Biologie 9783534271863, 9783534271870, 9783534271887, 3534271866

Das Lehrbuch vermittelt auf überschaubare Weise alle Grundlagen der Biologie. Der Schwerpunkt liegt auf den biologischen

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German Pages 194 Year 2019

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Table of contents :
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Titel
Impressum
Inhalt
Vorwort
1 Ökologie
2 Nervensystem und Nervenzelle
3 Gehirn
4 Hormone und Hormonsystem
5 Wovon wir leben
6 Weg der Nahrung
7 Immunsystem
8 Grundlagen der Genetik
9 Humangenetik
10 Biotechnik 1
11 Biotechnik 2
12 Sexualität und Evolution
13 Ökosysteme im Wandel
Lösungen
Register
Bildnachweis
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Biologie
 9783534271863, 9783534271870, 9783534271887, 3534271866

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Telekolleg

Biologie Herausgeberin Ulrike Dives unter Mitarbeit von Wolfgang Hahn Peter Pondorf

Telekolleg Multimedial Telekolleg Multimedial wird veranstaltet von den Bildungsund Kultusministerien von Bayern, Brandenburg und Rheinland-Pfalz sowie vom Bayerischen Rundfunk (BR). Nähere Informationen zu Telekolleg Multimedial: www.telekolleg.de Dieser Band enthält das Arbeitsmaterial zu den vom Bayerischen Rundfunk produzierten Lehrsendungen. Die Lektionen 4, 5 und 6 orientieren sich inhaltlich an den Lektionen 3, 4, 5 und 6 des Vorgängerbandes.

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb.de abrufbar. Das Werk ist in allen seinen Teilen urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung in und Verarbeitung durch elektronische Systeme. wbg Academic ist ein Imprint der wbg. © 2019 by wbg (Wissenschaftliche Buchgesellschaft), Darmstadt Die Herausgabe des Werkes wurde durch die Vereinsmitglieder der wbg ermöglicht. Umschlaggestaltung: schreiberVIS, Seeheim Umschlagabbildung: © Marchu Studio stock.adobe.com Gedruckt auf saurefreiem und alterungsbestandigem Papier Printed in Germany Besuchen Sie uns im Internet: www.wbg-wissenverbindet.de ISBN 978-3-534-27186-3 Elektronisch sind folgende Ausgaben erhaltlich: eBook (PDF): 978-3-534-27187-0 eBook (epub): 978-3-534-27188-7

Inhalt Vorwort

4

1

Ökologie Wolfgang Hahn

2

Nervensystem und Nervenzelle Peter Pondorf

18

3 4

Gehirn. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. Ulrike Dives

31

Hormone und Hormonsystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. Peter Pondorf

43

Wovon wir leben Peter Pondorf

58

Weg der Nahrung Peter Pondorf

71

Immunsystem......................................................... Ulrike Dives

86

8

Grundlagen der Genetik Ulrike Dives

98

9

Humangenetik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 111 Ulrike Dives

5 6 7

.

5

10

Biotechnik 1 Ulrike Dives

123

11

Biotechnik 2 Ulrike Dives

137

12

Sexualität und Evolution . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 146 Ulrike Dives

13

Ökosysteme im Wandel Wolfgang Hahn

159

Lösungen

175

Register

187

Bildnachweis

192

Vorwort "Die Natur ist so gemacht, dass sie verstanden werden kann. " W HEISENBERG Der Mensch existiert seit ca. 200.000 Jahren. Allein die Hälfte seines Wissens hat er im 20. Jahrhundert erworben. Daraus ergibt sich fiir jeden Einzelnen die Notwendigkeit des lebenslangen Lernens. Gerade im mikroskopischen Bereich der Biologie ist im letzten Jahrhundert ein enormer Wissenszuwachs zu verzeichnen. Sie haben sich entschlossen, auch im Fach Biologie Ihr Wissen aufzufrischen und zu vergrößern. Dabei liegt der Schwerpunkt auf den biologischen Abläufen des Menschen, was nicht die Wichtigkeit oder die Faszination der Tier- und Pflanzenwelt in Abrede stellen soll. Vielmehr sind uns naturgemäß die Abläufe beim Menschen näher. Die ausgewählten Themen stellen eine Zusammenschau wichtiger Aspekte der Biologie dar. Es dreht sich um das Zusammenleben der Lebewesen und den Einfluss des Menschen darauf, aber auch um den Energiehaushalt jedes einzelnen Lebewesens. An Beispielen wie dem Hormonhaushalt und dem Immunsystem wird Ihnen das Grundprinzip der Regulation im menschlichen Körper vertraut werden. Gerade der genetische Bereich zielt darauf ab, sich einen Überblick über die neuen Technologien zu verschaffen, um zukünftige wissenschaftliche Entwicklungen beurteilen zu können. Durch diese Urteilsfähigkeit werden Sie in die Lage versetzt, gesellschaftliche Entscheidungen mit zu gestalten. Aber auch der Eingriff des Menschen in die Biosphäre und die damit einhergehende Klimaveränderung werden in Zukunft eine Herausforderung fiir uns darstellen. Auch hier soll dieses Buch Ihnen die Möglichkeit geben, sich ein eigenes Urteil über die von den Medien an uns herangetragenen Erkenntnisse zu bilden. Im Sinne des obigen Zitates wünschen wir Ihnen nun beim Lernen viel Erfolg! Ulrike Dives, Peter Pondorf, Wolfgang Hahn

r

4

1

vermeiden viele Säugetiere, indem sie Schweiß abgeben und durch dessen Verdunstung dem Körper Wärme entziehen oder indem sie die Kapillaren der Haut weiten, um das warme Blut aus dem Körperinneren an die Oberfläche zu transportieren, wo es aufgrund der geringeren Umgebungstemperatur gekühlt wird. Die Temperatur beeinflusst zum einen die Geschwindigkeit der Stoffwechselreaktionen in den Zellen. Zum anderen vermögen viele Moleküle der Zellen (z.B. die Eiweiße) ihre Aufgaben nur dann zu erfüllen, wenn sie in einer bestimmten Molekülstruktur vorliegen. Diese hängt aber von der Temperatur ab. Somit werden gleichwarme Tiere durch die Aufrechterhaltung der Körpertemperatur in die Lage versetzt, auch bei ungünstigen äußeren Temperaturbedingungen aktiv zu sein. Viele gleichwarme Tiere, wie z.B. Igel, Fledermäuse und einige Nagetiere, weichen diesem Problem aus, indem sie ihr Verhalten anpassen. Sie überdauern den Winter im Zustand des Winterschlafes mit deutlich abgesenkter Körpertemperatur. Daher kann der Stoffwechsel vermindert werden und der Nährstoffverbrauch sinkt. Beim Reh ruht die Entwicklung der befruchteten Eizelle nach der sommerlichen Brunft über Monate hinweg, sodass die besonders empfindlichen Jungtiere erst in der warmen Jahreszeit geboren werden. Wechselwarme Tiere (z.B. Lurche, Kriechtiere) bilden zwar aufgrund ihres Stoffwechsels Wärme, können ihren Körper aber nicht isolieren. Daher schwankt die Körpertemperatur mit der Außentemperatur. Die kalte Jahreszeit überdauern sie in Winterstarre bei abgesenkter Körpertemperatur. Längere Kälteperioden unter dem Gefrierpunkt können sie daher nur an einem frostfreien Ort überleben. •

Licht

Das Sonnenlicht ermöglicht in Pflanzen den Aufbau energiereicher Stoffe und ist somit die wichtigste Energiequelle für Lebewesen überhaupt. Licht ist außerdem bei vielen Tierarten und den Menschen Voraussetzung für die Synthese von Vitamin D in den Zellen. Es ist auch der Reiz des optischen Sinnes und ermöglicht so eine räumliche Orientierung. Aber auch für die Orientierung in der Zeit spielt das Licht eine Rolle. So kann die Beleuchtungsstärke des Lichtes im Tageslauf die Aktivität von Tieren steuern. Dies ist z.B. der Fall, wenn Vögel am Morgen bei einer ihrer Art eigenen, bestimmten Helligkeit zu singen beginnen oder Säugetiere nachts aktiv werden. Darüber hinaus ist das Licht ein Indikator für die Jahreszeit, weil sich die tägliche Dauer der Lichteinstrahlung (Photoperiode) im Jahreslauf ändert. Die Zunahme der Tageslänge im Frühjahr löst bei vielen Vogelarten eine hormonelle Umstellung mit gesteigerter Aktivität der Keimdrüsen und damit das Paarungsverhalten aus. Bei vielen Säugetieren wird in umgekehrter Weise (durch Abnahme der Tageslänge) die Winterschlafbereitschaft geschaffen. •

Wasser

Von herausragender Bedeutung für alle Lebewesen ist das Wasser. Es ist das Lösungsmittel vieler Stoffe und ermöglicht so deren Auf-, Um- und Abbau wie auch den Stofftransport im Organismus. Tiere nehmen Wasser durch Trinken, über die Körperoberfläche (z.B. Nacktschnecken, einige Gliedertiere) und zusätzlich mit der Nahrung auf. Jedoch verlieren sie auch ständig Wasser beim Ausatmen, beim Schwitzen oder mit Ausscheidungsprodukten. Diese Verluste können durch Anpassung in Körperbau und Stoffwechsel vermindert werden. Reptilien erreichen dies durch die besonders starke Ausbildung einer für Wasser nur in geringem Maße durchlässigen Hornschicht. Insekten verfügen entsprechend über eine Wachsschicht auf dem

6

1

• Symbionten Nutzt eine Beziehung beiden beteiligten Arten, spricht man von einer Symbiose, die beteiligten Arten sind Symbionten. Einige Fischarten fressen auf der Haut anderer Fische befindliche Parasiten und verschaffen diesen damit einen Vorteil. Der Putzerfisch selbst bezieht Nahrung, indem er die Parasiten frisst. Viele Bakterien oder tierische Einzeller besiedeln Körperhöhlen bestimmter Säugetierarten. Im Darm von Unpaarhufern und im Magen von Wiederkäuern leben auf diesen Lebensraum spezialisierte Wimpertierchen. Einige von ihnen wirken bei der Verdauung der Zellulose mit, indem sie diese enzymatisch spalten.

1.2.2 Bedeutung biotischer Ökofaktoren Wie aus diesen Beispielen hervorgeht befinden sich Lebewesen einer Biozönose in einem wechselseitigen Abhängigkeitsverhältnis. So bestimmt beispielsweise das Fehlen oder Vorhandensein von Großraubtieren (z.B. Wolf) die Anzahl von deren Beutetieren (z.B. Reh). Das Reh stellt also für den Wolf einen wesentlichen biotischen Ökofaktor (Beutetier) dar. Daher bedingen sich beide Arten gegenseitig, sodass Biozönosen zwar ständig Veränderungen unterliegen; auf die Abfolge mehrerer Generationen bezogen bleibt ihre Zusammensetzung aus bestimmten Arten jedoch erhalten. Man spricht dann von einem biologischen oder biozönotischen Gleichgewicht. Obwohl jedes biologische Gleichgewicht durch bestimmte Faktoren (z.B. Waldbrand) gestört werden kann, stellt es sich anschließend in der Regel wieder ein. Eine dauerhafte Verschiebung des Gleichgewichts erfolgt lediglich durch die Menschen oder einen Klimawandel (vgl. Lektion 13).

1.3

Ökosystem ~m • StolflereJalaui • ZeI'atmung • ProcIuzent • Fotosyntlte.. • lau.tollwecltse' • Setrie"sstoHwecltse' • Konsument • Destruent •

E...",iJluu •

SrutfooPrimBrproclulction •

Netto-Primärproclulction •

trophlsclt. Stufen Ein Wald, eine Wiese oder ein Moor beinhalten nun jeweils abiotische und biotische Ökofaktoren. Sie setzen sich also aus Biotop und Biozönose zusammen und bilden so ein Ökosystem, in dem sich abiotische und biotische Ökofaktoren gegenseitig beeinflussen. Ein Beispiel hierfür ist die Pflanzengemeinschaft eines Waldes, deren Zusammensetzung ganz wesentlich von der Menge des Niederschlages abhängt, den diese Pflanzen dort erhalten. Umgekehrt verändern auch Lebewesen den Biotop, so wie das z.B. bestimmte Nadelgehölze tun, deren Nadelstreu zu einer Erhöhung des Säuregehaltes im Boden beiträgt. Durch diese gegenseitige Beeinflussung sind belebte und unbelebte Faktoren in einem Ökosystem miteinander verknüpft. Ein solches System ist also nicht nur die Summe von Biotop und Biozönose, sondern deren funktionelle Einheit.

