Branchenuntersuchung Ernährungsindustrie: Mit Beiträgen von Klaus Grefermann / Susanne Nassua / Luitpold Uhlmann [1 ed.] 9783428488186, 9783428088188

Das deutsche Ernährungsgewerbe ist mit einer Reihe von strukturellen Problemen konfrontiert, die seine Wettbewerbsfähigk

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German Pages 288 Year 1996

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Branchenuntersuchung Ernährungsindustrie: Mit Beiträgen von Klaus Grefermann / Susanne Nassua / Luitpold Uhlmann [1 ed.]
 9783428488186, 9783428088188

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MICHAEL BREITENACHER · UWE CHR. TÄGER

Branchenuntersuchung Ernährungsindustrie

ifo Struktur und Wachstum · Reihe Industrie Heft 48

Branchenuntersuchung Ernährungsindustrie

Von

Michael Breitenacher · Uwe Christian Täger mit Beiträgen von Klaus Grefermann · Susanne Nassua Luitpold Uhlmann

Duncker & Humblot · Berlin I München

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme

Breitenacher, Michael: Branchenuntersuchung Ernährungsindustrie I von Michael Breitenacher ; Uwe Christian Täger. Mit Beitr. von Klaus Grefermann ... - Berlin ; München : Duncker und Humblot, 1996 (Struktur und Wachstum : Reihe Industrie ; H. 48) ISBN 3-428-08818-2 NE: Täger, Uwe:; Struktur und Wachstum I Reihe Industrie

Alle Rechte vorbehalten © 1996 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fotoprint: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0536-1621 ISBN 3-428-08818-2 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 oo

Vorwort

Das ifo Institut für Wirtschaftsforschung sieht eine seiner Hauptaufgaben darin, die strukturellen Veränderungen innerhalb einer wachsenden Wirtschaft zu analysieren. Es hat deshalb die Schriftenreihe "Struktur und Wachstum" ins Leben gerufen. ln zwangloser Folge erscheinen Studien über Strukturveränderungen und die sich daraus ergebenden Wachstumschancen dieser Bereiche. Die "Reihe Industrie" vermittelt einen Einblick in Strukturwandlungen und deren Ursachen in wichtigen Industriegruppen der Bundesrepublik. Die Untersuchungen werden in den Branchenreferaten der Abteilung Industrie durchgeführt. Die vorliegende Studie über die Ernährungsindustrie wurde in Zusammenarbeit mit der Abteilung Handel und Wettbewerb erstellt. Sie schließt in zeitlicher Hinsicht an eine Untersuchung aus dem Jahr 1990 an, greift jedoch neue strukturelle Probleme der Branche auf. Vor dem Hintergrund eines zunehmend kritischer gewordenen Kaufverhaltens der Verbraucher, der aus der deutschen Vereinigung resultierenden Probleme und der Veränderungen im internationalen Umfeld werden die Wettbewerbsfähigkeit des west- und ostdeutschen Ernährungsgewerbes und seine Entwicklungsperspektiven diskutiert. Besondere Beachtung gilt außerdem der Analyse der sich weiterhin intensivierenden Wettbewerbsbeziehungen zwischen den Unternehmen der Ernährungsindustrie und dem Handel. Das Bundesministerium für Wirtschaft hat die Studie finanziell unterstützt.

München, Dezember 1995 Prof. Dr. K. H. Oppenländer Präsident des ifo Instituts für Wirtschaftsforschung

Inhaltsverzeichnis

1. Einführung 1.1 1.2 1.3

Problemstellung Zielsetzung und Aufbau der Studie Untersuchungszeitraum

1 1 3

2. Entwicklung und Struktur des Ernährungsgewerbes

4

2.1

Bedeutung der Branche

2.1 .1 2.1.2 2.1 .3 2.1.4 2.1.5 2.2

2.3

2.4

Charakterisierung des Ernährungsgewerbes Stellung in der Gesamtwirtschaft Stellung im verarbeitenden Gewerbe Regionale Verteilung Bedeutung der Branche in der EU

4 4

7

9 12 15

Produktion

19

2.2.1 2.2:2 2.2.3

19 22 25

Zusammensetzung der Bruttoproduktion Entwicklung der Nettoproduktion Branchenentwicklung und -struktur

Produktionsfaktoren und technischer Fortschritt

29

2.3.1 2.3.2 2.3.3 2.3.4 2.3.5

29 32 35 38

Beschäftigte Bruttoanlagevermögen Entwicklung der Betriebsgröße Produktivität und technischer Fortschritt Umweltschutz, Materialverbrauch und Abfallbeseitigung

43

Außenwirtschaftliche Verflechtung

45

2.4.1 2.4.2

45 50

Außenhandel mit Gütern des Ernährungsgewerbes Direktinvestitionen und Lizenzen

2.5

Nachfrageentwicklung

54

2.6

Kosten- und Ertragslage

60

2.6.1 2.6.2 2.6.3

60 63 66

Entwicklung der Kostenstruktur Entwicklung der Ertragslage Entwicklung der Vermögens- und Kapitalstruktur

VII

3. Der Umstrukturierungsprozeß des Ernährungsgewerbes in den neuen Bundesländern 3.1

Entwicklung von Produktion und Produktionsfaktoren im ostdeutschen Ernährungsgewerbe 3.1.1 3.1.2 3.1.3 3.1 .4 3.1.5 3.1.6

3.2

Produktion und Umsatz Betriebe, Unternehmen und Beschäftigte Investitionen Produktivität und Lohnkosten Ertragslage Auslandsumsatz

Absatzchancen und -probleme des ostdeutschen Ernährungsgewerbes 3.2.1 3.2.2 3.2.3 3.2.4 3.2.5 3.2.6 3.2. 7

Hersteller und Absatzmärkte Akzeptanz ostdeutscher Produkte bei den Verbrauchern Marktzutrittsbarrieren in Ost- und Westdeutschland Marktausrichtung des Managements Gestaltung der Absatzinstrumente Mögliche Strategien zur Sicherung der Unternehmen Absatzchancen und -probleme des ostdeutschen Ernährungsgewerbes im internationalen Wettbewerb

4. Die Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Ernährungsgewerbes aus nationaler und internationaler Sicht 4.1

4.2

70 70 74 77 81

85 87

90 90 94 99 101 103 110 112

116

Auswirkungen der für die Ernährungsindustrie relevanten staatlichen Maßnahmen

117

4.1.1 4.1.2 4.1.3

117 118 129

Wirkungen der jüngsten GATT-Runde Maßnahmen auf EU-Ebene Nationale Maßnahmen

Die internationale Wettbewerbsfähigkeit des Ernährungsgewerbes 4.2.1 4.2.2 4.2.3

VIII

70

Vergleich der Erfindungsaktivitäten in ausgewählten Ländern Gentechnik in der Lebensmittelindustrie Stellung der Branche in Europa und auf den Weltmärkten

133 133 135 140

4.3

Unternehmensgrößen und Kapazitäten 4.3.1 4.3.2 4.3.3

Unternehmensgrößenstruktur und Konzentration EU-Binnenmarkt und Unternehmensgrößen Kapazitäten

5. Handel mit Nahrungs- und Genußmitteln 5.1 Grundlegende Entwicklungen in der Distribution 5.2 Entwicklung der Handelsbereiche 5.3 Distribution auf der Großhandelsstufe 5.3.1 5.3.2 5.3.3 5.3.4 5.3.5 5.4

Distribution auf der Einzelhandelsstufe 5.4.1 5.4.2 5.4.3 5.4.4

5.5

Bedeutung des Großhandels für den Absatz von Nahrungs- und Genußmitteln Entwicklung der Unternehmen und der Umsätze Größenstrukturen und Umsatzkonzentration Kosten und Erträge sowie Umschlagshäufigkeit Strategien von Großhandelsunternehmen

Generelle Entwicklungen im Lebensmitteleinzelhandel Entwicklungen in den einzelnen Fachzweigen Größenstrukturen und Konzentration Erträge und Kosten

Wettbewerbspolitische Entwicklungen

6. Entwicklungsperspektiven 6.1

147 151 153 157 157 159 163 163 165 167 173 177

181 181 185 190 196 202 209

Perspektiven des deutschen Ernährungsgewerbes

209

6.1.1 6.1 .2 6.1.3

209 210

6.1.4 6.2

147

Ausgangslage Defizite des deutschen Ernährungsgewerbes Anstehende Veränderungen im Umfeld des deutschen Ernährungsgewerbes Zukünftige Chancen des deutschen Ernährungsgewerbes

Perspektiven im Handel mit Nahrungs- und Genußmitteln 6.2.1

Neue Formen der Zusammenarbeit zwischen den an der Vermarktung von Gütern der Ernährungsindustrie beteiligten Unternehmen

211 212 217

217

IX

6.2.2 6.2.3 6.2.4 6.2.5 6.3

Ausbau der handelsseitigen Preissegmentierung von Ernährungsgütern Ausbau und Verfeinerung von BetriebstypenKonzepten Künftige Aktivitäten der großen Handelsunternehmen hinsichtlich ihrer Positionierung in der Distribution von Gütern der ErnähruntJsindustrie Absatzhemmnisse ostdeutscher Hersteller

Wirtschaftspolitische Schlußfolgerungen

219 220 222 223 223

Literaturverzeichnis

227

Tabellenanhang

233

Tabellenverzeichnis Tab.-Nr. 2-1

Bruttowertschöpfung und Beitrag des Ernährungsgewerbes zum Bruttoinlandsprodukt

8

2-2

Erwerbstätige und Arbeitnehmer im Ernährungsgewerbe im früheren Bundesgebiet

8

2-3

Bruttoanlagevermögen im Ernährungsgewerbe im früheren Bundesgebiet

9

2-4

Stellung und Entwicklung des Ernährungsgewerbes im Rahmen des verarbeitenden Gewerbes, 1988 und 1993

10

2-5

Umsatz und Beschäftigte des Nahrungs- und Genußmittelgewerbes nach Bundesländern

13

2-6

Struktur des Bruttoproduktionswerts im Ernährungsgewerbe und im verarbeitenden Gewerbe

20

2-7

Entwicklung des Index der Nettoproduktion im Ernährungsgewerbe der Bundesrepublik Deutschland

26

2-8

Arbeitseinsatz im Ernährungsgewerbe und im verarbeitenden Gewerbe

30

2-9

Struktur der Arbeitnehmer nach der Stellung im Betrieb im Nahrungs- und Genußmittelgewerbe und im verarbeitenden Gewerbe 1993

31

Kapitalintensität und -koeffizient im Ernährungsgewerbe und im verarbeitenden Gewerbe des früheren Bundesgebiets

33

2-11

Bruttoanlageinvestitionen des Ernährungsgewerbes

34

2-12

Investitionskennziffern des Ernährungsgewerbes im früheren Bundesgebiet

36

2-13

Betriebsgrößenstruktur des Ernährungsgewerbes

37

2-14

Index der Arbeitsproduktivität für das Ernährungsgewerbe, das Verbrauchsgüter produzierende Gewerbe und das verarbeitende Gewerbe

39

2-10

XI

Tab.-Nr. 2-15

Zielsetzung der Investitionstätigkeit im Nahrungs- und Genußmittelgewerbe und im verarbeitenden Gewerbe

41

2-16

Investitionen für Umweltschutz im Ernährungsgewerbe, im Verbrauchsgüter produzierenden Gewerbe und im verarbeitenden Gewerbe

44

Abfallmengen im Ernährungsgewerbe, im Verbrauchsgüter produzierenden Gewerbe und im verarbeitenden Gewerbe im Jahr 1987

45

2-18

Außenhandel der Bundesrepublik Deutschland mit Erzeugnissen des Ernährungsgewerbes

46

2-19

Index der Import- und Exportpreise

47

2-20

Außenhandelsquoten der Bundesrepublik Deutschland bei Erzeugnissen des Ernährungsgewerbes

49

2-21

Unmittelbare und mittelbare deutsche Direktinvestitionen im Ausland

51

2-22

Unmittelbare und mittelbare ausländische Direktinvestitionen in Deutschland im Ernährungsgewerbe

52

2-23

Patent- und Lizenzverkehr des Nahrungs- und Genußmittelgewerbes mit dem Ausland

53

2-24

Struktur des Privaten Verbrauchs in jeweiligen Preisen

55

2-25

Struktur des privaten Verbrauchs an Nahrungsmitteln

57

2-26

Kostenstruktur im Ernährungsgewerbe, im Verbrauchsgüter produzierenden Gewerbe und im verarbeitenden Gewerbe in den Jahren 1988 und 1992

61

Inputpreisindizes des Ernährungsgewerbes und des produzierenden Gewerbes

62

2-28

Preise für Erzeugnisse des Ernährungsgewerbes (früheres Bundesgebiet)

64

2-29

Umsatzrendite und Cash Flow im Ernährungsgewerbe und im verarbeitenden Gewerbe insgesamt

65

2-17

2-27

XII

Tab.-Nr. 2-30

Verhältnisszahlen zur Vermögens- und Kapitalstruktur des Ernährungsgewerbes und des verarbeitenden Gewerbes

68

Entwicklung des Index der Nettoproduktion im Ernährungsgewerbe der neuen Länder und Berlin-Ost

72

Anteil des Ernährungsgewerbes der neuen Länder und Berlin-Ost am Umsatz des Bergbaus und verarbeitenden Gewerbes

73

Stellung der neuen Länder und Berlin-Ost im Ernährungsgewerbe Deutschlands nach Beschäftigung und Umsatz

74

Vergleich verschiedener Kennzahlen für Beschäftigung und Umsatz der Unternehmen und Betriebe im Ernährungsgewerbe der neuen und alten Bundesländer

76

Investitionen im Nahrungs- und Genußmittelgewerbe 1991 bis 1994

78

Gesamtkosten und Kostenarten im Ernährungsgewerbe in Relation zum Bruttoproduktionswert

85

Auslandsumsatz des Nahrungs- und Genußmittelgewerbes

88

Außenhandel der neuen Länder und Berlin (Ost) mit Nahrungsmitteln und Getränken

89

Rangfolge der von den Verbrauchern in den alten und den neuen Bundesländern als wichtig erachteten Kriterien für eine Kaufentscheidung

96

Verbrauchsteuersätze für Alkohol und alkoholische Getränke

129

4-2

Erfindungsaktivitäten im Bereich Ernährung in ausgewählten Ländern

134

4-3

Exportanteil der einzelnen Länder an den gesamten Exportender EG-9 (EG-12) im Bereich der Land- und Ernährungswirtschaft

143

3-1 3-2

3-3

3-4

3-5 3-6 3-7 3-8 3-9

4-1

XIII

Tab.-Nr. 4-4

Vergleich der Wettbewerbsfähigkeit der Land- und Ernährungswirtschaft in ausgewählten Ländern (RCA-Nettoexport-lndicators)

144

Vergleich der Wettbewerbsfähigkeit der Land- und Ernährungswirtschaft in ausgewählten Ländern (RCA-Export-lndicators)

145

Entwicklung der Wettbewerbsfähigkeit ausgewählter Sektoren in Deutschland (RCA-Nettoexport-lndicators)

145

4-7

Unternehmensgrößenstruktur des Ernährungsgewerbes

147

4-8

Anteil der zehn größten Unternehmen am Umsatz des Ernährungsgewerbes

148

Kapazitätsausnutzung im Ernährungsgewerbe des früheren Bundesgebiets

155

Entwicklung der Handelszweige mit Nahrungs- und Genußmitteln von 1986 bis 1992 (alte Bundesländer)

161

Unternehmen und Umsatz im Großhandel mit Nahrungsund Genußmitteln nach ausgewählten Wirtschaftszweigen in den Jahren 1980, 1992 und 1994

166

Struktur des Großhandels mit Nahrungs- und Genußmitteln im Jahre 1992

169

Größenstruktur in ausgewählten Wirtschaftszweigen des Großhandels mit Nahrungs- und Genußmitteln

171

Umsatz-Konzentration der größten Unternehmen im Großhandel mit Nahrungsmitteln, Getränken, Tabakwaren nach wichtigen Fachzweigen im Jahre 1991

172

Entwicklung des Rohertrags und der Kosten sowie der Umschlagshäufigkeit in ausgewählten Wirtschaftszweigen des Nahrungsmittelgroßhandels von 1976 bis 1988

175

Entwicklung des Rohertrags und der Kosten sowie der Umschlagshäufigkeit nach Umsatzgrößen des Sortimentsgroßhandels mit Nahrungsmitteln von 1976 bis 1988

176

4-5

4-6

4-9 5-1 5-2

5-3 5-4 5-5

5-6

5-7

XIV

Tab.-Nr. Entwicklung der Zahl und des Umsatzes der selbständigen Einzelhandelsunternehmen und der Filialgeschäfte im Lebensmitteleinzelhandel (1980 bis 1993)

184

Wareneingang und Bezugswege im Einzelhandel mit Nahrungsmitteln, Getränken, Tabakwaren, 1979, 1985 und 1991

186

Unternehmen und Umsatz im Einzelhandel mit Nahrungsund Genußmitteln nach Wirtschafts- und Fachzweigen (alte Bundesländer) in den Jahren 1988 und 1992

188

5-11

Struktur des Einzelhandels mit Nahrungs- und Genußmitteln im Jahre 1992

193

5-12

Vergleich der Größenstrukturen in Fachzweigen des Einzelhandels mit Nahrungs- und Genußmitteln

194

Entwicklung der Konzentration im Einzelhandel insgesamt und im Einzelhandel mit Nahrungsmitteln, 1989 und 1991 (alte Bundesländer)

195

Entwicklung der Umsatzkonzentration der 20 größten Unternehmen im Lebensmittelhandel von 1991 bis 1994

197

5-15

Entwicklung von Leistungs- und Kostenzahlen im Lebensmitteleinzelhandel von 1985 bis 1993

199

5-16

Entwicklung des Rohertrags und der Personalaufwendungen im Nahrungsmitteleinzelhandel nach Umsatzund Beschäftigtengrößenklassen 1988, 1991 und 1992

201

Entwicklung der Zahl und des Umsatzes von Einzelhandelstypen im Lebensmitteleinzelhandel von 1990 bis 1993

204

Bedeutung von Nahrungs- und Genußmitteln am gesamten Beschaffungsumsatz ausgewählter Ladenerscheinungsformen des Einzelhandels, 1979, 1985 und 1991

205

5-19

Entwicklung der REWE-Handelsgruppe von 1988 bis 1994

207

5-20

Die 10 größten Unternehmen des Lebensmittelhandels nach Food- und Non-Feod-Angeboten, 1990, 1993

208

5-8

5-9

5-10

5-13

5-14

5-17

5-18

XV

Tabellen im Anhang Tab.-Nr. A 2-1

Umsatz und Beschäftigte des Ernährungsgewerbes nach Bundesländern

235

Entwicklung des Index der Nettoproduktion im Ernährungsgewerbe des früheren Bundesgebiets

236

Produktion nach Zweigen des Ernährungsgewerbes (früheres Bundesgebiet) in Preisen von 1985

237

A 2-4

Beschäftigte im Ernährungsgewerbe

238

A 2-5

Qualifikationsstruktur der Beschäftigten

239

A 2-6

Durchschnittsalter des Anlagevermögens im Nahrungsund Genußmittelgewerbe

240

A 2-7

Beschäftigte je Betrieb in den Zweigen des Ernährungsgewerbes

241

A 2-8

Index der Arbeitsproduktivität in den Zweigen des Ernährungsgewerbes

242

Regionale Struktur der Exporte der Bundesrepublik Deutschland an Erzeugnissen des Ernährungsgewerbes (einschl. Tabakwaren)

243

A 2-10 Regionale Struktur der Importe der Bundesrepublik Deutschland an Erzeugnissen des Ernährungsgewerbes (einschl. Tabakwaren)

244

A 2-11 Ausfuhr nach Zweigen des Ernährungsgewerbes

245

A 2-12 Einfuhr nach Zweigen des Ernährungsgewerbes

246

A 2-13 Marktversorgung nach Zweigen des Ernährungsgewerbes

247

A 2-14 Jahresüberschuß vor Steueren in % vom Bruttoproduktionswert im Ernährungsgewerbe nach BeschäftigtengröBenklassen

248

A 2-2 A 2-3

A 2-9

XVI

Tab.-Nr. A 2-15 Jahresüberschuß vor Steuern in % des Bruttoproduktionswertes nach Wirtschaftszweigen des Ernährungsgewerbes im Zeitraum 1981 bis 1991 (nur ABL)

249

A 3-1

Struktur des Umsatzes nach Zweigen des Ernährungsgewerbes für fachliche Betriebsteile

250

A 3-2

Beschäftigung und Umsatz der Unternehmen und Betriebe im Ernährungsgewerbe

251

A 3-3

Stellung der neuen Länder und Berlin-Ost in Zweigen des Ernährungsgewerbes Deutschlands nach Beschäftigung und Umsatz

252

Kennzahlen für Beschäftigung und Umsatz der Unternehmen und Betriebe im Ernährungsgewerbe

253

A 3-5

Beschäftigung, Umsatz und Investitionen der Betriebe im Nahrungs- und Genußmittelgewerbe

254

A 3-6

Beschäftigung, Umsatz und Investitionen der Unternehmen im Nahrungs- und Genußmittelgewerbe

255

Kennzahlen für Beschäftigung und Umsatz in Zweigen des Ernährungsgewerbes der neuen Länder und BerlinOst

256

Vergleich von Kennzahlen für Beschäftigung und Umsatz in Zweigen des Ernährungsgewerbes der neuen und alten Bundesländer

257

Beschäftigung und Umsatz der Betriebe in Zweigen des Ernährungsgewerbes Berlin-Ost

258

A 3-10 Beschäftigung und Umsatz der Betriebe in Zweigen des Ernährungsgewerbes Brandenburgs

259

A 3-11 Beschäftigung und Umsatz der Betriebe in Zweigen des Ernährungsgewerbes Mecklenburg-Vorpommerns

260

A 3-12 Beschäftigung und Umsatz der Betriebe in Zweigen des Ernährungsgewerbes Sachsens

261

A 3-4

A 3-7

A 3-8

A 3-9

2 Breitenacherlräger

XVII

Tab.-Nr. A 3-13 Beschäftigung und Umsatz der Betriebe in Zweigen des Ernährungsgewerbes Sachsen-Anhalts

262

A 3-14 Beschäftigung und Umsatz der Betriebe in Zweigen des Ernährungsgewerbes Thüringens

263

A 4-1

Anteil der Bundesrepublik Deutschland an den Erfindungen im Bereich Ernährung

264

A 4-2

Relative Position des Bereichs Ernährung bei Erfindungen in der Bundesrepublik Deutschland

265

A 4-3

Anteil der drei größten Anbieter am Produktionswert der Güterklassen des Ernährungsgewerbes

266

A 4-4

Unternehmenskonzentration im Ernährungsgewerbe

267

Abbildungsverzeichnis Abb.-Nr. 2-1

Struktur des Nahrungs- und Genußmittelgewerbes in der EU, 1992

16

Außenhandelsbeziehungen der EU bei Nahrungs- und Genußmitteln, 1992

18

2-3

Entwicklung der Produktion des Ernährungsgewerbes

24

2-4

Ertragslage des Ernährungsgewerbes

67

3-1

Investitionen je Beschäftigten im Nahrungs- und Genußmittalgewerbe der neuen und alten Länder

79

3-2

Kennzahlen für Beschäftigte, Löhne und Gehälter und Umsatz in Betrieben des Ernährungsgewerbes

82

Vergleich der Kennzahlen für Beschäftigte, Löhne und Gehälter und Umsatz in Betrieben des Ernährungsgewerbes der neuen und alten Bundesländer

83

Von den Verbrauchern regelmäßig gekaufte Erzeugnisse aus den neuen Ländern

93

Absatzprobleme von Erzeugnissen aus den neuen Ländern

94

Grundsätzliches Interesse der Verbraucher am Kauf ostdeutscher Produkte

95

2-2

3-3

3-4 3-5 3-6 4-1 4-2 4-3

4-4

2"

Verbrauch von Verpackungsmaterial im verarbeitenden Gewerbe, 1990

130

Verbrauch von Verpackungsmaterial im Ernährungsgewerbe, 1990

131

Nahrungs- und Genußmittelgewerbe, ausgewählte Verhältniszahlen im internationalen Vergleich im Jahr 1990

142

Umsatzrendite im Ernährungsgewerbe und im Einzelhandel

156

XIX

Abb.-Nr.

5-1

Entwicklung der Umsätze im Einzelhandel insgesamt und im Einzelhandel mit Nahrungs- und Genußmitteln von 1986 bis 1994

182

5-2

Umsatzentwicklung im Sortimentseinzelhandel mit Nahrungs- und Genußmitteln nach Umsatzgrößenklassen

191

6-1

Einschätzung der Wettbewerbsfähigkeit ausgewählter Wirtschaftszweige in Ostdeutschland im Vergleich zum jeweiligen westdeutschen Niveau

215

1. Einführung 1.1

Problemstellung

Das deutsche Ernährungsgewerbe ist gegenwärtig mit einer Reihe von strukturellen Problemen konfrontiert, die seine Wettbewerbsfähigkeit nachhaltig beeinträchtigen können. Dabei handelt es sich z.B. um Veränderungen im Verbraucherverhalten, die in der gegenwärtigen Situation besonders pointiert hervortreten, um aus der deutschen Vereinigung resultierende Probleme (z.B. Überkapazitäten, mangelnde Akzeptanz der Ostprodukte in den alten Bundesländern), um die Folgen gravierender Veränderungen im internationalen Umfeld (lnternationalisierungstendenzen, Fall des Eisernen Vorhangs, Reform der Agrarpolitik in der EG) und um eine Fülle rechtlicher Regelungen z.B. im Lebensmittel- und Verpackungsrecht, welche zum Teil mit der Verwirklichung des EG-Binnenmarktes zusammenhängen. Angesichts der neuen Herausforderungen, denen sich das deutsche Ernährungsgewerbe gegen übersieht, hat das Bundesministerium für Wirtschaft eine Branchenuntersuchung "Ernährungsindustrie" in Auftrag gegeben.

1.2 Zielsetzung und Aufbau der Studie Die Untersuchung soll an eine gleichnamige Studie des ifo Instituts aus dem Jahr 1990 anknüpfen, in der die Entwicklung der Branche bis 1988 analysiert ist. 1 Sie orientiert sich also insofern an dem allgemeinen Gliederungsschema für Branchenbilder des Bundesministeriums für Wirtschaft. Darüber hinaus soll das Forschungsprojekt noch folgende Schwerpunkte abdecken:

-

1

Auswirkungen der für die Ernährungsindustrie besonders hohen Regelungsdichte; Auswirkungen des europäischen Binnenmarktes auf die Unternehmensstruktur; die Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Ernährungsgewerbes;

Vgl. Breitenacher, M., U.Chr. Täger, Ernährungsindustrie - Strukturwandlungen in Produktion und Absatz, Struktur und Wachstum, Reihe Industrie, H. 46, Berlin-München 1990.

der Umstrukturierungsprozeß des Ernährungsgewerbes in den neuen Bundesländern. Die vom Auftraggeber gewünschte Analyse der Schwerpunktthemen wird teils in das erwähnte Gliederungsschema integriert, teils in separaten Untersuchungsabschnitten dargestellt. Es werden fünf Untersuchungsschwerpunkte gebildet: Im ersten Untersuchungsteil (Punkt 2 der Gliederung), der vorwiegend deskriptiver Art ist, werden Entwicklung und Struktur des deutschen Ernährungsgewerbes dargestellt, und zwar schwerpunktmäßig für die alten Bundesländer.2 Es geht hier um die Analyse der Produktion und der Produktionsfaktoren, der Produktivität und des technischen Fortschritts, der außenwirtschaftliehen Verflechtung, der Nachfrageentwicklung und der Kosten- und Ertragslage. Der zweite Untersuchungsteil (Punkt 3 der Gliederung) befaßt sich mit dem Umstrukturierungsprozeß des Ernährungsgewerbes in den neuen Bundesländern. Dabei wird zum einen auf die Entwicklung von Produktion, Produktionsfaktoren, Auslandsumsatz und Ertragslage, zum anderen auf Absatzchancen und Probleme des ostdeutschen Ernährungsgewerbes eingegangen. Im Mittelpunkt des dritten Untersuchungsteils (Punkt 4 der Gliederung) steht die Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Ernährungsgewerbes, und zwar sowohl aus nationaler als auch aus internationaler Sicht. Dabei geht es um die Auswirkungen der für die Ernährungsindustrie besonders hohen Regelungsdichte, um die Analyse der internationalen Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Ernährungsgewerbes anhand einiger Indikatoren sowie um die Darlegung der Unternehmensstruktur der Lebensmittelproduzenten. ln diesem Zusammenhang wird auch auf den Einfluß des EG-Binnenmarktes auf die Unternehmensstruktur eingegangen.

2

2

Die Zahlen der Tabellen und Abbildungen beziehen sich, soweit nicht anders angegeben, auf den Gebietsstand des früheren Bundesgebiets. Dem Ernährungsgewerbe in den neuen Bundesländern ist ein eigenes Kapitel gewidmet (zweiter Untersuchungsteil).

Im vierten Untersuchungsteil (Punkt 5 der Gliederung) werden die Distributionsstrukturen für Erzeugnisse des Ernährungsgewerbes analysiert, wobei insbesondere die Wettbewerbsbeziehungen zwischen Industrie und Handel erörtert werden. Der letzte Untersuchungsteil (Punkt 6 der Gliederung) befaßt sich schließlich mit den Entwicklungsperspektiven des Ernährungsgewerbes, wobei auch auf mögliche Anpassungsstrategien eingegangen wird.

1.3 Untersuchungszeltraum Da der Forschungsauftrag, wie erwähnt, an eine frühere Studie anschließt, beginnt der Untersuchungszeitraum grundsätzlich erst 1988. Dabei ergibt sich für die Interpretation der Daten eine prinzipielle Schwierigkeit, die ihre Ursache in der Wiedervereinigung hat. Wie in den Gliederungspunkten 2 und 3 noch ausführlich dargelegt wird, bescherte die Wiedervereinigung dem westdeutschen Ernährungsgewerbe in den Jahren 1990 und 1991 einen Nachfrageboom. Als Reaktion darauf war in den Folgejahren eine Schrumpfung der Nachfrage zu verzeichnen. Die Endpunkte des Untersuchungszeitraums (1988 und 1994) dürften für das westdeutsche Ernährungsgewerbe wieder als weitgehend "normale" Jahre angesehen werden. Die Entwicklung in den neuen Bundesländern verlief seit 1990 spiegelbildlich zu jener im früheren Bundesgebiet. Der steile Produktionsanstieg seit 1992 ist Ausdruck des tiefgreifenden Umstrukturierungsprozesses des Ernährungsgewerbes in Ostdeutschland, der in Kapitel 2 dieser Untersuchung näher dargestellt wird. Die Entwicklungstendenzen des Ernährungsgewerbes in den alten und neuen Bundesländern lassen sich für den Untersuchungszeitraum aus Abbildung 2-3 ersehen, in der die jeweiligen Produktionsindizes dargestellt sind.3

3

Sowohl die Abbildungen als auch die Tabellen werden für jeden Untersuchungsteil neu durchnumeriert.

3

2. Entwicklung und Struktur des Ernährungsgewerbes 2.1 2.1.1

Bedeutung der Branche Charakterislerung des Ernährungsgewerbes

Das "Ernährungsgewerbe" umfaßt in der Abgrenzung der "Systematik der Wirtschaftszweige, Ausgabe 1979, Fassung für die Statistik im Produzierenden Gewerbe (SYPRO)", die für den Referenzzeitraum dieser Studie maßgebend war, ein breites Spektrum von Fachzweigen. Es reicht von den Mühlen über die früher so bezeichneten "Kolonialwaren", Milchprodukte, Fleisch und Fisch sowie die daraus hergestellten Produkte bis hin zu alkoholischen und nicht-alkoholischen Produkten. Dabei bietet die Abgrenzung des Ernährungsgewerbes vor allem gegenüber den vorgelagerten primären Sektoren Landwirtschaft und Fischerei Schwierigkeiten. Das Statistische Bundesamt benutzt dazu als Unterscheidungskriterium den Standort der Erzeugung. Beispielsweise zählt die Fischverarbeitung an Land zum Ernährungsgewerbe, während die entsprechenden Fabrikschiffe der Fischerei zugeordnet werden. Bei den Schlachthäusern werden nur gewerbliche, nicht hingegen kommunale Betriebe dem Ernährungsgewerbe zugerechnet. Gegenüber den nachgeschalteten Bereichen, insbesondere gegenüber dem Handel, ist die Abgrenzung prinzipiell weniger problematisch. Lediglich beim Röstkaffee war eine Unterscheidung notwendig: Hier zählen zum Ernährungsgewerbe die Kaffeegroßröstereien. Allerdings ist, wie in anderen Branchen auch, hier die Abgrenzung zwischen Industrie und Dienstleistungen in den letzten Jahren verschwommener geworden. Im Zuge der Rückbesinnung auf das eigentliche Kerngeschäft haben viele Unternehmen ihre produktionsnahen Dienstleistungen ausgegliedert und verselbständigt. Dies gilt z.B. für Spezialtransporte (Kühlkette) sowie für das Abfüllen und Verpacken, wo im Lohnauftrag arbeitende selbständige Betriebe oder eigene Tochtergesellschaften diese Funktionen übernommen haben. Die Ernährungswirtschaft hat wie kaum eine andere Branche vom sich differenzierenden Verbrauchergeschmack profitieren können. Standen in der früheren Jahren die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit (Grund-) Nahrungsmitteln, das "Satt-zu-essen-haben" im Vordergrund, so hat sich das

4

Angebot immer mehr verbreitert und der Branche ein zwar schwaches, aber kontinuierliches Wachstum ermöglicht, obwohl doch die "Sättigungsgrenze" eigentlich längst hätte erreicht sein sollen. Dieses Wachstum hat denn auch fast ausschließlich von der qualitativen Komponente profitiert und bezieht seine Impulse aus unterschiedlichen Quellen: So werden beispielsweise spezielle Alters- {Säuglings-, Kinder- und Seniorennahrung) oder sonstige Gruppen {Sportlernahrung, Diätetische Lebensmittel) der Bevölkerung angesprochen oder exotische Gerichte angeboten. Die Gesundheits- und Fitnaßwelle hat ebenso zur Angebotsdifferenzierung beigetragen wie die Convenience-Bestrebungen. Letztere haben insbesondere die Entwicklung bei vorbereiteten oder sogar vorgekochten Gerichten begünstigt. Dabei hat die zunehmende Ausstattung der Haushalte mit Kühleinrichtungen 1 insbesondere die Tiefkühlkost zum Wachstumssektor werden lassen. Vorbereitete Nahrungsmittel werden inzwischen auch in steigendem Maße in der Gastronomie eingesetzt, um Kosten zu sparen. Nicht nur hinsichtlich der Produktpalette, sondern auch hinsichtlich der Unternehmensgröße ist das Ernährungsgewerbe sehr heterogen. Es finden sich neben den "National Players" auch "European Players" sowie eine große Anzahl von "Global Players". So entfielen 10 % des Umsatzes (1992) der 200 größten Industrieunternehmen der Welt auf die Nahrungsmittelproduzenten {einseht. Tabakverarbeiter). 2 Bei diesen großen Unternehmen handelt es sich bis auf eine Ausnahme {Unilever) um multinationale Mischkonzerne, die ihren Sitz außerhalb der EU in den USA oder anderen Ländern haben. Auf der anderen Seite betätigen sich aber auch eine Fülle von kleinen und mittleren Unternehmen in Sortiments- oder Regionalnischen. Trotz des technischen Fortschritts bei der Aufbereitung, Verarbeitung und Veredelung landwirtschaftlicher Produkte sowie der Internationalisierung der entsprechenden Märkte und trotz des auch in dieser Branche fortschreitenden Konzentrationsprozesses haben diese kleinen und mittleren Unternehmen noch eine beachtliche Bedeutung behalten können.

1 2

95% der Haushalte verfügten 1993 über einen Kühlschrank, 65% über ein Gefriergerät. Europäische Kommission (Hrsg.), Die größten Industriekonzerne der Weit, in: Panorama der EU-Industrie 1994, Luxemburg 1994, S. 79.

5

Wenn in Deutschland auch die Ernährungsindustrie immer mehr das Ernährungshandwerk überflügelt hat, so bilden die Nahrungsmittelhandwerke dennoch nach wie vor einen wichtigen Pfeiler für die Versorgung der Bevölkerung mit Ernährungsgütern. Diese starke Position wird aus einem Vergleich der entsprechenden Umsatzzahlen deutlich: Im Jahr 1993 entfiel in den alten Bundesländern auf die Nahrungsmittelhandwerke ein Umsatz von rund 60 Mrd. DM.3 Dem stand ein Industrieumsatz in Höhe von rund 200 Mrd. DM4 gegenüber. Noch deutlicher wird die Position bei den Beschäftigten. Das Nahrungsmittalhandwerk der alten Bundesländer bot 1993 über 480 000 Arbeitsplätze und damit sogar etwas mehr als die Ernährungsindustrie (rund 450 000). An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, daß in den im Rahmen dieser Studie vorgelegten Zahlen für das Ernährungsgewerbe das Nahrungsmittelhandwerk prinzipiell integriert ist, allerdings in den einzelnen Statistiken in unterschiedlichem Umfang: ln der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung sind sämtliche Unternehmen des Ernährungsgewerbes (und damit des Nahrungsmittelhandwerks) erfaßt. Die Statistik für das produzierende Gewerbe enthält seit 1977 auch das Nahrungsmittelhandwerk. Sie bezieht sich allerdings nur auf Unternehmen mit 20 und mehr Beschäftigten. Davon ausgenommen sind allerdings einige Zweige des Ernährungsgewerbes, bei denen die untere statistische Abschneidegrenze schon bei 10 Beschäftigten liegt. Dabei handelt es sich um:

* Herstellung von Kartoffelerzeugnissen, a.n.g. * Obst- und Gemüseverarbeitung * Talgschmelzen, Schmalzsiedereien

*

Fischverarbeitung

* Mälzerei * Alkoholbrennerei * Herstellung von Spirituosen * Mineralbrunnen, Herstellung von Mineralwasser, Limonaden * Herstellung von Futtermitteln.

3

4

6

Angabe nach Statistisches Bundesamt, Fachserie 4, Reihe 7.1 Umsatz einschließlich industrieller Kleinbetriebe, aber ohne handwerkliche Betriebe mit weniger als 20 Beschäftigten.

2.1.2 Stellung in der Gesamtwirtschaft Die volkswirtschaftliche Bedeutung des Ernährungsgewerbes, gemessen an seinem Beitrag zum Bruttoinlandsprodukt, und zwar jeweils in konstanten Preisen, hat in den letzten zwanzig Jahren im früheren Bundesgebiet abgenommen. Betrug dieser Anteil 1970 noch 3,18 %, so ist er bis 1992 über 3,08 % (1980) bereits auf 2,22 % zurückgegangen. Da das westdeutsche Ernährungsgewerbe von der Vereinigung Deutschlands im Vergleich zu anderen Branchen zunächst überproportional profitieren konnte, wurde dieser Trend in den Jahren 1990/91 unterbrochen (Tab. 2-1 ). Im übrigen erfolgte der Rückgang des in jeweiligen Preisen gemessenen Beitrags im Zeitraum 1980/1992 in etwa dem gleichen Tempo wie der in konstanten Preisen gemessene. Dies deutet darauf hin, daß die Preisentwicklung für Nahrungsmittel im Durchschnitt lag. Mit seinem Beitrag von 2,22 % zum Bruttoinlandsprodukt zählt das Ernährungsgewerbe zu den bedeutendsten Bereichen der deutschen Volkswirtschaft. Sein gesamtwirtschaftliches Gewicht wird noch eindrucksvoller, wenn man es an der Zahl der Arbeitsplätze mißt. Im Ernährungsgewerbe fanden 1993 mit 830 000 rund 2,7% aller Erwerbstätigen5 Beschäftigung. Der Anteil bei den beschäftigten Arbeitnehmern liegt sogar noch höher (Tab. 2-2) . Der rückläufige Trend bei den Arbeitsplätzen - zwischen 1970 und 1986 wurden 160 000 Erwerbstätige freigesetzt - ist in der zweiten Hälfte der achtziger Jahre zum Stillstand gekommen. Der zu beobachtende Anstieg ist jedoch im Zusammenhang mit der Vereinigung zu sehen und ist nur als vorübergehender Sondereffekt zu beurteilen. Bezogen auf den gesamten Kapitalstock der deutschen Volkswirtschaft ist der Beitrag des Ernährungsgewerbes gering und dazu auch rückläufig. Zu Beginn der siebziger Jahre betrug dieser Anteil noch 2, 15 % und ist seither kontinuierlich gesunken. Im Jahr 1993 erreichte er nur noch 1,43 % (Tab. 2-3). Dies liegt in erster Linie darin begründet, daß die kapitalintensiven Sektoren, insbesondere aus dem Bereich Verkehr und Nachrichtenübermittlung, an Bedeutung gewonnen haben, während der Sekundärsektor relativ rückläufig war. 5 Selbständige, mithelfende Familienangehörige und beschäftigte Arbeitnehmer.

7

Tabelle 2-1

Bruttowertschöpfung und Beitrag des Ernährungsgewerbes zum Bruttoinlandsprodukt im früheren Bundesgebiet Bruttowertschöpfung in Mill. DM

Jahr

in jeweiligen Preisen

1987 1988 1989 1990

50 50 51 59 62

1991 1992 Quelle:

in Preisen von 1991

660 630 950 950 630

56 56 56 61 62

63 840

090 200 190 500 630

59 890

Beitrag zum Bruttoinlandsprodukt in% in jeweiligen Preisen

in Preisen von 1991

2,55

2,53

2.42 2,34

2,44 2,36 2,44

2.47 2,37 2,27

2,37 2,22

Statistisches Bundesamt: Fachserie 18: Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung, Reihe 1.3: Konten und Standardtabellen 1993.

Tabelle 2-2 Erwerbstätige und Arbeitnehmer im Ernährungsgewerbe im früheren Bundesgebiet

Erwerbstätigea) Jahr

Arbeitnehmer

Anteil in% Anzahl in 1000

an sämta.d. Erwerbs· Iichen Ertätigen des warbstätigen verarb. Gew.

Anteil in% Anzahl in 1000

an sämtIichen Arbeitnehmern

a.d. Arbeit· nehmern des verarb. dew.

1988

800

2,70

9,34

723

2,98

8,78

1989

796

2,67

9,16

722

2,93

8,65

1990

820

2,70

9,18

742

2,92

8,65

1991

855

2,79

9,44

773

2,96

8,89

1992 1993

843

2,72

9,47

763

2,89

8,95

830

2,68

9,91

748

2,88

9,35

a) Selbständige, mithelfende Familienangehörige und Arbeitnehmer. Quelle: Statistisches Bundesamt, Fachserie 18: Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung, Reihe 1.3, Konten und Standardtabellen, 1993; Berechnungen des ifo Instituts.

8

Tabelle 2-3

Bruttoanlagevermögen im Ernährungsgewerbe im früheren Bundesgebiet

Jahr

Mill. DM in Preisen von 1991

1988

160 580

Anteil in % an ... allen Wirtschaftsbereichen

Unternehmen zusammen

Verarbeitendem Gewerbe

1,54

1,71

11,44

1989

161 070

1,50

1,67

11,28

1990

161 970

1,47

1,64

11 '11

1991

164 040

1,45

1,61

10,95

1992

167 940

1,44

1,60

10,89

1993

171 270

1,43

1,58

10,89

Quelle:

Statistisches Bundesamt, Fachserie 18: Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung, Reihe 1.3, Konten und Standardtabellen, 1993; Berechnungen des ifo Instituts.

Während die reale Bruttowertschöpfung des Ernährungsgewerbes noch bis Anfang der achtziger Jahre gestiegen ist, war die Entwicklung bis zum Ende dieses Jahrzehnts in einen eher rückläufigen Trend umgeschlagen. Ursache dafür war primär das schwache Wachstum des privaten Verbrauchs. Hinzu kam die vergleichsweise niedrige Elastizität der Nachfrage nach Nahrungsmitteln.

2.1.3 Stellung im verarbeitenden Gewerbe Das Ernährungsgewerbe ist mit einem Umsatz von 173 Mrd. DM (1993) mit etwas über 11 % am Gesamtumsatz des verarbeitenden Gewerbes beteiligt (Tab. 2-4). Dieser Umsatzanteil hat sich gegenüber 1988 leicht erhöht. Es ist damit in Deutschland eine der bedeutendsten Wirtschaftsgruppen: ln der Rangfolge der umsatzstärksten Branchen rangierte es 1993 hinter dem Straßenfahrzeugbau, der Elektrotechnik und dem Maschinenbau an vierter Stelle. Diese Rangfolge wird auch nicht dadurch wesentlich beeinflußt, wenn man

9

.....

0

1000

Miii.Std. Mrd. DM Mrd. DM

Bruttolohn- und Gehaltssumme

Bruttoanlageinvestitionen

16,1 17,4

DM DM DM %

DM % %

Bruttowertschöpfung je Beschäftigten

6 619

443

1 110

1 553

6 526

1993

Verarbeitendes Gewerbe 1993

10,4

5,9

8,1

0,0

0,0

11 ,1

68,1

47,1

123,8

81 ,8

78,8

50,0

94,4

166,2

69,0

50,5

139,7

99,3

81,0

53,4

92,9

161,2

I

I

I

I

I

Quelle: Statistisches Bundesamt, Fachserie 4: Produzierendes Gewerbe, Reihe 4.1 1, 4.2.1 und 4.3.3; Fachserie 7: Außenhandelsstatistik, Reihe 7; Berechnungen des ifo Instituts.

'----

1

I

"·I

Verarbeit Gewerbe = 100

8,3

5,3

6,8

3,3

13,2

10,0

Anteil am verarb. Gew. in 6,0 6,9

1988

Ernährungsgewerbe im Rahmen des verarb. Gewerbes

a) Betriebe mit mehr als 20 Beschäftigten. - b) Für fachliche Betriebsteile. - c) Für Unternehmen mit 20 und mehr Beschäftigten. d) Investitionen in % des Umsatzes. - e) Investitionen je Beschäftigten. - f) Exporte in % des Gesamtumsatzes. - g) Importe in % der Inlandsverfügbarkeil (= Gesamtumsatz abzüglich Exporte zuzüglich Importe). - h) Gesamtdeutschland. - i) 1992.

12 504

4,1

18,73

107

77 808

DM 332 186

17 6,34

Umsatz je Beschaftigtenbl

Indikatoren

14

Mrd. DM

Auslandsumsatz

Geleistete Arbeitsstunden 508

121

135

405

1988

Ernährungsgewerbe

Mrd. DM

dav. Inlandsumsatz

Mrd. DM

Beschäftigtebl

Umsatzbl

Einheit

Merkmal

Stellung und Entwicklung des westdeutschen Ernährungsgewerbes im Rahmen des verarbeitenden Gewerbes,"! 1988 und 1993

Tabelle 2-4

berücksichtigt, daß in den Umsatzwerten einiger Sparten des Ernährungsgewerbes vergleichsweise hohe Verbrauchssteuern enthalten sind. Als Beispiele sind hier die Zucker-, Kaffee-, Teesteuern sowie die Steuern auf alkoholhaltige Getränke zu nennen. Mißt man die Bedeutung des Ernährungsgewerbes im Rahmen des verarbeitenden Gewerbes an den Arbeitsplätzen, so ist diese deutlich geringer zu veranschlagen. Der entsprechende Anteil beträgt hier nur knapp 7 %. Für diese Diskrepanz zwischen Umsatz- und Beschäftigtenanteil sind vor allem zwei Gründe maßgebend. Einerseits erfordert die Produktion von Lebensmitteln einen vergleichsweise überdurchschnittlichen Kapitaleinsatz und einen entsprechend unterdurchschnittlichen Arbeitseinsatz. Dies dokumentiert sich auch in einem hohen Pro-Kopf-Umsatz, der den Durchschnitt des verarbeitenden Gewerbes um mehr als 60% (1993) übersteigt. Außerdem enthalten die Umsatzwerte des Ernährungsgewerbes neben den bereits genannten Verbrauchssteuern einen überdurchschnittlich hohen Material- und Wareneinsatz. Im Jahr 1992 betrug der Anteil dieser Komponenten am Bruttoproduktionswert 62,5 %, während er sich im Durchschnitt des verarbeitenden Gewerbes nur auf 51,1 % bezifferte. Das Lohnniveau liegt im Ernährungsgewerbe um fast ein Fünftel unter dem lndustriedurchschnitt. Dies ist durch einige Sonderfaktoren wesentlich beeinflußt. Hierzu zählen: Ausgeprägte Saisonarbeit (z.B. in den Zuckerkampagnen) und in einigen Sektoren wenig qualifizierte Tätigkeiten (z.B. Gemüsesortier- und -putzarbeiten); durch letztere ist der Anteil von (meist weiblichen) Hilfs- und Anlernkräften vergleichsweise hoch. Zudem wird das Niveau der Lohnquote durch die in der Bezugsgröße "Umsatz" enthaltenen Verbrauchsteuern und Vorleistungen stark beeinflußt. Die genannten Umsatzkomponenten "verzerren" auch die Investitionsquote (Anteil der Investitionsausgaben am Umsatz). Dennoch hatte diese 1993 das Niveau der Gesamtindustrie praktisch erreicht. Bezogen auf die Zahl der Beschäftigten (lnvestitionsintensität) übertrafen die Investitionen den entsprechenden Wert für das verarbeitende Gewerbe 1993 sogar um zwei Fünftel. Diese "lnvestitionsoffensive" des Ernährungsgewerbes zeigt sich auch bei den absoluten Brutto-Anlageinvestitionen, bei denen der Anteil im Zeitraum 1988 bis 1993 von 8,3 % auf 10,4 % gestiegen ist.

11

Absatzmäßig ist das Ernährungsgewerbe überwiegend auf den Inlandsmarkt ausgerichtet. Einer der Gründe hierfür ist, daß einem stärkeren internationalen Warenaustausch neben den jeweiligen nationalen und/oder regionalen speziellen Geschmacks- und Verzehrgewohnheiten auch lebensmittelrechtliche Bestimmungen, Marktordnungsmaßnahmen und bei zahlreichen Ländern auch generelle Importbarrieren entgegenstehen. ln einigen Sparten des Ernährungsgewerbes haben die Unternehmen in Deutschland auch Nachteile bei den Rohstoffkosten gegenüber ihren ausländischen Wettbewerbern. So lag die Exportquote der Branche (hier definiert als Anteil der Ausfuhren am Gesamtumsatz) nur bei rund 50 % derjenigen des verarbeitenden Gewerbes insgesamt. Bei der Importquote ist dieser Unterschied nicht so deutlich ausgeprägt.

2.1.4 Regionale Verteilung Die Statistik des Statistischen Bundesamtes über die regionale Verteilung der Ernährungsindustrie in Deutschland ist außerordentlich lückenhaft und ermöglicht deshalb nur ein sehr eingeschränktes Bild (Tab. A 2-1 ). Deshalb muß ergänzend auf die entsprechende Zusammenstellung für die Nahrungs- und Genußmittelindustrie zurückgegriffen werden (Tab. 2-5). Hinsichtlich Produktion und Beschäftigung kommt dem Ernährungsgewerbe insbesondere in Schleswig-Holstein sowie in den Stadtstaaten Bremen und Hamburg, aber auch in Berlin, eine überdurchschnittliche Bedeutung zu. ln der norddeutschen Küstenregion liegt der Anteil des Ernährungsgewerbes am Umsatz des verarbeitenden Gewerbes insgesamt bei schätzungsweise 15 bis 20 % und damit beträchtlich über dem Durchschnitt für die alten Bundesländer, wo dieser Anteil bei rund 11 % liegt. Diese Bedeutung der beiden Hansestädte ist aus den speziellen Standortgegebenheiten zu erklären. Harnburg und Bremen mit ihren Seehäfen haben eine lange Tradition beim Import und der Verarbeitung überseeischer Waren und damit auch von Nahrungsmitteln. So haben sich dort Kaffeeröstereien (insbesondere in Hamburg) und Teeverarbeiter (insbesondere Bremen) angesiedelt. Ferner finden sich Ölmühlen, Margarinefabriken und Fischverarbeiter. Wegen der begrenzten innerstädtischen und Hafenflächen sind auch außerhalb der Stadtgrenzen, also in Schleswig-Holstein und Niedersachsen derartige Betriebe angesiedelt. Hinzu

12

w

~

g

~

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.~

;:

iil

CD

"'

245,1

Gesamtdeutschland

Quelle:

100,0

5,6

1,0

4,9

19,6

14,9

6,6

4,7

3,7

12,4

15,7

10,9

1988

100,0

8,2

91,8

1,4

1,6

2,2

1,4

1,3

4,4

1,0

4,3

19,6

14,1

6,0

3,8

2,6

11,5

15,4

9,5

1993

Nahrungs- und Genußmittelg.

11,6

26,1

7,1

9,8

8,4

16,8

8,9

28,6

46,0

10,8

1988

13,0

2 1,8

12,5

17,7

19,1

23.5

9,3

10,6

10,4

18,8

10,3

9,4

24,5

46,2

11,6

1993

Verarbeitendes Gewerbe

441.5

22,5

7,2

19,5

103,5

68,4

31,1

16,8

12,7

20,7

83,8

55,3

1988

-

561 ,4

71,9

489,6

13,0

14,7

18,2

11,8

10,9

24,0

8,2

22,3

115,7

77,7

35,4

14,1

13,4

24,2

95,0

62,8

1993

Anzahl in 1000

100,0

5,1

1,6

4,4

23,5

15,5

7,0

3,8

2.9

4,7

19,0

12,5

1988

100,0

12,8

87,2

2,3

2,6

3,2

2, 1

1,9

4,3

1,5

4,0

20,6

13,8

6,3

2,5

2,4

4,3

16,9

11,2

1993

Nahrungs- und Genußmittelg.

6,5

13,7

6,4

5,3

5,8

10,9

5,0

16,7

12,8

6,2

1988

7,6

10,5

7,4

9,8

7,9

11 ,8

7,8

6,3

6,7

12,5

6,0

11 ,2

17,2

12,6

7,1

4,5

1993

Verarbeitenden Gewerbe

Anteile in % am ...

Beschäftigte•)

100,0

4,1

1,7

5,8

26,8

11 ,4

8,8

2,5

1,1

5,3

17,5

15,0

1988

100

17,6

82,4

3,1

3,4

5,7

2,3

3,1

3,3

1,3

4,8

21,8

9,4

7,3

2,1

0,8

4,3

14,6

12,6

1993

Anteile in% an der Gesamt· bevOikerung

Statistisches Bundesamt, Fachserie 4: Produzierendes Gewerbe. Reihe 4.1.4, Beschäftigung und Umsatz der Betriebe im Bergbau und im Verarbeitenden Gewerbe nach Bundesländern; Statistisches Jahrbuch der Bundesrepublik Deutschland; Berechnungen des ifo Instituts.

a) Für Betriebe. - b) t 988 Berlin-West.

20,1

Neue Bundesländer

225,0

3,9 3,4

Sachsen-Anhalt

Thüringen

177,2

5,4

Sachsen

Alte Bundesländer

3,1 3,5

Mecklenb. -Vorpommern

10,9

2,4

10,5

48,0

34,6

14,7

9,3

6,5

28,2

37,7

23,2

1993

Brandenburg

10,0

1,7

Schleswig-Holstein

8,7

Nordrhein-Westfalen

Ahainland-Pfalz

26,4

34,8

Niedersachsen

Saarland

8,3

6,6

Bremen

11,7

21,9

Berlinb)

Hessen

27,9

Bayern

Harnburg

19,3

1988

Mrd. DM.

Anteile in % am ...

Umsatz•)

Umsatz und Beschäftigte des Nahrungs- und Genußmittelgewerbes nach Bundesländern

Baden.Württemberg

Bundesland

Tabelle 2-5

kommt, daß die beiden letztgenannten Bundesländer über eine ausgeprägte Iandwirtschaftfiche Basis verfügen; dies gilt auch für Bayern, das ebenfalls einen regionalen Schwerpunkt des Ernährungsgewerbes darstellt. Teile der Branche sind aufgrund der Rohstofforientierung auf bestimmte Regionen konzentriert. Neben der Fischverarbeitung in den küstennahen Bereichen ist dies in der Zuckerindustrie (Niedersachsen), Obst- und Gemüseverarbeitung (z.B. in der Nähe des Bodensees) sowie in der Herstellung und Verarbeitung von Wein (Rheinland-Pfalz, Rheinhessen, Baden-Württemberg und Nordbayern) der Fall. Diese Rohstofforientierung ist ursprünglich dadurch bedingt, daß die zu verarbeitenden Rohstoffe entweder als rasch verderblich angesehen werden mußten oder aber sehr frachtkostenempfindlich waren. Im Zuge des "Global Sourcing", das beispielsweise bei der Fruchtgetränke- oder Marmeladenherstellung auch die Verarbeitung von über lange Distanzen herangebrachten (tropischen) Früchten beinhaltet, hat die Rohstofforientierung als Standortfaktor zwar etwas an Bedeutung verloren, aber die alten Produktionsstandorte wurden doch beibehalten. Eine Besonderheit stellt die starke Standortorientierung bei den Mineralbrunnen dar; hier ist per Gesetz festgelegt, daß die Mineralwässer nur an der Quelle in Flaschen abgefüllt werden dürfen. Die vergleichsweise hohe Bedeutung Berlins als Standort hängt mit staatlichen Subventionierungen zu Zeiten der isolierten Lage der Stadt zusammen. Die dargestellten Faktoren dürfen aber nicht den Eindruck erwecken, als ob das Ernährungsgewerbe überwiegend rohstofforientiert sei. Vielmehr ist grundsätzlich eine starke Verbrauchsorientierung festzustellen. Dies gilt traditionell für die Brotwarenindustrie und die Brauereien. Ein Indiz für diese Verbraucherorientierungist in der Tatsache zu sehen, daß -von den geschilderten Besonderheiten abgesehen - die räumliche Verteilung des Ernährungsgewerbes in etwa der Bevölkerungsverteilung entspricht. Sieht man aber von den tradierten Standorten ab, so läßt sich festhalten, daß auch diese strikte Verbraucherorientierung an Gewicht verloren hat, nachdem sich Logistik und Konservierungstechnik immer mehr verbessert haben. So kann es heute durchaus als üblich gelten, wenn Dosenmilch aus Baden-Württemberg in Harnburg und Quark aus Niedersachsen in Bayern auf dem Tisch stehen.

14

2.1.5 Bedeutung der Branche in der EU Der OECD-Markt für frische und verarbeitete Nahrungsmittel und Getränke belief sich, berechnet auf Basis von Kaufkraftparitäten, 1990 auf 1 600 Mrd. Dollar. Damit wurde für diese Waren wesentlich mehr Geld ausgegeben als für Transport (1 422 Mrd.), Bekleidung und Schuhe (731 Mrd.) sowie Möbel und elektrische Haushaltsgeräte (688 Mrd.). 6 Dabei ist die EU mit über 550 Mrd. Dollar der größte Markt vor den Vereinigten Staaten (471 Mrd.) und Japan (197 Mrd.). Das Nahrungs- und Genußmittelgewerbe7 ist in der EU8 gemessen am Produktionswert der stärkste Zweig des verarbeitenden Gewerbes. Mit 2,4 Mill. Beschäftigten rangiert er hinter der Elektrotechnik (2,6 Mill.) an zweiter Stelle. Innerhalb der EU ist Deutschland der bedeutendste Produzent von Nahrungsund Genußmitteln (Abb. 2-1); sein Anteil liegt bei 22 % (1992). Danach rangieren Frankreich (20 %) sowie das Vereinigte Königreich (17 %). Betrachtet man die Produktion nach Produktgruppen, so sind Fleischverarbeitung ("Meat Products") und Molkereiprodukte ("Dairy Products") die bedeutendsten Sektoren. Das Ernährungsgewerbe der EU ist in den internationalen Handel mit Drittländern nur vergleichsweise gering eingebunden: Exporten mit einem Gesamtwert (1992) von 20,7 Mrd. ECU (entsprechend einer Exportquote von 6,1 %) stehen Importe im Wert von 17,9 Mrd. ECU (entsprechend einer lmportquote von 5,3 %) gegenüber. Hauptabnehmer der entsprechenden EUExporte ist die "übrige Weit"; größter Einzelabnehmer sind die USA (Abb. 2-2). Auch bei den Importen der Gemeinschaft ist die breite Palette der "übrigen Weit" die bedeutendste Region. Größter einzelner Lieferant sind die USA vor Brasilien.

