serla OY, Aulangontie 51, SF–13210 Hämeenlinna, Finnland. 26 Diesen Platten werden nur sehr schwache Puffereigenschaften zugesprochen. Siehe: Rouba, B. J., Rückseitenschutz für Leinwandbilder – Eine Methode von Eigenschaftenuntersuchungen, in: Deutsche Gesellschaft für Zerstörungsfreie Prüfung e. V. (Hg.), 4. Internationale Konferenz Zerstörungsfreie Untersuchungen von Kunst- und Kulturgütern, Berlin, 3.–8.10.1994, Berlin 1994, Berichtsband 45, Teil 1, S. 657–668, S. 667. 27 Rouba, B. J., Rückseitenschutz für Leinwandbilder – Eine Methode von Eigenschaftenuntersuchungen, in: Deutsche Gesellschaft für Zerstörungsfreie Prüfung e. V. (Hg.), 4. Internationale Konferenz Zerstörungsfreie Untersuchungen von Kunst- und Kulturgütern, Berlin, 3.–8.10.1994, Berlin 1994, Berichtsband 45, Teil 1, S. 657–668, S. 667.
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Formaldehydarme MDF-Platten28, z.B. MDF-TOPAN® (UF-verleimt)29, weisen eine sehr geringe Formaldehydemission von 0,1 ppm auf und sind der Emissionsklasse E 1 zuzuordnen. Die mitteldichte Faserplatte MDF-TOPAN® (UF-verleimt)30 entspricht in ihrer Ausgleichsfeuchte etwa dem Vollholz. Die glatten oder strukturierten Platten werden im Gegensatz zu den Holzspanplatten zur Zeit nur aus entrindetem Kiefern- und Fichtenholz sowie einem minimalen Tannenholzanteil mit gleichmäßigen Fasern, welche mit Bindemitteln (Harnstoff-Formaldehydharz) gemischt und im Trockenverfahren unter Druck bei 230 °C verpresst werden, hergestellt. Die Platten sind in allen Stärken von 6–38 mm verfügbar, können aber auch in jeder Schreinerei problemlos dünner geschliffen werden. Das Produkt hat eine höhere Rohdichte und enthält zudem ein hygroskopischeres Klebeharz als andere MDFProdukte (etwa MDF-TOPAN® FF – PUR-verleimt). So kann diese Platte mehr Feuchtigkeit aus der Luft aufnehmen bzw. diese gespeicherte Feuchtigkeit wieder an die Luft abgeben und erfüllt somit die Anforderung der Hygroskopizität eines Rückseitenschutzes. Die HDF-Platte Homadur®31 ist der genannten MDF-TOPAN®-Platte relativ ähnlich. Diese aus fein aufgeschlossenen, heimischen Nadelholzfasern (Fichte und Kiefer) im Trockenverfahren kontinuierlich hergestellte Platte32 ist roh, beidseitig glatt in den Stärken 2,5, 3, 4, 5 und 6 mm lieferbar. Sie hat einen Leimanteil von 1,5 %, eine Dichte von 850–1050 kg/m333. Eine 3 mm starke Homadur®-Platte hat eine Wasserdampfdiffusionswiderstandszahl von µ = 70 bis µ = 100. Die Homadur®-Platte ist wie MDF-TOPAN® der Emissionsklasse E 1 zuzuordnen. 28 Mitteldichte Faserplatten. 29 Mitteldichte Faserplatten. UF-verleimt bedeutet, dass die Verleimung mit einem Harnstoff-Formaldehydharz erfolgte. Es wird an dieser Stelle auf die eingeschränkte Biostabilität von Harnstoff(UF)Formaldehydharz hingewiesen. Siehe: Unger, W. A., Die biologische Korrosion von Konsolidierungsmitteln für Kunst- und Kulturgut aus Holz, in: Zeitschrift für Kunsttechnologie und Konservierung 2/1995, S. 377–384, S. 378. Hersteller: Glunz Consult GmbH, Postfach 1310, D–49703 Meppen, Grecostraße 1, D–49716 Meppen. In Deutschland sind TOPAN®-Platten in verschiedenen Standarddicken (6 bis 38 mm) bei großen (Möbel-)Schreinereien erhältlich. Lieferant für die Schweiz: Tavapan S.A., Rue de Pierre Pertuis 36, CH–2710 Tavannes. 30 Rohdichte von ca. 780–800 kg/ml. 31 HDF = Hochdichte Faserplatten, nach DIN 68750. Hersteller: Homanit GmbH & Co. KG, Postfach 1253, D–37402 Herzberg/Harz. 32 Dabei werden Hackschnitzel unter Druck und Temperatur zerfasert, anschließend mit Bindemittel gemischt und in der Heißpresse unter Druck verpresst. HDF Homadur®. Als Bindemittel werden Reaktionsklebstoffe wie z. B. Harnstoff-Formaldehyd-Kondensate oder Mischkondensate auf Basis von Harnstoff, Melamin, Phenol und Formaldehyd (alles E1-Bindemittel) eingesetzt. HDF Homadur®, Technisches Datenblatt der Homanit GmbH & Co. KG, Herzberg, o. S. o. J. Mittlg. von Frau Keller, Abt. Technik, Homanit GmbH & Co. KG. 33 Die Dichte der Homadur®-Platte ist vor allem an der Oberfläche höher als die der MDF-Platten (600 bis 850 kg/m3) oder der Masonite Platte.
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Zwischen 1994 und 1998 wurde von der Firma Glunz auch eine formaldehydfreie Variante der genannten MDF-Platte hergestellt, das Produkt TOPAN® FF mit geringen Mengen eines Bindemittelgemisches aus Polyurethan (PUR)34 und Polyharnstoff 35. Die Rohdichte dieser Platte bei 700 kg/m3 ist geringer als das der heute noch produzierten MDF-TOPAN® (UF-verleimt), weshalb sie auch weniger Feuchtigkeit aufnehmen konnte.36 Ihre niedrigere Rohdichte sowie das chemisch an die Cellulose gebundene, nicht hygroskopische Polyurethan-Harnstoff-Klebeharz schränken die Aufnahme von Feuchtigkeit aus der Luft ein. Dennoch ist das Speichervermögen bei dieser PUR-verleimten Platte ebenfalls beträchtlich und damit die klimapuffernde Wirkung für einen Rückseitenschutz gut. Nachdem die Restbestände nach der Einstellung der Produktion vom Markt verschwunden waren, ist heute der einzige MDF-Platten Lieferant dieser Qualität die Fa. Medite37 in Irland38. Dieser Hersteller produziert seine formaldehydfreie Variante Medite ZF zwar in verschiedenen Stärken zwischen 14,5 und 25 mm, aber nur auf Bestellung in größeren Mengen. Medite ZF besteht aus 80 – 85 % Weichholz, welchem ein polymerisiertes Harz, Paraffin, Mineralwachs und Silikate zugegeben sind. Der Formaldehydgehalt unterschreitet die E1-Norm und ist somit deutlich geringer als die der genannten Produkte. Eine weitere MDF Platte der Fa. Medite stellt die formaldehydarme Variante Medite LF (gemäß Euro Norm MDF 1, entspricht in etwa MDFTOPAN®, UF-verleimt) dar, welche im Gegensatz zur Medite ZF jederzeit erhältlich ist. MDF-Platten werden im Allgemeinen auch als „Formplatte“ mit Einschnitten versehen geliefert.39 Die 6, 8 und 9,5 mm starken Formplatten“ sind alle 5 mm – 7 mm tief und 2 mm breit eingeschnitten. Werden dickere Plattenstärken gewünscht, so lassen sich diese durch Aufdoppeln von zwei oder mehreren Platten herstellen. Für einen Rückseitenschutz lassen sich daraus quer zur Fräsung Stäbchenleisten schneiden, welche in etwa das Aussehen einer Zahnleiste haben. Werden Streifen am Rand einer MDF-Platte fixiert, erhält man so einen idealen Abstandhalter zwischen Rückseitenschutz und Spann- bzw. 34 Vernetztes PU hat im Gegensatz zu linearem PU hohe Wärme- und Alterungsbeständigkeit. Sie sind in Lösemitteln unlöslich und in gewissem Umfang elastisch. Ihre Härte steigt mit dem Grad der Vernetzung. Siehe: Rink, G./Schwahn, M., Einführung in die Kunststoffchemie, Frankfurt/Main 1979, S. 133. 35 Polyharnstoff entsteht wie Polyurethan bei der Vernetzung von Bindemittelmolekülen. Polyharnstoff wird nicht als Härter zugesetzt. 36 Merkblatt der Glunz AG, Sparte Handel, Glunz Dorf, Postfach 1527, D–59065 Hamm. Für formaldehydarme MDF-Platte ist derzeit ein Grenzwert von max. 10mg/100g nach der Perforatormethode DIN EM 120 vereinbart. TOPAN ist der Emissionsklasse E 1 zuzuordnen. Mittlg. von Frau Ehrecke, Glunz Consult GmbH. 37 Hersteller: Medite of Europe Limited, Redmondstown, Clonmel, Co. Tipperary, Ireland. Verkaufsbüro für das europäische Festland: Medite of Europe Limited, P.O.Box 7707, NL–6067 ZG Linne. 38 Mittlg. von Herrn K. Förster, Fa. Vitrinen- und Glasbau Reier, J.-S.-Bach Straße 10 b, D-02991 Lauta. 39 Jede Schreinerei ist in der Lage diese Platten innerhalb weniger Tage zu liefern.
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Keilrahmen. Diese Formplatten haben sich mittlerweile auch als sich anpassende Stütze für zertrennte Nadelholztafeln bewährt40.
Fazit Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die genannten MDF-TOPAN®-Sorten für einen Gemälderückseitenschutz in Frage kommen. MDF-TOPAN® (UF-verleimt) bietet den Vorteil der höheren Aufnahme von Wasserdampf, stellt aber eine gewisse, wenn auch geringe Formaldehydbelastung für das Objekt dar. Formaldehydfreie MDFPlatten, die den großen Vorteil haben das Exponat nicht mit Formaldehydausdunstungen zu belasten, sind leider schwer erhältlich. MDF-TOPAN® FF (PUR-verleimt) werden etwa nicht mehr hergestellt. Vor dem Erwerb von Platten auf Holzbasis ist es sehr wichtig, sich über die Menge der vom Material emittierten Essig- und Ameisensäure zu informieren, die von der Art des verwendeten Holzes abhängt. Gerade wegen der Konzentration und Sorge auf den Formaldehydgehalt wurden die ebenfalls für Kunst- und Kulturgut gefährlichen organischen Carbonsäuren, welche sich nicht nur in natürlichen Holzarten wie Eiche, Pinie und Fichte finden, sondern auch in vielen Sperrholz- und Tischlerplatten sowie MDFund HDF-Platten oftmals vergessen.41 Sicherlich sind letztlich auch MDF-Platten nicht absolut ideal. Sie sollten nicht mit den Rückseiten der Objekte in Berührung kommen. Ein großer Vorteil ist, dass Häuser mit eigenen Tischlereien größere Mengen Material für Rückseitenschütze rasch liefern können. So können Gemälde schnell bearbeitet bzw. nachgerüstet werden. In Sammlungen mit Beständen ohne vorhandenen Rückseitenschutz lässt sich relativ zügig diese Maßnahme durchführen. Gerade im Ausstellungsbetrieb, aber auch für den hauseigenen Transport, vor Depotübersiedelungen bieten sich diese günstigen, leicht erhältlichen, stabilen Platten an.
Lösung am August Deusser Museum An allen Gemälden der Sammlung des derzeit noch nicht klimatisierten August Deusser Museums, CH–5330 Bad Zurzach, wird seit einigen Jahren ein Rückseitenschutz angewandt. Dieser wurde im Hinblick auf eine Verglasung, welche immer einen Luftab40 Vigl, M., Eine Stützmethode für zertrennte Nadelholztafeln, in: Restauratorenblätter 1999, S. 95–98, S. 97f. 41 Grzywacz, C. M./Tennent, N. H., The threat of organic pollutants to museum collections, in: European Cultural Heritage Newsletter (ECHNLR) 10/1997, S. 98.
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schluss von vorne darstellt, montiert. Dafür wurde eine 6 mm starke MDF-Platte (TOPAN®, UF-verleimt) ausgewählt. Auf diese Platten wurde in Anlehnung an Wehlte42 eine Leiste (1 cm dick, 1,5 cm breit) aus demselben Material (MDF-Formplatte), mit einer selbst hergestellten Mischung aus homopolymeren und copolymeren Polyvinylacetaten (PVAc) 43 am Rand der Unterseite der MDF-Platte auffixiert, der gesamte Rückseitenschutz wird dann auf den Keilrahmen des Gemäldes aufgeschraubt. Dabei hat die Anordnung der schmalen Schlitze der MDF-Formplatte, nach meinen Versuchen, eine geringere Luftzirkulation zur Folge, als die des bei Wehlte angegebenen Modells. Auch die Vibration der Leinwand eines Probegemäldes bei Bewegung fällt geringer aus. Da bei dieser Art der Montage keine Lücken im Rückseitenschutz entstehen, muss die hier vorgestellte Lösung als sicherer bezeichnet werden, als die in der Literatur vorgestellte Varianten44, bei welchen die zu Recht gefürchtete Kaminwirkung auftreten kann. Dabei können sich die für die Keile ausgesparten Bereiche im Laufe der Zeit als dunkle Flecken auf der Vorderseite vor allem bei monochromen Leinwandgemälden abzeichnen (Abb. 57). Auch für Gemälde, welche sich nicht unter Glas befinden, stellt dieser beschriebene Rückseitenschutz eine nahezu ideale Prophylaxe dar. Die Voraussetzung für die Montage eines Rückseitenschutzes stellt immer die vorherige Reinigung der Rückseite und die Sicherung45 der Keile des Keilrahmens dar. Nicht unerwähnt soll letztlich die Einglasung des Gemäldes mit UV-Schutzgläsern, mit oder ohne klimapuffernde Schicht ARTSORB46 bleiben.47 Das Gemälde befindet 42 Wehlte unterlegte die Platte mit kleinen Holzklötzchen. Siehe: Achternkamp, P., Der Rückseitenschutz von Gemälden: Historische und zeitgenössische Praxis, in: Zeitschrift für Kunsttechnologie und Konservierung 1/1991, S. 17–47, S. 28. 43 Wacker Vinnapas H 60 (homopolymeres PVAC) und EP 11 (copolymeres PVAC), im Verhältnis 2 : 1. Die Sorten Hoechst Mowilith D und Mowilith DM 105 sind ebenfalls hierfür zu verwenden, da sie den erwähnten Wacker Vinnapas Sorten quasi entsprechen. 44 Asai, C., Schwingschutz für Leinwandgemälde, in: Restauro 3/1995, S. 174–179. 45 Keile können durch Setzen eines Tropfens PVAc Leim am Ende des Keiles zwischen Keil und Keilrahmenschenkel, durch Festnageln von sog. „Wedge Retainers” oder durch Durchbohren der Keile und Festbinden dieser am Keilrahmenschenkel vor dem Herausfallen geschätzt werden. Lieferant: Fa. Julian Spencer Smith, The Studio, 30a College Road, Woking, Surrey, GU22 8BU, GB. 46 Vertrieb und Beratung: z. B. Dollier AG, Allmendweg 15, CH–6330 Cham, Tel.: (0 42) 36 71 74, Fax: (0 42) 36 71 73. 47 Schon auf dem BDR-Symposion „Die Kunst zu verpacken“ am 19.11.1994 in Köln berichtete Jörgen Wadum, Mauritiushuis, Den Haag, in seinemVortrag „Microclimate Boxes‘, von Messungen, bei denen die Schwankungen der relativen Luftfeuchtigkeit in Vitrinen mit zusätzlichen Puffermaterialien größer waren als in Vitrinen ohne Puffermaterialien (!). Wadum geht davon aus, dass Puffermaterialien, welche bei relativ klein dimensionierten „Vitrinen“ eingelegt werden, aufgrund ihres verhältnismäßig trägen Desorptionsverhaltens eine nachteilige Wirkung auf Holztafeln ausüben. Demnach würden Holztafelgemälde selbst ausreichend als Puffer wirken. Siehe auch: Wadum, J., Mikroklimavitrinen ohne Feuch-
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sich nach dieser Maßnahme in einer eigenen, quasi wartungsfreien „Vitrine“ im Zierrahmen. Diese um ein Vielfaches kostspieligere Maßnahme ist jedoch nur bis zu einer bestimmten Gemäldegröße durchführbar und bleibt derzeit den hochrangigsten Objekten vorbehalten. Einige RestauratorInnen haben deshalb mittlerweile eigene, ebenso intelligente und rationelle Lösungen hierfür gefunden und Systeme entwickelt, welche beeindruckende Resultate liefern48.
Literatur Achternkamp, P., Der Rückseitenschutz von Gemälden: Historische und zeitgenössische Praxis, in: Zeitschrift für Kunsttechnologie und Konservierung 1/1991, S. 17–47. Asai, C., Schwingschutz für Leinwandgemälde, in: Restauro 3/1995, S. 174–179. Dardes, K./Rothe, A. (Hg.), The structural Conservation of Panel Paintings. Proceedings of a Symposion at the Paul Getty Museum, April 1995, Los Angeles 1998. Deutsche Gesellschaft für Zerstörungsfreie Prüfung e. V. (Hg.), 4. Internationale Konferenz Zerstörungsfreie Untersuchungen von Kunst- und Kulturgütern, Berlin, 3.–8.10.1994, Berlin 1994. Frøysaker, T., The paintings of Edvard Munch in the Assembly Hall of Oslo University, in: Restauro 4/2007, S. 246–257. Glunz AG, TOPAN. Der Holzwerkstoff der unbegrenzten Möglichkeiten, Broschüre, Hamm o. J. Grzywacz, C. M./Tennent, N. H., The threat of organic pollutants to museum collections, in: European Cultural Heritage Newsletter (ECHNLR) 10/1997, S. 89. Krekel, C./Skowranek, H., „Der Reichtum der Palette“ – Kirchners Pigmente, in: Zeitschrift für Kunsttechnologie und Konservierung 1/2013, S. 17–29. Pelludat, I./Seidel, S., Der Eigenbau von „clima-safes“- eine Möglichkeit der Optimierung des Klimaschutzes für Gemälde, in: Museum aktuell 107/2004, S. 31–34. Rink, G./Schwahn, M., Einführung in die Kunststoffchemie, Frankfurt/Main 1979. Rothe, A., Critical History of Panel Painting Restoration in Italy, in: Dardes, K./Rothe, A. (Hg.), The structural Conservation of Panel Paintings. Proceedings of a Symposion at the Paul Getty Museum, April 1995, Los Angeles 1998, S. 188–199. Rouba, B. J., Rückseitenschutz für Leinwandbilder – Eine Methode von Eigenschaftenuntersuchungen, in: Deutsche Gesellschaft für Zerstörungsfreie Prüfung e. V. (Hg.), 4. Internationale Konferenz Zerstörungsfreie Untersuchungen von Kunst- und Kulturgütern, Berlin, 3.–8.10.1994, Berlin 1994, Berichtsband 45, Teil 1, S. 657–668. Schiessl, U., History of Structural Panel Painting Conservation in Austria, Germany, and Swit-
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Paul-Bernhard Eipper
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Rückseitenschutz für Gemälde
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Eva Voglhuber, Eva Putzgruber
Sammlungspflege = Kirchenpflege
Abstract In a church context a “collection” means an expanding inventory of diverse objects, which are and were used in the exercise of liturgy. The survival of history and traditions is connected to the preservation of such works of art, acting as documents of a period and transporting values. Collection care in churches is a challenge in many areas: on the one hand the question of storage for all works of art, on the other hand proper handling while in use and proper care. The specialized training “Kirchenpflege” (church care) of the Diocese Linz deals with diverse issues. Contact persons and institutions like the Institute of Conservation at the University of Applied Arts Vienna are introduced so that a network of support for the preservation of cultural heritage can be created and extensive knowledge about management, preservation, rearrangements and conservation can be imparted. Knowledge about the inventory, its importance, use and care also leads to appreciation and therefore serves to preserve the objects.
Zusammenfassung Der Begriff „Sammlung“ im kirchlichen Kontext bezeichnet einen gewachsenen Bestand an unterschiedlichsten Objekten, die für die Ausübung der Liturgie Gebrauch fanden und finden. Das Überleben von Geschichte und Traditionen hängt mit dem Erhalt dieser Kunstgegenstände zusammen, die Zeitzeugnisse sind und Werte transportieren. Sammlungspflege im kirchlichen Bereich ist eine Herausforderung auf vielen Gebieten: im Bereich des Depots, beim Umgang und Gebrauch und bei der richtigen Pflege. Dies wird in der Fortbildung „Kirchenpflege“ der Diözese Linz in den unterschiedlichsten Belangen vermittelt. Ansprechpersonen und Partnerinstitutionen wie das Institut für Konservierung und Restaurierung der Universität für angewandte Kunst Wien werden vorgestellt und ein Netzwerk der Unterstützung zum Erhalt dieses Kulturerbes geschaffen. So kann umfassendes Wissen rund um die Verwaltung, Erhaltung, Umgestaltung, Neugestaltung und Restaurierung von kirchlichen Gegenständen vermittelt werden. Wissen rund um
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Eva Voglhuber, Eva Putzgruber
den Bestand, dessen Bedeutung, Verwendung und Pflege bedeutet Wertschätzung und damit den Erhalt der Objekte.
Einleitung Sammlungen im kirchlichen Kontext beinhalten die unterschiedlichsten Formen von Kunstgut. Die Einbindung in die Liturgie mit ihren spezifischen Anforderungen ist eine Herausforderung. So sind viele Objekte sporadisch in Gebrauch, andere ständig. Einiges wird gelagert und manches ist Teil einer Einrichtung. Das Kirchengebäude selbst ist die große „Hülle“, die diese Objekte birgt und die klimatischen Bedingungen vorgibt. Hier spielen das Klima und das Lüftungsverhalten der Verantwortlichen, aber auch die Veränderungen im Laufe der Zeit eine große Rolle, etwa im Bereich des Mauerwerks, der Fenster und Türen oder des Bodens. Der handelnde Mensch ist hierbei einer der wichtigsten Faktoren, da alle erhaltungstechnischen Tätigkeiten, wie Lüften, Reinigung und Lagerung, aber auch das Bewahren der Objekte in den Händen der Verantwortlichen in den Kirchen liegen.
Kunst im christlichen Kontext Das Überleben von Geschichte und Traditionen hängt mit dem Erhalt der damit verbundenen Kunstgegenstände und ihrer Funktion als Zeitzeugnis zusammen. Für die Ausübung des christlichen Kultes wurden viele Kunstgüter zur Visualisierung der Inhalte des Glaubens geschaffen. Sie dienen zur Sichtbarmachung der christlichen Ikonografie. Diese Objekte zu verwenden, zu pflegen und zu erhalten, zeugt von unserer gelebten Kultur. Nur wenn sie beachtet und geschätzt werden, können sie überleben. Da die Objekte aus unterschiedlichsten Materialien und mit verschiedenen Techniken gefertigt wurden, haben sie auch unterschiedliche Bedürfnisse. Das Wissen um ihre Bedeutung und Besonderheiten ist essentiell für ihre Erhaltung.
Deponieren ist erhalten Es wird heute glücklicherweise bei Umbauten, Ausbauten oder Umgestaltungen von Kirchen und Pfarrhöfen darauf geachtet, dass geeignete Räumlichkeiten zur fachgerechten Deponierung mitgeplant werden. Die Bewahrung von Kunstgütern ist ohne die Errichtung von geeigneten Depotmöglichkeiten im kirchlichen Bereich nicht mehr zu bewäl-
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tigen. Da sich im Laufe der Jahrhunderte sehr viele unterschiedliche Objekte erhalten haben, ist die Aufbewahrung aller qualitätvollen und historisch bedeutenden Kunstgüter eine besondere Herausforderung. Durch den Wandel des Geschmacks und der Liturgie ist manches nicht mehr in Verwendung, muss aber dennoch gepflegt werden. Lagerung und Umgang sind dabei wesentliche Faktoren. Räumlichkeiten zur Aufbewahrung des Kunstguts in der Kirche selbst finden sich oft in den Nebenräumen des Feierraumes, wie Oratorien, Abstellräumen aber auch Dachböden, in Pfarrhöfen, aber leider auch in nicht isolierten Dachböden und vielfach in feuchten Kellern. Lagerung und Pflege ist an sich einfach, wenn der Ort der Lagerung gewisse Voraussetzungen erfüllt und die Verantwortlichen auf die Bedürfnisse der jeweiligen Materialien eingehen. Das große Problem daran ist, dass Grundlagen dafür geschaffen werden müssen, und das kann sich im kirchlichen Bereich durch lange Jahrzehnte der Untätigkeit schwierig gestalten. Aus der Erfahrung zeigt sich, dass es vielfach Lager gibt, die Jahrzehnte bestehen und meist voll von Schädlingen und Schmutz sind sowie ungeeignete Klimabedingungen aufweisen. Viele der historischen Kunstgüter sind zum Glück sehr robust. Es wird ihnen oft mehr durch falsche Restaurierung, Pflege mit ungeeigneten Mitteln und grobe Handhabung geschadet als durch falsche Depots. Manchmal stellt es sich als Glücksfall heraus, wenn alte, unaufgeräumte Depots noch vorhanden sind, weil dort wahre Schätze zu finden sind. Durch die gründlichen Aufräumaktionen der 1960er Jahre und in den folgenden Jahrzehnten wurde vieles aus Unkenntnis zerstört oder weggegeben. Werden Objekte einmal aus ihrem gewachsenen Umfeld entfernt, verlieren sie ihren Kontext und sind isoliert. Gerade im kirchlichen Bereich sind aber aufgrund von Stiftungen und aus Geschmacksgründen Zeitzeugnisse vorhanden, die es sonst nirgends mehr gibt. Daher ist es wichtig, bei allen Neugestaltungen und Umbauten im kirchlichen Umfeld, auch daran zu denken Depoträume einzurichten bzw. zu erweitern und diese vernünftig zu positionieren. Vor den Räumarbeiten müssen die zuständigen Stellen in das Konzept und dann in die Umsetzung miteinbezogen werden. Dies ist vor allem wichtig, da sich in heutigen Zeiten leider Tendenzen zum unwissenden Entsorgen zeigen. Entsorgen ist oft notwendig, beispielweise müssen alte Teppiche oder Ministrantengewänder entfernt werden, um Mäusen und weiteren Schädlingen entgegenzuwirken. Umfassende Reinigungs- und Aufräumaktionen sollten jedenfalls immer durch die zuständigen Personen der Diözese begleitet werden, um die Grenzen des Entsorgens genau abzustecken. Mit der richtigen Lagerung geht auch die Depotverwaltung einher. Vieles wird heute gelagert, weil es nicht mehr in Gebrauch ist, anderes wird nur ab und zu im Jahr hervor geholt und manches häufig verwendet. Hier spielt die Raum- und Lagerverwaltung eine wesentliche Rolle. Es sollten Vorgangsweisen entwickelt werden, um einen leichten
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Eva Voglhuber, Eva Putzgruber
Zugang zu den Objekten zu gewährleisten. Auch wenn zum Beispiel der Corpus für das Heilige Grab nur ein Mal jährlich verwendet wird, sollte er dann auf jeden Fall leicht greifbar sein. Durch vielfach bestehende, beengte Depotmöglichkeiten ist die Zugänglichkeit oft ein großes Problem.
Umsichtig pflegen– gewusst wie Die richtige Pflege des Kunstgutes, das vielfach hochqualitativ ist, wird durch angebotene „Wundermittel“ erschwert, die dann oft auch noch falsch eingesetzt werden. Vor allem moderne Putzmittel, die zu aggressiv sind, die Oberflächen zerkratzen oder Fassungen abreiben, sind ein großes Problem. Dafür wird leider bei einschlägigen Fachmessen geworben und dann von Mesnern auch gekauft. Chemische Reaktionen und Korrosion, die diese ungeeigneten Produkte bei historischen Oberflächen auslösen und fördern können, sind leider nicht selten. Schon durch zu heftiges reibendes Abstauben von vergoldeten Fassungen kann großer finanzieller Schaden entstehen. Historische Messgewänder werden oft falsch gelagert und der Stoff bricht. Fahnen und Fastenbilder werden häufig zu eng gerollt, noch dazu vielfach mit der Malschicht nach innen, was zum völligen Verlust der Malerei führen kann. Mäuseschäden, Mottenfraß und Lichteinwirkung zerstören Textilien. Alle diese Schäden und Schadensmechanismen lassen sich durch entsprechende fachliche Begleitung und Beratung vermeiden. Hier sind die diözesanen Fachstellen gefordert zu helfen. Da die Betreuung der riesigen Menge an Objekten (in der Diözese Linz rund 130.000) die personellen Ressourcen der zuständigen Referate übersteigt, bietet die Diözese Linz Unterstützung durch Fortbildung für alle, die in der Kirche tätig sein wollen, an. Die Sammlungspflege im kirchlichen Bereich wird meist von Laien getragen, die vielfach zuvor mit Kunstgütern kaum zu tun hatten. Daher ist es unbedingt notwendig, diesen Menschen den richtigen Umgang und die fachgerechte Pflege von Kunstobjekten näherzubringen. Dies wird in der Fortbildung „Kirchenpflege“ der Diözese Linz den Verantwortlichen in den unterschiedlichsten Belangen vermittelt. Ansprechpersonen und Partnerinstitutionen, zu denen auch das Institut für Konservierung und Restaurierung der Universität für angewandte Kunst gehört, werden vorgestellt und somit wird ein Netzwerk der Unterstützung zum Erhalt des Kulturerbes in unseren Kirchen geschaffen.
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Wissen mit Fortbildung Gegliedert ist diese Fortbildungsveranstaltung in vier Modulen, die ein umfassendes Wissen rund um die Verwaltung, Erhaltung, Umgestaltung, Neugestaltung und Restaurierung im Bereich der Kirche vermitteln. Menschen, die sich mit dem kirchlichen Leben beschäftigen und sich auf eine Tätigkeit in diesem Umfeld einlassen, sind vielfach gefordert. So obliegt dem Mesner/der Mesnerin der Gebrauch der unterschiedlichsten Gegenstände, von der Vorbereitung für die Messe bis zur Lagerung der Objekte danach. Die richtige Entfernung von Weinresten aus dem Kelch und die Versorgung desselben im Etui, wobei man vorher die Fingerabdrücke beseitigen und die heiklen Oberflächen nur mit Handschuhen oder einem geeigneten Tuch angreifen sollte, gehören nicht mehr zum abrufbaren Wissen. Schäden rechtzeitig zu erkennen und zu wissen, wohin oder an wen man sich wendet, muss vermittelt werden. Auch, dass man Leuchter aus Metall nicht mit dem scharfen Messer von Wachsresten befreien soll, sondern mit einem Fön und einem weichen saugenden Tuch, wird in der Fortbildung veranschaulicht. Ein weiteres Thema ist der Blumenschmuck. Er sollte auf den Raum abgestimmt sein. Ein grundlegendes Problem ist das vermehrte und falsche Gießen und das Überfüllen der Kirche mit Pflanzen (z. B. Efeu, der sich um den Tabernakel rankt). Hier muss nicht nur die Optik oder die Üppigkeit entscheiden, die Blumen sollten eine den Festen entsprechende Bereicherung darstellen. Zu große Kübel mit Grünpflanzen bringen wenig Schmuck, aber sehr viel an Feuchtigkeit in den Raum. In diesem Bereich ein gutes, befriedigendes Konzept zu entwickeln, kann auch Teil der Kirchenpflege sein. Rundgänge um die Kirche und den Pfarrhof zur Begutachtung des Zustands der Dachrinnen, Dachböden und Fenster und daraus folgende Maßnahmen, wie Abdichtungen oder Sicherung loser Ziegel, sind Grundlage zur Verhinderung von massiven Schäden durch Feuchtigkeit. Kontrolle auf Holzwurmbefall und die Anwendung der richtigen Mittel dagegen, kann viele Schäden verhindern und helfen Geld zu sparen. Bei all diesen Tätigkeiten geht es um Basiswissen, beispielsweise: Wie ist der Aufbau der Fassungen bei Figuren? Wie empfindlich sind diese Objekte? Was ist eine Vergoldung und wie ist sie aufgebaut? Aufräumaktionen, die sich zuvor oft problematisch gestalteten, lassen sich nach der Absolvierung der Fortbildung „Kirchenpflege“ unkompliziert durchführen. Unsachgemäße Entsorgungen gehören der Vergangenheit an, weil der Wert und die Funktion von Objekten besser eingeschätzt werden können und es wird öfter Rat gesucht. Durch die Fortbildung wird der Zugang zu Ansprechpersonen und Partnerinstitutionen leicht gemacht. Zusätzlich zu den vier Modulen werden im Rahmen von „Praxistagen“ spezielle Themen angeboten. Hier wird ein Material oder eine Objektgruppe oder ein Thema
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Eva Voglhuber, Eva Putzgruber
in den Mittelpunkt gestellt, das dann an einem geeigneten Ort von Fachleuten besprochen wird. So fand beispielsweise der „Praxistag Metall“ beim Schmied Wolfgang Auer bei Braunau statt. Schmiedeeisen und Goldschmiedekunst standen hier einen ganzen Nachmittag im Mittelpunkt: Themen waren die Pflege und Reinigung der Oberflächen, die Demontage von Objekten und worauf im Allgemeinen besonders geachtet werden muss. Der Schmied an der Esse zeigte, warum auch so „einfache“ Schmiedearbeiten wie Beschläge und Schlösser beachtens- und erhaltenswert sind, wie mühsam die Herstellung war und ist und wie man richtig pflegt und erhält. Themenvorschläge zu den Praxistagen werden auch von den TeilnehmerInnen entgegengenommen. So entstehen beispielsweise „Putztage“, bei denen sich alle Frauen und Männer, die mit der Reinigung von Kirchenräumen zu tun haben zusammenschließen und sich in einer gewünschten Kirche auch mit Teams aus den umliegenden Pfarren um den richtigen „Kirchenputz“ kümmern. Diese Folgetermine kommen oft nach der Grundfortbildung zu Stande, weil die TeilnehmerInnen nochmals detailreicher in die Praxis einsteigen möchten.
Kirchenpflege als verantwortungsvolle Tätigkeit Die Vielfalt der Aufgaben und Herausforderungen ergibt sich aus der umfassenden Tätigkeit, aus dem Gebrauch der unterschiedlichsten Objekte, deren Deponierung und der richtigen Lagerung. Große Aufgaben kommen etwa auf die Verantwortlichen zu, wenn eine Renovierung ansteht oder eine Neugestaltung im Altarraum, in der Kapelle, in der Aufbahrungshalle o. Ä. In solchen Fällen muss das Kunstgut vielfach ausgelagert werden und mit RestauratorInnen zusammen die technische Umsetzung und Restaurierungen geplant werden. In Organisation und Aufsicht von Bauarbeiten stellen KirchenpflegerInnen eine wertvolle Unterstützung dar. So konnte etwa bei der großen Renovierung der heutigen Pfarrkirche Mondsee durch den Kirchenpfleger eine Zwischendepotlösung erarbeitet werden, die der Pfarre viel Geld gespart hat. Kirchenpflege bedeutet also eine umfassende, interessante aber auch verantwortungsvolle Tätigkeit, deren Verantwortlichkeiten und Fertigkeiten in der Fortbildung vermittelt werden, ebenso wie wichtige Kontakte und Anlaufstellen. Das Netzwerk der „Kirchenpflege“-AbsolventInnen stellt dann eine wichtige Unterstützung für die Zentralstellen der Diözese dar. Die KirchenpflegerInnen sind in der Lage alle Maßnahmen im Sinne der Erhaltung der Objekte richtig umzusetzen. Das kommt vor allem den Pfarrherren zu Gute, weil mit den AbsolventInnen eine Baustellenaufsicht zur Verfügung steht und jemand zum Organisieren und Handeln. Idealer-
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weise gibt es in größeren Pfarren ein Team von KirchenpflegerInnen, das sich um spezifische Aufgaben kümmert.
Wissen durch Fortbildung als Handlungsmöglichkeit Wissen rund um den Bestand, dessen Bedeutung, Verwendung und Pflege bedeutet auch Wertschätzung. Viele der heute nicht mehr benützten Dinge, wie beispielsweise Bahrtücher, Sargaufsätze, Behänge, Fastenbilder etc. konnten in ihrer ursprünglichen Funktion und Bedeutung erklärt und dadurch vor dem Entsorgen gerettet werden. Kinder mit diesem kulturellen Erbe des Ortes zusammenzubringen ist auch ein großes Anliegen – sie sind die zukünftigen Erben und Erhalter. Daher sollte historisches Kunstgut den Kindern in ihrer Funktion erklärt und gezeigt werden. Wie man kleinere Ausstellungen gestalten kann und das Kunstgut Interessierten präsentiert, muss daher ein wichtiges Thema sein. Dies betrifft auch die Vermittlung von Besonderheiten des Kirchenbaues oder bestimmter Objekte am Tag des Denkmals. Das Wissen über Denkmalpflege ist eine Grundvoraussetzung und daher auch ein Teil der „Kirchenpflege“. Durch Neu- und Umgestaltungen qualitätvolles Neues aus der heutigen Zeit in das historische Erbe zu integrieren und somit auch in der Geschichte zu verankern, ist von großer kultureller Bedeutung. All das wird durch die Fortbildung „Kirchenpflege“ veranschaulicht, inspiriert und vermittelt. Auf der Homepage des Kunstreferates der Diözese Linz sind Tipps zur Pflege, Kontakte und das aktuelle Kursprogramm ersichtlich, aber auch Bilder von vergangenen Veranstaltungen (siehe auch: Abb. 58–61). So kann sich jeder/jede Interessierte umfassend informieren: www.dioezese-linz.at/kunst. Da die Module einzeln, voneinander unabhängig buchbar sind, ist kein Zeitdruck vorhanden. Die AbsolventInnen erhalten nach dem Besuch aller Module ein Zertifikat. Die Verleihung wird feierlich mit FachreferentInnen von Diözese und Land OÖ begangen. Dazu gibt es ein Treffen mit anderen AbsolventInnen, um Erfahrungsaustausch zu pflegen. Hier haben sich schon viele interessante Begegnungen ereignet, die wiederum für die Tätigkeiten in und um die Kirche fruchtbringend wurden. 2013 wurde der 250. Absolvent der Fortbildung „Kirchenpflege“ der Diözese Linz zertifiziert und in den stetig wachsenden Kreis der KirchenpflegerInnen aufgenommen.
Gebrauch und Erhaltung – Kulturgut gemeinsam pflegen Das Institut für Konservierung und Restaurierung der Universität für angewandte Kunst Wien und die Diözese Linz verbindet bereits seit längerer Zeit eine erfolgreiche Koope-
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ration im Fachbereich Objektrestaurierung. Den Schwerpunkt bilden dabei die liturgischen Geräte, die theoretische Vermittlung von Kenntnissen im Bereich der Sammlungspflege, als auch die praktische Umsetzung von konservatorisch-restauratorischen Maßnahmen. Im Rahmen der Fortbildung „Kirchenpflege“ werden Grundlagen zur Lagerung und Pflege liturgischer Geräte vermittelt, die als Aufgabenbereiche der zukünftigen KirchenpflegerInnen anzusehen sind. Dabei werden klimatische Bedingungen und Materialen für die Lagerung genauso behandelt wie die fachgerechte Handhabung und schonende Reinigung historischer Objekte. Oft sind in der Praxis jedoch auch komplexere Aufgaben zu bewältigen. Das Institut für Konservierung und Restaurierung bietet deshalb konservatorisch-restauratorische Beratung. Am Institut werden Einzelrestaurierungen von Objekten durchgeführt. Wesentlich für die Zusammenarbeit mit der Diözese Linz und den KirchenpflegerInnen ist die gemeinsame Diskussion über Ziel und Konzept einer Konservierung und Restaurierung. Im Jahr 2008 wurde eine Monstranz aus der Pfarre Gallspach in Oberösterreich am Institut restauriert. Die kostbare Strahlenmonstranz mit herzförmigem Gehäuse, Steinbesatz und Appliken wurde 1716 von Johannes Zeckel in Augsburg gefertigt. Die Goldschmiedearbeit besteht aus getriebenem und ziseliertem Silberblech, das anschließend feuervergoldet wurde. Die Monstranz wies aufgrund von Staubablagerungen und Gebrauchsspuren ein ungepflegtes Erscheinungsbild auf. Die Vergoldung erweckte einen stumpfen Eindruck und wies am Fuß durch eine unsachgemäße Reparatur eine dunkel korrodierte Fehlstelle auf. Für die Pfarre bestand deshalb vor allem der Wunsch nach einer Neuvergoldung. Durch diese Maßnahme gehen jedoch historische Feuervergoldungen unwiederbringlich verloren. Gemeinsam mit der Diözese Linz und den zuständigen KirchenpflegerInnen konnten die Verantwortlichen der Pfarre schließlich von einer Reinigung der Vergoldung und Integration der Fehlstelle überzeugt werden. Beide Maßnahmen erwiesen sich als ausreichend um ein ansprechendes und gepflegtes Erscheinungsbild zu erreichen und den Gebrauch der Monstranz in der Liturgie zu ermöglichen. Im Rahmen der Konservierung und Restaurierung wurde jedoch auch ein passgenaues Lederfutteral angefertigt und ein Pflegekonzept erstellt um dieses Erscheinungsbild auch langfristig zu erhalten.
Output Gebrauch und Erhaltung müssen keinen Widerspruch darstellen, sie erfordern jedoch die Einbindung aller Beteiligten, die Bereitschaft zur Zusammenarbeit und zur Diskussion, um konkrete Probleme in Depots, Sammlungen oder für einzelne Objekte zu lösen. Im Rahmen der Fortbildungsveranstaltung „Kirchenpflege“ werden diese Kom-
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petenzen gefördert, indem verschiedene Fachdisziplinen ihr Wissen in Vorträgen vermitteln. Durch ein offenes Gesprächsklima werden kritische Fragen ermöglicht und gemeinsam Lösungen erarbeitet. Die in der Fortbildung erlernten Herangehensweisen und Erkenntnisse können in der Praxis nur mit verlässlichen Ansprechpartnern und Partnerinstitutionen umgesetzt werden. Gerade im Bereich der Sammlungspflege ist die Zusammenarbeit von KirchenpflegerInnen mit RestauratorInnen von besonderer Bedeutung. Sowohl die sachgerechte Lagerung und Pflege als auch die fachgerechte Konservierung und Restaurierung sind für die Bewahrung historischer Objekte eine Grundvoraussetzung. So sind konservatorisch-restauratorische Maßnahmen an liturgischen Geräten nur dann sinnvoll, wenn sie nach dem Gebrauch gereinigt, verpackt und unter entsprechenden klimatischen Bedingungen gelagert werden. Mit den ausgebildeten KirchenpflegerInnen rückt also das Ziel, unser historisches Erbe gut und richtig zu pflegen und damit zu erhalten, wieder ein Stück näher.
Eva Putzgruber, Kathrin Schmidt, Gabriela Krist
Reality Check – Präventive Konservierung in der Objektrestaurierung
Abstract Preventive conservation gains more and more importance in conservation practice. Therefore, the imparting of preventive conservation measures and long-term conservation strategies are fundamental in academic education. Preventive conservation is also embedded in the curriculum of the academic training programme at the Institute of conservation at the University of Applied Arts in Vienna and is taught both in theory and practice. This paper deals with possibilities of imparting preventive measures in practice. These possibilities are presented by means of selected projects in object conservation, which were carried out by teachers and students in the academic years 2010 to 2013. The projects included the inventory and storage of a toy collection made of different materials. Another challenge was the conservation and care of militaria in preparation for an exhibition. Finally, practical problems related to analysing a collection and developing a preventive conservation framework for a regional museum are presented and discussed.
Zusammenfassung Die präventive Konservierung gewinnt für die Restaurierungspraxis immer mehr an Bedeutung. Aus diesem Grund ist die Vermittlung präventiver Konservierungsmaßnahmen und langfristiger Erhaltungsstrategien in der akademischen Ausbildung wesentlich. Im Studienplan der Studienrichtung Konservierung und Restaurierung der Universität für angewandte Kunst Wien ist die präventive Konservierung fest im Curriculum verankert und wird in Theorie und Praxis gelehrt. Der vorliegende Beitrag beschäftigt sich mit den Möglichkeiten der Vermittlung präventiver Konservierungsmaßnahmen in der Praxis. Diese werden anhand ausgewählter Projekte in der Objektrestaurierung vorgestellt, die von den Lehrenden und Studierenden des Instituts für Konservierung und Restaurierung in den Jahren 2010 bis 2013 umgesetzt wurden. Dabei handelt es sich um eine Spielzeugsammlung, bei der die Inventarisierung und Lagerung unterschiedlicher Materialien im Vordergrund standen. Eine weitere Herausforderung stellte die Konservierung und
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Eva Putzgruber, Kathrin Schmidt, Gabriela Krist
Pflege von Militaria als Vorbereitung für eine Ausstellung dar. Schließlich werden auch die praktischen Problemstellungen bei der Sammlungsanalyse und Entwicklung präventiver Konservierungsstrategien für ein Regionalmuseum vorgestellt und diskutiert.
Einleitung Die präventive Konservierung ist heute ein wesentlicher Bestandteil der Restaurierungspraxis und der universitären RestauratorInnenausbildung. Das vom European Network for Conservation-Restoration Education (ENCORE) verabschiedete Dokument zur Praxis in der Konservierungs- und Restauierungsausbildung bezeichnet die Praxis als Zentrum und Herz jedes Ausbildungsprogrammes, als direkten Dialog mit dem Kunstwerk, in dem das gesamte erworbene Wissen und alle erlernten Fähigkeiten zusammenfließen. Die präventive Konservierung wird von ENCORE als wesentlicher Bestandteil dieser praktischen Ausbildung gesehen.1 Im Studienplan der Studienrichtung Konservierung und Restaurierung an der Universität für angewandte Kunst ist die präventive Konservierung fest verankert. Als Ziel des Studiums wird die Befähigung der Studierenden beschrieben, entsprechend den berufsethischen Standards eigenverantwortlich Konservierungs- und Restaurierungsmaßnahmen an Kunst und Kulturgut durchzuführen. Die Vermittlung und Kenntnis aktueller Methoden zur Prävention und Erhaltung werden als Voraussetzung dafür bezeichnet.2 Dieser Anspruch wird am Institut für Konservierung und Restaurierung durch ein entsprechendes Lehrangebot erfüllt, das beständig überprüft und erweitert wird. Die Grundlagen der präventiven Konservierung werden sowohl auf theoretischer als auch auf praktischer Ebene gelehrt. Im Studienverlauf werden in fünf Jahren verschiedene Lehrveranstaltungen zu diesem Thema angeboten. In Projektwochen3 werden jeweils am Beginn des Semesters präventive Konservierungsprojekte in verschiedenen Museen und Sammlungen durchgeführt. In Absprache mit AuftraggeberInnen werden unter anderem Sammlungsbestände dokumentiert, Depots eingerichtet und umstrukturiert und Lagerungsbedingungen optimiert. Im Rahmen der konservatorisch-restaurato-
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Reality Check – Präventive Konservierung in der Objektrestaurierung
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rischen Praxis4 stehen im Semester zwei Praxistage pro Woche für praktischen Unterricht zur Verfügung. Die Studierenden erarbeiten im Rahmen von Semesterprojekten, Vordiplomen und Diplomen gezielt an einem Objekt oder Sammlungsbestand. Immer werden dabei auch langfristige Erhaltungsstrategien erarbeitet und präventive Konservierungsmaßnahmen miteinbezogen. Anhand von drei Projekten des Fachbereichs Objektrestaurierung, die zwischen 2010 und 2013 umgesetzt wurden, soll im Folgenden ein kleiner Einblick in die Vermittlung präventiver Konservierung im Rahmen der praktischen Ausbildung am Institut für Konservierung und Restaurierung gegeben werden.
Inventarisierung und Lagerung: Die Spielzeugsammlung Erwin Mayr Das Land Niederösterreich ist seit 1994 im Besitz der umfassenden Spielzeugsammlung des Wiener Chirurgen Erwin Mayr. Die Sammlung war jahrelang in den Räumen der Schallaburg untergebracht, einzelne ausgewählte Stücke waren ausgestellt, der Rest lagerte vor Ort. Bedingt durch Bauarbeiten auf der Burg mussten die Objekte umgelagert werden. Es wurde beschlossen, sie zukünftig im neuen Kulturdepot NÖ in St. Pölten aufzubewahren.5 In einer geplanten Kooperation zwischen dem Institut für Konservierung und Restaurierung und der Restaurierungsabteilung im Kulturdepot NÖ wurde 2010 ein gemeinsames Projekt zur Umlagerung und konservatorischen Bestandserfassung dieser Sammlung erarbeitet. Im Zuge dieses Vorhabens sollte den Studierenden der Objektrestaurierung die Möglichkeit gegeben werden, sich praktisch mit Fragen der präventiven Konservierung und Sammlungspflege zu beschäftigen. Die vielfältigen theoretisch erworbenen Kenntnisse in den jeweiligen Vorlesungen und Seminaren sollten nun auch in die Praxis umgesetzt werden. Die Spielzeugsammlung stammt aus dem Nachlass von Erwin Mayr, der sie 1958 von seinem Onkel geerbt hatte. Der Wiener Chirurg hatte zunächst keine Verwendung und kein großes Interesse an dem „alten Plunder“, sodass die Objekte etwa zehn Jahre lang in Kisten und Kartons lagerten. Erst in den 1960er Jahren entstand die Idee, das Spielzeug auszustellen. Dies sollte der Beginn einer jahrzehntelangen Sammlerleidenschaft Mayrs sein. Im Laufe der Jahre wurde die Sammlung beim Besuch von Flohmärkten, Antiquitätenhändlern und Auktionen beständig erweitert, sodass sie, als sie vom Land NÖ erworben wurde, bereits etwa 10.000 Objekte umfasste. Bei den Materialien, die in der 4
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Die konservatorisch-restauratorische Praxis wird im Studienplan der Studienrichtung Konservierung und Restaurierung als „Zentrales Künstlerisches Fach – konservatorisch-restauratorische Praxis“ bezeichnet. Freundliche Auskunft von Mag. Christa Scheiblauer am 11.01.2014.
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Sammlung vertreten sind, handelt es sich um so ziemlich alles, woraus Kinderspielzeug jemals hergestellt wurde – angefangen von Holz, Papier, Textil, Metall bis hin zu Glas und Kunststoff. Aber auch den einzelnen Kategorien an Spielzeugen sind keine Grenze gesetzt, sei es Selbstgemachtes, Baukästen, Devotionalspielzeug, Spielkarten, Eisenbahnen und Dampfmaschinen, Puppen, Teddybären, Zinnfiguren oder außereuropäische Objekte.6 Durch die jahrelange Lagerung in einfachen, nicht dichten Papierkartons beim ursprünglichen Besitzer und danach auf der Schallaburg waren die Objekte allesamt verstaubt. Teilweise waren die Papierkartons durch das Gewicht der Objekte bereits verformt und eingerissen und oft mit zu vielen Objekten befüllt, sodass eine sichere Aufbewahrung der einzelnen Stücke nicht gegeben war. Darüber hinaus war auf den alten Verpackungen von außen nicht ersichtlich, welche Objekte sich in den Kartons befanden. Als Ziel dieses Projektes wurde die Umlagerung der Objekte aus ihren bisherigen Verpackungen in neue verbesserte Behältnisse formuliert. Parallel dazu sollte die bereits 2000 begonnene digitale Erfassung der Exponate beendet werden.7 Die Arbeiten wurden im Zuge von zwei geblockten Projektwochen im Frühjahr und Herbst 2010 von den StudentInnen der Objektklasse8 und den RestauratorInnen im Kulturdepot NÖ vor Ort durchgeführt. Als Verpackungssystem entschied man sich dafür, stapelbare Kartonboxen mit abnehmbaren Deckeln in unterschiedlichen Größen zu verwenden. Da diese nicht säurefrei waren, mussten sie mit säurefreiem Seidenpapier ausgeschlagen werden. Vor dem Verpacken wurden die Exponate mit weichen Pinseln von oberflächlich aufliegendem Staub befreit. Für besonders fragile Objekte wurden spezielle Lagerbehelfe aus säurefreiem Wellkarton9, säurefreiem Seidenpapier10 und Köperband gefertigt, die die Stücke fachgerecht unterstützten, sodass sie beim zukünftigen Handling keinen Schaden nehmen konnten.11 Stellte sich im Zuge der Reinigung heraus, dass bei Objekten weitere dringende Konservierungsschritte durchgeführt werden sollten, wurden Notsicherungen vorgenommen. Letztendlich wurden die Objekte nach unterschiedlichen Gruppen geordnet in die vorgesehenen Boxen verpackt. Freie Zwischenräume wurden mit Bäuschen aus Seidenpapier ausgefüllt um die Objekte vor einem Verrutschen in den Kartonschach6
Amt der niederösterreichischen Landesregierung (Hg.), Spielzeug – die Welt im kleinen für jung und alt. Sammlung Dr. Mayr, Schloß Schallaburg, St. Pölten o. J., S. 4–26. 7 Siehe: Henker, M (Hg.), Inventarisation als Grundlage der Museumsarbeit, Berlin 2013. 8 An diesem Projekt waren die Studierenden Franziska Kleinschmidt, Daniel Oberndorfer, Emir Omercic, Teresa Wagner, Elisabeth Geijer, Ines Gollner, Susanne Heimel, Anna-Maria Pfanner beteiligt, betreut durch Dr. Martina Griesser-Stermscheg und Mag. Kathrin Schmidt. 9 Feinwelle FW 3.0 mm, Japico, Rasmussengasse 2, A–1210 Wien. 10 Seidenpapier ohne Alkalipuffer, Japico, Rasmussengasse 2, A–1210 Wien. 11 Siehe: Huber, J./Lerber, K., Handhabung und Lagerung von mobilem Kulturgut. Ein Handbuch für Museen, kirchliche Institutionen, Sammler und Archive, Bielefeld 2003.
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teln zu hindern. An der Frontseite der Schachtel wurden alle verpackten Objekte durch das Anbringen eines Inventaraufklebers mit Informationen zum Objekt und einem Foto sichtbar gemacht. Dies sollte eine rasche und problemlose Auffindung der Objekte im Depot gewährleisten, ohne dass die Boxen dafür geöffnet werden müssen. Parallel zur Umlagerung wurde die Inventarisierung der Spielzeugsammlung in der Datenbank des NÖ Landesmuseums fertiggestellt. Hierbei wurden fehlende Daten ergänzt, sowie neue Informationen zum Zustand der Objekte eingefügt. Dies sollte es den Personen, die mit den Objekten arbeiten, RestauratorInnen und KuratorInnen, erleichtern, sich einen raschen Überblick über die jeweiligen Exponate zu verschaffen. Die in insgesamt zwei Lehrveranstaltungen durchgeführten Arbeiten gewährten den Studierenden einen Einblick in die Sammlungspflege als zukünftigen Arbeitsbereich. Sie dienten aber auch vor allem dazu, praktische Erfahrung im Umgang mit großen Sammlungen zu bekommen und einfache, zeitsparende Methoden und Maßnahmen zu entwickeln, die zu einer entschiedenen Verbesserung der Objektaufbewahrung beitragen.
Konservierung und Pflege: Die Militaria der Leibgarde Maximilians von Mexiko Zwischen dem Institut für Konservierung und Restaurierung und der Bundesmobilienverwaltung (BmobV) besteht bereits seit langem eine erfolgreiche Kooperation. Im Jahr 2011 begannen im Hofmobiliendepot – Möbel Museum Wien die Planungen für die von Ilsebill Barta und Marlene Ott-Wodni kuratierten Ausstellung „Maximilian von Mexiko – Der Traum vom Herrschen“ von 06. März bis 18. August 2013. Erzherzog Ferdinand Maximilian wurde 1832 als jüngerer Bruder des späteren Kaisers Franz Joseph I. am Wiener Kaiserhof erzogen und bekundete bereits früh Interesse an Kunst und Wissenschaft. Neben seiner Betätigung als Architekt und Sammler führten ihn ausgedehnte Reisen in fremde Länder, bevor er seine Herrschaft als Kaiser von Mexiko antrat. Da die mexikanische Bevölkerung seine Regentschaft nicht billigte, wurde er schließlich 1867 von republikanischen Truppen festgenommen und hingerichtet.12 In der Ausstellung über das bewegte Leben Maximilians von Mexiko sollte neben Kunstwerken, Kleidung und Fotografien auch die Ausstattung seiner Leibgarde gezeigt werden. Dabei handelte es sich um insgesamt 110 Militaria, darunter 28 Helme, 27 Lederkoffer, 17 Degen mit Degenscheiden, 8 Tschakos mit Lederfutteralen, einen Helm mit Feder-
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Ott-Wodni, M., Illustrierte Biografie, in: Barta, I (Hg.), Maximilian von Mexiko. Der Traum vom Herrschen, 6. März bis 18. August 2013 im Hofmobiliendepot – Möbel Museum Wien, Ausst. Kat., Wien 2013, S. 10–19.
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busch sowie ein Lederkoffer und eine Papierrolle zur Aufbewahrung und einen Zweispitz mit Eisenkoffer. Die Objekte waren aus den unterschiedlichsten Materialen gefertigt. Die Helme bestanden aus Neusilber13 und waren mit einer Helmzier aus vergoldeter Bronze versehen. An der Vorderseite befanden sich emaillierte Gardesterne, an den Seiten gefasste Kokarden. An den Innenseiten waren ein Schweißband mit Innenfutter und die Kinnriemen aus Leder befestigt. Die Lederkoffer bestanden aus einem mit Leder bespannten Holzkorpus mit Eisenhaken. Auch für die Degen wurden hochwertige Materialien verwendet. Das Gefäß wurde aus Neusilber, die Klinge aus geätztem Stahl hergestellt. Die Tschakos bestanden aus einem mit einem weißen Textil überzogenen Stock aus Leder, der mit einem Gardestern versehen war. Seitlich waren die Kinnriemen mit versilberten Knöpfen in Form von Löwenköpfen fixiert. Deckel und Stirnschirm wurden aus schwarzem Lackleder gefertigt. Die Futterale waren aus mit schwarzem Leder überzogenem Karton hergestellt und mit Eisenschnallen versehen. Der Helm mit Federbusch bestand aus schwarzem Leder und Hahnenfedern, der Zweispitz war aus Wollfilz gefertigt und mit Posamenten verziert. Er wurde in einem schwarz gefassten Eisenkoffer aufbewahrt. Das Projekt begann für die Studierenden der Objektrestaurierung14 im Oktober 2011 mit der Verpackung und dem Transport der Objekte von der BmobV in die Werkstätten des Institutes. Nach einer Einführung zum sachgemäßen Transport von Kunstwerken wurden die Objekte fotografisch dokumentiert und Zustandsprotokolle erstellt. Anschließend wurde gemeinsam mit den Studierenden überlegt, wie die Objekte während des Transportes unterstützt werden und wie eine fachgerechte Transportverpackung erfolgen könnte.15 Für die Verpackung selbst standen neben vier großen Kisten aus einem Holzwerkstoff verschiedene Verpackungsmaterialien wie säurefreies Seidenpapier, säurefreier Wellkarton, Polyethylenschaum16 sowie Luftpolsterfolie zur Verfügung. Nachdem alle Objekte verpackt waren, wurden die Kisten mit dem Dienstwagen der Universität für angewandte Kunst Wien transportiert, wobei einer der Studierenden die Transportbegleitung übernahm. Nach dem Transport wurden die Kisten in die Werkstatt verbracht und erst am nächsten Tag ausgepackt um eine langsame Gewöhnung der Objekte an das Umgebungsklima zu ermöglichen. Anschließend wurden die Zustandsprotokolle erneut kontrolliert (Abb. 62). 13
Unter Neusilber werden Legierungen aus Kupfer, Nickel und Zink verstanden, deren Farbton dem Silber sehr ähnlich ist. Wolters, J., Der Gold- und Silberschmied. Werkstoffe und Materialien, Bd. 1, Stuttgart 1986, S. 87. 14 An diesem Projekt waren Amélie Bézard, Rudolf Göttlich, Regina Friedl, Franziska Kleinschmidt, Daniel Oberndorfer, Emir Omercic, Teresa Wagner, Susanne Heimel und Anna-Maria Pfanner beteiligt, betreut durch Mag. Eva Putzgruber und Mag. Kathrin Schmidt. 15 Siehe: Poets, B., Verpackung empfindlicher Holz- und Lackobjekte. Beispiele für den Transport im Rahmen des musealen Leihverkehrs, in Restauro 1/2004, S. 37–41. 16 Plastazote PPA30 und HD60, Eurofoam, Greinerstrasse 70, A–4550 Kremsmünster.
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Der Gesamtzustand der Militaria wurde als konservatorisch bedenklich eingestuft. Alle Objekte wiesen Staub- und Schmutzauflagen auf und an zahlreichen Lederelementen wurde Schimmelbefall festgestellt. Außerdem gab es zahlreiche Spuren von Insektenbefall.17 An den Helmen waren auch statische Probleme zu verzeichnen. So hatten sich bei den meisten Objekten die Helmzierden gelockert und einige Lötungen an Augen- und Nackenschirmen geöffnet. Die Neusilberoberflächen waren zudem stark korrodiert, wodurch die ursprünglich polierten Helmoberflächen matt erschienen. An den Gardesternen fanden sich zudem Reinigungsmittelrückstände. Schweißbänder und Innenfutter waren oft nur mehr fragmentarisch erhalten. Die Lederkoffer zeigten vor allem abstehende Lederfragmente und Korrosionserscheinungen an den Eisenhaken. Gefäße und Klingen der Degen und die Mund- und Ortbleche der Degenscheiden waren ebenfalls von Korrosionserscheinungen betroffen. Manche Mund- und Ortbleche waren zudem lose. Die Tschakos wiesen Fehlstellen durch Insektenfraß sowie offene Saumnähte auf. Die Gardesterne und versilberten Löwenmasken waren korrodiert. Die Schäden an den Lederfutteralen entsprachen jenen an den Lederkoffern der Helme. Der Helm mit Federbusch wies Deformierungen auf und einige der Federn waren lose. Der Zweispitz war verschmutzt und eine Posamentenquaste lose. Am Eisenkoffer wurden Korrosionserscheinungen festgestellt. Ziel des Projektes war es, für alle Objekte einen einheitlich gepflegten und ausstellungsfähigen Zustand zu erreichen. Aufgrund der großen Anzahl der Objekte und der komplexen Problematik erforderten die Konservierungs- und Pflegemaßnahmen die Mitwirkung aller Studierenden der Objektrestaurierung. Die praktische Arbeit wurde in Kleingruppen durchgeführt. Begleitend wurden einfache und effiziente Vorgaben für die schriftliche und fotografische Dokumentation des Objektbestandes erarbeitet. Für jedes Objekt wurde ein Datenblatt erstellt, welches neben den Objektdaten Informationen zu Bestand, Zustand und den durchgeführten Maßnahmen enthielt. Der Zustand vor und nach der Konservierung wurde fotografisch festgehalten und die entsprechenden Fotografien in die Datenblätter eingefügt. Die durchgeführten Maßnahmen beinhalteten an erster Stelle die Identifizierung der Schimmelarten18 und eine Bekämpfung des Schimmelbefalls.19 Dafür wurde in der Werkstatt eine Quarantänezone eingerichtet, in
17 An den meisten Objekten wurden tote Larven von Käfern (Thylodrias contractus) und Motten (Tineola bisselliella) gefunden. Ein aktiver Käferbefall wurde bei den Lederkoffern der Helme vermutet. Für die Lederkoffer wurde deshalb nach der Konservierung eine Stickstoffbegasung durchgeführt. 18 Die Schimmelpilze (Aspergillus niger und Penicillium sp.) wurden von Dr. Bronislava Bacilková identifiziert. 19 Siehe: Förster, A./Kreuzberg, A., Schimmelpilzbefallenes Kunst- und Kulturgut. Ein Erfahrungsbericht zu Entschimmelungen, in: Restauro 6/2010, S. 370–379.
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der unter permanenter Absaugung mit Masken mit FFP3-Filter20, Anzügen aus Polyethylenflies21 und Handschuhen aus Nitril22 gearbeitet werden konnte. Das Mycel wurde zunächst mit einem Feinstaubsauger mit Bakterienfilter23 abgesaugt und mit Schwämmchen aus Polyurethan (PU) entfernt. Danach erfolgte soweit möglich die Schimmelbekämpfung mit einem Gemisch aus Ethanol und deionisiertem Wasser (70:30). Anschließend wurden die meisten Objekte mit Hilfe eines Staubsaugers und eines weichen Pinsels gereinigt. An den Helmen erfolgte zunächst eine Reinigung der Metalloberflächen mit Wattestäbchen und Aceton, bevor die Korrosionsprodukte mit einer in den alkalischen Bereich gepufferten 3,7 %igen Lösung von Ethylendiamintetraacetat (EDTA)24 in deionisiertem Wasserreduziert wurden. Reinigungsmittelreste an den Gardesternen wurden mit rotierenden Ziegenhaarbürsten entfernt. Die abstehenden Lederfragmente an den Lederkoffern wurden mit 6 %igem Störleim in deionisiertem Wasser klebetechnisch gesichert, die Eisenhaken mechanisch entrostet. Danach wurden die Lederkoffer verpackt und aufgrund des vermuteten Insektenbefalls extern stickstoffbegast. Die Korrosionserscheinungen an den Gefäßen der Degen sowie an den Mund- und Ortblechen der Degenscheiden wurden ebenfalls mit der erwähnten Lösung von EDTA in deionisiertem Wasser reduziert. Die Klingen der Degen wurden mechanisch entrostet. Die losen Mund- und Ortbleche der Scheiden wurden mit einem modifizierten Hautleim25 geklebt. Die Fehlstellen in den weißen Textilien der Tschakos wurden belassen und die offenen Saumnähte nähtechnisch gesichert. Die Korrosionserscheinungen an den Gardesternen und versilberten Löwenköpfen konnten mechanisch mit Schlämmkreide entfernt werden. Für die Konservierung der Lederfutterale kamen dieselben Konservierungsmethoden wie für die Lederkoffer zum Einsatz. Der Helm mit Federbusch wurde gereinigt und die losen Federn durch Verstärkung und Verklebung mit Glasfasern und einer Acrylharzdispersion26 befestigt. Beim Zweispitz erfolgte eine Trockenreinigung und eine nähtechnische Sicherung der losen Quaste. Der Eisenkoffer wurde mechanisch entrostet (Abb. 63). Während des gesamten Projektes wurden die Objekte in der Werkstatt auf verzinkten Stahlregalen mit Zwischenlagen aus säurefreiem Seidenpapier gelagert. Aufgrund der Spuren von Insektenbefall, wurden in der Werkstatt Insektenfallen aufgestellt, die die Studierenden zweimal in der Woche kontrollierten. Nach Abschluss der Konservierungs20 21 22 23 24 25 26
3M, Deffner und Johann, Mühläcker Straße 13, D–97520 Röthlein. Tyvek Modell Classic Xpert, Carl Roth, Schoemperlenstrasse 3–5, D–76185 Karlsruhe. Rotiprotect-Nitril, Carl Roth GmbH und Co. KG, Schoemperlenstrasse 3–5, D–76185 Karlsruhe. Atmos C 261 Aspirator, Atmos Medizintechnik, Ludwig-Kegel-Straße 16, D–79853 Lenzkirch. Titriplex III, VWR International, Graumanngasse 7, A–1150 Wien. Original Titebond Hautleim, Titebond Europa, Landwüsterstraße 17, D- 08258 Wernitzgrün. Lascaux Acrylkleber 498 HV, Kremer Pigmente, Hauptstraße 41 – 47, D–88317 Aichstetten.
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und Pflegemaßnahmen wurden die Objekte mit säurefreien Inventarschildern versehen und auf ihre Zwischenlagerung bis zur Ausstellung vorbereitet. In der BmobV wurde ein neuer Aufbewahrungsort für die Militaria bereitgestellt. Aufgrund der schwankenden klimatischen Bedingungen fiel die Entscheidung, an allen Eisen- und Stahloberflächen einen Überzug aus mikrokristallinem Wachs27 aus einer 2 %igen Lösung in einem Kohlenwasserstoffgemisch28 aufzutragen. An den Neusilberoberflächen wurde auf einen Überzug verzichtet, da dies eine komplette Demontage der Objekte und Helme erfordert hätte. Um Korrosionserscheinungen zukünftig zu vermeiden, wurden für die betreffenden Objekte spezielle Verpackungen aus einem Baumwolltuch mit eingearbeiteten Silberpartikeln29 angefertigt. Die Objekte wurden zunächst mit säurefreiem Seidenpapier eingeschlagen und anschließend in das Baumwolltuch verpackt. Die Inventarnummer wurde mit einer Schreibmaschine auf Köperband geschrieben und auf die Verpackung aufgenäht. Gemeinsam mit den Studierenden wurden anschließend Richtlinien für die Ausstellung der Objekte im Hofmobiliendepot – Möbel Museum Wien erarbeitet.30 Den Abschluss des Projektes bildete eine Führung durch die Ausstellung nach der Eröffnung im März 2013, bei der die Studierenden die Gelegenheit hatten, das Ergebnis ihrer gemeinschaftlichen Arbeit zu reflektieren und zu diskutieren.31
Sammlungsanalyse und Depotplanung: Das Krahuletzmuseum in Eggenburg Gerade in den Regionalmuseen kommt neben dem Sammeln, Erforschen, Ausstellen und Vermitteln das Bewahren und Erhalten manchmal zu kurz. Im Jahr 2012 startete das Museumsmanagement Niederösterreich ein Projekt32 mit dem Hauptziel, die Depotsituation in den Regionalmuseen in NÖ zu optimieren und damit die Bewahrung der Sammlungsbestände zu gewährleisten. Das Institut für Konservierung und Restaurierung ist als Kooperationspartner an verschiedenen Projekten im Rahmen dieser Initiative beteiligt.33 Eines dieser Projekte fand im Krahuletz-Museum in Eggenburg statt, das nach 27 28 29 30
Cosmoloid H 80, Kremer Pigmente, Hauptstraße 41 – 47, D–88317 Aichstetten. Shellsol T, Kremer Pigmente, Hauptstraße 41 – 47, D–88317 Aichstetten. Pazifik-Silbertuch, Long Life for Art, Christoph Waller, Hauptstraße 47, D–79356 Eichstetten. Thickett, D./Lee, R. L., Selection of materials for the storage or display of museum objects, in: The British Museum Occasional Paper 111/2004, S. 1–30. 31 Dank gilt Dr. Ilsebill Barta und Dr. Catharina Scheich für die Ermöglichung und Betreuung des Projektes sowie Dr. Marlene Ott-Wodni für die Führung durch die Ausstellung. 32 Schätze im Schaufenster – Qualitätsoffensive Museumsdepots in Niederösterreich. 33 Siehe: Beitrag von Mag. Ulrike Vitovec im vorliegenden Band.
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dem Sammler und Forscher Johann Krahuletz benannt ist und 1902 eröffnet wurde. Den Sammlungsinteressen seines Gründers entsprechend, besitzt das Museum rund eine Million archäologischer, geologischer und volkskundlicher Objekte.34 Wie viele andere Regionalmuseen waren die Depots des Krahuletz-Museums für die Lagerung musealer Objekte wenig geeignet und bedurften einer Umstrukturierung. Außerdem war nur ein Teil der Sammlung inventarisiert. Die Tätigkeit des Instituts für Konservierung und Restaurierung begann mit einer Projektwoche im Oktober 2012. Die Studierenden der Objektrestaurierung35 arbeiteten eine Woche lang an einer ersten überblicksmäßigen Bestandserfassung der Sammlung und der Beurteilung der Depotsituation vor Ort. Die erfassten Daten bildeten die Basis für eine Diplomarbeit, die am Institut für Konservierung und Restaurierung im Jahr 2013 abgeschlossen wurde. Die Diplomandin Elisabeth Geijer legte darin den Schwerpunkt auf die Reorganisation von Museumsdepots in Regionalmuseen und erarbeitete präventive Konservierungsstrategien speziell für das Krahuletz-Museum (Abb. 64).36 Im Krahuletzmuseum standen für die Aufbewahrung der nicht ausgestellten Objekte verschiedene Depoträumlichkeiten zur Verfügung. Im Museumsgebäude waren das ein großer und ein kleiner Dachbodenraum und verschiedene Ober- und Unterschränke von Vitrinen in den Ausstellungsräumen. Ein weiteres Depot gab es in einem ehemaligen Lichtspielhaus neben dem Museum, das als Lager für diverse Objekte adaptiert wurde. Die Sammlungsanalyse zeigte auf, wie viele Objekte innerhalb der einzelnen Sammlungskategorien vorhanden waren und aus welchen Materialgruppen sie bestanden. Dazu wurde die Anzahl der Objekte anhand ihres Platzbedarfs im Depot geschätzt und die Objekte einer Materialgruppe zugeteilt. Außerdem wurde der zur Verfügung stehende Stellplatz in Kubikmeter aber auch ungenützter oder mit nichtmusealen Gegenständen verstellter Platz in den Depots evaluiert. Dabei wurde festgestellt, dass die Objekte aus einer Vielzahl an Materialien mit unterschiedlichsten Anforderungen be34 Tuzar, J. M., Geschichte der Krahuletz-Gesellschaft und Krahuletz-Museum, in: Daim, F./Kühltreiber, T. (Hg.), Sein und Sinn – Burg und Mensch, Niederösterreichische Landesausstellung im Schloß Ottenstein und Schloß Waldreichs vom 05. Mai bis 4. November 2001, Ausst. Kat., St. Pölten 2001, S. 401–409. 35 An diesem Projekt waren Michael Bollwein, Manuela Hafenscher, Marina Paric, Amélie Bézard, Rudolf Göttlich, Regina Friedl, Franziska Kleinschmidt, Daniel Oberndorfer, Emir Omercic, Teresa Wagner und Elisabeth Geijer beteiligt, betreut durch Mag. Barbara Eisenhart, Dr. Martina Griesser-Stermscheg und Mag. Kathrin Schmidt. 36 Geijer, E. The reorganization of regional museum storages. A preventive conservation framework for the Krahuletz-Museum in Eggenburg, Lower Austria, Diplomarbeit, Universität für angewandte Kunst Wien, Wien 2013. Die Diplomarbeit wurde unter der Betreuung von o. Univ. Prof. Mag. Dr. Gabriela Krist am Institut für Konservierung und Restaurierung durchgeführt.
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standen. Bedeutsam war, dass in beiden Depots noch insgesamt rund 20 % freie und nutzbare Fläche vorhanden war. Im Zuge der anschließenden Depotanalyse wurde die Depoteinrichtung bewertet und der Zustand der Objekte erfasst. Dazu wurden an repräsentativen Objekten aus den einzelnen Sammlungskategorien und Materialgruppen eine detaillierte Zustandserfassung durchführt. Zudem wurden durch eine Analyse in den Depoträumen die Risiken für die Sammlung evaluiert. Dabei stellte sich heraus, dass fast alle behandelten Faktoren ein hohes Risiko für die Sammlung darstellten. Das höchste Risiko für die Sammlung war die Vermischung von Sammlungsbestand und nichtmusealen Gegenständen, wodurch es in weiterer Folge zu mechanischen Beschädigungen an den Objekten kam. In beiden Depots, vor allem aber im Lichtspielhaus, bestanden ungeeignete klimatische Bedingungen, von bis zu 80 % relativer Luftfeuchtigkeit. Zudem waren zahlreiche Objekte von Schädlingen befallen, wiesen Verschmutzungen auf und waren Lichteinwirkung ungeschützt ausgesetzt (Abb. 65). Die Bewertung der Risikofaktoren zeigte deutlich, dass akuter konservatorischer Handlungsbedarf besteht. In einem ersten Schritt sollte eine Trennung von musealen sowie nichtmusealen Objekten erfolgen. Alle Museumsobjekte sollten temporär umgelagert, inventarisiert und fotografiert werden um einen Überblick über die Sammlung zu erhalten. Danach sollte die Sanierung und Temperierung der Depoträume erfolgen. Die durchgeführten Klimamessungen machten deutlich, dass die Verbesserung der klimatischen Bedingungen höchste Priorität hat. Nach der Sanierung der beiden Depoträume müsste eine entsprechende Einrichtung unter Verwendung konservatorisch geeigneter Materialien erfolgen. Zahlreiche vorhandene Depotmöbel könnten dafür weiterhin genutzt werden. Parallel dazu sollte bei zahlreichen Objekten aufgrund des akuten Schädlingsbefalls eine Stickstoffbegasung durchgeführt werden. Ebenso wurde eine massive Umstrukturierung der Depots empfohlen. So sollten beispielsweise Sammlungsbestände aus empfindlichen Materialien aus dem Lichtspielhaus in die Depoträume im Museum verbracht werden. Nach der Sanierung und Einrichtung der Depoträume müssten alle Objekte sachgerecht verpackt werden um mechanischen Beschädigungen, Verschmutzungen und direkter Lichteinwirkung vorzubeugen. Außerdem sollten sie im Inventar mit neuen Standorten versehen werden. Das im Rahmen einer Projektwoche und einer Diplomarbeit durchgeführte Projekt soll in weiterer Folge als Vorbild für andere Regionalmuseen in NÖ dienen. Für die Studierenden der Objektrestaurierung bot das Krahuletz-Museum die Möglichkeit, sich nicht nur mit einem Sammlungsbestand, sondern auch mit den zu seiner Unterbringung zur Verfügung stehenden Gebäuden und Depots zu beschäftigen. Dabei sind vor allem die Struktur und Einrichtung des Depots von Bedeutung. Gleichzeitig bot das Projekt die Gelegenheit, sich mit den tatsächlichen Depotbedingungen eines Regionalmuseums
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auseinanderzusetzen, die oft stark von den in der Fachliteratur propagierten Bedingungen abweichen. In weiterer Folge sollten unter Berücksichtigung der beschränkten Mittel einfache Lösungen für die Objekte gefunden werden. Im Rahmen der Diplomarbeit wurden die zahlreichen Problemstellungen detaillierter betrachtet und grundlegend aufgearbeitet. Eine methodisch-strukturierte Vorgehensweise war notwendig, um sinnvolle und nachhaltige Strategien für die Verbesserung der Depotbedingungen zu erarbeiten.
Fazit Die hier beschriebenen Projekte stellen hohe Anforderungen an die Studierenden und ermöglichen das Erlernen von Fertigkeiten, die im späteren Berufsleben als RestauratorIn wesentlich sind. Dazu zählt die Fähigkeit im Team zu arbeiten, den Überblick über das Gesamte zu bewahren, ein gemeinsames Ziel zu erarbeiten und Lösungen für komplexe Problemstellungen zu finden. Dies alles macht die präventive Konservierung in der praktischen RestauratorInnenausbildung aus und bereitet auf eine eigenständige Tätigkeit in Sammlungen und Museen vor, bei der die Erhaltung und Pflege von größeren Beständen im Vordergrund steht.
Literatur Amt der niederösterreichischen Landesregierung (Hg.), Spielzeug – die Welt im kleinen für jung und alt. Sammlung Dr. Mayr, Schloß Schallaburg, St. Pölten o. J., S. 4. Barta, I (Hg.), Maximilian von Mexiko. Der Traum vom Herrschen, 6. März bis 18. August 2013 im Hofmobiliendepot – Möbel Museum Wien, Ausst. Kat., Wien 2013. Daim, F./Kühltreiber, T. (Hg.), Sein und Sinn – Burg und Mensch, Niederösterreichische Landesausstellung im Schloß Ottenstein und Schloß Waldreichs vom 05. Mai bis 4. November 2001, Ausst. Kat., St. Pölten 2001. European Network for Conservation-Restoration Education, Practice in Conservation-Restoration Education, in: http://www.encore-edu.org/ENCoRE-documents/PracticePaper2014.pdf, Zugriff 13.08.14. Förster, A./Kreuzberg, A., Schimmelpilzbefallenes Kunst- und Kulturgut. Ein Erfahrungsbericht zu Entschimmelungen, in: Restauro 6/2010, S. 370–379. Geijer, E. The reorganization of regional museum stores. A preventive conservation framework for the Krahuletz-Museum in Eggenburg, Lower Austria, Diplomarbeit, Universität für angewandte Kunst Wien, 2013. Henker, M. (Hg.), Inventarisation als Grundlage der Museumsarbeit, Berlin 2013. Huber, J./Lerber, K., Handhabung und Lagerung von mobilem Kulturgut. Ein Handbuch für Museen, kirchliche Institutionen, Sammler und Archive, Bielefeld 2003.
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Ott-Wodni, M., Illustrierte Biografie, in: Barta, I (Hg.), Maximilian von Mexiko. Der Traum vom Herrschen, 6. März bis 18. August 2013 im Hofmobiliendepot – Möbel Museum Wien, Ausst. Kat., Wien 2013, S. 10–19. Poets, B., Verpackung empfindlicher Holz- und Lackobjekte. Beispiele für den Transport im Rahmen des musealen Leihverkehrs, in Restauro 1/2004, S. 37–41. Thickett, D./Lee, R.L., Selection of materials for the storage or display of museum objects, in: The British Museum Occasional Paper 111/2004, S. 1–30. Tuzar, J. M., Geschichte der Krahuletz-Gesellschaft und Krahuletz-Museum, in: Daim, F./Kühltreiber, T. (Hg.), Sein und Sinn – Burg und Mensch, Niederösterreichische Landesausstellung im Schloß Ottenstein und Schloß Waldreichs vom 05. Mai bis 4. November 2001, Ausst. Kat., St. Pölten 2001, S. 401–409. Universität für angewandte Kunst Wien, Studienplan der Studienrichtung Konservierung und Restaurierung, in: http://www.uni-ak.ac.at/stab/curricula/588_2014U_00.pdf, Zugriff 13.08.14. Wolters, J., Der Gold- und Silberschmied. Werkstoffe und Materialien, Bd. 1, Stuttgart 1986.
Elisabeth Krack, Joachim Kreutner
Sammlungspflege in der Metallrestaurierung am Bayerischen Nationalmuseum
Abstract Care and monitoring of objects on display are central aspects of preventive conservation in museums. At the Bayerisches Nationalmuseum München the weekly tasks performed on closure day are called „Sammlungspflege“– collection care. In this article the museum’s conservators for metal objects describe their routine work and how it is organised: Who is involved, how are the collections laid out, which objects and materials are common, and what effect do different display modes have on collection care? Furthermore it is discussed how a colleague can document his or her operations and observations transparently for the whole department by compiling an MS-EXCEL® file. Once recorded, conditions or detail photographs are easily retrieved. Ideas for improvements are kept in mind and then can be implemented in time.
Zusammenfassung Pflege und Monitoring der Schausammlung sind für ein Museum zentrale Aspekte der präventiven Konservierung. Die hierzu wöchentlich am Schließtag stattfindenden Maßnahmen werden am Bayerischen Nationalmuseum in München als „Sammlungspflege“ bezeichnet. In diesem Beitrag berichten MetallrestauratorInnen des Museums über ihre dabei anfallende praktische Arbeit und wie diese organisiert ist: Wer ist involviert, wie sind die räumlichen Gegebenheiten, welche Objektgruppen und Materialien kommen vor und welchen Einfluss hat die Präsentationsweise auf die Sammlungspflege? Außerdem wird vorgestellt, wie die von den einzelnen MitarbeiterInnen durchgeführten Maßnahmen und Beobachtungen für die ganze Werkstatt transparent in einer MS-EXCEL®Tabelle dokumentiert werden können. So sind einmal erfasste Zustände und Detailfotos schnell abzurufen und geplante Verbesserungen bleiben im Blick bis sie dann umgesetzt werden.
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Einleitung Dieser Beitrag behandelt einen wichtigen Teilaspekt des Themenkreises Sammlungspflege: Die turnusmäßige Pflege der in der Schausammlung ausgestellten Kunstwerke. Die Autoren sind Diplom-RestauratorInnen am Bayerischen Nationalmuseum München (BNM). Als MitarbeiterInnen der Restaurierungswerkstatt für Objekte aus Metall berichten sie über ihre Erfahrungen dort. Mitte des 19. Jahrhunderts vom bayerischen König Maximilian II. gegründet, zählt das BNM zu den großen kunst- und kulturhistorischen Museen in Europa. Seinen Kernbestand bilden Kunstwerke und kunsthandwerkliche Objekte aus der jahrhundertelang gewachsenen Sammlung des regierenden Hauses Wittelsbach. Seit der Gründung wurde diese jedoch systematisch und weit über den süddeutschen Raum hinaus erweitert, so dass der chronologisch aufgebaute Rundgang heute von der Spätantike bis zum Jugendstil reicht. Fachsammlungen wie etwa für Goldschmiedekunst, Waffen, Porzellan oder Musikinstrumente zeigen die Entwicklung der jeweiligen Gattung im europäischen Kontext. Das historistische Gebäude mit seinen stilistisch auf die Sammlungen abgestimmten Interieurs ist einer der bedeutendsten Museumsbauten der Zeit um 1900 (Abb. 66).1 Die Restaurierungsabteilung am BNM verfügt einschließlich Leitung, VolontärInnen und PraktikantInnen über etwa 30 MitarbeiterInnen (da einige RestauratorInnen in Teilzeit beschäftigt sind, entspricht dies 20 Vollzeitstellen) und gliedert sich in die Werkstätten für Skulptur und Gemälde, Möbel, Textil, Stein, Kunsthandwerk, Volkskunde und Metall. Zusätzlich ist ein Diplom-Restaurator werkstattübergreifend für präventive Konservierung und Baubetreuung zuständig. Ein Team, das sich aus RestauratorInnen, MitarbeiterInnen der Haustechnik, einem Sicherheitsingenieur sowie dem Leiter des Aufsichtsdienstes zusammensetzt, trifft sich regelmäßig, um die klimatischen Bedingungen im Gebäude auszuwerten und Verbesserungen umzusetzen. Am BNM bezieht sich der Begriff „Sammlungspflege“ traditionell ausschließlich auf die fortlaufende Betreuung der zurzeit etwa 10.000 Objekte umfassenden und momentan fast 12.000 m² großen Schausammlung. Die Pflege der weit über 250.000 deponierten Sammlungsobjekte ist in diesem Terminus nicht beinhaltet und wird „Depotpflege“ genannt. Eine Ursache für diese inkonsistente Begrifflichkeit liegt wahrscheinlich darin begründet, dass der Terminus noch aus der Gründungszeit des Museums stammt, als nahezu
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Bayerisches Nationalmuseum, in: http://www.bayerisches-nationalmuseum.de, Zugriff 14.10.2014/Eikelmann, R./Bauer, I., Das Bayerische Nationalmuseum 1855–2005. 150 Jahre Sammeln, Forschen, Ausstellen, München 2007.
Sammlungspflege in der Metallrestaurierung am Bayerischen Nationalmuseum
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der ganze Bestand tatsächlich auch ausgestellt war. Denkbar ist ebenso, dass den ausgestellten Objekten, der „(Schau-)Sammlung“, stets ein höherer Rang als den Sammlungsteilen im Depot beigemessen wurde. Ein weiterer Grund mag der unterschiedliche Charakter der jeweils anfallenden Tätigkeiten sein: Bei der turnusmäßigen Sammlungspflege in den Sälen der Ausstellung – sie findet meist am wöchentlichen Schließtag statt – stehen aufgrund der Exponiertheit der Artefakte mit Entstaubung und Kontrolle des Zustands „wiederkehrende Aufgaben“ an erster Stelle. Erst durch die längerfristige Evaluierung des Ausstellungszustandes kann es sich als aus konservatorischer Sicht notwendig erweisen, in die Präsentation einzugreifen. Im Depot handelt es sich dagegen, abgesehen vom langfristig angelegten kontinuierlichen Monitoring der Lagerungsbedingungen, fast immer um Maßnahmen, die eine grundsätzliche Verbesserung der Aufbewahrungsbedingungen zum Ziel haben, einmalig durchgeführt werden und so „Projektcharakter“ haben. Selbstverständlich stehen nach dem Konzept der präventiven Konservierung2 auch am BNM alle diese Maßnahmen gleichberechtigt nebeneinander und haben insgesamt das Ziel „nachhaltig zum Erhalt ganzer Sammlungsbestände oder -komplexe beizutragen“.3 Nicht nur das herausragende Einzelobjekt in der Ausstellung, sondern die Gesamtheit der Sammlung kann so durch eine Verbesserung der Umgebungsbedingungen und optimierte Prozesse langfristig bewahrt werden. Bei den durch die MetallrestauratorInnen betreuten Objekten handelt es sich um Exponate aus Edel- und Nichtedelmetallen. Sie sind nicht selten mit anderen Materialien kombiniert und zum Teil auch mit einer Fassung versehen. In diesen Fällen wird regelmäßig mit den KollegInnen der anderen Restaurierungswerkstätten im Haus interdisziplinär zusammen gearbeitet. Die Sammlungspflege wird abwechselnd von allen MitarbeiterInnen der Metallrestaurierung durchgeführt. Dies hat den Vorteil, dass die Exponate aus unterschiedlichen Perspektiven betrachtet werden: AtelierleiterInnen gehen mit anderen Augen und mit einem anderen Erfahrungshorizont durch die Ausstellung als PraktikantInnen. Diese sehen zwar häufig die Objekte zum ersten Mal, können aber meist mehr Zeit in die Untersuchung investieren. Langjährig im Museum tätige RestauratorInnen kennen die Objekte oft sehr genau und haben wahrscheinlich einige schon bearbeitet. Es fallen ihnen daher sich verändernde Details schneller auf, gleichzeitig besteht jedoch die Gefahr, vermeintlich gut bekannte Stück nicht mehr sorgfältig genug zu inspizieren. Etwa 80% der Metallobjekte der Schausammlung werden in Vitrinen gezeigt. Die übrigen sind aufgrund ihrer Größe, aus ästhetischen Gründen, aber auch wegen ihrer
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Burmester, A., Vortrag: Was ist Präventive Konservierung? Eine Einführung, München 30.09.2004, in: http://www.doernerinstitut.de/downloads/burmester_Was_ist_PK.pdf, Zugriff 14.10.2014. 3 Ebenda.
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vermeintlichen materialbedingten Unempfindlichkeit freistehend oder -hängend ausgestellt. Die Präsentationsarten unterscheiden sich bezüglich ihres Schadenspotentials. Der fehlende Schutz der Vitrine führt zu zusätzlichen Risiken wie Verschmutzung, Tageslicht, Vandalismus und Diebstahl. Umgekehrt können Vitrinen durch schadstoffbelastete Materialien oder Wärmeeintrag der Beleuchtung das Exponat beeinträchtigen. Bei modernen, sehr dichten Vitrinen kann sogar das Objekt selbst, ausgehend etwa von schadstoffemittierenden Objektteilen aus organischem Material oder durch frühere Schädlingsbekämpfungs- oder Festigungsmaßnahmen, zu einem ungünstigen Mikroklima beitragen. Aufgrund der Größe des Gebäudes wurden die seit den Beschädigungen des Zweiten Weltkrieges notwendigen Sanierungen sukzessive nach Bauabschnitten vorgenommen. Der Zustand der Gebäudehülle und der in konservatorischer Hinsicht relevanten Ausstattung ist daher sowohl in der Schausammlung wie auch in den Depots sehr heterogen: Er reicht von jüngst nach modernsten Maßstäben sanierten Ausstellungssälen mit Vollklimatisierung und LED-Beleuchtungskörpern bis hin zu schlecht gedämmten Depoträumen im bau- und ausstattungstechnischen Stand der unmittelbaren Nachkriegsjahre. Montag ist Schließtag im Bayerischen Nationalmuseum und daher fester Termin für kleinere bauliche Maßnahmen, Objektbewegungen, Veränderungen in den Vitrinen und die Sammlungspflege. Die BesucherInnen werden auf diese Weise nicht durch die Arbeiten der MuseumsmitarbeiterInnen gestört und umgekehrt. Die Vitrinen können so bis zum Abschluss der Arbeiten auch unbeaufsichtigt geöffnet bleiben. Wenn an anderen Tagen in den Ausstellungsräumen gearbeitet werden muss, werden diese Arbeiten in der Regel vor der Museumsöffnung um zehn Uhr abgeschlossen. Die Arbeitsplätze der RestauratorenInnen sind seit dem Jahr 2000 in einem separaten Werkstättengebäude untergebracht. Obschon durch einen unterirdischen Verbindungsgang mit dem Hauptgebäude verbunden, ist der Transport der Arbeitsmittel zur Sammlungspflege umständlich und zeitraubend. Deshalb werden die zur Sammlungspflege benötigten Materialien in zwei eigenen, nur von den RestauratorInnen benutzten Sammlungspflegeschränken aufbewahrt. Sie befinden sich in einem den Sälen des Hauptgeschoßes benachbarten Nebenraum. Dort ist ein Grundsortiment der verwendeten Geräte und Werkzeuge vorhanden. Ein dafür zuständiger Kollege überprüft regelmäßig den Inhalt und bestellt den Fehlbestand nach. Zusätzlich benötigte Materialien werden jeweils aus den Werkstätten zur Sammlungspflege mitgebracht. Die praktische Arbeit der Sammlungspflege besteht vor allem aus dem Abstauben der freistehenden Exponate. Je nach Standort innerhalb des Gebäudes sind diese Skulpturen, Ausstattungsgegenstände, Rüstungen, Waffen u.a. unterschiedlich großer Staubbelastung ausgesetzt. So muss etwa eine auf dem Treppenpodest des Haupttreppenhauses
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aufgestellte Skulptur aufgrund des von den BesucherInnen eingetragenen Staubs und der herrschenden Konvektion wöchentlich entstaubt werden (Abb. 67). Andere, in dieser Hinsicht günstiger aufgestellte Gegenstände verschmutzen deutlich langsamer. Eine geringe Staubauflagerung stellt für eine geschlossene, glatte Metalloberfläche keine nennenswerte Gefahr dar. Erst im Zusammenhang mit hoher Feuchte würde der Staub zu einer Schadstoffkompresse. Nichtsdestotrotz erfolgt aus ästhetischen Gründen eine regelmäßige Reinigung (Abb. 68). Schon während des Abstaubens erfolgt die augenscheinliche Kontrolle des Exponats auf Veränderungen. Diese könnten Folge eines direkten äußeren Einflusses sein: Gibt es neue Kratzer, Deformationen, Schmutz oder Farbspritzer? Manche Veränderungen deuten auf schädliche Umgebungsbedingungen (Temperatur, relative Feuchte, Licht, Schadstoffe) hin: Veränderungen der Oberfläche (Farbe, Textur) und der physischen Integrität (Weite von Rissen, Standfestigkeit). Freistehende Objekte werden durch die fehlende Vitrinenscheibe als Trennmedium naturgemäß häufiger Opfer von Vandalismus und Diebstahl. Leider kommt es durchaus vor, dass Oberflächen verkratzt werden oder auch kleinere, schnell und verhältnismäßig einfach zu entfernende Exponatteile gestohlen werden. Ein Beispiel aus der Werkstatt für Metallrestaurierung sind die auf das Leder nur aufgenähten Eisenplättchen an Harnischhandschuhen. Ein eher ungewöhnlicher Fall von Verschmutzung war bei der um 1600 gegossenen lebensgroßen Bronze eines Jagdhundes zu beobachten. Durch eine Fehlstelle am Rücken wurden offenbar seit langer Zeit kleine Gegenstände – meist Bonbonpapiere oder Eintrittskarten – geworfen, so dass ihr Inneres bis zur Hälfte damit angefüllt war. Eine Abschrankung kam aufgrund der räumlichen Situation nicht in Frage. Durch das reversible Schließen der Fehlstelle mit einer passgenau gearbeiteten und patinierten Intarsie aus Bronze konnte dieses Problem pragmatisch und einhergehend mit einer Verbesserung des ästhetischen Erscheinungsbildes gelöst werden (Abb. 69). Zu den freistehenden Objekten zählen auch Exponate, die vom Besucher oder der Besucherin oft nicht als solche wahrgenommen werden. Es handelt sich um Ausstattungselemente wie Türen, Treppengeländer, Kamingitter und -platten. Auch bauzeitliche Ausstattungsstücke des BNM-Museumsbaus sind mittlerweile zum schützenswerten Museumsobjekt geworden. Wenn ein Exponat nicht als solches erkannt wird, birgt dies die Gefahr einer zusätzlichen Beanspruchung. Typisches Beispiel sind Benutzungsversuche, etwa bei einer in die Wand eingelassenen Türe ohne Funktion. Hier greift die Sammlungspflege dahingehend, dass zunächst das Risiko identifiziert und in Absprache mit dem/der zuständigen KuratorIn eine praktikable und ästhetisch vertretbare Lösung – wie etwa eine geeignete Hinweistafel – gefunden wird. Auch in Vitrinen können ungünstige Umgebungsbedingungen zu einer Schädigung der ausgestellten Gegenstände führen. Deshalb werden während des Sammlungspflege-
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termins diese Objekte ebenso inspiziert und dabei auf Veränderungen überprüft. Auch wenn keine Schäden erkennbar sind, wird doch die Präsentation und deren Schadenspotential regelmäßig evaluiert und bei passender Gelegenheit, etwa anlässlich einer Neuordnung oder Neubeschriftung, so weit wie möglich verbessert. Hier werden alle möglichen Schadensfaktoren bedacht, wobei bei den von der Metallrestaurierung betreuten Objekten manche weniger (Insekten oder Licht), andere mehr (Schadstoffe) relevant sind. Ein aktuelles Beispiel für eine solche Verbesserung ist der Austausch der Inneneinrichtungen mehrerer Vitrinen mit Goldschmiedekunst des 17. Jahrhunderts. Hier werden Podeste und Sockel aus potentiell schadstoffemittierenden Holzwerkstoffen durch solche aus schadstoffarmen Materialien ersetzt. Ein im BNM eigens entwickeltes Konzept4 ermöglicht es, die durch Stoffbespannung geprägte Ästhetik auch bei Verwendung der neuen Materialien beizubehalten (Abb. 70). So lassen sich auch einzelne Säle in konservatorischer Hinsicht ertüchtigen, ohne das ästhetische Konzept des jeweiligen Ausstellungsbereichs zu stören. Das Bayerische Nationalmuseum verfügt über einen Museumsbetriebsdienst, welcher aus vier MitarbeiterInnen besteht. Der MBD ist insofern in die Sammlungspflege mit einbezogen, als dass er für das Öffnen und die Reinigung der Vitrinenscheiben verantwortlich ist. Er wird durch den jeweiligen Referenten/die jeweilige Referentin oder die zuständigen RestauratorInnen beauftragt. Bei einem Vitrinen-Reinigungstermin wird der Arbeitsplatz im Ausstellungssaal eingerichtet. Das bedeutet, dass der MBD Arbeitstische vorbereitet, auf denen die Exponate zum einen zwischengelagert zum anderen aber auch den RestauratorInnen zur Zustandsüberprüfung und gegebenenfalls Reinigung zur Verfügung stehen. Während dieser Arbeiten werden die Vitrinenscheiben durch den MBD von innen und außen geputzt und Staub auf dem Vitrinenboden entfernt. Hier zeigte sich, dass einige Flügeltür-Wandvitrinen aus den achtziger Jahren schneller als andere verstaubten und so einen erhöhten Reinigungsbedarf aufwiesen. Bei genauerer Untersuchung konnten die relativ weit geöffneten Spalten zwischen den Flügeln für den signifikant höheren Staubeintrag verantwortlich gemacht werden. Durch das Anbringen eines geeigneten Dichtungsprofils aus einem auf Schadstoffe getesteten Elastomer verbesserte sich die Situation deutlich. So müssen diese Vitrinen nun weniger häufig geöffnet und deren Objektbestand seltener abgestaubt werden. Eine nicht unwichtige Rolle bei der kontinuierlichen Beobachtung der Exponate spielen außerdem die MitarbeiterInnen des Aufsichtspersonals. Sie kontrollieren täglich die Vollständigkeit des Saalbestandes und können so Beschädigungen oder Verluste als erste erkennen und melden. Dies setzt natürlich eine geeignete Schulung sowie eine An4
Kreutner, J./Richter, R., Verminderung von Schadstoffemissionen in bereits vorhandenen Vitrinen, in: VDR-Beiträge zur Erhaltung von Kunst- und Kulturgut 2/2010, S. 22–26.
