Bild- und Tonaufnahmen im Umfeld der strafgerichtlichen Hauptverhandlung [1 ed.] 9783428523320, 9783428123322

Aufnahmen im Umfeld strafgerichtlicher Hauptverhandlungen sind ein kaum behandeltes Feld. Mit der vorliegenden Untersuch

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German Pages 643 Year 2007

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Bild- und Tonaufnahmen im Umfeld der strafgerichtlichen Hauptverhandlung [1 ed.]
 9783428523320, 9783428123322

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Schriften zum Prozessrecht Band 204

Bild- und Tonaufnahmen im Umfeld der strafgerichtlichen Hauptverhandlung Von Michael Fink

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

MICHAEL FINK

Bild- und Tonaufnahmen im Umfeld der strafgerichtlichen Hauptverhandlung

Schriften zum Prozessrecht Band 204

Bild- und Tonaufnahmen im Umfeld der strafgerichtlichen Hauptverhandlung Von

Michael Fink

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

Die Juristische Fakultät der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg hat diese Arbeit im Sommersemester 2005 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten # 2007 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme: Klaus-Dieter Voigt, Berlin Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0582-0219 ISBN 978-3-428-12332-2 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Meinen Eltern

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Sommersemester 2005 von der Juristischen Fakultät der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg als Dissertation angenommen. Später veröffentlichte Rechtsprechung und Literatur wurde bis November 2006 berücksichtigt. Mein Dank gilt zunächst meinem Doktorvater, Herrn Professor Dr. Hans Lilie. Er hat die Arbeit von der ersten Stunde, das heißt der Anregung des Themas, bis zu deren Abschluss in jeder Hinsicht unterstützend begleitet. Für die Erstellung des Zweitgutachtens danke ich Herrn Professor Dr. Christian Schröder. Besonderen Danke schulde ich zudem Herrn Professor Dr. Michael Kilian, an dessen Lehrstuhl ich als Mitarbeiter wertvolle Hinweise und Anregungen erhalten habe, für die Fertigung eines Sondervotums zum öffentlich-rechtlichen Teil der Arbeit. Ganz besonders danken möchte ich schließlich meinen Eltern, welche meinen Werdegang in jeder erdenklichen Weise stets gefördert haben. Durch sie wurde die Anfertigung der vorliegenden Arbeit erst möglich. Ihnen widme ich dieses Buch. Mainz, im Dezember 2006

Michael Fink

Inhaltsübersicht A.

Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

29

B.

Die Umfrage an den deutschen Landgerichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

38

C.

Die Bild- und Tonaufnahmen als Bestandteil von Massenmedien und Gerichtsberichterstattung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

42

D.

Die Zuständigkeit für Entscheidungen über Bild- und Tonaufnahmen . . . . . . .

86

E.

Der Ausgangspunkt der Entscheidung nach § 176 GVG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121

F.

Informationsinteresse, Informationsgehalt und Erforderlichkeit der Aufnahmen als Leitkriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160

G.

Die Kriterien der Interessenabwägung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193

H.

Die Ermessensentscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 401

J.

Rechtsschutz gegen Anordnungen nach § 176 GVG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 492

K.

Schlussbetrachtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 515

L.

Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 529

Anlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 531 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 567 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 633

Inhaltsverzeichnis A.

Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. „Honecker-Verfahren“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verfahren zu Mannheimer Richtern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. „El-Kaida-Verfahren“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. „von Metzler-Verfahren“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

29 33 34 34 35 36 36

B.

Die I. II. III.

Umfrage an den deutschen Landgerichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ziele und Durchführung der Umfrage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Auswertung der Antworten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erste Schlussfolgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

38 38 39 40

C.

Die Bild- und Tonaufnahmen als Bestandteil von Massenmedien und Gerichtsberichterstattung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Rolle der Massenmedien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Stellung der Massenmedien in der heutigen Gesellschaft . . . . . . . . . . 2. Funktionen der Massenmedien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Allgemeine Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Informierung der Bevölkerung und Meinungsbildung . . . . . . bb) Ermöglichung und Stabilisierung von Demokratie . . . . . . . . . cc) Ermöglichung gesellschaftlicher Kommunikation . . . . . . . . . . dd) Kontrolle des Staates . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Unterhaltung und Ablenkung der Allgemeinheit . . . . . . . . . . . ff) Faktor des kulturellen Geschehens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Sonderrolle des öffentlich-rechtlichen Rundfunks . . . . . . . . . . . . . . 3. Allgemeine Wirkungen der Massenmedien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Rolle der Gerichtsberichterstattung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Bedeutung als Bestandteil von Nachrichtensendungen . . . . . . . . . . . . . 2. Besondere Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Informationen über die Strafrechtspflege . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Kontrolle der Strafjustiz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Schaffung von Vertrauen in die Strafrechtspflege . . . . . . . . . . . . . . d) Prävention durch Berichterstattung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Gerichtsberichterstattung als Unterhaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Wirkungen der Gerichtsberichterstattung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

42 43 44 47 47 48 49 50 50 51 52 52 54 58 60 61 62 62 63 63 66 66

12

Inhaltsverzeichnis 4. Auffälligkeiten deutscher Strafgerichtsberichterstattung . . . . . . . . . . . 5. Gründe und Auswirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Ökonomischer und publizistischer Wettbewerb als Leitmotiv . . . aa) Werbefinanzierter privater Rundfunk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Gebühren- und werbefinanzierter öffentlich-rechtlicher Rundfunk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Auswirkungen des Wettbewerbs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Aus dem Wettbewerb resultierende Gefahren . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

D.

Die Zuständigkeit für Entscheidungen über Bild- und Tonaufnahmen . . . I. Die Verhandlungsleitung nach § 238 Abs. 1 StPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Abgrenzung zur Sachleitung, § 238 Abs. 1 und 2 StPO . . . . . . . . . . . a) Trennung von Verhandlungs- und Sachleitung . . . . . . . . . . . . . . . . b) Gleichstellung von Verhandlungs- und Sachleitung . . . . . . . . . . . . c) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Verhandlung i. S. d. § 238 Abs. 1 StPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Autonomer Verhandlungsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Hauptverhandlung als Bezugspunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Beginn der Hauptverhandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Unterbrechungen und Aussetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Schluss der Hauptverhandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Das Hausrecht im Gerichtsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Inhalt und Grenzen des Hausrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Hausrechtliche Entscheidung über die Anfertigung von Aufnahmen 3. Abgrenzung zur Verhandlungsleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Die Sitzungspolizei nach dem Gerichtsverfassungsgesetz . . . . . . . . . . . . . 1. Allgemeine Zuständigkeit des Vorsitzenden Richters . . . . . . . . . . . . . . 2. Inhalt und Grenzen der Sitzungspolizei . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Sitzungspolizeiliche Entscheidung über die Anfertigung von Aufnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Umfang der sitzungspolizeilichen Befugnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Personelle und zeitliche Reichweite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Räumliche Reichweite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Unmittelbar an den Sitzungssaal angrenzende Räumlichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Entferntere Räumlichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Keine zeitliche und räumliche Begrenzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Konkurrenz zu Verhandlungsleitung und Hausrecht . . . . . . . . . . . . . . .

67 70 71 72 73 75 79 84 86 86 87 88 88 89 90 90 91 91 92 94 94 95 96 98 98 99 100 101 102 105 106 106 108 109 110 112 113

E.

Inhaltsverzeichnis

13

a) Sitzungspolizei und Verhandlungsleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Sitzungspolizei und Hausrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Direkte Überschneidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Parallelität der Befugnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Hausrecht zwangsläufig beim Vorsitzenden Richter . . . . . (3) Genereller Vorrang der Sitzungspolizei . . . . . . . . . . . . . . . bb) Indirekte Überschneidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

113 114 115 115 115 117 118 119 119

Der Ausgangspunkt der Entscheidung nach § 176 GVG . . . . . . . . . . . . . . . . I. Bild- und Tonaufnahmen während der Hauptverhandlung . . . . . . . . . . . . . 1. Der Öffentlichkeitsgrundsatz im Strafverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Zweck des § 169 S. 1 GVG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Öffentlichkeit im Sinne des § 169 S. 1 GVG . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Unmittelbare bzw. Saalöffentlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Mittelbare bzw. Medienöffentlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Zeitlicher Anwendungsbereich des § 169 S. 1 GVG . . . . . . . . . . . 2. Das Aufnahmeverbot des § 169 S. 2 GVG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Gefahren als Gründe für das Aufnahmeverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Reaktion des Gesetzgebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Zeitlicher Anwendungsbereich des § 169 S. 2 GVG . . . . . . . . . . . d) Verfassungsrechtliche Dimension und Diskussion . . . . . . . . . . . . . . aa) Ansichten in der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Bundesverfassungsgericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Stellungnahme bezüglich Strafverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Regelungen der Art. 6 Abs. 1 MRK und Art. 14 Abs. 1 IPBPR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Indirekte Wirkungen auf Aufnahmen im Umfeld der Hauptverhandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Wirkungen des § 169 GVG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Vertretene Ansichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Wirkungen der Art. 6 Abs. 1 MRK und Art. 14 Abs. 1 IPBPR . . 5. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Bild- und Tonaufnahmen außerhalb der Hauptverhandlung . . . . . . . . . . . . 1. Gerichte als Öffentliche Sachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Allgemeine Benutzung der Gerichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Konsequenzen für den Ausgangspunkt der Interessenabwägung . . . . 4. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

121 121 122 124 126 127 128 131 131 131 137 138 140 141 142 143 145 147 147 148 148 151 151 152 152 154 157 158 158

14

Inhaltsverzeichnis

F.

Informationsinteresse, Informationsgehalt und Erforderlichkeit der Aufnahmen als Leitkriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Informationsinteresse der Allgemeinheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Abgrenzung zu anderen Interessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Feststellung des Informationsinteresses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Interesse der Allgemeinheit an Informationen aus dem Sitzungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Informationsinteresse bezüglich Strafverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . b) Personenbezogene Informationsinteressen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Angeklagte und Verurteilte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Umfassendes Informationsinteresse an allen Angeklagten und Verurteilten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Ausschließlich Sensations- und Unterhaltungsinteressen (3) Orientierung am Bekanntheitsgrad der Personen . . . . . . . (4) Orientierung am Charakter der zu verhandelnden Straftat (a) Straftaten von untergeordneter Bedeutung . . . . . . . . . (b) Schwere Straftaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Straftaten aus dem Bereich schwerster Kriminalität bb) Richter und Staatsanwälte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Verteidiger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Zeugen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Sachverständige . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ff) Besucher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Informationsgehalt der Bild- und Tonaufnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Informationen über die momentane Wirklichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Authentizität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Erforderlichkeit der Bild- und Tonaufnahmen für Gerichtsberichterstattung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

G.

Die Kriterien der Interessenabwägung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Persönlichkeitsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Inhalt und relevante Ausprägungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Personeller Schutzbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Wirkungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts zwischen Medien und Betroffenen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Das Recht am eigenen Bild, §§ 22 ff. KUG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Grundsatz des § 22 S. 1 KUG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

160 160 160 162 165 165 168 169 169 169 171 171 172 174 176 178 179 180 181 182 183 183 185 186 187 187 191 193 193 194 195 198 200 203 205

Inhaltsverzeichnis aa) Bildnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Verbreiten oder zur Schau stellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Fehlende Einwilligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Grenzen des Schutzes nach § 23 Abs. 1 KUG . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Personen der Zeitgeschichte nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG . . . (1) Rechtliche Ausgangslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Aspekte zur Einteilung von Personen als zeitgeschichtlich bedeutsam . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Unterteilung in absolute und relative Personen der Zeitgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Auswirkungen der aktuellen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte auf die Differenzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Absolute Personen der Zeitgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Relative Personen der Zeitgeschichte durch Strafverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Angeklagte und Verurteilte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (aa) Vertretene Ansichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (bb) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Ausnahmslos Personen der Zeitgeschichte (b) Keine Personen der Zeitgeschichte . . . . . . . . (g) Verhandlung von Straftaten untergeordneter Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (d) Verhandlung von nichtalltäglichen beziehungsweise schweren Straftaten . . . . . . . . . . (cc) Strafverfahren über schwerste Straftaten . . . . . . . (b) Richter und Staatsanwälte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Verteidiger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (d) Zeugen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (e) Sachverständige . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (f) Besucher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Versammlung, Aufzug oder ähnliche Veranstaltung nach § 23 Abs. 1 Nr. 3 KUG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Interessenabwägung nach § 23 Abs. 2 KUG . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Einzustellende Interessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Gewichtung der relevanten Interessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Ergebnis der Abwägung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Das Recht am gesprochenen Wort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Auswirkung des § 201 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Schutzbereich des Rechts am gesprochenen Wort . . . . . . . . . . . . . . c) Rechtfertigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

15 205 208 209 211 212 212 221 223

227 229 231 232 234 237 237 238 239 240 243 244 246 248 251 251 254 256 257 261 265 266 268 270 272

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Inhaltsverzeichnis aa) Ausgangspunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Einzustellende Kriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Abwägung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Die Herstellung von Bild- und Tonaufnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Bildaufnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Bedeutung der §§ 22 f. KUG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Rechtfertigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Ausgangspunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Generelle Zulässigkeit der Aufnahmen . . . . . . . . . . . . (b) Verweis auf § 81b StPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Grundsätzliche Zulässigkeit der Aufnahmen . . . . . . . (d) Grundsätzliche Unzulässigkeit der Aufnahmen unter Verweis auf § 23 Abs. 1 KUG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (e) Grundsätzliches Verbot der Aufnahmen . . . . . . . . . . . (2) Einzustellende Kriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Abwägung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Tonaufnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Rolle der §§ 22 ff. KUG und des § 201 StGB . . . . . . . . . . . . bb) Rechtfertigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Sonstige Beeinträchtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts in Zusammenhang mit den Bild- und Tonaufnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . a) Gefahrenlage für Angeklagte und Verurteilte . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Gefahrenlage für sonstige Verfahrensbeteiligte und Besucher . . . 6. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die mit den Aufnahmen verbundenen Gefahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Gefahren durch die Aufnahmen selbst . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Allgemeine Gefahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Gefahren für die Angeklagten und Verurteilten . . . . . . . . . . . . . . . . c) Gefahren für die sonstigen Verfahrensbeteiligten . . . . . . . . . . . . . . d) Gefahren für die Besucher des Gerichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Gefahren durch den medialen Wettbewerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Vergleich der Gefahren zu denen durch Aufnahmen aus der Hauptverhandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Positive Wirkungen der Aufnahmen und Gerichtsberichterstattung . . . . . 1. Unterhaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Vermittlung von Informationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Gewährleistung einer ausreichenden gesellschaftlichen Kontrolle . . . 4. Schaffung von Vertrauen in die Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Präventive Wirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

272 273 280 281 283 284 286 286 287 288 289 289 290 291 303 305 306 307 310 311 316 318 319 319 320 325 335 337 338 339 340 341 341 342 344 345 346 350

H.

Inhaltsverzeichnis

17

IV. Die Kommunikationsgrundrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Rundfunkfreiheit, Art. 5 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Subjektiv-rechtliche Dimension . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Objektiv-rechtliche Dimension . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Konkrete Anforderungen und deren Erfüllung . . . . . . . . . . . . . (1) Wahrheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Vielfalt und Ausgewogenheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Vollständigkeit des Dargestellten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Sachgerechte Informationsauswahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (5) Sachlichkeit und gegenseitige Achtung . . . . . . . . . . . . . . . . (6) Gelegenheit zur Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (7) Abwägung mit den Interessen Dritter . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Ansprüche der Betroffenen auf Einhaltung der Anforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Meinungs- und Informationsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Verhältnis zur Rundfunkfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Meinungsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Informationsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Weitere Kriterien der Abwägung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Berufsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Menschenwürde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Informationsinteresse der Allgemeinheit an den Aufnahmen . . . . . . . 4. Informationsgehalt der Bild- und Tonaufnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Erforderlichkeit von Bild- und Tonaufnahmen für die Gerichtsberichterstattung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Ausrichtung des Strafverfahrens am Ziel der Prävention . . . . . . . . . . . VI. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

351 351 352 357 358 360 362 365 369 371 372 375 376

Die Ermessensentscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Abstrakte Abwägung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die einzustellenden Interessen und Rechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Unmittelbare Kriterien bezüglich der Anfertigung . . . . . . . . . . . . . aa) Interessen und Rechte der Betroffenen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Interessen und Rechte auf Seiten des Rundfunks . . . . . . . . . . cc) Interessen der Allgemeinheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Sonstige Kriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Mittelbare Kriterien bezüglich der Veröffentlichung . . . . . . . . . . . aa) Interessen und Rechte der Betroffenen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Interessen und Rechte auf Seiten des Rundfunks . . . . . . . . . .

379 381 381 383 387 389 389 389 392 394 396 396 398 399 401 401 402 402 403 403 404 405 406 406 407

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Inhaltsverzeichnis cc) Interessen der Allgemeinheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Sonstige Kriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Gewichtung der Kriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Zulässigkeit einer abstrakten Gewichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Werterangordnung des Grundgesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Zusammenziehen von Rechtspositionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Vermutungsformel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Konkrete Gewichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Persönlichkeitsrechtliche Positionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Abwehrinteressen der Betroffenen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Grundrechtliche Positionen des Rundfunks . . . . . . . . . . . . . . . dd) Motive der Aufnahmeherstellung und -veröffentlichung . . . . ee) Interessen der Allgemeinheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ff) Verfahrensbezogene Kriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . gg) Positive Wirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . hh) Sonstige Kriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Abwägung im engeren Sinn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Der besondere Stellenwert des Persönlichkeitsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Verfassungsrechtliche Schutz- und Handlungspflicht . . . . . . . . . . . . . . a) Begründung der Schutzpflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Persönlichkeitsrechtliche Schutzpflicht und § 176 GVG . . . . . . . . c) Verdichtung zur Handlungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Handlungspflicht und § 176 GVG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Subsidiarität der Handlungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Art der Pflichterfüllung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Anforderungen an Grundlage und Umsetzung der Schutz- und Handlungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Subjektives Recht auf Schutz und Schutz gegen sich selbst . . . . . 2. Das Interessendreieck als Ausgangslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Die Grenzen der Entscheidung – Unter- und Übermaßverbot . . . . . . . . . 1. Untermaßverbot – Erfüllung der Schutz- und Handlungspflicht . . . . a) Unbeschränkte Bild- und Tonaufnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) „Pool-Lösung“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Anordnung der Nichtidentifizierbarkeit für die Publikation der Aufnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Bindung der Zulässigkeit der Aufnahmen an das Vorliegen entsprechender Einwilligungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Verbot der Aufnahmen bei erkennbarem Widerstand . . . . . . . . . . . f) Präventives Aufnahmeverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

408 408 409 410 410 412 413 414 415 416 417 419 420 421 421 422 423 426 426 427 427 430 431 434 434 436 437 442 445 446 446 447 448 448 453 454 457 458

Inhaltsverzeichnis

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2. Übermaßverbot – Verhältnismäßigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Legitimer Zweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Bindung der Zulässigkeit der Aufnahmen an das Vorliegen entsprechender Einwilligungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Präventives Aufnahmeverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Geeignetheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Erforderlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Angemessenheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Notwendigkeit der Aufnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Zweck-Mittel-Relation – Grundsatz und Ausnahme . . . . . (3) Parallelität von § 169 S. 2 GVG und § 176 GVG . . . . . . (4) Probleme eines absoluten Aufnahmeverbotes . . . . . . . . . . 3. Praktische Konkordanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Besondere Anforderungen an § 176 GVG und die sitzungspolizeiliche Verfügung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Art. 5 Abs. 2 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Das Recht der persönlichen Ehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Allgemeines Gesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) § 176 GVG als allgemeines Gesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Wechselwirkungslehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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479 479 479 481 481 483 487 489 490

J.

Rechtsschutz gegen Anordnungen nach § 176 GVG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Indirekte Möglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Rolle des Art. 19 Abs. 4 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Direkte Möglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Rechtsschutz nach § 23 EGGVG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Beschwerde nach § 181 GVG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Anrufung des Gerichts nach § 238 Abs. 2 StPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die vertretenen Ansichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Aufnahmebezogene Anordnungen und Sachleitung . . . . . . . . . . . . 4. Beschwerde nach §§ 304 ff. StPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Verfassungsbeschwerde nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG . . . . . . . . . . . IV. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Bewertung der derzeitigen Rechtslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

492 492 494 497 497 498 501 501 503 505 507 511 512 512

K.

Schlussbetrachtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 515 I. Ergebnisse der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 515

460 461 461 462 464 465 468 470 472 474 478

20

Inhaltsverzeichnis II.

L.

Mögliche Konsequenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die berufsethische Lösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die gesetzgeberische Lösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Strafrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zivilrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Medienrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Verfahrensrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

517 517 520 521 523 523 525

Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 529

Anlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 1: Die befragten Landgerichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 2: Die Fragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 3: Die Auswertung der Fragebögen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 4: Verfügung hinsichtlich Foto-, Film- und Tonaufnahmen . . . . . . . . . Anlage 5: Sonderverfügung hinsichtlich Foto-, Film- und Tonaufnahmen . . . Anlage 6: Schreiben an Foto- und Filmjournalisten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 7: Merkblatt für die Bildberichterstattung im und vor dem Justizgebäude . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 8: Muster einer Drehgenehmigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 9: Muster einer Fotogenehmigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 10: Muster einer sitzungspolizeilichen Verfügung . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 11: Verfügung hinsichtlich Konkurrenz von Hausrecht und Sitzungspolizei . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 12: Erlaubnis für Anfertigung von Bild- und Tonaufnahmen . . . . . . . . Anlage 13: Pressekodex in der Fassung vom 2. März 2005 . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 14: Richtlinien für die publizistische Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

531 531 533 538 546 546 547 548 550 552 554 558 561 562 563

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 567 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 633

Abkürzungsverzeichnis a. A. Abs. AcP a. D. a. E. a. F. AfP AG AK-GG I AK-StVollzG AnwBl. AO AöR ArbGG ArbGV ARD Art. AT BAG BAGE BayMedG BayObLG BayObLGSt BayVBl. BayVerfGH BayVGH Begr. BerlVerfGH BeschwO BGB BGH BGHSt BGHZ BFHE

andere Ansicht Absatz Archiv für die civilistische Praxis außer Dienst am Ende alte Fassung Archiv für Presserecht Amtsgericht Kommentar zum Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, Band 1 Kommentar zum Strafvollzugsgesetz Anwaltsblatt Abgabenordnung Archiv für öffentliches Recht Arbeitsgerichtsgesetz Arbeitsgerichtsverfahren Arbeitsgemeinschaft der Rundfunkanstalten Artikel Allgemeiner Teil Bundesarbeitsgericht Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts Bayerisches Mediengesetz Bayerisches Oberstes Landgericht Entscheidungen des Bayerischen Obersten Landgerichtes in Strafsachen Bayerische Verwaltungsblätter Bayerischer Verfassungsgerichtshof Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Begründer Berliner Verfassungsgerichtshof Beschwerdeordnung Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Strafsachen Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Zivilsachen Entscheidungen des Bundesfinanzhofes

22 BK BRAO BR-Drucks. BSGE BT-Drucks. BtMG BVerfG BVerfGE BVerfGG BVerwG BVerwGE bzgl. BZRG CD CR DAR DB DDR DJT DJZ DÖV DR Dreier I Dreier II Dreier III DRiG DRiZ DtZ DV DVBl. EGGVG EGStGB EKMR EMRK Erman etc. EuGMR EuGRZ e. V. f. FAZ

Abkürzungsverzeichnis Bonner Kommentar zum Grundgesetz Bundesrechtsanwaltsordnung Drucksache des Bundesrates Entscheidungen des Bundessozialgerichts Drucksache des Bundestages Betäubungsmittelgesetz Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes Bundesverfassungsgerichtsgesetz Bundesverwaltungsgericht Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichtes bezüglich Bundeszentralregistergesetz Collection of Decisions Computer und Recht Deutsches Autorecht Der Betrieb Deutsche Demokratische Republik Deutscher Juristentag Deutsche Juristenzeitung Die Öffentliche Verwaltung Decisions and Reports Grundgesetz – Kommentar, Band I Grundgesetz – Kommentar, Band II Grundgesetz – Kommentar, Band III Deutsches Richtergesetz Deutsche Richterzeitung Deutsch-deutsche Rechts-Zeitschrift Die Verwaltung Deutsches Verwaltungsblatt Einführungsgesetz zum Gerichtsverfassungsgesetz Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch Europäische Kommission für Menschenrechte (Europäische) Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten Bürgerliches Gesetzbuch, Handkommentar, Band 1 et cetera Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte Europäische Grundrechte Zeitschrift eingetragener Verein folgende Frankfurter Allgemeine Zeitung

Abkürzungsverzeichnis ff. FG FGG FGO FN FNn FPR FrG FS GA GewArch GewO GG GmbH GPR GRUR GRUR Int. GS GVG HamMedG HD HPRG HRRS Hrsg. HStR I HStR V HStR VI Hübschmann/ Hepp/Spitaler X i. E. i. e. S. IPBPR i. w. S. JA JGG JöR n. F. JR

23

fortfolgende Festgabe Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit Finanzgerichtsordnung Fußnote Fußnoten Familie Partnerschaft Recht Freundesgabe Festschrift Archiv für Strafrecht und Strafprozess Gewerbearchiv Gewerbeordnung Grundgesetz Gesellschaft mit beschränkter Haftung Zeitschrift für Gemeinschaftsprivatrecht Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht Internationaler Teil Gedächtnisschrift Gerichtsverfassungsgesetz Hamburger Mediengesetz Heidelberger Kommentar Hessisches Privatrundfunkgesetz Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung im Strafrecht Herausgeber Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Band I Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Band V Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Band VI Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, Kommentar, Band 10 im Ergebnis im engeren Sinn Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte im weiteren Sinn Juristische Arbeitsblätter Jugendgerichtsgesetz Jahrbuch des öffentlichen Rechts der Gegenwart, neue Folge Juristische Rundschau

24 Jur. Jahrb. Jura JuS JW JZ K&R KG KG KK KMR Kriminalistik KrimJ KritV KUG LG LK LKV LMedG BW LMedG HB LMedG NRW LR I LR III LR IV LR VII LR VIII LR (23. Aufl.) LRG MV LRG RP LRG SH LSG LZ M&K m. a. W. Maunz/Dürig II Maunz/Dürig III

Abkürzungsverzeichnis Juristen-Jahrbuch Juristische Ausbildung Juristische Schulung Juristische Wochenschrift Juristische Zeitung Kommunikation & Recht Kammergericht Kommanditgesellschaft Karlsruher Kommentar Kommentar zur Strafprozessordnung Zeitschrift für die gesamte kriminalistische Wissenschaft und Praxis Kriminologisches Journal Kritische Vierteljahresschrift für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft Kunsturhebergesetz Landgericht Strafgesetzbuch, Leipziger Kommentar Landes- und Kommunalverwaltung Mediengesetz Baden-Württemberg Mediengesetz Bremen Mediengesetz Nordrhein-Westfalen Löwe-Rosenberg, Die Strafprozessordung und das Gerichtsverfassungsgesetz, Großkommentar, 1. Band, 25. Auflage Löwe-Rosenberg, Die Strafprozessordung und das Gerichtsverfassungsgesetz, Großkommentar, 3. Band, 25. Auflage Löwe-Rosenberg, Die Strafprozessordung und das Gerichtsverfassungsgesetz, Großkommentar, 4. Band, 25. Auflage Löwe-Rosenberg, Die Strafprozessordung und das Gerichtsverfassungsgesetz, Großkommentar, 7. Band, 25. Auflage Löwe-Rosenberg, Die Strafprozessordung und das Gerichtsverfassungsgesetz, Großkommentar, 8. Band, 25. Auflage Löwe-Rosenberg, Die Strafprozessordung und das Gerichtsverfassungsgesetz, Großkommentar, 5. Band, 23. Auflage Rundfunkgesetz Mecklenburg-Vorpommern Rundfunkgesetz Rheinland-Pfalz Rundfunkgesetz Schleswig-Holstein Landessozialgericht Leipziger Zeitschrift für Deutsches Recht Medien & Kommunikationswissenschaft mit anderen Worten Kommentar zum Grundgesetz, Band II Kommentar zum Grundgesetz, Band III

Abkürzungsverzeichnis Maunz/Dürig V MDR MDStV MedG LSA MK BGB I

25

Kommentar zum Grundgesetz, Band V Monatsschrift für Deutsches Recht Mediendienste-Staatsvertrag Mediengesetz Sachsen-Anhalt Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Band 1, 4. Auflage MK BGB I (3. Aufl.) Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Band 1, 3. Auflage MK BGB V Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Band 5, 4. Auflage MK StGB I Münchener Kommentar zum Strafgesetzbuch, Band 1 MK StGB III Münchener Kommentar zum Strafgesetzbuch, Band 3 MK ZPO Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung MP Media Perspektiven MRK Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten MschKrim Monatsschrift für Kriminologie und Strafrechtsreform m.w. N. mit weiteren Nachweisen MZ Mitteldeutsche Zeitung NJ Neue Justiz NJW Neue Juristische Wochenschrift NJW-RR NJW-Rechtsprechungs-Report NMedG Niedersächsisches Mediengesetz NRW Nordrhein-Westfalen NStZ Neue Zeitschrift für Strafrecht NuR Natur und Recht NVwZ Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht NVwZ-RR NVwZ-Rechtsprechungs-Report-Verwaltungsrecht NWVBl. Nordrhein-Westfälische Verwaltungsblätter NZM Neue Zeitschrift für Miet- und Wohnungsrecht OLG Oberlandesgericht OLGZ Entscheidungen der Oberlandesgerichte in Zivilsachen o.V. ohne Verfasser OVG Oberverwaltungsgericht OWiG Gesetz über Ordnungswidrigkeiten RG Reichsgericht RGBl. Reichsgesetzblatt RGSt Entscheidungen des Reichsgerichts in Strafsachen RGZ Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen RiStBV Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren RN Randnummer RNn Randnummern Rpfl Der Deutsche Rechtspfleger RStV Rundfunkstaatsvertrag

26 RuF S. Sachs SächsVerfGH SED SGG SK StGB SK StPO SMedG Soergel V/2 sog. SPRG Staudinger II StGB StPÄG StPO StraFO StV StVollzG TRG u. a. UFITA UPR UrhG UWG v. a. VersammlG VersR VerwArch VG VGH vgl. von Mangoldt/ Klein/Starck I von Mangoldt/ Klein/Starck II von Münch/Kunig I VRS VVDStRL

Abkürzungsverzeichnis Rundfunk und Fernsehen Satz/Seite Grundgesetz Kommentar Sächsischer Verfassungsgerichtshof Sozialistische Einheitspartei Deutschlands Sozialgerichtsgesetz Systematischer Kommentar zum Strafgesetzbuch Systematischer Kommentar zur Strafprozessordnung und zum Gerichtsverfassungsgesetz Saarländisches Mediengesetz Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (Hrsg. W. Siebert), Band 5/2 sogenannte(n) Sächsisches Privatrundfunkgesetz Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Zweites Buch Strafgesetzbuch Strafprozessänderungsgesetz Strafprozessordnung Strafverteidiger Forum Strafverteidiger Strafvollzugsgesetz Thüringisches Rundfunkgesetz und andere/unter anderem Archiv für Urheber-, Film-, Funk- und Theaterrecht Umwelt- und Planungsrecht Urheberrechtsgesetz Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb vor allem Versammlungsgesetz Versicherungsrecht, Juristische Rundschau für die Individualversicherung Verwaltungsarchiv, Zeitschrift für Verwaltungslehre, Verwaltungsrecht und Verwaltungspolitik Verwaltungsgericht Verwaltungsgerichtshof vergleiche Bonner Grundgesetz, Kommentar, Band 1 Bonner Grundgesetz, Kommentar, Band 2 Grundgesetz-Kommentar Band 1, Präambel bis Art. 19 Verkehrsrechts-Sammlung Veröffentlichungen der Vereinigung Deutscher Staatsrechtslehrer

Abkürzungsverzeichnis VwGO VwVfG Wassermann II,2 wistra WRV ZBR ZDF ZfA ZfG ZG ZHR ZPO ZRP ZStW ZUM ZUM-RD ZVglRWiss ZZP

27

Verwaltungsgerichtsordnung Verwaltungsverfahrensgesetz Kommentar zur Strafprozessordnung, Band 2, Teilband 2 Zeitschrift für Wirtschaft, Steuer, Strafrecht Weimarer Reichsverfassung Zeitschrift für Beamtenrecht Zweites Deutsches Fernsehen Zeitschrift für Arbeitsrecht Zeitschrift für Geschichtswissenschaft Zeitschrift für Gesetzgebung Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Wirtschaftsrecht Zivilprozessordung Zeitschrift für Rechtspolitik Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft Zeitschrift für Urheber- und Medienrecht ZUM Rechtsprechungsdienst Zeitschrift für vergleichende Rechtswissenschaft Zeitschrift für Zivilprozess

A. Einleitung Es vergeht kaum ein Tag, an dem Rundfunk1 und Presse im Kampf um Auflagenstärken und Einschaltquoten nicht über Strafverfahren berichten. Strafgerichtsberichterstattungen haben gleich einem „. . . Mindeststandard . . .“2 ihren festen Stellenwert im täglichen Programm eingenommen. In den meisten Fällen werden die Berichterstattungen mit Bild-3, aber gelegentlich auch mit Tonaufnahmen der im Gerichtsbereich anwesenden Personen garniert. Schnell gerät man in die Diskussion, inwieweit diese Aufnahmen überhaupt veröffentlicht werden dürfen. Nur in untergeordnetem Maße macht man sich demgegenüber um die Herstellung der Aufnahmen Gedanken. Das ist umso verwunderlicher, als sich an den deutschen Strafgerichten mit erschreckender Regelmäßigkeit die gleichen Szenen abspielen, die jeder beobachten kann, der ein Strafgericht betritt, an dem eine spektakuläre Strafsache verhandelt wird. Vor, in den Pausen und nach der Hauptverhandlung wetteifern Fotografen, Kameraleute und Journalisten im Gerichtsgebäude um die besten und spektakulärsten Aufnahmen von den anwesenden Personen, vor allem von den Angeklagten. Dieses Phänomen ist nicht neu. Bereits 1959 umschrieb Dahs diese Szenen wie folgt: „. . . Schon vor dem Eintritt des Gerichts in den Saal sind Angeklagte, Zeugen und Verteidiger einem knallenden Beschuß von Fotoreportern ausgeliefert. Diese wilde Schießerei steigert sich bis zur Unerträglichkeit, wenn das Gericht erscheint und die Verhandlung beginnen will. Minutenlang umlagern die Pressefotografen und die Bildreporter Richter und Angeklagte, die das Kreuzfeuer der Blitze über sich ergehen lassen müssen . . .“4. Man sieht von der Kamera abgewandte Blicke ebenso wie das Bemühen, sich vor den Aufnahmen zu schützen. Vor 1 Hierunter werden im Folgenden – soweit nichts anderes gesagt wird – Hörfunk und Fernsehfunk verstanden. Beide Medien verbreiten ihre Sendungen mittels elektromagnetischer Wellen an eine unbestimmte Vielzahl von Personen, was die Wesensmerkmale des Rundfunks sind. [Vgl. nur BVerfGE 12, 205 (226); Jarass/Pieroth/Jarass, Art. 5 RN 36; Krüger, Massenmedien, S. 1; Herrmann AöR 90 (1965), 286 (313, 325)]. 2 Wolf NJW 1994, 681 (681). 3 Vielfach wird diesbezüglich nur von Filmaufnahmen gesprochen. Das aber ließe, nimmt man diese Bezeichnung wörtlich, außer Acht, dass die Aufnahmen infolge des technischen Fortschritts nur noch selten auf Film gebannt werden. Vielmehr wird das Bildmaterial, auch die sogenannten Filmaufnahmen, heutzutage regelmäßig auf Datenträgern digitalisiert. Wenn im Folgenden von Bildaufnahmen die Rede ist, sind daher sowohl die klassischen Filmaufnahmen als auch deren moderne Pendants in Form digitalisierter Aufnahmen gemeint. 4 Dahs AnwBl. 1958, 171 (181).

30

A. Einleitung

allem der Angeklagte muss sich der Medien „. . . oft genug durch (eine) verkrampfte Einnahme entwürdigender körperlicher Haltungen . . .“5 erwehren. Derartige Szenen im Gerichtsgebäude vor Augen stellt sich die Frage, inwieweit es die betroffenen Personen dulden müssen, in Bild und Ton aufgenommen zu werden. Das Gesetz bezieht mit § 169 S. 2 GVG lediglich für die Hauptverhandlung eine klare Position. Danach ist es untersagt, während der Hauptverhandlung Film- und Tonaufnahmen zum Zwecke der Veröffentlichung anzufertigen. Der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts stellte in seiner Entscheidung vom 24. Januar 2001 fest, dass § 169 S. 2 GVG in seiner absoluten Form mit der Verfassung im Einklang steht.6 Zwar wurde durch diese Entscheidung eine lebhafte Diskussion darum entfacht, ob das absolut angeordnete Aufnahmeverbot berechtigt beziehungsweise zeitgemäß ist7, jedoch ist in absehbarer Zeit nicht mit einer Aufhebung des Verbotes zu rechnen. Die aktuelle Rechtslage hinsichtlich Bild- und Tonaufnahmen während gerichtlichen Hauptverhandlungen ist derzeit somit geklärt und eindeutig. Während die Hauptverhandlung mit § 169 S. 2 GVG eine gesetzliche Regelung erhalten hat, sucht man nach einer solchen in Bezug auf das Umfeld der Hauptverhandlung bislang vergeblich. Das Aufnahmeverbot statuiert jedenfalls kein totales, auch außerhalb der Hauptverhandlung geltendes Verbot. Das ist dann auch der Grund, weshalb die von § 169 S. 2 GVG untersagten Aufnahmen nunmehr regelmäßig vor, in den Pausen und nach der Hauptverhandlung angefertigt werden.8 Von rechtlicher Relevanz sind dabei nur Bild- und Tonaufnahmen von Personen, da hinsichtlich der Aufnahmen ohne jeden Personenbezug kein Grund besteht, an der Zulässigkeit von Aufnahmen zu zweifeln. Was die personenbezogenen Aufnahmen im Umfeld der Hauptverhandlung angeht, so ist die Rechtslage weit davon entfernt, eindeutig zu sein. Dementsprechend liegt hier noch vieles im Dunkeln. Es ist das Anliegen dieser Arbeit, Licht in das Dunkel zu bringen. Ohne den folgenden Ausführungen vorgreifen zu wollen, lässt sich feststellen, dass sowohl in der Rechtsprechung als auch in der Literatur überwiegend eine medienfreundliche Haltung eingenommen wird. Das ist insofern problematisch, als dass das generell angespannte Verhältnis zwischen den Medien auf der einen und der Strafjustiz sowie den Betroffenen auf der anderen Seite9 an Brisanz zunimmt, sobald die Betrachtungen auf das Umfeld der strafgericht5

Schmidt, Publizistik, S. 34. BVerfGE 103, 44 (59 ff.). 7 Vgl. nur Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 12 ff., 238; Huff NJW 2001, 1622 (1622 f.); Siebrasse StV 2001, 661 (661 ff.); Krausnick ZUM 2001, 230 (230 ff.); Zuck NJW 2001, 1623 (1623 f.). 8 Weiler ZRP 1995, 130 (133); Lilie, in: AE-StuM, S. 116 (132). 9 Lehr NStZ 2001, 63 (63). 6

A. Einleitung

31

lichen Hauptverhandlung fokussiert werden. Zu den hier besonders deutlich zu Tage tretenden Gefahren für die Persönlichkeitsrechte der von den Aufnahmen betroffenen Personen10 gesellen sich diverse, strafverfahrenstypische Gefahren, die sowohl die Verfahren als solche als auch deren Zielsetzungen betreffen. Deshalb und weil sämtliche Medien mit ihren Gerichtsberichterstattungen weit überwiegend Strafverfahren thematisieren, soll die vorliegende Untersuchung auf personenbezogene Bild- und Tonaufnahmen im Umfeld der strafgerichtlichen Hauptverhandlung beschränkt bleiben. In Anbetracht der vielgestaltigen Medien, vor allem der neueren Art, ist jedoch eine weitere Begrenzung des Themas vorzunehmen. Der rasante Aufstieg des Rundfunks sowohl in technischer als auch in gesellschaftlicher Hinsicht hat dazu geführt, dass der Rundfunk die Presse an Präsenz und Bedeutung sowohl in positiver als auch in negativer Hinsicht überflügelt hat. Der Einzelne greift heute mehr denn je auf den Rundfunk zurück, wenn er sich unterhalten, informieren oder nur seine Neugierde befriedigen will. Bild- und Tonaufnahmen spielen deshalb im Rahmen des Rundfunks eine besondere Rolle. Diese berücksichtigend, soll es hier ausschließlich um die im Rundfunk verwandten Aufnahmen vor, in den Pausen und nach der Hauptverhandlung gehen.11 Der Konflikt zwischen Medien, Strafjustiz und Betroffenen kommt diesbezüglich weitaus schärfer zum Ausdruck als bei der klassischen Gerichtsberichterstattung durch die Presse. Diesbezüglich wird in Rechtsprechung und Literatur, nicht zuletzt auf Grund fehlender gesetzlicher Regelungen, eine Diskussion geführt, die von Spannungen, unterschiedlichen Ansätzen und mitunter auch überschwänglichen Emotionen geprägt ist. Die Handhabung der Bild- und Tonaufnahmen im Umfeld der strafgerichtlichen Hauptverhandlung wird den zuständigen Organen hierdurch erheblich erschwert. Es ist das Ziel der vorliegenden Arbeit, die geführte Diskussion auf eine sachliche Ebene zurückzuführen. Untersucht wird, ob und inwiefern die Anfertigung von personenbezogenen Bild- und Tonaufnahmen im Umfeld der strafgerichtlichen Hauptverhandlung und so die derzeitige mediale Praxis zulässig ist. Gleichzeitig kann beurteilt werden, ob die strafgerichtliche Praxis im Hinblick auf die Handhabung der Aufnahmen rechtlich unbedenklich ist. Um auch die Erfordernisse der strafgerichtlichen Praxis, die sich mit den Aufnahmetätigkeiten im Umfeld der Hauptverhandlung zu befassen hat, in der Untersuchung hinreichend zu berücksichtigen, werden die rechtlichen Probleme in der Reihenfolge bearbeitet, in der sie dem über die Aufnahmen entscheidenden Organ begegnen. Insofern wird der Gang der Entscheidungsfindung nachgezeichnet. Es ist daher auch Ziel der Arbeit aufzuzeigen, von wem und wie die 10

Vgl. Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 56. Trotz dieser Unterscheidung ist darauf hinzuweisen, dass sich Rundfunk und Presse in Bezug auf die Bildaufnahmen sehr ähnlich sind. Vieles von dem, was im Laufe dieser Untersuchung zu erarbeiten ist, kann deshalb auch auf die Bildaufnahmen der Presse übertragen werden. 11

32

A. Einleitung

personenbezogenen Aufnahmen im Umfeld der strafgerichtlichen Hauptverhandlungen zu handhaben sind. So stellt sich vor allem die Frage, ob der Staat gehalten ist, gegen Aufnahmetätigkeiten des Rundfunks einzuschreiten. Die vorliegende Arbeit soll sowohl in rechtstheoretischer als auch in praktischer Hinsicht zu Erkenntnissen führen. Denn nicht nur für die Betroffenen, sondern auch für die Akteure im Strafverfahren stellt der Umgang mit den Medien eine große Herausforderung dar.12 Aussagen darüber, ob die Aufnahmen zulässig sind, beziehungsweise wie diese zu handhaben sind, lassen sich nur treffen, wenn die zu Grunde liegende Rechtslage bekannt ist. Mangels gesetzlicher Regelungen ist das jedoch nicht der Fall, was die vielen unterschiedlichen Ansichten zur vorliegenden Problematik belegen. Letztlich laufen alle Punkte dieser Untersuchung darin zusammen, die bestehende Rechtslage hinsichtlich der Bild- und Tonaufnahmen, sowie deren Handhabung zu klären. Diesbezüglich verdienen zwei Punkte besondere Beachtung. Erstens muss es ein wesentlicher Bestandteil der Betrachtungen sein, medien-, kommunikationsund rechtswissenschaftliche Erkenntnisse miteinander zu verknüpfen. Betrachtet man die hinsichtlich der Aufnahmen geführten Diskussionen, so fällt auf, dass sich zum größten Teil nur den rein rechtlichen Aspekten gewidmet wird. Nur selten wird der enge Zusammenhang zwischen den genannten Wissenschaften ausreichend hervorgehoben beziehungsweise gewürdigt. Das ist umso verwunderlicher, als dass mit den massenmedial publizierten Aufnahmen Kernbereiche aller drei Wissenschaften angesprochen sind. Die rechtliche Würdigung der Herstellung von Bild- und Tonaufnahmen ist zu einem beachtlichen Teil von medien- und kommunikationswissenschaftlichen Erkenntnissen abhängig. Diese betreffen vor allem die Wirkungen der Massenmedien und Gerichtsberichterstattungen. Die vorliegende Untersuchung möchte gerade auch diese Zusammenhänge aufzeigen und verdeutlichen. Zweitens wird mit der Arbeit auch die Zielstellung verfolgt, die Komplexität und Vielschichtigkeit der Problematik um die Bild- und Tonaufnahmen im Umfeld der strafgerichtlichen Hauptverhandlung deutlich zu machen. Zwar dominiert der Grundrechtskonflikt zwischen Rundfunkfreiheit und allgemeinem Persönlichkeitsrecht die bestehende Konfliktlage, jedoch griffe eine Bearbeitung des Themas zu kurz, wenn sie auf die beiden scheinbar unversöhnlich gegenüberstehenden Grundrechte beschränkt würde. Sowohl aus strafverfahrensrechtlicher Sicht, der Sicht der betroffenen Personen als auch aus Sicht des Rundfunks lässt sich eine Vielzahl von Rechten, Interessen und sonstigen Aspekten finden, die in die Betrachtungen einzustellen sind.

12

Vgl. Lehr NStZ 2001, 63 (63).

I. Gang der Untersuchung

33

I. Gang der Untersuchung Die Arbeit nimmt sich daher der Problematik der Anfertigung von Bild- und Tonaufnahmen im Umfeld der strafgerichtlichen Hauptverhandlung in verschiedenen Stufen und aus verschiedenen Perspektiven an. Im zweiten Abschnitt (B.) sollen die Ergebnisse einer bundesweit durchgeführten Umfrage an allen deutschen Landgerichten in vereinfachter Form dargestellt werden, um zu belegen, dass eine umfassende Auseinandersetzung mit der vorliegenden Thematik sowohl in praktischer als auch in rechtstheoretischer Hinsicht längst überfällig war. Da die hier gegenständlichen Bild- und Tonaufnahmen vorwiegend in Strafgerichtsberichterstattungen des Rundfunks verwandt werden, wird im dritten Abschnitt (C.) auf die Rolle des Rundfunks als Massenmedium und der Strafgerichtsberichterstattungen eingegangen. An dieser Stelle wird auf die angesprochenen medien- und kommunikationswissenschaftlichen Erkenntnisse einzugehen sein. Im vierten Abschnitt (D.) widmet sich die Arbeit dann der Frage, wer für Entscheidungen über die Aufnahmetätigkeiten zuständig ist und auf welche Grundlage die Entscheidungen zu stützen sind. Hierzu sind die verschiedenen in Betracht kommenden Zuständigkeiten voneinander abzugrenzen. Hieran anknüpfend wird im fünften Abschnitt (E.) danach gefragt, welcher Ausgangspunkt der aufnahmebezogenen Entscheidung des zuständigen Organs zu Grunde zu legen ist. In diesem Zusammenhang geht es vor allem darum, ob aus dem für die Hauptverhandlung geltenden Öffentlichkeitsgrundsatz des § 169 S. 1 GVG oder aus dem in § 169 S. 2 GVG normierten Aufnahmeverbot Rückschlüsse auf das Umfeld der Hauptverhandlung möglich sind. Auch wenn diese Normen nicht direkt anwendbar sind, ist damit noch nicht gesagt, dass sie für die vorliegenden Fälle nicht fruchtbar gemacht werden können. Im hieran anschließenden sechsten Abschnitt (F.) sollen Leitkriterien der anzustellenden Abwägung herausgearbeitet werden. Diese Kriterien werden an mehreren Stellen der Abwägung eine entscheidende Rolle spielen. Die Zulässigkeit der Bild- und Tonaufnahmen ergibt sich schließlich aus dem Ergebnis der Würdigung vieler für und gegen die Aufnahmen sprechender Kriterien. In einem ersten Schritt, hier liegt der Schwerpunkt der Arbeit, müssen diese Kriterien benannt und rechtlich umfassend dargestellt werden. Dem ist der siebente Abschnitt (G.) gewidmet. Sobald dies geschehen ist, kann sich in einem weiteren Schritt der aufnahmebezogenen Entscheidung des zuständigen Organs zugewandt werden. In diesem achten Abschnitt (H.) sind die einzustellenden Kriterien zunächst zu gewichten und anschließend gegeneinander abzuwägen. An das so gefundene Ergebnis anknüpfend ist unter Beachtung der verfassungsrechtlichen Grenzen festzulegen, welche Möglichkeiten dem zuständigen Organ zur Verfügung stehen, um auf Aufnahmeabsichten und -tätigkeiten des Rundfunks zu reagieren, wie es also entscheiden kann oder sogar muss. Der folgende neunte Abschnitt (J.) beschäftigt sich mit den indirekten und direkten Rechtsbehelfen, die den betroffenen Personen gegen die herausgearbeiteten Entscheidungsmöglichkeiten offen

34

A. Einleitung

stehen. Die Untersuchung schließt dann mit dem zehnten Abschnitt (K.), in welchem die aktuelle Rechtslage anhand des gefundenen Ergebnisses zu würdigen ist. Im Fall angebrachter Kritik ist nach Lösungen zu suchen, welche die aktuelle Situation verbessern können. Insofern müssen dann verschiedene Ansätze diskutiert werden.

II. Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Ursprünglich hatte der Bundesgerichtshof13 den Strafgerichten auch für das Umfeld der Hauptverhandlung empfohlen, Bild- und Tonaufnahmen generell zu verbieten. Im Laufe der Zeit sind die Gerichte jedoch mehr und mehr dazu übergegangen, derartige Aufnahmen zuzulassen.14 Einige Gerichte aber blieben standhaft und beschränkten die Aufnahmen weiterhin. Das hatte zur Folge, dass sich das Bundesverfassungsgericht in den letzten Jahren mehrmals mit der Zulässigkeit vor allem von Bildaufnahmen im Umfeld der strafgerichtlichen Hauptverhandlung zu befassen hatte. Da im Verlauf dieser Untersuchung häufig auf diese Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zurückzukommen sein wird, bietet es sich an, die wesentlichen Entscheidungen des Gerichts bereits hier zu skizzieren. 1. „Honecker-Verfahren“ Die medienfreundliche Tendenz vieler Strafgerichte hat durch die sogenannten „Honecker-Beschlüsse“ vom 11. November 199215 und vom 14. Juli 199416 eine verfassungsrechtliche Unterstützung erfahren. Den Entscheidungen liegt das 1992 geführte Strafverfahren gegen Honecker und andere Regierungsmitglieder der DDR vor dem Landgericht Berlin zu Grunde. In Anbetracht des zu erwartenden Medienandrangs hatte der Vorsitzende Richter Aufnahmen innerhalb des Sitzungssaals untersagt. Gegen diese Anordnung wandten sich mehrere Rundfunkanbieter, die beabsichtigten, mit jeweils nur einer Kamera vor, in den Pausen und nach der Hauptverhandlung Aufnahmen im Gerichtssaal anzufertigen. Das Bundesverfassungsgericht hob die Entscheidung des Vorsitzenden im Wege der einstweiligen Verfügung auf und verfügte die Zulassung von Aufnahmen auch im Gerichtssaal.17 Die einstweilige Anordnung wurde durch den Be-

13 14 15 16 17

Vgl. z. B. BGHSt 23, 123 (125 f.). Vgl. Weiler ZRP 1995, 130 (133). BVerfGE 87, 334 (334 ff.). BVerfGE 91, 125 (125 ff.). BVerfGE 87, 334 (340 f.).

II. Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts

35

schluss des Bundesverfassungsgerichts in der Hauptsache bestätigt.18 Die Freiheit des Art. 5 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GG, so stellte das Gericht fest, umfasst auch, Bild- und Tonaufnahmen im Gerichtssaal herzustellen. Einschränkungen sind nur nach Maßgabe einer Abwägung zwischen der Bedeutung der Rundfunkfreiheit einerseits und dem Persönlichkeitsrecht sowie der Rechts- und Wahrheitsfindung andererseits möglich, wobei dem Übermaßverbot entsprochen werden muss.19 Zumindest letzteres war in den Augen des Bundesverfassungsgerichts nicht hinreichend beachtet worden.20 Es stellte fest, dass eine Beeinflussung der richterlichen Entscheidungsfindung nicht zu befürchten war. Weiterhin hätten es Personen der Zeitgeschichte, als solche wurden die Angeklagten qualifiziert, zu dulden, abgebildet zu werden. Zudem wurde auf das überragende Informationsinteresse der Öffentlichkeit abgestellt. Bezüglich letzterem betonte das Gericht allerdings die andere Strafverfahren überragende historische und politische Dimension des Verfahrens.21 2. Verfahren zu Mannheimer Richtern Ihren Fortgang fand diese Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts in dem Beschluss vom 21. Juli 200022, dem ein Antrag des Südwestrundfunks zu Grunde lag. Es ging dabei um ein Strafverfahren vor dem Landgericht Mannheim gegen den ehemaligen Vorstandsvorsitzenden und drei weitere Manager der Sparkasse Mannheim. Die verhandelten Straftaten, unter anderem Untreue, zogen ein beachtliches Interesse der Öffentlichkeit und Medien auf sich. Deshalb wollte der Südwestrundfunk vor Verhandlungsbeginn Aufnahmen im Sitzungssaal anfertigen. Dies aber untersagte der Vorsitzende Richter. Hiergegen, allerdings auf Aufnahmen von Richtern und Schöffen am Tag der Urteilsverkündung begrenzt, wurde das Bundesverfassungsgericht angerufen. Im Wege einer einstweiligen Anordnung gab das Bundesverfassungsgericht den Antragstellern Recht. Es betonte dabei, dass die im Interesse der Allgemeinheit stehenden Aufnahmen unwiederbringlich wären, wenn das Verbot aufrechterhalten würde, was einen schweren Nachteil im Sinne des § 32 Abs. 1 BVerfGG gleichkommt.23 Demgegenüber sei die vom Südwestrundfunk vorgeschlagene „Pool-Lösung“ eine akzeptable Lösung. Die zu erwartenden Beeinträchtigungen der Persönlichkeitsrechte der Richter und Schöffen, so das Gericht, müssten hingenommen werden. Etwas anderes könne sich nur ergeben, 18 19 20 21 22 23

BVerfGE 91, 125 (133 ff.). BVerfGE 91, 125 (136 ff.). BVerfGE 91, 125 (139). BVerfGE 91, 125 (138). BVerfG NJW 2000, 2890 (2890 f.). BVerfG NJW 2000, 2890 (2891).

36

A. Einleitung

wenn diese Personen erheblichen Beeinträchtigungen ausgesetzt wären.24 Das aber sah das Bundesverfassungsgericht im Verfahren vor dem Mannheimer Landgericht als nicht gegeben an.25 3. „El-Kaida-Verfahren“ In einem Beschluss vom 15. April 200226 hatte sich das Bundesverfassungsgericht neuerlich mit Bildaufnahmen im Umfeld der strafgerichtlichen Hauptverhandlung auseinander zu setzen. Dieser betraf das Strafverfahren gegen mutmaßliche El-Kaida-Terroristen vor dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main. In dessen Rahmen waren Bildaufnahmen weitgehend verboten worden, wobei auf die Risiken für Leib und Leben der Angeklagten verwiesen wurde. Die Fernsehsender ZDF und RTL wollten sich hiermit nicht zufrieden geben und zogen vor das Bundesverfassungsgericht. Das hielt den Antrag der Fernsehsender zumindest teilweise für begründet. Der Vorsitzende wurde mittels einer einstweiligen Anordnung angewiesen, Aufnahmen der Fernsehsender im Rahmen der „Pool-Lösung“ für fünf Minuten vor dem Beginn der jeweiligen Hauptverhandlung zu gestatten.27 Jedoch sollte die Anordnung des Vorsitzenden die Auflage enthalten, die Gesichter der Abgebildeten vor Veröffentlichung und Weitergabe der Aufnahmen an andere Fernsehanstalten durch ein technisches Verfahren zu anonymisieren.28 Begründet wurde dies unter Verweis auf die gebotene Abwägung damit, dass die erhebliche Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit es gebiete unter Verwendung der anonymisierten Aufnahmen dem Informationsinteresse Rechnung zu tragen. Die Angeklagten seien durch die Anonymisierung ausreichend geschützt.29 Darüber hinaus wurde die Zusicherung der Antragsteller hervorgehoben, Aufnahmen nur aus der Totalen anzufertigen. 4. „von Metzler-Verfahren“ Die jüngste Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts hinsichtlich Aufnahmen im Umfeld strafgerichtlicher Hauptverhandlungen vom 10. April 200330 betraf das Strafverfahren gegen Gäfgen, dem vor dem Landgericht Frankfurt am Main vorgeworfen wurde, den Bankierssohn von Metzler entführt und getö24 25 26 27 28 29 30

BVerfG BVerfG BVerfG BVerfG BVerfG BVerfG BVerfG

NJW NJW NJW NJW NJW NJW NJW

2000, 2000, 2002, 2002, 2002, 2002, 2003,

2890 2890 2021 2021 2021 2021 2523

(2891). (2891). (2021 f.). (2021). (2021). (2022). (2523 f.).

II. Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts

37

tet zu haben. Der Vorsitzende Richter gestattete Bildaufnahmen im Sitzungssaal vor der Sitzung für 15 Minuten. Bei Anwesenheit nur der Pressevertreter sollte der Angeklagte in den Sitzungssaal geführt werden, wobei sich die Pressevertreter vorher verpflichten sollten, sein Gesicht vor Veröffentlichung oder Weitergabe der Aufnahmen zu anonymisieren. Der Vorsitzende begründete dies mit der Weigerung des Angeklagten, sich im Sitzungssaal ablichten zu lassen und mit der bereits im Ermittlungsverfahren angedrohten Gewalt, die eine zwangsweise Vorführung als unverhältnismäßig erscheinen ließ.31 Wiederum waren es ZDF und RTL, die dagegen vor das Bundesverfassungsgericht zogen. Zwar unterlagen sie in diesem Verfahren, jedoch bestätigte das Bundesverfassungsgericht seine bisherige Linie. So wird ein erhebliches Interesse der Allgemeinheit an einer aktuellen und authentischen Berichterstattung bejaht. Zudem wird betont, dass auch die Bildberichterstattung unter den Schutz des Art. 5 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GG fällt. Ausdrücklich weist das Gericht anschließend auf die Unterschiede zum „El-Kaida-Verfahren“ hin.32 Im Gegensatz zu diesem war das Bild des Angeklagten der Öffentlichkeit bereits bekannt und auch von den Antragstellern mehrfach veröffentlicht worden. Insofern stand es den Fernsehsendern offen, auf bereits angefertigte Aufnahmen zurückzugreifen. Ihnen lediglich zu untersagen, erneut Aufnahmen herzustellen, stellte nach dem Bundesverfassungsgericht keinen erheblichen Nachteil dar.33

31 32 33

BVerfG NJW 2003, 2523 (2523). BVerfG NJW 2003, 2523 (2523). BVerfG NJW 2003, 2523 (2524).

B. Die Umfrage an den deutschen Landgerichten Wie im Rahmen der Einleitung erwähnt, wurde im Hinblick auf die Thematik „Bild- und Tonaufnahmen im Umfeld der strafgerichtlichen Hauptverhandlungen“ eine bundesweite Umfrage an den deutschen Landgerichten durchgeführt.

I. Ziele und Durchführung der Umfrage Mit der Befragung wurden zwei Zielstellungen verfolgt. Zum einen sollte die Notwendigkeit einer monographischen Auseinandersetzung mit der speziell auf Strafverfahren bezogenen Fragestellung nach der Handhabung von Bild- und Tonaufnahmen im Umfeld der Hauptverhandlung auch aus praxisorientierter Sicht aufgezeigt werden. Nur eine unterschiedliche Handhabung des Medienandrangs im Gerichtsbereich macht aus der Sicht der Praxis erstens eine Klärung der Fragestellung notwendig und deutet zweitens auf eine unklare Rechtslage hin. Zum anderen aber sollte auch aufgezeigt werden, wie die Anfertigung der besagten Bild- und Tonaufnahmen in der gerichtlichen Praxis gehandhabt wird. Hierdurch kann einerseits ein Eindruck der Praxis vermittelt werden. Andererseits kann die rechtstheoretische Seite unter Zuhilfenahme der empirischen Untersuchung mit der Praxis an den deutschen Landgerichten verglichen werden. Hierauf soll im Laufe der Arbeit immer dann eingegangen werden, wenn ein Themenkomplex rechtstheoretisch geklärt ist. Diese Ziele vor Augen musste entschieden werden, an welchen Gerichten die Befragung sinnvollerweise durchzuführen ist. Hierfür war zu überlegen, in welchen Fällen es typischerweise zu den hier interessierenden Aufnahmen bei Gericht kommt. Ein Blick auf die jeden Tag in nahezu sämtlichen Massenmedien publizierten und entsprechende Aufnahmen verwendenden Gerichtsberichterstattungen zeigt einen deutlichen Schwerpunkt des medialen Interesses an landgerichtlichen Strafverfahren. Dies ist primär der erstinstanzlichen Zuständigkeit der Landgerichte für mittelschwere, schwere und schwerste Kriminalität1 geschuldet. Auf Grund der in der medialen Praxis vorgenommenen Fokussierung wurde die Befragung allein auf der landgerichtlichen Ebene durchgeführt. Im Mai 2003 wurden deshalb an sämtliche Landgerichte der Bundesrepublik Deutschland, es sind 116 an der Zahl2, Fragebögen zu Händen der Gerichtsprä1

Die einschlägigen Normen sind § 1 StPO i.V. m. §§ 74 bis 74e GVG.

II. Auswertung der Antworten

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sidenten und -präsidentinnen3 versandt. Trotz der enormen Arbeitsbelastung der Gerichte beträgt die Rücklaufquote mit 106 eingegangenen Antworten 91 Prozent. Insofern sind die Ergebnisse der Umfrage für die landgerichtliche Handhabung der Bild- und Tonaufnahmen repräsentativ. Die gestellten Fragen sollen dabei einen Einblick in verschiedene Aspekte des strafgerichtlichen Umgangs mit den Massenmedien in Form des Rundfunks ermöglichen. Namentlich beziehen sie sich auf den Ausgangspunkt der vom zuständigen Organ zu treffenden Entscheidung hinsichtlich Zulässigkeit beziehungsweise Unzulässigkeit der Aufnahmen (Frage 1), auf die Zuständigkeiten für diese Entscheidung (Fragen 2, 3, 4, 5 und 6), auf die Initiierung des Entscheidungsprozesses (Frage 7), auf die Entscheidungsfindung (Fragen 8 und 9) und schließlich auf die Entscheidung selbst (Fragen 10, 11 und 12).

II. Auswertung der Antworten Auf eine detaillierte Auswertung der eingegangenen Antworten wird hier aus Platzgründen verzichtet.4 Vielmehr soll ein Überblick über die einzelnen Bereiche gegeben und auf etwaige Besonderheiten hingewiesen werden. Hier und auch im weiteren Verlauf der Arbeit wird die Verarbeitung der Antworten anonym erfolgen.5 Deutliche Unterschiede ergeben sich schon hinsichtlich des Ausgangspunktes der Entscheidung über die Zu- und Unzulässigkeit der Anfertigung von Bild- und Tonaufnahmen (Frage 1). Während 51 Prozent der antwortenden Landgerichte von einem generellen Verbot ausgehen, legen 16 Prozent eine generelle Erlaubnis zu Grunde. Schließlich sind es 28 Prozent der Gerichte, die keinen speziellen Ausgangspunkt für die Entscheidung aufweisen. Die landgerichtlichen Unterschiede setzen sich in der räumlichen Zuordnung von Gerichtsbereichen zum Sitzungsbereich (Frage 2) fort. Insbesondere im Hinblick auf die an den Sitzungssaal unmittelbar angrenzenden Räumlichkeiten gehen die Ansichten deutlich auseinander. 44 Prozent der Gerichte zählen diese Bereiche zum Sitzungsbereich, der Rest nicht. Während 73 Prozent der Landgerichte in räumlicher Hinsicht zwischen Sitzungsbereich und sonstigem Gerichtsbereich unterscheiden, nehmen 27 Prozent eine derartige Unterscheidung nicht vor (Frage 3). Die Beantwortung dieser Frage macht die unterschiedlichen Zuständigkeiten, die mittels der Fragen 4 bis 6 herausgefunden werden sollten, nachvollziehbar. Auch im Hinblick auf die Zuständigkeiten für die Entscheidungen über die Zu- und Unzulässigkeit der Aufnahmen besteht keine vollends ein2

Eine Auflistung der 116 Landgerichte findet sich in Anlage 1. Ein Muster ist in Anlage 2. 4 Die detaillierte Auswertung der Fragebögen findet sich als Anlage 3. 5 Auf Grund dessen sind etwaige Anhaltspunkte auf die Herkunft der Anlagen geschwärzt. 3

40

B. Die Umfrage an den deutschen Landgerichten

heitliche Praxis. An denjenigen Gerichten, die räumlich Sitzungs- und restlichen Gerichtsbereich trennen (Fragen 4 und 5), wird innerhalb des Sitzungsbereiches der Vorsitzende Richter beziehungsweise die Vorsitzende Richterin zu 88 Prozent und außerhalb des Sitzungsbereiches der Gerichtspräsident beziehungsweise die Gerichtspräsidentin mit 96 Prozent für zuständig erklärt. Hinsichtlich des Sitzungsbereiches sind es immerhin 25 Prozent, die (auch) den Gerichtspräsidenten als zuständig erachten. Ein ähnliches Bild ergibt sich an den Landgerichten, die die räumliche Trennung nicht vornehmen (Frage 6). Der Präsident beziehungsweise die Präsidentin wird an diesen Gerichten zu 84 Prozent für zuständig erklärt. Des Weiteren werden die Entscheidungen hinsichtlich der Aufnahmen an 91 Prozent der Gerichte mittels eines genormten Antragsformulars initiiert (Frage 7). Zeitlich ergeht die Entscheidung (Frage 8) an 93 Prozent der Landgerichte regelmäßig vor Beginn des jeweiligen gerichtlichen Strafverfahrens. Diesbezüglich sind sich die Landgerichte also weitgehend einig. Von hoher Brisanz sind, da das jeweilige Ergebnis der Entscheidung hiervon abhängt, die zwischen den Landgerichten bestehenden Unterschiede bezüglich der für die Entscheidung ausschlaggebenden Faktoren (Frage 9). Vor allem wird an nur 63 Prozent der Landgerichte eine Abwägung aller widerstreitenden Interessen für ausschlaggebend gehalten. Erwähnenswert sind auch die Unterschiede hinsichtlich der jeweils betroffenen Rechte der aufzunehmenden beziehungsweise aufgenommenen Personen. Während die Beeinträchtigungen der Rechte von Verfahrensbeteiligten mit Ausnahme der Richter an über 75 Prozent der Gerichte ausschlaggebende Faktoren sind, werden die Rechte der Richter nur in 28 Prozent in gleichem Maße einbezogen. Was dann die jeweiligen Entscheidungen über die Bild- und Tonaufnahmen selbst angeht (Fragen 10, 11 und 12), bestehen zwar auch Unterschiede, im Groben aber lässt sich eine deutlich medienfreundliche Entscheidungspraxis ausmachen. Fasst man alle hier einstellbaren Antworten zusammen, so gelangt man zu dem Ergebnis, dass 74 Prozent der Landgerichte den Medien gegenüber wohlgesonnen sind. An diesen Gerichten werden in maximal 20 Prozent aller zu entscheidenden Fälle Aufnahmeverbote erteilt beziehungsweise aufrecht erhalten. Die restlichen Landgerichte verteilen sich relativ gleichmäßig auf alle sonstigen und zunehmend medienfeindlicheren Stufen.

III. Erste Schlussfolgerungen Bereits aus dieser groben Auswertung der eingegangenen Antworten ergeben sich erste wichtige Schlussfolgerungen, vor allem im Hinblick auf das erstgenannte Ziel. Die Antworten aus sämtlichen Bereichen belegen deutlich, dass die Anfertigung von Bild- und Tonaufnahmen im Umfeld der strafgerichtlichen

III. Erste Schlussfolgerungen

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Hauptverhandlung mehr oder weniger uneinheitlich gehandhabt wird.6 Nur selten werden Prozentsätze von über 90 und so zumindest eine halbwegs einheitliche Praxis erreicht. Die auf Grund der fehlenden ausdrücklichen rechtlichen Fixierung des gerichtlichen Umgangs mit den Medien vermutete uneinheitliche Praxis wird also bestätigt. Die von Landgericht zu Landgericht abweichenden Handhabungen der Aufnahmen müssen, insbesondere unter dem Aspekt der Rechtssicherheit, nachdenklich stimmen. Wie in den folgenden Abschnitten zu zeigen sein wird, sind sämtliche mittels der 12 Fragen angesprochenen Bereiche rechtlich fassbar, führen also zu Vorgaben dahingehend, wie die Anfertigung von Bild- und Tonaufnahmen zu handhaben sind. Die bestehenden Unterschiede lassen deshalb auf eine unklare beziehungsweise zu komplizierte Rechtslage hinsichtlich der rechtlichen Behandlung der Aufnahmen schließen. Nur so sind die unterschiedlichen Ergebnisse erklärbar. Insofern besteht sowohl aus rechtstheoretischer als auch aus praxisbezogener Sichtweise ein enormes Klärungsbedürfnis der aufgeworfenen Problematik. Aber auch im Hinblick auf die gerichtliche Entscheidung bezüglich der Herstellung von Bild- und Tonaufnahmen selbst, ist eine deutliche wahrnehmbare Tendenz feststellbar, nämlich die zur Rundfunkfreundlichkeit. Es wird weitgehend zugelassen, Bild- und Tonaufnahmen anzufertigen. Bereits angerissen wurde, dass sich die Schwierigkeiten um die Bild- und Tonaufnahmen im Umfeld der strafgerichtlichen Hauptverhandlung primär als ein Grundrechtskonflikt zwischen Medienfreiheiten und Persönlichkeitsrechten darstellt. Die aus den Antworten ablesbare medienfreundliche Handhabung der Aufnahmen an den Landgerichten lässt darauf schließen, dass den Rechten auf Seiten des Rundfunks in der Mehrzahl der Fälle der Vorrang vor den betroffenen Persönlichkeitsrechten eingeräumt wird. Es scheint, als ob den Mediengrundrechten im Vergleich zu den Persönlichkeitsrechten ein grundsätzlich höherer Stellenwert beigemessen wird. Im Verlauf der nachfolgenden Ausführungen zur Rechtslage, wie sie sich aus dem geltenden Recht ergibt, wird mehrmals auf die Ergebnisse der Befragung zu verweisen sein. Immer dann, wenn ein von den Fragen umfasster Themenbereich rechtstheoretisch zu klären ist beziehungsweise geklärt wurde, wird auf die jeweils relevante Frage auch in praktischer Hinsicht Bezug genommen.

6

Dies stellte auch Lehr NStZ 2001, 63 (63) fest.

C. Die Bild- und Tonaufnahmen als Bestandteil von Massenmedien und Gerichtsberichterstattung Um der Frage nachgehen zu können, ob die Rechtslage tatsächlich unklar oder zu kompliziert ist beziehungsweise ob die Persönlichkeitsrechte hinter die Mediengrundrechte zurückzutreten haben, ist es notwendig, dass nicht nur die Bild- und Tonaufnahmen selbst in die Betrachtungen einbezogen werden, sondern auch deren Charakter als Bestandteil von massenmedialen Gerichtsberichterstattungen. Da die Thematik dieser Arbeit auf Bild- und Tonaufnahmen beschränkt ist, soll der gesamte Bereich der Presse im Folgenden nicht interessieren. Vielmehr ist einzig auf den Rundfunk abzustellen. Die klassischen Bildund Tonaufnahmen verwendenden Medien, Fernsehen1 und Hörfunk, sind, da Sendungen mittels elektromagnetischer Wellen an eine unbestimmte Vielzahl von Personen verbreitet werden, dem Rundfunk zuzuordnen.2 Gelegentlich werden Fernsehen und Hörfunk auch unter der Sammelbezeichnung der elektronischen Medien zusammengefasst. Aus diesem Grund sind Stellung, Funktionen und Wirkungen des Rundfunks als Massenmedium für das Verständnis der mit den Aufnahmen verbundenen Problematik von essentieller Bedeutung. Aber nicht nur die Besonderheiten des Rundfunks sind unerlässlich für die rechtliche Behandlung der Aufnahmeherstellungen, sondern auch die der konkreten Sendeformate. Das klassische Sendeformat, in dem die Aufnahmen publiziert werden, ist die Gerichtsberichterstattung als spezielles Nachrichtenformat.3 Mithin muss auch dieses Sendeformat in die Betrachtungen einbezogen werden.

1 Genaugenommen handelt es sich hierbei um den Fernsehfunk. Da sich hierfür jedoch der Begriff des Fernsehens eingebürgert hat, soll an diesem festgehalten werden. 2 BVerfGE 12, 205 (226); 31, 314 (315); BK/Degenhart, Art. 5 Abs. 1 und 2 RN 667; Jarass/Pieroth/Jarass, Art. 5 RN 36; Niepella, Grundversorgung, S. 14; Schumacher, Programmauflagen, S. 11; Gronau, Persönlichkeitsrecht und Medienfreiheit, S. 160; Krüger, Massenmedien, S. 1; Rotsch, Der Schutz der journalistischen Recherche, S. 34; Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 12 FN 38; Ricker/Schiwy, Rundfunkverfassungsrecht, B RN 15; Herrmann, Rundfunkrecht, § 2 RNn 11, 86, § 5 RN 32; Pieroth/Schlink, Staatsrecht II, RN 573; Wilke, in: Mediengeschichte, S. 15 (22); Herrmann AöR 90 (1965), 286 (313, 325); Kunert MDR 1975, 885 (886); Eberle CR 1996, 193 (194). 3 Ludes, in: Mediengeschichte, S. 255 (262) bezeichnet die Fernsehnachrichtensendungen als wichtigste Informationssendung.

I. Die Rolle der Massenmedien

43

I. Die Rolle der Massenmedien Der Begriff der Massenmedien bezeichnet zunächst als Sammelbegriff die technischen Mittel zur Verbreitung und Wiedergabe von geistigem Gut (= Medien)4, die sich an eine oder mehrere breite Massen richten.5 Diese Ausrichtung an eine unbestimmte Vielzahl von individuell nicht bekannten Rezipienten6 ist das wesentliche Merkmal, das Medien zu Massenmedien macht und so die Massenkommunikation von der Individualkommunikation abgrenzt. Fernsehen und Hörfunk sind also Massenmedien7 im dargestellten Sinne.8 Mitunter wer4 Hecker, „Medienmacht“ und Rezipientenfreiheit, S. 18; Kleinsteuber, in: MedienEthik, S. 302 (305). 5 von Gamm, Persönlichkeits- und Ehrverletzungen durch Massenmedien, S. 1; Großmann, Medienrezeption, S. 143; Kaiser, Kriminologie, § 39 RN 35; Wilke, in: Markt – Macht – Medien, S. 17 (17 f.); ausführlich Fechner, Medienrecht, RNn 7 ff.; vgl. zum ähnlichen Begriff der Massenkommunikation m.w. N. Fuhr FS-Armbruster, S. 117 (118); davon abweichend und wesentlich weiter Doelker-Tobler, in: MedienEthik, S. 294 (294): „. . . einerseits Nachrichten, Tagespublizistik – alles, was im weitesten Sinne mit dem Informationsauftrag zu tun hat –, und andererseits alles, was als Unterhaltung gelten kann . . .“. 6 Als Rezipienten werden diejenigen bezeichnet, die eine Hörfunksendung hören beziehungsweise eine Fernsehsendung sehen. Vgl. Herrmann, Rundfunkrecht, § 2 RN 73. 7 Vor allem für die Interpretation des Art. 5 Abs. 2 Satz 2 GG ist die Geschichte des Rundfunks von Bedeutung. Ihren Ursprung finden die Massenmedien im 16. und 17. Jahrhundert. [Jäckel, Medienwirkung, S. 32; Wilke, in: Markt – Macht – Medien, S. 17 (17)] Aber erst die industrielle Revolution ließ die bisherige Mund-zu-Mund-Informierung zu einem untauglichen Mittel werden. Die Antwort auf das Bedürfnis nach einer neuen Informationsart wurde in Form der Etablierung von alltagsnahen Zeitungen gegeben. (Winter/Eckert, Mediengeschichte, S. 26; Meyen, Mediennutzung, S. 121) Heinrich Herz läutete dann 1887 mit der Entdeckung elektromagnetischer Schwingungen das Rundfunkzeitalter ein. So kam es 1923 zum ersten regelmäßigen Hörfunkprogramm (Ratzke, Handbuch der Neuen Medien, S. 341; Altendorfer, Mediensystem, I RN 1; Wasserburg, Recht der Medien, S. 9) Die Ära des Fernsehens begann 1935 mit einem Versuchsprogramm (Winter/Eckert, Mediengeschichte, S. 86; Heinrich, Medienökonomie II, S. 447; Ratzke, Handbuch der Neuen Medien, S. 342) Unter der nationalsozialistischen Herrschaft wurde der Rundfunk organisatorisch und politisch umfassend gleichgeschaltet. Auch das Fernsehen wurde nach anfänglicher Skepsis zunehmend einbezogen. (Altendorfer, Mediensystem, I RN 24, 26; Dahl, Arbeitersender und Volksempfänger, S. 116; 176 ff.) Die Weichen für die Entwicklung der Massenmedien nach dem Fall des nationalsozialistischen Regimes stellten die Alliierten. Folge der politischen Säuberung des Rundfunkbereiches durch die West-Alliierten war die Schaffung einer völlig neuen Organisation des Medienbereiches, nämlich eine öffentlich-rechtlich strukturierte, föderalistische Rundfunkordnung. [Kutsch, in: Mediengeschichte der Bundesrepublik Deutschland, S. 59 (59 ff., 84 f.)] Von Bedeutung ist insbesondere das Streben nach staatsfreiem Rundfunk und nach Trennung von Nachricht und Meinung. [Wilke, in: Mediengeschichte der Bundesrepublik Deutschland, S. 15 (16 f.)] 1950 wurde die ARD [Meyn, Massenmedien, S. 178; Altendorfer, Mediensystem, I RN 65; Papier/Möller, in: Mediengeschichte, S. 449 (458)] und 1961 das ZDF gegründet. [Ratzke, Handbuch der neuen Medien, S. 349; Altendorfer, Mediensystem, I RN 69; Diller, in: Mediengeschichte, S. 146 (156)] Schließlich bestimmte das Bundesverfassungsgericht mit den acht (je nach zählweise auch anders)

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C. Bild- und Tonaufnahmen

den als Massenmedien auch die hinter den Sendungen stehenden Institutionen bezeichnet.9 Wenn im Folgenden von Massenmedien die Rede ist, so ist damit aber nicht das jeweilige Unternehmen, sondern der Sammelbegriff gemeint. Die Relevanz der angesprochenen Aspekte des Rundfunks für die Beurteilung der Rechtslage im Hinblick auf die Bild- und Tonaufnahmen folgt aus dem engen Zusammenhang von Rundfunk und Aufnahme. Im Grundsatz nämlich sind Bild- und Tonaufnahmen die Grundlage von Fernsehen und Rundfunk, bauen letztere doch auf der visuellen und akustischen Vermittlung von Geschehen auf. 1. Stellung der Massenmedien in der heutigen Gesellschaft Sowohl die Funktionen als auch die Wirkungen von Massenmedien und so die Wirkungen der publizierten Bild- und Tonaufnahmen beruhen zu einem großen Teil auf der Stellung der Medien in der Gesellschaft. Hierbei ist dem Thema der Arbeit entsprechend vorrangig auf die Bedeutung der Nachrichtensendungen abzustellen, da diese regelmäßig die Aufnahmen aus dem Gerichtsbereich enthalten. Die Stellung des Rundfunks folgt im Wesentlichen aus dessen Verbreitung. Die Versorgungsdichte mit Fernsehen und Hörfunk nähert sich einem absoluten bisherigen Rundfunkentscheidungen die Entwicklung der Massenmedienlandschaft. (vgl. nur Altendorfer, Mediensystem, IV 1 ff.) Schließlich kam es in den achtziger Jahren zur Zulassung und Etablierung auch des privatrechtlichen Rundfunks. Es entstand eine duale Rundfunkordnung, also das verfassungskonforme Nebeneinander von privatem und öffentlich-rechtlichem Rundfunk. [BVerfGE 73, 118 (152 ff.); BK/Degenhart, Art. 5 RN 640; Seufert, Hörfunk- und Fernsehmärkte, S. 40; Altendorfer, Mediensystem, II RN 9; Degenhart Jura 1988, 21 (29); Schmitt Glaeser DVBl. 1987, 14 (15 f.)]. Die sowjetische Besatzungsmacht hinterließ einen zentralistischen Staatsrundfunk. Sowohl in der sowjetischen Besatzungszone, wie auch später in der Deutschen Demokratischen Republik wurde dem Rundfunk nicht die geringste Unabhängigkeit zugestanden. [Holzweissig, in: Mediengeschichte der Bundesrepublik Deutschland, S. 573 (577); Hesse, Rundfunkrecht, 1. Kap. RN 103; Dussel ZfG 45 (1997), 992 (993)]. Das Medium Rundfunk war fest im Machtbereich der Einheitspartei SED verankert. (Kutsch, in: Mediengeschichte der Bundesrepublik Deutschland, S. 59 (84); Holzweissig, in: Mediengeschichte der Bundesrepublik Deutschland, S. 573 (573); Sieger, Verfassung der DDR, Art. 27, S. 78) Erst 1989 zog sich der Staat aus der bisherigen Medienlenkung zurück. Mit der nun aufkommenden Marktwirtschaft kam auch das duale Rundfunksystem in die DDR. (Steinmetz, in: Mediengeschichte der Bundesrepublik Deutschland, S. 167 (184 ff.); auch Hesse, Rundfunkrecht, 1. Kap. RNn 104 ff.). Mit dem von allen sechzehn Bundesländern am 31. August 1991 in Bonn unterzeichneten „Staatsvertrag über den Rundfunk im vereinten Deutschland“ wurde der dualen Rundfunkordnung eine neue und nun bundesweite Rahmenordnung gegeben. (Herrmann, Rundfunkrecht, § 4 RN 135). 8 Riklin, in: Stigmatisierung, S. 129 (129). 9 Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 1 FN 1; von Gamm, Persönlichkeits- und Ehrverletzungen durch Massenmedien, S. 1.

I. Die Rolle der Massenmedien

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Sättigungsgrad an.10 Der hohen Verbreitung des Rundfunks entsprechend wird dieser in aller Regel ständig11 in irgendeiner Form genutzt, um sich zu informieren, zu unterhalten und zu orientieren.12 Diverse Umfragen belegten innerhalb der Gruppe der Massenmedien eine deutliche Priorität und Beliebtheit für das Medium Fernsehen.13 Dieses wird sowohl als das wichtigste als auch als das glaubwürdigste und authentischste Medium eingestuft14, weshalb Gebrauchswert und Alltagsnutzen bei diesem am höchsten sind15. Mit der Einführung des Fernsehens verlor der Hörfunk zunehmend an Bedeutung.16 Dennoch darf die verbleibende Bedeutung dieses Mediums nicht unterschätzt werden.

10 Meyen, Mediennutzung, S. 126, 144, nach dem knapp 99 Prozent der Deutschen in einem Haushalt mit Fernsehapparat und Radio leben; Hübner-Raddatz, Fernsehöffentlichkeit, S. 66; Kiefer, in: Mediengeschichte, S. 426 (440); Herrmann, Rundfunkrecht, § 2 RN 75; Wehmeier DRiZ 1982, 4 (8); nach Ratzke, Handbuch der neuen Medien, S. 344 war der Sättigungsgrad bereits 1984 erreicht; Buchwald, in: MedienEthik, S. 178 (180) spricht vom „. . . Medienwohlstand . . .“. 11 Nach einer Langzeitsudie des Werbevermarkters SevenOne Media nutzen die Deutschen die Medien über acht Stunden täglich (nach MZ vom 17. November 2004). 12 Die heutige Industriegesellschaft ist von immer abstrakteren, anonymeren und komplexeren sozialen Strukturen geprägt. Gerade deshalb werden gesellschaftliche und soziale Verhältnisse zunehmend undurchschaubar. Als Folge dessen ist eine steigende Orientierungslosigkeit der Bevölkerung und dementsprechend ein auf den Ausgleich dieser Orientierungsdefizite gerichtetes Interesse festzustellen. [Neben, Personenberichterstattung, S. 59; Nusser, Trivialliteratur, S. 134; Schack, in: Das Persönlichkeitsrecht, S. 113 (113)] Insbesondere der Rundfunk bietet eine solche Orientierungshilfe. 13 Zu den primär diskutierten Gründen für den Siegeszug des Fernsehens vgl. Meyen, Mediennutzung, S. 125 ff. 14 BVerfGE 35, 202 (229); BVerfG NJW 1980, 2072 (2073), BVerfG ZUM 2001, 220 (226); OLG München NJW 1986, 1260 (1261); m.w. N. Hackforth, Massenmedien, S. 73 f., 82 ff.; Schneider, Kriminologie, S. 716; Müller, Bildnisveröffentlichung, S. 51; Meyen, Mediennutzung, S. 125, 184 ff.; Jäckel, Medienwirkung, S. 155; Winter/Eckert, Mediengeschichte, S. 92; Bartels, Fernsehnachrichten im Wettbewerb, S. 7; Schmidt-Holz, in: Rundfunk und Fernsehen, S. 15 (16); Lüscher FS-Löffler, S. 233 (242); Geerds FS-Oehler, S. 423 (427); Pfetsch/Schmitt-Beck/Hofrichter, in: Medienwandel – Gesellschaftswandel, S. 289 (291); vgl. auch Silbermann/Zahn, Massenmedien, S. 433; auch Heinrich, Medienökonomie II, S. 417; Kerscher DRiZ 1983, 439 (439); Kortz AfP 1997, 443 (446); Bamberger ZUM 2001, 373 (374); Herrmann, Fernsehen und Hörfunk, S. 246; a. A. wohl Schmitz-Borchert, Medienmarkt und Medienorganisation, S. 226 („. . . Hörfunk die Spitzenposition in der Nutzung der Massenmedien . . .“). Dennoch bewerteten 1995 nur 20 Prozent der Zuschauer das Fernsehen als wahrheitsgemäß. (Heinrich, Medienökonomie II, S. 495; Meyen, Mediennutzung, S. 186, 193). 15 Schmidt-Holz, in: Rundfunk und Fernsehen, S. 15 (16); Heinrich, Medienökonomie II, S. 495. 16 Hackforth, Massenmedien, S. 85; Bernward/Maletzke/Müller-Sachse, Kultur und Medien, S. 108; Benda, in: Rechtsprobleme, S. 5 (6); Scherer, in: Medienwandel – Gesellschaftswandel, S. 245 (247); Halefeldt, in: Mediengeschichte der Bundesrepublik Deutschland, S. 211 (217 ff.).

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C. Bild- und Tonaufnahmen

Auf Grund der heutigen gesellschaftlichen und politischen Verhältnisse ist es dem Einzelnen nicht mehr möglich, sich ohne Inanspruchnahme der Massenmedien umfassend zu informieren. Damit avancierten diese zu den primären Informationsquellen der Bevölkerung.17 Die früher herrschende Dominanz der Zeitungen auf diesem Sektor ist zu Gunsten des Fernsehens verloren gegangen.18 Dominierend sind diesbezüglich die Nachrichtensendungen. Hierfür verantwortlich ist der durch die Kombination von visuellen und akustischen Eindrücken bewirkte Eindruck höherer Authentizität.19 Die visuelle Darstellung kommt dem Menschen entgegen, da dieser Bilder durch das Fernsehen dargeboten bekommt, während er sonst erst ein Bild vor seinem „inneren Auge“ kreieren müsste.20 Auf Grund ihrer Rechtsform wird den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanbietern ein fast schon amtlicher und damit besonders wahrheitsnaher Charakter zugesprochen.21 Allerdings ist eine Tendenz weg von einer informationsgewinnenden hin zu einer unterhaltungsorientierten Bedeutung des Rundfunks auszumachen. Von der Allgemeinheit werden zunehmend unterhaltende Beiträge verlangt.22 Dem kommt der Rundfunk nach.23 Diese zunehmende Unterhaltungsorientierung geht zwangsläufig zu Lasten der auf Informationsgewinnung abzielenden Nutzung.24 Eine Konsequenz dessen ist, dass sich der Rundfunk zunehmend zu einem „Nebenbei-“ beziehungsweise „Begleitmedium“ wandelt.25 Der Rundfunk 17

Wassermann DRiZ 1981, 92 (93); Dieckmann NJW 2001, 1451 (1452). BVerfGE 97, 228 (256); Frey ZUM 1998, 985 (985); Bamberger ZUM 2001, 373 (374); Beater AfP 2005, 133 (134); auch Mast, Medien und Alltag im Wandel, S. 134. 19 BVerfGE 91, 125 (135); 97, 228 (256); BVerfG JZ 1995, 295 (296); BGH NJW 2006, 603 (605); OLG München NJW 1986, 1260 (1261); Schneider, Kriminologie, S. 716 f.; Hackforth, Massenmedien, S. 143; Müller, Bildnisveröffentlichung, S. 51; Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 57 f., 209; Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 33; Heinrich, Medienökonomie II, S. 489; Meyn, Massenmedien, S. 194; Meyen, Mediennutzung, S. 141; Tettinger, in: Informationsrecht, Informationspflicht und Informationsstil, S. 62 (72); Lange FS-Löffler, S. 195 (213); Schmidt NJW 1980, 2066 (2067); Eberle CR 1996, 193 (194); Kirchhof DVBl. 1999, 637 (654); Janisch AnwBl. 51 (2001), 22; Bamberger ZUM 2001, 373 (374); Beater AfP 2005, 133 (133 f.). 20 Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 48 f. m.w. N. 21 Noelle-Neumann, Öffentlichkeit als Bedrohung, S. 84; Hackforth, Massenmedien, S. 143; Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 209. 22 Hoffmann-Riem M&K 2006, 95 (98). 23 Stock, Medienfreiheit, S. 227; Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 48; HoffmannRiem/Vesting MP 1994, 381 (390). 24 Kiefer, in: Mediengeschichte, S. 426 (443); relativierend Noelle-Neumann, in: Medienangebot und Mediennutzung, S. 89 (92); vgl. auch die Auswertung einer Studie bei Berens/Kiefer/Meder, MP 1997, 80 (80 ff.). 25 Eine Untersuchung von Media Control vom Anfang der 90er Jahre brachte zum Vorschein, dass nur 17,3% der Fernsehzuschauer ohne jede Nebenbeschäftigung fernsehen. (Nach Rosenbaum, in: Die Quote, S. 39 (41); ähnlich Altendorfer, Mediensystem, VII RN 5) Vgl. auch Neverla, Fernseh-Zeit, S. 178 ff.; Röhm, Tageszeitung und 18

I. Die Rolle der Massenmedien

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ist nach dem Verständnis der Bevölkerung heute also vordergründig ein Unterhaltungsmedium.26 Die Vorstellung vom informationssuchenden, unbedingt lernwilligen und zur Informationsaufnahme motivierten Zuschauer und Zuhörer muss demzufolge ad acta gelegt werden27, was vielfältige, hier noch nicht näher interessierende Konsequenzen hat. Hervorzuheben gilt es hier die heute offen zu Tage tretende enorme, ja nicht mehr hinwegzudenkende Stellung28 des Rundfunks im täglichen Leben der Bevölkerung. Vor allem wird das Fernsehen unterhaltungsorientiert genutzt, welches hierdurch die Stellung eines Leitmediums einnimmt.29 2. Funktionen der Massenmedien Die Massenmedien und so auch der Rundfunk in Form von Fernsehen und Hörfunk existieren nicht nur um ihrer selbst willen, sondern auch um der Gesellschaft zu dienen. Einer zutreffenden Charakterisierung des Bundesverfassungsgerichtes zufolge ist der Rundfunk eine „. . . Sache der Allgemeinheit (, die in) voller Unabhängigkeit überparteilich betrieben und von jeder Beeinflussung freigehalten werden muss . . .“30. Hiermit sind letztlich die Funktionen der Massenmedien angesprochen. Treten Rechte und Interessen Dritter mit denen der Medien in Konflikt, so erlangen diese Funktionen besondere Bedeutung. Da die Funktionen nämlich ausnahmslos zu Gunsten der Gesellschaft ausgerichtet sind, können diese zur Legitimierung der in Frage stehenden Verhaltensweisen herangezogen werden. Inwiefern das im Hinblick auf die Bild- und Tonaufnahmen aus dem Umfeld der strafgerichtlichen Hauptverhandlung möglich ist, soll hier jedoch noch nicht interessieren.31 a) Allgemeine Funktionen Hier sollen vielmehr die relevanten Funktionen der Massenmedien und so letztlich auch der Aufnahmen selbst aufgezeigt werden. Die folgenden, vielfältigen Funktionen, deren verfassungsrechtliche Grundlage Art. 5 Abs. 1 S. 2 Alt.

Neue Medien, S. 170; Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 47; Hoffmann-Riem M&K 2006, 95 (98). 26 Hoffmann-Riem M&K 2006, 95 (98). 27 Vgl. Hecker, „Medienmacht“ und Rezipientenfreiheit, S. 250 f.; a. A. Herrmann, Fernsehen und Hörfunk, S. 231. 28 BVerfGE 35, 202 (222). 29 BVerfGE 97, 228 (257) = NJW 1998, 1627 (1629) = DVBl. 1998, 393 (395); Siekmann/Duttge, Staatsrecht I, RN 476. 30 BVerfGE 31, 314 (327). 31 Dazu ab G. III.

48

C. Bild- und Tonaufnahmen

2 GG ist, gelten dabei in gleicher Weise für den öffentlich-rechtlich und den privatrechtlich strukturierten Rundfunkbereich.32 aa) Informierung der Bevölkerung und Meinungsbildung Die wohl bedeutendste Aufgabe der Medien ist die umfassende Grundinformierung der Bevölkerung.33 Dementsprechend haben die Massenmedien die Menschen nach deren Informationserwartungen34, es besteht ein unmittelbar soziales Bedürfnis nach aktueller Information und Überblickswissen35, zu informieren.36 Diese Aufgabe darf allerdings nicht überspannt werden. Da die Mas32 Folge der alliierten Besatzungsherrschaft nach dem Fall des Dritten Reiches war eine öffentlich-rechtlich strukturierte Rundfunkordnung. [Kutsch, in: Mediengeschichte der Bundesrepublik Deutschland, S. 59 (59 ff., 84 f.)] Bereits in den fünfziger Jahren wurde Stimmen laut, die die Einführung auch eines privaten Rundfunks forderten. (Vgl. nur Altendorfer, Mediensystem, IV 1 ff.) Hinzu kamen die technische Entwicklung und der Umstand, dass sich der kommerzielle Rundfunk im internationalen Umfeld etablierte. [Steinmetz, in: Mediengeschichte der Bundesrepublik Deutschland, S. 167 (179); Wilke, in: Markt – Macht – Medien, S. 17 (17 f.); Stammler ZUM 1995, 104 (104)] Daraufhin wurde privater Rundfunk 1984, offiziell erst einmal testweise, zugelassen. [Bartels, Fernsehnachrichten im Wettbewerb, S. 2; Altendorfer, Mediensystem, II RN 37; Bourgeois, in: Rundfunkpolitik in Deutschland, Band 1, S. 436 (437); zum politischen Prozess der Zulassung privaten Rundfunks ausführlich Schwarzkopf, in: Rundfunkpolitik in Deutschland, Band 1, S. 29 (29 ff.); Ring, in: Rechtsprobleme, S. 35 (36); zu den für die Zulassung des privaten Rundfunks außerordentlich wichtigen Urteilen des BVerfG (die sog. Rundfunkurteile) vgl. statt vieler Hoffmann-Riem, in: Medienwandel – Gesellschaftswandel, S. 1 (1 ff.)] Erst im April 1987 konnte der „Staatsvertrag zur Neuordnung des Rundfunkwesens“ in Kraft treten. Mit diesem wurde die heute existierende duale Rundfunkordnung, also das Nebeneinander von öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunk, festgeschrieben. [Paschke, Medienrecht, RNn 52 f.; Diller, in: Mediengeschichte, S. 146 (164)]. 33 BVerfGE 31, 314 (326); 35, 202 (222); 57, 295 (319); 73, 118 (158); OLG Braunschweig NJW 1975, 651 (652); Hagen, Informationsqualität, S. 43; Libertus, Grundversorgungsauftrag und Funktionsgarantie, S. 5; Helle, Schutz der Persönlichkeit, S. 158; Ronneberger, Legitimation durch Information, S. 7; Badura, in: Rundfunk und Fernsehen, S. 35 (42); Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 38; Stock, Medienfreiheit, S. 229; Pfetsch/Schmitt-Beck/Hofrichter, in: Medienwandel – Gesellschaftswandel, S. 289 (290); Leiling, in: Persönlichkeitsschutz und Meinungsfreiheit, S. 26 (27); Branahl, in: Medien-Ethik, S. 224 (231); Ulsamer FS-Jauch, S. 221 (222); Fuhr FSArmbruster, S. 117 (117); Stürner JZ 1995, 297 (298); Zuck DRiZ 1997, 23 (27); Diesbach ZUM 1998, 554 (557); Schneider-Freyermuth ZUM 2000, 564 (565); Gersdorf ZUM 2002, 106 (110); auf Politik bezogen Rucht, in: Medienwandel – Gesellschaftswandel, S. 161 (165 f.); vgl. auch Hecker, „Medienmacht“ und Rezipientenfreiheit, S. 55 f., 289; Meyen, Mediennutzung, S. 101, der dem Begriff der „Information“ aber skeptisch gegenüber steht und deshalb von der Mitteilung von Überblickswissen redet. 34 Information stellt ein menschliches Grundbedürfnis dar. Vgl. Doebler-Tobler, in: Medien-Ethik, S. 294 (294). 35 Meyen, Mediennutzung, S. 138; Fuhr FS-Armbruster, S. 117 (123). 36 Hagen, Informationsqualität, S. 43 f.; Stock, Medienfreiheit, S. 227; Neben, Personenberichterstattung, S. 104; Gronau, Persönlichkeitsrecht und Medienfreiheit,

I. Die Rolle der Massenmedien

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senmedien auf Grund der begrenzten Sendezeiten nicht über alles und jeden informieren können und auch die Bevölkerung kein entsprechendes Interesse aufweist, ist eine Selektion der Sendeinhalte unumgänglich. Auch diese Auswahl, die den Anforderungen einer grundlegenden Informierung der Bevölkerung genügen muss, ist eine an die Informationsfunktion gekoppelte Aufgabe der Medien.37 Damit nehmen die Medien eine Art Filterfunktion wahr. Wichtige werden von (vermeintlich) unwichtigen Informationen getrennt.38 Mit der Informationsfunktion der Massenmedien ist eine weitere Funktion eng verwoben. Da die öffentliche Meinungsbildung Wissen, also Informationen voraussetzt39, ist die Aufgabe der Massenmedien, die Bevölkerung zu informieren, letztlich nichts anderes als die Aufgabe, öffentliche Meinungsbildung zu ermöglichen beziehungsweise zu fördern.40 Es sind so zu einem erheblichen Teil die Massenmedien, welche die informationellen Grundlagen für den kommunikativen Austausch im zwischenmenschlichen Bereich ermöglichen sollen. bb) Ermöglichung und Stabilisierung von Demokratie Demokratie im heutige Sinn, als Verfassungsprinzip in Art. 20 Abs. 1 und 2 GG niedergelegt, liegt vor, wenn die Staatsgewalt auf das Volk zurückgeht.41 Hierzu muss das Volk Personen oder Institutionen zur Ausübung von Staatsgewalt für das Volk legitimieren. Sinnvoll verwirklicht werden kann dies aber nur dann, wenn dieser Legitimation Informationen und eine auf diesen aufbauende öffentliche Meinung zu Grunde liegen.42 Da beide Voraussetzungen auch und insbesondere durch die Massenmedien erfüllt werden, kommt ihnen auch für die Demokratie eine wichtige Rolle zu. Dies führt zu einer essentiellen Funktion der Massenmedien und so auch des Rundfunks für die demokratische Ordnung.43 Insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Massenmedien die primäS. 226; Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 66; Fechner, Medienrecht, RN 33; Bussmann JR 1955, 202 (202); Degenhart JuS 1992, 361 (364). 37 Herrmann, Fernsehen und Hörfunk, S. 226; Herrmann, Rundfunkrecht, § 2 RN 91; Schumacher, Programmauflagen, S. 26; Schmidt-Holz, in: Rundfunk und Fernsehen, S. 15 (17). 38 So zum Beispiel Schäuble FS-Mahrenholz, S. 231 (233); angedeutet BVerfGE 12, 205 (260); 59, 231 (258). 39 Fechner/Popp AfP 2006, 213 (214). 40 BVerfGE 12, 205 (260); 31, 314 (326); 35, 202 (222); 57, 295 (319); 73, 118 (158); Helle, Schutz der Persönlichkeit, S. 163; Preuss-Neudorf, Grundversorgung, S. 52 f.; Rotsch, Schutz der journalistischen Recherche im Strafprozessrecht, S. 35. 41 BVerfGE 47, 253 (275); 83, 60 (71 f.); 93, 37 (66); Dreier II/Dreier, Art 20 (Demokratie) RN 87; Sachs/Sachs, Art. 20 RN 12; Jarass/Pieroth/Pieroth, Art. 20 RN 9 f.; Degenhart, Staatsrecht I, RN 23; Bleckmann, Staatsrecht I, RN 338; Dreier Jura 1997, 249 (250). 42 BVerfGE 50, 234 (240); Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 12; Dreier Jura 1997, 249 (256).

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C. Bild- und Tonaufnahmen

ren Informationsquellen der Bevölkerung sind, wird deutlich, dass erst durch diese Medien eine der Intention entsprechende Demokratie ermöglicht beziehungsweise stabilisiert wird. cc) Ermöglichung gesellschaftlicher Kommunikation Nicht nur eine funktionierende Demokratie, sondern auch der gesellschaftliche, freiheitliche Kommunikationsprozess44 als solcher setzt ein Minimum an Informationen voraus. Mangelnde Kommunikation ist daher Folge fehlender Kommunikationssubstanz45 in Form von Informationen. Eine funktionierende Kommunikation ist ein wesentlicher Faktor für den gesellschaftlichen Zusammenhalt.46 Diesen Zusammenhalt zu festigen beziehungsweise überhaupt zu ermöglichen ist eine weitere, mit der Aufgabe zur grundlegenden Informierung der Bevölkerung eng zusammenhängende47 Funktion der Massenmedien.48 dd) Kontrolle des Staates Eine funktionierende Demokratie bedingt Kontrolle der Staatsgewalt durch das Volk. Hierzu ist es erforderlich, das staatliche Handeln transparent zu machen, das Volk also hierüber zu informieren. Unweigerlich treten deshalb wieder die Massenmedien als primäre Informationsquelle auf den Plan. Indem sie über politisches Geschehen und staatliches Handeln informieren, soll eine staatliche Kontrolle ermöglicht werden. Sämtlichen Massenmedien obliegt so eine für die Demokratie wesentliche49 Kontrollfunktion.50 Die Medien sollen Missstände aufdecken und über diese kritisch berichten. Es sind die Medien, die für 43 BVerfGE 35, 202 (222); 73, 118 (157); BVerfG JZ 1995, 295 (296); Helle, Schutz der Persönlichkeit, S. 158; Zschiedrich, Informationsanspruch, S. 59, 114; Badura, in: Rundfunk und Fernsehen, S. 35 (43); Prinz FS-Engelschall, S. 243 (247); Kohl FS-Löffler, S. 127 (133); Koebel JZ 1966, 389 (289); Frey ZUM 1998, 985 (985); Bamberger ZUM 2001, 373 (374). 44 Unter diesem nicht einfach zu definierenden Begriff versteht Scholz AfP 1995, 357 (359) die „. . . Summe aller interindividualen Sinnvermittlungsprozesse, innerhalb derer sich Meinung bildet, Meinungen und Informationen geäußert und verbreitet werden und in dessen Mittelpunkt naturgemäß der einzelne Bürger und seine freiheitliche Meinungsbildung stehen . . .“. 45 Badura, in: Rundfunk und Fernsehen, S. 35 (41); Schmidt-Holz, in: Rundfunk und Fernsehen, S. 15 (19). 46 Vgl. Jahns, Verletzung von Persönlichkeitsrechten, S. 108; Libertus, Grundversorgungsauftrag und Funktionsgarantie, S. 92; Kuß, Öffentlichkeitsmaxime, S. 68; Schmidt-Holz, in: Rundfunk und Fernsehen, S. 15 (19); Abele/Stein-Hilbers KrimJ 10 (1978), 161 (162 f.); Bamberger ZUM 2001, 373 (374). 47 Vgl. Baumann, Bild des Opfers, S. 4 f.; Zschiedrich, Informationsanspruch, S. 46; Großmann, Medienrezeption, S. 151; Simgen FS-Wassermann, S. 531 (534). 48 Bernward/Maletzke/Müller-Sachse, Kultur und Medien, S. 5; Jarass ZHR 146 (1982), 166 (168); in diese Richtung auch Zschiedrich, Informationsanspruch, S. 44 ff.

I. Die Rolle der Massenmedien

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die notwendige Transparenz staatlichen Handelns zu sorgen haben. In dieser Hinsicht fungieren sie letztlich als Bindeglieder zwischen Staat und Volk.51 Die bislang dargestellten Funktionen lassen sich unter der Bezeichnung der informierenden Funktionen zusammenfassen, da diese Funktionen auf vermittelten Informationen aufbauen. Teilweise werden sie auch als die politischen Funktionen der Massenmedien bezeichnet.52 ee) Unterhaltung und Ablenkung der Allgemeinheit Auch abseits der Informationsvermittlung erfüllen die Massenmedien wichtige Aufgaben im Hinblick auf die gesamte Gesellschaft. Die Bevölkerung sucht zunehmend Unterhaltung und Zerstreuung in den Medien, speziell im Rundfunk.53 Gerade die Unterhaltung nimmt wichtige Funktionen innerhalb der Gesellschaft wahr.54 Diese Interessen greifen die Massenmedien auf und unterhalten die Bevölkerung.55 Gerade diese Unterhaltung, das wird häufig vernachlässigt, ist eine weitere Funktion der Massenmedien.56 Deshalb gilt es einem 49 BVerfGE 70, 324 (358); Dreier II/Dreier, Art. 20 (Demokratie) RN 83; Jarass/ Pieroth/Pieroth, Art. 20 RN 11; Soehring, Das Recht der journalistischen Praxis, RNn 2.9, 13.134; Bleckmann, Staatsrecht I, RN 339; Dreier Jura 1997, 249 (256). 50 BVerfGE 35, 202 (222); Rotsch, Schutz der journalistischen Recherche im Strafprozessrecht, S. 35; Gronau, Persönlichkeitsrecht und Medienfreiheit, S. 225; Fechner, Medienrecht, RN 26; Ulsamer FS-Jauch, S. 221 (222). Huff NJW 2004, 403 (403) spricht insoweit von einer Mediendemokratie. 51 BVerfGE 20, 162 (175), allerdings auf die Presse bezogen; Bamberger ZUM 2001, 373 (374). 52 Meyn, Massenmedien, S. 345; vgl. auch Bartels, Fernsehnachrichten im Wettbewerb, S. 7. 53 Für den Rundfunk: Preuss-Neudorf, Grundversorgung und Wettbewerb im dualen Rundfunksystem, S. 122 FN 91; Giehl, Der Wettbewerb zwischen öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunkveranstaltern, S. 36; Heinrich, Medienökonomie II, S. 503; Schmidt-Holz, in: Rundfunk und Fernsehen, S. 15 (17); Lange, in: Fernsehen, Wahrnehmungswelt, Programmsituation und Marktkonkurrenz, S. 289 (296); Doelker, in: Medien-Ethik, S. 316 (317); Gounalakis FrG-Kübler, S. 173 (174); Buchwald, in: Rundfunkpolitik in Deutschland, Band 2, S. 615 (616); Seufert, in: Medienwandel – Gesellschaftswandel, S. 117 (128); Hasebrink, in: Medienwandel – Gesellschaftswandel, S. 265 (276 f.); Erdsiek NJW 1960, 1048 (1050); Smaus KrimJ 10 (1978), 187 (197); Faul RuF 1989, 25 (25 ff.). 54 So wird vom Arbeitsalltag abgelenkt und zudem Kommunikationsstoff geboten. Vgl. BVerfGE 101, 361 (390); Fechner, Medienrecht, RN 38; vorsichtiger Krüger, Massenmedien, S. 64; Gersdorf ZUM 2002, 106 (109 f.). 55 Meyen, Mediennutzung, S. 89; Krüger, Massenmedien, S. 64. 56 BVerfGE 12, 205 (260); 35, 202 (222); 59, 231 (258); 73, 118 (158); BVerfG NJW 2000, 1859 (1861); Libertus, Grundversorgungsauftrag und Funktionsgarantie, S. 91; Hecker, „Medienmacht“ und Rezipientenfreiheit, S. 20 FN 54; Kuß, Öffentlichkeitsmaxime, S. 68; Stock, Medienfreiheit, S. 227; Fechner, Medienrecht, RN 38; vgl. auch Neben, Personenberichterstattung, S. 55; Branahl, in: Medien-Ethik, S. 224 (231); Rüping FS-Dünnebier, S. 391 (396); Schmidt-Holz, in: Rundfunk und Fernse-

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C. Bild- und Tonaufnahmen

ausschließlich negativen Verständnis von unterhaltenden Massenmedien wie dem Rundfunk entgegenzuwirken.57 ff) Faktor des kulturellen Geschehens Schließlich ist mit der Unterhaltungsfunktion die kulturelle Dimension der Massenmedien eng verbunden. Indem sie diverse kulturelle Leistungen an die Allgemeinheit erbringen, sind auch die Rundfunkanbieter wesentliche Faktoren des kulturelle Geschehens.58 Dem Rundfunk obliegt daher eine kulturfördernde Funktion, also ein Kulturauftrag.59 Diesbezüglich wird von den Massenmedien als Spiegel, Vermittler und Produzenten von Kultur gesprochen.60 Vor allem für den Bereich des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist die Kulturfunktion von Relevanz.61 b) Sonderrolle des öffentlich-rechtlichen Rundfunks Dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk sind im Vergleich zum privaten Rundfunk auf Grund seiner besonderen Stellung auch besondere Funktionen zuzuschreiben. So besteht für ihn die Grundaufgabe, politische Ausgewogenheit, inhaltliche Vielfalt und flächendeckende Versorgung zu sichern.62 Der öffentliche Rundfunk soll also den gesellschaftlichen Zusammenhalt fördern (Integrationsfunktion), alle Stimmen der Gesellschaft zu Wort kommen lassen (Forumsfunktion), Sendungen bringen, die im gesellschaftlichen Interesse stehen und bei alleiniger Betrachtung der wirtschaftlichen Seite nicht gesendet worden wären, hen, S. 15 (17) spricht sogar von einer „. . . zentrale(n) Aufgabe . . .“; zustimmend, aber mit kritischen Bemerkungen Krüger, Massenmedien, S. 25 ff.; a. A. Hecker, „Medienmacht“ und Rezipientenfreiheit, S. 20. 57 Zum geschichtlichen Prozess der Abwertung des Begriffs der Unterhaltung Meyen, Mediennutzung, S. 89 ff. 58 BVerfGE 73, 118 ( 157 f.); 74, 297 (324); Libertus, Grundversorgungsauftrag und Funktionsgarantie, S. 4 f., 82 ff., 92 f.; Bernward/Maletzke/Müller-Sachse, Kultur und Medien, S. 278 f.; Giehl, Der Wettbewerb zwischen öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunkveranstaltern, S. 57. 59 Bernward/Maletzke/Müller-Sachse, Kultur und Medien, S. 25 ff., 73, 377; Fechner, Medienrecht, RN 30; Bosman, Rundfunkfreiheit und Programmgrundsätze, S. 152; Branahl, in: Medien-Ethik, S. 224 (231); letztlich auch Stock, Medienfreiheit, S. 227. 60 Holzamer, in: Medien zwischen Kultur und Kult, S. 55 (56 ff.); ähnlich Bernward/Maletzke/Müller-Sachse, Kultur und Medien, S. 376. 61 Diesem nämlich ist es im Vergleich zum privaten Rundfunk einfacher möglich ein breites Spektrum an Kultur abzudecken. Vgl. dazu Bernward/Maletzke/MüllerSachse, Kultur und Medien, S. 16, 379. 62 BVerfGE 73, 118 (157 f.); 74, 297 (325 f.); Giehl, Der Wettbewerb zwischen öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunkveranstaltern, S. 20; Ricker/Schiwy, Rundfunkverfassungsrecht, B RNn 138 f.; Leister, in: Rundfunk und Fernsehen, S. 45 (46); Bethge ZUM 1996, 456 (469).

I. Die Rolle der Massenmedien

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sowie Qualitätsstandards setzen (Vorbildfunktion).63 Diese Funktionen werden auch unter der Bezeichnung der Grundversorgungsaufgabe geführt.64 Der Begriff der Grundversorgung entzieht sich zwar einer starren Definition65, kann aber als die Versorgung mit Programmen, die dem klassischen Rundfunkauftrag entsprechen, umrissen werden.66 Geprägt wird dieser klassische Auftrag von der Aufgabentrias67 Information, Bildung und Unterhaltung68, die sich aus den einzelnen Rundfunkgesetzen, Staatsverträgen und Satzungen ergibt. Den privaten Anbietern ist es auf Grund ökonomischer Zwänge weder möglich noch zumutbar, diese drei Aufgaben ebenso umfassend zu erfüllen, wie es vom öffentlichrechtlichen Rundfunk verlangt wird.69 Dennoch tragen auch die privaten Rundfunkunternehmen zur Grundversorgung bei.70

63 Bullinger FS-Leisner, S. 885 (886), der auch zu den bestehenden Gefahren für die Funktionen Stellung nimmt; Gersdorf, Grundzüge des Rundfunkrechts, RN 305; Hecker, „Medienmacht“ und Rezipientenfreiheit, S. 208 ff. 64 BVerfGE 73, 118 (155 f.); 74, 297 (324); 83, 238 (311); 87, 181 (187); 93, 238 (296 f.); BK/Degenhart, Art. 5 RN 640; Preuss-Neudorf, Grundversorgung und Wettbewerb im dualen Rundfunksystem, S. 79 ff.; Hesse, Rundfunkrecht, 4. Kap. RN 5; Oppermann/Kilian, Rechtsgrundsätze der Finanzierung öffentlich-rechtlichen Rundfunks in der dualen Rundfunkverfassung der Bundesrepublik, S. 32; Badura, Rundfunk und Fernsehen, S. 35 (39 f.); Badura JA 1987, 180 (186); Starck NJW 1992, 3257 (3257 ff.); Kresse ZUM 1995, 178 (180); Bethge ZUM 1996, 456 (466 ff.); ausführlich zum Ganzen; Libertus, Grundversorgungsauftrag und Funktionsgarantie, S. 28 ff.; Ricker/Schiwy, Rundfunkverfassungsrecht, F RN 14 ff. und Niepella, Grundversorgung, S. 33 ff. 65 Das BVerfGE 74, 297 (325 f.) nimmt gerade keinen Bezug zur Rechtsform des Senders. Vgl. Heinze, Fernsehen, S. 24; Benda, in: Rechtsprobleme, S. 5 (11, 13). 66 BVerfGE 73, 118 (158); 74, 297 (324 ff.); 87, 181 (199); Altendorfer, Mediensystem, II RN 10; Hecker, „Medienmacht“ und Rezipientenfreiheit, S. 285; Heinze, Fernsehen, S. 24; Herrmann, Rundfunkrecht, § 10 RN 34. 67 Vgl. im Einzelnen zu jedem der drei Aufträge m.w. N. Libertus, Grundversorgungsauftrag und Funktionsgarantie, S. 90 ff. 68 Vgl. BVerfGE 73, 118 (158); 74, 297 (324); Hesse, Rundfunkrecht, 4. Kap. RN 26; Stock, Landesmedienrecht im Wandel, S. 44; Herrmann, Rundfunkrecht, § 2 RN 36; Schumacher, Programmauflagen, S. 23; Hoffmann-Riem, in: Medienwandel – Gesellschaftswandel, S. 17 (26). 69 Heinze, Fernsehen, S. 24; Benda, in: Rechtsprobleme, S. 5 (11 f.). 70 Im Grundsatz gibt es zwei Lager, die das Verhältnis von öffentlich-rechtlichem und privatrechtlichem Rundfunk unterschiedlich beurteilen. Nach einer Ansicht sind sie derart verklammert, dass die Grundversorgung durch den öffentlichen Rundfunk Bedingung für die Existenz des privaten Rundfunks ist [so Berg AfP 1987, 457 (459); Bethge ZUM 1987, 199 (202)]. Die Gegenansicht verneint eine einseitige Abhängigkeit und geht vielmehr von einem System aus, in dem sich die Grundversorgung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und die Versorgung durch den privaten Rundfunk gegenseitig ergänzen [so Schmitt Glaeser DÖV 1987, 837 (839)].

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C. Bild- und Tonaufnahmen

3. Allgemeine Wirkungen der Massenmedien Wenn es um Bild- und Tonaufnahmen aus dem Umfeld der strafgerichtlichen Hauptverhandlung geht, kommt man, da mittels Rundfunk verbreitet, nicht umher auch die allgemeinen Medienwirkungen, soweit diese für das hier verfolgte Thema von Bedeutung sind, in die Betrachtungen einzubeziehen. Diese betreffen auch die hier interessierenden Gerichtsberichterstattungen. Die Medienwirkungen einzubeziehen ist nicht, wie es Vietmeyer71 kritisiert, eine übermäßig stark mit emotionalen Argumenten und Spekulationen versehene Betrachtung der Thematik. Dazu sind die Ergebnisse der medienorientierten Wirkungsforschung zu weit fortgeschritten. Von Spekulationen kann längst nicht mehr gesprochen werden. Insofern handelt es sich nicht um Emotionen, sondern um Fakten72. Der Darstellung der Medienwirkungen sei vorangestellt, dass dem Fernsehen als dem Medium mit den meisten zur Verfügung stehenden publizistischen Mitteln73 der höchste Wirkungsgrad unter den Medien zuzusprechen ist. Insbesondere die Intensität des optischen Eindrucks, kombiniert mit Ton ist hierfür verantwortlich.74 Aber auch die außerordentliche Reichweite des Fernsehens spielt hier hinein.75 Das Fernsehen nimmt so, nicht zuletzt auf Grund der nicht zu unterschätzenden Suggestivwirkungen76, eine Sonderstellung ein.77 Das Bundesverfassungsgericht stellt diesbezüglich fest, dass der Rundfunk „. . . nicht zuletzt infolge der Entwicklung der Fernsehtechnik, zu einem der mächtigsten Kommunikationsmittel und Massenmedien geworden . . .“78 ist. Bis heute fehlt 71

Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 4. Diese sollen nach Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 4 teilweise jeglicher Grundlage entbehren. 73 Es wird insofern von einer Konzentration der publizistischen Mittel gesprochen. Vgl. Siegert NJW 1963, 1953 (1954); auch der BGH JZ 1967, 317 (318) stellte die Besonderheit des Fernsehens dahingehend fest, dass dieses Medium Wort und Bild untrennbar verbinde. 74 BVerfGE 35, 202 (227); BGH NJW 1966, 2353 (2354); OLG Koblenz NJW 1973, 251 (253); Gronau, Persönlichkeitsrecht und Medienfreiheit, S. 224; Hubmann JZ 1957, 521 (527). 75 BVerfGE 35, 202 (231); 91, 125 (135); OLG Koblenz NJW 1973, 251 (254); Lampe NJW 1973, 217 (220); kritisch gegenüber einem Abstellen auf die abstrakte Reichweite des Fernsehens Gronau, Persönlichkeitsrecht und Medienfreiheit, S. 198 f. – abzustellen sei danach vielmehr auf den jeweiligen Einzelfall. Das aber kann nicht überzeugen, da die Abwägung dann letztlich von der jeweils erreichten Einschaltquote abhängig wäre. 76 BVerfG NJW 2000, 1859 (1860); Schumacher, Programmauflagen, S. 131; Jarass, in: Verfassungsrecht, S. 59 (68); Widmaier NJW 2004, 399 (400); Beater AfP 2005, 133 (134); a. A. für die jüngeren Generationen Stammler ZUM 1995, 104 (107), der darauf verweist, dass sich die Zuschauer und Zuhörer durch den Wechsel zwischen den verschiedenen Programmen derartigen Wirkungen zu entziehen wissen. 77 So auch BVerfGE 35, 202 (227); Hubmann JZ 1957, 521 (527). Gelegentlich wird auf den Multiplikationseffekt beim Fernsehen hingewiesen Herrmann, Fernsehen und Rundfunk, S. 224; Herrmann, Rundfunkrecht, § 2 RN 88. 72

I. Die Rolle der Massenmedien

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es an einer Definition und umfassenden Klärung des Begriffs der Medienwirkung und dessen Inhalt.79 Das verwundert nicht, da die Wirkungen der Massenmedien, jedes Medium ist dabei für sich zu betrachten, erst über einen komplizierten Prozess, an dem zahlreiche, sich gegenseitig beeinflussende Faktoren beteiligt sind, zu Stande kommen.80 Die wohl bedeutendste Wirkung insbesondere des Rundfunks ist die für die öffentliche Meinungsbildung. Rundfunk ist diesbezüglich Faktor und Medium.81 Die über den Rundfunk erfolgende Meinungsbildung kann sich auf zwei Wegen vollziehen. Nach dem ersten würden die Medien nur Denkanstöße für Interpretation, Vertiefung, Vergleich und Abgleich der dargebotenen Informationen geben. Die Zuschauer und Zuhörer würden die Schlussfolgerungen dann selbst ziehen und ihren Standpunkt primär selbst finden. Die andere Möglichkeit ist die, dass die in den Medien publizierten Haltungen übernommen werden, ohne darüber nachzudenken.82 Je unkritischer mit dem Rundfunk umgegangen wird, desto abhängiger wird der Empfänger vom Rundfunk83 und desto mehr ist es der Rundfunk, der die öffentliche Meinung prägt.84 Die Wirkungen der Massenmedien für die öffentliche Meinungsbildung sind also umso größer, je mehr die Informationen schon auf der Medienebene interpretiert werden.85 Da sich eine 78

BVerfGE 31, 314 (325). Dazu statt vieler Bommert/Weich/Dirksmeier, Rezipientenpersönlichkeit und Medienwirkung, S. 1 ff. m.w. N.; auch Herrmann, Rundfunkrecht, § 2 RN 81; Rupp FSSchneider, S. 447 (459); ausführlich zu nahezu allen früher vertretenen Ansätzen die Wirkung von Medien betreffend bei Hackforth, Massenmedien, S. 7 ff. und Scherer, Gerichtsöffentlichkeit, S. 47 ff. 80 Vgl. zu Entwicklung und Erkenntnissen der sich mit dieser Thematik beschäftigenden Kommunikationsforschung Hecker, „Medienmacht“ und Rezipientenfreiheit, S. 127 ff. 81 BVerfGE 12, 113 (125); 12, 205 (260); 31, 314 (325); 35, 202 (222); 50, 234 (239); 57, 295 (319 f.); 83, 295 (296); Silbermann/Zahn, Massenmedien, S. 243; Giehl, Wettbewerb, S. 56; Libertus, Grundversorgungsauftrag und Funktionsgarantie, S. 9 f., 26; Neben, Personenberichterstattung, S. 103, 116; Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 206; Kübler, Massenmedien, S. 32 f.; Schumacher, Programmauflagen, S. 21, 24 f.; Helle, Schutz der Persönlichkeit, S. 159; Krüger, Massenmedien, S. 6 f., 61; Hünig, Schutz des Beschuldigten, S. 46; Zschiedrich, Informationsanspruch, S. 59; Tettinger, in: Rundfunk und Fernsehen, S. 35 (37); Hesse, Rundfunkrecht, 2. Kap. RN 33; Paschke, Medienrecht, RN 18; Pohl, in: Das Persönlichkeitsrecht, S. 25 (28); Leiling, in: Persönlichkeitsschutz und Meinungsfreiheit, S. 26 (27); Ebke/Scheel, in: Rechtsprobleme, S. 57 (58); Koebel UFITA 38 (1962), 1 (9); Klein Der Staat 20 (1981), 177 (192); Koebel JZ 1966, 389 (389); Stammler ZUM 1995, 104 (107); Bethge AfP 1999, 309 (314 f.); Janisch AnwBl. 51 (2001), 22; Bamberger ZUM 2001, 373 (374); Bethge DÖV 2002, 673 (677); Gersdorf ZUM 2002, 106 (108). 82 Darauf verweist Siegert NJW 1963, 1953 (1954) ausdrücklich: „. . . sind wir des eigenen Nachdenkens enthoben. So wird der Massen- und Einheitsmensch gebildet . . .“. 83 Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 210. 84 Zur Definition und den damit zusammenhängenden Schwierigkeiten Herrmann, Fernsehen und Hörfunk, S. 218 ff. m.w. N. 79

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C. Bild- und Tonaufnahmen

zunehmend unkritische Haltung der Allgemeinheit gegenüber dem medial präsentierten Informationen beobachten lässt86, also der zweite Weg beschritten wird, muss von einer enormen Wirkung der Massenmedien auf die öffentliche Meinungsbildung ausgegangen werden. In diesem Zusammenhang verdienen zwei Umstände besondere Beachtung. Über Forschungen kam erstens zu Tage, dass sich die Meinungen über Personen, insbesondere soweit sie fremd87 sind, leichter und stärker formen lassen, als die über Sachfragen.88 Die eigene, primär sachbezogene Grundeinstellung nämlich muss dann nicht verändert werden, wenn Darstellungen von Personen übernommen werden. Zweitens ergaben kommunikationswissenschaftliche Studien, dass Informationen in den Massenmedien nur dann wirklich meinungsbildend wirken, wenn sie auf Rezipienten treffen, die über das jeweils angesprochene Thema entweder keine beziehungsweise kaum Kenntnisse oder keine wirklichen Einstellungen haben.89 Somit kommt dem jeweiligen Vorwissen, dass eine kritische Auseinandersetzung mit medialen Informationen zum großen Teil erst ermöglicht, erhebliche Bedeutung zu. Bei aller Informationsorientierung darf dabei nicht übersehen werden, dass auch rein unterhaltende Beiträge die öffentliche Meinungsbildung beeinflussen90, die Art des jeweiligen Beitrages also nur von untergeordneter Bedeutung ist, wenn es um die öffentliche Meinungsbildung geht. Der Schwerpunkt aber liegt auf den von den Massenmedien publizierten Informationen. Eng verwoben mit dem Einfluss auf die Meinungsbildung ist der Einfluss auf den Bildungsstand der Bevölkerung. Da die Massenmedien die vorrangigen Informationsquellen sind, bestimmen sie den Bildungsstand der Allgemeinheit mit.91 Das sogenannte Alltagswissen wird zum überwiegenden Teil von den Massenmedien geprägt. Das bedeutet nichts anderes, als dass es in hohem Maße die Massenmedien sind, welche die von den Zuschauern und Zuhörern empfundene Realität formen.92 Dies erfolgt in zwei Stufen. Auf der ersten93 wird die wirkliche Realität durch die Massenmedien in eine Medienrealität 85 Silbermann/Zahn, Massenmedien, S. 383; in diese Richtung auch BGHZ 31, 308 (318). 86 Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 246; Krüger, Massenmedien, S. 8, 10 f. 87 Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 213 m.w. N. 88 Noelle-Neumann, Öffentlichkeit als Bedrohung, S. 64, 123; Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 213; Meyn, Massenmedien, S. 301. 89 M. w. N. Franke, Bildberichterstattung, S. 78 f.; Hagen, Informationsqualität, S. 97; Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 210. 90 Vgl. Herrmann, Fernsehen und Hörfunk, S. 220; Arndt JZ 1965, 337 (339). 91 Fechner, Medienrecht, RN 31. 92 Winter/Eckert, Mediengeschichte, S. 96; Stark, Ehrenschutz in Deutschland, S. 86 ff.; Hübner-Raddatz, Fernsehöffentlichkeit, S. 67; Behr, Der Sensationsprozess, S. 254; van der Broeck, Kriminalität, S. 120; Riklin, in: Stigmatisierung, S. 129 (132); angedeutet bei Herrmann, Fernsehen und Hörfunk, S. 225, 232.

I. Die Rolle der Massenmedien

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überführt, die dann auf der zweiten Stufe94 zur Publikumsrealität wird und das dort vorhandene Wissen beeinflusst.95 Nur an dem zweiten Schritt sind Zuschauer und Zuhörer beteiligt. Über diesen Prozess sind den Medien als wichtige Elemente des gesellschaftlichen Kommunikationsprozesses96 gesellschaftsfördernde, kulturelle und politische Wirkungen zuzusprechen.97 Aus der Tatsache heraus, dass die über die Massenmedien vermittelte Realität mehr oder weniger nur eine konstruierte ist, wird sichtbar, dass die wirkliche Realität nicht in neutraler und objektiver Form beim Zuschauer und Zuhörer ankommt. Diese informationsgebende Wirkung der Medien leidet so unter Abstrichen bei der Neutralität der Präsentation. Schon der Prozess der Aufnahme selbst und die Verarbeitung zu einem Bericht geben, wenn auch begrenzt, die Wirkungsrichtung vor. So besitzen Kameraperspektiven, Einstellungsgrößen und Schnittfolgen einen zum Teil erheblichen Einfluss auf die Auffälligkeit und wahrgenommene Tendenz der Darstellung sowie auf die Wahrnehmung der dargestellten Personen.98 Hierin liegt die Gefahr von subjektiv vorgefärbten Berichterstattungen. Hinzu kommt, dass Menschen dazu neigen, verstärkt solche Aussagen wahr- und so erst zur Kenntnis zu nehmen, die mit ihren Einstellungen übereinstimmen. Der einzelne Mensch strebt nach Stabilität seiner Grundhaltung, weshalb er sich vorrangig Informationen aussuchen wird, welche die bestehende Haltung, Meinung und Anschauung bestätigen oder verstärken. Dieser Effekt wird als selektive Wahrnehmung umschrieben.99 Damit haben die Massenmedien also auch100 eine Verstärkerwirkung, was die schon vorhandenen

93 Zur Beziehung Realität – Medienrealität: Früh, Realitätsvermittlung, S. 56 ff.; Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 44; Fuhr FS-Armbruster, S. 117 (129 f.). 94 Zur Beziehung Medienrealität – Publikumsrealität: Früh, Realitätsvermittlung, S. 58 ff. 95 Früh, Realitätsvermittlung, S. 16; zum Ganzen unter Verwendung einer anderen Terminologie Kepplinger, Darstellungseffekte, S. 1 f. Die Möglichkeit der Beeinflussung der Massen ist aber keine neuere Erkenntnis. Vgl. nur Siegert NJW 1963, 1953 (1954). 96 Seufert, Die Entwicklung des Wettbewerbes auf dem Hörfunk- und Fernsehmärkten in der Bundesrepublik Deutschland, S. 14; Luhmann, Grundrechte als Institution, S. 88 ff.; Scholz FS-Löffler, S. 355 (361). 97 Scholz FS-Löffler, S. 355 (362). 98 Kepplinger, Darstellungseffekte, S. 14. 99 BVerfGE 35, 202 (216 f.; 230); Eisenberg, Kriminologie, § 50 RN 13; Kaiser, Kriminologie, § 33 RN 24; Franke, Bildberichterstattung, S. 79 FN 38; Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 52; Hackforth, Massenmedien, S. 59; Hecker, „Medienmacht“ und Rezipientenfreiheit, S. 69; Prokop, Medien-Wirkungen, S. 23; Prinz FSEngelschall, S. 243 (251). Gelegentlich wird dieses Phänomen auch unter der aus der Psychologie stammenden Bezeichnung „Bestätigungsfelder“ geführt. „. . . ,Bestätigungsfelder‘ nennt man in der Wissens- und Problemlösungspsychologie die vermeintlich ,natürliche‘, aber ,irrationale‘ Tendenz des Menschen, bestätigende gegenüber widerlegender, dem eigenen Kenntnis- oder Erwartungsbild widersprechender Information vorzuziehen . . .“. [Spinner, in: Medien-Ethik, S. 148 (156 FN 25)].

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C. Bild- und Tonaufnahmen

Einstellungen und Meinungen betrifft.101 Die Massenmedien bestimmen so in ganz erheblicher Weise mit, was der einzelne Mensch als Wirklichkeit begreift. Allerdings gilt es einem Irrglauben entgegenzuwirken. Eine rein einseitige Einwirkung der Massenmedien auf die Rezipienten ist sozialwissenschaftlich widerlegt. Letztere nämlich nehmen auch eine aktive Rolle ein, sind also nicht bloße Objekte der Medien.102 Zwar sind die massenmedialen Wirkungen auf die Gesellschaft von beachtlichem Ausmaß. Die häufig als allmächtig hingestellten Massenmedien gibt es in dieser Machtposition und mit dem dementsprechenden Wirkungspotential aber nicht.103 Festzuhalten ist, dass die Medien, insbesondere aber Fernsehen und Hörfunk, in einem vielmaschigen Netz von sich gegenseitig beeinflussenden Komponenten agieren.104 Die Massenmedien beeinflussen auf diese Weise nicht nur die soziale, ökonomische, kulturelle und politische Ordnung, sondern werden auch durch diese Ordnungen beeinflusst.105 Nichts desto trotz kommt den Massenmedien, und so auch dem Rundfunk, heute mehr denn je eine für die moderne und demokratische Gesellschaft schlechthin konstituierende Wirkung zu.106 Nach dem Gesagten ist dem Bundesgerichtshof107 zuzustimmen, wenn er von unberechenbaren und tiefgreifenden Wirkungen der Massenmedien spricht.

II. Die Rolle der Gerichtsberichterstattung Bild- und Tonaufnahmen aus dem Umfeld der strafgerichtlichen Hauptverhandlung sind, eingebettet in erläuternde Berichte, in aller Regel Gegenstand von Informationssendungen des Fernsehens und Hörfunks. Soll die Herstellung der Aufnahmen rechtlich beurteilt werden, muss auch das am Ende stehende Rundfunkprodukt in die Betrachtungen einbezogen werden. Das ist hier der die 100 Nach Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 211 m.w. N. ist dies „. . . sogar in erster Linie . . .“ der Fall; so auch Lüscher FS-Löffler, S. 233 (234 f.); vgl. ferner BVerfGE 35, 202 (216 f.). 101 BVerfGE 35, 202 (230); Noelle-Neumann, Öffentlichkeit als Bedrohung, S. 63 ff., 92 f., 116 f.; Rocek, Mediengefahr, S. 53 ff.; Hain, Rundfunkfreiheit und Rundfunkordnung, S. 54; Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 211 m.w. N.; Lüscher FS-Löffler, S. 233 (234); vgl. Hecker, „Medienmacht“ und Rezipientenfreiheit, S. 69. 102 Hecker, „Medienmacht“ und Rezipientenfreiheit, S. 123 f., ausführlich m.w. N. S. 129 ff.; Winter/Eckert, Mediengeschichte, S. 130 f.; Scholz FS-Löffler, S. 355 (361 ff.); a. A. anscheinend Renckstorf, in: Medien-Ethik, S. 129 (133). 103 Vgl. die zahlreichen Nachweise bei Scholz FS-Löffler, S. 355 (362 FN 15). 104 Silbermann/Zahn, Massenmedien, S. 12. 105 Silbermann/Zahn, Massenmedien, S. 254. 106 Silbermann/Zahn, Massenmedien, S. 247. 107 Dies tut er in BGHZ 3, 270 (285) zwar nur in Bezug auf die Presse, jedoch ist seine Aussage ohne weiteres auf alle Massenmedien erweiterbar.

II. Die Rolle der Gerichtsberichterstattung

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Zuschauer und Zuhörer über das Geschehen im Gerichtsbereich unterrichtende Bericht, der Gerichtsbericht.108 Stehen also die besagten Aufnahmen auf dem Prüfstein, muss die Strafgerichtsberichterstattung des Rundfunks einbezogen werden. Deshalb muss sich auch mit Bedeutung, Funktionen und Wirkungen der Gerichtsberichterstattung auseinandergesetzt werden. Gleiches gilt für die Charakteristika deutscher Strafgerichtsberichterstattung. Eine Gerichtsberichterstattung im Sinne eines Regelkonzeptes gibt es nicht.109 Strafgerichtsberichterstattung meint, das kann jedoch verallgemeinernd festgestellt werden, in erster Linie, Strafprozesse und die von diesen behandelten Straftaten wiederzugeben und darzustellen. Bezugspunkt sind hierbei stets 108 Das heutige Interesse an Straftaten und Strafprozessen und so auch die Strafgerichtsberichterstattung als solche ist kein Phänomen der heutigen Gesellschaft. [Dazu Heidelberg, Justizreportage, S. 12; Britz, Fernsehaufnahmen, S. 30; Simgen FS-Wassermann, S. 531 (531 ff.); von Coelln ZUM 2001, 478 (478)] Bis ins 19. Jahrhundert verhinderten Unfreiheit und Zensur freie Gerichtsberichterstattungen. (Vgl. Britz, Fernsehaufnahmen, S. 31 m.w. N.; Jäckel, Medienwirkung, S. 32) Die Mitteilungen beschränkten sich deshalb auf die Inhalte und den Vollzug von Strafurteilen. Erstrebt wurden mit dieser Form der Berichterstattung pädagogische und unterhaltende Wirkungen. [Vgl. Britz, Fernsehaufnahmen, S. 31 m.w. N.; Rüping FS-Dünnebier, S. 390 (392)] Einer der ersten, der auf deutschem Gebiet nicht mehr nur, wie zum Beispiel Paul Johann Anselm von Feuerbach mit seiner „Aktenmäßigen Darstellung merkwürdiger Verbrechen“, über Kriminalität, sondern auch über deren Ahndung geschrieben hat, war Heinrich von Kleist. Er verfasste Anfang des 19. Jahrhunderts eine Serie über begangene Verbrechen und deren Verfolgung für die Berliner Abendblätter. [Dazu Simgen FS-Wassermann, S. 531 (531)] Ein Meilenstein war dann die 1848 aufgegebene Zensur, dem das Format der Gerichtsreportagen folgte. [Vgl. Wettstein, Öffentlichkeitsgrundsatz, S. 71 ff.; Britz, Fernsehaufnahmen, S. 31; Simgen FS-Wassermann, S. 531 (531 f.)] Diese Reportagen gehörten Ende des 19. Jahrhunderts zum Standardprogramm publizierender Medien. Allerdings waren die Reportagen im Gegensatz zu heute langweilige, fade und für das Publikum unattraktive stenographische Berichte. [Vgl. Britz, Fernsehaufnahmen, S. 32, 34 f. m.w. N.; Heidelberg, Justizreportage, S. 19 ff.; Rüping FS-Dünnebier, S. 390 (392)] Schöpfer der modernen Gerichtsberichterstattung war Paul Schlesinger, der dieses Manko erkannte und die feuilletonistische Gerichtsreportage, wie sie heute in den diversen Printmedien zu finden ist, etablierte. [Vgl. Heidelberg, Justizreportage, S. 21; Britz, Fernsehaufnahmen, S. 32 m.w. N.; Rüping FS-Dünnebier, S. 390 (392)] Folge der ab den zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts aufkommenden Verwendung von Fotoaufnahmen war eine auch in strafrechtlicher Hinsicht geführte Diskussion um die Zulässigkeit der Gerichtsberichterstattungen. [Zum Beispiel KG JW 1928, 363 (363 ff.); vgl. Rüping FS-Dünnebier, S. 390 (392) m.w. N.; Simgen FS-Wassermann, S. 531 (532)] Als Folge der Diskussion um die ausschweifenden Berichterstattungen wurden Justizpressestellen eingerichtet. [Vgl. Schmidt JW 1929, 6 (10)] Im dritten Reich verkam die Gerichtsberichterstattung zu einem Instrument nationalsozialistischer Ideologie. [Dazu Rüping FS-Dünnebier, S. 390 (392); Simgen FS-Wassermann, S. 531 (533)] Während dieser Zeit kam es zu den ersten audiovisuellen Berichterstattungen. Nach dem Ende des zweiten Weltkrieges erstarkte die Berichterstattung über Gerichtsgeschehen zusehens. [Britz, Fernsehaufnahmen, S. 33 m.w. N.; Flehinghaus, DRiZ 1959, 165 (165 f.); Flehinghaus, DRiZ 1959, 290; Jagusch DRiZ 1960, 85; Schmidt FS-Schmidt, S. 338 (339); Ranft Jura 1995, 573 (578)]. 109 Franke, Bildberichterstattung, S. 67 m.w. N.

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C. Bild- und Tonaufnahmen

die jeweils handelnden Personen, so dass es eigentlich mehr um eine Personenbeziehungsweise Sachberichterstattung geht, denn um eine wirkliche Gerichtsberichterstattung. Neben110 zufolge können Berichterstattungen je nach Intensität der Persönlichkeitsausnutzung in inzidentielle und originäre Personenberichterstattungen unterteilt werden. Bei den inzidentiellen handelt es sich um Informationsverbreitungen, denen als Anlass ein aktuelles Ereignis zu Grunde liegt, das aber unauflöslich mit einer Person verbunden ist. Es werden also Sachinformationen mit Personenbezug verbreitet.111 Dem steht die originäre Personenberichterstattung gegenüber. Für diese ist charakteristisch, dass die Person selber Anlass und Inhalt des Berichtes ist.112 Dieser Einteilung folgend handelt es sich bei Gerichtsberichterstattungen um inzidentielle Personenberichterstattungen, denn Anlass ist der jeweilige Strafprozess, der unauflöslich mit den im Gericht anwesenden Personen verbunden ist. Derartig verstandene Gerichtsberichterstattungen sind auf Grund der Garantie der Rundfunkfreiheit nach Art. 5 Abs. 2 Alt. 2 GG grundsätzlich als zulässig zu erachten. 1. Bedeutung als Bestandteil von Nachrichtensendungen Berichte über Strafverfahren finden sich in der Mehrzahl der Nachrichtensendungen von Fernsehen und Hörfunk. Hieraus muss, insbesondere was die Lokalberichterstattung angeht, auf eine besondere Stellung der Gerichtsberichterstattungen für die öffentlich-rechtlichen und privatrechtlichen Rundfunkanbieter geschlossen werden.113 Diese aber wird dadurch relativiert, dass derartige Berichterstattungen nur einen Bruchteil der Nachrichtensendungen und des Programms insgesamt ausmachen. Die Frage nach der Stellung von Gerichtsberichterstattungen für die Allgemeinheit kann kaum verlässlich beurteilt werden. Das ist der Eigenschaft als eng begrenzter Bestandteil klassischer Informationssendungen geschuldet. Die Bedeutung der Berichterstattungen für die Allgemeinheit kann allerdings aus der Bedeutung von Nachrichtensendungen als den klassischen Informationssendungen schlechthin114 abgelesen werden.115 Nachrichtensendungen werden von der Bevölkerung gerne und auch regelmäßig gesehen und gehört. Der größte Teil des Alltagswissens wird aus den Nachrichten gewonnen. Den Nachrichtensendungen kommt so eine enorme Bedeutung auf allen Feldern zu, die auf Informationen aufbauen. Allerdings gilt es 110

Neben, Personenberichterstattung, S. 24. Neben, Personenberichterstattung, S. 24. 112 Neben, Personenberichterstattung, S. 24 f. 113 Caesar Recht und Politik 32 (1996), 144 (144). 114 Im Vergleich zu den Nachrichtensendungen im engeren Sinne treten die anderen Informationssendungen, wie zum Beispiel (Boulevard-)Magazine oder Reportagen deutlich in den Hintergrund. 115 Vgl. Geerds FS-Oehler, S. 423 (427). 111

II. Die Rolle der Gerichtsberichterstattung

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den bereits angesprochenen Unterhaltungswert auch dieses Sendeformates zu betonen. Fernsehen und Hörfunk wandeln sich zu „Begleitmedien“. Einen Bedeutungszuwachs erhielten Nachrichtensendungen und insbesondere auch die Gerichtsberichterstattungen durch die sich im Lauf der Zeit verändernden gesellschaftlichen Verhältnisse. Genauso wenig, wie eine umfassende Grundinformierung ohne die Medien möglich ist, kann die arbeitende Bevölkerung auf Grund zeitlicher Kollisionen Gerichtsverfahren beiwohnen, also ihr Recht aus § 169 S. 1 GVG wahrnehmen.116 So verwundert es dann auch nicht, dass die im Gerichtssaal anwesenden Personen regelmäßig hohen Alters, Schüler- oder Studentengruppen sind.117 Heute wird das Interesse an Strafverfahren, auf welches noch genauer einzugehen sein wird118, mittelbar über die Medien befriedigt. Erst durch die Medien wird dem Gerichtsgeschehen beigewohnt.119 Ausnahmen hiervon bestehen nur bei sogenannten Sensationsprozessen120 und wenn Angehörige oder Freunde involviert sind.121 Auf den Strafprozess im weitesten Sinne bezogen, bedeutet die massenmediale Gerichtsberichterstattung also oft den einzigen Kontakt zur Strafrechtspflege. Die Massenmedien sind so zum wichtigsten Verbindungsglied zwischen Strafjustiz und Bevölkerung geworden.122 Durch den Wandel hin zu einer auch gerichtsbezogenen Medienöffentlichkeit erfuhr und erfährt die Gerichtsberichterstattung, abgesehen von der Bedeutung der Nachrichtensendungen insgesamt, ihre eigentliche Bedeutung.123 2. Besondere Funktionen Diese führt zu besonderen Funktionen der Berichterstattungen. Da die Bildund Tonaufnahmen aus dem Umfeld der strafgerichtlichen Hauptverhandlung eine Komponente der Meldungen sind, können die Funktionen auch auf die Aufnahmen bezogen werden. Anknüpfungspunkt für die folgenden Funktionen 116 Kuß, Öffentlichkeitsmaxime, S. 62 f.; Franke, Bildberichterstattung, S. 67; Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 29; Schmidt FS-Schmidt, S. 338 (343); Schneider JuS 1963, 346 (350). 117 Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 29; Franke, Bildberichterstattung, S. 66; Wolf, Gerichtsverfassungsrecht, S. 243; Kühne, Strafprozessrecht, RN 699; Franzki DRiZ 1979, 82 (82); Lilie NStZ 1993, 121 (122). 118 Dazu F. I. 3. a). 119 Dies stellt auch Lilie NStZ 1993, 121 (122) zutreffend fest. 120 Behr, Der Sensationsprozess, S. 21 ff. beschreibt 22 Beispiele für Sensationsprozesse. 121 Vgl. Kühne, Strafprozessrecht, RN 699; Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 38; Prinz FS-Engelschall, S. 243 (250). 122 Das betont indirekt auch EGMR EuGRZ 1979, 386 (390); vgl. auch Stürner JZ 1995, 297 (299); allgemeiner Bamberger ZUM 2001, 373 (374). 123 Vgl. Rüping FS-Dünnebier, S. 390 (393 ff.); ferner: Scherer, Gerichtsöffentlichkeit, S. 24 ff.; Hassemer, in: Einfluss der Medien, S. 61 (66); Hassemer NJW 1985, 1921 (1924).

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C. Bild- und Tonaufnahmen

ist jedoch der Gerichtsbericht in seiner Gesamtheit, also Aufnahmen und Kommentierungen beziehungsweise Moderationen. Auf Grund der Überschneidungen mit den allgemeinen Funktionen der Massenmedien124, bis auf die Kulturfunktion sind sämtliche Funktionen im Grundsatz übertragbar, soll es hier primär um die darüber hinausgehenden Aspekte gehen. a) Informationen über die Strafrechtspflege Hauptfunktion der Gerichtsberichterstattungen ist die grundlegende Informierung der Bevölkerung über das gerichtliche Geschehen, den Hintergrund der Verfahren und nicht zuletzt das Recht.125 Auch und gerade wenn das Recht aus § 169 S. 1 GVG nicht genutzt werden kann oder wird, müssen die Mitglieder der Gesellschaft das (Straf-)Recht kennen. Die durchaus beklagenswerte Unkenntnis der Allgemeinheit auf dem Rechtssektor126 führt, da eine diesbezüglich informierte Gesellschaft unabdingbar ist, zur Notwendigkeit von Informationsvermittlungen.127 Da die Massenmedien die primären Informationsquellen für die Bevölkerung darstellen, liegt es nahe, ihnen in Fortsetzung der massenmedialen Informationsfunktion auch die Funktion zuzusprechen, über den Strafrechtssektor zu informieren.128 Informationsorgane der Strafjustiz sind die Medien bei aller informierender Bedeutung aber nicht. Diesbezüglich kommt ihnen keine Funktion zu. Über die Informationsfunktion der Gerichtsberichterstattungen gelangt man zu einer demokratie- und kommunikationsermöglichenden Funktion auch der Gerichtsberichterstattungen. b) Kontrolle der Strafjustiz Ausgangspunkt für eine weitere wesentliche Funktion ist die Überlegung, dass Strafrechtsanwendung eine der stärksten Formen staatlicher Machtausübung ist. Letztere, das ist einer jeden Demokratie immanent, muss einer öffentlichen Kontrolle zugeführt werden.129 Die Kontrolle der rechtsprechenden Gewalt zu ermöglichen, ist eine wesentliche Funktion der Gerichtsberichterstattungen. Allerdings ist es gerade nicht Aufgabe der Medien, „. . . zu überwachen, ob Recht oder Unrecht geschieht . . .“130. Eine Aufgabe zur Kontrolle besteht 124 125 126

Vgl. dazu C. I. 2. Kuß, Öffentlichkeitsmaxime, S. 63. Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 44; Lippe, in: Justiz und Medien, S. 127

(127). 127 Rhode, Öffentlichkeit, S. 151; Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 37; Gerhardt ZRP 1993, 377 (382); Zuck NJW 1995, 2082 (2083). 128 Hassemer NJW 1985, 1921 (1924). 129 So schon Bumke DRiZ 1929, 306 (307). 130 Gerasch, Prozesswirklichkeit, S. 24.

II. Die Rolle der Gerichtsberichterstattung

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nicht.131 Notwendig und ausreichend ist eine Kontrolle durch die Gesellschaft, nicht aber durch die Medien selbst.132 Die Öffentlichkeit soll also durch die Medien in die Lage versetzt werden, sich über die Strafrechtspflege an Gerichten und im Allgemeinen eine Meinung zu bilden. Nur dahingehend besteht eine Funktion der Gerichtsberichterstattungen. Diese die Kontrolle ermöglichende Funktion kann zwar als Kontrollfunktion bezeichnet werden133, jedoch ist der Begriff der Kontrollermöglichungsfunktion treffender. c) Schaffung von Vertrauen in die Strafrechtspflege Daten empirischer Erhebungen belegen, dass auf Seiten der Bevölkerung Skepsis gegenüber der Rechtspflege vorhanden ist.134 Dies gilt insbesondere für den Bereich des Strafrechts. Da ein Mindestmaß an Vertrauen für eine funktionierende rechtsprechenden Gewalt und so für das Gemeinwesen notwendig ist135, muss das Vertrauen der Bevölkerung durch Informationsvermittlung gestärkt werden. Indem vorrangig die Massenmedien Informationen vermitteln, sind auch sie es, die für das Vertrauen in die Strafrechtspflege Verantwortung tragen. Speziell den massenmedialen Gerichtsberichterstattungen obliegt es deshalb, die für die Bildung und Aufrechterhaltung von Vertrauen erforderlichen Kenntnisse über das Rechtssystem und so ein Normverständnis zu vermitteln.136 Die Bedeutung der diesbezüglich zu konstatierenden Funktion liegt darin, dass das Vertrauen speziell in die Strafrechtspflege für die gesellschaftliche Wirksamkeit derselben unentbehrlich ist.137 d) Prävention durch Berichterstattung Erst auf den zweiten Blick wird sichtbar, dass den Gerichtsberichterstattungen im Hinblick auf Kriminalitätsentstehung auch eine präventionsorientierte138 131 So Gerasch, Prozesswirklichkeit, S. 24; Zuck DRiZ 1997, 23 (28); Bamberger ZUM 2001, 373 (374). 132 Bamberger ZUM 2001, 373 (377). 133 Scherer, Gerichtsöffentlichkeit, S. 13; Zuck NJW 2001, 1623 (1624). 134 Vgl. Schmidthals, Verfahrensöffentlichkeit, S. 157; Jung GS-Kaufmann, S. 891 (899). 135 Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 50; Hillermeier DRiZ 1982, 281 (282). 136 Scherer, Gerichtsöffentlichkeit, S. 6; Eberle NJW 1994, 1637 (1638); auch das BVerfG NJW 1996, 581 (582 f.) geht letztlich davon aus, wenn es betont, dass Fernsehaufnahmen zur rechtsstaatlichen Verarbeitung der Vergangenheit geeignet sind. 137 Scherer, Gerichtsöffentlichkeit, S. 8; Jahn, in: Einfluss der Medien, S. 5 (17); Rüping FS-Dünnebier, S. 390 (393). 138 Der Gedanke der Prävention entstammt dem materiellen Strafrecht und betrifft Sinn und Zweck von Strafe. Bezüglich letzterem wurden und werden verschiedene

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C. Bild- und Tonaufnahmen

Funktion zukommt. Einer auf Vergeltung und Sühne, etwa durch anprangernde identifizierende Berichte, gerichteten Funktion139 ist der Weg versperrt. Auf Grund des staatlichen Strafmonopols kann es der Gerichtsberichterstattung nicht obliegen, zu strafen beziehungsweise überhaupt zu sanktionieren. Auch in spezialpräventiver Hinsicht sind einer solchen Funktion gegenüber Bedenken angebracht. Weder kann eine Besserung des Täters (positive Spezialprävention), noch eine Sicherung der Gesellschaft vor dem Täter (negative Spezialprävention)140 bewirkt werden. Gerichtsberichterstattungen sind diesbezüglich in keiner Weise förderlich.141 Da Funktionen anzunehmen nur Sinn macht, wenn das verfolgte Ziel erreichbar ist, ist eine spezialpräventive Funktion der Gerichtsberichterstattungen abzulehnen. Demgegenüber lassen sich generalpräventive Wirkungen nicht ausschließen.142 Diesbezüglich ist zu differenzieren. Auf der einen Seite sollen Rechtsbewusstsein und Vertrauen der Allgemeinheit in die Rechtsordnung (positive Generalprävention)143 gestärkt werden, während auf der anderen Seite vor Straftatbegehungen (negative Generalprävention)144 abgeschreckt Theorien vertreten. Während Strafe nach einem absoluten Verständnis der Sühne und Vergeltung dient (vgl. MK StGB I/Joecks, Einl. RNn. 48 ff.; Kühl, StGB, § 46 RN 2; Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 57; Wessels/Beulke, Strafrecht AT, RN 12a; Jescheck/Weigend, Strafrecht AT, S. 70; Roxin, Strafrechht, Allgemeiner Teil I, § 3 RNn 2 ff.; Gropp, Strafrecht Allgemeiner Teil, § 1 RNn 101 ff.), wird dem relativen Verständnis nach auf die Verhinderung von zukünftigen Straftaten abgezielt [vgl. MK StGB I/Joecks, Einl. RN 56; Kühl, StGB, § 46 RN 2; Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 57; Jescheck/Weigend, Strafrecht AT, S. 71; Wessels/Beulke, Strafrecht AT, RN 12a; Gropp, Strafrecht Allgemeiner Teil, § 1 RN 106; Roxin JuS 1966, 377 (377 f.)]. Beide Ansätze überzeugen jedoch nur, wenn sie kombiniert werden, was der herrschenden Vereinigungstheorie [BVerfGE 45, 187 (253 f.); MK StGB I/Joecks, Einl. RNn. 70 ff.; Tröndle/Fischer, StGB, § 46 RN 1; Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 58; Wessels/ Beulke, Strafrecht AT, RN 12; Roxin, Strafrecht, Allgemeiner Teil I, § 3 RNn 33 ff.; Jescheck/Weigend, Strafrecht AT, S. 75 ff.; Gropp, Strafrecht Allgemeiner Teil, § 1 RNn 116 ff.; Koriath Jura 1995, 625 (625 ff.)] und dem Gesetz (§§ 46 Abs. 1 S. 1 und 2, 47 StGB, § 2 StVollzG) entspricht. 139 In diese Richtung BVerfGE 35, 202 (231 f.); zustimmend Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 114. 140 Dazu MK StGB I/Joecks, Einl. RNn. 57 ff.; Schönke/Schröder/Stree, StGB, Vorbem §§ 38 ff. RN 15; Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 57; Wessels/Beulke, Strafrecht AT, RN 12a. 141 Vgl. Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 63 f.; ausführlicher dazu unter G. III. 5. 142 Vgl. Wettstein, Der Öffentlichkeitsgrundsatz im Strafverfahren, S. 48 f.; Schmidthals, Verfahrensöffentlichkeit, S. 212, 217 f.; Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 29; Hillermeier DRiZ 1982, 281 (283). 143 Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 201, 320; Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 57, 59; Eisenberg, Kriminologie, § 41 RN 1; Kaiser, Kriminologie, § 31 RN 32; Jescheck/Weigend, Lehrbuch des Strafrechts AT, S. 68 f.; Roxin, Strafrecht AT I, § 3 RN 26; Kühl FS-Hubmann, S. 241 (241 f.); Kerscher DRiZ 1983, 439 (439 f.); Gerhardt ZRP 1993, 377 (378). 144 Dazu Schönke/Schröder/Stree, StGB, Vorbem §§ 38 ff. RN 2; MK StGB I/ Joecks, Einl. RNn. 64 ff.; Kühl, StGB, § 46 RN 28; Rohde, Öffentlichkeit, S. 144 f.; Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 57, 59; Wessels/Beulke, Strafrecht AT, RN 12a;

II. Die Rolle der Gerichtsberichterstattung

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werden soll. Voraussetzung jeder generalpräventiven Wirkung sind Informationen über die Strafrechtspflege im weitesten Sinne.145 Wie nun schon mehrfach angesprochen, sollen diese Informationen gerade durch Gerichtsberichterstattungen des Fernsehens und Hörfunks vermittelt werden. In beiderlei generalpräventiver Hinsicht besteht insofern, wiederum über die Informationsvermittlung, eine Funktion der Gerichtsberichterstattungen.146 So soll der Allgemeinheit Gewissheit dahingehend verschafft werden, dass die Strafjustiz im Sinne der rechtlichen Ordnung und der Gesetze gehandhabt wird.147 Die Ansicht Ahrens148, wonach die Medien zu jeglichem präventiven Tätigwerden nicht berufen sind, ist insofern abzulehnen. Gerade indem sich der Rundfunk auf die Berichterstattung konzentriert, kann er positiv zu bewertende präventive Wirkungen erzeugen. Schon lange vor der audio-visuellen Etablierung der Gerichtsberichterstattungen konstatierte Bumke149 den Printmedien zu Recht die Notwendigkeit ihrer Mitwirkung, um durch Verhängung von Strafen auf andere Übeltäter und auf das Publikum abschreckend zu wirken. Im übrigen entspricht die angenommene Funktion zumindest in negativ generalpräventiver Sicht dem Selbstverständnis der Massenmedien selbst. Nach eigenem Bekunden geht es ihnen auch und gerade um den Abschreckungseffekt im Sinne der negativen Generalprävention.150 Die Konsequenzen von Straftaten in Form von Verfahren und eigentlicher Strafe sollen aufgezeigt werden. Aus kriminologischer Sicht wird insbesondere die Präventivfunktion der Gerichtsberichterstattungen auf der abstrakteren Ebene der Massenmedien in vier kriminologische Funktionen aufgespalten, nämlich in Vermittlung von Realitäten sowie von Hintergrundwissen, Nutzung der Ratgeberfunktion und Parteinahme für Recht und Gesetz.151 Diese Funktionen sollen hier, da im Hinblick auf die Bild- und Tonaufnahmen nur von untergeordneter Bedeutung, nicht weiter interessieren.

Roxin, Strafrecht, Allgemeiner Teil I, § 3 RNn 25 f.; Hillermeier DRiZ 1982, 281 (282). 145 Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 59; Widmaier NJW 2004, 399 (399). 146 Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 320; Scherer, Gerichtsöffentlichkeit, S. 6; Kühne, Strafprozessrecht, RN 699; Hassemer, in: Einfluss der Medien, S. 61 (73); Prinz FS-Engelschall, S. 243 (247); Geerds FS-Oehler, S. 423 (425 f.); Kühl FS-Hubmann, S. 241 (241); Gerhardt DRiZ 1993, 377 (378); Eberle NJW 1994, 1637 (1638); Bethge AfP 1999, 309 (310); Dieckmann NJW 2001, 1451 (1452). 147 Wettstein, Der Öffentlichkeitsgrundsatz im Strafverfahren, S. 51; Hillermeier DRiZ 1982, 281 (282). 148 Ahrens, Persönlichkeitsrecht, RN 48. 149 Bumke DRiZ 1929, 306 (308). 150 Vgl. nur die Absichtserklärung des ZDF im Rahmen des „Lebach-Verfahrens“ in BVerfGE 35, 202 (212). 151 Vgl. dazu Schwind, Kriminologie, § 14 RN 45.

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C. Bild- und Tonaufnahmen

e) Gerichtsberichterstattung als Unterhaltung Nicht unbedingt eine echte Funktion, aber zumindest doch mit den Gerichtsberichterstattungen bezweckt und deshalb hier zu erwähnen, ist die Unterhaltung der Bevölkerung. Insofern deckt sich diese spezielle mit der allgemeinen Funktion der Massenmedien. Nahezu alle Sendeformate des Rundfunks, und so auch das der Strafgerichtsberichterstattung, sollen Zuschauer und Zuhörer unterhalten. 3. Wirkungen der Gerichtsberichterstattung Von hoher Bedeutung sind neben den Funktionen auch die Wirkungen von Gerichtsberichterstattungen. Auf die dargestellten allgemeinen Wirkungen der Massenmedien, insbesondere des Rundfunks, auf die Allgemeinheit152 kann zunächst verwiesen werden, da auch die Gerichtsberichterstattungen einen, wenn auch kleinen Teil der massenmedialen Publikationen darstellen. Mithin bestehen Wirkungen im Hinblick auf die öffentliche Meinungsbildung und die Bildung. Einige grundlegende Aspekte sind jedoch zu betonen. Hervorzuheben ist hier vor allem der Einfluss der Strafgerichtsberichterstattungen auf Meinung und Realitätsvorstellung der Allgemeinheit von der Strafrechtspflege im weitesten Sinne.153 Auf Grund des bereits aufgezeigten Informationsdefizits, nur ein Bruchteil der Bevölkerung hat Kontakt zur Strafgerichtsbarkeit, sind Zuschauer und Zuhörer auf die massenmedialen Berichterstattungen angewiesen. Mangels Vorkenntnissen und kritischer Betrachtung des Präsentierten ist es fast ausschließlich die mediale Darstellung, welche die Meinungen über die beteiligten Personen, die jeweils zu Grunde liegende Straftat und das gerichtliche Geschehen an sich prägen.154 Einer Studie zufolge entnehmen rund 95 Prozent der Menschen ihre Erfahrungen und ihr Wissen über den Kriminalitätsbereich, zu dem auch die Gerichtsberichterstattung zählen kann, den Massenmedien.155 Der Bevölkerung werden die Verfahrensbeteiligten, insbesondere aber die Angeklagten und Verurteilten, durch die personenbezogenen Bild- und Tonaufnahmen näher gebracht. Besonders groß ist der Ein-

152

Siehe C. I. 3. M. w. N. Bartels, Fernsehnachrichten im Wettbewerb, S. 6. 154 Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 214, 246; Herrmann, Fernsehen und Hörfunk, S. 228; Wenzel/Burkhardt, Wort- und Bildberichterstattung, Kap. 10 RN 180; Giger JZ 1971, 249 (251). 155 Nach Schneider, Kriminologie, S. 716; auch Abele/Stein-Hilbers KrimJ 10 (1978), 161 (165) gehen davon aus, dass Faktenwissen über Kriminalität im weiteren Sinne wohl nur über die Massenkommunikation verbreitet wird; allgemeiner Pfetsch/ Schmitt-Beck/Hofrichter, in: Medienwandel – Gesellschaftswandel, S. 289 (295 f.). 153

II. Die Rolle der Gerichtsberichterstattung

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fluss des Rundfunks auf die Meinungsbildung, wenn die mittels Bild- und Tonaufnahmen präsentierten Personen den Zuschauern und Zuhörern fremd sind, was regelmäßig der Fall ist.156 Vom Äußeren wird so auf das Innere geschlossen.157 Ob also Sympathie oder Apathie, ob Mitleid oder Schadenfreude empfunden wird, richtet sich in hohem Maße nach der von den Medien gewählten Präsentationsform.158 Von besonderer Bedeutung ist dies insbesondere für Sozialisierung, Entsozialisierung und Resozialisierung von Angeklagten und Verurteilten. Überdies wirkt schon die Entscheidung der Rundfunkanbieter, nur über dieses oder jenes Strafverfahren zu berichten auf die Einstellung der Bevölkerung zu den jeweiligen Verfahren und den handelnden Personen ein. Aus der Tatsache der Publikation wird bereits auf eine besondere Bedeutung geschlossen, was wiederum die Meinungsbildung und das Realitätsbild beeinflusst. 4. Auffälligkeiten deutscher Strafgerichtsberichterstattung Schaut beziehungsweise hört man bei deutschen Berichterstattungen über Strafverfahren einmal genauer hin, so wird man rasch feststellen, dass sich sämtliche Berichte, auch was die Verwendung von Bild- und Tonaufnahmen angeht, sehr stark ähneln. Insofern lohnt ein Blick auf diese auffälligen Gemeinsamkeiten. Diese sollen an dieser Stelle aber noch nicht bewertet werden. Wie bereits festgestellt, sind Gerichtsberichterstattungen in aller Regel eine von vielen Komponenten der diversen Nachrichtensendungen. Dabei nehmen sie nur wenig Zeit in Anspruch. Berichte mit mehreren Minuten Länge, das ist im Rundfunkbereich schon viel Zeit, sind die absolute Ausnahme. Umfassende Berichterstattungen finden deshalb in aller Regel nicht statt.159 Die wohl gravierendste Auffälligkeit betrifft die Thematik der Gerichtsberichte, also die konkreten Gerichtsverfahren. Zum weit überwiegenden Teil wird über Strafverfahren berichtet.160 Das war schon immer der Fall. Allerdings 156

M. w. N. Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 213. Landwehr, Das Recht am eigenen Bild, S. 7 ff.; Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 54 f. m.w. N. 158 Erinnert sei beispielhaft an die Berichterstattung über „Dagobert“ alias Arnold Funke, der u. a. auf Grund der Erpressung des Berliner Kaufhauses KaDeWe und des Karstadt-Konzerns 1996 zu neun Jahren Haft verurteilt wurde. Insbesondere durch die massenmediale Berichterstattung hegte die Bevölkerung trotz der schweren Straftaten Sympathie für den Täter. 159 Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 32; Geerds FS-Oehler, S. 423 (429). 160 Gerasch, Prozesswirklichkeit, S. 16; Scherer, Gerichtsöffentlichkeit, S. 9, 24 f.; Engler, Bild des Strafrechts, S. 37; Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 44; Lippe, in: Justiz und Medien, S. 127 (127); Bührke DRiZ 1966, 5 (6); Kerscher DRiZ 1983, 439 (442); Soehring GRUR 1986, 518 (522); Caesar Recht und Politik 32 (1996), 144 (144); Gostomzyk AfP 2005, 437 (439). 157

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C. Bild- und Tonaufnahmen

ist seit den letzten Jahren eine Tendenz zu häufigerer und intensiverer Strafgerichtsberichterstattung deutlich erkennbar.161 Vor allem scheint dies für die privaten Rundfunkanbieter zu gelten.162 Aus nicht strafrechtlichen Verfahren wird demgegenüber nur äußerst selten, nämlich nur bei herausragenden Bedeutungen der Verfahren, berichtet. Die Justiz hat bis auf die strafrechtliche Komponente also nahezu keinen Stellenwert für den Rundfunk.163 Aber selbst auf dem Strafrechtssektor wird stark selektiert. Das Ergebnis der medieninternen Auswahl publikationswürdiger Verfahren fällt recht einseitig aus. Nahezu immer geht es um Prominente, Kuriositäten oder schwere Kriminalität, was die Repräsentanz der Berichterstattungen ausschließt.164 Der zu konstatierende Hang zur Sensation geht einher mit der Abwendung vom Normalen.165 So wird von einem regelrechten „. . . Run auf die Schlagzeilen . . .“166 gesprochen. Nicht die Regel, sondern die Ausnahme hat Nachrichtenwert. Deshalb ist auch ein deutliches Schwergewicht bei Strafverfahren festzustellen, die Gewaltverbrechen zum Gegenstand haben.167 In Anbetracht dieser Orientierung an der Schwere der verhandelten Straftat überrascht es nicht, dass vorwiegend aus landgerichtlichen Verfahren berichtet wird. Journalistisch als Nachricht attraktiv sind insbesondere zwei Verfahrensabschnitte, nämlich das Geschehen um den Prozessauftakt und um das abschließende Urteil. Aber auch die Sitzungspausen erfreuen sich einer, mit der Einführung des Aufnahmeverbotes nach § 169 S. 2 GVG gewachsenen Beliebtheit.168

161

Lehr NStZ 2001, 63 (63). Meyn, Massenmedien, S. 251. 163 Zuck DRiZ 1997, 23 (24). 164 Gerasch, Prozesswirklichkeit, S. 52; Baumann, Bild des Opfers, S. 16; Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 312 ff. m.w. N.; Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 44; Schneider, Kriminologie, S. 715; Hassemer, in: Einfluss der Medien, S. 61 (70); Hartmann FS-Göppinger, S. 579 (584); Heinze FS-Stree/Wessels, S. 951 (956); Jahn, in: Einfluss der Medien, S. 5 (5); Erdsiek NJW 1960, 1048 (1050); Kotz NStZ 1982, 14 (16); Wyss EuGRZ 1996, 1 (14); Zuck DRiZ 1997, 23 (24); Schippan ZUM 1996, 398 (398); Gostomzyk AfP 2005, 437 (439). 165 BVerfG ZUM 2001, 220 (226 f.); SK StPO/Rogall, Vor § 133 RN 80; Scherer, Gerichtsöffentlichkeit, S. 18; Baumann, Bild des Opfers, S. 6; Schwind, Kriminologie, § 14 RN 1; Rüping FS-Dünnebier, S. 390 (392); Scherer, Gerichtsöffentlichkeit, S. 13 ff.; Gerasch, Prozesswirklichkeit, S. 140; Jäckel, Medienwirkung, S. 186 m.w. N.; Früh, Realitätsvermittlung, S. 15; van der Broeck, Kriminalität, S. 21; Gerhardt, in: Einfluss der Medien, S. 19 (24 f.); Tettinger, in: Informationsrecht, Informationspflicht und Informationsstil, S. 62 (76); Simgen FS-Wassermann, S. 531 (534); Erdsiek NJW 1963, 1048 (1048); Hassemer NJW 1985, 1921 (1924, 1927); Voss DRiZ 1994, 445 (447); Janisch AnwBl. 51 (2001), 22 spricht treffender Weise von der notwendigen Mischung aus Blut und Emotion. 166 Caesar Recht und Politik 32 (1996), 144 (144). 167 Scherer, Gerichtsöffentlichkeit, S. 25; Stein-Hilbers, Kommunikation über Verbrechen, S. 217; van der Broeck, Kriminalität, S. 21; Riklin, in: Stigmatisierung, S. 129 (133). 162

II. Die Rolle der Gerichtsberichterstattung

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Der Schwerpunkt der Berichterstattung liegt im Allgemeinen auf dem Angeklagten. Er und die zur Last gelegte Straftat stehen im Mittelpunkt des medialen Interesses. Dabei wird aber häufig nicht neutral und anonym über ihn berichtet, sondern es erfolgen identifizierende Gerichtsberichterstattungen, wobei der Angeklagte mitunter als Täter dargestellt oder gar explizit als ein solcher bezeichnet wird.169 Im Vergleich zum Angeklagten werden die sonstigen am Strafverfahren beteiligten Personen in informativer Hinsicht weitgehend ausgeblendet.170 Gleiches gilt für die richterliche Entscheidungsfindung und deren Grundlagen.171 Der juristische Gehalt und auch die diesbezüglichen Probleme der jeweiligen Verfahren werden überwiegend ausgeklammert.172 Damit handelt es sich letztlich eher um Kriminal- als um Gerichtsberichterstattungen. Nicht das Gerichtsgeschehen steht im Mittelpunkt des Interesses, sondern die angeklagte Straftat.173 So ist es den Gerichtsberichterstattungen dann auch regelmäßig eigen, zu Beginn die dem Angeklagten vorgeworfene Tat detailliert zu schildern.174 Weiterhin ist sämtlichen Gerichtsberichterstattungen eine Tendenz zu Unterhaltung und Sensation gemein.175 Die am unterhaltenden Charakter orientierten Berichte verwenden für die meist zusammenfassenden Darstellungen eine eher oberflächliche und unreflektierte Sprache.176 Ein letzter auffälliger Punkt wird dann sichtbar, wenn man Strafgerichtsberichterstattungen und Nachrichtensendungen in Zusammenhang setzt. Über Strafverfahren wird um so ausführlicher berichtet, je weniger sonstiger relevanter Nachrichtenstoff zur Verfügung steht. Zu einem beträchtlichen Teil füllen deshalb Berichterstattungen über Strafverfahren Lücken, die sich aus dem Fehlen wichtigerer und interessanterer Neuig-

168 Gerasch, Prozesswirklichkeit, S. 114, 123, 129 die das Urteil als einen „Knüller“ (im journalistischen Sinne) bezeichnet (S. 123); Lehr NStZ 2001, 63 (65). 169 Marxen GA 1980, 365 (366 f.); darauf weist auch Jahn, in: Einfluss der Medien, S. 5 (16) hin; auf die Presse bezogen Kühne, Strafprozessrecht, RN 700. 170 Zuck DRiZ 1997, 23 (23). 171 Friske, Justiz und Medien, S. 220. 172 Zuck DRiZ 1997, 23 (23). 173 Sehr deutlich macht dies Gerasch, Prozesswirklichkeit, S. 115, 140; vgl. auch Benz, Laienrichter, S. 157; Hartmann FS-Göppinger, S. 579 (584); Caesar DRiZ 1994, 455 (455); Caesar Recht und Politik 32 (1996), 144 (144). 174 Vgl. Hartmann FS-Göppinger, S. 579 (584). 175 Jahns, Verletzung von Persönlichkeitsrechten, S. 9; Franke, Bildberichterstattung, S. 67; von Oppeln-Bronikowski, Bild des Strafrechts, S. 56; Scherer, Gerichtsöffentlichkeit, S. 31; Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 43; von Becker, Massenmedien, S. 85, 116; Jung, in: AE-StuM, S. 102 (111); Geerds FS-Oehler, S. 423 (437); Schäuble FS-Mahrenholz, S. 231 (234); Engels AnwBl. 1983, 100 (101); allgemein formuliert bei Buchwald, in: Medien-Ethik, S.178 (181). 176 Schmidthals, Verfahrensöffentlichkeit, S. 49; Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 41 f.; Lippe, in: Justiz und Medien, S. 127 (132).

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C. Bild- und Tonaufnahmen

keiten ergeben.177 Deshalb kann entgegen einer weit verbreiteten Ansicht in der Bevölkerung aus dem Umstand der Veröffentlichung nicht auf die Bedeutung des Strafverfahrens geschlossen werden. Sämtliche vorgenannten Auffälligkeiten laufen in einem Punkt zusammen, nämlich dem der Subjektivität. Die Berichterstattungen sind von Anfang an bis zum Ende durch die Sicht der Rundfunkanbieter geprägt. Das beginnt bei der Selektion der Strafverfahren, setzt sich beim Schnitt der Bild- und Tonaufnahmen fort und endet mit den begleitenden Kommentaren.178 Der gesamte Prozess bis zum fertigen Bericht ist also selbst bei einem größtmöglichen Streben nach Objektivität subjektiv gefärbt.179 Diese subjektive Prägung gilt es immer dann zu bedenken, wenn es um die Bewertung von Gerichtsberichterstattungen geht. 5. Gründe und Auswirkungen Die festgestellten Auffälligkeiten der deutschen Strafgerichtsberichterstattungen sind keine im Laufe der Zeit einfach so entstandenen Charakteristika, sondern basieren auf engen Zwängen der publizierenden Rundfunkanbieter. Diese sind teils tatsächlicher und teils ökonomischer Natur. Eine natürliche Grenze setzt die nur begrenzt zur Verfügung stehende Sendezeit. Auf Grund des so bestehenden Zeitdrucks muss, was die Nachrichtensendungen angeht, möglichst viel in möglichst wenig Zeit dargestellt werden. Insofern ist es dem Rundfunk nicht möglich, umfassend und ausführlich über Strafverfahren zu berichten. Geltung beansprucht diese Aussage sowohl in Bezug auf die Gesamtheit der Strafverfahren, eine Selektion ist auf Grund der Vielzahl der Strafverfahren180 unumgänglich181, als auch jedes einzelne Strafverfahren, welches den Selektionsprozess überstanden hat.182 Sucht man dann den Grund für die gewählte einfache Sprache, lassen sich zwei Erklärungsansätze finden. Einerseits kann die einfache Sprache erforderlich sein, um eine möglichst große Zahl von Zuschauern und Zuhörern zu erreichen und diese so zu informieren183, andererseits aber 177 Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 217; allgemein dazu Herrmann, Fernsehen und Hörfunk, S. 227. 178 Darauf wies schon Sarstedt JR 1956, 121 (125) hin; auch Franke, Bildberichterstattung, S. 76; Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 207 f.; Tettinger, in: Informationsrecht, Informationspflicht und Informationsstil, S. 62 (74); Früh, Realitätsvermittlung, S. 29. 179 Hesse, Rundfunkrecht, 2. Kap. RN 63; Beater AfP 2005, 133 (135). 180 So wurden dem Statistischen Bundesamt zufolge im Jahre 2001 von den deutschen Strafgerichten 852.414 Verfahren erledigt (Quelle: http://www.destatis.de/basis/ d/recht/rechts1.htm). Im Jahre 1997 waren es zum Vergleich nur 818.587. 181 Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 383. 182 Vietmeyer, Vor- und Nachteile der Fernsehöffentlichkeit, S. 41. 183 Schmidthals, Verfahrensöffentlichkeit, S. 115.

II. Die Rolle der Gerichtsberichterstattung

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kann die oft oberflächliche und unreflektierte Sprache auch Ausdruck zeitlichen und insbesondere ökonomischen Drucks sein.184 Eine Mischung aus beiden Ansätzen dürfte der Realität am ehesten entsprechen. Nahezu vollends ökonomisch bedingt ist die einseitige Ausrichtung an Strafverfahren. Bereits Gössel stellte fest: „. . . Crime does pay – Verbrechen lohnt sich doch! . . .“185. Straftaten und Strafverfolgung sind, da die Quoten stimmen, ein lukratives Terrain für alle Rundfunkanbieter.186 „. . . Mit Kindesentführungen, Geiselnahmen, Vergewaltigungen oder sexuellem Missbrauch von Kindern lässt sich jedes Konkurrenzprogramm außer Fußball um Längen schlagen . . .“187. Die auch vor den Nachrichtensendungen nicht halt machende Orientierung an finanziellen Aspekten lässt den alles überragenden Grund für die Charakteristika der Gerichtsberichterstattungen deutlich werden, nämlich den Wettbewerb innerhalb der Rundfunkbranche, denn jeder Rundfunkanbieter will und muss ausreichend finanziert sein. Da die Abnehmer der Publikationen in Gestalt von Zuschauern und Zuhörern aber begrenzt sind, ist die Existenz eines umfassend geführten Wettbewerbes um die Gunst der Abnehmer die logische Konsequenz.188 a) Ökonomischer und publizistischer Wettbewerb als Leitmotiv Wie bedeutend der bestehende Wettbewerb für das Verständnis der Strafgerichtsberichterstattungen des Rundfunks in der heutigen Form ist, kann nur voll erfasst werden, wenn die Wettbewerbssituation in all ihrer Brisanz bekannt ist. Dabei macht es keinen Unterschied, ob diese auf der Ebene der Strafgerichtsberichterstattungen, der Informationssendungen oder des gesamten Rundfunkprogramms untersucht wird. Wettbewerb besteht in all diesen Bereichen. Ziel eines jeden Rundfunkanbieters ist es, so viele Zuschauer beziehungsweise Zuhörer wie möglich zu erreichen. Hieran ist das Handeln der Verantwortlichen ausgerichtet.189 Maßeinheit für den diesbezüglichen Erfolg der Anbieter ist die von 184

von Becker, Massenmedien, S. 119; Lippe, in: Justiz und Medien, S. 127 (132). Gössel, in: Medienfreiheit und Strafverfolgung, S. 49 (49). 186 Jahn, in: Einfluss der Medien, S. 5 (5); Simgen FS-Wassermann, S. 531 (534); Kohlhaas DRiZ 1963, 329 (329); Gerhardt DRiZ 1999, 8 (8); Lehr NStZ 2001, 63 (63); Janisch AnwBl. 51 (2001), 22. 187 Wolf ZRP 1994, 187 (190). 188 Die Bezeichnung einer Situation als Wettbewerb beschreibt allgemein formuliert das soziale Phänomen, dass mehrere nach einem Ziel streben, das der jeweils einzelne nur zu lasten der anderen, den sogenannten Konkurrenten, erreichen kann. (Giehl, Der Wettbewerb zwischen öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunkveranstaltern, S. 15; Rinck/Schwarck, Wirtschaftsrecht, RN 195). Teilweise wird eine Definition des Wettbewerbes als unmöglich abgelehnt. So z. B. Emmerich, Kartellrecht, S. 10 FN 21). 189 Koch DB 1982, 1757 (1763); Wolf ZRP 1994, 187 (190); Mahrenholz ZUM 1995, 508 (510). 185

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C. Bild- und Tonaufnahmen

den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten im Rahmen der Rezipientenforschung entwickelte Einschaltquote.190 Dieses Streben nach der quotensteigernden Verbreitung der eigenen publizistischen Erzeugnisse lässt sich als publizistischer Wettbewerb bezeichnen.191 Er wird beispielsweise darin deutlich, dass gerade die größeren Rundfunkanbieter diverse Bedürfnisforschungen betreiben, um Erfolge der jeweiligen Medienangebote beim Publikum berechenbar zu machen.192 Da publizistischer Erfolg aber zugleich Einnahmen bedeutet, geht mit dem publizistischen ein ökonomischer Wettbewerb einher. Hinsichtlich dessen ist zwischen öffentlich-rechtlichem und privatem Rundfunk zu unterscheiden. aa) Werbefinanzierter privater Rundfunk Die privaten Rundfunkunternehmen stehen untereinander und mit den öffentlich-rechtlichen Anbietern im schon erwähnten publizistischen Wettbewerb um Einfluss, Akzeptanz und Einschaltquote.193 Voraussetzung hierfür sind finanzielle Mittel. Nun ist es gerade die Einschaltquote, von der die notwendige wirtschaftliche Rentabilität eines jeden privaten Senders abhängt.194 Die Finanzierung der privaten Rundfunkunternehmen erfolgt nämlich nahezu ausschließlich über den Verkauf von Sendezeiten für Werbung.195 Je höher die Einschaltquote der den Werbeblock umgebenden Sendungen ist, desto mehr kann für diese Werbezeiten verlangt werden. Werbeeinnahmen basieren damit auf der Höhe der Einschaltquote.196 Die Politik der privaten Rundfunkunternehmen ist also 190 Vgl. zur Geschichte der Rezipientenforschung Hecker, „Medienmacht“ und Rezipientenfreiheit, S. 242 ff. 191 Giehl, Der Wettbewerb zwischen öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunkveranstaltern, S. 15 f.; Koch DB 1982, 1757 (1763); Stammler ZUM 1995, 104 (109). 192 Prokop, Medien-Wirkungen, S. 11 ff.; Hecker, „Medienmacht“ und Rezipientenfreiheit, S. 86; Schmitz-Borchert, Medienmarkt und Medienorganisation, S. 111. 193 Stock, Rundfunk im Wettbewerbsrecht, S. 35 (48); Giehl, Der Wettbewerb zwischen öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunkveranstaltern, S. 18; Neben, Personenberichterstattung, S. 77 f.; Wieland, Die Freiheit des Rundfunks, S. 133; Kunzli, in: Medien-Ethik, S. 280 (280). 194 So schon BVerfGE 73, 118 (155 f.); Preuss-Neudorf, Grundversorgung und Wettbewerb im dualen Rundfunksystem, S. 112; Giehl, Der Wettbewerb zwischen öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunkveranstaltern, S. 18 f., 37; Seemann ZUM 1988, 67 (75 ff.); Feierabend, in: Die Quote, S. 42 (42). 195 Vgl. Selmer/Gersdorf, Finanzierung des Rundfunks, S. 19; Altendorfer, Mediensystem, II RN 38; Bartels, Fernsehnachrichten im Wettbewerb, S. 37; Jünemann, Meinungsfreiheit und Medienentwicklung, S. 46; Libertus, Grundversorgungsauftrag und Funktionsgarantie, S. 95; Hecker, „Medienmacht“ und Rezipientenfreiheit, S. 99; Kunzli, in: Medien-Ethik, S. 280 (280); Bullinger FS-Leisner, S. 885 (887); Köhler, in: Die Quote, S. 5 (5); Koch DB 1982, 1757 (1763); Bethge DÖV 2002, 673 (675). Die sogenannten Pay-TV-Anbieter, die sich primär über Abonnementsgebühren finanzieren, sollen, da sie eine absolute Minderheit darstellen, hier nicht interessieren. 196 Giehl, Der Wettbewerb zwischen öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunkveranstaltern, S. 19 spricht von einem „. . . ,Verkauf‘ des Publikums an die werbetrei-

II. Die Rolle der Gerichtsberichterstattung

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nahezu ausschließlich auf Gewinnmaximierung ausgerichtet.197 Letztlich ist der publizistische Wettbewerb somit Voraussetzung und Folge des ökonomischen. bb) Gebühren- und werbefinanzierter öffentlich-rechtlicher Rundfunk Während der ökonomische Wettbewerb im Bereich des privaten Rundfunks offen zu Tage tritt, ist dies bei den öffentlich-rechtlichen Anbietern nicht der Fall. Einerseits scheint die teilweise Finanzierung aus Rundfunkgebühren198 und andererseits die durch eine alleinige Ausrichtung am Publikum nicht erfüllbare Grundversorgungsaufgabe199 gegen einen ähnlich starken wirtschaftlichen Wettbewerb zu sprechen. Abgesehen davon, dass die öffentlich-rechtlichen Rundfunkveranstalter sich auf Grund des unzulänglichen Gebührenaufkommens200 zunehmend über Werbeeinnahmen finanzieren201, zwingt schon das System der Teilfinanzierung als solches, ökonomische Belange zu berücksichtigen und zu verfolgen. Teilweise wird den Rundfunkanstalten sogar ein zunehmender Zwang, am wirtschaftlichen Wettbewerb um Werbeverträge teilzunehmen, bescheinigt.202 Nicht nur die Werbefinanzierung, sondern auch die Gebührenfinanzierung mündet in einen umfassend zu führenden ökonomischen Wettbewerb. Rundfunkgebühren nämlich müssen gesellschaftspolitisch legitimiert werden. Erreicht werden kann dies nur über die Akzeptanz von Zuschauern und Zuhörern. Auch deshalb müssen sich die öffentlich-rechtlichen Anbieter an den Vorlieben des Publikums ausrichten. Auch wenn der sowohl ökonomisch als auch publizistisch zu führende Wettbewerb der öffentlich-rechtlichen Anbieter203 nicht so deutlich ausgeprägt ist wie auf der privatrechtlichen Seite204, bestimmt er das bende Wirtschaft zum Zweck der Absetzung von Werbebotschaften (Werbeeinnahmen) . . .“. Vgl. dazu auch Bartels, Fernsehnachrichten im Wettbewerb, S. 37. 197 Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 42. 198 Dazu ausführlich beispielsweise Badura, Rundfunkfreiheit und Finanzautonomie, S. 7 ff.; Oppermann/Kilian, Rechtsgrundsätze der Finanzierung öffentlich-rechtlichen Rundfunks in der dualen Rundfunkverfassung der Bundesrepublik, S. 41 ff. und Degenhart AfP 2005, 493 (493 ff.). 199 BVerfGE 83, 238 (311). 200 Das war der wesentliche Grund für die Einführung der Mischfinanzierung aus Gebühren und Werbung. Vgl. Bausch, Rundfunkpolitik nach 1945, 2. Teil, S. 533 f., 658 ff. 201 Oppermann/Kilian, Rechtsgrundsätze der Finanzierung öffentlich-rechtlichen Rundfunks in der dualen Rundfunkverfassung der Bundesrepublik, S. 46 ff. 202 Giehl, Der Wettbewerb zwischen öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunkveranstaltern, S. 20. Zur Werbefinanzierung öffentlich-rechtlicher Rundfunkanbieter Libertus, Grundversorgungsauftrag und Funktionsgarantie, S. 166 ff.; Preuss-Neudorf, Grundversorgung und Wettbewerb im dualen Rundfunksystem, S. 111; Fechner, Medienrecht, RN 859; Ory AfP 1989, 616 (616 ff.); auch Scholz AfP 1995, 357 (358).

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C. Bild- und Tonaufnahmen

Handeln der Rundfunkanstalten. Die Aussage, dass das öffentlich-rechtliche Rundfunkmodell „. . . keinen individuellen Anreizen eines Käufermarkts auf Grund der Gesamtgebühr ausgesetzt ist und (nur) den Programmimpulsen der gesellschaftlich relevanten Kräfte in den Gremien unterliegt . . .“205 ist also nicht (mehr) zutreffend. Festzuhalten ist daher, dass der alle Rundfunkanbieter treffende publizistische Wettbewerb, der auch bezüglich den Printmedien geführt wird206, zugleich ein primär auf dem Werbemarkt geführter207 wirtschaftlicher Wettbewerb ist.208 Zwischen beiden Wettbewerben besteht ein enger Zusammenhang. Publizistischer Erfolg ist einerseits Mittel des ökonomischen Wettbewerbs209, andererseits aber kann publizistische Leistung nicht ohne ausreichenden wirtschaftlichen Erfolg erreicht werden.210 Beide Wettbewerbsformen bilden so eine nicht trennbare Einheit211, die über das Schicksal der Rundfunkanbieter entscheidet. 203 Wieland, Die Freiheit des Rundfunks, S. 133 f.; Schneider, Medienforschung I, S. 246 (248); Seufert, Hörfunk- und Fernsehmärkte, S. 41; Bartels, Fernsehnachrichten im Wettbewerb, S. 42 f.; Hecker, „Medienmacht“ und Rezipientenfreiheit, S. 101; Giehl, Der Wettbewerb zwischen öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunkveranstaltern, S. 21 f.; Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 42; Schmelzer, Vielfalt und Qualität, S. 242; Romano FS-Lerg, S. 145 (151); Bullinger FS-Leisner, S. 885 (885); Lojewski, in: Die Quote, S. 4; Buchwald, in: Rundfunkpolitik in Deutschland, Band 2, S. 615 (616); Feierabend, in: Die Quote, S. 42 (42); Scherer, in: Medienwandel – Gesellschaftswandel, S. 245 (245); Seemann ZUM 1988, 67 (80). A. A. wohl Stark, Ehrenschutz in Deutschland, S. 94. 204 Vgl. dazu Hecker, „Medienmacht“ und Rezipientenfreiheit, S. 247 f.; Schmitt Glaeser AöR 112 (1987), 215 (249). 205 Hecker, „Medienmacht“ und Rezipientenfreiheit, S. 96; Mahrenholz ZUM 1995, 508 (510 f.). 206 Rosenberger/Schmid, Nachrichtenagenturen im Wettbewerb, S. 43 (50); einschränkend Meyn, Massenmedien, S. 237. 207 Zu den Methoden der Feststellung der für die preisliche Eintaktung der Werbungen maßgeblichen Zuschauerquoten für den Hörfunk Köhler, in: Die Quote, S. 5 (6 f.) und für das Fernsehen Buß, in: Die Quote, S. 10 (12 f.); zu Werbung und Werbemarkt im allgemeinen Heinrich, Medienökonomie II, S. 539 ff. 208 BVerfG NJW 1991, 899 (903 f.); Giehl, Der Wettbewerb zwischen öffentlichrechtlichen und privaten Rundfunkveranstaltern, S. 22; Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 42; Fechner, Medienrecht, RN 28; Selmer FS-Jaenicke, S. 43 (53); Köhler, in: Die Quote, S. 5 (5); Ebke/Scheel, in: Rechtsprobleme, S. 57 (58); Buchwald, in: Medien-Ethik, S. 178 (180); Haller, in: Medien-Ethik, S. 196 (209); Lange ZUM 1995, 529 (529 f.); Stammler ZUM 1995, 104 (109 f.); Beater AfP 2005, 133 (137). 209 Altmeppen, in: Medienwandel – Gesellschaftswandel, S. 91 (93). 210 Mestmäcker, in: Verhandlungen des 56. DJT, Band 1, S. 9 (35); Giehl, Der Wettbewerb zwischen öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunkveranstaltern, S. 19; Bartel, Fernsehnachrichten im Wettbewerb, S. 40; Preuss-Neudorf, Grundversorgung und Wettbewerb im dualen Rundfunksystem, S. 121; Lange ZUM 1995, 529 (529 f.). 211 Grundmann, Rundfunkanstalten, S. 62 f.; Paschke, Medienrecht, RN 358; Klein Der Staat 20 (1981), 177 (193); Mestmäcker GRUR Int. 1983, 553 (553); a. A. BVerfGE 57, 295 (319 ff.); 73, 118 (172 ff.); 83, 238 (324 ff.), das den wirtschaftlichen Wettbewerb dem publizistischen Wettbewerb gegenüberstellt.

II. Die Rolle der Gerichtsberichterstattung

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Der gesamte Rundfunkbereich ist somit kommerzialisiert.212 Öffentlich-rechtliche und privatrechtliche Anbieter sind sich somit näher, als man auf den ersten Blick vermuten würde.213 b) Auswirkungen des Wettbewerbs Der beschriebene Wettbewerb bestimmt Rundfunkverhalten und Programm. Auch Gerichtsberichterstattungen als Teile dieser Programme unterliegen den wettbewerbsgeschuldeten Wirkungen. Wie zu zeigen ist, ist es insbesondere der Wettbewerb, der zu den festgestellten Auffälligkeiten deutscher Strafgerichtsberichte führt. Jeder Anbieter von Rundfunksendungen ist auf Grund des bestehenden Wettbewerbes gezwungen, sein Angebot so attraktiv wie möglich zu gestalten, um nicht durch Verlust an Nachfrage aus dem Markt auszuscheiden.214 Daher richten sich die Anbieter an den Interessen und Bedürfnissen des Publikums aus.215 Für die Zuschauer und Zuhörer bedeutet dies, dass sie bei intaktem Wettbewerb unter mehreren Anbietern und Angebotsbedingungen auswählen können (sogenannte Freiheitsfunktion des Wettbewerbes)216, und dass sie über ihr Verhalten auch die publizistischen Leistungen der Anbieter beeinflussen (sogenannte ökonomische Funktion des Wettbewerbes).217 Der Vorwurf, das Publikum könne 212 Der von Hecker, „Medienmacht“ und Rezipientenfreiheit, S. 101 m.w. N. prognostizierte nur privatrechtliche Wettbewerb ist also nicht Wirklichkeit geworden. 213 Neben, Personenberichterstattung, S. 77; Hecker, „Medienmacht“ und Rezipientenfreiheit, S. 234 f.; Holzer, Medien in der BRD, S. 64 ff. 214 Behr, Der Sensationsprozess, S. 254; Leister, Rundfunk und Fernsehen, S. 45 (46). 215 Zu Recht wird vielfach (vgl. nur die Nachweise bei Hecker, „Medienmacht“ und Rezipientenfreiheit, S. 90) darauf hingewiesen, dass die Ausrichtung am Rezipientenbedürfnis nicht ausreichend hinterfragt wird. Wird dies getan, so fällt auf, dass ein Teil dieses Bedürfnisses überhaupt erst durch die Medien geschaffen wird, was in eine Art Bedürfniskreislauf führt. Nach Dröge, in: Unterhaltungsmedium Fernsehen, S. 116 (141 ff.) beuten die Medien eine von ihnen selbst produzierte Nachfrageform aus. Dieser zugespitzten Aussage ist jedoch, da die Zuschauer und Zuhörer auch eigene Interessen und Bedürfnisse verfolgen, nur teilweise zuzustimmen. Es scheint allerdings so, als ob die Nachfrage mit der zunehmenden Präsentation von Strafrechtsfällen im Rundfunk gefestigt, wenn nicht sogar verstärkt worden ist. Allgemeiner dazu Krüger, Massenmedien, S. 66. 216 Preuss-Neudorf, Grundversorgung und Wettbewerb im dualen Rundfunksystem, S. 105; Giehl, Der Wettbewerb zwischen öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunkveranstaltern, S. 15; Heinrich, Medienökonomie II, S. 596; Rosenberger/Schmid, Nachrichtenagenturen im Wettbewerb, S. 43 (44 f.). 217 Rinck/Schwarck, Wirtschaftsrecht, RN 267; Plog, Wem nützen die neuen Medien?, S. 20; Giehl, Der Wettbewerb zwischen öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunkveranstaltern, S. 34 f.; Meyen, Mediennutzung, S. 127; Heinrich, Medienökonomie II, S. 604; Hecker, „Medienmacht“ und Rezipientenfreiheit, S. 79; Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 42; Simgen FS-Wassermann, S. 531 (534); Hassemer, in: Einfluss der Medien, S. 61 (69); Rosenbaum, in: Die Quote, S. 39 (40); Kruse, in:

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C. Bild- und Tonaufnahmen

keinerlei Einfluss auf den Rundfunk und seine Darbietungen nehmen218, ist insofern in seiner Pauschalität unbegründet. Der Einfluss des Publikums reicht bis zu den Nachrichtensendungen, deren Bestandteile unter anderem Berichte über Strafverfahren sind.219 Das führt dazu, dass sich das Angebot der Rundfunkveranstalter auch hinsichtlich Gerichtsberichterstattungen nach den Kriterien der Vermarktbarkeit bestimmt.220 Dreh- und Angelpunkt sind damit die Zuschauer und Zuhörer221, welche letztlich über die mediale Auswahl der Themen bestimmen.222 So ist es dann auch nicht dem Zufall geschuldet, dass Nachrichten als gewerblich gefertigte Geschichten bezeichnet werden.223 Bereits angerissen wurde, dass Zuschauer und Zuhörer von den Rundfunkanbietern verstärkt unterhaltende und zerstreuende Beiträge erwarten.224 Im Wesentlichen sind es drei Bereiche, denen das Publikum einen hohen Unterhaltungswert beimisst, nämlich Verbrechen, Liebe und Klatsch.225 Erst in zweiter Linie stoßen Informationen auf Resonanz. Dementsprechend haben sich die modernen Massenmedien strukturell und personell auf Unterhaltung eingestellt.226 Auch die Nachrichtensendungen als klassische Informationsbeiträge konnten sich, da ein entsprechendes Interesse der Allgemeinheit besteht227, der Integration von unterhaltenden Elementen nicht entziehen. Unterhaltung und InformaMarkt – Macht – Medien, S. 57 (57); Diem, in: Die Zuschauer als Fernsehregisseure?, S. 244 (249); Seemann ZUM 1988, 67 (75); Scholz AfP 1995, 357 (358); kritisch Preuss-Neudorf, Grundversorgung und Wettbewerb im dualen Rundfunksystem, S. 122. 218 So Klein, in: Der Staat 20 (1981), 177 (193). 219 Zschunke, Agenturjournalismus, S. 50; Bartels, Fernsehnachrichten im Wettbewerb, S. 3 f.; Rosenberger/Schmid, Nachrichtenagenturen im Wettbewerb, S. 43 (43); Höhne, Der Journalist Heft 4/1995, 19 (19). 220 Zu diesem Zweck werden Zuschauer und Zuhörer in Zielgruppen und Typengruppen eingeteilt. Auf diese Zielgruppen und Typen werden die abzusetzenden Medienprodukte, also die Sendungen, dann jeweils zugeschnitten. Vgl. Hecker, „Medienmacht“ und Rezipientenfreiheit, S. 87; Buchwald, in: Medien-Ethik, S. 178 (181). 221 Dies so ähnlich konstatierend Giehl, Der Wettbewerb zwischen öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunkveranstaltern, S. 29; Neben, Personenberichterstattung, S. 24; 78; Hackforth, Massenmedien, S. 15, 91; Bartel, Fernsehnachrichten im Wettbewerb, S. 229; Großmann, Medienrezeption, S. 148 ff.; Bullinger JZ 1987, 257 (259, 261). 222 Neben, Personenberichterstattung, S. 78. 223 Vgl. Hagen, Informationsqualität, S. 81. 224 Siehe C. I. 1. 225 Krüger, Massenmedien, S. 64. 226 Vgl. Hecker, „Medienmacht“ und Rezipientenfreiheit, S. 20, 87; Spinner, in: Medien-Ethik, S. 148 (158); Jäckel, in: Markt – Macht – Medien, S. 197 (197). 227 Giehl, Der Wettbewerb zwischen öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunkveranstaltern, S. 16; Schneider, Kriminologie, S. 715; Neben, Personenberichterstattung, S. 57; Schneider, Presse- und Meinungsfreiheit, S. 125; Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 48; Winter/Eckert, Mediengeschichte, S. 88; in diese Richtung auch Plaue Kriminalistik 1973, 425 (426); Schatz/Immer/Marcinkowski RuF 1989, 5 (13); Faul RuF 1989, 25 (45).

II. Die Rolle der Gerichtsberichterstattung

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tion wurden auf Grund der wettbewerblich geprägten ökonomischen Interessen der Rundfunkanbieter zum „Infotainment“ vermischt228, Nachrichtensendungen zu „News-Shows“229. Diese Entwicklung umfasste auch die Gerichtsberichterstattungen, deren Unterhaltungswert zunehmend erkannt wurde. Von allen Verfahrensarten weisen Strafverfahren den höchsten Unterhaltungswert auf und bewirken so die höchsten Einschaltquoten. Damit korrespondiert das deutlich überwiegende Interesse des Publikums für Strafverfahren und Straftaten.230 Dem Strafrecht nämlich haftet, da es oft um Existenzen geht, etwas Schicksalhaftes an. Zudem interessiert die Allgemeinheit seit jeher das Thema Kriminalität.231 Da die Rundfunkanbieter diese Interessen aus primär ökonomischen Motiven befriedigen wollen232, sind es Strafverfahren, die den weitaus größten Anteil an Gerichtsberichterstattungen ausmachen.233 Nur auf Strafverfahren bezogen, ist der Unterhaltungswert der Verfahren umso größer, je prominenter die Beteiligten beziehungsweise je schwerer die verhandelten Straftaten sind. Mit dem Wettbewerb der Rundfunkanbieter lässt sich aber nicht nur die Wahl der Themen erklären, sondern auch die verwandten Bild- und Tonaufnahmen. In der Bevölkerung nämlich existiert ein erhebliches Interesse daran, solche Aufnahmen im Rahmen von Berichten über gerichtliche Strafverfahren zu sehen und zu hören. Auch dieses Interesse sucht der Rundfunk zu befriedigen, bedeutet dies doch höhere Einschaltquoten und so höheren Profit.234 Der allgemeine Grundsatz, dass ein Mehr an ökonomischer Orientierung ein Weniger an Qualität bedeutet, gilt auch für den Mediensektor. Die in den Strafgerichtsberichterstattungen zu beobachtenden Fragmentierungen, Dramatisierungen235, Personalisierungen236, Vereinfachungen237 und Normalisierungen238 stei228 Hierbei handelt es sich um unterhaltende Informationen beziehungsweise informierende Unterhaltung. Vgl. Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 48; Krüger, Massenmedien, S. 30; Fechner, Medienrecht, RN 38. 229 Hecker, „Medienmacht“ und Rezipientenfreiheit, S. 170; Spinner, in: MedienEthik, S. 148 (158) formuliert dazu: „. . . Denn in den Massenmedien sind Informationen schon immer nur Inseln – allenfalls Berge – im Unterhaltungsmeer gewesen . . .“. 230 Vgl. nur Kohlhaas DRiZ 1963, 329 (329). 231 Schwind, Kriminologie, § 14 RN 1; Mitzkewitz Kriminalistik 1961, 8 (8 f.); Erdsiek NJW 1963, 1048 (1048). 232 Vgl. Caesar Recht und Politik 32 (1996), 144 (144). 233 In Großbritannien ist dies anders. Dort ziehen auch Zivilprozesse verstärk Zuhörer an, und auch in den Medien wird eingehend über wichtige Zivilprozesse informiert. Vgl. Erdsiek NJW 1963, 1048 (1048). 234 Vgl. Caesar Recht und Politik 32 (1996), 144 (144). 235 Quoirin DRiZ 1995, 364 spricht von „. . . dramatisch[en] aufgemotzten Gerichtshäppchen . . .“. 236 Neben, Personenberichterstattung, S. 27, 281 stellt fest, dass personalisierte Informationen im privaten Rundfunk deutlich mehr (etwa die Hälfte) verwandt werden als das im öffentlich-rechtlichen Rundfunk (zu einem Drittel) der Fall ist; vgl. auch Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 367 f., 398; Scherer, Gerichtsöffentlichkeit, S. 34 f.; Gostomzyk AfP 2005, 437 (439).

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C. Bild- und Tonaufnahmen

gern zwar den Unterhaltungswert, gehen aber, da weniger Informationen vermittelt werden, zu Lasten der Qualität.239 Vor allem mit Personalisierungen und Dramatisierungen wird auf die Bedürfnisse des Publikums reagiert.240 Hierzu dienen insbesondere die im Rahmen dieser Arbeit zu behandelnden Bild- und Tonaufnahmen. Zudem wird der Aufwand für Recherche wegen des Wettbewerbes so gering wie möglich gehalten. Jedes Mehr an Aufwand bedeutet höhere Kosten. In aller Regel wird also gar nicht versucht, das komplexe Geschehen sowohl in tatsächlicher als auch in juristischer Hinsicht aufzuarbeiten. Weder werden juristische Probleme tiefgreifend erörtert, noch werden alle Seiten umfassend dargestellt. Für die Bevölkerung nämlich hat derartiges kaum einen Unterhaltungswert. Vielmehr würde das Publikum hierdurch davon abgeschreckt, die Sendungen zu konsumieren.241 Das aber soll in Anbetracht des Wettbewerbes gerade verhindert werden. Aus diesem Grund sucht man nach umfassenden Darstellungen nahezu vergebens. Aus Publikumssicht wesentlich interessanter ist da schon der in Ketten gelegte Angeklagte, der die Tat verteufelnde Staatsanwalt oder der einen potentiellen Sexualstraftäter in Schutz nehmende Verteidiger. Auf Grund des hohen Unterhaltungswertes dieser Darstellungen finden sich vor allem entsprechende Bild-, aber auch Tonaufnahmen in nahezu allen Strafgerichtsberichterstattungen des Rundfunks. Die Ausführungen können belegen, dass der publizistische und wirtschaftliche Wettbewerb mit zahlreichen Wirkungen auf die Gerichtsberichterstattungen einschließlich der Bild- und Tonaufnahmen aus dem Umfeld der strafgerichtlichen Hauptverhandlung ausstrahlt. Dass die Gerichtsberichterstattungen und die darin verwandten Aufnahmen die aufgezeigten Charakteristika aufweisen, ist also in erster Linie nicht auf Redakteure oder die Aufnahmen herstellende Personen zurückzuführen, sondern auf den ökonomisch bedingten Zwang, so viel

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van der Broeck, Kriminalität, S. 22. Vgl. Hagen, Informationsqualität, S. 81; Baumann, Bild des Opfers, S. 6; Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 466; Scherer, Gerichtsöffentlichkeit, S. 34 f.; Jäkkel, Medienwirkung, S. 187; Schneider, Kriminologie, S. 715; Neben, Personenberichterstattung, S. 77; Geerds FS-Oehler, S. 423 (437); Wilke, in: Markt – Macht – Medien, S. 17 (26); Schmidt-Holz, in: Rundfunk und Fernsehen, S. 15 (23); Gerhardt DRiZ 1999, 8 (8); a. A., allerdings allgemein auf Nachrichtensendungen bezogen Bartel, Fernsehnachrichten im Wettbewerb, S. 271 ff. 239 Vgl. nur Preuss-Neudorf, Grundversorgung und Wettbewerb im dualen Rundfunksystem, S. 122, 162; Bartels, Fernsehnachrichten im Wettbewerb, S. 9. Als Kriterien für die Qualität von Nachrichten und damit auch für die Qualität von Gerichtsberichterstattungen nennt Hagen, Informationsqualität, S. 105 ff. folgende mehr oder weniger relevanten Aspekte: Menge, Relevanz, Richtigkeit, Transparenz, Sachlichkeit, Ausgewogenheit, Vielfalt, Neutralität und Verständlichkeit; ähnliche Kriterien führt Badura, in: Rundfunk und Fernsehen, S. 35 (42) auf. 240 Vgl. Hagen, Informationsqualität, S. 81; Schneider, Kriminologie, S. 715. 241 Vgl. Hagen, Informationsqualität, S. 81; Krüger, Massenmedien, S. 62; Guttmann DRiZ 2000, 9. 238

II. Die Rolle der Gerichtsberichterstattung

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Publikum wie möglich anzusprechen, um Wettbewerbsvorteile zu erzielen. Die zunehmende Konkurrenz auch im Rundfunkbereich242 schlägt sich in einer zunehmenden Intensität und Häufigkeit von Strafgerichtsberichterstattungen nieder.243 c) Aus dem Wettbewerb resultierende Gefahren Im Grundsatz ist dem Bundesverfassungsgericht244 zuzustimmen, wenn es dem bestehenden Wettbewerb die positive Wirkung zuschreibt, das inländische Gesamtangebot an Rundfunkprogrammen und -sendungen anzuregen und zu beleben. Denn die Meinungsvielfalt wird tatsächlich erweitert und gestärkt.245 Ein derart an finanziellen Aspekten ausgerichteter Wettbewerb birgt aber auch Gefahren. Hier erweist sich insbesondere das Format der Strafgerichtsberichterstattungen als äußerst anfälliger Bereich. Die zeitlich knapp bemessenen Berichte bedingen geradezu ein Weniger an Information, Objektivität und so letztlich an Qualität.246 In concreto droht, dass die Inhalte der Programme verflachen, die Themen banalisiert werden und sich ausschließlich an der Einschaltquote orientiert wird. Infolgedessen ist zu befürchten, dass es durch eine verengte Angebotsstruktur zu standardisierten Themenangeboten und so zu einer deutlich verarmten „Vielfalt“ kommt.247 Diese Gefahr sieht das Bundesverfassungsgericht als Folge „. . . der wirtschaftlichen Notwendigkeit, möglichst massenattraktive, unter dem Gesichtspunkt der Maximierung der Zuschauer- und Hörerzahlen erfolgreiche Programme zu möglichst niedrigen Kosten zu verbreiten . . .“248. Doelke-Tobler249 spricht gar von einem Niveauverlust. Gleichgültig wie weit man hier geht, läuft der ökonomische Wettbewerb dem Ideal, wonach die öffentliche Meinung allein aus dem Wett242

Wagner, Strafprozessführung über die Medien, S. 98. Lehr NStZ 2001, 63 (63). 244 BVerfGE 74, 297 (332). 245 Giehl, Der Wettbewerb zwischen öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunkveranstaltern, S. 16. 246 Gerasch, Prozesswirklichkeit, S. 26 f., die dann auf S. 20 auch mehr Information für die Gesellschaft fordert; Baumann, Bild des Opfers, S. 5; Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 207; Meyn, Massenmedien, S. 193; Rüping FS-Dünnebier, S. 390 (394); Hassemer, in: Einfluss der Medien, S. 61 (69); Simgen FS-Wassermann, S. 531 (534 f.); Wyss EuGRZ 1996, 1 (14). 247 Zum Ganzen Preuss-Neudorf, Grundversorgung und Wettbewerb im dualen Rundfunksystem, S. 162; Baumann, Bild des Opfers, S. 16; vgl. Bartels, Fernsehnachrichten im Wettbewerb, S. 9; Hecker, „Medienmacht“ und Rezipientenfreiheit, S. 87, 92 f., 179 m.w. N.; Lange, in: Fernsehen, Wahrnehmungswelt, Programmsituation und Marktkonkurrenz, S. 289 (296); Doekler-Tobler, in: Medien-Ethik, S. 294 (300). 248 BVerfG NJW 1986, 239 (240). 249 Doekler-Tobler, in: Medien-Ethik, S. 294 (300). 243

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C. Bild- und Tonaufnahmen

streit der verschiedenen Meinungen ohne jeden Einfluss der Wirtschaftskraft erwächst, entgegen.250 Abgesehen davon drohen Gefahren vor allem aus einer anderen Richtung. Ausgangspunkt ist die Bedeutung des Rundfunks für das Wissen auch über die Strafjustiz im weitesten Sinne. Deshalb und infolge der regelmäßig stark vereinfachten Sachverhalte wird die Fähigkeit eines jeden Bürgers, sich mit der jeweiligen Materie zu beschäftigen, gefährdet und das Realitätsbild der Zuschauer und Zuhörer von Kriminalität und gerichtlicher Tätigkeit bestimmt.251 Das erzeugte Bild der Realität, und hier liegt die eigentliche Gefahr, ist in mehrerlei Hinsicht verzerrt. Vor allem im Hinblick auf die Kriminalitätsbelastung und -zusammensetzung wird dies deutlich. So tendiert die Masse der Bevölkerung dazu, Kriminalität als schwerer und bedrohlicher einzuschätzen, als es der tatsächlichen Situation entspricht.252 Hieran hat auch der Rundfunk einen beachtlichen Anteil. Die statistisch dominierende Alltags- und Bagatellekriminalität wird negiert, indem sie nicht erwähnt wird.253 Das verzerrte, durch den Rundfunk mitverursachte Kriminalitätsbild statuiert zugleich die gesellschaftlichen Erwartungen, die an Strafgerichtsberichterstattungen gestellt werden. Auf Grund des bestehenden Wettbewerbs müssen die Rundfunkanbieter diese Erwartungen erfüllen, wollen sie einen hohen Profit erzielen. Entsprechend häufig wird unter Verwendung von Bild- und Tonaufnahmen über Strafverfahren aus dem Gewaltund Sexualbereich berichtet.254 Es schließt sich so ein gefährlicher Kreis. Die bestehenden Verzerrungen werden aufrechterhalten und gefestigt255, was zu einer noch deutlicheren Nachfrage nach diesbezüglichen Gerichtsberichten führt, welche wiederum befriedigt werden will. Dieser Kreislauf birgt, da eine gut informierte Bevölkerung für ein funktionierendes gesellschaftliches und politisches System notwendig ist, ein erhebliches Gefahrenpotential.

250

Wieland, Die Freiheit des Rundfunks, S. 131; Schumacher, Programmauflagen,

S. 92. 251 Schwind, Kriminologie, § 14 RN 1; Jäckel, Medienwirkung, S. 212 f.; SchmidtHolz, in: Rundfunk und Fernsehen, S. 15 (21 ff.), der „. . . konsumentenfreundliche Nachrichtensendungen, die den Zuschauer nicht mehr fordern und das Nachdenken entbehrlich machen . . .“ ablehnt (S. 23). 252 Eisenberg, Kriminologie, § 50 RN 25 f.; Schneider, Kriminologie, S. 728; Jäckel, Medienwirkung, S. 210; Riklin, in: Stigmatisierung, S. 129 (132); Hartmann FS-Göppinger, S. 579 (584). 253 Gerasch, Prozesswirklichkeit, S. 18, 20; Baumann, Bild des Opfers, S. 10; van der Broeck, Kriminalität, S. 21 f.; Schwind, Kriminologie, § 14 RN 47; Rüping FSDünnebier, S. 390 (394); auf die Presse bezogen Plaue Kriminalistik 1973, 425 (426). 254 Vgl. Kaiser, Kriminologie, § 33 RN 24. 255 Vgl. nur Geerds FS-Oehler, S. 423 (433) m.w. N.; Hoffmann-Riem JZ 1975, 469 (473); Zschiedrich, Informationsanspruch, S. 46; Scherer, Gerichtsöffentlichkeit, S. 24 ff.; van der Broeck, Kriminalität, S. 21; Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 312 ff. m.w. N.; Widmaier NJW 2004, 399 (400 f.).