6

Europäische Kommission (Hrsg.), Nahrungs- und Genußmittelgewerbe, in: Panorama der EU-Industrie 1994, Luxemburg 1994, S. 13-3. 7 Die Statistiken der EU lassen keine durchgehende Trennung von Ernährungsgewerbe einerseits und Tabakverarbeitung andererseits zu. 8 Die folgenden Aussagen beziehen sich auf die EU(12) .

3'

15

_..

0)

Benelux

Produktionsstruktur Länder

Ubrige Länder

waren

Produktionsstruktur Erzeugnisse

Back-u. \ Süßwaren

Molkereiprodukte

Tabak-

Struktur des Nahrungs- und Genußmittelgewerbes in der EU, 1992

Verein. Königreich

Abb. 2-1



Wesentlich bedeutender als der Extra-Handel ist das innergemeinschaftliche Handelsvolumen, das sich 1992 auf 64 Mrd. ECU stellte. Die vergleichsweise geringe Bedeutung des Außenhandels mit Nahrungsmitteln läßt schon darauf schließen, daß das Kaufverhalten der Verbraucher auch von regionalen Besonderheiten geprägt wird, wenngleich diese Komponente mit der steigenden Mobilität der Bevölkerung im Laufe der Zeit etwas an Bedeutung verloren hat. Hinsichtlich der Art der bevorzugten Nahrungsmittel lassen sich vier Hauptregionen unterscheiden: Die Region 1 besteht aus Deutschland, den Banelux-Staaten und Dänemark. Dort ist die Ernährung sehr stark durch eine traditionelle Komponente geprägt: Fleisch, Butter, Brot, Schokolade, Gebäck sind von hoher Bedeutung. Die Region 2 bilden das Vereinigte Königreich und Irland, wo traditionelle Getränke, vor allem Bier, eine große Rolle spielen. Griechenland und Portugal bilden die Region 3. Die dortigen Konsumgewohnheiten entsprechen den traditionellen Mustern des Mittelmeerraumes: Es werden vor allem Frischware und nur wenig küchenund verzehrfertige Nahrungsmittel verwendet. Die Region 4 schließlich umfaßt Italien, Spanien und Frankreich. Zwar sind auch die dortigen Eßgewohnheiten noch stark mediterran geprägt, haben sich jedoch weiterentwickelt; auch verarbeitete Produkte finden dort Akzeptanz. 9 ln den letzten zehn Jahren ist die Nachfrage nach verarbeiteten Nahrungsmitteln in der EU deutlich gestiegen. Die steigenden Einkommen und ein verstärkter Drang zu mehr "Bequemlichkeit", aber auch das breite Angebot am Markt haben dazu geführt, daß die Verbraucher weniger Frischkost konsumierten und sich zunehmend küchen- und tafelfertigen Produkten zuwandten. Dies hat den Nahrungsmittelsektor für kapitalkräftige Unternehmen als Investitionsobjekt interessant gemacht. Mergers & Acquisitions wurden für diesen Bereich besonders typisch, denn die Übernahme einer eingeführten Unternehmung wurde von den Investoren dem Bau einer neuen Produktionsstätte auf der "Grünen Wiese" meist vorgezogen. Dies gilt nicht nur für die EU allein, sondern auch in besonderem Maße für die Ernährungsindustrie der Vereinigten Staaten, wo es im Laufe der letzten zehn Jahre zu rund 7 000 Fusionen und/oder Übernahmen in der

9

Europaische Kommission (Hrsg.), Nahrungs- und Genußmittelgewerbe, a.a.O., S. 13-4 f.

17

......

Q)

Übrige Weit

EU-Exporte

Argenlinien

USA

EFTA

0 brige Weit

EU-Importe

Japan

USA

Außenhandelsbeziehungen der EU bei Nahrungs - und Genußmitteln, 1992

Quelle : Panorama der EU-Industrie 94

Abb. 2-2



Nahrungs- und Genußmittelindustrie kam. Mittlerweile kann es in diesem Bereich gleichsam schon als Regel gelten, bei der Erschließung schwieriger, d.h. durch nationale Verbrauchs- oder Kaufgewohnheiten stark geprägter Märkte nach etablierten Partnern Ausschau zu halten. Dies geschieht nach Abflauen der Übernahmewelle in den achtziger Jahren zunehmend in Form von Strategischen Allianzen. Die Struktur der europäischen Ernährungsindustrie hat sich in den letzten Jahren durch diese Konzentrationsvorgänge verändert: Unter den "European Players" dominierten lange Zeit britische Unternehmen; noch 1986 stammten sieben der zehn führenden europäischen Nahrungsmittelproduzenten aus dem Vereinigten Königreich; 1992 waren es nur noch fünf. Auf den verbleibenden fünf Rängen finden sich zwei italienische, zwei französische und ein Unternehmen aus der Schweiz. Betrachtet man die globale Reihenfolge, so sind die europäischen Unternehmen mit wenigen Ausnahmen verglichen mit amerikanischen und teilweise auch japanischen Firmen eher als "Zwerge" anzusehen.

2.2 2.2.1

Produktion Zusammensetzung der Bruttoproduktion

Die weitaus wichtigste Komponente des Bruttoproduktionswerts des Ernährungsgewerbes ist der Umsatz; Bestandsveränderungen sowie selbsterstellte Anlagen tragen zur Bruttoproduktion nur marginal bei (vgl. Tab. 2-6). Die vergleichsweise geringen Lagerschwankungen sind vor allem dadurch bedingt, daß ein großer Teil der Nahrungsmittelproduktion ohne wesentliche Verzögerungen an den Handel und damit an den Verbraucher - wegen begrenzter Haltbarkeit - ausgeliefert wird. Dementsprechend niedrig ist auch die Lagerquote, d.h. der Anteil der Lagerbestände an unfertigen und fertigen Erzeugnissen am Umsatz. Im Jahr 1992 lag sie in der Nahrungsmittelindustrie des früheren Bundesgebiets mit knapp 4 % deutlich unter dem Durchschnitt des verarbeitenden Gewerbes (9,3 %). Lediglich einige wenige Bereiche des Ernährungsgewerbes weisen eine höhere Lagerquote auf, so beispielsweise die Zuckerindustrie und die Obst- und Gemüseverarbeitung wegen des sich auf wenige Wochen konzentrierenden Ernteanfalls sowie die Spirituosenindu-

19

Tabelle 2-6

Struktur des Bruttoproduktionswerts im Ernährungsgewerbe und im verarbeitenden Gewerbaal Anteile in% Ernährungsgewerbe

Merkmal

1988

1992

Verarbeit Gewerbe (einschl. Bergbau) 1988

1992

Elemente des Bruttoproduktionswerts ( = 100) Gesamtumsatz

99,7

99,9

99,5

99,5

Bestandsveränderungbl

+0,3

+0,1

+0,1

+0,1

Selbsterstellte Anlagen

0,1

0,1

0,4

0,4

aus eigenen Erzeugnissen und nichthandwerkl. Dienstleistungen

86,3

86,4

86,8

86,0

aus Handelsware

12,4

12,2

12,0

12,8

1,3

1,4

1,2

1,3

Nettoproduktionswert

34,5

37,5

49,0

48,9

Bruttowertschöpfung

22,4

23,4

36,7

36,0

Struktur des Umsatzes ( = 100)

aus nichtind./-handw. Tätigkeiten Anteile am Bruttoproduktionswert (= 100)

a) Gebietsstand: Früheres Bundesgebiet. - b) Bestandsveränderung an unfertigen und fertigen Erzeugnissen. Quelle:

Statistisches Bundesamt, Fachserie 4, Reihe 4.3.3 "Kostenstruktur der Unternehmen im Verbrauchsgüter produzierenden Gewerbe und im Nahrungs- und Genußmittelgewerbe.

strie und die Herstellung und Verarbeitung von Wein wegen der Reifung bzw. der Lagerung der hergestellten Produkte. ln den neuen Bundesländern kam den Lagerbeständen und ihren Schwankungen im Jahr 1992 wegen des anhaltenden Umstrukturierungsprozesses größere Bedeutung zu als im früheren Bundesgebiet. Lagerveränderungen trugen damals immerhin 1,2 % zum Bruttoproduktionswert des ostdeutschen Ernährungsgewerbes bei; die Lagerquote belief sich auf fast 5 %.

20

Der Umsatz des Ernährungsgewerbes im früheren Bundesgebiet setzte sich 1992 zu gut 86 % aus Erlösen aus eigenen Erzeugnissen und industriellen/ handwerklichen Dienstleistungen und zu über 12 % aus Umsätzen aus Handelsware zusammen; der unbedeutende Rest entfällt auf Erlöse aus nichtindustriellen/handwerklichen Dienstleistungen. Diese Umsatzstruktur hat sich seit 1988 kaum verändert. Zukäufe zur Ergänzung und Erweiterung der Produktpalette werden in überdurchschnittlichem Maße von der Fischverarbeitung, den Herstellern von Dauerbackwaren, der Kaffee- und Teeverarbeitung, den Mineralbrunnen und Herstellern von Limonaden, den Molkereien sowie der Stärkeindustrie vorgenommen. Es handelt sich dabei zum Teil um Branchen, die zusätzlich zu ihrer Produktionstätigkeit auch Handelsfunktionen wahrnehmen, beispielsweise in der Form von Fischhallen, Kaffeeshops oder Heimdiensten und Großhandel mit Getränken. Der Anteil der Handelsware am Umsatz steigt grundsätzlich mit zunehmender Unternehmensgröße an. Allerdings gibt es von diesem generellen Prinzip auch Ausnahmen; so ergänzen insbesondere die kleineren Brauereien ihre Produktpalette durch fremde Biere und andere Getränke, um den Handel bzw. den Verbraucher mit einem weitgehend vollständigen Getränkesortiment "aus einer Hand" bedienen zu können. Das ostdeutsche Ernährungsgewerbe tätigte 1992 nur ca. 9 % seines Umsatzes mit Handelsware. Dies ist ein Hinweis darauf, daß die Lebensmittelhersteller der neuen Länder die betriebswirtschaftliehen und strategischen Vorteile, welche der Einsatz von Handelsware bietet (z.B. Beschränkung der Produktion auf das Kernsortiment, Auffüllen von Angebotslücken), noch nicht voll verwirklicht hatten. Im Ernährungsgewerbe ist der Anteil der Handelsware am Umsatz etwa genauso hoch wie im Durchschnitt des verarbeitenden Gewerbes, während der Beitrag des Nettoproduktionswerts zum Bruttoproduktionswert erheblich niedriger ist. 10 Dies bedeutet, daß das Ernährungsgewerbe im eigentlichen Produktionsprozeß in relativ hohem Maße auf Vorleistungen zurückgreift, namentlich auf solche aus der Landwirtschaft oder aus der eigenen Branche. Typi-

10

Zieht man vom Bruttoproduktionswert den Materialverbrauch, den Einsatz an Handelsware sowie die Kosten für Lohnarbeit ab, so erhalt man den Nettoproduktionswert.

21

sehe Zulieferbereiche des Ernährungsgewerbes sind beispielsweise die Mahlund Schälmühlen, die Ölmühlen, die Mälzerei, die Alkoholbrennereien sowie - zumindest teilweise - die Zuckerindustrie. Größere Unternehmen der Ernährungsindustrie sind vielfach vollstufig organisiert, so daß sie im allgemeinen eine höhere Nettoquote { = Anteil des Nettoproduktionswerts am Bruttoproduktionswert) aufweisen als kleinere Hersteller. ln den neuen Bundesländern ist die Nettoquote des Ernährungsgewerbes ebenfalls relativ niedrig {1992: 30,4 %), bedingt durch die vergleichsweise kleinbetriebliche Struktur, die sich im Gefolge der Auflösung der ehemaligen Lebensmittelkombinate und der Privatisierung herausgebildet hat. Wegen der hohen Vorleistungen ist der Anteil der Bruttowertschöpfung am Bruttoproduktionswert {also der Wert, der den Vorleistungen durch Bearbeitung hinzugefügt worden ist), gemessen am Durchschnitt des verarbeitenden Gewerbes, relativ niedrig.

2.2.2 Entwicklung der Nettoproduktion 11 Das Ernährungsgewerbe ist prinzipiell ein konjunkturunempfindlicher Bereich. ln Jahren eines konjunkturellen Aufschwungs wächst die Produktion des Ernährungsgewerbes im allgemeinen schwächer als der Durchschnitt des verarbeitenden Gewerbes, während es von einem konjunkturellen Abschwung grundsätzlich weniger stark betroffen ist. Die vergleichsweise stetige Produktionsentwicklung des Ernährungsgewerbes ist in erster Linie darauf zurückzuführen, daß der weitaus größte Teil Qer Nahrungsmittel zum sogenannten Grundbedarf der privaten Haushalte zählt, der sich nicht aufschieben läßt, sondern vielmehr stetig gedeckt werden muß. Die Produktion des Ernährungsgewerbes hat sich in den achtziger Jahren entsprechend dem beschriebenen Muster entwickelt. ln den - aus gesamtwirtschaftlicher Sicht - konjunkturell günstigen Jahren 1983 bis 1986 sowie 1988 und 1989 blieb das Ernährungsgewerbe hinter dem Produktionswachs-

11

22

Die Entwicklung der Nettoproduktion des ostdeutschen Ernährungsgewerbes wird in Abschnitt 3.1. 1 dargestellt.

turn des verarbeitenden Gewerbes zurück, während es in den konjunkturell schwachen Jahren 1980 bis 1982 und 1987 eine vergleichsweise günstige Produktionsentwicklung aufwies. Dabei ist bemerkenswert, daß, über die gesamten achtziger Jahre betrachtet, das durchschnittliche jährliche Produktionswachstum des Ernährungsgewerbes mit 1,6 % in etwa genauso hoch lag, wie jenes des verarbeitenden Gewerbes. Mehrere Faktoren waren dafür maßgebend. Generell kann man davon ausgehen, daß es dem Ernährungsgewerbe gelungen ist, seinen Anteil am Markt für Lebensmittel zu Lasten unbearbeiteter Lebensmittel, d.h. zu Lasten der Landwirtschaft, zu erhöhen. Dabei spielten insbesondere Fortschritte in der Lebensmitteltechnik, die Kreierung neuer Produkte sowie die Anpassung an Änderungen in den Verzehrund Einkaufsgewohnheiten eine Rolle. Mit dem Prozeß der Wiedervereinigung erfuhr die bisherige, relativ stetige Produktionsentwicklung des westdeutschen Ernährungsgewerbes eine grundlegende Änderung. Wie nur wenigen anderen Branchen bescherte die Wiedervereinigung der westdeutschen Ernährungsindustrie einen Nachfrageboom, der sich in einem hohen, in den zurückliegenden Jahrzehnten nicht gekannten Produktionswachstum niederschlug (1990: + 13,2 %, 1991: +6,5 %). Damit wurden die Wachstumsraten für den Durchschnitt des verarbeitenden Gewerbes (5 bzw. 3 %) erheblich übertroffen. Vom "Heißhunger" der ostdeutschen Bevölkerung auf Westware haben vor allem die Spirituosenherstellung, die Margarineindustrie, die Süßwarenindustrie, die Fleisch- und Fischverarbeitung sowie die Nährmittelindustrie profitiert (vgl. Tab. A 2-2), Veränderung im Zeitraum 1989/91), doch ist in nahezu sämtlichen Fachzweigen ein mehr oder weniger großer Wiedervereinigungseffekt zu beobachten. Mit dem Wiedererstarken der Lebensmittelherstellung in den neuen Bundesländern mußte die westdeutsche Ernährungsindustrie in den Jahren 1992 bis 1994 eine leichte Schrumpfung der Produktion hinnehmen (vgl. Abb. 2-3). Es kam hinzu, daß 1993 und 1994 sich die westdeutschen Verbraucher beim Kauf von Lebensmitteln zurückhielten. Mit dem Produktionsergebnis des Jahres 1994 dürfte sich daher das Ernährungsgewerbe im früheren Bundesgebiet wieder dem langfristigen Wachstumspfad genähert haben. Angesichts der zunehmenden Wettbewerbsfähigkeit der ostdeutschen Hersteller ist jedoch damit zu rechnen, daß diese dem westdeutschen Ernährungsgewerbe weiterhin leichte Marktanteile abnehmen werden.

23

Abb. 2-3

Entwicklung der Produktion des Ernährungsgewerbes 1985 bzw. 2. Hj. 1990.,100 140

-==0

Untersuchungszeitraum

130

120 Neue Länder u. Berlin-Ost

110

Früheres Bundesgebiet

100 Deutsch• land insges .

90

1985

86

87

88

89

Quelle: Statistisches Bundesamt.

24

90

91

92

93

94

2.2.3 Branchenentwicklung und -struktur Mit seinen nahezu 30 Fachzweigen ist das Ernährungsgewerbe eine äußerst heterogene Branche. Es liegt auf der Hand, daß die Produktionsentwicklung in den einzelnen Sparten recht unterschiedlich verläuft, hängt doch diese von einer Vielzahl von Faktoren ab, wie beispielsweise dem lnnovationspotential, den Änderungen in den Verzehrgewohnheiten, Verschiebungen in den Preisrelationen und der Entwicklung der internationalen Wettbewerbsposition. Wie bereits angedeutet, hat sich die Wiedervereinigung in unterschiedlichem Maße auf die einzelnen Fachzweige ausgewirkt. Um den Wiedervereinigungseffekt wenigstens teilweise auszuschalten (ganz gelingt dies nicht, da in Ostdeutschland bei vielen Nahrungsmitteln ein erheblicher Nachholbedarf bestand), wird im folgenden der Analyse der Veränderung der Branchenstruktur nicht nur die Entwicklung der Produktion für das frühere Bundesgebiet zugrunde gelegt, sondern ergänzend auch jene für Gesamtdeutschland (vgl. Tab. 2-7). Wenngleich es nicht möglich ist, für sämtliche Fachzweige die Determinanten der Produktionsentwicklung exakt zu bestimmen, so lassen sich dennoch aus den Produktionszahlen einige generelle Entwicklungslinien herauslesen. Sowohl für den Zeitraum 1988/94 (früheres Bundesgebiet) als auch für die Jahre ab 1991 (Gesamtdeutschland) zählt die Brotindustrie (Herstellung von Backwaren ohne Dauerbackwaren) zu den expansivsten Bereichen des Ernährungsgewerbes. Zahlreiche Unternehmen der Branche haben in den vergangenen Jahren eine Fülle neuer Produkte und Produktvarianten auf den Markt gebracht, wobei insbesondere jene Hersteller erfolgreich waren, die sog. Ökoprodukte anboten. Diese Anpassungsfähigkeit hat es der Brotindustrie erlaubt, seinen Anteil am gesamten - stagnierenden - Brotmarkt zu Lasten des Handwerks zu erhöhen, zumal dieses vielfach auch in preislicher Hinsicht mit den industriellen Herstellern nicht mithalten konnte. Die sonstigen, ebenfalls überwiegend auf Getreidebasis produzierenden Bereiche konnten dagegen im bisherigen Verlauf der neunziger Jahre die Produktion nur wenig erhöhen (Herstellung von Teigwaren) bzw. mußten sogar Produktionsrückgänge in Kauf nehmen (Mühlenindustrie).

25

Tabelle 2-7 Entwicklung des Index der Nettoproduktlon•l Im Ernährungsgewerbe der Bundesrepublik Deutschlandb) 2. Halbjahr 1990=100

Wirtschaftszweig

1991

1992

1993

1994

Durchschn. jähri.Wachsturnsrate 1991-1994

Ernährungsgewerbe insgesamt

98,6

98,6

98,7

100,0

0,5

Mahl- und Schälmühlen

100,9

100,0

96,7

94,2

-2,3

Herstellung von Teigwaren

103,8

108,1

102,6

108,7

1,5

Herstellung von Nährmitteln

103,5

100,9

99,3

95,6

-2,6

Herstellung von Stärke, Stärkeerzeugnissen

116,3

113,9

118,2

116,3

0,0

Herstellung von Kartoffelerzeugnissen

102,5

98,4

97,8

102,1

-0,1

Herstellung von Backwaren dar. :

99,0

99,1

102,4

104,2

1,7

H. v. Backw. (ohne Oauerbackw.)

100,3

101 ,7

105,4

107,3

2,3

Herstellung von Dauerbackwaren

92,7

86,2

87,8

88,6

-1 ,5

-

-

-

98,3

102,9

-0,2

Zuckerindustrie Obst- und Gemüseverarbeitung

-

103,6

-

99,1

Herstellung v. Süßwaren (ohne Dauerbackw.)

98,2

94,7

97,7

103,6

1,8

Milchverwertung

95,3

93,5

95,9

95,7

0,1

Molkerei, Käserei

95,2

93,8

95,8

96,0

0,3

H.v. Dauermilch, Milchpr., Schmelzk.

95,6

90,8

97,1

93,7

- 0,7

Ölmühlen, Herstellung von Speiseöl

95,3

96,9

94,2

96,1

0,3

Herstellung von Magarine und Speisefetten

97,0

99,8

98,9

88,6

-3,0

dar.:

Schlachtungen, Fleischwarenherstellung

97,4

96,7

95,7

97,0

-0,1

Talgschmelzen, Schmalzsiedereien

103,6

95,4

88,7

102,7

-0,3

Schlachthäuser (ohne kommunale)

98,2

97,1

94,1

94,9

-1,1

Fleischerei, ind. u. handw. Fertig.

97,1

96,6

96,3

97,5

0,1

Fischverarbeitung

95,0

94,6

96,3

95,7

0,2

Verarbeitung v. Kaffee, Tee, H.v. Kaffeemitteln

99,1

105,5

104,8

102,1

1,0

Brauerei, Mälzerei

97,4

98,5

95,5

98,0

0,2 0,2

dar.:

dar. :

Brauerei

97,4

98,5

95,5

97,9

Mälzerei

101 ,0

100,4

95,9

106,6

1,8

105,0

90,0

68,3

52,1

-20,8

Herstellung von Spirituosen

98,1

98,8

100,0

93,4

-1,6

Herstellung und Verarbeitung von Wein

92,1

93,4

98,4

99,9

2,7

100,4

108,3

107,3

117,4

5,4

Übriges Ernährungsgewerbe

97,9

100,1

100,0

99,7

0,6

Herstellung von Futtermitteln

103,1

100,2

102,4

102, 1

-0,3

Alkoholbrennerei

Mineralbr., H. v. Mineralwasser, Limonaden

a) Arbeitstäglich bereinigt, für fachliche Unternehmensteile. - b) Nach dem Gebietsstand nach dem 3.10.1990. Quelle: Statistisches Bundesamt.

26

Auch die anderen, vorwiegend Grundnahrungsmittel produzierenden Bereiche des (gesamtdeutschen) Ernährungsgewerbes sahen sich seit Beginn der neunziger Jahre weitgehend stagnierenden oder rückläufigen Märkten gegenüber. Ursächlich dafür waren nicht nur Sättigungserscheinungen (wie bei Milcherzeugnissen, Fetten und Kartoffeln) oder eine Änderung der Verzehrgewohnheiten (Hinwendung zu mehr Frischware bei Obst und Gemüse). sondern auch eine Kaufzurückhaltung aus gesundheitlichen Gründen (Zucker, Fleisch und tierische Fette). Es ist deshalb nicht überraschend, daß die einschlägigen Fachzweige des Ernährungsgewerbes ihre Produktion in der ersten Hälfte der neunziger Jahre nicht erhöhen konnten (Stärkeindustrie, Kartoffelverarbeitung, Milchverwertung, Schlachthäuser und Fleischverarbeitung, Ölmühlen und Herstellung von Speiseöl) bzw. die Erzeugung einschränken mußten (Obst- und Gemüseverarbeitung, Margarineindustrie). Innerhalb dieser Bereiche gibt es jedoch selbstverständlich Sparten, die relativ gut abgeschnitten haben. Dazu zählen u.a. jene Produktbereiche, die von der "Gesundheits- bzw. Ökowelle" profitieren (z.B. die Herstellung von Fruchtsäften) oder die fertige und schnell zubereitbare Lebensmittel auf den Markt bringen (z.B. Hersteller von Tiefkühlkost). Auch im Getränkesektor haben jene Bereiche relativ gut abgeschnitten, deren Produkte den Aspekt "Gesundheit" besonders betonen und die zusätzlich noch einen speziellen Genuß bieten. Diesem Verbrauchsmuster kommen die alkoholfreien Getränke, insbesondere die Mineralwässer, ziemlich nahe. Dieser Bereich hat daher seit 1991 das größte Produktionswachstum in ganz Deutschland zu verzeichnen; er zog außerdem Nutzen aus den Kampagnen gegen den Alkoholkonsum sowie dem hohen Nachholbedarf in Ostdeutschland. Das Vordringen der alkoholfreien Getränke ging teilweise zu Lasten der Brauereien und Spirituosenindustrie, deren Absatz darüber hinaus bereits an die Sättigungsgrenze gestoßen ist. Während die Brauereien in der ersten Hälfte der neunziger Jahre den Bierausstoß zumindest halten konnten, mußte die Produktion der Spirituosenindustrie 1994 wieder deutlich zurückgenommen werden. Unter den Herstellern alkoholischer Getränke schnitt allein die Schaumweinindustrie vergleichsweise gut ab, nicht zuletzt dadurch bedingt, daß die Verbraucher dem Sektkonsum einen besonderen Genuß zuschreiben. Diesem Verbrauchsmotiv ist auch die relativ günstige Produktionsentwicklung der Verarbeitung von Kaffee und Tee zuzuschreiben; wie beim Konsum von Mineralwässern bestand auch in diesem Sektor ein erheblicher Nachholbedarf

27

der ostdeutschen Verbraucher. Dieses Nachfragemotiv spielte auch eine entscheidende Rolle für den steilen Produktionsanstieg der westdeutschen Süßwarenindustrie zu Anfang der neunziger Jahre. Außerdem empfing diese Branche Nachfrageimpulse von Änderungen im Verbraucherverhalten (einige Erzeugnisse haben sich zu Ganzjahresartikeln entwickelt) und von einer Fülle von Produktinnovationen und -varianten. Vom Wiedervereinigungseffekt weniger berührt wurde die Herstellung von Futtermitteln, die in der amtlichen Statistik dem Ernährungsgewerbe zugerechnet wird. Gleichwohl konnte auch diese Branche zu Anfang der neunziger Jahre in Westdeutschland die Produktion deutlich steigern, vor allem bedingt durch eine wachsende Nachfrage nach Fertigfutter für Heimtiere. Die Futtermittelindustrie profitierte darüber hinaus von einer "Verwissenschaftlichung" der Tierernährung in der Landwirtschaft. Wegen der recht unterschiedlichen Produktionsentwicklung hat sich die Struktur des westdeutschen Ernährungsgewerbes, gemessen an den preisbereinigten Bruttoproduktionswerten, im Zeitraum 1988/93 zum Teil merklich geändert. 12 Deutliche Anteilsgewinne konnten insbesondere die Backwarenund Süßwarenindustrie verbuchen, während die Obst- und Gemüseverarbeitung sowie die Milchverwertung größere Anteilsverluste hinnehmen mußten (vgl. Tab. a 2-3). Gemessen an der realen Produktion ist der Getränkesektor13 im weitesten Sinn mit einem Anteil von fast 19% im Jahr 1993 der wichtigste Bereich des gesamten Ernährungsgewerbes, obwohl er gegenüber 1988 einen Prozentpunkt eingebüßt hat. Die Milchverwertung 14 erreicht als zweitgrößter Sektor des Ernährungsgewerbes einen Anteil von gut 16 1/2 %. Weitere wichtige Zweige sind die Fleischverwertung 15 (14 %), die Herstellung von Süßwaren und Zucker (13 1/2 %), der Getreidesektor16 (gut 10 %), die Futtermittelindustrie (knapp 6 %), die Obst- und Gemüseverarbeitung sowie die Ölmühlen- und Margarineindustrie mit jeweils rund 4 1/2 %.

12 Die Branchenstruktur des ostdeutschen Ernährungsgewerbes wird in Abschnitt 3.1 .1 dargestellt.

13 Kaffee- und Teeverarbeitung, Brauerei und Mälzerei, Alkoholbrennerei und Spirituosenindustrie, Herstellung und Verarbeitung von Wein, Mineralbrunnen und Herstellung von Erfrischungsgetränken. 14 Molkerei, Käserei, Herstellung von Dauermilch. 15 Fleischwarenindustrie, Fleischereien, Schlachthäuser (ohne kommunale). 16 Mahl- und Schälmühlen, Herstellung von Teigwaren, Backwaren und Dauerbackwaren.

28

2.3 2.3.1

Produktionsfaktoren und technischer Fortschritt Beschäftigte

Die Zahl der Erwerbstätigen im westdeutschen Ernährungsgewerbe lag 1993 um 4 % höher als 1988 {Tab. 2-2}. Ihr Anteil am verarbeitenden Gewerbe betrug unverändert 2, 7 %. Rund 90 % der Erwerbstätigen sind Arbeitnehmer, die übrigen Selbständige und mithelfende Familienangehörige. Die größten Anteile an der Zahl der Beschäftigten {in den fachlichen Betriebsteilen von Unternehmen bzw. Betrieben mit 20 und mehr Beschäftigten) hatten 1993 die Herstellung von Backwaren mit 19 % sowie die Brauereien und die Fleischwarenindustrie mit je 10 %, gefolgt von der Herstellung von Süßwaren mit 8% sowie Molkereien und Käsereien mit 6% (Tab. A 2-4}. lnfolge von Arbeitszeitverkürzungen ist die Zahl der im westdeutschen Ernährungsgewerbe geleisteten Beschäftigtenstunden stärker zurückgegangen als die Zahl der Arbeitskräfte (Tab. 2-8}. ln Ostdeutschland haben dagegen die je Beschäftigten geleisteten Arbeitsstunden seit 1991 zugenommen und sind höher als im Westen. Im Ernährungsgewerbe wird nach wie vor länger gearbeitet als im Durchschnitt des verarbeitenden Gewerbes. Der Grund dafür liegt in erster Linie in erheblichen saisonalen Schwankungen der Produktionstätigkeit. Die Unternehmen versuchen, die Belegschaft möglichst klein zu halten, damit diese in den produktionsschwachen Monaten nicht unterausgelastet ist. Für die Bewältigung von Produktionsspitzen müssen dann vielfach Überstunden geleistet werden, da Saisonarbeitskräfte nur schwer zu finden sind. Die Reihenfolge der Branchen des Ernährungsgewerbes nach der Zahl der Beschäftigten unterscheidet sich erheblich von der Reihenfolge nach dem Produktionswert (Tab. A 2-3). Gemäß dieser Rangfolge nimmt nämlich die Molkerei/Käserei die Spitzenstellung ein, während die Herstellung von Backwaren erst an vierter Stelle - nach den Schlachthäusern und der Herstellung von Süßwaren - liegt. Diese Differenzen in den Rangfolgen sind einerseits bedingt durch eine unterschiedliche Kapital- bzw. Arbeitsintensität in der Fertigung und andererseits durch unterschiedlich hohe Erlöse je Produkteinheit So erklärt beispielsweise der hohe Anteil von Handarbeit in der Herstellung von Backwaren die Spitzenstellung dieser Branche bei den Beschäftigten,

4 BreitenacherfTäger

29

Tabelle 2-8

Arbeitseinsatz im Ernährungsgewerbe und im verarbeitenden Gewerbes> Merkmal

Einheit

1988

1989

1990

1991

1992

1993

1000

425

439

463

493

491

475

%

6,2

6,2

6,4

6,7

6,8

7,1

Mill. Std.

772

787

823

864

854

820

%

6,9

6,9

7,1

7,5

7,6

8,1

Friiheres Bundesgebiet Beschäftlgteb) Anzahl Anteil am VGc) Geleistete Beschäftigtenstunden Anzahl Anteil am VGc) Geleistete Std. je Beschäftigten Ernährungsgewerbe

Std./Jahr

1 817

1 792

1 779

1 752

1 740

1 727

Verarb. Gewerbe

Std./Jahr

1 629

1 616

1 597

1 573

1 569

1 527

Neue Länder und Berlln-Ost Beschäftlgtebl Anzahl Anteil am VGc)

1000

130

83

70

%

7,9

9,6

10,3

Geleistete Beschäftigtenstunden Mill. Std.

196

146

128

%

10,1

11 ,1

11,6

Ernährungsgewerbe

Std./Jahr

1 505

1 753

1 817

Verarb. Gewerbe

Std./Jahr

1 187

t 525

1 607

1000

623

574

545

%

6,9

7,1

7,4

1 058

1 000

948

7,8

8,0

8,4

Anzahl Anteil am VGc) Geleistete Std. je Beschäftigten

Deutschland Insgesamt Beschäftlgtebl Anzahl Anteil am VGc) Geleistete Beschäftigtenstunden Mill. Std.

Anzahl Anteil am VGc)

%

Geleistete Std. je Beschäftigten Ernährungsgewerbe

Std./Jahr

1 698

1 742

1 739

Verarb. Gewerbe

Std./Jahr

1 504

1 564

1 535

a) Für Betriebe von Unternehmen mit 20 Beschäftigten und mehr. - b) Jahresdurchschnitt. c) VG = verarbeitendes Gewerbe. Quelle:

30

Statistisches Bundesamt, Fachserie 4: Produzierendes Gewerbe, Reihe 4.1.1: Beschäftigung, Umsatz und Energieversorgung der Unternehmen und Betriebe im Bergbau und im Verarbeitenden Gewerbe; Berechnungen des ifo Instituts.

wogegen die relativ niedrigen Erlöse je Produkteinheit dafür verantwortlich sind, daß sie hinsichtlich der Produktionswerte nur den vierten Rang einnimmt. Der Anteil der Angestellten (Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigte) lag 1993 mit 39 % weit über dem Durchschnitt für das verarbeitende Gewerbe (35 %; vgl. Tab. 2-9). Dies ist vor allem dadurch bedingt, daß im Nahrungs- und GenuSmittelgewerbe dem Einkauf von Rohstoffen sowie der Vermarktung der erzeugten Produkte eine erhebliche Bedeutung zukommt; diese Funktionen werden in erster Linie von kaufmännischen Angestellten der unteren Leistungsgruppen ausgeübt. Auch die im Nahrungs- und GenuSmittelgewerbe beschäftigten Arbeiter sind im Durchschnitt schlechter qualifiziert als jene in anderen Branchen (Tab. A 2-5). Viele Zweige des Nahrungs- und Genußmittelgewerbes bieten nach wie vor zahlreiche Arbeitsplätze für Hilfsarbeiter an. Dies sind in erster Linie die Obst- und Gemüseverarbeitung, die Fischverarbeitung und die Herstellung von Süßwaren und von Dauerbackwaren. Diese Arbeitsplätze sind überdurchschnittlich häufig von weiblichen Arbeitern bzw. Ausländern besetzt. Tabelle 2-9

Struktur der Arbeitnehmer nach der Stellung im Betrieb im Nahrungs- und Genußmittelgewerbe und im verarbeitenden Gewerbe 19938 ) Anteile in% Stellung im Betrieb

Nahrungs- u. Genußmittelgewerbe

Verarbeitendes Gewerbe

Vollzeitbeschäftigte

92,7

95,6

dav.: Arbeiter dar.: in berufi. Ausbildung Ausländer

57,9 3,2 9,6

63,8 3,9 10,4

Angestellte dar. : in berufi. Ausbildung Ausländer

34,8 2,6 0,9

32,4 1,4 1,0

Teilzeitbeschäftigte

7,3

4,4

dav.: Arbeiter

2,9

2,1

4,4

2,3

Angestellte

Insgesamt

100

100

a) Früheres Bundesgebiet; sozialversicherungspflichtig beschäftigte Arbeitnehmer. Quelle: Statistisches Bundesamt, Statistisches Jahrbuch 1994, S. 122.

4'

31

2.3.2 Bruttoanlagevermögen

Die Technik der Produktion von Lebensmitteln hat sich in den vergangenen Jahren nur relativ langsam verändert, was zur Folge hatte, daß den Kapitalstock vergrößernde Umstrukturierungsmaßnahmen im Ernährungsgewerbe seltener waren als in anderen Bereichen des verarbeitenden Gewerbes. Der am Bruttoanlagevermögen gemessene Kapitaleinsatz im Ernährungsgewerbe ist langsamer gestiegen als im Durchschnitt des verarbeitenden Gewerbes: Der Anteil des Ernährungsgewerbes am Kapitalstock des verarbeitenden Gewerbes ist seit 1970 rückläufig (Tab. 2-3). Das Ernährungsgewerbe arbeitet aber schon seit vielen Jahrzehnten mit einem hohen Einsatz an Apparaten und Maschinen. Die Branche zählt innerhalb des verarbeitenden Gewerbes zu den kapitalintensiven Bereichen. Im Jahr 1993 lag das Bruttoanlagevermögen je Erwerbstätigen (Kapitalintensität) im Ernährungsgewerbe um 10 % über dem Durchschnitt für das verarbeitende Gewerbe (Tab. 2-1 O). Allerdings hat die Kapitalintensität im Ernährungsgewerbe nur unterdurchschnittlich zugenommen - ein Reflex dafür, daß die weitere Mechanisierung in dieser Branche nur relativ langsam vorangeht. ln der Spitze muß heutzutage für einen Arbeitsplatz im Ernährungsgewerbe eine Million DM und mehr aufgewendet werden, beispielsweise in so hoch kapitalintensiven Bereichen wie der Stärkeindustrie, der Zuckerindustrie, der Ölmühlenindustrie, den Brauereien und der Herstellung von alkoholfreien Getränken. Allerdings gibt es im Ernährungsgewerbe auch Branchen, in denen der Kapitaleinsatz je Beschäftigten wesentlich niedriger ist; dies gilt beispiels· weise für die Herstellung von Backwaren, für die Fleischwarenindustrie (einschl. Fleischerei) und für die Fischverarbeitung. ln diesen Bereichen lassen sich bestimmte Arbeitsgänge nur schwer durch Maschinen ersetzen. Der für eine bestimmte Produktion erforderliche Kapitalstock (Bruttoanlagevermögen je Einheit Bruttowertschöpfung), d.h. der Kapitalkoeffizient des Ernährungsgewerbes, ist nach 1988 zunächst kleiner geworden, hat aber 1993 wieder sein Niveau von 1988 erreicht. Um 1 DM Bruttowertschöpfung zu erzielen, ist ein Kapitaleinsatz von fast 3 DM erforderlich. Der Rückgang von Kapitalkoeffizient und Kapitalintensität kann durch einen Bereinigungsprozeß

32

Tabelle 2-10

Kapitalintensität und ·koeffizient im Ernährungsgewerbe und im verarbeitenden Gewerbe des früheren Bundesgebiets Kapitalintensitätal 1000 DM in Preisen von 1991

Kapitalkoeffizientbl 1000 DM in Preisen von 1991

Ernährungsgewerbe

Verarbeitendes Gewerbe

Ernährungsgewerbe

1988

200,7

163,8

Jahr

Verarbeitendes Gewerbe

2,86

2,01

1989

202,3

164,3

2,87

1,98

1990

197,5

163,2

2,63

1,91

1991

191,9

165,4

2,62

1,89

1992

199,2

173,3

2,80

2,00

1993

206,3

187,9

2,86

2,21

1988/90

-0,5

-0,1

-2,7

-1,6

1990/93

1'1

3,6

2,1

3,6

Durchschnittliche jährliche Veränderungsrate

a) Bruttoanlagevermögen je Erwerbstätigen. - b) Bruttoanlagevermögen je Einheit Bruttowertschöpfung. Quelle:

Statistisches Bundesamt, Fachserie 18: VGR, Reihe 1.3, Konten und Standardtabellen, 1993; Berechnungen des ifo Instituts.

erklärt werden, der in den frühen neunziger Jahren zu einem Ausscheiden von Kapitalstockteilen mit geringer Produktivität führte. Dazu kam aber auch die relativ verhaltene lnvestitionstätigkeit, sieht man einmal von dem kurzzeitigen Investitionsboom nach der Wiedervereinigung ab. Als relativ "alter" Industriezweig, dessen Expansion nur noch in gemäßigten Bahnen verläuft, produziert das Ernährungsgewerbe häufig auf verhältnismäßig alten Anlagen. Noch ältere Anlagen sind im wesentlichen lediglich in den traditionellen Konsumgüterbranchen {Textil, Leder und Schuhe} sowie in der Metallindustrie, im Schiffbau und in der Holzbearbeitung anzutreffen. Die Nahrungs- und Genußmittelindustrie hat von 1988 bis 1992 das Durchschnittsalter ihrer Umrüstungen von acht auf sieben Jahre leicht gesenkt {Tab. A 2-6).

33

Ausschlaggebend dafür waren die teilweise Erneuerung der von der Elektrotechnik, vom Maschinenbau und von der EBM-Waren-lndustrie bezogenen Investitionsgüter. Die Verschlechterung der Altersstruktur des Kapitalstocks des Ernährungsgewerbes hat ihre Ursache in einer verhaltenen Investitionstätigkeit Zwar sind die nominalen Bruttoanlageinvestitionen von 1988 bis 1992 merklich gestiegen (Tab. 2-11). Bei realer Betrachtungsweise, also unter Ausschaltung des Preisanstiegs bei den Investitionsgütern ist lediglich in den Jahren 1990 und 1991 ein deutlicher Investitionsanstieg zu verzeichnen. Dies ist in erster Linie darauf zurückzuführen, daß die westdeutschen Nahrungsmittelhersteller unmittelbar nach der Wiedervereinigung die Belieferung des ostdeutschen Marktes weitgehend vom alten Bundesgebiet aus vornahmen. Dadurch entstanden kurzfristig Kapazitätsengpässe, die durch Investitionen geschlossen wurden. Tabelle 2-11 Bruttoanlageinvestitionen des Ernährungsgewerbesel

Jahr

in jeweiligen Preisen

in Preisen von 1991

Mill. DM

Mill. DM Früheres Bundesgebiet

1988 1989 1990 1991 1992

6 6 8 9 9

336 837 079 970 734

6 6 8 9 9

l

565 934 218 970 488

1991 =100 65,8 69,5 82,4 100,0 95,2

Neue Bundesländer 1991 1992

1 738

1991 1992

11 708

I

1 738

Gesamtdeutschland

a) Betriebe. Quelle:

34

I

11 708

I I

100,0

100,0

Statistisches Bundesamt, Fachserie 4: Produzierendes Gewerbe, Reihe 4.2.1: Beschäftigte, Umsatz und Investitionen der Unternehmen und Betriebe im Bergbau und im verarbeitenden Gewerbe; Berechnungen des ifo Instituts.

Mit der Änderung der Standortstrategie, nämlich in den neuen Bundesländern "an Ort und Stelle" zu produzieren, hat sich auch die Investitionstätigkeit der westdeutschen Hersteller (im früheren Bundesgebiet) wieder "beruhigt". Nach Erhebungen des ifo Instituts waren die Investitionen 1993 und 1994 stark rückläufig. Nach den Planungen der Firmen dürfte 1995 die Investitionstätigkeit wieder forciert werden. Der Anteil des Ernährungsgewerbes an den Investitionen des gesamten verarbeitenden Gewerbes ist gestiegen. Er lag mit 10 % (1992) bei einem Wert, der auch für die siebziger und die erste Hälfte der achtziger Jahre gegolten hatte (Tab. 2-12). Die Investitionsquote des Ernährungsgewerbes, als das Verhältnis von Investition und Umsatz, ist weiterhin deutlich niedriger als jene des verarbeitenden Gewerbes. Die Investitionen je Beschäftigten (lnvestitionsintensität) sind im Ernährungsgewerbe im Untersuchungszeitraum nominal und real gestiegen (Tab. 2-12). Die Investitionsintensitätdes Ernährungsgewerbes liegt nach wie vor über jener des verarbeitenden Gewerbes.

2.3.3 Entwicklung der Betriebsgröße Nahrungsmittel werden zum überwiegenden Teil in kleinen und mittleren Betrieben hergestellt. 72 % der Betriebe hatten 1993 weniger als 100 Beschäftigte; 76% der Beschäftigten des Ernährungsgewerbes 17 arbeiteten in Betrieben mit weniger als 500 Beschäftigten (Tab. 2-13). Die durchschnittliche Betriebsgröße betrug 105 Beschäftigte; sie hat sich leicht erhöht (1988: 103 Beschäftigte je Betrieb). Kleinbetriebe sind vor allem in der Mälzerei, in der Talgschmelzerei und Schmalzsiederei, in der Alkoholbrennerei , in der Futtermittelindustrie, in der Fleischerei sowie in den Mahl- und Schälmühlen anzutreffen (Tab. A 2-7). Die Ursache für die kleinbetriebliche Struktur dieser Branchen ist zum Teil darin zu sehen, daß die von ihnen erzeugten Produkte allgemein schnell verderblich sind; kleine Betriebe, die ein relativ eng begrenztes Absatzgebiet bedienen, sind daher häufig gegenüber größeren Be-

17

Betriebe von Unternehmen mit 20 (in Ausnahmefällen: 10) Beschäftigten und mehr ein· schließlich industrielle Kleinbetriebe.

35

Tabelle 2-12

Investitionskennziffern des Ernährun2sgewerbes im früheren Bundesgebiet8 1988

1989

1990

1991

1992

%

8,3

8,2

8,5

9,8

10,4

% %

4,2 4,1

4,2 4,2

4,5 4,4

5,1 5,1

5,0 5,1

nominal

%

real

%

5,0 5,0

5,0 5,0

5,3 5,3

5,5 5,5

5,2 5,2

DM DM

14 141 14 652

14 716 14 924

16 244 16 524

18 932 19 038 18 932 18 557

DM DM

11 077 11 758

11 885 12 221

12 973 13 211

13 813 13 354 13 813 13 144

Merkmal

Einheit

Anteil an den Bruttoanlageinvestitionen des verarbeitenden Gewerbes lnvestitionsquotebl Ernährungsgewerbe nominal real Verarbeitendes Gewerbe

lnvestitionsintensitätc) Ernährungsgewerbe in jeweiligen Preisen in Preisen von 1991 Verarbeitendes Gewerbe in jeweiligen Preisen in Preisen von 1991

a) Unternehmen. - b) Bruttoanlageinvestitionen in % des Umsatzes. - c) Bruttoanlageinvestitionen je Beschäftigten. Quelle:

Statistisches Bundesamt, Fachserie 4: Produzierendes Gewerbe, Reihe 4.2.1 : Beschäftigte, Umsatz und Investitionen der Unternehmen und Betriebe im Bergbau und im verarbeitenden Gewerbe; Berechnungen des ifo Instituts.

trieben im Vorteil. Kleinere Betriebe können auch auf die speziellen Wünsche der Verbraucher, z.B. hinsichtlich des Geschmacks, der oftmals regional sehr unterschiedlich ist, besser eingehen als große Betriebe. Die klein- und mittelbetriebliche Struktur des Ernährungsgewerbes hat aber auch noch einen produktionstechnischen Grund: Die Besonderheit der Lebensmitteltechnik besteht nämlich darin, daß der Maschinenpark häufig beliebig teilbar ist. Es gibt

36

--.1

(,.)

2 699 4 052

1 952 2 497

1 507 1 708

207 497

10,3 9,7

1988 1993

1988 1993 1988 1993 1988 1993

Umsatz (Mill. DM)

Zahl der Betriebe

Zahl der Beschäftigten

Umsatz

Quelle:

1 949 2 953

58 680 78 306

114 682 144 087 3 849 4 670

90 118

373 482

500-999

20,4 20,6 19,9 22,1

14,6 15,6 14,4 13,6

13,2 12,3 11,1 9,3

1,3 1,2 1,5 2,7

28,4 25,5

26,3 26,2

8,8 9,2

100 100 100 100

10,6 9,8 10,1 10,5

-

100 100 0,8 0,7

-

13 535 18 306 1 372 1 930

-----

14,4 16,1

13,5 14,2

2,1 2,3

435 267 550 528

4 232 5 238

Insgesamt

46 338 54 126

32 36

1000 u. mehr

Statistisches Bundesamt, Fachserie 4: Produzierendes Gewerbe, Reihe 4.1 .2: Betriebe, Beschäftigte und Umsatz im Bergbau und im Verarbeitenden Gewerbe nach Beschäftigtengrößenklassen; Berechnungen des ifo Instituts.

15,3 15,7

21,5 23,3

41,3 39,1

Anteil der Beschäftigtengrößenklassen in %

88 937 113 580

63 507 85 954

57 331 67 823

5 792 6 652

1988 1993

Anzahl der Beschäftigten

646 820

908 1 223

a) Gesamtdeutschland.

200-499

Absolute Werte

100-199

1 746 2 049

50-99

20-49

437 510

1-19

1988 1993

Jahr

Betriebe mit ... bis ... Beschäftigten

Betriebsgrößenstruktur des Ernährungsgewerbes•l

Anzahl der Betriebe

Merkmal

Tabelle 2-13

im Ernährungsgewerbe nur wenige Branchen, in denen aus technischen Gründen die optimale Betriebsgröße relativ hoch liegt. Dazu zählen beispielsweise die Margarineindustrie, die Herstellung von Nährmitteln, von Süßwaren und von Dauermilch. ln den vergangenen Jahren hat sich in den meisten Zweigen des Ernährungsgewerbes die durchschnittliche Betriebsgröße kaum erhöht. Soweit eine Zunahme der Betriebsgröße feststellbar war. war dies nur zu einem geringen Teil durch Veränderungen in der Produktionstechnik bedingt. Entscheidend waren vielmehr ökonomische Vorteile, die sich aus einer zentralen Beschaffung und Anlieferung der Rohstoffe sowie aus einem zentralen Vertrieb ergaben. Dabei spielten Verbesserungen in der Transporttechnik eine wichtige Rolle.

2.3.4 Produktivität und technischer Fortschritt Das Ernährungsgewerbe zählt seit Ende der siebziger Jahre zu den Branchen mit einem überdurchschnittlichen Anstieg der Arbeitsproduktivität (Tab. 2-14). Dies gilt im besonderen auch für die Jahre seit 1988, in denen der Investitionsaufschwung im Ernährungsgewerbe ausgeprägter war als im Durchschnitt des verarbeitenden Gewerbes. Neben dem Nachfrageboom aus dem Osten Deutschlands waren dafür mehrere Gründe maßgebend. Die seit Mitte der achtziger Jahre wieder deutlich zunehmende Produktion von Nahrungsmitteln hat die Auslastung des Kapitalstocks verbessert, was zu einer steigenden Kapitalproduktivität führte; dies wirkte sich wiederum positiv auf die Arbeitsproduktivität aus. Außerdem hat der zunehmende Einsatz neuer Informationstechniken die Kapitalproduktivität und damit ebenso die Arbeitsproduktivität günstig beeinflußt. Besonders hohe Steigerungen der Arbeitsproduktivität - nämlich um jeweils rund zwei Drittel - erzielten seit Mitte der achtziger Jahre (1985: Basisjahr der Indexberechnung der Arbeitsproduktivität) bis 1994 die Fischverarbeitung, die Hersteller von Spirituosen und die Herstellung und Verarbeitung von Wein (Tab. A 2-8) . Besonders geringe Produktivitätsfortschritte - nämlich um weniger als 15 % - erzielten gleichzeitig folgende Zweige: Hersteller von Backwaren (ohne Dauerbackwaren). Milchverarbeitung und Alkoholbrennerei. Talgschmelzen und Schmalzsiedereien sowie Schlachthäuser wiesen sogar Produktivitätsverluste auf.

38

(A) (0

107,1 105,4 105,5 107,9 107,2 107,9 107,0 105,8 107,0 107.9 107,4 109,4

Ernährungsgewerbe Verbrauchsgüter prod. Gewerbe Verarbeitendes Gewerbe

Ernährungsgewerbe Verbrauchsgüter prod. Gewerbe Verarbeitendes Gewerbe

Ernährungsgewerbe Verbrauchsgüter prod. Gewerbe Verarbeitendes Gewerbe

Ernährungsgewerbe Verbrauchsgüter prod. Gewerbe Verarbeitendes Gewerbe

Quelle:

111,9 110,4 113,7

110,4 107,3 110,5

112,7 109,9 112,0

110,7 106,8 108,8

1989 1991 1992 1993

132,7 120,9 123,9 125,0 115,5 120,1 131,4 125,0 131.4

Produktion je Beschäftigtenstunde 122,7 127,1 125,3 114,2 117,9 118,3 116,1 119,9 121,0 Produktionsergebnis je Arbeiter 118,9 118,2 119,4 110,2 112,2 112,3 113,7 116,4 118,0 Produktion je Arbeiterstunde 121,7 124,7 120,4 114,8 118,7 120,8 117,9 122,6 125,4

Produktionsergebnis je Beschäftigten 120,3 120,8 120,9 124,5 109,8 111,4 111 ,6 110,4 111,8 113,8 113,7 113,2

1990

4,2 3,1 3,7

3,2 1,8 2,3

4,2 2,4 2,8

3,1 1,1 1,4

1988/19931 )

Statistisches Bundesamt, Fachserie 4: Produzierendes Gewerbe, Reihe 2.1, Indizes der Produktion und der Arbeitsproduktivität, Produktion ausgewählter Erzeugnisse im produzierenden Gewerbe; Berechnungen des ifo Instituts.

a) Durchschnittliches jährliches Wachstum.

1988

Bereich

Index der Arbeitsproduktivität für das Ernährungsgewerbe, das Verbrauchsgüter produzierende Gewerbe und das verarbeitende Gewerbe 1985 = 100

Tabelle 2-14

Der wichtigste Beitrag zum Produktivitätsfortschritt im deutschen Ernährungsgewerbe dürfte von Rationalisierungsmaßnahmen geleistet worden sein. Diese standen in erster Linie in Zusammenhang mit einer Automatisierung des Produktions- und Verpackungsprozesses, wodurch es vielfach möglich wurde, einen kontinuierlich ablaufenden Fertigungsprozeß zu realisieren. Häufig wurden diese Maßnahmen auch in Verbindung mit der Einführung neuer Be- und Verarbeitungsmethoden, neuer Rohstoffe bzw. neuer Produkte durchgeführt. Von 1991 bis 1993 nannten 30 % der befragten Unternehmen des Nahrungsund Genußmittelgewerbes die Rationalisierung als Hauptziel ihrer Investitionstätigkeit, wobei sich die Rationalisierung hauptsächlich auf die Senkung der Arbeitskosten richtete (Tab. 2-15). Der Anteil dieses Investitionsmotivs war etwas niedriger als im verarbeitenden Gewerbe insgesamt. Dagegen spielte die Ersatzbeschaffung im Nahrungs- und Genußmittelgewerbe eine überdurchschnittliche Rolle und konzentrierte ebenfalls die Investitionen von 30 % der Unternehmen auf sich. Auch beim Investitionsmotiv "Kapazitätserweiterung unter Änderung/Ausweitung des Produktionsprozesses" lag das Nahrungs- und Genußmittelgewerbe hinter dem Durchschnitt des verarbeitenden Gewerbes. Produkinnovationen waren als Hauptziel der Investitionstätigkeit also vergleichsweise seltener zu verzeichnen. Allerdings darf die Rolle der Produktinnovationen für das Ernährungsgewerbe nicht unterschätzt werden. Produktinnovationen sind ein probates Mittel, in stagnierenden Märkten neue Nachfrage zu schaffen. Außerdem sind viele Erzeugnisse des Ernährungsgewerbes recht kurzlebig, so daß ständig "Ersatz" für die "auslaufenden" Produkte bereitgestellt werden muß. Bei den kurzlebigen Produkten handelt es sich vielfach nicht um echte "Innovationen", sondern um Modifikationen bestehender Produkte, häufig auch nur um neue Packungsgrößen. Beispiele dafür sind Spirituosen mit exotischer Geschmacksrichtung sowie Speiseeis in Kleinpackungen. Daneben gibt es im Ernährungssektor aber auch einige äußerst bedeutsame Produktinnovationen, die auf einer jahrelangen FuE-Tätigkeit beruhen und die häufig in Zusammenhang mit neuen Ver- und Bearbeitungs- und Verpackungsmethoden stehen. Beispielhaft hingewiesen sei an dieser Stelle auf die Gefriertrocknung von Kaffee, neue Konservierungsmethoden in der Obst- und Gemüseverarbeitung sowie auf die Entwicklung von diätetischen und kalorienarmen Produkten (z.B. Halbfettbutter). Eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung neuer

40

Tabelle 2-15

Zielsetzung der Investitionstätigkeit im Nahrungs- und Genußmittelgewerbe und Im verarbeitenden Gewerbe Als Hauptziel Ihrer Investitionstätigkeit nannten ... % der Unternehmen8 l

Nahrungs- u. Genußmittelgewerbe

Verarbeitendes Gewerbe

1988-90 1991-93

1988-90

1991-93

38

41

48

40

unter Beibehaltung des Produktionsprogramms

21

19

16

14

unter Änderung/Ausweitung des Produktionsprogramms

16

20

27

23

25

30

31

34

gerichtet auf Lohn- u.Gehaltskosten

14

20

23

27

gerichtet auf sonstige Kosten

10

8

6

3

37

30

21

25

Kapazitätserweiterung dabei

Rationalisierung dabei

Ersatzbeschaffung

a) Gewichtet mit dem Umsatz. Quelle: Berechnungen des ifo Instituts.

Produkte im Ernährungssektor hat in der Vergangenheit auch die Biotechnologie gespielt. Gleiches gilt auch für die Lebensmittelchemie, -technologie, -hygiene, Ernährungswissenschaft usw., die für die Entwicklung neuer Produkte im Ernährungsbereich ebenfalls von großer Bedeutung sind. Diese Forschungs- und Entwicklungsarbeiten finden meist außerhalb des Ernährungsgewerbes in Universitäten und sonstigen unabhängigen Instituten statt. Eine Auswertung der Erfindungen mit internationaler Patentanmeldung 18 in Deutschland hat ergeben, daß von den Erfindungsaktivitäten im Bereich "Nahrungs- und Genußmittel" nur etwa ein Zehntel auf die Branche selbst entfällt.

18

Patentanmeldungen stellen Output-Indikatoren der industriellen Forschung und Entwicklung dar, die das Potential der in den folgenden Jahren zu erwartenden Innovationen abbilden.