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sprechpartnerin/einen Ansprechpartner voraus, der die MitarbeiterInnen erkennen lässt, dass ihre Aufmerksamkeit gewürdigt wird. Auch wenn die regelmäßige Durchführung der Sammlungspflege grundsätzlich funktionierte, wurde eine Lösung gesucht, sie besser und einfacher zu organisieren. Zudem führte ein konkreter Schadensfall, der zeitlich nicht mit der erhofften Genauigkeit eingegrenzt werden konnte, zu dem Wunsch, erkannte Zustände einfach und für alle KollegInnen der Metallrestaurierung transparent dokumentieren zu können. Dies ist deshalb von großer Bedeutung, da die Sammlungspflege von allen MitarbeiterInnen der Metallrestaurierung durchgeführt wird und gemachte Beobachtungen allen zugänglich sein sollen. Aus der Sammlungspflege resultierende Verbesserungsvorschläge und Ideen zur Umsetzung sollten schnell und formlos niedergelegt werden können. Diese Anforderungen an die Flexibilität der gewünschten „Datenbank“ wurden in einem MS-EXCEL®Dokument umgesetzt (Abb. 71). Neben Identifikation (Spalten A, B) und Standort (Spalten E, F) finden sich zu jedem Objekt eine Angabe zu Material (Spalte C) und Herstellungstechnik (Spalte D, in der Abbildung ausgeblendet). In Spalte G folgt eine Kategorisierung im Hinblick auf die Art der Präsentation: Grundsätzlich unterscheiden sich hier die freistehende und die Präsentation in einer Vitrine. Die freistehenden Objekte erfordern regelmäßiges Abstauben, sie finden sich in der I. Kategorie. Die in Vitrinen gezeigten Stücke bilden die II. Kategorie. Außerdem, unabhängig von der Präsentationsart, werden in Kategorie III jene Objekte gesammelt, bei denen über die turnusmäßige Pflege hinausgehender Handlungsbedarf besteht. Entweder handelt es sich dabei um notwendige konservatorische oder restauratorische Maßnahmen am Objekt oder aber eine vorgeschlagene Veränderung der Präsentation oder der Umgebung. Bei dieser III. Kategorie handelt es sich um eine temporär vergebene Kategorie, die, nachdem die Maßnahme umgesetzt wurde, wieder geändert wird. Über die Filterfunktion von MS-EXCEL® erlaubt diese Kategorisierung einen schnellen Überblick über anstehende Maßnahmen. Das folgende Freitextfeld kann flexibel genutzt werden. Es dient zunächst der Beschreibung und dem datierten Nachweis der durchgeführten Maßnahmen. Aber auch geplante Aktionen sowie Bemerkungen werden dort aufgenommen. In den folgenden Zellen können Verlinkungen zu Zustandsfotos abgelegt werden. Diese werden während der Sammlungspflege angefertigt und dienen dazu, Veränderungen zu erkennen und nachzuweisen. Ein aktueller Ausdruck der Liste dient während der Sammlungspflege in den Ausstellungsräumen als Leitfaden und Journal in dem handschriftlich Notizen eingetragen werden, um sie später in die Datei aufzunehmen (Abb. 71). Obwohl das geschilderte Instrument gemeinschaftlich erarbeitet wurde und viele unbestrittene Vorteile bringt, hat sich in der Praxis gezeigt, dass eine stringente Durchfüh-
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rung des Konzeptes nicht einfach ist. Grund hierfür ist der zweifellos anfallende zusätzliche Aufwand für das Notieren und das spätere Pflegen der erfassten Informationen: Der Ausdruck der EXCEL-Liste wurde zwar mit zur Sammlungspflege genommen, doch unterblieb dann die spätere Nacharbeit. Um pragmatisch eine transparente Dokumentation zu gewährleisten, wird nun versucht, sukzessive alle Zustände detailliert in der Museumsdatenbank zu erfassen. Dies war bisher nur bei wenigen Objekten – etwa im Rahmen der Zustandserfassungen im Leihverkehr oder bei den jüngeren Erwerbungen – der Fall. Diese Information dient dann als Grundlage für eine Dokumentation der Veränderungsgeschichte. Die Verwaltung des für die Sammlungspflege relevanten Bildmaterials ist aus Kapazitätsgründen noch nicht in der zentralen Museumsdatenbank zu verankern. Bis diese Ressourcen verfügbar sind, werden sie auf dem Laufwerk der Restaurierungsabteilung in nach Inventarnummern gegliederten Verzeichnissen abgelegt. Immer wenn ein Exponat wegen Konservierung, Untersuchung oder Leihverkehr ins Werkstättengebäude transportiert wird, wird es im dort unterbrachten Fotoatelier fotografiert und die Bilder in der Datenbank eingebunden. Die EXCEL-Liste wird weiter verwendet. Sie dient als Orientierung, zur einfacheren Klassifizierung und Lokalisierung der Objekte während des Sammlungspflegerundganges. Auf dem Ausdruck werden für die nachfolgenden KollegInnen handschriftliche Aufzeichnungen gemacht. Die am Objekt durchgeführten Maßnahmen und wichtigen Informationen zu Zustand und Schäden werden jedoch in jedem Fall in die zentrale Datenbank eingetragen.
Literatur Bayerisches Nationalmuseum, in: http://www.bayerisches-nationalmuseum.de, Zugriff 14.10.2014. Burmester, A., Vortrag: Was ist Präventive Konservierung? Eine Einführung, München 30.09. 2004, in: http://www.doernerinstitut.de/downloads/burmester_Was_ist_PK.pdf, Zugriff 14.10.2014. Eikelmann, R./Bauer, I., Das Bayerische Nationalmuseum 1855–2005. 150 Jahre Sammeln, Forschen, Ausstellen, München 2007. Kreutner, J./Richter, R., Verminderung von Schadstoffemissionen in bereits vorhandenen Vitrinen, in: VDR-Beiträge zur Erhaltung von Kunst- und Kulturgut 2/2010, S. 22–26.
Matea Ban
Pflege und Erhaltung von Sichtbeton
Abstract Exposed concrete is omnipresent: It is a component of the built-up environment, a witness to prevailing tastes, and, increasingly, a cultural resource. The amount of exposed concrete architecture and –plastics on urban display grows rapidly from year to year. Contemporary objects from cultural and art-historical importance are being erected out of this construction material. However, in the past lead the disregard of preservation issues with exposed concrete to its handling as a subject to problems, controversy and irreversible consequences. A lack of financial resources, coupled with inadequate scientific attention, has hindered these objects receiving the maintenance they are due. In many cases the concrete mix and the condition of the concrete is not known and therefore interventions are economically problematic. In the case of exposed concrete objects in particular, a standardized approach to conservation and restoration is missing. This paper therefore concentrates on basic methods and analyses that enable the appropriate servicing, preventive maintenance and preservation of such objects. These are non-destructive and low destructive investigative methods, polarisation microscopy, cleaning, hydrophobic treatments, crack closure and tightening of leaking joints, as well as the correction of foundation and base problems.
Zusammenfassung Sichtbeton ist omnipräsent: Er ist Bestandteil der gebauten Umwelt, Zeuge eines Zeitgeschmacks und stellt oft eine kulturelle Ressource dar. Der Bestand an Sichtbetonarchitektur und -plastiken nimmt stetig zu, da auch zeitgenössische Objekte von kultur- und kunsthistorischer Bedeutung mit diesem Konstruktionsmaterial gebaut werden. In der Vergangenheit führte die Vernachlässigung denkmalpflegerischer Aspekte im Umgang mit Sichtbeton zu nicht substanzgerechten, irreversiblen Folgen. Mangelnde finanzielle Ressourcen und eine lückenhafte wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem heterogenen Materialbestand erschweren zum heutigen Zeitpunkt eine objektgerechte Erhaltung. Die Sichtbetonzusammensetzungen sind oft unbekannt
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und Zustandsanalysen fehlen. Diese Umstände machen adäquate Eingriffe in die Betonrandzone oft nicht wirtschaftlich. Darüber hinaus existiert kein standardisiertes Vorgehen für die Konservierung und Restaurierung von diesem Bau- und Gestaltungsmaterial. Die hier vorgestellte Arbeit konzentriert sich deswegen auf die wichtigsten Methoden und Untersuchungen für die adäquate Durchführung von Pflege- und Wartungsmaßnahmen zur Erhaltung der Objekte. Dazu zählen zerstörungsfreie, beziehungsweise zerstörungsarme Untersuchungsmethoden, Betonpolarisationsmikroskopie, Reinigung, Betonhydrophobierungen, Rissund Fugenschließung sowie die Behebung von Fundament- und Sockelproblemen.
Sichtbeton in der Denkmalpflege Kunstwerke und Architektur aus Sichtbeton sind ein essentieller Bestandteil der urbanen Struktur. Der Materialbestand variiert je nach Modeströmung, der Aufgeschlossenheit gegenüber Neuem und dem Budget der Auftraggeber. Sichtbeton ist Beton, dessen Oberfläche nicht nur baukonstruktiv-statische Aufgaben, sondern auch eine gestalterische Funktion erfüllen. Seine Oberfläche wird nicht verputzt, übermalt oder verblendet. Dadurch erhält der Sichtbeton sein Erscheinungsbild allein durch die Schalungstextur, Betonfarbigkeit oder das spätere Nacharbeiten der Oberfläche. Laut der Deutschen Industrie Norm 18217:1981–12 wird „zwischen Betonflächen ohne besondere Anforderungen und Betonflächen mit Anforderungen an das Aussehen“ unterschieden.1 Jede materialsichtige Betonfläche ist demnach Sichtbeton. Sichtbetonplastiken kommen in mehreren Variationen vor, so werden oft außergewöhnliche Materialkombinationen und verschiedenartige Farbigkeit und Oberflächenstrukturen angewandt (Abb. 72). Farbige Beschichtungen wären demnach eine Verfälschung des Originals. Sie negieren die künstlerische Intention und widersprechen modernen konservierungswissenschaftlichen, restauratorischen und denkmalpflegerischen Ansprüchen. Das Abändern einer bestehenden Ästhetik zugunsten eines vorherrschenden Geschmackes ist allerdings eine etablierte Praxis in der Denkmalpflege, obwohl die grundlegende Aufgabe der Denkmalpflege und der Restaurierung darin besteht, die Authentizität soweit als möglich zu wahren.2 Da Sichtbeton ein relativ junges Material ist, ist auch die Diskussion über seine Erhaltung nach wie vor nicht abgeschlossen. Zu Beginn der breiten Anwendung von Sichtbe1 2
Schulz, J., Sichtbeton Atlas. Planung. Ausführung. Beispiele, Wiesbaden 2009, S. 3. Die Berücksichtigung der künstlerischen Absicht bei Sichtbeton, nämlich eine bewusst gestaltete Oberfläche, spielt eine wichtige Rolle, da hier das Urheberrecht zum Tragen kommt. Siehe: Herbst, K./Buder, A., Zum Umgang mit Kunst im öffentlichen Raum. Ein Leitfaden, Bern 2013, S. 19, S. 23.
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ton in der Architektur und in der plastischen Kunst glaubte man noch dieses Material sei beinahe unzerstörbar. Relativ bald offenbarte sich jedoch das Gegenteil. Der Werkstoff Beton ermöglicht zwar die Verarbeitung und Herstellung vor Ort, allerdings gehen damit häufig auch ausführungs- und herstellungsbedingte Schäden einher. In der Frühphase der Verwendung war vor allem das Fehlen von betontechnologischen Kenntnissen (Bauen mit zu feingliedrigen Konstruktionen, ungenügende Betonüberdeckung, zu breite oder doppelte Stahleinlagen, unzureichende Verdichtung oder die Überschreitung der materialbedingten Grenzen) problematisch. Abgesehen von Planungs- und Ausführungsfehlern, entstehen Betonschäden auch durch klassische physikalisch-chemische Schadensabläufe, wie Frost- und Salzsprengung oder durch betonspezifische Alterungsphänomene, wie die Karbonatisierung des Materials und die nachfolgende Korrosion der Eisenbewehrungen, oft verstärkt durch Chloridverseuchung durch das Winterstreusalz. Bei Objekten im öffentlichen Raum kommen verstärkt mechanische Schäden (Kratzer, oberflächlicher Abrieb etc.) und Vandalismus (Graffiti, Aufkleber, Abfall usw.) vor, verursacht durch die Öffentlichkeit, den Straßenverkehr und die Benutzung.3
Schwierigkeiten der Sichtbetonerhaltung In der Vergangenheit führte die Vernachlässigung denkmalpflegerischer Aspekte im Umgang mit Sichtbeton zu substanzgefährdeten, irreversiblen Folgen. Der Bestand nimmt stetig zu, da auch zeitgenössische Objekte von kultur- und kunsthistorischer Bedeutung mit diesem Konstruktionsmaterial gebaut werden (Abb. 73). Diese Objekte altern jedoch nicht immer in Würde.4 Daraus folgend entstand seit Ende der 1980er und zu Beginn der 1990er Jahre eine neue Herausforderung in den Konservierungswissenschaften.5 3
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„Kunstwerke im öffentlichen Raum“ ist ein Sammelbegriff für Denkmäler, sakrale Denkmäler, Brunnenanlagen, Grabmäler und Grabhaine, Profanplastiken, wandgebundene Kunstwerke und Gedenktafeln und Street Art beziehungsweise Graffiti. Ban, M., Aspekte zur Erhaltung von Sichtbetonarchitektur am Beispiel der Wotruba Kirche, Diplomarbeit, Universität für angewandte Kunst Wien, 2011, S. 173–181. Diese Diplomarbeit wurde unter der Betreuung von o. Univ. Prof. Mag. Dr. Gabriela Krist am Institut für Konservierung und Restaurierung durchgeführt. Internationale Organisationen wie “Conserving Modern Architecture Initiative” des Getty Conservation Institut, “International Scientific Committee on Twentieth Century Heritage” des International Council on Monuments and Sites, “The Twentieth Century Society” oder “Documentation and Conservation of Building, Sites and Neighbourhoods of the Modern Movement” sind unter anderem an der Erhaltung von modernem Kulturgut beteiligt. Siehe: Prudon, T., Preservation of Modern Architecture, New Jersey 2008/Heinemann, H.A., Historic Concrete, From Concrete Repair to Concrete Conservation, Dissertation, Delft University of Technology, 2013.
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Insgesamt sind die Langzeiterfahrungen mit dem Umgang und der fachgerechten Erhaltung dieses Materials noch immer lückenhaft. Die Wirkungsweise vieler Reparaturmaterialien und Maßnahmen ist oft nicht bekannt. Das Ausgangsmaterial und die Sanierungsprodukte unterliegen ständigen Modifizierungen. Eine primäre Aufgabe der Konservierungswissenschaften besteht darin, diese Materialien und Verfahren auf ihre Langzeitwirkung und Wirkungsweise zu untersuchen.
Voraussetzungen für objektgerechte Pflege- und Erhaltungsmassnahmen Die Konservierungswissenschaften beschäftigen sich insbesondere mit der oberflächennahen Betonrandzone von Sichtbetonausführungen, von welcher Alterungsprozesse und verschiedene Schäden ausgehen. Dazu kommt die regelmäßige Wartung und Pflege, durch die die Restaurierungszyklen und die Gesamtlebensdauer von Sichtbetonobjekten gewährleistet werden können. Die Zustandserfassung, welche die Basis für alle weiteren Maßnahmen bildet, wird etwa mittels differenzierter Baudiagnose durchgeführt. Eine Baudiagnose ist nicht nur im akuten Schadensfall sinnvoll, sondern kann auch vorbeugend durchgeführt werden. Im Beton laufen Schadensprozesse nämlich oft verdeckt ab und Schäden werden erst dann sichtbar, wenn Materialverluste bereits eingetreten sind.6 Eine Zustandsanalyse in der Denkmalpflege kann zum Schutz des Objektes nur auf zerstörungsfreie, beziehungsweise zerstörungsarme Art und Weise erfolgen. Besondere Bedeutung kommt dabei der leicht invasiven Betonpolarisations- und Rasterelektronenmikroskopie (REM-EDX) zu. Die Reinigung ist in der Erhaltung von Sichtbeton aus ästhetischer und wirtschaftlicher Sicht besonders wichtig. Es gibt hier eine Vielzahl an Methoden, die jedoch noch nie auf ihre Effizienz und die Schädigungen, die der Betonoberfläche möglicherweise zugefügt werden, überprüft wurden. Vor allem bei Sichtbeton, bei dem die Oberfläche und ihre Wirkung sehr wichtig sind, ist die Bedeutung der Reinigung als restauratorische Maßnahme eminent.7 6
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Bei der Karbonatisierung diffundiert Kohlenstoffdioxid CO2 aus der Atmosphäre in den Beton und wandelt dabei Alkalihydroxide und Calciumhydroxide in Carbonate um, wobei in Folge der pH-Wert der Porenlösung von ursprünglich 12,6 bis 13,5 auf unter 9 sinkt und die Passivität der Bewehrung dadurch nicht mehr gegeben ist. In der Folge können Betonabplatzungen auf Grund einer Korrosion der Bewehrungen beobachtet werden. Siehe: Raupach, M./Orlowsky, J., Erhaltung von Betonbauwerken, Baustoffe und ihre Eigenschaften, Wiesbaden 2008, S. 41. Ein Beispiel hierfür ist die Materialästhetik des „Brutalismus“. Brutalismus ist eine internationale Architekturströmung, welche von der Mitte des 20. Jahrhunderts bis in die späten 1970er andauerte. Das Wort leitet sich vom französischen „Béton-brut“ ab, und bedeutet „roher Beton“ beziehungsweise „Sichtbeton“. Siehe: Banham, R., Brutalismus in der Architektur. Ethik oder Ästhetik? Stuttgart 1966.
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Bei der Konservierung von Sichtbeton sind Hydrophobierungen ein zentrales Thema, da farbige und deckende Beschichtungen ausgeschlossen sind. Es gibt keine Untersuchungen über die Langzeitwirkung von Hydrophobierungen. Sie stellt eine substanzerhaltende beziehungsweise konservatorische Maßnahme dar, welche das Wasser von den oberflächennahen Bewehrungen fernhält und Folgeschäden entgegenwirkt.
Zustandsanalyse Im Bauwesen sind weltweit mehrere Organisationen, wie zum Beispiel die American Society for Nondestructive Testing, European Federation for Non- Destructive Testing oder die Deutsche Gesellschaft für zerstörungsfreie Prüfung in der Erforschung zerstörungsfreier Prüfmethoden tätig. Für die Denkmalpflege stellen die vorhandenen wissenschaftlichen Arbeiten aus der Natursteinuntersuchung und über Ingenieurbauwerke eine Hilfestellung dar. In diesen Arbeiten werden hauptsächlich einzelne akut gefährdete Ingenieurbauwerke, beispielsweise Brücken, Tunnel oder Dämme behandelt.8 Eine Möglichkeit dem jetzigen Zustand Abhilfe zu leisten, ist die sorgfältige Dokumentation der technischen und naturwissenschaftlichen Untersuchungen, womit ein direkter Vergleich möglich wird und Materialkennwerte gewonnen werden können. Die anzuwendenden Untersuchungsmethoden sollen auf die praktische Arbeit zugeschnitten werden. So können optimale Richtwerte für historische Sichtbetonzusammensetzungen durch Fallstudien gesammelt werden. Zu einer Zustandsanalyse von Beton gehört immer die Bestimmung der Karbonatisierungstiefe.9 Der Chloridgehalt wird ermittelt, wenn Salzschäden beobachtet werden, beziehungsweise wenn gesalzene Wege am Objekt vorbeiführen. Bereits standardisiert ist die Bewehrungstiefenmessung, bei der die Lage der ersten Bewehrung unterhalb der Oberfläche mittels Magnetsonde gemessen wird.10 In Kombination mit anderen Untersuchungsmethoden können dann Aussagen zur Wahrscheinlichkeit von Schäden an der Grenze von Beton zur Bewehrung getätigt werden und daraus folgend auch die Gefahr für Oberflächenverluste beurteilt werden. 8
Schickert, G., et al., Studie zur Anwendung zerstörungsfreier Prüfverfahren bei Ingenieurbauwerken, ZfPBau-Kompendium, Forschungsbericht 177, BAM, Berlin 1991/Industrial Applications and Chemistry Section, The International Atomic Energy Agency IAEA (Hg.), Guidebook on non-destructive testing of concrete structures, Training Course Series 17, Wien 2002. 9 Auf einer frischen Bruchstelle wird eine 0,1 %ige ethanolische Phenolphthaleinlösung aufgesprüht, um die Karbonatisierungstiefe bestimmen zu können. Die Untersuchung wird in Anlehnung an die ÖNORM EN 14630 durchgeführt. Die Bestimmung des Chloridgehalts wird in Anlehnung an die ÖNORM EN 14629:06.2007 durchgeführt. Siehe: Raupach, M./Orlowsky, J., Erhaltung von Betonbauwerken, Wiesbaden 2008, S. 42–44. 10 Es können Lage, Betonüberdeckung und Durchmesser von Bewehrungseisen ermittelt werden.
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Die Wasseraufnahmen nach Karsten misst die Eindringdauer einer bestimmten Menge Wasser auf einem in der Größe definierten Bereich und zieht daraus Rückschlüsse auf die kapillare Wasseraufnahme und die Beschaffenheit des Gefüges.11 Mit der Messung der Oberflächendruckfestigkeit mittels Rückprallhammer, auch „Schmidt’schen Hammer“ genannt, erfolgt die Prüfung der Druckfestigkeit des Materials. Dabei schlägt ein spezieller mechanischer Hammer mit bestimmtem Druck auf den Prüfpunkt. Mittels des gemessenen Rückpralls kann dann die Festigkeit ermittelt werden. Für repräsentative Aussagen ist dabei ein geeignetes Netzwerk von Messpunkten notwendig.12 Der Betonpolarisationsmikroskopie kommt essentielle Bedeutung zu. Sie lässt die verlässlichsten Schlüsse über die Qualität und über die Art der verwendeten Materialien zu.13 Die ist insofern besonders wichtig, da selbst bei jüngeren Bauten und Plastiken das Fehlen der Herstellungsdokumentation und der Rezepturen des verwendeten Betons keine Seltenheit sind. Zudem kann die Mikroskopie verlässliche Aussagen zur Qualität der durchgeführten Maßnahmen liefern.14
Reinigung An den zu reinigenden Originalobjekten sollten zu Beginn Art und Quantität der einzelnen Verschmutzungsarten definiert werden. Hierbei unterscheidet man im Wesentlichen zwischen anorganischer und organischer Verschmutzung. An nahezu allen Oberflächen 11
Die Untersuchung der kapillaren Wasseraufnahme nach Karsten (Safeguard Europe Ltd.) wird in Anlehnung an die RILEM Empfehlungen durchgeführt. Manche der anzuwendenden Prüfmethoden können verlässliche Werte nur dann erbringen, wenn mehrere Tage kein Niederschlag gefallen ist. Siehe: Raupach, M./Orlowsky, J., Erhaltung von Betonbauwerken, Wiesbaden 2008, S. 34. 12 Die Untersuchung wird in Anlehnung an die ÖNORM EN 12504–2 durchgeführt. Genaueren Aufschluss über die Druckfestigkeit liefert die eigentliche Zylinder- sowie Würfeldruckfestigkeitsmessung auf einen definierten Körper, diese Methode ist aber eher in der Materialforschung als in der denkmalpflegerischen Zustandsuntersuchung angesiedelt, weil sie die Entnahme einer Vielzahl von Bohrkernen erfordert. 13 Jakobsen, U. H./Brown, D. R., Reproducibility of w/c ratio determination from fluorescent impregnated thin section, in: cement and concrete research 36/2006, S.1567–1573/Sahu, S., et al., Determination of water–cement ratio of hardened concrete by scanning electron microscopy, in: Cement and Concrete Composites 26/2004, S. 987–992. 14 Es können der Karbonatisierungsfortschritt, die Dichtigkeit, die Frostbeständigkeit, W/Z Wert, Körnung, Gefügestruktur, Zementtyp, Festigkeitsklassen u.v.m. genau bestimmt werden. Eine Hydrophobierung einer Sichtbetonoberfläche kann zum Beispiel durchgeführt werden, wenn der Beton ungenügend dicht ist, wenn die Frostbeständigkeit nicht gegeben ist, wenn aggressive Schadstoffe aus der Umgebung eindringen können oder das oberflächennahe Gefüge durch physikalische oder chemische Prozesse zerstört wurde.
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treten diese Verschmutzungsarten im Verbund auf (Abb. 74) wobei diesen mit mechanischen und/ oder mit chemischen Methoden begegnet werden kann. Zu organischen und anorganischen Verschmutzungen und deren Wechselwirkungen mit dem Sichtbeton sind nur wenige Untersuchungen bekannt. Wesentlich mehr Untersuchungen im Bauwesen existieren zu anderen mineralischen Werkstoffen.15 Die Zusammensetzung von Verschmutzungen sowie die Wechselwirkung von Reinigungsmethoden mit dem oberflächennahen Sichtbeton können mit der Betonpolarisationsmikroskopie (mit REM-EDX) untersucht werden. Hier sollten der Schädigungsgrad der Oberfläche, die Effizienz der Reinigung, mögliche Kombination von Reinigungsmethoden untereinander, Richtwerte bei den Geräteeinstellungen für unterschiedliche Sichtbetonoberflächen und verschiedene Verschmutzungsarten festgehalten werden. Im Zentrum stehen dabei Fragen nach dem Reinigungserfolg, dem zugefügten Schädigungsgrad der Oberfläche und der Wirtschaftlichkeit der einzelnen Methoden.
Hydrophobierung In der Konservierung von Sichtbeton nehmen Hydrophobierungen eine zentrale Stelle ein. Dies resultiert vor allem aus den Nachteilen von deckenden Oberflächenschutzsystemen. Während farbige Systeme eine Verfälschung des Originals darstellen, neigen transparente Systeme oft nach einigen Jahren dazu trüb zu werden. Insgesamt wird damit die Oberflächengestaltung stark beeinträchtigen und es ist von beiden Oberflächenschutzsystemen abzuraten. Der Einsatz von Hydrophobierungen ist in der Fachwelt Kontroversen ausgesetzt. Als negative Eigenschaften werden vor allem der von der Oberfläche ausgehende schnelle Abbau des Materials, das geringe Eindringvermögen des Hydrophobierungsmittels, die Durchlässigkeit von Feuchtigkeit bei punktuellen Schäden der Oberfläche und die ungeklärte Karbonatisierungsgeschwindigkeit besonders hervorgehoben. Dennoch sind mehrere Produktsysteme unterschiedlicher Hersteller am Markt vorhanden. Hydrophobierungen werden oft präventiv eingesetzt, vielfach wird aber auch wegen aggressiver Umwelteinflüsse wie Salzbelastungen oder einer qualitativ mangelhaften Betonzusammensetzung und oberflächennahen Bewehrungen eine Hydrophobierung benötigt. In diesem Bereich wird hauptsächlich innerhalb bestehender Instandsetzungsrichtlinien geforscht.16 Noch weitgehend fehlen Grundlagenforschungen und Forschung 15
Sterflinger, K./Pinar, G. (Hg.), International Biodeterioration & Biodegradation Symposium IBBS–15, University of Natural Resources and Life Sciences, Vienna, 19.–24. September 2011, Wien 2011. 16 Meier, S., Grundlagen und Möglichkeiten einer Hydrophobierung von Betonbauteilen, Dissertation, Eidgenössische Technische Hochschule Zürich 2002/Vries, J./Polder, R., Hydrophobic treatment of concrete, in: Internationale Zeitschrift für Bauinstandsetzen und Baudenkmalpflege 2/1996, S. 145–160.
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zu Langzeitverhalten von Hydrophobierungsmitteln an bestehenden unterschiedlichen Sichtbetonrezepturen.17 Insgesamt sind im Bereich der Betonhydrophobierung zusätzliche Anstrengungen nötig, um die Konservierung durch Standards zu vereinfachen und eine wirtschaftliche und objektgerechte Erhaltung zu gewährleisten. Aussagen zu Notwendigkeit, Wirksamkeit, Einsatzverfahren und Langzeitverhalten diverser Hydrophobierungsmittel sollen in Zukunft näher untersucht werden.
Rissschliessung Das Schließen von statisch unbedenklichen Rissen kann für die Dauerhaftigkeit eines Betonobjektes maßgeblich sein, da das Eindringen von Wasser (Frost- und Korrosionsgefahr) und Schadstoffen dadurch verhindert wird. Im Fall von Rissschließungen sind zunächst die Ursachen für den Riss und die Rissverläufe festzustellen, danach werden die Breite und Tiefe des Risses dokumentiert. Das anzuwendende Reparaturmaterial hängt im Wesentlichen von diesen Faktoren ab. Da sich bei der Betoninstandsetzung generell Fertigprodukte auf Basis von Zementleimen und Zementsuspensionen sehr gut bewährt haben, sollte eine Evaluierung dieser werkgemischten, mineralischen Trockenmörtel angestrebt werden.18 Diese Produkte sind oft kunststoffvergütet und können durch Tränkung oder Injektion appliziert werden. An der Oberfläche können die Risse wie Fehlstellen und Ausbrüche behandelt und nachbearbeitet werden, damit ein oberflächenberuhigtes, homogenes Erscheinungsbild wiederhergestellt werden kann. Epoxidharze sollten im Regelfall vermieden werden, da sie das Erscheinungsbild der Oberfläche stark beeinträchtigen und irreversible Spuren zurücklassen. Auch im Bereich der Infrastrukturbauten ist Forschungsbedarf vorhanden. Siehe: Heinrichs, J./Gerdes, A., Numerische Berechnung zum Einfluss der Hydrophobierung auf die Carbonatisierung von Beton, in: FEMLAB (Hg.), FEMLAB Konferenz, Neue Wege der Multiphysik Simulation, 2.–4. November 2005, Frankfurt 2005, S. 56–61. 17 Zur Bestimmung der Eigenschaften von verschiedenen Hydrophobierungen können Probekörper im Hinblick auf die (kapillare) Wasseraufnahme, den Randwinkel des Wassers auf der Betonoberfläche und die allgemeine Verbund- und Eindringtiefe mittels Betonmikroskopie untersucht werden. Darüber hinaus können NMR (Nuclear- Magnetic- Resonance)-Untersuchungen, FTIR (Fourier Transform InfraRed) Spektroskopie und Laser-Speckle-Interferometer angewandt werden. Siehe: Oehmichen, S. D., Mechanismen der Hydrophobierung zementgebundener Werkstoffe mit siliciumorganischen Verbindungen, Dissertation, Universität Fridericiana zu Karlsruhe 2008/Büttner, T., Dauerhaftigkeit von Hydrophobierungen auf Beton, Institut für Bauforschung Aachen RWTH, Kurzbericht 22 (2009) Nr. 144, Aktuelle Forschungsergebnisse, Aachen 2009. 18 Günter, M., Durchführung, Kosten und Dauerhaftigkeit behutsamer Betoninstandsetzungen, in: Institut für Steinkonservierung e.V. (Hg.), Beton in der Denkmalpflege. Bericht Nr. 17, Mainz 2004, S. 51–64, S. 57.
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Dehnfähige Risse, Lager- oder Arbeitsfugen, welche sich begrenzt bewegen, werden oft durch Injektion mit Polyurethanharzen verschlossen. Neben den Verarbeitungshinweisen der Produkthersteller ist zu beachten, bei horizontalen Rissen immer in eine Richtung zu arbeiten und bei vertikalen Rissen von unten nach oben vorzugehen.
Fugenschliessung Die Schließung von desolaten Fugen stellt eine typische Wartungsmaßnahme dar, welche oft in Kombination mit hervorgehender Injektionen Anwendung findet. Im Handel werden diesbezüglich komplexe Produktsysteme angeboten. Wichtig hierbei ist das Ableiten von Wasser, welches oft konservatorische Probleme nach sich zieht, insbesondere bei horizontalen Fugen. Das zu verwendende Fugenmaterial muss mehrfache Anforderungen erfüllen: zum einem muss es auftretende Spannungen aufnehmen können, zum anderen muss es eine abdichtende Funktion erfüllen. Gleichzeitig soll es in Farbe und Struktur dem Originalmaterial möglichst entsprechen. Die Wahrscheinlichkeit ein Material zu finden, das sämtliche Anforderungen erfüllt und gleichzeitig eine lange Lebensdauer aufweist, ist jedoch gering. Insofern sind Fugen immer ein Wartungsfall und müssen in periodischen Abständen überprüft und gegebenenfalls ausgetauscht werden. Kunststoffmodifizierte, zementgebundene Systeme finden hier breite Anwendungen. Die Arbeitsweise ist ähnlich wie bei der Betonergänzung. Die Arbeitsschritte gliedern sich folgendermaßen auf: Reinigen und Vornässen des Betonuntergrunds, gegebenenfalls Anbringung einer Haftschlämme (wenn vom Produkthersteller empfohlen), der Auftrag vom Reparaturmörtel erfolgt nass in nass immer zur Kante hin und wenn notwendig in mehreren Arbeitsgängen. Danach folgen das Feuchthalten und die mechanische Nachbearbeiten zur Oberflächengestaltung sowie, wenn notwendig, eine Retusche.
Gebäudesockelzone und Fundament Viele Bauschäden ereignen sich in der Gebäudesockelzone beziehungsweise den Bereichen des anschließenden Außengeländes, der Erdreich- sowie Fassadenübergänge (Abb. 75). Die Ursache für die meisten Schäden sind fehlende, unsachgemäß geplante oder mangelhaft ausgeführte Abdichtungen. Dabei handelt es sich meist um die Abdichtung von Fugen und Gebäudedurchdringungen, welche Feuchtigkeit und Salzeintrag und damit einhergehende Folgeschäden nach sich ziehen. Damit die Behebung dieser Schäden langfristig gewährleistet werden kann, ist eine Untersuchung und Bestimmung der Ursachen notwendig wodurch objektspezifische Detaillösungen ausgearbeitet werden können. Bei vielen plastischen Kunstwerken im öffentlichen Raum können Einsenkungen oder Schiefstellungen im Fundament entstehen. Außerdem kann in einigen Parkanlagen
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ein Anstieg des Erdniveaus beobachtet werden (Abb. 72). Dadurch kann die Erdfeuchte ungehindert in das Objekt eindringen und Folgeschäden verursachen. Auch sind in der näheren Umgebung befindliche höhere Pflanzen und der daraus resultierende Wurzeldruck ein Grund für Schäden. Um die Dauerhaftigkeit zu verlängern, sollten die oben erwähnten Probleme behoben werden, indem ein neues Fundament hergestellt wird. Zudem kann das Bodenniveau in regelmäßigen Intervallen auf sein ursprüngliches Niveau abgetragen werden. Damit der Wassereintrag aus dem Boden unterbunden wird, ist bei der Herstellung eines neuen Fundaments der Einbau von Horizontalsperren oft empfehlenswert. Abhängig vom Kunstwerk erfolgt danach möglicherweise eine Verzapfung zur statischen Sicherung.
Conclusio Pflege- und Erhaltungsmaßnahmen von Sichtbeton im öffentlichen Raum sind unumgänglich. Sichtbeton ist seit der Mitte des vorherigen Jahrhunderts eines der wichtigsten Bau- und Gestaltungsmedien und somit Bestandteil der jüngeren Architekturgeschichte und der urbanen Stadtstruktur. Im Gegensatz zur Instandsetzung von Infrastrukturbauwerken beginnt die Diskussion über objektgerechte Konservierung und Restaurierung von Sichtbeton erst in den 1980er Jahren. Objektgerechte Restaurierungs- und Konservierungsarbeiten sind erst möglich, wenn Richtwerte zur Durchführung einzelner Untersuchungen und Maßnahmen für verschiedene Betonrezepturen entstehen. Deswegen sollte die wissenschaftliche Auseinandersetzung auf die Praxis zugeschnitten werden und im Bereich der zerstörungsfreien und –armen Zustandsanalysen liegen. Vielversprechende Erkenntnisse, insbesondere Aufschlüsse über den Bestand und Zustand sowie über die Qualität der durchgeführten Maßnahmen, sind dabei von der Betonpolarisations- und Rasterelektronenmikroskopie (REM-EDX) zu erwarten. Die Kombination unterschiedlicher Untersuchungsmethoden wie die Bestimmung der Karbonatisierungstiefe und falls notwendig des Chloridgehalts, Bewehrungstiefenmessung, kapillare Wasseraufnahme nach Karsten und die Oberflächendruckfestigkeit gibt Aufschluss über den Zustand der Objekte. Außerdem sind Forschungen im Bereich der Betonersatzsysteme für historische Sichtbetone notwendig. Zudem sollten derzeit in Reinigung und Hydrophobierung angewandte Methoden und Materialen evaluiert werden. Nur so wird die Erhaltung von Sichtbetonoberflächen als bewusst gestaltetes und inszeniertes Ausdrucksmedium gewährleistet.
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Katharina Fuchs, Marija Milchin
Evaluation and Maintenance of the Stone Monuments at the Royal Palace in Patan, Nepal
Zusammenfassung Das Institut für Konservierung und Restaurierung an der Universität für angewandte Kunst Wien und der Kathmandu Valley Preservation Trust (KVPT) arbeiten seit 2010 gemeinsam an der Konservierung und Restaurierung der Steinmonumente im Königs palast von Patan, Nepal. Der Komplex wurde im 17. Jahrhundert errichtet und ist seit 1979 Teil des UNESCO Weltkulturerbes. 2013 wurde eine Evaluierung der vorangegangenen Arbeiten, die von 2010 bis 2013 in Arbeitskampagnen umgesetzt wurden, durchgeführt. Die Ergebnisse waren überwiegend befriedigend. Sie zeigten, dass neue verbesserte Lösungen vor allem im Bereich der Fugenmörtel und der mikrobiogenen Auflagen gefunden werden mussten. Dazu wurden in Wien Probekörper für Mörtelmassen hergestellt. Diese wurden anschließend vor und nach einer künstlichen Bewitterung in Bezug auf ihre technischen Eigenschaften und Farbigkeit untersucht. Die Problematik der raschen Wiederbesiedelung mit Mikroorganismen konnte mit Verbesserungsvorschlägen in Form eines Wartungsprogrammes gelöst werden.
Abstract The Institute of Conservation at the University of Applied Arts Vienna and the Kathmandu Valley Preservation Trust (KVPT) have been cooperating on the preservation of the monuments at Patan Royal Palace, Nepal, since 2010. The complex was constructed in the 17th century and has been part of a UNESCO World Heritage Site since 1979. In 2013 an evaluation of the past work, that was conducted from 2010 to 2013, was done. The results were predominantly satisfactory. Only two issues were still in need of a better solution: joint mortar and microbiological colonization. Therefore, the search for a suitable colour and better technical properties of the joint mortar was conducted in Vienna using mortar dummies and artificial weathering. The issue of the rapid recolonization by microorganisms was approached through recommendations. Possible rain protection and cleaning issues were presented in a simple maintenance form. The discussed treat-
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ments do not necessarily have to be carried out by conservators, also cleaning personal and craftsmen can apply the concept and contribute to the future preservation of important cultural heritage.
Introduction The international partnership/cooperation between Nepal and Austria, especially in the field of heritage preservation, has a long tradition. When Eduard Sekler1 first visited Kathmandu Valley in 1962, the country had just opened to the outside world a decade before. He soon saw the troubles approaching through industrialization and capitalism.2 Ten years later, he made several trips to the valley. These visits resulted in the “Master Plan for the Preservation of Cultural Heritage of the Kathmandu Valley” and the nomination for the UNESCO World Heritage List. Today the Durbar Square of Patan, together with its temples and the Royal Palace, is one of the seven monument zones of the Kathmandu Valley World Heritage Property. In 1990 Sekler founded the KVPT. The KVPT’s main mission is to safeguard the extraordinary and threatened architectural heritage of the Kathmandu Valley.3 But Sekler was not the only Austrian architect, who was enchanted by the vernacular architecture of the Kathmandu Valley. Carl Pruscha, who was a student of Sekler’s, first visited the valley in 1964. In his books “Himalayan Vernacular” (2004)4 and the “Pruscha Inventories” (1975)5, he describes the architecture and the monuments of the valley. Götz Hagmüller was the architect of the Patan Museum, which is situated at the Durbar Palace itself, and he is still very involved in the preservation of Bhaktapur, where he also has been living since 1979.6 1
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Eduard Sekler was born on 30.09.1920 in Vienna. He obtained a degree as graduate engineer (Dipl. Ing.) in 1945. Afterwards, he was at the Vienna University of Technology. In 1948 Sekler received a PhD in Art History at Warburg Institute at the University of London. He became Professor of history of architecture in 1960 and Head of the Carpenter Center for Visual Arts in 1966. On behalf of UNESCO he was professional advisor, scientist and project supervisor in Bhutan, Afghanistan, Thailand, India and particularly in Nepal. See: Novotny, M., Eduard F. Sekler: ein österreichischer Kosmopolit, Der Standard, online, 10.12.2012, in: http://derstandard.at/1353208731663/Eduard-F-Sekler-Ein-oesterreichischer-Kosmopolit, Zugriff 07.10.2014, update 2012. Gerwetz, K., Sekler leaves mark on Nepal, Harvard University Gazette, online, 3.6.2004, in: http://www. news.harvard.edu/gazette/2004/06.03/05-sekler.html, Zugriff 18.02.2013, update 2007. Kathmandu Valley Preservation Trust (KVPT), in: http://www.kvptnepal.org, Zugriff 20.02.2013. Pruscha, C., Himalayan Vernacular, Vienna 2004. Pruscha, C., Kathmandu Valley: Preservation of the Physical Environment and Cultural Heritage, a Protective Inventory, New York 1975. Pradhan, R., Hagmüller of Bhaktapur, ECS Nepal, in: http://www.ecs.com.np/feature_detail.php?f_ id=120, Zugriff 18.02.2013.
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Thomas Schrom,7 who worked on the Patan Museum project, is one of the leading forces of the KVPT at present. An invitation from E. Sekler and T. Schrom was the trigger for the first visit of Gabriela Krist8 and Manfred Trummer9 of the Institute of Conservation, University of Applied Arts Vienna, in 2010. Four working campaigns have been organized since this first trip. The focus of the first campaign was on the improvement the stability of the highly endangered stone monuments, which were close to collapse. In the following two years the main measures were the dismantling of smaller stone objects and therefore the removing of old joint mortars and the cleaning of the stone blocks. New methods were integrated during reassembling, such as a new recipe for the joint mortar, air drafts or pins and clamps for better stability. In 2013, similar actions were taken and laser cleaning of the surface was introduced. During cleaning trials it showed that this is the best method to remove an earlier applied coating. Two stone portals, four stone lions, two fire gilded sculptures depicting deities and a doorway, one stone pavilion base and a ritual bath are the conservation output of these campaigns. The following report discusses the evaluation and maintenance advice for the stone monuments at the Royal Palace in Patan.
The challenges The material The stone that was mostly used in the Durbar Palace of Patan is a very porous and capillary-active siliceous sandstone. The grain is fine and the color can vary from whitish to ochre. In general the stone is very homogenous, although some of the blocks show distinct bedding. The surface of the blocks indicates a very fine craftsmanship, which can only be explained by the use of tools and methods similar to woodcarving. This kind of craftsmanship was only possible due to the homogeneity and “softness” of the stone.
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Thomas Schrom has lived in the Himalaya region for more than 20 years, where he is working as a freelancer in design and curator of monuments/architecture. He is the deputy director of the Kathmandu Valley Preservation Trust. O. Univ.-Prof. Dr. Mag. Gabriela Krist, Head of Institute, Institute of Conservation, University of Applied Arts Vienna. HR. Mag. Manfred Trummer, Chief Conservator, Museum of Applied Arts Vienna.
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Analyses of original samples and fresh samples from the same stone material10 were conducted11 in Vienna. These included thin section microscopy as well as SEM investigations. Porosity measurements and petrographic characterization were also carried out. In addition, prisms (about 10 x 7 x 3 cm) were used to measure the water absorption of 24 hours immersion, the water absorption coefficient and the drying rate. The water absorption coefficient was measured on two stone varieties in three directions. The results varied from 5,25 to 30,2 kg/m2h0,5.12 These high values show, that even though there are big differences in the water uptake, the stone is very absorptive in all directions.13 Different mortar mixtures were introduced at the complex in the course of past construction work. A lime based mortar with brick dust, which has a pink color, is a recommendation of UNESCO and mostly applied by the KVPT. The second mortar got introduced by the University of Applied Arts and consists of not only lime and brick dust, but also sand and white cement.
The structure Earthquakes have demolished the monuments in regular sequences and still pose a threat. This fact is directly connected to the way in which the monuments are built. They mostly consist of small blocks that can be carried by a single worker. These were originally only held together with small amounts of natural resin in the joints. No mortar and no metal pins were used. The gaps are so thin that the carving on the front continues over more blocks regardless of their dimensions. The “European” idea of monolithic monuments to the greatest possible extent seems to be missing in Nepal. One explanation could be the transportation problem. Looking at the craftsmen and workers, it is obvious that there is a big difference in the organization of the site compared to European building sites. No carts or wheelbarrows are used in Nepal. Most of the material is transported in baskets that are carried on the backs of workers. Everything bigger than the basket is carried by hand. This could be the answer for the small sized blocks. Looking at the stone monuments in Patan, there are some very fine carved reliefs on architectural surfaces and some less detailed sculptures mostly depicting mythologi10 This material is still used for substitutions at the Patan Durbar Palace. 11 The analyses were conducted by Katharina Fuchs (student of the Institute of Conservation, University of Applied Arts Vienna) and a.o. Univ. Prof. Dr. Johannes Weber (Institute of Sciences in the Conservation, University of Applied Arts Vienna) from 2012 to 2013. 12 Every material with a water coefficient over 2 kg/m2h0,5 counts as absorptive. 13 Fuchs, K., Bitumen Coating on Stone, a Nepalese Problem? The Conservation of Two Stone Relief Gates at the Nasal Chowk, Patan Royal Palace, Vordiplomsarbeit, Universität für angewandte Kunst Wien, 2013. The pre-thesis was supervised by o. Univ.-Prof. Mag. Dr. Gabriela Krist, Institute of Conservation.
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cal animals. Both present an extremely dense joint net. The surfaces seem to have been roughly hewn in the studio, then build together and finished in situ (fig. 76).
The climate The climate of the Kathmandu Valley can be categorized as sub-humid and monsoon tropical. It is relevant to know the climate in Nepal in order to understand the deterioration processes of the local monuments. The region has a relatively mild winter, with temperatures above the freezing point. The rainfall in the monsoon period is very strong and the sandstone is slow-drying, so that the surfaces mostly remain wet all through the rainy season. This is one of the reasons for the extreme bio-colonization.
The recent history of the monuments The last disastrous earthquake was in 1934. Big parts of the palace were destroyed during this earthquake, but damage also resulted from the reconstruction and restoration work of the following decades. Some of the structures were rebuilt incorrectly, blocks swapped places, or were not used at all. Furthermore, pointing mortar was used for the joints, where only natural resin was originally used. In such cases, the joints became wider and the relief was stretched. The mortar that was mainly used consists almost purely of a Portland cement paste with very little aggregate. This was a new material in Nepal in the 1950s, and as often happens, it was considered to be the perfect building material without any disadvantages. The mortars turned out to be too hard, dense and stiff and caused damage to the surrounding stone.14 The situation before the recent treatments can be summarized as follows: Due to repeated earthquakes with varying intensities, the several buildings and sculptures presented themselves distorted. The damage, such as cracks and breakages or missing parts, can be put in a direct connection to the seismic activity. Moreover, the repairs themselves induced further damage. Different materials and methods were used over time, some more efficient than others.
14 Leiner, S., Der Pavillon am Bhandarkhal-Tank, Vordiplomsarbeit, Universität für angewandte Kunst Wien, 2011. The pre-thesis was supervised by o. Univ.-Prof. Mag. Dr. Gabriela Krist, Institute of Conservation.
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Current conservation treatments The concept for the treatment had to be applicable in the extreme climatic situation in the Kathmandu Valley and it had to take into account that not all materials could be organized in or for Nepal. It was very important to involve the local architects, craftsmen and workers in as many different steps of the treatment as possible. Only in this way it is possible to contribute to sustainable heritage preservation. The treatment mainly consisted of few simple steps, starting with the graphical documentation of all blocks. Afterwards, most of the monuments were dismantled, though joints with cement paste were difficult to remove without damaging the surrounding stone.15 Every single block was cleaned with water and brushes. Residual mortar, paint spots and thick biological films were mechanically removed. In most of the campaigns, QUATS16 were used as biocide treatment. Blocks with obvious salt damage17 were desalinated in a water bath, using rain water (very low nitrate concentration) instead of tap water or any other water with a high salt concentration (nitrates and chloride content). Broken parts were glued together with a two component epoxy resin, which can be purchased locally. Reconstructions for the missing parts were made by Nepalese stone masons. This proved to be a good solution, since the craftsmanship is still vividly present and of high quality in Nepal. As a final step of the treatment, the elements were reassembled with a lime and brick dust mortar for the joints. Better stability against earthquakes was reached by introducing metal pins and clamps. Faster drying of the stone blocks could be achieved by the introduction of pond liners and air drafts.
Evaluation of the current condition An evaluation of all the conservation work needed to be carried out. Nine stone monuments were treated in the past four years. First, an evaluation sheet was produced and filled out on site during the campaign in 2013. The outcome of the evaluation should build a basis for further improvement of the treatments and the formulation of a maintenance concept for the monuments. The concept should be suitable for all stone parts of the ensemble and be practicable for everybody. Requirements for future conservation 15
Leiner, S., Der Pavillon am Bhandarkhal-Tank, Vordiplomsarbeit, Universität für angewandte Kunst Wien, 2011. 16 QUATS = alkylbenzyldimethylammonium-chloride. QUATS can be purchased pure and therefore can be easily transported to Nepal and dissolved there for further use. Another advantage of QUATS compared to formaldehyde is their low toxicity for the socio-environment (humans, animals, and plants). 17 The salts were detected using test stripes by MQuant™ (by Merck): nitrate, chloride and sulphate.
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materials and methods were to be clearly defined, as well as the content of the maintenance program and the frequency of the cycles in order to preserve the substance of the monuments for the future. Most of the evaluation was done by visual inspection. “New damage” (since the last treatment) was documented and characterized. Samples were taken for further analyses, where special phenomena occurred or more detailed inspection was required. Material and application issues were observed together with environmental circumstances in order to better understand their influence on the monuments. Back in Vienna, the evaluation of the samples taken was carried out. Material properties were defined and could be compared to one another and set into the context of application. Moreover possibilities for an improvement of the material and application could be pointed out.18
Problems in need of further research According to the analysis of the evaluation data, two major problems are still present at the palace complex. The color of joints/pointing mortar does not fit the surrounding stone. Some joints show small cracks after a weathering period of only one year. Another issue is the very rapid colonization of surfaces due to microbiological films. Therefore, keeping the colonization under control seems to be an important issue at the Royal Palace of Patan. The joint issue can be subdivided into the problem given by the colour and the cracks partly appearing after only one year of weathering. In 2002, the KVPT started its conservation and restoration campaign on the southern wing of the Patan Palace Complex. During conservation, the dismantling of most monuments was unavoidable in order to get the best results. Since the KVPT has been working on the site, lime based brick dust mortar is used for reassembling the monuments. This mortar is brighter and warmer in colour than the stone. Due to the brick dust as the only aggregate, the lime mortar appears pink in shade. Unfortunately, the colours of all the stone variations used at the complex differ from the colour of the mortar. In order to find a more suitable mortar formulation, all materials that are available in-situ as well as mortar samples from the recent campaigns were taken and analysed.19 18
Fuchs, K., The Royal Palace in Patan, Nepal. Evaluation of the Conservation Treatments and Recommendation for a Maintenance Program, Diplomarbeit, Universität für angewandte Kunst Wien, 2014. The diploma-thesis was supervised by o. Univ. Prof. Mag. Dr. Gabriela Krist, Institute of Conservation, 19 During the campaign in 2013, materials were taken from Nepal in order to make further analyses in Vienna. The materials were: local sand, fine brick dust, coarse brick dust, glimmer, white cement, grey
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The second problem is concerning the fast recolonization of the stone surfaces. Biofilms are mostly found on unprotected areas, especially on the upper-lying horizontal surfaces, where water first impinges. Once an overhanging roof covers the surfaces beneath, no bio-colonization can be seen. It is also noticeable that the colonization mostly starts on the joints, which is normally a good sign, meaning that the transportation of water is primarily happening through the joints. When dry the biofilm peels off together with some of the joint mortar. Trying to remove mosses (wet and dry condition) also showed that grains of stone and/or joint mortar have a weaker attachment to the substrate than to the organisms. Decay of the mortar and porous stone is the outcome. It is obvious from the above mentioned that both problems are difficult to separate. While microbiological colonization leads to joint disruption, likewise inappropriate joints can be conducive to bio-colonization. Consequently to the constant biological recolonization, a regular maintenance cycle for the complex was elaborated (fig. 77 and 78).
Solutions During the stay in 2013, different mortar samples (varying volume parts of sand and brick dust as well as other binding materials) were directly applied in open joints at the backyard in order to be able to evaluate during a future campaign. Samples of all building materials were taken back to Austria in order to check their usability and to make similar mortar samples. The goal was to find a mortar with a suitable colour and better physical properties (especially looking at the water uptake and drying). For the analytical analyses of the materials, Johannes Weber20, Farkas Pinter21 and Walter Strasser22 were cooperating with the institute. At the beginning all materials were checked with quick salt test stripes by MQuant™.23 Afterwards quantitative analyses by ion chroma-
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cement, and slaked lime. Samples from mortars from the earlier campaigns (2009–2012) were taken to define their properties. A.o. Univ.-Prof. Dr. Johannes Weber, Institute of Conservation Science at the University of Applied Arts Vienna, responsible for thin section microscopy (both in polarized and unpolarized light) and SEM-analyses. Dr. Farkas Pinter, Scientifical Research at the Austrian Federal Monuments Office (BDA), responsible for the ion chromatography. Mag. Walter Strasser, TPA GmbH – the materials technology competence centre for asphalt, concrete, earthworks and geotechnical engineering within one of Europe’s largest construction groups – STRABAG SE. This independent laboratory organization was responsible for XRF (x-ray fluorescence analyses) and the binding- and adhesive tensile strength tests. MQuant™ test strips (nitrates, chlorides and sulphates), in: http://www.emdmillipore.com/chemicals/ test-strips/, Zugriff 04.09.2014, update 2014.
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tography, X-ray fluorescence spectroscopy (XRF) and the X-ray diffraction (XRD) were done. Samples from the monuments were examined in the scanning electron microscope (SEM). After finding the best ration of components for an acceptable colour of the mortar, analyses for defining the properties, such as water absorption coefficient, drying rate, tensile splitting strength, were carried out on stone-mortar-sandwiches before and after artificial weathering (fig. 79). The mortar with best results was identified to be used in conservation and restoration of the palace in future. In order to reduce bio-colonization, some cleaning trials were conducted during the stay of 2013. All but one (dry) cleaning trial included the use of water and brushes. Two of the wet cleaning areas were afterwards treated with a biocide, one with QUATS and another one with 70% ethanol. The preliminary results show that the best cleaning of the surfaces was achieved by wet cleaning with a soft brush. The regular cleaning should be connected to local festivities in order to motivate local people to keep the advised frequency of the maintenance.24 A monument maintenance plan for the complex was worked out after the evaluation of the previous conservation work. The maintenance advice for reducing microbiological films is relatively straightforward. Two different maintenance forms were elaborated, one annual form after the monsoon and another form for weekly and daily checks during the rainy season.
Conclusion A conservation project on another continent, in another cultural context, always results in some difficulties. Apart from the usually tricky logistics and the organization of the campaigns, basic knowledge about the region, its climate, crafts, traditions and religion have to be gained in order to understand the site and its condition. In the case of the Royal Palace of Patan, the conservational treatments of the stone objects are successfully carried out in cooperation between architects, conservators, craftsmen and workers on site, with input from scientists back in Vienna. The project fulfills many different aspects: high quality conservational treatments of the monuments as well as esthetical improvement of their appearance. It also offers exchange of knowledge: the Nepalese colleagues are learning how to preserve “their” heritage, the Austrian conservators are learning about Nepalese crafts and arts. 24 The described analyses were done within a diploma thesis at the Institute of Conservation, University of Applied Arts Vienna, under the supervision of o. Univ.-Prof. Mag. Dr. Gabriela Krist.
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Katharina Fuchs, Marija Milchin
The project should help in the understanding of the importance of cultural heritage and the role each one of us plays in its preservation. We are all responsible not only for the national heritage of the country we are from, but for all cultural heritage. Or in the words of UNESCO: “World Heritage sites belong to all the peoples of the world, irrespective of the territory on which they are located”.25
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Bettina Unterberger, Susanne Leiner
Fugen als Pflege- und Wartungszone im Mauerwerksverband
Abstract In specialist literature the topics about joints and their care and maintenance are relatively well treated. In practice, however, an intensive examination of joints in historic monuments is often neglected. In many cases the optical appearance and durability are emphasized. Yet the structural-physical properties of the joint mortar in masonry is of even greater importance for preservation. This article, based on two examples, points out different approaches for care, maintenance and conservation of historic joints. In the first case study – the aqueduct bridge in Liesing of the 19th century – the joint mortar from the period of construction proved to be harmful. Nearly the whole structure required new grouting, using a specially developed mortar recipe. In comparison the second case study of the late-medieval church Maria Saal in Carinthia differed. The original joint mortar fulfilled its function in the natural stone masonry, showed no harmful effects and therefore could be imitated.
Zusammenfassung In der Fachliteratur liegt der Themenkreis rund um Fugen und ihre Pflege und Wartung relativ gut aufbereitet vor. In der Praxis wird eine intensive Auseinandersetzung mit dem Fugenbestand an Kunstdenkmälern jedoch oft vernachlässigt. Das optische Erscheinungsbild und die Haltbarkeit stehen dabei in vielen Fällen im Vordergrund. Für die Erhaltung sind die bauphysikalischen Eigenschaften des Fugenmörtels im Mauerwerk aber von noch größerer Bedeutung. In diesem Beitrag werden anhand von zwei Beispielen unterschiedliche Herangehensweisen an die Pflege, Wartung und Restaurierung historischer Fugenbestände aufgezeigt. Beim ersten Fallbeispiel, der Aquäduktbrücke in Liesing aus dem 19. Jahrhundert, erwies sich der bauzeitliche Fugenmörtel als schädigend, weshalb eine nahezu flächendeckende Neuverfugung unter Anwendung einer speziell entwickelten Mörtelrezeptur notwendig wurde. Im Gegensatz dazu konnte, beim zweiten Fallbeispiel der spätmittelalterlichen Kirche Maria Saal in Kärnten der bauzeitliche
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Bettina Unterberger, Susanne Leiner
Fugenmörtel nachgestellt werden, da dieser innerhalb des Natursteinmauerwerks die geforderte Funktion erfüllte und keinerlei schädigende Wirkung zeigte.
Einleitung Die materielle Zusammensetzung und die Art der Ausführung der Fugen sowie das Zusammenspiel zwischen den verwendeten Mörtel und Gesteinsvarietäten sind maßgeblich für den Gesamtzustand eines Mauerwerks verantwortlich. Die Wartung und Pflege von Fugen stellen innerhalb der Baudenkmalpflege ein äußerst komplexes Thema dar, weshalb einleitend die wichtigsten Fugenfunktionen und Anforderungen an Fugenmörtel, aber auch die häufigsten Probleme, die in diesem Bereich auftreten können, erörtert werden. Die verschiedenen Fugenmassen dienen grundsätzlich dem Erhalt der Gesteinssubstanz eines Mauerwerksverbands: Die Mörtel sollen in ihren physikalischen bzw. chemischen Eigenschaften so eingestellt sein, dass sie den verschiedenen Beanspruchungen, die im Zuge der Bewitterung am Bauwerk auftreten, ohne schädigende Einflüsse auf den Mauerwerksverband standhalten. Hier muss betont werden, dass innerhalb eines Mauerwerks die einzelnen Baumaterialen wie Naturstein, aber auch die verschiedenen verwendeten Mörtel wie Setz- bzw. Mauermörtel und Fugendeckmörtel niemals gesondert voneinander betrachtet werden dürfen. Das Zusammenspiel aller Komponenten ist ausschlaggebend für den Zusammenhalt und den Erhaltungszustand des Bauwerks. Die Fugen innerhalb eines Natursteinmauerwerks übernehmen entweder eine verbindende Funktion zwischen einzelnen Werksteinen, oder trennen in Form von Bewegungs- und Dehnfugen verschiedene Bauteile voneinander.1 Im Gegensatz zu modernen Bauwerken, die vielfach aus vorgefertigten Bauteilen zusammengesetzt werden, werden die einzelnen Steine in historischer Bausubstanz durch Fugen miteinander verbunden, meist unter Verwendung mineralischer Mörtelsysteme. Besonders hervorzuheben ist die Funktion der Mörtel als bevorzugter Transportweg von Feuchtigkeit an die Bauwerksoberfläche. Dabei handelt es sich insbesondere um Wasser in flüssiger Form mit darin gelösten Schadstoffen, wie etwa bauschädlichen Salzen. Eine weitere wesentliche Anforderung an den Fugenmörtel ist die Fähigkeit, die durch thermische und hygrische Dilatation stattfindende Größenänderungen der Werksteine aufzunehmen. Wenn die angewandten Fugenmörtel diese entscheidenden Funktionen erfüllen, können schädigende Prozesse in die Fuge verlagert werden, wodurch Verluste an der gestalte1
Rentmeister, A., Instandsetzung von Natursteinmauerwerk, Stuttgart 2003, S. 52.
Fugen als Pflege- und Wartungszone im Mauerwerksverband
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ten (Naturstein)Oberfläche vermieden werden können. In der folgenden Tabelle (Tab. 1) werden die Anforderungen an Fugenmörtel zusammengefasst. Anforderungen
Richtwert lt. Literatur
kapillare Wasseraufnahme (ω-Wert)
50–100% der Wasseraufnahme des Baugesteins
Wasserabgabe (wak-Wert)
> 100% der Wasserabgabe des Baugesteins
hygrisches Quellen
< 2 mm/m, so gering wie möglich
Spaltzugfestigkeit (σSZ)
60–100% der Spaltzugfestigkeit des Baugesteins
Biegezugfestigkeit (σBZ)
60–80% der Spaltzugfestigkeit des Baugesteins
Druckfestigkeit (σD)
60–120% der Spaltzugfestigkeit des Baugesteins
Optik/Struktur
dem Originalbestand nachempfunden
Topfzeit
mind. 1 h
Tab. 1: Anforderungen an Fugenmörtel laut Fachliteratur2
Die Notwendigkeit, sich intensiv mit dem Fugenbestand und der Wartung bzw. Instandhaltung desselben auseinanderzusetzen, wird ersichtlich, wenn man das – in der Regel hohe – Schadenspotential geschädigter und schlecht abgestimmter Fugenmörtel an den jeweiligen Bauwerken analysiert. In einem optimalen Verwitterungsverlauf eines Mauerwerks wittern Gestein- und Fugenoberfläche gleichzeitig zurück, ohne dass der Fugenmörtel negative Auswirkungen auf die Gesteinssubstanz hat. Aus konservatorischer Sicht ist es also erstrebenswert, einen Mauer- bzw. Fugenmörtel einzusetzen, der entweder die gleichen Eigenschaften wie das Baugestein aufweist oder weicher und poröser und somit auch weniger witterungsbeständig ist.3 Ein im Vergleich zum Baugestein zu fester und/oder zu dichter Fugenmörtel kann zu massiven Schäden führen. Ist der Mörtel im Stande, größere Kräfte als der benachbarte Stein aufzunehmen, wie etwa Spannungen, die durch thermische und hygrische Dilatati2
3
Siegesmund, S./Snethlage, R. (Hg.), Stone in Architecture, Heidelberg 2011/Twelmeier, H., Dauerhaftigkeitsprognose der Verfugung von gipshaltigem historischem Mauerwerk, Dissertation, Technische Universität Carolo-Wilhelmina Braunschweig, 2010/Snethlage, R., Leitfaden Steinkonservierung. Planung von Untersuchungen und Maßnahmen zur Erhaltung von Denkmälern aus Naturstein, 3. überarb. Auflage, Stuttgart 2008/Rentmeister, A., Instandsetzung von Natursteinmauerwerk, Stuttgart/München 2003/Hörenbaum, W., Verwitterungsmechanismen und Dauerhaftigkeit von Sandsteinsichtmauerwerk, Dissertation, Universität Fridericiana Karlsruhe, 2004. Leiner, S./Mozdyniewicz, M., Die Aquäduktbrücke in Liesing, Wien XXIII Gemeindebezirk, Bestandsaufnahme und Entwicklung eines Maßnahmenkonzepts, Diplomarbeit, Universität für angewandte Kunst Wien, 2013, S.127.
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Bettina Unterberger, Susanne Leiner
onsvorgänge verursacht wurden, sind beispielsweise Pressschäden an den Quaderkanten die Folge. Zu dichte Mörtel verhindern zusätzlich einen geregelten Wasserabtransport aus dem Mauerwerksinneren an die Bauwerksoberfläche, was zur Bildung von stärker und vor allem auch länger durchfeuchteten Bereichen führt. Als „klassische“ Schäden innerhalb der Fugenmörtel sind Risse zu nennen, die mehr oder weniger rechtwinkelig zur Fugenrichtung verlaufen. Solche Risse treten üblicherweise bereits während der Aushärtungsphase eines Mörtels auf und können als Schwundrisse gedeutet werden.4 Außerdem sind häufig Schäden im Verbund Mörtel zu Stein zu beobachten, die sich in Form von fugenparallelen Flankenabrissen äußern. Als Flankenabrisse werden Haftungsverluste zwischen Mörtel und Stein bezeichnet, wenn sich die Anbindung flächig gelöst hat, und sich somit Risse entlang der Grenzflächen bilden.5 Aber auch das Mörtelgefüge wird v. a. im Zuge der Beanspruchung durch Druckspannungen geschädigt: Ist der Mörtel nicht plastisch bzw. weich genug, um den sich ausdehnenden Steinen auszuweichen, und/oder dehnt er sich selbst, entstehen innerhalb des Mörtels Querrisse. Ergebnis dieser Auflockerungen des Gefüges ist ein Verlust des Fugenfüllstoffs.6 Durch die oben beschriebenen Schadensphänomene wird im Vergleich zu einer intakten Vermörtelung der Fugen eine weitaus tiefgreifendere Durchfeuchtung des Mauerwerks bewirkt. Über geschädigte Fugen kann aber auch ein Vielfaches des Niederschlagswassers in den Mauerwerksverband eindringen, was vor allem in unseren Breiten in Kombination mit Frost/Tauwechseln zu massiven Schäden an Bauwerken führt. Die Erfahrung zeigt, dass oft ein Großteil der Schäden in Mauerwerksverbänden auf geschädigte Fugen oder unangepasste Fugenmörtel zurückzuführen ist. Leider kommen immer wieder im Handel fertig erhältliche „Einheitsfugenmörtel“ zum Einsatz, obwohl bekannt ist, wie hoch das Schadenspotenzial einer solchen Verfugung sein kann. Bauwerke aus Natursteinmauerwerk weisen grundsätzlich immer eine sehr individuelle Zusammenstellung von Baumaterialien auf, unterscheiden sich in ihrer Bauweise und sind verschiedenen Witterungseinflüssen ausgesetzt. Aus diesem Grund muss von der Anwendung von „Fertigrezepten“ abgesehen werden, um das Risiko neuer Schäden zu minimieren.
4 5
6
Zurückzuführen ist das Schwinden von mineralischem Mörtel entweder auf einen zu hohen Wassergehalt oder auf einen zu hohen Feinanteil bzw. Bindemittelanteil im Frischmörtel. Flankenablösungen entstehen meist durch Dilatationsvorgänge in der oberflächennahen Zone des Mauerwerks. Durch das Schwinden der Quader beispielsweise während nächtlicher Abkühlung oder rasche Trocknung durch Sonneneinstrahlung entstehen Zugspannungen im Gestein, die sich durch das Aufgehen feiner Risse zwischen Steinflanke und Fugenmörtel abbauen. Hörenbaum, W., Verwitterungsmechanismen und Dauerhaftigkeit von Sandsteinsichtmauerwerk, Dissertation, Universität Fridericiana Karlsruhe, 2004, S. 27.
Fugen als Pflege- und Wartungszone im Mauerwerksverband
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Das betrifft nicht nur die Rezepturen der Massen für die Restaurierung, sondern auch die handwerkliche Ausführung von Neuverfugungen, die für jedes Bauwerk speziell entwickelt werden muss. In manchen Fällen ist es möglich, neben den optischen auch die materialtechnischen Eigenschaften des bauzeitlichen Fugenmörtels nachzustellen. Haben sich die historischen Mörtel aber als nicht geeignet erwiesen, sind Modifikationen notwendig.7 Es darf nicht unterschätzt werden, welch großen Aufwand auch finanzieller Natur die spätere Instandsetzung von Fugen darstellt, wenn diese Anforderungen nicht beachtet werden. In den folgenden Fallbeispielen werden verschiedene Herangehensweisen bei der Konservierung und Restaurierung von Fugenbeständen und der Neuverfugung von historischem Natursteinmauerwerk vorgestellt.8
Fallbeispiel 1: Propsteipfarr- und Wallfahrtskirche Maria Saal Die spätgotische Wallfahrtskirche Maria Saal in Kärnten wurde zu Beginn des 15. Jahrhunderts errichtet und um 1490 größtenteils fertiggestellt.9 Die heutige Dachgestaltung und barocke Turmbekrönung geht auf einen Großbrand von 1669 zurück. Im 17. und 18. Jahrhundert sind mehrere Reparaturen und Umgestaltungen an beiden Türmen und der repräsentativen Südfassade belegt.10 (Abb. 80) Um 1900 wurden umfassende Maßnahmen an der gesamten Außenfassade durchgeführt, die bis heute das Erscheinungsbild der Kirche prägen. Das Mauerwerk besteht in statisch beanspruchten Zonen vor allem aus einem regionalen Konglomeratgestein. Als Füllmaterial wurden Bruchsteine aus lokal abgebautem 7
Stürmer, S., Konsolidierung von Natursteinmauerwerk durch Verfugung und Injektion, Ingenieurbauwerke aus Natursteinmauerwerk, Schriftenreihe zur Denkmalpflege, Band 4, Stuttgart 2012, S. 99. 8 Die beiden Fallbeispiele wurden im Rahmen von Diplomarbeiten am Institut für Konservierung und Restaurierung, Universität für angewandte Kunst Wien unter der Betreuung von o. Univ. Prof. Mag. Dr. Gabriela Krist bearbeitet: Leiner, S./Mozdyniewicz, M., Die Aquäduktbrücke in Liesing, Wien XXIII Gemeindebezirk, Bestandsaufnahme und Entwicklung eines Maßnahmenkonzepts, Diplomarbeit, Universität für angewandte Kunst Wien, 2013/Unterberger, B., „Zwillingstürme?“ Die westliche Doppelturmanlage der Propsteipfarr- und Wallfahrtskirche Maria Saal, 15. Jahrhundert, Kärnten. Bestands- und Zustandserfassung der Außenfassade als Grundlage zur Entwicklung eines Konservierungs- und Restaurierungskonzeptes, Diplomarbeit, Universität für angewandte Kunst Wien, 2011. 9 Ernst, A., Die Propsteipfarr- und Wallfahrtskirche Maria Saal, Dissertation, Universität Innsbruck, 1994/Deuer, W., Die kirchlichen Baudenkmäler der Marktgemeinde Maria Saal – ein kunsthistorischer Streifzug, in: Ogris, A./Wadl, W. (Hg.), Marktgemeinde Maria Saal. Geschichte – Kultur – Natur. Ein Gemeindebuch für Alle, Klagenfurt 2007, S. 391–418. 10 Ernst, A., Die Propsteipfarr- und Wallfahrtskirche Maria Saal, Dissertation, Universität Innsbruck, 1994.
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Bettina Unterberger, Susanne Leiner
Grünschiefer eingesetzt. Darüber hinaus sind zahlreiche zweitverwendete Marmorquader (sogenannte „Spolien“) verbaut. Als bauzeitlicher Setz- und Fugendeckmörtel wurde ein trocken gelöschter Dolomitkalkmörtel11 identifiziert. Das deutlich sichtbare Fugennetz der Nord/West gelegenen Bauteile ist kopfsteinsichtig ausgeführt und ist heute unter Niveau zurückgewittert. Reste von weißen und ockerfarbenen Kalktünchen auf der Steinoberfläche lassen auf eine homogene Fassadenoberflächengestaltung schließen. Das Mauerwerk an diesen Außenseiten war aber wahrscheinlich nie vollständig verputzt. Darauf deutet eine Vielzahl von offenstehenden Gerüstlöchern hin (Abb. 81).12 Im Gegensatz dazu zeigen die repräsentativen nach Süd/ Ost ausgerichteten Baukörper vollständig erhaltene Putzoberflächen und Wandmalereien aus mehreren Jahrhunderten. Die gesamte Sockelzone weist wiederrum ein kopfsteinsichtiges rötliches Fugenbild auf, das um 1900 entstanden ist (Abb. 82).13
Bauzeitlicher Fugenmörtel Umfassende Analysen zeigten, dass es sich bei dem bauzeitlichen Setz- und Fugendeckmörtel um Dolomitkalkmörtel mit magnesiumreichen „Kalkspatzen“ handelt.14 Als Zuschlag wurde Bachsand mit überwiegend silikatischen Gesteinskomponenten und kaum färbenden Feinanteilen verwendet. Zusätzlich wurden in den breiten Stoß- und Lagerfugen der Werksteinquader und für Auszwickelungen der Bruchsteine Steinplättchen eingesetzt. Generell befinden sich das Fugennetz und die verwendete Mörtelmasse in einem guten Zustand. Aufgrund der jahrhundertlangen Bewitterung im Außenraum ist es zu einem homogenen Abbau der Fugensubstanz gekommen. Konzentriert tritt dieses Schadensbild in Kombination mit biogenem Bewuchs an den nach Nord/West ausgerichte11
Magnesiumreicher Kalkmörtel. Als Ausgangsprodukt für die Bindemittelherstellung wurde offensichtlich lokal vorkommender Dolomitkalk verwendet. 12 In einigen Gerüstlöchern konnten zudem Holzbalkenreste, des vermutlich bauzeitlichen Auslegergerüstes, befundet werden. Siehe: Unterberger, B., „Zwillingstürme?“ Die westliche Doppelturmanlage der Propsteipfarr- und Wallfahrtskirche Maria Saal, 15. Jahrhundert, Kärnten. Bestands- und Zustandserfassung der Außenfassade als Grundlage zur Entwicklung eines Konservierungs- und Restaurierungskonzeptes, Diplomarbeit, Universität für angewandte Kunst Wien, 2011, S. 53ff. 13 Ebenda, S. 75f. 14 Anfertigung von Mörteldünnschliffen, Untersuchung mit Lichtmikroskopie und Rasterelektronenmikroskopie mit energiedispersiver Röntgenanalyse (REM-EDX). Untersucht von a.o. Univ. Prof. Dr. Johannes Weber. Siehe: Unterberger, B., „Zwillingstürme?“ Die westliche Doppelturmanlage der Propsteipfarr- und Wallfahrtskirche Maria Saal, 15. Jahrhundert, Kärnten. Bestands- und Zustandserfassung der Außenfassade als Grundlage zur Entwicklung eines Konservierungs- und Restaurierungskonzeptes, Diplomarbeit, Universität für angewandte Kunst Wien, 2011, S. 72 und Anhang III Naturwissenschaftliche Untersuchungen.
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ten Bauteilen auf. Ein großer, teilweise vollständiger Materialverlust des Fugenmörtels kommt an stark wasserbelasteten Architekturelementen vor. Grundsätzlich spiegeln diese Schadensprozesse eine „optimale“ Verwitterung wieder. Der Wassertransport läuft deutlich über das Fugenmaterial und er verursacht keinerlei Schäden am umliegenden Gestein. Die Flankenabrisse entstehen an den „Sollstellen“, den Grenzflächen der Stein-Mörtelmasse. Anhand vorliegender Untersuchungsergebnisse wurde eine Nachstellung des bauzeitlichen Fugenmörtels angestrebt, die an einer Musterfläche umgesetzt wurde. Ziel war es, eine Masse zu entwickeln, die ähnliche bauphysikalische und optische Eigenschaften aufweist. Weitere Kriterien waren eine gute Verarbeitbarkeit, effiziente Herstellung und ein günstiger Materialeinsatz, in Hinblick auf die spätere Ausführung an der gesamten Kirchenfassade. Als Fugenmasse wurde ein Sumpfkalkmörtel mit lokal abgebautem Grubensand (gewaschen und ungewaschen) verwendet.15 Im Zuge der Ausführung wurden, dem historischen Bestand entsprechend, flache Steine mitverfugt, um das höhere Schwundverhalten bei Sumpfkalkmörtel zu unterbinden und eine mechanische Verbindung (Keilwirkung) zwischen den Mauersteinen zu erzielen. Für die Schließung tief zurückgewitterter Fugen wurden der Frischmörtelmasse ungelöschte Branntkalkkörner16 hinzugefügt. Nach dem Aufbringen kam es bereits nach kurzer Zeit zu einer beachtlichen Mörtelfestigkeit durch die Volumenzunahme im Zuge des Nachlöschens in der offenen Fuge. Die Verbindung zu den Mauersteinen wurde wieder hergestellt. Zur strukturellen Anpassung an den umliegenden, bauzeitlichen Fugenmörtel wurde die oberste angetrocknete Mörtelschicht abgekratzt und so das Zuschlagskorn an der Oberfläche freigelegt. Nach der ersten Frostperiode zeigte sich an der Musterfläche, dass die nachgestellte Fugenmasse keinerlei Schäden davongetragen hatte und auch keine schädigende Wirkung auf den Altbestand ausübte. Die Mörtelrezepturen wurden schließlich für die darauffolgenden Restaurierungsetappen der Außenfassade adaptiert und flächendeckend ausgeführt.
Fugenreparatur in der Sockelzone Die Sockelzone der Maria Saaler Kirche wurde um 1900 mit einer rötlichen und feinkörnigen Fugenmasse „repariert“. Der Mörtel wurde großzügig über die Steinoberflächen aufgetragen und glatt verstrichen. Die Materialanalyse ergab als Zusammensetzung ein hydrau-
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Handelsüblicher Sumpfkalk, Fa. Baumit, mindestens 3 Monate gelagert. Der Grubensand wurde von der Firma Erdbau Transporte Patscheider e. U aus A- 9064 Pischeldorf bezogen. 16 Handelsüblicher Branntkalk, gekörnt, 3 – 8 mm. Firma Fa. Bodenkalke reg. Gen. m. b. H.
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Bettina Unterberger, Susanne Leiner
lisches Bindemittel mit aluminiumreichem Klinker17 und Zuschlag aus weißen und rosafarbenen Quarzkörnern, mit einer durchschnittlichen Korngröße von einem Millimeter.18 Der Zustand der gesamten Sockelzone variiert aufgrund der Nord-Südausrichtung. Durch aufsteigende Grundfeuchte, Beregnung und Spritzwasser ist dieser Bauteil einer hohen Feuchtebelastung ausgesetzt, die den Verlust von Fugenfüllstoff bedingt. Die Nord/ West gelegenen Sockeloberflächen sind einheitlich mit schwarzen Biofilmen und teilweise mit Pflanzenbewuchs bedeckt. Darunter sind Flankenabrisse, Schwundrisse und Ausbrüche am roten Reparaturmörtel sowie partielle Schäden an den Mauersteinen zu erkennen. Vor der letzten Reparaturmaßnahme (um 1900) dürfte der ältere Fugenmörtel bzw. der bauzeitliche Setzmörtel bereits vollflächig und tiefgreifend verloren gewesen sein. In den längere Zeit offenstehenden Fugen konnte sich bereits eine beachtliche Menge an Depositionsmaterial (Humus) ansammeln. Die offenen Sockelfugen wurden schließlich mit der rötlichen Mörtelmasse geschlossen, jedoch meist nur oberflächlich, im Sinne eines Fugendeckmörtels. Zusammenfassend ist der Reparaturmörtel als zu fest/spröde einzustufen. Er weist kaum kapillaraktive Poren auf, weshalb der weichere dahinterliegende Setzmörtel degradiert. Durch die entstandenen Risse aber auch durch das angrenzende Baugestein kann neben der aufsteigenden Feuchte, Wasser von außen eindringen. Ein zusätzliches Problem erzeugt der Humus hinter dem Fugenmaterial, der das Wachstum höherer und niederer Pflanzen begünstigt, deren Wurzelgeflecht Schäden verursacht. An einer ausgewählten Musterfläche wurden zwei Varianten der Fugeninstandsetzung durchgeführt: zum einen eine vollständige Abnahme des Mörtels, zum anderen die partielle Ausbesserung von desolater Fugensubstanz. Ersteres ist aus konservatorischer Sicht zu empfehlen, jedoch mit Substanzverlust, großem Materialbedarf, hohem Arbeitsaufwand und großen Kosten verbunden. Die Trennung von Stein und Mörtel erfolgte mühsam und partiell, bei gleichzeitigem Substanzverlust an den Mauersteinen. Degradierte Mörtel und Humusschichten wurden entfernt und die lose vorliegenden Sockelsteine an ihre ursprüngliche Position zurückversetzt. Als Sichtmörtel wurde eine dem rötlichen Reparaturmörtel nur optisch angepasste Masse verwendet. Wegen der hohen Feuchtigkeitsbelastung wurde der Frischmörtelmasse ein hydraulisches Bindemittel hinzugefügt, um Karbonatisierung und Festigkeitsaufbau zu ermöglichen.19 17 Solch eine Klinkerzusammensetzung ist typisch für frühe Kalkzementmörtel, die im Zeitraum von 1880 bis 1945 vorkamen. Freundliche Mitteilung von a.o. Univ. Prof. Dr. Johannes Weber am 24.09.2010. 18 Unterberger, B., „Zwillingstürme?“ Die westliche Doppelturmanlage der Propsteipfarr- und Wallfahrtskirche Maria Saal, 15. Jahrhundert, Kärnten. Bestands- und Zustandserfassung der Außenfassade als Grundlage zur Entwicklung eines Konservierungs- und Restaurierungskonzeptes, Diplomarbeit, Universität für angewandte Kunst Wien, 2011, 75f. 19 Elert, K./Cazelle, O./Rodriguez, C./Hansen, E./Sebastian, E., Über das Einsumpfen von Kalk, in: Ko-
Fugen als Pflege- und Wartungszone im Mauerwerksverband
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Die Ausführung der zweiten Variante an einer Musterfläche erfolgte mit ähnlichen Mörtelrezepturen, jedoch nur partiell an schadhaften Fugen. Der Bereich mit vollständiger Neuverfugung präsentierte sich nach dem ersten Winter im Großen und Ganzen als intakt. Eine kleine Zone wies Mörtelschäden aufgrund des Frost/Tauwechsels auf. Bei den partiellen Ausbesserungen traten vermehrt Schäden auf. Grundsätzlich sind die neu aufgebrachten Mörtel beider Varianten verstärkt der Verwitterung ausgesetzt, da sie nun für den Wassertransport/Wasserabgabe verantwortlich sind. Zusätzlich sind die punktuellen Neuverfugungen von weniger wassertransportfähigen Bereichen umgeben. Die partielle Fugenreparatur stellt daher einen intensiveren Pflege- und Wartungsaufwand dar, ist jedoch mit ihrem Kosten/Zeitfaktor besser dargestellt. In Folge dessen wurde für die geplante Fassadenrestaurierung von Maria Saal die letztere Variante favorisiert. Maßgebend für diese Entscheidung ist zudem die rasche und kostengünstige Zugänglichkeit zur Sockelzone, an der jederzeit Reparaturen vorgenommen werden können. Darüber hinaus wurden im Zuge der durchgeführten Restaurierungskampagnen unterschiedliche Fugenrezepturen im Sockelbereich getestet und stehen zur Beobachtung zur Verfügung.
Fallbeispiel 2: Aquäduktbrücke Liesing Gegenstand des zweiten Fallbeispiels ist die 745 m lange und durchschnittlich 15 m hohe Aquäduktbrücke in Wien/Liesing (Abb. 83). Es handelt sich um eine Bogenbrücke aus Naturstein- und Ziegelmauerwerk, deren Zweck es ist den Wasserleitungskanal der I. Wiener Hochquellwasserleitung über den Taleinschnitt des Liesingbachs zu führen. Sämtliche ober- und unterirdischen Bauwerke der I. Wiener Hochquellwasserleitung wurden in dem vergleichsweise kurzen Zeitraum von nur vier Jahren zwischen 1869 und 1873 erbaut und stellen nach wie vor einen wesentlichen Teil der Infrastruktur der Wiener Wasserversorgung dar. Im Rahmen einer Diplomarbeit20 am Institut für Konservierung und Restaurierung, Universität für angewandte Kunst Wien konnte auf Grundlage detaillierter Untersuchung aller bestandsbildenden Baumaterialien und der Analyse der bestandszerstörenden ser, E. (Hg.), Restaurierungsmörtel in der Denkmalpflege, Stuttgart 2006, S. 39–55. S. 43/Kollmann, H., Putzmörtel für gezielte Anwendungen – das Zusammenspiel von Bindemitteln, Zuschlag und Zusätzen, in: Grassegger, G./Patitz, G. (Hg.), Tagung am 17. März 2006 Stuttgart, Neue Natursteinrestaurierungsergebnisse und messtechnische Erfassungen, Stuttgart 2006, S. 7–17, S. 10. 20 Leiner, S./Mozdyniewicz, M., Die Aquäduktbrücke in Liesing, Wien XXIII Gemeindebezirk, Bestandsaufnahme und Entwicklung eines Maßnahmenkonzepts, Diplomarbeit, Universität für angewandte Kunst, Wien 2013.
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Schadensfaktoren ein Maßnahmenkonzept zur Konservierung und Restaurierung des Natursteinmauerwerks entwickelt werden. Ein Schwerpunkt der innerhalb dieser Arbeit behandelt wurde war der Umgang mit geschädigten bzw. schädigenden Fugenmörtel. Am Bauwerk konnten mindestens sechs unterschiedliche Gesteinsvarietäten identifiziert werden, die alle zu den klastischen und biogen-chemischen Sedimentgesteinen aus den neogenen Formationen am südwestlichen Randbereich des Wiener Beckens zählen. Das Hauptbaugestein – ein Konglomerat – stammt aus einem nahegelegenen Steinbruch in Kalksburg, der eigens für den Bau der Aquäduktbrücke in Liesing erschlossen wurde. Zum Fugenbestand ist zu sagen, dass im Zuge materialwissenschaftlicher Untersuchungen der originale Setz- und Fugendeckmörtel identifiziert werden konnten. Beide weisen dieselbe Bindemittelkomponente – hochhydraulischer Kalk – und einen hauptsächlich aus karbonatischen Gesteinsfragmenten zusammengesetzten Zuschlag auf. Für den Fugendeckmörtel kam Sand mit einer Körnung bis maximal 2 mm zum Einsatz, im Fall des Setzmörtels ist Kies mit Korngrößen bis zu 1 cm typisch. Neben der abweichenden Sieblinie unterscheiden sich die beiden bauzeitlichen Mörtel in den Mischungsverhältnissen von Bindemittel und Zuschlag: Im Fall des Setzmörtels liegt ein Verhältnis von Bindemittel zu Zuschlag von ca. 1 : 1,5 vor. Der Fugendeckmörtel zeigt hingegen eine viel höhere Bindemittellastigkeit mit einem Mischungsverhältnis von ca. 3 : 1. Es finden sich zusätzlich – mehr oder weniger regelmäßig über das Bauwerk verteilt – Reparaturmörtel, die im Zuge mehrerer, im Laufe der Zeit durchgeführter Instandsetzungsmaßnahmen hinzukamen, die allesamt auf Basis von Portlandzement mit vorwiegend silikatischen Zuschlägen hergestellt wurden. 21 Der Erhaltungszustand der Mauerwerksoberflächen variiert sehr stark: Abhängig von der Ausrichtung der jeweiligen Flächen zur Hauptwindrichtung (Wetterseitenproblematik) und der verwendeten Gesteinsvarietäten sind alle Schädigungsgrade am Bauwerk zu beobachten. Neben den zu erwartenden Schäden, die auf die „normale“ Bewitterung zurückzuführen sind, waren die Baumaterialien in diesem Fall zusätzlich von Phasen extremer Durchfeuchtung betroffen, die auf wiederkehrende Undichtheiten im Leitungskanal, aber auch durch das Eindringen von Niederschlagswasser über eine mangelhafte Abdeckung des Bauwerks zurückzuführen ist.22 21 Alle Untersuchungen fanden an Dünn- und Anschliffen entnommener Stückproben durch a.o. Univ.Prof. Dr. Johannes Weber, Institut für Naturwissenschaften in der Konservierung, Universität für angewandte Kunst Wien, statt. 22 Die erfolgreiche Abdichtung des Leitungskanals konnte mithilfe einer PE-Folie (1990er Jahre), die Verhinderung von Regenwassereintrag in das Bauwerk konnte mit der Neueindeckung (1980er Jahre) erreicht werden. Siehe: Leiner, S./Mozdyniewicz, M., Die Aquäduktbrücke in Liesing, Wien XXIII Ge-
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Der über weite Strecken als extrem zu beschreibende Zerstörungsgrad der Gesteinssubstanz ist aber nicht allein auf den erhöhten Wassereintrag zurückzuführen, vielmehr konnten hier vor allem die Verwendung des Kalksburger Konglomerats als Hauptbaugestein im Zusammenspiel mit unangepasstem Fugenmörtel und Fugengeometrie als wesentliche Schadensfaktoren festgestellt werden. Im Kalksburger Konglomerat konnte ein erhöhter Anteil an quellfähigen Ton- und Eisenmineralen in der Gesteinsmatrix nachgewiesen werden, die vermutlich verantwortlich für die vergleichsweise hohen Dilatationswerte von durchschnittlich 2,1 mm/m nach 24 Stunden Wasserlagerung23 sind. Die Anforderung an den Fugenmörtel wäre hier die als vergleichsweise hoch einzustufenden Längenänderungen der einzelnen Gesteinsquader zu kompensieren, d. h. elastisch genug zu sein, um diese aufzunehmen, was hier aber nicht der Fall ist. Der originale Fugenmörtel, und wie zu erwarten auch die unterschiedlichen Reparaturmörtel, haben sich als zu widerstandsfähig erwiesen. Die Spannungen, die durch temperatur- und feuchteindizierte Dilatation entstehen, bauen sich durch Aufgehen von Rissen innerhalb des schwächeren Baugesteins ab, und es kommt durch die zu hohen Mörtelfestigkeiten zu den typischen Pressschäden an den Quaderkanten.24 Generell zeigt sich also eine tendenziell höhere Verwitterungsbeständigkeit des Fugenmörtels gegenüber dem Hauptbaugestein, was eine ausgeprägte selektive Verwitterung zur Folge hat. Über weite Bereiche bleiben so die Fugenmörtel rahmenartig stehen, während die einzelnen Quader bereits mehrere Zentimeter zurückgewittert sind (Abb. 84). Diese auffallende Verwitterungsbeständigkeit der bauzeitlichen Mörtel ist zum einen auf den hohen Bindemittelgehalt aber zum anderen auch auf die Ausführung zurückzuführen. Der Großteil des Fugenraums zwischen den einzelnen Blöcken wurde naturgemäß bereits während des Aufmauerns durch den gröberen Setzmörtel ausgefüllt, in einem zweiten Arbeitsgang wurden die verbleibenden Hohlräume zur Mauerwerksoberfläche hin mit dem wesentlich feineren und bindemittellastigeren Fugendeckmörtel geschlossen, wobei überschüssiges Material über die Quaderkanten hinaus aufgetragen und sofort geglättet wurde. Anschließend wurde mit Hilfe eines Fugeneisens oder einer Holzlatte eine halbrunde Einkerbung – der sogenannte „Fugenstrich“ – in den noch feuchten Mörtel gedrückt bzw. gezogen. meindebezirk, Bestandsaufnahme und Entwicklung eines Maßnahmenkonzepts, Diplomarbeit, Universität für angewandte Kunst, Wien 2013, S. 100. 23 Hochgerechnet auf die Gesamtlänge des Bauwerks ergäbe das eine Längenänderung von rund 1,5 m. Siehe: Leiner, S./Mozdyniewicz, M., Die Aquäduktbrücke in Liesing, Wien XXIII Gemeindebezirk, Bestandsaufnahme und Entwicklung eines Maßnahmenkonzepts, Diplomarbeit, Universität für angewandte Kunst Wien, 2013, S. 117. 24 Rentmeister, A., Instandsetzung von Natursteinmauerwerk, Stuttgart 2003, S. 53, S. 81/Vockrodt, H.-J./ Feistel, D./Stubbe, J., Handbuch Instandsetzung von Massivbrücken. Untersuchungsmethoden und Instandsetzungsverfahren, Basel 2003, S. 250.
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Durch diese Ausbildung der Fugendeckmörtel zur Mauerwerksoberfläche hin werden Schadensprozesse beschleunigt bzw. gefördert. An den im Zuge des „Auseinanderwitterns“ immer weiter von der Oberfläche abstehenden Fugenmörtel bleiben einerseits feste Niederschläge bevorzugt liegen, andererseits wird der geregelte Abfluss von Regenwasser behindert, was insgesamt den Wassereintrag in das Mauerwerk extrem steigert. Das Glätten des Frischmörtels hat eine stark verdichtete Oberfläche zum Ergebnis, wodurch negative Auswirkungen auf den Wasserhaushalt innerhalb der Fugen zu erwarten sind. Diese vergleichsweise harten und vor allem oberflächlich verdichtenden Schichten sind in der Regel verantwortlich für eine verminderte Transportfähigkeit für flüssiges Wasser innerhalb der Fugen. Wasser ist grundsätzlich immer bestrebt, den „leichtesten“ Weg in Richtung Verdunstungsfront – der Mauerwerksoberfläche – zu suchen. Im vorliegenden Fall weicht es in großem Ausmaß in die Steinquader aus und wird verstärkt über deren Oberfläche aus dem Mauerwerk geführt. Das Ausweichen des Wassers in die Steinquader wirkt sich vor allem bei gleichzeitigem Auftreten von Frost/Tauwechsel als schädigend aus. Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass im Fall der Aquäduktbrücke in Liesing neben den klassischen Fugenschäden spezielle, von den Fugen ausgehende als extrem substanzgefährdend einzustufende Schadensphänomene zu beobachten sind. Zurückzuführen sind sie auf Fehler bei der Ausführung, wie der womöglich gut gemeinte, sich aber negativ auswirkende extrem hohe Bindemittelanteil im Deckmörtel und die oberflächliche Verdichtung der Fugenmörtel. Weiters ist der Fugenmörtel zu fest und zu wenig plastisch, weswegen er die thermischen und hygrischen Dehnungsvorgänge der Gesteinsquader nicht aufnehmen kann. Da festgestellt werden musste, dass hier über weite Strecken das Zusammenspiel zwischen Baugestein und Fugenmörtel nicht funktioniert, mussten Lösungsansätze jenseits einer Konservierung des originalen Fugenbestands vorgeschlagen werden. Im Wesentlichen werden die Entfernung der schädigenden bauzeitlichen Fugenmörtel und eine nahezu flächendeckende Neuverfugung mit auf das Hauptbaugestein abgestimmtem Fugenmörtel in abgeänderter Fugengeometrie empfohlen.25 Um die Tauglichkeit der Maßnahmen bewerten zu können, wurde die vorgeschlagene Neuverfugung anhand einer Musterachse am Bauwerk selbst erprobt. Ein Konzept zur Evaluierung aller gesetzten Eingriffe nach einem Jahr Bewitterung wurde ebenfalls vorgelegt.26 25 Siehe: Leiner, S./Mozdyniewicz, M., Die Aquäduktbrücke in Liesing, Wien XXIII Gemeindebezirk, Bestandsaufnahme und Entwicklung eines Maßnahmenkonzepts, Diplomarbeit, Universität für angewandte Kunst Wien, 2013, S. 190/Wissenschaftlich-Technische Arbeitsgemeinschaft für Bauwerkserhaltung und Denkmalpflege e. V., WTA-Merkblatt 3–12–99/D, Natursteinrestaurierung nach WTA IV: Fugen, München 2001, S. 4. 26 Leiner, S./Mozdyniewicz, M., Die Aquäduktbrücke in Liesing, Wien XXIII Gemeindebezirk, Bestands-
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Im Rahmen der Diplomarbeit konnten umfassende Testreihen27 an den Baugesteinen und an eigens angefertigten Mörtelprüfkörpern durchgeführt werden. Auf Grundlage der Ergebnisse aus den Testreihen, den Untersuchungen der Originalfugenmörtel und den Anforderungen, die in der aktuellen Fachliteratur28 an Fugenmörtel gestellt werden, konnte die Entscheidung für einen Mörtel getroffen werden. Bindemittel Volumsg/100 ml teile NHL5
1
Zuschlag Volumsg/100 ml teile Putzsand 0–4 mm
61 g
2,5
140 g
BM:Z 1:2,5
Wasser/kg Mischung 230 ml
Tab. 2: Mörtelrezeptur
Anforderungen kapillare Wasseraufnahme nach 24 h (ω-Wert) Wasserabgabe nach 24 h (wak-Wert) hygrisches Quellen Spaltzugfestigkeit (σSZ) Biegezugfestigkeit (σBZ) Druckfestigkeit (σD) Optik/Struktur Topfzeit
Gesteinskennwerte Ø ω24h = 0,95 kg/m²√h
Soll
Ist
Eignung
0,46 – 0,95 kg/ m²√h
0,85 kg/m²√h
+
> 0,80 kg/m²√h
0,23 kg/m²√h
–
< 2 mm/m 1,14 – 1,9 N/mm²
Ø 1,2 mm/m Ø 0,3 N/mm²
+ +
–
1,14 – 1,52 N/mm²
Ø 1,0 N/mm²
+
– – –
1,14 – 2,28 N/mm² Ø 1,4 N/mm² – – – –
+ + +
Ø wak 24 h = 0,80 kg/m²√h Ø 2,1 mm/m Ø 1,9 N/mm²
Tab. 3: Zusammenfassung der Anforderungen an die Fugenmasse und deren Eignung aufnahme und Entwicklung eines Maßnahmenkonzepts, Diplomarbeit, Universität für angewandte Kunst Wien, 2013, S. 197. 27 In den Testreihen wurden Ultraschalldurchlaufzeiten, kapillare Wasseraufnahme nach 24 h (ω-Wert), Wasserabgabe nach 24 h (wak-Wert), hygrische Dilatation und verschiedene Festigkeitswerte ausgewertet. Sämtliche Messungen erfolgten unter Aufsicht und Unterstützung von a.o. Univ.-Prof. Mag. Dr. Andreas Rohatsch und Dipl.-Ing. Victor Navas-Basantes am Institut für Geotechnik der Technischen Universität Wien. Siehe: Leiner, S./Mozdyniewicz, M., Die Aquäduktbrücke in Liesing, Wien XXIII Gemeindebezirk, Bestandsaufnahme und Entwicklung eines Maßnahmenkonzepts, Diplomarbeit, Universität für angewandte Kunst Wien, 2013, Anhang III Probeprotokolle und Prüfberichte. 28 Siehe: Tab. 1.