II. Die Rolle der Gerichtsberichterstattung

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Die beim Kriminalitätsbild zu konstatierenden Verzerrungen setzen sich in den Vorstellungen über die Tätigkeiten innerhalb der Justiz, insbesondere der Strafjustiz, fort. Über die rechtsstaatlichen, prozessförmigen Verfahren mit dem Ziel, über Schuld und Unschuld des Angeklagten zu entscheiden, herrscht seit jeher ein verzerrtes Bild. So wird die deutsche Strafjustiz häufig als langsam, altmodisch und ungerecht qualifiziert.256 Auch an diesem Bild hat der Rundfunk seinen Anteil. Indem die rechtlichen Grundlagen und Probleme größtenteils aus den Berichterstattungen ausgeklammert werden, werden unzutreffende Realitätsvorstellungen bewirkt beziehungsweise verstärkt.257 Strafverfahren werden so weniger als rechtlich geordnetes Verfahren denn als Akte großer Schauspielerei empfunden. Prekär ist zudem, dass die verzerrten Realitätsvorstellungen auch bei einigen Journalisten zu finden sind.258 Schließlich gilt es auf einen dritten Bereich von Verzerrungen hinzuweisen. Auch die Gesellschaft, das ist inzwischen wissenschaftlich anerkannt, ist, wenn auch begrenzt, für die beund entstehende Kriminalität verantwortlich.259 Indem auf Grund ökonomischer Gründe die Berichte stark personalisiert werden, liegt der Fokus der Berichterstattung häufig einseitig auf den Angeklagten und Verurteilten.260 Diese werden dem Publikum als einzig Verantwortliche präsentiert. Anstatt auch auf die Rolle der Gesellschaft hinzuweisen, werden immer wieder Stereotypen verwandt, die dem typischen Verbrecherbild entsprechen.261 Anstöße zur kritischen Auseinandersetzung mit der Rolle der Gesellschaft bleiben deshalb oft eine Wunschvorstellung.262 Wirkliches Wissen also wird durch Strafgerichtsberichterstattungen allenfalls am Rande vermittelt. Mit bloßer Information, das ist die bedauernswerte Erkenntnis, lassen sich nur unzureichende Einnahmen erzielen. Dies überlagert die Bereitschaft der Massenmedien, umfassend zu informieren. Mithin ist der ökonomische Wettbewerb ein wesentlicher Grund263 für das verzerrte Krimina256 In einer Forsa-Umfrage beurteilten 52 Prozent der Bundesbürger die Arbeit der Gerichte als nicht besonders gut und 20 Prozent gar als schlecht. 65 Prozent der Befragten nahmen an, dass die Polizei die Verbrecher fängt und die Justiz sie wieder laufen lässt. Schließlich nahmen 71 Prozent an, die Strafjustiz arbeite zu langsam. [Nach Prinz FS-Engelschall, S. 243 (250)]. 257 Vorsichtig in diese Richtung BVerfG ZUM 2001, 220 (226); Hassemer, in: Einfluss der Medien, S. 61 (70). 258 Guttmann DRiZ 2000, 9. 259 Vgl. Gerasch, Prozesswirklichkeit, S. 18. Zu den gesellschaftsbezogenen Verbrechenstheorien: Schneider, Kriminologie, S. 396 ff.; Mergen, Die Kriminologie, S. 80 ff.; Schwind, Kriminologie, § 7 RNn 1 ff. jeweils m.w. N.; Mauz, Die Justiz vor Gericht, S. 13, Hoffmann-Riem JZ 1975, 469 (473). 260 Die Opfer werden allenfalls am Rande erwähnt. Vgl. Baumann, Bild des Opfers, S. 4. 261 von Becker, Massenmedien, S. 264. 262 von Becker, Massenmedien, S. 264; Stein-Hilbers, Kommunikation über Verbrechen, S. 311; Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 4.

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C. Bild- und Tonaufnahmen

litäts- und Justizbild.264 Die Ausrichtung am Rundfunkpublikum verstärkt so bestehende Klischees und Verzerrungen.265 Hiervon gehen mitunter erhebliche Gefahren aus. Engau266 zufolge müsse jedoch berücksichtigt werden, dass die teilweise unterschiedlichen und gegensätzlichen Berichterstattungen der einzelnen Anbieter einen Meinungsausgleich und damit eine Neutralisierung der verzerrenden Wirkungen herbeiführen. Voraussetzung aber wäre erstens, dass es die Rezipienten nicht bei einer nur einmaligen Informationszufuhr belassen und zweitens, dass die Berichterstattungen auch tatsächlich gegenläufig sind. Soweit ersichtlich existieren diesbezüglich keine empirischen Ergebnisse. Infolge der knappen und schnelllebigen Zeit kann auch nicht angenommen werden, die Zuschauer und Zuhörer würden sich stets parallel aus mehreren Quellen unterrichten.267 Zudem bedingt der Wettbewerb, dass Strafgerichtsberichterstattungen, von Details einmal abgesehen268, nahezu identisch präsentiert werden. Sämtliche Anbieter versuchen das mehrheitliche Interesse der Allgemeinheit zu treffen. Da sie so um einen einzigen begrenzten Nachfragemarkt kämpfen, bilden sich geradezu zwangsläufig ähnliche Wettbewerbsstrategien der Rundfunkanbieter aus.269 Das wiederum bedingt ähnlich geformte und ausgerichtete Gerichtsberichterstattungen.270 Es muss also bei dem gefundenen Ergebnis der ernst zu nehmenden Gefahr verzerrender Effekte bleiben.271 263 Nicht geleugnet werden kann, dass auch die die Justizarbeit kennzeichnende schwer verständliche Fachsprache gewisse Kommunikations- und Verständnisschwierigkeiten hervorruft. Auch werden die getroffenen Einzelfallentscheidungen häufig nicht als solche verstanden und deshalb für allgemeingültig gehalten. Schon das führt in der Öffentlichkeit zu Verzerrungen hinsichtlich des Justizverständnisses. Vgl. Prinz FS-Engelschall, S. 243 (250 f.). 264 Gerasch, Prozesswirklichkeit, S. 18. 265 BVerfG ZUM 2001, 220 (226); Benz, Laienrichter, S. 157; Baumann, Bild des Opfers, S. 17; Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 44 f.; Schwind, Kriminologie, § 14 RN 47; Kühne, Strafprozessrecht, RN 699; Hassemer, in: Einfluss der Medien, S. 61 (69); Geerds FS-Oehler, S. 423 (433, 437); Hartmann FS-Göppinger, S. 579 (584, 586 f.); Rüping FS-Dünnebier, S. 390 (394); Simgen FS-Wassermann, S. 531 (534); Erdsiek NJW 1960, 1048 (1050); Kotz NStZ 1982, 14 (16); Beulke, JR 1982, 309 (312); Feltes/Ostermann MschKrim 68 (1985), 261 (264); Lamnek MschKrim 73 (1990), 163 (174); Voss DRiZ 1994, 445 (447); Stürner JZ 1995, 297 (298). 266 Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 211. 267 Sehr weit in die andere Richtung geht Schmidt-Holz, in: Informationsrecht, Informationspflicht und Informationsstil, S. 15 (23), der annimmt, dass die Zuschauer Nachrichten in Annahme ihrer Unzutreffendheit durch erneutes Konsumieren anderer Nachrichten kontrollieren: „. . . Solange der Zuschauer anhand der Tagesschau überprüft, ob das alles wirklich so ist, wie die privaten Nachrichtensendungen es gezeigt haben, . . .“. 268 So bestehen zum Beispiel Unterschiede in Präsentationsform und Sprache, die auf die jeweilige Zielgruppe zugeschnitten sind. 269 Vgl. dazu Bartel, Fernsehnachrichten im Wettbewerb, S. 268; Schmitz-Borchert, Medienmarkt und Medienorganisation, S. 227. 270 Das stellt auch Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 214 für diesen Bereich fest; verallgemeinert bei Schmitz-Borchert, Medienmarkt und Medienorganisation,

II. Die Rolle der Gerichtsberichterstattung

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Ein weiterer Punkt, der zu dieser Gefahrenlage beiträgt, ist die nur begrenzt zur Verfügung stehende Sendezeit. Das Streben danach, möglichst viel publikumsattraktives Material in kürzester Zeit zu senden, ist eine Folge des ökonomischen Wettbewerbes. Die deshalb notwendig272 vorzunehmende Selektion führt, da mehrheitlich Spektakuläres gesehen werden will und deshalb entsprechende Berichte unter Verwendung von Bild- und Tonaufnahmen gesendet werden, zu der Auffassung großer Teile der Bevölkerung, dass diese Verfahren den Normalfall an deutschen Strafgerichten bilden.273 Letztlich ist so jede die Zuschauer und Zuhörer erreichende Information ein Resultat selektiver Verarbeitung der Tatsachen.274 Folge dessen ist wiederum die Gefahr verzerrter Realitätsvorstellungen. Der Ansicht, dass die selektionsbedingten Verzerrungen nicht zu einem Vorwurf gereichen275, ist nur teilweise zuzustimmen. Sicher ist eine am Publikum orientierte Selektion unumgänglich. Jedoch ist es kritikwürdig und den Rundfunkanbietern vorzuwerfen, wenn sie es versäumen, den entstehenden Verzerrungen entgegenzuwirken. Die Gefahr verzerrender Effekte darf vom Rundfunk nicht sehenden Auges hingenommen werden. Werden allerdings den Vorstellungen des Publikums entgegenstehende Argumente und Informationen ausgelassen beziehungsweise unterdrückt, so ist der damit bewirkte Einfluss noch größer als in den Fällen, in denen ein Standpunkt mittels des Rundfunks einseitig betont wird.276 Die diesbezügliche Gefahr liegt S. 227; Hecker, „Medienmacht“ und Rezipientenfreiheit, S. 87; Wilke, in: Markt – Macht – Medien, S. 17 (25) zu einem „. . . Zwang zur Angleichung der Angebote (Konvergenz) . . .“; Widlok, in: Medienwandel – Gesellschaftswandel, S. 229 (240 f.); Zuck DRiZ 1997, 23 (28); vgl. auch Bartels, Fernsehnachrichten im Wettbewerb, S. 8 f. m.w. N. in FNn 22 ff. 271 In der Medienforschung gibt es diesbezüglich zwei Lager. Auf der einen Seite steht der „ptolemäische Ansatz“, dem zufolge die Medien ein Instrument sind, das im Dienste der Gesellschaft steht und die Gesellschaft zum Objekt hat. Danach ist es die Aufgabe der Medien, insbesondere der Nachrichtenmedien, Realität wiederzuspiegeln im Sinne eines passiven Mitteilers, der ein möglichst getreues und genaues Abbild der Realität darstellen soll. Nach diesem, hier vertretenen Ansatz stellen dann unnötige Verzerrungen negativ zu beurteilende Gefahren dar. Diesem Ansatz gegenüber steht der „kopernikanische Ansatz“, der die Medien als integraler Bestandteil der Gesellschaft begreift. Danach werden die Medien als ein aktives Moment in dem sozialen Prozess verstanden, aus dem eine Vorstellung von Wirklichkeit erst hervorgeht. Deshalb werden diesem Ansatz zufolge zwar Verzerrungen ebenfalls festgestellt, dies aber als unvermeidliche Charakteristika der Medienberichterstattung akzeptiert, ohne diese negativ zu bewerten. Vgl. Früh, Realitätsvermittlung, S. 28 ff.; Jäckel, Medienwirkung, S. 194. 272 Vgl. Früh, Realitätsvermittlung, S. 26 f.; Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 207; Tettinger, in: Informationsrecht, Informationspflicht und Informationsstil, S. 62 (74); anderer Ansicht ist wohl Zuck NJW 2001, 1623 (1624), der von den Medien gerade das Bemühen um „. . . nicht selektiv gefilterte Informationen . . .“ fordert. 273 Baumann, Bild des Opfers, S. 10, 16; Geerds FS-Oehler, S. 423 (428). 274 Vgl. Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 208; Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 43; Badura, in: Rundfunk und Fernsehen, S. 35 (36); Brand, Rundfunk, S. 100. 275 Hassemer, in: Einfluss der Medien, S. 61 (71).

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C. Bild- und Tonaufnahmen

darin, dass viele Informationen infolge der sehr begrenzten Sendezeit weggelassen werden müssen. Das Publikum wird so in Bezug auf die gesamten Strafverfahren beeinflusst, was wiederum zu Verzerrungen führen kann.277 Da gerade Strafgerichtsberichterstattungen häufig Wertungen enthalten, mit denen Zuschauer und Zuhörer angesprochen werden, ist der Einfluss des Rundfunks auf die Rezipienten in diesem Bereich sehr hoch. In jedem äußeren Einfluss auf die öffentliche Meinungsbildung liegt insbesondere durch die potentielle Steuerungsfähigkeit des Vorgangs zudem die Gefahr bewusster und unbewusster Manipulationen.278 Deutlich geworden ist, dass durch den Wettbewerb der Rundfunkanbieter, der sowohl in ökonomischer als auch in publizistischer Hinsicht geführt wird, Gefahren ausgehen. Die stetige Verschärfung der Wettbewerbssituation zwischen den Rundfunkunternehmen führt, wie Schippan279 treffend feststellt, zu immer größeren Rücksichtslosigkeiten nicht nur untereinander, sondern auch im Hinblick auf die „Medienopfer“ und deren Persönlichkeitsrechte. Diese gründen häufig auf dem Druck der Massenmedien nach größtmöglichem Profit, der oftmals eine bedingungslose Ausrichtung an den Mehrheitswünschen des Publikums zur Folge hat.

III. Zusammenfassung Gerade der Rundfunk hat eine inzwischen nicht mehr wegzudenkende Stellung in allen gesellschaftlichen Schichten erreicht, die diesem Medium zu einer äußerst einflussreichen Macht verhilft. Sowohl öffentliche Meinungsbildung als auch große Teile des Allgemeinwissens werden durch den Rundfunk mitbestimmt. Dem Ideal nach werden hiermit, auch auf die Strafgerichtsberichterstattungen bezogen, vielfältige Funktionen erfüllt. Jedoch tritt der häufig bedingungslos geführte Wettbewerb um Quoten und Profit hinzu, der diese Wirkungen in einem anderen Licht erscheinen lassen muss. Indem sich sämtliche Rundfunkanbieter an den mehrheitlichen, überwiegend unterhaltungsorientierten 276 Vgl. BVerfGE 12, 113 (131); von Arnim, Der Einfluss vom Massenmedien auf politisches Verhalten, S. 192; Hackforth, Massenmedien, S. 138; zu damit zusammenhängenden Offenbarungspflichten ausführlich Faber, Innere Geistesfreiheit und suggestive Beeinflussung, S. 86 ff. 277 von Becker, Massenmedien, S. 117. 278 Auf beide Möglichkeiten abstellend auch Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 210; vgl. auch Meyn, Massenmedien, S. 194; Jäckel, Medienwirkung, S. 184; Zschiedrich, Informationsanspruch, S. 78; Brand, Rundfunk, S. 100; Siegert NJW 1963, 1953 (1954); Klein, in: Der Staat 20 (1981), 177 (184); Kirchhof DVBl. 1999, 637 (654); Hoffmann-Riem M&K 2006, 95 (103); kritisch Hecker, „Medienmacht“ und Rezipientenfreiheit, S. 21 f., der auf S. 209 aber zugesteht, dass es in Grenzen zu manipulativen Wirkungen der Medien kommen kann. 279 Schippan ZUM 1996, 398 (398).

III. Zusammenfassung

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Interessen, Vorlieben und Bedürfnissen des Publikums ausrichten, leidet die Informationsvermittlung sowohl in quantitativer als auch in qualitativer Hinsicht. Hieraus resultieren erhebliche Gefahren, vor allem im Hinblick auf bewirkte beziehungsweise verstärkte Verzerrungen hinsichtlich Kriminalitätsbelastung und Tätigkeiten innerhalb der Strafjustiz. Denn die von den Massenmedien konstruierte und vermittelte Realität findet sich häufig nur im Ansatz in der tatsächlichen Wirklichkeit wieder. Erst diesen Wettbewerb vor Augen werden die Charakteristika der derzeitigen Strafgerichtsberichterstattungen vollends erklärbar. Auch wenn Rundfunk und Strafgerichtsberichterstattungen enorm wichtige Funktionen für Staat und Gesellschaft zuzuschreiben sind, lässt sich so doch bereits hier ein Spannungsverhältnis ausmachen, das einer rein positiven Bewertung des Rundfunks und so auch der darin verbreiteten Gerichtsberichterstattungen entgegensteht. Der häufig bedingungslos geführte Wettbewerb steht, so ist zu befürchten, einer adäquaten Erfüllung der aufgezeigten Funktionen zumindest teilweise entgegen. Von Bedeutung ist diesbezüglich, dass die Ziele des Strafrechts im Allgemeinen nicht im Zentrum medialer Interessen stehen. Ohne bereits hier ein Urteil über den Rundfunk abzugeben, steht doch fest, dass die Medien die Strafjustiz entsprechend ihrer eigenen Bedürfnisse inszenieren.280 Brisant ist im Hinblick auf die Auswirkungen des Wettbewerbes, dass sich der Wettbewerb stetig verschärft.281 Die Frage, die sich aus den gewonnenen Erkenntnissen ergibt, ist, ob die personenbezogenen Bild- und Tonaufnahmen aus dem Umfeld der strafgerichtlichen Hauptverhandlung, welche nach dem Gesagten als Wettbewerbsmittel zu qualifizieren sind, kritisch zu begleiten sind. Genaugenommen werden nicht nur die Aufnahmen zu Wettbewerbszwecken eingesetzt, sondern, da die Berichte bewusst personalisiert werden, auch und gerade die aufgenommenen Personen. Inwiefern diese sich als Einschaltquoten erhöhende und Nachrichtenlücken füllende Mittel hinzugeben haben, wird noch zu untersuchen sein. In Anbetracht der vom umfassend geführten Wettbewerb ausgehenden Gefahren kommen aber bereits hier Zweifel dahingehend auf, Bild- und Tonaufnahmen im Umfeld der strafgerichtlichen Hauptverhandlung uneingeschränkt zuzulassen. Eine diesbezügliche Entscheidung durch das zuständige Organ ist daher unverzichtbar. Nur so lassen sich klare Verhältnisse schaffen.

280

Zum ganzen Hassemer, in: Einfluss der Medien, S. 61 (70). Rotsch, Journalistische Recherche, S. 39; Neben, Personenberichterstattung, S. 95; Renckstorf, in: Medien-Ethik, S. 129 (144); Hasler, in: Medien-Ethik, S. 212 (219); Lehr NStZ 2001, 63 (63). 281

D. Die Zuständigkeit für Entscheidungen über Bild- und Tonaufnahmen Fraglich ist allerdings, wer für die Entscheidung zuständig ist, auf welcher Basis sie zu ergehen hat und welcher Natur sie ist. Diesbezüglich bieten sich drei Rechtsgrundlagen an. Grundsätzlich kommen als Entscheidungsträger zwei Personen in Betracht, nämlich einerseits der Gerichtspräsident und andererseits der Vorsitzende Richter, entweder allein oder im Zusammenspiel mit den übrigen Kammer- beziehungsweise Senatsmitgliedern. Für die Gerichtspräsidenten könnte das Hausrecht die einschlägige Rechtsgrundlage für die zu treffenden aufnahmebezogenen Entscheidungen sein. Die Vorsitzenden Richter dagegen könnten sich auf ihre sitzungspolizeilichen Befugnisse (§ 176 GVG) oder auf die der Verhandlungsleitung (§ 238 Abs. 1 StPO) stützen. Beides gehört der übergeordneten Prozessleitung, durch welche das jeweils anhängige Verfahren entsprechend der einschlägigen Verfahrensordnung gesteuert wird, an.1 Die Prozessleitung betrifft also den gesamten gesetzmäßigen, zweckfördernden, erschöpfenden und schleunigen Verlauf des konkreten Verfahrens.2 Mit diesen Feststellungen ist jedoch wenig geholfen. Deshalb muss es nachfolgend darum gehen, die Befugnisarten derart auszufüllen und gegeneinander abzugrenzen, dass sich eine eindeutige Zuständigkeit für das Umfeld der strafgerichtlichen Hauptverhandlung hinsichtlich der Bild- und Tonaufnahmen ergibt.

I. Die Verhandlungsleitung nach § 238 Abs. 1 StPO § 238 Abs. 1 StPO bestimmt, dass die Leitung der Verhandlung, die Vernehmung des Angeklagten und die Aufnahme von Beweisen durch den Vorsitzenden erfolgen. Diese Verhandlungsleitung ist ein eigenes Recht des Vorsitzenden3, welches ihn von Amts wegen dazu verpflichtet, entsprechend tätig zu 1 Die Prozessleitung bezieht sich hauptsächlich auf die mündliche Verhandlung, die das Kernstück eines jeden Verfahrens darstellt. Sie ist für den Zivilprozess in § 136 ZPO, für den Arbeitsprozess in § 46 II ArbGG i.V. m. § 136 ZPO für den Strafprozess in § 238 StPO, für den Verwaltungsprozess in §§ 103, 104 VwGO, für den Sozialprozess in § 112 SGG und für den Finanzprozess in §§ 92, 93 FGO geregelt. 2 Schmidt, Lehrkommentar, § 238 RN 2; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, § 78 RN 2; Schilken, Gerichtsverfassungsrecht, RN 204. 3 Grund hierfür ist das Beschleunigungsgebot. Müsste in allen Belangen das Kollegialorgan, also das Gericht insgesamt, entscheiden, ginge unweigerlich Zeit verloren. [LR IV/Gollwitzer, § 238 RN 1; SK StPO/Schlüchter, § 238 RN 2; Schmidt, Lehr-

I. Die Verhandlungsleitung nach § 238 Abs. 1 StPO

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werden.4 Wenn die Entscheidung über die Bild- und Tonaufnahmen zur Leitung der Verhandlung zu zählen ist, wäre eine einschlägige Befugnisnorm gefunden. Unter die umfassend zu verstehende Verhandlungsleitung fallen über die gesetzlich geregelten Fälle hinaus alle Maßnahmen, die der Vorsitzende trifft, um die Hauptverhandlung durchzuführen und Verfahrensfehler zu heilen.5 1. Abgrenzung zur Sachleitung, § 238 Abs. 1 und 2 StPO Der auf den ersten Blick eindeutigen Systematik des § 238 StPO nach, ist zwischen Verhandlungsleitung (§ 238 Abs. 1 StPO) und Sachleitung (§ 238 Abs. 2 StPO) zu unterscheiden. Geht man vom Wortlaut aus, so scheinen Verhandlungs- und Sachleitung nebeneinander zu stehen. Die vermeintliche Klarheit der Abgrenzung schwindet mit dem Versuch, die Begriffe auszufüllen. Denn dann sind infolge der Auslegungsbedürftigkeit mehrere Varianten möglich.6 Gerade für den Rechtsschutz ist die Abgrenzung zwischen Verhandlungsund Sachleitung außerordentlich wichtig.7 Nur nach § 238 Abs. 2 StPO ist eine gerichtliche Überprüfung möglich. Da die Abgrenzung auch für das Verständnis der Verhandlungsleitung von Bedeutung ist, soll diese in der gebotenen Kürze bereits an dieser Stelle durchgeführt werden. Das Verhältnis von Verhandlungsund Sachleitung ist heftig umstritten. Im Wesentlichen stehen sich zwei Lager gegenüber. Während das eine differenzieren will, geht das andere von Identität aus.

kommentar, § 238 RN 2; Schäfer, Die Praxis des Strafverfahrens, RN 875; Fuhrmann, GA 1963, 65 (66); Ebert StV 1997, 269 (274); Schneider JuS 2003, 176 (176)] Deshalb sind in der StPO nur sachlich sehr wichtige Anordnungen der Entscheidung des Gerichts als Kollegialorgan vorbehalten. So §§ 4, 6a S. 1, 27 Abs. 1, 51, 70, 77, 228 Abs. 1 S. 1, 230 Abs. 2, 231 Abs. 2, 231a Abs. 3, 231b Abs. 1, 231c, 233, 236, 237, 244 Abs. 6, 245 Abs. 2, 247, 251 Abs. 4, § 265 Abs. 4, 266, 270. 4 RGSt 44, 65 (67); BGH MDR 1953, 21; LR IV/Gollwitzer, § 238 RN 2; SK StPO/Schlüchter, § 238 RN 3; Pfeiffer, StPO, § 238 RN 1; KK/Tolksdorf, § 238 RN 1; Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 238 RN 3; Wassermann II,2/Schöch, § 238 RN 3; Ranft, Strafprozessrecht, RN 1449; Schmid FS-Mayer, S. 543 (543); Fuhrmann GA 1963, 65 (66); Strecker FPR 2000, 129 (129); stellvertretend zur Kritik an einer so dominierenden Rolle des Vorsitzenden: Rieß FS-Lackner, S. 965 (973 ff.) und Schünemann, GA 1978, 161 (163 ff.). 5 LR IV/Gollwitzer, § 238 RN 3; Schmidt, Lehrkommentar, § 238 RN 11; HD/Julius, § 238 RN 2; Bohnert, Revision, S. 169; Burhoff, Strafrechtliche Hauptverhandlung, RN 972a. 6 Fuhrmann GA 1963, 65 (80) bezeichnet die Fassung des § 238 StPO als „. . . wenig glücklich . . .“ und fordert ein Tätigwerden des Gesetzgebers. 7 Dazu bei I. III. 3.

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D. Zuständigkeit für Entscheidungen über Bild- und Tonaufnahmen

a) Trennung von Verhandlungs- und Sachleitung Diejenigen, die Verhandlungs- und Sachleitung strikt voneinander trennen, können sich auf den Wortlaut des § 238 StPO stützen. Während die Verhandlungsleitung danach ausschließlich den glatten, reibungslosen Verlauf der Hauptverhandlung sichern, also einzig den äußeren Ablauf regeln soll8, sind von der Sachleitung alle Maßnahmen umfasst, die auf die Sachgestaltung einer Entscheidung Einfluss haben, also das Innere des Verfahrens betreffen.9 Der materiellen Sachleitung steht danach die formelle Verhandlungsleitung gegenüber.10 Die verschiedenen Wesen der Leitungsarten sollen es unabdingbar machen, entsprechend zu differenzieren. Die genauen Abgrenzungskriterien aber werden innerhalb dieser Trennungslösung nicht einheitlich gefasst.11 Auf diese soll es hier aber nicht ankommen. Wichtig ist einzig, dass eine Trennung vorgenommen wird, nicht wie. b) Gleichstellung von Verhandlungs- und Sachleitung Im Gegensatz zum Trennungsgedanken wird vertreten, dass die Sachleitung nicht als Gegensatz zur Verhandlungsleitung zu verstehen ist, sondern als ein sich teilweise mit der Verhandlungsleitung deckender Aspekt.12 Hiernach hat eine Abgrenzung, wie sie die erstgenannte Ansicht durchführt, zu unterbleiben. 8 OLG Hamm NJW 1972, 1246 (1247); KG NStZ 1984, 523 (524); Brodag, Strafverfahrensrecht, RN 196; Koeniger, Hauptverhandlung, S. 210. 9 RGSt 54, 110 (114); BGH NJW 1957, 271 = MDR 1957, 243 (244); OLG Hamm NJW 1972, 1246 (1247); Bohnert, Revision, S. 169; Koeniger, Hauptverhandlung, S. 214; nach Roesen NJW 1958, 977 (977) ist „. . . Die Sachleitung . . . der Unterschied zur äußeren (Verhandlungs-)Leitung . . .“. 10 Deshalb wird dem Begriff der (materiellen) Sachleitung zur Klarstellung häufig der Begriff der formellen Verhandlungsleitung entgegengesetzt, vgl. z. B. SK StPO/ Schlüchter, § 238 RN 7; Schäfer, Die Praxis des Strafverfahrens, RN 877; Schlüchter, Hauptverhandlung, RN 452.1; Roxin, Strafverfahrensrecht, § 42 RN 13; Krey, Strafverfahrensrecht 2, RN 673; Schmid FS-Mayer, S.543 (546); Fuhrmann, GA 1963, 65 (69). 11 Ausführlich zu den vertretenen Abgrenzungsvarianten: Erker, Beanstandungsrecht, S. 26 ff. Drei Beispiele seien hier genannt: Verhandlungsleitung betrifft nach Alsberg LZ 1914, 1170 (1172) die rein geschäftliche Ordnung. Was dagegen die Produzierung und Judizierung des Streitstoffes betrifft, gehöre der Sachleitung an. Roxin, Strafverfahrensrecht, § 42 RN 13 fasst unter Sachleitung alle Maßnahmen, die allein nach rechtlichen Kategorien überprüfbar und allein unter dem Gesichtspunkt der Zweckmäßigkeit überprüfbar sind. Das Beanstandungsrecht und die Revision parallelisierend wird von Schlüchter, Das Strafverfahren, RN 452.1 die Unterscheidung danach vorgenommen, ob die Maßnahmen Einfluss auf die Entscheidung auszuüben vermögen, wobei auf die tatsächliche Wirkung abgestellt wird. 12 SK StPO/Schlüchter, § 238 RN 7; KK/Tolksdorf, § 238 RN 6; Pfeiffer, StPO, § 238 RN 2; von Beling, Deutsches Reichsstrafprozessrecht mit Einschluss des Strafverfassungsrechts, S. 375; Gröner, Strafverteidiger und Sitzungspolizei, S. 158 f.; Fuhrmann GA 1963, 65 (72 f.); Alsberg, ZStW 50 (1930), 73 (74); Goldschmidt JW

I. Die Verhandlungsleitung nach § 238 Abs. 1 StPO

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Die Gewähr von Rechtsschutz nach § 238 Abs. 2 StPO sei vielmehr an den jeweiligen Wirkungen der Maßnahme festzumachen. c) Stellungnahme Die Trennungslösung steht und fällt mit der Möglichkeit, eine derartige Trennung auch tatsächlich vornehmen zu können. Schaut man genauer auf die möglichen Anordnungen, fällt auf, dass es kaum eine Maßnahme gibt, die ausschließlich den äußeren Ablauf der Hauptverhandlung betrifft.13 Jede verhandlungsleitende Anordnung kann je nach deren Wirkungen zugleich eine sachleitende Anordnung sein.14 Anstatt scharfer Trennlinien zwischen Maßnahmen nach § 238 Abs. 1 und Abs. 2 StPO existieren also fließende Übergänge. Eine strikte Trennung der Bereiche ist nicht möglich.15 Schon deshalb ist der Trennungslösung der Boden entzogen. Dem könnte allenfalls der Wortlaut des § 238 StPO entgegengehalten werden, der zumindest zunächst als eindeutig erscheint. Eine Differenzierung würde dem allgemeinen Sprachgebrauch gerecht werden. Allerdings zeigt ein Blick auf die Entstehungsgeschichte des § 238 StPO, dass der Gesetzgeber aus redaktionellen Gründen verschiedene Ausdrucksweisen für ein und dieselbe Sache gewählt hat.16 Denn die Begründung des Antrages von Bähr zur Einfügung des § 238 Abs. 2 StPO lässt auf eine Gleichstellung von Sach- und Verhandlungsleitung schließen.17 Daraus kann, wie Fuhrmann18 richtig schließt, nur entnommen werden, dass Bähr mit dem Begriff der Sachleitung die Leitung der Sache selbst in der Hauptverhandlung gemeint hat, welche aber mit der Leitung 1929, 2684 (2686); Schmid FS-Mayer, S. 543 (548 f.); Michel MDR 1994, 648; ausdrücklich dagegen KMR/Paulus § 238 RN 9. 13 LR/Gollwitzer, § 238 RNn 20 f.; HD/Julius, § 238 RN 4; KK/Tolksdorf, § 238 RN 6; SK StPO/Schlüchter, § 238 RN 9; Wassermann II,2/Schöch, § 238 RN 30; Volk, Strafprozessrecht, §19 RN 24; Beulke, Strafprozessrecht, RN 373; Schmid FSMayer, S. 543 (547); Fuhrmann, GA 1963, 65 (71). 14 Als Beispiel hierfür wird die im Sommer bei großer Hitze vom Vorsitzenden Richter sitzungspolizeilich angeordnete Öffnung der Fenster genannt. Auf den ersten Blick liegt eine bloße Äußerlichkeit vor. Allerdings kann sich dies auch auf die Wahrheitsfindung auswirken und so auf das innere Verfahren, wenn zum Beispiel Zeugen dadurch beeinflusst werden. Vgl. Gröner, Strafverteidiger und Sitzungspolizei, S. 158. 15 Vgl. nur Kaehne, Die Anfechtung sitzungspolizeilicher Maßnahmen, S. 80; Schwentker, Ausschluß der Beschwerde, S. 88. 16 Zum Ganzen ausführlich Fuhrmann GA 1963, 65 (70 f.), der auf den Antrag des Abgeordneten Bähr abstellt; so auch KK/Tolksdorf, § 238 RN 6. 17 „. . . Sein Antrag, . . ., solle die Analogie mit der Zivilprozessordnung herstellen und beruhe auf dem Prinzip, dass der Vorsitzende soweit er die Sache leite, immer nur Vertreter des Gerichts die, dass also wenn Zweifel entständen, die Entscheidung beim Gericht liegen müsse . . .“, Hahn, Die gesamten Materialien zu den Reichs-Justizgesetzen 3, S. 883, 885; auch in Fuhrmann GA 1963, 65 (70). 18 Fuhrmann, GA 1963, 65 (70).

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D. Zuständigkeit für Entscheidungen über Bild- und Tonaufnahmen

der Verhandlung im Sinne des § 238 Abs. 1 StPO identisch ist. Auch die Entstehungsgeschichte spricht somit gegen die Trennungslösung.19 Der Begriff der Verhandlungsleitung ist im Vergleich zu dem der Sachleitung also kein selbständiger. Eine Differenzierung ist unnötig kompliziert und auch nicht sachgerecht. Lediglich auf die Wirkung der jeweiligen Anordnung kann es ankommen. 2. Die Verhandlung i. S. d. § 238 Abs. 1 StPO Sowohl die Verhandlungs- als auch die Sachleitung beziehen sich auf die strafgerichtliche Hauptverhandlung selbst, welche ein Teil des Strafverfahrens ist.20 Letztlich bemisst sich die Weite der beiden Leitungsarten daher nach dem Verhandlungsbegriff. Sollte dieser das Umfeld der eigentlichen Hauptverhandlung einbeziehen, so fällt auch die Entscheidung bezüglich der Bild- und Tonaufnahmen unter § 238 Abs. 1 StPO. Der dort verwandte Begriff der Verhandlung lässt offen, ob darunter die Hauptverhandlung im strafverfahrensrechtlichen Sinn oder ein autonomer Verhandlungsbegriff zu verstehen ist a) Autonomer Verhandlungsbegriff Schlüchter geht von letzterem aus. Sie vertritt einen autonomen, sehr weiten Verhandlungsbegriff. Ihrer Ansicht nach, ist es nicht „. . . bedenklich . . ., als Verhandlung nicht nur den engen Rahmen der Hauptverhandlung in (die Verantwortung des Vorsitzenden) . . . zu stellen . . .“, weshalb „. . . auch (und gerade) der Zugang zum und das Entfernen vom Sitzungssaal . . .“21 unter den Verhandlungsbegriff des § 238 Abs. 1 StPO fallen soll. Gegen ein solches Verständnis spricht aber bereits die Systematik der Strafprozessordnung. Der sechste Abschnitt im dritten Buch, der die §§ 226 bis 275 StPO umfasst, ist tituliert als „Hauptverhandlung“. Das Urteil basiert nach § 261 StPO ausschließlich auf dem Ergebnis der Hauptverhandlung. Die aus der Verhandlungsleitung resultierenden Rechte des Vorsitzenden Richters und so die Verhandlungsleitung selbst sollen die Urteilsfindung gewährleisten. Deshalb kann sich diese nur auf die Hauptverhandlung beziehen. Auch aus praktischer Sicht ist dem weiten Verständnis der Verhandlung entgegenzutreten. Dem Richter muss es möglich sein, den Inhalt der Verhandlungsleitung einfach und genau zu bestimmen. Dem liefe jedoch ein autonomes Begriffsverständnis entgegen. Der Richter hätte nämlich keine rechtlich fixierten Anhalts- und Bezugspunkte. Koppelt man den Verhandlungsbegriff des § 238 Abs. 1 StPO an die Hauptverhandlung, gibt die 19 So auch KK/Tolksdorf, § 238 RN 6; Krey, Strafprozessrecht, RN 674; Goldschmidt JW 1929, 2684 (2686); Fuhrmann, GA 1963, 65 (70 f.). 20 Schilken, Gerichtsverfassungsrecht, RN 204. 21 SK StPO/Schlüchter, § 238 RN 3.

I. Die Verhandlungsleitung nach § 238 Abs. 1 StPO

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Strafprozessordnung die Weite des Verhandlungsbegriffs detailliert vor.22 Zwar ist auch dieser Weg nicht frei von Problemen, jedoch bietet er die systematisch und praktisch richtige Lösung. Verhandlung im Sinne des § 238 Abs. 1 StPO meint also Hauptverhandlung. b) Hauptverhandlung als Bezugspunkt Dementsprechend wird darauf verwiesen, Verhandlungsleitung bedeute die Hauptverhandlung „. . . zu eröffnen, sie mit notwendigen kurzfristigen Unterbrechungen durchzuführen und sie zu schließen . . .“23. Dies ist zwar zutreffend, mangels Bestimmtheit24 aber kaum zu gebrauchen. Lediglich der Orientierung an der Hauptverhandlung wird hiermit Ausdruck verliehen. Bedenkt man die Eingriffsmöglichkeiten in Rechte der Verfahrensbeteiligten, die die Verhandlungsleitung bietet, muss geklärt werden, welche Verfahrensabschnitte Bestandteil der (Haupt-)Verhandlung sind. aa) Beginn der Hauptverhandlung Gemäß § 243 Abs. 1 S. 1 StPO beginnt die Hauptverhandlung mit dem Aufruf zur Sache.25 Hiermit ist gemeint, dass im Sitzungssaal kundgetan wird, die Sache werde nunmehr verhandelt. Dieses aber muss auf den Willen des Vorsitzenden Richters zurückgehen, da bereits der Aufruf unter § 238 Abs. 1 StPO fällt.26 Fehlt ein diesen Anforderungen entsprechender Aufruf, ist die Hauptverhandlung konsequenterweise nicht eröffnet.27 Der Vorsitzende kann allerdings andere Personen zum Aufruf einsetzen, da § 243 Abs. 1 S. 1 StPO nicht expli-

22 Die zu einer normalen Hauptverhandlung gehörenden Vorgänge und ihre Reihenfolge werden durch die §§ 35a, 222a, 222b, 243, 244 I, 257, 258, 260, 268 StPO geregelt. 23 KK/Tolksdorf, § 238 RN 3. 24 Ähnlich unbestimmt zum Beispiel Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 238 RN 5; Schilken, Gerichtsverfassungsrecht, RN 204; Wolf, Gerichtsverfassungsrecht, S. 256. 25 Vgl. auch OLG Düsseldorf NJW 1961, 133 (134); LR IV/Gollwitzer, § 243 RN 16; KK/Tolksdorf, § 243 RN 9; Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 243 RN 4; SK StPO/ Schlüchter, § 243 RN 8; Pfeiffer, StPO, § 243 RN 2; HD/Julius, § 243 RN 2; Krey, Strafverfahrensrecht 2, RN 600; Kramer, Grundbegriffe, RN 288; Kuß, Öffentlichkeitsmaxime, S. 226; Hübner-Raddatz, Fernsehöffentlichkeit, S. 25; Lilie, in: AE-StuM, S. 116 (117); Maul, MDR 1970, 286 (286). Dies ist infolge der Neufassung durch Art. 7 Nr. 10 StPÄG von 1964 klargestellt. Schon zur früheren Fassung des § 243 StPO: BayObLG Rpfl 1951, 255. 26 LR IV/Gollwitzer, § 243 RN 16; KMR/Paulus, § 243 RN 5; KK/Tolksdorf, § 243 RN 9; SK StPO/Schlüchter, § 243 RN 7; Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 243 RN 4; Krey, Strafverfahrensrecht, RN 600; Ranft, Strafprozessrecht, RN 1467; Schellenberg, Die Hauptverhandlung im Strafverfahren, S. 67; Burhoff, Strafrechtliche Hauptverhandlung, RN 100.

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D. Zuständigkeit für Entscheidungen über Bild- und Tonaufnahmen

zit auf den Vorsitzenden Richter abstellt.28 Die Hauptverhandlung muss so auch ab dem Zeitpunkt als eröffnet gelten, in dem ein Akt des Gerichts oder des Vorsitzenden erkennbar ist, der den Beteiligten zu verstehen gibt, dass das Gericht die Sache verhandelt.29 bb) Unterbrechungen und Aussetzung Das gerichtliche Strafverfahren wird häufig und aus den verschiedensten Gründen unterbrochen (§§ 228 Abs. 1 S. 1 Alt. 2, 229 Abs. 1 StPO) oder ausgesetzt (§§ 228 Abs. 1 S. 1 Alt. 1, 229 Abs. 4 StPO). Ob eine Unterbrechung oder Aussetzung vorliegt, beurteilt sich allein nach der tatsächlichen Dauer.30 An dieser Stelle interessieren nur die kürzeren Unterbrechungen, da gerade in diesen Zeiträumen häufig Bild- und Tonaufnahmen des Geschehens angefertigt beziehungsweise vom Rundfunk beabsichtigt werden. Unterbrechungen wie zum Beispiel Pausen zu Besprechungen zwischen Angeklagtem und Verteidiger, Mittagspausen oder Vertagungen fallen nicht mehr unter die Hauptverhandlung.31 Umstritten ist dies dagegen für die Beratungspausen zur Urteilsfindung. Der Streit entzündet sich dabei an § 268 Abs. 3 S. 2 StPO und der damit zusammenhängenden Fristenproblematik. Gemäß § 268 Abs. 3 S. 2 StPO muss das Urteil spätestens am elften Tage nach dem Schluss der Hauptverhandlung verkündet werden. Anderenfalls muss die Hauptverhandlung von neuem begonnen werden. Problematisch wird es, diese Frist in Großverfahren einzuhalten.32 Deswegen wird vertreten, die Beratungspausen gehören der Hauptverhandlung an.33 27 KK/Tolksdorf, § 243 RN 10; LR IV/Gollwitzer, § 243 RN 16; Kleinknecht/ Meyer-Goßner, § 243 RN 4; SK StPO/Schlüchter, § 243 RN 7; HD/Julius, § 243 RN 2; zur früheren Fassung des § 243 StPO: BayObLGSt 1949–1951, 477 (478). 28 Insbesondere sind hier Gerichtswachtmeister und Protokollführer zu nennen, die in der Praxis oft zur Sache aufrufen. 29 So zu Recht die h. M.: RG GA 57 (1910), 208; BayObLGSt 1949–1951, 447 (449); LR IV/Gollwitzer, § 243 RN; 17; Wassermann II,2/Schöch, § 243 RN 8; KK/ Tolksdorf, § 243 RN 10; Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 243 RN 4; Pfeiffer, StPO, § 243 RN 2; SK StPO/Schlüchter, § 243 RN 7a; Burhoff, Strafrechtliche Hauptverhandlung, RN 100; Ebenfalls in diese Richtung: OLG Hamm Rpfl 1951, 335; a. A. bezüglich dem § 243 StPO a. F. Schmidt, Lehrkommentar, § 243 RN 14; ähnlich Koeniger, Hauptverhandlung, S. 232. 30 RGSt 58, 357 (358); BGH NJW 1982, 248 = MDR 1982, 67 = VRS 62, 52; OLG Koblenz VRS 1952, 478 (429); Schmidt, Lehrkommentar, § 228 RN 4; Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 228 RN 2; KK/Tolksdorf, § 228 RN 1; SK StPO/Schlüchter, § 228 RN 2; LR IV/Gollwitzer, § 228 RN 1; KMR/Paulus, § 228 RN 2; Roxin, Strafverfahrensrecht, § 42 RN 9; Brodag, Strafverfahrensrecht, RN 217; Ranft, Strafprozessrecht, RN 1446; Beulke, Strafprozessrecht, RN 381. 31 LR IV/Gollwitzer, § 228 RN 1; KK/Tolksdorf, § 228 RN 1; Kleinknecht/MeyerGoßner, § 228 RN 1; Pfeiffer, StPO, § 228 RN 1. 32 Thier NJW 1958, 1477 (1477).

I. Die Verhandlungsleitung nach § 238 Abs. 1 StPO

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Anderenfalls müsste, will man die Hauptverhandlung nicht entsprechend § 268 Abs. 3 S. 2 StPO neu beginnen müssen, wieder in die Hauptverhandlung eingetreten werden, obwohl es nichts mehr zu verhandeln gibt. Durch mehrmalige Wiedereintritte könnte die Beratung dann beliebig verlängert werden, wobei aber ein solches Vorgehen „. . . der Justiz . . . nicht würdig . . .“34 sei. Mit überzeugenden Argumenten wird demgegenüber vertreten, die Beratung sei kein Bestandteil der Hauptverhandlung.35 Dem Weg über mehrfache Wiedereintritte in die Hauptverhandlung steht das Gesetz entgegen. Nach § 260 Abs. 1 StPO dürfen zwischen Beratung und Verkündung des Urteils nämlich keine anderen Verfahrensteile eingeschoben werden.36 Umgekehrt ist für eine normale Verhandlungsunterbrechung nach Sinn und Zweck des § 229 StPO Voraussetzung, dass nach der Unterbrechung auch tatsächlich weiter zur Sache verhandelt wird.37 Steht nur noch die Urteilsverkündung aus, so ist speziell der Anwendbarkeit des § 229 Abs. 2 StPO und generell einer Unterbrechung der Weg verbaut.38 Auch der Wille des Gesetzgebers, die Zeit für die urteilsfindende Beratung möglichst kurz zu halten, stünde dem aufgezeigten Weg entgegen.39 Schließlich kann auch der Verweis auf Großverfahren nicht überzeugen. Den Besonderheiten derartiger Verfahren trug der Gesetzgeber bereits 1987 Rechnung, als er die nur viertägige Unterbrechungsfrist des § 229 StPO a. F. mit der Einführung des § 229 Abs. 2 33

Schmidt, Lehrkommentar, § 268 RN 14; Peters, Strafprozess, S. 492. Schmidt, Lehrkommentar, § 268 RN 2; Peters, Strafprozess, S. 492; weniger deutlich RG MDR 1956, 525 (528); Thier NJW 1958, 1477 (1477). 35 Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 268 RN 16; LR IV/Gollwitzer, § 268 RN 12; MK StPO/Wolf, GVG § 176 RN 6; SK StPO/Schlüchter, § 260 RN 4; Pfeiffer, StPO, § 260 RN 1; Roxin, Strafverfahrensrecht, § 42 RN 6; Kühne, Strafprozessrecht, RN 977; Schellenberg DRiZ 1996, 280 (281). 36 BGH NJW 1951, 206; BGH StV 1987, 477; BGH NJW 1987, 3210; BGH NStZ 1988, 470; Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 260 RN 2; SK StPO/Schlüchter, § 260 RNn 4 f.; HD/Julius, § 260 RN 2; Pfeiffer, StPO, § 238 RN 5; KMR/Stuckenberg, § 260 RN 1; KK/Engelhardt, § 260 RN 2; Beulke, Strafprozessrecht, RN 498. 37 RGSt 62, 263 (264); BGH NJW 1951, 206; BGH NJW 1952, 1149 (1149); BGH NJW 1987, 3210 (3210); BGH StV 1991, 547 (547); SK, Schlüchter, § 229 RN 7; LR IV/Gollwitzer, § 229 RN 9; Schellenberg, Die Hauptverhandlung im Strafverfahren, S. 217; Kramer, Grundbegriffe, RN 284a; Linnenbrink NJW 1952, 1149; Holtz MDR 1992, 15 (19); speziell zur Unzulässigkeit des sog. Schiebetermins: BGH NJW 1996, 3019 (3020) = MDR 1996, 1281 (1282) = StV 1996, 528 (529); Beulke, Strafprozessrecht, RN 381; Krack JR 1996, 172 (173); Fahl JA 1997, 187 (187 f.). 38 BGH StV 1982, 4 (5); BGH StraFO 1999, 339 (349); Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 229 RN 9; KK/Engelhardt, § 268 RN 9; SK StPO/Schlüchter, § 229 RN 7; LR IV/ Gollwitzer, § 268 RN 10; Peters StV 1982, 5 (6); sehr deutlich macht das Rieß NJW 1975, 81 (86). 39 Dies folgt aus der amtlichen Begründung des Entwurfs BT-Drucks. 7/551, S. 3; dem entsprechend: RGSt 53, 332 (334); 57, 266 (267); 62, 263 (264); 69, 18 (23); BGH NJW 1952, 1149 (1149); BGH NJW 1996, 3019 (3019); OLG Düsseldorf StV 1994, 362; auch Peters, StV 1982, 5 (6), der explizit auf die „. . . Gefahr des Verblassens . . .“ hinweist; so auch OLG Düsseldorf StV 1994, 362; OLG Hamm VRS 47, 46; Hammerstein, in: Aktuelle Probleme der Strafrechtspflege, S. 72 (73 f.). 34

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D. Zuständigkeit für Entscheidungen über Bild- und Tonaufnahmen

S. 3 und Abs. 3 StPO erweiterte.40 Die Frist des § 268 Abs. 3 S. 2 StPO ist also in jedem Falle, auch in Großverfahren, einzuhalten. Festzuhalten ist deshalb, dass sämtliche Unterbrechungen der Hauptverhandlung nicht mehr zur Hauptund so auch nicht zur Verhandlungsleitung zu zählen sind.41 c) Schluss der Hauptverhandlung Die Hauptverhandlung endet schließlich gemäß § 260 Abs. 1 StPO mit der auf die Urteilsberatung folgenden Verkündung des Urteils, welche entsprechend § 35a StPO mit der Rechtsmittelbelehrung einherzugehen hat.42 Dabei ist es nicht notwendig, die Verhandlung, wie in der Praxis üblich, ausdrücklich zu beenden.43 Nur so wird dem Vorsitzenden Richter die Möglichkeit genommen, die Hauptverhandlung unter Behalt der entsprechenden Befugnisse künstlich zu verlängern. 3. Ergebnis Eine Verhandlung im Sinne des § 238 Abs. 1 StPO liegt nur in den angeführten Grenzen vor. Vom Aufruf der Sache an bis zur Urteilsverkündung ausschließlich aller Unterbrechungen und Aussetzungen stehen dem Vorsitzenden Richter die Befugnisse der Verhandlungsleitung zu. Da mit dieser Arbeit jedoch die Entscheidung hinsichtlich der Bild- und Tonaufnahmen im Umfeld der Hauptverhandlung beleuchtet werden soll, muss die Verhandlungsleitung diesbezüglich als Basis der Entscheidung ausscheiden.

40 Vgl. dazu BGH NJW 1987, 965 (966); Wassermann II,2/Keller, § 229 RN 1; kritisch zu dieser Entwicklung Kempf StV 1987, 215 (220 f.). 41 Anzumerken ist hier, dass der Antrag auf Wiedereröffnung der Hauptverhandlung nicht zugleich die Wiederöffnung selbst bedeutet. (vgl. BGH, Urteil vom 10.07.1974, 3 StR 6/73 bei Dallinger, MDR 1975, 21 (24); KMR/Voll, § 268 RN 4) Anderenfalls könnte der Antrag nicht mehr mit der Wirkung abgelehnt werden, dass nicht in die Hauptverhandlung eingetreten werde. Diese bleibt also trotz Antrages unterbrochen. Einzig der Richter kann die Hauptverhandlung wiedereröffnen. 42 RGSt 61, 388 (390); OLG Oldenburg NJW 1952, 1310; KK/Engelhardt, § 268 RN 8; Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 268 RN 14; SK StPO/Schlüchter, § 268 RN 17; LR IV/Gollwitzer, § 268 RN 2; MK StPO/Wolf, GVG § 176 RN 6; Wassermann II,2/ Wassermann, § 268 RN 6; Beulke, Strafprozessrecht, RN 371; Brodag, Strafverfahrensrecht, RN 215; Roxin, Strafverfahrensrecht, § 46 RN 8; Schellenberg, Die Hauptverhandlung im Strafverfahren, S. 255; Lilie, in: AE-StuM, S. 116 (117); Maul MDR 1970, 286 (286). 43 Joachimski, Strafverfahrensrecht, S. 191.

II. Das Hausrecht im Gerichtsbereich

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II. Das Hausrecht im Gerichtsbereich Eine hier relevante Befugnis könnte das auf den gesamten Gerichtsbereich bezogene Hausrecht sein. Die hausrechtlichen Befugnisse sind zwar nirgends gesetzlich geregelt44, lassen sich aber als Ausfluss beziehungsweise Bestandteil des Art. 13 GG erkennen.45 Zuzurechnen ist das Hausrecht, das der Verwaltungshoheit entspringt, der Hausverwaltung, welche wiederum zur Gerichtsverwaltung (§ 4 II Nr. 1 GVG) gehört.46 Zweck des gerichtlichen Hausrechts ist es, die Sicherheit und Ordnung im Gerichtsgebäude aufrecht zu erhalten.47 Hausrechtsinhaber ist der Hausherr. Da gesetzliche Regelungen nicht existieren, ist auf die allgemeine Behördenorganisation zurückzugreifen.48 Grundsätzlich ist deshalb der Gerichtspräsident beziehungsweise der Gerichtsdirektor49 als Behördenleiter50 Inhaber des Hausrechts.51 Dieser hat die notwendige Sachkompetenz und Sachnähe, um die Ordnungsgewalt ausüben zu können.52 Das Hausrecht ist insofern „. . . notwendiger Annex zur Sachkompetenz . . .“53. Der Ge44 Vgl. zur Forderung einer gesetzlichen Regelung Berg JuS 1982, 260 (260 ff.) bezugnehmend auf BayVGH München BayVBl. 1980, 723 (724) = NJW 1980, 2722 (2723), das ein Hausverbot mangels gesetzlicher Grundlage für rechtswidrig erklärte; ferner Stürner JZ 1977, 312 (312). 45 Lilie NStZ 1993, 121 (123). 46 Die Gerichtsverwaltung umfasst die gesamte verwaltende Tätigkeit, welche die unerlässlichen Voraussetzungen schaffen soll, um den Rechtsprechungsaufgaben nachzukommen. Vgl. Pfeiffer, StPO, § 176 RN 4; KMR, Einleitung V RN 2; Kissel/ Mayer, GVG, § 12 RN 85; MK ZPO III/Wolf, § 169 RN 38; Schilken, Gerichtsverfassungsrecht, RN 250. 47 BVerfG NJW 1996, 581 (583); KK/Diemer, § 176 GVG RN 5; Pfeiffer, StPO, § 176 RN 4; Kissel/Mayer, GVG, §§ 12 RNn 93, 96, 176 RN 3; MK ZPO III/Wolf, § 169 RN 38; Olizeg, Hausrecht, S. 63 f., 211; Schilken, Gerichtsverfassungsrecht, RN 194; Wolf, Gerichtsverfassungsrecht, S. 257; Götz, Allgemeines Polizei- und Ordnungsrecht, RN 119; Drews/Wacke/Vogel/Martens, Gefahrenabwehr, S. 34; Knemeyer DÖV 1971, 303 (304); Ehlers DÖV 1977, 737 (738); Berg JuS 1982, 260 (260). 48 Kissel/Mayer, GVG, § 12 RN 93. 49 Wenn nachfolgend von Gerichtspräsidenten gesprochen wird, sind damit auch die Gerichtsdirektoren gemeint. 50 Vgl. §§ 22, 22a, 22b StPO für das AG, § 59 StPO für das LG, § 115 StPO für das OLG und § 124 StPO für den BGH. 51 BGH NJW 1972, 1144 (1145); MK ZPO III/Wolf, § 169 RN 38; Kissel/Mayer, GVG, § 12 RN 93; Jansen, SGG, § 61 RN 9; Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner/ Meissner, VwGO, § 55 RN 40; Meyer-Ladewig/Keller, SGG, § 61 RN 4b; Beulke, Strafprozessrecht, RN 377; Krey, Strafverfahrensrecht 2, RN 688; Engeln, Hausrecht, S. 146; Ellersiek, Beschwerde, S. 133; Olizeg, Hausrecht, S. 95; Götz, Allgemeines Polizei- und Ordnungsrecht, RN 119; Hübner-Raddatz, Fernsehöffentlichkeit, S. 26; Prinz/Peters, Medienrecht, RN 819; Schorn LZ 1932, Sp. 1408 (1410); Jagusch DRiZ 1960, 85; Rasehorn DRiZ 1961, 255 (256); Knemeyer DÖV 1970, 596 (597 f.); Stürner JZ 1972, 664 (665); Knoke AöR 94 (1969), 388 (390); Lehr NStZ 2001, 62 (66). Vgl. auch eine Verfügung hinsichtlich Konkurrenz von Hausrecht und Sitzungspolizei. (Anlage 11). 52 Olizeg, Hausrecht, S. 31.

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D. Zuständigkeit für Entscheidungen über Bild- und Tonaufnahmen

richtspräsident ist so in aller Regel sowohl Richter als auch Organ der Justizverwaltung.54 Die Zuständigkeitszuweisung an den Präsidenten bereitet dann Schwierigkeiten, wenn mehrere Gerichte unter einem Dach vereinigt sind. Derartige Justizzentren wurden in den zurückliegenden Jahren vielfach zur Kostensenkung und wegen höherer Bürgernähe geschaffen. Da dort mehrere Gerichtspräsidenten vor Ort sind, muss durch die übergeordnete Behörde festgelegt werden, wem das Hausrecht zusteht.55 Da hiermit nur die Justizverwaltung betroffen wird, steht dies dem Grundsatz der richterlichen Unabhängigkeit nach Art. 97 I GG, § 1 GVG und § 25 DRiG nicht entgegen.56 In der Praxis, das hat die Umfrage an den deutschen Landgerichten gezeigt57, wird das dem Gerichtspräsidenten zustehende Hausrecht häufig auf die Vorsitzenden Richter übertragen. Insofern gilt es darauf hinzuweisen, dass diese Vorgehensweise einen unbedenklichen Organisationsakt darstellt58. Die Vorsitzenden können, wie andere Personen übrigens auch, so Inhaber auch des Hausrechts werden. 1. Inhalt und Grenzen des Hausrechts Um bestimmen zu können, ob und inwieweit das Hausrecht Möglichkeiten bietet, über die Anfertigung von Bild- und Tonaufnahmen zu entscheiden, muss sich mit dem Inhalt und den Grenzen der hausrechtlichen Befugnisse auseinan53 VGH München BayVBl. 1981, 657 (657); so auch Erichsen/Ehlers, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 41 RN 49; Knoke AöR 94 (1969), 388 (401); Knemeyer DÖV 1971, 303 (304); Olizeg, Hausrecht, S. 28 ff. 54 BGH NJW 1972, 1144 (1145); OLG Celle DRiZ 1979, 376 (377); Kleinknecht/ Meyer-Goßner, § 59 GVG RN 1; Pfeiffer, StPO, § 59 RN 1; KK/Diemer, § 59 GVG RN 1; Kissel/Mayer, GVG, § 59 RN 4; 115 RN 3; Domcke FS-Bengl, S. 3 (7). 55 So auch Kissel/Mayer, GVG, § 12 RN 93. 56 BVerfGE 38, 139 (152 f.); RGSt 31, 76 (78 f.); BGH DRiZ 1963, 440 (440); BGH DRiZ 1977, 217 (215); BGH JA 1977, 375 (377); BGH NJW 1988, 419 (420); Dreier III/Schulze-Fielitz, Art. 97 RN 31; LR VII/Böttcher, § 1 GVG RN 2; Pfeiffer, StPO, § 1 GVG RN 3; KK/Pfeiffer, § 1 GVG RN 6; Schmidt-Räntsch, Jürgen, DRiG, § 25 RN 9; Fürst/Mühl/Arndt, Richtergesetz, § 25 RN 19; Simon, Die Unabhängigkeit des Richters, S. 22; Schmidt-Räntsch, Dienstaufsicht über Richter, S. 17; Engeln, Hausrecht, S. 147; Schilken, Gerichtsverfassungsrecht, RN 257; Wolf, Gerichtsverfassungsrecht, S. 57; Domcke FS-Bengl, S. 3 (16); Louven DRiZ 1980, 429 (430); Funk DRiZ 1978, 357 (360); Papier NJW 2001, 1089 (1092); Seidel AnwBl. 2002, 325 (327); davon ausgehend aber mit Bedenken Piorreck DRiZ 1993, 109 (109 ff.). 57 Vgl. dazu die Auswertung der Fragen 4 bis 6 des Fragebogens in Anlage 3. 58 BGHSt 30, 350 (352); Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 176 GVG RN 3; KK/Diemer, § 176 GVG RN 5; LR VII/Wickern, § 176 GVG RN 3; Pfeiffer, StPO, § 176 GVG RN 4; Kissel/Mayer, § 12 RN 47; Beermann/Stöcker, Steuerliches Verfahrensrecht, § 52 FGO RN 29; Schilken, Gerichtsverfassungsrecht, RN 206; Ellersiek, Beschwerde, S. 133; Wolf, Gerichtsverfassungsrecht, S. 257; Stürner JZ 1972, 664 (666); Willms JZ 1972, 653 (654); mangels Einfluss auf die Entscheidung ausdrücklich offengelassen von BGHSt 24, 329 (330) = NJW 1972, 1144 (1445) = JZ 1972, 663 (664); kritisch Olizeg, Hausrecht, S. 137 ff.

II. Das Hausrecht im Gerichtsbereich

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dergesetzt werden. Das Hausrecht ist das Recht, über bestimmte Räumlichkeiten zu herrschen und so zu bestimmen, wer sich in diesen aufhalten darf und wie.59 Es umfasst alle die Sicherheit und Ordnung im Gerichtsbereich aufrechterhaltenden Maßnahmen. Gerichtet ist das Hausrecht vorrangig gegen Außenstehende, die sich im Hinblick auf den Zutritt oder das Verweilen in den Gerichten nicht auf besondere Rechtsbeziehungen berufen können.60 Schon aus dem Begriff des Hausrechts folgt, dass es räumlich auf den Gerichtsbereich beschränkt ist.61 Wenn es wie hier um das Hausrecht bezüglich Gerichtsgebäuden geht, müssen zudem die besonderen Umstände des Gerichtswesens beachtet werden. Der Widmungszweck des Gerichtsgebäudes schränkt das Hausrecht ein und bestimmt es inhaltlich.62 So darf zum Beispiel niemand ohne hinreichenden Grund am Zutritt gehindert oder gar aus dem Gerichtsgebäude verwiesen werden, dessen Anwesenheit von der Verfahrensordnung vorgesehen oder vom Öffentlichkeitsgrundsatz erlaubt ist.63 Im Übrigen muss, wenn hausrechtliche Maßnahmen64 angeordnet werden, der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz beachtet werden.65

59 Statt vieler LK/Lilie, § 123 RN 1; Schönke/Schröder/Lenckner/Steinberg-Lieben, StGB, § 123 RN 1; Tröndle/Fischer, StGB, § 123 RN 2; Artkämper, Hausbesetzer – Hausbesitzer – Hausfriedensbruch, S. 45; zu den verschiedenen Definitionsversuchen vgl. Frühling, Hausrecht, S. 11 ff., 49 ff. 60 Allgemeiner Götz, Allgemeines Polizei- und Ordnungsrecht, RN 119; Ehlers DÖV 1977, 737 (738 f.). 61 Maul MDR 1970, 286 (288). 62 BGHZ 33, 230 (231 f.); OLG Celle DRiZ 1979, 376 (377); OVG Schleswig NJW 1994, 340; LR VII/Wickern, § 176 GVG RN 3; Kissel/Mayer, GVG, § 12 RN 94; MK ZPO III/Wolf, § 169 RN 38; Schilken, Gerichtsverfassungsrecht, RN 207; Frühling, Hausrecht, S. 80 f.; Knoke AöR 94 (1969), 388 (388); Stürner JZ 1972, 664 (665); Lehr NStZ 2001, 63 (66). 63 Kissel/Mayer, GVG, § 176 RN 4; Schilken, Gerichtsverfassungsrecht, RNn 207 f. 64 Umstritten ist der Rechtscharakter derartiger Maßnahmen. Teilweise wird die Rechtsgrundlage im bürgerlich-rechtlichen Eigentum (§ 1004 BGB) und Besitz (§§ 859 ff. BGB) der öffentlichen Hand gesehen. [BGHZ 33, 230 (231 f.); BGH DVBl. 1968, 145 (146 f.); BayObLG NJW 1977, 261 = JZ 1977, 311 (311); Maunz/ Dürig III/Maunz, Art. 40 RN 24; Dreier II/Morlok, Art. 40 RN 35; Stürner JZ 1971, 98 (98)] Danach sind hausrechtliche Maßnahmen immer als privatrechtlich zu qualifizieren. (Stürner, Verwaltung öffentlicher Sachen, S. 101 ff., 130; Stürner JZ 1971, 98 (99); Stürner JZ 1977, 312 (312); Papier, Recht der öffentlichen Sachen, S. 35) Andere knüpfen an den Zweck an, wobei hier wiederum umstritten ist, auf welchen Bezugspunkt es ankommt. Während eine Ansicht auf den Zweck des Besuchs der öffentlichen Einrichtung abstellt [BVerwGE 33, 230 (231); 35, 103 (106 f.) = DVBl. 1971, 111 (112); 47, 247 (249 f.) = NJW 1975, 891 (891); BVerwG JZ 1971, 96 (97); OVG Münster JZ 1963, 566; OVG Münster DVBl. 1968, 157 (158); VGH Mannheim DVBl. 1977, 223; VG Bremen bei Müller JZ 1989, 532 (533); Bettermann DVBl. 1971, 112 (112)], hält die Gegenansicht den Zweck der Maßnahme für ausschlaggebend (BayVGH München BayVBl. 1980, 723 (724) = NJW 1980, 2722 (2723); Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 3 RN 24; Drews/Wacke/Vogel/Martens, Gefahrenabwehr, S. 34). Gemeinsam ist den beiden Ansichten, dass die Maßnahmen sowohl

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D. Zuständigkeit für Entscheidungen über Bild- und Tonaufnahmen

2. Hausrechtliche Entscheidung über die Anfertigung von Aufnahmen Da die hausrechtlichen Befugnisse innerhalb der dargestellten Grenzen nicht auf einzelne Themenbereiche begrenzt sind, ist der Gerichtspräsident im vom Hausrecht umfassten Bereich66 auch für die Entscheidung hinsichtlich der Anfertigung von Bild- und Tonaufnahmen zuständig. Dies ist, wenn auch rechtlich unverbindlich, kodifiziert. Nach Nr. 129 RiStBV entscheidet über die Zulässigkeit von Ton-, Film- und Bildaufnahmen im Gerichtsgebäude außerhalb des Sitzungssaales der Inhaber des Hausrechts. Dies ist wie gezeigt der Gerichtspräsident. Eine dem weitgehend entsprechende Praxis konnte durch die Umfrage an den deutschen Landgerichten festgestellt werden. An den Gerichten, an denen die Gerichtsbereiche getrennt werden, wird dem Gerichtspräsidenten außerhalb des Sitzungsbereichs an 96 Prozent und innerhalb desselben an 25 Prozent der Gerichte die Zuständigkeit zugewiesen. Von den Gerichten, an denen keine solche Trennung vollzogen wird, sind es 84 Prozent, die den Präsidenten für zuständig halten.67 3. Abgrenzung zur Verhandlungsleitung Sofern es um den Sitzungssaal geht, besteht also eine Konkurrenzsituation zwischen hausrechtlichen und verhandlungsleitenden Befugnissen. Diesen muss der Gerichtspräsident als der Erfüllung der Rechtsprechungsaufgabe geeignete Räumlichkeit bereitstellen.68 Der Sitzungssaal, in dem die strafgerichtliche Hauptverhandlung durchgeführt wird und in dem so die Verhandlungsleitung als öffentlich-rechtlich als auch als privatrechtlich qualifiziert werden können. Schließlich wird vertreten, dass hausrechtliche Maßnahmen von Behörden im weitesten Sinne immer öffentlich-rechtlicher Natur sind. (OVG Münster NVwZ-RR 1989, 316 (316); BayVGH DVBl. 1981, 1010 (1010); VG Frankfurt NJW 1998, 1424 (1424); Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht 1, § 22 RN 51; Pappermann/Löhr/Andriske, Recht der öffentlichen Sachen, S. 164 f.; Erichsen, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 2 RN 59; Haak DVBl. 1968, 134 (138); Knemeyer DÖV 1970, 596 (599); Knemeyer DÖV 1971, 303; Bethge DV 10 (1977), 313 (332); Ronellenfitsch VerwArch 73 (1982), 465 (469 ff.); Ehlers DÖV 1977, 737 (740); Lehr NStZ 2001, 63 (66); Folz JuS 1965, 41 (45 f.); Bachof FG-BVerwG, S. 1 (19); diese Möglichkeit aufzeigend aber ausdrücklich offen lassend OVG Bremen NJW 1990, 931 (932); VGH Kassel NJW 1990, 1250) Hier muss auf diesen Streit mangels Relevanz nicht näher eingegangen werden. Nicht verschwiegen sei aber, dass hausrechtliche Maßnahmen nach Meinung des Verfassers immer als öffentlich-rechtlich zu qualifizieren sind, da erstens subjektive Kriterien der Rechtssicherheit entgegenlaufen und zweitens das Hausrecht ausschließlich der Erfüllung hoheitlicher Aufgaben dient. 65 Olizeg, Hausrecht, S. 63; Schilken, Gerichtsverfassungsrecht, RN 208. 66 Zum umstrittenen Verhältnis zwischen Hausrecht und Sitzungspolizei vgl. unten S. 52 ff. 67 Vgl. dazu die Antworten auf die Fragen 4 bis 6 des Fragebogens in Anlage 3. 68 Engeln, Hausrecht, S. 147.

II. Das Hausrecht im Gerichtsbereich

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des Vorsitzenden Richters besteht, ist Teil des Gerichtsgebäudes. Die dort bestehende Konkurrenz von Hausrecht und Verhandlungsleitung wird in Literatur und Rechtsprechung nahezu unbeachtet gelassen. Die auf der Anordnungsebene noch klare Abgrenzung, das Hausrecht soll die Sicherheit und Ordnung im Gerichtsbereich aufrecht erhalten, während die Verhandlungsleitung den Ablauf des Verfahrens betrifft, ist auf der Wirkungsebene längst nicht mehr so klar. Dort sind durchaus hausrechtlich begründete Maßnahmen denkbar, die auf den Verfahrensablauf Auswirkung haben können.69 Vergegenwärtigt man sich das Verhältnis zwischen Gerichtspräsident und Vorsitzendem Richter, löst sich das Konkurrenzproblem jedoch auf. Auf Grund der mit Art. 97 Abs. 1 GG umfassend garantierten richterlichen Unabhängigkeit kann der Gerichtspräsident keine rechtswirksamen und rechtmäßigen Weisungen tätigen, soweit sie in den von Art. 97 Abs. 1 GG geschützten Bereich eingreifen.70 Insofern darf der Gerichtspräsident über hausrechtliche Maßnahmen nicht auf die Hauptverhandlung Einfluss nehmen. Dabei kann es keine Rolle spielen, ob der Hausrechtsinhaber einen solchen Einfluss beabsichtigt hat oder ein solcher sich nur als Annex darstellt. Die richterliche Unabhängigkeit gilt hier uneingeschränkt. Infolgedessen hat das Hausrecht des Gerichtspräsidenten in jedem Falle während der Hauptverhandlung hinter der dem Vorsitzenden Richter obliegenden Verhandlungsleitung zurückzutreten.71 4. Ergebnis Außerhalb der strafgerichtlichen Hauptverhandlung ist also der Gerichtspräsident als Behördenleiter für Entscheidungen hinsichtlich der Anfertigung von Bild- und Tonaufnahmen zuständig. Die hausrechtlichen Befugnisse können dann genutzt werden, wenn Sicherheit und Ordnung, bezogen auf den gesamten Gerichtsbereich, es verlangen.

69 Man denke beispielsweise an einen im Gerichtsgebäude störenden und zur Verhandlung geladenen Zeugen, dem ein Hausverbot auferlegt werden soll. Die hausrechtliche Maßnahme würde einerseits Sicherheit und Ordnung im Gerichtsgebäude wiederherstellen, andererseits aber den Verfahrensablauf beeinträchtigen. 70 Vgl. nur BVerfGE 3, 214 (224); 14, 56 (69); 26, 186 (198); 27, 312 (322); 31, 137 (140); 36, 174 (185); 60, 175 (214); 87, 68 (85); BGH JA 1977, 375 (376); Maunz/Dürig V/Herzog, Art. 97 RN 9; Dreier III/Schulze-Fielitz, Art. 97 RNn 15, 19; Maurer, Staatsrecht I, § 19 RN 17; Ipsen, Staatsrecht I, RN 810; Engeln, Hausrecht, S. 148; Schmidt-Räntsch, Dienstaufsicht über Richter, S. 16; Pfeiffer FS-Bengl, S. 85 (86); Louven DRiZ 1980, 429 (429); Domcke FS-Bengl, S. 3 (6); Limbach NJW 1995, 281 (282); Papier NJW 2001, 1089 (1090). 71 Vgl. auch eine Verfügung hinsichtlich Konkurrenz von Hausrecht und Sitzungspolizei. (Anlage 11). In dieser wird dem Hausrechtsinhaber aber ein Hinweis- und Erörterungsrecht zugewiesen.

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D. Zuständigkeit für Entscheidungen über Bild- und Tonaufnahmen

III. Die Sitzungspolizei nach dem Gerichtsverfassungsgesetz Möglicherweise aber schränkt die Sitzungspolizei die hausrechtliche Entscheidungsbefugnis hinsichtlich der Bild- und Tonaufnahmen im Umfeld der strafgerichtlichen Hauptverhandlung ein. Die Ausübung der sitzungspolizeilichen Befugnisse ist weder der polizeilichen Gewalt noch der Justiz- oder Gerichtsverwaltung zuzuordnen. Vielmehr gehört sie zur Rechtsprechung im Sinne des Art. 92 GG, ist also zur richterlichen Tätigkeit zu zählen.72 Mithin ist auch in diesem Bereich die richterliche Unabhängigkeit zu beachten.73 Die hier relevanten Maßnahmen der Sitzungspolizei sind für Zivil- und Strafverfahren in den §§ 176 ff. GVG74 geregelt. § 176 GVG betrifft die Abwehr konkreter Störungen, § 177 GVG die Durchsetzung entsprechender Maßnahmen und § 178 GVG die Bestrafung ungebührlichen Verhaltens. Schon an dieser groben Inhaltsangabe der Normen wird deutlich, dass in Bezug auf die Anordnung von aufnahmebezogenen Maßnahmen hier lediglich § 176 GVG als Entscheidungsgrundlage in Betracht kommt. Dieser überträgt dem Vorsitzenden Richter in generalklauselartiger Form die Aufgabe, die Ordnung in der Sitzung aufrechtzuerhalten. Hierin liegen Rechtsgrundlage und Eingriffsermächtigung für entsprechende Maßnahmen.75

72 BGHSt 17, 201 (203 f.); OLG Köln NJW 1963, 1508 (1508); OLG Hamburg MDR 1992, 799; Kissel/Mayer, GVG, § 176 RN 3; LR VII/Wickern, § 176 GVG RN 1; Schmidt, Lehrkommentar, Vorbemerkung zu §§ 176–183 GVG RN 5; Kleinknecht/ Meyer-Goßner, § 176 GVG RN 5; Pfeiffer, StPO, § 176 GVG RN 1; Zöller/Gummer, ZPO, § 176 GVG RNn 1, 9; Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner/Meissner, VwGO, § 55 RN 40; Beermann/Stöcker, Steuerliches Verfahrensrecht, § 52 FGO RN 26; Hübschmann/Hepp/Spitaler X/Spindler, § 52 FGO RN 44; Erker, Beanstandungsrecht, S. 66; Kühne, Strafprozessrecht, RN 706; Gröner, Strafverteidiger und Sitzungspolizei, S. 142 f.; Krey, Strafverfahrensrecht 2, RN 688; Greiser/Artkämpfer, Die „gestörte“ Hauptverhandlung, RN 6; Kramer, Die Zurückweisung von Rechtsanwälten und deren zwangsweise Entfernung aus dem Sitzungssaal, S. 253; Schorn, Menschenwürde, S. 32; Kaehne, Die Anfechtung sitzungspolizeilicher Maßnahmen, S. 100 f.; Ellersiek, Beschwerde, S. 133; Burbulla, Fernsehöffentlichkeit, S. 76; Röhl NJW 1964, 273 (276); Rüping ZZP 88 (1975), 212 (216); Woesner NJW 1959, 866 (866); Willms JZ 1972, 653 (654); Stürner JZ 1972, 664 (665); Wolf NJW 1977, 1063 (1063); anders Kniestedt MDR 1960, 197 (197 f.) und Kniestedt MDR 1961, 25, nach dem vielmehr vollziehende Gewalt ausgeübt wird; explizit dagegen Tillmann MDR 1960, 640 (640 f.). 73 Vgl. nur BGHZ 67, 184 (186 ff.); OLG Hamburg NJW 1979, 1987; Kissel/Mayer, GVG, § 1 RNn 53 f.; Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner/Meissner, VwGO, § 55 RN 40; Beermann/Stöcker, Steuerliches Verfahrensrecht, § 52 FGO RN 26; Ellersiek, Beschwerde, S. 133; Olizeg, Hausrecht, S. 124; Schorn, Menschenwürde, S. 32; Krekeler NJW 1979, 185 (186). 74 Die Regelungen der §§ 176 bis 178 GVG gelten gemäß § 9 II ArbGG auch im Arbeitsgerichtsverfahren, gemäß § 55 VwGO auch im Verwaltungsgerichtsverfahren, gemäß § 52 FGO auch im Finanzgerichtsverfahren, gemäß § 61 SGG auch im Sozialgerichtsverfahren und gemäß § 8 FGG auch in der freiwilligen Gerichtsbarkeit.

III. Die Sitzungspolizei nach dem Gerichtsverfassungsgesetz

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Nachfolgend soll es daher einzig um § 176 GVG gehen. Zu klären ist zunächst, wem die sitzungspolizeilichen Befugnisse in welcher Form und in welchen Grenzen zustehen. Im Anschluss hieran kann dann auf Zuständigkeit auch bezüglich der Handhabung der Bild- und Tonaufnahmen Bezug genommen werden. Schließlich gilt es den Umfang der Befugnisse zu beleuchten. 1. Allgemeine Zuständigkeit des Vorsitzenden Richters § 176 GVG legt die Inhaberschaft der Sitzungspolizei explizit in die Hände des Vorsitzenden Richters. Dabei ist es nicht nur das Recht des Vorsitzenden, sondern auch dessen Pflicht, die Sitzungspolizei wahrzunehmen.76 Stöcker77 spricht insofern von einer Amtspflicht. Hinsichtlich der sitzungspolizeilichen Befugnisse ist allerdings umstritten, ob vom gesamten Kollegialgericht getroffene Maßnahmen Gültigkeit besitzen, obwohl der Vorsitzende Richter zuständig gewesen wäre. Diese Fragestellung betrifft neben den §§ 177 S. 2 1. Alt., 178 S. 2 1. Alt. GVG auch § 176 GVG, da dort nur auf den Vorsitzenden Richter Bezug genommen wird. Teilweise wird vertreten, dass Maßnahmen des Kollegialorgans auf Grund des eindeutigen Wortlautes mangels Zuständigkeit rechtswidrig sind.78 Nur der Vorsitzende Richter sei auch gesetzlicher Richter im Sinne des Art. 101 Abs. 1 GG. Diese Sichtweise wird zu Recht überwiegend abgelehnt, so dass zur Rechtmäßigkeit der Maßnahmen gelangt wird.79 Der auf den ersten Blick als eindeutig erscheinende Wortlaut ist nämlich nur eines der Kriterien für die Auslegung einer 75 KK/Diemer, § 176 GVG RN 1; LR VII/Wickern, § 176 GVG RN 1; Pfeiffer, StPO, § 176 GVG RN 1; Gröner, Strafverteidiger und Sitzungspolizei, S. 95. 76 Vgl. zur Zuständigkeit BVerfG NJW 2006, 1500 (1500); BGHSt 17, 201 (204); BGH NJW 2006, 1220 (1221); OLG Schleswig MDR 1977, 775 (775); OLG Karlsruhe NJW 1977, 309 (311); OLG Celle DRiZ 1979, 376 (377); LG Ingolstadt AfP 2006, 238 (239); KK/Diemer, § 176 GVG RN 6; LR VII/Wickern, § 176 GVG RN 10; Pfeiffer, StPO, § 176 GVG RN 1; Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 176 GVG RN 4; Düwell/Lipke/Krönig/Lipke, ArbGV, § 9 RN 11 und Ziemann, § 52 RN 7; Hauck, ArbGG, § 9 RN 3; Jansen, SGG, § 61 RN 9; Tipke/Kruse, AO und FGO, § 52 FGO RNn 10 f.; Hübschmann/Hepp/Spitaler X/Spindler, § 52 FGO RNn 42, 44, 46; Beermann/Stöcker, Steuerliches Verfahrensrecht, § 52 FGO RN 30; Eyermann/Schmidt, VwGO, § 55 RN 6; Redeker/von Oertzen/Redeker/Kothe, Verwaltungsgerichtsordnung, § 55 RN 9; Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner/Meissner, VwGO, § 55 RN 40; Lechner/Zuck, BVerfGG, § 17 RN 10; Maunz/Klein, BVerfGG, § 17 RNn 16 ff.; Meyer-Ladewig/Keller, SGG, § 61 RN 5; Ellersiek, Beschwerde, S. 133; Brodag, Strafverfahrensrecht, RN 196; Bumke DRiZ 1929, 306 (308); Brüggemann AfP 1971, 155 (156); Willms JZ 1972, 653 (653). 77 Beermann/Stöcker, Steuerliches Verfahrensrecht, § 52 FGO RN 37. 78 OLG Koblenz GA 1978, 281 = MDR 1978, 693; Sälzer JZ, 572 (572). 79 OLG Karlsruhe NJW 1997, 309 (311); Kissel/Mayer, GVG, § 176 RN 6; KK/ Diemer, § 176 GVG RN 6; LR VII/Wickern, § 176 RN 9; Maunz/Klein, BVerfGG, § 17 RN 18.

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D. Zuständigkeit für Entscheidungen über Bild- und Tonaufnahmen

Norm. Auch Sinn und Zweck der betreffenden Vorschrift gilt es zu beachten. Der Grund, weshalb in den §§ 169 ff. GVG teilweise eine Entscheidung des Gerichts als Kollegialorgan gefordert wird, liegt darin, ein höheres Maß an Sicherheit und Schutz zu gewährleisten.80 Entscheidet das gesamte Gericht an Stelle des Vorsitzenden Richters, ist es widersinnig, das Mehr an Rechtsschutz und Sicherheit als rechtswidrig einzustufen. Eine ausschließliche Zuständigkeit wird durch den Verweis auf den Vorsitzenden Richter demnach nicht statuiert, weshalb sich die Rechtswidrigkeit der Maßnahmen des Gerichts nicht begründen lässt.81 Der Gegenansicht ist ein zu starrer Formalismus vorzuwerfen. Mithin ist eine in Bezug auf die gesetzlich angeordnete Zuständigkeit des Vorsitzenden erlassene Maßnahme des Kollegialgerichts rechtlich nicht zu beanstanden.82 2. Inhalt und Grenzen der Sitzungspolizei Die Ausübung der sitzungspolizeilichen Befugnisse auf der Grundlage des § 176 GVG ist, das macht schon der Wortlaut deutlich, zweckgebunden. Nach diesem müssen die Maßnahmen angeordnet werden, um die Ordnung in der Sitzung aufrechtzuerhalten. Damit wird der Vorsitzende Richter nur zu Maßnahmen ermächtigt, die der Schutzrichtung des § 176 GVG entsprechen. Zu fragen ist deshalb, ob sich Entscheidungen hinsichtlich der personenbezogenen Bildund Tonaufnahmen auf von § 176 GVG geschützte Rechtsgüter beziehen. Mit Ordnung in der Sitzung ist zunächst einmal der äußerliche ordnungsgemäße Ablauf der Sitzung gemeint. Damit umfasst die Ordnung im Sinne des § 176 GVG nur die äußere Ordnung83, welche den äußerlichen Ablauf der Hauptverhand80

OLG Karlsruhe NJW 1977, 309 (311); Schmidt JR 1963, 307 (307). OLG Karlsruhe NJW 1977, 309 (311); Kaehne, Die Anfechtung sitzungspolizeilicher Maßnahmen, S. 16. 82 Das teleologische Argument allerdings greift nicht, wenn anstatt des Kollegialgerichtes der Vorsitzende entschieden hat. Dies betrifft die §§ 177 S. 2 Alt. 2, 178 Abs. 2 Alt. 2 GVG. Insofern ist von der Rechtswidrigkeit entsprechender Maßnahmen auszugehen. (Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 176 GVG RN 13) Nach Schäfer und Wickern (LR VII/Wickern, § 176 RN 9) sind jedoch solche fälschlich vom Vorsitzenden Richter erlassene Maßnahmen als rechtmäßig einzustufen, wenn sie alsbald nach deren Erlass vom gesamten Kollegialgericht gebilligt werden. Dem ist entgegenzutreten. Wortlaut, Sinn und Zweck verlangen eine kollegiale Anordnung, nicht aber eine kollegiale Billigung. Weiter ist der Rechtssicherheit nicht gedient. Was „alsbald“ bedeutet, ist nur subjektiv bestimmbar. Schließlich kann die kollegiale Anordnung, wenn der Zuständigkeitsmangel bekannt geworden ist, leicht wiederholt werden. 83 So schon RGSt 54, 119 (113); BVerfGE 50, 234 (242); 91, 125 (136 f.); BVerfG DRiZ 1979, 189 (189); BVerfG NJW 1979, 1400 (1401); BGHSt 44, 23 (24) = NJW 1998, 1420; BGH NJW 1977, 436 (436); OLG Karlsruhe NJW 1977, 309 (309); OLG Hamburg MDR 1992, 799; LG Ingolstadt AfP 2006, 238 (239); Kissel/Mayer, GVG, § 176 RN 1; Pfeiffer, StPO, § 176 GVG RN 1; Düwell/Lipke/Krönig/Lipke, ArbGV, § 9 RN 10; Zöller/Gummer, ZPO, § 176 GVG RN 5; Schmidt, Lehrkommentar, Vor81

III. Die Sitzungspolizei nach dem Gerichtsverfassungsgesetz

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lung sichern und zugleich eine die objektive Prüfung aller entscheidungserheblichen Umstände ermöglichende Atmosphäre von Ruhe und Sachlichkeit schaffen soll.84 Erst hierdurch werden ungestörte Tatsachen- und Rechtsprüfungen des Gerichts ermöglicht.85 Die Schutzrichtung des § 176 GVG geht jedoch über den auf den ersten Blick eng gefassten Wortlaut hinaus. Geschützt werden sollen nämlich auch die Rechte von Verfahrensbeteiligten und Dritten.86 Insbesondere ist bezweckt, dass Persönlichkeitsrechte und Menschenwürde nicht missachtet werden.87 Schutzgüter des § 176 GVG sind so die äußerliche Ordnung des Verfahrens und die Rechte der Anwesenden.88 Anhand dessen wird der Inhalt der sitzungspolizeilichen Befugnisse deutlich. § 176 GVG ermächtigt dazu, bemerkung zu §§ 176–183 GVG RN 1; Tipke/Kruse, AO und FGO, § 52 FGO RN 11; Beermann/Stöcker, Steuerliches Verfahrensrecht, § 52 FGO RN 26; Hübschmann/ Hepp/Spitaler X/Spindler, § 52 FGO RN 44; Eyermann/Schmidt, VwGO, § 55 RN 6; Redeker/von Oertzen/Redeker/Kothe, Verwaltungsgerichtsordnung, § 55 RN 9; Lechner/Zuck, BVerfGG, § 17 RN 9; Gröner, Strafverteidiger und Sitzungspolizei, S. 142; Schlüchter, Das Strafverfahren, RN 451.1; Schäfer, Die Praxis des Strafverfahrens, RN 883; Schilken, Gerichtsverfassungsrecht, RN 212; Burhoff, Strafrechtliche Hauptverhandlung, RN 805; Burbulla, Fernsehöffentlichkeit, S. 76; Lilie, in: AE-StuM, S. 116 (118); Maul MDR 1970, 286 (286); Stober DRiZ 1980, 3 (6); Molketin MDR 1984, 20 (21); Stürner JZ 1995, 297 (298); Woesner NJW 1959, 866 (866). 84 BVerfGE 50, 234 (242) = BVerfG NJW 1979, 1400 (1401); BVerfG NJW 1996, 310 (310); OLG Hamm JW 1935, 3489; OLG Schleswig MDR 1977, 775 (775 f.); Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 176 GVG RN 5; LR VII/Wickern, § 176 GVG RN 10; KK/Diemer, § 176 GVG RN 1; Pfeiffer, StPO, § 176 GVG RN 1; Kissel/Mayer, GVG, § 176 RN 1; Beermann/Stöcker, Steuerliches Verfahrensrecht, § 52 FGO RN 36; Olizeg, Hausrecht, S. 118; Lücke, Die „allgemeinen“ Gesetze (Art. 5 Abs. 2 GG), S. 48; Gröner, Strafverteidiger und Sitzungspolizei, S. 142; Wenzel/von Strobl-Alberg, Wortund Bildberichterstattung, Kap. 7 RN 33; Wolf, Gerichtsverfassungsrecht, S. 256; Schilken, Gerichtsverfassungsrecht, RN 202; Krekeler NJW 1979, 185 (186). 85 Olizeg, Hausrecht, S. 118; Schilken, Gerichtsverfassungsrecht, RN 210; Marxen NJW 1977, 2188 (2192). 86 Vgl. nur BVerfGE 50, 234 (241); 91, 125 (136 f.); BVerfG NJW 1996, 310 (310); Lechner/Zuck, BVerfGG, § 17 RN 9; Beermann/Stöcker, Steuerliches Verfahrensrecht, § 52 FGO RN 36; Hübschmann/Hepp/Spitaler X/Spindler, § 52 FGO RN 48; Lücke, Die „allgemeinen“ Gesetze (Art. 5 Abs. 2 GG), S. 48; Wenzel/von StroblAlberg, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, Kap. 7 RN 33; Lilie, in: AEStuM, S. 116 (118). 87 BVerfGE 50, 234 (242) = NJW 1979, 1400 (1401); 91, 125 (137) = NJW 1995, 184 (186); 103, 44 (67); BVerfG JZ 1995, 295 (297); BGH NJW 1998, 1420 = NStZ 1998, 364; OLG Köln NJW-RR 1998, 1141; Kissel/Mayer, GVG, § 176 RN 13; Pfeiffer, StPO, § 176 GVG RN 1; Ernst NJW 2001, 1624 (1625). 88 Hingewiesen sei darauf, dass die Frage nach den geschützten Rechtsgütern i. R. d. § 178 GVG umstritten ist. Der Streit kreist dabei um den unbestimmten Begriff der „Ungebühr“. Teilweise wird unter Verweis auf die Systematik der §§ 176 ff. GVG vertreten, dass nur die Würde des Gerichts durch § 178 GVG geschützt ist. [Schmidt, Lehrkommentar zur Strafprozessordnung und zu Gerichtsverfassungsgesetz, § 178 RN 3; Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner/Meissner, VwGO, § 55 RN 43; Meyer-Ladewig/ Keller, SGG, § 61 RN 5d; Schilken, Gerichtsverfassungsrecht, RN 213; Baur JZ 1970, 247 (247 f.); Schwind JR 1973, 133 (134)] Andere wiederum sehen die Würde des Gerichts auf Grund begrifflicher Defizite überhaupt nicht als erfasstes Schutzgut

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Maßnahmen zu ergreifen, die erforderlich sind, um den störungsfreien und gesetzmäßigen Ablauf der Sitzung sowie die Rechte der Anwesenden zu sichern beziehungsweise zu schützen.89 Anders formuliert ist der Vorsitzende befugt und verpflichtet, „. . . den Zustand zu wahren oder herzustellen, der dem Gericht und den Verfahrensbeteiligten eine störungsfreie Ausübung ihrer Funktion ermöglicht, die Aufmerksamkeit der übrigen Anwesenden in der öffentlichen Verhandlung nicht beeinträchtigt und allgemein deren gebührlichen Ablauf sichert . . .“90. Als Maßnahmen in diesem Sinne kommen primär Anordnungen, Rügen, Androhungen von Zwangsmitteln und auch Hinausweisungen von Störern in Betracht.91 Sitzungspolizeiliche Maßnahmen nach § 176 GVG sind also in vielgestaltiger Form möglich. Über die Wahl der konkreten Anordnung entscheidet der Vorsitzende unter Beachtung der jeweiligen Situation nach seinem Ermessen. Er hat dieses Ermessen den Anforderungen entsprechend, also pflichtgemäß auszuüben.92 Dabei setzt dem richterlichen Ermessen auch der Grundsatz der Verhältan, so dass im Ergebnis nur der störungsfreie äußere Ablauf geschützt ist. [OLG Schleswig NJW 1971, 1321 (1321); Olizeg, Hausrecht, S. 118 ff.; Rüping, Das Strafverfahren, RN 438; Scheurle FS Baur, S. 595 (597); Rüping, ZZP 88 (1975), 212 (216 ff., 238); Sarstedt JZ 1969, 152 (153)] Der herrschenden Meinung zufolge werden sowohl die Würde des Gerichts als auch der Verhandlungsablauf geschützt. [LSG München NJW 1964, 1874 (1875); KG JR 1966 73; OLG Hamm NJW 1963, 1791 (1792); OLG München NJW 1966, 1935; OLG Koblenz MDR 1971, 324; KK/Diemer, § 178 GVG RN 2; Pfeiffer, StPO, § 178 GVG RN 1; Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 178 GVG RN 2; Beermann/Stöcker, Steuerliches Verfahrensrecht, § 52 FGO RN 43; Wolf, Gerichtsverfassungsrecht, S. 261; Scheuerle FS-Baur, S. 595 (596 f.); Schläger GA 73 (1929), 1 (1); Kaiser NJW 1968, 185 (188); Rehbinder MDR 1963, 640 (642 f.)] Da der präventiv ausgerichtete § 175 Abs. 1 GVG und der repressiv gestaltete § 178 GVG eine Einheit bilden, der Begriff der Würde des Gerichts letztlich doch fassbar ist und Verstöße gegen die äußere Ordnung des Verfahrens nur unter Einbeziehung des § 178 GVG ausreichend geahndet werden können, ist der herrschenden Meinung beizupflichten. 89 BVerfGE 50, 234 (242) = NJW 1979, 1400 (1401); 103, 44 (62) = ZUM 2001, 220 (225); BVerfG JZ 1995, 295 (296); BGH NJW 1998, 1420; LR VII/Wickern, § 176 GVG RN 10; KK/Diemer, § 176 RN 1; Kissel/Mayer, GVG, § 176 RN 13; Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 176 GVG RN 4; Olizeg, Hausrecht, S. 132; Lilie, in: AE-StuM, S. 116 (118); Bamberger ZUM 2001, 373 (377). 90 OLG Schleswig MDR 1977, 775 (776); so auch BVerfGE 50, 234 (242) = NJW 1979, 1400 (1401); 91, 125 (127); LR VII/Wickern, § 176 GVG RNn 2, 10; Kissel/ Mayer, GVG, § 176 RN 1; Wolf, Gerichtsverfassungsrecht, S. 258; Schellenberg, Die Hauptverhandlung im Strafverfahren, S. 227; Lilie, in: AE-StuM, S. 116 (118). 91 So BGH NJW 1962, 1260 (1260). 92 BVerfG NJW 2006, 1500 (1501); BGHSt 17, 201 (204) = NJW 1962, 1260 (1260); 24, 329 (331) = NJW 1972, 1144 (1445); 27, 13 (15); BGH NJW 1962, 260 (261); BGH JR 1963, 307; OLG Hamburg MDR 1992, 799; LR VII/Wickern, § 176 GVG RN 11; KK/Diemer, § 176 RN 1; Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 176 GVG RN 6 Kissel/Mayer, GVG, § 176 RN 36; Hübschmann/Hepp/Spitaler X/Spindler, § 52 FGO RN 48; Beermann/Stöcker, Steuerliches Verfahrensrecht, § 52 FGO RN 37; Meyer-Ladewig/Keller, SGG, § 61 RN 5a; Kaehne, Die Anfechtung sitzungspolizeili-

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nismäßigkeit Grenzen, worauf an späterer Stelle zurückzukommen sein wird.93 Vorrangig an diesem ist festzumachen, ob die jeweilige sitzungspolizeiliche Maßnahme rechtmäßig oder rechtswidrig ist.94 3. Sitzungspolizeiliche Entscheidung über die Anfertigung von Aufnahmen Ausgehend von der Erkenntnis, dass die Anfertigung von personenbezogenen Bild- und Tonaufnahmen sowohl die äußere Ordnung des Verfahrens als auch Rechte der Verfahrensbeteiligten und Dritter beeinträchtigen kann, muss dem Vorsitzenden Richter die Befugnis zugesprochen werden, mittels des § 176 GVG auch über die Aufnahmeherstellung zu entscheiden.95 Der Vorsitzende Richter hat hierbei nicht nur das Recht zu entscheiden, sondern ist, sobald sich journalistisches Interesse in der Form ankündigt, dass im Sitzungsbereich Aufnahmen hergestellt werden, sogar gehalten, eine sitzungspolizeiliche Entscheidung zu treffen.96 Mithin scheint neben dem Gerichtspräsidenten auch der Vorsitzende Richter zuständig zu sein. Auch die landgerichtliche Praxis geht überwiegend von der Entscheidungsgewalt des Vorsitzenden Richters über die Anfertigung der Aufnahmen aus. 88 Prozent der Gerichte, die den Sitzungsbereich vom restlichen Gerichtsbereich trennen, weisen (auch) dem Vorsitzenden die diesbezügliche Entscheidungsgewalt zu.97 Aus der landgerichtlichen Praxis cher Maßnahmen, S. 16; Britz, Fernsehaufnahmen, S. 115; Kramer, Die Zurückweisung von Rechtsanwälten und deren zwangsweise Entfernung aus dem Sitzungssaal, S. 252; Wolf, Gerichtsverfassungsrecht, S. 260; Roxin FS Peters, 393 (405); Molketin MDR 1984, 20 (21); Ernst ZUM 1996, 187 (189); Baufeld GA 2004, 163 (168). 93 Dazu ab H. III. 2. 94 BVerfGE 28, 21 (24 f.); 48, 118 (124 f.) = NJW 1978, 1048 (1049); BayVGH AnwBl. 1972, 228; OLG Karlsruhe NJW 1977, 309 (310); KK/Diemer, § 176 RN 1; LR VII/Wickern, § 176 GVG RN 12; Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 176 GVG RN 6. 95 BVerfGE 91, 125 (136); 103, 44 (59) = ZUM 2001, 220 (225); BVerfG NJW 1995, 184; BGHSt 29, 129; BGH NJW 1998, 1420; Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 176 GVG RN 15; Zimmermann, ZPO, Anhang GVG § 169 RN 1; Zöller/Gummer, ZPO, § 169 GVG RN 16; Meyer-Ladewig/Keller, SGG, § 61 RN 5a; Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 259; Britz, Fernsehaufnahmen, S. 115; Kuß, Öffentlichkeitsmaxime, S. 149; Ricker/Schiwy, Rundfunkverfassungsrecht, F RN 110; Schorn, Menschenwürde, S. 56; Wenzel/von Strobl-Alberg, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, Kap. 7 RN 33, Kap. 10 RN 184; Prinz/Peters, Medienrecht, RN 819; Schäfer, Die Praxis des Strafverfahrens, RN 837; Hellmann, Strafprozessrecht, Teil IV § 2 RN 5; Kühne, Strafprozessrecht, RN 698.2; Lilie, in: AE-StuM, S. 116 (116); Lorz, in: Herausforderungen, S. 59 (67); Schorn LZ 1932, Sp. 1408 (1410); Erdsiek NJW 1960, 1048 (1050); Rasehorn DRiZ 1961, 255 (256); Maul MDR 1970, 286 (288); Ranft Jura 1995, 573 (580); Wolf ZRP 1994, 187 (191); Scholz NStZ 1995, 42 (42); Dannecker ZvglRWiss 97 (1998), 407 (434 f.); Gersdorf AfP 2001, 29 (29) Lehr NStZ 2001, 63 (64); vgl. auch BT-Drucks. IV/178, S. 45 f. 96 Olizeg, Hausrecht, S. 211. 97 Vgl. dazu die Auswertung der Fragen 4 des Fragebogens in Anlage 3.

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belegen dies vier Beispiele. So wird die Zuständigkeit dem Vorsitzenden Richter mittels landgerichtlicher Verfügungen98, einem Schreiben an Foto- und Filmjournalisten99, einem „Merkblatt für die Bildberichterstattung im und vor dem Justizgebäude“100, Mustern einer Dreh- beziehungsweise Fotogenehmigung101 und einer Erlaubnis für Anfertigung von Bild- und Tonaufnahmen102 zugewiesen. 4. Umfang der sitzungspolizeilichen Befugnisse Es zeichnet sich damit eine Konkurrenzsituation zwischen hausrechtlicher und sitzungspolizeilicher Entscheidungsgewalt ab. Diese kann allerdings nur für den Sitzungsbereich bestehen, da die sitzungspolizeiliche Entscheidungsgewalt des Vorsitzenden Richters auf diesen Bereich beschränkt ist. Dementsprechend ist nunmehr der Umfang der sitzungspolizeilichen Befugnisse zu untersuchen. Dabei ist der Sitzungsbereich in personeller, zeitlicher und räumlicher Hinsicht einzugrenzen. a) Personelle und zeitliche Reichweite Schon der Wortlaut der §§ 176 ff. GVG macht die Unterschiede in personeller Hinsicht deutlich. Während die §§ 177 f. GVG nur Maßnahmen gegen einen beschränkten Personenkreis ermöglichen, übt der Vorsitzende Richter die Sitzungspolizei gegenüber allen im Sitzungsbereich anwesenden Personen aus.103 Zeitlich sind sämtliche sitzungspolizeilichen Befugnisse auf den Sitzungsbereich beschränkt.104 Zu diesem ist zumindest die Verhandlung im Sinne des 98

Anlage 4 und Anlage 5. Anlage 6. 100 Anlage 7. 101 Anlagen 8 und 9. 102 Anlage 12. 103 OLG Karlsruhe NJW 1977, 309 (311); Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 176 GVG RNn 1, 10; LR VII/Wickern, § 176 RN 39; KK/Diemer, § 176 GVG RN 3; Schmidt, Lehrkommentar, § 176 RN 12; Pfeiffer, StPO, § 176 RN 3; Kissel/Mayer, GVG, § 176 RN 39; Jansen, SGG, § 61 RN 9; Eyermann/Schmidt, VwGO, § 55 RN 6; Meyer-Ladewig/Keller, SGG, § 61 RN 5a; Ranft, Strafprozessrecht, RN 1456; Schoch/ Schmidt-Aßmann/Pietzner/Meissner, VwGO, § 55 RN 39; Hübschmann/Hepp/Spitaler X/Spindler, § 52 FGO RN 47; Lechner/Zuck, BVerfGG, § 17 RN 10; Maunz/Klein, BVerfGG, § 17 RN 18; HK-SGB/Littmann, § 61 RN 9; Beermann/Stöcker, Steuerliches Verfahrensrecht, § 52 FGO RN 34; Voßkuhle, Rechtsschutz, S. 22; Kuß, Öffentlichkeitsmaxime, S. 171 f.; Schilken, Gerichtsverfahrensrecht, RN 224; Lilie, in: AEStuM, S. 116 (120); Leinius NJW 1973, 448 (448); Krekeler NJW 1980, 980 (980); Malmendier NJW 1997, 227 (233); Jahn NStZ 1998, 389 (391); einschränkend Olizeg, Hausrecht, S. 131 f.; anders Redker/von Oertzen, Verwaltungsgerichtsordnung, § 55 RN 10. 99

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§ 238 Abs. 1 StPO, also die strafgerichtliche Hauptverhandlung zu zählen.105 Schon der begriffliche Unterschied zwischen Sitzung und Hauptverhandlung lässt auf ein zeitlich weiteres Verständnis des Sitzungsbereiches schließen. Zum Sitzungsbereich gehören, da ein enger Zusammenhang mit der jeweiligen Hauptverhandlung besteht, insofern auch die Zeiten unmittelbar vor und nach der Hauptverhandlung.106 Die Sitzung beginnt also nicht erst mit dem Aufruf zur Sache, sondern schon mit der bevorstehenden Bereitschaft zur amtlichen Tätigkeit, die sich zum Beispiel im Öffnen des Gerichtssaales und dem daraufhin erfolgenden Eintreten der ersten Verfahrensbeteiligten zeigt, gleichgültig, ob die Richter schon anwesend sind oder nicht.107 Weiter endet die Sitzung weder mit der Urteilsverkündung noch mit der Feststellung des Vorsitzenden Richters, die Hauptverhandlung sei geschlossen.108 Vielmehr gehört auch jene Zeit zur Sitzung, welche die Verfahrensbeteiligten benötigen, um ohne unnötige Eile alle mit der Abwicklung der verhandelten Sache zusammenhängenden Verrichtungen109 zu erledigen.110 Schließlich sind dem Sitzungsbereich auch die kürzeren 104 A. A. OLG Karlsruhe JR 1976, 383 (383): „. . . daß die sitzungspolizeilichen Befugnisse . . . auch schon vor der Sitzung bestehen . . .“; ähnlich Zöller/Gummer, ZPO, § 176 GVG RN 5: „. . . auch die der Sitzung unmittelbar vorausgehenden und nachfolgenden Zeiten . . .“. 105 RGSt 47, 322; LR VII/Wickern, § 176 RN 15; KK/Diemer, § 176 GVG RN 3; Kissel/Mayer, GVG, § 176 RN 8; Schilken, Gerichtsverfassungsrecht, RN 221; Burhoff, Strafrechtliche Hauptverhandlung, RN 805; Lilie, in: AE-StuM, S. 116 (119); Lehr NStZ 2001, 63 (64). 106 BVerfGE 91, 125 (136); BVerfG JZ 1995, 295 (296); Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 176 GVG RN 2; Schorn, Der Strafrichter, S. 209; Wolf, Gerichtsverfassungsrecht, S. 258; Schilken, Gerichtsverfassungsrecht, RN 221; Schlüchter, Das Strafverfahren; RN 451.3; Schäfer, Die Praxis des Strafverfahrens, RN 1258; Ricker/Schiwy, Rundfunkverfassungsrecht, F RN 110; Burbulla, Fernsehöffentlichkeit, S. 76; Lilie, in: AE-StuM, S. 116 (119); Stürner JZ 1972, 664 (665); Stober DRiZ 1980, 3 (6); Zuck NJW 1995, 2082 (2082); Kortz AfP 1997, 443 (444); Gündisch/Dany NJW 1999, 256 (258); Lehr, NStZ 2001, 63 (65). 107 BVerfG NJW 1996, 310 (310); LR VII/Wickern, § 176 RN 8; Pfeiffer, StPO, § 176 GVG RN 2; KK/Diemer, § 176 GVG RN 2; Kissel/Mayer, GVG, § 176 RN 8; Schmidt, Lehrkommentar, § 176 RN 2; Jansen, SGG, § 61 RN 9; Meyer-Ladewig/Keller, SGG, § 61 RN 5; HK-SGB/Littmann, § 61 RN 8; Beermann/Stöcker, Steuerliches Verfahrensrecht, § 52 FGO RN 31; Hübschmann/Hepp/Spitaler X/Spindler, § 52 FGO RN 46; Burhoff, Strafrechtliche Hauptverhandlung, RN 805; Olizeg, Hausrecht, S. 132; Britz, Fernsehaufnahmen, S. 82 FN 19; Kuß, Öffentlichkeitsmaxime, S. 171 f.; Lilie, in: AE-StuM, S. 116 (119); Rasehorn DRiZ 1961, 255 (256); Maul MDR 1970, 286 (286); Rehbinder MDR 1963, 640 (642). 108 So aber KG JW 1925, 810; dagegen statt vieler Schmidt, Lehrkommentar, § 176 RN 2. 109 Z. B. vorgelegte Schriftstücke zurückzugeben, Kassenanweisungen auszuhändigen, eigene Unterlagen einzupacken aber auch, den Verhandlungssaal zu verlassen. 110 OLG Hamm NJW 1956, 1452 (1453); OLG Düsseödorf MDR 1986, 428; LR VII/Wickern, § 176 RN 8; Pfeiffer, StPO, § 176 GVG RN 2; KK/Diemer, § 176 GVG RN 2; Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 176 GVG RN 2; Schmidt, Lehrkommentar, § 176 RN 2; Kissel/Mayer, GVG, § 176 RN 8; Jansen, SGG, § 61 RN 9; Meyer-Ladewig/

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Verhandlungs- beziehungsweise Sitzungspausen, worunter auch die Pausen zur Urteilsberatung fallen, zuzuordnen.111 Auch die Zeit zwischen der Verkündung einer Entscheidung und dem Aufruf der nächsten Sache gehört zu den Sitzungen.112 Zeitlich nicht mehr in den Sitzungsbereich fallen allerdings längere Unterbrechungen der Hauptverhandlung.113 b) Räumliche Reichweite Von Bedeutung ist vor allem die räumliche Reichweite des Sitzungsbereiches. Wie sich zeigen wird, sind die räumlichen Grenzen auch im Hinblick auf die aufnahmebezogene Zuständigkeit des Gerichtspräsidenten von Relevanz. Hier ist anzumerken, dass lediglich an 73 Prozent der Landgerichte in räumlicher Hinsicht zwischen Sitzungsbereich und restlichem Gerichtsbereich differenziert und dem Erfordernis der räumlichen Abgrenzung Rechnung getragen wird.114 Während sowohl die personelle als auch die zeitliche Reichweite der sitzungspolizeilichen Befugnisse keine Schwierigkeiten bereiten, gestaltet es sich als problematisch, den Sitzungsbereich in räumlicher Hinsicht einzugrenzen. Ge-

Keller, SGG, § 61 RN 5; HK-SGB/Littmann, § 61 RN 8; Beermann/Stöcker, Steuerliches Verfahrensrecht, § 52 FGO RN 31; Hübschmann/Hepp/Spitaler X/Spindler, § 52 FGO RN 46; Schorn, Der Strafrichter, S. 209; Burhoff, Strafrechtliche Hauptverhandlung, RN 805; Wolf, Gerichtsverfassungsrecht, S. 258; Schilken, Gerichtsverfassungsrecht, RN 221; Olizeg, Hausrecht, S. 132; Kaehne, Die Anfechtung sitzungspolizeilicher Maßnahmen, S. 73 f.; Britz, Fernsehaufnahmen, S. 82 FN 19; Lilie, in: AE-StuM, S. 116 (119); Rasehorn DRiZ 1961, 255 (256); Rehbinder MDR 1963, 640 (642); Stober DRiZ 1980, 3 (6); etwas enger BVerfG NJW 1996, 310 (310) – Verlassen des Saales durch das Gericht; a. A. KG JW 1925, 810 wonach die Sitzung beendet ist, wenn entweder der Vorsitzende die Sitzung für aufgehoben erklärt oder sie tatsächlich aufgehoben ist. 111 BVerfGE 91, 125 (136); BVerfG NJW 1996, 310 (310); BGHSt 44, 23 (25) = NJW 1998, 1420; Schmidt, Lehrkommentar, § 176 RN 2; Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 176 GVG RN 2; LR VII/Wickern, § 176 RN 8; KK/Diemer, § 176 GVG RN 2; Meyer-Ladewig/Keller, SGG, § 61 RN 5; HK-SGB/Littmann, § 61 RN 8; Britz, Fernsehaufnahmen, S. 82 FN 19; Kissel/Mayer, GVG, § 176 RN 8; Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner/Meissner, VwGO, § 55 RN 39; Beermann/Stöcker, Steuerliches Verfahrensrecht, § 52 FGO RN 31; Olizeg, Hausrecht, S. 133; Kuß, Öffentlichkeitsmaxime, S. 171 f.; Maul MDR 1970, 286 (286); Rasehorn DRiZ 1961, 255 (256); Rehbinder MDR 1963, 640 (642); Stürner JZ 1972, 664 (665); Stober DRiZ 1980, 3 (6); Gündisch/Dany NJW 1999, 256 (258); Kudlich JA 2000, 970 (971); Lehr, NStZ 2001, 63 (64 f.). 112 LR VII/Wickern, § 176 GVG RN 8; Kissel/Mayer, GVG, § 176 RN 8; Maul MDR 1970, 286 (286). 113 Als Beispiel einer nicht mehr nur kurzen Pause sei das der mehrstündigen Mittagspause genannt. Vgl. dazu Kissel/Mayer, GVG, § 176 RN 8; LR VII/Wickern, § 176 RN 8; Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 176 GVG RN 2; Schmidt, Lehrkommentar, § 176 RN 2; Burhoff, Strafrechtliche Hauptverhandlung, RN 805; Rasehorn DRiZ 1961, 255 (256). 114 Vgl. die Auswertung zu Frage 3 des Fragebogens in Anlage 3.

III. Die Sitzungspolizei nach dem Gerichtsverfassungsgesetz

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setzliche Anhaltspunkte sucht man diesbezüglich vergebens. Daher ist es nicht überraschend, dass die landgerichtliche Praxis den räumlichen Sitzungsbereich höchst unterschiedlich beurteilt.115 Einigkeit besteht lediglich im Hinblick auf den Sitzungssaal116. Dieser ist dem Sitzungsbereich unproblematisch zuordenbar.117 aa) Unmittelbar an den Sitzungssaal angrenzende Räumlichkeiten Wären die sitzungspolizeilichen Befugnisse auf den Sitzungssaal beschränkt, könnten die mit § 176 GVG verfolgten Ziele nicht adäquat erfüllt werden.118 In räumlicher Hinsicht muss also mehr umfasst sein. Dieser Ansicht wird jedoch weder in der Literatur, noch in der Praxis einstimmig gefolgt.119 Beachtenswert ist, dass immerhin 9 Prozent der Landgerichte dem engstmöglichen Sitzungsverständnis folgen, also lediglich den Verhandlungssaal zum Sitzungsbereich zählen.120 Nach Kissel und Mayer121 sind nur diejenigen unmittelbar an den Sitzungssaal angrenzenden Räumlichkeiten zur Sitzung zu zählen, die der Hauptverhandlung dienen. Im Ergebnis bejahen sie dies deshalb nur für Beratungszimmer122 und Arrestzellen, die einen unmittelbaren Zugang zum Sitzungssaal haben. Auch 88 Prozent der Landgerichte halten das Beratungszimmer für einen Bestandteil der Sitzung.123 Dies erscheint wenig, ist der Zusammenhang zur Hauptverhandlung hier doch besonders eng. Noch deutlicher werden die Unterschiede hinsichtlich der Arrestzellen. Diese fassen lediglich 39 Prozent der Landgerichte als Sitzungsbereich auf.124 Allerdings ist hier darauf hinzuweisen, dass das Ergebnis wohl nach oben korrigiert werden muss. In einigen Antwor115

Vgl. die Auswertung zu Frage 2 des Fragebogens in Anlage 3. Hierzu sind auch etwaige separate Vernehmungszimmer zu zählen. 117 Schmidt, Lehrkommentar, § 176 RN 1; LR VII/Wickern, § 176 RN 6; Pfeiffer, StPO, § 176 GVG RN 3; Eyermann/Schmidt, VwGO, § 55 RN 6; Lechner/Zuck, BVerfGG, § 17 RN 9; Beermann/Stöcker, Steuerliches Verfahrensrecht, § 52 FGO RN 32; Hübschmann/Hepp/Spitaler X/Spindler, § 52 FGO RN 46; Kissel/Mayer, GVG, § 176 RN 10; Wenzel/von Strobl-Alberg, Wort- und Bildberichterstattung, Kap. 7 RN 33; Hübner-Raddatz, Fernsehöffentlichkeit, S. 26; Kuß, Öffentlichkeitsmaxime, S. 171; Schlüchter, Das Strafverfahren, RN 451.1; Schultzky NJW 2003, 313 (316). 118 Dies verkennt Eyermann/Schmidt, VwGO, § 55 RN 6, wenn er die Sitzungspolizei ausschließlich auf den Sitzungssaal erstreckt. 119 Vgl. nur Eyermann/Schmidt, VwGO, § 55 RN 6 und Hübner-Raddatz, Fernsehöffentlichkeit, S. 26. 120 Vgl. die Auswertung zu Frage 2 des Fragebogens in Anlage 3. 121 Kissel/Mayer, GVG, § 176 RN 10. 122 So z. B. auch Lilie, in: AE-StuM, S. 116 (119). 123 Vgl. die Auswertung zu Frage 2 des Fragebogens in Anlage 3. 124 Vgl. die Auswertung zu Frage 2 des Fragebogens in Anlage 3. 116

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ten wurde nämlich darauf hingewiesen, dass keine Arrestzellen im Landgericht vorhanden sind. Kissel und Mayer begründen ihre Ansicht mit der notwendigen klaren Abgrenzung zwischen Sitzungspolizei und Hausrecht.125 Doch auch unter Beachtung ihrer zu begrüßenden Motivation ist dieses räumliche Verständnis zu eng. Denn auch andere an den Sitzungssaal angrenzende Räume wie Warteräume und Flure dienen der Hauptverhandlung, warten dort doch Zeugen und Sachverständige auf ihre Vernehmung. Sie sind derart eng mit der Sitzung verknüpft, dass dem Vorsitzenden Richter auch dort sitzungspolizeiliche Befugnisse zuzusprechen sind.126 Hier bestehen, solange das Unmittelbarkeitserfordernis zur Hauptverhandlung eng verstanden wird, keine Abgrenzungsschwierigkeiten. Mithin fallen auch die dem Sitzungssaal unmittelbar, also direkt vorgelagerten Räumlichkeiten in den Sitzungsbereich.127 Dieses Verständnis legen jedoch nur 44 Prozent der Landgerichte den Zuständigkeitsverteilungen zu Grunde.128 Als Beispiel hierfür sei auf das von einem Leiter einer Justizpressestelle bereitgestellte „Merkblatt für die Bildberichterstattung im und vor dem Justizgebäude“ verwiesen. Dieses wird den Journalisten regelmäßig ausgehändigt. Darin heißt es: „. . . Diese Zuständigkeit umfasst aber nicht nur den Sitzungssaal, sondern auch den Bereich davor, also den Gang, in etwa soweit die Sichtweite zum Sitzungssaal reicht . . .“129. Die Mehrheit der deutschen Landgerichte folgt aber einem engen, nach der hier vertretenen Ansicht zu engen, Verständnis des räumlichen Sitzungsbereiches. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass diese Räumlichkeiten überwiegend dem Hausrecht des Gerichtspräsidenten unterstellt werden. bb) Entferntere Räumlichkeiten Die Ansichten gehen dann auch bezüglich der weiter entfernten, also nicht unmittelbar an den Sitzungssaal angrenzenden Räumlichkeiten, die dem Zugang 125

Kissel/Mayer, GVG, § 176 RN 10; Lilie, in: AE-StuM, S. 116 (119). LR VII/Wickern, § 176 GVG RN 6. 127 BVerfG NJW 1996, 310 (310); BGHSt 44, 23 (24) = NJW 1998, 1420; OLG Stuttgart Justiz 1993, 146 (147); LR VII/Wickern, § 176 RN 6; Schmidt, Lehrkommentar, § 176 RN 1; KK/Diemer, § 176 RN 2; Zöller/Gummer, ZPO, § 176 GVG RN 4; Lechner/Zuck, BVerfGG, § 17 RN 9; Maunz/Klein, BVerfGG, § 17 RN 18; Beermann/Stöcker, Steuerliches Verfahrensrecht, § 52 FGO RN 32; Hübschmann/Hepp/ Spitaler X/Spindler, § 52 FGO RN 46; Olizeg, Hausrecht, S. 131; Wenzel/von StroblAlberg, Wort- und Bildberichterstattung, Kap. 7 RN 33; Schlüchter, Das Strafverfahren, RN 451.1; Schilken, Gerichtsverfassungsrecht, RN 222; Kuß, Öffentlichkeitsmaxime, S. 171; Burhoff, Strafrechtliche Hauptverhandlung, RN 805; Prinz/Peters, Medienrecht, RN 819; Lilie, in: AE-StuM, S. 116 (119); Maul MDR 1970, 286 (286); Rehbinder MDR 1963, 640 (642); Schultzky NJW 2003, 313 (316 f.); wohl auch Jansen, SGG, § 61 RN 9. 128 Vgl. die Auswertung zu Frage 2 des Fragebogens in Anlage 3. 129 Anlage 7. 126

III. Die Sitzungspolizei nach dem Gerichtsverfassungsgesetz

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zum Sitzungssaal dienen, auseinander. Hierzu gehören zum Beispiel Treppenhäuser, Flure und sonstigen Wartebereiche. Teilweise werden sämtliche dieser Räume, die zum Erreichen des Sitzungssaales notwendig in Anspruch genommen werden müssen, der Sitzungspolizei unterstellt.130 Argumentiert wird hier vorrangig mit der engen Verknüpfung zwischen diesen Räumlichkeiten und der Sitzung.131 Das Bundesverfassungsgericht bezeichnete dieses Verständnis, dem übrigens nur 8 Prozent der Landgerichte folgen132, als „. . . zumindest vertretbar . . .“133. Andere stellen sich dem entgegen und fassen unter dem enger verstandenen Sitzungsbegriff nur die Räumlichkeiten, die unmittelbar an den Sitzungssaal angrenzen.134 Dem engeren Verständnis ist vor allem eines Grundes wegen zu folgen, nämlich den anderenfalls auftretenden Abgrenzungsschwierigkeiten.135 Sieht man den ausreichend engen Zusammenhang zum Sitzungssaal darin, dass diese Räume dem Zugang zum Verhandlungssaal dienen, tauchen Probleme auf, sobald Verfahrensbeteiligte oder Publikum unterschiedliche Wege durch das Gerichtsgebäude wählen. Das weite Verständnis müsste dann dazu führen, dass alle öffentlich zugänglichen Räumlichkeiten des Gerichts in den Sitzungsbereich fallen. Abgrenzungsschwierigkeiten auch der Vorsitzenden untereinander wären die Folge. Flure und Treppenhäuser nämlich dienen in aller Regel dem Zugang zu mehreren Sitzungssälen. Für ein und denselben Bereich wären so mehrere Richter parallel zuständig. Derartige Schwierigkeiten sind im Hinblick auf Rechtssicherheit und -klarheit nicht hinnehmbar.136 Von diesen eher praxisbezogenen Schwierigkeiten abgesehen, fällt es schwer, das Geschehen in einem weiter entfernten Treppenhaus noch als ein Geschehen „in der Sitzung“, wie es § 176 GVG ausdrücklich verlangt, anzusehen. Es fehlt am ausreichend engen

130 In diese Richtung OLG Celle DRiZ 1979, 376 (377); Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 176 GVG RN 1; LR VII/Wickern, § 176 RN 6; Pfeiffer, StPO, § 176 GVG RN 3; Lehr NStZ 2001, 63 (64); wohl auch BVerfGE 48, 118 (123) = NJW 1978, 1048 (1049) („. . . in den dem Sitzungssaal vorgelagerten Räumlichkeiten . . .“); so auch Schellenberg, Die Hauptverhandlung im Strafverfahren, S. 227; noch weitergehend Wolf, Gerichtsverfahrensrecht, S. 258, der die Sitzungspolizei sogar auf „. . . Störungen vor dem Gerichtsgebäude . . .“ erstreckt. 131 Lehr NStZ 2001, 63 (64). 132 Vgl. die Auswertung zu Frage 2 des Fragebogens in Anlage 3. 133 BVerfG NJW 1996, 310 (310). 134 Schmidt, Lehrkommentar, § 176 RN 1, der nur bei entsprechenden Absperrungen eine Ausnahme zulassen will; LR VII/Wickern, § 176 GVG RN 3 a. E.; Kissel/ Mayer, GVG, § 176 RN 10; Zöller/Gummer, ZPO, § 176 GVG RN 4; Hübschmann/ Hepp/Spitaler X/Spindler, § 52 FGO RN 46; wohl auch Schlüchter, Das Strafverfahren, RN 451.1, die auf die räumliche Unmittelbarkeit zum Sitzungssaal abstellt; Maul MDR 1970, 286 (286); Rehbinder MDR 1963, 640 (642). 135 Kissel/Mayer, GVG, § 176 RN 10; auch Schilken, Gerichtsverfassungsrecht, RN 222. 136 Engeln, Hausrecht, S, 150.

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Zusammenhang mit der Sitzung. Daher unterliegen die an den Sitzungssaal nicht unmittelbar angrenzenden Räumlichkeiten nicht mehr der sitzungspolizeilichen Gewalt. Der Vorsitzende Richter hat dort keine Befugnisse, auch nicht im Hinblick auf Bild- und Tonaufnahmen. Vielmehr ist auf den Gerichtspräsidenten abzustellen, dem die hausrechtlichen Befugnisse zustehen. c) Keine zeitliche und räumliche Begrenzung Einen völlig anderen Weg geht Olizeg. Ihm zufolge sind sitzungspolizeiliche Maßnahmen weder zeitlichen noch räumlichen Beschränkungen unterworfen.137 Wann und von wo aus Beeinträchtigungen auf den Sitzungsablauf oder auf Rechte von Verfahrensbeteiligten und Dritten ausgehen, sei nicht entscheidend. Vielmehr sei maßgebend, ob derartige Störungen vorliegen. Sind solche zu bejahen, stehen dem Vorsitzenden sitzungspolizeiliche Befugnisse zu. Die einzige Grenze, die er anerkennt, ist die des Gerichtsbereichs138, womit die Verneinung räumlicher Grenzen – wohl unbewusst – bereits relativiert wird. Olizeg argumentiert letztlich mit den geschützten Rechtsgütern des § 176 GVG, die auch außerhalb der aufgezeigten zeitlichen und räumlichen Grenzen beeinträchtigt werden können. Seine Anmerkung, dass eine Person nicht allein deshalb der sitzungspolizeilichen Gewalt unterfallen könne, weil sie für den „. . . Spruchkörper räumlich erreichbar ist . . .“139, ist zuzustimmen. Jedoch resultiert das bereits aus der inhaltlichen Begrenzung sitzungspolizeilicher Maßnahmen und nicht erst aus der Verneinung räumlicher Grenzen, wie Olizeg zu verstehen geben will. Geht von der konkreten Person nämlich keine Beeinträchtigungen auf die von § 176 GVG geschützten Rechtsgüter aus, so sind sitzungspolizeiliche Maßnahmen unabhängig von räumlichen oder zeitlichen Grenzen nicht statthaft. Der gegen eine räumliche Begrenzung gebrachte Einwand verfängt also nicht. Deshalb kann auch der Verweis Olizegs auf einen seiner Ansicht nach falsch begründeten140 Beschluss des Bundesgerichtshofs141, in welchem dieser zu Recht auf den aufgezeigten Umfang der sitzungspolizeilichen Befugnisse abstellt142, nicht über137 Olizeg, Hausrecht, S. 131 ff.: So können auch der „. . . Innenhof des Gerichtsgebäudes oder . . . Gebäudeteile, die den Fenstern des Verhandlungszimmers gegenüberliegen . . .“ (S. 131) räumlich von der Sitzungspolizei erfasst sein. Ebenso können auch die Zeiten „. . . vor Beginn der Sitzung (und) . . . Sitzungspausen . . .“ (S. 132) von der Sitzungspolizei erfasst sein. 138 Olizeg, Hausrecht, S. 132. 139 Olizeg, Hausrecht, S. 132. 140 Olizeg, Hausrecht, S. 132 FN 101. 141 BGHSt 44, 23 (23 ff.). In diesem ging es um eine sitzungspolizeilich ausgesprochene Beschlagnahme eines Fotos, welches ein Pressefotograf während einer kürzeren Verhandlungsunterbrechung auf dem Flur vor dem Sitzungssaal angefertigt hat. 142 BGHSt 44, 23 (24 ff.).

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zeugen. Nur darauf abzustellen, ob die Schutzgüter des § 176 GVG beeinträchtigt sind, hieße letztlich, das Betreten des Gerichts als maßgebend zu erachten, da nur dort sitzungspolizeiliche Befugnisse bestehen können. Dann aber würde wieder eine räumliche Komponente eingebracht. Daran wird deutlich, dass es ohne eine räumliche Eingrenzung nicht geht. Außerdem müssen sitzungspolizeiliche Maßnahmen als in Grundrechte des Störers eingreifende Reaktionen einen festen Anknüpfungspunkt haben. Hierfür lassen sich Rechtssicherheit und vor allem Rechtsklarheit anführen. § 176 GVG verlangt vom Vorsitzenden, die Ordnung „in“ der Sitzung aufrecht zu erhalten, nicht aber die Ordnung „der“ Sitzung. Aus dieser Wortwahl ist zu entnehmen, dass der Vorsitzende Richter nicht ermächtig ist, jede Störung oder Gefährdung „der“ Sitzung zu unterbinden, sondern nur diejenigen, die „in“ der Sitzung erfolgen. Mithin sind die, von Olizeg übrigens anerkannten143, Grenzen der Sitzung, auch für die sitzungspolizeilichen Maßnahmen als relevant anzusehen. Aus diesem Grund ist an den gezogenen zeitlichen und räumlichen Beschränkungen unter Abkehr von Olizegs Ansicht festzuhalten. 5. Konkurrenz zu Verhandlungsleitung und Hausrecht Vergegenwärtigt man sich den Bereich, in welchem dem Vorsitzenden Richter sitzungspolizeiliche Befugnisse nach § 176 GVG zustehen, so fällt auf, dass Überschneidungen mit der Verhandlungsleitung, vor allem aber mit dem Hausrecht auftreten. Aus diesem Grund muss das Verhältnis dieser Befugnisse zueinander geklärt werden.144 a) Sitzungspolizei und Verhandlungsleitung Die Abgrenzung von Sitzungspolizei und Verhandlungsleitung erweist sich nur dann als notwendig, wenn es in zeitlicher Hinsicht um die Hauptverhandlung geht. Vor, in den Pasuen und nach dieser kann, da die Verhandlungsleitung an die Hauptverhandlung gebunden ist, keine Überschneidung bestehen. Insofern bedarf es im Rahmen dieser Arbeit, nur die Anfertigung von Aufnahmen im Umfeld der Hauptverhandlung interessiert hier, keiner Klärung dieses Konkurrenzverhältnisses.145 143

Olizeg, Hausrecht, S. 131 f. Dies wird auch an einigen Landgerichten erkannt. Beispielhaft sei hierfür auf eine Verfügung hinsichtlich der Konkurrenz von Hausrecht und Sitzungspolizei (Anlage 11) verwiesen. 145 Der Vollständigkeit halber sei diese hier aber kurz angerissen. Soweit die Sitzungspolizei dem Vorsitzenden obliegt, liegen Sitzungspolizei und Verhandlungsleitung zwar in denselben Händen, haben aber doch grundlegende Unterschiede. Während sich die Sitzungspolizei (§ 176 GVG) auf die Aufrechterhaltung der äußeren Ord144

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b) Sitzungspolizei und Hausrecht Aus der Zusammenschau von § 238 StPO und § 176 GVG ergibt sich, dass alleiniger Herrscher über das verfahrensrechtliche Geschehen während einer Gerichtsverhandlung das erkennende Gericht beziehungsweise der Vorsitzende Richter ist. Das Hausrecht des Gerichtspräsidenten ist hiervon zu trennen. Auf Grund der zeitlichen und räumlichen Überschneidungen des Hausrechts mit der Sitzungspolizei146 ist deren Verhältnis zu klären.

nung im Sitzungsbereich bezieht, betrifft die Verhandlungsleitung (§ 238 Abs. 1 StPO) den inneren Ablauf des einzelnen Verfahrens (speziell dazu LR VII/Wickern, § 176 GVG RN 2). Auf den ersten Blick erscheint eine Abgrenzung anhand dieser Unterscheidung einfach. Unklar ist dabei allerdings, aus welcher Sicht dieser Einfluss zu bestimmen ist. Einerseits könnte man auf die Finalität der Maßnahme abstellen, also darauf ob der Richter auf den Verfahrensablauf oder auf die äußere Ordnung Einfluss nehmen wollte. Andererseits könnte man aber auch die tatsächliche Wirkung in den Vordergrund stellen, so dass maßgebend wäre, wie sich die Maßnahme dann dem Einfluss nach tatsächlich auswirkt. Würde auf die Finalität der Maßnahme abgestellt, würde der Vorsitzende Richter über die Rechtsgrundlage der Maßnahme und so auch über den Rechtsschutz nach § 238 Abs. 2 StPO bestimmen können. Dem stehen sowohl Rechtssicherheit als auch erhebliche Beweisschwierigkeiten, die immer dann bestehen, wenn einzig auf subjektive Kriterien abgestellt wird, entgegen. Aber auch eine rein objektive Abgrenzung überzeugt nicht. Diejenigen Fälle, in denen sowohl auf den Verfahrensablauf als auch auf die äußere Ordnung Einfluss genommen wird, können so nämlich nicht gelöst werden. Als Beispiel soll folgende Situation dienen: Es wird von dem Staatsanwalt oder von dem Angeklagten an den Zeugen eine Frage gestellt, die in keiner Beziehung zur verhandelten Sache steht. Diese aber stört durch ihre provokative Art und durch das Thema die Ordnung im Sitzungssaal, indem ein Tumult losbricht, in welchem allseits über die zu erwartende Antwort beraten wird. Solche nicht zur Sache gehörenden Fragen können nach § 241 Abs. 2 StPO zurückgewiesen werden, was eine verhandlungsleitende Maßnahme ist. Gleichzeitig könnte die Zurückweisung der Frage der Wiederherstellung der äußeren Ordnung dienen, wonach dann eine sitzungspolizeiliche Maßnahme vorläge. Bei einer rein objektiven Betrachtung lässt sich keine der beiden Varianten sicher ausschließen. Die bestehende Abgrenzungsproblematik würde nur verlagert. Einzig möglich wäre, die Maßnahmen in einen sitzungspolizeilichen und in einen verhandlungsleitenden Teil aufzuspalten. Da es sich jedoch um eine einheitlich zu verstehende Maßnahme handelt, ist eine solche Aufspaltung als gekünstelt abzulehnen. Mithin ist eine andere Lösung zu suchen. Diese liegt darin, objektiv zu beurteilen, worauf die getroffene Maßnahme zielte. Damit werden einerseits die aus einer subjektiven Sicht resultierenden Beweisschwierigkeiten vermieden. Andererseits wird so eine Abgrenzung auch in den Fällen möglich, in denen eine rein objektive Betrachtung keine Lösung bringt. Kann auf diese Weise kein Ergebnis herbeigeführt werden, tritt also eine sogenannte non-liquet-Situation ein, ist die Maßnahme im Interesse eines möglichst effektiven Rechtsschutzes auf die Grundlage zu beziehen, die den effektiveren Rechtsschutz gewährt. 146 Diese kommt auch in einem Merkblatt für die Bildberichterstattung im und vor dem Justizgebäude (Anlage 7) zum Ausdruck.

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aa) Direkte Überschneidungen Von vordergründigem Interesse sind dabei die Konstellationen, in denen die von § 176 GVG geschützten Rechtsgüter innerhalb des Sitzungsbereiches gestört werden. Sowohl Gerichtspräsident als auch Vorsitzender Richter sind nach dem bisher Gesagten für die aufnahmebezogenen Entscheidungen zuständig. Zur Lösung dieses Zuständigkeitsproblems bieten sich mehrere Möglichkeiten an. (1) Parallelität der Befugnisse Da das Hausrecht anderen Zielen dient als die Sitzungspolizei nach § 176 GVG und sich beide Rechtsgrundlagen auf dieselben Räumlichkeiten beziehen, liegt der Schluss nahe, beide Befugnisse als parallel bestehend anzusehen. Vereinzelt scheint dieser Schluss auch an deutschen Landgerichten gezogen zu werden. Für den Sitzungsbereich werden zu 88 Prozent der Vorsitzende Richter und zu 25 Prozent (auch) der Gerichtspräsident als zuständig erachtet.147 Problematisch aber ist, dass hausrechtliche Maßnahmen gegen Störer im Sitzungsbereich sowohl die Ordnung des Gerichtsbereichs als auch die Ordnung im Sitzungsbereich schützen beziehungsweise wiederherstellen können. Da auch mit der Sitzungspolizei rechtsprechende Tätigkeit ausgeübt wird148 und so die richterliche Unabhängigkeit nach Art. 97 Abs. 1 GG149 zu beachten ist, muss eine parallele Zuständigkeit abgelehnt werden. Die Unabhängigkeit nämlich würde beeinträchtigt, könnte der Gerichtspräsident kraft Hausrechts die Sitzung als rein richterliche Tätigkeit beeinflussen.150 Eine Parallelität der Befugnisse würde also der Verfassung widersprechen und ist deshalb abzulehnen. Einzig der Vorsitzende ist danach berufen, über die Anfertigung von Bild- und Tonaufnahmen im Umfeld der strafgerichtlichen Hauptverhandlung zu entscheiden. (2) Hausrecht zwangsläufig beim Vorsitzenden Richter Mit dieser Erkenntnis kann es sein Bewenden aber nicht haben. Geklärt ist lediglich, dass der Vorsitzende Richter allein zuständig ist. Auf welcher Grundlage er die Entscheidung trifft, bleibt jedoch unklar. Als Konsequenz der richterlichen Unabhängigkeit scheint es möglich, dass der Vorsitzende Richter wäh147

Vgl. dazu die Auswertung der Fragen 4 des Fragebogens in Anlage 3. Vgl. D. III. 149 BGHSt 17, 201 (204) = JZ 1962, 576 (577); BGHSt 24, 329 (330) = NJW 1972, 1144 (1145) = JZ 1972, 663 (664); 30, 350 (353); OLG Hamburg MDR 1992, 799; Schmidt-Räntsch, DRiG, § 25 RN 8; Fürst/Mühl/Arndt, Richtergesetz, § 25 RN 15; Willms JZ 1972, 653 (654); Krekeler NJW 1979, 185 (186). 150 Stürner JZ 1972, 664 (665). 148

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rend der Sitzung Inhaber sowohl der sitzungspolizeilichen Befugnisse als auch des Hausrechts ist. Diejenigen, die dies vertreten, gehen davon aus, das sitzungsbezogene Hausrecht werde zwangsläufig auf den Vorsitzenden übertragen.151 Nach Willms bleibt das Hausrecht des Vorsitzenden Richters nach außen hin „. . . überlagernd wirksam und bedeutungsvoll . . .“152. Kommt es zur zwangsweisen Durchsetzung der sitzungspolizeilichen Maßnahme, soll sich der Störer so nämlich nicht mehr auf ein Notwehrrecht berufen können.153 Hiergegen wird von Stürner154 zu Recht eingewandt, dass auch eine fehlerhafte sitzungspolizeiliche Maßnahme ein Hoheitsakt bleibt, gegen welchen Notwehr per se nicht ausgeübt werden kann. Ein zwangsläufiger Übergang des Hausrechts ist daher nicht erforderlich. Die von Willms angeführte Begründung überzeugt nicht. Weiter darf nicht verkannt werden, dass das Hausrecht der Justizverwaltung und die den Richtern übertragene Sitzungspolizei auf zwei verschiedenen Grundlagen beruhen, die einem Automatismus entgegenstehen.155 Auch wenn das Hausrecht dem Vorsitzenden Richter übertragen ist, verliert es seine inhaltliche Ausrichtung nicht. Es ist gerade nicht darauf gerichtet, die Ordnung in der Sitzung aufrechtzuhalten, sondern darauf, Störungen für den gesamten Gerichtsablauf abzuwehren beziehungsweise zu verhindern. Letzteres fällt jedoch nicht in den Zuständigkeitsbereich des Vorsitzenden Richters, da dieser im Gegensatz zum Gerichtspräsidenten nicht als originäres Organ der Justizverwaltung anzusehen ist, auch nicht während einer Sitzung. Aber auch sonst sind die Bedenken gegen eine zwangsläufige Überleitung des Hausrechts durchgreifend. Es ist schon nicht erklärbar, wie der Vorsitzende Richter für die Zeit der Sitzung zum Hausherren des räumlichen Sitzungsbereiches avanciert, ohne dass eine förmliche Übertragung der hausrechtlichen Befugnisse stattfindet. Zudem finden sich im Gesetz keine Anhaltspunkte dafür, dass dem Vorsitzenden Richter in bestimmten Situationen ein partielles Hausrecht zustehen soll. Auch das Argument, der Vorsitzende Richter sei Alleinherrscher über den Sitzungsbereich, führt hier nicht weiter, kann diesem doch auch ohne ein übertragenes Hausrecht entsprochen werden. Vielmehr spricht die Alleinherrschaft des Vorsitzenden gegen eine Übertragung des Hausrechts. Die Alleinherrschaft nämlich ist vom Hausrecht unabhängig, besteht also auch ohne eine Übertragung. Überdies bliebe vom Hausrecht des Gerichtspräsidenten nicht 151 So Olizeg, Hausrecht, S. 137 ff., insb. S. 142; Engeln, Hausrecht, S. 148; Willms JZ 1972, 653 (654). 152 Willms JZ 1972, 653 (654). 153 Willms JZ 1972, 653 (654). 154 Stürner JZ 1972, 664 (665 FN 5); gegen Willms auch OLG Celle DRiZ 1979, 376 (377). 155 Rüping ZZP 88 (1975), 212 (218).

III. Die Sitzungspolizei nach dem Gerichtsverfassungsgesetz

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mehr viel übrig, wenn es auf sämtliche Vorsitzende Richter während ihrer Sitzungen aufgeteilt würde. Es dürfte der Intention und Konstruktion des Hausrechts eher entsprechen, wenn das Hausrecht in einer Hand, nämlich in der des Hausherrn, bliebe. Deshalb ist davon auszugehen, dass das in Frage stehende Verhältnis von Hausrecht und Sitzungspolizei so angelegt ist, dass die Befugnisse nebeneinander, dass heißt in verschiedenen Händen, bestehen. Die Lösung der sich aus der Überschneidung ergebenden Probleme muss also an der Konkurrenz der Befugnisse ansetzen. Dementsprechend ist eine Lösung vorzuziehen, bei der das Hausrecht dem Gerichtspräsidenten auch während der Sitzungen zusteht. (3) Genereller Vorrang der Sitzungspolizei Damit steht fest, dass dem Vorsitzenden Richter im Sitzungsbereich außerhalb der Hauptverhandlung ausschließlich sitzungspolizeiliche Befugnisse zustehen, um die Herstellung von Bild- und Tonaufnahmen handzuhaben. Letztlich wird die konkurrenzrechtliche Lösung durch die Verfassung selbst vorgegeben. Die sitzungspolizeilichen Befugnisse gehen den hausrechtlichen Befugnissen auf Grund der garantierten richterlichen Unabhängigkeit vor. Das Hausrecht des Gerichtspräsidenten findet seine Grenze so in der Sitzungspolizei. Soweit sie einschlägig ist, wird das Hausrecht auch und gerade wegen ihrer Funktion verdrängt.156 Sobald der Anwendungsbereich des § 176 GVG in zeitlicher, räumlicher oder inhaltlicher Hinsicht verlassen ist, muss auf das Hausrecht des Gerichtspräsidenten abgestellt werden. Dann nämlich vermag die Sitzungspolizei das Hausrecht mangels Einschlägigkeit nicht zu verdrängen.157 Nichts anderes gilt dann, wenn dem Vorsitzenden Richter für den Bereich seiner Sitzung das Hausrecht durch den Gerichtspräsidenten förmlich übertragen ist. Dass dies rechtlich zulässig und möglich ist, wurde bereits dargestellt.158 Es 156 BGHSt 24, 329 (330) = NJW 1972, 1144 (1145) = JZ 1972, 663 (664); 30, 350 (353); OLG Celle DRiZ 1979, 376 (377); LR VII/Wickern, § 176 GVG RN 3; KK/ Diemer, § 176 GVG RN 5; Pfeiffer, StPO, § 176 GVG RN 4; Kleinknecht/MeyerGoßner, § 176 GVG RN 3; Zöller/Gummer, ZPO, § 176 GVG RN 2; Tipke/Kruse, AO und FGO, § 52 FGO RN 11; Hübschmann/Hepp/Spitaler X/Spindler, § 52 FGO RN 44; Beermann/Stöcker, Steuerliches Verfahrensrecht, § 52 FGO RN 27; Schoch/ Schmidt-Aßmann/Pietzner/Meissner, VwGO, § 55 RN 40; Meyer-Ladewig/Keller, SGG, § 61 RN 4b; Kuß, Öffentlichkeitsmaxime, S. 172; Burhoff, Strafrechtliche Hauptverhandlung, RN 805; Schellenberg, Die Hauptverhandlung im Strafverfahren, S. 227; Götz, Allgemeines Polizei- und Ordnunsrecht, RN 119; Lilie, in: AE-StuM, S. 116 (120); Rasehorn DRiZ 1961, 255 (256); Knoke AöR 94 (1969), 388 (406 f.); Leinius NJW 1973, 448 (449); Maul MDR 1970, 286 (288); Stürner JZ 1972, 664 (665 FN 5); Willms JZ 1972, 653 (654); Lehr NStZ 2001, 63 (64); Schultzky NJW 2003 (317); wohl auch Prinz/Peters, Medienrecht, RN 819 und Brüggemann AfP 1971, 155 (156). 157 So auch Olizeg, Hausrecht, S. 131.

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D. Zuständigkeit für Entscheidungen über Bild- und Tonaufnahmen

ist daher nicht möglich anzunehmen, der Vorsitzende Richter könne Anordnungen gegen Störungen aus dem Sitzungsbereich sowohl nach hausrechtlichen als auch nach sitzungspolizeilichen Befugnissen treffen. Das übertragene Hausrecht des Gerichtspräsidenten kann allein durch eine Übertragung nicht in seinem Umfang erweitert werden. Wenn das Hausrecht des Gerichtspräsidenten auf Grund der vorrangigen Sitzungspolizei für den Sitzungsbereich keine Bedeutung hat, muss gleiches auch für das dem Vorsitzenden übertragene Hausrecht gelten. Der Gerichtspräsident kann dem Vorsitzenden Richter nicht mehr übertragen als ihm selbst zusteht. Das Hausrecht tritt also unabhängig vom jeweiligen Inhaber immer dann hinter der Sitzungspolizei zurück, wenn der Anwendungsbereich der sitzungspolizeilichen Befugnisse eröffnet ist. Damit bleibt der Gerichtspräsident Hausrechtsinhaber. Er darf nicht in den Sitzungsablauf eingreifen. Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass es durchaus Sinn macht, das Hausrecht auf die jeweiligen Vorsitzenden Richter zu delegieren. Treten Störungen der Sitzung auf, deren Verursacher sich außerhalb des räumlichen Sitzungsbereiches, aber innerhalb des Gerichtsbereiches aufhalten, kann der Vorsitzende Richter mittels der hausrechtlichen Befugnisse unmittelbar reagieren. Der umständliche Weg über den Gerichtspräsidenten muss dann nicht beschritten werden.159 Eine so verstandene Übertragung des Hausrechts auf den Vorsitzenden Richter ist ohne weiteres möglich.160 Wie genau diese Delegation allerdings zu vollziehen ist, wird uneinheitlich beantwortet.161 Dem soll mangels Relevanz für das hier bearbeitete Thema aber nicht weiter nachgegangen werden. bb) Indirekte Überschneidungen Neben den soeben dargestellten direkten Überschneidungen sind auch indirekte denkbar. Darunter sind die Fälle zu verstehen, in denen der Gerichtspräsi158

Vgl. D. II. LR VII/Wickern, § 176 GVG RN 3; KK/Diemer, § 176 GVG RN 5; Stürner JZ 1972, 664 (665). 160 Vgl. die Nachweise unter D. FN 60. 161 Insofern ist die Rede von der tatsächlichen Vertretung (Tröndle/Fischer, StGB, § 123 RN 34; Bockelmann, Strafrecht BT/3; S. 153), der Bevollmächtigung zur Ausübung (SK StGB/Rudolphi, § 123 RN 21), der Übertragung der Ausübung des Hausrechts (BGHSt 30, 350 (354); Schönke/Schröder/Lenckner/Sternberg-Lieben, StGB, § 123 RNn 16, 21; LR VII/Wickern, § 176 GVG RN 3), der Übertragung des Hausrechts (Kissel/Mayer, § 12 RN 47; LK/Schäfer, § 123 RN 61; Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 176 GVG RN 3) und der Ermächtigung zur Ausübung des Hausrechts (SK StGB/Rudophi, § 123 RN 17; LK/Schäfer, § 123 RN 61). Weiterhin wird diskutiert, ob die Delegation, in welcher Form auch immer, stillschweigend möglich ist. [So statt vieler Schönke/Schröder/Lenckner/Sternberg-Lieben, StGB, § 123 RNn 16, 21; LK/ Schäfer, § 123 RN 61; SK StGB/Rudolphi, § 123 RN 21; Bernsmann Jura 1981, 403 (405)]. 159

IV. Zusammenfassung

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dent gegen Störungen außerhalb des Sitzungsbereiches vorgeht und dabei auch auf die Sitzung Einfluss nimmt.162 Deshalb könnte man argumentieren, dass auch dann die Sitzungspolizei in den Vordergrund treten muss. Dem ist jedoch der Weg versperrt. Zum einen sind sitzungspolizeiliche Maßnahmen gegen Störer, die sich außerhalb des Sitzungsbereiches aufhalten, nicht statthaft. Zum anderen kann der Gerichtspräsident nur bezüglich des gesamten Behördenbetriebes einschreiten. Will man ihm die dafür gegebene hausrechtliche Gewalt auch in einer effektiven Weise zugestehen, so muss es unschädlich sein, wenn nur mit einer Reflexwirkung auf das Verfahren Einfluss genommen wird.163 Anderenfalls würde die Kompetenzverteilung zwischen Gerichtspräsident und Vorsitzendem Richter systemwidrig aufgeweicht. Das Hausrecht tritt hier also nicht hinter der Sitzungspolizei zurück. 6. Ergebnis Der Vorsitzende Richter ist durch § 176 GVG befugt, innerhalb des Sitzungsbereiches gegen Störungen aus dem Sitzungsbereich vorzugehen. Da Beeinträchtigungen sowohl der Rechte der Verfahrensbeteiligten und Dritter als auch der äußeren Ordnung der Sitzung, beides von § 176 GVG geschützte Rechtsgüter, durch personenbezogene Bild- und Tonaufnahmen als möglich erscheinen, ist der Vorsitzende Richter für Entscheidungen über die Zulässigkeit derartiger Aufnahmen zuständig. Dies gilt insbesondere für Bild- und Tonaufnahmen im Umfeld der strafgerichtlichen Hauptverhandlung. Räumlich ist die sitzungspolizeiliche Verfügungsgewalt aber auf den Sitzungssaal und die unmittelbar angrenzenden Räumlichkeiten beschränkt. Schließlich gilt es zu beachten, dass das Hausrecht des Gerichtspräsidenten durch die Sitzungspolizei verdrängt wird. Werden Maßnahmen nach § 176 GVG angeordnet, so ist es unschädlich, wenn dies anstatt vom Vorsitzenden Richter vom gesamten Gericht geschieht.

IV. Zusammenfassung Im Gegensatz zur Verhandlungsleitung, welche nur im Rahmen der Hauptverhandlung von Bedeutung ist, bieten sowohl das dem Gerichtspräsidenten zustehende Hausrecht als auch die dem Vorsitzenden Richter zugewiesene Sitzungspolizei Rechtsgrundlagen, um im Umfeld der strafgerichtlichen Hauptverhandlung auf Anfertigungen von personenbezogenen Bild- und Tonaufnahmen zu reagieren. Da sich die vorliegende Arbeit lediglich auf das zum Sitzungsbereich 162 Denkbar ist zum Beispiel ein hausrechtlich angeordnetes Hausverbot gegen einen im Treppenhaus randalierenden Zeugen. Durch das Hausverbot wird es dem Zeugen unmöglich gemacht, zur Sitzung zu erscheinen. 163 Stürner JZ 1972, 664 (665).

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D. Zuständigkeit für Entscheidungen über Bild- und Tonaufnahmen

zugehörige Umfeld der Hauptverhandlung, also einerseits die Zeiten unmittelbar vor, in den Pausen und nach der Hauptverhandlung und andererseits den Verhandlungssaal und alle unmittelbar angrenzenden Räumlichkeiten, bezieht, brauchen die hausrechtlichen Befugnisse im Folgenden nicht näher beleuchtet zu werden. Einzig um die sitzungspolizeilichen Befugnisse aus § 176 GVG, welche die hausrechtlichen im Rahmen des Sitzungsbereichs verdrängen, soll es im Folgenden gehen. Im Hinblick auf das Hausrecht gilt es allerdings anzumerken, dass der Gerichtspräsident, wie der Vorsitzende auch, aktiv werden muss, wenn Aufnahmen angefertigt werden beziehungsweise ein diesbezügliches Interesse des Rundfunks erkennbar ist.164 An den Landgerichten wird überwiegend zum selben Ergebnis gelangt. Die Rechtslage findet also ihr Spiegelbild in der Praxis. Mehrheitlich, nämlich an 73 Prozent der Gerichte, wird eine räumliche Abgrenzung des Sitzungsbereiches vom restlichen Gerichtsbereich vorgenommen und der Vorsitzende Richter beziehungsweise Gerichtspräsident für zuständig erklärt.165 Auch wenn sich hier eine Mehrheit feststellen lässt, muss doch kritisch angemerkt werden, dass die Gerichte von der wünschenswerten einheitlichen Handhabung bereits der Zuständigkeit noch weit entfernt sind.

164 165

Darauf verweist auch Maul MDR 1970, 286 (288). Vgl. dazu die Auswertung der Fragen 3, 4 und 5 des Fragebogens in Anlage 3.

E. Der Ausgangspunkt der Entscheidung nach § 176 GVG Da nun geklärt ist, dass für Entscheidungen hinsichtlich der Herstellung von Bild- und Tonaufnahmen im Umfeld der strafgerichtlichen Hauptverhandlung der Vorsitzende Richter auf der Basis des § 176 GVG zuständig ist, kann sich der eigentlichen Entscheidungsfindung angenährt werden. Bevor auf die Kriterien, welche im Rahmen dieser Entscheidungsfindung von Relevanz sind, eingegangen werden kann, soll zunächst der Ausgangspunkt der Entscheidung beleuchtet werden. Auch wenn die vorliegende Arbeit auf das Umfeld der Hauptverhandlung bezogen ist, kommt man nicht umhin, auch die Rechtslage im Hinblick auf die Hauptverhandlung in die Betrachtungen einzubeziehen. Es wird diesbezüglich zu untersuchen sein, ob und inwiefern sich diese auf das Umfeld der Hauptverhandlung auswirkt. Erst im Anschluss daran, kann § 176 GVG hinsichtlich der Aufnahmen richtig eingeordnet werden.

I. Bild- und Tonaufnahmen während der Hauptverhandlung Auf den ersten Blick findet sich im Gesetz keine Regelung, die auch außerhalb der Hauptverhandlung anzufertigende Aufnahmen erfasst. Dennoch bieten sich mehrere Anknüpfungspunkte für Rückschlüsse auf diesen Zeitraum. So treffen § 169 S. 1 GVG, Art. 6 Abs. 1 MRK und Art. 14 Abs. 1 IPBPR Aussagen zur Öffentlichkeit in Strafverfahren. Der dabei verwandte Begriff der Öffentlichkeit muss, um etwaige Rückschlüsse zu ziehen, ausgelegt und konkretisiert werden. Insbesondere ist zu fragen, ob auch Bild- und Tonaufnahmen unter den Öffentlichkeitsgrundsatz fallen. Sollte dies der Fall sein und der Grundsatz auch im Umfeld der Hauptverhandlung Wirkungen entfalten, wäre die Lösung des Problems greifbar. Beide Aspekte bilden in Bezug auf die vorliegende Thematik eine Einheit. Die einzige Norm, die sich explizit auf Bildund Tonaufnahmen bezieht, ist das Verbot des § 169 S. 2 GVG. Auch dieses ist auf seine Relevanz für den Sitzungsbereich außerhalb der Hauptverhandlung zu prüfen. Der Wortlaut der Norm lässt offen, wie weit das Verbot reicht. Ist es auf den gesamten Sitzungsbereich anwendbar, wäre die Entscheidung des Vorsitzenden vorgezeichnet.

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E. Der Ausgangspunkt der Entscheidung nach § 176 GVG

1. Der Öffentlichkeitsgrundsatz im Strafverfahren Einer der bedeutendsten und das deutsche Strafverfahren prägendsten Grundsätze ist die Öffentlichkeit von Gerichtsverhandlungen, welche das Verhältnis der Gerichte zur Allgemeinheit betrifft.1 Er ist in § 169 S. 1 GVG niedergelegt und verlangt, Verhandlungen vor den erkennenden Gerichten einschließlich der Urteils- und Beschlussverkündungen öffentlich abzuhalten.2 § 169 S. 1 GVG 1 Wolf, Gerichtsverfassungsrecht aller Verfahrenszweige, S. 243; Schilken, Gerichtsverfassungsrecht, RN 154; Britz, Fernsehaufnahmen, S. 80. 2 Zum besseren Verständnis des Grundsatzes trägt die Kenntnis der historischen Entwicklung bei, deren wesentlichste Punkte hier angerissen sein sollen. Weitergehend Alber, Geschichte der Öffentlichkeit, S. 1 ff.; Kuß, Öffentlichkeitsmaxime, S. 24 ff.; Rohde, Öffentlichkeit, S. 50 ff.; Wettstein, Öffentlichkeitsgrundsatz, S. 1 ff. Die Ursprünge reichen weit in die Geschichte zurück. So waren schon die römischen Strafverfahren öffentlich. (Witzler, Personale Öffentlichkeit, S. 15) Recht und Volk waren nach dem römischen Verständnis untrennbar miteinander verbunden. (Alber, Geschichte der Öffentlichkeit, S. 12; Kern, Geschichte des Gerichtsverfassungsrechts, S. 1; Witzler, Personale Öffentlichkeit, S. 17) Mit der „lex saclica“ aus dem Jahr 508 wandelte sich das Volksrecht zu einem Amtsrecht. Die Öffentlichkeit wurde zum Publikum. [Kern, Geschichte des Gerichtsverfassungsrechts, S. 43; Witzler, Personale Öffentlichkeit, S. 21) Bis in das Mittelalter hinein wurde der Öffentlichkeit die Gewähr für die Bestandskraft des Rechts entnommen. (Witzler, Personale Öffentlichkeit, S. 22; Jung, GS-Kaufmann, S. 891 (893)] Der Siegeszug des Inquisitionsprozesses brachte dann die Kehrtwende. Geheime Verfahren unter Ausschluss der Öffentlichkeit waren an der Tagesordnung. [Alber, Geschichte der Öffentlichkeit, S. 13 f.; Witzler, Personale Öffentlichkeit, S. 24; Jung, GS-Kaufmann, S. 891 (894)] Lediglich Urteilsverkündung und Strafvollstreckung blieben als abschreckend wirkende Verfahrensteile öffentlich. (Witzler, Personale Öffentlichkeit, S. 25; Alber, Geschichte der Öffentlichkeit, S. 14). Erst mit der Aufklärung fand der Öffentlichkeitsgrundsatz wieder ans Licht. [LR VII/Wickern, Vor § 169 GVG RN 2; Wettstein, Öffentlichkeitsgrundsatz, S. 22 ff.; Alber, Geschichte der Öffentlichkeit, S. 18; Burbulla, Fernsehöffentlichkeit, S. 25; Britz, Fernsehaufnahmen, S. 21; Hellmann, Strafprozessrecht, Teil IV § 2 RN 2; Kühne, Strafprozessrecht, RN 695; Jung, GS-Kaufmann, S. 891 (894); Walther JZ 1998, 1145 (1145); Kohlmann JA 1981, 581 (581); Ranft Jura 1995, 573 (573)] Mit dem neu entstehenden Weltbild gingen neue Impulse auch im Bereich der Strafrechtspflege einher. Geheime Verfahren sollten im Interesse einer öffentlichen Kontrolle ausgeschlossen werden. Weiter sollte die Unabhängigkeit der Richter gesichert werden. [BVerfGE 103, 44 (71); Kissel/Mayer, GVG, § 176 RN 1; Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 492 f.; Franzki DRiZ 1979, 82 (82); Hillermeier DRiZ 1982, 281 (281)] Die maßgebenden Impulse für die Entstehung eines Bewusstseins für das Erfordernis der Öffentlichkeit sind Beccaria zuzuschreiben. Als Erster forderte er unumwunden die hier in Rede stehende Öffentlichkeit unter gleichzeitiger Abkehr von Inquisitionsprozessen. (Beccaria, Über Verbrechen und Strafen, nach der Übersetzung von Julius Glaser, Kap. VII, S. 41) Auf Deutschland bezogen, forderte insbesondere von Feuerbach die Beteiligung der Öffentlichkeit an Gerichtsverfahren. [von Feuerbach, Betrachtungen über die Öffentlichkeit und Mündlichkeit der Gerechtigkeitspflege I, S. 168; vgl. Wenzel/Burkhardt, Wort- und Bildberichterstattung, Kap.10 RN 178; Ranft Jura 1995, 573 (574)]. In der nie in Kraft getretenen Verfassung des Deutschen Reiches vom 28. März 1849 (sog. Pauluskirchenverfassung) wurde die, im Übrigen bereits allgemein anerkannte Öffentlichkeit und Mündlichkeit des Gerichtsverfahrens gesetzlich festgelegt.

I. Bild- und Tonaufnahmen während der Hauptverhandlung

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schreibt dabei die Öffentlichkeit nur für die Verhandlungen vor den ordentlichen Gerichten vor, was sich aus § 2 EGGVG ergibt. Auf Grund von Verweisen3 gilt dies aber auch in den anderen Verfahrenszweigen. Bis auf Art. 90 der Bayerischen Verfassung4 finden sich keine weiteren Regelungen der Öffentlichkeit von Gerichtsverhandlungen im deutschen Recht. Da nicht wörtlich in der Verfassung erwähnt, ist der Öffentlichkeitsgrundsatz kein Verfassungsgrundsatz.5 Jedoch basiert er sowohl auf dem Demokratie- als auch auf dem Rechtsstaatsprinzip6. Aus Art. 20 Abs. 2 S. 1 GG folgt, dass alle Staatsgewalt auf das Volk zurückzuführen sein muss, wobei auch die Rechtsprechung Staatsgewalt ist. Dann aber muss dem Volk eine ausreichende, wenn auch nicht juristisch-fachliche, Kontrollmöglichkeit über das staatliche Verfahren gegeben werden. Staatliches Handeln darf sich der öffentlichen Kenntnisnahme somit nicht entziehen.7 Deshalb kann der Öffentlichkeitsgrundsatz auf das Demokratieprinzip zurückgeführt werden.8 Gleiches gilt für das Rechtsstaatsprinzip, das sich in den Art. 19 [LR VII/Wickern, Vor § 169 GVG RN 2; Britz, Fernsehaufnahmen, S. 24; Burbulla, Fernsehöffentlichkeit, S. 27; ausdrücklich darauf verweisend BGHSt 2, 56 (57)] Schließlich fand der Grundsatz der Öffentlichkeit im § 170 des Gerichtsverfassungsgesetzes vom 27. Januar 1877 (RGBl. 1877, S. 41 ff.), das am 1. Oktober 1879 in Kraft trat, Einzug. (Rohde, Öffentlichkeit, S. 62 f.; Burbulla, Fernsehöffentlichkeit, S. 27; Britz, Fernsehaufnahmen, S. 24) Dies war die Geburtsstunde des Öffentlichkeitsgrundsatzes, so wie wir ihn heute kennen und zugleich der Höhepunkt der Öffentlichkeit, da der Grundsatz seitdem immer weiter eingeschränkt wurde. (Witzler, Personale Öffentlichkeit, S. 38) Als eine der wichtigsten Änderungen bezüglich der Öffentlichkeitsvorschriften ist das Gesetz zur Änderung der Strafprozessordnung und des Gerichtsverfassungsgesetzes (StPÄG) vom 19. Dezember 1964 [BGBl. I 1964, S. 1067 ff. (1080)] zu nennen, welches den § 169 GVG um ein Aufnahmeverbot ergänzte. 3 § 52 ArbGG; § 55 VwGO; § 61 SGG; § 52 FGO; § 17 BVerfGG; § 46 I OWiG, wobei im Rahmen des Ordnungswidrigkeitenverfahrens streitig ist, ob sich schon aus dem Wesen desselben Einschränkungen für die Öffentlichkeit ergeben – dafür z. B. OLG Düsseldorf NJW 1983, 2514 (2515); dagegen z. B. Rengier NJW 1985, 2553 (2554). 4 „Die Verhandlungen vor allen Gerichten sind öffentlich. Bei Gefährdung der Staatssicherheit oder der öffentlichen Sicherheit kann die Öffentlichkeit durch Gerichtsbeschluss ausgeschlossen werden.“ 5 BVerfGE 4, 74 (94); 15, 303 (307); LR VII/Wickern, § 169 GVG RN 6; KK/Schoreit/Diemer, § 169 RNn 1, 4; Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 169 GVG RN 1; Kissel/ Mayer, GVG, § 169 RN 2; Burbulla, Fernsehöffentlichkeit, S. 36 f.; Hübner-Raddatz, Fernsehöffentlichkeit, S. 5; Hamm NJW 1995, 760 (760); für eine Einordnung als Verfassungsgrundsatz aber Volk, Strafprozessrecht, RN 27; Schneider JuS 1963, 346 (350) und Bamberger ZUM 2001, 373 (375). 6 Hübner-Raddatz, Fernsehöffentlichkeit, S. 5; Kuß, Öffentlichkeitsmaxime, S. 55 f.; a. A. Eyermann/Schmidt, VwGO, § 55 RN 2; Eine sehr ausführliche Auseinandersetzung zu dieser Thematik findet sich bei Franke, Bildberichterstattung, S. 38 ff. 7 Stutz, Öffentlichkeitsprinzip, S. 100; Rheinstein JuS 1974, 409 (412); Bäumler JR 1978, 317 (319). 8 BVerfGE 4, 74 (94); BGHSt 2, 56 (57); Pfeiffer, StPO (4. Aufl.), § 169 GVG RN 1; Zöller/Gummer, ZPO, § 169 GVG RN 1; Schilken, Gerichtsverfassungsrecht, RN 159; Burbulla, Fernsehöffentlichkeit, S. 36; Witzler, Personale Öffentlichkeit, S. 126; Stutz, Öffentlichkeitsprinzip, S. 101 f.; Kuß, Öffentlichkeitsmaxime, S. 55 f.;

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E. Der Ausgangspunkt der Entscheidung nach § 176 GVG

Abs. 4, 20 Abs. 2 S. 2, Abs. 3 und 103 GG widerspiegelt. Öffentliche Verfahren sind eine grundlegende Einrichtung des Rechtsstaates.9 Speziell für Zivil- und Strafverfahren folgt der Öffentlichkeitsgrundsatz des weiteren aus Art. 6 Abs. 1 MRK. Diese Norm gilt, wie die übrige Menschenrechtskonvention vom 4. November 1950 auch, durch die Ratifikation vom 7. August 195210 als innerstaatliches Recht. Vom Rang her ist sie aber nur einfaches Bundesrecht.11 Schließlich ist der Grundsatz der öffentlichen Hauptverhandlung auch in Art. 14 Abs. 2, 3 IPBPR niedergelegt. Dieser Internationale Pakt über bürgerliche und politische Rechte gilt infolge der Ratifizierung der Bundesrepublik vom 15.11. 197312 ebenfalls als einfaches Bundesrecht.13 a) Zweck des § 169 S. 1 GVG Lohnenswert ist es zunächst auch im Hinblick auf die Anfertigung von Bildund Tonaufnahmen, sich die Zwecke des in § 169 S. 1 GVG statuierten Öffentlichkeitsgrundsatzes vor Augen zu halten. Hier sind insbesondere folgende Zwecke in den Vordergrund zu rücken. Primärer Zweck ist es, eine unabhängige Kontrolle der Allgemeinheit über die gerichtliche Tätigkeit im Allgemeinen zu ermöglichen.14 Dies ist, obwohl im Laufe der Zeit abgeschwächt15, imJung, in: AE-StuM, S. 102 (104); Roxin FS-Münchener Gesellschaft, S. 97 (110); Bäumler JR 1978, 317 (319 f.); Schmidt JuS 1995, 110 (111); dagegen Franke, Bildberichterstattung, S. 47. 9 BGHSt 1, 334 (335) = NJW 1952, 153 (154); 9, 280 (281) = NJW 1956, 1646 (1647); 21, 72 (73) = NJW 1966, 1570 (1570 f.); 22, 297 (301) = NJW 1969, 756 (758); 23, 176 (178 f.) = NJW 1970, 523 (524); 36, 119 (120) = JR 1990, 385 (388); Kissel/Mayer, GVG, § 169 RNn 3, 4; Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 169 GVG RN 1; Pfeiffer, StPO (4. Aufl.), § 169 GVG RN 1; Hellmann, Strafprozessrecht, Teil IV § 2 RN 2; Roxin, Strafverfahrensrecht, § 45 RN 2; Kramer, Grundbegriffe, RN 285; Schroeder, Strafprozessrecht, RN 232; Burbulla, Fernsehöffentlichkeit, S. 36; Jung, in: AE-StuM, S. 102 (104); Weidemann DRiZ 1970, 114 (114); Kuhlmann NJW 1974, 1231 (1232); Kudlich JA 2000, 970 (970); gegen die Heranziehung des Rechtsstaatsprinzips als Legitimationsgrundlage für die Gerichtsöffentlichkeit Franke, Bildberichterstattung, S. 57. 10 BGBl. 1952 II, S. 685, 953. 11 BVerfGE 10, 271 (274) = NJW 1960, 1243 (1243); 19, 324 (347); 22, 254 (265); 25, 327 (331); 35, 311 (320); 41, 88 (105 f.); 74, 358 (370); 82, 106 (114); BVerwGE 52, 313 (334); BGHSt 21, 81 (84); BayVerfGH NJW 1961, 169; Kissel/Mayer, GVG, § 169 RN 82; Partsch, Die Rechte und Freiheiten der europäischen Menschenrechtskonvention, S. 49; Probst, Art. 10 EMRK – Bedeutung für den Rundfunk in Europa, S. 16; Britz, Fernsehaufnahmen, S. 81; Geppert Jura 1992, 597 (598); Stapper AfP 1996, 351 (354); Soehring/Seelmann-Eggebert NJW 2005, 571 (577); a. A. für einen höheren Rang als der der Verfassung z. B. Klug GS-Peters, S. 434 (441); für einen der Verfassung gleichwertigen Rang z. B. Echterhölter JZ 1955, 689 (692) und Marxen GA 1980, 365 (372). 12 BGBl. 1973 II, S. 1533. 13 LR VIII/Gollwitzer, MRK IPBPR Einl. RN 39; Rüping FS-Dünnebier, S. 391 (400); Goose NJW 1974, 1305 (1306).

I. Bild- und Tonaufnahmen während der Hauptverhandlung

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mer noch eine tragende Säule des Öffentlichkeitsgrundsatzes.16 Des Weiteren soll der Bevölkerung über die öffentlich zugänglichen Gerichtsverhandlungen eine direkte Informationsmöglichkeit gegeben werden. Das bestehende Informationsinteresse an gerichtlichen Hauptverhandlungen soll so befriedigt werden können. Daneben ist allerdings auch bezweckt, der Allgemeinheit auf diesem Wege Kenntnisse über das Rechtssystem und so ein grundlegendes Normverständnis zu vermitteln.17 Hieran anschließend ist mit dem Öffentlichkeitsgrundsatz ebenfalls beabsichtigt, Vertrauen der Allgemeinheit in die Rechtsprechung zu schaffen beziehungsweise zu erhalten.18 Nur auf diese Weise lassen sich ge-

14 RGSt 70, 109 (112); BGHSt 27, 13 (15) = NJW 1977, 157 (158); BGH NStZ 1988, 467 (468); KK/Schoreit/Diemer, § 169 GVG RN 2; LR VII/Wickern, Vor § 169 GVG RN 3; Eyermann/Schmidt, VwGO, § 55 RN 2; Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner/Meissner, VwGO, § 55 RNn 10, 18; Umbach/Clemens/Hund, BVerfGG, § 17 RN 16; Maunz/Klein, BVerfGG, § 17 RN 3; Meyer-Ladewig/Keller, SGG, § 61 RN 2; Beermann/Stöcker, Steuerliches Verfahrensrecht, § 52 FGO RN 8; Hübschmann/Hepp/ Spitaler X/Spindler, § 52 FGO RN 9; Schilken, Gerichtsverfassungsrecht, RN 155; Wolf, Gerichtsverfassungsrecht aller Verfahrenszweige, S. 243; Düwell/Lippke/Ziemann, ArbGV, § 52 RN 1; Hauck, ArbGG, § 52 RN 1; Burbulla, Fernsehöffentlichkeit, S. 28; Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 23; Schellenberg, Die Hauptverhandlung im Strafverfahren, S. 239 f.; Hünig, Schutz des Beschuldigten, S. 23; Schorn, Menschenwürde, S. 54; Schäfer, Die Praxis des Strafverfahrens, RN 1174 Hübner-Raddatz, Fernsehöffentlichkeit, S. 11, 13; Kuß, Öffentlichkeitsmaxime, S. 61; Lorz, in: Herausforderungen, S. 59 (63); Sarstedt JR 1956, 121 (122); Stober DRiZ 1980, 3 (7); Engels AnwBl. 1983, 100 (102 f.); Weiler ZRP 1995, 130 (135); Gündisch/Dany NJW 1999, 256 (257); Bamberger ZUM 2001, 373 (374 f.); skeptisch ob der Verwirklichung des Kontrollzwecks Engau, Personen der Zeitgeschichte, 494 f. 15 LR VII/Wickern, Vor § 169 GVG RN 3; Kissel/Mayer, GVG, § 169 RN 1; Umbach/Clemens/Hund, BVerfGG, § 17 RN 16; Rüping, Das Strafverfahren, RN 429; Kleinknecht, FS-Schmidt-Leichner, S. 111 (112 f.) sieht sogar den Verlust der wesentlichen Bedeutung der Kontrollfunktion, da die richterliche Unabhängigkeit gesichert ist und die Gefahr einer Einflussnahme nicht mehr besteht; dagegen ausdrücklich Burbulla, Fernsehöffentlichkeit, S. 29, der auf die stets latente Gefahr hinweist. 16 RGSt 70, 109 (112); BGHSt 3, 387 (387 f.); 27, 13 (15) = NJW 1977, 157 (158); OLG Hamm VRS 64, 451 (452); OLG Köln VRS 66, 209 (211); Kissel/Mayer, GVG, § 169 RN 3; Umbach/Clemens/Hund, BVerfGG, § 17 RN 16; Hellmann, Strafprozessrecht, Teil IV § 2 RN 2; Peters, Strafprozess, S. 554; Schlüchter, Das Strafverfahren, RN 488; Schlüchter, Strafprozessrecht, S. 171; Burbulla, Fernsehöffentlichkeit, S. 28; Schmidt JuS 1995, 110 (111); Franzki DRiZ 1979, 82 (82); Eberle NJW 1994, 1637 (1638); Deutscher Richterbund DRiZ 1996, 246 (246). 17 BVerfGE 35, 202 (231); Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 169 GVG RN 1; KK/Schoreit/Diemer, § 169 GVG RN 2; Kissel/Mayer, GVG, § 169 RN 1; Beulke, Strafprozessrecht, RN 376; Schlüchter, Strafprozessrecht, S. 171 f.; Joachimski, Strafverfahrensrecht, S. 191; Volk, Strafprozessrecht, § 18 RN 27; Franke, Bildberichterstattung, S. 70; Burbulla, Fernsehöffentlichkeit, S. 31, 33; Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 37; Hünig, Schutz des Beschuldigten, S. 23 f.; Schilken, Gerichtsverfassungsrecht, RN 156; Wolf, Gerichtsverfassungsrecht, S. 243; Schorn, Menschenwürde, S. 54; Kuß, Öffentlichkeitsmaxime, S. 61; Hübner-Raddatz, Fernsehöffentlichkeit, S. 11 f., 14 f.; Lorz, in: Herausforderungen, S. 59 (63); Kleinknecht FS-Schmidt-Leichner, S. 111 (113); Hillermeier DRiZ 1982, 281 (282); Kissel/Mayer NJW 1979, 1953 (1958); Eberle NJW 1994, 1637 (1638); Wyss EuGRZ 1996, 1 (7); Gündisch/Dany NJW 1999, 256 (259).

126

E. Der Ausgangspunkt der Entscheidung nach § 176 GVG

richtliche Entscheidungen legitimieren.19 Der andernfalls hervorgerufene Argwohn liefe der befriedenden Funktion von Gerichtsentscheidungen entgegen.20 Eng mit dieser vertrauenssteigernden Zielsetzung ist der Präventionsgedanke verbunden. Die Verfahrensöffentlichkeit bezüglich strafgerichtlicher Hauptverhandlungen soll nämlich, indem das Rechtsbewusstsein stabilisiert und vor kriminellem Verhalten abgeschreckt wird, auch zur Generalprävention beitragen.21 Werden diese Zwecke mit dem zu den Gerichtsberichterstattungen Gesagtem verbunden, lassen sich bereits an dieser Stelle zwei Schlussfolgerungen ziehen. Da das der Bevölkerung zustehende Recht aus § 169 S. 1 GVG auf freien Zugang zu (Straf-)Gerichtsverhandlungen nur in sehr geringem Maße genutzt wird22, werden die durch den Öffentlichkeitsgrundsatz verfolgten Ziele nur in geringem Maße erfüllt, was an den Zwecksetzungen aber nichts ändert.23 Hier nun springen die Massenmedien ein. Zudem wird deutlich, dass die besonderen Funktionen der Gerichtsberichterstattungen mit den Zwecken des § 169 S. 1 GVG weitgehend identisch sind. b) Öffentlichkeit im Sinne des § 169 S. 1 GVG Von Bedeutung für die Problematik um Medien und Strafverfahren ist vor allem auch das Verständnis von Öffentlichkeit im Sinne des § 169 S. 1 GVG. Hier bieten sich zwei grundverschiedene Ansätze. Ausgangspunkt ist, dass die Verfahren sowohl unmittelbar im Sitzungssaal als auch mittelbar über die Massenmedien verfolgt werden können. Da § 169 S. 1 GVG offen lässt, ob die 18 Klein, Öffentlichkeit und Mündlichkeit, S. 123; Gounalakis FrG-Kübler, S. 173 (194); Stober DRiZ 1980, 3 (7); Hillermeier DRiZ 1982, 281 (285); Eberele NJW 1994, 1637 (1638); Schmidt JuS 1995, 110 (111). 19 RGSt 70, 109 (112); BGHSt 3, 387 (387); OLG Hamm VRS 64, 451 (452); LR VII/Wickern, Vor § 169 GVG RN 4; Kissel/Mayer, GVG, § 169 RN 3; Schilken, Gerichtsverfassungsrecht, RN 155; Wolf, Gerichtsverfassungsrecht, S. 243; Roxin, Strafverfahrensrecht, § 45 RN 2; Rüping, Das Strafverfahren, RN 429; Schroeder, Strafprozessrecht, RN 232; Koeniger, Hauptverhandlung, S. 414; Burbulla, Fernsehöffentlichkeit, S. 32; Lorz, in: Herausforderungen, S. 59 (63); Engels AnwBl. 1983, 100 (103); Ranft Jura 1995, 573 (574); Hopf BayVBl. 1998, 731 (731); Franke, Bildberichterstattung, S. 61 zieht die Vertrauensbildung nicht aus dem Öffentlichkeitsgrundsatz, sondern aus einer „kritischen Aufklärung“ durch die Justiz. 20 RGSt 70, 109 (112); BGHSt 3, 386 (387 f.); Kissel/Mayer, GVG, § 169 RN 3; Kramer, Grundbegriffe, RN 285; Burbulla, Fernsehöffentlichkeit, S. 33; Jung GSKaufmann, S. 891 (899); Engels, AnwBl. 1983, 100 (103); Hillermeier DRiZ 1982, 281 (282); Gerhardt ZRP 1993, 377 (382); Ranft, Jura 1995, 573 (574); Kortz AfP 1997, 443 (447). 21 Wettstein, Öffentlichkeitsgrundsatz, S. 51; Schmidthals, Verfahrensöffentlichkeit, S. 211; Rohde, Öffentlichkeit, S. 144 f.; Hillermeier DRiZ 1982, 281 (282 f.); Müller JZ 1977, 381 (385). 22 Vgl. C. II. 1. 23 Burbulla, Fernsehöffentlichkeit, S. 33 f.

I. Bild- und Tonaufnahmen während der Hauptverhandlung

127

massenmedial geschaffene Öffentlichkeit, deren Bestandteil auch die hier gegenständlichen Bild- und Tonaufnahmen sind, vom Öffentlichkeitsgrundsatz umfasst werden, gehen die Meinungen diesbezüglich auseinander. Dies beruht zum großen Teil auf den gewandelten gesellschaftlichen Verhältnissen. So hat sich die Kenntnisnahme der Öffentlichkeit von Gerichtsverhandlungen seit dem Inkrafttreten des Gerichtsverfassungsgesetzes gravierend verändert. Ausgangspunkt für die hieran anknüpfende Diskussion muss sein, dass der Öffentlichkeitsbegriff historisch geprägt ist und deshalb, um lebendig und zeitgemäß zu bleiben, ständig aktualisiert werden muss.24 Einerseits stieg und steigt die Medienbezogenheit der Bevölkerung deutlich an25, was zur Folge hat, dass ein Großteil der Informationen fast ausschließlich aus den Medien erlangt wird.26 Andererseits wird das Recht auf unmittelbare Öffentlichkeit kaum noch wahrgenommen. Entweder fehlt das Interesse daran oder die Zeit, um an Strafverhandlungen teilnehmen zu können. Von Bedeutung ist deshalb heute weniger der einzelne Bürger, der an den Gerichtsverhandlungen teilnimmt, als vielmehr die beiwohnenden Journalisten, die das Geschehen über die Massenmedien publik machen.27 Auch der primäre Zweck, eine gesellschaftliche Kontrolle zu ermöglichen, wird nur in abgewandelter Form verwirklicht. Es sind erst die Medien, die eine Kontrolle ermöglichen. Das aber läuft der historischen Intention des § 169 S. 1 GVG, der direkten Kontrolle vor Ort, entgegen. Der Wandel der gesellschaftlichen Verhältnisse tritt damit in verschiedenen Bereichen offen zu Tage.28 Die Frage ist nicht ob, sondern inwieweit diese Wandlung auch bei der Deutung des Öffentlichkeitsbegriffs zu berücksichtigen ist. aa) Unmittelbare bzw. Saalöffentlichkeit Die unmittelbare Öffentlichkeit umfasst die persönliche Teilnahme an Gerichtsverhandlungen.29 Insofern wird auch von der Saalöffentlichkeit gesprochen, da sich die zu gewährende Öffentlichkeit nur auf die Präsenz im Verhandlungssaal beschränkt.30 Diese im Vergleich zur mittelbaren nur beschränkte 24

Burbulla, Fernsehöffentlichkeit, S. 38; Alwart JZ 1990, 883 (886). Witzler, Personale Öffentlichkeit, S. 96; Britz, Fernsehaufnahmen, S. 67. 26 Vgl. C. I. 3. 27 Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 169 GVG RN 1; Kissel/Mayer, GVG, § 169 RN 1; Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner/Meissner, VwGO, § 55 RN 18. 28 Bäumler JR 1978, 317 (319). 29 Kissel/Mayer, GVG, § 169 RN 3; Hübner-Raddatz, Fernsehöffentlichkeit, S. 6; Hübschmann/Hepp/Spitaler X/Spindler, § 52 FGO RN 10; Schilken, Gerichtsverfassungsrecht, RN 171; Hünig, Schutz des Beschuldigten, S. 20; Burbulla, Fernsehöffentlichkeit, S. 39. 30 Burbulla, Fernsehöffentlichkeit, S. 39; Scherer, Gerichtsöffentlichkeit, S. 2; Wenzel/Burkhardt, Wort- und Bildberichterstattung, Kap. 10 RN 181; Jung, in: AE-StuM, S. 102 (103); Neuling HRRS 2006, 94 (99). 25

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E. Der Ausgangspunkt der Entscheidung nach § 176 GVG

Öffentlichkeit entspricht der Intention des Gesetzgebers von 1877. Die Saalöffentlichkeit, das folgt bereits aus dem Wortlaut sowie dem Sinn und Zweck des § 169 S. 1 GVG, fällt somit in den Regelungsbereich der Norm. Für die Zuschauer und Zuhörer folgt daraus das Recht, Gerichtsverhandlungen beizuwohnen. Gleiches gilt für die Medienvertreter, soweit sie als Publikum erscheinen.31 Da die Medien zu einem großen Teil die Aufgabe der unmittelbaren Öffentlichkeit übernehmen,32 ist zu fragen, ob die unmittelbare Öffentlichkeit den gegebenen Verhältnissen anzupassen ist. Dies ist, allerdings eng begrenzt, zu bejahen. Sind ausreichend Plätze im Verhandlungssaal vorhanden, so sind im Zuhörerraum besondere Plätze für die Medienvertreter vorzusehen.33 Ob dies auch bei Kapazitätsdefiziten gilt, ob die Journalisten also durch Platzreservierungen bevorzugt werden können34 wirft Probleme auf, da das gesamte Publikum einschließlich der Medienvertreter grundsätzlich gleich zu behandeln ist.35 In der Praxis jedenfalls werden derartige Reservierungen, jedenfalls bis Sitzungsbeginn, vorgenommen. Beispielhaft sei hierfür auf eine landgerichtliche Verfügung verwiesen.36 bb) Mittelbare bzw. Medienöffentlichkeit Wird das gerichtliche Geschehen, in welcher Form auch immer, über die Massenmedien vermittelt, wird eine mittelbare Öffentlichkeit der Gerichtsverhandlungen bewirkt.37 Da die Medien heute das Verbindungsglied zwischen ge-

31 Anders sieht dies Franke, Bildberichterstattung, S. 126. Nach ihm darf die Presse nicht in den Verhandlungssaal, da dort nur die Öffentlichkeit sein darf, zu der die Presse aber nicht zu zählen ist. 32 Lilie NStZ 1993, 121 (122). 33 BVerfG NJW 1993, 915; Kissel/Mayer, GVG, § 169 RN 33; LR VII/Wickern, § 169 GVG RN 13; Wenzel/Burkhardt, Wort- und Bildberichterstattung, Kap. 10 RN 181; Roxin FS-Peters, S. 393 (399 FN 12); Foth DRiZ 1980, 103; so auch in Nr. 125 III RiStBV: „Presseberichterstatter sollen im voraus geeignete Plätze in ausreichender Zahl bereitgestellt werden“; kritisch zu dieser Handhabung Kühne, Strafprozessrecht, RN 700; Stober DRiZ 1980, 3 (5). 34 So verfuhr beispielsweise das OLG Hamburg im Strafverfahren gegen mutmaßliche El-Kaida-Terroristen. (Vgl. BVerfG NJW 2002, 500 (500); gegen eine derartiges Vorgehen beispielsweise Stober DRiZ 1980, 3 (5) m.w. N., dafür beispielsweise LG Ingolstadt AfP 2006, 238 (239). 35 BVerfGE 50, 234 (241); BVerfG DRiZ 1979, 189 (189); BVerfG NJW 2001, 1633 (1634); BGH NStZ 1984, 135 (135); OGL Hamm NJW 1967, 1289 (1290); Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner/Meissner, VwGO, § 55 RN 19; LR VII/Wickern, Vor § 169 GVG RN 8; Schilken, Gerichtsverfassungsrecht, RN 178; Lorz, in: Herausforderungen, S. 59 (64 f.); Stober DRiZ 1980, 3 (5). 36 Vgl. Anlage 10. 37 Zu den möglichen Bedeutungen LR VII/Wickern, Vor § 169 GVG RN 14; Schilken, Gerichtsverfassungsrecht, RN 178; Burbulla, Fernsehöffentlichkeit, S. 39; Hünig, Schutz des Beschuldigten, S. 20 f.; Hübner-Raddatz, Fernsehöffentlichkeit, S. 6.

I. Bild- und Tonaufnahmen während der Hauptverhandlung

129

richtlichem Geschehen und der Bevölkerung sind, kann diese Art von Öffentlichkeit auch als Medienöffentlichkeit bezeichnet werden.38 Diesbezüglich ist vieles umstritten. Hier sind insbesondere zwei ineinander übergehende Streitpunkte auszumachen, nämlich der Inhalt der mittelbaren Öffentlichkeit und deren Verhältnis zu § 169 S. 1 GVG. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Frage, ob die mittelbare Öffentlichkeit von § 169 S. 1 GVG erfasst wird. Unter Berufung auf den dargestellten Wandel der Öffentlichkeitsrealität wird das von einem Teil bejaht.39 Auf diese Weise sei dem Bedeutungswandel, den die mittelbare Öffentlichkeit erfahren hat, Rechnung zu tragen. Zudem können nur so die Zwecke der Gerichtsöffentlichkeit effektiv erreicht werden.40 Vor allem aber sei erst durch dieses Begriffsverständnis dem demokratischen Grundverständnis einer öffentlichen Gerichtsverhandlung Genüge getan.41 Nach der Gegenauffassung sei lediglich die unmittelbare Öffentlichkeit von § 169 S. 1 GVG umfasst. Damit wird den Medienvertretern lediglich die Anwesenheit bei der Gerichtsverhandlung gewährt. Möglich ist danach nur, das selbst Wahrgenommene weiter zu geben.42 Es wird darauf verwiesen, dass die Bevölkerung auch ohne den ursprünglichen Öffentlichkeitsgrundsatz zu erweitern, ausreichend informiert werden kann. Die Zwecke der Öffentlichkeit erfordern keine mediale Übermittlung des Geschehens.43 38 Statt vieler LR VII/Wickern, Vor § 169 GVG RNn 15 ff.; Pfeiffer, StPO (4. Aufl.), § 169 GVG RN 1; Scherer, Gerichtsöffentlichkeit, S. 4; Lorz, in: Herausforderungen, S. 59 (69); Eberle NJW 1994, 1637 (1638); Zuck DRiZ 1997, 23 (23). 39 Scherer, Gerichtsöffentlichkeit, S. 4; Burbulla, Fernsehöffentlichkeit, S. 53 ff.; Britz, Fernsehaufnahmen, S. 88; Hübner-Raddatz, Fernsehöffentlichkeit, S. 7; Löffler, in: Persönlichkeitsschutz und Meinungsfreiheit, S. 1 (7 f.); Hassemer JuS 1989, 497 (498); Meurer JR 1990, 389 (391); Eberle NJW 1994, 1637 (1638); Kudlich JA 2000, 970 (971). 40 Hellmann, Strafprozessrecht, Teil IV § 2 RN 4; Brodag, Strafverfahrensrecht, RN 108; Rüping, Das Strafverfahren, RN 439; Hassemer JuS 1989, 497 (498); Eberle NJW 1994, 1637 (1638). 41 Löffler, in: Persönlichkeitsschutz und Meinungsfreiheit, S. 1 (7 f.). 42 Schmidt, Lehrkommentar, Vorbemerkung zu den §§ 169 bis 175 GVG RN 3; LR VII/Wickern, Vor § 169 GVG RN 14; Hellmann, Strafprozessrecht, Teil IV § 2 RN 4; Roxin, Strafverfahrensrecht, § 45 RN 1; Schmidt FS-Schmidt, S.338 (350); Schmidt NJW 1968, 804 (804); Deutscher Richterbund DRiZ 1996, 246 (246). 43 BGHSt 16, 111 (112) = NJW 1961, 1781 (1782); 36, 119 (120) = NJW 1989, 1741 (1743); Schmidt, Lehrkommentar, Vorbemerkung zu den §§ 169 bis 175 GVG RN 3; KK/Schoreit/Diemer, § 169 GVG RN 1; LR VII/Wickern, Vor § 169 GVG RN 14; § 169 GVG RN 38; Pfeiffer, StPO (4. Aufl.), § 169 GVG RN 1; Zöller/Gummer, ZPO, § 169 GVG RN 15; Maunz/Klein, BVerfGG, § 17 RNn 5 f.; Windsheimer, Interpretationsgrundlage, S. 58; Wenzel/Burkhardt, Wort- und Bildberichterstattung, Kap. 10 RN 183; Kramer, Grundbegriffe, RN 285; Schlüchter, Strafprozessrecht, S. 172; Roxin, FS-Peters, S. 393 (400); Arndt NJW 1960, 423 (424); Erdsiek NJW 1960, 1048 (1048); Alwart JZ 1990, 883 (893); Hamm NJW 1995, 760 (760); Knothe/Wandel ZRP 1996, 106 (108); Deutscher Richterbund DRiZ 1996, 246 (246); Bamberger ZUM 2001, 373 (376).

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E. Der Ausgangspunkt der Entscheidung nach § 176 GVG

Die Entscheidung dieses Streites, der hier aus Platzgründen nicht weiter vertieft werden kann44, ist vom Verständnis der mittelbaren Öffentlichkeit abhängig. Während einerseits nur die Fälle einer eins zu eins Übertragung, also eines Direktmitschnittes beziehungsweise einer Direktübertragung darunter gefasst werden45, lassen andere alle Berichterstattungen, die medial über Gerichtsgeschehen informieren unter die mittelbare Öffentlichkeit fallen.46 Unabhängig hiervon ist festzustellen, dass es widersinnig wäre, die Herstellung von Aufnahmen unter die durch § 169 S. 1 GVG gewährte Öffentlichkeit zu fassen, sie aber mit § 169 S. 2 GVG, auf den noch einzugehen sein wird, sofort wieder aufzuheben. Deshalb ist davon auszugehen, dass nur die unmittelbare Öffentlichkeit von § 169 S. 1 GVG gemeint ist. Öffentlichkeit des Verfahrens bedeutet also, jedem zu ermöglichen, sich über Ort und Zeit der Hauptverhandlung zu informieren und ihm im Rahmen der zur Verfügung stehenden räumlichen Möglichkeiten ohne persönliche Rücksichten den Zutritt zum Gerichtssaal zu gewähren.47 Der Begriff der Öffentlichkeit führt für die Betrachtung der Bild- und Tonaufnahmen im Umfeld der Hauptverhandlung also nicht weiter.

44 Eine ausführliche Auseinandersetzung mit den Streitigkeiten findet sich bei Burbulla, Fernsehöffentlichkeit, S. 38 ff. 45 BGHSt 36, 119 (120) = JR 1990, 385 (387); Kissel/Mayer, GVG, § 169 RN 3; Hübschmann/Hepp/Spitaler X/Spindler, § 52 FGO RN 10; Foth DRiZ 1980, 113. 46 LR VII/Wickern, Vor § 169 GVG RN 14; Zöller/Gummer, ZPO, § 169 GVG RN 15; Düwell/Lippke/Ziemann, ArbGV, § 52 RN 6; Burbulla, Fernsehöffentlichkeit, S. 42 f.; Britz, Fernsehaufnahmen, S. 87; Wenzel/Burkhardt, Wort- und Bildberichterstattung, Kap.10 RN 179; Alwart JZ 1990, 883 (892). 47 RG LZ 1916, 1433; BGHSt 5, 75 (83) = NJW 1954, 281 (283); BGHSt 21, 72 (73) = NJW 1966, 1570 (1571); 27, 13 (15) = NJW 1977, 157 (158); BGH DRiZ 1981, 193 (193); BVerwG NJW 1990, 1249; 36, 119 (120) = JR 1990, 385 (387); OLG Hamm NJW 1974, 1780 (1780); BayObLG GA 70, 242 (242); OLG Köln VRS 66, 209 (209); OLG Koblenz VRS 53, 432 (432); KK/Schoreit/Diemer, § 169 GVG RN 7 f.; LR VII/Wickern, Vor § 169 GVG RN 8; Pfeiffer, StPO (4. Aufl.), § 169 GVG RNn 3 f.; Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 169 GVG RNn 2 f.; Kissel/Mayer, GVG, § 169 RNn 21 f., 47; Zöller/Gummer, ZPO, § 169 GVG RN 2 f.; Germelmann/Matthes/Müller-Glöge/Prütting/Germelmann, ArbGG, § 52 RNn 3, 13; Düwell/Lippke/ Ziemann, ArbGV, § 52 RN 2; Hauck, ArbGG, § 52 RN 3; Jansen, SGG, § 61 RN 2; Redeker/von Oertzen/Redeker/Kothe, Verwaltungsgerichtsordnung, § 55 RN 1; Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner/Meissner, VwGO, § 55 RN 16; Eyermann/Schmidt, VwGO, § 55 RN 2; Meyer-Ladewig/Keller, SGG, § 61 RNn 2, 2b; Hübschmann/ Hepp/Spitaler X/Spindler, § 52 FGO RN 13; Beermann/Stöcker, Steuerliches Verfahrensrecht, § 52 FGO RN 10; Maunz/Klein, BVerfGG, § 17 RN 3; Lechner/Zuck, BVerfGG, § 17 RN 3; Schmidt, Justiz und Publizistik, S. 36; Schorn, Menschenwürde, S. 57; Schäfer, Die Praxis des Strafverfahrens, RN 1177; Schilken, Gerichtsverfassungsrecht, RN 175; Wolf, Gerichtsverfassungsrecht aller Verfahrenszweige, S. 243, 253; Beulke, Strafprozessrecht, RN 376; Volk, Strafprozessrecht, § 18 RN 28; Kramer, Grundbegriffe, RN 285; Schlüchter, Strafprozessrecht, S. 171 f.; Brodag, Strafverfahrensrecht, RN 110; Hünig, Schutz des Beschuldigten, S. 21, 37; Rüping, Das Strafverfahren, RN 430; Ranft Jura 1995, 573 (573); Weidemann DRiZ 1970, 114 (114); Gündisch/Dany NJW 1999, 256 (257).

I. Bild- und Tonaufnahmen während der Hauptverhandlung

131

c) Zeitlicher Anwendungsbereich des § 169 S. 1 GVG Selbst wenn man die Anfertigung der Aufnahmen noch unter den Öffentlichkeitsbegriff fassen würde, setzt der zeitliche Anwendungsbereich des § 169 S. 1 GVG etwaigen direkten Wirkungen auf das Umfeld der Hauptverhandlung Grenzen. Aus praktischen Erwägungen ist die Öffentlichkeit auf die Verfahren beschränkt, in denen eine mündliche Hauptverhandlung stattfindet. Denn grundsätzlich kann nur das gesprochene Wort der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, nicht aber zum Beispiel Schriftstücke.48 Hieraus und aus dem Wortlaut der Norm folgt, dass der Grundsatz der Öffentlichkeit des gerichtlichen Strafverfahrens nur für die mündliche Hauptverhandlung im obigen Sinne49 Geltung beanspruchen kann.50 Insofern verbietet es sich, für das Umfeld der Hauptverhandlung direkt auf den Öffentlichkeitsgrundsatz zurückzugreifen. 2. Das Aufnahmeverbot des § 169 S. 2 GVG Möglicherweise aber ist § 169 S. 2 GVG eine auch das Umfeld der Hauptverhandlung erfassende Norm. Film- und Tonaufnahmen zum Zwecke der öffentlichen Vorführung und Veröffentlichung ihres Inhaltes sind danach unzulässig. Aus § 169 S. 2 GVG folgt also ein generelles Verbot, Film- und Tonaufnahmen anzufertigen. Inhalt und Weite auch dieser Vorschrift sind auslegungsund konkretisierungsbedürftig. Zu klären ist insbesondere, ob sich das Aufnahmeverbot auch auf Aufnahmen außerhalb der Hauptverhandlung erstreckt. Dabei muss auch geklärt werden, ob das Grundgesetz gegen das Verbot sprechende Aussagen trifft. Im Falle einer Verfassungswidrigkeit bliebe dies nicht ohne Auswirkungen auf das Umfeld der Hauptverhandlung. Mit Blick auf eine mögliche Unzulässigkeit der Aufnahmenherstellung ist es weiterhin ergiebig, sich mit den Gründen der Einführung des Aufnahmeverbotes auseinander zu setzen. a) Gefahren als Gründe für das Aufnahmeverbot Das Aufnahmeverbot des § 169 S. 2 GVG wurde erst 1964 in das Gerichtsverfassungsgesetz aufgenommen. Vor dieser Gesetzesänderung wurden Aufnah48

Wolf, Gerichtsverfassungsrecht aller Verfahrenszweige, S. 245 f. Vgl. D. I. 2. b). 50 Schmidt, Lehrkommentar, Vorbemerkung zu den § 169 GVG RN 1; LR VII/ Wickern, § 169 GVG RN 7; Kissel/Mayer, GVG, § 169 RN 8; Schilken, Gerichtsverfassungsrecht, RN 154, 161 ff.; Britz, Fernsehaufnahmen, S. 82 f.; Brodag, Strafverfahrensrecht, RN 108; Hellmann, Strafprozessrecht, Teil IV § 2 RN 4; Roxin, Strafverfahrensrecht, § 45 RN 1; Rüping, Das Strafverfahren, RN 349; Burbulla, Fernsehöffentlichkeit, S. 59; Koeniger, Hauptverhandlung, S. 414; Dannecker ZVglRWiss 97 (1998), 407 (431); Kudlich JA 2000, 970 (971). 49

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E. Der Ausgangspunkt der Entscheidung nach § 176 GVG

men teilweise direkt aus den Gerichtssälen gesendet. Der Sender Freies Berlin zum Beispiel hatte in den Jahren 1955 und 1956 eine wöchentlich wiederkehrende Sendung mit dem Titel „Menschen und Paragraphen“ im Programm, in der Originalaufnahmen aus Berliner Gerichtssälen gesendet wurden.51 Dieses Sendeformat stieß jedoch rasch auf harsche Kritik52, welche eine Trendwende der Öffentlichkeitsdiskussion einleitete. Deutlich formulierte Dahs seine Kritik als er schrieb: „. . . Die Würde des Gerichts wird auf die Bild(zeitungs)-Ebene degradiert. Der Tempel der Justitia wird geschändet. . . .“53. Hinter der deutlichen Formulierung von Dahs stehen letztlich die von den Aufnahmen ausgehenden Gefahren. Sowohl Anfertigung als auch Publikation bewirken nämlich mitunter beträchtliche Gefahren. Diese rückten mit der zunehmenden Verbreitung der Medien immer mehr in den Mittelpunkt der Diskussion um die Zulässigkeit von Bild- und Tonaufnahmen aus der Hauptverhandlung.54 Da an späterer Stelle noch intensiv auf die bestehenden Gefahren einzugehen sein wird55, soll die folgende Darstellung der Gefahren knapp gehalten werden. Wichtig ist hier aufzuzeigen, aus welchen Richtungen Gefahren drohten und immer noch drohen. Die immer wieder am deutlichsten herausgestellte Gefahr ist die der Verletzung von Persönlichkeitsrechten der aufgenommenen Personen.56 Allen in der Hauptverhandlung anwesenden Personen57, insbesondere aber den Angeklagten und Opfern droht nicht nur gegenwärtig, sondern auch für die Zukunft eine Bloßstellung ihrer selbst.58 Über die Aufnahmen kann das gesamte bestehende und zukünftige soziale Umfeld der Angeklagten und Verurteilten vom Strafver51 Sarstedt JR 1956, 121 (121); Lilie, in: AE-StuM, S. 116 (117); Ranft Jura 1995, 573 (578); Hamm NJW 1995, 760 (760). 52 Zum Beispiel Schmidt FS-Schmidt, S. 338 (339 f.); Schmidt JZ 1956, 206 (209 ff.); Sarstedt JR 1956, 121 (121 ff.). 53 Dahs, AnwBl. 1959, 171 (181). 54 Dazu Hamm NJW 1995, 760 (760). 55 Dann allerdings auf das Umfeld der Hauptverhandlung bezogen ab G. II. 56 BVerfGE 35, 202 (219 ff.) = NJW 1973, 1226 (1227 ff.); BVerfGE 103, 44 (64, 68); BVerfG NJW 2003, 2671 (2672); OLG Hamburg NJW 1975, 649 (651); LR VII/ Wickern, Vor § 169 GVG RN 17; KK/Diemer, § 169 GVG RN 1; Kissel/Mayer, GVG, § 169 RN 14; Thomas/Putzo/Reichold/Hüßtege/Hüßtege, ZPO, § 169 GVG RN 1; Hübschmann/Hepp/Spitaler X/Spindler, § 52 FGO RN 41; Kirschbaum, Rundfunkübertragungen, S. 15 ff.; Ricker/Schiwy, Rundfunkverfassungsrecht, F RN 109; Schmidt, Justiz und Publizistik, S. 10; Wenzel/von Strobl-Alberg, Wort- und Bildberichterstattung, Kap. 7 RN 33; Rüping FS-Dünnebier, S. 391 (396); Roxin FS-Münchener Gesellschaft, S. 97 (97); Roxin FS-Peters, S. 393 (402); Schmidt JZ 1970, 109; Franzki DRiZ 1979, 82 (82); Beulke JR 1982, 308 (311); Bornkamm NStZ 1983, 102 (103); Molketin NStZ 1993, 145 (145); Töpper DRiZ 1995, 242; Deutscher Richterbund DRiZ 1996, 246 (247); Kortz AfP 1997, 443 (445 f.); Dieckmann NJW 2001, 2451 (2451); Hain DÖV 2001, 589 (593). 57 A. A. Rohde, Öffentlichkeit, S. 122 ff., der den Bestand dieser Gefahr nur für Angeklagte, Zeugen und Sachverständige annimmt.

I. Bild- und Tonaufnahmen während der Hauptverhandlung

133

fahren Kenntnis erlangen. Reagiert das Umfeld, was regelmäßig der Fall ist, negativ, drohen massive Stigmatisierungen.59 Dadurch wird die soziale Existenz der Betroffenen bedroht. Da die Personen regelmäßig zur Schau gestellt werden, wird häufig der Vergleich zur mittelalterlichen Prangerstrafe gesucht60, welche die Medien als vierte Gewalt61 verhängen können.62 Über personenbezogene Aufnahmen wird die Identität der Betroffenen preisgegeben, was vor allem die Position der Angeklagten und Verurteilten beeinträchtigt. Die Stigmatisierungen und Vorurteile stehen einer späteren Wiedereingliederung des Straftäters entgegen. Mithin wird die Resozialisierung63 akut gefährdet.64 Gefahren für die Persönlichkeitsrechte sind, das darf nicht übersehen werden, bezüglich sämtlicher aufgenommenen beziehungsweise aufzunehmenden Personen festzustellen. Könnten Aufnahmen aus der Hauptverhandlung angefertigt werden, ist weiter zu befürchten, dass Angeklagte und Verteidiger Verteidigungshandlungen hem58 LR VII/Wickern, § 169 GVG RN 40; Stutz, Öffentlichkeitsprinzip, S. 117; Schilken, Gerichtsverfassungsrecht, RN 168; Burbulla, Fernsehöffentlichkeit, S. 69; Rüping FS-Dünnebier, S. 391 (396); Deutscher Richterbund DRiZ 1996, 246 (247). 59 Kissel/Mayer, GVG, § 169 RN 18; Stutz, Öffentlichkeitsprinzip, S. 117; HübnerRaddatz, Fernsehöffentlichkeit, S. 82 f.; Roxin FS-Münchener Gesellschaft, S. 97 (105); Sarstedt JR 1956, 121 (124); Müller JZ 1977, 381 (385); Lenckner JuS 1983, 340 (344); Bornkamm NStZ 1983, 102 (103); Siebrasse StV 2001, 661 (662). 60 BVerfGE 35, 202 (233); BGH NJW 1966, 2353 (2355); OLG Braunschweig NJW 1975, 651 (652); OLG Köln AfP 1989, 683 (685); Franke, Bildberichterstattung, S. 77; Olizeg, Hausrecht, S. 212; Gerasch, Prozesswirklichkeit, S. 22; Schroeder, Strafprozessrecht, RN 240; Riklin/Höpfel, in: AE-StuM, S. 67 (67); Roxin FS-Münchener Juristische Gesellschaft, S. 97 (105); Sarstedt JR 1956, 121 (124); Dahs, NJW 1961, 1155 (1156); Schneider JuS 1963, 346 (347); Franzki DRiZ 1979, 82 (31); Beulke JR 1982, 308 (311); Kohlhaas NJW 1985, 600; Rinsche ZRP 1987, 384 (384 ff.); Deutscher Richterbund DRiZ 1996, 246 (247); Kortz AfP 1997, 443 (444); Walther JZ 1998, 1146 (1151); Hillermeier DRiZ 1982, 281 (283); Plate NStZ 1999, 391 (392). 61 So beispielsweise auch Paschke, Medienrecht, RN 342; Rheinhardt, in: Die Medien und die Informationsgesellschaft, S. 99 (100). 62 Wenzel/von Strobl-Alberg, Wort- und Bildberichterstattung, Kap. 7 RN 33; Reifenrath FS-Wassermann, S. 489 (496); Ulsamer FS-Jauch, S. 221 (223); Heinze FSStree/Wessels, S. 951 (952); Schambeck FS-Leisner, S. 449 (457); Rinsche ZRP 1987, 384 (384); Seidel AnwBl. 2002, 325 (327). 63 Aus § 2 S. 1 StVollzG wird deutlich, dass die Resozialisierung (Haupt)Ziel eines jeden Strafvollzuges ist. Benda, FS-Faller, S. 307 (307 ff.) sieht die Resozialisierung gar als Verfassungsauftrag. 64 BVerfG AfP 2001, 48 (52 f.); BVerfGE 35, 202 (235 ff.) = NJW 1973, 1226 (1231 f.); Kissel/Mayer, GVG, § 169 RN 14; Stutz, Öffentlichkeitsprinzip, S. 117; Franke, Bildberichterstattung, S. 117; Gronau, Persönlichkeitsrecht und Medienfreiheit, S. 229; Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 253, 387 Wenzel/von Strobl-Alberg, Wort- und Bildberichterstattung, Kap. 7 RN 33; Sarstedt JR 1956, 121 (124); Lenckner JuS 1983, 340 (344); Kohlhaas NJW 1985, 600; Deutscher Richterbund DRiZ 1996, 246 (247); Walther JZ 1998, 1146 (1151); Siebrasse StV 2001, 661 (662).

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E. Der Ausgangspunkt der Entscheidung nach § 176 GVG

mungsbedingt unterlassen. Gerade die bewirkte Fernsehöffentlichkeit vermag solche Hemmungen hervorzurufen.65 Auch eine effektive Verteidigung ist deshalb gefährdet.66 Zu dieser Gefahr kann aber auch ein nur auf seine Medienwirkung bedachter Verteidiger führen, der die Belange seines Mandanten vernachlässigt.67 Hiermit eng verbunden ist die Gefährdung der Wahrnehmung des Rechts auf rechtliches Gehör. Schon die bloße Anwesenheit aufnehmender Medien kann sich bei Angeklagten, Zeugen und Sachverständigen derart auswirken, dass diese sich nicht mehr frei, ausführlich und sachgerecht äußern.68 So werden in der Regel bei jedem Betroffenen die Hemmungen umso größer, je mehr Publikum er hat.69 Im Hinblick auf den Angeklagten ist auch die auf Art. 20 Abs. 3 GG und Art. 6 Abs. 2 MRK, Art. 14 Abs. 2 IPBPR zurückzuführende70 Unschuldsvermutung gefährdet.71 Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass Richter, vor allem die Laienrichter72, und andere Verfahrensbeteiligte den oft vorverurteilenden Einflüssen der Medien vollständig widerstehen können. Auf die Richter bezogen liegt hierin zugleich eine Gefahr für die richterliche Unabhängigkeit 65 Vgl. BT-Drucks. IV/178, S. 45; BGHSt 116, 111 (113 f.); Gerhardt ZRP 1993, 377 (381); Wolf ZRP 1994, 187 (192); Eberle NJW 1994, 1637 (1638); Kortz AfP 1997, 443 (446). 66 Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 80; Hübner-Raddatz, Fernsehöffentlichkeit, S. 82; ähnlich Lorz, in: Herausforderungen, S. 59 (65). 67 Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 84; Franzki DRiZ 1979, 82 (82), Lohrmann DRiZ 1995, 247. 68 BGH NJW 1961, 1781 (1782); BGH bei Dallinger MDR 1968, 727 (729); OLG Düsseldorf NStZ 1990, 554; OLG Oldenburg DAR 1975, 218 (218); Kissel/Mayer, GVG, § 169 RN 13; KK/Diemer, § 169 GVG RN 1; Schilken, Gerichtsverfassungsrecht, RN 165; Burbulla, Fernsehöffentlichkeit, S. 68, 127; Hübner-Raddatz, Fernsehöffentlichkeit, S. 93; Schmidt JZ 1956, 206 (210); Franzki 1979, 82 (82); Kohlmann JA 1981, 581 (584); Ernst, ZUM 1997, 187 (192); Kortz AfP 1997, 443 (447); Sarstedt JR 1956, 121 (124); Molketin NStZ 1993, 145 (145); kritisch Britz, Fernsehaufnahmen, S. 281 f. 69 Entgegen dieser herrschenden Ansicht wird teilweise vertreten, dass einer Fernsehberichterstattung direkt aus der Hauptverhandlung nur eine Katalysatorfunktion zukommt. Nur bereits bestehende Hemmungen und Redseeligkeiten werden verstärkt. [Vgl. z. B. BGHSt 16, 111 (114)]. 70 BVerfGE 19, 342 (347); 22, 254 (265); 25, 327 (331); 74, 358 (369 f.); KK/ Pfeiffer, Einleitung RN 32a; HD/Krehl, Einleitung RN 14; Beulke, Strafprozessrecht, RN 25; Riklin/Höpfel, in: AE-StuM, S. 53 (53 f.); Reifenrath FS-Wassermann, S. 489 (490); Lilie FS-Remmers, S. 601 (609). 71 LR VII/Wickern, Vor § 169 GVG RN 17; Bornkamm, Pressefreiheit und Fairneß, S. 217; Roxin FS-Münchener Juristische Gesellschaft, S. 97 (97); Bockelmann NJW 1960, 217 (220 f.); Weidemann DRiZ 1970, 114 (116); Hassemer NJW 1985, 1921 (1923); Deutscher Richterbund DRiZ 1996, 246 (248); Schaefer NJW 1996, 496 (496 f.); Kortz AfP 1997, 443 (446). 72 Kissel/Mayer, GVG, § 169 RN 15; Bornkamm, Pressefreiheit und Fairneß, S. 217; Schilken, Gerichtsverfassungsrecht, RN 166; Dahs, NJW 1961, 1155 (1156); Ranft Jura 1995, 573 (576).

I. Bild- und Tonaufnahmen während der Hauptverhandlung

135

(Art. 97 Abs. 1 GG), da Unvoreingenommenheit und Objektivität der Richter durch die massenmediale Berichterstattung beeinflusst werden können.73 Weiter ist auch die Wahrheitsfindung als oberstes Ziel des Verfahrens74 von einer Gefährdung durch eine unbeschränkte Öffentlichkeit nicht ausgenommen.75 Es ist anerkannt, dass der Einfluss der Massenmedien und der durch sie erzeugten Publikumserwartung nicht ohne die Wahrheitsfindung gefährdende Konsequenzen bleibt, wobei insbesondere medienbedingte Verhaltens- und Aussageänderungen der Beteiligten zu befürchten sind.76 Auch die Würde des Gerichts, verstanden als das Ansehen des Gerichts als Institution in der sozialen Gemeinschaft77, wird durch Aufnahmen in der Hauptverhandlung gefährdet, da der Ernst der Hauptverhandlung unter den Aufnahmen leiden könnte.78 Dass

73 LR VII/Wickern, Vor § 169 GVG RN 18; Schmidt, Justiz und Publizistik, S. 54 f.; Witzler, Personale Öffentlichkeit, S. 134 ff.; Britz, Fernsehaufnahmen, S. 275; Roxin, Strafverfahrensrecht, § 45 RN 2; Gounalakis FrG-Kübler, S. 173 (174); Rüping FSDünnebier, S. 391 (396); Flehinghaus DRiZ 1959, 290; Erdsiek NJW 1960, 1048 (1048 f.); Weiler ZRP 1995, 130 (131); Ranft Jura 1995, 573 (576); Hofmann ZRP 1996, 399 (403); Hain DÖV 2001, 589 (593). 74 BVerfGE 52, 131 (144 f.); 69, 126 (139 f.); BGHSt 9, 280 (282) = NJW 1956, 1646 (1647); Kissel/Mayer, GVG, § 169 RN 15; KK/Pfeiffer, Einleitung RN 11; Burbulla, Fernsehöffentlichkeit, S. 130; Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 88. 75 BVerfGE 33, 367 (382 f.); 77, 65 (76); 103, 44 (64); BVerfG NJW 1999, 1951 (1952); BVerfG AfP 2001, 48 (51, 53); LR VII/Wickern, Vor § 169 GVG RN 18, § 169 GVG RN 40; Kissel/Mayer, GVG, § 169 RN 16; Hübschmann/Hepp/Spitaler X/ Spindler, § 52 FGO RN 41; Wolf, Gerichtsverfassungsrecht, S. 253; Schilken, Gerichtsverfassungsrecht, RN 167; Stutz, Öffentlichkeitsprinzip, S. 117; Burbulla, Fernsehöffentlichkeit, S. 68, 130; Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 90; Schmidt, Justiz und Publizistik, S. 10; Wenzel/von Stroble-Alberg, Wort- und Bildberichterstattung, Kap. 7 RN 33; Hübner-Raddatz, Fernsehöffentlichkeit, S. 93 f.; Lorz, in: Herausforderungen, S. 59 (65); Jung, in: AE-StuM, S. 102 (111); Dahs NJW 1995, 81 (86); Schmidt JZ 1970, 109; Müller JZ 1977, 381 (385); Franzki DRiZ 1979, 82 (82); Kohlmann JA 1981, 581 (584); Hamm NJW 1995, 760 (760 f.); Dieckmann NJW 2001, 2451 (2451); Weiler ZRP 1995, 130 (132 f.); Deutscher Richterbund DRiZ 1996, 246 (247 f.); Walther JZ 1998, 1146 (1151); auch Roxin FS-Münchener Juristische Gesellschaft, S. 97 (100 f., 105 f.), der aber ausdrücklich auf die fehlenden Untersuchungen diesbezüglich verweist. 76 BVerfG NJW 1996, 581 (583); BGHSt 16, 111 (114); 22, 83 (85); BGH NJW 1961, 1781 (1782); BayObLG NJW 1956, 390 (391); LR VII/Wickern, § 169 GVG RN 39; Wettstein, Öffentlichkeitsgrundsatz, S. 76, 86 ff.; Franke, Bildberichterstattung, S. 126; Kuß, Öffentlichkeitsmaxime, 216; Burbulla, Fernsehöffentlichkeit, S. 129 f.; Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 66 f.; Ricker/Schiwy, Rundfunkverfassungsrecht, F RN 109; Wenzel/von Strobl-Alberg, Wort- und Bildberichterstattung, Kap. 7 RN 33; Jescheck ZStW 71 (1959), 1 (5); Schmidt JZ 1956, 210 (211); Dahs NJW 1961, 1755 (1756); Schneider JuS 1963, 346 (346); Ranft Jura 1995, 573 (577); Deutscher Richterbund DRiZ 1996, 246 (247); Ernst ZUM 1996, 187 (192); Wolf JR 1997, 441 (446); Hain DÖV 2001, 589 (593); kritisch Britz, Fernsehaufnahmen, S. 271 f., der aber zum Ergebnis kommt, dass derartige Gefahren zumindest nicht auszuschließen sind. 77 Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 131.