41

Die weitaus meisten registrierten Erfindungen (rund 80 %) kommen aus der chemischen Industrie und dem einschlägigen Maschinenbau. Die von (Universitäts-)lnstituten erarbeiteten Forschungsergebnisse (z.T. auch in Zusammenarbeit mit Firmen) spielen dagegen in der Patentstatistik nur eine untergeordnete Rolle. Dies hängt damit zusammen, daß es sich vielfach um Grundlagenforschung handelt, deren Ergebnisse sich der Patentfähigkeit entziehen; hinzu kommen die hohen Kosten der Anmeldung, die insbesondere bei Forschungskooperationen häufig von der gewerblichen Wirtschaft getragen werden. Die eigenen Forschungsaufwendungen des Ernährungsgewerbes sind, im Vergleich zu den Forschungsimpulsen, die es von anderen Branchen der Wirtschaft erfährt, relativ niedrig. Das Ernährungsgewerbe zählt somit nicht zu den forschungsintensiven Bereichen der deutschen Industrie. Seine FuE-Aufwendungen beliefen sich 1993 auf 0,8 Mrd. DM, die gesamten Innovationsaufwendungen 19 auf 3,0 Mrd. DM Ueweils einschließlich Tabakverarbeitung). Damit rangiert das Ernährungsgewerbe deutlich hinter den meisten Investitionsgüterherstellern und sogar hinter dem gesamten Verbrauchsgütergewerbe.20 Bemerkenswert ist jedoch, daß die Innovationsaufwendungen ohne FuE (also z.B. für die Produktionsvorbereitung von Produktinnovationen, für die Absatzvorbereitung und für Prozeßinnovationen) ein relativ größeres Gewicht haben als im Durchschnitt des verarbeitenden Gewerbes (73 % gegenüber 45% der gesamten lnnovationsaufwendungen). Dies stimmt überein mit der oben genannten Aussage, derzufolge die Modifikation bestehender Produkte im Ernährungsgewerbe vergleichsweise häufig anzutreffen ist. Die relativ seltene Entwicklung grundlegend neuer Ernährungsgüter hängt auch damit zusammen, daß der Ernährungsbereich durch eine Fülle von Gesetzen und Vorschriften stark reglementiert ist und darüber hinaus die Verbraucher äußerst sensibel auf (mutmaßliche) gesundheitsgefährdende oder gesundheitsschädliche Lebensmittel reagieren. Letzteres beweisen diverse "Lebensmittelskandale" in den letzten Jahren, die jeweils zu längeranhaltenden Nachfrageausfällen geführt haben.

19

Aufwendungen für FuE, Konstruktion und Produktdesign, Patente, Lizenzen, Gebrauchsmuster, Produktionsvorbereitung für Produktinnovationen, Absatzvorbereitung, Prozeßinnovationen. 20 Vgl. Penzkofer, H., Zukunftsaufwendungen in der westdeutschen Industrie, in: ifo Schnelldienst, H. 4/1995.

42

Die lebensmittelrechtlichen Vorschriften regeln nicht nur die Bedingungen des Produktionsprozesses (beispielsweise hygienische Vorschriften) und die Zusammensetzung der Lebensmittel, sondern auch die Verpackung. Besonders strenge Vorschriften enthält das deutsche Lebensmittelrecht Das Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetz (LMBG} bestimmt den Umgang mit Lebensmitteln und deren Zusatzstoffen und beinhaltet Definitionen sowie wichtige Vorschriften des Verbraucherschutzes. Es ermächtigt darüber hinaus die zuständigen Behörden zum Erlaß von Detailvorschriften.

2.3.5 Umweltschutz, Materialverbrauch und Abfallbeseitigung Das Ernährungsgewerbe wendet rund 3 % seines Investitionsvolumens für den Umweltschutz auf und liegt damit deutlich unter dem Durchschnitt des verarbeitenden Gewerbes (Tab. 2-16}. Die Umweltschutzinvestitionen richten sich vor allem auf die Luftreinhaltung und auf den Gewässerschutz, auf die 1989 jeweils 38 %der Umweltschutzinvestitionen entfielen. Überdurchschnittlich hoch ist mit 15 % der Anteil der Investitionen zur Abfallbeseitigung. Das Ernährungsgewerbe ist eine rohstoffintensive Branche. Der Verbrauch an Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen (Materialverbrauch} belief sich 1992 auf fast 51 % des Bruttoproduktionswertes. Im Durchschnitt des verarbeitenden Gewerbes lag der entsprechende Anteil nur bei 36 %. Der Anteil des Materialverbrauchs am Bruttoproduktionswert ist im Ernährungsgewerbe rückläufig. Dies liegt zum einen an relativ sinkenden Preisen der Nahrungsmittel-Grundstoffe (im Verhältnis zu den Outputpreisen}. Zum anderen werden in der gesunkenen Materialquote die Bemühungen des Ernährungsgewerbes, die Rohstoffkosten zu reduzieren, erkennbar; dem kam eine verbesserte Qualität der verarbeiteten Rohstoffe entgegen. Der hohe Anteil des Materialverbrauchs - einschließlich der Verpackungsmittel - spiegelt sich in der Abfallmenge wider. Jede siebte Tonne Abfall im verarbeitenden Gewerbe fällt im Ernährungsgewerbe an (Tab. 2-17}. Davon wurden 1987 nur 11 % auf betriebseigenen Deponien und in betriebseigenen Verbrennungsanlagen beseitigt, der größte Teil dagegen außerbetrieblich. Im Durchschnitt des verarbeitenden Gewerbes wurden 28 %selbst beseitigt. Das Ernährungsgewerbe "läßt" also in viel stärkerem Umfang "entsorgen" als der Durchschnitt.

43

t

6 336 6837 8 079

1988 1989 1990

94 706

4 936 152

Quelle:

2,4

5,2

3,7

3,2

11,8

9,2

16,4

12,4

10,3 15,1

11,5

Abfallbeseitigung

35,5

36,0

18,7

20,1

38,4 38,0

44,3

Gewässerschutz

48,8 48,0 4,7

58,3

59,0

40,9 38,3

30,7

Luftreinhaltung

6,0

6,6

8,5

10,4 8,6

13,5

Lärmbekämpfung

Struktur der Umweltschutzinvestitionen in %

I

Statistisches Bundesamt, Fachserie 19: Umweltschutz, Reihe 3: Investitionen im produzierenden Gewerbe; Berechnungen des ifo Instituts.

a) Anteil an Gesamtinvestitionen der Betriebe.

74633

1987

1990

2 797 056

482 126

15 072

Verarbeitendes Gewerbe

240 616

10 081

2,8 3,2

1990

2,8

162 411

%a)

174 691 216 654

in 1000 DM

Investitionen für Umweltschutz

1987

Verbrauchsgüter produzierendes Gewerbe

5830

Jahr

lnvestitionen gesamt in Mill. DM

1987

Ernährungsgewerbe

Bereich

lnveatltlonen für Umweltechutz: Im Ernihrungagewerbe, Im Verbrauchegüter produzierenden Gewerbe und Im verarbeitenden Gewerbe

Tabelle 2-16

Tabelle 2-17

Abfallmengen im Ernährungsgewerbe, im Verbrauchsgüter produzierenden Gewerbe und im verarbeitenden Gewerbe im Jahr 1987 Abfallmengen

Ernährungsgewerbe Verbrauchsgüter produz. Gewerbe Verarbeit Gewerbe

Beseitigung der Abfallmengen, Anteil in %

1000 t

Anteil am verarb. Gewerbe in%

Selbstbeseitigt•l

Außerbetrieblich beseitigt

10 183

14,1

11,4

88,6

5 568 72 218

7,7 100

13,2

86,8

28,2

71,8

a) Auf betriebseigenen Deponien und in betriebseigenen Verbrennungsanlagen. Quelle:

Statistisches Bundesamt, Fachserie 19: Umweltschutz, Reihe 1.2: Abfallbeseitigung im produzierenden Gewerbe und in Krankenhäusern, 1987; Berechnungen des ifo Instituts.

2.4 Außenwirtschaftliche Verflechtung 2.4.1

Außenhandel mit Gütern des Ernährungsgewerbes

Deutschland ist seit vielen Jahren ein Nettoimporteur von Erzeugnissen des Ernährungsgewerbes. Nachdem der Importüberschuß im Jahr 1989 mit 3,1 Mrd. DM einen relativ niedrigen Wert aufwies, hatte er sich bis zum Jahr 1992 mit 9, 7 Mrd. DM mehr als verdreifacht (vgl. Tab. 2-18). Ausschlaggebend dafür war zum einen der starke Anstieg der Lebensmittelimporte als Folge der Wiedervereinigung; zum anderen hat sich das Wachstum der Exporte deutlich verlangsamt, da die westdeutschen Produzenten von Nahrungsmitteln ihren Absatz in Ostdeutschland teilweise zu Lasten der Auslandsmärkte intensivierten. Der Anstieg der Importe fand jedoch 1993 ein Ende, da wegen der gestiegenen Wettbewerbsfähigkeit der ostdeutschen Ernährungsindustrie eine Sub-

5 Breitenacher!Täger

45

Tabelle 2-18

Außenhandel der Bundesrepublik Deutschland mit Erzeugnissen des Ernährungsgewerbesel in Mill. DM Jahr

Importe

Exporte

Saldobl

in jeweiligen Preisen

1988 1989 1990 1991 1992 1993

27 30 32 37 40 34

206 227 813 587 591 890

23 27 26 28 30 29

827 106 567 983 862 933

-3 -3 -6 -8 -9 -4

379 121 246 604 729 957

-4 -3 -7 -9 -10 -6

041 754 526 348 275 126

in Preisen von 1985

1988 1989 1990 1991 1992 1993

30 32 37 42 45 41

398 963 716 471 506 095

26 29 30 33 35 34

357 209 190 123 231 969

a) Einschließlich Tabakwaren. - b) - = lmportüberschuß. Quelle:

Statistisches Bundesamt, Fachserie 7, Außenhandel, Reihe 7: Außenhandel nach Ländern und Gütergruppen für Produktionsstatistiken (Spezialhandel), Fachserie 17: Preise, Reihe 8: Preise und Preisindizes für die Ein- und Ausfuhr, 1993; Berechnungen des ifo Instituts.

stitution von Importgütern durch inländische Erzeugnisse erfolgte. Hinzu kam eine konjunkturell bedingte Kaufzurückhaltung der Konsumenten, was sich ebenfalls negativ auf die Importneigung auswirkte. Der Rückgang der Importwerte resultierte zum Teil auch aus sinkenden Importpreisen (vgl. Tab. 2-19). Da die Ausfuhren, im Gegensatz zu den Einfuhren, 1993 sowohl nominal als auch real deutlich weniger abnahmen, konnte der Importüberschuß merklich reduziert werden.

46

Tabelle 2-19

Index der Import- und Exportpreise 1985

Bereich

1988

= 100

1989

1990

1991

1992

1993

Index der Importpreise Erzeugnisse des Ernährungsgewerbes

89,5

91,7

87,0

88,5

89,2

84,9

Erzeugnisse des Verbrauchsgüter produzierend. Gewerbes

96,6

98,7

98,0

100,0

100,0

98,8

Erzeugnisse des verarbeitenden Gewerbes

89,1

92,5

89,8

89,7

88,0

86,5

Index der Exportpreise Erzeugnisse des Ernährungsgewerbes

90,4

92,8

88,0

87,5

87,6

85,6

Erzeugnisse des Verbrauchsgüter produzierend. Gewerbes

101,9

104,1

105,3

107,7

109,5

110,5

Erzeugnisse des verarbeitenden Gewerbes

100,0

102,8

102,8

104,2

105,2

105,6

Quelle: Statistisches Bundesamt, Fachserie 17: Preise, Reihe 8: Preise und Preisindizes für die Ein- und Ausfuhr.

Die Analyse der Entwicklung der Ein- und Ausfuhrwerte zeigt, daß diese in erheblichem Maße von konjunkturellen und strukturellen Faktoren beeinflußt ist. Dies bedeutet jedoch keinesfalls, daß die relative Kosten- bzw. Preisposition des deutschen Ernährungsgewerbes für die Entwicklung des Außenhandels keine Rolle spielen würde. Die Bedeutung dieser Faktoren zeigt sich beispielsweise daran, daß die Exporte von Nahrungsmitteln in den Dollarraum in den vergangenen Jahren wegen der Aufwertung der D-Mark erheblich erschwert wurden. Das deutsche Ernährungsgewerbe versucht deshalb, dem Kosten- und Preiswettbewerb durch den Export höherwertiger Erzeugnisse zunehmend zu entgehen. Für diese Strategie spricht, daß in den westlichen lndustrieländern, angesichts mengenmäßig vielfach stagnierender Märkte, eine tendenziell steigende Nachfrage nach diesen Produkten zu verzeichnen ist, unbeachtet der Tatsache, daß die Verbraucher in konjunkturell schwachen Zeiten wieder mehr auf



47

die Preise sehen - jedoch bei weiterhin hohen Ansprüchen an die Qualität. Ein Indiz dafür ist der relativ umfangreiche Intra-EU-Handel mit Ernährungsgütern; dieser resultiert in erster Linie aus einer ähnlichen Bedürfnisstruktur (Wunsch nach Produktvielfalt) in den jeweiligen Ländern. Prinzipiell ist jedoch die Intensität des Außenhandels mit Erzeugnissen des Ernährungsgewerbes, gemessen an den Import- und Exportquoten (vgl. Tab. 2-20), im Vergleich zum Außenhandel mit anderen Industriegütern relativ niedrig. Gründe dafür sind die relativ hohen Transportkosten je Gewichtseinheit, unterschiedliche Geschmacks- und Verzehrgewohnheiten, hohe Handelsbarrieren sowie das Fehlen einer kaufkräftigen Nachfrage für hochwertige Nahrungsmittel in Entwicklungs- und Schwellenländern. Die geringe Haltbarkeit vieler Nahrungsmittel hemmt dagegen heutzutage den internationalen Handelsaustausch nur noch wenig, da die moderne Transporttechnik das Versenden derartiger Güter ohne Beeinträchtigung der Qualität auch über weitere Strecken ermöglicht. Der weitaus überwiegende Teil des deutschen Außenhandels mit Ernährungsgütern wird aus den genannten Gründen mit den Nachbarländern abgewikkelt. Im Jahr 1993 gingen über 76 % der deutschen Ausfuhren an Ernährungsgütern in europäische Länder (Tab. A 2-9); von den Einfuhren stammten fast 78 % aus europäischen Nachbarländern (Tab. A 2-1 0). Hohe Transportkosten beeinträchtigen insbesondere bei Bier, Mineralwasser und Limonaden einen intensiven internationalen Handelsverkehr. Unter Differenzen der Geschmacks- und Verzehrgewohnheiten leidet u.a. der Außenhandel mit Grundnahrungsmitteln. Der entscheidende Grund für den geringen Umfang des Außenhandels mit Ernährungsgütern ist in tarifären und vor allem nichttarifären Handelshemmnissen zu sehen. Traditionell genießt der Agrarund Ernährungssektor in den meisten Ländern einen hohen Schutz gegenüber der Auslandskonkurrenz. ln diesem Zusammenhang ist auch die Gemeinsame Agrarpolitik der EU zu nennen. ln diese sind nicht nur landwirtschaftliche Produkte, sondern z.T. auch Erzeugnisse des Ernährungsgewerbes einbezogen, nämlich solche, bei denen der Veredelungsgrad niedrig ist (z.B. Mühlenerzeugnisse, Zucker, Milcherzeugnisse).

48

Tabelle 2-20

Außenhandelsquoten der Bundesrepublik Deutschland bei Erzeugnissen des Ernährungsgewerbes Anteile in% Jahr 1988 1989 1990 1991 1992 1993

lmportquote•l 17,4 17,7 17,4 18,2 19,2 17,2

Exportquotebl 16,1 16,2 14,6 14,7 15,3 15,2

a) Einfuhren in % der Inlandsverfügbarkeif ( = Gesamtumsatz abzüglich Ausfuhren zuzüglich Einfuhren). - b) Ausfuhren in % des Gesamtumsatzes (für Betriebe). Quelle:

Statistisches Bundesamt, Fachserie 7: Außenhandel, Reihe 7: Außenhandel nach Ländern und Gütergruppen für Produktionsstatistiken (Spezialhandel); Fachserie 4: Produzierendes Gewerbe, Reihe 4.1 .1: Beschäftigung, Umsatz und Energieversorgung der Unternehmen und Betriebe im Bergbau und im Verarbeitenden Gewerbe; Berechnungen des ifo Instituts.

Neben der EU schatten sich auch andere lndustrieländer, insbesondere die USA, gegen Einfuhren von Nahrungsmitteln stark ab. Aber nicht allein diese Handelshemmnisse sind der Grund dafür, daß der Außenhandel der Bundesrepublik auf dem Gebiet der Ernährungsgüter mit Drittländern relativ geringe Bedeutung hat. Hinzu kommt, daß bei den "klassischen" Agrarprodukten (Getreide, Milch und Fleisch) und deren Verarbeitungserzeugnissen der Selbstversorgungsgrad in Deutschland relativ hoch ist und die Überschüsse - wegen der über dem Weltmarktniveau liegenden EU-Agrarpreise - nur mit Hilfe von Subventionen exportiert werden können. Obwohl auch der internationale Handel mit sonstigen Agrarprodukten (z.B. Obst und Gemüse) und deren Verarbeitungserzeugnisse reguliert ist, hat er eine wesentlich größere Bedeutung. Dies hängt damit zusammen, daß derartige Produkte in den Industrieländern nicht oder in nicht ausreichendem Maße erzeugt werden, so daß die Einfuhrkontingente (z.B. jene der EU gegenüber den AKP-Ländern) relativ reichlich bemessen sind.

49

Der Intra-EU-Handel mit Ernährungsgütern ist zwar, wie erwähnt, vergleichsweise intensiv, doch stehen einem wirklich freien Warenverkehr noch zahlreiche Hemmnisse entgegen, so insbesondere die Vielzahl von Vorschriften im Lebensmittelrecht Da der Lebensmittelbereich aufgrund der hohen und in den einzelnen Mitgliedsländern unterschiedlichen Ansprüchen an den Verbraucher- und Gesundheitsschutz sowie dem Bestreben, lokale und regionale Produkte besonders abzusichern, ein hohes Maß an Regulierung erfordert, ist der innergemeinschaftliche Warenverkehr mit Lebensmitteln zwangsläufig nicht so "frei" wie in anderen Bereichen. Unter den einzelnen Fachzweigen des Ernährungsgewerbes weisen die Ölmühlen sowie die Schlachtereien überdurchschnittlich hohe Außenhandelsquoten auf (Tabellen A 2-11 und A 2-12). Dem stehen eine Reihe von Branchen gegenüber, die aus den unterschiedlichsten Gründen nur wenig in die internationale Arbeitsteilung eingebettet sind, so die Herstellung von Backund Fleischwaren (regionale Besonderheiten, Aspekt der Frische), die Margarineindustrie (Beherrschung des Marktes durch multinationale Unternehmen, die die nationalen Märkte jeweils aus heimischen Fabriken bedienen) sowie die Brauereien, Mineralbrunnen und Hersteller von Erfrischungsgetränken (hohe Transportkosten, nationale Unterschiede in den Geschmacks- und Verzehrgewohnheiten).

2.4.2 Direktinvestitionen und Lizenzen Die deutschen Lebensmittelhersteller sind bei internationalen Engagements recht zurückhaltend. Zwar sind die absoluten Direktinvestitionen des deutschen Ernährungsgewerbes der Tendenz nach steigend, ihr Anteil an den ausländischen Kapitalbeteiligungen des verarbeitenden Gewerbes beläuft sich jedoch lediglich auf gut 1 %. Dies gilt auch für die deutschen Direktinvestitionen im ausländischen Ernährungsgewerbe, d.h. für jene Kapitalbeteiligungen, die nicht nur vom Ernährungsgewerbe, sondern auch von anderen Branchen erworben wurden (Tab. 2-21). Demgegenüber hält die deutsche Ernährungsindustrie an den inländischen Investitionen des verarbeitenden Gewerbes einen Anteil von rund 10 %. 1992 waren 221 ausländische Unternehmen des Ernährungsgewerbes in deutschem Eigentum; diese Unternehmen erzielten einen Umsatz von 8,4 Mrd. DM, was etwa 4 1/2% des Umsatzes des deutschen Ernährungsgewerbes entspricht.

50

Tabelle 2-21 Unmittelbare und mittelbare deutsche Direktinvestitionen im Ausland Stand am Jahresende Position

Einheit

1989

1990

1991

1992

Mi II. DM

968

1 566

1 680

1 903

%

0,9

1,3

1,3

1,3

Miii.DM

971

1 632

1 676

2 010

%

0,9

1,3

1,2

1,4

Anzahl

109

114

123

124

Miii.DM

990

1 520

1 386

1 585

%

1,5

2,1

1,7

1,8

Direktinvestitionen des deutsehen Ernährungsgewerbes Unmittelbare dt. Direktinvestit. Anteil am verarbeitend. Gewerbe Unmittelbare und mittelbare deutsche Direktinvestitionen Anteil am verarbeitend. Gewerbe Anzahl der Investoren Direktinvestitionen im ausländisehen Ernährungsgewerbe Unmittelbare dt. Direktinvestit. Anteil am verarbeitend. Gewerbe Unmittelbare und mittelbare deutsche Direktinvestitionen

1 292

1 923

1 737

2 037

%

1,4

2,0

1,6

1,8

Anzahl

Anzahl

173

211

203

221

Jahresumsatz

Mrd.DM

5,5

7,6

8,3

8,4

1000

24

28

27

32

Anteil am verarbeitend. Gewerbe

Mi II. DM

Unternehmen im Ausland

Beschäftigte Quelle:

Deutsche Bundesbank, Kapitalverflechtung mit dem Ausland, Mai 1994.

Die mittelständische Struktur des größten Teils des Ernährungsgewerbes hat bisher viele Lebensmittelhersteller davon abgehalten, in größerem Umfang in den Aufbau bzw. in die Akquisition ausländischer Unternehmen einzusteigen. Hinzu kommt, daß sich zahlreiche größere Unternehmen der Branche in ausländischer Hand befinden, diese demzufolge keine Auslandsinvestitionen tätigen. Außerdem ist zu berücksichtigen, daß viele westdeutsche Lebensmittelhersteller nach der Wiedervereinigung in Ostdeutschland investiert haben, was sich zweifelsohne zu Lasten der deutschen Direktinvestitionen im ausländischen Ernährungsgewerbe ausgewirkt hat.

51

Die ausländischen Direktinvestitionen im deutschen Ernährungsgewerbe sind mehr als dreimal so hoch wie das Auslandsengagement der deutschen Lebensmittelproduzenten (Tab. 2-22). Die wichtigsten Investoren sind Unternehmen aus den Niederlanden, den USA und der Schweiz. Es hat den Anschein, daß Deutschland für Ausländer als Standort für die Herstellung von Ernährungsgütern an Anziehungskraft gewonnen hat. Dies hängt sicherlich mit der Verwirklichung des europäischen Binnenmarktes zusammen. Viele ausländische Unternehmen trachten auch danach, auf dem - auf mittlere Sicht lukrativen ostdeutschen Markt ein "Standbein" zu besitzen. Mit einem Umsatz von 24 Mrd. DM waren ausländische Unternehmen im Jahr 1992 mit rund einem Fünftel am Umsatz des gesamten deutschen Ernährungsgewerbes beteiligt. Tabelle 2-22

Unmittelbare und mittelbare ausländische Direktinvestitionen in Deutschland im Ernährungsgewerbe Stand am Jahresende Position

Einheit

1989

1990

1991

1992

Miii.DM

3 435

4 171

4 724

4 681

5,6

6,4

6,6

7,0

5 050

5 707

6 488

6 523

Ausländische Direktinvestitionen in Deutschland Unmittelbare ausländische Direktinvestitionen Anteil am verarbeitend. Gewerbe

%

Unmittelbare und mittelbare ausländische Direktinvestitionen

Miii.DM

Anteil am verarbeitend. Gewerbe

%

6,2

6,4

6,8

7,0

Anzahl

Anzahl

200

216

234

231

Jahresumsatz

Mrd.DM

34,7

39,7

44,7

44,9

71

72

89

84

Kenngrößen der Unternehmen in Deutschland

Beschäftigte Quelle:

52

1000

Deutsche Bundesbank, Kapitalverflechtung mit dem Ausland, Mai 1994.

Auf den Faktormärkten ist eine Branche nicht nur über Direktinvestitionen mit dem Ausland verbunden, sondern auch über den Lizenzverkehr. Dieser wird überwiegend zwischen verbundenen Unternehmen abgewickelt. Da die ausländischen Direktinvestitionen im deutschen Ernährungsgewerbe größer sind als die Direktinvestitionen des deutschen Ernährungsgewerbes im Ausland, ist die Patent- und Lizenzbilanz Deutschlands im Bereich der Ernährung (einschl. Tabakwaren) negativ (Tab. 2-23). ln den vergangenen Jahren sind die Ausgaben erheblich gestiegen, so daß sich insbesondere im Jahr 1993 der Negativsaldo erhöht hat. Besonders auffällig ist, daß der Anteil des Ernährungsgewerbes an sämtlichen Ausgaben des verarbeitenden Gewerbes für den Patent- und Lizenzverkehr deutlich gestiegen ist. Dies dürfte insbesondere damit zu erklären sein, daß die Bestände der Auslandsinvestoren im deutschen Ernährungsgewerbe merklich zugenommen haben. Diese Aussage wird dadurch unterstützt. daß die höchsten Zahlungen an die USA und die Schweiz geleistet werden.

Tabelle 2-23

Patent- und Lizenzverkehr des Nahrungs- und Genußmittelgewerbes mit dem Ausland

Jahr

Ausgaben

Einnahmen

Saldo

Mill. DM

Anteila) in %

Mill. DM

Anteila) in %

1992

29

1,3

396

9,0

-367

1993

18

0,8

479

12,1

-461

Mill. DM

a) Anteil an sämtlichen Einnahmen bzw. Ausgaben des verarbeitenden Gewerbes. Quelle:

Deutsche Bundesbank, Technologische Dienstleistungen in der Zahlungsbilanz, Mai 1994.

53

2.5

Nachfrageentwicklung

Die weitgehEmde Ablösung schwerer körperlicher Arbeit durch Hilfsmittel und Maschinen, der verbreitete Bewegungsmangel und die mit der Entwicklung zu einer modernen Industrie-, Öienstleistungs- und Informationsgesellschaft verbundenen geistigen Beanspruchungen haben zu einer langfristigen Veränderung der Lebensweise, insbesondere der Ernährungsgewohnheiten, geführt. Darauf wird später noch genauer eingegangen. Festzuhalten bleibt aber, daß der mengenmäßige Verbrauch von Nahrungsmitteln in den letzten Jahren nur noch ganz schwach gewachsen ist, daß also Sättigungstendenzen verstärkt wirksam werden. Dem widerspricht scheinbar der gesellschaftliche Hedonismus, der auch zu einer ausgesprochenen Freude am "guten Essen" geführt hat. Die vielen einschlägigen Zeitschriftentitel oder zumindest Berichte in Zeitschriften belegen dies deutlich. Es ist eine seit langem bekannte Gesetzmäßigkeit (Engelsches Gesetz), daß die Nachfrage nach Nahrungsmitteln nicht so stark wächst wie die Einkommen oder, anders ausgedrückt, daß die Einkommenselastizität der Nachfrage nach Nahrungsmitteln kleiner als eins ist. Für den Zeitraum 1970 bis 1989 wurde eine Einkommenselastizität für Nahrungs- und Genußmittel von 0,6 ermittelt. 21 Die Elastizitäten liegen nach den empirischen Befunden bei den meisten Lebensmittel sogar näher bei Null als bei eins. Es gibt unter den Nahrungsmitteln sogar Produkte, deren Pro-Kopf-Verbrauch bei steigendem Einkommen zurückgeht. Zu diesen "inferioren Gütern" gehören beispielsweise Kartoffeln, Getreide und Haushaltszucker. 22 Auch im Referenzzeitraum hat sich das unterproportionale Wachstum der Verbraucherausgaben fÜr Nahrungsmittel, Getränke und Tabakwaren fortgesetzt (Tab. 2-24). Im Jahr 1994 war ihr Anteil an den Käufen privater Haushalte im Inland auf unter 20 % zurückgefallen. "Gewinner" bei den Verbraucherausgaben waren die Wohnungsmieten, die ihren Anteil an den Budgets im betrachteten Zeitraum von knapp 17 % auf reichlich 19 % gesteigert haben. Alle anderen Ausgabekategorien haben sich hingegen wenig verändert,

21

22

54

Oberheitmann, Wenke, Strukturveränderungen des westdeutschen Privaten Verbrauchs, in: RWI-Mitteilungen. 45 (1994), S. 103-126. Ebenda.

U1 U1

22,3

22,3

Nahrungsmittel, Getränke, Tabakwaren

32,0

31,8

16,2 32,0

Güter f. Verkehr u. Nachrichtenübermittlung

Sonstige

Quelle:

100

Statistisches Bundesamt, Fachserie 18, Reihe 1.3.

Käufe der privaten Haushalte im Inland 100

16,5 17,2

16,9 16,8

16,9

Wohnungsmieten

100

4,0

(6,2)

(6,3) 4,1

4,2

(6,4)

Bekleidung, Schuhe

Nahrungsmittel tierischen Ursprungs Nahrungsmittel pflanzlichen Ursprungs

(6,8)

(6,8)

22,2

1990

(6,8)

darunter:

1989

1988

17,8 32,7 32,2

100

32,9

16,9

16,2 18,0 100

16,8 32,9

16,8

3,9

100

100

19,1

(5,5) 3,9

(5,6) 4,0 (5,8) (6,0) 4,1

18,1

(5,8)

(6,0) (6,3)

19,7

20,1 20,6

21,2 (6,5)

1994 1993

1992

1991

Struktur des Privaten Verbrauchs in jeweiligen Preisen Anteile in%

Güterart

Tabelle 2-24

dies gilt auch für den Bereich "Güter für Verkehr und Nachrichtenübermittlung", die die Ausgaben für den privaten Pkw nebst Kraftstoff enthalten. Beschränkt man die Betrachtung auf Nahrungsmittel allein, so ging deren Anteil von 13,2 % (1988) auf 11,3 % (1994) zurück. Dabei haben sich die Anteile der Ausgaben für Nahrungsmittel tierischen Ursprungs und derjenigen pflanzlichen Ursprungs weitgehend angenähert. Dies kann als Hinweis darauf angesehen werden, daß sich hier eine Änderung der Ernährungsgewohnheiten anbahnt. ln der Vergangenheit hatte sich nämlich der Nährwertgehalt des Nahrungsmittelverbrauchs deutlich zugunsten des Eiweißes tierischer Herkunft verschoben. Die Warnungen vor einem zu hohen Cholesteringehalt könnten also hier Wirkung zeigen. Hierauf deuten auch die Ergebnisse einer eingehenderen Analyse der Verbraucherbudgets mit einer sehr differenzierten Warenunterteilung hin,23 die den Zeitraum 1970 bis 1992 abdeckt. Für den Referenzzeitraum (hier: 1985 bis 1992) haben sich die Ausgaben für Nahrungsmittel tierischer Provenienz relativ betrachtet fast ausnahmslos rückläufig entwickelt (Tab. 2-25). Trotz dieser Änderungen im Ernährungsverhalten liegt der Verbrauch an Nahrungsmitteln immer noch erheblich über den Grenzen, die im Hinblick auf die heutige Arbeits- und Lebensweise empfohlen werden. Dies gilt trotz der zahlreichen Veröffentlichungen und Aufklärungskampagnen, in denen die Bevölkerung auf die wachsende Bedrohung durch ernährungsinduzierte Krankheiten, wie z.B. Diabetes mellitus oder Gicht, aufmerksam gemacht wird. Da außerdem in den Medien, insbesondere in der Werbung, Idealbilder des Menschen als sportlich gestählt, fit, gesund und schlank vermittelt werden, stehen viele Verbraucher in ständigem Konflikt zwischen dem Streben nach diesem Idealtypus und den Ernährungsgewohnheiten. Dieses Streben nach Gesundheit hat denn auch einerseits den Trend zu "Light-Produkten" verstärkt und andererseits die Entwicklung von diätetischen Lebensmittel zur "Reparatur des Übergewichts" oder von ernährungsbedingten Krankheiten gefördert.

23

56

Oberheitmann, Wenke, a.a.O.

Tabelle 2-25 Struktur des privaten Verbrauchs an Nahrungsmitteln Anteile in% Ausgabeart

in jeweiligen Preisen

in Preisen von 1985

1985

1990

1992

1985

1990

1992

22,0

18,8

18,1

22,0

18,8

18,2

Fisch und Fischwaren

1,6

1,8

1,7

1,6

1,4

1,5

Milch u. Milcherzeugnisse (ohne Butter)

8,5

9,6

9,6

8,5

9 ,2

9,8

Eier

1,6

1,3

1,1

1,6

1,8

1,2

Butter

1,8

1,3

1,2

1,8

1,5

1,5

Andere Speiselette und -öle

1,3

0,9

0,8

1,3

1,0

1,0

Obst und Obsterzeugnisse

4,6

5,4

5,5

4,6

5,5

5,2

Kartoffeln, Irisch

0,8

1,1

1,0

0,8

0,5

0,5

Gemüse und Gemüseerzeugnisse

4,5

4,3

4,3

4,5

4,4

4,8

Brot und andere Backwaren

9,0

8,8

9,1

9,0

8,5

8,4

Zucker, Süßwaren, Marmelade

Fleisch und Fleischwaren

6,0

6,1

6,4

6,0

6,4

6,8

Kartoffelerzeugnisse; Mehl und Mühlenerzeugnisse; Teigwaren; Säuglingsund Kleinkindernahrung

4,1

5,2

5,2

4,1

5,3

5,4

Gewürze. Soßen, Back-/Speisezutat

0,8

0,8

0,8

0,8

0 ,8

0,7

Fertiggerichte (aus mindestens zwei Komponenten bestehend und verzehrfertig zubereitet)

1,4

2,3

2,3

1,4

2,4

2,4 5,0

Alkoholfreie Getränke ohne Milch, Tee, Kaffee, Tee und Kakao

4,4

4,8

5,2

4,4

4,7

Kaffee, echter Tee

3,9

2,7

3,0

3,9

4 ,0

4,7

Alkoholische Getränke

8,1

7,1

7,3

8,1

7,1

7,4

Verzehr v. Speisen i. Gastst.u.Kantinen

6,9

8,4

7,1

6,9

8,0

6,6

Verzehr v.Getränken i.Gastst.u.Kantinen

8,7

9,3

10,3

8,7

8,6

9,2

Nahrungsmittel insgesamt Quelle:

100

100

100

100

100

100

Oberheitmann. A.• Wanke, M., Strukturveränderungen des westdeutschen privaten Verbrauchs, in : RWI-Mitteilungen, Jg. 45, 1994, S. 108; Berechnungen des il o Instituts.

Hinzu kommt, daß der Begriff des "gesunden Essens" zunehmend anders interpretiert wird: Heute steht vielfach die Rückstandsfreiheit {z.B. frei von Rückständen aus dem chemischen Pflanzenschutz, frei von Nitraten bei pflanzlichen Nahrungsmitteln oder frei von Hormonen und Antibiotika bei tierischen Produkten) im Vordergrund.

57

Die Verbraucher selbst sind zunehmend kritischer geworden. Dafür werden folgende Gründe angeführt: 24

-

bessere schulische Ausbildung erweitertes Medienangebot intensivierte Verbraucheraufklärung erweiterter Verbraucherschutz gewachsene Konsumerfahrung.

Diese ausgeprägtere Kritikfähigkeit führt zu steigenden Anforderungen an die Produktqualitäten. Hohe Qualität ist in weiten Bereichen des Nahrungsmittelmarktes bereits zur Selbstverständlichkeit geworden. Selbst Handelsorganisationen, die Niedrigpreise als wichtigsten Marketinggesichtspunkt zu betrachten scheinen, verfügen mittlerweile über ein Warensortiment, das selbst im Niedrigpreissortiment über akzeptable bis gute Qualitäten verfügt. Hohe Qualität wird als alleiniges Differenzierungskriterium im Wettbewerb deshalb häufig als nicht mehr ausreichend angesehen. Als negatives Beispiel kann der umgehende Konsumverzicht auf bestimmte Produkte gelten, wenn ein "Lebensmittelskandal" bekannt wird. 25 Der "Nematodenskandal" mit dem Verzicht auf den Verzehr von Fisch, der "Frostschutzmittelskandal" mit gravierenden Auswirkungen auf den Weinverbrauch sowie der "Frischeiskandal" mit seinen erheblichen wirtschaftlichen Konsequenzen für den Nudelverbrauch sollen hier erwähnt werden. Erheblichen Einfluß auf die Struktur der Nachfrage nach Nahrungsmitteln hat die gestiegene Erwerbstätigkeit der Frauen einerseits und die Zunahme der Single-Haushalte andererseits. Dadurch wurde ein großer Teil der Küchenarbeit in die Ernährungsindustrie verlagert und der Markt für ConvenienceProdukte kräftig gefördert. Die Verlagerung des Verzehrs aus den Privathaushalten in Gaststätten und Kantinen, die häufig als Trend erwähnt wird, läßt sich aus den Strukturveränderungen der Verbraucherbudgets (Tab. 2-25) jedoch nicht eindeutig ableiten.

24

25

58

Strecker, Reichert, Pottebaum, Marketing für Lebensmittel, Frankfurt a.M. 1992, S. 62. Halk, K., Bestimmungsgründe des Konsumentenmißtrauens gegenüber Lebensmitteln, Ergebnisse von empirischen Untersuchungen an ausgewählten Verbrauchergruppen, ifo Studien zur Agrarwirtschaft Nr. 30, München 1993, S. 62.

Der Zuwachs an Freizeit durch Verkürzungen der Arbeitszeit hat sich auch im Nahrungsmittelbereich ausgewirkt. Für die passive Freizeitgestaltung in Form von Rundfunkhören oder Fernsehen sind Produkte verstärkt entwickelt und nachgefragt worden, die Entspannung und Genuß verschaffen ("Knabbereien"). Vermehrte "Outdoor-Aktivitäten" haben beispielsweise leichte Kost für Autofahrer und vitamin- und eiweißreiche, kalorienarme Speisen und Getränke (Sportlernahrung) begünstigt. Bei geselligen Zusammenkünften werden solche Produkte bevorzugt, die diesen Anlässen angepaßt sind und sich mit verhältnismäßig geringem Arbeitsaufwand präsentieren lassen (Fondue, Grillgerichte, Fertig-Cocktails). Die dargelegten Tendenzen spiegeln sich auch in der Entwicklung der Nachfrage (hier definiert als Marktversorgung) nach den Produkten der einzelnen Zweige des Ernährungsgewerbes (Tab. A 2-13). So sind im Zeitraum 1988 bis 1993 die Erzeugnisse folgender Bereiche überdurchschnittlich nachgefragt worden (in Klammern sind die wichtigsten Nachfragekomponenten genannt): -

Backwaren und Dauerbackwaren (Convenience, Freizeitkonsum) Süßwaren (Freizeitkonsum) Dauermilch (Convenience) Margarine (Gesundheitswelle) Fleischwaren (Hedonismus) Erfrischungsgetränke (Gesundheitswelle) .

Wegen des Wiedervereinigungseffekts ist die Nachfrageentwicklung in einigen Bereichen allerdings überzeichnet. Dies gilt insbesondere für die Nachfrage nach Süßwaren. Insgesamt stieg die Nachfrage nach Erzeugnissen des Ernährungsgewerbes im Zeitraum 1988 bis 1993 jährlich um 7,1 %, wobei hier ebenfalls statistische Besonderheiten, insbesondere im Zusammenhang mit der Herstellung der deutschen Einheit, zu Buche schlagen. Im Zeitraum 1982 bis 1988 hatte dieser Zuwachs nur bei 0,4 % p.a. gelegen; diese Wachstumsrate würde den Entwicklungstendenzen in einer "gesättigten lndustriegesellschaft" eher entsprechen.

59

2.6 2.6.1

Kosten- und Ertragslage Entwicklung der Kostenstruktur

Wegen der hohen Kapital- und Vorleistungsintensität der Produktion ist der Anteil der Personalkosten an der Gesamtleistung im Ernährungsgewerbe nur etwa halb so hoch wie im Verbrauchsgüter produzierenden Gewerbe oder im gesamten verarbeitenden Gewerbe (Tab. 2-26). Es kommt hinzu, daß die im Ernährungsgewerbe gezahlten Löhne und Gehälter merklich niedriger sind als im Industriedurchschnitt Die größeren Unternehmen sind vielfach mit einem niedrigeren Personalkostenanteil belastet als die kleineren und mittleren. Dies ist insbesondere dadurch bedingt, daß letztere in mehr oder weniger handwerklicher Weise fertigen, während die Großunternehmen hochautomatisierte Produktionsmethoden anwenden können. Zwischen 1988 und 1993 ist im Ernährungsgewerbe der Personalaufwand im Verhältnis zur Gesamtleistung leicht gestiegen. Dies bedeutet, daß die Personalkosten stärker zunahmen als andere Kostenfaktoren. Die Preise für einige landwirtschaftliche Produkte, allen voran jene für Getreide, waren sogar rückläufig, und zwar aufgrund der im Jahr 1992 durchgeführten Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU. Die Preise für sämtliche Materialien, Hilfsund Betriebsstoffe für die Herstellung von Nahrungsmitteln und Getränken sind von 1992 auf 1993 merklich gefallen (Tab. 2-27). Dies hatte einen deutlichen Rückgang der Materialquote (gemessen am Bruttoproduktionswert) zur Folge. Gleichwohl wird die Kostenstruktur des Ernährungsgewerbes nach wie vor vom Materialverbrauch dominiert (Tab. 2-26). Die große Bedeutung des Materialverbrauchs im Ernährungsgewerbe ist primär Ausdruck der relativ niedrigen Veredelungsleistung zahlreicher Zweige des Ernährungsgewerbes, insbesondere der typischen Zulieferbereiche, wie beispielsweise die Mahl- und Schälmühlen, die Ölmühlen, die Mälzereien, die Schlachthäuser sowie (zumindest zum Teil) die Molkereien. Außerdem spielt in der Herstellung von Lebensmitteln der Einsatz von Verpackungsmaterialien eine erhebliche Rolle. Zur hohen Rohstoffintensität des Ernährungsgewerbes hat aber auch die Gemeinsame Agrarpolitik der EU beigetragen. Die Mindest-

60

öl

"'m

~

CJ)

~

~

~

::T

~

;:

75,1

1993

36,3

64,0 64,1

1993

Quelle :

36,9

63,3

Verarbeitendes Gewerbe 1988 (einschl. Bergbau) 1992

36,6

2,3

2,2

2,4

2,1

2,1

2,3

1,7

1,7

1,7

Energieverbrauch

10,6

10,2

9,7

6,1

6,1

5,8

9,8

9,7

10,2

Einsatz an Handelsware

3,2

3,1

2,8

0,8

0,9

0,9

2,5

2,1

2,4

Kostensteuern abzüglich Subventionen

27,3

26,3

26,3

29,0

28,3

28,4

14,9

14,4

13,8

Personalkosten

5,7

5,4

4,8

5,9

5,8

4,8

4,7

4,4

3,7

Kapitalkosten

-0,4

1,2

3,0

2,6

2,9

3,8

2,8

2,4

2,6

Jahresüberschuß

'

!

I

Statistisches Bundesamt, Fachserie 4: Produzierendes Gewerbe, Reihe 4.3.3: Kostenstruktur der Unternehmen im Verbrauchsgüter produzierenden Gewerbe und im Nahrungs- und Genußmittelgewerbe; Berechnungen des ifo Instituts.

35,2

35,6

62,1 61,8

38,3

48,4

50,6

53,3

Materialverbrauch

1992

62,0

76,6

1992

1988

77,6

1988

Jahr

lnsgesamt

darunter:

Vorleistungen

1993

Verbrauchsgüter produzierendes Gewerbe

Ernährungsgewerbe

Wirtschaftsgruppe

Kostenstruktur im Ernährungsgewerbe, im Verbrauchsgüter produzierenden Gewerbe und im verarbeitenden Gewerbe in den Jahren 1988 und 1992 in % des Bruttoproduktionswertes

Tabelle 2-26

Tabelle 2-27

Inputpreisindizes des Ernährungsgewerbes und des produzierenden Gewerbes 1985 = 100 1988

1989

1990

1991

1992

1993

1994

H. v. Nahrungsmitteln (o. Getränke)

88,2

91,2

86,4

86,0

85,8

81,5

82,8

H. v. Getränken

93,5

93,1

94,6

96,0

96,2

90,8

89,2

Produzierendes Gewerbe insgesamt

88,6

92,8

91,4

91,0

89,9

88,1

89,3

Bereich

Quelle:

Statistisches Bundesamt, Fachserie 17: Reihe 3: Preisindizes für den Wareneingang des Produzierenden Gewerbes.

preise für Marktordnungserzeugnisse26 liegen - trotz der Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik - vielfach immer noch über den entsprechenden Weltmarktpreisen. Die Ernährungsindustrie ist deshalb - unterschiedlich von Branche zu Branche - mit relativ hohen Rohstoffkosten belastet. Dieser Nachteil wird bis zu einem gewissen Grad dadurch ausgeglichen, daß bei Exporten in Drittländer Ausfuhrerstattungen gewährt werden. Das über den Weltmarktpreisen liegende Preisniveau der landwirtschaftlichen Produkte beeinflußt als wichtiger Kostenfaktor die Ertragslage insbesondere der o.g. Zulieferbereiche. Diese weisen nämlich - wie im nächsten Abschnitt 2.6.2 dargestellt - durchwegs eine im Vergleich zum gesamten Ernährungsgewerbe unterdurchschnittliche Rendite auf (vgl. Abb. 2-4). Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, daß die Ertragslage dieser Bereiche nicht nur von den Rohstoffkosten bestimmt wird, sondern darüber hinaus auch von einer Reihe anderer Faktoren, insbesondere der Entwicklung der Nachfrage und der Konkurrenzsituation ; diese Faktoren haben vor allem in den vergangenen Jahren ebenfalls zu einem Druck auf die Ertragslage geführt.

26

62

Dazu zählen vor allem Getreide, Milch, Ölsaaten, Eiweißpflanzen, Zucker, Fette, Schweinefleisch, Rindfleisch, Obst und Gemüse, Wein und Trockenfutter.

Die Kostenbelastung der Zulieferbereiche - und direkt oder indirekt auch der übrigen Ernährungszweige - durch überhöhte Rohstoffpreise könnte allerdings in den nächsten Jahren als Folge der Umsetzung der Beschlüsse der Uruguay-Runde des GATT, in die erstmals auch die Güter der Agrarwirtschaft einbezogen waren, weiter abnehmen. Dies bedeutet, daß sich die Preise der landwirtschaftlichen Produkte in der EU verstärkt an der Preisentwicklung auf dem Weltmarkt orientieren werden. Diese Entlastungen werden jedoch nicht voll auf die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Ernährungsindustrie durchschlagen, da gleichzeitig auch die Ausfuhrerstattungen, bedingt durch das jährlich sinkende Erstattungsbudget, für bestimmte landwirtschaftliche Erzeugnisse sinken werden. Außerdem dürfte sich der Preisdruck der Abnehmer (Verarbeiter von Erzeugnissen des Ernährungsgewerbes, Lebensmittelhandel) eher erhöhen als vermindern. Die übrigen Kostenarten wie Kapitalkosten (Abschreibungen auf Sachanlagen und Zinsaufwendungen) und Kostensteuern haben im Ernährungsgewerbe ein, im Verhältnis zum lndustriedurchschnitt, geringes Gewicht. Angesichts der kapitalintensiven Fertigungsweise ist der niedrige Anteil der Abschreibungen auf Sachanlagen bemerkenswert; er findet seine Erklärung in den verhältnismäßig alten Produktionsanlagen der industriellen Nahrungsmittelproduktion.

2.6.2 Entwicklung der Ertragslage Neben den Kosten wird die Ertragslage der Unternehmen von der Entwicklung der Verkaufspreise bestimmt. Die Erzeugerpreise des Ernährungsgewerbes sind von 1988 bis 1993 mit 5, 7 % weniger gestiegen als jene des verarbeitenden Gewerbes (9 % vgl. Tab. 2-28). Zieht man von diesen Veränderungsraten die Veränderung der jeweiligen Inputpreisindizes ab, so erhält man ein Maß für die Entwicklung des Preisindex der Wertschöpfung je Produkteinheit. Demzufolge hat sich diese Maßzahl von 1988 bis 1993 im Ernährungsgewerbe kaum verändert, im gesamten verarbeitenden Gewerbe dagegen um ca. 8 % erhöht. Modellrechnungen haben ergeben, daß die Stagnation der Wertschöpfung je Produkteinheit im Ernährungsgewerbe in stärkerem Maße durch Einflüsse des Marktes verursacht war als in anderen Branchen. Die wichtigst!'m Ursachen sind eine in preislicher Hinsicht sehr wettbe-

6"

63

werbsfähige Importkonkurrenz (die Importpreise sind im Untersuchungszeitraum gefallen, vgl. Tab. 2-28) sowie die Nachfragemacht des Lebensmittelhandels (vgl. Abschnitt 5.3). Tabelle 2-28

Preise für Erzeugnisse des Ernährungsgewerbes (früheres Bundesgebiet) 1985 = 100 Index der Erzeugerpreise {lnlandsabsatz) Jahr

Index der Einfuhrpreise

Zum Vergleich: Erzeugnisse des Zum Vergleich: Erzeugnisse des Erzeugnisse des ErnährungsErzeugnisse des Ernährungsverarb. Gewerbes gewerbes verarb. Gewerbes gewerbes

1988

96,9

98,8

89,5

89,1

1989

99,0

102,2

91,7

92,5

1990

98,7

103,7

87,0

89,8

1991

100,4

105,9

88,5

89,7

1992

103,0

107,6

89,2

88,0

1993

102,4

107,7

84,9

86,5

1994

102,4

108,4

84,7

87,2

Quelle: Statistisches Bundesamt, Fachserie 17: Preise, Reihe 2: Preise und Preisindizes für gewerbliche Produkte {Erzeugerpreise), Reihe 8: Preise und Preisindizes für die Ein- und Ausfuhr.

Die Ertragslage des westdeutschen Ernährungsgewerbes war im Untersuchungszeitraum starken Schwankungen unterworfen. Nachdem die Umsatzrendite (Jahresüberschuß in% des Umsatzes) 1989 stark gesunken war, verzeichnete die Branche im jahr 1990 im Gefolge des Nachfragebooms aus Ostdeutschland eine regelrechte Gewinnexplosion, die die Rendite auf über 2 1/2% ansteigen ließ (vgl. Tab. 2-29), womit sie auf ein seit Anfang der Siebziger Jahre nicht mehr erreichtes Niveau emporschnellte. Damit konnte auch, erstmals wieder seit langer Zeit, die Umsatzrendite des gesamten verarbeitenden Gewerbes übertroffen werden. Zwar hat sich die Ertragslage des westdeutschen Ernährungsgewerbes im Gefolge des Auslaufens der Nachfrageimpulse aus den neuen Bundesländern und allgemeiner konjunktureller Schwächetendenzen wieder verschlechtert, doch im gleichen Ausmaß wie im Durchschnitt des verarbeitenden Gewerbes. Im Jahr 1992 war die Gewinnsituation

64

Tabelle 2-29 Umsatzrendite und Cash Flow im Ernährungsgewerbe und im verarbeitenden Gewerbe insgesamt % des Umsatzes

Jahresüberschuß Jahr

Ernährungsgewerbe

Verarbeilendes Gewerbe

Jahresüberschuß vor Gewinnsteuern 8 l Ernährungsgewerbe

Verarbeitendes Gewerbe

Eigenerwirtschaftete Mittelb) Ernährungsgewerbe

Verarbeitendes Gewerbe

1988

2,1

2,6

3,0

4.4

6.4

8,1

1989

1,5

2,4

2,3

4,3

5.4

7,9

1990

2,6

2,5

3,6

4,3

7,8

8,0

1991

2,2

2,1

3,1

3,6

6,2

7,9

1992

1,5

1.4

2,4

2,7

6,8

7,2

a) Steuern vom Einkommen und Ertrag, insbesondere Körperschaft- und Gewerbeertragsteuer. - b) Cash Flow: Jahresüberschuß, Abschreibungen, Veränderung der Rückstellungen, des Sonderpostens mit Rücklageanteil und der Rechnungsabgrenzungsposten, abzüglich Zuschreibungen auf Sachanlagen. Quelle: Deutsche Bundesbank, Verhältniszahlen aus Jahresabschlüssen westdeutscher Unternehmen 1971 bis 1991, Dezember 1993; Ertragslage und Finanzierungsverhältnisse westdeutscher Unternehmen im Jahr 1993, in: Deutsche Bundesbank, Monatsbericht November 1994.

(nach Steuern) im Ernährungsgewerbe sogar etwas besser als in den meisten anderen lndustriebranchen; allerdings liegt die Branche beim JahresüberschuB vor Gewinnsteuern sowie beim Cash Flow etwas hinter dem Industriedurchschnitt zurück (Tab. 2-29). Überdurchschnittlich ertragsstark sind im Ernährungsgewerbe sowohl die größeren Unternehmen, die im Produktionsbereich Kostenvorteile durch economies of scale und beim Vertrieb eine gewisse Anbietarmacht - basierend auf weit distribuierten Markenartikeln - haben, als auch eine Vielzahl kleinerer Unternehmen, die in Marktnischen tätig sind und/oder regionale Spezialitäten herstellen (Tab. A 2-14). Relativ ertragsschwach sind dagegen solche Lebensmittelproduzenten, die anonyme bzw. Standardware im mittleren Preissegment anbieten, das immer mehr "ausdünnt"; dazu zählen insbesondere

65

mittelgroße Unternehmen, aber auch kleinere Hersteller, insbesondere solche, die in der Rechtsform der Einzelhandelskaufleute betrieben werden.27 Ertragsentwicklung und -niveau waren in den einzelnen Sektoren des Ernährungsgewerbes äußerst unterschiedlich (Tab. A 2-15 und Abb. 2-4). An der Spitze der Güterklassen mit den höchsten Renditen standen 1992 die Alkoholbrenner, die Kaffee- und Teeverarbeitung, die Herstellung von Backwaren (einschl. Dauerbackwaren) und Kartoffelerzeugnissen sowie die Mineralbrunnen und Hersteller von Erfrischungsgetränken. ln den "roten Zahlen" befanden sich 1992 die Ölmühlen und Hersteller von Speiseöl, die Mühlenindustrie sowie die Hersteller von Dauermilch. Die dargelegten Zahlen verdecken jedoch, daß sich ein ansehnlicher Teil der Unternehmen in der Verlustzone befindet28 und daß sich die Ertragslage seit 1992 in einigen Branchen weiter verschlechtert hat. Dies gilt beispielsweise die Schlachtereien, deren Branche durch Überkapazitäten und einen enormen Preiswettbewerb gekennzeichnet ist; aus Mangel an Aufträgen mußten Betriebe geschlossen und Mitarbeiter entlassen werden. Ähnliche, wenngleich nicht so gravierende Phänomene zeigen sich auch in anderen stagnierenden Märkten wie z.B. in der Milch- und Brauwirtschaft.

2.6.3 Entwicklung der Vermögens- und Kapitalstruktur Das Ernährungsgewerbe muß aus produktionstechnischen Gründen (relativ kurze Fertigungszeiten) weniger liquide Mittel halten als andere Branchen. Die Relation der liquiden Mittel zu den kurzfristigen Verbindlichkeiten ist daher niedriger als im Durchschnitt des verarbeitenden Gewerbes (Tab. 2-30). Die Erhöhung der Gewinne im Jahr 1990 hat es der Branche erlaubt, die Liquidität zu verbessern. Mit dem Rückgang der Umsatzrendite hat sich jedoch in den folgenden Jahren die Liquiditätslage wieder verschlechtert. Dies bedeutet, daß sich die Anfälligkeit der Unternehmen des Ernährungsgewerbes gegenüber finanziellen Belastungen erhöht hat. Die Liquiditätslage ist insbesondere bei den kleineren Unternehmen relativ ungünstig. 27 28

66

Vgl. Deutsche Bundesbank, Verhältniszahlen aus Jahresabschlüssen ..., a.a.O. Im ertragsmäßig guten Jahr 1990 waren dies nach Angaben der Deutschen Bundesbank immerhin rund 20 %.

Abb. 2-4

Ertragslage des Ernährungsgewerbes

a)

im Jahr 1993 -

Früheres Bundesgebiet

D

Neue Länder u. Berli n-Ost

Mahl· u . Schilm Uhlen H . v . Teigwaren

H. v . Nlhrmltteln H . v. Stirke u. -erz . H . v . Kartoffelerz. H.v . Backwaren

H. v. Dauerbackwaren Zuckerl nduetrle Obat- u. Gam. verarb . H . v. SUBwaren

Molkerei, Klooral H .v . Dauermilch u.i . OlmUhlen, H. v. Spelaeöl H . v . Margarine u.ä.

Talgachmatzen u.l. Schlac h t h . (o. kom.) Flelachwarenlnd. Ftelacherel F lachverarbel tung V .v. Kaffee, Tee u. ä Brauerei

Milzoral Alkoholbrennerei

H.v. Splrltuoaen H. u. V . v. Wein H . v . Mlneralw . u. Limonaden

Obr . Ernihrungagew . H.v. Futtermitteln Ernlhrungagew . lnag .

-30

-25

-20

-15

-10

-5

0

5

10

a) JahresüberschuB vor Steuern in '!lt dea Bruttoproduktionawertes.

Quelle: Statistisches Bundesamt.

67

Tabelle 2-30

Verhältniszahlen zur Vermögens- und Kapitalstruktur des Ernährungsgewerbes und des verarbeitenden Gewerbes 1988

1989

1990

66,0

65,3

67,8

67,3

64,7

106,7

101 '1

98,4

94,9

95,4

Ernährungsgewerbe

129,9

125,6

125,6

127,0

117,2

Verarbeitendes Gewerbe

192,0

185,1

184,0

181,0

180,9

Position bzw. Bereich

1991

1992

Liquide Mittel und kurzfristige Forderungen in % der kurzfristigen Verbindlichkeiten Ernährungsgewerbe Verarbeitendes Gewerbe Langfristig verfügbares Kapital in % der Sachanlagen

Eigenmittel in % der Bilanzsumme Ernährungsgewerbe

19,7

19,8

19,8

19,4

19,3

Verarbeitendes Gewerbe

23,6

22,8

23,0

22,8

23,0

Ernährungsgewerbe

16,6

14,3

19,9

16,4

17,3

Verarbeitendes Gewerbe

17,8

17,4

17,5

17,1

15,2

Cash Flow8 l in % der Fremdmittel abzüglieh Kassenmittel

a) Eigenerwirtschaftete Mittel (Jahresüberschuß, Abschreibungen, Veränderung der Rückstellungen, des Sonderpostens mit Rücklageanteil und der Rechnungsabgrenzungsposten, abzüglich Zuschreibungen auf Sachanlagen). Quelle: Deutsche Bundesbank, Verhältniszahlen aus Jahresabschlüssen ... , a.a.O.; Ertragslage und Finanzierungsverhältnisse ... , a.a.O.

Der Deckungsgrad der Sachanlagen des Ernährungsgewerbes durch langfristig zur Verfügung stehendes Kapital ist im Untersuchungszeitraum gesunken. Auch in Relation zur Bilanzsumme war der Anteil der langfristig verfügbaren Finanzmittel rückläufig. Den Unternehmen des Ernährungsgewerbes war es also in den vergangenen Jahren nur bedingt möglich, der Risikovorsorge Rechnung zu tragen. Ein Indiz dafür ist auch darin zu sehen, daß die Eigenmittelausstattung des Ernährungsgewerbes nach wie vor ungünstiger als im gesamten verarbeitenden Gewerbe ist. Die Eigenmittelquote ist seit 1991 tendenziell wieder leicht rückläufig. Die größenspezifische Betrachtung zeigt, daß die Eigenkapitalausstattung vor allem bei den kleineren Unternehmen, die hauptsächlich in Form von Personengesellschaften und Einzelkaufleuten geführt werden, unterdurchschnittlich ist. Dabei ist allerdings zu be-

68

rücksichtigen, daß im Ernä.hrungsgewerbe der Anteil dieser Gesellschaftsformen relativ hoch ist und das Privatvermögen der Inhaber dieser Unternehmen nicht in der Bilanz als Eigenkapital erscheint. Die Veränderungen der- Bilanzstruktur des Ernährungsgewerbes zeigen, daß sich die Finanzlage der Unternehmen insbesondere seit Anfang der neunziger Jahre verschlechtert hat. Ausdruck dafür ist das Ergebnis der Erfolgsrechnung. Die eigenerwirtschatteten Mittel (Cash Flow), die neben dem JahresüberschuB die Abschreibungen auf Sachanlagen sowie die Veränderungen der Rückstellungen enthalten, haben, bezogen auf die Fremdmittel, abgenommen. Damit hat diese Verhältniszahl wieder das Niveau zu Beginn der achtziger Jahre erreicht. Sie liegt jedoch über der Finanzkraft des verarbeitenden Gewerbes insgesamt, was in den achtziger Jahren nicht der Fall war.