1.3.1 Stoffkreislauf in einem Ökosystem Alle Lebewesen bauen in den Zellen organische Stoffe auf, verändern diese und bauen sie wieder zu kleineren Bausteinen ab. Ein bekanntes Beispiel ist der Abbau der Nährstoffe durch Verbren8

1

• Destruenten (Zersetzer) Wenn die Blätter der Bäume zu Boden fallen, abgestorbene Äste abbrechen, oberirdische Pflanzenteile absterben oder Vögel Federn verlieren, befinden sich die organischen Stoffe außerhalb der Lebewesen; man bezeichnet sie dann auch als tote organische Stoffe. Daneben zählt man auch Exkremente (Kot und Urin) und Kadaver (tote Pflanzen und Tiere) zum Bestandesabfall eines Ökosystems. Durch die Tätigkeit der Destruenten werden diese organischen Stoffe eines Ökosystems zu anorganischen Stoffen abgebaut. Die Zersetzung zu anorganischen Stoffen erfolgt jedoch in mehreren Schritten: Regenwürmer und Asseln fressen abgeworfene Blätter. Der von ihnen abgegebene Kot wird von Milben oder Springschwänzen gefressen, sodass man von Primär- und Sekundärzersetzern spricht. Deren Kot wird schließlich von Bakterien und Pilzen zerlegt, wobei Kohlenstoffdioxid, Wasser und Mineralstoffe entstehen. Bakterien und Pilze bezeichnet man daher auch als Mineralisierer. Das freigesetzte Kohlenstoffdioxid, das Wasser und die Mineralstoffe stehen nun wieder den Produzenten zur Verfügung und gelangen so in einen neuen Stoftkreislauf (Abb. 1.1).

Larve der Eichengallwespe - - - - . . . .

,,

.....

,,

,

------ ...... ......

...

Zersetzung

----.. wird gefressen von - - . stirbt / verliert Teile des Körpers

Abb. 1.1 Ausschnitt aus einem Stoffkreislauf

1.3.2 Energiefluss in einem Ökosystem Von der die Obergrenze der Erdatmosphäre erreichenden Sonnenstrahlung kommt nur etwa die Hälfte auf der Erdoberfläche an. Der Rest wird in den Weltraum reflektiert oder in der Atmosphäre gestreut bzw. absorbiert. Etwa die Hälfte dieser auf der Erdoberfläche ankommenden Sonnenstrahlung ist für die Fotosynthese nutzbar. Jedoch geht ein großer Teil der von den Blättern aufgenommenen Lichtenergie verloren, weshalb letztendlich nur 1-5% der Lichtenergie in chemische Energie umgewandelt wird. Diese ist in den Produkten der Fotosynthese enthalten.

10

1

1.4

Zelle - Gewebe - Organismus

Begriffe Z."'. Ltllwand • Z.IIpla,ma • Z.IIm.mbran • Z.IIorgan.ll. • Z"'bm • Chloroplast • Mitochondrium • Endoplasmatisch., R.ticulum • Rlbosom.n • Valcuol. • Pla,miJ • G.W4tM • Organ • Organi,mu, Gemeinsames Merkmal aller Lebewesen ist der Aufbau aus Zellen. Dies gilt für Bakterien, Tier und Mensch, Pilze und Pflanzen. Jedoch unterscheiden sich Lebewesen im Aufbau ihrer Zellen sowie in deren Anzahl.

1.4.1 Aufbau von Zellen 3

• Pflanzenzelle Eine gewöhnliche Pflanzenzelle (Abb. 1.3) wird durchschnittlich etwa 40 Ilm groß. Sie ist außen von einer Zellwand, bestehend aus dem Kohlenhydrat Cellulose, umgeben. Im Inneren der Zelle befindet sich das zähflüssige Zellplasma (Cytoplasma), welches von einer Zellmembran aus Eiweißen und Fetten begrenzt wird. Das Zellplasma ist ein Gemisch aus Wasser und darin gelösten Eiweißen, Fetten, Kohlenstofthydraten, Aminosäuren, Zucker, DNA-Bausteinen und Ionen. In ihm laufen wichtige Stoffwechselvorgänge ab. Eingelagert in das Cytoplasma sind verschiedene Zellorganellen. Dies sind Zellbestandteile, die mittels Membranen vom Rest des Cytoplasmas abgegrenzt sind und ganz bestimmte Aufgaben erfüllen. Der Zellkern enthält die Erbsubstanz DNA (vgl. Lektion 8). Die Chloroplasten vermögen mithilfe des grünen Blattfarbstoffes Chlorophyll, Fotosynthese zu betreiben. Die Mitochondrien (Abb. 1.3) machen die in den Nährstoffen vorhandene Energie für die Zellen verfügbar und werden daher auch als "Kraftwerke" der Zelle bezeichnet. Eine weitere Organelle der Zelle ist das Endoplasmatische Reticulum (ER) (Abb. 1.4). Dies ist ein aus Membranen aufgebautes System von Hohlräumen im Zellplasma. In diesen 12

..........- 5

2

"---- 6

1 Cytoplasma 2 Zellkern

3 Zellwand 4 Vakuole

5 Chloroplasten 6 Mitochondrium

Abb.1.3 Elektronenmikroskopische Aufnahme einer Pflanzenzelle

Abb.1.4 Elektronenmikroskopische Aufnahme: Schnitt durch das ER mit Ribosomen

1

• Bakterien Bakterien (Abb. 1.6) unterscheiden sich von Einzellern und allen anderen Lebewesen durch das Fehlen eines Zellkernes. Das Erbgut liegt bei ihnen frei im Cytoplasma. Bakterien vermögen sich mit rotierenden Geißeln fortzubewegen. Bei manchen ist nur eine einzige Geißel vorhanden, bei anderen wiederum kommen mehrere Geißeln in Büscheln vor oder es sind viele Geißeln über die gesamte Oberfläche der Zelle verteilt. Geißellose Bakterien hingegen bewegen sich durch gleitende Bewegung fort. Viele Bakterien verfügen über mehrere ringfOrmige DNA-Elemente, die sich außerhalb der eigentlichen Bakterienerbsubstanz befinden und wesentlich kleiner sind. Sie werden als Plasmide bezeichnet. Nach ihrer äußeren Gestalt unterscheidet man kugelfOrmige Kokken, stäbchenfOrmige Bakterien (meist Bazillen), gekrümmte Vibrionen und schraubenartig gedrehte Spirillen (Abb. 1.7). Die Zellwand ist eine säckchenartige Hülle. Der Stoff Cellulose, aus dem die Wand der Pflanzenzelle besteht, kommt in der Bakterienhülle jedoch nicht vor.

1~

5

4

1 Zellmembran 4 Plasmid

2 Geißel

3 3 Ribosomen (im Cytoplasma)

5 DNA

Abb. 1.6 Aufbau einer Bakterienzelle

Kokken

Stäbchenbakterien (Bazillen)

Yibrionen

Spirillen

Abb. 1.7 Gestalt der Bakterienzellen

1.4.2 Gewebe Der beschriebene Aufbau der Pflanzen- und Tierzellen ist jedoch nur eine Art Grundbauplan. Tatsächlich gibt es bedeutende Unterschiede zwischen verschiedenen Tierzellen oder verschiedenen Pflanzenzellen, selbst dann, wenn es sich um Zellen des gleichen Lebewesens handelt. Dies wird verständlich, wenn man bedenkt, dass die Zellen eines Lebewesens in einer Art Arbeitsteilung unterschiedliche Aufgaben ausüben und auf diese auch durch ihren besonderen Aufbau spezialisiert sein müssen. Nervenzellen, die der Weiterleitung von elektrischen Signalen dienen, sind daher sehr lang, manche von ihnen bis zu einem Meter. Um die für diese Signalleitung notwendigen Verknüpfungen zu anderen Nervenzellen bilden zu können, sind sie an einem Ende bäumchenartig verzweigt. Andere Zellen, wie Z.B. die Epithelzellen der Oberhaut, unterscheiden sich eindeutig von solchen Nervenzellen, da sie sonst ihre Funktion nicht ausüben können. Sie bedecken und schützen häufig

14

1

• Die Ökologie als Teilbereich der Biologie beschäftigt sich mit den Wechselwirkungen zwischen den Organismen und deren Umwelt. Die Gesamtheit der abiotischen Ökofaktoren (Umwelteigenschaften) eines Lebensraumes ist der Biotop. Dieser wird von einer Gemeinschaft von Lebewesen verschiedener Arten besiedelt - der Biozönose. Lebewesen wirken auf andere Lebewesen einer solchen Biozönose ein, sie stellen somit als Räuber, Beutetiere, Parasiten oder Symbionten biotische Ökofaktoren dar. • Die Gesamtheit aus Biotop und Biozönose ist das Ökosystem. In einem solchen Ökosystem werden Stoffe auf- und abgebaut, sodass sie einen fortwährenden Kreislauf durcWaufen. Produzenten (Erzeuger) stellen organische Stoffe und Sauerstoff durch Fotosynthese aus den anorganischen Stoffen Kohlenstoffdioxid und Wasser her. Konsumenten (Verbraucher) nehmen diese Stoffe mit der Nahrung aufund geben sie innerhalb einer Nahrungskette weiter. Tote Lebewesen und Teile von Lebewesen werden von Destruenten (Zersetzern) zu Kohlenstoffdioxid, Wasser und Mineralstoffen zerlegt, die somit wieder den Produzenten zur Verfügung stehen. • Die Weitergabe der organischen Stoffe durch die Kette der Konsumenten beinhaltet auch einen Energiefluss, also eine Weitergabe der in diesen Stoffen enthaltenen Energie. Da aber alle Lebewesen einen Teil dieser Energie zur Aufrechterhaltung der Stoffwechselvorgänge im Körper verbrauchen und Teile der Lebewesen (abgefallene Blätter, Haare) ohne Nutzung durch Verbraucher von Destruenten zerlegt werden, wird innerhalb der Nahrungskette immer nur ein geringer Anteil der Energie an das nächste Glied weitergegeben. • Alle Lebewesen bestehen aus Zellen. Pflanzliche Zellen bestehen aus Zellwand, Zellmembran und dem Zellplasma, in welches der Zellkern, die Chloroplasten, die Mitochondrien sowie die Ribosomen, das Endoplasmatische Reticulum und die Vakuolen eingebettet sind. Tierischen und menschlichen Zellen fehlen Zellwand, Chloroplasten und Vakuolen. Bakterien unterscheiden sich von allen anderen Lebewesen dadurch, dass ihre Zellen keinen Zellkern enthalten. Zellen sind auf bestimmte Aufgaben spezialisiert und entsprechend aufgebaut. Bei Menschen und Tieren unterscheidet man die Grundtypen Epithel-, Binde-, Nervenund Muskelzellen. Die Verbände gleichartig aufgebauter Zellen bezeichnet man als Gewebe, den Zusammenschluss mehrerer Gewebe zu einem abgrenzbaren Körperteil als Organ.

16

1

2.

Nervensystem und Nervenzelle Der Mensch ist gut, nur seine Nerven sind schlecht. Moscheh Ya 'akov Ben-gavriel

Glaubt man diesem Ausspruch, so scheint das Nervensystem eine Art "Achillesferse" des menschlichen Körpers zu sein. Da gehen uns Dinge "auf die Nerven", und wer nicht "Nerven wie Drahtseile" hat, dem liegen die "Nerven blank". Häufig hat es etwas mit Missfallen, mit Unbehagen zu tun, wenn wir an unsere Nerven denken. Was aber ist ein Nerv eigentlich? Kann er zum "Zerreißen gespannt sein"? Wie ist er aufgebaut? Wie funktioniert er? Und wie ist er in größere Zusammenhänge eingebunden? Diese Fragen werden uns in der folgenden Lektion beschäftigen.