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E. Der Ausgangspunkt der Entscheidung nach § 176 GVG

allein eine geschickte und würdevolle Verhandlungsleitung der Richter dem jeweiligen Verfahren die erforderliche Würde verleihen kann79, muss bezweifelt werden, wird doch das Verhalten der Medienvertreter völlig ausgeklammert. Dieses aber ist es, das die Beeinträchtigung der gerichtlichen Würde im genannten Sinne bewirken kann. Können Aufnahmen während der Hauptverhandlung angefertigt werden, ist zudem zu befürchten, dass der Verhandlungsablauf gestört wird.80 Zu denken ist an Geräusche der Kameras81, an mit den Scheinwerfern geschaffene Beeinträchtigungen82, an notwendiges Gewirr von Kabeln83 und an durch Personalaufwand geschaffene Unruhe.84 Die diesbezügliche Gefahr beruht also auf dem Sach-, Raum-, Zeit- und Personalbedarf der Rundfunkanbieter.85 Schließlich wird zutreffend auf die Gefahr der Kommerzialisierung von Gerichtsverhandlungen hingewiesen. Diese, so ist zu befürchten, werden zu Marketingobjekten umfunktioniert und die Verfahrensbeteiligten damit zu Werbeträgern.86 Käme es zu einem solchen Prozess, würden Gerichtsverhandlungen zum bloßen Medienspektakel verkommen. Dass dies dem Verständnis von Justiz und Gerechtigkeit widersprechen würde, liegt auf der Hand. Von Bild- und Tonaufnahmen aus der Hauptverhandlung gehen also vielfältige Gefahren aus den verschiedensten Richtungen aus. Sämtliche Gefahren lassen sich in der Gefahr, dass ein faires Verfahren, welches durch das Rechtsstaatsprinzip und durch Art. 6 Abs. 1 MRK gefordert wird87, nicht mehr gewährleistet werden kann, zusammenfassen.88 78 Schmidt, Justiz und Publizistik, S. 10, 34 f.; Burbulla, Fernsehöffentlichkeit, S. 69, 131; Hübner-Raddatz, Fernsehöffentlichkeit, S. 94; Lorz, in: Herausforderungen, S. 59 (63); Schmidt JZ 1956, 206 (211): das Gerichtsgeschehen wird „. . . bei Zigarre und Strickstrumpf als Sensation oder Unterhaltung . . .“ erlebt; Jagusch DRiZ 1960, 85; Dahs NJW 1961, 1755 (1756); Dahs NJW 1966, 81 (86): „. . . Scheinwerfer . . . (als) Instrument zur Beleidigung der Menschenwürde des Angeklagten . . .“; Schmidt JZ 1970, 109; Franzki DRiZ 1979, 82 (82); Kohlhaas NJW 1985, 600. 79 So Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 132 f. 80 Hübner-Raddatz, Fernsehöffentlichkeit, S. 94 f. 81 Kissel/Mayer, GVG, § 169 RN 13; Schmidt, Justiz und Publizistik, S. 7; Kohlhaas DRiZ 1956, 2 (2); Wolf ZRP 1994, 187 (188). 82 Franzki DRiZ 1979, 82 (82); Wolf ZRP 1994, 187 (188). 83 Deutscher Richterbund DRiZ 1996, 246 (249); Wolf ZRP 1994, 187 (188); Deutscher Richterbund DRiZ 1996, 246 (249). 84 Kohlhaas DRiZ 1956, 2 (2); Franzki DRiZ 1979, 82 (82); Wolf ZRP 1994, 187 (188). 85 BVerfGE 91, 125 (134 f.); BVerfG NJW 1999, 1951 (1952); Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 129. 86 Zum Ganzen Kortz AfP 1997, 443 (447). 87 EuGMR NJW 2001, 2387 (2390); BVerfG NJW 2006, 1529 (1529); Kleinknecht/ Meyer-Goßner, Art. 6 MRK RN 4; Frowein/Peukert/Peukert, EMRK, Artikel 6 RNn 1; Meyer-Ladewig, EMRK, Artikel 6 RN 35; Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 79.

I. Bild- und Tonaufnahmen während der Hauptverhandlung

137

b) Reaktion des Gesetzgebers Dem Gesetzgeber blieben diese Gefahren nicht verborgen.89 Letztlich aber waren es einige höchstrichterlichen Entscheidungen90 und lautstarke Forderungen91 in der Literatur92, die zu Art. 11 Nr. 5 StPÄG geführt haben. Um die aufgezeigten Gefahren zumindest auf ein erträgliches Maß zu reduzieren, schuf der Gesetzgeber 1964 das Verbot des § 169 S. 2 GVG.93 Gewährleistet werden soll also ein faires Verfahren, zu dessen Gunsten ein etwaiges Recht auf zeitgemäße Information der Allgemeinheit zurücktreten muss. Auf diese Weise werden das Strafverfahren in seinem äußeren Ablauf und die Rechte aller Beteiligten geschützt.94 Hiervon ist allerdings die Gefahr für die richterliche Unabhängigkeit ausgenommen. Diese findet weder in den Motiven für § 169 S. 2 GVG noch in der Rechtsprechung Erwähnung.95 Der Gesetzgeber formulierte § 169 S. 2 GVG bewusst eng. Nur die dort genannten Techniken sind also verboten. Bild- und Tonaufnahmen zu gerichtsoder justizinternen Zwecken96 sowie nicht bewegte Bilder wie Zeichnungen und Fotografien97 sind deshalb trotz des Aufnahmeverbotes erlaubt. 88 BVerfGE 103, 44 (64, 68 f.); BVerfG NJW 1996, 581 (583); Burbulla, Fernsehöffentlichkeit, S. 127; Töpper, DRiZ 1995, 242; Siebrasse StV 2001, 661 (662); in diese Richtung auch Steiner, Fairnessprinzip, S. 118. 89 Siehe nur BT-Drucks. IV/178 S. 45: „. . . Rundfunk- und Filmaufnahmen . . . gefährden . . . die Wahrheitsfindung . . . (und) beeinträchtigen die Verteidigung des Angeklagten . . .“; „. . . Sie lenken . . . ab . . . (und) vereiteln den Zweck des § 243 II StPO . . .“; „. . . Sie legen den Zeugen und Sachverständigen Hemmungen . . . auf und beeinträchtigen ihre Unbefangenheit . . .“. 90 BGHSt 10, 202 (202 ff.) = NJW 1957, 881 (881 f.) = JZ 1957, 515 (515 ff.); 16, 111 (111 ff.) = NJW 1961, 1781 (1782) = JZ 1962, 220 (220 f.); 19, 193 (193 ff.) = NJW 1964, 602 (602 f.); vgl. auch BT-Drucks. IV/178, S. 45 ausführlich dazu Britz, Fernsehaufnahmen, S. 102 ff. 91 Der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte, und damit die Diskussion um Aufnahmen während der Hauptverhandlung endgültig entfachte, war die Urteilsverkündung im sog. Hallstein-Prozess 1959. Auf Empörung stieß trotz Freispruchs von einer üblen Nachrede, dass der Angeklagte Prof. Hallstein während der Urteilsverkündung gefilmt wurde und diese Aufnahmen dann auch gesendet wurden. 92 Insbesondere sind zu nennen Schorn, Der Strafrichter, S. 202 ff.; Schmidt JZ 1956, 206 (210); Schmidt JZ 1964, 537 (537, 542); Schmidt GS-Jellinek, S. 625 (638 f.); Sarstedt JR 1956, 121 (126); Bockelmann NJW 1960, 217 (220). 93 BVerfG NJW 1996, 581 (583); LR VII/Wickern, § 169 GVG RN 39; Wolf, Gerichtsverfassungsrecht, S. 235; Schilken, Gerichtsverfassungsrecht, RN 165; Kuß, Öffentlichkeitsmaxime, S. 30; Schroeder, Strafprozessrecht, RN 240 spricht insoweit sogar von der Wahrung der Menschenwürde; Gounalakis FrG-Kübler, S. 173 (175 f.); Kortz AfP 1997, 443 (445); Gündisch/Dany NJW 1999, 256 (259 f.). 94 Ahrens, Persönlichkeitsrecht, RN 49. 95 Vgl. zum Ganzen Britz, Fernsehaufnahmen, S. 276, der auch zum Ergebnis kommt, die Gefahr für die richterliche Unabhängigkeit könne kein Argument für den Ausschluss der Medien von der Gerichtsberichterstattung sein (S. 280); auch Schmidt, Justiz und Publizistik, S. 9.

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E. Der Ausgangspunkt der Entscheidung nach § 176 GVG

c) Zeitlicher Anwendungsbereich des § 169 S. 2 GVG Während der sachliche Regelungsgehalt des § 169 S. 2 GVG dem eindeutigen Wortlaut der Norm entnommen werden kann, ist dies hinsichtlich des zeitlichen Anwendungsbereiches nicht möglich. Fest steht lediglich, dass sich das Verbot zumindest auf die Hauptverhandlung im oben beschriebenen Sinne98 bezieht.99 Fraglich ist allerdings, ob das Verbot auch für das Umfeld der Hauptverhandlung gilt. Auf Grund des unklaren Wortlautes vertritt Schmidt 100 die Auffassung, das in § 169 S. 2 GVG enthaltene Verbot gelte uneingeschränkt für den gesamten Zeitraum vom ersten Aufruf der Sache bis zum letzten Wort der Urteilsbegrün-

96 BT-Drucks. IV/178, S. 45; BGHSt 19, 193 = NJW 1964, 602 (603); OLG Oldenburg DAR 1975, 218 (219); OLG Düsseldorf NJW 1996, 1360; OLG Braunschweig StV 1987, 332 (332); OLG Koblenz NStZ 1988, 42; OLG Köln FamRZ 1983, 750 (751); OLG Düsseldorf StV 1991, 102 (102); Kissel/Mayer, GVG, § 169 RN 73; LR VII/Wickern, § 169 GVG RN 43; Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 169 RN 11; Zöller/ Gummer, ZPO, § 169 GVG RN 16; Maunz/Klein, BVerfGG, § 17 RN 6; Düwell/ Lippke/Ziemann, ArbGV, § 52 RN 7; Hübschmann/Hepp/Spitaler X/Spindler, § 52 FGO RN 41; Britz, Fernsehaufnahmen, S. 114; Schellenberg, Die Hauptverhandlung im Strafverfahren, S. 62; Burhoff, Strafrechtliche Hauptverhandlung, RN 861; Schmidt, Justiz und Publizistik, S. 9; Greiser/Artkämpfer, Die „gestörte“ Hauptverhandlung, RN 64; Burhoff, Strafrechtliche Hauptverhandlung, RN 859a; Beulke, Strafprozessrecht, RN 379; Rüping, Das Strafverfahren, RN 442; Wolf, Gerichtsverfassungsrecht, S. 253; Schilken, Gerichtsverfassungsrecht, RN 179; Schmidt-Leichner NJW 1965, 1309 (1313); Roggemann JR 1966, 47 (47 ff.); Marxen NJW 1977, 2188 (2189); Kortz AfP 1997, 443 (443); enger KK/Diemer, § 169 GVG RN 13, wonach die Aufnahmen zulässig sind, wenn einem entsprechenden Hinweis nicht widersprochen wird; a. A. Schmitt JuS 1967, 19 (20), der die Zulässigkeit von der Zustimmung des jeweils Betroffenen abhängig macht; ebenso OLG Schleswig NStZ 1992, 399 (399 f.). 97 BT-Drucks. IV/178, S. 45; BVerfGE 103, 44 (66); BGH bei Dallinger MDR 1971, 185 (188); KK/Diemer, § 169 GVG RN 13; LR VII/Wickern, § 169 GVG RN 42; Pfeiffer, StPO (4. Aufl.), § 169 GVG RN 6; Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 169 RNn 10, 15; Zöller/Gummer, ZPO, § 169 GVG RN 16; Düwell/Lippke/Ziemann, ArbGV, § 52 RN 7; Germelmann/Matthes/Müller-Glöge/Prütting/Germelmann, ArbGG, § 52 RN 10; Hauck, ArbGG, § 52 RN 7; Maunz/Klein, BVerfGG, § 17 RN 6; HK-SGB/Littmann, § 61 RN 7; Burhoff, Strafrechtliche Hauptverhandlung, RN 864a; Schmidt, Justiz und Publizistik, S. 11; Britz, Fernsehaufnahmen, S. 110, 115; Kühne, Strafprozessrecht, RN 698.2; Schilken, Gerichtsverfassungsrecht, RN 179; Wolf, Gerichtsverfassungsrecht, S. 253; Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 509; Schäfer, Die Praxis des Strafverfahrens, RN 1178; Schellenberg, Die Hauptverhandlung im Strafverfahren, S. 63; Burbulla, Fernsehöffentlichkeit, S. 66; Franke, Bildberichterstattung, S. 13; Volk, Strafprozessrecht, § 18 RN 38; Wenzel/von Strobl-Alberg, Wort- und Bildberichterstattung, Kap. 7 RN 33; Burkhardt, Wort- und Bildberichterstattung, Kap. 10 RN 183 f.; Maul MDR 1970, 286 (286). 98 Siehe D. I. 2. b). 99 Unstreitig ist damit die Strafverhandlung gemeint. Ob § 169 S. 2 GVG aber auch ohne ausdrückliche Anordnung in anderen Verfahrenzweigen Anwendung findet, wird kritisch kommentiert. Dazu m.w. N. Britz, Fernsehaufnahmen, S. 116 f. 100 Schmidt, Justiz und Publizistik, S. 38.

I. Bild- und Tonaufnahmen während der Hauptverhandlung

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dung, also auch für Verhandlungspausen. Während Satz 1 die unzulässige Beschränkung der Öffentlichkeit regele, beziehe sich Satz 2 auf die unzulässige Erweiterung derselben. Auf Grund der unterschiedlichen Regelungsbereiche müsse von verschiedenen Anwendungsbereichen ausgegangen werden. Demgegenüber wird das Verbot des § 169 S. 2 GVG ganz überwiegend zu Recht nur auf die Hauptverhandlung bezogen.101 Einer Trennung der Anwendungsbereiche steht zunächst schon die Gesetzessystematik im Wege, denn § 169 S. 2 GVG bezieht sich direkt auf § 169 S. 1 GVG. Entgegen der Ansicht Schmidts regelt § 169 GVG die Öffentlichkeit einheitlich. Beide Sätze bilden als Unter- und Obergrenze der Öffentlichkeit eine Einheit.102 Dies bedingt einen einheitlichen zeitlichen Anwendungsbereich, nämlich die Hauptverhandlung. Auch die Rechtsprechung vor 1964, die sich der Gesetzgeber zunutze gemacht hat, weist in diese Richtung. Deren Argumentation bezog sich stets nur auf die Hauptverhandlung, nicht aber auf deren Umfeld.103 Auch die Genese des § 169 S. 2 GVG lässt sich anführen. Der Entwurf für die Neuregelung des § 169 GVG sah für den zweiten Satz nämlich folgenden Wortlaut vor: „. . . Während des Ganges der Hauptverhandlung sind Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen unzuläs101 BT-Drucks. IV/178, S. 46; BVerfGE 91, 125 (136) = NJW 1995, 184 (185) = JZ 1995, 295 (296); 103, 44 (62); BGHSt 23, 123 (124 f.) = BGH NJW 1970, 63 (63); 36, 119 (121 f.) = NJW 1989, 1741 (1743); KK/Diemer, § 169 GVG RN 13; LR VII/Wickern, § 169 GVG RN 41; Pfeiffer, StPO (4. Aufl.), § 169 GVG RN 6; Kissel/ Mayer, GVG, § 169 RN 63; Thomas/Putzo/Reichold/Hüßtege/Hüßtege, ZPO, § 169 GVG RN 1; Zimmermann, ZPO, Anhang GVG § 169 RN 1; Zöller/Gummer, ZPO, § 169 GVG RN 16; Germelmann/Matthes/Müller-Glöge/Prütting/Germelmann, ArbGG, § 52 RN 10; Hauck, ArbGG, § 52 RN 7; Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner/ Meissner, VwGO, § 55 RN 21; HK-SGB/Littmann, § 61 RN 8; Hübschmann/Hepp/ Spitaler X/Spindler, § 52 FGO RN 41; Franke, Bildberichterstattung, S. 127; Rohde, Öffentlichkeit, S. 17; Britz, Fernsehaufnahmen, S. 83, 114; Burbulla, Fernsehöffentlichkeit, S. 66; Ricker/Schiwy, Rundfunkverfassungsrecht, F RN 109; Brodag, Strafverfahrensrecht, RN 108; Schellenberg, Die Hauptverhandlung im Strafverfahren, S. 62; Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 509; Wenzel/von Strobl-Alberg, Wort- und Bildberichterstattung, Kap. 7 RN 33; Burhardt, Wort- und Bildberichterstattung, Kap. 10 RN 184; Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 3; Schäfer, Die Praxis des Strafverfahrens, RN 1178; Kuß, Öffentlichkeitsmaxime, S. 226; Hellmann, Strafverfahrensrecht, Teil IV § 2 RN 5; Kramer, Grundbegriffe, RN 285; Volk, Strafprozessrecht, § 18 RN 37; Roxin, Strafverfahrensrecht, § 45 RN 1; Schilken, Gerichtsverfassungsrecht, RN 179; Wolf, Gerichtsverfassungsrecht, S. 253; Lorz, in: Herausforderungen, S. 59 (67); Schmidt, Justiz und Publizistik, S. 9; Gounalakis FrG-Kübler, S. 173 (176); Schmidt JZ 1970, 109; Maul MDR 1970, 286 (286); Brüggemann AfP 1971, 155 (156); Roxin NStZ 1991, 153 (155); Wolf ZRP 1994, 187 (191); Kortz AfP 1997, 443 (443); Schwarz AfP 1995, 353 (354); Ernst ZUM 1996, 187 (188); Dannecker ZVglRWiss 97 (1998), 407 (434); Gersdorf AfP 2001, 29 (29); Kudlich JA 2000, 970 (971); vgl. auch BT-Drucks. IV/178, S. 46. 102 BGHSt 23, 123 (125) = BGH NJW 19070, 63 (63) = BGH JZ 1970, 108 (108); 36, 119 (121) = NJW 1989, 1741 (1743); Britz, Fernsehaufnahmen, S. 114; Franke, Bildberichterstattung, S. 126; Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 509; Schmidt, Justiz und Publizistik, S. 9; Wolf NJW 1994, 681 (682). 103 Vgl. Britz, Fernsehaufnahmen, S. 110.

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E. Der Ausgangspunkt der Entscheidung nach § 176 GVG

sig . . .“.104 Dass dieser Wortlaut nicht Gesetz geworden ist, ändert nichts, denn weder im Bundestag noch im Bundesrat wurde dieser Geltungsbereich angezweifelt.105 Würden die beiden Sätze des § 169 GVG getrennt, gäbe es keinen festen Bezugspunkt, um das Aufnahmeverbot anzuwenden. Die durch diese Unbestimmtheit hervorgerufene unsichere und verwirrende Rechtslage kann nicht hingenommen werden.106 All dies berücksichtigend ist festzustellen, dass das Verbot des § 169 S. 2 GVG auf das zeitliche Umfeld der Hauptverhandlung keinen direkten Einfluss hat. Es kann daher zur Lösung der vorliegenden Fragestellung nicht herangezogen werden. d) Verfassungsrechtliche Dimension und Diskussion Möglicherweise aber wirkt sich die verfassungsrechtliche Dimension des Verbotes direkt auf das Umfeld der Hauptverhandlung aus. Wäre die Regelung des § 169 S. 2 GVG als verfassungswidrig zu qualifizieren, läge es, da die Gefahren im Rahmen der Hauptverhandlung am größten sind, nahe, dass auch ein Aufnahmeverbot außerhalb der Hauptverhandlung mit der Verfassung nicht im Einklang steht. Im Falle einer festzustellenden Verfassungskonformität aber könnten daraus keine Rückschlüsse, weder in die eine, noch in die andere Richtung gezogen werden. Durch die absolute, vom Willen der Beteiligten und des Gerichts losgelöste Ausgestaltung des § 169 S. 2 GVG107 geriet das Verbot, das jahrelang ein nahezu unbeachtetes Dasein führte, in eine immer mehr zunehmende, häufig auf die anderen Verfahrenszweige gerichtete Diskussion um dessen Verfassungskonformität. Der diesbezügliche Streit sei im Folgenden, auf das Wesentliche beschränkt, angerissen.108

104

BT-Drucks. IV/178, S. 17. Vgl. BT-Drucks. IV/1020 und Anlage zur BR-Drucks. 9/62. 106 Kissel/Mayer, GVG, § 169 RN 63. 107 BVerfG ZUM 2001, 220 (230); BGHSt 16, 111 (114 f.); 22, 83 (85) = NJW 1968, 804 (805); Pfeiffer, StPO (4. Aufl.), § 169 GVG RN 7; Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 169 RN 8; KK/Diemer, § 169 GVG RN 13; Kissel/Mayer, GVG, § 169 RN 69; Burbulla, Fernsehöffentlichkeit, S. 67; Britz, Fernsehaufnahmen, S. 98; Schmidt NJW 1968, 804 (804); Maul MDR 1970, 286 (286); Kohlmann JA 1981, 581 (584); Ernst ZUM 1996, 187 (187); Wolf ZRP 1994, 187 (187); Kortz AfP 1997, 443 (443); Hofmann ZRP 1996, 399 (400); Gounalakis FrG-Kübler, S. 173 (197). 108 Ausführlich, insbesondere auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 24. Januar 2001 bezogen, Gerhardt, Rundfunk- und Fernsehaufnahmen, S. 1 ff.; Burbulla, Fernsehöffentlichkeit, S. 125 ff.; Beck FG-Graßhof, 129 (129 ff.). 105

I. Bild- und Tonaufnahmen während der Hauptverhandlung

141

aa) Ansichten in der Literatur Teilweise wird gefordert, die Medienöffentlichkeit auch in Form des aufnahmeanfertigenden Rundfunks während der gesamten Hauptverhandlung zuzulassen. Nur so soll im Lichte von Recht und Rechtsstaat eine wirkliche Öffentlichkeit gewährleistet sein.109 Andere lehnen die Absolutheit des Aufnahmeverbotes ab, da Gefährdungen von Persönlichkeitsrechten und Wahrheitsfindung in einigen Verfahrensabschnitten nicht bestünden.110 Dementsprechend wird gefordert, die Urteilsbegründungen freizugeben111, da Richter hier nicht mehr entscheidungserheblich beeinflussbar seien.112 Unter Berufung auf Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG wollen andere im Einzelfall nach Verfahrensart, Gefährdungsgrad und Medienform entscheiden.113 Diesem Ansatz ist der ähnlich, nach dem die Entscheidung auch für die Hauptverhandlung im Interesse einer ausdifferenzierten Einzelfallbehandlung in die Hände des Vorsitzenden Richters zu legen ist.114 All diese Ansichten haben gemein, dass sie von der Verfassungswidrigkeit des aktuellen § 169 S. 2 GVG ausgehen. Diese Schlussfolgerung ziehen andere nicht. Auf Grund der aufgezeigten Gefahren wird das Aufnahmeverbot, an dem festzuhalten sei, vielfach als verfassungsgemäß angesehen.115 Nicht verschwiegen sei bereits an dieser Stelle, dass 109 Zuck DRiZ 1997, 23 (31); Zuck NJW 1995, 2082 (2082 f.); Zuck NJW 2001, 1623 (1624). 110 LR VII/Wickern, Vor § 169 GVG RN 35, Scherer, Gerichtsöffentlichkeit, S. 88 ff.; Gerhardt, Rundfunk- und Fernsehaufnahmen, S. 74 f.; Burbulla, Fernsehöffentlichkeit, S. 127 ff.; Jung, in: AE-StuM, S. 102 (112); Gounalakis FrG-Kübler, S. 173 (200); Lorz, Herausforderungen, S. 59 (79); Gerhardt ZRP 1993, 377 (381); Eberle NJW 1994, 1637 (1638); Töpper DRiZ 1995, 242; Weiler ZRP 1995, 130 (133); Schwarz AfP 1995, 353 (356); Gerhardt DRiZ 1999, 8 (9); Gündisch/Dany NJW 1999, 256 (257, 260); Gündisch NVwZ 2001, 1004 (1005). 111 Burbulla, Fernsehöffentlichkeit, S. 145; Kuß, Öffentlichkeitsmaxime, S. 233 f.; Ricker/Schiwy, Rundfunkverfassungsrecht, F RN 109; Pieroth, in: Recht der Persönlichkeit, S. 249 (272 ff.); Gerhardt ZRP 1993, 377 (381); Weiler ZRP 1995, 130 (133); Werhahn UFITA 37 (1962), 22 (40 ff.); nur auf Bundesgerichte bezogen Töpper DRiZ 1995, 242. 112 LR VII/Wickern, Vor § 169 GVG RN 35; Gerhardt, Rundfunk- und Fernsehaufnahmen, S. 113 f.; Gerhardt ZRP 1993, 377 (381); Weiler ZRP 1995, 130 (133); Gerhardt DRiZ 1999, 8 (9); Gündisch/Dany NJW 1999, 256 (260). 113 Gounalakis FrG-Kübler, S. 173 (196); Lorz, Herausforderungen, S. 59 (78); Gerhardt ZRP 1993, 377 (381); Eberle NJW 1994, 1637 (1638); Töpper DRiZ 1995, 242; Gerhardt DRiZ 1999, 8 (9); Gündisch/Dany NJW 1999, 256 (257); Hain DÖV 2001, 589 (594). 114 Schwarz AfP 1995, 353 (357). 115 BK/Degenhart, Art. 5 Abs. 1 und 2 RN 887; Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 169 RN 8; Pfeiffer, StPO (4. Aufl.), § 169 GVG RN 1; Kissel/Mayer, GVG, § 169 RN 66; Thomas/Putzo/Reichold/Hüßtege/Hüßtege, ZPO, § 169 GVG RN 1; Zimmermann, ZPO, Anhang GVG § 169 RN 1; Zöller/Gummer, ZPO, § 169 GVG RN 16; MeyerLadewig/Keller, SGG, § 61 RN 2e; HK-SGB/Littmann, § 61 RN 8; Schilken, Gerichtsverfassungsrecht, RN 179; Roxin, Strafverfahrensrecht, § 45 RN 1; Beulke, Straf-

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E. Der Ausgangspunkt der Entscheidung nach § 176 GVG

ein Teil der Literatur fordert, das Aufnahmeverbot auch auf das Umfeld der Hauptverhandlung beziehungsweise auf den gesamten Gerichtsbereich zu erweitern.116 bb) Bundesverfassungsgericht Die Diskussion fand ihren vorläufigen Gipfel in der Anrufung des Bundesverfassungsgerichtes anlässlich des Strafverfahrens gegen Krenz und andere DDR-Politiker.117 Das Bundesverfassungsgericht entschied in dieser Sache am 24. Januar 2001 und stellte fest, dass § 169 S. 2 GVG mit der Verfassung vereinbar ist.118 Mit dieser sogenannten „n-tv-Entscheidung“ wurde denjenigen widersprochen, die aus einer vorangegangenen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts119 zu erkennen glaubten, das Aufnahmeverbot in seiner absoluten Form würde kippen.120 Jedoch erging die den „Politbüro-Prozess“ betreffende Entscheidung nicht einheitlich. In einem Minderheitsvotum plädierten die Richter Kühling, Hohmann-Dennhardt und Hoffmann-Riem gegen ein absolutes Ver-

prozessrecht, RN 379; Kühne, Strafprozessrecht, RN 698; Mohr, Fernsehberichterstattung aus der Hauptverhandlung, S. 95 ff.; Beck FG-Graßhof, S. 429 (136 ff.); Roxin FS-Münchener Juristische Gesellschaft, S. 97 (106); Franzki DRiZ 1979, 82 (82); Kortz AfP 1997, 443 (447); Wolf ZRP 1994, 187 (192); Stürner JZ 1995, 297 (299); Hamm NJW 1995, 760 (760 f.); Huff NJW 1996, 571 (573); Deutscher Richterbund DRiZ 1996, 246 (246); Enders NJW 1996, 2712 (2712 ff.); Plate NStZ 1999, 391 (394); Huff NJW 2001, 1622 (1623); Widmaier NJW 2004, 399 (401); wohl auch Helle, Schutz der Persönlichkeit, S. 167. 116 Schmidt, Justiz und Publizistik, S. 11, 37 f.; Lilie: in: AE-StuM, S. 116 (130 ff.); Arndt NJW 1960, 423 (424); Schmidt JZ 1970, 109; Lenckner JuS 1983, 340 (341 f.); Redaktion NJW, Deutscher Juristentag NJW 1990, 2991 (2992); Schwerdtner JZ 1990, 769 (770). 117 Hier rief die n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH & Co. KG das Bundesverfassungsgericht an, um eine Verfügung des Vorsitzenden Richters, die das Strafverfahren vor dem Landgericht Berlin gegen Krenz, Mückenberger, Hager, Dohlus, Kleiber und Schabowski wegen Totschlags an der innerdeutschen Grenze (sog. Politbüroprozess) betraf, aufzuheben. Dieser weigerte sich, ein Kamerateam der Beschwerdeführerin zur mündlichen Verhandlung zuzulassen. Vgl. BVerfGE 103, 44 (44 ff.). 118 BVerfGE 103, 44 (59 ff.); zustimmend Huff NJW 2001, 1622 (1622 f.); Siebrasse StV 2001, 661 (661 ff.); zu diesem Ergebnis kam schon Rohde, Öffentlichkeit, S. 206; zumindest kritisch Krausnick ZUM 2001, 230 (230 ff.); ablehnend aber Zuck NJW 2001, 1623 (1623 f.), der die Entscheidung als eine politische Rechtsprechung einstuft; ausführlich dazu m.w. N. Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 12 ff., 238. 119 BVerfG NJW 1996, 581 (581 ff.) = EuGRZ 1996, 73 (73 ff.); das Bundesverfassungsgericht lehnte am 11. Januar 1996 eine einstweilige Anordnung zu Gunsten des Senders „n-tv“ ab, wies aber darauf hin, dass weder eine Unzulässigkeit noch eine offensichtliche Unbegründetheit vorlag. Kritisch zur Einstufung als nicht offensichtlich unbegründet Roxin, Strafverfahrensrecht, § 45 RN 1. 120 Z. B. Burbulla, Fernsehöffentlichkeit, S. 123; Kühne, Strafprozessrecht, RN 698.1.

I. Bild- und Tonaufnahmen während der Hauptverhandlung

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bot und sprachen sich für eine Lockerung, speziell für andere Verfahrensarten als die Strafverfahren, aus.121 cc) Stellungnahme bezüglich Strafverfahren Eine generelle Zulassung von Aufnahmen während der Hauptverhandlung würde die Realisierung der dargestellten Gefahren geradezu bedingen. Diese aber sind derart schwerwiegend und zahlreich, dass einer unbeschränkten Medienöffentlichkeit bereits im Ansatz der Boden entzogen ist.122 Auch reichlich 40 Jahre nach der Einführung des § 169 S. 2 GVG haben die zu Grunde liegenden Motive an Aktualität nicht verloren. Das Bundesverfassungsgericht macht die „n-tv-Entscheidung“ speziell am Persönlichkeitsrecht der Verfahrensbeteiligten, an der ungestörten Wahrheitsfindung und an der Gewährleistung eines fairen Verfahrens fest.123 Und genau diese Aspekte sind es dann auch, die ein generelles Verbot zumindest im Strafverfahren124 als unerlässlich erscheinen lassen. Das gestehen selbst viele derjenigen zu, die für eine Lockerung des § 169 S. 2 GVG plädieren.125 Völlig zu Recht stuft das Gericht126 die bestehenden Gefahren als zu hoch ein, um Bild- und Tonaufnahmen während der Hauptverhandlung zuzulassen. Auch die Argumentation für eine Freigabe der Urteilsbegründungen überzeugt nicht. Da niemand garantieren kann, dass ein Richter den mitunter massiven Einflüssen der Medienpräsenz nicht doch noch kurz vor der Urteilsverkündung unterliegt und anders entscheidet, macht das Verbot auch für die Urteilsverkündung Sinn. Die richterliche Unabhängigkeit gilt bis zum Ende der Hauptverhandlung. Bis zu diesem Zeitpunkt kann sie gefährdet werden.127 121

BVerfGE 103, 44 (77 ff.). Im Ergebnis so auch LR VII/Wickern, Vor § 169 GVG RN 35; Burbulla, Fernsehöffentlichkeit, S. 132; Wolf ZRP 1994, 187 (188 f.); Stürner JZ 1995, 297 (298 f.); Hamm NJW 1995, 760 (760 f.); Gündisch/Dany NJW 1999, 256 (259); Siebrasse StV 2001, 661 (663). 123 BVerfGE 103, 44 (68 f.). 124 Sicher bestehen viele der diskutierten Gefahren nur im Rahmen von Strafverfahren. Die Frage, ob § 169 S. 2 GVG auch in anderen Verfahrensarten angewandt werden sollte, ist, da die meisten Regelungen in den einschlägigen Verfahrensordnungen verortet sind, keine Frage der Verfassungsmäßigkeit des § 169 S. 2 GVG. Vielmehr müssen die jeweils verweisenden Normen auf den Prüfstand gestellt werden, was zu wenig Beachtung findet. Einzig im Hinblick auf die Zivilprozesse muss über § 169 S. 2 GVG nachgedacht werden. 125 So etwa Töpper DRiZ 1995, 242; Pieroth, in: Recht der Persönlichkeit, S. 249 (277); Minderheitsvotum BVerfGE 103, 44 (77); in diese Richtung, wenn auch mit Abstrichen Gerhardt DRiZ 1999, 8 (9). 126 BVerfGE 103, 44 (66 ff.). 127 Vgl. dazu Wolf ZRP 1994, 187 (189); Deutscher Richterbund DRiZ 1996, 246 (249); Plate NStZ 1999, 391 (392 f.); in diese Richtung auch BGHSt 22, 83 (84). 122

144

E. Der Ausgangspunkt der Entscheidung nach § 176 GVG

Hinzu kommt die besondere Situation für den Angeklagten. Seine innerliche Erregung und Anspannung ist kurz vor der Urteilsverkündung am größten. Würde dies über die Bild- und Tonaufnahmen einer unbegrenzten Öffentlichkeit zugänglich gemacht, wären schwerste Persönlichkeitsrechtsverletzungen und eventuell auch Verletzungen der Menschenwürde die Folge.128 Denjenigen, die eine umfassende Interessenabwägung für erforderlich halten und deren Fehlen im Rahmen des § 169 S. 2 GVG als verfassungswidrig bezeichnen, ist zu entgegnen, dass das Ergebnis der Abwägung ebenfalls für ein umfassendes Verbot spricht. Das Informationsinteresse der Allgemeinheit bedingt gerade nicht, dass zu dessen Befriedigung Aufnahmen in der Hauptverhandlung angefertigt werden.129 Auch eine auf personenbezogene Aufnahmen verzichtende Gerichtsberichterstattung ist in ausreichendem Umfang in der Lage, die Zwecke der Öffentlichkeit von Gerichtsverhandlungen zu erfüllen.130 Die Rundfunkfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GG, aber auch die Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG vermag die festgestellten Gefahren nicht zu überwiegen.131 Der Rundfunk ist auf Aufnahmen aus der Hauptverhandlung nämlich nicht in schützenswerter Weise angewiesen. § 169 S. 2 GVG stellt insofern, da ein verhältnismäßiges und im Sinne des Art. 5 Abs. 2 GG allgemeines Gesetz132, eine zulässige Schranke der Grundrechte dar. Zudem sprechen gemeinschaftliche Interessen, wie zum Beispiel das Interesse an der ungestörten Wahrheitsfindung, für ein generelles Aufnahmeverbot während der Hauptverhandlung. Dieses in seiner Bedeutung kaum überschätzbare Interesse kann den hiergegen gerichteten Individualinteressen nicht untergeordnet werden.133 Außerdem sind wie schon gezeigt Standbildaufnahmen und Zeichnungen nicht vom Verbot des § 169 S. 2 GVG erfasst. Weder die Allgemeinheit noch die Rundfunkunternehmen müssen so gänzlich auf Aufnahmen verzichten. Schließ128 Burbulla, Fernsehöffentlichkeit, S. 135; Wolf ZRP 1994, 187 (189); Deutscher Richterbund DRiZ 1996, 246 (249); Kortz AfP 1997, 443 (448). 129 So auch Huff NJW 2001, 1622 (1623); a. A. Zuck NJW 2001, 1623 (1624). 130 Dass es auch andere taugliche Informationsquellen gibt, räumt selbst Burbulla, Fernsehöffentlichkeit, S. 142 ein, der gegen das Absolute Verbot des § 169 S. 2 GVG ist. Vgl. auch Kortz AfP 1997, 443 (449). 131 Zwar auf anderem Wege, aber so auch im Ergebnis Wolf ZRP 1994, 187 (190 f.). Vgl. zu den überwiegenden Gefahren Deutscher Richterbund DRiZ 1996, 246 (247 ff.). 132 A. A. Enders NJW 1996, 2712 (2713 f.) und Schwarz AfP 1995, 353 (355) mit der Begründung, dass sich § 169 S. 2 GVG speziell gegen den Rundfunk richtet; dagegen z. B. Pieroth, in: Recht der Persönlichkeit, S. 249 (270 f.) und Kortz AfP 1997, 443 (445), der zutreffend feststellt, dass dem Rundfunk nicht die Informationsbeschaffung untersagt wird, was der Einordnung als nicht allgemeines Gesetz entgegensteht; für die Einordnung als allgemeines Gesetz zum Beispiel Bamberger ZUM 2001, 373 (376). 133 So auch Burbulla, Fernsehöffentlichkeit, S. 130; Lorz, Herausforderungen, S. 59 (79); Böttcher JR 1987, 133 (139); Hofmann ZRP 1996, 399 (403).

I. Bild- und Tonaufnahmen während der Hauptverhandlung

145

lich gilt es, auch die Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers hinsichtlich der Gefahrenlage zu beachten. Dieser durfte und darf sich daher immer noch veranlasst sehen, das Verbot aufrechtzuerhalten. Da die Abwägung der beteiligten Interessen zu einem generellen Verbot führt, ist auch der Ansicht, welche auf den Vorsitzenden Richter als entscheidendes Organ auch während der Hauptverhandlung verweist, der Weg versperrt.134 Dieser dürfte dem Gesagten entsprechend nämlich nicht erlauben, personenbezogene Aufnahmen anzufertigen. Während § 169 S. 2 GVG bezüglich der anderen Verfahrensarten zumindest als problematisch angesehen werden kann, ist dem im Hinblick auf Strafverfahren nicht so. Geht es um deren Hauptverhandlungen, muss es, da die dort drohenden Gefahren um ein vielfaches schwerer wiegen als die durch ein Verbot beeinträchtigten Interessen, bei dem absoluten Aufnahmeverbot bleiben. Diesbezüglich ist § 169 S. 2 GVG daher als verfassungskonform zu qualifizieren und dem Bundesverfassungsgericht hierin zuzustimmen. Rückschlüsse auf das Umfeld der Hauptverhandlung lassen sich hieraus somit nicht ziehen. 3. Die Regelungen der Art. 6 Abs. 1 MRK und Art. 14 Abs. 1 IPBPR Auch die Art. 6 Abs. 1 MRK und Art. 14 Abs. 1 IPBPR garantieren die Öffentlichkeit im Strafverfahren.135 Hauptanliegen der beiden sich im Wesentlichen deckenden Vorschriften ist es, den Zugang zum Gericht sowie ein faires und rechtsstaatliches Verfahren zu sichern.136 Zudem ist es auch Anliegen dieser Normen, eine gesellschaftliche Kontrolle zu ermöglichen und jegliche Geheimjustiz zu unterbinden.137 Hinsichtlich deren Anwendungsbereich fällt in sachlicher Hinsicht auf, dass in den Art. 6 Abs. 1 S. 2 MRK und Art. 14 Abs. 1 S. 2 IPBPR neben der

134 Im Ergebnis auch Burbulla, Fernsehöffentlichkeit, S. 144; Zuck NJW 1995, 2082 (2082); Kortz AfP 1997, 443 (447); Zuck DRiZ 1997, 23 (31). 135 Eine Besonderheit liegt in den Art. 60 MRK und Art. 5 Abs. 2 IPBPR. Danach nämlich bleiben weitergehende Gewährleistungen sowohl des internationalen als auch des nationalen Rechts in ihrer Wirksamkeit unberührt. Vgl. dazu LR VIII/Gollwitzer, Einl. MRK IPBPR RN 50; Süsterbenn DVBl. 1955, 753 (754); Eissen ZaöRV 30 (1970), 237 (258). 136 LR VIII/Gollwitzer, Art 6 MRK/Art. 14 I IPBPR RN 7; Frowein/Peukert/Peukert, EMRK, Art. 6 RN 117. 137 EuGMR EuGRZ 1975, 91 (98); EuGMR EuGRZ 1985, 225 (228); EuGMR EuGRZ 1985, 229 (231); EuGMR EuGRZ 1985, 548 (549); Frowein/Peukert/Peukert, EMRK, Art. 6 RNn 117 f.; LR VIII/Gollwitzer, Art 6 MRK/Art. 14 I IPBPR RN 86; Wilfinger, Das Gebot effektiven Rechtsschutzes in Grundgesetz und Europäischer Menschenrechtskonvention, S. 180; Nowak/Schwaighofer EuGRZ 1985, 725 (725); Wyss EuGRZ 1996, 1 (7).

146

E. Der Ausgangspunkt der Entscheidung nach § 176 GVG

Öffentlichkeit nur die Presse erwähnt wird, nicht aber der Rundfunk. Nur diesbezüglich ist es nach dem Wortlaut möglich, Beschränkungen anzuordnen. Da man nicht annehmen kann, dass Bild- und Tonaufnahmen gegenüber der Presse bevorzugt werden sollen und es auch ohne den Rundfunk möglich ist, die Normzwecke zu erfüllen, liegt der Umkehrschluss nahe, dass Öffentlichkeit im Sinne der Art 6 Abs. 1 MRK und Art. 14 Abs. 1 IPBPR Bild- und Tonaufnahmen nicht umfasst.138 Das wird auch mit den Eingriffen in die Intimsphäre und der nur unvollständigen Wiedergabe der Hauptverhandlung begründet.139 Dieser Sicht wird allerdings vorgeworfen, zu einseitig auf Strafverfahren ausgerichtet zu sein. Zudem wären Presse und Rundfunk gleich zu behandeln.140 Jedoch bestehen durchaus beachtenswerte Unterschiede zwischen der Presse als Printmedium und Rundfunk. Während Berichte in den Printmedien nicht per se zur Identifizierbarkeit der Betroffenen führen, ist das bei personenbezogenen Bildund Tonaufnahmen anders. Zudem ist es nur den Aufnahmen eigen, lediglich eng begrenzte Ausschnitte des gerichtlichen Geschehens wiederzugeben. Daher umfassen auch Art. 6 Abs. 1 MRK und Art. 14 Abs. 1 IPBPR die hier in Rede stehenden Aufnahmen nicht. Diese Aussage versteht Britz141 als Verbot audiovisueller Gerichtsberichterstattung, das er so nicht anerkennen will. Es ist aber unzutreffend, sähe man – wie Britz – in der Argumentation, dass Art. 6 Abs. 1 MRK und Art. 14 Abs. 1 IPBPR Bild- und Tonaufnahmen nicht erfassen, die Bejahung eines generellen Verbotes derartiger Aufnahmen. Aus dem Umstand, dass die Aufnahmen von der Gewährleistung der Öffentlichkeit nicht erfasst sind, kann nur gefolgert werden, dass eine diesbezügliche Forderung nicht besteht. Mehr lässt sich nicht ableiten. Denn es ist eben nicht so, dass verboten ist, was nicht ausdrücklich erlaubt ist. Über die nicht geregelten Bild- und Tonaufnahmen werden keine Aussagen getroffen. Selbst wenn man den sachlichen Anwendungsbereich anders interpretiert, setzt auch hier der zeitliche Anwendungsbereich Grenzen. So bezieht sich Art. 14 Abs. 1 S. 1 IPBPR ausdrücklich auf die Hauptverhandlung, nicht also auf deren Umfeld.142 Während dann Art. 6 Abs. 1 S. 2 MRK auf die Hauptverhandlung abstellt, ist Art. 6 Abs. 1 S. 1 MRK neutral gehalten. Hieraus ließe

138 So Golsong u. a./Miehsler/Vogler, EMRK, Art. 6 RN 334; Partsch, Die Rechte und Freiheiten der Europäischen Menschenrechtskonvention, S. 391; Guradze, Die Europäische Menschenrechtskonvention, S. 99. 139 Golsong u. a./Miehsler/Vogler, EMRK, Art. 6 RN 334; Guradze, Die Europäische Menschenrechtskonvention, S. 99. 140 Britz, Fernsehaufnahmen, S. 95; Pieroth, in: Recht der Persönlichkeit, S. 249 (268); Krausnick ZUM 2001, 230 (231). 141 Britz, Fernsehaufnahmen, S. 95. 142 LR VIII/Gollwitzer, Art 6 MRK/Art. 14 I IPBPR RNn 89, 92.

I. Bild- und Tonaufnahmen während der Hauptverhandlung

147

sich folgern, die Öffentlichkeitsbestimmung gelte auch außerhalb der strafgerichtlichen Hauptverhandlung.143 Dem ist jedoch nicht so. Es ist davon auszugehen, dass Art. 6 Abs. 1 MRK nur die Anforderung aufstellt, die Sache müsse öffentlich verhandelt werden.144 Hierfür spricht die Systematik. Beide Sätze stehen, da Satz 2 als Ausnahme zu Satz 1 zu begreifen ist, in einem engen Zusammenhang. Wie bei § 169 S. 1 und 2 GVG ist deshalb auch bei Art. 6 Abs. 1 S. 1 und 2 MRK von einem einheitlichen zeitlichen Anwendungsbereich auszugehen, welcher auf die Hauptverhandlung begrenzt ist. Damit gehen die Art. 6 Abs. 1 MRK und Art. 14 Abs. 1 IPBPR in sachlicher und zeitlicher Hinsicht nicht über die Regelungen des § 169 GVG hinaus. Vielmehr wurde der Öffentlichkeitsgrundsatz des § 169 S. 1 GVG auf internationaler Ebene aufgewertet.145 Bild- und Tonaufnahmen im Umfeld der Hauptverhandlung werden somit auch durch die genannten Artikel nicht direkt geregelt.

4. Indirekte Wirkungen auf Aufnahmen im Umfeld der Hauptverhandlung Beide Sätze des § 169 GVG haben keine direkten Wirkungen auf das Umfeld der strafgerichtlichen Hauptverhandlung. Auf Grund der enormen Bedeutung, die der Norm beizumessen ist, kommen jedoch auch indirekte Wirkungen der Norm, also Wirkungen über deren unmittelbaren Anwendungsbereich hinaus, in Betracht. Ebenso ist an Art. 6 Abs. 1 MRK und Art. 14 Abs. 1 IPBPR zu denken, die in der Diskussion um die Zulässigkeit von Bild- und Tonaufnahmen nur selten Beachtung finden. Da diese Normen ebenfalls auf die Hauptverhandlung gerichtet sind, stellt sich auch bei ihnen die Frage nach indirekten Wirkungen. a) Wirkungen des § 169 GVG Die Wirkungen des § 169 GVG auf das Umfeld der strafgerichtlichen Hauptverhandlung werden in der Literatur unterschiedlich beurteilt. Angeknüpft wird dabei in aller Regel an den Öffentlichkeitsgrundsatz des § 169 S. 1 GVG.

143

Das stellt auch Britz, Fernsehaufnahmen, S. 93 f. fest. LR VIII/Gollwitzer, Art. 6 MRK/Art. 14 I IPBPR RN 89; Zwingenberger, Konvention zum Schutz der Menschenrechte, S. 208; Wyss EuGRZ 1996, 1 (5); auch EuGMR EuGRZ 1985, 225 (228) und EuGMR EuGRZ 1985, 229 (232 f.) sprechen ausdrücklich vom „Fehlen einer öffentlichen Verhandlung“. 145 LR VIII/Gollwitzer, Einl. MRK IPBPR RN 43. 144

148

E. Der Ausgangspunkt der Entscheidung nach § 176 GVG

aa) Vertretene Ansichten Dieser Grundsatz statuiert ausdrücklich nur die Öffentlichkeit der Hauptverhandlung. Ranft 146, der ohne weitere Begründung annimmt, § 169 S. 1 GVG setze ein im Übrigen nichtöffentliches Verfahren voraus, scheint diese Norm im Umkehrschluss als Ausnahmevorschrift zu einem allgemeinen Grundsatz der Nichtöffentlichkeit zu verstehen. Franke dagegen projiziert den Öffentlichkeitsgrundsatz der Hauptverhandlung auch auf deren Umfeld. Er geht davon aus, dass „. . . die Grenzen zulässiger Öffentlichkeit für die Zeit der Verhandlung wie für die Zeit, während der das Gericht (noch) nicht oder nicht mehr anwesend ist, einheitlich zu ziehen . . .“147 sind. Ähnlich sieht dies Britz, der den „. . . justitielle(n) Öffentlichkeitsgrundsatz nicht auf die Hauptverhandlung reduziert . . .“148 sieht. Beide Verfasser gehen demnach von einem durch § 169 GVG geprägten und außerhalb der Hauptverhandlung bestehenden Öffentlichkeitsgrundsatz aus. Alle drei Verfasser haben gemein, dass sie dem § 169 S. 1 GVG Wirkungen über seinen Anwendungsbereich hinaus zugestehen. Ihnen steht jedoch die herrschende Meinung gegenüber, die Wirkungen des § 169 GVG über dessen ausdrücklich festgelegten Anwendungsbereich hinaus verneint. Das wird zwar nur selten ausgesprochen149, lässt sich aber daraus folgern, dass die Handhabung der Aufnahmen im Umfeld der Hauptverhandlung von einer Interessenabwägung abhängig gemacht wird.150 bb) Stellungnahme Der Schluss von § 169 S. 1 GVG auf nichtöffentliche Verfahrensabschnitte ist zunächst zutreffend. Bei einem ohnehin öffentlichen Verfahren hätte die Vorschrift lediglich klarstellenden Charakter. Es ist unstreitig, dass andere Verfahrensabschnitte wie Zwischenverfahren, Urteilsberatung oder Strafvollstreckung nicht öffentlich sind.151 Damit ist aber noch nicht geklärt, wie es um die Öffentlichkeit im Umfeld der Hauptverhandlung bestellt ist. Zu weit ginge es aber, mit Ranft einen Nichtöffentlichkeitsgrundsatz anzunehmen.152 Dem steht bereits der eindeutige Wille des Gesetzgebers gegenüber. Trotz der Einführung 146

Ranft Jura 1995, 573 (581). Franke, Bildberichterstattung, S. 17 f. 148 Britz, Fernsehaufnahmen, S. 83. 149 Ausdrücklich Zielemann, Tatverdächtige, S. 71; ähnlich Schlüchter, Strafprozessrecht, S. 173. 150 Z. B. BVerfGE 91, 125 (136 ff.); BGHSt 23, 123 (125); LR VII/Wickern, § 169 GVG RN 54; Olizeg, Hausrecht, S. 212; Burbulla, Fernsehöffentlichkeit, S. 79; Britz, Fernsehaufnahmen, S. 114 f.; Wolf, Gerichtsverfassungsrecht, S. 253; Peters, Strafprozess, S. 554. 151 Vgl. dazu nur Britz, Fernsehaufnahmen, S. 83. 152 Ohne nähere Begründung so auch Britz, Fernsehaufnahmen, S. 83, 114. 147

I. Bild- und Tonaufnahmen während der Hauptverhandlung

149

des § 169 S. 2 GVG wollte er an der Möglichkeit der Beschränkung der Bildund Tonberichterstattung durch die sitzungspolizeilichen Vorschriften festhalten.153 Auch die allgemeine Systematik der Norm spricht gegen die Ansicht Ranfts. Aus einer Norm, die sich auf einen bestimmten Bereich bezieht, kann lediglich geschlossen werden, dass andere Bereiche dadurch nicht erfasst werden.154 Aus § 169 S. 1 GVG lässt sich daher nur schließen, dass eine Öffentlichkeit außerhalb der Hauptverhandlung nicht gefordert wird. Mehr, insbesondere ein Grundsatz der Nichtöffentlichkeit, kann daher nicht hergeleitet werden. Umgekehrt kann der Öffentlichkeitsgrundsatz aber auch nicht auf das Umfeld der Hauptverhandlung ausgeweitet werden. Gegen die Sichtweise Frankes spricht schon der Wortlaut des § 169 S. 1 GVG. Dieser bezieht sich nur auf die Hauptverhandlung im obigen Sinn. Der Wortlaut würde zu Makulatur erklärt, würde der Grundsatz der Öffentlichkeit auch außerhalb der Hauptverhandlung angewandt. Zuzustimmen ist Franke lediglich insoweit, als er meint, dass das Gesetz eine unter anderem auf Sitzungspausen beschränkte Öffentlichkeit nicht kennt.155 Das aber kann keinesfalls zur von ihm gezogenen Konsequenz führen, es gäbe damit nur einen einheitlich begrenzten Öffentlichkeitsgrundsatz in und außerhalb der Hauptverhandlung. Denn das Gesetz kennt gar keine, also weder eine beschränkte noch eine unbeschränkte Öffentlichkeit außerhalb der Hauptverhandlung. Die zur grundsätzlichen Öffentlichkeit führende Lösung liegt nach Britz aber im angeblich einhelligen Verständnis des § 169 S. 2 GVG selbst. Er versteht dessen Aussagen dahingehend, dass das Aufnahmeverbot „. . . lediglich für die Verhandlung gilt . . .“156. Britz157 zitiert zur Untermauerung dieses Verständnisses die sogenannte „Honecker-Entscheidung“158 des Bundesverfassungsgerichtes. Das Gericht erklärte darin, auf Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG gestützt, Fernsehaufnahmen hinsichtlich der bevorstehenden Strafverhandlung für zulässig. Gerade daraus folgert Britz159, dass der Öffentlichkeitsgrundsatz nicht auf die Hauptverhandlung reduziert ist. Dem stehen aber erhebliche Bedenken gegenüber. Zunächst fällt auf, dass das Bundesverfassungsgericht in der „Honecker-Entscheidung“ lediglich folgendes feststellte: „. . . Dagegen findet § 169 S. 2 GVG, der Ton- und Filmaufnahmen während der Verhandlung untersagt, keine Anwendung, da eine Berichterstattung aus der Verhandlung nicht in Frage stand. . . .“160. Das Wort „lediglich“, auf das Britz offensichtlich abstellt, 153 154 155 156 157 158 159

BT-Drucks. IV/178, S. 45. Burbulla, Fernsehöffentlichkeit, S. 79. Franke, Bildberichterstattung, S. 18. Britz, Fernsehaufnahmen, S. 83. Britz, Fernsehaufnahmen, S. 83 FN 28. BVerfGE 91, 125 (125 ff.) = NJW 1995, 184 (184 ff.) = NStZ 1995, 40 (40 ff.). Britz, Fernsehaufnahmen, S. 83.

150

E. Der Ausgangspunkt der Entscheidung nach § 176 GVG

taucht dort nirgends auf. Auf diese Entscheidung kann Britz seine Ansicht also nicht stützen. Allerdings könnte eine neuere Entscheidung, in der das Bundesverfassungsgericht ausführte, § 169 GVG regle „. . . nur die Verhandlung vor dem erkennenden Gericht, nicht auch die zeitlich davor oder danach gelegenen Phasen . . .“161, seine Ansicht stützen. Auch Vertreter in der Literatur scheinen, betrachtet man den Wortlaut ihrer Ausführungen, in diese Richtung zu schreiben.162 Die formalistisch am Wortlaut der bundesverfassungsgerichtlichen Entscheidung und nicht am Gesetz orientierte Argumentation von Britz ist massiven Bedenken ausgesetzt. Die eigentlichen Aussagen und Zwecke der Norm werden übergangen. So bestehen Bedenken, in die Verwendung der Wörter „lediglich“ und „nur“ hineinzulesen, dass § 169 S. 2 GVG nur auf einen Teil der Öffentlichkeit, nämlich den der Hauptverhandlung, abzielt. Vielmehr sprechen die oben angeführten Argumente163 dafür, den Anwendungsbereich des § 169 GVG einheitlich zu verstehen. Das aber hätte zur Folge, dass entweder der auch außerhalb der Hauptverhandlung anzuerkennende Öffentlichkeitsgrundsatz oder der nur für die Hauptverhandlung geltende Öffentlichkeitsgrundsatz auf Grund des gleichlaufenden § 169 S. 2 GVG nie Film- und Tonaufnahmen zulassen würde. Gegen ersteres spricht der eindeutige Wortlaut des § 169 S. 1 GVG, der nur auf die Hauptverhandlung Bezug nimmt. Insofern widerspricht sich Britz164 selbst, wenn er einerseits von einer „. . . Beschränkung des Öffentlichkeitsgrundsatzes auf die Verhandlung . . .“ ausgeht, dann aber zwei Sätze später folgert, dass „. . . der justitielle Öffentlichkeitsgrundsatz nicht auf die Hauptverhandlung reduziert ist. . . .“. Mit der Verwendung der Wörter „nur“ und „lediglich“ sollte klargestellt werden, dass sich das Verbot des § 169 S. 2 GVG eben nicht auf Verfahrensteile bezieht, die nicht zur Hauptverhandlung gehören. § 169 S. 2 GVG soll und kann nur soweit wirken, wie es auch § 169 S. 1 GVG tut. Dies verdeutlicht eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes, in der er betont, dass das „. . . Verbot (§ 169 S. 2 GVG) ebenso wie die Bestimmung über die unmittelbare Öffentlichkeit (§ 169 S. 1 GVG) nur für den eigentlichen Gang der Hauptverhandlung . . .“165 gilt. Damit bestehen keine Zweifel mehr daran, dass § 169 S. 2 GVG mit § 169 S. 1 GVG gleich laufen soll und nicht nur einen Teilbereich eines weiteren Öffentlichkeitsgrundsatzes betrifft.

160

BVerfGE 91, 125 (136) = NJW 1995, 184 (185). BVerfGE 103, 44 (62); ebenso BGHSt 23, 123 (124). 162 Brodag, Strafverfahrensrecht, RN 108; Hellmann, Strafverfahrensrecht, Teil IV § 2 RN 5; Roxin, Strafverfahrensrecht, § 45 RN 1; Ernst ZUM 1996, 187 (188); alle stellen darauf ab, dass sich § 169 S. 2 GVG nur auf die Verhandlung bezieht. 163 Siehe E. I. 2. c). 164 Britz, Fernsehaufnahmen, S. 83. 165 BGHSt 23, 123 (124). 161

I. Bild- und Tonaufnahmen während der Hauptverhandlung

151

Dem § 169 GVG kommen somit keine indirekten Wirkungen auf das Umfeld der Hauptverhandlung zu. Weder kann die Öffentlichkeit über den Anwendungsbereich hinaus ausgedehnt werden, noch kann auf einen Nichtöffentlichkeitsgrundsatz geschlossen werden. Für die Lösung des Problems um Aufnahmen aus dem Umfeld der Hauptverhandlung kann § 169 GVG hier also nicht fruchtbar gemacht werden. Lediglich in praktischer Hinsicht entfaltet das Aufnahmeverbot des § 169 S. 2 GVG Wirkungen. Da dem Rundfunk die Anfertigung von Film- und Tonaufnahmen während der Hauptverhandlung untersagt ist, sie aber nicht gänzlich auf entsprechende Aufnahmen verzichten wollen und ihrer Ansicht nach nicht können, weichen sie zur Aufnahmeherstellung auf das Umfeld der strafgerichtlichen Hauptverhandlung aus.166 Das Verbot des § 169 S. 2 GVG verlagert so die im Folgenden zu diskutierende Problematik um die Anfertigung personenbezogener Aufnahmen von der Hauptverhandlung auf deren Umfeld. b) Wirkungen der Art. 6 Abs. 1 MRK und Art. 14 Abs. 1 IPBPR Gleiches gilt im Ergebnis für die Art. 6 Abs. 1 MRK und Art. 14 Abs. 1 IPBPR. Auch diesen Artikel kann über ihren sachlichen und zeitlichen Anwendungsbereich hinaus keine Wirkung entnommen werden. Auch in indirekter Weise entfalten sie daher keine Wirkungen auf die Behandlung von Bild- und Tonaufnahmen im Umfeld der strafgerichtlichen Hauptverhandlung. 5. Ergebnis Weder aus dem Öffentlichkeitsgrundsatz des § 169 S. 1 GVG, welcher in den Rechtsstaats- und Demokratieprinzipien wurzelt, den Art. 6 Abs. 1 MRK und Art. 14 Abs. 1 IPBPR noch aus dem verfassungsgemäßen Bild- und Tonaufnahmeverbot des § 169 S. 2 GVG können direkte oder indirekte Rückschlüsse darauf gezogen werden, wie Aufnahmen im Umfeld der strafgerichtlichen Hauptverhandlung handzuhaben sind. Sämtliche Normen sind, abgesehen von der nur die Saalöffentlichkeit erfassenden sachlichen Reichweite, ausschließlich auf die Hauptverhandlung bezogen. Weder existiert ein allgemeiner Öffentlichkeitsnoch ein allgemeiner Nichtöffentlichkeitsgrundsatz. Abschließend seien auf Grund ihrer hohen Bedeutung zwei Erkenntnisse noch einmal hervorgehoben. Erstens sind die Zwecke des den Öffentlichkeitsgrundsatz regelnden § 169 S. 1 GVG nahezu identisch mit denen der massenmedialen Gerichtsberichterstattungen. Und zweitens sind die für das Aufnahmeverbot des § 169 S. 2 GVG verantwortlichen Gefahren zahlreich und vielgestaltig. Auf beide Aspekte wird im Laufe der Arbeit noch einmal zurückzukommen sein. 166

Weiler ZRP 1995, 130 (133); Lilie, in: AE-StuM, S. 116 (132).

152

E. Der Ausgangspunkt der Entscheidung nach § 176 GVG

II. Bild- und Tonaufnahmen außerhalb der Hauptverhandlung Da aus § 169 GVG, Art. 6 Abs. 1 MRK und Art. 14 Abs. 1 IPBPR keine für das Fortkommen der Arbeit dienlichen Erkenntnisse gewonnen werden können, muss der Ausgangspunkt der sitzungspolizeilichen Entscheidung hinsichtlich der Anfertigung von Bild- und Tonaufnahmen im Umfeld der strafgerichtlichen Hauptverhandlung isoliert erfolgen. Die Entscheidung des Vorsitzenden nach § 176 GVG ist im Wesentlichen vom Ausgang einer umfassenden Interessenabwägung abhängig.167 Aufnahmen sind daher grundsätzlich möglich. Dem liegt für das Umfeld der Hauptverhandlung eine nichtjustitielle, also eine von § 169 S. 1 GVG, Art. 6 Abs. 1 MRK und Art. 14 Abs. 1 IPBPR lösgelöste, (Medien-) Öffentlichkeit zu Grunde. Die Rundfunkanbieter können sich so weder auf eine pauschale Erlaubnis noch die Gegner der Aufnahmen auf ein pauschales Verbot der Aufnahmen berufen. Damit steht zwar fest, dass die Entscheidung über die Bild- und Tonaufnahmen im Ergebnis offen ist, ungeklärt ist aber der konkrete Ausgangspunkt der Interessenabwägung. Dieser ist deshalb von Bedeutung, weil von ihm die Argumentationslast der Betroffenen abhängig ist. Im Schrifttum wird sich mit dieser Frage kaum auseinandergesetzt. Diese Lücke, die einen dogmatisch und praktisch wichtigen Zwischenschritt für die richterliche Entscheidung betrifft, gilt es, im Folgenden zu schließen. Dies ist nur möglich, wenn etwas weiter ausgeholt wird. Die Rundfunkanbieter schicken ihre Vertreter in die Gerichte, um dort unter anderem personenbezogene Bild- und Tonaufnahmen anzufertigen. Damit sind die Rundfunkvertreter letztlich besondere Besucher des Gerichts, nämlich solche, die während ihres Besuches Aufnahmen herstellen. Zweck des Besuchs ist es also primär Aufnahmen anzufertigen. Der Ausgangspunkt der sitzungspolizeilichen Ermessensentscheidung hängt somit vom Verhältnis der Rundfunkvertreter zu den Strafgerichten ab. Notwendig ist es deshalb, zu klären, was ein Gericht der Natur nach ist. Erst dann wird die Rolle des jeweiligen Besuchers deutlich. Zuletzt kann dann aus dieser abgeleitet werden, wie es sich im Hinblick auf Bild- und Tonaufnahmen verhält. 1. Gerichte als Öffentliche Sachen Dem Betreten deutscher (Straf-)Gerichte stehen regelmäßig keine Hindernisse in Form von Zutrittsbeschränkungen entgegen. Gerichte sind auf Grund des freien Zugangs also öffentlich. Insofern liegt der Schluss nahe, dass es sich bei einem Gericht um eine öffentliche Sache handelt. Unter der Bezeichnung „öffentliche Sachen“, die heute zum festen Bestand der Rechtssprache gehört und 167

Vgl. die Nachweise unter E. FN 151.

II. Bild- und Tonaufnahmen außerhalb der Hauptverhandlung

153

von der Rechtsprechung und Literatur entwickelt wurde168, sind solche Sachen zu verstehen, die den Zwecken der öffentlichen Verwaltung unmittelbar und dauernd zu dienen bestimmt sind.169 Maßgebend sind also zwei wesentliche Merkmale, nämlich öffentliche Sachherrschaft und öffentliche Zweckbestimmung.170 Dem Gerichtsgebäude als Sache171 muss also ein öffentlich-rechtlicher Status zugesprochen werden können. Dieser muss extra begründet werden. Bloße Gemeinwohlnützigkeit und Indienststellung sind nicht ausreichend. Vielmehr ist eine Widmung erforderlich. Erst sie unterstellt die Sache einem öffentlichen Zweck und verleiht ihr so den geforderten Status.172 Die regelmäßig konkludent erfolgende Widmung173 der Gerichte durch Öffnung derselben für Rechtsschutzsuchende geht dahin, dass sie die organisatorischen Einheiten von grundsätzlich mehreren Spruchkörpern sind, denen bestimmte Rechtsprechungsaufgaben übertragen sind.174 Neben dieser öffentlichen Zweckbestimmung be-

168 Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht I, § 39 RN 5; Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts I, S. 377; Stern VVDStRL 21 (1964), 183 (183 ff.). 169 BVerfGE 10, 21 (37) = NJW 1959, 1531 (1532); BGH NJW 1701 (1703); Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht I, § 39 RN 5; Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts I, S. 376; Sieder, in: Staatsbürger und Staatsgewalt II, S. 91 (92); Papier Jura 1979, 93 (93); Höfling JA 1987, 605 (605); Peine JZ 1984, 869 (869); Häde JuS 1993, 113 (113); kritisch hinsichtlich dieser Definition Merlie DV 22 (1989), 445 (449 ff.). 170 Vgl. nur Pappermann/Löhr/Andriske, Recht der öffentlichen Sachen, S. 2 f. 171 Ob der öffentlich-rechtliche Sachbegriff eine Körperlichkeit im Sinne des § 90 BGB voraussetzt ist umstritten, hier aber ohne Belang. Verneinend: Axer, Widmung, S. 27; Pappermann/Löhr/Andriske, Recht der öffentlichen Sachen, S. 4; Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts I, S. 378; Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht II, § 75 RN 4; kritisch dazu Papier Jura 1979, 93 (94). Bejahend: Erichsen/Ehlers, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 40 RN 4; Weber VVDStRL 21 (1964), 145 (149). 172 BGHZ 9, 373 (381); Axer, Widmung, S. 30, 35; Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts I, S. 379; Erichsen/Ehlers, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 40 RN 6, § 42 RN 1; Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht II, § 76 RN 1; Papier, Recht der öffentlichen Sachen, S. 3, 39; Pappermann/Löhr/Andriske, Recht der öffentlichen Sachen, S. 2 f., 13; Weber VVDStRL 21 (1964), 145 (169); Sieder, in: Staatsbürger und Staatsgewalt II, S. 91 (93 ff.); Papier Jura 1979, 93 (93 f.); Pappermann JuS 1979, 794 (795); Peine JZ 1984, 869 (869); Höfling JA 1987, 605 (606); Häde JuS 1993, 113 (113); Peine JZ 1996, 350 (350); Durner UPR 2000, 255 (256). 173 Widmungen durch schlüssiges Verhalten sind rechtlich unbedenklich. Zu denken ist vor allem an Sachbeschaffung, Sachherstellung, Inventarisierung und Ingebrauchnahme. Vgl. dazu OVG Münster DVBl. 1971, 218 (218); OVG Münster NJW 1980, 901; Axer, Widmung, S. 146; Kromer, Sachenrecht des Öffentlichen Rechts, S. 69; Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts I, S. 385; Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht II, § 76 RN 15 f.; Erichsen/Ehlers, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 42 RNn 14 f.; Pappermann/Löhr/Andriske, Recht der öffentlichen Sachen, S. 14; Papier, Recht der öffentlichen Sachen, S. 50; Pappermann/Löhr JuS 1980, 35 (36 f.); Erichsen Jura 1986, 148 (151); kritisch zur konkludenten Widmung Bethge NVwZ 1983, 577 (580). 174 Wolf, Gerichtsverfassungsrecht, S. 43.

154

E. Der Ausgangspunkt der Entscheidung nach § 176 GVG

steht, da die Gerichte dem Staat unterstehen, auch die geforderte öffentliche Sachherrschaft. Ein Gericht weist bis hierher also die für öffentliche Sachen charakteristischen Merkmale auf. Als problematisch erscheint dann aber, dass der Definition öffentlicher Sachen entsprechend auch ein Zweck der öffentlichen Verwaltung gefordert wird. Gerichte aber gehören primär zur Judikative. Öffentliche Verwaltung im hiesigen Sinne aber meint gerade keine Beschränkung auf die Exekutive. Der Begriff der Verwaltung ist vielmehr wörtlich zu nehmen und erfasst jede verwaltende Tätigkeit. Auch an Gerichten werden verwaltende Tätigkeiten vorgenommen. Die Gerichtsgebäude sind deshalb den öffentlichen Sachen zuzuordnen.175 Hinzuweisen ist darauf, dass mit der Einordnung der Gerichte als öffentliche Sachen nicht zwangsläufig die allgemeine Zugänglichkeit verbunden ist. 2. Allgemeine Benutzung der Gerichte Jede öffentliche Sache, die einem öffentlichen Zweck zu dienen bestimmt ist, muss notwendigerweise auch genutzt werden können.176 Dieses jeweilige Benutzungsverhältnis, hier zwischen Gericht und Besuchern, ist von der Art der öffentlichen Sache abhängig. So ist in Sachen für den externen Gebrauch Dritter und in Sachen für die interne Nutzung der Verwaltungsträger zu unterscheiden. Während man in der ersten Gruppe zwischen Sachen im Gemein-, Sonder- und Anstaltsgebrauch unterscheidet, bilden die Sachen im Verwaltungsgebrauch die zweite Gruppe.177 Zu den Sachen im Verwaltungsgebrauch gehören Gerichte nicht. Zwar werden sie von den Organwaltern selbst benutzt und dienen der öffentlichen (Gerichts-)Verwaltung und so der internen Erfüllung der Aufgaben178, jedoch liegt dort nicht der Schwerpunkt. Vielmehr sollen Räumlichkeiten bereitgestellt werden, um Rechtsangelegenheiten, auch in strafrechtlicher Hinsicht, klären zu können. Insofern dienen die Gerichte primär der externen und nicht der inter175 Erichsen/Ehlers, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 40 RN 2; Papier, Recht der öffentlichen Sachen, S. 1. 176 Stern VVDStRL 21 (1964), 183 (213 ff.). 177 Papier, Recht der öffentlichen Sachen, S. 17; Pappermann/Löhr/Andriske, Recht der öffentlichen Sachen, S. 6; Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht II, § 75 RN 10; Stern VVDStRL 21 (1964), 183 (213 f.); Papier Jura 1979, 93 (95); Höfling JA 1987, 605 (608); Merlie DV 22 (1989), 445 (456). 178 Zu den Voraussetzungen Kromer, Sachenrecht des Öffentlichen Rechts, S. 54; Papier, Recht der öffentlichen Sachen, S. 34; Pappermann/Löhr/Andriske, Recht der öffentlichen Sachen, S. 10, 161; Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht II, § 75 RN 11; Erichsen/Ehlers, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 41 RN 48; Stern VVDStRL 21 (1964), 183 (214); Papier Jura 1979, 93 (98); Pappermann JuS 1979, 794 (795); Höfling JA 1987, 605 (611); Häde JuS 1993, 113 (118).

II. Bild- und Tonaufnahmen außerhalb der Hauptverhandlung

155

nen Nutzung. Diesbezüglich sind Gerichte weder als öffentliche Sachen im Gemein- noch im Sondergebrauch einzuordnen. Denn erstens sollen Gerichte keiner unbeschränkten Öffentlichkeit ohne besondere Zulassung zur bestimmungsgemäßen Benutzung offen stehen179, sondern nur denen, die Rechtsschutz suchen und bieten. Dass jeder das Recht aus § 169 S. 1 GVG nutzen kann, spielt keine Rolle, da es auf die Widmung ankommt. Diese bezieht sich nicht auf die Besucher. Zweitens fehlt es an einer besonderen, die Sachen im Sondergebrauch charakterisierenden180 Erlaubnispflicht. Der Rechtsschutzsuchende benötigt keine extra Erlaubnis, um die Gerichte nutzen zu können. Außerdem kann mangels Gemeingebräuchlichkeit schon begrifflich kein darüber hinausgehender Gebrauch intendiert sein. Letztlich bleibt somit nur die Einordnung der Gerichte als öffentliche Sachen im Anstaltsgebrauch. Das sind Sachen, zu deren Nutzung grundsätzlich eine besondere Zulassung erforderlich ist.181 Der Begriff „Anstaltsgebrauch“ legt nahe, dass es sich bei Gerichten um Anstalten handeln muss. Der Anstaltsbegriff, wie ihn Mayer182 zunächst prägte, wurde, da er Abgrenzungen zu Körperschaften und Stiftungen nicht ermöglichte, zunehmend kritisiert und gilt heute als überholt.183 Diese Entwicklung wurde in den siebziger Jahren auch durch die Abkehr von den besonderen Gewaltverhältnissen, welche mit dem Anstaltsbegriff Mayers einhergingen, begünstigt.184 Der heute übliche und zutreffende Anstalts179 Das sind die Voraussetzungen für öffentliche Sachen im Gemeingebrauch. Vgl. OVG Münster DVBl. 1971, 218 (218); Pappermann/Löhr/Andriske, Recht der öffentlichen Sachen, S. 65 f.; Papier, Recht der öffentlichen Sachen, S. 17 f.; Erichsen/Ehlers, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 41 RN 3; Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht II, § 75 RN 16; Stern VVDStRL 21 (1964), 183 (214); Pappermann JuS 1979, 794 (796); Papier Jura 1979, 93 (95); Höfling JA 1987, 605 (608); Häde JuS 1993, 113 (114). 180 Nur bei Vorliegen der Erlaubnis darf die Sache über den Gemeingebrauch hinaus genutzt werden. Vgl. Papier, Recht der öffentlichen Sachen, S. 119 f.; Pappermann/Löhr/Andriske, Recht der öffentlichen Sachen, S. 86 f.; Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht II, § 75 RN 26; Höfling JA 1987, 605 (611); Häde JuS 1993, 113 (118). 181 Kromer, Sachenrecht des Öffentlichen Rechts, S. 70; Papier Jura 1979, 93 (97); Häde JuS 1993, 113 (117); Salzwedel DÖV 1963, 241 (242); Knoke AöR 94, 1969, 388 (388). 182 Anstalten wurden danach als Bestand von sachlichen wie persönlichen Mitteln, welche in der Hand eines Trägers öffentlicher Verwaltung einem bestimmten öffentlichen Zweck dauernd zu dienen bestimmt sind, definiert. Vgl. Mayer, Deutsches Verwaltungsrecht II, S. 268. Ausführlich zu diesem weiten Anstaltsbegriff Olizeg, Hausrecht, S. 68 f. Nach diesem Verständnis waren Gerichte eines der Hauptbeispiele der öffentlichen Anstalten. So Mayer, Deutsches Verwaltungsrecht II, S. 270. 183 Kromer, Sachenrecht des Öffentlichen Rechts, S. 64; Pappermann/Löhr/Andriske, Recht der öffentlichen Sachen, S. 128; Papier, Recht der öffentlichen Sachen, S. 27; Erichsen/Ehlers, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 41 RN 28; Kemmler, Die Anstaltslast, S. 30 f. 184 Vgl. dazu Olizeg, Hausrecht, S. 68 f.

156

E. Der Ausgangspunkt der Entscheidung nach § 176 GVG

begriff umfasst nur die rechtlich selbständigen Anstalten des öffentlichen Rechts und die organisatorisch verselbständigten Verwaltungseinheiten, die aber nicht mit einer eigenen Rechtssubjektivität ausgestattet sein müssen.185 Dabei reicht es aus, dass eine öffentliche Sache in der Hand eines Trägers öffentlicher Verwaltung für eine zulassungsgebundene Nutzung durch Zivilpersonen gewidmet ist.186 Dies ist bei den Gerichten der Fall. Gerichte sind ihrer Natur nach Anstalten des öffentlichen Rechts.187 Wie in der Definition der öffentlichen Sachen im Anstaltsgebrauch aufgezeigt, ist es für diese charakteristisch, dass die Benutzung zugelassen wird. Abzustellen ist dabei auf den Inhalt der Widmung.188 Diesbezüglich ist nun zwischen den Verfahrensbeteiligten und Prozessbeobachtern auf der einen und den Rundfunkvertretern auf der anderen Seite zu unterscheiden. Die Anfertigung von Bild- und Tonaufnahmen im Sitzungsbereich fällt nämlich nicht mehr unter den Widmungszweck der Gerichte. Deshalb kommt hier der sogenannte Sondergebrauch von öffentlichen Sachen im Anstaltsgebrauch zum Tragen. Ein solcher Gebrauch liegt vor, wenn die Sache von Personen genutzt wird, die nicht zu dem Personenkreis gehören, dem der Anstaltszweck zu dienen bestimmt ist, oder wenn die Art der Benutzung außerhalb der öffentlichen Zweckbestimmung der Sache liegt.189 Dementsprechend bedarf es an sich einer speziellen Erlaubnis, um Aufnahmen im Gerichtsbereich anfertigen zu dürfen. Diese ist allerdings, soweit nichts Besonderes bestimmt ist, an keine bestimmte Form gebunden, kann also auch konkludent erfolgen, etwa indem der Eintritt ohne Hindernisse gewährt wird.190 Nicht nur den Verfahrensbeteiligten und Prozessbeobachtern, sondern auch den Medienvertretern stehen beim Eintritt in den 185 Nafpliotis, Die Anstaltsgewalt und ihre Grenzen, S. 16 ff.; Olizeg, Hausrecht, S. 69; Kromer, Sachenrecht des Öffentlichen Rechts, S. 64; Axer, Widmung, S. 140 f.; Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht II, § 75 RN 15; Papier, Recht der öffentlichen Sachen, S. 27; Papier Jura 1979, 93 (97); Peine JZ 1984, 869 (875); Rüfner DÖV 1985, 605 (609); Breuer VVDStRL 44 (1986), 211 (224 ff.); kritisch zu diesem Begriff Krebs NVwZ 1985, 609 (613). 186 Papier, Recht der öffentlichen Sachen, S. 27; Pappermann/Löhr/Andriske, Recht der öffentlichen Sachen, S. 128; Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht II, 5. Auflage, § 98 RN 6; Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht II, § 75 RN 14; Häde JuS 1993, 113 (117); Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts I, S. 412; Erichsen/Ehlers, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 41 RN 27; Olizeg, Hausrecht, S. 73; Papier Jura 1979, 93 (97); Erichsen Jura 1986, 148 (152); Häde JuS 1993, 113 (117). 187 Olizeg, Hausrecht, S. 70 ff.; so auch Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht II, 5. Auflage, § 99 RN 5, wo Vorsitzender Richter und Gerichtspräsident als Anstaltsorgane aufgeführt werden; die Richtigkeit dieser Dogmatik erkennt auch Stürner, Verwaltung öffentlicher Sachen, S. 107 an. 188 Allgemein Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts I, S. 418. 189 Erichsen/Ehlers, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 41 RN 41; Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts I, S. 418. 190 Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts I, S. 414; Papier, Recht der öffentlichen Sachen, S. 27; Knoke AöR 94 (1969), 388 (388); Häde JuS 1993, 113 (118).

II. Bild- und Tonaufnahmen außerhalb der Hauptverhandlung

157

Gerichtsbereich in aller Regel keine Hindernisse entgegen. Insofern kann von einer faktisch unbeschränkten Öffentlichkeit gesprochen werden. Diese faktische Öffentlichkeit ändert allerdings nichts am Anstaltscharakter191 der Gerichte, sondern ist ein Aspekt der erforderlichen Erlaubnis. Die notwendige Zulassung der Rundfunkvertreter zur Benutzung der Gerichte in Gestalt der Anfertigung von Bild- und Tonaufnahmen ist richtigerweise konkludent darin zu sehen, dass sie das Gericht ohne Hindernisse betreten dürfen.192 In der Praxis wird dieses Ergebnis vor allem dadurch relativiert, dass die Anfertigung von Bild- und Tonaufnahmen bereits vor Beginn der Sitzung untersagt beziehungsweise eingeschränkt wird.193 3. Konsequenzen für den Ausgangspunkt der Interessenabwägung Die Einordnung der Gerichte als öffentliche Sachen im Anstaltsgebrauch und die Erkenntnis, dass Rundfunkvertreter dementsprechend für ihre Aufnahmetätigkeiten einer speziellen Erlaubnis bedürfen, wirken auf den Ausgangspunkt der Interessenabwägung des Vorsitzenden Richters ein. Lässt man die regelmäßig konkludent erteilte Zulassung auch für die Aufnahmetätigkeiten außer Betracht, muss aus dem Zulassungserfordernis hinsichtlich der Bild- und Tonaufnahmen gefolgert werden, dass die Interessenabwägung von einer grundsätzlichen Unzulässigkeit der Aufnahmen auszugehen hat. Dann läge der Begründungsaufwand im Rahmen der Abwägung primär darin, die Aufnahmen zu legitimieren. Dementsprechend müsste argumentiert werden. Dieser theoretischen Seite aber steht die praktische gegenüber. Mit den oft erteilten konkludenten Zulassungen der Aufnahmetätigkeiten wandelt sich auch der Ausgangspunkt für die Abwägung. Sind die Aufnahmen im Grundsatz zugelassen, muss die Abwägung vorrangig darauf gerichtet sein, ein Verbot zu legitimieren. Auf diese Feinheiten soll hier aber nicht näher eingegangen werden. Wichtig ist die Erkenntnis, dass die rechtliche Seite durch die vielfältig möglichen praktischen Lösungen zulässigerweise aufgeschwemmt und mitunter umgekehrt wird. So belegt die Umfrage an den deutschen Landgerichten, dass 51 Prozent der Landgerichte von einem generellen Verbot194 und 16 Prozent von einer generellen Er191

So Stürner, Verwaltung öffentlicher Sachen, S. 107. So auch Olizeg, Hausrecht, S. 75; Salzwedel DÖV 1963, 241 (242); ebenso, jedoch auf Rathäuser bezogen Knoke AöR 94 (1969), 388 (388). 193 Hierfür sei als Beispiel das „Merkblatt für die Bildberichterstattung im und vor dem Justizgebäude“ angeführt. (Vgl. Anlage 7) Während das Eintreten der Medienvertreter in den Gerichtsbereich ohne Beschränkungen weiter möglich ist, sind Filmaufnahmen im Justizgebäude grundsätzlich verboten. Notwenig ist eine Genehmigung. Zum gleichen Ergebnis führen sitzungspolizeiliche Verfügungen, nach denen Filmaufnahmen im Sitzungsbereich grundsätzlich untersagt (vgl. Anlage 4 und Anlage 5) beziehungsweise beschränkt (vgl. Anlage 10) sind. 192

158

E. Der Ausgangspunkt der Entscheidung nach § 176 GVG

laubnis der Bild- und Tonaufnahmen ausgehen. Demgegenüber gehen 28 Prozent der Gerichte von keinem festen Ausgangspunkt aus.195 4. Ergebnis Deshalb kann nicht von dem einen oder dem anderen einzig wahren Ausgangspunkt der Interessenabwägung gesprochen werden. Je nach gerichtlicher Praxis hinsichtlich der allgemeinen Zulassung von Bild- und Tonaufnahmen im Umfeld der strafgerichtlichen Hauptverhandlung variiert auch der Ausgangspunkt. Dem soll im Folgenden dadurch Rechnung getragen werden, dass für die Darstellung der Interessenabwägung ein Mittelweg gewählt wird. Weder wird von einem Verbot noch von einer Erlaubnis ausgegangen. Auf diese Weise werden argumentative Einseitigkeiten vermieden. Schließlich sei darauf hingewiesen, dass die Ergebnisse der Abwägungen sich trotz der unterschiedlichen Ausgangspunkte nur unbedeutend unterscheiden. Dies belegt die Praxis an den deutschen Landgerichten. Die prozentualen Unterschiede hinsichtlich des Ausgangspunktes der Entscheidungen sind deutlich größer als die hinsichtlich der Ergebnisse.196

III. Zusammenfassung Aus dem in § 169 S. 1 GVG, Art. 6 Abs. 1 MRK und Art. 14 Abs. 1 IPBPR niedergelegten, einzig für die (straf-)gerichtliche Hauptverhandlung Geltung beanspruchenden Grundsatz der Öffentlichkeit, der überdies nur die Saalöffentlichkeit fordert, folgen weder direkte noch indirekte Wirkungen auf das Umfeld der Hauptverhandlung. Gleiches gilt im Ergebnis für das in § 169 S. 2 GVG niedergelegte Aufnahmeverbot, welches auf Grund diverser, von Bild- und Tonaufnahmen ausgehender Gefahren geschaffen wurde. All diese Normen sind für den Ausgangspunkt der aufnahmebezogenen sitzungspolizeilichen Entscheidung nach § 176 GVG nahezu bedeutungslos. Bedeutung haben sie insofern, als aus der Nichtanwendbarkeit der Normen geschlussfolgert werden kann, dass Bildund Tonaufnahmen im Umfeld der strafgerichtlichen Hauptverhandlung weder generell verboten, noch generell erlaubt sind. Lediglich die Natur der Gerichte als öffentliche Sachen im Anstaltsgebrauch kann fruchtbar gemacht werden, um den Ausgangspunkt zu konkretisieren. Aus dieser folgt, dass die Vertreter des Rundfunks, die die Aufnahmen anfertigen wollen, einer Erlaubnis der Aufnah194 Dies wird aus landgerichtlichen Verfügungen (Anlagen 4 und 5 sowie Anlage 10) deutlich. 195 Vgl. die Auswertung der Frage 1 des Fragebogens in Anlage 3. 196 Vgl. die Auswertungen der Frage 1 und der Fragen 10 bis 12 des Fragebogens in Anlage 3.

III. Zusammenfassung

159

metätigkeiten bedürfen und Ausgangspunkt der Entscheidungsfindung so ein grundsätzliches Verbot der Aufnahmen sein müsste. Da den Gerichten jedoch ein weiter Spielraum zusteht, wie sie dieses besondere Benutzungsverhältnis zwischen Rundfunk und Gericht handhaben, wird die rein rechtsdogmatische Seite nahezu zu Makulatur. Abhängig von der konkreten Handhabung kann der Entscheidung nach § 176 GVG jeder erdenkliche Ausgangspunkt zu Grunde liegen.

F. Informationsinteresse, Informationsgehalt und Erforderlichkeit der Aufnahmen als Leitkriterien Bevor die einzelnen Elemente, die der Vorsitzende Richter im Rahmen seiner aufnahmebezogenen Entscheidungsfindung nach § 176 GVG zu berücksichtigen hat, im Einzelnen dargestellt werden, sollen drei, sich durch eine Vielzahl dieser Aspekte ziehenden Kriterien gesondert betrachtet werden. Da sie sich, wie zu zeigen sein wird, an verschiedenen Stellen der Abwägung niederschlagen, können sie auch als Leitkriterien bezeichnet werden. Von enormer Bedeutung sind erstens das Informationsinteresse1 beziehungsweise -bedürfnis der Allgemeinheit an den aufgenommenen Personen und so an den personenbezogenen Aufnahmen, zweitens der Informationsgehalt der Bild- und Tonaufnahmen und drittens die Erforderlichkeit der Aufnahmen für Gerichtsberichterstattungen.

I. Informationsinteresse der Allgemeinheit Die größte Bedeutung kommt dem öffentlichen Interesse an der Erlangung von Informationen zu. Wie sich an späterer Stelle zeigen wird, spielt dieses Interesse, sowohl wenn es bejaht als auch wenn es verneint wird, eine wesentliche Rolle, vor allem in den persönlichkeitsrechtsorientierten Abwägungsprozessen. Der Grund hierfür liegt darin, dass nur dieses Interesse in besonderem Maße schutzbedürftig und -würdig ist. Ob ein Informationsinteresse vorliegt, ist allerdings nicht nur sehr bedeutsam, sondern auch sehr problematisch. Vieles ist umstritten. Im Folgenden ist zu klären, von welchen anderen Interessen das Informationsinteresse abzugrenzen ist, und wie diese Abgrenzung zu erfolgen hat. Sodann ist eingehend zu erörtern, inwiefern ein Informationsinteresse hinsichtlich Strafverfahren und dort anwesenden Personen besteht. 1. Abgrenzung zu anderen Interessen Das überaus bedeutsame Informationsinteresse ist stets gegenüber den Sensations- und Unterhaltungsinteressen abzugrenzen.2 Das gilt insbesondere für die Strafgerichtsberichterstattungen. Denn gerade diesbezüglich wird ausgeprägt 1 2

Zum Begriff des Interesses Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 87 ff. Ernst NJW 2001, 1624 (1625).

I. Informationsinteresse der Allgemeinheit

161

nach Sensation und Unterhaltung gestrebt.3 Die öffentlichen Interessen können erst dann abgegrenzt werden, wenn sie ihrem Inhalt nach bekannt sind. Sie müssen also definiert werden. Von einem Informationsinteresse ist zu sprechen, wenn der Wunsch besteht, Tatsachen mitgeteilt zu bekommen.4 Dieses Interesse muss also auf umfassende Unterrichtung und sachlichen Meinungsaustausch gerichtet sein.5 Das Unterhaltungsinteresse dagegen kann als das Verlangen nach angenehmer Beschäftigung von Gefühlen und Verstand ohne Konsequenzen für die realen Lebensverhältnisse beschrieben werden.6 Schließlich ist das Interesse an aufsehenerregenden, spektakulären, ungewöhnlichen und oft dramatischen Geschehnissen als Sensationsinteresse zu begreifen. Dass diese Interessenarten zu unterscheiden sind, folgt aus deren höchst unterschiedlichen Bezugspunkten. Aus diesen lässt sich die gestufte Schutzbedürftigkeit erkennen. Das öffentliche Informationsinteresse ist, Einzelheiten sollen hier nicht interessieren, wesentlich schutzwürdiger als Unterhaltungs- und Sensationsinteressen, da Gesellschaft und Staat auf Informationen aufbauen. Der Vorwurf Arndts, dem Publikum so zu verwehren, seiner Neugier und Sensationslust nachzugeben, passe „. . . zum Allgemeinen Landrecht des preußischen Obrigkeitsstaates, nicht (aber) zur demokratischen Gesellschaft, die eine politische und mündige Gesellschaft und ihrem Wesen nach wissbegierig . . .“7 ist, entbehrt jeglicher Grundlage. Dem Publikum bleibt es unbenommen, sämtliche Interessen umfassend über die Massenmedien zu befriedigen, zumal diese sämtliche Interessen des Publikums befriedigen wollen und aus wirtschaftlicher Sicht auch müssen.8 Wenn es darum geht, Rechte Dritter zu beschränken, sind die unterschiedlichen Schutzbedürftigkeiten zu beachten. Es ist eine Errungenschaft des Rechtsstaates, dass auch individuelle gegenüber gemeinschaftlichen Interessen Schutz zu erfahren haben. Dies ist gerade eine bedeutende Fortentwicklung des früheren Obrigkeitsstaates, was Arndt ignoriert. Der ehemalige Justizminister von Baden-Württemberg Haußmann9 stellte zutreffend fest, dass den durch nichts zu rechtfertigenden Beeinträchtigungen des Persönlichkeitsbereichs auf Grund der verbreiteten Sensationsgier Einhalt geboten werden müsse. Daher muss zwischen den Interessen unterschieden werden. Ob ein Sensations- beziehungsweise Unterhaltungsinteresse oder aber ein Informationsinteresse vorliegt, lässt sich nicht in der Art bestimmen, dass das Bestehen eines Interesses alle anderen ausschließt. Eine derart einfache Betrach3 4 5 6 7 8 9

Vgl. dazu C. I. Vgl. m.w. N. Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 111. Jahns, Verletzung von Persönlichkeitsrechten, S. 115 f. Noelle-Neumann, Öffentlichkeit als Bedrohung, S. 236. Arndt NJW 1967, 1845 (1846). Vgl. C. II. 5. b). Haußmann, in: Persönlichkeitsschutz und Meinungsfreiheit, S. 50 (50).

162

F. Leitkriterien

tung ließe die komplexen Motivlagen der Zuschauer und Zuhörer von Rundfunksendungen außer Betracht, ginge also an der Realität vorbei. Unterhaltung und Information schließen sich gerade nicht gegenseitig aus, sondern sind auf vielfältige Weise miteinander verwoben.10 Regelmäßig nämlich spielen mehrere Faktoren gleichzeitig eine Rolle, die so zu einer Vermischung der Interessen führen.11 Dennoch, und hier beginnen die Probleme, muss eine Differenzierung vorgenommen werden. Die Problematik12 sogenannter Motivbündel lässt sich jedoch gut klären. Ausgangspunkt ist die Überlegung, dass ein reines Informationsinteresse auf Grund der regelmäßigen Interessenvermischung erstens nicht vorkommen wird und so zweitens auch nicht gefordert werden kann, um Bildund Tonaufnahmen zu legitimieren. Abgegrenzt werden muss vielmehr danach, ob das Streben nach Informationen bestimmendes Motiv für den Rezeptionsvorgang ist. Ein Informationsinteresse erst dann zu verneinen, wenn ausschließlich Unterhaltungs- oder Sensationsinteressen Motiv für die Rezeption der jeweiligen Rundfunksendung sind13, würde bedeuten, das Erfordernis eines Informationsinteresses praktisch aufzugeben. Denn ein, wenn auch sehr begrenztes Interesse daran, Informationen zu erlangen, liegt regelmäßig vor.14 Erst wenn vorrangig nach Informationen gestrebt wird, kann ein Informationsinteresse angenommen werden.15 2. Feststellung des Informationsinteresses Gerade aus Sicht des über die Aufnahmen entscheidenden Vorsitzenden Richters erscheint es schwierig festzustellen, ob ein öffentliches Informationsinteresse besteht. Dass eine diesbezügliche empirische Untersuchung faktisch unmöglich ist, liegt auf der Hand. Daher kann nie mit absoluter Sicherheit festgestellt werden, ob das konkrete öffentliche Interesse in dieser Form vorliegt oder nicht. Diese Schwierigkeiten treten immer dann auf, wenn auf öffentliche Interessen abzustellen ist, sind also allgemeiner Natur. An unterschiedlichen Ansätzen zur Lösung dieser Problematik mangelt es nicht. 10

Vgl. C. II. 5. b). Das wird weitgehend erkannt, vgl. nur BGH NJW 1965, 2148 (2149); OLG Frankfurt GRUR 1958, 508 (509); OLG München UFITA 29, (1959), 107 (108); Hubmann, Das Persönlichkeitsrecht, S. 299; Franke, Die Bildberichterstattung über den Angeklagten und der Öffentlichkeitsgrundsatz im Strafverfahren, S. 80; Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 447; Kuß, Öffentlichkeitsmaxime, S. 69; angedeutet auch bei Lilie NStZ 1993, 121 (123). 12 Jung GS-Kaufmann, S. 891 (897). 13 So Schulz/Jürgens JuS 1999, 770 (771). 14 Selbst rein unterhaltende Beiträge enthalten Informationen, auf die es dem Zuschauer oder Zuhörer zumindest auch ankommen wird. Gleiches gilt für das Streben nach Sensationen. Sensationen sind unweigerlich mit Ereignissen und so mit Informationen verknüpft. 15 A. A. Franke JR 1982, 48 (51). 11

I. Informationsinteresse der Allgemeinheit

163

Vereinzelt wird vertreten, die Beweiserhebung bezüglich öffentlicher Interessen sei mittels einer repräsentativen Umfrage durch ein anerkanntes Meinungsforschungsinstitut durchzuführen.16 Da auf diese Weise aber nur eine subjektive und begrenzte Einschätzung der Situation möglich ist und die Medien gezielt auf die Ergebnisse der Umfrage Einfluss nehmen können17, erweist sich dieser Ansatz als untauglich. Auch das Bundesverfassungsgericht18 hat die Ergebnisse von Meinungsumfragen zu Recht als nicht hinreichenden Anhaltspunkt für ein anzunehmendes Informationsinteresse bewertet. Andere sehen in einer Mehrzahl von thematisch gleichen Veröffentlichungen einen wesentlichen Indikator für ein diesbezügliches Informationsinteresse.19 Als Grund wird die Ausrichtung der publizierenden Medien an den Publikumsinteressen angeführt. Da ein wirklicher Beweis der Existenz des Interesses aber nicht möglich ist, kommt dem Indikator nach dieser Ansicht eine faktische Beweiswirkung zu. Dann aber wären Veröffentlichungen Voraussetzung, um ein Informationsinteresse annehmen zu können. Die Gefahr, dass die Medien das Interesse an ihren Produkten erst durch die eigenen Publikationen schaffen, bliebe so außer Acht. Insbesondere aus dem Kunsturhebergesetz (§§ 22 f. KUG) wird deutlich, dass der entgegengesetzte Weg einzuschlagen ist. Das öffentliche Informationsinteresse ist grundsätzlich Voraussetzung für legitime Veröffentlichungen von Aufnahmen20, muss also zeitlich vor der jeweiligen Publikation vorliegen und dementsprechend geprüft werden. Sämtliche Umstände, die zeitlich später liegen, wie zum Beispiel Veröffentlichungen und Einschaltquoten, können keine Berücksichtigung finden,21 auch nicht als indizierende Faktoren. Hinzu kommt, dass mittels der Indikatorenlösung lediglich ein öffentliches Interesse angenommen werden könnte. Welcher Art dieses ist, bliebe offen. Denn Sendungen des Rundfunks können Reaktionen sowohl auf bestehende Informationsinteressen als auch auf reine Unterhaltungsinteressen- oder Sensationsinteressen sein. Hier aber geht es nicht darum, festzustellen, dass ein öffentliches Interesse vorliegt. Vielmehr soll geklärt werden, ob ein Informationsinteresse gegeben ist. Abgesehen davon gilt es sich in Erinnerung zu rufen, dass Gerichtsberichterstattungen oftmals genutzt werden, um Nachrichtenlöcher zu schließen. Es bleibt dann aber mit Ausnahme der wirklich Aufsehen erregenden Strafverfahren mehr oder weniger dem Zufall überlassen, über welche Strafver16

Rehbock/Schmidt FS-Schweizer, S. 123 (131). Gronau, Persönlichkeitsrecht und Medienfreiheit, S. 30; Schmidt, Justiz und Publizistik, S. 30 f. 18 BVerfG AfP 2001, 212 (214). 19 So etwa OLG München NJW 1963, 658 (659) („. . . zumal darüber . . . eingehend berichtet wurde . . .“); auch OLG Stuttgart JZ 1960, 126 (127); OLG Hamburg AfP 1987, 518 (519); Engels/Schulz AfP 1998, 574 (579 ff.); m.w. N. Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 95 FN 373. 20 Vgl. Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 95. 21 So auch Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 109. 17

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F. Leitkriterien

fahren berichtet wird.22 Einem Zufall indizierende Wirkung zuzusprechen, ist vor dem Hintergrund der Bedeutung des Informationsinteresses untragbar. Schließlich grenzt es an Willkür, die zahlenmäßige Grenze festzulegen, bei deren Überschreitung die Indikatorenwirkung einsetzen soll. Vielleicht ist es dieser Punkt, der die Anhänger der hier abzulehnenden Ansicht dazu bewegt, sich zu eben dieser Grenze nicht klar zu äußern. Damit bleibt nur noch die Möglichkeit, öffentliche Interessen und deren Art mittels einer Prognose zu ermitteln. Prognose bedeutet dabei, dass auf an die Vergangenheit anknüpfende Erfahrungen abgestellt wird.23 Problematisch scheint zunächst, dass frühere Erfahrungen bezüglich Personen, die noch nie ein öffentliches Interesse erregt haben, nicht bestehen.24 Sicher ist es zutreffend, dass jede und so auch die hiesige Prognose mit Unsicherheiten verbunden ist. Zu beachten ist aber, dass es eben nicht möglich ist, sicher festzustellen, ob ein Informationsinteresse vorhanden ist. Außerdem sind im Hinblick auf Strafverfahren nahezu alle denkbaren Konstellationen schon einmal aufgetreten, so dass ein Vergleich mit früheren Fällen so gut wie immer möglich sein wird. Engau25, der Prognosen hier strikt ablehnt, bleibt die Aussage schuldig, wie öffentliche Interessen dann zu bestimmen sind. Lapidar formuliert er fast identisch mit Zielemann26, dass es notwendig sei, „. . . das öffentliche Interesse nicht faktisch, sondern normativ zu verstehen . . .“27. Was das im Endeffekt bedeuten soll, bleibt unklar. Nach Zielemann28 sei zu fragen, ob ein Interesse der Allgemeinheit an der konkreten Berichterstattung bestehen sollte. Die Berechtigung des Interesses mag wertend bestimmbar sein, das Vorliegen eines Interesses ist es jedoch nicht. Nur wenn ein derartiges Interesse besteht, kann es auf die Berechtigung und so auf eine normative Wertung desselben ankommen.29 Fragt man nach dem Zustand der bestehen sollte, so bedeutet dies gleichzeitig die Abkehr von der Realität. Die Wirklichkeit aber ist der Zustand, an dem anzusetzen ist. Ansonsten bräuchte der gesamte Begründungsaufwand 22

Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 217. So im Ergebnis z. B. auch BGHZ 49, 288 (292 f.); OLG Stuttgart NJW 1972, 2320 (2321). 24 Deshalb lehnt Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 97 Prognosen ab. Nach ihm sei allein der Informationswert des Interessengegenstandes, hier also des Bildnisses, ausschlaggebend, um auf ein Informationsinteresse der Allgemeinheit zu schließen (S. 111). 25 Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 104. 26 Zielemann, Tatverdächtige, S. 38. 27 Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 104. 28 Zielemann, Tatverdächtige, S. 38. 29 Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 105 will das Bestehen eines Interesses der Öffentlichkeit anscheinend immer unterstellen. Sei ein solches nicht zu ermitteln, komme es darauf an, „. . . ob es legitim wäre . . .“. Damit setzt er sich selbst in einen Widerspruch, wenn er dann aber das Vorliegen des Informationsinteresses der Öffentlichkeit und nicht nur dessen Berechtigung fordert (S. 120). 23

I. Informationsinteresse der Allgemeinheit

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nicht getätigt werden. Nicht zuletzt wegen der fehlenden Alternativen sind Bestehen und Art der öffentlichen Interessen mittels einer Prognose zu bestimmen. 3. Interesse der Allgemeinheit an Informationen aus dem Sitzungsbereich Nachdem die Methode geklärt ist, die der Ermittlung öffentlicher Interessen zu Grunde zu legen ist, kann sich nunmehr dem überaus relevanten Informationsinteresse im oben geschilderten Sinne zugewandt werden. Für die Bearbeitung der Problematik um die Bild- und Tonaufnahmen aus dem Umfeld der Hauptverhandlung ist es von größter Bedeutung, die Interessengegenstände zu unterscheiden. Das Interesse an den Strafverfahren ist strikt vom Interesse an den aufgenommenen Personen zu trennen. Es ist nicht dasselbe, ob über das Strafverfahren als solches berichtet wird, oder über dort agierende Personen. Da es hier um personenbezogene Aufnahmen geht, steht das öffentliche Interesse an den Personen selbst beziehungsweise an deren Aufnahmen deutlich im Vordergrund. Allerdings darf das nicht dazu verleiten, das öffentliche Interesse an Strafverfahren zu vernachlässigen oder gar aus den Betrachtungen auszuklammern. a) Informationsinteresse bezüglich Strafverfahren Wie sich im weiteren Verlauf der Arbeit zeigen wird, kommt diesem eine nicht zu unterschätzende Bedeutung zu.30 Dass ein Interesse der Allgemeinheit daran besteht, möglichst umfassend über Kriminalfälle, deren Aufklärung und deren Ahndung Bescheid zu wissen, kann heute nicht bezweifelt werden.31 Beispielhaft sei auf eine Studie aus den Jahren 1963 und 1964 verwiesen, die das enorme Interesse der Gesellschaft an Strafverfahren belegt.32 Daran hat sich bis heute nichts geändert. Damit aber ist nur ein öffentliches Interesse nachgewiesen, nicht jedoch ein Informationsinteresse. Dieses ist wie dargelegt von Unterhaltungs- und Sensationsinteressen zu trennen. Das festgestellte öffentliche Inte30 So für die Frage, ob eine relative Person der Zeitgeschichte vorliegt, ob also § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG einschlägig ist. Dazu unter G. I. 2. b) aa) (2). 31 Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 216; Scherer, Gerichtsöffentlichkeit, S. 20 f.; Behr, Der Sensationsprozess, S. 261; Dahs, Handbuch des Strafverteidigers, RN 82; Riklin/Höpfel, in: AE-StuM, S. 67 (67). 32 Von den Testpersonen, die ein Alter von 18 bis 25 Jahren aufwiesen, bekundeten immerhin 70 Prozent der männlichen (von Oppeln-Bronikowski, Bild des Strafrechts, S. 44) und 63 Prozent der weiblichen (Engler, Bild des Strafrechts, S. 27) Personen ein Interesse an Strafverfahren. Weiter gaben im Rahmen derselben Studie 89 Prozent der männlichen (von Oppeln-Bronikowski, Bild des Strafrechts, S. 45) und 83 Prozent der weiblichen Personen (Engler, Bild des Strafrechts, S. 29) an, zumindest gelegentlich Berichte über Strafprozesse also Strafgerichtsberichterstattungen zu verfolgen.

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F. Leitkriterien

resse muss, um als Informationsinteresse qualifiziert werden zu können, zu einem nicht unerheblichen Teil darauf gerichtet sein, Informationen über Strafverfahren zu erhalten. Es interessieren vor allem die zur Last gelegte Straftat und der Ausgang des Verfahrens, also die Entscheidung. Auch wenn dies unterhaltend geschehen soll und geschieht, liegt der Schwerpunkt doch darauf, informiert zu werden. Da jedes Strafverfahren mehr oder weniger gravierende „Abgründe menschlichen Verhaltens“ aufzeigt, ist die Sensationslust der Zuschauer und Zuhörer ein beachtliches Motiv. Trotzdem kann ein Informationsinteresse hier nicht verneint werden. Als bloßes oder überwiegendes Unterhaltungs- beziehungsweise Sensationsinteresse kann das Verlangen nach Berichten über Strafverfahren also nicht abgetan werden.33 Drei Überlegungen stützen diese Ansicht. Die erste folgt aus der kommunikationsermöglichenden Funktion der massenmedialen Berichterstattungen über Strafverfahren. Kommunikation resultiert am ehesten aus aktuellem Geschehen.34 Zu diesem gehören nach dem Verständnis der Allgemeinheit auch Strafverfahren. Um über derartige Verfahren kommunizieren zu können, sind Informationen unerlässlich. Dass in der Öffentlichkeit viel und gern über Strafverfahren debattiert wird, dürfte außer Frage stehen. Das Interesse an Kommunikation beinhaltet so auch ein Informationsinteresse. Ein weiterer Punkt, der auf dieses Interesse schließen lässt, ist der immer größer werdende Orientierungsbedarf der Menschen auch in strafrechtlicher Hinsicht. Ganz wesentliche Anhaltspunkte dahingehend, welches Verhalten der Einzelne an den Tag zu legen hat, resultieren aus der Kenntnis des Rechtssystems.35 Ausreichend ist es hier schon, von verbotenen Handlungsweisen und deren mögliche Folgen Kenntnis zu nehmen. Gerade Strafverfahren bieten derartige Informationen. Schließlich ist für dieses Interesse auch das heutige Verständnis der Allgemeinheit von Justiz ins Feld zu führen. Wurde der Justiz früher eine im Vergleich zu anderen Institutionen besondere Stellung zugewiesen, wird die Justiz heute mehr und mehr als eine Einrichtung angesehen, die öffentliche Leistungen zu erbringen hat und die vor allem keinen Charakter der Unfehlbarkeit besitzt oder beanspruchen kann.36 Infolge dieses Wandels wurde die Arbeit der Justiz zunehmend kritisch hinterfragt, was letztlich mit einem zunehmenden Informationsbedürfnis einhergeht. Das Verlangen nach Informationen aus dem Justizbereich ist deshalb stetig angewachsen.37 Der für den Bürger greifbarste Justiz33 So deutlich auch bei Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 311 f.; vgl. Krüger, Massenmedien, S. 64. 34 Schmidt-Holz, in: Rundfunk und Fernsehen, S. 15 (19). 35 Schmidt-Holz, in: Rundfunk und Fernsehen, S. 15 (19 f.). 36 Caesar DRiZ 1994, 455 (456). 37 Schmidt-Holz, in: Rundfunk und Fernsehen, S. 15 (19); Gerhardt ZRP 1993, 377 (378); Caesar DRiZ 1994, 455 (456); Caesar, Recht und Politik 32 (1996), 144 (145 f.).

I. Informationsinteresse der Allgemeinheit

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bereich ist die Strafjustiz. Deshalb stehen für ihn Informationen aus diesem Bereich im Vordergrund, was auch Informationen über Strafverfahren einschließt. Fitzner38 stellt sich dem entgegen. Ihm zufolge kann kein Bürger ein Interesse daran haben, die Schilderung eines noch nicht durch die gesetzlich vorgesehenen Beweise festgestellten, also unbewiesenen Sachverhalts überhaupt zur Kenntnis zu nehmen. Letztlich lehnt er damit ein Informationsinteresse an laufenden Strafverfahren ab. Dem kann entnommen werden, dass Fitzner von rationalen, rein von der Informations- und Wissensgewinnung geleiteten Zuschauern und Zuhörern ausgeht. Diese jedoch gibt es nicht. Fitzners Bild vom Rundfunkpublikum ist mit der vorrangigen Unterhaltungsorientierung der Zuschauer und Zuhörer39 nicht vereinbar. Die Sendungen werden nicht ausschließlich nach deren Informationsgehalten ausgewählt. Deshalb ist es dem Publikum regelmäßig gleichgültig, ob der Sachverhalt, der den Gegenstand des Berichtes bildet, ausermittelt und bewiesen ist oder nicht. Zudem übersieht Fitzner, dass es nicht nur das Ergebnis der Strafverfahren, also das Urteil ist, das die Öffentlichkeit interessiert. Auch und gerade der Gang des Verfahrens bietet über verfahrensbezogene Informationen Kommunikationsmöglichkeiten, Orientierungshilfen und Kontrollmöglichkeiten. Mithin kann ein Informationsinteresse der Allgemeinheit nicht verneint werden. Allerdings erscheint es als fraglich, ob sämtliche Strafverfahren einem öffentlichen Informationsinteresse unterliegen oder nur spezielle. Die einzuschlagende Richtung wird durch die Bedeutung aller Strafverfahren vorgegeben. Jedes Strafverfahren ist Ausprägung hoheitlicher Macht, um die für die Annahme eines strafbaren Verhaltens nötigen Umstände zu ermitteln, die Schuld des Täters festzustellen sowie nicht zuletzt die Sanktion gegen diesen zu verhängen und so den staatlichen, aber im Interesse der Gesellschaft liegenden Strafanspruch durchzusetzen.40 Diese enorme gesellschaftspolitische Aufgabe und die daraus resultierende Bedeutung aller Strafverfahren rechtfertigt es, sämtliche Strafverfahren einem Informationsinteresse zu unterstellen.41 Deshalb ist ein öffentliches Informationsinteresse an sämtlichen Strafverfahren anzuerkennen.42 Aller38

Fitzner DRiZ 1966, 301 (301). Vgl. C. I. 2. a) ee). 40 Baumann, Grundbegriffe, S. 11 f.; Franke, Bildberichterstattung, S. 102. 41 Franke, Bildberichterstattung, S. 102; auch das OLG Braunschweig NJW 1975, 651 (652) scheint von dieser Absolutheit auszugehen; ebenso SK StPO/Rogall, Vor § 133 RN 82; der entgegengesetzten Ansicht ist z. B. Rüping FS-Dünnebier, S. 391 (402). 42 In diese Richtung deutet auch das mittlerweile anerkannte Interesse der Allgemeinheit, Informationen über Straftaten zu erlangen [BVerfGE 35, 202 (230); BVerfG NJW 1993, 1463 (1464); OLG Braunschweig NJW 1975, 651 (652); OLG Braunschweig UFITA 74 (1975), 342 (345); OLG Hamm AfP 1988, 258 (259); Soergel 5/2/ Zeuner, § 823 RN 87; Staudinger II/Hager, § 823 RN C 202; Jahns, Verletzung von Persönlichkeitsrechten, S. 119; Franke, Bildberichterstattung, S. 102; Engau, Personen 39

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F. Leitkriterien

dings ist anzumerken, dass es der Allgemeinheit ganz überwiegend auf die „Höhepunkte“ der Strafverfahren ankommt.43 b) Personenbezogene Informationsinteressen Von diesem Interesse kann aber keinesfalls auf ein Informationsinteresse auch bezüglich der aufgenommenen Personen geschlossen werden. Vielmehr ist das personenbezogene öffentliche Interesse gesondert und eigenständig zu betrachten.44 Im Folgenden soll dies hinsichtlich all derjenigen Personen geschehen, die Gegenstand von Bild- und Tonaufnahmen im Umfeld der strafgerichtlichen Hauptverhandlung sein können und dies mehr oder weniger regelmäßig auch sind. Zu nennen sind hier Angeklagte, Verurteilte, Richter45, Staatsanwälte, Zeugen, Sachverständige und Besucher. Aber auch im Rahmen der Überlegungen zu personenbezogenen Informationsinteressen muss differenziert werden. Es ist zwischen allgemeinen und identifizierenden Informationen46 zu unterscheiden. Während die eigentliche Berichterstattung die allgemeinen Informationen liefert, ermöglichen es die Bild- und Tonaufnahmen regelmäßig, die Aufgenommenen zu identifizieren. In Anbetracht der mit dieser Arbeit nachzugehenden Problematik ist vor allem das öffentliche Interesse an der Erlangung identifizierender Informationen von Bedeutung. Zu fragen ist also vorrangig, ob die Allgemeinheit ein sachliches Informationsbedürfnis hinsichtlich der Aufnahmen aufweist47, oder ob Unterhaltung und Sensation im Vordergrund stehen.48 Insofern wird, der notwendigen Differenzierung der öffentlichen Interessen entsprechend, im Folgenden einerseits von allgemein personenbezogenen und anderer-

der Zeitgeschichte, S. 312, 362, 384; Heinze FS-Stree/Wessels, S. 951 (952); a. A. Schmidt FS-Schmidt, S. 338 (348)]. Diese nämlich sind regelmäßiger Bestandteil der Berichterstattung über Strafverfahren. 43 Sarstedt JR 1956, 121 (124): Die Rezipienten „. . . wollen den Angeklagten hören, ihn selbst, mit seiner eigenen Stimme. Sie legen Wert darauf, nicht irgend einen Sprecher, sondern den um seine Unschuld, seine Freiheit, sein Ansehen kämpfenden Mitmenschen selbst zu hören. So weit geht ihr Interesse dann aber nicht, dass sie die ganze Sache Wort für Wort miterleben wollten. Da müsste man ja stundenlang dasitzen und zuhören. Das ist ihnen die menschliche Teilnahme am Angeklagten oder seinem Opfer, das ist ihnen ihr staatsbürgerliches Interesse an der Arbeit ihrer Gerichte nun auch wieder nicht wert . . .“. 44 Diesen Unterschied vernachlässigt Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 112 ff. 45 Soweit nichts anderes gesagt wird, sind hiermit auch die Schöffen gemeint. 46 Auf das Interesse an der Identifizierbarkeit stellen auch ab: SK StPO/Rogall, Vor § 133 RN 82; Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 113; Soehring GRUR 1986, 518 (522); Stürner JZ 1995, 297 (298). 47 Wyss EuGRZ 1996, 1 (17) m.w. N. 48 Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 112 hält unzutreffender Weise jedes bildnisbezogene Interesse der Öffentlichkeit für ein Informationsinteresse. Dabei verkennt er die Unterschiede der dargestellten Interessen.

I. Informationsinteresse der Allgemeinheit

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seits von aufnahmebezogenen Informationsinteressen der Bevölkerung die Rede sein. aa) Angeklagte und Verurteilte Zunächst soll es um die mit Abstand relevanteste Personengruppe gehen, nämlich die der Angeklagten und Verurteilten. Regelmäßig stehen diese Personen im Zentrum von Medien- und Publikumsinteresse. Ob und unter welchen Umständen angeklagte und verurteilte Personen einem öffentlichen Informationsinteresse auf sich ziehen, wird unterschiedlich beurteilt. (1) Umfassendes Informationsinteresse an allen Angeklagten und Verurteilten Sarstedt 49 geht von einem beträchtlichen aufnahmebezogenen Interesse der Bevölkerung aus. Dass diese Annahme zutreffend ist, belegen bereits die Einschaltquoten der Strafgerichtsberichterstattungen im Rundfunk, welche entsprechende Aufnahmen verwenden. Teilweise wird angenommen, dass dieses Interesse ein personenbezogenes Informationsinteresse ist.50 Einer solch pauschalen Annahme steht entgegen, dass sie auf etwaige Einzelfälle keine Rücksicht nimmt. Schon deshalb kann einer grundsätzlichen Sichtweise, wie der von Sarstedt vertretenen, nicht gefolgt werden.51 Abgesehen davon, geht es zu weit, ein aufnahmebezogenes Informationsinteresse an Angeklagten und Verurteilten anzunehmen. Personen zum Beispiel, die wegen eines geringfügigen Ladendiebstahls angeklagt oder verurteilt sind, erregen die Gemüter der Bevölkerung nicht. Es fehlt das Besondere und Sensationelle, das die Bevölkerung sehen und hören will. Ähnliches dürfte für die allgemeinen personenbezogenen Informationen gelten. Es ist nicht anzunehmen, dass der einfache (vermeintliche) Ladendieb ein Informationsinteresse auf sich zieht. Daher kann der Grundsatz vom personenbezogenen Informationsinteresse nicht überzeugen. (2) Ausschließlich Sensations- und Unterhaltungsinteressen Die gegenteilige Extremposition wird von jenen vertreten, die ein Informationsinteresse an identifizierenden Aufnahmen der Angeklagten und Verurteilten generell ablehnen.52 Dem liegt die Annahme zu Grunde, das Interesse der Be49

Sarstedt JR 1956, 121 (124). Neumann-Duesberg JZ 1971, 305 (306); im Ergebnis auch Franke, Bildberichterstattung, S. 102; von Hartlieb, Film-, Fernseh- und Videorecht, 26. Kapitel RN 3; ebenfalls in diese Richtung OLG Braunschweig UFITA 74 (1975), 342 (345 f.). 51 Engau, Tatverdächtige und Straftäter als Personen der Zeitgeschichte, S. 292. 50

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F. Leitkriterien

völkerung an den Aufnahmen beruhe ausschließlich auf dem Streben nach Sensation und Unterhaltung.53 Zudem seien Straftaten dem persönlichen Bereich, genauer dem Privatbereich, des Täters zuzuordnen. Dieser aber könne keinem Informationsinteresse unterliegen.54 Auch dieser pauschalen Sichtweise sind erhebliche Bedenken entgegenzusetzen. Zunächst verfängt das Argument der fehlenden Einzelfallbetrachtung55 auch hier. Es sind durchaus Fälle denkbar, in denen aufnahmebezogene Informationsinteressen der Öffentlichkeit zu bejahen wären. Zumindest bei absolut schwerster Kriminalität und bei Straftaten, die direkt und erheblich gesellschaftsschädigend sind, erscheint dies naheliegend. Zwar fließen in das öffentliche Interesse auch Sensations- und Unterhaltungsverlangen ein, die Informationserlangung steht jedoch im Vordergrund. Beispielhaft lassen sich identifizierende Aufnahmen des potentiellen Kennedy-Mörders Oswald genauso anführen, wie die der in den siebziger Jahren aktiven RAFTerroristen. Aber auch bei geringfügigeren Straftaten und den sie betreffenden Strafverfahren kann ein Informationsinteresse der Öffentlichkeit nicht einzelfallunabhängig ausgeschlossen werden.56 Auch das zweite Argument, Straftaten wären dem Privatbereich des Täters zuzuordnen, verfängt nicht.57 Einen mittelbaren Öffentlichkeitsbezug erhalten sie bereits über die nach § 169 S. 1 GVG grundsätzlich öffentlichen Strafverfahren. Da die Urteile im Namen des Volkes ergehen, also vom Volk getragen werden, ist die Allgemeinheit zudem über jedes Strafurteil mit der jeweiligen Straftat verbunden. Auch wäre das große Interesse, das der Staat der Straftatbegehung beimisst, nicht erklärbar, wenn Straftaten dem grundsätzlich nur vermindert reglementierbaren Privatbereich zuzuordnen wären.58 Vor allem aber betreffen Straftaten die Öffentlichkeit auch direkt.59 Die überlieferten Normen, die in ihrer Gesamtheit die soziale Ordnung bilden60, werden erst durch die Rechtsordnung ausreichend abgesichert. Auch und vor allem die Strafrechtsord-

52 Vgl. nur Heinze FS-Stree/Wessels, S. 951 (952) und Schmidt FS-Schmidt, S. 338 (351). 53 Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 292. MK BGB I (3. Aufl.)/Schwerdtner, § 12 RN 174; Schwerdtner, Persönlichkeitsrecht, S. 216. 54 Letzel, Recht am eigenen Bilde, S. 42; Schmidt FS-Schmidt, S. 338 (347); Finger GRUR 1908, 48 (56); derselben Ansicht, allerdings auf Straftaten im Privat- und Familienleben beschränkt Kienapfel, Privatsphäre und Strafrecht, S. 28, 31. 55 Engau, Tatverdächtige und Straftäter als Personen der Zeitgeschichte, S. 292. 56 So Hager Jura 1995, 566 (569). 57 Ebenso Zielemann, Tatverdächtige, S. 68. 58 Vgl. auch Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 291. 59 Im Ergebnis auch Zielemann, Tatverdächtige, S. 95; Engau, Tatverdächtige und Straftäter als Personen der Zeitgeschichte, S. 292. 60 LK I/Jescheck, Einl RN 1; Schmidhäuser, Gemeinwesen, S. 12; Jescheck/Weigend, Strafrecht AT, S. 2; Henkel, Einführung in die Rechtsphilosophie, S. 269 ff.; Noll FS-Engisch, S. 125 (129).

I. Informationsinteresse der Allgemeinheit

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nung sichert ein störungsfreies Zusammenleben.61 Jede Straftat bedeutet daher einen Angriff auf den Rechtsfrieden und so auf die Grundlage des gesellschaftlichen Zusammenhalts62. Es kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass ein öffentliches Informationsinteresse im Hinblick auf Angeklagte und Verurteilte generell abzulehnen ist. Der richtige Weg muss also in einer differenzierenden Sichtweise der Problematik liegen. Fraglich ist allerdings, anhand welcher Kriterien beurteilt wird, ob ein Informationsinteresse vorliegt. (3) Orientierung am Bekanntheitsgrad der Personen Schwerdtner63 stellt diesbezüglich auf den Bekanntheitsgrad der jeweiligen Person ab. Wird ein bestimmter, hier nicht näher zu erläuternder Bekanntheitsgrad überschritten, sei ein öffentliches Informationsinteresse der Bevölkerung anzunehmen. Dieser Ansatz erweist sich allerdings in mehrerlei Hinsicht als untauglich. So kann er die Fälle nicht lösen, in denen es um bis dato unbekannte Personen geht. Dies ist bei Angeklagten und Verurteilten regelmäßig der Fall. Bekannt werden sie erst durch den Rundfunk, der ihre Aufnahmen verbreitet. Die Frage, die es zu beantworten gilt, ist aber gerade, ob damit auf ein bestehendes Informationsinteresse der Bevölkerung an den Aufnahmen reagiert wird. Außerdem liegt es nicht fern, dass mit der steigenden Bekanntheit einer Person keine informations-, sondern sensations- und unterhaltungsorientierte Motive in den Vordergrund treten. Auf den Bekanntheitsgrad darf es also nicht ankommen. (4) Orientierung am Charakter der zu verhandelnden Straftat Zu Recht stellt die herrschende Meinung64 auf den Charakter der den Gegenstand des Strafverfahrens bildenden Straftat ab. Zwar wird allgemein die 61 Die Sozialordnung wird auf diese Weise geschützt. Vgl. LK I/Jescheck, Einl RN 3; Jescheck/Weigend, Strafrecht AT, S. 2; Roxin, Strafrecht, Allgemeiner Teil I, § 3 RN 1. 62 Gropp, Strafrecht, Allgemeiner Teil, § 1 RN 27. 63 So MK BGB I (3. Aufl.)/Schwerdtner, § 12 RN 174; Schwerdtner, Persönlichkeitsrecht, S. 217. 64 BVerfGE 35, 202 (231, 233, 239); BVerfGE NJW 1993, 1463 (1464); BGH NJW 1994, 1950 (1952); BVerfG NJW 2003, 2523 (2523); OLG Dresden DRiZ 1928, 44 (44 f.); KG JW 1928, 421 (421); OLG Frankfurt GRUR 1958, 508 (509); OLG Stuttgart JZ 1960, 126 (129); OLG München NJW 1963, 658 (659); OLG Oldenburg NJW 1963, 920 (922); OLG Nürnberg MDR 1963, 412 (412); OLG München GRUR 1964, 42 (43); OLG Frankfurt NJW 1971, 47 (49) = JZ 1971, 331 (332); OLG Koblenz NJW 1973, 251 (253); OLG Braunschweig NJW 1975, 651 (652); OLG Hamburg AfP 1976, 137 (139); OLG Frankfurt NJW 1980, 597 (598); OLG Düsseldorf NJW 1980,

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F. Leitkriterien

Schwere der Straftat zum Leitkriterium ernannt, jedoch teilen sich die Ansichten, sobald die Frage gestellt wird, wann ein öffentliches Informationsinteresse anzunehmen ist. (a) Straftaten von untergeordneter Bedeutung Einige bejahen ein öffentliches Informationsinteresse bereits dann, wenn es um Straftaten von nicht untergeordneter Bedeutung, also um mehr als Kleinkriminalität geht.65 Ob diese Aussage dabei sowohl auf das allgemein personenbezogene als auch auf das aufnahmebezogene Informationsinteresse zu beziehen ist, wird nicht klar. Dieser Ansicht ist insofern zuzustimmen, als bei Kleinkriminalität kein Informationsinteresse anzunehmen ist. Um ein aufnahmebezogenes Interesse annehmen zu können, müsste den Aufnahmen ein relevanter Öffentlichkeitswert zukommen. Die geringfügigsten Straftaten, also Kleinkriminalität, sind aber für die Öffentlichkeit am belanglosesten, haben also den geringsten Öffentlichkeitswert.66 Auch ein allgemein personenbezogenes Informationsinteresse muss verneint werden. Gerade die Kleinkriminalität macht einen Großteil der Kriminalitätsbelastung aus.67 Schon aus quantitativem Blickwinkel heraus wird deutlich, dass diesbezüglich kein öffentliches Interesse daran besteht, über Angeklagte oder überführte Kleinkriminelle informiert zu werden. Es fehlt hier jegliches öffentliches Interesse, was sich im Rundfunkpro599 (600); OLG Hamburg AfP 1983, 466 (467); OLG Hamburg NJW-RR 1986, 933 (933); OLG Hamm AfP 1988, 258 (259); OLG Köln AfP 1989, 683 (686); OLG Hamm OLGZ 1990, 202 (206); OLG Brandenburg NJW 1995, 886 (888); OLG Frankfurt NJW-RR 1996, 1490 (1491); OLG München NJW-RR 2003, 111 (111); OLG Dresden NJW 2004, 1181 (1182); LG Hamburg UFITA 74 (1975), 325 (330 f.); LG Berlin NJW 1986, 1265 (1265); Nicolini/Ahlberg/Gass, UrhG, UrhG, § 60 Anh. § 23 KUG RN 17; Erman I/Ehmann, Anh § 12 RNn 469, 481; Staudinger II/Hager, § 823 RN C 203; Jahns, Verletzung von Persönlichkeitsrechten, S. 40; Bornkamm, Pressefreiheit und Fairneß, S. 261; Paschke, Medienrecht, RN 700; Gronau, Persönlichkeitsrecht und Medienfreiheit, S. 52; Wenzel/Burkhardt, Wort- und Bildberichterstattung, § 10 RN 193; Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 115 f.; Pieroth, in: Recht der Persönlichkeit, S. 249 (264); Wandrey UFITA 5 (1932), 359 (361); Koebel UFITA 38 (1962), 1 (13), allerdings nur auf die Namensnennung bezogen; Siegert NJW 1963, 1653 (1656); Neumann-Duesberg JZ 1973, 261 (261 f.); Marxen GA 1980, 365 (377); wohl auch OLG Nürnberg MDR 1963, 412 (412); Hager Jura 1995, 566 (569); Ernst ZUM 1996, 187 (190); von Gamm, UrhG, Einf. RN 118; etwas enger Rüping FS-Dünnebier, S. 391 (402). 65 So stellt das OLG Frankfurt NJW 1980, 597 (598) für die Zulässigkeit von Namensnennungen auf die Eigenschaft einer Person der Zeitgeschichte ab und geht von der Prämisse aus, dass in Fällen der Kleinkriminalität „. . . im Regelfall von einer Namensnennung abgesehen werden sollte . . .“; vgl. auch Neumann-Duesberg Jur. Jahrb. 7 (1966/67), 138 (146); Hager Jura 1995, 566 (569). 66 Vgl. bezüglich Rechtsbrüchen Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 389. 67 Als Beispiel sei auf einfache Diebstähle (§ 242 StGB) hingewiesen. Diesbezüglich kam es an den deutschen Strafgerichten 2001 zu 140.245 Aburteilungen wegen einfachen Diebstahls. (Statistisches Bundesamt, Strafverfolgung, S. 26).

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gramm widerspiegelt. Gerichtsberichterstattungen unter Verwendung von Bildund Tonaufnahmen sucht man für den Bereich von Kleinkriminalität vergeblich. Es ist schlicht kein Interesse vorhanden, welches die Massenmedien befriedigen könnten. Allerdings gilt dies nicht absolut. Zu Recht wird, leider zu selten, darauf hingewiesen, dass auch besondere Umstände der verhandelten Straftat zu beachten sind.68 Solche können dazu führen, dass ein aufnahmebezogenes Informationsinteresse im Einzelfall anzuerkennen ist.69 Zu denken ist insofern an Amtsträger70 und andere besondere Berufsträger.71 Insbesondere Amtsträger und Politiker genießen in der Öffentlichkeit ein erhöhtes Vertrauen, dass nur durch eine einwandfreie Amtsführung gewahrt werden kann. Wird dieses Vertrauen über ein eröffnetes Strafverfahren in Frage gestellt, bekommt das Strafverfahren und die involvierte Amtsperson einen erhöhten Öffentlichkeitswert, der zu einem Informationsinteresse führen kann.72 Der Missbrauch solcher öffentlichen Vertrauensstellungen begründet einen erhöhten Informationswert nicht nur der Straftat, sondern auch des Strafverfahrens, welches sich in einem Informationsinteresse widerspiegeln kann. Auch besondere Formen des Auftretens in der Öffentlichkeit können derartig wirkende Umstände sein.73 Deutlich wird bereits hier, wie wichtig es ist, den jeweiligen Einzelfall umfassend zu beleuchten. Der hier zu diskutierenden Ansicht kann aber darin nicht mehr gefolgt werden, anzunehmen, dass ein Informationsinteresse der Bevölkerung besteht, sobald der Bereich der Kleinkriminalität nach oben verlassen wird. Auch im Be68

Vgl. die folgenden Nachweise. Ausdrücklich weist zum Beispiel OLG Braunschweig NJW-RR 2005, 195 (195) hierauf hin. 70 OLG Dresden DRiZ 1928, 44 (45); OLG Nürnberg MDR 1963, 412 (412); Helle, Schutz der Persönlichkeit, S. 167 f.; Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 345 f., 401 ff.; Heinze FS-Stree/Wessels, S. 950 (952); Erdsiek NJW 1963, 1391 (1392) hält diesen Weg für vertretbar. 71 Dass das Strafrecht der besonderen beruflichen Stellung Beachtung erweist, zeigt sich auf den wohl bedeutendsten Fall der Amtsträger (§ 11 I Nr. 2 StGB) bezogen, beispielsweise an den §§ 331, 332, 335, 339, 340, 342, 344, 345, 348, 352, 353, 353b, 355 und 357 StGB. Im Hinblick auf andere besondere berufliche Stellungen, denen das Strafrecht eine erhöhte Bedeutung beimisst, ist auf die §§ 174, 174a, 174b, 174c, 203, 353a, 353b, 356 StGB zu verweisen. 72 Beispiele dafür sind OLG Dresden DRiZ 1928, 44 (45); OLG München NJW 1963, 658 (659); vgl. auch Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 402 f.; NeumannDuesberg JZ 1960, 114 (115); Fechner/Popp AfP 2006, 213 (215). 73 Um am gewählten Beispiel des regelmäßig nicht von einem Informationsinteresse umfassten einfachen Ladendiebstahls zu bleiben sei folgendes Szenario angeführt. Geriert sich eine Person öffentlich und bewusst als Verfechter jeglicher Moral und unbedingter Rechtstreue, muss sie sich auch und gerade aus Sicht der Allgemeinheit daran festhalten lassen. Begeht diese Person nun einen Ladendiebstahl, ist ein zumindest allgemein personenbezogenes Informationsinteresse der Öffentlichkeit nur schwerlich abzulehnen. 69

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F. Leitkriterien

reich der mittleren Kriminalität nämlich ist die Straftatbegehung derart häufig und an der Tagesordnung74, dass diesbezügliche, auch personenbezogene Informationen regelmäßig nicht gefragt sind. Vielmehr muss auch bezüglich Strafverfahren dieses Kriminalitätsbereiches angenommen werden, dass grundsätzlich kein Informationsinteresse der Bevölkerung besteht. Natürlich sind auch hier die skizzierten Ausnahmekonstellationen zu beachten. Die überwiegende Ansicht stimmt dem zu und will erst dann auf ein Informationsinteresse schließen, wenn es um nichtalltägliche beziehungsweise besondere Umstände aufweisende Straftaten geht.75 (b) Schwere Straftaten Ein Informationsinteresse an Angeklagten und Verurteilten wird in der Regel bejaht, wenn es um Strafverfahren geht, die schwere Kriminalität zum Gegenstand haben.76 So geht auch das Bundesverfassungsgericht im „Lebach-Urteil“77 davon aus, dass bei schweren Gewaltverbrechen „. . . ernstzunehmende 74 2001 kam es beispielsweise zu 41.900 Aburteilungen wegen einfacher Körperverletzungen (§ 223 StGB). (Vgl. Statistisches Bundesamt, Strafverfolgung, S. 26). 75 BVerfGE 35, 202 (231, 233, 239); BVerfG NJW 1993, 1463 (1464); BGH NJW 1994, 1950 (1952); OLG Dresden DRiZ 1928, 44 (44 f.); KG JW 1928, 421 (421); OLG Frankfurt GRUR 1958, 508 (509); OLG Stuttgart JZ 1960, 126 (129); OLG München NJW 1963, 658 (659); OLG Oldenburg NJW 1963, 920 (922); OLG Nürnberg MDR 1963, 412 (412); OLG München GRUR 1964, 42 (43); OLG Frankfurt NJW 1971, 47 (49) = JZ 1971, 331 (332); OLG Koblenz NJW 1973, 251 (253); OLG Braunschweig NJW 1975, 651 (652); OLG Hamburg AfP 1976, 137 (139); OLG Düsseldorf NJW 1980, 599 (600); OLG Hamburg AfP 1983, 466 (467); OLG Hamburg NJW-RR 1986, 933 (933); OLG Hamm AfP 1988, 258 (259); OLG Köln AfP 1989, 683 (686); OLG Hamm OLGZ 1990, 202 (206); OLG Brandenburg NJW 1995, 886 (888); OLG Frankfurt NJW-RR 1996, 1490 (1491); OLG München NJW-RR 2003, 111 (111); OLG Dresden NJW 2004, 1181 (1182); LG Hamburg UFITA 74 (1975), 325 (330 f.); LG Berlin NJW 1986, 1265 (1265); Nicolini/Ahlberg/Gass, UrhG, UrhG, § 60 Anh. § 23 KUG RN 17; Erman I/Ehmann, Anh § 12 RNn 469, 481; Staudinger II/Hager, § 823 RN C 203; Jahns, Verletzung von Persönlichkeitsrechten, S. 40; Bornkamm, Pressefreiheit und Fairneß, S. 261; Paschke, Medienrecht, RN 700; Gronau, Persönlichkeitsrecht und Medienfreiheit, S. 52; Wenzel/Burkhardt, Wort- und Bildberichterstattung, § 10 RN 193; Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 115 f.; Pieroth, in: Recht der Persönlichkeit, S. 249 (264); Riklin/Höpfel, in: AE-StuM, S. 67 (70, 72); Wandrey UFITA 5 (1932), 359 (361); Koebel UFITA 38 (1962), 1 (13), allerdings nur auf die Namensnennung bezogen; Siegert NJW 1963, 1653 (1656); Neumann-Duesberg JZ 1973, 261 (261 f.); Marxen GA 1980, 365 (377); wohl auch OLG Nürnberg MDR 1963, 412 (412); Hager Jura 1995, 566 (569); Ernst ZUM 1996, 187 (190); von Gamm, UrhG, Einf. RN 118; etwas enger Rüping FS-Dünnebier, S. 391 (402). 76 Vgl. nur BVerfG NJW 2003, 2523 (2523); OLG München NJW-RR 2003, 111 (111); OLG Dresden NJW 2004, 1181 (1182); Jung GS-Kaufmann, S. 891 (897). 77 BVerfGE 35, 202 (202 ff.). Der Entscheidung lag ein Dokumentar-Fernsehspiel zu Grunde, welches den sogenannten Soldatenmord von Lebach zum Gegenstand hatte. Der Beschwerdeführer wurde ebenso wie die Haupttäter eingangs im Bilde vor-

I. Informationsinteresse der Allgemeinheit

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Gründe für das Interesse an Informationen darüber, wer die Täter waren, welche Motive sie hatten, was geschehen ist, um sie zu ermitteln und zu bestrafen und um gleichartige Delikte zu verhüten . . .“78 bestehen. Da ein Informationsinteresse bei schweren Straftaten regelmäßig bejaht wird, muss geklärt werden, welche Straftaten und Strafverfahren hierunter fallen. Einigkeit dürfte darüber bestehen, dass zumindest die Delikte und Strafverfahren erfasst sind, die den Tod eines Menschen zum Gegenstand haben.79 Da aber auch andere Delikte erhebliches Unrecht beinhalten, ist der Begriff der schweren Straftaten nicht auf Tötungsdelikte begrenzt. Zunächst kann das Gesetz in Form des § 12 StGB fruchtbar gemacht werden. Danach sind sämtliche Verbrechen, also Delikte, die grundsätzlich mit einer Mindeststrafe von nicht unter einem Jahr geahndet werden, in Abgrenzung zu den Vergehen als schwere Straftaten einzuordnen.80 Auf diese Weise wird der vom Gesetzgeber getroffenen Wertung Rechnung getragen. Jedoch darf § 12 StGB nicht zu starr angewandt werden. Liegen besondere aus der zur Last gelegten Straftat resultierende Umstände81 vor, ist in Ausnahmefällen, jede Straftat hat nämlich etwas einzigartiges und so besonderes, auch bei Vergehen schwere Kriminalität anzunehmen.82 Im Hinblick auf das allgemein personenbezogene Informationsinteresse ist denen zuzustimmen, die ein solches bei schwerer Kriminalität bejahen. Insofern sind die Interessen darauf gerichtet, Informationen über Alter, berufliche und soziale Stellung der Angeklagten oder Verurteilten sowie über Art und Weise der Straftatbegehung und ähnliche Informationen zu erlangen. Hier ein überwiegendes Sensations- oder Unterhaltungsinteresse anzunehmen, überzeugt nicht. Das liegt daran, dass die Informationssuche und -aufnahme der Bevölkerung hier wesentlich zielstrebiger erfolgt. Bei schweren Straftaten ist es nicht mehr geführt, sodann aber von einem Schauspieler dargestellt. Sein Name aber wird während des ganzen Spiels immer wieder genannt. Um dies zu verbieten, wandte der Beschwerdeführer sich schließlich an das Bundesverfassungsgericht und rügte eine rechtswidrige Verletzung des Persönlichkeitsrechts, seines Namensrechts und seines Rechts am eigenen Bild. (Vgl. BVerfGE 35, 202 (206 f.) 78 BVerfGE 35, 202 (231). 79 Aus dem StGB sind in chronologischer Reihenfolge zu nennen: §§ 213, 221 Abs. 3, 227 Abs. 1, Abs. 2, 235 Abs. 5, 239 Abs. 4, 239a Abs. 3, 239b Abs. 2 i.V. m. 239a Abs. 3, 251, 255 i.V. m. 251, 306c, 307 Abs. 3, 308 Abs. 3, 309 Abs. 4, 312 Abs. 4, 313 Abs. 2 i.V. m. 308 Abs. 3, 314 Abs. 2 i.V. m. 308 Abs. 3, 316a Abs. 3, 316c Abs. 3, 318 Abs. 4, 330a Abs. 2 StGB. 80 Ähnlich Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 399, 406. 81 Zu nennen sind in diesem Zusammenhang insbesondere Umfang, Hintergrund und Art des konkreten Geschehens sowie das Schadensmaß. 82 Beispielhaft hierfür ist ein Fall, in dem das OLG München NJW 1963, 658 (659) ein Informationsinteresse annahm. In diesem ging es um die Einführung großer Mengen jugoslawischen Pferdefleisches, welches in Deutschland dann aber als Rindsgulasch vertrieben wurde.

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F. Leitkriterien

der Fall, dass diese kaum wahrgenommen und schnell vergessen werden. Wird über entsprechende Strafverfahren berichtet, so folgen die Zuschauer und Zuhörer den Berichten bewusst und informationsorientiert. Weitaus fraglicher ist demgegenüber, ob auch ein aufnahmebezogenes Informationsinteresse der Allgemeinheit anzunehmen ist. Dabei steht außer Frage, dass auch Aussehen, Auftreten und Stimme, dies wird über Bild- und Tonaufnahmen vermittelt, Informationen darstellen.83 Auch kann nicht daran gezweifelt werden, dass ein ausgeprägtes Interesse der Allgemeinheit an Bild- und Tonaufnahmen besteht. Es erscheint aber problematisch, dieses Interesse als Wunsch der Bevölkerung nach identifizierenden Informationen aufzufassen. Das Interesse an den Aufnahmen beruht, was den größten Teil der schweren Kriminalität angeht, nämlich ganz vordergründig auf Neugierde, die dem Wunsch nach Sensation und Unterhaltung entspringt.84 Letztlich ist es der illustrative, nicht aber der informative Aspekt der Aufnahmen, der das große Interesse an identifizierenden Aufnahmen von Angeklagten und Verurteilten erklärt. Daher ist ein grundsätzliches aufnahmebezogenes Informationsinteresse für den Bereich der schweren Kriminalität nicht anzuerkennen. Nur in einem kleinen Teil dieses Bereiches, besteht es. (c) Straftaten aus dem Bereich schwerster Kriminalität Um ein grundsätzlich bestehendes aufnahmebezogenes Informationsinteresse annehmen zu können, muss der Bereich der schweren Kriminalität also verlassen werden. Am restriktivsten wäre es, ein Informationsinteresse nur bei Strafverfahren beziehungsweise Straftaten von historischer Bedeutung anzunehmen. Da der Publizist auf diese Weise zum Historiker werden müsste, ist hiervon aber Abstand zu nehmen. Die für die Annahme eines Informationsinteresses entscheidenden Kriterien müssen im maßgebenden Zeitpunkt, hier also bei Anfertigung der Aufnahmen, vorliegen. Ob ein Strafverfahren beziehungsweise eine Straftat aber eine historische Dimension aufweist, lässt sich erst nach einigem zeitlichen Abstand zum jeweiligen Ereignis feststellen. Aus Sicht des auf Aktualität ausgerichteten Rundfunks würde dies ein untragbares Maß an Rechtsunsicherheit bedeuten. Der Ansatz der herrschenden Meinung ist vielmehr dahingehend zu modifizieren, dass auf den Bereich der schwersten Kriminalität abzustellen ist.85 Wenn 83

Davon geht auch Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 111 aus. In diese Richtung auch BGHSt 18, 182 (187); Franke, Bildberichterstattung, S. 106; Czajka, Pressefreiheit und „öffentliche Aufgabe“ der Presse, S. 99; Schumacher, Presseäußerung, S. 74; Scheer, Deutsches Presserecht, S. 190; Bussmann JR 1955, 202 (204); Hubmann UFITA 26 (1958), 19 (31). 85 In diese Richtung, aber nicht ganz so weit gehend, bewegt sich im Hinblick auf das Recht am eigenen Bild auch Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 411 ff., wenn 84

I. Informationsinteresse der Allgemeinheit

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es darum geht, Straftaten unter den Begriff der Schwerstkriminalität zu fassen86, gilt es Zurückhaltung zu üben. Denn auch sehr schwere Delikte werden häufig Gegenstand von Strafverfahren. Deutlich wird dies am Beispiel des mit lebenslanger Freiheitsstrafe bedrohten Mordes (§ 211 StGB), der das vom Gesetzgeber als am schwersten erachtete Delikt darstellt. Im Jahre 2001 wurden immerhin 313 Personen von deutschen Strafgerichten wegen (versuchten) Mordes abgeurteilt.87 Auf Grund der hohen Zahl ist nicht davon auszugehen, dass ein informationsbezogenes Interesse der Bevölkerung daran besteht, von sämtlichen Angeklagten und Verurteilten Aufnahmen zu sehen oder zu hören. Zu Anklage und Verurteilung wegen eines sogenannten Kapitaldeliktes müssen daher besondere Umstände hinzutreten, um ein aufnahmebezogenes Informationsinteresse annehmen zu können. Es ist allerdings zu beachten, dass die diesbezüglichen Anforderungen auf Grund der Schwere der Straftaten nicht besonders hoch anzusetzen sind. Abzustellen ist vor allem auf Besonderheiten hinsichtlich der quantitativen und qualitativen Tatausführung und Folgen sowie auf besondere Motivlagen. Erst der ungewöhnliche, aus der „üblichen“ Schwerstkriminalität herausragende, atypische Fall kommt als Anknüpfungspunkt für ein aufnahmebezogenes Informationsinteresse in Betracht.88 Grundsätzlich kann erst dann angenommen werden, dass die Rezeption der Aufnahmen auf dem Streben des Publikums nach identifizierenden Informationen beruht. Hier interessiert es erstmals wirklich, wie Tatverdächtige und Täter aussehen und sich verhalten. Zwar spielt auch hier ein nicht unerhebliches Sensations- und Unterhaltungsinteresse hinein, jedoch nicht in dem Maße, dass von einem überwiegenden Informationsinteresse nicht mehr gesprochen werden kann.89 Das aber kann nur hinsichtlich der Bildaufnahmen gelten. Ein öffentliches Informationsinteresse daran, auch die menschliche Stimme zu hören, wie es Tonaufnahmen ermöglichen, ist selbst dann nicht zu finden, wenn es um absolut schwerste Kriminalität geht, auch nicht bei Vorliegen besonderer Umstände. Es ist deutlich geworden, dass diverse Differenzierungen vorzunehmen sind, um auf ein Informationsinteresse an Angeklagten und Verurteilten schließen zu

man sich die dort zahlreich aufgeführten Beispiele anschaut. Aus diesem reichen Fundus an Beispielen seien hinsichtlich der deutschen Zuständigkeit genannt: die Reichstagsbrandstiftung, der Anschlag auf die israelische Delegation während der Olympischen Sommerspiele in München, Flugzeugentführungen sowie politisch oder religiös motivierte Terrorismusakte von erheblichem Ausmaß; ähnlich wohl auch Riklin/Höpfel, in: AE-StuM, S. 67 (67); a. A. ausdrücklich Heinze FS-Stree/Wessels, S. 951 (957). 86 Engels AnwBl. 1983, 100 (101) orientiert sich hinsichtlich der Schwerstkriminalität an §§ 74 II, 120 GVG. 87 Statistisches Bundesamt, Strafverfolgung, S. 26. 88 Ähnlich, aber in anderem Zusammenhang Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 401; von Becker, Massenmedien, S. 174 f. 89 A. A. Prinz/Peters, Medienrecht, RN 853.

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F. Leitkriterien

können. Während ein solches in Bezug auf allgemeine personenbezogene Informationen grundsätzlich bereits im Bereich der schweren Kriminalität die Regel ist, kann ein aufnahmebezogenes Informationsinteresse erst im Bereich der absolut schwersten Kriminalität angenommen werden. Allerdings sind besondere Umstände denkbar, die auch schon unterhalb dieser Schwellen ein entsprechendes Informationsinteresse begründen können. bb) Richter und Staatsanwälte Auch die von Berufs wegen anwesenden Personen, allen voran Richter und Staatsanwälte, stehen mitunter im Interesse des Rundfunks. Fraglich ist aber, ob dies eine Reaktion auf ein Informationsinteresse der Allgemeinheit ist. Man könnte daran denken, ein Informationsinteresse aus der notwendigen Kontrolle der öffentlichen Gewalt abzuleiten.90 Hinsichtlich der allgemein personenbezogenen Informationen erscheint dies durchaus vertretbar. Der Werdegang von Richtern und Staatsanwälten zum Beispiel kann für die Allgemeinheit aus Kontrollgründen durchaus von Bedeutung sein. Allerdings wird dies, wiederum nur soweit besondere Umstände des jeweiligen Einzelfalls vorliegen, nur bei Strafverfahren der Fall sein, die Straftaten von einiger Bedeutung zum Gegenstand haben. Ein aufnahmebezogenes Informationsinteresse aber lässt sich so nicht begründen. Zwar müssen auch die staatlichen Organe kontrolliert werden, jedoch ist zwischen dem hoheitlichen Handeln und den hoheitlich Handelnden zu trennen. Für die Demokratie ist einzig die Kontrolle des Handelns von Belang. Nur auf diese sind zum Beispiel Rechtsmittel und Dienstaufsichtsbeschwerde bezogen. Die Kontrolle auch der Person des Handelnden bringt die Demokratie jedenfalls nicht voran. Kontrolle bedingt daher kein aufnahmebezogenes Informationsinteresse. Nur das Handeln von Richtern und Staatsanwälten kann als öffentliche Angelegenheit aufgefasst werden.91 Damit steht fest, dass die besonderen Ämter, die Richter und Staatsanwälte wahrnehmen, es nicht rechtfertigen, auch ein aufnahmebezogenes Informationsinteresse anzunehmen. Dies vor Augen ist wenig überraschend, dass das Informationsinteresse regelmäßig über den Umweg der Amtsstellung zu begründen versucht wird. Bei näherem Hinsehen nämlich tritt zu Tage, dass die Bevölkerung an identifizierenden Informationen primär gar nicht interessiert ist.92 Das Interesse der Öffentlichkeit an Gerichtsberichterstattungen bezieht sich ganz überwiegend auf Informationen über Verfahren, also deren Verlauf und Ausgang, auf Angeklagte oder Verurteilte sowie auf die zu Grunde liegende Straftat. Nicht aber bezieht es sich auf Aufnahmen von 90 91 92

So wohl Neumann-Duesberg JZ 1970, 564 (567). A. A. anscheinend Koebel JZ 1966, 389 (390). Ernst ZUM 1996, 187 (191); wohl auch Lilie, in: AE-StuM, S. 116 (129).

I. Informationsinteresse der Allgemeinheit

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Richtern und Staatsanwälten. Die Öffentlichkeit kann aus diesen keine für sie relevanten Informationen ziehen. Der Auftritt der Richter und Staatsanwälte ist also informationell inhaltsleer93, weshalb kein Informationsinteresse der Allgemeinheit angenommen werden kann. Hieran ändert sich auch nichts, wenn Richter und Staatsanwälte an einem Strafverfahren beteiligt sind, dessen Angeklagter beziehungsweise Verurteilter einem öffentlichen Informationsinteresse unterliegt.94 Denn das maßgebende Informationsinteresse ist originär zu bestimmen, also unabhängig von weiteren Personen und den an ihnen bestehenden Interessen.95 Dass ein Informationsinteresse an Aufnahmen von Richtern und Staatsanwälten in aller Regel nicht angenommen werden kann, scheint auch das Bundesverfassungsgericht erkannt zu haben. Dieses nämlich stellte nicht das Informationsinteresse in den Vordergrund, sondern das Interesse an einer authentischen Berichterstattung.96 Auch im Hinblick auf Richter und Staatsanwälte muss beachtet werden, dass in besonderen Ausnahmefällen ein Informationsinteresse der Allgemeinheit zu bejahen ist, so etwa wenn es um besondere Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht oder unter Involvierung des Generalbundesanwalts geht. In „normalen“ Strafverfahren dürften derartige Ausnahmen allerdings nahezu auszuschließen sein. cc) Verteidiger Die Situation der Strafverteidiger ist ähnlich der der Richter und Staatsanwälte. Denn auch sie begeben sich von Berufs wegen in den strafgerichtlichen Sitzungsbereich. Auf Grund der Ähnlichkeiten dieser Personenkreise bietet sich im Hinblick auf die personenbezogenen Informationsinteressen im Ergebnis kein wesentlich anderes Bild. Im Gegensatz zu den Richtern und Staatsanwälten ist die Bindung zwischen personenbezogenem Informationsinteresse der Allgemeinheit und Schwere der verhandelten Straftat hier enger. Verteidiger nämlich üben auch als Organ der Rechtspflege keine hoheitliche Gewalt aus. Von daher erscheint es nicht gerechtfertigt, ein allgemeines personenbezogenes Interesse unterhalb der schweren Kriminalität anzunehmen. Wesentlich bedeutsamer ist die Feststellung, dass es an einem aufnahmebezogenen Informationsinteresse der Bevölkerung gänzlich fehlt. Das einzige, was einem derartigen Interesse unterliegen kann, ist das Handeln der Strafverteidiger beziehungsweise deren Motivlagen für die Übernahme des jeweiligen Mandats, keinesfalls aber Aufnahmen der Person selbst. So ist für eine Qualitätskontrolle des anwaltlichen Han93 94 95 96

Ernst NJW 2001, 1624 (1625). A. A. wohl Prinz/Peters, Medienrecht, RN 855. In diese Richtung auch Ernst NJW 2001, 1624 (1626). BVerfG NJW 2000, 2890 (2891).

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F. Leitkriterien

delns auch nur die Kenntnis des Handelns erforderlich, nicht aber das äußere Erscheinungsbild des jeweiligen Strafverteidigers. Die im öffentlichen Interesse stehende Qualitätskontrolle führt deshalb allenfalls zu einem ausschließlich handlungsbezogenen Informationsinteresse. Ein aufnahmebezogenes Informationsinteresse ist also abzulehnen.97 dd) Zeugen Mitunter stehen auch Zeugen im Interesse der Rundfunks. Vor allem von Opfern werden Aufnahmen angefertigt und publiziert. Es erscheint jedoch problematisch, das diesbezüglich vorhandene Interesse der Bevölkerung als ein Interesse daran, Informationen zu erlangen, zu qualifizieren. In Literatur und Rechtsprechung finden sich kaum Stellungnahmen zur konkreten Art des öffentlichen Interesses. Soweit es um Strafverfahren geht, die Straftaten einiger Schwere und Bedeutung behandeln, dies dürfte ab der schweren Kriminalität der Fall sein, ist ein allgemeines personenbezogenes Informationsinteresse der Bevölkerung an den Zeugenpersonen nicht mehr zu verneinen.98 Jedoch müssen zu der Schwere und Bedeutung der Straftat besondere Umstände hinzutreten, welche es rechtfertigen ein Informationsinteresse anzunehmen. Richtigerweise gilt das für Opfer und sonstige Zeugen gleichermaßen. Schon diese hohen Anforderungen lassen vermuten, dass ein Informationsinteresse an identifizierenden Bild- und Tonaufnahmen der Zeugen nicht besteht. Zuschauer und Zuhörer können aus diesen Aufnahmen keine für sie relevanten Informationen ziehen. Insofern stehen Sensation und Unterhaltung deutlich im Vordergrund. Es fehlt so an einem aufnahmebezogenen Informationsinteresse.99 Als fraglich erscheint es jedoch, ob dies so pauschal auch für die Opfer von Straftaten zu gelten hat. Teilweise wird dies verneint. Ein opferbezogenes Informationsinteresse mit dem erregten Mitgefühl und dem allgemeinen Aufsehen zu begründen100, überzeugt allerdings nicht. Da sich sowohl Mitgefühl als auch Aufsehen erstens auf rein emotionaler Ebene abspielen und zweitens kein Informationsinteresse an der jeweiligen Person bedingen, liefern sie keine tragfähige Begründung für die Annahme eines solchen Interesses. Vor allem das erregte Aufsehen deutet vielmehr auf ein im Vordergrund stehendes Sensations- beziehungsweise Unterhaltungsinteresse hin. Nach einer anderen Ansicht sei darauf 97 Wohl auch Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 163; Schorn LZ 1932, Sp. 1408 (1410); in diese Richtung Hubmann JZ 1957, 520 (526). 98 Schwerdtner, Persönlichkeitsrecht, S. 214; Prinz/Peters, Medienrecht, RN 855; nur in diese Richtung Engels/Schulz AfP 1998, 574 (583); wohl auch OLG Stuttgart JZ 1960, 126 (129 f.). 99 In diese Richtung auch Hubmann JZ 1957, 520 (526). 100 Wandrey UFITA 5 (1932), 359 (361).

I. Informationsinteresse der Allgemeinheit

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abzustellen, ob sich das Opfer während der Straftatbegehung in besonderer Weise verhalten hat, was den Aufnahmen dann einen besonderen Informationswert geben soll. In diesen Fällen sei ein aufnahmebezogenes Informationsinteresse anzunehmen.101 Dem ist für den hier interessierenden Bereich der Strafverfahren zweierlei entgegenzuhalten. Erstens geht es in den vorliegenden Fällen nicht um Aufnahmen, die das Opfer während der Straftatbegehung zeigen, sondern um solche aus dem Sitzungsbereich von Strafgerichten. Dort aber ist ein besonderes Opferverhalten kein tauglicher Anknüpfungspunkt. Selbst wenn man dies vernachlässigt, stünde zweitens nur das Verhalten des Opfers im Informationsinteresse der Bevölkerung, nicht jedoch auch deren Aufnahmen. Deshalb kann auch mit einem besonderen Opferverhalten ein aufnahmebezogenes Informationsinteresse nicht begründet werden. Schließlich könnte man überlegen, das Informationsinteresse auch hier an die besondere Schwere der verübten Straftat zu koppeln. Aber auch dies stellt keinen tauglichen Weg dar. Die Schwere der Straftat nämlich beinhaltet in Bezug auf das Opfer eine wesentliche Komponente, auf welche die Allgemeinheit besonders reagiert, nämlich die Dramatik. Je schwerer eine Straftat ist, desto dramatischer stellt sich das Geschehen und vor allem die Situation des Opfers aus Sicht der Bevölkerung dar. Auf dieser Dramatik basiert das öffentliche Interesse im Wesentlichen. Der obigen Definition entsprechend ist deshalb ein Sensationsinteresse anzunehmen. Das Streben nach Informationen rückt in den Hintergrund. Mithin ist festzuhalten, dass im Hinblick auf die Opfer von Straftaten ein aufnahmebezogenes Informationsinteresse nicht angenommen werden kann.102 Zwischen Opfern und sonstigen Zeugen bestehen daher keine Unterschiede. ee) Sachverständige Den Zeugen sehr ähnlich ist die Personengruppe der Sachverständigen. Jedoch stehen sie weit weniger im Interesse des Rundfunks. Auf Grund dieser Ähnlichkeit gilt auch hier das eben Gesagte. Während in besonderen Konstellationen ein allgemeines personenbezogenes Informationsinteresse noch begründet werden kann, ist dies im Hinblick auf ein aufnahmebezogenes Informationsinteresse nicht möglich. Sollte ein Interesse der Bevölkerung an Bild- und Tonaufnahmen dieses Personenkreises bestehen, ist es von Unterhaltung und Sensation geprägt.

101 102

Engels/Schulz AfP 1998, 574 (583). Schwerdtner, Persönlichkeitsrecht, S. 214; Prinz/Peters, Medienrecht, RN 855.

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F. Leitkriterien

ff) Besucher Schließlich gilt es das öffentliche Interesse auch im Hinblick auf die Besucher des Sitzungsbereiches zu beleuchten. Hier ist zu differenzieren. Besucher, die in keinem Verhältnis zu den Verfahrensbeteiligten, vor allem zum Angeklagten, Verurteilten oder Opfer stehen, unterliegen überhaupt keinem Informationsinteresse, also weder einem allgemeinen personenbezogenen noch einem aufnahmebezogenen. Hiervon zu unterscheiden sind Angehörige und sonstig nahestehende Personen. Richtigerweise muss zumindest ein aufnahmebezogenes Informationsinteresse aber auch an diesen Personen verneint werden. Im Hinblick auf eine Nähe zu den Opfern ist das die logische Konsequenz dessen, dass sämtliche Opfer keinem derartigen Informationsinteresse unterliegen. Gleiches gilt, wenn es um Angehörige und nahestehende Personen der Angeklagten und Verurteilten geht, sofern letztere keine Personen der Zeitgeschichte sind. Erst wenn es sich bei den Angeklagten oder Verurteilten um Personen handelt, die einem öffentlichen Informationsinteresse unterfallen, erscheint ein anderes Ergebnis zunächst als möglich. Jedoch ist es schon problematisch, zu begründen, dass ein allgemeines Informationsinteresse an den Nähepersonen besteht. Es sind keine derartigen Informationen ersichtlich, die für die Allgemeinheit von Belang sein könnten. Aus diesem Grund ist ein diesbezügliches Interesse nicht vorhanden. Erst recht muss daher auch ein weitergehendes aufnahmebezogenes Informationsinteresse abgelehnt werden. Nur wenn es um Angehörige und Nahestehende von absoluten Personen der Zeitgeschichte103 geht, kann in Ausnahmefällen ein Informationsinteresse der Öffentlichkeit bejaht werden.104 Das ist dann der Fall, wenn die absolute Person der Zeitgeschichte bewusst in der Öffentlichkeit, hier im Sitzungsbereich, begleitet wird.105 Nur dann besteht neben einem allgemeinen auch ein aufnahmebezogenes Informationsinteresse.106 Dies gilt, soweit die Anforderungen erfüllt sind, auch für Minderjährige.107

103

Vgl. dazu unten G. I. 2. b) aa) (3). Vgl. OLG Hamburg AfP 1991, 437 (438); OLG Hamburg AfP 1995, 512 (513); OLG Hamburg ZUM 1995, 494 (495); OLG München NJW-RR 1996, 93 (95); KG NJW 2005, 603 (604); Schricker/Götting, UrhG, § 60/§ 23 KUG RNn 37 ff.; Gronau, Persönlichkeitsrecht und Medienfreiheit, S. 47 f.; Werhahn UFITA 37 (1962), 22 (35 f.); Siegert NJW 1963, 1953 (1957); Engels/Schulz AfP 1998, 574 (582); Neumann-Duesberg Jur. Jahrb. 7 (1966/67), 138 (155 f.) dagegen generalisiert dies dahingehend, dass alle den absoluten Personen der Zeitgeschichte nahestehenden Personen relative Personen der Zeitgeschichte sind; ebenso OLG Hamburg GRUR 1990, 35 (35). 105 BGH AfP 2004, 267 (268); OLG Hamburg AfP 1995, 512 (513); OLG Hamburg AfP 1997, 535 (537); LG Köln AfP 1994, 165 (165); LG Köln AfP 1994, 166 (168). 106 Engels/Schulz AfP 1998, 574 (582). 107 Vgl. BGH AfP 2005, 65 (66); Gronau, Persönlichkeitsrecht und Medienfreiheit, S. 51; Engels/Schulz AfP 1998, 574 (583). 104

II. Informationsgehalt der Bild- und Tonaufnahmen

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4. Ergebnis Das Informationsinteresse der Bevölkerung beziehungsweise ihr Informationsbedürfnis darf, das haben die vorangegangenen Ausführungen ergeben, nicht überbewertet werden. Vor allem gilt dies in Bezug auf die personenbezogenen Bild- und Tonaufnahmen, die in aller Regel eine Identifizierung der aufgenommenen Personen ermöglichen. Es scheint, dass ein Interesse an der Identifizierung der Personen häufig allzu rasch bejaht wird.108 Nur in sehr seltenen Fällen, das haben die vorstehenden Ausführungen ergeben, liegt ein diesbezügliches öffentliches Informationsinteresse vor.109 Gänzlich geleugnet werden kann es aber nicht.110 Schon Sarstedt warf 1956 die hier entscheidende Frage auf, die sich auf die vielen Bereiche bezieht, in denen kein aufnahmebezogenes Informationsinteresse der Allgemeinheit angenommen werden kann. Er fragte: „Tut man dieser Art von Anteilnahme Unrecht, wenn man sie als Sensationsbedürfnis bezeichnet?“111. Er verneinte diese Frage und das, wie sich gezeigt hat, zu Recht. Lediglich allgemeine personenbezogene Informationsinteressen lassen sich hinsichtlich aller in Frage kommenden Personen unter mehr oder weniger hohen Anforderungen feststellen.

II. Informationsgehalt der Bild- und Tonaufnahmen Neben dem Informationsinteresse der Allgemeinheit ist auch der Informationsgehalt der Bild- und Tonaufnahmen ein wichtiger Faktor innerhalb verschiedener Abwägungskriterien.112 Der eigenständig zu beurteilende Informationsgehalt gibt letztlich an, welche Informationen den Zuschauern und Zuhören verloren gingen, wenn derartige Aufnahmen nicht hergestellt beziehungsweise publiziert würden. Würde dieser bezüglich der Strafgerichtsberichterstattungen derart niedrig sein, dass auf personenbezogene Aufnahmen ohne nennenswerte Einbußen verzichtet werden könnte, wäre der Legitimation der Aufnahmen ein wichtiges Standbein entzogen. Um die Aufnahmen handhaben zu können muss der Informationswert daher geklärt sein. Schmidt stellte schon am Ende der fünfziger Jahre die Frage: „Was entgeht einem schon, wenn man in der Presse Bilder von Angeklagten nicht zu sehen bekommt?“113. Damit sprach er bereits 108

Riklin, in: Stigmatisierung, S. 129 (146). Zu diesem Ergebnis gelangen zum Beispiel auch Schmidt, Justiz und Publizistik, S. 28 und Stürner JZ 1995, 297 (298). 110 Huff NJW 1996, 571 (573). 111 Sarstedt JR 1956, 121 (124). 112 A. A. wohl Scherer, Gerichtsöffentlichkeit, S. 195, der das öffentliche Interesse an der Identifizierung und Informationswert gleichsetzt. 113 Schmidt FS-Schmidt, S. 338 (351); nahezu die gleiche Frage stellt auch Bornkamm NStZ 1983, 102 (108). 109

184

F. Leitkriterien

damals eine Problematik an, die auf Grund des fortschreitenden Medienzeitalters stetig an Brisanz gewonnen hat. Ein Blick auf die heutigen Gerichtsberichterstattungen verlangt geradezu nach einer Antwort auf die gestellte Frage. Im Folgenden soll diese gegeben werden. Der Informationsgehalt bestimmt sich danach, wie viel Wissen die jeweilige Mitteilung an die Empfänger vermittelt.114 Eine Mitteilung, die kein Wissen und so keine Informationen vermittelt, hat also keinen Informationswert.115 Auch hier muss daher zu bloßer Unterhaltung und Sensation abgegrenzt werden. Auch diesbezüglich ist keine strikte Grenzziehung möglich. Vielmehr bestehen fließende Übergänge. Je mehr unterhaltende und sensationelle Elemente eine Sendung beinhaltet, desto geringer ist der Informationsgehalt. Regelmäßig werden Strafgerichtsberichterstattungen in Informations-, genauer Nachrichtensendungen und Magazinen publiziert. Das lässt einen hohen Informationsgehalt der Sendebeiträge vermuten. Bei näherem Hinsehen aber muss an der Richtigkeit der Vermutung gezweifelt werden. Um die Allgemeinheit ausreichend, das bedeutet umfassend, zu informieren, sind die klassischen Nachrichtensendungen nämlich kein ideales Mittel. In extrem kurzer Zeit müssen viele verschiedene Sachverhalte als Nachrichten und Informationen vermittelt werden, was Oberflächlichkeiten geradezu bedingt. Je oberflächlicher aber eine Sendung ist, desto weniger Informationen vermittelt sie. Insofern vermitteln die heutigen Nachrichtensendungen eher einen informativen Überblick denn tiefgreifende Informationen.116 Diesbezüglich kann jedoch nur bedingt Kritik geübt werden, da mit diesem Sendeformat letztlich den Interessen der Zuschauer und Zuhörer nachgekommen wird.117 Erstens fehlt der Bevölkerung die Zeit und zweitens häufig auch das Interesse an wirklich umfassend informierenden Beiträgen. Aus diesem Grund tragen auch die Strafgerichtsberichterstattungen und die darin verwandten Aufnahmen überwiegend nur zu Überblickswissen bei. Informationen tiefgreifender Art, das lässt sich bereits hier feststellen, werden nur sehr begrenzt vermittelt. Zwar kann dies durch Kommentierungen der Aufnahmen abgemildert werden, jedoch geht es hier nicht um diese, sondern um die Aufnahmen selbst. Die Art der Aufnahmen, insbesondere die Kameraperspektive bei Bildaufnahmen, hat Forschungen zufolge kaum Auswirkungen auf den Informationstransfer. Einzig die Erinnerungsleistung wird dadurch leicht beeinflusst.118

114 Hagen, Informationsqualität, S. 32, der von Informationsqualität spricht; dort auch zu den Begrifflichkeiten der Information und Qualität. 115 Hagen, Informationsqualität, S. 32. 116 Vgl. Schmelzer, Vielfalt und Qualität, S. 113; Bartels, Fernsehnachrichten im Wettbewerb, S. 64: „. . . die Nachrichtensendung bringt etwas Politik, etwas Sport (und) etwas Kultur . . .“. 117 Bzgl. der Vorliebe an berichtenden Zusammenfassungen Sarstedt JR 1956, 121 (124). 118 Kepplinger, Darstellungseffekte, S. 123.

II. Informationsgehalt der Bild- und Tonaufnahmen

185

Auf Unterscheidungen nach den Aufnahmearten kann deshalb nachfolgend verzichtet werden. Die hier relevanten Bild- und Tonaufnahmen aus dem Umfeld der strafgerichtlichen Hauptverhandlung geben exakt das wieder, was sich tatsächlich vor Kamera und Mikrofon zugetragen hat. Im Gegensatz zu Kommentierungen bedarf es keiner Transformation des aufgenommenen Geschehens. Die Aufnahmen zeigen jedoch nur einen Ausschnitt des Gesamtgeschehens im Sitzungsbereich, auch und gerade was die anwesenden Personen angeht. Dies muss berücksichtigt werden, wenn der Informationsgehalt bestimmt wird. Zu unterscheiden ist deshalb zwischen momentaner Wirklichkeit und Wirklichkeit hinsichtlich des Gesamtgeschehens.119 Letztere kann mit dem Begriff der Authentizität beschrieben werden, welche als die Fähigkeit der Aufnahmen, Zeugnis vom Gesamtgeschehen zu geben, zu verstehen ist.120 Einerseits ist daher zu untersuchen, ob und welches Wissen die Aufnahmen von der momentanen Wirklichkeit liefern und andererseits welches Wissen in Bezug auf das Gesamtgeschehen vermittelt wird. 1. Informationen über die momentane Wirklichkeit Im Hinblick auf die momentane Wirklichkeit kann den Aufnahmen ein beachtenswerter Informationsgehalt nicht abgesprochen werden. Insofern betont Hartmann121, dass es sich bei Gerichtsberichterstattungen um durchaus wahrheitsgetreue Informationen handelt. Vorliegend muss aber beachtet werden, dass der Informationsgehalt von personenbezogenen Aufnahmen im Vergleich zu sonstigen Aufnahmen völlig anders ist. So steht hier im Vordergrund, dem Publikum Informationen über Verhalten, Gestik, Mimik, Gesichtszüge, kurz das äußere Erscheinungsbild und gegebenenfalls die Stimme der Verfahrensbeteiligten oder der Besucher sowie deren nach außen tretenden Gefühlswelten zu präsentieren. Oftmals ist es diesem dann möglich, die aufgenommene Person zu identifizieren. Da diese aber nicht alleiniger Gegenstand der Aufnahmen sind, sondern auch der Sitzungsbereich in Ausschnitten präsentiert wird, werden (begrenzt) auch diesbezüglich Informationen vermittelt.122 Weiter geht der Informationsgehalt aber nicht.123 Über die genannten Punkte hinaus wird nahezu kein Wissen vermittelt, insbesondere nicht in Bezug auf das Strafverfahren. Bezüglich der Aufnahmen von Richtern wird insofern von einem völlig inhalts-, 119

Franke, Bildberichterstattung, S. 73. Franke, Bildberichterstattung, S. 74. 121 Hartmann FS-Göppinger, S. 579 (584). 122 Darauf weisen auch Kuß, Öffentlichkeitsmaxime, S. 139 und Ernst NJW 2001, 1624 (1626) hin. 123 A. A. wohl Engels/Schulz AfP 1998, 574 (580), nach denen die Bilder durchaus Träger von gesellschaftlich relevanten Informationen sind. 120

186

F. Leitkriterien

also informationsleeren Auftritt des Gerichts gesprochen.124 Auch wenn nicht geleugnet werden kann, dass personenbezogene Aufnahmen einen, wenn auch kleinen Teil der momentanen Wirklichkeit innerhalb des Sitzungsbereiches wiedergeben, muss der Informationswert diesbezüglich als gering eingeschätzt werden. 2. Authentizität Noch deutlicher fällt das Ergebnis im Hinblick auf die Authentizität aus. Bezugspunkt ist hier die gesamte Gerichtsberichterstattung. Informationen, die ausschließlich die momentane Wirklichkeit wiedergeben, können keine Informationen enthalten, die der Authentizität dienlich sind. Schon deshalb kann den Bild- und Tonaufnahmen kein nennenswerter Informationsgehalt zugesprochen werden, wenn es um das strafgerichtliche Gesamtgeschehen geht.125 Die hier interessierenden Aufnahmen allein können keine komplexeren Inhalte vermitteln, sind sie doch vom Geschehen in der Hauptverhandlung völlig und vom Sitzungsgeschehen weitgehend isoliert.126 Diesbezügliche Informationen werden ausschließlich durch begleitende Kommentare, also die eigentlichen Berichterstattungen, gegeben.127 Das Wissen basiert schwerpunktmäßig nicht auf den Aufnahmen, sondern auf dem in Worte gefassten Bericht.128 Diejenigen Informationen, die in den Aufnahmen enthalten sind, stellen daher sogenannte Begleitinformationen dar, sind also nicht primäre Informationsträger.129 Deshalb wird durch Bild- und Tonaufnahmen kein der Authentizität förderliches Wissen vermittelt. Dies wird durch die Art der in den Gerichtsberichterstattungen verwandten Aufnahmen noch bestärkt. Kurze Schnittfolgen, Großaufnahmen der Akteure und Beschränkungen auf besonders prägnante Aussagen sind regelmäßig eingesetzte Techniken. Durch diese werden einzelne Aspekte, nicht aber das gesamte Geschehen betont. Ein vollständiges Bild des gerichtlichen Geschehens ist so weder erreichbar130 noch vom Rundfunk bezweckt. 124

Ernst NJW 2001, 1624 (1625). Auf die Identifikationen der Beteiligten bezogen Hassemer NJW 1985, 1921 (1929). 126 Darauf weisen auch Stürner JZ 1995 297 (298) und Wyss EuGRZ 1996, 1 (14) hin. 127 Vgl. Müller, Bildnisveröffentlichung, S. 49; Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 62, 293; Geerds FS-Oehler, S. 423 (428); Neumann-Duesberg Jur.Jahrb. 7 (1966/ 67), 138 (139); Dünnwald UFITA 49 (1967), 129 (132); a. A. wohl OLG Stuttgart JZ 1960, 126 (129) („. . . Bildliche Darstellungen mit knappem Begleittext erscheint daher unentbehrlich . . .“) und Engels/Schulz AfP 1998, 574 (580). 128 BVerfG NJW 1992, 1312 (1313); Arzt, Der strafrechtliche Schutz der Intimsphäre, S. 47 ff.; Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 119; Geerds FS-Oehler, S. 423 (428); Schneider JuS 1963, 346 (347). 129 Engels/Schulz AfP 1998, 574 (580). 130 Zuck NJW 1995, 2082 (2083); Wyss EuGRZ 1996, 1 (14). 125

III. Erforderlichkeit der Bild- und Tonaufnahmen für Gerichtsberichterstattung 187

Personenbezogene Bild- und Tonaufnahmen liefern im Hinblick auf das Gesamtgeschehen also nur kaum aussagefähige Bruchstücke.131 Erst die Kommentare setzen die Aufnahmen in einen informativen Zusammenhang zum Strafverfahren und bewirken einen achtenswerten Informationsgehalt.132 Den Aufnahmen selbst muss, wenn es um die Authentizität geht, ein äußerst geringer, gegen Null tendierender Informationsgehalt konstatiert werden.133 3. Ergebnis Gleichgültig, ob man den Informationsgehalt der Aufnahmen bezüglich der momentanen Wirklichkeit in die Beurteilung des Informationsgehaltes der Aufnahmen einfließen lässt oder nicht, ergibt sich ein eindeutiges Bild. Die Aufnahmen selbst vermitteln derart wenig Wissen, dass deren Gehalt an Informationen, vorsichtig ausgedrückt, als gering zu bezeichnen ist. Drastischer formuliert, ist ein im Rahmen der Berichterstattung eigenständiger Informationswert der in Rede stehenden Aufnahmen praktisch kaum vorhanden. Er geht vielmehr gegen Null. Hieran wird deutlich, wozu die Aufnahmen eigentlich dienen und auch dienen sollen, nämlich der Illustration, nicht aber der Information.134 Das gefundene Ergebnis muss bedenklich stimmen. Es ist deshalb mehr als fraglich, ob die Bild- und Tonberichterstattung wirklich in der Lage ist, das Wissen der Bevölkerung im Allgemeinen und das Wissen um das Funktionieren der Strafjustiz im Besonderen in einem Maße zu erweitern, welches über das von geschriebenen oder gesprochenen Worten hinausgeht.135

III. Erforderlichkeit der Bild- und Tonaufnahmen für Gerichtsberichterstattung Auf den Ergebnissen zum Informationsinteresse der Allgemeinheit und zum Informationsgehalt der Bild- und Tonaufnahmen baut der dritte in diesem Abschnitt interessierende Aspekt auf, nämlich die Erforderlichkeit der Aufnahmen 131

Tettinger, Rundfunk und Fernsehen, S. 62 (76). Auf Fotos bezogen Franke, Bildberichterstattung, S. 75 m.w. N.; Wyss EuGRZ 1996, 1 (14). 133 Winter/Eckert, Mediengeschichte, S. 89; Hartmann FS-Göppinger, S. 579 (584); Riklin, in: Stigmatisierung, S. 129 (147); Bornkamm NStZ 1983, 102 (108); Stürner JZ 1995, 297 (298); Weiler ZRP 1995, 130 (133); Ernst NJW 2001, 1624 (1625); vorsichtiger Lilie, in: AE-StuM, S. 116 (132); zum selben Ergebnis, nur für Pressefotos des Angeklagten, gelangt Franke, Bildberichterstattung, S. 77. 134 Weiler ZRP 1995, 130 (133); Ernst NJW 2001, 1624 (1625); ähnlich Winter/ Eckert, Mediengeschichte, S. 89; Weiler ZRP 1995, 130 (133); Stürner JZ 1995, 297 (298). Das gilt insbesondere für die Filmaufnahmen. Vgl. Geerds FS-Oehler, S. 423 (428). 135 Wyss EuGRZ 1996, 1 (14). 132

188

F. Leitkriterien

selbst. Auch dieses Kriterium wird sich in mehrfacher Hinsicht im Rahmen der Abwägung wiederfinden. Sollten sich die Aufnahmen als nicht erforderlich erweisen, gewinnen die gegen sie gerichteten Interessen und Rechte an Bedeutung. Im umgekehrten Fall werden sie entsprechend relativiert oder gar verdrängt. Zu fragen ist, ob Herstellung und Publikation der Aufnahmen ein sachlich notwendiges publizistisches Mittel darstellen, oder ob auf sie ohne größere Einbußen verzichtet werden kann. Um zu beurteilen, ob die Aufnahmen erforderlich sind, muss auf die Verwendung der Aufnahmen abgestellt werden. Allerdings schlägt das diesbezügliche Ergebnis unmittelbar auf die Anfertigung der Aufnahmen durch, da diese mit der Veröffentlichung eine Einheit bildet. Zwar liegt der Schwerpunkt der folgenden Ausführungen bei den Bildaufnahmen als das im Rundfunk am häufigsten genutzte publizistische Mittel der Gerichtsberichterstattungen, jedoch lassen sich die Aussagen ohne Schwierigkeiten auf Tonaufnahmen projizieren. Die Frage, ob personenbezogene Aufnahmen notwendig sind, muss aus zwei Richtungen beantwortet werden, nämlich einerseits aus der Sicht des Publikums und andererseits aus der Sicht des Rundfunks. Beide Ansatzpunkte laufen in der Frage zusammen, ob die Aufnahmen zur Informierung der Bevölkerung notwendig sind beziehungsweise hierzu eingesetzt werden, womit wiederum der Bogen zum Informationsbegriff gespannt ist. Bilder dominieren die heutige Medienlandschaft einschließlich der Gerichtsberichterstattungen. Gerade dem Fernsehen ist ein Trend zur Visualisierung von Informationen eigen. Die Bilder, also auch die Bildaufnahmen aus dem Sitzungsbereich, haben sowohl beim Publikum136 als auch beim Rundfunk einen ganz besonderen Stellenwert erhalten.137 Die Frage nach der sachlichen Notwendigkeit der Aufnahmen, insbesondere für eine ausreichende Grundinformierung der Bevölkerung, ist damit aber noch nicht beantwortet. Einen ersten Ansatzpunkt bietet der Informationsgehalt der Aufnahmen. Wenn dieser so gering ist, dass ein bestehendes Informationsinteresse der Allgemeinheit gar nicht befriedigt werden kann, dann kann diesbezüglich auf die Aufnahmen verzichtet werden. Hier kommt der eben gefundenen Erkenntnis, dass es primär nicht die Aufnahmen, sondern deren Kommentierungen sind, welche Informationen über die Strafverfahren vermitteln138, wesentliche Bedeutung zu. Der konkrete Aussagegehalt der Aufnahmen, der erstens kaum über den der Kommentare hinausgeht und zweitens nur im Zusammenhang mit der jeweiligen Situation erfassbar ist, erschließt sich dem Publikum erst, wenn es über ein entsprechendes, eben von den Kommentaren gegebenes Wissen um die gesamte Situation verfügt. Demzufolge sind insbesondere die dominierenden 136 Dem heutigen Medienpublikum konstatiert von La Roche, Praktischer Journalismus, S. 44, dass es „. . . optisch verwöhnt und anspruchsvoll geworden . . .“ ist. 137 Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 60 f.; Engels/Schulz AfP 1998, 574 (580). 138 Vgl. F. II.

III. Erforderlichkeit der Bild- und Tonaufnahmen für Gerichtsberichterstattung 189

Bildaufnahmen, aber auch die Tonaufnahmen, nicht notwendig, um das Publikum angemessen zu informieren.139 Keinem Zuschauer und keinem Zuhörer entgeht etwas Schützenswertes, wenn er keine personenbezogenen Bildaufnahmen präsentiert bekommt.140 Sinn und Zweck der Aufnahmen liegen, bezogen auf das Publikum, vielmehr in einem anderen Bereich. Die Aufnahmen, insbesondere aber Bilder, erleichtern es, da sie dem Wunsch nach möglichst anschaulicher Darstellung der gegebenen Informationen entgegenkommen, Informationen aufzunehmen und zu verinnerlichen. Erst über Bilder ist es den Menschen möglich, Informationen rasch und vor allem ohne größere Anstrengungen zu erfassen.141 Das bedeutet aber umgekehrt, dass eine umfassende Informierung der Öffentlichkeit auch auf der Basis einer reinen Wortberichterstattung möglich ist. Insoweit spricht Weiler142 zutreffend von einer bildenden Untermalung der gesprochenen und geschriebenen Gerichtsreportagen. Deutlich wird die Bedeutung der Aufnahmen für das Publikum, wenn der Begriff der Untermalung gegen den der Illustration ausgetauscht wird. Das Publikum sieht in den Aufnahmen, mag dies auch unbewusst geschehen, keine informierenden, sondern illustrierende Mittel. Diese aber sind wie gezeigt nicht sachlich notwendig. Es bleibt daher nur noch die Möglichkeit, die Notwendigkeit der Aufnahmen von der Rundfunkseite her zu begründen. Dafür müsste der Rundfunk in schützenswerter Weise auf die Aufnahmen angewiesen sein, was dann der Fall wäre, wenn die ihm obliegende Informationsaufgabe143 nur unter Verwendung der Aufnahmen erfüllbar ist.144 Das erscheint vor allem im Hinblick auf die Verwendung von personenbezogenen Aufnahmen als fraglich.145 Die eigentliche Funktion der Aufnahmen ist hier von hoher Bedeutung. Die Aufnahmen dienen, da sie im Gegensatz zu den Kommentierungen keinen beachtenswerten Informationsgehalt aufweisen, primär dem Transport der durch die Kommentare gegebenen Informationen.146 Das Publikum will unterhalten werden. Hierfür werden die personenbezogenen Aufnahmen in die Berichterstattungen eingebun139 Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 62, 293; a. A. wohl OLG Stuttgart JZ 1960, 126 (129) – „. . . Bildliche Darstellungen mit knappem Begleittext erscheint daher unentbehrlich . . .“. 140 A. A. Neumann-Duesberg JZ 1960, 114 (117), der die Publikation des Bildnisses eines wegen brutalen Übereifers verdächtigen Polizisten mit der Erwägung rechtfertigt, manche Leser könnten einen ihnen schon früher aufgefallenen Polizisten wiedererkennen und das Bildnis des Polizisten so aufschlussreich finden. 141 Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 60, 293. 142 Weiler ZRP 1995, 130 (133). 143 Vgl. C. I. 2. a) aa). 144 Dass der Rundfunk wesensmäßig auf Film- und Tonmaterial angewiesen ist [Hünig, Schutz des Beschuldigten, S. 90; Lampe NJW 1973, 217 (220); Lehr NStZ 2001, 63 (65 f.)], wird hier nicht in Frage gestellt. 145 So auch Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 60.

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F. Leitkriterien

den.147 Die eigentliche Funktion der Aufnahmen beschränkt sich somit darauf, die Sendungen für das Publikum attraktiver zu gestalten.148 Das bedeutet aber, dass die Aufnahmen auch nach dem Verständnis des Rundfunks primär der Illustration der eigentlichen Gerichtsberichterstattung dienen, nicht aber dazu, die Allgemeinheit zu informieren.149 Dementsprechend, auch aus Rundfunksicht, sind die Aufnahmen nicht erforderlich, um eine Informationspflicht zu erfüllen.150 Man könnte allerdings versuchen, die Erforderlichkeit der Aufnahmen mit eben der bezweckten Attraktivitätssteigerung zu begründen. Bamberger151, der dies annimmt, setzt an der immer schwerer zu gewinnenden Aufmerksamkeit der Zuschauer und Zuhörer an. Die publizierenden Medien müssen sich um diese bemühen, sollen Informationen vermittelt werden. Deshalb seien die Gerichtsberichterstattungen „. . . auch auf die inhaltlich scheinbar unerheblichen äußeren Umstände eines Gerichtsverfahrens angewiesen . . .“152. Er hält die Aufnahmen damit für erforderlich, um die Resonanz des Publikums zu bewirken. Vergegenwärtigt man sich jedoch, wem die erhöhte Attraktivität vorrangig zu Gute kommt, erweist sich die Ansicht Bambergers als nicht überzeugend. Denn es sind die Rundfunkanbieter, die von den Wirkungen der Aufnahmen profitieren. Die höhere Attraktivität der Sendungen führt nämlich zu einer höheren Einschaltquote und so zu höheren Einnahmen.153 Die Bild- und Tonberichterstattung dient, wenn es um Gerichtsberichterstattungen geht, also weniger dem Publikum als vielmehr der Wirtschaftlichkeit der Rundfunkanbieter. Das aber vermag nicht zu begründen, dass die Aufnahmen sachlich erforderlich sind. Dass personenbezogenen Aufnahmen, welche die Aufgenommenen ihrer Anonymität regelmäßig berauben, nicht als sachlich notwendig einzustufen sind, kommt auch im Gesetz zum Ausdruck. Wären derartige Aufnahmen unbedingt erforderlich, um die Bevölkerung in ausreichendem Maße zu informieren, 146

Lent, Rundfunk-, Medien- und Teledienste, S. 65 f.; Bamberger ZUM 2001, 373

(378). 147 So stuft Franke, Bildberichterstattung, S. 80 Bildnisse der Angeklagten zu recht nicht als Nachrichtenbilder, sondern als Unterhaltungsbilder ein. Diese Aussage ist auf alle abgebildeten Personen erweiterbar. 148 OLG Hamburg NJW-RR 1996, 90 (91 f.); Bussmann JR 1955, 202 (205); Weiler ZRP 1995, 130 (133); Ernst NJW 2001, 1624 (1625). 149 Allgemeiner Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 60; Weiler ZRP 1995, 130 (133); Ernst ZUM 1996, 187 (191); Ernst NJW 2001, 1624 (1625). 150 Hünig, Schutz des Beschuldigten, S. 81; Riklin, in: Stigmatisierung, S. 129 (146). 151 Bamberger ZUM 2001, 373 (378); in diese Richtung wohl auch OLG Hamburg AfP 2005, 76 (78): „. . . Vor diesem Hintergrund diente die zur Illustration der Artikel verwendete Fotografie nicht der bloßen Sensationslust, sondern zog die Aufmerksamkeit der Leser auf die im Text befindlichen Informationen über . . . auf sich . . .“. 152 Bamberger ZUM 2001, 373 (378). 153 Vgl. C. II. 5. a).

IV. Zusammenfassung

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müsste sich dies im Recht wiederfinden. Es wäre daher anzunehmen, dass den Aufnahmen ein besonderer Schutz zu Teil wird. Der Gesetzgeber entschied sich für den Bereich der Bildnisse und Bilder im engeren Sinne aber ausdrücklich für den umgekehrten Fall. Aus §§ 22 f. KUG kann abgelesen werden, dass der Gesetzgeber nicht von einer zwingenden Notwendigkeit der Bildberichterstattung ausgegangen ist, denn sonst hätte er der Bildberichterstattung und nicht den Interessen des Abgebildeten den grundsätzlichen Vorrang eingeräumt. Rechnung getragen wird durch § 23 Abs. 1 KUG nicht der Notwendigkeit der Bilder für die Erfüllung der Informationsaufgabe, sondern den Vorzügen der Bilder im Rahmen der Informationsaufnahme.154 Diese aber vermögen eine sachliche Erforderlichkeit der Aufnahmen nicht zu begründen. Überdies ist es bislang nicht nachgewiesen, dass die Erfüllung des publizistischen Auftrages, also die Wahrnehmung der Informationsaufgabe der Medien, eine bildhafte Darstellung des Geschehens und der Personen erfordert.155 Im Gegenteil ist festzustellen, dass der Meinungsbildungsprozess in der Öffentlichkeit, dessen Ermöglichung übrigens auch Aufgabe des Rundfunks ist, durch Bildveröffentlichungen oder Namensnennungen überhaupt nicht gefördert wird.156 Somit sind Herstellung und Veröffentlichung der Aufnahmen weder aus der Sicht des Publikums noch aus der Sicht der Rundfunkanbieter sachlich notwendig. Selbst die wenigen, durch die Aufnahmen vermittelten Informationen lassen sich in Worte fassen. Wirklich erforderlich, um die Allgemeinheit ausreichend zu informieren, sind lediglich Kommentare als die eigentlichen Berichterstattungen. Bild- und Tonaufnahmen sind hierzu allenfalls nützlich.157

IV. Zusammenfassung Sämtliche der drei hier dargestellten Aspekte weisen mehr oder weniger gegen eine unbeschränkte Zulassung von personenbezogenen Bild- und Tonaufnahmen im Umfeld der strafgerichtlichen Hauptverhandlung. Nur in wenigen Fällen kann ein Informationsinteresse der Bevölkerung sowohl in allgemeiner als auch in speziell aufnahmebezogener Hinsicht angenommen werden. Wenn es um Angeklagte und Verurteilte geht, muss es entweder um Strafverfahren gehen, die schwerste Kriminalität zum Gegenstand haben, oder es müssen besondere Umstände hinsichtlich der Personen vorliegen. Letzteres gilt auch für Richter und Staatsanwälte. Alle anderen im Sitzungsbereich anwesenden Perso154

Vgl. Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 64. MK BGB I (3. Aufl.)/Schwerdtner, § 12 RN 174; Schwerdtner, Persönlichkeitsrecht, S. 224. 156 So Staudinger II/Hager, § 823 RN C 226. 157 So auch Arzt, Der strafrechtliche Schutz der Intimsphäre, S. 58 f.; Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 246; Bornkamm NStZ 1983, 102 (105); andeutend Kühl FSHubmann, S. 241 (253); a. A. Kuß, Öffentlichkeitsmaxime, S. 139. 155

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F. Leitkriterien

nen unterliegen, bis auf hier zu vernachlässigende Ausnahmen, keinem solchen Interesse. Zudem muss der Informationsgehalt personenbezogener Aufnahmen als äußerst gering eingestuft werden, was daran liegt, dass Wissen über Strafverfahren und Strafjustiz im Allgemeinen ausschließlich aus den Kommentierungen gezogen werden kann. Mit den Aufnahmen können nur eng begrenzte Informationen gegeben werden. Hieran anknüpfend gerät auch die Erforderlichkeit der personenbezogenen Aufnahmen ins Wanken. Sowohl aus Sicht der Zuschauer und Zuhörer als auch aus Sicht des Rundfunks sind Aufnahmen aus dem Sitzungsbereich in informativer Hinsicht nicht zwingend. Aus diesen kann das Publikum weder relevantes Wissen ziehen, noch werden sie vom Rundfunk hierzu vorrangig eingesetzt. Sämtliche Informationen lassen sich auch in Worte fassen. Auf diese Feststellung wird im Rahmen des folgenden Abschnitts des Öfteren zurückzukommen sein.

G. Die Kriterien der Interessenabwägung Der Vorsitzende Richter hat über die Aufnahmen mittels § 176 GVG und so mittels einer umfassenden Abwägung aller tangierten Positionen zu entscheiden.1 Insofern ist es verwunderlich, dass nur an 63 Prozent der Landgerichte die Entscheidung anhand einer umfassenden Abwägung gefunden wird. Die vermeintlich klare Aussage, dass eine solche erforderlich ist, verliert ihre Konturen, wenn man versucht, diejenigen Rechte und Interessen zu benennen, die in den Abwägungsprozess einzubeziehen sind. Im Hinblick auf Bild- und Tonaufnahmen im Umfeld der strafgerichtlichen Hauptverhandlung lassen sich drei Ansatzpunkte finden, nämlich Strafverfahren, Rundfunk und von den Aufnahmen betroffene Personen. Diese gilt es in diesem Abschnitt auf deren Einschlägigkeit hin zu untersuchen. Nur wenn dies getan ist, kann eine Abwägung durchgeführt werden.2 Wie sich zeigen wird, liegen in diesem Bereich viele Probleme. Da Herstellung und Veröffentlichung der Aufnahmen eng und untrennbar miteinander verknüpft sind, müssen die einzustellenden Aspekte in beiden Bereichen gesucht werden.

I. Die Persönlichkeitsrechte Im Mittelpunkt der Betrachtungen zum Konflikt zwischen Rundfunk und Betroffenen stehen regelmäßig die Persönlichkeitsrechte der aufgenommenen Personen, welche wesentliche Kriterien im Rahmen der Abwägung sind.3 Hier ist danach zu unterscheiden, ob Beeinträchtigungen der Persönlichkeitsrechte durch die Herstellung von Aufnahmen oder durch deren Publikation bewirkt werden. Den Grad der Beeinträchtigung der Persönlichkeitsrechte des Angeklagten stellt die landgerichtliche Praxis am häufigsten in die aufnahmebezogene Entscheidungsfindung ein. An 84 Prozent der Gerichte wird die Entscheidung hinsichtlich § 176 GVG zumindest auch an diesem Kriterium festgemacht.4 An 1 BVerfG NJW 2002, 2021 (2022); BVerfG NJW 1996, 310 (310); SK StPO/Rogall, Vor § 133 RN 82; Britz, Fernsehaufnahmen, S. 115; Jahns, Verletzung von Persönlichkeitsrechten, S. 11; Bornkamm NStZ 1983, 102 (103); Plate NStZ 1999, 391 (392); von Coelln ZUM 2001, 478 (479); Lehr NStZ 2001, 63 (65). 2 Vgl. Erman/Ehmann, Anh § 12 RN 332; Gronau, Persönlichkeitsrecht und Medienfreiheit, S. 181; Jahns, Verletzung von Persönlichkeitsrechten, S. 11; von Gamm NJW 1979, 513 (516). 3 Lilie, in: AE-StuM, S. 116 (125); vgl. auch Giger JZ 1971, 249 (249 f. FN 1). 4 Vgl. die Auswertung der Frage 9 des Fragebogens in Anlage 3.

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G. Die Kriterien der Interessenabwägung

weniger Gerichten, nämlich an 77 Prozent der Landgerichte, wird den Beeinträchtigungen der Persönlichkeitsrechte der sonstigen Verfahrensbeteiligten mit Ausnahme der Richter und Staatsanwälte Beachtung geschenkt.5 Die Persönlichkeitsrechtsbeeinträchtigungen letzterer dagegen werden nur an 28 Prozent der Gerichte in die Entscheidung einbezogen.6 Sowohl im Muster einer Drehgenehmigung, wonach die Persönlichkeitsrechte sämtlicher im Gerichtsgebäude anwesenden Personen zu beachten sind7 als auch in einem Merkblatt für die Bildberichterstattung im und vor dem Justizgebäude, nach dem es allein dem Angeklagten obliegt, über die Anfertigung von Aufnahmen seiner Person zu entscheiden,8 wird die Orientierung der gerichtlichen Praxis an den Persönlichkeitsrechten deutlich. 1. Grundlagen Basis aller Persönlichkeitsrechte ist das Grundgesetz. Dem Wortlaut des Art. 2 Abs. 1 GG eher entsprechend, wird neben der allgemeinen Handlungsfreiheit9 auch die Integrität der Person selbst geschützt. Erfasst wird damit sowohl das Tun als auch das Sein einer Person.10 Damit enthält Art. 2 Abs. 1 GG zwei voneinander zu trennende Schutzrichtungen. Allerdings ist Art. 2 Abs. 1 GG im Zusammenhang mit Art. 1 Abs. 1 GG zu sehen.11 Erst die Verbindung beider Artikel führt zum anerkannten allgemeinen Persönlichkeitsrecht, das die Grundlage aller Persönlichkeitsrechte bildet.12 Dabei ist Art. 2 Abs. 1 GG, in dem alle 5

Vgl. die Auswertung der Frage 9 des Fragebogens in Anlage 3. Vgl. die Auswertung der Frage 9 des Fragebogens in Anlage 3. 7 Vgl. Anlagen 8 und 9. 8 Vgl. Anlage 7. 9 In der „Elfes-Entscheidung“ stellte das Bundesverfassungsgericht E 6, 32 (36 f.) nämlich fest, dass Art. 2 Abs. 1 GG inhaltlich ein Grundrecht gewährt, wonach jeder tun und lassen könne, was er wolle. Danach gab es also keinen speziellen Grundrechtsschutz für das allgemeine Persönlichkeitsrecht, wie es der Wortlaut des Art. 2 Abs. 1 GG vermuten lässt. Vgl. dazu Jarass, in: Recht der Persönlichkeit, S. 89 (90 f.). 10 Sachs/Murswiek, Art. 2 RN 59; Jarass/Pieroth/Jarass, Art. 2 RN 30; Jahns, Verletzung von Persönlichkeitsrechten, S. 28; Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 17; so bereits Dürig JR 1952, 259 (260 f.); vgl. auch Jarass NJW 1989, 857 (859). 11 BVerfGE 35, 202 (220); BGH NJW 2005, 215 (216); BVerfG NJW-RR 2006, 883 (883); BGH NJW 2006, 603 (604); OLG Karlsruhe NJW-RR 2005, 1267 (1268); OLG Karlsruhe NJW 2006, 617 (618); OLG München NJW-RR 2006, 328 (329); LG Halle NJW-RR 2006, 188 (189); LG Bonn NJW-RR 2005, 1067 (1067); Pieroth/ Schlink, Staatsrecht II, RN 373; Helle, Schutz der Persönlichkeit, S. 72; Jahns, Verletzung von Persönlichkeitsrechten, S. 28. 12 Das allgemeine Persönlichkeitsrecht wurde vom Bundesgerichtshof für Zivilsachen im „Leserbrief-Urteil“ [BGHZ 13, 334 (337 f.)] vom 25. Mai 1954 als neues subjektives Recht aus den Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG entwickelt. [Dem folgend BGHZ 15, 249 (257 f.); 20, 345 (351); 24, 72 (76) = NJW 6

I. Die Persönlichkeitsrechte

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Lebensbereiche geschützt werden, die eigentliche Basis.13 Über Art. 1 Abs. 1 GG wird dann aber ein unbeschränkbarer Kern des Persönlichkeitsrechts anerkannt.14 a) Inhalt und relevante Ausprägungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts Mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht wird so ein autonomer Bereich privater Lebensführung gewährleistet, in dem die eigene Individualität entwickelt und gewahrt werden kann.15 Die im allgemeinen Persönlichkeitsrecht zusammengefassten Rechte auf freie Entfaltung der Persönlichkeit und auf Wahrung der Menschenwürde gewährleisten dem Einzelnen einen abgeschirmten Bereich privater Lebensgestaltung, welcher der Einwirkung der öffentlichen Gewalt entzogen ist.16 In dogmatischer Hinsicht ist allerdings zwischen zivilrechtlichem und verfassungsrechtlichem Persönlichkeitsrecht zu unterscheiden. Zwar lassen sich beide Rechte auf Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG zurückführen, sie sind jedoch nicht identisch.17 Während es einmal um ein Grundrecht 1957, 1146 (1146 f.); 26, 349 (354); 27, 284 (285); 30, 7 (10); 33, 20 (22 f.); 35, 363 (367); 39, 124 (131); 50, 133 (138); vgl. dazu von Gamm, Persönlichkeits- und Ehrverletzungen durch Massenmedien, RN 51; Gottwald, Das allgemeine Persönlichkeitsrecht, S. 172 ff.; Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 46; Gronau, Persönlichkeitsrecht und Medienfreiheit, S. 19, 61 ff.; Bethge UFITA 95 (1983), 251 (254); Jarass NJW 1989, 857 (858); Horst NZM 2000, 937 (938)] Dieses Recht wurde dann vom Bundesverfassungsgericht im „Soraya-Urteil“ (BVerfGE 34, 269 (280 ff.) – vorausgegangen war der vom Bundesgerichtshof (BGH NJW 1965, 685 ff.) bestätigte Zuspruch eines Schmerzensgeldes auf Grund der Veröffentlichung eines frei erfundenen Interviews – bestätigt [Kritisch dazu Ridder AfP 1973, 453 (453 ff.); vgl. auch BVerfGE 69, 226 (231); Gottwald, Das allgemeine Persönlichkeitsrecht, S. 317 ff.; Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 6 f.; Soergel 5/2/Zeuner, § 823 RN 71; Schwerdtner JuS 1978, 289 (289)] und zu einem echten Grundrecht weiterentwickelt. (Vor allem BVerfGE 54, 148 (1552 f.); vgl. dazu Sachs/Murswiek, Art. 2 RN 60; Jarass/Pieroth/Jarass, Art. 2 RN 28; von Münch/Kunig I/Kunig, Art. 2 RN 30; Müller, Bildnisveröffentlichung, S. 24). 13 von Münch/Kunig I/Kunig, Art. 2 RN 30; Franke, Bildberichterstattung, S. 83; Helle, Schutz der Persönlichkeit, S. 72; Pieroth/Schlink, Staatsrecht II, RN 373; Jarass NJW 1989, 857 (857). 14 BVerfGE 75, 369 (380); Jarass/Pieroth/Jarass, Art. 2 RN 29. 15 Paschke, Medienrecht, RN 719; Dohnold ZUM 1991, 28 (28). 16 BVerfGE 27, 1 (6); 27, 1 (6); 44, 197 (203); 35, 202 (220); 79, 256 (268 f.); 90, 263 (270); Dreier I/Dreier, Art. 2 I RN 70; Pohl, in: Das Persönlichkeitsrecht, S. 25 (27); von Gamm NJW 1979, 513 (514); Kortz AfP 1997, 443 (446). In ähnlicher Weise gewährt Art. 8 MRK jedermann einen Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens. Zur problematischen Auslegung des Art. 8 EMRK vgl. z. B. Bleckmann, in: Recht der Persönlichkeit, S. 9 (9 ff.). 17 Jarass/Pieroth/Jarass, Art. 2 RN 28; Erman I/Ehmann, Anh § 12 RN 91, Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 51; Neben, Personenberichterstattung, S. 142, 144;

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G. Die Kriterien der Interessenabwägung

geht, geht es das andere Mal um ein Institut des einfachen privaten Rechts ohne (direkten) Verfassungsrang.18 Dies spielt vor allem im Hinblick auf die Anwendbarkeit der Persönlichkeitsrechte eine Rolle.19 Da die Unterscheidung für den Gang der Arbeit aber ohne Auswirkungen ist, soll sie im Folgenden vernachlässigt werden. Es wird deshalb undifferenziert vom allgemeinen Persönlichkeitsrecht gesprochen, wobei es primär um das Grundrecht geht. Im Laufe der Zeit wurde der konturenlose und weite Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts dadurch systematisiert, dass Fallgruppen, es sind drei an der Zahl, gebildet wurden.20 Diese sind das Recht auf Selbstdarstellung in der Öffentlichkeit21, das Recht auf informationelle Selbstbestimmung22 und das Recht der Selbstbewahrung23 als Schutz der Privatsphäre im engeren Sinne. In sachlicher Hinsicht ist der Schutzbereich gleich in mehrfacher Hinsicht betroffen. Hier spielen die drei genannten Fallgruppen eine Rolle. Der Schutz des Rechtes auf Selbstbewahrung ist räumlich zwar nicht auf den häuslichen Bereich begrenzt24, wohl aber auf Orte, die nicht der breiten Öffentlichkeit, verstanden als Zustand möglicher Wahrnehmbarkeit und Zugänglichkeit eines GeWente, Das Recht der journalistischen Recherche, S. 82; Wiese ZfA 1971, 273 (276); Hubmann UFITA 70 (1974), 75 (77); Jarass NJW 1989, 857 (858). 18 BVerfGE 34, 269 (281) = NJW 1973, 1221 (1223); Neben, Personenberichterstattung, S. 142 ff.; Schwerdtner JuS 1978, 289 (291); Jarass NJW 1989, 857 (858); Ehmann JuS 1997, 193 (197); ansatzweise Brandner JZ 1983, 689 (698 f.). 19 Hierauf wird unter G. I. 1. c) in einem eigenen Abschnitt eingegangen. 20 Vgl. dazu von Münch/Kunig I/Kunig, Art. 2 RNn 30 f.; Prinz/Peters, Medienrecht, RN 50. 21 Dieses umfasst vor allem das Recht des Einzelnen, selbst darüber befinden zu dürfen, wie er sich gegenüber Dritten oder gegenüber der Öffentlichkeit darstellen will und ob beziehungsweise inwieweit Dritte die Persönlichkeit des Einzelnen zum Gegenstand öffentlicher Erörterungen machen dürfen. BVerfGE 35, 202 (220) = NJW 1973, 1226 (1227 f.); 54, 148 (155) = NJW 1980, 2070 (2071); 63, 131 (142) = NJW 1983, 1179 (1180); BVerfG NJW 2005, 883 (883); BVerfG AfP 2005, 171 (172); BGH NJW 2006, 603 (604); BGH NJW 2005, 56 (57); Dreier I/Dreier, Art. 2 I RN 71; Jarass/ Pieroth/Jarass, Art. 2 RN 31; Gronau, Persönlichkeitsrecht und Medienfreiheit, S. 66; Jarass NJW 1989, 857 (859). 22 Danach hat jedermann das Recht, selbst darüber zu entscheiden, ob er selbst oder Informationen über ihn aufgenommen werden oder nicht und was gegebenenfalls mit den Aufnahmen oder Informationen geschehen soll. BVerfGE 65, 1 (41 f.); 78, 77 (84); 80, 367 (373); 84, 192 (194); BGH NJW 1985, 1615 (1618); BGH NJW 1991, 1532 (1533); Dreier I/Dreier, Art. 2 I RN 78; von Münch/Kunig I/Kunig, Art. 2 RN 38; Jarass/Pieroth/Jarass, Art. 2 RN 32; Staudinger II/Hager, § 823 RN C 174; Wente, Das Recht der journalistischen Recherche, S. 133 ff.; Branahl, in: Medien-Ethik, S. 224 (226). 23 Hierdurch wird ein räumlicher Bereich, in dem der Einzelne zu sich kommen, entspannen oder auch sich gehen lassen kann, geschützt. BVerfGE 101, 361 (382 f.); Jarass/Pieroth/Jarass, Art. 2 RN 34; Wenzel/von Strobl-Alberg, Wort- und Bildberichterstattung, Kap. 8 RN 66. 24 BVerfGE 101, 361 (383 f.); BGH NJW 1996, 1128 (1129); Wenzel/von StroblAlberg, Wort- und Bildberichterstattung, Kap. 8 RN 68.

I. Die Persönlichkeitsrechte

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schehens für die Allgemeinheit25, zuzuordnen sind. Aufnahmen im Sitzungsbereich, der öffentlich zugänglich ist, fallen daher nicht unter diese Fallgruppe. Sowohl das Recht auf Darstellung in der Öffentlichkeit als auch das auf informationelle Selbstbestimmung sind dagegen berührt. Beide Rechte sind in räumlicher Hinsicht unbeschränkt.26 Der Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts umfasst unter anderem auch die Rechte am eigenen Bild und gesprochenen Wort, die besondere Ausprägungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts sind.27 Das Recht am eigenen Bild bezieht sich auf die Selbstdarstellung in der Öffentlichkeit. Das Recht auf Selbstbestimmung ist diesbezüglich nicht einschlägig.28 Jedermann kann danach grundsätzlich selbst und frei bestimmen, ob, wie und wieweit andere sein Bildnis öffentlich darstellen dürfen.29 Werden personenbezogene Bildaufnahmen veröffentlicht, so ist dieses Recht berührt. Gleiches gilt für das im Vergleich zum Recht am eigenen Bild stiefmütterlich behandelte Recht am eigenen Wort. Auch dieses Recht ist dem Recht auf Selbstdarstellung in der Öffentlichkeit zuzuordnen und soll vor ungewollten Veröffentlichungen gesprochener Worte schützen.30 Schließlich ist, da weitere spezielle Persönlichkeitsrechte hier nicht einschlägig sind, in mehrfacher Hinsicht auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht zurückzugreifen. Dieses wird durch die heutigen Gerichtsberichterstattungen in mehrfacher Hinsicht berührt. Vor allem ist auf den Aufnahmeprozess abzustellen. Einschlägig ist diesbezüglich die Fallgruppe der informationellen Selbstbestimmung. Jeder kann danach grundsätzlich selbst bestimmen, ob, wann und wo 25 BVerfG NJW 2000, 1021 (1022); BGH AfP 1996, 140 (142); Müller, Bildnisveröffentlichung, S. 113; Wenzel/von Strobl-Alberg, Wort- und Bildberichterstattung, Kap. 8 RN 69; Neben, Personenberichterstattung, S. 221 f. 26 Müller, Bildnisveröffentlichung, S. 113 f. 27 BVerfGE 34, 238 (246); 35, 202 (220); BVerfG NJW 2002, 3619 (3621); BGH NJW 1962, 1004 (1005) = GRUR 324 (325); BGH NJW 1965, 1374 (1374) = GRUR 1965, 495 (495); Sachs/Murswiek, Art. 2 RN 71; Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 28; Olizeg, Hausrecht, S. 212; von Gamm, Persönlichkeits- und Ehrverletzungen durch Massenmedien, RNn 37, 57; Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 98; Bleckmann, Staatsrecht II, § 21 RN 89; Jahns, Verletzung von Persönlichkeitsrechten, S. 43; Müller, Bildnisveröffentlichung, S. 25 f.; Gronau, Persönlichkeitsrecht und Medienfreiheit, S. 201; Branahl, in: Medien-Ethik, S. 224 (226); Wiese FS-Hubmann, S. 481 (482); Dohnold ZUM 1991, 28 (28); Degenhart JuS 1992, 361 (361 f.); Pieroth, in: Recht der Persönlichkeit, S. 249 (258); Kortz AfP 1997, 443 (446). 28 BVerfGE 97, 228 (268); Dreier I/Dreier, Art. 2 I RN 72; von Münch/Kunig I/ Kunig, Art. 2 RN 38; Jarass/Pieroth/Jarass, Art. 2 RN 31; Staudinger II/Hager, § 823 RN B 140; Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 47, 68; Amelung/Tyrell NJW 1980, 1560 (1560); Helle JZ 1988, 309 (309) m.w. N.; im Ergebnis ebenso, wenn auch nicht so deutlich Jarass NJW 1989, 857 (859). 29 BVerfGE 35, 202 (220); 63, 131 (142); BGH NJW 1979, 2205 (2206); Staudinger II/Hager, § 823 RN C 151 m.w. N.; Nicolini/Ahlberg/Gass, UrhG, UrhG, § 60 Anh. RN 2; Pieroth, in: Recht der Persönlichkeit, S. 249 (258). 30 von Münch/Kunig I/Kunig, Art. 2 RN 35; Staudinger II/Hager, § 823 RN C 161; Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 229; Jarass NJW 1989, 857 (859).