3. Der Umstrukturierungsprozeß des Ernährungsgewerbes in den neuen Bundesländern 3.1

Entwicklung von Produktion und Produktionsfaktoren im ostdeut· schen Ernährungsgewerbe

Im folgenden wird der Umstrukturierungsprozeß des Ernährungsgewerbes in den neuen Bundesländern anhand verschiedener Variablen, wie Produktion, Umsatz, Betriebe, Beschäftigte und Investitionen dargestellt. Das Ergebnis der durchgeführten Anpassungsmaßnahmen wird mittels Kennziffern für die Produktivität und die Ertragslage aufgezeigt. Schließlich wird noch erörtert, inwieweit die ostdeutschen Lebensmittelhersteller auf den Auslandsmärkten Fuß fassen konnten.

3.1.1

Produktion und Umsatz

Wie bereits in Abschnitt 2.2 angedeutet, ist der Index der Nettoproduktion des ostdeutschen Ernährungsgewerbes seit 1992 stark angestiegen (vgl. Abb. 2-3). Im Jahr 1994 übertraf er um ca. 18 % den Stand vom 2. Halbjahr 1990, während im Durchschnitt des verarbeitenden Gewerbes die Produktion um 15 % unter dem Niveau des Basiszeitraums lag. Ursächlich dafür waren eine erhebliche Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit, der Aufbau neuer, moderner Produktionskapazitäten sowie die Tatsache, daß viele Bereiche des Ernährungsgewerbes einen regional eng begrenzten Markt bedienen (in erster Linie das Brot- und Backwarengewerbe sowie die Fleischereien). Dem ostdeutschen Ernährungsgewerbe kam aber auch zugute, daß sich die Konsumenten in den neuen Bundesländern nach entsprechenden Qualitätsverbesserungen bei den Produkten wieder zunehmend "heimischen" Nahrungsmitteln zugewandt haben. Das Ernährungsgewerbe der neuen Bundesländer hat aus dem Blickwinkel der Produktionsentwicklung den Übergang von der Zentralverwaltungswirtschaft zur Marktwirtschaft vergleichsweise gut bewältigt. Nur wenige Branchen erzielten seit dem 2. Halbjahr 1990 ein höheres Produktionswachstum als das Ernährungsgewerbe; dazu zählen einige konsum- und bauabhängige Branchen sowie die Mineralölverarbeitung. Mit der Festigung des Auf-

70

schwungs in den neuen Ländern gehen jedoch wesentliche Wachstumsimpulse von einer zunehmenden Zahl von Branchen aus, vor allem von den drei dynamischen Wirtschaftsbereichen Steine und Erden, Straßenfahrzeugbau und Elektrotechnik. Dies hatte zur Folge, daß im Jahr 1994 das mit 18 % nach wie vor relativ starke Produktionswachstum des Ernährungsgewerbes unter demjenigen des gesamten verarbeitenden Gewerbes (21 %) lag. Es kam hinzu, daß das Wachstum der ostdeutschen Lebensmittelbranche durch strukturelle Überkapazitäten in einigen Zweigen gebremst wurde. Dies gilt insbesondere für die Milchverarbeitung sowie für die Schlachthäuser und die Fleischverarbeitung. ln diesen Sektoren wurde 1994 das Produktionsniveau des 2. Halbjahrs 1990 noch nicht wieder erreicht (vgl. Tab. 3-1). Andere Zweige wie die Herstellung von Süßwaren und Getränken konnten dagegen die Produktion erheblich erhöhen; sie übertrafen das Produktionswachstum im gesamten Bundesgebiet ganz erheblich. Der Anteil der Süßwarenherstellung sowie der Herstellung von alkoholfreien Getränken am Umsatz des gesamten Ernährungsgewerbes der neuen Bundesländer liegt jedoch nach wie vor unter dem Anteil, den diese Sektoren im früheren Bundesgebiet erreichen (vgl. Tab. A 3-1). Demgegenüber übertrifft in Ostdeutschland der Umsatzanteil der Milchverwertung, der Schlachthöfe und Fleischverarbeitung, der Backwarenindustrie, der Zuckerindustrie und der Spirituosenherstellung die Umsatzanteile der entsprechenden westdeutschen Sektoren z.T. ganz erheblich. Angesichts des im Vergleich zu anderen Branchen unterdurchschnittlichen Produktionswachstums im Jahr 1994 war der Anteil des Ernährungsgewerbes am Umsatz des verarbeitenden Gewerbes wieder rückläufig, und zwar von 19,9% (1993) auf 18,9% (1994). 1 Gleichwohl ist dieser Anteil, verglichen mit jenem in den alten Bundesländern (1994: 10,7 %), nach wie vor relativ hoch. Insbesondere in Mecklenburg-Vorpommern hat das Ernährungsgewerbe mit einem Anteil von 40 % am Umsatz des verarbeitenden Gewerbes (einschl. Bergbau) eine beherrschende Stellung (vgl. Tab. 3-2), und zwar nicht zuletzt wegen der großen Bedeutung des wichtigsten Vorlieferanten des Ernährungs-

1

Angaben für Betriebe von Unternehmen mit 20 und mehr Beschäftigten.

71

Tabelle 3-1

Entwicklung des Index der Nettoproduktiona) im Ernährungsgewerbe der neuen Länder und Berlin-Ost 2. Halbjahr 1990 = 100 Neue Länder und Berlin-Ost Wirtschaftszweig

Deutschland

Relationb)

1991

1992

Ernährungsgewerbe

85,2

95,2

103,1

117,5

100,0

1,18

H.v. Backwaren

77,1

79,7

84,3

102,8

104,2

0,99

H.v. Süßwaren (ohne Dauerbackwaren)

86,9

104,0

118,3

179,9

103,6

1,74

Milchverwertung

63,6

55,7

68,3

74,4

95,7

0,78

1993

1994

1994

Schlachthauser (o.komunale), Fleischverarb.

77,3

84,1

86,0

95,8

97,0

0,99

Brauerei, Mälzerei

85,8

114,5

141,4

161,4

98,0

1,65

Mineralbrunnen, H.v.Mineralwasser,Limonaden

50,8

187,3

279,3

370,4

117,4

3,16

a) Arbeitstaglieh bereinigt, für fachliche Unternehmensteile. - b) Neue Länder und Berlin-Ost im Verhältnis zu Deutschland(= 100). Quelle: Statistisches Bundesamt.

gewerbes, nämlich der Landwirtschaft (einschließlich der Fischerei) in diesem Bundesland. Trotz der relativ günstigen Produktions- und Umsatzentwicklung (vgl. Tab. A 3-2) des ostdeutschen Ernährungsgewerbes besteht in den neuen Bundesländern weiterhin eine große Diskrepanz zwischen der Produktion von und der Nachfrage nach Erzeugnissen des Ernährungsgewerbes. Der Anteil der neuen Länder (einschließlich Berlin-Ost) am Umsatz des gesamten deutschen Ernährungsgewerbes belief sich im Jahr 1994 auf 9,5 %2 , wenngleich mit 2 Angaben für Betriebe von Unternehmen mit 20 und mehr Beschäftigten. Möglicherweise ist der tatsachliche Umsatzanteil der neuen Länder etwas höher, und zwar aus folgenden Gründen. Zum einen sind im Monatsbericht für den Bergbau und das verarbeitende Gewerbe der größte Teil des Handwerks und die industriellen Kleinbetriebe nicht enthalten. ln den neuen Landern hat jedoch gerade die Bedeutung der kleineren Unternehmen stark zugenommen. Näherungsrechnungen des Statistischen Bundesamts ergaben, daß deren Gewicht in den neuen Landern erheblich größer ist als im früheren Bundesgebiet. Zum anderen sind im Monatsbericht Betriebe und Unternehmensteile, deren Unternehmen ihren Hauptsitz im früheren Bundesgebiet haben, nicht einbezogen.

72

Tabelle 3-2

Anteil des Ernährungsgewerbes der neuen Länder und Berlin-Ost am Umsatz des Bergbaus und verarbeitenden Gewerbes in%

1992

Gebiet Brandenburg

1993

Veränderung des Umsatzes 1993 gegenüber 1992

Mecklenburg-Vorpommern

18,2 39,78 )

19,3 40,08 )

Sachsen

18,98 )

18,1 8 )

1,6

Sachsen-Anhalt

15,68 )

16,78 )

5,2

Thüringen

24,28 )

21 ,58 )

Berlin-Ost

15,4

18,88 )

7,5 20,8 .

Neue Länder und Berlin-Ost

18,2

18,7

8,3

8)

6,8 18,1

a) Nahrungs- und Genußmittelgewerbe. Quelle:

Statistisches Bundesamt, Zur wirtschaftlichen und sozialen Lage in den neuen Bundesländern, Dezember 1994, S. 37.

steigender Tendenz (vgl. Tab. 3-3). Demgegenüber beträgt der Anteil der neuen Länder an der gesamten deutschen Bevölkerung über 19 %. Dies deutet darauf hin, daß der Selbstversorgungsgrad der ostdeutschen Bevölkerung mit Nahrungsmitteln - läßt man den Außenhandel unberücksichtigt - schätzungsweise bei lediglich 50 % liegt. Diese Aussage wird auch dadurch gestützt, daß das ostdeutsche Ernährungsgewerbe das Produktionsniveau von vor der "Wende" bei weitem noch nicht wieder erreicht hat; es lag 1994 immer noch um etwa 50 % unter der Produktion des Jahres 1989. Jene Bereiche des ostdeutschen Ernährungsgewerbes, deren Umsatzanteil relativ hoch ist, haben auch innerhalb des gesamtdeutschen Ernährungsgewerbes eine überdurchschnittlich starke Stellung. Dazu zählen insbesondere die Schlachthäuser, die Zuckerindustrie, die Fleischverarbeitung, die Brotindustrie und die Molkereien (vgl. Tab. A 3-3).

73

Tabelle 3-3

Stellung der neuen Länder und Berlin-Ost im Ernährungsgewerbe Deutschlands nach Beschäftigung und Umsatz

Merkmal

Anteil der neuen Länder und Berlin-Ost an Deutschland insgesamt in % 1991

1992

1993

1994

Betriebe

19,8

17,2

16,1

16,6

Beschäftigte darunter Arbeiter Geleistete Arbeiterstunden Bruttolohn- u. Gehaltssumme darunter Lohnsumme Umsatz darunter Auslandsumsatz

20,9 21,8. 19,3 9,7 10,8 7,8

14,5 15,1 15,2 8,3 9,2 7,8

12,9 13,5 14,1 8,3 9,1 8,5

13,3 13,8 14,4 9,0 9,9 9,5 6,2

' Fachliche Betriebsteile Beschäftigte darunter Arbeiter Umsatz darunter Auslandsumsatz

16,9 20,6 21,5 8,4

14,6 14,4 15,0 ' 8,3

13,8 12,8 13,4 9,1

14,3 13,1 13,7 10,2 6,5

Unternehmen darunter Einbetriebsuntern. Beschäftigte Bruttolohn- u. Gehaltssumme Umsatz

17,1 16,1 19,7 9,1 7,7

16,5 17,0 13,5 7,7 7,5

16,0 16,9 12,0 7,7 8,2

Quelle:

Statistisches Bundesamt, Fachserie 4, Reihe 4.1.1 "Beschäftigung, Umsatz und Energieversorgung der Unternehmen und Betriebe im Bergbau und im Verarbeitenden Gewerbe"; Berechnungen des ifo Instituts.

3.1.2 Betriebe, Unternehmen und Beschäftigte Im vorigen Kapitel wurde darauf hingewiesen, daß kleineren Betrieben und Unternehmen im ostdeutschen Ernährungsgewerbe eine relativ große Bedeutung zukommt. Die Gründe sind im Zusammenbruch der groBindustriellen

74

Struktur. in Neugründungen. Unternehmenssplitting, Privatisierung und Reprivatisierung von Unternehmen bzw. Unternehmensteilen zu sehen. Diese Tendenzen spiegeln sich in der Entwicklung der Betriebs- bzw. Unternehmensgröße wider. Die Zahl der Beschäftigten je Betrieb bzw. Unternehmen war seit 1991 rückläufig (vgl. Tab. A 3-4). resultierend aus einem Beschäftigtenabbau. der wesentlich stärker war als der Rückgang der Zahl der Betriebe bzw. Unternehmen. Lag die Betriebs- bzw. Unternehmensgröße im ostdeutschen Ernährungsgewerbe im Jahr 1991 noch über der entsprechenden Kennzahl im früheren Bundesgebiet, so war sie 1993 deutlich niedriger {Tab. 3-4) . Auffallend ist, daß die Größe der fachlichen Betriebsteile in den neuen Ländern vergleichsweise nahe am Durchschnitt für das westdeutsche Ernährungsgewerbe liegt. Dies legt den Schluß nahe, daß in den neuen Ländern ein nicht unerheblicher Teil der eigentlichen Fertigungsstätten für Nahrungsmittel (wofür die fachlichen Betriebsteile der geeignetste Indikator sind) eine Größe erreicht hat, die aus technischer Sicht dem Optimum nahe kommt. Allerdings darf nicht unberücksichtigt bleiben, daß im ostdeutschen Ernährungsgewerbe ein erhebliches Größengefälle zwischen den einzelnen fachlichen Betriebsteilen besteht, wobei die Extrempositionen einerseits von neuerrichteten Fertigungsstätten für die "Großserienproduktion" und andererseits von neugegründeten Handwerks- bzw. Kleinbetrieben markiert werden. Im Gegensatz zu den fachlichen Betriebsteilen hat sich die durchschnittliche Unternehmensgröße (Beschäftigte je Unternehmen) des ostdeutschen Ernährungsgewerbes vergleichsweise stark verringert. Dies deutet auf gewisse Nachteile im Wettbewerb hin. Dabei ist allerdings zu beachten, daß in den neuen Ländern zahlreiche Tochtergesellschaften tätig sind, deren Muttergesellschaften ihren Sitz in Westdeutschland oder im Ausland haben und die bestimmte Unternehmensfunktionen wie z.B. Finanzierung oder Forschung und Entwicklung für ihre Töchter übernehmen. Diese Auslagerung von Unternehmensfunktionen hat seit der Wende mit zu dem kräftigen Abbau von Arbeitsplätzen in der ostdeutschen Ernährungsindustrie beigetragen. wobei die Hauptursache selbstverständlich in der Stillegung nicht mehr wettbewerbsfähiger Kapazitäten sowie in umfangreichen Rationalisierungsmaßnahmen in weiterhin bestehenden Fertigungsstätten zu sehen ist. Zählte die Branche im Jahr 1989 noch rund 275 000 Beschäftigte, so waren es 1993 nur noch etwa 70 000 (vgl. Tab. A 3-2}. Im Jahr 1994 hat sich der

75

Tabelle 3-4

Vergleich verschiedener Kennzahlen für Beschäftigung und Umsatz der Unternehmen und Betriebe im Ernährungsgewerbe der neuen und alten Bundesländer

Merkmal

Neue Länder und Berlin-Ost im Verhältnis zum früheren Bundesgebiet ( = 100) 1991

1992

1993

1994

Betriebe Beschäftigte je Betrieb

106,6

81 ,5

77,2

77,3

Arbeiter in % der Gesamtbeschäftigten

105,7

105,1

105,1

104,4

Geleistete Stunden je Arbeiter

85,9

100,7

105,1

104,9

Bruttolohn- und Gehaltssumme je Beschäftigten

40,6

53,6

61,1

64,8

Bruttolohnsumme je Arbeiter

43,3

56,7

64,0

68,7

Bruttolohn- und Gehaltssumme in % des Umsatzes

126,7

108,0

97,1

95,1

Umsatz je Betrieb

34,2

40,5

48,5

52,7

Umsatz je Beschäftigten

32,1

49,7

62,9

68,1

Auslandsumsatz in % des Umsatzes insgesamt

63,0

Fachliche Betriebsteile 128,3

98,4

91,4

Umsatz je Betriebsteil

Beschäftigte je Betriebsteil

45,3

53,2

62,3

90,5 68,2

Umsatz je Beschäftigten

35,3

54,1

68,1

75,4

Unternehmen Einbetriebsunternehmen in % von insgesamt Beschäftigte je Unternehmen Bruttolohn- und Gehaltssumme je Beschäftigten Bruttolohn- und Gehaltssumme in % des Umsatzes Umsatz je Unternehmen

93,2

103,5

106,2

119,3

79,0

71 ,7

40,9

53,7

61 ,2

119,8

103,1

94,3

40,7

41 ,1

46,5

Quelle: Statistisches Bundesamt, Fachserie 4 Reihe 4.1.1 'Beschäftigung, Umsatz und Energieversorgung der Unternehmen und Betriebe im Bergbau und im verarbeitenden Gewerbe'; Berechnungen des ifo Instituts.

76

Beschäftigtenabbau allerdings nicht mehr weiter fortgesetzt - im Gegenteil, es ist sogar wieder ein leichter Anstieg des Beschäftigtenvolumens erkennbar. Damit hat sich der Anteil der neuen Länder an den Beschäftigten des gesamten deutschen Ernährungsgewerbes, der bis 1993 rückläufig war, wieder leicht erhöht (Tab. 3-3}.

3.1.3 Investitionen Der Aufbau neuer Kapazitäten sowie die Durchführung der umfangreichen Rationalisierungsmaßnahmen findet seinen Ausdruck in einer äußerst lebhaften Investitionstätigkeit Das Investitionsvolumen im ostdeutschen Ernährungsgewerbe3 stieg insbesondere in den Jahren 1992 und 1993 stark an. Obwohl diese Investitionswoge in den Jahren 1994 und 1995 auslief, dürften die Investitionsausgaben des Jahres 1995 das Niveau von 1991 immer noch um fast 10 % übertrotten haben. Die lebhafte Investitionstätigkeit hatte einen deutlichen Anstieg der lnvestitionsintensität, also der Bruttoanlageinvestitionen je Beschäftigten, zur Folge (vgl. Tab. 3-5}. Diese Investitionskennziffer lag im ostdeutschen Ernährungsgewerbe in den Jahren 1993 und 1994 zweieinhalb bis dreimal so hoch wie im Ernährungsgewerbe des früheren Bundesgebiets (vgl. Abb. 3-1}. Die lebhafte Investitionstätigkeit im Ernährungsgewerbe der neuen Länder ist eine wesentliche Voraussetzung für den Aufholprozeß der Branche innerhalb Deutschlands und für die Erlangung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit Die beschriebene Investitionsentwicklung ist somit der Garant dafür, daß der Kapitalstock des Ernährungsgewerbes im Osten Deutschlands schneller wächst als im Westen und daß dessen Modernitätsgrad zunimmt. Während unmittelbar nach der "Wende" die Investitionen schwerpunktmäßig der Modernisierung bestehender Anlagen dienten, hat 1992 und 1993 auch die Neuerrichtung von Produktionsstätten erheblich an Bedeutung gewonnen. Ein Indiz dafür ist der Rückgang des Anteils der Maschinen und maschinellen Anlagen an den gesamten Investitionen, d.h. der Anteil der Bauten ist gestiegen. Damit unter-scheidet sich die Zusammensetzung der Investitionen im ostdeutschen Ernährungsgewerbe deutlich von jener bei den westdeutschen Unternehmen (vgl. Tab. A 3-5 und Tab. A 3-6). 3

Einschließlich Tabakverarbeitung.

7 Breitenacher/Täger

77

Tabelle 3-5

Investitionen im Nahrungs- und Genußmittelgewerbe 1991 bis 1994 19948 )

1995b)

Merkmal

Einheit

1991

1992

Investitionen

Mill. DM

10 100

9 900

8 600

8 200

8 600

lnvestitionsintensitätc)

1000 DM

20

20

18

17

18

1993

Früheres Bundesgebiet

Neue Länder und Berlin-Ost Investitionen

Mill. DM

2 300

3 300

3 400

2 700

2 500

lnvestitionsintensitätc)

1000 DM

17

39

48

38

36

Investitionen

Mill. DM

12 400

13 200

12 000

10 900

11 100

Investitionsintensitätc)

1000 DM

19

25

27

22

22

Deutschland insgesamt

Anteil neue Länder und Berlin-Ost an Deutschland insgesamt Investitionen

%

18,6

25,0

28,3

24,8

22,5

Verhältnis neue Länder zu alte Länder Investitionsintensität

AL=100

85

195

267

224

200

a) Vorläufig. - b) Geplant. - c) Investitionen je Beschäftigten. Quelle: ifo Investitionstest Ost, ifo Sonderumfrage Investitionsaktivitäten Ex-DDR, ifo Unternehmensdatenbank Ost, ifo Investitionstest West, Statistisches Bundesamt (Fachserie 4, Reihe 4.1.1).

ln den neuen Bundesländern war die Investitionstätigkeit in der Herstellung von Nahrungsmitteln seit 1991 stabiler als im früheren Bundesgebiet. Zwar sind im Osten die Investitionen in den Jahren 1994 und 1995 eingeschränkt worden sein, doch lagen sie immer noch über dem Niveau von 1991. Ausschlaggebend für die robuste Investitionstätigkeit war nicht nur das Motiv, bestimmte strategische Ziele zu erreichen (z.B. Erschließung neuer Märkte, Aufbau von Vertriebsstrukturen, Rationalisierung des Produktionsprozesses), sondern auch die massive finanzielle Förderung, welche die Investitionen im Osten Deutschlands erfahren. Eine gewisse Bedeutung für den Umfang der Investitionstätigkeit kommt auch Investitionszusagen an die Treuhand zu. ln den alten Bundesländern wurde dagegen im Zeitraum 1991/94 das Investitionsvolumen um ca. ein Sechstel reduziert. Dies war einerseits konjunkturell bedingt durch eine Kaufzurückhaltung der Verbraucher in bezug auf Lebens-

78

Abb. 3-1

Investitionen je Beschäftigten im Nahrungs- und Genuamittelgewerbe der neuen und alten Länder 1000 DM

1991

1992

1993

1994

-

neue Bundesländer und Ostberlin

D

alte Bundesländer (inkl. Westberlin)

Quelle: Berechnungen des ifo Instituts.

r

79

mittel. Zum anderen ist die Investitionszurückhaltung im westdeutschen Ernährungsgewerbe die Folge des Aufholprozesses im Osten. An diesem Prozeß waren - und sind - westdeutsche Unternehmen des Ernährungsgewerbes in hohem Maße beteiligt. Allerdings entfällt ein wachsender Teil der Investitionen auf selbständige ostdeutsche Ernährungsunternehmen. Obwohl das Investitionsniveau der ostdeutschen Ernährungsindustrie nach wie vor relativ hoch ist, so ist doch nicht zu übersehen, daß eine niedrige Eigenkapitalausstattung der Unternehmen die Durchführung bestimmter Investitionsvorhaben mittelfristig in Frage stellen kann. Die ostdeutsche Ernährungsindustrie, die sehr frühzeitig und weitgehend privatisiert wurde, hat - Expertengesprächen zufolge - ihre Ausstattung mit Eigenmitteln bis heute nicht wesentlich verbessern können. Die Ursachen sind vielfältig: -

Bei einigen Unternehmen ist die Ertragssituation, trotz insgesamt deutlich steigender Umsätze, noch zu ungünstig. Unternehmen, die sich noch in der Verlustzone befinden, hatten eine derartige "Durststrecke" im Rahmen ihrer Unternehmenspläne vorausgesehen, zum Teil aber sind die Verluste auch Ausdruck einer mangelnden Wettbewerbsfähigkeit Besonders in Niedrigpreissegmenten ist der Wettbewerb häufig sehr intensiv, gegenwärtig besonders in den Märkten für Spirituosen und Obst-/Gemüsekonserven.

-

Soweit die befragten Unternehmen Gewinne erwirtschaften - dies ist bei der Mehrheit der Fall - werden diese meist für die Ausweitung der Geschäftstätigkeit verwendet (z.B. für den Ausbau des Vertriebsnetzes), nicht aber für die Konsolidierung der Eigenkapitalbasis bzw. die Bildung finanzieller Rücklagen. Angesichts der "chronischen" Eigenkapitalschwäche ostdeutscher Ernährungsbetriebe sind auch die Fremdfinanzierungsmöglichkeiten eingeschränkt: Insbesondere die Kreditbeschaffung bei den Banken bereitet große Schwierigkeiten. Aus diesem Grund werden die finanziellen Spielräume der Betriebe entscheidend von den Möglichkeiten ihrer Eigner bestimmt. Betriebe, die im Wege der Privatisierung an große westdeutsche oder westeuropäische Muttergesellschaften übertragen wurden, bekommen in der Regel die benötigte finanzielle Unterstützung. So wurden bei einigen der befragten Betriebe erhebliche Investitionen in modernste Produktionsanlagen von ihren Muttergesellschaften finanziert. Weitaus

80

schwieriger ist die Situation der unabhängigen ostdeutschen Mittelstandsunternehmen. Trotz Inanspruchnahme umfangreicher öffentlicher Fördermittel müssen sich diese Unternehmen oft mit Second-best-Lösungen begnügen (z.B. Renovierung statt Neubau von Produktionskapazitäten. Die unterschiedlichen Finanzierungsmöglichkeiten wirken sich auch deutlich auf der Absatzseite aus: Bundesweite Werbekampagnen in Publikumszeitschriften und TV-Medien führen bislang nur solche Hersteller durch, die auf die Unterstützung westdeutscher Muttergesellschaften zählen können. Demgegenüber können sich selbst die größten der unabhängig geführten Ostbetriebe keine vergleichbaren Aktivitäten erlauben. Der Mangel an Eigenmitteln hat bislang relativ selten zu Liquiditätskrisen geführt. Gefährdet sind wiederum am ehesten kleinere, unabhängig geführte ostdeutsche Betriebe - trotz Bereitstellung öffentlicher Fördermittel. Diese Unternehmen sind, so die Einschätzung der Experten, noch "keineswegs über den Berg" und müssen zum Teil noch "von der Hand in den Mund" leben.

3.1.4 Produktivität und Lohnkosten Die rege Investitionstätigkeit im ostdeutschen Ernährungsgewerbe hatte - bei gleichzeitigem massiven Beschäftigtenabbau - einen positiven Effekt auf die Produktivität. Der Umsatz je Beschäftigten4 hat sich zwischen 1991 und 1994 in den Betrieben des Ernährungsgewerbes der neuen Länder mehr als verdoppelt (vgl. Abb. 3-2 und Tab. A 3-4). Im Jahr 1994 erreichte diese Kennzahl nahezu 70% des westdeutschen Niveaus (vgl. Abb. 3-3 und Tab. 3-4). Damit hat sich die Leistungskraft des ostdeutschen Ernährungsgewerbes derjenigen der westdeutschen Unternehmen wesentlich stärker angenähert, als dies anderen Branchen des verarbeitenden Gewerbes gelungen ist (im

4

Da von der amtlichen Statistik noch keine Produktivitätsindizes für einzelne Industriebranchen zur Verfügung gestellt werden, muß ersatzweise auf den Umsatz je Beschäftigten zurückgegriffen werden. Diese Kennzahl ist zwar auch ein Indikator für die Leistungskraft der Unternehmen, sie ist allerdings insofern mit Vorsicht zu interpretieren, als in der Entwicklung des Umsatzes - anders als bei der Nettoproduktion - Änderungen der Vorleistungsquote nicht zum Ausdruck kommen. Da die Vorleistungsquote des ostdeutschen Ernährungsgewerbes tendenziell steigt, überzeichnet die Umsatzentwicklung etwas die Leistungskraft der Unternehmen.

81

Abb. 3-2

r··-

Kennzahlen für Beschäftigte, Löhne und Gehälter und Umsatz in Betrieben des Ernährungsgewerbes Bruttolohn- und Gehaltssumme je Beschäftigten 50

1000 DM

-----

40

30

1991

1992

1993

1994

Umsatz je Beschäftigten 1000 DM SOO r--------------------------- -------,

1991

1992

1993

1994

Bruttolohn- und Gehaltssume in % des Umsatzes

1991 neue -

1992 und alte

Quelle : Statistisches Bundesamt.

82

1993

0

1994

Bundesländer

Abb. 3-3

Vergleich der Kennzahlen für Beschäftigte, Löhne und Gehälter und Umsatz in Betrieben des Ernährungsgewerbes der neuen und alten Bundesländer Verhältnis neue Länder zu alte Länder Alte Länder • 100

1991 -

c::=J

1992

1993

1994

Bruttolohn- u. Gehaltssumme je Beschäftigten Umsatz je Beschäftigten

~ Anteil d. Bruttolohn -u . Gehaltssumme am Umsatz Quelle: Statistisches Bundesamt.

83

Durchschnitt des verarbeitenden Gewerbes erreichen die ostdeutschen Unternehmen nur 54% des westdeutschen Niveaus). ln der Milchverwertung des ostdeutschen Ernährungsgewerbes wurde 1994 bereits der Umsatz je Beschäftigten des entsprechenden Fachzweiges in den alten Bundesländern übertroffen (vgl. Tabellen A 3-7 und A 3-8). Andere Sektoren sind dem Produktivitätsniveau im früheren Bundesgebiet relativ nahegekommen, so beispielsweise die Margarineindustrie, die Mälzereien und die Zuckerindustrie. Vergleichsweise niedrig liegt das Produktivitätsniveau noch in der Kaffee- und Teeverarbeitung, in der Ölmühlenindustrie und in der Kartoffelverarbeitung, aber auch in der Fleischverarbeitung und den Schlachthöfen, nicht zuletzt wegen der dort bestehenden Überkapazitäten. Bei der Interpretation der dargelegten "Produktivitätszahlen" ist allerdings zu beachten, daß in Ostdeutschland aufgrund des weiterhin anhaltenden Umstrukturierungsprozesses ein erhebliches Leistungsgefälle zwischen den einzelnen Unternehmen besteht. Einerseits gibt es immer noch eine größere Zahl von Unternehmen mit veralteten Produktionsausrüstungen. Andererseits hat sich gerade in der ostdeutschen Ernährungsindustrie eine Vielzahl neugegründeter und/oder modernisierter Unternehmen etabliert, die mit zu den leistungsfähigsten in Europa gezählt werden. Dies wird deutlich, wenn man für die einzelnen neuen Bundesländer den Umsatz je Beschäftigten und Branche betrachtet. Dabei zeigt sich, daß insbesondere in der Molkerei und Zukkerindustrie das Produktivitätsniveau z.T. schon außerordentlich hoch ist (vgl. Tabellen A 3-9 bis A 3-14). Die Bruttolohn· und Gehaltssumme je Beschäftigten hat sich in den Betrieben des ostdeutschen Ernährungsgewerbe immer mehr dem Westniveau angenähert (vgl. Abb. 3-3 und Tab. 3-4). Im Jahr 1994 lagen die Lohnkosten je Beschäftigten bei ca. 65 % der entsprechenden Kosten in vergleichbaren Betrieben des früheren Bundesgebiets. Hauptsächlich wegen der starken Verbesserung der Produktivität weist das ostdeutsche Ernährungsgewerbe eine leicht unter dem Niveau des früheren Bundesgebiets liegende Lohnkostenbelastung am Umsatz (Bruttolohn- und Gehaltssumme in % des Umsatzes) auf. Nur wenige Branchen, wie beispielsweise der Straßenfahrzeugbau und der Schiffbau, haben eine noch günstigere Relation als die Hersteller von Nahrungsmitteln erreicht.

84

3.1.5 Ertragslage Im Ernährungsgewerbe der neuen Länder und Berlin-Ost lag 1992 die Summe der Gesamtkosten um rund 6 1/2 % über dem Bruttoproduktionswert (vgl. Tab. 3-6). Dies bedeutet, daß im Durchschnitt der Branche ein Verlust entstanden ist. Gegenüber 1991 blieb die Ertragslage der Branche fast unverändert. ln den Jahren 1993 und 1994 dürfte sich die Ertragslage der Unternehmen im Durchschnitt jedoch verbessert haben, nicht zuletzt wegen der positiven Entwicklung bei Produktion, Produktivität und Lohnkostenbelastung am Umsatz. Tabelle 3-6 Gesamtkosten und Kostenarten im Ernährungsgewerbe in Relation zum Bruttoproduktionswert

Region

Gesamtkosten

Vorlei· stungen

Personal· kosten

Abschreibungen

Kostensteuern

Fremdkapitalzinsen

1991 Neue Länder u. Berlin-Ost Früheres Bundesgebiet

106,0

79,0

15,9

4,9

4,9

1,3

97,3

76,7

14,1

3,1

2,4

1,0

106,6

80,0

13,8

5,1

5,4

2,3

97,9

76,6

14,4

3,2

2,5

1,2

1992 Neue Länder u. Berlin-Ost Früheres Bundesgebiet

Quelle: Statistisches Bundesamt, Zur wirtschaftlichen und sozialen Lage in den neuen Bundesländern, a.a.O., S. 50 ff.

Im Vergleich zu anderen Bereichen des ostdeutschen verarbeitenden Gewerbes schneidet das Ernährungsgewerbe relativ gut ab. Im Durchschnitt des verarbeitenden Gewerbes lagen nämlich 1992 die Gesamtkosten um gut 18 % über dem Bruttoproduktionswert Die vergleichsweise geringen Verluste des Ernährungsgewerbes haben eine wesentliche Ursache in der kapitalintensiven Produktionsweise. Ein Indiz dafür ist der mit knapp 14 % (1992) relativ niedrige Anteil der Personalkosten am Bruttoproduktionswert Diese Relation konnte sogar gegenüber 1991 verbessert werden, was darauf hindeutet, daß die

85

Lohn- und Gehaltserhöhungen infolge der Angleichung der Ost- an die Westlöhne nicht personalkostenerhöhend (im Rahmen der Gesamtkosten) zu Buche schlagen. Ursächlich dafür waren insbesondere die erheblichen Einsparungen und Freisetzungen von Personal. Das ostdeutsche Ernährungsgewerbe ist einer der wenigen Bereiche, in denen die Relation der Personalkosten zum Bruttoproduktionswert niedriger war als im früheren Bundesgebiet. lnfolge der umfangreichen Investitionstätigkeit und der damit verbundenen Erhöhung des Kapitalstocks hat sich im Ernährungsgewerbe der neuen Länder der Anteil der Abschreibungen und der Fremdkapitalzinsen am Produktionswert deutlich erhöht. Dies gilt vor allem für die Fremdkapitalzinsen, da die ostdeutschen Unternehmen Investitionen nur in Ausnahmefällen aus Rücklagen finanzieren konnten. Abschreibungen und Zinsen haben damit ein wesentlich höheres Gewicht als im westdeutschen Ernährungsgewerbe. Da die Belastung der ostdeutschen Nahrungsmittelhersteller mit Vorleistungen {der größte Teil davon entfällt auf den Materialverbrauch) nach wie vor relativ hoch ist, können sie ertragsmäßig, im Durchschnitt gesehen, immer noch nicht mit den Konkurrenten im früheren Bundesgebiet mithalten. Allerdings ist das Ernährungsgewerbe einer jener wenigen Bereiche, in denen 1992 der Unterschied zwischen der Ertragslage in den neuen und alten Ländern mit 8,7 Prozentpunkten am geringsten war; im Durchschnitt des verarbeitenden Gewerbes ergab sich eine Differenz von 19,5 Prozentpunkten. Selbstverständlich gibt es auch im ostdeutschen Ernährungsgewerbes noch Sparten, die ertragsmäßig erheblich hinter den Produzenten im früheren Bundesgebiet zurückbleiben. Dazu zählten 1992 die Stärkeindustrie, die Obstund Gemüseverarbeitung, die Süßwarenindustrie, die Fischverarbeitung, die Herstellung von Spirituosen sowie die Mineralbrunnen und Erfrischungsgetränkehersteller. in den Folgejahren 1993 und 1994 dürfte sich jedoch auch die Ertragslage dieser Bereiche weiter verbessert haben, insbesondere jene der Hersteller alkoholfreier Getränke, die nicht nur erhebliche Modernisierungsmaßnahmen durchgeführt haben, sondern namentlich 1994 von einer witterungsbedingt - besonders günstigen Nachfrageentwicklung profitierten (vgl. Abb. 2-4).

86

3.1.6 Auslandsumsatz Das ostdeutsche Ernährungsgewerbe konnte in den Jahren 1992 und 1993 seine internationale Wettbewerbsfähigkeit steigern. Ein zunehmender Teil seines Gesamtumsatzes wurde im Ausland getätigt. Die Exportquote der Branche hat sich zwischen 1991 und 1993 deutlich erhöht (vgl. Tab. 3-75 ). Allerdings erreichte sie 1993 erst ca. 70 % des Niveaus der Exportquote der westdeutschen Hersteller von Lebensmitteln. Im Jahr 1994 mußte das Ernährungsgewerbe der neuen Länder sogar einen leichten Rückgang der Exportquote hinnehmen, während die Produzenten des früheren Bundesgebiets ihre internationale Marktstellung merklich ausbauen konnten. Diese Entwicklung weist darauf hin, daß es für die Hersteller in den neuen Ländern nach wie vor schwierig ist, auf den internationalen Märkten nachhaltig Fuß zu fassen. Den Rückgang ihrer Exportquote muß man jedoch, zumindest teilweise, auch in Zusammenhang mit der Entwicklung des heimischen Marktes sehen. Dieser hat sich in jüngster Zeit relativ günstig entwickelt, da die ostdeutschen Konsumenten wieder verstärkt auf Produkte der heimischen Region zurückgreifen. Dies hatte zur Folge, daß der Anteil des Auslandsumsatzes am Gesamtumsatz sank. Absolut betrachtet ist jedoch auch 1994 der Auslandsumsatz weiter gestiegen, und zwar um rund 10 %. Die im Vergleich zu den westdeutschen Produzenten nach wie vor niedrigere Exportintensität des ostdeutschen Ernährungsgewerbes ist auch strukturell bedingt. Zwar umfaßt der Auslandsumsatz den Umsatz mit Abnehmern im Ausland und - soweit einwandfrei erkennbar - den Umsatz mit deutschen Exporteuren, doch werden häufig Nahrungsmittel, die in den neuen Bundesländern hergestellt werden, als westdeutsche Ausfuhr verbucht. Dies ist beispielsweise dann von Relevanz, wenn Exportaufträge von westdeutschen Unternehmen an ihre ostdeutschen Betriebe weitergeleitet werden; vielfach erfolgt dann die Verbuchung als lnlandsumsatz, obwohl es sich eigentlich um ein Exportgeschäft handelt. Über den Umfang derartiger "Fehlbuchungen" liegen keine präzisen Angaben vor.

5

Für die Jahre bis einschl. 1993 sind für die Ernährungsindustrie keine Zahlen über den Auslandsumsatz verfügbar. Zur Analyse wurde deshalb der Auslandsumsatz des Nah· rungs- und Genußminelgewerbes herangezogen; von diesem entfallen 95 % auf das Ernährungsgewerbe.

87

Tabelle 3-7 Auslandsumsatz des Nahrungs- und Genußmittelgewerbes Merkmal

Einheit

1991

Mill. DM

18 553

19 700

19 942

21 421

8,3

8,7

8,9

9,5

Betriebe Auslandsumsatz Anteil am Gesamtumsatz

1992

1993

1994

Früheres Bundesgebiet

%

Fachliche Betriebsteile Auslandsumsatz Anteil am Gesamtumsatz

17 205

18 510

18 666

20 249

%

8,8

9,2

9,5

10,3

Mill. DM

725

1 064

1 273

1 338

%

3,9

5,7

6,3

6,0

Mill. DM

719

1 062

1 261

1 336

%

4,1

6,0

6,7

6,3

Mill. DM

Betriebe Auslandsumsatz Anteil am Gesamtumsatz

Neue Lander und Berlin-Ost

Fachliche Betriebsteile Auslandsumsatz Anteil am Gesamtumsatz

Betriebe Auslandsumsatz Anteil am Gesamtumsatz

Deutschland insgesamt Mill. DM %

19 278

20 764

21 215

22 760

7,9

8,4

8,7

9,2

17 924

19 572

19 927

21 585

8,4

9,0

9,2

9,9

Fachliche Betriebsteile Auslandsumsatz Anteil am Gesamtumsatz

Mill. DM %

Anteil der neuen Länder und Berlin-Ost an Deutschland insgesamt

Auslandsumsatz für Betriebe

%

3,8

5,1

6,0

5,9

Fachliche Betriebsteile

%

4,0

5,4

6,3

6,2

Anteil Auslandsumsatz am Gesamtumsatz für

Verhältnis neue Länder zu alte Länder (AL)

Betriebe

AL=100

47,0

65,5

70,8

65,7

Fachliche Betriebsteile

AL=100

46,6

65,2

70,5

60,9

Quelle: Statistisches Bundesamt, Fachserie 4, Reihe 4.1.1 'Beschäftigung, Umsatz und Energieversorgung der Unternehmen und Betriebe im Bergbau und im Verarbeitenden Gewerbe'; Berechnungen des ifo Instituts.

Zur Beurteilung der internationalen Marktstellung des ostdeutschen Ernährungsgewerbes kann, ergänzend zu den Daten des Monatsberichts des Stati-

88

stischen Bundesamts, die Erhebung über den Außenhandel der neuen Länder und Berlin-Ost herangezogen werden. Gemäß dieser Statistik6 sind in den vergangenen Jahren die Ausfuhren von Nahrungsmitteln (wie übrigens auch die entsprechenden Einfuhren) der Tendenz nach deutlich zurückgegangen (vgl. Tab. 3-8). Diese Entwicklung steht im deutlichen Gegensatz zum Anstieg der Auslandsumsätze lt. Monatsbericht (vgl. Tab. 3-8). Es kommt hinzu, daß das absolute Niveau der Ausfuhren erheblich niedriger liegt als jenes der Auslandsumsätze. Wenngleich ein Teil der aufgezeigten Differenzen auf unterschiedliche Erhebungsmethode zurückzuführen ist, so sind diese auch ein Indiz dafür, daß die indirekten Exporte des ostdeutschen Ernährungsgewerbes ein nicht zu vernachlässigendes Gewicht besitzen. Auffallend ist, daß die in dieser Statistik erhobenen Ausfuhren die korrespondierenden Einfuhren seit 1991 erheblich übertreffen, was u.a. Ausdruck einer zumindest partiell erfolgreichen Integration in die internationale Arbeitsteilung ist. Allerdings sollte dabei nicht unberücksichtigt bleiben, daß gerade im Lebensmittelbereich die Ausfuhr bestimmter Erzeugnisse häufig durch verschiedene Hilfsprogramme gestützt wird. 7 Tabelle 3-8 Außenhandel der neuen Länder und Berlln (Ost) mit Nahrungsmitteln und Getrinken8 l Mill. DM Warenbenennung

1989

1990

1991 Einfuhr 407 87

Nahrungsmittel und lebende Tiere Getränke und Tabak

2 941 821

1 307 324

Insgesamt

3 762

1 631

494

Nahrungsmittel und lebende Tiere Getränke und Tabak

1 147 514

1 285 55

Ausfuhr 1 598 54

Insgesamt

1 661

1 340

1 652

1992

1993

547 129

419 90

676

509

1 097 59

688 91

1 156

779

a) Einschließlich Produkte der Landwirtschaft. Quelle: Statistisches Bundesamt, Zur wirtschaftlichen und sozialen Lage in den neuen Bundesländern, a.a.O., S. *131.

6

Nicht enthalten sind Waren, die über westdeutsche Handelshäuser aus- bzw. eingeführt werden. 7 Zu den Absatzchancen und -problemen des ostdeutschen Ernährungsgewerbes im internationalen Wettbewerb siehe Abschnitt 3.2. 7.

89

3.2 Absatzchancen und -probleme des ostdeutschen Ernährungsgewerbes 3.2.1

Hersteller und Absatzmärkte

Charakterisierung der Hersteller

Im Rahmen der Privatisierung ostdeutscher Unternehmen wurde der überwiegende Teil des ostdeutschen Ernährungsgewerbes von westdeutschen und ausländischen Unternehmen übernommen, so daß neben einer kleinen Gruppe selbständiger Hersteller die Mehrheit der ostdeutschen Betriebe in die Absatzorganisation von westlichen Unternehmen integriert wurde, z.B. als unselbständiger Zweig- bzw. Produktionsbetrieb (ohne eigenständige Absatzorganisation) oder -

rechtlich selbständiger Zweigbetrieb eines westlichen Unternehmens mit eigener Unternehmensführung mit zum Teil oder gänzlich eigenständigem Absatzkonzept

Aufgrund der unterschiedlich starken Liefer- und Leistungsverflechtung mit westlichen Herstellern lassen sich aus absatzwirtschaftlicher Sicht drei Gruppen von ostdeutschen Herstellern unterscheiden : -

unabhängige, vollkommen autonom agierende ostdeutsche Herstellerbetriebe, die ostdeutsche Produkte mit bis in DDR-Zeiten zurückliegender Tradition produzieren und vertreiben,

-

ostdeutsche Herstellerbetriebe, die Produkte mit in der Regel langer bis in DDR-Zeiten zurückliegender Tradition produzieren und diese mit finanzieller, marketingtechnischer und personeller Unterstützung westdeutscher oder ausländischer Unternehmen vertreiben,

-

alte oder neu gegründete ostdeutsche Herstellerbetriebe, die westliche Markenprodukte fertigen oder sich an der Produktion eines im wesentlichen in westdeutschen Produktionsstätten hergestellten Produktes beteiligen, welches dann durch westdeutsche oder ausländische Unternehmen vertrieben wird.

Die folgenden Ausführungen basieren vornehmlich auf Expertengesprächen des ifo Instituts mit kleinen und mittleren, meist inhabergeführten Unterneh-

90

men des ostdeutschen Ernährungsgewerbes, die überwiegend autonom auf den Absatzmärkten agieren. Die Mehrheit dieser Unternehmen konnte in den Jahren 1993/94 relativ hohe Wachstumsraten verzeichnen. Trotz der recht positiven Entwicklung, bei der man allerdings die dramatischen Umsatzeinbrüche nach der Grenzöffnung berücksichtigen muß, sind die Betriebe zum großen Teil immer noch nicht gut ausgelastet (1-Schicht-Betrieb). So waren mit dem Wachstum noch keine bzw. nur geringe personelle Anpassungsmaßnahmen verbunden, d.h. keine Neueinstellungen, allerdings auch keine Entlassungen. Die Mehrheit der Unternehmen (ca. 60 o/o der befragten Firmen) bewegt sich noch in der Verlustzone. Hierfür sind verantwortlich

-

zu geringe Erlöse, zu geringe Deckungsbeiträge, hohe Investitionskosten (Fremdkapitalkosten, z.T. hohe Abschreibungen als Folge größerer lnvestitionsvorhaben) und steigende Personalkosten.

Dementsprechend müssen Chancen und Probleme des Absatzes der mittelständischen Hersteller vor dem Hintergrund des begrenzten finanziellen Spielraums erörtert werden.

Absatzmärkte ln den neuen Bundesländern hat sich die Nachfrage nach anfänglichen Absatzeinbrüchen in den Jahren 1989/90 nach der Grenzöffnung wieder spürbar erholt. Die Rückbesinnung der ostdeutschen Konsumenten auf altbekannte, heimische Produkte hat dazu geführt, daß der Marktanteil ostdeutscher Lebensmittel in den neuen Ländern wieder stark angestiegen ist. Je nachdem, welche Produkte unter ostdeutschen Erzeugnissen zusammengefaßt werden8, d.h. ob ein weiter wertschöpfungsbezogener Begriff zugrundegelegt, oder eine engere verwenderbezogene Definition gewählt wird, die nur Ostprodukte zählt, die erkennbar aus den neuen Bundesländern stammen, schwanken Angaben bezüglich des Marktanteils zwischen 30 und 40 %. Nach 8

Zur Abgrenzung von Ostprodukten vergleiche die Ausführungen bei Mielke, S., Nassua, T., Absatzchancen und -probleme ostdeutscher Konsumgüterhersteller, in: Lachner, J., u.a., Entwicklung des Handels in den neuen Bundesländern, München 1995, S. 325 ff.

91

der engeren verbraucherbezogenen Abgrenzung, die im Ostdeutschland gefertigte westliche Markenprodukte nicht berücksichtigt, lagen die Sortimentsanteile der als Ostprodukte erkennbaren Güter im Einzelhandel 1993 im Schwerpunkt bei ca. 35 %. Die Bandbreite schwankt von Produkt zu Produkt zwischen 5% und 85 %.9 Es sind vor allem Frischwaren wie Brot und Backwaren, Fleisch- und Wurstwaren sowie Molkereiprodukte, Obst und Gemüse und Getränke, bei denen die ostdeutschen Konsumenten vornehmlich auf heimische altbewährte Erzeugnisse zurückgreifen (vgl. Abb. 3.4). So erwirtschaften die Bäckereien und Fleischer bis zu 80 % ihres Umsatzes mit Erzeugnissen des ostdeutschen Ernährungsgewerbes.10 ln den alten Bundesländern haben die Unternehmen des ostdeutschen Ernährungsgewerbes nach wie vor erhebliche Probleme, sich den Markt zu erschließen. So liegt der Marktanteil ostdeutscher Erzeugnisse nach der engeren Abgrenzung bei 4 bis 5 %. 11 Auch dieser Wert kann nur den ungefähren Anteil wiedergeben. Bislang sind nur ausgewählte Produkte in der Regel von Herstellern, die ihre Produkte mithilfe westdeutscher oder ausländischer Unternehmen vertreiben, in den Regalen der westdeutschen Einzelhandelsbetriebe vertreten. Das Auslandsgeschäft spielt derzeit noch eine untergeordnete Rolle. 1993 erwirtschafteten die Unternehmen der ostdeutschen Ernährungsindustrie ca. 7 % ihrer Umsätze auf ausländischen Märkten (vgl. Abschnitt 3.1 .6). Im folgenden sollen wesentliche Gründe für die unterschiedlichen Absatzchancen und-problemevon Produkten des ostdeutschen Ernährungsgewerbes in den alten und den neuen Bundesländern aufgezeigt werden. Nach der Darstellung der unterschiedlichen wettbewerbliehen Rahmenbedingungen für ostdeutsche Unternehmen auf der Ebene der Verbraucher und des Handels werden die unternehmensinternen Schwachstellen erörtert. Die folgende

9

Vgl. die Ergebnisse einer vom DIHT durchgeführten Umfrage, Aus ostdeutschen Landen frisch auf den Tisch, in: HDE, 46. Jahresbericht, 1993, S. 18. Die Schätzungen des iwd für 1993 liegen bei ca. 40%, vgl. Ernährungsindustrie Ostdeutschland, Rotkäppchens Rückkehr, in: iwd Nr. 21, 26.5.1994, S. 8. 10 Vgl. Pasatu, D., Neue Bundesländer, Ernährungsgewerbe, Bundesstelle für Außenhandelsinformationen, Berlin 1993, S. 8. 11 Vgl. HDE, a.a.O., S. 18. Die Schätzungen des Instituts der deutschen Wirtschaft für 1993 für 1993 liegen bei 2 bis 3%, iwd, a.a.O., S. 8.

92

Abb. 3-4

Von den Verbrauchern regelmäßig ~ekaufte Erzeugnisse aus den neuen Ländern - Vergleich alte und neue Länder -

... % der Konsumenten kaufen regelmäßig: Brot [iiiiiiiiiiiijiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiil- - 1 Milch Wurst/Fleisch Butter Obst/Gemüse Bier,__ _ _ __

11--•-•

Waschpulver Wasser /Sprudel/Saft Eier sonst. Molkereiprod. ,__ __ Joghurt/Quark Wein/Sekt/Spirit. · - - • Putz-/Reinigungsm. Käse,__ _

1---•

Senf Kosmetik/Körperpfl. Zucker /M eh 1/Nährm. Teig/Back waren sonst. Feodprodukte Gurken Zigaretten sonst. Non-food Konserven Kuchen/Stollen

lfllll-•

~--~----~----~----L-----L---~

0%

-

10%

20%

neue Länder

30%

-

40%

50%

60%

alte Länder

Quelle: Erhebung der Handelshochschule der Universität Leipzig und des ifo Instituts München, Januar 1993.

8 BreitenacherfTäger

93

Abbildung veranschaulicht die Problemlage auf dem Weg vom Hersteller über den Handel zum Verbraucher (vgl. Abb. 3-5). Abb. 3-5 Absatzprobleme von Erzeugnissen aus den neuen Ländern - Problemschnittstellen im Überblick Problem-

schnitt· stelle Handel Hersteller Waren

Problemschnitt· stelle Handel Verbraucher

Waren

Zahlungen

Hersteller

Z ahlungen

Verbraucher

Werbung , PR, Kommunikation WUnsche , Anforderungen , Beschwerden

Problemschnittstelle Hersteller - Verbraucher

Quelle: lfo lnatltut tur Wlrta c haftaforachung 1993

3.2.2 Akzeptanz ostdeutscher Produkte bei den Verbrauchern Der unterschiedlich hohe Verbreitungsgrad ostdeutscher Produkte auf den Märkten in den alten und neuen Bundesländern ist neben anderen marktund unternehmensspezifischen Problemen auch auf die unterschiedliche Akzeptanz der Produkte bei den Verbrauchern zurückzuführen. Das grundsätzliche Interesse am Kauf ostdeutscher Waren ist empirischen Erhebungen 12 zufolge in den neuen Bundesländern sehr viel stärker ausgeprägt als in den alten Ländern (vgl. Abb. 3-6). 26% der Konsumenten in den

12

94

Vgl. Nassua, T., Probleme des Markteintritts ostdeutscher Erzeugnisse in den alten Bundesländern, in: ifo Schnelldienst, H. 25/1993, S. 14.

neuen Ländern gegenüber 8 % der Konsumenten in den alten Ländern stuften ihr Interesse am Kauf von Ostprodukten als sehr groß ein. Dagegen zeigten die westdeutschen Konsumenten eher ein großes bis mittelmäßiges Interesse (33 % bzw 43 % gegenüber 36 % bzw. 32 % im Osten) oder ein geringes (11 gegenüber 5% im Osten), manchmal sogar ein sehr geringes Interesse (4 gegenüber 1 %). Abb. 3-6

----

--·-

Grundsätzliches Interesse der Verbraucher am Kauf ostdeutscher Produkte - Vergleich alte und neue Länder •.. % der Konsumenten bewerten Ihr Kaulinteresse lür Ostprodukte ...

sehr gering

gering

mittel

groB

sehr groB

0%

10%

-

20%

neue Länder

30%

B

40%

50%

alte Länder

Ouelleo Erhebung der Handelshochsc hule der Universität Leipzig und des llo Institu ts München, Januar 1993.

L___________________________ -

Trotz des recht hohen Interesses am Kauf ostdeutscher Produkte in beiden Landesteilen spielt jedoch die Herkunft aus den neuen Bundesländern in der konkreten Kaufsituation bei den Konsumenten sowohl in West- als auch in Ostdeutschland eine eher untergeordnete Rolle (vgl. Tab.3-9). Nach den maßgeblichen Kaufkriterien niedriger Produktpreis, hohe Markenqualität, bereits vorhandene Kenntnis des Produktes rangiert die Produktherkunft aus den neuen Bundesländern als spezielles Kaufkriterium in Ostdeutschland auf



95

0>

(0

29,9

19,9

13,7

0,9

niedriger Preis des Produkts

bereits vorhandene Kenntnis des Produkts

Umweltfreundlichkeit des Produkts

Herkunft des Produkts aus den neuen Bundesländern

2

3

4

5

12,8

6,8

Umweltfreundlichkeit des Produkts

18,3

22,6

39,3

%1

Herkunft des Produkts aus den neuen Bundesländern

bereits vorhandene Kenntnis des Produkts

hohe Markenqualität des Produkts

niedriger Preis des Produkts

Entscheidungskriterium

Leipzig (neue Bundesländer)

Erhebungen der Handelshochschule der Universität Leipzig im Auftrag des ifo Instituts München, Januar 1993.

Prozentangabe bezieht sich auf den Anteil der Verbraucher, die dieses Kriterium in der Rangfolge an die erste Stelle gesetzt haben.

Quelle:

1

35,9

%1

hohe Markenqualität des Produkts

Entscheidungskriterium

Hannover (alte Bundesländer)

1

Rangplatz (gemäß der Anteile)

Rangfolge der von den Verbrauchern in den alten und den neuen Bundesländern als wichtig erachteten Kriterien für eine Kaufentscheidung

Tabelle 3-9

Rang 4 nur noch vor der Umweltfreundlichkeit ln Westdeutschland zählen für die Entscheidung vor allem die Markenqualität und dann mit abnehmender Wichtigkeit der niedrige Produktpreis, die vorhandene Kenntnis des Produktes, die Umweltfreundlichkeit und letzlieh die Herkunft aus den neuen Bundesländern. Maßgeblich für die Produktwahl sind in beiden Teilen des Landes die Markenqualität und der Preis. Der Hauptgrund dafür, daß sich das Interesse an ostdeutschen Produkten in so unterschiedlich hohem Ausmaß in den Verkaufszahlen niederschlägt, ist demnach wohl in den generellen Besonderheiten zu suchen, denen der Kauf von Nahrungs- und Genußmitteln unterliegt. Nahrungs- und Genußmittel gehören zu den kurzlebigen Konsumgütern des täglichen Bedarfs. Bei der Mehrzahl der Produkte ist das Interesse am Produkt relativ gering, höher ist es nur bei gesunden, kalorienarmen oder naturbelassenen Produkten. Damit ist die Bereitschaft. sich mit Informationen auseinanderzusetzen, im Normalfall gering. Der Kauf solcher "Low-involvement"Produkte13 erfolgt in der Regel aufgrund einer habitualisierten oder limitierten Kaufentscheidung. 14 Der Käufer hat bei vielen Produkten (z.B. Fertigsuppen, Milch, Mehl usw.) eindeutige Präferenzen für eine einzige Alternative, oder er nimmt die Unterschiede zwischen den einzelnen Alternativen nicht wahr, so daß auch die Markenbindung 15 bei diesen Produkten sehr hoch ist. Bei anderen hingegen (z.B. bei Tafelschokolade) verfügt der Konsument über ein "evoked set", d.h. er hat Kenntnis einer Alternativenmenge von verschiedenen Marken, die für den Konsumzweck in Frage kommen (z.B. Milka, Ritter Sport). Der Markenbindungsgrad für das einzelne Erzeugnis innerhalb des evoked-set ist gering und die Entscheidung für eine bestimmte Marke aus dem evoked-set wird letzlieh durch Verfügbarkeil oder Schlüsselinformationen wie beispielsweise Aktionspreise des Handels ausgelöst. 16

13 Vgl. Stach, M., Markenpolitik im Ernährungsmarkt, in: M. Bruhn (Hrsg.), Handbuch Markenartikel, Bd. 3, Stuttgart 1994, S. 1475-1492.

14 Vgl. die Typisierung der Markthandlungen von Konsumenten bei Hansen, U., Absatzund Beschaffungsmarketing des Einzelhandels, 2. Aufl., Göttingen 1990, S. 111-116.

15 Vgl. zum Markenwahlverhalten der Verbraucher Becker, J., Markenartikel und Verbrau-

cher, in: E. Dichtl, W. Eggers (Hrsg.), Marke und Markenartikel als Instrumente des Wettbewerbs, München 1992, S. 115-116. 16 Vgl. Becker, J ., a.a.O., S. 113-114.