2.1

Überblick über das Nervensystem

BegriHe

Neuron. Gliazellen • Rezeptor • Zentralnervensystem (ZNS) • peripheres Nervensystem (PNS) • animalisches (somatisches) Nervensystem • vegetatWe. (autonomes) Nervensystem • Gehirn • Rüclcenmarlc • allerente LeitungsLahnen • eHerente Leitungsbahnen • Reiz • e..letrischer Impuls • Realetion

Nervensysteme kommen ausschließlich bei mehrzelligen Tieren und beim Menschen vor. Ihre funktionelle Einheit ist das Neuron (Nervenzelle). Daneben sind hauptsächlich Bindegewebszellen, sog. Gliazellen, am Aufbau des Nervensystems beteiligt. Sie besitzen vornehmlich eine Stütz- und Ernährungsfunktion für die Nervenzellen. Das Nervensystem zeichnet sich durch die Fähigkeit aus, Reize über Rezeptoren aufzunehmen, Erregungen zu bilden, weiterzuleiten, zu verarbeiten, eventuell zu speichern und gegebenenfalls Reize mit einer Reaktion, beispielsweise durch die Aktivierung eines Muskels, zu beantworten. Das Nervensystem lässt sich nach seinem räumlichen Aufbau in das - Zentralnervensystem (ZNS) und - das periphere Nervensystem (PNS) unterteilen. Gliedert man das Nervensystem nach der Funktion, so unterscheidet man das - animalische oder somatische Nervensystem, das die Wahrnehmung, Verarbeitung und Reaktion auf Umweltreize umfasst und zumindest beim Menschen willentlicher Steuerung unterstellt ist und - das vegetative oder autonome Nervensystem: es regelt die Vitalfunktionen, steuert also die inneren Organe und arbeitet weitgehend unbewusst.

2.1.1 Zentralnervensystem Die Ausbildung des Nervensystems beginnt in der embryonalen Entwicklung bereits sehr früh, nämlich schon ab dem 18. Tag nach der Zygotenbildung. Aus dem Neuralrohr entwickelt sich das Zentralnervensystem. Es gliedert sich in Gehirn und Rückenmark. Im Zentralnervensystem 18

2

Diese sicher sehr vereinfachte Beschreibung lässt die Komplexität der Geschehnisse erahnen. Reduziert man die Situation auf die eigentlichen Aufgaben der entsprechenden Organe, so entsteht folgendes Schema: Sinnesorgan . . nimmte Reize auf . . wandelt sie in elektrische Impulse um

f-.-

afferenter Nerv . . leitet Impuls zum Gehirn

I. ...

Gehirn . . verarbeitet Impuls . . generiert Reaktionsimpuls

....

efferenter Nerv . . leitet Impuls zur Peripherie

....

Erfolgsorgan . . nimmt Impuls auf . . führt Reaktion aus

Abb. 2.2 Vom Reiz zur Reaktion

Die Sinnesorgane fungieren als "Fenster zur Außenwelt". Ihre Aufgabe ist es, die Reize, die auf uns einwirken, aufzunehmen. Die Art des Reizes kann sehr unterschiedlich sein. Neben optischen spielen akustische, taktile und chemische Reize in unserem Leben eine entscheidende Rolle. Für andere physikalische oder chemische Größen, wie z.B. Magnetismus oder Radioaktivität, besitzen wir keine Sinnesorgane. Da aber unser Gehirn ausschließlich elektrische Impulse verarbeiten kann, besteht eine weitere zentrale Aufgabe der Sinnesorgane in der Umwandlung dieser verschiedenen Reize in elektrische Impulse. Afferente Nerven leiten die Impulse an das Gehirn weiter. Hier werden die Impulse ausgewertet. Die Daten werden mit bereits Gespeichertem verglichen und bewertet. Daraus entsteht die Vorstellung einer entsprechenden Reaktion. Diese Reaktion wird wiederum in Einzelaktionen, z.B. für unterschiedliche Muskeln, zerlegt und in Form von elektrischen Erregungen über die efferenten Nerven an das Erfolgsorgan (s. Abb. 2.2) weitergeleitet. Dieses führt die Reaktion aus.

2.2

Reizaufnahme durch Sinnesorgane am Beispiel des Auges

SegriHe

Augenbrauen. AugenliJer • Tränenflüssighit • Hornhaut. TränenJrü.e • Augapfel • LeJerltaut • AJerhaut • Regenbogenhaut (Iri.) • Sehloch (Pupille) • Ciliarlcörper • Zonulala.ern • Lin.e • AlckomoJation • Gla.körper • Netzhaut (Retina) • Stäbchen • Zapfen • Bipolarzellen • Sehpu~ur(RhoJop.in)

Befragt man Menschen danach, welches sie für das wichtigste Sinnesorgan halten, so wird meist das Auge an erster Stelle genannt. Unabhängig davon, dass selbstverständlich alle Sinnesorgane des Menschen ihre Bedeutung besitzen und niemand auf eines verzichten möchte, nimmt das Auge doch eine zentrale Stellung ein, weil wir unsere Umwelt sehr stark über dieses Sinnesorgan wahrnehmen. Daher werden auch im Folgenden Bau und Funktion des Auges ausführlich besprochen. Einen Überblick über die wichtigsten anderen Reize und die entsprechenden Sinnesorgane liefert Abb.2.3. 20

2

Der Raum zwischen Hornhaut und Iris ist mit Flüssigkeit gefüllt und wird als vordere Augenkammer bezeichnet. Zwischen Aderhaut und Regenbogenhaut bildet die mittlere Augenhaut den Ciliarkörper, an dem über kleine Bänder, den Zonulafasern, die Linse aufgehängt ist. Der Ciliarkörper produziert das Kammerwasser und bestimmt den Krümmungsgrad der Linse. Auf diese Weise wird die Scharfstellung des Auges auf verschiedene Entfernungen (Akkommodation) ermöglicht. Der größte Teil des Auges wird von dem durchsichtigen und gallertartigen Glaskörper ausgefüllt. Durch die Hornhaut, die Pupille, die Linse und den Glaskörper gelangt das Licht auf die innerste Augenhaut, die lichtempfindliche Netzhaut (Retina).

2.2.2 Feinbau der Netzhaut Der Aderhaut liegt nach innen die erste Schicht der Netzhaut auf, die sehr dünne und schwarze Pigmentschicht (Abb. 2.5). Der Farbstoff Melanin, der in dieser Pigmentschicht gebildet wird, hat eine ähnliche Funktion wie die schwarze Farbe in einer Kamera: er verhindert die Lichtreflexion und ist daher für das Scharfsehen wichtig. In der Pigmentschicht stecken die lichtempfindlichen Sehzellen. Nach ihrem Bau und ihrer Funktion unterscheidet man zwei verschiedene Arten: die Stäbchen und die Zapfen. Die etwa 120 Millionen Stäbchen sind in der Lage, hell und dunkel wahrzunehmen. Mit Hilfe der Zapfen ist das Farbsehen möglich. Die Enden der Sehzellen sind zum Auginneren hin mit Nervenzellen, den Bipolarzellen verbunden, die Querverbindungen innerhalb der Netzhaut herstellen. Sie sind verbunden mit der innersten Schicht der Netzhaut: großen Nervenzellen des optischen Nervs. Ihre langen Fortsätze bilden die Faserschicht, die - umgeben von einem dünnen Häutchen - die Netzhaut gegen den Glaskörper abschließt. Pigmentschicht

Sehzellen

~ Stäbchen '"

Bipolarzellen

Zapfen

\

I

Aderhaut

----

Nervenfasern (Glaskörper)

Lichtstrahlen

Abb. 2.5 Feinbau der Netzhaut

2.2.3 Der Sehvorgang Wie funktioniert aber nun das Sehen? Zwei Funktionen müssen in der Netzhaut erfüllt werden: Sie muss in der Lage sein, Licht aufzunehmen und in elektrische Impulse umzuwandeln. Dafür ist es notwendig, dass das Licht zunächst einmal die verschiedenen Schichten der Netzhaut durchdringt, um zu den Sehzellen zu gelangen. Diese enthalten einen Sehfarbstoff, den Sehpurpur 22

2

Ranvierscher Schnürring

Dendriten

Endknöpfchen

Abb. 2.6 Bau einer Nervenzelle (schematisch)

Im Zellkörper befinden sich der Zellkern und die Zellorganellen. Er ist das Stoffwechselzentrum des Neurons und zudem in der Lage, Signale zu speichern. Über die Dendriten empfangt die Zelle Impulse von anderen Neuronen. Sie breiten sich antennenartig im Raum aus und bilden dadurch eine große Oberfläche, um weiteren Nervenzellen Verknüpfungspunkte zu bieten. In der Regel gibt es über die Dendriten mehr als 10.000 Verbindungen zu anderen Zellen. Das Axon leitet die Impulse zu nachfolgenden Nervenzellen oder anderen Zellen (z.B. Muskelzellen) weiter. Jedes Neuron besitzt nur ein Axon. Es kann eine Länge von über einem Meter erreichen, bleibt aber mit einer Dicke von nur 0,01 mm sehr dünn. An seinem Ende verzweigt es sich wiederum baumartig, wobei jede Verzweigung mit einer kleinen Verdickung, dem Endknöpfchen, endet. Die Axone der Wirbeltiere sind oft von einer Myelinscheide umgeben, die nicht vom Neuron selbst, sondern aus den kurzen Schwannschen Zellen gebildet wird und der Isolierung dient. Zwischen den Schwannschen Zellen bleibt ein kleiner Spalt frei, den man Ranvierscher Schnürring nennt. Axon und Hüllzellen werden gemeinsam als Nervenfaser bezeichnet. Laufen viele, oft tausende Axone parallel, bezeichnet man sie als Nerv.

2.3.2 Erregungsleitung Der menscWiche Körper besteht zu rund 80% aus Wasser. Anders als bei der Strorn1eitung in Metallen wird der Strom in wässrigen Lösungen über Ionen getragen. Ionen sind gelöste Bestandteile von Salzen. Man unterscheidet die positiv geladenen Kationen und die negativ geladenen Anionen. Löst man ein Salz in Wasser, so entsteht kein Stromfluss, da die Ionen gleichmäßig verteilt sind. Durch Ladungstrennung, beispielsweise mithilfe einer Membran, kann sich aber eine Span-

ZeIläußeres Abb.2.7

24

Zellinneres Ruhepotenzial

ZeIläußeres

Zellmembran Aktionspotenzial

Zellinneres

2

2.3.3 Erregungsübertragung an der Synapse Die Erregungsleitung innerhalb des Neurons erfolgt durch elektrische Signale. Soll die Erregung aber von einem Neuron zum anderen oder beispielsweise zu einer Muskelzelle weitergeleitet werden, geschieht diese Erregungsübertragung über spezialisierte KontaktsteIlen, die Synapsen. Sie befinden sich dort, wo die Endknöpfchen des Axons an einer anderen Zelle anliegen.

Erregungsleitung Neurotransmitter Filamente

I

präsynoptische Membran Mitochondrien Endknöpfchen

postsynoptische Membran

Synoptische Vesikel gefüllt mit Neurotransmitter

mit Rezeptoren

Abb. 2.8 Bau einer Synapse {schematisch}

Der Regelfall ist die chemische Synapse. Für ihren Aufbau sind sowohl auf der Seite der Überträgerzelle, als auch auf der Seite der Empfangerzelle einige Merkmale typisch. Das Endknöpfehen eines Axons besitzt keine Myelinscheide. Im Inneren sind zum einen viele Mitochondrien zu finden, was darauf hinweist, dass sich hier Energie verbrauchende Vorgänge abspielen. Zum anderen enthält das Endknöpfchen hunderte von kleinen Bläschen, die synaptischen Vesikel. Diese sind mit chemischen Überträgerstoffen, den Neurotransmittern, gefüllt. Die Kontaktstelle zur Empfängerzelle, also der Bereich, mit dem das Endknöpfchen auf der Empfängerzelle aufliegt, bildet die präsynaptische Membran. Durchläuft eine Erregung das Axon und erreicht sie das Endknöpfchen, so verschmelzen die synaptischen Vesikel mit der präsynaptischen Membran (vgl. Abb. 2.8). Dadurch ergießen sich die Neurotransmitter in den synaptischen Spalt, den Bereich, der zwischen den beiden Zellen liegt. Er ist ca. 16-30 nm* breit und Teil des Zwischenzellraums. In diesem Bereich werden die Zellen durch äußerst dünne Filamente** zusammengehalten. Diese Bindung kann allerdings auch wieder aufgehoben werden. Die Neurotransmitter wandern durch den synaptischen Spalt und binden an besonderen Strukturen der Membran der

* I nm (Nanometer) entspricht 10-9 m. Der Abstand beträgt also zwischen 0,000016 und 0,00003 mrn. ** Lat.:filamentum = Fadenwerk. Äußerst dünne, fadenformige Gebilde

26

2

2.4.1 Sympathicus Die Nerven des Sympathicus haben ihren Ursprung im Rückenmark. Zwischen den Wirbelkörpern treten sie heraus und münden in den Grenzstrang, zwei beiderseits der Wirbelsäule liegende Ganglienketten*. Hier erfolgt für einige Organe eine Verschaltung auf ein weiteres Neuron. Im sympathischen Teil des vegetativen Nervensystems werden bei der synaptischen Erregungsübertragung unterschiedliche Neurotransmitter verwendet (vgl. Abschnitt 2.2.3): an den ersten Synapsen nach dem Austritt aus der Wirbelsäule Acetylcholin, bei den zweiten Synapsen dagegen Noradrenalin. Der Sympathicus wird auch als Leistungsnerv bezeichnet, weil er die körperliche Leistung steigert, Energiereserven mobilisiert und den Körper in Alarm- bzw. Fluchtbereitschaft versetzt.