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Aufgrund der positiven Untersuchungsergebnisse hinsichtlich einer Abstimmung auf das Hauptbaugestein, und der chemischen wie auch physikalischen Verträglichkeit mit dem Originalfugenmörtel fiel die Entscheidung auf eine Mörtelrezeptur mit der Bindemittelkomponente NHL 5.29 Ungeeignet erscheint der Mörtel hinsichtlich der Trocknungsgeschwindigkeit (wak-Wert), was durch die extrem langsame Wasseraufnahmegeschwindigkeit – im Gegensatz zu den anderen geprüften Mörteln – kompensiert wird. Der Wassereintrag über die Fugen während Schlagregenereignissen kann über die geringe Geschwindigkeit der Wasseraufnahme minimiert werden. Um die relativ hohe Gesamtwasseraufnahme (16,9 M.-%), zu beeinflussen, wurden verschiedene Modifikationen30, die diese nachweislich senken, vorgeschlagen und zum Teil anhand einer Musterfläche getestet. Die Evaluierung nach einem Jahr Bewitterung (Juli 2014) bildet hier die endgültige Bewertungsgrundlage. Die anzuwendende Fugenausformung ist durch zwei wesentliche Anforderungen definiert: Die Fugen sind weitgehend bündig mit den Quaderoberflächen auszuführen, um eine gute Wasserableitung zu gewährleisten.31 Weiters sollen die Mörteloberflächen möglichst diffusionsoffen, nicht verdichtet, die rasche Trocknung positiv beeinflussend gestaltet werden. Den Anforderungen entsprechend wurde die Neuverfugung in einem Schritt ausgeführt, wobei der Mörtelauftrag mit einem Überstand in der Stärke des größten Zuschlagkorns (4 mm) erfolgte. Nachdem der Mörtel begonnen hat anzusteifen, konnte der Überstand mit einer Spachtel oder Kelle planparallel zu den Quaderoberflächen abgezogen werden, was eine Mörteloberfläche mit den geforderten Eigenschaften ergibt. Vom konservatorischen Standpunkt gesehen wäre so bereits ein zufriedenstellendes Ergebnis erreicht, aber es dürfen auch die ästhetischen Anforderungen nicht außer Acht gelassen werden. Aus diesem Grund wurde, um einen optischen Vergleich zu ermöglichen, an einem Teil der Musterachse die bauzeitlich angewendete Technik nachgestellt bzw. eine Annäherung an diese ausgeführt. Im direkten Vergleich geht die Variante der Annäherung – erreicht durch einen in den bereits abgezogenen Fugenmörtel geritzten Fugenstrich (Abb. 85) in jeder Hinsicht als „Gewinner“ hervor.
29 Natürlich hydraulischer Kalk der Firma Röfix. 30 Das Aussieben des Feinanteils aus dem Putzsand und die Verwendung einer Mischung von gewaschenem Estrichsand und Putzsand als Zuschlag senken nachweislich die Wasseraufnahme. 31 Vorspringende Formen verhindern das Ablaufen, und zurückspringende Formen begünstigen den Transport der Feuchtigkeit ins Mauerwerk. Vgl. Rentmeister, A., Instandsetzung von Natursteinmauerwerk, Stuttgart 2003, S. 53.
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Conclusio Die angeführten Fallbeispiele zeigen, dass für den Erhaltungszustand von Natursteinmauerwerk neben den klassischen Schadensfaktoren (Wetterseitenproblematik etc.) auch das Zusammenspiel der Baumaterialien ausschlaggebend ist. Bei Restaurierungsaufgaben müssen all diese Aspekte betrachtet werden. Jedes Bauwerk braucht daher auch ein individuell angepasstes Konzept für die konservatorisch/restauratorische Behandlung seines Fugenbestands. Daraus folgt, dass es keinen Einheitsfugenmörtel und keine schematische Vorgehensweise geben kann. Die verschiedenen Fugenmassen sollen im Idealfall, d.h. aufgrund einer Abstimmung auf das Baugestein dem Erhalt desselben dienen und die bevorzugte „Wartungszone“ innerhalb eines Bauwerks bilden. Weil das Schadenspotenzial geschädigter und schädigender Fugenmörtel sehr hoch einzustufen ist, bedarf es regelmäßiger Kontroll– und Wartungszyklen. Die Pflege und Wartung der Fugen muss somit als ein zentrales Thema in der Baudenkmalpflege gesehen werden.
Literatur Deuer, W., Die kirchlichen Baudenkmäler der Marktgemeinde Maria Saal – ein kunsthistorischer Streifzug, in: Ogris, A./Wadl, W. (Hg.), Marktgemeinde Maria Saal. Geschichte – Kultur – Natur. Ein Gemeindebuch für Alle, Klagenfurt 2007, S. 391–418. Elert, K./Cazelle, O./Rodriguez, C./Hansen, E./Sebastian, E., Über das Einsumpfen von Kalk, in: Koser, E. (Hg.), Restaurierungsmörtel in der Denkmalpflege, Stuttgart 2006, S. 39–55. Ernst, A., Die Propsteipfarr- und Wallfahrtskirche Maria Saal, Dissertation, Universität Innsbruck, 1994. Grassegger, G./Patitz, G. (Hg.), Tagung am 17. März 2006 Stuttgart, Neue Natursteinrestaurierungsergebnisse und messtechnische Erfassungen, Stuttgart 2006. Hörenbaum, W., Verwitterungsmechanismen und Dauerhaftigkeit von Sandsteinsicht-mauerwerk, Dissertation, Universität Fridericiana Karlsruhe, 2004. Kollmann, H., Putzmörtel für gezielte Anwendungen – das Zusammenspiel von Bindemitteln, Zuschlag und Zusätzen, in: Grassegger, G./Patitz, G. (Hg.), Tagung am 17. März 2006 Stuttgart, Neue Natursteinrestaurierungsergebnisse und messtechnische Erfassungen, Stuttgart 2006, S. 7–17. Koser, E. (Hg.), Restaurierungsmörtel in der Denkmalpflege, Stuttgart 2006. Leiner, S./Mozdyniewicz, M., Die Aquäduktbrücke in Liesing, Wien XXIII Gemeindebezirk, Bestandsaufnahme und Entwicklung eines Maßnahmenkonzepts, Diplomarbeit, Universität für angewandte Kunst Wien, 2013. Ogris, A./Wadl, W. (Hg.), Marktgemeinde Maria Saal. Geschichte – Kultur – Natur. Ein Gemeindebuch für Alle, Klagenfurt 2007.
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Rentmeister, A., Instandsetzung von Natursteinmauerwerk, Stuttgart 2003. Siegesmund, S./Snethlage, R. (Hg.), Stone in Architecture, Heidelberg 2011. Snethlage, R., Leitfaden Steinkonservierung. Planung von Untersuchungen und Maßnahmen zur Erhaltung von Denkmälern aus Naturstein, 3. überarb. Auflage, Stuttgart 2008. Stürmer, S., Konsolidierung von Natursteinmauerwerk durch Verfugung und Injektion, Ingenieurbauwerke aus Natursteinmauerwerk, Schriftenreihe zur Denkmalpflege, Band 4, Stuttgart 2012. Twelmeier, H., Dauerhaftigkeitsprognose der Verfugung von gipshaltigem historischem Mauerwerk, Dissertation, Technische Universität Carolo-Wilhelmina Braunschweig, 2010. Unterberger, B., „Zwillingstürme?“ Die westliche Doppelturmanlage der Propsteipfarr- und Wallfahrtskirche Maria Saal, 15. Jahrhundert, Kärnten. Bestands- und Zustandserfassung der Außenfassade als Grundlage zur Entwicklung eines Konservierungs- und Restaurierungskonzeptes, Diplomarbeit, Universität für angewandte Kunst Wien, 2011. Vockrodt, H.-J./Feistel, D./Stubbe, J., Handbuch Instandsetzung von Massivbrücken. Untersuchungsmethoden und Instandsetzungsverfahren, Basel 2003. Wissenschaftlich-Technische Arbeitsgemeinschaft für Bauwerkserhaltung und Denkmalpflege e. V., WTA-Merkblatt 3–12–99/D, Natursteinrestaurierung nach WTA IV: Fugen, München 2001.
Jürgen Pursche
Die Grotten-Sala terrena von Schloss Weißenstein in Pommersfelden: Bestandsaufnahme, Bestandssicherung – Prävention (?)
Abstract The following text focuses on the preservation of the important, artificially grottoed Sala terrena at Schloss Weißenstein. The investigation of the different materials is similar to taking inventory of a baroque collection cabinet. Also the conservation measures to secure its existence, carried out about 15 years ago, are presented. The issue of its current state of preservation arises again today. In the case of the Sala terrena one assumes that, in spite of improved climatic conditions, the applications and murals of the ground-floor room are seasonally subject to thermo-hygral strains. Murals, stucco work, its paint layers and other artificial applications on interior surfaces depend on structural circumstances and interior climate. Effective, preventive conservation would theoretically prompt a re-examination of the current condition by monitoring and evaluation. This article is closely connected with “Raumdekoration und Wandmalerei. Die Bedeutung von Wartung, Monitoring und Evaluation als Grundlage präventiver Konservierung“ (Interior decoration and murals. The importance of maintenance, monitoring and evaluation as a basis for preventive conservation.), and can be seen as a case study.
Zusammenfassung Im folgenden Text wird ein Schwerpunkt auf die Erhaltung der bedeutenden künstlichen Grottierung der Sala terrena im Schloss Weißenstein gelegt. Die Untersuchung der unterschiedlichen Materialien gleicht der Bestandsaufnahme eines barocken Sammlungskabinetts. Sie soll hier vorgestellt werden, ebenso die restauratorische Bestandssicherung, die gut 15 Jahre zurückliegt. Die Frage nach dem aktuellen Erhaltungszustand stellt sich heute wieder. Denn trotz verbesserter klimatischer Rahmenbedingungen, muss im Falle der Sala terrena davon ausgegangen werden, dass die Applikationen und Deckenmalereien in dem ebenerdigen Raum jahreszeitlich bedingt thermo-hygrischer Belastung ausgesetzt sind. Wie wandverbundene Malereien sind auch Stuckaturen, deren
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Farbfassungen oder andere artifizielle Applikationen der Raumschale von den baulichen Verhältnissen und vom Raumklima abhängig. Hinsichtlich eines wirkungsvollen, präventiven Konservierungskonzeptes wäre heute eine Überprüfung des aktuellen Zustands mittels Monitoring und Evaluation theoretisch veranlasst. Insofern ist dieser Artikel eng verknüpft mit dem Beitrag „Raumdekoration und Wandmalerei. Die Bedeutung von Wartung, Monitoring und Evaluation als Grundlage präventiver Konservierung“ und kann auch als Fallbeispiel dazu betrachtet werden.
Die Grotten-Sala terrena von Schloss Weissenstein in Pommersfelden 1 (Abb. 86) Im Oktober 1711 ließ Kurfürst Lothar Franz von Schönborn (1655–1729) auf einer Anhöhe im Südosten von Pommersfelden den Grundstein des heutigen Schlosses Weißenstein legen. Die Ausführung als Ganzes oblag dem Bamberger Hofbaumeister Johann Dientzenhofer (1663–1726), der für Grund- und Aufriss verantwortlich zeichnete. Die Idee des großartigen Treppenhauses im Mittelbau des Schlosses formulierte jedoch der Kurfürst selbst,2 wie er auch die Lage und Einteilung der Säle und die Raumfolgen vorschrieb. In den Hauptachsen ist das Schloss nach den Himmelsrichtungen angelegt, „wobei die Hofseite mit der Hauptfassade nach Süden, die Gartenseite nach Norden und die seitlichen Flügel nach Osten und Westen gerichtet sind. Das Bauwerk vereinigt in seinem Grundriss zwei Typen des spätbarocken Schlossbaues, den der langgestreckten Triklinienform mit vorspringenden Mittel- und Seitenpavillons und den des Hufeisens“.3 Der große, nordseitig unterhalb des Hauptsaals gelegene Gartensaal des Mittelbaus, die Sala terrena, wurde bereits bei seiner Fertigstellung 1715/16 von Daniel Schenk (?– 1
2 3
Siehe dazu: Pursche, J., St. Emmeram in Regensburg und Schloß Weißenstein in Pommersfelden. Fallbeispiele klimabedingter sowie salzinduzierter Verwitterung und bestanderhaltender Konzeptionen, in: Danzl, T./Exner, M./Rüber-Schütte, E. (Hg.), Wandmalereien in Krypten, Grotten, Katakomben. Zur Konservierung gefasster Oberflächen in umweltgeschädigten Räumen, ICOMOS Hefte des Deutschen Nationalkomitees LVI, Halle 2013, S. 171–203. Dieser Beitrag setzte sich an Hand von drei Fallbeispielen mit den charakteristischen Problemen klimatisch exponierter Wand- bzw. Raumgestaltungen auseinander, aber auch mit den Folgen unzweckmäßiger Methoden der Bestanderhaltung in der Vergangenheit. An zwei sehr verschiedenen mit Wandmalereien ausgestatteten Räumen ließen sich die folgenschweren historischen Interventionen und die daraus resultierenden konservatorisch-restauratorischen Konzepte darlegen. Darüber hinaus wurde am Beispiel einer frühmittelalterlichen Krypta-Ausmalung deutlich, dass es nach nahezu zwanzig Jahren seit Abschluss der letzten bestanderhaltenden Maßnahmen durchaus angebracht ist, nicht nur die Zweckmäßigkeit der zurückliegenden Erhaltungsbemühungen zu zu evaluieren, sondern zeitnah auch ein Wartungsprogramm vorzusehen. Zur Planungsgeschichte siehe: Kreisel, H./Hirmer, M., Das Schloß Pommersfelden, München 1953. Ebenda, S. 19.
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1739) stuckiert.4 Zwischen 1715 und 1722 waren Raum und Stuckaturen lediglich mit einer polychromen Farbfassung als Interimslösung ausgestattet.5 Obschon die Grottierung des Gartensaals vermutlich von Anfang an vorgesehen war,6 nahm Georg Hennicke erst Mitte Juli 1722 zusammen mit einigen Gesellen die „Krottenarbeith“ in Angriff, die er den Rechnungen zufolge im November desselben Jahres weitgehend, jedoch erst gegen Ende 1723 endgültig fertigstellen konnte.7 Nach der Installation des Rohrsystems für die auf der südlichen Innenwand gelegenen Eckbrunnen, der ebenerdigen Verlegung von Kalkstein- und Marmorplatten in der Raummitte und dem Einsetzen farbiger Kiesel als Bodenbelag der Randbereiche, war die Grottierung und Einrichtung der Sala terrena im Herbst 1723 weitgehend abgeschlossen. Die Stuckaturen Schenks hat Hennicke wohl weitgehend übernommen, vermutlich kam es nur zu Ergänzungen figurativer Details.8 Auch die Deckenmalereien von Giovanni Francesco Marchini (1672–1745) waren bereits 1719 fertig geworden,9 sodass Georg Hennicke im Rahmen der Grottierung des monumentalen, als „Vergegenwärtigung eines unterirdischen Raums“10 angelegten Gartensaals die Stuckdekoration formal beziehungsweise die Deckenbilder farblich einzubeziehen hatte. Noch heute ist die Beschäftigung mit dieser spezifischen künstlerischen Raumgestaltung ein besonderes ästhetisches und sinnliches Vergnügen, dem sich schon der kurfürstliche Bauherr nicht entziehen konnte.11 4
Das Gewölbe konnte wohl erst in der zweiten Hälfte des Jahres 1715 fertiggestellt werden, sodass die Arbeiten Daniel Schenks an der Architekturgliederung, an den figürlichen und ornamentalen Stuckaturen und am Stuckmarmor vermutlich erst 1716 beendet wurden; Siehe: Kreisel, H./Hirmer, M., Das Schloß Pommersfelden, München 1953, S. 53./Hofmann, W. J., Schloß Pommersfelden. Geschichte seiner Entstehung, Nürnberg 1968, S. 144 u. 151./Hotz, J., Das Skizzenbuch Balthasar Neumanns. Studien zur Arbeitsweise des Würzburger Meisters und zur Dekorationskunst im 18. Jahrhundert, Teil 1 u. 2, Wiesbaden 1981, S. 70–83. 5 Befundsicherung durch die Restaurierungswerkstätten des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege (S. Hundbiß, K. Häfner, J. Pursche) und durch Peter Turek, Dokumentationen im BLfD München. 6 Hofmann, W. J., Schloß Pommersfelden. Geschichte seiner Entstehung, Nürnberg 1968, S. 152. 7 Ebenda, S. 153. 8 „[…] den Bandelwerk- und den Volutenornamenten Schenks fügt Hennicke kleine Tiere […] und kleine groteske menschliche Figürchen aus Stuck hinzu.“ aus: Herget, E., Die Sala terrena im deutschen Barock unter besonderer Berücksichtigung ihrer Entwicklung aus der abendländischen Grottenarchitektur, Diss., Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main, 1954. 9 Seewaldt, P., Giovanni Francesco Marchini. Sein Beitrag zur Monumentalmalerei des Spätbarocks in Deutschland, Egelsbach 1984, S. 24f. 10 Hofmann, W. J., Schloß Pommersfelden. Geschichte seiner Entstehung, Nürnberg 1968, S. 152. 11 Wie er den Reichsvizekanzler Friedrich Carl von Schönborn in Wien, seinen Neffen, brieflich wissen ließ. Siehe: Herget, E., Die Sala terrena im deutschen Barock unter besonderer Berücksichtigung ihrer Entwicklung aus der abendländischen Grottenarchitektur, Diss., Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main, 1954, S. 170/Hofmann, W. J., Schloß Pommersfelden. Geschichte seiner Entstehung, Nürnberg 1968, S. 154.
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Zweifellos ist das Kunstverständnis Schönborns eine der Voraussetzungen für die Verwirklichung der so außerordentlich reichen Ausschmückung von Schloss Weißenstein gewesen, die illusionistische Innendekoration der „Grotten-Sala terrena“ inbegriffen. Seinem Bamberger Hofarchitekten Dientzenhofer wird man Kenntnisse über Funktion und Bedeutung künstlicher Grotten zutrauen dürfen. Die Ausbildung Dientzenhofers in Prag und eine Italienreise Ende des 17. Jahrhunderts haben ihn wahrscheinlich mit der Architektur und Kunst der Renaissance – vermutlich auch mit antiken Werken – bekannt gemacht. Davon abgesehen waren architekturtheoretische Publikationen, beispielsweise von Joseph Furttenbach (Architectura privata, 1641) oder Paul Decker (Fürstlicher Baumeister oder Architectura civilis, 1711–13)12 schon einige Jahrzehnte verfügbar. In beiden Schriften wird die Gestaltung künstlicher Grotten als Bauaufgabe gewürdigt. Vor diesem beziehungsreichen Hintergrund – Architekturtheorie, Bauherr, Architekt und Kunsthandwerker – verwundert es nicht, dass der entwicklungsgeschichtliche Endpunkt eines auf die Antike zurückgehenden, von Italien sich über ganz Europa verbreitenden Raumtypes gleichbedeutend mit seinem künstlerischen Höhepunkt ist.13 Die Sala terrena sei, schreibt Elisabeth Herget, „aber erst die letzte und nur im deutschen Kunstkreis entstandene Vollendung einer in unzähligen Formen blühenden Gartenarchitektur mit Futtermauergrotten, Gartenhallen, Grottentempeln und Nymphäen, deren Wurzeln vor allem in Italien – das sich wiederum auf die Antike bezieht – aber auch in Frankreich zu suchen sind“.14 Ursprünglich sollte die Sala terrena ein „kühler, von Wassern durchrauschter, schattiger Aufenthalt sein, aus dessen Dämmerlicht man in die Helle des Gartens trat. (…) Wie wahrhaft großartig die deutschen Baumeister das Problem lösten, diese Raumform auch rein äußerlich an das Klima und die Lebensweise nördlich der Alpen anzupassen, (…) den notwendig gewordenen neuen Raumtyp (…) als gleichberechtigtes Raumglied des barocken Schlosses und Klosters“ schufen und „diesem eine künstlerische Vollendung gaben, die es nicht erlaubt, ihm nur als kunsthistorisches Kuriosum Beachtung zu schenken“, zeigt Hergets Arbeit auf.15 12 Decker, P., Fürstlicher Baumeister, Oder: Architectura Civilis, Deß Fürstlichen Baumeisters Anhang zum ersten Theil, Augspurg 1713. 13 Herget, E., Die Sala terrena im deutschen Barock unter besonderer Berücksichtigung ihrer Entwicklung aus der abendländischen Grottenarchitektur, Diss., Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main, 1954/Rietzsch, B., Künstliche Grotten des 16. und 17. Jahrhunderts. Formen der Gestaltung von Außenbau und Innenraum an Beispielen in Italien, Frankreich und Deutschland, München 1987/ Hanke, S., Zwischen Fels und Wasser. Grottenanlagen des 16. und 17. Jahrhunderts in Genua, Münster 2008, S. 12. 14 Herget, E., Die Sala terrena im deutschen Barock unter besonderer Berücksichtigung ihrer Entwicklung aus der abendländischen Grottenarchitektur, Diss., Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main, 1954, S. 5. 15 Ebenda, S. 7.
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Die künstliche Grotte verstand sich als Abbild des Kosmos, als Ort der Metamorphose und Kristallisationspunkt der Kräfte der Natur und war mittels der repräsentativen Einbeziehung der Außenwelt eine „Zwischenwelt zwischen Kunst und Natur“, weshalb B. Euler-Rolle diesbezüglich auch von einer „Domestizierung der Natur“ spricht.16 Getragen von der Raumarchitektur fand in der Grotten-Sala terrena eine rezeptive, ornamental geordnete Nachahmung der realen Natur statt, in welcher auch das Wasser beispielsweise in Form von Brunnenbecken oder raffiniertem Wasserwerk unerlässlicher Bestandteil gewesen ist. Entsprechend mannigfaltig und aufwendig waren die aufgebotenen Materialien beziehungsweise Grottenwerkstoffe und deren artifizielle Applikation.17 Inzwischen hat die kunstwissenschaftliche Forschung zum Thema künstliche Grotte und Sala terrena eine Reihe wichtiger Einzelbeiträge hervorgebracht,18 die zum Teil als Diplomarbeiten an Hochschulen mit RestauratorInnenausbildung entstanden sind.19 16 Euler-Rolle, B., Grotten zwischen Kunst und Natur, in: Mattl, S./Tezzele, R. (Hg.), Barocke Natur: Naturverständnis zwischen Spätbarock und Aufklärung, Wien 1989, S. 33–41, S. 34. 17 Stellvertretend für viele Beispiele seien genannt die Grotta Pallavicino (Giovanni Battista Castello, Genua, 1560), der Grottenhof der Münchner Residenz (Friedrich Sustris, 1583–89), die Grotta des Palazzo Te (Giulio Romano, Mantua, um 1530), die Wasserspiele von Schloss Hellbrunn (Salzburg, ab 1613), die Eremitage (Elias Räntz, Bayreuth, 1. Hälfte des 18. Jahrhunderts.), die Muschelkapelle des Jagdschlosses Falkenlust (Brühl, 1730). 18 Doberer, E., Der Florianer Gartenpavillon und seine Grotte, in: Oberösterreichische Heimatblätter 10/1956, S. 64–72/Euler-Rolle, B., Grotten zwischen Kunst und Natur, in: Mattl, S./Tezzele, R. (Hg.), Barocke Natur: Naturverständnis zwischen Spätbarock und Aufklärung, Wien 1989, S. 33–41./Lentz, C./Nath-Esser, M., Der Schloßgarten zu Idstein, in: Die Gartenkunst 2/1990, S. 165–209/Maué, C., „Künstliche und artige Unordnung“ – Naturalien und Naturimitationen in künstlichen Grotten des 16.–18. Jahrhunderts, in: Brückner, W./Forschungsinstitut für Realienkunde (Hg.), Realität und Bedeutung der Dinge im zeitlichen Wandel – Werkstoffe: ihre Gestaltung und ihre Funktion. Referate der interdisziplinären Tagung in Nürnberg, 6.–8. Oktober 1993, Nürnberg 1995, S. 76–92/Koller, M., Künstliche Grotten und ihre Erhaltung, in: ARX Burgen und Schlösser in Bayern, Österreich und Südtirol 1/1996, S. 25–28/Koller, M., Die Salzburger Grotten und ihre Restaurierprobleme, in: Barockberichte 14/15, Salzburg 1997, S. 548–558/Könemann, D./Meinhardt-Degen, J./Peter, C., Barockes Kleinod wiederentdeckt. Die Grotte im Herrenhaus von Beuchlitz im Blickpunkt interdisziplinärer Forschung, in: Denkmalpflege in Sachsen-Anhalt 1/2007, S. 38–46. 19 Launer, S., Untersuchung der immobilen Raumausstattung des sogenannten Sybillenkabinettes im Altenburger Schloß. Erarbeitung einer Restaurierungskonzeption und Anlegen einer Probeachse. Dokumentation der Untersuchung und der durchgeführten Arbeiten, Diplomarbeit, Hochschule für Bildende Künste Dresden, 1997/Sommer, R., Grottenbaukunst – Die Muschelgrotte im Neuen Garten in Potsdam, unveröffentlichte Facharbeit, HAWK Hildesheim/Holzminden/Göttingen, 1999/Berger, C., Das Residenzschloss Dresden, Westflügel 1. OG, Stucknische (ehem. „secret“). Untersuchung, Dokumentation und Sicherung des Putz- und Stuck- und Fassungsbestandes aus dem 17. Jahrhundert (Praktischer Teil); Glasflitter in historischen Fasstechniken in der Stucknische des Dresdner Residenzschlosses. Quellenlage, Vergleichsbeispiele und Fragen der Herstellungstechnik (Theoretischer Teil), Diplomarbeit, Hochschule für Bildende Kunst Dresden, 2002/Gallinat, F., Muscheln und Schnecken in der Grottenbaukunst. Theoretische Grundlagen der Grottenbaukunst. Maßnahmen hinsichtlich der Restaurierung und Konservierung an Muscheln und Schnecken im deutschsprachigen Raum, unveröf-
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Die verstreut publizierten, manchmal auch schwer zugänglichen Beiträge setzen sich mit Techniken, Materialbedeutung, Entwicklungen, Quellen, geistesgeschichtlichen Zusammenhängen und Hintergründen bis hin zur konservatorisch-restauratorischen Bestanderhaltung auseinander und sind somit wertvolle themen- und mitunter objektbezogene Ergänzungen.
Werk- und Kunsttechnik Um einerseits die von einer Grottierung ausgehende Faszination nachvollziehbar zu machen, andererseits aber eine Vorstellung über den aus moderner konservierungswissenschaftlicher Sicht erforderlichen Erhaltungsaufwand zu entwickeln, ist es unverzichtbar, ein Bild von der kunsttechnisch bedingten Materialvielfalt und Variationsbreite der verarbeiteten Werkstoffe zu vermitteln.20 Glücklicherweise existiert umfassendes Archivmaterial zum Bau von Schloss Weißenstein, sodass auch für die Grottierung der Sala terrena genauere Angaben zur Materialbeschaffung verfügbar sind.21 Der weitaus größte Anteil der zur Grottierung benötigten Werkstoffe entstammte wohl aus den angrenzenden Regionen. Er habe, so Lothar Franz von Schönborn, seine Sala terrena „en forme einer gantz leichten grottesques machen lassen, welches gewißlich anjetzo eines von den schonsten stücken in dem haus ist undt kostet mich ausser der arbeith nicht viel, weilen das meiste, was ich dazu gebraucht habe, in dem maintzischen landt gefunden wirdt undt ist der stuckathurer Honicke, so es mir gemacht, sowohl ratione des riss undt der zeignung als des gusto uhnvergleichlich hierin“.22 In der Monographie zu Pommersfelden geht Heinrich Kreisel darauf ein und fentlichte Facharbeit, Fachhochschule Potsdam, 2009/Gallinat, F., Die Konservierung von Conchylien in ihren Bettungsmörteln am Beispiel der Grotte im Nordischen Garten zu Potsdam, Diplomarbeit, Fachhochschule Potsdam, 2010. Siehe auch: König, U., Grotte und Bad – Das Sommerhaus im Garten von Schloss Salaberg in Niederösterreich (Berichte zur Denkmalpflege, 8), Wien 2002. 20 Auf die Ausführungen über die manieristische Grottenhalle der Münchner Residenz im Beitrag für die ICOMOS-Publikation wird hier verzichtet. 21 Hantsch, H./Scherf, A., Quellen zur Geschichte des Barocks in Franken unter dem Einfluss des Hauses Schönborn. Die Zeit des Erzbischofs Lothar Franz und des Bischofs Johann Philipp Franz von Schönborn 1693–1729, Teil 1, Halbband 1, Augsburg 1931/Freeden, M. H., Quellen zur Geschichte des Barocks in Franken unter dem Einfluß des Hauses Schönborn. Die Zeit des Erzbischofs Lothar Franz und des Bischofs Johann Philipp Franz von Schönborn 1693–1729, Teil 1, Halbband 2, Würzburg 1955/Hotz, J./ Bott, K., Quellen zur Geschichte des Barocks in Franken unter dem Einfluss des Hauses Schönborn. Die Zeit des Bischofs Friedrich Carl von Schönborn. Teil 2, Halbband 1, Würzburg 1993. 22 Brief an Friedrich Karl von Schönborn vom 25. November 1722, zit. nach: Hofmann, W. J., Schloß Pommersfelden. Geschichte seiner Entstehung, Nürnberg 1968, S. 154. Aufgrund der Beziehungen des Bayerischen Herzogshauses zu den Medici, vor allem Wilhelms V. (1548–1626) zu Francesco I. (1541–87),
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erwähnt die Verwendung von Rinderblut für die Stuckmischung oder die Befestigung von Kleintieren und Geflügel wie Eichhörnchen und Enten; Tuffstein sei aus Scheßlitz gekommen, „kleine Spiegel von Nürnberg, alle Glasstoffe wurden aus der Spiegel- und Glasfabrik zu Schleichach im Steigerwald,23 die Mineralien aus dem kurmainzischen Gebiet besorgt“.24 Darüber hinaus führt Kreisel, der 1953 möglicherweise Zugang zu einigen damals noch nicht veröffentlichten Archivunterlagen hatte,25 die Applikation von „Glimmer und Glasschlacken verschiedener Farben“, von Muscheln, Tuffstein, Achat, Kristallen und farbigen Glasflüssen an. Aus dieser illustren Materialität entstehen die Raumoberflächen, denen die Deckenbilder und Skulpturen integriert sind. Einem ikonographischen Programm folgend sind Monatssymbole mit den Tierkreiszeichen, die Elemente Erde, Luft, Wasser, Feuer sowie die vier Jahreszeiten versinnbildlicht. Die Deckenmalereien zeigen eine Allegorie der Tageszeiten in angrenzenden Kartuschen, von so genannten Quellgöttern beziehungsweise Darstellungen der vier Weltteile umgeben. So gerinnen in der Grotten-Sala terrena die Formen, Farben und die Materialbedeutung des figurativen Dekorums mit den mythologischen Inhalten des Figürlichen zur künstlerischen Einheit. Hinsichtlich der Beschaffung der Grottenwerkstoffe durch Hennicke liegt seit 1993 eine aufschlussreiche Archivalienrecherche zur Sala terrena vor,26 die, wie verschiedene andere Studien und systematische Untersuchungen auch, 1992/93 im Rahmen der Übernahme der Sala terrena in ein Projekt des Bundesministeriums für Forschung und Technologie (BMFT) entstand.27 Die Bereitstellung der historischen Angaben war deshalb von größtem Interesse, weil hierdurch eine systematische Abgleichung mit den restauratorischen und naturwissenschaftlichen Befunden möglich wurde. Hennicke und seine Leute begannen die „Krottenarbeith“ Montag, den 17. Juli 1722.28 Offenbar hatte Hennicke bereits seit Juni Bestellungen laufen, um auch Mitte Juli sofort mit der Arbeit beginnen zu können. Neben Pinseln, Schiefernägeln, Leinöl und Muscheln wurden nach und nach Bast, Hanf, Blut und größere Mengen Pech, „welches
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kam es auch beim Bau der Münchner Grottenhalle ab 1581/82 zu Importen aus Italien, unter anderem von Muscheln und Korallen. Siehe: Zangheri, L., La grotta nella Residenza di Monaco di Baviera, in: Antichità viva. Rassegna d’arte 4/1979, S. 45–49. Balthasar Neumann (1687–1753) war von 1741–53 Pächter dieser Glasfabrik. Kreisel, H./Hirmer, M., Das Schloß Pommersfelden, München 1953, S. 54f. Neben Einblicken in das 1953 bereits in Bearbeitung befindliche Material vermutlich auch Mitteilungen von Max H. von Freeden. Sitzmann, K., Pommersfelden Schloß Weißenstein – Sala Terrena, Archivarbeit, Ausgabe 1, Stand: März 1993, archiviert u.a. im Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege, Dienststelle Schloß Seehof. Bundesministerium für Forschung und Technologie, BMFT-Projekt Bau 7015 B, BK 3, Leitstelle Süd. Sitzmann, K., Pommersfelden Schloß Weißenstein – Sala Terrena, Archivarbeit, Ausgabe 1, Stand: März 1993, archiviert u.a. im Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege, Dienststelle Schloß Seehof, S. 5–10.
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die Grottierer zu ihrer Kütt gebrauchen“, angeliefert. Für September heißt es dann, eine „Specification der runten Spiegel die im grottenwerg alhier, von Nürnberg seint angeschaffet worden, als 11 Stück 7 Zoll groß […], 30 Stück 3 Zoll […], 54 Stück 2 ½ Zoll […], 72 Stück 1 Zoll, …“ usw., ebenso mehrere Fuhren Tuffstein. Bemerkenswert sind die Notizen über meist größere Mengen Farbenlieferungen wie Bleiweiß, Mennige, „3 Pfund dunkler schmalden“ (dunkle Smalte) oder große Pinsel, Fischpinsel, Leim, Weißblech und „Blum glas glanz“ (Streuglanz/Glasflitter). Später kommen vom Pommersfeldener Metzger noch Schmer, Rinderblut und Rindergalle sowie 20 Pfund Schweinefett, „welches theils zum Kit in der grotten, als zu den gegoßenen Wandleichtern in der Capell zu pommersfeldl: verbraucht worden“. Pech (vermutlich aus Baumharz) wird auch 1723 noch zugestellt sowie „unterschiedliche brettlein“ und „runde stecken“, „Wandtleuchter“, „Cron Leuchter“, Tuffstein, Gips, Muscheln oder beispielsweise „9 Metzen zur grotten hergegebenen Hammerschlag“. Außerdem erhielt Hennicke eine Lieferung „unterschiedliches Glas“ aus der Glashütte Steinach im Steigerwald, „zur Grotten arbeith hergegebene gläserne Kugel und eyszapfen“. Sie umfassten 515 Stück große und kleine Eiszapfen, 569 Kugeln unterschiedlicher Farbe, 137 „weiße geriebte kugeln“, 41 „kugeln mit zwei löchern Etwas großer als die geriebten“ und acht große Kugeln. Schließlich fand die besondere Naturnähe der Grottierung ihren Ausdruck in der Aufstellung ausgestopfter Tiergruppen auf dem Gesims beziehungsweise oberhalb der Pilaster. Die heimische Fauna war vertreten durch „verschiedene in die grotten geliefferte und von denen grottirern ausgebalchte Vögel“, und einer Rechnung zufolge kamen von einem Förster „5 Aichhornlein“, „3 Nußhern“ (Nußhäher) sowie Enten, Spechte, Elstern, Dohlen und kleinere Vögel. Verglichen mit den tatsächlich verbauten Grottiermaterialien wie zum Beispiel Amethyst-Drusen, Quarzen (Rauch- und Weißquarzen), Bergkristallen, Glimmer, Spaten, Pegmatiten, Erzen, Kalktuff, Marmor, geformten gläsernen Versatzstücken (kleinen, rhombenförmigen Glaspyramiden in grün und blau) usw., lässt sich der gesamte Bestand hier nur beispielhaft repräsentativ auflisten. Aber abgesehen von den verlorengegangenen, ausgestopften Tiergruppen und sonstigen Teilverlusten sind die meisten Kategorien noch vorhanden. Eine ebenfalls im Rahmen des BMFT-Projekts in Auftrag gegebene Bestandsaufnahme verschaffte 1992 erstmals einen ganzheitlichen, detaillierten Überblick über diesen Mikrokosmos,29 doch im Einzelnen auf die erfassten Aggregate einzugehen, 29 Zimmermann, P., Erfassung der Dekorationselemente der Sala terrena von Schloß Weißenstein in Pommersfelden, Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege 1992 (Bearbeitung: Dipl.-Geologe P. Zimmermann, 30. 11. 1992, Schloß Weißenstein, Sala terrena, W 8601 Pommersfelden). Vgl. dazu die Aufstellung der Inkrustationen und Applikationen in: Sachse, R./Rohde, G., Der Grottensaal im Neuen Palais, Potsdam-Sanssouci 1984/Schneider, L., Die Crystall- und Muschel-Grotte im Neuen Garten, in: Mitteilungen des Vereins für die Geschichte Potsdams 1/1864, S. 52–56.
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ist hier wiederum nicht möglich. Eine vergleichbare systematisch vorgenommene Einteilung bei E. Maué30 vermittelt ebenfalls einen illustren Eindruck von der breitgefächerten Vielfalt möglicher Applikationen, wobei sie zwischen „pflanzlichen Naturalien“, „zoologischen Naturalien“31 und „mineralischen Naturalien“32 sowie, davon abgeleitet, „Naturalien als heimische Schätze“ unterscheidet. Die natürlich vorkommenden Materialien ergänzend, werden „Glasierte Steine“, „Glas“, „Glaszapfen“, „Schlacke“ und „Stuckblumen“- in der Bestandaufnahme des BMFT-Projekts von 1992 jedoch als „Artefakte“ bezeichnet.33 Abgesehen von den kompakten, im Gewölbe pointiert versetzten Glimmerstücken oder den rhombenförmig zugeschnittenen dünnen Glimmerplatten in den Wand- und Türfüllungen der Sala terrena verdient die nahezu flächendeckende Überarbeitung der Raumschale mit kleinteiligem Glimmer beziehungsweise farbigem Glasflitter besonderes Interesse, nicht zuletzt aus konservatorischen Gründen (Abb. 87).34 C. Maué sieht insbesondere im „Glitzern und Schimmern“ der Kristalle einen wichtigen Helligkeitsfaktor, 35 der besonders bei Kerzenbeleuchtung zum Tragen gekommen sein dürfte. Doch gehörte es vermutlich zu den konzeptionellen Zielen der Grottierung, mittels des inkrustierten „Streuglanzes“ (Glimmer- und/oder Glasflitter, metallischer Streuglanz – Abb. 88 und Abb. 89) die gesamte Raumoberfläche materialillusionistisch zu staffieren, denn neben den Glimmerplättchen auf Hintergründen und Wandflächen bewirkten vor allem die transparenten Glasflitter auf den Farbfassungen und Marmorierungen der Stuckaturen 30 Maué, C., „Künstliche und artige Unordnung“ – Naturalien und Naturimitationen in künstlichen Grotten des 16.–18. Jahrhunderts, in: Brückner, W./Forschungsinstitut für Realienkunde (Hg.), Realität und Bedeutung der Dinge im zeitlichen Wandel – Werkstoffe: ihre Gestaltung und ihre Funktion. Referate der interdisziplinären Tagung in Nürnberg, 6.–8. Oktober 1993, Nürnberg 1995, S. 76–92, S. 76–85. 31 Am Beispiel der Sala terrena: Marine Mollusken (Meerwasser): Kamm-, Trog-, Venus-, Herz-, Miesmuschel, sowie Hadelschnecke, Purpurschnecke, grünes Seeohr; Limnische Mollusken (Süßwasser): Flussmuschel, Sumpfdeckelschnecke. 32 Mineralische Naturalien: Schilftuff, Kalktuff, Quarz, Schwerspat, Quarzite, Paragneise oder Marmor, Kalkstein u. a. 33 Zimmermann, P., Erfassung der Dekorationselemente der Sala terrena von Schloß Weißenstein in Pommersfelden, Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege 1992 (Bearbeitung: Dipl.-Geologe P. Zimmermann, 30. 11. 1992, Schloß Weißenstein, Sala terrena, W 8601 Pommersfelden). 34 In der 1718 ebenfalls von Hennicke grottierten Sala terrena des ehemaligen Zisterzienserklosters Ebrach konnte unter den jüngeren Weißanstrichen auf temperaähnlicher deckend-starkfarbiger Stuckfassung kleinteiliger Glimmer und auf den Grundflächen des Gewölbes durchgehend flächiger Belag mit Glimmerplatten nachgewiesen werden (Dokumentation Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege und SBA Bamberg). 35 Maué, C., „Künstliche und artige Unordnung“ – Naturalien und Naturimitationen in künstlichen Grotten des 16.–18. Jahrhunderts, in: Brückner, W./Forschungsinstitut für Realienkunde (Hg.), Realität und Bedeutung der Dinge im zeitlichen Wandel – Werkstoffe: ihre Gestaltung und ihre Funktion. Referate der interdisziplinären Tagung in Nürnberg, 6.–8. Oktober 1993, Nürnberg 1995, S. 76–92, S. 83.
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und Profile ein farbiges Tiefenlicht, das die Illusion bruchrauer Stein- beziehungsweise Marmorvarietäten gesteigert haben mag. Ein Besucher der Sala terrena konnte sich solchermaßen wie in einem kristallin-steinernen Raum fühlen (Abb. 90).36
Konservierung und Restaurierung Die konservatorischen Überlegungen betreffen nicht allein die applizierten Materialvarietäten schlechthin, vielmehr haben die Beschaffenheit des Untergrundes und die unterschiedlichen Binde- und Klebemittel (s. o.) sowie die teilweise farbigen Kitte entscheidenden Einfluss auf die Wahl der Konservierungsmittel. Zunächst ist festzuhalten, dass das nachhaltige Gelingen einer stabilen Grottierung ohne die Herstellung und Verwendung qualitätvoller Klebemittel und teilweise farbigen Kitte zur wandfesten Applikation der verschiedenen Materialien undenkbar war.37 Diese Problematik fasste Leonhard Christoph Sturm (1669–1719) folgendermaßen zusammen: „Die Materialien müssen dauerhaft seyn/daß ihnen die Feuchtigkeit und Nässe nicht schade/und muß man vor allen Stücken darum bekümmert seyn/daß die Grottirer/denen man die Arbeit anvertrauen will/recht tüchtigen Kitt zu machen wissen/womit alles fest angehefftet werde/ denn nicht alle/die es vorgeben/können es in der That/und siehet alsdenn gar heßlich 36 Zu Zeiten Hennickes sind derartige Inkrustations- oder Applikationstechniken kein absolutes Novum mehr gewesen. Mit Beginn des 17. Jahrhunderts kamen beispielsweise für neue Bauten in Salzburg „zahlreiche kunsttechnische Neuerungen aus Italien“ zur Anwendung, so auch für Grottendekorationen (Residenzgärten, Hellbrunn). Bemerkenswert sind auf Farbstuckreliefs die „Materialinkrustationen durch Farbglassplitter, Marmorkörnung, Goldmosaiksteine, Perlen, Spiegelstücke etc. zur Steigerung der Oberflächenwirkung“. Siehe: Koller, M./Paschinger, H./Anders, J./Spurny, M./Huber, R., Die Farbstuckdecken Erzbischof Wolf Dietrichs in Salzburg, in: Restauratorenblätter 9/1987/88, S.183–190, S.183/ Koller, M., Die neuen Techniken in der Kunst Salzburgs um 1600, in: Barockberichte 5/6, Salzburg 1992, S. 197–201. Insbesondere Cathleen Berger setzt sich im theoretischen Teil ihrer Diplomarbeit mit der Technologie der „Glasflitter, Glasplättchen“ auseinander und korreliert die Begrifflichkeit mit Angaben aus der kunsttechnologischen Quellenliteratur: Berger, C., Das Residenzschloss Dresden, Westflügel 1. OG, Stucknische (ehem. „secret“). Untersuchung, Dokumentation und Sicherung des Putz- und Stuck- und Fassungsbestandes aus dem 17. Jahrhundert (Praktischer Teil); Glasflitter in historischen Fasstechniken in der Stucknische des Dresdner Residenzschlosses. Quellenlage, Vergleichsbeispiele und Fragen der Herstellungstechnik (Theoretischer Teil), Diplomarbeit, Hochschule für Bildende Kunst Dresden, 2002. Siehe auch: Launer, S., Untersuchung der immobilen Raumausstattung des sogenannten Sybillenkabinettes im Altenburger Schloß. Erarbeitung einer Restaurierungskonzeption und Anlegen einer Probeachse. Dokumentation der Untersuchung und der durchgeführten Arbeiten, Diplomarbeit, Hochschule für Bildende Künste Dresden, 1997/Sommer, R., Grottenbaukunst – Die Muschelgrotte im Neuen Garten in Potsdam, unveröffentlichte Facharbeit, HAWK Hildesheim/Holzminden/Göttingen, 1999. 37 Koller, M., Die Salzburger Grotten und ihre Restaurierprobleme, in: Barockberichte 14/15/1997, S. 548– 558.
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aus/wenn in einer Grotten Lucken sind/da die ungeküttete Steine/Muschel und dergleichen ausgefallen sind.“38 Abgesehen von der Salzproblematik im aufgehenden Wandbereich ergibt das aus den Untersuchungskriterien reslutierende Schadenspotential dann insgesamt ein höchst komplexes Bild vom technischen wie optischen Zustand der Farbfassungen und Applikationen, das teilweise durch die Koinzidenz der Schadensprozesse geprägt ist. Diese Schadensprozesse umfassen: – Pigmentveränderungen, – mikrobiell induzierter Bindemittelabbau, – Abbau der kohäsiven Eigenschaften von Verklebungen, Haftmörteln und Kitten sowie nachlassende Adhäsion zwischen Haftgrund und den applizierten Materialien (Abb. 91), – mikrobiell sowie chemo-physikalisch induzierte Korrosion von Glasteilen wie Glasflitter, Kugeln oder Eiszapfen (Abb. 92 und 93), – Korrosion von Eisenteilen, Drahtaufhängungen und -armierungen, – Rost-Sprengung der Aufhängung von Glaszapfen und -kugeln, – Mineralisierung/Oxydation von Zwischgold sowie der unedlen Metalle oder auch – Korrosion (Zinnpest) der Zinnplättchen (Abb. 94). Weil die gesamte Verklebungs- und Applikationstechnik der Grottierung langfristig infrage gestellt ist, galt den diversen organischen Bindemitteln wie Pflanzengummi und Leinöl sowie den Pigment- und Materialveränderungen der Farbfassungen und Metallapplikationen im Rahmen der Voruntersuchungen zwischen 1988 und 1993 besondere Aufmerksamkeit. Ohne hier auf die ebenso pittoreske wie substantielle Verschiedenartigkeit der Materialien weiter eingehen zu können39 sei festgehalten, dass die systematischen Klimamessungen über den gesamten Zeitraum bis zum Abschluss der Restaurierungsarbeiten in der Sala terrena 1999 beibehalten wurden, dass die mikrobielle Belastung, u.a. auch der dünnen Glasflitter, beobachtet und dargestellt werden konnte (vgl. Abb. 92),40 dass konservierungsrelevantes originales Material kontinuierlich weiterhin analysiert 38 Sturm, L. C., Vollständige Anweisung Grosser Herren Palläste…, Augspurg 1718, S. 75. Die Ausführungen in Kapitel 2, „Von Kunst-Höhlen oder Grotten“, lesen sich teilweise wie eine Handlungsanweisung zur Grottierung der Sala terrena, was den Gedanken nahelegt, dass Hennicke diese Publikation bekannt gewesen ist und wohl auch jene Furttenbachs. 39 Pursche, J., Wandmalereien in Krypten, Grotten, Katakomben, in: Danzl, T./Exner, M./Rüber-Schütte, E. (Hg.), Wandmalereien in Krypten, Grotten, Katakomben. Zur Konservierung gefasster Oberflächen in umweltgeschädigten Räumen, ICOMOS Hefte des Deutschen Nationalkomitees LVI, Halle 2013. 40 Petersen, K., Zwischenbericht zu den Untersuchungen zum mikrobiellen Befall in der Sala terrena, Schloß Weißenstein, Pommersfelden, BMFT-Folgekonferenz, 21. 1. 1994 (BLfD, Dokumentationsarchiv).
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wurde und dass vor allem die mineralischen Konservierungsstoffe auf ihre Eignung hin getestet wurden. Die planmäßige konservatorisch-restauratorische Instandsetzung der Sala terrena mit den beiden sich östlich und westlich anschließenden, von Giovanni Francesco Marchini (1672–1745) freskierten Flügelräumen erstreckte sich ab 1993 über einen Zeitraum von sechs Jahren. In dieser Zeit bewältigten die beauftragten RestauratorInnen 41 Bestanderfassung und Materialtests, die partielle Instandsetzung des Grund- und Deckenputzes und des Stuckmarmors der Pilaster, die Sicherung, Konsolidierung und Ergänzung der Grottierung, die Putzsicherung, die Festigung von Farbfassungen, die Optimierung von mechanischen und klebenden Verbindungen, die teilweise Ergänzung fehlender Applikationen und die Sicherung und Reinigung der Deckenmalerei in der Sala terrena. Darüber hinaus wurde die Sicherung, Reinigung, Retusche und Ergänzung der Malerei in den angrenzenden Marchini-Räumen durchgeführt.42 Von grundlegender und entscheidender Bedeutung für die Umsetzung der konservatorischen Aufgabenstellung war eine Testphase an Prüfkörpern mit nachgestellten Bindemittel-, Farbmittel- und Werkstoffbefunden im Vorfeld.43 Nach Abschluss der ersten künstlichen Bewitterung hatte sich auf den Prüfkörpern ein mit dem realen Befund an der Raumschale vergleichbarer Zustand eingestellt. Damit waren die Prüfkörper für die systematische Anwendung ausgesuchter Binde- und Festigungsmittel präpariert, um deren „Alterungsverhalten unter thermisch-hygrischer Belastung“ zu testen. Als Konservierungsmittel wurden folgende Produkte in die künstlichen Alterungstests einbezogen:44 Syton W 30 (Kieselsol), Syton X 30 (Kieselsol), Motema 30 (Kieselsäureester), Motema PKSE Binder 40 (Kieselsäureester) und Paraloid B 72 (Ethylmethacrylat-Copolymer). Diese kontrollierte, mit bekannten Parametern realisierte Versuchsserie war eine wichtige Entscheidungshilfe. Dennoch bleibt hinsichtlich der enorm uneinheitlichen sowie ungleichartigen Beschaffenheit der farbig gefassten und grottierten Raumoberfläche festzuhalten, dass die Sicherungsproblematik letztlich nur mit einem hohen Maß an restauratorischer Empirie und Umsicht zu bewältigen war. Die inhomogene Struktur und Qualität der Untergründe, der ursprünglichen Kitte sowie der Klebstoffe erzwang fortwährendes Umdenken und Reagieren auf die jeweiligen Bedingungen, was gegebe-
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Arbeitsgruppe unter Leitung von Peter Turek. Ausführung: Hermenegild Peiker, Augsburg. Entwicklung, Ausführung und Umsetzung Peter Turek. Simon, S./Herm, C., Überprüfung und Bewertung von Schutzstoffen zur Festigung und Sicherung der Appliken, Gemeinschaftslabor Konservierung und Denkmalpflege Consulting/KDC, unveröffentlichtes Manuskript , Olching, 10.8.1997. Es wurden 45 kombinierte Feuchte/Trocken- und Frost/Tauwechselzyklen durchgeführt. Nach Abschluss des Belastungsprogramms wurden eingetretene Veränderungen einzelner physiko-mechanischer Parameter an den Prüfkörpern gemessen.
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nenfalls eine kluge Anpassung der in Frage kommenden Konservierungsmittel (höhere Verdünnung, Änderung der Viskosität) bzw. einen Wechsel der Stoffgruppe erforderte. Selbst die Verwendung von bereits für die Grottierungsarbeiten benutzten Materialien, wie beispielsweise Leinöl, gehörte zum Spektrum der geeigneten Mittel. Die eigentliche Schwierigkeit bei der Bestandsicherung lag in Entscheidungen, die mit den Testergebnissen im Labor nicht zwingend korrelierten. So konnten durch differenzierte und kontrollierte Anwendung Syton W30 und Silester, aber auch Paraloid B72 eingesetzt werden, obwohl der künstliche Bewitterungs-Stress keinen eigentlichen „Testsieger“ definierte. Einige Auszüge aus dem Restaurierungsbericht sollen hier die Vielgestaltigkeit des konservatorisch-restauratorischen Programms andeuten: 45 Im Bereich der Ergänzung und Konsolidierung der Malerei, der Dekoration und der klebetechnischen Verbindungen wurden zum Beispiel „alle Eisendrahtverbindungen (…) durch voroxidierten Silberdraht bzw. weichen, verzinkten Eisendraht ersetzt. Ergänzende neue Appliken wurden mit Klebepasten aus Methyl-Methacrylat Copolymer (Paraloid B44) auf originale Klebebetten (Sassen) versetzt, denen als Zuschlagstoff zur Optimierung der Viskosität Hohlglaskügelchen (…) zugesetzt wurden. Die Klebepasten wurden mit Trockenpigmenten entsprechend eingefärbt. Bei fehlendem Klebebett oder auf neuem Untergrund (…) wurde mit der bauzeitlichen Klebetechnik gearbeitet: Glasrhomben und Glaspyramiden wurden in Gipsmörtel gedrückt, Glimmerrauten in eingefärbte Ölkittmasse (…) eingebettet.“ Zum Thema der Stabilisierung des Mennigekitts besagt der Bericht folgendes: „Der als Klebegrund für die Glimmerrauten in den Rücklagen dienende Mennigekitt ist stellenweise extrem versprödet und/oder hat sich schollenartig vom Stuckuntergrund gelöst. Für die Konservierung war eine Stabilisierung des Gefüges und die punktuelle Fixierung der Kittschollen notwendig. Die im Vorfeld erprobten Methoden (Verklebung mit KSECelluloseester; Erweichen der spröden Schollen, anschließende Planierung und Fixierung der Mennigekittschollen mit Celluloseester/Klucel E) erwiesen sich als nicht ausreichend. Weitere Versuche zur Verklebung wurden mit modifiziertem KSE (mit pyrogener Kieselsäure/Cabosil), Acrylharzlösung (Paraloid in Aceton, circa 40 % Feststoffgehalt), Celluloseester (Klucel E in Ethanol, circa 40 % Feststoffgehalt) und Mennige-Leinöl-
45 Die Komplexität der Aufgabenstellung erschließt sich aus: Turek, P., Instandsetzung Sala terrena, unveröffentlichter Abschlussbericht, 6.12.2000, Archiv Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege. „Besondere Anforderungen ergaben sich durch neu herzustellende Materialverbindungen im Bereich korrodierter Eisendrahtverbindungen und Verklebung neuer Glasrhomben, Glaspyramiden und Muscheln auf bauzeitlichen Klebebetten. Die originalen Klebebette aus Gips, Pech und Ölkitt mit Negativabdruck der Dekorelemente sind nicht aufgegeben beziehungsweise eingeebnet worden, da diese Fragmente oft den letzten Hinweis für die bauzeitliche Applikendekoration darstellen. Anhand dieser Abdrücke wurden die entsprechenden Muschel- oder Glasformen ermittelt.“, aus: ebenda, S. 6.
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Masse durchgeführt. Die anorganischen Systeme zeigten hier keine zufriedenstellenden Ergebnisse (optisch unbefriedigend, mangelnde Haftung). Gut konnten die Versuche mit dem Leinöl-Mennige-Gemisch beurteilt werden. Dem originalen Kitt wird durch das Einbringen von öligen Bestandteilen Elastizität (von keinem der sonstigen Materialien erzielt) zurückgegeben, die Masse bindet aufgrund des Bleianteils (!) relativ schnell ab, eine optische Anpassung durch das Ausmischen mit anderen Pigmenten ist weitgehend möglich, die Verklebung von Mennigekitt und Stuck beziehungsweise Glimmer und Mennigekitt ist möglich (vgl. Abb. 91). Mittels dieser Methode können die KittSubstanz und somit die originalen rautenförmigen Glimmerplättchen in situ erhalten werden, die Glimmerfelder müssen nicht neu aufgebaut werden.46 (…) Zur Verklebung der Glimmerrauten an den Wandflächen wurde ein vergleichbares System gewählt.“47 Gegen Ende der 90er Jahre zeichneten sich auf denkmalpflegerischer Ebene bemerkenswerte konservierungs- und materialwissenschaftliche Entwicklungen ab, die jedoch nur noch ansatzweise Eingang in das hier dargestellte Projekt fanden. Beispielsweise konnten im Bereich der Kieselsäure-Technologie elastifizierte Typen bereitgestellt werden, die auf das notwendige Anforderungsprofil bei inhomogenen mineralischen Untergründen oder heterogenem Materialgefüge besser einzustellen waren – auch wenn dem Anspruch an Reversibilität keine bestimmende Rolle mehr zukam, oder zukommen konnte.48 Von nachhaltiger Bedeutung war zudem eine die invasiven Maßnahmen begleitende Anpassung des Raumklimas. Der Einbau großer Türvorsatzscheiben, Sicherheitsglas46 „Die durch die Ölalterung zu befürchtenden Schäden werden das vorgefundene Maß erst in mehreren Jahrhunderten erreichen können. Das vornehmliche Argument für die Anwendung war die Verträglichkeit des hier angewendeten Systems mit den originalen Materialien (‚im System bleiben‘).“ aus: Turek, P., Instandsetzung Sala terrena, unveröffentlichter Abschlussbericht, 6.12.2000, Archiv Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege, S. 6. 47 Ebenda: „Als Nachteile sind zu beachten: die Irreversibilität der Maßnahme, die Bindemittelauswanderungen in den Stuck und die damit verbundenen Verfärbungen, punktuelle optische Veränderungen bei Einwanderung von Injektionsmasse zwischen einzelne Glimmerschichten, Gewichtseintrag, Humantoxizität.“ 48 Ausschlaggebend ist dabei, dass sich das Eigenschaftsprofil der fremden Substanzen desto mehr auf das Original überträgt und dann seine Alterung bestimmt, je mehr davon eingebracht wird, d. h. je mehr das Mengenverhältnis zu Ungunsten des Originals ausfällt. Zur Reversibilität siehe Petzet, M., Reversibiltät – das Feigenblatt in der Denkmalpflege?, in: Krieg, S. (Hg.) Reversibilität – das Feigenblatt in der Denkmalpflege?, ICOMOS Hefte des Deutschen Nationalkomitees VIII, München 1992, S. 9–14. Reversibilität wird hier als Metapher für die Wiederholbarkeit (z. B. kohäsiver Festigungen) behandelt. Siehe auch: Emmerling, E., Reversibilität aus der Sicht des Restaurators in der Denkmalpflege, in: in: Krieg, S. (Hg.) Reversibilität – das Feigenblatt in der Denkmalpflege?, ICOMOS Hefte des Deutschen Nationalkomitees VIII, München 1992, S. 37–47. Hier wird postuliert, dass jede Festigung oder Fixierung einer „Einbettung in das Stabilisierungsmaterial“ gleichkommt, was zwangsläufig mit einer „generellen Veränderung der typischen originalen Strukturen“ verbunden wäre.
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scheiben mit Stahlrahmung, in die gartenseitige Leibung der Fenstertüren führte zusammen mit der Instandsetzung und Abdichtung der Fenster in den beiden Flügelräumen zu einem bemerkenswert konsolidierten Innenklima, das nun vom unmittelbaren Einfluss und Wechsel des Außenklimas abgekoppelt war. Damit ist ansatzweise eine Autonomie des Raumklimas bewirkt worden, was den konservatorischen Grundüberlegungen effizient entgegenkam. Später konnten mit dem Öffnen von Türen zum vorgelagerten Treppenhaus die konservierungstechnischen Bedingungen durch Belüftung und Luftströmung zusätzlich verbessert werden.
Wartung und Evaluation Hinsichtlich der Grotten-Sala terrena des Schlosses Weißenstein drängt sich mehr als fünfzehn Jahre nach Abschluss der konservatorisch-restauratorischen Arbeiten die Frage nach der Effizienz und Nachhaltigkeit der Bestandsicherung geradezu auf, denn bei diesem bedeutenden, gleichwohl anfälligen Raumkunstwerk wird man ständig um geringe, doch permanente Verluste besorgt sein müssen. Dazu bedürfte es aber geplanter Wartung und Pflege sowie systematischer Kontrolle. Von Verwitterungs- und Alterungsprozesse sind vor allem die hygrisch, thermo-hygrisch, auch gegen Sauerstoff oder gegen Licht empfindlichen organischen oder mineralischen Werkstoffe betroffen. Aber nicht zuletzt die künstlich bzw. synthetisch hergestellten Materialgruppen entwickeln instabile Verhaltensweisen. Ihre artifizielle Existenz ist das Ergebnis von handwerklichen oder manufakturellen Fertigungen bzw. von industriellen Herstellungsprozessen. Deren vielfältige Probleme liegen im unberechenbaren, aber voraussehbaren Altern. Ein Zerfall kann ursächlich auf strukturelle chemo-physikalische Reaktionen bei unzweckmäßiger Mischung von Stoffgruppen oder auch auf mangelhafte Verarbeitung zurückzuführen sein. Während beispielsweise ein pathologischer Materialzustand zum Zerfall von Glas führen kann, hätte bei Eisen, insbesondere bei Silber oder Kupfer eine natürliche Alterung durch Oxidation längerfristig die vollständige Mineralisierung und den Verlust des metallischen Charakters zur Folge.49 Angefangen mit der Beschaffenheit eines Baudenkmals bis hin zu den außen- und innenklimatisch bewirkten Verwitterungsprozessen sind Wandmalereien und monumen49 Insbesondere die Metallauflagen bei Skulpturen oder Stuckaturen sind davon betroffen, Siehe: Brachert, T., Patina. Von Nutzen und Nachteil der Restaurierung, München 1985./Pursche, J., Edelmetall, Buntmetall – Altmetall? Zur Problematik der Restaurierung von Metallauflagen auf Stuck am Beispiel von Ottobeuren, in: Schädler-Saub, U. (Hg.), Die Kunst der Restaurierung. Entwicklungen und Tendenzen der Restaurierungsästhetik in Europa, ICOMOS Hefte des Nationalkomitees XL, München 2005, S. 187–199.
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tale Raumgestaltungen wie die Sala terrena gleichermaßen betroffen von den Risiken physischer Belastung und chemischer wie optischer Veränderungen und somit bei ihrer Konservierung teilweise vergleichbar. Auf dem Sektor der Wandmalerei- und Steinrestaurierung hat in den letzten Jahrzehnten eine enorme Entwicklung stattgefunden. Die wohl wichtigsten Feststellungen – angefangen vom klimabestimmten Habitus bauschädlicher Salze50 bis hin zur restaurierungsgeschichtlichen Kritik an unsachgemäßen Konservierungsmethoden51 – beruhen auf Grundlagenforschung sowie auf der Ermittlung von Werkstoff- sowie Schadstoff-Kenndaten und den kennzeichnenden Parametern über Stabilität und Verfall der jeweils beteiligten historischen bzw. der modern applizierten Materialien. Als beachtenswertes und zwingend zu berücksichtigendes Problem haben sich in diesem Zusammenhang die verwendeten Konservierungsstoffe vorangegangener Restaurierungsphasen entwickelt.52 In nicht unerheblichem Umfang ist die Grottierung der Sala terrena im Schloß Weißenstein von den hier skizzierten Phänomenen betroffen. Unschwer ließ sich im Rahmen der Konservierungsmaßnahmen in den neunziger Jahren die Koinzidenz von Raumklima und von Verwitterungen an der grottierten Raumoberfläche aufzeigen, wobei Art und Umfang der Schäden und Verluste naturgemäß von der spezifischen Kunsttechnik und den dabei verwendeten Materialien abhängig war. Nach Abschluss der konservatorisch-restauratorischen Instandsetzung und nach baulichen Maßnahmen, die zu einer Reduzierung der schadensrelevanten Oberflächenkondensation beitrugen, kam es in den vergangenen etwa sechzehn Jahren aber zu keiner systematischen Wartung. 53 Einige Inspektionen führten aber zu der Erkenntnis, dass die Grottierung zwar geringfügig, dennoch durch herabfallende Teilchen permanent reduziert wird, obwohl die Abdichtungsmaßnahmen an Fenstern und Türen (1995) einen messtechnisch nachweisbar 50 Anfänglich z. B. Arnold, A./Zehnder, K./Küng, A./Emmenegger, O., Wandmalereizerfall, Salze und Raumklima in der Klosterkirche von Müstair, in: Zeitschrift für Kunsttechnologie und Konservierung 5/1991, S. 171–200. 51 Pursche, J., Die „Entsorgung“ restauratorischer Eingriffe an Wandmalereien, in: ICOMOS Nationalkomitee der Bundesrepublik Deutschland (Hg.), Das Denkmal als Altlast? Auf dem Weg in die Reparaturgesellschaft, ICOMOS Hefte des Deutschen Nationalkomitees XXI, S. 77–85. 52 Siehe: Pursche, J., Die „Entsorgung“ restauratorischer Eingriffe an Wandmalereien, in: Das Denkmal als Altlast? Auf dem Weg in die Reparaturgesellschaft, ICOMOS Hefte des Deutschen Nationalkomitees XXI, S. 82 und zuletzt in: Kunsttechnologie und Konservierung 12/2/1998, S. 321–324/Pursche, J., Die Wandmalereien und die plastischen Dekorationen in den ehemaligen Fuggerschen Sammlungskabinetten. Konservierung und Restaurierung 1996 – 2012, in: Hagen, B./Pursche, J./Wendler, E. (Hg.), Die „Badstuben“ im Fuggerhaus zu Augsburg, München 2012, S. 120–225. 53 Schloß Weißenstein in Pommersfelden befindet sich in Privatbesitz, wodurch Nutzung und Wartung immer auch wirtschaftliche Fragen nach sich zieht. Positiv ist zweifellos, dass für Schloss Weißenstein eine restauratorische Betreuung und Wartung auf verständnisvolle und vergleichsweise unkomplizierte Weise gegeben ist.
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beruhigenden Einfluss auf die Temperaturschwankungen gehabt haben.54 Hingegen ist an definierten Referenzflächen anhand einiger punktuell ausgeführter Nachkontrollen (1993–1999) die Stabilität bestimmter adhäsiver Festigungen für einen Zeitraum von ca. sechs Jahren nachweisbar. Aus unterschiedlichen denkmalpflegerischen und technischen, aber auch finanziellen Gründen konnte mit Abschluss des BMFT-Projekts sowie der Gesamtrestaurierung jedoch keine angemessene Lösung eines geregelten Raumklimas realisiert werden (Abb. 95). Gleichwohl würden – hypothetisch angedacht – die verfügbaren konservierungswissenschaftlich relevanten Daten und Informationen für ein WartungsProgramm und für das messtechnische Monitoring des Raumklimas unter Einbeziehung bestimmter Referenzflächen eine passable Basis darstellen.55 So kann abschließend festgestellt werden, dass jede vorausgegangene Maßnahme letztlich ein Experiment ist, das zumindest nach Ablauf einer bestimmten Zeit zu hinterfragen und gegebenenfalls neu zu beurteilen ist, auch in der Sala terrena. Die kontinuierliche Pflege und systematische Wartung historischer wandfester Kunstwerke setzt sich in der praktischen Denkmalpflege nur unentschlossen durch, während jedoch industrielle Anlagen oder technische Objekte seit deren Existenz selbstverständlich inspiziert und gewartet werden56 Dafür dürften unterschiedliche Gründe verantwortlich sein, wobei für diese Zurückhaltung finanzielle Motive wohl im Vordergrund stehen, denn ein Kunstwerk ist im strengeren Sinne kein Produktionsmittel und amortisiert sich nicht.57
54 Simon, S., Untersuchung zu den raumklimatischen Verhältnissen 01/96-01/97, unveröffentlichter Bericht, 28.2.1997: „Die zyklischen Schwankungen von Temperatur und Feuchte sind stark reduziert worden und damit auch die Häufigkeit von Taupunktunterschreitungen und Kondensationsereignissen.“ 55 Vor dem Hintergrund touristischer oder kultureller Nutzung (Besucher, Filmkulisse usw.) der Sala terrena ist zusätzlich mit belastenden Klimaphasen zu rechnen. Ohne differenzierte Kenntnisse über den Vorzustand sowie die schadensauslösenden Mechanismen wären keine Vergleiche möglich und somit auch keine systematische Bewertung positiver bzw. negativer Veränderungen, die hinsichtlich präventiver Konservierung ein prinzipielles Verstehen der komplexen Verwitterungsvorgänge voraussetzt. 56 Für Instandhaltungsstrategien von „technischen Mitteln eines Systems“, untergliedert in Wartung, Inspektion, Instandsetzung, Schwachstellenbeseitigung/Verbesserung, existiert eine Normierung: DIN 31051 – Instandhaltung. Hier wird differenziert zwischen korrektiver Wartung, präventiver Wartung und vorausschauender Wartung. 57 Die Beschäftigung mit definierten Begriffen, z. B. „Instandhaltung“, wie sie in Wirtschaft und Industrie eingesetzt werden, kann eine vielversprechende Anregung werden, denn eine auf Effizienz ausgelegte Strategie muss nach wissenschaftlichen Kriterien angelegt sein. Für den Fall kalkulierter Prävention als zukunftsorientiertes Modell dürfte auch in der Denkmalpflege „ein erhöhter Bedarf an zuverlässigen Planungskennwerten und Kostenkennwerten für die Instandhaltung“ bestehen. Siehe: Bartsch, F./ Kalusche, W./Rausch, V., Geplante Instandhaltung von Gebäuden, in: Forum der Forschung 21/2008, S. 73–80.
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Die Sammlung „koptischer“ Textilien im Papyrusmuseum der Österreichischen Nationalbibliothek – Aufbewahrungsund Lagerungskonzept
Abstract The Papyrus Collection at the Austrian National Library in Vienna possesses a collection of late antique/early Islamic, so-called “Coptic” textile fragments from Egyptian burial fields. This collection was researched in a project at the Institute of Conservation and Restoration. The main focus lay on preventive conservation. In the course of the project the collection was documented and the degree of damage was analysed as well as possible sources. After an overview the textiles were classified in categories according to their condition. Moreover, an additional evaluation of the current storage and environmental conditions was conducted. Based on this research work a concept was developed to optimise the storage conditions of the textiles. In future, deterioration should be minimised and longterm preservation of the collection ensured through passive protection and active care.
Zusammenfassung Die Papyrussammlung der Österreichischen Nationalbibliothek in Wien besitzt eine Sammlung spätantiker/frühislamischer, sogenannter „koptischer“ Textilfragmente aus ägyptischen Gräberfeldern. Diese wurden in einem Forschungsprojekt am Institut für Konservierung und Restaurierung der Universität für angewandte Kunst bearbeitet und erforscht. Der Schwerpunkt lag hierbei auf der präventiven Konservierung. Im Zuge des Projekts wurde zunächst der Bestand vollständig erfasst und das Schadensausmaß und mögliche Quellen für weitere Schäden analysiert. Die Textilien wurden nach einem Überblick über die Sammlung nach ihrem Erhaltungszustand kategorisiert. Darüber hinaus wurde eine Evaluierung der aktuellen Lagerung und der vorherrschenden Umgebungsbedingungen durchgeführt. Basierend auf diesen Untersuchungen wurde ein Konzept zur optimierten Aufbewahrung und Lagerung erstellt. Durch den passiven Schutz und die aktive Pflege soll in Zukunft nun der langfristige Erhalt der Sammlung gewährleistet und der weitere Abbau verlangsamt werden.
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Einleitung Die Papyrussammlung der Österreichischen Nationalbibliothek (ÖNB) in Wien besitzt neben zahlreichen Papyri und schriftlichen Dokumenten aus dem antiken Ägypten eine Sammlung von über 300 sogenannten „koptischen“ Textilien. Diese stammen überwiegend aus ägyptischen Gräberfeldern und werden in die Zeit vom 3. Jahrhundert bis zum 9. Jahrhundert nach Christus datiert. Im Rahmen des forMuse-Forschungsprojektes sollte der textile Bestand vollständig erfasst und untersucht sowie einzelne Objekte exemplarisch restauriert und neu präsentiert werden. Das Projekt wurde unter dem Titel „Papyrusmuseum – Museum der Kulturen in Ägypten“ vom Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung im Zeitraum von 2009 bis 2012 gefördert. Das Institut für Konservierung und Restaurierung der Universität für angewandte Kunst Wien1 war als Projektpartner für die konservatorisch-restauratorische Bearbeitung der Textilien verantwortlich.
Kulturgeschichtlicher Hintergrund Ursprünglich wurde die gesamte ägyptische Bevölkerung als „koptisch“ bezeichnet. Heute ist damit jedoch nur die christliche Glaubensgemeinschaft in Ägypten gemeint, weshalb die Bezeichnung „spätantike und frühislamische Textilien aus Ägypten“2 zutreffender wäre. Dennoch wird der Begriff „koptische Textilien“ aus Gründen des höheren Bekanntheitsgrades auch in jüngerer Literatur verwendet und im vorliegenden Text ebenfalls benutzt. Der Erhalt koptischer Textilien ist einerseits den idealen klimatischen Bedingungen des Niltales zu verdanken, andererseits der Tatsache, dass die Toten mitsamt ihren Kleidern bestattet wurden. Im trockenen Wüstensand sind zahlreiche Textilien mit vielfach intakten Gewebestrukturen und nahezu unbeeinträchtigter Farbigkeit bis heute erhalten.3 1
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Die konservatorisch-restauratorische Bearbeitung erfolgte unter der Leitung von o. Univ. Prof. Mag. Dr. Gabriela Krist. Im Rahmen des Projekts entstanden folgende Arbeiten: Bergt, E., Die Sammlung spätantiker/frühislamischer Textilien im Papyrusmuseum der Österreichischen Nationalbibliothek. Aufbewahrungs- und Lagerungskonzept, unpublizierte Vordiplomsarbeit, Institut für Konservierung und Restaurierung, Universität für angewandte Kunst Wien, 2010/Bergt, E., Abnahme von Klebebändern auf „koptischen“ Textilien aus der Papyrussammlung der Österreichischen Nationalbibliothek Wien, Diplomarbeit, Universität für angewandte Kunst Wien, 2012. Weitere in der Literatur verwendete Bezeichnungen sind „spätantike bis frühmittelalterliche“ oder „spätantike bis frühchristliche“ Textilien aus Ägypten. Völker, A., Spätantike/frühislamische Textilien, in: Noever, P. (Hg.), Verletzliche Beute. Spätantike und frühislamische Textilien aus Ägypten, Museum für angewandte Kunst, Wien 2005, S. 8–19.
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Dabei haben sich nicht nur Kleidungsstücke wie Tuniken vollständig oder in Fragmenten erhalten, sondern auch Textilien von Raumausstattungen, wie zum Beispiel Behänge und Tücher.
Bestandsaufnahme Bereits im Oktober 2009 setzten sich die Studentinnen der Klasse für Textilrestaurierung der Universität für angewandte Kunst Wien während einer Lehrveranstaltung mit den Textilien auseinander. Die Bestandsaufnahme wurde im Rahmen einer Vordiplomsarbeit4 abgeschlossen und basierend darauf ein verbessertes Aufbewahrungs- und Lagerungskonzept erstellt. Als erster Schritt wurde der vorhandene Bestandkatalog der Papyrussammlung vervollständigt und die Daten digital erfasst. In diesem Bestandskatalog sind die Textilien mit knappen Beschreibungen sowie Angaben zu Material und Technik aufgelistet. Daten wie Inventarnummer, Standort, Kauf, Objektbeschreibung, Datierung und bereits durchgeführte Konservierungen und Restaurierungen konnten in die Datenbank übernommen werden. Die im Bestandskatalog aufgeführten Maße wurden im Zuge der Bearbeitung kontrolliert und mussten in vielen Fällen korrigiert werden. Zusätzlich zu den übernommenen Informationen wurde den Objekten eine kurze technische Bezeichnung vorangestellt. Anschließend folgte eine Beschreibung von Material und Technik bzw. der Herstellung der Textilien. In der Zustandsbeschreibung wurden sämtliche Schäden und mögliche Schadensursachen stichwortartig erläutert. Zudem wurden Empfehlungen für weitere notwendige Konservierungsmaßnahmen gegeben. Die Beurteilung des Gesamtzustandes wurde in Kategorien von eins bis vier eingeteilt, wobei eins für „sehr gut“ und vier für „schlecht“ steht. Objekte der Kategorie „vier“ benötigen dringend konservatorische Maßnahmen, um Substanzverluste zu vermeiden. Abschließend wurde jedes Wirkereifragment, je nach Zugänglichkeit von Vorder- und Rückseite fotografisch dokumentiert.
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Bergt, E., Die Sammlung spätantiker/frühislamischer Textilien im Papyrusmuseum der Österreichischen Nationalbibliothek. Aufbewahrungs- und Lagerungskonzept, unpublizierte Vordiplomsarbeit, Institut für Konservierung und Restaurierung, Universität für angewandte Kunst Wien, 2010. Die Vordiplomsarbeit wurde unter der Betreuung von o. Univ. Prof. Mag. Dr. Gabriela Krist durchgeführt.
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Die Aufbewahrung der Sammlung koptischer Textilien Bei der Bestandsaufnahme der koptischen Textilien konnte festgestellt werden, dass der Erhaltungszustand vor allem durch ungünstige Aufbewahrungsmethoden verschlechtert wurde. Aus diesem Grund wurde ein Konzept erarbeitet, um die Lagerungsbedingungen zu verbessern und zum langfristigen Erhalt der Textilien beizutragen. Dazu wurden zunächst die Depoträumlichkeiten und die derzeitige Aufbewahrungssituation erfasst und der Lagerungszustand der Sammlung als auch die Umgebungsbedingungen im Depot untersucht. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen werden im folgenden Kapitel vorgestellt.
Aktuelle Aufbewahrung und Lagerung Die Sammlung koptischer Textilien wird zusammen mit allen anderen Objekten des Museums, die aus den unterschiedlichsten Materialien bestehen, im Depot aufbewahrt. Den Großteil der Depotfläche nehmen offene Regale ein, in denen Objekte in senkrecht stehenden Kuverts gelagert werden. Zudem gibt es Regale, die Kartonboxen zur Aufbewahrung von Objekten enthalten. Die koptischen Textilien sind überwiegend in verschließbaren Laden von zwei Planschränken untergebracht. Daneben stehen noch drei offene Metallregale zur Verfügung, in denen die Textilien in Boxen aus Graukarton5 aufbewahrt werden. Zwei leerstehende Metallschränke mit Regalen sollen künftig zur optimierten Lagerung der Textilien genutzt werden. Ein großer Teil der Objekte liegt lose in Bögen aus säurefreiem Papier, die in den Graukarton-Boxen übereinander gestapelt werden. Nachteil einer solchen Lagerung ist, dass die Objekte keinen Halt an den glatten Oberflächen des Papiers haben und verrutschen. Dadurch kommt es zu mechanischen Belastungen und einem Reiben der Textilien am Papier. In den Papierbögen konnten bereits zahlreiche kleinste Faserreste und Faserstaub durch Abrieb festgestellt werden. Des Weiteren gibt es zahlreiche Objekte, die zwischen zwei Glasscheiben gelagert sind. Teilweise wurden die Fragmente vor der Verglasung zusätzlich in einen Papierbogen eingeschlagen oder auf eine Papierunterlage gelegt. Die Gläser werden an allen vier Seiten entweder mit Klebestreifen und/oder Klemmschienen zusammengehalten und in Papierkuverts aus nicht säurefreiem Papier senkrecht stehend gelagert. Bei der Vergla-
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Graukartons werden meist aus recyceltem Material, in dem Abfallprodukte wie Tinten und Metallpartikel vorhanden sein können, hergestellt und können Schadstoffe absondern, die den Abbau der Fasern beschleunigen.
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sung wurde in den meisten Fällen nicht berücksichtigt, genügend Abstand zwischen Objekt und Glas zu belassen, weshalb die Textilien stark gepresst werden, unter ständigem Druck stehen und ihre textile Oberflächenstruktur verlieren. Zudem sind einige Verglasungen durch den direkten Kontakt mit den Textilfragmenten auf der Innenseite stark beschlagen und die Objekte zeichnen sich in ihren Konturen auf dem Glas ab (Abb. 96.). Es handelt sich dabei entweder um Natriumsilikate, Natriumsalze und anderen organische Salze,6 oder um Fettsäuren und Fettsäure-Seifen.7 Diese Substanzen stammen größtenteils von den Textilien selbst. Die Bildung und Ausbreitung des Belages erfolgt bei Klimaschwankungen durch Löse- und Kristallisationsprozesse. Eine wesentliche Rolle dabei spielen das Mikroklima innerhalb der Montierung und die unterschiedliche Hygroskopizität von Fasern und Glas.8 Ein Teil der Objekte befindet sich auf speziell gefertigten, mit Leinen oder Baumwolle überzogenen Tableaus unter einer Konstruktion aus (Plexi-)Glas, oder in gewöhnlichen Bilderrahmen mit Verglasung und Holzeinrahmung. Dabei ist zu beachten, dass Kunststoffe (z. B. Plexiglas) Schadgase und Biozide absorbieren. Sie können diese später wieder freisetzen und fungieren somit als Sekundärquelle. Von einer Zweitverwendung dieser Materialien ist daher abzuraten.9 Einige Textilien sind auf eigens angefertigte Tableaus gelegt oder genäht. Diese bestehen zum Teil aus Karton, zum Teil aus Keilrahmen, die mit leinwandbindigem Gewebe (meist Leinen) überzogen wurden. Manche Tableaus sind zusätzlich gepolstert und mit einem Passepartout versehen, sodass die Objekte in einer Vertiefung liegen. Vielfach sind die Textilien entlang der Kanten auf das Trägergewebe der Tableaus genäht. Viele dieser Beschädigungen entstanden bereits bevor die Textilien in die Papyrussammlung gelangten. Vor dem Ankauf wurde bereits ein sehr großer Teil der Textilien verklebt und mit unterschiedlichen Klebebändern und Klebestreifen versehen, um Fehlstellen, Risse und Löcher zu schließen und die Gewebe zu stabilisieren (Abb. 97). Andere Fragmente sind auf Kartons geklebt oder genäht. Dabei wurden zahlreiche Stiche gesetzt und häufiger in das Originalgewebe eingestochen als nötig wäre. Vereinzelt wurden auch Nylonfäden zur Befestigung verwendet, die sehr stark in die Fragmente einschneiden 6
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Weidner, A., Montierung textiler Objekte unter Glas. Zur Problematik der Entstehung von Belägen an der Innenseite von Schutzgläsern, in: Martius, S./Ruß, S. (Hg.), Historische Textilien. Beiträge zu ihrer Erhaltung und Erforschung. Bd. 6, Nürnberg 2002, S. 133–136. Wülfert, S., Ablagerungen auf den Schutzgläsern textiler Kunstwerke, in: Drittes Ehemaligentreffen der Abegg-Stiftung. Referate der Tagung, Riggisberg 1999, S. 7–9. Weidner, A., Montierung textiler Objekte unter Glas. Zur Problematik der Entstehung von Belägen an der Innenseite von Schutzgläsern, in: Martius, S./Ruß, S. (Hg.), Historische Textilien. Beiträge zu ihrer Erhaltung und Erforschung. Bd. 6, Nürnberg 2002, S. 133–136. Schieweck, A./Salthammer, T., Schadstoffe in Museen, Bibliotheken und Archiven. Raumluft, Baustoffe, Exponate, Braunschweig 2006, S. 132.
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und weitere Schäden verursachen. Auch die Klebstoffe unbekannter Zusammensetzung schädigen die Textilien und beeinträchtigen deren Flexibilität.
Umgebungsbedingungen Klima Die koptischen Textilien waren bis 1999 im Depot der Albertina in einem klimatisch stabilen Innenraum aufbewahrt. Nach umfangreichen Sanierungsarbeiten in der Neuen Burg erfolgte die Übersiedlung der Papyrussammlung in das Magazin der Nationalbibliothek.10 Temperatur und Luftfeuchtigkeit werden im neuen Depot seit Mai 2007 von drei Datenloggern gemessen. Die modernen Messgeräte ersetzen die zuvor verwendeten Thermohygrografen. Die eigentliche Messung und Überwachung des Klimas erfolgt jedoch durch das leittechnische System einer vollautomatischen Raumlufttechnischen-Anlage (RLT-Anlage). Gemäß den Bedürfnissen der Papyri, die den Hauptteil der Sammlung ausmachen, sind Werte von ~50 % (± 2,5 %) relativer Luftfeuchte und einer Temperatur von ~18° C (± 1–2° C) eingestellt. Die gemessenen Werte werden 24 Stunden am Tag und im Intervall von 1–15 Minuten aufgezeichnet und gespeichert. Störungen und deren Meldungen im System werden ebenfalls vermerkt. Zudem erfolgen immer wieder Kontrollmessungen und täglich optische Kontrollen der Anlage, um bei zu starken Schwankungen Maßnahmen zur Stabilisierung des Klimas zu ergreifen. Im Laufe der Zeit zeigte sich, dass die neuen Depoträumlichkeiten in der Neuen Burg neben den standortbedingten Vorteilen auch Probleme der Feuchtigkeit mit sich gebracht haben. Die RLT-Anlage bestand zunächst nur aus einem Belüftungssystem, das rein der Luftumwälzung diente. Die Luftzufuhr wird durch eine Umluftklappe geregelt, die je nach Bedingungen der Luft im Außenbereich entweder Außenluft, Umluft, oder eine Mischung aus beidem zuführt. Eine automatische Befeuchtung bei zu trockener Luft ist schon seit 1974 möglich. Da es im Depot aber oft zu warm und zu feucht war, (im Sommer gab es Temperaturwerte bis zu 25 °C) mussten weitere Maßnahmen getroffen werden. So wurde im Jahr 2003/04 eine Kältemaschine zur Kühlung an das Lüftungssystem angeschlossen. Zudem wurden drei Entfeuchter im Frühjahr 2009 im Depot aufgestellt und mit dem System verbunden, da vor allem bei Regen sehr kalte und feuchte Luft ins Depot gelangen kann. Mit diesen Zusatzmaßnahmen soll eine konstante Temperatur und relative Luftfeuchtigkeit gewährleistet werden. Nachteil dieser 10 Freundliche mündliche Mittteilung von Univ. Prof. Dr. Bernhard Palme, Leiter des Papyrusmuseums und der Papyrussammlung in der Österreichischen Nationalbibliothek am 08.10.2009.
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Lösung ist, dass die feuchte Luft zunächst ins Depot gelangt und erst dort auf die benötigten Werte der relativen Luftfeuchte abgesenkt werden muss.
Schadstoffbelastung der Luft Um das Eindringen von Schadstoffen ins Depot zu verhindern, ist die RLT- Anlage mit entsprechenden Filtersystemen ausgestattet. Derzeit werden hocheffiziente Luftfilter eingesetzt, um Partikel wie Staub und Ruß aus der Luft zu entfernen, bevor diese ins Depot gelangen. Bereits erfolgte Schadstoffmessungen im Tiefspeicher der ÖNB haben ergeben, dass eine weitere Filterung nicht notwendig ist, weshalb auf kostspielige Filter aus Aktivkohle verzichtet wird. Damit die Filterfunktion ununterbrochen gewährleistet wird, ist die Reinigung, Regenerierung und Kalibrierung der Geräte sowie das Wechseln der Filter gemäß den entsprechenden Wartungsintervallen wichtig. Schadstoffe können auch von Materialien im Innenraum emittiert werden. Als wesentliche Quelle sind dabei die Vielfalt an Bau- und Einrichtungsmaterialien zu nennen. Bei der Einrichtung der Depoträume im Papyrusmuseum wurde jedoch darauf geachtet, nur Materialien zu verwenden, die keine Schadstoffe abgegeben. Bei früheren Konservierungs- und Restaurierungsmaßnahmen eingebrachte Substanzen können ebenfalls Schadstoffe abgeben. Hier sind vor allem die zahlreichen Klebstoffe, Klebestreifen, doppelseitigen Klebebänder, Fotoecken und dergleichen zu erwähnen, die vielfach zur Fixierung der Fragmente verwendet wurden. Die Klebstoffe sind unbekannter Zusammensetzung und enthalten meist Weichmacher, die sowohl optische Schäden, als auch Veränderungen der chemischen Eigenschaften von Fasern verursachen können. Um weitere Schäden zu vermeiden, sollen die Klebstoffe möglichst rückstandsfrei entfernt werden. Weitere Schadstoffquellen sind die zur Aufbewahrung verwendeten Papiere, Pappen und Kartonagen, die in vielen Fällen nicht oder nicht mehr chlor- und säurefrei sind, was sich beispielsweise in Vergilbungen äußert. Lediglich die Vorsatzpapiere, die in direktem Kontakt mit den Objekten stehen, erfüllen diese Anforderungen. Für all jene Schadstoffe, die im Innenraum entstehen, ist eine Entfernung der Emissionsquelle die sicherste Variante. Aus diesem Grund sieht das neue Aufbewahrungs- und Lagerungskonzept nur Materialien vor, die aus konservatorischer Sicht unbedenklich sind. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich diese in schadstoffhältigem Milieu mit der Zeit anreichern können und ausgetauscht werden müssen, um weiterhin ausreichenden Schutz zu bieten.
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Licht Im Depot des Papyrusmuseums stellt Licht kaum eine Gefahr dar. Da es keine Fenster gibt, gelangt auch kein Tageslicht in die Aufbewahrungsräume. Die künstliche Beleuchtung mittels Leuchtstoffröhren erzeugt zwar UV- Strahlen, wird aber nur dann eingeschaltet, wenn jemand das Depot betritt. Zudem sind die Textilien zum Schutz vor Staub in Laden, Kuverts oder Kartonboxen aufbewahrt und somit auch vor direktem Lichteinfluss geschützt.
Aufbewahrungs- und Lagerungskonzept Basierend auf den Ergebnissen und unter Berücksichtigung der räumlichen Gegebenheiten im Depot wurde schließlich das Konzept zur optimierten Aufbewahrung und Lagerung erstellt, das im folgenden Kapitel vorgestellt wird. Ziel ist es eine konservatorisch adäquate Lagerung und ein einfaches und risikofreies Handling zu erreichen. Um eine gute Einsicht zu ermöglichen sollen gut sicht- und lesbaren Inventarnummern angebracht werden. Zudem soll die künftige Aufbewahrung gewährleisten, dass jedes Fragment begutachtet werden kann, ohne es direkt zu berühren oder zu bewegen. Schädigende Einflüsse vor der Lagerung im Depot sollen möglichst entfernt werden, um den langfristigen Erhalt zu gewährleisten. Vor allem die verwendeten Klebstoffe sollen möglichst rückstandsfrei von den Fasern abgenommen werden. Des Weiteren ist zu empfehlen, die zahlreichen Nähfäden, die in die Gewebe einschneiden, aufzutrennen und die Textilien ohne Befestigung aufzubewahren. Zur Erfüllung dieser Anforderungen sieht das neue Konzept die Fertigung eines eigenen Tableaus aus chlor- und säurefreiem Karton für jedes einzelne Textilfragment vor. Um Faserverluste durch Reibung zu verhindern, sollen die Tableaus mit einem Stoff bezogen werden. Dadurch liegen die Objekte nicht mehr auf glatten (Papier-)Oberflächen, sondern auf einer rutschhemmenden Unterlage. Von der bisherigen Aufbewahrung in losen Papierbögen ist somit abzuraten. Die Textilien sollten zudem nur auf die künftigen Aufbewahrungstableaus gelegt und nicht wie bisher festgenäht oder -geklebt werden. Lediglich lose Fragmentteile sollten mit Seidengrège überfangen und so in Position gehalten werden. Auf keinen Fall sollten die Objekte auf Unterkonstruktionen oder Stützgewebe geklebt werden. Dadurch können die Textilien bei Bedarf wieder entnommen werden, ohne die Tableaus zu beschädigen. Von einer Aufbewahrung der Objekte, die zwischen Glasscheiben bzw. in Bilderrahmen unter Glas gepresst werden, ist ebenfalls abzusehen. Es empfiehlt sich einerseits Abstandshalter oder Passepartouts anzubringen bzw. Tableaus mit Negativbetten anzuferti-
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gen, andererseits können die Textilien auch aus den Gläsern oder Rahmen entnommen und ebenfalls auf flach liegenden Tableaus aufbewahrt werden. Die Tableaus sollen so gefertigt werden, dass sie für die Lagerung, die Ausstellung und den Transport der Objekte verwendet werden können. Kleinere Fragmente können dabei flach liegend auf stabilen Tableaus gelagert werden. Größere Textilien müssen dagegen aus Platzgründen zusätzlich gefaltet und Umbüge entsprechend ausgepolstert werden. Zur Aufbewahrung der neu gefertigten Tableaus mit den Objekten sollen die Planund Wandschränke genutzt werden. Um das Verrutschen der Tableaus in den Schubladen und Fächern zu verhindern, sollten auch die Laden mit rutschhemmenden Unterlagen ausgelegt werden. Tableaus für kleinere Fragmente können zusätzlich in nach oben offene Schachteln gegeben werden. Die Schachteln bieten weiteren Schutz vor einem Verrutschen und dienen zugleich als Platzhalter. Reicht der vorhandene Platz in den Laden und Schränken für die Unterbringung der Textilien nicht aus, können die offenen Wandregale genutzt werden. Die Tableaus sollen dabei in geschlossenen Boxen aus säurefreiem Karton untergebracht werden, um die Objekte vor Staub und sonstigen Einflüssen zu schützen. Dabei sind große, flache Kartonschachteln zu empfehlen, sodass für jedes Objekt eine eigene Kartonbox, oder größere Boxen für mehrere Objekte genutzt werden können. Die Tableaus sollen wie in den Laden der Planschränke nebeneinander liegen. Ein Stapeln der Tableaus ist somit nicht nötig, wodurch die Gefahr von mechanischen Beschädigungen verringert wird. Die Kartonboxen selbst können problemlos übereinander gelagert werden, ohne die Textilien zu beeinträchtigen. Die Boxen sowie die Laden stellen jedoch einen kleinen, in sich abgeschlossenen Raum dar und bergen das Risiko, dass ein korrosives Innenraumklima entstehen kann.11 Aus diesem Grund ist es wichtig, Materialien zu verwenden, die nicht zu dicht sind. Zudem sollen diese inert sein und den natürlichen Abbau von Textilien weder fördern noch beschleunigen. Diese Kriterien werden von Schachteln aus archivgeeignetem Museumskarton erfüllt, der zudem als Puffer bei geringen Klimaschwankungen fungiert.
Konservierung und Restaurierung Aufgrund der starken Schädigung sind bei vielen Textilfragmenten der Sammlung zunächst konservatorisch-restauratorische Eingriffe nötig, um anschließend mit präventi11
Schieweck, A./Salthammer, T., Schadstoffe in Museen, Bibliotheken und Archiven. Raumluft, Baustoffe, Exponate, Braunschweig 2006, S. 125.