97

Hinzu kommt, daß bei einer großen Anzahl von Nahrungs- und Genußmitteln ein starker Bezug zur Region besteht. Die Geschmackspräferenzen variieren von Region zu Region mehr oder weniger stark und 'der Kauf von Nahrungsmitteln wird durch Spezialitäten und regionale Besonderheiten geprägt. Dementsprechend ist die unterschiedliche Akzeptanz der Produkte in den alten und neuen Bundesländern auch auf regionale und lokale Komponenten zurückzuführen. Die bundesweite Etablierung vieler ostdeutscher Produkte ist deshalb nur schwer möglich. Konsumgewohnheiten und regionale Geschmackspräferenzen führen dazu, daß die ostdeutschen Nahrungsmittel in Westdeutschland nur wenige Käufer finden und umgekehrt in Ostdeutschland, nach einer anfänglichen Phase der Neugier auf Westprodukte, wieder stärker gefragt sind: ln Westdeutschland führen nicht nur die durch intensives Marketing der Herstellerunternehmen aufgebaute Produkt- und Markenloyalitäten dazu, daß das Produktwahlverhalten der Konsumenten nur schwer zu verändern ist. Ostdeutsche Produkte sind weitgehend unbekannt, in den Regalen nur selten zu finden und haben zudem keinen mit westdeutschen Produkten vergleichbaren Markencharakter, der den Konsumenten über die objektiv-funktionalen Qualitäten hinaus auch subjektiv-psychische Erlebnisqualitäten bietet und emotional anspricht. Dieses Defizit resultiert auch aus der überwiegend (noch) fehlenden Kommunikationspolitik in den überregionalen Funk- und Printmedien, die für die Entstehung einer "positiven Anmutungs"-Qualität von Markenprodukten eine wichtige Voraussetzung sind. ln Ostdeutschland hingegen haben viele Produkte des Ernährungsgewerbes eine zum Teillange Tradition. Hier ist als Motiv für den Kauf nicht nur die z.T. langjährige Erfahrung mit den Produkten sowie die Qualität anzusehen, die nicht zuletzt aufgrund des verbesserten Zugangs zu Rohstoffen seit der Wende von den Herstellern stark verbessert wurde und bei zumeist günstigeren Preisen durchaus mit westlichen Konkurrenzprodukten vergleichbar ist. Über diese objektiv-funktionalen Eigenschaften hinaus verkörpern die Produkte für die ostdeutschen Konsumenten auch subjektiv-psychische Eigenschaften. Sie vertreten für einen Teil der ostdeutschen Verbraucher moralische Wertkomplexe wie ein "anständiges" Verhältnis von Preis und Leistung, Vertrauen und

98

Zuversicht, Redlichkeit und Ehrlichkeit und sind nicht zuletzt Bestandteil der eigenen Sozialisation bzw. Vergangenheit. 17

3.2.3 Marktzutrittsbarrieren in Ost- und Westdeutschland Die Distribution ostdeutscher Erzeugnisse wird durch die wettbewerbliehen Rahmenbedingungen auf dem bundesdeutschen Markt determiniert. Allgemein ist die Situation in der Nahrungs- und GenuSmittelbranche durch nahezu gesättigte Märkte und Konzentrations- und Kooperationsprozesse sowohl im Handel als auch in der Industrie gekennzeichnet. Die Märkte werden vom Handel tendenziell als überbesetzt angesehen. und man strebt eher eine Reduktion als eine Ausdehnung des Zulieferkreises an. Die Zahl der unabhängig voneinander agierenden Handelsgruppen nimmt infolge der zunehmenden Kooperations- und Konzentrationsprozesse im Handel ab. Dies führt auch zu einer Zentralisierung der Beschaffungsaktivitäten auf eine kleine Gruppe leistungsstarker Hersteller, wodurch sich die Chancen für den Markteintritt kleiner, auf regionaler Ebene agierender Hersteller verschlechtern. ln den alten Bundesländern stoßen die ostdeutschen Hersteller bei der Vermarktung ihrer Erzeugnisse über den Handel auf Probleme, die im wesentlichen darin begründet sind, daß ihre Produkte den westdeutschen Verbrauchern unbekannt sind. Der Aufwand für eine erfolgreiche Markteinführung ist demjenigen von Neuprodukten gleichzusetzen. ln der Situation gesättigter Märkte stellt die Markteinführung neuer Produkte jedoch selbst für westdeutsche Unternehmen ein sehr schwieriges Problem dar. 18 Die Erwartungshaltung und der Maßstab zur Beurteilung der Umsatzentwicklung neuer Produkte werden mehr oder weniger stark durch die großen Markenartikelhersteller beeinflußt, die die Neueinführung eines Produktes mit ihrem umfangreichen Know-how und aufwendigen verbrauchergerichteten Einführungskampagnen unterstützen. Bei vielen ostdeutschen Herstellern ist zum einen der Marketingetat zu klein, um hier ernsthaft mithalten zu können und zum ande17

18

Vgl. Gries, R., Der Geschmack der Heimat, Bausteine zu einer Mentalitätsgeschichte der Ostprodukte nach der Wende, in: Deutschlandarchiv, 27. Jg, H. 10/1994, S. 1041 1058. Vgl. zu Markteinführungschancen neuer Produkte im Handel Täger, U. Chr., u.a., Entwicklungsstand und Perspektiven des Handels mit Konsumgütern, Darstellung und Analyse der handels- und wettbewerbspolitischen Entwicklungen in der Bundesrepublik Deutschland, Berlin-München 1994, S. 102-107.

99

ren fehlt es ihnen aber häufig auch an einem originellen und umsetzbaren Produkt- und Marketingkonzept Darüber hinaus wirkt sich die schnelle Offenregung von Erfolg und Mißerfolg eines Produktes mit Hilfe von Warenwirtschaftssystemen dämpfend auf die Risikofreudigkeit der Entscheidungsträger im Handel aus, die eine negative Umsatzentwicklung verantworten müssen. So ist der Handel in der Regel nicht bereit, langfristig bewährte Liefer- und Leistungsbeziehungen zu westdeutschen und ausländischen Stammlieferanten in Frage zu stellen oder sogar aufzugeben und an ihrer Stelle ostdeutsche Zulieferar zu Iisten - auch wenn das Leistungsangebot der Hersteller aus den neuen Bundesländern durch qualitative Verbesserung der Produkte und teils massive Kostensenkungen dem der westlichen Wettbewerber oftmals entspricht. ln den neuen Bundesländern ist ein Großteil der Produkte der ostdeutschen Hersteller mittlerweile bei allen relevanten Handelsgruppen regional gelistet. Aber auch der weiteren Durchdringung des ostdeutschen Marktes sind Grenzen gesetzt. Die Perspektiven für kleine und mittelständische Hersteller, die sich vorwiegend auf regionaler Ebene engagieren, verschlechtern sich langfristig, da sich durch die Konzentrations- und Kooperationsentwicklungen im ostdeutschen Handel die Zahl der unabhängigen Absatzmittler für regionale und lokale Produkteinführungen verringert. Die Entwicklung leistungsfähiger nationaler Anbieter seitens der Hersteller führt dazu, daß große Markenhersteller in die - beim Lebensmittelhandel so bedeutenden - regionalen Marktfelder weiter vordringen. Tendenziell führt dieser Trend zu einer Abnahme der Markteintrittschancen in die Warenangebote der national distribuierenden Handelsgruppen mit bereits hohem Beschaffungsanteil bei den Zentralen. Kleine, regional aktive Hersteller müssen dann auf andere Absatzkanäle ausweichen, die aufwendiger und kostenintensiver sind. Auch die Bedeutungszunahme preisorientierter Angebotstypen und deren Trend zu einem schmalen, umschlagsintensiven, national einheitlichen Sortiment wirken sich langfristig hemmend für die Aufnahme von Produkten kleinerer, auf regionaler Ebene aktiver Hersteller aus. Obwohl der Erfolg einiger ostdeutscher Betrieben, soweit sie eine Niedrigpreisstrategie verfolgen, sich vereinzelt gerade auf die enge Zusammenarbeit mit preisorientierten Angebotstypen des Handels gründet, ist dies eher die Ausnahme und die Verbreitung von Ostprodukten über Discounter ist noch stark unterentwickelt.

100

Die Folgen gesättigter Märkte und der anhaltenden Konzentrations- und Kooperationsprozesse im Handel erschweren im Zusammenwirken mit den unternehmensinternen Problemen der Hersteller den Marktzutritt ostdeutscher Erzeugnisse erheblich. Fällt der Markteintritt den eher leistungsschwachen Herstellern aus den neuen Bundesländern auch schwer, so bleibt ihnen gerade im Lebensmittelhandel die Chance eines "vereinfachten Markteintritts" unter dem Dach der handelseigenen Markensysteme, sofern sie die hohen Mengenanforderungen sowie die Qualitäts- und Kostenvorstellungen der jeweiligen Handelsgruppe erfüllen können.

3.2.4 Marktausrichtung des Managements Eines der zentralen Problemfelder ostdeutscher Unternehmen bildet das vielfach unzureichend entwickelte Absatzmarketing. Zur Anpassung an die Erfordernisse des marktwirtschaftliehen Systems haben die Unternehmen zunächst alle Anstrengungen auf den Nachholbedarf im technischen Bereich gelegt. Fertigungsverfahren und Produkte wurden nationalen und internationalen Anforderungen angepaßt. Die Notwendigkeit der Aneignung von MarketingKnow-How dagegen ist den Unternehmen, sofern sie nicht Unterstützung von einem westlichen Unternehmen haben oder sogar in dessen Absatzkonzept miteingebunden sind, erst nach und nach bewußt geworden. Die Anwendung von Marketing als Mittel, d.h. der Einsatz verschiedener absatzpolitischer Instrumente zur Schaffung von Präferenzen und damit Erringung von Wettbewerbsvorteilen, ist in den meisten ostdeutschen Unternehmen inzwischen zwar etabliert. Daß Marketing darüber hinaus eine absatzmarktorientierte Denkhaltung ist, die sich in einer konsequenten Ausrichtung aller unmittelbar und mittelbar den Markt berührenden Entscheidungen an den Erfordernissen und Bedürfnissen der Verbraucher äußert, wird von vielen ostdeutschen Unternehmen noch immer nicht erfaßt. Den ostdeutschen Unternehmen bereitet es immer noch Schwierigkeiten, daß Ausgangspunkt ihrer Unternehmerischen Aktivitäten nicht mehr allein das Produkt sondern der Verbraucher bzw. Verwender ist. Dies zeigt sich bei den vom ifo Institut im Zusammenhang mit diesem Projekt geführten Expertengesprächen. Danach legen die befragten Unternehmen bislang immer noch wenig Wert auf verbraucher- und handelsgerichtete Maßnahmen. Als Grund werden einerseits die beschränkten finanziellen Ressourcen und andererseits die überwiegende

101

Positionierung im unteren Preissegment genannt, die nach Ansicht der Unternehmen verbrauchergerichtete Maßnahmen zur nicht-preislichen Präferenzbildung erübrigt. Darüber hinaus erfolgt der Einsatz der Marketinginstrumente oftmals nicht konzeptionsorientiert und auf Basis einer systematischen, moderne Techniken nutzenden Entscheidungsfindung. Dem Handeln der Unternehmen liegt häufig keine schlüssige Marketing-Konzeption zugrunde, in der der Einsatz der Instrumente und das strategische Vorgehen an bestimmten Zielsetzungen ausgerichtet wird. So ist der Instrumenteneinsatz und die strategische Stoßrichtung selten das Ergebnis eines systematischen und analytischen Vergehens, das sowohl das Potential des relevanten Marktes sowie speziell die Schwächen der Konkurrenten ertaßt als auch die besonderen Stärken des eigenen Unternehmens identifiziert. 19 Beispielsweise kamen dem Eindruck der Gespräche des ifo Instituts zufolge auch die meisten Kontakte mit ausländischen Abnehmern eher zufällig, z.B. auf Messen, zustande und waren selten das Ergebnis einer Marktanalyse oder systematischen Kundenansprache. Den Expertengesprächen mit ostdeutschen Herstellern zufolge scheint ein Hauptgrund für die mangelhafte Marktorientierung der Unternehmensführung ostdeutscher Hersteller zu sein, daß den Unternehmen erst nach und nach bewußt wird, daß der Markt kein statisches Gebilde ist, sondern durch die eigenen Markthandlungen beeinflußt werden kann. Nach einer Phase der Defensive, in der man der Ansicht war, ein gutes Produkt verkaute sich von selbst, setzt sich bei den Herstellern jetzt vermehrt die Einsicht durch, daß reaktives Verhalten auf Veränderungen im Absatzmarkt zur Sicherung der Marktposition nicht ausreicht, sondern daß durch Eigeninitiative die Situation der Unternehmung verähdert werden kann. Mit der Erkenntnis, durch ein offensives Vorgehen langfristig erfolgreich am Markt bestehen zu können, wächst auch das Bewußtsein für die Notwendigkeit einer konzeptionsorientierten Handlungsweise. Wegen der hohen Wettbewerbsintensität auf den Absatzmärkten des Ernährungsgewerbes bedeutet das insbesondere auch die Berücksichtigung der Aktivitäten der konkurrierenden Unternehmen aus dem ln- und Ausland.

19

Vgl. zur Definition von Marketing Nieschlag, R., u.a., Marketing, 17. Aufl., Berlin 1994, S. 13 ff; Becker, J., Marketingkonzeption, Grundlagen des strategischen MarketingManagements, 4. Aufl., München 1992, S. 1 II.

102

3.2.5 Gestaltung der Absatzinstrumente

Produktpolitik Im Gegensatz zu den Problemen in den anderen Bereichen des Marketing waren sich die ostdeutschen Hersteller in der Produktpolitik ihrem Rückstand gegenüber den westlichen Produkten von Anfang an bewußt. Seit der Wende wurden große Fortschritte im Bereich der Produktpolitik gemacht - Qualität und DesiQn sowie Verpackung der Produkte haben in erstaunlich kurzer Zeit Westniveau erreicht. Die ostdeutschen Herstellerunternehmen orientieren sich bei Produktinnovationen und -modifikationen zum großen Teil an westlichen Vorbildern und Vergleichsprodukten. Bei Betrieben, an denen westliche Markenartikelhersteller beteiligt sind, wurden verbesserte Rezepturen und neu~ Fertigungsverfahren transferiert - nicht zuletzt um z.B. eine konzernübergreifende Standardisierung des Produktangebots zu erreichen. Dies gilt ebenso für die Verpakkungsgestaltung. Auslöser für die schnelle Umorientierung waren zum einen die notwendige Umstellung auf westdeutsche Normensysteme (z.B. westdeutsche Gebinde- und Pfandflaschensysteme, Übernahme des EAN-Codes) und bei westdeutschen Erzeugnissen übliche zusätzliche Gebrauchs- und Anwendungsqualitäten, zum anderen die anfangs nahezu vollständige Hinwendung der Verbraucher zu Westprodukten, durch die die ostdeutschen Hersteller zu der Ansicht gelangten, eine einfache Kopie westlicher Konkurrenzprodukte reiche aus, um sich auf dem Markt zu etablieren. Neben .dem Vorteil, daß umfangreiche Testreihen zur Überprüfung der Akzeptanz durch die Konsumenten unterbleiben konnten, bleibt der Nachteil, daß sich die Produkte optisch nicht von westlichen abheben und damit verwechselbar sind. Der vorwiegende Me-tao-Charakter der Erzeugnisse ostdeutscher Unternehmen resultiert aber nicht zuletzt auch daraus, daß die Möglichkeiten zur Innovation und zur sachlichen Differenzierung im Bereich der Nahrungsmittel begrenzter sind als in anderen Produktgruppen. 20 Die physische und funktionale Angleichung der Produkte führt dazu, daß die Produkte immer aus20

Vgl. hierzu Scharf, A., Positionierung neuer bzw. modifizierter Nahrungs- und Genuamittel durch integrierte Markt- und Sensorikforschung, in: Marketing, 17. Jg., H.1, 1995, S. 5 II.

103

tauschbarer werden. So ist die Positionierung eines Produktes durch Bildung einer Marke mittlerweile eine wesentliche Voraussetzung für den Erfolg auf dem Markt. Innovation im Bereich der Nahrungsmittel bedeutet deshalb nicht nur Innovation des Produktes sondern des gesamten Leistungsbündels. 21 Der Markenaufbau ist für die unabhängigen ostdeutschen Hersteller jedoch aufgrund ihrer angespannten finanziellen Lage mit großen Schwierigkeiten verbunden. Obwohl es hier gerade im Bereich regionaler Spezialitäten (z.B. Esina-Senf oder Spreewaldgurken) durchaus recht ausbaufähige Marken gibt, die mit einfachen Mitteln zumindest auf dem ostdeutschen Markt positioniert werden und sich gegenüber westlichen Konkurrenzprodukten durchsetzen könnten, betreibt die Mehrheit der Hersteller den Gesprächen zufolge keine gezielte Markenpolitik. Ein weiteres Problem vieler ostdeutscher Hersteller besteht darin, daß sie immer noch an einem breiten und zu tiefen Produktprogramm festhalten. Durch Produktdifferenzierung und Diversifikation versuchen sie, ihre Fixkosten auf eine größere Absatzmenge zu verteilen und die Ertragsposition zu verbessern. Denn häufig sind mit bereits im Markt eingeführten Produkten keine weiteren Umsatzsteigerungen mehr zu erzielen, entweder aufgrund einer erfolgreichen Marktdurchdringung oder aufgrund eines mangelnden Markterfolgs. Viele Hersteller schrecken vor einer Einschränkung der Produktpalette und Konzentration der finanziellen und personellen Ressourcen auf wenige Produkte zurück.

Vertrieb Aufgrund der produktspezifischen Eigenheiten ihrer Erzeugnisse als Waren des täglichen Bedarfs, zu deren Beschaffung der Konsument nur geringe Mühen auf sich nimmt, sind die Hersteller der Ernährungsindustrie in der Regel an der Überaii-Erhältlichkeit (Ubiquität) ihrer Erzeugnisse interessiert. Für die Betriebe der ostdeutschen Industrie ist die Durchsatzung einer solchen Strategie allerdings mit erheblichen Problemen behaftet. Schon der Einfluß auf die Wahl des Absatzkanals ist angesichts der angespannten Ertragslage bei der Mehrzahl der Betriebe immer noch sehr beschränkt. Obwohl Expertengesprächen des ifo Instituts mit ostdeutschen Unternehmen 21

Vgl. zur Produktinnovation in der Ernährungsindustrie Stach, M., a.a.O., S. 1480.

104

zufolge anfängliche Abhängigkeiten von einzelnen Großabnehmern inzwischen durch Ausdehnung und zeitliche Stabilisierung auf eine größere Abnehmerzahl verringert wurden . Mittlerweile sind die meisten der ostdeutschen Hersteller bei allen relevanten Handelsunternehmen und -gruppen regional in den neuen Bundesländern gelistet. Eine bundesweite Listung ist jedoch eher die Ausnahme. Neben dem Vertrieb über den Lebensmittelgroß- und -einzelhandelliefern die Unternehmen auch an die Gastronomie, direkt oder über Cash & Carry Märkte. Darüber hinaus ist für einige der befragten Hersteller auch die (Auftrags)Fertigung von Handelsmarken oder Lizenzmarken für die Industrie ein wichtiger Vertriebskanal geworden. Ein zentrales Problem für den Absatz der Erzeugnisse der kleinen und mittleren Unternehmen der Ernährungsindustrie stellen die immer noch begrenzten Vertriebskapazitäten dar. Aufgrund ihrer schwachen finanziellen Situation können sich viele ostdeutsche Unternehmen den Aufbau einer leistungsfähigen Absatzorganisation mit Vetriebsniederlassungen in wichtigen Absatzmärkten nicht leisten. So wird der Vertrieb in der Regel vom Firmensitz aus durchgeführt. Den Gesprächen des ifo Instituts mit kleinen und mittleren Herstellern der ostdeutschen Ernährungsindustrie zufolge relativiert sich die unzureichende Außendienstkapazität der Hersteller vor dem Hintergrund der Bedeutungsabnahme regionaler Handels-Niederlassungen in den Beschaffungsentscheidungen und der Bündelung der Einkaufsentscheidungen bei den Zentralen der Handelsunternehmen etwas. Listungsverhandlungen finden mehr und mehr in den Zentralen der großen Filial- und Kooperationsunternehmen statt und die Hersteller können über ein gezieltes Key-Account Management (oftmals durch den Geschäftsführer) effizient und personalsparend arbeiten. Das gilt sowohl für regionale als auch für bundesweite Listungen. Allerdings spielt neben der Zentrallistung die Betreuung der Filialen vor Ort durch eigene Vertriebsmitarbeiter und die Förderung des Abverkaufs nach wie vor eine wichtige Rolle. So bleibt der Aufbau eines leistungsfähigen Vertriebsnetzes den Gesprächen zufolge bei den meisten Unternehmen ein wichtiges strategisches Ziel und hat Vorrang vor kommunikationspolitischen Aktivitäten, wie z.B. Maßnahmen der Verkaufsförderung.

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Die Rekrutierung von qualifiziertem Personal für den Vertrieb ist bei vielen Herstellern noch eine erhebliche Schwachstelle.22 Häufig werden eigene, für Vertriebsaufgaben umgeschulte Mitarbeiter mit den Vertriebsfunktionen betraut, denn die Einstellung von Vertriebspersonal aus den alten Bundesländern scheitert oft an deren Gehaltsvorstellungen und den für manche noch gewöhnungsbedürftigen Lebensumständen in den neuen Bundesländern. Die Vertriebsmitarbeiter aus den neuen Bundesländern, in der Regel aus dem eigenen Unternehmen, sind trotz einer hohen Motivation und Identifikation mit dem Unternehmen durch mangelnde Erfahrung noch nicht so leistungsaktiv und erfolgreich. ln den alten Bundesländern dagegen schaltet man häufig auch selbständige Handelsvertreter ein. Gelegentlich gibt es auch noch lose Kooperationen zwischen unabhängigen ostdeutschen und westdeutschen Unternehmen, wobei der westliche Partner den Vertrieb in den alten Ländern und der östliche den in den neuen Ländern übernimmt. Auch bei der Einschaltung von Handelsvertretern stoßen die ostdeutschen Hersteller noch auf Schwierigkeiten, die in dem mangelnden Interesse guter Absatzmittler am Vertrieb von im Westen unbekannten und deshalb auch nur mit hohem Verkaufsaufwand zu vertreibenden Produkten liegen. Angesichts der unzureichenden Vertriebskapazitäten und des häufig nicht so erfahrenen Personals stellt die absatzkanalpolitische Akquisition, d .h. Auslösung von Interesse und Sicherung des Absatzweges über einen Absatzmittler ein Problem dar. 23 Ist in den neuen Bundesländern durch die Bekanntheit der Produkte mit geeigneter verbrauchergerichteter Werbung noch ein gewisser Sog-Effekt (Puii-Methode) möglich, so scheidet diese Möglichkeit der Absatzstimulierung wegen des zu hohen Marketingaufwands in den alten Bundesländern völlig aus. Den Gesprächen mit ostdeutschen Herstellern zufolge wird sowohl in den alten als auch in den neuen Bundesländern die Konzentration der akquisitorischen Bemühungen auf einzelne Handelsunter-

22

23

Vgl. hierzu auch Nassua, T., Absatzprobleme von Konsumgütern aus den neuen Bundeslandern: Darstellung von sich wandelnden Konsumpraferenzen in der Beschaffungs- und Absatzpolitik des Handels unter besonderer Berücksichtigung des Produktdesign, ifo Studien zu Handels- und Dienstleistungsfragen Nr. 43, München 1993, S. 171 ff. Vertiefend zur absatzkanalpolitischen Akquisition Ahlert, D., Distributionspolitik, 2. Aufl., Stuttgart-Jena 1991, S. 158 ff.

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nehmen (Push-Methode) als effizienter angesehen und wird von der Mehrheit der Unternehmen präferiert. Im händlergerichteten Marketing stellen sich die Fortschritte nur langsam ein. Der Handel fordert neben einem ausgewogenen Preis-Leistungsverhältnis eine professionelle Logistik, ansprechende Werbung sowie zusätzliche Betreuungs- und Serviceleistungen. Das Fehlen eines leistungsfähigen Vertriebsnetzes erschwert die Übernahme der im Handel üblichen Serviceleistungen, wie beispielsweise die Regalbetreuung, bzw. macht diese unmöglich. So sind den Expertengesprächen des ifo Instituts mit ostdeutschen Unternehmen zufolge bundesweite Listungen oder auch regionale Listungen auf dem Gebiet der alten Bundesländer oftmals aktionsbezogen und nur in Ausnahmefällen von langfristiger Dauer. Aus Sicht des Handels ist der mangelnde Erfolg von Herstellern aus den neuen Bundesländern insbesondere auf dem westdeutschen Markt in der eher defensiven Vertriebsstrategie der Herstellern begründet. So wird von den Herstellern ein weitaus aktiveres Kundenmanagement gefordert. Oftmals mangelt es an einem schlüssigen Konzept für die Einpassung eines Produktes in die Absatzkonzeption eines Handelsunternehmen. So werden leistungsfähige Hersteller oftmals unter erheblichen Preiszugeständnissen dazu gedrängt, möglichst schnell den Markteintritt in den alten Ländern zu vollziehen. Für Ieistungsschwächare Hersteller bedeutet dies jedoch im Umkehrschluß, daß ihre Chancen für einen Markteintritt in den alten Bundesländern weiter sinken.

Preis- und Konditionenpolitik Für die ostdeutschen Hersteller waren die vielfältigen Erscheinungsformen von Konditionen in Form von Zu- und Abschlägen und Sonderleistungen und -dienste, wie z.B. die Bereitstellung von Displays, Regalbetreuung und Preisauszeichnung oder die Anforderungen an die Warenkommissionierung und -anlieferung, die bei den Listungsverhandlungen eine große Rolle spielen, zunäct1st unbekannt. Ihre Bedeutung als zentrales Element des Leistungsaustausches, mit dem die Wettbewerbsbeziehungen im stufenübergreifenden Distributionsprozeß beeinflußt werden, wurde von den Herstellern erst nach und nach erfaßt. lnfolge ihrer Verhandlungserfahrungen sind die Hersteller aus den neuen Bundesländern mit der Praxis der Listungs- und Konditionen-

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politik jedoch mittlerweile gut vertraut und sehen sie als wesentlichen Bestandteil ihrer Marketingaktivitäten an. Gesprächen des ifo Instituts mit ostdeutschen Herstellern zufolge sind viele mit ihren Abgabepreisen an den Handel nicht zufrieden. Gelingt es ihnen oftmals, ihre Produkte im Handel in den neuen Bundesländern auch nicht nur im Niedrig- sondern auch im Mittelpreissegment anzubieten, so werden sie in den alten Bundesländern nur dann gelistet, wenn sie sich vorwiegend über den Preis verkaufen lassen. Die Verhandlungsposition der Hersteller zur Erzielung höherer Abgabepreise insbesondere zur bundesweiten Listung ist schwierig, da der Handel hier höhere Vermarktungsrisiken eingeht. Die Chancen, eine einmal erreichte Preisposition zu verbessern, sind zudem äußerst gering, da der Handel die Einkaufspreise der Vorperiode als Ausgangspunkt aller weiteren Verhandlungen betrachtet. Darüber hinaus besteht sowohl auf der Ebene der Hersteller als auch auf der Ebene der Händler ein intensiver Preiswettbewerb. Die Mehrzahl der befragten ostdeutschen Hersteller tritt fast ausnahmslos in Konkurrenz zu großen nationalen und internationalen Unternehmen und Konzernen der Ernährungsindustrie. So müssen sich die Unternehmen, wollen sie bundesweit gelistet werden, auch mit ungünstigeren Regalplazierungen begnügen. Angesichts der Begrenzung und Straffung der Sortimente und der knappen Regalplätze in den Geschäften wird es überdies zunehmend schwieriger, den Handel zur Aufnahme neuer Produkte zu veranlassen, da er ertrags- und umsatzsichere durch umsatzunsichere Produkte ersetzen müßte. Um die Marktrisiken von Neuprodukten zu verringern, sind niedrige Abgabepreise oder die Zahlung von Listungsentgelten üblich.24 Die für die bundesweite Listung von den Handelsunternehmen und -gruppen von den Herstellern verlangten hohen Listungsgebühren überfordern oftmals insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen finanziell. Konditionelle Zugeständnisse blieben an autonom agierende ostdeutsche Unternehmen auf das Jahr 1991 beschränkt, da die Nachfrage in der Nahrungs- und Genußmittelbranche nach Ostprodukten besonders hoch war. ln westliche Markenartikelunternehmen integrierte Produktionsbetriebe waren von diesen Zugeständnissen ausgenommen. 25 24

Vgl hierzu ausführlicher die Ausführungen der Monopolkommission, Marktstruktur und Wettbewerb im Handel, Sondergutachten 23, Baden-Baden 1994, Zif. 225 und 226. 25 Vgl. Nassua, T., Absatzprobleme ... , a.a.O., S.99.

108

Mittlerweile stellt der Handel an die Konditionenleistungen der Hersteller aus den neuen Bundesländern nahezu die gleichen Anforderungen wie an vergleichbare Betriebe aus dem Westen. Vorurteile gegenüber Ostprodukten aber auch Nachsicht gegenüber noch bestehenden Schwächen - wurden weitestgehend abgebaut. Mittelfristig sollen Unterschiede in der Marktbearbeitung zwischen den alten und den neuen Bundesländern auf ein Mindestmaß reduziert werden, um Absatz- und Beschaffungsstrategien national zu vereinheitlichen. 26

Werbung Die unterschiedliche Akzeptanz der Produkte bei den Verbrauchern in Ostund Westdeutschland erfordert eine differenzierte Marktbearbeitung. Der marketingtechnische Aufwand für die Durchführung kommunikationspolitischer Maßnahmen ist wegen der Unbekanntheit der Produkte bei den westdeutschen Verbrauchern in den alten Bundesländern höher als in den neuen. Aufgrund ihrer schwachen finanziellen Position konzentrieren die meisten Hersteller des ostdeutschen Ernährungsgewerbes deshalb ihre Werbeaktivitäten auf die neuen Bundesländer, um ihre starke Position auf den regionalen Absatzmärkten zu festigen und weiter auszubauen. Gemeinschaftsaktionen mit dem Handel wie beispielsweise Verkostungsaktionen oder Aktionswochen in den Verkaufsstellen sowie die klassische Werbung durch Plakate, Werbung im Hörfunk und in den Printmedien bleiben weitgehend auf die regionalen Märkte in den neuen Bundesländern beschränkt. Auf teure produktbegleitende Werbung, z.B. in Tages- und Publikumszeitungen, wird oftmals ganz verzichtet. Markteinführungskampagnen auf dem westdeutschen Markt kann sich kaum ein ostdeutscher Betrieb leisten - es sei denn, er wird in Marketing und Vertrieb von einem finanzkräftigen und marketingerfahrenen westdeutschen oder ausländischen Unternehmen unterstützt. 27 Die Betriebe setzten eher auf kostengünstigere Werbemittel wie bei-

26

27

Vgl. Mielke, S., T. Nassua, a.a.O., S. 325-341. Beispiel für einen erfolgreichen Hersteller auf dem westdeutschen Markt ist die Nordbrand-Nordhausen GmbH, die als Tochtergesellschaft der Eckes AG über deren Außendienst-Organisation die Marke 'Echter Nordhäuser' national etablieren konnte. Die Eckes AG gibt pro Jahr etwa 10 Millionen Mark für Werbung und Verkaufsförderung aus. Vgl. die Angaben in der Zeitschrift Getränkefachgroßhandel, o.V., Marktübersicht neue Lander, in: Getränkefachgroßhandel, H. 6/1994, S. 48.

9 Breitenacherträger

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spielsweise Messebeteiligungen oder, wie das Beispiel Thüringen zeigt, auf Gemeinschaftsmarketing. 28 Im Rahmen der Absatzfördermaßnahmen wurde hier ein regionales Herkunftszeichen entwickelt, welches bereits die Zustimmung vieler Betriebe gefunden hat und ein kostengünstiges Instrument ist, um die Thüringer Produkte auch bundesweit bekannt zu machen. Vielfach verzichten die Hersteller aber auch fast gänzlich auf Werbung und vertrauen auf die Profilierung über den Preis.

3.2.6 Mögliche Strategien zur Sicherung der Unternehmen Die Diskussion der Probleme und Chancen für den Absatz der Erzeugnisse der ostdeutschen Ernährungsindustrie läßt die Notwendigkeit der unterschiedlichen strategischen Stoßrichtung in Ost- und Westdeutschland erkennen. Zur langfristigen Positionierung im Markt werden von den ostdeutschen Herstellern durch die unterschiedlichen Rahmenbedingungen auf den ostund westdeutschen Absatzmärkten bedingt im wesentlichen zwei Strategien verfolgt: Die Präferenz bzw. Markenstrategie und die Preis-Mengen-Strategie. Die Verfolgung einer Präferenzstrategie ist wegen der günstigeren wettbewerbliehen Rahmenbedingungen eher auf dem ostdeutschen Absatzmarkt erfolgversprechend und wird auch bis auf wenige Ausnahmen nur in den neuen Bundesländern praktiziert, da die Hersteller hier an die Traditionen alter DDR-Marken anknüpfen können. Trotz der guten Ausgangsbedingungen haben die ostdeutschen Hersteller aber auch in den neuen Bundesländern zum Teil noch erhebliche Probleme mit ihrer Positionierung am Markt. Vielfach nutzen die Unternehmen das gute Image ihrer Produkte insbesondere bei den ostdeutschen Verbrauchern nicht genügend, und Aufbau und Pflege von Markenartikeln sind bei der Mehrheit der Hersteller noch unterentwickelt, nicht nur aufgrund der begrenzten finanziellen Ressourcen, sondern auch deshalb, weil viele Hersteller dem Eindruck der Gespräche zufolge oftmals meinen, eine Profilierung über den Preis reiche vollkommen aus. So haben das handelsgerichtete Marketing und vor al-

28

Vgl. Tanzer, G. , Ostprodukte im Westen. Gute Qualität, aber in den Regalen noch selten zu sehen, in: Leipziger Volkszeitung, 28.12.1994, S. 7.

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lem der Aufbau eines leistungsfähigen Vertriebsnetzes derzeit noch Vorrang vor kommunikationspolitischen Maßnahmen. ln der Regel gelingt es den Herstellern nur, ihre Produkte im Niedrig- oder Mittelpreissegment anzubieten, was aber zum Teil auch dem Eindruck der Gespräche zufolge so gewollt ist, um der niedrigen Kaufkraft der ostdeutschen Konsumenten voll Rechnung zu tragen. Die Besonderheiten des ostdeutschen Marktes, wo der Preis bei der Kaufentscheidung Priorität hat und die Mehrheit der Nachfrage sich in einem breiten mittleren Preissegment streue9 , erlaubt es den Herstellern, hier die Präferenzstrategie nicht konsequent umzusetzen und mit einer Hochpreispolitik zu verbinden, sondern einen Kamprarniß zwischen Marken- und Niedrig-Preisstrategie einzugehen. ln den alten Bundesländern würde sich die Positionierung als Markenprodukt nur unter erheblichen werblichem Aufwand verwirklichen lassen und wird deshalb nur in Ausnahmefällen von den Unternehmen mit westlicher Unterstützung erfolgreich eingesetzt. Um Eingang in den westdeutschen Markt zu finden, gehen viele Hersteller deshalb mit einer Preis-Mengen-Strategie vor, da für Produkte aus den neuen Bundesländern in Westdeutschland die nichtpreisliche Präferenzbildung bislang nur schwach ausgebildet ist. Als Hersteller von No-Name-Produkten fällt es ihnen leichter, ihre Produkte z.B. durch abnehmerspezifische Produktgestaltung in die Absatzkonzeption eines Handelsunternehmens einzupassen oder sich mit ungünstigeren Zweitplazierungen zufriedenzugeben. So verbergen sich hinter verschiedenen Handelsmarken oder bekannten Herstellermarken bereits viele Hersteller aus den neuen Bundesländern. Die Preis-Mengen-Strategie ist jedoch selten das Ergebnis eines strategisch begründeten Vergehens, sondern vielmehr als eine Folge der harten Preisverhandlungen mit dem Handel zu werten. Der Handel zeigt nur wenig Interesse an Produkten der mittleren Preislage und zieht gut eingeführte Markenartikel oder ausgeprägte Niedrigpreisprodukte vor. So werden ostdeutsche Produkte vom Handel oftmals nur dann gelistet, wenn sie sich "über den Preis" verkaufen lassen und der Handel nur geringe Vermarktungsrisiken ein29

Vgl. zur Polarisierung und Differenzierung in Ost- und Westdeutschland die Abbildung in: Erfolgsfaktoren in Ostdeutschland und 5 Jahre danach, in: absatzwirtschaft, H. 11/1994, S. 41 .

g•

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gehen muß. Hierdurch wird ein starker Druck auf markenschwache Hersteller ausgeübt, denen dann oftmals keine andere Wahl bleibt. Langfristig sind die Perspektiven für die Verfolgung einer Niedrig-Preis-Strategie jedoch begrenzt. Gerade die untere Preiszone wird auch zunehmend von Eigen- und Gattungsmarken der Handels- und Verbundgruppen besetzt, die damit immer weniger Raum für niedrigpreisige Herstellermarken lassen. Trotz der Erfolge der Hersteller auf dem Markt in den neuen Bundesländern und des beginnenden Marktzutritts auf dem westdeutschen Markt ist die Position der Hersteller langfristig gefährdet, sofern sie sich im Wettbewerb gegenüber der Konkurrenz großer und national anbietender Unternehmen und Konzerne behaupten müssen. Zur langfristigen Sicherung müssen die Unternehmen stärker als bisher ihre unternehmenspezifischen Vorteile, wie -

gutes Qualitätsimage in den neuen Bundesländern, Flexibilität durch Möglichkeit des Ausweichens auf Nischen oder neue Geschäftsfelder und kundenspezifische Fertigung

nutzen. Die langfristigen Chancen kleiner und mittlerer ostdeutscher Hersteller zur dauerhaften Positionierung auf dem bundesweiten Markt liegen im Aufspüren und in der Besetzung von Nischen. Die Orientierung an den Bedürfnissen einer kleinen Zielgruppe schützt vor der Konkurrenz großer, nationaler Anbieter, deren Produktionsapparat nicht darauf eingerichtet ist, kleinste Losgrößen herzustellen und auf die Bedürfnisse eines kleinen Marktsegmentes einzugehen.

3.2.7 Absatzchancen und -probleme des ostdeutschen Ernährungsgewerbes im internationalen Wettbewerb ln Abschnitt 3.1.6 wurde dargestellt, daß die Exporte des ostdeutschen Ernährungsgewerbes seit 1991 zwar ständig gestiegen sind, daß die Exportquote aber immer noch deutlich unter jener für das Ernährungsgewerbe des früheren Bundesgebiets liegt. Die Expertengespräche haben ergeben, daß die Exportaktivitäten der befragten Unternehmen sehr unterschiedlich sind.

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Die Anteile der Ausfuhren am Umsatz reichen von 0 bis zu 20 %, wobei nur eine Minderheit bereits zweistellige Quoten erzielt. Weitaus mehr Unternehmen, unter ihnen auch größere und namhafte ostdeutsche Hersteller, können dagegen erst Anteile von 1 bis 2 % realisieren. Diese Unternehmen testen und sondieren erst noch die Auslandsmärkte. Kennzeichnend für die schwachen Exportaktivitäten sind starke Schwankungen der Auslandsumsätze, die sich nicht allein durch die grundsätzlich Iabiieren Rahmenbedingungen bei Exportgeschäften erklären lassen. Vielmehr ist es bisher nur wenigen ostdeutschen Exporteuren gelungen, stabile Vertriebslinien für den Export herauszubilden. Dennoch ist nicht zu übersehen, daß die Exportaktivitäten ostdeutscher Nahrungsmittelhersteller insgesamt deutlich zunehmen, nachdem sich die Betriebe zuvor auf die Bearbeitung inländischer Märkte konzentriert haben. Dabei haben ostdeutsche Unternehmen mit westdeutscher Beteiligung in der Regel bessere Voraussetzungen für das Exportgeschäft (indem etwa die Exporterfahrungen der Muttergesellschaft oder deren Vertriebswege genutzt werden können) als kleinere, unabhängig operierende Ostunternehmen, die sich nicht selten vor unlösbar erscheinende Probleme gestellt sehen. Die Exportkontakte der ostdeutschen Nahrungsmittelhersteller kommen vielfach noch zufällig zustande, zum Beispiel durch persönliche Kontakte der Exportleiter. Wichtige Kontakte zu ausländischen Importeuren ergeben sich auf Messen. Günstig für die Anbahnung von neuen Exportbeziehungen wirken sich die Fördermaßnahmen des Bundes und der Länder, der Außenhandelskammern oder der CMA aus. Die befragten Unternehmen bewerten die verschiedenen Förderangebote und -programme (Bezuschussung und Organisation von Auslandsmessebeteiligungen und speziellen Auslandspräsentationen wie auch von Unternehmerreisen in das Ausland) insgesamt sehr positiv, wenngleich natürlich längst nicht jede Maßnahme zum Erfolg führt. Eher nach dem Prinzip von Versuch und Irrtum sammeln die ostdeutschen Nahrungsmittelhersteiler Erfahrung bei der Suche nach für sie geeigneten Absatzmärkten. Die Exportchancen ostdeutscher Hersteller sind um so größer, je mehr ihre Nahrungsmittelerzeugnisse den landesspezifischen Geschmacks- und Nachfragepräferenzen entsprechen. So ist z.B. ostdeutscher Wodka auf dem russi-

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sehen Markt sehr gefragt (zumal die russischen Produzenten mit der Produktion nicht nachkommen}, keineswegs aber in Frankreich, wo die Verbraucher Cognac bevorzugen. Die meisten ostdeutschen Hersteller haben ihr Inlandssortiment inzwischen soweit verbreitert, daß sie in der Lage sind, passende Teilsortimente bereitzustellen, die den Geschmack des jeweiligen Landes treffen. Auf der Suche nach geeigneten Exportmärkten haben die meisten der befragten Unternehmen bereits recht klare Zielvorstellungen entwickelt. Schon jetzt exportieren sie überwiegend dorthin, wo sie auch langfristig die größten Absatzchancen vermuten. Als wichtigste Exportmärkte werden die EU-Staaten (insbesondere Frankreich, Spanien, Portugal, Österreich und die BeneluxLänder) sowie weitere europäische Länder genannt (insbesondere Schweiz, Norwegen). An zweiter Stelle kommen Exporte nach Osteuropa und in die GUS-Staaten, gefolgt von Ausfuhren in die USA und nach Kanada sowie vereinzelten Exporten in arabische Länder. Das Interesse an den westeuropäischen Märkten ist in hohem Maße ertragswirtschaftlich begründet - die häufig mittel- bis höherpreisig positionierten ostdeutschen Produkte lassen sich hier eher als in Osteuropa vertreiben. Demgegenüber beschränken sich die Absatzmöglichkeiten in Osteuropa und den GUS-Staaten - sie gelten an sich als besonders aufnahmefähige, bedarfsintensive Märkte - unter Rentabilitätsgesichtspunkten auf den Absatz "kaufkraftangepaßter" Produkte bzw. Niedrigpreiserzeugnisse. Der Export nach Osteuropa und in die GUS-Staaten wir zudem durch Zahlungsrisiken und administrative Hemmnisse (Einfuhrzölle, hohe Steuern, komplizierte Abwicklungsformalitäten) erschwert. Generell bilden die zum Teil sehr massiven protektionistischen Bestimmungen von Drittländern außerhalb der EU (z.B. auch die von Japan) ein großes Exporthemmnis. Herauszuheben ist das verwaltungstechnisch komplizierte Antragsverfahren für die Rück- oder Ausfuhrerstattung bei bestimmten Drittländerexporten. Die richtige Abwicklung dieses Verfahrens stellt höchste Anforderungen an das Export-Know-how ostdeutscher Unternehmen. Individuelle Fehler ziehen dabei schnell erhebliche finanzielle Verluste nach sich. Hinzu kommt, daß viele Exportbestimmungen einem raschen Wandel unterliegen, ganz besonders in den GUS-Ländern, aber nicht nur dort: Erst kürzlich wurden neue Bestimmungen der

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GATI-Kommission für den Export milchwirtschaftlicher Erzeugnisse wirksam, die die Absatzbedingungen für deutsche Exporteure verschlechtert haben. Die abweichenden Verpackungsverordnungen und Kennzeichnungspflichten der Abnahmeländer sorgen für weitere Komplikationen. Und schließlich wirken auch die finanziellen Risiken (Zahlungs-, Währungsrisiken) sowie die relativ langwierigen Modalitäten der Zahlungsabwicklung, die das knappe Kapital ostdeutscher Unternehmen lange Zeit binden, exporthemmend. Andererseits profitieren die ostdeutschen Unternehmen vom relativ guten Gattungsimage deutscher Erzeugnisse ("Made in Germany"). Die Unterscheidung zwischen ost- und westdeutschen Erzeugnissen, die in Deutschland selbst noch eine gewisse Rolle spielt, ist im Ausland kaum bedeutsam ostdeutsche Hersteller müssen keine emotionalen Vorbehalte wie in den Altbundesländern ausräumen. Insoweit ergäben sich also beim Export zum Teil bessere Chancen für gute Erträge als beim lnlandsabsatz. Da die ostdeutschen Hersteller aber zumindest im westlichen Ausland als unbekannte "Newcomer" auftreten müssen, fällt es ihnen auch hier nicht leicht, ihre meist mittel- bis höherpreisig positionierten Erzeugnisse abzusetzen. Dabei hängt es sehr von der Erzeugnissparte ab, inwieweit die deutsche Herkunft ein absatzförderndes Image- und Qualitätsmerkmal bildet. Während das deutsche Bier Weltruf besitzt, tun sich westdeutsche wie ostdeutsche Sekthersteller schwer, gegen Spitzenerzeugnisse z.B. aus Frankreich anzukommen. Fast alle der befragten ostdeutschen Nahrungsmittelhersteller sind also bestrebt, ihre Exporte deutlich auszuweiten, um sich so neue Absatzstandbeine zu schaffen. ln der Regel hat die Realisierung angemessener Erträge jedoch Vorrang vor teuer erkauften Marktanteilsgewinnen. Die Unternehmen können es sich derzeit kaum leisten, größere finanzielle Vorleistungen bei der Erschließung neuer Märkte zu erbringen.

4. Die Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Ernährungsgewerbes aus nationaler und internationaler Sicht Die Wettbewerbsfähigkeit einer Branche wird durch eine Vielzahl von Faktoren bestimmt. Dazu zählen im wesentlichen folgende Faktoren: 1 Die Faktorbedingungen, die Unternehmensstrategie und Struktur einer Branche, die Existenz von Vorleistungsindustrien sowie die Nachfragebedingungen. ln Kapitel 2 der vorliegenden Untersuchung wurden einige dieser Faktoren bereits analysiert, nämlich die Faktor- und Nachfragebedingungen sowie als einer der Indikatoren für die Wettbewerbsfähigkeit des Ernährungsgewerbes - die Ertragslage. ln diesem Kapitel werden weitere Determinanten der Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Ernährungsgewerbes untersucht. Es sind dies zunächst einmal die staatlichen Eingriffe in den Markt, die im Lebensmittelbereich äußerst umfangreich sind. Dabei gewinnen neben nationalen Maßnahmen zunehmend auch solche Maßnahmen an Bedeutung, die auf EU-Ebene ergriffen werden. Es würde den Rahmen dieser Studie bei weitem sprengen, wenn im Detail auf sämtliche Regulierungen sowie ihre spezifischen Wirkungen eingegangen würde. ln den folgenden Abschnitten soll daher nur als Überblick beispielhaft auf einige wesentliche Regelungsbereiche hingewiesen werden, wie das Lebensmittelrecht, die Produktsicherheit und -haftung, Werberegeln, die Harmonisierung der EU-Verbrauchsteuern und die Abfallproblematik. Außerdem werden auch die außenwirtschaftspolitischen Regelungen, wie die Umsetzung der Ergebnisse des GATT-Abkommens, behandelt. Die Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Ernährungsgewerbes ist daher zusehends unter einem internationalen Aspekt zu betrachten. Als entscheidende Determinante der internationalen Wettbewerbsfähigkeit werden deshalb die Erfindungsaktivitäten des Ernährungsgewerbes näher untersucht, und zwar im internationalen Vergleich. Dabei wird auch auf das Problem der Akzeptanz neuartiger Lebensmittel und Lebensmittelzutaten in Deutschland eingegangen, das erheblichen Einfluß auf die einschlägigen Forschungsaktivitäten hat.

Vgl. Hartmann, M., Überlegungen zur Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Ernährungsgewerbes, in: Agrarwirtschaft 42 (1993), H. 6, S. 241 ff.

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Außerdem wird die Stellung der Branche in Europa und auf dem Weltmarkt anhand verschiedener Indikatoren analysiert. Eine weitere wichtige Bestimmungsgröße der Wettbewerbsfähigkeit ist die Unternehmensstruktur der Branche. Sie wird in diesem Untersuchungsteil sowohl im Hinblick auf den europäischen Binnenmarkt als auch im Hinblick auf den Handel mit Nahrungsmitteln erörtert, wobei die Struktur der Distribution von Lebensmittel einem eigenen Kapitel vorbehalten ist (Punkt 5 der Gliederung).

4.1

Auswirkungen der für die Ernährungsindustrie relevanten staatlichen Maßnahmen

4.1.1

Wirkungen der jüngsten GATT-Runde

Ziel der 1987 begonnenen GATI-Verhandlungen im Rahmen der UruguayRunde war es, den in nahezu allen Wirtschaftsbereichen bestehenden Protektionismus abzubauen und ein offenes und dauerhaftes Welthandelssystem zu erreichen. Für das Ernährungsgewerbe war es außerordentlich wichtig, daß erstmals auch der Handel mit Agrarerzeugnissen in die Regeln des GATT einbezogen werden sollte. Nach siebenjährigen Verhandlungen wurden am 15. 12. 1993 die Verhandlungen abgeschlossen. Die Vereinbarungen im Agrarbereich enthalten dabei im wesentlichen folgende Punkte2 : -

Abbau der Agrarunterstützung Die handelsverzerrende Agrarunterstützung soll innerhalb von sechs Jahren um 20% reduziert werden . Diese Verpflichtung dürfte für die EU insofern keine Schwierigkeiten mit sich bringen, als der am Ende des Abbauzeitraums zulässige Stützungsbetrag von 61 Mrd. ECU schon 1994 unterschritten wurde.

2 Zitiert nach: Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie e.V. (Hrsg.), Jahres-

bericht 1993, o. 0 . 1994, S. 11 1 f.

117

Verbesserung des Marktzugangs Alle Einfuhrabgaben und nichttarifären Handelshemmnisse sowie auch die variablen Einfuhrabschöpfungen der Gemeinschaft werden auf feste Zölle umgestellt. Diese werden innerhalb von sechs Jahren schrittweise um durchschnittlich 36 % abgebaut.

Bestehende Marktzugangsverpflichtungen müssen aufrecht erhalten werden. Daneben sind Mindestzugangsmöglichkeiten schrittweise zu öffnen Exportsubventionen Die Haushaltsausgaben für Exportsubventionen sollen auf der Basis 1986 bis 1990 innerhalb von sechs Jahren um 36 % verringert werden. Während des gleichen Zeitraums werden die subventionierten Exportmengen für 22 Produkte um 21 % reduziert.

Die wichtigsten Wirkungen dieser Einigung werden in einer deutlichen Belebung des Welthandels gesehen. Diese dürfte aus der Öffnung bisher weitgehend abgeschotteter Märkte (z.B. Japan und die USA) resultieren. Damit eröffnen sich für die exportorientierten Unternehmen der EU neue Absatzchancen. Es scheint jedoch noch nicht erkennbar, welche konkreten Absatzmarktpotentiale, aber auch Risiken durch eine verschärfte Importkonkurrenz sich fachzweigspezifisch für das deutsche Ernährungsgewerbe ergeben werden. Ganz generell werden von den Risiken nicht die global operierenden Großunternehmen und auch nicht die regional anbietenden kleinen Firmen tangiert werden. Die Wettbewerbsintensivierung wird vielmehr in erster Linie mittlere Unternehmen, die ganz oder auf Teilsektoren mit den "Global Players" konkurrieren, treffen. Mergers & Acquisitions werden deshalb zunehmen.

4.1.2 Maßnahmen auf EU-Ebene

Lebensmittelrechtliche Regelungen Im Bereich des Lebensmittelrechts wurde bis 1985 die Verwirklichung des Gemeinsamen Marktes vorwiegend durch eine vertikale Harmonisierung der nationalen Vorschriften betrieben. Dieses Prinzip erwies sich jedoch als wenig praktikabel. Einerseits war es zu bürokratisch und durch einen Hang zum Perfektionismus gekennzeichnet; andererseits wuchs die Ablehnung gegen-

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über einer EG-Rezeptur-Gesetzgebung, die die nationalen Unterschiede und damit auch die traditionellen Lebensmittel zu gefährden drohte. 3 ln ihrem Weißbuch vom Juni 19854 und der speziellen Mitteilung "Vollendung des Binnenmarktes: Das Gemeinschaftliche Lebensmittelrecht" vom November 1985 hat daher die Kommission ein neues Integrationskonzept zur Schaffung des Binnenmarktes im allgemeinen und im besonderen für Lebensmittel vorgelegt. Dieses Konzept besteht aus einer Kombination aus gegenseitiger Anerkennung der einzelstaatlichen Regelungen und Standards einerseits und Harmonisierung der Rechtsvorschriften im sog. horizontalen Bereich (z.B. Zusatzstoffe) andererseits. Das Prinzip der gegenseitigen Anerkennung findet dort seine Grenzen, wo die länderspezifischen Schutzvorschriften und -ziele zu weit auseinanderliegen. ln diesem Fall hält die Kommission gemeinschaftsweit harmonisierte Vorschriften für notwendig; dabei ist in den Bereichen Gesundheit, Sicherheit, Umweltschutz und Verbraucherschutz von einem hohen Schutzniveau auszugehen. Vom erlassenen oder in Vorbereitung befindlichen Gemeinschaftsrecht werden u.a. folgende wichtige Bereiche ertaßt: Lebensmittelkennzeichnung, Werbebehauptungen, Schutz von Spezialitäten und von geographischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen, Lebensmittelzusatzstoffe, Hygiene, Lebensmittelbestrahlung, neuartige Lebensmittel und Lebensmittelzutaten (Novel Feods), Lebensmittelüberwachung. Am 1. Januar 1993 war der Binnenmarkt allgemein und für Lebensmittel im besonderen nur in dem Maße und mit der Intensität verwirklicht, wie es sich aus den zu diesem Zeitpunkt in nationales Recht überführten Gemeinschaftsrichtlinien sowie aus den unmittelbar geltenden Verordnungen ergab. Seither sind bei der Schaffung des gemeinschaftlichen Lebensmittelrechts einige 3

4

Vgl. zu den folgenden Ausführungen: Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde e.V., bas gemeinschaftliche Lebensmittelrecht-Eine Zwischenbilanz zum 31 .12.1994, Bonn, Januar 1995. Vgl. Europäische Kommission, Weißbuch der Kommission an den Europäischen Rat, Vollendung des Binnenmarktes, Luxemburg 1985.

119

Fortschritte erzielt worden. Nach wie vor bestehen aber noch mehr oder weniger große Regelungslücken, die noch geschlossen werden müssen. Wichtige Vorhaben sind weiter vorangebracht worden (z.B. die für den freien Warenverkehr mit Lebensmitteln wichtigen Zusatzstoffregelungen). Andere Themen werden wegen ihrer politischen Brisanz noch heiß diskutiert (Novel Foods, Lebensmittelbestrahlung). Das Prinzip der gegenseitigen Anerkennung besagt, daß jedes in einem Mitgliedstaat rechtmäßig hergestellte und in Verkehr gebrachte Erzeugnis in einem anderen Mitgliedstaat verkehrsfähig ist, es sei denn, entgegenstehende einzelstaatliche Regelungen sind aus den bereits o.g. Gründen notwendig. Aus dem Prinzip der gegenseitigen Anerkennung wird ein Verzicht auf die Schaffung vertikaler Gemeinschaftsregelungen über die produktspezifischen Anforderungen an die Zusammensetzung von Lebensmitteln abgeleitet. Dies wird auch damit begründet, daß keine einheitlichen "Euro-Produkte" geschaffen und Innovationen nicht behindert werden sollen. Der Sicherung vertikaler Aspekte dienen die "Spezialitäten"-Verordnung und die Verordnung zum Schutz geographischer Angaben und von Ursprungsbezeichnungen. Soweit bereits vor 1985 vertikale Produktrichtlinien {betr. die Zusammensetzung bestimmter Erzeugnisse) erlassen wurden, gelten diese jedoch nach wie vor. Obwohl der neue Integrationsansatz der EG-Kommission im Lebensmittelbereich eine nicht unerhebliche Deregulierung bedeutet, ist dieser Sektor nach wie vor eine der am stärksten geregelten in der EU. Von dem im "Weißbuch" seinerzeit aufgeführten Deregulierungsmaßnahmen entfielen 190 Verordnungen und Richtlinien auf den Lebensmittelbereich; dies entsprach rund zwei Drittel aller geplanten Maßnahmen. Hinzu kamen noch zahlreiche rechtserläuternde Maßnahmen der Kommission . Zwar müssen beim Export in andere Mitgliedstaaten die in die Tausende gehenden nationalen Regelungen nur noch eingeschränkt berücksichtigt werden, gleichwohl hat die Belastung der Unternehmen in manchen Bereichen des Lebensmittelrechts sogar zugenommen. Dies gilt beispielsweise für das Kennzeichnungsrecht, das in den vergangenen Jahren mehrfach geändert worden ist und auch weiterhin ergänzt und verfeinert werden soll. Die Substitution der vertikalen Harmonisierung der Zusammensetzung von Lebensmitteln durch das Prinzip der gegenseitigen Anerkennung erfordert nämlich

120

ein klares System von Etikettierung, Aufmachung und Werbung in der Form von zwingenden Rechtsvorschriften, um die Hersteller vor unlauterem Wettbewerb und die Verbraucher vor Täuschungen zu schützen. Darüber hinaus wird durch immer neue und detailliertere Vorschriften zur Kennzeichnung der Produkte der Spielraum der Hersteller zur Gestaltung der Etiketten zunehmend eingeschränkt. 5 Die Übertrachtung des Lebensmittelsektors mit Regelungen wirkt sich nachteilig auf den freien Warenverkehr in der Europäischen Union aus. Generell läßt sich bereits jetzt schon erkennen, daß die im Cecchini-Bericht6 angekündigten positiven Effekte der Deregulierung nicht in dem Umfang realisiert werden können, wie es dort erhofft war. Die nach wie vor vorhandene Vielzahl von Vorschriften bringt insbesondere für kleinere Unternehmen Schwierigkeiten mit sich. Vielfach können die komplizierten rechtlichen Regelungen von diesen Unternehmen kaum noch befolgt werden? Ähnlich wie die zitierte ifo Studie kommt auch ein Untersuchungsbericht einer von der Europäischen Kommission eingesetzten Sachverständigengruppe unter B. Molitor8 zu dem Ergebnis, daß die komplizierten und teilweise widersprüchlichen lebensmittelrechtlichen Bestimmungen die Entwicklung des Ernährungsgewerbes beeinträchtigten. Innovationen und den innergemeinschaftlichen Handel behinderten und insbesondere kleine Firmen belasteten. Am Beispiel der Rechtsvorschriften wird in dem Abschlußbericht dargestellt, daß es an Transparenz mangele, daß die Richtlinien den Mitgliedsländern zum Teil zuviel Spielraum für einzelstaatliche Sonderregelungen böten und daß es trotz des Binnenmarktes häufig zu Wettbewerbsverzerrungen wegen unterschiedlich strenger Kontrollen an den Außengrenzen komme. Dies könne unlauteren Wettbewerb und Verbrauchertäuschungen nach sich ziehen. Im einzelnen werden in dem Abschlußbericht folgende Maßnahmen vorgeschlagen: -

Harmonisierung und Vereinfachung der Regeln zur Lebensmittelhygiene,

5

Auf die Problematik der Kennzeichnung von Novei-Foods wird in Abschnitt 4.2.1 eingegangen. 6 Cecchini, P., Europa '92 - Der Vorteil des Binnenmarktes, Baden-Baden 1988. 7 Breitenacher, M., et al., Der EG-Binnenmarkt aus Verbrauchersicht, ifo Studien zur Europäischen Wirtschaft Nr. 7, München 1993, S. 93 ff. 8 Vgl. Vereinfachung der EU-Rechtsvorschriften, in: AGRA-EUROPE 33/95, 14.8.1995.