2.4.2 Parasympathicus Dem Parasympathicus feWt eine zentrale Umschaltstelle wie sie der Grenzstrang darstellt. Stattdessen ziehen die meist sehr langen Axone direkt aus dem Nachhim (vgl. Lektion 3) zu den Zielorganen. Die Orte der Verschaltung und damit die Ganglien liegen meist in unmittelbarer Nähe der innervierten** Organe. Der X. Hirnnerv, der Nervus vagus, ist der wichtigste Nerv des Parasympathicus, da er den gesamten Brust- und oberen Bauchraum versorgt. An allen Synapsen des Parasympathicus dient Acetylcholin als Transmitter. Der Parasympathicus fördert Erholungsvorgänge, Entspannung, Schlaf und den Aufbau von Energiereserven. Aus diesem Grund wird er auch als Erholungsnerv bezeichnet.

2.4.3 Wirkungen des vegetativen Nervensystems Wie bereits erwähnt haben Sympathicus und Parasympathicus weitgehend gegensätzliche Aufgaben. Das genau aufeinander abgestimmte Wechselspiel beider Teile ermöglicht eine präzise, der jeweiligen Situation angemessene Einstellung von Körperfunktionen. Abb. 2.9 und Abb. 2.10 veranschaulichen den Aufbau des vegetativen Nervensystems und geben einen Überblick über wichtige Wirkungen des Sympathicus und des Parasympathicus.

Sympathicus

Parasympathicus

Abb.2.9 Bau des vegetativen Nervensystems

* **

Als Ganglien bezeichnet man kleine Knötchen, in denen es zu einer Anhäufung von Zellkörpem aus Nervenzellen kommt. mit Nervenreizen versehen, hier: von Nerven gesteuerten

28

2

Aufgaben

zur Lernkontrolle

Filmfroge: Warum setzte man früher bei schweren Operationen, wie etwa Herzoperationen, Curare ein? ,.

Beschreiben Sie das Nervensystem 0) nach dem Bau b) nach der Funktion und nennen Sie dazu die einzelnen Elemente.

2. Beschreiben Sie schematisch, wie es von einem Reiz zu einer Reaktion kommt. Was geschieht in den einzelnen Organen?

3. Nennen Sie drei Merkmale des Auges, die zu dessen Schutz dienen. 4. Erläutern Sie anhand einer Zeichnung den Aufbau der Netzhaut. 5.

Wie wird im Auge ein elektrischer Impuls erzeugt?

6. Beschreiben Sie anhand einer Zeichnung den Bau einer Nervenzelle.

7.

Beschreiben Sie die chemische Reizübertragung an der Synapse.

8.

Vergleichen Sie die Zustände an der Zellmembran während des Ruhepotenzials und während eines Aktionspotenzials.

9. Nennen Sie den Namen des Giftes der Tollkirsche und beschreiben Sie seine Wirkungen.

'0. Der Sympathicus - beschreiben Sie seinen Aufbau und begründen Sie den Beinamen "Leistungsnerv ".

30

3

(eine Gehirnhälfte von innen)

(von vorne) - ' , - - - Großhirn - - - , Balken t~~:T:~L..~';;+- Hypothalamus '-------'''==''-----

Zwisc hen hirn

-~1"-""'''--'1

Mittelhirn Kleinhirn

Rückenmark

' - - - - - - - - - Nachhirn -_.../

, I

,

I

I

I

Hinterhirn Vorderhirn Neuralrohr Mittelhirn Abb. 3.1 Entwicklung des Gehirns (unten), Aufbau des Gehirns, gezeigt an einer Hirnhälfte (mitte) und von vorne {rechts}

Das Gehirn wiegt durchschnittlich 1,3 kg und steuert alle lebenswichtigen Vorgänge, seien diese nun bewusst oder unbewusst ablaufende Körperfunktionen (Ausnahme: Reflex). Die Vielzahl der Aufgaben wird durch Arbeitsteilung bewältigt: •

Das Nachhirn steuert die lebenswichtigen Grnndfunktionen des Körpers: die Koordination des stabilen Kreislaufs, den Herzschlag, die Atmung, aber auch wichtige Reflexe wie den des Hustens oder Erbrechens. Wird das Nachhirn geschädigt, ist ein Mensch nicht mehr lebensfähig. Außerdem ist das Nachhirn die Verbindung zwischen Gehirn, Rückenmark und restlichem Körper. Mit Ausnahme des Riech- und Sehnervs laufen alle Befehle an und vom Körper über das Nach- und Mittelhirn.



Das Kleinhirn koordiniert die Bewegungen des Körpers. Es steht einerseits mit dem Großhirn in Verbindung und andererseits mit den Nervenzellen der Muskeln und Knochen, die ständig die Muskellänge und die Stellung der Gelenke im Körper melden. Auf diese Weise kann der Wille "Ich möchte die Telekolleg-Lektion über das Gehirn lesen" koordiniert werden. Die Bewegungen der Hand, die das Buch holt und aufschlägt, und die Augenbewegung, die Ihnen gerade das Lesen ermöglicht, werden von bestimmten Großhirnbereichen geplant und im Kleinhirn in Bruchteilen von Sekunden verrechnet und zur richtigen Handlung koordiniert. Außerdem empfängt und sendet das Kleinhirn ständig die Information über die Lage im Raum. Auf diese Weise halten wir das Gleichgewicht. Da bei all diesen Vorgängen Bewegungsabläufe vorliegen, handelt es sich wo die Verarbeitung von motorischen Informationen.

32

3

Das Großhirn ist durch viele Windungen und Furchen gefaltet. Dadurch wächst die Oberfläche auf 0,5-1 m 2 an. Es ist in zwei Gehirnhälften unterteilt, die aber über den Balken verbunden sind (Abb. 3.1). Der Balken ist ein Bündel aus ca. 200 Millionen Neuronen. Er ermöglicht den Informationsaustausch zwischen den Gehirnhälften.

3.2.2 Felder und Lappen der Großhirnrinde Von außen betrachtet unterteilt sich die Großhirnrinde durch stärkere Furchen auf jeder Hälfte in vier Lappen (Abb. 3.2): -

sensorisches Feld

motorisches Feld

den Stirnlappen, den Scheitellappen, den Schläfenlappen und den Hinterhauptslappen.

Weiterhin gibt es an der zentralen Furche zwischen Stirn- und Scheitellappen zwei Felder mit besonderer Funktion: -

auf der Seite des Stirnlappens das motorische Feld und auf der Seite des Scheitellappens das sensorische Feld.

Hinterhauptslappen

Schläfenlappen

Abb.3.2 Aufteilung der Großhirnrinde in lappen und Felder

Diese beiden Felder haben spezielle Funktionen. Vom motorischen Feld werden die bewussten Bewegungen der Skelettmuskeln gesteuert. Dabei steht die Feinheit der Muskelbewegungen, die wir ausführen können, im Verhältnis zur Fläche, die die verschiedenen Muskelgruppen auf dem motorischen Feld einnehmen. Anders ausgedrückt: Je feiner die Arbeit, desto größer ist der dafür benötigte Bereich im motorischen Feld. Die Muskulatur der Mimik und der Hände, - vor allem des Daumens, beansprucht einen vergleichsweise großen Teil. Auf dem sensorischen Feld werden die Reize der Haut - also Temperatur, Berührung, Druck und Schmerz verarbeitet. Auch hier sind Verhältniszuordnungen erkennbar: Das Gesicht, vor allem die Lippen, und die Hände sind nämlich auf dem sensorischen Feld verhältnismäßig stark vertreten; eben jene Bereiche, in denen wir besonders feinfiihlig sind. Zwei Beispiele sollen den Unterschied zwischen den Feldern verdeutlichen. Jeder kennt Zahnschmerzen. Der Bereich für Zähne ist auf dem sensorischen Feld angelegt und registriert den an das Gehirn gemeldeten Schmerz. Da jedoch niemand von uns bewusst mit den Zähnen wackeln kann, sind die Zähne auf dem motorischen Feld überhaupt nicht vertreten. Auch die Motorik der Eingeweide untersteht nicht unserem Willen, wir können nicht bewusst verdauen. Deshalb ist dieser Bereich auf dem motorischen Feld nicht zu finden. Die Meldung "Bauchschmerzen" wird an das sensorische Feld weitergeleitet. Auch auf den Lappen übernehmen bestimmte Regionen verschiedene Funktionen. Dabei liegt im Hinterhauptslappen das Sehzentrum. Hier finden die Verarbeitung der elektrischen Impulse (Netzhaut) und die motorische Bewegung der Augen statt. Mit anderen Worten: Auch hier liegen immer sensorische und motorische Bereiche vor. Weiterhin existiert in jedem Lappen ein assoziatives 34

3

Eine zweite Möglichkeit, Auskunft über die Funktionen verschiedener Lappenbereiche zu bekommen, sind bildgebende Verfahren wie die Kernspintomografie. Durch diese Methode kann man die Gehirnaktivität von Versuchspersonen während einer Handlung messen und so bestimmte Bereiche des Gehirns ihrer Funktion zuordnen. Stark vereinfacht lässt sich festlegen, dass die linke Gehirnhälfte für die abstrakten und kognitiven Fähigkeiten wie Rechnen, Zahlenverständnis und logisches Denken zuständig ist. In der rechten Gehirnhälfte liegen kreative Fähigkeiten, Raumvorstellung, Vorstellungskraft und Einsicht. Neben dieser unterschiedlichen Gewichtung lassen sich den einzelnen Lappen noch weitere Grundfähigkeiten zuordnen. Der Schläfenlappen steht im Dienst der akustischen Wahrnehmung (Musikverständnis, Horchbewegungen, Auswertung von Gehörtem usw.). Dabei liegt der sog. "Geistesblitz" wiederum auf der rechten Hälfte des Schläfenlappens. Der Scheitellappen ist für die Ausführung bestimmter Handlungen (wie Lesen und Rechnen), für die angesprochenen Sprachfertigkeiten sowie auch für die Auswertung von Geschmackseindrücken zuständig. Im Stirnlappen sind schwer zu überprüfende Funktionen wie das Selbstbewusstsein, Motivation und Antrieb, planvolles Handeln und logisches Denken sowie Einsicht und Selbstreflexion angesiedelt. Wenn man bedenkt, dass jedes Neuron durch ca. 8.000 Synapsen mit anderen Neuronen in Verbindung steht, gibt es viele Faktoren, die die Intelligenz, das Selbstbewusstsein oder das Lernen beeinflussen.