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ven Maßnahmen den weiteren Erhalt zu gewährleisten. Diese wurden im Rahmen einer Diplomarbeit12 exemplarisch durchgeführt. Anhand der Bestandsaufnahme wurden 35 koptische Textilien zur weiteren Bearbeitung ausgewählt, deren Schadensbilder charakteristisch für die gesamte Sammlung sind. Den Schwerpunkt der konservatorischen Maßnahmen bildete dabei die Untersuchung und Abnahme von Klebebändern und Klebestreifen, die auf zahlreiche Textilien geklebt wurden, sowie die Reduzierung der Klebstoffrückstände. Zunächst waren Untersuchungen zur Zusammensetzung und zu den Eigenschaften der Trägermaterialien und Klebstoffbeschichtungen notwendig. Diese wurden mittels Fourier-Transform-Infrarotspektroskopie (FTIR) durchgeführt. Nachdem die Zusammensetzung der Klebstoffe bekannt war, wurde in der Literatur nach geeigneten Methoden zur Abnahme der Klebebänder recherchiert. Danach konnten die Objekte bearbeitet werden. Die Interventionen wurden dabei auf ein Minimum reduziert, um die Textilien nicht stärker als notwendig zu beanspruchen. Die konservatorischen Maßnahmen umfassten die Entfernung von Schmutz und Verunreinigungen, die den weiteren Abbau der Fasern beschleunigen. Dazu zählte auch die Abnahme von Klebebändern und die Entfernung bzw. Reduzierung von Klebstoffrückständen. Nach der Reinigung und Abnahme der Klebebänder war bei vielen Fragmenten eine nähtechnische Konservierung erforderlich, um lose Teile zu befestigen und degradierte, fragmentarische Gewebe zu stabilisieren. Die Fragmente wurden mit passend eingefärbten Stützgeweben aus Leinen unterlegt und mit Spannstichen gesichert. Abschließend erhielt jedes konservierte Textilfragment, gemäß dem erstellten Aufbewahrungskonzept, ein eigenes Tableau zur Lagerung und Präsentation. Diese Tableaus wurden aus säurefreien Kartons gefertigt und mit einem unbehandelten, leinwandbindigen Baumwollgewebe als rutschhemmende Unterlage bezogen. Auf diese Weise wird künftig eine sichere und risikofreie Handhabung der Textilien ermöglicht. Die Maßnahmen, die exemplarisch an den ausgewählten Fragmenten durchgeführt wurden, sollen auf die restlichen Textilien der Sammlung übertragen und angepasst werden, um ein einheitliches Erscheinungsbild der Sammlung zu erzielen.
12 Bergt, E., Abnahme von Klebebändern auf „koptischen“ Textilien aus der Papyrussammlung der Österreichischen Nationalbibliothek Wien, Diplomarbeit, Universität für angewandte Kunst Wien, 2012. Die Diplomarbeit wurde unter der Betreuung von o. Univ. Prof. Mag. Dr. Gabriela Krist am Institut für Konservierung und Restaurierung durchgeführt.
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Weitere Empfehlungen zur Aufbewahrung und Lagerung Idealerweise sollten die koptischen Textilien bei möglichst konstanten Temperaturen zwischen 16–18°C aufbewahrt werden. Schwankungen sind zu vermeiden, da sie extreme innere Belastungen und in weiterer Folge Schäden verursachen. Neben der Temperatur ist auch auf die relative Luftfeuchtigkeit zu achten, die für organische Materialien möglichst konstant zwischen 45–55% liegen sollte. Werte über 65% relativer Luftfeuchte fördern das Wachstum von Mikroorganismen und Schimmel, Werte unterhalb von 35% führen zum Verspröden und Austrocknen der Fasern.13 Luftschadstoffe beschleunigen ebenfalls den natürlichen Abbauprozess organischer Materialien. Die RLT-Anlage, die das Klima im Depot reguliert, muss daher regelmäßig kontrolliert und gewartet werden, um dies zu gewährleisten. Eine weitere Gefahrenquelle für die Textilien stellen Schädlinge dar. Um einen möglichen Befall von Insekten oder Schimmel frühzeitig zu erkennen ist ein Integrated Pest Management und regelmäßiges Monitoring zu empfehlen. Wichtig ist zudem, dass die Depoträume regelmäßig gereinigt werden, da Staub den Abbau der Fasern beschleunigt und eine der Hauptnahrungsquellen von Mikroorganismen darstellt.
Literatur Boersma, F./Brokerhof, A./Van den Berg, S./Tegelaers, J., Unravelling Textiles. A Handbook for the Preservation of Textile Collections, London 2007. Bergt, E., Abnahme von Klebebändern auf „koptischen“ Textilien aus der Papyrussammlung der Österreichischen Nationalbibliothek Wien, Diplomarbeit, Universität für angewandte Kunst Wien, 2012. Bergt, E., Die Sammlung spätantiker/frühislamischer Textilien im Papyrusmusem der Österreichischen Nationalbibliothek. Aufbewahrungs- und Lagerungskonzept, unpublizierte Vordiplomsarbeit, Institut für Konservierung und Restaurierung, Universität für angewandte Kunst Wien, 2010. Schieweck, A./Salthammer, T., Schadstoffe in Museen, Bibliotheken und Archiven. Raumluft, Baustoffe, Exponate, Braunschweig 2006. Völker, A., Spätantike/frühislamische Textilien, in: Noever, P. (Hg.), Verletzliche Beute. Spätantike und frühislamische Textilien aus Ägypten, Museum für angewandte Kunst, Wien 2005, S. 8–19. Weidner, A., Montierung textiler Objekte unter Glas. Zur Problematik der Entstehung von Belä13
Boersma, F./Brokerhof, A./Van den Berg, S./Tegelaers, J., Unravelling Textiles. A Handbook for the Preservation of Textile Collections, London 2007, S. 32.
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gen an der Innenseite von Schutzgläsern, in: Martius, S./Ruß, S. (Hg.), Historische Textilien. Beiträge zu ihrer Erhaltung und Erforschung. Bd. 6, Nürnberg 2002, S. 133–136. Wülfert, S., Ablagerungen auf den Schutzgläsern textiler Kunstwerke, in: Drittes Ehemaligentreffen der Abegg-Stiftung. Referate der Tagung, Riggisberg 1999, S. 7–9.
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Unter Dach und Fach – Überlegungen zur Aufbewahrung von Schirmsammlungen
Abstract The following article discusses various forms of storage for umbrellas and parasols. It is based on the thesis “The Collection of Umbrellas and Parasols of the Vorarlberger Landesmuseum“ of the year 2011. Umbrellas are built from a wide range of materials, varying from materials of animal (e.g. ivory, whalebone, silk) and vegetable origin (e.g. wood, cotton) to metals (iron, brass) and synthetics. This diversity makes it difficult to choose suitable climatic conditions. Another problem is the special construction of an umbrella with its rigid pole and flexible hood. Depending on style, size and condition of an umbrella, different forms of storage are recommended for its preservation. It is possible to store umbrellas in a lying, hanging or standing position. Therefore different kinds of supporting constructions are necessary. This article draws attention to the various problems of storing umbrellas and it helps to choose the appropriate form of storage for several items.
Zusammenfassung Der vorliegende Beitrag beschäftigt sich mit der Lagerung von Schirmen und stützt sich auf die Erkenntnisse, die im Zuge der Diplomarbeit der Verfasserin zur Aufarbeitung der Schirmsammlung des Vorarlberger Landesmuseums (seit 2013 „vorarlberg museum“) aus dem Jahr 2011 gewonnen wurden. Das Spektrum der untersuchten Materialien reicht von tierischen (Elfenbein, Fischbein, Holz, Seide, etc.) und pflanzlichen Stoffen (Holz, Baumwolle, etc.) bis hin zu verschiedenen Metallen (Eisen, Messing, u.a.) und Kunststoffen. Diese Materialvielfalt erschwert die Wahl und Empfehlung von geeigneten Klimabedingungen. Ein weiteres Problem stellt der besondere Aufbau eines Schirms aus einem starren Stock und einem beweglichen Schirmdach dar. Je nach Art, Größe und Zustand eines Schirms sind aus konservatorischer Sicht unterschiedliche Lagerungsformen zu empfehlen. Zu unterscheiden sind liegende, hängende oder stehende Aufbewahrungen. Je nach Lagerungsart werden verschiedene Stützbehelfe benötigt. Hier soll nun
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auf die spezielle Problematik bei der Lagerung von Schirmen aufmerksam gemacht und zur Auswahl einer geeigneten Aufbewahrungsform für Schirmsammlungen beigetragen werden.
Einleitung Schirme zählen bei erster Betrachtung nicht zu den typischen Sammlungsobjekten, die in Museen erwartet werden, obwohl sie nicht nur in Kostüm- und Modesammlungen, sondern auch in Volkskundemuseen und regionalen Sammlungen häufig vertreten sind. Im Bestand des „vorarlberg museums“ (zuvor Vorarlberger Landesmuseum) befindet sich eine Sammlung von 27 Schirmen, die im Zuge einer Diplomarbeit am Institut für Konservierung und Restaurierung der Universität für angewandte Kunst aufgearbeitet wurde.1 Der folgende Beitrag beschäftigt sich mit der Lagerung von Schirmen und stützt sich einerseits auf die Erfahrungen, die mit der Aufarbeitung der Vorarlberger Sammlung gewonnen werden konnten, andererseits auf eine umfangreiche Literaturrecherche. Zahlreiche Gespräche mit FachkollegInnen aus verschiedenen Museen gaben Einblicke in die Praxis.
Materialien Um die richtigen Lagerungsbedingungen zu definieren, ist es zunächst notwendig, sich eingehend mit den Materialien zu beschäftigen, aus denen ein Schirm besteht. Die verwendeten Materialien hängen stark von der Entstehungszeit ab, denn nicht nur die vorherrschende Mode sondern auch die erhältlichen Rohstoffen und die entsprechenden Bearbeitungsmöglichkeiten beeinflussen das Erscheinungsbild eines Schirms erheblich. Für den Stock, der den zentrale Bestandteil eines Schirms bildet, eignen sich vor allem Holzstäbe, Rohr, Bambus oder Metallrohre sowie bei zierlicheren Schirmen Bein und Elfenbein. Der Stock mündet üblicherweise in einem Griff, der aus Holz, Rohr oder Kunststoff sowie bei kostbareren Schirmen aus Elfenbein, Bein, Horn und Metallen bestehen kann. Die Griffe sind häufig kunstvoll geschnitzt oder bemalt und mit den unterschiedlichsten Materialien verziert, wobei der Kreativität des Schirmmachers keine Grenzen gesetzt sind. Gerade bei Sonnenschirmen sind weitere Dekorelemente wie Zierschleifen, 1
Tscherner, L., Von Sonnendächern und Zweiflern. Die Schirmsammlung des Vorarlberger Landesmuseums, Diplomarbeit, Universität für angewandte Kunst Wien, 2011. Die Diplomarbeit wurde unter der Betreuung von o. Univ. Prof. Mag. Dr. Gabriela Krist am Institut für Konservierung und Restaurierung durchgeführt.
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Kordeln, Quasten und Ähnliches keine Seltenheit. Am anderen Ende des Stocks wird das Gestell befestigt, das sich aus den Schienen und Gabeln zusammensetzt. Bei frühen Modellen finden sich vorwiegend Schienen aus Fischbein oder Rohr und Gabeln aus Messing. Diese werden ab etwa 1850 durch leichtere Schienen aus Metallen, in erster Linie Eisen und seltener Messing ersetzt. Für den darüber gespannten Bezug kommen je nach Verwendungszweck unterschiedliche Gewebe zum Einsatz. Häufig wird Baumwolle, Leinen oder Seide verwendet sowie bei neueren Schirmen Kunstfasern aller Art. Die Verwendung von Papier als Schirmbezug ist insbesondere im asiatischen Raum verbreitet.
Umgebungsbedingungen Aus der Vielzahl unterschiedlicher Materialien ergibt sich zwangsläufig eine problematische Ausgangssituation für eine Klimaempfehlung. Vor allem bei der Wahl der empfohlenen relativen Luftfeuchtigkeit (rF) muss ein Kompromiss eingegangen werden. Der Richtwert für die relative Luftfeuchtigkeit kann sich an den Anforderungen des quantitativ überwiegenden Materials oder der empfindlichsten Bestandteile orientieren. Um bei Metall die Gefahr von Korrosion zu minimieren, werden Werte bis maximal 45 % rF angegeben; Bein, Elfenbein, Fischbein und Horn benötigen Werte zwischen 45 und 55 % rF, für Textilien werden 52 ± 3 % rF empfohlen2, und die optimale relative Luftfeuchtigkeit für (gefasstes) Holz liegt etwa zwischen 45 und 60 %.3 Im Fall der Vorarlberger Schirmsammlung wird ein Wert um 50 % relative Luftfeuchtigkeit empfohlen. Eine Temperatur bis etwa 20° Celsius ist für sämtliche Materialien angemessen.4 In jedem Fall sind massive Klimaschwankungen in den Depoträumen zu vermeiden. Ist eine Änderung des Klimas zum Beispiel für die Dauer einer Ausstellung nicht zu vermeiden, sollte das Objekt dem Wechsel nicht abrupt ausgesetzt werden. Die Klimaänderung sollte in solchen Fällen über einen längeren Zeitraum erfolgen. Plötzliche Änderungen können vor allem bei empfindlichen Materialien wie beispielsweise Elfenbein zu Schäden führen. Nicht nur das Klima sollte regelmäßigen Kontrollen unterliegen, auch ist es notwendig, die Schirme auf Schädlinge zu überprüfen. Gerade Materialien tierischen Ursprungs, wie beispielsweise Seide oder Fischbein aber auch Holz, sind durch Insekten 2 3 4
Hofmann-de Keijzer, R., Organische Werkstoffe. Unpubliziertes Vorlesungsskriptum, Teil 6, Wien 2006, S. 9. Stolow, N., Conservation and Exhibition, Packing, Transport, Storage and Environmental Considerations, London 1987, S. 16. Pöhlmann, W., Handbuch zur Ausstellungspraxis von A–Z. Berliner Schriften zur Museumsforschung, Institut für Museumsforschung Berlin u. Staatliche Museen Preußischer Kulturbesitz, Bd. 5, Berlin 2007, S. 183.
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gefährdet. Die meist in Falten liegenden Stofflagen der Schirmbezüge bieten einen hervorragenden Nistplatz, in dem sich Schadinsekten bei mangelhafter Kontrolle unbemerkt vermehren können.
Empfehlungen zur Aufbewahrung Neben den klimatischen Bedingungen und der Schädlingskontrolle ist die richtige Form der Aufbewahrung ausschlaggebend für den Erhalt einer Schirmsammlung. Die Schirme des „vorarlberg museums“ wurden bis zur Aufarbeitung im Jahr 2010/2011 zusammengerollt in Schubladen liegend aufbewahrt. Grundsätzlich muss jedoch von einer Lagerung der Schirme mit straff zusammengerolltem Bezug ausdrücklich abgeraten werden. Denn durch die enge Wicklung entsteht bei jedem Segment ein Bug, an dem die Fasern je nach Material früher oder später brechen und eine Fehlstelle entsteht. Dieses Schadensbild ist neben den Gebrauchsspuren eines der häufigsten Schadensphänomene bei Schirmen und kann einfach verhindert werden. Das Auspolstern der Bugfalten verteilt die Belastung besser, wodurch das Gewebe geschont wird. 5 Im Zuge der Diplomarbeit wurden mehrere Varianten getestet, um eine optimale Methode für die konservatorische Lagerung von Schirmen zu eruieren. Die wohl einfachste, kostengünstigste und schnellste Variante ist das Auspolstern mit Bäuschen aus säurefreiem Seidenpapier.6 Das Papier wird trichterförmig eingerollt und die runde Oberkante so nach innen gefaltet, dass der Trichter sich nicht wieder aufrollen kann. Da das Seidenpapier sehr dünn ist, kann es bei Bedarf in die passende Form gebogen werden. Durch das niedrige Gewicht stellt es kaum eine Belastung für das Gewebe dar. Alternativ können Keile aus Baumwollgewebe genäht und mit in Form geschnittener Polyesterwatte7 befüllt werden. Dies ist mit einem größeren Arbeits- und Materialaufwand verbunden. Solche Keile sind für Schirme mit einem fragilen Überzug auf Grund des höheren Gewichts eher ungeeignet. Auch ist eine Änderung der Form mit größerem Aufwand verbunden. Das Füllen der Baumwollhüllen mit zugeschnittenen Ethafoamkeilen8 oder O-Profilen9 erwies sich auf Grund des Gewichts und der zu geringen Flexibilität der Materialien als ungeeignet. 5 6 7 8 9
Hirschberger, A., Hinweise zur Aufbewahrung textiler Objekte, in: Museum aktuell, Die Zeitschrift für Museumspraxis und Museologie 74/2001, S. 3076–3081, S. 3080. Säurefreies Seidenpapier, Fa. Japico, Rasmussengasse 2, A–1210 Wien bzw. Fa. Klug-Conservation, Badeweg 9, D–87509 Immenstadt. Polyesterwatte, Fa. Hromatka HandelsGesmbH, Fellmayergasse 4, A–1210 Wien. Ethafoam®, PE-Schaumstoffplatten, Fa. Eurofoam GmbH, Greiner Straße 70, A–4550 Kremsmünster. O-Profile aus PE, Fa. Moderne Verpackung Carl Bernhard Hoffmann GmbH, Jeging 24, A–5225 Jeging.
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Versuche mit Keilen aus eingerolltem, dünnen Karton,10 der mit Schlauchverband11 überzogen und in Form gehalten wurde, brachten kein zufriedenstellendes Ergebnis. Der Karton erwies sich als zu starr und die Spitze des Keils stellte trotz Überzugs eine Gefahr für geschwächte Partien im Gewebe dar. Bei Schirmen, die mit einem Innenfutter ausgestattet sind, ist ein Auspolstern mit Keilen nicht möglich. Versuchsweise können kleinere Bäusche angefertigt werden, um zumindest den oberen Teil in Form zu halten.
Liegen, hängen oder stehen: Stützbehelfe Ob die Schirme liegend, hängend oder stehend aufbewahrt werden, hängt einerseits von der Art der Schirme ab, andererseits sind häufig die Gegebenheiten in den Depoträumen ausschlaggebend. Eine liegende Aufbewahrung kann gleichermaßen in einem Regal, in Schubladen oder in Kartons erfolgen. Der Vorteil von Schubladen beziehungsweise Kartons sind die Seitenwände, die ein Herausfallen der Schirme oder ein Verrutschen der Aufbewahrungsbehelfe verhindern. Zudem ist es bei einem offenen Regal notwendig, jeden Schirm in Seidenpapier oder ein Baumwollgewebe einzuschlagen, um ihn vor Staub zu schützen. Damit der Bezug durch Stock und Gestell nicht unnötig gequetscht wird, ist es notwendig, den Schirm an beiden Enden auf Stützen zu fixieren, sodass der Schirmstock nicht auf dem Boden aufliegt, sondern in der Luft gehalten wird.12 Dabei muss das Gewicht gleichmäßig auf den Stock verteilt werden. In den meisten Fällen reicht eine Stütze bei der Schirmspitze und beim Griff. Bei Schirmen mit einem besonders langen Stock, wie beispielsweise bei Sonnenschirmen, ist eine zusätzliche Stütze in der Mitte des Schirmstocks, jedoch nicht im Bereich des Bezugs, erforderlich. Es gibt verschiedene Möglichkeiten passende Stützbehelfe herzustellen. Die einfachste und schnellste Variante ist ein Aufpolstern des Stocks mit Seidenpapier. Da Seidenpapier vergleichsweise günstig und leicht formbar ist, wird es gerne verwendet, um die Aufbewahrungssituation rasch zu verbessern. Da es im Laufe der Zeit durch das Gewicht der Objekte in sich „zusammenfällt“, wird diese Methode zwar beispielsweise für die Dauer eines Transports, jedoch nicht für eine langfristige Lagerung empfohlen. Vor allem für die Bestückung eines Regals ist das Aufpolstern mit Seidenpapier ungeeignet, da die Bäusche beim Manipulieren der Objekte leicht verrutschen und aus dem Regal fallen. 10 Säurefreier Karton in verschiedenen Stärken, Fa. Japico, Rasmussengasse 2, A–1210 Wien bzw. Fa. KlugConservation, Badeweg 9, D–87509 Immenstadt. 11 Schlauchverband aus ungebleichter Baumwolle, Medizinbedarf, Sanitätshaus, Apotheke. 12 Robinson, J./Pardoe, T., An Illustrated Guide to the Care of Costume and Textile Collections. London 2000/Landi, S., The Textile Conservators Manual. Oxford 1998, S. 171.
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Eine formstabilere Lösung erfolgt mit Kartonrohren, die mit einem Schlauchverband aus Baumwolle mehrfach überzogen werden (Abb. 98). Sind die Kartonrohre nicht säurefrei, empfiehlt es sich, diese vor dem Überziehen mit Aluminium-13 oder PET-Folie14 einzuwickeln, um so eine Dampfsperre einzurichten.15 Die Rillen zwischen den Rohren bieten guten Halt für schlanke Griffe und Spitzen. Wird ein solcher Behelf in einer Schachtel verwendet, sollte er am Boden des Kartons fixiert werden, damit sich die Rohre – und mit ihnen die Schirme – während der Handhabung der Schachteln im Inneren nicht bewegen können. Auch bei einer Bestückung von Schubladen sollte darauf geachtet werden, dass die Stützen zum Beispiel an einer passend zugeschnittenen Bodenplatte aus Karton oder Ethafoam fixiert sind, da so ein Verrutschen beim Öffnen und Schließen der Lade verhindert wird. Zudem ist es sinnvoll, die Schirme mit Hilfe eines Baumwollbändchens am Unterbau festzubinden. Diese Unterbauten eignen sich besonders für kleinere Schirmsammlungen mit unterschiedlich großen Schirmen. Da für jeden Schirm die Stützen einzeln angefertigt werden müssen, können sie auch individuell in der Schachtel beziehungsweise Schublade befestigt werden, wodurch der vorhandene Platz optimal genützt werden kann. Für Sammlungen, die viele Schirme in einer ähnlichen Größe besitzen, ist es effizienter, Stützbehelfe aus Schaumstoffen wie Ethafoam oder Plastazote16 anzufertigen (Abb. 99). Zwei Ethafoamblöcke werden an die Breite der Schublade oder Schachtel angepasst zugeschnitten und auf Höhe der Spitze und des Griffs angebracht. 17 Die obere Seite wird mit Rillen oder Zacken versehen, in denen die Spitzen beziehungsweise Griffe der Schirme aufliegen. Für Schirme mit dekorierten oder empfindlichen Spitzen sollten die Blöcke mit Baumwolljersey überzogen werden, da so das Gewebe vor der rauen Oberfläche geschützt wird. Auch bei dieser Variante ist es sinnvoll, ein Verrutschen der Schirme zu verhindern. Dies lässt sich entweder durch Baumwollbänder bewerkstelligen oder durch einen zweiten gegengleich eingeschnittenen Block aus Ethafoam. Dieser liegt auf dem unten positionierten Block, wodurch der Schirm dazwischen fixiert wird. Speziell bei der Bestückung von Stülpkartons ist dieses Vorgehen praktisch, da so die Blöcke zwischen Boden und Deckel eingeklemmt sind und nicht verrutschen können.
13 Alufolie, Supermarkt, Drogeriemarkt. 14 PET-Folie, (Polyethylenterephtalat), Hostaphan®, Melinex®, Fa. Wettlinger Kunststoffe HandelsGesmbH, Kinskygasse 40–44, A-1230 Wien bzw. Fa. Otto Kummer, Schottenfeldgasse 3, A-1070 Wien. 15 Novotny, M., Das Kostümdepot. Optimierte Lagerung von Kostümen und Accessoires, Diplomarbeit, Universität für angewandte Kunst Wien, 2010, S. 79. 16 Plastazote®, PE-Schaumstoffplatten, Fa. Eurofoam GmbH, Greiner Straße 70, A-4550 Kremsmünster. 17 Karner, R., Das neue Depot der Modesammlung des Wien Museums. In: Zeitschrift für Waffen- und Kleidungsgeschichte 1/2005, S. 13–24, S. 19f.
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Statt Ethafoam kann nach dem gleichen Prinzip auch ein breiter Wabenkarton als Stütze eingesetzt werden. Bei dieser Variante wird jedoch eine Polsterung der Auflagefläche beispielsweise mit einem O-Profil aus Schaumstoff empfohlen. Für Schaudepots bietet die Aufbewahrung eines Schirms auf Stützen aus Ethafoam in einer geschlossenen Plexiglaskiste18 eine Möglichkeit, das Objekt vor Staub zu schützen und es gleichzeitig sichtbar aufzubewahren.19 Auch eine Ausstellung ist so rasch und mit wenig Aufwand möglich. Die individuelle Anfertigung solcher Kisten ist kostenintensiv, darüber hinaus ist diese Aufbewahrungsmethode nicht platzsparend. Ein Nachteil der liegenden Aufbewahrung ist speziell bei schweren Wetterschirmen die Belastung des Stocks. Das Gewicht wird auf beide Enden verteilt, das Anbringen einer zusätzlichen Stütze im mittleren Bereich ist wegen des Bezugs jedoch meist nicht möglich. Langfristig gesehen kann dies zum Durchhängen des Stocks führen. Dieses Problem kann durch eine aufrechte Aufbewahrung vermieden werden. Durch das Aufhängen der Schirme in einem Kasten mit Hilfe eines Baumwollbändchens kann dieses Problem umgangen werden.20 Hierfür ist es notwendig, eine Stange zu montieren (Abb. 100, rechts) oder Haken an der Kastendecke zu befestigen (Abb. 100, links), wobei der Abstand zwischen Boden und Hängevorrichtung größer sein muss, als die Länge des längsten Schirms. Je nach Ausführung kann der Schirm am Griff oder an der Spitze angebunden werden. Werden die Schirme mit der Spitze nach unten aufgehängt, ist es zusätzlich möglich, die Büge des Bezugs zu polstern. Zum Abstützen auf dem Untergrund und Schutz des Schirms sollte ein Ethafoamblock mit einer passenden Ausnehmung für die Spitze beziehungsweise den Griff unterlegt und eventuell mit archivtauglichem, doppelseitigem Klebeband21 am Regalboden fixiert werden.22 Diese Form der Aufbewahrung eignet sich für feststehende Kästen und Regale, weniger jedoch für Kompaktanlagen, da ein Verschieben der Regale die Schirme in Schwingung versetzen würde. Eine weitere Möglichkeit, die Schirme in einer aufrechten Position zu fixieren, ist die Verwendung einer Lochwand mit dazugehörigen Metallhaken (Abb. 101). Diese können je nach Bedarf einfach und schnell in den Löchern fixiert werden, was das Hinzufügen von Neuzugängen oder eine Umstrukturierung wesentlich vereinfacht. Je nachdem, 18 Plexiglas®, Polymethylmetacrylatplatten, Baumarkt. 19 Almeida Xavier, P. de/Lobo Crispi, A. P., Research and Conservation, a Case Study in Brazilian Textile Collections: Walking Sticks, Parasols and Umbrellas at Museu Paulista-USP, in: Toledo de Paula, T. C. (Hg.), Tecidos e Sua Conservacao no Brasil, São Paulo 2006, S. 361–363, S. 363. 20 Hirschberger, A., Hinweise zur Aufbewahrung textiler Objekte, in: Museum aktuell, Die Zeitschrift für Museumspraxis und Museologie 74/2001, S. 3076–3081, S. 3080. 21 Archivtaugliches Klebeband, Neschen filmoplast®, Fa. Neschen Austria GesmbH, Panikengasse 3–5, A-1160 Wien. 22 Novotny, M., Das Kostümdepot. Optimierte Lagerung von Kostümen und Accessoires, Diplomarbeit, Universität für angewandte Kunst Wien, 2010, S. 170.
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ob zusätzlich Regalböden vorhanden sind, muss mit zwei bis sechs Haken pro Schirm gerechnet werden. Bei vorhandenen Regalböden sollten diese mit Ethafoamplatten ausgelegt werden, die mit Einbuchtungen für die Spitzen beziehungsweise Griffe der Schirme versehen werden. Um Material zu sparen, kann auch für jeden Schirm ein eigener Block angefertigt werden. Ist kein Regalboden vorhanden, wird dieser durch ein Ethafoamblock ersetzt, der mit zwei Haken durchbohrt und an der gewünschten Stelle befestigt wird (Abb. 101, oben). Wenn der Zustand des Schirms unbedenklich ist, ist es bei vorhandenen Regalböden ausreichend, den oberen Teil mit einem Baumwollband an einem weiteren Haken festzubinden (Abb. 101, rechts). Dabei ist zu beachten, dass der Metallhaken zum Beispiel mit einem Baumwollgewebe oder Evazote überzogen werden sollte, um direkten Kontakt mit dem Objekt zu vermeiden. Andernfalls kann auch ein passendes großes Loch in einen Ethafoamblock geschnitten werden, in das der Griff oder die Spitze eingefädelt und mit einem Band gesichert wird (Abb. 101, links, oben). Sollte das Gewicht zusätzlich gleichmäßiger verteilt werden, kann das Loch im Ethafoamblock zusätzlich mit Evazote ausgekleidet werden. Festes Zusammenbinden des Blocks verhindert ein Verrutschen des Schirms.23 Vor allem bei der Bestückung von Kompaktanlagen wird eine zusätzliche Stabilisierung mit einer weiteren Fixierung am Stock knapp über beziehungsweise unter dem Bezug empfohlen. Ob ein Schirm auf der Spitze oder dem Griff aufgestellt wird, ist von seiner Ausführung abhängig. Schirme mit aufwändigen, fragilen Spitzen, wie es häufig bei Sonnenschirmen der Fall ist, sollten auf den Griff gestellt werden. Neben der Halterung an der Spitze, sollte eine weitere am Stock angebracht werden, um die Spitze zusätzlich zu entlasten. Auch die sogenannten Knicker sollten mit dem Griff nach unten gelagert werden. Andernfalls ist es möglich, dass die Hülse, die das Gelenk fixiert, abrutscht und der Schirmstock einknickt. Bei großformatigen Wetterschirmen ist es ebenso empfehlenswert, diese auf dem Griff stehend zu lagern. Da Wetterschirme normalerweise über keine Feder24 verfügen, die das Gestell in geschlossenem Zustand fixiert, würden sie sich andernfalls von selbst öffnen.25 Ist es unbedingt erwünscht, Wetterschirme am Griff aufzuhängen, ist es unumgänglich, die Schienen an den Spitzen mit einem Baumwollband am Stock festzubinden, um so das Aufklappen zu verhindern. Sowohl bei der hängenden als auch bei der stehenden Lagerung wird vielfach emp-
23 Wilson, C., Improvements to Storage: Part 2, The History Collection Textiles, Royal British Columbia Museum, in: Textile Conservation Newsletter 25/1983, S. 2–7, S. 4. 24 Tscherner, L., Von Sonnendächern und Zweiflern. Die Schirmsammlung des Vorarlberger Landesmuseums, Diplomarbeit, Universität für angewandte Kunst Wien, 2011, S. 21f. 25 Ebenda, S. 91.
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fohlen, das Gestell in halbgeöffneten Zustand zu fixieren.26 Um dies zu bewerkstelligen, kann ein Ring aus Plastazote am Stock auf der gewünschten Höhe mit Hilfe eines Baumwollbändchens befestigt werden.27 Zusätzlich können die Schienenspitzen mit einem Band zusammengebunden werden. Dies verhindert bei Schirmen, die auf der Spitze stehen, dass sich das Dach vollständig öffnet. Vor allem für Schirme, deren Bezug auf Grund des Innenfutters nicht ausgepolstert werden kann, wird diese Maßnahme empfohlen. Ein Nachteil dieser Methode ist der höhere Platzbedarf.
Conclusio Zusammenfassend ist festzustellen, dass keine generell gültige Empfehlung zur optimalen Aufbewahrung für Schirme ausgesprochen werden kann. Um die am besten geeignete Lösung zu finden, muss zuerst der Bestand der Schirme beurteilt und der vorhandene Platz definiert werden. Im Fall der Vorarlberger Sammlung wird eine Mischform empfohlen. Die Knicker und Wetterschirme sollen auf dem Griff stehend aufbewahrt werden. Für die restlichen Schirme können die bereits bestehenden Schubladen – durch Stützbehelfe ergänzt – weiterverwendet werden. Auf diese Art kann der vorhandene Platz optimal genutzt werden.
Literatur Hirschberger, A., Hinweise zur Aufbewahrung textiler Objekte. In: Museum aktuell, Die Zeitschrift für Museumspraxis und Museologie 74/2001, S. 3076–3081. Hofmann-de Keijzer, R., Organische Werkstoffe. Unpubliziertes Vorlesungsskriptum, Teil 6, Wien 2006. Karner, R., Das neue Depot der Modesammlung des Wien Museums, in: Zeitschrift für Waffenund Kleidungsgeschichte 1/2005, S. 13–24. Landi, S., The Textile Conservators Manual, Oxford 1998. Novotny, M., Das Kostümdepot. Optimierte Lagerung von Kostümen und Accessoires, Diplomarbeit, Universität für angewandte Kunst Wien, 2010. Pöhlmann, W., Handbuch zur Ausstellungspraxis von A – Z. Berliner Schriften zur Museumsforschung, Institut für Museumsforschung Berlin u. Staatliche Museen Preußischer Kulturbesitz, Bd. 5, Berlin 2007. 26 Hirschberger, A., Hinweise zur Aufbewahrung textiler Objekte, in: Museum aktuell, Die Zeitschrift für Museumspraxis und Museologie 74/2001, S. 3076–3081, S. 3080. 27 Novotny, M., Das Kostümdepot. Optimierte Lagerung von Kostümen und Accessoires, Diplomarbeit, Universität für angewandte Kunst Wien, 2010, S. 170.
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Robinson, J./Pardoe, T., An Illustrated Guide to the Care of Costume and Textile Collections, London 2000. Stolow, N., Conservation and Exhibition, Packing, Transport, Storage and Environmental Considerations, London 1987. Tscherner, L., Von Sonnendächern und Zweiflern. Die Schirmsammlung des Vorarlberger Landesmuseums, Diplomarbeit, Universität für angewandte Kunst Wien, 2011. Wilson, C., Improvements to Storage: Part 2, The History Collection Textiles, Royal British Columbia Museum, in: Textile Conservation Newsletter 25/1983, S. 2–7.
Claudia Bachlechner
Aufbewahrung und Präsentation von Fastentüchern in Pfarren und Museen: Probleme in Bezug auf die Sammlungspflege und Beispiele aus der Praxis
Abstract The Austrian province of Tyrol has a large number of Lenten veils. Contrary to those in the province of Carinthia, likewise numerously preserved, these have hardly been investigated or documented. The preservation state of 121 and the storage conditions of 84 Lenten veils was assessed while taking inventory in Tyrol. Since 55 objects exhibit a poor condition, urgent action is needed. Based on questioning experienced conservators an investigation was carried out, to which extent well-proven methods for storage and presentation of Lenten veils in museums and churches could be transferred to churches in Tyrol. In particular the rolled storage of Lenten veils with their paint layer turned up on 40 cm wide tubes, which is approved in most museums, could help avoid further damage. Examining presentation concepts in various museums indicated that hanging Lenten veils on a diagonal board, although ideal from a preservation point of view, is frequently not an option due to lack of space.
Zusammenfassung Tirol weist eine hohe Anzahl an Fastentüchern auf. Diese sind im Gegensatz zu jenen in Kärnten, wo sich ebenfalls ein großer Bestand erhalten hat, kaum erforscht und dokumentiert. Im Rahmen einer konservierungswissenschaftlichen Bestandsaufnahme in Tirol wurden der Erhaltungszustand von 121 und die Aufbewahrungsbedingungen von 84 Fastentüchern untersucht. Da 30 Objekte einen schlechten und 25 einen sehr schlechten Erhaltungszustand aufgrund ungeeigneter Aufbewahrungsbedingungen und einer fehlenden Sammlungspflege aufweisen, besteht dringender Handlungsbedarf. Auf Grundlage einer Befragung von erfahrenen RestauratorInnen wurde untersucht, inwieweit bewährte Lösungen für die Aufbewahrung und Präsentation von Fastentüchern in Museen und Pfarren auf jene in Tirol übertragen werden können. Insbesondere die Lagerung von Fastentüchern in gerolltem Zustand mit der Malschicht nach außen auf Rollen mit einem
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Durchmesser von etwa 32 bis 40 cm könnte dazu beitragen, neue Schäden zu vermeiden. Die Untersuchung von Möglichkeiten zur Präsentation von Fastentüchern in Museen hat gezeigt, dass die aus konservatorischen Gesichtspunkten bevorzugte Schräghängung in der Praxis wegen des meist begrenzten Raumangebots nur schwer durchführbar ist.
Einleitung Fastentücher unterscheiden sich sowohl in Format, Stil und technologischem Aufbau als auch in Erhaltungszustand und Restauriergeschichte deutlich voneinander. Sie stellen insbesondere wegen ihrer Verwendung und ihres besonderen technologischen Aufbaus hohe Anforderung an Aufbewahrung und Präsentation. Die Berücksichtigung der jeweiligen Materialien und Herstellungstechniken ist für die Auswahl geeigneter Aufbewahrungs- und Pflegemaßnahmen sowie Präsentationsmöglichkeiten von großer Bedeutung. In den meisten Pfarren sind jedoch nicht Kriterien wie die Größe, das Gewicht, der Bestand sowie der Erhaltungszustand der Fastentücher ausschlaggebend für die Auswahl der Aufbewahrungsform, sondern die zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten. Zwischen März 2010 und September 2013 erfolgte im Rahmen einer Dissertation1 eine konservierungswissenschaftliche Bestandsaufnahme von Fastentüchern, vor allem in Tirol.2 Tirol wurde ausgewählt, da es im Bundesländervergleich nach Kärnten die höchste Anzahl an Fastentüchern in Österreich aufweist, diese aber im Gegensatz zu jenen in Kärnten kaum erforscht und dokumentiert sind. Der Erhaltungszustand der meisten Objekte in den Tiroler Pfarren ist schlecht bis sehr schlecht. Zahlreiche Fastentücher können aufgrund ihrer Schäden nicht mehr in liturgischen Gebrauch genommen werden. Einer der Hauptgründe dafür ist, dass die Fastentücher zumeist ungeeigneten Aufbewahrungsbedingungen ausgesetzt sind. Ein Problem ist eine Überbelegung der Depots, wie zum Beispiel in der Pfarre Bach. Hier werden etwa mehrere Objekte übereinander gelagert (Abb. 102). In Bezug auf die Fastentücher in Tiroler Pfarren fehlen bisher geeignete Maßnahmen zur Sammlungspflege. Eine Kontrolle der klimatischen Bedingungen, Schädlings- oder
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Die Dissertation mit dem Arbeitstitel „ Sammlungspflegekonzepte für Fastentücher in Tirol“ wird von o. Univ. Prof. Mag. Dr. Gabriela Krist, Institut für Konservierung und Restaurierung an der Universität für angewandte Kunst in Wien und von o. Univ. Prof. Dr. Lukas Madersbacher, Institut für Kunstgeschichte an der Universität Innsbruck betreut. Dabei werden auch die Daten aus dem Inventarisierungsprojekt von beweglichem, kirchlichen Kunstund Kulturgut der Diözese Innsbruck und des Tiroler Kunstkatasters in Innsbruck berücksichtigt. Die Informationen wurden von Dr. Martin Kapferer des Diözesanarchivs Innsbruck und Dr. Karin SchmidPittl vom Tiroler Kunstkataster bereitgestellt, denen an dieser Stelle herzlich gedankt wird.
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Schimmelbefalls sowie die Durchführung regelmäßiger Reinigungen in den Depots Tiroler Pfarren finden nicht statt. 92 (76 %) der 121 in Tirol untersuchten Tücher weisen Malschichtabplatzungen auf, die einerseits auf häufige und hohe Klimaschwankungen zurückzuführen sind und andererseits durch eine zu enge Rollung mit der Malschicht nach innen zur Aufbewahrung sowie durch Belastungen im Zuge des liturgischen Gebrauchs verursacht wurden. Besonders betroffen sind Fastentücher, die grundiert und mit Ölfarben bemalt wurden, da ihr starres Malschichtpaket den hohen mechanischen Belastungen während der Lagerung und des Handlings nicht standhalten kann (Abb. 103). 79 (65,3 %) der untersuchten Tücher weisen Verformungen des Bildträgers und 61 (50,4 %) Risse aufgrund der Aufbewahrung in zu eng gerolltem Zustand auf. Die meisten Objekte sind stark verunreinigt und weisen Lichtschäden auf, da sie in den Depots aufgrund einer häufig fehlenden Abdeckung oder Verpackung nicht vor Staub- und Schmutzablagerungen sowie optischer Strahlung geschützt sind. Um Lösungen für geeignete Aufbewahrungskonzepte zu erarbeiten, wurden erfahrene RestauratorInnen kontaktiert und zur Lagerung und Präsentation von Fastentüchern in musealen Sammlungen bzw. Pfarren befragt. Der vorliegende Beitrag bietet einen Überblick über den Stand der Praxis in Bezug auf die Aufbewahrung und Präsentation von Fastentüchern in ausgewählten Pfarren und Museen im deutschsprachigen Raum.3 Dabei wurde untersucht, inwieweit Maßnahmen, die sich in Museen zum Erhalt von Fastentüchern bewährt haben, auch für Fastentücher im Besitz von Pfarren in Tirol relevant sind, und welche Möglichkeiten es gibt, großformatige Fastentücher adäquat zu präsentieren.
Fastentücher in Pfarren Gerollte Aufbewahrung Von 84 an ihren Aufbewahrungsorten untersuchten Fastentüchern werden 56 (66 %) in gerolltem Zustand gelagert. Davon werden 47 (85,5 %) am Boden, auf Regalen, auf Kästen oder anderen Vorrichtungen liegend und 8 (14,5 %) stehend aufbewahrt. Letzteres ist problematisch, da das gesamte Gewicht auf der am Boden stehenden Seite aufliegt. Nur 3 der in Tirol untersuchten Fastentücher werden auf Rollen mit einem 3
Auf zahlreiche weitere Disziplinen einer Sammlungspflege, wie Schutz vor optischer Strahlung, Klimaregulierung, Schimmelprävention, konservatorische Reinigung, Schutz vor Schadstoffen und Schädlingen (IPM), Brandschutz, Schutz vor Vandalismus und Diebstahl etc. kann aufgrund der begrenzten Länge dieses Beitrags nicht ausführlich eingegangen werden. Dies erfolgt jedoch in der noch laufenden Dissertation.
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Durchmesser von 32 cm bzw. 40 cm und mit der Malschicht nach außen aufbewahrt, so wie es aus konservatorischer Sicht empfohlen werden kann. Dies sind diejenigen der Stiftskirche Wilten in Innsbruck (1623 von Paul Honecker angefertigt), der Pfarrkirche von Mötz (vermutlich aus dem 18. Jahrhundert) und der Pfarrkirche zum Hl. Georg in Trins (vermutlich von 1628). Die Lagerungskonzepte der Fastentücher aus Stift Wilten und der Pfarre Mötz wurden in Zusammenarbeit mit dem Landeskonservatorat für Tirol und den Restaurierwerkstätten des Bundesdenkmalamtes in Wien konzipiert. Das Konzept zur Aufbewahrung des Trinser Fastentuchs wurde durch StudentInnen und MitarbeiterInnen des Instituts für Konservierung und Restaurierung an der Universität für angewandte Kunst in Wien im Jahr 2014 realisiert. Alle drei Objekte sind noch in liturgischer Verwendung. Früher wurde das Tuch aus dem Stift Wilten außerhalb der Fastenzeit zusammengerollt in einem Raum hinter dem Hochaltar aufbewahrt, wodurch zahlreiche Schäden entstanden sind. Nach erfolgter Konservierung und Restaurierung in den Restaurierwerkstätten des Bundesdenkmalamtes in Wien im Jahr 1984 erfolgte eine Neukonzeption der Aufbewahrungsform. Das gerollte Fastentuch wird nun auf einer fahrbaren Vorrichtung, welche problemlos von der Sakristei in die Stiftskirche und nach dem Gebrauch wieder zurück gefahren werden kann, aufbewahrt.4 Außerhalb der Fastenzeit werden die Vorrichtung und das Objekt in einem Kasten in der Sakristei gelagert, wo beides vor Staub und Licht geschützt ist (Abb. 104). Das Fastentuch aus der Pfarre Mötz wird auf einer mit säurefreiem Seidenpapier überzogenen Kartonrolle aufgerollt im bewohnten Pfarrhaus gelagert. An den Enden der Rolle wurden Stützen aus Holz angebracht, sodass das aufgerollte Objekt horizontal über dem Boden aufliegt. Als Verbesserungsvorschlag wird die Abdichtung der Kartonrolle mit einer Hostaphanfolien5 empfohlen, damit keine schädlichen Dämpfe aus dem Holz abgesondert werden. Das Fastentuch aus Trins wurde im September 2012 ans Institut für Konservierung und Restaurierung der Universität für angewandte Kunst Wien gebracht, wo es konserviert und restauriert wurde.6 Dort wurde auch ein Konzept zur verbesserten Aufbewahrung und zum besseren Handling erarbeitet. Das Fastentuch wird nun gerollt auf einer Kartonrolle mit einem Durchmesser von 32 cm, die mit Tyvek7, Polyesterwatte und einem 4 5 6
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Freundliche Mitteilung von Pater Nikolaus, Stiftskirche Wilten, Gespräch am 26.5.2010. Hostaphanfolie erhältlich bei Deffner & Johann GmbH, http://www.deffner-johann.de/hostaphanfoliernt–36–51-g-m-einseitig-silikonisiert.html. Pichler, H., Das Fastentuch der Pfarrkirche zum Hl. Georg in Trins, Tirol (1628?). Untersuchung einer Tüchleinmalerei in liturgischem Gebrauch, Vordiplomsarbeit, Universität für angewandte Kunst Wien, 2013/Lagardère, P., Das Fastentuch der Pfarrkirche zum Hl. Georg in Trins, Tirol. Konservierungsbericht zum textilen Bildträger, Semesterarbeít, Universität für angewandte Kunst Wien, 2014. Beide Arbeiten wurden unter der Betreuung von o. Univ. Prof. Mag. Dr. Gabriela Krist am Institut für Konservierung und Restaurierung durchgeführt. Tyvek ist ein Vliesstoff aus Polyethylen Fasern, enthält keine schädlichen Substanzen und ist chemikali-
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Baumwollschlauch bezogen ist, gelagert.8 Drei Lagen Cellplas9 werden als Zwischenlagen aufgerollt, um die Malschicht vor Abrieb zu schützen. Eine äußere Lage Tyvek dient als Abdeckung und Schutz gegen Staub und Licht. Dieses wird an beiden Enden mit nicht zu eng geschnürten Köperbändern fixiert. Seitlich an der Rolle wurden Holzplatten angeschraubt, sodass sie nicht am Boden aufliegt. Dem Mesner, der in der Pfarre Trins für die Auf- und Abhängung des Fastentuchs verantwortlich ist, wurde ein Leitfaden mit Hinweisen und Bildern zur fachgerechten Rollung und Handhabung zur Verfügung gestellt.10 In der ehemaligen Stiftskirche in Garsten in Oberösterreich befinden sich sieben Fastentücher zur Verhängung der Seitenaltäre und zwölf beidseitig bemalte Fasten- und Adventbehänge von Martin Johann Schmidt, genannt Kremser Schmidt, von 1777 sowie ein im Jahr 1700 von Karl Reslfeld angefertigtes Fastentuch zur Verhängung des Hochaltars. Die Fasten- und Adventbehänge sind keine Fastentücher im eigentlichen Sinn, da sie nicht die Altarbilder verhüllen, sondern auf den Langhauspfeilern und den Wänden des Presbyteriums aufgehängt werden. Eine Seite wird während der Adventzeit und die andere Seite während der Fastenzeit gezeigt. Da sie aus ähnlichen Materialien gefertigt sind und dieselben Anforderungen an Aufbewahrung und Präsentation stellen, werden sie hier als Beispiele angeführt.11 Zudem fand bei diesen Objekten eines der ersten, großangelegten Projekte zur Verbesserung der Aufbewahrungsbedingungen und des Handlings statt und viele nachfolgende Maßnahmen haben sich daran orientiert. Durch die frühere Art der Hängung mit Hängepunkten im Abstand von über 20 cm haben sich die Gewebe im oberen Randbereich stark verzogen. Bei den Textilien kam es aufgrund der häufigen Manipulationen und der bis in die 1980er Jahre üblichen Aufbewahrung (mehrere Behänge übereinander gerollt auf grob abgerundeten Vierkanthölzern) und dem unsachgemäßen Handling zu massiven Schäden.12 Früher wurden die Advent- und Fastenbehänge auf den Boden herabgelassen, zusammengebauscht, umgedreht und wieder aufgehängt. Nach der im Jahr 1992 durchgeführten Konservierung und Restaurieenbeständig und atmungsaktiv. Daher eignet es sich sehr gut zur Verpackung von Kunstwerken. Tyvek Soft-PE-Vlies 1622 E 39 g/m², Deffner & Johann GmbH, Mühlackerstraße 13, D–97520 Röthlein. 8 Freundliche Mitteilung von Mag. Univ. Ass. Britta Schwenck, Institut für Konservierung und Restaurierung, Universität für angewandte Kunst Wien, E-Mail vom 19.8.2014. 9 Cellplas ist ein mikroporöses Vlies aus Polypropylen-Fasern. Es ist reißfest, staubdicht, elastisch, atmungsaktiv, abriebbeständig und pH-neutral. 10 Hinweise zum Aufrollen, Handhaben, Hängen und zur Lagerung des Fastentuches der Pfarrkirche zum Hl. Georg, Trins, Tirol, unpubl. Leitfaden, Universität für angewandte Kunst Wien, 2014. 11 Sörries, R., Die Alpenländischen Fastentücher. Vergessene Zeugnisse volkstümlicher Frömmigkeit, Klagenfurt 1988, S. 129–130, S. 138–140. 12 Höring, F., Bemalte Wandbehänge als Restaurierproblem, in: Restauratorenblätter 13/1992, S. 109–115, S. 112–113.
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rung setzte das Pfarramt Garsten in Zusammenarbeit mit den Restaurierwerkstätten des Bundesdenkmalamtes eine neue Methode zur leichteren und schonenderen Handhabung und Aufbewahrung um. Jedes Objekt wird seither auf einer eigenen Kartonrolle mit einem Durchmesser von 40 cm gerollt gelagert. Der Montagevorgang wurde durch das vertikale Fixieren der Kartonrollen auf einem fahrbaren Transportwagen erleichtert. Eine Kurbel an der Oberseite ermöglicht ein gleichmäßiges Drehen und Abrollen. Die frühere Hängung der Fasten- und Wechselbehänge mittels Haken wurde durch ein System mit beidseitigen Klettbändern ersetzt. Diese wurden maschinell auf 14 cm breite, eingefärbte Leinwandstreifen aufgesteppt und mit Leinenzwirn (mit drei Vorstichreihen) an den oberen Kanten der Fastenbehänge angenäht. Die Behänge werden nun mittels der Klettbänder sowohl an den Pfeilern in der Kirche als auch an den Kartonrollen fixiert.13 Laut dem Pfarrassistenten der Pfarre Garsten kann der Montagevorgang mittels des Klettbandsystems nun leichter durchgeführt werden, und es sind seither weder im Zuge des Handlings noch während der Aufbewahrung weitere Schäden an den Behängen entstanden.14 Ein Fastentuch von 1612 aus dem Freiburger Münster, welches vom Maler Francois Arparel und seinen Mitarbeitern angefertigte wurde, wird ebenfalls in gerolltem Zustand aufbewahrt. Es wird jährlich während der Fastenzeit für zehn Tage im Chorraum gehängt präsentiert. In der Vergangenheit wurde es nach der Fastenzeit über die obere Hängestange gerollt und hoch über den Altar in das Gewölbe hinauf gezogen, wodurch zahlreiche Schäden entstanden. Das Fastentuch wurde von 2000 bis 2002 einer umfassenden Restaurierung unterzogen. Seither wird es in einem adaptierten Lagerungsraum mit der Malschicht nach außen über einer Rolle mit einem Durchmesser von 40 cm gerollt gelagert. Die Rolle besteht aus Aluminium mit Verstärkungen aus Holz im Inneren. Sie wurde mit Polyestervliesen gepolstert. An den Enden der Rolle befinden sich Scheiben aus Holz, auf denen Stangen mit einem Kugellager angebracht wurden. Über diese kann das Tuch auf- und abgerollt werden. Das gerollte Fastentuch wird nun vor Beginn und nach Ende der Fastenzeit auf einem fahrbaren Transportwagen vom Aufbewahrungsort über den Münsterplatz ins Münster und dann wieder zurück gefahren. Eine Abdeckhaube aus Blech schützt die fahrbare Vorrichtung sowie das zu transportierende Objekt vor Witterungseinflüssen während des Transports. Wieder zurück im Depot wird 13
Futscher, B./Macho-Biegler, E., Die Restaurierung der ungrundierten Wechselbehänge in der ehemaligen Stiftskirche Garsten, OÖ, in: Restauratorenblätter 24/25/2005, S. 175–178/Höring, F., Bemalte Wandbehänge als Restaurierproblem, in: Restauratorenblätter 13/1992, S. 109–115, S. 114–115. Die Montage großformatiger Textilien mittels eines Klettbandsystems wird zudem in den CCI Notes vorgestellt. CCI, Velcro Hanging Support System for Flat Textiles, Canadian Conservation Institute, in: CCI Notes 13/4/2008, http://www.cci-icc.gc.ca/resources-ressources/ccinotesicc/13–4-eng.aspx, Zugriff 18.8.2014. 14 Freundliche Mitteilung von Stefan Grandy, Pfarre Garsten, E-Mail vom 28.8.2013.
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das gerollte Fastentuch vom Wagen abgenommen und mittels Seilen an der Decke fixiert, um es unter anderem vor Mäusen zu schützen.15 In der Pfarrkirche St. Stephan in Irsee sind neun Fastentücher aus dem 18. Jahrhundert in liturgischer Verwendung. Die Fastentücher wurden bis in die 1960erJahre gebraucht, dann gerieten sie in Vergessenheit. Erst im Jahr 2000 wurden sie vom damaligen Kirchenpfleger zusammengerollt in Kirchenbänken wiederentdeckt. Diese Form der Aufbewahrung hat zu großen Schäden geführt. Auf Initiative des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege wurden in der Folge alle neun Fastentücher konserviert und restauriert. Der gesamte Zyklus wurde 2007 erstmals wieder vollständig während der Fastenzeit vor den Altären gezeigt. Das größte der neun Tücher aus der Pfarrkirche in Irsee, welches jährlich während der Fastenzeit zur Verhängung des Hauptaltars dient, wird auf einer Rolle mit einem Durchmesser von 1 m aufbewahrt. Die Rolle wurde aus Holz gefertigt und mit einem Polyestervlies versehen. Sie hat an den Enden Stützen, die auf einem Rollwagen montiert sind. Damit kann sie in den Altarraum und wieder zurück ins Depot gefahren werden. In Bezug auf die Pflege der Fastentücher konnte auf Initiative des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege ein Wartungsvertrag mit einer Restauratorin vereinbart werden. Sie kontrolliert nun die Fastentücher regelmäßig auf Schimmel- und Schädlingsbefall und unterstützt die Auf- und Abhängung.16
Hängende und liegende Aufbewahrung 26 (22 %) der untersuchten Fastentücher werden hängend und zum Teil gefaltet gelagert. Die Aufbewahrung von Fastentüchern in gefaltetem Zustand, wie dies beispielsweise bei zwei der drei Fastentücher aus der Pfarrkirche zum Hl. Georg von Trins praktiziert wird, ist problematisch. Diese werden außerhalb der Fastenzeit zusammengefaltet und hängend über einer Stange in einem Kasten der Sakristei gelagert. Sie weisen mehrere Risse auf, welche auf die unsachgemäße Art der Aufbewahrung zurückzuführen sind. Das dritte Tuch, welches bis ins Jahr 2012 in derselben Weise gelagert wurde, wird nun seit seiner Konservierung und Restaurierung an der Universität für angewandte Kunst gerollt gelagert. Darauf wurde bereits eingegangen. Das vom Maler Konrad von Friesach 1460 geschaffene Fastentuch im Kloster Gurk besteht aus zwei Teilen und wird außerhalb seines Einsatzes in der Kirche in einer Kapelle auf dem Klostergelände aufbewahrt. Beide Teile hängen jeweils über eine Rolle,
15 Freundliche Mitteilung von Mag. Gisela Illek, Augustinermuseum Freiburg, Telefonat am 3.9.2013. 16 Freundliche Mitteilung von Dipl.-Rest. Cornelia Hagn, Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege, Telefonat am 31.3.2010 und E-Mail vom 30.8.2013.
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welche unterhalb der Raumdecke angebracht wurde. Die Rollen dienen gleichzeitig als Transportmittel in die Kirche und zurück. Einige Fastentücher hängen ganzjährig in Kirchen und Pfarrhäusern. Dies betrifft meist Objekte, die aufgrund ihres umfangreichen Schadensbildes trotz erfolgter Konservierung und Restaurierung nicht mehr in liturgischem Gebrauch stehen.17 Auf diese Weise können diese Objekte auch der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.18 Eine Aufbewahrung von Fastentüchern in liegendem Zustand wäre aus konservatorischer Sicht am besten geeignet, ist in den meisten Pfarren aber aufgrund des begrenzten Platzangebots nicht möglich. Zwei Fastentücher aus dem 19. Jahrhundert werden in der Pfarre Mathon in Tirol im unbewohnten Widum flach liegend in Laden aufbewahrt. Sie befinden sich in einem guten Zustand und weisen keine Lagerungsschäden auf. Acht der neun Fastentücher aus der Pfarrkirche in Irsee werden ebenfalls liegend in einem Holzschrank in Laden aufbewahrt. In diese wurden mit Polyestervlies bespannte Metallrahmen eingebaut, auf denen die Fastentücher nun aufliegen und so vor direktem Kontakt mit dem Holz und den möglicherweise daraus austretenden Schadgasen geschützt werden.19 Zudem sind sie nach unten hin offen, wodurch eine gute Durchlüftung stattfinden kann. 20
Abdeckung oder Verpackung Nur 12 (9,9 %) der in Tirol untersuchten Fastentücher werden abgedeckt oder verpackt aufbewahrt. Dafür werden überwiegend handelsübliche Kunststofffolien und eingefärbte Stoffe (z. B. alte Vorhänge) verwendet. Bei einer solchen Lagerung besteht die Gefahr, dass sich Mikroklimata und schädliche Absonderungen wie Weichmacher und Schadstoffe bilden.21 In Pfarren außerhalb Tirols haben sich Tyvek und gewaschene, ungebleichte Baumwolltücher zu diesem Zweck durchgesetzt.
17 Vigl, M., Gemälde im sakralen Gebrauch, in: Mitteilungen des Österreichischen Restauratorenverbandes 12/2009, S. 12–19, S. 15–16. 18 Aufgrund der begrenzten Länge des Artikels kann nicht auf die einzelnen Beispiele näher eingegangen werden. Beispiele aus Tirol finden sich in den Kirchen und Widen von Kleinstockach, Hinterhornbach, Wenns Margarethen, Fügen und Weerberg. 19 Tétreault, J., Guidelines for Pollutant Concentrations in Museums, in: Canadian Conservation Institute, CCI Newsletter, No. 31, Juni 2003, http://www.cci-icc.gc.ca/resources-ressources/agentsofdeteriorationagentsdedeterioration/chap07-eng.aspx, Zugriff 20.8.2014. 20 Freundliche Mitteilung von Dipl.-Rest. Cornelia Hagn, Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege, EMail vom 30.8.2013. 21 Hilbert, G. S., Sammlungsgut in Sicherheit, Berlin 2002, S. 254.
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Fastentücher in Museen Gerollte Aufbewahrung Bis auf wenige Ausnahmen werden Fastentücher in Museen in aufgerolltem Zustand gelagert. Dies ist zum Beispiel bei einem Fastentuch in den Tiroler Landesmuseen in Innsbruck von 1490 (ursprünglich in der Pfarre Rietz in liturgischer Verwendung), bei drei Fastentuchfragmenten, vermutlich aus dem 15. Jahrhundert im Universalmuseum Joanneum in Graz (ursprünglich aus der Stadtpfarrkirche Bruck an der Mur),22 bei einem Fastentuch aus dem 18. Jahrhundert im Vorarlberger Landesmuseum23 und bei zwei Drittel der insgesamt 18 Fastentücher und Fastentuchfragmente des Schweizer Landesmuseums in Zürich24 der Fall. Die Durchmesser der Rollen variieren von 20 cm in den Tiroler Landesmuseen, über 32 cm im Joanneum25 bis zu 40 cm im Schweizer Landesmuseum26. Die Rollen bestehen alle aus säurefreiem Karton und die Objekte werden mit Zwischenlagen aus säurefreien Seidenpapieren aufgerollt. Im Joanneum werden die gerollten Tücher mittels eigens von einer Schlosserei dafür angefertigten Haken an den Gitterwänden im Depot fixiert.27 Das Fastentuch der Tiroler Landesmuseen weist partiell Malschichtsprünge auf, weshalb eine Aufbewahrung auf einer Rolle mit einem größeren Durchmesser von mindestens 40 cm empfohlen wird. Dies soll auch in Zukunft umgesetzt werden.
Hängende und liegende Aufbewahrung Im Bestand der Tiroler Landesmuseen befindet sich auch ein Fastentuch aus dem Jahr 1456, welches ursprünglich aus der Pfarrkirche in Obervintl (Pustertal) stammt. Dieses 22 Freundliche Mitteilung von Dr. Karin Leitner-Ruhe, Universalmuseum Joanneum in Graz, E-Mail vom 12.8.2014/Leitner, K., Vier Fastentuchfragmente aus Bruck an der Mur (Steiermark) als Beispiel des ältesten Feldertypus im kärntnerisch-steirischen Bereich, in: Damzog, D./Dudeck, V./Oettel, G. (Hg.), 525 Jahre Großes Zittauer Fastentuch – und wie weiter?, Görlitz–Zittau 2000, S. 83–92. 23 Freundliche Mitteilung von Dipl.-Rest. Natalie Ellwanger, Vorarlberger Landesmuseum, Telefonat am 20.8.2013. Nähere Informationen zum Fastentuch in: Sörries, R., Die Alpenländischen Fastentücher. Vergessene Zeugnisse volkstümlicher Frömmigkeit, Klagenfurt 1988, S. 244–245. 24 Freundliche Mitteilung von Dipl.-Rest. Elke Mürau, Schweizerisches Nationalmuseum, E-Mail vom 25.7.2013. 25 Freundliche Mitteilung von Mag. Anna Bernkopf, Universalmuseum Joanneum in Graz, E-Mail vom 31.7.2013. 26 Freundliche Mitteilung von Dipl.-Rest. Elke Mürau, Schweizerisches Nationalmuseum, E-Mail vom 25.7.2013. 27 Freundliche Mitteilung von Mag. Anna Bernkopf, Universalmuseum Joanneum in Graz, E-Mail vom 31.7.2013.
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wurde zu einem unbekannten Zeitpunkt in drei Teile aufgetrennt und auf Rahmen aufgespannt.28 Seit 2005 wird es im Depot an einer Wand hängend aufbewahrt. Drei Fastentücher aus dem 18. Jahrhundert, welche in der Pfarrkirche von Balzers in liturgischer Verwendung waren, werden hängend in den Depoträumen des Liechtensteinischen Landesmuseums in Vaduz gelagert,29 andere aus dem Schweizer Landesmuseums werden ebenfalls hängend in den dortigen Depots aufbewahrt.30 Zwei Fastentuchfragmente, die zu Beginn des 16. Jahrhunderts entstanden und jeweils auf einem Rahmen aufgespannt sind, werden im Bozner Heimatmuseum horizontal liegend gelagert.31
Abdeckung oder Verpackung In den Depots von Museen werden Fastentücher meist abgedeckt oder verpackt gelagert. Bewährt haben sich dabei, ebenso wie in Pfarren außerhalb Tirols, Tyvek und ungebleichte, gewaschene Baumwolltücher.
Präsentation Eine aus konservatorischer Sicht besonders schonende Form der Präsentation von Fastentüchern, wäre liegend unter einer Verglasung. Diese ist aufgrund der meist großen Ausmaße der Textilien und aus Kostengründen häufig nicht durchführbar. Die Textilfasern sind im liegenden Zustand keinen Zugbelastungen, wie zum Beispiel bei einer hängenden Präsentation, ausgesetzt und die Verglasung schützt vor Staubablagerungen. Die aus konservatorischen Gesichtspunkten außerdem geeignete Präsentationsform der Schräghängung,32 bei der das Gewicht des Textiles gleichmäßig verteilt wird, und so die Zugkräfte auf die Fasern gering gehalten werden, ist in vielen Museen ebenfalls aufgrund einer begrenzten Raumhöhe und eines begrenzten Platzangebots nicht durchführbar. Daher wurden in einigen Museen Kompromisse gemacht, wie beim Großen Zittauer 28 Laut Restaurierbericht von Gabriela Fiala, die das Fastentuch in den Jahren von 1988 bis 1989 konserviert und restauriert hat, bestand das Fastentuch bereits damals aus drei Teilen, wobei jeder Fastentuchteil auf einem Rahmen aufgespannt war. 29 Freundliche Mitteilung von Thomas Müssner-Gert, Liechtensteinisches Landesmuseum, E-Mail vom 16.7.2013. 30 Freundliche Mitteilung von Dipl.-Rest. Elke Mürau, Schweizerisches Nationalmuseum, E-Mail vom 25.7.2013. 31 Freundliche Mitteilung von Dr. Paola Hübler, Bozner Heimatmuseum, E-Mail vom 13.9.2013. 32 Vertiefende Forschungen über die Schräghängung und geeignete Materialien zur Bespannung der Platten finden sich in: Trosbach, G., Physikalische Untersuchungen an historischen Tapisserien. Verformungsverhalten und Schräghängung, Diplomarbeit, Technische Universität München, 2002.
Aufbewahrung und Präsentation von Fastentüchern in Pfarren und Museen
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Fastentuch von 1472, bei dem bei der Präsentation in Schräghängung ein Teil weggefaltet werden musste. Das Große Zittauer Fastentuch wurde zeitgleich mit dem Kleinen Zittauer Fastentuch von 1573 zwischen 1994 und 1995 in den Textilkonservierungswerkstätten der Abegg-Stiftung in Riggisberg in der Schweiz konserviert und restauriert.33 Von Mai bis Oktober 1995 konnten die restaurierten Textilien im Rahmen der Riggisberger Sonderausstellung „Meisterwerke der Textilkunst“ besichtigt werden. Das Große Zittauer Fastentuch wurde dabei auf einer schrägen, moltonbezogenen Holzplatte, in einem Winkel von etwa 5°–10° Auslenkung aus der Senkrechten (bzw. 85°–80° zwischen Boden und Auflageplatte) ausgestellt. Für die Montierung auf der Holzplatte wurden im oberen Bereich des Fastentuchs Klettbänder angebracht. Aufgrund der geringen Raumhöhe konnte es nicht in voller Größe gezeigt werden, weshalb ein Bereich der Bildmitte über ein Rollensystem weggefaltet wurde. Auch das Kleine Zittauer Fastentuch wurde zur Präsentation auf einer mit Molton bezogenen, schräggestellten Holzplatte befestigt.34 Heute werden die beiden Objekte permanent in Zittau ausgestellt, das große Fastentuch seit 1999 in der „Kirche zum Heiligen Kreuz“, welche zu einem Museum umfunktioniert wurde, und das kleine seit 2003 im Kulturhistorischen Museum Franziskanerkloster. Die Tücher wurden mit Klettbändern auf Tischlerplatten mit einer textilen Bespannung (Molton und entschlichtetes Leinen) montiert. Die Fastentücher auf den Platten sind in einem Winkel von etwa 75° schräggestellt. Die Vitrinenverglasung des Kleinen Zittauer Fastentuchs besteht aus hängenden Acrylglasscheiben.35 Für das Große Zittauer Fastentuch wurde eigens eine Spezialvitrine mit einer „hängenden“ Verglasung mit den Maßen 9,20 m x 7,50 m angefertigt. Die Glasscheiben sind dabei am oberen Rand aufgehängt und unten in einem Bodenschlitz leicht fixiert.36 Ein weiteres Fastentuch, welches derzeit ganzflächig in Schräghängung präsentiert wird, entstand vermutlich um 1620/30 und war noch bis 1950 in der Jakobskirche in St. Jakob bei St. Ulrich im Grödental in liturgischem Gebrauch. Heute wird es im Volkskunstmuseum in St. Ulrich in der Schausammlung im Treppenhaus ausgestellt. Es wurde auf einer mit Leinengewebe bespannten Platte fixiert, welche in einem steilen Winkel zur Wand aufgestellt ist. Der untere Bereich wird durch eine vorgespannte, 33
Flury-Lemberg, M., Zur Wiederbelebung der Zittauer Fastentücher in der Abegg-Stiftung, in: Damzog, D./Dudeck, V./Oettel, G. (Hg.), 525 Jahre Großes Zittauer Fastentuch – und wie weiter?, Görlitz–Zittau 2000, S. 29–35. 34 Schorta, R., Textilkonservatorische Maßnahmen an drei Tüchleinmalereien, in: Abegg-Stiftung (Hg.), Riggisberger Berichte 4, Riggisberg 1996, S. 174–177, S. 176–177/Freundliche Mitteilung von Dipl.-Rest. Cornelia Vogt, Abegg-Stiftung, E-Mail vom 16.8.2013 und Telefonat am 16.8.2013. 35 Freundliche Mitteilung von Margitta Radschinski, Städtische Museen Zittau, E-Mail vom 6.9.2013. 36 Lemberg, R., Das Große Zittauer Fastentuch in der Kirche zum Heiligen Kreuz – Denkmalpflegerische Zielsetzung, in: Damzog, D./Dudeck, V./Oettel, G. (Hg.), 525 Jahre Großes Zittauer Fastentuch – und wie weiter?, Görlitz–Zittau 2000, S. 116–127, S. 123.
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transparente Platte vor Berührungen durch MuseumsbesucherInnen geschützt (Abb. 105).37 Für die Fastentücher, welche in Schloss Bruck in Lienz und im Österreichischen Museum für Volkskunde in Wien ausgestellt werden, war eine Schräghängung auf einer Platte aufgrund der begrenzten Raumhöhe nicht möglich. Die Textilien mussten gebogen werden, um sie in voller Größe ausstellen zu können. Das Fastentuch des Malers Stephan Flaschberger von 1598, welches ursprünglich in der Pfarrkirche von Virgen in liturgischem Gebrauch war, wurde zur Ausstellung auf Schloss Bruck einmal gebogen, wobei der untere Teil flach aufliegt. Das Tuch wurde auf einem schräg gehängten Textil fixiert, welches im oberen Bereich an der hinteren Wand und im unteren Bereich auf dem Boden in der Schausammlung montiert ist. Auf Dauer könnte diese Art der Präsentation zu Schäden in den Gewebefasern und der Malschicht führen. Da das Objekt jedoch nur für einen begrenzten Zeitraum (Mai 2010 bis Oktober 2013) ausgestellt wurde, war diese Art der Präsentation vertretbar. Seitdem wird es im Depot auf einer mit säurefreiem Seidenpapier umwickelten Rolle aufbewahrt. 38 Problematisch war vor allem der flach auf dem Boden liegende Teil des Fastentuchs, da sich dort Staub ablagern konnte. Daher wurde dieser Bereich außerhalb der Saison, jedes Jahr von Oktober bis Mai, mit Baumwolltüchern abgedeckt.39 Die heutige Form der Präsentation des Fastentuchs von 1640 im Österreichischen Museum für Volkskunde in Wien wurde im Zuge der Neueröffnung des Museums im Jahr 1996 realisiert. Zuvor wurde es in den Restaurierwerkstätten des Bundesdenkmalamts einer umfassenden Konservierung und Restaurierung unterzogen.40 Es musste an zwei Stellen gebogen werden, um es ausstellen zu können. Um das Gewebe zu stützen, wurden entlang der beiden Buge Drahtseile, die mit Plexiglasrohren ummantelt sind, gespannt. Diese stützen das Textil auf schonende Weise, sodass nicht das ganze Gewicht auf wenigen Stellen aufliegt. Die obere Kante des Fastentuchs wird mittels Draht und Haken an der Decke fixiert. Die unteren beiden Reihen der Bildfelder liegen auf sechs schräg gespannten Stoffstücken auf, zwischen denen jeweils ein Abstand von zehn Zentimetern ist. Dies wird als problematisch angesehen, da das Fastentuch in diesen Zwischenräumen nicht unterstützt wird und durchhängt. Zudem lagert sich auf dem unteren Bereich
37 Freundliche Mitteilung von Dr. Paulina Moroder, Heimatmuseum in St. Ulrich, Gespräch und Führung am 16.12.2011. 38 Freundliche Mitteilung von Silvia Ebner, Schloss Bruck, E-Mail vom 28.8.2013. 39 Freundliche Mitteilung von Hilde Neugebauer, freischaffende Textilrestauratorin in Wien, Telefonat am 19.8.2013. 40 Koller, M., Das Fastentuch von 1640 des Österreichischen Museums für Volkskunde. I. Zur Bedeutung und Restaurierung im Rahmen der Fastentücher Österreichs, in: Österreichische Zeitschrift für Volkskunde 99/1996, S. 59–82.
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Staub ab. Dieser Bereich ist gleichzeitig einer erhöhten Lichtbelastung ausgesetzt. Daher ist zukünftig geplant, das Fastentuch so im Ausstellungsraum zu positionieren, dass der obere Teil parallel zur Decke hängt und der untere Teil parallel zur Wand. Dafür soll das obere, stützende Plexiglasrohr höher gehängt und das untere Plexiglasrohr abgenommen werden. Eine Schräghängung ist aus Platzgründen nicht durchführbar, da diese so schräg gestellt werden müsste, dass erstens die oberen Bildfelder für die MuseumsbesucherInnen nicht mehr gut sichtbar wären und zweitens der originale Eindruck eines hängenden Textiles nicht vermittelt werden könnte. Zudem würde sich auf dem, in einem sehr flachen Winkel ausgestellten Objekt, zu viel Staub ablagern.41 Fastentücher, deren Erhaltungszustand ausreichend gut ist, so dass sie in der Lage sind, ihr Gewicht zu tragen, können durchaus hängend gelagert oder präsentiert werden.42 Es muss jedoch darauf geachtet werden, dass sie nicht punktuell an Haken hängen, sondern das Gewicht gleichmäßig verteilt wird, da sonst die Gefahr der Verformung des Gewebes besteht.43 Dies ist bei einem Fastentuchfragment aus dem 16. Jahrhundert der Fall, welches in der Burgkapelle auf Schloss Tratzberg in Tirol nur durch sieben Hängepunkte, auf einer Gesamtlänge von vier Metern, an der Wand fixiert und präsentiert wird. Dadurch haben sich massive Spanngirlanden ausgebildet. Hängend präsentiert wird auch ein Fastentuch, welches ursprünglich aus der Pfarre Bendern stammt, und seit der Wiedereröffnung des Liechtensteinischen Landesmuseums in Vaduz im Jahr 2003 in der Dauerausstellung präsentiert wird. Entlang der oberen Kante des Fastentuchs befinden sich Schlaufen, durch welche eine Metallstange eingeschoben wurde. An dieser wurde ein Drahtseil montiert, an dem es an der Wand aufgehängt wurde. Dem Wunsch des zuständigen Restaurators, das Tuch in Schräghängung zu präsentieren, wurde von den Gestaltern der Ausstellung nicht nachgekommen.44
Schlussfolgerungen und Ausblick Zahlreiche Schäden an Fastentüchern in Pfarren resultieren aus Unkenntnis, ungeeigneten Aufbewahrungsformen und fehlender Sammlungspflege. Besonders groß sind die
41 Freundliche Mitteilung von Monika Maislinger, Österreichisches Museum für Volkskunde in Wien, EMails vom 19. und 20. 8.2014. 42 Rupp, T./Weissengruber, T., Aufbewahrung und richtiger Umgang mit Textilien, in: Museumsinfoblatt, Verbund Österreichischer Museen 2/3/2009, S. 23–27, S. 25. 43 CCI, Velcro Hanging Support System for Flat Textiles, Canadian Conservation Institute, in: CCI Notes 13/4/2008, http://www.cci-icc.gc.ca/resources-ressources/ccinotesicc/13–4-eng.aspx, Zugriff 18.8.2014. 44 Freundliche Mitteilung von Thomas Müssner-Gert, Liechtensteinisches Landesmuseum, E-Mail vom 16.7.2013.
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Schäden aufgrund der wiederholt durchgeführten zu engen Rollung der Fastentücher mit der Malschicht nach innen. In einigen Pfarren, zumeist außerhalb Tirols, wurden bereits geeignete Aufbewahrungskonzepte umgesetzt. Die Aufbewahrung von Fastentüchern mit der Malschicht nach außen auf Rollen aus säurefreien Materialien mit einem Durchmesser von etwa 32 – 40 cm hat sich sowohl in Pfarren als auch Museen bewährt und zu keinen neuen Schäden geführt. Eine liegende Aufbewahrung wäre aus konservatorischer Sicht die schonendste Form, ist jedoch aufgrund eines begrenzten Platzangebots meistens weder in Pfarren noch in Museen möglich. Nur wenige der untersuchten Objekte in Pfarren werden an ihren Aufbewahrungsorten abgedeckt oder verpackt gelagert, in Museen hingegen die meisten. Dabei haben sich Tyvek und ungebleichte, gewaschene Baumwolltücher bewährt. Die Abdeckung oder Verpackung der Fastentücher in Pfarren könnte problemlos nach den Vorbildern aus den Museen durchgeführt werden. Dies würde Schäden vermeiden und dazu beitragen, aufwendige und kostenintensive Restaurierungsmaßnahmen zu vermeiden. In Zukunft muss auf die Einhaltung angemessener präventiver Maßnahmen45 im Rahmen einer Sammlungspflege, vor allem in Pfarren geachtet werden, um eine Erhaltung der Fastentücher zu gewährleisten. Diese sind in den Museen eine Selbstverständlichkeit, werden jedoch bisher in den Pfarren Tirols kaum berücksichtigt. Dazu zählen vor allem eine Regulierung des Klimas und der Lichteinstrahlung, Schädlingsmonitoring, eine regelmäßige Reinigung der Depots, eine fachgerechte Abdeckung oder Verpackung der Objekte sowie die Auswahl geeigneter Aufbewahrungsformen für die Fastentücher und Fastenbilder und geeigneter Materialien für die Raumausstattung. Ein fachgerechtes Handling, bei dem die Objekte nicht zu Schaden kommen wäre außerdem wichtig und könnte im Zuge von Schulungen vermittelt werden. Die Auf- und Abhängung von Tüchern in liturgischem Gebrauch stellt eine hohe Belastung dar und führte bei vielen Objekten zu Schäden. Daher ist es besonders wichtig, das Verständnis und den Wissensstand der zuständigen Personen zu fördern und diese regelmäßig zu schulen.46 Besonders bewährt haben sich Informationsveranstaltungen in Oberösterreich, wo regelmäßig Pflegekurse für Personen im Umgang mit liturgischen Objekten stattfinden.47 Zudem sind Wartungsverträge mit RestauratorInnen sinnvoll, wie dies bereits zum Bei45 Burmester, A., Was ist Präventive Konservierung? Eine Einführung, in: Besch, U. (Hg.), Restauratorentaschenbuch 2002, München 2001, S. 76–80. 46 Literatur mit einfachen Hinweisen für die Pflege von Objekten in Pfarren sind zum Beispiel: Dietrich, D., Der Kirchenbau und seine Ausstattung. Hinweise für Pfarrer, Kirchenvorsteher, Kirchenpfleger und Mesner, in: Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege (Hg.), Arbeitsheft 13, München 1983/Huber, J./ Lerber von, K., Handhabung und Lagerung von mobilem Kulturgut. Ein Handbuch für Museen, kirchliche Institutionen, Sammler und Archive, Bielefeld 2003. 47 Voglhuber, E./Wimmer, J., Umgang mit Kunstgut in der Diözese Linz, in: Mitteilungen des Österreichischen Restauratorenverbandes 12/2009, S. 33–38.
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spiel im Fall der Fastentücher aus der Pfarre Irsee48 und in mehreren Kärntner Pfarren realisiert wurde. Unter anderem wird dabei auch die Auf- und Abhängung von Fastentüchern betreut.49 Eine aus konservatorischen Gesichtspunkten besonders geeignete Form der Präsentation von großformatigen Textilien ist die Ausstellung auf einer zur Wand hin schräggestellten, mit säurefreien Materialien bezogenen Platte. Der Winkel ist im Idealfall so gewählt, dass das Gewicht des Fastentuchs gleichmäßig über die ganze Fläche verteilt ist, und es aufgrund der Reibung am Bezugsstoff genügend Halt findet.50 Zudem können durch die Schrägstellung Staubablagerungen weitgehend vermieden werden. In der Praxis hat sich gezeigt, dass diese Präsentationsform aufgrund der begrenzten Raumhöhe in einigen Museen nicht umgesetzt werden kann. Kompromisse mussten gemacht werden, wie das Wegfalten eines Bildbereichs mittels eines Rollensystems oder andere Präsentationsformen, bei denen das Fastentuch ein- oder zweimal gebogen werden musste. Diese Beispiele zeigen, dass die gewählte Art der Präsentation in der musealen Praxis einen Kompromiss zwischen Platzangebot, ästhetischen Aspekten und konservatorischen Anforderungen darstellt.
Literatur Burmester, A., Was ist Präventive Konservierung? Eine Einführung, in: Besch, U. (Hg.), Restauratorentaschenbuch 2002, München 2001, S. 76–80. CCI, Flat Storage for Textiles, Canadian Conservation Institute, in: CCI Notes 13/2/2008, http:// www.cci-icc.gc.ca/resources-ressources/ccinotesicc/13–2-eng.aspx, Zugriff 18.8.2014. CCI, Rolled Storage for Textiles, Canadian Conservation Institute, in: CCI Notes 13/3/2008, https://www.cci-icc.gc.ca/resources-ressources/ccinotesicc/13–3_e.pdf, Zugriff 18.8.2014. CCI, Velcro Hanging Support System for Flat Textiles, Canadian Conservation Institute, in: CCI Notes 13/4/2008, http://www.cci-icc.gc.ca/resources-ressources/ccinotesicc/13–4-eng.aspx, Zugriff 18.8.2014. CCI, Tétreault, J., Guidelines for Pollutant Concentrations in Museums, in: CCI Newsletter, No. 31, Juni 2003, http://www.cci-icc.gc.ca/resources-ressources/agentsofdeterioration-agentsdedeterioration/chap07-eng.aspx, Zugriff 20.8.2014. Dietrich, D., Der Kirchenbau und seine Ausstattung. Hinweise für Pfarrer, Kirchenvorsteher, Kir48 Freundliche Mitteilung von Dipl.-Rest. Cornelia Hagn, Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege, EMail vom 30.8.2013. 49 Koller, M., Das Fastentuch von 1640 des Österreichischen Museums für Volkskunde. I. Zur Bedeutung und Restaurierung im Rahmen der Fastentücher Österreichs, in: Österreichische Zeitschrift für Volkskunde 99/1996, S. 59–82, S. 69. 50 Trosbach, G., Physikalische Untersuchungen an historischen Tapisserien. Verformungsverhalten und Schräghängung, Diplomarbeit, Technische Universität München, 2002, S. 73.
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chenpfleger und Mesner, in: Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege (Hg.), Arbeitsheft 13, München 1983. Flury-Lemberg, M., Zur Wiederbelebung der Zittauer Fastentücher in der Abegg-Stiftung, in: Damzog, D./Dudeck, V./Oettel, G., (Hg.), 525 Jahre Großes Zittauer Fastentuch – und wie weiter?, Görlitz–Zittau 2000, S. 29–35. Futscher, B./Macho-Biegler, E., Die Restaurierung der ungrundierten Wechselbehänge in der ehemaligen Stiftskirche Garsten, OÖ, in: Restauratorenblätter 24/25/2005, S. 175–178. Hilbert, G. S., Sammlungsgut in Sicherheit, Berlin 2002. Höring, F., Bemalte Wandbehänge als Restaurierproblem, in: Restauratorenblätter 13/1992, S. 109–115. Huber, J./Lerber von, K., Handhabung und Lagerung von mobilem Kulturgut. Ein Handbuch für Museen, kirchliche Institutionen, Sammler und Archive, Bielefeld 2003. Koller, M., Das Fastentuch von 1640 des Österreichischen Museums für Volkskunde. I. Zur Bedeutung und Restaurierung im Rahmen der Fastentücher Österreichs, in: Österreichische Zeitschrift für Volkskunde 99/1996, S. 59–82. Lagardère, P., Das Fastentuch der Pfarrkirche zum Hl. Georg in Trins, Tirol. Konservierungsbericht zum textilen Bildträger, Unpubl. Semesterarb., Universität für angewandte Kunst Wien 2014. Leitner, K., Vier Fastentuchfragmente aus Bruck an der Mur (Steiermark) als Beispiel des ältesten Feldertypus im kärntnerisch-steirischen Bereich, in: Damzog, D./Dudeck, V./Oettel, G. (Hg.), 525 Jahre Großes Zittauer Fastentuch – und wie weiter?, Görlitz–Zittau 2000, S. 83–92. Lemberg, R., Das Große Zittauer Fastentuch in der Kirche zum Heiligen Kreuz – Denkmalpflegerische Zielsetzung, in: Damzog, D./Dudeck, V./Oettel, G. (Hg.), 525 Jahre Großes Zittauer Fastentuch – und wie weiter?, Görlitz–Zittau 2000, S. 116–127. Pichler, H., Das Fastentuch der Pfarrkirche zum Hl. Georg in Trins, Tirol (1628?). Untersuchung einer Tüchleinmalerei in liturgischem Gebrauch, Vordiplomsarbeit, Universität für angewandte Kunst Wien, 2013. Rupp, T./Weissengruber, T., Aufbewahrung und richtiger Umgang mit Textilien, in: Museumsinfoblatt, Verbund Österreichischer Museen 2/3/2009, S. 23–27. Schorta, R., Textilkonservatorische Maßnahmen an drei Tüchleinmalereien, in: Abegg-Stiftung (Hg.), Riggisberger Berichte 4, Riggisberg 1996, S. 174–177. Sörries, R., Die Alpenländischen Fastentücher. Vergessene Zeugnisse volkstümlicher Frömmigkeit, Klagenfurt 1988. Trosbach, G., Physikalische Untersuchungen an historischen Tapisserien. Verformungsverhalten und Schräghängung, Diplomarbeit, Technische Universität München, 2002. Vigl, M., Gemälde im sakralen Gebrauch, in: Mitteilungen des Österreichischen Restauratorenverbandes 12/2009, S. 12–19. Voglhuber, E./Wimmer, J., Umgang mit Kunstgut in der Diözese Linz, in: Mitteilungen des Österreichischen Restauratorenverbandes 12/2009, S. 33–38.
Birgit Müllauer, Gabriela Krist
Mit Porzellan verziert – die „Chinesischen Kabinette“ in Schloß Schönbrunn. Ein neues Montagesystem für die langfristige Erhaltung
Abstract Sustainable collection care is an important aspect of the FWF-project „Asian Interior Decoration in Schönbrunn Palace”. Because the objects are being presented in imperial living- and representational rooms, decorated true to original and now in use for touristic purposes, the requirements of a conservation concept are different than in a museum context. In the “Chinese Cabinets” the form of presentation, porcelain as interior surface ornament, must be considered. The composition of diverse objects, mainly porcelains, is wall-mounted on relatively small consoles. Securing the existing inventory and collection care are closely connected with processing and evaluating the object-, collection- and conservation history and developing a concept for the future conservation strategy. The new mounting system is not only related to the environmental conditions but also to the history, and provides a basis for adequately and especially safely presenting the objects in the cabinets and so preserving the cabinets as interior ensembles.
Zusammenfassung Nachhaltige Sammlungspflege ist ein wichtiger Aspekt des FWF-Projektes „Ostasiatische Raumausstattungen in Schloß Schönbrunn“. Aufgrund der Präsentation der Objekte im Kontext originalgetreu ausgestatteter kaiserlicher Wohn- und Repräsentationsräume, die heute touristisch genutzt werden, unterscheiden sich die Anforderungen an Konservierungskonzepte grundlegend vom musealen Bereich. In den sogenannten „Chinesischen Kabinetten“ muss zudem die Art und Weise der Präsentation der Objekte, Porzellan als Raumschalenschmuck, berücksichtigt werden. Es handelt sich um eine Zusammenstellung von unterschiedlichsten Objekten, wandmontiert auf relativ kleinen Konsolen. Bestandserhaltung und Sammlungspflege ist hier eng verbunden mit der Aufarbeitung und Evaluierung der Objekt-, Sammlungs- und Restauriergeschichte und mit der Konzeptentwicklung einer künftigen Konservierungsstrategie. Das neue Montagesystem steht
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also nicht nur in Bezug zu den Umgebungsbedingungen sondern auch zur Geschichte (z. B. diverse Veränderungen in der Aufstellung; eingebrachtes Sekundärmaterial) und bildet die Grundlage, um die Objekte künftig adäquat und vor allem sicher wieder in den Kabinetten präsentieren zu können.
Einleitung In den Schauräumen von Schloß Schönbrunn sind zahlreiche Kunstgegenstände ostasiatischer Provenienz laufend einem großen Publikum zugänglich.1 Einen Sammlungsschwerpunkt bilden die Keramiken, hauptsächlich Porzellane. Die Sammlung beinhaltet Stücke chinesischer und japanischer Exportware sowie europäische Chinoiserie.2 Die Objekte werden, je nach Größe, Gewicht und Zusammenspiel im Raumensemble, auf Möbeln oder auch am Boden stehend präsentiert. Nur in drei Kabinetten werden zudem Keramiken auf den hölzernen Konsolen der weiß-gold gefassten barocken Wandvertäfelung ausgestellt: im Rundkabinett3, im Ovalkabinett4 und im Frühstückskabinett5 (Abb. 106).6 Im Rahmen des dreijährigen, vom FWF geförderten Forschungsprojektes „Ostasiatische Raumausstattungen in Schloß Schönbrunn“7 werden u.a. die Keramiken der beiden „Chinesischen Kabinette“ behandelt. Sie befinden sich in der Beletage des Schloß Schönbrunn, seitlich der Kleinen Galerie. Beide Räume dienten Maria Theresia als Konferenz- und Spielzimmer. Ihre ursprüngliche Ausstattung erfolgte zwischen 1753–1760 im Zuge der Umbauten Pacassis.8 Die hier vorliegende Sammlung ist ein über Jahrhunderte gewachsener Bestand, dessen Ursprung in der Sammlungstätigkeit Maria Theresias liegt.9
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Iby, E. Schloß Schönbrunn – Weltkulturerbe der UNESCO, in: SKB/KHM (Hg.), Maria Theresia und Schloß Schönbrunn, Japan 2006, S. 172–175. Iby, E./Koller, A., Schönbrunn, Wien 2007/Pantzer, P., Imari-Porzellan am Hofe der Kaiserin Maria Theresia, Düsseldorf 2000. 130 Stück auf 165 Konsolen. 122 Stück auf 138 Konsolen. 12 Stück auf 12 Konsolen. Iby, E./Koller, A., Schönbrunn, Wien 2007. Krist, G./Müllauer, B., Asian Interior Decoration in Schönbrunn Palace – Conservation Sciences for Research, Amendments and New Perspectives on Art and Cultural History, Restoration History of the Asian Collection, unpublizierter Forschungsantrag, FWF, 2012. Iby, E., Schönbrunn – Das Residenzschloss Maria Theresias, in: SKB/KHM (Hg.), Maria Theresia und Schloß Schönbrunn, Japan 2006, S. 195–196. Ebert, J., Die Asienkabinette in Schloß Schönbrunn – Trinksitten für Heißgetränke am Hofe Maria Theresias, unpubliziertes Manuskript, 2009.
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Der heutige Bestand umfasst 213 Keramik-Gefäße10 und 29 Porzellan-Figuren11 unterschiedlicher Provenienz. Chinesische und japanische Originale stehen neben europäischen Porzellanen und Fayencen. Teilweise wurde auch asiatische Importware in Europa mittels Metall-Montierungen, die im Fall der Schönbrunner Sammlung v.a. an Böden und Mundsäumen angebracht wurden, umgestaltet. Zudem werden im Ovalkabinett zehn japanische Lackfläschchen präsentiert (Abb. 107).
Der Keramikbestand in den „Chinesischen Kabinetten“ – Forschungsziele Forschungsschwerpunkte bezüglich dieser großzügigen Raumausstattung mit Keramik sind die Sammlungsgeschichte, die Montage der Objekte auf den Konsolen und deren Restauriergeschichte.12 Die Präsentations- und Sammlungsgeschichte umfasst die Recherche zur Entstehung der Sammlung und ihrer Veränderungen (z. B. Verluste und Integration neuer Objekte – v.a. im 19. Jahrhundert und in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts) und die Aufstellungssystematik der Objekte im Raum sowie die unterschiedlichen Phasen der Präsentation. Diese Fragen sind eng verknüpft mit der Forschung zu den historischen Präsentationsmodalitäten und den verschiedenen Methoden historischer Befestigung der Objekte sowie mit der Objekt- und Restauriergeschichte der Keramiken. Die Untersuchung der historischen Maßnahmen sowie die konservierungsethische Diskussion zum weiteren Umgang mit diesen früheren Eingriffen bilden die Grundlage für die Konzeptentwicklung für künftige konservatorische und restauratorische Maßnahmen. Die Konzeptualisierung der zukünftigen Präsentation der Sammlung in den historischen Schauräumen ist vorrangiges Ziel des Forschungsprojektes. In Bezug auf die Keramiken betreffen die wichtigsten Fragen das Montagesystem: Wie wird zukünftig montiert? Wo wird montiert? Mit welchen Materialien werden die Konzepte zur Montage der Objekte auf den Konsolen umgesetzt und wie gestaltet sich die Aufstellungssystematik der Einzelobjekte im Raum? Der momentane Forschungsstand zu diesen Fragen wird im Folgenden dargestellt.
10 Rund Kabinett 124, Oval Kabinett 89. 11 Rund Kabinett 6, Oval Kabinett 23. 12 Krist, G./Griesser-Stermscheg, M., Konservierungswissenschaftliche Forschungsarbeit in Schloß Schönbrunn: Wo Vision und Realität in guter Nachbarschaft leben, in: Schloß Schönbrunn Kultur- und Betriebsges.m.b.H. (Hg.), 20 Jahre Denkmalpflege 1992 – 2012. Wissenschaftliche Reihe Schönbrunn, Band 10, Wien 2012.
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Bestandsaufnahme der historischen Montagesituation 13 Die konservatorische Bestandsaufnahme aller Objekte und Konsolen mit Fokus auf historischen Montagemethoden und deren Evaluierung, bildet die Basis für die weiteren konzeptuellen Überlegungen und für die Erhaltung der Raumdekoration als solche. Dazu gehört auch die umfassende Erforschung der Objekt- und Restauriergeschichte. Die beiden „Chinesischen Kabinette“ sind ausgestattet mit Weiß-Gold gefassten Wandvertäfelungen. Reich ornamentierte Rahmungen umfassen die montierten Lacktafeln und Spiegel. Aus den Rahmungen der Lacktafeln und Spiegel wachsen 303 zierliche Konsolen, die in Weiß und Gold gefasst sind. Die Konsolen sind meist aus zwei Holzteilen gefertigt, verleimt und mit der Wandvertäfelung verschraubt, bzw. zum Teil mit den Rahmen verbunden. Die Objekte waren in mehreren Phasen mit unterschiedlichen Methoden und Materialien auf den Konsolen befestigt. Die meisten Keramiken weisen im Boden ein Loch auf und sind auf Stahl-Schraubstifte gesteckt, die wiederum in den Konsolen verankert sind. Zudem waren die Objekte mit unterschiedlichen Montagemassen mit den Konsolen verklebt.14 Vor allem in der letzten Montagephase wurde der Klebstoff (Polyesterharz) nicht nur zwischen Objekt und Konsole aufgetragen, sondern auch in die Gefäße hinein geleert. Die Deckel waren ebenfalls verklebt worden, und das nicht immer am passenden Objekt. Die Probleme der rezenten Montage waren zum Teil durch den desolaten Zustand der Konsolen selbst begründet.15 Ein weiteres Risiko stellte die große Bandbreite an früheren restauratorischen Eingriffen dar, sowie der gealterte Zustand der Sekundärmaterialien. So waren z. B. viele frühere Klebungen der Keramiken nicht mehr intakt und tragfähig. Zudem sind einige Objekte zu nahe an der Wand montiert. Sie stehen an der Vertäfelung an, was zu Spannungen und Rissbildung in der Konsole, aber auch in der Keramik selbst führen kann.16 13
Krist, G., Bestandsaufnahme und Zustandsdokumentation, in: Restauratoren-Taschenbuch, München 2003. 14 Die am häufigsten auftretenden Montagemassen wurden bereits mittels Mikroskopie, REM-EDX und FTIR von Tatjana Bayerova und Karol Bayer analysiert – von diesen 3 Phasen der Montage sind etwa 80 % der Objekte betroffen. Die Analysen der historischen Montagemassen ergaben einerseits Schellack und Gips und andererseits Polyesterharz mit verschiedenen Füllstoffen (Siliziumoxid, Bariumsulfat oder Aluminiumoxid). Siehe: Bayerova T./Bayer, C., Porzellanobjekte der „Chinesischen Kabinette“, Schloß Schönbrunn, Wien, unpublizierter Bericht, 2012. 15 Da aufgrund des schlechten Erhaltungszustandes der Konsolen die montierten Objekte zum Teil absturzgefährdet waren, mussten auch Konsolen demontiert werden. Die Verbindung zwischen den Teilen der Konstruktion der Konsolen wies teilweise starke Haftungsverluste auf. 16 Müllauer, B./Porod, V./Fischer, E., Zustandserfassung und vorläufiger Maßnahmenkatalog der wandverbundenen Keramiken/Porzellane, „Chinesische Kabinette“ Schloß Schönbrunn, unpublizierter Bericht, 2012.