121

-

Wahrung der Verhältnismäßigkeit bei der Ausarbeitung von Rechtsvorschriften, Einsatz international anerkannter Risikoabschätzungsverfahren, die den Unternehmen mehr Verantwortlichkeit auferlegen (im Gegensatz zu ausführlichen Vorschriften), Harmonisierung der Anwendung und Durchsatzung der Regelungen in den Mitgliedstaaten, angemessenere Auswahl rechtlicher Instrumente, bessere Harmonisierung mit den international anerkannten Praktiken.

Es gibt Indizien dafür, daß deutsche Unternehmen des Ernährungsgewerbes von dem komplexen und unübersichtlichen Regelwerk des Lebensmittelrechts möglicherweise stärker betroffen sind als Unternehmen in anderen Mitgliedstaaten. Zu nennen sind in diesem Zusammenhang beispielhaft die Inländerdiskriminierung und die Lebensmittelüberwachung. Die Inländer- oder umgekehrte Diskriminierung beruht darauf, daß das Prinzip der gegenseitigen Anerkennung nur die Verkehrsfähigkeit von Erzeugnissen aus anderen Mitgliedstaaten sicherstellt, nicht aber die Geltung des nationalen Rechts für die heimische Produktion berührt. 9 Diese ist nach wie vor an das möglicherweise strengere nationale Recht gebunden. Dies kann zu deutlichen Wettbewerbsnachteilen führen. ln Deutschland wurden diese für den Milchproduktebereich, für den früher ein sog. Initiationsverbot galt, durch Erlaß des Milch- und Margarinegesetzes aufgehoben. Die Inländerdiskriminierung besteht dagegen nach wie vor für die heimische Bierherstellung, die an das Reinheitsgebot gebunden ist. Allerdings ist darauf hinzuweisen, daß die große Mehrheit der deutschen Brauer das Reinheitsgebot befürwortet, da es sich in den vergangenen Jahren als ein äußerst zugkräftiges Werbeargument herausgestellt hat. ln der Richtlinie des Rates von 1989 über die amtliche Lebensmittelüberwachung ist der Grundsatz aufgestellt, daß die zum Versand in andere Mitgliedstaaten bestimmten Erzeugnisse mit derselben Sorgfalt zu kontrollieren sind wie diejenigen, die im Land der Herstellung vermarktet werden. Dabei erstreckt sich die Überwachungstätigkeit - wegen des Wegfalls der Grenzkontrollen - auf alle Stufen von der Vorproduktion bis zur Abgabe im Handel.

9

Vgl. hierzu Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde e.V., Das gemeinschaftli· ehe Lebensmittelrecht ..., a.a.O., S. 12.

122

Die Intensität dieser Überwachung "vor Ort" ist aber derzeit in den einzelnen Mitgliedstaaten noch recht unterschiedlich (nicht zuletzt aufgrund ungleicher Untersuchungs- und Analysemethoden), was zu Wettbewerbsverzerrungen führt. Davon betroffen sind vor allem Unternehmen in Deutschland, wo bereits ein relativ hohes Niveau der Lebensmittelüberwachung erreicht ist. Allerdings darf diese Problematik nicht nur negativ gesehen werden, kann doch ein hohes Qualitätsniveau der Lebensmittelüberwachung auch als Wettbewerbsargument gegenüber den zunehmend anspruchsvoller werdenden Verbrauchern verwendet werden. Diese Sichtweise gilt generell: Das in den vergangenen Jahren nicht nur im Lebensmittelrecht, sondern auch auf anderen Gebieten dichter gewordene Regelwerk (z.B. in der Umweltgesetzgebung und bei der Qualifizierung und Zertifizierung der Unternehmen) belastet zwar die Lebensmittelhersteller in zunehmendem Maße, erhöht aber gleichzeitig auch die Glaubwürdigkeit der deutschen Hersteller in bezug auf hohe Produktqualität

Werberegeln Der Bereich der Werbung ist derzeit - abgesehen von der Richtlinie über irreführende Werbung, die bereits 1984 erlassen wurde - nicht gemeinschaftsweit geregelt. Allerdings gibt es Überlegungen bzw. auch schon konkrete Vorschläge auf bestimmten Sachgebieten des europäischen Werberechts, die auch für die Ernährungsindustrie von Relevanz sind. Zum Komplex "Vergleichende Werbung" hat die EG-Kommission 1991 einen Vorschlag für eine Richtlinie veröffentlicht. Nach ausgiebigen Diskussionen mit den betroffenen Wirtschaftsgruppen legte die Europäische Kommission im Mai 1994 einen geänderten Richtlinienentwurf vor. Dessen Ziel ist eine Harmonisierung der Vorschriften, die eine Kontrolle der Lauterkeit vergleichender Werbung erlauben. Demnach soll vergleichende Werbung unter bestimmten Bedingungen zugelassen sein. Voraussetzung ist, daß sich die Hinweise auf wesentliche, sachliche, jederzeit nachprüfbare, objektiv feststellbare und lauter ausgewählte, repräsentative Eigenschaften von Erzeugnissen oder Dienstleistungen des Konkurrenten beziehen.

123

Der geänderte Richtlinienentwurf stößt in Deutschland - wie schon der erste Vorschlag - auf Kritik. Es wird prinzipiell bemängelt, daß das Richtlinienvorhaben über vergleichende Werbung - rechtssystematisch betrachtet - lediglich ein unselbständiger Anhang der Richtlinie über irreführende Werbung sei. 10 Des weiteren wird kritisiert, daß in dem Entwurf der Zulässigkeitsrahmen für die vergleichende Werbung wenig konkret formuliert sei. "Dies könnte zur Folge haben, daß die vergleichende Werbung durch unterschiedliche Auslegung in den Mitgliedstaaten im Ergebnis nicht vereinheitlicht wird." 11 Auf Kritik stößt auch die Tatsache, daß mit der vergleichenden Werbung ein Teilbereich des Wettbewerbs herausgegriffen und harmonisiert werden soll; außerdem würde das Vorhaben das Subsidiaritätsprinzip nicht in ausreichendem Maße berücksichtigen. Es ist in der Tat zu fragen, ob in der EU eine Harmonisierung der Vorschriften über die vergleichende Werbung notwendig ist, insbesondere deshalb, weil diese einen weiteren Meilenstein im "Regelungsdickicht" setzen könnte. Zwar ist nicht zu leugnen, daß vergleichende Werbung grundsätzlich - aus der Sicht des Verbrauchers - positiv zu bewerten ist, und zwar dann, wenn sie sich z.B. auf objektiv nachprüfbare Testergebnisse stützt. Es ist allerdings nicht ganz auszuschließen, daß bei der vergleichenden Werbung nur eine subjektive - Auswahl von Beurteilungskriterien herangezogen wird, was zwangsläufig beim Verbraucher zu Verfälschungen führen müßte. So ist es z.B. denkbar, daß preisaggressive Handelsformen bei der vergleichenden Werbung insbesondere auf den Preis abstellen und qualitative Gesichtspunkte vernachlässigen. Dies könnte in letzter Konsequenz zu einer Verschiebung der Machtverhältnisse in der "Handelslandschaft" führen und damit auch zuungunsten des Ernährungsgewerbes. Im übrigen ist darauf hinzuweisen, daß vergleichende Werbung derzeit in Deutschland schon erlaubt ist, allerdings unter ganz bestimmten, engen Voraussetzungen. Eine sektorspezifische Regelung hat ein Vorentwurf der Europäischen Kommission für einen Richtlinienvorschlag über die Verwendung von Werbebehauptungen bei Lebensmitteln zum Gegenstand. Es geht dabei u.a. um eine sehr weit gefaßte Definition des Begriffs "Werbebehauptung", die auch Waren10 11

Vgl. Wolff, D., Geänderter EU-Richtlinienvorschlag über vergleichende Werbung, in: Markenartikel 11/94, S. 536 ff. Wolff, D., a.a.O, S. 537.

124

zeichen, Verkehrsbezeichnungen in Form von Beschreibungen des Lebensmittels gemäß der Etikettierungsrichtlinie sowie durch nationale Regelungen vorgeschriebene Verkehrsbezeichnungen umfaßt. Derzeit ist noch nicht klar, welcher Sachverhalt letztendlich durch die Richtlinie geregelt werden wird. Wiederum ist hier zu fragen, ob eine Regelung in der vorgeschlagenen detaillierten Form notwendig und mit dem Subsidiaritätsprinzip vereinbar ist. Aus der Sicht des Ernährungsgewerbes erscheint eine Regelung, die sich auf für den freien Warenverkehr notwendige Festregungen über Werbebehauptungen beschränkt, angemessen. Gleichfalls in der - europaweiten - Diskussion befindet sich die Frage, ob die Werbung der Anbieter von alkoholischen Getränken beschnitten werden soll. Konkrete Pläne der Europäischen Kommission sind auf diesem Gebiet bisher allerdings nicht bekannt.

Produkthaftung und Produktsicherheit Mit dem Produkthaftungsgesetz von 1990 wurde in der Bundesrepublik die EG-Richtlinie über die Produzentenhaftung von 1985 in deutsches Recht umgesetzt. Das Produkthaftungsgesetz führt eine verschuldansunabhängige Haftung ein (strikte Haftung, Gefährdungshaftung), d.h. die Hersteller (wozu im Gesetz auch Importeure, Zulieferar und Händler gerechnet werden) haften für das auf den Markt gebrachte Produkt auch ohne eigenes Verschulden. Wer geschädigt worden ist, muß demnach nur den Produktfehler, den Schaden und den Ursachenzusammenhang nachweisen; der Hersteller muß sich dann entlasten, er kann sich aber nicht auf fehlendes Verschulden berufen.12 Nach dem Produkthaftungsgesetz kann Ersatz nur beansprucht werden, wenn durch den Produktfehler ein Mensch getötet, an seiner Gesundheit oder seinem Körper geschädigt worden ist oder wenn eine Sache des privaten Gebrauchs oder Verbrauchs beschädigt wurde. Insofern hat das Gesetz, das den Umfang der Haftung für Personenschäden grundsätzlich nicht begrenzt, eine erhebliche Bedeutung für die Hersteller von Konsumgütern, nicht zuletzt 12 Vgl. Bundesverband der Deutschen Industrie e.V. (Hrsg.), Produzentenhaftung, Köln 1990, S . 17.

10 Breitenacher/Täger

125

für die Ernährungsindustrie. Dabei geht es nicht nur um das Nahrungsmittel an sich, sondern auch um die Verpackungsmaterialien (z.B. explodierende Mineralwasserflasche). Zentraler Begriff im Produkthaftungsgesetz ist die Fehlerdefinition, weil nur ein feststehender Fehler haftungsauslösender Faktor sein kann. Nach § 3 Abs. 1 ist ein Produkt dann fehlerhaft, wenn es nicht die Sicherheit bietet, die unter Berücksichtigung aller Umstände berechtigterweise erwartet werden kann. Von Bedeutung sind also die Verkehrssicherungspflichten und Sorgfaltspflichten des Produzenten. Dazu zählen beispielsweise die Beachtung gesetzlicher Sicherheitsvorschriften und die Befolgung technischer Normen. Damit ist aber die Fehlerfreiheit von Produkten im Sinne des Produkthaftungsgesetzes noch nicht sichergestellt, allenfalls ein gewisser Anschein spricht dafür. Dies gilt auch dann, wenn in den fraglichen Unternehmen ein zertifiziertes Qualitätsmanagement installiert ist. Um die Fehlerfreiheit eines Produktes zu garantieren, müssen noch weitere Sorgfalts- und Gefahrenabwendungsmaßnahmen des Herstellers hinzukommen, z.B. eine lückenlose Dokumentation aller Vorgänge bei der Konstruktion und Fertigung des Produkts und die Produktbeobachtung (bei Verwendung und Gebrauch, die sog. Nachmarktkontrolle). Die verschuldansunabhängige Haftung des Produkthaftungsgesetzes setzt also den Unternehmen für Produktion und Vertrieb relativ hohe Standards, was natürlich entsprechend hohe finanzielle Belastungen mit sich bringt. Andererseits ist jedoch zu berücksichtigen, daß die Produzentenhaftung in Deutschland auch zu jener Zeit schon relativ streng war, als das neue Gesetz noch nicht erlassen war. Außerdem kann ein effizientes und lückenloses Dualitätsmanagementsystem den ständig steigenden Ansprüchen des Verbraucherschutzes genügen und somit jenen Unternehmen, die derartige Maßnahmen konsequent durchführen, einen Vorsprung im Wettbewerb - nicht zuletzt auf internationaler Ebene - verschaffen bzw. sichern. Die Richtlinie über die allgemeine Produktsicherheit, die 1992 vom Rat erlassen wurde, hat zum Ziel, ein einheitliches, gemeinschaftsweites Schutzniveau zu schaffen. Nach dieser Richtlinie haben die Mitgliedstaaten dafür Sorge zu tragen, daß für alle auf den Markt gebrachten Produkte, die für die Verbraucher bestimmt sind bzw. von ihnen verwendet werden, die allgemeinen Sicherheitsanforderungen erfüllt sind. Als "sicher" gilt jedes Produkt, des-

126

sen Verwendung keine oder nur geringe Gefahren für die Gesundheit und Sicherheit von Personen in sich birgt, wobei die Wahrung eines hohen Schutzniveaus als Kriterium zugrundezulegen ist. Die Richtlinie erfaßt u.a. auch Lebensmittel. Das hohe Schutzniveau muß gewährleistet sein insbesondere im Hinblick auf die Eigenschaften des Produkts (unter anderem Zusammensetzung, Verpackung, Wartung), die Einwirkung des Produkts auf andere Güter, die Aufmachung und Etikettierung des Produkts; Gebrauchs- und Bedienungsanleitung, die Gruppen von Verbrauchern, die bei Verwendung des Produkts einem erhöhten Risiko ausgesetzt sind, vor allem Kinder. Die Hersteller und Händler müssen die Konsumenten über mögliche Gebrauchsrisiken informieren und dafür Sorge tragen, daß diese Informationen die Verbraucher auch wirklich erreichen. Diese Verpflichtungen gelten auch für Erzeugnisse, die aus anderen Mitgliedstaaten oder Drittländern importiert werden. ln der Richtlinie sind außerdem jene Maßnahmen geregelt, die in Notfällen zu ergreifen sind. Dazu gehören u.a. die Rücknahme eines bereits auf dem Markt befindlichen Produktes wie auch die Aufforderung der EUKommission an einen Mitgliedstaat, vor einem Produkt öffentlich zu warnen.13 Die Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht hätte bis Juni 1994 erfolgen sollen. Die Bundesregierung hat - nachdem sie einen ersten Entwurf wieder zurückgezogen hatte - Anfang 1995 erneut einen Entwurf eines Produktsicherheitsgesetzes vorgelegt. Demnach soll das Gesetz auf Lebensmittel nur insoweit Anwendung finden, als es sich um die mechanische (nicht stoffliche) Beschaffenheit der Produkte sowie um die Regeln über die öffentliche Warnung und den Rückruf handelt. Dies entspricht auch den Intentionen der Lebensmittelwirtschaft, würde dies doch den Vollzug des Gesetzes wesentlich erleichtern und Doppelregelungen (im Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetz) vermeiden. 13 Vgl. Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde, a.a.O., S. 90.

10"

127

Harmonislerung der EU-Verbrauchsteuern

Bei den speziellen Verbrauchsteuern (insbesondere den Alkoholsteuern) wird in der EU zwar keine absolute Harmonisierung angestrebt, die Richtlinien 92/83 EWG und 92/84 EWG von 1992 verfolgen jedoch das Ziel, die Struktur der Verbrauchsteuern auf Alkohol und alkoholische Getränke zu harmonisieren und die entsprechenden Steuersätze anzunähern. Derzeit bestehen zwischen den Mitgliedstaaten allerdings noch beträchtliche Unterschiede bei den einzelnen Steuersätzen und der Struktur der Alkoholsteuern. Die Hoffnung der EU-Kommission auf eine deutliche Angleichung der Verbrauchsteuersätze im Binnenmarkt hat sich bisher nicht erfüllt. Dies ist nicht überraschend, da im gewerblichen Handel das Bestimmungslandprinzip gilt, d.h. die Steuer wird in dem Mitgliedstaat fällig, in dem die Ware verbraucht wird. Die verbindlich vorgeschriebenen Mindestsätze wurden jedoch praktisch von allen Mitgliedstaaten erreicht; allerdings ist darauf hinzuweisen, daß für bestimmte regionale Erzeugnisse, z.B. den Verkauf von Ouzo in Griechenland, niedrigere Sätze als die allgemein üblichen festgelegt wurden. Die zwischen den Mitgliedstaaten bestehenden Unterschiede bei den Verbrauchsteuern macht sich der Einkaufstourismus zunutze. Davon betroffen ist nicht zuletzt die deutsche Spirituosenindustrie, die mit einem Branntweinsteuersatz belastet ist, der deutlich über dem Mindestsatz liegt (vgl. Tab. 4-1) . Von den übrigen alkoholischen Getränken hat auch der in Deutschland verkaufte Schaumwein eine relativ hohe Verbrauchsteuer zu tragen. Bislang hat dies den Absatz von deutschem Schaumwein nicht merklich behindert. Unterschiede bei den Verbrauchsteuern stimulieren nicht nur den Einkaufstourismus, sondern auch einen unkontrollierten Warenfluß innerhalb der EU. So werden beispielsweise größere Mengen von Ouzo unversteuert in Deutschland abgesetzt. Gleiches gilt übrigens auch für - unversteuert reimportierten - Kaffee. 14

14

Wegen der relativ hohen Kaffeesteuer in Deutschland wird ROstkaffee vielfach nach Holland (wo keine Kaffeesteuer anfällt) ausgeliefert und unter Umgehung der deutschen Steuer wieder eingeführt. Vgl. Zolltahnder spüren Kaffeesünder auf, in: Lebensmittelzeitung, Nr. 34, 25.8.1995.

128

Tabelle 4-1 Verbrauchsteuersätze für Alkohol und alkoholische Getränke EU-Mindestsatz Produktkategorie

ECU je Einheit 550b)

ECU je hl reiner Alkohol

EU-Zielsatz ECU je Einheit

Deutschland

ECU je hl reiner Alkohol

ECU je hl reiner Alkohole)

550

1 398,1b)

1 398,1

1 296

45°)

250

93,5°)

519.4

282

Wein

0

0

18,?")

170,0

0

Schaumwein

0

0

33,0°)

300,0

135

0,748d)

187

1,496d)

374,0

196

Spirituosen Zwischenerzeugnisseal

Bier

a) Getränke mit einem Alkoholgehalt von 1,2 % vol. bis 22 % vol. b) Je hl/r.A. - c) Je hl. - d) Je hi/0 Piato. - e) Umrechnungskurse von DM in ECU zum Stand vom Juni 1993. Quelle:

Misch, D., Die Harmonisierung der Alkoholsteuern in Europa (111), in: Die deutsche Spirituosenindustrie, Hrsg. Bundesverband der deutschen Spirituosenindustrie e.V., Bonn 1994, S. 41 ff.

4.1.3 Nationale Maßnahmen Das Ernährungsgewerbe ist der mit Abstand bedeutendste Verwender von Verpackungsmitteln und -hilfsmitteln. Um die hergestellten Nahrungsmittel verpacken zu können, benötigt diese Wirtschaftsgruppe rund die Hälfte des im verarbeitenden Gewerbes insgesamt eingesetzten Verpackungsmaterials (Abb. 4-1 ). Innerhalb des Ernährungsgewerbes sind es wiederum in erster Linie die Molkereien und Käsereien, die Brauereien, die Hersteller von Süßwaren sowie die Obst- und Gemüseverarbeitung, die besonders viel Verpakkungsmaterial benötigen (Abb. 4-2). Als derart verpackungsintensive Branche wird das Ernährungsgewerbe in besonderem Maße von staatlichen Eingriffen in den Verpackungsmarkt betroffen. Diese sind in den letzten zehn Jahren auf vielfältige Weise erfolgt. Mit der Verpackungsverordnung vom 12.6.1991 wurde erstmals nicht vom Gesichtspunkt der Umweltgefährdung durch einzelne Stoffe ausgegangen, sondern es

129

Abb. 4-1

Verbrauch von Verpackungsmaterial im verarbeitenden Gewerbe, 1990

Ernährungsgewerbe

verarb . Gewerbe EBM Masch.Kunstbau stoff Quelle : Stat . Bundesamt , Reihe 4.2 .4

130

Abb. 4-2

Verbrauch von Verpackungsmaterial im Ernährungsgewerbe, 1990 übriges Ernährungsgewerbe

müse

Mol

'·.

Stärke erzeugnisse

·-.

Brauereien ··. Süßwaren

Quelle: Stat. Bundesamt, Reihe 4.2.4 L------------------------~ -

131

wurden Produktgruppen geregelt, die vom Gesichtspunkt des Abfallaufkommens mengenmäßig relevant sind. Ziel dieser Verordnung ist es, die Verpakkungsabfälle kräftig zu reduzieren. Die Verordnung enthält umfangreiche Rücknahme-, Wiederverwendungs- und stoffliche Verwertungspflichten, die sich für die Verpackungen in den einzelnen Funktionsbereichen unterscheiden.15 Zum Schutz der existierenden Mehrwegsysteme im Getränkesektor ist ein pauschaler Mindestanteil der Mehrwegverpackung auf 72 % (Milch: 17 %) festgelegt. Diese Verordnung sowie die daraus resultierende "Duales System Deutschland GmbH" gehören zu den meistdiskutierten Themen in Deutschland. Die bisherigen Erfahrungen haben den Bundesumweltminister bewogen, den Entwurf einer Verordnung zur Novaliierung der Verordnung über die Vermeidung von Verpackungsabfällen" sowie den Entwurf einer "Verordnung über die Kennzeichnung von Verpackungen" vorzulegen, die noch im Diskussionsstadium sind. Dies ist notwendig, da der EU-Ministerrat im Dezember 1994 eine EU-Verpackungsrichtlinie verabschiedet hat, mit der die deutschen Verordnungen in Einklang zu bringen sind. Diese Regelungsdichte hat die Sensibilität der Ernährungswirtschaft gegenüber den Verpackungen erhöht. Zusammen mit den Packmittellieferanten, den Abfüllern und dem Handel wurden die Verpackungen auf Einsparmöglichkeiten systematisch analysiert. Es stellte sich jedoch rasch heraus, daß diesen nicht nur technisch enge Grenzen gesetzt sind. Auch die gesetzlichen Ansprüche an Verpackungen hinsichtlich Schutz- und Informationsfunktion verhindern deutliche Schritte in Richtung auf eine "Nullverpackung". Unternehmen, die der strengen deutschen Verpackungsgesetzgebung unterliegen, müssen auf ihren Märkten die gleichen Chancen haben wie ihre (ausländischen) Wettbewerber. Besonders dringend ist diese Forderung hinsichtlich der Drittmärkte, auf denen sich die der deutschen Abfallgesetzgebung unterliegenden Unternehmen mit ihren Wettbewerbern, für die diese nicht gelten, messen müssen. Die wirtschaftspolitische Zielsetzung muß also sein, diese Chancengleichheit herzustellen und auf eine Angleichung der Rahmenbedingungen innerhalb der Industriestaaten hinzuarbeiten. 15 Grefermann, K., und J. Wackerbauer, Perspektiven für die Verwertungsindustrien in Bayern, ifo Studien zur Industriewirtschaft Nr. 49, München 1994, insbes. S. 119 ff.

132

4.2 4.2.1

Die internationale Wettbewerbsfähigkeit des Ernährungsgewerbes Vergleich der Erfindungsaktivitäten in ausgewählten Ländern

An anderer Stelle dieser Untersuchung wurde darauf hingewiesen, daß die Neuerungsaktivitäten des Ernährungsgewerbes im Produktbereich, verglichen mit jenen anderer Branche, relativ gering sind (vgl. Abschnitt 2.3.4). Dies ergibt sich insbesondere aus den Ausgaben für Forschung und Entwicklung. Eine Analyse der internationalen Patentanmeldungen läßt darauf schließen, daß Deutschland seine technologische Wettbewerbsposition im Bereich "Ernährung" seit Anfang der achtziger Jahre weitgehend halten konnte. Im Bereich "Ernährung" entfällt auf die Bundesrepublik im langjährigen Durchschnitt gut ein Sechstel aller Erfindungen, die in mehr als einem Land zum Patent angemeldet wurden (Tab. 4-2). Im Zeitraum 1988/92 hat sich dieser Anteil sogar tendenziell erhöht. Bemerkenswert ist auch die starke Zunahme der Erfindungen in den USA, während Japan leicht zurückgefallen ist. Im Vergleich der Erfindungsaktivitäten im Bereich Ernährung und der gesamten nationalen Erfindungsaktivitäten hat Deutschland stark aufgeholt und übertraf 1992 leicht den weltweiten Durchschnittswert dieser Relation. An der Spitze liegt bei dieser Kennziffer nach wie vor eindeutig die Schweiz; Japan bildet unter den hier ausgewählten Ländern das Schlußlicht. Besonders hoch ist der Anteil der Bundesrepublik an den weltweiten Erfindungen auf dem Fleisch- und Fischsektor sowie im Bier-, Wein- und Alkoholsektor (Tab. A 4-1). Relativ niedrig ist ihr Anteil dagegen bei den Back- und Teigwaren. Die relative Position der deutschen Erfindungsaktivitäten im Bereich Ernährung war 1992 bei folgenden Patentklassen überdurchschnittlich stark: Öle und Fette sowie im Bier-, Wein- und Alkoholsektor (Tab. A 4-2). Im Bereich Lebensmittelbehandlung liegt Deutschland dagegen im internationalen Vergleich weit zurück.

133

(,.) ~

106,4 120,9 124,7

139,7 169,8 125,5

0

105,8 114,4 91,9

-0,5

79,6

87,1

107,7

28,1

1983-87 I 1988-92

1983

1988

1992

1983 I 1992

0,9

2,3

Veränderung in Prozentpunkten -1,1

80,5 168,2

56,6

46,6

Veränderung in Prozentpunkten -12,1 -16,3 -14,2 18,3

105,0

-19,5

111,4 126,3

Quelle:

INPADOC; Berechnungen des ifo Instituts.

----

a) Verteilung der Erfindungen mit Patentanmeldungen in mindestens zwei Ländern nach Ursprungsländern (Welt = 100 %). - b) Relation zwischen der Erfindungsaktivität im Bereich Ernährung im Vergleich zur gesamten Erfindungsaktivität des Landes und der gleichen Kennziffer weltweit ( = 100).

-13,9

100,0 111,6 50,3

114,4

117,1

62,9

Relative Position des Bereichs Ernährung bei Erfindungenbl

-0,7

-2,2

7,8 3,3

12,5

32,7

43,8

8,8

0,2

10,0 3,1

13,6

30,4

42,9

9,5

6,7

Anteil an den Erfindunganal in % 6,7

übrige Welt

16,2

Schweiz

16,7

Japan

1988-92

USA

1983-87

EU

Frankreich

BAD

Großbritannien

Erfindungsaktivitäten im Bereich Ernährung in ausgewählten Ländern

Jahr/Zeitraum

Tabelle 4-2

4.2.2 Gentechnik in der Lebensmittelindustrie Auf dem Gebiet der Gentechnik 16 , deren Anwendung in der Herstellung von Lebensmitteln weltweit eine zunehmende und weitreichende Rolle spielt, ist die Position Deutschlands ungünstiger als im Bereich "Ernährung". Gegenüber anderen wichtigen Industrieländern besteht in der Gentechnologie ein deutlicher Nachholbedarf, wenn ein Rückgang des Gewichts der deutschen Forschung auf diesem Gebiet des technologischen Wettbewerbs verhindert werden soll. Während in Deutschland der Anteil der Erfindungen in der Gentechnik an sämtlichen patentstatistisch relevanten Erfindungen 1992 bei 1,3 % lag, belief er sich im Durchschnitt der EU auf 2 %, in den USA sogar auf 3,7 %; nur in Japan war der Anteil mit 1,4% etwa gleichauf mit Deutschland. Allerdings konnte in den vergangenen Jahren die gentechnische Forschung in Deutschland die bestehenden Defizite - gemessen an den weltweiten Aktivitäten auf diesem Gebiet - etwas abbauen. Nicht zuletzt wegen der Defizite der Genforschung im eigenen Land ist auch die deutsche Ernährungsindustrie im Hinblick auf den Einsatz der Gentechnik gegenüber wichtigen Konkurrenten im Rückstand. Die Genforschung hat hierzulande ein großes Akzeptanzproblem. Dies zeigt sich u.a. daran, daß "gentechnische" Lebensmittel beim deutschen Verbraucher großer Skepsis begegnen. Nach einer Umfrage der Gesellschaft für Konsumforschung im Frühjahr 1995 lehnen 76 % der Bundesbürger die Entwicklung und Einführung gentechnisch veränderter Lebensmittel ab, 80 % der Bevölkerung schließen den Kauf dieser Produkte aus. 17 Als wichtigste Gründe für die Ablehnung werden gesundheitliche Bedenken und unkontrollierbare Risiken genannt. Die Verbraucher fühlen sich zum Thema "Gentechnik" vielfach unzureichend informiert. Es überrascht daher nicht, daß sie sich fast einmütig (95 %) für eine Kennzeichnungspflicht gentechnisch veränderter Lebensmittel aussprechen. Die Bedenken und Befürchtungen der Verbraucher im Hinblick auf den Einsatz der Gentechnik im Ernährungsbereich beruhen einerseits auf mangelndem Wissen um die zugrunde liegenden Sachverhalte, andererseits auf der

16

Als Gentechnik wird gemeinhin die Summe der Verfahren zur gezielten Veränderung und Übertragung von Erbmaterial zwischen lebenden Organismen verstanden. 17 Vgl. Skepsis gegenüber gentechnisch veränderten Lebensmitteln überwiegt, in: AGRAEurope, Nr. 32/95, 7.8.1995.

135

Furcht, der Einsatz der Gentechnik könnte, neben gesundheitlichen Gefahren, die in der Vergangenheit entstandenen Fehlentwicklungen in der Landwirtschaft (wie z.B. Massentierhaftung und Belastung des Grundwassers) noch weiter verschärfen. Es können drei Arten denkbarer Risiken beim Einsatz gentechnischer Verfahren in der Lebensmittelproduktion unterschieden werden 18 :

Ökologische Risiken Diese Risiken werden im Zusammenhang mit dem Einsatz transgener19 Nutzpflanzen besonders intensiv diskutiert, und zwar unerwarteter Wildwuchs und dadurch verursachter Verlust an Artenvielfalt; Entstehung neuer Viren oder anderer Schädlinge; nachteilige Wirkung auf Insekten, Vögel und andere Tiere, die sich von transgenen Pflanzen ernähren.

Risiken gesundheitlicher Natur Diese Art von Risiken betreffen die verstärkte Bildung toxischer Inhaltsstoffe, die Gegenwart bestimmter Proteine, die mögliche Bildung von Allergenen oder die Übertragung von Antibiotikaresistanzen sowie mögliche Risiken durch die veränderte DNA (die DNA = Desoxyribonukleinsäure ist Träger der Erbinformation) .

Sozio-ökonomische Risiken Beispielhaft für diese Art von Risiken sei der Einsatz des gentechnisch hergestellten Rinderwachstumshormons (BST = Bovine Somatotropin) genannt. Es wird befürchtet, daß dadurch - außer den Nachteilen für das einzelne Tier - ökonomische Nachteile für kleinere Landwirtschaftsbetriebe entstehen könnten. Ebenso sind auch für kleinere Lebensmittelhersteller Wettbewerbsnachteile beim Einsatz gentechnischer Verfahren denkbar.

18

19

Vgl. hierzu Deutsche Forschungsgemeinschalt, Gentechnik und Lebensmittel - Stellungnahme der Senatskommission für Grundsatzfragen der Genforschung und der Senatskommission zur Beurteilung der gesundheitlichen Unbedenklichkeit von Lebensmitteln der Deutschen Forschungsgemeinschalt, 16.6.1995, S. 5 ff. Transgene Organismen sind Organismen, deren Erbinformation mit Hilfe gentechnischer Methoden verändert wurde.

136

Die zitierte DFG-Stellungnahme kommt zu dem Schluß, daß "im Einsatz gentechnischer Verfahren im Ernährungsbereich prinzipiell keine Risikofaktoren (zu sehen) sind, die nicht zu erkennen und nicht zu beherrschen sind". 20 Im Gegenteil, gentechnische Methoden würden einen wichtigen Beitrag dazu leisten, eine vielfältige Nahrungsmittelversorgung zu sichern und die Landwirtschaft umweltverträglicher zu machen. Ebenso könnten gentechnisch veränderte Mikroorganismen bei der Lebensmittelerzeugung und -Verarbeitung ökologische und qualitative Verbesserungen bewirken. Entscheidendes Kriterium dafür, daß die genannten Vorteile des Einsatzes der Gentechnik im Lebensmittelbereich sich auch zugunsten der Verbraucher auswirken, ist die gesundheitliche Unbedenklichkeit der produzierten Lebensmittel. Deren Prüfung hat, nach den Empfehlungen der DFG-Kommissionen, nach dem Stand von Wissenschaft und Technik zu erfolgen. ln Deutschland unterliegen die Freisatzung von gentechnisch veränderten Organismen zu Versuchszwecken, das Invarkehrbringen von Lebensmitteln, die gentechnisch veränderte Organismen sind oder solche enthalten, als auch die Arbeiten mit gentechnisch veränderten Mikroorganismen strengen Prüfungen zum Schutz von Menschen und Umwelt. Die entsprechenden gesetzlichen Grundlagen finden sich zum einen in den Vorgaben und Schutzmechanismen des Gentechnik-Gesetzes, zum anderen unterliegen gentechnisch produzierte Lebensmittel selbstverständlich auch den allgemeinen lebensmittelrechtlichen Vorschriften (insbesondere § 8 des Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetzes) 21 . Diese Vorschriften haben als oberstes Ziel, den gesundheitlichen Verbraucherschutz und den Täuschungsschutz zu gewährleisten. Zusätzlich wird von der EU-Kommission eine Verordnung über neuartige Lebensmittel und neuartige LebensmittelZutaten erarbeitet (sog. "Novel-food-Verordnung"), die spezifische Regelungen bezüglich der Anmelde- und Genehmigungsverfahren sowie die Kennzeichnung gentechnisch erzeugter Lebensmittel und -zutaten treffen wird. Zentraler Punkt der Diskussion um "novel food" ist die Kennzeichnung gentechnisch hergestellter Lebensmittel. Es stellt sich die Frage, inwieweit dem 20 21

Deutsche Forschungsgemeinschaft, a.a.O., S.1 0. Vgl. Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde e.V., Einsatz der Gentechnik in der Lebensmittelproduktion, Positionspapier des BLL, Bonn, Februar 1995, S. 4.

137

Bedürfnis der Verbraucher nach umfassender Information Rechnung getragen werden kann. Strittig ist dabei nicht die produktbezogene Kennzeichnung, sofern die Eigenschaften des Erzeugnisses durch die Gentechnik verändert wurden. Vielmehr bestehen Meinungsunterschiede darüber, ob und inwieweit auf die Anwendung eines gentechnischen Verfahrens hingewiesen werden soll. Während einige Verbraucher- und Umweltschutzverbände einer umfassenden Kennzeichnung das Wort reden, sprechen sich die Hersteller und die Wissenschaft für eine "differenzierende"22 bzw. "sinnvolle"23 Kennzeichnung aus. Der BLL, eine von der Lebensmittelwirtschaft getragene Institution, hält die Kennzeichnung folgender Produkte für sachgerecht: -

Erzeugnisse, die gentechnisch veränderte Organismen enthalten oder aus solchen bestehen, sollten mit einem Hinweis darauf gekennzeichnet werden (z.B. FlavrSavr-Tomate). Der Europäischen Kommission sollte es vorbehalten bleiben, hiervon im Einzelfall Ausnahmen vorzusehen. Lebensmittel und Lebensmittelzutaten, bei deren Herstellung gentechnische Verfahren zum Einsatz gekommen sind, die selbst keine gentechnisch veränderten Organismen enthalten, sich jedoch von herkömmlich hergestellten Produkten substantiell unterscheiden, sollten einen Hinweis auf das angewandte Verfahren tragen (z.B. Öl, gewonnen aus Soja, bei dem das gentechnische Verfahren zu einer Änderung des Fettsäuremusters geführt hat). Keiner Kennzeichnung würden Erzeugnisse bedürfen, bei deren Herstellung gentechnische Verfahren zum Einsatz gekommen sind, die selbst aber keine gentechnisch veränderten Organismen enthalten und die sich nicht wesentlich von herkömmlichen Lebensmitteln unterscheiden (z.B. Zucker aus der rhizomaniaresistenten Zuckerrübe oder Öl, gewonnen aus herbizidresistentem Soja). Dies wird damit begründet, daß eine derartige Kennzeichnung dem Verbraucher etwas "Besonderes" suggerieren würde, das aber nicht vorläge. Außerdem wäre eine Kennzeichnungspflicht in diesen Fällen nicht überprüfbar.

22 23

Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde e.V., Einsatz der Gentechnik ... , a.a.O., S. 5. Deutsche Forschungsgemeinschaft, a.a.O., S. 12.

138

Das letztgenannte Argument findet sich andeutungsweise auch in den Empfehlungen der DFG-Kommissionen. Demnach wären gentechnisch veränderte Lebensmittel nur dann zu kennzeichnen, "soweit diese als solche überhaupt zu erkennen und zu analysieren sind". 24 Das heißt aber nichts anderes, als daß eine Verpflichtung zur Kenntlichmachung erfordert, daß die zuständigen Lebensmitteluntersuchungsämter über geeignete Nachweisverfahren zur Kontrolle dieser Lebensmittel verfügen. Dies ist für Lebensmittel oder Lebensmittelzutaten, die aus genetisch veränderten Organismen (GVO) bestehen oder solche enthalten, der Fall. Für diese Produkte sind "Verfahren zum Nachweis des Einsatzes gentechnischer Verfahren (prinzipiell) etablierbar". 25 "Für Lebensmittel oder Lebensmittelzutaten, die mit Hilfe von GVO hergestellt wurden, jedoch keine rekombinante DNA mehr enthalten, werden Verfahren zum Nachweis des Einsatzes gentechnischer Verfahren immer nur indirekte sein können. Für hochgereinigte Einzelsubstanzen, die aus GVO in naturidentischer Form isoliert werden, wird ein Nachweis in der Regel nicht möglich sein". 26 Aus der Sicht der Wissenschaft sprechen also gewichtige Gründe für eine differenzierende Kennzeichnung gentechnisch hergestellter Lebensmittel. Von der Industrie wird außerdem darauf hingewiesen, daß dem Hersteller vielfach nicht bekannt sei, ob die verarbeiteten Rohstoffe oder Zutaten gentechnisch veränderte Organismen enthalten. Gleichwohl ist zu fragen, ob die Hersteller von Lebensmitteln nicht gut beraten wären, wenn sie auf freiwilliger Basis eine möglichst umfassende Kennzeichnung gentechnisch hergestellter Lebensmittel - verbunden mit einer prägnanten Information - durchführen würden. Der Verbraucher reagiert nämlich heutzutage sehr allergisch, wenn ihm bestimmte Informationen vorenthalten werden. Eine umfassende Kennzeichnung würde allerdings voraussetzen, daß die Lebensmittelproduzenten ihre Zulieferar ebenfalls zur Offenlegung der Herstellungsverfahren drängen. Es ist nicht auszuschließen, daß sich eine "ehrliche" Information als wesentliches Element für die Pflege des Produkt- bzw.

24 25

Deutsche Forschungsgemeinschalt, a.a.O., S. 12. Vgl. Engel, K.-H., G.A. Schreiber, K.W. Bögl (Hrsg.), Entwicklung von Methoden zum Nachweis mit Hilfe gentechnischer Verfahren hergestellter Lebensmittel, bgw-Hefte 01/1995 (Bundesinstitut fOr gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin). 26 Ebenda.

139

Markenimages erweisen und daß sich ein "Gen-Label" zu einem besonderen Qualitätslabel entwickeln könnte. Nachfragetrends in den USA deuten jedenfalls in diese Richtung: Die Herstellerfirma der "berühmten" FlavrSavr-Tomate kennzeichnet diese auf freiwilliger Basis als gentechnisch hergestelltes Lebensmittel. Die Nachfrage konnte - zumindest in der Einführungsphase bei sogar höheren Preisen im Vergleich zu traditionellen Tomaten nicht immer sofort befriedigt werden. 27

4.2.3 Stellung der Branche in Europa und auf den Weltmärkten Im Gegensatz zu den Produktinnovationen schneidet das deutsche Ernährungsgewerbe bei den Prozeßinnovationen im intersektoralen Vergleich relativ gut ab (vgl. Abschnitt 2.3.4). Ein Indiz dafür ist der überdurchschnittliche Anstieg der Beschäftigtenproduktivität Diese sagt jedoch nur indirekt etwas über die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Branche aus. ln dieser Hinsicht ist ein Vergleich mit dem Ernährungsgewerbe anderer Länder aussagekräftiger. Von EUROSTAT wurden für das Jahr 1990 Verhältniszahlen für das Nahrungs- und Genußmittelgewerbe der EU-Mitgliedsländer errechnet. Obwohl man bei der Analyse internationaler Statistiken vorsichtig sein muß, so geben drei Verhältniszahlen doch ein recht interessantes Bild der internationalen Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Nahrungs- und Genußmittelgewerbes, nämlich -

die Bruttowertschöpfung zu Faktorkosten je Beschäftigten; sie gibt Hinweise auf das Produktivitätsniveau;

-

der Anteil der Bruttowertschöpfung zu Faktorkosten am Produktionswert; er gibt Hinweise auf den Umfang der Wertschöpfung im eigenen Unternehmen und damit zusammenhängend über "lean production"; der Anteil der Personalausgaben an der Bruttowertschöpfung zu Faktorkosten; er ist ein Maß für die Lohnquote.

27

Vgl. Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde e.V., BRAIN (Biotechnology, Research And Information Network GmbH) (Hrsg.), Gentechnik & Lebensmittel, SonnDarmstadt 1995, S. 60.

140

Gemessen an diesen drei Verhältniszahlen stellte sich 1990 die Position des westdeutschen Nahrungs- und Genu8c,ittelgewerbes in der EU nicht günstig dar (Abb. 4-3). Bei der Produktivität und dem Indikator für lean production nahm es einen Mittelplatz ein, bei der Lohnquote hinter Belgien und Griechenland die Spitzenposition. Das Bild differiert natürlich von Branche zu Branche. Relativ ungünstig ist die internationale Wettbewerbsposition - gemessen an den drei Indikatoren - in der Herstellung von Süßwaren, bei den Brauereien und in der Herstellung von alkoholfreien Getränken. Die Stellung der deutschen Ernährungsindustrie in Europa und der Weit läßt sich auch anhand der Entwicklung von Exportanteilen messen. 28 ln der Europäischen Gemeinschaft konnten die deutschen Lebensmittelhersteller ihre Wettbewerbsposition im Untersuchungszeitraum behaupten. Ihr Anteil an sämtlichen EG-Exporten von Nahrungsmitteln29 lag 1992 bei 14 %, womit die deutschen Produzenten nach Frankreich und den Niederlanden den dritten Platz unter den Mitgliedsländern einnahmen (vgl. Tab. 4-3). Bemerkenswert ist, daß in dem betrachteten Zeitraum keine gravierenden Verschiebungen zwischen den Exportanteilen der einzelnen Länder zu verzeichnen waren. Dies ist u.a. darauf zurückzuführen, daß der Außenhandel mit Ernährungsgütern durch eine Reihe von tarifären und nichttarifären Maßnahmen behindert wird (vgl. hierzu Abschnitt 2.4). Nicht zuletzt aufgrundderartiger Maßnahmen hat in den vergangenen Jahren eine steigende Zahl ausländischer Lebensmittelhersteller versucht, über Direktinvestitionen auf dem lukrativen aber auch schwierigen deutschen Markt Fuß zu fassen. Im Vergleich zu den Exportanteilen sind die "Revealed Comparative Advantage-lndikatoren"30 anspruchsvollere Meßgrößen für die Wettbewerbsfähigkeit 28 29

Vgl. hierzu Hartmann, M., a.a.O., S. 243 ff. Einschließlich Erzeugnisse der Landwirtschaft. Diese tragen in Deutschland zum gesamten Angebot an Nahrungsmitteln nur etwa 15 %. 30 Beim Revealed Comparative Advantage Export-Indikator wird der Weltexportanteil eines Landes in der betrachteten Branche zum Weltanteil dieses Landes an allen Warenexporten in Beziehung gesetzt. Werte über 1 deuten auf komparative Vorteile eines Landes, Werte unter 1 auf komparative Nachteile hin. Der Revealed Comparative Advantage Nettoexport-Indikator entspricht der Nettoaußenhandelsposition der betrachteten Branche eines Landes, verglichen mit der Nettoaußenhandelsposition der Industriebranchen insgesamt. Der Koeffizient nimmt in der Regel Werte zwischen -100 und +100 an.

11 Breitenacher/Täger

141

Abb. 4-3

Nahrungs- und Genußmittelgewerbe Ausgewählte Verhältniszahlen im internationalen Vergleich im Jahr 1990 Bruttowertschöpfung zu Faktorkosten je Beschäftigten 1000 ECU

IRL

NL

OK

F

0

UK

E

B

GR

Anteil der Bruttowertschöpfung zu Faktorkosten am Produktionswert (ohne' MwSt.)

E

UK

IRL

OK

0

NL

F

GR

B

Anteil der Personalausgaben an der Bruttowertschöpfung zu Faktorkosten

B

GR

0

F

Quelle , EUROSTAT, Luxemburg .

142

OK

NL

UK

E

IRL

Tabelle 4-3 Exportanteil der einzelnen EG-Länder an den gesamten Exporten der EG-9 (EG-12) im Bereich der Land- und Ernährungswirtschatt•l Anteile in% EG-9

Land

1988

Belgien-Luxemburg Dänemark Frankreich Deutschland Irland Italien Niederlande Vereinigtes Königreich Insgesamt

EG-12

1991

1992

1990

1991

25 16 5 8 21 9

11 6 23 15 5 8 23 8

11 6 23 15 5 8 23 8

10 6 24 13 4 7 21 7

10 6 22 14 4 7 21 8

10 6 22 14 5 7 20 8

100

100

100

100

100

100

9 7

1992

a) Auf ECU-Basis. Quelle:

Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten: Statistisches Jahrbuch über Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, versch. Jg.; Hartmann, M., a.a.O., S. 244.

von Sektoren. Sowohl der Export- als auch der Nettoexport-Indikator zeigen für die deutsche Ernährungswirtschaft31 eine relativ ungünstige Wettbewerbsposition, verglichen mit der anderer lndustrieländer, an (Tabellen 4-4 und 4-5). Unter dreizehn Ländern findet sie sich auf dem zehnten bzw. elften Rang wieder. Dabei deutet jedoch der absolute Wert des Export-Indikators zu Beginn der neunziger Jahre auf eine geringfügige Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Ernährungswirtschaft hin. Die vergleichsweise ungünstige Weltmarktstellung der Branche ist jedoch zum Teil dadurch bedingt, daß die dargelegten Wettbewerbsindikatoren die Landwirtschaft einschließen. Betrachtet man nämlich den Nettoexport-Indikator für verschiedene Branchen in Deutschland, so zeigt sich, daß die Landwirtschaft den bei weitem niedrigsten Wert in einer Skala der Wettbewerbsfähigkeit auf weist (Tab. 4-6). Es sei dahingestellt, ob dieses Ergebnis trotz oder sogar 31

,,.

Berechnungen auf der Basis von Daten für verarbeitete und unverarbeitete Nahrungsmittel.

143

Tabelle 4-4 Vergleich der Wettbewerbsfähigkeit der Land- und Ernährungswirtschaft in ausgewählten Ländern Revealed Comparative Advantage Export-lndicators 1988

Land

Indikator

1990 Rang

Indikator

1992

1991 Rang

Indikator

Rang

Indikator

Rang

Belgien-Luxemburg

1,20

8

1,25

7

1,38

7

1,47

Dänemark

2,98

3

3,06

2

3,00

2

2,94

7 3

Frankreich

1,74

6

1,71

6

1,61

6

1,67

6

Deutschland

0,56

10

0,54

10

0,62

10

0 ,63

11

Griechenland

3,32

2

3,64

1

3,77

1

4,03

1

Irland

3,43

1

3,00

3

3,00

2

3,34

2

Italien

0,79

9

0,78

9

0,85

9

0 ,89

9

Niederlande

2,51

4

2,50

4

2,50

4

2,59

4 12

Portugal

0,41

12

0,37

12

0,45

12

0,43

Spanien

2,13

5

1,89

5

1,98

5

1,95

5

Vereinig. Königreich

0,53

11

0,54

10

0,58

11

0 ,64

10

USA

1,28

7

1,17

8

1,09

8

1,16

8

Japan

0,03

13

0,04

13

0,04

13

0 ,04

13

Quelle:

FAO, Trade Yearbook, versch. Jg.; Hartmann, M., a.a.O., S. 244; Berechnungen des ifo Instituts.

wegen der erheblichen Außenprotektion, die dieser Sektor genießt, zustande gekommen ist. Für das Ernährungsgewerbe (einschl. Tabakverarbeitung) ist zu Beginn der achtziger Jahre ein leichtes Absinken des Nettoexport-Indikators zu beobachten. Wie bereits in Abschnitt 2.4 dargestellt, ist diese Entwicklung in erster Linie auf die Wiedervereinigung zurückzuführen, die einen erheblichen Importsog ausgelöst hat. Im Jahr 1993 hat sich jedoch die Wettbewerbssituation der Branche infolge eines deutlichen Rückgangs der Importe wieder verbessert. Damit hat der Nettoexport-Indikator für das Ernährungsgewerbe das Niveau des Verbrauchsgütersektors übertroffen, während die Relation der beiden Branchen im Jahr 1990 noch umgekehrt war.

144

Tabelle 4-5 Vergleich der Wettbewerbsfähigkeit der Land- und Ernährungswirtschaft in ausgewählten Ländern

Revealed Comparative Advantage Nettoexport-lndicators Land

1988

1990

1991

1992

-1

5 57

55 -27 23 -64

Belgien-Luxemburg Dänemark Frankreich Deutschland Griechenland Irland Italien Niederlande Portugal Spanien Vereinigtes Königreich

59

3 62

23 -24 -23 49 -36 19 -78

21 -30 -11 51 -31 26 -63

3 58 18 -29 -5 48 -31 -29 -61

31 -53

13 -43

13 -40

9 -40

USA Japan

41 -78

26 -91

27 -91

30 -92

Quelle:

20 -30 -3

FAO, Trade Yearbook, versch. Jg.; Hartmann, M., a.a.O., S. 245; Berechnungen des ifo Instituts.

Tabelle 4-6 Entwicklung der Wettbewerbsfähigkeit ausgewählter Sektoren in Deutschland Revealed Comparative Advantage Nettoexport-lndicators

1990

1991

1992

1993a)

29

17

19

22

4

1

-8

-15

2 -14

-15

Nahrungs- u. Genußmittelgewerbebl

-11

-13

-15

-9

Land- u. Forstwirtschaft, Fischerei

-69

-65

-62

-64

Sonstige Sektoren

-10

9

-11

-12

Sektor Investitionsgüter prod. Gewerbe Grundstoff- u. Produktionsgütergew. Verbrauchsgüter produz. Gewerbe

9

a) Vorläufiges Ergebnis. - b) Einschließlich Tabakverarbeitung. Quelle:

Statistisches Bundesamt; Berechnungen des ifo Instituts.

145

Anders als einigen Sektoren des Verbrauchsgütergewerbes, deren Standort in Deutschland zunehmend bedroht ist (dazu zählen in erster Linie die Textilund Bekleidungsindustrie sowie die Leder- und Schuhbranche), ist es dem deutschen Ernährungsgewerbe gelungen, seine zum Ende der achtziger Jahre erreichte Wettbewerbsposition wenigstens zu behaupten. Dabei darf allerdings nicht übersehen werden, daß der Grundstoff- und Produktionsgütersektor und vor allem die Investitionsgüterbranche im internationalen Wettbewerb eine wesentlich stärkere Position besitzen. Bei der Interpretation jener dargelegten Indikatoren, die auf Außenhandelszahlen basieren, ist zu berücksichtigen, daß das Ernährungsgewerbe, was den internationalen Handelsaustausch anbelangt, generell strukturelle Nachteile gegenüber anderen Branchen hat. Dies sind in erster Linie die geringe Haltbarkeit der Produkte, die hohen Transportkosten und die hohe Außenprotektion, die der Agrar- und Lebensmittelsektor in vielen Ländern genießt. Außerdem sind beim Export in zahlreiche Länder detaillierte und komplizierte Vorschriften zu beachten, nicht zuletzt auch beim Absatz innerhalb des EUBinnenmarktes. Speziell für das deutsche Ernährungsgewerbe kommt hinzu, daß die mittelständische Struktur der Branche eine Erschließung neuer Exportmärkte erschwert und dadurch die Ausnutzung von Größenvorteilen in der Produktion nicht wahrgenommen werden kann. Eine Zusammenarbeit bei der Markterschließung wird von den kleinen und mittleren Unternehmen vielfach noch abgelehnt. Nachteilig für die in Deutschland produzierenden Lebensmittelhersteller wirken sich darüber hinaus die hohen Lohn- und Lohnnebenkosten aus (insbesondere im Vergleich zu den Arbeitskosten in den mittel-/osteuropäischen Staaten) sowie langwierige Genehmigungsverfahren (nicht zuletzt auf dem Gebiet der Bio- und Gentechnik) und eine im Vergleich zu anderen Staaten strengere Überwachung von Hygiene-, Umweltschutz- und sonstigen Vorschriften (was sich jedoch möglicherweise im Hinblick auf die Produktqualität auch vorteilhaft für die deutschen Lebensmittelhersteller auswirken kann, vgl. Abschnitt 4.1 .2).

146

4.3

Unternehmensgrößen und Kapazitäten

4.3.1

Unternehmensgrößenstruktur und Konzentration

Das Ernährungsgewerbe ist gekennzeichnet durch eine geringe Anzahl groBer und zahlreiche kleinere Unternehmen. Im Jahr 1992 standen 63 Unternehmen mit 1 000 und mehr Beschäftigten 3 163 Unternehmen mit weniger als 200 Beschäftigten gegenüber (Tab. 4-7). Im Ernährungsgewerbe sind also zahlreiche mittelständische Unternehmen tätig. Diese haben große Bedeutung insbesondere bei der Belieferung regionaler Märkte, wo es darauf ankommt, auf bestimmte regional unterschiedliche Verbrauchergewohnheiten einzugehen bzw. die erzeugten Produkte wegen ihrer geringen Haltbarkeit schnell an den Verbraucher auszuliefern. Derartige Unternehmen finden sich häufig in der Herstellung von Backwaren sowie in der Fleischerei. Ein weites Betätigungsfeld finden mittelständische Unternehmen auch in sog. Marktnischen. Tabelle 4-7

Unternehmensgrößenstruktur des Ernährungsgewerbes (Früheres Bundesgebiet) Anteil der Beschäftigtengrößenklassen in %

Unternehmen mit Beschäftigten bis

Zahl der Unternehmen

000

Zahl der Beschäftigten (1 000)

Umsatz (Mrd.DM)

00.

20 50 100 200 500

-

99

1988

1992

1988

1992

22,9

25,0

12,0

12,4

10,3

10,1

9,3

10,2

21,3

21,7

24,7

24,0

22,9

28,2

199 ,499 999

1000 und mehr Insgesamt Absolut

1992

49

-

-

1988

3,1 1,6

1,7

14,9 24,9

25,9

16,7

100

100

100

100

100

100

3 413

3 719

451

525

151,9

201 ,1

Quelle: Statistisches Bundesamt, Fachserie 4: Produzierendes Gewerbe, Reihe 4.2.1: Beschäftigte, Umsatz und Investitionen der Unternehmen und Betriebe im Bergbau und im verarbeitenden Gewerbe; Berechnungen des ifo Instituts.

147

die sich gerade im Ernährungsbereich durch Änderung der Verbraucherpräferenzen eröffnen; ein Beispiel ist der Bereich der Bio- und Ökoprodukte. Mittlere und große Unternehmen überwiegen dagegen in der Herstellung von Nährmitteln, in der Stärkeindustrie, in der Zuckerindustrie, in der Süßwaren industrie, in der Herstellung von Dauermilch, Milchpräparaten und Schmelzkäse sowie in der Margarineindustrie. Zwischen 1988 und 1992 ist der Umsatzanteil der kleineren und mittelgroßen Unternehmen gesunken, während die Großunternehmen (mit 1000 und mehr Beschäftigten) ihren Anteil deutlich erhöhen konnten. Betrachtet man jedoch den Umsatzanteil der zehn größten Unternehmen des Ernährungsgewerbes, so war dieser seit Anfang der achtziger Jahre - von Schwankungen in einzelnen Jahren abgesehen - mehr oder weniger konstant (Tab. 4-8). Mit einem Umsatzanteil von gut 11 % für die zehn größten Unternehmen rangiert damit das Ernährungsgewerbe in einer Skala sämtlicher Industriezweige am Ende. Tabelle 4-8 Anteil der zehn größten Unternehmen am Umsatz des Ernährungsgewerbes

in%

1981

1983

1985

1987

1989

1991

11 ,3

10,6

11,3

10,2

12,1

11 ,5

Quelle:

Monopolkommission: Mehr Wettbewerb auf allen Märkten, Anlagenband, Hauptgutachten 1992/93, Baden-Baden 1993.

Die Umsatzanteile der größten Unternehmen des gesamten Ernährungsgewerbes ergeben jedoch aus zwei Gründen ein "schiefes" Bild:

-

Das Ernährungsgewerbe ist durch zahlreiche finanzielle Verflechtungen zwischen den einzelnen Unternehmen gekennzeichnet. ln den vergangenen Jahren haben die "Großen" des Ernährungsgewerbes häufig das Kapital kleinerer Unternehmen übernommen, wobei diese jedoch rechtlich selbständig blieben.