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G. Die Kriterien der Interessenabwägung

Aufnahmen angefertigt werden.31 Ähnliche Verletzungen sind auch durch die Aufnahmeveröffentlichung begleitende Umstände, wie zum Beispiel Namensnennungen oder Kommentierungen der Aufnahmen, möglich. Somit gilt es in den nachfolgenden Abschnitten zu klären, ob und inwieweit die verschiedenen Persönlichkeitsrechte durch personenbezogene Bild- und Tonaufnahmen verletzt werden. b) Personeller Schutzbereich Der Wortlaut des Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG ist, was den personellen Schutzbereich angeht, eindeutig. Geschützt wird jede natürliche Person unabhängig von Herkunft, Nationalität oder Alter.32 In der rechtswissenschaftlichen Diskussion werden die Persönlichkeitsrechte zum größten Teil nur bezüglich der Angeklagten und Verurteilten betrachtet.33 Die anderen von den Aufnahmen betroffenen Personen werden dagegen nur selten in die Betrachtungen integriert.34 Hinzuweisen ist hier auf zweierlei. Verurteilte Straftäter und erst recht Angeklagte genießen den gleichen Persönlichkeitsschutz wie jede andere Person. Es können keine Abstriche vorgenommen werden. Überraschenderweise ist die Rechtsprechung diesbezüglich längst nicht so eindeutig, wie es zu vermuten ist. So stellte der Bundesgerichtshof in einer Entscheidung auf die Unbescholtenheit eines Bürgers ab, um eine massive Persönlichkeitsrechtsverletzung zu begründen.35 Ebenfalls ziehen beispielsweise das Oberlandesgericht Nürnberg36 und 31 OLG Hamm GRUR 1971, 84 (85); OLG Karlsruhe GA 1982, 224 (225 f.) = NStZ 1982, 123; Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 71 f.; Müller, Bildnisveröffentlichung, S. 45; Jarass NJW 1989, 857 (859). 32 BVerfGE 47, 46 (72 f.); BGHZ 120, 29 (35); LG Berlin UFITA 74 (1975), 350 (352 f.); Dreier I/Dreier, Art. 2 I RN 81; Jarass/Pieroth/Jarass, Art. 2 RN 39; von Münch/Kunig I/Kunig, Art. 2 RN 39; von Gamm, UrhG, Einf. RNn 102, 108; Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 36; Jarass NJW 1989, 857 (859); Kunig Jura 1993, 595 (598 f.); a. A. Landwehr, Das Recht am eigenen Bild, S. 35 f. 33 Bornkamm, Pressefreiheit und Fairneß, S. 207 ff. beispielsweise stellt die Schutzbedürftigkeit von verschiedenen Verfahrensbeteiligten differenzierend dar, spricht aber einzig das Persönlichkeitsrecht des Beschuldigten an (S. 216, 247 ff.); auch Weiler ZRP 1995, 130 (135 f.) geht nur auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Beschuldigten ein. 34 So spricht Heinze FS-Stree/Wessels, S. 951 (952) das Persönlichkeitsrecht des Opfers (wenigstens) in wenigen Zeilen an; Olizeg, Hausrecht, S. 212 dagegen spricht ausdrücklich vom allgemeinen Persönlichkeitsrecht der Beteiligten, ohne dabei näher zu unterscheiden; auch Kortz AfP 1997, 443 (446) spricht von den Verfahrensbeteiligten; ebenso LR VII/Wickern, Vor § 169 GVG RN 17, allerdings auf die Berichterstattung und nicht auf die Aufnahmen als solche bezogen; an das Persönlichkeitsrecht der Zeugen knüpft Böttcher FS-Kleinknecht, S.25 (47) an. 35 BGH NJW 1963, 904 (904). Der später freigesprochene Angeklagte wurde in der Presse als einer der Hauptdrahtzieher der Tätergruppe angesehen.

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das Kammergericht37 den Ausgang des Strafverfahrens, also das Urteil, zur Beurteilung der im Raum stehenden Persönlichkeitsrechtsverletzung heran. Auch in der Literatur38 wird diese Sicht vertreten. Ob der Bericht wahr oder unwahr ist, soll aber gerade erst durch das Strafverfahren geklärt werden. Das Urteil wirkt nicht auf den hier maßgebenden Zeitpunkt zurück. Es ist daher unerheblich, ob der Angeklagte verurteilt oder freigesprochen wurde.39 Überhaupt ist es abzulehnen, einen gestuften Grad an Persönlichkeitsschutz, etwa anhand des medialen Interesses oder der Stellung im Verfahren, anzunehmen.40 Auch Richtern und Staatsanwälten als natürliche Personen, die sie trotz ihres Amtes bleiben, kann der Persönlichkeitsschutz nicht vorenthalten werden. Andere verweisen auf die öffentlichen Ämter dieser Personen, die einem vollen Persönlichkeitsschutz entgegen stehen sollen.41 Die Privatautonomie des betroffenen Beamten werde im Bereich der Dienstausführung von seinen öffentlich-rechtlichen Funktionen und Bindungen überlagert.42 Die Persönlichkeitsrechte der Richter und Staatsanwälte müssten so „. . . hinter das Berichterstattungsinteresse wegen des Grundsatzes der Öffentlichkeit des Verfahrens zurücktreten . . .“43. Paeffgen44 führt zwei weitere Gründe an, um zu belegen, dass sich Amtswalter während der Dienstzeit nur ausnahmsweise auf Persönlichkeitsrechtsverletzungen berufen können. Zum einen verliere der Schutzzweck des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, privaten Freiraum zu schaffen, seine Funktion, wenn es um öffentlich-rechtliches Handeln geht. Zum anderen sei das Erfordernis einer öffentlichen Kontrolle gegenüber hoheitlichen Handeln anzuführen. Beide Argumente überzeugen aber nicht. Denn der Schutz durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht ist nicht auf den Privatbereich begrenzt. Auch sind der Verfassung keine in diese Richtung gehenden Aussagen zu entnehmen. Der Bürger verschwindet nicht hinter der Funktion, die er ausübt.45 Auch Richter und Staatsanwälte sind Menschen, denen ein entsprechender Schutz zuteil werden muss. Des 36

OLG Nürnberg MDR 1963, 412 (413). KG NJW 1968, 1969 (1970). 38 Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 76. 39 So auch Bornkamm, Pressefreiheit und Fairneß, S. 252 f., 270; Riklin/Höpfel, in: AE-StuM, S. 53 (59). 40 Anders Werhahn UFITA 37 (1962), 22 (42), dem es „. . . Selbstverständlich . . .“ erscheint, dass die Interessen des nur Tatverdächtigen, also auch des Angeklagten, höher zu werten sind als die des Verurteilten; wohl auch Hubmann JZ 1957, 521 (527). 41 BVerfG NJW 2000, 2890 (2890 f.); Wenzel/von Strobl-Alberg, Wort- und Bildberichterstattung, Kap. 7 RN 33; Gündisch/Dany NJW 1999, 256 (259); ähnlich Ceasar Recht und Politik 32 (1996), 144 (147). 42 Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 83; Jarass JZ 1983, 280 (282). 43 Wenzel/von Strobl-Alberg, Wort- und Bildberichterstattung, Kap. 7 RN 33; ähnlich Paeffgen JZ 1979, 516 (517 f.), der Ausnahmen dann aber macht, wenn die Aufnahmen einzig der Individualisierung des Amtsinhabers dienen (S. 518). 44 Paeffgen JZ 1979, 516 (517 f.). 45 Das stellt Franke JR 1982, 48 (49) zutreffend fest. 37

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G. Die Kriterien der Interessenabwägung

Weiteren erfordern Demokratie und Gesellschaft lediglich, dass das Handeln dieser Personen einer öffentlichen Kontrolle unterworfen ist, nicht aber auch die Handelnden selbst. Diesem Personenkreis können keine Rechte abgesprochen werden. Die Stellung der Richter und Staatsanwälte im Verfahren und ihr selbst gewähltes Berufsbild können also keine Verringerung des Persönlichkeitsschutzes bewirken.46 Sämtliche natürlichen Personen können sich daher auf den vollen Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechtes berufen, gleichgültig in welcher Stellung und mit welcher Intention sie im Gerichtsgebäude anwesend sind.47 Deshalb müssen die Persönlichkeitsrechte aller im Sitzungsbereich anwesenden Personen in die Abwägung eingestellt werden.48 c) Wirkungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts zwischen Medien und Betroffenen Die bereits angesprochene Differenzierung zwischen zivilrechtlichem und öffentlich-rechtlichem allgemeinen Persönlichkeitsrecht hat vor allem Auswirkungen auf deren direkte Anwendbarkeit. Mit dem grundrechtlichen Persönlichkeitsrecht soll die Freiheitssphäre des Individuums vor Eingriffen der öffentlichen Gewalt bewahrt werden. Vor Eingriffen von privater Seite wird nicht geschützt.49 Behindern Aktivitäten privater Dritter die konkrete Grundrechtsausübung so kann dies keine Grundrechtsbeeinträchtigung im technischen Sinne bedeuten.50 Mithin können die privaten Rundfunkanbieter nicht in den grundrechtlich geschützten Bereich eingreifen. Anders könnte das Ergebnis nur lauten, wenn eine unmittelbare Drittwirkung von Grundrechten anzuerkennen wäre.51 Angeführt wird hierfür die Intention des Grundgesetzes, nach welcher

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Wenzel/von Strobl-Alberg, Wort- und Bildberichterstattung, Kap. 7 RN 31. Prinz NJW 1995, 817 (821). 48 Das wird in den Mustern einer Dreh- beziehungsweise Fotogenehmigung (Anlagen 8 und 9) deutlich gemacht. 49 BVerfGE 7, 198 (204); 21, 362 (369); 50, 290 (336 f.); 61, 82 (101); 68, 193 (205); 84, 192 (194 f.); von Münch/Kunig I/Kunig, Art. 2 RN 40; Jarass/Pieroth/Jarass, Art. 2 RNn 40 ff.; Neben, Personenberichterstattung, S. 149; Canaris AcP 184 (1984), 201 (245); Soehring GRUR 1986, 518 (519); Canaris JuS 1989, 161 (161 f.); Hager JZ 1994, 373 (374); Jarass AöR 120 (1995), 345 (347). 50 Eckhoff, Der Grundrechtseingrifff, S. 288 ff.; Jarass AöR 120 (1995), 345 (362 f.). 51 So BAGE 1, 185 (193 f.); 4, 274 (276 ff.), das verschiedene Grundrechte als gesetzliche Verbote im Sinne von § 134 BGB qualifiziert hat; Leisner, Grundrechte und Privatrecht, S. 356 ff.; Ramm, Die Freiheit der Willensbildung, S. 38 ff, 56 ff.; Schwerdtner, Persönlichkeitsrecht, S. 126 ff.; Jahns, Verletzung von Persönlichkeitsrechten, S. 24 f.; Nipperdey DVBl. 1958, 445 (447); Gamillscheg AcP 164 (1964), 385 (419 ff.); Bleckmann DVBl. 1988, 938 (942); Hager JZ 1994, 373 (383); zur Kritik statt vieler Dürig FS-Nawiaski, S. 157 (157 ff.); in diese Richtung auch BGH JZ 1995, 253 (253). 47

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die Grundrechte möglichst effektiv auszulegen sind.52 Die Grundrechte müssen deshalb als Ordnungsgrundsätze für alle Lebensbereiche angesehen werden.53 Insbesondere im Bereich des Persönlichkeitsschutzes, aber auch sonst, ist eine unmittelbare Drittwirkung von Grundrechten abzulehnen.54 Würde die Grundrechtsgebundenheit Privater anerkannt, würde der auch vom Grundgesetz und den Grundrechten gewollten Privatautonomie eine deutliche Abfuhr erteit. Die Grundrechte würden nämlich zu einem verbindlichen privatrechtlichen Pflichtenkatalog.55 Flexible Lösungen im Bereich des Privatrechts wären nahezu unmöglich.56 Die grundrechtlich gewährte Freiheit besteht vielmehr auch darin, nicht an Grundrechte gebunden zu sein.57 Zudem spricht die Systematik der Grundrechte, die Einschränkungen nur durch den Staat, nicht aber auch durch Private regeln, gegen eine unmittelbare Drittwirkung. Die Gesetzesvorbehalte richten sich notwendig ausschließlich an den Staat.58 Ausnahmen sind besonders geregelt, was sich in den Art. 3 Abs. 3 S. 3 und 9 Abs. 3 S. 2 GG zeigt.59 Zudem bindet der eindeutig gefasste Art. 1 Abs. 3 GG ausdrücklich nur die öffentliche Gewalt.60 Im übrigen deutet auch die Entstehungsgeschichte der Grundrechte gegen eine unmittelbare Drittwirkung.61 Festzuhalten ist also an der nur mittelbaren Drittwirkung der Grundrechte in der Privatrechtsordnung. Die Generalklauseln des Zivilrechts sind diesbezüglich Einfallstore für die privatgerichteten Grundrechte.62 Für die privaten Rundfunkanbieter ist das allgemeine Persönlichkeitsrecht folglich nur mittelbar verpflichtend.

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Laufke FS-Lehmann I, S. 145 (154). Leisner, Grundrechte und Privatrecht, S. 288; Nipperdey DVBl. 1958, 445 (447). 54 So die ganz herrschende Meinung. Vgl. nur BVerfGE 7, 198 (204 ff.); 25, 256 (263); 30, 173 (188); 90, 27 (33); BAGE 47, 363 (373); Sachs/Sachs, Vor Art. 1 RN 32; Dreier I/Dreier, Vorb. RN 98; Erman I/Ehmann, Anh § 12 RN 100; Baston-Vogt, Schutzbereich, S. 26 ff.; Gronau, Persönlichkeitsrecht und Medienfreiheit, S. 176 f.; Unruh, Schutzpflichten, S. 68; Neben, Personenberichterstattung, S. 150; Pieroth/ Schlink, Staatsrecht II, RN 178; Ipsen, Staatsrecht II, RN 59; Riklin/Höpfel, in: AEStuM, S. 53 (54); Dürig FS-Nawiaski, S. 157 (176 ff.); Canaris AcP 184 (1984), 201 (245); Hubmann UFITA 70 (1974), 75 (77); Canaris JuS 1989, 161 (162); Klein NJW 1989, 1633 (1639 f.); Medicus AcP 192 (1992), 35 (43); Hager JZ 1994, 373 (373 f.) m.w. N. 55 Dreier I/Dreier, Vorb. RN 98; Gronau, Persönlichkeitsrecht und Medienfreiheit, S. 177; Pieroth/Schlink, Staatsrecht II RN 181; Medicus AcP 192 (1992), 35 (43). 56 Canaris AcP 184 (1984), 201 (208); vgl. auch Hager JZ 1994, 373 (377). 57 Starck, Praxis der Verfassungsauslegung, S. 36. 58 Gronau, Persönlichkeitsrecht und Medienfreiheit, S. 175; Pietzcker FS-Dürig, S. 345 (347); Canaris AcP 184 (1984), 201 (204); Medicus AcP 192 (1992), 35 (43); darauf stellt wohl auch Isensee FS-Kriele, S. 5 (13 f.) ab. 59 Starck, Praxis der Verfassungsauslegung, S. 36 f.; Gronau, Persönlichkeitsrecht und Medienfreiheit, S. 175. 60 Gronau, Persönlichkeitsrecht und Medienfreiheit, S. 174 f. 61 Vgl. Gronau, Persönlichkeitsrecht und Medienfreiheit, S. 177. 53

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Fraglich erscheint dies allerdings im Hinblick auf die öffentlich-rechtlich strukturierten Rundfunkanstalten. Diskutiert wird die Grundrechtsverpflichtung auch von Rundfunkanstalten unter dem Begriff der Grundrechtsgebundenheit von Selbstverwaltungseinrichtungen als staatsdistanzierten Institutionen.63 Die Rundfunkanstalten beruhen auf einem staatlichen Gründungsakt, sind also an die Staatsorganisation angegliedert. Durch ihre Eigenständigkeit und Unabhängigkeit, die mit Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG auch verfassungsrechtlich verbürgt sind, müssen die Rundfunkanstalten als staatsdistanziert eingestuft werden. Dennoch sind sie in ihrer Aufgabenerfüllung und organisatorischen Gestalt vom Staat mitgeformt.64 Dies muss sich auch auf der Ebene der Grundrechtsgebundenheit auswirken. Stern65 bemerkt hierzu zutreffend, dass auch Rundfunkanstalten den Bürgern gegenüber vielfach so auftreten, wie es andere Einrichtungen der staatlichen Verwaltung tun. Aus der Sicht der Bürger spielt es keine Rolle, in welcher Form hoheitliche Gewalt ausgeübt wird. Aus ihrer Sicht liegt Staatsgewalt vor. Schlagwortartig zusammenfassen lässt sich also, dass Staatsdistanziertheit und Grundrechtsträgerschaft nicht von Grundrechtsverpflichtungen befreien.66 Den Rundfunkanstalten des öffentlichen Rechts obliegt somit die Pflicht, nicht in Grundrechte Dritter einzugreifen. Auf Grund ihrer öffentlich-rechtlichen Struktur und des daraus folgenden Staatsbezuges haben die Rundfunkanstalten sämtliche Grundrechte zu beachten.67 Die Grenze der Grundrechtsbindung ist jedoch dann erreicht, wenn die verfassungsrechtlich gebotene Aufgabenerfüllung unmöglich gemacht oder gelähmt würde.68 Das aber ist nicht der Fall, wenn die Rundfunkanstalten verfassungsrechtlich zur Wahrung der Persönlichkeitsrechte der im hiesigen Falle von den Bild- und Tonaufnahmen betroffenen Personen verpflichtet werden. Dem folgt die Erkenntnis, dass durch die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten im Gegensatz zu den privatrechtlichen Rundfunkunternehmen direkt in das durch Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG gewährleistete allgemeine Persönlichkeitsrecht eingegriffen werden kann.

62 Dürig FS-Nawiaski, S. 157 (176); kritisch Gronau, Persönlichkeitsrecht und Medienfreiheit, S. 177 f. 63 Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland III/1, S. 1339 f. 64 Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland III/1, S. 1340. 65 Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland III/1, S. 1340. 66 Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland III/1, S. 1340; Bethge JöR n. F. 35 (1986), 103 (115 ff.); so wird zum Beispiel für die Gewährung von Sendezeit an politische Parteien in Wahlkampfzeiten eine Bindung an Art. 3 Abs. 1 GG bejaht. So zum Beispiel BVerfGE 7, 99 (107 f.); 13, 204 (205); 24, 300 (354 f.); 34, 160 (163 f.); 48, 271 (277); BVerwG BayVBl. 1987, 279 (279 ff.); OVG Koblenz DÖV 1981, 186 (187); OVG Münster DVBl. 1983, 338 (338); vgl. dazu von Arnim DÖV 1984, 85 (86 f.). 67 Wohl auch Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland III/1, S. 1341. 68 Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland III/1, S. 1342.

I. Die Persönlichkeitsrechte

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Im Folgenden soll diese Besonderheit des sich in der heutigen Rundfunklandschaft in der Minderheit befindlichen öffentlich-rechtlichen Rundfunks vernachlässigt werden, um eine einheitliche Darstellung des Komplexes zu ermöglichen. Soweit sich Unterschiede von Relevanz ergeben, wird an den betreffenden Stellen darauf hingewiesen 2. Das Recht am eigenen Bild, §§ 22 ff. KUG Von den einschlägigen Persönlichkeitsrechten tritt eines in den Diskussionen deutlich hervor, wenn es um Bild- und Tonaufnahmen aus Strafverfahren geht. Dieses ist das Recht am eigenen Bild, das in den §§ 22 ff. KUG69 seinen einfachgesetzlichen Niederschlag gefunden hat.70 So stellte auch das Bundesverfas69 Historisch gehen die §§ 22 ff. KUG auf eine von Keyßner (Keyßner, Das Recht am eigenen Bilde, S. 37, 41 ff.) 1896 entfachte und dann intensiv geführte Diskussion zurück. Erstmals wurde ein umfassendes, aber nicht ausnahmsloses Recht am eigenen Bild anerkannt. Keyßner (Keyßner, Das Recht am eigenen Bilde, S. 19 ff.) berief sich auf das damals schon anerkannte Recht am eigenen Namen [Vgl. nur Cohn, Neue Rechtsgüter, S. 16 f. und Opet AcP 87 (1897), 313 (313 ff.)], wobei er mit dem viel intensiveren Eingriff in die berechtigte Feinfühligkeit des Namensträgers durch Bildaufnahmen und Bildveröffentlichungen argumentierte. Kohler [GRUR 1900, 196 (196)] dagegen lehnte ein solches Recht am eigenen Bild ab. Zwischen diesen beiden Extremansichten bewegte sich eine Vielzahl von in einzelnen Punkten differierenden Ansichten. (Cohn, Neue Rechtsgüter, S. 49 ff.; Schaefer GRUR 1897, 206 (207 f.); Rietschel AcP 94 (1903), 142 (159 ff.); weitere Nachweise bei Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 13 f.) Den wohl bedeutendsten Anstoß erfuhr die Diskussion durch den mehrere Gerichte beschäftigenden Fall um Bismarcks Leiche. Diese nämlich wurde durch zwei in das Sterbezimmer in Schloss Friedrichsruh eingedrungene Journalisten fotografiert. [RGZ 45, 170 ff.; OLG Hamburg GRUR 1900, 200 (200 ff.); LG Hamburg GRUR 1900, 197 (197 ff) – das Reichsgericht begründete die Ahndung der Aufnahme mit dem von den Fotografen begangenen Hausfriedensbruch, der dazu führt, dass aus dieser rechtswidrigen Handlung keine Vorteile gezogen werden dürfen; vgl. dazu z. B. Schricker/Götting, UrhG, § 60/§ 22 KUG RNn 1 ff.; Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 46; Hubmann, Das Persönlichkeitsrecht, S. 296 FN 1; Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 8 f.; Kohl FS-Löffler, S. 127 (132 f)] Nach mehreren Gesetzesentwürfen (Vgl. dazu Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 15 ff.) kam es dann am 9. Januar 1907 zur Kodifikation des Gesetzes betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photographie. (RGBl. 1907, S. 7) In Kraft traten die hier interessierenden §§ 22 ff. KUG am 1. Juli 1907. Trotz der Einführung eines Urheberrechtsgesetzes vom 9. September 1965 (BGBl. I 1965, S. 1273), in Kraft getreten am 1. Januar 1966, gelten nach § 141 Nr. 5 UrhG die hier relevanten §§ 22 ff. KUG fort. Ausführlich zur Entstehung: Zielemann, Tatverdächtige, S. 17 ff.; Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 4 ff. und Müller, Bildnisveröffentlichung, S. 42 ff.; vgl. auch Nicolini/Ahlberg/Gass, UrhG, UrhG, § 60 Anh. § 22 KUG RNn 5 f.; Leinveber GRUR 1967, 236 (236 ff.). 70 Nicolini/Ahlberg/Gass, UrhG, § 60 Anh. RN 1; von Gamm, UrhG, Einf. RN 101; Müller, Bildnisveröffentlichung, S. 9; Rehbinder, Urheberrecht, RN 856; Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S. 28, 31; Bornkamm, Pressefreiheit und Fairneß, S. 248; Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht, RN 49; Hubmann, Das Persönlichkeitsrecht, S. 296; Wandrey UFITA 5 (1932), 359 (359); Koebel UFITA 38 (1962), 1 (9);

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sungsgericht im „Honecker-Beschluss“71 nicht nur auf die Herstellung der Bildaufnahmen, sondern auch auf die Veröffentlichung derselben und so auf das Recht am eigenen Bild ab. Allerdings trägt die gesetzliche Regelung nur bedingt zur Rechtsklarheit bei, da deren Tatbestandsmerkmale vage gehalten und dementsprechend auslegungsbedürftig sind. Trotz der systemwidrigen72 Stellung des Rechts am eigenen Bild im Kunsturhebergesetz stellt es ein auf Art. 2 Abs. 1 GG und Art. 1 Abs. 1 GG fußendes besonderes Persönlichkeitsrecht dar.73 Es ist also weder ein Teil eines Eigentumsrechts am eigenen Körper74, noch ein Ausfluss des Urheberrechts des Abgebildeten75 oder ein Unterfall der Ehre76, wie es früher vertreten wurde. Den §§ 22 ff. KUG liegt der Gedanke zu Grunde, dass es das Recht jedes Einzelnen ist, darüber zu entscheiden, ob, wann und wie sein Äußeres der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden darf.77 Kann ein Dritter hierüber entscheiden, so maßt er sich die Herrschaft über ein fremdes Persönlichkeitsrecht, eben das Recht am eigenen Bild, an.78

Lampe NJW 1973, 217 (217); Bornkamm NStZ 1983, 102 (103); Roxin NStZ 1991, 153 (157); Engels/Schulz AfP 1998, 574 (575); Pieroth, in: Recht und Persönlichkeit, S. 249 (263). 71 BVerfGE 87, 334 (370). 72 Diese Systemwidrigkeit verursachte Kritik an der Verortung des Persönlichkeitsrechts. Unter anderem deshalb wurde eine Neuregelung im Zusammenhang mit der Kodifizierung des Persönlichkeitsrechts zwar geplant, aber nie umgesetzt; vgl. dazu Rehbinder, Urheberrecht, RN 856; Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht, RN 48; Bongartz, Das Recht am eigenen Bilde und seine Reform, S. 30 f.; Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 18; von Gamm, Persönlichkeits- und Ehrverletzungen durch Massenmedien, RN 13 FNn 24 f., RN 57 FN 30; Bussmann JR 1955, 202 (203), der die Materie dem Namensrecht anschlösse. 73 So schon angedeutet bei KG JW 1928, 363 (363); BVerfGE 34, 238 (246); 35, 202 (220, 224); BVerfG NJW 2002, 3619 (3621); BVerfG AfP 2005, 171 (172); BGHZ 20, 345 (347); BGH NJW 1962, 1004 (1005); BGH NJW 1965, 1374 (1374); BGH NJW 1966, 2353 (2354); BGH JZ 1967, 317 (318); BGH NJW 1971, 698 (699); BGH NJW 1985, 1617 (1618); BGH NJW 1996, 985 (986); BGH NJW 2005, 56 (57); BGH AfP 2006, 54 (55); OLG Hamm JZ 1988, 308 (308); OLG München NJW-RR 1996, 93 (95); LG Bonn NJW-RR 2005, 1067 (1069); von Gamm, UrhG, Einf RN 102; Staudinger II/Hager, § 823 RN C 151 m.w. N.; HStR I/Häberle, § 20 RN 22; Schuster, Das Recht am eigenen Bild, S. 39 ff.; Schmidt, Justiz und Publizistik, S. 18; Hubmann, Das Persönlichkeitsrecht, S. 296 m.w. N.; Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 46 f., 65; Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 17; Kuß, Öffentlichkeitsmaxime, S. 151; Rubens-Laarmann, Gerichtsberichterstattung, S. 31; Wenzel/von Strobl-Alberg, Wort- und Bildberichterstattung, Kap. 7 RN 1; Branahl, in: MedienEthik, S. 224 (226); Wiese FS-Hubmann, S. 481 (482); Reinhardt JZ 1959, 41 (43); Siegert NJW 1963, 1953 (1957); Degenhart JuS 1992, 361 (361 f., 364); Kramer NJW 1992, 2732 (2732); Eckstein VBlBW 2001, 97 (97). 74 Osterrieth, Bemerkungen zum Entwurf eines Gesetzes betreffend das Urheberrecht an Werken der Photographie, S. 11. 75 Keyßner, Das Recht am eigenen Bilde, S. 2 ff. 76 Von Scanzoni, Zur Entwicklung und Theorie des Rechts am eigenen Bilde, S. 73; Cohn, Neue Rechtsgüter, S. 52.

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a) Grundsatz des § 22 S. 1 KUG Die Grundregel des Rechts am eigenen Bild ist § 22 S. 1 KUG. Danach dürfen Bildnisse nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden. Hiermit wird das Bestimmungsrecht über die Veröffentlichung von Personenaufnahmen dem Abgebildeten zugewiesen.79 Bevor sich der überaus problematischen Ausnahmenorm80 des § 23 KUG gewidmet werden soll, ist zunächst auf die Tatbestandsmerkmale des § 22 S. 1 KUG einzugehen. Denn diese müssten, damit der Abgebildete einen Bildnisschutz erfährt, durch die Bildaufnahmen aus dem Umfeld der strafgerichtlichen Hauptverhandlung erfüllt sein. aa) Bildnis Dafür müssen die Aufnahmen zunächst einmal Bildnisse darstellen. Ein solches liegt vor, wenn das äußere Erscheinungsbild einer Person bildhaft wiedergegeben wird. Primärer Bildgegenstand ist also die Person selbst.81 Umstritten war, ob diesem objektiven Verständnis auch eine subjektive Komponente beigeordnet werden sollte. Der Identifikationszweck als eine den Bildnisbegriff prägende Voraussetzung82 wurde und wird aber zu Recht abgelehnt.83 Dieser Ansicht ist mittlerweile auch der Bundesgerichtshof.84 Nur so wird dem Zweck des 77 BGHZ 20, 345 (347); BGH JZ 1975, 95 (96); BGH NJW 1985, 1617 (1618); von Münch/Kunig I/Kunig, Art. 2 RN 35; Schricker/Götting, UrhG, § 60/§ 22 KUG RNn 7 ff.; von Gamm, UrhG, Einf. RN 103; Staudinger II/Schäfer, § 823 RN 212; Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 18; Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 47; Gronau, Persönlichkeitsrecht und Medienfreiheit, S. 67; Wenzel/von Strobl-Alberg, Wort- und Bildberichterstattung, Kap. 7 RN 5; Rietschel, AcP 94 (1903), 142 (159); Helle AfP 1986, 25 (26 f.). 78 BGH NJW 1974, 1947 (1949) = JZ 1975, 95 (96); Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 47; Hubmann JZ 1957, 521 (525); Reinhardt JZ 1959, 41 (44). 79 A. A. Arndt NJW 1967, 1845 (1845). 80 Vgl. Schricker/Götting, UrhG, § 60/§ 23 KUG RN 1; Schwerdtner, Persönlichkeitsrecht, S. 222; Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 129; Franke, Bildberichterstattung, S. 89; Dasch, Einwilligung, S. 16; Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 66; Gronau, Persönlichkeitsrecht und Medienfreiheit, S. 21; Pieroth, in: Recht und Persönlichkeit, S. 249 (263); Rüping FS-Dünnebier, S. 391 (401); Ehmann/Thorn AfP 1996, 20 (21); kritisch Müller, Bildnisveröffentlichung, S. 72; a. A. Arndt NJW 1967, 1845 (1845). 81 OLG Nürnberg GRUR 1973, 40 (41); MK BGB I (3. Aufl.)/Schwerdtner, § 12 RN 163; Erman I/Ehmann, Anh § 12 RN 458; Staudinger II/Hager, § 823 RN C 152; Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 90 f.; Hubmann, Das Persönlichkeitsrecht, S. 297; Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 19. 82 So RGZ 103, 319 (320); von Klitzing, Über das Recht am eigenen Bilde, S. 16; Letzel, Recht am eigenen Bilde, S. 26; Allfeld JW 1922, 389 (389 f.); aus der jüngeren Zeit klingt diese Sicht bei BGH NJW 1965, 2148 (2149) und OLG Nürnberg GRUR 1973, 40 (41) an.

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G. Die Kriterien der Interessenabwägung

Rechts am eigenen Bild, einen umfassenden Schutz gegen Veröffentlichungen personenbezogener Abbildungen zu gewährleisten, entsprochen. Der intendierte Schutz kann nicht von den Motiven des Veröffentlichenden abhängig gemacht werden.85 Da die Rundfunkanbieter sich auf die Aufgabe berufen könnten, die Bevölkerung zu informieren, wäre es für sie ein Leichtes, darauf zu verweisen, dass die jeweiligen Aufnahmen informieren und nicht identifizieren sollen. Das Recht am eigenen Bild würde dann sinnentlehrt. Schließlich gilt es auch die Beweisschwierigkeiten hinsichtlich des Identifikationszwecks zu berücksichtigen.86 Abzugrenzen ist das also objektiv zu definierende Bildnis vom Bild87, welches die Fälle erfasst, in denen Personen nur „Beiwerk“ der Abbildung sind.88 Insofern ist der engere Begriff des Bildnisses deutlich von dem des Bildes zu unterscheiden, was § 23 Abs. 1 KUG deutlich werden lässt. Die hier gegenständlichen personenbezogenen Aufnahmen sind danach Bildnisse. Allerdings ist weiter erforderlich, dass der Abgebildete erkennbar, also identifizierbar ist.89 Dies kann nicht nur durch die Wiedergabe von Gesichtszügen bewirkt 83 von Gamm, UrhG, Einf. RN 104; Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 90 f.; Dumont, Das Recht am eigenen Bilde, S. 25 f.; Holdorf, Das Recht am eigenen Bilde, S. 52 ff.; Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 20 f.; Bussmann JR 1955, 202 (203). 84 BGH NJW 1979, 2205 (2206). 85 Vgl. Dumont, Das Recht am eigenen Bilde, S. 25 f.; Holdorf, Das Recht am eigenen Bilde, S. 52 f.; Bongartz, Das Recht am eigenen Bilde und seine Reform, S. 41; Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 20, 447 f. 86 Holdorf, Das Recht am eigenen Bilde, S. 53; Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 20 f. 87 Vgl. Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 90 f. Die Unterscheidung der Begrifflichkeiten wird von Bussmann JR 1955, 202 (203) nicht konsequent durchgehalten. 88 Nicolini/Ahlberg/Gass, UrhG, § 60 Anh. § 22 KUG RN 12. 89 RGZ 103, 319 (320); KG JW 1928, 363 (364); BGHZ 26, 349 (351) = NJW 1974, 1947 (1948); BGH NJW 1961, 558 (558) = GRUR 1961, 138 (139); BGH GRUR 1962, 211 (211); BGH NJW 1965, 2148 (2149); BGH GRUR 1966, 102 (102); BGH NJW 1974, 1947 (1948); BGH GRUR 1979, 732 (733); OLG Oldenburg NJW 1963, 920 (922); OLG Düsseldorf UFITA 64 (1972), 328 (329); OLG Frankfurt NJW 1992, 441 (442); OLG Karlsruhe AfP 2004, 557 (558); OLG Frankfurt NJW 2006, 619 (620); LG Bremen GRUR 1994, 897(897); LG Berlin AfP 1997, 732 (733); LG Frankenthal AfP 2004, 294 (294); AG Hamburg NJW-RR 2005, 196 (197); Nicolini/ Ahlberg/Gass, UrhG, UrhG, § 60 Anh. § 22 KUG RN 14; Schricker/Götting, UrhG, § 60/§ 22 KUG RNn 4 f., 22 ff.; von Gamm, UrhG, Einf. RNn 103 f.; Staudinger II/ Hager, § 823 RN C 153; MK BGB I (3. Aufl.)/Schwerdtner, § 12 RN 163; Erman I/ Ehmann, Anh § 12 RN 458; Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 91, 93; Ahrens, Persönlichkeitsrecht, RN 121; Jahns, Verletzung von Persönlichkeitsrechten, S. 37; Hubmann, Das Persönlichkeitsrecht, S. 297; Götting, Persönlichkeitsrechte als Vermögensrechte, S. 26; Gronau, Persönlichkeitsrecht und Medienfreiheit, S. 23; Hübner-Raddatz, Fernsehöffentlichkeit, S. 144; Wenzel/von Strobl-Alberg, Wort- und Bildberichterstattung, Kap. 7 RN 13; Rehbinder, Urheberrecht, RN 856; Ulmer, Urheberund Verlagsrecht, S. 31; Prinz/Peters, Medienrecht, RN 827; Wiese FS-Hubmann, S. 481 (489); Wandrey UFITA 5 (1932), 359 (364); Bussmann JR 1955, 202 (203); Pieroth, in: Recht und Persönlichkeit, S. 249 (263); Bussmann GRUR 1962, 214; Neu-

I. Die Persönlichkeitsrechte

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werden, sondern auch über die Präsentation von Körperbau, Kopfform, Gebrechen, Kleidungsstücken und Ähnlichem.90 Die personenbezogenen Bildaufnahmen aus dem Sitzungsbereich lassen die abgebildeten Personen erkennen und identifizieren, sind also Bildnisse. Im Hinblick auf die Angeklagten und Verurteilten ist auf Konstellationen hinzuweisen, bei denen die Erkennbarkeit nicht aus publizierten Gesichtszügen folgt. Häufig verbergen sich die Angeklagten unter Jacken oder hinter Akten und Taschen, um den Medien nicht völlig ausgeliefert zu sein. Durch den Selbstschutz der Angeklagten könnte ihnen mangels Erkennbarkeit der Bildnisschutz verwehrt sein. Das aber kann nur gelten, wenn der Abgebildete wirklich nicht identifizierbar ist. Hierbei gilt es zu beachten, dass auch die Art der Verbreitung Personen erkennbar machen kann.91 Zudem wird die Erkennbarkeit nicht in jedem Fall dadurch ausgeschlossen, dass die Gesichter von Angeklagten und Verurteilten mittels sogenannter „Augenbalken“ entfremdet werden. Auf Grund anderer Umstände, zu denken ist insbesondere an Namensnennungen92, kann die abgebildete Person erkennbar sein.93 Dabei erscheint es schon als mann-Duesberg Jur. Jahrb. 7 (1966/67), 138 (141); Ehlers JuS 1983, 869 (873); Frömming/Peters NJW 1996, 958 (960); Ernst ZUM 1996, 187 (189); Engels/Schulz AfP 1998, 574 (575); Schulz/Jürgens JuS 1999, 664 (665); Ernst NJW 2001, 1624 (1626). 90 BGH GRUR 1962, 211 (211); BGH NJW 1965, 2148 (2149); BGH GRUR 1979, 732 (733); BGH NJW 1979, 2205 (2205); OLG Oldenburg NJW 1963, 920 (922); OLG Düsseldorf GRUR 1970, 618 (619); OLG Nürnberg GRUR 1973, 40 (41); OLG München AfP 1983, 276 (277); von Gamm, UrhG, Einf. RN 104; Schricker/Götting, UrhG, § 60/§ 22 KUG RNn 16 ff., 22 ff.; Nicolini/Ahlberg/Gass, UrhG, UrhG, § 60 Anh. § 22 KUG RN 14; Staudinger II/Hager, § 823 RN C 153; Erman I/Ehmann, Anh § 12 RN 458; Hubmann, Das Persönlichkeitsrecht, S. 297; von Gamm, Persönlichkeits- und Ehrverletzungen durch Massenmedien, RN 57 FN 37; Schwerdtner, Persönlichkeitsrecht, S. 210 FN 14; Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 93 ff.; Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 21 f.; Ahrens, Persönlichkeitsrecht, RN 121; Hübner-Raddatz, Fernsehöffentlichkeit, S. 144; Fechner, Medienrecht, RN 218; Wenzel/ von Strobl-Alberg, Wort- und Bildberichterstattung, Kap. 7 RN 13; Prinz/Peters, Medienrecht, RN 827; Rehbinder, Urheberrecht, RN 856; Wandrey UFITA 5 (1932), 359 (364); Bussmann JR 1955, 202 (203); Bussmann GRUR 1962, 214; Engels/Schulz AfP 1998, 574 (575); Schulz/Jürgens JuS 1999, 664 (665). 91 Nicolini/Ahlberg/Gass, UrhG, UrhG, § 60 Anh. RN 15; Staudinger II/Hager, § 823 RN C 153; Wenzel/von Strobl-Alberg, Wort- und Bildberichterstattung, Kap. 7 RN 14. 92 BGH NJW 1965, 2148 (2149) = GRUR 1966, 102 (102); BGH GRUR 1979, 732 (733); OLG München AfP 1995, 658 (659); Schricker/Götting, UrhG, § 60/§ 22 KUG RNn 16 ff., 22 f.; Nicolini/Ahlberg/Gass, UrhG, UrhG, § 60 Anh. RN 15; von Gamm, UrhG, Einf. RN 104; Staudinger II/Hager, § 823 RN C 153; Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 94; Hünig, Schutz des Beschuldigten, S. 61; Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 22 f.; Bussmann GRUR 1966, 104; Neumann-Duesberg Jur. Jahrb. 7 (1966/67), 138 (141); Frömming/Peters NJW 1996, 958 (960); Engels/Schulz AfP 1998, 574 (575). 93 BGH GRUR 1962, 211 (211); OLG Karlsruhe NJW 1980, 1701 (1702); OLG München AfP 1982, 276 (277); OLG München AfP 1982, 230 (231); OLG Hamburg AfP 1993, 590 (591); OLG Frankfurt NJW 2006, 619 (620); LG Stuttgart AfP 1983,

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skurril, wenn die Medien ihren „guten“ Willen zeigen, indem sie Augenbalken über das Gesicht des Angeklagten blenden, zugleich aber in der Bildunterschrift oder Kommentierung den Namen nennen. In aller Regel erfüllen die personenbezogenen Bildaufnahmen der heutigen Strafgerichtsberichterstattungen die Anforderungen des Bildnisbegriffs. In all diesen Fällen liegen also Bildnisse im Sinne des § 22 S. 1 KUG vor. bb) Verbreiten oder zur Schau stellen Diese Bildnisse müssen verbreitet oder zur Schau gestellt werden. Hinsichtlich des Verbreitens ist auf § 17 Abs. 1 KUG abzustellen, allerdings ohne die Einschränkung der Gewerbsmäßigkeit.94 Diese Variante ist nicht erfüllt, wenn Aufnahmen im Rundfunk veröffentlicht werden, da die Rezipienten die Verfügungsgewalt nicht erlangen. Zur Schau gestellt werden die Bildaufnahmen, wenn sie einer Mehrzahl von Personen zugänglich gemacht werden.95 Geht es um Publikationen des Rundfunks, ist somit diese Variante einschlägig. Diese ist gemeint, wenn im Folgenden von Veröffentlichung und Publikation die Rede ist.

294 (295); LG Berlin AfP 1997, 732 (732); LG Berlin NJW 1997, 1363 (1374); LG Berlin AfP 1997, 732 (733); Nicolini/Ahlberg/Gass, UrhG, UrhG, § 60 Anh. RN 17; Schricker/Götting, UrhG, § 60/§ 22 KUG RN 16 ff.; Erman I/Ehmann, Anh § 12 RN 458; Staudinger II/Hager, § 823 RN C 153; Götting, Persönlichkeitsrechte als Vermögensrechte, S. 26 f.; Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 94; Ahrens, Persönlichkeitsrecht, RN 121; Gronau, Persönlichkeitsrecht und Medienfreiheit, S. 24; Prinz/Peters, Medienrecht, RN 143; Wenzel/von Strobl-Alberg, Wort- und Bildberichterstattung, Kap. 7 RN 16; Prinz/Peters, Medienrecht, RN 827; Frömming/Peters NJW 1996, 958 (960); Schulz/Jürgens JuS 1999, 664 (665); a. A. VG Köln NJW 1988, 367 (368 f.). 94 von Gamm, UrhG, Einf. RN 105; Nicolini/Ahlberg/Gass, UrhG, UrhG, § 60 Anh. § 22 KUG RN 36; Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 124 f.; Ahrens, Persönlichkeitsrecht, RN 122; Gronau, Persönlichkeitsrecht und Medienfreiheit, S. 36 f.; Wenzel/von Strobl-Alberg, Wort- und Bildberichterstattung, Kap. 7 RN 45; Rehbinder, Urheberrecht, RN 856; Schulz/Jürgens JuS 1999, 664 (665). 95 VG Köln AfP 1988, 182 (184); Schricker/Götting, UrhG, § 60/§ 22 KUG RN 37; Nicolini/Ahlberg/Gass, UrhG, UrhG, § 60 Anh. § 22 KUG RNn 37 f.; von Gamm, UrhG, Einf. RN 105; Staudinger II/Hager, § 823 RN C 157; Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 123 f.; Ahrens, Persönlichkeitsrecht, RN 132; Gronau, Persönlichkeitsrecht und Medienfreiheit, S. 39; Wenzel/von Strobl-Alberg, Wort- und Bildberichterstattung, Kap. 7 RN 44; Prinz/Peters, Medienrecht, RN 830; Fuhr FS-Armbruster, S. 117 (134); Schulz/Jürgens JuS 1999, 664 (665); a. A. Herrmann, Rundfunkrecht, § 25 RN 66.

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cc) Fehlende Einwilligung Der Bildnisschutz greift nur dann ein, wenn die Veröffentlichung der Aufnahmen nicht vom Willen des Abgebildeten gedeckt ist. Es muss also erstens nach § 22 S. 1 KUG an einer Einwilligung fehlen und zweitens darf die, allerdings widerlegbare, Vermutung des § 22 S. 2 KUG nicht greifen. Hier soll jedoch nur die fehlende Einwilligung interessieren, da die in Satz 2 angesprochene Medienverwertung hinsichtlich Aufnahmen aus dem Sitzungsbereich nur selten vorkommt.96 Nach der vorzugswürdigen Ansicht sind Einwilligungen empfangsbedürftige Willenserklärungen.97 Da die ausdrücklich erteilten Einwilligungen keine Probleme aufwerfen, interessieren hier primär die konkludenten Erklärungen. Auch auf diese Weise nämlich kann eingewilligt werden98, wobei wegen des Charakters als Willenserklärung die §§ 133, 157 BGB heranzuziehen sind.99 Da es hierbei um das verfassungsrechtlich verankerte Persönlichkeitsrecht geht, sind strenge Maßstäbe anzulegen. Im Hinblick auf die im Sitzungsbereich angefertigten Aufnahmen bieten sich mehrere Anknüpfungspunkte, die zu konkludenten Einwilligungen führen könnten. Möglicherweise kann an die Anwesenheit der aufgenommenen Personen angeknüpft werden. Aus der bloßen Anwesenheit im Sitzungsbereich kann trotz erkennbarer Rundfunkpräsenz allerdings keine konkludente Einwilligung herge96 Zur Vermarktung von Staftaten Wagner, Strafprozessführung über die Medien, S. 17 ff.; Schöch, in: AE-StuM, S. 79 (86). 97 OLG München AfP 1982, 230 (232); LG Hamburg NJW-RR 2005, 1357 (1358); Nicolini/Ahlberg/Gass, UrhG, § 60 Anh. § 22 KUG RN 20; Pieroth, in: Recht und Persönlichkeit, S. 249 (264); wohl auch MK BGB I (3. Aufl.)/Schwerdtner, § 12 RN 167 („. . . rechtsgeschäftliche Erklärung . . .“); Prinz/Peters, Medienrecht, RN 248; ausführlich Dasch, Einwilligung, S. 38 ff.; Frömming/Peters NJW 1996, 958 (958); vgl. zu den abweichenden Ansichten Staudinger II/Hager, § 823 RN C 176; Erman I/Ehmann, Anh § 12 RN 488; Schricker/Götting, UrhG, § 60/§ 22 KUG RNn 39 ff.; Wenzel/von Strobl-Alberg, Wort- und Bildberichterstattung, Kap. 7 RN 59; Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 101 ff.; Prinz/Peters, Medienrecht, RN 832; Schulz/Jürgens JuS 1999, 664 (665); ablehnend Heidenreich AfP 1971, 67 (67 f.). 98 Vgl. nur BGH AfP 2004, 533 (533); BGH NJW 2005, 56 (57); KG AfP 2004, 535 (535); KG NJW 2005, 603 (604); OLG Karlsruhe NJW-RR 2006, 1198 (1198). 99 BGHZ 20, 345 (348); 49, 288 (295); BGH GRUR 1987, 128 (128 f.); BGH GRUR 1996, 195 (196); im Ergebnis LG Aachen UFITA 30 (1960), 113 (117 ff.); OLG Hamm AfP 1998, 304 (304); von Gamm, UrhG, Einf. RN 110; Nicolini/Ahlberg/Gass, UrhG, § 60 Anh. § 22 KUG RNn 23 f.; Schricker/Götting, UrhG, § 60/ § 22 KUG RNn 39 ff.; Staudinger II/Hager, § 823 RN C 177; MK BGB I (3. Aufl.)/ Schwerdtner, § 12 RN 167; Hubmann, Das Persönlichkeitsrecht, S. 302; Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 107; Wenzel/von Strobl-Alberg, Wort- und Bildberichterstattung, Kap. 7 RN 63; Prinz/Peters, Medienrecht, RN 834; Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S. 32; Finger GRUR 1908, 48 (55); Neumann-Duesberg FS-Schnorr v. Carolsfeld, S. 397 (398); Neumann-Duesberg Jur. Jahrb. 7 (1966/67), 138 (142); Frömming/Peters NJW 1996, 958 (958 f.); Engels/Schulz AfP 1998, 574 (575); Schulz/Jürgens JuS 1999, 664 (665); Klass AfP 2005, 507 (511); auch schon Osterrieth GRUR 1902, 361 (374); Krüger GRUR 1908, 91 (93).

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leitet werden. So sind sämtliche Verfahrensbeteiligten unfreiwillig anwesend. Auf Grund ihres Berufes (Richter, Staatsanwälte und Verteidiger) oder auf Grund von Ladungen zur Hauptverhandlung (Angeklagte, Zeugen und Sachverständige) müssen sie anwesend sein, haben also objektiv keine Wahl, ob sie sich dem Rundfunk stellen wollen oder nicht. Mithin ist für eine konkludente Einwilligung dieses Personenkreises mehr erforderlich als nur die bloße Anwesenheit.100 Die auf der unfreiwilligen Anwesenheit aufbauende Argumentation versagt aber bei Aufnahmen vom Publikum. Zuschauer und Zuhörer betreten den Sitzungsbereich freiwillig, insbesondere dann, wenn sie ihr Recht aus § 169 S. 1 GVG wahrnehmen. Die Problematik liegt darin, dass die von den Aufnahmen betroffenen Besucher in Kenntnis der aufnehmenden Rundfunkvertreter vor Ort geblieben sind beziehungsweise diesen aufgesucht haben. Vielfach wird angenommen, eine stillschweigende Einwilligung könne dann vorliegen, wenn der Betreffende erkennt, dass Bildaufnahmen angefertigt werden, und er dennoch willentlich im Bild bleibt.101 Dem ist entgegenzutreten. Diejenigen, die hierauf abstellen, entfernen sich vom Erfordernis der Einwilligung, da sie der jeweiligen Person die Pflicht auferlegen, den Aufnahmebereich zu verlassen oder zumindest erkennbaren Widerstand zu leisten.102 Dies lässt sich sowohl mit dem Wortlaut als auch dem Sinn und Zweck des § 22 S. 1 KUG nicht vereinbaren. Verlangt wird eben nur eine Einwilligung, nicht mehr. Zudem kann aus Sicht des Publikums, da nur äußerst lose mit dem jeweiligen Strafverfahren verbunden, nicht objektiv damit gerechnet werden, dass Bildnisse von Zuschauern und Zuhörern veröffentlicht werden beziehungsweise ein diesbezügliches Interesse auf Seiten des Rundfunks besteht.103 Eine Einwilligung liegt somit weder darin, die Öffentlichkeit in Form des Sitzungsbereiches bewusst aufzusuchen104, noch darin, dies in Kenntnis der Aufnahmetätigkeiten zu tun.105

100 Auf die fehlende Freiwilligkeit als Argument gegen die Annahme einer Einwilligung stellt auch Schwerdtner, Persönlichkeitsrecht, S. 211 ab. 101 OLG Frankfurt NJW-RR 1990, 1439 (1439); OLG Köln NJW-RR 1994, 865 (865 f.); Engels/Schulz AfP 1998, 574 (575). 102 Auch ein Teil der landgerichtlichen Praxis scheint in diese Richtung zu tendieren. Dies belegt ein Muster einer aufnahmebezogenen sitzungspolizeilichen Verfügung, nach deren Punkt III.2) Aufnahmen dann einzustellen sind, wenn Prozessbeteilgte die Aufnahmen erkennbar abwehren. Vgl. Anlage 10. 103 Der einzig plausible Fall, bei dem ein solches Interesse auch objektiv vorliegt, ist die Anwesenheit des Opfers, von dessen Angehörigen oder von dessen engen Freunden als Teil des Publikums. In diesem Fall aber muss tatsächlich eine stillschweigend erteilte Einwilligung angenommen werden. Sobald äußerlich erkennbar wird, dass die Filmaufnahmen nicht gewollt sind, ist die Annahme einer Einwilligung aber hinfällig. 104 Staudinger II/Hager, § 823 RN C 177; Schwerdtner, Persönlichkeitsrecht, S. 212. 105 Vgl. BVerfG NJW 2002, 3767 (3767 f.); Wenzel/von Strobl-Alberg, Wort- und Bildberichterstattung, Kap. 7 RN 63; Paschke, Medienrecht, RN 694; anders aber

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Auf keinen Fall kann die Gefahr bildlicher Aufnahmen als ein „. . . Wagnis der Freiheit . . .“106 abgetan werden. Das nämlich liefe der Bedeutung von Freiheit entgegen. Niemand, der seine Freiheit im öffentlichen Raum innerhalb der vorgegebenen Grenzen auslebt, verliert hierdurch seine Rechte. Das Recht am eigenen Bild ist dem folgend nicht nur auf den nichtöffentlichen Bereich bezogen, sondern in allen Bereichen vor ungewollten Veröffentlichungen geschützt. Schließlich könnte versucht werden, in der Wahl eines Berufes, zu dessen Ausübung in einer Öffentlichkeit aufgetreten wird, eine Einwilligung in jede Öffentlichkeit, also auch in die Medienöffentlichkeit, zu sehen. Das beträfe, auf den gerichtlichen Bereich bezogen, Richter, Staatsanwälte und Verteidiger. Dem aber stehen zwei Überlegungen entgegen. Zunächst muss eine Einwilligung wie jede andere Erklärung auch gegenüber dem Begünstigten erklärt werden beziehungsweise diesem zugehen, hier den Rundfunkanbietern. Wenn die Berufswahl aber die Einwilligung darstellen soll, fehlt es an dieser Voraussetzung. Weiter kann die von Art. 12 Abs. 1 GG geschützte freie Berufswahl nicht gleichzeitig als Einwilligung in Beeinträchtigungen des Rechts am eigenen Bild und so in Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG angesehen werden.107 Die Persönlichkeitsrechte stehen erstens allen Berufsträgern unabhängig vom gewählten Beruf zu. Und zweitens kann die Wahrnehmung einer Freiheit nicht zugleich bedeuten, dass auf eine andere partiell verzichtet wird. Damit ist festgestellt, dass im Gerichtsbereich, ohne dass besondere Umstände hinzutreten, keine konkludenten Einwilligungen in eine Bildnispublikation im Sinne des § 22 S. 1 KUG anzunehmen sind.108 Geltung beansprucht diese Feststellung für alle in diesem Bereich anwesenden Personen. Da sämtliche Tatbestandsmerkmale erfüllt sind, greift der Grundsatz des § 22 S. 1 KUG hinsichtlich der personenbezogenen Bildaufnahmen aus dem Umfeld der Hauptverhandlung. Eine Veröffentlichung der personenbezogenen Aufnahmen aus dem Umfeld der Hauptverhandlung ist grundsätzlich unzulässig. b) Grenzen des Schutzes nach § 23 Abs. 1 KUG Die §§ 23 Abs. 1, 24 KUG nehmen einzelne Formen der Abbildungen und bestimmte Abbildungszwecke aus dem Schutzbereich des Rechts am eigenen Bild heraus. Hierdurch soll der Sozialgebundenheit eines jeden Einzelnen Rechnung getragen werden.109 Die in den Regelungen angeführten Ausnahmen stel-

OLG Köln NJW-RR 1994, 865 (865 f.); in diese Richtung auch OLG Hamburg NJWRR 2005, 479 (480 f.). 106 So jedoch Haensel FS-Kern, 243 (243). 107 So schon Osterrieth GRUR 1902, 361 (374). 108 So auch Schmidt, Justiz und Publizistik, S. 22. 109 Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 29.

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len eine gesetzliche Lösung des bestehenden Interessenkonflikts dar.110 Im Hinblick auf die Thematik dieser Arbeit ist einzig § 23 Abs. 1 KUG, genauer dessen Nr. 1 und 3, von Belang. § 24 KUG wird durch die Bildaufnahmen im Sitzungsbereich regelmäßig nicht berührt. aa) Personen der Zeitgeschichte nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG Von enormer Bedeutung ist hier § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG, wonach Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte verbreitet und zur Schau gestellt werden dürfen. Dem liegt die Erwägung zu Grunde, dass Interessen der Allgemeinheit an einer Abbildung bestimmter Personen durchaus von solchem Gewicht sein können, dass sie sich im Vergleich zu denen des Abgebildeten durchsetzen.111 (1) Rechtliche Ausgangslage Dem Wortlaut nach muss es sich bei den veröffentlichten Bildaufnahmen um Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte handeln, damit § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG greifen kann. Dieses Erfordernis wird von einem Teil der Rechtsprechung und Literatur wörtlich genommen. Danach soll allein die zeitgeschichtliche Bedeutung des Bildnisses ausschlaggebend sein, nicht die der abgebildeten Person.112 Notwendig sei deshalb „. . . eine Personendarstellung . . ., die nach Inhalt und Charakter der Darstellung objektiv geeignet und bestimmt ist, den damit angesprochenen Verkehrskreisen als zeitgeschichtliche Dokumentation zu dienen . . .“113. Zwar entspricht dieses Verständnis dem Wortlaut der Norm, jedoch setzt sie sich in einen untragbaren Widerspruch zu dessen Regelungsbereich. Das Wesensmerkmal eines Bildnisses ist die Identifizierbarkeit der abgebildeten Person. Dass es auf eine zeitgeschichtliche Bedeutung des Bildnisses nicht ankommen kann, wird deutlich, wenn nur die Person selbst abgebildet ist.114 Man110 Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 30; Hubmann, Das Persönlichkeitsrecht, S. 299. 111 Vgl. Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstages, 11. Legislaturperiode, II. Session 1905/1906, 2. Anlageband, Drucks. Nr. 30, S. 1540; vgl. auch RGZ 74, 308 (312); OLG Koblenz NJW 1973, 251 (253); von Gamm, UrhG, Einf. RN 115; Erman I/Ehmann, Anh § 12 RN 457; Müller, Bildnisveröffentlichung, S. 93; Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 46; Rehbinder, Urheberrecht, RN 859; Bussmann GRUR 1966, 104; Neumann-Duesberg JZ 1971, 305 (307). 112 OLG München UFITA 41 (1964), 322 (323); OLG Hamburg AfP 1976, 137 (138); von Gamm, UrhG, Einf. RN 115; Schmidt, Justiz und Publizistik, S. 23 f.; Bussmann, Privatleben, S. 41; Neben, Personenberichterstattung, S. 212 f.; Schmidt FSSchmidt, S. 338 (347 f.); Dittmar NJW 1979, 1311 (1311); Müller NJW 1982, 863 (863); wohl auch Schricker/Götting, UrhG, § 60/§ 23 KUG RNn 6 f. und Hahn NJW 1997, 1348 (1349); vgl. m.w. N. Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 32. 113 von Gamm, UrhG, Einf. RN 115; kritisch Müller, Bildnisveröffentlichung, S. 122 ff.

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gels Ereignisbezug des Bildnisses kann dann nicht verlässlich geklärt werden, ob diesem eine zeitgeschichtliche Bedeutung beizumessen ist.115 Es ist daher an der Zeitgeschichtlichkeit der abgebildeten Person ansetzen. Hierfür spricht auch die Entstehungsgeschichte des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG. Dieser sollte sicherstellen, dass „. . . die Veröffentlichung der Bildnisse von Personen, die im öffentlichen Leben116 stehen oder in Kunst und Wissenschaft ein allgemeineres Interesse wachrufen, . . . auch künftig nicht verwehrt . . .“117 ist. Der Personenbezug ist zugleich Spiegelbild der medialen Praxis. In Berichterstattungen, gleich welchen Themas, ist schon seit langem die sachbezogene Darstellung von Ereignissen einer personenbezogenen Darstellungsweise gewichen.118 Deshalb erscheint es unter diesem Blickwinkel nicht nur gerechtfertigt, sondern geradezu notwendig, auf die Personen abzustellen. Da sich die zeitgeschichtliche Bedeutung eines jeden Bildnisses so aus der Eigenschaft der abgebildeten Person als zur Zeitgeschichte gehörend ergibt, ist die Ansicht, nach der sowohl Bildnis als auch Person der Zeitgeschichte zugeordnet werden müssen119, verfehlt. Eine eigenständige Bedeutung kommt dem zweiten Erfordernis nicht zu, da die Abbildung einer zeitgeschichtlichen Person immer auch zu einem zeitgeschichtlich bedeutsamen Bildnis führt. Letzteres kann also keine Voraussetzung im Rahmen des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG sein.120 Während die herrschende Meinung auf die Eigenschaft der abgebildeten Person als Person der Zeitgeschichte abstellt121, legen andere den Schwerpunkt auf 114 Auch bloße Portraits sind nach der herrschenden Meinung von § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG erfasst. Vgl. BGH NJW 1965, 2148 (2150); BGH NJW 1979, 2203 (2204); Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 138 f.; Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 33; Neumann-Duesberg JZ 1960, 114 (114); a. A. Schmidt, Justiz und Publizistik, S. 23 f. 115 Das räumt selbst Bussmann, Privatleben, S. 41 bei Bildern, die kein Ereignis darstellen, ein. 116 Vgl. zur Kritik hinsichtlich des Abstellens auf das öffentliche Leben als Kriterium für die Zeitgeschichtlichkeit Müller, Bildnisveröffentlichung, S. 97 f. 117 Vgl. Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstages, 11. Legislaturperiode, II. Session 1905/1906, 2. Anlageband, Drucks. Nr. 30, S. 1541. 118 Marxen GA 1980, 365 (370) m.w. N. 119 So Hubmann, Das Persönlichkeitsrecht, S. 299 f.; Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 444; ausdrücklich Wiese FS-Hubmann, S. 481 (489); Jarass JZ 1983, 280 (283); ähnlich Rehbinder, Urheberrecht, RN 859. 120 So auch die herrschende Meinung. Vgl. RGZ 125, 80 (82); BGHZ 20, 345 (351); BGH NJW 1965, 2148 (2150); BGH NJW 1985, 1617 (1618); BGH NJW 1996, 593 (594); KG JW 1932, 891 (891); KG GRUR 1952, 533 (533); KG UFITA 54 (1969), 291 (294); OLG München 1963, 658 (658 f.); OLG Hamburg GRUR 1996, 123 (123); LG Berlin UFITA 30 (1960), 92 (101); LG Kleve MDR 1953, 107 (107 f.); LG Berlin NJW 1997, 1373 (1374); Erman I/Ehmann, Anh § 12 RN 467; Letzel, Recht am eigenen Bilde, S. 41; Schwerdtner, Persönlichkeitsrecht, S. 214 ff.; Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 138; Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 32 f.; Finger GRUR 1908, 48 (56); Neumann-Duesberg JZ 1960, 114 (114); Marxen GA 1980, 365 (371).

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die Eigenschaft als Persönlichkeit der Zeitgeschichte.122 Qualitative Unterschiede aber ergeben sich nicht. Beide Begriffe können synonym verwandt werden.123 Der herrschenden Terminologie entsprechend wird im Folgenden an der Person der Zeitgeschichte festgehalten. Um diese Eigenschaft einer Person zuweisen zu können, muss der Begriff der Zeitgeschichte geklärt sein. Das Problem bezüglich dieses Begriffes liegt in dessen Konturenlosigkeit. So wundert es auch nicht, dass es eine beträchtliche Menge von unterschiedlichen Auslegungsansätzen gibt.124 Ausgangspunkt ist die Erkenntnis, dass der Begriff der Zeitgeschichte eigenständig zu verstehen ist. Er enthält also kein geschichtliches Element im engeren Sinne.125 Eine derartige Auslegung würde dem Begriff zu wenig Bedeutung beimessen. Dann aber ist unklar, ob der Begriff extensiv oder restriktiv auszulegen ist. Diesbezüglich scheint auf den ersten Blick Streit zu bestehen. Teilweise wird die extensive Auslegung vorgezogen.126 Hierfür wird der Wille des Gesetzgebers angeführt.127 Auf der scheinbar gegenüberliegenden Seite wird darauf verwiesen, dass durch § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG das Recht am eigenen Bild 121 Vgl. nur Nicolini/Ahlberg/Gass, UrhG, § 60 Anh. § 23 KUG RN 5; Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 35; Kuß, Öffentlichkeitsmaxime, S. 178; Schorn, Menschenwürde, S. 59. 122 So OLG Stuttgart JZ 1960, 126 (128); OLG München UFITA 41 (1964), 322 (323); Westermann, Person und Persönlichkeit, S. 16; Bornkamm, Pressefreiheit und Fairneß, S. 249; Schmidt FS-Schmidt, S. 338 (349). 123 Dabei ist der Ausdruck der Persönlichkeit der Zeitgeschichte wohl sogar der treffendere. Da es um den Schutz der Persönlichkeit und nicht der Person geht, liegt es näher zu fordern, dass eben diese Persönlichkeit einen zeitgeschichtlichen Bezug aufweist. 124 Vgl. nur Müller, Bildnisveröffentlichung, S. 93 ff. und Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 38 ff. 125 Dazu Franke, Bildberichterstattung, S. 97 ff., der wie beispielsweise Gronau, Persönlichkeitsrecht und Medienfreiheit, S. 26; Franke NJW 1981, 2033 (2034) und Schulz/Jürgens JuS 1999, 770 (771) eine geschichtswissenschaftliche Interpretation ablehnt und Holldack JW 1932, 1333 (1334 ff.), der dagegen eine geschichtswissenschaftliche Interpretation fordert; vgl. zum Ganzen Müller, Bildnisveröffentlichung, S. 108 ff. 126 So RGZ 125, 80 (82); BGH NJW 1965, 2148 (2150); OLG München GRUR 64, 42 (42); OLG Karlsruhe NJW 1982, 647 (647); Nicolini/Ahlberg/Gass, UrhG, § 60 Anh. § 23 KUG RN 3; von Gamm, UrhG, Einf. RN 116; Schricker/Götting, UrhG, § 60/§ 23 KUG RNn 8 ff.; Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 131; Müller, Bildnisveröffentlichung, S. 95; Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 71; Wiese FSHubmann, S. 481 (488 f.). 127 OLG Celle NJW 1979, 57 (58); LG Kleve MDR 1953, 107 (107); LG Köln AfP 1994, 166 (168); Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 39, 71, wobei er sich auf die Stenographischen Berichte über die Verhandlungen des Reichstages, 11. Legislaturperiode II. Session 1905/06, 2. Anlageband, Drucks. Nr. 30, S. 1540 f. beruft; so auch von Gamm, UrhG, Einf. RN 116; Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 109; Finger GRUR 1908, 48 (56); Krüger GRUR 1908, 91 (93); Werhahn UFITA 37 (1962), 22 (27); Engels/Schulz AfP 1998, 574 (576).

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als ein in der Verfassung verankertes Recht beschränkt wird, weshalb die Einordnung von Personen zur Zeitgeschichte nur mit Zurückhaltung vorzunehmen sei.128 Bei näherem Hinsehen aber entpuppt sich der Streit als bloßes Scheingefecht. Den beiden Auslegungsvarianten nämlich liegen unterschiedliche Ansatzpunkte zu Grunde129, die zum selben Ergebnis führen. Die extensive Auslegung bezieht sich auf den allgemeinen Bereich, in welchem Personen eine zeitgeschichtliche Bedeutung erlangen können. Schon die Gesetzgebungsmaterialien deuten darauf hin, dass der Bereich der möglichen Zeitgeschichtlichkeit im weitesten Sinne zu verstehen ist.130 Eine Beschränkung auf bestimmte gesellschaftliche oder sonstige Bereiche liefe der Intention des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG entgegen und widerspräche zudem einer angemessenen Einzelfallbeurteilung, die in den sonst ausgeklammerten Bereichen nicht zum Tragen käme.131 Deshalb ist der Begriff der Zeitgeschichte hinsichtlich seines Anwendungsbereiches so weit wie möglich zu verstehen.132 Die vertretene restriktive Auslegung wird demgegenüber auf die Frage bezogen, ob die jeweilige Person eine solche der Zeitgeschichte ist. Die vertretenen weiten und engen Auslegungen der Zeitgeschichtlichkeit schließen sich also nicht aus, sondern ergänzen sich. Hiermit sind allerdings noch keine Erkenntnisse dahingehend gewonnen, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, um von einer Person der Zeitgeschichte sprechen zu können. Soll das Verbot des § 22 S. 1 KUG nicht leer laufen, darf es für die Beurteilung des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG nicht auf die journalistischen oder medialen Interessen ankommen. Anderenfalls könnte der Rundfunk seine eigenen Interessen, allein beschränkt durch § 23 Abs. 2 KUG, nach Belieben durchsetzen.133 Entgegen der Intention des Rechts am eigenen Bild wäre es dann der Rundfunk, der über die zeitgeschichtliche Bedeutung entscheiden würde. Deshalb kann es einzig auf das Interesse der Allgemeinheit ankommen.134 Dementsprechend wird zutreffend darauf abgestellt, ob die Allgemeinheit ein über das normale Maß hinausgehendes Interesse an einer Person hat. 128 BGH NJW 1999, 985 (986); OLG Stuttgart JZ 1960, 126 (130); OLG Celle NJW 1979, 57 (58) = JR 1979, 422 (423); LG Kleve MDR 1953, 107 (107); Nicolini/ Ahlberg/Gass, UrhG, § 60 Anh. § 23 KUG RN 5; deutlich MK BGB I (3. Aufl.)/ Schwerdtner, § 12 RN 171; ähnlich Schwerdtner, Persönlichkeitsrecht, S. 210; Schiffer JW 1924, 1780; Bussmann JR 1955, 202 (203); Bussmann GRUR 1966, 104. 129 Deutlich wird dies bei Nicolini/Ahlberg/Gass, UrhG, § 60 Anh. § 23 KUG RNn 3 und 5, der hinsichtlich des Begriffs der Zeitgeschichte („. . . ist im weitesten Sinne zu verstehen . . .“) und der Einordnung einer Person als Person der Zeitgeschichte („. . . nur mit Zurückhaltung vorzunehmen . . .“) klar trennt. 130 Vgl. die Nachweise bei Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 39. 131 Anders RGZ 153, 1 (23); BGHZ 4, 219 (222); 11, 135 (143); BSG NJW 1959, 167 (168); kritisch Weinsheimer NJW 1959, 566 m.w. N. 132 Insofern missverständlich BGH NJW 1965, 2148 (2150): „. . . Ausnahmevorschrift . . ., die nicht ohne durchschlagenden Grund erweiternd ausgelegt werden darf . . .“; OLG München NJW-RR 1996, 93 (95): „. . . einschränkend auszulegende Ausnahmebestimmung . . .“; Staudinger II/Hager, § 823 RN C 198. 133 So auch Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 66 f.

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Maßgebend ist also das öffentliche Interesse.135 Auch wenn diese Umschreibung nur begrenzt weiter hilft, subsumtionsfähige Voraussetzungen zu bestimmen136, muss doch anerkannt werden, dass mit dieser besser gearbeitet werden kann als mit dem Begriff der Zeitgeschichtlichkeit als solchem. Vor allem aber entspricht die Auslegung im genannten Sinne am ehesten dem Sinn und Zweck des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG, der eine Entscheidung zu Gunsten der publizistischen Interessen trifft.137 Nunmehr stellt sich die Frage, welche konkreten Interessen sich hinter öffentlichen Interessen verbergen. Als öffentlich ist ein Interesse jedenfalls dann zu bezeichnen, wenn es von einer personell nicht bestimmbaren, großen Vielzahl von Personen geteilt wird.138 Bereits oben wurde auf den Ausnahmecharakter des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG hingewiesen. Diesem wird nur dann Rechnung getragen, wenn die Voraussetzungen für die Zeitgeschichtlichkeit einer Person restriktiv gehandhabt werden. Deshalb muss das öffentliche Interesse, das einer Person zeitgeschichtliche Bedeutung verleiht, ein berechtigtes sein.139 Dieses darf mit dem in § 23 Abs. 2 KUG angesprochenen Interesse nicht verwechselt werden. Während bei § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG ein solches auf Seiten der Allgemeinheit notwendig ist140, muss dieses bei § 23 Abs. 2 KUG auf Seiten des Abgebildeten bestehen. Eine Berechtigung des Interesses zu fordern, wäre allerdings hinfällig, würde jedes öffentliche Interesse als berechtigt zu qualifizieren 134 Nicht immer ist von der Öffentlichkeit die Rede. Es wird auch von der Allgemeinheit [BGH NJW 1965, 2148 (2150)]; OLG München NJW 1963, 658 (659); Zielemann, Tatverdächtige, S. 37 ff.; Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 92), der Gesellschaft (Landwehr, Das Recht am eigenen Bild, S. 66), dem Publikum [OLG Nürnberg MDR 1963, 412 (412)] oder einfach der Bevölkerung (vgl. Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 91) gesprochen. Sämtliche Begrifflichkeiten haben gemein, dass sie eine Vielzahl, nicht aber die Gesamtheit von Personen meinen. 135 Vgl. BGHZ 20, 345 (350); 24, 200 (208); von Gamm, UrhG, Einf. RN 115; Hubmann, Das Persönlichkeitsrecht, S. 299; Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 132; Ulmer, Verlags- und Urheberrecht, S. 31; Rehbinder, Urheberrecht, RN 859; Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 41 f.; Pieroth, in: Recht und Persönlichkeit, S. 249 (264); Maul MDR 1970, 286 (287); Engels/Schulz AfP 1998, 574 (576). 136 Das z. B. wird ausdrücklich von Müller, Bildnisveröffentlichung, S. 128 ff. kritisiert. 137 Ausführlich dazu Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 64 ff. 138 Fuhr FS-Armbruster, S. 117 (125). 139 OLG München NJW 1963, 658 (659); Maul MDR 1970, 286 (287); Engels/ Schulz AfP 1998, 574 (576). Teilweise wir anstatt auf ein berechtigtes Interesse auf ein gerechtfertigtes, echtes, legitimes, schutzwürdiges oder ausreichendes Interesse abgestellt. (vgl. die Nachweise bei Müller, Bildnisveröffentlichung, S. 129, der diese begriffliche Vielfalt mangels Aussagegehalt kritisiert (S. 129 ff.) und bei Gronau, Persönlichkeitsrecht und Medienfreiheit, S. 32) Sämtliche Begrifflichkeiten können synonym verwandt werden. Dem steht Gronau, Persönlichkeitsrecht und Medienfreiheit, S. 32 allerdings ablehnend gegenüber. 140 Das verkennt Müller, Bildnisveröffentlichung, S. 131 im Rahmen der von ihm geführten Kritik.

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sein.141 Dass die These, das Individualinteresse habe stets hinter dem Interesse der Öffentlichkeit zurückzustehen142, die gleichbedeutend mit der generellen Berechtigung eines jeden öffentlichen Interesses ist, falsch ist, wurde bereits gezeigt.143 Selbst stärkste Individualinteressen könnten die schwächsten öffentlichen Interessen sonst nicht überwinden. Auch kann ein berechtigtes Interesse nicht mit einem anerkennswerten Interesse gleichgesetzt werden144, denn die Problematik bleibt dieselbe. Sie wird nur von einem Begriff zum anderen verschoben. Richtigerweise ist an den in Betracht kommenden öffentlichen Interessen145 anzusetzen. Zu unterscheiden ist zwischen Informations-, Unterhaltungs- und Sensationsinteresse.146 Soll die Frage, welche dieser Interessen berechtigt sind, beantwortet werden, müssen sie bewertet werden. Nach der herrschenden Meinung147 hat dies dahingehend auszufallen, dass allein das Informationsinteresse ein berechtigtes Interesse der Allgemeinheit ist. Aus der begrenzten Schutzweite des Art. 5 Abs. 1 GG folge die besondere Schutzbedürf141 Entgegen der Aussage von Müller, Bildnisveröffentlichung, S. 132 entspricht diese Sicht auf keinem Fall der herrschenden Meinung. Diese nämlich stellt vielmehr auf ein Informationsinteresse ab. 142 So z. B. Elster GRUR 1921, 41 (42). 143 Vgl. m.w. N. Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 92 ff.; Hubmann, Das Persönlichkeitsrecht, S. 149; vgl. auch Hubmann AcP 155 (1956), 85 (95 ff.). 144 So aber Fuhr FS-Armbruster, S. 117 (125). 145 In einigen Fällen, so Häberle, Öffentliches Interesse als Juristisches Problem, S. 57, ist der Verweis von Gesetzen auf öffentliche Interessen „. . . eher ein Ausdruck von Hilflosigkeit des Gesetzgebers, selbst normativ hinreichend deutlich die Gesichtspunkte herauszustellen, die solche öffentlichen Interessen sein sollen. Der Gesetzgeber entzieht sich durch Flucht seiner Normierungs- und Gemeinwohlbewertungsfrage . . .“. 146 Vgl. zu diesen Interessen F. I. 1. 147 BGHZ 20, 345 (350); 24, 200 (208); 26, 345 (349); 49, 288 (292 f.); BGH NJW 1965, 2148 (2149); BGH NJW 1971, 698 (700); BGH NJW 1979, 2203 (2204); BGH NJW 1992, 2084 (2084); BGH NJW 1997, 1152 (1152); BGH NJW 2005, 56 (57); KG JW 1928, 421 (421); OLG Frankfurt GRUR 1958, 508 (509); OLG Stuttgart JZ 1960, 126 (129); OLG Oldenburg NJW 1963, 920 (922); KG NJW 1968, 1969 (1969); OLG Hamburg NJW 1970, 1325 (1326); OLG Köln AfP 1972, 277 (278); OLG Celle NJW 1979, 57 (58); OLG Hamburg GRUR 1996, 123 (123); OLG München NJW-RR 1996, 93 (95); KG ZUM 2005, 75 (76); LG Berlin UFITA 34 (1961), 363 (368); LG Frankenthal AfP 2004, 294 (295); AG Hamburg NJW-RR 2005, 196 (197); Schricker/Götting, UrhG, § 60/§ 23 KUG RNn 8 ff.; MK BGB I (3. Aufl.)/ Schwerdtner, § 12 RN 171; von Gamm, UrhG, Einf. RN 115; Hubmann, Das Persönlichkeitsrecht, S. 299; von Gamm, Persönlichkeits- und Ehrverletzungen durch Massenmedien, RN 57 FN 39; Rehbinder, Urheberrecht, RN 859; Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S. 31; Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 140; Dasch, Einwilligung, S. 15 f.; Kübler, Massenmedien, S. 53; Gronau, Persönlichkeitsrecht und Medienfreiheit, S. 30; Wiese FS-Hubmann, S. 481 (488); Adler JW 1924, 1780; Wandrey UFITA 5 (1932), 359 (361); Neumann-Duesberg MDR 1953, 108 (108 f.); Hubmann JZ 1957, 520 (525 f.); Neumann-Duesberg JZ 1960, 114 (117); Westermann FamRZ 1969, 561 (569 f.); Jarass JZ 1983, 280 (283); Ernst ZUM 1996, 187 (189 f.); letztlich auch Werhahn UFITA 37 (1962), 22 (28); kritisch Franke NJW 1981, 2033 (2034); Hahn NJW 1997, 1348 (1349); ablehnend Erdsiek NJW 1963, 1390 (1392).

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tigkeit dieses Interesses. Die anderen Interessen dagegen seien nicht derart schutzbedürftig.148 Engels und Schulz149 dagegen betonen die besondere Bedeutung der Unterhaltungsfunktion des Rundfunks. „. . . Mediale Unterhaltung . . . (sorge) vielleicht mehr noch als die mediale Information für die soziale Konstruktion der Wirklichkeit . . .“150. Aus der Verfassung (Art. 5 Abs. 1 S. 1 und S. 2 GG) soll sich so nicht ergeben, dass prinzipiell zwischen Informationsund Unterhaltungsbeiträgen zu trennen sei.151 Diese Feststellung übertragen sie dann auf die vorliegende Fragestellung. Muss eine Differenzierung der Beiträge unterbleiben, müsse gleiches für die Interessen gelten. Auch das Oberlandesgericht Nürnberg152 vertritt einen ähnlichen Standpunkt, setzt aber am regelmäßig bestehenden Sensationsinteresse bezüglich der Kriminalität153 an. Während die herrschende Meinung dieses negativ bewertet, geht das Oberlandesgericht einen anderen Weg. Nach diesem erhalten die Rezipienten oftmals erst durch das Ausleben ihrer Sensationslust Informationen, die sie sonst nicht wahrgenommen hätten. Das Sensationssinteresse wird quasi als das Tor zur Information verstanden. Sowohl die Ansicht von Engels und Schulz als auch die des Oberlandesgerichts Nürnberg führen dazu, dass sowohl Unterhaltungs- als auch Sensationsinteresse als öffentliche Interessen im Rahmen des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG angesehen werden müssten. Diese Sichtweise aber überzeugt nicht. Inhaltlich zutreffend wird von Engels und Schulz154 noch festgestellt, dass die Verfassung keine Differenzierung zwischen den möglichen Beitragsarten vornimmt, eine solche also nicht statthaft ist.155 Allerdings, das wird übersehen, unterscheidet selbst die Verfassung in verschiedene Interessen. So kann sich auf die Informationsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG nur derjenige berufen, „. . . der die zugänglichen und wahrnehmbaren Informationen in sich aufnehmen . . .“156, sich also informieren 148 In diesem Sinne (auf die Presse bezogen) BGHSt 18, 182 (187) = NJW 1963, 665 (667); zustimmend Schneider NJW 1963, 665 (665 f.); Fuhrmann JuS 1970, 70 (73); vgl. auch OLG München NJW-RR 1996, 93 (95); Arzt, Der strafrechtliche Schutz der Intimsphäre, S.35 FN 93 a. E. m.w. N.; Kübler, Massenmedien, S. 53; a. A. anscheinend Müller, Bildnisveröffentlichung, S. 53, der auch auf Neugier und Sensationslust basierende Informationsinteressen anerkennt. 149 Engels/Schulz AfP 1998, 574 (580 f.). 150 Engels/Schulz AfP 1998, 574 (581). 151 Engels/Schulz AfP 1998, 574 (581). 152 OLG Nürnberg MDR 1963, 412 (412). 153 Vgl. dazu F. I. 2. 154 Engels/Schulz AfP 1998, 574 (581). 155 Vgl. nur BVerfGE 27, 71 (81); 35, 202 (222); 57, 295 (319); 59, 231 (258); 60, 53 (63 f.); 74, 297 (332); 90, 27 (32); BVerwGE 75, 67 (70 f.); BK/Degenhart, Art. 5 Abs. 1 und 2 RNn 320 ff., 733; Dreier I/Schulze-Fielitz, Art. 5 I, II RNn 62, 103; Jarass/Pieroth/Jarass, Art. 5 RN 37; Langer, Informationsfreiheit, S. 127 f.; Löwer JZ 1981, 730 (736); Schmitt Glaeser AöR 112 (1987), 215 (223 f.); Dörr/Brandel AfP 1997, 507 (508).

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will.157 Letztlich wird hiermit ein bestehendes Informationsinteresse gefordert.158 Damit wird dem Informationsinteresse im Hinblick auf den grundrechtlichen Schutz eine andere Bedeutung beigemessen als den Sensations- und Unterhaltungsinteressen. Mit einer von Verfassungs wegen nicht vorzunehmenden Differenzierung zwischen den Interessen, wie es Engels und Schulz tun, kann also nicht argumentiert werden. Auch der Ausgangspunkt des Oberlandesgerichts Nürnberg ist nicht völlig von der Hand zu weisen. Gleichgültig aus welchem Grund Gerichtsberichterstattungen gesehen und gehört werden, geht es immer auch um Informationen. Das aber vermag nicht zu bewirken, dass auch Sensations- und Unterhaltungsinteresse als berechtigte öffentliche Interessen zu qualifizieren sind. Eine solche Annahme liefe auch der zurückhaltenden Handhabung des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG entgegen. Von dieser bliebe, da die Rezeption von Rundfunksendungen vorrangig auf ein Unterhaltungsinteresse zurückzuführen ist159, nämlich nicht viel übrig, würde keine Begrenzung auf das Informationsinteresse vorgenommen. Hinzu kommt die Ausrichtung des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG auf Personen. Dieser kann nur entsprochen werden, wenn auch das zu fordernde öffentliche Interesse einen konkreten Personenbezug aufweist. Hierfür erweisen sich Unterhaltungs- und Sensationsinteresse aber als untauglich. Nur das Informationsinteresse wird dem Personenbezug vollends gerecht. Gegen ein Abstellen auf das Informationsinteresse wird schließlich vorgebracht, der Tatbestand des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG beinhalte per se den Vorrang des Informationsinteresses der Allgemeinheit vor den Belangen des Abgebildeten. Deshalb wäre ein Abstellen auf das Informationsinteresse ein Zirkelschluss.160 Dieses Argument wäre nur berechtigt, wenn von der zeitgeschichtlichen Bedeutung einer Person auf das Informationsinteresse geschlossen werden kann. Jedoch knüpft § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG ausschließlich an die öffentlichen Interessen an. Erst wenn ein Informationsinteresse vorliegt, kann eine zeitgeschichtliche Bedeutung auch der Person angenommen werden, nicht umgekehrt. Insofern ist am Informationsinteresse als einzig berechtigtem Interesse festzuhalten. Ob ein solches besteht, ist mittels einer Prognose festzustellen.161 Im Hinblick auf das Recht am eigenen Bild wird dies unter Verweis auf die Gefahr, dass der Urteilende sich von seiner eigenen Einstellung leiten lässt, in 156

Windsheimer, Interpretationsgrundlage, S. 75. So auch ausdrücklich Jarass/Pieroth/Jarass, Art. 5 RN 18; auf das Sich-Informieren stellt beispielsweise auch BK/Degenhart, Art. 5 Abs. 1 und 2 RN 352 ab. 158 So spricht Sachs/Bethge, Art. 5 RN 57 im Rahmen der Informationsfreiheit von einem „Interessierten“; BK/Degenhart, Art. 5 Abs. 1 und 2 RN 323 verneint die Grundrechtsträgerschaft hinsichtlich eines „. . . informationsinteressierten . . .“ Staates. 159 Vgl. C. I. 1. 160 Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 143; Franke, Bildberichterstattung, S. 95 f. 161 Siehe F. I. 2. 157

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Frage gestellt. Indem die Rundfunkanbieter ein öffentliches Interesse prognostizieren, könnten sie den Bildnisschutz aushebeln.162 Ein effektiver Persönlichkeitsschutz sei so nicht mehr gewährleistet. Dabei wird jedoch eines übersehen: Zwar können die Rundfunkanbieter durch die eigene Prognose ein öffentliches Interesse annehmen und so § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG für einschlägig halten, jedoch wird die Prognose des Rundfunks nicht zum Maßstab der jeweiligen Rechtslage. Die richterliche Entscheidung nach § 176 GVG ist von den Ansichten und Prognosen des Rundfunks unabhängig.163 Es ist also mittels Prognosen zu bestimmen, ob und welches öffentliche Interesse gegeben ist. Das Informationsinteresse darf aber nicht nur auf die Person, um deren Bildnis es geht, begrenzt werden. Da sich § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG auf Bildnisse bezieht, liegt es nahe, dass Interesse auch auf die Bildnisse zu beziehen. Diesen Schluss zieht auch die herrschende Meinung164, allerdings ohne näher darauf hinzuweisen. Nach dieser kann das bloße Informationsinteresse an einer Person noch nicht ausreichen, um vom Grundsatz des § 22 S. 1 KUG abzuweichen. Anstatt auf ein bildnisbezogenes Informationsinteresse abzustellen, rückt Engau165 das Interesse der Allgemeinheit an der Identifizierung der abgebildeten Person in den Vordergrund. Auf das Interesse an der bildlichen Darstellung abzustellen, hieße zu verkennen, dass § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG dem Interesse an der Identifizierung der jeweiligen Person Rechnung trägt. Abgesehen von der insoweit angreifbaren Argumentation Engaus166 liegt seine Ansicht gar nicht so 162

Vgl. Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 98 m.w. N. Vgl. auch Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 103. 164 BGHZ 24, 200 (208); BGH UFITA 22 (1956), 361 (364); BGH NJW 1965, 2148 (2150); BGH NJW 1966, 2353 (2355); KG JW 1924, 1780; OLG München NJW 1963, 658 (659); OLG Oldenburg NJW 1963, 920 (922); OLG Karlsruhe GRUR 1989, 823 (824); OLG Frankfurt NJW-RR 1990, 1439 (1440); LG Berlin UFITA 34 (1961), 363 (368); vgl. Arzt, Der strafrechtliche Schutz der Intimsphäre, S. 27; Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 111; Schiffer JW 1924, 1780; Jarass JZ 1983, 280 (283). 165 Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 112 ff. 166 Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 112 f. verweist auf die bestehende Parallelität von Bildnisveröffentlichung und Namensnennung. Bei näherer Betrachtung aber wird deutlich, dass diese nur begrenzt parallel laufen. Während Namensnennungen am allgemeinen Persönlichkeitsrecht zu messen sind, existieren für Bildnispublikationen die Sonderregelungen der §§ 22 ff. KUG. Also erkannte auch der Gesetzgeber die bestehenden Unterschiede. Die Argumentation Engaus, „. . . dem Namen kommt in gleicher Weise wie einem Bildnis Identifizierungsfunktion zu . . .“ (Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 113) übergeht einen gewichtigen Unterschied, nämlich den zwischen Funktion und Wirkung. Während der Name den Namensträger nur für diejenigen identifizierbar macht, die der Person den Namen zuordnen können, kann bei Kenntnis des Bildnisses jeder eine Identifizierung vornehmen. Eingriffe in den Persönlichkeitsbereich durch Bildnispublikationen wiegen so stärker als die durch Namensnennungen. [OLG Köln NJW 1987, 2682 (2684); Schwerdtner, Persönlichkeitsrecht, S. 201; Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 161; Bussmann GRUR 1969, 303 (303); Koebel JZ 1966, 389 (390); vgl. auch Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 114; a. A. Arzt, Der strafrechtliche Schutz der Intimsphäre, S. 48; Arndt NJW 1967, 163

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weit von der auch hier vertretenen Ansicht entfernt, wie er es selbst vielleicht glaubt. Wenn das Identifizierungsinteresse und das Interesse am Bildnis einer Person dasselbe meinen, bestehen keine nennenswerten Unterschiede. Denn Bildnissen ist es gemein, dass die Abgebildeten identifiziert werden können, ist ihr Wesensmerkmal doch die Erkennbarkeit der Personen. So meint „identifizieren“ dann auch dem Wortlaut nach „genau wieder erkennen“.167 Beide Interessen, das an der Identifizierung und das am Bildnis, bedeuten letztlich Interesse an der Erkennbarkeit, meinen also dasselbe. Festzuhalten ist, dass es eines bildnisbezogenen Informationsinteresses der Allgemeinheit bedarf, um einer Person die Eigenschaft einer zeitgeschichtlichen Bedeutung beizumessen. (2) Aspekte zur Einteilung von Personen als zeitgeschichtlich bedeutsam Auch nachdem nunmehr das Leitkriterium bestimmt ist, mit dessen Hilfe Personen als zeitgeschichtlich qualifiziert werden können, gilt es, bevor sich den zu untersuchenden Personengruppen gewidmet werden kann, auf einige Aspekte gesondert hinzuweisen. Bereits dargestellt wurde, dass mit dem Zuspruch zeitgeschichtlicher Bedeutung an eine Person zurückhaltend umzugehen ist.168 Dementsprechend wurde insbesondere früher vertreten, dass nur derjenige, der bewusst in die Öffentlichkeit trete, eine Person der Zeitgeschichte sein kann.169 Diese Sicht basiert auf der konsequenten Anwendung des Veranlasserprinzips. Hiergegen spricht aber die fehlende Praktikabilität. Verlässliche Grenzen, ab wann jemand bewusst in die Öffentlichkeit eintritt, können nicht gezogen werden. Diese Schwierigkeiten zwischen bewusstem und unbewusstem Auftreten170 können im Interesse der Rechtssicherheit171 nicht hingenommen werden. Für

1845 (1845); Neumann-Duesberg JZ 1970, 564 (566); Neumann-Duesberg JZ 1971, 305 (311)] Zwischen diesen beiden Varianten ist also strikt zu trennen [so schon Finger GRUR 1908, 48 (56)]. Auch kann darin, auf das Interesse an der bildlichen Darstellung einer Person abzustellen, keine Überbewertung des Kommunikationswertes eines Bildnisses gesehen werden (so aber Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 119). Denn es geht hier nicht um den Kommunikationswert. 167 Vgl. Duden, Stichwort „Identifikation“. 168 Siehe G. I. 2. b) aa) (1). 169 KG JW 1928, 421 (421); LG Berlin JW 1929, 451 (452); LG Berlin UFITA 4 (1931), 545 (548); AG München JW 1928, 376; Letzel, Recht am eigenen Bilde, S. 41; Krüger GRUR 1908, 91 (93); vgl. auch die Nachweise bei Müller, Bildnisveröffentlichungen, S. 116 ff.; heute noch Landwehr, Das Recht am eigenen Bild, S. 66, 92; Kohl FS-Löffler, S. 127 (133); bewusst unentschieden von Adler JW 1929, 451 (452). 170 Vgl. dazu Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 133 f. 171 Rechtssicherheit gehört zu den tragenden Zielen einer jeden Rechtsordnung. Diese bedeutet, dass der Rechtsanwender sein Verhalten im Rechtsleben nach der Erkenntnis einrichten kann, welche rechtliche Wertung ein gedachter Tatbestand auf Grund der aktuellen Rechtslage erfahren wird.

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den Rundfunk würde es zum Glücksspiel, über Strafverfahren mittels Bildnissen zu berichten. Ziel muss es aber sein, auch für den Rundfunk einen klar abgesteckten und nachvollziehbaren rechtlichen Rahmen zu schaffen. Dies kann mit der hier diskutierten Ansicht nicht erreicht werden. Aber auch sonst überzeugt das Veranlasserprinzip hier nicht. Es würde dazu führen, dass jede Person, gleichgültig wie bedeutend, den Status der Zeitgeschichtlichkeit durch konsequentes Meiden der Öffentlichkeit verhindern beziehungsweise ablegen könnte. Man überließe es damit weitgehend den Betroffenen selbst, darüber zu entscheiden, ob sie den Status der Zeitgeschichtlichkeit auf sich nehmen.172 Da § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG nicht auf Individual-, sondern auf öffentliche Interessen abstellt, kann es auf den Willen der Abgebildeten nicht ankommen. Verlöre jeder, der bewusst die Öffentlichkeit aufsucht, das Recht am eigenen Bild, so käme das bewusste Aufsuchen der Öffentlichkeit außerdem einer Einwilligung in die Veröffentlichung der Aufnahmen gleich.173 Die Gesetzessystematik zeigt jedoch, dass die Einwilligung und damit der Wille des Betroffenen allein bei § 22 KUG eine Rolle spielen soll.174 Schließlich sei auf den früher vorgebrachten Einwand hingewiesen. Diesem zufolge sei auch die zeitgeschichtliche Bedeutung von Monarchen und deren Familien, die aus der Geburt resultieren soll, nicht erklärbar.175 Darauf, ob jemand bewusst oder unbewusst in die Öffentlichkeit tritt, kann es nach alldem also nicht ankommen.176

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Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 137 f. Um dies zu verhindern, wird versucht, das bewusste Eintreten in die Öffentlichkeit nicht als Einwilligung, sondern als Verzicht auf den Schutz des Rechts am eigenen Bild zu qualifizieren. Vgl. Zielemann, Tatverdächtige, S. 44. Zum Unterschied zwischen Einwilligung und Verzicht Schmidt, Der Verzicht auf betriebsverfassungsrechtliche Befugnisse, S. 4 ff. (Verzicht) und Dasch, Einwilligung, S. 27 ff. (Einwilligung). 174 Neben, Personenberichterstattung, S. 215. 175 Über diese Hürde suchte z. B. das KG JW 1928, 421 (421) mit der gequält wirkenden Begründung zu springen, dass Monarchen den bewusst in die Öffentlichkeit eingetretenen Personen auf Grund der Möglichkeit „. . . gestaltend in die Geschichte eines Volkes einzugreifen . . .“ gleichzustellen seien. Vgl. Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 137; Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 133. 176 Das Reichsgericht gab seine bisherige Rechtsprechung in RGZ 125, 80 (81 f.) = JW 1929, 3078 (3078) auf und verzichtete auf das Erfordernis des bewussten Eintritts in die Öffentlichkeit; zustimmend Möhring JW 1929, 3078 (3079); Franke, Bildberichterstattung, S. 91; weiter auch OLG Stuttgart JZ 1960, 126 (128); LG Kleve MDR 1953, 107 (108); Schricker/Götting, UrhG, § 60/§ 23 KUG RN 31 ff.; Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 133 f.; Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 138; Wandrey UFITA 5 (1932), 359 (364); Schäffer UFITA 27 (1959), 129 (131); Neumann-Duesberg JZ 1960, 114 (115); Neumann-Duesberg Jur. Jahrb. 7 (1966/67), 138 (145); a. A. Engels/Schulz AfP 1998, 574 (581 f.), der dieses Kriterium für die Einteilung in relative und absolute Personen der Zeitgeschichte für relevant hält. 173

I. Die Persönlichkeitsrechte

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(a) Unterteilung in absolute und relative Personen der Zeitgeschichte Die Lösung liegt vielmehr im Verständnis der zeitgeschichtlichen Bedeutung. Insofern ist mit der herrschenden Meinung177 zwischen absoluten und relativen Personen der Zeitgeschichte, beide sind von § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG erfasst, zu unterscheiden.178 Zu den absoluten Personen der Zeitgeschichte sind alle Personen zu zählen, die sich durch Geburt, Stellung, Leistungen oder Untaten positiv oder negativ aus dem Kreis der Mitmenschen so hervorheben, dass ein Informationsinteresse an grundsätzlich allen Vorgängen anzunehmen ist.179 Deren Bildnisse müssen keinen speziellen Bezug zum jeweiligen Zeitgeschehen180 aufweisen.181 Als relative Personen der Zeitgeschichte sind demgegenüber die Personen aufzufassen, die wegen des Zusammenhangs mit einem einmaligen, 177 Von einer Einigkeit kann im Hinblick auf die verschiedenen Arten von Personen der Zeitgeschichte aber entgegen Engels/Schulz AfP 1998, 574 (576) nicht ausgegangen werden. Vgl. zur Kritik jeweils m.w. N. nur Müller, Bildnisveröffentlichung, S. 125 ff.; Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 170 ff.; Kuß, Öffentlichkeitsmaxime, S. 178 f.; Gronau, Persönlichkeitsrecht und Medienfreiheit, S. 55 ff.; Ahrens, Persönlichkeitsrecht, RN 132; Heinze FS-Stree/Wessels, S. 951 (956); Arndt NJW 1967, 1845 (1846). 178 Grundlegend Neumann-Duesberg JZ 1960, 114 (115 f.); zustimmend u. a. BGH NJW 1965, 2148 (2149 f.); BGH NJW 1966, 2353 (2355); BGH NJW 1985, 1617 (1618); BGH AfP 2004, 267 (268); OLG München NJW 1963, 658 (659); OLG Koblenz NJW 1973, 251 (252 ff.); KG UFITA 54 (1969), 291 (294); VG Karlsruhe NJW 1980, 1708 (1708 f.); LG Frankfurt NStZ 1982, 35 (36); LG Berlin NJW 1986, 1265 (1265); LG Köln AfP 1994, 165 (165); Schricker/Götting, UrhG, § 60/§ 23 KUG RN 19; Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 145 ff.; Jahns, Verletzung von Persönlichkeitsrechten, S. 40 f.; Enders, Gewerblicher Rechtsschutz, Urheberrecht und Medienrecht, S. 125; Lilie, in: AE-StuM, S. 116 (126 f.); Siegert NJW 1963, 1953 (1957); Werhahn UFITA 37 (1962), 22 (29); Neumann-Duesberg Jur. Jahrb. 7 (1966/ 67), 138 (150); Bielenberg GRUR 1967, 209 (209 f.); Koebel MDR 1972, 8 (9); Marxen GA 1980, 365 (371); Franke NJW 1981, 2033 (2035); Jarass JZ 1983, 280 (283); Ehmann/Thorn AfP 1996, 20 (20); Engels/Schulz AfP 1998, 574 (576); a. A. Huff NJW 1996, 571 (572). 179 BVerfG ZUM 2000, 149 (158); BGH NJW 1996, 985 (986); BGH AfP 1996, 140 (141); OLG Hamburg ZUM 1995, 336 (337); OLG Hamburg AfP 1995, 665 (665); KG AfP 2004, 564 (564); KG NJW 2005, 603 (603 f.); KG NJW 2005, 605 (605); KG AfP 2006, 369; LG Köln AfP 1994, 165 (165); LG Berlin AfP 2005, 292 (292); LG Hamburg AfP 2006, 391 (392); Schricker/Götting, UrhG, § 60/§ 23 KUG RN 52; Staudinger II/Hager, § 823 RN C 200; Erman I/Ehmann, Anh § 12 RN 471; Bornkamm, Pressefreiheit und Fairneß, S. 249; Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 179; Gronau, Persönlichkeitsrecht und Medienfreiheit, S. 41; Kuß, Öffentlichkeitsmaxime, S. 179; Hübner-Raddatz, Fernsehöffentlichkeit, S. 150; Paschke, Medienrecht, RN 699; Rehbinder, Urheberrecht, RN 859; Pieroth, in: Recht und Persönlichkeit, S. 249 (264); Neumann-Duesberg JZ 1960, 114 (116); Neumann-Duesberg Jur. Jahrb. 7 (1966/67), 138 (150); Werhahn UFITA 37 (1962), 22 (29); Jarass JZ 1983, 280 (283); Engels/Schulz AfP 1998, 574 (576); Soehring/Seelmann-Eggebert NJW 2005, 571 (576). Vgl. zum insofern parallelen Begriff der Prominenz Peters, Prominenz, S. 1 ff.; Neben, Personenberichterstattung, S. 26 f. 180 Ausführlich dazu Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 165 ff.; vgl. auch m.w. N. Engels/Schulz AfP 1998, 574 (577 f.).

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G. Die Kriterien der Interessenabwägung

informationswürdigen Ereignis in den zeitgeschichtlichen Bereich geraten.182 Die Anknüpfung an ein bestimmtes Ereignis hat zur Folge, dass die freie Verbreitung des Bildnisses in jeder Hinsicht durch das Ereignis begrenzt wird183, so jedenfalls zu Recht die herrschende Ansicht.184 Da es vorliegend um Aufnahmen geht, die im Sitzungsbereich angefertigt werden und diese den notwendigen Zusammenhang zum Strafverfahren als dem maßgebenden Ereignis erkennen lassen, kommt dieser Begrenzung hier keine Bedeutung zu. Im Hinblick auf die Eigenschaft als relative Person der Zeitgeschichte ist umstritten, ob diese durch ein bestehendes öffentliches Informationsinteresse begründet wird und eine Abwägung allein in § 23 Abs. 2 KUG zu verorten ist185 oder ob bereits hier eine Abwägung zwischen Anonymitätsinteresse des 181 Rehbinder, Urheberrecht, RN 859; Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 137, 145; Franke, Bildberichterstattung, S. 92; Gronau, Persönlichkeitsrecht und Medienfreiheit, S. 43; Neumann-Duesberg JZ 1960, 114 (115 f.). 182 OLG Hamburg ZUM 1995, 336 (337); OLG Hamburg AfP 1995, 321 (321); OLG Koblenz NJW 1973, 251 (252); OLG Hamburg AfP 1995, 665 (666); OLG München NJW-RR 1996, 93 (95); LG Berlin NJW 1986, 1265 (1265); LG Köln AfP 1994, 165 (165); LG Hamburg AfP 2006, 391 (392); Nicolini/Ahlberg/Gass, UrhG, § 60 Anh. § 23 KUG RN 11; Schricker/Götting, UrhG, § 60/§ 23 KUG RNn 31 ff.; MK BGB I (3. Aufl.)/Schwerdtner, § 12 RN 172; Erman I/Ehmann, Anh § 12 RN 468; Staudinger II/Hager, § 823 RN C 201; Bornkamm, Pressefreiheit und Fairneß, S. 249; Paschke, Medienrecht, RN 700; Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 146; Hübner-Raddatz, Fernsehöffentlichkeit, S. 151; Kuß, Öffentlichkeitsmaxime, S. 179; Gronau, Persönlichkeitsrecht und Medienfreiheit, S. 45; Fechner, Medienrecht, RN 227; Lilie, in: AE-StuM, S. 116 (127); Pieroth, in: Recht und Persönlichkeit, S. 249 (265); Heinze FS-Stree/Wessels, S. 951 (956 f.); Neumann-Duesberg FS-Schnorr v. Carolsfeld, S. 397 (401); Neumann-Duesberg JZ 1960, 114 (115); Neumann-Duesberg Jur. Jahrb. 7 (1966/67), 138 (151); Werhahn UFITA 37 (1962), 22 (29); Neumann-Duesberg JZ 1970, 564 (566); Neumann-Duesberg JZ 1971, 305 (306); Lampe NJW 1973, 217 (218); Marxen GA 1980, 365 (371); Jarass JZ 1983, 280 (283); Frömming/Peters NJW 1996, 958 (960); Ernst ZUM 1996, 187 (189); Engels/Schulz AfP 1998, 574 (577); Soehring/Seelmann-Eggebert NJW 2005, 571 (576). 183 Insofern kann statt von einer relativen Person der Zeitgeschichte auch von einer ereignisabhängigen Person der Zeitgeschichte gesprochen werden, während eine absolute Person der Zeitgeschichte eben eine ereignisunabhängige Person der Zeitgeschichte ist. 184 BGH NJW 1966, 2353 (2355); Staudinger II/Hager, § 823 RN C 201; Schricker/Götting, UrhG, § 60/§ 23 KUG RNn 31 ff.; Nicolini/Ahlberg/Gass, UrhG, § 60 Anh. § 23 KUG RN 11; Erman I/Ehmann, Anh § 12 RN 468; Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 146; Gronau, Persönlichkeitsrecht und Medienfreiheit, S. 45; von Hartlieb, Film-, Fernseh- und Videorecht, 28. Kapitel RN 7; Paschke, Medienrecht, RN 700; Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 108; Prinz/Peters, Medienrecht, RN 850; Neumann-Duesberg JZ 1960, 114 (115 f.); Werhahn UFITA 37 (1962), 22 (33 f., 42); Neumann-Duesberg Jur. Jahrb. 7 (1966/67), 138 (152); Marxen GA 1980, 365 (371); Ehmann/Thorn AfP 1996, 20 (20); Engels/Schulz AfP 1998, 574 (577); Schulz/Jürgens JuS 1999, 770 (771); einschränkend Zielemann, Tatverdächtige, S. 54 ff.; a. A. Rehbock/Schmidt FS-Schweizer, S. 123 (132). 185 RGZ 74, 308 (312 f.); 125, 80 (82); BGH NJW 1996, 1128 (1129); BGH AfP 1997, 475 (476); OLG Hamburg NJW-RR 1986, 933 (933); OLG Karlsruhe VersR

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Einzelnen und Informationsinteresse der Öffentlichkeit vorzunehmen ist186. Wer den Streit um den Standort der Abwägung als bedeutungslos einstuft187, verkennt, dass dessen Ausgang darüber bestimmt, wie die Darlegungs- und Beweislasten ausfallen188 und wie die vorbeugende Unterlassungsklage zu behandeln ist189. Schon ein Blick auf die Systematik der §§ 22 ff. KUG führt zu einem eindeutigen Ergebnis. § 23 Abs. 2 KUG zeigt, dass erst dort, also nachdem das Vorliegen einer Person der Zeitgeschichte bejaht ist, eine Interessenabwägung vorzunehmen ist.190 Der Gesetzgeber hat durch die Regelungen ausreichend deutlich gemacht, dass § 23 Abs. 2 KUG als Korrektiv der Ergebnisse nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG gedacht ist. Letzterer ist Ausdruck einer vom Gesetzgeber im vornherein zu Gunsten des Informationsinteresses entschiedenen Abwägung. Eine dennoch durchgeführte Abwägung ließe dies außer Acht.191 Würde bereits bei § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG eine Abwägung vorgenommen, wäre der Zuspruch zeitgeschichtlicher Bedeutung je nach Gegenstand der Veröffentlichung verschieden. Das aber entspricht nicht der Intention der Norm. Zudem würde dem gefundenen Ergebnis, dass es auf das Informationsinteresse ankommt, widersprochen. Entscheidend wäre vielmehr das Gewicht der Anonymitätsinteressen. Sowohl der Regelungsgehalt des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG als auch die Systematik des § 23 KUG stehen einer Abwägung im Rahmen des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG unüberwindbar im Weg.192 1989, 1097 (1098); OLG Hamburg GRUR 1996, 123 (124); Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 143, 160; Dasch, Einwilligung, S. 15; Jarass JZ 1983, 280 (283); vgl. Neben, Personenberichterstattung, S. 210; Franke NJW 1981, 2033 (2034); Engels/Schulz AfP 1998, 574 (577); von Becker AfP 2005, 247 (247); unklar Hager Jura 1995, 566 (569). 186 So BGH NJW 1971, 698 (700); BGH AfP 2004, 540 (541 f.); BGH NJW 2005, 56 (58); MK BGB I (3. Aufl.)/Schwerdtner, § 12 RN 172; Erman I/Ehmann, Anh § 12 RN 469; Zielemann, Tatverdächtige, S. 74; Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 129 f.; Neumann-Duesberg FS-Schnorr v. Carolsfeld, S. 397 (400); Neumann-Duesberg JZ 1960, 114 (115 ff.); Werhahn UFITA 37 (1962), 22 (29); Koebel UFITA 38 (1962), 1 (8); Koebel JZ 1966, 389 (390); Neumann-Duesberg JZ 1970, 564 (566); Neumann-Duesberg JZ 1971, 305 (306); Neumann-Duesberg JZ 1973, 261 (262); Koebel MDR 1972, 8 (9); Eckstein VBlBW 2001, 97 (98). 187 So BGH NJW 1979, 2203 (2204); BGH NJW 1985, 1617 (1618); OLG Hamburg AfP 1995, 665 (666); Schricker/Götting, UrhG, § 60/§ 23 KUG RN 3; Müller, Bildnisveröffentlichung, S. 137; Neumann-Duesberg Jur. Jahrb. 7 (1966/67), 138 (158). 188 Vgl. Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 139 f., 173; Engels/Schulz AfP 1998, 574 (576). 189 Vgl. dazu ausführlich Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 173 ff. 190 Gronau, Persönlichkeitsrecht und Medienfreiheit, S. 36. 191 Müller, Bildnisveröffentlichung, S. 135. 192 Müller, Bildnisveröffentlichung, S. 181 ff. geht im Ergebnis einen Schritt weiter, der hier nicht näher kommentiert werden soll. Er hält die Auslegung des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG, nach der eine Abwägung zwischen Informationsinteresse und Persönlichkeitsrecht über die zeitgeschichtliche Bedeutung entscheidet, für verfassungswidrig.

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G. Die Kriterien der Interessenabwägung

Dem wird zweierlei entgegengehalten. Einerseits gäbe es schlicht kein geeigneteres Verfahren für die Ermittlung, ob jemand eine Person der Zeitgeschichte ist. Und andererseits verlöre § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG sonst seine eigenständige Bedeutung.193 Beide Argumente sind bei näherem Hinsehen unbegründet. Es fehlen einfach verlässliche Maßstäbe, um beurteilen zu können, welches Verfahren geeigneter ist. Stellt man auf Einfachheit und Klarheit ab, schneidet die Abwägungslösung weit schlechter ab. Das Informationsinteresse nämlich wäre nur eine von vielen zu ermittelnden Komponenten.194 Eine Abwägung setzt dann zusätzliche Schritte voraus, was sie unnötig kompliziert macht.195 Des Weiteren hat § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG auch bei einer Abwägung erst im Rahmen des § 23 Abs. 2 KUG eine eigenständige Bedeutung.196 Er trifft quasi eine Vorauswahl. Nur Veröffentlichungen von Bildnissen der von ihm erfassten Personen hängen letztendlich von einer Interessenabwägung ab. Jede andere Person muss dagegen in die Veröffentlichung einwilligen, wobei es gerade keine Rolle spielt, welche Interessen an der Veröffentlichung bestehen. Mit dieser Auslesefunktion kommt § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG nicht nur eine eigenständige, sondern auch eine enorm große Bedeutung zu. Ist eine Person keine der Zeitgeschichte, dann darf deren Bildnis ohne ihren Willen nicht vorgestellt werden. Es ist also all jenen deutlich zu widersprechen, die die zeitgeschichtliche Bedeutung einer Person beziehungsweise eines Bildnisses von einer Interessenabwägung abhängig machen wollen.197 Dies steht auch nicht im Widerspruch zum geforderten berechtigten Interesse.198 Da nämlich jedes bildnisbezogene Informationsinteresse der Allgemeinheit eine zeitgeschichtliche Bedeutung begründen kann199, kommt es in keiner Weise auf eine Abwägung an, um das öffentliche Interesse zu bestimmen. Teilweise wird schließlich darauf hingewiesen, das berechtigte öffentliche Interesse fände seine Grenze am Privatbereich. Mit anderen Worten könne § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG dort nicht eingreifen.200 Diese pauschale Annahme über193

Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 300. Anderer Ansicht scheint Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 300 zu sein, wenn er feststellt, dass das Gewicht des Informationsinteresses erst im Rahmen des § 23 Abs. 2 KUG seinen Platz haben soll. Unklar bleibt, wie seiner Ansicht nach eine Abwägung bei § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG dann zu bewerkstelligen ist, wenn auf das Gewicht des Informationsinteresses nicht abgestellt werden darf. 195 Ähnlich Müller, Bildnisveröffentlichung, S. 128. 196 Vgl. dazu Müller, Bildnisveröffentlichung, S. 103. 197 So auch Franke, Bildberichterstattung, S. 97. 198 Anders aber Franke, Bildberichterstattung, S. 96 und Franke JR 1982, 48 (52), der den Einwand erhebt, die Forderung eines berechtigten Interesses zwinge dazu, schon bei § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG sämtliche Abwägungs- und Abgrenzungsfragen aufzuwerfen. 199 A. A. Kuß, Öffentlichkeitsmaxime, S. 181 f., der nach objektiven Kriterien beurteilen will, wann eine Zuordnung zur Zeitgeschichte zu erfolgen hat. Um welche Kriterien es sich dabei genau handelt, bleibt unklar. 194

I. Die Persönlichkeitsrechte

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zeugt nicht. Absolute Personen der Zeitgeschichte unterliegen einem Informationsinteresse, das sämtliche Bereiche, auch den privaten, erfasst. Sind Privatbereich und Ereignis miteinander verbunden, so kann auch eine relative Zeitgeschichtlichkeit angenommen werden. Ein ausreichendes Korrektiv bietet § 23 Abs. 2 KUG. Innerhalb der anzustellenden Interessenabwägung kann der Betroffenheit des Privatbereiches ausreichend Rechnung getragen werden, indem sie entsprechend gewichtet wird. Mithin wird im Folgenden einzig zu untersuchen sein, inwiefern ein öffentliches bildnisbezogenes Informationsinteresse an den in Betracht kommenden Personen besteht. (b) Auswirkungen der aktuellen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte auf die Differenzierung Am 24. Juni 2004 erging eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte201, die in der rechts- und medienwissenschaftlichen Literatur zu teils heftigen Reaktionen geführt hat. Auf Grund einer Beschwerde von Prinzessin Caroline von Hannover hatte der Gerichtshof entschieden, dass die deutschen Gerichte keinen gerechten Ausgleich der widerstreitenden Interessen vorgenommen haben und daher Art. 8 EMRK, der ein Recht auf Privatleben statuiert, verletzt ist.202 Anstoß der gerichtlichen Auseinandersetzung waren Fotos aus dem Privatleben der Prinzessin, die in diversen Illustrierten zwischen 1993 und 1997 veröffentlicht wurden.203 Nach Meinung des Gerichtshofs bedarf es einer grundlegenden Unterscheidung zwischen der Berichterstattung über Tatsachen, die zu einer Diskussion in einer demokratischen Gesellschaft beitragen können, und der Berichterstattung über Einzelheiten aus dem Privatleben einer Person, vor allem wenn sie keine 200 Martin, Der strafrechtliche Schutz des Bildnisses, S. 80 f.; Müller, Bildnisveröffentlichung, S. 101; Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 160 f., 451, der seine Aussage später aber relativiert (S. 164); Neumann-Duesberg MDR 1953, 108 (109); Werhahn UFITA 37 (1962), 22 (29 f.). 201 EuGMR vom 24. Juni 2004, Individualbeschwere Nr. 59320/00 (von Hannover vs. Deutschland); auszugsweise abgedruckt in GRUR 2004, 937; in nicht amtlicher deutscher Übersetzung in NJW 2004, 2647 und JZ 2004, 1015; dazu beispielsweise FAZ vom 26. Oktober 2004, Schricker/Götting, Urheberrecht, § 60/§ 23 KUG RNn 25 ff.; Forkel ZUM 2005, 192 (192 ff.); Lochen JZ 2005, 260 (260 f.). 202 Zwar unterließ es die Bundesregierung gegen das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vorzugehen, jedoch ist auch nicht geplant, mittels einer Gesetzesänderung hierauf zu reagieren. Es soll vielmehr der Rechtsprechung überlassen bleiben, die adäquate Reaktion auf das Urteil zu finden. (Vgl. FAZ vom 16. November 2004). 203 Die Fotos zeigten Caroline von Hannover beim Reiten, beim Skiurlaub, mit ihrem Ehemann beim Verlassen einer Wohnung, beim Abstellen der Fahrräder oder beim Tennisspielen, beim Stolpern im Beach Club Monte Carlo, beim Einkaufen allein oder mit Leibwächtern, beim Fahrradfahren und in männlicher Begleitung in einem räumlich abgeschirmten Restaurant.

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G. Die Kriterien der Interessenabwägung

öffentlichen Ämter führt. Nur im ersteren Fall erkennt der Gerichtshof die Wächterfunktion der Presse an. Die Veröffentlichungen über die der Gerichtshof zu entscheiden hatte, seien nach dessen Ansicht allein zum Zwecke der Neugierbefriedigung über das Privatleben der Prinzessin geschehen. Dementsprechend sah der Gerichtshof die Qualifizierung von Prinzessin Caroline von Hannover als absolute Person der Zeitgeschichte als problematisch an. Denn nach dem bisherigen, oben dargelegten, herrschenden Verständnis dieses Personenkreises ist das publikationslegitimierende Informationsinteresse mit Ausnahme der Intimsphäre grundsätzlich hinsichtlich sämtlicher Bereiche gegeben. Diesen generalisierten engen Schutz der Persönlichkeit erklärte der Gerichtshof im vorliegenden Fall für unzureichend. Wegen des primären Zwecks der Neugierbefriedigung sei eine Einwilligung erforderlich gewesen. Diese Kritik des Gerichtshofs stieß auf teilweise heftigste Kritik.204 Danach, um nur einige Äußerungen aufzuführen, „. . . rüttelt das Urteil an den Grundfesten unserer Kommunikationsverfassung . . .“205 und wird „. . . verheerende Folgen für die Rechtssicherheit und nicht zuletzt für die Pressefreiheit . . .“206 verursachen. Auch werde die Pressefreiheit unverhältnismäßig eng zu Gunsten des Rechts auf Achtung des Privatlebens ausgelegt.207 Schließlich wird das Urteil als „. . . Todesstoß gegen die gängigen Rubriken . . .“208 zu Personen der Zeitgeschichte gesehen. Lässt man die überflüssigen Emotionalitäten aber beiseite und betrachtet die Entscheidung des Gerichtshofs mit der gebotenen Nüchternheit, so fällt auf, dass weder die Kommunikationsverfassung beschädigt wird, noch eine Abkehr von der Differenzierung zwischen absoluten und relativen Personen der Zeitgeschichte verlangt beziehungsweise bewirkt werden wird.209 Denn es war nichts weiter geschehen, als dass der Gerichtshof dem von den deutschen Gerichten generell angenommenem Nachrang des Persönlichkeitsrechts bei zumindest einem Teilbereich der absoluten Personen der Zeitgeschichte eine Absage erklärte.210 Ohne die Entscheidung des Gerichtshofs an dieser Stelle inhaltlich würdigen zu müssen und zu wollen, sei doch angemerkt, dass sich keine taug-

204 Statt vieler Gersdorf AfP 2005, 221 (223 f.); siehe auch die Überblicke bei von Hain GPR 2003/2004, 252 (257); Zagouras AfP 2004, 509 (509 f.) und Ohly GRUR Int. 2004, 902 (902 f.). 205 Gersdorf AfP 2005, 221 (221). 206 Gounalakis K&R 2004 (Heft 10), I. 207 Vetter/Warneke, DVBl. 2004, 1226 (1227). 208 Herrmann ZUM 2004, 665 (665 f.). 209 Ausdrücklich Mann NJW 2004, 3220 (3222); dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zustimmend zum Beispiel Schricker/Götting, UrhG, § 60/§ 23 KUG RN 28; Beuthien K&R 2004, 457 (458); Stürner JZ 2004, 1018 (1018 ff.); Heddrich NJW 2004, 2634 (2636). 210 Stürner JZ 2005, 213 (213 ff.).

I. Die Persönlichkeitsrechte

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lichen Argumente finden lassen, um die vom Gerichtshof geforderte Berücksichtigung der Qualität des (Informations-)Interesses im Einzelfall auch bei absoluten Personen der Zeitgeschichte abzulehnen.211 Bei genauerer Betrachtung des Urteils fällt weiter auf, dass der Gerichtshof gar nicht auf die systematische Ordnung der §§ 22, 23 Abs. 1 und 2 KUG eingeht, sondern die Bildung und vor allem die Anwendung des Begriffs der absoluten Person der Zeitgeschichte durch die deutschen Gerichte bemängelt.212 Gerade der letzte Aspekt spielt hier eine wesentliche Rolle. Entgegen einigen Befürchtungen und Vorhersehungen ist nach der Ansicht des Verfassers nicht damit zu rechnen, dass das deutsche Medienrecht im Hinblick auf den Bildnisschutz infolge der angerissenen Entscheidung des Gerichtshofs vor einer grundlegenden Reform steht.213 Bisher wurde die Unterscheidung zwischen absoluten und relativen Personen der Zeitgeschichte nicht aufgegeben. Daran wird sich aller Wahrscheinlichkeit auch sobald nichts ändern. Zu erwarten ist lediglich, dass der Bildnisschutz von absoluten Personen der Zeitgeschichte durch die deutschen Gerichte in Zukunft zunehmend differenzierter beurteilt werden wird. (3) Absolute Personen der Zeitgeschichte Zunächst soll es, an der Differenzierung der Personenkreise festhaltend, um die absoluten Personen der Zeitgeschichte gehen. Grundsätzlich können diese in jeder Rolle im Sitzungsbereich auftreten. In der Regel werden sie jedoch als Angeklagte, Verurteilte oder Zeugen für den Rundfunk relevant. Damit von einer absoluten Person der Zeitgeschichte ausgegangen werden kann, muss ein Informationsinteresse der Allgemeinheit an allen Vorgängen um die jeweilige Person bestehen. Dieses erfasst dann auch die gerichtlichen Strafverfahren. Im Hinblick auf die Thematik dieser Arbeit gilt es zwischen zwei verschiedenen Konstellationen zu trennen. Der problematischere Fall ist der, dass erwogen wird, einer Person die absolute zeitgeschichtliche Bedeutung auf Grund der Verknüpfung mit dem Strafverfahren und der verhandelten Straftat zuzusprechen. Richtiger Ansicht nach ist dies nicht möglich214, denn das Informationsinteresse kann sich auf Grund dieser Verknüpfung ausschließlich auf Strafverfahren und Straftat beziehen. Außerhalb dieses Bereiches ist ein legitimes Inte211

Letztlich wohl auch Stürner JZ 2005, 213 (214). Zutreffend Starck JZ 2006, 76 (77); letztlich ebenso BVerfG AfP 2006, 347 (348); BGH GRUR 2005, 76 (77); KG AfP 2006, 369 (370); Bartnik AfP 2004, 489 (492). 213 Ebenso Stürner JZ 2005, 213 (216). 214 So auch OLG Hamburg ZUM 1995, 336 (337); Nicolini/Ahlberg/Gass, UrhG, § 60 Anh. § 23 KUG RN 10; Schricker/Götting, UrhG, § 60/§ 23 KUG RNn 34 ff.; Schmidt FS-Schmidt, S. 338 (348); Heinze FS-Stree/Wessels, S. 951 (956); a. A. Neumann-Duesberg JZ 1973, 261 (262). 212

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G. Die Kriterien der Interessenabwägung

resse der Öffentlichkeit nicht anzuerkennen. Die zeitgeschichtliche Bedeutung jeder von den Aufnahmen betroffenen Person ist also untrennbar mit Strafverfahren und Straftat verknüpft. Weder durch Straftatbegehung noch durch Anklage oder Urteil kann eine absolute zeitgeschichtliche Bedeutung begründet werden. Ausnahmen sind hier nicht zuzulassen. Neumann-Duesberg215, der auf das Bespiel des Präsidentenmordes an J. F. Kennedy verweist, sieht dies anders.216 Nach ihm soll der – bis heute nicht überführte – „Mörder“ L. H. Oswald eine absolute Person der Zeitgeschichte sein. Gerade wenn Kriminalgeschichte geschrieben wird, vermag sich das öffentliche Informationsinteresse aber auch nur auf diesen Bereich zu beziehen. Da Informationsinteresse und Straftat untrennbar verknüpft sind, kann ein legitimes Informationsinteresse der Öffentlichkeit für Bereiche, die mit der konkreten Tat nichts zu tun haben, nicht vorliegen. Daher kann auch Oswald nicht als absolute Person der Zeitgeschichte qualifiziert werden, sondern nur als relative. Auch Richter und Staatsanwälte können nicht auf Grund ihrer Ämter als absolute Personen der Zeitgeschichte angesehen werden, da das Amt und nicht die Person im Vordergrund steht.217 Von derartigen Konstellationen zu trennen sind die Fälle, in denen die betreffende Person bereits vor der Straftatbegehung und vor Einleitung des Strafverfahrens als absolute Person der Zeitgeschichte zu qualifizieren ist.218 Da dieser Status mit einem Informationsinteresse an allen Vorgängen um die Person einhergeht, besteht ein solches Interesse auch am jeweiligen Strafverfahren. Eines der wohl einprägsamsten Beispiele für eine derartige Konstellation aus der jüngeren Geschichte ist das Strafverfahren gegen Honecker und andere ehemalige Spitzenpolitiker219 der DDR. Bei den Angeklagten handelte es sich um absolute Personen der Zeitgeschichte.220 Hinsichtlich Bildnispublikationen solcher Personen kommt § 23 Abs. 2 KUG die entscheidende Bedeutung zu. Derartige Konstellationen bilden allerdings die absolute Ausnahme an deutschen Strafgerichten.

215 Neumann-Duesberg Jur. Jahrb. 7 (1966/67), 138 (151); Neumann-Duesberg JZ 1971, 305 (306); Neumann-Duesberg JZ 1973, 261 (262). 216 Dahinter steht die Überlegung, dass dann, wenn Kriminalgeschichte in großem Maße geschrieben wird, eine absolute zeitgeschichtliche Bedeutung nicht verneint werden könne. Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 145 hält eine diesbezügliche Diskussion für berechtigt. 217 Staudinger II/Hager, § 823 RN C 200. 218 Hinsichtlich diverser Einzelfälle sei auf Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 173 ff. verwiesen. 219 Neben Honecker waren Mielke, Stoph, Keßler, Strelitz und Albrecht angeklagt. 220 Vgl. BVerfGE 87, 334 (340); BVerfG NJW 1992, 3288 f.; BVerfG ZUM 1994, 636 ff.; vgl. Pieroth, in: Recht der Persönlichkeit, S. 249 (264); Gronau, Persönlichkeitsrecht und Medienfreiheit, S. 42.

I. Die Persönlichkeitsrechte

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(4) Relative Personen der Zeitgeschichte durch Strafverfahren Die Legitimation von Bildnisveröffentlichungen aus dem Sitzungsbereich hängt damit für die meisten Fälle nahezu ausschließlich von der Antwort auf die Frage ab, ob es sich bei der abgebildeten Person um eine relative Person der Zeitgeschichte handelt. Gerstenberg und Götting stellen die Behauptung auf, dass „. . . Mitwirkende und aktiv oder passiv Beteiligte an Strafprozessen besonders häufig zu relativen Personen der Zeitgeschichte . . .“221 werden. Diese Behauptung gilt es im Folgenden zu überprüfen. Zunächst erscheint es als fraglich, auf welches Ereignis abzustellen ist. Wie gezeigt, ist die Eigenschaft einer Person als relativ zeitgeschichtlich bedeutsam unauflöslich an ein Ereignis gebunden.222 Einerseits könnte auf das Strafverfahren, andererseits aber auf die verhandelte Straftat abgestellt werden. Letzteres vertritt zum Beispiel Helle223. Dem ist jedoch nicht zuzustimmen. Unmittelbarer Anlass für jede bildnisverwendende Gerichtsberichterstattung ist nämlich das gerichtliche Strafverfahren und nicht die verhandelte Straftat. Berichterstattungen über Straftaten und über Strafverfahren müssen voneinander getrennt werden, selbst wenn im Rahmen von Gerichtsberichterstattungen, wie häufig der Fall, auch die zur Last gelegte oder erwiesene Straftat dargestellt wird. Das hier maßgebende Ereignis kann nur das Strafverfahren selbst sein.224 Ob, um eine relative Zeitgeschichtlichkeit der abgebildeten Person annehmen zu können, auch das maßgebende Ereignis, hier also das Strafverfahren, zeitgeschichtlich bedeutsam sein muss225 oder nicht, braucht hier nicht entschieden zu werden, da es auch insoweit auf ein Informationsinteresse der Allgemeinheit ankäme. Dieses liegt in Bezug auf sämtliche Strafverfahren vor226, weshalb alle Strafverfahren als zeitgeschichtlich227 bedeutsam zu qualifizieren sind.228 Das aber legitimiert noch keine Bildnisveröffentlichungen.

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Schricker/Götting, UrhG, § 60/§ 23 KUG RNn 34 ff. Vgl. G. I. 2. b) aa) (2). 223 Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 159; ebenso ausdrücklich Maul MDR 1970, 286 (287); im Ergebnis auch Lampe NJW 1973, 217 (218); a. A. Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 465, der zwar auf die Straftat abstellt, dann aber feststellt, dass sowohl Strafverfolgung als auch Aburteilung in ausreichender Weise mit dem maßgebenden Ereignis verknüpft sind. 224 Das Strafverfahren als möglichen Anknüpfungspunkt im Vergleich zur Straftat sehen ausdrücklich Bornkamm, Pressefreiheit und Fairneß, S. 261; Lampe NJW 1973, 217 (218); Bornkamm NStZ 1983, 102 (106) und Ernst ZUM 1996, 187 (190). Auch Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 162 räumt in Bezug auf die Zeugen ein, dass auf das Strafverfahren abzustellen ist. 225 von Gamm, UrhG, Einf. RN 113; Bornkamm, Pressefreiheit und Fairneß, S. 261; Pieroth, in: Recht der Persönlichkeit, S. 249 (264); ähnlich Siegert NJW 1963, 1953 (1957) und Koebel MDR 1972, 8 (10). 226 Vgl. F. I. 3. a). 222

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Da der Kreis der Personen, der für eine zeitgeschichtliche Bedeutung in Frage kommt, in keiner Weise beschränkt ist, müssen sämtliche im Sitzungsbereich anwesenden Personen dahingehend überprüft werden, ob sie einem bildnisbezogenen Informationsinteresse unterliegen und so als relative Personen der Zeitgeschichte anzusehen sind.229 Die folgenden Ausführungen sollen dabei auf die typischerweise im Rundfunkinteresse stehenden Personen, also Angeklagte, Verurteilte, Richter, Staatsanwälte, Zeugen, Sachverständige und Besucher beschränkt sein. (a) Angeklagte und Verurteilte Am größten ist der Diskussionsbedarf, wenn es um die Frage geht, ob Angeklagte und Verurteilte Personen der Zeitgeschichte werden können und wenn ja, unter welchen Voraussetzungen. Diese Problematik wird als eine der „. . . schwierigsten Fragen des Medienrechts . . .“230 gehandelt. Die erste Frage, ob Angeklagte und Verurteilte durch Strafverfahren relative Personen der Zeitgeschichte werden können, bereitet nur geringe Schwierigkeiten. Diese beziehen sich, da zu Recht niemand verurteilte Straftäter generell aus dem Anwendungsbereich des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG herausnimmt, ausnahmslos auf die Angeklagten. Obwohl das Gesetz keinerlei Einschränkungen vorgibt, wird vertreten, dass Angeklagte per se nicht unter die Norm fallen können. Schmidt 231, der dies vertritt, verweist zur Begründung auf § 81b StPO, der unter anderem die Herstellung von Lichtbildern legitimiert. Dem muss im Hinblick auf § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG entgegen gehalten werden, dass § 81b StPO eben nur die Herstellung der Aufnahmen regelt, nicht aber deren Veröffentlichung. Auch Lampe geht davon aus, dass § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG bei angeklagten Personen nicht greifen könne. Er zieht aus der Stellung des Angeklagten, dass er „. . . als vermutlich Unschuldiger auch vermutlich nicht Person der Zeitgeschichte . . .“232 ist. Lampe zieht also die Unschuldsvermutung als Argument 227 Ein historisches Element ist dem Begriff der Zeitgeschichte nicht immanent. Vgl. G. I. 2. b) aa) (4) (a) (cc). 228 Das sieht auch das BVerfGE 35, 202 (230) so; vgl. auch OLG Hamburg ZUM 1995, 336 (338); Franke, Bildberichterstattung, S. 102; Arndt NJW 1960, 423 (424); auch das OLG Braunschweig NJW 1975, 651 (652) scheint von dieser Absolutheit auszugehen; ebenso SK StPO/Rogall, Vor § 133 RN 82; der entgegengesetzten Ansicht sind Rüping FS-Dünnebier, S. 391 (402); Schmidt FS-Schmidt, S. 338 (348). 229 Huff NJW 1996, 571 (572 f.) kritisiert, dass das Bundesverfassungsgericht [vgl. nur BVerfG NJW 1996, 310 (311) und BVerfG NJW 1996, 581 (582 ff.)] häufig nur auf die Angeklagten beziehungsweise Verurteilten eingeht und das Recht am eigenen Bild anderer anwesenden Personen nicht ausreichend berücksichtigt. 230 Prinz/Peters, Medienrecht, RN 853; auch Lilie, in: AE-StuM, S. 116 (127). 231 Schmidt, Justiz und Publizistik, S. 15 ff.; Schmidt FS-Schmidt, S. 338 (345 f.); Schmidt DRiZ 1963, 376 (380).

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heran. Da sich diese auf die zur Last gelegte Straftat bezieht, müsste die zeitgeschichtliche Bedeutung an diese anknüpfen, um diese Argumentation aufrecht erhalten zu können. Es ist aber gerade nicht die Straftat, sondern das Strafverfahren, welches das hier entscheidende Ereignis ist, an welches wiederum das Informationsinteresse anzuknüpfen hat.233 Die Unschuldsvermutung steht der Eigenschaft von Angeklagten als relative Personen der Zeitgeschichte also nicht entgegen.234 Zwar stellt auch Bornkamm235 auf das jeweilige Strafverfahren als maßgebendes Ereignis ab, jedoch beschränkt er die Reichweite des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG in Bezug auf Angeklagte. Diese könnten nur dann relative Personen der Zeitgeschichte sein, wenn besondere Umstände für die zeitgeschichtliche Bedeutung des Strafverfahrens sprechen.236 Damit kehrt er sich vom Erfordernis eines Informationsinteresses ab. Es ist aber ausschließlich dieses Interesse, das über jede zeitgeschichtliche Bedeutung entscheidet. Zudem läuft die Ansicht Bornkamms auf eine enge Auslegung des Anwendungsbereichs des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG hinaus.237 Demgegenüber wurde oben gezeigt, dass dieser so weit wie möglich auszulegen ist.238 Anderenfalls würden die Interessen der Allgemeinheit nicht ausreichend beachtet.239 Es soll eben gerade nicht der Bereich, aus dem die zu beurteilende Person stammt beziehungsweise in welchem sie agiert, von Relevanz sein, sondern das je nach Bereich unterschiedlich ausfallende Informationsinteresse der Öffentlichkeit. Nach § 48 Abs. 1 JGG ist in Jugendstrafverfahren die Hauptverhandlung nicht öffentlich. Daraus zieht Zielemann240 den unzutreffenden Schluss, dass der jugendliche Angeklagte keine relative Person der Zeitgeschichte sein kann, verneint damit also die Anwendbarkeit des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG auf Jugendliche. Gleiches soll im Falle eines Ausschlusses der Öffentlichkeit nach § 109 Abs. 1 S. 4 JGG bei Heranwachsenden gelten.241 Für § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG ist dagegen einzig das öffentliche Interesse von Belang. Individualinteressen der Angeklagten und Verurteilten sind erst bei § 23 Abs. 2 KUG von Bedeutung. 232 Lampe NJW 1973, 217 (218); zustimmend Bornkamm, Pressefreiheit und Fairneß, S. 261. 233 Vgl. G. I. 2. b) aa) (2). 234 Darauf verweist ausdrücklich auch Marxen GA 1980, 365 (377). 235 Bornkamm, Pressefreiheit und Fairneß, S. 261; Bornkamm NStZ 1983, 102 (106). 236 Bornkamm, Pressefreiheit und Fairneß, S. 261. 237 Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 289. 238 Vgl. G. I. 2. b) aa) (1). 239 Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 289. 240 Zielemann, Tatverdächtige, S. 73 f.; ähnlich Koebel JZ 1966, 389 (391); Lampe NJW 1973, 217 (219). 241 Zielemann, Tatverdächtige, S. 75.

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G. Die Kriterien der Interessenabwägung

Zudem kann die Öffentlichkeit oder Nichtöffentlichkeit der Hauptverhandlung nicht über zeitgeschichtliche Bedeutung entscheiden. Deutlich wird das Fehlgehen der Argumentation Zielmanns bei den Heranwachsenden. Hier würde der Richter mittels des Ausschlusses der Öffentlichkeit über den Status als relative Person der Zeitgeschichte entscheiden können. Das kann schon deshalb nicht sein, weil ausschließlich das Informationsinteresse der Öffentlichkeit entscheidend ist. Zudem käme die richterliche Entscheidung über die Nichtöffentlichkeit der Hauptverhandlung nach § 109 Abs. 1 S. 4 JGG einer Abwägung gleich, die aber erst bei § 23 Abs. 2 KUG durchzuführen ist.242 Alle Angeklagten und Verurteilten sind im Rahmen des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG gleich zu behandeln, und kommen daher allesamt als relative Personen der Zeitgeschichte in Betracht.243 Die eigentliche Problematik um die angeklagten und verurteilten Personen liegt darin, die Schwelle, bei deren Überschreiten eine zeitgeschichtliche Bedeutung anzunehmen ist, zu bestimmen.244 Da hierfür maßgebend ist, ob ein öffentliches Informationsinteresse der Bevölkerung besteht, können die obigen, abstrakt gehaltenen Ausführungen245 hier einbezogen werden. (aa) Vertretene Ansichten Am weitesten geht die Annahme, Angeklagte und Verurteilte seien in der Regel relative Personen der Zeitgeschichte, da ein billigenswertes Informationsinteresse hinsichtlich dieser Personen der Grundsatz sei.246 Neumann-Duesberg hält es insofern „. . . im Interesse des Informationsanspruchs der Öffentlichkeit . . .“247 „. . . für rechtlich zulässig . . .“248, Bildnisse von Tätern zu veröffentlichen, „. . . die sich auf Grund ihrer Tat, ihres Amtes, Berufs oder dergleichen herausheben . . .“249. Da er davon ausgeht, dies sei die Regel, nimmt er an, dass es sich in „. . . den allermeisten Fällen . . . bei Straftaten um „relative“ Personen der Zeitgeschichte . . .“250 handelt. Noch deutlicher vertritt Franke251 diese Ansicht. „. . . § 23 I Nr. 1 KUG (erfährt) eine Auslegung, 242

Siehe G. I. 2. b) aa) (2). Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 192 f. FN 38 m.w. N. 244 Herausgestellt wird das auch bei Franke, Bildberichterstattung, S. 94. 245 Vgl. F. I. 246 Neumann-Duesberg JZ 1971, 305 (306); im Ergebnis auch Franke, Bildberichterstattung, S. 102; von Hartlieb, Film-, Fernseh- und Videorecht, 26. Kapitel RN 3; ebenfalls in diese Richtung OLG Braunschweig UFITA 74 (1975), 342 (345 f.). 247 Neumann-Duesberg JZ 1971, 305 (306). 248 Neumann-Duesberg JZ 1971, 305 (306). 249 Neumann-Duesberg JZ 1971, 305 (306). 250 Neumann-Duesberg JZ 1971, 305 (306). 251 Franke, Bildberichterstattung, S. 102. 243

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nach der jeder potentielle Straftäter, insbesondere also jeder Angeklagte (und erst recht Verurteilte) zur (relativen) Person der Zeitgeschichte wird . . .“252. Während Neumann-Duesberg noch enge Ausnahmen des Grundsatzes zulässt, scheint Franke dies nicht zu tun. Beide haben jedenfalls gemein, dass sie ein bildnisbezogenes Informationsinteresse der Öffentlichkeit grundsätzlich annehmen. Die herrschende Meinung253 beurteilt die relative Zeitgeschichtlichkeit von Angeklagten und Verurteilten über die Schwere der Straftat, welche auf das öffentliche Informationsinteresse schließen lasse. Wann die Schwelle zur Zeitgeschichtlichkeit überschritten ist, wird unterschiedlich beurteilt. Insofern decken sich die Ansichten weitgehend mit den oben dargestellten.254 Einige nehmen ein ausreichendes Informationsinteresse bereits dann an, wenn es nicht nur um Straftaten von ganz untergeordneter Bedeutung, also um Kleinkriminalität geht. Angeklagte und Verurteilte sind danach nur bei geringfügigen Delikten keine Personen der Zeitgeschichte.255 Mehrheitlich wird jedoch danach gefragt, ob sich die verhandelte Straftat aus dem Bereich des Alltäglichen heraushebt oder besondere Umstände hinsichtlich Umfang, Hintergrund des Geschehens oder sonstiger Ungewöhnlichkeiten vorliegen.256 Kann dies bejaht werden, so ist vom erforderlichen Informationsinteresse und so von der zeitgeschichtlichen Bedeutung der Angeklagten beziehungsweise Verurteilten auszugehen.257 Hervorhebenswert ist an dieser Stelle die Sichtweise Rüpings, der strenge Anforderungen an die Zeitgeschichtlichkeit stellt. Nach ihm muss der Gesamtvorgang „. . . wegen seiner Neuheit, Einmaligkeit, seiner nicht justiziellen Bedeutungen 252

Franke, Bildberichterstattung, S. 102. Siehe die Nachweise unter E. FN 76. 254 Vgl. F. I. 3. b) aa). 255 So OLG Frankfurt NJW 1980, 597 (598); Neumann-Duesberg Jur. Jahrb. 7 (1966/67), 138 (146); Hager Jura 1995, 566 (569). 256 LG Berlin AfP 2004, 150 (152 f.); Kuß, Öffentlichkeitsmaxime, S. 189; so letztlich auch OLG Frankfurt AfP 2006, 185 (186) auf zivilrechtlicher Ebene im Fall „Rothenburg“; dazu von Becker AfP 2002, 124 (124 f.); auch FAZ vom 4. März 2006, S. 1, 2 und 35. 257 Hierfür seien drei einprägsame Beispiele aus der Rechtsprechung angeführt. Das OLG Nürnberg MDR 1963, 412 (412) betont, dass nur „. . . schwere Straftaten . . . in der Öffentlichkeit (ein) begründetes Aufsehen . . .“ erregen. Das OLG Frankfurt GRUR 1958, 508 (509) führt aus: „. . . Der Senat würde . . . keine Bedenken tragen, auch Rechtsbrecher, deren Tat in erheblichem Maße aus dem Rahmen des Alltäglichen fällt und allgemein Aufsehen erregt hat, . . . als Personen der Zeitgeschichte anzusehen . . .“ „. . . Personen, . . . deren Tun jedoch nicht wesentlich über das Tatgeschehen hinausgeht (, sind) nicht als Personen der Zeitgeschichte anzusehen . . .“. Ähnlich formuliert es das OLG Koblenz NJW 1973, 251 (253): „. . . Das Verbrechen von Lebach mit seinen furchtbaren Folgen hat . . . Aufsehen und Abscheu in der Bevölkerung erregt. Die ausführenden Täter . . . sind deshalb Personen der Zeitgeschichte geworden . . .“. Ähnlich OLG Nürnberg MDR 1963, 412 (412); OLG Stuttgart NJW 1967, 1422 (1424); Kuß, Öffentlichkeitsmaxime, S. 189; Lilie, in: AE-StuM, S. 116 (127); Werhahn UFITA 37 (1962), 22 (41); Koebel JZ 1966, 389 (391); Koebel MDR 1972, 8 (10). 253

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oder seiner Wirkungen ohne direkten Vergleich bleiben . . .“258, um eine zeitgeschichtliche Bedeutung zu haben. Andere259 gehen noch einen Schritt weiter. Nach ihnen sei zwar auch auf die Schwere der Tat abzustellen, jedoch nicht ausschließlich. Zu berücksichtigen sind auch andere Aspekte, namentlich Beruf und soziale Stellung des Angeklagten oder Verurteilten. So werden Angeklagte und Verurteilte als Personen der Zeitgeschichte angesehen, wenn es um mittlere Kriminalität einer ein öffentliches Amt bekleidenden Person260 beziehungsweise um Politiker, Richter, Notare etc.261 geht. Auch Strafverfahren, die vermeintlich unbedeutende Straftaten zum Gegenstand haben, können so bildnisbezogene Informationsinteressen der Allgemeinheit begründen.262 Entgegen den bisher aufgeführten Ansichten wird auch vertreten, dass das erforderliche Informationsinteresse hinsichtlich Angeklagter und Verurteilter nie vorliegen könne263, da einzig Unterhaltungs- und Sensationsinteressen bestehen.264 Diese Personen können danach unabhängig von der zur Last gelegten Tat durch bloße Strafverfahren nie Personen der Zeitgeschichte werden.265 Hervorhebenswert ist vor allem die Sicht Schwerdtners266, der diesen Ansatz in jüngster Zeit wieder in die Diskussion brachte. Er hält all jenen, die Angeklagte und Verurteilte als relative Personen der Zeitgeschichte einordnen und so die Bildnisveröffentlichung legitimieren, entgegen, dass diese Personengruppe erst durch die Berichterstattung zu Personen der Zeitgeschichte gemacht werden, was für § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG ohne Belang bleiben müsse.267 Insofern spricht Schwerdtner den Angeklagten und Verurteilten im Grundsatz jede aus dem Strafverfahren oder aus der Straftat folgende zeitgeschichtliche Bedeutung ab. Indem er Angeklagten und Verurteilten keine zeitgeschichtliche Bedeutung zu258

Rüping FS-Dünnebier, S. 391 (402). OLG Dresden DRiZ 1928, 44 (45); OLG Nürnberg MDR 1963, 412 (412); Helle, Schutz der Persönlichkeit, S. 167 f.; Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 345 f., 362, 401 ff.; Neumann-Duesberg Jur. Jahrb. 7 (1966/67), 138 (152); Erdsiek NJW 1963, 1391 (1392) hält diesen Weg für vertretbar. 260 OLG Nürnberg MDR 1963, 412 (412). 261 OLG Dresden DRiZ 1928, 44 (45); Helle, Schutz der Persönlichkeit, S. 167 f.; Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 345 f., 401 ff. 262 OLG Dresden DRiZ 1928, 44 (45); Helle, Schutz der Persönlichkeit, S. 167 f.; Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 345 f., 401 ff. 263 Heinze FS-Stree/Wessels, S. 951 (952) und Schmidt FS-Schmidt, S. 338 (351). 264 Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 292. 265 So OLG Hamm AfP 1988, 258 (259); Schwerdtner, Persönlichkeitsrecht, S. 216 f., 224; Schmidt FS-Schmidt, S. 338 (348); vgl. Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 183 m.w. N.; allgemein Osterrieth GRUR 1904, 254 (255). 266 MK BGB I (3. Aufl.)/Schwerdtner, § 12 RN 174; Schwerdtner, Persönlichkeitsrecht, S. 217. 267 MK BGB I (3. Aufl.)/Schwerdtner, § 12 RN 174; Schwerdtner, Persönlichkeitsrecht, S. 217. 259

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schreibt, folgt er der Ansicht Schiffers, nach dem eine „. . . ,Berühmtheit‘ im landläufigen Sinne, wie sie leicht einmal . . . durch eine größere Gerichtsverhandlung . . . erworben wird . . .“268 nicht genügt. (bb) Stellungnahme Die Vielgestaltigkeit der vertretenen Ansichten macht es schwierig, feste Grundsätze zu finden, anhand derer die zeitgeschichtliche Bedeutung von Angeklagten und Verurteilten festzumachen ist. Hier nun kommen die obigen Ausführungen zum Informationsinteresse269 zum Tragen. Danach lässt sich ein allgemein personenbezogenes Informationsinteresse vielfach noch annehmen, nicht aber ein aufnahme-, also auch bildnisbezogenes Informationsinteresse. Dementsprechend ist die Lösung der sich hier stellenden Problematik um die zeitgeschichtliche Bedeutung von Angeklagten und Verurteilten vorgezeichnet. Im Folgenden soll daher nur auf die noch nicht erörterten Punkte eingegangen werden. (a) Ausnahmslos Personen der Zeitgeschichte Würden Angeklagte beziehungsweise Verurteilte ausnahmslos Personen der Zeitgeschichte sein, würde ihnen der Bildnisschutz im Hinblick auf Strafverfahren faktisch aberkannt. Vom Grundsatz des § 22 S. 1 KUG, der aber auch im Rahmen von Strafverfahren Geltung beansprucht, bliebe nichts übrig. Vor dem Hintergrund der im Jahr 2001 890.099 strafgerichtlich abgeurteilten Personen270 kann dies nicht befriedigen. Vielmehr ist in jedem Einzelfall zu untersuchen, ob das erforderliche öffentliche Informationsinteresse gegeben ist oder nicht.271 Dies kann auch mit einem Verweis auf die gesellschaftliche Bedeutung des Strafverfahrens nicht angezweifelt werden. Die Umstände nämlich, aus denen die besondere Bedeutung der Strafverfahren folgt272, sind ausschließlich auf das jeweilige Strafverfahren und nicht auf die beteiligten Personen bezogen. Den Angeklagten und Verurteilten eine gesellschaftliche oder gar gesellschaftspolitische Aufgabe zuzuweisen ginge zu weit. Sie würden dann zum Objekt der Gesellschaft. Zudem spricht auch § 24 KUG gegen den Grundsatz einer zeitgeschichtlichen Bedeutung. Könnten Bildnisse des Tatverdächtigen in grundsätzlich allen Fällen schon über § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG publiziert werden, verlöre § 24 KUG, der wie § 23 Abs. 2 KUG auch eine Abwägung voraussetzt273, na268 269 270 271 272

Schiffer JW 1924, 1780. Vgl. F. I. Statistisches Bundesamt, Strafverfolgung, S. 10, 14, 18. Engau, Tatverdächtige und Straftäter als Personen der Zeitgeschichte, S. 292. Siehe F. I. 3. a).

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hezu jede Bedeutung.274 Schließlich wurde gezeigt, dass das erforderliche bildnisbezogene Informationsinteresse der Allgemeinheit grundsätzlich nicht vorliegt.275 Zeitgeschichtliche Bedeutungen von Angeklagten und Verurteilten sind daher die Ausnahme, nicht die Regel.276 (b) Keine Personen der Zeitgeschichte Da entsprechende Informationsinteressen der Öffentlichkeit aber in einigen Fällen bestehen, überzeugt auch die Ansicht, nach der Angeklagte und Verurteilte generell keine Personen der Zeitgeschichte sind277, nicht. Der nicht zu widerlegende Vorteil dieser Ansicht, nämlich das Wegfallen sämtlicher Abgrenzungsschwierigkeiten im Hinblick auf die Schwere der verhandelten Straftat, der hohe Persönlichkeitsschutz und auch die Entbehrlichkeit jedweder Abgrenzung278, vermögen daran nichts zu ändern. Sie können nämlich keinen Maßstab für die rechtliche Würdigung darstellen. Bereits dargelegt wurde, dass ein legitimes bildnisbezogenes Informationsinteresse der Öffentlichkeit nicht mit dem Verweis, Straftaten wären dem Persönlichkeitsbereich des Täters zuzuordnen, abgelehnt werden kann.279 Vielmehr ist das Interesse der Betroffenen an der Wahrung ihrer Privatsphäre im Rahmen des § 23 Abs. 2 KUG zu berücksichtigen. Weiter kann auch nicht darauf abgestellt werden, dass Angeklagte und Verurteilte der Öffentlichkeit vor der Gerichtsberichterstattung noch unbekannt sind. Der Bekanntheitsgrad einer Person spielt für das öffentliche Informationsinteresse keine Rolle.280 Anderenfalls hätte es der Rundfunk in der Hand, für die Bekanntheit der Personen zu sorgen.281 Auch unbekannte Personen können, sofern ein entsprechendes Informationsinteresse der Allgemeinheit vorliegt, relative Personen der Zeitgeschichte sein.282

273 Nur folgt diese hier nicht aus dem Gesetz, sondern aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Vgl. dazu Nicolini/Ahlberg/Gass, UrhG, § 60 Anh. § 24 KUG RNn. 2 ff.; Neumann-Duesberg JZ 1971, 306 (309); Deutsch GRUR Int. 1973, 463 (465). 274 Schwerdtner, Persönlichkeitsrecht, S. 217. 275 Vgl. F. I. 3. b) aa). 276 So auch Schwerdtner, Persönlichkeitsrecht, S. 216; Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 292. 277 So anscheinend Koebel JZ 1966, 389 (391). 278 Vgl. Schmidt, Justiz und Publizistik, S. 25 ff.; Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 183. 279 Vgl. F. I. 3. b) aa) (2). 280 So auch KG JW 1925, 378; OLG München NJW 1963, 658 (659); Zielemann, Tatverdächtige, S. 56 f.; Adler JW 1925, 378; vgl. auch Neumann-Duesberg Jur. Jahrb. 7 (1966/67), 138 (145 f.); a. A. anscheinend LG Hamburg AfP 2006, 391 (393). 281 Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 140 f.; Lerche AfP 1976, 55 (63).

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Für die generell ablehnende Haltung wird aber auch der Grund der Anwesenheit der Angeklagten und Verurteilten im Gerichtsbereich angeführt. Es müsse berücksichtigt werden, dass diese Personen nur unfreiwillig anwesend sind.283 Richtig ist, dass diese Personen unfreiwillig vor Ort sind. Daraus aber können keine Rückschlüsse auf die zeitgeschichtliche Bedeutung einer Person gezogen werden. Das öffentliche Informationsinteresse ist in seinem Bestand völlig unabhängig von derartigen Aspekten. Letztlich liegt das wohl maßgebende Argument für den generellen Ausschluss darin, einen effektiven und umfassenden Persönlichkeitsschutz zu gewährleisten. So lobenswert das Ziel, Angeklagte und Verurteilte jedweden Gefahren und Beeinträchtigungen zu entziehen, auch ist, wird die Systematik der §§ 22 f. KUG nicht beachtet. Der Zweck des § 23 Abs. 1 KUG ist einzig die Einschränkung des Schutzes des Rechts am eigenen Bild. Die Persönlichkeit wird vielmehr mit den §§ 22 S. 1, 23 Abs. 2 KUG geschützt. Einer Argumentation mit dem Persönlichkeitsschutz ist im Rahmen von § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG daher der Weg versperrt. Die Vertreter der hier diskutierten Ansicht müssen sich schließlich den zu Recht erhobenen Vorwurf gefallen lassen, erst gar nicht zu versuchen, der Vielfalt an Vorkommnissen auch im strafgerichtlichen Bereich gerecht zu werden.284 Es können nicht alle Angeklagten und Verurteilten pauschal gleichgesetzt werden. Insofern und unter Berücksichtigung der aufgeführten Argumente verbietet es sich, Angeklagten und Verurteilten jede zeitgeschichtliche Bedeutung abzusprechen. (g) Verhandlung von Straftaten untergeordneter Bedeutung Richtigerweise muss so an den verhandelten Straftaten selbst angesetzt werden, genauer an deren Schwere. Die diesbezügliche Schwelle zwischen Straftaten von untergeordneter Bedeutung und mittlerer Kriminalität zu setzen285, ist jedoch verfehlt. Die Überlegungen zum Informationsinteresse der Allgemeinheit bezüglich der Aufnahmen haben dazu geführt, dass ein bildnisbezogenes Informationsinteresse der Allgemeinheit grundsätzlich nicht anzunehmen ist. Nur in eng zu begrenzenden Ausnahmefällen kann das Ergebnis anders lauten.286 Insofern ist 282 OLG München NJW 1963, 658 (659); von Gamm, UrhG, Einf. RN 118; Zielemann, Tatverdächtige, S. 57; Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 141; NeumannDuesberg FS-Schnorr v. Carolsfeld, S. 397 (401); Neumann-Duesberg JZ 1971, 305 (306). 283 Anklingend bei Ernst ZUM 1996, 187 (190). 284 Engau, Tatverdächtige und Straftäter als Personen der Zeitgeschichte, S. 292. 285 Neumann-Duesberg Jur. Jahrb. 7 (1966/67), 138 (146); Hager Jura 1995, 566 (56). 286 Vgl. F. I. 3. b) aa) (4) (a).

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der Ausschluss von Kleinkriminalität zutreffend. Allerdings ist die angesetzte Schwelle zu niedrig. Denn auch für den Bereich der mittleren Kriminalität kann bis auf wenige Ausnahmen kein öffentliches Informationsinteresse angenommen werden.287 Zudem kann mit dem Ausnahmecharakter des § 23 Abs. 1 KUG argumentiert werden. Mit dem Ausschluss der Kleinkriminalität wird zwar ein beachtlicher Teil der Strafverfahren ausgeklammert, jedoch ist die Zahl der übrigen Strafverfahren noch immer sehr groß. Hinzu kommt, dass es im Rahmen von Kleinkriminalität nur bedingt zu strafgerichtlichen Hauptverhandlungen kommt. Gerade wegen der nur untergeordneten Bedeutung der Straftaten für die Allgemeinheit wird von den zur Verfügung stehenden Möglichkeiten, ohne Urteil zu reagieren, rege Gebrauch gemacht. Als Beispiele seien die §§ 153 ff. StPO, §§ 45 Abs. 3, 47 JGG, § 398 AO und §§ 29 Abs. 5, 31a Abs. 1, 37 Abs. 1, 38 Abs. 2 BtMG angeführt.288 Aus dem Bereich der Kleinkriminalität stammen daher nur verhältnismäßig wenige Angeklagte und Verurteilte. Das Gros der in den Strafgerichtsberichterstattungen gezeigten Angeklagten und Verurteilten müsste deshalb als relative Personen der Zeitgeschichte anzusehen sein. Dies aber liefe dem Ausnahmecharakter des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG entgegen. Zudem bereitet die Grenzziehung zwischen Klein- und mittlerer Kriminalität erhebliche praktische Schwierigkeiten. Diejenigen, die nur den Bereich der Kleinkriminalität ausklammern wollen, nehmen die Grenzziehung deutlich vor der Schwelle vom Vergehen zum Verbrechen (§ 12 StGB) an. Mangels Bezugspunktes ist Rechtsunsicherheit vorprogrammiert. Dies kann im Interesse des Persönlichkeitsschutzes nicht hingenommen werden. Die Grenze zur zeitgeschichtlichen Bedeutung von Angeklagten und Verurteilten liegt daher oberhalb des Bereiches von mittlerer Kriminalität zu verhandelnder Strafverfahren. Diesbezüglich ist der herrschenden Ansicht zuzustimmen. Jedoch gilt es, mögliche Ausnahmen von diesem Grundsatz zu beachten. (d) Verhandlung von nichtalltäglichen beziehungsweise schweren Straftaten Was den Grundsatz für die zeitgeschichtliche Bedeutung von Angeklagten und Verurteilten angeht, muss der Bereich der mittleren Kriminalität also verlassen werden. Notwendigerweise muss daher die zu Grunde liegende Straftat bewertet werden. In dieser Hinsicht bieten sich verschiedene Kriterien an, mit deren Hilfe die notwendige Bewertung der Straftaten vorgenommen werden kann. 287

Vgl. F. I. 3. b) aa) (4) (a). Von den 2001 bei der Staatsanwaltschaft anhängigen 4.555.675 Verfahren gelangten nur reichlich 12 Prozent (561.314 Verfahren) zur Anklage vor Strafgerichten, während knapp 27 Prozent, also mehr als das doppelte der Verfahren nach den genannten Normen eingestellt wurden. Vgl. die Aufschlüsselung in Statistisches Bundesamt, Staatsanwaltschaften 2001, S. 18. 288

I. Die Persönlichkeitsrechte

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In Betracht kommen drei Möglichkeiten. So kann zwischen Alltäglichem und Nichtalltäglichem unterschieden289 werden, auf die durch die Tat hervorgerufenen Reaktionen der Öffentlichkeit oder auf die Schwere der Tat selbst abgestellt werden.290 Wird zwischen alltäglichen und nichtalltäglichen Straftaten unterschieden, ist problematisch, dass feste Konturen zur Eingrenzung des umfassten Bereichs fehlen. Die Aussage, alltäglich sei, was sich ständig oder häufig wiederholt291, hilft im Strafrechtsbereich nicht weiter. Es fehlt an einer festen Bezugsgröße. Je kleiner diese ausfällt, desto eher wird eine Straftat aus dem Bereich des Alltäglichen herausfallen. Was auf lokaler Ebene als nicht alltäglich anzusehen ist, kann in regionaler, landesweiter oder gar bundesweiter Sicht durchaus ein alltägliches Geschehen darstellen. Nun könnte man versuchen diese Schwierigkeit dadurch zu umgehen, dass man die Befugnis zur Bildnisveröffentlichung auf den jeweiligen Bereich des Nichtalltäglichen beschränkt. Was lokal nichtalltäglich ist, dürfte dann auf lokaler Ebene publiziert werden. Konsequenz dessen wären jedoch verschiedene Begriffe der Zeitgeschichtlichkeit.292 § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG stellt aber auf das Informationsinteresse der Allgemeinheit als solches ab, und nicht etwa auf eine lokale, regionale oder sonstige Allgemeinheit. Im Interesse von Rechtsklarheit und -sicherheit kann es daher nicht auf unterschiedliche Bezugsgrößen ankommen. Abgesehen davon ist der Begriff des Alltäglichen, wie ihn dessen Vertreter verstehen, konturenlos und inhaltsleer, wenn es um Straftaten und Strafverfahren geht. Folge dessen sind erhebliche Abgrenzungsschwierigkeiten.293 Die einzige Möglichkeit, wie derartige Schwierigkeiten umgangen werden können, liegt darin, Statistiken zu nutzen, da nur so beurteilt werden kann, wie häufig Delikte beziehungsweise Strafverfahren wiederkehren.294 Die strafgerichtliche Urteilspraxis lässt, was nicht hinreichend beachtet wird, nahezu alle Strafverfahren und Straftaten als häufig wiederkehrend und so als alltäglich erscheinen. So wurden im Jahre 2001 immerhin 313 Personen von deutschen Strafgerichten wegen (versuchten) Mordes abgeurteilt und 578 Personen wegen Totschlages.295 Im Jahresdurchschnitt bedeutet dies 289 OLG Stuttgart JZ 1960, 126 (129); OLG München NJW 1963, 658 (658); LG Wiesbaden NJW-RR 2005, 1069 (1069); LG Hamburg NJW-RR 2005, 1357 (1357); Müller, Bildnisveröffentlichung, S. 94, 147; Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 66, 407; Franke, Bildberichterstattung, S. 100 ff.; Wandrey UFITA 5 (1932), 359 (360); Neumann-Duesberg Jur. Jahrb. 7 (1966/67), 138 (146 f.); Lampe NJW 1973, 217 (218). 290 Vgl. F. I. 3. b) aa) (4) (b). 291 Darauf stellt beispielsweise auch das OLG München NJW 1963, 658 (659) ab. 292 So wohl LG Frankenthal AfP 2004, 294 (295). 293 Zielemann, Tatverdächtige, S. 104. 294 Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 408 kritisiert diese Ausrichtung an statistischen Vorgaben zu Unrecht. 295 Statistisches Bundesamt, Strafverfolgung, S. 26.

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eine tägliche Aburteilungsquote von 2,5 wegen Mordes oder Totschlages. Daher erscheint es nach Ansicht des Verfassers fernliegend, hier die Alltäglichkeit zu verneinen.296 Auch schwere Kriminalität ist demzufolge zum alltäglichen Bereich zu zählen.297 Auf der anderen Seite ist eine Gefährdung einer Entziehungskur (§ 323b StGB) mit einer einzigen Aburteilung im Jahr 2001298 mangels öffentlichen Informationsinteresses gewiss kein Ereignis, dass die Abbildung von Bildnissen des Betroffenen legitimiert, obwohl es nicht alltäglich ist. Das Kriterium der Alltäglichkeit allein ist also untauglich, um die Schwelle zu konkretisieren, auf die § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG hinsichtlich des bildnisbezogenen öffentlichen Interesses zu beziehen ist.299 Auch darauf, ob Strafverfahren oder Straftaten ein besonderes Maß an Aufsehen erregt oder Abscheu hervorgerufen haben, kann nicht abgestellt werden, da sich Rückschlüsse auf das erforderliche Informationsinteresse verbieten. Der Rundfunk könnte sonst derartige Reaktionen bewusst hervorrufen und so die zeitgeschichtliche Bedeutung von Angeklagten und Verurteilten selbst bewirken. Außerdem deuten Aufsehen und Abscheu eher auf Unterhaltungs- und Sensations-, denn auf Informationsinteressen hin. Völlig zutreffend stellt Philipp300 insofern fest, dass es das Ergebnis des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG nicht beeinflusst, wenn derartige Reaktionen hervorgerufen werden. Bleibt folglich nur noch der Ansatz, die zeitgeschichtliche Bedeutung zu bejahen, wenn es um Strafverfahren geht, die schwere Kriminalität301 zum Gegenstand haben. Aber auch dem ist der Weg verbaut. Zwar ist ein allgemeines personenbezogenes Informationsinteresse regelmäßig zu bejahen302, jedoch ist dieses für § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG ohne Bedeutung. Das maßgebende bildnisbezogene Interesse aber bildet auch im Bereich der schweren Kriminalität die Ausnahme.303 Deshalb muss es als verfehlt beurteilt werden, wenn die herrschende Meinung die zeitgeschichtliche Bedeutung von Angeklagten und Verurteilten nahezu ausschließlich aus dem Umstand herleitet, dass die verhandelte Straftat dem Bereich der schweren Kriminalität zuzuordnen sei. Insofern vermag keines der drei in Betracht kommenden Kriterien ein ausreichendes Informationsinteresse und so eine zeitgeschichtliche Bedeutung zu be296 Auch Schmidt, Justiz und Publizistik, S. 28 f. betont, dass lediglich der Massenmord nicht alltäglich ist, weshalb das Kriterium der Alltäglichkeit in jeglicher Hinsicht untauglich ist. 297 So auch Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 407. 298 Statistisches Bundesamt, Strafverfolgung, S. 32. 299 Im Ergebnis auch Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 116 und Hübner-Raddatz, Fernsehöffentlichkeit, S. 148 f. 300 Philipp DRiZ 1965, 83 (83 f.); ähnlich Zielemann, Tatverdächtige, S. 104. 301 Vgl. zum Verständnis der schweren Straftaten F. I. 3. b) aa) (4) (b). 302 Vgl. F. I. 3. b) aa) (4) (c). 303 Vgl. F. I. 3. b) aa) (4) (b).

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gründen. Zutreffend ist lediglich, an der Schwere der verhandelten Straftat anzusetzen, um das bildnisbezogene Informationsinteresse der Allgemeinheit zu begründen.304 Nur für einen Teil der schweren Kriminalität kann ein solches anerkannt werden. In den anderen Fällen ist am Grundsatz des § 22 S. 1 KUG festzuhalten. Allerdings sind auch hier die erwähnten Ausnahmen zu beachten, die, liegen sie vor, zur zeitgeschichtlichen Bedeutung von Angeklagten und Verurteilten führen. Je schwerer die verhandelte Straftat ist, desto geringer sind die an diese besonderen Umstände zu stellenden Anforderungen. (cc) Strafverfahren über schwerste Straftaten Damit aus der Schwere der verhandelten Straftat auch ohne Vorliegen besonderer Umstände auf ein bildnisbezogenes Informationsinteresse geschlossen werden kann, muss der Bereich der schweren Kriminalität nach oben hin verlassen sein. Nur wenn Anklage beziehungsweise Urteil diesen eng zu fassenden Bereich zum Gegenstand haben, liegt das erforderliche Informationsinteresse der Allgemeinheit wirklich nahe. Eine historische Tragweite der Strafverfahren zu verlangen ginge jedoch zu weit.305 Für die publizierenden Medien, die ausnahmslos auf Aktualität bedacht sind und sein müssen306, würde es häufig zum Glücksspiel, ob die jeweilige Bildnisveröffentlichung einem historischen Strafverfahren entspringt und so nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG legitim ist oder nicht. Eine derartige Rechtsunsicherheit ist nicht hinnehmbar. Daher ist nach der Ansicht des Verfassers auf den Bereich der absolut schwersten Kriminalität im dargestellten Sinne307 abzustellen.308 Im Lichte der Regelungssystematik der §§ 22 f. KUG ist der Begriff der Schwerstkriminalität dabei restriktiv auszulegen. Erst, wenn es im Strafverfahren um Straftaten aus diesem Bereich geht, ist die Annahme eines bildnisbezogenen öffentlichen Informationsinteresses berechtigt309 und § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG deshalb verwirklicht. Im Hinblick auf die im Sitzungsbereich anwesenden Personen ist § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG entgegen der gängigen Praxis und der herrschenden Meinung nur äußerst selten zu bejahen, wenn es um Angeklagte und Verurteilte geht. Da ein bildnisbezogenes Informationsinteresse, jedenfalls soweit besondere Umstände kein anderes Ergebnis rechtfertigen, nur bei schwerster Kriminalität anzunehmen ist, sind angeklagte und verurteilte Personen, die relative Personen der 304 A. A. Heinze FS-Stree/Wessels, S. 951 (957); Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 409. 305 Vgl. F. I. 3. b) aa) (4) (c). 306 Zum Ganzen Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 64 f. 307 Vgl. F. I. 3. b) aa) (4) (c). 308 In diese Richtung auch Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 411 ff. und Neuling HRRS 2006, 94 (99). 309 Vgl. F. I. 3. b) aa) (4) (c).

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Zeitgeschichte darstellen, die Ausnahme. In der Mehrheit aller Fälle muss es deshalb beim Grundsatz des § 22 S. 1 KUG bleiben. (b) Richter und Staatsanwälte Neben denen der Angeklagten und Verurteilten werden häufig auch Bildnisse der Richter und Staatsanwälte publiziert. Auch wenn dies gängige und anscheinend auch hingenommene Praxis ist, bestehen doch erhebliche Bedenken. Ob diese Personen als solche der Zeitgeschichte zu qualifizieren sind, hängt vom Verständnis ihrer Ämter ab. Teilweise wird mit allerdings verschiedenen Begründungen davon ausgegangen, dass Richter und Staatsanwälte stets zeitgeschichtlich bedeutsam sind. Für „. . . diejenigen, die das Verfahren zu gestalten haben, also für Richter, Staatsanwälte . . .“310 bestehe kein Publikationsschutz.311 Dies wird einzig mit dem beruflichen Status der Richter und Staatsanwälte begründet.312 Für ein demokratisches Staatswesen sei „. . . eine ausgedehnte Publizität in öffentlichen Dingen selbstverständlich . . .“313. Auch die Bildnisse von Richtern und Staatsanwälten sollen so, da diese öffentliche Gewalt ausüben, veröffentlicht werden dürfen.314 Ähnlich sieht dies Zielmann, nach dem die „. . . Kontrolle . . . staatlicher Organe möglicherweise nicht nur die Offenlegung des Gegenstandes, sondern auch des Trägers staatlichen Handels . . .“315 fordert. Organe, die öffentliche Gewalt ausüben, müssen danach auch eine personenbezogene Kontrolle erdulden. Nach Neumann-Duesberg316 kann die notwendige Kontrolle der Justiz es rechtfertigen, Bildnisse zu veröffentlichen. Schließlich wird vorgebracht, dass Bildnispublikationen von Richtern und Staatsanwälten üblich sind.317 Der Verweis auf die Üblichkeit ist als Argument von vornherein untauglich, kann er doch eine rechtliche Grundlage weder ersetzen noch begründen. Im Gegenteil ist es an der Zeit, zu fragen, ob die gängige Praxis überhaupt als rechtmäßig einzustufen ist. Bedenken gibt es genug. An den aufgeführten Argumenten ist einzig zutreffend, dass jede Demokratie notwendig Kontrolle durch das Volk voraussetzt. 310

Koebel MDR 1972, 8 (10). Hübner-Raddatz, Fernsehöffentlichkeit, S. 158; Koebel JZ 1966, 389 (390); Koebel MDR 1972, 8 (10); so auch von Hartlieb, Film-, Fernseh- und Videorecht, 26. Kapitel RN 3; ähnlich Gronau, Persönlichkeitsrecht und Medienfreiheit, S. 54; Wenzel/von Strobl-Alberg, Wort- und Bildberichterstattung, Kap. 7 RN 33. 312 Kuß, Öffentlichkeitsmaxime, S. 157 ff. unterscheidet zwischen professionellen und unprofessionellen Verfahrensbeteiligten. 313 Koebel JZ 1966, 389 (390). 314 Koebel JZ 1966, 389 (390), stellt dies zwar für die Namensnennungen fest, setzt diese aber mit Bildnisveröffentlichungen gleich. 315 Zielemann, Tatverdächtige, S. 93. 316 Neumann-Duesberg JZ 1970, 564 (567). 317 Koebel JZ 1966, 389 (390). 311

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Strafverfahren als hoheitliche Durchsetzung der staatlichen Strafansprüche machen da keine Ausnahme. Dass die Justiz als staatliches Handeln in einem demokratischen Rechtsstaat transparent und somit kontrollierbar sein muss, steht außer Frage.318 Eine Kontrolle des Handelnden ist aber nicht erforderlich, sondern nur die des Handelns an sich.319 Auf diese Weise wird auch kein „. . . Naturschutzpark für irrende Richter . . .“320 und Staatsanwälte geschaffen, denn deren Arbeit ist weiterhin transparent. Zu denken ist nur an die Rolle der Schöffen und an den bestehenden Öffentlichkeitsgrundsatz. Allein dadurch, dass richterliche oder staatsanwaltliche Tätigkeiten vorgenommen werden, kann niemand zu einer relativen Person der Zeitgeschichte werden.321 Weder die Berufe selbst, noch die öffentliche Kontrolle bieten hierfür taugliche Ansatzpunkte. Überraschenderweise argumentiert auch das Bundesverfassungsgericht322 auf der Linie dieser, als unzutreffend abzulehnenden Ansicht. Im Grundsatz geht es von relativen Personen der Zeitgeschichte aus. Das Bundesverfassungsgericht führt aus: „. . . Diese Beeinträchtigungen sind aber hinzunehmen. Denn die Richter . . . stehen Kraft ihres übertragenen Amtes anlässlich ihrer Teilnahme an öffentlichen Sitzungen . . . im Blickfeld der Öffentlichkeit unter Einschluss der Medienöffentlichkeit. Ein Interesse der Richter . . ., in ihrer Person nur durch die in der Sitzung Anwesenden wahrgenommen zu werden, ist angesichts der Bedeutung des Grundsatzes der Öffentlichkeit für ein rechtsstaatliches Gerichtsverfahren nicht anzunehmen . . .“323. Die Grenze sei erst erreicht, wenn mit erheblichen Beeinträchtigungen zu rechnen ist.324 Das Kontrollargument überzeugt dabei ebenso wenig wie der Verweis auf die Öffentlichkeit.325 Denn auch Richter und Staatsanwälte genießen den Schutz ihrer Persönlichkeit, unabhängig von den öffentlichkeitsbezogenen Ämtern. Wenn das Gericht auf den Öffentlichkeitsgrundsatz verweist, übersieht es, dass diesem für den hier relevanten Sitzungsbereich keine Wirkungen zukommt326, er als Argument also unbrauchbar ist. 318 A. A. wohl Erman I/Ehmann, Anh § 12 RN 474, wenn er mit der „. . . Vertraulichkeit der Amtsführung . . .“ argumentiert. 319 Vgl. F. I. 3. b) bb). 320 Kohlhaas NJW 1963, 477 (477). 321 OVG Koblenz NVwZ-RR 1998, 237 (238); Erman I/Ehmann, Anh § 12 RN 474: Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S 163; Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 120; Schorn LZ 1932, Sp. 1408 (1409); Ernst ZUM 1996, 187 (191); hinsichtlich Polizisten Krüger NJW 1982, 89 (89 f.); a. A. anscheinend Rohde, Öffentlichkeit, S. 123. 322 BVerfG NJW 2000, 2890 (2890 f.). 323 BVerfG NJW 2000, 2890 (2891); ähnlich Wenzel/von Strobl-Alberg, Wort- und Bildberichterstattung, Kap. 7 RN 31, einschränkend Paeffgen JZ 1979, 516 (517 f.). 324 BVerfG NJW 2000, 2890 (2891). 325 In einem anderen Zusammenhang Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 398. 326 Vgl. E. I. 1. c); E. I. 4.

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Ebenso wenig überzeugen andere Versuche, die relative Zeitgeschichtlichkeit von einigen Richtern und Staatsanwälten zu begründen. Aus den genannten Gründen fehlt es am notwendigen Informationsinteresse der Bevölkerung auch dann, wenn relative oder absolute Personen der Zeitgeschichte, also Personen, die einem öffentlichen Informationsinteresse unterliegen, angeklagt beziehungsweise abgeurteilt werden.327 Dies verkennt Kuß328, der im Ausgangspunkt zwar zutreffend auf die Bedeutung der Abbildungen für die Gesellschaft abstellt, diese dann aber nicht auf das Informationsinteresse bezieht. Eine zeitgeschichtliche Bedeutung von Verfahrensbeteiligten vermag eine solche bei Richtern und Staatsanwälten daher nicht zu begründen.329 Dem Gesagten330 entsprechend ist es auch verfehlt, darauf abzustellen, ob es sich um nichtalltägliche Prozesse handelt, bei welchen eine zeitgeschichtliche Bedeutung zu bejahen sei.331 Einzig möglich erscheint es, eine Nichtalltäglichkeit mit dem Argument zu begründen, dass eine Person der Zeitgeschichte vor Gericht steht. Da dann aber letztlich von der Zeitgeschichtlichkeit des Angeklagten beziehungsweise Verurteilten auf die von Richter und Staatsanwalt geschlossen würde, ist dem entgegen zu treten. Richter und Staatsanwälte an den Strafgerichten zählen daher bis auf wenige Ausnahmen nicht zu den Personen der Zeitgeschichte im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG.332 Einen rechtlichen Grundsatz, nach dem Richter und Staatsanwälte sämtliche Bildnisveröffentlichungen dulden müssten, gibt es nicht.333 (c) Verteidiger Im Interesse des Rundfunks stehen regelmäßig auch Strafverteidiger. In den meisten Fällen aber suchen diese die Medienöffentlichkeit bewusst auf und willigen in die Bildnisveröffentlichungen ein.334 Gerade geschäftliche Interessen, 327

Vgl. F. I. 3. b) aa). Kuß, Öffentlichkeitsmaxime, S. 210. 329 Vgl. Ernst NJW 2001, 1624 (1626), der feststellt, dass „. . . mit Recht bezweifelt werden darf, ob die Pflicht, über einen berühmten – oder durch die Tat berühmt gewordenen – Menschen zu richten, den Richter zu einer Person der Zeitgeschichte . . . macht . . .“. 330 Vgl. G. I. 2. b) aa) (4) (a) (bb) (d). 331 OLG Hamburg AfP 1982, 177 (178); Staudinger II/Hager, § 823 RN C 201; Schricker/Götting, UrhG, § 60/§ 23 KUG RNn 34 ff.; in diese Richtung auch Kuß, Öffentlichkeitsmaxime, S. 211. 332 Schricker/Götting, UrhG, § 60/§ 23 KUG RNn 34 ff.; Hubmann, Das Persönlichkeitsrecht, S. 300 FN 16; Lilie, in: AE-StuM, S. 116 (129); Schorn LZ 1932, Sp. 1408 (1409); Ernst NJW 2001, 1624 (1626); a. A. BVerfG NJW 2000, 2890 (2890 f.).; Britz, Fernsehaufnahmen, S. 250; noch strenger Kohlhaas DRiZ 1963, 329 (332). 333 Vgl. Ernst NJW 2001, 1624 (1626). 334 Vgl. Wagner, Strafprozessführung über die Medien, S. 81. 328

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auch solcher ihrer Mandanten, sind hierfür verantwortlich. Hier aber sollen die Fälle interessieren, in denen es an einer Einwilligung fehlt. Nach Koebel 335 bestehe kein Publikationsschutz, wobei auch er auf eine notwendige demokratische Kontrolle verweist. Diese Annahme ist unzutreffend. Zwar ist der Strafverteidiger neben seiner Stellung als Beistand des Beschuldigten (§ 137 StPO) auch Organ der Rechtspflege (§ 1 BRAO)336, jedoch übt er als ein solches Organ längst keine öffentliche Gewalt aus. Es ist aber nur diese Gewalt, die eine Kontrolle durch die Gesellschaft notwendig machen könnte. Deshalb geht das Kontrollargument Koebels bereits im Ausgangspunkt fehl. Selbst wenn man dies anders sähe, würde wie bei Richtern und Staatsanwälten auch, nur das Handeln des Strafverteidigers kontrollbedürftig sein, nicht aber sein äußeres Auftreten im Sitzungsbereich. Auch ohne das untaugliche Kontrollargument wird für Ausnahmefälle vertreten, dass den Strafverteidigern durch die Strafverfahren zeitgeschichtliche Bedeutung zukommen kann.337 Gerstenberg und Götting338 zufolge kommt es darauf an, ob das jeweilige Strafverfahren alltäglich ist. Dass dieser Weg untauglich ist, wurde bereits dargelegt.339 Nach Wandrey340 sind bekannte Strafverteidiger in aufsehenerregenden Prozessen als relative Personen der Zeitgeschichte anzusehen. Darauf, wie bekannt die betreffende Person ist, kann es für § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG nicht ankommen.341 Gleiches gilt für die Fälle, in denen Aufsehen erregt wird.342 Damit bleiben nur noch die Fälle zu diskutieren, in denen relative oder absolute Personen der Zeitgeschichte verteidigt werden. Dass der Verteidiger einer relativen Person der Zeitgeschichte, die ja selbst erst durch das Strafverfahren zu einer solchen geworden ist, dadurch zu eben einer solchen wird343, ist abzulehnen, da auch in solchen Fällen ein bildnisbezogenes 335 Koebel MDR 1972, 8 (10); grundlegend Koebel JZ 1966, 389 (390); in Bezug auf die Menschenwürde Schorn, Menschenwürde, S. 60. 336 Erstmals RG JW 1926, 2756 (2756 f.); BVerfGE 34, 293 (300); 38, 105 (119); 53, 207 (214); BVerfG NJW 1998, 296 (297 f.); BGHSt 9, 20 (22); 12, 367 (369); 46, 36 (43); Kleinknecht/Meyer-Goßner, Vor § 137 RN 1; KMR/Hiebl, Vor § 137 RNn 1, 6 f.; KK/Laufhütte, Vor § 137 RNn 3 f.; Ranft, Strafprozessrecht, RN 430; Kühne, Strafprozessrecht, RN 178; Schlüchter, Das Strafverfahren, RNn 101 ff.; Beulke, Der Verteidiger im Strafverfahren, S. 164 ff.; Jescheck FS-Dreher, S. 783 (790); Augstein NStZ 1981, 52 (54); Ernesti JR 1982, 221 (223 f.); Vehling StV 1992, 86 (86 ff.); vgl. Roxin FS-Hanack, S. 1 (8 ff.); Beulke JR 1994, 116 (117); zur Kritik LR III/Lüderssen, Vor § 137 RNn 75 ff.; Roxin, Strafverfahrensrecht, § 19 RNn 3 ff. 337 Ohne nähere Ausführungen Hubmann, Das Persönlichkeitsrecht, S. 300 FN 16; Britz, Fernsehaufnahmen, S. 250; Rehbinder, Urheberrecht, RN 859; Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 119. 338 Schricker/Götting, UrhG, § 60/§ 23 KUG RNn 34 ff. 339 Vgl. G. I. 2. b) aa) (4) (a) (bb) (d). 340 Wandrey UFITA 5 (1932), 359 (361); auch MK BGB I (3. Aufl.)/Schwerdtner, § 12 RN 171 stellt auf die Erregung von Aufsehen ab. 341 Vgl. F. I. 3. b) aa) (3). 342 Vgl. G. I. 2. b) aa) (4) (a) (bb) (d).

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Informationsinteresse der Allgemeinheit, nur auf ein solches kommt es an, nicht besteht. Einzig ein allgemeines Interesse an den Strafverteidigern kann dann bejaht werden.344 Kein Strafverteidiger wird allein dadurch, dass er seinem Beruf nachgeht, zur relativen Person der Zeitgeschichte.345 Das gilt auch dann, wenn absolute Personen der Zeitgeschichte verteidigt werden346, da das öffentliche Informationsinteresse ausschließlich auf die verteidigte Person bezogen ist. (d) Zeugen Weniger im medialen Interesse als die bisher behandelten Personen stehen die Zeugen. Das in jeglicher Hinsicht eine Sonderstellung einnehmende Opfer, das regelmäßig als Zeuge auftritt, bedeutet für den Rundfunk hohe Einschaltquoten. Veröffentlichungen von deren Bildnissen verdeutlichen, was Personalisierung, Dramatisierung und Emotionalisierung347 bedeuten. Abgesehen von den Schwierigkeiten, Opfer als Personen der Zeitgeschichte einzuordnen, ist die Frage nach der zeitgeschichtlichen Bedeutung von Zeugen generell umstritten. Einerseits wird jede zeitgeschichtliche Bedeutung ohne Ausnahmen abgelehnt.348 Anderseits wird diese Sicht als zu pauschal abgelehnt und so zumindest in unterschiedlich weit gezogenen Ausnahmefällen das Vorliegen einer relativen Zeitgeschichtlichkeit bejaht.349 Nach Neumann-Duesberg350 liegt ein solcher vor, wenn der Zeuge für die Vorgeschichte des Prozesses oder für die 343 So Nicolini/Ahlberg/Gass, UrhG, § 60 Anh. § 23 KUG RN 18; Neben, Personenberichterstattung, S. 208. 344 Vgl. F. I. 3. b) cc). 345 Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 163; Schorn LZ 1932, Sp. 1408 (1410); in diese Richtung Hubmann JZ 1957, 520 (526). 346 So jedoch OLG Hamburg AfP 1982, 177 (178); Enders, Gewerblicher Rechtsschutz, Urheberrecht und Medienrecht, S. 125, der aber ausdrücklich auf Einzelfälle verweist. 347 Diese Mittel verwendet der Rundfunk regelmäßig. Siehe C. II. 5. b). 348 Ohne nähere Begründung Hubmann, Das Persönlichkeitsrecht, S. 300 FN 16; ebenso Rehbinder, Urheberrecht, RN 859; MK BGB I (3. Aufl.)/Schwerdtner, § 12 RN 171; Pieroth, in: Recht der Persönlichkeit, S. 249 (265); Heinze FS-Stree/Wessels, S. 951 (958); Hager Jura 1995, 566 (569); offen gelassen von OLG Karlsruhe VersR 1989, 1097 (1098). 349 So wohl BGH NJW 1965, 2148 (2149); OLG Celle AfP 1989, 575 (576); LG Berlin AfP 2004, 68 (69); Staudinger II/Hager, § 823 RN C 204; Nicolini/Ahlberg/ Gass, UrhG, § 60 Anh. § 23 KUG RN 18: Schricker/Götting, UrhG, § 60/§ 23 KUG RNn 34 ff.; Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 162; Britz, Fernsehaufnahmen, S. 250; Hübner-Raddatz, Fernsehöffentlichkeit, S. 151; Gronau, Persönlichkeitsrecht und Medienfreiheit, S. 53 f.; Kuß, Öffentlichkeitsmaxime, S. 207; Ahrens, Persönlichkeitsrecht, RN 134; Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 118; Schorn LZ 1932, Sp. 1408 (1409); Neumann-Duesberg Jur. Jahrb. 7 (1966/67), 138 (152); Deutsch GRUR Int. 1973, 463 (467); Soehring/Seelmann-Eggebert NJW 2005, 571 (577); wenn auch auf das Nachspielen bezogen. 350 Neumann-Duesberg Jur. Jahrb. 7 (1966/67), 138 (152).

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Urteilsfindung von Bedeutung ist. Das überzeugt nicht, da jeder Zeuge für die Urteilsfindung von Bedeutung ist. Bei der Beweiswürdigung, die für die Urteilsfindung unabdingbar und so ein Teil von ihr ist, sind alle vom Gericht erhobenen Beweise (vgl. nur § 244 Abs. 2 StPO) des Strengbeweisverfahrens umfassend zu würdigen, was aus § 261 StPO folgt.351 Erst in der Urteilsbegründung (§ 267 StPO) müssen nicht alle Zeugenaussagen eingebracht werden. Konsequenz dessen ist, dass nach Neumann-Duesberg, der Urteilsfindung und Urteilsbegründung nicht ausreichend unterscheidet, sämtliche Zeugen zu Personen der Zeitgeschichte würden. Das aber vertritt zu Recht niemand. Das Oberlandesgericht Stuttgart352 bejaht die zeitgeschichtliche Bedeutung, wenn erstens ein aufsehenerregender Prozess gegeben ist353, und wenn es zweitens um Hauptzeugen354 geht.355 Zwar kann dem Oberlandesgericht noch insofern gefolgt werden, dass es in derartigen Fällen möglich ist, dass ein allgemeines Informationsinteresse an der Person selbst besteht.356 Dieses reicht aber nicht so weit, auch deren Bildnisse, gleichgültig ob Hauptzeuge oder nicht, sehen zu wollen.357 Wie der Zeuge aussieht, spielt für niemanden eine ernsthafte Rolle. Der Zuschauer kann keine relevanten Informationen aus dem Bildnis ziehen. Mangels bildnisbezogenen Informationsinteresses können Zeugen also nicht allein durch ihren Zeugenstatus zu relativen Personen der Zeitgeschichte werden.358 Ausnahmen sind nicht anzuerkennen. Unter den Zeugen stechen die Opfer besonders hervor. Fraglich erscheint deshalb, ob diese im Gegensatz zu den sonstigen Zeugen auf Grund ihres Opferstatus zu Personen der Zeitgeschichte werden können. Auch diesbezüglich wird einerseits jede zeitgeschichtliche Bedeutung abgelehnt359 und andererseits 351 BVerfG StV 2003, 593 (594); BGHSt 12, 311 (315); 25, 285 (286); 44, 256 (257); BGH NJW 1980, 2433; BGH NStZ 2002, 48 f.; BGH StV 2004, 59 (59 f.); OLG Düsseldorf NStZ 1985, 323; KK/Engelhardt, § 261 RNn 17, 49; LR IV/Gollwitzer, § 261 RN 56; Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 261 RN 6; SK/Schlüchter, § 261 RN 14; Haller/Conzen, Das Strafverfahren, RN 590; Beulke, Strafprozessrecht, RN 493; Ranft, Strafprozessrecht, RN 1629; Niemöller StV 1984, 431 (436 ff.); Fezer StV 1995, 95 (97). 352 OLG Stuttgart JZ 1960, 126 (126 ff.). 353 OLG Stuttgart JZ 1960, 126 (129 f.). 354 Wahrscheinlich meint das Gericht damit Zeugen, auf deren Aussage das Urteil im Wesentlichen gestützt wird. Definiert wird der Begriff aber leider nicht. 355 OLG Stuttgart JZ 1960, 126 (129). 356 Vgl. F. I. 3. b) dd). 357 Vgl. F. I. 3. b) dd). 358 In diese Richtung auch Hubmann JZ 1957, 520 (526). 359 LG Köln NJW 1992, 443 (443 f.); Staudinger II/Hager, § 823 RN C 204; Schwerdtner, Persönlichkeitsrecht, S. 214; Hubmann, Das Persönlichkeitsrecht, S. 300 FN 16; ebenso Rehbinder, Urheberrecht, RN 859; Pieroth, in: Recht der Persönlichkeit, S. 249 (265); Heinze FS-Stree/Wessels, S. 951 (958); Hager Jura 1995, 566 (569), der auf das Veranlasserprinzip abstellt; Ernst ZUM 1996, 187 (189, 191); aus-

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in Ausnahmefällen bejaht.360 Wandrey361 begründet Letzteres damit, dass in einigen Fällen ein bildnisbezogenes Informationsinteresse anzuerkennen ist. Wie gezeigt, ist das aber unzutreffend.362 Engels/Schulz363 bejahen eine zeitgeschichtliche Bedeutung derjenigen Opfer, bei denen die Bildnisse einen Informationswert aufweisen, der über die bloße Opferrolle hinausreicht, wie etwa das Opferverhalten bei einer Geiselnahme. Das aber liefe dem Inhalt des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG zuwider, nach dem einzig das Informationsinteresse der Allgemeinheit an dem Bildnis maßgebend ist. Ob ein und welcher Informationswert vom Bildnis ausgeht, ist keine Frage des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG. Zudem würde anderenfalls nicht beachtet, dass ein Interesse am Opferverhalten primär ein verhaltens- und kein personenbezogenes Interesse ist. Schließlich kann auch die Ansicht Neumann-Duesbergs364, nach der wie bei den Angeklagten und Verurteilten auf die Schwere der Straftat abzustellen sei, nicht überzeugen. Denn weder bei schweren, noch bei schwersten Straftaten besteht hinsichtlich der Opfer ein bildnisbezogenes Informationsinteresse.365 Deshalb sind die Anforderungen des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG bei allen Opfern von Straftaten nicht erfüllt. Richtig führt das Oberlandesgericht Hamburg366 aus, dass Berichterstattungen über Prozesse von den Opfern einer Straftat in einigem Umfang hingenommen werden müssen. Allerdings ist eben nur die Berichterstattung zu dulden, nicht aber auch die weiter gehende Veröffentlichung des Bildnisses. Auch der Opferstatus kann daher keine zeitgeschichtliche Bedeutung begründen. Das wird durch eine weitere Überlegung deutlich. Der Opdrücklich offen gelassen von OLG Hamburg NJW 1975, 649 (651); OLG Karlsruhe VersR 1989, 1097 (1098). 360 So Nicolini/Ahlberg/Gass, UrhG, § 60 Anh. § 23 KUG RN 18; Schricker/Götting, UrhG, § 60/§ 23 KUG RNn 34 ff.; Erman I/Ehmann, Anh § 12 RN 470; Neben, Personenberichterstattung, S. 208; Britz, Fernsehaufnahmen, S. 250; Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 586; Kuß, Öffentlichkeitsmaxime, S. 207; Ahrens, Persönlichkeitsrecht, RN 138; Wenzel/von Strobl-Alberg, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung Kap. 8 RN 84; Gronau, Persönlichkeitsrecht und Medienfreiheit, S. 53; Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 118; Hübner-Raddatz, Fernsehöffentlichkeit, S. 151; Frömming/Peters NJW 1996, 958 (960); offen gelassen von Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 162; Wandrey UFITA 5 (1932), 359 (361), wenn man Straftaten als Schicksalsschläge einstuft; Neumann-Duesberg JZ 1960, 114 (114); Werhahn UFITA 37 (1962), 22 (27); Neumann-Duesberg Jur. Jahrb. 7 (1966/67), 138 (145); Deutsch GRUR Int. 1973, 463 (467), wenn auch auf das Nachspielen bezogen; Engels/Schulz AfP 1998, 574 (583); Schulz/Jürgens JuS 1999, 770 (772); Soehring/Seelmann-Eggebert NJW 2005, 571 (577). 361 Wandrey UFITA 5 (1932), 359 (361). 362 Vgl. F. I. 3. b) dd). 363 Engels/Schulz AfP 1998, 574 (583). 364 Neumann-Duesberg JZ 1960, 114 (114) („. . . Opfer von Verbrechen . . .“). 365 Schwerdtner, Persönlichkeitsrecht, S. 214; Prinz/Peters, Medienrecht, RN 855; in diese Richtung Engels/Schulz AfP 1998, 574 (583). 366 OLG Hamburg NJW 1975, 649 (651), das auf die Gewährleistung eines fairen Verfahrens hinweist.

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ferstatus folgt aus der Straftat selbst. Richtigerweise aber ist nicht auf die Straftat, sondern auf das Strafverfahren abzustellen, wenn es um Gerichtsberichterstattungen geht.367 Schon deshalb und mangels ausreichenden Informationsinteresses können Opfer also genauso wenig wie Zeugen dem Kreis der relativen Personen der Zeitgeschichte zugeordnet werden. (e) Sachverständige Der Frage, ob Sachverständige Personen der Zeitgeschichte werden können, wird in der Rechtswissenschaft kaum Beachtung geschenkt. Von praktischer Seite her, ist dies gerechtfertigt, stehen die Sachverständigen doch so gut wie nie im Interesse des Rundfunks. In rechtlicher Hinsicht gilt das zu den Zeugen Gesagte entsprechend. Daher kann in besonderen Fällen ein allgemein personenbezogenes Informationsinteresse durchaus anzunehmen sein, nicht aber ein bildnisbezogenes. Es kann weder darauf abgestellt werden, ob die Aussage des jeweiligen Sachverständigen eine bedeutende Komponente der Urteilsfindung darstellt, noch kann die Schwere der Straftat ein entsprechendes Informationsinteresse begründen. Deshalb können Sachverständige nie auf Grund ihrer Rolle in einem Strafverfahren relative Person der Zeitgeschichte werden. (f) Besucher Schließlich ist der Personenkreis der Besucher im Sitzungsbereich zu untersuchen. Mangels bildnisbezogenen Informationsinteresses368 sind Besucher, die in keinem Verhältnis zu Verfahrensbeteiligten stehen, keine Personen der Zeitgeschichte. Auch stehen sie nicht im Interesse des Rundfunks. Geht es um Angehörige und nahestehende Personen von Angeklagten, Verurteilten oder Opfern, verschiebt sich jedoch das Bild. An Aufnahmen dieser Personen hat der Rundfunk durchaus ein Interesse. So werden die verzweifelten, im Sitzungssaal anwesenden Eltern des Opfers oder des Angeklagten in Bildberichterstattungen eingearbeitet.369 Zu Recht wird jedoch auch im Hinblick auf diese Personen keine zeitgeschichtliche Bedeutung angenommen. Es fehlt schlicht am erforderlichen Informationsinteresse.370 Wenn es um Nähebeziehungen zu den Angeklagten und Verurteilten geht, ist zwischen denen ohne, denen mit relativer und 367 Zwar betont Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 109, dass das Strafverfahren maßgebender Anknüpfungspunkt sein muss, vernachlässigt dies dann aber auf S. 118, wenn sie die Zeitgeschichtlichkeit nicht aus dem Strafverfahren, sondern aus dem Opferstatus ableitet. 368 Vgl. F. I. 3. b) ff). 369 Vgl. auch Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 573; Engels/Schulz AfP 1998, 574 (582). 370 Vgl. F. I. 3. b) ff).

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denen mit absoluter zeitgeschichtlicher Bedeutung zu differenzieren.371 Fehlt die zeitgeschichtliche Bedeutung der Bezugsperson, kann eine solche auch nicht bei dessen Nähepersonen bestehen. Auch eine etwaige relative zeitgeschichtliche Bedeutung der Bezugsperson vermag eine derartige Bedeutung bei der Näheperson nicht zu begründen. Denn maßgebend ist das öffentliche Informationsinteresse an den Nähepersonen selbst. Die Verknüpfung mit anderen, einem Informationsinteresse unterliegenden Personen ist ohne Bedeutung. Nur wenn die Bezugsperson eine solche der absoluten Zeitgeschichte ist, kann in besonderen Fällen, die nur sehr selten vorliegen werden, nämlich dann, wenn die Bezugsperson bewusst im Sitzungsbereich begleitet wird372, auch die Näheperson als eine relative Person der Zeitgeschichte angesehen werden.373 Bloße Partnerschaften zu absoluten Personen der Zeitgeschichte reichen nicht aus, um auch eine zeitgeschichtliche Bedeutung der Begleitperson annehmen zu können.374 Da es einzig auf das Informationsinteresse der Allgemeinheit ankommt, können auch minderjährige Kinder von absoluten Personen der Zeitgeschichte, wenn ein entsprechendes Interesse der Allgemeinheit vorliegt375, zu relativen Personen der Zeitgeschichte werden. Sie sind nicht per se aus dem Kreis der zeitgeschichtlichen Personen herauszunehmen.376 Der Ort, um die Minderjährigkeit gebührend zu berücksichtigen, ist § 23 Abs. 2 KUG.377 In aller Regel sind sämtliche Besucher des Sitzungsbereichs somit keine Personen der Zeitgeschichte.378 371 Im Gegensatz dazu wird auf der einen Seite vertreten, dass alle Personen, die solchen der Zeitgeschichte sehr nahe stehen, vor allem Angehörige, stets selbst Personen der Zeitgeschichte sind [so wird die zeitgeschichtliche Bedeutung etwa von OLG Hamburg NJW-RR 1990, 1000 (1001) und Neumann-Duesberg JZ 1960, 114 (117), bezogen auf Eheschließungen generell bejaht]. Auf der anderen Seite wird dies gerade generell verneint [Frömming/Peters NJW 1996, 958 (960); in diese Richtung OLG München NJW-RR 1996, 93 (95)]. Diese Ansichten sind jedoch auf Grund ihrer Pauschalität abzulehnen. Die Unterschiede der drei verschiedenen Konstellationen werden nicht ausreichend beachtet. 372 Vgl. F. I. 3. b) ff). 373 Vgl. OLG Hamburg AfP 1991, 437 (438); OLG Hamburg AfP 1995, 512 (513); OLG Hamburg ZUM 1995, 494 (495); OLG München NJW-RR 1996, 93 (95); Schrikker/Götting, UrhG, § 60/§ 23 KUG RNn 39 ff.; Gronau, Persönlichkeitsrecht und Medienfreiheit, S. 47 f.; Werhahn UFITA 37 (1962), 22 (35 f.); Siegert NJW 1963, 1953 (1957); Engels/Schulz AfP 1998, 574 (582); Neumann-Duesberg Jur. Jahrb. 7 (1966/ 67), 138 (155 f.) dagegen generalisiert dies dahingehend, dass alle den absoluten Personen der Zeitgeschichte nahestehenden Personen relative Personen der Zeitgeschichte sind; ebenso OLG Hamburg GRUR 1990, 35 (35). 374 Engels/Schulz AfP 1998, 574 (582); a. A. OLG Hamburg AfP 1995, 512 (513). 375 Vgl. F. I. 3. b) ff). 376 A. A. BGH NJW 1996, 985 (986); BGH AfP 2005, 65 (66); OLG München AfP 1995, 658 (659 f.). 377 So auch Gronau, Persönlichkeitsrecht und Medienfreiheit, S. 51; Engels/Schulz AfP 1998, 574 (583), die Bildnisveröffentlichungen aber nur dann zulassen wollen, wenn es sich um offizielle Auftritte handelt.

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Im Hinblick auf § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG hat sich gezeigt, dass die vertretenen Ansichten weit auseinander gehen. Nach der hier vertretenen Sichtweise kann nur in den allerseltensten Fällen, die primär auf Angeklagte und Verurteilte beschränkt sind, davon ausgegangen werden, dass es sich auf Grund des Strafverfahrens um relative Personen der Zeitgeschichte handelt. Das Strafverfahren muss absolut schwerste Kriminalität zum Gegenstand haben. Die Eigenschaft einer absoluten Zeitgeschichtlichkeit, die nicht auf dem Strafverfahren aufbauen kann, ist noch seltener zu bejahen. Sollten Zweifel bleiben, so ist im Interesse eines umfassenden Persönlichkeitsschutzes vom Fehlen der zeitgeschichtlichen Bedeutung auszugehen.379 Deshalb ist § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG nur selten verwirklicht, wenn es um Bildaufnahmen aus dem strafgerichtlichen Sitzungsbereich geht.380 Die Behauptung Gerstenbergs und Göttings381 ist also unzutreffend. Die in Ausnahmefällen anzunehmende relative zeitgeschichtliche Bedeutung der Angeklagten und Verurteilten endet, auch wenn an das Strafverfahren angeknüpft wird, nicht per se mit dem gesprochenen Urteil, auch nicht bei einem Freispruch.382 Das Informationsinteresse der Allgemeinheit nämlich bleibt darüber hinaus bestehen. Anderenfalls wäre bildnisverwendenden Gerichtsberichterstattungen über abgeschlossene Strafverfahren der Weg verbaut. Der Abschluss des Strafverfahrens setzt der Einordnung einer Person als zeitgeschichtlich bedeutsam also keine feste Grenze.383 Dennoch besteht das Recht zur Bildnispublikation nicht unbeschränkt.384 Das gebietet der Schutz des Persön-

378 Im Hinblick auf die Opfer erkennen dies selbst diejenigen an, die eine zeitgeschichtliche Bedeutung als möglich ansehen (vgl. nur Erman I/Ehmann, Anh § 12 RN 470). 379 Vgl. von Gamm, Persönlichkeits- und Ehrverletzungen durch Massenmedien, RN 57; Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 145. 380 Ähnlich Zuck NJW 2001, 1623 (1624), nach dem ein normaler Beteiligter keine Person der Zeitgeschichte ist. 381 Schricker/Götting, UrhG, § 60/§ 23 KUG RN 13. 382 Zu einem anderen Ergebnis kommen freilich all diejenigen, die als Anknüpfungspunkt die verhandelte Straftat wählen. Mangels Zusammenhang zwischen dem mittlerweile Freigesprochenen und der Straftat wird konsequent, aber eben unzutreffend, die Unzulässigkeit von Bildnispublikationen festgestellt. Vgl. nur Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 550. 383 BVerfGE 35, 202 (233 f.); OLG Koblenz NJW 1973, 251 (253); OLG Hamburg ZUM 1995, 336 (338); Lampe NJW 1973, 217 (220 f.); vgl. auch Staudinger II/Hager, § 823 RN C 226 m.w. N.; Soehring, Das Recht der journalistischen Praxis, RN 13.108. Deshalb fordert Lampe NJW 1973, 217 (217 f.) den Gesetzgeber auf, für klare Regelungen zu sorgen. 384 Bei verurteilten Personen ist dies besonders einleuchtend, wird doch die Resozialisierung erheblich gefährdet. Vgl. Fechner, Medienrecht, RN 246; Berka, Medienfreiheit und Persönlichkeitsschutz, S. 364; Rüping FS-Dünnebier, S. 391 (404). Dennoch wird gelegentlich bei Straftaten von historischer Bedeutung eine zeitlich unbegrenzte Bildnispublikation für zulässig erachtet; so wohl Engau, Personen der

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lichkeitsrechts. Wo aber die zeitliche Grenze liegt, wird uneinheitlich beantwortet. So wird für eine Frist von sechs Monaten beziehungsweise für eine gestufte Fristenskala plädiert.385 Neuerdings wird im Hinblick auf Verurteilte Personen jedoch das Gesetz genutzt und auf das Bundeszentralregistergesetz abgestellt, das festlegt, wann Straftaten aus dem Bundeszentralregister gelöscht werden.386 Die §§ 46 Abs. 1, 51 Abs. 1 BZRG sind nämlich gerade Regelungen, die der Resozialisierung des Straftäters dienen.387 Vor allem das Verwertungsverbot des § 51 Abs. 1 BZRG388 ist von Bedeutung. Auf diese Problematik braucht hier allerdings nicht näher eingegangen werden389, denn die bildnisverwendenden Gerichtsberichterstattungen, um die es im Rahmen dieser Arbeit geht, werden regelmäßig in zeitlich nahem Anschluss an die Strafverfahren gesendet. Diesbezüglich aber wird zu recht nicht angezweifelt, dass entsprechende Aufnahmen noch publiziert werden dürfen. Damit also können nur in den beschriebenen Ausnahmefällen Bildnisse von Angeklagten und Verurteilten nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG veröffentlicht werden. bb) Versammlung, Aufzug oder ähnliche Veranstaltung nach § 23 Abs. 1 Nr. 3 KUG Gerichtliche Strafverfahren könnten aber unter § 23 Abs. 1 Nr. 3 KUG fallen, was zur Folge hätte, dass vom Grundsatz des § 22 S. 1 KUG abgewichen werden kann. Dafür müsste es sich bei den personenbezogenen Aufnahmen um Bilder von Versammlungen, Aufzügen oder ähnlichen Veranstaltungen handeln. Von der Norm sind grundsätzlich alle Arten von Veranstaltungen erfasst.390 Das Problem liegt hier darin, § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG von § 23 Abs. 1 Nr. 3 KUG abzugrenzen. Letzterer soll den Bildnisschutz für Veranstaltungen einschränken, bei denen der Einzelne sich nicht aus der Menge heraushebt.391 Daher ist nach Zeitgeschichte, S. 558 („. . . der Mörder des US-Präsidenten Kennedy, der Kanzleramtsspion Guilleaume . . .“). 385 Andere Wege schlagen zum Beispiel Lampe NJW 1973, 213 (221 f.) – sechs Monate nach Rechtskraft des Urteils – und von Becker, Massenmedien, S. 245 ff. – Festlegung einer abgestuften Fristenskala bezüglich Urteilsspruch – vor; vgl. dazu ausführlich Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 561 ff. 386 BVerfG NJW 1993, 1463 (1464); OLG Frankfurt NJW 1976, 1410 (1410); Wenzel/Burkhardt, Wort- und Bildberichterstattung, § 10 RN 203; Hager Jura 1995, 566 (569). 387 Götz/Tolzmann, BZRG, Einl. RNn. 2 ff.; Rebmann/Uhlig, BZRG, RN 60. 388 „Ist die Eintragung über eine Verurteilung im Register getilgt worden oder ist sie zu tilgen, so dürfen die Tat und die Verurteilung dem Betroffenen im Rechtsverkehr nicht mehr vorgehalten und nicht zu seinem Nachteil verwertet werden“. 389 Zu Problemkonstellationen bei zeitlichen Grenzen einer „freien“ Bildnispublikation Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 551 ff. 390 Schricker/Götting, UrhG, § 60/§ 23 KUG RN 52; Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 167.

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Sinn und Zweck der Norm auszulegen. Zu klären ist, ob Gegenstand der Abbildung das Geschehen (Nr. 3) oder eine bestimmte Person (Nr. 1) ist.392 Damit § 23 Abs. 1 Nr. 3 KUG einschlägig ist, dürfen weder Einzelpersonen noch Personen kleinerer Gruppen in ihrer Individualität wiedergegeben werden.393 Der Einzelne darf sich also nicht aus der Menge hervorheben. Im Hinblick auf Gerichtsberichterstattungen muss differenziert werden. In aller Regel werden konkret personenbezogene Aufnahmen publiziert, welche die Individualität der jeweiligen Personen wiedergeben. Diese Aufnahmen sind von § 23 Abs. 1 Nr. 3 KUG nicht erfasst. Anderes gilt für Aufnahmen aus einer Totalen. Gerade in Strafverfahren von öffentlichem (Sensations-)Interesse sind hohe Zuschauerzahlen in den Gerichtssälen keine Seltenheit. Die größeren Sitzungssäle in den deutschen Strafgerichten fassen weit mehr als 100 Zuschauer und Zuhörer. Aufnahmen des Publikums, aber auch der Verfahrensbeteiligten aus gebührendem Abstand können also durchaus unter Nr. 3 fallen. Derartige Aufnahmen lassen sich in Strafgerichtsberichterstattungen des Rundfunks finden. Um eine Ausnahme zu § 22 S. 1 KUG zu begründen, müssten gerichtliche Strafverfahren Veranstaltungen im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 3 KUG sein. Vereinzelt wird vertreten, die Zuschauer im Gerichtssaal seien als Versammlungsteilnehmer in den Kreis des § 23 Abs. 1 Nr. 3 KUG aufzunehmen. Strafverfahren wären im Hinblick auf die Besucher Versammlungen.394 Dabei aber wird eines übersehen. Unabhängig vom konkreten, hier zu Grunde zu legenden Versammlungsbegriff haben Versammlungen und Aufzüge ein wesentliches Merkmal gemeinsam. Sie sind hinsichtlich ihrer Teilnehmer durch einen gemeinsamen Zweck verbunden.395 Dieser ist als der Wille aufzufassen, etwas gemeinsam zu tun.396 Fehlt es an diesem Zweck, liegt weder eine Versammlung noch 391 Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 168; Bongartz, Das Recht am eigenen Bilde und seine Reform, S. 94; Prinz/Peters, Medienrecht, RN 872; Wiese FS-Hubmann, S. 481 (486). 392 OLG München ZUM 1997, 388 (391); OLG Köln NJW-RR 1995, 1175 (1175 f.); LG Köln NJW-RR 1995, 1175 (1175 f.); von Gamm, UrhG, Einf. RN 122; Schricker/Götting, UrhG, § 60/§ 23 KUG RN 52; Staudinger II/Hager, § 823 RN C 208; Wenzel/von Strobl-Alberg, Wort- und Bildberichterstattung, Kap. 8 RN 49; Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 167 f.; Wiese FS-Hubmann, S. 481 (486). 393 OLG Celle NJW 1979, 57 (58); von Gamm, UrhG, Einf. RN 122; Staudinger II/ Hager, § 823 RN C 208; Hubmann, Das Persönlichkeitsrecht, S. 301; ähnlich Gerstenberg UFITA 20 (1955), 295 (299); a. A. Schwerdtner, Persönlichkeitsrecht, S. 212; Wiese FS-Hubmann, S. 481 (487 f., 507); Finger GRUR 1908, 48 (57); Bussmann JR 1955, 202 (203 f.); Löffler NJW 1959, 1 (4); Siegert NJW 1963, 1953 (1955). 394 So Ernst ZUM 1996, 187 (191). 395 OLG München NJW 1988, 915 (916); Nicolini/Ahlberg/Gass, UrhG, § 60 Anh. § 23 KUG RN 24; Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 168. 396 OLG München NJW 1988, 915 (916); Nicolini/Ahlberg/Gass, UrhG, § 60 Anh. § 23 KUG RN 24; Wenzel/von Strobl-Alberg, Wort- und Bildberichterstattung, Kap. 8 RN 50; Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 168.

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ein Aufzug vor. Besucher des Gerichts und Publikum der Hauptverhandlung weisen die zu fordernde subjektive Verbundenheit nicht nur nicht mehrheitlich397, sondern überhaupt nicht auf.398 Damit bleibt, um Bildnispublikationen zu legitimieren, nur noch die Möglichkeit, eine ähnliche Veranstaltung im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 3 KUG anzunehmen. Abhängig ist die Einordnung der Strafverfahren als ähnliche Vorgänge399 vom Verständnis des Begriffs „ähnlich“. Teilweise wird der Begriff so weit verstanden, dass bei dieser Alternative auf den gemeinsamen Zweck zu verzichten sei. Danach sollen alle sonstigen Menschenansammlungen von einer gewissen Größe erfasst sein, solange der Einzelne nur Teil der Menge bleibt.400 Konsequenz dieser Sichtweise wäre es, nahezu alle Vorgänge in der Öffentlichkeit, jedenfalls soweit es um Menschenansammlungen geht, unter die Ausnahmevorschrift des § 23 Abs. 1 Nr. 3 KUG fallen zu lassen. Dies würde in nicht zu rechtfertigender Weise den Ausnahmecharakter des § 23 Abs. 1 KUG aushöhlen. Diesem zufolge gilt es gerade zu verhindern, dass jede Menschenmenge unter den § 23 Abs. 1 Nr. 3 KUG fällt.401 Mithin muss es auch bei dieser Alternative auf den gemeinsamen Zweck ankommen. Es ist gerade dieses subjektive Element, das die sonstigen Vorgänge den Versammlungen und Aufzügen ähnlich macht. Da dieses in Bezug auf Strafverfahren fehlt, ist keine Variante der Nr. 3 einschlägig. Es bleibt daher bei dem Einwilligungserfordernis des § 22 S. 1 KUG.402 c) Interessenabwägung nach § 23 Abs. 2 KUG In aller Regel greift § 23 Abs. 1 KUG also nicht. Die beschriebenen Ausnahmefälle, in denen Besucher des Sitzungsbereiches sowie Richter und Staatsanwälte zu relativen Personen der Zeitgeschichte werden, sollen hier, da an deutschen Strafgerichten sehr selten, nicht weiter interessieren. Vielmehr sollen die 397 Darauf stellt Wenzel/von Strobl-Alberg, Wort- und Bildberichterstattung, Kap. 8 RN 50 ab, der es eben nicht für erforderlich hält, dass alle Teilnehmer das subjektive Merkmal aufweisen; ebenso OLG München NJW 1988, 915 (916). 398 A. A. Kuß, Öffentlichkeitsmaxime, S. 212. 399 Umstritten, hier aber ohne Relevanz ist, ob sämtliche von § 23 Abs. 1 Nr. 3 KUG erfassten Veranstaltungen öffentlich sein müssen. Ablehnend z. B. LG Köln NJW-RR 1995, 1175 (1175); von Gamm, UrhG, Einf. RN 122; Nicolini/Ahlberg/Gass, UrhG, § 60 Anh. § 23 KUG RN 29; Wenzel/von Strobl-Alberg, Wort- und Bildberichterstattung, Kap. 8 RN 49; bejahend z. B. Schricker/Götting, UrhG, § 60/§ 23 KUG RN 52; Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 166 f.; Wiese FS-Hubmann, S. 481 (487). 400 Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 168. 401 So auch OLG München NJW 1988, 915 (916); Nicolini/Ahlberg/Gass, UrhG, § 60 Anh. § 23 KUG RN 24; Wenzel/von Strobl-Alberg, Wort- und Bildberichterstattung, Kap. 8 RN 50. 402 Davon geht ohne Begründung auch Franke, Bildberichterstattung, S. 89 aus.