3.2.3 Sinnesleistung und Wahrnehmung Die Verknüpfungen verschiedener Neuronen führen auch dazu, dass Sinneseindrücke nicht nur isoliert an das Gehirn gemeldet, sondern auch bearbeitet und interpretiert werden. Dieser Prozess ist die Wahrnehmung. Stellen wir uns einen Hund vor, der am Straßenrand entlangläuft. Die erste Bearbeitung dieser Bilder findet dahingehend statt, dass durch die Verschaltung der Sinneszellen in der Netzhaut die Kontraste verstärkt werden und damit Konturen besser zur Geltung kommen. Die Sehnerven leiten den Impuls in das Gehirn. Sie überkreuzen sich am Anfang und laufen über das Zwischenhirn, in dem wir, wie bereits erwähnt, Informationen filtern. Die Informationen werden im Sehzentrum im Hinterhauptslappen ausgewertet. Dabei bearbeitet unser Gehirn eine Flut von Einzelbildern und fügt sie zu einer Bewegung zusammen. Zudem werden die Informationen beider Augen verrechnet, wodurch wir einen räumlichen Eindruck von der Gestalt des Hundes und seiner Umgebung bekommen. Aufgrund seiner Entfernung zu unserem Beobachtungspunkt können wir die Größe einschätzen. Weiterhin werden in verschiedenen Bereichen des Gehirns Informationen wie Farbe, Größe, Schnelligkeit, Art der Bewegung und die Fähigkeit, den Hund als solchen (d.h. nicht als Katze oder irgendetwas anderes) zu benennen, gespeichert. So kann man, wenn man anderen mitteilen möchte, was man gerade sieht, die Wahrnehmung abrufen und im Sprachzentrum den Satz formen: "Ich sehe einen schwarzen, mittelgroßen Hund langsam und schnüffelnd in ungefahr 50 Meter Entfernung am Straßenrand laufen. Er hat hängende Ohren, ist ein Mischling ... " All diese Informationen wurden im Gehirn ausgewertet und sind als Gesamtablauf wieder abrufbar. Aufgrund der individuellen Interpretation sind Wahrnehmungen subjektiv. Es spielen ja die persönlichen Erfahrungen und das persönliche Wissen dabei eine Rolle. Nur wenn ich schon einmal einen Hund gesehen habe, kann ich ihn benennen. Und je nachdem, wie viele Hunde das waren, kann ich 36

3

vom Schmerzrezeptor

Abb.3.4 Querschnitt durch das Rückenmark mit sensorischen und motorischen Nervenbahnen eines Reflexbogens

Substanz aus Zellkörpern der Neuronen zusammengesetzt, während die weiße Substanz aus Axonen (s. Abschnitt 3.2.1) besteht. Damit wird klar, dass alle sensorischen Meldungen zuerst an die graue Substanz weitergeleitet werden, denn nur hier liegt der Zellkörper, der über Dendriten den Reiz aufnehmen und über ein Axon an eine andere Nervenzelle weitergeben kann. Meldungen der Haut, der Eingeweide und der Muskeln werden zuerst in der grauen Substanz aufgenommen und verschaltet. Sodann ziehen sie in den Bahnen der weißen Substanz zum Gehirn. Genauso werden Befehle vom Gehirn in der weißen Substanz weitergeleitet, in der grauen verschaltet und an das entsprechende Erfolgsorgan weitergegeben. Dieser Vorgang der Reizweiterleitung benötigt Zeit. Bei Gefahr kann diese vergleichsweise "lange Leitung" zum Gehirn und wieder zurück zu lange sein. Für solche Fälle besitzt der Körper eine Schutzvorrichtung: den unbedingten Reflex.

3.3.2 Unbedingter Reflex Ein Reflex ist eine unmittelbare Reaktion auf einen Reiz. Man kann einen Reflex, wie das Zurückzucken der Hand oder auch das Schließen des Augenlids während der "Schrecksekunde", nicht unterdrücken. Einmal ausgelöst verläuft eine Reflexreaktion immer gleich. Die Reaktion ist deshalb automatisiert, d.h. sie kann weder willentlich unterdrückt noch abgeändert werden, weil an ihr das Großhirn nicht beteiligt ist. Betrachten wir unsere Reaktionen, wenn wir aus Versehen eine heiße Herdplatte berühren (Abb. 3.4). Die Schmerzrezeptoren der Haut melden über sensorische Nervenbahnen den Schmerz an das Rükkenmark. In diesem Fall wird der Impuls in der grauen Substanz auf eine Nervenzelle verschaltet, die direkt zum entsprechenden Muskel, dem Effektor, zieht. Die Reaktion wird sofort im Rückenmark verschaltet. Der Muskel verkürzt sich durch den Impuls und der Arm wird zurückgezogen. Gleichzeitig erfolgt eine Meldung an das Gehirn. Jetzt empfinden wir den Schmerz - meist erst nachdem wir von der Schmerzquelle zurückgezuckt sind. Dadurch lernen wir eine heiße Herdplatte

38

3

Bei der Multiplen Sklerose liegt eine Autoimmunerkrankung vor (s. Lektion 7). Hier werden die Myelinscheiden der Nervenzellen des Gehirns vom eigenen Immunsystem angegriffen und entzünden sich. Dadurch werden Nervenzellen geschädigt und die Verknüpfungen im Gehirn zu anderen Neuronen getrennt. Die Krankheit verläuft in Schüben, bei denen der degenerative Prozess weiter fortschreitet. Zwischen den einzelnen Schüben können Jahre liegen, aber irgendwann stellen sich Behinderungen ein, durch die Sinnesleistungen und Sprachfähigkeit auf Dauer eingeschränkt sind. Die genauen Ursachen für die Entwicklung von MS sind noch ungeklärt. Bekannt ist, dass MS genau wie Alzheimer eine erbliche Komponente hat, die eine Erkrankung wahrscheinlicher macht. Alzheimer ist eine im Alter auftretende Krankheit, die sich durch Sprachstörungen, Vergesslichkeit, Rückgang der intellektuellen Fähigkeiten und Persönlichkeitsverlust äußert. Die Lebenserwartung nach Ausbruch der Krankheit liegt bei 5-10 Jahren. Im Laufe der Zeit sind die Patienten nicht mehr in der Lage, die einfachsten Tätigkeiten zu verrichten. Deshalb werden sie über kurz oder lang ein Pflegefall. Die Auslöser der Krankheit sind bislang unbekannt, allerdings sind wahrscheinlich freie Radikale* an der Erkrankung beteiligt.

Abb.3.5 Vergleich normales Gehirn (links) und Alzheimer-Gehirn (rechts)

Bei Alzheimererkrankten wird ein Protein, das Amyloid, hergestellt, das das Gehirngewebe angreift. Welche Prozesse im Einzelnen ablaufen, ist noch unbekannt. Es wird jedoch eine Wechselwirkung des Amyloids mit bestimmten Immunzellen vermutet, die letztlich das Absterben des Gewebes verursachen. Überall dort, wo das Protein eine Zerstörung des Gehirns veranlasst, entstehen sog. Plaques (Abb. 3.5). An diesen Stellen kann der Neurotransmitter Acetylcholin nicht mehr hergestellt werden oder anbinden. Dieser Botenstoff ist jedoch für die Gedächtnisfunktion äußerst wichtig. Durch die Zersetzung der für das Gedächtnis verantwortlichen Gehirnregionen und die geringere Produktion von Acetylcholin treten enorme Gedächtnisverluste auf. Deshalb wiederholen Alzheimerpatienten häufig monoton immer wieder dieselben Fragen, da sie sich weder daran erinnern können, sie gestellt zu haben, noch die Antwort im Gedächtnis behalten können.

*

Sehr reaktionsfreudige, kurzlebige chemische Elemente oder Verbindungen, die über mindestens ein freies Elektron verfügen. Sie werden bei allen Stoffwechselprozessen gebildet.

40

3

Aufgaben zur Lernkontrolle Filmfrage: Welche Bereiche des Gehirns sind beim Menschen besonders aktiv, wenn er über die Ursachen einer zeitweiligen Störung der Bewegungskoordination nachdenkt?

J. Stellen Sie eine Tabelle auf, die die aus dem Neuralrohr entwickelten Hirnbläschen am Anfang der Schwangerschaft den daraus entwickelten Gehirnregionen gegenüberstellt. Hirnbläschen am Anfang der Schwangerschaft Später entwickelte Gehirnregion

2. Nach zu großem Alkoholkonsum schwankt man leicht. Stellen Sie eine Vermutung an, welcher Gehirnteil am stärksten betroffen ist. Überlegen Sie weiterhin, wo im Gehirn die suchtfördernde Wirkung von Alkohol angelegt sein könnte.

3. Welche Aufgabe hat das Zwischenhirn? 4. Nennen Sie die Bestandteile, aus denen graue und weiße Substanz jeweils aufgebaut sind.

5. Zählen Sie die vier Lappen und die beiden Felder der Großhirnrinde aufund nennen Sie jeweils eine Funktion.

6. Erklären Sie die Redensart "Ein gebranntes Kind scheut das Feuer" aus neurologischer Sicht.

7. Was ist den Gehirnerkrankungen Multiple Sklerose und Alzheimerkrankheit gemeinsam?

42

4

4.1

Definition des Begriffs

Begriffe

4.1.1

Hormon. Endolcrino/ogie • endolcrines System • glanduläre und ag/andu/äre Hormone • Gewebshormone • Neurohormone • Eno/gsorgan • Rezeptor • Schlüssel-Schloss-Prinzip • Hypothalamus • Re/easing-Hormone • Hypophyse • g/andotrope Hormone • Rüclclcopp/ung

Hormone sind Botenstoffe

Hormone* sind Botenstoffe des Körpers. Die Lehre von Hormonen heißt Endokrinologie* *, die Gesamtheit der an der Steuerung und der Produktion beteiligten Organe und Gewebe nennt man das endokrine System. Drüsenhormone oder glanduläre Hormone werden in besonderen endokrinen (innersekretorischen) Zellen gebildet, die zu Drüsen ohne Ausfiihrgang oder Zellhaufen zusammengefasst sind. Von hier aus werden sie ins Blut abgegeben und wirken auf andere, spezifische Gewebe oder Organe des Körpers. Entstehungsorte der Hormone müssen also nicht in der Nähe der Wirkorte liegen, da die Stoffe mit dem Blutstrom zu allen Regionen des Körpers transportiert werden. Daher bezeichnet man Hormone auch als Boten- oder Überträgerstoffe. Zu den aglandulären Hormonen - dies sind Hormone, die nicht in Hormondrüsen gebildet werden - zählen die Gewebshormone. Sie entfalten ihre Wirkung in unmittelbarer Umgebung ihres Entstehungsortes. Den Wirkort erreichen sie durch Diffusion. Neurohormone werden in besonderen Nervenzellen des Hypothalamus (siehe Lektion 3) gebildet und innerhalb der Nervenzelle zur Hirnanhangsdrüse transportiert, wo sie in die Blutbahn gelangen. In den Zielzellen ihrer Erfolgsorgane lösen die Hormonmoleküle spezifische Stoffwechselvorgänge aus, die ohne ihre Anwesenheit nicht möglich wären. Die Zielzellen besitzen spezielle Rezeptoren für die Hormonmolekille. Diese machen die Spezifität aus und reagieren nur auf ein bestimmtes Hormonmolekül, man spricht vom Schlüssel-Schloss-Prinzip. Trifft nun ein Hormonmolekül auf einen Rezeptor, kommt es zur Ausbildung von Hormon-Rezeptor-Komplexen. Die Rezeptoren liegen in der Zellmembran, im Zellkern oder im Cytoplasma und greifen daher durch folgende Mechanismen regulierend in die Funktion des Organismus ein: -

sie beeinflussen die Enzymbildung in den Zellen sie beeinflussen die Durchlässigkeit von Zellmembranen sie beeinflussen die Enzymreaktionen an den Zellmembranen

Hormone wirken bereits in äußerst geringen Mengen. Das Hormon der Schilddrüse (Thyroxin) wirkt beispielsweise noch bei einer Konzentration im Blut von 1:500 Millionen, das Hormon des Nebennierenmarks (Adrenalin) sogar bei einer Konzentration von 1: 1000 Millionen. Für den Transport im Blut werden die Hormonmoleküle meist reversibel*** an Trägerproteine gebunden. Dadurch sind sie zum einen besser löslich und zum anderen in einen inaktiven Zustand versetzt.

* Gr.: horman = antreiben, anregen ** Gr.: endon = innen, gr. krinein = *** Lat.: revers = umkehrbar

44

absondern

4

setzten Hormone regeln wiederum die Produktion der Releasing-Hormone. Dies geschieht mithilfe einer negativen Rückkopplung, was bedeutet, dass die erhöhte Hormonkonzentration im Blut die Ausschüttung weiterer Releasing-Hormone im Hypothalamus hemmt. Vergleicht man die Hormondrüsensteuerung mit einem Theaterstück, übernimmt die Hypophyse die Rolle des Regisseurs, der Hypothalamus die des Intendanten. Die Hierarchie kann wie folgt dargestellt werden:

I

Rückkopplung

I

Hormon der peripheren Drüse

I

I

-I

Hypothalamus

l

1

I

Releasing-Hormone

I

Iglandotrope Hormone

I

I Hypophysenvorderlappen I

I I

t periphere Hormondrüse

I

Abb. 4.2 Steuerung der Hormondrüsen

Der Steuerungsmechanismus nicht aller Hormone läuft jedoch nach diesem hierarchischen Prinzip ab. Das Nebennierenmark wird beispielsweise auch durch Nervenfasern des vegetativen Nervensystems innerviert; die Hormone der Langerhanssehen Inseln der Bauchspeicheldrüse können ebenfalls durch Nerven direkt freigesetzt werden. In manchen Systemen kommt es auch zu positiven Rückkopplungen.