148

Die Konzentrationsmaße für das gesamte Ernährungsgewerbe verdecken, daß dieser Industriezweig aus einer Vielzahl von Branchen besteht, auf denen im allgemeinen nicht ein und dieselben Anbieter tätig sind. Obwohl das Bestreben der großen Unternehmen des Ernährungsgewerbes vielfach dahin geht, auf wichtigen Märkten vertreten zu sein, gibt es kein Unternehmen bzw. keine Gruppe, das/die alle Güterbereiche beliefert. Die Analyse für das gesamte Ernährungsgewerbe ist deshalb durch eine Betrachtung der einzelnen Gütergruppen bzw. Zweige zu ergänzen. Dabei wird als Beurteilungsmaßstab für die Angebotskonzentration der Anteil der drei größten Anbieter (CR3 ) herangezogen und folgende Skalierung festgelegt: sehr hohe Konzentration CR3 50 % und mehr CR3 25 bis unter 50 % hohe Konzentration CR3 10 bis unter 25 % mäßige Konzentration CR3 unter 10 % geringe Konzentration

Dieser Klassifizierung zufolge war im Jahr 1991 die Anbieterkonzentration (vgl. Tab. A 4-3) in vier Güterklassen sehr hoch (Stärke und Stärkeerzeugnisse; Margarine, Platten- und andere Nahrungsfette; Zucker); elf Güterklassen hoch (Trauben- und andere Weine; Röstkaffee, bearbeiteter Tee und teeähnliche Erzeugnisse; Fisch und Fischerzeugnisse; andere Erzeugnisse des Ernährungsgewerbes; Nährmittel (ohne Teigwaren); Spirituosen; Futtermittel, a.n.g.; Mahl- und Schälmühlenerzeugnisse; Malz; Essig, Senf, Essenzen, Gewürze; Kartoffelerzeugnisse); -

sechs Güterklassen mäßig (Süßwaren; Tafelwässer und Erfrischungsgetränke; verarbeitetes Obst und Gemüse; Backwaren; Bier; Fleisch und Fleischerzeugnisse); Milch und Milcherzeugnisse;

-

einer Gütergruppe gering (Tafelwässer und Erfrischungsgetränke).

ln vielen Güterklassen des Ernährungsgewerbes besteht also eine oligopolistische Struktur. Um diesen Oligopolistischen Kern sind häufig viele kleinere Unternehmen gruppiert. Bemerkenswert ist, daß vor allem kleinere Gütergrup-

149

pen (gemessen am Produktionswert) sehr hoch oder hoch konzentriert sind, was die Funktionsfähigkeit des Wettbewerbs beeinträchtigen kann. Auffallend ist, daß die bedeutendsten Güterklassen des Ernährungsgewerbes (Milch, Backwaren, Süßwaren, Fleisch und Bier) nur mäßig konzentriert sind. Prinzipiell ähnliche Ergebnisse erhält man, wenn man die Unternehmenskonzentration nicht für Güterklassen, sondern für Wirtschaftszweige darstellt (Tab. A 4-4). Zwischen 1986 und 1991 hat sich die Konzentration nach den Ermittlungen der Monopolkommission wie folgt entwickelt: Steigend:

-

Fallend:

-

Zucker (Rüben- und Rohrzucker) Verarbeitetes Obst und Gemüse (ohne Kartoffelerzeugnisse) Milch und Milcherzeugnisse Röstkaffee, bearbeiteter Tee und teeähnliche Produkte Bier (einschl. Nebenprodukten und Bierhefen) Spirituosen Futtermittel, a.n.g. Mahl- und Schälmühlenerzeugnisse Nährmittel (ohne Teigwaren) Stärke und Stärkeerzeugnisse Backwaren Erfrischungsgetränke

Konstant:

Malz und Malzerzeugnisse (einschl. Nebenprodukten, aber ohne Malzmehl und -extrakt) Kartoffelerzeugnisse (ohne Stärke, Stärkeerzeugnisse und Erzeugnisse aus Agraralkohol)

Uneinheitlich: -

Süßwaren Erzeugnisse der Ölmühlen Margarine, Platten- und andere Nahrungsfette (ohne Butter, Milchhalbfett, Talg und Schmalz) Fleisch und Fleischerzeugnisse Fisch und Fischerzeugnisse

-

150

-

Trauben- und andere Weine (einschl. Perl- und Schaumwein) Essig, Senf, Essenzen, Gewürze Andere Erzeugnisse des Ernährungsgewerbes

Insgesamt kann aufgrund der herangezogenen Daten über die Entwicklung der Unternehmensgrößenstruktur und des Konzentrationsniveaus im deutschen Ernährungsgewerbe von einer leicht zunehmenden Konzentrationstendenz gesprochen werden.

4.3.2 EU-Binnenmarkt und Unternehmensgrößen Die zunehmende Nachfrage der Verbraucher nach Spezialitäten dürfte jedoch auch künftig Raum für kleinere und mittlere Anbieter lassen. Ihre Wettbewerbsargumente sind - neben der regionalen Spezialität - in erster Linie Frische und Qualität. Diese Strategie kann ihnen auch im europäischen Binnenmarkt eine Existenz in Marktnischen sichern. Der Vorteil der Marktnähe, den die kleinen und mittleren Produzenten besitzen, läßt es als nicht wahrscheinlich erscheinen, daß es künftig generell im Ernährungsgewerbe marktbeherrschende Positionen geben wird, zumal auch der Wegfall nichttarifärer Handelshemmnisse auf dem deutschen Markt einen Anstieg der Importe und damit des Konkurrenzdrucks bewirken wird. Die Bestrebungen der Kommission scheinen denn auch diese Entwicklung flankierend absichern zu wollen: Mittels Kennzeichnungsschutz, Herkunftsschutz und Spezialitätenschutz (die allerdings mit ;3ufwendigen Kontrollverfahren verbunden sind) sollen die althergebrachten Produkte am Markt bestehen bleiben können. Was allerdings commodity-ähnliche Massengüter sowie Produkte anbelangt, die europaweit (möglicherweise unter einer "Euromarke") vertrieben werden können (z.B. Zucker, Mehl, aber auch bestimmte Getränke). wird vielfach die These vertreten, daß sich auf derartigen Märkten nur noch große Unternehmen durchsetzen könnten. Größenvorteile können dadurch entstehen, daß mit zunehmender Betriebsgröße bzw. Kapazität die Durchschnittskosten abnehmen. Diese sog. Skalenerträge können grundsätzlich in der Produktion, im Marketing, im Management sowie in der Mehrbetrieblichkeit ihren Ur-

151

sprung haben. Die ersten zwei Bereiche sollen hier etwas näher angesprochen werden .32 ln einigen Zweigen der Ernährungsindustrie sind Skalenerträge in der Produktion relativ unbedeutend. Die Gründe dafür liegen in der hohen Vorleistungsquote und der geringen Komplexität des Produktionsprozesses. Vom europäischen Binnenmarkt dürfte gleichwohl ein gewisser Trend zu größeren Produktionsstätten (in einigen Fällen an einem oder wenigen Standorten) ausgehen, da sich mit der Erleichterung des Außenhandels für jede Produktvariante der Markt erweitert und damit Skalenerträge in Verbindung mit Produktdifferenzierungen erzielt werden können. Vielfach bedeutsamer sind die Skalenerträge allerdings im Marketingbereich. Dies hängt damit zusammen, daß ein gewisser Bekanntheitsgrad eine unerläßliche Voraussetzung für den Erfolg von Werbemaßnahmen ist. Die Streuverluste der Werbung sind insbesondere bei Mehr-Produkt- sowie bei Mehr-Betriebs-Unternehmen gering. Dies ist auch der Grund dafür, warum im Binnenmarktes mit einer verstärkten Einführung von Euro-Marken zu rechnen ist. Allerdings setzen Sprachbarrieren sowie Unterschiede in den Geschmacks- und Verzehrgewohnheiten einem kostengünstigen EU-Marketing Grenzen, so daß zumindest die regionalen Anbieter von einem Euro-Marketing nicht allzu sehr tangiert werden dürften. Größenvorteilen in Produktion und Marketing stehen allerdings vielfach steigende Logistikkosten gegenüber. Generell kann man davon ausgehen, daß mit zunehmender Produktion eines Betriebes die räumliche Ausdehnung des zu beliefernden Marktes steigt, was zur Folge hat, daß sich die Transportstückkasten erhöhen. Mit anderen Worten: Die Transportkosten benachteiligen große Produktionsstätten für Lebensmittel. Diese Aussage gilt nicht zuletzt deshalb, weil der Produktwert der Nahrungsmittel je Mengeneinheit im allgemeinen relativ niedrig ist. Dementsprechend schlagen in der Ernährungsbranche die Transportkosten relativ stark zu Buche; sie sind dafür verantwortlich, daß ein produktionstechnisch und durch das Marketing bedingter Zwang zur Größe abgemildert wird. ln dieselbe Richtung wirkt auch die Forderung des Handels nach erhöhter Flexibilität und kürzeren Lieferfristen.

32

Vgl. zum folgenden Breitenacher, M., et al., a.a.O., S. 94 ff.

152

Mehr als vom europäischen Binnenmarkt geht von einem anderen Faktor ein Zwang zu einem (externen) Unternehmenswachstum im Ernährungssektor aus: von der zunehmenden Marktmacht des Lebensmittelhandels. Dieser Marktmacht kann beispielsweise mit dem Aufbau eines entsprechenden Markenimages begegnet werden. Dadurch kann es einem Produzenten gelingen, eine starke Verbraucherpräferenz für das eigene Produkt zu erzeugen und somit für das Angebot eines Handelsunternehmens unverzichtbar zu werden. Der Aufbau eines Markenimages ist jedoch mit erheblichen finanziellen Aufwendungen verbunden und europaweit wohl auch selten möglich (Hindernisse sind u.a. die bestehende Markenstruktur, der Einfluß der Handelsfirmen auf die Ausgestaltung der Marken sowie die Strategie des Handels, eigene Handelsmarken zu vertreiben). Deshalb kommt es vielfach zum Aufkauf kleinerer Anbieter durch große Unternehmen. Dabei ist nicht auszuschließen, daß diese Entwicklung durch den Binnenmarkt, nämlich dem Zwang zur Einführung von Euro-Marken, verstärkt wird. Die derzeit zu beobachtende Konzentrationstendenz im europäischen Ernährungssektor durch Unternehmensakquisitionen in einzelnen Markenartikelbereichen ist allerdings auch das Ergebnis der weltmarktorientierten Strategien der größten Nahrungsmittelkonzerne der Weit. Insbesondere US-amerikanische und japanische Unternehmen wollen sich mit derartigen Akquisitionen Zutritt zum europäischen Markt verschaffen. Dabei ist es durchaus denkbar, daß die Vollendung des Binnenmarktes die Verwirklichung derartiger Strategien beschleunigt hat.

4.3.3 Kapazitäten Obwohl aufgrund der dargelegten Konzentrationstendenzen Betriebsstätten zusammengelegt wurden, bestehen im westdeutschen Ernährungsgewerbe nach wie vor zum Teil beträchtliche Überkapazitäten. Ein Indiz dafür ist, daß die Ausnutzung der Kapazitäten seit 1991 erheblich zurückgegangen ist (Tab. 4-9). Diese Überkapazitäten waren im Gefolge der lebhaften Investitionstätigkeit unmittelbar nach der Wiedervereinigung entstanden. Im Jahr 1994 wurden die Kapazitäten insbesondere in der Fleischverarbeitung (einschl. Schlachthäuser), in der Milchverwertung sowie bei den Brauereien und Spirituosenherstellern als zu groß angesehen.

153

Die unausgelasteten Kapazitäten haben vor allem in jüngster Zeit auf die Rendite des Ernährungsgewerbes gedrückt. Vielfach wird auch die These vertreten, daß die Verschlechterung der Ertragslage der Branche in Zusammenhang mit dem hohen Konzentrationsgrad im Handel zu sehen sei. Der Marktanteil der zehn größten Unternehmen des deutschen Lebensmittelhandels wird auf 60 bis 75 % geschätzt. Gleichwohl herrsche im Lebensmittelbereich, so die Monopolkommission in ihrem jüngsten Gutachten, Wettbewerb, von dem insbesondere die Verbraucher durch niedrige Preise profitieren. Zwar seien die Preisverhandlungen zwischen Handel und Industrie äußerst hart, der Handel gebe jedoch seinerseits die Preissenkungen, die er bei den Lieferanten erreiche, an die Endverbraucher weiter. ln diesem Zusammenhang ist ein Blick auf die Entwicklung der Umsatzrenditen im Ernährungsgewerbe und im Einzelhandel aufschlußreich. Es zeigt sich, daß sich die Renditen beider Bereiche seit Mitte der siebziger Jahre immer mehr angenähert haben (Abb. 4-4) - ein Beleg für die Thesen der Monopolkommission.

154

ffi

75,2 84,0

75,7 78,1

90,6 95,1 74,8 84,7 87,0 94,2 84,0 79,9 79,4

81,0 88,4 70,0 78,6 85,0 84,4 79,8 65,9 83,1

Brot- und Backwarenc)

Süßwarend)

Obst- und Gemüseverarbeitung

Molkerei, Milchprodukte

Schlachthäuser, Fleischverarb.

Fischverarbeitung

Brauereien

Spirituosen

Erfrischungsgetränke

86,1 87,3

88,9

85,7

84,8

85,0

95,0

83,4

84,6

78,9

72,9

84,6

73,3

81 '1 82,8

70,3

86,6

84,9

91,4

82,2

1992

78,7

82,0

78,4

70,2

82,5

78,9

81,6

81,6

73,2

87,3

80,9

91 ' 1

81,8

1993

82,7

84,2

83,9

68,0

82,8

71,4

81,9

79,8

71,5

86,8

81,3

91,5

81,4

1994

10,0

12,0

10,3

43,5

14,5

1,5

3,8

22,0

29,5

-12,8

11 ,0

27,8

11,5

1988

-3,5

-3,0

20,0

21,5

-8,5

-34,3

-14,3

-3,8

2,3

-26,0

-19,3

-3,0

-8,8

1990

8,3

8,0

9,3

10,0

-15,0

-22,8

1,0

1,0

1,3

-13,0

-7,8

-14,0

-3,8

1991

23,8

29,0

-1,0

22,3

8,5

-0,8

17,8

15,3

11,0

6,8

21,3

-0,8

12,0

1992

43,3

39,3

3,8

23,8

17,0

12,5

34,3

16,0

23,3

14,0

35,8

3,3

21,0

1993

Beurteilung der Ausnutzun~ bei ... % der Berichtsfirmen )

22,0

28,5

3,0

25,8

24,8

18,8

35,8

26,0

19,5

14,5

11,0

12,8

23,0

1994

Quelle: ifo Konjunkturtest

-

-----------------------

---------------

---------

a) Jahresdurchschnitt. - b) Saldo aus den Meldungen über eine 'mehr als ausreichend' (+) und eine 'nicht ausreichend' (-) beurteilte technische Kapazität. - c) Ohne Dauerbackwaren. - d) Einschließlich Dauerbackwaren.

90,5 89,3

88,0

Verbrauchsgüter prod.Gewerbe

Verarbeitendes Gewerbe

zum Vergleich:

96,1

93,6

88,1 88,0

85,6

86,4

81,6

Ernihrungsgewerbe

Mahl- und Schalmühlen

1991

1990

Grad der Ausnutzung in ... % der betriebsüblichen Vollausnutzunga)

Kapazitätsausnutzung im Ernährungsgewerbe des früheren Bundesgebiets

1988

Bereich

Tabelle 4-9

......

cn

01

1980 Ernährungsgewerbe

JahresüberschuB

Quelle: Deutsche Bundesbank .

1970

1.5

2

2.5

3

3 .5

··· Einzelhandel

JahresüberschuB vor Gewinnsteuern

1990

-

4 ,------------------------------------------------------,

% des Umsatzes

Umsatzrendite im Ernährungsgewerbe und im Einzelhandel

Abb. 4-4

5. Handel mit Nahrungs- und Genußmitteln 5.1

Grundlegende Entwicklungen in der Distribution

Im Vergleich zu den übrigen Fachsparten des Groß- und Einzelhandels zeichnet sich der Handel mit Nahrungs· und Genußmitteln ( = Ernährungserzeugnissen) durch eine stark dynamische Entwicklung aus. Sowohl von den Produkt- und Leistungsangeboten der in· und ausländischen Ernährungsindustrie als auch von den Handelsunternehmen und -systemen mit Nahrungs- und Genußmitteln gehen vielfältige innovatorische Impulse aus, die eine hohe Intensität des Wettbewerbs in der Distribution von Erzeugnissen des Ernährungsgewerbes zur Folge haben. Dabei ist zum einen der horizontale Wettbewerb zwischen den verschiedenen Angebots- und Betriebstypen der Handelsunternehmen und zum anderen der vertikale Wettbewerb zwischen den Handelsunternehmen und den Herstellerunternehmen der in- und ausländischen Ernährungsindustrie zu unterscheiden. Der horizontale Wettbewerb beeinflußt hauptsächlich das Absatzverhalten der verschiedenartigen Unternehmen des Lebensmittelhandels untereinander, während der vertikale Wettbewerb seine vielschichtigen Ausprägungen im Beschaffungswettbewerb der Handelsunternehmen und -kooperationen hin zu den größeren und kleineren Unternehmen der Ernährungsindustrie findet. ln den letzten Jahren ist der Handel mit Nahrungs- und Genußmitteln in seinem Leistungsbild vor allem durch die komplexen Wechselwirkungen von horizontalen und vertikalen Wettbewerbsaktivitäten der größeren Handels- und Herstellerunternehmen gekennzeichnet gewesen.' Um die handels- und wettbewerbspolitischen Entwicklungen in der Distribution mit Nahrungs- und Genußmitteln anschaulich darstellen zu können, sind für eine Analyse der Handels- und Wettbewerbsstrukturen in der Distribution die vielfältigen Angebotskonzepte der Ernährungsindustrie zu berücksichtigen. Der marketinggesteuerte "Vor-Verkauf" vieler Produkte durch einen massiven Einsatz von Werbe- und Verkaufsfördermitteln vor allem der in- und ausländischen Großunternehmen des Ernährungsgewerbes hat dazu geführt, daß viele Handelsunternehmen sich in bestimmten (Waren-)Sortimenten (z.B.

Vgl. hierzu Tager, U. Chr., u.a. , a.a.O., S. 243 f.; ferner Monopolkommission, Sondergut· achten 23, a.a.O., S. 120 ff.

12 Breitenacher/Täger

157

Süßwaren, Molkereiprodukte, Spirituosen) auf diese stark werbegestützten Artikel konzentriert haben. Die meisten Handelsunternehmen und -gruppen haben ihre Verkaufsaktivitäten in den Ladengeschäften in diese herstellergesteuerten Absatz- und Produktstrategien integriert, um auf diese Weise möglichst gut von den Informationswirkungen dieser Strategien auf die Konsumenten hin zu profitieren. Die Verstärkung dieser Wirkungen durch einen forcierten Ausbau und die Modernisierung der eigenen absatzwirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Handelsunternehmen hat zu einer engen Zusammenarbeit zwischen den marketingaktiven Herstellerunternehmen des Ernährungsgewerbes und den marktstarken Handelsunternehmen geführt. Kleine und mittlere Unternehmen der Ernährungsindustrie, die infolge unzureichender Größe und geringer Ressourcen weitaus weniger Marketingaktivitäten hin zu den Konsumenten entwickeln können, besitzen daher vielfach eine ungünstigere Verhandlungsposition gegenüber den Großunternehmen des Lebensmittelhandels als die umsatzstarken Markenartikelhersteller mit ihren umfangreichen Produkt- und Kommunikationsangeboten. Ein wesentliches Charakteristikum dieser Zusammenarbeit zwischen Hersteller- und Handelsunternehmen ist der Aufbau eines sehr komplexen Systems von entgeltlichen Leistungsbeziehungen, das fortlaufend nach der jeweiligen Wettbewerbsstärke und Leistungsfähigkeit der jeweiligen Marktkontrahenten verändert und weiterentwickelt wird. lnfolge einer hohen Entwicklungsdynamik dieses komplexen Systems werden die Wettbewerbsvorsprünge von konkurrierenden Marktteilnehmern im Distributionssystem sehr genau beobachtet und in den eigenen Beschaffungs- und Absatzstrategien berücksichtigt. Innerhalb eines relativ kurzen Zeitraumes werden etwaige Wettbewerbsvorteile bzw. -Vorsprünge von den meisten konkurrierenden Marktteilnehmern wieder eingeholt bzw. "egalisiert", da die marktführenden Handelsunternehmen und -gruppen über ungefähr gleiche Marketing- und Finanzressourcen verfügen. Dies hat zur Folge, daß eine Vielzahl von Wettbewerbsinstrumenten sowohl von den Hersteller- als auch von den Handelsunternehmen eingesetzt wird, um sowohl für einen marktanteilserhöhenden "Vorstoß" als auch für einen aufholenden "Nachstoß" im Wettbewerb gerüstet zu sein.

158

5.2

Entwicklung der Handelsbereiche

ln der Warendistribution agieren im institutionellen Handel Unternehmen des Großhandels, des Einzelhandels und der Handelsvermittlung. Der Fluß der Ware von den Unternehmen der Ernährungsindustrie bis hin zum Konsumenten kann Firmen aller drei Bereiche des Handels berühren, das Produkt kann in seiner Vermarktung aber auch nur einen Bereich hin zum Konsumenten tangieren. Die Einschaltung der verschiedenen Handelsstufen hängt vor allem von den Absatzstrategien und den damit verbundenen Absatzorganisationen der größeren und kleineren Unternehmen der Ernährungsindustrie sowie der Größe und der daraus resultierenden Nachfragemacht der jeweiligen Handelsunternehmen bzw. -gruppen ab. Während bei Gütern der Massenproduktion (wie z.B. Trockenkonserven, Dauerbackwaren, Kaffee oder Süßwaren) die großen Herstellerunternehmen hauptsächlich direkt mit den umsatzstarken Handelsunternehmen oder -systemen über die Bezugskonditionen verhandeln, werden häufig die sog. Nischen- und Spezialprodukte kleinerer Hersteller unter Einschaltung des Sortiments- und Fachgroßhandels sowie der Handelsvermittlung an die verschiedenen Unternehmen und Geschäftstypen des Lebensmitteleinzelhandels und andere gewerbliche Abnehmer (wie z.B. Gastronomiebetriebe, Großverbraucher) abgesetzt. Die Entscheidungen über die Wahl der verschiedenen Absatzwege durch die Unternehmen der Ernährungsindustrie werden mehr und mehr unter wettbewerbspolitischen und kostenwirtschaftlichen Erwägungen gefällt, wobei die wichtigen Kriterien der' hohen Lieferbereitschaft und der schnellen Lieferfähigkeit in das Kalkül verstärkt einbezogen werden. Dies ist auch der Grund dafür, daß in den letzten zehn Jahren zunehmend Unternehmen des Speditionsgewerbes vielfältige Logistikaufgaben von Unternehmen des Ernährungsgewerbes übernommen haben. Ein Teil dieser Firmen baute in der physischen Warendistribution eine Logistik-"Kette" für Tiefkühlprodukte auf oder spezialisierte sich auf die Auslieferung von sog. "Kommissions"-Ware. Einige Unternehmen der Ernährungsindustrie haben sich im Zuge einer neuen Arbeitsund Funktionsteilung in der Distribution völlig aus der Lagerhaltung und Logistik ihrer Erzeugnisse herausgezogen. Aus kostenwirtschaftlichen Gründen

12"

159

wurden diese Funktionen auf spezialisierten Unternehmen des Speditionsgewerbes oder des (Nahrungsmittei-)Fachgroßhandels übertragen. Im Zuge des zunehmenden Prozesses der Konzentration und Kooperation in der Distribution von Nahrungs- und Genußmitteln hat sich die Zahl der in diesen Handelsbereichen agierenden Unternehmen in den letzten Jahren erheblich vermindert. ln den einzelnen Handelsbereichen kann dabei folgende Entwicklung beobachtet werden (vgl. Tab. 5-1): -

Großhandel: Von 1986 bis 1992 hat sich die Zahl der Sortiments- und Fachgroßhandelsunternehmen mit Nahrungs- und Genußmitteln um rd . 7 % auf rd. 18 700 Unternehmen vermindert. Einzelhandel: Während sich im Zeitraum von 1980 bis 1992 im gesamten Einzelhandel mit Nahrungs- und Genußmitteln die Zahl der Unternehmen um 10 % auf rd. 80 000 gemindert hat, war die rückläufige Entwicklung im Sortiments-Lebensmitteleinzelhandel viel stärker ausgeprägt. ln diesem Fachzweig verringerte sich die Zahl der Unternehmen um rd. 36 % auf 37 500. Handelsvermittlung: Auch hier hat sich die Zahl der Unternehmen um rd. 2 % auf rd. 4 600 Unternehmen verringert.

Die rückläufige Entwicklung der Zahl der Unternehmen in allen relevanten Handelsbereichen, in denen schwerpunktmäßig Nahrungs- und Genußmittel vermarktet werden, kann vor allem auf die tiefgreifenden Strukturveränderungen in der Distribution von Lebensmitteln zurückgeführt werden. Wenn auch ein Großteil der kleinen und mittleren Unternehmen im Groß- und Einzelhandel deshalb aus dem Markt ausgeschieden ist, weil die Nachfolge des Unternehmers nicht sinnvoll geregelt werden konnte, so war besonders die Zunahme der Intensität in den vertikalen und horizontalen Wettbewerbsbeziehungen eine wesentliche Ursache für die stark abnehmende Zahl von Handelsunternehmen im Bereich Nahrungs- und Genußmittel. Das Vordringen von umsatzstarken und wettbewerbsaktiven Handelsunternehmen mit zahlreichen unterschiedlichen Filialgeschäftstypen und einem leistungsfähigen Logistiksystem hat vor allem in den Ballungsräumen sowie in den Unter- und Mittelzentren wesentlich zu dieser Entwicklung beigetragen.

160

_..

0>

113.418

68,9

100

in%

I I

:505.947

I I

II

I

!771.570

I

Umsatz in Mill. DM

64,9

100

in"

82.891

117.411

Unternehmen

70,8

100

in%

I I

:669.755

I I I

I

I

:1.005.381

I I

Umsatz in MIII. DM

1990

68,6

100

in%

87.858

121.181

Unternehmen

72,0

100

in%

I I

:799.228

I I I

I

I

:1.181.501

I I

Umeatz in Mlll. DM

1992

67,2

100

in%

11.421

mlnlung lnag. darunter:

8,6

22.7

I I I

I

I

113,404

: 123.767

I I I I

I

I

I

!480.11119

:192.235

23,6

25,8

100

24,7

37.656

81.070

311.428

18.973

9,4

20,3

100

16,2

129.348

157.158

1143.140

:237.201

20,1

24,4

100

23,6

37.416

80.008

411.7211

18.661

6,9

19,1

100

15,3

143.833

174.038

712.805

:287.938

18,9

22,8

100

24,2

49,8

1

-9,1

·10,0

7,3

26,8

40,6

58,7

----------------~

58,0

-e,6

52,1

Umsatz I

12,3

7,5

Unternehmen

Vorinderung 1992/66 in%

-

574.116

4.703

6,8

1.289.590

2.204

29.351

7,5

100

589.106

4.448

72.2111

6,2

100

1.690.184

2.577

41 .858

6,2

100

620.001

4.599

78.214

5,9

100

Quelle: Statistisches Bundesamt, Fachserie 14, Reihe 8 : Umsatzsteuer 1986, 1990 u. 1992 sowie Berechnungen des ifo Instituts.

lnogesamt

Vermittlung von .. Nahrungsmitteln, Getränken, Tabakwaron

100

2 002.747

3.816

50.433

7,6

100

8,0

-2,2

12,8

55,3

73,1

71,1

----------- -------------+--------------- --------------+--------------- ---------------+--------------- ---------------· Handelever-

41.144

Sortimentshandel

Einzelhandel mit ... Nahrungs- und 88.946 Genußmitteln

100

17,6

-------------+--------------- --------------+--------------- ---------------+---------------

Großhandel mit. KonsumgUtern 78.230 Nahrungs- und 19.977 Genußmltleln ~---------Einzelhandel 311.221 lnege. .mt derun1er:

GroBhandel lnege. .mt darunter:

Unternehmen

1986

Entwicklung der Handelszweige mit Nahrungs- und Genußmitteln von 1986 bis 1992 (alte Bundesländer)

Tabelle 5-1

Wird diese Entwicklung in den Fachzweigen von Nahrungs- und Genußmitteln mit der entsprechenden Entwicklung in dem jeweiligen Handelsbereich verglichen, so zeigt sich deutlich, daß in den Bereichen Groß- und Einzelhandel die Entwicklungen gegenläufig sind. Hat sich im Zeitraum von 1986 bis 1992 die Gesamtzahl der Unternehmen im Großhandel um 7,5 % auf knapp 120 000 und im Konsumgütergroßhandel sogar um 12,3 % auf knapp 88 000 Unternehmen erhöht, so verminderte sich in diesem Zeitraum die entsprechende Zahl der Unternehmen im Lebensmittelgroßhandel um rd. 6,6 % auf knapp 18 700. Ähnliche Entwicklungen können im Einzelhandel und in der Handelsvermittlung beobachtet werden, in denen sich die Gesamtzahl der Unternehmen in diesen Handelsbereichen in den letzten sechs Jahren laufend erhöht, während die Zahl der in der Distribution mit Nahrungs- und Genußmitteln agierenden Unternehmen sich stetig verringert hat. Im Vergleich zu anderen Fachzweigen des Einzelhandels ist die Distribution von Lebensmitteln in einem engen Zusammenhang mit der Fortentwicklung der Entscheidungs- und Organisationsstrukturen der Unternehmen und der verschiedenen Einkaufs- und Verbundgruppen im Lebensmittelhandel zu sehen. Viele der traditionellen Lebensmittel-Handelskooperationen und -gruppen konnten in den letzten Jahren den zunehmenden und komplexen Anforderungen des verschärften Wettbewerbs nicht mehr standhalten, was vielfach dazu führte, daß das rückläufige Warengeschäft auf ein größeres Konkurrenzunternehmen im Rahmen einer Fusion oder Kooperation übertragen wurde. Die durchschnittliche Umsatzgröße der Unternehmen erhöhte sich dadurch erheblich, was vielfach zu einer verbesserten Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit dieser größeren Unternehmen führte. Darüber hinaus wurde diese Entwicklung durch eine verstärkte Integration von Funktionen des Lebensmitteleinzel- und -großhandels in eine größere Unternehmens- bzw. Wettbewerbseinheit beschleunigt. Die damit verbundene Zentralisierung von Beschaffungs- und Absatzentscheidungen in den Leitungsorganen von großen Filial- und Kooperationsunternehmen war vielfach die entscheidende Voraussetzung, um günstige Bezugskonditionen mit den marketingaktiven Herstellern aushandeln zu können. Die Verfügbarkeit einer großen Anzahl von Geschäften mit unterschiedlichen Absatz- bzw. Betriebskonzepten bildet eine wichtige Plattform in den Einkaufsverhandlungen mit den Herstellern, die den Absatz ihrer Produkte in straff organisierten und ein-

162

stufigen Handelssystemen mehr und mehr präferieren. Die mit einer derartigen Zentralisierung verbundenen günstigen Bezugskonditionen und die daraus resultierenden Synergieeffekte auf die Betriebskosten und den Betriebsablauf haben dazu geführt, daß der Trend zu einstufigen Handelssystemen und -gruppen in den letzten Jahren stark an Bedeutung gewonnen hat. Im Zuge dieses Prozesses haben die inhabergeführten Unternehmen des Großund Einzelhandels mit Lebensmitteln merklich an Marktterrain verloren.

5.3 5.3.1

Distribution auf der Großhandelsstufe Bedeutung des Großhandels für den Absatz von Nahrungs- und Genußmitteln

ln den Absatz von Nahrungs- und Genußmitteln sind in vielfältiger Weise die verschiedenen Unternehmens- und Betriebstypen des Großhandels eingeschaltet. Auch wenn in den letzten Jahren das Absatzvolumen der deutschen Ernährungsindustrie an die einstufigen und größeren Filialunternehmen des Lebensmitteleinzelhandels noch etwas zugenommen hat, so ist dennoch die Einschaltung des Sortiments- und Fachgroßhandels insbesondere für die kleineren Unternehmen des Ernährungsgewerbes eine absatzwirtschaftliche Notwendigkeit, um mit ihren z.T. wenigen Produkten in die Regale des Lebensmitteleinzelhandels zu gelangen. Die kleineren, oft inhabergeführten Herstellerunternehmen besitzen in der Regel weder die finanziellen noch die marketingtechnischen Handlungsspielräume, um ein eigenes Vertriebs- und Logistiksystem für ihre Abnehmer im Einzelhandel, in der Gastronomie oder bei den Großverbrauchern aufzubauen. Von den in den alten Bundesländern angebotenen bzw. verfügbaren Ernährungsgütern in Höhe von 200,5 Mrd. DM (1993) werden rd. 42 % über den inländischen (Nahrungsmittei-)Großhandel abgesetzt. Dieser Anteil hat sich in den letzten Jahren nicht wesentlich verändert, da zwei gegenläufige Entwicklungen die Ein- bzw. Ausschaltung des Großhandels in der Distribution von Nahrungs- und Genußmitteln beeinflußt haben. Auf der einen Seite hat zweifelsohne die Konzentration von wichtigen Beschaffungsentscheidungen auf wenige Großunternehmen und Kooperationszentralen des Lebensmitteleinzelhandels zugenommen, was vielfach auch eine weitere Ausschaltung des

163

Großhandels und der Handelsvermittlung zur Folge hatte. Auf der anderen Seite haben sich zahlreiche Unternehmen des Fachgroßhandels z.B. in den Import von ausländischen Erzeugnissen oder in der Übernahme der FeinLogistik für kleinere Bezugsmengen engagiert, wozu hohe fachliche (Produkt-)Kompetenz und große betriebliche Handlungsflexibilität eine wichtige wettbewerbliehe Voraussetzung sind. Diese beiden gegenläufigen Entwicklungen haben wesentlich dazu beigetragen, daß sich das Niveau der Einschaltung des Großhandels mit Nahrungs- und Genußmitteln nicht merklich verändert hat. Vor dem Hintergrund dieser strukturellen Entwicklung vollzog sich im Großhandel mit Nahrungs- und Genußmitteln ein fortschreitender Prozeß der Leistungsdifferenzierung bei den Unternehmen. Es haben sich im Verlauf der letzten Jahre vor allem solche Betriebstypen herausgebildet, die spezielle Funktionen in der Beschaffung, im Absatz oder in der Logistik unter kostenwirtschaftlichen Aspekten übernommen haben. So haben sich z.B. beschaffungsaktive Großhandelsunternehmen auf bestimmte ausländische Erzeugnisse konzentriert, um mit spezifischen Produkt- und Länderkenntnissen günstige Lieferanten im Ausland auszuwählen und langfristig an sich zu binden. Darüber hinaus haben logistische Erfordernisse der Distribution von leichtverderblichen Gütern dazu geführt, daß sich zahlreiche Großhandelsunternehmen auf die Lagerung und den Transport dieser Güter spezialisiert haben. Im Zuge der Fortentwicklung der Arbeitsteilung in der Distribution von Nahrungs- und Genußmitteln haben viele Unternehmen des Lebensmittelgroßhandels zusätzlich Funktionen der Handelsvermittlung oder des Einzelhandels übernommen, um ihre langfristige Existenz im zunehmenden Wettbewerb in dieser Warengruppe abzusichern. Vor allem der Aufbau von unternehmenseigenen Filialsystemen auf der Einzelhandelsstufe sowie die Vermittlung von Streckengeschäften im Auftrag von Unternehmen des Ernährungsgewerbes waren in den letzten Jahren wesentliche Bausteine für eine erfolgreiche Diversifikation im Großhandel. Nach Berechnungen des ifo Instituts hat sich der Anteil des Einzelhandelsumsatzes im (Sortiments-)Großhandel mit Nahrungsund Genußmitteln von 25 % auf etwa 30 % im Jahr 1994 erhöht, wenn die gesamten (Einzelhandels-)Tochtergesellschaften der Unternehmen dieses Großhandelsfachzweigs und der Verbundgruppen mit Nahrungs- und Genußmitteln berücksichtigt werden.

164

5.3.2 Entwicklung der Unternehmen und der Umsätze Im Zeitraum von 1980 bis 1992 hat sich die Zahl der Großhandelsunternehmen mit Nahrungsmitteln, Getränken und Tabakwaren in den alten Bundesländern um knapp 14 % auf knapp 18 700 vermindert (vgl. Tab. 5-2). Im Großhandel mit Zucker und Süßwaren hat während dieses Zeitraumes die Zahl der (steuerpflichtigen) Unternehmen um rd. 39 %, im Tabakwarenhandel um 42 % und im Großhandel mit Molkereierzeugnissen um rd. 27 % abgenommen. Auffällig ist die Zunahme der Zahl der Unternehmen im Großhandel mit Kaffee, Tee, Rohkakao und Gewürzen sowie mit sonstigen Nahrungsmitteln um gut 8 %. Überdurchschnittlich stark hat sich mit einem Zuwachs von rd. 14 % die Zahl der Unternehmen im Sortimentsgroßhandel erhöht (1992: 2 400), der sich durch ein fachzweigübergreifendes Warenangebot auszeichnet. Die zahlenmäßige Umstrukturierung dieses Großhandelsfachzweigs kann auf mehrere Gründe zurückgeführt werden. Die generell rückläufige Entwicklung in der Zahl der Unternehmen ist ein Spiegelbild für das Vordringen von einstufigen Distributionssystemen im Handel mit Gütern des Ernährungsgewerbes. Die umsatzstarken Distributionszentren der nationalen und regionalen Filialunternehmen und Kooperationsgruppen versuchen mehr und mehr, für bestimmte Produktgruppen, wie z.B. Bier und alkoholfreie Getränke, Süßwaren, Molkereiprodukte, die Großhandelsstufe im sog. Mengenbezug weitgehend auszuschalten und nur für kleinere Bezugsmengen von Spezialprodukten diese in Anspruch zu nehmen oder einzuschalten. Dies hat dazu geführt, daß in den letzten Jahren viele Fachgroßhandlungen sich auf die Belieferung von kleineren Abnehmern im Facheinzelhandel, in der Gastronomie und im Bereich der Großverbraucher konzentriert haben, um auf diese Weise z.B. mit einer hohen Lieferfähigkeit und -Schnelligkeit ein kundenspezifisches Angebots- und Leistungsprofil aufzubauen. Dabei spielt die regionale und lokale Nähe zu den kleineren Abnehmern eine ausschlaggebende Rolle für ihre neue Stellung in der Distribution von Ernährungsgütern. Ein weiterer wichtiger Grund für diese Umstrukturierung hin zum Sortimentsgroßhandel mit verschiedenen Nahrungsmitteln liegt in der Aufnahme von neuen Produktgruppen in das Angebotssortiment dieser Großhandelsunternehmen. Um die Lieferbeziehungen auf eine möglichst kleine und überschaubare Zahl von leistungsstarken Großhandelsunternehmen zu beschränken,

165

0) 0)

-

100

149.467

9.800

8,3

21.601

6.741

22,9

1.794

2.450

3,2

701

4.945

14.092 4.901

6.905

2.395

35,4 9,2

7,2

1,4

7.644 1.996

1.551

292

2.379

22.038

18.661

1.044

100

3.671

4,5

589

1,6

6,6

5.970 1.710

1.681

316

2.460

9,4 3,3

4,6

1,6

14,7

1.154

9,8

14.721

7,3

11,0

506

4,8

1.568

3.128

9,8

2.402

Anzahl

7.196

38,6

in%

14.630

I

3,8

57.690

Mill.inDM

I

---

288.038

18.209 100

19.009 5,6

3.430 19,7

3,2

17.471 27.523 5.064

9,0

4.221

32,0 9,2

1,7

36.981

21.010

6,2

13,2

9.908

27.021

I

Umsatz

in Mill. DM

125.692

1992

2,7

16,8

12,9

in%

Unternehmen

15,9

9,7

in%

Umsatz

825

I

1980

3.442

2.106

Anzahl

Unternehmen

Miii.DM

10.187 20.261

+42,7

----

100

6,3

+92,7

+85,8

+181,9

------

·13,6

·41,8

·25,8

299.009

20.923

20.661

3.363

+40,0 -16,0 1,2 6,8

16.422 28.653 4.900

+95,3 +3,7

5.750 +153,0

+76,2

31.314

28.406

135.945

+37,7

+67,8

1994 Umsatz in

+84,7

+117,9

Umsatz

·21,9 ·14,4

+8,4

+8,2

I

9,6 1,8

6,1

1,5

+3,4

·26,4

7,3

12,8

·9,1 ·38,7

3,4

+14,1

Unter·

nehmen

9,4

43,6

in%

Voränderung 1992/80 in%

Unternehmen und Umsatz Im Großhandel mit Nahrungs- und Genußmltteln nach ausgewählten Wirtschaftszweigen in den Jahren 1980r 1992 und 1994

Quelle: Statistisches Bundesamt, Fachserie 14: Finanzen und Steuern, Reihe 8: Umsatzsteuer (laufende VerOflentlichungen) und Berechnungen des ifo Instituts.

GroBhandel mit Nahrungsmitl:eln, Getränken, Tabakwaren Insgesamt

- Tabakwaren

trinke

. Bier, alkoholfreie Ge-

. Spirituosen

. Wein

• Getrinken, davon:

- aon1tlgen Nahrungamitteln

- Kaffee, Tee, Rohkakao, GewUrzen

Fleischwaren

· Wild, Geflügel, Fleisch,

• Mllcherzeugnlsaen, Fettwaren, Eiern

• Zucker, Süßwaren

• Speiee- u. lnduatriekar· toffeln, GemUae, Obst

Gro6hondel mn ...

ken etc.

Nahrungamitteln, Getrin-

Sortimentegroßhandel mit

Wirtachaftazweige

Tabelle 5-2

100

7,0

6,9

1,1

9,6 1,6

5,5

1,9

10,5

6,8

3,4

9,5

45,5

in%

haben viele Abnehmer des Lebensmittelgroßhandels die Auswahl ihrer Lieferanten vor allem danach vorgenommen, ob die jeweiligen Unternehmen ihnen ein breites Warensortiment und eine hohe Lieferbereitschaft anbieten können. Dies hat dazu geführt, daß viele kleinere Fachgroßhandlungen nun mehrere verschiedenartige Produktgruppen (wie z.B. Getränke, Süßwaren, Kaffee) in ihrem Warenangebot bzw. -sortiment führen und deshalb in die Kategorie des Sortimentsgroßhandels aufgenommen wurden. Diese Entwicklung wurde auch durch die Verbreiterung der Warenangebote bei größeren Tankstellen, Kiosken und sonstigen Verkaufsstellen forciert, die ihre Waren überwiegend vom Nahrungsmittelgroßhandel beziehen oder im C&C-Großhandel ihre Einkäufe tätigen. Diese Umstrukturierung vom Fachgroßhandel hin zum breiter "sortierten" Nahrungsmittelgroßhandel kommt auch in der fortlaufenden Erhöhung des Umsatzanteils des Sortimentsgroßhandels am gesamten Großhandel mit Nahrungs- und GenuSmitteln zum Ausdruck. Lag dieser Anteil 1980 noch bei 38,6 %, so erhöhte sich dieser Umsatzanteil bis 1994 auf 45,5 %. Dagegen verloren während dieses Zeitraumes von 1980 bis 1994 die GroßhandelsFachzweige mit Molkereierzeugnissen (von 9,8 auf 6,8 %) und mit Wild, Geflügel und Fleisch- bzw. Wurstwaren (von 14,7 auf 10,8 %) erheblich an Umsatzbedeutung in der Großhandelsdistribution. Diese Entwicklung kann vor allem auf den Ausbau eigener Absatzorganisationen und Logistiksysteme der großen Hersteller in diesen Fachzweigen der Ernährungsindustrie zurückgeführt werden. Darüber hinaus ist dieser Rückgang auch in Verbindung mit dem verstärkten Engagement der großen Handelsfilialunternehmen in die Verarbeitung und Vermarktung von Fleisch- und Wurstwaren zu sehen. Einige größere Handelsunternehmen haben in den letzten Jahren große Verarbeitungskapazitäten in diesen Warenbereichen (z.B. für die Zerlegung von Schlachtvieh) aufgebaut, um stärker an der Wertschöpfung der Aufbereitung von Rohstoffen zum konsumreifen Nahrungsmittel zu partizipieren.

5.3.3 Größenstrukturen und Umsatzkonzentration Der Sortiments- und Fachgroßhandel mit Nahrungs- und GenuSmitteln ist in seiner Betriebs- und Größenstruktur durch eine Vielzahl von sehr unterschiedlichen Unternehmen gekennzeichnet. Auf der einen Seite existiert eine große

167

Zahl von kleineren und meist inhabergeführten Unternehmen des Spezialund Fachgroßhandels, die hauptsächlich in der regionalen und lokalen Distribution für ein kleines Angebot an Spezial- und Frischprodukten engagiert sind, und auf der anderen Seite haben sich in den letzten Jahren umsatzstarke Sortimentsgroßhandlungen herausgebildet, die fast ausschließlich in Form eines Verbund- bzw. Kooperationsgroßhandels (wie z.B. Edeka, Rewe, Markant) sowohl unternehmenseigene (Regie- bzw.) Filialgeschäfte als auch selbständig agierende Einzelhandelsunternehmen mit Lebensmitteln beliefern. Während sich in den letzten Jahren die zahlreichen Fachgroßhandelsunternehmen mit ihren speziellen Waren- und Logistikangeboten auch auf andere Abnehmergruppen als den Lebensmittel-Einzelhandel ausgerichtet haben, haben sich die Sortimentsgroßhandlungen in ihren Beschaffungs- und Absatzstrategien schwerpunktmäßig auf die kostengünstige Belieferung des Einzelhandels konzentriert, da aufgrund der hohen Wettbewerbsintensität in dieser Branche die Herausforderungen an ein umfassendes Waren- und Absatzangebot sehr hoch sind. Von den rd. 21 000 (steuerpflichtigen) Unternehmen im Nahrungs- und Genußmittelgroßhandel wies 1992 rd. ein Drittel einen Jahresumsatz von weniger als 500 000 DM auf (vgl. Tab. 5-3). Auf diese Gruppe von "Kieinst"-Unternehmen entfiel weniger als 1 % ( = rd. 900 Mi II. DM) des Gesamtumsatzes dieses mit knapp 300 Mrd. DM größten Fachhandelszweigs des Großhandels mit Fertigwaren. Diese kleinen Unternehmen besitzen im allgemeinen nur ein eingeschränktes Funktions- und Warenangebot gegenüber ihren Abnehmern. ln vielen Fällen haben diese stark inhabergeführten Unternehmen auch Funktionen des Einzelhandels und der Handelsvermittlung übernommen, sie werden aber aufgrund ihres Umsatzschwerpunkts im Großhandel ( = Absatz an gewerbliche Abnehmer) als Großhandelsunternehmen geführt. Viele dieser kleineren Großhandelsunternehmen haben sich in den selektiven (Vertrags-) Vertrieb von in- und ausländischen Unternehmen der Ernährungsindustrie eingeschaltet, um mit einer möglichst hohen Kundennähe in dem jeweiligen Absatzgebiet sich im Wettbewerb behaupten zu können. Auf die umsatzstarken Großunternehmen des Nahrungs- und Genußmittelgroßhandels mit einem Jahresumsatz von 250 Mill. DM und mehr entfielen gut 50 % (d.h. 153 Mrd. DM) des gesamten Branchenumsatzes. Diese Gruppe der Großunternehmen hat in den letzten 10 Jahren einen erheblichen Umsatz-

168

m

......

2,64 6,26

1,44

100

Quelle: Statistisches Bundesamt, Umsatzsteuerstatistik 1992 sowie Berechnungen des ifo Instituts.

1) Alte und neue Bundesländer

152.625,9 298.948,2

100

0,75

159

250 Mio und mehr

51,05

48,95

14,49 43.302,8

99,25

1,30

275

100 - 250 Mio.

100

34,46

7,90 23.615,3

97,94

1,60

337

50- 100 Mio.

100

26,56

7,92

23.691,4

96,34

3,21

676

50 Mio.

25-

21.086

18,64

insgesamt

10,45

4,19 8,19

93,14

7,39

1.559

12.512,8 24.480,5

85,74

8,40

1.771

10 Mio.

25 Mio.

5-

10-

77,35

16,02

3.379

3,62

4.305,9 10.827,8

61,32

14,27

3.010

500.000 - 1 Mio.

5 Mio.

1,20 0,72

47,05

14,03

2.958

250.000- 500.000

2 Mio.

0,48

0,30

907,3 2.153,0

33,02

11,80

2.489

100.000- 250.000

1-

0,18 0,14

405,8

21,21

11,46

2.417

50.000- 100.000

2-

0,04

88,0

0,01

0,01 0,03

31,8

4,02

kumuliert

9,75

in%

Umsatz

4,02

(in Mill. DM)

5,73

kumuliert

847

in%

Unternehmen

1.209

Zahl

Struktur des Großhandels mit Nahrungs- und Genußmltteln Im Jahre 1992 1)

25.000 - 50.000

Umsatzgrößenklassen

Tabelle 5-3

anstieg zu verzeichnen gehabt, der aus dem internen, vor allem aber aus dem externen Wachstum resultierte. Die Übernahme von kleineren (genossenschaftlichen) Verbundgroßhandlungen durch die benachbarten größeren Verbundgroßhandlungen bzw. ihre Fusion und die käufliche Übernahme einer großen Anzahl von kleineren Fachgroßhandlungen durch wettbewerbsaktive Unternehmen stellen eine wesentliche Ursache dafür dar, daß größere Unternehmenseinheiten in den letzten zehn Jahren eine erhebliche Umsatzexpansion verzeichnen konnten. Darüber hinaus ist das überproportional starke Umsatzwachstum einiger Großunternehmen des Lebensmittel-Großhandels wie schon erwähnt - durch eine intensive Diversifikation in den Einzelhandelsbereich hinein hervorgerufen worden, um mit Hilfe dieser branchenübergreifenden Strategien die eigenen Absatzpositionen gegenüber den wettbewerbs- und preisaktiven Filialunternehmen abzusichern und ggf. auszubauen. Im traditionellen Sortimentsgroßhandel, der mit einem tiefen und breiten Warenangebot hauptsächlich den kooperierenden traditionellen Lebensmitteleinzelhandel beliefert, liegt die Umsatzkonzentration für Unternehmen mit einem Jahresumsatz von 250 Mi II. DM und mehr um ein Vielfaches höher, als im Fachgroßhandel mit bestimmten Nahrungsmitteln (vgl. Tab. 5-4). Knapp 80% des Umsatzes des Sortimentsgroßhandels (mit Nahrungsmitteln, Getränken und Tabakwaren) entfällt auf eine Gruppe von rd. 100 Unternehmen, die mehr oder weniger intensiv in einer der großen Einkaufs- bzw. Verbundgruppen des Lebensmittelhandels integriert sind. Mit Ausnahme des Großhandels mit Milcherzeugnissen, Fettwaren und Eiern liegt in den übrigen Großhandelszweigen die Umsatzkonzentration erheblich niedriger. ln diesen Fachhandelszweigen dominieren zahlenmäßig kleine und mittlere Unternehmen, die mit einem stark kunden-und absatzorientierten Warenangebot und mit einer vergleichsweise hohen Lieferbereitschaft und -Zuverlässigkeit ihre gewerblichen Abnehmer im Lebensmitteleinzelhandel und in der Gastronomie bedienen. Im Hinblick auf die Umsatzkonzentration im Jahre 1991 ergibt ein fachzweigübergreifender Vergleich anhand speziell aufbereiteter Umsätze nach den größten Unternehmen in dem jeweiligen Fachzweig folgenden Einblick (vgl. Tab. 5-5): Im Sortimentsgroßhandel liegt die Umsatzkonzentration am höchsten, rd. ein Viertel des Umsatzes entfällt auf eine "Spitzen"-Gruppe von drei Unternehmen, auf die sechs größten rd. 35 %. Im gesamten Großhandel mit Nahrungsmitteln, Getränken und Tabakwaren entfallen dagegen auf die drei

170

-..j .....

2.5

15,8

14,5

51,1

4,8

1,3

0,8

25 Mill.

100 Mill.

5.

25 .

100 · 250 Mi II.

250 Mill. u. mehr

Unter-

1,0 0,3

78,6

19,6

17,3

24,8

27,1

9,3

1,9

Umsatz

1,6

2,0

5,9

47,2

19,6

16,5

12,1

3,6

19,1

1,0

44,3

U msatz

27,1

Unternehmen

0.1

0,4

2,2

9,8

31 .2

56,3

Unternehmen

16,6

14,8

23,8

23,8

16,2

4,7

Umsatz

Getränken

Q uelle:

----

100

21.086

298,9

100

100

129,6

100

100

28.5

100

100

21,8

100

100

Statistisches Bundesamt. Fachserie ~ 4 : Finanzen und Steu ern, Reihe 8 : Umsatzsteuer 1992 und Berechnungen de s ifo Instituts.

----

Umsatz in Mrd. DM

Zahl der Unternehmen (absolut)

Insgesamt in %

29,4

100

------- ------- ------- ------- ------- ------- -------------------------- -------- ------- ------3.076 3.454 1.233 6.773

4,5

5,5 10,2

4,8 2,6

31,5

42,2

nehmen

20,5

1,5

0,4

Umsatz

mit ..

Milcherzeugnissen, Fettwaren, Eiern

Großhandel Speise- u. Industriekartoffeln, Gemüse,

Obst

3,9

14,8

27,5

5,1

30,3

5 Mill.

1-

12.4

47,9

1,2

47,0

1 Mill.

15,8

nehmen

Unter-

tränken, Tabakwaren

Nahrungsmitteln. Ge-

darunter:

Umsatz

Nahrungsmitteln, Getränken , Tabakwaren in$gesamt

Größenstruktur in ausgewählten Wirtschaftszweigen des Großhandels mit Nahrungs- und Genußmitteln nach Umsatzgrößenklassen im Jahre 1992 (Unternehmen und Umsatz in %)

Unternehmen

Umsatzgrößenklassen von .. . bis unter DM

Tabelle 5-4

33,7

18,0

25,6

16,6

5,5

0,6

Umsatz

1.080

100

-~~

100

------- --------

0,7

2,1

9,6

24,8

36,2

26,5

nehmen

Unter-

Tabakware n

~

-.J

- - -

7,8 ----

13,3

17,2

26,0

31,4

-

36,2

42,0

48,0

53,7

Quelle: Monopolkommission, Hauptgutachten 1992/1993: Mehr Wettbewerb auf allen Märkten- Anlagenband -, Baden-Baden 1993, S. 259 ff.

----

Großhandel mit Getränken

21,2

17,3

-

waren

Großhandel mit Fleisch, Fleisch-

89,3 79,3 64,8

42,0

31 ,8

19,3

Großhandel mit Micherzeugnissen, Fettwaren und Eiern

86,1

44,8

58,6

75,0

35,2

100

44,1

60,7

26,4

50

33,0

42,3

17,2

25

23,1

35,0

12,9

10

18,8

25,8

9,0

6

Großhandel mit Gemüse, Obst und Früchten

schiedenen Nahrungsmitteln

darunter: Sortiments-Großhandel mit ver-

samt

3

Anteil der jeweils ... umsatzgrößten Unternehmen am Umsatz

Umsatz-Konzentration der größten Unternehmen im Großhandel mit Nahrungsmitteln, Getränken, Tabakwaren nach wichtigen Fachzweigen im Jahre 1991

Großhandel mit Nahrungsmitteln, Getränken, Tabakwaren insge-

Fachzweig

Tabelle 5-5

größten nur 9,0 % und auf die sechs größten Unternehmen knapp 13 % des Umsatzes. Ein ähnlich niedriges Konzentrationsniveau kann im Fachgroßhandel mit Getränken beobachtet werden, während der Fachgroßhandel mit Molkereiprodukten ein ähnlich hohes Konzentrationsniveau wie der Sortimentsgroßhandel aufweist. Die unterschiedlich hohen Niveaus der Umsatzkonzentration auf die drei bzw. sechs größten Unternehmen stehen in einem engen Zusammenhang mit der nationalen und regionalen Angebots- bzw. Herstellerkonzentration für die jeweiligen Gruppen von Erzeugnissen der Ernährungsindustrie insgesamt und der einzelnen Fachzweige (wie z.B. Molkereiindustrie) . Sowohl die Größenstruktur der Unternehmen als auch die Umsatzkonzentration auf die größten Unternehmen im Großhandel mit Nahrungs- und GenuSmitteln zeigen deutlich, daß im Sortimentsgroßhandel ein relativ hohes Umsatzvolumen auf wenige Unternehmen entfällt, während in den meisten Fachgroßhandelszweigen sehr viel kleinere Unternehmen aktiv sind, die infolge ihrer meist geringen Umsatzgröße eine nicht immer günstige Ausgangs- bzw. Wettbewerbsposition auf den Beschaffungsmärkten besitzen. Mit einer überdurchschnittlich hohen Andienungs- bzw. Lieferbereitschaft gegenüber ihren Kunden haben sich allerdings viele kleinere Großhandelsunternehmen eine anerkannte Marktposition in der Distributionskette erkämpft, die nur mit erheblichen Kosten von den großen Unternehmen dieser Branche eingenommen werden kann.

5.3.4 Kosten und Erträge sowie Umschlagshäufigkeit Sowohl die Entwicklung des Rohertrags als auch der Kosten sowie der Umschlagshäufigkeit nach den einzelnen Fachzweigen des Großhandels und der Umsatzgröße des Sortimentsgroßhandels kann wichtige Hinweise auf die wirtschaftliche Stellung der einzelnen Großhandelszweige mit Nahrungsmitteln in der Distribution von Erzeugnissen der Ernährungsindustrie vermitteln. Als Grundlage für diese branchen- und größenspezifische Betrachtung werden die anteiligen Roherträge und Kosten an der Gesamtleistung bzw. des Gesamtumsatzes der Unternehmen betrachtet, die im Rahmen der amtlichen Kostenstruktur-Erhebungen alle vier Jahre bei den Großhandelsunternehmen gewonnen und aufbereitet werden.