I. Die Persönlichkeitsrechte

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Fälle betrachtet werden, in denen Angeklagte und Verurteilte als Personen der Zeitgeschichte zu qualifizieren sind. Die Eigenschaft einer Person als zeitgeschichtlich bedeutsam beinhaltet also noch nicht das unbeschränkte Recht, ihr Bildnis zu veröffentlichen. Mit Hilfe dieser Norm kann auf den jeweiligen Einzelfall Rücksicht genommen werden.403 § 23 Abs. 2 KUG zufolge darf, wenn anderenfalls berechtigte Interessen des Abgebildeten verletzt würden, das Bildnis trotz Eingreifens des § 23 Abs. 1 KUG nicht veröffentlicht werden. Es wird also zum Grundsatz des § 22 S. 1 KUG zurückgekehrt. Ob berechtigte Interessen beeinträchtigt werden oder nicht, hängt vom Ausgang der Abwägung ab.404 Diese dient dazu, das Spannungsverhältnis zwischen den Interessen der Allgemeinheit und denen des Abgebildeten aufzulösen.405 § 23 Abs. 2 KUG ist allerdings nur in einer Hinsicht eindeutig, nämlich dahingehend, dass eine Abwägung durchzuführen ist. Wie diese vorzunehmen ist, wird nicht geregelt. aa) Einzustellende Interessen Unklar ist zunächst, welche Interessen in die Abwägung einzubeziehen sind. Eine Vielzahl sowohl materieller als auch ideeller Belange kommt in Betracht.406 Weder aus dem Gesetzestext noch aus den Motiven der Regelung wird sichtbar, welche Interessen im Rahmen des § 23 Abs. 2 KUG eine Rolle spielen sollen. Insbesondere ist fraglich, was unter berechtigten Interessen zu verstehen ist. Die Belange, die denen des Abgebildeten gegenüber zu stellen sind, lassen sich aus der Systematik des § 23 KUG ablesen. Ausgangspunkt ist die Erkenntnis, dass sich § 23 Abs. 2 KUG auf die Varianten und so auf die Interessen des § 23 Abs. 1 KUG bezieht. Geht es wie hier um Personen der Zeitgeschichte, können den berechtigten Interessen des Abgebildeten deshalb nur diejenigen Interessen entgegengesetzt werden, die für § 23 Abs. 1 Nr. 1 403 BGH NJW 1994, 124 (125); OLG Hamburg ZUM 1991, 550 (551); Nicolini/ Ahlberg/Gass, UrhG, § 60 Anh. § 23 KUG RN 34; Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 453; Müller, Bildnisveröffentlichung, S. 100, 102; Adomeit JZ 1970, 495 (499 insb. FN 26a). 404 Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 179; Neben, Personenberichterstattung, S. 211 FN 533; Kuß, Öffentlichkeitsmaxime, S. 182 f.; a. A. Schmidt, Justiz und Publizistik, S. 33; Schmidt FS-Schmidt, S. 338 (350), wonach im Rahmen des § 23 Abs. 2 KUG keine Interessenabwägung vorzunehmen sei. 405 BVerfGE 34, 269 (282); 35, 202 (221); BGHZ 128, 1 (10); BGH NJW 1974, 1947 (1948 f.); BGH NJW 1979, 2203 (2204 f.); BGH AfP 1997, 475 (476); BGH NJW 1996, 1128 (1129); Wenzel/von Strobl-Alberg, Wort- und Bildberichterstattung, Kap. 8 RN 55; Neben, Personenberichterstattung, S. 211. 406 RGZ 74, 308 (312 f.); KG GRUR 1952, 533 (533 f.); KG UFITA 20 (1955), 199 (206 f.); Erman I/Ehmann, Anh § 12 RNn 478 ff.; Hubmann, Das Persönlichkeitsrecht, S. 301; Zielemann, Tatverdächtige, S. 20; Müller, Bildnisveröffentlichung, S. 100; Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 452 f.; Finger GRUR 1908, 48 (58); Wandrey UFITA 5 (1932), 359 (361); Werhahn UFITA 37 (1962), 22 (31); NeumannDuesberg GRUR 1954, 45 (48).

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G. Die Kriterien der Interessenabwägung

KUG von Bedeutung sind407, also lediglich bildnisbezogene Informationsinteressen der Allgemeinheit. Sobald dem Informationsinteresse weitere Interessen zur Seite gestellt würden, könnte § 23 Abs. 2 KUG seine Funktion als einzelfallbezogenes Korrektiv zu § 23 Abs. 1 KUG nicht mehr erfüllen. Dem Interesse des Abgebildeten vor einem übermäßigen Zugriff der Öffentlichkeit soll Rechnung getragen werden408, nicht aber den diesem Belang gegenüberstehenden Interessen. Die Interessen der Rundfunkanbieter an der Bildnisveröffentlichung spielen daher keine Rolle. Schwieriger gestaltet sich die Klärung, was unter den berechtigten Interessen des Abgebildeten zu verstehen ist. Das Gesetz selbst trifft keine diesbezüglichen Aussagen, weshalb die Ansichten zur Weite der berechtigten Interessen auseinander gehen. Während einige, gestützt auf den persönlichkeitsrechtsorientierten Schutzzweck des § 23 Abs. 2 KUG409, eine Abwägung nur zwischen Persönlichkeitsrecht des Abgebildeten und öffentlichem Informationsinteresse vornehmen410, wollen andere nahezu alle Interessen des Abgebildeten berücksichtigen, da sowohl Gesetzeswortlaut als auch Gesetzesbegründung keine Aussagen dahingehend enthalten, dass der Begriff der berechtigten Interessen in irgendeiner Form eingegrenzt ist.411 Die vorzugswürdige Lösung liegt zwischen diesen Ansichten. § 23 Abs. 2 KUG führt zum Grundsatz des § 22 S. 1 KUG zurück und erhält den bestehenden Persönlichkeitsschutz. Auch § 23 Abs. 2 KUG knüpft so an das Persönlichkeitsrecht des Abgebildeten an. Auf Grund dessen und des indifferenten Wortlautes muss eine Interessenbegrenzung insoweit unterbleiben, als dass eine Beeinträchtigung gerade dieser Interessen von der Allgemeinheit als eine Persönlichkeitsverletzung angesehen würde.412 Das ist dann auch der Grund, weshalb wirtschaftliche Interessen der Abgebildeten, etwa an einer Gewinnbeteiligung bezüglich der Bildnisveröffentlichung, keine Rolle spielen können.413

407 BGH GRUR 1962, 211 (211); OLG Hamburg NJW-RR 1995, 790 (791); von Gamm, UrhG, Einf. RN 113. 408 BGH GRUR 1957, 494 (497); Schricker/Götting, UrhG, § 60/§ 23 KUG RN 33. 409 Franke, Bildberichterstattung, S. 103 spricht von § 23 Abs. 2 KUG als ein „. . . persönlichkeitsrechtliches Korrektiv . . .“. 410 LG Berlin GRUR 1960, 40 (41); MK BGB I (3. Aufl.)/Schwerdtner, § 12 RN 173; Nicolini/Ahlberg/Gass, UrhG, § 60 Anh. § 23 KUG RN 34; Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 453. 411 Schricker/Götting, UrhG, § 60/§ 23 KUG RNn 33 ff.; Müller, Bildnisveröffentlichung, S. 65 f.; Hubmann, Das Persönlichkeitsrecht, S. 301 f.; Neumann-Duesberg JZ 1971, 305 (307); Neumann-Duiesberg JZ 1973, 261 (263). 412 Zu diesbezüglichen Beispielen z. B. bei Schricker/Götting, UrhG, § 60/§ 23 KUG RNn 34 ff. und Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 453 ff. 413 Im Ergebnis auch KG GRUR 1952, 533 (533 f.); Hubmann, Das Persönlichkeitsrecht, S. 302; Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 452; a. A. Franke, Bildberichterstattung, S. 105.

I. Die Persönlichkeitsrechte

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Die Abwägung hat also zwischen dem Informationsinteresse der Allgemeinheit und dem weit zu verstehenden Persönlichkeitsrecht des Abgebildeten aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG zu erfolgen.414 Da § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG für Bildnisse von Personen der Zeitgeschichte den Regelfall und so das Überwiegen des öffentlichen Informationsinteresses statuiert415, müssen die berechtigten Interessen auf Seiten des Abgebildeten über das normale Maß der gegen eine Bildnispublikation gerichteten Interessen hinausgehen.416 Anderenfalls würde die gesetzgeberische Entscheidung zu Lasten des Persönlichkeitsrechts missachtet.417 Zu fragen ist deshalb, ob Angeklagten oder Verurteilten derartige Interessen zuzusprechen sind. Auf Grund der besonderen Sensibilität der Materie, die mit Berichterstattungen über Strafverfahren betroffen ist, ist dies in aller Regel anzunehmen. Sämtliche von den publizierten Bild414 BGH NJW 1985, 1617 (1618); BGH NJW 1997, 1152 (1153); Nicolini/Ahlberg/Gass, UrhG, § 60 Anh. § 23 KUG RN 34; von Gamm, UrhG, Einf. RN 113; Staudinger II/Hager, § 823 RN C 208; MK BGB I (3. Aufl.)/Schwerdtner, § 12 RN 178; Müller, Bildnisveröffentlichung, S. 98; Pieroth, in: Recht der Persönlichkeit, S. 249 (264); a. A. Müller, Bildnisveröffentlichung, S. 101. 415 von Gamm, UrhG, Einf. RN 113 stellt dem gegenüber hinsichtlich der Vorrangwirkung auf einen Vorrang der Interessen des Abbildenden ab. Um diese geht es bei § 23 Abs. 1 KUG aber nicht, sondern nur um die der Allgemeinheit. 416 Eine Sonderstellung nimmt dabei der Privatbereich ein. Dieser ist so eng mit dem Kernbereich der Persönlichkeit eines Menschen verwoben, dass ein legitimes Interesse der Öffentlichkeit an der Veröffentlichung so gut wie nie die Interessen des Betroffenen an der Wahrung seiner Persönlichkeit überwiegen kann. [a. A. Rehbinder, Urheberrecht, RN 859; ähnlich LG Berlin GRUR 1959, 492 (493)] Durch die Regelung des § 23 Abs. 2 KUG „. . . soll . . . verhütet werden, dass die Vorgänge des persönlichen, häuslichen und Familienlebens an die Öffentlichkeit gezogen werden . . .“ (Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstages, 11. Legislaturperiode, II. Session 1905/1906, 2. Anlageband, Drucks. Nr. 30, S. 1541). Dem tritt Art. 1 Abs. 1 GG zur Seite, der einen absolut geschützten Kernbereich der Persönlichkeit, eben die Privatsphäre, bewirkt. Für diesen Bereich ist daher vom grundsätzlichen Vorrang des Persönlichkeitsrechts auszugehen. [Staudinger II/Hager, § 823 RNn C 221 f.; Erman I/Ehmann, Anh § 12 RN 472; Franke, Bildberichterstattung, S. 92; Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 145 f.; Müller, Bildnisveröffentlichung, S. 99; Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S. 32; Pieroth, in: Recht der Persönlichkeit, S. 249 (265); Nipperdey UFITA 30 (1960), 1 (11); Koebel UFITA 38 (1962), 1 (10); Engels/Schulz AfP 1998, 574 (578); in diese Richtung auch Marxen GA 1980, 365 (371)] Nur in ganz besonderen Fällen, etwa dann, wenn das Privatleben unmittelbar mit der zeitgeschichtlichen Stellung des Betroffenen zusammenhängt und für die Allgemeinheit so bedeutsam ist, dass das Ausbleiben der Veröffentlichung einer fehlerhaften Darstellung der Person entspräche, kann von diesem Grundsatz abgewichen werden. [vgl. BGH GRUR 1965, 256 (258); BGH JZ 1965, 411 (413); BGH NJW 1981, 1366 (1367); BGH AfP 1996, 140 (142); BGH NJW 1996, 1128 (1129); LG Oldenburg NJW 1987, 1419 (1419); Erman I/Ehmann, Anh § 12 RN 480; Schricker/Götting, UrhG, § 60/ § 23 KUG RNn 82 ff.; Neben, Personenberichterstattung, S. 220; Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 161, 164, 445 f.; Wenzel/von Strobl-Alberg, Wort- und Bildberichterstattung, Kap. 8 RN 57 f.; Kohl FS-Löffler, S. 127 (133); Koebel JZ 1965, 413 (414); Lampe NJW 1973, 217 (219); Frömming/Peters NJW 1996, 958 (960); etwas weiter Hubmann JZ 1957, 521 (527)]. 417 von Gamm, UrhG, Einf. RN 113.

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G. Die Kriterien der Interessenabwägung

aufnahmen ausgehenden Gefahren418 basieren, soweit sie Angeklagte und Verurteilte betreffen, auf der aufgehobenen Anonymität. Beispielhaft seien nur die Prangerwirkungen und Stigmatisierungen genannt.419 Angeklagte und Verurteilte haben daher ein wesentliches Interesse an der Anonymitätswahrung. Dieses Interesse ist es dann auch, das den erforderlichen Grad des „Normalen“ überschreitet. Es geht nicht nur um die aufgehobene Anonymität, sondern um die mit der Bekanntheit verbundenen Gefährdungen. Nach Neben420 kann ein berücksichtigungsfähiges Anonymitätsinteresse von absoluten Personen der Zeitgeschichte allerdings logisch zwingend nicht anerkannt werden. Er begründet das mit der schon bestehenden Bekanntheit der jeweiligen Person. Dabei wird verkannt, dass die Eigenschaft einer Person als absolut zeitgeschichtlich die Bekanntheit der Person nicht verlangt. Ansonsten hätten die Medien es in der Hand, durch öffentlichkeitswirksame Erstveröffentlichungen für einen das Anonymitätsinteresse ausschließenden Bekanntheitsgrad zu sorgen.421 Aus dem gleichen Grund kann auch einer relativen Person der Zeitgeschichte kein berechtigtes Interesse deshalb abgesprochen werden, weil sie übermäßig bekannt ist.422 Neben ist in Bezug auf die absoluten Personen der Zeitgeschichte weiter entgegenzuhalten, dass § 23 Abs. 2 KUG diesbezüglich jede Bedeutung verlöre. Die inhaltlich nicht differenzierende Norm aber soll ein Korrektiv für sämtliche Fälle des § 23 Abs. 1 KUG sein, also auch für Personen mit absolut zeitgeschichtlicher Bedeutung. Zwischen absoluten und relativen Personen ist, was den Bestand des Anonymitätsinteresses im Hinblick auf die Strafverfahren angeht, also nicht zu unterscheiden. Vielmehr schlägt sich die Differenzierung in relative und absolute Personen der Zeitgeschichte im Rahmen der Interessengewichtungen nieder. Ein weiteres berechtigtes Interesse daran, dass die Bildnisse nicht veröffentlicht werden, ist anzuerkennen, wenn bereits die von der Publikation zu trennende Anfertigung der Bildaufnahmen rechtswidrig erfolgte.423 Die rechtswidrige Herstellung der Bildnisse zu verbieten liefe weitgehend leer und wäre so ein „. . . stumpfes Schwert . . .“424, wenn dem Publizierenden zwar die Anferti-

418

Dazu unten G. II. 1. Vgl. dazu zum Beispiel OLG Braunschweig NJW 1975, 651 (651 f.); Olizeg, Hausrecht, S. 212; Geerds FS-Oehler, S. 423 (430); Kühl FS-Hubmann, S. 241 (241 f.); Hager Jura 1995, 566 (569). 420 Neben, Personenberichterstattung, S. 230 f. 421 Neben, Personenberichterstattung, S. 231 will dieses Problem auf dem unnötig komplizierten Wege der Rechtsmissbräuchlichkeit lösen. Eine rechtswidrige Erstveröffentlichung ließe das bestehende Anonymitätsinteresse unberührt. 422 So aber Neben, Personenberichterstattung, S. 230 f. 423 Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 189; Prinz/Peters, Medienrecht, RN 881; zustimmend Neben, Personenberichterstattung, S. 225. 424 Neben, Personenberichterstattung, S. 225. 419

I. Die Persönlichkeitsrechte

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gung der Aufnahme untersagt, er im Falle eines Verstoßes jedoch nicht an der Verbreitung der Aufnahmen gehindert würde. Da sich hierdurch nichts am Erfordernis der Abwägung ändert, kann sich im Einzelfall auch das öffentliche Informationsinteresse durchsetzen. Damit ist die rechtswidrige Herstellung der Bildnisse nur einer von mehreren Abwägungspunkten im Rahmen des § 23 Abs. 2 KUG. In aller Regel werden Bildaufnahmen der Angeklagten und Verurteilten, da entsprechende Einwilligungen regelmäßig nicht vorliegen, rechtswidrig angefertigt.425 Das hieraus folgende, als berechtigt einzustufende Interesse weisen dann sämtliche angeklagten und verurteilten Personen der Zeitgeschichte auf. bb) Gewichtung der relevanten Interessen Fest steht damit, dass berechtigte Interessen bei allen Angeklagten und Verurteilten gegeben sind. Ob sich diese gegen das Informationsinteresse der Allgemeinheit durchsetzen, ist eine andere Frage, der es nun im Wege der Abwägung nachzugehen gilt. Von wesentlicher Bedeutung für jede Abwägung, so auch für die hier vorzunehmende, ist es, die beteiligten Interessen zu gewichten426, was anhand von wertenden Betrachtungen vorzunehmen ist.427 Das Gewicht beziehungsweise der Wert der geschützten Interessen ist für jeden Einzelfall428 objektiv an den individuellen Verhältnissen des jeweils Betroffenen auszurichten.429 Dennoch sollen Gewichtung und Abwägung im engeren Sinn hier in abstrakter Form dargestellt werden. Ihre Rechtfertigung findet eine solche Darstellungsform darin, dass die Interessenlage auf Seiten der Allgemeinheit genauso wie auf Seiten der Angeklagten und Verurteilten in den allermeisten Fällen nahezu identisch ist. Die Interessen sind danach zu gewichten, wie intensiv Eingriffe in die jeweiligen Positionen sind.430 Das Gewicht der Interessen der Abgebildeten ist also direkt an den Grad der drohenden Gefahren gekoppelt.431 Wenn es darum geht die Intensität des Eingriffs in den Persönlichkeitsbereich der abgebildeten Angeklagten und Verurteilten zu bestimmen, wäre eine Beschränkung des Blickes auf das bloße Bildnis zu kurz gegriffen. Es ist nur sel425

Hierzu OLG Hamburg AfP 2005, 73 (74 f.). Dazu ausführlich Neben, Personenberichterstattung, S. 257 ff. 427 So auch Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 126. 428 Vgl. Müller, Bildnisveröffentlichung, S. 101 f. 429 Zielemann, Tatverdächtige, S. 61. 430 Franke, Bildberichterstattung, S. 105; ähnlich BVerfG NJW 1998, 2889 (2891); Wenzel/von Strobl-Alberg, Wort- und Bildberichterstattung, Kap. 8 RN 85; Neben, Personenberichterstattung, S. 226, 257 ff. 431 In diese Richtung BVerfG NJW 2000, 2890 (2890 f.); Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 133. 426

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ten allein das Bildnis, das berechtigte Interessen des Abgebildeten verletzt.432 Häufig ist es auch die Verbindung von Bildnis und Kommentierung, die zur relevanten Rechtsbeeinträchtigung führt.433 Um diese Fälle zu erfassen, ist es notwendig, im Rahmen von § 23 Abs. 2 KUG eine Gesamtbetrachtung durchzuführen.434 Denn es sind auch Fälle denkbar, in denen einerseits das isoliert betrachtete Bildnis und andererseits der isoliert betrachtete Kommentar als rechtlich unbedenklich erscheinen, während beide Aspekte zusammen die Grenzen des Zulässigen überschreiten. Zu Recht werden deshalb auch die Begleitumstände der Bildnispublikationen in die Betrachtungen einbezogen.435 Zu Gunsten einer aktuellen Berichterstattung wird seit geraumer Zeit vielfach dem Informationsinteresse das größere Gewicht zugestanden. Diese Sicht vertritt auch das Bundesverfassungsgericht.436 Derjenige, so stellte das Gericht im „Lebach-Urteil“ fest, der den Rechtsfrieden bricht, müsse nicht nur die strafrechtlichen Sanktionen in Kauf nehmen. Geduldet werden müsse auch, dass das durch die Tat erregte Informationsinteresse der Öffentlichkeit auf dem üblichen Wege, also mittels Bildnisveröffentlichungen, befriedigt wird.437 Die häufig eingeräumte Privilegierung aktueller Berichterstattungen und so des öffentlichen Informationsinteresses wird kaum näher begründet.438 Das verwundert deshalb nicht, weil es keine tragfähige Begründung gibt. Auf den Bruch des Rechtsfriedens jedenfalls kann solange nicht abgestellt werden, wie dieser nicht nachgewiesen ist.439 Hinsichtlich der Angeklagten ist das, vor allem in Anbetracht der Unschuldsvermutung, immer der Fall, da das Urteil noch aussteht. Wer also auf den Rechtsbruch abstellt, müsste jede Publikation von Bildnissen des Angeklagten als unzulässig ablehnen. Das aber stünde im Widerspruch zur ergebnisoffenen Struktur des § 23 Abs. 2 KUG. Ein bestehendes Informationsinteresse der 432 Arzt, Der strafrechtliche Schutz der Intimsphäre, 67; Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 176 f.; vgl. die Beispiele für derartige Kombinationen bei Wenzel/ von Strobl-Alberg, Wort- und Bildberichterstattung, Kap. 8 RNn 79 ff. 433 Vgl. die Beispiele bei Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 177. 434 Für die Beibehaltung der Gesamtbetrachtung auch Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 179. 435 BGHZ 24 200 (209); BGH NJW 1965, 1374 (1374); von Gamm, UrhG, Einf. RN 120; Schricker/Götting, UrhG, § 60/§ 23 KUG RN 75; Arzt, Der strafrechtliche Schutz der Intimsphäre, 48 f.; Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 176; Neben, Personenberichterstattung, S. 229 f.; Wenzel/von Strobl-Alberg, Wort- und Bildberichterstattung, Kap. 8 RN 55. 436 BVerfGE 35, 202 (231 f.), wobei es sich auf Straftaten bezog. Auf Strafverfahren ist diese Rechtsprechung jedoch übertragbar. Zustimmend Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 114. 437 Ebenso LR VII/Wickern, Vor § 169 GVG RN 19 und wohl auch Fechner/Popp AfP 2006, 213 (215). 438 Vgl. Zielemann, Tatverdächtige, S. 95. 439 Zielemann, Tatverdächtige, S. 95; in diese Richtung auch Franke, Bildberichterstattung, S. 122.

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Öffentlichkeit wurde im Rahmen des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG nachgewiesen, kann also nicht vernachlässigt werden. Außerdem hat der Gesetzgeber die aktuelle Berichterstattung schon mittels § 23 Abs. 1 KUG privilegiert. Ist die Nr. 1 verwirklicht, gebührt dem Informationsinteresse der grundsätzliche Vorrang. Würde diese Erwägung erneut in § 23 Abs. 2 KUG eingeführt, würde die Systematik des § 23 KUG nicht beachtet. Aus diesem Grund können auch die berechtigten Interessen von verurteilten Straftätern nur sehr begrenzt abgewertet werden. Denn die in den Verfahren be- und verhandelten Straftaten entscheiden wesentlich mit, ob eine Person zur relativen Person der Zeitgeschichte wird oder nicht. Die Abwägung des § 23 Abs. 2 KUG kann keine doppelte Interessenabwertung begründen. Größere Unterscheidungen können zwischen angeklagten und verurteilten Personen also nicht vorgenommen werden. Das Interesse dieser Personen, gleichgültig ob relative oder absolute Personen der Zeitgeschichte, am Erhalt der Anonymität wiegt vor dem Hintergrund der von einer Publizierung ausgehenden, massiven Gefahren440 schwer. Dem Interesse, nicht durch Publikationen eines auf rechtswidrige Weise erlangten Bildnisses verletzt zu werden, kommt ebenfalls ein nicht zu unterschätzendes Gewicht zu. Dies scheint auch der Bundesgerichtshof441 so zu sehen. Er fordert ein überragendes Informationsinteresse, wenn es um die Veröffentlichung von Bildnissen geht, die erschlichen442 wurden. In abgemilderter Form ist aber auch für die sonstigen Fälle rechtswidriger Aufnahmeherstellung ein erhöhtes Informationsinteresse zu fordern. Der Einzelne muss darauf vertrauen können, dass das Verbot, Aufnahmen rechtswidrig anzufertigen, effektiv ausgestaltet und durchgesetzt wird. Im Hinblick auf den der Gewichtung der berechtigten Interessen zu Grunde zu legenden Grad der Gefahrenlage, was nichts anderes ist, als auf die jeweilige Schutzbedürftigkeit abzustellen, ist zu beachten, dass trotz aller Ähnlichkeiten nicht alle Fälle gleich behandelt werden können. In Bezug auf das Anonymitätsinteresse sei auf zweierlei hingewiesen. So ist zum einen zwischen Angeklagten und Verurteilten zu unterscheiden. Während Anknüpfungspunkt für die Berichterstattung über einen Verurteilten neben dem Strafverfahren auch die Verurteilung als solche ist, ist es bei Berichterstattungen über einen Angeklagten nur das Strafverfahren mit dem Tatverdacht. Der – möglicherweise unschuldige – Angeklagte hat daher ein höheres Interesse daran, nicht mit der Straftat in Verbindung gebracht zu werden. Zum anderen nehmen, wie schon angeris440

Vgl. G. II. 1. BGHZ 24, 200 (208). 442 Dazu BGH GRUR 1957, 494 (497); BGHZ 24, 200 (209); BGH NJW 1966, 2353 (2355); BGH NJW 1995, 1955 (1955); MK I (3. Aufl.)/Schwerdtner § 12 RN 164; Paschke, Medienrecht, RN 682; Bussmann GRUR 1957, 498 (498 f.); Reinhardt JZ 1959, 41 (44). Wesentliches Element ist der Vertrauensbruch. Vgl. Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 459. 441

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sen, jugendliche und heranwachsende Angeklagte und Verurteilte eine Sonderstellung ein. Diese Sonderstellung ist gesetzlich fixiert und lässt sich an den §§ 48 Abs. 1, 109 Abs. 1 S. 4 JGG ablesen, die im Erwachsenenstrafrecht nicht gelten. Ein wesentliches Argument für den Ausschluss der Öffentlichkeit ist es, Jugendliche und teilweise Heranwachsende vor öffentlichen Brandmarkungen zu bewahren.443 Das deshalb, weil die mit dieser Stigmatisierung verbundenen Folgen in diesen Altersbereichen ungleich stärkere Auswirkungen haben können. Insbesondere das Sozialisationsinteresse gilt es hier zu betonen. Wenn aber schon die unmittelbare Saalöffentlichkeit ausgeschlossen ist, um die Betroffenen vor Gefahren zu schützen, kann es hinsichtlich der viel weiteren Medienöffentlichkeit nicht anders sein. Es bestehen nahezu identische Gefährdungslagen. Auch außerhalb der strafgerichtlichen Hauptverhandlung, auf die sich die §§ 48 Abs. 1, 109 Abs. 1 S. 4 JGG beziehen, besteht die zu Grunde zu legende, enorme Schutzbedürftigkeit. Dieser muss über eine entsprechende Gewichtung der Interessen Rechnung getragen werden. Das Anonymitätsinteresse von Jugendlichen und Heranwachsenden wiegt deshalb wesentlich schwerer als bei Erwachsenen in einer vergleichbaren Situation.444 Nach dem Gesagten muss ein besonders gewichtiges Informationsinteresse der Allgemeinheit bestehen, um die Abwägung zu Lasten des Betroffenen ausgehen zu lassen.445 Ob ein solches existiert, muss jedoch bezweifelt werden. Gelegentlich wird das Gewicht des Informationsinteresses aus dem jeweiligen Informationswert des Bildnisses abgeleitet. Der Bundesgerichtshof führte aus, „. . . der Informationswert des abgebildeten Vorgangs spiele (im Rahmen von § 23 Abs. 2 KUG) eine erhebliche Rolle . . .“446. Die Ausrichtung der Rechtsprechung447 am Informationswert der Abbildung, um das Gewicht des öffentlichen Informationsinteresses zu bestimmen, erweist sich jedoch als untauglich. Weder ist ein Abstellen auf den Wert der Information notwendig, noch ist es im Lichte der Rechtssicherheit sinnvoll. Der Informationswert nämlich kann höchst unterschiedlich beurteilt werden.448 Für die Rechtmäßigkeit von Bildnisveröf443 Ostendorf, JGG, Grdl. Z. §§ 48–51 RN 3; Diemer/Schoreit/Sonnen/Schoreit, JGG, § 48 RN 1, § 109 RN 9; Eisenberg, JGG, § 48 RN 8; Ostendorf, Das Jugendstrafverfahren, RN 42; Kuß, Öffentlichkeitsmaxime, S. 93; Schaffstein/Beulke, Jugendstrafrecht, S. 255, 282; Böhm, Einführung in das Jugendstrafrecht, S. 73; Albrecht, Jugendstrafrecht, S. 368 f. 444 BVerfGE 35, 202 (232); Arzt, Der strafrechtliche Schutz der Intimsphäre, S. 115; Berka, Medienfreiheit und Persönlichkeitsschutz, S. 359; Zielemann, Tatverdächtige, S. 112; Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 417; Riklin/Höpfel, in: AE-StuM, S. 67 (71); Koebel JZ 1966, 389 (391); Koebel MDR 1972, 8 (10); Lampe NJW 1973, 217 (219). 445 Nicolini/Ahlberg/Gass, UrhG, § 60 Anh. § 23 KUG RN 35. 446 BGH AfP 1996, 140 (143). 447 Vgl. nur BGH NJW 1996, 593 (594); BGH AfP 1997, 475 (476); OLG Hamburg AfP 1995, 665 (667). 448 Vgl. die Argumentation bei Neben, Personenberichterstattung, S. 228, 269.

I. Die Persönlichkeitsrechte

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fentlichungen ist der Informationswert der Aufnahme daher kein geeignetes Abgrenzungskriterium. Diejenigen, die dies anders sehen, müssen auf Grund der nur begrenzt durch das Bildnis vermittelten Informationen449 zu dem Ergebnis gelangen, dass dem Informationsinteresse in den vorliegenden Fällen kein besonderes Gewicht zukommt. Richtiger ist es aber, das grundsätzlich nicht übermäßige Gewicht des öffentlichen Interesses daraus zu folgern, dass der Öffentlichkeit keine nennenswerten Einbußen drohen, falls auf die Aufnahmen verzichtet wird. Das gilt für relative und absolute Personen der Zeitgeschichte gleichermaßen. Lediglich die Wahl des Informationsmittels wird beschnitten.450 Engau451 geht bezüglich der Angeklagten noch einen Schritt weiter. Nach ihm hat die Bevölkerung überhaupt kein schutzwürdiges Interesse daran, zu erfahren, wer möglicherweise Täter eines Verbrechens ist. Damit misst er dem Informationsinteresse an den Bildnissen von Angeklagten nie ein nennenswertes Gewicht zu. Das entspricht jedoch nicht der Realität. Wenn die Hürde des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG in Form des öffentlichen Informationsinteresses genommen ist, kann dies im Rahmen des § 23 Abs. 2 KUG nicht wieder relativiert werden. Anstatt das öffentliche Interesse künstlich abzuwerten, sollten die Interessen des Angeklagten natürlich aufgewertet werden. Damit steht fest, dass die berechtigten Interessen der Angeklagten und Verurteilten in der Regel höher zu gewichten sind als das öffentliche Informationsinteresse. cc) Ergebnis der Abwägung Das Ergebnis der Interessenabwägung folgt aus dem Vergleich der gewichteten Interessen. Im Regelfall vermag das Informationsinteresse die berechtigten Interessen der Abgebildeten, die durch eine Publikation entsprechender Bildnisse beeinträchtigt würden, nicht zu überwiegen. § 23 Abs. 2 KUG greift im Hinblick auf Gerichtsberichterstattungen daher regelmäßig ein. Veröffentlichungen von Bildnissen der Angeklagten und Verurteilten können in der Mehrzahl der Fälle daher nicht legitimiert werden, verletzen folglich trotz der zeitgeschichtlichen Bedeutung der Personen das Recht am eigenen Bild. In diesen Fällen wird über § 23 Abs. 2 KUG zum Grundsatz des § 22 S. 1 KUG zurückgekehrt. Insbesondere gilt dies für die Fälle, in denen es um Jugendliche oder Heranwachsende geht. Hier sind kaum Ausnahmen denkbar. Allerdings gilt das gefundene Ergebnis eben nur für die Mehrzahl der Fälle. Einen absoluten Schutz über § 23 Abs. 2 KUG genießt keine Person der Zeitgeschichte.452 Eine 449

Vgl. F. II. Das sieht Zielemann, Tatverdächtige, S. 112 ebenso. 451 Darauf verweist auch Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 435. 452 Für Jugendliche und Heranwachsende vgl. Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 418. 450

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G. Die Kriterien der Interessenabwägung

andere Sicht liefe dem Charakter der Norm entgegen. Zu absolut ist daher die Ansicht Schmidts453, der das Informationsinteresse der Öffentlichkeit gegenüber den berechtigten Interessen des Einzelnen am Schutze der Persönlichkeit als „. . . ein lächerliches Nichts . . .“454 und so als generell nachrangig einstuft. Diese, wenn auch überspitzt formulierte Feststellung gilt zwar für die meisten, nicht aber für alle Fälle. In Ausnahmefällen kann es durchaus sein, dass dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit der Vorrang gebührt, es also gewichtiger einzustufen ist, als die berechtigten Interessen des Abgebildeten. Das Recht am eigenen Bild wird somit in aller Regel in dem Moment verletzt, in dem Bildnisse der Verfahrensbeteiligten oder der Zuschauer und Zuhörer veröffentlicht werden. § 23 Abs. 1 Nr. 3 KUG ist nie verwirklicht und § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG nur in seltenen Fällen. Hinsichtlich letzterem basiert dies vorrangig auf dem fehlenden bildnisbezogenen Informationsinteresse der Allgemeinheit. Ist dieses ausnahmsweise zu bejahen, bildet § 23 Abs. 2 KUG eine kaum überwindbare Hürde. Die berechtigten Interessen der Abgebildeten gehen auf Grund der besonderen Gefahrenlage und der häufig rechtswidrig angefertigten Aufnahmen in aller Regel, jedoch nicht immer, vor. Im Umfeld der strafgerichtlichen Hauptverhandlung angefertigte Bildnisaufnahmen dürfen damit nur in einem Bruchteil der Fälle frei publiziert werden.455 Hierzu steht die gegenwärtige Medienpraxis im Widerspruch. Ihr ist daher in den meisten Fällen vorzuwerfen, das Recht am eigenen Bild zu verletzen. 3. Das Recht am gesprochenen Wort Mit dem Recht am eigenen Bild eng verwandt ist das Recht am gesprochenen beziehungsweise eigenen Wort.456 Beide Bezeichnungen457 meinen das453

Schmidt FS-Schmidt, S. 338 (351). Schmidt FS-Schmidt, S. 338 (351). 455 So im Ergebnis auch Ernst ZUM 1996, 187 (191). 456 Dieses Recht wurde zuerst vom Bundesgerichtshof anerkannt. (BGHSt 10, 202 (205); BGHZ 27, 284 (286) = GRUR 1958, 615 (615); in BGHSt 14, 358 (359) dann erstmals die Bezeichnung als „. . . Recht des Menschen an seinem gesprochenen Wort . . .“; vgl. dazu von Münch/Kunig I/Kunig, Art. 2 RN 35 m.w. N.; Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 231; Bussmann GRUR 1958, 617) Die verfassungsrechtliche Verankerung des Rechts am gesprochenen Wort erfolgte erst später. (BVerfGE 34, 238 (246) = NJW 1973, 891) Grund für die Anerkennung dieses Rechts war der technische Fortschritt, der die Fixierung der Stimme auf Tonträger und das Erlauschen des gesprochenen Wortes immer einfacher und unauffälliger werden ließ (Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 230). 457 So wurde, um ein Beispiel zu nennen, in BVerfGE 54, 208 (217) = UFITA 89 (1981), 306 (312) vom „. . . Recht am eigenen Wort . . .“ gesprochen. Anders dann aber kurze Zeit später in BVerfGE 54, 148 (155) = UFITA 89 (1981), 317 (320), wo vom „. . . Recht am gesprochenen Wort . . .“ die Rede ist. Kurioser Weise ergingen beide Beschlüsse an einem Tag, nämlich am 30. Juni 1980. 454

I. Die Persönlichkeitsrechte

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selbe.458 Diese Ähnlichkeit sollte bei der Festlegung des Regelungsgehaltes berücksichtigt werden. Insofern umfasst auch das Recht am gesprochenen Wort nur die Verbreitung und Veröffentlichung der aufgenommenen Worte.459 Das Recht am gesprochenen Wort schützt insofern nur die Befugnis jedes Einzelnen, selbst darüber zu entscheiden, ob die gesprochenen Worte der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden sollen beziehungsweise dürfen oder nicht.460 Es kann daher nicht mit der auch auf die Herstellung bezogenen Befugnis zur Selbstbestimmung gleichgesetzt werden.461 Auf diese Weise werden, da die Rechte am eigenen Bild und am gesprochenen Wort denselben Bezugspunkt haben, die Rechtsklarheit und -sicherheit erhöht. Dies stellt keine fehlerträchtige Konkretisierung des Persönlichkeitsrechts462 dar. Eine weitere Konsequenz, die aus der Parallelität der beiden Rechte folgt, ist, dass das auf Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG fußende463 Recht am gesprochenen Wort als besonderes Persönlichkeitsrecht zu qualifizieren ist.464 Das Recht am eigenen Wort führt im Vergleich zum Recht am eigenen Bild ein Schattendasein sowohl in der Rechtsprechung als auch in der Literatur. Hierfür lassen sich zwei Gründe finden. Einerseits hat das Recht am gesprochenen Wort keinen spezialgesetzlichen Niederschlag gefunden.465 Andererseits ist

458

Dazu im Detail Glaus, Das Recht am eigenen Wort, S. 85 ff. So auch Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 235. Auch die Veröffentlichung der Tonaufnahmen im Wortlaut oder ihrem wesentlichen Inhalt nach ist ebenfalls grundsätzlich untersagt. Der personale Charakter solcher Aufzeichnungen ist in diesen Fällen kaum geringer als bei einer Tonbandaufnahme. Vgl. BGHZ 73, 120 (123 f.); Staudinger II/Hager, § 823 RN C 163. 460 So auch Fechner, Medienrecht, RN 205 und wohl auch Ahrens, Persönlichkeitsrecht, RN 35. 461 Deshalb zu weit BVerfGE 34, 238 (246); BGHZ 27, 284 (286); BGHSt 31, 296 (299); Erman/Ehmann, Anh § 12 RN 594; Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 236, 263; Wente, Das Recht der journalistischen Recherche, S. 89; Prinz/Peters, Medienrecht, RN 111; Herrmann, Rundfunkrecht, § 25 RNn 86 ff.; Britz, Fernsehaufnahmen, S. 241; Nipperdey UFITA 30 (1960), 1 (12). 462 So Erman/Ehmann, Anh § 12 RN 595. 463 BVerfGE 34, 238 (246) = NJW 1973, 891; bestätigend BVerfGE 35, 202 (220); 54, 148 (154); 54, 208 (217) = NJW 1980, 2072 (2072); 82, 236 (269); BVerfGE 34, 238 (246 f.); BVerfG NJW 1992, 815 (815); BVerfG NJW 2002, 3619 (3621); Erman I/Ehmann, Anh § 12 RN 594; HStR I/Häberle, § 20 RN 22; Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht, RN 49; Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 229; Kuß, Öffentlichkeitsmaxime, S. 151; Jahns, Verletzung von Persönlichkeitsrechten, S. 43; Gronau, Persönlichkeitsrecht und Medienfreiheit, S. 201; Weitnauer NJW 1959, 313 (317); Siegert NJW 1963, 1953 (1957); Bussmann UFITA 40 (1963), 21 (36); Neumann-Duesberg VersR 1991, 957 (960); Degenhart JuS 1992, 361 (361 f.). 464 So ausdrücklich auch Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 234, der allerdings nicht auf die Parallelität der Rechte abstellt. 465 Einer analogen Anwendung der §§ 22 ff. KUG [so wohl Jahns, Verletzung von Persönlichkeitsrechten, S. 45; Lausen ZUM 1997, 86 (90)] steht der im Wortlaut der Normen klar zum Ausdruck kommende Wille des Gesetzgebers entgegen. Einzig Bild459

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G. Die Kriterien der Interessenabwägung

die Behandlung der personenbezogenen Bildaufnahmen und so das Recht am eigenen Bild wesentlich praxisrelevanter als Tonaufnahmen aus dem Sitzungsbereich, da letztere nur äußerst selten (separat) angefertigt werden.466 Daher können die folgenden Ausführungen knapp gehalten werden. Anknüpfungspunkt ist hier die menschliche Stimme als persönliches Gut.467 Deren Reichweite ist zeitlich und räumlich begrenzt. Das tägliche Leben und Verhältnis zueinander baut zu einem erheblichen Teil auf diesen Grenzen auf.468 Die gesprochenen Worte sind regelmäßig nicht für eine unbestimmte Vielzahl von Zuhören gedacht. Werden die Tonaufnahmen publiziert, besteht die Möglichkeit, genau diese Grenzen zu überschreiten. Die Unbefangenheit des Sprechenden, die eine wesentliche Voraussetzung der täglichen Kommunikation ist, muss geschützt werden.469 Dem dient das Recht am gesprochenen Wort als besonderer Teil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts.470 Dessen Struktur471 entsprechend ist aber nicht jede Publikation der gesprochenen Worte als rechtswidrig einzustufen. a) Auswirkung des § 201 StGB Da es an einer Rechtsgrundlage fehlt, ist grundsätzlich auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht zurückzugreifen. Eine einfachgesetzliche Ausgestaltung findet sich allerdings in § 201 StGB.472 Fraglich ist hier, ob diese Norm das zivilrechtliche Persönlichkeitsrecht prägt oder nur strafrechtliche Wirkungen aufweist. Von der, in der Rechtsprechung uneinheitlich vorgenommenen Beantwortung dieser Frage hängt ab473, ob eine Rechtfertigung über die anerkannten Rechtfertigungsgründe474 oder über die dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht immanente einzelfallbezogene Interessen- und Güterabwägung475 erfolgen kann

aufnahmen sollen den Regelungen unterfallen. Es fehlt an der erforderlichen Regelungslücke. 466 Die Rundfunkvertreter richten zwar häufig Kameras auf die anwesenden Personen, aber nur äußerst selten auch Richtmikrophone oder ähnliches Gerät. 467 Herrmann, Rundfunkrecht, § 25 RN 86; Hubmann JZ 1957, 521 (524). 468 Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 240. 469 Gronau, Persönlichkeitsrecht und Medienfreiheit, S. 66; Fechner, Medienrecht, RN 205. 470 Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 240. 471 Vgl. nur Rehm AfP 1999, 416 (417). 472 BGHZ 73, 120 (123); BGH NJW 1982, 277 (277) = JR 1982, 287 (288); MK StGB III/Graf, § 201 RN 2; Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 229 f.; Kuß, Öffentlichkeitsmaxime, S. 195; Prinz/Peters, Medienrecht, RN 112; Herrmann, Rundfunkrecht, § 26 RN 33; Paschke, Medienrecht, RN 1004. 473 Vgl. Hubmann, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 232 f. 474 So BGHSt 31, 304 (306); BGHSt 36, 167 (172 ff.) = MDR 1989, 832 (833 f.). 475 So BGHSt 31, 296 (296 ff.); BGH NJW 1982, 277 (277 f.) = JR 1982, 287 (289); BGH NJW 1988, 1016 (1016 ff.) = JZ 1988, 304 (305 f.).

I. Die Persönlichkeitsrechte

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beziehungsweise muss.476 In der Literatur wird vorrangig auf das Persönlichkeitsrecht abgestellt. § 201 StGB wird, wenn überhaupt, nur am Rande erwähnt.477 Letzterem ist beizupflichten. Zwar ist § 201 StGB, da die Persönlichkeit geschützt wird, ein Schutzgesetz478 im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB479, jedoch reicht dies nicht aus, um das allgemeine Persönlichkeitsrecht zu konkretisieren oder gar zu verdrängen. Denn dieses480 ist ein durch § 823 Abs. 1 BGB erfasstes sonstiges481 absolutes Recht482, dessen Einschlägigkeit gerade nicht davon abhängt, ob § 201 StGB verwirklicht ist oder nicht. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht wird also durch den § 201 StGB als Schutzgesetz verdeutlicht und präzisiert, lässt aber die Kerngehalte des Persönlichkeitsrechts unberührt.483 Richtig formuliert Ehmann484, dass der strafrechtliche Schutz durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht und dessen verfassungsrechtliche Verankerung überlagert wird. Es kommt also auf eine Interessen- und Güterabwägung im Einzelfall an, will man eine Verletzung des Rechts am gesprochenen Wort feststellen.485 476

Einen vermittelnden Weg geht das LAG Berlin JZ 1982, 258 (258 f.); ähnlich MK BGB I/Rixecker, § 12 Anh. RN 78 ff. 477 Statt vieler siehe nur Staudinger II/Hager, § 823 RNn C 161 ff.; Brüggemann, Deliktsrecht, S. 162 f.; Zeiss JR 1982, 289; a. A. Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 234 f.; ähnlich Wente, Das Recht der journalistischen Recherche, S. 89 und Erman/Ehmann, Anh § 12 RN 595. 478 Eine Norm ist dann als Schutzgesetz zu qualifizieren, wenn sie zumindest auch den Schutz des Einzelnen und nicht nur der Allgemeinheit zum Zweck hat. Vgl. BGHZ 46, 17 (23); 66, 388 (390); 100, 13 (15); 106, 204 (206); MK BGB V/Wagner, § 823 RN 340 f.; Jauernig/Teichmann, BGB, § 823 RN 44; Fuchs, Deliktsrecht, S. 136 f.; Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 234; Brüggemeier, Deliktsrecht, S. 469. 479 Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 234. 480 Das verfassungsrechtliche allgemeine Persönlichkeitsrecht dagegen ist kein Recht im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB. Vgl. nur Erman/Ehmann, Anh § 12 RN 91 m.w. N. 481 Als sonstige Rechte werden die Rechte bezeichnet, die wie das Eigentum durch eine positive Zuweisungsfunktion und durch eine negative Ausschlussfunktion geprägt sind. Vgl. MK BGB V/Wagner, § 823 RN 136; Jauernig/Teichmann, BGB, § 823 RN 12; Fuchs, Deliktsrecht, S. 34; Canaris FS-Steffen, S. 85 (90); Coester-Waltjen Jura 1992, 209 (210); Deutsch VersR 2004, 137 (127). 482 Erstmals explizit in BGHZ 24, 72 (72 ff.); KG NJW 1980, 894; MK BGB V/ Wagner, § 823 RN 172; Jauernig/Teichmann, BGB, § 823 RN 13; Brüggemeier, Deliktsrecht, S. 152 f.; Fuchs, Deliktsrecht, S. 43 f.; Herrmann, Rundfunkrecht, § 25 RNn 31, 34; Coester-Waltjen Jura 1992, 209 (210); Horst NZM 2000, 937 (938); Siems AfP 2004, 485 (485); Schertz AfP 2005, 421 (423); auch Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 234 f. 483 Was genau der Schutzzweck des § 201 StGB ist, ist nach wie vor unklar und umstritten. Vgl. dazu m.w. N. Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 238 f. 484 Erman/Ehmann, Anh § 12 RN 594; ähnlich Deutsch VersR 2004, 137 (142) „. . ., dass bei der Anwendung von Strafrechtsnormen als Schutzgesetzen in § 823 Abs. 2 BGB die zivilrechtliche Betrachtung die Oberhand gewinnt. . . .“. 485 Erman/Ehmann, Anh § 12 RN 594; Prinz/Peters, Medienrecht, RN 113.

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G. Die Kriterien der Interessenabwägung

b) Schutzbereich des Rechts am gesprochenen Wort Damit das Recht am gesprochenen Wort seine Schutzwirkung entfalten kann, müssen die Tonaufnahmen aus dem Umfeld der strafgerichtlichen Hauptverhandlung den Schutzbereich dieses besonderen Persönlichkeitsrechts berühren. Notwendig ist, dass gesprochene Worte publiziert werden. Insofern müssen Gedankenerklärungen in Lautgestalten der Sprache, also mittels der Stimme, geäußert werden.486 Da es vorliegend gerade um sprachliche Äußerungen der Beteiligten im Sitzungsbereich geht, kann an gesprochenen Worten nicht gezweifelt werden. Ob das Gespräch nun einen vertraulichen privaten Inhalt hat oder nicht, spielt für das Eingreifen des Schutzes genauso wenig eine Rolle wie die Frage nach der Schutzwürdigkeit des Geäußerten. Die schutzwürdige Vertraulichkeit der gesprochenen Worte fußt also nicht auf deren Inhalt.487 Dem widerspricht das Bundesverfassungsgericht, indem es den Schutz der Persönlichkeit auf den Bereich der Privatgespräche begrenzt, da nur dort die Persönlichkeit des Sprechers im Vordergrund stehe.488 Weil es beim Recht am gesprochenen Wort um die menschliche Stimme als Teil der Persönlichkeit geht, sind Differenzierungen nach dem Inhalt der Äußerungen aber strikt abzulehnen. Die Stimme nämlich kommt auch außerhalb des rein privaten Bereichs zum schützenswerten Einsatz. Richtigerweise ist der Inhalt der Äußerung auf der Rechtfertigungs- beziehungsweise Abwägungsebene von Bedeutung. Auf diese Weise werden zu starre Lösungen vermieden, die der Vielzahl der möglichen Konstellationen von Privatund Nichtprivatgesprächen nicht entsprechen. So wird eine flexible Handhabung ermöglicht. Im Hinblick auf die Publikationsformen kann auf das zum Recht am eigenen Bild Gesagte489 verwiesen werden. Denn die Begriffe der Verbreitung und Zurschaustellung finden ihr Pendant für das Recht am gesprochenen Wort im Gebrauchmachen, Zugänglichmachen und Veröffentlichen.490 Von einer Aufnahme wird Gebrauch gemacht, wenn von ihrem Inhalt Kenntnis genommen wird, womit letztlich das Abspielen und Abhören von Aufnahmen selbst gemeint ist.491 Einem Dritten werden die Aufnahmen schon zugänglich gemacht, wenn der Dritte die bloße Möglichkeit der Kenntnisnahme vom Aufnahmeinhalt erhält.492

486 Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 246 f.; ähnlich Brand, Rundfunk, S. 122. 487 OLG Karlsruhe NJW 1979, 1513 (1513 f.) = JR 1979, 466 (466 f.); Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 247; in diese Richtung Arzt JR 1977, 339 (340). 488 BVerfGE 34, 238 (247); auch Hubmann JZ 1957, 521 (524). 489 Vgl. G. I. 2. a) bb). 490 Staudinger II/Hager, § 823 RN C 163. 491 Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 265 f. 492 Eine tatsächliche Kenntnisnahme ist nicht erforderlich. Vgl. Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 266.

I. Die Persönlichkeitsrechte

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Indem die Rundfunkanbieter von den Tonaufnahmen Gebrauch machen, werden diese der Allgemeinheit zugänglich gemacht. Wie oben fehlt es auch hier an jeder Schutzbedürftigkeit, wenn eine rechtlich wirksame Einwilligung in die Aufnahmeveröffentlichung, die auch hier als eine Willenserklärung zu verstehen ist493, vorliegt. Dies ist dann der Fall, wenn die Worte bei ihrer Entäußerung für die Öffentlichkeit bestimmt sind beziehungsweise sie nachträglich freigegeben werden.494 Freiwillige Interviews im Sitzungsbereich unterliegen daher keinem Schutz. Von Belang sind für die vorliegende Arbeit einzig Fälle, in denen es an Einwilligungen fehlt. Hingewiesen sei diesbezüglich auf zweierlei. Wie im Rahmen des Rechts am eigenen Bild erläutert495, so kann auch im Hinblick auf das Recht am gesprochenen Wort eine Einwilligung nicht daraus hergeleitet werden, dass Worte gesprochen wurden, obwohl die Anwesenheit von tonaufnehmenden Medienvertretern bekannt war. Das gilt auch, wenn die Möglichkeit erkannt wurde, dass es zu Veröffentlichungen der Aufnahmen kommen kann.496 Denn auch dann sind die gesprochenen Worte nicht für die Öffentlichkeit bestimmt. Die Besucher können sich somit auf das Recht am gesprochenen Wort berufen. Gelegentlich wird in Bezug auf § 201 StGB vertreten, alle Amtshandlungen öffentlicher Amtsträger seien ohne weiteres öffentliche Äußerungen.497 Der dienstliche Verkehr werde gerade nicht von einem Klima vertrauensvoller Kommunikation, der Unbefangenheit und dem Glauben an die Flüchtigkeit des Wortes bestimmt. Diese Sichtweise wird von der herrschenden Meinung498 jedoch zu Recht abgelehnt. Bereits das Schutzgut des Rechts am gesprochenen Wort, die menschliche Stimme, verdeutlicht den engen Personenbezug. Dieser geht auch dann nicht verloren, wenn ein öffentliches Amt oder hoheitliche Gewalt ausgeübt wird.499 Ebenfalls anführen lässt sich, dass gerade die hoheitlich handelnden Personen frei und ungezwungen kommunizieren müssen.500 Das aber wäre nicht mehr der Fall, wenn sie stets und ständig mit einer Veröffentlichung ihrer gesprochenen Worte rechnen müssten. Was für Amtswalter im Allgemeinen gilt, gilt in besonderem Maße für die Richter und Staatsanwälte. Ihre außer493 So, allerdings auf § 201 StGB bezogen, auch Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 244. 494 Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 248 f. 495 Vgl. G. I. 2. a) cc). 496 OLG Frankfurt NJW 1977, 1547 (1547) = JR 1978, 168 (168); Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 254; Arzt JR 1978, 170 (170). 497 So Ostendorf JR 1979, 468 (468 ff.); wohl auch BGH MDR 1976, 681. 498 OLG Frankfurt NJW 1977, 1547 (1547) = JR 1978, 168 (168); OLG Karlsruhe NJW 1979, 1513 (1513 ff.) = JR 1979, 466 (466) (kritisch dazu Ostendorf JR 1979, 468 (468 ff.); Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 257; Arzt JR 1978, 170 (170); Alber JR 1981, 495 (497 f.). 499 Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 257. 500 Alber JR 1981, 495 (498).

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G. Die Kriterien der Interessenabwägung

halb der strafgerichtlichen Hauptverhandlung gesprochenen Worte bergen häufig eine besondere Brisanz. Man könnte zwar hier daran denken, ihnen den (vollen) Schutz mit dem Argument zu versagen, sie haben mit der Wahl ihres Berufes in einen verminderten Schutz eingewilligt, jedoch wurde dieses Argumentationsmuster bereits widerlegt.501 Gleiches gilt für die Versuche, die Personen, die ein öffentliches Amt bekleiden, deshalb aus dem Schutz herauszunehmen, weil sie einer öffentlichen Kontrolle bedürfen. Denn allenfalls das Handeln ist kontrollbedürftig. Hierzu sind Veröffentlichungen der stimmgeäußerten Worte aber nicht notwendig. Auch die von Berufs wegen anwesenden Personen, vor allem Richter und Staatsanwälte können sich somit auf das besondere Persönlichkeitsrecht am gesprochenen Wort berufen.502 Dessen Tatbestand ist im Hinblick auf alle im Sitzungsbereich anwesenden Personen verwirklicht, wenn Tonaufnahmen im Rundfunk veröffentlicht werden. c) Rechtfertigung Werden trotz des grundsätzlich bestehenden Publikationsverbotes dennoch Tonaufnahmen veröffentlicht, so hängt deren Rechtfertigung von einer Interessen- und Güterabwägung ab. Auch wenn diese einzelfallbezogen zu erfolgen hat, lassen sich doch verallgemeinerungsfähige Aussagen treffen. Im Gegensatz zum Recht am eigenen Bild sind, da hier auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht als Rechtsgrundlage abzustellen ist, die Interessen des Aufgenommenen, der Allgemeinheit und des Rundfunks einzustellen. aa) Ausgangspunkt Wie gezeigt, besteht zwischen den Rechten am eigenen Bild und am gesprochenen Wort nicht nur eine terminologische, sondern auch eine inhaltliche Verwandtschaft. In beiden Fällen nämlich geht es um den Schutz des Selbstbestimmungsrechts. Das Selbstbestimmungsrecht des Einzelnen, Teile seiner Persönlichkeit preiszugeben, wird dem jeweiligen Inhaber der Persönlichkeit zugewiesen.503 Das Recht am gesprochenen Wort als persönlichkeitsrechtliche Ausprägung dessen soll das Selbstbestimmungsrecht des Einzelnen stärken und schützen. Zwar können die §§ 22 ff. KUG mangels Regelungslücke, deren Wortlaut bezieht sich einzig auf Bilder und Bildnisse, nicht analog angewandt werden, jedoch lassen sich die hinter diesen Normen stehenden Überlegungen übertragen. Deshalb muss auch hier von einem grundsätzlichen Verbot, Tonaufnahmen zu veröffentlichen, ausgegangen werden.504 501 502 503

Vgl. G. I. 2. a) cc). Alber JR 1981, 495 (497 f.). Vgl. G. I. 1. a).

I. Die Persönlichkeitsrechte

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bb) Einzustellende Kriterien Im Hinblick auf das Recht am eigenen Wort kommt eine Vielzahl von Interessen und sonstigen Kriterien aus den verschiedensten Richtungen in Betracht, die in die Abwägung einzubeziehen sein könnten. Erst wenn diese auf ihre Einschlägigkeit hin untersucht sind, kann die Abwägung durchgeführt werden. Zunächst sind die Interessen und Rechte des jeweils Aufgenommenen einzustellen. Maßgebend ist das allgemeine Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG. Da die Publikation der menschlichen Stimme dazu führt, dass die betroffene Person von einer unbestimmten Vielzahl von Personen identifiziert werden kann, ist vor allem das Anonymitätsinteresse aufzuführen. Dieses weisen sämtliche Verfahrensbeteiligte sowie Besucher im Sitzungsbereich auf. Während die Besucher nur ein geringes Interesse aufweisen, ist das der Angeklagten und Verurteilten umso stärker. Dies beruht wesentlich auf den mit den Tonaufnahmen verbundenen Gefahren505, welche im Rahmen der Abwägung ebenfalls zu berücksichtigen sind.506 Das vom Bundesverfassungsgericht507 angeführte Argument, dass Richter grundsätzlich kein beachtenswertes Interesse am Erhalt ihrer Identität haben, vermag nicht zu überzeugen. Es findet sich kein Anhaltspunkt dafür, dass diesen Personen nur auf Grund ihres Amtes sonst geschützte Interessen aberkannt werden.508 Auch Richter und Staatsanwälte weisen ein beachtliches Anonymitätsinteresse auf, unterscheiden sich also nicht von den anderen Verfahrensbeteiligten. Ebenso kann an eine Verletzung der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) durch die Veröffentlichung von Tonaufnahmen509 gedacht werden. Hierfür ließe sich anführen, dass den Betroffenen durch die Medien jede Dispositionsmöglichkeit hinsichtlich ihrer Aufnahmen verloren geht.510 Hierdurch, so wird argumentiert, würden die aufgenommenen Personen zu bloßen Objekten der Medien degradiert.511 Jedoch ist Obacht geboten, wenn mit Art. 1 Abs. 1 GG argumentiert werden soll. Schränkt man das Verständnis von Menschenwürde nicht ein, so würde eine unüberschaubare Menge alltäglicher Vorgänge Beeinträchtigun504 So BGH JR 1982, 287 (287); wohl auch Herrmann, Rundfunkrecht, § 25 RN 88; für den privaten Bereich auch Hubmann JZ 1957, 521 (524). 505 Dazu untern ab G. II. 1. 506 Staudinger II/Hager, § 823 RN C 160. 507 So BVerfG NJW 2000, 2890 (2891). 508 Gegenüber dem Bundesverfassungsgericht auch kritisch Ernst NJW 2001, 1624 (1626). 509 Die gleiche Frage stellt sich bezüglich Filmaufnahmen. Insofern gelten die nachfolgenden Ausführungen für sämtliche personenbezogenen Aufnahmen. 510 Bezüglich Bildnissen Ernst ZUM 1996, 187 (190). 511 Vgl. Schneider JuS 1963, 346 (347); Ernst ZUM 1996, 187 (190); ähnlich Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 372 f., Neben, Personenberichterstattung, S. 289; Schäfer, Die Praxis des Strafverfahrens, RN 837; Stürner JZ 1995, 297 (298).

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G. Die Kriterien der Interessenabwägung

gen der Menschenwürde darstellen.512 Der Charakter der Menschenwürde als modal ausgerichtete Generalklausel, die sich durch ihre besondere normative Offenheit auszeichnet, muss beachtet werden.513 Wie die notwendige Konkretisierung genau zu erfolgen hat, ist, da der Menschenwürdebegriff offen ist, bis heute nicht abschließend geklärt. Nach der auf Dürig514 zurückgehenden Objektformel ist die Menschenwürde dann betroffen, wenn der konkrete Mensch zum Objekt, also zum bloßen Mittel herabgewürdigt wird, da dies im Widerspruch zur Subjektivität eines jeden Menschen steht.515 Jedoch ist auch diese Eingrenzung sehr unbestimmt und begründet so die Gefahr, als beliebig zur Argumentation einsetzbare Floskel instrumentalisiert zu werden. Insofern kann diese Formel allenfalls die Auslegungsrichtung andeuten.516 Richtiger Ansicht nach wird durch Art. 1 Abs. 1 GG allein ein absoluter Kernbereich menschlicher Existenz geschützt.517 Hierunter fallen die elementare Rechtsgleichheit eines Menschen, seine körperliche und seine geistig-seelische Identität und Integrität, sowie die materielle Sicherung seines individuellen und sozialen Lebens.518 Dieses eng begrenzte Verständnis von Menschenwürde wird durch historische519 und systematische520 Aspekte bestätigt. Insbesondere im Hinblick 512 Verwiesen sei auf das Beispiel einer Taxifahrt nach Hoerster JuS 1983, 93 (94), bei welcher der Fahrer des Taxis quasi zum Objekt des Fahrgastes wird; vgl. auch Siekmann/Duttge, Staatsrecht I, RN 221. 513 Sachs/Höfling, Art. 1 RN 6 f.; Dreier I/Dreier, Art. 1 I RN 53; BK/Zippelius, Art. 1 Abs. 1 u. 2 RN 18; Höfling, Offene Grundrechtsinterpretation, S. 108 ff.; Geddert-Steinacher, Menschenwürde, S. 22 ff.; Ipsen, Staatsrecht II, RN 217; Hoerster JuS 1983, 93 (94). 514 Dürig AöR 81 (1956), 117 (127). 515 BVerfGE 5, 85 (204); 9, 89 (95); 27, 1 (6); 28, 386 (391); 30, 1 (26); 45, 187 (228); 50, 166 (177); 57, 250 (275); 72, 105 (116); 87, 209 (228); BVerwGE 64, 274 (278 ); BVerfG NJW 1993, 3315 (3315); Sachs/Höfling, Art. 1 RN 13; Dreier I/ Dreier, Art. 1 I RN 53; BK/Zippelius, Art. 1 Abs. 1 u. 2 RNn 14, 63, 67; Jarass/Pieroth/Jarass, Art. 1 RN 7; Kuß, Öffentlichkeitsmaxime, S. 165; Giese, Das Würde-Konzept, S. 18; Robbers, Sicherheit als Menschenrecht, S. 188; Stein/Frank, Staatsrecht, S. 229; Hoerster JuS 1983, 93 (93); Ernst ZUM 1996, 187 (190); Höfling JuS 1996, 857 (860); Klass AfP 2005, 507 (510). 516 BVerfGE 30, 1 (25 f.); Sachs/Höfling, Art. 1 RN 15; Bleckmann, Staatsrecht II, § 21 RN 37; Pieroth/Schlink, Staatsrecht II, RN 360 f.; Siekmann/Duttge, Staatsrecht I, RN 221; Schenke NJW 2006, 736 (738). 517 Sachs/Höfling, Art 1 RN 16; BK/Zippelius, Art. 1 Abs. 1 u. 2 RN 16; Jarass/ Pieroth/Jarass, Art. 1 RN 12; Siekmann/Duttge, Staatsrecht I, RN 221; ähnlich LG Berlin AfP 2004, 461 (462). 518 Vgl. Siekmann/Duttge, Staatsrecht I, RN 222 m.w. N. 519 Die Garantie der Menschenwürde ist eine Reaktion auf die Zeit des Nationalsozialismus zurückzuführen. Daraus lässt sich ableiten, dass der Schutz der Menschenwürde primär auf die dort verübten Beeinträchtigungen bezogen ist. Vgl. m.w. N. Sachs/Höfling, Art. 1 RN 18; Hofmann, AöR 118 (1993), 353 (358). 520 Art. 79 Abs. 3 GG spricht für eine restriktive Auslegung. Ganz allgemein ist nämlich dann Zurückhaltung bei der Auslegung geboten, wenn es um die Konkretisierung von Verfassungsrecht geht, das auch den verfassungsändernden Gesetzgeber bin-

I. Die Persönlichkeitsrechte

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auf den Rundfunk wird dies deutlich. Jeder Mensch, dessen Bildnis oder Stimme bewusst als publizistisches Mittel eingesetzt wird, müsste anderenfalls als Objekt der Medien und so in seiner Menschenwürde verletzt angesehen werden. Zu klären ist deshalb, ob die Veröffentlichung von identifizierenden, personenbezogenen Aufnahmen den beschriebenen Kernbereich der menschlichen Existenz betrifft. Richtig ist zunächst die Erkenntnis, dass die Personen, deren Aufnahmen Bestandteil der Gerichtsberichterstattungen sind oder werden sollen, als publizistisches Mittel der Rundfunkanbieter eingesetzt werden. In den maßgebenden Kernbereich wird nicht eingegriffen, wenn es um die Veröffentlichung von Tonaufnahmen geht. Ein Vergleich mit den Fällen, in denen die Beeinträchtigung der Menschenwürde zu bejahen ist521, bestätigt dies. Die Publikation von personenbezogenen Aufnahmen weist keine solche Intensität auf, als dass dies den Kernbereich betreffen würde.522 Neben den Interessen der Betroffenen sind die der Allgemeinheit in die Abwägung einzubeziehen. Wie im Rahmen des Rechts am eigenen Bild, so ist wiederum ein auf die Veröffentlichung der Tonaufnahmen bezogenes, von Unterhaltungs- und Sensationsinteressen abzugrenzendes Informationsinteresse im Sinne eines Interesses an der aus diesen folgenden Identifikationsmöglichkeiten notwendig, um die Publikation der Tonaufnahmen von Seiten des Publikums zu legitimieren.523 Die obigen Untersuchungen haben erbracht, dass es hinsichtlich Tonaufnahmen an einem derartigen Interesse der Bevölkerung mangelt. Während bei Bildnissen noch Ausnahmen anzuerkennen waren, ist dies bei Tonaufnahmen nicht der Fall.524 Die bestehenden öffentlichen Interessen an Unterhaltung, Sensation und Illustration vermögen die Veröffentlichung der Aufnahmen, da nur äußerst gering schutzwürdig, nicht zu rechtfertigen. Zu den Interessen des Aufgenommenen und der Allgemeinheit treten die der Rundfunkanbieter hinzu. Diese lassen sich an der Verfassung festmachen. Es kommen insofern mehrere Grundrechte in Betracht, die in die Abwägung einfließen könnten. Zu nennen ist vor allem die Rundfunkfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GG. Diese Medienfreiheit525 umfasst dem Wortlaut nach die Freiheit der Berichterstattung durch den Rundfunk. Sie hat eine enorme Bedeu-

det. Vgl. Sachs/Höfling, Art. 1 RN 18; allgemein Hain, Die Grundsätze des Grundgesetzes, S. 211 ff. 521 Vgl. statt vieler Sachs/Höfling, Art. 1 RNn 20 ff. 522 A. A. Schorn, Menschenwürde, S. 55 f. 523 Herrmann, Rundfunkrecht, § 22 RN 106; Branahl, in: Medien-Ethik, S. 224 (226). 524 Vgl. F. I. 3. b) aa) (4) (c). 525 Unter diesem Begriff werden die eigentlich konstituierenden Grundrechte der Medien, also Presse-, Rundfunk- und Filmfreiheit zusammengefasst. Vgl. nur Neben, Personenberichterstattung, S. 111; Fechner, Medienrecht, RN 146; Bullinger FS-50 Jahre BVerfG II, S. 193 (193).

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G. Die Kriterien der Interessenabwägung

tung sowohl für die individuelle freie Meinungsbildung als auch für die freiheitliche Demokratie.526 Sowohl Hörfunk als auch Fernsehfunk verbreiten ihre Sendungen, darunter auch die Gerichtsberichterstattungen, mittels elektromagnetischer Wellen an eine unbestimmte Vielzahl von Personen und gehören so dem Rundfunk, dessen Wesenmerkmale erfüllt sind, an.527 Einen Teilbereich der geschützten Tätigkeiten stellt auch die Verbreitung von Informationen und Meinungen dar.528 Informationen, also Tatsachen, und Meinungen deshalb, weil es auf Grund vielfältiger Überschneidungen und Vermengungen nicht möglich ist, beide Materien zu trennen. So liegt zum Beispiel schon in der Auswahl der zu publizierenden Tatsachen eine Meinungsäußerung.529 Mit der Frage nach der Zulässigkeit der Veröffentlichung von Tonaufnahmen ist also eine Frage aufgeworfen, die den sachlichen Schutzbereich betrifft. Auf diesen können sich sowohl privatrechtliche Rundfunkunternehmen530 wie auch öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten531 berufen. Beiden steht Art. 5 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GG gleichermaßen zur Seite.532 Der Schutz der Rundfunkfreiheit greift hier grundsätzlich ein. Allerdings könnten einer Anwendbarkeit des Art. 5 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GG zwei Gründe entgegenstehen. Zu klären ist, ob die Rundfunkfreiheit auch bei fehlendem Informationsinteresse eingreift und ob auch rechtswidrig erlangtes 526 Vgl. nur BVerfGE 20, 56 (97); 50, 234 (239 f.); 57, 295 (319 f.); 97, 228 (257); Sachs/Bethge, Art. 5 RNn 17 f.; Siekmann/Duttge, Staatsrecht I, RN 469; Tietje JuS 1999, 644 (648). 527 BVerfGE 12, 205 (226); 31, 314 (315); BK/Degenhart, Art. 5 Abs. 1 und 2 RN 667; Jarass/Pieroth/Jarass, Art. 5 RN 36; Niepella, Grundversorgung, S. 14; Schumacher, Programmauflagen, S. 11; Gronau, Persönlichkeitsrecht und Medienfreiheit, S. 160; Rotsch, Der Schutz der journalistischen Recherche, S. 34; Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 12 FN 38; Ricker/Schiwy, Rundfunkverfassungsrecht, B RN 15; Herrmann, Rundfunkrecht, § 2 RN 11, § 5 RN 32; Pieroth/Schlink, Staatsrecht II, RN 573; Wilke, in: Mediengeschichte, S. 15 (22); Herrmann AöR 90 (1965), 286 (313, 325); Kunert MDR 1975, 885 (886). 528 BVerfGE 57, 295 (319); 77, 65 (74); 91, 125 (135); BGHZ 110, 371 (375); Jarass/Pieroth/Jarass, Art. 5 RN 37; Dreier I/Schulze-Fielitz, Art. 5 I, II RN 133; BK/ Degenhart, Art. 5 Abs. 1 und 2 RN 742; Neben, Personenberichterstattung, S. 115; Gronau, Persönlichkeitsrecht und Medienfreiheit, S. 160; Rotsch, Der Schutz der journalistischen Recherche, S. 34; Fechner, Medienrecht, RNn 805 f.; Pieroth/Schlink, Staatsrecht I, RN 574; Siekmann/Duttge, Staatsrecht I, RN 481; Jarass AfP 1998, 133 (134); Bamberger ZUM 2001, 373 (374). 529 Neben, Personenberichterstattung, S. 115; Laschet, Programmgrundsätze, S. 104. 530 Vgl. nur BVerfGE 73, 118 (183); 97, 298 (310); Sachs/Bethge, Art. 5 RN 110; Siekmann/Duttge, Staatsrecht I, RN 477; Gersdorf, Grundzüge des Rundfunkrechts, RN 126; Badura BayVBl. 1989, 1 (1 f.). 531 BVerfGE 31, 314 (322); 78, 101 (102); BK/Degenhart, Art. 5 Abs. 1 und 2 RN 728; Sachs/Bethge, Art. 5 RN 99; Siekmann/Duttge, Staatsrecht I, RNn 476, 1013; Kübler, Massenmedien, S. 34; Wente, Das Recht der journalistischen Recherche, S. 43 ff.; Paschke, Medienrecht, RN 237; Schmitt Glaeser AöR 112 (1987), 215 (228); Badura BayVBl. 1989, 1 (1). 532 Ausführlich dazu ab G. IV. 1.

I. Die Persönlichkeitsrechte

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Material, das gesendet werden soll, geschützt ist. Da der Schutz der Rundfunkfreiheit auf Grund von Rechtssicherheit und effektivem Grundrechtsschutz unabhängig von einem öffentlichen Interesse ausgestaltet sein muss, kann es hier auf das Vorliegen eines Informationsinteresses der Allgemeinheit nicht ankommen. Ob Sendungen primär unterhalten oder informieren beziehungsweise welches öffentliche Interesse an den Sendungen dominiert, ist für die Existenz des grundrechtlichen Schutzes irrelevant.533 Das Rundfunkprogramm kann daher nicht in schützenswerte und schutzunwürdige Bestandteile aufgegliedert werden. Dies ist auch Folge der den Rundfunk treffenden Aufgabe, die Bevölkerung zu unterhalten.534 Es wäre widersinnig, eine solche Aufgabe zu statuieren, gleichzeitig aber Sendungen, die diese Aufgabe erfüllen sollen, den grundrechtlichen Schutz zu verwehren.535 Der grundrechtliche Schutz kann deshalb nicht nur dem „seriösen“ Rundfunk zugesprochen werden.536 Auch wenn die zu publizierenden Aufnahmen rechtswidrig hergestellt werden, kann dem Rundfunk der Schutz des Art. 5 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GG nicht versagt werden.537 Die Rundfunkfreiheit unterscheidet gerade nicht zwischen rechtswidrig und rechtmäßig erlangtem Material. Vielmehr ist der Schutzbereich des Grundrechts bewusst weit gehalten. Sämtliche Tätigkeiten, die zur inhaltlichen Gestaltung des Rundfunks beitragen, sind geschützt.538 Damit wird jede Informationsbeschaffung zu Zwecken der Veröffentlichung im Rundfunk geschützt, gleichgültig ob rechtmäßig oder rechtswidrig. Auf den ersten Blick mag der Schutz rechtswidrigen Verhaltens befremden. Bedenkt man aber, dass die Rechtswidrigkeit im Rahmen der Abwägung als eigenes Element zu berücksichtigen ist, zerstreuen sich etwaige Bedenken. Im Hinblick auf die Veröffentlichung der Tonaufnahmen steht 533 BVerfGE 12, 205 (260); 34, 269 (283); 35, 202 (222 f.); 59, 231 (258); BVerfG NJW 1984, 1741 (1742); Dreier I/Schulze-Fielitz, Art. 5 I, II RN 133; Jarass/Pieroth/ Jarass, Art. 5 RN 37; Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 79; Niepella, Grundversorgung, S. 15; Herrmann, Fernsehen und Hörfunk, S. 84 f.; Sachs, Verfassungsrecht II, B 5 RN 43; Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 12; Paschke, Medienrecht, RNn 235, 363; Bleckmann, Staatsrecht II, § 26 RN 74; Hesse, Rundfunkrecht, RN 117; Ricker/Schiwy, Rundfunkverfassungsrecht, F RN 4; Schmitt Glaeser AöR 112 (1987), 215 (223 f.); Jarass AfP 1998, 133 (134); Diesbach ZUM 1998, 554 (558); ausführlich Brand, Rundfunk, S. 73 ff.; a. A. Schneider, Presse- und Meinungsfreiheit, S. 136 ff., 141 f.; Erdsiek NJW 1963, 1390 (1392). 534 Vgl. G. IV. 1. 535 Ähnlich Schmitt Glaeser AöR 112 (1987), 215 (223); Diesbach ZUM 1998, 554 (558); Gersdorf ZUM 2002, 106 (109). 536 BVerfGE 12, 205 (260); 25, 296 (307); 31, 314 (326); 35, 202 (222); Gronau, Persönlichkeitsrecht und Medienfreiheit, S. 160; Ricker/Schiwy, Rundfunkverfassungsrecht, F RN 1; a. A. in Bezug auf die „. . . Geschäfts- und Sensationspresse . . .“ Klein Der Staat 10 (1971), 145 (161). Erst auf Ebenen der Interessenabwägung kann der Inhalt der Sendungen eine Rolle spielen. So zu Recht Kübler, Massenmedien, S. 40; auf die Presse und Gerichtsberichterstattungen bezogen Franke, Bildberichterstattung, S. 111. 537 BGHZ 138, 311 (319); Dreier I/Schulze-Fielitz, Art. 5 I, II RN 135. 538 Dreier I/Schulze-Fielitz, Art. 5 I, II RN 135.

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G. Die Kriterien der Interessenabwägung

somit allen Rundfunkanbietern die Rundfunkfreiheit zur Seite. Be- oder Verhinderungen von Veröffentlichungen würden daher einen Eingriff in die Rundfunkfreiheit bedeuten.539 Damit ist ein für die Veröffentlichung der Tonaufnahmen sprechender Aspekt gefunden. Auch an die Meinungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 S. Alt. 1 GG muss gedacht werden, wenn es um die einzubeziehenden Positionen des Rundfunks geht. Jeder hat danach das Recht seine Meinung frei zu äußern und zu verbreiten. Unabhängig von den Fragen, ob die Meinungsfreiheit auch neben den Medienfreiheiten und im Hinblick auf öffentlich-rechtliche Rundfunkanbieter Anwendung finden kann540, steht der Einschlägigkeit der Meinungsfreiheit im vorliegenden Falle ein wesentliches Hindernis im Wege. Die gesprochenen Worte, um die es hier geht, sind einzig dem Äußernden zuzurechnen. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass diese Worte durch den Rundfunk verbreitet werden. Wird eine schon von der Meinungsfreiheit erfasste Aussage eines Dritten, um solche geht es hier, veröffentlicht, wird vom Publizierenden keine eigene Meinung oder Tatsache im Sinne der Meinungsfreiheit verbreitet oder geäußert.541 Die Meinungsfreiheit fließt somit nicht in die anzustellende Abwägung ein. Schließlich kommt auch die Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG als Abwägungskriterium in Betracht. Alle Deutschen haben danach das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Hier geht es einzig um die Publikation von Aufnahmen, weshalb es die Berufsfreiheit im Hinblick auf die Rundfunkanbieter zu untersuchen gilt. Da sich in diese Richtung soweit ersichtlich keine Ausführungen in Rechtsprechung und Literatur finden, scheint es einhellige Meinung zu sein, dass Art. 12 Abs. 1 GG hier keine Bedeutung zukommt. Im Ergebnis ist diese Ansicht zutreffend. Die Berufsfreiheit ist zunächst ein Grundrecht, das juristischen Personen grundsätzlich über Art. 19 Abs. 3 GG zustehen kann. Das ist dann der Fall, wenn die jeweilige juristische Person eine Erwerbstätigkeit ausführt.542 Das ist bei den wirtschaftenden Rundfunkanbietern der Fall. Allerdings scheitert die Grundrechtsberechtigung dennoch. Die Betonung der Berufsfreiheit liegt nämlich auf der erwerbswirtschaftlichen Tätigkeit.543 Das Bundesverfassungsgericht spricht insofern von den Vo539

Pieroth/Schlink, Staatsrecht I, RN 581; Sachs, Verfassungsrecht II, B 5 RN 47. Dazu unten G. IV. 2. a). 541 BVerfGE 95, 173 (182); BAG JZ 1973, 375 (376 f.); Pieroth/Schlink, Staatsrecht II, RN 560; a. A. Erichsen Jura 1996, 84 (86). 542 BVerfGE 30, 292 (312); 61, 261 (266); 30, 292 (313); 50, 290 (363); 65, 196 (210), 95, 173 (181); BVerwGE 75, 109 (114); 97, 12 (23); BGHZ 124, 224 (254); Sachs/Tettinger, Art. 12 RN 22; Jarass/Pieroth/Jarass, Art. 12 RN 10; Glos, Berufsfreiheit und Grundfreiheiten, S. 55 ff.; Borrmann, Berufsfreiheit, S. 52 ff.; Ipsen, Staatsrecht II, RN 592; Sachs, Verfassungsrecht II, B 12 RN 21; Siekmann/Duttge, Staatsrecht I, RN 585; Erichsen Jura 1980, 551 (552); Tettinger AöR 108 (1983), 92 (104 f.); Tettinger GewArch 1999, 265 (268); Jarass DÖV 2000, 753 (754); a. A. Haußleiter DÖV 1952, 496 (497). 540

I. Die Persönlichkeitsrechte

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raussetzungen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes.544 Maßgebend ist also die konkret in Rede stehende Tätigkeit und nicht die Gesamtbetrachtung der juristischen Person. Im Hinblick auf die Grundrechtsberechtigung von Rundfunkanbietern muss daher zwischen den verschiedenen Tätigkeitsbereichen differenziert werden. Auch wenn sich der publizistische nicht von dem ökonomischen Wettbewerb trennen lässt545, so können und müssen doch publizistische von ökonomischen Tätigkeiten unterschieden werden. Während die publizistischen Tätigkeiten von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 GG Schutz erfahren, sind die ökonomischen Tätigkeiten546 von Art. 12 Abs. 1 GG erfasst. Werden Tonaufnahmen veröffentlicht, werden die Rundfunkanbieter rein publizistisch tätig. Dies fällt daher nicht unter die Berufsfreiheit. Da Art. 12 Abs. 1 GG bereits an dieser Stelle auszuscheiden hat, kommt es auf die Fragen um die Grundrechtsberechtigung öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten547 genau so wenig an, wie auf das Konkurrenzverhältnis der Berufs- zur Rundfunkfreiheit.548 Schließlich sind die Umstände der jeweiligen Publikation in die Abwägung einzustellen. Vor allem die rechtliche Bewertung der Aufnahmeherstellung kann das Ergebnis der Abwägung beeinflussen. Ist die Anfertigung der Aufnahmen als unzulässig da rechtswidrig einzustufen, muss auch die Veröffentlichung der Aufnahmen, soweit nicht besondere Rechtfertigungsgründe eingreifen, als rechtswidrig eingestuft werden.549 Diesen Schluss gebieten die Missbrauchsgefahr550 auf Seiten des Rundfunks und der Persönlichkeitsschutz des Aufgenom543 BVerfGE 45, 63 (80); 68, 193 (212); Borrmann, Berufsfreiheit, S. 52; Glos, Berufsfreiheit und Grundfreiheiten, S. 61 f.; Bethge AöR 104 (1979), 265 (273 ff.); Erichsen Jura 1980, 551 (552); Tettinger GewArch 1999, 265 (268); Groepper GewArch 2000, 366 (368). 544 BVerfGE 65, 196 (210); 74, 129 (149); vgl. dazu auch Jarass DÖV 2000, 753 (754 f.). 545 Siehe C. II. 5. a). 546 Hier ist vorrangig an den Verkauf von Werbezeiten zu denken, aus dem sich die Rundfunkanbieter zum großen Teil beziehungsweise ausschließlich finanzieren. 547 Dies wird allgemein verneint. Vgl. nur BVerfGE 21, 362 (369); 68, 193 (206); von Mangoldt/Klein/Starck I/Manssen, Art. 12 RN 273; Borrmann, Berufsfreiheit, S. 52 f.; Sachs, Verfassungsrecht II, B 12 RN 23; Tettinger DVBl. 1999, 679 (685); Tettinger GewArch 1999, 265 (268); Groepper GewArch 2000, 366 (368); wohl auch Erichsen Jura 1980, 551 (552). 548 Dazu aber unten G V. 1. 549 BVerfG NJW 1992, 815 (815 f.); Staudinger II/Hager, § 823 RNn C 160, 163; Schmidt, Justiz und Publizistik, S. 21; auch Herrmann, Rundfunkrecht, § 22 RN 73, der zutreffend darauf hinweist, dass die Rechtswidrigkeit der Informationserlangung nur ein Punkt im Rahmen der notwendigen Abwägung ist. Im Lichte der Medienfreiheiten und deren Bedeutung muss Raum für, allerdings eng begrenzte, Ausnahmefälle bleiben. So zu recht BGH NJW 1987, 2667 (2669). 550 Wäre die Veröffentlichung von rechtswidrig erlangtem Tonmaterial grundsätzlich zulässig, so könnte stets versucht werden, aus der Rechtswidrigkeit der Aufnahmeherstellung Profit zu schlagen, ohne im Hinblick auf die Veröffentlichung etwas befürchten zu müssen.

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G. Die Kriterien der Interessenabwägung

menen. Wie sich noch zeigen wird, sind die hier interessierenden Tonaufnahmen aus dem Sitzungsbereich in aller Regel rechtswidrig angefertigt, da es an entsprechenden Einwilligungen fehlt.551 Wie bereits erwähnt, ist der richtige Ort, um den Inhalt der jeweiligen Worte gebührend zu berücksichtigen, die an dieser Stelle vorzunehmende Abwägung.552 Im Hinblick auf die Schutzwürdigkeit ergibt sich eine stufenlose Skala. Es kann zunächst an die Sphäre, in der die Aufnahmen angefertigt wurden, angeknüpft werden.553 Hier ist primär zwischen privatem und nichtprivatem Bereich zu unterscheiden. Da es auf den Inhalt der Worte ankommt, geht es letztlich um das Geheimhaltungsinteresse des Betroffenen.554 Dieses Interesse muss deshalb beachtet werden, weil eine rein objektive Betrachtung des Inhalts der Äußerungen den persönlichkeitsrechtlichen Wurzeln des Rechts am gesprochenen Wort nicht ausreichend Rechnung trägt. Der Grad der Vertraulichkeit ist also Abwägungsfaktor im Rahmen der Interessen- und Güterabwägung555 und das in einer gemischt objektiv-subjektiven Betrachtungsweise. Sämtliche im Sitzungsbereich nicht öffentlich gesprochenen Worte, davon ist auszugehen, unterliegen, jedenfalls soweit es um Verfahrensbeteiligte geht, einem beträchtlichen Geheimhaltungsinteresse. Hier muss einfließen, dass es vorliegend um Aufnahmen aus dem Bereich der Strafjustiz geht, was den Geheimhaltungsinteressen einen noch höheren Stellenwert verleiht. Bei den Besuchern ist das Interesse deutlich geringer. Die beschriebenen Umstände der Tonaufnahmen sprechen somit gegen die Aufnahmen. cc) Abwägung Die nunmehr durchzuführende Abwägung bereitet, nachdem die einzubeziehenden Kriterien bekannt sind, keine Probleme. Der Rundfunkfreiheit stehen das fehlende Informationsinteresse der Allgemeinheit, die überwiegend zu bejahende Rechtswidrigkeit der Aufnahmeherstellung, die Geheimhaltungsinteressen und Anonymitätsinteressen der Betroffenen beziehungsweise die objektive Schutzbedürftigkeit ihrer Äußerungen sowie die mit der Veröffentlichung der Tonaufnahmen verbundenen Gefahren entgegen. Im Ausgangspunkt stehen sich Rundfunkfreiheit und allgemeines Persönlichkeitsrecht gleichrangig gegenüber.556 Die vorzunehmende Gewichtung aber verschiebt sich, wenn die einzelnen Positionen, die jeweils beeinträchtigt würden, 551

Vgl. G. I. 2. c) aa). Ausdrücklich auch BGHZ 73, 120 (127). 553 Daran knüpfen auch Staudinger II/Hager, § 823 RN C 160 und Hubmann JZ 1957, 521 (524) an. 554 KG NJW-RR 2005, 350 (351); Staudinger II/Hager, § 823 RN C 160. 555 OLG Frankfurt JR 1978, 169 (169); Arzt JR 1978, 170 (170). 552

I. Die Persönlichkeitsrechte

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in die Betrachtungen einbezogen werden.557 Während die persönlichkeitsrechtlichen Positionen, insbesondere im Hinblick auf die Angeklagten und Verurteilten, massiv beeinträchtigt würden, wäre die Rundfunkfreiheit in geringerem Maße beeinträchtigt. Der Grund hierfür liegt darin, dass die Tonaufnahmen nicht dazu dienen, einen Rundfunkauftrag zu erfüllen. Vielmehr soll die Einschaltquote gesteigert und so für mehr Profit gesorgt werden. Den Rundfunkanbietern bleibt es zudem unbenommen, sich um Interviews mit den Verfahrensbeteiligten beziehungsweise Besuchern des Sitzungsbereichs, also um Einwilligungen zu bemühen. Damit überwiegt das allgemeine Persönlichkeitsrecht die Rundfunkfreiheit. Auch das öffentliche Interesse ist, da nicht darauf gerichtet, Informationen zu erlangen, nachrangig. Dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht gebührt somit, wenn es um die Veröffentlichung von im Umfeld der strafgerichtlichen Hauptverhandlung angefertigten Tonaufnahmen geht, sowohl in quantitativer als auch in qualitativer Hinsicht der Vorrang.558 Die Parallelität des Rechts am gesprochenen Wort und des Rechts am eigenen Bild setzt sich somit auch in den Ergebnissen fort. Das Persönlichkeitsrecht der aufgenommenen Personen in Gestalt des Rechts am gesprochenen Wort wird durch die Publikation der Tonaufnahmen in aller Regel verletzt. 4. Die Herstellung von Bild- und Tonaufnahmen Wurde bisher nur die Veröffentlichung der Aufnahmen thematisiert, soll es nun um deren Anfertigung gehen. Anfertigung und Publikation müssen, nicht zuletzt, weil sich die sitzungspolizeiliche Entscheidung hinsichtlich der Aufnahmen nach § 176 GVG auf den Zeitpunkt der Aufnahmeherstellung bezieht, strikt getrennt werden.559 Die fortschreitende Technik bewirkt, dass von der Existenz der Aufnahmen häufig erst dann erfahren wird, wenn diese veröffentlicht sind. Dann aber kann nur mit Folgenbeseitigungs- oder Entschädigungsansprüchen reagiert werden. Nur selten ließe sich eine Publikation verhindern.560 556 BGH NJW 1973, 1226 (1229); Prinz/Peters, Medienrecht, RN 51; Wenzel/Burkhardt, Wort- und Bildberichterstattung, Kap. 10 RN 189; Helle, Schutz der Persönlichkeit, S. 164; Müller, Bildnisveröffentlichung, S. 132 f.; Franke, Bildberichterstattung, S. 104 f.; Pohl, in: Das Persönlichkeitsrecht, S. 25 (29); Franke NJW 1981, 2033 (2035); Engels/Schulz AfP 1998, 574 (578). 557 BVerfGE 85, 1 (16); 86, 1 (11); BGH NJW 1978, 1797 (1798); BGH NJW 1994, 124 (126); Prinz/Peters, Medienrecht, RN 90. 558 Im Ergebnis auch Kuß, Öffentlichkeitsmaxime, S. 193 f. 559 Vgl. nur Schmidt, Justiz und Publizistik, S. 19 und Hünig, Schutz des Beschuldigten, S. 91. Insofern ist es missverständlich, wenn Britz, Fernsehaufnahmen, S. 237 von der Tangierung des Rechts am eigenen Bild durch die Anfertigung von Filmaufnahmen spricht. 560 Müller, Bildnisveröffentlichung, S. 50.

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G. Die Kriterien der Interessenabwägung

Aus diesem Grund muss bereits im Hinblick auf die Anfertigung der Aufnahmen ein adäquater Schutz bestehen.561 Vereinzelt wird vom Schutz der „. . . personalen Identität . . .“562 gesprochen. Hieran lässt sich die Wurzel des Schutzes erkennen, nämlich das Recht auf informationelle Selbstbestimmung als Teil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts.563 Durch dieses Recht erfahren die Individuen Schutz auch gegen die mediale Informationserhebung564, zu der die Anfertigung von Bild- und Tonaufnahmen gehört. Wenn es darum geht, steht das allgemeine Persönlichkeitsrecht im Mittelpunkt der Betrachtungen.565 Dadurch wird der Persönlichkeitsschutz im Hinblick auf personenbezogene Aufnahmen komplettiert. Zutreffend spricht Götting insofern vom Schutz gegen unberechtigte Aufnahmeherstellungen als „. . . Vorfeldschutz . . .“566. Im Folgenden wird zu klären sein, ob schon die Herstellung von Bild- und Tonaufnahmen im Umfeld der strafgerichtlichen Hauptverhandlung, beide Aufnahmearten werden getrennt dargestellt, eine relevante Persönlichkeitsrechtsverletzung567 darstellt, die es dann im Rahmen der sitzungspolizeilichen Entscheidungsfindung entsprechend zu berücksichtigen gilt. Da Sonderregelungen fehlen, muss dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht entsprechend eine einzelfallbezogene Interessen- und Güterabwägung durchgeführt werden.568 561 BGHZ 24, 200 (208); BGH NJW 1966, 2353 (2354) = JZ 1967, 317 (319); BGH NJW 1995, 1955 (1956 f.); OLG Frankfurt a. M. NJW 1987, 1087 (1088); OLG München NJW-RR 1996, 93 (94); Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 68 f.; Helle JZ 1988, 309 (309). 562 Schmitt Glaeser HdStR, § 129 RN 32; Britz, Fernsehaufnahmen, S. 236. 563 Vgl. dazu G. I. 1. a). 564 Staudinger II/Hager, § 823 RN C 158; Jarass/Pieroth/Jarass, Art. 2 RN 32; Hubmann, Das Persönlichkeitsrecht, S. 299; Britz, Fernsehaufnahmen, S. 237; Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 462 f.; Reinhardt JZ 1959, 41, (43); Jarass NJW 1989, 857 (858). 565 Vgl. nur Lorz, in: Herausforderungen, S. 59 (64). 566 Götting, Persönlichkeitsrechte als Vermögensrechte, S. 25. 567 Die Frage, ob das allgemeine Persönlichkeitsrecht durch die Anfertigung von Film- und Tonaufnahmen überhaupt verletzt werden kann, wird allerdings nicht einheitlich beantwortet. Während die herrschende Ansicht [BGH NJW 1957, 1315 (1316); BGH NJW 1966, 2353 (2354); OLG Hamburg NJW-RR 1990, 1000 (1000); BGH NJW 1995, 1955 (1955); OLG Frankfurt NJW 1995, 878 (879); VGH BadenWürttemberg AfP 1996, 193 (195); Staudinger II/Hager, § 823 RN C 158 und die dort gegebenen Fundstellen; Schricker/Götting, UrhG, § 60/§ 22 KUG RNn 1 ff.; Britz, Fernsehaufnahmen, S. 239; Wenzel/von Strobl-Alberg, Wort- und Bildberichterstattung, Kap. 7 RN 22; Haberstroh JR 1983, 314 (315); Kramer NJW 1992, 2732 (2732); Ehmann/Thorn AfP 1996, 20 (21); Schertz AfP 2005, 421(422)] dies bejaht, gehen andere (Ermann/Ehmann, Anh § 12 RN 608) lediglich von einer Gefährdung aus. Im Ergebnis aber dürften hier nur sprachliche, nicht aber inhaltliche Unterschiede bestehen. 568 BGH NJW 1995, 1955 (1956); OLG Karlsruhe NStZ 1982, 123; OLG Hamm JZ 1988, 308 (308 f.) = NJW-RR 1988, 425 (426); OLG Hamburg GRUR 1990, 35 (35); OLG Karlsruhe NJW 2002, 2799 (2799); BayObLG NJW 2002, 2893; KG NJW-RR 2005, 350 (350); LG Oldenburg GRUR 1988, 694 (695); Erman I/Ehmann,

I. Die Persönlichkeitsrechte

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Von Bedeutung sind hier, dies sei vorangestellt, nur die Fälle, in denen keine Einwilligung der jeweils aufgenommenen Personen in die Herstellung der Aufnahmen vorliegt. Hat der Betroffene eingewilligt, fehlt es am Schutzbedürfnis. Eine Beeinträchtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ist dann ausgeschlossen.569 Für die Einwilligung als solche gilt auch für den Bereich der Aufnahmenherstellung das zu § 22 S. 1 KUG Gesagte.570 Auch Richter und Staatsanwälte genießen den vollen Schutz vor ungerechtfertigten Aufnahmen. Insbesondere sei daran erinnert, dass aus der freiwilligen Anwesenheit im Gerichtsbereich auch dann nicht auf eine konkludent erteilte Einwilligung in die Herstellung von Bild- und Tonaufnahmen geschlossen werden kann, wenn die Aufnahmegeräte als solche erkannt werden und mit der Möglichkeit der Aufnahmeherstellung gerechnet wird.571 Ansonsten müsste jedem einzelnen Medienvertreter, der eine Bild- oder Tonaufnahme anfertigt, widersprochen werden. Im Lichte des allgemeinen Persönlichkeitsrechts kann dies jedoch nicht gefordert werden. Damit steht der Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts allen im Sitzungsbereich anwesenden Personen zu, wenn es um die Anfertigung von Bild- und Tonaufnahmen geht. a) Bildaufnahmen Die Frage, ob personenbezogene Aufnahmen, obwohl keine Einwilligung vorliegt, rechtmäßig angefertigt werden beziehungsweise wurden, stellt sich vorrangig in Bezug auf Bildaufnahmen. Ausgangspunkt dieser Problematik ist, dass das Bildmaterial, welches angefertigt wird, die Herrschaft über punktuelle Persönlichkeitsbelange beinhaltet.572 Der Inhaber der Aufnahmen kann darüber bestimmen, wem zum Beispiel das Äußere der aufgenommenen Person zugänglich gemacht wird und unter welchen Umständen. Da das allgemeine Persönlichkeitsrecht diese Entscheidungsgewalt aber dem Aufgenommenen zuweist573, ist der Konflikt mit dem Persönlichkeitsrecht unvermeidbar.

Anh § 12 RN 607; Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte im Privatrecht S. 73; Götting, Persönlichkeitsrechte als Vermögensrechte, S. 25; Britz, Fernsehaufnahmen, S. 239; Wenzel/von Strobl-Alberg, Wort- und Bildberichterstattung, Kap. 7 RN 22; Kohl FS-Löffler, S. 127 (132); Reinhardt JZ 1959, 41, (43); Rebmann AfP 1982, 189 (194); Jarass JZ 1983, 280 (284); Helle JZ 1995, 1117 (1118 f.). 569 Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 78; Reinhardt JZ 1959, 41, (43). 570 Siehe G. I. 2. a) cc). 571 So zum Beispiel auch Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 262 f. bezüglich Tonaufnahmen. 572 Hubmann, Das Persönlichkeitsrecht, S. 298 f.; Britz, Fernsehaufnahmen, S. 237 f.; Hubmann JZ 1957, 521 (525); Reinhardt JZ 1959, 41, (43 f.); Arndt NJW 1967, 1845 (1846); Krüger AfP 1981, 331 (332); Franke JR 1982, 48 (49). 573 Vgl. G. I. 1. a).

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G. Die Kriterien der Interessenabwägung

Damit dieses berührt ist, müssen Aufnahmen im beschriebenen Sinn angefertigt werden. Das ist der Fall, sobald das äußere Erscheinungsbild der jeweiligen Person derart auf einem Medium gespeichert wird, dass dieses später wiedergegeben werden kann. Insofern ist auf den Bildnisbegriff zu verweisen. Denn nur Bildnisse weisen, da personenbezogen, den erforderlichen Bezug zum Persönlichkeitsrecht auf.574 Da es hier um solche Bildaufnahmen geht, die die abgebildeten Personen identifizierbar, also erkennbar machen, greift der Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts vorliegend ein. In welchem Zusammenhang die Aufnahmen angefertigt werden, welchem Bereich sie zuzuordnen sind575 und ob sie geheim oder offen hergestellt wurden576, spielt für das Eingreifen des Schutzes keine Rolle. Derartige Überlegungen sind erst im Rahmen der Abwägung von Bedeutung. aa) Bedeutung der §§ 22 f. KUG Da es um Bildaufnahmen und Persönlichkeitsrecht geht, bietet es sich auf den ersten Blick an, auf die §§ 22 ff. KUG und deren Voraussetzungen zurückzugreifen. Auf diese Weise befände man sich auf bekanntem Terrain. Wenn es um Herstellung und Vervielfältigung der Aufnahmen geht, dürfen die §§ 22 ff. KUG der herrschenden Meinung zufolge jedoch nicht angewandt werden.577 Trotz des insoweit eindeutigen Wortlautes wird jedoch vereinzelt angenommen, dass „. . . bereits die Aufnahme eines Bildnisses im Rahmen des § 22 KUG untersagt ist . . .“578. Dabei handelt es sich letztlich um einen Analogieschluss.579 Argumentiert wird, dass das Herstellen des Bildnisses nichts anderes sei, als 574 So spricht Helle JZ 1995, 1117 (1118) vom „. . . Schutz gegen die Bildnis-Anfertigung . . .“. 575 Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 74; Britz, Fernsehaufnahmen, S. 238 f., Franke JR 1982, 48 (49); in diese Richtung Arzt, Der strafrechtliche Schutz der Intimsphäre, S. 64; a. A. anscheinend Wenzel/von Strobl-Alberg, Wort- und Bildberichterstattung, Kap. 8 RN 77. 576 Vgl. nur MK I (3. Aufl.)/Schwerdtner, § 12 RN 165; Britz, Fernsehaufnahmen, S. 238 f. 577 Vgl. nur BGH GRUR 1967, 205 (208); BGH JZ 1995, 1115 (1116); OLG Frankfurt GRUR 1958, 508 (509); VG Köln NJW 1988, 367 (368); Schricker/Götting, UrhG, § 60/§ 22 KUG RNn 34 ff.; von Gamm, UrhG, Einl. RNn 101, 105; Arzt, Der strafrechtliche Schutz der Intimsphäre, S. 64; Hubmann, Das Persönlichkeitsrecht, S. 297; Dasch, Einwilligung, S. 24 ff.; Götting, Persönlichkeitsrechte als Vermögensrechte, S. 25; Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte im Privatrecht S. 71 f.; Olizeg, Hausrecht, S. 212; Kuß, Öffentlichkeitsmaxime, S. 176; Ahrens, Persönlichkeitsrecht, RN 140; Wenzel/von Strobl-Alberg, Wort- und Bildberichterstattung, Kap. 7 RN 22; Prinz/Peters, Medienrecht, RNn 110, 809; Rehbinder, Urheberrecht, RN 856; Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S. 32; Finger GRUR 1908, 48 (54); Löffler NJW 1959, 1 (4); Koebel MDR 1972, 8 (9); Franke JR 1982, 48 (49); Neumann-Duesberg VersR 1991, 957 (960); Ranft Jura 1995, 573 (580); Schulz/Jürgens JuS 1999, 664 (665); offen gelassen von Erman I/Ehmann, Anh § 12 RN 607 und Lilie, in: AE-StuM, S. 116 (126).

I. Die Persönlichkeitsrechte

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dessen Veröffentlichung vorzubereiten.580 Es ist also keineswegs unbestritten581, ob die §§ 22 ff. KUG nur die Verbreitung und Veröffentlichung von Bildnissen erfassen. Bereits auf Grund des eindeutigen Wortlautes muss eine Analogie aber ausscheiden. Während der Gesetzgeber mit § 81b StPO und § 169 S. 2 GVG Normen geschaffen hat, die auf das Herstellen von Aufnahmen abstellen, ließ er die §§ 22 ff. KUG unverändert.582 Zudem sind die Motive der §§ 22 ff. KUG nur auf Veröffentlichungen von Abbildungen bezogen.583 Auch gesetzessystematisch vermag es nicht zu überzeugen, die §§ 22 ff. KUG anzuwenden. Deren Merkmale sind nämlich einzig auf den Eingriffstatbestand der Bildnispublikation ausgerichtet, nicht aber auf den der Bildnisherstellung. Während das Unwerturteil einer verbotenen Bildnispublikation erfolgsakzentuiert ist, liegt der Akzent des Unwerturteils einer verbotenen Bildnisherstellung auf der Handlung.584 Dieser gewichtige Unterschied lässt die Normen des Kunsturhebergesetzes hier als unpassend erscheinen. Zudem fehlt es am Bedürfnis, auf eine Analogie zurückgreifen zu müssen. Über das einschlägige allgemeine Persönlichkeitsrecht wird ein ausreichender Schutz der Persönlichkeit, der im Hinblick auf die Aufnahmeanfertigungen zu Recht gefordert wird585, gewährleistet. Gegen eine Analogie lässt sich auch das nur geplante Persönlichkeitsschutzgesetz von 1959586, in welchem die fehlende Erfassung der Herstellung durch das Kunsturhebergesetz ausgeglichen werden sollte, anführen. Da der Entwurf scheiterte, ist es dabei geblieben, dass das allgemeine Persönlichkeitsrecht zum Schutze vor Aufnahmeherstellungen zu bemühen ist.587 Aus den genannten,

578 Schwerdtner, Persönlichkeitsrecht, S. 209; so auch Franke, Bildberichterstattung, S. 88; Wiese FS-Hubmann, S. 481 (484); Nipperdey UFITA 30 (1960), 1 (11); Werhahn UFITA 37 (1962), 22 (25); wohl auch Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 100; offen gelassen von Erman I/Ehmann, Anh § 12 RN 607. 579 Vgl. dazu Franke, Bildberichterstattung, S. 88; Lampe NJW 1973, 217 (217). 580 Vgl. Erman I/Ehmann, Anh § 12 RN 607 ff. 581 So aber Britz, Fernsehaufnahmen, S. 237. 582 Mit § 141 Nr. 5 UrhG aus dem Jahr 1965 wurde entschieden, das Recht am eigenen Bild in seiner bisherigen Gestalt zu konservieren, es also gerade nicht auf den Herstellungsprozess zu beziehen. [Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 74; Evers, FS-Reinhardt, S. 381 (384 f.)]. 583 Vgl. Müller, Bildnisveröffentlichung, S. 45. 584 Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 75 f. 585 Nur beispielhaft sei verwiesen auf BGHZ 24, 200 (208); BGH NJW 1966, 2353 (2354 f.); OLG Hamm GRUR 1971, 84 (85); OLG Hamm JZ 1988, 308 (308); VGH Mannheim VBlBW 1995, 281 (283); MK I BGB (3. Aufl.)/Schwerdtner, § 12 RN 164; Hubmann, Das Persönlichkeitsrecht, S. 298 f.; Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 68 f.; Britz, Fernsehaufnahmen, S. 237; Wenzel/von Strobl-Alberg, Wortund Bildberichterstattung, Kap. 7 RN 14; Paeffgen JZ 1979, 516 (516 f.); Jarass JZ 1983, 280 (284); Ehlers JuS 1983, 869 (873). 586 BT-Drucks. 3/1237; vgl. dazu auch Wenzel/von Strobl-Alberg, Wort- und Bildberichterstattung, Kap. 7 RN 22; Hubmann, Das Persönlichkeitsrecht, S. 298 FN 12; Paeffgen JZ 1978, 738 (740 FN 23).

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G. Die Kriterien der Interessenabwägung

nicht weiter zu vertiefenden Gründen ist eine Analogie zu den §§ 22 ff. KUG für den gesamten Bereich der Bildnisherstellung abzulehnen. Richtigerweise ist einzig auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG abzustellen. Aus diesem Grund spielt es hier keine Rolle, ob die betroffenen Personen solche der Zeitgeschichte sind. bb) Rechtfertigung Daher muss eine einzelfallorientierte Interessen- und Güterabwägung durchgeführt werden.588 Wo genau die Grenzen zwischen zulässiger und unzulässiger Bildnisherstellung verlaufen, ist bis heute nicht abschließend geklärt und wird auf absehbare Zeit mangels gesetzlicher Regeln und Anhaltspunkte wohl auch ungeklärt bleiben. Zu einem erheblichen Teil gehen diese Unklarheiten darauf zurück, dass bereits der Ausgangspunkt der Abwägung, aber auch die einzustellenden Kriterien unterschiedlich festgelegt werden. Bevor es um die eigentliche Abwägung gehen kann, sind diese Unklarheiten zu beseitigen. (1) Ausgangspunkt Zunächst soll es um den Ausgangspunkt gehen, von dem aus in die Abwägung einzutreten ist. Da es an klaren rechtlichen Regelungen fehlt589, wundert es nicht, dass sich diesbezüglich verschiedene Ansichten herausgebildet haben. Die geführte Diskussion ist dabei nicht nur dogmatische Spielerei, sondern hat insbesondere auf die Situationen Einfluss, in denen die Abwägung zu keinem eindeutigen Ergebnis führt. Je nachdem, ob man nun von einer Zulässigkeit oder Unzulässigkeit der Aufnahmenanfertigung ausgeht, fällt das Ergebnis dann unterschiedlich aus. Darin zeigt sich, dass der Ausgangspunkt einer Beweislastregelung ähnlich ist. Im Folgenden sollen die wesentlichen Ansichten diskutiert werden.

587 So statt vieler auch OLG Hamm GRUR 1971, 84 (85); OLG Karlsruhe GA 1982, 224 (225) = NStZ 1982, 123; Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte im Privatrecht S. 71 f.; Wenzel/von Strobl-Alberg, Wort- und Bildberichterstattung, Kap. 7 RN 22; vgl. die umfassenden Fundstellen bei Britz, Fernsehaufnahmen, S. 238 FN 55. 588 Das ist der große Unterschied zu §§ 22 S. 1, 23 Abs. 1 KUG. Vgl. Prinz/Peters, Medienrecht, RN 782. 589 Ursprünglich hat der Gesetzgeber von einer Kodifizierung wohl deshalb abgesehen, weil er keine sonderlichen Gefahren für den Abgebildeten allein durch die Anfertigung der Aufnahmen sah [vgl. Allfeld GRUR 1904, 258 (267 f.)]. Damals nämlich gab es kaum Möglichkeiten, unbemerkt und schnell Abbildungen von Personen herzustellen, so dass der notwendige technische Aufwand das Schutzbedürfnis gering hielt.

I. Die Persönlichkeitsrechte

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(a) Generelle Zulässigkeit der Aufnahmen Bis zur Anerkennung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts bestand keine Möglichkeit, sich gegen unzulässige Bildnisherstellungen zu wehren. Die §§ 22 ff. KUG waren nicht anwendbar und das allgemeine Persönlichkeitsrecht noch nicht entwickelt. Da es an einer Verbotsnorm mangelte, wurde davon ausgegangen, dass es auch ohne Zustimmung des Betroffenen zulässig sei, personenbezogene Aufnahmen anzufertigen.590 Hinzu trat die Überlegung, dass derjenige, der sich fremden Blicken aussetzt, es dulden müsse, wenn sein Bild aus der Erinnerung nachgezeichnet wird. Dann aber müsse es auch erlaubt sein, das Bildnis sofort anzufertigen.591 Schließlich wurde auch darauf verwiesen, dass ein Verbot der Aufnahmeherstellung faktisch nicht kontrollierbar und durchsetzbar sei.592 Die Annahme eines Verbotes würde so den tatsächlichen Gegebenheiten widersprechen. Zu Recht stieß diese, im Ergebnis sehr medienfreundliche Sicht, rasch auf heftige Kritik. Die Möglichkeit, eine Person visuell wahrnehmen zu können, kann kein Recht, von dieser auch eine visuell wahrnehmbare Aufnahme anzufertigen, begründen. Ansehen und Aufnehmen sind verschiedene Prozesse.593 Nur bei letzterem wird ein Stück Persönlichkeit materialisiert. Auf Grund dieses qualitativen Unterschiedes muss dementsprechend differenziert werden. Völlig fehl geht auch die Annahme, dass alles nicht ausdrücklich Verbotene erlaubt sei. Denn auch ungeschriebene Verbote sind denkbar und werden heute vielfach angenommen. Deshalb kann von einer Erlaubnis erst dann ausgegangen werden, wenn auch ein ungeschriebenes Verbot keine rechtliche Verankerung findet. Hier geht es um das allgemeine Persönlichkeitsrecht, welches eine taugliche Verbotsgrundlage ist. Schließlich müssen praktische Schwierigkeiten außer Betracht bleiben. Die Existenz eines Verbotes kann nicht davon abhängig gemacht werden, wie effektiv eine Kontrolle wäre. Trotz der im Ergebnis durchgreifenden Kritik an der dargestellten und vor dem Inkrafttreten des Grundgesetzes vertretenen Ansicht, wird auch in der heutigen Zeit vereinzelt eine ähnlich formalistische Haltung bezogen.594 Bildnisherstellungen seien demnach generell zulässig. Dem sind zunächst die bereits angebrachten Argumente entgegenzuhalten. Zudem würde die Bedeutung des grund590 Letzel, Recht am eigenen Bilde, S. 29; Cohn, Neue Rechtsgüter, S. 45 ff.; von Klitzing, Über das Recht am eigenen Bilde, S. 57; Finger GRUR 1908, 48 (54); einschränkend Rietschel AcP 94 (1903), 142 (180). 591 Cohn, Neue Rechtsgüter, S. 45 f. 592 Rietschel AcP 94 (1903), 142 (180). 593 Landwehr, Recht am eigenen Bild, S. 40; vgl. Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 461; Reinhardt JZ 1959, 41, (43); darauf weisen letztlich auch Amelung/ Tyrell NJW 1980, 1560 (1561) hin. 594 So Schwab, Presseberichterstattung, S. 130 ff.; Lang, Ton- und Bildträger, S. 33 ff.; Dittmar NJW 1979, 1311 (1311); dagegen Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte im Privatrecht, S. 71 FN 30.

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G. Die Kriterien der Interessenabwägung

gesetzlich verbürgten allgemeinen Persönlichkeitsrechts verkannt, wenn diesem keine Schutzwirkungen zugesprochen wird. Dies käme einem generellen Vorrang der Medienfreiheiten gleich. Da dies der Systematik des Grundgesetzes, nach der alle Grundrechte grundsätzlich gleichrangig sind595, widerspricht, muss am Erfordernis der Abwägung festgehalten werden. Es kann daher nicht generell zulässig sein, von Personen Bildaufnahmen anzufertigen. (b) Verweis auf § 81b StPO Auch Schmidt 596 kommt zum Ergebnis, dass alle Bildaufnahmen als unzulässig zu qualifizieren sind. Dies schließt er aus § 81b StPO, der die Aufnahme von Lichtbildern des Beschuldigten in besonderen Fällen gestattet. Daraus folgert Schmidt 597, dass Bildaufnahmen zu anderen als den in dieser Norm genannten Zwecken ohne Zustimmung des Beschuldigten unabhängig von einer Abwägung nicht statthaft sind. Dabei richte sich das Verbot an alle, die dem Beschuldigten als solchem im Verfahren begegnen, also auch an die Rundfunkanbieter. Dem ist die, sich aus dem Zweck der Vorschrift ergebende, begrenzte Reichweite der Regelung entgegenzuhalten. Zweck ist einerseits die Förderung eines anhängigen Strafverfahrens zur Bestimmung der Identität des Beschuldigten durch die Lichtbildaufnahmen (§ 81b 1. Alt. StPO)598 und andererseits die Prävention, wofür Lichtbildaufnahmen gestattet sind, wenn der Beschuldigte als potentieller Täter anderer Straftaten in Betracht kommt (§ 81b 2. Alt. StPO)599. Weder entspricht es dem Wortlaut noch den Zwecken der Norm, diese auf andere Bereich auszuweiten.600 Daher können der Norm keine Argumente für die rechtliche Behandlung von Bildaufnahmen entnommen werden. Eine generelle Unzulässigkeit der Aufnahmen kann somit nicht begründet werden.

595 BVerfGE 35, 202 (225); BGH NJW 1978, 1797 (1798); Sachs/Sachs, Art. 20 RN 155; Zielemann, Tatverdächtige, S. 36 f.; Gronau, Persönlichkeitsrecht und Medienfreiheit, S. 165; Larenz FS-Klingmüller, S. 235 (238); Löffler NJW 1959, 1 (1); von Gamm NJW 1979, 513 (516); Stark JuS 1995, 689 (690). 596 Schmidt, Justiz und Publizistik, S. 15 ff.; Schmidt FS-Schmidt, S. 338 (345 f.); Schmidt DRiZ 1963, 376 (380). 597 Schmidt, Justiz und Publizistik, S. 15 ff.; Schmidt FS-Schmidt, S. 338 (345 f.); Schmidt DRiZ 1963, 376 (380). 598 Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 81b RN 2; HD/Lemke, § 81b RN 1; KK/Senge, § 81b RN 1; Franke, Bildberichterstattung, S. 113; Zielemann, Tatverdächtige, S. 69; Kühne, Strafprozessrecht, RN 482; Ranft, Strafprozessrecht, RN 901. 599 OLG Düsseldorf NJW 1959, 1790 (1790); OVG Münster NJW 1972, 2147 (2148); Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 81b RN 3; HD/Lemke, § 81b RN 1; KK/Senge, § 81b RN 1; Franke, Bildberichterstattung, S. 113; Zielemann, Tatverdächtige, S. 69; Kühne, Strafprozessrecht, RN 482; Ranft, Strafprozessrecht, RN 901. 600 Zielemann, Tatverdächtige, S. 70; Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 512; Hübner-Raddatz, Fernsehöffentlichkeit, S. 21.

I. Die Persönlichkeitsrechte

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(c) Grundsätzliche Zulässigkeit der Aufnahmen Medienfreundlich ist die Ansicht von von Strobl-Alberg601. Er kommt zum Ergebnis, dass die Anfertigung von Bildnisaufnahmen grundsätzlich als rechtmäßig einzustufen ist. Wenn ein grundsätzliches Verbot anzunehmen wäre, dann würde die Rundfunkfreiheit unverhältnismäßig eingeschränkt. Nach von StroblAlberg602 wäre ein journalistisches Arbeiten dann weitgehend unmöglich. Selbst wenn sich letzteres als zutreffend erweisen sollte, wird doch übersehen, dass es hier nicht um Verbote der Aufnahmeanfertigung geht, sondern um den Einstieg in eine Abwägung. Zudem ist festzustellen, dass das allgemeine Persönlichkeitsrecht nicht ausreichend beachtet wird.603 Um dieses geht es gerade, wenn die Rechtmäßigkeit beziehungsweise Zulässigkeit der Aufnahmeherstellungen in Frage steht. Daher ist auch die Ansicht, bildnisbezogene Aufnahmen können grundsätzlich rechtmäßig angefertigt werden, abzulehnen. Werden Bildnisse hergestellt, wird in das Schutzgut des allgemeinen Persönlichkeitsrechts eingegriffen. Dies muss gerechtfertigt sein. Der zu gewährende persönlichkeitsrechtliche Schutz gebietet deshalb einen restriktiveren Ansatz. (d) Grundsätzliche Unzulässigkeit der Aufnahmen unter Verweis auf § 23 Abs. 1 KUG Dem entspricht die Ansicht, die von einer grundsätzlichen Unzulässigkeit der Anfertigung von personenbezogenen Bildaufnahmen ausgeht. Nur über die vorzunehmende Abwägung können die Anfertigungen legitimiert werden. Allerdings werden hiervon Ausnahmen dann gemacht, wenn eine der Varianten des § 23 Abs. 1 KUG verwirklicht ist.604 Letztlich wird also eine Analogie zum Kunsturhebergesetz vorgenommen.605 Da die §§ 22 ff. KUG im Hinblick auf die Anfertigung von Bildaufnahmen jedoch weder analogiefähig noch -bedürftig sind606, muss dieser Ansatz, auch wenn er dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht ausreichend Rechnung trägt, abgelehnt werden. Das Ergebnis ist zu begrüßen, der Weg aber ist falsch.

601 Wenzel/von Strobl-Alberg, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, Kap. 7 RN 25. 602 Wenzel/von Strobl-Alberg, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, Kap. 7 RN 25. 603 Wohl auch Amelung/Tyrell NJW 1980, 1560 (1561). 604 So Staudinger II/Hager, § 823 RN C 158; Wiese FS-Hubmann, S. 481 (484); von Münch JuS 1965, 404 (406); Paeffgen JZ 1979, 516 (517); Franke JR 1982, 48 (49 f.). 605 Ausdrücklich Wiese FS-Hubmann, S. 481 (484); Franke JR 1982, 48 (49 f.); deutlich auch Paeffgen JZ 1979, 516 (516 ff.). 606 Vgl. G. I. 4. a) aa).

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G. Die Kriterien der Interessenabwägung

(e) Grundsätzliches Verbot der Aufnahmen Daher spricht alles dafür, einen ausnahmslos bestehenden Grundsatz dahingehend anzunehmen, dass es verboten ist, personenbezogene Bildaufnahmen ohne entsprechende Einwilligung anzufertigen.607 Nur über eine Abwägung sind dennoch angefertigte Aufnahmen legitimierbar. So ist die „. . . Herstellung eines Bildes . . . stets (ein) Eingriff . . ., der einer Rechtfertigung bedarf . . .“608. Nicht alle Argumente, die dieses Ergebnis stützen sollen, vermögen die Annahme eines grundsätzlichen Verbotes voll zu tragen. Für die Annahme eines grundsätzlichen Verbotes wird immer wieder die Gefahr von missbräuchlichen, also rechtswidrigen Verwendungen der hergestellten Ausnahmen ins Feld geführt.609 Wenn diese Gefahr in der Tat besteht, überzeugt das Argument nur teilweise.610 Denn es ginge zu weit, dem Rundfunk ständig derartige Verhaltensweisen anlasten zu wollen. Auch wenn die Unbefangenheit im Umgang mit Menschen611 zu sichern ist, kann der Verweis hierauf doch nur sehr bedingt als Argument angeführt werden. Es ist lebensfremd anzunehmen, jede sich in der Öffentlichkeit bewegende Person verändere ihr Verhalten, weil sie im Bewusstsein der Möglichkeit einer unerwünschten Aufnahme ist. Denn in den heutigen Zeiten besteht für jeden faktisch immer die Möglichkeit, Gegenstand von Bild- beziehungsweise Fotoaufnahmen zu werden. Die Unbefangenheit also wird nur in einigen Fällen tatsächlich berührt. In Bezug auf den strafgerichtlichen Sitzungsbereich aber dürfte dies regelmäßig der Fall sein, so dass das insgesamt zu pauschale Argument hier doch greift. Der Verweis auf die erlangte persönlichkeitsrechtliche Herrschaftsposition612 dagegen überzeugt. Mit der Anfertigung der Aufnahmen wird ein Stück der Persönlichkeit des Abgebildeten materialisiert. Bereits dies steht im Widerspruch zur Aussage des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, nach dem der Abgebildete entscheiden soll, wer Aufnahmen seines Bildnisses anfertigen darf und wer nicht. Völlig zutreffend wird deshalb darauf hingewiesen, dass mit jedem 607 BVerfG ZUM 2000, 149 (154 f.); KG NJW 1980, 894; OLG Frankfurt NJW 1987, 1087 (1088); Hubmann, Das Persönlichkeitsrecht, S. 298; Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 78; Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 461 ff.; Benkard GRUR 1950, 481 (484); Reinhardt JZ 1959, 41 (43 f.); Sarstedt (auf der 19. Arbeitstagung des Studienkreises für Presserecht und Pressefreiheit) nach Löffler NJW 1966, 920 (921); Rehbinder, Urheberrecht RN 856; Amelung/Tyrell NJW 1980, 1560 (1561); wohl auch Ranft Jura 1995, 573 (580). 608 Amelung/Tyrell NJW 1980, 1560 (1561). 609 Hubmann, Das Persönlichkeitsrecht, S. 299. 610 Ähnlich Haberstroh JR 1983, 314 (315). 611 Diese, so wird angeführt, kommt durch das Bewusstsein zu Stande, es könnten unerwünschte Aufnahmen existieren. So Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 462; Amelung/Tyrell NJW 1980, 1560 (1560 f.). 612 BGH JR 1982, 287 (287); BGH NJW 1987, 2667 (2668); Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 461 f. und FN 1103 a. E.

I. Die Persönlichkeitsrechte

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Herstellen einer Bildnisaufnahme ein Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht bewirkt wird.613 Diese Erkenntnis muss dann zur grundsätzlichen Unzulässigkeit der Aufnahmeherstellung führen. Wenn man es mit dem Schutz der informationellen Selbstbestimmung durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht wirklich ernst meint, so kann nur diese Sicht überzeugen. Überhaupt ist ein wirksamer Bildnisschutz im Sinne eines Persönlichkeitsschutzes erst mit dem Verbot bereits der Anfertigung zu erreichen.614 Das ist der Ausgangspunkt für die nun durchzuführende Interessen- und Güterabwägung. Daher muss nach besonderen, den Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht rechtfertigenden Umständen gesucht werden. Eine Rechtfertigung auch der Anfertigung von Bildnissen muss durch höherrangige Interessen möglich sein.615 (2) Einzustellende Kriterien Um die eigentliche Abwägung vornehmen zu können, müssen wiederum zunächst die einzubeziehenden Kriterien herausgearbeitet werden. Natürlich muss das allgemeine Persönlichkeitsrecht nach Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG in die Abwägung eingestellt werden, denn dessen Verletzung soll gerade geprüft werden. Bereits wenn Aufnahmen angefertigt werden, kann daran gedacht werden, die jeweils betroffenen Personen als Objekte des Rundfunks anzusehen. Dann könnte deren Menschenwürde als verletzt angesehen werden. Nach Helle616 soll schon der Prozess der Bildnisherstellung gegen die Menschenwürde verstoßen. Das soll ihm zufolge dann der Fall sein, wenn ein Mensch gegen seinen Willen fotografiert oder gefilmt wird, da der Aufgenommene so zum bloßen Objekt anderer Menschen gemacht wird. Außerdem soll die Menschenunwürdigkeit wegen der eintretenden Ungewissheit hinsichtlich der späteren Disponierung über das Bildnis betroffen sein. Hierbei aber werden bereits die Kritikpunkte bezüglich der Tauglichkeit der Objektformel617 außer Acht gelassen. Abgesehen davon kann nicht angenommen werden, dass das bloße Anfertigen von Bildauf613

Amelung/Tyrell NJW 1980, 1560 (1561). MK BGB I (3. Aufl.)/Schwerdtner, § 12 RN 164; Schwerdtner, Persönlichkeitsrecht, S. 208; Bongartz, Das Recht am eigenen Bilde und seine Reform, S. 64; Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 462; ähnlich BGH NJW 1966, 2253 (2254); OLG Karlsruhe GA 1982, 224 (225 f.) = NStZ 1982, 123; Wehrhahn UFITA 37 (1962), 22 (25); von Münch JuS 1965, 404 (406); Paeffgen JZ 1979, 516 (517); Haberstroh JR 1983, 314 (315). 615 So oder ähnlich OLG Hamburg NJW-RR 1990, 1000 (1000 f.); Franke, Bildberichterstattung über den Angeklagten und der Öffentlichkeitsgrundsatz im Strafverfahren, S. 88; Götting, Persönlichkeitsrechte als Vermögensrechte, S. 25 f.; Amelung/ Tyrell NJW 1980, 1560 (1561). 616 M. w. N. Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 77. 617 Vgl. G. I. 3. c) bb). 614

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G. Die Kriterien der Interessenabwägung

nahmen gegen den Willen der Betroffenen den Kernbereich menschlicher Existenz beeinträchtige und so einen Verstoß gegen die Menschenwürde darstellt. Mithin spielt Art. 1 Abs. 1 GG hier keine Rolle. Zu Gunsten des Rundfunks lässt sich wiederum die Rundfunkfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GG anführen, deren sachlicher Schutzbereich betroffen ist, wenn es um Einschränkungen auch der Aufnahmegewinnung geht.618 Neben der geschützten Publikation619 wird nämlich auch deren Vorbereitungsphase geschützt. Alle notwendigen Schritte zur Herstellung des Rundfunkprogramms fallen daher in den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GG620, wozu auch die Informationsbeschaffung im weitesten Sinne gehört.621 Diesem weiten Verständnis entspricht es, auch die Anfertigung der Aufnahmen hierunter zu zählen.622 Im Hinblick auf die personelle Reichweite des Grundrechts gilt es erstens zu beachten, dass sämtliche Rundfunkanbieter unabhängig von ihrer Struktur geschützt werden. Da die personelle Schutzweite der Rundfunkfreiheit funktionsbedingt aus dem Sinn und Zweck des Grundrechts heraus zu bestimmen ist623, geht der Schutz zweitens über die Rundfunkanbieter hinaus. Sinn und Zweck der Rundfunkfreiheit ist es nämlich, staatliche Einflüsse auf den Gesamtvorgang des Publizierens mit all seinen notwendigen Hilfstätigkeiten auszuschließen. Auch die Rundfunkmitarbeiter im weitesten Sinne und freie Mitarbeiter können sich deshalb auf Art. 5 Abs. 2 S. 2 Alt. 2 GG berufen, allerdings nur, solange ihre Tätigkeiten im wesensmäßigen Zusammenhang mit dem Rundfunk stehen.624 Die Anfertigung von personenbezogenen Bildaufnahmen, die Bestandteil von Gerichtsberichterstattungen werden sollen, weist den erfor618 BVerfGE 87, 334 (339); 91, 125 (128, 134); Laschet, Programmgrundsätze, S. 105; Rotsch, Der Schutz der journalistischen Recherche, S. 33; Herrmann, Rundfunkrecht, § 22 RN 38; Neben, Personenberichterstattung, S. 117; letztlich auch Niepella, Grundversorgung, S. 15; Neben, Personenberichterstattung, S. 116 f.; Wenzel/ von Strobl-Alberg, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, Kap. 7 RN 25; Bethge DÖV 2002, 673 (674). 619 Vgl. nur Bosman, Rundfunkfreiheit und Programmgrundsätze, S. 7. 620 Dreier I/Schulze-Fielitz, Art. 5 I, II RN 135; Jarass/Pieroth/Jarass, Art. 5 RN 39; Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 12; Herrmann, Fernsehen und Hörfunk, S. 91; Neben, Personenberichterstattung, S. 114 f.; Rotsch, Der Schutz der journalistischen Recherche, S. 34; Sachs, Verfassungsrecht II, B 5 RNn 30, 42; Paschke, Medienrecht, RN 235; Herrmann, Rundfunkrecht, § 5 RN 29, § 22 RNn 37 ff.; Hesse, Rundfunkrecht, RN 322; Tettinger, in: Rundfunk und Fernsehen, S. 62 (66). 621 BVerfGE 35, 202 (220); 91, 125 (128, 134); Laschet, Programmgrundsätze, S. 105; Neben, Personenberichterstattung, S. 116; Ricker/Schiwy, Rundfunkverfassungsrecht, B RN 127; Herrmann, Fernsehen und Hörfunk, S. 92; Fechner, Medienrecht, RN 804; Lorz, in: Herausforderungen, S. 59 (61); Wendt AfP 2004, 181 (184). 622 Im Gegensatz zu oben [siehe G. I. 3. c) bb)] geht es hier um eine wesensmäßig publizistische Tätigkeit im Sinne des Art. 5 Abs. 2 S. 2 Alt. 2 GG. 623 Ricker/Schiwy, Rundfunkverfassungsrecht, B RN 157. 624 Gersdorf, Grundzüge des Rundfunkrechts, RN 123; Neben, Personenberichterstattung, S. 117 ähnlich Sachs/Bethge, Art. 5 RN 109.

I. Die Persönlichkeitsrechte

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derlichen Zusammenhang auf. Daher können sich Personen, welche die Aufnahmen für die Rundfunkanbieter herstellen auf Art. 5 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GG berufen. In allen Fällen, in denen die Möglichkeit, Aufnahmen herzustellen beschränkt würde, würde in die Rundfunkfreiheit eingegriffen.625 Dies gilt es in der Abwägung zu berücksichtigen. Wenn es um die Anfertigung von Bildmaterial geht, könnte auch die Informationsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 GG betroffen und so in die Abwägung einzustellen sein. Jeder hat danach das Recht, sich aus allgemein zugänglichen Quellen zu unterrichten. Über Art. 19 Abs. 3 GG steht dieses Recht auch den Rundfunkanbietern zu. Diese sind zur Informierung der Allgemeinheit nicht nur in der Lage und berechtigt, sondern auch dazu verpflichtet.626 Dann aber müssen die Rundfunkanbieter auch in der Lage sein, die erforderlichen Informationen an den jeweiligen Quellen in Erfahrung zu bringen.627 Dem Fernsehen muss es daher möglich sein, audio-visuelle Aufnahmen anzufertigen.628 Zwischen privatrechtlich629 und öffentlich-rechtlich strukturierten Rundfunkanbietern ist hier nicht zu differenzieren, da sie im Wesentlichen die gleichen Aufgaben wahrnehmen. Auch den öffentlich-rechtlichen Anbietern kann der Grundrechtsschutz nicht versagt werden.630 In sachlicher Hinsicht ist, damit Art. 5 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 GG schützend eingreift, erforderlich, dass eine allgemein zugängliche Informationsquelle vorliegt. Der Begriff der Informationsquelle ist weit auszulegen. Er umfasst daher alle denkbaren Absender beziehungsweise Träger von Informationen.631 Daher sind hier einerseits die Personen selbst und andererseits die eigentlichen Strafverfahren als Informationsquellen im genannten Sinne aufzuführen. Die Rundfunkanbieter nutzen diese, um ihre Gerichtsberichterstattungen zu produzieren und zu publizieren. Keine Rolle spielt es, aus welchem Bereich die Informationen stammen632 und ob sie rein unterhaltender Natur sind beziehungsweise dazu genutzt werden sol625 BVerfGE 77, 65 (74 f.); Jarass/Pieroth/Jarass, Art. 5 RN 42 ff.; Dreier I/ Schulze-Fielitz, Art. 5 I, II RN 133. 626 Siehe C. I. 2. a) aa). 627 Fechner, Medienrecht, RNn 135, 287; Fuhr FS-Armbruster, S. 117 (117, 125). 628 Fuhr FS-Armbruster, S. 117 (117). 629 Diesen kann der Schutz durch die Informationsfreiheit ohne Schwierigkeiten zugesprochen werden. Vgl. Paschke, Medienrecht, RN 188; Schmitt Glaeser Jura 1987, 567 (169). 630 So auch BK/Degenhart, Art. 5 Abs. 1 und 2 RNn 35, 352. 631 BVerfGE 27, 71 (82 f.); 103, 44 (60); BK/Degenhart, Art. 5 Abs. 1 und 2 RN 320; Sachs/Bethge, Art. 5 RN 54; Jarass/Pieroth/Jarass, Art. 5 RN 15; Dreier I/ Schulze-Fielitz, Art. 5 I, II RN 100; von Münch/Kunig I/Wendt, Art. 5 RN 22; Zschiedrich, Informationsanspruch, S. 32; Pieroth/Schlink, Staatsrecht II, RN 562; Bleckmann, Staatsrecht II, § 26 RN 33; Siekmann/Duttge, Staatsrecht I, RN 456; Sachs, Verfassungsrecht II B 4 RN 20; Paschke, Medienrecht, RN 185; Fuhr FS-Armbruster, S. 117 (126); Schmitt Glaeser Jura 1987, 567 (570); Wendt AfP 2004, 181 (184).

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G. Die Kriterien der Interessenabwägung

len.633 Die Informationsfreiheit gewährleistet aber nur das Recht, sich aus einer bereits für die allgemeine Zugänglichkeit bestimmten Informationsquelle zu unterrichten.634 Darunter fallen Quellen, die technisch geeignet und dazu bestimmt sind, der Allgemeinheit, das heißt einem individuell nicht bestimmbaren Personenkreis, Informationen zu liefern635, wobei es primär auf die tatsächliche und nicht auf die rechtliche Eignung ankommt.636 Während der nicht von § 169 S. 2 GVG umfasste Sitzungsbereich außerhalb der Hauptverhandlung für Allgemeinheit und Massenmedien bewusst frei zugänglich ausgestaltet637 und das Gerichtsverfahren so eine frei zugängliche Informationsquelle im Sinne des Art. 5 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 GG ist638, ist der sachliche Schutzbereich des Grundrechts hinsichtlich der hier maßgebenden personenbezogenen Aufnahmen nicht einschlägig. Denn diejenigen Informationen, die der jeweiligen Person als solcher anhaften, wie zum Beispiel Aussehen, Mimik und nach außen tretende Gefühlswelten sind zwar geeignet, der Allgemeinheit Informationen zu vermitteln, nicht aber dazu bestimmt. Eine andere Sichtweise träte in einen unauflöslichen Konflikt zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht, nach dem einzig die jeweilige Person selbst über ihr Aussehen und auch über Aufnahmen desselben bestimmen können soll. Auch im Rahmen der Informationsfreiheit kann es deshalb ausschließlich auf den Berechtigten, hier den Aufgenommenen beziehungsweise 632 von Münch/Kunig I/Wendt, Art. 5 RN 22; BK/Degenhart, Art. 5 Abs. 1 und 2 RN 321; Bleckmann, Staatsrecht II, § 26 RN 33; Siekmann/Duttge, Staatsrecht I, RN 458; Fechner, Medienrecht, RN 137; Schmitt Glaeser Jura 1987, 567 (570). 633 BVerfG NJW 1993, 1252 (1253); Gersdorf ZUM 2002, 106 (110 f.). 634 BVerfGE 103, 44 (59 f.) = ZUM 2001, 220 (225); Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 13, 16; Wendt AfP 2004, 181 (184). 635 BVerfGE 27, 71 (83) = NJW 1970, 235 (237); 33, 52 (65); 90, 27 (32); 103, 44 (60); BVerwGE 27, 104 (108); 47, 247 (252); 61, 15 (22); 90, 27 (32); BVerfGE 103, 44 (59) = ZUM 2001, 220 (224); OVG Lüneburg NVwZ 1986, 496 (498); Dreier I/ Schulze-Fielitz, Art. 5 I, II RN 101; Jarass/Pieroth/Jarass, Art. 5 RN 15; Sachs/ Bethge, Art. 5 RN 55; von Münch/Kunig I/Wendt, Art. 5 RN 22; Zschiedrich, Informationsanspruch, S. 34; Paschke, Medienrecht, RN 185; Bleckmann, Staatsrecht II, § 26 RN 34; Pieroth/Schlink, Staatsrecht II, RN 564; Stein/Frank, Staatsrecht, S. 299; Ipsen, Staatsrecht II, RN 402; Siekmann/Duttge, Staatsrecht I, RN 456; Sachs, Verfassungsrecht II B 4 RN 20; Fechner, Medienrecht, RN 137; Tettinger, in: Rundfunk und Fernsehen, S. 62 (64); Pieroth, in: Recht der Persönlichkeit, S. 249 (257); Fuhr FSArmbruster, S. 117 (126); Lepper DVBl. 1963, 315 (317); Tettinger JZ 1984, 400 (403); Schmitt Glaeser Jura 1987, 567 (570); Schmitt Glaeser AöR 113 (1988), 52 (80); Tettinger JZ 1990, 846 (849); Lerche Jura 1995, 561 (565); Enders NJW 1996, 2712 (2713); Wendt AfP 2004, 181 (184). 636 BVerfGE 27, 71 (83 f.); Dreier I/Dreier, Art. 5 I, II RN 101; Sachs/Bethge, Art. 5 RN 56; Bleckmann, Staatsrecht II, § 26 RN 35; Pieroth/Schlink, Staatsrecht II, RN 564; Rose, Journalistische Recherche, S. 33; Fuhr FS-Armbruster, S. 117 (126); Schmitt Glaeser Jura 1987, 567 (570); Schmitt Glaeser AöR 113 (1988), 52 (80). 637 BVerfGE 103, 44 (62) = ZUM 2001, 220 (225); Dreier I/Schulze-Fielitz, Art. 5 I, II RN 102; Sachs/Bethge, Art. 5 RN 56; Hain DÖV 2001, 589 (591). 638 BVerfGE 103, 44 (59 ff.); Sachs/Bethge, Art. 5 RN 56; Hain DÖV 2001, 589 (591).

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Aufzunehmenden ankommen.639 Somit fehlt es diesbezüglich an der allgemeinen Zugänglichkeit der personenbezogenen Informationen, wie sie Art. 5 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 GG fordert.640 Da es im Rahmen dieser Arbeit nicht um Bildaufnahmen des Gerichtsverfahrens oder der Räumlichkeiten desselben geht, sondern einzig um personenbezogene Aufnahmen, kann die Informationsfreiheit mangels sachlicher Schutzbereichseröffnung hier keine Rolle spielen. Auf die nur schwer zu beantwortende Frage, wie Rundfunk- und Informationsfreiheit zueinander stehen641, muss deshalb nicht eingegangen werden. Wenn es um die Rechte auf Seiten des Rundfunks geht, darf die Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG nicht vergessen werden. Da es hier um die Anfertigung von Bildaufnahmen geht, sind die Betrachtungen nicht auf die Rundfunkanbieter zu beziehen, sondern auf diejenigen Personen, welche die Aufnahmen für den Rundfunk herstellen. Nachfolgend soll der Einfachheit halber davon ausgegangen werden, dass diese Personen Deutsche im Sinne des Art. 116 GG oder zumindest EU-Bürger (Art. 17 EG) sind. Nur diese nämlich können sich auf die Berufsfreiheit berufen.642 Für den Schutz der am Aufnahmeprozess beteiligten Personen ist das Verständnis des Berufsbegriffs ausschlaggebend. Unter einem Beruf ist jede auf gewisse Dauer angelegte Tätigkeit zu 639 Herrmann, Fernsehen und Hörfunk, S. 74; Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 16; Herrmann, Rundfunkrecht, § 5 RN 17; Lerche Jura 1995, 561 (563); Enders NJW 1996, 2712 (2713). 640 Hiervon ist die Frage, ob auch rechtsverletzende Informationsbeschaffungen unter den Schutz der Informationsfreiheit fallen [bejahend von Münch/Kunig I/Wendt, Art. 5 RN 29; verneinend Schmitt Glaeser Jura 1987, 567 (572)], strikt zu trennen. 641 Dieses rechtswissenschaftlich eher stiefmütterlich behandelte Konkurrenzproblem resultiert daraus, dass durch die Rundfunkfreiheit auch die Informationsbeschaffung [Siehe G. I. 3. c) bb)] geschützt wird. Während einige die beiden Grundrechte als parallel anwendbar erachten [Rose, Journalistische Recherche, S. 35 f.; Herrmann, Fernsehen und Hörfunk, S. 60; Stock AöR 104 (1979), 1 (39); wohl auch Dreier I/ Schulze-Fielitz, Art. 5 I, II RN 99; Fuhr FS-Armbruster, S. 117 (123); Krausnick ZUM 2001, 230 (231)], gehen andere von einem Spezialitätsverhältnis zu Gunsten der Rundfunkfreiheit aus [BK/Degenhart, Art. 5 Abs. 1 und 2 RN 35; Fechner, Medienrecht, RN 135; Hain DVBl. 2001, 589 (590 f.)]. 642 Während sich dies für die Deutschen aus dem Wortlaut der Verfassung ergibt, folgt die Grundrechtsfähigkeit der ausländischen EU-Bürger aus der Bedeutung der Grundfreiheiten und des Diskriminierungsverbotes (Art. 12 EG). Insoweit ist Art. 12 Abs. 1 GG berichtigend auszulegen. (OVG NRW NWVBl. 1995, 18; Sachs/Tettinger, Art. 12 RN 19 f.; Jarass/Pieroth/Jarass, Art. 12 RN 10; Sachs, Verfassungsrecht II, B 12 RN 20; a. A. Borrmann, Berufsfreiheit, S. 50 ff.; Glos, Berufsfreiheit und Grundfreiheiten, S, 55; Ipsen, Staatsrecht II, RN 594; Gusy JA 1992, 257 (257); Bauer/Kahl JZ 1995, 1077 (1083 ff.); Tettinger GewArch 1999, 265 (267 f.); unklar Siekmann/ Duttge, Staatsrecht I, RNn 575, 585; vgl. dazu ausführlich Glos, Berufsfreiheit und Grundfreiheiten, S, 40 ff.) EG-Ausländer genießen einen Schutz der Berufsfreiheit lediglich in den Grenzen des Art. 2 Abs. 1 GG. [BVerfGE 35, 382 (399); 78, 179 (196 f.); BVerfGE NVwZ 1990, 853 (854); BVerwGE 59, 284 (294); OVG NRW DVBl. 1995, 433; Sachs/Tettinger, Art. 12 RN 18; Jarass/Pieroth/Jarass, Art. 12 RN 10; Borrmann, Berufsfreiheit, S. 50; Sachs, Verfassungsrecht II, B 12 RN 20; Gusy JA 1992, 257 (257); Tettinger GewArch 1999, 265 (267)].

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verstehen, welche durch einen Beitrag zur gesellschaftlichen Gesamtleistung dazu dient, die eigene Lebensgrundlage zu schaffen beziehungsweise zu erhalten.643 Da die hier interessierenden Personen, die Aufnahmen erstens regelmäßig von Berufs wegen anfertigen, damit zweitens ihren Lebensunterhalt bestreiten und drittens eigenen Berufsbildern angehören644, üben diese, gleichgültig ob selbständig oder unselbständig645, Berufe im Sinne des Art. 12 Abs. 1 GG aus.646 Gewährleistet wird unter anderem die Gesamtheit der mit der Berufstätigkeit, ihrem Ort, ihren Inhalten, ihrem Umfang, ihrer Dauer, ihrer äußeren Erscheinungsform, ihren Verfahrensweisen und ihren Instrumenten zusammenhängenden Merkmale.647 Da die sitzungspolizeiliche Entscheidung auch die Fragen behandelt ob, wann, wo, inwieweit und wie Aufnahmen angefertigt werden können, ist der sachliche Schutzbereich der Berufsfreiheit, in den eingegriffen würde, wenn die Aufnahmetätigkeiten beschränkt würden648, betroffen. Aus 643 BVerfGE 7, 377 (397); 32, 1 (28); 50, 290 (362); 54, 301 (313); 97, 228 (253); 105, 252 (265); BVerwGE 1, 92 (93); 22, 286 (287); 96, 293 (296); 97, 12 (22); Jarass/Pieroth/Jarass, Art. 12 RN 4; Glos, Berufsfreiheit und Grundfreiheiten, S. 34; Hoffmann, Berufsfreiheit, S. 13; Borrmann, Berufsfreiheit, S. 56; Pieroth/Schlink, Staatsrecht II, RN 812; Sachs, Verfassungsrecht II, B 12 RN 3; Siekmann/Duttge, Staatsrecht I, RN 578; Ipsen, Staatsrecht II, RN 596; Stein, Staatsrecht, S. 361 f.; Noftz ZBR 1974, 209 (211); Erichsen Jura 1980, 551 (551); Papier DVBl. 1984, 801 (801); Gusy JA 1992, 257 (257 f., 262); Suerbaum DVBl. 1999, 1690 (1690); Tettinger GewArch 1999, 265 (268); Jarass DÖV 2000, 753 (754). 644 Vgl. zu den einzelnen Berufen Kaesbach/Wortig, Lexikon der publizistischen Berufe, S. 13 ff., 138 ff.; Drück, in: Spektrum der Kommunikationsberufe, S. 105 (112, 115, 118 f.). 645 BVerfGE 7, 377 (398); 50, 290 (365); 54, 301 (322); BVerwGE 89, 281 (283); 90, 359 (362); Sachs/Tettinger, Art. 12 RNn 28, 32; Jarass/Pieroth/Jarass, Art. 12 RN 4; Glos, Berufsfreiheit und Grundfreiheiten, S. 34; Borrmann, Berufsfreiheit, S. 62 f.; Sachs, Verfassungsrecht II, B 12 RN 3; Erichsen Jura 1980, 551 (551); Papier DVBl. 1984, 801 (801); Hufen NJW 1994, 2913 (2914); Tettinger DVBl. 1999, 679 (685). 646 Auf die umstrittene Frage, ob die Tätigkeit für die sachliche Schutzbereichseröffnung erlaubt und nicht generell verboten beziehungsweise nicht sozialschädlich sein muss [Bejahend zum Beispiel: BVerfGE 7, 377 (397); 48, 376 (388); 68, 272 (281); 78, 179 (193); 81, 70 (85); BVerwGE 22, 286 (287); 87, 37 (40 f.); OVG NRW NJW 1986, 2783 (2783); BayVGH NJW 1987, 727 (727); OVG Rheinland-Pfalz GewArch 1991, 99 (100); VG Düsseldorf GewArch 1990, 207 (208); Pieroth/Schlink, Staatsrecht II, RN 810; Gusy JA 1992, 257 (258 f.); verneinend beispielsweise: BVerwGE 96, 293 (296); Jarass/Pieroth/Jarass, Art. 12 RN 7; Sachs, Verfassungsrecht II, B 12 RNn 5, 9; Suerbaum DVBl. 1999, 1690 (1690 ff., 1697); Jarass DÖV 2000, 753 (755 f.); richtigerweise differenzierend Sachs/Tettinger, Art. 12 RNn 36 ff. m.w. N.; Ipsen, Staatsrecht II, RNn 596 ff.; Siekmann/Duttge, Staatsrecht I, RN 579; Tettinger AöR 108 (1983), 92 (98); Sodan DÖV 1987, 858 (861)] braucht hier mangels Relevanz nicht eingegangen zu werden. 647 Zu den einzelnen Aspekten m.w. N. Sachs/Tettinger, Art. 12 RN 57; ferner BVerfGE 86, 28 (39); Jarass/Pieroth/Jarass, Art. 12 RN 8; Borrmann, Berufsfreiheit, S. 83; Hen, Grundrechte, S. 93; Siekmann/Duttge, Staatsrecht I, RN 589; Tettinger AöR 108 (1983), 92 (112); Tettinger DVBl. 1999, 679 (685). 648 Sachs/Tettinger, Art. 12 RN 71; Glos, Berufsfreiheit und Grundfreiheiten, S. 181; Erichsen Jura 1980, 551 (554).

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diesem Grund muss es verwundern, dass der Berufsfreiheit in diesem Zusammenhang keine Beachtung geschenkt wird, soweit ersichtlich weder in der Rechtsprechung noch in der Literatur. Dass die am Aufnahmeprozess beteiligten Personen sowohl durch die Rundfunk- als auch durch die Berufsfreiheit geschützt werden, ändert an den gefundenen Ergebnissen nichts. Die beiden Grundrechte stehen nämlich nebeneinander. Keines der Grundrechte wird verdrängt.649 Des Weiteren sind auch diejenigen Umstände, welche die jeweilige Anfertigung der Aufnahmen begleiten, in die Abwägung einzubeziehen.650 Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs651 sieht die Anfertigung der Aufnahmen regelmäßig als unzulässig an, wenn diese erschlichen wurde.652 Fraglich ist, ob darunter auch die eigenmächtige Bildnisanfertigung, wie sie im Sitzungsbereich häufig stattfindet, fällt. Zu Recht wird der Begriff der Bildniserschleichung so restriktiv verstanden, dass dies zu verneinen ist. Auch wenn die §§ 22 f. KUG nicht anwendbar sind, muss doch die Wertung des § 23 Abs. 1 KUG beachtet werden.653 Genauso, wie es möglich ist, Bildnisse ohne Einwilligung zu publizieren, genauso möglich muss es sein, derartige Aufnahmen auch ohne Einwilligungen herzustellen. Bildniserschleichungen also sind eng zu verstehen. Überdies setzt schon der Begriff der Erschleichung dem Wortsinn654 nach mehr voraus, als die bloße, vom Betroffenen nicht erlaubte und gewünschte Anfertigung der Aufnahmen. Zu fordern ist ein Vertrauensbruch655, wobei die Anforderungen daran aber nicht allzu hoch sind. Werden Bildaufnahmen im Sitzungsbereich angefertigt, wird jedoch kein Vertrauen der Verfahrensbeteiligten oder der Besucher gebrochen. Dem Rundfunk kann für diesen Bereich daher keine Bildniserschleichung vorgeworfen werden. Genauso wie die Bildniserschleichung spielt auch die Frage, ob die Aufnahmen heimlich oder offen angefertigt werden, für den Ausgang der Abwägung eine Rolle. Ist ersteres der Fall, muss der Herstellungsprozess grundsätzlich als rechtswidrig eingestuft werden.656 Aufnahmen werden heimlich hergestellt, wenn die aufgenommene Person nichts vom Aufnahmevorgang als solchem be649

Ausführlich dazu auf G. V. 1. BGH NJW 1975, 2075 (2076); Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 76 ff.; Wenzel/von Strobl-Alberg, Wort- und Bildberichterstattung, Kap. 7 RN 23; Horst NZM 2000, 937 (942 f.). 651 Vgl. nur BGH GRUR 1957, 494 (497); auch BGHZ 24, 200 (209); BGH NJW 1966, 2353 (2355); BGH NJW 1995, 1955 (1955). 652 Ebenso MK I (3. Aufl.)/Schwerdtner § 12 RN 164; Götting, Persönlichkeitsrechte als Vermögensrechte, S. 25; Paschke, Medienrecht, RN 682; Reinhardt JZ 1959, 41 (44); Bussmann GRUR 1957, 498 (498 f.). 653 Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 459; Koebel JZ 1967, 320 (320). 654 Nach diesem ist hierunter „durch List erringen“ zu verstehen. Vgl. Duden, Stichwort „erschleichen“. 655 So zu Recht auch Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 459. 650

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G. Die Kriterien der Interessenabwägung

merkt. Die Kenntnis des Einzelnen, er werde Gegenstand der Aufnahmen, ist für die Annahme der Rechtswidrigkeit aber nicht erforderlich. Da die Rundfunkvertreter im Sitzungsbereich offen als solche auftreten und ebenso offen Bilder aufnehmen, kann ein Vorwurf hier nicht erhoben werden. Bildnisanfertigungen können aber auch deswegen als rechtswidrig anzusehen sein, weil ihnen Umstände entgegenstehen, welche den Aufnahmeprozess als anstößig erscheinen lassen.657 Um dies beurteilen zu können, muss die jeweilige Situation in ihrer Gesamtheit betrachtet werden. Hier ist von Bedeutung, dass es um Aufnahmen im Rahmen von gerichtlichen Strafverfahren geht. Zwar ist jedes Strafverfahren öffentlichkeitsrelevant658, jedoch gilt es zu bedenken, dass die Verfahrensbeteiligten nicht freiwillig im Sitzungsbereich anwesend sind.659 Abgesehen davon befinden sich die Angeklagten und Verurteilten während des Strafverfahrens in einer emotional angespannten Situation. Auch die immer wieder zu beobachtenden Abwehrhaltungen der Angeklagten und Verurteilten gegen die Anfertigung von Bildaufnahmen660 müssen hier einfließen. Wer gegen den Willen des Rechtsinhabers Aufnahmen anfertigt, handelt grundsätzlich rechtswidrig.661 Im Hinblick auf die anderen Beteiligten, also Richter, Staatsanwälte, Verteidiger und Sachverständige, ist anzuführen, dass diese vielfach in ihrer Berufsausübung gestört werden beziehungsweise sie dies empfinden. Die genannten Besonderheiten lassen die Anfertigung der Aufnahmen durchaus als anstößig erscheinen, sprechen also gegen die Zulässigkeit der hier zu beleuchtenden Bildaufnahmen. Einzig Aufnahmen der Besucher können kaum als anstößig qualifiziert werden. Schließlich hat auch der Zweck der Aufnahmeherstellung in die Abwägung einzufließen.662 Die Ansicht Sarstedts663, nach der einzig der Zweck, Bildnisse zu Fahndungszwecken anzufertigen, für die Aufnahmen sprechen kann, ist zu eng. Es lassen sich auch andere Zwecke finden, die sich für die Aufnahmen anführen lassen.664 Hier könnte dem Zweck, die anzufertigenden Aufnahmen 656 Wenzel/von Strobl-Alberg, Wort- und Bildberichterstattung, Kap. 7 RN 24; Kap. 8 RN 77. 657 So zu Recht Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 76 f. 658 Vgl. F. I. 3. a). 659 Auf die Unfreiwilligkeit stellt auch Ranft Jura 1995, 573 (580) ab, allerdings primär bezüglich Aufnahmen von Inhaftierten. 660 Häufig werden die Gesichter unter Jacken und Tüchern sowie hinter Akten oder den bloßen Händen verborgen, was die Rundfunkmitarbeiter allerdings nicht davon abhält, Aufnahmen anzufertigen. 661 OLG München AfP 1992, 78; Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 77; Wenzel/von Strobl-Alberg, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, Kap. 7 RN 26. 662 Erman I/Ehmann, Anh. § 12 RN 609; Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 71, 78. 663 Nach Löffler NJW 1966, 920 (921).

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später zu publizieren, Bedeutung zukommen. Gelegentlich wird vertreten, dass die Annahme, jede Anfertigung einer Aufnahme von einer fremden Person sei stets Indiz für die Verbreitungsabsicht, zu weit ginge.665 Andere vermuten zumindest bei Berufsfotografen, für berufsmäßige Kameraleute muss dann gleiches gelten, dass sie die Aufnahmen zum Zwecke einer späteren Publikation herstellen.666 Dem Streit muss nicht weiter nachgegangen werden, da die für die Rundfunkanbieter hergestellten Aufnahmen offensichtlich aus Veröffentlichungsgründen angefertigt werden. Diese Absicht stellt für sich genommen noch keinen tauglichen Rechtfertigungsgrund für eine ohne Einwilligung erfolgende Bildnisherstellung dar.667 Gerade im Hinblick auf die heutige Medienlandschaft würden sonst sämtliche Foto- und Bildaufnahmen dadurch legitimierbar, dass sich die Medien auf ihre Publikationsabsicht, die in aller Regel nicht widerlegbar sein wird, berufen. Die einfache Absicht, die Aufnahmen zu publizieren ist also kein Aspekt, der in der Abwägung von Bedeutung ist. Erst die hinter der Publikationsabsicht stehenden Motive bestimmen die Abwägung mit. Sollen die Aufnahmen im Interesse einer umfassenden Informierung der Allgemeinheit eingesetzt werden, so spricht dies für die Anfertigung der Aufnahmen. Jedoch hat sich gezeigt, dass es dem Rundfunk meist nicht darum geht, die Be664 Der in dieser Hinsicht wohl am meisten diskutierte Zweck, ist der Beweiszweck der Bildaufnahmen. Nach einem Teil der Rechtsprechung und Literatur [KG NJW 1980, 894; OLG Frankfurt MDR 1981, 316, allerdings dahingehend einschränkend, dass die Aufnahmen auch geeignet sind, den Beweis zu erbringen; weiter OLG Hamburg GRUR 1990, 35 (35); OLG Düsseldorf NJW-RR 1998, 241; LG Oldenburg AfP 1991, 652 (653); Erman I/Ehmann, Anh. § 12 RN 610; Prinz/Peters, Medienrecht, RN 810; Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 462; Rebmann AfP 1982, 189 (194)] sind Bildaufnahmen zu Beweiszwecken als grundsätzlich rechtmäßig einzustufen. Dennoch wird auf eine Abwägung nicht gänzlich verzichtet. [OLG Karlsruhe NJW 2002, 2799 (2799); Wenzel/von Strobl-Alberg, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, Kap. 7 RN 28; in diese Richtung Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 79; Hubmann JZ 1957, 521 (527)] Der Gegenansicht zufolge könne vom Beweiszweck nicht auf die Zulässigkeit der Aufnahmeherstellung geschlossen werden. [BGH NJW 1995, 1955 (1956); OLG Frankfurt NJW 1987, 1087 (1087 f.); OLG Hamm JZ 1988, 308 (308 f.) = NJW-RR 1988, 425 (426); LG Düsseldorf NJW 1959, 629 (629 f.); AG Köln NJW-RR 1995, 1226 (1227); dagegen Helle JZ 1988, 309 (309 ff.)] Da die im Sitzungsbereich angefertigten Aufnahmen aber nie zu Beweiszwecken angefertigt werden, braucht dem nicht weiter nachgegangen werden. Hingewiesen sei aber auch auf das Datenschutzrecht und das Melderegisterrecht, die im Falle einer sogenannten Beweisnot die Erlaubnis zum Eingriff in persönlichkeitsrechtliche Positionen anerkennen, was für die Beachtlichkeit des Beweiszweckes bei vorliegender Beweisnot spricht. Dazu Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 79 und für das parallele Melderegisterrecht speziell OVG Münster BB 1988, 589 (589 f.). 665 So Schroeder JR 1973, 70 (70). 666 OLG Hamburg GRUR 1990, 35 (35); OLG Hamburg NJW-RR 1990, 1000 (1000); Erman I/Ehmann, Anh. § 12 RN 608; Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte im Privatrecht S. 70; in diese Richtung auch Landwehr, Das Recht am eigenen Bild, S. 40 f.; Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 461. 667 BGH GRUR 1957, 494 (497); Götting, Persönlichkeitsrechte als Vermögensrechte, S. 25; Haberstroh JR 1983, 314 (316).

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völkerung zu informieren, sondern dass Bildaufnahmen aus dem Sitzungsbereich die Sendungen attraktiver machen und so höhere Einnahmen bewirken sollen.668 Auf diese Weise werden die Abgebildeten zu Quotensteigerung und Gewinnerzielung instrumentalisiert.669 Diese Überlegungen sprechen gegen die Aufnahmen. Abgesehen davon muss auch berücksichtigt werden, wenn mit der Anfertigung der Aufnahmen nicht nur irgendeine, sondern eine rechtswidrige Publikation angestrebt wird.670 Rechtswidrig bedeutet in diesem Zusammenhang Verletzung des Persönlichkeitsrechts. Über diesen Zusammenhang werden die Gefahren671, welche aus Anfertigung und Veröffentlichung der Aufnahmen resultieren, in die Abwägung hinsichtlich des Herstellens der Aufnahmen eingebunden.672 Auch bei massiven Gefährdungslagen kann von der einfachen Publikationsabsicht nicht auf die Absicht einer rechtswidrigen Publikation geschlossen werden. Anderer Ansicht ist Helle.673 Nach ihm sei bei Pressefotografen stets die konkrete Gefahr rechtswidriger Publikationen anzunehmen. Eine gegenteilige Auffassung sei auf Grund der täglichen Erfahrungen lebensfremd.674 Auch wenn rechtswidrige Veröffentlichungen an der Tagesordnung sind, können nur besondere Umstände auf derartige Absichten schließen lassen. Auf Grund der drohenden straf- und zivilrechtlichen Sanktionen675 muss vielmehr von der grundsätzlichen Rechtstreue im Hinblick auf die Publikation der Aufnahmen ausgegangen werden.676 Ohne konkrete Anhaltspunkte kann deshalb nicht angenommen werden, dass jemand, der Bildaufnahmen herstellt oder herstellen lässt, diese auch rechtswidrig veröffentlichen wird oder will.677 Mithin ist die Wahrscheinlichkeit678 einer rechtswidrigen Veröffentlichung positiv festzustellen.679 668

Vgl. C. II. 5. Gronau, Persönlichkeitsrecht und Medienfreiheit, S. 190; Hasler, in: MedienEthik, S. 212 (218). 670 Statt vieler Erman I/Ehmann, Anh. § 12 RN 608 f. 671 Dazu ab G. II. 1. 672 Erman I/Ehmann, Anh § 12 RN 607; Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 68. 673 Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 70. 674 Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 70 m.w. N. 675 Vorrangig ist hier an § 33 KUG zu denken, aber beispielsweise auch an § 823 Abs. 1 BGB. 676 VGH Mannheim NVwZ-RR 1995, 527 (528); OVG Koblenz DÖV 1997, 1011 (1012); OVG Saarland AfP 2002, 545 (548 f.); VG Köln NJW 1988, 367 (368 f.); Wenzel/von Strobl-Alberg, Wort- und Bildberichterstattung, Kap. 7 RNn 23 f., 31. 677 BVerwG ZUM-RD 1999, 526 (530); VGH Mannheim AfP 1996, 193 (194); Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte im Privatrecht S. 71; Wenzel/von Strobl-Alberg, Wort- und Bildberichterstattung, Kap. 7 RN 23; Soehring, Das Recht der journalistischen Praxis, RN 6.5. 678 Ausdrücklich Erman I/Ehmann, Anh. § 12 RN 608. 679 Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 76 f. 669

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Maßgebend für diesbezügliche Betrachtungen kann einzig der Zeitpunkt der Aufnahmeanfertigung sein. Daher kann nur auf die Absicht abgestellt werden, nicht aber auf die später erfolgende Publikation. Auf etwaige Namensnennungen oder persönlichkeitsverletzende Kommentierungen, die eine Publikation ebenfalls als rechtswidrig erscheinen lassen können680, kann daher nicht abgestellt werden. Sie sind bei Anfertigung der Aufnahmen noch nicht verlässlich vorhersehbar.681 Mit dieser Feststellung beginnen dann die Schwierigkeiten, da das zu §§ 22 ff. KUG gefundene Ergebnis, dass nahezu sämtliche personenbezogenen Bildaufnahmen aus dem Sitzungsbereich gegen das Recht am eigenen Bild verstoßen und so rechtswidrig veröffentlicht werden, hier nur bedingt Berücksichtigung finden kann. Erst wenn dem Rundfunkanbieter bei der Herstellung der Aufnahmen ohne weiteres erkennbar war, dass die spätere Publikation gegen §§ 22 f. KUG verstößt, kann die Absicht einer rechtswidrigen Veröffentlichung begründet werden.682 Der Anwendung des § 23 Abs. 1 KUG könnte jedoch entgegenstehen, dass es noch völlig unklar ist, ob die Aufnahmen später auch in der Art veröffentlicht werden, dass sie die abgebildete Person erkennen lassen. Wäre dies so, könnte eine Absicht zur rechtswidrigen Aufnahmeveröffentlichung praktisch nie verlässlich festgestellt werden, da die notwendige Gewissheit immer erst mit der Publikation gewonnen werden kann. Einer solchen Argumentation steht allerdings entgegen, dass es auf die Wahrscheinlichkeit einer rechtswidrigen Veröffentlichung ankommt, nicht aber auf die tatsächliche Rechtswidrigkeit der späteren Publikation. Aus dem gleichen Grund ist auch das Argument, man wisse zum Zeitpunkt der Aufnahmeanfertigung noch gar nicht, ob die Aufnahme auch tatsächlich etwas geworden ist683, als untauglich zu verwerfen. Mithin ist hier daran festzuhalten, einzelfallorientiert684 darauf abzustellen, wie wahrscheinlich ein Verstoß gegen das Recht am eigenen Bild ist. Auf die betreffenden Paragraphen des Kunsturhebergesetzes wird deshalb als „. . . Interpretationshilfe . . .“685 zurückgegriffen.686 Indem § 23 KUG berücksichtigt wird, 680

Dazu G. I. 5. Darauf weisen auch Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 75; Wenzel/von Strobl-Alberg, Wort- und Bildberichterstattung, Kap. 7 RN 25 und Jarass JZ 1983, 280 (284). 682 Ähnlich Britz, Fernsehaufnahmen, S. 239. 683 Ähnlich Dittmar NJW 1979, 1311 (1311 f.); weitergehend Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 75 FN 48. 684 Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 70. 685 Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 74; Britz, Fernsehaufnahmen, S. 239; Evers FS-Reinhardt, S. 377 (384). 686 OLG Schleswig NJW 1980, 352 (352 f.); OLG Hamburg AfP 1991, 437 (437 ff.); OLG Frankfurt NJW 1995, 878 (880 f.); LG Oldenburg AfP 1991, 652 (653); Staudinger II/Hager, § 823 RN C 158; Erman I/Ehmann, Anh § 12 RN 608; 681

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werden Widersprüche in der Behandlung von Herstellung und Publikation vermieden. Wenn nämlich die Veröffentlichung der Bildaufnahmen nach dem Kunsturhebergesetz zulässig ist, spricht einiges dafür, dass diese Aufnahmen auch zulässigerweise angefertigt werden können.687 Bei genauerem Hinsehen aber wird deutlich, dass es eines Rückgriffs auf § 23 KUG gar nicht bedarf. Dies wird häufig übersehen. Die zutreffende Begründung dafür, dass Herstellung und Veröffentlichung weitgehend gleichlaufen, arbeitete kürzlich Britz688 heraus. Dem Charakter des allgemeinen Persönlichkeitsrechts als gemeinschaftsgebundenem Grundrecht689 entsprechend, kann es eingeschränkt werden, wenn ein schützenswertes Allgemeininteresse überwiegt und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt ist.690 Das hier maßgebende Allgemeininteresse ist, Informationen zu erlangen691, wobei dieses wie bei § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG bildnisbezogen sein muss. Es ist also nicht § 23 KUG, der die weitgehende Parallelität von Anfertigung und Veröffentlichung begründet, sondern das jeweils maßgebende Kriterium des öffentlichen Informationsinteresses.692 Es ist daher nicht notwendig, das Kunsturhebergesetz als Interpretationshilfe zu nutzen. Die Norm des § 23 KUG ist so weder ausschlaggebend693 noch von zentraler Bedeutung694. Dies ist vielmehr das öffentliche bildnisbezogene Informationsinteresse. An dieser Stelle also sind die öffentlichen Interessen einzustellen. Da es im Hinblick auf die personenbezogenen Aufnahmen im Umfeld der strafgerichtlichen Hauptverhandlung bis auf wenige Aufnahmen am erforderlichen Informationsinteresse mangelt, es also vorrangig um Unterhaltung, Sensation und Illustration geht695, fehlt es an einem öffentlichen Informationsinteresse, welBritz, Fernsehaufnahmen, S. 239; Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 458; Wenzel/ von Strobl-Alberg, Wort- und Bildberichterstattung, Kap. 7 RN 24; Lampe NJW 1973, 217 (217); Paeffgen NJW 1979, 516; Krüger AfP 1981, 331 (333); Franke JR 1982, 48 (49 f.); kritisch Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 74. 687 So auch Staudinger II/Hager, § 823 RN C 158; Erman I/Ehmann, Anh § 12 RN 608; Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 458; Paeffgen JZ 1978, 738 (739 f.); wohl auch OLG Karlsruhe GA 1982, 224 (225 f.) = NStZ 1982, 123; kritisch, aber letztlich zustimmend Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 76. 688 Britz, Fernsehaufnahmen, S. 239. 689 BVerfGE 27, 344 (351); 34, 238 (246). 690 BVerfGE 27, 344 (351); 44, 353 (373); Jarass/Pieroth/Jarass, Art. 2 RNn 45 ff.; Sachs/Murswiek, Art. 2 RN 121; Britz, Fernsehaufnahmen, S. 239; Jarass NJW 1989, 857 (860 f.); Degenhart JuS 1992, 361 (363). 691 Wente, Das Recht der journalistischen Recherche, S. 94; Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 77; Britz, Fernsehaufnahmen, S. 239; wohl auch Amelung/Tyrell NJW 1980, 1560 (1561). 692 Einer der Wenigen, der diesen Zusammenhang erkennt beziehungsweise betont, ist Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 76. 693 So aber beispielsweise Wenzel/von Strobl-Alberg, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, Kap. 7 RN 25 und Soehring, Das Recht der journalistischen Praxis, RN 6.6. 694 Britz, Fernsehaufnahmen, S. 240.

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ches die Aufnahmeanfertigung rechtfertigen kann. Zudem sind daher Verstöße gegen § 22 S. 1 KUG als wahrscheinlich anzusehen. Mithin ist dem Rundfunk für die Mehrheit der hier interessierenden Fälle eine Absicht zu rechtswidrigen Publikationen zu bescheinigen. Dies spricht gegen die Zulässigkeit der Aufnahmenherstellung. Nur in eng umgrenzten Ausnahmefällen696, in denen ein Informationsinteresse der Allgemeinheit vorliegt und dies im Zeitpunkt der Aufnahmeanfertigung auch hinsichtlich der Veröffentlichungen absehbar ist, kann die Absicht zur rechtswidrigen Publikation nicht angenommen werden. (3) Abwägung Da die einzubeziehenden Kriterien nun benannt sind, können sie gegeneinander abgewogen werden. Während sich für die Aufnahmen die Rundfunkfreiheit und die Berufsfreiheit sowie der Umstand, dass die Bildaufnahmen offen angefertigt werden, anführen lassen, sprechen der Persönlichkeitsschutz, die nicht freiwillige Anwesenheit der Verfahrensbeteiligten, die besondere Situation des gerichtlichen Strafverfahrens, das fehlende Informationsinteresse der Allgemeinheit und der auf Quotensteigerung sowie auf rechtswidrige Publikation gerichtete Zweck der Aufnahmeanfertigung dagegen. Im Ausgangspunkt stehen sich sämtliche grundrechtlichen Schutzpositionen gleichrangig gegenüber. Erneut ist danach zu fragen, wie es sich auf die betroffenen Rechtspositionen auswirkt, würden Bildaufnahmen erlaubt beziehungsweise untersagt.697 Hieraus folgen dann die für das Abwägungsergebnis maßgebenden Unterschiede. Müsste im Interesse des Persönlichkeitsschutzes darauf verzichtet werden, personenbezogene Bildaufnahmen aus dem Sitzungsbereich anzufertigen, wäre die Rundfunkfreiheit sowohl der Rundfunkanbieter als auch der Rundfunkmitarbeiter im weitesten Sinne nur leicht beeinträchtigt. Denn weder wird dem Rundfunk untersagt, Gerichtsberichterstattungen anzufertigen und zu senden, noch stünde die Erfüllung der bestehenden Informationsaufgabe auf dem Spiel. Die Bildaufnahmen nämlich beinhalten erstens einen nur sehr geringen Informationsgehalt und dienen zweitens gar nicht der Informierung der Allgemeinheit, sondern der Illustration, letztlich also ökonomischen Zwecken.698 Der Aufschrei der Massenmedien, der regelmäßig ertönt, wenn es darum geht, deren Freiheit zu beschränken, ist zumindest im Zusammenhang mit Bildaufnahmen im Umfeld der strafgerichtlichen Hauptverhandlung unberechtigt. Schließlich bleibt es den aufnehmenden Personen unbenommen, Aufnahmen 695

Vgl. F. I. 3. b). Vgl. F. I. 3. b). 697 BVerfGE 85, 1 (16); 86, 1 (11); BGH NJW 1978, 1797 (1798); BGH NJW 1994, 124 (126); Prinz/Peters, Medienrecht, RN 90. 698 Vgl. F. III. 696

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dann anzufertigen, wenn sie vorher entsprechende Einwilligungen eingeholt haben. Mithin würde es ihnen nicht generell untersagt, Personen in Bild und Ton aufzunehmen. Nur Aufnahmen gegen oder ohne den Willen des Aufzunehmenden müssten unterbleiben. Überdies ist es auch den Rundfunkanbietern und den für diese tätigen Personen zumutbar, die Grenzen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts zu beachten. Art. 5 Abs. 2 GG bringt hinreichend zum Ausdruck, dass die Rundfunkfreiheit nicht um jeden Preis geschützt wird. Nicht nur die Rundfunk-, sondern auch die Berufsfreiheit würde nur in Randbereichen beschnitten, müsste im Sitzungsbereich darauf verzichtet werden, personenbezogene Bildaufnahmen anzufertigen. Der hierfür maßgebende Punkt ist der, dass es kein derartig spezialisiertes Berufsbild gibt, das ausschließlich auf die hier relevanten Bildaufnahmen fokussiert ist. Vielmehr setzen die verschiedenen Berufsbilder allgemeiner an, nämlich an der Herstellung von Bildaufnahmen. Von wem oder was diese angefertigt werden, betrifft das Berufsbild nicht. Mithin würde nur die Berufsausübung beschnitten. Damit steht zugleich fest, dass die aufnehmenden Personen nur ein begrenztes Interesse daran haben können, die hier diskutierten Aufnahmen anzufertigen. Den Berufsträgern ist es möglich, auf andere Betätigungsfelder auszuweichen, ohne den Beruf wechseln zu müssen. Diesen nur wenig beeinträchtigten Rechtspositionen steht das allgemeine Persönlichkeitsrecht derjenigen gegenüber, die Gegenstand der Bildaufnahmen werden sollen beziehungsweise geworden sind. Eine den Rundfunkanbietern und -mitarbeitern vergleichbare Ausweichmöglichkeit haben die Verfahrensbeteiligten nicht. Sie müssen im Sitzungsbereich anwesend sein. Schon daran wird deutlich, dass das allgemeine Persönlichkeitsrecht dieser Personen nur schwerlich überwunden werden kann. Diesbezüglich geht es nicht mehr nur um geringe, sondern um intensive Beeinträchtigungen. Dies lässt sich hinsichtlich der Verfahrensbeteiligten vor allem mit der unfreiwilligen Anwesenheit im Sitzungsbereich begründen. Hinzu tritt die besondere Sensibilität der Materie, nämlich des gerichtlichen Strafverfahrens. Letzteres ist vor allem im Hinblick auf die Angeklagten und Verurteilten von außerordentlicher Relevanz. Einzig den Besuchern kann keine besonders intensive Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts bescheinigt werden. Sie nehmen nur am Rande der Strafverfahren teil und sind freiwillig anwesend. Somit muss auch im Ergebnis der Abwägung zwischen Verfahrensbeteiligten und Publikum unterschieden werden. Den massiven Beeinträchtigungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Aufgenommenen stehen die nur in Randbereichen betroffenen Grundrechte der Rundfunkanbieter und -mitarbeiter gegenüber. Diese können das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Verfahrensbeteiligten somit nicht relativieren oder gar überwiegen. Dieses Ergebnis wird vor allem durch das in den meisten Fällen fehlende Informationsinteresse der Allge-

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meinheit an den personenbezogenen Bildaufnahmen, aber eben auch die festzustellende Absicht rechtswidriger Publikation, gefestigt. Der qualitative Vorrang gebührt in diesen Fällen somit dem Persönlichkeitsschutz. Nicht ganz so deutlich fällt das Ergebnis hinsichtlich der Aufnahmen der Besucher im Sitzungsbereich aus. Hier sind sämtliche beteiligten Grundrechte nur geringfügig beeinträchtigt. Das ergäbe für sich genommen eine Art Pattsituation, die auf Grund des fehlenden öffentlichen Informationsinteresses leicht zu Gunsten des Persönlichkeitsschutzes ausschlägt. Hier nun gewinnt der dargestellte Ausgangspunkt an Bedeutung. Da von einem grundsätzlichen Verbot auszugehen ist, müssen besondere Umstände ein Abweichen hiervon rechtfertigen. Das aber gelingt im Hinblick auf die Besucher nicht. Vielmehr sprechen das fehlende Informationsinteresse der Bevölkerung und die Absicht, Aufnahmen rechtswidrig zu publizieren, für die Rechte der Besucher. Deshalb ändert sich die vermeintliche Pattsituation letztlich zu Gunsten des Persönlichkeitsschutzes. Hinzuweisen gilt es jedoch auf die wenigen Fälle, in denen ein öffentliches Informationsinteresse an den Bildaufnahmen besteht. Dann nämlich setzt sich dieses gegenüber dem Persönlichkeitsrecht durch, stärkt es doch die Interessen und Rechte des Rundfunks. Nur in diesen wenigen Fällen muss die Aufnahmeanfertigung als rechtmäßig eingestuft werden. Überwiegend setzt sich also das allgemeine Persönlichkeitsrecht derer durch, die Gegenstand von Bildaufnahmen werden sollen oder geworden sind. Aus diesem Grund muss bereits das Anfertigen der Bildaufnahmen als eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts qualifiziert und dementsprechend vom Vorsitzenden Richter über § 176 GVG beachtet werden. b) Tonaufnahmen Weit weniger relevant als Bildaufnahmen und dennoch nicht zu vernachlässigen sind Tonaufnahmen. Da das Recht am gesprochenen Wort nur die Veröffentlichung dieser Aufnahmen betrifft699, geht es bei der Herstellung der Aufnahmen, da in diesen die menschliche Stimme als Teil der Persönlichkeit700 verdinglicht wird701, um das allgemeine Persönlichkeitsrecht. Hätte jeder stets und ständig zu befürchten, dass seine, größtenteils nicht für die Allgemeinheit bestimmten Äußerungen aufgenommen und später auch publiziert werden, würde die menschliche Kommunikation, gerade auch im gerichtlichen Sitzungsbereich in erheblichem Maße leiden.702 Spontaneität und Unbefangenheit gingen zu einem großen Stück verloren.703 Diesen Wirkungen entgegenzutreten, ist 699

Vgl. G. I. 3. Hubmann JZ 1957, 521 (524). 701 BVerfG NJW 2002, 3619 (3621); BGHZ 73, 120 (123); BGH NJW 1982, 277 (277); OLG Karlsruhe NJW 1979, 1513 (1514); Kohlhaas NJW 1972, 239 (240). 700

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Aufgabe des bereits auf die Anfertigung der Aufnahmen bezogenen allgemeinen Persönlichkeitsrechts.704 Die spontane und unbefangene Rede wird so ihrer Vertraulichkeit wegen gegen Verfestigung und jederzeitige Abrufbarkeit geschützt.705 Damit die Schutzwirkung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts eingreift, müssen die gesprochenen Worte aufgenommen, auf einem Tonträger fixiert706 werden. Solange die Aufnahme während des Sprechvorgangs geschieht, spielen weitere Umstände keine Rolle. Ob die Aufnahmen offen oder heimlich angefertigt werden beziehungsweise welchem Bereich die Äußerungen zuzuordnen sind, kann daher allenfalls auf der Rechtfertigungsebene von Belang sein.707 Danach griffe das allgemeine Persönlichkeitsrecht, wenn es um personenbezogene Tonaufnahmen aus dem Sitzungsbereich geht, ein. aa) Rolle der §§ 22 ff. KUG und des § 201 StGB Fraglich ist allerdings, ob es mit diesen Anforderungen schon sein Bewenden hat. Für die Schutzwirkung könnten zusätzliche Voraussetzungen aufzustellen sein. Nach Britz708 können auf Grund der Ähnlichkeit zum Recht am eigenen Bild, wobei jeweils auch die Anfertigung der Aufnahmen umfasst sei, die §§ 22 f. KUG wertungsmäßig herangezogen werden. Damit käme es hier wiederum auf § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG an, also auf ein aufnahmebezogenes öffentliches Informationsinteresse. Abgesehen davon, dass das Recht am gesprochenen Wort nur auf die Veröffentlichung der Aufnahmen zu beziehen ist, überzeugt ein Rückgriff auf die §§ 22 ff. KUG nicht. Denn diese sind erstens nur auf Bildnisse und Bilder sowie zweitens auf deren Publikationen anwendbar.709 Mit den §§ 22 ff. KUG kann daher nicht gearbeitet werden, wenn es um Tonaufnahmen und erst recht deren Anfertigung geht.

702 BVerfGE 34, 238 (246 f.); BVerfG NJW 2002, 3619 (3621); BGH NJW 1988, 1016 (1017); Staudinger II/Hager, § 823 RN C 161; Wente, Das Recht der journalistischen Recherche, S. 89; skeptisch Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 237. 703 OLG Karlsruhe NJW 1979, 1513 (1513); MK StGB III/Graf, § 201 RN 2; Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 246. 704 Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 240. 705 BVerfGE 34, 238 (246); 35, 202 (220); 54, 148 (153 f,); BGHZ 27, 284 (287 f.); 73, 120 (123); 80, 25 (42); BGHSt 34, 39 (42); BAGE 41, 37 (41 f.); 80, 366 (376); BGH NJW 1988, 1016 (1017); KG NJW 1956, 26 (27); Staudinger II/Hager, § 823 RN C 161; Erman/Ehmann, Anh § 12 RNn 591 f.; MK BGB I/Rixecker, § 12 Anh. RN 78; Jauernig/Teichmann, BGB, § 823 RNn 73 f. 706 Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 261. 707 Staudinger II/Hager, § 823 RN C 161. 708 Britz, Fernsehaufnahmen, S. 241. 709 Vgl. G. I. 2. a) aa) und G. I. 4. a) aa).

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Auch auf § 201 StGB, der Schutz vor unbefugter Anfertigung von Tonaufnahmen gewährt, kann nicht zurückgegriffen werden. Denn Rechtsgrundlage ist und bleibt einzig das allgemeine Persönlichkeitsrecht. § 201 StGB betrifft lediglich die strafrechtliche Komponente. Um diese aber geht es hier nicht. Überdies spielt es hier gar keine Rolle, da § 201 StGB und allgemeines Persönlichkeitsrecht insoweit parallel laufen. Die nicht öffentlichen Worte, einzig um diese geht es, sind als Äußerungen, die nicht für einen größeren, nach Zahl und Individualität nicht definierten oder definierbaren Personenkreis bestimmt sind710, in jedem Fall vom Schutz umfasst.711 bb) Rechtfertigung Um eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts annehmen zu können, muss auch hier eine Interessen- und Güterabwägung durchgeführt werden.712 Diesbezüglich ergeben sich kaum Unterschiede zur rechtlichen Behandlung der Herstellung von personenbezogenen Bildaufnahmen. Insofern kann zum großen Teil auf das bereits Dargestellte verwiesen werden.713 Die Parallelität der Bild- und Tonaufnahmen beginnt bereits mit der Festlegung des Ausgangspunktes für die durchzuführende Abwägung. Jedoch ist darauf hinzuweisen, dass der oben beschriebene Streit714 einzig dahingehend geführt wird, wie Bildaufnahmen zu behandeln sind. Sobald es um Tonaufnahmen geht, wird dem Ausgangspunkt der Abwägung keine Beachtung geschenkt. Auch hier ist von einem grundsätzlichen Verbot, Tonaufnahmen ohne entsprechende Einwilligung anzufertigen, auszugehen.715 Obwohl es keinem verwehrt ist, an einem Gespräch teilzunehmen, fehlt die Befugnis, die Äußerungen und die darin enthaltene Wesensäußerung der Persönlichkeit auf einen Tonträger aufzunehmen.716 Einer grundsätzlichen Zulässigkeit steht die Schutzbedürftigkeit des Persönlichkeitsrechts entgegen, was insbesondere für den sensiblen Be710 OLG Frankfurt NJW 1977, 1547 (1547); zustimmend Arzt JR 1978, 170 (170 f.); weiter OLG Karlsruhe NJW 1979, 1513 (1513); Staudinger II/Hager, § 823 RN C 161; Schönke/Schröder/Lenckner, StGB, § 201 RN 6; Kühl, StGB, § 201 RN 2; Klug FS-Sarstedt, S. 101 (106). 711 Ob auch die öffentlich gesprochenen Worte geschützt werden, die heimlich aufgenommen werden (so BVerfGE 34, 238 (247); BGHZ 27, 284 (289 f,); BGH NJW 1964, 165 (166); BGH NJW 1982, 1397 (1398); OLG Köln NJW 1979, 661 (661 f.); Staudinger II/Hager, § 823 RN C 161), braucht hier deshalb nicht interessieren. 712 So auch BGHZ 3, 270 (280); 24, 72 (80); BGH JZ 1959, 60 (62); Britz, Fernsehaufnahmen, S. 241; Paschke, Medienrecht, RN 737; Prinz/Peters, Medienrecht, RN 113. 713 Vgl. G. I. 4. a) bb). 714 Vgl. G. I. 4. a) bb). 715 So auch Erman/Ehmann, Anh § 12 RN 598, der einer der wenigen ist, die diesen Punkt nicht übergehen. Vgl. zu den auch hier durchgreifenden Argumenten S. 155 ff.

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reich der Strafverfahren gilt. Erst vor rechtswidrigen Publikationen schützen zu wollen, ließe dies außer Acht. Da es jedoch auch bei einem grundsätzlich anzunehmenden Verbot auf das einzelfallabhängige Ergebnis der Abwägung ankommt, kann nicht angenommen werden, Tonaufnahmen seien ohne Einwilligung stets rechtswidrig.717 Eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts kann daher nur dann verneint werden, wenn das Ergebnis der Interessenund Güterabwägung zu Gunsten der Aufnahmen ausfällt.718 Es ist deshalb nach Kriterien719 zu forschen, die eine solche Rechtfertigung bewirken. Lassen sich solche nicht finden, verstößt es gegen das Persönlichkeitsrecht, wenn Tonaufnahmen angefertigt werden. Auch was die in die Interessen- und Güterabwägung einzustellenden Kriterien betrifft, ergeben sich zu denen der Bildaufnahmen nur unwesentliche Unterschiede. Dass das allgemeine Persönlichkeitsrecht seinen Platz in der Abwägung finden muss, liegt auf der Hand. Auch Rundfunk- und Berufsfreiheit greifen hier ein, wobei zwischen den Rundfunkanbietern und den für diese tätigen Personen zu differenzieren ist. Während Art. 5 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GG beiden Personengruppen zusteht, können sich nur die aufnehmenden Personen auch auf Art. 12 Abs. 1 GG berufen. Im Hinblick auf die Schutzbereiche ergeben sich keine Unterschiede zum bereits Dargestellten.720 Die Informationsfreiheit kann nicht eingestellt werden, da die aufgenommene Stimme nicht dazu bestimmt ist, allgemein zugänglich zu sein. Es fehlt insoweit an einer allgemein zugänglichen Informationsquelle im Sinne des Art. 5 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 GG. Zwar geht es vorliegend nicht um Tonerschleichungen721, jedoch ist in die Abwägung einzubeziehen, dass die Aufnahmen erstens offen angefertigt werden, und dass mit dem strafgerichtlichen Sitzungsbereich zweitens eine sensible Materie betroffen ist. Zudem gilt es erneut zu beachten, dass die Verfahrensbeteiligten sich nicht freiwillig in den Sitzungsbereich begeben haben, sondern dazu aus verschiedenen Gründen verpflichtet sind. Aus der freiwilligen Anwesenheit der Besucher in der Nähe der tonaufnehmenden Rundfunkvertreter lassen sich keine für die Abwägung relevanten Schlüsse ziehen.722 Wie oben, so muss auch hier eingestellt werden, dass die Aufnahmen zum Zwecke ihrer späteren Veröffentlichung hergestellt werden. Sie sollen die Gerichtsberichterstattungen attraktiver machen 716 Reinhardt JZ 1959, 41 (44); letztlich auch BVerfGE 34, 238 (246); Staudinger II/Hager, § 823 RN C 161. 717 So MK BGB I/Rixecker, § 12 Anh. RN 78. 718 BVerfGE 34, 238 (250); Erman/Ehmann, Anh § 12 RN 599. 719 Einen Überblick hinsichtlich möglicher Kriterien gibt Erman/Ehmann, Anh § 12 RN 594. 720 Vgl. G. I. 4. a) bb) (2). 721 Zur Tonerschleichung BVerfGE 66, 116 (137); BGH JZ 1959, 60 (61 f.); BGH NJW 1981, 1366 (1367); Staudinger II/Hager, § 823 RN C 165; Reinhardt JZ 1959, 41, (44). 722 So wohl auch Soehring, Das Recht der journalistischen Praxis, RN 7.18.

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und so für höhere Einschaltquoten und finanzielle Einnahmen sorgen. Abgesehen davon muss ebenfalls danach geforscht werden, ob die Publikationsabsicht der Rundfunkanbieter auf eine als rechtswidrig zu qualifizierende Veröffentlichung abzielt.723 Wie oben auch, so erlangt das öffentliche Interesse an den Tonaufnahmen maßgebende Bedeutung. Ist dieses als Informationsinteresse zu qualifizieren, dann besteht keine Wahrscheinlichkeit dahingehend, dass die spätere Veröffentlichung das Recht am gesprochenen Wort verletzt. Wie gezeigt, fehlt es jedoch am Informationsinteresse der Allgemeinheit. Vielmehr geht es um öffentliche Interessen an Unterhaltung, Sensation und Illustration. Im Gegensatz zum bildnisbezogenen Interesse muss in Bezug auf die Tonaufnahmen festgestellt werden, dass es am erforderlichen Informationsinteresse generell fehlt.724 Da die einzustellenden Kriterien hinsichtlich der Tonaufnahmen nahezu identisch zu denen der Bildaufnahmen sind, weichen auch die Ergebnisse der Abwägung kaum voneinander ab. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht würde bereits massiv beeinträchtigt, wenn Tonaufnahmen angefertigt werden, wofür sich im Hinblick auf die Verfahrensbeteiligten deren unfreiwillige Anwesenheit im Sitzungsbereich anführen lässt. Bei den Angeklagten und Verurteilten wird dies durch die besondere Materie des Strafverfahrens noch verstärkt. Demgegenüber würden Rundfunk- und Berufsfreiheit nur im Randbereich betroffen, dürften im Sitzungsbereich keine Tonaufnahmen mehr angefertigt werden. Weder wird es den Rundfunkanbietern untersagt, Gerichtsberichterstattungen zu produzieren und zu publizieren, noch sind Aufnahmen dann untersagt, wenn entsprechende Einwilligungen vorliegen. In besonderem Maße trägt das fehlende Informationsinteresse der Bevölkerung dazu bei, dass die Rundfunkfreiheit gegenüber dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht unterliegt. Weder auf der Rundfunk- noch auf der Rezipientenseite besteht ein schützenswertes Interesse an den Aufnahmen, zumal der Informationsgehalt der Tonaufnahmen nur sehr gering ist. Hinzu kommt im Hinblick auf Art. 12 Abs. 1 GG, dass es keinen derart spezialisierten Beruf gibt, der einzig darauf bezogen ist, Tonaufnahmen im Umfeld der strafgerichtlichen Hauptverhandlung anzufertigen. Diesen Personen bleiben ausreichend andere Tätigkeitsfelder, die ihrem Berufsbild entsprechen und mit denen 723 Umstritten ist auch bezüglich der Tonaufnahmen, inwiefern diese zu Beweiszwecken zulässig sind. So nahm das Kammergericht (KG JR 1981, 254 (254 f.) in einem Urteil auf Grund einer generellen Interessenabwägung und nicht über einen geschriebenen Rechtfertigungsgrund eine rechtfertigende Befugnis zur heimlichen Tonbandaufnahme an. Das wurde zwar auf § 201 StGB bezogen, würde aber auch hinsichtlich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts Geltung beanspruchen. [kritisch Tenckhoff JR 1981, 254 (254 ff.)] Der Bundesgerichtshof [BGH JR 1982, 287 (288)] stellt dagegen, auch auf § 201 StGB bezogen, fest, dass allein aus dem Umstand des Beweiszweckes nicht auf die Zulässigkeit der Aufnahmeherstellung geschlossen werden könne, da der Schutz vor der Anfertigung von Tonaufnahmen dann weitgehend leer liefe. 724 Siehe F. I. 3. b) aa) (4) (c).

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sie ihren Lebensunterhalt bestreiten können. Dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht muss somit auch in Bezug auf die Herstellung personenbezogener Tonaufnahmen der Vorrang eingeräumt werden.725 Mithin setzt sich das allgemeine Persönlichkeitsrecht gegen die entgegenstehenden Rechte und Interessen auf Seiten des Rundfunks und der Allgemeinheit durch. Ausnahmen hiervon sind, das ist der wesentliche Unterschied zur Anfertigung von Bildnissen, nicht zu machen, da ein Informationsinteresse der Allgemeinheit an Tonaufnahmen aus dem Sitzungsbereich regelmäßig nicht besteht. Deshalb stellt sich die Anfertigung von Tonaufnahmen im Sitzungsbereich als eine im Rahmen des § 176 GVG zu beachtende Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts dar. Es hat sich gezeigt, dass, wenn personenbezogene Bild- und Tonaufnahmen im Sitzungsbereich ohne entsprechende Einwilligungen angefertigt werden, das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Betroffenen in aller Regel verletzt wird.726 Ausnahmen kommen nur dann in Betracht, wenn ein öffentliches Informationsinteresse an den Aufnahmen besteht. Dieses Ergebnis muss der Vorsitzende Richter im Rahmen der von ihm vorzunehmenden Abwägung ausreichend berücksichtigen. 5. Sonstige Beeinträchtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts in Zusammenhang mit den Bild- und Tonaufnahmen Die Betrachtungen zu den Persönlichkeitsrechten der betroffenen Personen soll ein Blick auf die sonstigen Beeinträchtigungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts abschließen. Dieser verdeutlicht die Grenzen zulässiger Strafgerichtsberichterstattung. Dabei geht es hier weniger um die Bild- und Tonaufnahmen selbst, als vielmehr um die Umstände, welche die Veröffentlichung der Aufnahmen begleiten. Vor allem sind diesbezüglich Kommentierung, Darstellung und Bezeichnung der aufgenommenen Personen zu nennen. Sämtliche dieser Umstände sind in den Gerichtsberichterstattungen mehr oder weniger untrennbar mit den Aufnahmen verbunden.727 Diesen ist gemein, dass sie im Hinblick auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht ein Gefährdungspotential von mitunter erheblicher Stärke entfalten.

725

Letztlich auch Kuß, Öffentlichkeitsmaxime, S. 193 f. So beispielsweise auch Schmidt, Justiz und Publizistik, S. 15. 727 Müller, Bildnisveröffentlichung, S. 58 f.; Arzt, Der strafrechtliche Schutz der Intimsphäre, S. 47. 726

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a) Gefahrenlage für Angeklagte und Verurteilte Das Gefahrenpotential ist am größten, wenn es um die angeklagten und verurteilten Personen geht. Hassemer bezeichnet die Übergriffe der identifizierenden Kriminalberichterstattung auf die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen aus „. . . nicht nur strafrechtlicher Sicht (als) skandalös . . .“728. Im Hinblick auf die Kommentierungen der Aufnahmen besteht die Gefahr von diffamierenden, bloßstellenden, unsachlichen oder schlichtweg nicht der Wahrheit entsprechenden Berichterstattungen, die dem aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG folgenden Ehrschutz729 zuwiderlaufen.730 Zudem werden durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht auch Lebens- und Charakterbild der Personen geschützt.731 Während das Lebensbild die Gesamtheit des Lebenslaufs einer Person umfasst und so ein abgerundetes Bild von dem Werden und Wirken des Betroffenen schafft, stellt das Charakterbild den Menschen in seiner charakterlichen und psychischen Eigenart vor, verdeutlicht also das Wesen der jeweiligen Person.732 Umfasst die Gerichtsberichterstattung daher auch Informationen aus diesen Bereichen, besteht die Gefahr einer Persönlichkeitsrechtsverletzung.733 Nach dem Bundesverfassungsgericht734 soll es frei sein, Lebensdaten zu publi728

Hassemer, in: Einfluss der Medien, S. 61 (68). BVerfGE 54, 208 (217); 93, 266 (290); 97, 125 (147); BVerwGE 82, 76 (78); BGHZ 31, 308 (311); 78, 234 (239); 99, 133 (135); Sachs/Murswiek, Art. 2 RNn 123 ff.; Jarass/Pieroth/Jarass, Art. 2 RN 31, Art. 5 RN 67; Staudinger II/Hager, § 823 RN C 64; MK BGB I/Rixecker, § 12 Anh. RN 60; Erman I/Ehmann, Anh § 12 RN 221; Jauernig/Teichmann, BGB, § 823 RN 78; Mackeprang, Ehrenschutz, S. 27; Paschke, Medienrecht, RN 660; Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 98; Prinz/Peters, Medienrecht, RN 89; Pieroth/Schlink, Staatsrecht II, RN 377; Isensee FS-Kriele, S. 5 (10); Ipsen, Staatsrecht II, RN 455; Helle GA 1991, 166 (167, 169); Dohnold ZUM 1991, 28 (28); Tettinger JuS 1997, 769 (770); Kortz AfP 1997, 443 (446). 730 BVerfGE 97, 125 (147 ff.); BGHZ 39, 124 (128 f.); 57, 325; BGH NJW 1963, 904; BGH NJW 1979, 1041; BGH NJW 1988, 1984 (1985); Soergel V/2/Zeunert, § 823 RN 92 m.w. N.; Sachs/Murswiek, Art. 2 RNn 126, 131; Jahns, Verletzung von Persönlichkeitsrechten, S. 45 f.; Paschke, Medienrecht, RN 665; Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 473 f.; Jahn, in: Einfluss der Medien, S. 5 (15 f.); Koebel MDR 1972, 8 (12); Marxen GA 1980, 365 (378 ff.); Prinz NJW 1995, 817 (817); Ehmann JuS 1997, 193 (197 f.). 731 Vgl. statt vieler Hubmann, Das Persönlichkeitsrecht, S. 303; zustimmend Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 522 FN 1330. Für eine Analogie zu den §§ 22 ff. KUG besteht richtiger Ansicht nach schon kein Bedürfnis. (vgl. nur Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 525). 732 Vgl. Staudinger II/Hager, § 823 RN C 229; MK BGB I (3. Aufl.)/Schwerdtner, § 12 RN 181; Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 518; Meyer-Cording JZ 1976, 737 (737). Umstritten ist, ob das Charakterbild ein Teilbereich des Lebensbildes ist oder beide Bereiche nebeneinander stehen. Dazu statt vieler m.w. N. Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 518 f. 733 Vgl. zu den Kriterien für die anzustellende Interessenabwägung ausführlich und m.w. N. Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 526 ff. 734 BVerfGE 35, 202 (233). 729

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zieren, wenn diese in unmittelbarer Beziehung zur Tat stehen, Aufschlüsse über die Tatvoraussetzungen geben und allgemein als wesentlich erscheinen.735 Ein weiteres Problemfeld, welches das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Angeklagten betrifft, folgt aus dem besonderen Status der Angeklagten innerhalb des Strafverfahrens. Sie sind eben nur Tatverdächtige, nicht Täter. Werden die Angeklagten in den Gerichtsberichten als Täter bezeichnet oder auch nur als solche hingestellt, ist die Grenze des rechtlich Zulässigen überschritten.736 Die Feststellung Täter zu sein, obliegt als abschließende Wertung des gesamten Strafverfahrens einzig den Strafgerichten.737 Zudem wird den Medien nichts Unmögliches oder Unzumutbares abverlangt, wenn sie den Verfahrensstatus der beteiligten Personen korrekt wiedergeben sollen. Kommt der Rundfunk dieser Anforderung nicht nach, handelt es sich streng genommen um unwahre Tatsachen, die nicht durch Art. 5 Abs. 1 Alt. 1 GG geschützt werden.738 Nach dem bisher Gesagten wäre das Persönlichkeitsrecht des Angeklagten also verletzt, würde über ihn einem Täter gleich Bericht erstattet. Man könnte jedoch versuchen, das Vorzeichen der Betrachtung zu verändern, indem man auf eine Verdachtsberichterstattung739 umschwenkt.740 Von einer solchen ist die Rede, wenn über einen bislang unbewiesenen, gegen eine Person gerichteten Verdacht berichtet wird.741 Allerdings ist die Bezeichnung als Täter auch unter den Anforderungen an eine Verdachtsberichterstattung, nach welchen nicht der Eindruck erweckt werden darf, es handele sich um feststehende Tatsachen742, rechtswidrig und verletzt damit das Persönlichkeitsrecht.743 Hieran vermag auch § 193 735 Ähnlich Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 470; zu weit dagegen Lampe NJW 1973, 217 (219). 736 A. A. OLG Hamburg UFITA 26 (1958), 109 (115 f.); Stapper AfP 1996, 349 (356); vgl. auch Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 436 f. m.w. N.; Soehring GRUR 1986, 518 (522), will in derartigen Fällen auch die Namensnennung zulassen. 737 OLG Köln AfP 1985, 293 (294); Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 240; in diese Richtung auch Soehring, Das Recht der journalistischen Praxis, RN 13.123. Deshalb ist auch im Falle von Geständnissen zu fordern, dass der Status eines nur Tatverdächtigen hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht wird. (zutreffend Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 236). 738 In diesem Sinne auch Hesse, Verfassungsrecht, RN 391; Laschet, Programmgrundsätze, S. 123; Di Fabio AfP 1999, 126 (129); a. A. Neben, Personenberichterstattung, S. 117 ff. m.w. N. 739 Vgl. zu den Voraussetzungen für die Zulässigkeit dieser Berichterstattungsform BGH NJW 2000, 1036 (1037); LG Halle AfP 2005, 188 (189); Gronau, Persönlichkeitsrecht und Medienfreiheit, S. 227; Kübler JZ 2000, 622 (622 f.). 740 So Prinz/Peters, Medienrecht, RN 853. 741 Prinz/Peters, Medienrecht, RN 265. 742 OLG Köln AfP 1985, 293 (295); OLG Brandenburg AfP 1995, 520 (522); OLG Köln AfP 1989, 683 (685); OLG München NJW-RR 1996, 1493 (1494); OLG München NJW-RR 1996, 1487 (1488); LG Halle AfP 2005, 188 (189); Erman/Ehmann, Anh § 12 RN 519; Soehring, Das Recht der journalistischen Praxis, RN 16.120; Prinz/Peters, Medienrecht, RNn 267, 271; Hartmann FS-Göppinger, S. 579 (589); Neuling HRRS 2006, 94 (98).

I. Die Persönlichkeitsrechte

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StGB, der auf die Wahrnehmung berechtigter Interessen abstellt, nichts zu ändern.744 Zwar können sich die Massenmedien auch auf die für sie fremden Interessen der Allgemeinheit berufen, wenn es um Berichterstattungen über Tatverdächtige geht.745 Jedoch kann die Allgemeinheit gar kein Interesse an der Publizierung falscher Informationen haben, wie sie die Darstellung eines Tatverdächtigen als Täter aber gerade wäre.746 So oder so wird das allgemeine Persönlichkeitsrecht verletzt, wenn der Pflicht, den jeweiligen Verfahrensstand unmissverständlich kenntlich zu machen, nicht nachgekommen wird. Schließlich gehen auch von etwaigen Namensnennungen große Gefahren für die Angeklagten und Verurteilten aus, da sie die Personen identifizierbar machen, also ihre Anonymität aufheben.747 Mit der Befugnis, über Gerichtsverfahren und Straftaten zu berichten, ist die Befugnis, die Betroffenen auch beim Namen zu nennen nicht verbunden.748 Das allgemeine Persönlichkeitsrecht749 ist hierdurch deshalb betroffen, weil es ein Recht auf Anonymität verleiht750, welches auch die Namensanonymität umfasst.751 Dieses setzt dem auf der ande743 Prinz/Peters, Medienrecht, RNn 271, 853; Soehring/Seelmann-Eggebert NJW 2005, 571 (574); a. A. OLG Frankfurt NJW 1980, 597 (598). 744 A. A. OLG Frankfurt NJW 1980, 597 (597 ff.); zu Recht ablehnend Grave NJW 1981, 209 (209 ff.). 745 M. w. N. Staudinger II/Hager, § 823 RN C 101; Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 240. 746 So ähnlich OLG Köln AfP 1985, 293 (294 f.); OLG Köln AfP 1989, 683 (685); Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 244; Loesdau MDR 1962, 773 (776 f.); Kohlhaas NJW 1963, 477 (478); Grave NJW 1981, 209 (210); Hassemer NJW 1985, 1921 (1923). 747 Soehring, Das Recht der journalistischen Praxis, RN 13.57; Müller, Bildnisveröffentlichung, S. 65; Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 361; Paschke, Medienrecht, RN 714; zur Bedeutung der Anonymität BVerfG NJW 1998, 2889 (2890); Wenzel/ Burkhardt, Wort- und Bildberichterstattung, § 10 RN 40. 748 OLG Nürnberg NJW 1996, 530 (531); OLG München NJW-RR 2003, 111 (111); Wenzel/Burkhardt, Wort- und Bildberichterstattung, § 10 RN 190. 749 Teilweise wird bezüglich Namensnennungen auf die §§ 22 ff. KUG analog zurückgegriffen (so Koebel JZ 1966, 389 (390); Neumann-Duesberg JZ 1970, 564 (566); Neumann-Duesberg JZ 1971, 305 (311); Lampe NJW 1973, 217 (217); Marxen GA 1980, 365 (370); anklingend auch bei Müller, Bildnisveröffentlichung, S. 68 f.). Dem stehen allerdings Gesetzeswortlaut und Gesetzgeberwillen entgegen. Daher ist einzig auf das Persönlichkeitsrecht zurückzugreifen. 750 KG NJW-RR 2005, 350 (351); Neuling HRRS 2006, 94 (97). 751 BVerfGE 97, 391 (3999); BGHZ 32, 103 (111); 81, 75 (80); OLG Stuttgart NJW-RR 1993, 1265; OLG Brandenburg NJW 1999, 3339 (3342 f.); KG NJW-RR 2005, 350 (351); LG Düsseldorf AfP 1998, 238 (239); Staudinger II/Hager, § 823 RN C 159; Zielemann, Tatverdächtige, S. 11; Bornkamm, Pressefreiheit und Fairneß, S. 248, 250; Jahns, Verletzung von Persönlichkeitsrechten, S. 37 f.; Neben, Personenberichterstattung, S. 161; Brüggemerier, Deliktsrecht, S. 174; Raschauer, Namensrecht, S. 298; Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 384, 464; Soehring, Das Recht der journalistischen Praxis, RN 13.59; Prinz/Peters, Medienrecht, RN 102; Paschke, Medienrecht, RN 731; Wenzel/Burkhardt, Wort- und Bildberichterstattung, § 10 RN

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G. Die Kriterien der Interessenabwägung

ren Seite stehenden Recht zur Namensnennung Grenzen, verdrängt es aber nicht in allen Fällen.752 Der lediglich einer Tat Beschuldigte und auch der Verurteilte haben auf Grund des ihnen beistehenden Anonymitätsrechts einen Anspruch darauf, in der Berichterstattung über laufende oder abgeschlossene Strafverfahren ungenannt zu bleiben, solange nicht ein besonderes öffentliches Interesse an der Namensnennung besteht.753 Während einige diesbezüglich auf die §§ 22 f. KUG analog abstellen754 und so ein namensbezogenes Informationsinteresse der Allgemeinheit für maßgebend halten755, sehen andere im Kunsturhebergesetz lediglich eine Orientierungshilfe.756 Da eine Analogie zu einem neuen, namensbezogenen Begriff der Zeitgeschichte führen würde und der Gesetzgeber in jeglicher Hinsicht deutlich zum Ausdruck brachte, mit den §§ 22 f. KUG nur Bildnisveröffentlichungen zu regeln, ist die zweite Ansicht vorzugswürdig. Handelt es sich um eine Person der Zeitgeschichte, deren Bildnis veröffentlicht werden darf, so liegt es daher nahe, dass auch deren Namen publiziert werden darf. Notwendig, und hier unterscheiden sich die dargestellten Ansichten kaum, ist ein namensbezogenes Informationsinteresse.757 Ähnlich der Behandlung des Rechts 53; Hubmann JZ 1957, 520 (525); Koebel JZ 1966, 389 (390 ff.); Neumann-Duesberg Jur.Jahrb. 7 (1966/67), 138 (139); Neumann-Duesberg JZ 1970, 564 (566 ff.); Benke JuS 1972, 257 (260); Bornkamm NStZ 1983, 102 (103); Roxin NStZ 1991, 153 (157); Kortz AfP 1997, 443 (446); kritisch Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 48 f.; Arndt NJW 1967, 1845 (1846). Umstritten ist dabei, ob das Recht auf Anonymität ein besonderes [so Bornkamm, Pressefreiheit und Fairneß, S. 250; Benke JuS 1972, 257 (260)] oder ein Teil des allgemeinen (so Staudinger II/Hager, § 823 RN C 159; Neben, Personenberichterstattung, S. 161) Persönlichkeitsrechts ist. 752 Wenzel/Burkhardt, Wort- und Bildberichterstattung, § 10 RN 53. 753 OLG Brandenburg NJW 1999, 3339 (3342 f.); Bornkamm, Pressefreiheit und Fairneß, S. 250; Hubmann, Das Persönlichkeitsrecht, S. 296; Wenzel/Burkhardt, Wortund Bildberichterstattung, § 10 RNn 53, 190; Prinz/Peters, Medienrecht, RN 105; Soehring, Das Recht der journalistischen Praxis, RN 13.62; Soehring GRUR 1986, 518 (522). 754 In diese Richtung OLG München NJW 1963, 658 (659); OLG Brandenburg NJW 1999, 3339 (3342 f.); SK StPO/Rogall, Vor § 133 RN 82; Bornkamm, Pressefreiheit und Fairneß, S. 250; Wenzel/Burkhardt, Wort- und Bildberichterstattung, § 10 RN 53; Bussmann JR 1955, 202 (204); Koebel JZ 1966, 289 (390 f.); Neumann-Duesberg Jur. Jahrb. 7 (1966/67), 138 (140); Dünnwald UFITA 49 (1967), 129 (144); NeumannDuesberg JZ 1970, 564 (566); Neumann-Duesberg JZ 1971, 305 (311); Roxin NStZ 1991, 153 (157). 755 Ausdrücklich zum Beispiel Neumann-Duesberg JZ 1970, 564 (566). 756 OLG Köln GRUR 1967, 319 (323); MK BGB I/Rixecker, § 12 Anh. RN 203; Löffler NJW 1966, 920 (921). 757 So zu Recht Soehring, Das Recht der journalistischen Praxis, RN 13.62; Herrmann, Rundfunkrecht, § 22 RN 99; Wenzel/Burkhardt, Wort- und Bildberichterstattung, Kap. 10 RN 190. Weder gehört die Nennung von Namen zu den Kernbestandteilen der mit den Gerichtsberichterstattungen vermittelten Informationen, noch würde bei einem Verzicht beziehungsweise Verbot von Namensnennungen ein Anschein von Vertuschung oder mangelnder Tataufklärung bewirkt (so aber Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 367 ff.), weshalb auf das Erfordernis des Informationsinteresses nicht verzichtet werden kann.

I. Die Persönlichkeitsrechte

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am eigenen Bild kann auch hier an die Schwere der Straftaten, die Gegenstand der jeweiligen Strafverfahren sind, angeknüpft werden. Geht es um Strafverfahren hinsichtlich Kleinkriminalität, hat der Angeklagte beziehungsweise Verurteilte grundsätzlich unbenannt zu bleiben.758 Nach der wohl herrschenden Ansicht sollen Namensnennungen, ähnlich der herrschenden Meinung bei § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG, in den Fällen der schweren Kriminalität beziehungsweise bei Straftaten, welche die Öffentlichkeit in besonderen Maße berühren, zulässig sein.759 Diese Grenzziehung ist jedoch aus denselben Gründen wie oben auch als zu weit abzulehnen.760 Es kann für den Regelfall der schweren Kriminalität also nicht angenommen werden, dass ein auf die Identität der Angeklagten und Verurteilten gerichtetes Informationsinteresse besteht.761 Ein anderes Ergebnis ist, jedenfalls soweit besondere Umstände nicht zu Abweichungen führen762, nur für den Bereich der absolut schwersten Kriminalität im oben dargestellten Sinn763 anzunehmen. Nur in diesem kleinen Bereich kann angenommen werden, dass das erforderliche Informationsinteresse besteht. In all den anderen Fällen ist es nicht erforderlich, die Namen der aufgenommenen Personen zu veröffentlichen.764 Das Recht auf Anonymität und so das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Angeklagten und Verurteilten wird also in aller Regel verletzt,

758 OLG Nürnberg NJW 1996, 530 (531); Wenzel/Burkhardt, Wort- und Bildberichterstattung, § 10 RNn 190, 192 f., 198; Soehring, Das Recht der journalistischen Praxis, RN 13.106; Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 399; Hager Jura 1995, 566 (569). 759 BGH NJW 1994, 1950 (1952); BGH AfP 2000, 167 (170); wohl auch OLG Frankfurt NJW 1980, 597 (598); OLG München NJW-RR 2003, 111 (111); Paschke, Medienrecht, RN 734; Prinz/Peters, Medienrecht, RN 47; Wenzel/Burkhardt, Wortund Bildberichterstattung, § 10 RNn 53, 191, der auch § 12 StGB abstellt; vgl. weiter m. w. N Erman I/Ehmann, Anh § 12 RN 520. 760 Vgl. F. I. 3. b) aa) (4). 761 So ähnlich auch Hager Jura 1995, 566 (569), der auf Kapitalverbrechen abstellt; anders wohl Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 384; ebenso Helle, Schutz der Persönlichkeit, S. 167; a. A. Soehring, Das Recht der journalistischen Praxis, RN 13.105. 762 So kann, wenn es um Amtsträger oder Politiker geht, das Informationsinteresse an der Nennung der Namen in Einzelfällen auch unterhalb der schwersten Kriminalität angenommen werden. (BGH NJW 1962, 32 (33); BGH NJW 2000, 1036 (1037); BGH AfP 2000, 167 (170); OLG München NJW-RR 2003, 111 (111) Wenzel/Burkhardt, Wort- und Bildberichterstattung, § 10 RNn 53, 192, 198) Bei Jugendlichen und Heranwachsenden jedoch ist besondere Zurückhaltung geboten, wenn es darum geht, deren Namen zu nennen. [OLG Nürnberg NJW 1996, 530 (531); Soehring, Das Recht der journalistischen Praxis, RN 13.106; Wenzel/Burkhardt, Wort- und Bildberichterstattung, § 10 RNn 192, 198; Löffler NJW 1966, 920 (920 f.); Hager Jura 1995, 566 (569)]. 763 Vgl. F. I. 3. b) aa) (4) (c). 764 Hubmann, Das Persönlichkeitsrecht, S. 296. So heißt es dann auch in Nr. 23 Abs. 1 S. 5 RiStBV: „Dem allgemeinen Informationsinteresse der Öffentlichkeit wird in der Regel ohne Namensnennung entsprochen werden können“.

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G. Die Kriterien der Interessenabwägung

wenn die Namen genannt werden.765 Der Rundfunk ist also nicht berechtigt, in selbstverständlicher Weise Namen zu nennen.766 b) Gefahrenlage für sonstige Verfahrensbeteiligte und Besucher Aber auch die anderen Personen, die Gegenstand von Gerichtsberichterstattungen werden können, sind einer latenten Gefährdung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ausgesetzt. Diese unterscheidet sich lediglich in ihrer jeweiligen Intensität von der, die im Hinblick auf die Angeklagten und Verurteilten festgestellt wurde. Sämtliche Verfahrensbeteiligte und auch Besucher können Gegenstand von unwahren, fehlerhaften767 oder diffamierenden Berichterstattungen werden.768 Derartige Berichte gefährden beziehungsweise beeinträchtigen ihre allgemeinen Persönlichkeitsrechte. Ebenso tangiert jede Namensnennung über den Verlust der Anonymität die Persönlichkeitsrechte der Benannten. Nur über ein namensbezogenes Informationsinteresse könnte dies legitimiert werden. Weder Richter noch Staatsanwälte unterliegen, von hier nicht weiter interessierenden Ausnahmefällen abgesehen, einem solchen Interesse. Vor allem begründen die bekleideten öffentlichen Ämter keine Pflicht dieses Personenkreises, jedem öffentlichen Interesse nachzugeben.769 An den Namen der übrigen Verfahrensbeteiligten und Besucher hat die Öffentlichkeit demgegenüber überhaupt kein Informationsinteresse, so dass Namensnennungen die allgemeinen Persönlichkeitsrechte regelmäßig beeinträchtigen. Diese Feststellung ist vor allem für Zeugen und hier wiederum vorrangig für die Opfer von Straftaten bedeutend. Namensnennungen von Zeugen und Opfern müssen unter Rücksichtnahme auf deren Interessen generell unterbleiben.770 765 OLG Stuttgart JZ 1960, 126 (126); OLG München NJW-RR 2003, 111 (111); Jahns, Verletzung von Persönlichkeitsrechten, S. 63; a. A. Soehring, Das Recht der journalistischen Praxis, RN 13.102; wohl auch Stapper AfP 1996, 349 (356). Nicht unerwähnt soll in diesem Zusammenhang bleiben, dass in der Amtlichen Sammlung des deutschen Reichsgerichts in Strafsachen vom ersten Band an, und das war immerhin 1880, der Angeklagte nur mit seinem Anfangsbuchstaben bezeichnet wird, er also gerade nicht mit vollem Namen genannt wird. Dies geschah und geschieht nicht aus rein stilistischen Mitteln, sondern um gerade die Gefahren einer vollständigen Namensnennung auszuschließen. Grundlegend zur Zulässigkeit der Namensnennung in veröffentlichten Gerichtsurteilen vgl. Jauernig FS-Bötticher, S. 219 (219 ff.). 766 So aber Koebel JZ 1966, 389 (391). 767 Vgl. allgemein zu den die Richter und Staatsanwälte betreffenden Fehlerquellen von Gerichtsberichterstattungen Kohlhaas DRiZ 1963, 329 (330 ff.). 768 Auf Richter, Verteidiger und Sachverständige bezogen Geerds FS-Oehler, S. 423 (430 ff.). 769 So aber Koebel JZ 1966, 389 (390). 770 LG Köln AfP 1991, 757; Erman I/Ehmann, Anh § 12 RN 521; Wenzel/Burkhardt, Wort- und Bildberichterstattung, § 10 RNn 53, 194; Hubmann JZ 1957, 520 (526); nicht ganz so restriktiv Erman I/Ehmann, Anh § 12 RN 521; Wenzel/Burkhardt, Wort- und Bildberichterstattung, § 10 RN 194.