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Vor der Durchführung der Demontage wurden Positionspläne zur Standort-Dokumentation erstellt. Die Systematisierung der Standortbezeichnungen erfolgte nach Kabinett/Achse/Konsole – so wurden alle Konsolen aufgenommen, auch die 51 im Moment nicht besetzten und jedes Objekt (mit der Inventarnummer: z. B. Objekt MD 040554) mit dem Standort auf einer Konsole verknüpft (z. B. Standort 1.4.8: Ovalkabinett, Achse 1, Standort 8; MD 040554). Um zu gewährleisten, dass die Objekte als Teil des Ensembles ohne weitere Substanzgefährdung wieder auf den Konsolen präsentiert werden können, werden auch die Umgebungsbedingungen genau erfasst.17 Die Umgebungsbedingungen in den „Chinesischen Kabinetten“ stehen in enger Relation zu den Bedingungen in der Beletage des Schloß Schönbrunn. Ein wesentlicher Faktor ist die touristische Nutzung des Schlosses. Die „Chinesischen Kabinette“ können von BesucherInnen durch eine Glastür besichtigt, aber nicht betreten werden. Das ist einer der Gründe, warum die klimatischen Verhältnisse keine sprunghaften Änderungen aufweisen. Veränderungen in relativer Luftfeuchtigkeit und Temperatur vollziehen sich langsam im Lauf der Jahreszeiten.18 Die Glastür bildet auch eine Barriere für Staub. Die UV-Belastung kann aufgrund der immer und vollständig geschlossenen, hölzernen Fensterläden als relativ gering eingeschätzt werden.19 Ein weiterer Parameter, der bislang keine Beachtung fand, sind die Vibrationen und Schwingung, die zum einen durch den Besucherstrom und zum anderen durch den nahen Schwerverkehr verursacht werden. Diesbezüglich wurden erste Messungen durchgeführt.20 Die vorläufigen Ergebnisse liegen allesamt unter den als riskant einzustufenden Werten.21
17 Das neue Montagekonzept ist sowohl auf die klimatischen Umgebungsbedingungen als auch auf die Eigenschaften des jeweiligen Objektes genau abgestimmt. Diese Gegebenheiten umfassen etwa: Maße (Grundfläche, Höhe, max. Durchmesser), Gewicht, Form der Grundfläche, irreversible Spuren früherer Montagen (Bohrung: Ausführung und Maße), Schäden (Sprünge, Brüche und Fehlstellen). Die Eigenschaften der Konsole spielen ebenfalls eine wichtige Rolle, sie beinhalten: Maße (Grundfläche, Höhe bis zur nächsten Konsole), Fräsung, Zustand, Spuren früherer Montagen, Winkel zur Wand und Gefälle nach rechts oder links, 18 Die Werte des Jahres 2013 reichten von 28 bis 65 % relativer Luftfeuchtigkeit und 6 bis 32 °C. 19 Diesbezügliche Messungen folgen. 20 Fleischer, G., Auswertung der Vibrationsmessungen in den „Chinesischen Kabinetten“, unpublizierter Bericht, 2014. 21 Johnson, A. P./Hannen, W. R./Zuccari, F., Vibration Control During Museum Construction Projects, in: Journal of the American Institute for Conservation, 52/1/2013, S. 30–47/Thickett, D., Assessment of Vibration Damage Levels, Conservation Research Group Report No 1999/6, British Museum, London 1999/Thickett, D., Vibration damage levels for museum objects, in: Vontobel, R. (Hg.), Preprints of the 13th Triennial Meeting, Rio de Janeiro, 22 – 27 September 2002, ICOM Committee for Conservation, vol. 1, London 2002, S. 90–95.
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Konzept für die Neumontage Maßgeblich für die Herangehensweise an die Neumontage der Objekte ist die Art und Weise der Präsentation der Objekte – Keramik als Raumschalenschmuck, welche sich grundlegend von musealen Präsentationen und der daraus resultierenden Thematik unterscheidet.22 Um in Zukunft eine sichere und adäquate Form der Montage gewährleisten zu können muss also ein umfangreiches Konzept für die Neumontage entwickelt werden, um den Anfordernissen der Objekte gerecht zu werden. Die Materialkombination an den Wänden der „Chinesischen Kabinette“ in Schloß Schönbrunn fordert ein ausgeklügeltes Zusammenspiel von Einzellösungen. Die Anforderungen an das neue verbesserte Montagesystem umfassen folgende Aspekte: Das System soll eine sichere und reversible Befestigung der Objekte auf den Konsolen und eine präzise Adaption an die jeweilige Situation gewährleisten. Im Zuge dessen sollen möglichst wenige Interventionen in der Originalsubstanz stattfinden. Darüber hinaus ist eine Integration der historischen Schraubstifte23 sowie optisch-ästhetische Zurückhaltung erforderlich. Der Kontroll- und Pflegeaufwand soll so gering wie möglich sein. Erste Überlegungen zur Umsetzung der Neumontage berücksichtigen Konstruktionen aus Acrylglas und Metallelementen, die Fixierung mittels Magneten und Click-in Systeme. Des weiteren wurden Tests mit neutralvernetzenden dauerelastischen Polymeren auf Silikon- und Acrylbasis und mit Wachsen in Bezug auf Verarbeitungsmodalitäten, Formstabilität während Reaktionszeit und Flexibilität im Alterungsprozess durchgeführt.24 Die besten Ergebnisse konnten mit Wachsen erzielt werden.25 Aus diesem Grund wird die Produktpalette der Wachse nun einer erweiterten Testreihe unterzogen, und zwar auf Formstabilität (im relevanten Klimaspektrum und auf das Gewicht bezo22 Kippes, W. (Hg.), Erhaltung des kulturellen Erbes und Zugang zum kulturellen Erbe in einer globalisierten Gesellschaft, Wissenschaftliche Reihe Schönbrunn, Bd. 4, Wien 1997/Thomson, G., The Museum Environment, London 1993. 23 Krebs, E., Holzschraubstifte in den Porzellanen der Asiatischen Kabinette Schloss Schönbrunn, unpublizierter Bericht, 2014/Preßlinger, H., Metallographischer und mikroanalytischer Untersuchungsbericht von zwei Schraubenproben aus den Chinesischen Kabinetten im Schloß Schönbrunn, unpublizierter Bericht, 2014. 24 Zhermack Knetsilikon; Akemi Marmorsilikon; Wacker M4641 mit Thixotropiermittel; Klebewachs Kremer Knetwachs Kremer; Bienenwachs mit 2 %igem Dammar-Zusatz (gelöst). 25 Buys, S./Oakley, V., Conservation of ceramics, London 1993/Lee, L. R./Thickett, D., Selection of Materials for the Storage or Display of Museum Objects, Occasional Paper 111, British Museum, London 1996/Oakley, V./Jain, K., Essentials in the Care and Conservation of Historical Ceramic Objects, London 2002/Shashoua, Y., Evaluation of Tackywax as a Display Aid for Glass and Porcelain Objects, British Museum Conservation Research Report No. 37, London 1990.
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gen), auf Staubhaftung und Abspaltung von Substanzen (im Alterungsprozess als auch temperaturbedingt).26 Die Testreihen in Bezug auf Penetration und Biegezugfestigkeit bei unterschiedlichen Temperaturen, sowie in Bezug auf Veränderung der kristallinen Phasen der Wachse durch Alterung werden in Kooperation mit Walter Strasser27 durchgeführt. Eine zusätzliche Auswertung der Materialveränderung nach künstlicher Alterung (Substanzveränderung, -Abspaltung) mittels Gaschromatographie (GC-MS) ist avisiert. Zudem wurden für die Sommermonate 2014 Dummys im Oval Kabinett platziert. Es handelt sich dabei um Porzellanschalen mit Standring, die mittels gegossener Wachsringe auf Löschkarton montiert und mit zusätzlichen 1400 g Bleigewichten beschwert wurden. Das entspricht dem Gewicht der schwersten präsentierten Keramiken. Die Wachse wurden in Ringe gegossen um einheitliche Probekörper herstellen zu können. Der Löschkarton dient der Beobachtung und Beurteilung des Haftungsverhaltens und der Fleckenbildung durch Auswanderung von Substanzen (z. B. Paraffinöle). Zur Untersuchung der Staubanhaftung wurden weitere Probekörper mit Wachs auf Objektträgern angefertigt. Diese werden zum einen im Oval Kabinett exponiert, zum anderen in der Klimakammer28 bei wechselnder relativer Luftfeuchtigkeit und Temperatur, entsprechend der in den Kabinetten gemessenen Extremwerte bewittert. Die Probekörper in der Klimakammer werden in drei Phasen mit Staub bestreut, um anschließend die Haftung und Eindringtiefe des Staubes zu messen. Die Ergebnisse dieser Testreihen werden für Dezember 2014 erwartet. Das neue Montagesystem auf Wachsbasis soll auf jeden Fall den Abstand zwischen Konsole und neuer Standfläche, der durch das Gefälle der Konsolen entstehen kann, gänzlich schließen, um zusätzliche Staubansammlung unter den Keramiken zu vermeiden. Außerdem sind eine Fixierung und Nivellierung der Objekte auf den Konsolen mit Wachs vorgesehen, wobei die Objekte, nach Konservierung von Konsolen, Keramiken und Schrauben, wieder auf die historischen Schrauben (soweit vorhanden) gesteckt werden sollen. Die Löcher in den Böden der Keramiken werden ebenfalls mit Wachs gesichert und wo nötig stabilisierende Elemente aus Acrylglas eingebracht (Scheiben und/ oder Stifte – Abb. 108). Bevor man nun die Art der Montage explizit auf ein Objekt abstimmen kann, muss jedes Objekt seiner passenden Konsole zugeordnet und die zukünftige Präsentation geklärt werden. Dann kann nach der Konservierung und Restaurierung der Konsolen und Keramiken die praktische Durchführung der Neumontage erfolgen. 26 Knetwachs und Klebewachs Kremer; Utility Wachs Henry Schein aus dem Dentalbereich; TeCe-Ozokerit Z 130; TeCero 30201; Bienenwachs gebleicht, Crystalline Clear Museum Wax. 27 Technische Prüfanstalt der STRABAG. 28 Es handelt sich um die Klimakammer am Institut für Kunst und Technologie.
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Präsentationskonzepte Pflege heißt auch, dafür zu sorgen, dass die Sammlung in ihrem Verbund erhalten bleibt. Es gilt, die Geschichte des gewachsenen Bestands zu ergründen. Eine Sammlung ist meist ein Konglomerat aus verschiedenen Gegenständen – gegebenenfalls eine Kombination aus verschiedenen Materialien, aus verschiedener Zeit und nicht selten mit unterschiedlicher Provenienz. Es handelt sich also um ein heterogenes Konvolut, das in einen bestimmten Kontext gesetzt wurde, so auch in Schönbrunn. Es liegt eine inhomogene Sammlung von japanischem, chinesischem und europäischem Porzellan und europäischer Keramik vor, erweitert um zehn Lackfläschchen. Fluktuation im Bestand ist bis ins 20. Jahrhundert belegt. Die Entscheidung, welcher zeitliche Kontext für die Neuaufstellung auf den Konsolen gewählt wird und inwieweit dieser rekonstruierbar ist, ist noch offen und wird in Konkordanz mit der Fassung der Wandvertäfelung und den Lacktafeln getroffen. Die Einheit jedes Kabinetts muss ebenso ersichtlich bleiben wie die Beziehung der beiden Kabinette zueinander sowie die Eingliederung in das Schlossensemble. Das historische Raumensemble soll als Sammlung/Sammlungsbestandteil definiert bleiben. Bis zur Demontage Ende 2012 waren auf insgesamt 303 Konsolen 252 Objekte montiert, 51 Konsolen standen leer. Im Lauf der Zeit sind anhand von Bildmaterial zahlreiche starke Veränderungen im Raumkonzept der Kabinette zu verzeichnen. Neben den Bildquellen liefern Archivrecherche und die Informationen auf den Objekten selbst wichtige Hinweise auf derartige Veränderungen. Die konservierungswissenschaftliche Untersuchung und Bestandsaufnahme bildet hierfür die Grundlage. An einer Vielzahl der 252 Objekte sind historische Inventar-, Bezeichnungs- und Versatznummern zu verzeichnen.29 Sie wurden erhalten, dokumentiert und exemplarisch analysiert30, da sie wertvolle Hinweise zur Erforschung der frühen Objektgeschichte und zum Aufstellungssystem in den Kabinetten liefern können.31 Viele Objekte weisen mehrere historische Bezeichnungen auf. Auch an den Rückseiten der Konsolen sind Beschriftungen vorhanden (Abb. 109). Nun werden diese Befunde in Blickrichtung Aufstellungssystematik ausgewertet. In welche Zeit sind welche Bezeichnungen zu datieren? Sind es Inventar-Bezeichnungen 29 Es handelt sich um etwa 80 % der Objekte. 30 Bayerova T./Bayer, C., Porzellanobjekte der „Chinesischen Kabinette“, Schloß Schönbrunn, Wien, unpublizierter Bericht, 2012/Grießer M./Pitthard, V., Untersuchungsbericht zu Bestellung IE_2012_0036 und IE_2012_0040, unpublizierter Bericht, 2012. Die Analysen der Bindemittel ergaben: „rote 3: burgundy pitch; braune 7.d: linseed oil, burgundy Pitch, mastic, beeswax“. 31 Die Aufnahme der historischen Beschriftungen ist gegliedert in Lesbarkeit, Transkription, Träger, Schreibwerkzeug und Farbigkeit. Siehe: Müllauer B./Porod, V./Fischer, E., Zustandserfassung und vorläufiger Maßnahmenkatalog der wandverbundenen Keramiken/Porzellane, „Chinesische Kabinette“ Schloß Schönbrunn, unpublizierter Bericht, 2012.
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oder sind es Angaben zur Positionierung im Raum? Geben sie Aufschluss über die frühe Objektgeschichte? Gibt es Hinweise auf Bezüge zu anderen Sammlungen? In Kombination mit der Begutachtung vorhandener historischer Aufnahmen konnte ein wichtiger Schritt zur Entschlüsselung erreicht werden. Im Fokus stand hier vor allem die Zusammenschau von getroffenen Änderungen in der Aufstellungssystematik, der Montage- und der restauratorischen Maßnahmen und Bezüge zwischen Montagephasen und Objekt- und Restauriergeschichte.32 Der erste Anhaltspunkt hierbei waren die historischen Inventar- und Bezeichnungsnummern auf den Objekten und auf den Konsolen. Diese Nummern wurden nach Farbe, Auftragstechnik und Schriftart gruppiert. Ein Beschriftungstyp mit braunen Nummern ist sowohl auf den Keramiken als auch auf den Konsolen am häufigsten auffindbar. Die Rekonstruktion der Aufstellung nach diesen braunen Nummern entspricht in großen Teilen den historischen Fotos von 1944 vor der Abnahme und Verbringung der Raumschale in das Bergedepot im Salzbergwerk Altaussee.33 Es ist daher anzunehmen, dass diese Beschriftung nach 1937 erfolgte, wahrscheinlich im Zuge der Evakuierung der Wandvertäfelung 1944.
Conclusio Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass das Konzept für die Neumontage der Keramiken auf den Konsolen der „Chinesischen Kabinette“ zum Teil abgeschlossen ist. Das erstellte Konzept sieht historische Schraubstifte in Kombination mit Wachs und dem punktuellem Einsatz von Acrylglas vor. Die Frage, welcher Wachstyp in das System integriert werden soll, ist noch offen und wird mit der Auswertung der aktuell noch laufenden Testreihen beantwortet. In Bezug auf die Präsentationskonzepte konnte durch die Erforschung und Auswertung von Bild- und Archivmaterial der häufigste Beschriftungstyp auf den Keramikobjekten und Konsolen datiert und zugeordnet werden. Eine weitere Auswertung der Bezeichnungsnummern wird durch Archivrecherche, vor allem im Hofkammerarchiv, erfolgen. Hier finden sich vermutlich zusätzliche Hinweise zum Verbleib der aktuell 51 fehlenden Objekte.
32 Bacher, E., Anmerkungen zur Denkmalpflege in einer globalisierten Welt, in: Kippes, W. (Hg.), Erhaltung des kulturellen Erbes und Zugang zum kulturellen Erbe in einer globalisierten Gesellschaft, Wissenschaftliche Reihe Schönbrunn, Bd. 4, Wien 1997, S. 8–9. 33 BMobV Archiv, Revision 1949–50: Die Raumschale wurde Ende des 2.WK nach Altaussee verbracht – wobei allerdings die Objekte nicht dezidiert vermerkt sind.
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Literatur Bacher, E., Anmerkungen zur Denkmalpflege in einer globalisierten Welt, in: Kippes, W. (Hg.), Erhaltung des kulturellen Erbes und Zugang zum kulturellen Erbe in einer globalisierten Gesellschaft, Wissenschaftliche Reihe Schönbrunn, Bd. 4, Wien 1997, S. 8–9. Bayerova T./Bayer, C., Porzellanobjekte der „Chinesischen Kabinette“, Schloß Schönbrunn, Wien, unpublizierter Bericht, 2012. BMobV Archiv, Revision 1937. BMobV Archiv, Revision 1949–50. Buys, S./Oakley, V., Conservation of ceramics, London 1993. Ebert, J., Die Asienkabinette in Schloß Schönbrunn – Trinksitten für Heißgetränke am Hofe Maria Theresias, unpubliziertes Manuskript, 2009. Fleischer, G., Auswertung der Vibrationsmessungen in den „Chinesischen Kabinetten“, unpublizierter Bericht, 2014. Grießer M./Pitthard, V., Untersuchungsbericht zu Bestellung IE_2012_0036 und IE_2012_0040, unpublizierter Bericht, 2012. Iby, E./Koller, A., Schönbrunn, Wien 2007. Iby, E., Schloß Schönbrunn – Weltkulturerbe der UNESCO, in: SKB/KHM (Hg.), Maria Theresia und Schloß Schönbrunn, Japan 2006, S. 172–175. Iby, E., Schönbrunn – Das Residenzschloss Maria Theresias, in: SKB/KHM (Hg.), Maria Theresia und Schloß Schönbrunn, Japan 2006, S. 195–196. Johnson, A. P./Hannen, W. R./Zuccari, F., Vibration Control During Museum Construction Projects, in: Journal of the American Institute for Conservation 52/1/2013, S. 30–47. Kippes, W. (Hg.), Erhaltung des kulturellen Erbes und Zugang zum kulturellen Erbe in einer globalisierten Gesellschaft, Wissenschaftliche Reihe Schönbrunn, Bd. 4, Wien 1997. Krebs, E., Holzschraubstifte in den Porzellanen der Asiatischen Kabinette Schloss Schönbrunn, unpublizierter Bericht, 2014. Krist, G., Bestandsaufnahme und Zustandsdokumentation, in: Restauratoren-Taschenbuch, München 2003. Krist, G./Müllauer, B., Asian Interior Decoration in Schönbrunn Palace – Conservation sciences for research, amendments and new perspectives on art and cultural history, restoration history of the Asian collection, unpublizierter Forschungsantrag, FWF 2012. Krist, G./Griesser-Stermscheg, M., Konservierungswissenschaftliche Forschungsarbeit in Schloß Schönbrunn: Wo Vision und Realität in guter Nachbarschaft leben, in: Schloß Schönbrunn Kultur- und Betriebsges.m.b.H. (Hg.), 20 Jahre Denkmalpflege 1992 – 2012, Wissenschaftliche Reihe Schönbrunn, Bd. 10, Wien 2012. Lee, L.R./Thickett, D., Selection of Materials for the Storage or Display of Museum Objects, Occasional Paper 111, British Museum, London 1996. Müllauer B./Porod, V./Fischer, E., Zustandserfassung und vorläufiger Maßnahmenkatalog der wandverbundenen Keramiken/Porzellane, „Chinesische Kabinette“ Schloß Schönbrunn, unpublizierter Bericht, 2012.
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Asbest erhalten. Grundlagen zur Evaluierung mit Formblättern für den Museumsalltag
Abstract Asbestos containing objects (ACM) are mainly seen as hazards due to the resistant respirable mineral fibre. Since its ban, asbestos materials were and are often removed to reduce health risks, e.g. by handling, for museum employees. As this approach is contrary to basic ethics of conservation, considerations on how to preserve asbestos in historic objects and how to keep standards in health protection high are increasing. The Technische Museum Wien (TMW) is currently in the planning process to develop a systematic asbestos strategy and therefore commissioned research at the University of Applied Arts Vienna in 2011/12. The aim was to find out about the state of the art in other museums and the position of the TMW in the field. As a result of the research forms for collection survey, risk assessment and remediation of ACM were created. They will be presented in the following paper, including an invitation to evaluate the forms by practical use.
Zusammenfassung Asbest als Bestandteil von Museumsobjekten wird auf Grund seines Gesundheitsrisikos als beständige lungengängige Mineralfaser in erster Linie als Gefahrenstoff wahrgenommen. Einem ersten Impuls folgend wurden und werden diese Materialien seit dem Verbot von Asbest im Jahr 1990 entfernt, um das Gefahrenpotential, zum Beispiel beim Handling durch Museumsangestellte, zu reduzieren. Da diese Herangehensweise jedoch grundlegend konservatorischer Ethik widerspricht, mehren sich die Überlegungen, wie man gleichzeitig dem Gesundheitsschutz und dem Erhalt historischer Objekte mit Asbestbestandteilen gerecht werden kann. Das Technische Museum Wien (TMW) befindet sich in der Planungsphase zur Entwicklung einer systematischen Asbeststrategie und hat daher 2011/12 eine wissenschaftliche Arbeit an der Universität für angewandte Kunst Wien in Auftrag gegeben, die den aktuellen Stand der Forschung sowie die Po-
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sitionierung des Museums in diesem Feld erfassen sollte.1 Als Ergebnis der intensiven Auseinandersetzung wurden u.a. Formulare für die Erfassung, Bewertung und Sanierung von asbesthaltigem Sammlungsgut erstellt. Diese werden im folgenden Beitrag mit der Aufforderung zur praktischen Anwendung und Evaluierung präsentiert.
Asbest – Materialcharakterisierung Asbeste sind natürliche Mineralfasern. Sie entstehen bei der Umwandlung (Metamorphose) von eisenhaltigen Magnesiumsilikaten (Olivinen). Es wird zwischen zwei Gruppen unterschieden, abhängig davon, ob bei diesem Prozess Wasser aufgenommen (Serpentinisierung) oder abgegeben (Amphobilisierung) wird. Unter bestimmten Druckund Temperaturbedingungen bildet sich dabei eine gallertartige Masse, die auskristallisiert und aus den Fasern herausgezogen werden. Durch die Bewegung im umliegenden Gestein orientieren sich die Fasern entweder normal oder parallel zu den Spaltwänden bzw. treten als Massenfasern in Nestern auf.2 Von wirtschaftlicher Bedeutung ist vor allem der langfaserige Chrysotil („Weißasbest“), ein Schichtsilikat aus der Gruppe der Serpentine. Er kann in Abhängigkeit von der Faserlänge versponnen und zu textilen Produkten verarbeitet werden oder im Verbund mit anderen Materialien (Papier, Zement, Kunststoff etc.) zur Anwendung kommen. Die Amphibol-Varietäten Riebeckit (auch Krokydolith oder Blauasbest) und Grünerit (auch Amosit oder Braunasbest) sind Ketten- oder Doppelkettensilikate und bilden kurze, stachelförmige Fasern aus. Diese werden ebenfalls als Beimischung mit anderen Werkstoffen verwendet.3
Werkstoffeigenschaften und Gesundheitsgefährdung Die technischen Eigenschaften von Asbest variieren je nach Mineralvarietät und Herkunft. Der Werkstoff ist hitze- bzw. feuerresistent, chemikalienbeständig und teilweise 1
2
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Holzer, C., Der Asbestanzug des Technischen Museums Wien : ein Leitfaden zum Umgang mit dem Gefahrenstoff Asbest im musealen Kontext, Diplomarbeit, Universität für angewandte Kunst Wien, 2012. Die Diplomarbeit wurde unter der Betreuung von o. Univ. Prof. Mag. Dr. Gabriela Krist am Institut für Konservierung und Restaurierung durchgeführt. Berger, H., Asbest Fibel. Ein geschlossener Überblick über die Gewinnung, Aufbereitung, Eigenschaften, Verarbeitung und Verwendung von Asbest, AWG-Reihe. Gummi. Asbest. Kunststoffe, Bd. 53, Stuttgart 1961, S. 12–18. Matthes, S./Okrusch, M., Mineralogie. Eine Einführung in die spezielle Mineralogie, Petrologie und Lagerstättenkunde, 7. vollst. überarb. und akt. Auflg., Berlin 2005, S. 97ff, 105f.
Asbest erhalten. Grundlagen zur Evaluierung mit Formblättern für den Museumsalltag
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verspinnbar. Darüber hinaus zeichnen sich die Fasern durch eine hohe Zug- und Druckfestigkeit, gutes Ab- und Adsorptionsvermögen sowie ein geringes spezifisches Gewicht aus. Dadurch ergeben sich unter anderem Anwendungsgebiete im Hitze- und Brandschutz, zur Hitze-, Kälte-, Elektrizitäts- und Schallisolierung sowie als Filtermaterial im Chemie- und Nahrungsmittelbereich. Die Beständigkeit gegenüber Chemikalien und die nadelig, faserförmige Gestalt ist allerdings auch der Grund dafür, weshalb Asbestfasern, einmal eingeatmet, sich dauerhaft in der Lunge einlagern können und nicht abgebaut werden. Als Abwehrreaktion des Körpers kommt es zu lokalen Entzündungen an jenen Stellen, an denen die Fasern das Gewebe verletzten. Ein Abtransport der Asbestfasern aus dem Körper ist nicht möglich, weshalb sie von Bindegewebe umhüllt werden. Dieser Prozess führt im weiteren Verlauf zur so genannten Lungenfibrose oder präziser Asbestose (Asbeststaublungenerkrankung), für die eine Leistungsminderung der Atmung und des Kreislaufs charakteristisch ist. Dringen die Fasern von der Lunge auch ins Lungen- und Rippenfell, entstehen durch bindegewebsbildende Prozesse sogenannte Pleuraplaques. Auch das Bauchfell kann davon betroffen sein. Darüber hinaus können auch Jahre bis Jahrzehnte nach dem Ende einer Asbest-Exposition bösartige Neubildungen (Tumore) im Kehlkopf, der Lunge, dem Rippen- und Bauchfell auftreten. Diese werden durch die Zerstörung des Erbmaterials in den Zellen der betroffenen Organe durch die Asbestfasern ausgelöst.4
Asbest im Wandel der Zeit Angesichts dieses gesundheitsschädigenden Potentials wird Asbest heute in weiten Teilen der Bevölkerung als Gefahr wahrgenommen. Diese Assoziation ist allerdings eine relativ neue Entwicklung. Von der Antike bis ins ausgehende 18. Jahrhundert wurde Asbest als besonders wertvolles, weil seltenes und mit einzigartigen Eigenschaften ausgestattetes Material betrachtet. Das 19. und 20. Jahrhundert brachte schließlich nicht nur Klarheit über die Herkunft und Materialcharakteristika von Asbest, sondern auch eine Vielzahl an Verarbeitungs- und Anwendungsformen. Viele technische und maschinelle Entwicklungen wurden überhaupt erst durch den Einsatz von Asbest als hitze- und druckbeständige Komponente ermöglicht.5 Die Informationsweitergabe, dass Asbestfasern mehr als alle anderen Staubarten eine Gefahr für die Arbeiter und Nutzer von Asbestprodukten darstellen, wurde jedoch systematisch von industriellen Vereinigungen unterbunden. 4 5
Ippavitz, A., Asbest, in: Sicherheitsinformation der AUVA M367, Wien 2007, in: https://www.sozialversicherung.at/mediaDB/MMDB119393_M367.pdf, Zugriff 22.04.2012, S. 3–5. Höper, W. E., Asbest in der Moderne. Industrielle Produktion, Verarbeitung, Verbot, Substitution und Entsorgung, Cottbuser Studien zur Geschichte der Technik, Arbeit und Umwelt, Bd. 32, Münster 2008, S. 63.
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Erst in den 1990er Jahren traten weltweit erste Verordnungen zum Verbot des Inverkehrsetzens, des Herstellens und der Verwendung von Asbest in Kraft. Bis zu diesem Zeitpunkt wurde Asbest flächendeckend in Gebäuden (Verschalungen, Isolierungen, Rohre, Plastikfließen etc.), Fahrzeugen (Brems- und Kupplungsbeläge, Wärmeisolierung), Geräten (Elektro- und Hitzeisolierungen, Dichtungen, Filter) oder als Hitzeschutzutensilien (Schutzkleidung, Vorhänge, Faserstaub) eingesetzt. In den natürlichen Lagerstätten, unter anderem in Kanada, dem Ural, Brasilien und Südafrika, wurde Tagund Untertagbau in Asbestmienen betrieben. Dabei wurden riesige Fasermengen freigesetzt. Die unmittelbare Umgebung von asbestverarbeitenden Industrien war in Abhängigkeit von der Windlage ebenfalls stark kontaminiert. ArbeiterInnen verließen zum Teil in ihrer ungereinigten Arbeitskleidung die Betriebe und brachten so unwissentlich große Fasermengen nach Hause zu ihren Familien.6 Angesichts dieser Omnipräsenz eines einzigen Werkstoffes im Alltag jedes einzelnen wird deutlich, welche Sonderstellung im Vergleich dazu vorindustrielle Asbestobjekte einnehmen. Seltene archäologische Textilfunde und Tonwaren mit Asbestfaserbeimischungen sowie historische Quellenschriften, die von unbrennbaren und höchst stabilen Fasern berichten, belegen die Verwendung von Asbest seit der Antike. Die Kenntnisse zum Abbau und zur Weiterverarbeitung (Spinnen, Weben, Stricken, Beimischung in Keramik) entwickelten sich in der Nähe von natürlichen Lagerstätten. Dieses Wissen ging jedoch wiederholt verloren, da zunächst kaum ergiebige Anwendungsgebiete gefunden werden konnte. Asbest war somit in den meisten Fällen ein Kuriosum, jedoch von hohem materiellem und zum Teil kulturellem Wert, wie im Fall unbrennbarer Dochte in Tempellampen oder bei der Verwendung als Grabtücher für gekrönte Häupter.7
Asbest im Museum In musealen Institutionen ist Asbest als Altlast, die bewertet und saniert werden muss, in drei verschiedenen Bereichen zu finden:
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Linster, W./Nowak, T./Schmidt, A., Asbest. Kompendium für Betroffene, Planer und Sanierer, 2. überarb. und akt. Auflg., Heidelberg 1996, S. 37/Woitowitz, H.-J., Die Bewertung des Gefahrstoffes Asbest aus arbeits- und sozialmedizinischer Sicht, in: Bönisch, M. (Hg.), Z. B. Asbest. Ein Stein des Anstoßes. Kulturelle und soziale Dimensionen eines Umweltproblems, Ausst. Kat., Heimatmuseum Neukölln 20.10.1990 – 01.04.1991, Berlin 1990, S. 17–29. Browne, C., Salamander’s Wool. The Historical Evidence for Textiles Woven with Asbestos Fibre, in: Textile history 34/2003, S. 64–73./Büttner, J. U., Asbest in der Vormoderne. Vom Mythos zur Wissenschaft, Cottbuser Studien zur Geschichte der Technik, Arbeit und Umwelt, Bd. 24, Münster/New York/ München/Berlin 2004.
Asbest erhalten. Grundlagen zur Evaluierung mit Formblättern für den Museumsalltag
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I. Sammlungsgut mit Asbestbestandteilen II. Alte Geräte und Materialien (z. B. von Ausstellungsbehelfen) III. Gebäudeteile. Öffentliche Institutionen, wie Museen müssen bei Auftreten von Asbestmaterialien zum Schutz der MitarbeiterInnen Fachfirmen konsultieren, um zu gewährleisten, dass die lokalen Gesetze und Richtlinien (Tab. 1) eingehalten werden. Während die Risikobewertung und Entscheidungsfindung zur Sanierung in Kategorie (II) und (III) den Sanierungsfirmen obliegt, wird beim asbesthaltigen Sammlungsgut fachkundiges Museumspersonal hinzugezogen. Gesetze und Verordnungen 2003/18/EWG Richtlinie zum Schutz der ArbeitnehmerInnen vor Gefährdung durch Asbest am Arbeitsplatz BGBl 477/2003 Chemikalien-Verbotsverordnung BGBl 570/2003 Abfallverzeichnisordnung BGBl II 242/2006 Grenzwerteverordnung Richtlinien und Normen zur Risikobewertung und Sanierung „Asbest-Richtlinie“ Richtlinie für die Bewertung und Sanierung schwach gebundener Asbestprodukte in Gebäuden (Deutsches Institut für Bautechnik, 1996) TRGS 519, Asbest. Abbruch-, Sanierungs- und Instandhaltungsarbeiten (Bundesanstalt für Arbeitsschutz, Dortmund 2003) ÖNORM 9405 Messung von Asbestfaserkonzentration in der Luft, 1993 ÖNÖRM 9406 Umgang mit schwach gebundenen asbesthaltigen Materialien, 2001 VDI 3877 Messung von Innenraumverunreinigungen, Messen von auf Oberflächen abgelagerten Faserstäuben. Probennahme und Analyse (REM/EDXA), 2011 Offizielle Informationsbroschüren (Online-Ressourcen) Leitfaden zu den optimalen Verfahren Ein praxisbezogener Leitfaden zu den optimalen Verfahren zur Verhinderung oder Minimierung von asbestbezogenen Risiken bei Arbeiten, die im Zusammenhang mit Asbest stehen, (SLIC, 2006) AUVA Sicherheitsinformation M367 Asbest. (Ippavitz 2007) Tab. 1: Gültige Rechtsvorschriften, Normen und Leitfäden zum Umgang mit Asbest in Österreich.8
Vor allem in jenen Museumssparten, die technisches Kulturgut und zeitgenössische Alltagsgegenstände sammeln, sind „Asbest-Objekte“ kein Einzelfall. In solchen Museen ist
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Holzer, C., Der Asbestanzug des Technischen Museums Wien : ein Leitfaden zum Umgang mit dem Gefahrenstoff Asbest im musealen Kontext, Diplomarbeit, Universität für angewandte Kunst Wien, 2012.
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es anzuraten, in Absprache mit besagten Fachfirmen (Sanierung und Erfolgskontrolle) sowie SpezialistInnen aus dem Bereich Arbeitsschutz, Arbeitsmedizin und Entsorgung von Asbest-Altlasten eine museumsinterne Strategie für alle Asbest-Materialien im Sammlungsgut zu entwickeln. Die Vermittlung dieser Strategie an alle MitarbeiterInnen ist der nächste Schritt: Grundlegende Kenntnis zum Gefahrpotential, Schutzausrüstung, Verhalten bei Kontakt mit Asbestmaterial, den gängigen Kennzeichnungsmethoden (Tab. 2) und zu den Asbestverantwortlichen im Museum sollten vorhanden sein. Neben ihrer Funktion als Auskunftsperson sind die Asbestverantwortlichen für die Erfassung, Kennzeichnung und Risikobewertung zuständig. Sie führen erste Schutzmaßnahmen durch und organisieren die Asbestsanierung und Entsorgung kontaminierter Abfälle in Kooperation mit den Fachfirmen. Die Höhe der Exposition hängt ab von… … der Faserkonzentration in der Luft … der Luftzirkulation … den Wetterverhältnissen … der Dauer der Exposition … der Atemrate des Betroffenen … der Art der persönlichen Schutzausrüstung Reduzierung des Gefahrenpotentials durch… Handling auf ein Minimum reduzieren Expositionszeit so gering wie möglich halten Staubentwicklung und Faserfreisetzung vermeiden Asbestmaterial nicht beschädigen Einsatz situationsgerechter Schutzkleidung (FFP 3 Halb- oder Vollmasken, Ganzkörperanzug, Handschuhe und ev. Schutzbrillen) Arbeitskleidung im Museum wechseln und wenn möglich dort waschen Regelmäßig Hände und Gesicht waschen Nicht in der Nähe asbesthaltiger Objekte essen, trinken und rauchen Bei Unsicherheit Asbestverantwortliche(n) kontaktieren Tab. 2: Checkliste zum Umgang mit „Asbest-Objekten“9
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Vogt O’Connor, D., Health and Safety Risks of Asbestos, in: Conserve O Gram 2/11/1999, http://www. nps.gov/museum/publications/conserveogram/02–11.pdf, Zugriff 03.11.2011, S. 2/Suits Norbut, L., Hazardous Materials in Your Collection, in: Conserve O Gram 2/10/1998, http://www.nps.gov/museum/ publications/conserveogram/02–10.pdf, Zugriff 07.02.2012.
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Formblätter als Bestandteil einer Asbeststrategie Die Informationen zu Asbestbestandteilen sollten für jedes einzelne Objekt dokumentiert werden und allgemein zugänglich sein. Damit bei jeder Begutachtung eine einheitliche Herangehensweise durchgeführt wird, empfiehlt es sich Formulare zu benützen. Im Rahmen der wissenschaftlichen Arbeit zum aktuellen Stand der Forschung und der Positionierung des Museums am Institut für Konservierung10 wurde in Anlehnung an andere Asbeststrategien zu diesem Zweck ein Übersichtblatt, das „Asbest-Protokoll“, erstellt, dem unter anderem eine Risikobewertung und eine Entscheidungshilfe zur Asbestsanierung beigelegt werden können.
Asbest-Protokoll Das zu untersuchende Objekt wird durch eine Kurzbeschreibung, die Inventarnummer und den Standort identifiziert. Es folgen Angaben zum Anlass der Begutachtung, die ausschlaggebend für die Einschätzung des zu erwartende Handlings des Objekts und der eventuell durchzuführenden restauratorischen Arbeiten sind. Die Gefahrenklasse wird mit Hilfe des zweiten Formblatts ermittelt. Weitere Hinweise zur Benützung der Tabelle finden sich im einleitenden Text. Besonders wichtig für die museumsinterne Kommunikation ist der vierte Abschnitt, in dem Maßnahmen empfohlen werden und ebenfalls angekreuzt wird, wenn die Durchführung derselben erfolgt ist. Die Kennzeichnung von „Asbest-Objekten“ mit standardisierten Gefahrensymbolen ist einerseits im Objektdatensatz in der internen Datenbank durchzuführen und andererseits direkt am Objekt und an dessen Verpackung und Lagereinheit. Ist ein Grundrissplan der Depots und der Ausstellungsflächen mit allen Objektstandorten vorhanden, kann auch hier das betreffende Objekt markiert werden. Bei der Isolierung sollte darauf geachtet werden, den Standort des Objekts nur dann in einen geschützten Bereich zu verlegen, wenn es zuvor verpackt wurde. Ansonsten kann es zur Freisetzung von Asbestfasern durch die Bewegung kommen, die zudem über einen größeren Bereich verteilt werden. In der Praxis hat sich gezeigt, dass Probenentnahmen zur Materialanalyse (vorzugsweise mittels REM-EDX oder Polarisationsmikroskopie) nur dann notwendig sind, wenn das Vorhandensein von Asbest nicht anhand von Hintergrundrecherche zum Objekt bestätigt werden kann. Es ist zu bedenken, dass es bei der Entnahme von Material-
10 Holzer, C., Der Asbestanzug des Technischen Museums Wien : ein Leitfaden zum Umgang mit dem Gefahrenstoff Asbest im musealen Kontext, Diplomarbeit, Universität für angewandte Kunst Wien, 2012.
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proben zur Faserfreisetzung kommen kann. Die Ergebnisse der naturwissenschaftlichen Befunde sind dem Asbestprotokoll als Anhang beizufügen. Die Zustandskontrolle kann erst empfohlen werden, wenn bereits eine Entscheidung bezüglich der Sanierung getroffen wurde. Der Begriff „Hartasbestprodukte“ wird im folgenden Abschnitt genauer erklärt. Sie können in jenen Fällen, wo kein Risiko zur Faserfreisetzung besteht, ohne weitere Maßnahmen im Objekt verbleiben, wenn sie gekennzeichnet sind und regelmäßig kontrolliert werden. Dasselbe gilt für isolierte und beschichtete Asbestbestandteile. Auf die Asbestsanierung wird ebenfalls noch im Detail eingegangen. Am Asbest-Protokoll ist nur zu vermerken, welche der Sanierungsvarianten gewählt wurde.
Formblatt zur Risikobewertung: Vorbilder und Anforderungen Ein Formblatt zur Bewertung des Risikos einer Faserfreisetzung dient der Untersuchung des Asbestprodukts im Objekt sowie des Gesamtobjekts im Sammlungskontext und sollte in der täglichen Anwendung einfach zu gebrauchen sein. Durch eine ganzheitliche Bewertung in Kombination mit dem Asbest-Protokoll wird der Handlungsbedarf aufgezeigt und eine Informationsgrundlage für die spätere Entscheidungsfindung zur Sanierung geschaffen. Sowohl der Bewertungsbogen der Asbest-Richtlinie11, als auch die untersuchten Formblätter des National Museum of Science and Industry, London (NMSI), und des National Museum Wales, Cardiff (NMW), entsprachen in ihrem Ansatz nicht ganz den Anforderungen des TMW und wurden deshalb adaptiert.
Asbest-Richtlinie In der Kopfzeile wird das Asbestprodukt hinsichtlich seines Standorts und der Art identifiziert. Dem folgen sieben Bewertungsgruppen, in denen Punkte von 0–25 vergeben werden, die abschließend summiert werden. Entsprechende Richtwerte stehen in der äußersten rechten Spalte und können angekreuzt werden. Beurteilt werden: I. Art der Asbestverwendung, II. Asbestart, III. Struktur der Oberfläche des Asbestprodukts, IV. Oberflächenzustand des Asbestprodukts, 11
Deutsches Institut für Bautechnik, Richtlinie für die Bewertung und Sanierung schwach gebundener Asbestprodukte in Gebäuden (Asbest-Richtlinie), in: Mitteilungen Deutsches Institut für Bautechnik 3/1996, Fassung Januar 1996, http://www.gaa.baden-wuerttemberg.de/servlet/is/16493/6_2.pdf, Zugriff 20.04.12, S. 8.
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V. Beeinträchtigung des Asbestprodukts von außen, VI. Raumnutzung, VII. Lage des Produkts. Anhand der Gesamtpunktezahl erfolgt eine Einteilung in drei Dringlichkeitsstufen, die Aufschluss über den Zeitpunkt einer notwendigen Sanierung geben sollen. Für die Anwendung im Museum hätten vor allem Gruppe I (Asbestanwendung) und VII (Lage des Produkts) im Detail umformuliert werden müssen, da sie zu sehr auf Asbest als Baumaterial fokussiert sind. Am TMW wird nicht zwischen den verschiedenen Asbestarten (II), also Amphibol-Asbesten und Chrysotil unterschieden. Die genaue Beurteilung von Standortfaktoren gestaltet sich zudem als kaum durchführbar, da es im Zuge der Depotinventur stetig zu Veränderungen kommen kann und so bei jeder Objektbewegung eine neue Beurteilung durchgeführt werden müsste.
National Museum of Science and Industry/National Museum of Wales Die „Asbestos Checklist“ des NMSI und des NMW orientieren sich sowohl inhaltlich, als auch in der Punktevergabe an jener der britischen „Health and Safety Executive 227. A comprehensive guide to Managing Asbestos in premises“.12 Es wird hier zwischen einer numerischen Beurteilung des Materials Asbest und der Dringlichkeit zur Sanierung unterschieden: Material-Risikoanalyse Produkttyp Ausmaß von Schäden und Materialabbau Oberflächenbehandlung Asbestart
Analyse zur Sanierungsdringlichkeit A./B. Raumnutzung C. Aktivität im Umfeld des Objekts E. Standort, F. Zugänglichkeit und G. Menge H. Wahrscheinlichkeit der Beeinträchtigung I. Anzahl der Personen, J. Häufigkeit und K. Dauer des Aufenthalts in Objektnähe L. Potentielles Gefahrenpotential für Personen M. Art und N. Häufigkeit von Reinigungsarbeiten
Tab. 3: „Asbestos Checklist“ des NMSI und des NMW.
12 Health and Safety Executive 227, A comprehensive guide to Managing Asbestos in premises, London 2002, in: http://www.hse.gov.uk/pubns/priced/hsg227.pdf, Zugriff 01.10.2013, S. 50, S. 54.
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Die beiden Checklisten unterscheiden sich nur insofern voneinander, als jene des NMW in der Begrifflichkeit bereits stärker an den Museumsalltag angepasst ist. Die Bewertungskriterien wurden jedoch auch hier als zu umfangreich wahrgenommen. Vor allem genaue Angaben dazu, wie lange sich welche Personen im Umfeld von „Asbest-Objekten“ aufhalten, wären logistisch gesehen nicht möglich gewesen.
Formblätter für das TMW Bei der Entwicklung eines eigenen Formblattes zur Anwendung im TMW13 wurde folglich der Versuch unternommen, all jene Beurteilungskriterien anzuführen, die realistisch gesehen bei der Arbeit an musealem Sammlungsgut aussagekräftig und mit geringem Zeitaufwand bewertet werden können (Abb. 110). Bei der Punktevergabe und der Ermittlung der Gefahrenklassen-Obergrenzen dienten die zwei musealen Bewertungsbögen als Vorlage: In den sechs Kategorien können 0–3 Punkte vergeben werden und die Summe aller Werte ergibt die Einteilung in die Gefahrenklasse 1 (Niedrig) bis 4 (Sehr hoch). Die Maximalwerte für die Klassen wurden ermittelt, indem die jeweils höchste Punktezahl für eine Kategorie vergeben und zusammengezählt wurde. ASBESTBESTANDTEIL Asbestprodukt Hartasbest- Verbundwerkstoffe 1
Weichasbest (Pappe, Papier, Textilien)
13
Zu den Hartasbestprodukten zählen zum Beispiel Platten, Rohre, Behältnisse und andere Bauteile aus Asbestzement sowie Kunststoffprodukte, wie Brems- und Kupplungsbeläge oder Boden-und Wandfliesen. Der Asbestbestandteil variiert zwischen ca. 5 und 50 %.2 Zur Faserfreisetzung kommt es in der Regel nur, wenn das Produkt mechanisch bearbeitet oder zerstört wird oder stark verwittert ist. Typische Anwendungsgebiete für Weichasbest in Form von Pappe/ Papier und Textilien sind Schutzkleidungen (Ganzkörperanzüge, Handschuhe, Schürzen), Vorhänge, Kabel-Ummantelungen, Hitzeisolierungen und Dichtungen, z. B. in Boilern, Bügeleisen, Klimaanlagen, Heizungsteilen, Speicherheizgeräten, Filmgeräten, Brandschutztüren etc.. Auch asbesthaltige Spachtel- und Kittmassen fallen in diese Gruppe. Die Fasern sind hier teilweise so schwach gebunden, dass sie allein durch Bewegen des Objekts oder Berühren des Asbestprodukts in kleine Mengen freigesetzt werden können.
Die Formblätter wurden von der Autorin erstellt und in Zusammenarbeit mit Mag. Martina Wetzenkircher (Bereich Konservierung & Restaurierung, TMW) und den BetreuerInnen der Diplomarbeit (Institut für Konservierung und Restaurierung unter der Leitung von o. Univ. Prof. Mag. Dr. Gabriela Krist) optimiert.
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ASBESTBESTANDTEIL Asbestbestandteile, die als großflächige Isolierungen von Rohren, losem Asbestmaterial, wie es beispielsweise in Stoffbüchsenpackung verwendet wurde oder Spritzasbest-Beschichtungen weisen einen besonders hohen Asbestanteil auf (bis zu 100 %). Die Fasern sind teilweise nur sehr schwach bis gar nicht in einer Matrix gebunden, wodurch das Potential zur Faserfreisetzung extrem hoch ist. Zustand des Asbestprodukts, Schäden Keine Schäden Bei der optischen Untersuchung können keine merklichen strukturellen Schäden und Veränderungen an der Oberfläche wahrgenommen werden. Leichte Schäden Das Asbestprodukt weist leichte Kratzer auf, teilweise sind Ecken und Kanten abgerieben. Mittelschwere Schä- Asbestbestandteile sind gebrochen, vereinzelt ist die Oberfläche so den abgerieben, dass sich Fasern aus dem Verband lösen. Der Großteil des Asbestprodukts ist allerdings intakt. Schwere Schäden Das Asbestprodukt ist extrem beschädigt, liegt zum Teil schon zerbrochen in Einzelteilen vor. Fasern sind lose. Oberfläche des Asbestprodukts Fest gebunden In Verbundwerkstoffen, wie den genannten Hartasbestprodukten sowie Bitumen, Klebstoffen und Spachtel-/Kittmassen, bei denen das Bindemittel vollkommen intakt ist, sind die Fasern fest gebunden. Beschichtet, In diesen beiden Kategorien wird zwischen schwach gebundenen schwach gebunden Produkttypen (Weichasbest in Form von Papier/Pappe oder Textilien, beschädigt etc.) unterschieden, die herstellungsbedingt oder auf Unbeschichtet, Grund einer vorangegangenen Sanierung beschichtet wurden bzw. schwach gebunden bei denen die Oberfläche unbehandelt vorliegt. Loses AsbestmaLoses Asbestmaterial weist weder eine Oberflächenbehandlung auf, terial noch sind die Fasern gebunden. Gesamtobjekt Menge in Relation zum Gesamtobjekt Ein AsbestbestandDie Unterscheidung zwischen einem und mehreren Asbestbestandteil teilen bezieht sich nicht nur auf die tatsächliche Menge der Stücke, sondern auch darauf, wie viele verschieden Asbestprodukte in einem Mehrere AsbestbeObjekt vorhanden sind. standteile Großflächige BeKomplette Auskleidungen und aufgespritzte Asbest-Beschichtungen schichtung stellen vor allem beim Objekt-Handling ein größeres Risiko dar und werden deshalb bei der Punktevergabe höher eingestuft. Lage des Asbestbestandteils im Gesamtobjekt Isoliert im Objekt Sind Asbestbestandteile komplett durch die eigene Objekthülle von inneren der Umgebung isoliert, besteht potentiell kein Risiko zur Faserfreisetzung. Voraussetzung ist allerdings, dass eine entsprechende Kennzeichnung vor einem Öffnen oder Demontieren des Objekts warnt. Weichasbest (Dämmmaterial, Spritzasbest etc.)
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ASBESTBESTANDTEIL In dieser Kategorie ist „Objektinneres“ derart zu verstehen, dass das Asbestprodukt im Gesamtobjekt fix montiert ist, wie z. B. als Isolierschicht in einem Bügeleisen oder bei elektrischen Sicherungen. Allerdings ist keine dichte Objekthülle vorhanden. Objektaußenseite, Hier ist das Asbestprodukt an der Objektaußenseite montiert und fixe Montage auch soweit intakt, dass sich keine Teile ohne mechanischen Eingriff lösen. Objektaußenseite, Das Asbestprodukt liegt lose an der Objektaußenseite auf, kann lose aufliegend abfallen, wodurch einerseits bei jeder Bewegung potentiell Fasern freigesetzt werden und der Asbestbestandteil andererseits sogar vom Objekt getrennt werden kann. Dadurch wäre er innerhalb des Museumsbestands nicht mehr einem genauen Standort zugeordnet und folglich auch nicht ausreichend dokumentiert. Beschichtungen fallen auch in diese Kategorie, wenn kein Zusammenhalt innerhalb des Materials besteht. Standortfaktoren, Verpackung, Präsentationsform „Asbest-Objekte“, die bereits staubdicht verpackt bzw. in einer VitStaubdicht, verpackt, isoliert (Vitrine montiert und gekennzeichnet wurden, sind sicher im Handling. Auch jene Objekte, die Asbestbestandteile im Inneren aufweisen und rine/Folie) deren sämtliche Öffnungen staubdicht mit Kittmassen verschlossen wurden, weisen unabhängig vom Standort kein oder sehr geringes Potential zur Faserfreisetzung auf. Abdeckung (verIst das betroffene Objekt nur abgedeckt (Folie, ev. verklebt), steht klebt), geschützter aber in einem kaum bis gar nicht genutzten Bereich des Museums, Bereich wird ein Punkt vergeben. Keine Abdeckung, In dieser Kategorie können zwei verschiedene Standort- und Vergeschützter Bereich/ packungsfaktoren beurteilt werden: Unverpackte Objekte, die sich an einem wenig frequentierten Ort befinden. Und lose abgedeckte lose Abdeckung, Objekte, in deren Umgebung die Luftzirkulation in Folge von der Luftzirkulation stärkeren Nutzung des Raumes oder einer Belüftungsanlage erhöht ist, wodurch die Fasern schneller verbreitet werden. Die Kombination von unverpackten Objekten, deren Aufstellungsort Keine/lose Abderegelmäßig durch MuseumsmitarbeiterInnen und/oder Besucheckung, hohe LuftrInnen genutzt wird bzw. an denen aus anderen Gründen eine hohe zirkulation Bewegungsrate der Luft herrscht, werden mit dem Höchstwert von drei Punkten bewertet. Objektinneres, unterhalb anderer Materialien
Tab. 4: Erläuterungen zu Formblatt 2. 1 2
Ippavitz, A., Asbest, in: Sicherheitsinformation der AUVA M367, Wien 2007, in: https://www.sozialversicherung.at/mediaDB/MMDB119393_M367.pdf, Zugriff 22.04.2012, S. 6. EPA (Hg.), Guidance for Controlling Asbestos-Containing Materials in Buildings, Washington 1985, in: http://www.wbdg.org/ccb/EPA/epa_560585024.pdf, Zugriff 17.03.2012, S. A1f.
Asbest erhalten. Grundlagen zur Evaluierung mit Formblättern für den Museumsalltag
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Entscheidung für die Sanierung Die Maßnahmen in der musealen Asbestsanierung unterscheiden sich nicht nur in der Durchführung, sondern auch in der Zielsetzung und Argumentationslinie. Zu den Anforderungen des Gesundheitsschutzes (Minimierung des Risikos zur Faserfreisetzung) kommen konservierungsethische Aspekte hinzu. Damit hat die Entfernung der Asbestbestandteile nicht mehr oberste Priorität. Stattdessen sollten alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden, die den Erhalt des Objekts in seiner Gesamtheit garantieren (Abb. 113). In jenen Fällen, wo Asbest auf Grund seiner technischen Eigenschaften verwendet wurde, ist es von zentraler Bedeutung für die Funktionalität und Aussagekraft des Objekts. Darüber hinaus ist Asbest immer auch Dokument für den Zeitgeist der industrialisierten Gesellschaft, die vom Technikglauben geprägt und angetrieben war. Nur vor dem Hintergrund dieser gesellschaftlichen Entwicklung, die im 19. Jahrhundert einsetzte, kann heute nachvollzogen werden, weshalb Asbest, aller gesundheitlichen Bedenken zum Trotz, bis in die 1990er Jahre weltweit verwendet wurde. Im Gegensatz zur gewerblichen Asbestsanierung von Gebäuden und Geräten ist dieser Ansatz im musealen Bereich durchaus in die Praxis umzusetzen. Anhand der Sanierungskonzepte in den am Formblatt angeführten Fallbeispielen aus der Literatur und den bisher durchgeführten Sanierungen im TMW wurden die drei Varianten zur Sanierung (Isolieren, Beschichten und Entfernen) für die Anwendung im Museum definiert (Abb. 111 und Abb. 112). Auf dieselbe Weise konnten jene Rahmenbedingungen aufgezeigt werden, die notwendig sind, um Asbest im Objekt zu erhalten. – Die Risikobewertung ergab eine besonders niedrige Gefahrenklasse. – Das Objekt kann für die Aufbewahrung im Depot auf Dauer isoliert werden (z. B. durch Folienverpackung). Und alle jene Personen, die Zugang zum Depot haben, sind über die Bedeutung der Kennzeichnung und Hinweise informiert, die vor einem Öffnen der Isolierung warnen. – Montage, Objekttransport und Präsentation in einer staubdichten Vitrine sind durchführbar. Die betroffenen Objekte sind z. B. auf einem Lageplan der Ausstellungsfläche oder zumindest mit einer Standortmeldung dokumentiert. – Eine effektive Beschichtung bzw. Tränkung des Asbestbestandteils ist möglich. – Die optische Beeinträchtigung durch den Auftrag eines Beschichtungsmediums ist konservatorisch vertretbar. – Eine Ingebrauchnahme des Objekts ist nicht geplant. Können diese Anforderungen nicht erfüllt werden, oder besteht ein anderer Anlass für das Entfernen eines Asbestbestandteils, sollte dies möglichst zerstörungsfrei durchgeführt werden. So kann der asbesthaltige Objektteil versehen mit einer Inventar-Unternummer
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im Museumsbestand verbleiben und steht auch künftig für die (Material)Forschung zur Verfügung. Der Umfang der Asbestsanierungsarbeiten an Museumsobjekten bestimmt auch die Ausführung der technischen Schutzmaßnahmen (staubdichter Unterdruckraum, Folienzelt). In einigen Ländern, wie z. B. Großbritannien, sind zudem Zusatzausbildungen bei besonders umfangreichen Arbeiten Voraussetzung für die Durchführung der Maßnahmen. Aus diesem Grund entscheiden sich manche Museen dafür, externe Fachkräfte ohne restauratorische Ausbildung unter Aufsicht die Sanierungen an den Objekten durchführen zu lassen. Diese äußeren, vom Gesetzgeber bestimmten Vorgaben, sind neben den Risikofaktoren und den Anforderungen des Objekts ebenfalls in die Diskussion mit aufzunehmen.
Fragebogen zur Evaluierung Das Flussdiagramm zur Entscheidungsfindung (Abb. 112) beruht auf den aufgelisteten Rahmenbedingungen und ist somit das Ergebnis der Recherche zu Argumentationslinien in rezenten Publikationen und der aktuellen Diskussion am TMW. Andere museale Institutionen, die zum Teil auch vor einem anderen gesetzlichen Hintergrund agieren bzw. ein abweichendes Verständnis zur historischen Bedeutung von Asbest haben, können den aufgezeigten Prozess zur Entscheidungsfindung möglicherweise so nicht anwenden. Aus diesem Grund ist es umso wichtiger, stetig Meinungen zum Thema zu erfassen und sie in die Weiterentwicklung der Ergebnisse aus der Diplomarbeit einfließen zu lassen. Dasselbe gilt für die Aktualisierung der Normen zur Erfolgskontrolle und der Literaturangaben, die dem Flussdiagramm hintangestellt sind. Für die Optimierung der drei Formblätter wurden abschließend Fragen zum konkreten Feedback formuliert. Die Antworten sowie weiterführende Hinweise können auf elektronischem Weg direkt an die Autorin gegeben werden. 1. Bestehen Unklarheiten, wie das Asbest-Protokoll (1) bzw. der Bewertungsbogen (2) auszufüllen sind? 2. Sind die einführenden Texte verständlich formuliert? 3. Ist das Formblatt 1 und/oder 2 für den Museumsalltag zu umfassend gestaltet oder fehlen im Gegenteil wichtige Aspekte? 4. Würden Sie den Varianten zur Asbestsanierung (3.1) methodisch etwas hinzuzufügen? 5. Ist die Argumentationslinie im Flussdiagramm zur Entscheidungsfindung (3.2) nachvollziehbar? An welchen Stellen würden Sie etwas verändern?
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Literatur Berger, H., Asbest Fibel. Ein geschlossener Überblick über die Gewinnung, Aufbereitung, Eigenschaften, Verarbeitung und Verwendung von Asbest, AWG-Reihe. Gummi. Asbest. Kunststoffe, Bd. 53, Stuttgart 1961. Bönisch, M. (Hg.), Z. B. Asbest. Ein Stein des Anstoßes. Kulturelle und soziale Dimensionen eines Umweltproblems, Ausst. Kat., Heimatmuseum Neukölln 20.10.1990 – 01.04.1991, Berlin 1990. Browne, C., Salamander’s Wool. The Historical Evidence for Textiles Woven with Asbestos Fibre, in: Textile history 34/2003, S. 64–73. Büttner, J. U., Asbest in der Vormoderne. Vom Mythos zur Wissenschaft, Cottbuser Studien zur Geschichte der Technik, Arbeit und Umwelt, Bd. 24, Münster 2004. Deutsches Institut für Bautechnik, Richtlinie für die Bewertung und Sanierung schwach gebundener Asbestprodukte in Gebäuden (Asbest-Richtlinie), in: Mitteilungen Deutsches Institut für Bautechnik 3/1996, Fassung Januar 1996, http://www.gaa.baden-wuerttemberg.de/servlet/ is/16493/6_2.pdf, Zugriff 20.04.2012. EPA (Hg.), Guidance for Controlling Asbestos-Containing Materials in Buildings, Washington 1985, in: http://www.wbdg.org/ccb/EPA/epa_560585024.pdf, Zugriff 17.03.2012. Holzer, C., Der Asbestanzug des Technischen Museums Wien: ein Leitfaden zum Umgang mit dem Gefahrenstoff Asbest im musealen Kontext, Diplomarbeit, Universität für angewandte Kunst Wien, 2012. Höper, W. E., Asbest in der Moderne. Industrielle Produktion, Verarbeitung, Verbot, Substitution und Entsorgung, Cottbuser Studien zur Geschichte der Technik, Arbeit und Umwelt, Bd. 32, Münster 2008. Health and Safety Executive 227, A comprehensive guide to Managing Asbestos in premises, London 2002, in: http://www.hse.gov.uk/pubns/priced/hsg227.pdf, Zugriff 01.10.2013. Ippavitz, A., Asbest, in: Sicherheitsinformation der AUVA M367, Wien 2007, https://www.sozialversicherung.at/mediaDB/MMDB119393_M367.pdf, Zugriff 22.04.2012. Linster, W./Nowak, T./Schmidt, A., Asbest. Kompendium für Betroffene, Planer und Sanierer, 2. überarb. und akt. Auflg., Heidelberg 1996. Matthes, S./Okrusch, M., Mineralogie. Eine Einführung in die spezielle Mineralogie, Petrologie und Lagerstättenkunde, 7. vollst. überarb. und akt. Auflg., Berlin 2005. Suits Norbut, L., Hazardous Materials in Your Collection, in: Conserve O Gram 2/10/1998, http://www.nps.gov/museum/publications/conserveogram/02–10.pdf, Zugriff 07.02.2012. Vogt O’Connor, D., Health and Safety Risks of Asbestos, in: Conserve O Gram 2/11/1999, http:// www.nps.gov/museum/publications/conserveogram/02–11.pdf, Zugriff 03.11.2011. Woitowitz, H.-J., Die Bewertung des Gefahrstoffes Asbest aus arbeits- und sozialmedizinischer Sicht, in: Bönisch, M. (Hg.), Z. B. Asbest. Ein Stein des Anstoßes. Kulturelle und soziale Dimensionen eines Umweltproblems, Ausst. Kat., Heimatmuseum Neukölln 20.10.1990 – 01.04.1991, Berlin 1990, S. 17–29.
Gabriela Krist, Caroline Ocks, Veronika Loiskandl, Barbara Eisenhardt, Britta Schwenck
Die Gemälde- und Paramentensammlung der Elisabethinen in Klagenfurt. Vom Dachboden zum Schaudepot
Abstract In 2010 a huge number of paintings were found in the attic of the convent of the Elisabethinen in Klagenfurt (Carinthia). During the technological condition survey and collection analysis carried out by the Institute of Conservation, University of Applied Arts Vienna, between 2010 and 2012, over 400 paintings, mostly portraits of the Royal Habsburg family, were inventoried and documented. Due to inappropriate storage conditions the paintings showed various kinds of damage. Therefore the conservation required special treatment concepts, which were developed in the framework of diploma theses. A “Schaudepot”, that combines storage and exhibition, was planned and realized in 2013, to provide optimal storage for the paintings in future. The University’s Department of Art History was commissioned with the art historical research of the collection, in order to compile a catalogue. Parallel to the paintings campaign an inventory of the liturgical textiles in the convent took place, to investigate the condition and possible further treatments. Their storage should also be improved.
Zusammenfassung Auf dem Dachboden des Konvents der Elisabethinen in Klagenfurt (Kärnten) wurde 2010 eine große Anzahl an Gemälden unter schlechten Lagerbedingungen aufgefunden. Im Zuge einer konservatorischen Bestandserfassung und Sammlungsanalyse durch das Institut für Konservierung und Restaurierung der Universität der angewandte Kunst Wien konnten von 2010 bis 2012 über 400 Gemälde, vorranging Habsburger-Portraits, inventarisiert und dokumentiert werden. Aufgrund der inadäquaten Lagerung wiesen die Gemälde unterschiedlichste Schäden auf, für die ein spezielles Maßnahmenkonzept zur Konservierung im Rahmen von Diplomarbeiten erarbeitet wurde. Ein Schaudepot wurde geplant und 2013 realisiert, um den Gemälden zukünftig eine optimale Lagerung zu bieten. Zusätzlich wurde eine kunsthistorische Aufarbeitung des Sammlungsbestan-
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Gabriela Krist, Caroline Ocks, Veronika Loiskandl, Barbara Eisenhardt, Britta Schwenck
des durch die Abteilung Kunstgeschichte der Angewandten in Auftrag gegeben. Eine Katalogerstellung wurde so möglich gemacht. Parallel zur Gemälde-Kampagne wurde auch eine Bestandsaufnahme der Paramente im Konvent durchgeführt, um unter anderem den Zustand der Objekte und mögliche weitere restauratorische Schritte zu eruieren. Auch sollte die Aufbewahrung der historischen Messgewänder verbessert werden.
Einleitung Verborgene Dinge werden oft zu vergessenen Dingen. Das war auch das Schicksal einer Sammlung in Klagenfurt. Auf dem Dachboden des Elisabethinenkonvents wurde eine große Anzahl an Gemälden aufgefunden – aufeinandergestapelt, verstaubt und vergessen. Nachdem der Gemäldeschatz im Elisabethinenkonvent in Klagenfurt entdeckt worden war, wurde das Institut für Konservierung und Restaurierung der Universität für angewandte Kunst Wien ersucht, die Gemälde zu inventarisieren, dokumentieren und den restauratorischen Handlungsbedarf festzumachen. Bei den Gemälden handelt es sich um einen Nachlass von Marianna von HabsburgLothringen, der zweitältesten Tochter Kaiserin Maria-Theresias, an den Konvent der Elisabethinen. Von 2010–2012 wurde die gesamte Sammlung und auch der Paramentenbestand des Konvents im Zuge von Projektwochen von einem MitarbeiterInnenteam und Studierenden des Instituts für Konservierung und Restaurierung inventarisiert, fotografiert und digital erfasst. Weiters wurde im Rahmen eines Vordiploms 20101 und einer Diplomarbeit 20142 ein Teil der Sammlung untersucht. Die kunsthistorische Aufarbeitung erfolgt derzeit durch Kunsthistorikerinnen der Abteilung Kunstgeschichte der Angewandten.3 Aufgrund der Vielzahl der Gemälde sowie der kunst- und kulturhistorischen Bedeutung der Sammlung, für den Konvent, aber auch den Raum Klagenfurt – wurde für die 1
2
3
Nikjou, S., Sammlung – Elisabethinen-Konvent Klagenfurt. Bestandsaufnahme, Sammlungsanalyse und Kunstgeschichtliche Recherche, Vordiplomsarbeit, Universität für angewandte Kunst Wien, 2010. Dieses Vordiplom wurde unter der Betreuung von o. Univ. Prof. Mag. Dr. Gabriela Krist am Institut für Konservierung und Restaurierung durchgeführt. Allmaier, M., Barocke Kinderportraits aus der Gemäldesammlung der Elisabethinen in Klagenfurt. Minimalinvasive Restaurierung, Diplomarbeit, Universität für angewandte Kunst Wien, 2014. Diese Arbeit wurde unter der Betreuung von o. Univ. Prof. Mag. Dr. Gabriela Krist am Institut für Konservierung und Restaurierung durchgeführt. Projekttitel: Porträts aus der Sammlung des Elisabethinen-Konvents in Klagenfurt, o. Univ. Prof. Mag. Dr. Eva Kernbauer (Projektleitung), Mag. Aneta Zahradnik, Mag. Stefanie Kitzberger (Projektmitarbeiterinnen), Durchführungszeitraum: 1. Juli 2013 – 30. April 2014.
Die Gemälde- und Paramentensammlung der Elisabethinen in Klagenfurt. Vom Dachboden zum Schaudepot
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Sammlung ein Schaudepot geplant und 2013 realisiert. Die Hängepräsentation ist das Ergebnis der konservierungswissenschaftlichen Auseinandersetzung des RestauratorInnenteams und ermöglicht die langfristige zukünftige Erhaltung der Kunstwerke.
Die Gemäldesammlung Ein Großteil der Gemäldesammlung des Elisabethinenkonvents zu Klagenfurt stammt, wie erwähnt, aus dem Nachlass von Erzherzogin Marianna Josepha Antonia von Habsburg Lothringen (1738–1789). Marianna fühlte sich dem Konvent sehr verbunden und zog nach dem Tod ihrer Mutter, Kaiserin Maria Theresia, 1780 nach Klagenfurt in ein eigens für sie errichtetes Palais unweit des Elisabethinenkonvents. Der Konvent mit seinem angeschlossenen Krankenhaus wurde immer wieder von Marianna finanziell unterstützt. Nach ihrem Tod hinterließ sie den Elisabethinen ihren gesamten Besitz, darunter auch ihre Gemäldesammlung.4
Die vorgefundene Lagerungssituation/Zustand Das Hauptgebäude des Konvents ist ein L-förmiger, dreistöckiger Bau, in dessen Erdgeschoss sich ein kleines Museum, eine historische, heute museal genützte, Apotheke sowie einige kleinere Räume und Refektorium befinden. Im Obergeschoss ist die Klausur untergebracht mit an den Gang angeschlossenen Zellen. Die im Museum, den Gängen und Zellen hängenden Gemälde zeigen Darstellung von unterschiedlicher Qualität und verschiedenstem Format. Weiters befinden sich im Gebäude einige gefasste Holzskulpturen sowie etliche bemalte Bauernmöbel. Im Dachgeschoss sind weitere, von den Nonnen nicht mehr benutze Zellen untergebracht, der restliche Dachboden ist nicht isoliert und die Dachkonstruktion sichtbar. Dieser Bereich hat die Funktion eines Abstell- und Lagerraumes. Dort wurde die Mehrzahl der Gemälde gelagert. Schon bei einer ersten Besichtigung Anfang 2010 stellte sich heraus, dass die Lagersituation als kritisch zu beurteilen war. Im Zuge der ersten Projektwoche im März 2010 konnte das Ausmaß erfasst werden. Verteilt auf vier kleinere Räume wurden 103 Portraits der Familie Habsburg und deren Kinder vorgefunden sowie eine Vielzahlt an Gemälden religiöser Thematik. Diese waren in überfüllten Regalen, Kästen
4
Nikjou, S., Sammlung – Elisabethinen-Konvent Klagenfurt. Bestandsaufnahme, Sammlungsanalyse und Kunstgeschichtliche Recherche, Vordiplomsarbeit, Universität für angewandte Kunst Wien, 2010, S. 16.
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Gabriela Krist, Caroline Ocks, Veronika Loiskandl, Barbara Eisenhardt, Britta Schwenck
und Truhen ungeordnet aneinandergereiht, aufeinandergestapelt und somit inadäquat gelagert (Abb. 114). Weiters befanden sich hier noch Drucke, Fotos sowie Zierrahmen und Klosterarbeiten. In einer der Zellen wurden auch sieben Reliquienschreine mit Klosterarbeiten sowie eine lebensgroße Mönchsfigur aus Holz, Wachs und Textil entdeckt. Hier war schnell klar, dass akuter Handlungsbedarf besteht und vor allem auch eine geeignete Lagersituation gefunden werden musste.
Bestandserfassung Unter einer konservatorischen Bestandserfassung einer Sammlung werden eine erste Inventarisierung und die Dokumentation des technologischen Aufbaus sowie des Erhaltungszustandes bezeichnet.5 Damit ist eine systematische Erfassung des materiellen Bestandes gemeint, welcher in ein nach speziellen Kriterien aufgebautes Bestandsverzeichnis eingebunden wird.6 Laut den Richtlinien von ICOM soll jede Sammlung nach allgemein anerkannten Standards dokumentiert werden.7 Nur so kann sichergestellt werden, dass Sammlungen in ihrem vollen Umfang, also nach Bestand und Zustand, Standort, aber auch bereits vorangegangene Maßnahmen dokumentiert, eingeschätzt und im Weiteren optimal betreut und so auch bewahrt werden können.8 Um den im Konvent bestehenden Gemäldebestand erstmals zu erfassen und den Erhaltungszustand der Gemälde zu beurteilen, fand eine erste Projektwoche des Instituts im März 2010 statt.9 Dabei wurden die 103 Habsburger- und Kinderportraits, die auf dem Dachboden lagerten fotografisch erfasst und erstmals inventarisiert (Abb. 115). Weiters wurden die Gemälde umgelagert und in ein Zwischendepot verbracht. Im März 2011 folgte eine weitere Projektwoche, um die restlichen Gemälde im Konvent einer Bestandsaufnahme zu unterziehen.10 Hierbei wurden 297 Gemälde in den zu5
Gustavson, N., Von Ruinen zu Schlössern – Bestandsaufnahme und Sammlungsanalyse am Beispiel der Gemäldesammlung auf Schloss Greillenstein, NÖ, Diplomarbeit, Universität für angewandte Kunst Wien, 2004, S. 69. 6 Langenstein, Y., Das Prinzip Ordnung: Inventarisierung und Dokumentation als roter Faden der Museumsarbeit, in: Bayrisches Landesamt für Denkmalpflege (Hg.), Museumsbausteine 6, Sammlungsdokumentation. Geschichte, Wege, Beispiele, München 2001, S. 9. 7 ICOM – Internationaler Museumsrat (Hg.), Ethische Richtlinien für Museen von ICOM, Zürich 2010. 8 Langenstein, Y., Das Prinzip Ordnung: Inventarisierung und Dokumentation als roter Faden der Museumsarbeit, in: Bayrisches Landesamt für Denkmalpflege (Hg.), Museumsbausteine 6, Sammlungsdokumentation. Geschichte, Wege, Beispiele, München 2001, S. 9. 9 Mitgewirkt haben von 1.- 5.3.2010: Studentinnen: Agathe Boruszcsak, Helena Brosch-Foraheim, Sheyda Nikjou, Caroline Ocks, Franziska Stoldt, Dorina Tschinkel; Fotograf: Gerhard Ramsebner; Universitätsassistentin/Betreuerin: Mag. Stefanie Jahn. 10 Mitgewirkt haben von 28.2.–4.3.2011: Studentinnen: Marlies Allmaier, Helena Brosch-Foraheim, Giada
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gänglichen Bereichen des Konvents dokumentiert sowie weitere Funde am Dachboden aufgenommen und inventarisiert. 12 weitere Gemälde aus Schloss Rosenbichl (Kärnten) wurden im März 2012 im Zuge einer letzten Projektwoche aufgenommen. 11 Die konservatorische Bestandsaufnahme und Inventarisierung erfolgte in den einzelnen Projektwochen nach folgendem Schema. Alle Objekte erhielten eine neue, fortlaufende Inventarnummer. Diese Nummern wurden mit Bleistift auf einem säurefreien Kartonetikett notiert und am Gemälde angebracht. Sie wurden entweder direkt an der jeweiligen Aufhängevorrichtung angebunden oder mit Japanpapierklebestreifen am Spann- bzw. Keilrahmen fixiert.12 In einem weiteren Schritt wurde jedes Objekt fotografiert, was unerlässlich für eine adäquate Bestandsdokumentation ist. Neben der bildlichen Beschreibung dient die fotografische Erfassung auch der Dokumentation des Ist-Zustandes und der Schäden. Sie unterstützt vor allem auch die langfristige Bestandsverwaltung.13 Anschließend wurden die Gemälde einer Bestands- und Zustandsbewertung unterzogen. Hierfür wurden einerseits eine Inventarliste in Form einer Microsoft Excel-Liste erstellt, die alle Gemälde beinhaltet und somit einen Überblick über den Gesamtbestand des Konvents gewähren soll. Darin enthalten sind eine Kurzbeschreibung inklusive Eckdaten des Objektes, also die wichtigsten Informationen zu dem Gemälde, die Beurteilung des Gesamtzustandes sowie die Dringlichkeit des restauratorischen Handlungsbedarfs. Des Weiteren wurden speziell angepasste Formulare in Microsoft Word angelegt. Alle Gemälde wurden darin aus konservatorischer und restauratorischer Sicht detailliert protokolliert.14 Es wird hier Bezug auf den Bestand sowie bereits vorangegangene restauratorische Eingriffe genommen, aber auch auf den Erhaltungszustand eingegangen. Die Beurteilung des Gesamtzustandes und die Dringlichkeit der konservatorischen und restauratorischen Maßnahmen wurden ebenfalls erfasst. Überblicksmäßig sind die erforderLembo, Caroline Ocks, Christiane Offner, Hannah Pichler, Dorina Tschinkel; Fotograf: Georg Oberlechner; Universitätsassistentinnen/Betreuerinnen: Mag. Judith Kern, Mag. Veronika Loiskandl, Mag. Ágnes Szökrön-Michl. 11 Mitgewirkt haben von 27.2.–2.3.2012: Studentinnen: Glynis Gale-Schodterer, Yin Li Lee, Christiane Offner, Hannah Pichler, Réka Sárffy; Fotograf: Georg Oberlechner; Universitätsassistentinnen: Dr. Natalia Gustavson, Mag. Veronika Loiskandl. 12 Offner, C., Die Gemäldesammlung im Zisterzienserstift Zwettl. Inventarisierung, Sammlungsanalyse und Ausarbeitung eines Maßnahmenkonzepts zur Sammlungspflege sowie dessen exemplarische Umsetzung, Diplomarbeit, Universität für angewandte Kunst Wien, 2014, S. 119. 13 Waldemer, G., Photografische Bestandserfassung, in: Bayrisches Landesamt für Denkmalpflege (Hg.), Museumsbausteine 6, Sammlungsdokumentation. Geschichte, Wege, Beispiele, München 2001, S. 93. 14 Ausnahme waren die Gemälde mit religiöser Thematik. Aufgrund ihres Umfanges (ca. 200 Gemälde) und der eher minderen Qualität wurden sie lediglich in die Inventarliste aufgenommen und nicht mittels Formular detailliert erfasst.
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lichen Maßnahmen sowie der geschätzte Umfang der Restaurierung sowie die dadurch entstehenden Kosten festgehalten. Insgesamt wurden bei den drei Kampagnen 412 Gemälde inventarisiert und dokumentiert. 103 Objekte im Jahr 2010, 297 im Jahr 2011 und 12 im Jahr 2013. Der Gesamtbestand umfasst also 412 Objekte, davon sind 97 Gemälde in den Räumen des Konventes gehängt. Es handelt sich dabei vorwiegend um Habsburgerporträts sowie Gemälde religiösen Inhalts, die zum großen Teil in Öltechnik auf textilen Bildträgern ausgeführt sind (Tab. 1).15 Die Qualität der Ausführung ist sehr unterschiedlich. Sie reicht von hochwertiger Malerei (vor allem bei den Habsburger- und Kinderportraits), bis hin zu eher laienhaften Bildgestaltungen und Malweisen (etwa bei den Gemälden mit religiösen Darstellungen). Gemälde, deponiert
Gemälde, hängend, in den Räumlichkeiten des Konvents
Gemälde, gesamt
Religiöse Thematik
211
59
270
Habsburgerporträts
60
22
82
Kinderporträts
39
8
47
Weitere Portraits
5
8
13
Gesamt
315
97
412
Genre
Tab. 1: Gemäldetypen und derzeitige Standorte.
Erhaltungszustand Im Zuge der Bestands- und Zustandserfasssung zeichneten sich bei den Gemälden zwei Gruppen mit unterschiedlichen Schadensbildern ab. Die am Dachboden gelagerten Gemälde litten an der inadäquaten Lagerung in überfüllten Kisten, Truhen und Stellagen. Daraus resultieren vor allem mechanische Schäden wie Risse und Löcher im Bildträger, Kratzer mit Malschichtverlusten und geöffnete Zierrahmen. Ebenso lassen sich spezielle Schadensbilder wie starke Schüsselbildungen, Verluste der Malschicht und Schimmelbefall auf die zeitweise hohe Luftfeuchtigkeit und Klimaschwankungen im nicht isolierten Teil des Dachgeschosses zurückführen. 15
Gustavson, N., Bericht zur ZKF-Projektwoche im Konvent der Elisabethinen in Klagenfurt, Projektbericht 2012, Universität für angewandte Kunst Wien, 2012.
Die Gemälde- und Paramentensammlung der Elisabethinen in Klagenfurt. Vom Dachboden zum Schaudepot
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Die Gemälde, die im Museum sowie in den Gängen des Konvents präsentiert werden, erfuhren aufgrund ihrer Bedeutung eine bessere Lagerung und mehr Pflege. So finden sich an zahlreichen Gemälden frühere restauratorische Eingriffe wie Retuschen oder rückseitig aufgebrachte Flicken. Viele der Bilder sind doubliert und weisen dadurch auch Schäden wie Verpressungen und Verputzungen der Malschicht auf. Bei ca. der Hälfte aller befundeten Gemälde, vor allem am Dachboden aber auch in anderen Räumlichkeiten, wurde ein aktiver Anobienbefall (Holzkäfer, verm. Anobium punctatum16) diagnostiziert. Ebenso wurden Schäden und Spuren von Schädlingen an den Reliquienschreinen mit Klosterarbeiten und den im Museum ausgestellten, bekleideten Figurinen festgestellt. Um den Umfang sowie die Art der Schädlinge zu identifizieren, wurden in den betroffenen Räumen Klebefallen17 aufgestellt und ein InsektenMonitoring durchgeführt.
Schädlingsbekämpfung Um die Verbreitung der Schadinsekten zu vermeiden, wurden bereits 2010 von Anobienbefall betroffene Gemälde nach Wien an das Institut für Konservierung und Restaurierung überführt und einer Stickstoffbegasung unterzogen.18 Bereits gewonnene Erfahrungen der Stickstoffbehandlung aus vergangenen Projekten wie im Stift Kremsmünster konnten nun bei dem Vorhaben am Institut gezielt angewandt werden.19 Im Rahmen des projektbezogenen Unterrichts wurde gemeinsam mit den Studierenden ein Stickstoffzelt aus EVOH-Folie20 gebaut. Die betroffenen Objekte wurden darin über einen Zeitraum von acht Wochen mit technischem Stickstoff unter Absaugen des Sauerstoffs21 begast. 16 Typische Merkmale des A. punctatum sind die kreisförmigen Bohrlöcher von ca. 0,7 – 3,3 mm Durchmesser im weicheren Splintholz. Meist ist es mit hellem Bohrmehl befüllt. Sind die Ränder noch hell, kann von einem aktiven Befall ausgegangen werden. Siehe: Sutter, H.-P., Holzschädlinge an Kulturgütern erkennen und bekämpfen, Handbuch für Denkmalpfleger, Restauratoren, Konservatoren, Architekten und Holzfachleute, 4. Auflage, Wien 2002, S. 80ff. 17 „Museum-Traps“ Fa. R.E. Child, www.historyonics.com. 18 Die Stickstoffbegasung fand unter der Leitung von Mag. Stefanie Jahn statt. 19 Renz, R./Jahn. S./Krist, G., Depotprojekt im Stift Kremsmünster, in: Museum aktuell 137/2007, S. 30– 32. 20 Die Folie besteht aus einem Polyvinylalkohol-Copolymer, durch welche die Gase nicht hindurchdiffundieren können. 21 Der Sauerstoff soll nicht mehr als 0,1 – 0,3 % betragen. Siehe: Nikjou, S., Sammlung – ElisabethinenKonvent Klagenfurt. Bestandsaufnahme, Sammlungsanalyse und Kunstgeschichtliche Recherche, Vordiplomsarbeit, Universität für angewandte Kunst Wien, 2010, S. 128/Maekava, S./Elert, K., The use of Oxygen-Free Enviroments in the Control of Museum Insect Pests. The Getty Conservation Institute, Los Angeles 2003, S. 9.
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Nach erfolgreichem Abschluss wurden die Gemälde wieder in den Konvent nach Klagenfurt überführt. Nach der Projektwoche im März 2012, bei der der Focus auf der Auffindung des gesamten Gemäldebestandes des Elisabethinenkonvents lag, wurde das gesamte Ausmaß des Schädlingsbefalls ersichtlich. In Zuge dieser Arbeiten wurden nämlich auch potentiell gefährdete Objekte wie Klosterarbeiten und die textil bekleideten Wachsfiguren kontrolliert. Aufgrund des Umfanges des Befalls wurde dem Konvent eine auf Schädlingsbekämpfung spezialisierte Firma mit einer Stickstoffbegasung vorgeschlagen und beauftragt. Diese Stickstoffbegasung der betroffenen Objekte erfolgte sechs Wochen lang in einem Raum im Dachgeschoß sowie im Museum.
Pflegemassnahmen und Einzelrestaurierung Im Zuge der Bestandsaufnahme und Inventarisierung der Gemälde wurden die dringendsten Pflege- und Notsicherungsmaßnahmen, die in Anbetracht der Menge an Gemälden in dem begrenzten Zeitraum22 der Projektwochen möglich waren, durchgeführt. In Zweierteams und mehreren Arbeitsstationen wurden zuerst an jedem einzelnen Gemälde lose anhaftende Schmutz- und Staubauflagen, welche u.a. einen Nährboden für weiteren Schädlingsbefall bieten könnten, vorder- und rückseitig mit Pinsel und Staubsauger abgenommen sowie die Schmutztaschen der Gemälderückseiten entleert. An einigen Gemälden wurde eine partielle Festigung23 der Malschicht sowie der Rahmenfassung vorgenommen. Um weiteren Verlusten vorzubeugen, wurden stark gefährdete Bereiche mit lockerer Malschicht, mit Japanpapier und Methylcellulose temporär gesichert. Ebenso erfolgte eine Kontrolle der Montage der Gemälde in den Zierrahmen sowie deren Aufhängevorrichtung. Falls notwendig wurden neue Rahmenfedern montiert und/ oder die Aufhängung verbessert. Die großformatigen Gemälde im Museum und in den Gängen bedurften aufgrund des besseren Erhaltungszustandes weniger Pflegemaßnahmen. Vorder- und Rückseiten wurden gereinigt und nur in vereinzelten Fällen war eine Sicherung der Malschicht oder des Zierrahmens notwendig.
22 2010 und 2011 jeweils 5 Arbeitstage. 23 Störleim (7 %ig in deionisierten Wasser).
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Konservierung und Restaurierung Durch die Bestandsaufnahme wurde die Dringlichkeit des Handlungsbedarfs an einigen Objekten sehr deutlich. Insgesamt mussten 78 Gemälde der Kategorie A – akut gefährdet – zugeordnet werden (Tab. 3). Für diese ist eine Konservierung und Restaurierung dringend anzuraten um weiteren Substanzverlust zu vermeiden. Dringlichkeit Handlungsbedarf
Anzahl G emälde
Kategorie A: Gemälde ist akut gefährdet – konservatorisch-restauratorische Maßnahmen sind dringend nötig
78
Kategorie B: Gemäldesubstanz ist beeinträchtigt, aber nicht akut gefährdet – konservatorisch-restauratorische Maßnahmen sind in näherer Zukunft durchzuführen
133
Kategorie C: Gemälde befindet sich in ästhetisch unbefriedigendem Zustand, ist aber nicht substanzgefährdet – restauratorische Maßnahmen werden empfohlen
147
Kategorie D: Gemälde ist in sehr gutem Zustand – derzeit sind keine Maßnahmen notwendig
54
Gesamt
412
Tab. 2: Einteilung der Gemäldesammlung nach Handlungsbedarf.
Für eine exemplarische Musterrestaurierung der Kinderportraits wurde ein Gemälde (Inv. Nr. 67) ausgewählt, das aufgrund seines Erhaltungszustandes der Kategorie A, also der akut gefährdeten Gruppe zugeordnet wurde. Durch seine Malweise und charakteristischen Schäden entspricht es einem Großteil der Gemälde der Sammlung. Ebenso wies es keine früheren restauratorischen Eingriffe auf. Im Rahmen eines Vordiploms wurden die detaillierte Untersuchung sowie die Musterrestaurierung des Bildes durchgeführt.24 Da die Gemäldesammlung unter Denkmalschutz steht, muss jedes Restaurierungsvorhaben mit dem Landeskonservatorat Kärnten abgestimmt werden. Im Sommer 2011 erfolgte auch die Restaurierung zweier weiterer stark substanzgefährdeter Gemälde (Inv. Nr. 42 und 368) am Institut für Konservierung und Restaurierung in Wien.25 24 Nikjou, S., Sammlung – Elisabethinen-Konvent Klagenfurt. Bestandsaufnahme, Sammlungsanalyse und Kunstgeschichtliche Recherche, Vordiplomsarbeit, Universität für angewandte Kunst Wien, 2010. 25 Die Restaurierungen wurden von Marlies Allmaier, Helena Brosch-Foraheim, Caroline Ocks, Hannah Pichler durchgeführt.
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Zwei restauratorisch bisher unangetastete, jedoch ebenfalls der Kategorie A zugeordnete Gemälde (Inv. Nr. 10 und 14) aus der Serie der Kinderportraits wurden im Zuge einer Diplomarbeit 2013/14 näher auf die Herstellungsgeschichte und die verwendeten Materialien untersucht. Durch minimale Eingriffe sollte die Authentizität des historischen Bestandes für zukünftige technologische und kunsthistorische Aufarbeitungen gewahrt werden und als Beispiel für weitere Restaurierungen an den Kinderportraits dienen.26
Zwischenlager Von Beginn des Projektes stand fest, dass Räumlichkeiten zur adäquaten Lagerung der Kunstwerke gefunden werden mussten. Für die Übergangszeit, bis zur Einrichtung eines adäquaten Gemäldedepots, musste zu Arbeitsbeginn 2010 dringend ein provisorisches Zwischenlager gefunden werden. Man entschied sich dazu, den östlichen Bereich des klimatisch ungünstigen Dachbodens als provisorisches Zwischendepot zu akzeptieren, da dieser trocken und abgeschlossen und durch eine Türe versperrbar war, jedoch verbesserten Lagerbedingungen gewährleistete. Im Hinblick auf eine kurzfristige Lagerung wurden auch dementsprechende Materialen gewählt. Einfache Holzregale wurden errichtet und die Gemälde der Größe nach stehend mit Zwischenlagen aneinandergereiht. Um weitere Schäden bei der Handhabung und Lagerung vorzubeugen, wurde der Boden der Regale mit einer Schicht dünnen Ethafoams27 ausgepolstert. Zusätzlich diente zwischen den Gemälden ein handelsüblicher Wellkarton als Zwischenlage und Schutzschicht (Abb. 116).
Das Schaudepot „Kunsthaus Marianna“ Um die gesamte Sammlung langfristig bestmöglich zu lagern und gleichzeitig zu präsentieren, entschieden sich die Elisabethinen nach Diskussion mit dem Institut für Konservierung und Restaurierung für die Realisierung eines Schaudepots. Im Unterschied zu einem herkömmlichen Depot, welches ausschließlich zur Lagerung der Objekte dient, hat man bei dieser Variante auch die Möglichkeit der Präsentation für interessiertes Publikum.28 Die Objekte werden unter besten Bedingungen gelagert, bzw. erhalten und 26 Allmaier, M., Barocke Kinderportraits aus der Gemäldesammlung der Elisabethinen in Klagenfurt. Minimalinvasive Restaurierung, Diplomarbeit, Universität für angewandte Kunst Wien, 2014. 27 Schaumstoffplatten aus exdrudiertem Polyethylenschaum. 28 Griesser-Stermscheg, M., Das Schaudepot und das begehbare Depot: Sammlungen ausstellen?, in: Mar-
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bei Bedarf (nach Voranmeldung) kann Besuchern Einblicke in den Sammlungsbestand gewährt werden. Nachdem nun der gesamte Umfang des Gemäldebestandes bekannt war, konnte mit den Planungen begonnen werden.29 Es sollten Räumlichkeiten des Konvents (zwei Lagerräume im westlichen Teil) für das Depot adaptiert und durch einen zusätzlichen Anbau ergänzt werden. Der Neubau erfüllt die geforderten konservatorischen Bedingungen, wie Schutz vor Klimaschäden, Licht, Insekten, und gewährleistet vor allem die Aufbewahrung in geordneter Form durch entsprechende Vorrichtungen.30 Durch die Lage im Innenhof ist auch der Zutritt für Besucher möglich. Anfang 2011 wurde ein Architekturbüro31 mit der Planung betraut. Noch im selben Jahr begannen die Bauarbeiten. Im Februar 2012 war das Bauprojekt Schaudepot soweit abgeschlossen und eine finale Umlagerung der Objekte möglich. Das „Kunsthaus Marianna“, ein 120 m2 großer Neubau, gliedert sich in zwei Ausstellungsräume sowie notwendige Nebenräume. Die Lager- bzw. Präsentationsfläche fasst insgesamt 30 verschiebbare Stellwände mit speziell angefertigten Gitterwänden auf denen nun beidseitig Gemälde gehängt werden können. Um eine stabile und flexiblere Hängung der Bilder zu gewährleisten, fiel die Entscheidung auf W-förmige Depothaken32. Zur Planung dieser Systeme stand das Institutsteam dem ausführenden Architekten beratend zur Seite.
Das Hängesystem Zum Zeitpunkt der Umlagerung der Gemälde aus dem provisorischen Zwischenlager im Dachboden in das „Kunsthaus Marianna“ im März 2012, hatte noch keine kunsthistorische Aufarbeitung der Sammlung stattgefunden. Etliche Habsburgerportraits und Kinderbildnisse waren in ihrer Darstellung noch nicht identifiziert oder es lag eine unklare/keine Zuschreibung des Künstlers vor.33 Man entschied sich für eine provisorische
29 30
31 32 33
tinz-Turek, C./Sommer, M. (Hg.), Storyline. Narrationen im Museum. Schnittpunkt. Ausstellungstheorie und Praxis 2, Wien 2009, S. 229–248, S. 229. Erst durch eine Hochrechnung der Gemäldeanzahl und der Dimensionen kann berechnet werden wieviel Mindestlagerfläche zur Verfügung gestellt werden muss. Funk, A., Das Schaudepots – Zwischen Wunsch und Wirklichkeit, in: Natter, T./Fehr, M./HabsburgLothringen, B. (Hg.), Das Schaudepot. Zwischen offenem Magazin und Inszenierung Dokumentation der Fachtagung ,Die Ordnung der Dinge: das Schaudepot, 4.3.2010 in Bregenz, Bielefeld 2010, S. 76–82, S. 69. Architekturbüro Weratschnig, deCillia & Partner, Villach. Fa. Forster Metallbau, Waidhofen/Ybbs. Im Herbst 2013 wurde eine Kooperation mit der Abteilung Kunstgeschichte der Universität für angewandte Kunst möglich. Dabei konnte die Bedeutung einzelner Teile der Sammlung, der Ensembles wie die Kinderportraits deutlich gemacht werden. Basierend auf der restauratorischen Bestandsaufnahme
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Hängung, die eine Umgestaltung der Hängung nach der kunsthistorischen Aufarbeitung ermöglicht (Abb. 117). Um die Orientierung innerhalb des Depots zu erleichtern, sollten die Objekte nach einem festgelegten Programm gehängt werden. Einen großen Teil der Gruppe stellt die Familie um Erzherzogin Marianna dar. Der andere Teil wird durch Gemälde mit religiösem Inhalt gebildet. Betritt man nun das Schaudepot im vorderen Ausstellungsraum, so fällt der Blick als erstes auf die Erzherzogin Maria Anna (gen. Marianna) von Österreich (1738–1789) flankiert von ihren Eltern Maria Theresia (171–1780) und Franz Stephan von Lothringen (1708–1765) sowie einer ihrer Hofdamen. Ähnlich einer Ahnengalerie finden sich auf den folgenden Stellwänden paarweise gehängte Portraits der Großeltern und Geschwister sowie einigen Portraits von Personen aus Mariannas Umfeld. Eine wichtige Gruppe, die daran anschließt, ist eine Serie von Kinderportraits, ebenfalls aus der Familie Mariannas. Die weiteren Stellwände zeigen Gemälde religiösen Inhalts. Die Hängung erfolgte hier nach thematischen Zusammenhängen, aber auch durch Ähnlichkeiten in Stil und Ausführung konnten schon Zuschreibungen an einen bestimmten Künstler erfolgen. So werden nun dem bis 1911 für den Konvent tätigen, bisher unerforschtem österreichischen Künstler Ludwig Knaffl zirka 18 Gemälde zugeordnet. Ein Teil der Gitterwände wurde bisher leer belassen. So kann auch ein Teil der 100 Gemälde, die sich an verschiedenen Standorten im Konvent befinden, wenn notwendig, im Depot Platz finden. Zum Abschluss der Arbeiten wurden gemeinsam mit den Ordensschwestern einige besonders qualitätsvolle Gemälde für die Hängung an den freien Wänden im Depot ausgewählt. Im hinteren der beiden Depoträume erfolgten auf Empfehlung des Institutes, nach Abschluss der Arbeitskampagnen, die Anschaffung und Aufstellung eines neu angefertigten metallenen Planladenschrankes zur adäquaten Lagerung der Paramente und historischen Textilien.
Die Paramente der Elisabethinen Im Zuge des Depotbaus kam auch der Wunsch auf, die wertvollen, nicht mehr bis selten verwendeten historischen Paramente zu erfassen und in adäquaten Schränken ebenfalls in den neuen Räumlichkeiten des Schaudepots unterzubringen. Neben einer Verbessewerden derzeit im Rahmen eines Forschungsprojektes rund 135 Bildnisse der Gemäldesammlung kunstund kulturhistorisch aufarbeitet. Leitung des Projekts: o. Univ.-Prof. Mag. Dr. Eva Kernbauer.