4.2

Hormondrüsen des Menschen

BegriHe

Zlrbe'Jrüse (Epipltyse) • HimanltangsJrüse (Hypopltyse) • Sclti'JJrüse • ThymusJrüse • LangemansseIte 'nseln • 8'utzuclcerspiege' • 'nsu'in • G'ucagon • Nebennieren • NebennierenrinJe • Nebennierenmar#c • AJrena'in • NoraJrena'in • KeimJrüsen • Eierstoclc • HoJen • Mensfruationszy'dus • ÖSfrogen • Gesfagen • Eisprung • Progesteron • Ovu'afionsltemmer • AnJrogene • Testosteron

Hormone erfüllen im Wesentlichen drei Aufgaben im menschlichen Körper: -

sie ermöglichen und fördern die körperliche, geistige und sexuelle Entwicklung des Menschen sie ermöglichen und fördern die Leistungsanpassung des Organismus (physiologische Adaptation) sie sind notwendig für die Aufrechterhaltung bestimmter physiologischer Größen (z.B. pH-Wert, Blutzuckerspiegel) und haben somit eine homöostatische* Funktion.

-

*

Homöostase: Konstanthaltung des inneren Milieus gegen störende äußere Einflüsse

46

4

4.2.1 Hormondrüsen im Gehirn • Die Zirbeldrüse Die Funktion der Zirbeldrüse - oder Epiphyse -, die die Form eines 8-14 mm großen Pinienzapfens besitzt und am Dach des Zwischenhirns liegt, ist nicht ganz geklärt. Das wichtigste Hormon der Epiphyse ist das Melatonin. Es bewirkt in der Haut eine Zusammenlagerung der Pigmente, sodass die entsprechenden Zellen bzw. Gewebe aufgehellt erscheinen. Beim Menschen hemmt Melatonin außerdem bestimmte Sexualhormone, wodurch die Reifung der Geschlechtsorgane bis zur Pubertät verhindert wird. Kinder, deren Epiphyse durch einen Tumor zerstört wurde und die infolgedessen kein Melatonin bilden können, zeigen eine verftühte Pubertät.

• Die Hirnanhangsdrüse Auf die zentrale Bedeutung der Hirnanhangsdrüse (Hypophyse) wurde bereits hingewiesen. Das ca. 0,6 g schwere, erbsengroße Organ hängt an einem Stiel am Boden des Hypothalamus. Sie besteht aus zwei funktionellen Einheiten, dem Hypophysenvorderlappen und dem Hypophysenhinterlappen. Der Hypophysenhinterlappen gibt zwei Hormone ab, das Adiuretin (ADH) und das Oxytocin. Beide werden im Hypothalamus gebildet, in Axonen von Nervenzellen in den Hypophysenhinterlappen transportiert und dort gespeichert. Er fungiert somit als Vorratsdriise und regelt die rasche Ausschüttung ausreichend großer Hormonmengen. Das ADH hemmt die Wasserausscheidung in den Nieren und ist somit an der Regelung des Wasserhaushaltes beteiligt. Oxytocin kontrahiert die glatte Muskulatur in den mütterlichen Brustdrüsen und spielt daher eine große Rolle beim Stillen eines Säuglings. Der Hypophysenvorderlappen gibt eine ganze Reihe von Hormonen ab, die man nach unterschiedlichen Wirkorten grob in zwei Gruppen einteilen kann. Die vier glandotropen Hormone steuern andere (periphere) Hormondrüsen. Die beiden nicht-glandotropen Hormone wirken direkt im Körper. Abb. 4.4 gibt einen Überblick über die produzierten Hormone und ihre Wirkorte. Kurzbezeichnung

Name

Wirkort

Adrenocortikotropes Hormon Thyreoidae-stimulierendes Hormon Follikel-stimulierendes Hormon Luteinisierendes Hormon

Nebennierenrinde Schilddrüse Keimdrüsen Keimdrüsen

Glandotrope Hormone: ACTH TSH FSH

LH Nicht-glandotrope Hormone STH (= GHl

Somatotropes Hormon (Growth Hormon)

alle Körperzellen

PRL

Prolaktin

viele Körperzellen, v.a. Brustdrüsen

Abb. 4.4 Überblick über die Hormone des Hypophysenvorderlappens

Die glandotropen Hormone werden bei den entsprechenden Hormondrüsen näher beschrieben. Als Beispiel fiir die Wirkungsweise eines nicht-glandotropen Hormons sehen wir uns das STH an. Seine Konzentration schwankt im Tagesverlauf beträchtlich. So sind die höchsten Werte kurz nach Mitternacht festzustellen. Es beeinflusst den Kohlenhydrat-, Fett- und Proteinstoffwechsel, sowie den Elekrolyt- und Wasserhaushalt und besitzt somit eine wichtige Stellung im gesamten Stoffwechsel. Solange die Verknöcherung nicht abgeschlossen ist, wirkt es auf das Körperwachstum ein,

48

4



Die Langerhansschen Inseln der Bauchspeicheldrüse

Die Bauchspeicheldrüse liegt hinter dem Magen etwa auf Höhe der Nieren. Sie enthält die Langerhansschen Inseln. Ihre wichtigste Aufgabe ist die Konstanthaltung des Blutzuckerspiegels, also der Glucosekonzentration im Blut (0,7-1,1 g/l). Dies geschieht durch die Ausschüttung der Hormone Insulin und Glucagon. Insulin senkt den Blutzuckerspiegel. Wenn dieser unmittelbar nach einer Mahlzeit über einen Grenzwert steigt, werden folgende Mechanismen aktiviert: -

Stimulation der Glucoseaufnahme der Zellen in den Geweben Förderung der ATP-Synthese (vgl. Lektion 6) Steigerung der Glycogenbildung* in der Leber und den Muskelzellen, sowie Verhinderung des Glycogenabbaus Förderung der Fettsynthese aus Glucosemolekülen

Sinkt der Blutzuckerspiegel unter einen bestimmten Wert, so wird Glucagon freigesetzt, wodurch der Blutzuckerspiegel steigt. Glucagon wirkt also antagonistisch zu Insulin: Glucose wird aus Glycogen und/oder aus Fett freigesetzt. Neben dem Glucagon gibt es weitere Hormone, die den Blutzuckerspiegel steigern können. Dies sind insbesondere das Adrenalin und das Noradrenalin. Diese werden in Stresssituationen ausgeschüttet (s.u.). • Die Nebennieren Auf den oberen Polen der Nieren sitzen die ca. lOg schweren Nebennieren, die in Größe und Form einem gebogenen kleinen Finger entsprechen. Sie sind keine einheitlichen Organe, sondern bestehen aus zwei unterschiedlichen Geweben, der Rinde und dem Mark. Zwischen Nebennieren und Nieren besteht keine direkte Beziehung. Die Nebennierenrinde macht etwa 80% der Substanz aus. Sie wird durch das ACTH der Hypophyse gesteuert. Man unterscheidet zwei Gruppen von Hormonen, die in der Nebennierenrinde produziert werden. Die Glucocorticosteoride, dessen wichtigster Vertreter das Cortisol ist, beeinflussen v.a. den Kohlenhydratstoffwechsel im Körper. So steigern sie die Glucosekonzentration im Blut und wandeln bei hohen Konzentrationen in der Leber Aminosäuren und Fette in Glucose um. Außerdem spielen sie eine große Rolle bei der Anpassung des Körpers auf Stress. Die zweite Gruppe, die Mineralcorticoide regulieren - wie der Name bereits erahnen lässt - den Haushalt von Mineralien, insbesondere des Natriums im Körper. Das Nebennierenmark steht im engen Verhältnis zum vegetativen Nervensystem. So besteht ein Teil des Marks aus Ganglienzellen des Sympathicus. Die wichtigsten Hormone sind Adrenalin und Noradrenalin. Beide besitzen nur eine sehr kurze Wirkdauer, können aber schnell in relativ großen Mengen freigesetzt werden. Sie werden vermehrt bei körperlicher Arbeit, Kälte, Hitze, Schmerzen, Sauerstoffmangel, Blutdruckabfall, Angst oder Ärger ausgeschüttet und regeln dabei beispielsweise den Querschnitt von Blutgeflißen, die Blutzuckerkonzentration und die Aktivität von Verdauungsorganen. Die Ausschüttung von Hormonen des Nebennierenmarks bewirkt insgesamt eine Erhöhung der Reaktionsgeschwindigkeit und eine Steigerung der Leistungsflihigkeit des Körpers. Er ist dadurch in der Lage, besonders kraftvoll in einer Notsituation zu reagieren. *

Glycogen: Speicherform der Glucose, vgl. Chemie für Biologie, S. 43 f.

50

4

Hormone der

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Hirnanhangsdrüse t.

I

Hormone des Eierstocks

Östrogen Gestosen

Vorgänge im Eierstock

G

L-

OOC'1@@@@ ':::::J' . .

Follikel' reift

-

Eisprung

Gelbkörper Gelbkörper Gelbkörper reift voll ausgebildet schrumpft

Gebärmutterschleimhaut Monatsblutung

Proliferotionsphase

Körpertemperatur

Sekreti'onsphose "\

/' .-/

1

5

10

I

I

I

15

,20

25

"'-

28

37

0

C

1. Tag des Zyklus

Abb. 4.5 Menstruationszyklus

einzupendeln. Durch den leichten Anstieg des FSH sowie durch den gleichzeitig sprunghaften Anstieg des LH in der Mitte des Zyklus wird die Ovulation ausgelöst. Während der Proliferationsphase steigt der Östrogenspiegel ständig an. Nach dem Eisprung sinkt er etwas und fällt in der Menstruationsphase stark ab. Die hohe Östrogenkonzentration im Blut bewirkt, dass die LH- und FSH-Konzentration im Blut fällt (Rückkopplung, siehe Lektion 4.1.2) und in der Folge auch die Östrogenkonzentration wieder absinkt. Dadurch wird ein weiterer Eisprung verhindert. Beim Eisprung platzt der Follikel und gibt das Ei frei. Er selbst entwickelt sich zum Gelbkörper, der das Gelbkörperhormon Progesteron produziert und an das Blut abgibt. Dieses steigert die Stoffwechselaktivität im Körper. Deshalb erhöht sich nach der Ovulation die Körpertemperatur der Frau um ca. O,5°C. Kommt es zu keiner Befruchtung, sostirbt der Gelbkörper ab und die Produktion von Progesteron wird eingestellt. Dies ist das Signal für den Körper, die Menstruationsphase einzuleiten. Gleichzeitig beginnt bei zugleich geringer Östrogenkonzentration die FSH-Produktion wieder zu steigen und der Zyklus beginnt von neuem. Bei einer erfolgreichen Befruchtung bleibt der Gelbkörper ca. fünf Wochen erhalten und signalisiert dem Körper durch hohe Progesteronwerte die Schwangerschaft. Die GebärmutterscWeirnhaut bleibt dabei erhalten und es kommt zu keiner neuen Eireifung. Die orale Einnahme der Antibabypille (oder Pille) wirkt als Ovulationshemmer. Die Präparate enthalten in unterschiedlichen Konzentrationen synthetisch hergestellte Östrogene und Gestagene. Diese ahmen die hormonellen Gegebenheiten einer Schwangerschaft nach und hemmen nach dem Prinzip der negativen Rückkopplung im Hypothalamus die Ausschüttung von Releasing-Hormonen, sodass die Konzentration an LH und FSH relativ konstant bleibt. Bei gleich bleibenden Mengen an Hypophysenhormonen und dem damit verbundenen ausbleibenden Peak an LH-Hormonen

52

4

Gehirn

Stressor

Sympathicus Nebenniere (bei Dauerstress)

,E

Adrenalin schneller Herzschlag hoher Blutdruck

E

Cortisol Bildung roter Blutkörper Umwandlung von Fetten

VERSORGUNG DER MUSKULATUR ..... SCHNElLE REAKTION Abb. 4.6 Zusammenwirken von vegetativem Nervensystem und Hormonsystem

Muskeln benötigt wird ("man wird bleich vor Schreck") und der Blutdruck steigt. Gleichzeitig werden die Verdauungsvorgänge reduziert und übergeordnete Denkprozesse ausgeschaltet, es kommt zu Denkblockaden. Da Adrenalin eine Halbwertszeit von nur fünf Minuten besitzt, müssen bei Dauerstress andere Hormone in Aktion treten. Über das bekannte Hypothalamus-Hypophysensystem wird das ACTH ausgeschüttet, was in der Nebennierenrinde die Produktion von Cortisol anregt. Cortisol bewirkt, dass neben den kurzzeitigen Energieträgern (Zucker) nun auch langzeitige Energieträger (Fette) aktiviert werden. Gleichzeitig steigt die Zahl der roten Blutkörperchen, um die Sauerstoffversorgung der Organe sicherzustellen. Die Gerinnungsfähigkeit des Blutes wird ebenfalls erhöht, damit bei einer evtl. auftretenden Verletzung Blutverluste gering gehalten werden. Dieser ursprünglich durchaus sinnvolle Mechanismus fiihrt aber gleichzeitig dazu, dass es - sofern keine körperliche Betätigung ausgefiihrt wird - zur Bildung von Blutgerinnseln kommen kann, die zu Thrombosen oder Herzinfarkten führen können. Zudem wird das Immunsystem geschwächt. Daher sind dauergestresste Menschen anfällig für Infektionskrankheiten. Cortisol bewirkt außerdem eine vermehrte Ausschüttung von Magensäure, was Magenreizungen bis hin zu Geschwüren zur Folge haben kann. Schließlich hemmt Cortisol auch die Keimdrüsen, was bei Frauen zu Unregelmäßigkeiten im Menstruationszyklus, bei Männern zur Produktion von nicht befruchtungsfähigen Spermien oder gar zu Unfruchtbarkeit führen kann. Es ist möglich, diese Nebenwirkungen zu reduzieren, wenn dem Körper in Stresszeiten die Möglichkeit gegeben wird, physiologisch zu reagieren: das bedeutet, dass durch körperliche Bewegung und Anstrengung die natürliche Reaktion ermöglicht wird und so die Hormonkonzentration reduziert werden kann.