I. Die Persönlichkeitsrechte

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Die vorstehenden Ausführungen belegen, dass die Persönlichkeitsrechte sämtlicher im Sitzungsbereich anwesenden Personen nicht nur durch die Aufnahmen selbst, sondern auch durch die sie begleitenden Berichterstattungen einer nicht zu unterschätzenden Gefahr ausgesetzt sind.771 Nur diese abstrakt bestehende Gefahrenlage kann in die Entscheidung des Vorsitzenden Richters einfließen. Zum Zeitpunkt seiner Entscheidung nach § 176 GVG nämlich ist noch nicht absehbar, in welcher Form und mit welchen Inhalten der spätere Gerichtsbericht gesendet wird. Aus diesem Grund braucht und kann hier nicht interessieren, inwieweit das allgemeine Persönlichkeitsrecht durch die genannten Aspekte auch tatsächlich verletzt würde. Deshalb kann eine vertiefte Auseinandersetzung mit der Rolle von Rundfunk- und Meinungsfreiheit772, welche im Rahmen der 771

Sachs/Murswiek, Art. 2 RN 131; Gounalakis AfP 1998, 10 (11). Die Meinungsfreiheit steht sowohl dem privatrechtlich als auch dem öffentlichrechtlich strukturiertem Rundfunk zu, da jede Äußerungsform umfassend geschützt wird. [BVerfGE 54, 129 (138 f.); 60, 234 (241); 76, 171 (192); BK/Degenhart, Art. 5 Abs. 1 und 2 RN 133, 136, 140; Jarass/Pieroth/Jarass, Art. 5 RN 7; Sachs/Bethge, Art. 5 RNn 44 f.; Herrmann, Fernsehen und Hörfunk, S. 59 f.; Herrmann, Rundfunkrecht, § 5 RNn 8 f.; Bleckmann, Staatsrecht II, § 26 RNn 17 f.; Neben, Personenberichterstattung, S. 116; Windsheimer, Interpretationsgrundlage, S. 69; Gronau, Persönlichkeitsrecht und Medienfreiheit, S. 149; Ipsen, Staatsrecht II, RN 391; Fechner, Medienrecht, RN 111; Paschke, Medienrecht, RN 180; Siekmann/Duttge, Staatsrecht I, RN 432; Klein UFITA 36 (1962), 428 (445); Marxen GA 1980, 365 (366 FN 4); Heselhaus NVwZ 1992, 740 (741); Hager Jura 1995, 566 (566)] Der sachliche Schutzbereich umfasst unter anderem die Äußerung von Meinungen, also durch das Element der Stellungnahme beziehungsweise des Dafürhaltens geprägte Äußerungen (BVerfGE 33, 1 (14); 61, 1 (8); 85, 1 (14); 90, 241 (247); Sachs/Bethge, Art. 5 RN 25; BK/ Degenhart, Art. 5 Abs. 1 und 2 RN 93; von Münch/Kunig I/Wendt, Art. 5 RN 8; Gronau, Persönlichkeitsrecht und Medienfreiheit, S. 137; Stark, Ehrenschutz in Deutschland, S. 43; Bleckmann, Staatsrecht II, § 26 RN 14; Siekmann/Duttge, Staatsrecht I, RN 429; Sachs, Verfassungsrecht II, B 5 RN 3; Paschke, Medienrecht, RN 171; Ricker/Schiwy, Rundfunkverfassungsrecht, B RN 10; Schmitt Glaeser AöR 113 (1988), 52 (71); Stark JuS 1995, 689 (689); Ossenbühl JZ 1995, 633 (639); Grimm NJW 1995, 1697 (1698); Zacker DÖV 1997, 238 (242); Scholz/Konrad AöR 123 (1998), 60 (83); Ossenbühl ZUM 1999, 505 (509); Nolte/Tams JA 2002, 259 (259); a. A. Herrmann, Rundfunkrecht, § 5 RN 4), und richtiger Ansicht nach auch die einem Beweis zugänglichen Tatsachen [BVerfGE 94, 1 (8); BGHZ 139, 95 (102); BGH NJW 1982, 2248 (2249); BGH NJW 1988, 1589 (1590); BGH NJW 1996, 1131 (1133); BGH ZUM 1998, 834 (836); OLG Brandenburg NJW-RR 1995, 1429 (1429); Jarass/Pieroth/Jarass, Art. 5 RN 2; Wasserburg, Recht der Medien, S. 104; Paschke, Medienrecht, RN 171; Siekmann/Duttge, Staatsrecht I, RN 430; Stark, Ehrenschutz in Deutschland, S. 46 f.; Ahrens, Persönlichkeitsrecht, RN 33; Gronau, Persönlichkeitsrecht und Medienfreiheit, S. 140, 183; Degenhart FS-Lukes, S. 287 (294); Rüthers FS-Löffler, S. 303 (307); Vesting AöR 122 (1997), 337 (340 f.); Scholz/Konrad AöR 123 (1998), 60 (84); Ossenbühl ZUM 1999, 505 (509); kritisch m.w. N. Kübler JZ 1984, 541 (547); Scherer ZRP 1990, 332 (337); Hager AcP 196 (1996), 168 (213 f.)], soweit sie mit der Meinungsäußerung verbunden sind und der Meinungsbildung dienen. [BVerfGE 54, 208 (219); 61, 1 (8); 65, 1 (41); 85, 1 (15); 90, 1 (15); 90, 241 (246); 94, 1 (7); BVerfG NJW 2000, 199 (200); Dreier I/Schulze-Fielitz, Art. 5 I, II RN 84; Sachs/Bethge, Art. 5 RN 27; BK/Degenhart, Art. 5 Abs. 1 und 2 RN 99; Stark, Ehrenschutz in Deutschland, S. 44; Neben, Personenberichterstattung, S. 115; 772

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G. Die Kriterien der Interessenabwägung

für die Annahme einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts notwendigen Interessen- und Güterabwägung neben dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht berücksichtigt werden müsste773, unterbleiben. 6. Ergebnis Die Betrachtungen der Persönlichkeitsrechte als abwägungsrelevante Kriterien können dahingehend zusammengefasst werden, dass mit personenbezogenen Bild- und Tonaufnahmen erhebliche Gefährdungen beziehungsweise Beeinträchtigungen der besonderen Persönlichkeitsrechte in Form der Rechte am eigenen Bild und am gesprochenen Wort sowie des allgemeinen Persönlichkeitsrechts einhergehen.774 Während die besonderen Persönlichkeitsrechte dadurch Herrmann, Fernsehen und Hörfunk, S. 65; Ricker/Schiwy, Rundfunkverfassungsrecht, B RN 10; Lerche FS-Lorenz, S. 143 (144); Leisner UFITA 37 (1962), 129 (138 ff.); Tettinger JZ 1990, 846 (847); Heselhaus NVwZ 1992, 740 (741); Grimm NJW 1995, 1697 (1699); Zacker DÖV 1997, 238 (242); Scholz/Konrad AöR 123 (1998), 60 (85); Ossenbühl ZUM 1999, 505 (509); kritisch Huster NJW 1996, 487 (487 ff.)] Bezüglich des Schutzes der Tatsachen ist jedoch einschränkend zu verlangen, dass sie weder bewusst noch fahrlässig falsch sind. (BVerfGE 54, 208 (219); 61, 1 (8 ); 54, 208 (219 f.); 66, 116 (149); 85, 1 (15); 90, 1 (15); 90, 241 (247); 99, 185 (197); BVerfG NJW 1999, 1322 (1324); BVerwGE 55, 232 (241); BGHZ 139, 95 (101); BGH NJW 1998, 3047 (3048); Sachs/Bethge, Art. 5 RN 28; BK/Degenhart, Art. 5 Abs. 1 und 2 RNn 104, 107; Jarass/Pieroth/Jarass, Art. 5 RN 5; Mackeprang, Ehrenschutz, S. 234; Wasserburg, Recht der Medien, S. 103; Stark, Ehrenschutz in Deutschland, S. 52 ff.; Gronau, Persönlichkeitsrecht und Medienfreiheit, S. 146 ff.; Sachs, Verfassungsrecht II B 4 RN 8; Siekmann/Duttge, Staatsrecht I, RN 430; Pieroth/Schlink, Staatsrecht II, RN 555; Hufen, in: Meinungsfreiheit, S. 1 (4); Zippelius FS-Hubmann, S. 511 (518); Hager AcP 196 (1996), 168 (184); Ossenbühl ZUM 1999, 505 (510); kritisch Dreier I/Schulze-Fielitz, Art. 5 I, II RN 86; a. A. von Münch/Kunig I/Wendt, Art. 5 RN 10; Ipsen, Staatsrecht II, RN 390; Thieme DÖV 1980, 149 (150); Schmitt Glaeser JZ 1983, 95 (97); Zacker DÖV 1997, 238 (243 f.); wohl auch Stock, Medienfreiheit, S. 166; Stein/Frank, Staatsrecht, S. 297 f.) Anhand dieser Schutzbereichseingrenzung wird deutlich, dass die Kommentierungen der Film- und Tonaufnahmen, also der eigentliche Gerichtsbericht größtenteils von der Meinungsfreiheit erfasst wird. Jedoch ist bei sachlich nicht zutreffenden Kommentierungen und bei unzutreffender Bezeichnung des Tatverdächtigen als Täter zu prüfen, ob nicht zumindest Fahrlässigkeit hinsichtlich der Unwahrheit der Tatsachen gegeben ist. In den meisten Fällen unwahrer Gerichtsberichterstattungen dürfte dies aber der Fall sein. 773 Prinz/Peters, Medienrecht, RN 90; Löffler NJW 1965, 942 (945). Im Rahmen der Abwägung müsste erneut untersucht werden, wie intensiv sich etwaige Eingriffe auswirken. Vgl. BVerfGE 85, 1 (16); 86, 1 (11); BGH NJW 1978, 1797 (1798); BGH NJW 1994, 124 (126); Prinz/Peters, Medienrecht, RN 90. 774 Rechtsfolge von Verletzungen des Persönlichkeitsrechts sind insbesondere Ansprüche auf Unterlassen und Schadensersatz. (Vgl. statt vieler MK BGB I (3. Aufl.)/ Schwerdtner, § 12 RNn 184 ff.) Geht es um die Folgen rechtswidriger Herstellung von Aufnahmen, so ist zudem an Ansprüche auf Vernichtung oder Herausgabe der jeweiligen Aufnahmen (Dazu KG NJW 1980, 894 = MDR 1980, 311; OLG Karlsruhe GA 1982, 224 (226) = NStZ 1982, 123; Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 84 ff.; Wenzel/Strobl-Alberg, Wort- und Bildberichterstattung, Kap. 9 RNn 4 f.; a. A. von Gamm, UrhG, Einf. RN 130) und an Notwehrbefugnisse [dazu statt vieler

II. Die mit den Aufnahmen verbundenen Gefahren

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verletzt werden, dass personenbezogene Bild- und Tonaufnahmen veröffentlicht werden, wird das allgemeine Persönlichkeitsrecht bereits durch die Anfertigung der Aufnahmen beeinträchtigt. Diese mitunter massiven Einschnitte in den Persönlichkeitsbereich der betroffenen Personen müssen bei der Entscheidungsfindung im Rahmen des § 176 GVG gebührende Beachtung finden. Nur in selten vorkommenden Ausnahmesituationen, welche sich dadurch auszeichnen, dass ein entsprechendes öffentliches Informationsinteresse zu bejahen ist, können Herstellung und Publikation mit den Persönlichkeitsrechten als vereinbar angesehen werden.

II. Die mit den Aufnahmen verbundenen Gefahren Segen und Fluch der Massenmedien liegen eng beieinander und sind Gegenstand zahlloser Abhandlungen. Auch die im Rahmen der Gerichtsberichterstattungen verwandten Bild- und Tonaufnahmen haben positive und negative Seiten. Für die Entscheidung im Rahmen des § 176 GVG sind vor allem die mit den Aufnahmen verbundenen Gefahren, einzig um diese und nicht um deren Realisierung geht es hier, immer wieder in den Vordergrund gestellt worden. An 42 Prozent der deutschen Landgerichte findet die Möglichkeit derartiger Störungen Eingang in den Entscheidungsfindungsprozess des § 176 GVG.775 1. Gefahren durch die Aufnahmen selbst Am bedeutsamsten und auch am naheliegensten sind die Gefahren, die von den Aufnahmen selbst ausgehen. Anknüpfungspunkt sollen hier vorrangig die Bild- und Tonaufnahmen als solche sein, also die direkt daraus resultierenden Gefährdungen. Jedoch kann die diese Aufnahmen umgebende Gerichtsberichterstattung nicht völlig außen vor bleiben, da beide Bereiche in einem Abhängigkeitsverhältnis zueinander stehen.776 Die Betrachtungen der Gefahren sind idealerweise nach deren Bezugspunkt zu trennen. So kann in allgemeine Gefahren und in speziell personenbezogene Gefahren, wobei zwischen den Personengruppen zu trennen ist, unterschieden werden.

Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 86 ff.; Wenzel/von Strobl-Alberg, Wort- und Bildberichterstattung, Kap. 7 RNn 37 ff.; Haberstroh JR 1983, 314 (314 ff.)] zu denken. 775 Vgl. die Auswertung der Frage 9 des Fragebogens in Anlage 3. 776 Arzt, Der strafrechtliche Schutz der Intimsphäre, S. 48.

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G. Die Kriterien der Interessenabwägung

a) Allgemeine Gefahren In ihrer gesamtgesellschaftlichen Bedeutung nicht zu unterschätzen sind, da gerade nicht auf einzelne Personen bezogen, die als allgemein zu qualifizierenden Gefahren. Im Zentrum dieser steht die Gefahr für die Wahrheitsfindung im Rahmen des Strafverfahrens.777 Sie betrifft letztlich die Funktionstüchtigkeit der Strafrechtspflege und damit ein herausragendes Verfahrensziel778, welches auch im Interesse der Allgemeinheit steht. Die Ermittlung des historischen Geschehensablaufes, des sogenannten Lebenssachverhaltes, ist als Hauptinhalt der Wahrheitsfindung779 der Kern eines jeden Strafverfahrens. Mit ihm steht und fällt jedes Strafurteil. Ein auf einer verfälschten Grundlage basierendes Urteil ist deshalb erstens nicht der Wahrheit entsprechend und zweitens nicht gerecht, so dass die Wahrheitsfindung gefährdet wird, wenn deren Grundlage verfälscht wird.780 Die Wahrheitssuche im Strafverfahren ist zwar ein geregelter, aber auch ein offener Prozess. Da er auf kommunikativ ausgetragenen Streitigkeiten beruht781, ist der Prozess per se auf Beeinflussungen angelegt.782 Werden nun im Sitzungsbereich Aufnahmen angefertigt, mit deren Publikation zu rechnen ist, so steht immer eine Beeinflussung, wohlgemerkt aller Verfahrensbeteiligten, im Raum, die zu einer Gefährdung der Wahrheitsfindung führt.783 Die Gefahr von verändertem (Aussage-)Verhalten nämlich ist durch § 169 S. 2 GVG784 nicht vollständig gebannt. Auch Aufnahmen von Verfahrensbeteiligten außer777

Reiß, Berichterstattung, S. 4. BVerfGE 57, 250 (275) = NJW 1981, 1719 (1722); 63, 45 (61) = NJW 1983, 1043 (1043); BVerfG MDR 1984, 284 (284); BGHSt 9, 280 (281); LR I/Rieß, Einleitung Abschnitt G RN 42; Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 244 RN 11; KK/Pfeiffer, Einleitung RN 7; HD/Krehl, Einleitung, RN 1; Krey, Strafverfahrensrecht I, RN 35; Kissel/Mayer, GVG, § 169 RN 16; Hetzer, Wahrheitsfindung, S. 19; Döhring, Die Erforschung des Sachverhaltes im Prozess, S. 2, 6 ff.; Britz, Fernsehaufnahmen, S. 266; Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 88; Kühne, Strafprozessrecht, RN 349; Lorz, in: Herausforderungen, S. 59 (63 f.); Reinhardt NJW 1994, 93 (96). 779 BVerfGE 80, 367 (378); LR I/Rieß, Einleitung Abschnitt G RN 43; KK/Herdegen, § 244 RN 18; Hetzer, Wahrheitsfindung, S. 19; Britz, Fernsehaufnahmen, S. 267; Bumke DRiZ 1929, 306 (306); Spendel JuS 1964, 465 (466); Krauß FS-Schaffstein, S. 411 (417, 431). 780 Vgl. Britz, Fernsehaufnahmen, S. 267. 781 Hassemer, in: Einfluss der Medien, S. 61 (63). 782 Gerhardt, in: Einfluss der Medien, S. 19 (45). 783 BVerfG NJW 1996, 310 (311); OLG Koblenz NJW 1973, 251 (253); LR VII/ Wickern, Vor § 169 GVG RN 18; Burbulla, Fernsehöffentlichkeit, S. 81; Wagner, Strafprozessführung über die Medien, S. 67 f.; Weiler ZRP 1995, 130 (134); Bamberger ZUM 2001, 373 (377); auf die Presse bezogen Riess DRiZ 1966, 340. Hinsichtlich der Angeklagten: Wettstein, Öffentlichkeitsgrundsatz, S. 88; Rubens-Laarmann, Gerichtsberichterstattung, S. 63; Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 90; Geerds FSOehler, S. 423 (430); Franzki DRiZ 1979, 82 (82); Hillermeier DRiZ 1982, 281 (283); Wolf ZRP 1994, 187 (188); Ranft Jura 1995, 573 (576); Stapper AfP 1996, 349 (355). 784 Hierzu m.w. N. Britz, Fernsehaufnahmen, S. 269 (FN 238). 778

II. Die mit den Aufnahmen verbundenen Gefahren

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halb der mündlichen Hauptverhandlung vermögen einen so tiefen Eindruck bei den betroffenen Personen hervorzurufen, dass sie unter Einfluss desselben ihr Verhalten auch in der Hauptverhandlung verändern.785 Da die Medienpräsenz ein Klima schafft, das der ungestörten Wahrheitsfindung abträglich ist, werden sie, auch wenn ein empirischer Nachweis aussteht786, zu Recht als ein Störfaktor der Wahrheitsfindung angesehen.787 Bild- und Tonaufnahmen auch außerhalb der Hauptverhandlung sind also geeignet, die Wahrheitsfindung zu erschweren und so zu gefährden.788 Die Relevanz dieser Gefahr ergibt sich aus der außerordentlich hohen Bedeutung, die der ungestörten Wahrheitsfindung inne wohnt.789 Auf die Beeinflussung der Verfahrensbeteiligten abstellend, wird dem Rundfunk die Macht zugeschrieben, auch die richterliche Unabhängigkeit (Art. 97 Abs. 1 GG), vor allem die der Laienrichter, zu gefährden.790 Wenn diese Gefahr diskutiert wird, muss aber beachtet werden, dass sich ein Verlust der richterlichen Unabhängigkeit zu Lasten, aber auch zu Gunsten des Angeklagten auswirken kann.791 Bislang fehlen empirische Untersuchungen dahingehend, ob Gerichtsberichterstattungen unter Einschluss der Bild- und Tonaufnahmen die richterliche Unabhängigkeit gefährden.792 Nach Ansicht des Verfassers tun sie es zwar nicht in direkter Weise, wohl aber über die öffentliche Meinung.793 785 BVerfG NJW 1996, 310 (311); Olizeg, Hausrecht, S. 213; Reiß, Berichterstattung, S. 10 ff.; Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 91; Olizeg, Hausrecht, S. 212; Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 77; Wenzel/von Strobl-Alberg, Wort- und Bildberichterstattung, Kap. 7 RN 33; Geerds FS-Oehler S. 423 (429); kritisch Lilie, in: AE-StuM, S. 116 (130). 786 Vgl. Scherer, Gerichtsöffentlichkeit, S. 86; Witzler, Personale Öffentlichkeit, S. 161; Britz, Fernsehaufnahmen, S. 271; Pieroth, in: Recht und Persönlichkeit, S. 249 (273); Gounalakis FrG-Kübler, S. (173) 193; Schneider JuS 1963, 346 (346). 787 Vgl. nur Arzt, Der befangene Strafrichter, S. 114; Spendel JuS 1964, 465 (472); auch Britz, Fernsehaufnahmen, S. 267. 788 Geerds FS-Oehler, S. 423 (430); a. A. Hartmann FS-Göppinger, S. 579 (584). 789 Britz, Fernsehaufnahmen, S. 266. 790 Vgl. Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 36 ff.; Scherer, Gerichtsöffentlichkeit, S. 176 f.; Wagner, Strafprozessführung über die Medien, S. 87 f.; Hassemer, in: Einfluss der Medien, S. 61 (67); Bumke DRiZ 1929, 306 (306); Dahs NJW 1961, 1755 (1756); Roxin NStZ 1991, 153 (153, 157); Herr DRiZ 1994, 405 (407). 791 Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 233; Hartmann FS-Göppinger, S. 579 (580 f.); Hassemer NJW 1985, 1921 (1923); die Gefahr von Verhaltensänderungen der Richter sieht Bumke DRiZ 1929, 306 (308). 792 Frowein/Peukert/Peukert, EMRK, Art. 6 RN 164; Scherer, Gerichtsöffentlichkeit, S. 176; Wagner, Strafprozessführung über Medien, S. 13; Bornkamm, Pressefreiheit und Fairneß, S. 212 ff., 217; Britz, Fernsehaufnahmen, S. 276; Peukert EuGRZ 1980, 247 (260); Roxin NStZ 1991, 153 (153); Quoirin DRiZ 1995, 364; Stapper AfP 1996, 349 (350 f.); zu den bestehenden Schwierigkeiten Zweigert FS-von Hippel, S. 711 (715). 793 Eine von Gerhardt durchgeführte Studie, für die er hinsichtlich des Bestehens und des Grades der Beeinflussung von Strafverfahren durch die Medien in 25 Inter-

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G. Die Kriterien der Interessenabwägung

Diese wird durch Bild- und Tonaufnahmen beeinflusst und gefährdet über den aufgebauten Druck die richterliche Unabhängigkeit. Nach Scherer794 soll dies, da die richterliche Unabhängigkeit nicht in Bezug auf die öffentliche Meinung gewährt sei, gar nicht möglich sein. Diese Sichtweise soll der öffentlichen Meinung ihren Platz in der richterlichen Entscheidungsfindung sichern und so auch die Kontrolle der Justiz stärken. Jedoch bindet Art. 97 Abs. 1 GG den Richter lediglich an Gesetz und Recht. Will man dies nicht relativieren, muss auch die Unabhängigkeit vor der öffentlichen Meinung garantiert werden795, zumal ansonsten jeglicher Minderheitenschutz entwertet würde.796 Auch Richter sind Menschen und so nicht vollständig von äußeren Einflüssen frei. Auch bei ihnen werden gesellschaftliche und persönliche Zusammenhänge virulent.797 Gerade die Richter sind einem mitunter starken gesellschaftlichen Druck ausgesetzt, der ihre Unabhängigkeit gefährdet.798 Richterliche Entscheidungen können also durch Medienpublizität beeinflusst werden.799 Hiervon sind auch Gerichtsberichterstattungen aus dem Umfeld der strafgerichtlichen Hauptverhandlung nicht ausgenommen. Von den Richtern zu fordern, sie sollen diesen, sie beeinflussenden Wirkungen einfach standhalten800, ist eine leicht gesagte und auch begrüßenswerte Forderung. Nur lässt sie sich nicht vollumfänglich in die Tat umsetzen.801 Die Veröffentlichung von identifizierenden Bild- und Tonaufnahmen im Sitzungsbereich begründet also eine Gefahr für die richterliche Unabhängigkeit.802 Allerdings ist diese Gefahr zu relativieren, nicht jedoch auszuschlieviews Richter, Staatsanwälte, Verteidiger und Ministerialbeamte befragte [vgl. Gerhardt, in: Einfluss der Medien, S. 19 (20)], ergab, dass keine der von ihm befragten Personen einen Einfluss der Medien verneint hat. Vgl. Gerhardt, in: Einfluss der Medien, S. 19 (21, 24, 28 f.). 794 Scherer, Gerichtsöffentlichkeit, S. 13, 83. 795 Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 28 f. 796 Kuß, Öffentlichkeitsmaxime, S. 48; Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 27. 797 Vgl. nur Opp/Peuckert, Ideologie und Fakten in der Rechtsprechung, S. 85; Gerasch, Prozesswirklichkeit, S. 36; Gerhardt, in: Einfluss der Medien, S. 19 (45); Dreher FS-Bockelmann, S. 45 (61); Peters GS-Meyer, S. 331 (341 f.); Simgen FS-Wassermann, S. 531 (543); Schreiber FS-Jescheck I, S. 757 (771); Zweigert FS-von Hippel, S. 711 (715); Flehinghaus DRiZ 1959, 290; Herrmann DRiZ 1982, 286 (291). 798 LR VII/Wickern, Vor § 169 GVG RN 18; Arzt, Der gefangene Strafrichter, S. 114; Schilken, Gerichtsverfassungsrecht, RN 166; Peters GS-Meyer, S. 331 (341); Geerds FS-Oehler, S. 423 (432); Zweigert FS-von Hippel, S. 711 (719); Schreiber FSJescheck I, S. 757 (771); Bockelmann NJW 1960, 217 (220); Krekeler NJW 1981, 1633 (1636); Rinsche ZRP 1987, 384 (385); Herr DRiZ 1994, 405 (410); Ranft Jura 1995, 573 (576 f.). 799 Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 23; Dahs AnwBl. 1959, 171 (172); Dahs NJW 1961, 1755 (1756); Weiler ZRP 1995, 130 (132); Stürner JZ 1978, 161 (165); a. A. BVerfGE 91, 125 (137). 800 So Kissel/Mayer, GVG, § 1 RN 157. 801 Art. 97 Abs. 1 GG hilft dem Richter, wenn es um Staatsgewalt geht, nicht aber im Bereich der öffentlichen Meinung. Vgl. Caesar Recht und Politik 32 (1996), 144 (147).

II. Die mit den Aufnahmen verbundenen Gefahren

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ßen803, wenn es um Berufsrichter geht. Obwohl hier vieles im Dunkeln liegt804, dürfte an den Wirkungen der juristischen Schulung805, die ein analytisches Denkmuster beinhaltet806 und so äußere Einflüsse zu einem großen Teil ausblendet, nicht gezweifelt werden. Aus diesem Grund ist es gerechtfertigt, zwischen Berufs- und Laienrichtern zu unterscheiden. Letztere sind deutlich stärker gefährdet, ihre volle richterliche Unabhängigkeit wegen der öffentlichen Meinung zu verlieren.807 Auch wenn das Laienrichtertum in Deutschland nur schwach ausgeprägt ist und die Berufsrichter auch kontrollierend und belehrend tätig werden808, kann die strukturell bedingte Gefahr, auf die es hier einzig ankommt, nicht ausgeschlossen werden. Zuzugeben ist lediglich, dass diese Gefahr nur schwach ausgeprägt ist. Auf Grund der für die Herstellung der Bild- und Tonaufnahmen notwendigen technischen Voraussetzungen kann auch eine Gefahr für den äußeren Ablauf der Sitzung nicht in Abrede gestellt werden. Es ist zu befürchten, dass die Sitzung behindert und verzögert wird.809 So müssen Lichtquellen aufgebaut und Kabel verlegt werden. Zudem gehen von den für die Aufnahmen notwendigen Personen vielfältige Behinderungen des Sitzungsablaufs aus.810 Die hier zu konstatie802 Anklingend auch bei Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 233; allgemeiner: Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 34; Pfeiffer FS-Bengl, S. 85 (97); Erdsiek NJW 1963, 1048 (1048); Voss DRiZ 1994, 445 (449); Stürner JZ 1995, 297 (298). 803 Ähnlich Stürner JZ 1978, 161 (164); Quoirin DRiZ 1995, 364; a. A. Schmidt, Justiz und Publizistik, S. 53; Britz, Fernsehaufnahmen, S. 280; Bornkamm, Pressefreiheit und Fairneß, S. 213; Baur FS-Kern, S. 49 (53). 804 Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 35; Hassemer, in: Einfluss der Medien, S. 61 (67). 805 Vgl. Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 31. 806 Quoirin DRiZ 1995, 364; Stürner JZ 1978, 161 (164); auch das Bundesverfassungsgericht unterscheidet z. B. in BVerfGE 71, 206 (217) zwischen Berufs- und Laienrichtern. 807 Kühl FS-Hubmann, S. 241 (242 f.); Geerds FS-Oehler, S. 423 (432); Bumke DRiZ 1929, 306 (306); Lampe NJW 1973, 217 (220); Dahs NJW 1961, 1755 (1756); Ranft Jura 1995, 573 (576); Stapper AfP 1996, 349 (350). Der Bundesgerichtshof stellt in BGHSt 22, 289 (294) = NJW 1969, 703 (704) allerdings zu Recht fest, dass sich auch Laienrichter ihrer Pflicht, äußeren Beeinflussungen so weit wie möglich entgegenzuwirken, bewusst sind und dementsprechend vorgehen. 808 Vgl. Britz, Fernsehaufnahmen, S. 280; Bornkamm, Pressefreiheit und Fairneß, S. 207. 809 BVerfGE 48, 118 (123); diese Gefahr sieht auch das BVerfGE 91, 125 (134 f., 137 ff.) = JZ 1995, 295 (296 f.), wenn es unter anderem darauf abstellt, ob sich die Kamerateams „. . . wechselseitig bedrängen . . .“ oder ob ein „. . . unpünktliche(n)[r] Auf- oder Abbau der Geräte . . .“ stattfand; zudem spricht es von der „. . . äußeren Ordnung des Strafverfahrens . . .“; auch BayObLG NJW 1956, 390 (391) stellt diese mögliche Gefahr dar; OLG Hamburg NStZ 1992, 509; weiter Burbulla, Fernsehöffentlichkeit, S. 80; Britz, Fernsehaufnahmen, S. 282; Olizeg, Hausrecht, S. 213; Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 129; Lilie, in: AE-StuM, S. 116 (125); Dahs NJW 1961, 1755 (1756); Eberle NJW 1994, 1637 (1638); a. A. anscheinend Hartmann FS-Göppinger, S. 579 (584).

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G. Die Kriterien der Interessenabwägung

rende Gefahr hat sich im Vergleich zu früher auf Grund des zu beobachtenden technischen Fortschritts zwar verringert, ganz verschwunden ist sie aber nicht. Die als wahrscheinlich anzusehenden Belastungen sind daher in aller Regel gering.811 Schließlich gilt es auf die Gefahr einer Instrumentalisierung des Rundfunks durch die Verfahrensbeteiligten hinzuweisen.812 Hier ist weniger an Richter, als an Staatsanwälte, Verteidiger und Angeklagte zu denken. Sind Rundfunkanbieter im Sitzungsbereich präsent, so besteht die Gefahr, dass Verfahrensbeteiligte zu einer überzogenen Selbstdarstellung verleitet werden, die dem eigentlichen Verfahren abträglich ist.813 Auch wenn Staatsanwälte814 und Verteidiger815 gewohnt sind, in der Öffentlichkeit aufzutreten, kann insbesondere bei diesen beiden Personengruppen nicht ausgeschlossen werden, dass die Medien – unter Umständen zu Lasten der Strafrechtspflege und des Angeklagten – bewusst eingesetzt werden.816 Vor allem die Strafverteidiger nutzen Presse und Rundfunk gern, um entweder die Interessen der Mandanten oder auch eigene Interessen durchzusetzen. Allerdings ist diese Gefahr nicht überzubewerten, da sie in aller Regel bewusst in Kauf genommen wird und es sämtlichen Verfahrensbeteiligten frei steht, auf die Medien auch im Sitzungsbereich zurückzugreifen.

810 So berichtet Gerhardt DRiZ 1993, 377 (381) von dramatischen Zuständen in Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht. Bei der „Somalia-Blauhelm“-Entscheidung sollen ungefähr 16 Kameras vor Ort, das heißt in und um den Verhandlungssaal, stationiert gewesen sein, was mindestens 40 Personen der Technik plus die Korrespondenten und sieben Übertragungswagen auf dem Rasen vor dem Gericht bedeutete. In den Strafprozessen um E. Honecker und M. Weimar soll dies noch ungleich schlimmer gewesen sein. Insofern wird von „. . . entwürdigende(n) Szenen prügelnder Kameraleute . . .“ [Gerhardt DRiZ 1993, 377 (378)] gesprochen. Zuck NJW 2001, 40 (40) spricht von einem „. . . Anblick all dieser Kabel und Scheinwerfer und der klickenden Kameras . . .“. 811 So auch Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 129. 812 LR VII/Wickern, Vor § 169 GVG RN 18; Wagner, Strafprozessführung über Medien, S. 36 ff., 50 ff., 81 ff.; Britz, Fernsehaufnahmen, S. 275; Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 69; Prinz FS-Engelschall, S. 243 (245); Geerds FS-Oehler, S. 423 (430 f.); Jahn, in: Einfluss der Medien, S. 5 (9); Hillermeier DRiZ 1982, 281 (283); Beispiele von (versuchten) Instrumentalisierungen finden sich bei Quoirin DRiZ 1995, 115 und Quoirin DRiZ 1995, 364. 813 Gerhardt, Rundfunk- und Fernsehaufnahmen, S. 112; Wagner, Strafprozessführung über die Medien, S. 20; Britz, Fernsehaufnahmen, S. 286 f.; Flehinghaus DRiZ 1959, 290; Lohrmann DRiZ 1995, 247. 814 Vgl. Ulsamer FS-Zeidler II, S. 1799 (1807), nach dem insbesondere im Bereich der Wirtschaftskriminalität von Seiten der Staatsanwaltschaft und Polizei nach Medienpräsenz gestrebt wird; auf die Strafverfolgungsorgane im Allgemeinen bezogen Wagner, Strafprozessführung über Medien, S. 14; Hartmann FS-Göppinger, S. 579 (582); Quoirin DRiZ 1995, 115. 815 Zur berufsbezogenen Werbung Dahs, Handbuch des Strafverteidigers, RN 82 ff. 816 A. A. Britz, Fernsehaufnahmen, S. 287; Gehring ZRP 1998, 8 (10).

II. Die mit den Aufnahmen verbundenen Gefahren

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b) Gefahren für die Angeklagten und Verurteilten Neben den aufgeführten allgemeinen Gefahren, die die Allgemeinheit betreffen, muss, wenn es um Bild- und Tonaufnahmen im Umfeld der strafgerichtlichen Hauptverhandlung geht, vor allem die besondere Situation der Angeklagten und Verurteilten berücksichtigt werden. Diese nämlich zieht besondere Gefahren nach sich. Die mitunter massiven Gefahren für die Persönlichkeitsrechte dieser Personen817, die sowohl durch die Anfertigung als auch durch die Veröffentlichung der Aufnahmen drohen, wurden bereits dargestellt.818 Nur in seltenen Fällen kann ausgeschlossen werden, dass Persönlichkeitsrechte gefährdet beziehungsweise beeinträchtigt werden. Durch den sich stetig verschärfenden Wettbewerb zwischen den Rundfunkanbietern bekommen die Gefahren für die Persönlichkeitsrechte eine immer größere Bedeutung.819 Für den Angeklagten von Nachteil ist die latent vorhandene Gefahr von Vorverurteilungen820, die zu einem wesentlichen Teil auf der durch die Veröffentlichung der Bild- und Tonaufnahmen geschaffenen Möglichkeit, den aufgenommenen Angeklagten zu identifizieren, beruht.821 Sämtliche am Strafverfahren beteiligten Personen, die Besucher des Gerichts und sogar die Allgemeinheit als solche können vorverurteilende Schlüsse aus den medialen Gerichtsberichterstattungen ziehen.822 Dies liegt nicht zuletzt an den Suggestivwirkungen diesbe817 Dies gilt vor allem für das Fernsehen. Vgl. BVerfG NJW 1973, 1226 (1229); OLG München NJW 1986, 1260 (1261). 818 Vgl. G. I. 819 Neben, Personenberichterstattung, S. 19 und Prinz NJW 1995, 817 (821) verweisen als Beleg auf die Zunahme presserechtlicher Auseinandersetzungen. 820 Das Thema „Vorverurteilung“ gelangte 1983/1984 in die politische Diskussion. Die sogenannte „Flick-Affäre“ war der Auslöser dafür. Vor der 7. Strafkammer des Bonner Landgerichtes kam es zu einem Verfahren gegen den damaligen Generalbevollmächtigten des Flick-Konzerns, E. v. Brauchitsch, den Vorstandsvorsitzenden der Dresdener Bank, H. Friedrichs, und den damals schon zurückgetretenen Bundeswirtschaftsminister O. Graf Lamsdorf. Umfassende und regelmäßige Darstellungen in den Medien über den Stand der Ermittlungen führten zu einem entschlossenen Einschreiten des Umfeldes der Beschuldigten. Der Vorwurf der Vorverurteilung durch Medienberichterstattungen wurde erhoben. Ausführlich zum Begriff der (öffentlichen) Vorverurteilung Wagner, Strafprozessführung über die Medien, S. 12 f.; Hassemer NJW 1985, 1921 (1923) und Roxin NStZ 1991, 153 (157). 821 Die Fälle sogenannter Vorfreisprüche [dazu Roxin NStZ 1991, 153 (154)] sollen hier nicht interessieren. 822 OLG Koblenz NJW 1973, 251 (253); SK StPO/Rogall, Vor § 133 RN 80; LR VII/Wickern, Vor § 169 GVG RN 17; Bornkamm, Pressefreiheit und Fairneß, S. 215; Wenzel/Burkhardt, Wort- und Bildberichterstattung, Kap. 10 RN 180; Paschke, Medienrecht, RN 206; Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 204, 218; Schwind, Kriminologie, § 14 RN 4; Sachs, Verfassungsrecht II, B 5 RN 41; Jahn, in: Einfluss der Medien, S. 5 (13); Rüping FS-Dünnebier, S. 391 (396); Geerds FS-Oehler, S. 423 (430); Kühl FS-Hubmann, S. 241 (244); Bockelmann NJW 1960, 217 (220); Stürner JZ 1978, 161 (161, 164); Bornkamm NStZ 1983, 102 (103); Hassemer, NJW 1985, 1921 (1923); Roxin NStZ 1991, 153 (153); Weiler ZRP 1995, 130 (134); Huff NJW

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G. Die Kriterien der Interessenabwägung

züglicher Rundfunksendungen.823 Auch wenn die Gefahr im Hinblick auf die Richter nur als gering einzuschätzen ist, darf sie hinsichtlich der Zeugen nicht unterschätzt werden. Es lässt sich beobachten, dass sich nachträglich über den Rundfunk aufgenommene Informationen, zu denen die Identität des Angeklagten gehört, mit der Erinnerung an das ursprünglich Erlebte zu einem einheitlichen Ganzen vermischen.824 Empirische Untersuchungen zu den Auswirkungen von Vorverurteilungen liegen nicht vor.825 Die Gefahr vielfältiger Vorverurteilungen kann jedoch nicht verneint werden.826 Mit der, wenn auch als gering zu bewertenden Gefahr richterlicher Vorverurteilungen geht die Gefahr für die Unschuldsvermutung (Art. 6 Abs. 2 MRK, Art. 14 Abs. 2 IPPBR, Art. 20 Abs. 3 GG) einher.827 Der Grundsatz der Unschuldsvermutung erlegt der Intention nach dem Staat828 ein umfassendes Verbot auf, den lediglich Verdächtigen als Schuldigen zu behandeln.829 Mit anderen Worten hat der Richter stets unvoreingenommen zu sein.830 Indem Gerichtsberichterstattungen unter Verwendung von Bild- und Tonaufnahmen in der Lage sind, unter anderem die Richter dahingehend zu beeinflussen, dass sie voreingenommen und zu Lasten des Angeklagten richterlich tätig werden, wirken auch die Aufnahmen an der Gefahr für die Unschuldsvermutung mit.831 Wenn der 2001, 1622 (1622); Widmaier NJW 2004, 399 (400); auf die Presse bezogen auch Frowein FS-Huber 1981, S. 553 (556); Janisch AnwBl. 51 (2001), 22; sehr eindrucksvoll beschreibt Ulsamer FS-Jauch, S. 221 (224 ff.) einen konkreten Fall umfassender Vorverurteilungseffekte; zum Ganzen Bornkamm, Pressefreiheit und Fairneß, S. 207 ff. 823 Schumacher, Programmauflagen, S. 131; Jarass, in: Verfassungsrecht, S. 59 (68); Widmaier NJW 2004, 399 (400); Riklin, in: Stigmatisierung, S. 129 (145) stellt allerdings fest, dass eine eigentliche Vorverurteilung durch die Medien selbst nur selten erfolgt. 824 Undeutsch FG-Peters, S. 461 (465 f.) m.w. N. 825 Jahn, in: Einfluss der Medien, S. 5 (9); Hartmann FS-Göppinger, S. 579 (581). 826 Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 77; Lilie, in: AE-StuM, S. 116 (130). 827 Olizeg, Hausrecht, S. 212; Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 220; Lilie, in: AE-StuM, S. 116 (130); Hassemer NJW 1985, 1921 (1923); auf die Presse bezogen Kühne, Strafprozessrecht, RN 700; Kohlhaas NJW 1963, 477 (478). 828 OLG Köln AfP 1985, 293 (295); Frowein/Peukert/Peukert, EMRK, Art. 6 RN 162; Meyer-Ladewig, EMRK, Artikel 6 RN 85; Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 223; Frowein FS-Huber 1981, S. 553 (554 f.); Kühl FS-Hubmann 1985, S. 241 (246 f.); Rüping FS-Dünnebier, S. 390 (395); Peukert EuGRZ 1980, 247 (260); Stapper AfP 1996, 249 (350). 829 BVerfGE 22, 254 (265); KK/Pfeiffer, Einleitung RN 32a; Pfeiffer, StPO, Einleitung, RN 25; HD/Krehl, Einleitung RN 14; Pieroth/Schlink, Staatsrecht II, RN 426; Kühl, Unschuldsvermutung, Freispruch und Einstellung, S. 12 ff.; Zielemann, Tatverdächtige, S. 84; Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 225; Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 71; Reifenrath FS-Wassermann, S. 489 (490); Frowein FS-Huber 1981, S. 553 (555); Meyer FS-Tröndle, S. 61 (69); Krauß FS-Schaffstein, S. 411 (411); Kühl FS-Hubmann, S. 241 (247); ausführlich Stuckenberg, Unschuldsvermutung, S. 67 ff. 830 Kleinknecht/Meyer-Goßner, Art. 6 MRK RN 12; Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 226; Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 71; Peukert EuGRZ 1980, 247 (260).

II. Die mit den Aufnahmen verbundenen Gefahren

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Bundesgerichtshof832 feststellt, dass voreingenommene Medienpublikationen kein Misstrauen gegenüber der richterlichen Unvoreingenommenheit rechtfertigen, ist ihm nur insoweit zuzustimmen, als dass die Gefahr nur als gering anzusehen ist. Ausgeschlossen werden kann sie aber nicht.833 Als möglich erscheint weiterhin, dass die Unschuldsvermutung durch den Rundfunk selbst verletzt wird, indem dieser vorverurteilend beziehungsweise einseitig und unter Verwendung von identifizierenden Aufnahmen über Angeklagte berichtet. Das kann jedoch nur dann angenommen werden, wenn der verfassungsrechtlich verankerten Unschuldsvermutung eine unmittelbare Drittwirkung gegenüber den Rundfunkanbietern zukommen würde. Eine solche wird teilweise mit der Begründung angenommen, dass es Aufgabe der Unschuldsvermutung sei, die Strafgewalt des Staates als schärfstes Eingriffsrecht834 zu begrenzen.835 Wenn die Medien Richter und so die Ausübung von Strafgewalt beeinflussen können836, sei es nur gerecht, diese direkt an die Unschuldsvermutung zu binden.837 Der Verdächtige müsse vor den Medien genauso geschützt werden, wie vor einem voreingenommenen Richter.838 Stapper839 verweist hierzu auf die „Lebach-Entscheidung“840 des Bundesverfassunsgerichts und auf Entscheidungen der Europäischen Kommission für Menschenrechte841. Das Bundesverfassungsgericht842 führte aus, dass die Unschuldsvermutung eine entsprechende Zurückhaltung des Rundfunks erfordere. Auf den Einfluss der Presseberichterstattung auf die gerichtliche Rechtsfindung stellte dagegen die Kommission für Menschenrechte ab.843 Die Mehrheit der sich mit dieser Frage 831 832 833 834

So auch Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 72. BGHSt 22, 289 (294 f.). Im Ergebnis auch Kuß, Öffentlichkeitsmaxime, S. 221. BVerfGE 6, 389 (433); Frowein FS-Huber, 553 (562); Stapper AfP 1996, 349

(350). 835

Frowein FS-Huber, 553 (562). Die Medien haben nach Stapper AfP 1996, 349 (351) eine „. . . ähnlich scharfe Waffe gegen den Verdächtigen in der Hand wie der Staat mit seiner Strafgewalt . . .“. 837 So auch Schmidt, Justiz und Publizistik, S. 56; ebenfalls Stapper AfP 1996, 349 (351), der dies allerdings nur auf die Presse bezieht. Jedoch ist seine Argumentation auf alle gerichtsberichterstattenden Medien anwendbar, weshalb seine Ansicht verallgemeinerbar ist; Marxen GA 1980, 365 (373 f.), der die Geltung der Unschuldsvermutung nicht als ein Problem der Drittwirkung sieht; unklar, aber wohl auch in diese Richtung Reifenrath FS-Wassermann, S. 489 (491) „. . . Jeder Streit darüber ist müßig, ob Berichte der Boulevardzeitungen . . . gegen die Unschuldsvermutung verstoßen. . . .“; wohl eine unmittelbare Drittwirkung des Art. 6 MRK annehmend Soehring GRUR 1986, 518 (522). 838 Stapper AfP 1996, 349 (350). 839 Stapper AfP 1996, 349 (350). 840 BVerfGE 35, 202 ff. 841 EKMR CD 11, 31 (31 ff.); EKMR CD 35, 37 (37 ff.); EKMR DR 2, 54 (54 ff.). 842 BVerfGE 35, 202 (232). 836

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G. Die Kriterien der Interessenabwägung

beschäftigenden Personen in Literatur und Rechtsprechung geht demgegenüber zu Recht von einer nur mittelbaren Drittwirkung der Unschuldsvermutung aus.844 Diese nämlich betrifft unmittelbar nur die Ausübung der staatlichen Strafgewalt.845 Es ist mit der Garantie der Unschuldsvermutung nicht vereinbar, ihre Wirkungen auf den eigentlichen Staat zu beschränken. Denn die Erfüllung der nach allen Auffassungen den Staat verpflichtenden Unschuldsvermutung könnte durch die Medien ohne weiteres verhindert werden, hätten sie die uneingeschränkte Möglichkeit, in jeder Form über Strafverfahren zu berichten.846 Diese Erwägung kann allerdings nur zu einer mittelbaren Drittwirkung der Unschuldsvermutung führen. Es ist zwar richtig, dass die Medien die Angeklagten nur unwesentlich schwächer antasten als die eigentliche staatliche Strafgewalt847, jedoch muss beachtet werden, dass die Eingriffsmöglichkeiten des Staates um ein vielfaches intensiver ausgeprägt sind. Mithin bestehen erhebliche Unterschiede in den Wirkungen staatlicher Strafe und massenmedialer „Abstrafung“. Für diese Differenzierung spricht auch, dass sich die Medien und die Angeklagten grundsätzlich gleichrangig gegenüberstehen.848 Denn es kommt hier einzig auf die rechtliche, nicht (auch) auf die tatsächliche Seite an, wobei die Betrachtungen abstrakt zu halten sind. Beherzigt man dies, so gelangt man zum Ergebnis, dass die Rundfunkanbieter den Angeklagten nicht übergeordnet sind. Der Grundsatz der Unschuldsvermutung richtet sich an den Gesetzgeber, der das Verfahren entsprechend auszugestalten hat, und an die Strafverfolgungsorgane.849 Nur in diesem Sinne ist auch die „Lebach-Entscheidung“ des Bundesverfassungsgerichtes zu verstehen.850 Ebenso weisen die angeführten Entscheidungen der Europäischen Kommission für Menschenrechte in keine andere 843

EKMR CD 11, 31 (43); EKMR CD 35, 37 (48 f.); EKMR DR 2, 54 (55). OLG Frankfurt NJW 1980, 597 (598); KG NJW 1968, 1969 (1970); OLG Köln NJW 1978, 2682 (2683 f.); OLG Frankfurt NJW 1980, 597 (599); LR VIII/Gollwitzer, Art. 6 MRK/Art 14 IPBPR) RN 113; Kleinknecht/Meyer-Goßner, Art. 6 MRK RN 13; Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 230 ff.; Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 76; Kuß, Öffentlichkeitsmaxime, S. 202; Hartmann FS-Göppinger, S. 579 (581); Meyer FS-Tröndle. S. 61 (63); Kühl FS-Hubmann, S. 241 (248 f.); Rüping FS-Dünnebier, S. 390 (396); Peukert EuGRZ 1980, 247 (260); Bornkamm NStZ 1983, 102 (104); Hassemer NJW 1985, 1921 (1923); Roxin NStZ 1991, 153 (156); dagegen ausdrücklich Marxen GA 1980, 365 (373). 845 Frowein FS-Huber, S. 553 (556); Veith NJW 1982, 2225 (2227); Bornkamm NStZ 1983, 102 (104). 846 Reifenrath FS-Wassermann, S. 489 (495); Kühl FS-Hubmann, S. 241 (249). 847 Kühl FS-Hubmann, S. 241 (251). 848 A. A. Marxen GA 1980, 365 (374); so auch BGHZ 14, 222 (225 ff.). 849 BVerfGE 74, 358 (372); Frowein/Peukert/Peukert, EMRK, Art 6 RN 114; Meyer-Ladewig, EMRK, Artikel 6 RNn 85 f.; Wente, Das Recht der journalistischen Recherche, S. 49 ff.; Soehring, Das Recht der journalistischen Praxis, RN 13.118; Meyer FS-Tröndle, S. 61 (63 f.); Kühl FS-Hubmann, S. 241 (248); Frowein FS-Huber, S. 553 (556); Ulsamer FS-Zeidler II, S. 1799 (1802 f.); Peukert EuGRZ 1980, 247 (260). 844

II. Die mit den Aufnahmen verbundenen Gefahren

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Richtung. Das belegen andere Entscheidungen der Kommission als die von Stapper851 zitierten. So stellt die Kommission in einer Entscheidung fest, dass Art. 6 Abs. 2 MRK keine Anwendung findet, weil es sich um einen Prozess zwischen zwei Privatpersonen handelt.852 Eine unmittelbare Drittwirkung wird damit explizit abgelehnt.853 Auch Art. 6 Abs. 2 MRK weist seinem Kontext nach darauf hin, dass die Unschuldsvermutung an den Staat gerichtet ist, denn das Strafverfahren liegt in den Händen staatlicher Organe, nicht in denen von Medien, gleichgültig ob öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich strukturiert. Gleiches gilt im Übrigen für Art. 14 Abs. 3 IPBPR.854 Überdies verträgt sich die Grundlage der Unschuldsvermutung im Grundgesetz, das Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG, nicht mit einer unmittelbaren Drittwirkung. Die Ausgestaltung der staatlichen Ordnung als Rechtsstaat kann nur durch den Staat selbst, nicht durch die Massenmedien realisiert werden. Letztere können der Unschuldsvermutung als Teil des Rechtsstaatsprinzips daher nicht direkt unterworfen sein. Richtigerweise muss der auftretende Konflikt im Rahmen des Grundrechtsschutzes gelöst werden. Gegen Diskriminierungen schützt das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Art. 2 Abs. 1 GG i.V. m. Art. 1 Abs. 1 GG.855 Es ist nur konsequent, die zu Gunsten des Angeklagten bestehende Unschuldsvermutung auch in diesen Schutz einfließen zu lassen. Die Unschuldsvermutung nimmt so an der mittelbaren Drittwirkung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts teil.856 Auf diese Weise wird ihr ausreichend Beachtung geschenkt.857 Die Unschuldsvermutung kann im Verhältnis Angeklagter – Rundfunk also nicht kraft ihrer „. . . ureigentlichen Schutzfunktion . . .“858 als direkter Maßstab genutzt 850 So auch Meyer FS-Tröndle, S. 61 (63 f.); Bornkamm NStZ 1983, 102 (105); dies erkennt auch Marxen GA 1980, 365 (375) an, wenn er aus dem Urteil eine Wirkung nur in „. . . reflexartiger Form . . .“ herausliest. 851 Stapper AfP 1996, 349 (351). 852 EKMR DR 2, 54 (55) – Ein inzwischen wegen Mordes rechtskräftig Verurteilter beschwerte sich, dass sein Antrag auf einstweilige Verfügung, mit der er sich gegen die Bezeichnung „Massenmörder“ in einem Magazin zunächst erfolgreich gewehrt hatte, vom Oberlandesgericht vor Rechtskraft seiner Verurteilung zurückgewiesen worden war. 853 Zutreffend Frowein FS-Huber, S. 553 (556). 854 Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 230, 234. 855 OLG Braunschweig NJW 1975, 651 (652); Meyer FS-Tröndle, S. 61 (63); Lampe NJW 1973, 217 (217). 856 KG NJW 1968, 1969 (1970); OLG Köln NJW 1987, 2682 (2683); LR VIII/Gollwitzer, Art. 6 MRK/Art 14 IPBPR) RN 113; SK StPO/Rogall, Vor § 133 RN 81; Bornkamm, Pressefreiheit und Fairneß, S. 258; Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 236 f.; Hübner-Raddatz, Fernsehöffentlichkeit, S. 161; Meyer FS-Tröndle, S. 61 (63); Kühl FS-Hubmann, S. 241 (250 f.); Roxin, Strafverfahrensrecht, § 18 RN 12 f.; Stürner JZ 1980, 1 (3); Bornkamm NStZ 1983, 102 (104 f.); Hassemer NJW 1985, 1921 (1923); wohl auch Riklin/Höpfel, in: AE-StuM, S. 53 (54 f.); unklar Soehring GRUR 1986, 518 (522). 857 A. A. Zielemann, Tatverdächtige, S. 87.

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G. Die Kriterien der Interessenabwägung

werden. Insofern können die Rundfunkanbieter nicht gegen die Unschuldsvermutung verstoßen. Das gilt auch für die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanbieter, da sie keine staatliche Strafgewalt ausüben und so nicht in den direkten Anwendungsbereich der Unschuldsvermutung fallen. Von außerordentlicher Bedeutung ist die Gefahr von Stigmatisierungen859 der Angeklagten und Verurteilten. Sobald diese Personen von der Allgemeinheit identifiziert werden können, kommt es, da die Gesellschaft oftmals mit Ächtung, Ablehnung und gesellschaftlicher Zurücksetzung860 reagiert, zu Stigmatisierungsgefahren.861 Um derartige Effekte herbeizuführen, reicht es aus, entsprechende Bild- oder Tonaufnahmen zu publizieren.862 Die heutigen Strafgerichtsberichterstattungen sind dem allgemeinen Trend folgend863 zu identifizierenden Berichterstattungen geworden, sei es über die publizierten Aufnahmen864 oder über die regelmäßig erfolgenden Namensnennungen. Stigmatisierende Wirkungen werden dadurch geradezu heraufbeschworen. Sie äußern sich in einer Deklassierung der allgemeinen Sozialstellung, also einer Achtungseinbuße, die sogar die bürgerliche Existenz zerstören kann.865 Auch wenn der verurteilte Straftäter sich einen Teil der aus der eigenverantwortlichen Straftatbegehung resultierenden negativen Wirkungen des sozialen Umfelds selbst zuzuschreiben hat866, wird über die medialen Berichterstattungen eine Dimension erreicht, vor der auch er geschützt werden muss. Insofern muss der nur Tatver858

Marxen GA 1980, 365 (374). Hierunter ist die Belegung einer Person mit negativen Eigenschaften, negativen Verhaltensweisen oder einer negativen Rolle zu verstehen. Vgl. Hübner-Raddatz, Fernsehöffentlichkeit, S. 83. 860 Oft ist die vermeintliche oder tatsächliche Straffälligkeit Grund zum Abbruch oder zur Einschränkung von sozialen Kontakten, vgl. Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 214; Schneider, Kriminologie, S. 851 ff. 861 OLG Braunschweig NJW 1975, 651 (651 f.); Olizeg, Hausrecht, S. 212; Wenzel/von Strobl-Alberg, Wort- und Bildberichterstattung, Kap. 8 RN 85; Kaiser, Kriminologie, § 58 RN 44; Egeler, in: Stigmatisierung, S. 111 (117 ff.); Riklin, in: Stigmatisierung, S. 129 (129, 131 f.); Kühl FS-Hubmann, S. 241 (252 f.); Geerds FS-Oehler, S. 423 (430); Marxen GA 1980, 365 (379); Feltes/Ostermann MschKrim 68 (1985), 261 (264); Hager Jura 1995, 566 (569); auf die Presse bezogen Kühne, Strafprozessrecht, RN 700. 862 Römer, Nebenfolgen der Freiheitsstrafen, S. 107 f.; Kühl FS-Hubmann, S. 241 (253). 863 Siehe C. II. 5. b). 864 Allerdings muss beachtet werden, dass eine Person durch Bild- und Filmaufnahmen in einem wesentlich höheren Maße individualisierbar ist, als durch reine Tonaufnahmen. Vgl. Müller, Bildnisveröffentlichung, S. 52. 865 Vgl. Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 202, 219, 387; Riklin, in: Stigmatisierung, S. 129 (130); Heinze FS-Stree/Wessels II, S. 951 (953); Rinsche ZRP 1987, 384 (383 f.); Kühne NJW 1979, 617 (617). 866 Vgl. Kaufmann, Das Schuldprinzip, S. 118; Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 201 f.; Römer, Nebenfolgen der Freiheitsstrafen, S. 107 f.; Werhahn UFITA 37 (1962), 22 (41). 859

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dächtige erst recht geschützt werden.867 Stigmatisierungsgefahren bestehen also sowohl für angeklagte als auch für verurteilte Personen. Letztere werden der breiten Öffentlichkeit als verurteilte Straftäter präsentiert. Das ist an sich berechtigt, konnte ihnen die Tat doch nachgewiesen werden. Konsequenz der Publizität ist aber oftmals eine „. . . Strafe nach der Strafe . . .“868, welche oft mehr gefürchtet wird, als die richterlich ausgesprochene.869 Infolge der öffentlichen Brandmarkung kann er nicht oder nur bedingt als Gleicher unter Gleichen leben.870 Je schwerer die begangene Straftat in den Augen der Bevölkerung wiegt, desto stärker ist dieser Effekt.871 Eine Rückkehr zur Normalität ist für den Betroffenen dann nur begrenzt möglich. Und hier liegt die eigentliche Gefahr, wenn von Stigmatisierungen die Rede ist. Kann der Straftäter nur begrenzt zu einem normalen, das heißt legalen Leben zurückkehren, ist es wahrscheinlich, dass er erneut straffällig wird. Denselben Wirkungen können auch die nur angeklagten und freigesprochenen Personen unterliegen. Die Öffentlichkeit nämlich neigt dazu, bereits die Einleitung und Durchführung eines Strafverfahrens mit dem Nachweis der zur Last gelegten Tat gleichzusetzen.872 Sobald der Angeklagte, auch wenn er später freigesprochen werden sollte, identifizierbar ist, was insbesondere mittels der Bild- und Tonaufnahmen erreicht wird873, gilt er häufig als Straftäter874 und wird von seinem sozialen Umfeld häufig entspre867

Darauf weist auch Zielemann, Tatverdächtige, S. 91 hin. Schüler-Springorum FS-Henkel, S. 141 (147). 869 Wagner, Strafprozessführung über die Medien, S. 52. 870 Rinsche ZRP 1987, 384 (383 f.); Scholderer ZRP 1991, 198 (300). 871 Geht es um Kavaliers- oder white-collar-Delikte, sehen sich allerdings weder die Täter als Kriminelle, noch werden sie von der Öffentlichkeit als solche behandelt. Vgl. Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 200. Jedoch sind Ausnahmen möglich. Vgl. dazu Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 388. 872 BGHZ 27, 338 (342); BGH NJW 1994, 1950 (1952); OLG Stuttgart JZ 1960, 126 (130); OLG Koblenz NJW 1973, 251 (253); OLG Braunschweig NJW 1975, 651 (652); OLG Braunschweig UFITA 74 (1975), 342 (345); OLG Hamburg NJW-RR, 90 (91); Zielemann, Tatverdächtige, S. 81; Franke, Bildberichterstattung, S. 116; Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 203, 347; Kühl, in: Unschuldsvermutung, Freispruch und Einstellung, S. 74; Kühl FS-Hubmann, S. 241 (253); Dahs AnwBl. 1959, 171 (180); Guttmann DRiZ 2000, 9.; a. A. wohl Schneider Jus 1963, 346 (346). Hieran vermögen sogar klarstellende Kommentierungen kaum etwas zu ändern. Vgl. dazu OLG Stuttgart JZ 1960, 126 (129); Zielemann, Tatverdächtige, S. 111. 873 Verstärkt wird dieser Effekt dann, wenn auch die Kommentierung der Aufnahmen den Angeklagten als bereits überführten Täter hinstellt. Vgl. Kühl FS-Hubmann, S. 241 (247, 250); Bumke DRiZ 1929, 306 (306). 874 Knothe/Wankel ZRP 1996, 106 (108) beschreiben das Phänomen folgendermaßen: „. . . In entspannter – um nicht zu sagen: unkonzentrierter – Atmosphäre ,zappt‘ er zwischendurch, abgelenkt durch Werbung, Telefon, Kinder und Kartoffelchips, in den Gerichtssaal. Dort verweilt er nur solange, wie er das Geschehen als interessant und unterhaltsam empfindet. Ihm ist es unmöglich, die Vorgänge zu verstehen: er kennt weder den Tatbestand noch den Stand des Verfahrens. Ebenso sorglos wie er sich eingeschaltet hat, verlässt er den medialen Gerichtssaal wieder. Was hängen bleibt, ist der visuelle Eindruck von Personen. Zumindest in Strafprozessen wird sich seine Vorstel868

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G. Die Kriterien der Interessenabwägung

chend behandelt. Dies ist Folge der überwiegenden Assoziation mit einer Person auf der Anklagebank.875 Dass jeder Rezipient massenmedialer Beiträge eigentlich wissen müsste, dass einzig das jeweilige Strafgericht über Schuld und Unschuld entscheidet, ist hier ohne Belang876, da dies nichts an der Realität ändert. Gleichgültig, ob nun auf angeklagte, verurteilte oder freigesprochene Personen abgestellt wird, werden die beschriebenen stigmatisierenden Effekte zu einem erheblichen Teil durch personenbezogene Bild- und Tonaufnahmen getragen. Kommt es zu Stigmatisierungen, sind sie kaum mehr rückgängig zu machen877, was der Gefahr einen weiteren Bedeutungszuwachs gibt. Insbesondere die Gerichtsberichterstattungen des Fernsehens haben, da sie die Angeklagten und Verurteilten mittels Bildaufnahmen sehr leicht identifizierbar machen, ihre Anteile an den auftretenden Stigmatisierungseffekten.878 An die Stigmatisierungen der Angeklagten und Verurteilten anknüpfend erhält eine weitere Gefahr eine besondere Dimension, nämlich die von Entsozialisierung879 und missglückter Resozialisierung. Letztere wurzelt, da jeder Strafgefangene einen Anspruch auf Resozialisierung880 beziehungsweise auf Vermeidung eine Entsozialisierung881 aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht hat, in Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG. Ist die Strafe verbüßt, so muss der Straftäter wieder beziehungsweise erstmals in die Gesellschaft eingegliedert werden.882 Gesetzlich nicht niedergelegt, aber umso naheliegender ist, dass das gerichtliche Strafverfahren die verurteilten Personen nicht aus ih-

lung über dem Angeklagten für immer mit dem Makel verbinden, dass diesem Menschen ,der Prozess gemacht worden ist‘ . . . Er hat es ja schließlich selbst ,gesehen‘ – unwissend der Umstände und ohne Kenntnis über den Ausgang des Verfahrens . . .“. 875 Hierzu Franke, Bildberichterstattung, S. 77 ff. 876 A. A. anscheinend OLG Nürnberg MDR 1963, 412 (413). 877 Geerds FS-Oehler, S. 423 (430) spricht insofern sogar von einer „. . . unter Umständen bis zum Rufmord gehenden Perversion der Kriminalberichterstattung . . .“; ähnlich Leinveber GRUR 1967, 236 (239); Bornkamm NStZ 1983, 102 (103). 878 Eisenberg, Kriminologie, § 50 RN 27; Riklin, in: Stigmatisierung, S. 129 (134); Kühl FS-Hubmann, S. 241 (241 f.). 879 Riklin, in: Stigmatisierung, S. 129 (131) spricht von dissozialisierenden Wirkungen. 880 BVerfGE 35, 202 (235 f.); 36, 174 (188); 45, 187 (239) = NJW 1977, 1525 (1528); 98, 169 (200); AK-StVollzG/Feest/Lesting, § 2 RN 10; Jarass/Pieroth/Jarass, Art. 2 RN 32; von Münch/Kunig I/Kunig, Art. 2 RN 36; Geddert-Steinacher, Menschenwürde, S. 159 f.; Gronau, Persönlichkeitsrecht und Medienfreiheit, S. 229; Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 391; Kuß, Öffentlichkeitsmaxime, S. 152; Böhm, Strafvollzug, RN 13; Kaiser/Schöch, Strafvollzug, § 6 RN 17; Benda FS-Faller, S. 307 (313); Neumann-Duesberg JZ 1973, 261 (261); Lampe NJW 1973, 217 (221); Hoffmann-Riem JZ 1975, 469 (474); Hassemer NJW 1985, 1921 (1924); Jarass NJW 1989, 857 (859); Degenhart JuS 1992, 361 (367). 881 Neuling HRRS 2006, 94 (97). 882 BVerfGE 35, 202 (235 f.); 36, 174 (188); 64, 261 (276); Geddert-Steinacher, Menschenwürde, S. 159.

II. Die mit den Aufnahmen verbundenen Gefahren

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ren sozialen Bindungen herausreißen soll. Dass derartige Bindungen bereits durch das eröffnete Strafverfahren in die Brüche gehen, ist ein medienunabhängiges Phänomen. Wenn der Rundfunk den Angeklagten dann aber der Allgemeinheit in seiner Person vorstellt, wird eine Gefahr der Entsozialisation geschaffen, die deutlich über das normale Maß hinausgeht. Die hohe Bedeutung der diesbezüglichen Gefahren883 folgt aus der die gesamte Gesellschaft betreffenden Erkenntnis, dass ein sozial integrierter Mensch, der sich seiner Verantwortung bewusst ist, weniger Gefahr läuft, (wieder) straffällig zu werden.884 Über diese gesellschaftlichen und sozialen Zusammenhänge muss neben dem Staat auch die gesamte Gesellschaft in die Verantwortung genommen werden. Erst wenn sie Angeklagte und Verurteilte als einigermaßen gleichwertige Mitglieder anerkennt, können zum Beispiel Resozialisierungen erfolgreich sein.885 Dann erst bleiben die beschriebenen Effekte aus. Einen weiteren Bedeutungszuwachs erfährt die Gefahr dadurch, dass Angeklagte und Verurteilte, vor allem aber auch Strafgefangene, in der breiten Bevölkerung auf Ablehnung und Isolation stoßen886, womit der Kreis zu den Stigmatisierungen geschlossen wird. Belegt wird die durchaus kritische Haltung der Bevölkerung gegenüber der Resozialisation durch eine Untersuchung der Ruhruniversität Bochum von 1987.887 Auch die ständig geforderten härteren Strafen888 und sogar die Todesstrafe889 883 Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 396, Riklin, in: Stigmatisierung, S. 129 (131); Fuhr FuR 1973, 530 (533, 536). 884 OLG Karlsruhe JR 1978, 213 (214); Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 255. In Anbetracht dieser nicht neuen Erkenntnis muss die Stellungnahme des Zweiten Deutschen Fernsehens (ZDF) im Rahmen des sogenannten „Lebach-Verfahrens“ vor dem Bundesverfassungsgericht auf Unverständnis stoßen. Auf Grund der geringen Erfolge, die die Bemühungen um die Wiedereingliederung Straffälliger bisher erbracht hätten, dürfe dem ZDF zufolge das Resozialisierungsinteresse nicht überbewertet werden. [BVerfGE 35, 202 (212)]. 885 BVerfGE 35, 202 (235 f.); Franke, Bildberichterstattung, S. 116; Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 260, 296; Freudenthal ZStW 46 (1925), 403 (411 ff.); Jescheck ZStW 71 (1959), 1 (11 ff.); Scholderer ZRP 1991, 298 (300). 886 Das sieht auch das BVerfGE 35, 202 (237): „. . . allgemeine Abwehrhaltung . . .“; auch Franke, Bildberichterstattung, S. 118. 887 Danach sank die Zahl der Resozialisierungsbefürworter zwischen 1975 und 1987 von 61,2 Prozent auf 47,5 Prozent. Aus FAZ Nr. 263 vom 12. November 1987, S. 9 nach Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 255 FN 288. 888 Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 217 f. und FN 139; Engler, Bild des Strafrechts, S. 87 ff.; von Oppeln-Bronikowski, Bild des Strafrechts, S. 64 ff., 83 ff.; Kaiser, Kriminologie, § 94 RN 25; Schneider, Kriminologie, S. 810 f.; Pickl, in: Stigmatisierung, S. 33 (37); Schmidt DRiZ 1962, 401 (405); Kampen/Rasehorn ZRP 1972, 21 (22); Kreuzer Kriminalistik 33 (1979), 422 (425 ff.); Janisch AnwBl. 51 (2001), 22. 889 Vgl. Kaiser, Kriminologie, § 94 RN 25; Schneider, Kriminologie, S. 810 f., der beispielsweise die Forderung nach der Todesstrafe unter anderem auf die Massenmedien zurückführt; hierzu auch Mauz, Die Justiz vor Gericht, S. 95 ff.; ausführlich Kreuzer Kriminalistik 33 (1979), 422 (425 ff.); vgl. auch die Untersuchungen von Engler, Bild des Strafrechts, S. 87 ff und von Oppeln-Bronikowski, Bild des Straf-

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G. Die Kriterien der Interessenabwägung

belegen die fehlende Bereitschaft der Gesellschaft, Angeklagte und Verurteilte als Gleiche anzuerkennen.890 Diese potentiell vorhandene Ablehnung kann sich aber erst dann konkret niederschlagen, wenn der Bevölkerung die Identität von Angeklagten und Verurteilten bekannt ist. Hier kommen die Bild- und Tonaufnahmen aus dem Sitzungsbereich ins Spiel. Erst durch diese wird eine flächendeckende Identifizierung ermöglicht. In dem Moment, in welchem der Allgemeinheit Angeklagte oder Verurteilte als solche präsentiert werden, ist deren Sozialisation beziehungsweise Resozialisierung akut gefährdet.891 Mithin sind es die Gerichtsberichterstattungen in Form der Bild- und Tonaufnahmen, die die beschriebene Gefahr bewirken. Mit der Gefahr für eine ungestörte Wahrheitsfindung geht dann eine speziell auf den Angeklagten bezogene Gefahr einher. Sein Bewusstsein von der Anfertigung der Aufnahmen im Sitzungsbereich kann dazu führen, dass eine effektive Verteidigung beeinträchtigt wird.892 Diese Gefahr besteht sowohl im Sitzungsbereich selbst893 als auch in der Hauptverhandlung, in welcher Verhaltensänderungen auftreten können894. Das Bundesverfassungsgericht betont diese Gefahr für die effektive Verteidigung der Angeklagten.895 Sie folgt aber nicht nur aus dem Verhalten der Angeklagten, sondern kann ebenso von Strafverteidigern ausgehen, die sich medienwirksam in Szene setzen wollen und dabei die Interessen ihrer Mandanten vernachlässigen.896 Auch wenn sich die geschilderte Gefahr nur selten realisiert, besteht sie.

rechts, S. 83 ff., nach denen sich 52 beziehungsweise 50 Prozent der Befragten für die Todesstrafe aussprachen. 890 Gerasch, Prozesswirklichkeit, S. 18 f.; Kühl, Unschuldsvermutung, Freispruch und Einstellung, S. 15 f.; Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 220; Freudenthal ZStW 46 (1925), 403 (411); Scholderer ZRP 1991, 298 (303 f.). Aus der jüngsten Vergangenheit sei an das Verfahren gegen M. Lawendel und M. Witz wegen unter anderem zweifachen Mordes erinnert. Prozessbegleitend wurde immer wieder in zahlreichen Briefen an das Gericht und auch in Drohbriefen an die Verteidiger die Todesstrafe für die Angeklagten gefordert. Vgl. FAZ vom 9. Dezember 2003, S. 11. 891 BVerfGE 35, 202 (237); BVerfG NJW 2000, 1859 (1860); SK StPO/Rogall, Vor § 133 RN 83; Franke, Bildberichterstattung, S. 118; Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 387; Kuß, Öffentlichkeitsmaxime, S. 205; Wenzel/Burkhardt, Wort- und Bildberichterstattung, Kap. 8 RN 85; Sarstedt JR 1956 121 (124); Scholderer ZRP 1991, 298 (300). 892 BGHSt 16, 111 (114); BayObLG NJW 1956, 390 (390 f.); LR VII/Wickern, § 169 GVG RN 40; Gounalakis FrG-Kübler, S. 173 (174); Bumke DRiZ 1929, 306 (306); Schorn LZ 1932, Sp. 1408 (1412); Ranft Jura 1995, 573 (576); Kortz AfP 1997, 443 (446); vgl. auch BT-Drucks. III/2037, S. 43 f.; IV/178, S. 45. 893 Man denke nur an einen Angeklagten, der sich in der Verhandlungspause vertraulich mit seinem Verteidiger besprechen will, was auf Grund der mitunter sehr hohen Medienpräsenz aber von vornherein zum Scheitern verurteilt ist. Vgl. Wolf ZRP 1994, 187 (191). 894 Dazu Geerds FS-Oehler, S. 423 (430). 895 BVerfG NJW 1996, 581 (583).

II. Die mit den Aufnahmen verbundenen Gefahren

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Art. 103 Abs. 1 GG statuiert das mit Verfassungsrang ausgestattete Prozessgrundrecht auf rechtliches Gehör.897 Es soll sicherstellen, dass der Einzelne in einem gerichtlichen Verfahren vor einer ihn treffenden Entscheidung ungehindert zu Wort kommen und auf das Verfahren und dessen Ausgang Einfluss nehmen kann.898 Ist sich der Angeklagte bewusst, dass Aufnahmen von ihm angefertigt und später wohl auch publiziert werden, können Verhaltensänderungen in der Hauptverhandlung dazu führen, dass er dem Gericht seine Anliegen nicht so vortragen kann, wie er es ohne Mediendruck tun würde. Hierdurch wird, auch wenn empirische Ergebnisse erneut fehlen899, das rechtliche Gehör des Angeklagten gefährdet, wenn Bild- und Tonaufnahmen im Sitzungsbereich900 angefertigt werden. c) Gefahren für die sonstigen Verfahrensbeteiligten Zwar resultieren aus den Bild- und Tonaufnahmen die größten Gefahren für die Angeklagten und Verurteilten, jedoch dürfen auch die Gefahren für die sonstigen Verfahrensbeteiligten, also Richter, Staatsanwälte, Strafverteidiger, Zeugen und Sachverständige, nicht unterschätzt werden. Haben diese Personen weder in die Anfertigung noch in die Publikation der Aufnahmen eingewilligt, so werden deren Persönlichkeitsrechte massiv beeinträchtigt.901 Mithin besteht im Hinblick auf diese Rechte eine erhebliche Gefahrenlage. Zu dieser Gefahr treten spezielle berufsspezifische Gefahren hinzu, die aus der mit der Veröffentlichung der mit den Bild- und Tonaufnahmen geschaffenen Identifizierbarkeit der aufgenommenen Berufsträger erwachsen. Geht es beispielsweise um Strafverfahren, die schwerste Kriminalität zum Gegenstand haben, zum Beispiel Verfahren wegen schwerer organisierter Kriminalität oder Terroranschlägen, so kann eine latente Gefährdung der körperlichen Unversehrtheit von Richtern und Staatsanwälten nicht verneint werden. Hierfür finden sich 896 Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 94; Franzki DRiZ 1979, 82 (82); Lohrmann DRiZ 1995, 247. 897 Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 65; zu den einzelnen Ausformungen dieses Rechtes vgl. Waldner, Der Anspruch auf rechtliches Gehör, S. 13 ff. und Kopp AöR 106 (1981), 604 (614 ff.) jeweils m.w. N. Dieses Recht gibt auch ein subjektives Recht gegen den Staat. Vgl. dazu Dreier III/Schulze-Fielitz, Art. 103 I RN 25; Sachs/Degenhart, Art. 103 RN 4 ff.; Ipsen, Staatsrecht II, RN 864. 898 BVerfGE 9, 89 (95); 39, 156 (168); 69, 145 (148); 84, 188 (190); 89, 28 (35); 101, 128 (129); BK/Rüping, Art. 103 Abs. 1 RN 24; Sachs/Degenhart, Art. 103 RN 8; Dreier III/Schulze-Fielitz, Art. 103 I RN 12; Britz, Fernsehaufnahmen, S. 281 FN 325; Waldner, Der Anspruch auf rechtliches Gehör, RN 59; Ipsen, Staatsrecht II, RN 863; Pieroth/Schlink, Staatsrecht II, RN 1076 f.; Kopp AöR 106 (1981), 604 (607). 899 Britz, Fernsehaufnahmen, S. 281. 900 A. A. Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 69 f. 901 Vgl. G. I. 2.

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G. Die Kriterien der Interessenabwägung

in der deutschen Geschichte Beispiele.902 Auch wenn diese Gefahr nur selten akut wurde und wird, wäre es ein Irrglaube anzunehmen, eine derartige Gewaltbereitschaft sei in Deutschland nicht zu finden. In ähnlicher Form können auch Zeugen gefährdet sein. Auch diese werden, soweit sie den Angeklagten vor Gericht belasten (könnten)903, mitunter bedroht und akut gefährdet.904 Die Gefahr von Gewalt beziehungsweise deren Androhung wird als Mittel der Aussagebeeinflussung beziehungsweise -bestrafung insbesondere dann eingesetzt, wenn es um Strafverfahren gegen terroristische Gruppen, Mafia, Zuhälterei, Prostitution, Menschenhandel, Waffenhandel, Schutzgeld oder um sonstige gewaltbereite Gruppierungen geht.905 Dass auch der Staat diese Gefahr sieht und entsprechend handelt, belegen die häufig angeordneten strengen Sicherheitsvorkehrungen im Vorfeld von größeren Strafverhandlungen.906 Aus einer anderen Richtung kommen Gefahren, denen Strafverteidiger ausgesetzt sind. Nicht immer suchen sie die Medien bewusst auf. Leib und Leben dieses Personenkreises sind kaum bedroht.907 Auf Grund der Nähe zu den Angeklagten und Verurteilten, sind die Verteidiger jedoch ähnlichen Gefahren ausgesetzt, wie der Beschuldigte selbst.908 Primär ist hier an die Gefahr öffentlicher Stigmatisierungen zu denken. Geht es um bestimmte Deliktsarten, wie zum Beispiel Sexualstraftaten, kann der Verteidiger schnell einen negativen Ruf 902 Als prominente Beispiele seien die Ermordung des Präsidenten des Berliner Kammergerichts von Drenkmann am 10. November 1974 durch Mitglieder der terroristischen Vereinigung „Bewegung des 2. Juni“ und die Ermordung des Generalbundesanwalts Buback am 7. April 1977 durch Mitglieder der terroristischen „RAF“ (Rote Armee Fraktion) angeführt. 903 Vgl. Zacharias, Der gefährdete Zeuge, S. 91 f.; Sielaff, Kriminalisitik, 1986, 58 (59). 904 Im der Entscheidung BGH wistra 1993, 190 ff. zugrunde liegenden Fall wurde zum Beispiel ein potentieller Zeuge getötet. Vgl. zu der Frage, wann ein Zeuge als gefährdet einzustufen ist Nowak, Der gefährdete Zeuge, S. 5 ff.; auch Yang, Schutz gefährdeter Zeugen, S. 1; Zacharias, Der gefährdete Zeuge, S. 87; Rebmann/Schnarr NJW 1989, 1185 (1186), insbesondere zu Beispielen (1187 FN 17). 905 Zacharias, Der gefährdete Zeuge, S. 92 ff.; Nowak, Der gefährdete Zeuge, S. 2; Böttcher FS-Schüler-Springorum, S. 541 (544); Rebmann/Schnarr NJW 1989, 1185 (1186 f.); Sielaff, Kriminalistik, 1986, 58 (58); Krehl GA 1990, 555 (555, 565); Weigand Kriminalistik 1992, 143 (143 f.). 906 So werden die Besucher, aber mitunter auch die Verfahrensbeteiligten selbst nach Waffen und gefährlichen Gegenständen durchsucht. Metalldedektoren im Eingangsbereich der Gerichte und polizeiliche Spezialeinheiten rund um das und im Gericht sind längst keine Seltenheit mehr. 907 Dennoch sind derartige Gefahren nicht ausgeschlossen. So kommt es eben nicht nur zu der bloßen Forderung der Todesstrafe für die Angeklagten und auch nicht nur zu schriftlich ausgedrückten Bedrohungen derselben, sondern auch zu direkten Bedrohungen der Verteidiger, weil sie die Angeklagten verteidigten. Vgl. nur FAZ vom 9. Dezember 2003, S. 11. 908 Geerds FS-Oehler, S. 423 (430), allerdings ohne Begründung oder Beispiele.

II. Die mit den Aufnahmen verbundenen Gefahren

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in der Öffentlichkeit erhalten. Diese, den Verteidiger treffenden Gefahren beruhen wiederum auf der durch die Aufnahmen aufgehobenen Anonymität der Strafverteidiger und der eigentlichen Berichterstattung. Schließlich ist im Hinblick auf Sachverständige die Gefahr festzustellen, dass ihre Reputation durch ungünstige Berichterstattungen über die angefertigten Gutachten beziehungsweise Aussagen dann rasch sinken kann, wenn sie über die im Sitzungsbereich angefertigten Bild- und Tonaufnahmen identifizierbar sind.909 d) Gefahren für die Besucher des Gerichts Neben den Verfahrensbeteiligten sind auch die Besucher des Gerichts beziehungsweise der Strafverhandlung Gefahren ausgesetzt. Wiederum ist zunächst auf die Gefahrenlage hinsichtlich der Persönlichkeitsrechte hinzuweisen, die mit der Herstellung und Veröffentlichung der Aufnahmen einhergeht.910 Eine Beeinträchtigung der Persönlichkeitsrechte des Angeklagten oder Verurteilten vermag allerdings noch keine Gefahr oder gar Verletzung der Persönlichkeitsrechte auch der Angehörigen oder nahestehenden Personen zu begründen.911 Die rechtlichen Sphären der unterschiedlichen im Sitzungsbereich anwesenden Personen müssen strikt getrennt werden. Es unterliegen nicht nur Angeklagte und Verurteilte Stigmatisierungen, sondern auch deren Angehörige und ihnen nahestehende Personen. Häufig werden diese Personen von der sozialen Umwelt geächtet und deklassiert.912 Auch diese Gefahr, die nicht dadurch relativiert werden kann, dass die Nähepersonen unter anderem direkt und nicht über den Rundfunk vom Strafverfahren Kenntnis erlangen können913, baut auf der durch die Aufnahmen aufgehobenen Anonymität der jeweiligen Personen auf. Auf die Gefahren für diesen Personenkreis wird zwar vereinzelt hingewiesen914, jedoch wird die Bedeutung der Gefahr in aller Regel unterschätzt. Wie weit diese Wirkungen reichen können, verdeutlicht die 909

Geerds FS-Oehler, S. 423 (431). Vgl. G. I. 2. 911 BGH NJW 1980, 1790 (1791); OLG München 1986, 1260 (1261); a. A. OLG Hamburg, wiedergegeben bei BGH NJW 1980, 1790 (1790) und Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 284. 912 Maelicke, Entlassung und Resozialisierung, S. 83; Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 276, 280, 415; auf diese Gefahr weist schon Kohlhaas DRiZ 1956, 2 (4) hin. 913 Anders Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 415, der sich auf die Feststellung Hackforths, Massenmedien, S. 170 ff. beruft, dass bedeutende Nachrichten vorwiegend durch interpersonale Kontakte weitergegeben werden. 914 Beispielsweise bei BGH NJW 1980, 1790 (1791); Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 415; Römer, Nebenfolgen der Freiheitsstrafen, S. 35 f.; Andenaes UFITA 30 (1960), 30 (47). 910

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G. Die Kriterien der Interessenabwägung

Stellungnahme des Rheinland-Pfälzischen Justizministeriums im „Lebach-Fall“ vor dem Bundesverfassungsgericht.915 Zu beachten ist schließlich, dass die Intensität der Gefährdung weniger vom Verwandtschafts- oder Bekanntschaftsgrad abhängt. Vielmehr ist sie umso intensiver, je enger die persönliche Bindung und Nähe des Betroffenen zum Angeklagten oder Verurteilten ist. Festzuhalten ist somit, dass sämtliche im Sitzungsbereich anwesenden Personen Gefahren ausgesetzt sind, welche aus der Herstellung und Veröffentlichung der Aufnahmen sowie der eigentlichen Gerichtsberichterstattung drohen. Diese Gefahren müssen im Rahmen der Abwägung nach § 176 GVG ausreichend Berücksichtigung finden. Viele der Gefahren haben ihren Ursprung in der geschaffenen Möglichkeit, die aufgenommenen Personen zu identifizieren.916 Da diese in hohem Maße durch die verwandten Bild- und Tonaufnahmen bewirkt wird, werden die ohnehin bestehenden Gefahren durch die eigentliche Berichterstattung quasi potenziert917 und weitere Gefahren geschaffen. Würde also in nicht identifizierender Weise Bericht erstattet, würden viele der dargestellten Gefahren ausgeschlossen beziehungsweise auf ein Minimum reduziert, was vor allem die Gefahren für die Persönlichkeitsrechte betrifft. 2. Gefahren durch den medialen Wettbewerb Zu den aufnahmebezogenen Gefahren für sämtliche anwesenden Personen treten die hinzu, die aus der bestehenden Wettbewerbssituation aller Rundfunkanbieter918 resultieren.919 Erinnert sei an den drohenden Verlust der Qualität von Gerichtsberichterstattungen, der mit der knapp bemessenen Sendezeit und der Ausrichtung an unterhaltenden Bedürfnissen der Allgemeinheit einhergeht. Hinzu kommt die Gefahr, dass verzerrte Vorstellungsbilder von Strafjustiz und Kriminalität hervorgerufen oder verstärkt werden, wofür die an den Bedürfnissen der Zuschauer und Zuhörer ausgerichtete Selektion der Sendebeiträge ver-

915 Nach dieser sind folgende Reaktionen eingetreten: es trafen anonyme Beschwerdeschreiben ein, die sich speziell dagegen richteten, dass der Vater eines Mörders bei der Stadtverwaltung (Schulamt) beschäftigt sei. Daraufhin wurde der Vater von seiner Arbeitsstelle als Leiter des Sport- und Schulamtes der Stadt nach der Tat als Abteilungsleiter in das Sozialamt versetzt. Aus den gleichen Gründen stelle der Vater seine Tätigkeiten als Lehrwart beim Skiverband ein. Sowohl Vater als auch Mutter haben sich nach dem Bekanntwerden der Tat völlig zurückgezogen. Nicht zuletzt wurde auch die minderjährige Schwester des Täters in der Schule der Tat wegen angefeindet. Auszugsweise abgedruckt bei Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 277. 916 Vgl. Arzt, Der strafrechtliche Schutz der Intimsphäre, S. 120; Zielemann, Tatverdächtige, S. 35; Hager Jura 1995, 566 (569). 917 Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 215 spricht vom „. . . Multiplikationseffekt . . .“. 918 Vgl. dazu C. II. 5. a). 919 Vgl. C. II. 5. c).

II. Die mit den Aufnahmen verbundenen Gefahren

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antwortlich ist. Schließlich ist die Gefahr einer bewussten und unbewussten Manipulation anzuführen. 3. Vergleich der Gefahren zu denen durch Aufnahmen aus der Hauptverhandlung Lohnenswert ist es, die aufgezeigten Gefahren mit denen zu vergleichen, die für die Einführung des Aufnahmeverbotes nach § 169 S. 2 GVG mitverantwortlich waren.920 Möglicherweise lassen sich hier Parallelen finden, die im Rahmen der Abwägung nach § 176 GVG durch den Vorsitzenden Richter beachtet werden könnten. Sollten nämlich die gleichen Gefährdungslagen festzustellen sein, spricht einiges auch für ein striktes Aufnahmeverbot im Sitzungsbereich. Zunächst ist festzustellen, dass nahezu sämtliche Gefahren, die für den Sitzungsbereich festgestellt wurden, auch für den Bereich der strafgerichtlichen Hauptverhandlung zu finden sind. In quantitativer Hinsicht also bestehen keine Unterschiede. Geht es aber um die Qualität der Gefahren, muss differenziert werden. Bereits die in allgemeiner Hinsicht bestehende Gefahr für die ungestörte Wahrheitsfindung muss für den Sitzungsbereich als geringer eingestuft werden, denn die maßgebende Kommunikation findet im Rahmen der Hauptverhandlung statt, weshalb auch dort das größere Gefährdungspotential liegt. Ähnliches gilt für die richterliche Unabhängigkeit. Die ohnehin als nur gering einzuschätzende Gefahr der Beeinflussung von Richtern ist, da die öffentliche Meinung unterschiedlich stark reagiert, bei Aufnahmen im Sitzungsbereich weniger intensiv ausgeprägt als bei Aufnahmen aus der Hauptverhandlung, in welcher der Kernbereich richterlicher Tätigkeit liegt. Auch die den Angeklagten treffenden Gefahren für eine effektive Verteidigung und für ein unbehindertes Recht auf rechtliches Gehör sind im Vergleich zu Aufnahmen aus der Hauptverhandlung geringer. Der Grund hierfür liegt in dem Umstand, dass beide Rechte auf die Hauptverhandlung und nicht auf den Sitzungsbereich bezogen sind und demenstprechend auch primär dort beeinträchtigt werden können. Verhaltensänderungen im Rahmen der Hauptverhandlung sind insofern eher denkbar, wenn die Aufnahmen direkt in dieser angefertigt werden. Auf Grund der angeführten qualitativen Unterschiede ist dem Bundesverfassungsgericht921 zuzustimmen, wenn es feststellt, dass Beeinträchtigungen durch eine Berichterstattung aus der laufenden Hauptverhandlung anders zu beurteilen und zu gewichten sind als Berichterstattungen aus deren Umfeld.

920 921

Vgl. dazu E. I. 2. a). BVerfG NJW 1996, 581 (583).

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G. Die Kriterien der Interessenabwägung

Damit aber spricht das Bundesverfassungsgericht nur die Unterschiede an.922 Die gemeinsamen Aspekte kommen zu kurz, was Kritik hervorrufen muss. Der Erkenntnis, dass die auf der Identifizierbarkeit der aufgenommenen Personen beruhenden Gefahren für die Persönlichkeitsrechte unabhängig vom jeweiligen Zeitpunkt der Herstellung in gleicher Intensität bestehen, muss sich gestellt werden. Die Gefährdungslage ist nahezu identisch. So muss die Gefahr von Vorverurteilungen und Stigmatisierungen der Angeklagten und Verurteilten beziehungsweise deren Angehöriger und nahestehender Personen, da auf dem Anonymitätsverlust aufbauend, als gleich eingestuft werden. Das gilt auch für den Verlust an sozialer Integration und resozialisierenden Wirkungen. Ebenso bestehen die Gefahren hinsichtlich der Unschuldsvermutung und Instrumentalisierung des Rundfunks in gleicher Intensität, da auch sie auf der Publikation der Bild- und Tonaufnahmen basieren. Aus den Ausführungen wird vor allem eines deutlich: Die Gefahren, die auf der mit der Veröffentlichung der personenbezogenen Bild- und Tonaufnahmen verbundenen Möglichkeit, die aufgenommenen Personen zu identifizieren, aufbauen, bestehen in stets gleicher Weise. Diesbezüglich ist es ohne Belang, ob die Aufnahmen im Sitzungsbereich oder in der Hauptverhandlung angefertigt werden.923 Anders ist es hingegen mit den Gefahren, welche schon an der Anfertigung der Aufnahmen ansetzen, wobei insbesondere an die mit möglichen Verhaltensänderungen verbundenen Gefahren zu denken ist. Die Gefahrenlage ist hier bei Aufnahmen aus der Hauptverhandlung intensiver. 4. Ergebnis Es besteht also ein Gefahrenpotential hinsichtlich aller Personen, die im Sitzungsbereich anwesend sind und Gegenstand von Bild- und Tonaufnahmen werden können. Herausragend sind die Gefahren, die die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen beeinträchtigen. Gerade die Gefahren, deren Grund der Verlust der Anonymität durch die Veröffentlichung der Aufnahmen ist, sind, gleichgültig ob im Sitzungsbereich oder in der Hauptverhandlung hergestellt, gleich intensiv. Zwar im Hinblick auf die Ungewissheit von Lerneffekten geäußert, vermag die Feststellung Lüschers dennoch auch an dieser Stelle, an der es um die mit den Aufnahmen und den Umständen ihrer Veröffentlichung verbundenen Gefahren geht, ihre Berechtigung zu finden. Er führt aus: „. . . Gerade weil wir noch weit davon entfernt sind, diese Effekte beschreiben zu können, ist es wahrscheinlich sozial verantwortungsvoll, bei unserm Handeln von der Vermutung auszugehen, diese Effekte seien größer als es die bisherige Wirkungsforschung nachgewiesen hat . . .“924 922 923

BVerfG NJW 1996, 581 (581 ff.). Letztlich auch Wolf ZRP 1994, 187 (191).

III. Positive Wirkungen der Aufnahmen und Gerichtsberichterstattung

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III. Positive Wirkungen der Aufnahmen und Gerichtsberichterstattung In Anbetracht der vielfältigen mit den Aufnahmen verbundenen Gefahren darf der Versuchung nicht erlegen werden, die Bild- und Tonaufnahmen nur unter negativem Vorzeichen zu betrachten. Zu untersuchen und in die Abwägung des § 176 GVG einzubeziehen sind nämlich auch etwaige positive Effekte, die mit der Publikation von Aufnahmen einhergehen. Das wird, wie Kühl925 zutreffend feststellt, zu oft vernachlässigt. Wer die durchaus gewichtigen positiven Wirkungen der Aufnahmen nicht beleuchtet, muss sich den Vorwurf einer einseitigen und damit verzerrenden Betrachtungsweise gefallen lassen. Anzusetzen ist an den Funktionen der Gerichtsberichterstattungen, welche die hier gegenständlichen Bild- und Tonaufnahmen beinhalten. Namentlich sind dies die Funktionen, eine Kontrolle der Judikative zu ermöglichen, die Allgemeinheit zu informieren und zu unterhalten, Vertrauen in die Rechtspflege zu schaffen, präventive Effekte zu erzeugen und Rechtsbewusstsein zu fördern.926 Gerade der im Folgenden nachzugehenden Frage, in welchem Maße die Funktionen erfüllt werden, hat unmittelbaren Einfluss auf die spätere Gewichtung der positiven Wirkungen. 1. Unterhaltung Ohne Schwierigkeiten lässt sich feststellen, dass die bestehende Unterhaltungsfunktion durch die Strafgerichtsberichterstattungen in ausreichendem Maße erfüllt wird. Damit wird dem breiten öffentlichen Interesse der Bevölkerung nach unterhaltenden Sendungen Rechnung getragen. Gerade die Fokussierung der Rundfunkanbieter auf spektakuläre, außergewöhnliche und aus dem allgemeinen Rahmen herausfallende Strafverfahren kommt diesem Unterhaltungsund Sensationsinteresse entgegen. Vor allem die Bild- und Tonaufnahmen aus dem Sitzungsbereich sind unterhaltende Elemente der Gerichtsberichterstattung, illustrieren sie doch den eigentlichen Bericht. Die heutigen Gerichtsberichterstattungen vermischen demnach Unterhaltung und Information, so dass auch sie zum sogenannten Infotainment, also zur unterhaltenden Informationsvermittlung zu zählen sind. Das hohe Maße an Unterhaltung müsste nach dem Gesagten, da der entsprechenden Funktion voll nachgekommen wird, zu einem hohen Gewicht im Rahmen der Abwägung führen. Bereits an dieser Stelle sei klargestellt, dass hier jedoch eine Ausnahmekonstellation gegeben ist. Betrachtet man die unterhaltenden Gerichtsberichterstattungen im Gesamtzusammenhang, muss 924 925 926

Lüscher, in: Medienwirkung und Medienverantwortung, S. 145 (153). Kühl FS-Hubmann, S. 241 (241). Vgl. dazu C. II. 2.

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G. Die Kriterien der Interessenabwägung

die rein positive Bewertung von Unterhaltung hier relativiert werden. Denn es ist bereits deutlich geworden, dass dem Unterhaltungsinteresse nicht das gleiche Gewicht zukommen kann, wie dem öffentlichen Informationsinteresse. Von daher kommt dem Umstand, dass die Unterhaltungsfunktion erfüllt wird, keine besondere Bedeutung zu, wenn auf der anderen Seite persönlichkeitsrechtliche Belange stehen. Als positiver Aspekt ist sie jedoch in die Abwägung einzustellen. 2. Vermittlung von Informationen Von wesentlich größerer Bedeutung wäre es, wenn die Rundfunkanbieter mit den Gerichtsberichterstattungen ihrer Informationsfunktion vollständig nachkommen würden. Wie gezeigt, sind die Massenmedien für die Bevölkerung häufig der einzige Kontakt zur Strafjustiz, weshalb sich das Vorstellungsbild der Allgemeinheit ganz wesentlich auf den von den Medien gegebenen Informationen aufbaut.927 Hieraus folgt der Schluss, dass informierende Wirkungen der Gerichtsberichterstattungen, also der Wiedergabe von Prozessgeschehen, nicht zu verneinen sind.928 Der Rechtsfremdheit wird auf Grund der journalistisch aufbereiteten Berichterstattung entgegengewirkt.929 Die so festzustellende positive Wirkung der Gerichtsberichterstattungen erstreckt sich jedoch nicht auf die verwandten Bild- und Tonaufnahmen.930 Diese nämlich weisen erstens nahezu keinen Informationsgehalt auf931 und zweitens besteht in aller Regel kein öffentliches Informationsinteresse an den Aufnahmen932, weshalb sie zur Erfüllung der an den Informationsbedürfnissen ausgerichteten Informationsfunktion gar nicht beitragen können. Aber selbst wenn auf die Gerichtsberichterstattungen als informierende Beiträge abgestellt wird, sind die positiven Wirkungen nicht überzubewerten. Ein beachtliches Indiz für die mangelnde Umsetzung der Informationsfunktion ist das verzerrte Vorstellungsbild über Strafjustiz und Kriminalität.933 Ein Großteil dieser Verzerrungen muss den medialen Berichterstattungen934, auch den Gerichtsberichterstattungen, zugeschrieben werden, bilden diese doch häufig die 927 928

Vgl. C. I. 3. Schmidthals, Verfahrensöffentlichkeit, S. 102; Gündisch/Dany NJW 1999, 256

(259). 929 Engler, Bild des Strafverfahrens, S. 38; von Oppeln-Bronikowski, Bild des Strafrechts, S. 150; Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 38; Kühne, Strafprozessrecht, RN 699. 930 Wyss EuGRZ 1996,1 (14). 931 Vgl. F. II. 932 Vgl. F. I. 3. c). 933 Vgl. dazu C. II. 5. c). 934 Kühne, Strafprozessrecht, RN 699.

III. Positive Wirkungen der Aufnahmen und Gerichtsberichterstattung

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einzige diesbezügliche Informationsquelle und so die Realität aus der Sicht der Zuschauer und Zuhörer.935 Wenn die Bevölkerung durch die Gerichtsberichterstattungen ausreichend informiert würde, dürften bei der Masse der Bevölkerung insofern nur unwesentliche936 Fehlvorstellungen in Bezug auf die Strafgerichtsbarkeit bestehen. Das aber ist nicht der Fall. Da das Ziel einer jeden Informierung aber sein muss, so nahe wie möglich an der Realität beziehungsweise Wahrheit zu bleiben, muss eingestanden werden, dass gerade die Strafgerichtsberichterstattungen nur begrenzt Informationen vermitteln. Ein Grund hierfür ist die zunehmende Ausrichtung an Unterhaltung, welche nur wenig Raum für echte Informationen lässt.937 Zudem wird teilweise auf fehlendes Fachwissen der Gerichtsberichterstatter verwiesen.938 Dem liegt der Streit zu Grunde, ob im Rundfunk sachkundige und juristisch vorgebildete Journalisten beschäftigt werden939 oder nicht.940 Auch wenn dieser Frage hier nicht nachgegangen werden soll, lässt sich doch feststellen, dass die Arbeitsbedingungen wegen des bestehenden finanziellen und zeitlichen Drucks941 nicht optimaler Natur sind. Auf Grund dieses Drucks kann der Berichterstattende nur begrenzt Informationen sammeln und diese nur entsprechend begrenzt publizieren.942 Die defizitären Kenntnisse auf Seiten des Rundfunks, worauf diese auch immer beruhen, setzten sich dann auf der Rezipientenseite fort. Nicht übersehen werden darf, dass der Grad der Informierung primär nicht von den Arbeitsbedingungen oder der fachlichen Eignung einzelner Personen abhängig ist. Vielmehr muss die Art und Weise der Gerichtsberichterstattung einbezogen werden. Auf Grund der personenbezogenen Berichte, die Konsequenz der Personalisierungen sind, tritt das gerichtliche Geschehen in den 935

Diesen Schluss zieht wohl auch Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 44 f. Hier ist dem Umstand Rechnung zu tragen, dass ein zweifacher Umwandlungsprozess vorliegt. Während zunächst eine Medienrealität kreiert wird, wird diese dann bei den Zuschauern und Zuhörern zu einer Publikumsrealität umgewandelt. Vgl. C. I. 3. 937 Wolf ZRP 1994, 187 (190). 938 So Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 49. 939 Flach, Macht und Elend der Presse, S. 91; Gerhardt ZRP 1993, 377 (378); Zuck NJW 2001, 40 (40) spricht insofern von Ausnahmeerscheinungen, die er als „. . . Leuchten an einem . . . journalistischen Fixsternhimmel . . .“ bezeichnet; ähnllich Wassermann DRiZ 1981, 92 (94). 940 Friske, Justiz und Medien, S. 35; von Becker, Massenmedien, S. 116; Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 40; Wassermann DRiZ 1981, 92 (94); allgemeiner Haller, in: Medien-Ethik, S. 196 (208). Zuck spricht sogar von „. . . Schluderei und ständige(r) Inkompetenz . . .“ [Zuck NJW 2001, 40 (40)] und von „. . . Dilettantimus . . .“ [Zuck NJW 2001, 40 (41)]. 941 Erinnert sei nur an den bestehenden Aktualitätsdruck. Wer zulange braucht, um der Allgemeinheit Neuigkeiten zu präsentieren, gehört zu den Verlierern des bestehenden Wettbewerbs. Vgl. Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 40 und Saxer, in: MedienEthik, S. 104 (124). 942 Friske, Justiz und Medien, S. 35; Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 40. 936

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G. Die Kriterien der Interessenabwägung

Hintergrund. Richterliche Entscheidungsfindung und Gang des Strafverfahrens werden vernachlässsigt, da sich mit diesen Bereichen keine hohe Einschaltquote erreichen lässt. Um diese, an der Wirtschaftlichkeit der Rundfunkanbieter orientierten Zwänge kommen auch sehr gut ausgebildete Journalisten mit optimalen Arbeitsbedingungen nicht umher. Ein Großteil der erlangbaren Informationen wird also unabhängig von defizitären Eignungen und Bedingungen nicht vermittelt. Der Punkt, an dem diesbezüglich anzusetzen ist, ist die Intention der Berichterstattungen. Gerade im Bereich der Strafverfahren ist der wirtschaftliche Druck auf Grund des bestehenden Wettbewerbs deutlich spürbar. Hier geht es dem Rundfunk nicht darum, wirklich umfassend zu informieren. Dann nämlich sähen die Gerichtsberichterstattungen anders aus. Zutreffend formuliert dies Vietmeyer943, wenn sie dem Fernsehfunk bescheinigt, die Möglichkeiten des Fernsehens würden nicht zum Zwecke der Kenntnisvermittlung eingesetzt. Es fehlt also bereits am Willen, der Informationsaufgabe umfassend nachzukommen.944 Hieraus resultieren dann die Defizite in der Kenntnisvermittlung wirklich.945 Die derzeitigen Strafgerichtsberichterstattungen des Rundfunks erfüllen die Informationsfunktion also nicht zufriedenstellend.946 Insbesondere gilt dies, wenn nur die Bild- und Tonaufnahmen zu bewerten sind. Zu diesem Ergebnis gelangte, wenn auch in anderem Zusammenhang, letztlich auch der Deutsche Presserat anlässlich der Berichterstattungen über das Gladbecker Geiseldrama. Dieser erhob gegenüber den Massenmedien die Forderung, die Medien sollten ihre Aufgabe als eine der Vermittlung von Information und nicht als eine der Vermittlung von Neuigkeiten begreifen.947 Diese Forderung muss auch in Bezug auf die Strafgerichtsberichterstattungen erhoben werden. Der Aktualität werden, so das betrübliche Ergebnis, derzeit zu viele Informationen geopfert. 3. Gewährleistung einer ausreichenden gesellschaftlichen Kontrolle Sehr eng mit der Informationsfunktion hängt die Funktion der Gerichtsberichterstattungen zusammen, Kontrolle der Strafjustiz durch die Öffentlichkeit zu 943

Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 48. Das ist dann auch der Grund, weshalb die immer wieder auftauchende Forderung nach einer offeneren und freieren Öffentlichkeitsarbeit der Jusitz [so Prinz FSEngelschall, S. 243 (251); Bührke DRiZ 1966, 5 (6 f.); Wassermann DRiZ 1981, 92 (94); Caesar Recht und Politik 32 (1996), 144 (144); Zuck DRiZ 1997, 23 (25)] der aktuellen Situation auf der Medienseite nicht entspricht. Wenn die Bereitschaft bei den Massenmedien zur Weitergabe von Informationen fehlt, hilft auch die beste Öffentlichkeitsarbeit der Justiz nichts. 945 So auch Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 49. 946 Gerasch, Prozesswirklichkeit, S. 18; Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 45 f.; Zuck 2001, 1623 (1624). 947 Nach Renckstorf, in: Medien-Ethik, S. 129 (143). 944

III. Positive Wirkungen der Aufnahmen und Gerichtsberichterstattung

345

gewährleisten. Eine effiziente öffentliche Kontrolle setzt entsprechende Kenntnisse über die zu kontrollierende Materie voraus. Der Grad der Vermittlung von Informationen schlägt sich in der Einschätzung der ermöglichten Kontrolle nieder.948 Auf Grund der nicht zufriedenstellenden Kenntnisvermittlung, sowohl hinsichtlich der gesamten Strafjustiz als auch bezüglich der jeweiligen Strafverfahren, vermögen es die Rundfunkanbieter ebenfalls nur ungenügend, eine öffentliche Kontrolle zu ermöglichen. Das verzerrte Vorstellungsbild der Allgemeinheit bedingt eine ebenso verzerrte Überprüfung der Strafjustiz, die damit partiell ins Leere geht.949 Eine wirklich effektive Kontrolle ist nur möglich, wenn dem gerichtlichen Geschehen unmittelbar beigewohnt wird oder die Gerichtsberichte umfassend informieren. Da jedoch regelmäßig nur das Ergebnis des Strafverfahrens, nicht aber der Weg dorthin, dargestellt wird, ist die ermöglichte Kontrolle nur begrenzt effektiv. Hinzu kommt, dass die personenbezogenen Bild- und Tonaufnahmen aus dem Sitzungsbereich kaum Kontrollmöglichkeiten schaffen, da sie nur äußerst selten Zeugnisse von hoheitlichem Handeln liefern.950 Dieses aber, und nicht die handelnde Person ist kontrollbedürftig. Eine ausreichende und so zufriedenstellende öffentliche Kontrolle wird durch Gerichtsberichterstattungen und die darin enthaltenen Bild- und Tonaufnahmen also weder in Bezug auf die gesamte Strafjustiz noch in Bezug auf das jeweilige Strafverfahren ermöglicht. Der bestehenden Kontrollfunktion wird somit nur begrenzt nachgekommen. 4. Schaffung von Vertrauen in die Rechtsprechung Auch die Erfüllung der den Gerichtsberichterstattungen zugewiesenen Funktion, Vertrauen der Bevölkerung in die Strafjustiz zu schaffen, ist eng mit dem Maß an vermittelten Informationen verbunden. Informationen sind unabdingbare Voraussetzung für jede vertrauensschaffende beziehungsweise vertrauensstabilisierende Wirkung. Des Weiteren ist das Vertrauen der Allgemeinheit auch an die bestehende Kontrolle der Strafjustiz gebunden. Nur wenn eine umfassende und effektive Überprüfung ermöglicht wird, kann sich ein ausreichendes Maß an Vertrauen bilden beziehungsweise stabilisieren. Ob es dabei erforderlich ist, dass die Kontrolle der Justiz tatsächlich geschaffen ist951, oder ob es schon ausreicht, dass eine solche möglich ist952, soll hier nicht weiter interessieren. Da sowohl Informations- als auch Kontrollfunktion nur ungenügend erfüllt werden, 948

Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 52. In diese Richtung auch Bamberger ZUM 2001, 373 (377). 950 Der Bereich, der im Hinblick auf die Strafjustiz vor allem einer Kontrolle bedarf, ist die sich primär in der Hauptverhandlung abspielende rechtsprechende Tätigkeit. 951 So Schmidthals, Verfahrensöffentlichkeit, S. 158; Hillermeier DRiZ 1982, 281 (282); Eberle NJW 1994, 1637 (1638); Schmidt JuS 1995, 110 (111). 949

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G. Die Kriterien der Interessenabwägung

ist zu vermuten, dass dies im Hinblick auf die Vertrauensfunktion nicht anders ist. Unter Verweis auf immer wieder festzustellende Vertrauenskrisen wird bezweifelt, dass von Aufnahmen aus dem Sitzungsbereich positive Wirkungen auf das Vertrauen der Öffentlichkeit ausgehen.953 Empirische Studien in diese Richtung fehlen. Ein Blick auf den nur begrenzten Informationsgehalt der Aufnahmen muss dennoch zur Erkenntnis führen, dass Vertrauen in die Strafjustiz hier nicht geschaffen oder stabilisiert werden kann. Denn über diese sagen die Aufnahmen schlicht nichts aus. Es fehlt also an der Vertrauensgrundlage. Anders ist dies, wenn auf die Gerichtsberichterstattung als solche abgestellt wird, denn hier werden, wenn auch begrenzt, Informationen vermittelt. Von einem breiten Vertrauen der Bevölkerung in die Strafjustiz kann aktuell aber kaum die Rede sein. Immer wieder werden, da die Kriminalität als zu hoch und gefährlich eingeschätzt wird, härtere Strafen und ein allgemein härteres Vorgehen gegen Straftäter gefordert.954 Im Wesentlichen ist dies die Konsequenz der verzerrten Vorstellungsbilder, nach welchen die bestehende Kriminalität weitgehend auf Gewaltdelikte reduziert ist und die Freispruchquote als zu hoch eingeschätzt wird.955 Hier schließt sich ein gefährlicher Kreis. Indem die Rundfunkanbieter auf die Wünsche der Zuschauer und Zuhörer sowie auf die ökonomischen Zwänge reagieren und nur begrenzt umfassende Informationen vermitteln, rufen sie Verzerrungen im Realitätsbild der Rezipienten hervor. Die Folge ist überwiegend, dass weniger Vertrauen als Skepsis gegenüber der Strafjustiz wächst. Daher muss eingestanden werden, dass die heute zu sehenden und zu hörenden Strafgerichtsberichterstattungen des Rundfunks allenfalls im Ansatz positiv auf das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Strafjustiz wirken. Anstatt konstruktiver, lassen sich überwiegend destruktive Wirkungen feststellen. 5. Präventive Wirkungen Als letzte Funktion der Gerichtsberichterstattungen bleibt die Präventivfunktion zu betrachten, nach der Gerichtsberichterstattungen kriminalitätshemmend beziehungsweise -verhindernd wirken sollen. Auch diesbezüglich existieren keine empirischen Ergebnisse.956 Wie bereits deutlich geworden ist, muss zwi-

952 So Klein, Öffentlichkeit und Mündlichkeit, S. 17; Wolf, Gerichtsverfassungsrecht aller Verfahrenszweige, S. 243. 953 So Rohde, Öffentlichkeit, S. 158. 954 Vgl. die Nachweise unter F. FN 31 und F. FN 32. 955 Vgl. C. II. 5. c). 956 Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 61; Vgl. auch Schmidthals, Verfahrensöffentlichkeit, S. 217; Wettstein, Öffentlichkeitsgrundsatz, S. 90; Schneider JuS 1963, 346 (348).

III. Positive Wirkungen der Aufnahmen und Gerichtsberichterstattung

347

schen spezialpräventiven und generalpräventiven Wirkungen unterschieden werden, wenn es um Gerichtsberichterstattungen und entsprechende Aufnahmen geht.957 Spezialpräventive Wirkungen mussten von vornherein ausscheiden, weshalb eine diesbezügliche Funktion der Gerichtsberichterstattungen abzulehnen war.958 Es kann nichts Unmögliches verlangt werden. Eine andere Sichtweise ließe sich in Bezug auf die positive Spezialprävention nur rechtfertigen, wenn der Öffentlichkeit des gerichtlichen Geschehens, welche auch durch personenbezogene Aufnahmen verbreitet wird, positiv spezialpräventive Wirkungen zuzusprechen sind. Hier gehen die Ansichten auseinander. Teilweise wird angenommen, die bewirkte Aufklärung über die Lage des Täters erzeuge in Teilen der Allgemeinheit ein Verständnis für die schwierige Situation des Straftäters, was dessen Resozialisierung zu Gute komme und so der Besserung desselben dienlich ist.959 Mit einem Großteil der Literatur960 aber muss der Annahme spezialpräventiver Wirkungen der Öffentlichkeit des Strafverfahrens sowie von Gerichtsberichterstattungen und den darin verwandten Aufnahmen entschieden entgegengetreten werden. Ein Straftäter wird durch Öffentlichkeit nicht gebessert. Im Gegenteil ist anzunehmen, dass die durch die Gerichtsberichterstattungen geschaffene Öffentlichkeit den spezialpräventiven Zwecken zuwiderläuft. Um dies zu begründen, ist an die durch die Publikationen der personenbezogenen Bild- und Tonaufnahmen aufgehobene Anonymität der aufgenommenen Personen anzusetzen. Durch diese werden Angeklagte und Verurteilte mitunter massiven Stigmatisierungen ausgesetzt. Je mehr Publikum erreicht wird, desto größer sind die Prangerwirkungen. Aus diesem Grund sind derartige Wirkungen bei Gerichtsberichterstattungen im Rundfunk besonders hoch.961 Das läuft der Spezialprävention sichtlich entgegen962, da hierdurch soziale Bindungen gelöst beziehungsweise Resozialisierungen erheblich erschwert werden. Diese Wirkungen ziehen eine weitere, häufig nicht ausreichend beachtete Wirkung nach sich. 957

Vgl. C. II. 2. d). Vgl. dazu C. II. 2. d). 959 Hillermeier DRiZ 1982, 281 (283); vgl. auch Schmidthals, Verfahrensöffentlichkeit, S. 212, 217 f.; Wettstein, Öffentlichkeitsgrundsatz, S. 48 f.; Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 215. 960 Vgl. nur Rohde, Öffentlichkeit, S. 149; Wettstein, Öffentlichkeitsgrundsatz, S. 49; Schmidthals, Verfahrensöffentlichkeit, S. 212; Kohlmann JA 1981, 581 (587); Franzki DRiZ 1979, 82 (82). 961 Kuß, Öffentlichkeitsmaxime, S. 205; Wettstein, Der Öffentlichkeitsgrundsatz im Strafverfahren, S. 92; Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 63 ff.; Sarstedt JR 1956 121 (124); Dahs AnwBl. 1959, 171 (181); Hoffmann-Riem JR 1975, 460 (473); Eberle NJW 1994 1637 (1638); Schmidt JuS 1995, 110 (111); Weiler ZRP 1995 130 (135); Stürner JZ 1995, 297 (298); Deutscher Richterbund DRiZ 1996, 246 (248); Kortz AfP 1997, (447). 962 So auch Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 62, 64; Sarstedt JR 1956, 121 (124); Dahs AnwBl. 1959, 171 (181); Weiler ZRP 1995, 130 (135). 958

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G. Die Kriterien der Interessenabwägung

Bereits mit den strafverfahrensbegleitenden Berichterstattungen werden Angeklagte häufig in eine gesellschaftliche Außenseiterrolle gedrängt, die der Spezialprävention abträglich ist.963 Auch hierin liegt eine Ursache für kriminelles Verhalten. Gerade Angeklagte und Verurteilte sind derartigen Prozessen überproportional stark ausgesetzt.964 Durch den erzeugten gesellschaftlichen Druck besteht die Gefahr, dass insbesondere die Verurteilten noch stärker in die Rolle eines Kriminellen gedrängt werden und sich diese so verfestigt.965 Deshalb kann von positiv spezialpräventiven Wirkungen der Öffentlichkeit des Strafverfahrens oder gar der Bild- und Tonaufnahmen verwendenden Gerichtsberichterstattungen keine Rede sein. Im Gegenteil sind den identifizierenden Berichterstattungen negative Wirkungen zu bescheinigen, da sie die negativen Wirkungen der Öffentlichkeit von Strafverfahren um ein Vielfaches verstärken.966 Aber selbst wenn auf identifizierende Berichte verzichtet würde, könnten keine spezialpräventiven Wirkungen erreicht werden. Die negativen Effekte würden zwar wegfallen, jedoch würden hierdurch keine positiven Wirkungen einsetzen. Denn dann fehlt der konkrete Personenbezug. Insofern lässt sich verallgemeinernd feststellen, dass spezialpräventive Effekte durch Gerichtsberichterstattungen nicht erzeugt werden können. Im Gegensatz zu spezialpräventiven erscheinen negativ und positiv generalpräventive Wirkungen967 durchaus als möglich.968 Jegliche generalpräventiven Effekte setzen voraus, dass die Öffentlichkeit Kenntnisse über das jeweilige Thema erlangt.969 Insbesondere können Rechtsgefühl und Normbewusstsein nur gestärkt werden, wenn die Bevölkerung entsprechend aufgeklärt wird. Aber auch die Abschreckung potentieller Straftäter ist ohne Kenntnisse von Strafverfahren und Strafe nicht möglich. Durch die mit den Gerichtsberichterstattungen und den Bild- und Tonaufnahmen bewirkte Informierung der Bevölkerung wird ein Teil der erforderlichen Kenntnisse vermittelt, weshalb es zu generalpräventiven Wirkungen kommt.

963 Wettstein, Der Öffentlichkeitsgrundsatz im Strafverfahren, S. 49; Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 63; Riklin, in: Stigmatisierung, S. 129 (131); Sarstedt JR 1956, 121 (124); Hoffmann-Riem JZ 1975, 469 (473); Scholderer ZRP 1991, 298 (300). 964 Vgl. nur Eisenberg, Kriminologie, § 8 RN 12; Göppinger, Kriminologie, S. 756; Hoffmann-Riem JZ 1975, 469 (473); wohl auch Mergen, Kriminologie, S. 419. 965 Wettstein, Der Öffentlichkeitsgrundsatz im Strafverfahren, S. 49; Hoffmann-Riem JZ 1975, 469 (473); Albrecht StV 1990, 272 (273); Scholderer ZRP 1991, 298 (300). 966 Kuß, Öffentlichkeitsmaxime, S. 205; Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 63 f.; Wettstein, Der Öffentlichkeitsgrundsatz im Strafverfahren, S. 92; Hoffmann-Riem JZ 1975, 469 (473); Schmidt JuS 1995, 110 (111); Deutscher Richterbund DRiZ 1996, 246 (248); Kortz AfP 1997, 443 (447). 967 Vgl. C. II. 2. d). 968 A. A. Plack, Plädoyer für die Abschaffung des Strafrechts, S. 109. 969 So zutreffend Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 59.

III. Positive Wirkungen der Aufnahmen und Gerichtsberichterstattung

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Berichte über Strafverfahren, so wird festgestellt, tragen zur Schärfung des Unrechtsbewusstseins bei, vermitteln Rechtskenntnisse und fördern das Rechtsbewusstsein.970 Hinsichtlich umfassender und sachgerechter Darstellungen des strafgerichtlichen Geschehens kann dies nicht bestritten werden. Jedoch darf die aktuelle Qualität der Berichterstattungen nicht außer Acht gelassen werden, wenn es um die positiv generalpräventiven Wirkungen geht.971 Über den Gang des Verfahrens beziehungsweise über die eigentliche Entscheidungsfindung mit ihren rechtlichen Problemen wird kaum berichtet.972 Da wesentliche Informationen nicht übermittelt werden, sind die positiv generalpräventiven Wirkungen stark eingeschränkt.973 Dementsprechend wird im Hinblick auf die ökonomische Dimension der Problematik festgestellt, dass die für eine ausreichende Finanzierung notwendigen Einschaltquoten nicht mit Sendungen erreicht werden können, die Rechtskenntnis und -verständnis vermitteln, sondern mit „. . . reißerisch aufgemachten ,Straßenfegern‘ . . .“974. Ein anderes Bild ergibt sich im Hinblick auf negativ generalpräventive Wirkungen. Nach eigenem Bekunden der Massenmedien geht es ihnen auch darum, abschreckende Wirkungen zu erzeugen.975 Inwiefern derartige Effekte tatsächlich erreicht werden, ist umstritten. Teilweise werden generalpräventive Wirkungen vollends abgelehnt.976 Zu diesem Ergebnis gelangt in Bezug auf Fernsehöffentlichkeit auch Lüscher977, wobei er sich auf neuere Wirkungsforschungen beruft, deren Erkenntnissen nach Einstellungen nur schwer veränderbar sind. Durch bloße Gerichtsberichterstattungen soll danach nicht auf die Einstellung von Personen, Straftaten zu begehen, eingewirkt werden können. Vielmehr wird zu Nachahmungen angereizt, welche im Wesentlichen auf der massenmedialen Verbreitung des Tatgeschehens basieren978. Andere979 treten dieser kritischen Haltung zu Recht entgegen. Hierfür weist Engau980 ebenfalls auf Er970 Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 323 f.; Wenzel/Burkhardt, Wort- und Bildberichterstattung, § 10 RN 180; Gronau, Persönlichkeitsrecht und Medienfreiheit, S. 225; Kühne, Strafprozessrecht, RN 699; Hassemer, in: Einfluss der Medien, S. 61 (73). 971 Zutreffend Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 324. 972 Vgl. C. II. 4. 973 Darauf scheinen auch Hassemer NJW 1985, 1821 (1824) und Wolf ZRP 1994, 187 (190) anzuspielen. 974 Wolf ZRP 1994, 187 (190). 975 Vgl. nur BVerfGE 35, 202 (212) – „. . . Das Dokumentarspiel dient damit der Abschreckung künftiger Täter . . .“; ferner Lüscher AfP 1974, 643 (645); Fuhr FuR 1973, 530 (536). 976 So ohne nähere Begründung Hoffmann-Riem JZ 1975, 469 (473). 977 BVerfGE 35, 202 (216 f.); vgl. auch Lüscher AfP 1974, 643 (645). 978 Wettstein, Öffentlichkeitsgrundsatz, S. 48 f.; Hoffmann-Riem JZ 1975, 469 (473); Hillermeier DRiZ 1982, 281 (283); vgl. auch Schneider JuS 1963, 346 (348). 979 Beispielsweise Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 321. 980 Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 321 f.

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G. Die Kriterien der Interessenabwägung

kenntnisse der Wirkungsforschung hin, nach denen der von Lüscher981 in den Vordergrund gestellte Effekt durch Stellung und Konstanz der Massenmedien stark aufgeweicht wird. Gleichwohl weist er darauf hin, dass eindeutige Ergebnisse sowohl in die eine als auch in die andere Richtung nicht bestehen. Dem derzeitigen Wissensstand nach müssen negativ generalpräventive Wirkungen von Gerichtsberichterstattungen als möglich, aber eben als unbewiesen beurteilt werden. Jedoch spricht einiges dafür, dass derartige Wirkungen, insbesondere über die identifizierenden Bild- und Tonaufnahmen, bestehen. Denn es bleibt der Bevölkerung nicht verborgen, dass die ihrer Anonymität beraubten Angeklagten und Verurteilten vielfältigen Stigmatisierungen und Anprangerungen ausgesetzt sind. Diese werden vielfach als ein Hauptübel der Kriminalstrafe empfunden.982 Da sich niemand solchen überaus weitreichenden Wirkungen aussetzten will, werden potentielle Straftäter durchaus abgeschreckt.983 Identifizierenden Gerichtsberichterstattungen müssen deshalb negativ generalpräventive Wirkungen zugeschrieben werden. An sich müssten diese Wirkungen positiv bewertet werden. Trotzdem ist Kritik angebracht. Denn Anprangerungen und Stigmatisierungen, die wesentlich auf der Veröffentlichung der personenbezogenen Bild- und Tonaufnahmen beruhen, greifen in aller Regel rechtswidrig und massiv in die Persönlichkeitsrechte der Aufgenommenen ein. Daher können die negativ generalpräventiven Wirkungen identifizierender Berichterstattung als illegitime Mittel zur Erreichung eines legitimen Zieles984 nur äußerst eingeschränkt als positiv gewertet werden. 6. Ergebnis Alles in allem ist also eine zurückhaltende Einschätzung der positiven Wirkungen von Gerichtsberichterstattungen und von den verwandten Bild- und Tonaufnahmen angebracht. Die diesen zugewiesenen Funktionen werden durch die derzeitigen Sendeformate von Gerichtsberichterstattungen nur unzureichend erfüllt.985 Dennoch können positive Effekte nicht gänzlich verneint werden. Sie sind daher zu Gunsten der Aufnahmen in die Abwägung des § 176 GVG einzubeziehen. 981

BVerfGE 35, 202 (216 f.); vgl. auch Lüscher AfP 1974, 643 (645). Scholderer ZRP 1991, 298 (300). 983 Wettstein, Öffentlichkeitsgrundsatz, S. 51. 984 Darauf weisen Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 60 und Schüler-Springorum, FS-Henkel, S. 141 (148 f.) zu Recht hin. 985 Auch Kühl FS-Hubmann, S. 241 (241) scheint zu diesem Ergebnis zu kommen, wenn er nur von den „. . . Chancen gelungener Kriminalberichterstattung . . .“ spricht und auch sonst bei der Darstellung eben dieser positiven Effekte nur den Konjunktiv („. . . wichtig wären vor allem Medien, die . . .“, „. . . Von solchen Medien könnte man . . . erwarten. . . .“) verwendet. 982

IV. Die Kommunikationsgrundrechte

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IV. Die Kommunikationsgrundrechte Von hoher Bedeutung für die anzustellende Abwägung sind auch die verfassungsrechtlich verankerten Positionen der Rundfunkanbieter und -mitarbeiter in Form der Kommunikationsgrundrechte. Unter diesem Sammelbegriff werden die Grundrechte zusammengefasst, die für den gesellschaftlichen Kommunikationsprozess im weitesten Sinne von essentieller Bedeutung sind. Es handelt sich dabei um die in Art. 5 Abs. 1 GG angeführten Grundrechte.986 Erst durch das Zusammenwirken der Kommunikationsgrundrechte, welche der Gewährleistung freier und öffentlicher Meinungsbildung dienen987, wird die gesellschaftliche Kommunikation wirklich umfassend geschützt.988 An dieser Stelle ist auf drei Grundrechte einzugehen. Von außerordentlicher Bedeutung ist die Rundfunkfreiheit. Daneben aber dürfen auch Informations- und Meinungsfreiheit nicht vernachlässigt werden. 1. Rundfunkfreiheit, Art. 5 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GG Der Vorsitzende Richter hat, wenn er eine aufnahmenbezogene Entscheidung nach § 176 GVG treffen will, die durch Art. 5 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GG geschützte Rundfunkfreiheit989, soweit diese einschlägig ist, angemessen zu berücksichtigen.990 Auf diese Weise findet die besondere Bedeutung der Rundfunkfreiheit für die öffentliche Meinungsbildung ausreichend Berücksichtigung.991 Während die Freiheit des Rundfunks bislang nur als Aspekt der Persönlichkeitsrechtsverletzungen auftauchte, stellt sie nun ein eigenständiges Abwägungskriterium bezüglich § 176 GVG dar. Hier kann es zwar nicht darum gehen, die Rundfunkfreiheit umfassend in all ihren Facetten wiederzugeben, jedoch kann auf einige grundlegende Aspekte nicht verzichtet werden. Dabei ist zwischen den verschiedenen Ausprägungen der Rundfunkfreiheit zu unterscheiden. Auf der einen 986 Sachs/Bethge, Art. 5 RN 15; BK/Degenhart, Art. 5 Abs. 1 und 2 RN 21; Fechner, Medienrecht, RN 59; Pieroth/Schlink, Staatsrecht II, RN 547; Ricker/Schiwy, Rundfunkverfassungsrecht, § 2 RN 73; Lorz, in: Herausforderungen, S. 59 (61); Rupp FS-Schneider, S. 447 (447); Degenhart FS-Lukes, S. 287 (288); Tettinger JZ 1984, 400 (403); Tettinger JZ 1990, 846 (846 f.); Scholz AfP 1995, 357 (358). 987 Statt vieler BK/Degenhart, Art. 5 Abs. 1 und 2 RNn 21 ff. 988 BVerfGE 57, 295 (319 f.); 83, 238 (295 f.); Dreier I/Schulze-Fielitz, Art. 5 I, II RN 42; Neben, Personenberichterstattung, S. 72. 989 Auf europarechtlicher Ebene ist die Rundfunkfreiheit durch Art. 10 MRK garantiert. Probst, Art. 10 EMRK – Bedeutung für den Rundfunk in Europa, S. 20, 26, 40. 990 BVerfGE 103, 44 (62) = ZUM 2001, 220 (225); 91, 125 (136); BVerfG NJW 2000, 2890 (2890); BVerfG NJW 1995, 184 (185 f.); BVerfG NJW 1992, 3288 (3288); LR VII/Wickern, § 176 GVG RN 36; Wenzel/von Strobl-Alberg, Wort- und Bildberichterstattung, Kap. 7 RN 33, Kap. 10 RN 184; Beulke, Strafprozessrecht, RN 379; Paschke, Medienrecht, RN 685; Prinz/Peters, Medienrecht, RN 819. 991 Abstrakter Sachs, Verfassungsrecht II, B 5 RN 48.

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G. Die Kriterien der Interessenabwägung

Seite geht es um das Abwehrrecht gegen staatliches Handeln und auf der anderen Seite um die aus der Rundfunkfreiheit folgenden Anforderungen an die Rundfunkanbieter. Insofern ist die subjektiv- von der objektiv-rechtlichen Dimension zu unterscheiden. a) Subjektiv-rechtliche Dimension Am ehesten leuchtet die subjektiv-rechtliche Dimension des Grundrechts ein, nach der die Rundfunkfreiheit als Abwehrrecht gegenüber staatlichen Eingriffen fungiert. Die für die öffentliche Meinungsbildung schlechthin konstitutive Bedeutung992 dieser abwehrrechtlichen Dimension lässt sich nur erfassen, wenn man den technischen Fortschritt und die hohe Verbreitung des Rundfunks beachtet.993 Schon seit langem betont das Bundesverfassungsgericht994 den besonderen Stellenwert der Medienfreiheiten, zu denen auch Art. 5 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GG gehört, für die freie Meinungsbildung.995 Im heutigen Medienzeitalter sind es nämlich erst die Medien, und hier vorrangig Fernsehen, Hörfunk und Zeitung, welche die für eine Meinungsbildung unerlässlichen Informationen vermitteln. Da die Massenmedien, und hier insbesondere der Rundfunk, die deutlich dominierenden Informationsquellen der Bevölkerung darstellen, sind sie in vielfältiger Weise an der öffentlichen Willens- und Meinungsbildung beteiligt. Die Massenmedien ermöglichen den Bürgern, die Meinungen anderer kennenzulernen und zu überprüfen, ihre eigenen Standpunkte zu finden und sich an öffentlicher Kommunikation zu beteiligen. Damit erweist sich die Rundfunkfreiheit als Verstärkung und Ergänzung der Meinungsbildung und so als eine der Meinungsfreiheit und -vielfalt dienende Freiheit.996 992 BVerfGE 5, 85 (134 f.); 7, 198 (208); 12, 113 (125); 20, 56 (97); 35, 202 (221); 77, 65 (74); Gronau, Persönlichkeitsrecht und Medienfreiheit, S. 159; Ricker/Schiwy, Rundfunkverfassungsrecht, B RN 9; Riklin, in: Stigmatisierung, S. 129 (139); Bethge UFITA 95 (1983), 251 (262 f.); Eberle CR 1996, 193 (194); Bethge DÖV 2002, 673 (677). 993 Siekmann/Duttge, Staatsrecht I, RN 468. 994 BVerfGE 57, 295 (319 f.); 83, 238 (295 f.); 87, 181 (197); 90, 60 (87); 97, 228 (257). 995 Vgl. auch Sachs/Bethge, Art. 5 RN 92; Siekmann/Duttge, Staatsrecht I, RN 469; Ipsen, Staatsrecht II, RNn 427 f.; Hain, Rundfunkfreiheit und Rundfunkordnung, S. 44; Bullinger FS-50 Jahre BVerfG II, S. 193 (193 f.); Tettinger, in: Rundfunk und Fernsehen, S. 62 (63, 65); Ossenbühl JZ 1995, 633 (634); Kortz AfP 1997, 443 (444); Jarass AfP 1998, 133 (135); Tietje JuS 1999, 644 (648); Janik AfP 2002, 104 (104). 996 BVerfGE 57, 295 (320); 73, 118 (152); 74, 297 (323); 83, 238 (295 f., 315); 87, 181 (197); 90, 60 (87); BVerwGE 39, 159 (163); Jarass/Pieroth/Jarass, Art. 5 RN 35; Sachs/Bethge, Art. 5 RN 93; Libertus, Grundversorgungsauftrag und Funktionsgarantie, S. 4; Giehl, Wettbewerb, S. 57; Heinze, Fernsehen, S. 23; Hesse, Rundfunkrecht, 2. Kap. RNn 42 ff.; Schumacher, Programmauflagen, S. 34 ff.; Sachs, Verfassungsrecht II, B 5 RN 40; Siekmann/Duttge, Staatsrecht I, RN 469; Lange FS-Löffler, S. 195 199); Badura, in: Rundfunk und Fernsehen, S. 35 (42); Leiling, in: Persönlich-

IV. Die Kommunikationsgrundrechte

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Dass die Rundfunkfreiheit in Bezug auf die Anfertigung und Veröffentlichung von Bild- und Tonaufnahmen im Rahmen der Gerichtsberichterstattung einschlägig ist, wurde bereits klargestellt.997 Dennoch seien einige Punkte an dieser Stelle vertiefend aufgegriffen. Einer hiervon ist die Grundrechtsträgerschaft der öffentlich-rechtlich strukturierten Rundfunkanstalten. An dieser nämlich könnte man in Anbetracht des Umstandes, dass die Rundfunkanstalten Träger hoheitlicher Gewalt sind, zweifeln. Wenn es um die Grundrechtsträgerschaft juristischer Personen des öffentlichen Rechts998 geht, taucht früher oder später das gegen eine Grundrechtsberechtigung vorgebrachte Konfusionsargument auf, nach welchem der Staat nicht zugleich Adressat und Verpflichteter von Grundrechten sein könne.999 Diese Begründung erscheint jedoch nur auf den ersten Blick als plausibel und muss in ihrer Pauschalität letztlich abgelehnt werden.1000 Richtigerweise muss auf den konkreten Fall abgestellt werden, um zu ermitteln, ob die Rundfunkanstalt als Berechtigter oder auch als Verpflichteter in die Betrachtungen einzubeziehen ist.1001 Zudem unterscheidet Art. 19 Abs. 3 GG nicht, ob es sich um eine privatrechtliche oder um eine öffentlich-rechtliche juristische Person handelt. Die dennoch grundsätzlich zu Recht verneinte Grundrechtsberechtigung juristischer Personen des öffentlichen Rechts lässt sich mit der Natur der Grundrechte selbst begründen. Die Grundrechte sollen primär natürliche Personen vor Eingriffen der Staatsgewalt schützen. Während hinter nicht hoheitlich handelnden juristischen Personen des Privatrechts regelmäßig natürliche Personen stehen, sind die juristischen Personen des öffentlichen Rechts letztlich immer auf den Staat selbst zurückzuführen, also gerade nicht auf natürliche Personen. Dann aber geht es bei genauerer Betrachtung weniger um die Verletzung subjektiver Rechte als vielmehr um die Behandlung von Kompetenzproblemen.1002 keitsschutz und Meinungsfreiheit, S. 26 (27); Bethge ZUM 1995, 514 (516); Zuck DRiZ 1997, 23 (27 f.); Gersdorf ZUM 2002, 106 (108); Blaue ZUM 2005, 30 (33); kritisch z. B. BK/Degenhart, Art. 5 Abs. 1 und 2 RN 643 ff.; m.w. N. Kull FS-Lerche, S. 663 (666 ff.); Klein DVBl. 1994, 489 (494); Fechner/Popp AfP 2006, 213 (213). 997 Vgl. G. I. 3. c) bb) und G. I. 4. a) bb) (2). 998 Inwiefern juristische Personen des öffentlichen Rechts sich auf Grundrechte berufen können, ist nach wie vor streitig. Vgl. dazu ausführlich und m.w. N. Bleckmann, Staatsrecht II, § 9 RNn 26 ff. 999 Beispielsweise Reisnecker, Meinungsfreiheit, S. 87. 1000 Vgl. dazu Bleckmann, Staatsrecht II, § 9 RN 35; Feine, Der grundrechtliche Schutz der öffentlichen Hand, S. 21; Leist, Grundrechtsfähigkeit juristischer Personen, S. 80 ff.; Hain, Rundfunkfreiheit und Rundfunkordnung, S. 120; Herrmann, Fernsehen und Hörfunk, S. 149; Dreier FS-Scupin, S. 81 (86); Bettermann NJW 1969, 1321 (1323 f.); Kilian Die Verwaltung 29 (2996), 285 (302 f.). 1001 Wird den Anstalten zum Beispiel das Rundfunkprogramm bis ins letzte Detail vorgeschrieben, kann nicht ernsthaft vertreten werden, die Anstalten seien hier auf der Seite der Grundrechtsverpflichteten in die Rechtsfrage einzubeziehen. 1002 Darauf weist Ipsen, Staatsrecht II, RN 53 zutreffend hin; teilweise kritisch Bleckmann, Staatsrecht II, § 9 RNn 34, 36 f.

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G. Die Kriterien der Interessenabwägung

Insbesondere im Hinblick auf die Bedeutung der Rundfunkfreiheit ist von diesem Grundsatz hier jedoch abzuweichen. Ausnahmen1003 sind nämlich dann zu machen, wenn sich der jeweilige Hoheitsträger dem durch ein bestimmtes Grundrecht geschützten Lebensbereich unmittelbar zuordnen lässt1004, anders ausgedrückt, wenn die öffentlich-rechtliche Organisation hinter ihr stehende private Interessen vertritt und damit den grundrechtlich geschützten Individualrechten zur Geltung verhilft.1005 Genau dies ist im Hinblick auf die öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten der Fall. Durch den gesamten Rundfunk soll die unabhängige Meinungsbildung garantiert werden. Die diesbezüglichen Interessen der Allgemeinheit werden so vertreten. Man kann deshalb sogar davon sprechen, dass auch die Rundfunkanstalten die Rundfunkfreiheit quasi für die Bevölkerung im Interesse deren Meinungsbildung ausüben.1006 Zudem verteidigen die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten die Rundfunkfreiheit.1007 Sie sind gerade gegründet worden, um zu ermöglichen, dass die Rundfunkfreiheit verwirklicht werden kann.1008 Könnten die Anstalten ihre notwendige Unabhängigkeit vom Staat1009 nicht mit Grundrechten untermauern, würde diese Intention vernachlässigt. Die Staatsfreiheit des Rundfunks im Sinne einer weitest möglichen Autonomie ist besonders vor dem historischen Hintergrund als ein herausragender und fundamentaler Grundsatz des deutschen Rundfunkverfassungsrechts zu sehen.1010 Es ist daher der gesamte Rundfunk, auch der öffentlich-rechtlich strukturierte, staatsfrei zu halten.1011 Nur dann kann dieser die 1003 Es existieren drei Bereiche (nach Bethge AöR 104 (1979), 54 (92) „AusnahmeTrias“), in denen sich hoheitlich handelnde Personen auch auf Grundrechte berufen können. Neben dem Bereich der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten sind dies die Bereiche der Universitäten und Fakultäten für die Wissenschaftsfreiheit nach Art. 5 Abs. 3 GG [z. B. BVerfGE 15, 256 (262); 85, 360 (370); 93, 85 (93)] und der Religionsgemeinschaften und Kirchen für die kollektive Religionsfreiheit nach Art. 4 I, II GG sowie Art. 140 GG [z. B. BVerfGE 21, 362 (374); 30, 112 (119 f.); 70, 138 (160 f.)]. 1004 Siehe nur BVerfGE 31, 314 (322); Pieroth/Schlink, Staatsrecht I, RN 575; Siekmann/Duttge, Staatsrecht I, RN 476; Kübler, Massenmedien, S. 34; vgl. zu anderen Begründungsversuchen Hain, Rundfunkfreiheit und Rundfunkordnung, S. 127 ff. 1005 BVerfGE 75, 192 (196); Ricker/Schiwy, Rundfunkverfassungsrecht, B RN 150; Fechner, Medienrecht, RN 71; Kilian Die Verwaltung 29 (2996), 285 (303). 1006 BVerfGE 60, 53 (66); Jobst, Wem nützen die neuen Medien?, S. 8; Ricker/ Schiwy, Rundfunkverfassungsrecht, B RN 150; Ossenbühl DÖV 1997, 381 (384 ff.); Kilian Die Verwaltung 29 (2996), 285 (303). 1007 Hierauf soll nach Hain, Rundfunkfreiheit und Rundfunkordnung, S. 133 allerdings nicht abgestellt werden können. Ähnlich Haensel UFITA 50, 502 (511). 1008 BVerfGE 31, 314 (322); Schumacher, Programmauflagen, S. 71; Niepella, Grundversorgung, S. 13. 1009 Vgl. nur BVerfGE 74, 297 (324); 88, 25 (35 f.); 90, 60 (88). 1010 Statt vieler Jarass, in: Verfassungsrecht, S. 59 (61) m.w. N.; zur Entstehungsgeschichte und -motivation Laschet, Programmgrundsätze, S. 95 ff.; Preuss-Neudorf, Grundversorgung, S. 51; Kilian Die Verwaltung 29 (2996), 285 (304 f.); SchneiderFreyermuth ZUM 2000, 564 (564 ff.); Hoffmann-Riem M&K 2006, 95 (99).

IV. Die Kommunikationsgrundrechte

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ihm obliegende Aufgabe, eine freie Meinungsbildung zu ermöglichen, auch wirklich wahrnehmen. Überdies fehlen Gründe, weshalb für den Schutz durch die Rundfunkfreiheit zwischen privatrechtlichen und öffentlich-rechtlichen Rundfunkanbietern Unterschiede gemacht werden müssten. Mithin liegen die Voraussetzungen vor, um den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanbietern den Schutz durch Art. 5 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GG zuzusprechen. Sie können sich wie die privaten Anbieter auf die Rundfunkfreiheit berufen.1012 In sachlicher Hinsicht sei darauf hingewiesen, dass der Rundfunkbegriff ein offener ist, weshalb auch neue und unbekannte Medienformate von Art. 5 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GG erfasst werden können. Für die Definition des Rundfunkbegriffes gibt § 2 Abs. 1 RStV die einzuschlagende Richtung vor.1013 Dem notwendig weiten Verständnis entsprechend werden alle Möglichkeiten1014, Informationen für eine unbestimmte1015 Vielzahl von Personen mittels elektromagnetischer Wellen zu verbreiten, erfasst.1016 Hörfunk und Fernsehfunk, die Bildund Tonaufnahmen aus dem Sitzungsbereich via elektromagnetischer Wellen verbreiten, gehören demnach zum Rundfunk im Sinne des Art. 5 Abs. 1 S. 2 1011 So auch Schumacher, Programmauflagen, S. 71; Schneider-Freyermuth ZUM 2000, 564 (565 ff.). 1012 BVerfGE 31, 314 (322); 59, 231 (254); 74, 297 (317 f.); 78, 101 (102); Dreier I/Schulze-Fielitz, Art. 5 I, II RN 120; Jarass/Pieroth/Jarass, Art. 5 RN 41; BK/Degenhart, Art. 5 Abs. 1 und 2 RN 728; Sachs/Bethge, Art. 5 RN 99; Siekmann/Duttge, Staatsrecht I, RNn 476, 1013; Pieroth/Schlink, Staatsrecht I, RN 575; Kübler, Massenmedien, S. 34; Neben, Personenberichterstattung, S. 117; Niepella, Grundversorgung, S. 29; Wente, Das Recht der journalistischen Recherche, S. 43 ff.; Ricker/Schiwy, Rundfunkverfassungsrecht, B RN 150; Gersdorf, Grundzüge des Rundfunkrechts, RN 124; Sachs, Verfassungsrecht II, B 5 RNn 45 f.; Fechner, Medienrecht, RN 793; Ipsen, Staatsrecht II, RN 422; Paschke, Medienrecht, RN 237; Schmitt Glaeser AöR 112 (1987), 215 (228); Badura BayVBl. 1989, 1 (1); a. A. Hain, Rundfunkfreiheit und Rundfunkordnung, S. 183. 1013 So zum Beispiel auch Blaue ZUM 2005, 30 (33). 1014 Streitig ist dabei, ob für die Bejahung eines Rundfunks eine redaktionelle Tätigkeit notwendig ist. Dies bejahend Pieroth/Schlink, Staatsrecht II, RN 573; Jarass AfP 1998, 133 (135); verneinend dagegen Brand, Rundfunk, S. 112 ff. 1015 Dazu ausführlich und m.w. N. Brand, Rundfunk, S. 129 ff.; Herrmann, Fernsehen und Hörfunk, S. 44 ff. 1016 OVG Münster DÖV 1978, 519 (519 f.); Sachs/Bethge, Art. 5 RNn 90 ff.; BK/ Degenhart, Art. 5 Abs. 1 und 2 RN 667; Jarass/Pieroth/Jarass, Art. 5 RN 36; Siekmann/Duttge, Staatsrecht I, RN 479; Dreier I/Schulze-Fielitz, Art. 5 I, II RN 99; Laschet, Programmgrundsätze, S. 13; Brand, Rundfunk, S. 37; Wasserburg, Recht der Medien, S. 124; Wieland, Die Freiheit des Rundfunks, S. 89 ff.; Ahrens, Persönlichkeitsrecht, RN 8; Gronau, Persönlichkeitsrecht und Medienfreiheit, S. 160; Stark, Ehrenschutz in Deutschland, S. 83; Ricker/Schiwy, Rundfunkverfassungsrecht, B RN 34; Rotsch, Der Schutz der journalistischen Recherche, S. 34; Sachs, Verfassungsrecht II, B 5 RN 42; Pieroth/Schlink, Staatsrecht II, RN 573; Stein/Frank, Staatsrecht, S. 304; Ipsen, Staatsrecht II, RN 426; Fechner, Medienrecht, RN 783; Kilian, in: Rundfunkbegriff, S. 69 (73); Tettinger JZ 1990, 846 (850); detaillierter Herrmann, Fernsehen und Hörfunk, S. 47; ablehnend Paschke, Medienrecht, RNn 230 ff., wobei offen bleibt, was nun genau Rundfunk ist; a. A. auch Lecheler Jura 1998, 225 (227).

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G. Die Kriterien der Interessenabwägung

Alt. 2 GG.1017 Dies mag in Bezug auf die Aufnahmen banal erscheinen, jedoch ist nur über den Rundfunkbegriff ein Einstieg in die vorliegende Problematik möglich.1018 Zu den geschützten Betätigungen zählen sämtliche mit der Veranstaltung von Rundfunk zusammenhängenden Tätigkeiten von der Beschaffung der Information bis hin zur Verbreitung von Nachricht und Meinung.1019 Kern des Grundrechts ist jedoch die Programmfreiheit, also die Gestaltungsfreiheit hinsichtlich des gesendeten Programms. Auswahl, Inhalt und Ausgestaltung der Programme sind so gegen fremde Einflussnahme geschützt.1020 Schließlich werden auch die den jeweiligen Medien eigentümlichen Formen der Berichterstattung sowie die Verwendung der dazu erforderlichen technischen Mittel geschützt.1021 Damit ist der Schutzbereich der Rundfunkfreiheit nicht auf die bloße Berichterstattung beschränkt, wie es der Wortlaut zuerst vermuten ließe.1022 Im Hinblick auf die Bild- und Tonaufnahmen im Umfeld der strafgerichtlichen Hauptverhandlung sind mehrere der geschützten Bereiche betroffen. Einerseits geht es mit der Anfertigung der Aufnahmen um die Beschaffung von 1017

Vgl. G. I. 3. c) bb). Dies ist insbesondere hinsichtlich neuerer Medien von Relevanz. Unterfallen diese nicht dem Rundfunkbegriff und auch keiner weiteren Medienfreiheit, so fehlt es an der klassischen Konfliktsituation zwischen Medienfreiheit und allgemeinem Persönlichkeitsrecht. Dann fehlt letzterem der Gegenspieler, was enorme Auswirkungen auf die Abwägung hätte. 1019 BVerfGE 10, 118 (121); 36, 193 (204); 50, 234 (239); 77, 65 (74); 91, 125 (135) = AfP 1994, 213 (214); 103, 44 (59) = ZUM 2001, 220 (224); BVerfG NJW 1997, 1841 (1842); BGHZ 110, 371 (375); BVerwGE 47, 247 (252); Sachs/Bethge, Art. 5 RN 108; Jarass/Pieroth/Jarass, Art. 5 RN 39; Dreier I/Schulze-Fielitz, Art. 5 I, II RN 105; Pieroth/Schlink, Staatsrecht II, RN 574; Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 12; Ahrens, Persönlichkeitsrecht, RN 8; Gronau, Persönlichkeitsrecht und Medienfreiheit, S. 160; Wenzel/Burkhardt, Wort- und Bildberichterstattung, Kap.1 RN 31; Herrmann, Fernsehen und Hörfunk, S. 49 ff.; Bleckmann, Staatsrecht II, § 26 RN 76; Paschke, Medienrecht, RN 235; Hesse, Rundfunkrecht, RN 321; Gersdorf, Grundzüge des Rundfunkrechts, RN 120; Sachs, Verfassungsrecht II, B 5 RN 43; Siekmann/ Duttge, Staatsrecht I, RN 481; Tettinger, in: Rundfunk und Fernsehen, S. 62 (66); Pieroth, in: Recht der Persönlichkeit, S. 249 (257); Kortz AfP 1997, 443 (444); Jarass AfP 1998, 133 (137); Bamberger ZUM 2001, 373 (374); Gersdorf AfP 2001, 29 (31); Ernst NJW 2001, 1624 (1625). 1020 BVerfGE 59, 231 (258); 87, 181 (201); 90, 60 (87); 95, 220 (234); 97, 298 (310); BVerfG NJW 1997, 1841 (1842); BGHZ 110, 371 (395); Sachs/Bethge, Art. 5 RNn 96, 108; Dreier I/Schulze-Fielitz, Art. 5 I, II RN 103; Jarass/Pieroth/Jarass, Art. 5 RN 35; BK/Degenhart, Art. 5 Abs. 1 und 2 RN 733; Niepella, Grundversorgung, S. 15; Gronau, Persönlichkeitsrecht und Medienfreiheit, S. 161; Gersdorf, Grundzüge des Rundfunkrechts, RN 123; Ipsen, Staatsrecht II, RN 426; Herrmann, Fernsehen und Hörfunk, S. 94; Siekmann/Duttge, Staatsrecht I, RN 481; Hesse, Rundfunkrecht, 4. Kap. RN 17; Badura, in: Rundfunk und Fernsehen, S. 35 (40); Tettinger, in: Rundfunk und Fernsehen, S. 62 (67 f.); Kewenig/Thomashausen NJW 1981, 417 (419); von Coelln ZUM 2001, 478 (483); Bethge DÖV 2002, 673 (673); ausführlich Ricker/ Schiwy, Rundfunkverfassungsrecht, F RNn 1 ff. 1021 BVerfGE 91, 125 (135); Pieroth/Schlink, Staatsrecht II, RN 574; Siekmann/ Duttge, Staatsrecht I, RN 481. 1022 Dazu ausführlich Wieland, Die Freiheit des Rundfunks, S. 80 ff. 1018

IV. Die Kommunikationsgrundrechte

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Informationen und andererseits um deren Veröffentlichung als Nachrichtenbestandteil. Letztlich aber ist auch die Programmfreiheit der Rundfunkanbieter betroffen. Wird ihnen die Möglichkeit, Bild- und Tonaufnahmen im Rahmen von Gerichtsberichterstattungen zu veröffentlichen, erschwert, so wird auf die Ausgestaltung der Strafgerichtsberichterstattungen Einfluss genommen. Diese sind von der Rundfunkfreiheit geschützt und daher grundsätzlich als zulässig zu erachten.1023 Der sachliche Schutzbereich der Rundfunkfreiheit ist durch die Entscheidung des Vorsitzenden Richters nach § 176 GVG daher umfassend betroffen.1024 Er wird durch sämtliche Handlungen des Staates beeinträchtigt, die die Rundfunkanbieter in ihren geschützten Tätigkeiten behindern.1025 Genau dies wäre der Fall, würde der Vorsitzende Richter mittels des § 176 GVG die Möglichkeit, Bild- und Tonaufnahmen im Sitzungsbereich anzufertigen, einschränken.1026 Somit gilt es, die Rundfunkfreiheit im Rahmen der anzustellenden Abwägung zu Gunsten des Rundfunks und der Bild- und Tonaufnahmen umfassend zu berücksichtigen. Auf Grund der dargestellten Bedeutung des Rundfunks und der Rundfunkfreiheit ist dieser Abwägungsfaktor ein gewichtiger. b) Objektiv-rechtliche Dimension Die Rundfunkfreiheit selbst könnte aber dazu führen, dass dieses Gewicht zu mindern ist. Das wäre der Fall, wenn aus Art. 5 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GG Anforderungen folgen, denen der Rundfunk nicht ausreichend nachkommt. Letztlich geht es dabei um die objektiv-rechtliche Dimension des Grundrechts. Deshalb ist erstens zu untersuchen, ob aus dem Grundrecht der Rundfunkfreiheit Anforderungen an die Rundfunkanbieter folgen und, sollte dies der Fall sein, zweitens, ob der Rundfunk im Hinblick auf die Gerichtsberichterstattungen den Anforderungen gerecht wird. Nur wenn Letzteres der Fall ist, kann die Bedeutung der Rundfunkfreiheit uneingeschränkt hochgehalten werden. Anderenfalls ist 1023

Wenzel/Burkhardt, Wort- und Bildberichterstattung, Kap. 10 RN 189. Das Bundesverfassungsgericht [BVerfGE 103, 44 (59) = ZUM 2001, 220 (225)] geht davon aus, dass der Schutz der Rundfunkfreiheit erst dann eröffnet sei, wenn eine im staatlichen Verantwortungsbereich liegende Informationsquelle, soweit es um eine solche konkret geht, auch öffentlich zugänglich ist. Insofern verneinte das Gericht im Rahmen der „n-tv-Entscheidung“ einen Eingriff in die Rundfunkfreiheit für den Bereich der Hauptverhandlung. [BVerfGE 103, 44 (44 ff.) = ZUM 2001, 220 (220 ff.)]. Dieses Verständis stößt in der Literatur auf Kritik. [Vgl. nur Gersdorf AfP 2001, 29 (30 ff.)]. 1025 Dreier I/Schulze-Fielitz, Art. 5 I, II RN 133; Jarass/Pieroth/Jarass, Art. 5 RN 42 ff. 1026 BVerfGE 91, 125 (135); BVerfG NJW 2000, 2890 (2890); Dreier I/Schulze-Fielitz, Art. 5 I, II RN 134; Ricker/Schiwy, Rundfunkverfassungsrecht, F RN 110; Gersdorf, Grundzüge des Rundfunkrechts, RN 120; Fechner, Medienrecht, RN 808. 1024

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G. Die Kriterien der Interessenabwägung

darüber nachzudenken, die Bedeutung der Rundfunkfreiheit in der Abwägung zu reduzieren. aa) Grundlagen Im Gegensatz zum Landesrecht1027 finden sich im Grundgesetz keine speziellen Regelungen, die Forderungen an den Rundfunk richten. Daher ist ihrer Herleitung aus Art. 5 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GG, nur darum kann es hier gehen, besonderes Augenmerk zu widmen. Unabhängig davon, ob die Anforderungen in der Verfassung wurzeln, gelangt man zunächst zu dem Problem, dass jede an das Programm der Rundfunkanbieter gerichtete verbindliche Forderung die Programmfreiheit mitunter deutlich beschränken würde. Da es hier um Anforderungen von staatlicher Seite geht, würden diese an Art. 5 Abs. 2 GG zu messende Eingriffe in die Rundfunkfreiheit bedeuten. Höchst problematisch ist dann, ob die Anforderungen allgemeinen Gesetzen im Sinne des Art. 5 Abs. 2 GG entstammen.1028 Richtiger Ansicht nach gelangt man jedoch gar nicht bis auf die Ebene des Art. 5 Abs. 2 GG, was eine entsprechende Diskussion erübrigt.1029 Hierfür ist die objektiv-rechtlich ausgeprägte Rundfunkfreiheit verantwortlich. Würde die Rundfunkfreiheit vor jedweden staatlichen Eingriffen und so auch vor staatlichen Programmgrundsätzen geschützt, wäre eine von den allgemeinen Kräften der Wirtschaft bestimmte Rundfunklandschaft die Folge. Auf Grund der weitreichenden gesellschaftlichen, politischen und kommunikativen Wirkungen des Rundfunks darf der gesamte Rundfunkbereich aber gerade nicht dem freien Spiel der wirtschaftlichen und sonstigen Kräfte überlassen werden.1030 Andernfalls bestünde die ernstzunehmende Gefahr, dass die dem Rundfunk obliegende Funktion als Faktor und Medium der öffentlichen Meinungsbildung1031 nicht 1027

Vgl. die Nachweise in den folgenden Fußnoten. Vgl. nur die Darstellungen bei Laschet, Programmgrundsätze, S. 69 ff. über die Landesmediengesetze, der dieses ablehnt. 1029 Statt vieler vgl. Schumacher, Programmauflagen, S. 117 ff. m.w. N.; a. A. Lange FS-Löffler, S. 195 (204 ff.); wohl auch Engel AfP 1994, 185 (186). 1030 BVerfGE 31, 314 (325); 57, 295 (3223, 325); Stark, Ehrenschutz in Deutschland, S. 93; Schmitt Glaeser AöR 112 (1987), 215 (245); kritisch Engel AfP 1994, 185 (186 ff.). 1031 BVerfGE 12, 113 (125); 12, 205 (260); 31, 314 (325); 35, 202 (222); 57, 295 (319 f.); 83, 295 (296); Silbermann/Zahn, Massenmedien, S. 243; Giehl, Wettbewerb, S. 56; Libertus, Grundversorgungsauftrag und Funktionsgarantie, S. 9 f., 26; Neben, Personenberichterstattung, S. 116; Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 206; Kübler, Massenmedien, S. 32 f.; Schumacher, Programmauflagen, S. 21; Tettinger, in: Rundfunk und Fernsehen, S. 35 (37); Pohl, in: Das Persönlichkeitsrecht, S. 25 (28); Ebke/ Scheel, in: Rechtsprobleme, S. 57 (58); Koebel UFITA 38 (1962), 1 (9); Klein Der Staat 20 (1981), 177 (192); Koebel JZ 1966, 389 (389); Stammler ZUM 1995, 104 (107); Bethge AfP 1999, 309 (314 f.); Janisch AnwBl. 51 (2001), 22; Bamberger ZUM 2001, 373 (374); Bethge DÖV 2002, 673 (677); Gersdorf ZUM 2002, 106 (108). 1028

IV. Die Kommunikationsgrundrechte

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mehr erfüllt werden kann. Eine zu weit verstandene Freiheit des Rundfunks würde sich im Lichte der dienenden Funktion der Rundfunkfreiheit zu Gunsten der freien Meinungsbildung1032 geradezu als kontraproduktiv darstellen. Wenn Art. 5 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GG der freien Meinungsbildung wirklich und effektiv dienen soll, muss anerkannt werden, dass die Freiheit des Rundfunks schon von Verfassungs wegen eine Einschränkung erfahren muss. Der Staat wird deshalb objektiv-rechtlich verpflichtet, auf Grund der Sondersituation des Rundfunks1033 eine positive Ordnung zu schaffen, um auf diese Weise eine die freie Meinungsbildung ermöglichende und umfassende Informierung zu gewährleisten.1034 Teil dieser Ordnung sind Programmgrundsätze, wobei der Staat dem Gesagten entsprechend nicht nur zu deren Schaffung berechtigt, sondern aus Art. 5 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GG heraus sogar verpflichtet ist. Die Bedeutung dieser Erkenntnis liegt weniger in der Legitimation der landesrechtlichen Regelungen, als vielmehr darin, dass verfassungsrechtlich gebotene Mindestanforderungen an das Programm der Rundfunkanbieter existieren. Nur so wird dem Ziel der Rundfunkordnung, die Macht des Rundfunks rechtlich zu disziplinieren, entsprochen.1035 Da diese Überlegungen gleichermaßen auf privatrechtlich und öffentlich-rechtlich strukturierte Rundfunkanbieter zutreffen, ist hinsichtlich der Mindestanforderungen grundsätzlich nicht zwischen ihnen zu unterscheiden.1036 Indem die Anforderungen die Grundzüge des Rundfunkprogramms beschreiben, erfüllen sie zwei Funktionen. Einerseits wird eine Richtschnur für die redaktionelle Tätigkeit gegeben, und andererseits wird ein Maßstab für externe Programmkontrollen geboten.1037

1032

Vgl. G. IV. 1. Der Rundfunk ist geprägt von sachlichen Gegensätzlichkeiten. Diese resultieren aus seiner Breitenwirkung, Aktualität und Suggestivkraft. Folge davon ist eine erhöhte Chance der Eröffnung sozialer Machtsteigerung, die anderswo in dieser Stärke nicht vorkommt. Deren rechtliche Disziplinierung muss zentrale Aufgabe des Verfassungsstaates sein. [Vgl. zur Sonderstellung BVerfGE 12, 205 (261); 73, 118 (154 f.); 90, 60 (87); Giehl, Wettbewerb, S. 58 f.; Laschet, Programmgrundsätze, S. 116 ff.; Hain, Rundfunkfreiheit und Rundfunkordnung, S. 46 ff.; Pieroth/Schlink, Staatsrecht I, RN 577; Ipsen, Staatsrecht II, RN 429; Badura JA 1987, 180 (181 f.)]. 1034 BVerfGE 57, 295 (320); 73, 118 (152 f.); 74, 297 (324); 83, 238 (296); 90, 60 (88); Dreier I/Schulze-Fielitz, Art. 5 I, II RNn 232 ff.; Sachs/Bethge, Art. 5 RN 97; Jarass/Pieroth/Jarass, Art. 5 RN 42 ff.; Bethge, Rundfunkfreiheit und privater Rundfunk, S. 75; Laschet, Programmgrundsätze, S. 107 f.; Giehl, Wettbewerb, S. 58 f.; Paschke, Medienrecht, RNn 223 f.; Sachs, Verfassungsrecht II, B 5 RN 48; Pieroth/ Schlink, Staatsrecht I, RN 577; Pelny, in: Rechtsprobleme, S. 17 (19); Janik AfP 2002, 104 (105 f.); a. A. wohl Hain, Rundfunkfreiheit und Rundfunkordnung, S. 83 ff. 1035 Dreier I/Schulze-Fielitz, Art. 5 I, II RN 234. 1036 BVerfGE 73, 118 (157 f.); bestätigend 74, 297 (325 f.); ebenso Giehl, Wettbewerb, S. 57; Wenzel/Burkhardt, Wort- und Bildberichterstattung, Kap. 1 RN 43; Schumacher, Programmauflagen, S. 20; Ricker/Schiwy, Rundfunkverfassungsrecht, F RNn 30, 55; Pieroth/Schlink, Staatsrecht I, RNn 578 f.; Leidinger DVBl. 1989, 230 (233); Janik AfP 2002, 104 (106). 1033

360

G. Die Kriterien der Interessenabwägung

Die Grundlage der im folgenden Abschnitt näher darzustellenden Anforderungen ist damit der objektiv-rechtliche Gehalt der Rundfunkfreiheit.1038 Auf Grund der verfassungsrechtlichen Wurzeln in Art. 5 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GG sind die Programmgrundsätze als Anforderungen an den Rundfunk zulässig1039, auch dann, wenn sie nicht ausdrücklich kodifiziert sind.1040 Deutlich wird, wie wichtig es ist, die Ebenen der Ausgestaltung und des Eingriffs in eine Freiheit zu trennen. Während sich die Ausgestaltung der Rundfunkfreiheit allein im Rahmen des Art. 5 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GG abspielt, ist die Eingriffsproblematik Gegenstand des Art. 5 Abs. 2 GG. bb) Konkrete Anforderungen und deren Erfüllung Die folgenden Ausführungen sollen nicht dazu dienen, die bestehenden, kaum überschaubaren Programmgrundsätze vollständig und umfassend wiederzugeben.1041 Vielmehr sind nur die für die Gerichtsberichterstattungen und auch für die Publizierung der personenbezogenen Bild- und Tonaufnahmen wirklich relevanten Anforderungen herauszugreifen und für die Abwägung des § 176 GVG fruchtbar zu machen. Es sei noch einmal betont, dass es hier primär um die direkt aus der verfasssungsrechtlichen Rundfunkfreiheit ableitbaren (Mindest-) Anforderungen an den Rundfunk geht, nicht aber um solche des sonstigen Rechts. Der Inhalt der Anforderungen wird von der Bedeutung der Rundfunkfreiheit vorgegeben. Diese dient der freien Meinungsbildung.1042 Deshalb muss mit den Anforderungen sichergestellt werden, dass der Meinungsbildungsprozess in der 1037 Beucher/Leyendecker/von Rosenberg, Mediengesetze, § 41 RStV RN 2; Laschet, Programmgrundsätze, S. 28 f.; Schumacher, Programmauflagen, S. 98; Bosman ZUM 1989, 6 (7); auf die interne Kontrollmöglichkeit stellt Bosman, Rundfunkfreiheit und Programmgrundsätze, S. 20 ab. 1038 BVerfGE 57, 295 (319 f.); Laschet, Programmgrundsätze, S. 118; Leidinger DVBl. 1989, 230 (232); Bethge DÖV 2002, 673 (680 f.); wohl auch Pieroth/Schlink, Staatsrecht II, RN 581 und Ossenbühl DÖV 1977, 381 (387). 1039 Hier wird die Spannungslage zwischen subjektiv-rechtlichem und objektivrechtlichem Charakter der Rundfunkfreiheit vollends sichtbar. Einerseits muss der Staat aus der Verfassung heraus für die Möglichkeit der Aufgabenerfüllung Sorge tragen, andererseits aber gebietet die Rundfunkfreiheit gerade eine umfassende Staatsferne. [dazu Branahl, in: Medien-Ethik, S. 224 (240)] Dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechend muss die Rundfunkordnung deshalb auf Grundlinien, also auf tatsächlich erforderliche Mindestregelungen beschränkt bleiben. [BVerfGE 57, 295 (321, 324); Schumacher, Programmauflagen, S. 54 f.; Ricker/Schiwy, Rundfunkverfassungsrecht, F RN 32; Schmitt Glaeser AöR 112 (1987), 215 (246)]. 1040 BVerfGE 31, 314 (322) bezüglich der Presse Mallmann JZ 1966 625 (630); a. A. Lange FS-Löffler, S. 195 (204 ff.). 1041 Nach Laschet, Programmgrundsätze, S. 36 finden sich in der deutschen Medienlandschaft zirka 50 verschiedene Programmgrundsätze. 1042 Vgl. G. IV. 1.

IV. Die Kommunikationsgrundrechte

361

Bevölkerung effizient, frei und staatsfern gefördert wird. Konkreter formuliert bedeutet dies zunächst die Pflicht der Rundfunkanbieter, möglichst umfassend, sachgemäß, breit und wahrheitsgemäß und unter gegenseitiger Achtung zu informieren.1043 Diese Anforderungen werden gelegentlich unter der Bezeichnung „Medien-Ethik“1044 geführt. Allerdings ist dieser Begriff missverständlich, bringt er doch nicht zum Ausdruck, dass es um rechtlich begründete und verbindliche Anforderungen geht. Die hier angesprochene Problematik wird in den rechtswissenschaftlichen Abhandlungen häufig unter der Bezeichnung publizistischer, journalistischer beziehungsweise medienspezifischer Sorgfalt diskutiert.1045 Den publizierenden Institutionen obliegt es, Mindeststandards einzuhalten, deren Maßstab nicht irgend eine Pflicht oder Sorgfalt ist, sondern die rundfunktypische Sorgfalt. Damit ist klargestellt, dass es hier um eine eigenständige Materie geht. Demzufolge kann denen nicht zugestimmt werden, die der Terminologie der „Sorgfaltspflichten“ vorwerfen, sie würde mehr Verwirrung stiften denn zur Klärung beitragen.1046 Neben den angeführten Pflichten wird aber auch an Vielfalt, interne Abwägungen und Gewährung von Stellungnahmen zu denken sein. Für das Fortkommen der mit dieser Arbeit verfolgten Zielstellung ist vor allem bedeutsam, inwiefern die Rundfunkanbieter die einzelnen Anforderungen erfüllen beziehungsweise einhalten. Es sind also das verfassungsrechtlich verwurzelte Idealbild und die Rundfunkrealität zu vergleichen. Letztere ist damit ein wichtiger Faktor für die Bewertung der Rundfunkfreiheit.

1043 BVerfGE 14, 121 (136); 57, 295 (320); 63, 131 (143); 73, 118 (152 f.); 74, 297 (324); 83, 238 (296); BVerfG JZ 1995, 295 (296); Dreier I/Schulze-Fielitz, Art. 5 I, II RN 235; Jarass/Pieroth/Jarass, Art. 5 RNn 5, 26, 35, 37, 46; Stein/Frank, Staatsrecht, S. 305 f.; Krüger, Massenmedien, S. 13; Bethge, Rundfunkfreiheit und privater Rundfunk, S. 74; Giehl, Wettbewerb, S. 57; Bosman, Rundfunkfreiheit und Programmgrundsätze, S. 33; Schumacher, Programmauflagen, S. 2, 4 f.; Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 38; Badura, in: Rundfunk und Fernsehen, S. 35 (36, 41); Klein Der Staat 20 (1981), 177 (178); Leidinger DVBl. 1989, 230 (232). 1044 So zum Beispiel Schönbach, in: Medien-Ethik, S. 97 (97 ff.); Saxer, in: Medien-Ethik, S. 104 (104 ff.); Ruß-Mohl/Seewald, in: Medien-Ethik, S. 22 (22 ff.); Renckstorf, in: Medien-Ethik, S. 129 (129 ff.); Hasler, in: Medien-Ethik, S. 214 (214); Künzli, in: Medien-Ethik, S. 280 (281); Hartmann FS-Göppinger, S. 579 (589); Leidinger DVBl. 1989, 230 (234). 1045 Vgl. nur Helle, Schutz der Persönlichkeit, S. 172; Ahrens, Persönlichkeitsrecht, RN 70; Prinz/Peters, Medienrecht, RN 275; Herrmann, Rundfunkrecht, § 23 RN 54; Bullinger FS-50 Jahre BVerfG II, S. 193 (212); Hassemer, in: Einfluss der Medien, S. 61 (71); Schippan ZUM 1996, 398 (399); Neuling HRRS 2006, 94 (98); bezüglich der Presse Erman/Ehmann, Anh § 12 RN 367; Mallmann JZ 1966 625 (630); Soehring/Seelmann-Eggebert NJW 2005, 571 (575); Fechner/Popp AfP 2006, 213 (214). 1046 So zum Beispiel Herrmann, Fernsehen und Hörfunk, S. 57 f.

362

G. Die Kriterien der Interessenabwägung

(1) Wahrheit Weniger auf die Bild- und Tonaufnahmen als auf die eigentlichen Gerichtsberichterstattungen bezogen, ist das Wahrheitsgebot1047 die wohl wichtigste Anforderung an die Rundfunkanbieter. Seine Bedeutung erlangt dieses Gebot daraus, dass eine öffentliche Meinung sich nur dann richtig bilden kann, wenn die zu Grunde liegenden Informationen auch wahr sind.1048 Die so zur medienrechtlichen Sorgfalt zählende Wahrheitspflicht stellt bei genauerer Betrachtung das Korrelat zum Schutz der Rechtsgüter derjenigen dar, die durch die Berichterstattungen betroffen sind.1049 Die größte Sicherheit würde erreicht, wenn die Rundfunkanbieter auf eine umfassende und objektiv zu verstehende Wahrheit verpflichtet wären.1050 Die Persönlichkeitsrechte wären dann, da nur tatsächlich wahre Beiträge veröffentlicht werden dürften, vor unwahren Gerichtsberichterstattungen weitreichend geschützt.1051 So wünschenswert dies auch ist, kann der Wahrheitsbegriff nicht rein objektiv verstanden werden. Schon der Versuch, die objektive Wahrheit zu finden, ist auf Grund zahlreicher subjektiv verzerrender Einflüsse zum Scheitern verurteilt. Zudem verfügen die Rundfunkanbieter nur über begrenzte sachliche Mittel, die häufig nicht ausreichen, um unklare Umstände vollständig aufzuklären.1052 Schließlich verträgt sich die Verpflichtung zur aktuellen und schnellen Berichterstattung nur bedingt mit einer umfassenden Recherchepflicht, wie sie einem objektiven Wahrheitsbegriff entspräche. Daher muss in den anzulegenden Maßstab einbezogen werden, was den Rundfunkanbietern möglich und zumutbar ist. Gefordert werden kann daher nur, die Rezipienten möglichst wahr und zutreffend zu unterrichten.1053 Da es somit auf die Sicht der Rundfunkanbieter

1047 Vgl. nur Art. 5 Abs. 2 BayMedG; § 3 Abs. 3 LMedG BW; § 19 Abs. 3 LMedG HB; § 13 Abs. 2 HPRG; § 23 Abs. 2 LRG MV; § 32 Abs. 5 LMedG NRW; § 31 Abs. 3 LRG RP; § 13 Abs. 1 SPRG; § 13 Abs. 5, 6 MedG LSA; § 25 Abs. 1, 3 LRG SH; § 13 Abs. 2 TRG; § 10 Abs. 1 S. 3 RStV; vgl. auch Lampe NJW 1973, 217 (220); zu den unterschiedlichen landesgesetzlichen Ausprägungen Laschet, Programmgrundsätze, S. 37 f.; Bethge UFITA 95 (1983), 251 (264); ferner LG Ansbach NJWRR 1997, 978 (979); Branahl, in: Medien-Ethik, S. 224 (233); Lampe NJW 1973, 217 (220); Bosmann ZUM 1989, 6 (9). 1048 BVerfGE 12, 113 (130); Helle, Schutz der Persönlichkeit, S. 160; Schippan ZUM 1996, 398 (399). 1049 Für die Pressefreiheit BVerfGE 12, 113 (130); Paschke, Medienrecht, RN 344; allgemeiner Hünig, Schutz des Beschuldigten, S. 51; Löffler NJW 1965, 942 (943). 1050 In diese Richtung Kriele NJW 1994, 1897 (1902 f.), der für sehr strenge Maßstäbe plädiert. 1051 Vgl. Paschke, Medienrecht, RN 345. 1052 Erman/Ehmann, Anh § 12 RN 367; Soehring, Das Recht der journalistischen Praxis, RNn 2.9, 13.75; Helle, Schutz der Persönlichkeit, S. 172; Bosman, Rundfunkfreiheit und Programmgrundsätze, S. 98; Prinz/Peters, Medienrecht, RN 275; Löffler NJW 1965, 942 (943); Schippan ZUM 1996, 398 (403).

IV. Die Kommunikationsgrundrechte

363

ankommt, ist ein subjektiver Wahrheitsbegriff zu verwenden.1054 Die Rundfunkanbieter sind nicht auf die objektive Wahrheit verpflichtet, sondern auf das redliche Bemühen um sie.1055 Es besteht die Pflicht, sich um eine vollständige Ermittlung des Sachverhalts zu bemühen und das Ermittelte entsprechend darzustellen. Dies ist letztlich nichts anderes als eine umfassende Recherchepflicht.1056 Diesbezüglich ist zu verlangen, dass mit der gebotenen Sorgfalt vorgegangen wird, wobei ein medienspezifischer Maßstab anzulegen ist.1057 So wird auch im Hinblick auf Gerichtsberichterstattungen vermieden, dass unnötig Unwahrheiten veröffentlicht werden, die dann zu mitunter verheerenden medialen Breitenwirkungen führen können. Unabhängig vom Verständnis der medienspezifischen Sorgfalt dürfen die Anforderungen an die Prüfungspflicht des Wahrheitsgehaltes nicht zu niedrig angesetzt werden.1058 Allerdings gilt es zwei Besonderheiten zu beachten. Während der Grad der Prüfungspflicht mit zunehmender Seriösität der Quellen sinkt1059, 1053 BVerfGE 12, 113 (130); Beucher/Leyendecker/von Rosenberg, Mediengesetze, § 41 RStV RN 30; Herrmann, Fernsehen und Hörfunk, S. 57 f.; Bosman, Rundfunkfreiheit und Programmgrundsätze, S. 97; Löffler NJW 1965, 942 (943). 1054 Laschet, Programmgrundsätze, S. 127; Thieme DÖV 1980, 149(151); Bosman ZUM 1989, 6 (9); Schippan ZUM 1996, 398 (402). 1055 Unklar insoweit Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 472; Bussmann UFITA 40 (1963), 21 (32 ff.); Eberle CR 1996, 193 (194); Schippan ZUM 1996, 398 (398); Peters NJW 1997, 1334 (1336). 1056 BVerfGE 12, 113 (130); OLG Köln NJW-RR 1998, 1175 (1178 f.); OLG Hamburg NJW-RR, 90 (91); LG Ansbach NJW 1979, 978 (979); Erman/Ehmann, Anh § 12 RN 367; Hartstein/Ring/Kreile/Dörr/Stettner, RStV, § 23 RN 23; Beucher/ Leyendecker/von Rosenberg, Mediengesetze, § 41 RStV RN 31, § 7 MDStV RN 6; Paschke, Medienrecht, RN 346; Laschet, Programmgrundsätze, S. 125; Wasserburg, Recht der Medien, S. 175; Ahrens, Persönlichkeitsrecht, RNn 70 f.; Soehring, Das Recht der journalistischen Praxis, RNn 2.10 f.; Herrmann, Rundfunkrecht, § 20 RN 15, § 22 RN 89; Helle, Schutz der Persönlichkeit, S. 172; Bosman, Rundfunkfreiheit und Programmgrundsätze, S. 99, 105; Badura, in: Rundfunk und Fernsehen, S. 35 (43); Tettinger, in: Rundfunk und Fernsehen, S. 62 (75); Spinner, in: Medien-Ethik, S. 148 (159); Buchwald, in: Medien-Ethik, S. 178 (183); Haller, in: Medien-Ethik, S. 196 (206 f.); Hasler, in: Medien-Ethik, S. 212 (218); Branahl, in: Medien-Ethik, S. 224 (233); Löffler NJW 1965, 942 (942); Ossenbühl JZ 1995, 633 (636); Hager AcP 196 (1996), 168 (194 f.); Schippan ZUM 1996, 398 (401); Peters NJW 1997, 1334 (1336); bezüglich der Presse Thieme DÖV 1980, 149(151); Mallmann JZ 1966 625 (631); andeutend Hartmann FS-Göppinger, S. 579 (589); Soehring/Seelmann-Eggebert NJW 2005, 571 (580); vgl. auch § 7 Abs. 2 S. 2 MDStV. 1057 Vgl. dazu Hassemer, in: Einfluss der Medien, S. 61 (71); Schippan ZUM 1996, 398 (401). 1058 BGH NJW 1966, 1617 (1619); Kriele NJW 1994, 1897 (1902 f.); Schippan ZUM 1996, 398 (401); fraglich ist, was Ossenbühl ZUM 1999, 505 (507) meint, wenn er feststellt: „Deshalb dürfen auch an die Wahrheitspflicht der Journalisten keine hohen Anforderungen gestellt werden . . .“. 1059 OLG Stuttgart AfP 1990, 145 (147); LG München AfP 1975, 758 (759); Erman/Ehmann, Anh § 12 RN 368; Prinz/Peters, Medienrecht, RN 280; Paschke, Medienrecht, RN 347; Herrmann, Rundfunkrecht, § 22 RNn 90 f.; Löffler NJW 1965,

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G. Die Kriterien der Interessenabwägung

steigt dieser in direkter Relation zu der Intensität des potentiellen Eingriffs der Berichterstattung und der dort verwandten Aufnahmen in die Rechte Dritter.1060 Beide Aspekte neutralisieren sich gegenseitig, wenn es um Gerichtsberichterstattungen geht. Erstens nämlich wird ein Großteil der in den Gerichtsberichterstattungen vermittelten Informationen, wie zum Beispiel Tatvorwurf, Stand der Ermittlungen und persönliche Daten der Verfahrensbeteiligten, von den inzwischen fest etablierten und als seriöse Quellen einzuschätzenden Justizpressestellen an die Rundfunkanbieter ausgegeben. Zweitens erleben die für den Rundfunk tätig werdenden Personen das Sitzungsgeschehen, über das berichtet wird, unmittelbar mit, was eine diesbezügliche Recherche entbehrlich macht. In die entgegengesetzte Richtung muss dann aber beachtet werden, dass die verwandten Bild- und Tonaufnahmen einen Verlust der Anonymität bewirken, der in Verbindung mit der hier maßgebenden Berichterstattung zu massiven Persönlichkeitsrechtsbeeinträchtigungen führen kann.1061 Dies spricht für sich genommen für eine erhöhte Recherchepflicht, insbesondere wenn es um Angeklagte und Verurteilte geht. Dem kann nicht entgegengehalten werden, dass der vermeintliche Zwang zur unbedingten Aktualität der Berichte1062 niedrigere Sorgfaltspflichten begründe.1063 Denn „. . . Aktualität . . . (darf) nicht auf Kosten der Qualität gehen . . .“1064. Zwar ist der Grad der Recherchepflicht demnach erhöht, jedoch wird dies durch die beiden anderen Aspekte wieder relativiert. Aus diesem Grund ist die Recherchepflicht im Hinblick auf die Gerichtsberichterstattung weder besonders hoch, noch besonders niedrig. In aller Regel, das muss den Rundfunkanbietern zugestanden werden, wird die ihnen obliegende Wahrheitspflicht im Hinblick auf die Rechercheverpflichtung bezüglich Strafgerichtsberichterstattungen erfüllt.1065 Diesbezüglich kann daher kein Vorwurf erhoben werden.

942 (944); Hager AcP 196 (1996), 168 (197); Schippan ZUM 1996, 398 (403); Peters NJW 1997, 1334 (1336 f.); Soehring/Seelmann-Eggebert NJW 2005, 571 (575). 1060 BVerfGE 12,113 (130); BGHZ 31, 308 (312); BGH NJW 1960, 476 (477 f.); BGH GRUR 1969, 147 (151); BGH AfP 1988, 34 (35); OLG Brandenburg NJW 1995, 886 (888); OLG Hamburg NJW-RR 1996, 90 (91); LG Berlin AfP 1994, 324 (325); AG Mainz AfP 1993, 784 (787); Hartstein/Ring/Kreile/Dörr/Stettner, RStV, § 23 RNn 23, 15; Ahrens, Persönlichkeitsrecht, RN 70; Fechner, Medienrecht, RN 240; Beucher/Leyendecker/von Rosenberg, Mediengesetze, § 41 RStV RN 31; Soehring, Das Recht der journalistischen Praxis, RNn 2.16; Paschke, Medienrecht, RN 348; Prinz/Peters, Medienrecht, RN 277; Löffler NJW 1965, 942 (943); Ossenbühl JZ 1995, 633 (636); Hager AcP 196 (1996), 168 (195); Schippan ZUM 1996, 398 (402); Peters NJW 1997, 1334 (1336). 1061 Vgl. dazu G. I. 2. 1062 Herrmann, Rundfunkrecht, § 23 RN 54 spricht von einem regelrechten „. . . Aktualitätswahn . . .“. 1063 So aber BVerfGE 12, 113 (130); BGH GRUR 1990, 1012 (1014); Paschke, Medienrecht, RN 349. 1064 Herrmann, Rundfunkrecht, § 22 RN 94.

IV. Die Kommunikationsgrundrechte

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Jedoch beschränkt sich das Wahrheitsgebot nicht nur auf eine Rechercheverpflichtung. Weitergehend wird verlangt, dass Unwahrheiten weder vorsätzlich, noch fahrlässig verbreitet werden. Es ist daher Ausfluss der Wahrheitspflicht, die Angeklagten auch als solche darzustellen. Werden sie, wie es gelegentlich der Fall ist, als Täter dargestellt, oder gar als solche bezeichnet, wird eine unwahre Tatsache verbreitet. Hier hinein spielt auch die oben begründete mittelbare Drittwirkung der Unschuldsvermutung.1066 Die Rundfunkanbieter sind hieraus verpflichtet, alles zu unterlassen, was die Unschuldsvermutung aushöhlt, missachtet oder verletzt.1067 Rundfunk und Massenmedien im Generellen halten diese Anforderungen überwiegend ein, bewegen sich allerdings oft im Grenzbereich vom Zulässigen zum Unzulässigen. Der Wahrheitspflicht, dies gilt es im Ergebnis festzuhalten, wird hinsichtlich Strafgerichtsberichterstattungen überwiegend Folge geleistet. (2) Vielfalt und Ausgewogenheit Damit der Zweck der Rundfunkfreiheit, einen weitreichenden Kommunikationsprozess zu ermöglichen, erfüllt wird, muss der Rundfunk eine ausreichende Meinungsvielfalt1068 darbieten.1069 Die notwendige Meinungsvielfalt zu sichern, ist Inhalt eines weiteren Programmgrundsatzes, welcher eine an die Rundfunkanbieter gerichtete verfassungsrechtliche Grundanforderung ist.1070 Bezieht man dieses Vielfaltsgebot1071 auf die darzustellenden Meinungen, so wird schnell deutlich, dass es auf die Gerichtsberichterstattungen nicht passt. Denn die objektive Darstellung des Gerichtsgeschehens kann keine Meinungsvielfalt ausdrücken. Dies ist jedoch unschädlich, wenn man auf die Grundlage der Meinungsvielfalt abstellt, die Informationen. Auch die informationsbezogene Seite von Viel1065 Saxer, in: Medien-Ethik, S. 104 (125) stellt hinsichtlich der Erfüllung der Recherchepflicht allerdings kritisch fest, dass manche Journalisten „. . . den Rechercheaufwand gemäß persönlichen Sympathien und Antipathien . . .“ dosieren. 1066 Vgl. G. II. 1. b). 1067 So auch Reiß, Berichterstattung, S. 72; Hübner-Raddatz, Fernsehöffentlichkeit, S. 161 und Reifenrath FS-Wassermann, S. 489 (495); letztlich wohl auch Riklin/Höpfel, in: AE-StuM, S. 53 (53). 1068 Vgl. Paschke, Medienrecht, RN 352; Schmitt Glaeser AöR 112 (1987), 215 (244 ff.); Janik AfP 2002, 104 (106 ff.). 1069 Paschke, Medienrecht, RN 352; Laschet, Programmgrundsätze, S. 135; Leidinger DVBl. 1989, 230 (234). 1070 BVerfGE 73, 118 (160); Brugger, Rundfunkfreiheit, S. 39; Herrmann, Rundfunkrecht, § 23 RNn 6 ff.; Giehl, Wettbewerb, S. 57; Bosman, Rundfunkfreiheit und Programmgrundsätze, S. 84 f.; Badura, in: Rundfunk und Fernsehen, S. 35 (36); Branahl, in: Medien-Ethik, S. 224 (233); Janik AfP 2002, 104 (104). 1071 Vgl. zum Beispiel § 13 Abs. 4 HPRFG; § 16 NMedG; § 32 Abs. 4 LMedG NRW; § 16 SMedG; § 13 Abs. 4 MedG LSA.

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G. Die Kriterien der Interessenabwägung

falt muss in das verfassungsrechtliche Vielfaltsgebot integriert werden. Eine an den Rundfunk zu richtende Forderung ist deshalb auch, ein vielfältiges Informationsangebot zu schaffen, wobei Vielfalt an Informationen im Wesentlichen umfassende Informationen bedeutet.1072 Janik spricht diesbezüglich von einem Gebot der „. . . maßstabsgetreuen medialen Präsentation“ . . .“1073 und das Bundesverfassungsgericht1074 von einem Gebot inhaltlicher Ausgewogenheit.1075 Inhaltliche Unterschiede bestehen trotz der verschiedenen Formulierungen nicht.1076 Um an der einprägsamen Formulierung Janiks zu bleiben, haben die Rundfunkanbieter in Bezug auf die Gerichtsberichterstattungen die Pflicht, ein umfassendes Bild der deutschen Wirklichkeit zu vermitteln.1077 Streng genommen bedeutet dies, dass über alle fünf Fachgerichtsbarkeiten und die Bundesverfassungsgerichtsbarkeit in einem ausgewogenen Verhältnis berichtet werden müsste. Im Hinblick auf die hier interessierenden Strafverfahren müssten die Rundfunkanbieter über Verfahren aus allen Kriminalitätsbereichen berichten. Bereits daran wird deutlich, dass eine vollkommene Ausgewogenheit für die Rundfunkanbieter weder erreichbar, noch zumutbar ist. Die durch Art. 5 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GG gewährte Programmfreiheit muss hier Beachtung finden. Sie erlaubt es den Rundfunkanbietern Schwerpunkte zu setzen und sich auch nach den Bedürfnissen der Rezipienten zu richten. Gefordert werden kann daher nur, dass sich die Anbieter im Rahmen des ihnen Möglichen und Zumutbaren um eine höchstmögliche Ausgewogenheit bemühen.1078 Erforderlich ist von Verfassungs wegen also nur ein Mindestmaß1079 an Ausgewogenheit.1080 Ein Blick in 1072 BVerfGE 73, 118 (158 f.); Dreier I/Schulze-Fielitz, Art. 5 I, II RN 237; Libertus, Grundversorgungsauftrag und Funktionsgarantie, S. 5; Hesse, Rundfunkrecht, 4. Kap. RN 6; Gersdorf ZUM 2002, 106 (108). 1073 Janik AfP 2002, 104 (105). 1074 BVerfGE 12, 205 (263); 57, 295 (325). 1075 So auch BK/Degenhart, Art. 5 Abs. 1 und 2 RNn 817, 859; Bornkamm, Pressefreiheit und Fairneß, S. 262; Bosman, Rundfunkfreiheit und Programmgrundsätze, S. 33, 79 ff.; Lange FS-Löffler, S. 195 (196); Bullinger FS-50 Jahre BVerfG II, S. 193 (211); Ossenbühl DÖV 1977, 381 (386 f.); Ricker NJW 1990, 2097 (2098); Eberle CR 1996, 193 (194); siehe auch die landesrechtlichen Regelungen nach Laschet, Programmgrundsätze, S. 38 ff., 139. 1076 So wohl auch Laschet, Programmgrundsätze, S. 39, 131, 133, der Vielfalt als ein Wesensmerkmal von Ausgewogenheit bezeichnet (S. 133); ferner auch Giehl, Wettbewerb, S. 57, der von einer ausgewogenen Vielfalt spricht. 1077 So in abstrakter Form § 2 Abs. 1 ZDF-Staatsvertrag. 1078 Das aber bedeutet nicht, dass es die Rundfunkanbieter mit der Ausgewogenheit nicht so genau nehmen müssten. So aber anscheinend Lange FS-Löffler, S. 195 (202). 1079 Vgl. Bethge AfP 1979, 286 (286); dagegen Bosman, Rundfunkfreiheit und Programmgrundsätze, S. 91 f. 1080 BVerfGE 12, 205 (263); 57, 295 (325); Laschet, Programmgrundsätze, S. 136 f.; Bosman, Rundfunkfreiheit und Programmgrundsätze, S. 91; Schmitt Glaeser AöR 112 (1987), 215 (245).

IV. Die Kommunikationsgrundrechte

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die Praxis zeigt, dass weit überwiegend über Strafverfahren berichtet wird, wobei die Gewaltkriminalität deutlich überrepräsentiert ist.1081 Strafverfahren aber sind nur ein Teil aller gerichtlichen Verfahren.1082 Zudem hat die Gewaltkriminalität keine derart dominierende Rolle inne. Insofern kann von einem umfassenden Bild der Gerichtswirklichkeit keine Rede sein. Zu fragen ist deshalb, ob im Hinblick auf Gerichtsberichterstattungen nicht wenigstens das Mindestmaß an inhaltlicher Ausgewogenheit erfüllt ist. Will man diese Frage beantworten, muss auch der Unterschied zwischen den öffentlich-rechtlichen und den privatrechtlichen Rundfunkanbietern beachtet werden. Die Finanzierung letzterer ist im Gegensatz zu den öffentlich-rechtlich strukturierten Anbietern nahezu ausschließlich von den quotengebundenen Werbeeinnahmen abhängig. Daher wirft das Erfordernis einer Informationsvielfalt gerade im Hinblick auf die privaten Rundfunkanbieter Probleme auf. Die Verantwortlichen müssen sich nämlich mehr oder weniger zwangsläufig1083 an den Interessen des Publikums ausrichten.1084 Über Strafverfahren wird berichtet, weil diese sensationell und unterhaltsam sind1085, was dem Geschmack der Zuschauer und Zuhörer entspricht. Schulze-Fielitz spricht insofern von einem „. . . Konkurrenzkampf um Sensationen . . .“.1086 Eine Vielfalt kann sich daher, wollen doch sämtliche Anbieter so viele Zuschauer und Zuhörer wie möglich erreichen, kaum bilden. Auch das Bundesverfassungsgericht1087 stellt dies fest. Es führt aus, dass auf Grund der bestehenden Schwierigkeiten, namentlich Frequenzknappheit, ökonomische Hürden und Missbrauchsgefahr, von einem vielfältigen Idealzustand auf dem Gebiet des privaten Rundfunks nicht ausgegangen werden könne. Nunmehr dürfte das Argument der Frequenzknappheit des technischen Fortschritts wegen zwar ad acta gelegt sein1088, die anderen beiden 1081

Siehe C. II. 4. Dies belegt bereits der Vergleich zwischen gerichtlichen Zivil- und Strafverfahren. Kamen den Zivilgerichten 2002 in erster Instanz 1.856.508 neue Verfahren zu, waren es bei den erstinstanzlich zuständigen Strafgerichten nur 870.671. (Quelle: http://www.destatis.de/basis/d/recht/rechts1.php) Auf alle gerichtlichen Verfahren bezogen, entfielen von den 2001 durch Urteil beziehungsweise Entscheidung abgeschlossenen 1.632.159 gerichtlichen erstinstanzlichen Verfahren vor den Fachgerichten gerade 396.708 erstinstanzliche Urteile auf die Strafgerichte. Vgl. Statistisches Bundesamt, Gerichtsentwicklung bei Gerichten und Staatsanwaltschaften, S. 5 ff. 1083 Das stellen auch BVerfGE 87, 181 (199); Jarass/Pieroth/Jarass, Art. 5 RN 42 ff. fest. 1084 Neben, Personenberichterstattung, S. 75, 94; Di Fabio AfP 1999, 126 (127). 1085 Gerasch, Prozesswirklichkeit, S. 16; Lippe, in: Justiz und Medien, S. 127 (127); Kerscher DRiZ 1983, 439 (442); Caesar Recht und Politik 32 (1996), 144 (144). 1086 Dreier I/Schulze-Fielitz, Art. 5 I, II RN 50. 1087 BVerfGE 53, 118 (154); 74, 118 (121 ff., 154 ff.); 83, 238 (298); 90, 60 (87). 1088 Vgl. dazu Dreier I/Schulze-Fielitz, Art. 5 I, II RN 55; Scholz AfP 1995, 357 (358). 1082

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G. Die Kriterien der Interessenabwägung

Aspekte aber sind nach wie vor durchgreifend. Deshalb verwundert es nicht, dass nennenswerte Unterschiede zwischen den Strafgerichtsberichterstattungen der einzelnen Rundfunkanbieter nicht bestehen. Der Situation des privatrechtlichen Rundfunks entsprechend, kann eine Vielfalt vom privaten Rundfunk nicht erwartet werden.1089 Einschränkungen müssen1090 aber nur solange gemacht werden, wie der öffentlich-rechtliche Rundfunk seiner Grundversorgungsaufgabe hinsichtlich dem Vielfaltsgebot nachkommt.1091 Nur dann ist die aktuelle Rundfunksituation nicht kritikbedürftig. Hieraus wird deutlich, dass die Anforderungen an die öffentlich-rechtlichen Anbieter zunächst höher anzusetzen sind. Aus diesem Grund, und weil sich die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten nur zu einem Teil aus Werbeeinnahemen finanzieren1092, wäre eine höhere Vielfalt auch der Gerichtsberichterstattungen zu erwarten. Die Wirklichkeit entspricht dem jedoch nicht. Auch im öffentlich-rechtlichen Sektor dominieren die Strafgerichtsberichterstattungen, wobei der Schwerpunkt ebenfalls auf der Gewaltkriminalität liegt. Von einer Vielfalt im Sinne einer auch nur halbwegs maßstabsgetreuen Wiedergabe der Realität kann keine Rede sein. Daher sind die angesprochenen Einschränkungen für den privatrechtlichen Rundfunk zu relativieren.1093 Als Ergebnis muss insofern festgestellt werden, dass die Rundfunkanbieter weder einzeln noch in ihrer Gesamtheit, dem Vielfaltsgebot in puncto (Straf-) Gerichtsberichterstattungen ausreichend nachkommen1094. Rüping1095 stellt zutreffend fest, dass die Medien insgesamt weit davon entfernt sind, ein umfassen1089

So BVerfGE 74, 297 (325). So wohl auch Kull AfP 1991, 716 (717); Niewiarra ZUM 1991, 351 (352 f.); a. A. ausdrücklich Dreier I/Schulze-Fielitz, Art. 5 I, II RN 269, der keine Pflicht, sondern nur die Möglichkeit bejaht; ebenso Laschet, Programmgrundsätze, S. 147 ff. Wenn durch die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten für eine ausreichende Vielfalt gesorgt wird, ist kein Grund ersichtlich, warum hinsichtlich der privaten Anbieter an den auf Grund des Quotenwettbewerbs kaum zu erfüllenden Anforderungen festgehalten werden soll. Ist die Vielfalt erreicht, kann mit dem Ziel der Erreichung nur schwerlich argumentiert werden. Deshalb müssen bei gewährleisteter Vielfalt die Anforderungen an die privaten Rundfunkanbieter heruntergeschraubt werden. Diese Sichtweise ist ein angemessener Kompromiss zwischen unbedingt notwendiger Meinungsund Informationsvielfalt und wirtschaftlicher Situation der ausschließlich werbefinanzierten Rundfunkunternehmen. 1091 So BVerfGE 73, 118 (158 f.); 74, 297 (324 f.); 83, 238 (297); 87, 181 (199); Sachs/Bethge, Art. 5 RN 111; Dreier I/Schulze-Fielitz, Art. 5 I, II RN 237; Jarass/ Pieroth/Jarass, Art. 5 RN 42 ff.; Brugger, Rundfunkfreiheit, S. 45; Herrmann, Rundfunkrecht, § 23 RN 21; Stein/Frank, Staatsrecht, S. 305 f.; Bartel, Fernsehnachrichten im Wettbewerb, S. 39. 1092 Vgl. C. II. 5. a) bb). 1093 So auch Janik AfP 2002, 104 (114). 1094 Hierbei geht es, da es schon an der Grundversorgung mangelt, um mehr als nur die Gefahr einseitiger Berichterstattungen (so Bleckmann, Staatsrecht II, § 26 RN 81). 1095 Rüping FS-Dünnebier, S. 391 (396). 1090

IV. Die Kommunikationsgrundrechte

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des Bild der deutschen Wirklichkeit zu vermitteln. Der entsprechende Programmgrundsatz wird somit nicht erfüllt.1096 Beachtlich ist diesbezüglich, dass selbst das sonst eher Zurückhaltung wahrende Bundesverfassungsgericht im Rahmen seiner „n-tv-Entscheidung“1097 ausdrücklich festgestellt hat, dass von einer wirklichkeitsgetreuen Abbildung gerichtlicher Verhandlungen durch die den ökonomischen Zwängen ausgesetzten Massenmedien nicht ausgegangen werden kann.1098 Die mangelnde Vielfalt in den medialen Darstellungen spiegelt sich auf der Seite des Publikums wieder. Hier ist nicht etwa ein Zuwenig, sondern ein Zuviel an Übereinstimmung festzustellen, welches das Bild der öffentlichen Meinung an der Oberfläche prägt.1099 Oberfläche deshalb, weil die verborgenen Probleme und Dissensen gar nicht gesucht, geschweige denn gefunden werden. (3) Vollständigkeit des Dargestellten Nicht mehr auf die Gesamtheit der (Straf-)Gerichtsberichterstattungen, sondern auf jede einzelne bezogen, ist der Programmgrundsatz der Vollständigkeit.1100 Diesem zufolge muss eine umfassende Informierung stattfinden.1101 In Überschneidung mit den Verpflichtungen zur Wahrheit und Vielfalt statuiert so auch das Vollständigkeitsgebot die Pflicht des Rundfunks, ein Abbild der Wirklichkeit zu vermitteln.1102 Da auch hier die Notwendigkeiten aktueller Berichterstattungen und die begrenzte Sendezeit beachtet werden müssen, kann nur ein Mindestmaß an Vollständigkeit verlangt werden. Wiederum ist daher kein objektives, sondern ein subjektives Begriffsverständnis an den Tag zu legen. Somit führt auch dieser Programmgrundsatz zur Recherchepflicht, welche den erforderlichen Grad an Vollständigkeit sicherstellen soll. Maßstab ist dabei das den Anbietern Mögliche und Zumutbare.1103 Hinsichtlich der Anforderungen an 1096 Zu den Gefahren für die Vielfalt auf Grund der aktuellen digitalen Kanalvermehrung Eberle CR 1996, 193 (194 ff.). 1097 BVerfGE 103, 44 (67) = ZUM 2001, 220 (226). 1098 „. . . Insbesondere der wirtschaftliche Wettbewerb und das publizistische Bemühen um die immer schwerer zu gewinnende Aufmerksamkeit der Zuschauer führen häufig zu wirklichkeitsverzerrenden Darstellungsweisen, etwa zu der Bevorzugung des Sensationellen, und zu dem Bemühen, dem Berichterstattungsgegenstand nur das besondere, etwas Skandalöses, zu entnehmen . . .“ [BVerfGE 103, 44 (67) = ZUM 2001, 220 (226 f.)]. 1099 So Krüger, Massenmedien, S. 21, der diesen Zustand ohne einen Vorwurf zu machen, als „. . . beunruhigend . . .“ einstuft. 1100 Zum Beispiel § 13 Abs. 4 HPRG, § 31 Abs. 1 S. 2 LMed NRW, § 15 Abs. 1 S. 1 SMG, § 2 Abs. 2 S. 2 und 3 SPRG; vgl. zu den landesrechtlich unterschiedlichen Ausprägungen Laschet, Programmgrundsätze, S. 40. 1101 BVerfGE 73, 118 (155); BK/Degenhart, Art. 5 Abs. 1 und 2 RN 822; Laschet, Programmgrundsätze, S. 144; Giehl, Wettbewerb, S. 57. 1102 Rüping FS-Dünnebier, S. 391 (396).

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G. Die Kriterien der Interessenabwägung

die Vollständigkeit bestehen keine nennenswerten Unterschiede zwischen privatrechtlichen und öffentlich-rechtlichen Rundfunkanbietern.1104 Das Vollständigkeitsgebot ist Konsequenz des umfassenden Informationsauftrages der Rundfunkanbieter.1105 Dieser verbietet es insbesondere, im Rahmen einer Informationssendung relevante Sachverhalte und Tatsachen wegzulassen oder hinzuzudichten.1106 Vor dem Hintergrund der begrenzten Sendezeit, die den Anbietern zur Verfügung steht, ist vor allem ersteres von Relevanz. Ist Informationsmaterial bekannt oder einfach zu erreichen, muss, um dem Gebot Genüge zu tun, darauf hingewiesen werden. Für den Bereich der Strafgerichtsberichterstattungen ist dies in zweierlei Hinsicht von Bedeutung. Zum einen müssen die Rundfunkanbieter dem Vollständigkeitsgebot entsprechend1107 bei Gerichtsberichterstattungen über Strafverfahren neben dem belastenden Material auch das entlastende Material vortragen.1108 Auch wenn die Rundfunkanbieter es unterlassen, Umstände zu veröffentlichen, die gegen den unterschwellig vermittelten Verdacht sprechen, handeln sie sorgfaltswidrig.1109 Und zum anderen dürfen die Rundfunkanbieter den nur Angeklagten nicht als Täter hinstellen oder ihn gar als solchen bezeichnen. Die Frage ist, ob und inwieweit sich derartige Praktiken im Rahmen der Strafgerichtsberichterstattungen des Rundfunks finden lassen. Um die Qualität der Informationen, so wird allgemein festgestellt, ist es schlecht bestellt, was auch hinsichtlich Informationen zu den richterlichen Tätigkeiten und zum Recht im Allgemeinen gilt.1110 Dem ist vor allem im Hinblick auf die Vollständigkeitsverpflichtung zuzustimmen. Analysiert man die Strafgerichtsberichterstattungen, so fällt auf, dass der Tatvorwurf zwar ausführlich dargestellt wird1111, jedoch nicht oder kaum auf etwaige, den Rundfunkanbietern bekannte1112 Be1103

Helle, Schutz der Persönlichkeit, S. 172; Schippan ZUM 1996, 398 (403). BVerfGE 87, 181 (199). 1105 Vgl. C. I. 2. a) aa). 1106 BVerfGE 12, 113 (130); BGH NJW 1960, 476 (478); Erman/Ehmann, Anh § 12 RN 518; Prinz/Peters, Medienrecht, RN 279; Hartstein/Ring/Kreile/Dörr/Stettner, RStV, § 23 RN 26; Helle, Schutz der Persönlichkeit, S. 161; Wenzel/Burkhardt, Wort- und Bildberichterstattung, Kap. 10 RN 196; Ricker/Schiwy, Rundfunkverfassungsrecht, F RN 29; Badura, in: Rundfunk und Fernsehen, S. 35 (43); Tettinger, in: Rundfunk und Fernsehen, S. 62 (75); Löffler NJW 1965, 942 (944); Schippan ZUM 1996, 398 (403); einschränkend Mallmann JZ 1966 625 (631). 1107 Das Weglassen von wesentlichen Tatsachen ordnet Bosman, Rundfunkfreiheit und Programmgrundsätze, S. 99 als Verletzung der Wahrheitspflicht ein, die er allerdings mit dem Vollständigkeitsgebot gleichsetzt. 1108 Darauf verweist auch Bornkamm, Pressefreiheit und Fairneß, S. 262; im Zusammenhang mit Verdachtsberichterstattungen BGH NJW 2000, 1036 (1037); Gronau, Persönlichkeitsrecht und Medienfreiheit, S. 227; Zentai/Rust ZUM 2001, 40 (43). 1109 Zu recht Helle, Schutz der Persönlichkeit, S. 161. 1110 Zuck NJW 2001, 1623 (1624). 1111 Vgl. Hartmann FS-Göppinger, S. 579 (584). 1104

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gleitumstände hingewiesen wird. Die Justizpressestellen und auch die Pressestellen der Staatsanwaltschaften geben ihre Informationen hinsichtlich Tatvorwurf und Verfahrensstand allseitig, also in ent- und belastender Richtung, weiter. Indem entlastende Tatsachen im Rundfunk aber häufig weggelassen werden, wird der Tatvorwurf einseitig betont. Im Zusammenspiel mit den personenbezogenen Aufnahmen wird die öffentliche Meinung hierdurch oft gegen die Angeklagten gelenkt. Sowohl der öffentlich-rechtliche als auch der privatrechtliche Teil des Rundfunks erfüllt die Verpflichtung zur Vollständigkeit weder im Hinblick auf Gerichtsberichterstattungen noch sonst vollends.1113 Zutreffend macht Krüger das hier zu Grunde liegende Problem aus: „. . . Ein auf Gewinnerzielung gerichteter Wettbewerb ist notwendigerweise nicht imstande, denjenigen Leistungsstand der Massenmedien zu bewirken, den Gesellschaft und Staat . . . ebenso fordern wie voraussetzen . . .“1114. Schmelzer1115 fand hinsichtlich der Vollständigkeit von Nachrichten heraus, dass erstens nur bei durchschnittlich 22 Prozent aller Programmbeiträge umfassend informiert wird. Zweitens stellt er überraschenderweise fest, dass die privaten Fernsehanbieter umfassender informieren, als es die zum Teil über Gebühren finanzierten öffentlich-rechtlichen Anbieter tun.1116 (4) Sachgerechte Informationsauswahl Mit dem Erfordernis vollständiger Darstellungen ist das Gebot zur willkürfreien und sachgerechten Informationsauswahl eng verbunden.1117 Der Rundfunk muss auf Grund der begrenzten Sendezeit und der nachvollziehbaren wirtschaftlichen Interessen hinsichtlich Sendethemen und Sendeinhalten selektieren. Dies gilt auch bezüglich Strafgerichtsberichterstattungen. Die hinter den Rundfunkanbietern stehende Rundfunkfreiheit bewirkt in Form der Programmfreiheit, dass den Anbietern hier ein weiter Ermessensspielraum zugestanden wird. Die Grenze des Spielraums ist aber erreicht, wenn die Selektion nicht objektiv anhand der Interessen des Publikums, des Aktualitätswertes der Nachrichten, der räumlichen Nähe und verleichbarer Kriterien, sondern willkürlich durchgeführt wird.1118 Da sich die Rundfunkanbieter auf Grund der mitunter starken ökonomischen Zwänge ganz vorrangig an den Interessen und Wünschen der Zu1112 Es gilt zu beachten, dass den Massenmedien nur eine Recherchepflicht zukommt. Ermittelnd müssen sie nicht tätig werden. 1113 Zu diesem Schluss kommt auch Hassemer, in: Einfluss der Medien, S. 61 (69). 1114 Krüger, Massenmedien, S. 61. 1115 Schmelzer, Vielfalt und Qualität, S. 113. 1116 Schmelzer, Vielfalt und Qualität, S. 105 f. 1117 Hartstein/Ring/Kreile/Dörr/Stettner, RStV, § 23 RN 26. 1118 Tettinger, in: Rundfunk und Fernsehen, S. 62 (74); Geiger AfP 1977, 256 (257).

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G. Die Kriterien der Interessenabwägung

schauer und Zuhörer orientieren und diesen entsprechende Sendungen publizieren, kann von Willkür keine Rede sein. Die nahezu ausschließliche Ausrichtung an den Rezipienteninteressen mag im Lichte einer informationsbetonten Medienlandschaft und im Interesse der von den Berichterstattungen betroffenen Personen kritisch beziehungsweise negativ beurteilt werden, keinesfalls aber kann eine solche Informationsauswahl als nicht sachgerecht abgetan werden. (5) Sachlichkeit und gegenseitige Achtung Weiterhin gilt es die Gebote zu Sachlichkeit1119 und gegenseitiger Achtung1120 zu berücksichtigen. Das Gebot zur sachlichen Darstellung findet in diversen Normen Ausdruck.1121 Insbesondere im Hinblick auf die Sachlichkeit ist der anzulegende Maßstab erneut problembeladen. Denn einerseits können gerade persönlichkeitsbetreffende Darstellungen von Personen über die Suggestivwirkungen des Rundfunks einen Wirkungsgrad erreichen, der die Persönlichkeit des Betroffenen massiv beeinträchtigt.1122 Andererseits aber steht den Rundfunkanbietern die Rundfunkfreiheit zu. Sie soll den Rundfunkanbietern weitgehend freie Hand lassen und so unter anderem sicherstellen, dass die Funktionen der Medien1123 wahrgenommen werden. Dann aber müssen den Medien deutliche Worte und scharfe Kritik in jeder Hinsicht grundsätzlich erlaubt sein. Die hier zu ziehende Grenze der Pflicht zur Sachbezogenheit liegt daher erst bei böswilliger und gehässiger (Schmäh-)Kritik.1124 Erst wenn diese Grenze überschritten wird, kann den Rundfunkanbietern eine Verletzung des Sachlichkeitsgebotes vorgeworfen werden. Dabei gilt der Grundsatz: je schärfer die Kritik, desto größer die Sorgfaltspflicht.1125 Insbesondere dann, wenn Rechte Dritter betroffen werden oder dies wahrscheinlich ist, muss ein erhöhtes Maß an Sach1119 OLG Stuttgart NJW 1964, 595 (596); Erman/Ehmann, Anh § 12 RN 518; Hartstein/Ring/Kreile/Dörr/Stettner, RStV, § 23 RN 72; Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 472 f.; Ricker/Schiwy, Rundfunkverfassungsrecht, F RNn 30, 55; Fechner, Medienrecht, RN 870; Bosman, Rundfunkfreiheit und Programmgrundsätze, S. 112 f.; Lange FS-Löffler, S. 195 (202); ablehnend bezüglich der Presse Mallmann JZ 1966 625 (632); Ricker NJW 1990, 2097 (2097); Schippan ZUM 1996, 398 (403); offen Branahl, in: Medien-Ethik, S. 224 (233). 1120 BVerfGE 57, 295 (325); 59, 231 (257); 73, 118 (153, 199); BK/Degenhart, Art. 5 Abs. 1 und 2 RN 860; Laschet, Programmgrundsätze, S. 165; vgl. auch die Normauflistungen bei Laschet, Programmgrundsätze, S. 42 f., 172, 181. 1121 Zum Beispiel § 13 Abs. 2 S. 1 HPRG, § 31 Abs. 5 S. 2 LMedG NRW, § 13 Abs. 1 S. 2 SPRG, § 13 Abs. 6 S. 2 LMedG SA, § 10 Abs. 1 S. 2 RStV; vgl. auch die Nachweise zu den unterschiedlichen landesrechtlichen Ausprägungen bei Laschet, Programmgrundsätze, S. 41 f., 160 f. 1122 Helle, Schutz der Persönlichkeit, S. 168. 1123 Vgl. C. I. 2. 1124 BGHZ 45, 296 (310); Beucher/Leyendecker/von Rosenberg, Mediengesetze, § 41 RStV RN 27; Laschet, Programmgrundsätze, S. 157; Gronau, Persönlichkeitsrecht und Medienfreiheit, S. 139; Paschke, Medienrecht, RN 351.