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rung der Aufbewahrungsbedingungen bietet dieses nun auch die Möglichkeit, die Textilien für Forschungszwecke einem interessierten Publikum auf Anfrage zugänglich zu machen. Zudem ist der Schutz vor Diebstahl in diesem gesicherten Bereich gewährleistet.34 So wurde parallel zur letzten Gemäldekampagne 2012 auch der Paramentenbestand des Konvents in einer Projektwoche der Textilklasse erstmals aufgezeichnet und damit auch der Erhaltungszustand dokumentiert.35
Ursprüngliche Aufbewahrung in der Sakristei Die historischen Ornate36 wurden bis 2012 in einem Eichenschrank in der Sakristei aufbewahrt. Diese Laden, mit dem Namen des Ornats beschriftet, boten nicht genügend Platz für die vielen Einzelteile. Die Textilien waren daher sehr dicht, in vielen Lagen aufeinander gelegt. Zum Schutz der Stickereien und fragilen Oberflächen, diente eine Zwischenschicht aus Leinen- bzw. Baumwolltüchern. Eine derartige Überfüllung erschwert unter anderem auch das Handling der Objekte, da nicht immer alle Teile eines Ornats benötigt werden, aber alle aus der Lade entnommen werden müssen, um zu den Objekten bzw. Gewändern in den unteren Lagen zu gelangen. In weiteren Laden und Fächern des Eichenschranks sowie in einer Kommode waren Weißwäsche und liturgische Geräte untergebracht. Die modernen, häufig genutzten Messgewänder sind aus Platzgründen in einem Hängekasten vor der Sakristei untergebracht. Die vorgefundene Situation machte klar, dass hier dringender Handlungsbedarf bestand und die Aufbewahrungssituation verbessert werden musste.
Bestandserfassung Um notwendige Maßnahmen setzen zu können erfolgte 2012 eine Bestandserfassung, die die Eckdaten der Objekte, den Erhaltungszustand sowie technologischen Aufbau, Materialien, aber auch vorangegangene Maßnahmen dokumentierte. Diese Daten dienen unter anderem auch der Berechnung der Größe eines neuen Paramentenschranks und dem dafür notwendigen Platzbedarf im Schaudepot.
34 Der Zutritt zum Konvent kann nicht kontrolliert werden, da Verbindungstüren zum anschließenden, von den Elisabethinen geründeten Krankenhaus bestehen. 35 Mitgewirkt haben von 27.2.–2.3.2012: Studentinnen: Johanna Konrad, Sophie Kurzmann, Birgit Läbe; Fotograf: Georg Oberlechner; Universitätsassistentinnen/Betreuerinnen: Mag. Barbara Eisenhardt, Mag. Britta Schwenck. 36 Als Ornat wird ein Ensemble von Paramenten bezeichnet, das Pluviale, Kasel, Dalmatik, Stola, Manipel, Mitra und auch ein Antependium umfassen kann.
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Für die Bestandsaufnahme wurde das vorhandene Formular der Gemälde-Kampagnen übernommen und für die Anforderungen der Textilien adaptiert. Da im Zuge der Projektwoche keine Zeit für umfangreiche Recherchen war, wurden auf den Formularen neue, zusätzliche Rubriken angeführt. „Schenkung/Spende/Ankauf“ und „Anmerkungen“ lassen somit auf dem ausgedruckten Word-Formular die Möglichkeit offen zusätzliche Informationen handschriftlich festzuhalten. Aus Platzgründen erfolgte die Aufnahme der Objekte nicht in der Sakristei, sondern in einem, vom Konvent zur Verfügung gestellten Zwischenlager im Erdgeschoß des Gebäudes. Insgesamt wurden 274 Objekte aufgenommen. Erfasst wurden zehn Ornate, davon drei kleine mit drei bis sechs Teilen und sieben große mit 28 bis 42 Einzelteilen, dazu kommen noch neun Ziboriumvelen.37 Im Zuge der Bestandserfassung erfolgte auch eine Trockenreinigung der Objekte (Abb. 118). Hierbei wurden oberflächige Staubauflagen und Holzabrieb, der durch das Öffnen und Schließen der Laden entstand, entfernt.
Erhaltungszustand Die Bestands- und Zustandserfassung zeigte, dass die Ordensschwestern die Textilien stets mit großer Sorgfalt behandelt haben. Die Messgewänder sind überwiegend in gutem Erhaltungszustand und können für besondere Anlässe getragen werden. Vorausgesetzt wird ein sorgsamer Umgang mit den historischen Gewändern. Empfohlen wird hierbei eine Nutzung von höchstens ein- bis zweimal im Jahr. Einzig ein schwarzer Samtornat ist in einem schlechten Zustand und sollte keinesfalls wieder verwendet werden. Hier ist nicht die Verwendung oder falsches Handling Ursache für den fragilen Zustand, sondern der alterungsbedingte Abbau der Fasern des Gewebes. Die aufgezeigten Schäden, wie Faserabrieb, abstehende Fäden, Risse/Fehlstellen und Verunreinigungen sind zum großen Teil auf den Gebrauch, aber auch auf das Handling zurückzuführen. Restauratorische Maßnahmen müssten nur vereinzelt gesetzt werden, und dies nur um die Messgewänder bei Gebrauch vor weiterführenden Schäden zu bewahren. Für eine reine Depotsitutaion der Textilien sind weitere restauratorische Schritte nicht erforderlich.
Lagerung Da die aufgenommenen Maße der Objekte als Basis zur Berechnung für einen neuen Paramentenschrank dienten, wurden die historischen Messgewänder, dieses Mal mit 37 Das Ziboriumvelum dient zum Verhüllen des Ziboriums, ein Gefäß für die Aufbewahrung konsekrierter, d. h. in der Messe übriggebliebener Hostien. Es wird im Tabernakel aufbewahrt.
Die Gemälde- und Paramentensammlung der Elisabethinen in Klagenfurt. Vom Dachboden zum Schaudepot
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Zwischenlagen aus säurefreiem Seidenpapier versehen, wieder in die Sakristei verbracht. Erst mit Aufstellung des neu angefertigten Paramentenschranks im Schaudepot konnten die Objekte in diesen umgelagert werden. Hier können die wertvollen Paramente und historischen Textilien nun optimal gelagert werden.
Resümee Nach der Fertigstellung des Schaudepots und dessen Bestückung mit den Objekten wurde das neue „Kunsthauses Marianna“ am 30. März 2012 feierlich eröffnet. Mit dem Kunsthaus Marianna ist die Stadt Klagenfurt um eine weitere bedeutende kulturelle Einrichtung reicher und attraktiver geworden.38 Erst durch die Aufarbeitung des Gemäldebestandes mittels konservatorischer Bestandserfassung konnte der tatsächliche Umfang erschlossen werden. Dabei zeigte sich auch der unterschiedliche Erhaltungszustand der Sammlung. Von insgesamt 412 weisen rund 80 Gemälde einen dringenden Handlungsbedarf auf, dagegen zeigt der historische Paramentenbestand des Konvents, obwohl lange Zeit in überfüllten Laden aufbewahrt, einen überwiegend guten Zustand. Die im Rahmen der Projektwochen, durchgeführten konservatorischen Maßnahmen ermöglichten eine optimale Vorbereitung aller Gemälde für die spätere Hängung im Schaudepot. Ein weiterer Baustein dabei war auch die kunst- und kulturwissenschaftliche Aufarbeitung der Sammlung, eine Kooperation mit der Abteilung Kunstgeschichte39 der Universität für angewandte Kunst Wien, durch den unsere Bestandsaufnahme entsprechend ergänzen werden konnte und teilweise noch wird. Eine Weiterführung dieser wertvollen Zusammenarbeit ist nur wünschenswert. Erste Musterrestaurierungen an ausgewählten Kinderportrait-Gemälden im Zuge eines Vordiploms und eines Diploms sind für zukünftige Restaurierungsmaßnahmen an diesem Sammlungsbestand richtungsweisend.40 Bei der Konzeption des Schaudepots präsentierte sich das Institut für Konservierung durch seine beratende Funktion als Verbindungsglied zwischen den Elisabethinen und
38 Schaudepot der Elisabethinen, Eröffnungsrede von o. Univ.-Prof. Mag. Dr. Gabriela Krist am 30.03. 2012. 39 Institut für Kunstwissenschaften, Kunstpädagogik und Kunstvermittlung; Abteilung Kunstgeschichte, Leitung: Univ.-Prof. Mag.phil. Dr.phil. Eva Kernbauer. 40 Allmaier, M., Barocke Kinderportraits aus der Gemäldesammlung der Elisabethinen in Klagenfurt. Minimalinvasive Restaurierung, Diplomarbeit, Universität für angewandte Kunst Wien, 2014/Nikjou, S., Sammlung – Elisabethinen-Konvent Klagenfurt. Bestandsaufnahme, Sammlungsanalyse und Kunstgeschichtliche Recherche, unveröffentlichtes Vordiplom, Universität für angewandte Kunst Wien, 2010.
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Gabriela Krist, Caroline Ocks, Veronika Loiskandl, Barbara Eisenhardt, Britta Schwenck
anderen Partnern. Dieses erfolgreiche Zusammenspiel, aber vor allem die wunderbare Kooperation mit dem Konvent ließen schlussendlich dieses großartige Projekt wirklich werden. Weitergehend empfiehlt sich für die Sammlung – im Depot sowie an den diversen Standorten im Konvent – eine regelmäßige Kontrolle durch RestauratorInnen. Dabei sollte mindestens ein dreijähriger Rhythmus eingehalten werden, um den Gesamtzustand der Sammlung besser beobachten und im Bedarfsfall bei etwaigen Schäden handeln zu können. Die neue Lagerung und Präsentation der Gemälde und Paramente in dem zugänglichen Schaudepot „Kunsthaus Marianna“ bietet nun nicht nur beste Bedingungen für eine langfristige Erhaltung der Sammlung, sondern auch eine neue Öffentlichkeitswirksamkeit.
Literatur Allmaier, M., Barocke Kinderportraits aus der Gemäldesammlung der Elisabethinen in Klagenfurt. Minimalinvasive Restaurierung, Diplomarbeit, Universität für angewandte Kunst Wien, 2014. Griesser-Stermscheg, M., Das Schaudepot und das begehbare Depot: Sammlungen ausstellen?, in: Martinz-Turek, C./Sommer, M. (Hg.), Storyline. Narrationen im Museum. Schnittpunkt. Ausstellungstheorie und Praxis 2, Wien 2009, S. 229–248. Gustavson, N., Von Ruinen zu Schlössern – Bestandsaufnahme und Sammlungsanalyse am Beispiel der Gemäldesammlung auf Schloss Greillenstein, NÖ, Diplomarbeit, Universität für angewandte Kunst Wien, 2004. Gustavson, N., Bericht zur ZKF-Projektwoche im Konvent der Elisabethinen in Klagenfurt, Projektbericht 2012, Universität für angewandte Kunst Wien, 2012. Langenstein, Y., Das Prinzip Ordnung: Inventarisierung und Dokumentation als roter Faden der Museumsarbeit, in: Bayrisches Landesamt für Denkmalpflege (Hg.), Museumsbausteine 6, Sammlungsdokumentation. Geschichte, Wege, Beispiele, München 2001. Maekava, S./Elert, K., The use of Oxygen-Free Enviroments in the Control of Museum Insect Pests. The Getty Conservation Institute, Los Angeles 2003. Funk, A., Das Schaudepots – Zwischen Wunsch und Wirklichkeit, in: Natter, T./Fehr, M./Habsburg-Lothringen, B. (Hg.), Das Schaudepot. Zwischen offenem Magazin und Inszenierung Dokumentation der Fachtagung ,Die Ordnung der Dinge: das Schaudepot, 4.3.2010 in Bregenz, Bielefeld 2010, S. 67–82. Nikjou, S., Sammlung – Elisabethinen-Konvent Klagenfurt. Bestandsaufnahme, Sammlungsanalyse und Kunstgeschichtliche Recherche, Vordiplomsarbeit, Universität für angewandte Kunst Wien, 2010. Offner, C., Die Gemäldesammlung im Zisterzienserstift Zwettl. Inventarisierung, Sammlungsana-
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Martina Haselberger, Marija Milchin
Wintereinhausungen für Natursteinobjekte im Außenbereich
Abstract For outdoor monuments roofs and winter shelters are the most important measures in terms of preventive conservation. The aim is to keep water away from the stone surface, especially in the winter months, and so to work against the processes of decay. While in the past it was most common to use wooden shelters and simple textile covers, recently new materials and systems are increasingly introduced, though they are only poorly tested for their effectivity and functionality. An evaluation of the soft covers used for several years for the garden sculptures at Schönbrunn Palace in Vienna by the Institute of Conservation at the University of Applied Arts Vienna represents a step towards objective assessment of such protective measures. Climatic recordings under the covers, visual inspections in situ and scientific analyses were used to point out the positive and negative aspects, as well as possibilities for improvement.
Zusammenfassung Wintereinhausungen zählen neben Überdachungen zu den wichtigsten Schutzmaßnahmen für Objekte im Außenbereich im Sinne der präventiven Konservierung. Diese Einhausungen sollen besonders in den Wintermonaten Wasser von den Steinoberflächen abhalten und so Verwitterungsmechanismen entgegenwirken. Waren es zu Beginn in erster Linie Einhausungen aus Holz und einfachen Textilien, drängen in letzter Zeit immer mehr neue Materialien und Systeme auf den Markt. Sie sind jedoch meistens nur unzureichend auf ihre Effektivität und Funktionalität hin geprüft. Eine Evaluierung der im Schlosspark von Schönbrunn mehrjährig verwendeten, textilen Einhausungen durch das Institut für Konservierung und Restaurierung war ein erster Schritt zur objektiven Beurteilung derartiger Schutzmaßnahmen. Im Rahmen des Projekts konnten anhand von Klimamessungen im Inneren der Einhausung, optischen Befundungen in situ und materialwissenschaftlichen Untersuchungen neben Vor- und Nachteilen auch Verbesserungsmöglichkeiten aufgezeigt werden.
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Martina Haselberger, Marija Milchin
Einleitung „Stein ist ein Material für die Ewigkeit“ – eine These, welcher die Fachwelt nie wirklich beipflichten konnte. Quer durch die Geschichte waren sich Künstler und Bauleute der eingeschränkten, wenn auch andere Materialien übertreffenden, Haltbarkeit von Naturstein bewusst. Deswegen wurden oft schon bei der Produktion von Bauwerken und Kunstobjekten Schutzmaßnahmen miteingeplant. Diese können unterschiedlichster Natur sein und reichen von verschiedenen Oberflächenüberzügen, über Überdachungen bis hin zu Wintereinhausungen.1 Alle verfolgen jedoch ein gemeinsames Ziel: Wasser in Form von flüssigem und festem Niederschlag von der Oberfläche abzuhalten und dadurch der Verwitterung des Natursteins entgegenzuwirken. Da bei den meisten Schadensmechanismen im Außenbereich Wasser eine wichtige Rolle spielt, können diese so entweder gänzlich ausgeschalten oder deutlich verlangsamt werden. Allgemein kann man die oben genannten Schutzmaßnahmen in zwei Kategorien einteilen: jene, die ganzjährig aktiv sind (Überdachungen und Schutzüberzüge), und solche, die nur im Winter temporär eingesetzt werden (Wintereinhausungen oder Verfrachten ins Innere2). Die temporären Maßnahmen kommen deshalb nur im Winter zur Anwendung, weil einige der Schadensmechanismen, wie Frost-Tau-Wechsel, nur in dieser Jahreszeit auftreten. Auch andere Schadensmechanismen werden im Winter verstärkt. So sind im Winter in unserer Klimazone die Kontaktzeiten mit Wasser in flüssiger oder fester Form gewöhnlich länger, etwa in Form von Kompressenwirkung bei Schnee. Die Luftverschmutzung ist meist größer und die Wasserlöslichkeit der Kalzitkristalle temperaturbedingt höher.3 All diese Faktoren machen je nach Material und Exposition die Verwitterung von Naturstein im Außenbereich im Winter um einiges aggressiver, als in den Sommermonaten. Um diesem beschleunigten Zerfall entgegenzuwirken, wurden im Laufe der Geschichte verschiedene temporäre Maßnahmen eingesetzt. Die wichtigsten und am besten bewerteten unter ihnen sind vermutlich die Wintereinhausungen.
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Wintereinhausungen sind in Deutschland ab dem 18. Jahrhundert nachweislich in Verwendung, vermutet wird jedoch, dass sie bereits früher angewandt wurden. Siehe: Hüneke, S., Skulpturen, in: Generaldirektion der Stiftung Preußischer Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg (Hg.), Marmor, Stein und Eisen bricht – Die Kunst zu bewahren, Potsdam 2006, S. 150–152. Das Verfrachten ins Innere ist nur bei kleinformatigen Werken möglich. Durch die steigende Löslichkeit von CO2 mit sinkender Temperatur, steigt auch die Löslichkeit von Kalzit (Kalziumkarbonat) im Winter.
Wintereinhausungen für Natursteinobjekte im Außenbereich
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Möglichkeiten der Einhausung Um ein Wintereinhausungssystem für ein konkretes Denkmal auszuwählen, müssen die Anforderungen an die Einhausung im Vorfeld definiert werden. Prinzipiell gilt es folgende Fragen zu beantworten, bevor eine Auswahl getroffen werden kann: – Dimensionen und Zugänglichkeit des Objekts, – Lagerungsplatz für die Einhausung (während der Sommermonate), – Kostenrahmen und zur Verfügung stehende Arbeitszeit für den Auf- bzw. Abbau. Neben diesen Fragen hat jede Einhausung einigen Anforderungen zu entsprechen und sollte: – Schutz vor direktem Kontakt mit Wasser (Regen oder Schnee) bieten, – atmungsaktiv sein, – kein ungünstiges Klima erzeugen und extreme Schwankungen von Temperatur und Luftfeuchtigkeit im besten Fall abpuffern, – beständig gegenüber mechanischer Beanspruchung und Verwitterung sein, – chemisch und physikalisch mit dem Objekt verträglich sein, – eine ausreichende Stabilität und Standfestigkeit (Sturm) aufweisen.4 Prinzipiell gibt es zwei verschiedene Einhausungssysteme: „Skin“ und „Shelter“. 5 Im folgenden Absatz werden die Merkmale sowie die jeweiligen Vor- und Nachteile näher erläutert. Bei den Skin-Einhausungen werden verschiedene flexible Materialien, wie Textilbahnen (Segeltücher) oder semipermeable Membranen (Geotextilien bzw. Tyvek®), mit oder ohne Abstandhalter verwendet. Meistens sind diese Einhausungen in Form von individuell angepassten Hüllen ausgeführt (genäht oder geschweißt), welche je nach Größe mit Gurten oder Bändern fixiert werden. Oftmals sind zusätzlich Lüftungslöcher eingearbeitet. Bei den Skin-Einhausungen ist zu beachten, dass die meisten hierfür verwendeten Materialien noch nicht sehr lange und gründlich untersucht worden sind bzw. keine Langzeiterfahrungen vorliegen. Von Vorteil sind hier in erster Linie der leichtere Aufund Abbau, sowie der geringe Platzbedarf bei der Lagerung im Vergleich zu den meisten Shelter-Einhausungen. Aufgrund des direkten Kontakts zur Materialoberfläche bei en4
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Haselberger, M., Evaluierung der gegenwärtigen Wintereinhausungen der Marmorskulpturen im Schlosspark Schönbrunn, Bericht, Universität für angewandte Kunst Wien 2011. Diese Arbeit wurde unter der Betreuung von o. Univ. Prof. Mag. Dr. Gabriela Krist am Institut für Konservierung und Restaurierung durchgeführt. Ruedrich, J., et al., Development and Assessment of Protective Winter Covers for Marble Statuaries of the Schlossbrücke, Berlin (Germany), in: Environmental Earth Science 63/2011, S. 1823–1848, S. 1840.
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ganliegenden Hüllen und durch mangelhafte Fixierung oder falsches Handling selbiger kommt es jedoch öfters zu Beschädigungen von Hülle und Objekt. Bei der Shelter-Form handelt es sich entweder um ein Gerüst, über welches anschließend Textilbahnen gespannt werden, oder um stabile Einheiten, wie Holzeinhausungen bzw. diverse Plexiglas/Glas Konstruktionen. Bei ersterem können dieselben textilen Materialien, wie bei den Skin-Einhausungen, oder aber dichtere Stoffbahnen, wie diverse Planen (LKW- und Bauplanen), verwendet werden, sofern für eine ausreichende Lüftung gesorgt wird. Die Shelter-Einhausungen bieten dem Wind im Allgemeinen mehr Angriffsfläche und müssen daher immer ausreichend befestigt werden. Von deren Verwendung bei Denkmälern, an deren Standort mit starken Windböen zu rechnen ist, sollte eher abgesehen werden. Von Vorteil ist meist die größere Luftmenge zwischen Einhausung und Objekt, die eine Art Pufferzone bilden kann. Der Abstand sorgt gleichzeitig für weniger mechanische Belastung.
Aktueller Stand der Forschung – State of the art Die Palette der für Einhausungen verwendeten Materialien ist mittlerweile sehr groß. Neben klassischen Holzeinhausungen6, welche vielerorts noch in Verwendung sind (zum Beispiel Schloss Rheinsberg, Großer Garten in Dresden, Großharthau Park in Sachsen, Barockschloss Rammenau Sachsen, Barockgarten Großsedlitz, Schloss Sanssouci) drängten in jüngerer Vergangenheit zahlreiche neue Systeme und Materialien7 (Geotextilien, Tyvek etc.) auf den Markt. Diese sind meist nur unzureichend untersucht und deren Eignung als Einhausung sowie die Auswirkungen der verwendeten Materialien auf die Objekte nicht eingehend geklärt. Erst im Verlauf der letzten Jahrzehnte konnten einige größer angelegte Untersuchungen von Wintereinhausungen realisiert werden. Diese in Deutschland und Großbritannien angesiedelten Projekte zielten in erster Linie auf die Entwicklung von Einhausungssystemen ab, welche auf die Objekte und örtlichen Begebenheiten abgestimmt sind (Deutsche Bundesstiftung Umwelt – DBU Projekte zwischen 1997 und 2003 sowie 2006 und 2010, Untersuchungen in Anglesey Abbey, Brodsworth Hall und Hampton Court Palace in 2003/2004). Als aktuellstes Vorhaben sei das seit Ende 2012 laufende Projekt zum Thema „Winterschutzeinhausungen von Natursteinskulpturen in national bedeutenden Gartenanlagen, modellhafte Bewahrung von Kulturressourcen und Qualitätssicherung“ erwähnt, welches seitens des Instituts für Diagnostik und Konservierung e. V. 6 7
Bei Holzeinhausungen handelt es sich immer um Shelter-Formen. Bei diesen neuen Systemen handelt es sich sowohl um Skin- als auch um Shelter-Einhausungen.
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in Dresden bearbeitet und durch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) gefördert wird. Dabei sollen verschiedene Einhausungssysteme an Objekten aus Marmor, Sandstein und Kalkstein in national bedeutenden Parkanlagen über mindestens einen Winter überprüft werden. Ziel ist es, die Vor- und Nachteile einzelner Einhausungen herauszustreichen und so einen Leitfaden für künftige Systeme zu liefern.8 Die aus den bereits abgeschlossenen Projekten gewonnenen Ergebnisse führten zu ähnlichen Erkenntnissen. So wurden unabhängig voneinander die positiven Auswirkungen einer guten Durchlüftung der Einhausung in Frage gestellt. Sowohl an den Marmorskulpturen der Berliner Schlossbrücke als auch bei Skulpturen in Großbritannien begünstigte ein steter Luftaustausch mit der Umgebung die Durchfeuchtung des Gesteins und Kondenswasserbildung.9 Gleichzeitig wurde jedoch bei ventilationsarmen oder luftdichten Einhausungen aufgrund der im Frühjahr erhöhten Temperatur eine Austrocknung des Gesteins im Inneren verhindert.10 Eine kontrollierte Luftzirkulation könnte hier zielführend sein, um sowohl ein Austrocknen des Steins zu gewährleisten als auch einem verstärkten Eintrag feuchter Luft in den Wintermonaten entgegenzuwirken.11 Neben der Frage nach Konstruktion und Abgeschlossenheit des Systems herrscht auch Uneinigkeit über die Wahl des zu verwendenden Materials. Verschiedene Textilien und Membrane, wie Tyvek®12, Light-Tex Acryl13 oder Cliveden Winter Cover14 haben sich etabliert und kommen in verschiedenen bedeutenden Parks und Gärten zum Einsatz. Zum Teil wurden die wünschenswerten Eigenschaften durch naturwissenschaftliche und konservierungswissenschaftliche Untersuchungen belegt. Eine solche wissenschaftliche Untermauerung bezüglich der Funktionalität verabsäumte man bei dem in Schönbrunn verwendeten Einhausungssystem. Trotz zahlreicher Hinweise bezüglich Mängel in der Konstruktion seitens des Landesamtes für Denkmalpflege Sachsen (LfDS) wurden vor 8
DBU Projekt Nr. 30415, in: DBU – Gut in Form bei jedem Wetter – Steinerne Skulpturen schonen, http://www.dbu.de/123artikel34224_335.html, Zugriff 15.02.2014. 9 Berry, J., et al., Assessing the Performance of Protective Winter Covers for Outdoor Marble Statuary: Pilot Investigation, in: ICOM CC/Verger, I. (Hg.), 14th Triennial Meeting The Hague, 12–16 September 2005, Preprints, London 2005, S. 879–887, S. 4–6/Ruedrich, J., et al., Development and Assessment of Protective Winter Covers for Marble Statuaries of the Schlossbrücke, Berlin (Germany), in: Environmental Earth Science 63/2011, S. 1823–1848, S. 1839f. 10 Ebenda, S. 1839f. 11 Ruedrich, J., et al., Development and Assessment of Protective Winter Covers for Marble Statuaries of the Schlossbrücke, Berlin (Germany), in: Environmental Earth Science 63/2011, p. 1823–1848, p. 1846. 12 Papiervliesartiges Faserfunktionstextil aus thermisch verschweißten Fasern aus Polyethylen hoher Dichte, DuPont. 13 Polyestergewebe mit Teflonbeschichtung, Dresdner Patent. 14 Cliveden Conservation Workshop Limited, The Tennis Courts, Cliveden Estate, Taplow, Berkshire, SL6 0JA, UK.
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der Verwendung des gewählten Systems in Schönbrunn keine weiteren Tests durchgeführt.15 2007 mussten in Großsedlitz ein Jahr alte Einhausungen aufgrund eklatanter Mängel ausgetauscht werden, 2008 wies man auch in Moritzburg auf eine unzureichende Befestigung und Materialermüdungserscheinungen hin.16 2011 wurde schließlich eine Untersuchung der Einhausungen seitens der Schloss Schönbrunn Kultur- und Betriebsges.m.b.H. in Auftrag gegeben. Im folgenden Text werden die Ergebnisse dieser Untersuchung präsentiert.
Die Wintereinhausungen von Schönbrunn Die in Schönbrunn verwendeten textilen Wintereinhausungen für die Parkskulpturen wurden im Zuge einer in den Wintermonaten 2011/12 durchgeführten Evaluierung durch das Institut für Konservierung und Restaurierung näher untersucht.17 Neben Klimamessungen wurden die Einhausungen hinsichtlich ihrer Konstruktion und der verwendeten Materialien vor Ort begutachtet. Die Materialien wurden anschließend materialwissenschaftlichen Analysen unterzogen. Die im Schlosspark Schönbrunn befindlichen Skulpturen und Skulpturengruppen wurden im Zuge einer größeren Umgestaltungsphase Ende des 18. Jahrhunderts errichtet, wobei die Mehrheit entlang des Großen Parterres aufgestellt wurde. Die auf Sockeln platzierten, freistehenden Skulpturen sind zur Gänze aus dem weißen, grobkristallinen Sterzinger Marmor gefertigt. Durch die jahrzehntelange freie Bewitterung sind die Marmoroberflächen partiell stark aufgeraut und die obersten Kornlagen abgewittert. In einigen Bereichen sind infolgedessen bereits deutliche Formverluste zu beklagen. Zudem zeigen sich Verwitterungserscheinungen wie Gefügeauflockerungen, Bindungsverlust zwischen den einzelnen Kristallen und eine Aufweitung der Spaltporen. Diese Oberflächenvergrößerung bietet gleichzeitig eine größere Angriffsfläche für weitere Schadensmechanismen wie Frost-Tau-Wechsel, Anlösungs- und Ausfällungsreaktionen und biologische Besiedlung.18 15
TU Dresden, Der Putten neue Kleider. Schutz architekturintegrierter Steinplastiken, in: Restauro 7/2005, S. 470f. 16 Franzen, C., Wintereinhausungen von Natursteinobjekten, in: Institut für Diagnostik und Konservierung an Denkmalen in Sachsen und Sachsen-Anhalt e. V. (Hg.), Bericht DD 01/2008, Dresden 2008, S. 7ff. 17 Institut für Konservierung und Restaurierung, Universität für angewandte Kunst Wien, Leitung: o. Univ.-Prof. Dr. Gabriela Krist, auf Anregung von Prof. Dr. Wolfgang Kippes, ehemaliger technischer Leiter Schloss Schönbrunn Kultur- und Betriebsges.m.b.H. 18 Institut für Konservierung und Restaurierung, Konservatorische Bestandsaufnahme der Gartenskulpturen aus Sterzinger Marmor im Schlosspark Schönbrunn, Teil I/Teil III, Bericht, Universität für ange-
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Besonders in den Wintermonaten kommt es aufgrund der klimatischen Begebenheiten zu einer verstärkten Verwitterung des Marmors. Die Zerstörung des Korngefüges wird dabei besonders durch den vermehrten Wassereintrag in Form von aufliegendem Schnee oder Regen gefolgt von Frostperioden vorangetrieben. Um künftige Schäden zu minimieren, sollten die Marmorskulpturen daher in den Wintermonaten durch Einhausungen geschützt werden. Eine direkte Bewitterung und ständige Durchfeuchtung der Objekte kann so verhindert werden. Besonders die Durchfeuchtung begünstigt in Verbindung mit Frost-Tau-Wechseln, die in unseren Breitengraden häufig auftreten, Frostsprengungen im Gestein. Nach Versuchen mit Einhausungen aus Holz (1995/96) und Plexiglas (1993 bis 1996) in den 1990er Jahren wurde im Winter 2001/02 eine erste Probeeinhausung mit einer Schutzfolie nach dem Dresdner Bekleidungspatent durchgeführt.19 Dieses Einhausungsmodell (Skin-Form mit Abstandhaltern) wurde einige Jahre später durch die Fa. Embacher20 für die Schloss Schönbrunn Kultur- und Betriebsges.m.b.H. adaptiert und zwischen 2005 und 2012 für die Einhausung der Parkskulpturen im Schlosspark verwendet. Bei den verwendeten Textilhüllen handelt es sich um einen mit Polytetrafluorethylen (Teflon) beschichteten, engmaschigen Membranstoff, welcher unter dem Namen ART/ COAT® vertrieben wird.21 Die einzelnen Stoffbahnen sind mittels Falznaht verbunden und mit gleichmäßig verteilten Lüftungslöchern ausgestattet. Die textilen Einhausungen sind hinsichtlich ihrer Maße und ihrer Form an die Umrisse der jeweiligen Skulpturen angepasst. Nach Anbringen von Distanzhaltern aus Schaumstoffschläuchen werden sie über die Skulpturen gestülpt, unter der oberen Sockelkante mittels Spanngurt festgezurrt und zusätzlich mit Klettbändern zusammengebunden (Abb. 119). Die optische Befundung der Einhausungen in Schönbrunn 2011 zeigte, dass sich die Textilhüllen bereits in einem deutlich degradierten und teilweise stark beschädigten Zustand befanden. Neben Mängeln in der Befestigung und Konstruktion, wie fehlende oder zu lose angebrachte Spanngurte und Klettbänder sowie verrutschte Abstandhalter, waren beträchtliche Materialermüdungen und Alterungserscheinungen am Textil zu beobachten. Die gesamte Oberfläche der Hüllen war von netzartig verlaufenden Haarrissen überzogen. Besonders im Bereich der Klettbänder kam es zu einem Abrieb der aufliegenden Beschichtung und einer Aufrauhung des Membranstoffes (Abb. 120). Partiell wandte Kunst Wien, 2004. 19 Entwicklung der Bekleidung durch Zusammenarbeit zwischen Schloss Moritzburg und der Technischen Universität Dresden, Institut für Textil und Bekleidungstechnik, Pat. Nr. DE 199 51 973 A1. 20 Fa. EMBACHER, Bandgasse 30, A–1070 Wien. 21 Laut Hersteller handelt es sich um eine „wasser-, öl- und schmutzabweisende Textilhülle aus texturiertem Polyester-Material“; Fa. EMBACHER, Bandgasse 30, A–1070 Wien. Siehe: ART/COAT – Das moderne Winteroutfit für Skulpturen, in: www.artcoat.at/artcoat.php, Zugriff 10.02.2014.
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bildeten sich bereits feine Risse und Löcher im Gewebe aus. Aufgrund der mangelhaften Befestigung kam es bei den durch Wind verursachten Zugbeanspruchungen zu Reibung des Textils an der Steinoberfläche. Dies führte in weiterer Folge zu einem Durchscheuern des Gewebes und der Ausbildung großer Löcher (Abb. 121). Neben den Schäden am Material selbst offenbarten sich in situ auch einige Mängel in der Verarbeitung der Textilhüllen. Die zahlreichen Flicken und Ausbesserungen deuteten auf eine Vielzahl an Reparaturphasen und daraus resultierend auf die geringe Beständigkeit des Materials hin. Eine deutliche Schwachstelle stellen die Nähte dar – trotz der durch die Fa. Embacher vorgenommenen Verbesserungen. Sowohl sekundäre als auch originale Nähte hatten sich an vielen Stellen geöffnet und begünstigten so ein vermehrtes Eindringen von Wasser in Form von Regen oder Schnee (Abb. 122). Untersuchungen des Einhausungsmaterials zum Feuchtedurchgangsverhalten unter kontrollierten Bedingungen zeigten, dass das Gewebe in unbeschädigtem Zustand prinzipiell sehr gut zum Schutz vor direkter Nässe geeignet ist. Während Wasserdampf gering verzögert durch das Material diffundiert, konnte kein Durchdringen von Wasser in flüssiger Form nachgewiesen werden. Beschädigte Folien hingegen zeigten eine weitaus höhere Wasserdampfdurchlässigkeit und konnten den Eintrag von Wasser in flüssiger Form erwartungsgemäß in keiner Weise mehr unterbinden. Alarmierend war hierbei, dass bereits kleinste mechanische Beschädigungen große Beeinträchtigungen des Feuchtedurchgangsverhaltens nach sich zogen. So ermöglichte schon das bloße Falten des Materials ein Durchdringen von Wasser durch das Gewebe, wodurch die Einhausung ihrer primären Aufgabe – dem Schutz vor direkter Nässe – nicht mehr nachkommen kann. Um die durch die Einhausung erzeugten klimatischen Bedingungen für die Marmorskulpturen zu bewerten, wurden im Inneren der Einhausungen Klimamessungen mittels Dataloggern (COMET datalogger S363122) durchgeführt und unter Berücksichtigung des Außenklimas und des vorherrschenden Wetters ausgewertet.23 Dafür wurden drei Skulpturen mit unterschiedlicher Exponierung im Schlosspark ausgewählt. So konnten auch Rückschlüsse auf das Verhalten der Einhausungen bei Extrembedingungen, wie starker Sonneneinstrahlung, gezogen werden. Im Allgemeinen lieferten die Messungen in Einhausungen, welche entweder durch umliegende Hecken oder Bäume vor Wind und Sonneneinstrahlung geschützt sind, sehr zufriedenstellende Ergebnisse. Die Temperaturkurven im Inneren verliefen weitestgehend analog zu jenen im Außenbereich, hinsichtlich der Luftfeuchte war eine gering verzögerte Abnahme zu beobachten. Auch bei hoher Luftfeuchtigkeit konnte keine Un22 Fa. COMET SYSTEM, s.r.o., 1. Maje 1220, CZ–75661. 23 Bei den Klimamessungen wurde neben Temperatur und Luftfeuchtigkeit auch die Oberflächentemperatur gemessen, um zu erkennen, wann es im Inneren der Einhausung gegebenenfalls zu einer Kondensation an der Steinoberfläche kommt.
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terschreitung des Taupunkts nachgewiesen werden, also auch keine daraus resultierende Kondenswasserbildung. Weniger befriedigend waren die Resultate für stark sonnenexponierte Einhausungen (Ausrichtung nach Süden oder Süd-Westen). Trotz des weißen Textils kam es im Inneren nachweislich zu einer starken Aufheizung an Sonnentagen. Außerdem waren im Vergleich zum Außenklima längere Perioden mit 100 % Luftfeuchtigkeit und eine häufigere Unterschreitung des Taupunktes zu beobachten. Im Vergleich zu Skulpturen ohne Einhausungen ist hier demzufolge mit einer häufiger stattfindenden Kondensation auf der Marmoroberfläche zu rechnen. Des Weiteren führte die einseitig stattfindende Aufheizung zur Ausbildung zweier Klimazonen im Inneren der Einhausung. Resümierend konnte festgehalten werden, dass das in Schönbrunn verwendete Einhausungssystem mit textilen Hüllen noch nicht genügend ausgereift ist. Bei geschützter, schattiger Positionierung und Unversehrtheit des Textils lassen sich im Inneren durchaus gute klimatische Bedingungen für das Gestein erzielen. Es wird das Eindringen von flüssigem Wasser verhindert, auftretende Kondensationszeiten verkürzt sowie Klimakurven geringfügig abgedämpft. Diese Rahmenbedingungen sind jedoch nur bei den wenigsten der Schönbrunner Parkfiguren gegeben. Bei der Mehrzahl ist mit einer direkten Sonnenbestrahlung zu rechnen, welche analog zu den Klimamessungen einen messbar negativen Einfluss auf das Innenklima hat. Das Material der Textilhüllen erfüllt unter kontrollierten Bedingungen die an eine Einhausung gestellten Anforderungen bezüglich des Feuchtedurchgangsverhaltens und verspricht so in der Theorie einen ausreichenden Schutz vor Wasser in flüssiger Form. In der Praxis erweisen sich jedoch die wenig widerstandsfähige Verarbeitung der Schutzhüllen und die geringe Beständigkeit gegenüber Witterung und mechanischer Belastung als größte Mängel. Sie führen zu Einbußen in der Funktionalität. Bereits geringe mechanische Belastungen, wie Falten, Knittern oder Reibung, verursachen erhebliche Beschädigungen am Trägermaterial und an der Beschichtung. Problematisch ist, dass diese Schadensmechanismen an den Hüllen nicht nur bei der aktiven Verwendung als Einhausung, sondern auch bei der bloßen Lagerung während der Sommermonate stattfinden. All diese beobachteten Alterungserscheinungen und Schadensbilder verdeutlichen die geringe Witterungsbeständigkeit des Materials. Des Weiteren führen unsachgemäße Montage und Befestigung sowie die Verarbeitung der Textilhüllen zu Problemen. Dabei sind in erster Linie die durch geöffnete Nähte entstandenen Löcher zu erwähnen. Sie ermöglichen einen direkten Eintrag von Wasser und reduzieren somit die Funktion der Einhausung beträchtlich.24 24 Haselberger, M., Evaluierung der gegenwärtigen Wintereinhausungen der Marmorskulpturen im Schlosspark Schönbrunn, unveröff. Bericht, Universität für angewandte Kunst Wien 2011.
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Martina Haselberger, Marija Milchin
Bei der künftigen Anwendung textiler Einhausungen im Schlosspark Schönbrunn sollte basierend auf den gewonnenen Erkenntnissen eine Adaption und Verbesserung des verwendeten Materials und der Konstruktion angestrebt werden. So ist ein Gewebe-System zu finden, das sowohl innen als auch außen eine zusätzliche Schutzschicht aufweist, um den Abrieb der Beschichtung und des Trägermaterials zu reduzieren. So könnte eine bessere Beständigkeit des prinzipiell geeigneten Materials erzielt und die Dauerhaftigkeit der Einhausung verlängert werden. Die bisher angewandte Befestigung erwies sich vor allem am Großen Parterre, wo teilweise starke Windböen auftreten, als unzureichend. Überlegungen zu einer materialschonenderen Lagerung (z. B. hängend) und einer Verbesserung hinsichtlich der Verarbeitung der Textilhüllen (z. B. doppelte statt einfacher Falznaht) werfen gleichzeitig die Frage auf, inwieweit das Argument der „kostengünstigen textilen Einhausung“ dann noch von Relevanz ist.
Resümee Einhausungen sollen frei bewitterte Natursteinobjekte in erster Linie vor den natürlichen Umweltbelastungen wie Regen und Schnee schützen. Diese wirken sich in den Wintermonaten aufgrund der niedrigen Temperaturen besonders schädigend auf das Material aus. Obwohl der positive Einfluss von Wintereinhausungen auf Natursteinobjekte im Außenbereich schon lange bekannt ist, wird deren Verwendung vielerorts erst rezent wieder aufgegriffen. Parallel zu dieser „Wiederentdeckung“ werden auch neue Materialien und Systeme für verschiedene Aufgaben entwickelt. Obwohl die Fachwelt sich darüber einig zu sein scheint, dass Wintereinhausungen eine Notwendigkeit sind, herrscht kein Konsens über die optimale Ausführung einer Einhausung. Es ist leider Realität, dass viele der neu entwickelten Materialien und Systeme gar nicht oder nur wenig untersucht und evaluiert werden. Viel zu oft wird angenommen, dass ein Material, welches im Labor befriedigende Ergebnisse liefert, zwangsläufig auch eine gute Einhausung ergeben muss. Außerdem werden viel zu selten Klimamessungen im Inneren der Einhausungen über die Wintermonate durchgeführt. Es wäre wünschenswert, mehr in die Evaluierung von Einhausungen zu investieren, damit Probleme definiert und Lösungen gefunden werden können. Es sind oft „Kleinigkeiten“ wie Nähte, Befestigung oder Lüftungslöcher, die über Erfolg oder Scheitern einer derartigen Schutzmaßnahme entscheiden.
Wintereinhausungen für Natursteinobjekte im Außenbereich
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Literatur ART/COAT – Das moderne Winteroutfit für Skulpturen, in: www.artcoat.at/artcoat.php, Zugriff 10.02.2014. Berry, J., et al., Assessing the Performance of Protective Winter Covers for Outdoor Marble Statuary: Pilot Investigation, in: ICOM CC/Verger, I. (Hg.), 14th Triennial Meeting The Hague, 12–16 September 2005, Preprints, London 2005, S. 879–887. DBU Projekt Nr. 30415, in: DBU – Gut in Form bei jedem Wetter – Steinerne Skulpturen schonen, http://www.dbu.de/123artikel34224_335.html, Zugriff 15.02.2014. Franzen, C., Wintereinhausungen von Natursteinobjekten, in: Institut für Diagnostik und Konservierung an Denkmalen in Sachsen und Sachsen-Anhalt e. V., Bericht DD 01/2008, Dresden 2008. Generaldirektion der Stiftung Preußischer Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg (Hg.), Marmor, Stein und Eisen bricht – Die Kunst zu bewahren, Potsdam 2006. Haselberger, M., Evaluierung der gegenwärtigen Wintereinhausungen der Marmorskulpturen im Schlosspark Schönbrunn, Bericht, Institut für Konservierung und Restaurierung, Universität für angewandte Kunst Wien, 2011. Hüneke, S., Skulpturen, in: Generaldirektion der Stiftung Preußischer Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg (Hg.), Marmor, Stein und Eisen bricht – Die Kunst zu bewahren, Potsdam 2006, S. 150–152. ICOM CC/Verger, I. (Hg.), 14th Triennial Meeting The Hague, 12–16 September 2005, Preprints, London 2005. Institut für Konservierung und Restaurierung, Konservatorische Bestandsaufnahme der Gartenskulpturen aus Sterzinger Marmor im Schlosspark Schönbrunn, Teil I/Teil III, Bericht, Universität für angewandte Kunst Wien 2004. TU Dresden, Der Putten neue Kleider. Schutz architekturintegrierter Steinplastiken, in: Restauro 7/2005, S. 470–471. Ruedrich, J., et al., Development and Assessment of Protective Winter Covers for Marble Statuaries of the Schlossbrücke, Berlin (Germany), in: Environmental Earth Science 63/2011, S. 1823–1848.
Weiterführende Literatur Blum, R., Projekt Winterzelt, Bericht über die Denkmaleinhausungen in Clemenswerth und Weikersheim, in: Abschlussbericht Deutsche Bundesstiftung Umwelt, AZ 12559, 26.06.2002. Rieffel, Y., Entwicklung und Überprüfung von Einhausungssystemen zur Reduzierung umweltbedingter Schädigungen von außenexponierten Marmorobjekten mit dem Ziel des langfristigen Erhalts in situ an einem national bedeutenden Objektkomplex, den Schlossbrückenfiguren Unter den Linden Berlin, DBU Projekt Abschlussbericht, Berlin 2010.
Susanne Heimel
Gefunden und wieder verloren? Zur Problematik der Zwischenlagerung und Erhaltung archäologischer Eisenfunde
Abstract The article focuses on the problem of preserving archaeological iron finds, especially during the period of storage between excavation and actual conservation work. A diploma thesis at the University of Applied Arts Vienna, Institute of Conservation, deals with the case of a Laténe iron sword found in Lower Austria, which was heavily corroded after temporary storage. A variety of complex deterioration mechanisms can take place, when iron is stored in the soil and exposed to air and humidity after recovery. Scientific research, however, has been leading to a better understanding of that issue and therefore also promotes the development of methods to avoid post-excavation damage. Taking a look at current approaches and available products shows that there are a number of possibilities, which enable the preservation of large amounts of fresh iron finds while being temporarily stored.
Zusammenfassung Der Beitrag behandelt das Problem der Erhaltung von archäologischen Eisenfunden, insbesondere während der oftmals längeren Lagerungszeiträume zwischen Bergung und Konservierung. Als Impulsbeispiel dient der Fall eines latènezeitlichen Schwertfundes aus Niederösterreich, welcher nach zweijähriger Zwischenlagerung massive Korrosionsschäden aufgewiesen hatte und im Zuge einer Diplomarbeit am Institut für Konservierung und Restaurierung der Universität für angewandte Kunst Wien behandelt wurde. Dem Abbau von Eisen während und nach der Bodenlagerung können unterschiedliche, sehr komplexe Korrosionsmechanismen zugrunde liegen, welche jedoch zunehmend besser verstanden werden. Ein Fortschritt, der auch die Entwicklung von Methoden vorantreibt, um den Zerfall für eine gewisse Zeit aufhalten zu können. Der Blick auf einige aktuelle Lösungsansätze und die derzeit verfügbare Produktpalette zeigt, dass es durchaus eine Reihe an Möglichkeiten gibt, den Erhalt auch von großen Mengen frischer Eisenfunde während einer temporären Lagerung zu gewährleisten.
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Susanne Heimel
Zur Problematik der Zwischenlagerung und Erhaltung archäologischer Eisenfunde Gemeinlebarn ist ein kleiner Ort in Niederösterreich nahe jener Stelle gelegen, an welcher der Fluss Traisen in die Donau mündet. Die Gegend des unteren Traisentals ist für ihre urgeschichtlichen Fundstätten hinlänglich bekannt, weshalb Bauarbeiten häufig von archäologischen Maßnahmen begleitet werden müssen.1 So kam es auch im Herbst 2010 auf einer Bauparzelle am Gemeinlebarner Siedlungsrand zu einer Notgrabung, da die Eigentümer des Grundstücks ein Haus zu errichten planten. Der Baugrund schloss direkt an eine Zone an, welche sich schon früher mehrfach als fundführend erwiesen hatte.2 An die akut notwendige Ausgrabung waren somit hohe Erwartungen gestellt – die Ergebnisse fielen dementsprechend aus. Zu Tage gefördert wurden mehrere Gräber aus unterschiedlichen Epochen, worunter jedoch eines im Besonderen hervorragte. Es handelte sich um ein völlig unberaubtes Kriegergrab aus der frühen Latènezeit. Dem Mann war neben einem keramischen Gefäß und diversen Trachtbestandteilen seine Waffenausrüstung beigegeben worden, bestehend aus Schwert, Speer und Wehrgehänge.3 Erhalten geblieben sind hauptsächlich jene Teile, die aus Metall gefertigt waren, also die eiserne Speerspitze, Koppelringe und ein ritzverziertes Gürtelblech aus Bronze, sowie das Schwert in seiner außergewöhnlichen Schwertscheide (Abb. 123). Diese war aus zwei Eisenblechen gefertigt worden, mit Applikationen und einem Ortband aus einer Kupferlegierung. Das Schlussstück des Ortbandes war massiv in Bronze gegossen worden und zog aufgrund seiner auffallenden Form das Hauptaugenmerk der ArchäologInnen auf sich. Es hatten sich zudem großflächig Reste eines textilen Gewebes auf den Scheidenblechen erhalten, was den Informationsgehalt für die archäologische Forschung nochmals erhöhte – die regionale Besonderheit des Fundkomplexes stand außer Frage. Sämtliche Stücke wurden schließlich geborgen, abtransportiert und in einem Depot, ohne vorangehende konservatorische Behandlung, auf unbestimmte Zeit eingelagert. Als Schwert und Scheide im Herbst 2012 zur erstmaligen Konservierung aus dem Depot ausgehoben wurden, war gewissermaßen ein Totalschaden zu verzeichnen. Über zwei Jahre konnte die Korrosion ungehindert fortschreiten und hat einen beinahe vollständigen Zerfall in zahlreiche, kaum mehr zuordenbare Fragmente verursacht (Abb. 124). 1
Neugebauer, J.-W., Rettungsgrabungen im Unteren Traisental in den Jahren 1996 und 1997. 14. Vorbericht über die Aktivitäten der Abteilung für Bodendenkmale des Bundesdenkmalamtes im Raum St. Pölten – Traismauer, in: Bundesdenkmalamt (Hg.), Fundberichte aus Österreich 36/1997, S. 451–567, S. 451. 2 Artner, G./Müller, S./Preinfalk, A./Preinfalk, F., Gemeinlebarn, in: Bundesdenkmalamt (Hg.), Fundberichte aus Österreich 49/2010, S. 273–274, S. 273. 3 Ebenda.
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Das Bundesdenkmalamt übergab den Fundkomplex an das Institut für Konservierung und Restaurierung der Universität für angewandte Kunst Wien, wo er im Zuge einer Diplomarbeit behandelt wurde. Dabei benötigte es mehrere Monate intensiver Arbeit im Konservierungslabor, um den Schaden weitestgehend zu beheben und so viel wie möglich an verbleibender Information über das Objekt zu dokumentieren (Abb. 125).4 Leider handelt es sich bei dem Fund aus Gemeinlebarn um keinen Einzelfall. In der Tat scheint sich hier ein sogar recht präsentes Problem am Sektor Archäologie widerzuspiegeln. Bei den archäologischen Aktivitäten in Österreich handelt es sich heute hauptsächlich um Notgrabungen, die ebenso wie Lehr- oder Forschungsgrabungen nach den Vorschriften des Bundesdenkmalamtes als oberste Denkmalschutzbehörde abzulaufen haben. Die aktuellen Richtlinien sehen darin vor, dass „die Konservierung sämtlicher Funde als Bestandteil jeder archäologischen Maßnahme zu gewährleisten ist.“ 5 Weiters soll die Konservierung den Erhalt des Fundmaterials möglichst langfristig sicherstellen und ist nur von Personen auszuführen, die eine einschlägige Ausbildung oder dementsprechende Praxis vorweisen können.6 Dennoch kommt es aus vielerlei Gründen häufig dazu, dass die Fundkonservierung nicht sofort umgesetzt werden kann. Die Folgen davon sind aus denkmalpflegerischer Sicht fatal, da der Zerfall von weder dokumentierten noch publizierten Funden einen irreversiblen Informationsverlust bedeutet und nebenbei die gesamte vorangegangene Grabungstätigkeit in Frage stellt. Aufmerksamkeit gilt es daher der Erstversorgung und Zwischenlagerung von grabungsfrischen Objekten zu schenken. Die Erhaltung des Materials bis zur eigentlichen Fundbearbeitung im Konservierungslabor muss gewährleistet sein, ohne aber nachfolgende Behandlungsmethoden einzuschränken, wobei es schlimmstenfalls mehrere Jahre zu überbrücken gilt. Eine besondere Herausforderung stellt dies bei Metallfunden – Eisen im Speziellen – dar. Während sich völlig durchkorrodierte Stücke in der Regel als relativ stabil erweisen,7 setzt bei Funden mit einem metallischen Kern nach der Bergung meist ein massiver Fortschritt der Korrosion ein. Grund für diese katalysierte Reaktion ist der plötzliche Zutritt von Sauerstoff in Kombination mit Feuchtigkeit, die sich leicht in den porösen, äußeren Schichten des Objektes hält.8 Die Zerstörung erfolgt einerseits chemisch, indem das Me4
Heimel, S., Ein latènezeitlicher Schwertfund aus Gemeinlebarn /Niederösterreich: Untersuchung und Konservierung von archäologischen Metallobjekten mit mineralisierten Resten organischer Materalien, Diplomarbeit, Universität für angewandte Kunst Wien 2013. Die Diplomarbeit wurde unter der Betreuung von o. Univ. Prof. Mag. Dr. Gabriela Krist am Institut für Konservierung und Restaurierung durchgeführt. 5 Bundesdenkmalamt (Hg.), Richtlinien für archäologische Maßnahmen. 2. Fassung vom 1. Jänner 2012, Wien 2012, S. 23. 6 Ebenda. 7 Scott, D. A./Eggert, G., Iron and steel in art. Corrosion, Colorants, Conservation. London 2009, S. 98. 8 Ebenda, S. 100.
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tall in unterschiedliche Eisenkorrosionsprodukte umgewandelt und somit mineralisiert wird. Andererseits findet ein mechanischer Zerfall statt. Das molare Volumen der Korrosionsprodukte übersteigt jenes von Eisen mehrfach – einem derartigen inneren Korrosionsdruck können die Objekte oftmals nicht standhalten und sie zerbrechen.9 Auch bei dem Schwert aus Gemeinlebarn lag dieses konkrete Schadensbild vor. Entlang der gesamten Klingenlänge befand sich noch ein ausgeprägter Metallkern, an dem sichtlich aktive Korrosion stattfand (Abb. 126). Die umschließenden Bleche der Schwertscheide waren dagegen bereits vollständig mineralisiert und wiesen ein dementsprechend sprödes und bruchgefährdetes Gefüge auf (Abb. 127). Im Laufe der Zwischenlagerung wurden sie förmlich gesprengt und sind entlang bereits bestehender Risse zerfallen. Welche Maßnahmen können und müssen nun bei der Ausgrabung schon getroffen werden, um derartige Schäden am Fundmaterial zu vermeiden? Die zur Verfügung stehenden Methoden basieren im Prinzip auf zwei grundlegenden Ansätzen, nämlich Sauerstoff und Feuchtigkeit als maßgebliche korrosive Faktoren aus der Umgebungsatmosphäre des Eisenobjektes auszuschließen.10 Mit dem stetig anwachsenden Fachwissen über die Korrosionsvorgänge während der Bodenlagerung und nach der Bergung haben sich die Meinungen bezüglich des sofortigen Trocknens der Funde aber schon seit längerem wieder ins Gegenteil gekehrt, sodass es heute als potentiell schädigende Maßnahme vermieden wird. Schädigend einerseits, weil durch das spannungsreiche Verdunsten von Wasser Risse in fragilen Oberflächen entstehen können. Bei Metallobjekten besteht immer die Möglichkeit einer Kombination mit anderen Materialien wie beispielsweise Email, Bein, Holz, Leder und weitere organische Werkstoffe. Deren abgebaute Strukturen würden beim plötzlichen Austrocknen schnell kollabieren und vollends zerstört werden.11 Andererseits hängt der Sinneswandel mit der fortschreitenden Entschlüsselung einer speziell problematischen Korrosionsform dar, an der aggressive Chlorionen maßgeblich beteiligt sind. Während der Lagerung von Eisenobjekten im Boden bilden sich in Abhängigkeit zahlreicher Parameter unterschiedlichste, mehr oder weniger stabile Eisenkorrosionsprodukte. Erhöhte Gehalte von freiem Chlor bewirken ein Ansäuern der Bodenlösung. Dabei entsteht im Objekt zunächst flüssiges Eisenchlorid, welches sich erst nach der Bergung durch den Kontakt mit Luftsauerstoff und Feuchtigkeit in eine kristalline 9
Selwyn, L., Overview of archaeological iron. The corrosion problem, key factors affecting treatment and gaps in current knowledge, in: Ashton, J./Hallam, D. (Hg.), Metal 04, Proceedings of the International Conference on Metals Conservation held in Canberra at the National Museum of Australia, 4–8 October 2004, Canberra 2004, S. 294–306, S. 296. 10 Scott, D. A./Eggert, G., Iron and steel in art. Corrosion, Colorants, Conservation. London 2009, S. 142. 11 Pye, E., Archaeological Conservation. Scientific practise or social process?, in: Richmond, A./Bracker, A. (Hg.), Conservation. Principles, dilemmas and uncomfortable truths, Oxford 2010, S. 129–138, S.132.
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Form umwandelt.12 Daraus bilden sich Eisen(III)-oxidhydroxide als Feststoffe und eine Lösung mit Eisen(II)-, Eisen(III)- und Chloridionen von extrem niedrigem pH-Wert, welche den Prozess von neuem antreibt.13 Es kommt also nach der Ausgrabung zu einer Art selbstregenerierendem Korrosionskreislauf, aufrechterhalten durch die vom Metallkern gelieferten Eisenionen und die permanent neu gebildete saure Lösung.14 Um solche Objekte nachhaltig zu stabilisieren, wird eine Entsalzung mittels alkalischer Bäder für nötig befunden, mit dem Ziel, das Chlor möglichst vollständig zu entfernen.15 Jüngste Forschungen haben ergeben, dass sich dies sehr gut bewerkstelligen lässt, solange die Chloride noch in Lösung liegen, aber nur unzureichend, wenn sich bereits feste Korrosionsprodukte gebildet haben.16 Es wird daher mittlerweile empfohlen, die Eisenfunde bis zur Konservierung nicht austrockenen zu lassen, um mit der Entsalzung den höchstmöglichen Erfolg erzielen zu können. Für eine etwaige Zwischenlagerung bedeutet dies aber, dass von den beiden Möglichkeiten zur Stabilisierung, nämlich Feuchtigkeits- oder Sauerstoffentzug, auf die Letztere zurückgegriffen werden muss. Um die Objektfeuchte bei gleichzeitigem Ausschluss von Sauerstoff längerfristig halten zu können, hat es sich bewährt, Funde direkt nach der Bergung in Folien einzuschweißen. Dabei ist jedoch unbedingt auf die richtige Qualität der Kunststofffolien zu achten, deren Gas- und Wasserdampfdurchlässigkeit so gering wie möglich sein sollte. Viele der handelsüblichen Materialien, wie zum Beispiel die auf Grabungen gängigen Fundbeutel aus Polyethylen, sind für diesen Zweck eher ungeeignet.17 Dank der permanenten Produktinnovation in Metall- und Lebensmittelindustrie sind aber mittlerweile Artikel auf dem Markt, die den Kriterien besser entsprechen. Es handelt sich dabei meist um mehrschichtige Foliensysteme mit anorganischen Zwischenlagen als Gasbarriere, wie zum Beispiel Aluminium-Verbundfolien, oder einer der jüngsten Entwicklungen: ESCALTM-
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Selwyn, L., Overview of archaeological iron. The corrosion problem, key factors affecting treatment and gaps in current knowledge, in: Ashton, J./Hallam, D. (Hg.), Metal 04, Proceedings of the International Conference on Metals Conservation held in Canberra at the National Museum of Australia, 4–8 October 2004, Canberra 2004, S. 294–306, S. 295f. 13 Scott, D. A./Eggert, G., Iron and steel in art. Corrosion, Colorants, Conservation. London 2009, S. 100. 14 Selwyn, L., Overview of archaeological iron. The corrosion problem, key factors affecting treatment and gaps in current knowledge, in: Ashton, J./Hallam, D. (Hg.), Metal 04, Proceedings of the International Conference on Metals Conservation held in Canberra at the National Museum of Australia, 4–8 October 2004, Canberra 2004, S. 294–306, S. 296. 15 Ebenda, S. 296f. 16 Gouilminot, E., et. al., Influence of crucial parameters on the dechlorination treatments of ferrous objects from seawater, in: Studies in Conservation 57/2012, S. 227–236, S. 234. 17 Mazzola, C./Albert, P./Muskalla, W./Wittköpper, M., Das KUR-Projekt. Massenfunde in archäologischen Sammlungen, in: http://193.175.110.9/hornemann/german/epubl_txt/2012_KURProjekt_Mazzola. pdf, Zugriff 07.01.2014, update 2012, S. 14.
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Folie18. Dieses Produkt besteht aus mehreren Lagen Polypropylen- und Polyethylenfolie und ist trotz eines dazwischenliegenden Keramikfilms auf Polyvinylacetat transparent. Beide Typen weisen extrem geringe Durchlasswerte für Gase und Wasserdampf auf und sind mittels einfacher Impulsschweißzangen oder anderer Folienschweißgeräte dicht zu verschließen.19 Für das Schaffen einer sauerstofffreien Atmosphäre innerhalb dieser Folienpakete gibt es zwei grundlegende, mehr oder weniger praktikable Ansätze. Entweder, man zieht die Luft vor dem endgültigen Verschweißen ab und schafft so eine grob evakuierte Verpackung, oder man ersetzt den Sauerstoff durch ein inertes Gas wie Stickstoff. Sowohl bei der einen, als auch der anderen Methode lässt sich allerdings ein gewisser Prozentsatz an Restsauerstoff nicht vermeiden. Um auch diesen sicher zu binden, können Sauerstoffabsorber beigegeben werden, die den Gehalt auf unter 0,1 Vol.-% halten, sofern die Folie hermetisch dicht versiegelt wurde. 20 Fehlerhafte Verpackungen stellen in der Tat ein Problem dar, da eine Kontrolle mit bloßem Auge meist nicht ausreicht, um einen Fehler zu orten. Hier erweisen sich Sauerstoffindikatoren als hilfreich, welche den Kontakt mit dem Gas durch einen sofortigen Farbumschlag deutlich signalisieren. Die notwendige, regelmäßige Wartung von derartig verpackten Funden im Depot wird dadurch enorm erleichtert, wenn nicht sogar erst möglich gemacht. Ohne diese Hilfe wären die einzigen sichtbaren Anzeichen auf eine beschädigte Folie korrosive Veränderungen an den Objekten – ein Schaden, den es eigentlich zu vermeiden galt. Richtet man sich bei der Kontrolle von Verpackungen aber nach den Indikatoren, so können Korrosionsausbrüche durch rechtzeitiges Austauschen meist noch verhindert werden. Insgesamt lässt sich feststellen, dass in den letzten Jahren die fachgerechte Zwischenlagerung von archäologischen Eisenfunden durch eine Reihe an durchdachten Systemen und leichter verfügbaren Produkten sowohl weiter optimiert als auch vereinfacht worden ist. Dies liegt nicht zuletzt daran, dass die Großindustrie auf die wachsenden Bedürfnisse im Bereich der Kunst- und Kulturgutverwaltung aufmerksam geworden ist. Für Hersteller, welche ursprünglich auf die Lebensmittel- und Autobranche ausgerichtet waren, hat sich dort ein kleiner zusätzlicher Absatzmarkt entwickelt. Dementsprechend werden die Angebote der Firmen immer mehr auf die Anforderungen von KonservatorInnen und ArchäologInnen abgestimmt. Musste man die diversen Folien bis vor kurzem noch in großen, unhandlichen Rollen kaufen und selbst zuschneiden, so werden heute 18
Polyethylen/Polypropylenfolie mit keramikbeschichtetem Polyvinylacetat, ESCALTM-Folie, Hersteller: Mitsubishi Gas Chemical Company Inc., Bezugsquelle: Long Life for Art – Christoph Waller, Hauptstraße 47, D–79356 Eichstetten. 19 Waller, C., Long Life for Art, Produkte, Sperrschichtfolien, in: http://www.cwaller.de/deutsch.htm, Zugriff 19.12.2013. 20 Scott, D. A./Eggert, G., Iron and steel in art. Corrosion, Colorants, Conservation. London 2009, S. 143.
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bereits vorgefertigte Beutel in unterschiedlichsten Dimensionen angeboten, zusammen mit portionierten Sauerstoffabsorbern, die genau auf deren Volumina abgestimmt und gebrauchsfertig verpackt sind. Es drängt sich nun an dieser Stelle die finale Frage auf: weshalb haben sich all diese Innovationen noch nicht landläufig durchgesetzt? Dass der häufig mangelhafte finanzielle Rückhalt bei archäologischen Aktivitäten ein grundlegendes Problem darstellt, ist unbestreitbar. Meistens fällt dies jedoch speziell zu Ungunsten der Fundkonservierung und Fundlagerung als sekundäre Maßnahmen nach der Grabung aus. In Ermangelung eines dauerhaft beschäftigten Fachpersonals, müssen sich dabei ArchäologInnen und Betreibende kleinerer Museen oftmals selbst helfen, sehen sich aber schnell mit Problemstellungen konfrontiert, welche ohne konservierungswissenschaftliches Hintergrundwissen und ohne Zugang zu aktueller Fachliteratur kaum zu bewältigen sind. Ein weiteres Problem mag sein, dass es über die laufend neu erscheinenden Produkte und entwickelten Methoden nur selten publizierte, wissenschaftlich vergleichende Erfahrungsberichte gibt. Das Ausführen eigener, fundierter Testreihen übersteigt jedoch meist die Kapazitäten der grabenden Stellen, aber auch jene von selbstständig tätigen KonservatorInnen. Es entsteht gewissermaßen eine Hemmschwelle durch Informationsmangel, was dazu führt, dass altbekannte Mittel den neuen eher vorgezogen werden. Um hier Abhilfe zu schaffen, hat die archäologische Staatssammlung München, im Rahmen eines Förderprogrammes zur Konservierung und Restaurierung von mobilem Kulturgut (KUR), zusammen mit dem Römisch-Germanischen Zentralmuseum Mainz eine Initiative gestartet.21 Beide Stellen haben sich drei Jahre lang intensiv mit den bislang existierenden Methoden zur Nassholz- und Eisenkonservierung auseinandergesetzt und diese auf ihre Effizienz und Wirtschaftlichkeit vor allem im Hinblick auf große Fundmengen geprüft. Das Resultat war neben mehreren schriftlichen Publikationen eine Online-Datenbank, in der sämtliche Ergebnisse öffentlich zugänglich gemacht worden sind.22 Die Datenbank bietet sich dem Benützer in einer leicht anwendbaren Form und informiert prägnant und verständlich über die wichtigsten Anforderungen und Problematiken bei archäologischen Eisenfunden, sowie mögliche Konservierungsmethoden und -materialien. Ein derartiges Projekt kann in vielerlei Hinsicht als beispielhaft gelten. Was es aber nebenbei noch gezeigt hat, ist die Bestätigung einer Vermutung, welche bereits angedeutet 21 Mazzola, C./Albert, P./Muskalla, W./Wittköpper, M., Das KUR-Projekt. Massenfunde in archäologischen Sammlungen, in: http://193.175.110.9/hornemann/german/epubl_txt/2012_KURProjekt_Mazzola. pdf, Zugriff 07.01.2014, update 2012. 22 Massenfunde in archäologischen Sammlungen. Onlinedatenbank für die fachgerechte Verfahrung zur Massenversorgung archäologischer Eisen- und Feuchtholzfunde, in: http://www.rgzm.de/kur/, Zugriff 19.12.2013.
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wurde. Die Probleme beim Bewahren von archäologischem Eisen können nicht allein auf fehlende finanzielle Mittel oder die schwierige Durchführbarkeit von Maßnahmen zurückgeführt werden, sondern auch auf eine fragliche generelle Prioritätensetzung im Umgang mit archäologischem Fundmaterial. Eine Prioritätensetzung, die scheinbar bestehen bleibt, obwohl Fälle wie der des Gemeinlebarner Schwertes immer wieder zeigen, dass die Behandlung von Lagerungsschäden an Objekten meist einen in jeder Hinsicht größeren Aufwand bedeutet, als präventive Maßnahmen, die rechtzeitig gesetzt werden.
Literatur Ashton, J./Hallam, D. (Hg.), Metal 04, Proceedings of the International Conference on Metals Conservation held in Canberra at the National Museum of Australia, 4–8 October 2004, Canberra 2004. Artner, G./Müller, S./Preinfalk, A./Preinfalk, F., Gemeinlebarn, in: Bundesdenkmalamt (Hg.), Fundberichte aus Österreich 49/2010, S. 273–274. Bundesdenkmalamt (Hg.), Richtlinien für archäologische Maßnahmen. 2. Fassung vom 1. Jänner 2012, Wien 2012. Gouilminot, E., et. al., Influence of crucial parameters on the dechlorination treatments of ferrous objects from seawater, in: Studies in Conservation 57/2012, S. 227–236. Heimel, S., Ein latènezeitlicher Schwertfund aus Gemeinlebarn/Niederösterreich: Untersuchung und Konservierung von archäologischen Metallobjekten mit mineralisierten Resten organischer Materalien, Diplomarbeit, Universität für angewandte Kunst Wien, 2013. Mazzola, C./Albert, P./Muskalla, W./Wittköpper, M., Das KUR-Projekt. Massenfunde in archäologischen Sammlungen, in: http://193.175.110.9/hornemann/german/epubl_txt/2012_KURProjekt_Mazzola.pdf, Zugriff 07.01.2014, update 2012. Neugebauer, J.-W., Rettungsgrabungen im Unteren Traisental in den Jahren 1996 und 1997. 14. Vorbericht über die Aktivitäten der Abteilung für Bodendenkmale des Bundesdenkmalamtes im Raum St. Pölten – Traismauer, in: Bundesdenkmalamt (Hg.), Fundberichte aus Österreich 36/1997, S. 451–567. Pye, E., Archaeological Conservation. Scientific practise or social process?, in: Richmond, A./ Bracker, A (Hg.), Conservation. Principles, dilemmas and uncomfortable truths, Oxford 2010, S. 129–138. Richmond, A./Bracker, A (Hg.), Conservation. Principles, dilemmas and uncomfortable truths, Oxford 2010. Scott, D. A./Eggert, G., Iron and steel in art. Corrosion, Colorants, Conservation. London 2009. Selwyn, L., Overview of archaeological iron. The corrosion problem, key factors affecting treatment and gaps in current knowledge, in: Ashton, J./Hallam, D. (Hg.), Metal 04, Proceedings of the International Conference on Metals Conservation held in Canberra at the National Museum of Australia, 4–8 October 2004, Canberra 2004, S. 294–306.
Emir Omercic
Considerations on Damp-Storage and Dry-Storage Conditions for Excavated Ceramic Artifacts
Zusammenfassung In diesem Beitrag werden die Bestandsaufnahme, Klassifizierung und die konservatorische Behandlung von Keramiken der Ausgrabung in Strettweg, Österreich beschrieben. Die Arbeit gibt einen allgemeinen Überblick über die Eigenschaft der verschiedenen Keramikstrukturen und über den Einfluss des Wassergehalts auf den Verfall von noch im Boden befindlichen oder bereits ausgegrabene Keramiken. Aktive und passive Konservierungsmaßnahmen werden in Bezug auf Alterungseigenschaften und Keramikstrukuren diskutiert. Der Fokus der Arbeit liegt auf einer umfangreichen Testreihe, welche die Effekte unterschiedlicher Trocknungs- und Feuchtlagerungsmethoden für ausgegrabene Keramikartefakte prüft. Es werden auch Gewichtsveränderungen sowie mikroskopischer und visueller Beobachtung (Ermittlung von Brüchen, Schimmelbefall, etc.) der untersuchten Objekte erfasst. Durch die Vielfalt der erprobten Trocknungs- und Feuchtlagerungsmethoden wurden unterschiedliche, aber sehr positive Resultate erzielt, die Anlass zu weiteren Diskussionen und Untersuchungen zu diesem noch nicht vollständig erkundeten und ausgeschöpften Thema geben.
Abstract In this article initial recording, classification and processing of pottery from the excavation in Strettweg, Austria are described. The study gives a general overview on the nature of different ceramic structures and the influence of water-content in burial- and post-burial environments on their deterioration. Active and passive conservation treatments related to the nature of decay and the ceramic structure are discussed. The focus of this study lies on the extensive examination which proved the effectiveness of different dehydration and damp-storage methods for excavated ceramic artifacts. Monitoring included the recording of weight change, microscopical and visual observations (detection of breakage, biological deterioration etc.) of the examined objects. The diversity of the undertaken dehydration and damp-storage methods revealed different but also very pos-
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Emir Omercic
itive results and may be the motive for further discussions and investigations of this not fully explored and exploited subject.
Introduction In spring 2012 a remarkable archaeological excavation took place in Strettweg near Judenburg, Austria. Numerous grave goods made of different metals and siliceous materials as well as different finds made of organic materials were recovered. The find-complex of excavated pottery counts a total of 1425 finds. 349 ceramic finds were selected from the find-complex for further observations and examinations of this project. This work included initial recording, quantification, fabric analysis and processing of the pottery assemblage, as well as two test series with the focus on the measurement of the water content as the key aspect of the artifact’s stability. Depending on the nature of decay and the material structure of the excavated pottery, the presence or absence of water upon excavation can significantly affect the artifact’s stability. Test series were undertaken to examine the effectiveness of different drying and damp-storage methods for excavated ceramic artifacts. Both test series were monitored on a daily and weekly basis in order to ascertain the variables responsible for the artifact’s stability.1
General information about the excavation Strettweg, Tumulus II On September 1851, farmer Ferdinand Pfeffer hit upon the stone pile during the plowing of his field, finding the well-known bronze cult wagon “Kultwagen von Strettweg”, fragments and different artifacts made of iron and bronze.2 Since then, Strettweg is world-wide famous as the place of discovery of the Strettweg sacrificial wagon of the Hallstatt culture. The association for the research of the princely site Judenburg-Strettweg, bronze and iron age in upper Murtal called “Arbeitskreis Falkenberg”, decided to continue the research around the find spot of the Strettweg sacrificial wagon. In 2011 and 2012 the geophysical measurements of the area showed astonishing results. Besides the burial mound, where the Strettweg sacrificial wagon was found, remains of several more flattened burial 1 2
The test series were conducted at the Institute of conservation, University of Applied Arts Vienna and supervised by o. Univ. Prof. Mag. Dr. Gabriela Krist. Modl, D., Zustandsbericht, Der Kultwagen von Strettweg – Zusammenfassung der Restauriergeschichte, Graz 2008.
Considerations on Damp-Storage and Dry-Storage Conditions for Excavated Ceramic Artifacts
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mounds were discovered. According to the geomagnetic map, in immediate proximity to the burial mound (Tumulus I), where the Strettweg sacrificial wagon was found, the next biggest princely grave (Tumulus II) is placed. The association “Arbeitskreis Falkenberg” decided to further explore the burial ground as a preventive action against endangering of the area trough agricultural activities or by activities of illegal metal detectorists. So the first excavations followed soon after the geophysical measurements. The excavation of the princely grave “Tumulus II” took place between 16th April and 8th June 2012 under the direction of the archaeologists Susanne and Georg Tiefengraber. Numerous grave goods made of different metals and siliceous materials as well as finds of organic materials were found. According to Georg Tiefengraber, the excavated grave goods can be preliminary placed in the second half of 7th century B.C.3
Packaging material, processing, classification and quantification of the pottery assemblage From the end of excavation on 8th June 2012 until the ceramic finds reached the laboratory on 5th December 2012, temporary storage took place in one small room on the ground floor of a building in the Kaserngasse 22, Judenburg, Austria.
Packaging material From altogether 1425 recovered ceramic finds, 349 ceramic finds were selected for the purpose of this study. 134 finds were already washed on site and packed in clean LDPE4 self-sealing bags. Other 215 ceramic finds were not treated on site and were packed together with the adhering soil in different packaging materials. The most frequently used packaging material was LDPE self-sealing bag (132 packages), which was also used in double and triple layer packages. The next most commonly used packaging method was a tableau made of clingfilm5 and clingfilm-coated cardboard support. Namely, the ceramic artifacts were placed on 3 4 5
Tiefengraber, S./Tiefengraber, G., Bericht zur Grabung Strettweg 2012, Hallstattzeitliches Fürstengrab Tumulus II, Teil B. LDPE – acronym for Low-Density Polyethylene. Brand and properties of the LDPE self-sealing bags used by the archeologists on site are not known. The observations showed that clingfilms with different thickness and adhesive power have been used for the packing of the recovered ceramics. Brand and properties of the clingfilms used by the archeologists on site are not known.
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a clingfilm-coated cardboard support and afterwards wrapped in several layers of clingfilm. In further efforts to maintain the excavated material in damp condition, the same method already described above was used, with the exception that the ceramic finds were covered with a damp Vileda®6 cloth before being wrapped in several layers of a clingfilm (fig. 128). In ten cases both packaging methods described above were combined. Packages of excavated ceramics with single, double and triple layer packages of sealed LDPE bags were found within tableaus, both with and without Vileda® cloth.
Processing of the pottery assemblage With the unprocessed 215 ceramic finds, the removal of adhering soil was essential in order to undertake the visual examination and evaluation of the excavated material. The adhering soil was removed with water and by gentle brushing. Shortly after, it was possible to have an overview of the entire assemblage of excavated ceramic artifacts. Numerous different sized fragments and different types of ceramic artifacts appeared and after being air-dried were ready to be evaluated.
Classification and quantification of the pottery assemblage The classification of the ceramic artifacts was based on a self-established classification system, which categorized the artifacts in 15 different ceramic types according to visual observation of their technical attributes. Clay matrix, granule size of temper and their distribution on the artifact’s surface, as well as surface structure were taken into account (tab. 1 and fig. 129). Two representative samples of the four most common ceramic types by quantity (ceramic type no. 1, 2, 3 and 15) were selected for the petrographic thin section analysis. The analysis included estimation of the ratio of clay-matrix to temper granules, measurement of particle size, composition of temper particles, sorting and point count determination of mineral abundances. The quantification of the assemblage included the number of ceramic sherds, classification of sherds into ceramic types, morphological attributes (rim, body sherds, base etc.), thickness, color, firing method, surface structure, remarks (powdering, cracked surface etc.), water resistance and condition. All data has been digitized.
6
All purpose Vileda cloth – Microfaser Allzwecktuch (70% Polyester, 30% Polyamide), Vileda GmbH, Technologiepark 19, 69469 Weinheim.
Considerations on Damp-Storage and Dry-Storage Conditions for Excavated Ceramic Artifacts
493
Ceramic type no. 2 Ceramic matrix: very fine grained Temper: fine grained Temper distribution: homogeneous Surface structure: even Quantity: 628 sherds (37,38% of the pottery assemblage) Tab. 1: Classification of ceramic type no. 2. It appeared to dominate as the most frequently classified ceramic type, with 37,38% it makes up the majority of excavated material. See also fig. 129.
Condition of the ceramic finds One ceramic find may sometimes constitute of more than thirty sherds, whose condition might differ from one to another. For this reason, the condition survey evaluated the ceramic finds as one ensemble. The condition was rated with marks from 1 to 5 (1-excellent, 2-very good, 3-good, 4-bad, 5-very bad) as well as a combination of these marks (tab. 2). The condition of the ceramic finds is mostly rated with mark 3 (39,20% of the assemblage). None of the 349 ceramic finds are rated as “excellent” (mark 1).
Condition mark 1 2 2–3 2–4 2–5 3 3–4 3–5 4 4–5 5
Quantity 0 55 58 22 1 129 38 1 18 5 2
Quantity (%) 0% 16,71% 17,62% 6,68% 0,30% 39,20% 11,55% 0,30% 5,47% 1,51% 0,60%
Tab. 2: Condition of the ceramic finds. 39,20% of the pottery assemblage is rated with mark 3.
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Mold infestation The first evaluation of the assemblage after its take-over included an observation of the packaging material and three condition variables of each ceramic find: washed/not washed on-site, dampness (damp/slightly damp) and mold infestation. The occurrence of a mold infestation on some ceramic finds was sought in the correlation between the moisture content and the packaging material of the infested finds.
Results of the observation During the observation it was noticed that the excavated ceramic artifacts packed within one sealed LDPE self-sealing bag have the lowest rate of mold infestation. This probably resulted as a single LDPE self-sealing bag cannot be sealed tightly enough in order to prevent an air exchange, which probably further lead to the material’s total dehydration and therefore to the obviation of the mold infestation. A smaller part of excavated material, which was also packed within a single layer of sealed LDPE bags and retained damp condition, had a significantly bigger rate of mold infestation. The next remark of the observation was the obvious difference in mold infestation rates between the artifacts in damp and slightly damp condition (see tab. 3). Namely, it has been noticed that the ceramic artifacts, which have retained higher water content, have significantly lower rates of mold infestation. The highest rate of mold infestation occurred on ceramic artifacts stored on tableaus without Vileda® cloth. Of altogether 30 tableaus, 24 were mold-infested. Total number of ceramic finds
Condition (moisture content)
Number of mold infested ceramic finds
Quantity of all mold infested ceramic finds (%)
260
Dry
21
31,81%
60
Slightly damp
36
54,54%
29
Damp
9
13,63%
Total number of mold infested ceramic finds
66
Tab. 3: Correlation between the condition/moisture content and the quantity of the mold infested ceramic finds.
Considerations on Damp-Storage and Dry-Storage Conditions for Excavated Ceramic Artifacts
495
Test series To ensure physical and chemical stability of the ceramic artifacts upon excavation, passive or active measures have to be undertaken. As it was already mentioned in the introduction chapter, depending on the nature of decay and the material structure of the excavated ceramic artifact, the presence or absence of water content within the artifact’s body upon excavation can significantly affect its stability. Test series were undertaken to examine the effectiveness of different drying and damp-storage methods for excavated ceramic artifacts.
Test series on damp-storage methods for excavated ceramic artifacts Dehydration upon excavation may be critical for some ceramics, especially for those fragile ceramics from damp soils. In damp environments, underfired earthenware may rehydrate to clay, its composite is actually being held together by water, due to its high surface tension effect. Dehydration of such artifacts may lead to total disintegration of material. Similar deterioration may happen to porous ceramics, which come from salt-laden damp deposits. In damp environments salt crystals dissolve in water. As saline solution they can migrate and distribute all over the porous ceramic body. If allowed to dehydrate, salt will crystallize from its solution making damaging pressure as it increases in volume, which may end up with the disintegration of the soft ceramic body.7 These sensitive ceramics require special stabilization treatments and damp-storage is needed in order to prevent immediate deterioration upon excavation until they reach the laboratory. Damp-storage should ensure physical and chemical stability of ceramic artifacts by controlling some of the constituents of the environment in which they are stored. The optimal solution is a simulation of the environment in which the artifact was found. As it is impossible to reproduce all constituents of the environment, damp-storage does not provide total physical and chemical stability to ceramic artifacts, therefore it can only be considered as a temporary solution.8 Test series were undertaken to find out the most appropriate way to maintain the excavated ceramics in damp condition in order to preserve them structurally without exposing them to biological effects of water. Attempts were made to maintain relative humidity at 100% by sealing the excavated ceramic artifacts in four different waterproof
7 8
Cronyn, J. M., The Elements of Archaeological Conservation, London 1990. Cronyn, J. M., The Elements of Archaeological Conservation, London 1990.
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materials. Clingfilm9, LDPE self-sealing bags, flat bags made of ESCAL10 and aluminum 30T11 barrier film and flat bags made of aluminum 20T12 barrier film were used as vapor barrier films. In further efforts to prevail water loss of the excavated material, damp all-purpose Vileda® cloth was also used in combination with waterproof materials. The ceramic finds, which were already preserved in damp condition (see chapter “Packaging material”), were further used as models for the test series. Four different damp-storage methods were developed and tested, each method had different variations. Two examples were made for each damp-storage method and its variations and exposed to two different climate conditions for two/four months. One part of the tests was stored in room climate conditions and the other part was stored in the refrigerator with the attempt to reduce water loss by exposing the stored material to lower temperatures as well as to prevent the mold growth. Water loss of each test was monitored by recording its weight every seven days throughout the damp-storage period. Monitoring of the area climate conditions was also taken into account while monitoring the weight loss (see tab. 4). Total water loss of sealed ceramic artifacts was ascertained by comparing their weighing results from the beginning with the weighing results at the end of the damp storage period. The data of each test has been evaluated and compared with the results of other tests in order to find out the most appropriate damp-storage method for excavated ceramic artifacts.
9
In order to find out the most appropriate clingfilm for this purpose, three different brands have been tested Toppits®, Jeden Tag® and Quality Line®. The brand Quality Line® had satisfying thickness and good adhesive power and showed as the material with the most adequate properties amongst tested brands. 10 ESCAL barrier film – Long Life for Art, Christoph Waller, Hauptstr. 47, D–79356 Eichstetten. 11 Aluminum 30T barrier film – Long Life for Art, Christoph Waller, Hauptstr. 47, D–79356 Eichstetten. 12 Aluminum 20T barrier film – Long Life for Art, Christoph Waller, Hauptstr. 47, D–79356 Eichstetten.
Considerations on Damp-Storage and Dry-Storage Conditions for Excavated Ceramic Artifacts
Date
Weight (g)
Temperature (°C)
Relative humidity (%)
19.03.13
141,11
24,3
36,5
26.03.13
140,73
24,6
23,7
–0,38
497
Weight loss (g)
02.04.13
140,39
24,1
23,0
–0,34
09.04.13
140,00
24,2
24,8
–0,39
16.04.13
139,61
25,2
26,8
–0,39
23.04.13
139,14
24,2
37,5
–0,47
30.04.13
138,66
23,4
55,1
–0,48
06.05.13
138,41
23,5
56,2
–0,25
Tab. 4: Representation of the weight changes of the package with the excavated ceramic artifacts during the testing period.
Short overview on the waterproof materials used by the damp-storage methods for the excavated ceramic artifacts Damp-storage method no. 1 Used waterproof material: Clingfilm Quality Line® (Low density polyethylene – LDPE) Damp-storage method no. 2 Used waterproof material: Self-sealing bags (Low density polyethylene – LDPE) LDPE with a thickness of 0,2mm has a vapor permeation of 0,4g/day/m² at 20°C. Damp-storage method no. 3 Used waterproof material: Flat bag made of ESCAL and aluminum 30T barrier film ESCAL barrier film has a vapor permeation of 0,2g/day/m² at 20°C. Aluminium barrier film 30T has a vapor permeation of 0,01g/day/m² at 20°C (fig. 130). Damp-storage method no. 4 Used waterproof material: Flat bag made of aluminum 20T barrier film barrier film 20T has a vapor permeation of 0,01g/day/m² at 23°C and 85% RH.
Result The biggest water loss was detected by the damp-storage methods no. 1 and 2. This was not the case with the damp-storage methods no. 3 and 4, as the waterproof materials
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used for these methods have a very low water vapor transmission rate which didn’t allow water to evaporate from their package. In particular, the damp-storage method no. 4 had the best results with the aluminium 20T barrier film as the used waterproof material. The disadvantage was that it’s a non-transparent material, so the stored material remained invisible. It had to be unpacked every time in order to make a visual observation i.e. control of the stored material. This process would be generally very unpractical if a bigger amount of ceramics has to be stored this way. The damp-storage method no. 3, where the excavated ceramics were stored in a flat bag made of ESCAL and aluminum 30T barrier film had a slightly bigger water loss results than the method no. 4. Despite this, it showed as an optimal solution by the fact that the waterproof materials used in this method have a very low water vapour transmission rate, whereat the ESCAL foil is a transparent material which allows an visual observation of the stored material without necessity for its unpacking.
Test series on dehydration methods for excavated ceramic artifacts Alongside with tests for passive storage of porous ceramic artifacts, where retention of water content is of crucial importance, this work also deals with the removal of water content from more robust ceramic artifacts as an active stabilization treatment. As long as water content is present in artifacts, they are exposed to its destructive chemical and biological effects.13 For this reason water should be generally removed from ceramic artifacts in order to achieve their stability and provide a proper long-term storage. Those excavated ceramic artifacts, which are not held together by water and which are not contaminated with soluble salts, benefit if allowed to dry-out. Dehydration process helps ceramic artifacts to regain better structural strength but it may also cause physical deterioration of the object’s structure. Crack formation may occur on the object’s surface if the dehydration process is carried out too fast. Therefore, it is of great importance to monitor the dehydration process. If any damage occurs, further damage could be prevented by reacting in time. On the other hand, if dehydration is carried out too slow, mold growth may occur. Undertaken test series consist of one solvent-drying method and seven very simple and practical air-drying methods, which were applied to most frequent ceramic types by quantity (type 1, 2, 3 and 15). The intention was to gather results of different air-drying 13
Cronyn, J. M., The Elements of Archaeological Conservation, London 1990.
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Considerations on Damp-Storage and Dry-Storage Conditions for Excavated Ceramic Artifacts
methods applied to different ceramic types, evaluate them and find out the most adequate solution, which should ensure neither structural damage nor biological-deterioration of the ceramic artifacts.
General test description The excavated ceramic artifact was firstly tested for its water-resistance before being cleaned in order to avoid any kind of deterioration, which may be caused by cleaning under the cleaning rinse. After the removal of the adhering soil with water and by gentle brushing, the examination of the surface structure of the ceramic artifact followed. The ceramic artifact was examined under the reflected light microscope with varied magnifications in order to determine the current condition of the object’s surface structure. After being examined, the excavated ceramic artifacts were subjected to different drying methods. The progress of air-drying process was monitored by recording the weight of a ceramic artifact at one hour intervals throughout the drying process. The room temperature and RH were also taken into account while monitoring the weight loss. The drying process was considered as completed with the stabilization of an object’s weight. With the conclusion of the air-drying process, the object‘s surface was examined once again under reflected light microscope. The results of the microscope examination at the beginning and at the end of the air-drying process were compared in order to find out if any damage occurred during the drying process. All data was evaluated.
Tab. 5: Weight loss curve of the ceramic artifact during the air-drying process
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Short overview of dehydration methods for excavated ceramic artifacts Solvent drying method After being washed and examined under the reflected light microscope, the excavated ceramic artifact was soaked for one hour in an ethanol bath. After one hour ethanol-soak the object was allowed to air-dry at room climate conditions. The attempt was to lessen the surface tension effect of water to avoid the occurrence of crack formation during the drying process.
Air-drying methods As already mentioned, the ceramic artifact was firstly washed and examined under the reflected light microscope. Afterwards, it was subjected to one of the following nine air-drying methods:
Air-drying method no. 1 The excavated ceramic artifact was placed on a polyethylene sheet and left to air-dry at room climate conditions.
Air-drying method no. 2 The excavated ceramic artifact was placed on a grid and left to air-dry at the room climate conditions.
Air-drying method no. 3 The excavated ceramic artifact was placed on a polyethylene tray, covered with a polyethylene sheet and left to air-dry at room climate conditions.
Air-drying method no. 4 The excavated ceramic artifact was placed on a grid, covered with a polyethylene sheet and left to air-dry at room climate conditions.
A
Considerations on Damp-Storage and Dry-Storage Conditions for Excavated Ceramic Artifacts
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ir-drying method no. 5 The excavated ceramic artifact was placed on a polyethylene tray, covered with a paper sheet and left to air-dry at room climate conditions.
Air-drying method no. 6 The excavated ceramic artifact was placed on the grid, covered with a paper sheet and left to air-dry at room climate conditions.
Air-drying method no. 7 The excavated ceramic artifact was placed within an open self-sealing polyethylene bag and left to air-dry at room climate conditions. The drying process can be prolonged or accelerated by controlling (closing/opening) the bag opening.
Air-drying method no. 8 The excavated ceramic artifact was placed on a polyethylene tray, covered with a layer of damp sand and left to air-dry at room climate conditions. The drying process could be prolonged or accelerated by controlling the quantity and sort of sand as well as its dampness.
Air-drying method no. 9 Eight excavated ceramic artifacts were placed in a climate-tent and left to air-dry at the tent’s climate conditions. This drying method is very similar to the test method no. 4, where the access of air was allowed trough one opening of the self-sealing polyethylene bag. For this drying method a smaller tent, made of a wooden construction and polyethylene sheets was built so that more excavated ceramic artifacts could be processed at the same time. The access of air to the ceramic artifacts was controlled trough the openings on each side of the tent as well as through one opening in the roof of the tent. The dehydration process can be slowed down or accelerated by controlling (closing/opening) the openings of the tent (fig. 131).
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Result Air-drying method no. 9 proved to be the best solution. As described before, this method includes air drying in a climate-tent with controlled access of air. It provided a steady dehydration process to bigger quantities of ceramic artifacts even at a temperature of 26,45°C. For those particularly delicate ceramic artifacts, which require even slower dehydration, the drying process can be slowed down by subjecting them to other drying methods within the tent – for example by covering the artifacts with paper/polyethylene sheet, adding damp sand or putting them in an open polyethylene bag. In general, the outcome of the test series showed that it is difficult to find one universal drying method suitable for all ceramic types.
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Gutes Klima im Flakturm. Aspekte der präventiven Konservierung im MAK Tower
Abstract Since 1994 the Austrian Museum of Applied Arts/Contemporary Art (MAK Vienna) has established a unique storage concept for its collection of contemporary art in the Arenbergpark Flak tower (built in 1942/43). Until 2011 a visible storage area in the “MAK Tower” was open to the public. Thereby the MAK provided permanent access to the collection, even large-scale installations, and at the same time enabled visitors to consider the location’s inglorious past. After refurbishment, the re-opening can be expected within the next years. In this unconventional storage the interaction between the building and the collection offers particular conditions for preventive conservation. A thesis at the University of Applied Art Vienna – Institute of Conservation 2011/12 investigated the storage conditions within a risk assessment. The following paper uses the investigations concerning climate and pollutants to outline one fundamental result: With the implementation of simple measures many properties of the tower are beneficial for the preservation of the collection.
Zusammenfassung Seit 1994 hat das Österreichische Museum für angewandte Kunst/Gegenwartskunst (MAK Wien) im 1942/43 errichteten Gefechtsturm Arenbergpark ein einzigartiges offenes Depotkonzept für seine Gegenwartskunstsammlung verwirklicht. Bis 2011 waren Schaudepoträume im „MAK Tower“, ehemals Gegenwartskunstdepot, für BesucherInnen geöffnet. So konnte das MAK die Sammlung und sogar Großinstallationen dauerhaft zugänglich machen und ermöglichte zugleich eine Auseinandersetzung mit der Geschichte des belasteten Ortes. Nach einer baulichen Revision soll in den nächsten Jahren die Wiedereröffnung erfolgen. Konservatorisch bietet die Wechselwirkung zwischen Gebäude und Sammlung bei dieser unkonventionellen Umnutzung besondere Bedingungen. Eine Diplomarbeit am Institut für Konservierung und Restaurierung der Angewandten 2011/12 klärte mittels einer Risikoanalyse, wie es im Depot um die Er-
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haltungsbedingungen für die Sammlung bestellt ist. Der Text erläutert anhand der Untersuchungen zu den konservatorisch relevanten Faktoren Klima und Schadstoffe eine grundsätzliche Erkenntnis der Arbeit: Der Flakturm bietet gute Voraussetzungen, um die Sammlung mit einfachen Mitteln nachhaltig vor schädigenden Einflüssen zu schützen.
Einleitung „Das MAK ist ein Museum und Labor für angewandte Kunst an der Schnittstelle zu Design, Architektur und Gegenwartskunst.“1 Der Offenheit für das Experiment, zu der sich das MAK im ersten Satz seines Leitbilds bekennt, wird das Konzept des MAK Tower (Abb. 132) unbestritten gerecht. 1994 bezog das MAK erste Räume im Gefechtsturm Arenbergpark, 1995 begann es mit der Einrichtung eines Depots für Objekte der Sammlung zeitgenössischer Kunst und machte dieses schon ein Jahr später öffentlich zugänglich. Bis nach dem Direktorenwechsel 2011 eine bauliche Revision und Neukonzeptionierung beschlossen wurde, war das Schaudepot für BesucherInnen einmal wöchentlich geöffnet. Unter den rund 270 dort gelagerten Arbeiten (Stand Oktober 2011) sind Werke der zeitgenössischen Kunst sowie Architekturentwürfe internationaler KünstlerInnen und ArchitektInnen, wie Vito Acconci, Günther Domenig, Birgit Jürgenssen, Gordon Matta-Clark, Eva Schlegel oder Franz West. Zentrale Stücke sind begehbare Großinstallationen des Ateliers van Lieshout und Ilya und Emilia Kabakovs oder die Lichtinstallation „Vergessen“ (2001) von Brigitte Kowanz.2 Der Gefechtsturm wurde unter den Nationalsozialisten als erster von sechs Flaktürmen in Wien errichtet. Obwohl die Türme im Zweiten Weltkrieg als Bunker für Tausende Schutz boten, wurden sie doch unter Ausbeutung von Zwangsarbeitern für den Luftkrieg errichtet und verkörpern mit ihren Dimensionen den Wahnsinn des Nazi-Regimes. Gern hätte man nach Kriegsende diese „in Beton gegossene Erinnerung“ beseitigt. Da ein Sprengen aber nicht möglich war, blieben die Türme als eigentlich unübersehbare, jedoch gern ignorierte Mahnmale im Stadtbild erhalten.3 Das MAK versucht, den negativ besetzten Ort zu transformieren und problematisiert mit ortsbezogenen Installationen im Schaudepot auch die wenig ruhmvolle Geschichte des Gebäudes. Äußerlich hat sich der heute denkmalgeschützte Flakturm wenig verändert und auch im Innenraum blieben Spuren des Zweiten Weltkriegs bewahrt. So entsteht ein Spannungsfeld zwischen Gebäude und Sammlung. Anders als bei einer Präsentation im 1 2 3
Thun-Hohenstein, C., MAK Mission Statement, in: MAK, www.mak.at, Zugriff 25.11.2013. Noever, P. (Hg.), 20/21. MAK- Sammlung Gegenwartskunst, Nürnberg 2009, S. 8. Bauer, U., Die Wiener Flaktürme. Verwertbarkeit des Unbrauchbaren, in: ÖZKD LXI 2007 Heft 1, S. 47–57.