13 Breitenacher!Täger

173

Im Hinblick auf die anteiligen Roherträge und Kosten haben sich im gesamten Großhandel mit Nahrungsmitteln von 1976 bis 1988 deutlich unterschiedliche Veränderungen ergeben (vgl. Tab. 5-6). Noch stärker als der Rohertrag, der - in % an der Gesamtleistung gemessen - in diesem Zeitraum von 10,7 auf 11 ,4 % merkbar gestiegen ist, erhöhten sich die Kosten von 9,5 auf 10,4 %. Desgleichen hat sich die Umschlagshäufigkeit in diesem Zeitraum kontinuierlich von 17,2 auf 19,4 erhöht, d.h. im Jahre 1988 wurden die Lagervorräte im Nahrungsmittelgroßhandel über 19 mal umgeschlagen. Diese überaus günstige Entwicklung wurde jedoch von den rezessiven Entwicklungen nach 1991 abgelöst. Nach den Repräsentativerhebungen der amtlichen Jahreserhebung im Handel haben sich die anteiligen Erträge wieder etwas rückläufig entwikkelt. Die in e1n1gen Fachzweigen des Nahrungsmittelgroßhandels überdurchschnittlich hohen Rohertrags-Spannen, wie z.B. im Großhandel mit Wein (1988: 23,5 %) oder mit Bier und alkoholfreien Getränken (25,1 %) sowie mit Süßwaren (16,3 %) haben zur Folge gehabt, daß sich der Sortimentsgroßhandel in der Vermarktung dieser Produktgruppen zunehmend engagiert hat. Allerdings haben diese Fachzweige auch mit relativ hohen Kosten in der Distribution zu kämpfen, wie z.B. im Fachzweig mit Wein {1988: 20,7 %), mit Bier und alkoholfreien Getränken {22,0 %) oder mit Süßwaren (13,9 %) . Desgleichen liegt in diesen Fachzweigen die Umschlagshäufigkeit im Vergleich zu den übrigen Fachzweigen niedrig. Auffällig sind die relativ niedrigen Roherträge (1988: 8,9 %) und Kosten (8,4 %) im Sortimentsgroßhandel, der sich jedoch vor allem durch hohe Umsatzvolumina pro Unternehmenseinheit auszeichnet. Intensive Rationalisierungen in der Massendistribution mit Nahrungsund Genußmitteln haben dazu beigetragen, daß sich im Sortimentsgroßhandel die anteiligen (Betriebs-)Kosten von 9,2% (1976) auf 8,4% (1988) gemindert haben. Betrachtet man die Entwicklung der anteiligen Roherträge und Kosten sowie die Umschlagshäufigkeit nach den verschiedenen Umsatzgrößenklassen im Sortimentsgroßhandel, so zeigt sich folgendes Bild (vgl. Tab. 5-7): Wesentlich höher als im gesamten Sortimentsgroßhandel fällt die Rohertragsquote bei den kleinen und mittleren Unternehmen dieses Fachhandelszweigs aus, entgegen dem allgemeinen Trend konnten sie in den letzten Jahren stabilisiert bzw. sogar gesteigert werden. Im Hinblick auf die Entwicklung der Kosten-

174

(1l

"l

sonstigen Nahrungsmit-

10,5

10,7

8,4

23,5

I

11,4

7,3

25,1

23,5

15,2

15,5

I I I

I

I

I I

II

I

I I I

I I I

I

I I

II

I

11,3

9,5

7,3

19,3

21 ,8

4,9

11 ,5

6,4

4,9

11 ,7

11 ,0

9,2

1976

i

9,3

7,9

19,3

11 ,9

23,4

8,5

10,4

7,8

5,8

9,7

8,6

8,6

1980

I

Kosten

9,6

7,0

20,7

8,9

30,6

9,5

11,4

6,9

6,2

11 ,2

9,5

8,8

1984

I

10,4

6,4

22,0

20,7

13,7

13,7

10,0

8,4

13,9

11 ,8

8,4

1988

17,2

18,8

22,0

3,7

29,7

13,0

41,5

50,6

9,8

22,7

16,4

1976

I

18,2

19,0

15,6

9,4

2,6

20,4

16,3

44,1

32,0

9,2

40,3

18,3

1980

I

18,6

15,7

18,8

9,0

2,2

18,7

19,9

59,8

29,5

10,5

38,4

20,4

1984

Umschlagshäufigkeitb)

I

19,4

18,3

13,1

3,0

21 ,5

21 ,2

33,1

32,9

11 ,3

49,1

20,1

1988

Quelle: Statistisches Bundesamt, Fachserie 2: Unternehmen und Arbeitsstätten, Reihe 1.2.1: Kostenstruktur im Großhandel bei Buch- und ähnl. Verlagen, laufende Jahrgänge.

a) Rohertrag : Gesamtleistung minus Material· und Wareneinsatz. b) Umschlagshäufigkeit Material- und Wareneinsatz dividiert durch den durchschnittlichen Material· und Warenbestand.

u. GenuGmitteln insgesamt

Großhandel mit Nahrungs·

10,7

9,5

8,9

Tabakwaren

22,5

23,1

9,6

Bier, alkoholfreien Getränken

35,2

11 ,2

13,6

8,5

I I I

I I I I I

I I I I I

1

8,7

16,3

6,7

13,1

8,9

1988

12,6

1

I

in % der Gesamtleistung

10,8

9,2

1984

16,7

1

24,8

25,0

Spirituosen

Wein

Iein

10,0

13,1

14,8

Fisch, Fischerzeugnis-

5,2

8,8

7,9

Fleisch, Fleischwaren

sen

6,9

5,6

Milcherzeugnissen, Fettwaren

10,6

12,9

12,9

8,9

13,8

I

1980

Süßwaren

9,8

1976

Rohertrag•)

Entwicklung des Rohertrags und der Kosten sowie der Umschlagshäufigkeit in ausgewählten Wirtschaftszweigen des Nahrungsmittelgroßhandels von 1976 bis 1988

Gemüse, Obst, Früchten

Nahrungsmitteln verschiedener Art (Sorti· mentshandel)

Großhandel mit ...

Tabelle 5-6

I

I

I

J

I

"""

Ol

8,9

250 - 500 Mill.

1984

I

(7,5) 8,9

I

(6,9)

(9,2) 9,2

I

7,6

7,6

9,8

9,2

8,2

8,2

8,6

8,8

(9,2)

8,4

(7,0)

(6,8)

----

-- -

----

18,3

----

20,4

(23,8)

20,1

(28,0)

(26,6)

Quelle: Statistisches Bundesamt, Fachserie 2: Unternehmen und Arbeitsstätten, Reihe 1.2. 1: Kostenstruktur im Großhandel bei Buch- und ähnl. Verlagen, laufende Jahrgänge.

16,4

15,5 21,8

7,3

21,2

17,3 18,5 18,6

9,6

9,1

8,1

23,1

11,8 (15,8) 17,3 16,6 12,8

7,3

12,5 (15,3) 11,5 12,2 11,1

(9,7)

(7,3)

(12,1)

-

10,2 (21,4) 12,4 11,7

13,4

(10,8)

9,6

(9,7)

9,1

11,7

10,8 10,5

(13,0)

1988

(14,9)

4,3

I

9,7

8,4

1984 [10,0]

I [9,0]

1980

(21,6)

I

8,3

1976

(16,1)

1988

Umschlagshäufigkeitb l

10,4

14,1

14,1

I

a) Rohertrag: Gesamtleistung minus Material- und Wareneinsatz. b) Umschlagshäufigkeit: Material- und Wareneinsatz dividiert durch den durchschnittlichen Material- und Warenbestand. [] Amtlich basierender Schätzwert des ifo lns1ituts. 0 Aussagewert eingeschränkt laut amtlicher Statistik.

Insgesamt

8,9

8,7

8,6

100-250 Mill.

9,8

(10,0)

10,2

9,7 9,5

10,3

12,2

(11,9)

10,6

10,8

25- 50 Mill.

50- 100 Mill.

9,2

12,7

14,2

(9,4)

10,1

13,6

10- 25 Mill. 13,8

12,8

(15,5)

15,3

15,9

14,5

10 Mill.

5-

1 Mrd. und mehr

I 13,8

1980

14,6

15,2

(25,2)

500 Mill. - 1 Mrd.

1 [15,0]

1976 [14,0]

I

12,6

1988 (18.4)

I

Kosten

[18.5]

1984

14,9

I

15,8

[17,0]

1980

16,8

I

I

in % der Gesamtleistung

5 Mill.

15,3

1976

Rohertrag•)

Entwicklung des Rohertrags und der Kosten sowie der Umschlagshäufigkeit nach Umsatzgrößen des Sortimentsgroßhandels mit Nahrungsmitteln von 1976 bis 1988

2-

unter 2 Mi II.

Umsatzgrößenklassen (d.h. Gesamtleistung von ... bis unter ... DM)

Tabelle 5-7

anteile an der Gesamtleistung von 1976 bis 1988 hat sich in einzelnen Größenklassen jedoch eine unterschiedliche Entwicklung ergeben. Während die kleinen und mittleren Unternehmen bis 1988 einen deutlichen Anstieg der Kostenspanne aufwiesen, kann bei den Großunternehmen (250 Mill. DM Jahresumsatz und mehr) sogar ein Rückgang des Anteils der (Betriebs-) Kosten an der Gesamtleistung beobachtet werden. Diese Kostendegression ist auf eine hohe Umsatzexpansion, eine intensive Implementierung kostenmindernder Kommunikations- und Informationstechniken sowie eine nachhaltig betriebene Rationalisierung und Modernisierung der großhandelseigenen Logistik zurückzuführen.

5.3.5 Strategien von Großhandelsunternehmen Ein Großteil der Unternehmen des Großhandels mit Nahrungs- und Genußmitteln steht aufgrund geringer Umsatzgröße und hoher Leistungsanforderungen von seiten der Lieferanten sowie ihrer größeren und kleineren Kunden unter einem erheblichen Wettbewerbsdruck. Mit der weiteren Entwicklung zu einem hoch technologisierten System der Massendistribution für Güter der Ernährungsindustrie sind vor allem die kleineren Fach- und Spezialgroßhandelsunternehmen gezwungen, mit einer hohen Regional-, Produktund Fachkompetenz ihre Absatzposition bei wichtigen Abnehmern im Einzelhandel, in der Gastronomie und bei den Großverbrauchern abzusichern. Die Gründung von Vertriebs-(Großhandels-)Unternehmen durch ausländische Hersteller von Nahrungsmitteln (so z.B. aus Italien und Frankreich) und von Spezialgroßhandlungen in Form von Tochtergesellschaften durch die umsatzstarken Sortiments- bzw. Verbundgroßhandelsunternehmen (z.B. WIBU-ReweGroßhandlungen bzw. Mios C&C-Großhandelsunternehmen durch Edeka-Handelsgesellschaften) zur Belieferung gastronomischer und sonstiger gewerblicher Abnehmer mit einem spezifischen Waren- und Logistikangebot hat in einigen Warengruppen vielfach zu einer Ausschaltung von selbständigen Fachgroßhandlungen geführt. Auch wenn für diese Entwicklung hauptsächlich kosten- und ertragswirtschaftliche Faktoren maßgeblich waren, so kann diese Ausschaltung vieler kleinerer Nahrungsmittelgroßhandlungen u.a. auch darauf zurückgeführt werden, daß die in- und ausländischen Hersteller vermehrt den direkten "Verkaufs- und Absatz"-Kontakt zu ihren Abnehmern suchen und

177

häufig die Auslieferung der Ware leistungsfähigen Speditionsunternehmen übertragen. Insbesondere bei denjenigen Gütern der Ernährungsindustrie, die eine unmittelbare Informations- und Werbeansprache zum Konsumenten hin erfordern, waren vielfältige Tendenzen der Ausschaltung des Großhandels zu beobachten. Ein Großteil der von diesem Umstrukturierungsprozeß tangierten Großhandelsunternehmen sind in das Speditionsgewerbe oder in die Handelsvermittlung gewechselt oder haben eigene Geschäfte auf der Einzelhandelsstufe eröffnet. Andererseits ist in den letzten Jahren auch eine verstärkte Einschaltung von solchen Fachgroßhandlungen in die Distributionskette zu beobachten gewesen, die sich auf den Import von ausländischen Lebensmitteln und deren (Inlands-) Distribution in den verschiedenen regionalen Absatzmärkten konzentriert haben. Das Aufspüren von leistungsfähigen Lieferanten auf ausländischen Beschaffungsmärkten sowie die Übernahme und Organisation des Vertriebs der Produkte bilden die Hauptaufgaben derartiger Fachgroßhandlungen. Für ein erfolgreiches Engagement kommt dem Fachgroßhandel seine große Kompetenz bei der Durchführung von Nischen-Strategien zugute. Die Vertretung der Absatzinteressen von ausländischen Anbietern und Produzenten von Lebensmitteln ist ein wesentliches Fundament für den oft kleinbetrieblichen Nahrungsmittel-Fachgroßhandel geworden. Die kontinuierliche Erweiterung des Marktangebots von ausländischen Erzeugnissen im deutschen Lebensmitteleinzelhandel hat zu dieser verstärkten Einschaltung des Fachgroßhandels mit Nahrungsmitteln geführt. Die Strategie der umsatzstarken (Sortiments-)Großhandelsunternehmen war in den letzten Jahren schwergewichtig darauf ausgerichtet, ein umfassendes und wettbewerbsadäquates Waren- und Dienstleistungsangebot für die Abnehmer auf der Einzelhandelsstufe aufzubauen. Der zunehmende Wettbewerbsdruck, der vor allem von den einstufigen Filialunternehmen ausgegangen ist, hat den Sortimentsgroßhandel zu einer oft radikalen Neuorientierung der Absatzpolitik gezwungen. Diese war vor allem durch die Übernahme der gesamten Informations- und Werbeaktivitäten hin zu den Konsumenten geprägt. Desgleichen haben viele Großhandelsunternehmen die Strategie eines

178

einheitlichen Marktauftritts mit Hilfe der Konzipierung von modernen und einprägsamen Geschäfts- und Betriebstypen forciert. Nur durch eine starke Förderung der absatzwirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ihrer Abnehmer im Einzelhandel und eines daraus sich ergebenden hohen Umsatzvolumens waren die Sortimentsgroßhandlungen in der Lage, günstige Einkaufskonditionen bei den Herstellern der in- und ausländischen Ernährungsindustrie zu erreichen. Die Verhandlungs- und Nachfragemacht der großen Sortiments- und Verbundgroßhandlungen gegenüber den Unternehmen der Ernährungsindustrie steht in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der absatzwirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ihrer Kunden und Geschäfte auf der Einzelhandelsstufe. Um die Wettbewerbsposition in der Distribution von Nahrungs- und Genußmitteln abzusichern und ggf. auszubauen sowie Tendenzen der Ausschaltung zu begegnen, werden die Unternehmen des Nahrungsmittelgroßhandels künftig verstärkt folgenden Herausforderungen begegnen müssen: Aufbau eines Warenangebots mit einer hohen Informations- und Fachkompetenz hin zu den Endabnehmern, d.h. Konsumenten, Erweiterung der Dienstleistungs- und Logistikangebote zur Erhöhung der Lieferbereitschaft und -Zuverlässigkeit, -

Entlastung der Kunden auf der Einzelhandelsstufe von Aufgaben der Abfallvermeidung und -beseitigung, Erzielung eines wettbewerbsadäquaten Preis- und Konditionenniveaus in der Beschaffung,

-

Information der Abnehmer auf der Einzelhandelsstufe über Veränderungen am Markt bis hin zur Durchführung oder Vermittlung von Schulungen für das Verkaufspersonal der Abnehmer,

-

zunehmende Bedeutung der Kommunikation im Großhandel, um den lnformationsfluß zu den Abnehmern zu beschleunigen.

Auf der Großhandelsstufe werden künftig hauptsächlich vier Betriebstypen von Großhandelsunternehmen tätig sein und mit folgenden Strategien im Distributionswettbewerb agieren:

179

-

Die umsatzstarken Sortimentsgroßhandlungen der verschiedenen Verbundgruppen werden zu größeren Distributionszentren weiter ausgebaut. Ihr Ziel ist es, auf der Grundlage eines hohen Beschaffungsvolumens die an sie gebundenen Lebensmittel-Einzelhandelsgeschäfte und Filialen mit einem preisgünstigen Warenangebot zu beliefern. Dabei wird eine kostengünstige und leistungsfähige Warenlogistik eine ausschlaggebende Rolle spielen.

-

Die kleinen und mittleren Fachgroßhandelsunternehmen mit speziellen Nahrungsmitteln werden sowohl autonom als auch in Kooperation mit dem Sortimentsgroßhandel schwerpunktmäßig in die Distribution von kleineren Warenmengen an den Facheinzelhandel, an die Gastronomie und sonstige gewerbliche Abnehmer eingeschaltet. Die herstellergeführten Vertriebssysteme werden auf der Großhandelsstufe hauptsächlich Funktionen der Logistik übernehmen. Auch Unternehmen des Speditionsgewerbes werden zunehmend in diesen Funktionsbereich des Nahrungsmittelgroßhandels weiter hineindiversifizieren.

-

Der grenzüberschreitende in- und ausländische Import-Großhandel wird in einigen Produktbereichen auf der Großhandelsstufe an wettbewerbspolitischer Bedeutung gewinnen. Dies resultiert vor allem daraus, daß auch im Zusammenhang mit der Realisierung des gemeinsamen Europäischen Binnenmarktes das Angebot an ausländischen Nahrungs- und Genußmitteln bzw. Spezialitäten in der Bundesrepublik eine hohe Akzeptanz gefunden hat und die ausländischen Hersteller den selektiven Vertriebsweg über den fachkundigen und spezialisierten Importhandel präferieren, um nicht in den Preisdruck der Massendistribution zu geraten.

Mit der zunehmenden Implementierung moderner Informations- und Kommunikationsdienste und dem weiteren Ausbau von technisch hochwertigen Logistiksystemen hat das Distributionssystem von Nahrungs- und Genußmitteln sowohl in West- als auch in Ostdeutschland einen hohen Leistungsstandard erreicht. Dies hat auch schon dazu geführt, daß mehr und mehr Unternehmen der in- und ausländischen Ernährungsindustrie bestimmte Funktionen des Absatzes und insbesondere der (Waren-)Logistik auf leistungsfähige Unternehmen des Nahrungsmittelgroßhandels übertragen haben.

180

5.4 5.4.1

Distribution auf der Einzelhandelsstufe Generelle Entwicklungen im Lebensmitteleinzelhandel

Wohl in keinem anderen Fachzweig des Einzelhandels waren die Strukturveränderungen in den letzten 20 Jahren so stark ausgeprägt wie im Sortimentsund Facheinzelhandel mit Nahrungs- und Genußmitteln. Die Entwicklung und Durchsatzung moderner Absatz- und Verkaufskonzepte für bestimmte Einkaufsstätten durch marktführende Großunternehmen des Lebensmitteleinzelhandels haben die Stellung und Wettbewerbspositionierung dieser Handelsunternehmen auf den für sie relevanten Absatz- und Beschaffungsmärkten erheblich verstärkt. Die Herstellerunternehmen des Ernährungsgewerbes wurden mit der zunehmenden Nachfragemacht der umsatzstarken Handelsunternehmen und -gruppen konfrontiert, was mehr und mehr dazu geführt hat, daß die kleinen und mittleren Herstellerunternehmentrotz verstärkter Anstrengungen unzureichend die Leistungs- und Konditionenforderungen der großen, meist einstufigen Handelsunternehmen erfüllen konnten. Die Intensität des vertikalen Wettbewerbs zwischen der Hersteller- und Handelsstufe hat deutlich zugenommen. lnfolge der Vielfalt der Geschäfts- und Betriebstypen und der in- und ausländischen Produkte im Angebotssortiment haben sich auch die Ansprüche und Erwartungen der verschiedenen Konsumentengruppen an den Lebensmitteleinzelhandel erhöht. Dies hat die Intensität des horizontalen Wettbewerbs zwischen den verschiedenen Angebotstypen des Lebensmitteleinzelhandels stetig erhöht. Aus dieser zweiseitigen Betrachtungsweise heraus sind die vehementen Strukturentwicklungen der letzten zwei Jahrzehnte auf der Einzelhandelsstute mit Nahrungs- und Genußmitteln zu erklären. Im folgenden werden wesentliche EinflußfaktarEm der Beschaffungs- und Absatzmärkte dargestellt und analysiert. Gemessen an der Umsatzentwicklung in anderen Fachzweigen des Einzelhandels weist der Einzelhandel mit Nahrungs- und Genußmitteln seit 1986 eine nicht ganz so günstige Absatzentwicklung auf (vgl. Abb. 5-1). Diese Entwicklung kann nicht allein auf das relativ hohe Sättigungsniveau der privaten Haushalte mit Nahrungs- und Genußmitteln zurückgeführt werden, sondern hauptsächlich auf die sprunghaft erhöhte Nachfrage in bestimmten Non-

181

......

(X) 1\)

nominal

1986

I, 11111 11 I I 1

1988

I 1989 I 1990 I 1991

1992

I 1993

1994

I 95

.. . I · ..........................

( beide Reihen saisonbereinigt und geglättet)

·················· I ···· · · · I

rlr II II I illllllllll I I I I I I I rlr Ii! I I I I I I I ~I II I I I I I I I I rlr I 111111111 IrI I I I I I i II I~ I II I I I III I rlr I 1 I I I I I I I rl I I 11

...... . ...............

I· ·

· I

_;E.f'_.v"---t~-~\~.:ji'L~::==t:'':L:::_. '

v'

.

.............. ....................... .................

Quelle: Statistisches Bundesamt, Einzelshandels-Meßzahlen sowie Berechnungen des ifo Instituts.

95

100-1#- ,.

105+ ....

I 1987

! ····································

······· ·

11 0~·····

--+

······I .. .. . . ... .... ......

-+

+· ·

..... ... +.

N+G-Umsatz (EH)

EH-Ums., nominal

von 1986 bis 1994

Entwicklung der Umsätze im Einzelhandel insgesamt und im Einzelhandel mit Nahrungs- und Genußmitteln

115-+

120+

125

130

135-+······

145

Abb. 5-1

food-Branchen des Einzelhandels durch ostdeutsche Konsumenten nach 1990. Darüber hinaus wurde diese relativ schwierige Absatzentwicklung im (institutionellen) Lebensmitteleinzelhandel auch durch die verstärkten Präferenzen vieler Verbraucher für großflächige Verbraucher- und SB-Warenhäuser hervorgerufen, die in den letzten Jahren ihre Lebensmittelabteilungen vom Qualitätsniveau ihrer Warenangebote her merkbar aufgewertet haben. Ausgelöst durch diese Entwicklungen hat sich seit 1980 die Zahl der selbständigen und inhabergeführten Einzelhandelsunternehmen und der auf diese Gruppe entfallende Umsatzanteil am gesamten Lebensmitteleinzelhandel kontinuierlich vermindert (vgl. Tab. 5-8). Entfielen auf den selbständigen Einzelhandel im Jahre 1980 noch rd. 80 % aller Verkaufsstellen im Lebensmitteleinzelhandel und rd. 32 % des Branchenumsatzes, so verminderten sich bis zum Jahre 1994 die entsprechenden Anteile auf rd. 67 % aller Verkaufsstellen und auf rd. 20% des Branchenumsatzes (einschließlich neue Bundesländer). Die Verkaufsstellen und die Umsätze des filialisierten Einzelhandels dagegen haben seit 1980 erheblich zugenommen. Dieser Prozeß der Verdrängung und Ablösung der inhabergeführten Einzelhandelsunternehmen durch Filialgeschäfte mit einer zentralen Systemleitung zeigt deutlich den Trend zur Massendistribution im Lebensmittel-SortimentseinzelhandeL Diese Entwicklung hat dazu geführt, daß die Hersteller ihre Absatzkonzepte verstärkt auf die großen Handelsunternehmen und -gruppen ausgerichtet haben, um ihre Transaktionskosten für den Mengenabsatz soweit wie möglich zu minimieren. Wenn auch in den sog. Jahresgesprächen die jährlichen Bezugs- bzw. Zielmengen abgesprochen und festgelegt werden und darauf aufbauend die Bezugs- und sonstigen Konditionen, so verbleibt für die beiden Verhandlungspartner noch ein relativ großer Freiheitsraum für Vereinbarungen von Sonderaktivitäten, um im Verlauf des Jahres auf Entwicklungen in dem jeweiligen Absatzmarkt kurzfristig reagieren zu können. Die vielfältigen Bezugsbeziehungen der Handelsunternehmen zu den Unternehmen der Ernährungsindustrie setzen sich daher sowohl aus langfristigen Vereinbarungen als auch aus kurzfristig zu treffenden Absatzentscheidungen zusammen. Zweifelsohne hat in den letzten zwei Jahrzehnten der Lebensmitteleinzelhandel insgesamt einen Zuwachs an Markt- bzw. Nachfragemacht für sich verbuchen können. Dieser Zuwachs resultiert vor allem daraus, daß wettbewerbs-

183

~

OJ

37.206

47.740

45.779

1991

1992 1 )

1993

Quelle:

67,3 40.000

in%

18,9

19,6

16,8

18,6

23,9

32,2

22.222

23.385

17.966

17.923

16.907

14.878

absolut

Zahl in%

32,7

32,9

32,6

29,8

25,2

19,4

172.000

170.650

140.042

118.760

101 .116

76.045

absolut

Umsatz

Filialisierter Einzelhandel

in %

81,1

80.4

83,2

81 ,4

76,1

67,8

68.001

71.125

55.172

60.051

67.018

76.881

Zahl

212.000

21 2 .230

168.302

145.920

132.800

112.229

in Mill. DM

Umsatz

Insgesamt

Bundesverband des deutschen Lebensmittel-Einzelhandels e.V., Lebensmittelhandel im Spiegel der Statistik (nach Unterlagen der A.C. Nielsen Company GmbH), Bonn 1993, S. 56.

1) Einschließlich neuer Bundesländer.

28.260

67,4 41 .580

27.160

42.128

67,1

31.684

74,8

70,2

50.111

1988

36.184

in Mill. DM

1984

in%

80,6

I I

Umsatz

Selbständiger Einzelhandel

62.003

absolut

Zahl

Entwicklung der Zahl und des Umsatzes der selbständigen Einzelhandelsunternehmen und der Filialgeschäfte im Lebensmitteleinzelhandel (1980 bis 1993)

1980

Jahr

Tabelle 5-8

aktive Handelsunternehmen und Kooperationen auf die Herausforderungen auf den Absatzmärkten, nämlich der Forderung der Verbraucher nach preisgünstigen und modernen Einkaufsstätten, und auf den Beschaffungsmärkten, nämlich der Abnahme von großen Produktionsmengen, mit der Entwicklung von adäquaten Strategien beantwortet haben. Diese Entwicklung zeigt sich vor allem auch in dem sprunghatten Anstieg der Bezugsquote des kooperierenden Einzelhandels bei ihren Einkaufsvereinigungen bzw. -kooperationen. Gemessen an ihrem gesamten Beschaffungsumsatz erhöhte sich der Anteil der Warenbezüge des Lebensmitteleinzelhandels bei den Einkaufsvereinigungen von 1985 bis 1991 von durchschnittlich 32 auf 45 % (vgl. Tab. 5-9). Vor allem die großen (Filiai-)Unternehmen und (Verbund-)Gruppen haben firmenspezifische Strategien und daraus Marketingsysteme entwickelt, deren Fundament die Zusammenführung und enge Verknüpfung von beschaffungsund absatzwirtschaftlichen Elementen ist. Auf dieser Basis können verhandelte Vorteile z.B. auf den Beschaffungsmärkten sogleich auf den Absatzmärkten in preisgünstigen Angeboten gegenüber den Konsumenten weitergegeben werden, was vielfach zu langfristiger Kundenbindung für die jeweiligen Geschäfte führt. Andererseits werden absatzwirtschaftliche Vorsprünge in einer Marktregion von den jeweiligen Handelsunternehmen den Herstellern des Ernährungsgewerbes angeboten, die für diese für sie wichtige Marktleistung des Handels günstige Einkaufskonditionen gewähren. Diese unmittelbare Verknüpfung von wettbewerbliehen Effekten auf den Absatz- und Beschaffungsmärkten hat zu diesen Umsatzsteigerungen bei einigen Handelsunternehmen geführt, die mit einer spürbaren Verbesserung der Markt- und Verhandlungsposition einzelner Handelsunternehmen verbunden war. Eine wesentliche Voraussetzung für diese Strategie war die Verfügung über ein großes Netz von leistungsfähigen und modernen Verkaufsstellen, um den Herstellern einen möglichst hohen Mengenabsatz und den Konsumenten eine große Vielfalt von Produkten in unterschiedlichen Preiszonen anbieten zu können.

5.4.2 Entwicklungen in den einzelnen Fachzweigen ln den letzten Jahren hat sich der Strukturwandel im Sortiments- und Facheinzelhandel mit Nahrungs- und Genußmitteln weiter fortgesetzt. lnfolge des weiteren Vordringens der großflächigen SB-Warenhäuser und Verbraucher-

185

00

(j)

2,0

1,6

98,4

7,0

1,9

67,2

22,3

Angaben in% 98,6

24,6

31,7

10,9

1,4

5,8

1,9

63,6

27,3

Angaben in%

10,3

44,6

8,7

61 Mill. DM 136.971 Mill. DM

22 Mill. DM

137.033 Mill. DM

1991

91.537 Mill. DM

91 .559 Mill. DM

1985

Quelle: Statistisches Bundesamt, Warensortiment sowie Bezugswege im Einzelhandel1979, 1985 u. 1991, Fachserie 6: Reihe 3.3 und Berechnungen des ifo Instituts für Wirtschaftsforschung.

- dem Ausland

6,1

anderen Lieferanten

11,2

- Fachgroßhandel 2,6

35,8

- Einkaufsvereinigungen

land- u. forstwirtschaftliche Betriebe

16,5

63,5

- Kette oder Gruppe

von Unternehmen des Großhandels

Angaben in% 25,8

98,0

70.497 Mill. DM

15 Mill. DM

70.512 Mill. DM

1979

Wareneingang und Bezugswege im Einzelhandel mit Nahrungsmitteln, Getränken, Tabakwaren - 1979, 1985 und 1991 -

von Unternehmen des Prod. Gewerbes

- dem Bundesgebiet

Warenbezüge insg. (= 100 %) aus ...

davon: Aufwendungen für Lohnarbeiten

Wareneingang insg.

Bezugswege

Tabelle 5-9

I

I'

!

I

märkte, die in der amtlichen Statistik nicht dem (institutionellen) Einzelhandel mit Lebensmitteln zuzurechnen sind, hat die Zahl der in diesem Wirtschaftszweig agierenden (steuerpflichtigen) Einzelhandelsunternehmen im Zeitraum von 1988 bis 1992 um 6,1 % auf rd. 80 000 abgenommen (vgl. Tab. 5-1 0}. Der Umsatz in diesem größten Wirtschaftszweig des Einzelhandels (rd. 23 % am Gesamtumsatz des Einzelhandels) hat während dieses Zeitraumes um 26,2 % zugenommen. Gemessen an der Veränderung des Gesamtumsatzes im Einzelhandel (in den alten Bundesländern) in einer Größenordnung von ca. 30 % hat sich dieser Wirtschaftszweig mit Nahrungs- und Genußmitteln etwas unterdurchschnittlich entwickelt. Ein wesentlicher Grund hierfür liegt u.a. an der erhöhten Nachfrage in den alten Bundesländern nach langfristigen Gebrauchsgütern, die im wesentlichen durch den sog. Einkaufstourismus von Verbrauchern aus den neuen Bundesländern hervorgerufen wurde. Nahrungs- und Genußmittel wurden von dieser spezifischen Nachfrage nicht im gleichen Ausmaß tangiert wie z.B. Güter der Unterhaltungselektronik oder Textil- und Bekleidungserzeugnisse. Im Sortimentseinzelhandel mit Lebensmitteln hat sich im Vergleich zu den vorherigen Jahren die rückläufige Entwicklung etwas abgemindert. Waren in diesem Fachzweig im Jahre 1988 noch rd. 50 % aller Lebensmitteleinzelhandelsunternehmen vertreten, so lag im Jahre 1992 der entsprechende zahlenmäßige Anteil nur noch bei knapp 47 %. Allerdings entfiel auf diese Gruppe von z.T. sehr umsatzstarken Filialunternehmen über 82 % des Branchenumsatzes. Die geringfügige Anteilsminderung des Sortimentseinzelhandels gegenüber dem Nahrungsmittel-Facheinzelhandel im Zeitraum von 1988 bis 1992 ist vor allem auf die überdurchschnittliche Umsatzexpansion des Facheinzelhandels mit Molkereiprodukten (1992/88: +43,2 %) und mit Getränken (+44,3 %) zurückzuführen. Auffällig ist der relativ hohe Rückgang der Zahl der Tabakwaren-Einzelhandelsunternehmen von 1988 bis 1992 um 15 %. Vergleicht man die Strukturen der Wirtschaftszweige des Einzelhandels mit Nahrungs- und Genußmitteln in den alten und neuen Bundesländern, so zeigen sich folgende Unterschiede:

187

0) 0)

- - -~

2.967

85.163

Einzelhandel mit Nahrungsmitteln, Getränken, Tabakwaren 100!

I I

8,41 10,2 I

3,5,

137.870

5.587

3.694

1.673

5.567

2.751

1.207

3.609

375

715

1.251

12.136

114.580

in Mill. DM

I

Umsatz

100

4,1

2,8

1,2

4,0

2 ,0

0,9

2,6

0,3

0,5

0,9

8,8

83,1

in%

80.008

7.380

7.466

3.139

10.605

7.677

2.570

4.539

691

1.995

1.940

24.807

37.416

Anzahl

I

100

9,2

9,3

3,9

13,3

9,6

3,2

5,7

0,9

2,5

2,4

30,8

174.038

6.085

5.694

2.340

8.034

3.646

1.712

4.266

456

771

1.792

16.086

143.833

I

Umsatz in Mill. DM

1992

46,8

in %

Unternehmen in %

100

3,5

3,3

1,3

4,6

2,1

1,0

2,5

0,3

0,4

1,0

9,2

82,6

Unter-

-6,1

·15,3

~

I I

I

+3,81

+5,61

I

I

+4,4:

+ 9,4

+4,1

i i +3,2 i

i i +5,51

-1,0

-17,3

l

I

+4,5:

I I I I

-12,51

I I I I

+ 26,2

+8,9

+46,2

+39,9

+44,3

+ 32,5

+8,8

+ 18,2

+ 21 ,6

+7,8

+ 43,2

+ 32,5

+25,5 1

Umsatz

1992/88 in %

Veränderung

nehmen

Quelle: Statistisches Bundesamt, FS 14: Finanzen und Steuern, Reihe 8: Umsatzsteuer (laufende VeröHentlichungen) und Berechnungen des ifo Instituts.

8.707

7.190

- Tabakwaran

Bier, alkoholfr. Getränke

. Wein, Spirituosen

davon:

11,9

8 ,7

7.436

KartoHeln, Gemüse, Obst

10.157

2,8

- Gelrinken

5 ,1

4.362

2.350

Brot, Konditorwaren

0 ,6

2,4

2,8

27,7

50,2

in%

655

I

1988

Fleisch, Fleischwaren

. KaHee, Tee, Kakao

2.346

2.015

. Süßwaren

23.545

42.754

Anzahl

Unternehmen

Unternehmen und Umsatz Im Einzelhandel mit Nahrungs- und GenußmiHeln nach Wirtschafts· und Fachzweigen (alte Bundesllnder) ln den Jahren 1988 und 1992

. Milch, Fettwaren, Eier

- Nahrungamlt1eln darunter:

Facheinzelhandel mit .

Sortlmentaelnzalhandal

Wirtschafts-/ Fachzweige

Tabelle 5-10

alte Bundesländer

Wirtschaftszweige Einzelhandel mit Nahrungs- und Ge· nußmitteln insgesamt

Anzahl

neue Bundesländer

Umsatz in

Anzahl

Mrd. DM

Umsatz in

Mrd. DM

60 006 (= 100 %)

174,0 (= 100%)

24 066 (= 100 %)

(= 100 %)

46,8%

82,6 %

37,6%

45,6%

• Facheinzelhandel mit Nahrungsmil· Iein (wie z.B. mit Molkereiproduk· ten, Süßwaren, Obst u.Gemüse etc.)

30,8%

9,2 %

29,1%

33,2%

- Facheinzelhandel mit Getränken

13,3%

4,6%

32,0%

18,3%

9,2%

3,5 %

1,3%

2,9%

~

• Sortimentseinzelhandel mit Nah· rungs- und GenuGmitteln verschie-

dener Art

• Facheinzelhandel mit Tabakwaren

Der hohe Anteil des zu einem großen Teil filialisierten Sortimentseinzelhandels in den alten Bundesländern kann hauptsächlich darauf zurückgeführt werden, daß die Fachsortimente (wie z.B. Obst und Gemüse, Molkereiprodukte) als ein integraler Bestandteil im Warenangebot dieses größten Fachzweigs des westdeutschen Lebensmittelhandels angesehen werden. ln den neuen Bundesländern ist diese Integration der speziellen Warenbereiche in den Sortimentseinzelhandel noch nicht so vorangeschritten, so daß diesen Fachzweigen im ostdeutschen Lebensmittelhandel eine relativ hohe Bedeutung in der Distribution beigemessen wird. Viele der zahlreichen Existenzgründer im Nahrungs- und Genußmitteleinzelhandel in den neuen Bundesländern können mit ihren Waren- und Preisangeboten nicht mit den breit sortierten und modernen Filial- und Discountgeschäften der westdeutschen Filialhandelsunternehmen konkurrieren und weichen deshalb zunehmend auf den Facheinzelhandel z.B. mit Obst und Gemüse oder mit Getränken aus. Ebenso wie in den alten Bundesländern werden aber in den nächsten Jahren die umsatzstarken Filialunternehmen in den neuen Bundesländern stärker in diese Warensortimente hineinexpandieren, so daß der Wettbewerbs- und Preisdruck auf die überwiegend kleineren ostdeutschen Facheinzelhandelsunternehmen zunehmen wird. lnfolge dieser strukturellen Entwicklungen im Lebensmitteleinzelhandel haben sich die meisten Unternehmen der Ernährungsindustrie in ihren Absatzaktivitäten auf die umsatzstarken Unternehmen des Sortimentseinzelhandels konzentriert. ln den sog. Jahresgesprächen werden mit den großen Handelsunternehmen und -gruppen die jährlichen Bezugs- und Zielmengen sowie wich-

14 Breitenacher!Täger

189

tige Werbe- und Verkaufsaktionen vereinbart, um auf diese Weise über die marktstarken Anbieterauf der Einzelhandelsstufe eine möglichst hohe Absatzmenge abzusichern. Der Facheinzelhandel mit Nahrungsmitteln wird hauptsächlich über regional und lokal agierende Sortiments- und Fachgroßhandelsunternehmen beliefert. Auch wenn einzelne Fachzweige des Lebensmittelhandels als Direktabnehmer für die Unternehmen des Ernährungsgewerbes an Bedeutung verloren haben, so spielen die meist kleineren Fachgeschäfte dennoch eine erhebliche Rolle als Absatzmittler für kleinere Produktionsunternehmen mit regionalen Absatzaktivitäten. Dies trifft insbesondere für kleinere Unternehmen der ostdeutschen Ernährungsindustrie zu.

5.4.3 Größenstrukturen und Konzentration Mit der zunehmenden Entwicklung hin zur Massendistribution im Einzelhandel mit Nahrungs- und Genußmitteln hat sich die Größenstruktur der in dieser Branche agierenden Unternehmen erheblich verändert. Lag die durchschnittliche Umsatzgröße im Jahre 1986 noch bei 1,391 Mill. DM, so stieg diese bis 1992 auf 1,790 Mi II. DM. Der Anstieg wäre noch höher ausgefallen, würde diese Durchschnittsbetrachtung auf die alten Bundesländer beschränkt bleiben. Die Vielzahl der "Kieinst"- und kleineren Geschäfte in den neuen Bundesländern hat die durchschnittliche Umsatz- bzw. Unternehmensgröße im Lebensmitteleinzelhandel erheblich gemindert. Beträgt die durchschnittliche Umsatzgröße in den alten Bundesländern ca. 1,9 Mill. DM, so beläuft sich die entsprechende Größe in den neuen Bundesländern auf 512 000 DM. Die Privatisierung vieler Kleingeschäfte aus dem Bestand der HO hat zu diesem großen Unterschied geführt. Wird die Umsatzentwicklung im Sortimentseinzelhandel im Zeitraum von 1989 bis 1993 nach Umsatzgrößenklassen betrachtet, so zeigt sich, daß größere Unternehmen während dieses Zeitraumes einen - im Durchschnitt - größeren Umsatzanstieg verzeichnen konnten als kleinere Unternehmen (vgl. Abb. 5-2}. Allerdings hat sich diese Entwicklung mit der zunehmenden Zahl der großflächigen SB-Supermärkte etwas vermindert. Auffällig ist die hohe Umsatzkonzentration im Lebensmitteleinzelhandel auf Großunternehmen mit einem Jahresumsatz von 250 Mill. DM und mehr. Diese

190

(0

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1990

1991

1992

._.._.•-"!.-•.•-• ••••

1•• -

•••• • •

500.000 1 Mill. DM

1 - 5 Mill. DM

DM

1994 Okt.

-l • ····• ••1 500 250 .000 .000 DM -

Quelle: Statistisches Bundesamt, Fachserie 6, Reihe 3 .1, Beschäftigte und Umsatz im Einzelhandel : ifo Institut für Wirtschaftsforschung 1994 .

- 15·~~----------~~----------~~----------~~----------~------~----~------~--~

-1

-1;:~~~~~=====t==~~~====~==~=========F=============t=============t==========l

- 1

- 1

- 1

von ... bis ... unter DM

Jahresumsatz

lll.llhWuli.Jitl.J.......... • •• II • • • • .1~ -d * 1•• 11 • I über 5 Mill.

Veränderung in% gegenüber Vorjahresmonat

Umsatzentwicklung im Sortimentseinzelhandel mit Nahrungs- und Genußmitteln nach Umsatzgrößenklassen

Abb. 5-2

Gruppe von filialisierten Unternehmen besitzt einen Umsatzanteil von knapp 55 % am gesamten Branchenumsatz. Im Jahre 1986 lag der entsprechende Umsatzanteil noch bei 51 % (vgl. Tab. 5-11 ). Rd. 46 % aller Unternehmen des Lebensmitteleinzelhandels haben einen Jahresumsatz von weniger als 250 000 DM. Auf diese Gruppe von kleineren Geschäften entfallen nur rd. 3,1 % des Branchenumsatzes des Sortiments- und Facheinzelhandels mit Nahrungs- und Genußmitteln (1992: 186,4 Mrd. DM). Viele dieser Geschäfte werden im Nebengewerbe geführt und haben ihren Standort in ländlich strukturierten Regionen, wo sie für die dort ansässige Bevölkerung eine wichtige Versorgungsfunktion wahrnehmen. Darüber hinaus weisen viele Fach-Einzelhandelsunternehmen mit bestimmten Nahrungsmitteln (z.B. Molkereiprodukten, Obst und Gemüse) oder mit Getränken eine große Zahl von Geschäften mit einem Jahresumsatz von weniger als 250 000 DM auf. Ein Großteil dieser kleineren Fachgeschäfte ist erst in den letzten zehn Jahren gegründet worden und hat sich mit Hilfe eines herausragenden Angebots- und Produktprofils eine anerkannte Absatzposition gegenüber den Konsumenten erarbeiten können, die vornehmlich nach Qualitäts- und Herkunftsmerkmalen Lebensmittel kaufen (vgl. Tab. 5-12). Wird der Stand der Konzentration der umsatzgrößten Unternehmen des Einzelhandels mit Nahrungs- und Genußmitteln im Vergleich zur Konzentration im gesamten Einzelhandel betrachtet, so zeigt sich deutlich, daß das Niveau der Umsatzkonzentration im Lebensmitteleinzelhandel wesentlich höher liegt als im gesamten Einzelhandel (vgl. Tab. 5-13). Entfielen im Jahre 1991 nach der amtlichen Konzentrationsstatistik auf die zehn umsatzgrößten Unternehmen im Einzelhandel mit Nahrungsmitteln, Getränken und Tabakwaren 33,6 % des Branchenumsatzes (auf die 25 umsatzgrößten Unternehmen 42,9 %), so liegen im gesamten Einzelhandel die entsprechenden Konzentrationsraten bei 13,7% bzw. 20,8 %. Im großflächigen (Lebensmittei-)Sortimentseinzelhandel liegt die entsprechende Konzentrationsrate sogar bei 39,2 % bzw. 49,2 %. Zu berücksichtigen ist, daß in diesen amtlichen Konzentrationsraten nur unzureichend die Unternehmens- und Kooperationsverflechtungen zwischen den Unternehmen zum Ausdruck kommen. Werden die wettbewerbsrelevanten Gruppenbildungen und Kooperationen im Lebensmittelhandel in einer erweiterten Konzentrationsbetrachtung berück-

192

~

48 91

100 - 250 Mio.

250 Mio und mehr

100

99,91

99,87

8.752,1

186.365,1

102.125,3

7.978,7

54,80

4,28

2,32

4,70

8.513,6

2,31

4,57

13.081,5

4.316,8

7,02

10.809,2

4.307,2

6,42 5,80

11.967,9

Quelle: Statistisches Bundesamt, Umsatzsteuerstatistik 1992 sowie Berechnungen des ifo Instituts.

1) Alte und neue Bundesländer

100

0,05 0,09

63

25-

50- 100 Mio.

104.074

0,12 0,06

124

50 Mio.

10 -

insgesamt

99,69

608 99,81

99,10

1'18 0,58

1.233

97,92

10 Mio.

4,14

4.307

5 Mio.

2-

93,78

86,19

25 Mio.

7,59

7.897

4,69

100

45,20

40,92

38,60

36,29

31,60

27,03

20,01

14,21

7,79

3,10

2,41

4.487,4 8.732,4

46,27 69,59

0,~6

0,69

0,53

987,1

0,16

306,1

7,90

kumuliert

20,70

5-

16,60

17.273

2 Mio.

500.000 - 1 Mio.

1-

25,57 23,32

26.612 24.275

100.000 - 250.000

250.000- 500.000

7,90 12,80

8.222 13.321

(in Mill. DM)

in%

kumuliert

in%

25.000 - 50.000

Zahl

Umsatz

Unternehmen

Struktur des Einzelhandels mit Nahrungs- und Genußmitteln Im Jahre 19921)

50.000 - 100.000

Umsatzgrößenklassen

Tabelle 5-11

~

CD

10,9

186.365

149.452

20.178

18.304

Quelle: Statistisches Bundesamt, Fachserie 14: Finanzen und Steuern; Reihe 8: Umsatzsteuer und Berechnungen des ifo Instituts.

Umsatz in Mill. DM ( = 100 %)

46.458

31.621

0,1 104.074

0,02

4,3 54,8

0,0

100 Mill. - 250 Mill.

250 Mill. und mehr

Zahl der Unternehmen(= 100 %)

0,0

4,7 75,5

8,2

0,5

17,2

1,0 0,1

17,9 1,2 0,1

7,5

2,6

9,3 4,6

1,8 0,2

25 Mill.

5 Mill.-

25 Mill.- 100 Mill.

10.291

6,0

8,9

30,6 9,0

28,8 9,9

9,1

14,3

12,8

11,7

15,0

5 Mill.

12,1

16,0

16,9

6,4

16,6

11,4

Umsatz

1 Mill.-

17,0

13,6 17,3

24,3

2,6 3,7

23,5

4,7

23,3

500.000 - 1 Mill.

60,8

250.000 - 500.000

9,4

48,5

1,6

42,2

Unternehmen

I

Umsatz

I

Unternehmen

3,1

Umsatz

Fachhandel mit Getränken

Fachhandel mit Nahrungsmitteln

46,3

Unternehmen

I

Umsatz

I

Unternehmen

darunter: Sortimentshandel

EH mit Nahrungs- und Genußmitteln insgesamt

Vergleich der Größenstrukturen in Fachzweigen des Einzelhandels mit Nahrungs- und Genußmitteln nach Umsatzgrößenklassen im Jahre 1992 (in %)

unter 250.000

Umsatzgrößenklasse von ... bis unter ... DM (Jahresumsatz)

Tabelle 5-12

CO

01

13,7

20,7 20,8

10,3 10,4

46,1

40,0 42,9

25

1989 1991

-

I

25,2 25,9

59,9

56,1

52,1

48,6

50

I

S. 224 ff., 242 ff.

30,4 31,5

73,4

68,6

59,6 64,0

100

Quelle: Hauptgutachten 1992/93 der Monopolkommission: Mehr Wettbewerb auf allen Märkten - An lagenband -, Baden-Baden 1993,

Einzelhandel insgesamt

37,6

I

13,9

32,7

32,2 33,6

10

49,2

1989

darunter: Einzelhandel mit verschiedenen

-

27,8

I

39,2

1991

6

des Fachzweigs

Anteil der jeweils ... umsatzgrößten Unternehmen am Gesamtumsatz

1991

1989

Einzelhandel mit Nahrungsmitteln,

Getränken, Tabakwaren etc.

Nahrungsmitteln (Sortiments-LEH)

Jahr

Entwicklung der Konzentration im Einzelhandel insgesamt und im Einzelhandel mit Nahrungsmitteln - 1989 und 1991 (alte Bundesländer)

Wirtschafts- bzw. Fachzweig

Tabelle 5-13

sichtigt, so entfällt auf die 5 umsatzgrößten Unternehmen bzw. Gruppen 1994 ein Umsatzanteil von 59 %, im Jahre 1991 lag dieser Anteil noch bei 46,9 %. Bei dieser Betrachtung werden auch Kooperationen des Lebensmittelhandels (wie z.B. die Edeka-Gruppe) als Wettbewerbseinheit angesehen, deren regionale Großhandelszentren bzw. -unternehmen mit der jeweiligen Kooperationszentrale bisher keine intensiven zentralen Beschaffungsentscheidungen organisiert hatten. Allerdings wurden auch die Organisations- und Entscheidungsstrukturen für die Beschaffung in diesen Kooperationen in den letzten drei Jahren zunehmend zentralisiert, um genau so günstige Bezugskonditionen wie die umsatzstarken Filialunternehmen zu erhalten. Vor dem Hintergrund dieser konzentrations- und kooperationswirtschaftlichen Entwicklungen ist auch der steigende Konzentrationsgrad bei den 20 umsatzgrößten Unternehmen im Handel mit Nahrungs- und Genußmitteln zu sehen (vgl. Tab. 5-14) . ln dieser Betrachtung wird der Gesamtumsatz der Unternehmen berücksichtigt, da ihre Wettbewerbspositionierung im Absatzmarkt sich vielfach nicht allein auf das Angebot an Nahrungs- und Genußmitteln zurückführen läßt.

5.4.4 Erträge und Kosten Die Kosten- und Ertragsentwicklung im Einzelhandel mit Nahrungs- und Genußmitteln kann nicht nur Anhaltspunkte für die wirtschaftliche Lage der in dieser Branche tätigen größeren und kleineren Unternehmen geben, sondern kann auch als ein wichtiger Indikator für die Stellung des Einzelhandels in der inländischen Distribution von Lebensmitteln angesehen werden. tn dieser "Gewinn"-Betrachtung werden darüber hinaus die Entwicklung und Struktur der Kosten im Lebensmitteleinzelhandel dargestellt und auf wichtige Einflußfaktoren hin analysiert. Bei diesen Betrachtungen werden die Ergebnisse des Kölner Betriebsvergleichs für den (Fach-)Einzelhandel und die (Roh-)Ertragsquoten und anteiligen Personalautwendungen als wichtigste Kostenart aus den lautenden Jahreserhebungen der amtlichen Handelsstatistik herangezogen. Dabei ist zu berücksichtigen, daß sowohl bei den Ergebnissen des Kölner Betriebsvergleichs als auch bei den amtlich erhobenen Anteilen der Roherträge und Personalautwendungen hauptsächlich kleine und mittelgroße Unternehmen vertreten sind.

196

-.,j

U1

Quelle:

-

26161 29 904 36 700 34 790 34 485 33 869 32 287 40 649 27 603 33 080 29 294

283 255 305 168 14,5 15,7 6,9 10,8 -

744 035 334 726 4,9 11,4

4,6 9,6 16,3 17,0 6,9 11,2

25 064 25 851 32196 20 735 25 515 23 014

1249 162 482 261

112 273 248 608

558 888 763 688

317 307 166 035

424 436

23,2 10,9 14,8 5,7

8,2 8,1 15,6 16,5 19,2 10,0 12,8 4,4

797 273 783 303 290 659 569 143 051 043 382 849

1993 378 227 209 213 86 81 107 534 205 202 804 846

8,6 15,7

1994b)

22153 20 479 19 691 20 925 24 309 30 096 29 000

27 365 26 069

34 890

1993 444 471 674 586 041 940 968 057 583 359 086 774 915 704

506 908 227 749 221 456 132 353 369 804 213175

272 129 131 596 119 467 109103 244141 234 348 666 667

294 176 205 224 89 68 94 469 260 174 700 662 620 328

1994b)

Umsatz je Beschäftigten in DM

8,8 13,0 11,9 13,5 22,2 28,7 18,0 6,7 8,4 10,9 3,9 4,0 4,2 8,9

!

in % des Umeatzes

Bruttolohn4Gehaltssumme

8,3 13,3 14,8 16,2 29,0 31,3 21,0 7,7 11,9 11,9 4,0 3,8

25 931 22 950 24 444 30 331 19 795 19 814 17125 31 212 21 841 19 028 27143 26 564 26 203 29 312

1994b)

629 222 978 450 002 595 620 269 379 097 267 099

31 30 30 34 25 25 22 41 24 24 32 32

1993

je Beschäftigten in DM

Bruttolol"ln-/Gehaltssumme

I

I

3,1

11,2

3,0

50,0

55,3

1993

0,4 5,4

10,9

2,7

14,5

4,8 0,1

3,8

61,7 14,3 0,6 0,0 25,9 6,3 4,6 6,6

1994b)

Auslandsumsatz in % des Gesamtumsatzes

Statistisches Bundesamt, Fachserie 4: Produzierendes Gewerbe, Reihe 4.1.1: Beschliftigung, Umsatz und Energieversorgung der Unternehmen und Betriebe im Bergbau und im verarbeitenden Gewerbe; Berechnungen des ifo Instituts.

--

a) Für Betriebe. - b) Januar bis September.

Mahl- und Schälmühlen Herstellung von Teigwaren Herstellung von Nlihrmitteln Herstellung v. Starke, Starkeerzeugnissen Herstellung von Kartoffelerzeugnissen Herstellung von Backwaren Herstellung von Dauerbackwaren Zuckerindustrie Obst- und Gemüseverarbeitung Herstellung von Süßwaren Molkerei, Kaserei Herstellung von Dauermilch Ölmühlen, Herstellung von Speiseöl Herstellung von Magarine u. Speisefetten Talgschmelzen, Schmalzsiedereien Schlachthauser (ohne kommunale) Fleischwarenindustrie Fleischerei Fischverarbeitung Verarb. v. Kaffee, Tee, H.v. Kaffeem. Brauerei Mlilzerei Alkoholbrennerei Herstellung von Spirituosen Herstellung und Verarbeitung von Wein Mineralbr., H.v. Mineralw., Limonaden Übriges Ernahrungsgewerbe Herstellung von Futtermitteln Ernlihrungsgewerbe insgesamt

Wirtschaftszweig

Kennzahlen für Beschiftlgung und Umsatz•l ln Zweigen des Ernihrungsgewerbes der neuen Linder und Berlln-Ost

Tabelle A 3-7

~

I

I

I

Quelle:

63,8 52,2 59,2 57,7 64,5 60,9 63,6 74,1 56,7 50,5 61,1

61,7 58,9

54,8

45,1 0,0

3,0 55,3

67,4 45,8 59,9 47,7 67,5 67,3

36,8 23,5 69,1 58,7 64,4 42,5 55,8 46,1 65,2 62,9 92,5 151,0 129,1 117,0 79,0 97,0

173,5 222,2 85,6 98,3 94,6 149,6 132,7 122,9 77,5 97,1

62,3 69,1 77,4 55,8 53,3 65,3

107,4

98,1 3,4 58,0 59,1 51,7 78,5 48,5 27,2 79,4 87,2

152,6 446,9 50,2 47,8

84,9

212,6 48,1 35,8 51,0 383,8 25,5

159,8 124,0 23,1 163,7

116,9 122,8 94,9 141,9 208,8 83,9 74,2

123,0 123,0

64,6

1994b)

54,7 66,1 69,8 44,4 39,5 76,4 62,6 84,9 68,4 54,7 108,5 128,8 37,2 92,6

1993

Auslandsumsatz in % des Gesamtumsatzes

1994b)

Umsatz je Beschiftigten

50,5 66,6 58,3 31,5 29,0 67,4 50,1 73,7 43,2 50,7 96,5 124,2

I 1993

1994b)

69,0 63,4 74,4 68,7 56,8 66,7 64,7

1993 110,3 88,8 73,4 143,1 147,6 103,5 96,0 87,0 92,4 104,7 62,9 53,7 126,5 66,0

60,3 58,7 51,3 63,6 58,3 79,1 60,1 73,9 63,2 57,2 68,2 69,2 47,0 61 ,1

53,4 59,5 49,2 52,1 55,5 76,8 58,1 65,1 51,3 53,0 59,5 60,7

Bruttolohn· und Gehaltssumme in % d. Umsatzes

105,6 89,5 84,5 165,4 191,7 114,0 116,1 88,2 118,6 104,4 61,6 48,9

1994b)

1993

Bruttolohn· und Gel'laltssumme je Beschäftigten

Statistisches Bundesamt, Fachserie 4: Produzierendes Gewerbe, Reihe 4.1 .1: Beschäftigung, Umsatz und Energieversorgung der Unternehmen und Betriebe im Bergbau und im verarbeitenden Gewerbe; Berechnungen des ifo Instituts.

a) Für Betriebe. - b) Januar bis September.

Mahl· und Schalmühlen Herstellung von Teigwaren Herstellung von Nährmitteln Herstellung v. Stärke, Stärkeerzeugnissen Herstellung von Kanalleierzeugnissen Herstellung von Backwaren Herstellung von Dauerbackwaren Zuckerindustrie Obst- und Gemüseverarbeitung Herstellung von Süßwaren Molkerei, Käserei Herstellung von Dauermilch Ölmühlen, Herstellung von Speiseöl Herstellung von Magarine u. Speisefetten Talgschmelzen, Schmalzsiedereien SchlachthAuser (ohne kommunale) Fleischwarenindustrie Fleischerei Fischverarbeitung Verarb. v. Kaffee, Tee, H. v. Kaffeem. Brauerei Mälzerei Alkoholbrennerei Herstellung von Spirituosen Herstellung und Verarb. v. Wein Mineralbr., H. v. Mineralw. , Limonaden Übriges Ernährungsgewerbe Herstellung von Futtermitteln Ernährungsgewerbe insgesamt

Winschaftszweig

Vergleich von Kennzahlen für Beachiftlgung und Umaatz•l ln Zweigen dea Ernihrungagewerbea der neuen und alten BundeelAnder Neue Länder und Berlin Ost im Verhaltnis zum lruheren Bundesgebiet(= 100)

Tabelle A 3·8

~

a~o~elht-

Sta!ittitchH La"dnatntlkr1in

a) E•ntc:tlließlichTab.llcverartM!itllng

Ernährungsgewerbe absolut in 1000 DM

Ernährungsgewerbe insgeaem1 o)

Tabakverarbeilung

Mineralbrunnen, H.v. Mineralw., Umonaden übriges Ernährungsgewerbe H. v. Futterm;neln

H. v. Spirituosen Harst. u. Vererb. v. Wein

Alkoholbrennerei

Mälzerei

Fischverarbeitung Verarb. v. Kaffee, Tee, H.v.Kaffeem. Brauerei

Olmühlen, H. v. Speiseöl H. v. Margarine, Speiseletten Talgschmelzen, SchmaJzsiederaien Schlach1hiuaer (o. kommunale) Fleiochworeninduslrie Fleischerei

Molkerei, Käserei H. v. Dauermilch

H. v. Teigwaren H. v. Nihrmitleln H. v. Stärke, Stärkeeneugnissen H. v. Kartoffelerzeugnieoen H. v. Baclcw..,m H. v. Oeuerbeelcwaren Zuckerindustrie Obst· u. Gemüoeverarbeilung H. V. Süllwaren

Mahl- u. Schälmühlen

Wlrtachllflazwolle

1637659

100.0

1.0

8.7

9.2

1993

I Jan./S.pt. 1994

Slrukluronlolle ln %

u.....tz

Jon./Sep1. 1994

Anloll en Deutochlend lnoe-mtln%

66.8

148.5

276.9

134.8

1993

I

10000M

97.7

91 .8

119.6

Jon./S.pl 1994

35.2

60.3

31 .4

JonJSept. 1994

a"::~=~bl~(:.~r·"

Im

UmNiz fe S..Chätugten

Beschäftigung und Umsatz der Betriebe in Zweigen des Ernährungsgewerbes Berlin-Ost

Tabelle A 3-9

~

v. Teigwaren

Quelle:

~tlstisches

Landesamt Btrlin.

&J ElnKhlleDIIch Tabii.IMirar~itung .

Ernährungsgewerbe absolut in 1000 DM

Ernährungsgewerbe insgesamt a)

übriges Ernährungsgewerbe H. v. Futtermitteln Tabakverarbeitung

H. v. Spirituosen Harst. u. Verarb. v. Wein Mineralbrunnen, H.v. Mineralw., Umonaden

Alkoholbrennerei

Fielschworenindustrie Fleischerei Fischverarbeitung Verarb. v. Kaffee, Tee, H.v.Kalleem. Brauerei Mälzerei

Schiachihäuser (o. kommunale)

H. v . Margarine. Speisefallen Talgschmelzen, Schmalzsiedereien

H. V. Dauermilch Olmühlen, H. v. Speiseöl

H. v. Dauerbackwaren Zuckerindustrie Obst- u. Gemüseverarbeitung H. V. Süßwaren Molkerei, Käserei

H. v. Backwaren

H. v. Kartoffelerzeugnissen

H.v.Nihrmilleln H. v. Stärke, Stärl