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lichkeit verlangt werden. Dennoch sind die Grenzen nicht zu eng zu ziehen.1126 Das aber muss dann relativiert werden, wenn besondere Gefahrenlagen bestehen. Wie gezeigt, ist dies hinsichtlich Strafgerichtsberichterstattungen in mehrerlei Hinsicht der Fall1127, weshalb die Anforderungen hier deutlich erhöht sind.1128 Die geforderte Sachlichkeit ist das Bemühen um eine emotionsfreie, unvoreingenommene und objektive Wiedergabe von Tatsachen entsprechend ihrem äußeren Erscheinungsbild, wobei der Bericht selbst, dessen Aufmachung und Gestaltung zu berücksichtigen sind.1129 So sind Übertreibungen, die einen erheblich höheren Wirkungsgrad erreichen als sachliche Äußerungen, sowie Einseitigkeiten in der Berichterstattung zu vermeiden.1130 Gleiches gilt für Berichte, die Prozesshandlungen ins Lächerliche ziehen.1131 Besonders gefährlich sind soziale Anprangerungen der Betroffenen, wobei es keine Rolle spielt, ob diese bewusst oder unbewusst geschehen. Anders formuliert, ist zu verlangen, dass die unterschiedlichen Aspekte des Sachverhalts dargestellt, grobe Einseitigkeiten vermieden werden und dem besonderen Merkmal des Mediums Rundfunk, nämlich der Aktualität, hinreichend Rechung getragen wird.1132 Eine sachliche Berichterstattung gebietet daher eine Herangehensweise an die Thematik, die frei von Vorurteilen ist.1133 Nach Laschet 1134 wird das Sachlichkeitsgebot von der Presse verletzt, wenn sie sich bei der von ihr verbreiteten Darstellung von Sensationsgier leiten lässt. Dem ist auch in Bezug auf den Rundfunk dann zuzustimmen, wenn sensationsdominierte Motive in der Darstellung eindeutigen Ausdruck gefunden haben. Anderenfalls würde die Arbeit der Rundfunkanbieter unverhältnismäßig einge1125 OLG Stuttgart NJW 1964, 48 (50); OLG Stuttgart NJW 1964, 595 (596); Löffler NJW 1965, 942 (943). 1126 A. A. Löffler NJW 1965, 942 (944). 1127 Vgl. G. II. 1. 1128 Wegen dieser Gefahren ist es den Medien zuzumuten, höhere Sorgfaltspflichten walten zu lassen, als es in anderen Bereichen medialer Berichterstattung der Fall wäre. Vgl. Wenzel/Burkhardt, Wort- und Bildberichterstattung, Kap. 10 RN 195. 1129 Beucher/Leyendecker/von Rosenberg, Mediengesetze, § 41 RStV RN 27; Bosman, Rundfunkfreiheit und Programmgrundsätze, S. 107; Bartels, Fernsehnachrichten im Wettbewerb, S. 7; Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 472 f.; Ricker/Schiwy, Rundfunkverfassungsrecht, F RNn 30, 55; Bosman, Rundfunkfreiheit und Programmgrundsätze, S. 96; Tettinger, in: Rundfunk und Fernsehen, S. 62 (73); Hartmann FSGöppinger, S. 579 (589). 1130 BGHZ 31, 308 (313); Erman/Ehmann, Anh § 12 RN 518; Helle, Schutz der Persönlichkeit, S. 169 f. 1131 BGHZ 31, 308 (313); Wenzel/Burkhardt, Wort- und Bildberichterstattung, Kap. 10 RNn 195, 199. 1132 Ricker/Schiwy, Rundfunkverfassungsrecht, F RN 30. 1133 Laschet, Programmgrundsätze, S. 157. 1134 Laschet, Programmgrundsätze, S. 156 f.

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schränkt. Da das Publikum nach Unterhaltung und Sensation strebt, werden ihm entsprechende Sendungen, zu denen auch die Strafgerichtsberichterstattungen gehören, präsentiert.1135 Nicht selten stellen diese Beiträge Lückenfüller in Nachrichtensendungen dar1136, welche durch die sensationsorientierten Inhalte und Aufmachungen Rezipienten erreichen sollen und dies auch tun. Diese Ausrichtung kommt mittelbar in den Berichterstattungen zum Ausdruck. In der starken Überrepräsentation von Gewaltverbrechen ist ein Beleg für die Ausrichtung an Sensationen zu sehen. Neben der in den Sendungen kaum zum Ausdruck kommenden Selektion betonen Art und Weise der Berichterstattung regelmäßig die besondere Dramatik des Geschehens. Dieses wird, um mehr Zuschauer und Zuhörer anzusprechen, bewusst emotionalisiert1137, insbesondere wenn die Strafverfahren Tötungs- und Sexualdelikte zum Gegenstand haben. Durch eine übertrieben emotionale Darstellung des Tatvorwurfs und des gerichtlichen Geschehens insgesamt wird, da sich Emotionen auf der subjektiven Ebene abspielen, die Objektivität der Berichterstattung in Mitleidenschaft gezogen. Zudem lassen sich mitunter grobe Einseitigkeiten in den Berichterstattungen feststellen, nämlich dann, wenn entlastende Tatsachen weggelassen werden. In all diesen Fällen werden die Voraussetzungen des Sachlichkeitsgebots nicht erfüllt. Daher muss eingestanden werden, dass dem verfassungsrechtlich verwurzelten Gebot zur sachlichen Berichterstattung in einer Vielzahl der Fälle nicht ausreichend Rechnung getragen wird. Aus dem Verstoß gegen das Sachlichkeitsgebot wird teilweise gefolgert, es müsse, wenn eine genaue, sachliche und somit objektive Berichterstattung nicht erreichbar ist, von einer Gerichtsberichterstattung gänzlich abgesehen werden.1138 Da der erforderliche Grad an Sachlichkeit aber stets, wenn auch unökonomisch, erreichbar ist, muss dies dahingehend abgewandelt werden, dass von der Berichterstattung abzusehen ist, wenn es an der Bereitschaft zur sachlichen Darstellung mangelt. Bloßer Annex des Gebotes zu Sachlichkeit ist das Gebot zu gegenseitiger Achtung. Der Begriff der gegenseitigen Achtung ist dabei primär als Verbot der Diffamierung und Gebot zu Toleranz zu verstehen.1139 Nur bei einer toleranten und nicht diffamierenden Berichterstattung ist gewährleistet, dass die Rezipienten sich wirklich eine eigene und freie Meinung bilden können. Das Toleranzgebot wird so zu einer fundamental wichtigen Voraussetzung für das Funktio1135

Vgl. C. II. 5. b). Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 217; allgemein dazu Herrmann, Fernsehen und Hörfunk, S. 227. 1137 Vgl. C. I. 3. und C II. 5. b). 1138 BGH AfP 1979, 307 (308); Wenzel/Burkhardt, Wort- und Bildberichterstattung, Kap. 10 RN 195. 1139 Bosmann, Programmgrundsätze, S. 32; Ricker/Schiwy, Rundfunkverfassungsrecht, F RN 30, 55; Laschet, Programmgrundsätze, S. 165; direkt auf Toleranz bezogen BK/Degenhart, Art. 5 Abs. 1 und 2 RN 821. 1136

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nieren einer freiheitlich-demokratischen Ordnung.1140 Diesbezüglich lassen sich im Rahmen der Strafgerichtsberichterstattungen in aller Regel keine Verstöße der Rundfunkanbieter feststellen. Auch wenn einseitige Berichterstattungen gegeben sind, diffamieren sie doch keine Personen. Toleranz wird, soweit dies in Bezug auf gerichtliche Strafverfahren überhaupt möglich ist und entsprechend gefordert werden kann, überwiegend von den Rundfunkanbietern geübt. (6) Gelegenheit zur Stellungnahme Die wohl herrschende Meinung verlangt den Rundfunkanbietern auch ab, den jeweils betroffenen Personen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.1141 Hierfür werden der Schutz der Persönlichkeitsrechte des Betroffenen und die Vollständigkeit der Darstellungen als Gründe genannt. Dem ist zumindest für den Bereich der Gerichtsberichterstattung zuzustimmen. Den Rundfunkanbietern und -mitarbeitern ist es durchaus zumutbar, die betroffenen Personen, hier die aufgenommenen Personen, vor der Veröffentlichung der Gerichtsberichte zu kontaktieren. Diese Annahme findet sich in der Struktur der Persönlichkeitsrechte bestätigt, nach der Verletzungen dieser Rechte nur dann sicher auszuschließen sind, wenn entsprechende Einwilligungen vorliegen. Die bloße Vermutung, die Rückfrage beim Betroffenen werde keinen relevanten Beitrag dazu leisten, den Sachverhalt aufzuklären beziehungsweise mit und in dem Bericht fortzukommen, kann als Rechtfertigungsgrund nicht akzeptiert werden.1142 Denn die Anhörungspflicht gilt nicht der Sachverhaltsaufklärung1143, sondern dem Persönlichkeitsschutz der betroffenen Personen. Zutreffend wird darauf hingewiesen, dass es nur selten gelingen wird, eine Situation objektiv und damit zutreffend darzustellen, ohne dabei alle Seiten befragt zu 1140

Laschet, Programmgrundsätze, S. 166. Unterschiedlich deutlich BGHZ 59, 76 (79 f.); BGH AfP 1988, 34 (35); BGH NJW 1977, 1288 (1289); OLG Hamburg ZUM 1994, 35 (36); OLG Brandenburg AfP 1995, 520 (522); OLG München NJW-RR 1996, 1487 (1489); OLG Hamburg AfP 1997, 477 (478); OLG Nürnberg ZUM 1998, 849 (850); LG Berlin NJW 1997, 1373 (1374); AG Mainz AfP 1993, 784 (785); Helle, Schutz der Persönlichkeit, S. 172; Ahrens, Persönlichkeitsrecht, RN 71; Paschke, Medienrecht, RN 350; Prinz/Peters, Medienrecht, RN 283; Hartmann FS-Göppinger, S. 579 (589); Peters NJW 1997, 1334 (1338); im Hinblick auf Verdachtsberichterstattungen BGH NJW 2000, 1036 (1037); Gronau, Persönlichkeitsrecht und Medienfreiheit, S. 227; a. A. AG Frankfurt (Oder) AfP 2004, 161 (162); Neuling HRRS 2006, 94 (98). 1142 So aber zum Beispiel Soehring, Das Recht der journalistischen Praxis, RN 2.24; Schippan ZUM 1996, 398 (402), die auf das Erfordernis verzichtet, wenn keine spezielle Aufklärung zu erwarten ist; ebenso wohl auch Erman/Ehmann, Anh § 12 RN 368; dagegen Peters NJW 1997, 1334 (1338). 1143 Zutreffend Paschke, Medienrecht, RN 3350; a. A. Hartstein/Ring/Kreile/Dörr/ Stettner, RStV, § 23 RN 26; Soehring, Das Recht der journalistischen Praxis, RN 2.22; Herrmann, Rundfunkrecht, § 22 RN 95; Löffler NJW 1965, 942 (943). 1141

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G. Die Kriterien der Interessenabwägung

haben.1144 Die mit der Anhörungspflicht bewirkte Förderung objektiver Darstellungen dient somit der öffentlichen Meinungsbildung. Auch das Bundesverfassungsgericht1145 hat die Möglichkeit, bei Personen nachzufragen, ausdrücklich in einen Abwägungsprozess einbezogen. In Bezug auf die Bild- und Tonaufnahmen sei die Nachfrage dahingehend zu formulieren, ob die jeweils betroffene Person mit der Aufnahme und gegebenenfalls mit späteren Veröffentlichungen einverstanden ist. Bis dahin ist dem Gericht zu folgen. Allerdings kann das konkrete Ausmaß des Verfahrens, also die Anzahl der beteiligten Personen, kein Maßstab sein.1146 Der Persönlichkeitsschutz kann nicht dadurch relativiert werden, dass viele Persönlichkeitsverletzungen drohen. Aus den obigen Darstellungen wird deutlich, dass die Rundfunkanbieter sowie deren Mitarbeiter in aller Regel keine Rücksicht auf die Interessen und Rechte der von den Gerichtsberichterstattungen und von den personenbezogenen Aufnahmen betroffenen Personen nehmen. Weder werden Einwilligungen eingeholt, noch wird auf identifizierende Strafgerichtsberichterstattungen verzichtet. Auch wenn empirische Belege fehlen, ist anzunehmen, dass den Betroffenen häufig in keinerlei Hinsicht Gelegenheit zur expliziten Stellungnahme gegeben wird. Daher ist davon auszugehen, dass das entsprechende Gebot nicht beziehungsweise nicht ausreichend erfüllt wird. (7) Abwägung mit den Interessen Dritter Die Interessen der aufzunehmenden beziehungsweise aufgenommenen Personen sind in aller Regel darauf gerichtet, ihre Anonymität zu wahren. Vor dem Hintergrund der am Verlust der Anonymität festzumachenden Gefahrenlage1147 verwundert es, dass nur selten diesbezügliche Pflichten des Rundfunks festgestellt werden. Den einflussträchtigen Rundfunkanbietern ist aus Art. 5 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GG auch die Verpflichtung1148 aufzuerlegen, die individuellen Interessen der von den Berichterstattungen betroffenen Personen zu beachten und, wenn möglich und zumutbar, zu wahren. Letztlich bedeutet dies die Pflicht, eine Interessenabwägung vorzunehmen.1149 Die Rundfunkanbieter müssen somit 1144

So Laschet, Programmgrundsätze, S. 164. BVerfG NJW 1996, 310 (311). 1146 In der hier kritisierten Entscheidung ging es um ein Verfahren mit 101 Prozessbeteiligten und vorerst 93 Zeugen. Auf Grund dieses Ausmaßes könne dem Bundesverfassungsgericht zufolge [BVerfG NJW 1996, 310 (311)] die Pflicht zur Nachfrage bei den Betroffenen zurückstehen. 1147 Vgl. G. II. 1. 1148 Vgl. zum Beispiel § 7 Abs. 3 HamMedG; § 11 Abs. 1 HPRG; § 32 Abs. 2 LMedG NRW; § 12 Abs. 4 SPRG; § 13 Abs. 3 MedG LSA § 24 Abs. 1 LRG SH. 1149 Wente, Das Recht der journalistischen Recherche, S. 87 f.; Prinz/Peters, Medienrecht, RNn 277, 284; Herrmann, Rundfunkrecht, § 22 RN 106; Bosman, Rundfunkfreiheit und Programmgrundsätze, S. 161 f.; Schönbach, in: Medien-Ethik, S. 97 1145

IV. Die Kommunikationsgrundrechte

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unter Einbeziehung der Rechtslage prüfen, ob sie in Rechte und Interessen Dritter, insbesondere deren Persönlichkeitsrechte, eingreifen und ob dieser Eingriff gerechtfertigt ist.1150 Dafür ist es, auch hinsichtlich der Bild- und Tonaufnahmen im Sitzungsbereich, notwendig, dass sich die Rundfunkanbieter über die bestehende Rechtslage informieren, notfalls bei Juristen.1151 Es sind also sämtliche oben1152 dargestellten Gefahren für die Interessen und Rechte Dritter in einen rundfunkinternen Abwägungsprozesses einzubeziehen. Diese Abwägung ist ein wesentlicher Bestandteil der in der Rundfunkfreiheit wurzelnden publizistischen Sorgfaltsanforderungen.1153 Es wurde aufgezeigt, dass sowohl die Herstellung als auch die Veröffentlichung von personenbezogenen Bild- und Tonaufnahmen aus dem Umfeld der strafgerichtlichen Hauptverhandlung sowie mitunter auch die eigentliche Gerichtsberichterstattung in Persönlichkeitsrechte der betroffenen Personen eingreifen. Zudem bestehen gerade im Hinblick auf die Angeklagten und Verurteilten besondere Gefahrenlagen.1154 Der sich über diese Rechte und Interessen hinwegsetzenden Praxis der Rundfunkanbieter und -mitarbeiter muss vorgeworfen werden, die Pflicht zur internen Abwägung unter Beachtung der dargestellten Rechtslage, nach der es zumeist am für die Legitimation der Tätigkeiten erforderlichen Informationsinteresse der Bevölkerung fehlt1155, außer Acht zu lassen.1156 Die Pflicht der Rundfunkanbieter, mögliche Folgen der jeweils geplanten Publikation für die Betroffenen, aber auch für die Allgemeinheit zu bedenken, scheint den jeweils Verantwortlichen nicht bewusst zu sein.1157 Diesen (103); Haller, in: Medien-Ethik, S. 196 (200); Hartmann FS-Göppinger, S. 579 (589); Tettinger JZ 1983, 317 (322); ähnlich Hager AcP 196 (1996), 168 (194 f.); Schippan ZUM 1996, 398 (403); Peters NJW 1997, 1334 (1338); wohl auch BGH NJW 1977, 1288 (1289); zu weit dürfte es aber gehen, den Medien eine diesbezügliche Schutzverpflichtung aufzuerlegen, wie es beispielsweise Paschke, Medienrecht, RN 377 und Pohl, in: Das Persönlichkeitsrecht, S. 25 (46) tun. Ausreichend ist die grundsätzliche Pflicht, die Rechte des Betroffenen nicht ungerechtfertigt zu verletzen. Die Sorgfaltsanforderung gebietet hier also nur ein Unterlassen, während eine Schutzverpflichtung zu einem aktiven Tun verpflichten würde. 1150 Prinz/Peters, Medienrecht, RN 291. 1151 Herrmann, Rundfunkrecht, § 22 RN 108; Prinz/Peters, Medienrecht, RN 291; Schippan ZUM 1996, 398 (404); Peters NJW 1997, 1334 (1339). 1152 Vgl. G. II. 1. 1153 Hartstein/Ring/Kreile/Dörr/Stettner, RStV, § 23 RN 28; Helle, Schutz der Persönlichkeit, S. 173; Löffler NJW 1965, 942 (944); Mallmann JZ 1966 625 (631); Schippan ZUM 1996, 398 (403). 1154 Vgl. G. II. 1. b). 1155 Vgl. F. I. 3. b). 1156 Es ist insofern nicht davon auszugehen, dass die einzelnen Rundfunkanbieter vor der Herstellung oder Veröffentlichung von personenbezogenen Film- und Tonaufnahmen rechtlichen Rat einholen. Vielmehr wird rechtlicher Beistand in aller Regel erst dann gesucht, wenn es zu Beschränkungen der rundfunklichen Betätigungen kommt.

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G. Die Kriterien der Interessenabwägung

Anforderungen kommt die heutige Praxis des Rundfunks, wiederum sind auf die ökonomischen Zwänge zu verweisen, mehrheitlich nicht nach, wenn es um Strafgerichtsberichterstattungen geht. Weitere, auf Art. 5 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GG zurückzuführende Anforderungen sind hier nicht einschlägig.1158 Deutlich geworden ist, dass es einen aus der Verfassung ableitbaren und so verbindlichen Orientierungs- und Anforderungsrahmen für Nachrichtenqualität1159, also auch für Strafgerichtsberichterstattungen gibt. Der Vergleich zwischen Anforderungen und Realität führt, insbesondere für den Bereich der Strafgerichtsberichterstattungen, zu dem wenig erfreulichen Schluss, dass der Rundfunk noch weit davon entfernt ist, die Programmgrundsätze und medienspezifischen Sorgfaltsanforderungen zu erfüllen.1160 Während den Verpflichtungen zur Wahrheit, zu gegenseitiger Achtung und zur sachgerechten Informationsauswahl in aller Regel nachgekommen wird, wird den Verpflichtungen zur inhaltlichen Vielfalt, zur Vollständigkeit, zur Sachlichkeit, zur Gewähr einer Gelegenheit der Stellungnahme sowie zur Wahrung der Rechte und Interessen der Betroffenen nicht ausreichend Rechnung getragen. Dies gilt sowohl für den privaten als auch den öffentlich-rechtlichen Rundfunk.1161 Wie eingangs erwähnt, muss sich die mangelhafte Erfüllung der dargestellten Anforderungen im Rahmen der vom Vorsitzenden Richter über § 176 GVG vorzunehmenden Abwägung widerspiegeln. Dies ist dadurch zu bewerkstelligen, dass der Rundfunkfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GG ein entsprechend geringerer Stellenwert beigemessen wird.1162 1157

So auch Herrmann, Rundfunkrecht, § 22 RN 106. Auf Grund der Probleme im Hinblick auf Rechtssicherheit und Rechtsklarheit (dazu Dreier I/Schulze-Fielitz, Art. 5 I, II RN 238) kann die von Jarass/Pieroth/Jarass, Art. 5 RN 42 ff. erhobene Forderung, dass Sendungen der Information und Bildung, in denen Berichterstattung im Vordergrund steht, nicht zu Gunsten unterhaltender Sendungen verdrängt werden dürfen, also die Forderungen nach einem Mindestmaß an Information und Bildung [anscheinend auch Janik AfP 2002, 104 (114)] nicht in den Stand einer aus Art. 5 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GG folgenden Anforderung an die Rundfunkanbieter erhoben werden. Auch stellen sich im Hinblick auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz unüberwindbare Schwierigkeiten. 1159 Hagen, Informationsqualität, S. 42. 1160 Zu diesem Ergebnis gelangt auch Haller, in: Medien-Ethik, S. 196 (207 f., 210). 1161 Die Forderung, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk nicht mehr über das reale Maß hinaus zu beschönigen – davor warnte zu Zeiten der Einführung des privaten Rundfunks zum Beispiel Schmitt Glaeser AöR 112 (1987), 215 (258) – muss daher Zustimmung finden. 1162 BGHZ 31, 308 (318); BGH NJW 1961, 1913 (1914); Helle, Schutz der Persönlichkeit, S. 161; Lange FS-Löffler, S. 195 (204); Löffler NJW 1965, 942 (942); Rehm AfP 1999. 416 (422). Sowohl im Hinblick auf die Anfertigung als auch auf die Veröffentlichung wird insofern betont, dass der Persönlichkeitsschutz umgekehrt proportional zur Seriösität der Darstellung der jeweiligen Person und zur Bedeutung für die 1158

IV. Die Kommunikationsgrundrechte

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cc) Ansprüche der Betroffenen auf Einhaltung der Anforderungen Die Bedeutung der aus Art. 5 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GG ableitbaren Anforderungen an die Rundfunkanbieter für die anzustellende Abwägung würde jedoch über den Bedeutungsverlust der Rundfunkfreiheit hinausgehen, wenn ein verfassungsrechtlicher Anspruch auf Einhaltung der Programmgrundsätze und rundfunkspezifischen Anforderungen bestünde. Dann nämlich müsste auch dieser in die Abwägung eingestellt werden. Zu fragen ist somit, ob ein Anspruch des Einzelnen besteht, dass der Staat für die Einhaltung der medienrechtlichen Anforderungen sorgt. Die sich hier stellende Frage, ob mit dem objektiv-rechtlichen Grundrechtsgehalt subjektive und so einklagbare Rechte korrespondieren, wird unter dem Stichwort der Resubjektivierung geführt.1163 Die Problematik der Subjektivierbarkeit objektiv-rechtlicher Grundrechtsgehalte bezeichnet Stern1164 zu Recht als eines der umstrittensten Probleme der objektiv-rechtlichen Dimension von Grundrechten. Schon aus diesem Grund und weil es keine gefestigte Rechtsauffassung gibt1165, wird hier aus Platzgründen auf den bestehenden Streit nur im Ansatz eingegangen.1166 Nur vereinzelt, etwa bei Art. 103 Abs. 1 GG, wird explizit von einem Anspruch gegen den Staat gesprochen. Daher ist bei der Annahme von subjektiven Rechten auf staatliches Einschreiten Zurückhaltung geboten.1167 Die Grundrechte enthalten zwar abwehrrechtlich formulierte Bestimmungen und objektiv-rechtliche Schutzgehalte. Grundsätzlich aber sind ihnen subjektive Rechte auf Einhaltung der objektiv-rechtlichen Ausprägungen nicht zu entnehmen.1168 Hierfür spricht, dass es dem objektiv-rechtlichen Grundrechtsgehalt in aller Regel immanent ist, dass es um ein kollektives Gut geht, also gerade nicht um ein individuelles. Allerdings ist zuzugeben, dass in Ausnahmefällen Ansprüche gegeben sein könnten.1169 Öffentlichkeit zu bewerten ist. Vgl. Scholderer ZRP 1991, 298 (299); ähnlich Bornkamm NStZ 1983, 102 (105). 1163 Vgl. nur Ruffert, Vorrang der Verfassung, S. 237; Dolderer, Objektive Grundrechtsgehalte, S. 351. 1164 Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland III/1, S. 978. 1165 Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland III/1, S. 979 f.; Dolderer, Objektive Grundrechtsgehalte, S. 353. 1166 Ausführlich dazu Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland III/1, S. 978; Dolderer, Objektive Grundrechtsgehalte, S. 351 ff.; Ruffert, Vorrang der Verfassung, S. 237 ff. 1167 Sachs, Verfassungsrecht II, A 4 RN 20; Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland III/1, S. 989; Tettinger, in: Rundfunk und Fernsehen, S. 62 (67). 1168 Anders Ruffert, Vorrang der Verfassung, S. 242, nach dem derartige subjektive Rechte regelmäßig zu bejahen sind. Ähnlich Benda UPR 1982, 241 (243 f.); Alexy Der Statt 29 (1990), 49 (60 ff.); Klein DVBl. 1994, 489 (493 f.); in diese Richtung Breuer FG-BVerwG, S. 89 (119).

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G. Die Kriterien der Interessenabwägung

Von maßgebender Bedeutung ist hier die Schutznormtheorie. Danach sind derartige Ausnahmen zu machen, wenn der jeweilige objektive Grundrechtsgehalt den Zweck hat, bestimmte Grundrechtsberechtigte zu begünstigen und er es dem Betroffenen ermöglichen soll, sich darauf zu berufen.1170 Nach der Verfassung sollen die Zuschauer und Zuhörer von der Meinungs- und Informationsfreiheit Gebrauch machen können, nicht aber von der Rundfunkfreiheit, deren Träger sie nicht sind.1171 Schon deshalb kann ein Anspruch gegen den Staat darauf, dass die Erfüllung der genannten Anforderungen gewährleistet wird, nicht aus dem Schutzgehalt der Rundfunkfreiheit hergeleitet werden. Zudem soll der objektiv-rechtliche Gehalt der Rundfunkfreiheit nicht einzelnen Rezipienten dienen, sondern der öffentlichen Meinungsbildung1172 und so der Gesellschaft im Ganzen.1173 Dass auch einzelne Rezipienten davon profitieren ist ein unbeachtlicher Reflex.1174 Unter Zugrundelegung der Schutznormtheorie muss daher gefolgert werden, dass die Anforderungen an den Rundfunk aus Art. 5 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GG keine individuellen Ansprüche vermitteln können1175, weder für die Zuhörer und Zuschauer noch für die jeweils von den Berichterstattungen beziehungsweise Aufnahmen Betroffenen. Diese Folgerung wird zudem aus einer anderen Richtung gestützt. Die Kontrolle der Rundfunkanbieter dahingehend, ob diese die an sie gestellten Anforderungen einhalten, soll einzig den hierfür vorgesehenen Organen obliegen.1176 Diese Organe sind einerseits die Fernseh- beziehungsweise Rundfunkräte und andererseits die Landesmedienanstalten1177, keinesfalls aber Zuschauer, Zuhörer oder Betroffene. Festzuhalten ist deshalb, dass dem Einzelnen kein subjektives Recht auf Einflussnahme oder Einhaltung der programmgestaltenden Anforderungen gegen 1169 Anders, nämlich solche Ansprüche pauschal verneinend: BerlVerfGH NJW 1994, 3343 (3343); Rupp JZ 1971, 401 (402); Steinberg NJW 1984, 457 (461); in diese Richtung auch Schwabe NVwZ 1983, 523 (527). 1170 Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland III/1, S. 534 ff., 987; Dolderer, Objektive Grundrechtsgehalte, S. 368. Die Schutznormlehre findet sich auch in der Rechtsprechung. Vgl. BVerfGE 27, 297 (307); 31, 364 (369); 51, 193 (212); 57, 9 (26); BVerwGE 10, 122 (123 f.); 28, 268 (270); 39, 235 (237); 58, 244 (246); 66, 307 (308); 77, 70 (73); OVG Koblenz NJW 1982, 1301 (1302); OVG Nordrhein-Westfalen DÖV 1987, 698. Schließlich sei auf die umfassenden Nachweise bei Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland III/1, S. 534 f. FN 247 verwiesen. 1171 Pieroth/Schlink, Staatsrecht II, RN 563; Bethge DÖV 2002, 673 (674). 1172 Vgl. G. IV. 1. 1173 Zutreffend formuliert Ossenbühl DÖV 1981, 1 (7): „. . . Wo alle gleichermaßen betroffen sind, kann von einer individuellen Betroffenheit keine Rede mehr sein . . .“. 1174 Auf die Frage, ob ein bloßer Reflex vorliegt, stellt auch Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland III/1, S. 992 ab. Vgl. zu anderen Begründungsmustern, warum ein subjektives Recht abzulehnen ist Alexy Der Staat 29 (1990), 49 (60). 1175 So im Ergebnis auch ausdrücklich Ricker/Schiwy, Rundfunkverfassungsrecht, F RN 31. 1176 Ladeur AfP 1998, 141 (144). 1177 Branahl, in: Medien-Ethik, S. 224 (240).

IV. Die Kommunikationsgrundrechte

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den Staat zukommt1178, weder im Hinblick auf die privatrechtlichen noch auf die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanbieter.1179 Die Rundfunkfreiheit wirkt also in zweierlei Hinsicht auf die im Rahmen des § 176 GVG durchzuführende Interessenabwägung ein. Wenn es um Einschränkungen der Rundfunkanbieter hinsichtlich der Anfertigung und Veröffentlichung von Bild- und Tonaufnahmen im Umfeld der strafgerichtlichen Hauptverhandlung geht, ist der abwehrrechtliche Charakter des Art. 5 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GG betroffen. Von daher verwundert es nicht, dass den Persönlichkeitsrechten im Wesentlichen die Rundfunkfreiheit entgegengehalten wird. Die hohe Gewichtung dieses Grundrechts muss jedoch über den objektiv-rechtlichen Gehalt der Rundfunkfreiheit nach unten korregiert werden. Die direkt aus der Verfassung legitimierten und begründbaren Programmgrundsätze und medienspezifische Sorgfaltspflichten werden nämlich gerade hinsichtlich Strafgerichtsberichterstattungen und der darin verwandten Bild- und Tonaufnahmen nur unzureichend erfüllt. 2. Meinungs- und Informationsfreiheit Neben dem hier überaus relevanten Grundrecht der Rundfunkfreiheit ist auch an zwei weitere Kommunikationsgrundrechte zu denken, die im Verlauf der vorstehenden Ausführungen bereits erwähnt wurden, nämlich die Grundrechte auf Meinungs- und Informationsfreiheit nach Art. 5 Abs. 5 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 GG und Art. 5 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 GG. Soweit diese einschlägig sind, hat der Vorsitzende Richter auch diese Positionen in die Abwägung einzustellen. a) Verhältnis zur Rundfunkfreiheit Unabhängig von der konkreten Betroffenheit der beiden hier interessierenden Grundrechte ist bereits umstritten, ob ihnen neben der Rundfunkfreiheit überhaupt eine eigenständige Bedeutung zuzusprechen ist. Diese Grundrechtskonkurrenz ist bis heute nicht abschließend geklärt. Sämtlichen Grundrechten ist im Ausgangspunkt jedenfalls eine eigenständige Bedeutung zuzusprechen.1180 Auf den ersten Blick scheinen sich die Schutzbereiche in vielfältiger Weise zu überlagern, was die Abgrenzung der Grundrechte erheblich erschwert.1181 Der Wort1178 VG Mainz NVwZ 1985, 136 (136); Hesse, Rundfunkrecht, S. 218; Ricker/ Schiwy, Rundfunkverfassungsrecht, B RN 162, F RN 31; Ricker NJW 1990, 2097 (2098); Ladeur AfP 1998, 141 (145). Anders wohl Leidinger DVBl. 1989, 230 (231) „. . . auch den Rezipienten mit seinen Ansprüchen auf eine umfassende und wahrheitsgetreue Berichterstattung in die Gesamtbetrachtung . . .“. 1179 Dazu Ladeur AfP 1998, 141 (144 f.). 1180 Statt vieler Schmitt Glaeser AöR 112 (1987), 215 (234).

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G. Die Kriterien der Interessenabwägung

laut des Art. 5 Abs. 1 GG hilft hier nicht weiter. Es verwundert insofern nicht, dass die Ansichten hinsichtlich der Konkurrenzen zwischen den Freiheiten aus Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG und denen aus Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG auseinandergehen. Hinsichtlich der Meinungsfreiheit macht ein Blick auf die frühere Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die Problematik deutlich. Auffällig ist, dass die Rechtsprechung außerordentlich inkonsistent vorgenommen wurde.1182 Nunmehr stellt das Bundesverfassungsgericht fest, dass die Pressefreiheit, gleiches gilt für die Rundfunkfreiheit1183, keine auf die Presse bezogene verstärkende Wiederholung der Meinungsfreiheit ist.1184 Wenn es um die Frage geht, ob eine bestimmte Äußerung erlaubt gewesen ist oder nicht, ist dem Gericht zufolge deshalb ungeachtet des Verbreitungsmediums Art. 5 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 GG einschlägig.1185 Wenn es aber (auch) um rundfunkspezifische, über die Meinungsäußerung hinausgehende Fragesstellungen geht, so wird vertreten, dass die Rundfunk- dann neben der Meinungsfreiheit anzuwenden ist.1186 Die Annahme eines Spezialitätsverhältnisses verbiete sich aus den weitgehend selbständigen Grundrechtsgehalten der Sätze 1 und 2 des Art. 5 Abs. 1 GG.1187 Diesen im Ergebnis und in der Begründung zustimmungswürdigen Überlegungen folgend, ist die Meinungsfreiheit neben der Rundfunkfreiheit anwendbar.1188 1181 So bedeuten zum Beispiel staatliche Einwirkungen auf die Rundfunkempfangsfreiheit, also auf die Informationsfreiheit Einschränkungen auch der Rundfunkfreiheit des betreffenden Programmträgers. Vgl. Tettinger, in: Rundfunk und Fernsehen – Informationspflicht, Informationsrecht und Informationsstil, S. 62 (67); Geiger FSArndt, S. 119 (144); Ossenbühl ZUM 1999, 505 (505 ff.). 1182 So wurde für Meinungsäußerungen teilweise auf Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG abgestellt [BVerfGE 12, 113 (125); 43, 130 (137); 71, 162 (243)]. Anders wurde dagegen hinsichtlich Boykottaufrufen und Zeitungsanzeigen geurteilt, indem auf Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG abgestellt wurde [BVerfGE 21, 271 (278); 60, 234 (238); 62, 230 (240)]. Schließlich wurde auch pauschal auf Art. 5 Abs. 1 GG Bezug genommen [BVerfGE 24, 278 (282); 42, 143 (150)]. Vgl. dazu auch Stark, Ehrenschutz in Deutschland, S. 78, 85. 1183 Stark, Ehrenschutz in Deutschland, S. 85; a. A. Schmitt Glaeser AöR 113 (1988), 52 (58). 1184 BVerfGE 81, 1 (11) = NJW 1992, 1439 (1439). 1185 BVerfGE 85, 1 (13) = NJW 1992, 1439 (1440); 86, 122 (128); 95, 28 (34); 97, 391 (400). 1186 BVerfGE 85, 1 (12) – allerdings bezüglich der Pressefreiheit; Dreier I/SchulzeFielitz, Art. 5 I, II RNn 127, 140, Stark, Ehrenschutz in Deutschland, S. 79, 82, 85; Gronau, Persönlichkeitsrecht und Medienfreiheit, S. 159, 161; Heselhaus NVwZ 1992, 740 (741). 1187 Stark, Ehrenschutz in Deutschland, S. 80, 85. 1188 BVerfGE 85, 1 (12); 86, 122 (128); Bleckmann, Staatsrecht II, § 26 RN 23; einschränkend BK/Degenhart, Art. 5 Abs. 1 und 2 RN 35; wohl auch Reisnecker, Meinungsfreiheit, S. 77; Herrmann, Fernsehen und Hörfunk, S. 60; Schumacher, Programmauflagen, S. 151; Stock AöR 104 (1979), 1 (7); wohl auch Scholz FS-Löffler, S. 355 (355); a. A. Sachs/Bethge, Art. 5 RN 43; Kriele NJW 1994, 1897 (1902); offen gelassen von Hager AcP 196 (1996), 168 (186).

IV. Die Kommunikationsgrundrechte

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Während das Verhältnis von Medien- zu Meinungsfreiheit in Literatur und Rechtsprechung ausreichend Beachtung findet, wird die Problematik um die Informationsfreiheit rechtswissenschaftlich stiefmütterlich behandelt. Für eine bei Betroffensein auch rundfunkspezifischer Belange, hierzu kann auf das eben Gesagte verwiesen werden, parallelen Anwendbarkeit der Grundrechte lässt sich anführen, dass der Schutz des Rundfunks auf Grund seiner hohen gesamtgesellschaftlichen Bedeutung intensiver ausgestaltet sein muss, als der der Informationsfreiheit.1189 Dieser Erkenntnis wird nur dann ausreichend Rechnung getragen, wenn den Massenmedien neben dem Schutz durch die Rundfunkfreiheit auch Schutz durch die Informationsfreiheit gewährt wird.1190 Daher sind Rundfunk- und Informationsfreiheit nebeneinander anwendbar, wenn die Informationsbeschaffung durch den Rundfunk als Bestandteil der Rundfunkfreiheit aus allgemein zugänglichen Quellen erfolgt.1191 Eine vertiefte Diskussion des Konkurrenzproblems ist hier nicht notwendig, da sich im Folgenden zeigen wird, dass im Hinblick auf die Bild- und Tonaufnahmen einzig die Rundfunkfreiheit einschlägig ist. b) Meinungsfreiheit Die in Art. 5 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 GG verfassungsrechtlich verbürgte Meinungsfreiheit ist ein für die freiheitlich demokratische Staatsordnung schlechthin konstituierendes Recht1192, welches im Dienste der offenen und ungestörten Bildung einer öffentlichen Meinung steht.1193 1189 Krausnick ZUM 2001, 230 (231); in diese Richtung auch Fuhr FS-Armbruster, S. 117 (123). 1190 Rose, Journalistische Recherche, S. 35 f.; Herrmann, Fernsehen und Hörfunk, S. 60; Stock AöR 104 (1979), 1 (39); a. A. BK/Degenhart, Art. 5 Abs. 1 und 2 RN 35; Fechner, Medienrecht, RN 135; Hain DVBl. 2001, 589 (590 f.); Riklin/Höpfel, in: AEStuM, S. 53 (64). 1191 BK/Degenhart, Art. 5 Abs. 1 und 2 RNn 421, 933; Scholz/Konrad AöR 123 (1998), 61 (64); im Ergebnis auch Fuhr FS-Armbruster, S. 117 (117 ff.); ebenso wohl auch Scholz FS-Löffler, S. 355 (355). Wird der Zugang zum Gerichtsbereich nicht gewährt, so ist dies nach dem Bundesverfassungsgericht eine Frage einzig der Informationsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 GG, vgl. BVerfGE 103, 44 (59 ff.); BVerfG NJW 2003, 500 (500). 1192 BVerfGE 5, 85 (134 f.); 7, 198 (208); 12, 113 (125); 20, 56 (97); 35, 202 (221 f.); 62, 230 (247); 71, 206 (219 f.); 82, 272 (281 f.); Sachs/Bethge, Art. 5 RN 24; Jarass/Pieroth/Jarass, Art. 5 RN 1; BK/Degenhart, Art. 5 Abs. 1 und 2 RN 86; Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 78; Laschet, Programmgrundsätze, S. 101; Gronau, Persönlichkeitsrecht und Medienfreiheit, S. 137; Wasserburg, Recht der Medien, S. 108; Laschet, Programmgrundsätze, S. 101; Siekmann/Duttge, Staatsrecht I, RN 426; Ricker/Schiwy, Rundfunkverfassungsrecht, B RN 9; Heinemann NJW 1962, 889 (892); Böckenförde NJW 1974, 1529 (1531); Schmitt Glaeser JZ 1983, 95 (99); Schmitt Glaeser AöR 113 (1988), 52 (71); Kortz AfP 1997, 443 (445) Ossenbühl ZUM 1999, 505 (506).

384

G. Die Kriterien der Interessenabwägung

Die Meinungsfreiheit kann über Art. 19 Abs. 3 GG juristischen Personen zustehen, denn auch diese können Meinungen äußern. Zwar kann dies nur mittelbar durch natürliche Personen geschehen, deren Äußerungen aber werden, sofern sie namens der juristischen Person abgegeben wurden, dieser zugerechnet. Damit steht Art. 5 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 GG zumindest juristischen Personen des Privatrechts1194 und so auch den privaten Rundfunkanbietern zu. Hinsichtlich der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten stellt sich erneut das Problem der Grundrechtsträgerschaft. Grundsätzlich muss, das wurde bereits ausgeführt, juristischen Personen des öffentlichen Rechts der grundrechtliche Schutz versagt bleiben, da hinter ihnen keine natürlichen Personen stehen.1195 Allerdings ist auch hier eine Ausnahme zu machen. Auch der öffentlich-rechtliche Teil des Rundfunks ist Medium und Faktor der Meinungsbildung. Deshalb und weil Unterschiede zum privatrechtlich strukturierten Rundfunk hier nicht gerechtfertigt sind, ist auch den öffentlich-rechtlich strukturierten Rundfunkanbietern als juristischen Personen des öffentlichen Rechts der Schutz des Art. 5 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 GG in Form der Meinungsfreiheit zuzugestehen.1196 Zwar unterfällt ein Großteil der Kommentierungen der Bild- und Tonaufnahmen der Meinungsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 GG1197, jedoch ist hierauf nicht näher einzugehen, da es vorliegend nicht um sitzungspolizeiliches Vorgehen gegen die Begleitumstände der Aufnahmen, sondern um die Handhabung der Aufnahmen selbst geht. Wie bereits angesprochen ist der hier maßgebende Zeitpunkt der der richterlichen Entscheidung nach § 176 GVG. In diesem aber ist lediglich absehbar, dass die anzufertigenden beziehungsweise angefertigten Aufnahmen veröffentlicht werden, nicht aber wie. Daher betrifft die Entscheidung über die Anfertigung der Aufnahmen diesbezüglich die auf die Kommentare bezogene Meinungsfreiheit nicht. Bezüglich der Tonaufnahmen wurde oben festgestellt, dass die geäußerten Worte dem Äußernden als dessen Meinungskundgabe zuzurechnen sind. Allein durch die Publikation der Worte liegt keine Meinungsäußerung des Rundfunks vor.1198 Auch diesbezüglich ist die Meinungsfreiheit daher nicht einschlägig. 1193 Sachs/Bethge, Art. 5 RN 18; Schmitt Glaeser AöR 112 (1987), 215 (233); Ossenbühl ZUM 1999, 505 (507); dies kommt auch in BVerfGE 57, 295 (319) zum Ausdruck. 1194 BK/Degenhart, Art. 5 Abs. 1 und 2 RN 155; Sachs, Verfassungsrecht II B 4 RN 14; Jarass/Pieroth/Jarass, Art. 5 RN 8; Ipsen, Staatsrecht II, RN 383; Siekmann/ Duttge, Staatsrecht I, RN 428; Paschke, Medienrecht, RN 167; Erichsen Jura 1996, 84 (86); a. A. Reisnecker, Meinungsfreiheit, S. 89 f. 1195 Vgl. G. IV. 1. a). 1196 BVerfGE 57, 192 (196); BK/Degenhart, Art. 5 Abs. 1 und 2 RN 35; Sachs/ Bethge, Art. 5 RN 43; Sachs, Verfassungsrecht II B 4 RN 15; wohl auch Erichsen Jura 1996, 84 (86); a. A. anscheinend Jarass/Pieroth/Jarass, Art. 5 RN 8; Dreier I/ Schulze-Fielitz, Art. 5 I, II RN 119; Paschke, Medienrecht, RN 167. 1197 Ahrens, Persönlichkeitsrecht, RN 34; vgl. auch S. 174 FN 1600.

IV. Die Kommunikationsgrundrechte

385

Anders könnte es sich mit den Veröffentlichungen der Bildaufnahmen verhalten. Fraglich ist insofern, ob diese vom Grundrecht geschützte Äußerungen sind. Die Aufzählung von Wort, Schrift und Bild im Rahmen des Art. 5 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 GG hat nur beispielhaften Charakter. Über diese Begriffe hinaus werden alle Äußerungsformen und so auch die über und durch den Rundfunk erfasst.1199 Abzugrenzen sind Meinungen von Tatsachen. Im Unterschied zu Tatsachenbehauptungen sind Meinungsäußerungen durch das Element der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder des Meinens geprägt.1200 Es handelt sich insofern um eine subjektive Wertung.1201 Auch wenn der Begriff der Meinung, wie er in Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG verwandt wird, im Interesse eines umfassenden Grundrechtsschutzes weit zu verstehen ist1202, können die hier zu betrachtenden Bildaufnahmen nicht als Meinungsäußerungen verstanden werden. Im Gegensatz zu den Kommentierungen der Aufnahmen enthalten die Bildaufnahmen selbst keine Wertungen oder Stellungnahmen. Seit jeher1203 wird diskutiert, ob Art. 5 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 GG auch Tatsachenbehauptungen in den Schutzbereich einbezieht. Im Gegensatz zu Meinungen sind Tatsachen einem Wahrheitsbeweis zugänglich, können also objektiv geklärt werden.1204 Richtiger Ansicht nach sind Tatsachenbehauptungen dann in 1198

Vgl. G. I. 3. c) bb). Vgl. G. I. 5. b). 1200 BVerfGE 33, 1 (14); 61, 1 (8); 85, 1 (14); 90, 241 (247); OLG München NJWRR 2005, 1355 (1356); OLG München NJW-RR 2006, 328 (329); LG Bochum NJWRR 2006, 121 (124); Sachs/Bethge, Art. 5 RN 25; BK/Degenhart, Art. 5 Abs. 1 und 2 RN 93; von Münch/Kunig I/Wendt, Art. 5 RN 8; Gronau, Persönlichkeitsrecht und Medienfreiheit, S. 137; Stark, Ehrenschutz in Deutschland, S. 43; Bleckmann, Staatsrecht II, § 26 RN 14; Siekmann/Duttge, Staatsrecht I, RN 429; Sachs, Verfassungsrecht II, B 5 RN 3; Paschke, Medienrecht, RN 171; Schmitt Glaeser AöR 113 (1988), 52 (71); Stark JuS 1995, 689 (689); Ossenbühl JZ 1995, 633 (639); Grimm NJW 1995, 1697 (1698); Zacker DÖV 1997, 238 (242); Scholz/Konrad AöR 123 (1998), 60 (83); Ossenbühl ZUM 1999, 505 (509); Nolte/Tams JA 2002, 259 (259). 1201 BK/Degenhart, Art. 5 Abs. 1 und 2 RN 93; Reisnecker, Meinungsfreiheit, S. 48; Stock, Medienfreiheit, S. 164; Pieroth/Schlink, Staatsrecht II, RN 550; Schmitt Glaeser AöR 113 (1988), 52 (58); Tettinger JZ 1990, 846 (848); Grimm NJW 1995, 1697 (1698); Vesting AöR 122 (1997), 337 (339). 1202 BVerfGE 61, 1 (9); 71, 162 (179); BK/Degenhart, Art. 5 Abs. 1 und 2 RN 93; Dreier I/Schulze-Fielitz, Art. 5 I, II RN 50; Sachs/Bethge, Art. 5 RN 29; von Münch/ Kunig I/Wendt, Art. 5 RN 8; Jarass/Pieroth/Jarass, Art. 5 RN 2; Fechner, Medienrecht, RN 110; Paschke, Medienrecht, RN 168; Ricker/Schiwy, Rundfunkverfassungsrecht, B RN 10. 1203 Vgl. statt vieler m.w. N. Stark, Ehrenschutz in Deutschland, S. 44 f.; Schmitt Glaeser AöR 113 (1988), 52 (71). 1204 Statt vieler BVerfGE 94, 1 (8); BGHZ 139, 95 (102); BGH NJW 1982, 2248 (2249); BGH NJW 1988, 1589 (1590); BGH NJW 1996, 1131 (1133); BGH ZUM 1998, 834 (836); BGH NJW 2005, 279 (281); OLG Brandenburg NJW-RR 1995, 1429 (1429); OVG Rheinland-Pfalz NJW-RR 2006, 484 (485); Jarass/Pieroth/Jarass, Art. 5 RN 2; Paschke, Medienrecht, RN 171; Siekmann/Duttge, Staatsrecht I, RN 430; Stark, Ehrenschutz in Deutschland, S. 46 f.; Ahrens, Persönlichkeitsrecht, RN 33; Gro1199

386

G. Die Kriterien der Interessenabwägung

den Schutzbereich einzubeziehen, wenn sie erstens einen Bezug zur Meinungsbildung aufweisen1205 und sie zweitens Voraussetzung der Meinungsbildung sind1206. Drittens darf es sich, da die Funktion der Meinungsfreiheit anderenfalls in Gefahr gerät1207, bei den Tatsachen nicht um erwiesen oder bewusst unwahre Tatsachen handeln.1208 Für die Einbeziehung von Tatsachen in den Schutzbereich lässt sich anführen, dass die Meinungsbildung zu einem Großteil auf der Kenntnis von Tatsachen basiert. Es wäre mit der Intention des Art. 5 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 GG nicht vereinbar, wenn gerade diejenigen Stellungnahmen aus dem Schutzbereich ausgeklammert würden, die die öffentliche Meinungsbildung in einem erheblichen Maße beeinflussen beziehungsweise erst ermöglichen.1209 Überdies ist eine Trennung von Meinung und Tatsache nur selten verlässlich durchführbar.1210 Nahezu jede Mitteilung einer Tatsache steht in einem nau, Persönlichkeitsrecht und Medienfreiheit, S. 140, 183; Degenhart FS-Lukes, S. 287 (294); Rüthers FS-Löffler, S. 303 (307); Vesting AöR 122 (1997), 337 (340 f.); Scholz/Konrad AöR 123 (1998), 60 (84); Ossenbühl ZUM 1999, 505 (509); kritisch m.w. N. Kübler JZ 1984, 541 (547); Scherer ZRP 1990, 332 (337); Hager AcP 196 (1996), 168 (213 f.). 1205 Reine Tatsachenbehauptungen wie Angaben im Rahmen statistischer Erhebungen sind daher nicht erfasst. Siehe nur BVerfGE 61, 1 (4); Gronau, Persönlichkeitsrecht und Medienfreiheit, S. 145. 1206 BVerfGE 54, 208 (219); 61, 1 (8); 65, 1 (41); 85, 1 (15); 90, 1 (15); 90, 241 (246); 94, 1 (7); BVerfG NJW 2000, 199 (200); Sachs/Bethge, Art. 5 RN 27; BK/ Degenhart, Art. 5 Abs. 1 und 2 RN 99; Stark, Ehrenschutz in Deutschland, S. 44; Herrmann, Fernsehen und Hörfunk, S. 65; Ricker/Schiwy, Rundfunkverfassungsrecht, B RN 10; Lerche FS-Lorenz, S. 143 (144); Leisner UFITA 37 (1962), 129 (138 ff.); Tettinger JZ 1990, 846 (847); Heselhaus NVwZ 1992, 740 (741); Grimm NJW 1995, 1697 (1699); Zacker DÖV 1997, 238 (242); Ossenbühl ZUM 1999, 505 (509); kritisch Huster NJW 1996, 487 (487 ff.). 1207 Vgl. BVerfGE 12, 113 (120); 12, 208 (219); 54, 208 (219); 61, 1 (8); 85, 1 (15); 90, 241 (248); BVerfG NJW 1999, 1322 (1324); Jarass/Pieroth/Jarass, Art. 5 RN 5; Hager AcP 196 (1996), 168 (184 f.). 1208 BVerfGE 54, 208 (219); 61, 1 (8); 54, 208 (219 f.); 66, 116 (149); 85, 1 (15); 90, 1 (15); 90, 241 (247); 99, 185 (197); BVerfG NJW 1999, 1322 (1324); BVerwGE 55, 232 (241); BGHZ 139, 95 (101); BGH NJW 1998, 3047 (3048); OLG München NJW-RR 2005, 1355 (1356); Sachs/Bethge, Art. 5 RN 28; BK/Degenhart, Art. 5 Abs. 1 und 2 RNn 104, 107; Jarass/Pieroth/Jarass, Art. 5 RN 5; Mackeprang, Ehrenschutz, S. 234; Stark, Ehrenschutz in Deutschland, S. 52 ff.; Gronau, Persönlichkeitsrecht und Medienfreiheit, S. 146 ff.; Sachs, Verfassungsrecht II B 4 RN 8; Siekmann/ Duttge, Staatsrecht I, RN 430; Pieroth/Schlink, Staatsrecht II, RN 555; Hufen, in: Meinungsfreiheit, S. 1 (4); Zippelius FS-Hubmann, S. 511 (518); Hager AcP 196 (1996), 168 (184); Ossenbühl ZUM 1999, 505 (510); Soehring/Seelmann-Eggebert NJW 2005, 571 (575); kritisch Dreier I/Schulze-Fielitz, Art. 5 I, II RN 65; a. A. von Münch/Kunig I/Wendt, Art. 5 RN 10; Ipsen, Staatsrecht II, RN 390; Thieme DÖV 1980, 149 (150); Schmitt Glaeser JZ 1983, 95 (97); Zacker DÖV 1997, 238 (243 f.); wohl auch Stock, Medienfreiheit, S. 166; Stein/Frank, Staatsrecht, S. 297 f. 1209 Ähnlich Stark, Ehrenschutz in Deutschland, S. 44. 1210 So auch Dreier I/Schulze-Fielitz, Art. 5 I, II RN 65; BK/Degenhart, Art. 5 Abs. 1 und 2 RN 101; Reisnecker, Meinungsfreiheit, S. 54; Ahrens, Persönlichkeitsrecht, RN 33; Bosman, Rundfunkfreiheit und Programmgrundsätze, S. 6 f.; Gronau,

IV. Die Kommunikationsgrundrechte

387

wertenden Kontext. Umgekehrt ist fast jede Meinungsäußerung eine Mischung aus Tatsachen und Wertungen.1211 Mithin sind Tatsachen in den Schutzbereich der Meinungsfreiheit einzubeziehen.1212 Ob die Bildaufnahmen als Tatsachenbehauptungen anzusehen sind, erscheint jedoch zweifelhaft. Zwar geben sie einen zeitlich begrenzten Ausschnitt des jeweiligen Sitzungsgeschehens wieder und sind hinsichtlich ihres Wahrheitsgehaltes überprüfbar, jedoch werden die Aufnahmen nicht behauptet, sondern lediglich publiziert. Von daher spricht alles dafür, die Aufnahmen nicht als vom Art. 5 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 GG umfasst anzusehen. Hieran ändert auch der Umstand nichts, dass die Aufnahmen mitunter in erheblichem Maße die Meinungsbildung, insbesondere über Angeklagte und Verurteilte, beeinflussen. Mithin ist bereits der Schutzbereich nicht betroffen, wenn es um die Publikation von Bildund Tonaufnahmen aus dem Umfeld der strafgerichtlichen Hauptverhandlung geht. Daher muss der Vorsitzende Richter die Meinungsfreiheit nicht in die von ihm durchzuführende Interessen- und Güterabwägung einbinden. c) Informationsfreiheit Die Meinungsfreiheit wird durch die Informationsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 GG ergänzt und steht somit neben ihr.1213 Grundlage einer jeden Persönlichkeitsrecht und Medienfreiheit, S. 142, 200; Fechner, Medienrecht, RN 110; Paschke, Medienrecht, RN 170; Sachs, Verfassungsrecht II B 4 RN 4; Bleckmann, Staatsrecht II, § 26 RN 16; Siekmann/Duttge, Staatsrecht I, RN 430; Ipsen, Staatsrecht II, RN 388; Stein/Frank, Staatsrecht, S. 297; Rüthers FS-Löffler, S. 303 (307 f.); Hoffmann NJW 1996, 1200 (1200); Schmitt Glaeser AöR 113 (1988), 52 (75); Erichsen Jura 1996, 84 (85); Ossenbühl ZUM 1999, 505 (509); Nolte/Tams JA 2002, 259 (260); a. A. Rühl AfP 2000, 17 (17 ff.). 1211 Auf das jeweilige Schwergewicht der Äußerung abzustellen [so BGHZ 65, 325 (329 f.); Degenhart FS-Lukes, S. 287 (294); Rüthers FS-Löffler, S. 303 (309); Geppert Jura 1983, 530 (541)], ist verfehlt, da die eigentliche Problematik nur verschoben wird. Verlässliche Kriterien dafür, wann der Schwerpunkt in ausreichendem Maße bei der einen oder bei der anderen Äußerung liegt, existieren nicht. Vgl. zur Kritik Stark, Ehrenschutz in Deutschland, S. 48 ff. 1212 Ob den Tatsachen Meinungsqualität zugesprochen (kritisch hierzu Rüthers FSLöffler, S. 303 (308); Stark, Ehrenschutz in Deutschland, S. 46; auf die Problematik weist zum Beispiel Sachs, Verfassungsrecht II B 4 RN 4 hin.), eine Vermutung zu Gunsten einer Meinungsäußerung angenommen [so BVerfGE 85, 1 (15 f.); BVerfG AfP 1994, 126 (127); NJW 1983, 1415 (1416); Gronau, Persönlichkeitsrecht und Medienfreiheit, S. 200; Soehring, Das Recht der journalistischen Praxis, RN 14.2; Grimm NJW 1995, 1697 (1699); ablehnend Ossenbühl ZUM 1999, 505 (510)] oder Tatsachen als solche dem Grundrecht unterworfen werden [so beispielsweise auch Vesting AöR 122 (1997), 337 (341)], soll hier nicht weiter interessieren. 1213 BVerfGE 27, 71 (80); 27, 104 (108 f.); 28, 175 (188); 33, 52 (65); Jarass/Pieroth/Jarass, Art. 5 RN 14; BK/Degenhart, Art. 5 Abs. 1 und 2 RN 933; Zschiedrich, Informationsanspruch, S. 35; Windsheimer, Interpretationsgrundlage, S. 118 f.; Pieroth/Schlink, Staatsrecht II, RN 571; Paschke, Medienrecht, RN 182; Fechner, Medien-

388

G. Die Kriterien der Interessenabwägung

Meinungsbildung, -äußerung und -verbreitung sind Informationen, deren ungehindertes Erlangen durch die Informationsfreiheit geschützt werden soll. Es wird damit der öffentlichen Meinungsbildung gedient.1214 Nicht zuletzt weil der gesamte Staat eine möglichst gut und umfassend informierte Gesellschaft benötigt1215, kommt auch der Informationsfreiheit ein für die freiheitliche Demokratie schlechthin konstitutiver Charakter zu.1216 Dass das Grundrecht aus Art. 5 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 GG über Art. 19 Abs. 3 GG sowohl den privatrechtlichen als auch den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanbietern zusteht, wurde bereits dargestellt.1217 Soweit die Rundfunkanbieter also an der Zugänglichkeit einer für jedermann geöffneten Informationsquelle teilhaben, wird der Zugang durch die Informationsfreiheit geschützt.1218 Relevant werden kann die Informationsfreiheit ausschließlich in Bezug auf die Anfertigung der personenbezogenen Bild- und Tonaufnahmen. Dass mit den Aufnahmen Persönlichkeitsrechte verletzt werden1219, spielt für die Schutzbereichseröffnung keine Rolle, da auch die rechtsverletzende Informationsbeschaffung geschützt wird, sofern sie auf einer öffentlich zugänglichen Informationsquelle beruht.1220 Während es sich bei dem Geschehen der Hauptverhandlung und der Sitzung ohne weiteres um allgemein zugängliche Quellen1221 handelt, ist dies im Hinblick auf das äußerliche Erscheinungsbild und die Stimme der jeweils aufzunehmenden Personen jedoch nicht der Fall. Denn diese Informationen sind der Allgemeinheit zwar tatsächlich zugänglich, jedoch sind sie nicht dazu bestimmt, der Allgemeinheit Informationen zu liefern. Zudem kann nur der Berechtigte, hier die aufzunehmende Person selbst, darüber entscheiden, welche Informationen über sie allgemein zugänglich sein sollen.1222 Hieran wird die Parallele zu der nach den Persönlichkeitsrechten erforderlichen Einwilligung recht, RN 135; ausführlich Stock, Medienfreiheit, S. 167 ff.; Fuhr FS-Armbruster, S. 117 (120); Schmitt Glaeser Jura 1987, 567 (567); Schmitt Glaeser AöR 113 (1988), 52 (58); Tettinger JZ 1990, 846 (848). 1214 Sachs/Bethge, Art. 5 RN 18; Schmitt Glaeser AöR 112 (1987), 215 (233); Lerche Jura 1995, 561 (562). Dies kommt auch in BVerfGE 57, 295 (319) zum Ausdruck. 1215 BK/Degenhart, Art. 5 Abs. 1 und 2 RN 318; Gronau, Persönlichkeitsrecht und Medienfreiheit, S. 213; Bleckmann, Staatsrecht II, § 26 RN 37; Lodde, Informationsrechte, S. 121, 123; Geiger FS-Arndt, S. 119 (121, 133). 1216 BVerfGE 27, 71 (81); 35, 202 (221); 77, 65 (74); von Münch/Kunig I/Wendt, Art. 5 RN 1; Laschet, Programmgrundsätze, S. 101; Bleckmann, Staatsrecht II, § 26 RN 32; Siekmann/Duttge, Staatsrecht I, RN 455; Ricker/Schiwy, Rundfunkverfassungsrecht, B RN 9; Fuhr FS-Armbruster, S. 117 (120); Schmitt Glaeser Jura 1987, 567 (568); Tettinger JZ 1990, 846 (848 f.). 1217 Vgl. G. IV. 1. a). 1218 BVerfGE 103, 44 (59) = ZUM 2001, 220 (224). 1219 Vgl. G. IV. 1. 1220 von Münch/Kunig I/Wendt, Art. 5 RN 29; a. A. Schmitt Glaeser Jura 1987, 567 (572). 1221 Vgl. G. IV. 1. a) bb) (2).

V. Weitere Kriterien der Abwägung

389

deutlich. Auch im Rahmen des Art. 5 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 GG kommt es auf den Willen der jeweiligen Person an. Da sich die hier gegenständlichen Bild- und Tonaufnahmen nicht auf allgemein zugängliche Informationsquellen im Sinne der Informationsfreiheit stützen, ist der sachliche Schutzbereich des Grundrechts nicht betroffen. Aus diesem Grund kann das Recht aus Art. 5 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 GG auch nicht in den sitzungspolizeilichen Abwägungsprozess einfließen. 3. Ergebnis Als einziges Kommunikationsgrundrecht ist folglich die Rundfunkfreiheit in die Abwägung einzubeziehen. Dies ist in mehrfacher Hinsicht von Relevanz, da es erstens die Anfertigung der Aufnahmen und zweitens auch die Veröffentlichung derselben umfasst. Die hohe Bedeutung des Art. 5 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GG, die daraus resultiert, dass der Kern der Rundfunkfreiheit in Form der Programmfreiheit betroffen ist, wird dadurch relativiert, dass die sich direkt aus der Verfassung entnehmbaren Anforderungen an die Rundfunkanbieter bezüglich der Strafgerichtsberichterstattungen nur unzureichend erfüllt werden. Dennoch darf die Bedeutung dieses Grundrechts nicht unterschätzt werden.

V. Weitere Kriterien der Abwägung Neben den bisher aufgeführten vier Ansatzpunkten für Kriterien, die im Rahmen der Abwägung nach § 176 GVG zu berücksichtigen sind, kommen weitere in Betracht. Namentlich sind dies Berufsfreiheit, Menschenwürde, Informationsgehalt von Bild- und Tonaufnahmen, Erforderlichkeit der Aufnahmen für eine Berichterstattung, Informationsbedürfnis der Allgemeinheit und Ausrichtung des Strafverfahrens am Präventionsgedanken. Bis auf den letztgenannten Aspekt wurden sämtliche dieser Kriterien bereits in den vorstehenden Ausführungen dargestellt, weshalb sich hier kurz gefasst werden kann. Sie haben damit mehrfache Bedeutung, auf der einen Seite sind sie eigenständige Abwägungsfaktoren des § 176 GVG, und auf der anderen Seite spielen sie in anderen Kriterien eine nicht unerhebliche Rolle. 1. Berufsfreiheit Ein Grundrecht, das in der Entscheidungsfindung des § 176 GVG einzubinden ist, ist die Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG, welche ein einheitliches 1222 Herrmann, Fernsehen und Hörfunk, S. 74; Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 16; Herrmann, Rundfunkrecht, § 5 RN 17; Lerche Jura 1995, 561 (563); Enders NJW 1996, 2712 (2713).

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G. Die Kriterien der Interessenabwägung

Grundrecht darstellt.1223 Es enthält ein zentrales Freiheitsrecht, das die freie Entfaltung der Persönlichkeit zur materiellen Sicherung der Lebensgrundlage schützt.1224 Vor dem Hintergrund der Betroffenheit der Rundfunkfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GG könnte man an der Anwendbarkeit des Art. 12 Abs. 1 GG zweifeln. Indes geht die herrschende Meinung1225 zu Recht von einem Verhältnis der Idealkonkurrenz, also von einer parallelen Anwendbarkeit der Berufs- und Rundfunkfreiheit aus. Ein Spezialitätsverhältnis zwischen den Grundrechten1226 ist abzulehnen. Wer nämlich unter den Schutz der Rundfunkfreiheit fällt, muss nicht zwangsläufig den Berufsbegriff des Art. 12 Abs. 1 GG erfüllen.1227 Liegt dagegen ein Beruf vor, so ist kein Grund ersichtlich, weshalb das speziell hierfür geschaffene Grundrecht, die Berufsfreiheit, nicht auch eingreifen soll. Dass es zu Überschneidungen der Schutzbereiche kommt, ist die hinzunehmende Konsequenz des umfassend gewährleisteten Grundrechtsschutzes durch das Grundgesetz. Einer Idealkonkurrenz steht Art. 5 Abs. 2 GG nicht entgegen1228, denn ein etwaiger Eingriff in die Rundfunkfreiheit wird nach wie vor anhand von Art. 5 Abs. 2 GG überprüft. Deshalb sind die beiden Grundrechte nebeneinander anwendbar. Wie bereits dargestellt, muss zwischen den hier in Betracht kommenden Grundrechtsträgern unterschieden werden. Während bei den Rundfunkanbietern Art. 12 Abs. 1 GG bezüglich der Veröffentlichung von Bild- und Tonaufnah-

1223 BVerfGE 7, 377 (401); 92, 140 (151); 95, 193 (214); Sachs/Tettinger, Art. 12 RNn 8, 55; Jarass/Pieroth/Jarass, Art. 12 RN 1; Pieroth/Schlink, Staatsrecht II, RNn 808 f.; Sachs, Verfassungsrecht II, B 12 RNn 2, 32; Stein, Staatsrecht, S. 363; Ipsen, Staatsrecht II, RN 595; Siekmann/Duttge, Staatsrecht I, RN 570; Erichsen Jura 1980, 551 (551); Tettinger AöR 108 (1983), 92 (105); Höfling DVBl. 1987, 881 (883); Gusy JA 1992, 257 (259 f.); Hufen NJW 1994, 2913 (2917). 1224 BVerfGE 54, 301 (313); 63, 266 (286); 81, 242 (254); 97, 12 (25); Sachs/Tettinger, Art. 12 RN 9; Jarass/Pieroth/Jarass, Art. 12 RN 2; Hoffmann, Berufsfreiheit, S. 70; Larenz FS-Klingmüller, S. 235 (242); Bryde NJW 1984, 2177 (2181); Czybulka NVwZ 1991, 145 (145); Tettinger DVBl. 1999, 679 (684); Tettinger GewArch 1999, 265 (267). 1225 Sachs/Tettinger, Art. 12 RN 167; Jarass/Pieroth/Jarass, Art. 5 RN 24; HStR V/ Breuer, § 147 RN 99; Neben, Personenberichterstattung, S. 111; Bleckmann, Staatsrecht II, § 33 RN 60; Sachs, Verfassungsrecht II, B 12 RN 55; auf die vergleichbare Konstellation Pressefreiheit – Berufsfreiheit bezogen: Degen, Pressfreiheit, Berufsfreiheit, Eigentumsgarantie, S. 66 ff.; a. A. (Pressefreiheit) unter anderem VG Berlin DÖV 1975, 124 (135); Czaika, Pressefreiheit, S. 126; Groß DVBl. 1970, 337 (341); Scholz DÖV 1975, 136 (136). 1226 So von Mangoldt/Klein/Starck I/Manssen, Art. 12 RN 273. 1227 Für die Pressefreiheit Degen, Pressefreiheit, Berufsfreiheit, Eigentumsgarantie, S. 68. 1228 Anders Lahusen, Presseberufe im Gemeinsamen Markt, S. 70; Füchtenbusch, Die Möglichkeiten polizeilichen Handelns im Rahmen von Art. 5 Abs. 1 und 2 des Grundgesetzes, S. 44.

V. Weitere Kriterien der Abwägung

391

men in Betracht kommt, ist dies bei den Mitarbeitern des Rundfunks im Hinblick auf die Anfertigung der Fall. Hinsichtlich der Rundfunkanbieter ist der sachliche Schutzbereich vorliegend nicht eröffnet. Geschützt wird nur die erwerbswirtschaftliche Tätigkeit der Unternehmen.1229 Geht es um Massenmedien im Allgemeinen, so ist deshalb zwischen direkt erwerbswirtschaftlichen und publizistischen Tätigkeiten zu unterscheiden. Da die Publikation der personenbezogenen Bild- und Tonaufnahmen aus dem Umfeld der strafgerichtlichen Hauptverhandlung dem publizistischen und nicht (auch) dem direkt erwerbswirtschaftlichen Bereich zuzuordnen ist, muss ein diesbezüglicher Schutz über Art. 12 Abs. 1 GG versagt bleiben.1230 Anderes gilt für die Personen, die am Aufnahmeprozess mitwirken und auf diese Weise für die Rundfunkanbieter tätig werden. Diese Personen1231 üben mit ihren Tätigkeiten, die der Aufnahmeherstellung dienen, unabhängig davon, ob sie selbständig oder unselbständig agieren, Berufe im Sinne des Art. 12 Abs. 1 GG1232 aus.1233 Sitzungspolizeiliche Vorgaben, wie beziehungsweise ob personenbezogene Bild- und Tonaufnahmen im Sitzungsbereich angefertigt werden können, regeln Ort, Inhalt, Umfang und Dauer der Aufnahmen, betreffen so die Berufsausübung dieser Personen. Um in die Entscheidung des § 176 GVG einfließen zu können, müssten entsprechende sitzungspolizeiliche Maßnahmen auch Eingriffe in die Berufsfreiheit darstellen. Da eine nahezu unbegrenzte Anzahl von hoheitlichen Maßnahmen denkbar ist, die zumindest in mittelbarer Weise auf die umfassend gewährte Berufsfreiheit einwirken, muss zwischen Maßnahmen mit direktem Berufsbezug und solchen ohne berufsregelnde Zielrichtungen unterschieden werden. Ist ein direkter Berufsbezug gegeben1234, ist ein Eingriff in Art. 12 Abs. 1 GG ohne weiteres zu bejahen. Fehlt es an diesem direkten Bezug, ist ein Eingriff dann anzunehmen, wenn ihm eine sogenannte objektiv berufsregelnde Tendenz1235 innewohnt.1236 Auf diese Unterscheidung 1229

Vgl. G. I. 3. c) bb). Vgl. G. I. 3. c) bb). 1231 Zum personellen Schutzbereich vgl. G. I. 3. a) bb) (2). 1232 Zum Berufsbegriff G. I. 3. a) bb) (2). 1233 Vgl. G. I. 3. a) bb) (2). 1234 Das ist der Fall, wenn sich die Maßnahmen unmittelbar auf einen Beruf beziehen und die berufliche Tätigkeit ganz oder teilweise unterbinden. Vgl. BVerfGE 13, 181 (185); 82, 209 (223); Jarass/Pieroth/Jarass, Art. 12 RN 11; Sachs/Tettinger, Art. 12 RN 71; Siekmann/Duttge, Staatsrecht I, RN 586. 1235 Eine derartige Tendenz ist zu bejahen, wenn die staatliche Maßnahme gerade auf die Berufsregelung zielt oder sich unmittelbar auf die berufliche Tätigkeit auswirkt. Vgl. Pieroth/Schlink, Staatsrecht II, RN 823; ähnlich auch Borrmann, Berufsfreiheit, S. 77. 1236 BVerfGE 13, 181 (186); 16, 147 (162); 38, 61 (79); 49, 24 (47); 70, 191 (214); 82, 209 (223 f.); 95, 267 (302); 97, 228 (254); 98, 218 (258); BVerwGE 71, 183 (191); 87, 37 (42 f.); BVerwG NJW 1999, 3404 (3405); Sachs/Tettinger, Art. 12 RN 73; Jarass/Pieroth/Jarass, Art. 12 RN 12; Hen, Grundrechte, S. 107; Sachs, Ver1230

392

G. Die Kriterien der Interessenabwägung

soll hier jedoch nicht näher eingegangen werden. Beschränkt der Vorsitzende Richter die Möglichkeiten der Aufnahmeanfertigung, so wendet sich diese Maßnahme direkt gegen die Personen, die an der Anfertigung der Aufnahmen beteiligt sind. Es werden also Art und Weise der Berufsausübung im Gerichtsbereich direkt geregelt. In derartigen Fällen liegt regelmäßig ein unmittelbarer Berufsbezug und so ein Eingriff in die Berufsfreiheit vor.1237 Überdies läge die geforderte objektiv berufsregelnde Tendenz vor, da die berufliche Tätigkeit unmittelbar betroffen ist und auch darauf abgezielt wird. Mithin ist mit der Berufsfreiheit ein weiteres Grundrecht gefunden, das in die Abwägung des Vorsitzenden einzubeziehen ist. Abschließend sei erneut bemängelt, dass die Betroffenheit der Berufsfreiheit in Rechtswissenschaft und Rechtsprechung kaum berücksichtigt wird. 2. Menschenwürde Einen, so weit ersichtlich, kaum beachteten, im Laufe der Arbeit bereits angesprochenen Ansatz verfolgen Ernst 1238 und Schneider1239. Sie argumentieren mit der Menschenwürde nach Art. 1 Abs. 1 GG. Die Abgebildeten würden zum bloßen Objekt der Medien degradiert.1240 Der Staat dürfe nicht zulassen, dass Angeklagte und Verurteilte, die in einem besonderen Gewaltverhältnis zum Staat stehen, den Medien hilflos ausgeliefert sind.1241 Art. 1 Abs. 1 S. 2 GG bringt in der Tat deutlich zum Ausdruck („. . . zu achten und zu schützen . . .“), dass der Normgehalt des Grundrechts1242 nicht nur auf einen bloßen Abwehrcharakter gegenüber jedwedem staatlichen Handeln beschränkt ist, sondern auch fassungsrecht II, B 12 RN 26; Siekmann/Duttge, Staatsrecht I, RN 586; Erichsen Jura 1980, 551 (554); Hohmann DVBl. 2000, 406 (408); für die Aufgabe dieses Kriteriums und für eine Erweiterung der erfassten Eingriffe Glos, Berufsfreiheit und Grundfreiheiten, S. 181; Sodan DÖV 1987, 858 (864); Tettinger GewArch 1999, 265 (267). 1237 Sachs/Tettinger, Art. 12 RN 71; Glos, Berufsfreiheit und Grundfreiheiten, S. 181; Erichsen Jura 1980, 551 (554). 1238 Ernst ZUM 1996, 187 (190). 1239 Schneider JuS 1963, 346 (347). 1240 Ähnlich Stürner JZ 1995, 297 (298) „. . . Objekt der Schaulust . . .“; ähnlich auch Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 372 f., der unter diesem Blickwinkel die Rechtfertigung der identifizierenden Gerichtsberichterstattung durch Generalprävention diskutiert; ebenso wohl auch Neben, Personenberichterstattung, S. 289 und Schäfer, Die Praxis des Strafverfahrens, RN 837. 1241 Als einen vergleichbaren Fall führt Ernst ZUM 1996, 187 (190 FN 41) die „Peep-Show-Entscheidung“ des Bundesverwaltungsgerichts [BVerwGE 64, 274 (274 ff.)] an, in welchem der Staat zum Schutze der Menschenwürde ebenfalls angehalten gewesen sein sollte, die Möglichkeiten zur Abwehr entsprechender Angriffe zu nutzen. 1242 So auch Ipsen, Staatsrecht II, RN 219; Dreier I/Dreier, Art. 1 I RN 127 f. stellt dagegen den Grundrechtscharakter in Abrede und bezeichnet Art. 1 Abs. 1 GG als Grundprinzip; vgl. zu den Argumenten für einen Grundrechtscharakter Bleckmann,

V. Weitere Kriterien der Abwägung

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eine Schutzdimension als subjektiv-rechtliche Gewährleistung beinhaltet.1243 Deshalb obliegt es dem Staat in seinem Zuständigkeitsbereich, alle Menschenwürdeverletzungen, gleichgültig ob diese durch staatliche Organe oder von privater Hand erfolgen, zu verhindern beziehungsweise zu ahnden.1244 Diese Schutzpflicht bedeutet für den hier gegenständlichen § 176 GVG, dass der Vorsitzende Richter darauf Acht zu geben hat, dass die Menschenwürde der im Sitzungsbereich anwesenden Personen gewahrt wird.1245 Wird diese Position durch die Rundfunkanbieter gefährdet oder verletzt, müsste der Vorsitzende Richter entsprechend tätig werden. Es erscheint sehr verlockend, dem dargestellten Ansatz folgend, die vermeintlich offensichtliche Objektstellung des Abgebildeten und damit eine Beeinträchtigung der Menschenwürde zu bejahen. Hierfür aber liefert das erste „PeepShow-Urteil“ des Bundesverwaltungsgerichts1246 keine Argumente.1247 Zwar stützte das Gericht sein Urteil maßgeblich auf einen Verstoß gegen die Menschenwürde, jedoch ging es inhaltlich primär um die Frage nach einem Schutz der Menschenwürde gegen sich selbst, also darum, ob dem im Privatrechtsverkehr freiwillig agierenden Menschen, der sich die entwürdigende objekthafte Rolle, die übrigens keine Probleme aufwarf, selbst zuweist, diese Autonomie zu belassen oder auf Grund des Art. 1 Abs. 1 S. 2 GG zu beschränken ist.1248 Deshalb lag und liegt die Bedeutung der Entscheidung in der Feststellung, dass die freiwillig agierenden Frauen über Art. 1 Abs. 1 S. 2 GG vor ihrer eigenen Entscheidung geschützt werden müssen. Daran, dass die Menschenwürde verletzt ist, wurde damals nicht gezweifelt. Im Hinblick auf Menschenwürdeverletzungen des Rundfunks können keine Schlüsse gezogen werden. Überdies war auch das Bundesverwaltungsgericht dann in seiner zweiten diesbezüglichen Entschei-

Staatsrecht II, § 21 RN 27; vgl. auch je m.w. N. Geddert-Steinacher, Menschenwürde, S. 167 ff.; Höfling, Offene Grundrechtsinterpretation, S. 108 ff. 1243 BVerfGE 45, 187 (254); Sachs/Höfling, Art. 1 RN 38; Geddert-Steinacher, Menschenwürde, S. 93 f.; Enders, Menschenwürde, S. 335, 342; Ipsen, Staatsrecht II, RN 221; Pieroth/Schlink, Staatsrecht II, RN 350; Stein/Frank, Staatsrecht, S. 451; Dürig AöR 81 (1956), 117 (132); Gusy DVBl. 1982, 984 (985). 1244 BVerfGE 1, 97 (104); BVerwG 64, 274 (278); Sachs/Höfling, Art. 1 RN 39; Dreier I/Dreier, Art. 1 I RNn 135, 149; BK/Zippelius, Art. 1 Abs. 1 u. 2 RN 22; Jarass/Pieroth/Jarass, Art. 1 RN 10; Ipsen, Staatsrecht II, RN 221; Siekmann/Duttge, Staatsrecht I, RN 209; Starck JZ 1981, 457 (459); Ernst ZUM 1996, 187 (190 FN 41). 1245 Geddert-Steinacher, Menschenwürde, S. 94 f. 1246 BVerwGE 64, 274 (280); zustimmend zum Beispiel Redeker BayVBl. 1985, 73 (78); Gronimus JuS 1985, 174 (176); ablehnend zum Beispiel Dreier I/Dreier, Art. 1 I RN 152; Pieroth/Schlink, Staatsrecht II, RN 356 f.; Ipsen, Staatsrecht II, RN 226 f.; Gusy DVBl. 1982, 984 (985 ff.); Höfling NJW 1983, 1582 (1584). 1247 Anders Ernst ZUM 1996, 187 (190 FN 41). 1248 Dreier I/Dreier, Art. 1 I RN 151 f.; allgemein zu diesem Problem GeddertSteinacher, Menschenwürde, S. 86 ff.; vgl. insbesondere Hillgruber, Der Schutz des Menschen vor sich selbst, S. 104 ff.; von Münch FS-Ipsen, S. 113 (113 ff.).

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G. Die Kriterien der Interessenabwägung

dung1249 wesentlich zurückhaltender, was die Argumentation mit Art. 1 Abs. 1 GG angeht. Oben wurde bereits dargestellt, dass die Objektformel zur Begründung von Verletzungen der Menschenwürde nur im Ansatz dienlich ist. Mangels ausreichender Bestimmtheit hilft sie nicht weiter. Zu fragen ist vielmehr, ob der Kernbereich der menschlichen Existenz betroffen ist.1250 Genau daran fehlt es aber, wenn es um die Herstellung beziehungsweise Veröffentlichung von personenbezogenen Bild- und Tonaufnahmen geht.1251 Eine Verletzung der Menschenwürde kann in den diskutierten Fällen der personenbezogenen Bild- und Tonaufnahmen aus dem Sitzungsbereich also nicht angenommen werden. Mithin spielt Art. 1 Abs. 1 GG in der Abwägung keine Rolle. Aus dem Umstand der, soweit ersichtlich, fehlenden Beschäftigung mit dieser Thematik1252 sowohl in der Rechtsprechung als auch im Schrifttum lässt sich schließen, dass auch die herrschende Meinung davon ausgeht, dass mit den Aufnahmen keine Beeinträchtigung der Menschenwürde durch die Medien gegeben ist. Art. 1 Abs. 1 GG darf nicht zu einem Auffangtatbestand dahingehend verkommen, dass mangels Argumenten zur Sache mit der Menschenwürde argumentiert wird.1253 3. Informationsinteresse der Allgemeinheit an den Aufnahmen Auch das öffentliche Informationsinteresse an den personenbezogenen Bildund Tonaufnahmen stellt ein bedeutendes Abwägungskriterium dar.1254 Es spielt sowohl im Rahmen der persönlichkeitsrechtlichen Betrachtungen als auch als eigenständiger Bestandteil der Abwägung eine wesentliche Rolle. An 69 Prozent der Landgerichte wird das Vorliegen eines Interesses der Öffentlichkeit am konkreten Strafverfahren im Rahmen der aufnahmebezogenen Entscheidungsfindung berücksichtigt.1255 Hinsichtlich der aufnahmebezogenen Informationsinteressen, die ein Interesse an der Identifizierbarkeit der aufzunehmenden oder aufgenommenen Person bedeuten, kann auf das oben Gesagte verwiesen 1249

BVerwGE 84, 314 (317 ff.). Vgl. G. I. 3. c) bb). 1251 Vgl. G. I. 3. c) bb). 1252 Hier ist Kritik angebracht. Auch wenn das Ergebnis nach Ansicht des Verfassers eine Verletzung der Menschenwürde verneint, ist der diesbezügliche Ansatz doch keinesfalls einer Diskussion unwürdig. 1253 Als Beispiel sei auf die instanzliche Folge von Prozessen gegen die damalige Deutsche Bundespost verwiesen, in denen sich die Frage stellte, ob die Namensschreibung auf den Abrechnungsformularen anstatt mit „ö“ mit „oe“ eine Verletzung der Menschenwürde darstellt; vgl. BVerwGE 31, 236 (237 f.); VGH Kassel DÖV 1968, 356 f.; VG Frankfurt DVBl. 1966, 383 f. 1254 Lilie, in: AE-StuM, S. 116 (125). 1255 Vgl. die Auswertung zu Frage 9 des Fragebogens in Anlage 3. 1250

V. Weitere Kriterien der Abwägung

395

werden.1256 Auch wenn zwischen den einzelnen Personengruppen differenziert werden muss, hat sich doch gezeigt, dass nur in den wenigsten Fällen ein solches Interesse der Bevölkerung anzunehmen ist. An Aufnahmen von Angeklagten und Verurteilten aus dem Sitzungsbereich1257 ist grundsätzlich erst dann ein bildnisbezogenes Interesse anzuerkennen, wenn es um Strafverfahren geht, die Straftaten im Bereich der absolut schwersten Kriminalität zum Gegenstand haben. Ausnahmen sind lediglich dann möglich, wenn es sich bei den Angeklagten und Verurteilten um Personen handelt, die besondere öffentlichkeitswirksame Tätigkeiten ausüben, wie zum Beispiel Amtsträger oder hochrangige Politiker. Weiterhin ist die Erkenntnis von Bedeutung, dass auch Richter und Staatsanwälte in aller Regel keinem Informationsinteresse der Bevölkerung unterliegen.1258 Ein solches lässt sich weder mit der notwendigen Kontrolle des hoheitlichen Handelns dieser Personen begründen, noch mit einem Verweis auf angeklagte oder verurteilte Personen der Zeitgeschichte. Nur in sehr seltenen Fällen kann das Ergebnis anders ausfallen. Noch deutlicher wird das hinsichtlich der restlichen in Betracht kommenden Verfahrensbeteiligten. So fehlt es gänzlich am Informationsinteresse an Bildund Tonaufnahmen der Strafverteidiger.1259 Dies gilt unabhängig von den Fragen, wer verteidigt wird und um welche zur Last gelegten Straftaten es sich handelt. Im Ergebnis gilt gleiches für Zeugen und Sachverständige.1260 Vor allem in Bezug auf die Opfer rückt das Interesse daran, identifizierende Informationen zu erlangen, weit in den Hintergrund. Die Schwere der in dem gerichtlichen Strafverfahren verhandelten Straftat spielt hinsichtlich dieser Personen keine beachtenswerte Rolle, da diese sich gerade nicht in einem erhöhten Informationsbedürfnis, sondern in einem Mehr an Sensationsinteresse niederschlägt. Auch die Besucher des Sitzungsbereiches unterliegen keinem aufnahmebezogenen öffentlichen Informationsinteresse.1261 Das gilt in aller Regel selbst dann, wenn sie Angehörige oder nahestehende Personen von Angeklagten oder Verurteilten sind, welche selbst einem öffentlichen Informationsinteresse unterliegen. Nur, wenn eine absolute Person der Zeitgeschichte angeklagt oder verurteilt wird und die Näheperson diese bewusst in die Öffentlichkeit des Strafverfahrens begleitet, kann ein aufnahmebezogenes Informationsinteresse auch an der Näheperson bejaht werden.

1256 1257 1258 1259 1260 1261

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

F. F. F. F. F. F.

I. I. I. I. I. I.

3. 3. 3. 3. 3. 3.

b). b) aa). b) bb). b) cc). b) dd) und F. I. 3. b) ee). b) ff).

396

G. Die Kriterien der Interessenabwägung

In den wenigsten Fällen also kann ein Interesse der Bevölkerung an identifizierenden Informationen in Form der Bild- und Tonaufnahmen angenommen werden. Dementsprechend hat der Vorsitzende Richter in aller Regel in die Abwägung des § 176 GVG einzustellen, dass ein solches Interesse nicht gegeben ist. 4. Informationsgehalt der Bild- und Tonaufnahmen Wie das Informationsinteresse der Öffentlichkeit, so ist auch der Informationsgehalt der personenbezogenen Bild- und Tonaufnahmen ein eigenständiges Abwägungskriterium im Rahmen des § 176 GVG. Es wurde festgestellt, dass die Strafgerichtsberichterstattungen als solche nur begrenzt Wissen vermitteln und so einen nur mäßigen Informationsgehalt aufweisen, der in erster Linie der knappen Sendezeit und der Unterhaltungsorientierung geschuldet ist.1262 Lenkt man den Blick ausschließlich auf die personenbezogenen Bild- und Tonaufnahmen aus dem Umfeld der Hauptverhandlung, so muss festgestellt werden, dass diesen Aufnahmen nur ein äußerst begrenzter Informationsgehalt innewohnt. Lediglich das äußere Erscheinungsbild beziehungsweise die stimmliche Aussage der aufgenommenen Personen können wiedergegeben werden.1263 Die Informationen, um die es dem Publikum vorrangig geht, sind aber solche über das Strafverfahren im weitesten Sinne, und diese werden gerade nicht vermittelt.1264 Sie werden vielmehr, wenn auch nur begrenzt, durch die eigentliche Berichterstattung gegeben, also regelmäßig durch die Kommentierungen der Bild- und Tonaufnahmen. Die hier maßgebenden Aufnahmen liefern in Bezug auf das Gesamtgeschehen folglich nur wenig aussagefähige Bruchstücke. Den Bild- und Tonaufnahmen selbst muss daher ein gegen Null tendierender Informationsgehalt konstatiert werden. Die eigentliche Aufgabe der Aufnahmen ist es, den Gerichtsbericht zu illustrieren, ihn für das Publikum attraktiver zu machen. Relevantes Wissen wird nicht nennenswert vermittelt. Auch dies muss der Vorsitzende Richter bei seiner Entscheidungsfindung gebührend berücksichtigen. 5. Erforderlichkeit von Bild- und Tonaufnahmen für die Gerichtsberichterstattung Weiter muss der Vorsitzende Richter in die Abwägung einbeziehen, inwiefern die personenbezogenen Bild- und Tonaufnahmen für die Gerichtsberichterstattung erforderlich sind.1265 Anderer Ansicht ist Helle1266, nach dem es im Rah1262 1263 1264

Vgl. F. II. Vgl. F. II. 1. Vgl. F. II. 2.

V. Weitere Kriterien der Abwägung

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men der Abwägung nicht darauf ankomme, ob die Bildberichterstattung, gleiches müsste auch für die Tonberichterstattung gelten, als solche sachlich geboten oder zur Information der Allgemeinheit erforderlich sei. Grund hierfür sei, dass nahezu jede Information auch auf verbalem Wege vermittelbar ist. Damit aber verkennt Helle die Bedeutung des gesamten Informationsbereiches. Wenn es auf Informationsinteresse, Informationsgehalt der Aufnahmen und Informationszweck des Rundfunks ankommt, ist es nur konsequent, auch in die Abwägung einzubeziehen, ob und inwieweit personenbezogene Aufnahmen zur Grundinformierung der Bevölkerung erforderlich sind.1267 Es hat sich oben gezeigt, dass die Aufnahmen kein sachlich notwendiges publizistisches Mittel darstellen. Vielmehr kann auf derartige Aufnahmen ohne größere Einbußen verzichtet werden.1268 Dies gilt sowohl für die Rundfunkanbieter als auch für die Zuschauer und Zuhörer. Zwar haben Ton- und insbesondere Bildaufnahmen für die Rundfunkanbieter und Rezipienten einen besonderen Stellenwert, jedoch reicht dies nicht aus, um annehmen zu können, die Aufnahmen seien notwendig. Da die personenbezogenen Aufnahmen aus dem Sitzungsbereich keine relevanten Informationen beinhalten und vermitteln, sind sie für eine solide Grundinformierung der Bevölkerung nicht erforderlich. Abgesehen davon werden die Aufnahmen auch gar nicht angefertigt beziehungsweise veröffentlicht, um die Bevölkerung zu informieren, sondern vorrangig um die Attraktivität der Sendungen zu erhöhen und den Wünschen der Rezipienten zu entsprechen.1269 Insofern sind auch die Rundfunkanbieter nicht auf die Aufnahmen angewiesen, wenn es um die Erfüllung der bestehenden Informierungspflicht geht. Hinter den Aufnahmen stehen lediglich ökonomische Interessen der Rundfunkanbieter und Interessen der Allgemeinheit an Unterhaltung und Sensation. Diese Interessen vermögen eine sachliche Notwendigkeit der personenbezogenen Bild- und Tonaufnahmen allerdings nicht zu begründen, mögen die Interessen auch noch so nachvollziehbar sein. Somit sind Herstellung und Veröffentlichung der Aufnahmen weder aus der Sicht des Publikums noch aus der Sicht der Rundfunkanbieter sachlich notwendig.1270 Um die Allgemeinheit ausreichend zu informieren, sind lediglich die in Worte gefassten Berichte erforderlich.

1265

Dazu bereits ausführlich oben unter F. III. Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 179. 1267 Auf dieses Kriterium stellen beispielsweise auch Lampe NJW 1973, 217 (220) und Bornkamm NStZ 1983, 102 (105) ab. 1268 Vgl. F. III. 1269 Vgl. F. III. 1270 Im Ergebnis ebenso Berka, Medienfreiheit und Persönlichkeitsschutz, S. 356; ähnlich Kühl FS-Hubmann, S. 241 (253). 1266

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G. Die Kriterien der Interessenabwägung

6. Ausrichtung des Strafverfahrens am Ziel der Prävention Schließlich gilt es erneut auf die Strafzwecke1271 zurückzugreifen, um ein weiteres Kriterium sichtbar zu machen, welches der Vorsitzende Richter in die Abwägung einzubeziehen hat. Dabei geht es um das Verhältnis von Strafzwecken und Strafverfahren. Es ist nämlich nicht nur das materielle Strafrecht, insbesondere in der Form der Strafzumessung, das sich an den Strafzwecken zu orientieren hat. Vielmehr ist es das gesamte Strafverfahren als solches. Der Grund hierfür liegt in der Einheit, die prozessuales und materielles Strafrecht bilden.1272 Beide Rechtsausprägungen sind untrennbar miteinander verbunden. So kann das materielle Strafrecht nur mit Hilfe des Strafverfahrensrechts durchgesetzt werden. Konsequenz dessen muss die gleiche Grundhaltung beider Rechte im Hinblick auf die Strafzwecke sein.1273 Teilweise wird dies mit dem Argument in Frage gestellt, dass die Beachtung von Strafzwecken erst dann relevant werden könne, wenn eine Bestrafung auch tatsächlich feststeht, der Angeklagte also als Täter überführt und seine Schuld positiv festgestellt ist.1274 Das bedeutet, dass das Strafverfahren solange nicht an den Strafzwecken gemessen werden müsste und könnte, wie eine Bestrafung noch nicht feststeht. Außerdem wäre die Unschuldsvermutung nicht beachtet.1275 Eine solche Sichtweise aber vernachlässigt den in den Vordergrund zu stellenden engen Zusammenhang zwischen prozessualem und materiellem Strafrecht. Es ist nicht erklärbar, weshalb das materielle Strafrecht den Strafzwecken verpflichtet ist, das Strafverfahrensrecht diesen Zielen allerdings diametral entgegenlaufen könnte. Kommt es zu einer Bestrafung, so könnte durch das vorhergehende Strafverfahren die Erreichung der Strafzwecke wesentlich erschwert oder gar verhindert werden. Bereits der Angeklagte muss vor entsozialisierenden Wirkungen geschützt werden. Daher ist es schon vor dem Urteilsspruch geboten, Einflüssen entgegenzuwirken, die dem Zweck der potentiellen Strafe entgegenlaufen.1276 Die Relevanz für die sich im Rahmen des § 176 GVG vollziehende Abwägung ergibt sich aus der Überlegung, dass zum Strafverfahren auch der Sitzungsbereich zählt. Auch dort müssen die Strafzwecke berücksichtigt werden. Diesen darf das Strafverfahren nicht zuwiderlaufen, sondern muss ihnen vielmehr Rechnung tragen.1277

1271

Vgl. dazu F. III. Schmidthals, Verfahrensöffentlichkeit, S. 208; Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 58; Peters, Strafprozess, S. 7; Roxin, Strafverfahrensrecht, § 1 RN 1. 1273 Peters, Strafprozess, S. 7. 1274 So Schmidthals, Verfahrensöffentlichkeit, S. 208; Franke, Bildberichterstattung, S. 65, 118 ff. 1275 Franke, Bildberichterstattung, S. 120. 1276 Franke, Bildberichterstattung, S. 119. 1272

VI. Zusammenfassung

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Die Strafverfahren als solche laufen den Strafzwecken zwar nicht entgegen, allerdings dürfen die mittelbar durch die konkrete Ausgestaltung der Strafverfahren bewirkten Folgen nicht außer Betracht bleiben. Gerade von der Veröffentlichung der Bild- und Tonaufnahmen können negative Wirkungen ausgehen, die den spezialpräventiven Zielsetzungen entgegenlaufen.1278 Auch diese Überlegungen müssen im Rahmen des § 176 GVG berücksichtigt werden, wenn es um die Handhabung der Bild- und Tonaufnahmen von Angeklagten und Verurteilten geht.

VI. Zusammenfassung Der Vorsitzende Richter hat im Rahmen seiner sitzungspolizeilichen Entscheidungsfindung eine Reihe verschiedenster Kriterien in Form von Rechten, Interessen und Gefahren zu berücksichtigen und diese dann gegeneinander abzuwägen. Deutlich tritt der bestehende Grundrechtskonflikt hervor. Rundfunkaber auch Berufsfreiheit werden dann beeinträchtigt, wenn die Aufnahmetätigkeiten im Sitzungsbereich beschränkt werden. Was die Rundfunkfreiheit angeht, so muss neben deren abwehrrechtlicher Dimension auch ihre objektiv-rechtliche Seite eingestellt werden. Diese führt, da die in Form von Programmgrundsätzen bestehenden Anforderungen nur teilweise befriedigend umgesetzt werden, zu einer Relativierung der Bedeutung der Rundfunkfreiheit. Dem steht das allgemeine Persönlichkeitsrecht in verschiedenen Ausprägungen gegenüber. So werden die Rechte am eigenen Bild und am gesprochenen Wort in aller Regel verletzt, wenn Aufnahmen ohne entsprechende Einwilligungen veröffentlicht werden. Ausnahmen sind, allerdings nur im Hinblick auf das Recht am eigenen Bilde, dann denkbar, wenn, was selten der Fall ist, ein öffentliches Informationsinteresse an den Aufnahmen besteht. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht hingegen ist bereits durch die Anfertigung der Aufnahmen betroffen. Schließlich kann auch im Hinblick auf die beabsichtigte Strafgerichtsberichterstattung als solche eine dieses Persönlichkeitsrecht betreffende Gefahrenlage nicht verneint werden. Die Meinungs- und Informationsfreiheit sowie die Menschenwürde spielen hier, da nicht einschlägig, keine Rolle. Neben dieser grundrechtlichen Dimension der Problematik um die Bild- und Tonaufnahmen müssen vor allem auch die zahlreichen und vielgestaltigen Gefahren, die von den Aufnahmen sowohl hinsichtlich der Anfertigung als auch deren Veröffentlichung ausgehen, bedacht werden. Sie betreffen vorrangig die angeklagten und verurteilten Personen. Ebenso werden aber auch Rechte der übrigen Verfahrensbeteiligten in verschiedener Hinsicht gefährdet. Einzig im 1277 Rohde, Öffentlichkeit, S. 1, Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 58; Peters, Strafprozess, S. 8; Roxin, Strafverfahrensrecht, § 1 RN 8, § 2 RN 4. 1278 Vgl. dazu G. III. 5.

400

G. Die Kriterien der Interessenabwägung

Hinblick auf die Besucher des Sitzungsbereiches kann eine besondere Gefahrenlage nicht festgestellt werden. Neben diesen personenbezogenen Gefahren gilt es die Gefahren in die Abwägung einzustellen, die sich auf das Strafverfahren und so auf die Rechtspflege insgesamt erstrecken. Hinzu treten weitere Kriterien, die in keine der vorgenannten Kategorien fallen. Zieht man all diese Kriterien zusammen, so lässt sich eine erste Tendenz der im Folgenden konkret zu beleuchtenden sitzungspolizeilichen Entscheidung ausmachen. Vor dem Hintergrund der zahlenmäßig deutlich überlegenen Kriterien, die gegen eine unbeschränkte Aufnahmeherstellung sprechen, muss an deren Zulässigkeit und so letztlich auch an der Zulässigkeit der identifizierenden Gerichtsberichterstattung gezweifelt werden.1279 Ob der Vorsitzende Richter entsprechend tätig zu werden hat, soll nachfolgend geklärt werden.

1279

So auch Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 378.

H. Die Ermessensentscheidung Nachdem die Kriterien, die es in den Abwägungsprozess einzubeziehen gilt, erarbeitet sind, kann die eigentliche Abwägung, an deren Ende die aufnahmebezogene sitzungspolizeiliche Entscheidung nach § 176 GVG steht, in Angriff genommen werden. Die vom zuständigen Vorsitzenden Richter durchzuführende Interessen- und Güterabwägung hat einzelfallbezogen zu erfolgen.1 Nachfolgend soll versucht werden, sich der zulässigen und in Bezug auf die ausufernde Aufnahmepraxis gebotenen sitzungspolizeilichen Maßnahme zu nähern. Dabei darf nicht vergessen werden, dass die Wahl des konkreten Mittels letztlich dem Ermessen des Vorsitzenden unterliegt.2 Die nachfolgende Untersuchung, die ausschließlich auf personenbezogene Aufnahmen fokussiert ist, die eine Identifizierung der aufgenommenen Personen ermöglichen3, muss in mehreren Schritten vollzogen werden. Zunächst wird, losgelöst von etwaigen, in Betracht kommenden Maßnahmen, eine Abwägung aller einzubeziehenden Kriterien erfolgen. Festzustellen ist hier lediglich, welcher der beteiligten Seiten der Vorrang gebührt. Anschließend ist auf die besondere Bedeutung des Persönlichkeitsrechts einzugehen. Erst danach können die obere und untere Grenze der Ermessensentscheidung abgesteckt werden. In einem letzten Schritt wird schließlich zu beleuchten sein, ob die besonderen, aus der Rundfunk- und Berufsfreiheit folgenden Anforderungen an die Maßnahmen als solche beziehungsweise an § 176 GVG als deren Grundlage erfüllt werden.

I. Abstrakte Abwägung In einem ersten Schritt ist zu untersuchen, welchen Interessen und Rechten in abstrakter Weise der Vorrang gebührt. Abstrakt meint hier lediglich, dass die Abwägung von möglichen sitzungspolizeilichen Maßnahmen losgelöst zu erfol1 BVerfGE 27, 344 (352); 32, 373 (381); 35, 202 (221); 91, 118 (136); Lorz, in: Herausforderungen, S. 59 (68). 2 Vgl. D. III. 2. 3 Neumann-Duesberg JZ 1970, 564 (567) stellt insofern zutreffend fest, dass Massenmedien und so auch die Anfertigung von Bild- und Tonmaterial dort zuzulassen sind, wo Gefährdungen nicht bestehen. Die Anfertigung von Aufnahmen ohne jeden identifizierenden Personenbezug darf daher nicht untersagt werden. (Gronau, Persönlichkeitsrecht und Medienfreiheit, S. 224) Allenfalls sind Beschränkungen dahingehend zulässig, dass nur einer bestimmten Anzahl von Aufnahmeteams der Zutritt zum Gerichts- beziehungsweise Sitzungsbereich gewährt wird.

402

H. Die Ermessensentscheidung

gen hat. Mithin ist die hier vorzunehmende Abwägung strikt von der zu unterscheiden, die an späterer Stelle im Rahmen des Übermaßverbotes stattfindet.4 Die Trennung ist deshalb angebracht, weil jegliche den Aufnahmevorgang des Rundfunks beschränkende Maßnahmen hinfällig wären, wenn die Interessen und Rechte auf Seiten des Rundfunks die Abwägung für sich entscheiden. Unter dieser Prämisse ist im Folgenden eine umfassende Abwägung aller tangierten Belange sämtlicher Betroffenen durchzuführen. Hierzu müssen die einzelnen Kriterien gewichtet werden. Zu beachten ist dabei, dass sowohl abstrakte als auch konkrete Gewichtungen der beteiligten Interessen und Rechte in Betracht kommen. Insbesondere ist an eine Rangordnung der Grundrechte zu denken. Erst auf Basis der gewichteten Kriterien lässt sich die eigentliche Abwägung vornehmen. 1. Die einzustellenden Interessen und Rechte Zunächst sollen die herausgearbeiteten Kriterien in systematisierter Form in Erinnerung gerufen werden. Zwar haben die Grundrechte, die zu den kollidierenden Interessensphären gehören, im Vordergrund der Betrachtungen zu stehen5, jedoch liefe eine Begrenzung der Abwägung auf diese Grundrechte an der Komplexität der Materie vorbei. Sinnvollerweise sind die einzubeziehenden Kriterien in zweierlei Hinsicht zu trennen. Auf der einen Seite sind die Kriterien nach dem Bezug zur Sitzung zu differenzieren, denn die sitzungspolizeiliche Entscheidung ist auf die Anfertigung der Aufnahmen bezogen, was aber nicht bedeutet, dass die an die Veröffentlichung der Aufnahmen anknüpfenden Kriterien nicht berücksichtigt werden müssten. Denn die Aufnahmen werden ausschließlich hergestellt, um sie früher oder später zu publizieren. Archivarische Interessen bestehen nicht. Daher bietet es sich an, zwischen den direkt auf den Aufnahmevorgang bezogenen und den auf die Veröffentlichung der Aufnahmen bezogenen Aspekten zu differenzieren. Und auf der anderen Seite ist nach den Rechtskreisen der einzelnen Interessen- und Rechtsträger zu unterscheiden. Diesbezüglich ist vorrangig zwischen den Betroffenen, dem Rundfunk und der Allgemeinheit zu differenzieren. a) Unmittelbare Kriterien bezüglich der Anfertigung Da die sitzungspolizeiliche Entscheidung nach § 176 GVG direkt auf die Anfertigung der Bild- und Tonaufnahmen abzielt, sind die unmittelbar mit der Aufnahmeherstellung verbundenen Aspekte die wichtigsten.

4 5

Dazu unter H. III. 2. Berka, Medienfreiheit und Persönlichkeitsschutz, S. 215.

I. Abstrakte Abwägung

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aa) Interessen und Rechte der Betroffenen Den Ausgangspunkt der Überlegungen bilden die Interessen und Rechte der von den Aufnahmen betroffenen Personen6, da diese die Diskussionen um die Bild- und Tonaufnahmen regelmäßig entfachen. Es gilt der Grundsatz, dass die Erfordernisse eines zumutbaren Persönlichkeitsschutzes bei Gerichtsberichterstattungen zu berücksichtigen sind.7 Das allgemeine Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG, nur dieses ist im Hinblick auf die Anfertigung der Aufnahmen einschlägig und in aller Regel auch verletzt,8 ist daher ein wesentliches Kriterium der anzustellenden Abwägung.9 Unterschiede, etwa nach der Verfahrensstellung, sind nicht vorzunehmen, da der Rundfunk die Zwangspräsenz der Verfahrensbeteiligten ausnutzt, um Bild- und Tonaufnahmen dieser Personen anzufertigen.10 Aber auch die Persönlichkeitsrechte der sonstigen im Sitzungsbereich anwesenden Personen müssen in die Abwägung eingestellt werden. Die notwendige Differenzierung zwischen den zwangsweise und freiwillig anwesenden Personen lässt sich verwirklichen, indem man auch die Freiwilligkeit der Anwesenheit in die Entscheidungsfindung einbezieht.11 Zudem ist auch an etwaige, durch die Rundfunkpräsenz bedingte Verhaltensänderungen des Angeklagten selbst beziehungsweise dessen Verteidigers zu denken, die sich nachteilig auf die Effektivität der Verteidigung auswirken können.12 bb) Interessen und Rechte auf Seiten des Rundfunks Den Interessen und Rechten der Betroffenen stehen diejenigen des Rundfunkbereiches gegenüber. Deren Träger sind, was die Anfertigung der Aufnahmen angeht Rundfunkanbieter und -mitarbeiter. Auch hier sind primär die Grundrechte von Belang. Vor allem gilt es hier die Rundfunkfreiheit des Art. 5 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GG zu nennen, welche der Informationsbeschaffung zur Seite steht.13 Mittels einer sitzungspolizeilich angeordneten, die Möglichkeit der Auf6

So auch Neben, Personenberichterstattung, S. 257 für Fragen der Publikation. BVerfGE 91, 125 (131); BGH NJW 1988, 1984 (1985); Soergel V/2/Zeuner, § 823 RN 87; Bornkamm NStZ 1983, 102 (103); Plate NStZ 1999, 391 (392). 8 Vgl. G. I. 4. 9 BVerfG NJW 1996, 310 (310); Kissel/Mayer, GVG, § 176 RN 91; Olizeg, Hausrecht, S. 212; Jarass NJW 1989, 857 (862); von Coelln ZUM 2001, 478 (479). 10 Stürner JZ 1995, 297 (298). 11 Ranft, Strafprozessrecht, RN 1440; Lehr NStZ 2001, 63 (66). 12 Vgl. G. II. 1. b). 13 BVerfGE 91, 125 (131) = NJW 1995, 184 (185 f.); BVerfG AfP 2000, 454 (455); Kissel/Mayer, GVG, § 176 RN 91; Britz, Fernsehaufnahmen, S. 115; Ranft, Strafprozessrecht, RN 1440; Beulke, Strafprozessrecht, RN 379; Rüthers FS-Löffler, S. 303 7

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H. Die Ermessensentscheidung

nahmeherstellung beschränkenden Maßnahme würde in das Grundrecht eingegriffen.14 Des Weiteren muss Art. 12 Abs. 1 GG Beachtung finden. Die Berufsfreiheit ist allerdings nur im Hinblick auf die am Aufnahmeprozess beteiligten Personen einschlägig.15 Für die richterliche Entscheidungsfindung ist auch das Motiv der Rundfunkanbieter, personenbezogene Aufnahmen anzufertigen, von Bedeutung.16 Ausgangspunkt ist diesbezüglich der ökonomisch bestimmte Wettbewerb, in dem sich die Rundfunkanbieter befinden. Bedenkt man, dass die Aufnahmen weniger dazu dienen sollen, die Bevölkerung zu informieren als vielmehr die Sendungen zu illustrieren17, kann ein Interesse der Rundfunkanbieter, mit den Aufnahmen informierend tätig zu werden, nicht anerkannt werden.18 Hinter den personenbezogenen Bild- und Tonaufnahmen stehen so in aller Regel ökonomische Interessen.19 Teilweise wird vertreten, dass derartige Interessen aus der Abwägung herauszuhalten seien.20 Mit einer umfassend durchzuführenden Interessen- und Güterabwägung ist ein solches Vorgehen jedoch nicht vereinbar. Es ist kein plausibler Grund ersichtlich, derartige Motive aus der Abwägung herauszuhalten. Würde nur eine Informierungsabsicht der Rundfunkanbieter in die Abwägung einstellbar sein, könnte nur ein für den Rundfunk sprechender Aspekt beachtet werden.21 Es ist nicht einzusehen, weshalb eine für die Betroffenen sprechende Motivlage demgegenüber nicht berücksichtigt werden soll. Die ökonomischen Interessen der Rundfunkanbieter sind daher in die Abwägung einzubeziehen. cc) Interessen der Allgemeinheit Neben den Kriterien der sich direkt gegenüberstehenden Parteien dürfen die Interessen der Allgemeinheit im Rahmen der Abwägung nicht vernachlässigt (313); Jarass NJW 1989, 857 (862); Stürner JZ 1995, 297 (298); Hager JZ 1995, 566 (566); Plate NStZ 1999, 391 (392); Bamberger ZUM 2001, 373 (377); von Coelln ZUM 2001, 478 (479); Lehr NStZ 2001, 63 (66). 14 Vgl. G. I. 3. c) bb) und G. I. 4. a) bb) (2). 15 Vgl. G. I. 4. a) bb) (2). 16 BVerfGE 12, 113 (127); Neben, Personenberichterstattung, S. 262; Franke, Bildberichterstattung, S. 105, 123; Gronau, Persönlichkeitsrecht und Medienfreiheit, S. 224; von Gamm NJW 1979, 513 (516); Jarass NJW 1989, 857 (862); Ernst NJW 2001, 1624 (1625); von Coelln ZUM 2001, 478 (479); vgl. auch Stark, Ehrenschutz in Deutschland, S. 113. 17 Unklar Franke, Bildberichterstattung, S. 111, da nicht deutlich wird, auf welche der Bereiche sich seine Bejahung eines Informationsinteresses bezieht. 18 Vgl. zum Ganzen G. III. 2. 19 Wagner, Strafprozessführung über die Medien, S. 98. 20 So Jahns, Verletzung von Persönlichkeitsrechten, S. 116. 21 In diese Richtung auch Hünig, Schutz des Beschuldigten, S. 104.

I. Abstrakte Abwägung

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werden.22 Deshalb muss an dieser Stelle das Interesse der Bevölkerung an der Anfertigung von personenbezogenen Aufnahmen im Sitzungsbereich eingestellt werden. Es geht hier, wie das Bundesverfassungsgericht23 zutreffend feststellt, primär um das Informationsinteresse der Öffentlichkeit. Zwar ist im Grundsatz ein Informationsinteresse bezüglich Strafverfahren anzuerkennen, jedoch fehlt es in aller Regel an einem auch aufnahmebezogenem Informationsinteresse. Von Bedeutung ist dies vor allem hinsichtlich den angeklagten und verurteilten Personen, die das Hauptinteresse des Rundfunks und auch der Bevölkerung auf sich ziehen. In aller Regel handelt es sich bei dem Interesse der Bevölkerung an den Aufnahmen, welches nicht geleugnet werden kann, um ein an Unterhaltung, Sensation und Illustration ausgerichtetes Interesse.24 Daher ist in aller Regel das Fehlen eines aufnahmebezogenen Informationsinteresses in die Abwägung einzustellen. dd) Sonstige Kriterien Schließlich gilt es die Kriterien zu erfassen, die keinen konkreten Bezug zu den vorgenannten Personengruppen aufweisen. Eine wesentliche Rolle spielt im Rahmen des Abwägungsprozesses auch der Informationsgehalt der Bild- und Tonaufnahmen.25 Jede personenbezogene Aufnahme beinhaltet Informationen. Das aber kann hier nicht ausschlaggebend sein. Zu fragen ist nach dem Informationsgehalt im Hinblick auf das jeweilige Strafverfahren, da sich das Informationsinteresse der Allgemeinheit hierauf bezieht. Diesbezüglich jedoch, das haben die obigen Ausführungen ergeben, tendiert der Informationswert der Bild- und Tonaufnahmen gegen Null.26 Mithin kann den personenbezogenen Aufnahmen nur ein sehr geringer Informationswert beigemessen werden. Neben dem Informationsgehalt der Aufnahmen ist auch das mit diesem eng verwandte Kriterium der Erforderlichkeit von personenbezogenen Bild- und Tonaufnahmen aus dem Sitzungsbereich in die Abwägung einzubeziehen. Es hat sich gezeigt, dass die Aufnahmen nicht notwendig sind, um die Bevölkerung angemessen über Gerichtsverfahren zu informieren. Sowohl aus Sicht der Bevölkerung als auch aus Sicht des Rundfunks kann auf die Aufnahmen ohne Einbuße schützenswerter Belange verzichtet werden.27

22 BVerfGE 91, 125 (131); Jahns, Verletzung von Persönlichkeitsrechten, S. 115; Bornkamm NStZ 1983, 102 (103); Ernst NJW 2001, 1624 (1625). 23 BVerfGE 91, 125 (131); Gronau, Persönlichkeitsrecht und Medienfreiheit, S. 225. 24 Vgl. F. I. 3. b). 25 Stürner JZ 1995, 297 (298). 26 Vgl. F. II. 27 Vgl. F. III.

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H. Die Ermessensentscheidung

Schließlich sind auch die mit der Anfertigung von Bild- und Tonaufnahmen im Umfeld der strafgerichtlichen Hauptverhandlung verbundenen Gefahren zu beachten. Namentlich sind dies die Gefahren von Störungen des äußeren Sitzungsablaufs, von Verhaltensänderungen, welche auch die ungestörte Wahrheitsfindung beträfen und der Instrumentalisierung des Rundfunks.28 b) Mittelbare Kriterien bezüglich der Veröffentlichung Wie bereits klargestellt, liefe es zu kurz, würden die Betrachtungen ausschließlich auf die genannten, direkt an die Aufnahmeanfertigung anknüpfenden Kriterien fokussiert. In der Abwägung des § 176 GVG muss berücksichtigt werden, dass die personenbezogenen Aufnahmen angefertigt werden, um sie später zu publizieren. Dementsprechend sind auch die diesbezüglichen Kriterien in die Abwägung einzubeziehen. aa) Interessen und Rechte der Betroffenen Wenn es um die Publikation von personenbezogenen Bild- und Tonaufnahmen geht, steht das allgemeine Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG in seinen verschiedenen Ausprägungen29 im Vordergrund.30 Die Veröffentlichung nämlich verletzt, sofern sie nicht durch eine entsprechende Einwilligung legitimiert ist, in aller Regel das Recht am eigenen Bild beziehungsweise am gesprochenen Wort.31 In Ausnahmefällen wird das Recht am eigenen Bild, da ein öffentliches Informationsinteresse besteht, nicht verletzt. Das ist bezüglich der Angeklagten und Verurteilten dann der Fall, wenn, von besonderen Umständen abgesehen, der Bereich schwerster Kriminalität berührt ist und § 23 Abs. 2 KUG dem nicht entgegensteht. Hinter den besonderen Persönlichkeitsrechten steht das Interesse sämtlicher aufgenommenen Personen, dass ihre Anonymität gewahrt bleibt. Dieses Interesse findet über den Bezug zu den genannten Persönlichkeitsrechten Einzug in die Abwägung32, und ist nicht nur ein Interesse, nicht bekannt zu werden, sondern vor allem auch ein Interesse daran, nicht den auf dem Wegfall der Anonymität beruhenden Gefährdungen ausgesetzt zu sein. Rundfunkpräsentierte Berichte über Strafverfahren, welche die jeweiligen Personen identifizierbar machen, haben aus persönlichkeitsrechtlichen Gründen zu unterbleiben. 28

Vgl. G. II. Olizeg, Hausrecht, S. 212. 30 BVerfGE 91, 125 (131); BGH NJW 1988, 1984 (1985); Soergel V/2/Zeuner, § 823 RN 87; Bornkamm NStZ 1983, 102 (103); Plate NStZ 1999, 391 (392). 31 Vgl. G. I. 2. und G. I. 3. 32 Neben, Personenberichterstattung, S. 74; Koebel JZ 1966, 389 (390). 29

I. Abstrakte Abwägung

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Neben den grundrechtlich geprägten Kriterien sind auch die sonstigen personenbezogenen Aspekte in die Abwägung einzubeziehen. Diese knüpfen primär an den mit der Aufnahmeveröffentlichung einhergehenden Verlust der Anonymität an. Vor allem im Hinblick auf Richter und Staatsanwälte, aber auch bezüglich Angeklagten, Verurteilten und Zeugen ist an eine Gefahrenlage für Leib und Leben als spezifische Gefahren zu denken. Den Schwerpunkt der hier aufzuführenden Interessen aber bildet das allgemein formulierte Interesse der Angeklagten und Verurteilten, keinen Gefährdungen und Beeinträchtigungen ausgesetzt zu sein. Diese Interessenlage kann daher als Abwehrinteresse umschrieben werden. Inhaltlich betrifft es die Gefahren einer Vorverurteilung, von stigmatisierenden Wirkungen, für eine effektive Verteidigung, für das rechtliche Gehör und einer Entsozialisierung beziehungsweise missglückenden Resozialisierung.33 bb) Interessen und Rechte auf Seiten des Rundfunks Den aufgeführten Interessen und Rechten der Betroffenen steht ebenfalls vor allem die Rundfunkfreiheit der Rundfunkanbieter gegenüber, da Art. 5 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GG auch die Verbreitung von Nachrichten und damit die Publizierung von Bild- und Tonaufnahmen schützt. Diesbezügliche Maßnahmen stellen Eingriffe in die Programmfreiheit und so in den Kernbereich der Rundfunkfreiheit dar.34 Einzustellen ist neben der verfassungsrechtlichen Seite auch das Publikationsinteresse der Rundfunkanbieter, also deren Motive für die publizistische Verwertung der Aufnahmen.35 Auch hier gilt, dass es den Rundfunkanbietern mit der Publikation der Bild- und Tonaufnahmen vordergründig um die Erreichung ökonomischer und nicht informativer Zielsetzungen geht36, was wesentlich der Wettbewerbssituation auf dem Rundfunksektor geschuldet ist. Zur Quotensteige-

33

Vgl. G. II. Vgl. H. I. 1. b) bb). 35 BVerfGE 12, 113 (127); Neben, Personenberichterstattung, S. 262; Franke, Bildberichterstattung, S. 123; Gronau, Persönlichkeitsrecht und Medienfreiheit, S. 224; von Gamm NJW 1979, 513 (516); Jarass NJW 1989, 857 (862); Ernst NJW 2001, 1624 (1625); von Coelln ZUM 2001, 478 (479); vgl. auch Stark, Ehrenschutz in Deutschland, S. 113. 36 Dies stellt auch Hasler, in Medien-Ethik, S. 218 (218) in Bezug auf das Geiseldrama von Gladbeck vom August 1988 in deutlichen Worten fest: „. . . Nur am Verbrechen als Spektakel interessiert, bedienten die Journalisten das ungehemmte Verlangen nach Sensation, nicht das Bedürfnis nach Information. Der Gebrauchswert ihrer Auskünfte maß sich am Reiz-, nicht am Wahrheitswert . . .“. Auch das als sensationell empfundene Strafverfahren nähert sich in der heutigen Medienlandschaft einem ähnlichen Spektakel an. 34

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H. Die Ermessensentscheidung

rung wird den Wünschen und Bedürfnissen des Publikums nach unterhaltenden, sensationellen und illustrierten Beiträgen nachgekommen.37 cc) Interessen der Allgemeinheit Einfluss auf die sitzungspolizeiliche Entscheidungsfindung muss auch dem Interesse der Öffentlichkeit an der Publizierung von personenbezogenen Bildund Tonaufnahmen aus dem Sitzungsbereich zukommen, nicht zuletzt deshalb, weil sich die Rundfunkanbieter regelmäßig auf dieses Interesse der Allgemeinheit berufen.38 Aber auch im Hinblick auf die Veröffentlichung der Aufnahmen ergeben sich keine Unterschiede zu oben. In aller Regel fehlt es am öffentlichen Informationsinteresse an den Aufnahmen.39 Nur in Ausnahmefällen lässt sich ein anderes Ergebnis feststellen. Zu wenig beachtet wird, dass das Interesse an einer erfolgreichen Resozialisierung beziehungsweise am Verhindern entsozialisierender Effekte nicht nur auf Seiten der Angeklagten und Verurteilten, sondern auch auf Seiten der Allgemeinheit besteht.40 Werden diese Ziele nicht erreicht, wird kriminelles Verhalten begünstigt.41 Dass es nicht im Interesse der Bevölkerung liegen kann, kriminalitätsbegünstigende Wirkungen herbeizuführen, liegt auf der Hand. Als ein weiteres Interesse der Allgemeinheit muss das Interesse an einer ungestörten Wahrheitsfindung, die durch eine Publikation personenbezogener Bild- und Tonaufnahmen gefährdet wird42, in die Abwägung einfließen.43 dd) Sonstige Kriterien Mit der Veröffentlichung der Bild- und Tonaufnahmen sind mitunter massive Gefahren verbunden, die nicht nur die jeweils aufgenommenen Personen betreffen. Auch diese Gefahren müssen ihren Platz in der Abwägung erhalten. So können staatsanwaltliches Vorgehen und richterliche Entscheidungsfindung beeinflusst werden.44 Das bedeutet, dass die Ordnung der Rechtspflege, die ungestörte Wahrheitsfindung und auch die richterliche Unabhängigkeit Gefahren ausgesetzt sind.45 37 Franke, Bildberichterstattung, S. 123; Spinner, in: Medien-Ethik, S. 148 (158); Haller, in: Medien-Ethik, S. 196 (198). 38 Vgl. Gronau, Persönlichkeitsrecht und Medienfreiheit, S. 224. 39 Vgl. dazu F. I. 3. b). 40 Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 387; Schneider, Kriminologie, S. 851 ff. 41 Vgl. G. III. 5. 42 Vgl. G. II. 1. 43 BVerfGE 77, 65 (76); BVerfG NJW 1996, 310 (310). 44 BVerfG NJW 1996, 310 (311); Hünig, Schutz des Beschuldigten, S. 49. 45 Vgl. G. II. 1. a).

I. Abstrakte Abwägung

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Weiterhin muss auch die Ausrichtung des gesamten Strafverfahrens am Gedanken und Strafzweck der Prävention berücksichtigt werden. Eben diesem wird durch die Veröffentlichung von Aufnahmen der Angeklagten und Verurteilten entgegengewirkt, indem stigmatisierende und so jeglicher Sozialisation abträgliche Reaktionen in der Bevölkerung hervorgerufen werden. Die betroffenen Personen werden so in eine kriminelles Verhalten begünstigende Außenseiterrolle gedrängt.46 Neben den negativen Auswirkungen der Publikation von personenbezogenen Aufnahmen müssen auch die positiven Effekte Bestandteil der Entscheidungsfindung sein. Insofern sind die Aufnahmen im Zusammenhang mit den Gerichtsberichterstattungen zu betrachten. Durch diese nämlich werden wesentliche Funktionen für Gesellschaft und Staat wahrgenommen. So wird informiert, unterhalten, Kommunikation ermöglicht und begrenzt Kontrolle der Strafjustiz ermöglicht. Zudem lassen sich präventive Wirkungen konstatieren, die auf Abschreckung und Vermittlung von Rechtskenntnissen basieren.47 Teilweise wird auch die Schwere der verhandelten Straftat als Kriterium in die Abwägung eingestellt. Nach Lehr48 ist dieses sogar der eigentliche Anknüpfungspunkt für die anzustellende Abwägung. Richtigerweise aber ist in der Schwere der Straftat kein eigenständiges Abwägungskriterium zu sehen. Diese nämlich hat im Gegensatz zu den sonstigen Kriterien keine direkte Verbindung zu den Aufnahmen. Deshalb gilt es, die Schwere der Straftat nur mittelbar einfließen zu lassen, zum Beispiel bei der Bewertung eines öffentlichen Interesses an Aufnahmen von Angeklagten und Verurteilten. Eine weitergehende Bedeutung kommt diesem Aspekt hier nicht zu. Die vorstehenden Ausführungen zeigen noch einmal, dass es hier zwar auch um einen Grundrechtskonflikt zwischen Rundfunkfreiheit und Persönlichkeitsrecht geht49, aber eben nicht nur. Vielmehr gilt es, eine Reihe weiterer Kriterien in der Abwägung zu berücksichtigen. 2. Die Gewichtung der Kriterien Wie bereits angerissen, kann eine Abwägung nur dann erfolgen, wenn die Kriterien eine Gewichtung erfahren haben.50 Hierfür ist zunächst nach Maßstäben zu suchen51, die weder durch die Verfassung noch durch einfachgesetzliche

46

Vgl. G. III. 5. Vgl. G. III. 5. 48 So Lehr NStZ 2001, 63 (65). 49 Hierauf werden die Abwägungsdarstellungen häufig reduziert. Vgl. nur BVerfGE 34, 269 (282); 71, 206 (219 f.); BVerfG NJW 2000, 1859 (1860); Jarass NJW 1989, 857 (862); Lehr NStZ 2001, 63 (65); von Coelln ZUM 2001, 478 (479). 47

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H. Die Ermessensentscheidung

Kodifikationen vorgegeben sind. Determinanten einer Gewichtung lassen sich so nicht finden.52 Deshalb ist auf abstrakte Gewichtungsprinzipien zurückzugreifen.53 Die derart vorzunehmende Gewichtung ist das Zentrum der Problematik um die Zulässigkeit von personenbezogenen Bild- und Tonaufnahmen im Sitzungsbereich. Denn die Abwägung im engeren Sinne ist nichts anderes, als die Gesamtschau auf die gewichteten Kriterien. Grundsätzlich ist eine Gewichtung in zweierlei Hinsicht denkbar. Es bestehen die Möglichkeiten, auf eine abstrakte und auf eine konkrete Gewichtung zurückzugreifen. a) Zulässigkeit einer abstrakten Gewichtung Wäre eine abstrakte Gewichtung der einzubeziehenden Kriterien möglich und zulässig, relevant ist dies vor allem in Bezug auf die grundrechtlichen Positionen, wäre der weitere Weg der Abwägung vorgezeichnet. Hier lassen sich drei Ansatzpunkte finden, die es zu diskutieren gilt. Zu fragen ist zunächst nach einer Werterangordnung des Grundgesetzes. Anschließend muss überlegt werden, ob das Gewicht von Grundrechten dadurch erhöht wird, dass mehrere Grundrechte für dieselbe Seite streiten. Schließlich ist auf die mit Art. 5 Abs. 1 GG verbundene Vermutungsformel einzugehen. aa) Werterangordnung des Grundgesetzes Von enormer Bedeutung wäre es, wenn die Grundrechte in einer Rangordnung zueinander stehen. Ausdrückliche Regelungen oder diesbezügliche Anhaltspunkte sucht man in der Verfassung vergeblich. Vor allem im Hinblick auf den immer wieder auftretenden Konflikt zwischen Kommunikationsgrundrechten des Art. 5 Abs. 1 GG und allgemeinem Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG spielt eine etwaige Werterangordnung eine wesentliche Rolle. Nach dem Willen der Verfassung sind sowohl das allgemeine Persönlichkeitsrecht samt seiner besonderen Ausprägungen als auch die Kommunikationsgrundrechte essentielle Bestandteile der freiheitlichen demokratischen Ordnung.54 Unabdingbare Voraussetzungen sind es, erstens die Eigenständigkeit einer jeden Persönlichkeit anzuerkennen und zweitens die freie 50 BVerfG NJW 1996, 310 (311); Erman/Ehmann, Anh § 12 RN 332; Wente, Das Recht der journalistischen Recherche, S. 85; Jahns, Verletzung von Persönlichkeitsrechten, S. 11. 51 Erman/Ehmann, Anh § 12 RN 335. 52 Auf diesen Umstand weisen auch Berka, Medienfreiheit und Persönlichkeitsschutz, S. 214; Rehm AfP 1999, 415 (418) hin; a. A. wohl Erman/Ehmann, Anh § 12 RN 335, der von einer „. . . Leugnung brauchbarer Wertmaßstäbe . . .“ spricht. 53 Berka, Medienfreiheit und Persönlichkeitsschutz, S. 214. 54 BVerfGE 35, 202 (225).

I. Abstrakte Abwägung

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Kommunikation in jeder Hinsicht zu gewährleisten.55 Deshalb kann keinem der beiden Grundrechte eine Vorrangstellung eingeräumt werden.56 Gleiches gilt auch für den Konflikt zwischen Berufsfreiheit und Persönlichkeitsrecht. Hierfür spricht auch der Umstand, dass die Berufsfreiheit eine berufsorientierte Ausprägung des Persönlichkeitsrechts ist.57 Letztendlich steht hinter diesem Ergebnis die Erkenntnis, dass sämtliche Grundrechte prinzipiell gleichrangig nebeneinander stehen. Es gibt keine allgemeine grundgesetzliche Werterangordnung.58 Zwar statuieren die Grundrechte in ihrer Gesamtheit eine objektive Werteordnung59, eine wertorientierte Prioritätsskala enthalten sie aber nicht.60 Werteordnung und Werterangordnung müssen insofern streng auseinander gehalten werden. Es liefe der Intention der Grundrechte zuwider, würde eine Rangordnung der Grundrechte anerkannt. Denn dann würden die einen Grundrechte auf Kosten der anderen gewährt. Dem können die unterschiedlich weit gezogenen Schrankenregelungen nicht entgegengehalten werden. Deren Gehalt bezieht sich einzig auf die staatlichen Eingriffsmöglichkeiten, nicht aber auf das Verhältnis der Grundrechte zueinander. Im Ergebnis kann daher keiner der in der Verfassung gewährleisteten Grundrechtspositionen eine Vorrangstellung eingeräumt werden.61

55

BGH NJW 1973, 1226 (1229); Prinz/Peters, Medienrecht, RN 51. BGH NJW 1973, 1226 (1229); Prinz/Peters, Medienrecht, RN 51; Wenzel/Burkhardt, Wort- und Bildberichterstattung, Kap. 10 RN 189; Helle, Schutz der Persönlichkeit, S. 164; Müller, Bildnisveröffentlichung, S. 132 f.; Franke, Bildberichterstattung, S. 104 f., 122; Pohl, in: Das Persönlichkeitsrecht, S. 25 (29); Franke NJW 1981, 2033 (2035); Bethge UFITA 95 (1983), 251 (268); Engels/Schulz AfP 1998, 574 (578); im Ergebnis so auch Gronau, Persönlichkeitsrecht und Medienfreiheit, S. 224; Grimm NJW 1995, 1697 (1702); in Bezug auf die Meinungsfreiheit auch Müller AfP 1997, 97 (97). 57 Vgl. G. V. 1. 58 BVerfGE 35, 202 (225); BGH NJW 1978, 1797 (1798); Sachs/Sachs, Art. 20 RN 155; Stark, Ehrenschutz in Deutschland, S. 80, 113 f., 122; Zielemann, Tatverdächtige, S. 36 f.; Goerlich, Wertordnung und Grundgesetz, S. 137 f.; Mackeprang, Ehrenschutz, S. 217; Gronau, Persönlichkeitsrecht und Medienfreiheit, S. 165; Larenz FSKlingmüller, S. 235 (238); Löffler NJW 1959, 1 (1); Ossenbühl Der Staat 10 (1971), S. 53 (77 f.); Denninger JZ 1975, 545 (546); Scheuner DÖV 1971, 505 (509); Böckenförde NJW 1974, 1529 (1534 ff.); von Gamm NJW 1979, 513 (516); Bethge UFITA 95 (1983), 251 (262); Stark JuS 1995, 689 (690); a. A. Schüle/Huber, Persönlichkeitsschutz, S. 39; in diese Richtung auch Canaris JuS 1989, 161 (164). 59 Vgl. dazu BVerfGE 6, 55 (72); 7, 198 (204 f.); 7, 320 (323); 21, 362 (371 f.); 35, 79 (114); 42, 148 (170); 49, 89 (141 f.); 93, 85 (95); 94, 268 (285); 98, 365 (395); Sachs/Sachs, Vor Art. 1 RN 66; Jarass/Pieroth/Jarass, Vorb. Vor Art. 1 RN 3; Zschiedrich, Informationsanspruch, S. 23 f.; Geddert-Steinacher, Menschenwürde, S. 93; Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 76 f.; Leisner, Grundrechte und Privatrecht, S. 306 ff.; Ipsen, Staatsrecht II, RN 85 f.; Bleckmann, Staatsrecht II, § 11 RN 145 ff.; Bethge UFITA 95 (1983), 251 (262); Kenntner NJW 2005, 785 (786); ausführlich Schapp JZ 1998, 413 (413 ff.). 60 Bethge UFITA 95 (1983), 251 (262). 56

412

H. Die Ermessensentscheidung

bb) Zusammenziehen von Rechtspositionen Wird eine Werterangordnung abgelehnt, bleibt dennoch die Möglichkeit, die auf einer Seite der Abwägung stehenden Rechtspositionen derart zusammenzufassen, dass sie sich in ihrer Gewichtung gegenseitig aufwerten. Das ist hier insoweit von Relevanz, als erstens auf der Seite des Rundfunks mit der Rundfunk- und Berufsfreiheit zwei Grundrechte stehen, und zweitens eine Tendenz des Bundesverfassungsgerichts feststellbar ist, freiheitsrechtliche Schutzgehalte durch einen Verweis auf andere Freiheitsrechte zu verstärken.62 Vom Bundesverfassungsgericht wird ein Verfassungsgut genutzt, um den Schutzumfang eines anderen Grundrechts zu erweitern. So ging es in den „Schächt-Entscheidungen“63 um religiöse Betätigungen, weshalb dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht die Religionsfreiheit des Art. 4 GG zur Seite trat. Im Fall „Caroline von Monaco“64 war es Art. 6 GG, da die Familie betroffen war. Bereits an diesen Beispielen wird deutlich, dass die vorliegenden Fälle der personenbezogenen Bild- und Tonaufnahmen nicht in diese Rechtsprechungslinie passen. Abgesehen davon stehen der Tendenz des Bundesverfassungsgerichts wesentliche Bedenken entgegen, die hier nur kurz angerissen sein sollen. Die einzelnen Grundrechte sind nach dem Spezialitätsprinzip voneinander unabhängig und getrennt zu behandeln65, also nicht zusammen zu ziehen. Es besteht zudem die Gefahr, dass klar definierte Schutzgehalte einzelner Grundrechte verwischt werden.66 Weiter ist der Einwand zu erheben, dass völlig offen ist und wohl auch bleibt, wie die angenommene Verstärkung der Schutzgehalte erfolgt und in welcher Weise sich diese auswirkt.67 Überhaupt ist es nicht notwendig, die grundrechtlichen Schutzbereiche zu verstärken.68 Eine schlichte Addition der 61 BVerfGE 30, 173 (185 f.); 34, 269 (282); 35, 202 (225); BGH NJW 1973, 1226 (1229); BGH NJW 1978, 1797 (1798); Sachs/Bethge, Art. 5 RN 170; Prinz/Peters, Medienrecht, RN 51; Wenzel/Burkhardt, Wort- und Bildberichterstattung, Kap. 10 RN 189; Helle, Schutz der Persönlichkeit, S. 164; Müller, Bildnisveröffentlichung, S. 132 f.; Franke, Bildberichterstattung, S. 105; Huber, Persönlichkeitsschutz, S. 169 f.; Stutz, Zurückdrängung des Öffentlichkeitsprinzips zu Gunsten der Privatsphäre, S. 120; Ahrens, Persönlichkeitsrecht, RN 30; Pohl, in: Das Persönlichkeitsrecht, S. 25 (29); Löffler NJW 1959, 1 (1 f.); von Gamm NJW 1979, 513 (516); Franke NJW 1981, 2033 (2035); Bethge UFITA 95 (1983), 251 (262); Dohnold ZUM 1991, 28 (28); Engels/Schulz AfP 1998, 574 (578). 62 Begonnen hat diese Dogmatik der Schutzbereichsverstärkung mit der „Caroline von Monaco-Entscheidung“ des Bundesverfassungsgerichts [BVerfG NJW 2000, 1021 (1021 ff.)]. Fortgesetzt wurde sie dann in den beiden sogenannten „Schächt-Entscheidungen“ (BVerfG NJW 2002, 663 (663 ff.); BVerfG NJW 2002, 1485). 63 BVerfG NJW 2002, 663 (663 ff.); BVerfG NJW 2002, 1485. 64 BVerfG NJW 2000, 1021 (1021 ff.). 65 Wenzel/Burkhardt, Wort- und Bildberichterstattung, Kap. 1 RN 42. 66 Wenzel/Burkhardt, Wort- und Bildberichterstattung, Kap. 1 RN 42; Spranger NJW 2002, 2074 (2075). 67 Spranger NJW 2002, 2074 (2075).

I. Abstrakte Abwägung

413

grundrechtlichen Wesensgehalte ist daher abzulehnen.69 Den Grundrechten auf Seiten des Rundfunks kann somit kein auf diese Weise erhöhtes Gewicht beigemessen werden. cc) Vermutungsformel Schließlich sei auf eine in Rechtsprechung und Literatur insbesondere bezüglich der Meinungsfreiheit angenommene Rechtskonstruktion eingegangen. Es wird häufig vertreten, dass die Meinungsfreiheit, wenn sie mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht kollidiert, als vorrangig anzusehen ist.70 Wenn es darum geht, dass sich in einer für das Gemeinwohl wichtigen Frage eine öffentliche Meinung bilde, also Gemeinschaftsinteressen verfolgt werden71, müssten der Rechtsprechung72 zufolge Interessen einzelner grundsätzlich zurücktreten. Die Meinungsfreiheit wird so gegenüber konkurrierenden Rechtspositionen auf ein Podest gehoben, welches für die anderen Rechtsgüter kaum noch erreichbar ist.73 Da auch die Rundfunkfreiheit der freien Meinungsbildung und -äußerung dient74, könnte überlegt werden, die Vermutungsregel auf den gesamten Art. 5 Abs. 1 GG auszudehnen. Auf die vorliegenden Fälle angewandt, bestünde die Vermutung dann darin, dass Beiträge des Rundfunks, die die Öffentlichkeit in wesentlichem Maße berühren und der öffentlichen Meinungsbildung dienen, gegenteiligen Interessen gegenüber vorrangig sind. Abgesehen davon, dass der Vermutensformel unüberwindbare75 inhaltliche Bedenken entgegenstehen76, 68

Spranger NJW 2002, 2074 (2076). So Wendt AöR 104 (1979), 414 (465). 70 Darauf weist beispielsweise zutreffend hin Mackeprang, Ehrenschutz, S. 141 ff., 157; vgl. auch die umfassenden Nachweise diesbezüglich bei Scholz/Konrad AöR 123 (1998), 60 (61 FN 1). 71 Vgl. nur BVerfGE 7, 198 (212); 12, 113 (127); 42, 163 (171); 54, 129 (139); 61, 1 (11); 66, 116 (150); 71, 206 (220); BVerfG NJW 2000, 3413 (3415); BVerfG NJW 2003, 1109 (1111); KG NJW 2003, 685 (687 f.); Dreier I/Schulze-Fielitz, Art. 5 I, II RNn 162, 286; Mackeprang, Ehrenschutz, S. 143 f.; Grimm NJW 1995, 1697 (1703 f.). 72 BVerfGE 7, 198 (219); 54, 129 (139); 54, 208 (219); 60, 234 (241); 61, 1 (11); weiter BGHZ 31, 308 (313 f.); 45, 296 (308); 91, 117 (121); BGH NJW 1965, 294 (295); BGH GRUR 1971, 529 (530); BGH NJW 1979, 266 (267); BGH NJW 1983, 2195 (2196); BGH NJW 1987, 1398 (1398); zustimmend Dreier I/Schulze-Fielitz, Art. 5 I, II RN 164; Grimm NJW 1995, 1697 (1703); Gounalakis NJW 1995, 809 (813); wohl auch Koebel JZ 1966, 389 (390). 73 Vgl. dazu Ossenbühl ZUM 1999, 505 (507). 74 Vgl. G. IV. 1. 75 Gegen die dargestellte Vermutung wenden sich unter anderem Lerche FS-Müller, S. 197 (214); Klein Der Staat 10 (1971), 145 (167); Ossenbühl NJW 1976, 2100 (2103); Arzt JuS 1982, 717 (728); Schmitt Glaeser JZ 1983, 95 (98 ff.); Otto NStZ 1985, 213 (214); Geppert JR 1985, 430 (432); Schmitt Glaeser AöR 113 (1988), 52 69

414

H. Die Ermessensentscheidung

kann sie nicht auf die Rundfunkfreiheit übertragen werden. Selbst wenn man sie also anerkennen würde, müsste sie als Ausnahme der grundsätzlichen Gleichrangigkeit der Grundrechte auf die Meinungsfreiheit beschränkt bleiben. b) Konkrete Gewichtung Damit scheiden sämtliche Möglichkeiten, Gewichtungen abstrakt vorzunehmen, aus. Deshalb kann es ausschließlich auf eine einzelfallorientierte, also konkrete Gewichtung ankommen.77 Jede Vorwegnahme des Abwägungsergebnisses, in welcher Form auch immer, ist nicht tolerierbar.78 In Bezug auf die hier behandelte Materie der Bild- und Tonaufnahmen im Sitzungsbereich lässt (93); Decken NJW 1983, 1400 (1403); Stark JuS 1995, 689 (690 f.); in diese Richtung Rüthers FS-Löffler, S. 303 (312); allgemeiner Böckenförde NJW 1974, 1529 (1534). 76 Nur die wichtigsten Kritikpunkte sollen hier genannt sein. So wird mit der Vermutung lediglich eine Behauptung aufgestellt, die nicht plausibel begründet werden kann. [Schmitt Glaeser JZ 1983, 95 (98); wohl auch Tettinger JZ 1990, 846 (852)] Für die Besserstellung von gemeinschaftsbezogenen Grundrechtsausübungen und so für eine pauschale Sonderstellung finden sich weder im Wortlaut noch in der Entstehungsgeschichte Anhaltspunkte. [Stark, Ehrenschutz in Deutschland, S. 113; Forkel JZ 1994, 637 (641); Stark JuS 1995, 689 (690); Scholz/Konrad AöR 123 (1998), 60 (104)] Das Grundgesetz selbst räumt vielmehr den Kommunikationsgrundrechten und auch der Meinungsfreiheit als eines von diesen keinerlei Sonderstellung ein. [Ossenbühl ZUM 1999, 505 (509)] Jede freiheitliche Demokratie zeichnet sich durch private und öffentliche Meinungsäußerungen aus, so dass beide gleichermaßen geschützt werden müssen. Nicht selten verfolgen auch öffentliche Äußerungen private Interessen. [Stark, Ehrenschutz in Deutschland, S. 114; Schmitt Glaeser JZ 1983, 95 (98)] Zudem ist nur selten klar ersichtlich, ob eine Meinung privater oder öffentlicher Natur ist, was letztlich zu Lasten der anzustrebenden Rechtssicherheit geht. [Stark, Ehrenschutz in Deutschland, S. 114; Klein Der Staat 10 (1971), 145 (165); Stark JuS 1995, 689 (690); Scholz/Konrad AöR 123 (1998), 60 (104)] Des weiteren sind die Persönlichkeitsrechte gegenüber Gemeinschaftsinteressen nicht weniger wert als gegenüber Individualinteressen. Einer dem entgegenlaufenden Vermutung muss die Einzelfallabhängigkeit des Abwägungsprozesses entgegengehalten werden. [Tettinger JZ 1983, 319 (320, 324 f.); Schmitt Glaeser JZ 1983, 95 (98 ff.)] Überdies vermag das Vorliegen einer Gemeinschaftswichtigkeit die Massenmedien nicht von ihrer Verantwortung gegenüber Dritten zu entbinden. [Lerche FS-Müller, S. 197 (214)] Über die Vermutungsformel wird schließlich ein Ergebnis herbeigeführt, welches das im Rahmen des Konfliktes zwischen Art. 5 Abs. 1 GG und Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG häufig anzuwendenden Instituts der praktischen Konkordanz doch gerade vermeiden will. Ein Ausgleich kann nicht per se zu Gunsten des Art. 5 Abs. 1 GG ausgehen, da die von Art. 5 Abs. 2 GG geforderte Wechselwirkung dann nicht mehr statt fände. [Schmitt Glaeser AöR 113 (1988), 52 (93, 95)] Art. 5 Abs. 2 GG würde anderenfalls einfach weginterpretiert und dem Art. 5 Abs. 1 GG untergeordnet. [Schmitt Glaeser JZ 1983, 95 (98); Schmitt Glaeser AöR 113 (1988); 52 (91)] Zutreffend wird deshalb von einer „. . . Überbewertung politischer oder politisch motivierter Meinungsäußerungen zu Lasten der privaten Sphäre . . .“ [Stern FS-Hübner, S. 815 (817)] und von einer „. . . Vorab-Höherbewertung des Grundrechts auf Kosten des durch das „allgemeine Gesetz“ geschützten Rechtsgutes . . .“ (Schmitt Glaeser AöR 113 (1988); 52 (93); ähnlich Stark, Ehrenschutz in Deutschland, S. 104) gesprochen. 77 Bethge UFITA 95 (1983), 251 (263).

I. Abstrakte Abwägung

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sich allerdings ein Unterschied in der Gewichtung von vornherein feststellen. Die sitzungspolizeiliche Entscheidung nach § 176 GVG ist auf die Anfertigung der Aufnahmen bezogen. Daher ist es gerechtfertigt, den Kriterien, welche die Aufnahmeherstellung direkt betreffen, ein höheres Gewicht beizumessen, als denjenigen, die sich auf die Veröffentlichung der Aufnahmen beziehen. Hierauf wird im Rahmen der eigentlichen Abwägung noch zurückzukommen sein. Im Folgenden soll nicht jedes einzelne Kriterium gesondert gewichtet werden. Vielmehr werden die einzelnen Kriterien in Gruppen zusammengefasst, um diese dann zu gewichten. Hierfür sind allerdings Maßstäbe notwendig. Der wohl wesentlichste ist die Intensität der jeweils zu befürchtenden Beeinträchtigungen der Rechte, Interessen und sonstiger Kriterien. Je intensiver die Beeinträchtigung, desto schwerer muss das entsprechende Interesse an deren Verhinderung gewichtet werden.79 Zudem müssen die unterschiedlichen Wirkintensitäten der verschiedenen Massenmedien in der Abwägung berücksichtigt werden.80 Auch diese beeinflussen dann die Gewichtung der betroffenen Interessen.81 aa) Persönlichkeitsrechtliche Positionen In einer ersten Gruppe lassen sich sämtliche Kriterien der von den Aufnahmen Betroffenen zusammenfassen, die in Verbindung mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht stehen. Von wesentlichem Belang ist hier die Intensität der Beeinträchtigung der persönlichkeitsrechtlichen Positionen.82 Werden identifizierende Bild- und Tonaufnahmen, welche die Anonymität der betroffenen Personen aufheben, veröffentlicht, so wird massiv in die Persönlichkeitsrechte der betroffenen Personen eingegriffen. Gerade durch das Fernsehen, aber auch durch den Hörfunk werden die Betroffenen einer unüberschaubaren Zahl von Personen zugänglich gemacht. Das mit den Persönlichkeitsrechten verbundene Interesse an und das Recht auf Anonymität werden so intensiv beeinträchtigt. Aus diesem Grund sind die persönlichkeitsrechtlichen Kriterien hoch zu gewichten. Insbesondere gilt dies für die Angeklagten und Verurteilten, 78 BVerfG AfP 1999, 159 (160); BVerfG AfP 1999, 254 (256); Neben, Personenberichterstattung, S. 180. 79 BVerfGE 42, 143 (148); 42, 163 (168); 61, 1 (6); BVerfG NJW 1995, 3303 (3304); BGH AfP 1999, 350 (351); Grimm NJW 1995, 1697 (1703). 80 Ahrens, Persönlichkeitsrecht, RNn 33, 53; Stark, Ehrenschutz in Deutschland, S. 45. 81 BVerfGE 35, 202 (226 ff.); BVerfG NJW 2000, 1859 (1860); OLG Koblenz NJW 1973, 251 (253); Dreier I/Schulze-Fielitz, Art. 5 I, II RN 136, 168; Bussmann JR 1955, 202 (205); Hubmann JZ 1957, 521 (527); Lampe NJW 1973, 217 (220); Knothe/Wankel ZRP 1996, 106 (108); wohl auch Olizeg, Hausrecht, S. 212. 82 Wente, Das Recht der journalistischen Recherche, S. 87; Franke, Bildberichterstattung, S. 105; Gronau, Persönlichkeitsrecht und Medienfreiheit, S. 224; Tettinger JZ 1990, 846 (853); Grimm NJW 1995, 1697 (1703); Lehr NStZ 2001, 63 (65).

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H. Die Ermessensentscheidung

welche regelmäßig im Hauptinteresse des Rundfunks stehen. Denn das Anonymitätsinteresse umfasst zugleich die Interessen, stigmatisierenden und entsozialisierenden Wirkungen nicht ausgesetzt zu werden. Insofern ist das Anonymitätsinteresse dieses Personenkreises höher zu gewichten, als das der übrigen in Betracht kommenden Personen.83 Aber auch die bloße Anfertigung der Bildund Tonaufnahmen stellt einen massiven Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der betroffenen Personen dar. Hinsichtlich der Verfahrensbeteiligten lässt sich dies bereits aus deren unfreiwilliger Anwesenheit schließen. Deshalb ist hier eine entsprechend hohe Gewichtung angebracht. Da das Argument der unfreiwilligen Anwesenheit bei den Besuchern des Sitzungsbereichs nicht greift, fällt das Gewicht der persönlichkeitsrechtlichen Kriterien entsprechend geringer aus. Es geht nicht über das normale Maß hinaus. Mit einer aufnahmeverwendenden Berichterstattung über laufende Strafverfahren geht also eine mitunter intensive Beeinträchtigung der Persönlichkeitsrechte der Betroffenen einher.84 Diese sind bei Fernsehaufnahmen am größten. Hinsichtlich des Hörfunks sind sie wegen fehlender visueller Elemente zwar geringer, stellen aber immer noch intensive Persönlichkeitsbeeinträchtigungen dar. Insgesamt ist damit festzustellen, dass Anfertigung und Veröffentlichung der Aufnahmen insgesamt, insbesondere aber in Bezug auf Angeklagte und Verurteilte, zu Persönlichkeitsbeeinträchtigungen führen, die über das Maß dessen hinausgehen, das die Personen auf Grund ihrer Stellung im Strafverfahren sonst verpflichtet sind hinzunehmen.85 Zutreffend wird festgestellt, dass die entsprechend notwendige hohe Gewichtung der persönlichkeitsrechtlichen Kriterien in den einschlägigen Diskussionen nicht adäquat berücksichtigt wird.86 bb) Abwehrinteressen der Betroffenen In einer zweiten Gruppe lassen sich die Abwehrinteressen der von den Aufnahmen Betroffenen, also deren Interessen an der Verhinderung von Gefahrenlagen und deren Realisierung zusammenfassen. Auf die persönlichkeitsrechtliche Seite wurde bereits eingegangen. Durch die Veröffentlichung der Aufnahmen bestehen gerade für die Verfahrensbeteiligten enorme Gefahrenlagen.87 Die mit Abstand größten Gefahren allerdings bestehen wiederum im Hinblick auf die Angeklagten und Verurteilten. Dementsprechend sind die Abwehrinteressen die83 84

Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 295. Gronau, Persönlichkeitsrecht und Medienfreiheit, S. 226; Lehr NStZ 2001, 63

(65). 85 Im Hinblick auf Angeklagte und Verurteilte Franke, Bildberichterstattung, S. 121 und bezüglich Zeugen und Sachverständigen Ranft, Strafprozessrecht, RN 1440. 86 So Riklin, in: Stigmatisierung, S. 129 (140); Tettinger JZ 1990, 846 (853); Knothe/Wankel ZRP 1996, 106 (108). 87 Vgl. G. II. 1.

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ses Personenkreises besonders hoch zu gewichten. Qualitativ geringer ist die Gefahrenlage hinsichtlich der restlichen Verfahrensbeteiligten. Dennoch ist sie nicht zu unterschätzen, was sich in einer leicht erhöhten Gewichtung des Abwehrinteresses niederschlagen muss. Schließlich übersteigt das Gewicht des Abwehrinteresses der Besucher, da eine besondere Gefahrenlage nicht besteht, nicht den Grad des Normalen. cc) Grundrechtliche Positionen des Rundfunks Auf der Seite des Rundfunks sind die grundrechtlichen Positionen der Rundfunk- und Berufsfreiheit zusammen darzustellen. Ganz allgemein wird teilweise dafür plädiert den betroffenen Kommunikationsgrundrechten, hier Art. 5 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GG einen hohen Rang einzuräumen.88 Dies ist für sich genommen zwar richtig, kann auf Grund der grundsätzlichen Gleichrangigkeit aller Grundrechte für die Gewichtung aber keine Rolle spielen.89 Ein erhöhtes Gewicht lässt sich einzig aus der Intensität der (drohenden) Beeinträchtigung grundrechtlicher Positionen ableiten.90 Diesbezüglich lässt sich für die Rundfunkanbieter und -mitarbeiter feststellen, dass zumindest die Publikation der Bild- und Tonaufnahmen (auch) in den Kernbereich der Rundfunkfreiheit, nämlich die Programmfreiheit, fällt.91 Entsprechende sitzungspolizeilich angeordnete, wenn auch mittelbare Beschränkungen sind daher als intensive Grundrechtseingriffe zu werten, was zu einem hohen Gewicht führen muss. Auf Grund der engen Verbindung von Herstellung und Veröffentlichung muss gleiches auch für den Aufnahmeprozess gelten. Hier muss das oben gefundene Ergebnis bezüglich der objektiv-rechtlichen Dimension der Rundfunkfreiheit zusätzlich berücksichtigt werden. Die festgestellten Defizite der heute den Regelfall bildenden Strafgerichtsberichterstattungen des Rundfunks bewirken eine Relativierung des an sich hohen Gewichts der Rundfunkfreiheit.92 Insofern kann Art. 5 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GG kein übermäßig hohes Gewicht beigemessen werden. Noch deutlicher fällt das Ergebnis hinsichtlich der Berufsfreiheit aus. Diese nämlich wird selbst durch ein vorbehaltsloses Aufnahmeverbot als schärfste sitzungspolizeiliche Maßnahme, die vorliegend in Betracht kommt, nur in einem Randbereich beeinträchtigt.93 Art. 12 Abs. 1 GG erfährt damit allenfalls ein als normal zu qualifizierendes Gewicht. 88 89 90 91 92 93

Bethge UFITA 95 (1983), 251 (262). Erman/Ehmann, Anh § 12 RN 360. Grimm NJW 1995, 1697 (1703). Vgl. H. I. 1. b) bb). Vgl. dazu G. IV. 1. b). Vgl. G. I. 4. a) bb) (2).

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H. Die Ermessensentscheidung

Dieses Ergebnis vor Augen ist der immer wieder anzutreffenden Bevorzugung der Kommunikationsgrundrechte, die sich letztlich auf der Ebene der Gewichtung vollzieht, ausdrücklich entgegengetreten. Infolge der als überhöht einzustufenden Gewichtung werden Aufnahmen im Sitzungsbereich regelmäßig für zulässig erachtet.94 Auch das Bundesverfassungsgericht sieht dies so. Mit dem Argument, die Medien bekleiden eine besondere Stellung, lässt das Gericht erkennen, dass es die Freiheiten des Art. 5 Abs. 1 GG gegenüber dem Persönlichkeitsrecht privilegiert.95 Schon der Hinweis auf die besondere Bedeutung der Grundrechte aus Art. 5 Abs. 1 GG kann vor dem Hintergrund der Gleichrangigkeit aller Grundrechte nicht überzeugen.96 Zudem ist auch den Persönlichkeitsrechten eine besondere Bedeutung nicht abzusprechen.97 Vor diesem Hintergrund muss es als äußerst bedenklich erscheinen, wenn in Rechtsprechung und Literatur auf der Basis der Überbewertung des Art. 5 Abs. 1 GG im Zweifel vielfach zu Lasten des Persönlichkeitsrechts entschieden, den Rechten aus Art. 5 Abs. 1 GG also das per se größere Gewicht beigemessen wird.98 Teilweise wird dem Vorwurf, Art. 5 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GG unberechtigt zu bevorzugen, versucht zu entgehen, indem das Interesse der Allgemeinheit zur Stärkung der Position des Rundfunks herangezogen wird.99 Der Privilegierung der Kommunikationsgrundrechte unter Zuhilfenahme der Interessen der Allgemeinheit stehen verschiedene Aspekte entgegen. Zunächst wird nicht ausreichend berücksichtigt, dass die vermischten Kriterien an sich eigenständig zu behandeln, also voneinander zu trennen sind. Weiter bliebe unberücksichtigt, dass die Bevölkerung mit den Interessen an der Verhinderung entsozialisierender Effekte und an einer ungestörten Wahrheitsfindung auch Interessen aufweist, die denen der Rundfunkanbieter entgegenlaufen. Die vorgenommene Verbindung von Rundfunkfreiheit und öffentlichem Interesse mutet daher als eine künstliche Aufwertung der Kommunikationsgrundrechte an100, die es abzulehnen gilt. Tettinger101 mahnt insofern zutreffend, den Persönlichkeitsschutz nicht 94 BVerfG NJW 2000, 2890; BVerfG NJW 1996, 310; BVerfG NJW 1995, 184; BVerfG NJW 1992, 3288; zustimmend Huff NJW 2001, 1622 (1623). 95 Vgl. Tettinger JZ 1990, 846 (853); Stark JuS 1995, 689 (692); wie das Bundesverfassungsgericht, so auch Neben, Personenberichterstattung, S. 108. 96 Franke, Bildberichterstattung, S. 122. 97 Engau, Personen der Zeitgeschichte, S. 294 f., der sich dabei auf die Bedeutung der Resozialisierung bezieht; Bethge UFITA 95 (1983), 251 (263); Knothe/Wankel ZRP 1996, 106 (108) sprechen sogar von einem „. . . allerhöchsten Verfassungsrang . . .“. 98 Vgl. dazu Schulze-Fielitz NJW 1994, 902 (904); Grimm NJW 1995, 1687 (1701 ff.); Hager Jura 1995, 566; Steinfurth NJW 1999, 1287 ff.; Kübler NJW 1999, 1281. Kritisch Lauderer AfP 1993, 531 (533 ff.); Oeter AöR 119 (1994), 529 (538 ff.); Kriele NJW 1994, 1897; Tettinger JuS 1997, 769; Otto Jura 1997, 139 ff.; Ossenbühl ZUM 1999, 505 ff.; Kube AöR 125 (2000), 341 (342 ff.). 99 So BVerfGE 35, 202 (231). 100 Ähnlich Häberle, Öffentliches Interesse als Juristisches Problem, S. 553 ff. 101 Tettinger JZ 1990, 846 (852).

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künstlich zu gering zu schätzen. Der immer wieder vertretene Vorrang der Medienfreiheiten stellt sich nach Ahrens gar als ein „. . . reines Wunschdenken der maßgeblichen in diesem Bereich tätigen Kreise . . .“102 dar. Damit steht fest, dass den grundrechtlichen Positionen auf der Seite des Rundfunks, namentlich der Rundfunk- und Berufsfreiheit kein hohes Gewicht zugesprochen werden kann. Insofern ist der überwiegenden Ansicht entschieden entgegenzutreten. dd) Motive der Aufnahmeherstellung und -veröffentlichung Wie festgestellt, sind neben den verfassungsrechtlichen Positionen des Rundfunks auch die Motive der Rundfunkanbieter daran, personenbezogene Bildund Tonaufnahmen anzufertigen und zu veröffentlichen, einzustellen. Die diesbezügliche Gewichtung lässt sich mittels einer Skala rasch vornehmen. Während auf deren positiver Seite der Informationszweck der Rundfunkanbieter steht, sind auf der negativen Seite die eigennützigen Motive zu finden.103 Es macht daher einen wesentlichen Unterschied, ob Angelegenheiten von öffentlichem Interesse ernsthaft und sachbezogen der Informationen willen oder aus ökonomischen Überlegungen heraus angefertigt und gesendet werden.104 Das in den vorliegenden Fällen weitgehend fehlende Informationsmotiv der Rundfunkanbieter105 bleibt somit nicht ohne Auswirkungen auf die Gewichtung der beteiligten Interessen.106 Auf die mit den Aufnahmen tatsächlich vermittelten Informationen wie äußeres Erscheinungsbild, Mimik, Gestik und Stimme kann nicht abgestellt werden, da es den Rundfunkanbietern nur in untergeordnetem Maße auf deren Vermittlung ankommt.107 Die Aufnahmen sollen die Gerichtsberichte vielmehr illustrieren und so deren Attraktivität steigern. Ziel ist es dabei, über hohe Einschaltquoten entsprechende Werbeeinnahmen zu erzielen. Daher ist den aufnahmebezogenen Motiven der Rundfunkanbieter, sofern sie zu Gunsten des 102

Ahrens, Persönlichkeitsrecht, RN 29. So Neben, Personenberichterstattung, S. 263, 266; vgl. aus der Rechtsprechung nur BVerfGE 7, 198 (212); 42, 163 (171); 61, 1 (11); letztlich auch BGHZ 131, 332 (342); Franke, Bildberichterstattung, S. 106; Bussmann JR 1955, 202 (205). 104 BVerfGE 34, 269 (283); BVerfG NJW 1966, 1617 (1619); BGH JZ 1965, 411 (413); Neben, Personenberichterstattung, S. 264; Wolf, Gerichtsverfassungsrecht aller Verfahrenszweige, S. 197. 105 Vgl. G. III. 2. 106 Franke, Bildberichterstattung, S. 123. 107 Selbst wenn dies anders wäre, so bestimmt sich die Gewichtigkeit des Herstellungs- und Publikationsinteresses doch auch anhand der sozialen Wertigkeit der veröffentlichten oder zu veröffentlichenden Information. [Müller, Bildnisveröffentlichung, S. 175; Neben, Personenberichterstattung, S. 262, 265, 267; Wolf, Gerichtsverfassungsrecht aller Verfahrenszweige, S. 197; Friauf/Höfling AfP 1985, 249 (255 f.)] Diese aber ist bei den Informationen der Film- und Tonaufnahmen sehr gering. 103

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H. Die Ermessensentscheidung

Rundfunks angebracht werden sollen, ein nur geringes Gewicht in der Abwägung beizumessen.108 ee) Interessen der Allgemeinheit Von großer Bedeutung für den Ausgang der Abwägung müssen auch die Interessen der Allgemeinheit im Hinblick auf die Aufnahmen sein. Das betrifft nicht nur Interessen an den Aufnahmen, sondern auch Interessen an deren Unterlassung. Gerade letztgenannte werden häufig nicht berücksichtigt. Während auf der einen Seite die Bedürfnisse nach Unterhaltung, Sensation und Authentizität für die Herstellung und Publikation der Aufnahmen streiten, stehen dem die Interessen an Sozialisierung und Resozialisierung und an einer ungestörten Wahrheitsfindung entgegen. Im Hinblick auf das Gewicht der ersten Interessengruppe ist wiederum eine Skala, ähnlich der im Rahmen der Rundfunkmotive dargestellten, anzulegen. Während auf der einen Seite das Interesse an der Erlangung von Informationen angesiedelt ist, stehen auf der anderen Seite reine Unterhaltungs-, Sensationsund Illustrationsinteressen. Dies wird dahingehend kritisiert, dass der Verweis auf die genannten Interessen eine stereotype Verurteilung darstelle und letztlich nur die Darstellung des Endergebnisses einer subjektiven Interessenabwägung vermittle.109 Dem ist entgegenzuhalten, dass es im Hinblick auf alle Kriterien die Gewichtung ist, die das Ergebnis der Abwägung bestimmt. Mit der hier vorzunehmenden Gewichtung also wird kein Abwägungsergebnis, noch dazu kein vorgefertigtes, vermittelt. Vielmehr soll das Ergebnis hiermit erst ermittelt werden. Auch das öffentliche Interesse macht hiervon keine Ausnahme, ist also zu gewichten. Es kann nicht sein, dass jedes Interesse der Bevölkerung geeignet ist, einen Stellenwert einzunehmen, der mit dem der Persönlichkeitsrechte konkurriert. Von einer Verurteilung kann daher keine Rede sein. Die Unterschiede zwischen den einzelnen Interessenarten, die nicht in Abrede gestellt werden können, müssen sich konsequenterweise im Rahmen der Gewichtung fortsetzen. Einem überwiegenden Informationsinteresse der Allgemeinheit unterliegen die personenbezogenen Bild- und Tonaufnahmen bis auf wenige Ausnahmen110 nicht. Mithin sind die für die Aufnahmen streitenden Interessen der Bevölkerung gering zu gewichten. Den Interessen an der (Wieder-)Eingliederung von Angeklagten und Verurteilten sowie an einer ungestörten Wahrheitsfindung muss im Ausgangspunkt ein höheres Gewicht beigemessen werden. Fehlerhafte, da von außen beeinflusste Strafurteile sind eine Gefahr für jeden Rechtsstaat. Hinsichtlich der so108 109 110

Michael AfP 2006, 313 (318). Berka, Medienfreiheit und Persönlichkeitsschutz, S. 216. Vgl. F. I. 3. b).

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zialisationsbezogenen Interessen, welchen über die Gefahr kriminalitätsbegünstigender Wirkungen ebenfalls ein an sich hohes Gewicht beizumessen ist, gilt es jedoch zu berücksichtigen, dass die Aufnahmen auch präventive Wirkungen aufweisen, also kriminalitätssenkend wirken können. Diesbezüglich ist das Interesse der Bevölkerung folglich geteilt und spielt für die Abwägung so keine wesentliche Rolle mehr. Anders muss das Ergebnis für das Interesse an der Wahrheitsfindung lauten. Da die Funktionsfähigkeit der Strafrechtspflege111 in das Interesse der Allgemeinheit fällt, ist dieses an einem der Grundpfeiler der Gesellschaft bestehende Interesse entsprechend hoch zu gewichten. ff) Verfahrensbezogene Kriterien In einer weiteren Gruppe lassen sich die verfahrensbezogenen Kriterien zusammenfassen. Im Vordergrund muss hier die sowohl mit der Anfertigung als auch mit der Veröffentlichung der Aufnahmen einhergehende Gefahr für eine ungestörte Wahrheitsfindung stehen. Dieser Gefahr ist ein hohes Abwägungsgewicht beizumessen, da die Wurzeln der Wahrheitsfindung im Rechtsstaatsprinzip und so in der Verfassung zu finden sind.112 Ähnliches gilt für die mit der Aufnahmepublikation begründete Gefahr für die richterliche Unabhängigkeit. Auch diese ist ein wichtiges Verfassungsgut (Art. 97 Abs. 1 GG), was sich in einem entsprechend hohen Gewicht niederzuschlagen hat. Auch der Gefahrenlage hinsichtlich eines störungsfreien und ordnungsgemäßen Sitzungsablaufs muss ein erhöhtes Gewicht zugesprochen werden. Denn auch hier gilt es den Stellenwert zu beachten, der einer wirksamen Strafverfolgung bei Gericht beizumessen ist. Der Ausrichtung des Strafverfahrens am Präventionsgedanken kommt dagegen kein nennenswertes Gewicht zu, da sich die positiven und negativen Wirkungen neutralisieren. gg) Positive Wirkungen Die für die Aufnahmen anzuführenden positiven Wirkungen, welche von den aufnahmeverwendenden Gerichtsberichterstattungen ausgehen113, sind, da sie wichtige gesellschaftliche Funktionen wahrnehmen, hoch zu gewichten. Allerdings gilt es einen Aspekt zu berücksichtigen, der diese Bedeutung relativiert. Dies ist der konkrete Wirkungsgrad. Es muss Beachtung finden, inwieweit die hier maßgebenden Funktionen tatsächlich umgesetzt beziehungsweise erfüllt 111 BVerfGE 38, 105 (115); 44, 353 (374); 74, 257 (262); Rotsch, Journalistische Recherche, S. 37. 112 BVerfGE 19, 342 (347); 29, 183 (194); 77, 65 (76); Rotsch, Journalistische Recherche, S. 37; Dörr AfP 1995, 378 (381). 113 Vgl. G. III.

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werden. Diesbezüglich hat sich gezeigt, dass mit den Aufnahmen und den Berichterstattungen insgesamt nur untergeordnet und unzureichend Informationen vermittelt werden. Folge dessen sind Defizite auch im Hinblick darauf, eine Kontrolle der Strafjustiz zu ermöglichen und präventive Effekte herbeizuführen. Lediglich der Unterhaltungsfunktion wird voll nachgekommen. Diesen Ergebnissen entsprechend muss das Gewicht der positiven Wirkungen reduziert werden. Ihnen ist daher lediglich ein leicht erhöhtes Gewicht beizumessen. hh) Sonstige Kriterien Schließlich gilt es die Kriterien zu gewichten, die sich in keine der vorgenannten Gruppen einordnen lassen. Das sind die Gefahren eines instrumentalisierten Rundfunks und verzerrender Wirkungen sowie der Informationsgehalt der Bild- und Tonaufnahmen und deren Notwendigkeit. Von außerordentlicher Bedeutung für den Abwägungsprozess ist die Erforderlichkeit der Aufnahmen, wobei sowohl auf die Rezipienten- als auch auf die Rundfunkseite abzustellen ist. Die Bild- und Tonaufnahmen ließen sich nämlich dann legitimieren, wenn sie auf Grund schützenswerter Belange als notwendig erscheinen. Doch ist dies, wie gezeigt, gerade nicht der Fall. Auf allen beteiligten Seiten kann ohne größere Einbußen schützenswerter Positionen auf die Aufnahmen verzichtet werden.114 Es ist daher nicht erforderlich, solche anzufertigen beziehungsweise zu publizieren. Diese Erkenntnis hat enorme Bedeutung. Hiermit verknüpft, aber nicht derart hoch zu gewichten, ist der Informationsgehalt der Aufnahmen selbst, der in Bezug auf die vom Publikum verlangten Informationen über das Strafverfahren gegen Null tendiert.115 Der Gefahr von verzerrenden Wirkungen auf das Realitätsbild der Zuschauer und Zuhörer einerseits und der Gefahr von Instrumentalisierungen des Rundfunks andererseits allerdings kann nur ein geringes Gewicht beigemessen werden. Im Hinblick auf die Verzerrungen folgt dies daraus, dass derartige Effekte primär vom Gerichtsbericht als solchen und nicht von den ihn illustrierenden Aufnahmen ausgehen. Hinsichtlich der Instrumentalisierungen ist festzustellen, dass es weniger um ein spezifisches Problem von Aufnahmen aus dem Sitzungsbereich, als vielmehr um ein allgemein medienbezogenes Problem geht. Die Betrachtungen zur Gewichtung der einzelnen Kriterien abschließend, sei auf die Bedeutung der jeweils genutzten Rundfunkart hingewiesen, womit letztlich erneut die Wirkungsforschung zu den Massenmedien angesprochen ist. Auf Grund der Visualisierung, die dem Medium Fernsehen immanent ist, erreichen die Sendungen, die über dieses Medium verbreitet werden, einen deutlich hö-

114 115

Vgl. F. III. Vgl. F. II.

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heren Wirkungsgrad als die Sendungen des Hörfunks. Erinnert sei nur daran, dass dem Fernsehfunk die höchste Glaubwürdigkeit unter den Massenmedien beigemessen wird.116 Aus diesem Grund gewinnen gerade die persönlichkeitsorientierten Kriterien dann an Gewicht, wenn es um über den Fernsehfunk verbreitete Strafgerichtsberichterstattungen geht.117 Gleiches gilt auch im Hinblick auf die sonstigen personengebundenen und -ungebundenen Gefahren. Die Unterschiede zwischen Hörfunk und Fernsehfunk sollen im Folgenden jedoch weitgehend unbeachtet bleiben, da das Ergebnis in beiden Fällen gleich ist. 3. Die Abwägung im engeren Sinn Auf Grund der angestellten Gewichtung lässt sich die Abwägung in Bezug auf die personenbezogenen Bild- und Tonaufnahmen ohne größere Schwierigkeiten vornehmen. Abwägung bedeutet, dass die grundsätzlich einzelfallorientierte Feststellung zu treffen ist, welche Interessen und Rechtsgüter hinter den anderen zurücktreten müssen.118 Das Institut der Interessen- und Güterabwägung als Lösung der bestehenden Konfliktlage wird allerdings auch kritisch kommentiert. So merkt Jahns119 im Hinblick auf die auch hier vorliegende Konfliktlage zwischen Medienrechten und Persönlichkeitsrechten an, dass es vielfach auf das eigene Empfinden von Würde und Menschlichkeit der Beteiligten ankäme, um zu entscheiden, in welche Richtung die Konfliktlage aufzulösen ist. Dem ist entgegenzuhalten, dass die Menschenwürde nach Art. 1 Abs. 1 GG zwar ein Standbein der Persönlichkeitsrechte ist, jedoch kein eigenständiges Abwägungskriterium. Deshalb spielt sie hier keine eigenständige Rolle. Zudem ist jeder Abwägungsprozess ein subjektiver Vorgang, allerdings anhand objektiver Kriterien. Auf rein subjektive Überzeugungen kommt es also nicht an. Abwägungen, auch denen im Rahmen des § 176 GVG, kann kein Mangel an Objektivität vorgeworfen werden. Vielmehr stellt allein die umfassende Interessen- und Güterabwägung sicher, dass sämtliche tangierten Positionen auf das Ergebnis, hier die sitzungspolizeiliche Entscheidung, Einfluss haben. Wenn es um die Abwägung im engeren Sinn geht, müssen im Ausgangspunkt zwei Überlegungen beachtet werden. Erstens ist die häufig gebrauchte Abwägungsformel „in dubio pro libertate“120 hier ohne Bedeutung. Nach dieser seien 116

Vgl. C. I. 1. Riklin, in: Stigmatisierung, S. 129 (145); wohl auch Staudinger II/Hager, § 823 RN C 203; Hager Jura 1995, 566 (569). 118 BVerfGE 35, 202 (225); Franke, Bildberichterstattung, S. 105; Neben, Personenberichterstattung, S. 266; von Gamm NJW 1979, 513 (516); Bethge UFITA 95 (1983), 251 (263). 119 Jahns, Verletzung von Persönlichkeitsrechten, S. 11. 120 Vgl. hierzu nur Ahrens, Persönlichkeitsrecht, RN 24 und umfassend Schneider FS-Deutscher Juristentag II, S. 263 (263 ff.). 117

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die Grundrechte im Zweifel so auszulegen, dass sie ihre volle Wirkungsmöglichkeit entfalten können.121 Schon logisch kann dieser Grundsatz nicht weiterhelfen, wenn es um die Kollision von zwei Freiheitsräumen geht. Er verkommt in derartigen Fällen zur leeren Worthülse.122 Nach Rüthers123 ist der „in dubio pro libertate“-Grundsatz überdies dann nicht anwendbar, wenn schwere Verletzungen des Persönlichkeitsrechts drohen. Auch diese Sicht führt hier zur Unanwendbarkeit des Grundsatzes. Zweitens gilt es, wie bereits deutlich geworden ist, jeder Vorwegnahme des Abwägungsergebnisses entgegenzutreten.124 Weder kann den grundrechtlichen Positionen der Rundfunkanbieter und -mitarbeiter noch den Persönlichkeitsrechten der Betroffenen125 ein grundsätzlicher Vorrang eingeräumt werden, noch überzeugt es, die ungestörte Wahrheitsfindung über alle anderen Aspekte zu stellen und ihr so unabhängig davon, ob es den Medieninteressen oder den Interessen der von den Aufnahmen betroffenen Personen entgegenläuft, stets den Vorrang einzuräumen.126 Zwar ist die Erkenntnis, dass die Wahrheitsfindung ein hoch zu gewichtendes Ziel des Strafverfahrens127 ist, richtig, jedoch widerspräche es dem Sinn einer Abwägung, diesem Prinzip stets den Vorrang zu gewähren. Abgesehen davon räumt selbst das Strafverfahrensrecht zum Beispiel mit den Verweigerungsrechten der §§ 52, 53, 53a, 55, 76 StPO ein, dass es eine Wahrheitsfindung um jeden Preis gerade nicht gibt. Will man die Abwägung durchführen, bietet es sich an, auf die bereits an mehreren Stellen durchgeführte Unterscheidung zwischen Anfertigung und Publikation der Aufnahmen zurückzugreifen und die Abwägung zunächst entsprechend zu trennen. Auf die Veröffentlichung personenbezogener Aufnahmen abstellend, ergibt sich ein klares Bild zu Lasten einer freien Aufnahmepublikation und so zu Ungunsten des Rundfunks. Den nicht besonders hoch zu gewichten121 122

Eckhoff, Der Grundrechtseingriff, S. 162. Ebenso wohl Rüthers FS-Löffler, S. 303 (312); Bethge UFITA 95 (1983), 251

(264). 123

Rüthers FS-Löffler, S. 303 (313), allerdings ohne nähere Begründung. BVerfG AfP 1999, 159 (160); BVerfG AfP 1999, 254 (256); Neben, Personenberichterstattung, S. 180. 125 So aber Schüle/Huber, Persönlichkeitsschutz, S. 36 ff.; Weitnauer NJW 1959, 313 (314 FN 8); zu Recht dagegen Maass, Information und Geheimnis, S. 64 FN 194; Löffler NJW 1959, 1 (1); Grimm NJW 1995, 1697 (1702); Bornkamm NStZ 1983, 102 (105). 126 So aber Stutz, Zurückdrängung des Öffentlichkeitsprinzips zu Gunsten der Privatsphäre, S. 120; Böttcher JR 1987, 133 (139). In diese Richtung tendiert auch das Bundesverfassungsgericht im „El-Kaida-Beschluss“ vom 30. Oktober 2002. In diesem führt das Gericht aus, dass „. . . der Wahrheits- und Rechtsfindung vor Gericht Priorität einzuräumen . . .“ [BVerfG NJW 2003, 500 (501)] ist. Angefügt sei jedoch, dass Anlass für den Beschluss nicht Film- und Tonaufnahmen waren, sondern der beschränkte Zugang von Journalisten zum Sitzungssaal. 127 Siehe E. I. 2. 124

I. Abstrakte Abwägung

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den Rechten und Interessen an den Aufnahmen auf Seiten des Rundfunks und der Allgemeinheit stehen überaus gewichtige Belange der Allgemeinheit, mitunter enorme Gefahrenlagen sowie persönlichkeitsrechtliche Positionen und Interessen der Betroffenen gegenüber. Die einzige Fallgruppe, bei der die Abwägung zunächst keinen klaren Ausgang zu finden scheint, ist die der Aufnahmeveröffentlichungen von Besuchern des Sitzungsbereichs. Diesbezüglich nämlich fallen die Gefährdungslagen, die gegen die Aufnahmen sprechen, zum großen Teil weg. Es gilt aber zu beachten, dass § 22 S. 1 KUG als einfachgesetzliche Ausprägung des Persönlichkeitsrechts es auch und ausdrücklich verbietet, Bildnisse dieses Personenkreises zu publizieren. Dessen Regelung ersetzt das allgemeine Persönlichkeitsrecht im Hinblick auf die Tonaufnahmen, welche daher ebenfalls nicht veröffentlicht werden dürfen. Dies und das Fehlen legitimer Interessen der Allgemeinheit und des Rundfunks an den Aufnahmen, sämtliche Aspekte sind hoch zu gewichten, führen dazu, dass die Abwägung auch bezüglich der Besucher zu Lasten des Rundfunks ausfallen muss. Ähnlich fällt das Ergebnis im Hinblick auf die Anfertigung der Bild- und Tonaufnahmen aus. Da der Großteil der Gefahrenlagen aus der Veröffentlichung der Aufnahmen resultiert, handelt es sich diesbezüglich vorrangig um einen Grundrechtskonflikt zwischen Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG und Art. 5 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GG sowie Art. 12 Abs. 1 GG. Von einem deutlichen Überwiegen des Persönlichkeitsrechts kann hier keine Rede sein. Zwar ist es höher zu gewichten als Rundfunk- und Berufsfreiheit, jedoch stehen der einen grundrechtlichen Position zwei andere gegenüber. Nimmt man die nicht grundrechtlich verwurzelten Positionen hinzu, wird das vorzugswürdige Ergebnis deutlich. Hier sind insbesondere die fehlende Erforderlichkeit und der gegen Null tendierende Informationsgehalt der Aufnahmen sowie das nicht vorhandene Informationsinteresse an den Aufnahmen anzuführen. Hinzu kommen die möglichen Störungen des Sitzungsablaufs. Insofern muss zum Ergebnis gelangt werden, dass von einer freien Aufnahmeanfertigung Abstand genommen werden muss. Werden die beiden in Anfertigung und Veröffentlichung gespaltenen Abwägungen nun wieder zusammengefügt, ergibt sich ein zu Gunsten des Persönlichkeitsschutzes ausfallendes Gesamtergebnis der Abwägung.128 Auf das höhere Gewicht der herstellungsbezogenen Seite kommt es insofern gar nicht an. Die gegen die Bild- und Tonaufnahmen sprechenden Abwägungskriterien überwiegen daher grundsätzlich. Grundsätzlich deshalb, weil es an einem anerkennenswerten Informationsinteresse der Allgemeinheit an den Bild- beziehungsweise Tonaufnahmen nicht in allen Fällen mangelt. Vor allem im Hinblick auf die 128 Dass grundsätzlich kein überwiegendes Interesse an einer publizistischen Identifizierung besteht, nehmen auch von Becker, Massenmedien, S. 188; Wettstein, Öffentlichkeitsgrundsatz, S. 95 f. und Riklin, in: Stigmatisierung, S. 129 (147) an.

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H. Die Ermessensentscheidung

Angeklagten und Verurteilten, die im Bereich der schwersten Kriminalität und in Sonderkonstellationen auch unterhalb dieser Schwelle zu den (relativen) Personen der Zeitgeschichte zu zählen sind, kann die Abwägung anders ausgehen. Insofern vermag das Informationsinteresse den Einsatz des Rundfunks im Einzelfall zu legitimieren.129 Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass auch in diesen, allerdings nur selten vorliegenden, Fällen das Ergebnis der Abwägung offen ist. 4. Ergebnis In aller Regel ist der Konflikt um die personenbezogenen Bild- und Tonaufnahmen im Sitzungsbereich dahingehend zu entscheiden, dass den Kriterien, die gegen unbeschränkte Aufnahmen sprechen, der Vorrang einzuräumen ist. Dies ist vor allem dem hohen Gewicht dieser Kriterien geschuldet. Von wenigen Ausnahmesituationen abgesehen, geht die Abwägung also zu Lasten der Rundfunkanbieter und ihrer Mitarbeiter aus. Das vor allem in der Praxis überwiegend zu Gunsten des Art. 5 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GG ausschlagende Pendel130 bedarf daher einer Korrektur. Die gängige, dem gefundenen Ergebnis zuwiderlaufende Abwägungspraxis wird deshalb zutreffend dahingehend kritisiert, dass das Ergebnis der Interessen- und Güterabwägung immer wieder zu Gunsten des Wertes Publizität erfolgt, auch um den Preis menschlicher Opfer.131 Die zunehmende Intensität, Reichweite und vermeintliche Glaubwürdigkeit des Rundfunks zwingen dazu, die Persönlichkeitsrechte und die mit diesen einhergehenden Interessen zukünftig stärker in den Vordergrund zu rücken.132

II. Der besondere Stellenwert des Persönlichkeitsrechts Das gegen die Aufnahmen anzuführende allgemeine Persönlichkeitsrecht ist ein dominierendes Kriterium der sitzungspolizeilichen Entscheidungsfindung. Zu der abwehrrechtlichen Dimension dieses Rechts tritt eine weitere hinzu. Zu überlegen ist, ob beziehungsweise inwieweit eine staatliche Verpflichtung zum Schutz der Persönlichkeit existiert und welche Auswirkungen dies auf § 176 GVG hat.

129

Hünig, Schutz des Beschuldigten, S. 103; Riklin, in: Stigmatisierung, S. 129

(137). 130

Vgl. dazu nur Tettinger JZ 1990, 846 (853); a. A. Müller AfP 1997, 97 (97). So insbesondere unter Bezugnahme auf die Geiselnahme von Gladbeck Saxer, in: Medien-Ethik, S. 104 (127 f.). 132 Kübler JZ 1984, 541 (545). 131

II. Der besondere Stellenwert des Persönlichkeitsrechts

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1. Verfassungsrechtliche Schutz- und Handlungspflicht Das in Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG niedergelegte allgemeine Persönlichkeitsrecht ist wie die anderen Grundrechte auch primär als Abwehrrecht zu verstehen.133 Die staatliche Macht soll beschränkt und deren missbräuchliche Nutzung verhindert werden. Insofern geht es vorrangig um den Schutz der Grundrechtsträger vor ungerechtfertigten hoheitlichen Eingriffen.134 Die Bedeutung der Grundrechte, deren effektiver Schutz das oberste Gebot sein muss, kann sich jedoch nicht allein im Abwehrcharakter beschränken. Auch Schutz- und Handlungspflichten können aus den Grundrechten folgen. a) Begründung der Schutzpflichten Bereits in Art. 1 Abs. 1 S. 2 GG kommt zum Ausdruck, dass der Staat hinsichtlich der Menschenwürde Schutz zu gewährleisten hat. Die dort ausdrücklich angeordnete Schutzpflicht des Staates besteht jedoch keineswegs nur für einzelne Grundrechte. Dahinter steht die Erkenntnis, dass es in der heutigen Zeit, in der altruistische Handlungsweisen in den Hintergrund getreten sind, längst nicht mehr nur der Staat ist, der Grundrechtspositionen beeinträchtigen kann. Nichtstaatliche „Eingriffe“ sind an der Tagesordnung. Von der Folgenseite ausgehend, muss sogar festgestellt werden, dass die nichtstaatlichen „Eingriffe“ mindestens ebenso freiheitsgefährdend beziehungsweise freiheitsbeeinträchtigend wirken wie staatliche Eingriffe.135 Quantitativ dominieren privatverursachte Rechtsbeeinträchtigungen. Auf die vom allgemeinen Persönlichkeitsrecht geschützten Ausprägungen bezogen, wird dies besonders deutlich, wenn der Konflikt zu den Massenmedien betrachtet wird. Hier geht es zum größten Teil um private Beeinträchtigungen persönlichkeitsrechtlich erfasster Rechtspositionen. Gerade im Medienbereich, man denke nur an die von den Bild- und Tonaufnahmen ausgehenden Gefahren für Angeklagte und Verurteilte, sind die Beeinträchtigungen im Vergleich zu sonstigen hoheitlichen Eingriffen erheblich gravierender.136

133

A. A. Bleckmann DVBl. 1988, 938 (942). VGH Mannheim NJW 1987, 2762 (2762); VG Frankfurt NJW 1987, 2248 (2248 f.); Jarass/Pieroth/Jarass, Art. 2 RN 28; von Münch/Kunig I/Kunig, Art. 2 RN 40; Sachs/Murswiek, Art. 2 RN 18; HStR V/Isensee, § 111 RN 9; Neben, Personenberichterstattung, S. 279; Wente, Das Recht der journalistischen Recherche, S. 49 f.; allgemeiner Isensee, Das Grundrecht auf Sicherheit, S. 27; König, Drittschutz, S. 197; Tsai, Umweltschutzpflicht, S. 197; Hain, Rundfunkfreiheit und Rundfunkordnung, S. 121; Fechner, Medienrecht, RN 69; Canaris AcP 184 (1984), 201 (225); Canaris JuS 1989, 161 (161); Klein NJW 1989, 1633 (1633). 135 Dietlein, Schutzpflichten, S. 63; Jaeckel, Schutzpflichten, S. 54; für den Umweltbereich Tsai, Umweltschutzpflicht, S. 204 f.; Calliess JZ 2006, 321 (321). 136 Allgemeiner auch Tsai, Umweltschutzpflicht, S. 205. 134

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H. Die Ermessensentscheidung

Um die grundrechtlich verbürgten Positionen umfassend zu schützen, ist also mehr erforderlich als nur der Schutz vor staatlichen Eingriffen. Es reicht nicht aus, dass der Staat auf eigene Eingriffe verzichtet beziehungsweise dennoch erfolgende Eingriffe abgewehrt werden können. Die im Zentrum der deutschen Rechtsordnung stehenden Grundrechte fordern den Staat deshalb auch auf, die von nichtstaatlicher Seite für die grundrechtlich erfassten Rechtsgüter bestehenden Gefahren abzuwehren.137 Diese staatliche oder anders ausgedrückt grundrechtliche Schutzverpflichtung arbeitete das Bundesverfassungsgericht von Anfang an mehr oder weniger konkret heraus.138 Nur wenn solche Schutzverpflichtungen anerkannt werden, wird ein effektiver Grundrechtsschutz gewährleistet. Denn dann wird die Geltungskraft der Grundrechte wesentlich verstärkt.139 Der Staat muss sich, um die klassische Formulierung zu gebrauchen, schützend und fördernd vor die Grundrechtsgüter der Berechtigten stellen.140 Zwar wird die Existenz von grundrechtlichen Schutzvorschriften vereinzelt, wenn auch nur vorsichtig, kritisiert141, jedoch vermag diese Kritik nicht zu überzeugen.142 Ein effektiver Grundrechtsschutz bedingt Schutzpflichten. Bis heute nicht abschließend geklärt ist allerdings deren dogmatische Herleitung.143 Da diese hier aber keine nennenswerte Rolle spielt, sei auf die Darstellung der vertretenen Ansätze verzichtet.144 Überdies ist im Hinblick auf die personenbe137 BVerfGE 46, 160 (164); 49, 24 (53); 49, 89 (142); 56, 54 (73); 66, 39 (71); HessVGH JZ 1990, 88 (89); HStR V/Isensee, § 111 RNn 1 ff.; HStR V/Murswiek, § 112 RN 20; Jaeckel, Schutzpflichten, S. 54; Robbers, Sicherheit als Menschenrecht, S. 121; Vgl. zur Herleitung der Schutzpflichten aus der objektiven Werteordnung Szczekalla, Schutzpflichten, S. 146 ff.; Pieroth/Schlink, Staatsrecht II, RNn. 82 ff.; Ehlers FS-Lukes, S. 337 (339); Schmidt-Assmann AöR 106 (1981), 205 (209); Canaris AcP 184 (1984), 201 (226 f.); Steinberg NJW 1984, 457 (458 f.); Langer NVwZ 1987, 195 (196 f.); Canaris JuS 1989, 161 (163); Wahl/Masing JZ 1990, 553 (556); Preu JZ 1991, 265 (265); Hain DVBl. 1993, 982 (982); Klass AfP 2005, 507 (509); Calliess JZ 2006, 321 (321); vgl. auch die Nachweise bei Dietlein, Schutzpflichten, S. 17 FNn 1 f. 138 Vgl. die Nachweise bei Robbers, Sicherheit als Menschenrecht, S. 129 ff.; König, Drittschutz, S. 199 ff. 139 Szczekalla, Schutzpflichten, S. 311; Isensee, Das Grundrecht auf Sicherheit, S. 33; Erichsen Jura 1997, 85 (89). 140 BVerfGE 33, 303 (333) = NJW 1972, 1561 (1564 f.); 35, 79 (114) = NJW 1973, 1176 (1177); 36, 321 (331) = NJW 1974, 689 (689); 39, 1 (42); Unruh, Schutzpflichten, S. 20; Szczekalla, Schutzpflichten, S. 246. 141 Vgl. zu dem überaus streitigen Verhältnis von Schutzpflichten und Drittwirkung Szczekalla, Schutzpflichten, S. 248 ff. 142 Verwiesen sei auf Jaeckel, Schutzpflichten, S. 55 ff., die die vorgebrachten Kritiken zu recht als nicht überzeugend einstuft. 143 Dies stellen etwa auch Hain DVBl. 1993, 982 (982) und Starck JZ 1993, 816 (816) fest. 144 Vgl. weiterführend Unruh, Schutzpflichten, S. 26 ff.; Aufzuzählen sind nach ihm folgende sechs Ansätze: die ideengeschichtliche Herleitung, die Herleitung aus dem Wortlaut, die Ableitung aus der Menschenwürde, der abwehrrechtliche Ansatz, die Ableitung aus der objektiven Werteordnung und die Herleitung aus den Grund-

II. Der besondere Stellenwert des Persönlichkeitsrechts

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zogenen Bild- und Tonaufnahmen im Umfeld der strafgerichtlichen Hauptverhandlung allein die persönlichkeitsrechtliche Schutzverpflichtung von Belang. Auf Grund der Verankerung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts in der Menschenwürde bereitet es keine Schwierigkeiten, hier eine Schutzpflicht des Staates zu begründen. Der Verweis auf Art. 1 Abs. 1 GG umfasst auch dessen Satz zwei. Hieraus folgt für den Kernbereich des Persönlichkeitsrechts in direkter, sonst in indirekter Weise, dass der Staat zum Schutz der Persönlichkeitsrechte angehalten ist.145 Da es um die Entscheidungsfindung des Vorsitzenden Richters nach § 176 GVG geht, wird die persönlichkeitsrechtliche Schutzverpflichtung hier in Form der schutzpflichtorientierten Gesetzesanwendung relevant. Diese wird auch als die Wahrnehmung sekundärer Schutzpflichten bezeichnet.146 Andere halten eine grundrechtsunmittelbare präventive Schutzpflicht für gegeben.147 Diese im Wesentlichen nur terminologischen Feinheiten vermögen jedoch nichts am Inhalt der Pflichten zu ändern und sollen deshalb hier nicht weiter interessieren. Festzuhalten ist, dass eine aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht abzuleitende Schutzverpflichtung des Staates besteht.148 Gefordert wird nicht nur ein Schutz vor dem Staat, sondern auch ein Schutz durch den Staat.149 Es kann allerdings nur dann eine staatliche Schutzverpflichtung bestehen, wenn es um nichtstaatliche „Eingriffe“ geht. Im Falle von hoheitlichen Eingrifrechtsschranken und dem Sozialstaatsprinzip; vgl. auch Dietlein, Schutzpflichten, S. 34 ff., der sich in sehr ausführlicher Form auf die sogenannte abwehrrechtliche Lösung und der Lösung über objektiv-rechtliche Grundrechtsgehalte fokussiert und König, Drittschutz, S. 203 ff. 145 Vgl. BVerfGE 34, 238 (247); BVerfG NJW 1999, 1322 (1324); Robbers, Sicherheit als Menschenrecht, S. 198. 146 So Murswiek, Die staatliche Verantwortung, S. 111; den Gegensatz bildet nach ihm die primäre Schutzverpflichtung, die die Normsetzung durch den Gesetzgeber betrifft. Kritisch hierzu Dietlein, Schutzpflichten, S. 130 f. 147 So Dietlein, Schutzpflichten, S. 131 f.; weiter gibt es nach ihm grundrechtsmittelbare präventive, grundrechtsunmittelbare repressive und grundrechtsmittelbare repressive Schutzpflichten. 148 Auf europarechtlicher Ebene wird in vergleichbarer Weise eine persönlichkeitsrechtliche Schutzpflicht hinsichtlich der Privatsphäre aus Art. 8 MRK bejaht. Vgl. Berka, Medienfreiheit und Persönlichkeitsschutz, S. 317. 149 BVerfGE 34, 269 (281 f.) = NJW 1973, 1221 (1223); 65, 1 (44) = NJW 1984, 419 (422); 73, 118 (201); 79, 51 (63); 83, 130 (140); 96, 56 (64); 97, 125 (146); 99, 185 (193 f.); BVerfG DtZ 1994, 67 (67); BVerfG AfP 1998, 500 (501); von Münch/ Kunig I/Kunig, Art. 2 Rn 40; Sachs/Murswiek, Art. 2 RN 25; Erman I/Ehmann, Anh. zu § 12 RN 99; Baston-Vogt, Schutzbereich, S. 25 f., 37; Neben, Personenberichterstattung, S. 279 f.; Jaeckel, Schutzpflichten, S. 54; Jarass, in: Recht der Persönlichkeit, S. 89 (97 f.); Kaufmann JuS 1963, 373 (380); Schwerdtner JuS 1978, 289 (291); Canaris AcP 184 (1984), 201 (226 f.); Jarass NJW 1989, 857 (860); Klein DVBl. 1994, 489 (490 f.); vgl. auf Länderebene auch BerlVerfGH NJW 1994, 436 (439); SächsVerfGH LKV 1996, 273 (278 f.); BayVerfGH NVwZ-RR 1998, 273 (273 f.); BbgVerfG LKV 1999, 450 (453).

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fen kommt bereits die abwehrrechtliche Seite des Grundrechts zum Tragen. Einer Schutzverpflichtung bedarf es, da sie leer liefe150, dann gerade nicht151. Deshalb muss auf die primäre Funktion der Grundrechte als Abwehrrechte gegen den Staat abgestellt werden.152 Bild- und Tonaufnahmen, die im Zusammenhang mit den privatrechtlichen Rundfunkanbietern stehen, führen ohne weiteres zu den schutzpflichtauslösenden privaten „Eingriffen“. Hieran könnte man in Bezug auf die öffentlich-rechtlich strukturierten Anbieter zweifeln, sind diese doch Teil des Staates und selbst Grundrechtsverpflichtete. Jedoch muss bedacht werden, dass auch diesen Anbietern über die ihnen zustehende Rundfunkfreiheit eine gegenüber dem Staat vollends unabhängige Stellung zukommt, die sich nur marginal von der Stellung der privaten Anbieter unterscheidet. Auch im Hinblick auf die Rundfunkanstalten muss eine persönlichkeitsrechtliche staatliche Schutzverpflichtung angenommen werden. b) Persönlichkeitsrechtliche Schutzpflicht und § 176 GVG Wie alle Freiheitsgrundrechte153, so stellt also auch das allgemeine Persönlichkeitsrecht unter anderem eine objektive Schutznorm dar.154 Es werden effektive Schutzvorkehrungen des Staates mit dem Ziel gefordert, Beeinträchtigungen von nichtstaatlicher Seite auf persönlichkeitsrechtliche Positionen vorzubeugen beziehungsweise diesbezügliche Abhilfe zu schaffen.155 Dabei beschränkt sich die Schutzverpflichtung keineswegs nur auf einzelne staatliche Bereiche wie etwa die Legislative. Vielmehr werden sämtliche Gewalten umfassend zum Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts aufgerufen.156 Dies 150 Umstritten ist, darauf sei der Vollständigkeit halber hingewiesen, ob neben Eingriffen Privater auch Eingriffe auswärtiger öffentlicher Gewalten in den Bereich der grundrechtlichen Schutzverpflichtung fallen. Dazu HStR V/Isensee, § 111 RNn 120 ff. 151 HStR V/Isensee, § 111 RN 116. 152 HStR V/Isensee, § 111 RN 97 ff.; Unruh, Schutzpflichten, S. 75; Jaeckel, Schutzpflichten, S. 63; Dietlein, Schutzpflichten, S. 88; Szczekalla, Schutzpflichten, S. 94 ff. 153 Vgl. nur HStR/Isensee, § 111 RNn 86, 89; Ehlers FS-Lukes, S. 337 (339); Jarass AöR 110 (1985), 363 (380); Erichsen Jura 1997, 85 (86). 154 BVerfG AfP 2005, 544 (544); BGH AfP 2005, 65 (66). 155 Gesetzlich haben sich die Schutzverpflichtungen in allen Rechtsgebieten niedergeschlagen. (Neben, Personenberichterstattung, S. 291 ff. und 302 ff.) Vor allem sind aber die zivilrechtlichen (§§ 12, 823 Abs. 1, 824, 825 BGB, §§ 22 ff. KUG und §§ 12 ff. UrhG) und strafrechtlichen (123, 174 ff., 185 ff. und 201 ff. StGB) Ausprägungen zu nennen. Die teilweise geäußerte Kritik an der Einbeziehung des Strafrechts in den Bereich der Schutzpflichterfüllung (zum Beispiel AK-GG/Podlech, Art. 1 Abs. 1 RN 79, Art. 2 Abs. 2 RN 19) ist jedoch unbegründet. (Szczekalle, Schutzpflichten, S. 358 ff.). 156 BVerfGE 34, 269 (281 f.) = NJW 1973, 1221 (1223); 65, 1 (44) = NJW 1984, 419 (422); Jarass/Pieroth/Jarass, Vorb. Vor Art. 1 RN 7; HStR V/Isensee, § 111 RNn 3, 90, 139; Jaeckel, Schutzpflichten, S. 54, 88; Neben, Personenberichterstattung,

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folgt aus Art. 1 Abs. 3 GG, welcher Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung auch an Art. 2 Abs. 1 GG und Art. 1 Abs. 1 GG bindet.157 Jedes staatliche Organ hat so innerhalb seiner Kompetenzen unter Verwendung aller zur Verfügung stehenden Mittel und Befugnisse die Schutzpflichten zu erfüllen. Unmittelbarer Adressat der grundrechtlichen Schutzverpflichtung ist das Gericht also dort, wo innerhalb des gerichtlichen Verfahrens persönlichkeitsrechtliche Schutzgüter von Verfahrensbeteiligten und Dritten vor rechtswidrigen Übergriffen Privater geschützt werden müssen. Der für Entscheidungen nach § 176 GVG zuständige Vorsitzende Richter hat die Schutzpflicht daher zu beachten, wenn es um personenbezogene Bild- und Tonaufnahmen geht158, da diese massive Beeinträchtigungen der Persönlichkeitsrechte bedeuten. Dass dies richtig ist, belegt der Umstand, dass die sitzungspolizeilichen Befugnisse159 eine Ausprägung des grundrechtlichen Schutzauftrages darstellen160, welche auch auf die Rechtsanwendung des Vorsitzenden durchschlägt. Denn § 176 GVG dient auch dem Schutz der Persönlichkeitsrechte der im Sitzungsbereich anwesenden Personen.161 Zudem handelt es sich bei § 176 GVG um eine Ermessensentscheidung. Insbesondere bei derartigen Entscheidungen gilt es, die staatliche Schutzverpflichtung zu beachten.162 c) Verdichtung zur Handlungspflicht Die Feststellung, dass auch der Vorsitzende Richter der persönlichkeitsrechtlichen Schutzverpflichtung unterliegt, bringt jedoch kaum Erkenntnisse für die Entscheidungsfindung, da sie abstrakt gehalten ist. Weiter ginge die Annahme einer staatlichen Handlungsverpflichtung, die dann auch einen rechtlichen Maßstab böte, um das richterliche Handeln zu beurteilen. Schutzpflicht und Handlungspflicht stehen zwar, da die Handlungs- auf der Schutzpflicht aufbaut, in einem engen Zusammenhang, identisch sind sie aber nicht. Während die Schutzpflicht nur die Frage betrifft, wie der Vorsitzende Richter die Entscheidung mittels des § 176 GVG zu fällen hat, berührt die staatliche Handlungspflicht die Frage, ob eine Entscheidung nach § 176 GVG zu Gunsten der PerS. 283; Robbers, Sicherheit als Menschenrecht, S. 125; Szczekalla, Schutzpflichten, S. 150; Unruh, Schutzpflichten, S. 20; Klein DVBl. 1994, 489 (492, 494); Jarass NJW 1989, 857 (860); Klein NJW 1989, 1633 (1633); Erichsen Jura 1997, 85 (88). 157 Sachs/Höfling, Art. 1 RNn 76 f.; Jarass/Pieroth/Jarass, Art. 1 RN 20; Jaeckel, Schutzpflichten, S. 88; Szczekalla, Schutzpflichten, S. 150; Pieroth/Schlink, Staatsrecht II, RN 105; Ipsen, Staatsrecht II, RN 56. 158 Sachs/Murswiek, Art. 2 RNn 27, 29; auch Sachs/Sachs, Vor Art. 1 RN 36; Dietlein, Schutzpflichten, S. 216. 159 Für die hausrechtlichen Befugnisse des Gerichtspräsidenten gilt gleiches. 160 Dietlein, Schutzpflichten, S. 215. 161 Vgl. D. III. 2. 162 Dietlein, Schutzpflichten, S. 71 f.; Jaeckel, Schutzpflichten, S. 89; Preu JZ 1991, 265 (266 f.); Kuß, Öffentlichkeitsmaxime, S. 149.

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sönlichkeitsrechte herbeizuführen ist. Für die Beantwortung der Frage, ob der Vorsitzende Richter gegen die Anfertigung von Bild- und Tonaufnahmen im Umfeld der strafgerichtlichen Hauptverhandlung einschreiten muss, ist also nicht die Schutzverpflichtung der Maßstab, sondern die Handlungspflicht des Staates. Wäre vorliegend eine derartige Handlungsverpflichtung, die den Vorsitzenden Richter träfe, zu bejahen, müsste dieser von Verfassungs wegen gegen die Bild- und Tonaufnahmen einschreiten. Aus rechtlichen und praktischen Gründen führen die bestehenden Schutzpflichten nicht per se zu Handlungspflichten. In rechtlicher Hinsicht ist auf den Charakter der Bundesrepublik Deutschland als freiheitsorientierter Staat abzustellen. Dieser hat die Freiheiten des Einzelnen zu achten und zu wahren. Insofern müssen Freiheitsbereiche gewährt werden, aus denen sich der Staat zurückzieht. Dieser hat daher kein Recht, in allen privaten und gesellschaftlichen Bereichen anwesend zu sein, um bei auftretenden Gefahren sofort einschreiten zu können.163 Abgesehen davon ist es auf Grund der kaum überschaubaren Vielfalt und Zahl der Gefahren im täglichen Leben, die für grundrechtlich geschützte Rechtspositionen bestehen, unmöglich, die Grundrechtsträger vor allen Gefahren zu bewahren.164 Um eine Handlungsverpflichtung annehmen zu können, muss eine Gefahrenschwelle überschritten werden, an der sich die Pflicht des Staates, Freiheit zu lassen in eine Pflicht zur schützenden Freiheitsbeschränkung wandelt. Mit Überschreiten dieser Schwelle verdichtet sich die allgemeine Schutzverpflichtung des Staates zu einer Pflicht, aktiv schützend tätig zu werden.165 Unterhalb dieser Schwelle, also bei unerheblichen Gefährdungslagen, besteht zwar die dargestellte Schutz-, nicht jedoch eine Handlungspflicht.166 Die Frage ist also, ob den Vorsitzenden Richter lediglich eine Schutz- oder auch eine Handlungsverpflichtung hinsichtlich der Persönlichkeitsrechte der von 163 Isensee, Das Grundrecht auf Sicherheit, S. 41; Robbers, Sicherheit als Menschenrecht, S. 161 f. 164 Der Staat hat oft gar nicht die Möglichkeiten, in alle Bereiche des täglichen Lebens hineinzublicken und dort Schutz zu bieten. So besteht beispielsweise in der Familie ein hohes Gefährdungspotential, das staatlich kaum beherrschbar ist. Weiter setzt auch der vorhandene und finanzierbare Verwaltungsunterbau eine Grenze. Damit hängt zusammen, dass ein Schutz für alle auf grundsätzlich gleichem Niveau zu gewährleisten ist. Endlich dürfen auch tatsächliche Grenzen nicht übergangen werden. Der Staat kann zum Beispiel trotz Art. 2 Abs. 2 GG niemanden vor dessen Tod oder vor Naturkatastrophen bewahren. Vgl. dazu HStR V/Isensee, § 111 RNn 144 f.; Robbers, Sicherheit als Menschenrecht, S. 161 ff.; Kunig Jura 1991, 415 (419) und Calliess JZ 2006, 321 (322). 165 Vgl. dazu Robbers, Sicherheit als Menschenrecht, S. 152. 166 Das Bestehen von staatlichen Schutzpflichten ist, da sie aus den Grundrechten folgen, gerade nicht vom Vorliegen einer Gefahrensituation oder von der Überschreitung der Gefahrenschwelle abhängig. [vgl. Schmidt-Assmann AöR 106 (1981), 205 (216)] Gleiches gilt übrigens auch für die Frage der individuellen Betroffenheit, die den Bestand eines abstrakten Rechtes nicht beeinflussen kann. [vgl. dazu Klein NJW 1989, 1633 (1637)].

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den Aufnahmen betroffenen Personen trifft. Die anzusetzende Gefahrenschwelle, deren konkrete Bestimmung erhebliche Schwierigkeiten bereitet, ist jedenfalls dann überschritten, wenn es um massive und erhebliche Beeinträchtigungen grundrechtlich geschützter Positionen geht. Insofern spielt auch der Faktor der Schutzbedürftigkeit eine gewichtige Rolle. Je höher die Schutzbedürftigkeit ist, desto niedriger ist die Gefahrenschwelle und desto eher muss der Staat schützend tätig werden. Hier hinein spielen die Sensibilität des konkret gefährdeten Rechtsgutes, die Intensität der Gefahr, die Reichweite des in Frage stehenden Übergriffs sowie die faktische Möglichkeit der Abhilfe durch den Grundrechtsträger selbst.167 Letzteres betrifft die Subsidiarität und soll hier vorerst nicht interessieren. Da sämtliche Verfahrensbeteiligten sowohl durch das Anfertigen als auch durch das Veröffentlichen der Bild- und Tonaufnahmen in ihren jeweiligen Persönlichkeitsrechten massiv beeinträchtigt werden168 und entsprechend hoch schutzbedürftig sind, mit den Persönlichkeitsrechten ist eine sensible Rechtsmaterie betroffen, ist die anzusetzende Gefahrenschwelle überschritten. Auch wenn die Besucher des Sitzungsbereiches im Vergleich zu den Verfahrensbeteiligten eine geringere Schutzbedürftigkeit aufweisen, ist an der Überschreitung der Gefahrenschwelle nicht zu zweifeln. Von einer für die Annahme staatlicher Handlungspflicht nicht ausreichenden, unerheblichen Gefährdungslage169 kann somit im Hinblick auf sämtliche Betroffenen keine Rede sein. Daher verdichtet sich die staatliche Schutzpflicht hinsichtlich der Bildund Tonaufnahmen im Sitzungsbereich zu einer staatlichen Handlungspflicht.170 Konsequenz dessen ist, dass der Vorsitzende Richter als zuständiges Organ unabhängig von etwaigen Anträgen verpflichtet ist, die Persönlichkeitsrechte der Verfahrensbeteiligten sowie Besucher aktiv zu schützen. Für die Angeklagten bedeutet dies, dass der Staat, wenn er ein Strafverfahren eröffnet, gehalten ist, Eingriffe in die Rechtssphäre der Betroffenen in den Grenzen des unumgänglich Notwendigen und Zumutbaren zu halten.171 Gerade diese Dimension des allgemeinen Persönlichkeitsrechts wird in den rechtswissenschaftlichen Diskussionen um die Handhabung von Bild- und Tonaufnahmen im Gerichtsbereich nicht ausreichend hervorgehoben.172

167 BVerfGE 49, 89 (142); 56, 54 (78); zutreffend HStR/Isensee, § 111 RNn. 90, 141; Isensee, Das Grundrecht auf Sicherheit, S. 37; ebenso Neben, Personenberichterstattung, S. 281; Robbers, Sicherheit als Menschenrecht, S. 131; Unruh, Schutzpflichten, S. 82; Pieroth/Schlink, Staatsrecht II, RN 97. 168 Vgl. G. I. 169 Schmidt-Assmann AöR 106 (1981), 205 (216). 170 Teilweise wird die Notwendigkeit eines besonders intensiven staatlichen Engagements zu Gunsten der persönlichkeitsrechtlich betroffenen Grundrechtsträger auch mit der Verwurzelung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts in Art. 1 Abs. 1 GG begründet. So Neben, Personenberichterstattung, S. 281; vgl. auch Schlechtriem FS-Hefermehl, S. 445 (446 f.). 171 Franke, Bildberichterstattung, S. 112; Ranft, Strafprozessrecht, RN 1440.

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Im Hinblick auf die vorliegend bestehende Handlungspflicht des Vorsitzenden müssen einige Aspekte derselben gesondert verdeutlicht werden. Diese betreffen die Wechselwirkungen mit § 176 GVG, das Subsidiaritätsprinzip und die konkret zu fordernde Art der Pflichterfüllung. aa) Handlungspflicht und § 176 GVG Die hier maßgebende Handlungspflicht betrifft die aufnahmenbezogene Entscheidung nach § 176 GVG. Dieser ermächtigt nur zu solchen Maßnahmen, die in räumlicher, zeitlicher und personeller Hinsicht einen direkten Sitzungsbezug aufweisen.173 Diese Kompetenzzuweisung schlägt sich auf die Ebene der Schutz- und Handlungsverpflichtung nieder. Aus diesem Grund vermögen diese Pflichten den Vorsitzenden Richter nicht zu Maßnahmen anzuhalten, die außerhalb seines, durch § 176 GVG bestimmten Kompetenzbereiches liegen. Ein Blick auf die sitzungspolizeiliche Norm belegt die Notwendigkeit des direkten Sitzungsbezuges. Es geht um die Ordnung der Sitzung oder um die Rechte der Anwesenden während der Sitzung. Den geforderten Bezug allerdings weist ausschließlich die Anfertigung der personenbezogenen Bild- und Tonaufnahmen auf, nicht deren Veröffentlichung. Das bedeutet, dass nur auf die Aufnahmeherstellung bezogene Anordnungen des Vorsitzenden Richters von § 176 GVG gedeckt sind. Diese Grenze der Handlungsverpflichtung muss insbesondere im Rahmen des Untermaßverbotes174 beachtet werden. Somit hat der Vorsitzende Richter in den hier maßgebenden Fällen die Pflicht, im Hinblick auf die Aufnahmeherstellung aktiv schützend tätig zu werden. bb) Subsidiarität der Handlungspflicht Neben der Wechselwirkung mit § 176 GVG muss, wenn es um Schutz- und Handlungspflichten geht, immer auch der Subsidiaritätsgedanke berücksichtigt werden. Ein schutzpflichtbegründetes Tätigwerden des Staates ist danach nur erforderlich, soweit der jeweilige Grundrechtsträger nicht selbst in der Lage ist, seine grundrechtlichen Positionen aus eigener Verantwortung und Kraft heraus zu schützen, beziehungsweise wenn ihm dieses nicht zumutbar ist. Anders ausgedrückt, liegt eine weitere Grenze der Handlungsverpflichtung im Bestehen der zumutbaren Möglichkeit privatautonomen und gewaltfreien175 Selbstschut172 Vgl. nur Kühne, Strafprozessrecht, RN 698.2: „. . . hat der Gerichtsvorsitzende primär die Pflicht, mittels seiner sitzungspolizeilichen Gewalt den Beschuldigten davor zu schützen, . . .“; Maul MDR 1970, 186 (287): „. . . so ist der Vorsitzende auch gehalten . . . durch sitzungspolizeiliche Maßnahmen zu schützen . . .“; „. . . wie der Vorsitzende seiner Schutzverpflichtung . . .“. 173 Vgl. D. III. 4. 174 Dazu auf H. III. 1.

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zes.176 In Bezug auf die Bild- und Tonaufnahmen im Umfeld der strafgerichtlichen Hauptverhandlung stehen die Betroffenen den als übermächtig erscheinenden Rundfunkanbietern gegenüber. Insofern besteht für diese Personen in aller Regel keine effektive Möglichkeit, die geschilderten Persönlichkeitsrechtsbeeinträchtigungen ohne staatliche Hilfe abzuwehren. Etwaige nachfolgende Rechtsschutzmöglichkeiten müssen dabei außer Betracht bleiben. Der schutz- und handlungsverpflichtete Staat kann vom Grundrechtsträger nämlich nicht verlangen, eine schwere Rechtsbeeinträchtigung hinzunehmen, um den Sachverhalt anschließend in aller Ruhe klären zu lassen. Auch die auf den ersten Blick als möglich erscheinende Flucht vor dem Rundfunk ist kein subsidiaritätsauslösender Selbstschutz. Oben177 wurde bereits darauf hingewiesen, dass ein Rückzug der betroffenen Personen ein in jeglicher Hinsicht inadäquates Mittel darstellt. Den Verfahrensbeteiligten ist dieser Weg bereits auf Grund von Anwesenheitspflichten nicht möglich. Zwar unterliegen die Besucher des Sitzungsbereiches keinen derartigen Pflichten, sie könnten sich ohne Konsequenzen aus dem Medienbereich entfernen, jedoch steht einer Subsidiarität hier die Unzumutbarkeit des Rückzuges entgegen. Würde man den Betroffenen die Pflicht zum Rückzug auferlegen, hieße dies, das Recht aus § 169 S. 1 GVG unzureichend zu würdigen. Es geht nicht an, dem Rundfunk mittels seiner Präsenz die Macht zu geben, über die Wahrnehmung des Rechts aus § 169 S. 1 GVG zu bestimmen. Insofern wird ein Rückzug aus der Öffentlichkeit zu Recht nicht als eine die Subsidiarität der staatlichen Handlungspflicht auslösende, weil generell unzumutbare Abwehrstrategie, angesehen.178 Jede einzelne im Sitzungsbereich anwesende und von den Aufnahmen betroffene Person ist demnach auf staatlichen Schutz angewiesen.179 Eine besondere Konstellation liegt vor, wenn es um den Schutz des Vorsitzenden Richters selbst geht.180 Ihm nämlich steht die Befugnis aus § 176 GVG zu. Fraglich ist deshalb, ob auch in diesen Fällen eine Handlungspflicht dogmatisch angenommen werden kann. Dies ist der Fall, da Grundrechtsträgerschaft und Richtereigenschaft zu trennen sind. Die Befugnisnorm des § 176 GVG räumt dem Richter eben keine privatautonome Möglichkeit, die Aufnahmen ab175 Dabei ist der Selbstschutz grundsätzlich nur solange subsidiaritätsauslösend, wie der Bereich des gewaltfreien Selbstschutzes nicht verlassen wird. Vgl. Neben, Personenberichterstattung, S. 282; HStR V/Isensee § 111 RN 143. 176 HStR V/Isensee, § 111 RN 142; Unruh, Schutzpflichten, S. 74; Neben, Personenberichterstattung, S. 282; Canaris AcP 184 (1984), 201 (228). 177 Vgl. G. I. 2. a) cc). 178 So beispielsweise Neben, Personenberichterstattung, S. 282 f. 179 Für den mit der hiesigen Thematik verwandten Bereich der trivialen Personenberichterstattung in den Medien kommt Neben, Personenberichterstattung, S. 282 zum selben Ergebnis. 180 Gleiches gilt für die Fälle in denen der Gerichtspräsident sich selbst vor Aufnahmen schützen will und von seinem Hausrecht Gebrauch macht.