Gutes Klima im Flakturm. Aspekte der präventiven Konservierung im MAK Tower
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„White-Cube“ werden neue Kontexte generiert oder bestimmte Aspekte von Arbeiten hervorgehoben. Das MAK nutzte bisher rund 4600 Quadratmeter auf vier Stockwerken des neungeschossigen Flakturms als Schaudepot. Die Objekte wurden hier fast museal präsentiert (Abb. 133 und 134). Drei Stockwerke mit etwa 3800 Quadratmetern dienten daneben als nicht öffentlich zugängliches Depot für Objekte unterschiedlicher Sammlungsbereiche. Bestimmend für die bauphysikalischen Eigenschaften im Gefechtsturm – und damit auch für Aspekte der präventiven Konservierung ‒ sind die zwei bis sieben Meter dicken Außenmauern aus Stahlbeton und die geschlossene Struktur des monolithischen Massivbaus: Von heute 20 Öffnungen nach außen führen nur zwei unmittelbar in Depoträume. Über die Zukunft des MAK Tower liest man derzeit auf der Museumshomepage: „Geplant ist, das bestehende Museumsdepot um Ausstellungsflächen zu erweitern. In den folgenden Jahren wird der MAK Tower […] sukzessive zu einem der größten und markantesten institutionellen Wiener Kunstzentren sowie einem Labor für Gegenwartskunst ausgebaut werden.“4
Präventive Konservierung im Gefechtsturm Die 2011 geplante Neukonzeptionierung bot den Rahmen für eine Diplomarbeit am Institut für Konservierung und Restaurierung der Angewandten.5 Von Oktober 2011 bis April 2012 wurde erstmalig eine übergreifende konservierungswissenschaftliche Untersuchung in dem besonders auch aus konservatorischer Sicht unkonventionellen Depot umgesetzt. Ziel war eine Evaluierung der bestehenden Erhaltungsbedingungen, um Risiken benennen und Notwendigkeiten beim Sammlungsschutz offen legen zu können. Die Ergebnisse sollen als Entscheidungshilfe und Argumentationsgrundlage für zukünftige Erhaltungsstrategien im MAK Tower dienen. Im Vorfeld wurden die Materialien und der Zustand der Objekte im Schaudepot erfasst. Diese „Collection Survey“ ergänzte die systematische Risikoanalyse der Umgebungsbedingungen im Gebäude. Untersuchungen erfolgten zu den Schadensfaktoren Klima, mechanische Einwirkungen, Schadstoffe, Schädlinge, Verlust, direkte Wassereinwirkung und Licht. Die Erhebungen zu Klima und Schadstoffen illustrieren eine grundlegende Er4 5
MAK Tower, in: MAK, www.mak.at, Zugriff 25.11.2013 Biber, A., Präventive Konservierung und Risikoanalyse im Gefechtsturm Arenbergpark. Die Erhaltungsbedingungen im Gegenwartskunstdepot des Österreichischen Museums für angewandte Kunst/Gegenwartskunst Wien, Diplomarbeit, Universität für angewandte Kunst Wien, 2012. Die Diplomarbeit wurde unter der Betreuung von o. Univ. Prof. Mag. Dr. Gabriela Krist am Institut für Konservierung und Restaurierung durchgeführt.
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kenntnis der Arbeit: Es zeigte sich an diesen Faktoren, dass die baulichen Strukturen des Gefechtsturms gute Voraussetzungen für den Betrieb als Museumsdepot bieten.
Klima Die in der Klimatechnik bewanderten RestauratorInnen des MAK stellten sich beim Einzug der Herausforderung, ein stabiles Raumklima aufzubauen. Die Überlegung war, dass der Flakturm als Paradebeispiel eines Massivbaus auch positive Voraussetzungen für die Klimaregulierung bieten sollte, wie man es etwa von Archivbauten nach dem „Kölner Modell“6 kannte. In einem einjährigen Testlauf wurden Klimabereiche abgetrennt und mit Kondensationstrocknern7 entfeuchtet. Messungen belegten den Erfolg der einfachen Maßnahmen und so brachte man 1995 erste Objekte in den Flakturm. Mit der schrittweisen Adaptierung weiterer Stockwerke wurde auch die Klimaregulierung peu à peu ausgebaut. 2011 ließen sich vier Klimabereiche mit folgenden „Sollwerten“ unterscheiden:8 – Bereiche ohne Klimaregulierung (Korridore, Depot im 7. Stock und ungenutzte Räume): Hier lagerten Objekte, wie z. B. Außenskulpturen, die nur geringfügig empfindlich gegenüber hoher oder schwankender Luftfeuchtigkeit sind. Die relative Luftfeuchtigkeit (rF) sollte unter 75 % liegen und 60 % nicht längere Zeit übersteigen, um Schimmel vorzubeugen. – Räume, in denen nur mit Kondensationstrocknern entfeuchtet wurde (Schaudepots im 4., 6. und 8. Stock sowie Depots im 2. und 3. Stock): Gemälde und gefasste Skulpturen in gutem Zustand lieferten als klimaempfindlichste Objekte in diesen Bereichen den Maßstab für die Klimaanforderungen. Die rF sollte zwischen 40 und 60 % mit Kurzzeitschwankungen im Bereich von maximal ± 10 % liegen. 6 7 8
Sagstetter, M. R., Klimatisierungskonzepte in jüngeren Archivgebäuden in Deutschland, in: Archivalische Zeitschrift 86/2004, S. 323–356. Bei der Kondensationstrocknung wird angesaugte Luft über einen Luftkühler geleitet, an dem Wasserdampf aus der Luft kondensiert. Siehe: Hilbert, G. S., Sammlungsgut in Sicherheit, Berlin 2002, S. 233. Richtwerte wurden nach intensiver Auseinandersetzung mit der aktuellen Diskussion um die „richtigen“ Klimawerte angepasst an die Objekte formuliert. Tatsächlich lässt der aktuelle Forschungsstand keine Festsetzung allgemeingültiger Grenzwerte zu. Die vorgeschlagenen Richtwerte sind gestützt auf aktuelle Untersuchungen, siehe: Erhardt, D./Tumosa, C. S./Mecklenburg, M. F., Applying Science to the Question of Museum Climate, in: Padfield, T./Borchersen, K. (Hg.), Museum Microclimates. Contributions to the Copenhagen Conference 19–23 November 2007, Copenhagen 2007, S. 11–18/Michalski, S., Incorrect Relative Humidity und Michalski, S., Incorrect Temperature, beides in: Canadian Conservation Institute, www.cci-icc.gc.ca, Zugriff 25.11.2013. Die Richtwerte dürfen und müssen aber durchaus kritisch hinterfragt werden. Siehe hierzu die „Münchner Positionen“: Burmester, A./Eibl, M., Die Münchner Positionen zu Klima und Kulturgut, Version 12.11.2013, in: Doerner Institut, www.doernerinstitut.de/ de/projekte/Bizot/bizot_3.html, Zugriff 21.11.2013
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– Räume, in denen zusätzlich geheizt wurde: Im rund 100 m² großen „Grafikraum“ lagerten die klimaempfindlichsten Objekte im Depot. Hier sollte die rF mit geringeren Schwankungen zwischen etwa 45 und 55 % gehalten werden. – Eine niedrigere Luftfeuchtigkeit von maximal 45 bis 50 % wurde für die Arbeiten zum Thema Automobil, wie das Fat Car (2001) von Erwin Wurm, im beheizten Schaudepot im Erdgeschoss gewährleistet. (Gemäßigte) Feuchteschwankungen sind für sie zweitrangig. Die Temperaturen liegen, abgesehen von den zeitweise beheizten Räumen, meist außerhalb der in Museen gängigen Grenzen. Konservatorisch sind Temperaturen von 5 bis 25 °C für die Sammlung akzeptabel ‒ niedrige Temperaturen verlangsamen Abbauprozesse sogar. Da einige Materialien bei niedrigen Temperaturen verspröden (beispielsweise Acrylfarben um ca. 5 °C) sollten Objekte bei Kälte nicht manövriert werden. Vor allem muss Kondensation infolge raschen Klimawechsels vermieden werden.
Ergebnisse und Interpretation der Klimamessungen in den vier Bereichen 9 Grundlegend für ein Verständnis der Klimabedingungen waren die Erkenntnisse über das natürliche Klima im Gebäude anhand der Räume ohne Klimaregulierung. Ein Charakteristikum ist die geringe Änderungsgeschwindigkeit der Raumtemperatur. Sie gleitet fast ohne Kurzzeitschwankungen zwischen rund 5 °C (Januar bis März) und 25 °C (Juli bis September). Verantwortlich hierfür ist das Wärmespeichervermögen der dicken Betonmauern, das Schwankungen der Außentemperatur abmildert und nebenbei bewirkt, dass sich die durchschnittliche Umgebungstemperatur erst mit einer Verzögerung von ein bis zwei Monaten innen wiederspiegelt, was BauphysikerInnen als Phasenverschiebung bezeichnen.10 Als Randnotiz sei erwähnt, dass die kurzzeitkonstante Temperatur auch auf eine geringe Luftwechselrate hindeutet.11 Die rF liegt etwa zwei Drittel des Jahres zwischen 40 und 60 %. Manchmal treten wochenlang nur geringe Änderungen auf. Leider gibt es auch andere Phasen: Vor allem zwischen April und Juni übersteigt die rF oft für Wochen 60 %, erreicht vereinzelt sogar Werte über 80 %. Dagegen sinkt sie im Herbst und Winter bisweilen auf 30 %. Tages- und Wochenschwankungen liegen überwiegend bei ± 10 %, selten aber auch bei bis zu ± 20 %. 9
Die Klimamessdaten des MAK aus den genutzten Räumen seit 2002 wurden durch Messungen von November 2011 bis April 2012 in allen Stockwerken und im Außenbereich ergänzt (Datenlogger Rotronic HygroLog D). 10 Zürcher, C./Frank, T., Bauphysik. Bau und Energie, Zürich 2010, S. 53. 11 Einschätzung von Wieland Moser (TB Käferhaus) beim Gespräch am 20.04.2012.
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Die Begründung für die im Gegensatz zur Temperatur geringere Konstanz der rF wurde anhand eines Vergleichs der absoluten Luftfeuchte innen und außen deutlich: Obwohl der Flakturm fast hermetisch verschlossen erscheint, kann der Einfluss des Außenklimas noch immer zu enormen Schwankungen der rF führen. Der Grad der Beeinflussung eines Raums steht in direktem Zusammenhang mit der Lage der wenigen Öffnungen nach außen und zwischen den Geschossen. Das im Frühjahr erhöhte Feuchteangebot der Außenluft gekoppelt mit der niedrigen Temperatur im Gefechtsturm infolge der Phasenverschiebung macht sich durch den Anstieg der rF zwischen April und Juni bemerkbar. Die Intensität des Einflusses des Außenklimas ist letztlich bestimmend für das Klima im gesamten Gebäude, auch in den klimaregulierten Bereichen: Die Kondensationstrockner in den entfeuchteten Räumen waren immer von Frühjahr bis Herbst eingeschaltet. Die rF konnte im kontinuierlichen Betrieb im Bereich von 50 % gehalten werden. Die Geräte schalteten sich ab, wenn ihre Wasserbehälter gefüllt waren. Im Frühjahr fielen bis zu 200 Liter Kondensat täglich an.12 Probleme traten auf, wenn die Luftfeuchtigkeit in der Umgebung rasch anstieg und/oder kein Personal zum Leeren der Auffangwannen vor Ort war. Dann kam es zu Phasen mit Feuchtewerten über 60 % ‒ und zu den entsprechenden Risiken wie Schimmelentwicklung und Korrosion. Nahmen nach einem solchen Anstieg die Entfeuchter wieder die volle Leistung auf, sank die rF entsprechend schlagartig. Tatsächlich gingen rF-Schwankungen im Tagesbereich von bis zu ± 20% meist auf den Wechsel zwischen Leeren und automatischem Abschalten der Entfeuchter zurück. Im Grafikraum wurde unterhalb von etwa 12 °C zusätzlich zum Entfeuchten mit einem Elektroradiator die Raumluft minimal temperiert. Der Einfluss der Außenluftfeuchte war hier verhältnismäßig gering. Die rF konnte so zuverlässig und recht stabil um 45 % gehalten werden. Im Schaudepot im Erdgeschoss wurde mit Elektrokonvektoren geheizt, sobald die Temperatur unter 20 °C sank. Ab dem Frühjahr liefen zusätzlich Entfeuchter. Die rF stieg auch bei feuchter Witterung selten längere Zeit über 50 %. Größere Schwankungen entstanden aber durch die Nähe zum Haupteingang. Beim Öffnen der Tür drang rasch Frischluft ein. Eine erwähnenswerte Beobachtung ist der luftfeuchtestabilisierende Einfluss diffusionsoffener Oberflächen: Im 3. Stock sind Betonfußboden und Wände ohne Anstrich, es lagerten Transportkisten aus Holz, Kartonagen und anderes hygroskopisches Material. Auf diesem Stockwerk war die rF am stabilsten. Im Gegensatz dazu ist im 4. Stock der Fußboden ein dichter Gussasphalt. Die Wände sind mit Dispersion gestrichen und es 12 Freundliche Mitteilung von Werner Gnadenberger (Depotverwalter MAK Tower) beim Gespräch am 19.03.2012.
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lagerten weniger Objekte. Die Feuchteschwankungen waren viel ausgeprägter, obwohl in beiden Bereichen Anzahl und Größe von Öffnungen vergleichbar sind.13
Zusammenfassende Bewertung Die angestrebten Grenzen der rF wurden also bisher vor allem in den nicht klimatisierten und den nur entfeuchteten Bereichen nicht zuverlässig eingehalten und manchmal leider stark überschritten. Für viele Objekte bestand ein Risiko, dass mechanische Schäden durch Feuchteschwankungen auftreten und hohe Luftfeuchtigkeit den Materialabbau beschleunigt. Bei den Bedingungen im Frühjahr war auch Schimmelbildung möglich. Grundproblem war der noch viel zu dominante Einfluss des Außenklimas. Das regelmäßige Leeren der Entfeuchter war in der Praxis im nötigen Umfang nicht verlässlich zu gewährleisten. Guten Erfolg erzielte man zwar in den Räumen, in denen zusätzlich geheizt wurde, bedenkt man die Staubaufwirbelungen durch Konvektorheizungen, ungleichmäßige Wärmeverteilung im Raum und den hohen Energieaufwand, war diese Methode jedoch nicht geeignet für den Einsatz im gesamten Gebäude. Obwohl dem Gebäude Potenzial für ein stabiles, für die Sammlung geeignetes Klima zugesprochen werden konnte, waren dringend Verbesserungen bei der Klimaregulierung nötig. Dabei stellten die bauphysikalischen Eigenschaften durchaus eine Lösung mit geringem technischem Equipment in Aussicht. Im Zuge der Revision wurde im Frühsommer 2014 schließlich die Klimaregulierung adaptiert. Man setzte dabei, auch basierend auf den Empfehlungen der Diplomarbeit, gezielt bei den beiden oben genannten Schwachstellen an: Im Erdgeschoss wurden in der Nähe des Zugangs zwei Türen eingebaut, die als Luftschleusen fungieren, um einerseits den Feuchteeintrag von außen einzudämmen. Um andererseits eine kontinuierliche Entsorgung des bei der Entfeuchtung anfallenden Kondensats zu gewährleisten, wurden die Entfeuchter mit Ablaufschläuchen ausgestattet. Die notwendigen Abflussrohre ließen sich ohne großen baulichen Aufwand in den historischen Lüftungsschächten verlegen. Erste Klimamessungen sprechen deutlich dafür, dass sich hiermit eine Verbesserung der Klimabedingungen erzielen ließ. Abbildung 135 zeigt das Klimadiagramm von Juni bis August 2014 im 3. Stock und im Vergleich dazu die Kurven von 2007. Trotz feuchterer Witterung wurden im Jahr 2014 niedrigere Luftfeuchtewerte und kleinere Schwankungen der rF gemessen. Wie sich das Klima nun längerfristig entwickeln wird, wird sich
13
Padfield, T., The Role of Absorbent Building Materials in Moderating Changes of Relative Humidity, Dissertation, Technical University of Denmark 1998/Rode, C. (Hg.), Moisture Buffering of Building Materials. Report BYG DTU R–126, Technical University of Denmark 2005.
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frühestens ein Jahr nach der Adaptierung sagen lassen. Vorerst sind konsequente Klimakontrollen und gegebenenfalls besondere Schutzvorkehrungen für einzelne Objekte notwendig. Die Methode wäre in jedem Fall auch aus ökologischer Sicht zu begrüßen, da der Betrieb von mobilen Entfeuchtungsgeräten im Energieverbrauch sparsamer ist als das Heizen der Raumluft oder gar der Betrieb einer Vollklimaanlage.
Schadstoffe Schadstoffe werden in der Konservierungsliteratur beschrieben als Luftverunreinigungen natürlichen oder anthropogenen Ursprungs, die chemische Abbauprozesse an Sammlungsgut initiieren, beschleunigen oder katalysieren. Die gasförmigen, staubförmigen oder staubgebundenen Substanzen werden entweder in der Umgebung gebildet (exogene Quellen) oder im Innenraum von Materialien emittiert (endogene Quellen). Carboxylsäuren und Formaldehyd, schwefelige Gase, Stickoxide, Feinpartikel und Ozon gelten als „Key Pollutants“, also als hauptbeteiligt an der Schädigung von Sammlungsobjekten.14 Da im Depot bisher keine Untersuchungen zu Schadstoffen in der Raumluft durchgeführt worden waren, war eine erste Abschätzung gefragt, inwiefern das Gebäude vor einem Schadstoffeintrag von außen abschirmt und in welchen Räumen grundsätzlich mit korrosiven Schadgasen zu rechnen sein könnte. Dafür wurden als praktikable Variation des bekannten „Oddy-Tests“ Metallfolien aus Blei, Kupfer und Silber15 frei in den Räumen aufgestellt.16 Sechs Indikatorsets wurden für 140 Tage und ein Set für 800 Tage im Innenraum exponiert. Ein Set stand für 140 Tage im wettergeschützten Außenbereich am Ausgang zur Dachplattform. Im Vergleich der Korrosionsentwicklung an den Plättchen lassen sich Tendenzen feststellen, ob bzw. wo korrosive Schadstoffe in erhöhter Konzentration in der Raumluft vorhanden sind. Daneben kann dank des unterschiedlichen Korrosionsverhaltens der Metalle eine qualitative Eingrenzung vorhandener Schadstoffe stattfinden: Silber ist empfindlich gegenüber schwefeligen Gasen, Kupferkorrosion steht oft in Verbindung mit Chloriden, Sulfiden, NO2 und SO2 und Blei reagiert besonders mit sauren Schadstoffen bzw. organischen 14 Detaillierte Informationen unter anderem bei: Tétreault, J., Airborne Pollutants in Museums, Galleries, and Archives. Risk Assessment, Control Strategies, and Preservation Management, Ottawa 2003, S. 7–19/Schieweck, A./Salthammer, T., Schadstoffe in Museen, Bibliotheken und Archiven. Raumluft – Baustoffe – Exponate, Braunschweig 2006. 15 Metallfolien Blei, Kupfer, Silber (Reinheit ≥ 99,5 %) 10x15x0,1 mm; Bezugsquelle: Kunsthistorisches Museum Wien, Naturwissenschaftliches Labor. 16 Die Vorgehensweise hat sich auf der Universität für angewandte Kunst bewährt, siehe z. B.: Markovska, M., Die Sammlung anatomischer Wachsmodelle im Josephinum Wien. Präventive Konservierung und langfristige Erhaltungsstrategien, Diplomarbeit, Universität für angewandte Kunst Wien, 2011, S. 70–73.
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Säuren.17 Die Auswertung der Testplättchen erfolgte visuell und im Rasterelektronenmikroskop mit Elementanalyse mittels energiedispersiver Röntgenspektroskopie (REM und REM/EDX18): Die Veränderungen an allen Indikatoren im Innenraum waren so gering, dass eine stark erhöhte Konzentration korrosiver Schadgase in den Bereichen als unwahrscheinlich angesehen werden kann. Selbst die Oxidation an den Plättchen, die mehr als zwei Jahre exponiert waren, fiel gering aus. Der Vergleich mit dem außen exponierten Set zeigte, dass das Gebäude gegen korrosive Einflüsse aus der Umgebung abschirmt. Zur Beurteilung des Staubaufkommens wurde die Staubdeposition im Gebäude ermittelt: Angelehnt an eine von Ryhl-Svendsen (2003)19 im Nationalmuseum Dänemark angewandte Methode wurde untersucht, wie viel Staub sich von November bis März auf Testoberflächen absetzte. Es wurden 17 mit Klebeband präparierte Objektträger im Gebäude ausgelegt. Nach dem Expositionszeitraum wurden Mikroskopfotografien der Testflächen im Bildanalyseprogramm Image J20 ausgewertet und die staubbedeckte Fläche in Prozent (Verschmutzungsdichte) ermittelt. Bei zwei jeweils 70-tägigen Messreihen lag die Verschmutzungsdichte fast überall unter 0,2 %. Nur im Eingangsbereich und auf der Dachplattform war sie höher. Dank der methodisch ähnlichen Vorgehensweise ließ sich ein Vergleich zu Ergebnissen von Ryhl-Svendsen aus einem Ausstellungsraum ziehen. Dort lag die Verschmutzungsdichte nach 68 Tagen zwischen 1 und 7 %. Das Staubaufkommen im Turm ist also weit niedriger. Neben dem begrenzten Personenverkehr können weitere Gründe der vermutlich schwache Luftwechsel und die Gebäudestruktur generell sein: Wie die Abnahme der Verschmutzungsdichten zum Gebäudeinneren bewies, dringt Staub hauptsächlich über den Haupteingang (die größte Öffnung) ein. Während das Treppenhaus von diesem Staubeintrag noch leicht beeinflusst ist, sind die separaten Depoträume geschützt. Auch hier zeichnete sich also der positive Effekt der geschlossenen Bauweise ab.
17 Grzywacz, C. M., Monitoring for Gaseous Pollutants in Museum Environments, Los Angeles 2006, S. 31–33, S. 45. 18 Gerät REM/EDX: FEI Quanta FEG 259, alle Untersuchungen im Hochvakuummodus. Durchgeführt am Institut für Kunst und Technologie, Technische Chemie der Universität für angewandte Kunst am 02.04.2012. 19 Ryhl-Svendsen, M., The Viking-Ship Museum in Roskilde. An Investigation of Dust in the Exhibition, Presentation 18 at IAQ 2003 Norwich meeting, in: Indoor Air Quality in Museums and Archives, www. iaq.dk, Zugriff 25.11.2013. 20 Mit dem Open-Source Programm für wissenschaftliche Bildanalyse Image J. Download: Image J, http:// rsbweb.nih.gov/ij/index.html, Zugriff 25.11.2013
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Resümee und Ausblick Zweifellos liefert der MAK Tower ein Beispiel für eine mutige und gelungene Umnutzung. Mit einfachen Mitteln hat man in den letzten Jahren konservatorisch viel erreicht. Zugute kommen oftmals günstige bauliche Voraussetzungen des Gefechtsturms, wie die Ausführungen über Klima und Schadstoffe exemplarisch belegen. Obwohl die Ausgangslage für stabile Klimabedingungen aufgrund des natürlichen Klimas im Flakturm positiv ist und die bisher bestehende Regulierung über einen großen Teil des Jahres den Anforderungen genügte, hatte man immer wieder mit Schwächen zu kämpfen. Die jüngsten Anpassungen bei der Klimaregulierung erscheinen vielversprechend. Möglicherweise hat man bereits eine konservatorisch verlässliche, energieeffiziente und wartungsarme Lösung gefunden. Falls doch noch weitere Adaptionen notwendig sind, ist die Zusammenarbeit mit BauphysikerInnen ratsam. Das Gewährleisten eines funktionierenden Gesamtklimakonzepts bleibt in jedem Fall ein Hauptanliegen der RestauratorInnen für die aktuelle Neukonzeptionierung. Abschließend ein Blick auf drei weitere Beispiele erfolgreich zu Depots umgenutzter Bunker:21 Seit über 20 Jahren lagert das Österreichische Museum für Volkskunde in Wien Teile seiner Sammlung in einem beim Museumsgebäude gelegenen Luftschutzbunker aus dem Zweiten Weltkrieg. Eine Bauteiltemperierung und eine kontrollierte Belüftung, für die sogar bauzeitliche Lüftungsrohre reaktiviert werden konnten, sorgen mit geringem Energieaufwand für ein stabiles Klima.22 In dem ehemaligen U-Boot-Bunker DORA I aus der Zeit der NS-Besatzung in Trondheim wurde seit den 1990er Jahren ein Archiv- und Depotzentrum aufgebaut. Bestände dreier Archive und eines Museums profitieren vom stabilen Klima, das sich auf natürliche Weise im Gebäude einstellt, mit Werten der rF zwischen 40 und 60 %.23 Die Sammlung Boros in Berlin, eine Privatsammlung zeitgenössischer Kunst, die seit 2008 in einem Hochbunker aus der NS-Zeit beherbergt ist, liefert nicht zuletzt ein weiteres Beispiel für die spannungsreiche Wechselbeziehung zwischen zeitgenössischer Kunst und derart geschichtlich beladenen Räumen.
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Biber, A./Griesser-Stermscheg, M., Bergedepots und historische Bunkerbauten: Geschichte und aktuelle Nutzungsmöglichkeiten für Museen, in: Schäning, A./Eyb-Green, S. (Hg.), Kunst Unterwegs, ÖRVTagungsband Nr. 14, Wien 2013, S. 126–137. 22 Freundliche Informationen von Elisabeth Egger, Österreichisches Museum für Volkskunde, Gespräch am 08.03.2012. 23 Carstens, S./Dora, I., From Submarine Pen to Cultural Bunker, in: Clark, C./Brebbia, C. A. (Hg.), Defense Sites. Heritage and Future, Southampton 2012, S. 219–229.
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Literatur Bauer, U., Die Wiener Flaktürme. Verwertbarkeit des Unbrauchbaren, in: ÖZKD LXI/2007, S. 47–57. Biber, A., Präventive Konservierung und Risikoanalyse im Gefechtsturm Arenbergpark. Die Erhaltungsbedingungen im Gegenwartskunstdepot des Österreichischen Museums für angewandte Kunst/Gegenwartskunst Wien, Diplomarbeit, Universität für angewandte Kunst Wien, 2012. Biber, A./Griesser-Stermscheg, M., Bergedepots und historische Bunkerbauten: Geschichte und aktuelle Nutzungsmöglichkeiten für Museen, in: Schäning, A./Eyb-Green, S. (Hg.), Kunst Unterwegs, ÖRV-Tagungsband Nr. 14, Wien 2013, S. 126–137. Burmester, A./Eibl, M., Die Münchner Positionen zu Klima und Kulturgut, Version 12.11.2013, in: Doerner Institut, www.doernerinstitut.de/de/projekte/Bizot/bizot_3.html, Zugriff 21.11.2013. Carstens, S./Dora, I., From Submarine Pen to Cultural Bunker, in: Clark, C./Brebbia, C. A. (Hg.), Defense Sites. Heritage and Future, Southampton 2012, S. 219–229. Clark, C./Brebbia, C. A. (Hg.), Defense Sites. Heritage and Future, Southampton 2012. Erhardt, D./Tumosa, C. S./Mecklenburg, M. F., Applying Science to the Question of Museum Climate, in: Padfield, T./Borchersen, K. (Hg.), Museum Microclimates. Contributions to the Copenhagen Conference 19–23 November 2007, Copenhagen 2007, S. 11–18. Hilbert, G. S., Sammlungsgut in Sicherheit, Berlin 2002. MAK Tower, in: MAK, www.mak.at, Zugriff 25.11.2013. Markovska, M., Die Sammlung anatomischer Wachsmodelle im Josephinum Wien. Präventive Konservierung und langfristige Erhaltungsstrategien, Diplomarbeit, Universität für angewandte Kunst Wien, 2011. Grzywacz, C. M., Monitoring for Gaseous Pollutants in Museum Environments, Los Angeles 2006. Image J, in: http://rsbweb.nih.gov/ij/index.html, Zugriff 25.11.2013. Michalski, S., Incorrect Relative Humidity, in: Canadian Conservation Institute, in: www.cci-icc. gc.ca, Zugriff 25.11.2013. Michalski, S., Incorrect Temperature, in: Canadian Conservation Institute, www.cci-icc.gc.ca, Zugriff 25.11.2013. Noever, P. (Hg.), 20/21. MAK- Sammlung Gegenwartskunst, Nürnberg 2009. Padfield, T., The Role of Absorbent Building Materials in Moderating Changes of Relative Humidity, Dissertation, Technical University of Denmark, 1998 Padfield, T./Borchersen, K. (Hg.), Museum Microclimates. Contributions to the Copenhagen Conference 19–23 November 2007, Copenhagen 2007. Rode, C. (Hg.), Moisture Buffering of Building Materials. Report BYG DTU R–126, Technical University of Denmark, 2005. Ryhl-Svendsen, M., The Viking-Ship Museum in Roskilde. An Investigation of Dust in the Exhibition, Presentation 18 at IAQ 2003 Norwich meeting, in: Indoor Air Quality in Museums and Archives, www.iaq.dk, Zugriff 25.11.2013.
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Sagstetter, M. R., Klimatisierungskonzepte in jüngeren Archivgebäuden in Deutschland, in: Archivalische Zeitschrift 86/2004, S. 323–356. Schäning, A./Eyb-Green, S. (Hg.), Kunst Unterwegs, ÖRV-Tagungsband Nr. 14, Wien 2013. Tétreault, J., Airborne Pollutants in Museums, Galleries, and Archives. Risk Assessment, Control Strategies, and Preservation Management, Ottawa 2003. Schieweck, A./Salthammer, T., Schadstoffe in Museen, Bibliotheken und Archiven. Raumluft – Baustoffe – Exponate, Braunschweig 2006. Thun-Hohenstein, C., MAK Mission Statement, in: MAK, www.mak.at, Zugriff 25.11.2013. Zürcher, C./Frank, T., Bauphysik. Bau und Energie, Zürich 2010.
Tanja Kimmel, Christina Schaaf-Fundneider, Stefan Fleck
Die Historie der Sammlungspflege am Kunsthistorischen Museum Wien – von den Anfängen (A) bis zum Zentraldepot (Z)
Abstract In 2009 Vienna’s “Kunsthistorisches Museum” decided to build a new storage that would house its entire collection, which was then located at nine different venues. The Himberg storage facility was designed with energy efficiency and cost-effectiveness as its guiding principles. Using prefabricated parts the building (14,000 square meters in total) could be erected in 8 months. The materials and technology create a stable climate which cuts down electricity consumption. Moving the collection involved precise planning concerning condition reports, pest monitoring and treatment, as well as logistics. Standardized and recyclable packing materials were used for 95% of the objects, a great achievement considering that the collection comprises objects as diverse as delicate textiles, bronzes and even coaches. The new building, already a model for new storage design, should offer sufficient space to house the KHM collection for the next 30 years.
Zusammenfassung Das Kunsthistorische Museum Wien entschied sich 2009 für einen Depotneubau, der die gesamte Sammlung aufnehmen sollte. Bisher wurden die Sammlungsbestände auf neun Standorte verteilt aufbewahrt. Das Zentraldepot in Himberg wurde unter energieeffizienten und kosteneffektiven Gesichtspunkten geplant und gebaut. Unter der Verwendung von Fertigbauteilen konnte das Gebäude mit einer Gesamtnutzfläche von 14.000m2 binnen acht Monaten fertig gestellt werden. Die verwendeten Materialien und Technologien ermöglichen ein stabiles Klima unter minimalem Stromverbrauch. Die Übersiedelung der Sammlung erforderte im Vorfeld eine präzise Planung bezüglich Zustandserfassung, Schädlingsmonitoring und –bekämpfung und Logistik im Allgemeinen. Für 95% der Objekte wurden standardisierte, wiederverwendbare Verpackungslösungen entwickelt – eine große Herausforderung hinsichtlich der Materialvielfalt und unterschiedlichen objektspezifischen Ansprüche der Sammlungsbestände. Das neue Zentral-
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Tanja Kimmel, Christina Schaaf-Fundneider, Stefan Fleck
depot hat bereits jetzt neue Standards im Depotbau gesetzt – es soll den Beständen und Sammlungszuwächsen des Kunsthistorischen Museums für die nächsten 30 Jahre ausreichend Platz zur sicheren Aufbewahrung bieten.
Einleitung Die kaiserlichen Sammlungen des Hauses Habsburg blicken auf eine lange und im wahrsten Sinne des Wortes „bewegte“ Geschichte zurück. Mehrfach haben die Kunstwerke der einzelnen Sammlungen im Laufe der Jahrhunderte ihren Standort gewechselt, bis sie an ihren heutigen Ausstellungsorten und Depotaufbewahrungsplätzen angekommen sind. Die unterschiedlichen Sammlungen, die ihren Ursprung in der Sammlungstätigkeit verschiedener Mitglieder des Hauses Habsburg haben, waren auf zahlreiche Schlösser und Mobilien im Gebiet der Habsburgermonarchie verteilt. Die Sammlungstätigkeit reicht mindestens bis in die erste Hälfte des 16. Jahrhundert zurück.1 Zahlreiche Grabungsfunde, Schenkungen und Ankäufe aus Privatbesitz erweiterten die Sammlungsbestände über die Jahrhunderte. Als eine der ersten Galerien weltweit war die Gemäldegalerie ab 1783, damals noch in den Räumlichkeiten des Belvedere untergebracht, bei freiem Eintritt öffentlich zugänglich.2 Erst 1891 wurden die kaiserlichen Sammlungen in das, an der Wiener Ringstraße neu gebaute, Kunsthistorische Museum transferiert.3 Waren kleinteilige Sammlungsgegenstände seit jeher in eigens dafür angefertigte Schau(depot)kästen untergebracht, mussten großformatige Werke bereits früh (zumindest temporär) in unterirdische Gänge und Kellerräumlichkeiten der verschiedensten Gebäude ausweichen.4 Der in der Folge beschriebene „Weg“ zur Aufbewahrung musealer Sammlungen prägt die Historie vieler Häuser, auch des Kunsthistorischen Museums (KHM): Die Samm1
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Kunsthistorisches Museum Wien, Die Geschichte der Sammlung, in: http://www.khm.at/besuchen/ sammlungen/kunstkammer-wien/die-geschichte-der-sammlung/, Zugriff 05.12.2013. Ein Großteil der noch erhaltenen Stücke aus den älteren Sammlungen der Kaiser Friedrich III., Maximilian I. und Ferdinand I. sind in der heutigen Sammlung der Kunstkammer integriert. Haupt, H., Das Kunsthistorische Museum – Die Geschichte des Hauses am Ring, Hundert Jahre im Spiegel historischer Ereignisse, Wien 1991, S. 9. Kunsthistorisches Museum Wien, Die Geschichte der Sammlung, in: http://www.khm.at/besuchen/ sammlungen/gemaeldegalerie/die-geschichte-der-sammlung/, Zugriff 05.12.2013. Kunsthistorisches Museum Wien, Die Geschichte der Sammlung, in: http://www.khm.at/besuchen/ sammlungen/antikensammlung/die-geschichte-der-sammlung/, Zugriff 12.01.2014. Nachdem 1823 die Flächen im Augustinergang der Hofburg gänzlich erschöpft waren, wurden Teile der römischen Altertümersammlung temporär in den klimatisch ungünstigen, unterirdischen Hallen des Theseustempels im Volksgarten aufgestellt, wo sie für 22 Jahre verblieben.
Die Historie der Sammlungspflege am Kunsthistorischen Museum Wien
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lungsbestände wurden zunächst in den dafür vorgesehenen Ausstellungsräumlichkeiten präsentiert, soweit es der vorhandene Platz erlaubte. War dies aufgrund von Platzmangel nicht mehr möglich, wich man in teilweise eigens dafür adaptierte Keller und Dachböden im eigenen Haus oder in zur Institution gehörige Gebäude aus.5 Waren auch diese zur Gänze an- und überfüllt, ging man im 20. Jahrhundert dazu über, externe Lagerungsmöglichkeiten zu suchen. In vielen Fällen wurden und werden große (Industrie-) Hallen angemietet, die aufgrund ihrer klimatischen Gegebenheiten, baulichen Unzulänglichkeiten und hoher Mietkosten auf Dauer oftmals nicht zufriedenstellend waren und sind.
Aktuelle Depotsituation und Sammlungspflege im Kunsthistorischen Museum Mit Beginn des 21. Jahrhunderts mehren sich in der Fachpresse6 und im Rahmen von Fachtagungen7 Beiträge zu neuen (Zentral-)Depots für öffentliche als auch private Kunstsammlungen. Die Ansprüche an diese meist neu errichteten, schlichten Nutzbauten, lässt sich im Wesentlichen auf zwei Faktoren reduzieren: Energieeffizienz bis hin zum Nullenergiedepot8 und in weiterer Folge Kostenoptimierung, sprich geringe Baukosten sowie vor allem möglichst niedrige Erhaltungskosten. Dabei liegt ein Hauptaugenmerk auf der adäquaten Klimatisierung, die jedoch möglichst kostengering umgesetzt sein soll. Nachhaltige Energienutzung ist auch hier ein Schlagwort. So entschloss sich auch die Leitung des Museumskomplexes des KHM im September 2009 ein neues Zentraldepot zu bauen. Bis zu diesem Zeitpunkt waren die Kunstdepots des KHM auf neun verschiedene Standorte in Wien und Wien-Umgebung aufgeteilt. 5
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Siehe: Krug, W., Die Neuerstehung – Wiederaufbau und Wiedereröffnung, in: Krug, W. (Hg.), Landesmuseum Niederösterreich, 100 Jahre „festes“ Haus, Wien 2012, S. 125–142/Huber, J., Paradigmenwechsel im Museumsdepot? Masse, Ewigkeit und Tragbarkeit in der Sammlungserhaltung, in: Wo die Dinge stehen – Das Museumsdepot als Archiv (Veranstaltung von schnittpunkt), Vortrag, 16.01.2011, Hofmobiliendepot Wien. Stellvertretend genannt seien: Huber, J., Nachhaltige Depotplanung – Die Verantwortung des Nutzers, in: Restauro, 3/2011, S. 26–30/Müller-Straten, C., Das neue Passivhaus-Depot der Städtischen Museen Freiburg, Online-Nachricht von MUSEUM AKTUELL, in: http://blog.museum-aktuell.de/ archives/141-Freiburg- investiert–6,3-Millionen-in-neues-Passivhaus-Depot.html., update 4.5.2012, Zugriff 23.6.2014/Bayerische Staatsgemäldesammlungen, Das Museum Brandhorst in München, in: http:// www.museum-brandhorst.de/de/gebaeude/museumstechnik.html, Zugriff 23.6.2014. Stellvertretend genannt seien: ICOM-Österreich Symposium Museumsdepots und Depoteinrichtung, Innsbruck 4.3.2011 – 5.3.2011./Das grüne Museum, Deutsche Kongress, Wien, 7.4.2011. Fraunhofer Institut, Das modulare Nullenenergie-Depot. Neue Wege für Depot- und Archivbau, Fachtagung, Benediktbeuern, 12.5.2011.
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Bei diesen meist veralteten, teils sanierungsbedürftigen Räumlichkeiten mit überholter technischer Infrastruktur handelte es sich mehrfach um Immobilien mit schlechten klimatischen Voraussetzungen, undichten Gebäudehüllen und hohen Mietkosten. Somit ergab sich ein dringender Handlungsbedarf aus konservatorischen, betrieblichen und betriebswirtschaftlichen Gründen. Eine Überprüfung und Kalkulation verschiedener Modelle zeigte letztendlich, dass angesichts der permanenten Notwendigkeit eines Depots, eine Variante im Eigentum des Museums auf eigenem Grund am günstigsten wäre. Die budgetierten Projektkosten einschließlich des Grundstückankaufs und des Umzugs lagen bei 14 Mio. €, wovon das Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur 3,5 Mio. € für die Einrichtung des Depots und den Umzug der Bestände trägt. Den Hauptteil der Kosten finanzierte das Museum daher selbst. Statt der Mietkosten für das bisherige alte Provisorium müssen also nun die Finanzierungsraten für das neue Depot bezahlt werden, ähnlich wie bei der Anschaffung einer privaten Eigentumswohnung. Zunächst wurden von Ende 2009 bis in das erste Quartal 2010 Bestandserhebungen in allen Sammlungen durchgeführt und daraus resultierend die Anforderungen an das neue Zentraldepot definiert. Parallel dazu erfolgten die EU-weite Architektenausschreibung und die Grundstückssuche. Der Zuschlag für die Generalplaner-Leistung erging an die ARGE „B–18 Architekten ZT GmbH Wien/Architektenbüro Karl Reuter”. Der Spatenstich erfolgte im September 2010. Durch den engen Projektkostenrahmen musste die Grundstückssuche von Anfang an auf angrenzende Gemeinden außerhalb des Wiener Stadtgebietes gelegt werden. Es wurden zwar auch Grundstücke in Wien ins Auge gefasst, die hohen Grundstückspreise ließen es jedoch nicht zu, das neue Zentraldepot in der unmittelbaren Nähe der Museen zu bauen. Nach dem ersten Auswahlverfahren, in dem Preis, die Erreichbarkeit, unmittelbares Umfeld und Bebauungsbestimmungen analysiert wurden, kamen zwei Grundstücke in Himberg bei Wien in die nähere Auswahl. Nach den bodentechnischen Untersuchungen, bei denen einer der beiden Standorte ausschied, fiel die Entscheidung klar auf das jetzige bebaute Grundstück. Anfang 2010 wurde von der Geschäftsführung das Projektteam „Bau und Übersiedelung“ veranlasst. Nun konnte die aufwendige und intensive Planung und Vorbereitung für das neue Zentraldepot forciert werden. Als Bauherrenberater wurde Joachim Huber (PrevArt) hinzugezogen, der über langjährige Erfahrungen im Bereich von Depotneubauten verfügt. Als Grundlage aller Planungen diente die Erstellung eines Mengengerüsts, das Aufschluss über den Umzugs-Sammlungsbestand gab. Neben der aktuellen Art der Aufbewahrung und konservatorischen Anforderungen wurden darin auch die zukünftige Lagerart und der potentielle Sammlungszuwachs erfasst.
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Das neue Depotgebäude Das Depotgebäude mit einer Gesamtnutzungsfläche von ca. 14 000 m2 beherbergt folgende Räumlichkeiten: – Kunstdepot (ca. 12 000 m2), – Fotoatelier (ca. 120 m2), – vier multifunktionale Restaurierwerkstätten (jeweils ca. 60–80 m²), – Packraum (ca. 120 m2), – Entpackungsraum (ca. 120 m2), – Quarantäneräume, Schimmelraum, N2-Behandlungskammer und Auslieferungsräume. Das neue Zentraldepot des Kunsthistorischen Museums wurde in einer Bauzeit von acht Monaten in Himberg bei Wien errichtet. Durch die Verwendung von industriell vorgefertigten Bauteilen konnte diese kurze Bauzeit eingehalten sowie eine Optimierung der Gesamtbaukosten erzielt werden. Stützen, Unterzüge und Treppen wurden als Stahlbeton-Fertigteile vom Werk auf die Baustelle geliefert und dort montiert. Die Fassade des Kunstdepots besteht aus 35 cm starken Beton-Sandwich-Elementen mit Kerndämmung, die als vorgefertigte Fassadenplatten inklusive aller Öffnungen für Fenster, Türen und Tore an den Außenstützen angebracht sind. Diese Fassade bietet eine gute Wärmedämmung und hat eine stark einbruchhemmende Wirkung (Abb. 136). Bei den Geschoßdecken kamen Filigrandecken als Halb-Fertigteile zum Einsatz. Darauf wurden an Ort und Stelle Rohrschlangen für die Betonkernaktivierung eingelegt und dann Beton aufgebracht, sodass alle Geschoßplatten zur Heizung (im Winter) und Kühlung (im Sommer) des Gebäudes verwendet werden können. Das Klimakonzept ist so ausgelegt, dass keine weitere konventionelle Klimaanlage eingeplant werden muss und somit laufende Erhaltungskosten des Depots niedrig gehalten werden können. Die aktivierten Geschoßböden und -decken erzeugen gleichbleibende und stabile Temperaturen. Die Beheizung bzw. Kühlung der Soleflüssigkeit in den Rohrschlagen der Betonkernaktivierung erfolgt über ein System von Wärmepumpen und Wärmetauschern, die über eine geothermische Sondenanlage (Erdwärme) versorgt werden. Auf dem Grundstück des KHM wurden in einem Feld mit insgesamt 3200 m Länge Tiefensonden eingebracht. Der Boden in tieferen Schichten hat eine stabil bleibende Temperatur. Durch die jeweils 100 m tief reichenden Sonden wird im Winter dem Boden Wärme entzogen, in die aktivierten Bauteile im Gebäude geleitet und dieses somit beheizt. Im Sommer kann der Boden die abgeleitete Wärme aus dem Gebäude wieder
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aufnehmen und das Depot wird gekühlt. Dieses System reagiert sehr träge, weshalb ein schwankungsfreies Klima erreicht wird. Der Sollwert der Temperatur im Depot liegt bei + 20°C. Um die vorgegebene relative Luftfeuchtigkeit (rF) von 50% zu erzielen, wird die Entfeuchtung der Räume mit handelsüblichen Standgeräten umgesetzt. Für die Entfeuchtung im Hochsommer ist beispielsweise pro 500 m² Depotfläche lediglich ein Gerät erforderlich. In Bereichen mit geringerer Luftfeuchte, wie etwa den separaten Klimaboxen für korrosionsempfindliche Metallobjekte, muss die Anzahl bzw. Leistung der Geräte erhöht werden. Die Kondensatleitungen für die Entfeuchter sind in die Betondecken eingegossen, damit die gelagerten Kunstgegenstände zu keiner Zeit Wasser ausgesetzt sind. Die Befeuchtung der Räume erfolgt über Ultraschall-Befeuchter, die pro Raum in zwei dezentrale Umluftanlagen integriert sind. Auf eine automatische Löschanlage wurde bewusst verzichtet – dafür wurde der bauliche Brandschutz erhöht. Die Brandabschnitte sind max. 1500 m² groß, tragende Bauteile wie Boden, Wände und Decken haben eine Betonstärke von mindestens 20 cm und sind feuerbeständig ausgeführt. Durch automatische Strom-Abschaltung über die Einbruchmeldeanlage wird außerdem die Brandgefahr erheblich reduziert. Um die Raumhöhen optimal auszunutzen und die nutzbare Lagerfläche zu erhöhen, wurden in Teilbereichen der massiven Geschosse Stahl-Zwischenbühnen eingezogen. Der eingebaute Lastenaufzug, der einen bestmöglichen Transport innerhalb des Gebäudes ermöglicht, entspricht mit seinem Kabinen-Innenmaß von 2,50 m Breite, 8 m Tiefe und 3,50 m Höhe der Ladefläche des größten Kunsttransport-LKWs. Zur Schädlingsprävention werden alle Kunstwerke, die von Sonderausstellungen in das Depot zur Einlagerung zurückkehren und alle Sammlungsneuzugänge einer Stickstoffbehandlung zur Schädlingsbekämpfung unterzogen. Auch bei großen Teilen der aus den alten Depotstandorten zu transferierenden Bestände bestand aufgrund akuten Schädlingsbefalls (v.a. Kleidermotten, Brotkäfer) die Notwendigkeit einer Vorrichtung für die Stickstoffbehandlung. Dieser bereits in der Planungsphase des Gebäudes bekannte große Bedarf wurde durch die Konstruktion einer neuen Stickstoffkammer mit einer Grundfläche von ca. 22 m2 (7,5 m Länge, 3 m Breite, 4,5 m Höhe) und somit einem Fassungsvolumen von ca. 100 m3 berücksichtigt. Sie ist im Erdgeschoß im Bereich des Entpackungsraumes, also unmittelbar bei der Anlieferung untergebracht. So soll ein mögliches Verschleppen von Schadinsekten in die weiteren Depotbereiche unterbunden werden. Diese neue Anlage wird im Gegensatz zur alten mit einem Stickstoffgenerator betrieben (platziert in der Technikzentrale mit zusätzlichem Tank), was im Vergleich zum alten Betrieb mit Stickstoffflaschenbündeln eine enorme Erleichterung in der Handha-
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bung und Kontrolle der Anlage bedeutet (so wird etwa ein Bündeltausch der Flaschen eingespart). Zusätzlich erfolgt die Steuerung und Kontrolle vollautomatisch, was eine Gewährleistung von durchgehend konstanten Betriebswerten ermöglicht. Die Anlage ist weniger störungsanfällig, ein großer Vorteil für die Behandlungszyklen von insgesamt fünf Wochen.5 Die Luftfeuchte und die Temperatur werden über ein Heizregister bzw. über eine Befeuchtungseinheit geregelt. Eine Steuereinheit, die im Entpackungsraum angeordnet ist, regelt mit Hilfe von Fühlern (Sauerstoffgehalt, Temperatur, relative Luftfeuchtigkeit) in der Behandlungskammer die gewünschten Parameter. Der gesamte Behandlungsverlauf wird mittels anlagenspezifischer Computersoftware gesteuert und aufgezeichnet. Es erfolgt ein sofortiger Alarm bei Fehlfunktionen. Bei einem möglichen Ausfall des Generators kann automatisch ein zusätzliches Stickstoffbündel zugeschaltet werden. Die umliegenden Räume werden mit einem eigenen Sauerstoffüberwachungssystem kontrolliert. Kommt es zu einer Leckage, werden diese Außenräume automatisch mit Außenluft geflutet und Warnsignalleuchten und ein akustischer Signalton melden den möglichen Störfall. Die beiden ständigen Depotmitarbeiter werden zusätzlich automatisch per Telefon verständigt. Das neue Depot soll den Lagerbedarf des KHM und der angeschlossenen Häuser in den nächsten 30 Jahren decken. Am 6. Juli 2011 eröffnete die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur, Claudia Schmied, gemeinsam mit der Geschäftsführung und den Mitarbeitern des Museums das neue Zentraldepot in Himberg.
Der Umzug Ein Fragenkatalog sollte helfen, die für den Umzug der Kunstwerke notwendigen Angaben zu erhalten. Hierzu zählten neben der Anzahl der Umzugs-Objekte auch deren Zustand, Maße und Gewicht. Ferner wurden im Katalog Angaben zum Schädlings- und Schimmelbefall abgefragt. Unter Berücksichtigung laufender Projekte und den Angaben über personelle Ressourcen in den Sammlungen konnten schließlich die Kosten für den Umzug kalkuliert werden. Der Fragenkatalog diente auch zur Entwicklung eines Grobzeitplans mit Erfassung notwendiger Vorarbeiten und Zuteilung externer Hilfskräfte. Es folgten zahlreiche Begehungen an den verschiedenen Standorten mit den zuständigen KuratorInnen und RestauratorInnen, die den endgültigen Zeitplan fixierten. Basierend auf der Auswertung des Fragenkataloges wurde auch die Ausschreibung für die Kunsttransporte entwickelt. Aus der Ausschreibung wurde als Bestbieter die Fa. Kunsttrans ermittelt, die mit dem Umzug der umfangreichen Sammlungsbestände des KHMs betraut wurde. Unter der Koordinationsleitung von Martin Dorfmann (Firma dp-Art) wurden den Mitarbeitern der Fa. Kunsttrans die vom Projektteam entwickelten
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Verpackungsstandards für die zu transferierenden Objektgruppen vorgestellt (Abb. 137 und 138). Ein Desiderat des Projektteams war es, für 95% der Sammlungsobjekte standardisierte Verpackungslösungen zu entwickeln. Diese mussten, abgesehen von der Gewährleistung eines sicheren Transports, auch kostengünstig, effizient und möglichst häufig sammlungsübergreifend wiederverwendbar sein. Für übergroße oder besonders fragile Kunstwerke galt es, Sonderlösungen zu entwickeln. Es folgten Bestellungen von Material, Gerätschaften und Hilfsmitteln, die projektintern abgewickelt wurden. Mit Pascal Querner wurde ein externer Berater für das Integrated Pest Management (IPM) hinzugezogen, der ein Schädlingsmonitoring in den zu transferierenden Depots durchführte. Das Monitoring hatte zum Ziel, befallene Bestände auszumachen, die Schädlinge zu identifizieren und geeignete Maßnahmen zur Bekämpfung im Vorfeld des Umzugs durchzuführen (Abb. 139). In einem Vortrag wurden die MuseumsmitarbeiterInnen für das Thema sensibilisiert und die Ergebnisse des Monitorings vorgestellt. Die Auslastung der hauseigenen Stickstoffbehandlungsanlage erforderte zusätzliche Möglichkeiten an giftfreien Bekämpfungsmethoden. So wurden sämtliche Gemälde und Zierrahmen aus der Gemäldegalerie lokal mittels Folienzelt durch die Fa. Singer mit Stickstoff behandelt. Auch in der Wagenburg wurden Folientunnel zur StickstoffBehandlung befallener Objekte aufgestellt. Nach aufwendigen und intensiven Vorbereitungsarbeiten, wie Oberflächenreinigungen, Notsicherungen, Stabilisierungen sowie sorgfältiges Verpacken seitens der Sammlungen mit Unterstützung externer Hilfskräfte, konnte der Umzug wie geplant Anfang August 2011 starten. Zuerst wurden die Steinobjekte der Antikensammlung mit einen Gesamtgewicht von 450 t an den neuen Standort verlagert. Aus dem Depot Traviatagasse folgten Objekte aus der Gemäldegalerie, der ÄgyptischOrientalischen Sammlung, der Kunstkammer, der Tapisseriensammlung der Kunstkammer, des Monturdepots, der Sammlung Alter Musikinstrumente und aus dem Vitrinendepot. Aus dem Arsenal und Korneuburg wurden zeitgleich sämtliche Vitrinen, Möbel, Ausstellungsbehelfe und die Ware für die Museumsshops transferiert und im allgemeinen Lager untergebracht. Parallel wurden mit dem Hanuschhof und dem Hafen die Depots des Theatermuseums geräumt. Mit der Überstellung von Fahrzeugen und Reitzubehör konnten die Depots der Wagenburg entlastet werden. Sämtliche bis dahin in externen Depots untergebrachten Sammlungsobjekte sind heute bereits zum Großteil am neuen Standort aufgestellt. Durch die Investition von 1,7 Mio. € in Regalanlagen, Schränke, Gitterzugwände und speziellen Konstruktionen konnte die Unterbringung der Sammlungsobjekte optimiert werden.
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Ausgeschiedene Lagertechnik der Traviatagasse wurde auf der Homepage des KHM unter der Rubrik „Online-Flohmarkt” Interessenten aus dem Kunst- und Kulturbereich zum Kauf angeboten. Die Einnahmen von rund 20.000 € flossen wieder in das Projekt zurück. Ende November 2011 konnte die erste Umzugssphase vorzeitig nach 426 LKW-Transporten ohne Probleme und Zwischenfälle erfolgreich abgeschlossen werden. Eine große Herausforderung stellte die Entrümpelung des Depots in der Traviatagasse dar. Die Rückbauten hingegen erwiesen sich jedoch als weniger aufwendig. Nach 20-jähriger Nutzung konnten die Räumlichkeiten fristgerecht an den Eigentümer übergeben werden. Die einzelnen Bauphasen wurden fotografisch festgehalten. Die Räumungs- und Einlagerungsarbeiten wurden durch das hauseigene Fotoatelier dokumentiert. Die seit Oktober 2011 laufenden Reinigungs- und Entschimmlungsarbeiten von kontaminierten Theatermodellen und -kostümen des Österreichischen Theatermuseums sowie von Gefäßen und Scherbenfragmenten aus der Ägyptisch-Orientalischen Sammlung erfolgten mit Hilfe von externen MitarbeiterInnen. Die Vorkehrungen zum Arbeitsschutz basieren auf Empfehlungen von Katja Sterflinger (BOKU, Institut für Mikrobiologie), die an den betroffenen Standorten im Vorfeld Schimmeluntersuchungen durchgeführt hat. Dank der Investition von knapp 70.000 € ist die Behandlung und Aufarbeitung dieser Objekte möglich. Durch die Unterbringung an einem zentralen Standort konnten erstmalig die bis dahin auf verschiedene Standorte verteilten Sammlungsbestände zusammengeführt werden. Dies ermöglichte auch die Inventarisierung von bisher nicht erfassten Sammlungsbeständen. Für eine zeitgemäße Standorterfassung und -bewirtschaftung ist die Kennzeichnung sämtlicher Objekte mittels Barcode-Etiketten vorgesehen. Die Gemäldegalerie konnte dieses Projekt bereits erfolgreich für ihre Zierrahmen und den Gemäldebestand aus der Traviatagasse umsetzen.
Der laufende Betrieb Die gesamte Haustechnik wird mittels Gebäudeleittechnik vollautomatisch gesteuert. Alle Störungen werden per Email gemeldet. Bei Ausfall wichtiger Anlagenteile bzw. Klima-Unregelmäßigkeiten wird an die Verantwortlichen zusätzlich eine SMS versendet. Nach einem Jahr Probebetrieb und Behebung der „Kinderkrankheiten” läuft die Haustechnik mittlerweile sehr stabil. Die Instandhaltung der haustechnischen Anlagen verantworten entsprechende MitarbeiterInnen des Gebäudemanagements, die allfällige
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Reparaturen und auch die jährliche Wartung veranlassen. Für das Gebäude gilt eine fünfjährige Gewährleistungspflicht statt der üblichen zwei Jahre. Ein konstantes Raumklima gewährleistet den Fortbestand der Kunstschätze. Dieses hat sich bereits nach drei Monaten im angestrebten Grenzwertbereich eingependelt. Die Überwachung und Dokumentation des Gebäudeklimas erfolgt mittels Testo Saveris, einem Monitoring-System, das automatisch Temperatur- und Feuchtewerte misst und speichert. Die Depotverwaltung nimmt täglich Einsicht in das Programm. Ein Über- oder Unterschreiten der vorgegebenen Werte wird an einem PC-Bildschirm angezeigt. So können entsprechende klimaregulierende Maßnahmen getroffen werden. Die regelmäßige Auswertung und Analyse der gesammelten Daten obliegt künftig der Klimabeauftragten des Hauses. Für die lokale Sicherheit sind die beiden Depotverwalter verantwortlich. Sie sind auf die haustechnischen Anlagen eingeschult: Im Störfall können sie Nachschau halten, Mängel beheben oder Schäden anzeigen. Zu ihren Aufgaben zählen auch die Durchführung der Stickstoff-Behandlungen, deren aktueller Bedarf seitens der Sammlungen/ Museen bei der Depotverwaltung bekannt gegeben wird sowie die Datenverwaltung ein- bzw. ausgehender Objekte. Die Schließberechtigung für die Tür bzw. den Zugang in die Behandlungsanlage haben aus Sicherheitsgründen nur diese beiden Depotmitarbeiter. Den Betrieb der Anlage signalisieren an der Außenseite angebrachte, beleuchtete Warnschilder. Während des gesamten Behandlungszyklus ist die Tür der Kammer zusätzlich mit Vorhängeschlössern gesichert. Nach ca. fünf Wochen wird die geschlossene Stickstoffkammer mittels eines Lüfters mit Umgebungsluft geflutet. Der Stickstoff wird über ein Absaugrohr ins Freie über das Dach geführt. Erst wenn die Sauerstofffühler den notwendigen Sauerstoffgehalt in der Kammer melden, wird diese geöffnet.9 Die Kunstwerke werden durch die beiden Depotmitarbeiter entnommen und in die eigens dafür konzipierten Räume „nach Stickstoffbehandlung” überstellt. Von dort werden die Objekte durch die jeweiligen SammlungsmitarbeiterInnen in die eigenen Depotbereiche verbracht. Das an den alten Standorten eingeführte Integrated Pest Management wird auch im neuen Zentraldepot von Pascal Querner fortgesetzt. Mit Spannung werden die Ergebnisse des sechsmonatigen Monitorings erwartet, die den MuseumsmitarbeiterInnen wiederum in einem Vortrag präsentiert werden sollen.
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Details zu den Behandlungszyklen: Flutungsphase mit Stickstoff von 20% Sauerstoffgehalt auf 0,5% Restsauerstoffgehalt für eine Dauer von ca. einer Woche; Haltephase unter 0,6% Restsauerstoffgehalt für 5 Wochen bei 26°C und 50 % rF; Flutung mit Sauerstoff für eine Dauer von ca. drei Tagen. Diese Werte basieren auf den Erfahrungswerten des Museums mit der Handhabung der alten Anlage sowie dem aktuellem Forschungsstand in der IPM-Branche.
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Ausblick Um die im Zuge des Depotprojekts geschaffenen Standards beizubehalten und optimale Arbeitsabläufe im neuen Zentraldepot zu gewährleisten, hat das KHM-Team einen Arbeitskreis initiiert, der sich auch als Informationsplattform für die Sammlungen versteht und die Depotverwaltung bei ihrer Arbeit unterstützen will. Neben dem Umzugsteam und der Depotverwaltung setzt sich der Arbeitskreis aus den restauratorischen Vertretern der Sammlungen zusammen. Ferner gibt es jeweils einen Ansprechpartner oder eine Ansprechpartnerin aus den Bereichen Sicherheits- und Gebäudemanagement. Der Arbeitskreis besteht insgesamt aus 16 festen Mitgliedern: Die Koordination obliegt Tanja Kimmel. Je nach Bedarf können weitere Mitglieder anderer Abteilungen, wie etwa dem Naturwissenschaftlichen Labor oder dem Serviceteam hinzugezogen werden. Der Depot-Arbeitskreis wird vierteljährlich einberufen. Eine der Aufgaben des Arbeitskreises war die Erarbeitung eines Handlungs-Leitfadens zur Vorgehensweise bei schädlingsbefallenen bzw. schimmelkontaminierten Kunstgegenständen. Einher ging die Erstellung einer Prioritätenliste zur Beurteilung der Dringlichkeit bzw. Reihung der mit Stickstoff zu behandelnden Objekte. Weitere Aufgaben werden die konservatorischen Aspekte einer Notfallplanung für den Katastrophenfall sowie die Einschulung der örtlichen Feuerwehr im Objekthandling sein. In einer zweiten Umzugsphase wurden ab dem 2. Quartal 2012 die Teilbestände aus den Depots am Burgring (Ägyptisch-Orientalischen Sammlung, Bibliothek, Fotoatelier, Kunstkammer, Münzkabinett), der Neuen Burg (Archiv), der Hofburg (Monturdepot) sowie dem Palais Lobkowitz (Österreichisches Theatermuseum) in das neue Zentraldepot nach Himberg verbracht. Mit dem Umzug der Sekundärgalerie der Gemäldegalerie sowie einem Kellerdepot der Kunstkammer im 2. Quartal 2013 wurde das Vorzeigeprojekt abgeschlossen. Wegen der kostenoptimierten Bauweise, seiner hohen Funktionalität und den geringen Betriebskosten ist das neue Zentraldepot inzwischen europaweit Vorbild für nachhaltige Depotneubauten. Interessierte Bauträger namhafter Museen haben bereits die Möglichkeit einer Besichtigung genutzt. Das Bauprojekt wurde auf Fachtagungen mehrfach vorgestellt. Die während des Umzugs gesammelten Erfahrungen werden an Interessierte weitergegeben. Abschließend ein Dank für die harmonische Zusammenarbeit an alle Beteiligten!
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Literatur Bayerische Staatsgemäldesammlungen, Das Museum Brandhorst in München, in: http://www. museum-brandhorst.de/de/gebaeude/museumstechnik.html, Zugriff 23.6.2014. Haupt, H., Das Kunsthistorische Museum – Die Geschichte des Hauses am Ring, Hundert Jahre im Spiegel historischer Ereignisse, Wien 1991. Huber, J., Paradigmenwechsel im Museumsdepot? Masse, Ewigkeit und Tragbarkeit in der Sammlungserhaltung, in: Wo die Dinge stehen – Das Museumsdepot als Archiv (Veranstaltung von schnittpunkt), Vortrag, 16.01.2011, Hofmobiliendepot Wien. Huber, J., Nachhaltige Depotplanung – Die Verantwortung des Nutzers, in: Restauro, 3/2011, S. 26–30. Krug, W., Die Neuerstehung – Wiederaufbau und Wiedereröffnung, in: Krug, W. (Hg.), Landesmuseum Niederösterreich, 100 Jahre „festes“ Haus, Wien 2012, S. 125–142. Krug, W. (Hg.), Landesmuseum Niederösterreich, 100 Jahre „festes“ Haus, Wien 2012. Kunsthistorisches Museum Wien, Sammlungen, in: http://www.khm.at/besuchen/sammlungen/, Zugriff 12.12.2013. Müller-Straten, C., Das neue Passivhaus-Depot der Städtischen Museen Freiburg, Online-Nachricht von MUSEUM AKTUELL, in: http://blog.museum-aktuell.de/archives/141-Freiburginvestiert–6,3-Millionen-in-neues-Passivhaus-Depot.html., update 4.5.2012, Zugriff 23.6.2014.
Weiterführende Literatur Bischoff, C., Das Kunsthistorische Museum. Baugeschichte, Architektur, Dekoration, Wien 2008. Haag, S. (Hg.), Technologische Studien Kunsthistorisches Museum. Sonderband Depot 9/10, Wien 2013. Fleck, S./Reuter, K., Das kostenoptimierte Kunstdepot unter Einhaltung zeitgemäßer Standards am Beispiel des neuen Zentraldepots des Kunsthistorischen Museums Wien, in: ICOM Austria (Hg.), Museumsdepots und Depoteinrichtung. Tagungsband zum Symposium vom 4.–5. März 2011 in Innsbruck, Innsbruck 2012, S. 23–26. Fleck, S./Reuter, K./Huber, J., Das kostenoptimierte Kunstdepot unter Einhaltung zeitgemäßer Standards. Das Beispiel des neuen Zentraldepots KHM Wien, 1. Teil: Das Gebäude, in: Restauro 4/2012, S. 61–63. Griesser-Stermscheg, M., Tabu Depot. Das Museumsdepot in Geschichte und Gegenwart, Konservierungswissenschaft – Restaurierung – Technologie, Bd. 10, Wien 2013. Hermann, E., Neues Zentraldepot des Kunsthistorischen Museums. Das etwas andere Kunstdepot, in: HLK – Fachzeitschrift für Heizung, Lüftung, Klimatechnik 11/2011, S. 26–31. Huber, J., Wie viel Kulturgut tut einer Kultur gut?, in: Zeitschrift des Verbands der Museen der Schweiz und ICOM Schweiz, Museums.CH 09/2014, S. 18–25. Kimmel, T./Fleck, S./Stephanides, A., Eine erste Evaluierung. Drei Jahre neues Zentraldepot des Kunsthistorischen Museums Wien, in: Restauro 5/2014, S. 34–41.
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Kimmel, T./Schaaf-Fundneider, C./Fleck, S., Zwei Jahre neues Zentraldepot Himberg des Kunsthistorischen Museums Wien, in: Museum Aktuell 194/2012, S. 16–22. Kimmel, T./Schaaf-Fundneider, C./Fleck, S., Himberg – The New Central Art Depository of the Kunsthistorisches Museum, Vienna, in: ExpoTime! Autumn Issue/2012, S. 39–46. Schaaf-Fundneider, C./Kimmel, T., Das kostenoptimierte Kunstdepot unter Einhaltung zeitgemäßer Standards. Das Beispiel des neuen Zentraldepots KHM Wien, 2. Teil: Die Übersiedelung, Planung und Umsetzung, in: Restauro 5/2012, S. 56–63. Schaaf-Fundneider, C./Kimmel, T., Die Übersiedelung der Sammlungen des Kunsthistorischen Museums Wien in das neue Zentraldepot – Vorbereitung, Planung und Umsetzung, in: ÖRV (Hg.), Kunst unterwegs, 23. Tagung des Österreichischen Restauratorenverbandes, 30.11.2012– 1.12.2012, MAK, Wien 2013, S. 42–56. Stefan, O./Griesser-Stermscheg, M., Museumsdepots – Inside the Museum Storage, Wien 2014. Stuzka, C., Neues Zentraldepot für Österreichs Kunstschätze, in: Zement + Beton 2/2012, S. 44– 47.
Christa Scheiblauer
Ein Haus für die Kunst – Fünf Jahre Kulturdepot St. Pölten – Sammlungszentrum Kunst
Abstract The project “Kulturdepot St. Pölten“(Culture Depot St. Pölten) started in June 2005. The (new) storage should accommodate the Lower Austrian art and toy collections (Sammlungszentrum Kunst – Art Collection Center), also parts of the Lower Austrian State Archives and the Lower Austrian State Library. This article begins by introducing the collections. Then it gives insight into the decision and motivation for constructing the new storage. The planning of the building and some of its special requirements, such as climate, storage, fire protection, etc. are illustrated. The merging of all 50,000 works of art from their numerous former sites to the new “Kulturdepot” is an essential part of this article. It explains the particularities of the individual collections – paintings, textiles, sculptures, toys, works on paper and photographs – during the relocation. Finally, costs and schedules are mentioned as well as an analysis after five years of collection care in the new „Kulturdepot St. Pölten”.
Zusammenfassung Im Juni 2005 wurde das Projekt „Kulturdepot St. Pölten“ ins Leben gerufen. Ein Depot, in dem die niederösterreichische Kunst- und Spielzeugsammlung (Sammlungszentrum Kunst), aber auch Teile des Niederösterreichischen Landesarchivs und der Niederösterreichischen Landesbibliothek untergebracht werden sollten. Der Artikel stellt zu Beginn die Sammlungen vor. Er gibt Einblick in die Entscheidung und erläutert die Beweggründe für den Bau des neuen Depotgebäudes. In weiterer Folge wird auf die Planung des Hauses eingegangen. Das Gebäude und einige seiner besonderen Anforderungen wie Klima, Lagerhaltung, Brandschutz, etc. werden erklärt. Die Zusammenlegung aller 50.000 Kunstwerke von den zahlreichen alten Standorten in das neue Kulturdepot stellt einen wesentlichen Teil dieses Beitrages dar. Es wird bei der Übersiedelung der einzelnen Sammlungsbereiche – Gemälde, Textil, Skulptur, Spielzeug, Papier und Foto – auf ihre Besonderheiten eingegangen. Zeitrahmen und Kosten finden ebenso Erwähnung wie
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eine abschließende Analyse bezüglich Sammlungspflege nach fünf Jahren Kulturdepot St. Pölten – Sammlungszentrum Kunst.
Einleitung Das Kulturdepot St. Pölten mit dem Sammlungszentrum Kunst ist ein integrativer Ort für die umfassende wissenschaftliche Betreuung der Kunstsammlung des Landes Niederösterreich. Es ist nicht nur Lagerstätte, sondern auch Arbeitsstätte für KustodInnen, RegistrarInnen, RestauratorInnen, BibliothekarInnen, ArchivarInnen etc. (Abb. 140). Es beherbergt die Bestände der Kunstsammlung sowie der Spielzeugsammlung, als auch Teile des Niederösterreichischen Landesarchivs und der Niederösterreichischen Landesbibliothek. Im Folgenden wird jedoch nur auf die Lagerung und die präventive Konservierung der Kunst-, Karikaturen- und Spielzeugsammlung eingegangen.
Die Sammlungen im Sammlungszentrum Kunst Die Kunstsammlung Niederösterreich Die Kunstsammlung ist eine sehr junge Sammlung. Erst 1901 beschloss der Landtag von Niederösterreich die Schaffung einer Sammlung für zeitgenössische Kunst, wobei der Sammlungsaufbau im Wesentlichen nach dem Zweiten Weltkrieg erfolgte. Inhaltlich gliedert sich diese Kunstsammlung in drei Bereiche – Kunst vor 1960, Kunst nach 1960 und die Karikaturensammlung. Die Schwerpunkte der Kunstsammlung vor 1960 liegen auf Kunstwerken aus den Epochen Mittelalter, Barock, 19. Jahrhundert, Jugendstil, Sezession, Expressionismus und Zwischenkriegszeit und unmittelbare Nachkriegszeit. Die wichtigsten Objektgruppen sind Malerei, Grafik, Skulptur, Kunstgewerbe, Autografen und Dokumente. Die Kunstsammlung nach 1960 umfasst vor allem Werke von KünstlerInnen mit engem Bezug zu Niederösterreich, die vom Land Niederösterreich seit den 1950er Jahren erworben werden. Zur Sammlung gehören Gemälde, Skulpturen, Arbeiten auf Papier (Aquarelle, Zeichnungen, Druckgrafik), Fotografien, Videos, Installationen und textile Objekte. Es werden sowohl Werke von arrivierten als auch von jungen KünstlerInnen angekauft. Die Karikaturensammlung ist der jüngste Sammlungsbereich der Landessammlungen Niederösterreich. Sie verfügt mit dem Karikaturmuseum Krems auch über ein eigenes Ausstellungshaus. Anders als in anderen Sammlungsbereichen ist die Sammlungstätig-
Ein Haus für die Kunst – Fünf Jahre Kulturdepot St. Pölten – Sammlungszentrum Kunst
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keit nicht auf Objekte mit Niederösterreichbezug beschränkt. Mittlerweile zählt die Karikaturensammlung zur größten ihrer Art in Österreich. Allen drei Sammlungsbereichen gemein ist eine dynamische Entwicklung bei der Akquise in den letzten Jahren. Durch Übernahme von Nachlässen und Vorlässen, Schenkungen, Ankäufen und Förderankäufen kommt die Kunstsammlung Niederösterreich auf einen jährlichen Zuwachs von etwa 1.000 – 2.500 Einzelwerken. In Zahlen ausgedrückt umfassten die drei Sammlungsbereiche vor der Übersiedelung insgesamt etwa 50.000 Objekte, die sich in folgende Gruppen aufteilten: 40.000 ungerahmte Papier- und Fotoarbeiten, 7.000 Gemälde und gerahmte Werke, 1.200 Skulpturen, 120 textile Objekte und Tapisserien, 100 Videoarbeiten und ein kleiner Bereich mit kunstgewerblichen Gegenständen.
Die Spielzeugsammlung Niederösterreich Darüber hinaus ist im Kulturdepot auch die 1994 vom Land Niederösterreich übernommene Spielzeugsammlung vom Spielzeugsammler und Arzt Dr. Erwin Mayr untergebracht. Die Sammlung umfasst Spielzeug von ca. 1870 (Beginn der industriellen Herstellung) bis heute, sowie eine Handbibliothek bestehend aus Kinderbüchern und Herstellerinformationen. Die Materialgruppen, die in der Sammlung vorkommen, sind äußerst vielfältig. So findet man Objekte aus Papier, Metall, Textil, Kunststoff, Glas, Holz, etc. Die Spielzeugsammlung ist eine gewachsene Privatsammlung, die eine in sich abgeschlossene Einheit bildet. Sie umfasst etwa 11.000 Objekte bzw. Objektgruppen.
Ausgangssituation und Entscheidungsfindung Vor Beginn des Depotneubaus war die Kunstsammlung auf mehrere Standorte in Niederösterreich verteilt. So gab es den ältesten Standort in Hainburg, wo die textilen Objekte, Installationen, Steinobjekte und großformatige – vor allem zeitgenössische – Kunst gelagert waren. Weitere zwei Depoträumlichkeiten mit Gemälden befanden sich in Krems an der Donau. Die größte Anzahl an Objekten lagerte jedoch in mehreren Depots in St. Pölten – im neuen Landesmuseum und im Regierungsviertel (Abb. 141). Das Team der Kunstsammlung vor der Übersiedelung bestand aus zehn Personen, wobei nicht alle voll angestellt waren bzw. teilweise auch anderen Arbeitsaufgaben nachgingen. 2004/2005 machten mehrere Gründe die Planung und Umsetzung eines neuen Kulturdepots, das alle Bestände der Kunstsammlung unter einem Dach vereint, notwendig:
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Christa Scheiblauer
– Aufwendige Verwaltung und Betreuung einer räumlich so verstreuten Sammlung. – Die unterschiedlichen Qualitäten der Depots. Einige Räumlichkeiten waren teilweise veraltet und sanierungsbedürftig und entsprachen klimatisch und lagertechnisch nicht dem aktuellen Stand der Konservierung. – Der wachsende nationale und internationale Leihverkehr. Das neue Landesmuseum und seine Wechselausstellungen und die vielen Ausstellungshäuser in Niederösterreich wie z. B. die Kunsthalle Krems, das Forum Frohner oder das Karikaturmuseum Krems greifen alle auf die Bestände der Kunstsammlung zu. – Der Bedarf an größeren Arbeitsräumen wie Restaurierateliers, Fotostudios und Studiensammlungen. – Der Bedarf an größeren Depoträumen wegen der jährlichen, starken Zuwächse, da die bestehenden Depoträume ihre maximalen Kapazitäten erreicht hatten. Gemeinsam mit der Gebäudeverwaltung des Landes Niederösterreich konnten mehrere Standorte geprüft werden. Letztendlich wurde gemeinsam mit dem Neubau des Landeskriminalamts das neue Kulturdepot, in dem nicht nur die Kunstsammlung untergebracht werden sollte, sondern auch Teile des Landesarchivs und der Landesbibliothek, geplant und umgesetzt. Als Standort konnte das bereits bestehende Areal des Landes Niederösterreich in St. Pölten West (mit Bauten der Straßenbauabteilung, des Fuhrparks, Logistikzentrum des Landespolizeikommandos, etc.) festgelegt werden.
Planung und Gebäude Alle wesentlichen Nutzeranforderungen wurden bereits für den Architektenwettbewerb niedergeschrieben und in weiterer Folge bei den Nutzerabstimmungsgesprächen ausgearbeitet. Als Nutzervertreter für die Kunstsammlung waren Friedrich Grassegger (Abteilungsleiterstellvertreter der Abt. Kunst und Kultur) und Christa Scheiblauer (Leiterin der Konservierung und Restaurierung) zuständig. Das Nutzerteam bestand zusätzlich aus dem Fachplaner Joachim Huber von der Firma Prevart GmbH und aus den KustodInnen Wolfgang Krug und Alexandra Schantl. Das Gebäude umfasst eine Gesamtfläche von 9.200 m², wobei die Kunstsammlung 5.700 m² zur Verfügung hat. 2.500 m² entfallen auf das Landesarchiv und 1.000 m² auf die Landesbibliothek. Das Raumprogramm der Kunstsammlung beinhaltet neben den diversen Depots für Gemälde, Skulptur, Papier, Foto, Textil, Kunstgewerbe und Spielzeug auch Büroräumlichkeiten, einen Besprechungsraum, eine Handbibliothek, die Anlieferung, Restauriera-
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teliers, einen Quarantäneraum, einen Foto- und Verpackungsraum sowie das Materiallager und die Studiensammlung.
Klima Die Räumlichkeiten, in denen Objekte lagern und bearbeitet werden, sind klimatisiert (Universalklima – Zielwerte 20 °C bei 50 % rF). Das Fotodepot wird zusätzlich noch gekühlt (11 °C bei 35 % rF) und weist eine Klimaschleuse auf. Ein stabiles Klima wird über eine Wandaktivierung der Außenwände (Heizen und Kühlen) und durch eine zusätzliche Lüftungsanlage erreicht. Die Lüftungsanlage sorgt auch dafür, dass die Luft zirkulieren und kein Mikroklima zwischen den oft engen Regalen entstehen kann. Das zweischalige Wandsystem (25 cm Betonwand, 20–45 cm Dämmung, 4 cm Hinterlüftung, Glasfaserbetonplatten) sorgt für einen dichten Baukörper. Die Klimatechnik arbeitet mit Wärmerückgewinnung. Das Kulturdepot erfüllt die Kriterien eines Niedrigenergiehauses.
Brandschutz Beim Brandschutz wurde auf feuerbeständige Materialien geachtet. Eine Brandmeldeanlage überwacht sämtliche Räume des Depots. Zusätzlich sind die Lagerräume bzw. das gesamte Gebäude nach deren Abschließen netzfreigeschaltet. Kleine Brandabschnitte und zusätzliche mobile Löschgeräte zählen zu den weiteren Brandschutzmaßnahmen. Eine automatische Löschanlage oder Inertisierung (Sauerstoffreduktion der Depoträume) wurde diskutiert und geprüft, ist jedoch aus Kostengründen aber auch aus betriebstechnischen Gründen abgelehnt worden.
Lagersystem – optimale Raumausnutzung Um die Räume optimal ausnützen zu können, wurde die Stützenanordnung mit der Lagertechnik abgestimmt. Unterzüge oder Schächte wurden konzeptionell vermieden, da sämtliche Installationen (Lüftung, Elektroinstallationen) im Bereich der Verkehrswege geführt werden. In die Depots führen nur Stichleitungen. Um die Raumhöhe von sechs Metern gut auszunutzen, wurde in den Lagerräumen für die Papier- und Fotoarbeiten eine Zwischenbühne aus Stahl eingebaut (Abb. 142). Während die Depots keine Fenster aufweisen, sind in den Restaurierateliers die Fenster nach Norden ausgerichtet und mit UV-Schutz ausgestattet. Alle Fenster verfügen über eine Innen- und Außenbeschattung.
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Die Gesamtkosten für das Gebäude inklusive der Gebäudeteile für das Landesarchiv und die Landesbibliothek betrugen 14 Millionen Euro.
Zeitplan Gebäudebau – – – – – – – – –
Projektstart – Juni 2005, Architektenwettbewerb – August-November 2005, Planungsstart – Jänner 2006, Baugenehmigung, danach Ausschreibung der Gewerke – Juli 2006, Baubeginn – Jänner 2007, Bauende, danach Mängelbehebung und Probebetrieb – August 2008, Übergabe – Dezember 2008, Eröffnung – Februar 2009, danach Start der Übersiedelung.
Übersiedelung Bereits im April 2008 wurden bei einer Klausur die Eckdaten für die Übersiedelung festgelegt. Der Leihverkehr konnte für den Zeitraum der Übersiedelung enorm reduziert und alle Ausstellungshäuser, mit denen eng zusammengearbeitet wurde, sind von der Übersiedelung rechtzeitig informiert worden. Die Transporte konnten mit den Lastkraftwägen des Fuhrparks des Landes Niederösterreich durchgeführt werden. Nur bei besonders heiklen oder schweren Objekten wurde ein Transportunternehmen hinzugezogen. Bei der Übersiedelung sollte die Chance genutzt werden, den gesamten Bestand zu sichten und Maßnahmen der präventiven Konservierung zu setzen. Schnell wurde auch klar, dass angesichts der knappen zeitlichen Vorgaben für die Umsetzung dieses ambitionierten Vorhabens, externe Unterstützung zur Verstärkung des eigenen Teams notwendig sein würde.1 Die Aufgaben des Teams der Kunstsammlung waren: – Organisations- und Kommunikationsschnittstelle, – Materialbestellungen und –lieferungen, – Aufladen/Abladen bei Transporten, 1 Das Team des Kulturdepot-Sammlungszentrums Kunst zum Zeitpunkt der Übersiedelung: drei MitarbeiterInnen in der Konservierung und Restaurierung (eine Gemälderestauratorin, eine Vergoldermeisterin, ein Museumstechniker) und sieben MitarbeiterInnen im Kulturdepot (KustodInnen, KunsthistorikerInnen, techn. MitarbeiterInnen, BibliothekarInnen, SekretärInnen).
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– Begleitung aller Landestransporte, – Einräumen im Kulturdepot. Die freiberuflichen RestauratorInnen übernahmen vorwiegend die nachstehenden Aufgaben: – Sichtung aller Werke, – Separieren von Objekten mit aktivem Schädlingsbefall bzw. Werken, die beim Transport gefährdet wären, – Reinigung, – Neue Montagen und Aufhängungen, – Behandlung von Schimmelbefall, – Verpackung. Wie eingangs schon erwähnt, war die Kunstsammlung auf mehrere Standorte in Niederösterreich verteilt, wie anhand der Grafik ersichtlich ist (Abb. 141).
Papier- und Fotosammlung Diese besteht aus etwa 40.000 Werken, die hauptsächlich an einem Standort in St. Pölten im Landesmuseum gelagert waren. Die freiberufliche Restauratorin Bettina Dräxler und ihr Team bearbeiteten diesen Bestand. Weitere großformatige, gerahmte Papierarbeiten waren in Hainburg gelagert und wurden von Beatrix Zeugswetter samt Team betreut. Die Papier- und Fotoarbeiten in St. Pölten wurden bereits im August und September 2008 gesichtet und verpackt, da die bestehenden Planschränke abgebaut und im neuen Depot wieder aufgebaut werden mussten. Aufgrund der vorausschauenden Planung konnte ein Teil der Ausstellungsfläche im Landesmuseum geschlossen und als Zwischenlager verwendet werden. Die Kunstwerke aus den Planschränken wurden liegend mit Seidenpapierzwischenlagen Wellkartonschachteln mit Deckel verpackt.2 Die Schachteln konnten auf Paletten gestapelt und mit Schrumpffolie umwickelt werden, um ein Verrutschen während des Transports zu verhindern. Die gerahmten Werke wurden hingegen in Luftpolsterfolie verpackt und in Halboder Palettenschachteln mit Zwischenkartons gestellt.3 2
3
Packseide weiß, säurefrei, ratioform R.F.Verpackungsmittel Versand GmbH, Gorskistraße 11, A–1230 Wien; Flachschachteln, Unterteil und Deckel lt. FEFCO 0300, Qual. BC32, Reinthaler GmbH & Co KG, Alte Hauptstraße 34, A–8580 Köflach. Luftpolsterfolie 100 my, 3-schichtig, MEDEWO GmbH, Gewerbepark Mauer 26, A–4702 Wallern;
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Die Übersiedelung der Papier- und Fotoarbeiten ins neue Kulturdepot erfolgte im Februar und März 2009. Ein Teil der Fotosammlung wurde erst nach dem Transport und vor der Einlagerung in das neue Depot von Karin Steiner im Kulturdepot gesichtet. Die Lagerung der ungerahmten Papier- und Fotoarbeiten erfolgte in Planschränken und Regalen. Die gerahmten und großformatigen Kunstwerke hängen nun in Gitterzugwänden (Abb. 142).
Gemäldesammlung Die Sammlung besteht aus 7.000 Werken, die auf vier Standorte aufgeteilt war. Am Standort in Krems arbeitete Ralf Wittig mit Team. Die Gemälde und gerahmten Papierarbeiten in Hainburg übernahm Beatrix Zeugswetter samt Team. Die Gemäldedepots in St. Pölten -Landesmuseum und Regierungsviertel – wurden von Irene Rützler samt MitarbeiterInnen gemeinsam mit der Rahmenrestauratorin und dem Museumstechniker (Huberta Trois und Manfred Wondra) des Kulturdepots bearbeitet. Die Werke wurden gesichtet und gereinigt. Die Montagen der Rahmungen mussten größtenteils erneuert sowie neue Aufhängevorrichtung befestigt werden. Gesichtete Werke, deren Zustand keinen Transport erlaubte, wurden im Vorfeld an weitere externe RestauratorInnen vergeben und konserviert. Die Verpackung von Klein- und Mittelformaten erfolgte stehend in Palettenschachteln mit Zwischenkartons und Kantenschutz. Großformate wurden einzeln in Luftpolsterfolie bzw. Tyvek und Luftpolsterfolie verpackt.4 Das Übersiedeln der Gemälde war am schwierigsten, da die Werke von vier Standorten zusammengeführt werden mussten. Die angelieferten Gemälde wurden sofort ausgepackt und ins Hängeregal verbracht, dabei mussten die unterschiedlichsten Ordnungssysteme in den Depots im neuen Kulturdepot zu einem System zusammengeführt werden. Weitere Schwierigkeiten ergaben sich beim Verpackungsmaterial, das aus Platzmangel und begrenzter Verfügbarkeit rechtzeitig und ausreichend in den jeweiligen Depots angeliefert werden musste. Es war daher notwendig, die Material- und Kunsttransportlogistik gut zu koordinieren, um Stehzeiten zu vermeiden. Die Übersiedelung der Gemälde erfolgte in der Zeit von April bis Juni 2009.
4
Palettenschachtel, Wellpapp-Faltkarton, ratioform R.F.Verpackungsmittel Versand GmbH, Gorskistraße 11, A–1230 Wien. Tyvek Soft-PE-Vlies 1622 E 39 g/m², Deffner & Johann GmbH, Mühlackerstraße 13, D–97520 Röthlein.
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Insgesamt waren 45 Transporte (drei vom Regierungsviertel, 15 vom Landesmuseum, 16 von Krems und 11 von Hainburg) notwendig, um den Gemäldebestand zu übersiedeln. Das bedeutete, dass durchschnittlich alle eineinhalb Arbeitstage ein Transport stattfand (Abb. 143). Die Gemälde hängen nun in Gitterzugwänden. Wenige großformatige Ausnahmen werden gerollt in einem Rollenregal aufbewahrt.
Skulpturen- und Objektsammlung An zwei Standorten (St. Pölten Landesmuseum und Hainburg) waren die 1.200 Objekte der Skulpturensammlung gelagert. Der externe Restaurator Paul Pingitzer hat zwölf Monate an der Vorbereitung und Übersiedelung dieser Sammlung gearbeitet. Neben Sichtung aller Werke wurden diese auch gereinigt und ggf. kleinere konservatorische Eingriffe wie Festigungen durchgeführt. Alle alten Paletten konnten gegen neue Euro-Paletten (hitzebehandelt – HT) ausgetauscht werden.5 Überformatige Kunstwerke, welche für die Landes-LKWs zu groß waren, wurden mit einer Kunsttransportfirma geführt. Die Übersiedelung dauerte von Juni bis August 2009, wobei etwa 24 Transporte aus dem Landesmuseum St. Pölten und sechs Transporte aus dem Depot in Hainburg notwendig waren. Die kleineren Objekte sind nun in einer Kompaktanlage untergebracht, während hingegen größere Formate auf Paletten in Schwerlastregalen lagern bzw. sehr große Objekte größtenteils auf Paletten am Fußboden stehen.
Textilsammlung Dieser Sammlungsbereich umfasst 120 Objekte und wurde an einem Standort im Depot Hainburg gelagert. Die externe Restauratorin Elisabeth Macho-Biegler samt Mitarbeiter hat diese Sammlung für die Übersiedelung konservatorisch betreut. Da ein Mottenbefall dieses Sammlungsbereiches bekannt war, wurden zuerst alle Textilien mit Stickstoff begast. Danach konnten sie gereinigt und verpackt werden. Kleinere Textilobjekte wurden in großen Flachschachteln mit Baumwollzwischenlagen gepackt. Sie lagern nun im neuen Depot in großen Planschränken. Die größeren Textilien wurden auf große Rollen mit Tyvek-Zwischenlagen und einer Baumwollschutzhülle samt 5
POOL-Flachpaletten, Euro-Paletten, Wilhelm Gottschligg GmbH, Postdach 56, Wiener Straße 97, A–2345 Brunn am Gebirge.
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Beschriftungslabel gerollt.6 Für den Transport wurden diese Rollen zusätzlich in Luftpolsterfolie gewickelt. Die so verpackte Sammlung konnte mit sechs Transporten ins Kulturdepot gebracht werden. Im Kulturdepot hängen die gerollten Textilien in einem Rollenregal (Abb. 144).
Spielzeugsammlung Sie besteht aus 11.000 Objekten, die alle in Schachteln verpackt auf Schloss Schallaburg deponiert waren. In diesen Schachteln wurden sie in acht Kleinbus-Fahrten ins Kulturdepot gebracht. Vor Einlagerung in die eigentlichen Depoträumlichkeiten konnten alle Objekte gereinigt, wenn notwendig gefestigt und inventarisiert und schließlich neu verpackt werden (mit säurefreiem Seidenpapier in neue Kartonschachteln).7 Außerdem wurden sämtliche Objektdaten (Untertitel, Maß, Material, Zustand) erfasst und in die Datenbank (TMS) eingegeben. Objektfotos konnten im TMS kontrolliert und gegebenenfalls ergänzt werden. Die Lagerung der Objekte in den neuen Schachteln, die außen mit einer einheitlichen Beschriftung samt Fotos versehen wurden, erfolgt in einer Kompaktanlage. Die Arbeiten wurden von StudentInnen und AbsolventInnen der Objektrestaurierung der Universität für angewandte Kunst Wien gemeinsam mit den Restauratorinnen (Anna Presetschnik und Huberta Trois) des Kulturdepots durchgeführt und zogen sich über drei Jahre, in denen jeweils zwei bis drei Monate geblockt gearbeitet wurde.
Zusammenfassung der Daten für die Übersiedelung August 2008
Bestände von Grafik- und Fotodepot in Kisten verpackt zur Zwischenlagerung
Sommer 2008 bis April 2009
praktische Vorbereitung Übersiedelung
März bis September 2009
Übersiedelung Kunstsammlung
Oktober bis November 2009
Übersiedelung Spielzeugsammlung
Tab. 1: Zeitrahmen.
6 7
Baurohr, Paul & Co, Fabriksstraße 15, A–2624 Breitenau. Archivbox Type A, B, C und D inkl. Bodenblatt, Duropack AG, Brunner Straße 75, A–1230 Wien.
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Kosten gesamt
€ 270 000,00
Personal
€ 200 000,00
Restaurierungen Material Transport
€ 40 000,00 € 21 500,00 € 8 500,00
Tab. 2: Kosten der Übersiedelung.
Transporte intern gesamt
96
Papier- und Fotoarbeiten
6
Gemälde
45
Skulpturen
30
Textilobjekte
6
Spielzeugsammlung
8
Tab. 3: Anzahl der Transporte während der Übersiedelung.
Sammlungspflege Mit der Übersiedelung der Kunst- und Spielzeugsammlung konnte die Chance genutzt werden, den gesamten Bestand zu sichten, die Kunstwerke sauber, dekontaminiert und in einem konservatorisch unbedenklichen Zustand im neuen Depot zu lagern. Auf dieser Basis kann nun konsequent weiter gearbeitet werden.
Integrated Pest Management (IPM) In den alten Depots, v.a. in den Lagerräumen des Landesmuseums wurde gemeinsam mit den KollegInnen der Naturkundesammlung ein IPM-Programm über etwa fünf Jahre umgesetzt. So konnte eine gute Übersicht für die Übersiedelung gewonnen werden, um geeignete Maßnahmen zu setzen. Am gesamten Areal, in dem das neue Kulturdepot steht, wurde zunächst durch die Gebäudeverwaltung ein IPM-Programm durchgeführt. Unsere Erfahrung hat jedoch gezeigt, dass diese ersten Bemühungen für ein Kunstdepot nicht ausreichend waren. Daher wurde Pascal Querner hinzugezogen, der nun diese Tätigkeit ausübt. Kontaminierte Kunstwerke (Neuzugänge) werden im Quarantäneraum separiert, und von Zeit zu Zeit wird eine Stickstoffbegasung in einem mobilen Zelt durchgeführt. Die-
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ses mobile Begasungszelt samt Generator kann auch von anderen niederösterreichischen Landessammlungen genutzt werden.
Reinigung der Depoträume Gemeinsam mit der zuständigen Reinigungsfirma des Kulturdepots wird jedes Jahr eine Generalreinigung der Depoträume vorgenommen. Dafür wurde mit den KollegInnen der Konservierung und Restaurierung und der Reinigungsfirma ein Reinigungsplan erarbeitet, in dem genau festgelegt ist, was, wie und womit gereinigt wird. Hier einige Beispiele: der Gitterboden der Zwischenebenen im Grafikdepot darf nur gesaugt werden. Die Oberflächen der Planschränke können hingegen leicht feucht gewischt werden. Auch die Oberflächen der Rohre der Lüftungen und der elektrischen Leitungen und Lampen werden gereinigt. Die Generalreinigung erfolgt immer im Beisein von RestauratorInnen des Sammlungszentrums Kunst. Die Generalreinigung dauert etwa zehn Werktage.
Archivgerechte Materialien Bei der Übersiedelung konnten nicht alle säurehaltigen (v.a. in der Papiersammlung) und schadstoffhaltigen (v.a. in der Skulpturensammlung) Lagermaterialien entfernt werden. Dies geschieht nun wie schon vor der Übersiedelung bei der (konservatorischen) Aufarbeitung kleinerer und größerer Konvolute oder im Zug von Ausstellungsvorbereitungen.
Schadstoffe In den letzten Jahren hat sich das RestauratorInnenteam auch vermehrt dem Thema der Schadstoffe gewidmet. Hier wird immer mehr darauf geachtet, dass Materialien, die mit dem Oddy-Test überprüft wurden, zum Einsatz kommen, z. B. bei Vitrinen in Ausstellungen oder bei Verpackungen (Transport- und Lagerkisten). Ein wichtiger Kooperationspartner ist hier das Naturwissenschaftliche Labor des Kunsthistorischen Museums Wien.
Neuzugänge – konservatorische Begutachtung Wie eingangs erwähnt, erfährt die Kunstsammlung einen jährlichen Zuwachs in Form von Ankäufen, Schenkungen und Nachlässen. Die Anzahl der Objekte, welche die
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Kunstsammlung vergrößern, beläuft sich etwa zwischen 1.000 bis 2.500 Einzelkunstwerke pro Jahr. Mit dem neuen Haus ist es nun auch möglich, dass alle neuen Kunstwerke nach der Erstaufnahme der Daten, Inventarisierung und Eingangsfotografie auch eine konservatorische Begutachtung erfahren. So kann sichergestellt werden, dass alle Objekte gereinigt, wenn nötig entkontaminiert, gerahmt, in archivgerechtes Lagermaterial wie Mappen oder Schachteln gepackt und in einem unbedenklichen Zustand und fachgerecht im Depot eingelagert werden. Für die Neuzugänge und ihre Inventarisierung wurde von der Konservierung und Restaurierung ein Inventarisierungsleitfaden erarbeitet und Boxen wurden mit den konservatorisch unbedenklichen Inventarisierungsmaterialien samt Leitfaden zusammengestellt. Alle KollegInnen, die mit dieser Arbeit betraut sind, wurden eingeschult.
Transporter Wurden bisher die internen Transporte fast ausschließlich mit den Transportern und Lastkraftwägen des Landesfuhrparks durchgeführt, konnte mit der Inbetriebnahme des Depots ein eigener kleiner Transporter für das Sammlungszentrum Kunst angekauft werden. Die Ladefläche wurde nach unseren Bedürfnissen ausgestattet.
Personal Um all diese Aufgaben bewerkstelligen zu können, wurde mit dem neuen Kulturdepot das Team der RestauratorInnen erweitert. Für den zahlenmäßig größten Sammlungsbereich, Papier und Foto, gibt es nun auch eine eigene Papier- und Fotorestauratorin. Auch die Skulpturen- und Objektsammlung, die aufgrund ihrer größtenteils zeitgenössischen Kunst eine große Bandbreite an Materialien aufweist und somit ein konservatorisch sehr sensibles und aufwendig zu pflegendes Kunstgut darstellt, kann seit knapp zwei Jahren von einer Objektrestauratorin betreut werden.