54

4

56



Hormone sind Botenstoffe des Körpers. Sie werden in bestimmten Zellen bzw. Geweben gebildet und mit dem Blut im ganzen Körper verteilt. Nach einem Schlüssel-SchlossPrinzip wirken sie selektiv an spezifischen Erfolgsorganen. Um Effekte hervorzurufen, werden Hormone nur in geringen Mengen benötigt.



Das Hormonsystem ist hierarchisch aufgebaut. Die Hirnanhangsdrüse (Hypophyse) steuert durch ihre Hormone die Hormondrüsen des Körpers. Diese Steuerung geschieht meist über das Prinzip der Rückkopplung. Die wichtigsten Hormondrüsen sind die Schilddrüse, die Thymusdrüse, die Langerhansschen Inseln der Bauchspeicheldrüse, die Nebennieren und die Keimdrüsen. Die in ihnen gebildeten Hormone regeln und steuern die körperliche und geistige Entwicklung des Menschen, sie halten wichtige physiologische Größen im Gleichgewicht und sie ermöglichen eine Leistungsanpassung in bestimmten Situationen, wie Z.B. unter Stress.



Kurzzeitiger Stress erhöht die Leistungsbereitschaft des Körpers, lang andauernder Stress kann auch zu körperlichen Schädigungen führen. "Glückshormone" sind an der Regelung der Gemütsverfassung beteiligt.

4

5.

Wovon wir leben

"Leben von Luft und Liebe" mag ein paar Tage lang funktionieren, vielleicht sogar Wochen. Letzten Endes ist der Mensch aber darauf angewiesen, neben der Atemluft auch Nahrung und v.a. Wasser aufzunehmen. Damit gehören Nahrungsmittel zu den wichtigsten Grundlagen des menschlichen Stoffwechsels. Welche Nahrungsmittel brauchen wir? Wie sind sie aufgebaut? In welchen Lebensmitteln sind sie zu finden? Diese Fragen werden in der folgenden Lektion behandelt.

5.1

Grundlagen menschlicher Ernährung

BegriHe

Se,rie"ss'oHe. Energiegewinnung •

Saus'oHe

-----------_.......

Im menschlichen Körper laufen ständig Stoffwechselvorgänge ab. In den Zellen werden Stoffe aufgenommen, auf-, ab- und umgebaut und wieder abgegeben. Mit der Nahrung werden dem Körper Substanzen zugeführt, die zweierlei Aufgaben erfüllen müssen. Als Betriebsstoffe sind sie an Prozessen beteiligt, die der Energiegewinnung dienen. Als Baustoffe bilden sie Bestandteile des Körpers, die zum Teil laufend ersetzt werden, wie z.B. Haut und Haare. Eine eindeutige Trennung zwischen Bau- und Betriebsstoff ist aus zwei Gründen nicht möglich: Zum einen können Baustoffe für die Energiegewinnung abgebaut werden (z.B. in Hungerzeiten); zum anderen werden Betriebsstoffe bis zu ihrer Verwendung in den Körper eingebaut. Die drei Grundnährstoffe sind Kohlenhydrate (Zucker), Eiweiße (Proteine) und Fette. Darüber hinaus benötigt der Körper Stoffe, die allein schon wegen der geringen Mengen weder für die Energiegewinnung noch als Baustoff in Frage kommen. Trotzdem spielen sie für den Stoffwechsel eine wichtige Rolle: Vitamine und Mineralstoffe. Zudem muss der Organismus stets mit Flüssigkeit versorgt werden.

5.2

Proteine

BegriHe Makromoleküle.

Aminosäure • funlctionelle Gruppe • Pep,iJ"inJung • Primärs'rulctur • SekunJärstrulctur • Quartärstrulctur • essen'ielle Aminosäuren

Eiweiße bilden den Hauptanteil der Trockensubstanz einer Zelle. Der menschliche Körper besteht zu rund 20% aus Eiweiß (und ca. 60% aus Wasser). Es stellt den wichtigsten Baustoff des Körpers dar, worauf auch der Begriff Protein* hinweist. Der deutsche Name Eiweiß leitet sich von dem Eiklar des Hühnereis ab.

*

Gr.: pr6teros = erster

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5

,

d ! I

® Aminosäurerest

I

Wasserstoffbrücken

a-Helix {schematisiert}

Foltblattstruktur

Abb. 5.3 Sekundär, Tertiär und Quartärstruktur eines Proteins

Im menschlichen Körper kommen 21 verschiedene Aminosäuren vor. Elf davon kann der Körper selbst herstellen, die verbleibenden müssen mit der Nahrung aufgenommen werden. Es handelt sich bei ihnen um sog. essentielle Aminosäuren. Durch Veränderung der Primärstruktur ist es möglich, aus den 21 verschiedenen Bausteinen, eine unvorstellbar große Zahl an unterschiedlichen Eiweißen zusammenzubauen. Besteht ein Eiweiß beispielsweise aus 100 Aminosäuren, so existieren 21 100 verschiedene Möglichkeiten, die Aminosäuren zusammenzustellen. Das Ergebnis ist eine über 100-stellige Zahl! Nun gibt es aber Eiweiße, die aus mehreren 1.000 Aminosäuren bestehen! Durch dieses Bauprinzip ist somit gewährleistet, dass jede Tierart - entsprechend seiner genetischen Information (s. Lektion 8.2.2) - arteigene Eiweiße herstellen kann. Durch Hitze, UV- und Röntgenstrahlen, sowie durch Säuren, Laugen, Schwermetalle und einige andere Chemikalien, kann die Tertiär- oder Quartärstruktur des Proteins unurnkehrbar zerstört werden, es wird denaturiert.

60

5

Abb. 5.4 Ringformelschreibweise wichtiger Monosaccharide

Werden zwei Monosaccharide über eine glycosidische Bindung unter Abspaltung eines Wassermoleküls verbunden, so entsteht ein Zweifachzucker (Disaccharid). Zweifachzucker können aus gleichen oder unterschiedlichen Monosacchariden aufgebaut sein. Der häufig verwendete Haushaltszucker, die Saccharose, besteht aus Glucose und Fructose (Abb. 5.5). Milchzucker (Lactose) ist zu ca. 5% Bestandteil der Milch und besteht aus Glucose und Galactose. Malzzucker (Maltose) setzt sich aus zwei Glucosemolekülen zusammen und ist bei Gärungsvorgängen, z.B. bei der Bierherstellung, von Bedeutung.

Wasser Abb. 5.5 Die Saccharose als Beispiel für ein Disaccharid

Vielfachzucker (polysaccharide) sind lange Ketten aus mehreren 1.000 Monosacchariden. Für den Menschen ist vor allem das Glycogen biologisch bedeutsam. Es besteht aus Glucosemolekülen. Ebenfalls aus Glucose ist der pflanzliche Speicher- und Reservestoff, die Stärke. Sie wird während der Fotosynthese gebildet und in pflanzlichen Speichergeweben (Knollen, Samen oder Früchten) abgelagert. Die Stärke besteht zu 80% aus dem vielfach verzweigten, schraubenförrnigen und aus mehreren 1.000 Glucoseeinheiten bestehenden Amylopektin. Die restlichen 20% bildet die Amylose: sie ist aus einigen 100 Glucoseeinheiten aufgebaut und besitzt die Gestalt einer unverzweigten Schraube (Abb. 5.6).

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5

früchte. Tierische Lebensmittel sind hier insgesamt von geringerer Bedeutung. Aufgrund ihres Glycogengehaltes sind aber auch Fleisch, Leber und Fisch kohlenhydrathaltig.

5.4

Fette *

BegriHe

Srennwert. Glycerin • fettsäuren • ungesättigte fettsäuren • essentielle fettsäuren • gesättigte fettsäuren • Ester • Verseifung • fettes Öl • Depotfett • Po/sterfunlction • fetthärtung

Fette besitzen im Vergleich zu den anderen Grundnährstoffen den höchsten Brennwert: 39,1

Fell Eiweiß

17,1

Kohlenhydrate

17, 1

Abb.5.7 Brennwerte der Nährstaffe in kJ/g

Daher sind Fette wichtige Betriebs- und v.a. Speicherstoffe. Der Bedarf eines Erwachsenen liegt bei 60-70 g Fett pro Tag.

5.4.1 Chemische Grundlagen und Aufbau Fette bestehen stets aus zwei Elementen: Glycerin und Fettsänren. Glycerin ist ein dreiwertiger Alkohol, d.h. es besitzt drei -OR-Gruppen. Fettsäuren sind langkettige Carbonsäuren. Besitzen sie Mehrfachbindungen (z.B. Doppelbindungen zwischen C-Atomen), werden sie als ungesättigte Fettsäuren bezeichnet. Ungesättigte Fettsäuren sind für den Menschen lebenswichtig. Sie müssen mit der Nahrung aufgenommen werden, da sie der Körper nicht synthetisieren kann. Daher bezeichnet man sie auch als essentielle Fettsäuren. Fettsäuren hingegen, die nur Einfachbindungen zwischen den C-Atomen besitzen, werden als gesättigte Fettsäuren bezeichnet (Abb. 5.8). Gesättigte Fettsäuren

Ungesättigte Fettsäuren

Bullersäure C 3 H7 COOH

Ölsäure C 17 H33 COOH

Palmitinsäure C 15 H31 COOH

linolsäure C 17 H31 COOH

Stearinsäure C 17 H35 COOH

linolensäure C 17 H29 COOH

Abb. 5.8 Beispiele für Fettsäuren

Jede -OR-Gruppe des Glycerins ist mit der Carboxylgruppe der Säure verestert, sodass jedes Fettmolekühl in ein Glycerin und drei Fettsäuren zerlegt werden kann. Ester sind also Verbindungen von Alkohol und Säuren unter Abspaltung von Wasser (Abb. 5.9).

*

Vgl. auch Chemie für Biologie, S. 42

64

5

lichen Fetten höher ist, sollte ihnen bei der Ernährung der Vorzug gegeben werden. Tierische Fette enthalten zudem das Cholesterin, das durch Ablagerungen an den Wänden der Arterien zu Arteriosklerose führen kann. Während in Obst und Gemüse sehr geringe Mengen Fett zu finden sind, bestehen vor allem pflanzliche Öle, wie Olivenöl, Sonnenblumenöl oder auch Margarine zum größten Teil aus Fett. Die Ausnahme bilden Nüsse mit einem Fettanteil von über 60%. Dagegen weisen viele Lebensmittel aus tierischen Produkten einen hohen Fettanteil auf: Wurst, Käse, Quark, Butter, Schweineschmalz. Der Fettanteil im Fleisch variiert von ca. 9% in magerem Kalbsfleisch bis zu 85% in fettem Schweinespeck. Auch beim Fisch variiert der Fettgehalt sehr stark. Selbstverständlich hängt die tatsächlich aufgenommene Fettmenge auch von der Zubereitungsart ab. Um pflanzliche Öle in der Küche vielfältiger verwenden zu können (z.B. als Margarine), führt man oftmals eine Fetthärtung durch. Dabei soll erreicht werden, dass durch die Anlagerung von Wasserstoffatomen (Hydrieren) ungesättigte Fettsäuren zum Teil oder ganz gesättigt werden. Durch gezielte Hydrierung bleibt der physiologisch wertvolle Anteil der Fettsäuren erhalten. Man erhält durch die Fetthärtung beispielsweise eine verbesserte Streichfähigkeit bei der Margarine.