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Christa Scheiblauer
Einige Zahlen zum Sammlungsbereich Kunst Jährliche Neuerwerbungen
1.000–2.500 Einzelkunstwerke
Leihen
Rund 1 000 Kunstwerke werden jährlich im In- und Ausland gezeigt. Davon sind etwa 400–500 Kunstwerke im NÖ Landesmuseum zu sehen.
Kunsttransporte
60 – 80 Kunsttransporte und Transportbegleitungen werden jährlich vom Team der Konservierung und Restaurierung durchgeführt.
Tab. 4: Zahlen zum Sammlungsbereich Kunst.
Tanja Kimmel
Workshops zur Pflege und Erhaltung textiler Sammlungsbestände in Indien und der Mongolei – ein Erfahrungsbericht
Abstract Textiles are among the most sensitive art and cultural properties. As is the case for all organic materials the degradation process is accelerated by unfavorable surrounding conditions. A majority of the damage results however from wrong handling or incorrect storage and display. With the objective of cultural heritage preservation at an international level, the Institute of Conservation of the University of Applied Arts Vienna performed two textile workshops in India and Mongolia in 2013 and 2014. The workshops emphasized on preventive conservation strategies in a museum’s environment. The practical events were organized and promoted in collaboration with local cooperation partners as the National Museum Institute, New Delhi and the Centre for Cultural Heritage, Ulan Bator and supported by the Austrian Cultural Forum and the Eurasia-Pacific Uninet. The main target audience included students and employees of various museums and cultural institutes, which are confronted in their everyday working practice with the collection care of historic textiles. Altogether more than 100 participants took part in each of the one-week intensive trainings.
Zusammenfassung Textilien zählen zu den empfindlichsten Kunst- und Kulturgütern. Wie bei allen organischen Materialien wird der Abbauprozess durch ungünstige Umgebungsbedingungen beschleunigt. Ein Großteil der Schäden resultiert jedoch aus falschem Handling oder fehlerhafter Aufbewahrung und Ausstellung der Textilien. Als Beitrag zur Erhaltung des internationalen Kulturerbes führte das Institut für Konservierung und Restaurierung der Universität für angewandte Kunst Wien in den Jahren 2013 und 2014 in Indien und der Mongolei zwei Textil-Workshops durch. Der Schwerpunkt der Workshops lag auf präventiven Erhaltungsstrategien im musealen Umfeld. Organisiert und gefördert wurden die praxisbezogenen Veranstaltungen in Zusammenarbeit mit ortsansässigen Koopera-
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Tanja Kimmel
tionspartnern wie dem National Museum Institute in New Delhi und dem Centre for Cultural Heritage in Ulan Bator und mit der Unterstützung der Kulturforen der Österreichischen Botschaften in New Delhi und Peking und des Eurasia-Pacific Uninets. Zielpublikum waren Studierende, aber auch MitarbeiterInnen diverser Museen und Kulturinstitutionen, die in ihrem Berufsalltag mit der Sammlungspflege historischer Textilien konfrontiert sind. Insgesamt wurden die jeweils einwöchigen Intensivkurse von über 100 TeilnehmerInnen besucht.
Einleitung Textilien sind nicht nur Gebrauchsgegenstände, sondern spiegeln als historische oder zeitgenössische Zeugnisse auch die Entwicklungen von Kunst, Kultur und Gesellschaft wider. So beherbergen Museen und Sammlungen auf der ganzen Welt eine Vielzahl an Kostümen, Tapisserien, Fahnen und archäologischen oder ethnografischen Textilien und an Objekten aus Leder von der Bronzezeit bis in die Gegenwart. Um diese Objekte für die Zukunft zu bewahren, bedarf es einer professionellen Textilkonservierung und –restaurierung. Diese Ausbildung kann seit dem Jahr 2000 im Rahmen eines Diplomstudiums am Institut für Konservierung und Restaurierung der Universität für angewandte Kunst Wien in 10 Semestern absolviert werden, dem in Österreich ersten und einzigen Studienprogramm für Textilkonservierung.1 Die hier gesammelten Erfahrungen werden im Rahmen von Workshops auch international weitergegeben. Der erste Workshop im Textilbereich fand 2009 am National Museum Institute (NMI) in New Delhi, Indien, anlässlich der Jubiläumskonferenz „60 Years of Indo-Austrian Cooperation“ statt. Er widmete sich dem Thema „How to Care for Textile Collections: Methods and Practical Approaches” und richtete sich an VertreterInnen diverser indischer Museen und Kulturinstitutionen, die in ihrem Berufsalltag Textilsammlungen betreuen, darunter KuratorInnen, RestauratorInnen und Registrare aus den verschiedensten Regionen des Landes.2 Die Veranstaltung war ein großer Erfolg und ein Anstoß für eine zukünftige Zusammenarbeit zwischen beiden Institutionen.3 Dem Wunsch nach 1 2
3
Textilrestaurierung am Institut für Konservierung und Restaurierung der Universität für angewandte Kunst Wien unter der Leitung von o. Univ. Prof. Mag. Dr. Gabriela Krist. Griesser-Stermscheg, M./Knaller, R./Novotny-Kargl, M., How to care for textile collections: Methods and practical approaches, in: Krist, G. (Hg.), Konservierungswissenschaften und Restaurierung heute. Von Objekten, Gemälden, Textilien und Steinen, S. 2271–275/Institute of Conservation, Conference „Cultural Heritage Counts“ and Workshop “How to care for Textile Collections”, in: Eurasia-Pacific Uninet Annual Report 2009, D1_15, http://www.eurasiapacific.net/data/File/EPU_AR09_web_A-D. pdf, Zugriff 27.12.2014. Zu den bisher durchgeführten Workshops des Instituts für Konservierung und Restaurierung der Uni-
Workshops zur Pflege und Erhaltung textiler Sammlungsbestände in Indien und der Mongolei
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einer Fortsetzung mit Schwerpunkt Textil konnte vier Jahre später vom 11.–15. Februar 2013 mit dem Workshop „Historic Textiles in Museums: Displaying Textiles (Conservation) & Educating Strategies (Museology)” Folge geleistet werden, der erstmals gemeinsam mit dem Masterlehrgang für Ausstellungstheorie und Praxis (ecm/educating – curating – managing) der Universität für angewandte Kunst Wien durchgeführt wurde (Abb. 145).4 Auch in der Mongolei war ein Jubiläum Anlass für den Textil-Workshop: 50 Jahre nach Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen Österreich und der Mongolei waren für 2013 vom Kulturforum der Österreichischen Botschaft Peking verschiedenste Veranstaltungen geplant, die den kulturellen und wissenschaftlichen Austausch zwischen beiden Ländern weiter intensivieren sollten. In diesem Zusammenhang und zur Förderung des Erhalts des kulturellen Erbes in der Mongolei wurde das Institut für Konservierung und Restaurierung der Universität für angewandte Kunst Wien das erste Mal mit der Vorbereitung und Durchführung eines Workshops zur präventiven Konservierung von Textilien beauftragt. Der Workshop fand in Zusammenarbeit mit dem Centre of Cultural Heritage Mongolia vom 24.–28. Februar 2014 im Bogd Khaan Palace Museum in Ulan Baator statt (Abb. 148).5
Besondere Herausforderungen bei der Pflege und dem Erhalt textiler Sammlungsbestände Textilien bestehen in der Regel aus organischen Materialien. Sie zählen damit zu den empfindlichsten Kunst- und Kulturgütern und reagieren sehr sensibel auf äußere Einflüsse wie Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Licht und Luftverunreinigungen. Die Textilfasern altern, büßen dabei ihre mechanische Festigkeit ein, werden brüchig und zerfallen
4
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versität für angewandte Kunst und dem Departement of Conservation des National Museum Institutes siehe: National Museum Institute, http://nmi.gov.in/departmentsconservationworkshops.htm, update 31.12.2014, Zugriff 4.1.2015. Historic Textiles in Museums: Displaying Textiles (Conservation) and Education Strategies in Textile Collections (Museology), 11.–15.02.2013, Ort: National Museum Institute (NMI) und National Museum, New Delhi, Indien, Albert Hall Museum Jaipur, Indien, organisiert und gefördert von: National Museum Institute (NMI) und National Museum, New Delhi, Indien, Rajasthan University und Albert Hall Museum Jaipur, Indien, Universität für angewandte Kunst Wien, Österreich, Eurasia-Pacific Uninet (EPU), Österreichische Botschaft und Österreichisches Kulturforum New Delhi, Indien Aalto University Helsinki, Finland. Preventive Conservation of Textiles, 24.–28.02.2014, Ort: Bogd Khaan Palace Museum, Ulan Bator, Mongolei, organisiert und gefördert von: Centre for Cultural Heritage, Ulan Bator, Mongolei, Österreichische Botschaft und Österreichisches Kulturforum Peking, Volksrepublik China, Universität für angewandte Kunst Wien, Österreich, Bogd Khaan Palace Museum, Ulan Bator, Mongolei.
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schließlich. Diese Alterungsreaktionen werden häufig durch den Einfluss weiterer Faktoren beschleunigt, etwa durch die Anwesenheit von Farbstoffen oder Beizen, Metall- oder anderer Schmuckapplikationen, Appreturen, Klebstoffen, Malschichten, etc.. Darüber hinaus werden die textilen Materialien durch biologische Schädlinge (Insekten und Mikroorganismen) angegriffen. Entsprechend ihrer Funktion zeigen die Textilien Gebrauchsspuren bis hin zu mechanischen Schäden. Demzufolge befinden sich die textilen Objekte häufig in einem schlechten Erhaltungszustand, der aber nicht nur auf die natürliche Alterung und ihren Gebrauch, sondern auch auf eine falsche Handhabung zurückzuführen ist. Die Einzelschicksale der Textilien können außerdem durch Katastrophen wie Feuer, Unwetter, Vandalismus oder durch unsachgemäße Reparaturmaßnahmen geprägt sein. Allgemeine Aufgabe der Textilrestaurierwerkstätten in den Museen ist die Pflege und langfristige Erhaltung aller historischen Textilien in der eigenen Sammlung. Zwar kann der natürliche Alterungsprozess von Textilien weder gestoppt noch rückgängig gemacht, in einem optimalen Umfeld aber entscheidend verlangsamt werden. Im Museumsalltag steht bei der Bestandserhaltung deshalb die präventive Konservierung im Vordergrund, das heißt die Beschäftigung mit Umgebungsbedingungen wie Klima, Licht, Staub und Schädlingen. Ziel ist es dabei, schädigende Einflüsse bereits im Vorfeld zu erkennen und sie zu vermeiden oder zu reduzieren. Somit versteht sich die präventive Konservierung im Gegensatz zum Restaurieren oder Rekonstruieren als Schaffen eines optimalen Umfelds ohne direkten Eingriff in die Substanz des Objektes. Um diese Aufgabe zu bewältigen, bedarf es umfassender Kenntnisse über verwendete Materialien und Herstellungstechniken, über das gegebene Umfeld sowie die Möglichkeiten zur Verbesserung der Situation, die in den interkulturellen Workshops praxisnah vermittelt werden.
Inhalte: Präventive Erhaltungsstrategien im musealen Umfeld In den einwöchigen Workshops lag der Schwerpunkt auf der Vermittlung präventiver Erhaltungsstrategien, die auf verschiedene Museen übertragbar sind und von MuseumsmitarbeiterInnen aller Sparten durchgeführt werden können. Im Vordergrund stand zunächst die Sensibilisierung für das Medium Textil. So erwarben die TeilnehmerInnen ein Basiswissen über das Material und wurden im richtigen Umgang mit historischen Textilien geschult. Nach dem Workshop sind die TeilnehmerInnen nun in der Lage, den Zustand der textilen Sammlungsobjekte in ihrem Museum zu beurteilen und folgerichtige Entscheidungen für deren Erhaltung zu treffen. Zentrale Themengebiete der Workshops waren unter anderem: Textilfasern, ihre Eigenschaften und Identifikation, Schadensbilder und -ursachen, das Erstellen von Zu-
Workshops zur Pflege und Erhaltung textiler Sammlungsbestände in Indien und der Mongolei
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standsprotokollen für textile Sammlungsbestände, Methoden zur Objektkennzeichnung bei der Inventarisierung, Methoden zur Anfertigung von Polstern und Stützkonstruktionen, das Museumsgebäude und seine Auswirkung auf die Ausstellungs- und Depoträume sowie integriertes Schädlingsmanagement und integrierte Schädlingsbekämpfung (IPM).
Ablauf: Methoden und Materialien Die Workshops bestanden aus einzelnen Lehreinheiten und gliederten sich gemäß der behandelten Themengebiete jeweils in einen theoretischen Teil und praktische Übungen (Abb. 146, 149 und 150), wobei der Theorieteil ungefähr ein Viertel der Zeit in Anspruch nahm. Das Programm reichte von Impulsvorträgen als Einstieg in das Thema bis hin zur Gruppenarbeit. Im Mittelpunkt der Workshops stand eine definierte Anzahl an Objekten aus den Textilsammlungen der KooperationspartnerInnen. Diese sollten den jeweiligen Bestand bzw. Kulturkreis repräsentativ widerspiegeln und wurden vorab im Hinblick auf die zu vermittelnden Lerninhalte gemeinsam mit den zuständigen KuratorInnen vor Ort ausgewählt. So stellte das National Museum in Delhi mit Turban, Sari und Kurta landestypische Kleidungsstücke zur Verfügung (Abb. 146), während das Bogd Khaan Palace Museum uns persönliche Gegenstände des mongolischen Herrschers anvertraute (Abb. 149 und 150). Die besagten Stücke dienten zur Veranschaulichung der Lerninhalte: Dabei wurde im Verlauf der Workshops nicht nur Bezug auf die Objekte genommen, sondern von den TeilnehmerInnen unter Anleitung der ReferentInnen auch aktiv Hand angelegt, zum Beispiel beim Handling oder der Anfertigung passgenauer Stützkonstruktionen. Aufbauend auf dieser Grundlage konnten die erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten im Rahmen von Exkursionen erweitert und schwerpunktmäßig vertieft werden. Besucht wurden in der Regel einschlägige Institutionen vor Ort oder in nächster Umgebung wie beispielsweise das National Museum Delhi, das National Handicrafts und Handloom Museum Delhi oder das Bogd Khaan Palace Museum in Ulan Bator. Lediglich das Albert Hall Museum, das etwa 300 km südlich von Delhi in Jaipur liegt, bildete hiervon eine Ausnahme. Gegenstand der Exkursionen waren im Vorfeld erarbeitete Fragestellungen, die sich am Bestand, dessen Bewertung und allfälligen Handlungsmöglichkeiten orientierten. Dabei konnten mit Umgebungs- und Gebäudeanalysen ganze Museen unter die Lupe genommen werden, oder Fallstudien zur Art und Weise der aufbewahrten bzw. ausgestellten Textilien im Raum stehen. Ergänzt wurde der jeweilige Workshop durch den Input der TeilnehmerInnen, deren praxisnahe und fachrelevante Fragen es zu beantworten galt. Abgerundet wurden die Fortbildungsveranstaltungen mit spannenden Vorträgen indischer und mongolischer
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KollegInnen, die ihre Museen bzw. Institutionen vorstellten und Einblick in ihre Arbeit gewährten. Alle TeilnehmerInnen erhielten ein Handout zum Workshop mit Literaturliste und weiterführenden Weblinks. Ferner wurden ihnen in Kopie Artikel einschlägiger Fachliteratur bereitgestellt und Bezugsquellen von Archivmaterialien genannt.
Feedback der ReferentInnen „Erzähle doch mal, wie war der Workshop?“, eine nach der Rückkehr vielgestellte Frage von FreundInnen und ArbeitskollegInnen, die sich nicht mit einem Satz beantworten lässt. Für uns ReferentInnen waren die Workshops eine großartige Erfahrung und stellten in mehrerlei Hinsicht eine Herausforderung dar. Bei aller Planung gilt es flexibel und spontan zu bleiben, um auf unvorbereitete Situationen oder Wünsche reagieren zu können. Neu und spannend war die Durchführung eines solchen Workshops unter vollkommen anderen Bedingungen als in Österreich. Viele Materialien, die wir in der Konservierung bzw. Restaurierung hierzulande verwenden, sind in Indien oder der Mongolei nicht verfügbar, ließen sich bei den Workshops aber mit viel Improvisationstalent ausfindig machen und ersetzen. In der Regel hatten nicht alle TeilnehmerInnen den gleichen Wissenstand. Die Lerninhalte mussten deswegen so vermittelt werden, dass weder Überforderung noch Langeweile aufkam und der aktuelle Wissenstand der einzelnen TeilnehmerInnen berücksichtigt wurde. Auch sprachliche Hürden dürfen nicht unterschätzt werden. Die Workshops wurden auf Englisch abgehalten. Während beim „Indo-Austrian workshop“ nur einzelne Programmpunkte auf Hindi übersetzt wurden (Englisch ist eine der beiden überregionalen Amtssprachen), stand in der Mongolei die ganze Zeit ein Dolmetscher zur Verfügung. Da keine Simultanübersetzung möglich war, brauchte diese Form der Übersetzung Zeit. In Ulan Bator filmte ein Mitarbeiter des Center of Cultural Heritage of Mongolia den kompletten Workshop, um das Vermittelte und Gezeigte anschließend auf der institutseigenen Homepage allen Interessierten als Anleitung zur Verfügung zu stellen. Dieses große Interesse zeigt die Bedeutung der Veranstaltung vor Ort. Die Workshops sind nicht nur eine Bereicherung für die TeilnehmerInnen, sondern auch für die ReferentInnen. Was mindestens so wertvoll ist wie die Aneignung von Wissen, sind die entstandenen Freundschaften. Auch wenn wir in Indien oder der Mongolei nur einen Bruchteil des Landes kennengelernt haben, so waren das Interesse und die Herzlichkeit der Menschen beeindruckend. Mit Fortbildungen, Workshops und viel Arbeit direkt am Material wurde und wird ein entscheidender Beitrag zum Erhalt und zur Restaurierung des reichen internationa-
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len Kulturerbes geleistet. Kontinuität und Verlässlichkeit der PartnerInnen vor Ort sichern den Erfolg. Um die Kooperation auszubauen und mögliche Wiederholungen von Workshop-Inhalten zu vermeiden wird es in Zukunft wichtig sein den Kontakt zu den bereits in den Ländern vorhandenen Organisationen und Institutionen zu intensivieren, die sich bereits in diesem Bereich engagieren.6
Feedback der TeilnehmerInnen Die bisher durchgeführten Seminare konnten insgesamt über 100 TeilnehmerInnen begrüßen (Abb. 147 und 148). Der „Indo-Austrian workshop“ richtete sich primär an StudentInnen verschiedener Semester und Fachbereiche des Conservation Departments des National Museum Institutes New Delhi sowie der Rajasthan University in Jaipur, aber auch freiberufliche RestauratorInnen waren als Gäste auf den Veranstaltungen willkommen (Abb. 147). Am Workshop in Ulan Bator (Mongolei) nahmen hingegen Verantwortliche diverser Museen und Kulturinstitutionen teil, darunter KuratorInnen, RestauratorInnen, Registrare oder MitarbeiterInnen im Aufsichtsdienst sowie VertreterInnen aus Wissenschaft und Forschung (Abb. 148). Er wurde von über 20 TeilnehmerInnen besucht, die mehrheitlich aus der Hauptstadt Ulan Bator, vereinzelt aber auch aus anderen Regionen der Mongolei kamen. In der Mongolei gibt es bis zum heutigen Zeitpunkt noch keine akademische Restauratorenausbildung. Nicht zuletzt, weil in den betreffenden Ländern das Geld für aufwendige Restaurierungen oftmals fehlt und personelle Ressourcen knapp sind, war der Schwerpunkt auf präventiven Erhaltungsstrategien von hoher Relevanz für die Berufspraxis der TeilnehmerInnen. Es herrschte Einigkeit darüber, dass Prävention besser ist als direkte Eingriffe am Objekt, wenn der Schaden bereits eingetreten ist. Die detaillierten Gebäude- und Raumanalysen haben den TeilnehmerInnen geholfen nicht nur ihr Auge zu schulen, sondern auch komplexe Zusammenhänge zu verstehen. So hat beispielsweise eine undichte Gebäudehülle nicht nur bauphysikalische Auswirkungen auf die Innenraumluft und damit den Erhalt einzelner Objekte oder ganzer Sammlungsbestände, durch Fugen und Ritze können auch Schädlinge ungehindert ins Museum gelangen. Dass Fachwissen unerlässlich ist, um eine Bestandsaufnahme durch6
Zu vergleichbaren Textil-Workshops in der Mongolei siehe: UNESCO-ICCROM Course on „Introduction to Preventive Conservation with Focus on Textile Collections“ in Ulaan Baatar, Mongolei, in: News, April 2007, http://www.iccrom.org/ifrcdn/eng/news_en/2007_en/events_ en/04_23coursejlpMongolia_en.shtml, Zugriff 27.12.2014. Zu Eindrücken und Bildern der Workshops des Goethe Instituts: Kulturerbeerhalt in der Mongolei. Viola Beier: Kreativ – und optisch ansprechend, in: http://www.goethe.de/ins/mn/de/ula/kul/mag/erbe.html, Zugriff 25.12.2014.
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führen und zukünftige Konzepte für den langfristigen Erhalt entwickeln zu können, war allen Beteiligten innerhalb kurzer Zeit klar. Was die Didaktik anbelangt, so wurde der Wechsel zwischen theoretischen Grundlagen und praktischen Übungen sehr geschätzt und der hohe Praxisbezug der Vorträge und Diskussionsrunden gelobt. Im Vergleich zu klassischen Frontal-Tagungsformaten generierten die interaktiven Diskurse einen spürbar höheren Mehrwert sowohl für VeranstalterInnen als auch die TeilnehmerInnen. Alle im Workshop ausgehändigten Materialien und Unterlagen wurden als sehr hilfreich erachtet und sind im Sinne eines Wissenstransfers zur Weitergabe an Dritte gedacht. Immer wieder hervorgehoben wurden von den TeilnehmerInnen die sozialen Aspekte der Workshops. Im Rahmen der Veranstaltung gab es ausreichend Möglichkeit, sich mit den anwesenden ReferentInnen und FachkollegInnen auszutauschen, Kontakte zu knüpfen und Netzwerke aufzubauen. Darüber hinaus wurde und wird durch solche Workshops die Kooperation, Kommunikation und Abstimmung zwischen einzelnen Museen und Kulturinstitutionen gefördert und Erfahrungen gesammelt, die wieder in die österreichische Lehre zurück fließen können.
Ausblick Nach Abschluss der Workshops wurden die TeilnehmerInnen außerdem zu ihren Wünschen und Vorstellungen für Folgeworkshops befragt. Fast alle indischen TeilnehmerInnen wünschten sich eine Fortsetzung des praxisnahen Veranstaltungsformats, da Projektarbeit im indischen Ausbildungsprogramm derzeit noch zu kurz kommt. Je nach Tätigkeitsfeld und Interessensgebiet der TeilnehmerInnen sind einerseits universelle Themen wie Transport, Verpackung und Lagerung von Kunstobjekten gefragt, andererseits werden spezielle Sujets konservatorischer und restauratorischer Behandlungsmethoden (z.B. Reinigung, Sicherung, etc.) verlangt. Manche TeilnehmerInnen möchten wiederum ihre Textilkenntnisse in Materialkunde und Bindungslehre vertiefen sowie mehr über Faser- bzw. Gewebeanalysen erfahren. Die Auswertung der Befragung zeigt auf jeden Fall, dass großes Interesse an Weiterbildung besteht. Die Bandbreite der Themen spiegelt den Informationsbedarf wider.
ReferentInnen Indien-Workshop Prof. Dr. M.V. Nair, National Museum Institute (NMI), Department of Conservation Prof. Dr. Manvi Sharma, National Museum Institute (NMI), Department of Museology
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Dr. Anamika Pathak, National Museum New Delhi, Textile Collection Ass. Prof. Dr. Satish Pandey, National Museum Institute (NMI), Department of Conservation O. Univ. Prof. Dr. Gabriela Krist, Universität für angewandte Kunst Wien, Institut für Konservierung und Restaurierung Dipl.-Rest. (FH) Tanja Kimmel, Universität für angewandte Kunst Wien, Institut für Konservierung und Restaurierung Mag. Barbara Eisenhardt, Universität für angewandte Kunst Wien, Institut für Konservierung und Restaurierung Mag. Britta Schwenk, Universität für angewandte Kunst Wien, Institut für Konservierung und Restaurierung Priv. Doz. Dr. Martina Griesser-Stermscheg, Universität für angewandte Kunst Wien, Institut für Konservierung und Restaurierung sowie Masterlehrgang für Ausstellungstheorie & Praxis MA Beatrice Jaschke, Universität für angewandte Kunst Wien, Masterlehrgang für Ausstellungstheorie & Praxis Prof. Dr. Nora Sternfeld, Aalto University Helsinki, curating and mediating Art sowie Universität für angewandte Kunst Wien, Masterlehrgang für Ausstellungstheorie & Praxis
Mongolei-Workshop Chinzorig, National Centre for Cultural Heritage, Ulan Bator, Mongolei Munkhtogoo, National Museum of Mongolia, Ulan Bator, Mongolei Lkhagvadulam, Zanabazar Fine Arts Museum, Ulan Bator, Mongolei Altannavch, Bogd Khaan Palace Museum, Ulan Bator, Mongolei o. Univ. Prof. Dr. Gabriela Krist, Universität für angewandte Kunst Wien, Institut für Konservierung und Restaurierung Dipl.-Rest. (FH) Tanja Kimmel, Universität für angewandte Kunst Wien, Institut für Konservierung und Restaurierung Mag. Britta Schwenk, Universität für angewandte Kunst Wien, Institut für Konservierung und Restaurierung
Literatur Beier, V., Viola Beier: Kreativ – und optisch ansprechend, in: http://www.goethe.de/ins/mn/de/ ula/kul/mag/erbe.html, Zugriff 25.12.2014. Griesser-Stermscheg, M./Knaller, R./Novotny-Kargl, M., How to care for textile collections: Methods and practical approaches, in: Krist, G. (Hg.), Konservierungswissenschaften und Restaurierung heute. Von Objekten, Gemälden, Textilien und Steinen, S. 271–275. ICCROM, UNESCO-ICCROM Course on „Introduction to Preventive Conservation with Focus on Textile Collections“ in Ulaan Baatar, Mongolei, in: News, April 2007, http://www. iccrom.org/ifrcdn/eng/news_en/2007_en/events_en/04_23coursejlpMongolia_en.shtml, Zugriff 27.12.2014.
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Tanja Kimmel
Institute of Conservation, Conference „Cultural Heritage Counts“ and Workshop “How to care for Textile Collections”, in: Eurasia-Pacific Uninet Annual Report 2009, D1_15, http://www. eurasiapacific.net/data/File/EPU_AR09_web_A-D.pdf, Zugriff 27.12.2014. National Museum Institute, http://nmi.gov.in/departmentsconservationworkshops.htm, update 31.12.2014, Zugriff 4.1.2015.
Weiterführende Literatur Eurasia-Pacific Uninet, Historic Textiles in Museums: Displaying Textiles (Conservation) & Education Strategies in Textile Collections (Museology), in: Annual Report 2012/2013, S. 70–71. Griesser-Stermscheg M., Historic Textiles in Museums – Two Workshops for Indian Students in New Delhi and Jaipur, in: Krist, G. (Hg.), Jahresbericht des Instituts für Konservierung und Restaurierung der Universität für angewandte Kunst Wien 2013, Wien 2014, S. 38–39. Krist, G., Indian Connections, in: Krist, G. (Hg.), Jahresbericht des Instituts für Konservierung und Restaurierung der Universität für angewandte Kunst Wien 2013, Wien 2014, S. 46–47.
Links Albert Hall Museum Jaipur, http://alberthalljaipur.gov.in/. Bogd Khaan Palace Museum, http://www.touristinfocenter.mn/en/cate14_more.aspx?ItemID=3. Eurasia-Pacific Uninet (EPU), http://www.eurasiapacific.net/. Mongolian National Centre for Intangible Cultural Heritage, http://www.accu.or.jp/ich/en/ links/O_MNG2-more.html. National Museum Institute (NMI), http://nmi.gov.in/. National Museum New Delhi, http://www.nationalmuseumindia.gov.in/. Österreichische Botschaft New Delhi, http://www.bmeia.gv.at/botschaft/new-delhi.html. Österreichisches Kulturforum New Delhi, http://www.bmeia.gv.at/en/culture/new-delhi.html. Österreichische Botschaft Peking, http://www.bmeia.gv.at/botschaft/peking.html. Österreichisches Kulturforum Peking, http://www.bmeia.gv.at/kultur/peking.html. University of Rajasthan Jaipur, http://www.uniraj.ac.in/. Universität für angewandte Kunst Wien, Institut für Konservierung und Restaurierung, http:// www.dieangewandte.at/jart/prj3/angewandte/main.jart?content-id=1229508255648. Universität für angewandte Kunst Wien, Masterlehrgang für Ausstellungstheorie & Praxis, http:// ecm.ac.at/aktuell/.
Tanushree Gupta, M. V. Nair
Collection Care – The Topic of Focus at the National Museum Institute of History of Art, Conservation and Museology, New Delhi
Zusammenfassung Dieser Artikel beschreibt die Entwicklung von Kunstsammlungen in Indien von der Vergangenheit bis in die Gegenwart und die Herausforderungen bei ihrer Konservierung. Der Fokus liegt auf den zahlreichen Indisch-Österreichischen Kooperationen, die dazu beitrugen das Verständnis für Sammlungspflege bei StudentInnen und Flachleuten zu verbessern. Das tropische Klima in Indien macht es oft notwendig, sich besonders intensiv mit der präventiven Konservierung und der Sammlungspflege auseinanderzusetzen, da die schwankende Temperatur und relative Luftfeuchtigkeit in Kombination mit biologischen Schadensmechanismen und Luftverschmutzung eine wachsende Bedrohung für das Kunst- und Kulturgut darstellen. So wurden in die internationalen Aktivitäten im Bereich der Sammlungspflege große Bemühung und Begeisterung eingebracht. Die Zusammenarbeit des Instituts für Konservierung und Restaurierung der Universität für angewandte Kunst und des National Museum Institute of Art Conservation and Museology in New Delhi trug bereits maßgeblich zum Erfolg verschiedener Workshops, Konferenzen, Meetings und Ausstellungen bei.
Abstract This paper describes the evolution of art collections in India from ancient past to present, challenges to their conservation and the contribution of Indo-Austrian collaboration activities in augmenting the understanding of collection care among students and professionals. The recent activities on the international front are elucidated here, which reflect the endeavour and zeal that has been carried in the field of Art Conservation in India. The tropical climate often necessitates the need to ponder more on the issue of collection care as the fluctuating temperature and relative humidity coupled with biological agents of deterioration and pollution are an ever growing threat to our collections. This paper describes the mutual efforts of the Institute of Conservation, University of Applied Arts
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Tanushree Gupta, M. V. Nair
Vienna and the National Museum Institute of History of Art, Conservation and Museology, New Delhi in making various workshops, conferences, meetings and exhibitions a big success.
Introduction to the Indian Collections India has a rich cultural heritage with a number of arts and antiquities in its possession. Be they miniature paintings or palm leaf manuscripts or marvellous sculptures or contemporary installations, India is a rich repository. Today, we are at a stage where globally our collections are being appreciated and valued. The concept of Museum is not new to India as the ancient “Chitrashalas” Temples collected, conserved and passed on the material heritage and associated knowledge to the future generations. The first museum like institution which imparted some of the functions of the modern day museum is an 11th century temple at Brihadeshvara which was built by Cholas. “Indian Museum” is the first formal museum in India and was established in 1866. It houses a diverse collection. Time to time, museums have been added to our history. Many museums were established to commemorate the Golden and Diamond Jubilee of Queen Victoria during the British Empire. The building of the National Museum, where we all are today, was also made with the objective to present Indian culture in one place. It showcases India from prehistoric times to the last century with its exquisite collection. Today India has more than 700 museums. Each of them is unique as they are diverse and cater to different areas. Some specialize in art, for example, the National Museum houses sculptures from Harappa to Gupta period, miniature paintings, exquisite textile pieces and much more. The National Gallery of Modern Art, Delhi and Victoria Memorial Hall, Kolkata have exceptional paintings in their possession, which globally glorify India. The Calico Museum is famous for its textiles. Not only this, we have museums like the Science Museum, the Doll Museum, the Planetarium, Bal Bhawan and the Rail Museum, which impart a lot of practical knowledge to the viewers. Along with this we have ‘Personalia’ museums like the Gandhi Smriti and Darshan Museum, Lal Bahadur Shastri Memorial and Belure Math which reflect the lives of our legends. Coming to display and exhibition of our collection, in addition to the permanent galleries, theme oriented exhibitions are often presented. For example, an exhibition devoted to ‘Sports in Ancient India’ was presented at the time of Commonwealth games in 2010. International exhibitions like ‘Inuit Art’ with Canada, ‘Nako-the living cultural heritage’ with Austria and the ‘Chinese Art Exhibition’ have proved to be quite successful. Exhibitions are also sent abroad. ‘The Golden Age of Classical India-The Gupta Empire’ was sent to France in 2007, ‘A Passage to Asia’ was sent to Belgium in 2010 and
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many more. Our active participation on the international front surely dictates our progress. To promote the life of our artefacts and to ensure that it reaches to our next generation in a well preserved manner, the field of conservation has been promoted more than ever now. We have well established places like NRLC (National Research Laboratory for Conservation of Cultural Property) Lucknow and INTACH (Indian National Trust for Art and Cultural Heritage) which are actively devoted to the conservation of our heritage. National Museum Institute of History of Art, Conservation and Museology (National Museum Institute) is looking forward to international collaborations in order to promote the field and to bring it at pace with the leading institutes of conservation. ICOM-CC (International Council of Museums – Committee for Conservation) meeting in 2008 held at Vigyan Bhawan in New Delhi was a great success where more than 700 people from around the world participated. The different Working Groups of ICOM-CC work on various issues and disseminate their knowledge and experience through the presentation of papers and the display of posters. The opportunity for interaction and exchange of ideas given by this meeting not only benefitted the professionals but also the students of National Museum Institute who participated as volunteers.
Challenges to Collection in Tropical Climate India comes in the tropical climate zone which is a non – arid climate characterised by an average temperature which does not fall below 18oC. It is accompanied by average to high rainfall and offers moisture year round. All art objects undergo dramatic changes in a tropical climate as the temperature and humidity fluctuate frequently. Organic objects are sensitively prone to such decay. Ancient manuscripts have been found on a variety of materials like papyrus (paper like material produced from pith of the papyrus plant), birch bark (bark of the paper birch tree- Betula papyrifra), palm leaves, paper, parchment (calf skin, sheep skin or goat skin – often split) or vellum (calf skin). The traditional Indian Sarees are made of different kinds of textile fibres and fabrics. Temperature, relative humidity and light are the major threats to our organic collection. These three factors together attract one of the major problems organic collections can have: biological deterioration. Organic objects are deteriorated faster in a tropical climate. The chief reason for which is the fluctuation in temperature and relative humidity. Regular fluctuation causes continuous expansion and contraction of the fibre structure and hence makes it deformed and weaker.
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Often tropical climate works in conjunction with other factors of deterioration to damage the object. Though light is the main culprit in fading the colours, it happens more quickly at high relative humidity than at low relative humidity. Relative humidity higher than 70 % will cause mould growth. Fungal growth creates stains on the surface and eats up pigments. It can severely damage delicate objects. Moulds and fungus also introduce acidity to the object. Relative humidity below 40 % causes the object to become brittle. Being organic substances, textile and paper are good food sources for insects such as silverfish, woodborers, cockroaches, bookworms and termites. High humidity, lack of light and ventilation, and presence of dust and dirt create ideal conditions for insect infestations. Bio-deterioration caused by fungus and insects is the most damaging of all as these agents directly attack the structural components and make them fragile in the process. These agents not only deteriorate the objects alone but also invite other bio-deteriogens. Excretes and enzymes they release have acidic and dissolving actions respectively. Dust and dirt is another common source of deterioration which objects come across. Dust and dirt that accumulate on surface have acidic pollutants in them but their effect is dramatic only in presence of high moisture which is facilitated by the tropical climate. Sunlight is very intense in tropical climate. If the objects are exposed to the harmful rays of direct sunlight, the pigments will very soon fade, the damage caused by ultra-violet rays is irreparable. All damage caused by tropical climate can be avoided if a proper ‘Preventive Conservation’ plan is employed in the first place. Preventive conservation aims at minimizing the damage by making the conditions most suitable for the longevity of the artefact. For this purpose the place where an organic collection is stored or displayed should be monitored for stable and appropriate temperature, humidity, light and other factors. Temperature and humidity can be stabilised using air conditioners. Humidity in a small area can be controlled using silica gel and other dehumidifiers. Periodic monitoring ensures that the temperature and relative humidity remain stable. Exposure to sunlight should be blocked. If the proper preventive conservation plan is followed beforehand, then the chances of deterioration are reduced drastically. Hence the objects would not have any damage and would not invite the need of remedial conservation.
Improving Collection Care through Indo-Austrian Collaboration The challenge before us is to make the custodians of the collections aware of the problems and the need for conservation – both preventive and curative. It is also essential to
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ensure that any intervention should be done only by qualified conservators after correct diagnosis of the disease. All this summarises to a consensus that in India the urgent need is to bridge the gap between knowing the preventive conservation measures and applying them to the collection. The National Museum Institute together with the Institute of Conservation, University of Applied Arts Vienna, have been working to cater to this issue since 2009, when the first workshop on ‘How to care for textile collections: Methods and practical approaches’ (August 17–22, 2013) was organised at the National Museum Institute, where students of the Conservation Department and professionals from various organisations participated to learn preventive conservation practices. The workshop was the first of its kind in India and this helped the participants to exercise their brain – from theory to practice. It is not always easy to apply everything that is written in books directly to the site. Also, as the field of conservation deals with antique objects, which are valuable not only because of what they are but also because they are unique, they have to be handled very carefully. Any minor mistake once made would make them vanish from the collection and the void thus created could never be filled. The workshop in 2009 was an eye opener for all the participants and everyone who learnt about it. It was a perfect combination of theory and practical exercises held in the facilities of the National Museum Institute, the storage of the National Museum and the exhibition area of the Crafts Museum. The six days workshop was so enriching that the final presentations made by the participants were reflecting not only the in-depth understanding of the concepts but also an enthusiasm to learn more. On the same occasion a Conference on ‘Cultural Heritage Counts’ was also organised for further discussions. Ongoing discussions to have more such activities called for a roundtable meeting in the National Museum Institute in February 2011, where the Heads of the Institutes Gabriela Krist and M.V. Nair cogitated on the areas which require urgent attention and how they can be catered to. Conservation professionals and former conservation students were invited for their inputs. The outcome of the meeting was more fruitful than expected, when we learned that a lot of activities can be planned together. This brought us the idea of signing a ‘Memorandum of Understanding’ between the two institutions to smoothen the future plans to flow in action. The book entitled ‘Heritage Conservation and Research in India: 60 years of Indo-Austrian Collaboration’, edited by Gabriela Krist and Tatjana Bayerova in 2010, which reflects the conservation work done at Nako jointly by the University of Applied Arts, Vienna and NRLC (National Research Laboratory for Conservation of Cultural Property) Lucknow was also launched on this occasion. The occasion was also graced by the inauguration of an exhibition entitled ‘Nako- Living Cultural Heritage in the Western Himalayas’ by Stefan Olah. The exhibition was at ‘Ajanta Hall’ of the National Museum Institute from February 20 – March 20, 2011 and was viewed and appreciated by a number of visitors (fig. 151).
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Tanushree Gupta, M. V. Nair
The National Museum houses a rich collection of Bronze sculptures from the Chola period from the southern part of India. Made in the lost wax techniques, these pieces constitute a huge part of our valuable collection. Indian sculptures like ‘Nataraj’ (The dancing Shiva) are famous for their intricate work worldwide. An important treasure from India’s glorious past is the arms and armour collection which has inscriptions engraved on the daggers and swords. Exquisite pieces of armour coats from the Mughal period among others made in precious metals are present in the National Museum. The Buddhist gallery also has beautiful works carried out in gold, which are evermore enchanting. The collection of coins in different metals depicts the entire history of different rulers in India. Starting with the punch marked coins in silver from 6th century B.C. to 4th century B.C., we have a vast collection of coins in gold and copper as well. Considering the fact that the climatic conditions of India and Austria are completely different in terms of temperature and humidity, there appeared a lot of scope to be able to exchange information for better learning of the solutions with each other’s experiences. With this idea, a workshop on ‘Preventive Care of Metals in In- and Outdoor Collections’ was organized from September 13 –15, 2011 as a next step towards collaborative projects between the two institutions. Next in series were workshops on ‘Investigation and Analysis of Paintings’ from November 28 – 30, 2011 and ‘Painting materials – theory and practice’ from April 09 – 12, 2012. These two workshops were carried out by Tatjana Bayerova, Chemist, Institute of Conservation, University of Applied Arts Vienna, who introduced the students to the chemistry of pigments and their identification. She provided intensive practical training to the students, wherein students could learn to take samples from an object and to mount them to be viewed under a microscope. This added a new dimension to the National Museum Institute’s practical sessions and was appreciated by all. The recent workshop with the Institute of Conservation, University of Applied Arts Vienna was on ‘Historic Textiles in Museums; Conservation and Display, Museology and Education’ from February 11 – 15, 2013 (fig. 152 – 153). This workshop remains special as it was for the first time that the Department of Museology, National Museum Institute also participated in the Indo-Austrian collaborative activities. The preliminary sessions for both the departments started together and were later subdivided into a museology group and a conservation group. The museology students worked practically in the textile galleries of the National Museum, whereas the conservation students worked in the conservation laboratory encompassing understanding of various materials used for the display of different types of textile objects (for example, headgear, shoes, sarees, costumes), observing objects for damages, handling of fragile objects etcetera. The students produced exhibition units as an outcome of their learning, filling them with confidence and enthusiasm once again. Plans are in progress to make more such learning experiences possible in near future.
Collection Care
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The Austrian Cultural Forum, the Austrian Embassy, and EPU- Eurasia-Pacific Uninet have always been supporting the good work that the two institutions plan. The combined efforts of both the countries vouch for the success of all the events.
Bibliography for additional information Seth, M., Communication And Education In Indian Museums, Agam Kala Prakashan 2012. Bose, A./Seth, M (Hg.), Of Muses, Museums & Museology, Research Series, Gurgaon 2010–2011.
Satish C. Pandey, M. V. Nair
Research and Training in the Field of Cultural Heritage Preservation – First Indian Austrian Summer School 2014 in Vienna
Zusammenfassung Das National Museum Institute in New Delhi und das Institut für Konservierung und Restaurierung der Universität für angewandte Kunst Wien organisierten vom 15. Juli bis zum 2. August 2014 die erste internationale Indian Austrian Summer School in Wien. Diese Summer School gab einer Gruppe von vierzehn Studenten aus dem National Museum Institute New Delhi die Möglichkeit für drei Wochen nach Wien zu kommen und hier zu lernen. Ziel war es, den indischen StudentInnen praktische Erfahrungen im Bereich der Konservierung von historischen Objekten zu ermöglichen und die Verwendung von Materialien und Techniken in der Konservierung nach internationalen Standards zu vermitteln. Diese erste Indian Austrian Summer School bildet einen wichtigen Beitrag zur Lehre von Konservierung und Restaurierung auf internationalem Niveau. Das Trainingsprogramm soll in Zukunft fortgeführt werden und somit das National Museum Institute New Delhi und das Instituts für Konservierung und Restaurierung der Universität für angewandte Kunst Wien international positionieren. Ziel ist es, die Qualität der akademischen Ausbildung durch internationale Kollaborationen und professionellen Austausch zu fördern.
Abstract The National Museum Institute New Delhi and the Institute of Conservation, University of Applied Arts Vienna organised the first International Summer School from July 15 – August 1, 2014. The Summer School was supported by Eurasia-Pacific Uninet (EPU). This Summer School has provided a group of fourteen students from the National Museum Institute an opportunity to live and learn in Vienna. The summer School was designed to provide hands-on experience to students on conservation of historic objects and to enable them to gain deeper understanding about the materials and techniques of conservation being followed internationally. The Summer School has marked
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Satish C. Pandey, M. V. Nair
a milestone in terms of providing art conservation training to students at par with international standards. The initiative of the Institute to collaborate with the University of Applied Arts Vienna aims to provide much needed impetus to enhance the level of conservation training in India. Such training programmes in future will certainly raise awareness about the National Museum Institute New Delhi and about the Institute of Conservation in the international arena, which, in turn, will boost the academic excellence through collaboration and professional exchange with other international institutions.
Introduction The National Museum Institute, New Delhi and the University of Applied Arts Vienna, Austria have signed a Memorandum of Understanding to facilitate academic collaboration. Both the institutions are members of Eurasia-Pacific Uninet, which has already facilitated organisation of several workshops and student exchange programmes in collaboration with the National Museum Institute and University of Applied Arts Vienna. The Institute of Conservation, University of Applied Arts Vienna is a reputed centre for conservation of artistic and cultural treasures. The four specialty areas offered in the degree programme are grouped around the conservation of paintings, objects, textiles and stone. Additionally, students have the possibility to narrow their focus of conservation specialization for example archaeological objects or contemporary art. Learning about methods for preventive care of artistic and cultural artefacts is an important feature in all the specialty areas, as is the development of long-term preservation strategies for historic collections. Graduates of the programme are not only equipped with the knowledge of their areas of specialisation but also develop understanding of interdisciplinary work, especially in the field of preventive conservation. The first Indian Austrian Summer School took place at the Institute of Conservation, University of Applied arts Vienna, from July 15 – August 1, 2014. This Summer School has provided a group of fourteen students (twelve Conservation students and two Museology students) from the National Museum Institute an opportunity to live and learn in Vienna – a city known for art, architecture, music, theatre and opera. The Summer School was designed to provide hands-on experience to students on conservation of historic materials and to enable students to gain deeper understanding about the materials and techniques of conservation being followed internationally. The training schedule of the Summer School was well structured with classroom sessions/lectures, discussions and practical demonstrations by the conservators to familiarise students with theoretical and practical aspects of conservation. Students were allowed to
Research and Training in the Field of Cultural Heritage Preservation
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work on original objects under supervision and at the end of every practical session they presented their work, which was further discussed and assessed by the instructors.
Activities of the Summer School Week 1 (July 15 – 19, 2014) On the first day at the Institute of Conservation Gerald Bast, President of the University of Applied Arts Vienna, and Gabriela Krist, Head of Institute of Conservation, welcomed all the participants. Then the students visited various conservation laboratories and interacted with conservators of the team of the Institute. The Embassy of India in Vienna organised a reception, in which the Ambassador of India to Vienna, Rajiva Misra appreciated the initiative to organise the Summer School and assured that the Indian Embassy at Vienna will provide all possible assistance in such endeavours. During the rest of the week the students learned proper handling, condition assessment and conservation of metals, ceramic, glass and porcelain object through lectures, practical demonstrations and hands-on exposure on original object. They also learned various gilding techniques on metallic surfaces. Manfred Trummer, a ceramics conservator from the Museum of Applied Arts trained the participants on how to distinguish between different kinds of ceramics and to carry out repairs and joining using various synthetic materials, including adhesives that set by exposure to UV radiation (fig. 154). Moreover the students visited the conservation laboratory, galleries and the storage of the Museum of Applied Arts where they were able to see the conservation of various types of objects and interacted with the conservators on the methodologies and approaches of conservation interventions. The students also learned proper methods of storage of objects, particularly of large carpets. They gained information about movable storage systems and security arrangements including personnel and object movement registers. The students also visited the Schönbrunn Palace (a World Heritage site) and the Chinese Cabinets at the palace. Art from China and Japan had an immense influence on the decoration and furnishing of royal residences in the 18th century of which the two Chinese Cabinets are an impressive example. A city tour was organised for the students to familiarise them about the art and architectural history, culture and conservation work carried out in the city.
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Week 2 (July 21 – 26, 2014) The second week of the Summer School was mainly focused on scientific analysis and conservation of paintings. In scientific analysis the students learned methods of taking samples from the paintings, preparing samples for investigation, techniques of microscopic and chemical spot tests for material identification etc. All the students were encouraged to prepare their own sample and carry out investigation through microscopy and chemical spot tests. The students were also oriented to understand the general anatomy of paintings, nature, properties and composition of paint layer, different types of binding media and non-destructive methods of investigations (fig. 155). In the sessions on painting conservation the participants learned technical assessment (including examination of paintings under UV radiation, environmental control etc.), condition reports, handling and packing, framing of canvas and panel paintings, backing and tension modification, surface cleaning, consolidation with natural and synthetic materials etc. The emphasis of this module was again very practice oriented and all the students were given an opportunity to work on original paintings (fig. 156–157). Special emphasis was given on various conservation materials used in conservation of paintings, their uses and methods of application. The students also learnt a new retouching method of thread-to-thread reintegration. The students visited the conservation laboratory of Kunsthistorisches (Art Historical) Museum of Vienna where they learnt how scientific research and innovation are integral aspects of conservation of paintings. They discussed the methodologies, materials and approaches used in painting conservation with the conservators and various dimensions of scientific research with the scientists of the laboratory. The students were also shown the Schönbrunn gardens and monuments where the conservators of the University of Applied Arts Vienna were carrying out the conservation of stone sculptures. There conservation methods of outdoor sculptures were imparted.
Week 3 (July 28 – August 1, 2014) The third and final week of the Summer School focused on conservation of textiles. The students learnt about proper handling, deterioration problems, nature, structure and identification of fibres and conservation measures such as proper stitching, cleaning and stabilisation. They gained hands-on experience on dry cleaning of textiles with vacuum cleaners and sponges and wet cleaning using vacuum suction table, preparation of mounts for storage and display and proper labelling (fig. 158) and also practiced conservation stitching and sewing for stabilisation of deteriorated textiles.
Research and Training in the Field of Cultural Heritage Preservation
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A central art depository/storage of Kunsthistorisches Museum Vienna, at Himberg, which is a purpose-built, secure and state-of-the-art storage facility outside the city with central climate control system, fire safety, integrated pest management and innovative storage techniques was also visited. There the students learnt how large objects are transported to the storage, unpacked and kept in fully automated nitrogen chamber to eradicate insects and pests. It was an excellent opportunity to see and understand the best possible storage and management system for a variety of object, inventorisation with electronic barcode labelling system, mechanism of preventive conservation and climate monitoring etc.
Museology The two students of Museology had a separate work schedule for all the three weeks. They interacted with the faculty and staff members of various museums, carried out extensive museum visits and learned to analyse museums on the basis of their infrastructure, exhibitions and visitor facilities. They also studied various programmes that museums offer particularly for children and young people to make museum visits a learning experience. This exercise of visiting different museum, talking to different experts and analysing museum helped students to understand the process of conceptualisation and design of museum exhibitions and also provided an insight of visitors’ needs (fig. 159).
Significance and Outcome The Summer School has marked a milestone in terms of providing art conservation training to students at par with international standards. The initiative of the Institute to collaborate with the University of Applied Arts Vienna aims to provide much needed impetus to enhance the level of conservation training in India. Continuation of such training programmes in future will certainly raise awareness about the National Museum Institute in the international arena, which in turn, will boost the academic excellence through collaboration and professional exchange with other international institutions (fig. 160). The major outcomes of the Summer School are: – The Summer School has not only given students a chance to hands-on training on original Works of Art but also an exposure to methodologies, materials and approaches of conservation in an international context.
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– The students gained an exposure to the importance of scientific and technological research towards informed decision making in art conservation. – They were able to visit many prominent museums and reviewed their systems of investigation, conservation and storage of art objects, which enabled them to study and evaluate best practices in conservation and management in museums. – A didactic approach of training enabled students to propose, discuss and carry out conservation interventions independently and communicate their decisions effectively with others. The success of this workshop was enabled by the commitment and enthusiasm of the students and of the team of both institutions.
Proposed Future Plans It is proposed that the exchange Summer School for Austrian students in India should be organised in February – March 2015. The possibility of starting joint PhD level research programmes in conservation for Indian students and onsite conservation projects in India in collaboration with the University of Applied Arts Vienna is also explored. A follow-up symposium and further training workshops with conservators from Vienna are also proposed to be organised in India.
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Abb. 1: Wiener Heiltumsstuhl am Stephansplatz. Entnommen aus: Heuperger, M., Wiener Heiligthumbuch, Wien 1502.
Abb. 2: Fossilienschrank („arca rerum fossilium“) von Johannes Kentmann. Entnommen aus: Gesner, C. (Hrsg,), De Omni Rerum Fossilium …, Zürich 1565.
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Abb. 3: Museo des Ferrante Imperato. Entnommen aus: Imperato, F., Historia Naturale, Neapel 1599. Abb. 4: Aufbewahrungsschachtel für ein Korallenbäumchen. Entnommen aus: Major, J. D., Unvorgreiffliches Bedencken von Kunst- und Naturalienkammern insgemein, Kiel 1674.
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Abb. 5: Museum des Ole Worm. Entnommen aus: Worm, O., Museum Wormianum, Kopenhagen 1655. Abb. 6: „PHOTOLIFTER“, Ulm, Münster, Westwand, in ca. 15 m Höhe, 2011. © D. Roeseler
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Abb. 7: Augsburg, Fuggerhaus, ehem. Sammlungskabinette, Zodiakusraum, Zustand nach Restaurierung 2012. © A. Bunz
Abb. 8: Salzburg, Schloß Hellbrunn, Ruinengrotte, Aufnahme 2013. © C. Tinzl
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Abb. 9: Zum Vergleich: Bayreuth, Altes Schloß Eremitage (ab 1735), Wasserspiele im Grottensaal, Aufnahme 2011. © J. Pursche
Abb. 10: Salzburg, Schloß Hellbrunn, Spiegelgrotte, Aufnahme 2013. © C. Tinzl
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Abb. 11: Salzburg, Schloß Hellbrunn, Spiegelgrotte, Detail der farbig gefaßten Stuckierung, Salzausblühungen und –krusten, teilweise in Kombination mit Algen, dunkle „Verglasungen“ der Oberfläche. © C. Tinzl
Abb. 12: Salzburg, Schloß Hellbrunn, Ruinengrotte, Teil der Westwand, Aufnahme 2013. © C. Tinzl
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Abb. 13: Schloss Linderhof, Landkreis Garmisch-Partenkirchen, Venusgrotte 1876/77, Entwurf, Schnitt durch die Venusgrotte mit See und Kraftwerk. © Archiv der Bayerischen Schlösserverwaltung Abb. 14: Schloss Linderhof, Landkreis Garmisch-Partenkirchen, Venusgrotte, Aufnahme 2008. © Archiv der Bayerischen Schlösserverwaltung
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Abb. 15: Schloss Linderhof, Landkreis Garmisch-Partenkirchen, Venusgrotte, vom gemauerten Gewölbe abgehängte Unterkonstruktion für die Putzschale. © Barthel & Maus, München Abb. 16: Schloss Linderhof, Landkreis Garmisch-Partenkirchen, Venusgrotte, spannungsreiches Ablösen der Putzschale aus Romanzement von der eisernen Unterkonstruktion. © Barthel & Maus, München
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Abb. 17: Klebefalle (links) zum Detektieren aller aktiven Tiere im Gebäude und Pheromonfalle für Kleidermotten (rechts). © Pascal Querner
Abb. 18: Staubprobe unter dem Mikroskop mit Kleidermotte und Resten von Larvenhüllen. © Pascal Querner
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Abb. 19: Entnahme von Staub aus dem Bereich einer Fuge im Parkettboden. © Pascal Querner
Abb. 20: Bohrmehl oder „Fraß“ unterhalb eines Ausflugloches eines Holzschädlings durch einen aktiven Befall des Objektes bedingt. © Pascal Querner
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Abb. 21: Metallplättchen aus Silber, Kupfer und Blei in einer Vitrine der Ausstellung „Die Welt der Habsburger“ im Kaiserhaus Baden (Winzerumzug: Festzug Wachau, Volkskundesammlung, Inventarnummer.: VK– 6042/1–23), ausgelegt zur Anzeige des korrosiven Potentials der Atmosphäre. © Land Niederösterreich, Landessammlungen Niederösterreich, Eleonora Weixelbaumer
Abb. 22: Besiedlung eines historischen Buchbandes mit dem Zellulose abbauenden Pilz Trichoderma sp. © Katja Sterflinger-Gleixner
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Abb. 23: Fehlende Klimaüberwachung in mikroklimatischen Nischen (Regalzwischenräume) kann zum Befall ganzer Sammlungen führen. © Katja Sterflinger-Gleixner
Abb. 24: Die Bewertung des Pilzwachstums auf einer Oberflächenkontaktplatte erfordert mikrobiologisches Wissen und Erfahrung mit materialökologischen Fragestellungen. © Katja Sterflinger-Gleixner
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Abb. 25: Raffael und Werkstatt (zugeschrieben), Bildnis des Papstes Julius II., 1511/12, Pappelholz, 105,6 x 78,5 cm, Frankfurt, Städel Museum. Entnommen aus: Sander, J. (Hg.), Raffael und das Porträt Julius‘ II. Das Bild eines Renaissance-Papstes, Ausst. Kat., Städel Museum, Frankfurt am Main 2013–2014, Frankfurt am Main 2013, S. 62, Tafel 1.
Abb. 26: Raffael und Werkstatt (zugeschrieben), Bildnis des Papstes Julius II. (Detail), InfrarotReflektografie, Frankfurt, Städel Museum. Entnommen aus: Sander, J. (Hg.), Raffael und das Porträt Julius‘ II. Das Bild eines Renaissance-Papstes, Ausst. Kat., Städel Museum, Frankfurt am Main 2013–2014, Frankfurt am Main 2013, S. 69, Tafel 8.
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Abb. 27: Raffael und Werkstatt (zugeschrieben), Bildnis des Papstes Julius II., Infrarot-Reflektografie, Frankfurt, Städel Museum Entnommen aus: Sander, J. (Hg.), Raffael und das Porträt Julius‘ II. Das Bild eines Renaissance-Papstes, Ausst. Kat., Städel Museum, Frankfurt am Main 2013/2014, Frankfurt am Main 2013, S. 64, Tafel 3.
Abb. 28: Stift Neukloster: Bestandsaufnahme und Inventarisierung der Sammlung durch das Team des Instituts für Konservierung und Restaurierung, Oktober 2013. © Stift Neukloster, Institut für Konservierung und Restaurierung, Universität für angewandte Kunst Wien, Johanna Wilk
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Abb. 29: Stift Neukloster, Umlagerung der Paramente in ein Zwischendepot durch das Team des Instituts für Konservierung und Restaurierung . © Stift Neukloster, Institut für Konservierung und Restaurierung, Universität für angewandte Kunst Wien, Johanna Wilk
Abb. 30: Stift Neukloster: Zwischenlagerung der Paramente. © Stift Neukloster, Institut für Konservierung und Restaurierung, Universität für angewandte Kunst Wien, Johanna Wilk
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Abb. 31: Restaurierung einzelner Objekte der Sammlung von Stift Neukloster am Institut für Konservierung und Restaurierung 2013-2014. © Institut für Konservierung und Restaurierung, Universität für angewandte Kunst Wien, Johanna Wilk
Abb.32: Aufriss des Hauses Beer von Josef Frank, Straßen- und Gartenansicht, 1931. Entnommen aus: Frank, J., Das Haus als Weg und Platz, Der Baumeister 28/1931, S. 316–323, S. 317.
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Abb. 33: Einbauschrank im Ankleideraum im Obergeschoß aus der ersten Ausstattungsphase. © Johanna Wilk, Institut für Konservierung und Restaurierung, Universität für angewandte Kunst Wien, 2012.
Abb. 34: Querschliff einer Probe des Schleiflackes auf den weißen Einbauschränken im Haus Beer, fotografiert unter Auflicht. © Johanna Wilk, Institut für Konservierung und Restaurierung, Universität für angewandte Kunst Wien, 2012.
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Abb. 35: Dreiarmige Deckenlampe in der Bibliothek im Haus Beer aus der ersten Ausstattungsphase. © Stefan Olah, Institut für Konservierung und Restaurierung, Universität für angewandte Kunst Wien.
Abb. 36: Fenster in der Halle im 1. Stock und Öffnungs- und Schließmechanismen der Fenster aus der ersten Ausstattungsphase (oben: gekuppelter Verschluss, unten: Einsteckfenstergetriebe). © Stefan Olah, Institut für Konservierung und Restaurierung, Universität für angewandte Kunst Wien.
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Fig. 37: View of Josephinum, coloured etching from Carl Schütz, between 1785 and 1790. © Josephinum
Fig. 38: Anatomical wax models collection in Josephinum, view of the interior. © Josephinum/Ablogin
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Fig. 39: Whole body male model with depiction of the lymphatic and blood vessels. © Josephinum/Ablogin
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Fig. 40: Wax models of dissected heart, tempera-coloured drawing of the first model and its description. © Josephinum
Fig. 41: Damages on the wax model: degradation of varnish, cracks and breakages. © Josephinum
Fig. 42: Cleaning of a wax model (left), partially cleaned model (right). © Josephinum
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Abb. 43: Fallbeispiel 1: Der Kronleuchter vor der Konservierung und Rückführung (links) und nach der Konservierung und Rückführung (rechts), die im Jahr 2012 nach dem beschriebenen Konzept durchgeführt wurde. © Links: Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg, Hagen Immel; Rechts: Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg, Wolfgang Pfauder Abb. 44: Fallbeispiel 2: Kronleuchter beim Transport, der Behang ist durch Verbandsschläuche geschützt. © Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg, Johanna Wilk
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Abb. 45: Fallbeispiel 3: Der Kronleuchter vor und nach der Sicherung. © Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg, Johanna Wilk Abb. 46: Fallbeispiel 4: Glasarmkronleuchter, Zustand nach der Restaurierung. © Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg, Uta Scholz
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Abb. 47: Ausstattung des BoucherZimmers mit Tapisserien und Polstermöbeln (2011). © Institut für Konservierung und Restaurierung, Universität für angewandte Kunst Wien, Stefan Olah Abb. 48: Staubmonitor mit eingelegtem Filter. © Institut für Konservierung und Restaurierung, Universität für angewandte Kunst Wien, Regina Höllinger, Heidrun Wallmann
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Abb. 49: Staubsaugeraufsatz mit bereits integriertem Staubmonitor. © Institut für Konservierung und Restaurierung, Universität für angewandte Kunst Wien, Regina Höllinger, Heidrun Wallmann
Abb. 50: Abgenommene Staubproben (Reihe 1 und 2 von Tapisserie, Reihe 3 von Fauteuils). © Institut für Konservierung und Restaurierung, Universität für angewandte Kunst Wien, Regina Höllinger, Heidrun Wallmann
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Abb. 51: Mikroskopische Aufnahme (Durchlicht) der Staubproben der Tapisserie: Feine Seidenfasern und einzelne stärkere Wollfasern. © Institut für Konservierung und Restaurierung, Universität für angewandte Kunst Wien, Regina Höllinger, Heidrun Wallmann
Abb. 52: Mikroskopische Aufnahme (Durchlicht) der Staubproben eines Fauteuils: Diverse längere Textilfasern und Hautschuppen. © Institut für Konservierung und Restaurierung, Universität für angewandte Kunst Wien, Regina Höllinger, Heidrun Wallmann
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Abb. 53: Umkreis von Friedrich Pacher: „Kreuzigung Christi“, um 1500, 29,5 x 24,5 cm, vorderseitig Tempera auf Fichte, auf der Rückseite eine Leimfarben-Marmorierung. Alte Galerie am Universalmuseum Joanneum, Graz (AG Inv.-Nr. 358). © Paul-Bernhard Eipper Abb. 54: Ferdinand Georg Waldmüller (15.1.1793–23.8.1865): „Tümpel am Waldesrand“, Eichenholz, NG Inv.-Nr. I/248. Der auf der Rückseite aufgebrachte stark pastose Ölfarbenanstrich hat das Arbeiten der Tafel nicht aufhalten können. Ein Sprung wurde ehemals mit eingefügten Schwalbenschwänzen repariert. Neue Galerie am Universalmuseum Joanneum, Graz. © Paul-Bernhard Eipper
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Abb. 55: Gemälde (entstanden 1959, Öl auf grundiertem Mischgewebe) ohne Rückseitenschutz: Der Keilrahmen zeichnet sich als Keilrahmensprung ab. © Paul-Bernhard Eipper
Abb. 56: Gemälde ohne Rückseitenschutz mit starker Verschmutzung. © Paul-Bernhard Eipper
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Abb. 57: Gereinigtes parkettiertes Holztafelgemälde. Die über den Zierrahmen überstehende Parkettierung wird durch Leisten, auf welche eine MDF-Platte aufgeschraubt ist überbrückt. Diese Variante kann in nicht klimatisierten Räumen eine Option darstellen. © Paul-Bernhard Eipper Abb. 58: Häufige Depotsituation in einem Pfarrhof vor dem Eingreifen der Fachstelle und der Kirchenpflegerin/dem Kirchenpfleger. © Kunst Referat Diözesan Konservatorat der Diözese Linz
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Abb. 59: Während der Fortbildung werden der verantwortungsvolle Umgang (z.B. Handschuhe) und die inhaltliche und kunsthistorische Bedeutung der Objekte gezeigt. © Kunst Referat Diözesan Konservatorat der Diözese Linz
Abb. 60: Durch FachrestauratorInnen werden Aufbau von Fassungen, Materialkunde und die für eine Restaurierung verwendeten Materialien erklärt. © Kunst Referat Diözesan Konservatorat der Diözese Linz
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Abb. 61: Richtige Lagerung mit schadstofffreien Materialien ist wesentlich für die Erhaltung der Kunstgüter, das wird hier bei Kaseln durch eine Restauratorin vorgezeigt. © Kunst Referat Diözesan Konservatorat der Diözese Linz Abb. 62: Studierende der Objektrestaurierung beim Verpacken der Militaria der Leibgarde Maximilian von Mexikos. © Bundesmobilienverwaltung, Hofmobiliendepot – Möbel Museum Wien, Universität für angewandte Kunst Wien, Institut für Konservierung und Restaurierung, Eva Putzgruber
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Abb. 63: Reinigung eines Helmes der Leibgarde mit Wattestäbchen und Aceton. © Bundesmobilienverwaltung, Hofmobiliendepot – Möbel Museum Wien, Universität für angewandte Kunst Wien, Institut für Konservierung und Restaurierung, Eva Putzgruber
Abb. 64: Studierende der Objektrestaurierung bei der Arbeit in den Depots des Krahuletz-Museums in Eggenburg. © Krahuletz-Museum Eggenburg, Universität für angewandte Kunst Wien, Institut für Konservierung und Restaurierung
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Abb. 65: Volkskundliche Objekte im Depot des Krahuletz-Museums in Eggenburg. © Krahuletz-Museum Eggenburg, Universität für angewandte Kunst Wien, Institut für Konservierung und Restaurierung, Stefan Olah
Abb. 66: Außenansicht des Bayerischen Nationalmuseums. © Bayerisches Nationalmuseum
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Abb. 67: Bronzeskulptur im Haupttreppenhaus (Ringergruppe, Florenz, um 1700, Inv. Nr. 59/10). © Bayerisches Nationalmuseum Abb. 68: Der mit Ziegenhaarpinseln entfernte Staub wird mit Rucksackstaubsaugern aufgenommen (Amazone, Franz von Stuck, 1905, Inv.-Nr. 97/192). © Bayerisches Nationalmuseum
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Abb. 69: Öffnung am Rücken der Bronzeskulptur (Jagdhund, Hubert Gerhard, um 1600, Inv.-Nr. R 6988). © Bayerisches Nationalmuseum
Abb. 70: Vitrinensockel aus einer Kombination aus Ethafoam® Hartschaumplatten mit Deck- und Bodenlage aus säurefreiem Museumskarton. © Bayerisches Nationalmuseum
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Abb. 71: Auszug aus der EXCEL®-Datei. © Bayerisches Nationalmuseum
Abb. 72: Stahlbetonplastik Ikarus, auch Phönix aus der Asche genannt von Hermann Walenta (1964) in Wien Landstraße. Zur dekorativen Gestaltung der Sichtbetonoberfläche wurden einige Millimeter des Gusses abgeschliffen, um die angeschliffenen Serpentinsteinchen als Farbgebung zu erhalten. © Institut für Konservierung und Restaurierung, Universität für angewandte Kunst Wien, Matea Ban
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Abb. 73: Mahnmal für die Österreichischen Jüdischen Opfer der Shoa von Rachel Whiteread (2000) im Wiener ersten Gemeindebezirk. Stahlbetonkubus, welcher Bibliothekswände inszeniert und ein Symbol für die Buchkultur des Judentums darstellt. © Institut für Konservierung und Restaurierung, Universität für angewandte Kunst Wien, Matea Ban
Abb. 74: Die Kirche Zur Heiligsten Dreifaltigkeit, auch Wotruba Kirche genannt, befindet sich im 23. Wiener Gemeindebezirk. Nach Entwürfen vom Bildhauer Fritz Wotruba und Plänen des Architekten Fritz Gerhard Mayr wurde sie zwischen 1974 und 1976 erbaut. © Institut für Konservierung und Restaurierung, Universität für angewandte Kunst Wien, Matea Ban
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Abb. 75: In der Wotruba Kirche ereignete sich ein Wassereinbruch in der Unterkirche, verursacht durch undichte Wasserableitungsfugen an der Gebäudesockelzone. © Institut für Konservierung und Restaurierung, Universität für angewandte Kunst Wien, Matea Ban
Fig. 76: Patan, Bhandarkhal Tank Pavilion, carving spreads regardless of the joint net. © Institute of Conservation, University of Applied Arts Vienna, 2010
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Fig. 77: Patan, Bhandarkhal Tank Pavilion, unsuitable color of the used joint mortar. © Institute of Conservation, University of Applied Arts Vienna, 2013
Fig. 78: Patan, Tusha Hiti, spreading of microorganisms. © Institute of Conservation, University of Applied Arts Vienna, 2013
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Fig. 79: Vienna, selfmade construction for artificial weathering. © Institute of Conservation, University of Applied Arts Vienna, 2014 Abb. 80: Fassade der Wallfahrtskirche Maria Saal in Kärnten. © Bettina Unterberger, Institut für Konservierung und Restaurierung, Universität für angewandte Kunst Wien
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Abb. 81: Maria Saal: Offenstehenden Gerüstlöcher im Mauerwerk der Nord/West gelegene Bauteile, Außenseite. © Bettina Unterberger, Institut für Konservierung und Restaurierung, Universität für angewandte Kunst Wien
Abb. 82: Maria Saal: Kopfsteinsichtiges rötliches Fugenbild in der Sockelzone. © Bettina Unterberger, Institut für Konservierung und Restaurierung, Universität für angewandte Kunst Wien
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Abb. 83: Aquäduktbrücke in Wien/ Liesing. © Susanne Leiner, Malgorzata Mozdyniewicz. Institut für Konservierung und Restaurierung, Universität für angewandte Kunst Wien Abb. 84: Aquäduktbrücke: selektive Verwitterung. © Susanne Leiner, Malgorzata Mozdyniewicz. Institut für Konservierung und Restaurierung, Universität für angewandte Kunst Wien
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Abb. 85: Aquäduktbrücke: Musterachse, nachgestellte bauzeitlich angewendete Technik mit geritztem Fugenstrich. © Susanne Leiner, Malgorzata Mozdyniewicz. Institut für Konservierung und Restaurierung, Universität für angewandte Kunst Wien Abb. 86: Pommersfelden, Schloss Weißenstein, GrottenSala terrena, Gesamtansicht nach Westen, 1988. © Jürgen Pursche
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Abb. 87: Pommersfelden, Schloss Weißenstein, GrottenSala terrena: grüner Glasflitter über hellgrüner Farbfassung der Stuckierung. © Jürgen Pursche
Abb. 88: Pommersfelden, Schloss Weißenstein, GrottenSala terrena, Kupferplättchen auf bzw. in eine hellrote Fassungsschicht inkrustiert, Querschliff, Vergrößerung 50fach. © E. Kühn
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Abb. 89: Pommersfelden, Schloss Weißenstein, Grotten-Sala terrena: Messingplättchen auf bläulich-hellgrüner Farbfassung, Pigmentierung: Smalte und Malachit, Messing bereits stark oxydiert, Vergr. ca. 80-fach. © E. Turek
Abb. 90: Pommersfelden, Schloss Weißenstein, Grotten-Sala terrena, Gewölbe, Gurtbögen mit rot unterlegtem Glimmer, verschiedene Farbfassungen, z.B. Smalteblau mit blauem Glasflitter; vergoldeten Stuckaturen (Metallauflagen); marmorierte, ursprünglich mit kleinteiligem Glimmer versehene Profilrahmen der Gurtbögen; farbig ausgelegte Hintergründe ursprünglich mit farbigem Glasflitter sowie mit Hammerschlag ähnelnden kleinen Kupfer- oder Messingplättchen versehen (metallischer Streuglanz). © E. Lantz
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Abb. 91: Pommersfelden, Schloss Weißenstein, Grotten-Sala terrena, Rhombenförmige Glimmerplättchen auf dem mit Mennige durchgefärbten Ölkitt, kohäsive und adhäsive Schäden. © Peter Turek
Abb. 92: Pommersfelden, Schloss Weißenstein, Grotten-Sala terrena: Rubinroter Glasflitter, wenige gelbe Teilchen, auf roter Fassungsschicht, an den Rändern teilweise die weißlichen Hyphenstränge der mikrobiellen Besiedelung erkennbar, Vergr. ca. 45-fach. © Peter Turek
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Abb. 93: Pommersfelden, Schloss Weißenstein, Grotten-Sala terrena: Korrosion an einem Glaszapfen. © Peter Turek
Abb. 94: Pommersfelden, Schloss Weißenstein, Grotten-Sala terrena: Zinnplättchen auf hell smalteblauer Farbfassung, durch Zinnpest stark korrodiert, Vergr. ca. 40-fach. © Peter Turek
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Abb. 95: Pommersfelden, Schloss Weißenstein, Sala terrena, Blick nach Osten, vor dem Kamin improvisiert aufgestellter kleiner elektrischer Heizofen, Oktober 2011. © Jürgen Pursche Abb. 96: Weißer Belag auf der Innenseite der Glasabdeckung eines zwischen Glas gelagerten Wirkereifragmentes. © Eva Bergt, Institut für Konservierung und Restaurierung, Universität für angewandte Kunst Wien, Objekt der Papyrussammlung/ ÖNB
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Abb. 97: Klebestreifen mit arabischen und französischen Schriftzeichen auf der Rückseite des Wirkereifragmentes. © Georg Oberlechner, Eva Bergt, Institut für Konservierung und Restaurierung, Universität für angewandte Kunst Wien, Objekt der Papyrussammlung/ÖNB
Abb. 98: Liegende Aufbewahrung auf Kartonröhren. © Leonie Schwärzler, Institut für Konservierung und Restaurierung, Universität für angewandte Kunst Wien
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Abb. 99: Liegende Aufbewahrung auf Ethafoamstützen. © Leonie Schwärzler, Institut für Konservierung und Restaurierung, Universität für angewandte Kunst Wien
Abb. 100: Hängende Aufbewahrung an Haken oder Stangen. © Leonie Schwärzler, Institut für Konservierung und Restaurierung, Universität für angewandte Kunst Wien
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Abb. 101: Stehende Aufbewahrung mit Hilfe von Haken und Lochwand. © Leonie Schwärzler, Institut für Konservierung und Restaurierung, Universität für angewandte Kunst Wien
Abb. 102: Fastentuch aus der Pfarrkirche in Bach: ungeeignete Aufbewahrung in einem überbelegten Depot, das Tuch ist mit der Malschicht nach innen zu eng gerollt. © Claudia Bachlechner
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Abb. 103: Fastentuch aus der Pfarrkirche in Leiblfing: massive Malschichtbeschädigungen aufgrund von unsachgemäßer Aufbewahrung in eng gerolltem Zustand mit der Malschicht nach innen. © Claudia Bachlechner
Abb. 104: Fastentuch aus der Stiftskirche Wilten: gerollte Aufbewahrung, die Rolle befindet sich auf einer fahrbaren Vorrichtung, welche in einem Kasten in der Sakristei aufbewahrt wird. © Claudia Bachlechner
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Abb. 105: Fastentuch aus dem Museum de Gherdëina (Grödner Heimatmuseum) in St. Ulrich im Grödental, aus konservatorischer Sicht zu empfehlende Schräghängung. © Museum de Gherdëina, Claudia Bachlechner Abb. 106: Blick in das runde Kabinett. © Schloß Schönbrunn Kultur- und Betriebsges.m.b.H., Alexander Eugen Koller
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Abb. 107: Figurine, China, Kangxi, 1662–1722, (links); Vase, Japan, Kakiemon, Arita, 1670–1690 (mitte), Fläschchen, Du Paquier Manufaktur Wien, 1730–35 (rechts). © Institut für Konservierung und Restaurierung, Universität für angewandte Kunst Wien, und Schloß Schönbrunn Kultur- und Betriebsges.m.b.H., Birgit Müllauer, Sammlung BmobV (links und in der Mitte) © Institut für Konservierung und Restaurierung, Universität für angewandte Kunst Wien, und Schloß Schönbrunn Kultur- und Betriebsges.m.b.H., Stefan Olah, Sammlung BmobV (rechts)
Abb. 108: Neues Montagekonzept II. © Institut für Konservierung und Restaurierung, Universität für angewandte Kunst Wien, Birgit Müllauer
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Abb. 109: Historische Beschriftungen: Gefäße mit Deckel und Gefäß, japanisches Imari, Arita, 1710–1740 (oben), Beschriftungen auf der Rückseite der Konsole, Etikette (unten). © Institut für Konservierung und Restaurierung, Universität für angewandte Kunst Wien, und Schloß Schönbrunn Kulturund Betriebsges.m.b.H., Birgit Müllauer, Sammlung BmobV (oben) © Schloß Schönbrunn Kultur- und Betriebsges.m.b.H., Stefan Kainz (unten)
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FORMBLATT 2: Bewertung des Risikos zur Faserfreisetzung Das Formblatt wurde in Anlehnung an die Bewertungsbögen des Science Museum London, des National Museum of Wales und des Riverside Museum/Glasgow Museum Research Centre entwickelt. Identifikation Inventarnummer
Asbestbestandteil(e)
BENÜTZUNGSHINWEISE 1. 2. 3. 4.
ANKREUZEN der zutreffenden Antworten in jeder Zeile EINTRAGEN der Punktezahlen in der rechten Spalte SUMMIEREN aller Punkte und EINTRAGEN der Gesamtpunktezahl ÜBERTRAGEN der Gesamtpunktezahl in das FORMBLATT 1 (Asbest-Protokoll)
ASBESTBESTANDTEIL
Kriterien
0 Punkte
1 Punkt
2 Punkte
3 Punkte
☐ HartasbestVerbundwerkstoffe
☐ Weichasbest (Pappe, Papier, Textilien)
☐ Weichasbest (Dämmmaterial, Spritzasbest, etc.)
☐ leicht (Kratzer, Ecken abgerieben, etc.)
☐ mittelschwer (gebrochen, Fasern tlw. frei, etc.)
☐ schwer (extrem beschädigt, Fasern lose, etc.)
☐ beschichtet, schwach gebunden
☐ unbeschichtet, schwach gebunden
☐ loses Asbestmaterial
☐ ein Asbestbestandteil
☐ mehrere Asbestbestandteile
☐ großflächige Beschichtung
☐ isoliert im Objektinneren
☐ Objektinneres, unterhalb anderer Materialien
☐ Objektaußenseite, fixe Montage
☐ Objektaußenseite, lose aufliegend
☐ staubdicht verpackt, isoliert (Vitrine/Folien)
☐ Abdeckung (verklebt), geschützter Bereich
☐ keine Abdeckung, geschützter Bereich/ lose Abdeckung, Luftzirkulation
☐ keine/lose Abdeckung, hohe Luftzirkulation
Asbestprodukt
Zustand des Asbestprodukts, Schäden Oberfläche des Asbestprodukts
☐ keine Schäden
☐ fest gebunden
GESAMTOBJEKT
Menge in Relation zum Gesamtobjekt Lage des Asbestbestandteils im Gesamtobjekt Standortfaktoren, Verpackung, Präsentationsform
Total
Ist mehr als ein Asbestbestandteil am Objekt vorhanden, können entsprechend mehrere Antwortfelder angekreuzt werden. Sollten es Asbestprodukte unterschiedlicher Art sein, ist jeweils der höchste Wert pro Zeile in die rechte Spalte einzutragen. Wenn eine Punktevergabe zum Zeitpunkt der Bewertung nicht möglich ist, weil kein direkter Zugang zum Asbestbestandteil besteht, ist die Maximalpunktezahl „3“ zu vergeben. Eine Neubewertung kann z. B. im Zuge einer genaueren Untersuchung in einer Sanierungszone erfolgen. Bei Unklarheiten ist der Asbest-Verantwortliche zu kontaktieren.
Numerische Gesamtbewertung des Risikos Zusätzliche Anmerkungen
Abb. 110: Bewertungsbogen: Bewertung des Risikos zur Faserfreisetzung. © Charlotte Holzer, Institut für Konservierung und Restaurierung, Universität für angewandte Kunst Wien
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FORMBLATT 1: Asbest-Protokoll für Sammlungsgut Objektidentifikation Objektbezeichnung/-beschreibung
Inventarnummer Standort BENÜTZUNGSHINWEISE
Das Asbest-Protokoll ist ein Formblatt zur Dokumentation und Bewertung von Asbestbestandteil(en) eines Objekts. Im ersten Schritt wird der Anlass zur Begutachtung vermerkt. Anschließend soll FORMBLATT 2 „Bewertung des Risikos zur Faserfreisetzung“ ausgefüllt und die Ergebnisse in die untenstehende Tabelle eingetragen werden. Ist eine vollständige Bewertung auf Grund fehlender Informationen (z. B. Zugang zum Asbestbestandteil ungenügend) nicht möglich, kann zu einem späteren Zeitpunkt eine Neubewertung stattfinden. Nach erfolgter Asbestsanierung bzw. regelmäßiger Kontrolle von Asbestprodukten, die über ein sehr niedriges Potential zur Faserfreisetzung verfügen und deswegen gar nicht oder nicht dringlich saniert werden müssen, soll die Gefahrenklasse erneut festgelegt werden. Empfohlene Maßnahmen können durch Ankreuzen gegeben werden. Deren Durchführung wird ebenfalls auf dem Formblatt festgehalten. Weitere Dokumente sind diesem Formblatt anzuhängen und gemeinsam so aufzubewahren, dass alle Museumsmitarbiter jederzeit darauf zugreifen können. Die Gefahrenklasse wird zusätzlich auf dem standardisierten Gefahrenhinweis vermerkt, der am Objekt verbleibt. ANLASS DER BEGUTACHTUNG
Neuzugang Depotinventur Objektbereitstellung Leihverkehr Ausstellungsaufbau /-abbau Konservatorisch-restauratorische Objektkontrolle bzw. Zustandserfassung Durchführung konservatorisch-restauratorischer Maßnahmen/Asbestsanierung Objekttransport Sonstiges: ______________________________ GEFAHRENKLASSEN
≤6 7-9 10-13 > 14
Niedrig Mittel Hoch Sehr hoch
Bewertung vor der Sanierung
Neubewertung
Bewertung nach der Sanierung
MAßNAHMEN Kennzeichnung Isolierung Probenentnahme Zustandskontrolle Asbestsanierung FORMBLATT 3
Datenbankeintrag Gefahrenhinweis-Schild & Asbestaufkleber Verpacken in Folie zur Zwischenlagerung Standortwechsel in geschützten Bereich Eine repräsentative Probe Mehrere Proben an verschiedenen Asbestprodukten Regelmäßige Kontrolle bei Hartasbest-Produkten Kontrolle sanierter Objekte (isoliert, beschichtet) Isolieren (einschweißen, Vitrine) in _____________ Beschichten/Tränken mit _____________________ Entfernen (Neue Subnummern: ________________)
Kontrolle und Neubewertung
empfohlen
durchgeführt
Anhang I II III IV V
FORMBLATT 2 „Bewertung des Risikos zur Faserfreisetzung“ Fotografische Dokumentation Naturwissenschaftliche Befunde – Ergebnis: ___________________________________________ FORMBLATT 3 „Asbestsanierung an Sammlungsgut“ Sonstiges: ______________________________________________________________________
_____________________________________ Unterschrift und Datum des Bearbeiters
_____________________________________ Unterschrift und Datum der Kontrolle
Abb. 111: Asbest-Protokoll für Sammlungsgut. © Charlotte Holzer, Institut für Konservierung und Restaurierung, Universität für angewandte Kunst Wien
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FORMBLATT 3: Asbestsanierung an Sammlungsgut ERKLÄRUNG UND VORGEHENSWEISE Die Konservierung-Restaurierung von Sammlungsgut mit Asbestbestandteilen steht im Spannungsfeld zwischen Gesundheits- und Denkmalschutz. Museumsmitarbeiter sind dem Risiko des Einatmens lungengängiger Asbestfasern ausgesetzt, wenn Maßnahmen zur Reduktion der Faserfreisetzung und verbreitung (z. B. durch Objekttransport) nicht ergriffen werden. Konservierungswissenschaftliche Ansätze zur Asbestsanierung grenzen sich methodisch klar von jenen des Bauwesens ab, folgen jedoch derselben Einteilung: Isolieren, Beschichten, Entfernen. Diese Reihung zielt langfristig darauf ab, Asbest als integralen Bestandteil des Objekts trotz des bestehenden Gesundheitsrisikos zu erhalten, anstatt die Hinweise auf die Verwendung von Asbest im 19./20. Jahrhundert am Original zu vernichten. Die Wahl der Sanierungsmethode oder eine Kombination mehrerer Herangehensweisen ist im Einzelfall zu diskutieren. Daher verstehen sich die folgenden Vorschläge nicht als Richtlinien, sondern vielmehr als Hilfestellung bei der Entscheidungsfindung. ZIELE
Minimierung des Risikos zur Faserfreisetzung Erhaltung der Authentizität und historischen Bedeutung des Objekts VARIANTEN ZUR ASBESTSANIERUNG AN SAMMLUNGSGUT ISOLIEREN + KENNZEICHNEN
Einschweißen des Objektes bzw. asbesthaltiger Bestandteile in alterungsbeständige und staubdichte Folie unter Berücksichtigung klimatischer Aspekte Montage des Objektes bzw. asbesthaltiger Bestandteile in einer Vitrine (z. B. Plexiglas), Abdichten der Kanten mit konservatorisch unbedenklicher Dichtmasse Isolieren der Asbestteile im Objektinneren durch Abdecken und/oder Abdichten von Öffnungen mit konservatorisch unbedenklicher Dichtmasse BESCHICHTEN/TRÄNKEN + KENNZEICHNEN
Beschichten der Asbestbestandteile und Restfasern mit einem konservatorisch unbedenklichen und zur Faserbindung effektiven Beschichtungsmittel Zerstörungsfreie Entnahme des Asbestbestandteiles zum Tränken, Remontage Eventuell zusätzliches Isolieren von Objekten mit beschichteten Asbestbestandteilen
Gänzliches oder teilweises Entfernen des Asbestteiles aus dem Objekt Beschichten von nicht entfernbaren Restfasern
ENTFERNEN
KONSERVATORISCHE MAßNAHMEN IM RAHMEN DER ASBESTSANIERUNG
Trockene Oberflächenreinigung mit dem Asbeststaubsauger (Filterklasse H) Reinigung von entsprechend stabilen Objektoberflächen mit wässrigen oder lösungsmittelhaltigen Reinigungsmedien Objekt-Demontage zur zerstörungsfreien Entfernung von Asbestbestandteilen Reduzieren von Korrosionsprodukten zur Entfernung von anhaftenden Asbestfasern Festigung, Klebung und sonstige Maßnahmen zur Sicherung der originalen Substanz Einbau von Ersatzstoffen oder Nachbildungen nach Entfernen des Asbests METHODEN ZUR ERFOLGSKONTROLLE NACH ABSCHLUSS DER MAßNAHMEN
Visuelle Kontrolle auf Restfasern Entnahme und Untersuchung repräsentativer Staubproben von glatten Objektoberflächen (nach VDI-Richtlinie 3877) Luftmessung in unmittelbarer Objektnähe (nach ÖNORM 9405) 1/2
Abb. 112: Asbestsanierung an Sammlungsgut. © Charlotte Holzer, Institut für Konservierung und Restaurierung, Universität für angewandte Kunst Wien
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Abb. 113: Oberflächenreinigung eines historischen Hitzeschutzanzugs aus Asbest (Technisches Museum Wien, Inv.-Nr. 29749/1–7). © Technisches Museum Wien, Institut für Konservierung und Restaurierung, Universität für angewandte Kunst Wien, Stefan Olah
Abb. 114: Zustand vor dem Einsatz des Instituts für Konservierung und Restaurierung: unsachgemäße Lagerung der Gemälde. © Institut für Konservierung und Restaurierung, Universität für angewandte Kunst Wien
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Abb. 115: Inventarisierung, Befundung, Digitalisierung der Gemälde, Durchführung konservatorischer Notmaßnahmen, 2010. © Institut für Konservierung und Restaurierung, Universität für angewandte Kunst Wien
Abb. 116: Verbesserte Lagersituation im Zwischenlager am Dachboden, 2010. © Institut für Konservierung und Restaurierung, Universität für angewandte Kunst Wien
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Abb. 117: Hängung im Schaudepot, 2012. © Institut für Konservierung und Restaurierung, Universität für angewandte Kunst Wien Abb. 118: Studentinnen der Textilklasse bei der Trockenreinigung, Maßnehmen und Datenbankeingabe, 2012. © Institut für Konservierung und Restaurierung, Universität für angewandte Kunst Wien
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Abb. 119: Wintereinhausung einer Parkfigur im Schlosspark Schönbrunn. © Martina Haselberger, Institut für Konservierung und Restaurierung, Universität für angewandte Kunst Wien
Abb. 120: Vermehrter Abrieb der Beschichtung und Aufrauhung des Textils im Bereich der Klettbänder und sichtbare Alterungserscheinungen in Form von netzartig verlaufenden Haarrissen auf der Oberfläche. © Martina Haselberger, Institut für Konservierung und Restaurierung, Universität für angewandte Kunst Wien
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Abb. 121: Lochbildung infolge der mangelhaften Befestigung der Hüllen und daraus resultierender Reibung des Textils an der Steinoberfläche. © Martina Haselberger, Institut für Konservierung und Restaurierung, Universität für angewandte Kunst Wien
Abb. 122: Vermehrter Wassereintrag durch eine geöffnete Naht im oberen Bereich der Einhausung. © Martina Haselberger, Institut für Konservierung und Restaurierung, Universität für angewandte Kunst Wien
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Abb. 123: In situ-Aufnahme des Schwertes vor der Bergung im Herbst 2010. © Fritz Preinfalk, AS Archäologie-Service
Abb. 124: Detailbild des Schwertfundes nach der Zwischenlagerung. © Susanne Heimel, Institut für Konservierung und Restaurierung, Universität für angewandte Kunst Wien
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Abb. 125: Das Schwert nach der Konservierung am Institut für Konservierung und Restaurierung im Jahr 2013. © Susanne Heimel, Institut für Konservierung und Restaurierung, Universität für angewandte Kunst Wien
Abb. 126: Ausblühungen oranger Eisenkorrosionsprodukte an der Klingenspitze. © Susanne Heimel, Institut für Konservierung und Restaurierung, Universität für angewandte Kunst Wien
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Abb. 127: Blick auf eine Bruchkante der völlig durchkorrodierten Schwertscheide. © Susanne Heimel, Institut für Konservierung und Restaurierung, Universität für angewandte Kunst Wien Fig. 128: Tableau composition: A) Ceramic finds being placed on a clingfilm-coated cardboard support; B) Ceramic finds being covered with a damp Vileda cloth; C) Ceramic finds wrapped in several layers of a clingfilm. © Emir Omercic, Institut für Konservierung und Restaurierung, Universität für angewandte Kunst Wien
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Fig 129: Ceramic type no. 2 appeared to dominate as the most frequently classified ceramic type. With 37,38 % it makes up the majority of excavated material. See classification in Tab. 2. © Emir Omercic, Institut für Konservierung und Restaurierung, Universität für angewandte Kunst Wien Fig. 130: Damp-storage method no. 3 – package with damp ceramic artifacts. © Emir Omercic, Institut für Konservierung und Restaurierung, Universität für angewandte Kunst Wien
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Fig. 131: Air-drying method no. 9 – eight ceramic artifacts during the air-drying process. © Emir Omercic, Institut für Konservierung und Restaurierung, Universität für angewandte Kunst Wien Abb. 132: Der Gefechtsturm im Arenbergpark im 3. Wiener Gemeindebezirk. Das MAK nutzte den Bau aus dem Zweiten Weltkrieg als teilweise öffentlich zugängliches Depot für die Sammlung Gegenwartskunst. © Stefan Olah, Institut für Konservierung und Restaurierung, Universität für angewandte Kunst Wien
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Abb. 133: Blick ins Schaudepot im 4. Stock mit Arbeiten von Katharina Heinrich, Julie Hayward und Franz West. © Stefan Olah, Institut für Konservierung und Restaurierung, Universität für angewandte Kunst Wien
Abb. 134: Das Platzangebot erlaubt, auch Großinstallationen dauerhaft zugänglich zu machen. Schaudepot im 6. Stock mit Arbeiten von Hans Schabus (Astronaut, 2003), Jochen Traar (ART PROTECTS YOU, 1996), und Anish Kapoor (Shooting into the Corner, 2008/09). © Stefan Olah, Institut für Konservierung und Restaurierung, Universität für angewandte Kunst Wien
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Abb. 135: Das Klima im 3. Stock des MAK Tower nach der Anpassung der Klimaregulierung im Juni 2014 verglichen mit den Werten im entsprechenden Zeitraum 2007. Damals waren Luftfeuchtewerte höher und -schwankungen größer.
Abb. 136: Dem neuen Zentraldepot des KHM ist seine Funktion nicht auf den ersten Blick anzusehen. Es bietet jedoch ein stabiles Klima für unterschiedlichste Objekte aus insgesamt sieben Jahrtausenden und ist zudem kosteneffizient. © Stefan Fleck, Kunsthistorisches Museum Wien
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Abb. 137: Externer Koordinator der Übersiedelung Martin Dorfmann (dp-Art) und Mitarbeiter der ausführenden Kunstspedition (Kunsttrans) beim Transport von Objekten der Antikensammlung. © Tanja Kimmel, Kunsthistorisches Museum Wien
Abb. 138: Zentraldepot Himberg, Depotbereich der Gemäldegalerie während der Hängearbeiten. © Tanja Kimmel, Kunsthistorisches Museum Wien
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Abb. 139: Der IPM-Beauftragte Pascal Querner beim Ausbringen einer Pheromonfalle im Zentraldepot. © Tanja Kimmel, Kunsthistorisches Museum Wien
Abb. 140: Kulturdepot St. Pölten. © Land Niederösterreich, Landessammlungen Niederösterreich, Erich Hussmann
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Abb. 141: Lage des zentralen Kulturdepots und der Museen in Niederösterreich. © Land Niederösterreich, Landessammlungen Niederösterreich, Christoph Fuchs
Abb. 142: Papier- und Grafikdepot mit zwei Ebenen vor der Einlagerung der Kunstwerke, Planschränken für ungerahmte Papierarbeiten und Mappenwerke, Gitterzugwände für gerahmte Werke. © Land Niederösterreich, Landessammlungen Niederösterreich, Erich Hussmann
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Abb. 143: Ausladen von großformatigen Gemälden im Kulturdepot. © Land Niederösterreich, Landessammlungen Niederösterreich, Kathrin Kratzer
Abb. 144: Das fertig eingeräumte Textildepot mit Rollenregal für die großformatigen, gerollten Textilien und Planschränke für die kleinformatigen Textilien. © Land Niederösterreich, Landessammlungen Niederösterreich
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Abb. 145: Traditionelles „Lamp Lightening“ zu Beginn des Textil-Workshops. © Institut für Konservierung und Restaurierung, Universität für angewandte Kunst Wien, Martina Griesser-Stermscheg Abb. 146: Erstellen von Zustandsprotokollen für ausgewählte Objekte des National Museums New Delhi. © Institut für Konservierung und Restaurierung, Universität für angewandte Kunst Wien, Martina Griesser-Stermscheg
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Abb. 147: Gruppenbild der Teilnehmer des Textil-Workshops in Ulan Bator, Mongolei. © Institut für Konservierung und Restaurierung, Universität für angewandte Kunst Wien, Britta Schwenck
Abb. 148: Gruppenbild der Teilnehmer des Textil-Workshops in New Delhi, Indien. © Institut für Konservierung und Restaurierung, Universität für angewandte Kunst Wien, Martina Griesser-Stermscheg
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Abb. 149: Erkennen von Schadensbildern an ausgewählten Objekten des Bogd Khaan Palace Museums. © Institut für Konservierung und Restaurierung, Universität für angewandte Kunst Wien, Britta Schwenck
Abb. 150: Anfertigung von Stützkonstruktionen für ausgewählte Objekte des Bogd Khaan Palace Museums. © Institut für Konservierung und Restaurierung, Universität für angewandte Kunst Wien, Britta Schwenck
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Fig. 151: Inauguration of the Exhibition entitled “Nako – Living Cultural Heritage in the Western Himalayas” by Stefan Olah, held on February 19, 2011. © National Museum Institute New Delhi
Fig. 152: Visual Examination and Documentation of textile objects during the workshop “Historic Textiles in Museums; Conservation and Display, Museology and Education”, held on February 11 – 15, 2013. © National Museum Institute New Delhi
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Fig. 153: Rolling of a five metres long silk saree to be kept in the storage during the workshop “Historic Textiles in Museums; Conservation and Display, Museology and Education”, held on February 11 – 15, 2013. © National Museum Institute New Delhi
Fig. 154: Workshop in the object conservation lab: joining of ceramics. © National Museum Institute
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Fig. 155: Hands-on chemistry. © National Museum Institute
Fig. 156: Workshop in the painting conservation lab: condition report. © National Museum Institute
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Fig. 157: Workshop in the painting conservation lab: cleaning. © National Museum Institute
Fig. 158: Workshop in the textile conservation lab: labelling with the typing machine. © National Museum Institute
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Fig. 159: Museology workshop. © National Museum Institute
Fig. 160: Group-picture: students and team of NMI and team of the Institute of Conservation. © National Museum Institute
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