5.5

Vitamine

SegriHe

wa...rlö.lic~es Vitamin • fettlö.licl1.s Vitamin • (Avitaminosen) • Hypervitaminosen

Hypovi'aminosen

5.5.1 Begriff und Bedeutung Vitamine sind organische Stoffe, die der Mensch neben den Nährstoffen für Stoffwechselvorgänge im Körper benötigt. Er kann sie aber nicht - oder nicht in ausreichender Menge - selbst synthetisieren. Als Energieträger oder Baustoffe spielen sie wegen der geringen Mengen keine Rolle und zählen daher auch nicht zu den Nährstoffen. Im Allgemeinen werden die Vitamine mit den Nahrungsmitteln aufgenommen. Manche Vitamine, Z.B. Vitamin K, werden hingegen von Bakterien im Darmtrakt in genügender Menge hergestellt. Bei ausreichender, abwechslungsreicher Ernährung ist die Vitaminversorgung gedeckt. Schwankungen des Vitaminbedarfs hängen mit den Lebensumständen zusammen, so steigt er beispielsweise in Stresssituationen. Der Name "Vitamin" hat seinen Ursprung in der veralteten wissenschaftlichen Meinung, dass alle Vitamine zur chemischen Stoffgruppe der Amine gehören. Dies hat sich ebenso als unrichtig erwiesen, wie sich der Versuch zerschlagen hat, eine durchgängige Systematik mithilfe von Großbuchstaben einzuführen. So stellte sich heraus, dass das Vitamin B eine ganze Anzahl von Wirkstoffen verschiedenster Bauarten umfasst. Heute tragen die Vitamine meist Eigennamen. Man unterscheidet etwa 15 Vitamine und vitaminähnliche Stoffe. Die meisten sind wasserlöslich, andere fettlöslich. Vitamine sind gegen äußere Einflüsse, wie Z.B. Hitze oder Licht, oft sehr empfindlich. Bei unsachgemäßer Lagerung und Zubereitung von Lebensmitteln kann deswegen ein großer Teil der Vitamine zerstört werden. Es ist dem Körper nicht möglich, größere Mengen an wasserlöslichen Vitaminen zu speichern, sodass der Bedarf ständig gedeckt werden muss. Von den fettlöslichen Vitaminen können dagegen relativ große Speicher angelegt werden. 66

5

5.5.3 Fehlversorgung an Vitaminen Bei ungenügender Vitaminzufuhr, beispielsweise durch einseitige Ernährung oder aber auch durch Unterernährung, kommt es zu Vitarninrnangelerkrankungen, den Hypovitaminosen (Avitaminosen). Wie sich diese Mangelerkrankungen äußern, wurde bereits in den obigen Tabellen dargestellt. Ein erhöhter Bedarf an Vitaminen besteht z.B. während der Wachstumsphase, in der Schwangerschaft oder bei Rekonvaleszenz. Durch eine unkontrollierte, übennäßige Einnahme von Vitaminpräparaten kommt es zu Hypervitaminosen. Bei fettlöslichen Vitaminen (v.a. Vitamin A und D) kann dies auch zu Beeinträchtigungen der Körperfunktionen führen. Kommt es dagegen zu einer Überdosierung wasserlöslicher Vitamine, so werden diese in erhöhtem Maße mit dem Urin ausgeschieden.

5.6

Mineralstoffe

Begriffe

Mengenelemente •

Spurenelemente

5.6.1 Bedeutung Neben den aus organischen Verbindungen aufgebauten Vitaminen benötigt der Körper auch eine beträchtliche Anzahl an anorganischen Stoffen bzw. Mineralstoffen. Zur Aufrechterhaltung des Stoffwechsels müssen sie mit der täglichen Nahrung aufgenommen werden. Da der Bedarf an Mineralstoffen unterschiedlich groß ist, unterscheidet man zwischen Mengenelementen und Spurenelementen. Die benötigte Menge liegt bei Mengenelementen im Grammbereich, bei Spurenelementen sogar im Milligrammbereich. Die meisten Stoffe werden als Salze oder in Wasser gelöst als geladene Teilchen (Ionen) aufgenommen.

5.6.2 Übersicht über wichtige Mineralstoffe Mengenelemente Namen

wichtige Quellen

biologische Funktionen

Mangelerscheinungen

Natrium

Kochsalz, in vielen lebensmitteln enthalten, z.B. Brot

Wasserregulation, Erregungs. leitung

Apathie und Schwäche, Absinken des Blutdrucks

Kalium

Erbsen, Bohnen, Linsen, Fisch, Fleisch

Wasserregulation, Erregungsleitung, Muskelkontraktion

Muskelerschlaffung, Herzmuskelschäden, Kreislaufkollaps, Absinken des Blutdrucks

Calcium

Milch, Milchprodukte, Vollkornprodukte, Fisch

Aufbau von Knochen und Zähnen, Blutgerinnung, Muskelkontraktion

Rachitis und Knochenerweichung

Phosphor

leber, Fisch, Milch, Käse, Fleisch

Aufbau von Knochen und Zähnen, wichtig bei der Energiegewinnung und ·umsetzung

in Verbindung mit VitaminD.Mangel: Rachitis

Magnesium

(grünes) Gemüse, Milch, Fisch

Mitwirkung bei der Muskel· und Nerventätigkeit, Aufbau von Knochen und Zähnen, Element von Enzymen

Krämpfe; in Verbindung mit Vitamin-D.Mangel: Rachitis

68

5

• Für die menschliche Ernährung spielen drei Stoffgruppen eine zentrale Bedeutung: Eiweiße, Fette und Kohlenhydrate. Diese Nährstoffe werden im Körper als Bau- und Betriebsstoffe verwendet. • Eiweiße sind aus Aminosäuren aufgebaut und spielen v.a. als Baustoff eine wichtige Rolle. Sie werden außerdem als Transportstoffe, Botenstoffe, Enzyme, Schutzstoffe und Speicherstoffe verwendet. • Kohlenhydrate sind aus Zuckern aufgebaut. Über eine glycosidische Bindung können die Zucker zu Makromolekülen (Polysacchariden) zusammentreten. Während Kohlenhydrate bei Pflanzen auch als Baustoff verwendet werden (Cellulose), dienen sie beim Menschen vor allem als Betriebsstoff, der kurzfristig Energie liefert. • Fette besitzen einen hohen Brennwert. Daher sind sie sehr gut als Betriebs- und v.a. auch als Speicherstoff geeignet. Sie setzen sich aus Glycerin und Fettsäuren zusammen. Ungesättigte Fettsäuren sind für die menschliche Ernährung besonders wertvoll. • Vitamine und Mineralstoffe spielen als Baustoff und für die Energieversorgung keine Rolle, sind aber für bestimmte Stoffwechselvorgänge von großer Bedeutung. Der Körper ist auf die Zufuhr dieser Stoffe von außen, d.h. mit der Nahrung, angewiesen. • Da Wasser der Hauptbestandteil und das wichtigste Lösungs- und Transportmittel des Körpers ist, muss auch auf eine ausreichende Flüssigkeitsversorgung geachtet werden.

Aufgaben zur Lernkontrolle Filmfrage: Warum soll man das Wasser, in dem man Gemüse kurz gegart hat, nicht wegschütten, sondern weiterverwenden?

1. Beschreiben Sie den Aufbau eines Proteins.

2. Nennen Sie fünfAufgaben, die Proteine im Körper übernehmen können. 3. Nennen Sie den Grundbaustein sowie die beiden Bauvarianten der Stärke bei Pflanzen. Welcher Stoff entspricht der Stärke bei tierischen Organismen?

4.

Welche Aufgaben besitzen die Fette im menschlichen Körper? Begründen Sie Ihre Aussagen.

5. a) Was versteht man unter einem Vitamin? b) Warum werden Vitamine nicht als Nährstoffe bezeichnet? 6. In welche Gruppen teilt man Vitamine ein? Nennen Sie jeweils ein Beispiel. 7.

Nennen Sie Lebenssituationen, in denen es zu einem erhöhten Bedarfan Mineralstoffen kommen kann.

8. Aus welchen drei Quellen wird der Wasserbedarf des menschlichen Organismus gedeckt?

70

6

Für die Energiegewinnung in der Zelle besitzt der Traubenzucker (Glucose) eine herausragende Bedeutung. Bei seinem Abbau, der Dissimilation* - auch Zellatmung oder innere Atmung genannt - ist Sauerstoff nötig. Dabei entsteht neben der gewünschten Energie auch Kohlenstoffdioxid und Wasser. Glucose + Sauerstoff

- - - - - - - l.. ~

Kohlenstoffdioxid + Wasser + Energie

Abb. 6.1 Ablauf der Dissimilation

Da für den Abbau der Glucose Sauerstoff verwendet wird, handelt es sich um einen aeroben** Abbau. Stehen den Zellen zwar ausreichende Mengen an Nährstoffen, aber kein Sauerstoff zur Verfügung, so kann kein aerober Abbau stattfinden. In diesen Fällen, beispielsweise bei sehr intensiven sportlichen Anstrengungen, "schaltet" der Körper auf eine andere Form der Energiegewinnung um, die ohne Sauerstoff auskommt: den anaeroben Abbau. Weil bei diesem Gärungsprozess Milchsäure entsteht, bezeichnet man ihn auch als Milchsäuregärung.

6.2

Enzyme

Begriffe

Aktivierungsenergie. Kata'ysator • Enzyme. reaktionsspezifisch • substratspezifisch • g'obu'öre Proteine • aktives Zentrum • Schlüssel-Schloss-Prinzip. InclucecJ.fit.Prinzip • Enzym-Substrat.Komp'ex (ES-Komp'ex) • Coenzym

6.2.1 Begriff und Wirkungsweise von Enzymen Chemische Prozesse laufen meist nicht von alleine ab, selbst wenn es sich in der Summe um Vorgänge handelt, bei denen Energie frei wird (exotherme Reaktionen). In einem aufgeschichteten Holzhaufen steckt eine große Menge Energie. Durch das Aufstapeln von Holz gibt es die Energie aber nicht frei. Man muss das Feuer zuerst anzünden, dann kann man die Wärme spüren, die es abgibt. Nach dem Entzünden läuft die Reaktion eigenständig ab, bis nur noch ein Häufchen Asche übrig bleibt, das keine Energie mehr enthält. Übersetzt bedeutet dies: man muss dem Holz zunächst ein wenig Energie zuführen, damit der Verbrennungsvorgang startet. Dann geht er allerdings von ganz alleine weiter. Bei chemischen Reaktionen wird die am Anfang zugeführte Energie als Aktivierungsenergie (E.J bezeichnet. Unter physiologischen Bedingungen (bei ca. 37°C und einem pH-Wert von ca. 7) würden alle für den Stoffwechsel wichtigen Prozesse sehr langsam ablaufen, sodass kaum Umsetzungen messbar wären. Erst die Anwesenheit eines Katalysators beschleunigt die Reaktionsgeschwindigkeit so, dass der Stoffwechselprozess in Gang kommt. Die Katalysatoren bleiben bei den Reaktionen unverändert erhalten. Ihre Aufgabe besteht darin, die Aktivierungsenergie herabzusetzen und damit den Ablauf der Reaktionen zu beschleunigen.

* LaI.: dissimilis = unähnlich ** LaI.: aer = Luft 72

6

Abb. 6.3 Schlüssel-Schloss-Prinzip und Induced-fit-Prinzip der Enzymwirkung

6.2.2 Überblick über die wichtigsten Enzyme bei Verdauungsvorgängen Der folgende Überblick stellt die wichtigsten Enzyme vor, die bei Verdauungsvorgängen von Bedeutung sind. Eine nähere Erläuterung erfolgt bei der Besprechung der Organe, in denen sie wirken. Um den Überblick abzurunden, werden zusätzlich weitere Stoffe aufgefiihrt, die zwar im Rahmen der Verdauung eine Rolle spielen, aber nicht zu den Enzymen gezählt werden. ProduzierendesOrgon

Wirkort

Sekret

Enzym

Weitere Wirkstoffe

Speicheldrüsen

Mund

Speichel