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zuwehren, ein, sondern eine hoheitliche. Daher greift der Subsidiaritätsgedanke auch hinsichtlich des Vorsitzenden Richters nicht ein. Es besteht eine umfassende Handlungsverpflichtung. cc) Art der Pflichterfüllung Daher bleibt abschließend zu klären, wie dieser Pflicht nachzukommen ist. Grundsätzlich kommen zwei Möglichkeiten staatlichen Handelns in Betracht, nämlich präventives und repressives Tätigwerden. Beide Formen des klassischen Schutzkonzeptes scheinen zunächst, da sie einen aktiven Schutz im weitesten Sinne darstellen, die grundrechtliche Handlungsverpflichtung zu erfüllen. Auf die Bild- und Tonaufnahmen bezogen eröffnet dies dem Vorsitzenden Richter einerseits die Möglichkeit, bereits vor der Anfertigung der Aufnahmen tätig zu werden. Andererseits kann er aber auch abwarten, wie sich die Rundfunkvertreter verhalten und erst dann einschreiten, wenn es zu persönlichkeitsbeeinträchtigenden Aufnahmen kommt. Da mit präventiven Mitteln nur auf eine Gefahr reagiert wird, mit repressiven aber auf konkrete Beeinträchtigungen, sind an die Rechtfertigung von präventiven Mitteln höhere Anforderungen zu stellen. Hier nun spielt ein weiteres Mal die Intensität der Gefährdungen beziehungsweise Beeinträchtigungen eine wesentliche Rolle. Präventives Vorgehen ist daher nur dann gerechtfertigt, wenn es um massive Gefahrenlagen für sensible Rechtsgüter geht. Hinsichtlich der Anfertigung und Veröffentlichung der personenbezogenen Aufnahmen aus dem Sitzungsbereich ist dies der Fall. Ob ein repressives Handeln bei geringfügigen Persönlichkeitsrechtsbeeinträchtigungen ausreichend ist181 oder nicht182, braucht hier nicht weiter zu interessieren, da die Schwelle der Geringfügigkeit bei weitem überschritten ist. Dabei besteht die Besonderheit, dass ein präventives Vorgehen nicht nur legitim wäre, sondern dass ein repressives Vorgehen des Vorsitzenden Richters der staatlichen Handlungspflicht nicht ausreichend nachkommen würde. Denn die bestehenden Gefahren für die Persönlichkeitsrechte sind so massiv, dass ein effektiver Schutz nur ein präventiver Schutz sein kann.183 Den Betroffenen ist es nicht zumutbar, die Realisierung der Gefahren abzuwarten und repressiven Schutz zu suchen. Brüggemann stellt insofern zu Recht fest, 181

Neben, Personenberichterstattung, S. 288. Zweifel könnten dahingehend aufkommen, dass der Staat von den Betroffenen bei bestehender Schutzpflicht verlangt, die jeweilige Rechtsverletzung hinzunehmen. Staatlicher Schutz und die Pflicht, Verletzungen abzuwarten, scheinen sich jedoch unvereinbar gegenüber zu stehen. Zu klären wäre, ob die Schutz- und Handlungspflicht des Staates nicht doch verlangt, jegliche Grundrechtsverletzung von einiger Relevanz zu vermeiden und nur für den Fall des Fehlschlagens repressive Schutzmechanismen bereithält. 183 In diese Richtung Lechner/Zuck, BVerfGG, § 17 RN 9; allgemeiner Dietlein, Schutzpflichten, S. 131 f.; Schertz AfP 2005, 421 (426). 182

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dass der „. . . Richter, der das Erscheinen der Angeklagten und Zeugen zum Gerichtstermin erzwingen kann, . . . dementsprechend die Amtspflicht (hat), unverhältnismäßige Beeinträchtigungen der Rechte der Beteiligten zu verhindern . . .“184. Dem Vorsitzenden kommt mithin die grundrechtlich begründete Pflicht zu, die Persönlichkeitsrechte der durch die Bild- und Tonaufnahmen konkret gefährdeten Personen präventiv zu schützen. Die gängige Praxis stimmt mit diesem Ergebnis überein. An 93 Prozent der deutschen Landgerichte wird die Entscheidung über die Zulässigkeit beziehungsweise Unzulässigkeit der Anfertigung von Bild- und Tonaufnahmen bereits vor Beginn des jeweiligen gerichtlichen Verfahrens getroffen.185 Aber selbst die Praxis an den anderen Landgerichten, an denen die aufnahmebezogenen Entscheidungen erst nach Verfahrens- beziehungsweise Sitzungsbeginn getroffen werden, kommen dem Erfordernis eines präventiven Tätigwerdens nach, solange sie die Entscheidung vor Beginn der Aufnahmetätigkeiten fällen. d) Anforderungen an Grundlage und Umsetzung der Schutz- und Handlungspflicht Die Besonderheit der Handlungspflichten liegt darin, dass ihnen letztlich nur dann nachgekommen werden kann, wenn Grundrechtsbeschränkungen vorgenommen werden. Der Schutz des einen geht daher regelmäßig zu Lasten des anderen.186 Ein völliges Zurücktreten einer der beiden Positionen wird jedoch nicht verlangt. Vielmehr geht es um einen interessengerechten Ausgleich. Schutz- und Handlungspflichten sind somit in aller Regel zu Lasten von dritten Grundrechten umzusetzen.187 Da die bestehende persönlichkeitsrechtliche Handlungspflicht zu Grundrechtsbeschränkungen auf der Rundfunkseite führen muss, sind entsprechende Anforderungen an das staatliche Handeln, hier die Entscheidung des Vorsitzenden Richters nach § 176 GVG, zu stellen. Zuforderst steht der Vorbehalt des Gesetzes.188 Nach Art. 20 Abs. 3 GG bedarf es für alle belastenden hoheitlichen Eingriffe einer gesetzlich ausgestalteten Grundlage.189 Das gilt auch, wenn 184

Brüggemann AfP 1971, 155 (156). Vgl. die Auswertung der Frage 8 des Fragebogens in Anlage 3. 186 Dieser Ansicht Klein DVBl. 1994, 489 (491); Preu JZ 1991, 265 (266) und anscheinend auch Neben, Personenberichterstattung, S. 282, 284, einschränkend aber auf S. 284 („. . . in aller Regel . . .“); a. A. wohl Szczekalla, Schutzpflichten, S. 371 FN 1635. Letztlich dürfte die Beantwortung dieses Problems wohl davon abhängen, wie weit man die Schutzpflicht bestehen lässt. Soll auch vor natürlichen, also nicht von Grundrechtsträgern ausgehenden Gefahren geschützt werden, bedeutet die Erfüllung der Schutzpflicht konsequenter Weise nicht per se einen Eingriff, vgl. Unruh, Schutzpflichten, S. 21 f.; Dietlein, Schutzpflichten, S. 103; dagegen HStR V/Isensee, § 111 RN 112. 187 Auch Klein DÖV 1999, 758 (763) will derartige Konstellationen zulassen. 185

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es um staatliche Schutz- und Handlungspflichten geht.190 Der Gegenansicht, die auf eine per se eingriffslegalisierende Wirkung der Schutzpflichten abstellt191, ist eine unzulässige Umgehung des Grundsatzes vom Gesetzesvorbehalt und der verfassungsrechtlichen Kompetenzverteilung vorzuwerfen. Es macht für den Betroffenen keinen Unterschied, ob ein hoheitlicher Eingriff auf Grund einer Schutz- beziehungsweise Handlungsverpflichtung vorgenommenen wird, oder nicht. Denn die Schutzverpflichtung des einen beeinflusst oder überlagert den Gehalt des anderen Grundrechts nicht. Der Rundfunk kann sich daher voll auf die abwehrrechtliche Seite seiner Grundrechte berufen und eine gesetzliche Grundlage verlangen. Auch die Rechtssicherheit fordert diese. Der Handelnde muss erkennen können, wann und wie sich die grundsätzliche Handlungsfreiheit in ein Handlungsverbot umwandeln kann. Es ist daher denjenigen Recht zu geben, die eine gesetzliche Grundlage fordern.192 Will der Vorsitzende Richter seiner Schutz- und Handlungspflicht nachkommen, so muss er Rundfunk- und Berufsfreiheit einschränken. § 176 GVG193 gibt ihm hierzu die erforderlichen Befugnisse in die Hand.194 Damit kommt § 176 GVG als Rechtsgrundlage der sitzungspolizeilichen Entscheidung den Anforderungen des Gesetzesvorbehaltes nach.195 188 So auch BVerfGE 78, 179 (197); Dreier II/Schulze-Fielitz, Art. 20 (Rechtsstaat) RN 105. 189 Dreier II/Schulze-Fielitz, Art. 20 (Rechtsstaat) RN 105; Jarass/Pieroth/Jarass, Art. 20 RN 29; Sachs/Sachs, Art. 20 RN 113 f.; Styliandis, Grundrechte und Gesetzesvorbehalt, S. 49; Ipsen, Staatsrecht I, RN 785; Degenhart, Staatsrecht I, RN 288; Pietzcker JuS 1979, 710 (712 ff.); Krebs Jura 1979, 304 (309 ff.); Wehr JuS 1997, 419 (419 f.); Fischer VBlBW 2002, 89 (91). 190 Sachs/Murswiek, Art. 2 RN 26; HStR V/Isensee, § 111 RN 149, 152; Jaeckel, Schutzpflichten, S. 89; Unruh, Schutzpflichten, S. 23; Dietlein, Schutzpflichten, S. 109; Wahl/Masing JZ 1990, 553 (557 ff.); Klein DVBl. 1994, 489 (491); Erichsen Jura 1997, 85 (87 f.). 191 So VGH Kassel JZ 1990, 88 (90 f.); zu den eintretenden Folgen Wahl/Masing JZ 1990, 553 (555 f.), die deshalb einen extra Eingriffstitel fordern (S. 557 f.). 192 HStR V/Isensee, § 111 RN 8; Isensee, Das Grundrecht auf Sicherheit, S. 42 f.; Unruh, Schutzpflichten, S. 23 f.; Jaeckel, Schutzpflichten, S. 90; Szczekalla, Schutzpflichten, S. 161; Rupp JZ 1990, 91 (91 f.); Hirsch NJW 1990, 1145 (1145 ff.); Wahl/ Masing JZ 1990, 553 (558 f.); Klein DVBl. 1994, 489 (491); Di Fabio JuS 1997, 1 (5); Lege DVBl. 1999, 569 (574); vgl. auch die Nachweise bei Szczekalla, Schutzpflichten, S. 258 FN 961; anscheinend einschränkend Preu JZ 1991, 265 (268 f.). Allerdings sind, hier nicht einschlägige, Ausnahmen möglich. Vgl. dazu ausführlich Szczekalla, Schutzpflichten, S. 259 f., 262 ff. 193 Gleiches gilt für das Hausrecht. Vgl. Olizeg, Hausrecht, S. 37, 189. 194 KK/Diemer, § 176 RN 1; LR VII/Wickern, § 176 RN 1; Olizeg, Hausrecht, S. 108, 179; Malmendier NJW 1997, 227 (233). 195 Ungleich schwieriger ist die Herleitung der gesetzlichen Grundlage im Hinblick auf das Hausrecht, auf welchem die Entscheidung des Gerichtspräsidenten fußt. Zu unterscheiden, bekannt ist dies aus dem allgemeinen Polizeirecht, ist zwischen Aufgabe und Befugnis. (Olizeg, Hausrecht, S. 33 FN 25) § 62 Abs. 1 HSG, § 7 Abs. 4 VersammlG, vor allem aber Art. 40 GG können auf Grund der engen Anwendungsbe-

II. Der besondere Stellenwert des Persönlichkeitsrechts

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Gleiches gilt in Bezug auf die Anforderungen des Bestimmtheitsgebotes. Dieses aus dem Rechtsstaatsprinzip folgende Gebot verlangt, dass die zu Grundrechtseingriffen ermächtigende gesetzliche Regelung sowohl Voraussetzungen als auch Rechtsfolgen des hoheitlichen Handelns nach außen statuiert.196 Denn reiche hier nicht herangezogen werden. (Frühling, Hausrecht, S. 115) Streng genommen würde deshalb dem Vorbehalt des Gesetzes nicht genügt. Dennoch lassen sich Aufgaben- und Befugniseröffnung auf anderem Wege begründen. Erstere folgt aus der Sachkompetenz der jeweiligen Einrichtung und ist deren Organen entsprechend angelagert. Letztlich kommt hierin der aus den Gesetzgebungszuständigkeiten und aus den Verwaltungskompetenzen bekannte Annexgedanke zum Tragen. (Vgl. nur BayVGH BayVBl. 1981, 657 (657); OVG Münster NVwZ-RR 1989, 316 (317); OVG Münster DÖV 1990, 979 (979 f.); Kromer, Sachenrecht des öffentlichen Rechts, S. 61 f.; Pappermann/Löhr/Andriske, Recht der öffentlichen Sachen, S. 165; Scholz DVBl. 1968, 732 (740); Knoke AöR 94 (1969), 388 (401); Knemeyer DÖV 1970, 596 (598 f.); Zeiler DVBl. 1981, 1000 (1004); dazu ausführlich Olizeg, Hausrecht, S. 29 ff.) Die Gewährleistung der inneren Sicherheit und der inneren Ordnung sowie die Abwehr von drohenden Gefahren in einem Gericht, also einer öffentlich-rechtlichen Einrichtung, stehen im Zusammenhang mit der ihr zugewiesenen Aufgabe. [so auch Olizeg, Hausrecht, S. 30; Ehlers DÖV 1977, 737 (741, 743)] Nur wenn eine interne Ordnungszuständigkeit zugestanden wird, kann die sachliche Aufgabenerfüllung dauerhaft gewährleistet werden. Denn einerseits fehlt teilweise die Zuständigkeit der Polizei und andererseits gebietet dies die größere Sachnähe und Sachkompetenz der Gerichtsorgane. (Olizeg, Hausrecht, S. 30 f.) Beim Hausrecht liegt die eigentliche Schwierigkeit dann darin, eine gesetzliche Befugnisnorm zu finden. Da ein formelles Gesetz fehlt, ist zu fragen, ob auch Gewohnheitsrecht, ein solches existiert nämlich bezüglich des Hausrechtes (dazu Olizeg, Hausrecht, S. 59), ein Gesetz im Sinne des Gesetzesvorbehaltes und so Eingriffsbefugnis sein kann. Dies ist umstritten. Vereinzelt wird bestritten, dass Gewohnheitsrecht Eingriffsgrundlage im grundrechtsgeschützten Bereich sein kann. (so SK StPO/Rudolphi, vor § 94 RN 30; HStR VI/Erichsen, § 152 RN 35; Freitag, Gewohnheitsrecht und Rechtssystem, S. 157, 166, 169 f.; Krey FS-Blau, S. 123 (145); Erichsen FS-Wolff, S. 219 (242); Bedenken gegen vorkonstitutionelles Gewohnheitsrecht beispielsweise bei BVerfGE 32, 54 (75) und Mayer, Die Eigenständigkeit des Bayerischen Verwaltungsrechts, S. 173) Mehrheitlich jedoch wird Gewohnheitsrecht trotz einiger rechtsstaatlicher und demokratischer Defizite – immer wieder ins Feld geführt wird, dass das an Indizien festgemachte Gewohnheitsrecht weniger Rechtssicherheit und Schutz vor Willkür als formelles Recht biete (vgl. m.w. N. Olizeg, Hausrecht, S. 49 f.) – als den Anforderungen des Gesetzesvorbehaltes noch entsprechend angesehen. (So Maunz/ Dürig II/Papier, Art. 14 RN 332 bezogen auf Art. 14 GG und Art. 12 GG; Jarass/ Pieroth/Jarass, Art. 2 RN 90; Kortgen, Probleme des Gewohnheitsrechts, RNn 633 ff.) Teilweise wird sogar soweit gegangen, einen graduellen Unterschied in der Normenhierarchie zwischen Gewohnheitsrecht und formellen Gesetz zu verneinen. (so Witthohn, Gewohnheitsrecht, S. 163 ff.). Diesen Streit zu entscheiden ist jedoch nicht Thema und Aufgabe der vorliegenden Arbeit. Hinsichtlich der jeweiligen Argumente sei auf die gegebenen Fundstellen verwiesen. Nicht verschwiegen sei aber, dass die besseren Argumente nach Ansicht des Verfassers dafür sprechen, Gewohnheitsrecht als Befugnisnormen anzuerkennen. Im Übrigen wird zutreffend angeführt, dass es „. . . kaum einen eindeutigeren Gewohnheitsrechtssatz (gibt) . . . als den vom Hausrecht des Behördenleiters . . .“ [Berg JuS 1982, 260 (262)]. 196 Vgl. Sachs/Sachs, Art. 20 RN 129; Dreier II/Schulze-Fielitz, Art. 20 (Rechtsstaat) RNn 129, 135; Jarass/Pieroth/Jarass, Art. 20 RN 60 f.; Olizeg, Hausrecht, S. 41; ausführlich dazu Papier/Möller AöR 122 (1997), 177 (177 ff.).

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H. Die Ermessensentscheidung

das Maß der notwendigen Detailliertheit der gesetzlichen Grundlage nimmt mit der Vielgestaltigkeit der Sachverhalte zu und ab.197 Detailregelungen sind im Rahmen der sitzungspolizeilichen Befugnisse, die äußerst vielgestaltige Sachverhalte zum Gegenstand haben, nicht möglich und daher auch nicht zu fordern.198 Maßgebend für die Lösung der mit dieser Arbeit verfolgten Zielstellung sind allerdings zwei weitere Anforderungen, die zugleich die Grenzen der Umsetzung der Handlungsverpflichtung darstellen. Greift der Vorsitzende Richter auf Grund der Schutz- und Handlungsverpflichtung in grundrechtlich geschützte Positionen ein, so ist er der Einhaltung des Übermaßverbotes verpflichtet. Dieses Verbot, andere bezeichnen es als Verhältnismäßigkeitsgebot199, untersagt staatlichen Organen, mittels Schutzmaßnahmen übermäßig in Grundrechte anderer einzugreifen.200 Zu dieser allgemein geltenden Grenze tritt eine weitere, auf der Handlungsverpflichtung aufbauende Grenze hinzu. Ausgangspunkt ist dabei die Erkenntnis, dass den Vorsitzenden trotz der Handlungspflicht ein mitunter weiter Gestaltungs-201 beziehungsweise Ermessensspielraum202 zusteht. Regelmäßig nämlich kommen mehrere Möglichkeiten in Betracht, wie der Handlungspflicht nachgekommen werden kann.203 Zu Recht wird dieser Spielraum dann aber nicht nur der Grenze des Übermaßverbotes, sondern auch der des Untermaßverbotes unterstellt.204

197 BVerfGE 21, 1 (3 f.); 28, 175 (183); 49, 89 (133); 71 108 (115); 92 1, (12); Olizeg, Hausrecht, S. 42. 198 Gleiches gilt insofern auch für das Hausrecht des Gerichtspräsidenten. Auch dieses genügt dem Bestimmtheitsgebot. Vgl. Witthohn, Gewohnheitsrecht, S. 157. 199 Unruh, Schutzpflichten, S. 84. 200 Jaeckel, Schutzpflichten, S. 94. 201 Vgl. nur Jarass/Pieroth/Jarass, Vorb. Vor Art. 1 RN 51; kritisch zu diesem Begriff Robbers, Sicherheit als Menschenrecht, S. 168 ff. 202 BVerfGE 46, 160 (164); 77, 170 (124); 79, 174 (202); 85, 191 (212); 88, 203 (262); 97, 169 (176); HessVGH JZ 1990, 88 (89); Jarass/Pieroth/Jarass, Vorb. vor Art. 1 RN 30; Sachs/Sachs Vor Art. 1 RN 35; HStR V/Isensee, § 111 RN 162; Dietlein, Schutzpflichten, S. 216; Unruh, Schutzpflichten, S. 81, 84; Neben, Personenberichterstattung, S. 283; Bleckmann, Staatsrecht II, § 11 RN 218; Hesse FS-Mahrenholz, 541 (555); Canaris JuS 1989, 161 (163); Klein NJW 1989, 1633 (1637); Wahl/ Masing JZ 1990, 553 (558); in Bezug auf den Gesetzgeber Isensee, Das Grundrecht auf Sicherheit, S. 39 und Erichsen Jura 1997, 85 (89). 203 Dies hat das Bundesverfassungsgericht in Bezug auf die Legislative klargestellt, BVerfGE 56, 54 (81 f.), 77, 84 (106 f.); BVerfG NJW 1996, 651 (652); vgl. auch Isensee, Das Grundrecht auf Sicherheit, S. 38; Unruh, Schutzpflichten, S. 79; Hesse, Verfassungsrecht, S. 150; Jaeckel, Schutzpflichten, S. 58; Robbers, Sicherheit als Menschenrecht, S. 160; Langer NVwZ 1987, 195 (199); Klein NJW 1989, 1633 (1637). 204 So Jaeckel, Schutzpflichten, S. 96, 92 ff.; Unruh, Schutzpflichten, S. 84; Neben, Personenberichterstattung, S. 284 ff.; auf das Untermaßverbot abstellend BVerfGE 88, 203 (254) = NJW 1993, 1751 (1754); BVerfG JZ 1997, 2343 (2343); a. A. Dietlein, Schutzpflichten, S. 107.

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Erstmals wurde das Untermaßverbot von Canaris205 in die rechtswissenschaftliche Diskussion eingebracht. Es ist allerdings sowohl in seiner Existenz als auch in seiner Ausgestaltung umstritten. Auf den Streit, ob dem Verbot eine eigenständige Bedeutung beikommt206 oder es im Verhältnismäßigkeitsgebot enthalten ist207, soll hier nicht detailliert eingegangen werden.208 Die besseren Argumente aber sprechen für ersteres. Denn Maßstab für die Bewertung der Umsetzung der staatlichen Handlungsverpflichtung kann nicht nur sein, ob geschützt wurde, sondern auch wie.209 Die Bedeutung der Handlungsverpflichtung würde verkannt, wenn mit dem Erfordernis staatlichen Einschreitens nicht zugleich auch Mindeststandards hinsichtlich der Art des Einschreitens gefordert würden.210 Ob ein ausreichender Schutz gewährt wird oder nicht, kann nur unter Heranziehung einer Grenze beurteilt werden. Eben diese Grenze zieht erst das Untermaßverbot. Über- und Untermaßverbot haben daher verschiedene Bedeutungen. Die Vertreter der Gegenansicht211 übersehen einen wichtigen, auch sonst kaum beachteten Punkt. Die rechtliche Sanktionierung eines Unterlassens setzt, hier in Bezug auf das Unterlassen eines ausreichenden Schutzes, wie sonst überall auch, eine Pflicht voraus, welche das auf Eingriffe durch positives Tun zugeschnittene Übermaßverbot gerade nicht begründen kann.212 Staatliches Unterlassen ausreichenden Schutzes kann also nicht am Übermaßverbot gemessen werden. Das aber wäre notwendig, wenn dem Untermaßverbot keine eigenständige Bedeutung zukäme und an dessen Stelle das Übermaßverbot träte. Dem Untermaßverbot muss folglich auch aus diesem Grund eine eigenständige Bedeutung zukommen.213 Es fordert so einen angemessenen Schutz, der nicht unterhalb einer noch näher zu bestimmenden214 Mindestschwelle zu liegen hat.215 205

Canaris AcP 184 (1984), 201 (228); Canaris JuS 1989, 161 (163 f.). So HStR V/Isensee, § 111 RN 165; Canaris AcP 184 (1984), 201 (228); Canaris JuS 1989, 161 (163); Dietlein ZG 1995, 131 (138). 207 So zum Beispiel Dreier II/Schulze-Fielietz, Art. 20 (Rechtsstaat) RN 198; Hain DVBl. 1993, 982 (983); Szczekalla, Schutzpflichten, S. 437; Unruh, Schutzpflichten, S. 87; Schlink FS-50 Jahre BVerfG II, S. 445 (464); Hain DVBl. 1993, 982 (983); Starck JZ 1993, 816 (817). 208 Verwiesen sei auf die Darstellung der vertretenen Ansichten bei Szczekalla, Schutzpflichten, S. 323 f. 209 Letztlich auch Hain DVBl. 1993, 982 (983). 210 Vgl. nur Isensee, Das Grundrecht auf Sicherheit, S. 232. 211 Zum Beispiel Hain DVBl. 1993, 982 (983); auch Starck JZ 1993, 816 (817). 212 Canaris JuS 1989, 161 (163); wohl auch Preu JZ 1991, 265 (267 f.). 213 So auch Jarass/Pieroth/Jarass, Vorb. vor Art. 1 RN 30; kritisch m.w. N. Szczekalla, Schutzpflichten, S. 324 ff., 437. 214 Dazu unten G. III. 1. 215 BVerfGE 88, 203 (254); 92, 26 (46); BVerfG NJW 1995, 2343 (2343); BVerfG NJW 1996, 651; BVerfG JZ 1997, 897 (897); BVerfG NJW 1998, 975 (976); Jaeckel, Schutzpflichten, S. 93; Neben, Personenberichterstattung, S. 285; Baston-Vogt, Schutzbereich, S. 67; Ruffert, Vorrang der Verfassung, S. 241; Szczekalla, Schutzpflichten, S. 231; Canaris AcP 184 (1984), 201 (228); Jarass AöR 110 (1985), 363 (383); 206

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Die Untergrenze ist das unerlässliche Schutzminimum. Mag die Annahme eines Untermaßverbotes auch eine „. . . fragwürdige Rechtskonstruktion . . .“216 sein, so ist ihr im Ergebnis die Berechtigung nicht abzusprechen. Eine wesentliche Wirkung des Untermaßverbotes ist, dass, falls der notwendige Mindestschutz nicht gewährt wird, das handlungspflichtbegründende Grundrecht rechtswidrig verletzt werden kann.217 Über- und Untermaßverbot als zwei zu trennende Grenzen der Schutzpflichterfüllung ergänzen sich so zu einem einheitlichen Ganzen. Denn der zwischen ihnen verbleibende Raum ist genau der Raum, den der Vorsitzende Richter nutzen kann, um nach seinem Ermessen die passende Maßnahme zu ergreifen.218 e) Subjektives Recht auf Schutz und Schutz gegen sich selbst Fraglich ist schließlich, wie weit Schutz- und Handlungspflicht sowohl in subjektiver als auch in objektiver Hinsicht reichen. So ist nach einem subjektiven Recht der betroffenen Personen auf Schutz und nach einem Schutz gegen sich selbst zu fragen. Würde dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht in den vorliegenden Fällen auch ein subjektiv-öffentliches Recht219 auf Schutz entspringen, müsste eine weitere Dimension des Persönlichkeitsrechts in die Abwägung einfließen. Vor allem aber ist die Frage für den noch darzustellenden Rechtsschutz gegen Maßnahmen nach § 176 GVG220 von Relevanz.221 Hinsichtlich der Existenz eines solchen Rechtes gehen die Ansichten auseinander. Vielfach wird ein Recht auf Schutz angenommen.222 Nach Robbers223 lässt sich eine Tendenz auch des BundesverCanaris JuS 1989, 161 (163); Erichsen Jura 1997, 85 (88); ähnlich Wahl/Masing JZ 1990, 553 (562). 216 Unruh, Schutzpflichten, S. 87. 217 Neben, Personenberichterstattung, S. 280; Jarass NJW 1989, 857 (860). 218 Allgemeiner BVerfGE 77, 170 (214 f.); 79, 174 (202); 96, 56 (64); BVerfG NJW 1996, 651; Canaris JuS 1989, 161 (163); vgl. auch die Ausführungen und Nachweise bei Szczekalla, Schutzpflichten, S. 225 ff. FNn 766 ff. 219 Zur Lehre vom subjektiven öffentlichen Recht statt vieler und m.w. N. König, Drittschutz, S. 29 ff. 220 Vgl. I. 221 Vgl. Robbers, Sicherheit als Menschenrecht, S. 145 („. . . Subjektives öffentliches Recht ist gerichtlich einklagbares Recht . . .“); Jaeckel, Schutzpflichten, S. 60; Klein NJW 1989, 1633 (1637 ff.). 222 So HStR V/Isensee, § 111 RNn 8, 84; König, Drittschutz, S. 220; Unruh, Schutzpflichten, S. 64 f.; Dietlein, Schutzpflichten, S. 216; Dolderer, Objektive Grundrechtsgehalte, S. 383 f.; Jaeckel, Schutzpflichten, S. 59, 61; Neben, Personenberichterstattung, S. 262, 281; Ipsen, Staatsrecht II, RN 90; Ehlers FS-Lukes, S. 337 (339 f.); Zuleeg DVBl. 1976, 509 (509); Klein DÖV 1977, 704 (707); Schmidt-Assmann AöR 106 (1981), 205 (217); Canaris AcP 184 (1984), 201 (227); Soell NuR 1985, 205 (207); Langer NVwZ 1987, 195 (197 f.); Klein NJW 1989, 1633 (1637);

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fassungsgerichts hin zur Bejahung derartiger Rechte erkennen, wobei das Gericht vereinzelt auch ausdrücklich von ihnen gesprochen hat.224 Die Existenz von subjektiven Schutzrechten wird mit dem bestmöglichen Schutz, dem die Grundrechte dienen sollen, begründet.225 Insofern spricht Isensee226 vom Prinzip kommunizierender Röhren, über welches die gegenläufigen Grundrechtsfunktionen Abwehr und Schutz zusammenhängen. Und tatsächlich wäre der Einzelne ohne Anerkennung subjektiver Rechte auf eine fremdverantwortete Gewährleistung objektiver Rechtseinrichtungen angewiesen.227 Er hätte keine Möglichkeit, den mit einer Handlungsverpflichtung verfassungsrechtlich begründeten Mindestschutz vor und von staatlichen Stellen einzufordern. Letztlich würde so der Staat über das Wie und Ob der Kontrolle entscheiden. Eine derartige Situation würde der Eigenverantwortlichkeit und Autonomie des Einzelnen widersprechen. Andere lassen demgegenüber Vorsicht walten. So wird mitunter große Zurückhaltung bezüglich der Annahme subjektiv-öffentlicher Schutzrechte geübt beziehungsweise eine gänzlich ablehnende Haltung bezogen.228 Gerade im Hinblick auf die Gesetzgebung229, aber auch sonst, wird es aus Gründen der Gewaltenteilung bezweifelt und abgelehnt, dass ein subjektives Recht auf Schutz besteht.230 Als Folge dessen werden die verschiedensten Einschränkungen vertreten.231 Die dem zu Grunde liegenden Bedenken überzeugen allerdings nicht.232 Sicherungs- und Schutzzweck der Grundrechte wären zu stark gefährdet, wenn die objektiv-rechtlichen Grundrechtsgehalte keine subjektiv-rechtliche Bestärkung erfahren würden.233 Der effektivste und umfassendste Grundrechtsschutz besteht dann, wenn auch ein subjektives Recht auf Schutz gewährt wird, Klein DVBl. 1994, 489 (493); Erichsen Jura 1997, 85 (89); wohl auch BVerfGE 77, 170 (214); vgl. insbesondere auch die zahlreichen Nachweise bei König, Drittschutz, S. 219 FN 801. 223 Robbers, Sicherheit als Menschenrecht, S. 142 f. 224 BVerfGE 77, 170 (214 f.); BVerfG NJW 1999, 1322 (1323). 225 Vgl. HStR V/Isensee, § 111 RN 85; König, Drittschutz, S. 220; Unruh, Schutzpflichten, S. 64 f.; Klein NJW 1989, 1633 (1637). 226 HStR V/Isensee, § 111 RN 85. 227 Vgl. Robbers, Sicherheit als Menschenrecht, S. 135; König, Drittschutz, S. 220. 228 Vgl. Rupp JZ 1971, 401 (402); vgl. auch die Nachweise bei Szczekalla, Schutzpflichten, S. 313 FN 1290. 229 Zur Problematik ausführlich Hesse FS-Mahrenholz, S. 541 (543 ff., 553 f.). 230 Kloepfer, Zum Grundrecht auf Umweltschutz, S. 25; Sailer DVBl. 1976, 521 (529 f.); Steinberg NJW 1984, 457 (461); allgemeiner Scherzberg DVBl. 1989, 1128 (1132 ff.); vgl. dazu auch Unruh, Schutzpflichten, S. 61; vgl. zu den Problemen Zuleeg DVBl. 1976, 509 (509 ff.). 231 Vgl. hierzu Szczekalla, Schutzpflichten, S. 313 ff. 232 Insofern ist König, Drittschutz, S. 221 ff. und Szczekalla, Schutzpflichten, S. 315 f. 233 So auch Unruh, Schutzpflichten, S. 64; Klein NJW 1989, 1633 (1637).

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das die reine Schutzfunktion entsprechend aufwertet. Auf diese Weise wird die Kontrolle der staatlichen Handlungsverpflichtung intensiviert und ein Mehr an Vertrauensschutz erreicht.234 Zudem darf nicht vergessen werden, dass ein Rückzug des Rechtsstaates, wie er bei der Verneinung von subjektiven Rechten eintreten würde, die Anwendung von privater Selbsthilfe in vielen Fällen begünstigt.235 Aus diesen Gründen ist denen zuzustimmen, die subjektive Schutzrechte bejahen. Allerdings muss sich die Unterscheidung zwischen Schutz- und Handlungspflicht hier fortsetzen. Dem Gefährdeten kann im Einzelfall zwar ein Anspruch auf eine konkrete Schutzmaßnahme zustehen236, grundsätzlich aber ist das Recht auf Schutz nur darauf gerichtet, dass die jeweilige staatliche Stelle im Rahmen ihres Ermessens den grundrechtlichen Belangen des Betroffenen ausreichend Rechnung trägt.237 Nur wenn ein effektiver Schutz ausschließlich mittels einer bestimmten Maßnahme zu verwirklichen ist, besteht ein Anspruch auf eben diese konkrete Maßnahme.238 Im Hinblick auf die Bild- und Tonaufnahmen im Sitzungsbereich bedeutet dies für den jeweils Betroffenen, dass er ein Recht darauf hat, dass der Vorsitzende Richter die persönlichkeitsrechtlichen Belange angemessen berücksichtigt.239 Nur in dieser eingeschränkten Form ist ein subjektives Recht auf Schutz gegenüber dem Staat anzuerkennen. In objektiver Hinsicht ist festzustellen, dass die staatliche Schutz- und Handlungsverpflichtung ihre Grenzen grundsätzlich in der Eigenverantwortlichkeit eines jeden Individuums findet. Da der staatliche Schutz nicht in eine Bewachung des Einzelnen ausarten darf, ist ein sogenannter Schutz gegen sich selbst abzulehnen. Jeder muss grundsätzlich selbst entscheiden, ob und inwieweit er sich Gefahren aussetzt. Diese Entscheidung hat der Staat dann zu respektieren. Ein Schutz darf nicht aufgedrängt werden.240 Jedem, also auch dem schutzbedürftigen Bürger, schuldet der Rechtsstaat, da grundrechtliche Freiheit auch das Recht, Risiken einzugehen beinhaltet241, eine gewisse Distanz.242 Nur in Ausnahmefällen, nämlich dann, wenn der Grundrechtsträger die Folgen seines Han234

Dazu ausführlich Robbers, Sicherheit als Menschenrecht, S. 190 ff. Isensee, Das Grundrecht auf Sicherheit, S. 56, 60; indirekt auch Robbers, Sicherheit als Menschenrecht, S. 127; indirekt auch HStR V/Isensee, § 111 RN 102. 236 Isensee, Das Grundrecht auf Sicherheit, S. 51. 237 So auch Klein DÖV 1977, 704 (707). 238 Vgl. BVerfGE 46, 160 (164 f.); 77, 170 (215); HStR V/Isensee, § 111 RN 164; Klein NJW 1989, 1633 (1637); Wahl/Masing JZ 1990, 553 (559); Klein DVBl. 1994, 489 (495). 239 Ähnlich Sachs/Bethge, Art. 5 RN 151 a; Isensee FS-Kriele, S. 5 (18). 240 So auch BVerfGE 58, 208 (225); Isensee, Das Grundrecht auf Sicherheit, S. 49; Robbers, Sicherheit als Menschenrecht, S. 220 f.; von Münch FS-Ipsen, S. 113 (128); Kunig Jura 1991, 415 (418), ähnlich HStR V/Isensee, § 111 RN 113. 241 So zutreffend HStR V/Isensee, § 111 RN 113. 242 Isensee, Das Grundrecht auf Sicherheit, S. 48. 235

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delns nicht ausreichend abschätzen kann, ihm also die Tragweite seiner Handlungen nicht bewusst ist, sind Schutzmaßnahmen entgegen dem Willen des Betroffenen zulässig.243 Mit dieser Erkenntnis schließt sich der Kreis zu den bereits mehrfach im Rahmen der persönlichkeitsrechtlichen Darstellungen angesprochenen Einwilligungen.244 Willigen Personen in die Anfertigung beziehungsweise Veröffentlichung von Bild- und Tonaufnahmen ein, haben die staatlichen Institutionen dies grundsätzlich zu respektieren. Eine Schutz- und Handlungspflicht besteht dann nicht. Fälle, in denen ein Schutz gegen sich selbst auf Grund der vorgenannten Erwägungen zulässig ist, erscheinen im Hinblick auf die Aufnahmen im Sitzungsbereich als nahezu ausgeschlossen. Umgekehrt bedeutet dies, dass im Falle des Fehlens von Einwilligungen die persönlichkeitsrechtsbegründete Handlungsverpflichtung des Staates in vollem Umfang besteht. 2. Das Interessendreieck als Ausgangslage Die besondere Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts als grundrechtliche Handlungspflicht, welche die Entscheidungsfindung des Vorsitzenden Richters nach § 176 GVG entsprechend beeinflusst, führt zu einem geradezu typischen Gebilde, das es als Ausgangspunkt der nachfolgenden Überlegungen hervorzuheben gilt. Dieses Gebilde lässt sich als Interessendreieck bezeichnen: (§ 176 GVG) Vorsitzender Richter als staatliche Institution

Untermaßverbot

Übermaßverbot

Spielraum des Staates Persönlichkeitsrecht (Schutz-/Handlungspflicht)

Ausgleich

Freiheiten des Rundfunks (Abwehrrecht)

Die Eckpfeiler bilden der Rundfunk als „Störer“, die von den Aufnahmen betroffenen Personen und der Vorsitzende Richter als staatliche Institution, wel243 Vgl. Isensee, Das Grundrecht auf Sicherheit, S. 49; Robbers, Sicherheit als Menschenrecht, S. 221 ff. und von Münch FS-Ipsen, S. 113 (124). 244 Vgl. G. I. 2. a) cc), G. I. 3. b) und G. I. 4.

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H. Die Ermessensentscheidung

cher die Grenzen des Über- und Untermaßverbotes zu wahren hat245. Die Handlungspflicht zwingt den Staat zum aktiven Schutz des Betroffenen, der aber nur zu Lasten des Störers ausfallen kann. Treffend formulieren Wahl und Masing derartige Dreieckskonstellationen deshalb als „. . . Eingriff um des Schutzes Willen – Schutz durch Eingriff . . .“246. Auf der Ebene von Gestörtem und Störer erhalten die ihnen zustehenden Grundrechte, also allgemeines Persönlichkeitsrecht und Rundfunk- sowie Berufsfreiheit, besondere Bedeutung. Dabei werden das allgemeine Persönlichkeitsrecht als staatliche Schutz- und Handlungsverpflichtung und die Rundfunksowie Berufsfreiheit als Abwehrrecht relevant. Auf Grund des Art. 1 Abs. 3 GG ist der entscheidende Richter in umfassender Weise an alle beteiligten Grundrechte gebunden. Er darf dem von den Bild- und Tonaufnahmen Betroffenen einerseits den effektiven Mindestschutz nicht versagen, anderseits aber nicht übermäßig in die Grundrechte auf Seiten des Rundfunks eingreifen. Während sich die grundrechtlich geschützten Positionen der beteiligten Grundrechtsträger diametral gegenüberstehen, ergänzen sich Unter- und Übermaßverbot. Im verbleibenden Spielraum hat der Richter die sitzungspolizeilichen Maßnahmen anzusiedeln. 3. Ergebnis Die Bedeutung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG geht, was die aufnahmenbezogene Entscheidungsfindung im Rahmen des § 176 GVG angeht, also weit über die abwehrrechtliche Dimension des Grundrechts hinaus. Über die anzunehmende Handlungsverpflichtung des Staates, welcher in den vorliegenden Fällen nur durch präventives Handeln entsprochen werden kann, kommt neben dem Übermaßverbot auch das einen selbständigen Regelungsinhalt aufweisende Untermaßverbot als Grenze des Ermessenspielraums des Vorsitzenden hinzu.

III. Die Grenzen der Entscheidung – Unter- und Übermaßverbot Die Frage nach der adäquaten Reaktion des Vorsitzenden Richters auf die Anfertigung von personenbezogenen Bild- und Tonaufnahmen stellt sich im Endeffekt als Frage nach dem verbleibenden Ermessensspielraum des Richters dar. Insofern geht es im Folgenden weniger um die konkret zu treffende Maßnahme als vielmehr um die Eingrenzung des richterlichen Spielraums anhand 245 246

Isensee FS-Kriele, S. 5 (32). Wahl/Masing JZ 1990, 553 (556).

III. Die Grenzen der Entscheidung – Unter- und Übermaßverbot

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von Unter- und Übermaßverbot. Dementsprechend sind nun diese Grenzen mit konkret in Betracht kommenden Maßnahmen nach § 176 GVG zu verbinden. Schließlich wird auch auf die Herstellung praktischer Konkordanz einzugehen sein. 1. Untermaßverbot – Erfüllung der Schutz- und Handlungspflicht Geht es um das Untermaßverbot, gelangt man früher oder später zu dem Problem, den konkret zu gewährleistenden Mindestschutz der schutzbedürftigen Personen rechtlich zu fixieren. Ausgangspunkt aller diesbezüglichen Überlegungen ist das Effektivitätsgebot des Grundrechtsschutzes. Ziel ist es also, die grundrechtliche Gewährleistung der Persönlichkeitsrechte wirksam zu sichern.247 Bereits hier werden Schwierigkeiten sichtbar, denn es gibt keine rechtlich fixierten Maßstäbe, anhand derer der Mindestschutz festgelegt werden kann. In Folge dessen ist es schwer, das Untermaßverbot zu fixieren. Wann die Handlungspflicht erfüllt ist, lässt sich nur schwer beantworten, da sich Schutzund Handlungspflichten nur aus den Grundentscheidungen der Grundrechte herleiten lassen.248 Diese Schwierigkeiten sind der Rechtsprechung nicht verborgen geblieben. Das Bundesverfassungsgericht249 versucht sie zu lösen, indem die Erfüllung von staatlichen Handlungspflichten mittels einer Evidenzkontrolle überprüft wird.250 Eine zu missbilligende Beeinträchtigung des Betroffenen in seinem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG liegt insofern nur vor, „. . . wenn die öffentliche Gewalt Schutzvorkehrungen entweder überhaupt nicht getroffen hat oder die getroffenen Regelungen und Maßnahmen gänzlich ungeeignet oder völlig unzulänglich sind, das gebotene Schutzziel zu erreichen, oder erheblich dahinter zurückbleiben . . .“251. Diese Formulierung gibt in zutreffender Weise den im Folgenden anzulegenden Prüfungsmaßstab für die Beachtung des Untermaßverbotes vor. Die negativ ausgestaltete Evidenzkontrolle trägt den Schwierigkeiten einer positiv ausgestalteten Fixierung der Mindestschwelle Rechnung und ermöglicht es dem Vorsitzenden Richter, sein Handeln am Untermaßverbot auszurichten. 247 BVerfGE 77, 170 (215); 77, 381 (405); 88, 203 (254); HStR V/Isensee, § 111 RNn 80, 138, 165; Neben, Personenberichterstattung, S. 286; Kaufmann JuS 1963, 373 (380 f.); Jarass NJW 1989, 857 (861 f.); Calliess JZ 2006, 321 (323). 248 BVerfGE 56, 54 (81); BVerfG NJW 1983, 2931 (2932); BVerfG NJW 1987, 2287 (2287). 249 Vgl. nur BVerfGE 56, 54 (80 f.); 77, 170 (214 f.); 79, 174 (201 f.); BVerfG NJW 1987, 2287 (2287); BVerfG NJW 1995, 2343; BVerfG NJW 1996, 651. 250 Szczekalla, Schutzpflichten, S. 223; Calliess JZ 2006, 321 (323). 251 BVerfGE 92, 26 (46); auch BVerfGE 56, 54 (80 f.); 77, 170 (214 f.); 85, 191 (212); 92, 26 (46); BVerfG UPR 1997, 186 (187); BVerfG NJW 1987, 2287 (2287); BVerfG EuGRZ 1998, 172 (173); aus der Literatur beispielsweise auch Pieroth/ Schlink, Staatsrecht II, RN 97; Hesse FS-Mahrenholz, S. 541 (555 f.).

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H. Die Ermessensentscheidung

Nicht verschwiegen sei vorab, dass das Bundesverfassungsgericht die notwendige Offenkundigkeit eines unzureichenden Schutzes bislang nicht angenommen hat. Die einzige Ausnahme bilden die auf Schwangerschaftsabbrüchen fußenden Schutzpflichtfälle.252 Das Bundesverfassungsgericht hat die derzeitige gerichtliche Praxis der auf die Bild- und Tonaufnahmen im Umfeld der strafgerichtlichen Hauptverhandlung bezogenen sitzungspolizeilichen Verfügungen nach § 176 GVG im Hinblick auf das Untermaßverbot nicht kritisiert. Ob dies berechtigt ist, werden die nachfolgenden Ausführungen klären. a) Unbeschränkte Bild- und Tonaufnahmen Unproblematisch gestaltet sich die Lage, wenn es um eine unbeschränkte Zulassung von Bild- und Tonaufnahmen geht. Der Richter bräuchte einerseits überhaupt nicht tätig werden und ließe dem Rundfunk so freie Hand. Andererseits aber könnte er die unbeschränkten Aufnahmen auch ausdrücklich zulassen. In beiden Fällen würde der Vorsitzende hinsichtlich der Persönlichkeitsrechte der Betroffenen nicht schützend tätig. Das ist mit der grundrechtlichen Handlungsverpflichtung nicht zu vereinbaren. Der notwendige persönlichkeitsrechtsorientierte Mindestschutz würde nicht gewährt, und den aus Art. 2 Abs. 1 GG und Art. 1 Abs. 1 GG folgenden Anforderungen würde somit nicht nachgekommen werden. b) „Pool-Lösung“ Im Hinblick auf die Anfertigung von Bild- und Tonaufnahmen im Umfeld der strafgerichtlichen Hauptverhandlung wird im Rahmen der Frage nach der Einhaltung des Untermaßverbotes253 immer wieder auf die sogenannte „PoolLösung“ eingegangen. Da es hier richtiger Ansicht nach nicht um das Übermaßverbot geht254, ist zu untersuchen, ob der staatlichen Handlungspflicht mittels der „Pool-Lösung“ ausreichend Rechnung getragen wird. Der Begriff der „Pool-Lösung“ umschreibt die mögliche Reduzierung aller äußeren Belastungen, die durch die Bild- und Tonaufnahmeherstellung im Umfeld der Hauptverhandlung verursacht werden. In diesem Fall wird nur einem einzigen Aufnahmeteam der Zugang zum Sitzungsbereich gewährt, das dort 252

Vgl. Szczekalla, Schutzpflichten, S. 230. Diejenigen, die das Untermaßverbot nicht anerkennen, beleuchten die Problematik im Rahmen des Übermaßverbotes. Dort sind dann die Erforderlichkeit und insbesondere die Angemessenheit diejenigen Prüfungspunkte, an denen die Diskussion erfolgt. So prüft das Bundesverfassungsgericht [BVerfGE 91, 125 (137 f.)], ob der Persönlichkeitsschutz ein völliges Aufnahmeverbot erfordert und steigt so in die Problematik um die „Pool-Lösung“ ein. 254 Vgl. H. II. 1. c). 253

III. Die Grenzen der Entscheidung – Unter- und Übermaßverbot

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Aufnahmen anfertigen darf. Das jeweilige Team besteht typischerweise aus drei Personen, dem Aufnehmenden selbst nebst zwei Begleitpersonen, meist Technikern. Der durch den Zugang zum Sitzungsbereich begünstigte Rundfunkanbieter wird dabei, soweit sich nicht geeinigt wurde, verpflichtet255, und das ist das Wesensmerkmal der „Pool-Lösung“, das aufgenommene Material allen anderen interessierten Rundfunkanbietern kostenlos zur Verfügung zu stellen.256 In der Praxis wird die Aufnahmezeit zudem häufig begrenzt und der Standort der Kameras und Mikrofone festgelegt.257 Keinesfalls ist die, wie sich zeigen wird auch problembeladene, „Pool-Lösung“ nur auf Großverfahren, also auf Verfahren von besonderer Komplexität der verhandelten Materie, zu beziehen.258 Die Praxis zeigt eindrucksvoll, dass enorme Medieninteressen auch bei sonstigen Strafverfahren bestehen. Nicht die Größe der Verfahren ist es, welche den Rundfunk lockt, sondern es sind die agierenden Personen beziehungsweise die zur Last gelegten Taten, die das mediale Interesse schüren. Die „Pool-Lösung“ ist insofern ein generell zu diskutierender Lösungsansatz des Konfliktes zwischen Rundfunk und Betroffenen. Der inzwischen mit Regelmäßigkeit erfolgende Verweis des Bundesverfassungsgerichts auf die Anwendung der „Pool-Lösung“ als adäquates Mittel259 hat zu einem Umdenken der Verantwortlichen im Rundfunkbereich geführt. Um auf der sicheren Seite zu sein, werden die Anträge auf die Zulassung der Bildund Tonaufnahmen bereits unter Zugrundelegung der „Pool-Lösung“ formuliert.260 Es wird also nicht mehr auf die Entscheidung des Vorsitzenden Richters gewartet, sondern dieser vorweggegriffen. So wird die „Pool-Lösung“ Doebel 261 zufolge vom Zweiten Deutschen Fernsehen bereits seit 1986 den deut255

Kissel/Mayer, GVG, § 169 RN 93. Vgl. BVerfGE 87, 334 (335, 340); 91, 125 (126 f.); BVerfG NJW 2000, 2890 (2890); BVerfG NJW 2002, 2021 (2021); Kissel/Mayer, GVG, § 169 RN 92; Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 129; Wenzel/Burkhardt, Wort- und Bildberichterstattung, § 10 RN 183; Prinz/Peters, Medienrecht, RN 819; Roxin, Strafverfahrensrecht, § 45 RN 1; Beulke, Strafprozessrecht, RN 379; Hellmann, Strafprozessrecht, Teil IV § 2 RN 5; Ricker/Schiwy, Rundfunkverfassungsrecht, F RN 110; Lorz, in: Herausforderungen, S. 59 (68); Gerhardt ZRP 1993, 377 (381); Eberle NJW 1994, 1637 (1638); Doebel DRiZ 1994, 435; Kudlich JA 2000, 970 (972); Bamberger ZUM 2001, 373 (377). Auf diese Möglichkeit verweist für das österreichische Recht auch der am 1. Januar 2004 in Kraft getretene Medienerlass des Österreichischen Justizministeriums vom 12. November 2003 (abgedruckt in NJW 2004, 430 (430 ff.). 257 Vgl. BVerfGE 87, 334 (340); Ricker/Schiwy, Rundfunkverfassungsrecht, F RN 110; Bamberger ZUM 2001, 373 (377); auf diese und andere mögliche Maßnahmen weist das BVerfGE 91, 118 (139) ausdrücklich hin. 258 So aber anscheinend Zuck DRiZ 1997, 23 (30). 259 Vgl. nur BVerfGE 87, 334 (335, 340); 91, 125 (126 f.); BVerfG NJW 2000, 2890 (2890); BVerfG NJW 2002, 2021 (2021). 260 So geschehen zum Beispiel im Honecker-Verfahren, wobei sich hier ZDF, ARD, RTL und SAT 1 einigten. Vgl. BVerfGE 87, 334 (335); 91, 125 (126 f.); auch BVerfG NJW 2000, 2890 (2890). 256

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schen Gerichten angeboten. Hierauf reagiert auch ein Teil der Gerichte. So fließt die Bereitschaft der Medien, Kompromisse einzugehen, an 35 Prozent der Landgerichten in die Entscheidungsfindung hinsichtlich der Handhabung von personenbezogenen Bild- und Tonaufnahmen ein.262 Der Paradefall derartiger Kompromisse ist gerade die „Pool-Lösung“. Zudem wird an 27 Prozent der Landgerichte in die Entscheidung auch der Andrang der Medien eingestellt263, was letztlich wiederum auf die Anordnung der „Pool-Lösung“ hinausläuft. Zudem wurde von einigen Landgerichten explizit auf die „Pool-Lösung“ verwiesen.264 Die positive Haltung gegenüber der „Pool-Lösung“ beschränkt sich jedoch nicht auf Rundfunkanbieter und Gerichte. Auch in der rechtswissenschaftlichen Literatur wird sich positiv zu diesem Ansatz geäußert.265 Insbesondere aber bei der Lektüre der Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts erliegt man der Versuchung anzunehmen, es handele sich mit der „Pool-Lösung“ um den bestmöglichen Ausgleich aller sich gegenüberstehenden Rechtspositionen. Die Betroffenen haben sich nur mit einem Aufnahmeteam auseinander zu setzen und die Rundfunkanbieter erleiden kaum Einbußen. Diese Sichtweise kommt besonders deutlich bei Gerhardt zum Ausdruck: „. . . Aber, wo die Gefahr am größten ist, wächst das Rettende auch. Das Rettende, das ist in diesem Fall die ,Pool-Lösung‘, die sich inzwischen bei manchen Instanzprozessen eingespielt hat . . .“266 Es finden sich kaum nennenswerte kritische Äußerungen. Die diesbezügliche Zurückhaltung ist jedoch nicht berechtigt. Die immer wieder herausgestellten positiven Wirkungen der „Pool-Lösung“ können die negativen nicht überlagern. Um dies zu verdeutlichen, muss zwischen den Bezugspunkten der sitzungspolizeilichen Maßnahme differenziert werden. Einerseits ist die Störung des Sitzungsablaufs und andererseits der Schutz der Persönlichkeitsrechte zu betrachten. Hinsichtlich beider Aspekte bestehen Gefahren, die für eine Beschränkung der Aufnahmen sprechen.267 Hinsichtlich der äußeren Ordnung des Sitzungsgeschehens wird zu Recht darauf verwiesen, dass ein völliges Aufnahmeverbot dann nicht gerechtfertigt ist, wenn die „Pool-Lösung“ Abhilfe schaffen kann.268 Denn die Störungen der Sitzung folgen daraus, dass die mitunter zahlreich anwesenden Rundfunkvertreter 261

Doebel DRiZ 1994, 435. Vgl. die Auswertung der Frage 9 des Fragebogens in Anlage 3. 263 Vgl. die Auswertung der Frage 9 des Fragebogens in Anlage 3. 264 Vgl. die Auswertung der Frage 13 des Fragebogens in Anlage 3. 265 Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 129; Roxin, Strafverfahrensrecht, § 45 RN 1; Hellmann, Strafprozessrecht, Teil IV § 2 RN 5; Gerhardt ZRP 1993, 377 (381); Eberle NJW 1994, 1637 (1638); Schwarz AfP 1995, 353 (357); Zuck DRiZ 1997, 23 (30); Bamberger ZUM 2001, 373 (377); Huff NJW 2004, 403 (406). 266 Gerhardt ZRP 1993, 377 (381). 267 Zu den Gefahren G. II. 1. 262

III. Die Grenzen der Entscheidung – Unter- und Übermaßverbot

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um die besten Aufnahmen wetteifern. Wird nur einer eng begrenzten Zahl von Personen der Zugang zum Sitzungsbereich gewährt, werden diese Störungen nahezu vollständig vermieden.269 Der häufig zu erwartende „. . . Ansturm von Kamerateams . . .“270 wird unterbunden. Es ist unrealistisch anzunehmen, dass drei Personen den äußeren Ablauf der Sitzung in so relevanter Weise beeinträchtigen können, dass ein weitergehendes Einschreiten von vornherein als notwendig erscheint.271 Mit der insoweit zutreffenden Feststellung, dass die „PoolLösung“ Beeinträchtigungen des äußeren Sitzungsablaufs in ausreichendem Maße unterbindet, kann es sein Bewenden aber nicht haben. Die hier vor allem relevante Handlungsverpflichtung knüpft nicht an Störungen des Sitzungsablaufs, sondern an Beeinträchtigungen der Persönlichkeitsrechte an. Deshalb haben die positiven Wirkungen hinsichtlich des Sitzungsablaufs keine Auswirkungen auf die Erfüllung der Handlungspflicht. Überraschender Weise findet die „Pool-Lösung“ in persönlichkeitsrechtlicher Hinsicht kaum Erwähnung. Die mangelnde Beachtung der Persönlichkeitsrechte der betroffenen Personen ist so ein wesentlicher Kritikpunkt, der vor allem der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts272, aber auch einem Teil des rechtswissenschaftlichen Schrifttums273 vorzuhalten ist. Sehr wahrscheinlich dürfte hierfür das primäre Verständnis des § 176 GVG als Rechtsgrundlage für Maßnahmen zum Erhalt der Sitzungsordnung verantwortlich sein. Die auch persönlichkeitsrechtliche Dimension der Norm wird vernachlässigt. Ein Teil derjenigen, die sich auch dieser Dimension widmen, gelangt zum Ergebnis, dass mittels der „Pool-Lösung“ ein ausreichender Persönlichkeitsschutz gewährt wird. Die Persönlichkeitsrechte würden dann nicht beeinträchtigt.274 Das Bundesverfassungsgericht275 stellt insofern lediglich fest, dass eine Beeinträchtigung schützenswerter Belange durch eine beschränkte Zulassung 268

BVerfG NJW 1995, 184 (186); Ricker/Schiwy, Rundfunkverfassungsrecht, F RN

110. 269 BVerfGE 91, 118 (131, 138); BVerfG NJW 1992, 3288 (3289); BVerfG NJW 1996, 581 (583); Kissel/Mayer, GVG, § 169 RN 92; Burbulla, Fernsehöffentlichkeit, S. 131; Kuß, Öffentlichkeitsmaxime, S. 214 f.; Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 129; Gerhard ZRP, 1993, 377 (383); Schwarz AfP 1995, 353 (357); Eberle NJW 1994, 1637 (1638); Doebel DRiZ 1994, 435; Zuck DRiZ 1997, 23 (30); Bamberger ZUM 2001, 373 (377); a. A. Deutscher Richterbund DRiZ 1996, 246 (249). 270 BVerfGE 87, 334 (335); ähnlich BVerfG NJW 2000, 2890 (2891). 271 So zu recht BVerfGE 87, 334 (340); 91, 125 (138); vgl. auch Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 129. 272 BVerfGE 87, 334 (340); BVerfG NJW 2000, 2890 (2891). 273 Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 129; Roxin, Strafverfahrensrecht, § 45 RN 1; Hellmann, Strafprozessrecht, Teil IV § 2 RN 5; Gerhardt ZRP 1993, 377 (381); Eberle NJW 1994, 1637 (1638); Schwarz AfP 1995, 353 (357); Zuck DRiZ 1997, 23 (30); Bamberger ZUM 2001, 373 (377). 274 So BVerfGE 87, 334 (340). 275 BVerfG NJW 2000, 2890 (2891).

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H. Die Ermessensentscheidung

von Bild- und Tonaufnahmen nicht zu erwarten ist. Dass diese Argumentation nicht verfängt, wird schnell sichtbar. Mittels des Vollzuges der „Pool-Lösung“ wird lediglich die Zahl der Aufnahmen reduziert. Angefertigt werden sie trotzdem, und das häufig entgegen den Willen der Betroffenen. Auch durch diese Aufnahmen aber wird das allgemeine Persönlichkeitsrecht massiv beeinträchtigt. Schutz wird daher nur im Hinblick auf die Quantität der Rechtsverletzungen gewährt, nicht aber bezüglich deren Qualität. Hieraus muss der Schluss gezogen werden, dass ein effektiver Mindestschutz der Persönlichkeit, der primär qualitätsorientiert ist, nicht gewährleistet wird. Aus einer anderen Perspektive betrachtet, ist die „Pool-Lösung“ nicht mehr schützend, sondern sogar beeinträchtigend wirksam, da dem zugelassenen Aufnahmeteam ohne weitere Beschränkungen freie Hand, auch für persönlichkeitsverletzende Aufnahmen, gelassen wird. Auf die ebenfalls in die Überlegung einzubeziehende Veröffentlichung der Aufnahmen bezogen, wird sogar überhaupt kein Schutz, auch nicht in quantitativer Hinsicht, gewährt. Sämtlichen interessierten Rundfunkanbietern werden die Aufnahmen zugänglich gemacht. Erreicht wird durch die „Pool-Lösung“ also lediglich, dass das jeweilige Geschehen nur aus einer Perspektive nachvollzogen werden kann. Da die Handlungspflicht allerdings auf die Anfertigung der Aufnahmen bezogen ist276, spielen die Probleme der „Pool-Lösung“ im Hinblick auf die Publikation der Aufnahmen nur eine untergeordnete Rolle. Auch bei Anwendung der „Pool-Lösung“ werden die schützenswerten persönlichkeitsrechtlichen Belange nicht dem Untermaßverbot entsprechend geschützt.277 Wer diesbezüglich ein bloß „. . . diffuses Unbehagen . . .“278 annimmt, verkennt die hinter der persönlichkeitsrechtlichen Handlungspflicht stehende verfassungsrechtliche Dimension und redet zudem den notwendigen Persönlichkeitsschutz klein. Die „Pool-Lösung“ ist daher allenfalls auf den ersten Blick ein interessengerechter Ausgleich. Ein taugliches Mittel ist die Reduzierung der aufnehmenden Personen nur dann, wenn es ausschließlich um Gefahren und Beeinträchtigungen geht, die von der bloßen Rundfunkpräsenz ausgehen. Das aber ist, wenn es um personenbezogene Aufnahmen im Umfeld der strafgerichtlichen Hauptverhandlung geht, nicht der Fall. Eine nur zahlenmäßige Beschränkung der Aufnahmeteams liegt unterhalb der Schwelle des gebotenen Mindestschutzes. Das Untermaßverbot wird mit der „Pool-Lösung“ daher nicht umgesetzt.

276 277 278

Vgl. H. II. 1. c) aa). Anders Vietmeyer, Fernsehöffentlichkeit, S. 129; Eberle NJW 1994, 1637 (1638). Doebel DRiZ 1994, 435.

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c) Anordnung der Nichtidentifizierbarkeit für die Publikation der Aufnahmen Als Anordnung des Vorsitzenden Richters kommt weiter in Betracht, die Rundfunkanbieter sitzungspolizeilich darauf zu verpflichten, bei einer später erfolgenden Publikation der Aufnahmen dafür Sorge zu tragen, dass die aufgenommenen Personen nicht identifizierbar sind. Die Zulassung der Aufnahmen stünde dann unter dieser Bedingung. Eine anonyme Berichterstattung nämlich stellt eine, die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen nicht gefährdende beziehungsweise beeinträchtigende Berichterstattung dar.279 Diesen Weg scheint nunmehr auch das Bundesverfassungsgericht zu beschreiten, wenn Leib und Leben des Angeklagten bedroht sind. Hinsichtlich des „El-Kaida-Verfahrens“ vor dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main hob das Bundesverfassungsgericht ein umfassend angeordnetes Aufnahmeverbot auf und wies den Vorsitzenden an, erstens die „Pool-Lösung“ anzuwenden und zweitens dem Rundfunk aufzugeben, die angefertigten Aufnahmen durch ein technisches Verfahren derart zu behandeln, dass eine Identifizierung der Abgebildeten nicht mehr möglich ist.280 Im Fall „Gäfgen“ bestätigte das Bundesverfassungsgericht einstweilig eine Verfügung des Vorsitzenden Richters einer Strafkammer des Landgerichts Frankfurt am Main, in welcher angeordnet wurde, dass die Bilder vor ihrer Weitergabe beziehungsweise Verbreitung zu anonymisieren sind.281 Jedoch stehen auch diesem Weg hinsichtlich des Untermaßverbotes erhebliche Bedenken entgegen. Zwar wird im Vergleich zur „Pool-Lösung“ ein weitergehender Persönlichkeitsschutz gewährt, jedoch ist zu bemängeln, dass ausschließlich auf die Veröffentlichung der Aufnahmen, nicht aber auch auf deren Anfertigung Einfluss genommen wird. Das heißt, dass die massiven Gefahren und potentiellen Beeinträchtigungen, die bereits im Hinblick auf die Herstellung der Aufnahmen festzustellen sind, nicht geschmälert werden. Darauf zu hoffen, dies würde den Rundfunk davon abhalten, Aufnahmen anzufertigen, ist mit dem Mindestschutzgebot nicht zu vereinbaren. Diesbezüglich also würde überhaupt kein Schutz gewährt. Da die Handlungspflicht aber gerade auf einen Schutz hinsichtlich der Anfertigung der Aufnahmen abzielt, ist der geforderte Mindestschutz nicht erreicht. Dies wird vom Bundesverfassungsgericht nicht beachtet.282 Abgesehen davon ist es bereits fraglich, ob die sitzungspolizeilichen 279 Arzt, Der strafrechtliche Schutz der Intimsphäre, S. 120; Zielemann, Tatverdächtige, S. 35. 280 BVerfG NJW 2002, 2021 (2021 f.). Es führte aus: „. . . Werden die Gesichter abgebildeter Personen vor der Weitergabe und Veröffentlichung der Bilder im Fernsehen anonymisiert, ist ausgeschlossen, dass ein solches Risiko (der Rechtsverletzung) von der Fernsehberichterstattung ausgeht . . .“ [BVerfG NJW 2002, 2021 (2022)]. 281 BVerfG NJW 2003, 2523 (2523 f.). 282 Im Übrigen ist die Argumentation des Bundesverfassungsgerichts auch aus einer anderen Perspektive problematisch. Das Bundesverfassungsgericht argumentiert primär

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H. Die Ermessensentscheidung

Befugnisse des Vorsitzenden eine derartige Anordnung überhaupt tragen würden. Die Bedenken folgen aus dem Umstand, dass eine spätere Publikation außerhalb des Sitzungsbereiches stattfinden wird. Vor allem aber vermag die Veröffentlichung der Aufnahmen die Sitzung nicht direkt zu beeinträchtigen. Lediglich der Anlass der Entscheidung, die Anfertigung der Aufnahmen, weist einen direkten Bezug zur Sitzung, der wie gezeigt zu fordern ist283, auf. Nur wenn mit der sitzungsbezogenen Entscheidung nach § 176 GVG Fernwirkungen eintreten, sind diese von der sitzungspolizeilichen Kompetenz als Annex umfasst. Für die Bild- und Tonaufnahmen im Umfeld der Hauptverhandlung ermöglicht § 176 GVG ungeachtet aller Grenzen der Kompetenz nach also ein Verbot mit der Folge, dass auch die spätere Veröffentlichung unmöglich gemacht wird. Für die umgekehrte Richtung allerdings, also für nur auf die Veröffentlichung der Aufnahmen abzielende Maßnahmen, ist festzustellen, dass § 176 GVG keine taugliche Rechtsgrundlage sein kann. Eine Verpflichtung des Rundfunks auf eine spätere Nichtidentifizierbarkeit der aufgenommenen Personen muss, unabhängig von der Einschätzung der sitzungspolizeilichen Kompetenzen, aus den genannten Gründen als gegen das persönlichkeitsrechtliche Untermaßverbot verstoßend eingestuft werden. d) Bindung der Zulässigkeit der Aufnahmen an das Vorliegen entsprechender Einwilligungen Während die bisher dargestellten Maßnahmen die Möglichkeit, Bild- und Tonaufnahmen anzufertigen qualitativ nicht einschränken und so dem Untermaßverbot nicht genügen, sind nunmehr Beschränkungen der Aufnahmetätigkeiten zu diskutieren. In Betracht kommt zunächst, die Zulässigkeit der Aufnahmen am Willen der Betroffenen festzumachen. Nur wenn diese in die Aufnahmen einwilligen, wäre es zulässig, Bild- und Tonaufnahmen von eben dieser Person anzufertigen.284 Dies bedeutet zweierlei. Zum einen wird der Struktur des allgemeinen Persönlichkeitsrechts entsprochen, welche Beeinträchtigungen mit dem Informationsinteresse der Bevölkerung [BVerfG NJW 2002, 2021 (2022)], um die Herstellung der Aufnahmen zu legitimieren. Wenn nun aber zum Schutz von Leib und Leben eine Anonymisierung der Aufnahmen erforderlich ist, muss sich das Gericht die Frage gefallen lassen, warum die Anfertigung der Aufnahmen dann überhaupt zugelassen wird, beeinträchtigt diese doch das allgemeine Persönlichkeitsrecht eines jeden gegen seinen Willen Aufgenommenen. Denn das vom Gericht angenommene personenbezogene Informationsinteresse kann durch die anonymisierten Aufnahmen gar nicht mehr befriedigt werden. Nur um einer gesteigerten Illustration willen kann die Anfertigung der Aufnahmen nicht legitimiert werden. Dieser Problematik braucht hier mangels Relevanz für das Fortkommen der Arbeit jedoch nicht weiter nachgegangen werden. 283 Vgl. H. II. 1. c) aa). 284 So Germelmann/Matthes/Müller-Glöge/Prütting/Germelmann, ArbGG, § 52 RN 10; Hauck, ArbGG, § 52 RN 7.

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des Rechts bei Vorliegen entsprechender Einwilligungen ausschließt, und zum anderen kommt diese Maßnahme, wenn es an der Einwilligung fehlt, einem Aufnahmeverbot gleich. Da die Gefahrenlage bezüglich der persönlichkeitsrechtlichen Positionen und so auch die Handlungsverpflichtung des Staates entfällt285, wenn in die Herstellung der Aufnahmen eingewilligt wurde, wird dem Untermaßverbot durch die Bindung der Aufnahmen an den Willen der Betroffenen Genüge getan. Dies nämlich stellt ein aktiv schützendes Handeln des Vorsitzenden Richters dar. Dem könnte versucht werden entgegenzuhalten, dass ein Schutz lediglich in Bezug auf die Anfertigung der Aufnahmen, nicht aber bezüglich deren Veröffentlichung gewährt wird. Wird in die Herstellung der Aufnahmen eingewilligt, so ist es dem Rundfunk möglich, diese Aufnahmen auch ohne beziehungsweise gegen den Willen des Aufgenommenen zu publizieren. Eine derartige Argumentation kann nicht überzeugen. Denn es darf der Bezugspunkt der persönlichkeitsrechtlichen Handlungspflicht, die Herstellung von Aufnahmen, nicht aus den Augen verloren werden. Nur hinsichtlich dessen liegt der zu fordernde direkte Sitzungsbezug vor.286 Die Verpflichtung des Vorsitzenden Richters zum aktiv schützenden Verhalten ist deshalb nicht auf die Veröffentlichung der Bildund Tonaufnahmen bezogen. Da diesbezüglich keine Handlungspflicht des Vorsitzenden Richters besteht, sind die Schutzwirkungen in Bezug auf die Veröffentlichung der Aufnahmen kein Maßstab für die Erfüllung der Handlungsverpflichtung. Dem Vorsitzenden Richter stehen grundsätzlich zwei Möglichkeiten zur Verfügung, wie er die Bindung der Aufnahmen an den Willen der Betroffenen erreichen kann. Einmal kann er ein grundsätzliches Verbot der Aufnahmen aussprechen und diese ausnahmsweise dann zulassen, wenn in die Aufnahmen eingewilligt wurde. Der Richter müsste das Verbot also aktiv aufheben. Ihm obliegt es daher, das Vorliegen der Einwilligung zu überprüfen. Diesem Ansatz entsprechend wird in der Literatur davon ausgegangen, dass der Vorsitzende Richter die zur Veröffentlichung bestimmten Aufnahmen im Falle der Gefahr einer unzumutbaren Anprangerung nur erlauben oder dulden darf, sofern die betroffenen Personen erkennbar einverstanden sind, sie also eingewilligt haben.287 Diese Aussage muss allerdings über die Fälle von Anprangerungen hinaus, die in aller Regel nur Angeklagte und Verurteilte treffen, auf erhebliche Persönlichkeitsbeeinträchtigungen im Allgemeinen erweitert werden. Nur so werden sämtliche im Sitzungsbereich anwesenden Personen, welche sich alle auf den vollen Persönlichkeitsrechtsschutz berufen können, ausreichend ge285 Einzige Ausnahme sind die Fälle, in denen ein Schutz gegen sich selbst zu gewähren ist. Vgl. dazu H. II. 2. 286 Vgl. H. II. 1. c) aa). 287 So Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 176 GVG RN 15.

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schützt. Der Vorteil dieser Variante, nach welcher der Vorsitzende das Vorliegen der Einwilligung quasi kontrolliert, liegt darin, dass der nicht zu leugnenden Gefahr auf Grund des übermächtigen Rundfunkdrucks unfreiwillig abgegebener Einwilligungen288 entgegengewirkt wird. In diesem Sinne stellt sich die Praxis an 51 Prozent der Landgerichte dar. An diesen nämlich besteht ein grundsätzliches Aufnahmeverbot289, welches zur Folge hat, dass das zuständige Organ etwaige Bild- und Tonaufnahmen explizit erlauben muss. Dies wiederum wird an 91 Prozent der Landgerichte und so mehrheitlich mittels eines individuellen Antrages an das zuständige Organ initiiert.290 Auch die zweite Variante basiert auf einem Aufnahmeverbot. Im Gegensatz zur ersten Möglichkeit entfällt die Nachforschungspflicht des Vorsitzenden Richters. Das Verbot wird dabei vom Vorsitzenden aufschiebend bedingt ausgesprochen. Das bedeutet für die Rundfunkanbieter, dass sie Bild- und Tonaufnahmen anfertigen können, sobald die entsprechenden Einwilligungen eingeholt sind. Eines erneuten Tätigwerdens des Vorsitzenden bedarf es im Gegensatz zur ersten Variante nicht. Lediglich an zwei Landgerichten und so an 2 Prozent der Landgerichte wird dieses Verfahren angewandt. Personenbezogene Aufnahmen sind an diesen Gerichten, allerdings mit unterschiedlichem Personenbezug, generell verboten, was dann nicht gelten soll, wenn wirksam in die Anfertigung der Aufnahmen eingewilligt wurde.291 Ein den Mindestschutz gewährleistendes aktives sitzungspolizeiliches Tätigwerden zum Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts liegt in beiden Fällen vor. Zwar wird mit der ersten Variante der Vorsitzende als Kontrollinstanz bezüglich der Einwilligungen tätig, und so ein höheres Schutzniveau erreicht, jedoch stellt sich ein praktisches Problem. Im Umfeld der strafgerichtlichen Hauptverhandlung muss der Vorsitzende Richter einer Vielzahl von Aufgaben nachgehen. Dies würde erheblich erschwert, wäre er, vor allem auf Grund der Grundrechte des Rundfunks, verpflichtet, auf jeden Hinweis der Rundfunkanbieter nachzuprüfen, ob eine Einwilligung vorliegt, um dann das Aufnahmeverbot partiell aufzuheben. Als problematisch könnte hinsichtlich der zweiten Variante angesehen werden, dass es dem Rundfunk obliegt zu entscheiden, ob eine Einwilligung vorliegt. Da die Grenze zur Annahme einer konkludent erteilten Einwilligung fließend und nur schwer konkretisierbar ist, könnte der Rundfunk, indem er sich auf konkludent erteilte Einwilligungen beruft, das Aufnahmeverbot umgehen. Aus diesem Grund erscheint es als notwendig, dass der Vorsitzende Richter den Rundfunk in der zweiten Variante an ausdrücklich erklärte 288 Auf diese Gefahr weist das Bundesverfassungsgericht, bezogen auf die strafgerichtliche Hauptverhandlung, ausdrücklich hin. Vgl. BVerfGE 103, 44 (71). 289 Vgl. die Auswertung der Frage 1 des Fragebogens in Anlage 3. 290 Vgl. die Auswertung der Frage 7 des Fragebogens in Anlage 3. 291 Vgl. die Auswertung der Frage 1 des Fragebogens in Anlage 3.

III. Die Grenzen der Entscheidung – Unter- und Übermaßverbot

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Einwilligungen der Betroffenen bindet. Auch wenn beide Varianten das Untermaßverbot nicht verletzten, erscheint die zweite doch wesentlich praktikabler und daher vorzugswürdig. e) Verbot der Aufnahmen bei erkennbarem Widerstand Vermeintlich weitergehend ist der bewirkte Schutz, wenn der Vorsitzende ein sitzungspolizeilich angeordnetes Verbot der Aufnahmeherstellung ausspricht, sobald von den betroffenen Personen ein nach außen sichtbarer Widerstand gegen den Aufnahmeprozess geleistet wird. An einem aktiv schützenden Handeln des Vorsitzenden Richters bereits im Hinblick auf die Anfertigung der Bild- und Tonaufnahmen kann dann nicht gezweifelt werden. Maul 292 zufolge ist dies deshalb eine ausreichende Maßnahme. Nach ihm ist der Vorsitzende Richter erst dann zu einem Schutz durch sitzungspolizeiliche Maßnahmen gehalten, wenn ein Verfahrensbeteiligter gegen seine Aufnahme Widerspruch eingelegt hat. Auch der Bundesminister der Justiz stellte im Rahmen des „Honecker-Verfahrens“ auf die „. . . ausdrückliche Bitte der abzubildenden Personen . . .“293 ab. Nach dieser Sichtweise müssten die heute typischen Aufnahmen von Angeklagten, die sich deutlich vor dem Rundfunk schützen wollen, als rechtswidrig eingestuft werden. Allerdings muss daran gezweifelt werden, dass den Anforderungen des Untermaßverbotes hiermit nachgekommen wird. Das, was Maul und der Bundesminister der Justiz letztlich tun, ist, das Bestehen der staatlichen Handlungspflicht vom Verhalten der jeweils betroffenen Personen abhängig zu machen. Erst wenn diese erkennbar Widerstand leisten, sei der Richter gehalten, schützend einzuschreiten. Dementsprechend bestünde auch erst ab diesem Zeitpunkt das handlungspflichtbegründete Untermaßverbot, welchem dann durch das Aufnahmeverbot in der Tat hinreichend nachgekommen würde. Dieser Sicht steht allerdings entgegen, dass die staatliche Schutz- und Handlungspflicht direkt den Grundrechten entspringen und, abgesehen von etwaigen Einwilligungen, gerade vom konkreten Verhalten der schützenswerten Personen unabhängig sind. Es ist die beschriebene Gefahrenschwelle294 und nicht das erkennbare Verhalten des Betroffenen, das die Schutz- zur Handlungspflicht verdichtet. Eben diese Gefahrenschwelle ist bezüglich der Bild- und Tonaufnahmen auch ohne erkennbares Widerstandleisten der Betroffenen überschritten, nämlich dann, wenn für den Vorsitzenden Richter absehbar ist, dass es zu personenbezogenen Aufnahmen des Rundfunks im Umfeld der strafgerichtlichen Hauptverhandlung kommen wird. Zu diesem Zeitpunkt aber würde der Richter nach dem hier disku292 293 294

Maul MDR 1970, 286 (287). Siehe BVerfGE 91, 118 (132). Vgl. H. II. 1. c).

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tierten Ansatz noch nicht aktiv schützend tätig und könnte die Anforderungen des Untermaßverbotes daher nicht erfüllen. Daran ändert auch ein im Nachhinein angeordnetes Aufnahmeverbot nichts. f) Präventives Aufnahmeverbot Als schärfstes „Schwert“ des Vorsitzenden Richters stellt sich schließlich die Anordnung eines präventiven Aufnahmeverbotes im Sitzungsbereich dar, das keine Ausnahmen zulässt. Da ein derartiges Verbot sämtliche im Zusammenhang mit den Aufnahmen stehenden Gefahren und Beeinträchtigungen für die Persönlichkeitsrechte unterbindet, ist der notwendige Mindestschutz und so die grundrechtliche Handlungsverpflichtung erfüllt. Die Problematik dieser Reaktion auf die bevorstehenden Aufnahmen ist vielmehr im Übermaßverbot angesiedelt. Von vielen in Betracht kommenden sitzungspolizeilichen Anforderungen überzeugen im Hinblick auf das Untermaßverbot lediglich zwei, nämlich die Aufnahmen erstens vom Vorhandensein entsprechender (ausdrücklicher) Einwilligungen abhängig zu machen und zweitens ein absolutes Aufnahmeverbot auszusprechen. Die Möglichkeit, dass den Anordnungen des Vorsitzenden Richters nicht nachgekommen wird, besteht immer. Zu diesem Zweck stehen dem Gericht mit den §§ 177 f. GVG hinreichend repressive Mittel zur Verfügung. Diesbezügliche Argumente lassen sich daher nicht anführen. 2. Übermaßverbot – Verhältnismäßigkeit Aus rein persönlichkeitsrechtlicher Sicht kann der Schutz vor der Anfertigung von Bild- und Tonaufnahmen nicht weit genug gehen.295 Allerdings gilt es, da Einseitigkeiten zu vermeiden sind, die Grundrechte auf Seiten des Rundfunks mittels des Übermaßverbotes ausreichend zu würdigen. Durch die den Mindestschutz gewährenden Maßnahmen wird in Rundfunk- und Berufsfreiheit eingegriffen. Diese Eingriffe sind am Übermaßverbot beziehungsweise an der Verhältnismäßigkeit296 zu messen.297 Im Wesentlichen298 folgt dies aus dem Rechtsstaatsprinzip und stellt so ein umfassendes und zwingendes verfassungsrechtliches Prinzip dar.299 Daher sind dem Staat Grenzen gesetzt, wenn es um 295

Werhahn UFITA 39 (1962), 22 (39). Beide Begriffe meinen dabei dasselbe. Vgl. zur Terminologie Grabitz AöR 98 (1973), 568 (570 f.). 297 Allgemeiner Dreier II/Schulze-Fielitz, Art. 20 (Rechtsstaat) RN 187; Häberle, Öffentliches Interesse als Juristisches Problem, S. 57; Bleckmann, Staatsrecht II, § 12 RN 113 mit umfassenden Nachweisen; Ipsen JuS 1990, 634 (634). 298 Zu weiteren Begründungen vgl. m.w. N. Clérico, Die Struktur der Verhältnismäßigkeit, S. 19 f.; auch Schlink FS-50 Jahre BVerfG II, S. 445 (447 ff.). 296

III. Die Grenzen der Entscheidung – Unter- und Übermaßverbot

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die Durchsetzung seiner Ziele auf Kosten von Freiheitsrechten der Bevölkerung geht.300 Der Vorsitzende Richter hat das Übermaßverbot somit in seine Entscheidungsfindung im Rahmen des § 176 GVG einzubeziehen.301 Im Folgenden ist deshalb zu untersuchen, wie weit der Vorsitzende Richter zum Schutz der Persönlichkeitsrechte der Betroffenen gehen kann. Hierbei interessieren lediglich die beiden Maßnahmen, die den Anforderungen des Untermaßverbotes entsprechen. Die nachfolgenden Ausführungen sind daher auf die Bindung der Zulässigkeit der Aufnahmen an die Einwilligung der Betroffenen und auf ein vollständiges Aufnahmeverbot beschränkt. a) Legitimer Zweck Bevor auf diese beiden Maßnahmen konkret eingegangen wird, ist vorab302 zu prüfen, ob der mit den Maßnahmen verfolgte Zweck auch ein legitimer ist, da nur solche dem Übermaßverbot entsprechen können.303 Der Staat darf nur dann von seinen Gewaltbefugnissen Gebrauch machen, wenn er damit anerkennenswerte Ziele verfolgt. Ein solches Ziel ist nichts anderes als ein verfassungsrechtlich unbedenklicher Zweck. Negativ formuliert, fehlt es an solch einem Zweck, wenn die Motivationen für den jeweiligen Eingriff außerhalb der Grundentscheidungen der Verfassung stehen beziehungsweise in keiner Weise nachvollziehbar sind.304 Mit sitzungspolizeilichen Maßnahmen werden generell legitime Ziele verfolgt, nämlich die Aufrechterhaltung der Ordnung in der Sitzung 299 BVerfGE 23, 127 (133); 43, 242 (288); 61, 126 (134); 76, 256 (359); 86, 288 (347); 90, 145 (173); Sachs/Sachs, Art. 20 RNn 145 f.; Dreier II/Schulze-Fielitz, Art. 20 (Rechtsstaat) RNn 179 f.; von Mangoldt/Klein/Starck II/Sommermann, Art. 20 Abs. 3 RN 298; Hirschberg, Verhältnismäßigkeit, S. 1; Lücke, Die Berufsfreiheit, S. 34; Hen, Grundrechte, S. 121; Glos, Berufsfreiheit und Grundfreiheiten, S. 207; Hainsohn, Verhältnismäßigkeit, S. 69 ff.; Stark, Ehrenschutz in Deutschland, S. 124; Grabitz AöR 98 (1973), 568 (584); Tettinger AöR 108 (1983), 92 (117); Kluth JA 1999, 606 (607); a. A. Dechsling, Das Verhältnismäßigkeitsgebot, S. 114 ff.; zur Entwicklung Schneider FG-25 Jahre BVerfG II, S. 390 (390 f., 397 ff.); Reinhardt NJW 1994, 93 (96). 300 Ciyiltepe-Pilarsky, Verhältnismäßigkeit, S. 45. 301 BVerfGE 28, 21 (27); 91, 124 (129); BVerfG NJW 2000, 2890 (2890); BVerfG NJW 2003, 500 (501); OLG Karlsruhe NJW 1977, 309 (309 f.); Kissel/Mayer, GVG, § 176 RN 91; LR VII/Wickern, § 176 GVG RN 36; Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 176 GVG RN 15; Lechner/Zuck, BVerfGG, § 17 RN 9; Olizeg, Hausrecht, S. 212; Britz, Fernsehaufnahmen, S. 115; Beulke, Strafprozessrecht, RN 379; Lorz, in: Herausforderungen, S. 59 (68); Scholz NStZ 1995, 42 (43); Knothe/Wankel ZRP 1996, 106 (108); Lehr NStZ 2001, 63 (65); Bamberger ZUM 2001, 373 (377). 302 Siehe nur Berka, Medienfreiheit und Persönlichkeitsschutz, S. 209 f.; Schlink FS-50 Jahre BVerfG II, S. 445 (451); Kluth JA 1999, 606 (609). 303 Clérico, Die Struktur der Verhältnismäßigkeit, S. 215. 304 von Mangoldt/Klein/Starck II/Sommermann, Art. 20 Abs. 3 RN 304; Sachs, Verfassungsrecht II, A 10 RN 33; Czybulka NVwZ 1991, 145 (147); ausführlich dazu Clérico, Die Struktur der Verhältnismäßigkeit, S. 64 ff.

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beziehungsweise der Schutz von Rechten der im Sitzungsbereich anwesenden Personen. Auch Gefahren für die Rechtspflege im weitesten Sinne werden hiermit bekämpft. Sämtliche der genannten Zielsetzungen sind mit den Grundentscheidungen der Verfassung vereinbar. Vor allem die Persönlichkeitsrechte, die in Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG ihren Niederschlag gefunden haben, belegen das. Hinzukommt, dass das Handeln des Staates in Form des Vorsitzenden Richters hinsichtlich der Bild- und Tonaufnahmen auf der staatlichen Handlungsverpflichtung beruht. Die verfolgten Ziele sind daher unter jedem Blickwinkel verfassungsrechtlich unbedenklich. b) Bindung der Zulässigkeit der Aufnahmen an das Vorliegen entsprechender Einwilligungen Wenn geprüft werden soll, ob das Übermaßverbot durch eine hoheitliche Maßnahme, hier des Vorsitzenden Richters, verletzt ist, darf die besondere Bedeutung des Untermaßverbotes nicht außer Acht gelassen werden. Die am wenigsten eingreifende, dem Untermaßverbot genügende Maßnahme ist, die Zulässigkeit der Aufnahmen an den Willen der Betroffenen zu binden. Es wäre widersinnig, die mindestschützende Maßnahme im Hinblick auf das Übermaßverbot ernsthaft in Zweifel zu ziehen, da anderenfalls widersprüchliche Ergebnisse möglich wären. Ein und dasselbe Handeln würde grundrechtlich (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG) gefordert, zugleich aber grundrechtlich (Art. 5 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GG und Art. 12 Abs. 1 GG) untersagt. Unter- und Übermaßverbot würden sich dann nicht mehr ergänzen, sondern widersprechen. Dies liefe dem Gebot der Einheit der Rechtsordnung, welche eine Wertungsparallelität des Rechts verlangt305, massiv entgegen. Der Vorsitzende Richter hätte dann lediglich die Wahl, welches der beteiligten Grundrechte er verletzt. Damit würde eine untragbare Situation entstehen. Insofern ergibt sich bereits aus allgemeinen Überlegungen geradezu zwingend, dass die Anforderungen des Übermaßverbotes durch die Bindung der Zulässigkeit von Bild- und Tonaufnahmen an das Vorliegen entsprechender Einwilligungen erfüllt sein müssen. Daher ist es hier nicht notwendig, näher auf die Frage einzugehen, ob die Verknüpfung von Zulässigkeit und Einwilligung geeignet, erforderlich und angemessen ist, den angestrebten Persönlichkeitsschutz zu erreichen. Nur Maßnahmen, welche die Rechte des Rundfunks und der Rundfunkmitarbeiter intensiver beeinträchtigen, können das Übermaßverbot verletzen.

305

Selmer, in: Vielfalt des Rechts, S. 199 (199).

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c) Präventives Aufnahmeverbot Diese Eigenschaften weist lediglich ein absolut und präventiv ausgesprochenes Aufnahmeverbot auf, welches jegliche Aufnahmetätigkeiten verbietet. Nur dieses Verbot, dass einen nahezu vollständigen Schutz der Persönlichkeitsrechte der Betroffenen im Hinblick auf die mit Bild- und Tonaufnahmen einhergehenden Gefährdungen und Beeinträchtigungen bewirkt, ist deshalb umfassend am Übermaßverbot zu messen. Dementsprechend gilt es im Folgenden, Geeignetheit, Erforderlichkeit und vor allem Angemessenheit eines Aufnahmeverbotes zu beleuchten. aa) Geeignetheit Die erste306 Anforderung im Rahmen der Prüfung des Übermaßverbotes ist die der Geeignetheit. Sie verlangt, dass die eingreifende Maßnahme ein taugliches Mittel zur Erreichung des angestrebten Zieles ist, sie den Zweck also fördert. Um dies bejahen zu können, muss der Eintritt des bezweckten Erfolges zumindest erleichtert werden beziehungsweise wahrscheinlicher sein.307 Hinsichtlich Aufnahmeverboten ergeben sich diesbezüglich keine Zweifel. Die Persönlichkeitsrechte würden umfassend geschützt und die beschriebenen Gefahren auf ein Minimum reduziert. Ein völliges Aufnahmeverbot ist also geeignet, die gesetzten Ziele zu erreichen.

306 Nur ein zur Zweckerreichung geeigneter Eingriff kann erforderlich sein, weshalb die Geeignetheit vor der Erforderlichkeit zu untersuchen ist. (vgl. nur Remmert, Übermaßverbot, S. 174; Mackeprang, Ehrenschutz, S. 212; Hirschberg, Verhältnismäßigkeit, S. 59 ff.; Clérico, Die Struktur der Verhältnismäßigkeit, S. 76) Dies vernachlässigt Pitschas, Berufsfreiheit und Berufslenkung, S. 525 ff., wenn er die Erforderlichkeit berufslenkender Maßnahmen vor deren Geeignetheit prüft. 307 BVerfGE 30, 392 (316); 33, 171 (187); 40, 196 (222); 67, 155 (173); Sachs/ Sachs, Art. 20 RN 150; Dreier II/Schulze-Fielitz, Art. 20 (Rechtsstaat) RN 182; von Mangoldt/Klein/Starck II/Sommermann, Art. 20 Abs. 3 RN 304; Hirschberg, Verhältnismäßigkeit, S. 50 f.; Clérico, Die Struktur der Verhältnismäßigkeit, S. 28, 42, 45 f.; Ciyiltepe-Pilarsky, Verhältnismäßigkeit, S. 45; Mackeprang, Ehrenschutz, S. 212; Wente, Das Recht der journalistischen Recherche, S. 86; Heusch, Verhältnismäßigkeit, S. 38; Stark, Ehrenschutz in Deutschland, S. 124; Pitschas, Berufsfreiheit und Berufslenkung, S. 527; Borrmann, Berufsfreiheit, S. 87; Bleckmann, Staatsrecht II, § 12 RN 125; Pieroth/Schlink, Staatsrecht II, RN 283; Siekmann/Duttge, Staatsrecht I, RN 196; Ipsen, Staatsrecht II, RN 176; Stein, Staatsrecht, S. 241; Fechner, Medienrecht, RN 102; Schlink FS-50 Jahre BVerfG II, S. 445 (454); Gentz NJW 1968, 1600 (1603); Grabitz AöR 98 (1973), 568 (571 f.); Wendt AöR 104 (1979), 414 (451); Erichsen Jura 1980, 551 (555); Schnapp JuS 1983, 850 (852).

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bb) Erforderlichkeit Ist die grundrechtsbeschränkende Maßnahme geeignet, den verfolgten Zweck zu erreichen, muss sie hierzu auch erforderlich sein. Eine erforderliche staatliche Maßnahme liegt vor, wenn es keine die grundrechtlichen Schutzgegenstände weniger beeinträchtigende Alternative gibt, um das angestrebte Ziel zu erreichen, die zugleich die Wahrscheinlichkeit der Zielerreichung in demselben Maße erhöht.308 Von wesentlicher Bedeutung für jede Erforderlichkeitsprüfung ist der letzte Teilsatz, da mildere Maßnahmen nahezu immer denkbar sind. Danach nämlich ist nach milderen Mitteln zu forschen, die das angestrebte Ziel in gleichem Maße verwirklichen. Um von gleich geeigneten staatlichen Maßnahmen sprechen zu können, genügt es, dass der gewünschte Erfolg mit dem alternativen Mittel ebenso gefördert werden kann, wie mit dem eingesetzten.309 Im Hinblick auf diesen Erforderlichkeitsmaßstab sind einige Ansätze von Literatur und Rechtsprechung im Hinblick auf ein völliges Verbot der Anfertigung von Aufnahmen kritisch zu begleiten. Zunächst sei auf die bereits in persönlichkeitsrechtlicher Hinsicht als untauglich qualifizierte310 „Pool-Lösung“ hingewiesen. Insbesondere das Bundesverfassungsgericht spricht die „Pool-Lösung“ im Rahmen der Erforderlichkeit an. Es prüft also, ob der Persönlichkeitsschutz der von den Aufnahmen betroffenen Personen ein Aufnahmeverbot erfordert und verneint dies im Ergebnis.311 Dabei aber wird verkannt, dass „Pool-Lösung“ und Aufnahmeverbot den angestrebten Persönlichkeitsschutz sowohl im Hinblick auf die Anfertigung als auch auf die Veröffentlichung der Aufnahmen gerade nicht in gleicher Weise fördern. Der durch ein völliges oder auch nur teilweises Verbot von Bild- und Tonaufnahmen bewirkte Schutz der Persönlichkeitsrechte ist um ein Vielfaches höher, als bei Vollzug der „Pool-Lösung“. Gleiches gilt für die mit den Aufnahmen einhergehenden Gefahren, vor denen auch geschützt werden soll. Daher bildet die „Pool-Lösung“ als milderes aber nicht gleich geeignetes Mittel schon keinen 308 BVerfGE 30, 292 (316); 78, 38 (50); 78, 232 (245); 85, 90 (107 f.); 92, 277 (327); 100, 313 (375); Sachs/Sachs, Art. 20 RN 152; Dreier II/Schulze-Fielitz, Art. 20 (Rechtsstaat) RN 183; von Mangoldt/Klein/Starck II/Sommermann, Art. 20 Abs. 3 RN 304; Remmert, Übermaßverbot, S. 177 ff.; Ciyiltepe-Pilarsky, Verhältnismäßigkeit, S. 45 f.; Hirschberg, Verhältnismäßigkeit, S. 56 f.; Heusch, Verhältnismäßigkeit, S. 41; Wente, Das Recht der journalistischen Recherche, S. 86; Stark, Ehrenschutz in Deutschland, S. 124; Mackeprang, Ehrenschutz, S. 212; Borrmann, Berufsfreiheit, S. 87 f.; Pieroth/Schlink, Staatsrecht II, RNn 285, 296; Stein, Staatsrecht, S. 242, Bleckmann, Staatsrecht II, § 12 RN 126; Ipsen, Staatsrecht II, RN 178; Siekmann/ Duttge, Staatsrecht I, RN 196; Fechner, Medienrecht, RN 102; Gentz NJW 1968, 1600 (1603); Erichsen Jura 1980, 551 (555); Grabitz AöR 98 (1973), 568 (573); Schnapp JuS 1983, 850 (852); Kluth JA 1999, 606 (609); Wendt AfP 2004, 181 (187). 309 Clérico, Die Struktur der Verhältnismäßigkeit, S. 78. 310 Vgl. H. III. 1. b). 311 BVerfGE 91, 125 (137 f.).

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Ansatzpunkt, um das Aufnahmeverbot als nicht erforderlich qualifizieren zu können. Im übrigen sei daran erinnert, dass die „Pool-Lösung“ auch nicht den Anforderungen des Untermaßverbotes genügt. Taugliche Alternativmaßnahmen zum fraglichen Aufnahmeverbot aber können auf Grund des Zusammenspiels von Über- und Untermaßverbot nur Maßnahmen sein, die die Mindestschutzschwelle nicht unterschreiten. Allein deswegen muss der Weg des Bundesverfassungsgerichts zumindest für die Mehrzahl der Fälle312 abgelehnt werden. Wie bereits beschrieben, ist das Bundesverfassungsgericht im „El-Kaida-Beschluss“313 darüber hinaus gegangen, den Vorsitzenden Richter nur auf die „Pool-Lösung“ zu verweisen. Zusätzlich sei dafür zu sorgen, dass durch entsprechende technische Verfahren eine spätere Identifizierbarkeit der aufgenommenen Personen nicht mehr möglich ist. Letztlich wird einem Aufnahmeverbot damit die Erforderlichkeit abgesprochen. Dennoch wird auch durch diese erweiterte „Pool-Lösung“ nicht das Schutzniveau erreicht, das mittels eines Aufnahmeverbotes erreicht würde. Denn Schutz würde nur hinsichtlich der Veröffentlichung bewirkt, nicht aber auch bezüglich der hier relevanten Anfertigung der Aufnahmen. Die Maßnahmen sind also nicht gleich geeignet, den Persönlichkeitsschutz zu bewirken. Schließlich ist auf die Annahme Kissels und Mayers314 einzugehen, die vom Vorsitzenden Richter mittels § 176 GVG anzuordnenden Einschränkungen der Rundfunkrechte hätten sich auf die unentbehrlich erscheinenden Einschränkun312 Im „Honecker-Verfahren“ bestand die Besonderheit, dass es sich bei den Angeklagten, um deren Aufnahme ging es dem Rundfunk, nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts um Personen der Zeitgeschichte handelte. [BVerfGE 91, 125 (138)] Da diese nun im Vergleich zu den üblichen Angeklagten eine geringere Schutzbedürftigkeit (vgl. nur § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG) aufweisen, ist die für das Untermaßverbot zu setzende Gefahrenschwelle für die Verdichtung der Schutz- zur Handlungspflicht entsprechend höher. Es ist insofern davon auszugehen, dass die „Pool-Lösung“ in derartigen Konstellationen in der Tat den Anforderungen des Untermaßverbotes entspricht und so tauglicher Maßstab einer erforderlichkeitsorientierten Prüfung des Aufnahmeverbotes sein kann. Die Argumentation des Bundesverfassungsgerichts wäre allerdings nur dann schlüssig, wenn Ziel des staatlichen Handelns lediglich wäre, den notwendigen Mindestschutz zu erreichen. Denn dann wäre die „Pool-Lösung“ bei gleicher Eignung, dieses Ziel zu erreichen, das mildere und damit vorzugswürdige Mittel. Würden allerdings sämtliche über dem Mindestschutz liegenden Eingriffe als nicht erforderlich qualifiziert, darauf liefe die Orientierung am Mindestschutz im Rahmen der Erforderlichkeit gerade hinaus, würde der den staatlichen Stellen hinsichtlich der konkreten Schutzmaßnahme zuzugestehende Spielraum (vgl. D. III. 2.) niemals bestehen. Unterund Übermaßverbot würden sich so regelmäßig decken. Daher ist es vorzugswürdig, den Maßstab im Rahmen der Erforderlichkeit nicht am Mindestschutz, sondern an dem mit der konkreten Maßnahme verfolgten, mitunter weitergehenden Schutz auszurichten. Unter Zugrundelegung dieser Sichtweise liefert die Möglichkeit der „Pool-Lösung“ also auch im „Honecker-Verfahren“ keinen Grund, die Erforderlichkeit eines Aufnahmeverbotes zu verneinen. 313 BVerfG NJW 2002, 2021 (2021 f.). 314 So Kissel/Mayer, GVG, § 176 RN 91.

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gen der journalistischen Tätigkeiten, verwiesen wird auf Anweisungen hinsichtlich Standort, Zeit und Dauer der Aufnahmen, zu beschränken. Dann aber blieben Aufnahmen der Personen nahezu unbeschränkt möglich. Effektiver Schutz der betroffenen Personen würde im Gegensatz zum Aufnahmeverbot kaum gewährt. Auch auf diesem Wege lässt sich die Erforderlichkeit eines Aufnahmeverbotes nicht verneinen. Da keine sitzungspolizeiliche Maßnahme als Alternative zum Aufnahmeverbot in Betracht kommt, welche die Persönlichkeitsrechte in gleichem Maße schützt, muss das Verbot der Aufnahmeherstellung auch als erforderlich im Sinne des Übermaßverbotes angesehen werden. Die sich eigentlich um das Aufnahmeverbot rankende Problematik betrifft daher nicht die Erforderlichkeit, sondern die nun zu prüfende Angemessenheit. cc) Angemessenheit In terminologischer Hinsicht wird des Öfteren nicht von der Angemessenheit, sondern von der dem Inhalt nach identischen Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne gesprochen.315 Um begrifflichen Missverständlichkeiten vorzubeugen, sollte jedoch am Begriff der Angemessenheit festgehalten werden. Um eine grundrechtsbeschränkende hoheitliche Maßnahme als angemessen qualifizieren zu können, dürfen Zweck und Mittel nicht in einem unausgewogenen Verhältnis zueinander stehen.316 Hierzu sind die betroffenen Rechte und Interessen einzelfallorientiert abzuwägen.317 Dementsprechend ist nun zu untersuchen, ob ein 315 So zum Beispiel BVerfGE 99, 202 (212); Dreier II/Schulze-Fielitz, Art. 20 (Rechtsstaat) RN 180; Pieroth/Schlink, Staatsrecht II, RN 289; Hirschberg, Verhältnismäßigkeit, S. 75; Clérico, Die Struktur der Verhältnismäßigkeit, S. 18; Pitschas, Berufsfreiheit und Berufslenkung, S. 525; Stark, Ehrenschutz in Deutschland, S. 124; Borrmann, Berufsfreiheit, S. 88; Mackeprang, Ehrenschutz, S. 212; Siekmann/Duttge, Staatsrecht I, RN 196; Fechner, Medienrecht, RN 102; Kluth JA 1999, 606 (610). 316 BVerfGE 50, 217 (227); 80, 103 (107); 81, 156 (188 f.); 83, 1 (19); 85, 248 (259); 93, 362 (369); 99, 202 (212 f.); BVerfG NJW 2001, 353 (354); BVerwGE 109, 188 (191); Sachs/Sachs, Art. 20 RNn 154 f.; von Mangoldt/Klein/Starck II/Sommermann, Art. 20 Abs. 3 RN 304; Jarass/Pieroth/Jarass, Art. 12 RN 36; Albrecht, Zumutbarkeit als Verfassungsmaßstab, S. 123; Clérico, Die Struktur der Verhältnismäßigkeit, S. 140; Ciyiltepe-Pilarsky, Verhältnismäßigkeit, S. 46; Heusch, Verhältnismäßigkeit, S. 43; Pitschas, Berufsfreiheit und Berufslenkung, S. 534; Stark, Ehrenschutz in Deutschland, S. 124; Bleckmann, Staatsrecht II, § 12 RN 127; Siekmann/Duttge, Staatsrecht I, RN 196; Ipsen, Staatsrecht II, RN 180; Fechner, Medienrecht, RN 102; Gentz NJW 1968, 1600 (1604); Grabitz AöR 98 (1973), 568 (575); Wendt AöR 104 (1979), 414 (455 f.); Erichsen Jura 1980, 551 (555); Schnapp JuS 1983, 850 (852); Wendt AfP 2004, 181 (187); kritisch zu diesem Prüfungspunkt Schlink FS-50 Jahre BVerfG II, S. 445 (460 ff.); Pieroth/Schlink, Staatsrecht II, RNn 293. 317 Vgl. nur Hohmann DVBl. 2000, 406 (416) m.w. N.; unter anderem nach Pieroth/ Schlink, Staatsrecht II, RNn 294, 858 stellt dieser Prüfungspunkt lediglich eine „. . . Stimmigkeitskontrolle . . .“ dar, da der eigentliche Begründungsaufwand bei der Bejahung der Erforderlichkeit der Maßnahme liegen soll. So ähnlich auch Czybulka

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absolutes Verbot der Anfertigung von Bild- und Tonaufnahmen die Rundfunkanbieter beziehungsweise -mitarbeiter unzumutbar und so übermäßig beeinträchtigt. Ob eine Maßnahme angemessen ist, kann nur dann mittels einer Abwägung ermittelt werden, wenn die beteiligten Interessen und Rechte eine Gewichtung erfahren haben.318 Diesbezüglich kann hier nach oben verwiesen werden.319 Die dort vollzogene, von etwaigen sitzungspolizeilichen Maßnahmen losgelöste Abwägung bildet die Grundlage der hier anzustellenden, konkret auf das Aufnahmeverbot bezogenen Angemessenheitsprüfung. Nach dem oben gefundenen Ergebnis spricht alles für einen weitgehenden Persönlichkeitsschutz, wie er durch ein Aufnahmeverbot verwirklicht würde. Fraglich ist jedoch, inwiefern eine solche Lösung den Rundfunkanbietern und -mitarbeitern zugemutet werden kann. Unabhängig davon, ob man, was im Folgenden zu klären sein wird, der Mehrheit in Rechtsprechung und Literatur darin folgt, absolute Verbote von personenbezogenen Aufnahmen als unangemessen abzulehnen, geht die Annahme eines aus der Rundfunkfreiheit folgenden Anspruchs, in spektakulären Strafverfahren Aufnahmen außerhalb der strafgerichtlichen Hauptverhandlung anfertigen zu können320, zu weit. Aus einem Grundrecht kann kein Anspruch auf die Verletzung eines anderen abgeleitet werden. Daher kann die Angemessenheit nicht mittels eines solchen Anspruchs verneint werden. (1) Notwendigkeit der Aufnahmen Überwiegend wird die Unangemessenheit eines Aufnahmeverbotes an der vermeintlichen Notwendigkeit der Bild- und Tonaufnahmen festgemacht. Teilweise werden diese Verbote mit einem Verweis auf den Charakter des Rundfunks angegriffen. Dieser nämlich sei auf Bild- und Tonaufnahmen angewiesen, stellen diese doch die typischen Aufnahmeformen dar.321 Würde allerdings nur auf die abstrakte Abhängigkeit des Rundfunks von den Aufnahmen abgestellt, würde dem Rundfunk ein nahezu rechtsfreier Raum zugestanden. Jede Aufnahme könnte mit dem Argument, sie sei für den Rundfunk wesensmäßig, legitimiert werden. Hieraus also lassen sich keine Schlüsse dahingehend ziehen, ob Aufnahmeverbote angemessen sind. Vielmehr ist auf die Erforderlichkeit der NVwZ 1991, 145 (146). Das Bundesverfassungsgericht aber legt den Schwerpunkt der Prüfung zunehmend auf die Angemessenheit. Vgl. BVerfGE 97, 228 (259 ff.); 104, 357 (368 ff.). 318 Wendt AöR 104 (1979), 414 (458 f.); in diese Richtung auch BVerfGE 32, 54 (72). 319 Vgl. H. I. 320 In diese Richtung BVerfG NJW 1995, 184 (186). 321 BVerfGE 103, 44 (67); Lampe NJW 1973, 217 (220); Lehr NStZ 2001, 63 (65 f.).

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konkreten Aufnahmen abzustellen. Diese aber fehlt gerade, wenn es um personenbezogene Aufnahmen aus dem Sitzungsbereich geht.322 Zwar hat der Rundfunk ein Interesse ökonomischer Art daran, die Aufnahmen anzufertigen und zu veröffentlichen, jedoch stellt sich ein Verbot der Aufnahmen nicht als unangemessen dar323, da es auf der einen Seite um den Schutz vor massiven Beeinträchtigungen der Persönlichkeitsrechte geht und den Rundfunkanbietern auf der anderen Seite keine existenzgefährdenden Einnahmeeinbußen drohen, wenn diese auf die personenbezogenen Bild- und Tonaufnahmen verzichten müssten. Gleiches gilt im Übrigen für die Rundfunkmitarbeiter, welche die Aufnahmen für die Anbieter anfertigen. Sie sind nicht von Berufs wegen auf personenbezogene Aufnahmen aus dem Umfeld der strafgerichtlichen Hauptverhandlung angewiesen. Einerseits bleiben Aufnahmen ohne Personenbezug im gesamten Sitzungsbereich zulässig und andererseits bestehen neben den Gerichtsberichterstattungen genügend Tätigkeitsfelder, in denen die betroffenen Personen ihrem jeweiligen Beruf nachgehen können. Über den bloßen Verweis auf die typischen Darstellungsformen hinaus führt Lampe324 die Erwartungshaltung der Zuschauer und Zuhörer ins Feld, nach welcher personenbezogene Aufnahmen aus dem Gerichtsbereich erwartet werden. Diesem Argumentationsversuch muss der Erfolg jedoch versagt bleiben. Denn es geht hier um die Angemessenheit von Aufnahmeverboten gegenüber dem Rundfunk, nicht gegenüber der Bevölkerung. In deren Grundrechte wird nicht eingegriffen. Die einzige Möglichkeit, wie die Interessen der Allgemeinheit an dieser Stelle Berücksichtigung finden können, ist die, dass der Rundfunk sich in berechtigter Weise darauf beruft, eben diese Erwartungshaltungen der Bevölkerung mit den Aufnahmen erfüllen zu wollen und zu können. Wäre ein Informationsinteresse der Bevölkerung an den Aufnahmen vorhanden, so könnte sich der Rundfunk auf Grund der ihm obliegenden Aufgabe, für eine ausreichende Grundinformierung der Bevölkerung zu sorgen, auf die Notwendigkeit der Aufnahmen berufen. Genau dies tun die Rundfunkanbieter immer wieder, wenn es darum geht, Aufnahmen zu legitimieren.325 Da Informationsinteressen der Bevölkerung an den Aufnahmen aber nur in den allerseltensten Fällen vorliegen326, entpuppt sich diese Argumentation als in aller Regel untauglich. Wolf 327 weist insofern zutreffend darauf hin, dass insbesondere die Fernsehanbieter immer wieder versuchen, ihre wahre, nämlich die ökonomisch bedingte Interessenlage dadurch zu überspielen, dass sie nicht auf die eigenen Anliegen, son322

Vgl. F. III. So auch Wolf ZRP 1994, 187 (190). 324 Lampe NJW 1973, 217 (220); auch Engels/Schulz AfP 1998, 574 (580) verweisen letztlich auf die Erwartungshaltung der Allgemeinheit. 325 Eberle, in: Jahrbuch des ZDF 1992, 158 (158 ff.); Doebel DRiZ 1994, 435. 326 Vgl. dazu F. I. 3. b). 327 Wolf ZRP 1994, 187 (190). 323

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dern auf ein besonderes öffentliches Informationsinteresse verweisen.328 Ein wirkliches Informationsinteresse besteht häufig allein in Bezug auf die Strafverfahren als solche.329 Dieses aber kann auch ohne personenbezogene Aufnahmen umfassend befriedigt werden. Der Rundfunk könnte sich hier also nur darauf berufen, den sensations-, unterhaltungs- und illustrationsbedingten Interessen der Allgemeinheit an den Aufnahmen nachkommen zu müssen. Das aber vermag, da diese Interessen nur in sehr geringem Maße schutzwürdig sind330, Aufnahmeverbote nicht als unangemessen dastehen zu lassen. Die Erwartungshaltungen der Bevölkerung sprechen hinsichtlich der Informationsvermittlung also nicht gegen, sondern sogar für die Zumutbarkeit von Aufnahmeverboten. Aber auch die Aufgaben beziehungsweise Funktionen des Rundfunks331 lassen es nicht als notwendig erscheinen, personenbezogene Bild- und Tonaufnahmen im Sitzungsbereich herzustellen und zu publizieren. Weder sind die Aufnahmen notwendig und tauglich, um eine Kontrolle zu ermöglichen, noch um Rechtskenntnisse zu vermitteln. Zwar enthalten die Aufnahmen eigenständige Informationen, jedoch haben sie, da mit ihnen über das eigentliche Geschehen im Sitzungsbereich und über den Gang des Verfahrens nicht informiert wird, für die Bevölkerung keinen schutzbedürftigen Wert. Der Informationswert hinsichtlich der Strafverfahren tendiert gegen Null. Für eine schützenswerte Informierung der Allgemeinheit über die Geschehnisse im Sitzungsbereich sind die Aufnahmen also nicht notwendig. Einzig der Unterhaltungsfunktion wird mit den Aufnahmen voll Rechnung getragen, werden die Gerichtsberichterstattungen doch illustriert und so für die Zuschauer und Zuhörer unterhaltsamer und so attraktiver. Dem ist jedoch die besondere Schutzbedürftigkeit der Persönlichkeitsrechte entgegenzuhalten, welche dazu führt, dass die mit einem Aufnahmeverbot einhergehende Einbuße an Unterhaltungswert nicht außer Verhältnis zum verfolgten Zweck, dem Schutze der Persönlichkeitsrechte, steht. Durch einen Verzicht auf personenbezogene Bild- und Tonaufnahmen würde die Erfüllung der Aufgaben und Funktionen des Rundfunks also kaum, das heißt in nicht relevanter Weise, beeinträchtigt.332 Dass die Aufnahmen notwendig seien, wird schließlich auch mit der Berichterstattungsaufgabe des Rundfunks begründet. Durch ein Aufnahmeverbot, so 328 Wolf ZRP 1994, 187 (190), der als Beispiel auf die verbotswidrige Live-Übertragung einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts durch den Nachrichtensender ,n-tv‘ verweist. Daraus lasse sich in hervorstechender Weise ablesen, dass es das Interesse der Medien ist, „. . . ohne irgend ein ,wenn‘ oder ,aber‘, an Aufnahmen aus dem Gerichtssaal zu gelangen . . .“. 329 Vgl. F. I. 3. a). 330 Bleckmann, Staatsrecht II, § 26 RN 101; in diese Richtung auch BVerfGE 34, 269 (283); 101, 361 (391); Jarass/Pieroth/Jarass, Art. 5 RN 85; a. A. Bamberger ZUM 2001, 373 (378). 331 Vgl. C. I. 2. 332 Brüggemann AfP 1971, 155 (157).

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wird argumentiert, verarme die moderne Bildberichterstattung in kaum vorstellbarer und so in nicht hinnehmbarer Weise.333 Die Möglichkeit, Geschehnisse im Sitzungssaal und am Rande der Verhandlung unmittelbar zu dokumentieren, ginge unwiederbringlich verloren.334 Dieser Sicht liegt ein zu weites Verständnis der Berichterstattungsaufgabe zu Grunde. Diese nämlich verpflichtet den Rundfunk nicht dazu, sämtliche Beiträge mit personenbezogenen Aufnahmen zu unterlegen, sondern nur dazu, über aktuelle Geschehnisse von gesellschaftlicher Bedeutung zu berichten. Schon deshalb können hier keine Argumente gegen die Angemessenheit eines Aufnahmeverbotes angesiedelt werden. Überdies kann von einer nicht oder kaum hinnehmbaren Verarmung der Berichterstattung keine Rede sein. Von einer wirklichen Verarmung ist vielmehr erst dann zu sprechen, wenn auf die Vermittlung von relevanten Informationen verzichtet werden müsste. Das ist auf Grund des gegen Null tendierenden Informationswertes der Bild- und Tonaufnahmen aber nicht der Fall. Selbst wenn man hier, da die Illustration der Gerichtsberichterstattungen und so deren Attraktivität vermindert wird, von einer verarmten Berichterstattung reden müsste, wäre diese nicht als unangemessen zu qualifizieren. Denn aus dem Verlust an illustrierenden Elementen kann keine, den Schutz der grundrechtlich verbürgten Persönlichkeitsrechte überwiegende Notwendigkeit der Aufnahmen konstruiert werden. Damit steht fest, dass die Anfertigung von Bild- und Tonaufnahmen im Umfeld der strafgerichtlichen Hauptverhandlung unter keinem erdenklichen Blickwinkel als derart notwendig erscheint, dass es den Rundfunkanbietern und -mitarbeitern im Lichte ihrer hier zur Seite stehenden Grundrechte unzumutbar wäre, auf die Herstellung der Aufnahmen zu verzichten. Eine übermäßige Belastung fände in dieser Hinsicht also mit einem Aufnahmeverbot nicht statt. (2) Zweck-Mittel-Relation – Grundsatz und Ausnahme Auch wenn man den engen Rahmen der Notwendigkeit der Aufnahmen verlässt, ergibt sich im Hinblick auf die Angemessenheit eines absoluten Aufnahmeverbotes kein anderes Bild. Zwar sind die beteiligten Grundrechte im Ausgangspunkt gleichrangig, jedoch ergibt sich, wenn die betroffenen Rechte und Interessen zusammengezogen werden, ein Bild zu Gunsten der Persönlichkeitsrechte.335 Diese muss der Vorsitzende Richter aktiv schützen. Stellt man den Schutz der Persönlichkeitsrechte dem Eingriff in Rundfunk- und Berufsfreiheit gegenüber, geben die unterschiedlich intensiven Beeinträchtigungen der jeweils 333

Löffler NJW 1959, 1 (4); Eberle, in: Jahrbuch des ZDF 1992, 158 (158 ff.). Bamberger ZUM 2001, 371 (373); auch das Bundesverfassungsgericht hat auf diesen Aspekt hingewiesen: vgl. nur BVerfG NJW 1994, 184 (186) und BVerfG AfP 2000, 454 (456); vgl. auch Dieckmann NJW 2001, 1451 (1452). 335 Hierzu ist auf die obigen Ausführungen zu verweisen. Vgl. H. I. 3. 334

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Betroffenen den einzuschlagenden Weg vor. Während das allgemeine Persönlichkeitsrecht bei unbeschränkten Aufnahmetätigkeiten massiv beeinträchtigt würde, wären die Rundfunkanbieter und -mitarbeiter in ihren Grundrechtsausübungen nur in deutlich geringerem Maße beeinträchtigt. Hierzu kommen die mitunter massiven verfahrensbezogenen Gefahren, an deren Spitze die Gefahr für eine ungestörte Wahrheitsfindung steht. Diese beiden Punkte zusammengenommen kann das Verhältnis von Zweck und Mittel für die hier interessierenden Fälle in aller Regel nicht als unausgewogen bezeichnet werden. Ausschlaggebend für die Angemessenheit der Aufnahmeverbote ist hier die besondere, persönlichkeitsrechtsbegründete Schutzbedürftigkeit der von den Aufnahmen betroffenen Personen bei fehlendem öffentlichen Informationsinteresse. Fehlt diese, so kann sich eine andere rechtliche Würdigung der Aufnahmeverbote durchaus ergeben. An dieser Stelle sei diesbezüglich auf drei Konstellationen eingegangen. Die erste betrifft die Fälle, in denen ein Informationsinteresse der Bevölkerung an den identifizierenden, personenbezogenen Aufnahmen besteht. Wie gezeigt, betrifft diese Ausnahmekonstellation primär Angeklagte und Verurteilte. Zu denken ist hier zum einen an Strafverfahren, die Straftaten aus dem Bereich der schwersten Kriminalität zum Gegenstand haben. Zum anderen können aber auch besondere Umstände vorliegen, welche die Annahme eines öffentlichen Informationsinteresses auch bei qualitativ geringeren Straftaten erlaubten, wie zum Beispiel im Falle einer Amtsträgerschaft oder einem politischen Mandat. Dann nämlich kann sich der Rundfunk berechtigterweise auf die Wahrnehmung seiner Informationsaufgabe gegenüber der Bevölkerung auch für den Bereich der Strafgerichtsberichterstattung berufen, was die Abwägung erheblich beeinflusst. An deren Ende muss nunmehr die Erkenntnis stehen, dass ein völliges Aufnahmeverbot den Rundfunk, der legitime und schützenswerte Interessen bezüglich der Rundfunkfreiheit vorbringen kann, unangemessen beeinträchtigen würde. Die zweite zu beachtende Ausnahmekonstellation betrifft Bild- und Tonaufnahmen von Besuchern des Sitzungsbereiches. Auch wenn derartige Aufnahmen in der Praxis nur eine untergeordnete Rolle spielen, muss beachtet werden, dass sich ein Informationsinteresse der Bevölkerung zwar nicht begründen lässt, die Schutzbedürftigkeit im Vergleich zu der der Verfahrensbeteiligten allerdings erheblich geringer ist. Denn nahezu alle oben beschriebenen Gefahren, die aus den Aufnahmen resultieren, betreffen die Besucher nicht. Zudem sind sie freiwillig anwesend, was den Rundfunkanbietern zwar keinen Freibrief hinsichtlich Bild- und Tonaufnahmen gibt, jedoch in der Bewertung der Angemessenheit berücksichtigt werden muss. Auf Grund dieser Besonderheiten verlieren die Persönlichkeitsrechte dermaßen an Gewicht, dass nunmehr Rundfunk- und Berufsfreiheit die Abwägung dominieren. Ein nur zum Schutze einzelner Sitzungsbesucher angeordnetes absolutes Aufnahmeverbot wäre somit keine angemessene Reaktion auf die Aufnahmetätigkeit des Rundfunks. Das bedeutet, dass der

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Vorsitzende Richter im Hinblick auf diesen Personenkreis mit der Bindung des Rundfunks an entsprechende Einwilligungen vorgehen muss. Schließlich sei an die bereits angesprochenen Fälle der Einwilligung erinnert, hier aber in der Konstellation, dass die Einwilligung noch nicht vorliegt336, sondern deren Abgabe aus der Sicht des Vorsitzenden Richters hinreichend wahrscheinlich ist. Auch ein bei dieser Sachlage angeordnetes Aufnahmeverbot, welches sich dann unter anderem auch auf die potentiell einwilligenden Personen bezöge, wäre dem Rundfunk gegenüber unangemessen. Das deshalb, weil es dann an der besonderen Schutzbedürftigkeit der Betroffenen mangelt und die Grundrechte des Rundfunks dementsprechend an Bedeutung gewinnen. Um das Ermessen des Vorsitzenden Richters aber nicht übermäßig einzuschränken, ist es notwendig, dass mit der Abgabe einer Einwilligung in absehbarer Zeit mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu rechnen ist. Allen drei Ausnahmekonstellationen ist gemeinsam, dass ein in diesen Situationen angeordnetes absolutes Aufnahmeverbot die notwendige Zweck-MittelRelation nicht mehr wahrt. Das sitzungspolizeilich angeordnete Verbot wäre in diesen Fällen unangemessen und verstieße so gegen das Übermaßverbot. (3) Parallelität von § 169 S. 2 GVG und § 176 GVG Für eine grundsätzliche Angemessenheit von sitzungspolizeilich angeordneten Aufnahmeverboten spricht auch die teilweise Parallelität der §§ 169 S. 2 und 176 GVG. Durch beide Normen nämlich soll vor Gefahren, welche sich im Rahmen von Hauptverhandlung und Sitzung nur unwesentlich unterscheiden, geschützt, der ordnungsgemäße Ablauf der Hauptverhandlung beziehungsweise der Sitzung gesichert und aufrechterhalten sowie Rechte der jeweils anwesenden Personen gewahrt werden.337 Beide Normen schützen also weitgehend dieselben Rechtsgüter.338 Teilweise wird dem störungsfreien Ablauf der Sitzung sogar der gleiche Stellenwert zugesprochen wie dem Grundsatz der Öffentlichkeit.339 Von Bedeutung sind hier die nahezu identischen Gefahren, die das Strafverfahren und die von den Aufnahmen betroffenen Personen berühren. Nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ lassen sich einige Parallelen finden. Die 336 Läge diese vor, würde durch den Vorsitzenden Richter ein Schutz entgegen dem Willen des Betroffenen bewirkt, der wie gezeigt [vgl. H. II. 1. e)] nur ausnahmsweise zulässig ist. Er wäre hier also in Form des Aufnahmeverbotes unangemessen. 337 Vgl. für § 169 S. 2 GVG E. I. 2. a) und für § 176 GVG G. II. 338 Zutreffend Lücke, Die „allgemeinen“ Gesetze (Art. 5 Abs. 2 GG), S. 48; Burbulla, Fernsehöffentlichkeit, S. 151; Olizeg, Hausrecht, S. 211; angedeutet auch bei Pieroth, in: Recht der Persönlichkeit, S. 249 (271). 339 Zöller/Gummer, ZPO, § 176 GVG RN 3; Molketin MDR 1984, 20 (21).

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meisten der Gefahren beruhen sowohl in Bezug auf die Hauptverhandlung als auch bezüglich der Sitzung auf dem mit einer Publikation der Aufnahmen einhergehenden Verlust der Anonymität des jeweils Aufgenommenen, was insbesondere die Angeklagten und Verurteilten betrifft.340 Im Nachhinein sind etwaige Beeinträchtigungen kaum zu beseitigen.341 Dabei spielt es nur eine untergeordnete Rolle, im Rahmen welches Verfahrensabschnitts die Aufnahmen angefertigt wurden. Die Konsequenz dessen ist, dass die Motive, die für die Einführung und Beibehaltung des absolut ausgestalteten, gesetzlichen Aufnahmeverbotes in Bezug auf die strafgerichtliche Hauptverhandlung streiten342, mit denen bezüglich eines sitzungsbezogenen Aufnahmeverbotes weitgehend identisch sind. Diesbezüglich laufen die §§ 169 S. 2 und 176 GVG parallel. Auch das Bundesverfassungsgericht343 scheint diese Parallelität zu sehen. Interessanterweise nämlich hat es den Willen des Gesetzgebers und damit die Schutzrichtung hinsichtlich § 176 GVG nicht mit den Materialien zu § 176 GVG, sondern mit denen zu § 169 S. 2 GVG belegt. Diese freilich dogmatisch angreifbare Begründung, die in diesem Punkt nicht weiter interessieren soll, ist letztlich nichts anderes als die Folge der nahezu identischen Schutzrichtungen beider Normen. Während das Bundesverfassungsgericht344 die Gefahren in Bezug auf die Hauptverhandlung zu Recht345 als derart hoch einstuft, dass ein ausnahmsloses Verbot legitim ist, kommt es für den Sitzungsbereich zum Ergebnis, dass nicht nur ein ausnahmsloses, sondern jedes Aufnahmeverbot unzulässig ist.346 Auch wenn die Intensität der Gefahren, die aus der Anfertigung der Aufnahmen resultieren, teilweise geringer ist, wenn es um den Sitzungsbereich außerhalb der Hauptverhandlung geht, sind die Parallelen der Normen doch unverkennbar. Es bestehen insofern keine Unterschiede, die eine derart unterschiedliche Bewertung der Angemessenheit von Aufnahmeverboten rechtfertigen. Die bestehende Gefahrenlage ist zu hoch, als dass Aufnahmeverbote als unangemessene Mittel qualifiziert werden könnten.

340 Im Vergleich zur Namensnennung ist die Identifizierbarkeit durch die Publikation der Aufnahmen höher, da keine weiteren Schritte erforderlich sind. Im Falle der Namensnennung nämlich muss die Person mit dem bekannten Namen in Verbindung gebracht werden. Das aber ist für die Mehrheit der Rezipienten ohne entsprechende Aufnahmen kaum möglich. Vgl. zum Beispiel BVerfG NJW 1996, 310 (311). 341 Berka, in: Medien-Ethik, S. 256 (258). 342 Vgl. E. I. 2. a). 343 Vgl. BVerfGE 91, 125 (136) unter Bezugnahme auf BT-Drucks. IV/178, S. 45 f. 344 BVerfGE 103, 44 (66 ff.). 345 Vgl. E. I. 2. a). 346 Vgl. nur BVerfGE 91, 125 (137 f.).

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(4) Probleme eines absoluten Aufnahmeverbotes Das bedeutet, dass die Anordnung eines Aufnahmeverbotes nach dem bisher Gesagten im Grundsatz nicht gegen das Gebot der Angemessenheit verstößt. Allerdings sind mit einem absolut angeordneten Aufnahmeverbot Probleme verbunden, die es in Bezug auf die Angemessenheit zu diskutieren gilt. So ist zunächst zu überlegen, ob der Unterschied zwischen präventiv und repressiv ausgesprochenen Verboten auf die Angemessenheit derselben durchschlägt. Zwar sind, da einen höheren Begründungsaufwand für die Legitimation erfordernd347, präventive Maßnahmen eher unangemessen als repressive Maßnahmen. Jedoch ist für die hier interessierenden Fälle zu beachten, dass die staatliche Handlungspflicht ein präventives Vorgehen des Vorsitzenden Richters erfordert.348 Insoweit kann allein das angeordnete Aufnahmeverbot die Unangemessenheit begründen, nicht aber dessen präventiver Charakter. Demgegenüber wird dennoch vertreten, dass präventive Verbote den Rundfunk unangemessen einschränken.349 Dabei aber wird die enorme Schutzbedürftigkeit der betroffenen Verfahrensbeteiligten nicht ausreichend beachtet. Es ist diesen Personen nicht zumutbar, Persönlichkeitsbeeinträchtigungen abwarten zu müssen. Das gilt insbesondere für die Angeklagten und Verurteilten, welche besonders massiven Gefahrenlagen ausgesetzt sind, aber eben auch für die übrigen Verfahrensbeteiligten und Besucher. Die eigentlichen Probleme liegen also nicht in der präventiven, sondern in der absoluten Anordnung eines Verbotes. Im vorstehenden Abschnitt wurde belegt, dass im Hinblick auf die Angemessenheit der Aufnahmeverbote zwischen den Verfahrensbeteiligten und den Besuchern des Sitzungsbereiches zu unterscheiden ist. Bezüglich letzterer nämlich sind Untersagungen jeglicher Aufnahmetätigkeit unangemessen. Wird nun ein undifferenziertes Aufnahmeverbot angeordnet, so ist dieses, da auch auf die Besucher bezogen, unangemessen. Notwendig ist also, dass der Vorsitzende Richter ein differenziertes Aufnahmeverbot ausspricht. Soweit ersichtlich, wird dieser Weg bislang nicht diskutiert. Man könnte daran denken, die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu § 169 S. 2 GVG auf § 176 GVG zu übertragen. Das Gericht untermauert die Ausnahmslosigkeit des Aufnahmeverbotes mit dem Hinweis, die Zulassung von Ausnahmen würde eine weitere wesentliche Belastung der Verhandlungsdurchführung bedeuten.350 Schnell wird aber deutlich, dass die für die Hauptverhandlung zutreffenden Überlegungen für den Sitzungsbereich nicht durchgreifen. Den Vorsitzenden Richter an die bestehenden, personenabhängigen Unter347 348 349 350

Vgl. H. II. 1. c) cc). Vgl. H. II. 1. c) cc). Wenzel/Burkhardt, Wort- und Bildberichterstattung, Kap. 10 RN 183. BVerfGE 103, 44 (70).

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schiede hinsichtlich der Angemessenheit zu binden, bedeutet keine unzumutbare Erhöhung des Prüfungsaufwandes, vor allem deshalb, weil mit § 176 GVG eine umfassende und differenzierte Prüfung gefordert wird. Aber auch dann, wenn es den Rundfunkanbietern nur untersagt wird, Aufnahmen von den Verfahrensbeteiligten anzufertigen, wird nicht auf die Möglichkeit Rücksicht genommen, dass die Betroffenen in die Aufnahmen einwilligen können. Werden Aufnahmeverbote über die Köpfe der Betroffenen hinweg angeordnet beziehungsweise aufrecht erhalten, so wahren diese die Zweck-Mittel-Relation nicht mehr. Aus persönlichkeitsrechtlicher Sicht fehlt es an der sich über die Grundrechte auf Seiten des Rundfunks hinwegsetzenden Schutzbedürftigkeit. Es würde ein unzulässiger Schutz gegen sich selbst351 gewährt. Stellt man auf die durch die Einwilligung nicht berührten verfahrensbezogenen Gefahren ab, so bietet sich mit der „Pool-Lösung“ eine ausreichende Handhabe, um diese Gefahren auf ein Minimum zu reduzieren. Das bedeutet, dass nur dann ein Aufnahmeverbot als angemessen zu qualifizieren ist, wenn es Aufnahmen im Falle des Vorliegens entsprechender Einwilligungen zulässt. Letztlich ist dies nichts anderes, als die bereits angesprochene Bindung der Aufnahmenzulässigkeit an den Willen der Betroffenen. Denn aus einem anderen Blickwinkel betrachtet, ordnet der Vorsitzende Richter bis zum Vorliegen einer Einwilligung ein Aufnahmeverbot an. In welcher Form auf die Abgabe von Einwilligungen reagiert wird, liegt im Ermessen des Vorsitzenden Richters. Auch wenn ein erneutes Einschreiten des Richters notwendig ist, um das Verbot im Hinblick auf die einwilligende Person aufzuheben, wird die Grenze der Angemessenheit jedenfalls dann nicht überschritten, wenn die Relativierung des Verbotes, nachdem die Einwilligung abgegeben wurde, rasch erfolgt. Mithin ist es erforderlich, zwischen den verschiedenen Varianten der Anordnung von Aufnahmeverboten zu differenzieren. Während absolut angeordnete Verbote hinsichtlich der Besucher den Rundfunk unangemessen belasten, sind sie im Hinblick auf die Verfahrensbeteiligten angemessen. Der Vorsitzende hat, sobald Einwilligungen vorliegen, allerdings dann die Pflicht, das Aufnahmeverbot in Bezug auf die einwilligende Person aufzuheben. Wird das Verbot, Bild- und Tonaufnahmen anzufertigen, unter der Bedingung des Vorliegens von Einwilligungen ausgesprochen, so ist dieses generell als angemessen zu qualifizieren. In welcher Form der Vorsitzende Richter dies anordnet, obliegt seinem Ermessen. Anders kann das Ergebnis der anzustellenden Abwägung dann aber lauten, wenn sich ein öffentliches Informationsinteresse an den personenbezogenen Aufnahmen feststellen lässt. Da dies jedoch nur für einen Bruchteil der Strafverfahren zutrifft, sollen diese Fälle, zumal einzelfallabhängig, hier nicht weiter interessieren.

351

Vgl. H. II. 1. e).

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3. Praktische Konkordanz Auch ein eingeschränktes Aufnahmeverbot, insbesondere jedoch ein absolutes, führt dazu, dass dem Rundfunk im Sitzungsbereich kaum beziehungsweise kein Raum verbleibt, der von staatlichen Eingriffen in Art. 5 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GG und Art. 12 Abs. 1 GG frei ist. Um den erforderlichen persönlichkeitsrechtlichen Mindestschutz zu gewähren, muss die Zulässigkeit der Aufnahmen vom Willen der Betroffenen abhängig gemacht werden. Das bedeutet, dass die Rechte des Rundfunks gegenüber denen der Betroffenen weitgehend zurückgestellt werden. Dies erscheint im Hinblick auf die Gleichrangigkeit der Grundrechte als problematisch. Damit ist letztlich die Frage des Optimums der jeweiligen sitzungspolizeilichen Maßnahme angesprochen. Die im Rahmen des Aufnahmeverbotes getroffene Feststellung dass Zweck und Mittel nicht außer Verhältnis zueinander stehen, enthält kein Urteil darüber, ob dieses Verhältnis auch optimal ist.352 Diesbezüglich kommt dem Prinzip der praktischen Konkordanz die maßgebende Rolle zu. Stehen verfassungsrechtlich geschützte Interessen und Rechte in Konflikt, reicht es nicht aus, allein dem Übermaßverbot Rechnung zu tragen. Vielmehr ist ein Ausgleich der Interessen im Wege der praktischen Konkordanz vorzunehmen.353 Ein derartiger Konflikt ist die typische Folge einer staatlichen Handlungsverpflichtung. Vorliegend kollidieren Rundfunk- und Berufsfreiheit mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht. Wenn es also um Bild- und Tonaufnahmen im Umfeld der strafgerichtlichen Hauptverhandlung geht, ist ein Ausgleich im Wege der praktischen Konkordanz erforderlich.354 Der Vorsitzende Richter hat dies im Rahmen seiner Entscheidungsfindung als weitere Grenze zu beachten. Danach müssen die kollidierenden Rechtsgüter einander so zugeordnet werden, dass jedes von ihnen in Wirklichkeit gewinnt. Ziel ist dabei ein aus Sicht der beteiligten Grundrechte optimaler Zustand in Form eines schonenden Ausgleiches.355 Grundsätzlich muss die 352

Grabitz AöR 98 (1973), 568 (576). Kissel/Mayer, GVG, § 176 RN 91; Rotsch, Journalistische Recherche, S. 38, 40; Isensee FS-Kriele, S. 5 (43); Kühl FS-Hubmann, S. 241 (253); von Gamm NJW 1979, 513 (516); Bornkamm NStZ 1983, 102 (105); Canaris JuS 1989, 161 (163); wohl auch Jarass NJW 1989, 857 (862) und Hager JZ 1995, 566 (566); in anderem Zusammenhang BVerfGE 93, 1 (21); auf Art. 5 Abs. 2 GG bezogen Ahrens, Persönlichkeitsrecht, RN 67; Mackeprang, Ehrenschutz, S. 136 f., 220; Gronau, Persönlichkeitsrecht und Medienfreiheit, S. 167; Stark, Ehrenschutz in Deutschland, S. 109, 122; Hufen, in: Meinungsfreiheit, S. 1 (24); Stern FS-Hübner, S. 815 (827); von der Decken NJW 1983, 1400 (1402); Schwerdtner JZ 1990, 769 (770); Kriele NJW 1994, 1897 (1897); Stark JuS 1995, 689 (689 ff.); Hager AcP 196 (1996), 168 (206); Calliess JZ 2006, 321 (330). 354 HStR V/Lerche, § 122 RN 6; Schmitt Glaeser AöR 113 (1988), 52 (92); Hager AcP 196 (1996), 168 (182); Rehm AfP 1999, 415 (418); Kluth JA 1999, 606 (610). 355 BVerfGE 28, 243 (260 f.); 41, 29 (50); 52, 223 (247, 251); 93, 1 (21); Kissel/ Mayer, GVG, § 176 RN 91; Ahrens, Persönlichkeitsrecht, RN 27; Mackeprang, Ehrenschutz, S. 136; Neben, Personenberichterstattung, S. 176; Müller, Grundrechte, S. 89; 353

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Substanz aller kollidierenden Grundrechte gewahrt werden.356 Um dies zu erreichen, müssen, damit von einer optimalen Wirksamkeit ausgegangen werden kann, allen kollidierenden Positionen Grenzen gezogen werden.357 Dies ist der grundlegende Unterschied zur Abwägung, wie sie im Rahmen des Übermaßverbotes durchzuführen war. Bei dieser nämlich wird einem Rechtsgut auf Kosten eines anderen der Vorrang eingeräumt, wobei sämtliche beteiligten Positionen einfließen.358 Hier nun geht es einzig um verfassungsrechtliche Positionen. Zum einen sind dies die grundrechtlich geschützten Interessen und zum anderen die verfassungsrechtlich verankerten und so absoluten Gemeinschaftsinteressen.359 Auf die relativen, also nicht verfassungsrechtlichen Gemeinschaftsinteressen und sonstigen Interessen kommt es nicht an.360 Auf die Bild- und Tonaufnahmen bezogen sind, absolute Gemeinschaftsinteressen sind nicht betroffen, nur die kollidierenden Grundrechte von Belang. Die wohl wesentliche Aussage der praktischen Konkordanz ist die, dass keine der kollidierenden Verfassungspositionen den anderen vollständig geopfert werden darf.361 Für den Vorsitzenden Richter heißt das, weder die Rundfunkfreiheit, noch die Berufsfreiheit zu opfern. Dies wäre beispielsweise der Fall, würde ein absolutes und undifferenziertes Aufnahmeverbot ergehen. Während dem Persönlichkeitsrecht keine Schranken gezogen würden, würden Aufnahmen völlig unterbunden. Von einem Ausgleich der sich gegenüberstehenden Grundrechte kann insofern keine Rede sein. Zu beachten gilt es allerdings, dass die Pflicht, für praktische Konkordanz zu sorgen, ihre Grenzen findet, wenn Grundrechtskonflikte mittels eines Ausgleichs nur unbefriedigend gelöst werden können. Ist dies der Fall, ist einzelfallorientiert zu entscheiden, welches der verfassungsrechtlich geschützten Interessen zurückzutreten hat.362 Für die Fälle der Aufnahmeverbote aber muss es beim allgemeinen Grundsatz der praktischen Konkordanz bleiben. Es ist aus persönlichkeitsrechtlicher Sicht kein Grund erkennbar, weshalb das allgemeine Persönlichkeitsrecht keine Einschränkung,

Hesse, Verfassungsrecht, RN 72; Grabitz AöR 98 (1973), 568 (576 ff.); Schmitt Glaeser AöR 113 (1988), 52 (92); Hager AcP 196 (1996), 168 (182); Rehm AfP 1999, 415 (418); Calliess JZ 2006, 321 (330). 356 Hesse, Verfassungsrecht, RN 318; Stern FS-Hübner, S. 815 (828). 357 Stark, Ehrenschutz in Deutschland, S. 104; Hesse, Verfassungsrecht, RN 72; Schmitt Glaeser AöR 113 (1988), 52 (91). 358 Mackeprang, Ehrenschutz, S. 136; Stark, Ehrenschutz in Deutschland, S. 104; Stern FS-Hübner, S. 815 (817); Schmitt Glaeser AöR 113 (1988), 52 (92). 359 Vgl. Grabitz AöR 98 (1973), 568 (578 f.); ein absolutes Gemeinschaftsinteresse ist zum Beispiel die in Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG verankerte Volksgesundheit. Vgl. BVerfGE 7, 377 (414); 20, 283 (295). 360 Grabitz AöR 98 (1973), 568 (578, 580); wohl auch Müller, Grundrechte, S. 47 f. 361 Vgl. nur Lange FS-Löffler, S. 195 (203). 362 BVerfGE 35, 202 (225); 67, 213 (228); Hesse, Verfassungsrecht, RN 319; Jarass NJW 1989, 857 (862); Schwerdtner JZ 1990, 769 (770).

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H. Die Ermessensentscheidung

noch dazu eine nur äußerst geringe, erfahren soll. Aus der Sicht von Rundfunkund Berufsfreiheit ist zu fordern, dass die Möglichkeit, Aufnahmen im Falle des Vorliegens von Einwilligungen anzufertigen, bereits im Zeitpunkt der sitzungspolizeilichen Anordnung zum Ausdruck kommt, der Vorsitzende dies also in die Maßnahme zu integrieren hat. Auf diese Weise wird das Persönlichkeitsrecht beschränkt, während die Position der Rundfunkanbieter und -mitarbeiter gestärkt wird. Könnten Aufnahmeverbote absolut angeordnet werden, würden Rundfunk- und Berufsfreiheit zu weit zurücktreten. Daher würde mit derartigen Anordnungen keine praktische Konkordanz bewirkt. Auch die Bindung der Aufnahmen an die Willen der Betroffenen schränkt die Rechte des Rundfunks massiv ein, während die Persönlichkeitsrechte einen umfassenden Schutz erfahren. Jedoch lässt sich in diesen Fällen ein schonender Ausgleich der Grundrechte erkennen. Einerseits verbleibt dem Rundfunk im Gegensatz zu einem absoluten Verbot schon bei Anordnung der Maßnahme die Möglichkeit, Aufnahmen anzufertigen. Hierauf können sich Rundfunkanbieter und -mitarbeiter, da in der sitzungspolizeilichen Anordnung enthalten, berufen. Andererseits erfährt das allgemeine Persönlichkeitsrecht in all seinen Ausprägungen dadurch eine Einschränkung, dass es nur soweit geschützt wird, wie die Aufnahmen nicht vom Willen des Betroffenen umfasst werden. Dem Erfordernis der praktischen Konkordanz wird durch diese Maßnahmen also nachgekommen. Die Handhabung der praktischen Konkordanz weist bis zu diesem Punkt keine Probleme auf. Das aber ändert sich, blickt man genauer auf den Charakter des § 176 GVG. Regelmäßig wird praktische Konkordanz dann angenommen, wenn die sich gegenüberstehenden Verfassungspositionen in ein optimales Verhältnis zueinander gebracht sind.363 Nimmt man diese Aussage wörtlich, so hat der Vorsitzende Richter für jeden Einzelfall die aus verfassungsrechtlicher Sicht optimale Maßnahme nach § 176 GVG anzuordnen. Ein Optimum aber besteht nur in einem einzigen Punkt.364 Damit würde der durch § 176 GVG gewährte, durch Über- und Untermaßverbot eingegrenzte Ermessensspielraum365 stets auf Null reduziert. Das Problem liegt für die hier relevanten Fälle also in der Reichweite der praktischen Konkordanz. Diese aus der Wortwahl („optimal“) folgende Problematik findet soweit ersichtlich nirgends Beachtung. Dem Erfordernis, praktische Konkordanz herzustellen, ist die in Frage stehende ermessensvernichtende Wirkung indes abzusprechen. Hierfür lassen sich mehrere Gründe anführen, die im Folgenden nur angerissen werden sollen. An vorderster Stelle muss die Rechtssicherheit angeführt werden. Als Bestandteil des Rechts363

Vgl. H. III. 3. Optimum bedeutet höchster erreichbarer Wert. Vgl. Duden, Stichwort „Optimum“. 365 Vgl. H. II. 2. 364

III. Die Grenzen der Entscheidung – Unter- und Übermaßverbot

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staatsprinzips366 verlangt sie in objektiver Hinsicht die Verlässlichkeit der Rechtsordnung367 und bedeutet in subjektiver Hinsicht Vertrauensschutz368. Dürfte stets nur die einzig optimale Maßnahme getroffen werden, bestünde ständig die Gefahr, dass die Entscheidung als rechtswidrig einzustufen ist. Jede, auch noch so kleine Abweichung vom Optimum wäre ein Verstoß gegen das Gebot praktischer Konkordanz. Dieses ständig über der Rechtmäßigkeit der Maßnahme schwebende Damoklesschwert würde einen massiven Einschnitt in die Rechtssicherheit bedeuten. Hinzu kommt, dass der Vorsitzende Richter nicht nur rechtswidrig, sondern, da die praktische Konkordanz Ausprägung von verpflichtendem Verfassungsrecht ist369, auch verfassungswidrig handeln würde, sobald er vom einzelfallabhängigen Optimum abweicht. Nahezu jede sitzungspolizeiliche Maßnahme könnte so vor dem Bundesverfassungsgericht angegriffen werden. Des Weiteren würde vom Vorsitzenden Richter nahezu Unmögliches verlangt, wenn er nur die optimale Maßnahme rechtmäßig anordnen dürfte. Jede auch noch so kleine Abweichung würde die Verfassungswidrigkeit der Entscheidung und so deren Angreifbarkeit bedeuten. Dieses Risiko kann dem Vorsitzenden nicht aufgebürdet werden. Schließlich muss die Existenz der Ermessensspielräume selbst beachtet werden. Der Gesetzgeber hat sich in vielen Bereichen, so auch dem der Sitzungspolizei, bewusst dafür entschieden, Ermessensspielräume einzurichten. Diese Entscheidung zu Gunsten einer, wenn auch begrenzten Flexibilität des jeweils entscheidenden Organs würde durch ein zu enges Verständnis von praktischer Konkordanz aufgehoben und so missachtet. Ist also eine Norm als Ermessensentscheidung ausgestaltet, so ist diese legislative Entscheidung grundsätzlich verbindlich. Das Erfordernis der praktischen Konkordanz kann diesen Spielraum zwar einengen, nicht aber per se auf Null reduzieren. Auch wenn dem Vorsitzenden aufgegeben ist, im Rahmen des § 176 GVG für die Herstellung praktischer Konkordanz und so für ein möglichst optimales Verhältnis der kollidierenden Grundrechte zu sorgen, bleibt sein Ermessens366 BVerfGE 7, 194 (196); 49, 148 (164); 60, 253 (267); 72, 200 (242); 94, 241 (258); Dreier II/Schulze-Fielitz, Art. 20 (Rechtsstaat) RNn 146 f.; von Mangoldt/ Klein/Starck II/Sommermann, Art. 20 Abs. 3 RN 278; Scholz, Die Rechtssicherheit, S. 5; Sobota, Das Prinzip Rechtsstaat, S. 154 ff.; Bleckmann, Staatsrecht I, RN 566; Degenhart, Staatsrecht I, RN 354; Stein/Frank, Staatsrecht, S. 149; Isensee FS-Klein, S. 611 (613); Münch FS-Hahn, S. 673 (674). 367 BVerfGE 60, 253 (268); 63, 343 (357); Dreier II/Schulze-Fielitz, Art. 20 (Rechtsstaat) RN 146; Sobota, Das Prinzip Rechtsstaat, S. 162 ff.; Degenhart, Staatsrecht I, RN 354; Vogel JZ 1988, 833 (833 f.). 368 BVerfGE 13, 262 (271); 18, 429 (439); 23, 12 (32); 24, 200 (229); 30, 367 (386); 50, 177 (193); 78, 249 (283); 86, 90 (110); Dreier II/Schulze-Fielitz, Art. 20 (Rechtsstaat) RN 147; von Mangoldt/Klein/Starck II/Sommermann, Art. 20 Abs. 3 RN 282; Weber-Dürler, Vertrauensschutz, S. 47 ff.; Bleckmann, Staatsrecht I, RN 566; Degenhart, Staatsrecht I, RN 354; Vogel JZ 1988, 833 (833 f.). 369 Vgl. nur Hesse, Verfassungsrecht, RN 72.

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H. Die Ermessensentscheidung

spielraum zunächst bestehen. In diese Richtung kann auch die Aussage Hesses, das Prinzip der praktischen Konkordanz weise „. . . als in der Verfassung enthaltene und darum verbindliche Direktive die Richtung und . . . (bestimme) das Verfahren, in dem eine verfassungsgemäße Lösung allein gesucht werden darf . . .“370, verstanden werden. Das Erfordernis der Herstellung praktischer Konkordanz gibt mit dem Verfahren also einen zu Unter- und Übermaßverbot hinzu tretenden Rahmen vor, innerhalb dessen sich frei bewegt werden kann. Während ein absolutes Aufnahmeverbot keinen ausreichenden Ausgleich der kollidierenden Grundrechte bedeutet, wird mit einem an den Einwilligungen der Betroffenen endenden Aufnahmeverbot den Anforderungen hinsichtlich der praktischen Konkordanz Genüge getan. In welcher Form dies der Vorsitzende anordnet, liegt in seinem Ermessen. 4. Ergebnis Es hat sich gezeigt, dass der Vorsitzende Richter eine sehr diffizile Entscheidung zu treffen hat, wenn es um personenbezogene Bild- und Tonaufnahmen im Sitzungsbereich geht. Dem Untermaßverbot wird grundsätzlich erst genügt, wenn die Zulässigkeit der Aufnahmen an den Willen der Betroffenen gebunden wird. Wird der erforderliche Mindestschutz nicht gewährt, stellt dies eine unzulässige Beeinträchtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der jeweils von den Aufnahmen betroffenen Person dar.371 Der Schutz der Persönlichkeitsrechte darf nicht mittels eines ausnahmslosen, umfassend geltenden Aufnahmeverbotes bewirkt werden. Dies würde sowohl gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen als auch gegen die Anforderungen praktischer Konkordanz. Das Verbot muss, um diesen Anforderungen gerecht zu werden, auf die Fälle begrenzt sein, in denen keine Einwilligungen vorliegen. Wie dies bewerkstelligt wird, ob also ein erneutes Tätigwerden des Vorsitzenden Richters vorzusehen ist, steht im Ermessen des Entscheidungsträgers. Gänzlich unzulässig, da übermäßig in die Rechte des Rundfunks eingreifend, kann ein Aufnahmeverbot dann sein, wenn ein öffentliches Informationsinteresse an den Aufnahmen besteht. Die wohl „optimale“ Maßnahme, um die Anfertigung von personenbezogenen Bild- und Tonaufnahmen im Umfeld der strafgerichtlichen Hauptverhandlung in den sitzungspolizeilichen Griff zu bekommen dürfte nach der Ansicht des Verfassers in den meisten Fällen in der Kombination von Bindung der Aufnahmezulässigkeit an das Vorliegen entsprechender Einwilligungen und Anordnung der „Pool-Lösung“ liegen.

370

Hesse, Verfassungsrecht, RN 72. Vgl. allgemein Jarass/Pieroth/Jarass, Vorb. vor Art. 1 RN 92; Jarass AöR 120 (1995), 345 (364 f.). 371

IV. Besondere Anforderungen an § 176 GVG

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IV. Besondere Anforderungen an § 176 GVG und die sitzungspolizeiliche Verfügung Die Betrachtungen der auf § 176 GVG basierenden sitzungspolizeilichen Verfügung in Bezug auf die Bild- und Tonaufnahmen abschließend, soll auf zwei besondere Anforderungen eingegangen werden, die sowohl die Rechtsgrundlage als auch die konkrete Maßnahme betreffen und bisher nicht angesprochen wurden. Dies sind die Schrankenregelungen der Art. 5 Abs. 2 GG und Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG. 1. Art. 5 Abs. 2 GG Da in den vorliegenden Fällen in die Rundfunkfreiheit eingegriffen wird – genauer eingegriffen werden muss – kommt Art. 5 Abs. 2 GG zum Tragen. Danach können Eingriffe nur gerechtfertigt werden, wenn sie auf allgemeinen Gesetzen, auf gesetzlichen Bestimmungen zum Schutz der Jugend oder auf dem Recht der persönlichen Ehre beruhen. Auf den Jugendschutz muss hier nicht eigens eingegangen werden. Auch wenn in Jugendstrafverfahren die sitzungspolizeilichen Einschränkungen des Rundfunks zum Wohl der Jugendlichen erfolgen, basieren die Maßnahmen doch auf § 176 GVG und nicht auf einer speziellen Bestimmung zum Schutz der Jugend. Die beiden anderen Alternativen des Art. 5 Abs. 2 GG kommen hier allerdings in Betracht. Die Frage, inwiefern es ungeschriebene Möglichkeiten gibt, die Freiheiten aus Art. 5 Abs. 1 GG einzuschränken soll hier, da auf § 176 GVG abzustellen ist, nicht weiter interessieren.372 a) Das Recht der persönlichen Ehre Was genau unter der Ehre im verfassungsrechtlichen Sinne zu verstehen ist, lässt das Grundgesetz offen.373 In Anlehnung an das zivilrechtliche Verständnis ist davon auszugehen, dass sich der verfassungsrechtliche Ehrbegriff aus einer inneren und äußeren Komponente zusammensetzt, nämlich aus der personalen Würde und dem sozialen Achtungs- beziehungsweise Geltungswert.374 Die 372 Vgl. dazu statt vieler Dreier I/Schulze-Fielitz, Art. 5 I, II RNn 150 ff.; von Mangoldt/Klein/Starck I/Starck, Art. 5 Abs. 1, 2 RN 177; Stark, Ehrenschutz in Deutschland, S. 110 ff.; Bosman, Rundfunkfreiheit und Programmgrundsätze, S. 54 ff.; Schmitt Glaeser AöR 113 (1988), 52 (98 ff.). 373 Dazu ausführlich Mackeprang, Ehrenschutz, S. 160 ff.; auch Otto FS-Schwinge, S. 71 (73 ff.). 374 Dreier I/Schulze-Fielitz, Art. 5 I, II RN 150; Stark, Ehrenschutz in Deutschland, S. 27; Mackeprang, Ehrenschutz, S. 181; Gronau, Persönlichkeitsrecht und Medienfreiheit, S. 67; Stern FS-Hübner, S. 815 (824); Tettinger JZ 1983, 317 (319 f.);

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H. Die Ermessensentscheidung

Frage ist nun, ob die sitzungspolizeilichen Maßnahmen zum Schutz der Persönlichkeit vor Bild- und Tonaufnahmen auf dem Recht der persönlichen Ehre fußen. Fest steht jedenfalls, dass die öffentliche Kommunikation den Geltungsanspruch der Menschen in vielfältiger Weise bedroht.375 Insoweit ist auf die menschliche Persönlichkeit abzustellen.376 Deshalb ist hier ausschlaggebend, inwieweit es durch die Aufnahmen zu ehrbezogenen Beeinträchtigungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts kommt.377 Die Differenzierung zwischen Anfertigung und Veröffentlichung der Aufnahmen fortführend, muss festgestellt werden, dass lediglich die Publikation der Aufnahmen in Verbindung mit den jeweiligen Kommentierungen ehrverletzend wirken können. Denn die Herstellung der Aufnahmen betrifft weder die geistigen und sittlichen Werte noch den sozialen Geltungswert der aufgenommenen Personen. Bereits dies lässt Zweifel an der Einschlägigkeit dieser Variante des Art. 5 Abs. 2 GG aufkommen. Diese verfestigen sich dann durch die Erkenntnis, dass die Strafgerichtsberichterstattungen, so kritikwürdig sie auch sind, den ehrbezogenen Anforderungen grundsätzlich genügen.378 Die aufnahmebezogenen sitzungspolizeilichen Verfügungen dienen damit nicht dem Schutz der persönlichen Ehre. Diese Alternative des Art. 5 Abs. 2 GG ist daher hier ohne Bedeutung. Auf das problematische Verhältnis zwischen Recht der persönlichen Ehre und allgemeinen Gesetzen379 braucht deshalb genauso wenig eingegangen werden, wie auf die Frage, ob das Recht der persönlichen Ehre nur insoweit eine zulässige Schranke darstellt, als es gesetzlich normiert ist.380 Scholz/Konrad AöR 123 (1998), 60 (66); a. A. Decken, Meinungsäußerungsfreiheit und Ehrenschutz, S. 158 ff. 375 Vgl. hierzu Berka, Medienfreiheit und Persönlichkeitsschutz, S. 217 ff.; auch Dreier I/Schulze-Fielitz, Art. 5 I, II RN 278. 376 M. w. N. Mackeprang, Ehrenschutz, S. 141. 377 Jarass/Pieroth/Jarass, Art. 5 RN 76. 378 Erman/Ehmann, Anh § 12 RN 362. 379 Vgl. zu den vertretenen Ansichten Stark, Ehrenschutz in Deutschland, S. 106 m.w. N. 380 So jedenfalls BVerfGE 33, 1 (17); Isensee FS-Kriele, S. 5 (33); m.w. N. Gronau, Persönlichkeitsrecht und Medienfreiheit, S. 69 f.; Bosman, Rundfunkfreiheit und Programmgrundsätze, S. 53; Tettinger JZ 1990, 846 (852); Grimm NJW 1995, 1697 (1702); anders beispielsweise Scholz/Konrad AöR 123 (1998), 61 (68). Denjenigen, die dies bejahen ist der insofern eindeutige Wortlaut des Art. 5 Abs. 2 GG entgegen zu halten. Dort ist eben nicht von gesetzlichen Bestimmungen zum Schutz der persönlichen Ehre, sondern vom Recht der persönlichen Ehre die Rede. [so auch Schmitt Glaeser AöR 113 (1988), 52 (97)] Diesen Wortlaut gilt es ernst zu nehmen. Hinzu tritt, dass das Recht der persönlichen Ehre selbst in Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG geschütztes Verfassungsrechtsgut und so nicht bloßes Gesetzesrechtsgut ist. [Mackeprang, Ehrenschutz, S. 24; Stark, Ehrenschutz in Deutschland, S. 37; Gronau, Persönlichkeitsrecht und Medienfreiheit, S. 68; Stern FS-Hübner, S. 815 (817); Tettinger JZ 1983, 317 (318); Kriele NJW 1994, 1897 (1898)] Damit ist davon auszugehen, dass es um eine verfassungsunmittelbare Schranke des Art. 5 Abs. 1 GG geht. [Mackeprang, Ehrenschutz, S. 24; Hufen, in: Meinungsfreiheit, S. 1

IV. Besondere Anforderungen an § 176 GVG

481

b) Allgemeines Gesetz Mithin ist entscheidend, ob § 176 GVG ein allgemeines Gesetz im Sinne des Art. 5 Abs. 2 GG ist. Mit der Frage nach dem Vorliegen eines allgemeinen Gesetzes ist die wohl wichtigste, aber auch problematischste Vorbehaltsregelung des Art. 5 Abs. 2 GG angesprochen. Sie soll ermöglichen, die Kommunikationsfreiheiten des Art. 5 Abs. 1 GG auf Grund kollidierender Interessen zu beschränken. Diese Interessen erfahren hierdurch einen beachtlichen Schutz.381 aa) § 176 GVG als allgemeines Gesetz Das Erfordernis eines allgemeinen Gesetzes beinhaltet zwei Komponenten, nämlich Gesetzeseigenschaft und Allgemeinheit. Daran, dass § 176 GVG ein verfassungskonformes382 Gesetz darstellt, ist nicht zu zweifeln, weshalb auf die einzelnen Erfordernisse zur Bejahung der Gesetzeseigenschaft383 nicht einzugehen ist. Anders verhält es sich mit der Allgemeinheit des § 176 GVG. Da dieses Erfordernis unbestimmt ist, beschäftigen sich die Juristen seit jeher mit dessen Inhalt. Die Auslegung der Schranke wird auch als die „. . . jahrzehntealte[n] crux des deutschen Staatsrechts . . .“384 und als „. . . besonders problematische Begrenzung der Meinungsfreiheit . . .“385 bezeichnet. Der bis heute heftig umstrittenen Frage nach dem Inhalt des Art. 5 Abs. 2 GG soll und kann hier aus Platzgründen nicht detailliert nachgegangen werden. Im Ergebnis ist denen zuzustimmen, welche die Abgrenzung zwischen allgemeinen und nichtallgemeinen Gesetzen danach vornehmen, ob sie sich direkt oder lediglich reflexiv auf die Kommunikationsfreiheiten auswirken.386 Auch wenn das Bundesverfassungsgericht387 dies nicht ausdrücklich klarstellt, folgt es letztlich diesem Ansatz.388 Es (24); Stern FS-Hübner, S. 815 (823); Bettermann JZ 1964, 601 (609); Decken NJW 1983, 1400 (1402); Schmitt Glaeser AöR 113 (1988), 52 (97); Stark JuS 1995, 689 (690); so wohl auch noch BVerfGE 19, 73 (74), wo das Recht der Ehre als eigenständige Schranke geprüft wird; einschränkend Stark, Ehrenschutz in Deutschland, S. 34; dagegen Grimm NJW 1995, 1697 (1702)]. 381 Rotsch, Journalistische Recherche, S. 37. 382 Zu den maßgebenden Kriterien der Bestimmtheit und Vollständigkeit vgl. Sachs/ Tettinger, Art. 12 RN 84; Glos, Berufsfreiheit und Grundfreiheiten, S. 211; Jarass DÖV 2000, 753 (756 f.). 383 Dazu statt vieler Dreier I/Schulze-Fielitz, Art. 5 I, II RN 136; Gronau, Persönlichkeitsrecht und Medienfreiheit, S. 163. 384 Bethge AfP 1980, 13 (16). 385 Frowein AöR 105 (1980), 169 (180). 386 Ausdrücklich Ipsen, Staatsrecht II, RNn 443 ff.; nicht so deutlich Stein/Frank, Staatsrecht, S. 309. 387 BVerfGE 7, 198 (209 f.); 28, 282 (292); 34, 269 (284); 44, 197 (201 f.); 50, 234 (241); 62, 230 (244); 71, 206 (214); 74, 297 (343); 91, 125 (135); 95, 220 (235 f.);

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H. Die Ermessensentscheidung

versteht unter allgemeinen Gesetzen solche, die sich weder gegen die Meinungsfreiheit an sich noch gegen bestimmte Meinungen richten, sondern dem Schutz eines schlechthin, ohne Rücksicht auf eine bestimmte Meinung zu schützenden Rechtsgutes dienen.389 Gleiches gilt in angepasster Form für die anderen Kommunikationsfreiheiten, also auch für die Rundfunkfreiheit. Nur auf diesem Wege390 wird zu einzelfallgerechten Ergebnissen gelangt. Damit ergibt sich eine zweistufige Prüfung. Zunächst ist unter Anwendung der Sonderrechtslehre zu untersuchen, ob sich § 176 GVG gegen den Rundfunk als solchen richtet. Anschließend ist im Sinne der Abwägungslehre zu prüfen, ob § 176 GVG einem schlechthin zu schützenden Rechtsgut dient.391 Zweck des § 176 GVG und so der Sitzungspolizei ist es, den äußeren, ordnungsgemäßen Ablauf der Sitzung, also eine geordnete Rechtspflege und eine ungestörte Wahrheitsfindung, sowie die Rechte der im Sitzungsbereich anwesenden Personen zu schützen.392 Der Struktur nach richtet sich § 176 GVG da97, 125 (146); BVerfG JZ 1986, 491 (491); BVerfG NJW 1996, 310 (310); kritisch Lücke, Die „allgemeinen“ Gesetze (Art. 5 Abs. 2 GG), S. 24 f. 388 Damit verbindet das Bundesverfassungsgericht die seit der Weimarer Reichsverfassung (der Streit spielte sich im Rahmen des Art. 118 Abs. 1 S. 1 WRV ab) im Widerstreit stehende Sonderrechts- und Abwägungslehre. Die Sonderrechtslehre stellte maßgeblich auf das Ziel des jeweiligen Gesetzes ab. Es darf danach, um den Anforderungen des heutigen Art. 5 Abs. 2 GG zu genügen, kein Sonderrecht gegen die Meinungsfreiheit enthalten. (so Häntzschel AöR 49/n. F. 10 (1926), 228 (232); Rothenbücher VVDStRL 4 (1928), 6 (20); Anschütz VVDStRL 4 (1928), 74 (75); Stern FSHübner, S. 815 (821 f.); Bettermann JZ 1964, 601 (603); Klein Der Staat 10 (1971), 145 (155); wohl auch Geiger FS-Arndt, S. 119 (138); Schmitt Glaeser Jura 1987, 567 (573); vgl. ausführlich und mit Kritik Lücke, Die „allgemeinen“ Gesetze (Art. 5 Abs. 2 GG), S. 4 ff.; ferner Pieroth/Schlink, Staatsrecht II, RNn 588 ff.; Ipsen, Staatsrecht II, RN 441) Nach der Abwägungslehre sind solche Gesetze allgemein im Sinne der Norm, wenn sie einem höher zu gewichtenden Allgemeininteresse dienen und deshalb sachlichen Vorrang vor der Meinungsfreiheit genießen. Notwendig ist nach dieser Lehre deshalb eine Güterabwägung. (so Smend VVDStRL 4 (1928), 44 (52); vgl. ausführlich und mit Kritik Lücke, Die „allgemeinen“ Gesetze (Art. 5 Abs. 2 GG), S. 17 ff.; ferner Pieroth/Schlink, Staatsrecht II, RN 591; Ipsen, Staatsrecht II, RN 442). 389 So auch BVerwGE 93, 323 (325); BGHZ 76, 55 (67); BAG NJW 1984, 826 (828); Rotsch, Journalistische Recherche, S. 40; Kuß, Öffentlichkeitsmaxime, S. 141; Ipsen, Staatsrecht II, RN 443; Fechner, Medienrecht, RN 117; Pieroth, in: Recht der Persönlichkeit, S. 249 (270); Stober DRiZ 1980, 3 (5); Hoffmann-Riem JZ 1986, 494 (494); Huster NJW 1996, 487 (488 ff.); kritisch Neben, Personenberichterstattung, S. 172 ff.; a. A. Lücke, Die „allgemeinen“ Gesetze (Art. 5 Abs. 2 GG), S. 26 ff.; Jarass/Pieroth/Jarass, Art. 5 RN 56; Windsheimer, Interpretationsgrundlage, S. 70. 390 Vgl. zu weiteren Ansichten Dreier I/Schulze-Fielitz, Art. 5 I, II RNn 143 f. 391 Vgl. Stark, Ehrenschutz in Deutschland, S. 101 f.; Dietlein, Schutzpflichten, S. 164; Stark JuS 1995, 689 (689). 392 BVerfGE 50, 234 (241); 91, 125 (136 f.); BVerfG DRiZ 1979, 189 (189); BVerfG NJW 1996, 310 (310); Lücke, Die „allgemeinen“ Gesetze (Art. 5 Abs. 2 GG), S. 48; Wenzel/von Strobl-Alberg, Wort- und Bildberichterstattung, Kap. 7 RN 33; Hoppe JuS 1991, 734 (736).

IV. Besondere Anforderungen an § 176 GVG

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bei keineswegs gegen eine der Kommunikationsfreiheiten. Die Norm ist nicht darauf angelegt, Handlungen der Rundfunkanbieter oder -mitarbeiter zu behindern. Dies wird deutlich, wenn man bedenkt, dass auf § 176 GVG basierende Anordnungen jeden Störer treffen können, also nicht nur den Rundfunk. Vor allem der für die Entscheidungsfindung maßgebende Schutz der Persönlichkeitsrechte steht nicht unter den Kommunikationsfreiheiten, sondern gleichrangig neben ihnen.393 Damit ist er der Rundfunkfreiheit nicht untergeordnet. Auch stellt das allgemeine Persönlichkeitsrecht, erinnert sei an die staatliche Handlungsverpflichtung394, ein schlechthin zu schützendes Rechtsgut im Sinne der obigen Definition dar. Abgesehen davon muss auch der Schutz der ungestörten Rechtsund Wahrheitsfindung als schlechthin schützenswert qualifiziert werden. § 176 GVG ist damit ein allgemeines Gesetz im Sinne des Art. 5 Abs. 2 GG und so geeignet, der Rundfunkfreiheit Schranken zu setzen.395 bb) Wechselwirkungslehre Der herrschenden Meinung zufolge kann es mit der Feststellung, § 176 GVG sei ein allgemeines Gesetz, sein Bewenden noch nicht haben. Insbesondere nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts396 müssen die allgemeinen Gesetze noch im Lichte des jeweils beschränkten Grundrechts ausgelegt werden, da nur so der wertsetzenden Bedeutung des Grundrechts auch auf der Rechtsanwendungsebene ausreichend Rechnung getragen wird.397 Dies ist Inhalt der sogenannten Wechselwirkungslehre.398 Teilweise wird die Haltbarkeit dieser Lehre in Zwei393

Vgl. H. I. 2. a). Vgl. H. II. 1. c). 395 BVerfGE 50, 234 (241); 91, 125 (131, 136) = NJW 1995, 184 (186); 103, 44 (59) = ZUM 2001, 220 (225); BVerfG NJW 1996, 310 (310); von Münch/Kunig I/ Wendt, Art. 5 RN 74; Olizeg, Hausrecht, S. 211; Bleckmann, Staatsrecht II, § 26 RN 99; Ricker/Schiwy, Rundfunkverfassungsrecht, F RN 110; Pieroth, in: Recht der Persönlichkeit, S. 249 (270); Stober DRiZ 1980, 3 (5); Scholz NStZ 1995, 42 (42 f.); Ernst NJW 2001, 1624 (1625). 396 Vgl. nur BVerfGE 7, 198 (208 f.); 12, 113 (124 f.); 20, 162 (176 f.); 35, 202 (223 f.); 42, 133 (141); 47, 198 (232); 54, 129 (163); 60, 234 (240); 68, 226 (231); 71, 206 (214); 77, 65 (75); 85, 1 (16); 91, 125 (136); BVerfG JZ 1986, 491 (491); BVerfG NJW 2000, 1859 (1860); BVerfG NJW-RR 2005, 661 (662); kritisch zu dieser Rechtsprechung zum Beispiel Knies FS-Stern, S. 1155 (1175 ff.); Nipperdey DVBl. 1958, 445 (448 f.); Ossenbühl NJW 1976, 2100 (2107); Scholz/Konrad AöR 123 (1998), 60 (95 f.); m.w. N. zu beiden Lagern Mackeprang, Ehrenschutz, S. 131 ff.; vgl. auch Kiesel NVwZ 1992, 1129 (1129 ff.). 397 Aus der Literatur beispielsweise auch Schmitt Glaeser AöR 113 (1988), 52 (91). 398 Vgl. BAG NJW 2005, 619 (621); BayObLG NJW 2005, 1291 (1292); LG Köln NJW-RR 2006, 908 (909); AG Hamburg NJW-RR 2005, 196 (198); Jarass/Pieroth/Jarass, Art. 5 RN 57; BK/Degenhart, Art. 5 Abs. 1 und 2 RN 72; Dreier I/SchulzeFielitz, Art. 5 I, II RNn 150, 158; von Münch/Kunig I/Wendt, Art. 5 RN 76; Sachs/ Bethge, Art. 5 RN 145; Erman/Ehmann, Anh § 12 RNn 277, 365; Mackeprang, Ehrenschutz, S. 131; Ahrens, Persönlichkeitsrecht, RN 7; Rotsch, Journalistische Recher394

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H. Die Ermessensentscheidung

fel gezogen. Entgegen einigen Stimmen in der Literatur399 ist der Wechselwirkungslehre die Berechtigung jedoch nicht abzusprechen. Würde der Wortlaut des Art. 5 Abs. 2 GG, der nur ein allgemeines Gesetz erfordert, nicht erweitert, könnten die Kommunikationsfreiheiten durch jedes allgemein gehaltene Gesetz beschränkt werden. Jedes noch so unbedeutende Rechtsgut könnte die Freiheiten des Art. 5 Abs. 1 GG beschränken. Das aber liefe sowohl der Intention des Verfassungsgebers als auch der Bedeutung der dort geschützten Grundrechte entgegen. Deshalb muss es bei den Anforderungen der Wechselwirkungslehre bleiben.400 Dementsprechend ist § 176 GVG im Lichte der hier betroffenen Rundfunkfreiheit auszulegen. Wie genau die inhaltlichen Anforderungen der Wechselwirkungslehre aussehen, ist, da jegliche Anhaltspunkte fehlen, umstritten. Die vertretenen Ansichten können in zwei Lager geordnet werden. Eines geht davon aus, dass letztlich eine Pflicht zur einzelfallorientierten Güterabwägung unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgebotes statuiert wird.401 Ein Ausgleich nach dem Prinzip der praktischen Konkordanz liefe der Intention des Art. 5 Abs. 2 GG, nämlich der Wahrung des besonderen Wertgehaltes des Art. 5 Abs. 1 GG, zuwider.402 Dem treten die Vertreter des anderen Lagers403 entgegen. Sie sehen in der Wechselwirkungslehre für bestimmte Konstellationen404 che, S. 42; Stark, Ehrenschutz in Deutschland, S. 102; Neben, Personenberichterstattung, S. 174; Gronau, Persönlichkeitsrecht und Medienfreiheit, S. 165; Olizeg, Hausrecht, S. 212 FN 100; Kuß, Öffentlichkeitsmaxime, S. 143; Fechner, Medienrecht, RN 119; Sachs, Verfassungsrecht II, B 4 RN 63; Pieroth/Schlink, Staatsrecht II, RN 595; Ipsen, Staatsrecht II, RNn 458 ff.; Siekmann/Duttge, Staatsrecht I, RNn 447, 465, 493; Stern FS-Hübner, S. 815 (820); Tettinger JZ 1983, 317 (318); Schmitt Glaeser Jura 1987, 567 (573); Schmitt Glaeser AöR 113 (1988), 52 (90 ff.); Tettinger JZ 1990, 846 (852); Hoppe JuS 1991, 734 (736); Kriele NJW 1994, 1897 (1898); Stark JuS 1995, 689 (689); Erichsen Jura 1996, 84 (87); Siems AfP 2004, 485 (485); auch als Schaukeltheorie bezeichnet von Hall/Peter JuS 1967, 355 (359); Tettinger JZ 1990, 846 (852); Klein DÖV 1999, 758 (763). 399 Statt vieler Nipperdey DVBl. 1958, 445 (448); Schwenk NJW 1962, 1320 (1322); Bettermann JZ 1962, 601 (602); Kiesel NVwZ 1992, 1229 (1130); Oeter AöR 119 (1994), 529 (539 ff.). 400 Ausdrücklich für die Wechselwirkungslehre streitet zum Beispiel Stark, Ehrenschutz in Deutschland, S. 101; vgl. auch Gronau, Persönlichkeitsrecht und Medienfreiheit, S. 167; Weber FS-Huber, S. 181 (187); Schmitt Glaeser JZ 1983, 95 (98); Stark JuS 1995, 689 (689); Klein DÖV 1999, 758 (764); Ernst NJW 2001, 1624 (1625). 401 BVerfGE 35, 202 (224); 85, 1 (16); 86, 122 (129 f.); 91, 125 (131, 136); LR VII/Wickern, § 176 GVG RN 36; Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 176 GVG RN 15; Dreier I/Schulze-Fielitz, Art. 5 I, II RN 159; Jarass/Pieroth/Jarass, Art. 5 RN 57; Rotsch, Journalistische Recherche, S. 42; Neben, Personenberichterstattung, S. 174, 180; Olizeg, Hausrecht, S. 212; Ricker/Schiwy, Rundfunkverfassungsrecht, B RN 17; Tettinger JZ 1990, 846 (852); Scholz NStZ 1995, 42 (42 f.); Klein DÖV 1999, 758 (763 f.). 402 So Stark, Ehrenschutz in Deutschland, S. 104. 403 von der Decken, Meinungsäußerungsfreiheit und Ehrenschutz, S. 133; Hesse, Verfassungsrecht, RN 72; Kuß, Öffentlichkeitsmaxime, S. 146 f.; Schmitt Glaeser AöR 97 (1972), S. 276 (283); Schmitt Glaeser AöR 113 (1988), 52 (91); ausdrücklich dagegen Stark, Ehrenschutz in Deutschland, S. 103 ff.

IV. Besondere Anforderungen an § 176 GVG

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durchaus einen Verweis auf das Institut der praktischen Konkordanz.405 Auch das Bundesverfassungsgericht406 scheint, wenn es eine verfassungsmäßige Zuordnung der durch Art. 5 Abs. 1 GG geschützten Grundrechte und der durch das Gesetz geschützten Rechtsgüter fordert, in einigen Entscheidungen auf das Prinzip der praktischen Konkordanz Bezug nehmen zu wollen.407 Eine gegenseitige Zuordnung ist nämlich eines der Wesensmerkmale der praktischen Konkordanz. Bezugspunkt hinsichtlich der Erfordernisse der Wechselwirkungslehre sind sowohl das Gesetz als solches als auch die jeweilige Maßnahme.408 Diejenigen, die auf eine verhältnismäßigkeitsorientierte Abwägung verweisen, müssen den Elementen des Übermaßverbotes entsprechend Geeignetheit, Erforderlichkeit und Angemessenheit untersuchen.409 Hinsichtlich § 176 GVG ergeben sich keine Schwierigkeiten. Da die Norm auch dem Schutz der grundrechtlich verbürgten Persönlichkeitsrechte dient, ist diese sitzungspolizeiliche Befugnisnorm geeignet und erforderlich, den angestrebten Schutz zu erreichen. Auch ist sie angemessen, da die Freiheiten aus Art. 5 Abs. 1 GG und Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG auf gleicher Stufe stehen. Die Rundfunkfreiheit wegen des Persönlichkeitsschutzes einzuschränken, kann nicht als unangemessen qualifiziert werden. Auch im Hinblick auf die praktische Konkordanz weist § 176 GVG keine Schwierigkeiten auf. Zu beachten ist, dass einseitige Betrachtungen zu Gunsten der Kommunikationsfreiheiten zu vermeiden sind.410 404 Den Inhalt der praktischen Konkordanz vor Augen muss auffallen, dass die Wechselwirkungstheorie des Bundesverfassungsgerichts nur dann auf den verfassungsmäßigen Ausgleich anspielen kann, wenn die einander gegenüberstehenden Rechtsgüter erstens Verfassungspositionen und zweitens gleichrangig sind. Anderenfalls bedarf es nämlich keines Ausgleichs. [zutreffend Stark, Ehrenschutz in Deutschland, S. 104; Schmitt Glaeser AöR 113 (1988), 52 (92)]. Es bestehen diesbezüglich zwei Möglichkeiten. Der seltenere der beiden Fälle ist der, dass die Freiheiten des Art. 5 Abs. 1 GG direkt aus der Verfassung selbst beschränkt werden. Die zweite, viel häufigere und auch hier vorliegende Variante ist die, dass die durch das jeweilige allgemeine Gesetz geschützten Rechtsgüter zugleich Werte von Verfassungsrang darstellen. [Schmitt Glaeser AöR 113 (1988), 52 (92)]. 405 Für diese Sicht wird das nach Ansicht des Verfassers zutreffende Argument vorgebracht, dass zum Beispiel eine Auslegung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG, das unter anderem hinter § 176 GVG steht, im Lichte des Art. 5 Abs. 1 GG der Lösung derartiger Konfliktfälle nicht nur nicht dienlich, sondern schlicht nicht durchführbar ist. (vgl. nur Mackeprang, Ehrenschutz, S. 217). 406 BVerfGE 59, 231 (265); 60, 234 (240); 62, 230 (244); 71, 162 (181); 74, 297 (337); anders aber erst kürzlich BVerfG NJW 2000, 1859 (1860). 407 Darauf verweist auch Schmitt Glaeser AöR 97 (1972), 276 (283); Schmitt Glaeser AöR 113 (1988), 52 (91). 408 Dreier I/Schulze-Fielitz, Art. 5 I, II RN 159; ähnlich Sachs/Bethge Art. 5 RN 145. 409 Ricker/Schiwy, Rundfunkverfassungsrecht, B RN 18, F RN 110; Tettinger JZ 1990, 846 (852).

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H. Die Ermessensentscheidung

Deshalb kann § 176 GVG hier nicht allein im Licht des Art. 5 Abs. 1 GG zu sehen sein. Vielmehr ist eine gleichrangige Berücksichtigung der beteiligten Verfassungspositionen geboten.411 Erst mit § 176 GVG ist es dem Vorsitzenden Richter möglich, einen interessengerechten Ausgleich der widerstreitenden Grundrechtspositionen herbeizuführen. Den Anforderungen der praktischen Konkordanz kommt § 176 GVG damit nach. Wird die Wechselwirkungslehre aber auf die konkrete Maßnahme bezogen, so kommen die verschiedenen Ansichten hier zu unterschiedlichen Ergebnissen. Das mit der jeweiligen Maßnahme verfolgte Ziel muss den einen zufolge als Ausfluss der Wechselwirkungslehre in einem angemessenen Verhältnis zu den Einbußen stehen, welche die Beschränkung für die Freiheiten des Art. 5 Abs. 1 GG bedeutet.412 Danach sind sämtliche tangierten Belange von Bedeutung.413 Hierzu kann auf die obigen Ausführungen verwiesen werden.414 Sowohl die bedingt angeordneten Aufnahmeverbote als auch die in Bezug auf die Verfahrensbeteiligten ausgesprochenen absoluten Verbote entsprechen den Anforderungen des Übermaßverbotes, erfüllen also die Erfordernisse der Wechselwirkungslehre. Allerdings gilt es auch dann zu beachten, dass das Erfordernis, für praktische Konkordanz zu sorgen, nicht entfällt, sondern neben den Anforderungen des Art. 5 Abs. 2 GG bestehen bleibt. Im Ergebnis also kann hiernach kein absolutes Aufnahmeverbot angeordnet werden, was allerdings nach dieser Ansicht nicht aus Art. 5 Abs. 2 GG folgt. Wird dem gegenüber in der Wechselwirkungslehre ein Verweis auf die praktische Konkordanz gesehen, folgt dieses Ergebnis auch aus der Wechselwirkungslehre, also aus Art. 5 Abs. 2 GG. Hierzu kann nach oben verwiesen werden.415 Während mit einem absoluten Aufnahmeverbot keine praktische Konkordanz hergestellt würde, erfüllt die Bindung der Aufnahmen an das Vorliegen entsprechender Einwilligungen auch unter Beachtung der besonderen Bedeutung der Rundfunkfreiheit die Voraussetzungen der praktischen Konkordanz. Aufnahmen aller Personen bleiben einerseits möglich, während andererseits die Persönlichkeitsrechte effektiv geschützt werden. Je nach dem Verständnis der Wechselwirkungslehre gehen die Ergebnisse in Bezug auf die Anforderungen des Art. 5 Abs. 2 GG also auseinander, wenn es um die konkreten Maßnahmen geht. Da so oder so aber am Erfordernis der praktischen Konkordanz festzuhalten ist, letztlich also nur der Ort deren Prü410

Rotsch, Journalistische Recherche, S. 40. Allgemeiner BVerfGE 44, 197 (204); Stark, Ehrenschutz in Deutschland, S. 104; Schmitt Glaeser AöR 113 (1988), 52 (92). 412 BVerfGE 59, 231 (265); Sachs/Bethge, Art. 5 RN 145. 413 BVerfGE 7, 198 (212); 93, 266 (293); Siekmann/Duttge, Staatsrecht I, RN 450. 414 Vgl. H. III. 2. 415 Vgl. H. III. 3. 411

IV. Besondere Anforderungen an § 176 GVG

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fung, entweder Art. 5 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GG oder Art. 5 Abs. 2 GG, variiert, müssen absolut angeordnete Aufnahmeverbote in jedem Falle als rechtswidrig qualifiziert werden. Art. 5 Abs. 2 GG hat damit keine Auswirkungen auf die rechtliche Bewertung der Handhabung von Bild- und Tonaufnahmen aus dem strafgerichtlichen Sitzungsbereich, weshalb darauf verzichtet wird, weiter auf die bestehenden Streitigkeiten einzugehen. 2. Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG In Bezug auf die sitzungspolizeilichen Maßnahmen gilt es, die Schrankenregelung des Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG416 zu untersuchen. Danach kann die Berufsfreiheit durch oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden. Rechtsgrundlage ist § 176 GVG. Die darauf gestützten Anordnungen müssen, wie bereits dargelegt, dem Übermaßverbot417 entsprechen. In Bezug auf die Erforderlichkeit und Angemessenheit der Maßnahme müssen die Besonderheiten der Berufsfreiheit beachtet werden.418 Die Anforderungen an die Rechtfertigung von Eingriffen in die Berufsfreiheit werden durch die vom Bundesverfassungsgericht 1958 im sogenannten „Apotheker-Urteil“419 erarbeitete „Stufenlehre“ näher konkretisiert.420 Danach orientiert sich die verfassungsrechtliche Rechtfertigung von Eingriffen mit steigender Intensität der Grundrechtsbeeinträchtigung an höherwertigen Belangen. Auch wenn das Bundesverfassungsgericht die Stufenlehre nicht mehr in der strikten Form wie früher anwendet421, sollte es doch bei den im „Apotheker-Urteil“ aufgestellten Grundsätzen bleiben.422 Denn die gestuften Anforderungen bringen schärfere Konturen, mehr Präzision und ein 416 Der Gesetzesvorbehalt bezieht sich, da ein einheitliches Grundrecht vorliegt, auf alle Bereiche der umfassend gewährten Berufsfreiheit. Vgl. BVerfGE 7, 377 (401 f.); 54, 237 (246); 84, 133 (148); 85, 360 (273); BGHZ 38, 13 (16 f.); Jarass/Pieroth/Jarass, Art. 12 RN 19; Glos, Berufsfreiheit und Grundfreiheiten, S. 199 f.; Sachs, Verfassungsrecht II, B 12 RN 32; Pieroth/Schlink, Staatsrecht II, RN 808; Siekmann/ Duttge, Staatsrecht I, RN 571; Erichsen Jura 1980, 551 (552 f.); Tettinger AöR 108 (1983), 92 (105); Höfling DVBl. 1987, 881 (883); kritisch Lücke, Die Berufsfreiheit, S. 26 ff.; Hufen NJW 1994, 2913 (2917); Gusy JA 1992, 257 (259 f.). 417 Zitiergebot und Wesensgehaltstheorie sollen hier keine Anwendung finden. Vgl. BVerfGE 13, 97 (122); Sachs/Tettinger, Art. 12 RN 81; Glos, Berufsfreiheit und Grundfreiheiten, S. 210. 418 Bezüglich der Geeignetheit kann nach oben verwiesen werden. Vgl. H. III. 2. c) aa). 419 BVerfGE 3, 377 (377 ff.). 420 Vgl. nur BVerfGE 7, 377 (401) und 61, 191 (309 ff.); zur Kritik an der Stufenlehre Sachs/Tettinger, Art. 12 RNn 123 ff.; Schwabe DÖV 1969, 734 (735 ff.); Rupp AöR 92 (1967), 212 (232 ff.); Hesse AöR 95 (1970), 449 (459 ff.); Ipsen JuS 1990, 634 (634 ff.); Gusy JA 1992, 257 (260, 263 f.); der Kritik tritt beispielsweise Papier DVBl. 1984, 801 (804) entgegen. 421 Vgl. dazu und zu den maßgebenden Entscheidungen Borrmann, Berufsfreiheit, S. 92.

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H. Die Ermessensentscheidung

gesteigertes Maß an Rationalität.423 Letztlich ist diese Stufenlehre nichts anderes als eine typisierte Prüfung der Verhältnismäßigkeit, die sich an Eingriffsbereich und -schwere orientiert.424 Der vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Stufenlehre entsprechend sind Eingriffe in die Berufsfreiheit in drei Gruppen einteilbar. Während auf der einen Seite Berufsausübungsbeschränkungen stehen, befinden sich auf der anderen Seite subjektive und objektive Berufswahlbeschränkungen. Primär ist eine Unterscheidung also dahingehend zu treffen, ob es um das „Ob“ oder um das „Wie“ der jeweiligen Berufsausübung geht.425 Die hier als Bezugspunkt zu wählende Bindung der Zulässigkeit der Bild- und Tonaufnahmen an das Vorliegen entsprechender Einwilligungen betrifft, da es im Hinblick auf die Anfertigung personenbezogener Aufnahmen im Gerichtsbereich nicht um ein eigenständiges Berufsbild geht, lediglich die Berufsausübung und so die mildeste Eingriffsstufe. Von daher gelten die speziellen auf Ausübungsregeln zugeschnittenen Anforderungen.426 Nach der Stufenlehre müsste im Rahmen der Erforderlichkeit zuerst untersucht werden, ob eine Maßnahme einer milderen Stufe gewählt werden kann und danach, ob es ein milderes Mittel auf derselben Stufe gibt, das gleich effektiv eingesetzt werden kann.427 Da sich der Vorsitzende Richter aber bereits auf der mildesten Ebene bewegt, kommt der Stufenlehre hier keine eigenständige Bedeutung zu. Aus diesem Grund kann nach oben verwiesen werden.428 Das in der Bindung der Aufnahmen an den Willen der Betroffenen liegende relative

422 Für die Aufgabe der Stufenlehre plädiert zum Beispiel Lücke, Die Berufsfreiheit, S. 52. 423 Papier DVBl. 1984, 801 (804). 424 BVerfGE 13, 97 (104); von Ameln, Berufsfreiheit, S. 13; Sachs, Verfassungsrecht II, B 12 RN 42; Siekmann/Duttge, Staatsrecht I, RN 573; Pieroth/Schlink, Staatsrecht II, RN 846; Tettinger AöR 108 (1983), 92 (122 f.); Papier DVBl. 1984, 801 (805); Czybulka NVwZ 1991, 145 (145); Hufen NJW 1994, 2913 (2917). 425 Vgl. dazu m.w. N. Glos, Berufsfreiheit und Grundfreiheiten, S. 204 ff. 426 Ein Ausnahmefall in Form einer sogenannten qualifizierten Berufsausübungsregel [vgl. Hohmann DVBl. 2000, 406 (412)] liegt, da die Voraussetzungen nicht erfüllt sind, nicht vor. Zu bejahen wäre ein solcher Fall nur, wenn die Berufsausübungsregelung so gravierend ist, dass die betroffenen Berufsträger zur Berufsaufgabe gezwungen werden. Dann sind die Anforderungen an Berufswahlbeschränkungen anzusetzen. [vgl. BVerfGE 30, 292 (315 f.); 31, 8 (29); 68, 155 (170 f.); Jarass/Pieroth/Jarass, Art. 12 RN 28; Glos, Berufsfreiheit und Grundfreiheiten, S. 209 f.; Pieroth/Schlink, Staatsrecht II, RNn 852, 854; Sachs, Verfassungsrecht II, B 12 RN 45; Ipsen, Staatsrecht II, RN 632; Siekmann/Duttge, Staatsrecht I, RN 594; Rupp AöR 92 (1967), 212 (235 ff.) Gentz NJW 1968, 1600 (1603); Bryde NJW 1984, 2177 (2182); Papier DVBl. 1984, 801 (803 f.); Höfling DVBl. 1987, 881 (883); Ipsen JuS 1990, 634 (635)]. 427 Glos, Berufsfreiheit und Grundfreiheiten, S. 208; Sachs, Verfassungsrecht II, B 12 RN 41; Pieroth/Schlink, Staatsrecht II, RN 849; Siekmann/Duttge, Staatsrecht I, RN 573; Stein, Staatsrecht, S. 365 f.; Hohmann DVBl. 2000, 406 (414 f.). 428 Vgl. H. III. 2. c) cc).

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Aufnahmeverbot, wie auch immer es konkret ausgestaltet wird, ist zum Schutze der Persönlichkeit notwendig. Erst bei der Angemessenheit kommt die Stufenlehre zum Tragen. Berufsausübungsregeln sind nach ihr gerechtfertigt, wenn Gesichtspunkte der Zweckmäßigkeit sie verlangen. Zu fordern sind insofern vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls429, um den Eingriff zu legitimieren.430 Abgesehen davon, dass die staatliche Handlungsverpflichtung den Vorsitzenden zwingt, in die Berufsfreiheit der aufnahmeherstellenden Personen einzugreifen, liegen die zu fordernden Gemeinwohlbelange in Bezug auf die personenbezogenen Bild- und Tonaufnahmen vor. Im Vordergrund steht das allgemeine Persönlichkeitsrecht in all seinen hier relevanten Ausprägungen. Bezüglich Angeklagten und Verurteilten ist vor allem auch auf das öffentliche Interesse daran, entsozialisierende und resozialisierungsgefährdende Effekte zu vermeiden, abzustellen.431 Dieses Interesse stellt einen vernünftigen Gemeinwohlbelang im Sinne der Stufenlehre dar. Im Hinblick auf alle betroffenen Personen ist festzustellen, dass auch der Schutz deren Persönlichkeitsrechte die Anforderungen des Art. 12 Abs. 1 GG erfüllt. Gleiches gilt im Übrigen für das Interesse der Allgemeinheit an einer funktionierenden Rechtspflege. Mithin sind die Anforderungen des Übermaßverbotes auch im Hinblick auf Berufsfreiheit und Stufenlehre erfüllt. Den Rundfunk auf die Abgabe von Einwilligungen der Betroffenen zu verweisen, stellt eine zulässige Beschränkung der Berufsfreiheit dar, soweit es um die Bindung der Aufnahmetätigkeiten an die Willen der Betroffenen geht. 3. Ergebnis Sowohl im Hinblick auf Art. 5 Abs. 2 GG als auch im Hinblick auf Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG werden die besonderen Anforderungen an die Rechtsgrundlage des § 176 GVG und an die hierauf zu stützende sitzungspolizeiliche Anordnung erfüllt.

429

Näher zu diesen Begriffen Czybulka NVwZ 1991, 145 (146 f.). BVerfGE 7, 377 (405); 16, 286 (297); 22, 1 (20); 26, 259 (264); 30, 292 (316); 65, 116 (125); 70, 1 (28); 78, 155 (162); 85, 248 (259); 95, 173 (183); BVerfGE NJW 2001, 353 (354); Jarass/Pieroth/Jarass, Art. 12 RN 36; Sachs/Tettinger, Art. 12 RN 101; von Ameln, Berufsfreiheit, S. 72; Glos, Berufsfreiheit und Grundfreiheiten, S. 209; Borrmann, Berufsfreiheit, S. 88; Sachs, Verfassungsrecht II, B 12 RNn 34 f., 39; Siekmann/Duttge, Staatsrecht I, RNn 572, 595; Ipsen, Staatsrecht II, RN 614; Pieroth/Schlink, Staatsrecht II, RN 855; Grabitz AöR 98 (1973), 568 (582 f.); Erichsen Jura 1980, 551 (556); Tettinger AöR 108 (1983), 92 (118 f.); Papier DVBl. 1984, 801 (804); Czybulka NVwZ 1991, 145 (146); Geisendörfer GewArch 1995, 41 (42); Hohmann DVBl. 2000, 406 (413); kritisch Hufen NJW 1994, 2913 (2917 f.). 431 Vgl. G. II. 1. b). 430

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H. Die Ermessensentscheidung

V. Zusammenfassung Die Ermessensentscheidung des Vorsitzenden Richters auf der Grundlage des § 176 GVG muss daher in nahezu allen Fällen zu Lasten der freien personenbezogenen Aufnahmetätigkeiten im Sitzungsbereich gehen. Die bereits zahlenmäßig überlegenen, gegen die Aufnahmen sprechenden Kriterien weisen ein höheres Gewicht auf, als die Kriterien, die sich für die Aufnahmen anführen lassen. Hinzu kommt, dass der Vorsitzende auf Grund der bestehenden Gefahren für die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen gehalten ist, aktiv schützend tätig zu werden. Damit besteht die Pflicht, in Rundfunk- und Berufsfreiheit einzugreifen. Die rechtliche Fixierung der Unter- und Obergrenze des sitzungspolizeilich möglichen Handelns in Form von Unter- und Übermaßverbot begrenzt den bestehenden Ermessensspielraum des Richters. Der notwendige persönlichkeitsrechtliche Mindestschutz wird allein dadurch, dass die „Pool-Lösung“ angeordnet wird, noch nicht gewährt. Vielmehr muss der Vorsitzende Richter den Rundfunk zumindest an die Willen der Betroffenen binden. Aufnahmen dürfen, das hat der Vorsitzende zum Schutze der Persönlichkeit anzuordnen, nur angefertigt werden, wenn die betroffenen Personen (ausdrücklich) eingewilligt haben. Hinsichtlich sämtlicher Verfahrensbeteiligten wäre die Anordnung eines absoluten Aufnahmeverbotes zwar verhältnismäßig, jedoch würde dies gegen die Erfordernisse der praktischen Konkordanz verstoßen. Mit einer solchen Entscheidung nach § 176 GVG wäre kein schonender Ausgleich der betroffenen Grundrechtspositionen gefunden. Im Ergebnis ist daher festzuhalten, dass der durch § 176 GVG gegebene Spielraum in Bezug auf die Handhabung von personenbezogenen Aufnahmen im Umfeld der strafgerichtlichen Hauptverhandlung stark eingeschränkt ist. Der Vorsitzende kann lediglich wählen, in welcher Form er den Rundfunk an das Vorliegen entsprechender Einwilligungen bindet. Nach dem hier gefundenen Ergebnis müsste die sitzungspolizeiliche Praxis also deutlich zu Lasten des Rundfunks und so zu Gunsten der Persönlichkeitsrechte der Betroffenen ausfallen. Dem folgt die aktuelle Praxis an den deutschen Landgerichten allerdings nicht. Dies gilt, und das ist das bemerkenswerte, unabhängig vom jeweils gewählten Ausgangspunkt. So werden an 88 Prozent der Landgerichte, die von einer generellen Erlaubnis der Aufnahmen ausgehen, maximal in einem Fünftel der Fälle Verbote erteilt.432 Trotz generellem Aufnahmeverbot werden an 69 Prozent der diesen Ausgangspunkt wählenden Landgerichte Erlaubnisse der Aufnahmen erteilt.433 Und schließlich werden auch an 82 Prozent der Landgerichte, die weder von einem generellen Verbot, noch von einer generellen Erlaubnis ausgehen zu einem Fünftel Verbote ausgesprochen, während in vier Fünftel der Fälle Erlaubnisse erteilt werden.434 Alles in allem 432 433

Vgl. die Auswertung der Frage 10 des Fragebogens in Anlage 3. Vgl. die Auswertung der Frage 11 des Fragebogens in Anlage 3.

V. Zusammenfassung

491

lässt sich daher eine medienfreundliche Praxis an den Landgerichten erkennen. Fasst man sämtliche Ergebnisse unabhängig vom Ausgangspunkt zusammen, steht die Praxis an nur 11 Landgerichten dem Rundfunk ablehnend gegenüber. An diesen, es sind knapp 11 Prozent der Landgerichte, ergehen überwiegend Aufnahmeverbote. Umgekehrt werden die Aufnahmen an 86 Landgerichten und so an 83 Prozent der Landgerichte überwiegend erlaubt. Insgesamt sind es beachtliche 74 Prozent der Landgerichte, an denen personenbezogene Bild- und Tonaufnahmen zu mindestens 80 Prozent erlaubt beziehungsweise nicht verboten werden. Nach den im Laufe der vorstehenden Bearbeitung gefundenen Ergebnissen muss die rundfunkfreundliche Sichtweise in Wissenschaft und Praxis überdacht werden, da sie weitgehend im Widerspruch zum notwendigen Schutz der Persönlichkeitsrechte der Betroffenen steht. Nur in wenigen Fällen liegen die Voraussetzungen vor, um den Persönlichkeitsschutz hinter die Interessen und Rechte auf Seiten des Rundfunks zurücktreten zu lassen.

434

Vgl. die Auswertung der Frage 12 des Fragebogens in Anlage 3.

J. Rechtsschutz gegen Anordnungen nach § 176 GVG Ist festgestellt, dass die Anfertigung von personenbezogenen Bild- und Tonaufnahmen im Umfeld der strafgerichtlichen Hauptverhandlung bei Fehlen entsprechender Einwilligungen, von Ausnahmen einmal abgesehen, zu untersagen ist, stellt sich insbesondere aus Sicht der Rundfunkanbieter die Frage nach Rechtsschutz gegen sitzungspolizeiliche Anordnungen. Die Relevanz der Rechtsschutzmöglichkeiten resultiert nicht zuletzt aus dem Umstand, dass die sitzungspolizeilichen Anordnungen regelmäßig in Grundrechte der beteiligten Personen eingreifen. Wird das Verständnis von Rechtsschutz weit gefasst und hierunter alle Möglichkeiten verstanden, wie die sitzungspolizeilich getroffene Maßnahme aufgehoben oder relativiert werden kann, so ergeben sich direkte und indirekte Rechtsschutzmöglichkeiten.

I. Indirekte Möglichkeiten Auf indirektem Wege bieten sich zwei Möglichkeiten, wie die Anordnung des Vorsitzenden Richters einer Kontrolle zugeführt werden kann. Es handelt sich dabei um den Befangenheitsantrag (§§ 24 Abs. 2, 26 StPO) und um die Dienstaufsichtsbeschwerde (§ 26 DRiG). Die Ablehnung des Vorsitzenden Richters auf Grund der Besorgnis der Befangenheit ist deshalb in Erwägung zu ziehen, weil sich eine derartige Voreingenommenheit auch in einer offensichtlich sachlich nicht gerechtfertigten sitzungspolizeilichen Maßnahme manifestieren kann.1 Die Voraussetzungen liegen vor, wenn aus objektiver Sicht des Ablehnungsberechtigten Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Richters gerechtfertigt ist.2 Über die Maßnahmen des 1 LG Hamburg StV 1981, 617; LG Berlin MDR 1982, 154 (154); OLG Braunschweig NJW 1995, 2113 (2113 ff.); LR VII/Wickern, § 176 GVG RN 51; Kissel/ Mayer, GVG, § 176 RN 49; Zöller/Gummer, ZPO, § 176 GVG RN 11; MK ZPO III/ Wolf, § 176 GVG RN 16; Kramer, Die Zurückweisung von Rechtsanwälten und deren zwangsweise Entfernung aus dem Sitzungssaal, S. 240; Kaehne, Die Anfechtung sitzungspolizeilicher Maßnahmen, S. 104; Rabe AnwBl. 1981, 331 (33); Molketin MDR 1984, 20 (22). 2 BVerfGE 88, 1 (4); BVerfG NJW 1995, 1277; BGHSt 1, 34 (39); 24, 336 (338); BGH StV 2003, 369 (370); OLG Braunschweig NJW 1995, 2113 (2113); LG Frankfurt StV 1997, 51 (52); KK/Pfeiffer, § 24 RN 2; Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 24 RN 8; Pfeiffer, § 24 RN 1; Kramer, Die Zurückweisung von Rechtsanwälten und deren

I. Indirekte Möglichkeiten

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Vorsitzenden würde dann von einem anderen Gremium (§ 27 StPO) entschieden. Allerdings steht dieser Weg dem Rundfunk nicht offen, da er ausweislich des Wortlautes des § 24 Abs. 3 StPO nicht antragsberechtigt ist. Dies sind vielmehr ausschließlich Staatsanwalt, Privatkläger und Beschuldigter. Nur wenn die Entscheidung hinsichtlich der Bild- und Tonaufnahmen zu Ungunsten dieser Personen ausfällt, kommt ein entsprechender Antrag in Betracht. Alle anderen, von den Aufnahmen betroffenen Personen3 einschließlich der Rundfunkanbieter und -mitarbeiter, sind somit nicht antragsberechtigt. Sofern ein Antrag auf Ablehnung des Richters allerdings zulässig und begründet ist, muss die gesamte Hauptverhandlung wiederholt werden, was letztlich die Aufhebung der vorherigen sitzungspolizeilichen Maßnahme mit sich bringt.4 Die andere indirekte Möglichkeit betrifft die Dienstaufsichtsbeschwerde, die grundsätzlich von sämtlichen Personen erhoben werden kann.5 Würde die sitzungspolizeiliche Maßnahme auf diesem Wege einer Kontrolle unterzogen, könnte es zu einer Ermahnung beziehungsweise Vorhaltung nach § 26 Abs. 2 DRiG kommen. Ein entsprechender Antrag des ursprünglich handelnden Richters führt dann entsprechend § 26 Abs. 3 DRiG zu einer Entscheidung des Dienstgerichts für Richter (§§ 77, 78 Nr. 4e DRiG). Hiergegen wiederum wäre dann eine Revision zum Bundesgerichtshof nach § 79 Abs. 2 DRiG möglich. In all diesen „Instanzen“ wäre die getroffene sitzungspolizeiliche Maßnahme als Ausgangspunkt des „Dienstweges“ Gegenstand der Betrachtungen. Allerdings gilt es die richterliche Unabhängigkeit, die auch in Bezug auf die Ausübung der sitzungspolizeilichen Befugnisse Geltung beansprucht6, zu berücksichtigen. Diese nämlich steht einer Kontrolle auf dem Dienstwege entgegen.7 So ordnet § 26 Abs. 1 DRiG auch ausdrücklich an, dass die Dienstaufsicht an der richterlichen Unabhängigkeit endet. Dieser Vorbehalt greift hier ein. In besonders gelagerten Fällen allerdings soll nach einer Ansicht8 anderes gelten, nämlich dann, wenn offensichtliche Fehlgriffe vorliegen. Noch einen Schritt weiter geht zwangsweise Entfernung aus dem Sitzungssaal, S. 239, 241; Schorn, Menschenwürde, S. 30; Beulke, Strafprozessrecht, RN 69; Fahl JA 1998, 186 (187); ausführlich Tummeltshammer, Ablehnung des Strafrichters, S. 49 ff. 3 Zu denken ist an Richter, Verteidiger, Zeugen, Sachverständige, Besucher und sonstiges Justizpersonal. 4 Gröner, Strafverteidiger und Sitzungspolizei, S. 177. 5 Daran denken beispielsweise auch LR VII/Wickern, § 176 GVG RN 50; Zöller/ Gummer, ZPO, § 176 GVG RN 9; Kramer, Die Zurückweisung von Rechtsanwälten und deren zwangsweise Entfernung aus dem Sitzungssaal, S. 251 ff.; Gröner, Strafverteidiger und Sitzungspolizei, S. 176 f. 6 Vgl. D. III. 7 So auch Kaehne, Die Anfechtung sitzungspolizeilicher Maßnahmen, S. 135. 8 BGHZ 67, 184 (186 ff.); Kissel/Mayer, GVG, § 177 RN 2; Zöller/Gummer, ZPO, § 176 GVG RN 9; Bonnem, Sitzungspolizei, S. 38; Frederich, Die Gerichtspolizei, S. 21; Kramer, Die Zurückweisung von Rechtsanwälten und deren zwangsweise Entfernung aus dem Sitzungssaal, S. 251; Müller NJW 1979, 22 (23 FN 21); in diese

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J. Rechtsschutz gegen Anordnungen nach § 176 GVG

Arndt 9. Nach ihm genügt für eine Überprüfbarkeit sitzungspolizeilicher Maßnahmen auf dem Dienstwege schon jede schuldhafte Pflichtverletzung, wobei eine Ermessenskontrolle aber ausgeschlossen sein soll. Diese Versuche, die umfassend gewährte richterliche Unabhängigkeit aufzuweichen, müssen indes strikt abgelehnt werden. Einzig der Rechtsprechung selbst kann es obliegen, entsprechende Kontrollen durchzuführen. Will man der enormen Bedeutung dieses Grundsatzes gerecht werden, können auch bei offensichtlichen Fehlgriffen und schuldhaften Pflichtverletzungen keine Ausnahmen gemacht werden.10 Überdies ist auf Grund der Komplexität der aufnahmebezogenen Entscheidung und der fehlenden gesetzlichen Regelungen fraglich, wann ein offensichtlicher oder schuldhafter Fehlgriff vorliegt. Die Dienstaufsichtsbeschwerde führt bezüglich § 176 GVG also nicht weiter.

II. Die Rolle des Art. 19 Abs. 4 GG Bevor die direkten Rechtsschutzmöglichkeiten gegen sitzungspolizeiliche Verfügungen betrachtet werden, ist es sinnvoll, sich mit der Rolle des Art. 19 Abs. 4 GG auseinander zu setzen. Dieser verlangt die Gewähr eines effektiven Rechtsschutzes. Denjenigen, die durch die öffentliche Gewalt in Rechten verletzt werden, muss der Rechtsweg offen stehen. Fallen, was zu untersuchen sein wird, auch sitzungspolizeiliche Anordnungen nach § 176 GVG hierunter, so muss von Verfassungs wegen ein Rechtsweg eröffnet sein.11 Maßgebend für die Weite des Regelungsgehaltes des Art. 19 Abs. 4 GG ist das Verständnis von der genannten öffentlichen Gewalt. Zu Recht wird von der herrschenden Meinung ein enges Verständnis an den Tag gelegt. Nur exekutive Akte sind danach von der Rechtsweggarantie umfasst. Im Hinblick auf richterliche Entscheidungen ist der Regelungsgehalt dagegen nicht betroffen.12 Denn Sinn und Zweck des Art. 19 Richtung auch Gröner, Strafverteidiger und Sitzungspolizei, S. 177; Arndt DRiZ 1978, 298 (302). 9 Arndt DRiZ 1978, 78. 10 MK ZPO III/Wolf, § 176 GVG RN 15; Grimm, Richterliche Unabhängigkeit, S. 88; Weidemann DRiZ 1970, 114 (116); Stürner JZ 1972, 664 (665 FN 6); Wolf NJW 1977, 1063 (1063). 11 BVerfGE 28, 21 (22); OLG Köln NJW 1963, 1508 (1508); OLG Hamburg NJW 1976, 1987; OLG Hamburg MDR 1992, 799; Haischmann, Sitzungspolizei, S. 85; Gröner, Strafverteidiger und Sitzungspolizei, S. 140 f. 12 BVerfGE 4, 74 (94); 11, 263 (265); 15, 275 (280); 22, 106 (110); 31, 87 (93 f.); 49, 329 (340); 65, 76 (90); 76, 93 (98); BVerwGE 1, 14 (60); OLG Köln NJW 1963, 1508 (1508); OLG Köln NJW 1966, 1761 (1771); OLG Hamburg NJW 1976, 1987; OLG Hamburg MDR 1977, 162 (163); OLG Hamburg MDR 1992, 799; Sachs/Krüger/Sachs, Art. 19 RN 120; Jarass/Pieroth/Jarass, Art. 19 RNn 34, 44; Umbach/Clemens/Kley/Rühmann, BVerfGG, § 90 RN 29; Zöller/Gummer, ZPO, § 176 GVG RN 9; Kramer, Die Zurückweisung von Rechtsanwälten und deren zwangsweise Entfernung aus dem Sitzungssaal, S. 246; Ellersiek, Beschwerde, S. 132 f. FN 126; Gröner, Straf-

II. Die Rolle des Art. 19 Abs. 4 GG

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Abs. 4 GG ist es, die Möglichkeit einer unabhängigen Gerichtsentscheidung sicherzustellen. Geht es aber um eine richterliche Entscheidung, so läuft dieser Zweck ins Leere. Es soll ein Schutz durch den Richter, nicht aber vor dem Richter gewährt werden. Wenn der Vorsitzende die Befugnisse des § 176 GVG wahrnimmt, so übt er eine richterliche beziehungsweise rechtsprechende Tätigkeit aus.13 Aus diesem Grund greift die Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG hier nicht ein.14 Diesem Ergebnis wird jedoch in mehrerlei Hinsicht widersprochen. Teilweise15 wird zwar zugestanden, dass es bei § 176 GVG an sich um eine richterliche Entscheidung gehe, nicht jedoch um eine klassische. Art. 19 Abs. 4 GG scheide jedoch erst bei Vorliegen einer klassisch richterlichen Tätigkeit aus, weshalb dies hier nicht der Fall sein könne. Andere16 sehen in der Ausübung sitzungspolizeilicher Befugnisse eine administrative Tätigkeit. Beide Einwände überzeugen nicht. Der enge Zusammenhang zwischen Rechtsprechung im engeren Sinne und der Sitzungspolizei ist unübersehbar. Erst wenn eine ruhige und sachliche Atmosphäre in Sitzung und Hauptverhandlung geschaffen ist, ist eine umfassende Wahrheitsfindung möglich. Es besteht diesbezüglich ein Abhängigkeitsverhältnis. Deshalb können sitzungspolizeiliche Anordnungen nach § 176 GVG nicht von den richterlichen Tätigkeiten im engeren Sinne getrennt werden. Eine in Bezug auf die Sitzungspolizei vorgenommene Unterscheidung zwischen klassischer und sonstiger richterlicher Tätigkeit ließe diesen Zusammenhang außer Acht. Es ist dogmatisch unhaltbar, Sitzungspolizei und exekutive Tätigkeit gleichzusetzen. Der Vorsitzende wird einzig als Richter tätig, nicht aber als Exekutivorgan. Schließlich wird, um das Eingreifen des Art. 19 Abs. 4 GG auszuschließen, darauf verwiesen, dass die Rechtsweggarantie nur dann nicht eingreife, wenn eine in völliger Unabhängigkeit getroffene richterliche Maßnahme vorliegt.17 Um dies zu bejahen, muss der Richter aus einer distanzierten Stellung eines verteidiger und Sitzungspolizei, S. 141; Amelung, Rechtsschutz, S. 22; Kaehne, Die Anfechtung sitzungspolizeilicher Maßnahmen, S. 164 f.; Zuck, Das Recht der Verfassungsbeschwerde, RN 391; Tietgen NJW 1956, 1129 (1132); Bettermann AöR 86 (1961), 129 (153, 170); Schenke VerwArch 1969, 332 (334); Schenke NJW 1976, 1816 (1819); Krekeler, NJW 1979, 185 (189); Amelung AnwBl. 1979, 321 (323); ausführlich Voßkuhle, Rechtsschutz, S. 146 ff.; a. A. wohl Bosch FamRZ 1987, 404 (405). 13 Vgl. D. III. 14 BVerfGE 28, 21 (21 f., 36); OLG Köln NJW 1963, 1508 (1508); OLG Hamburg NJW 1976, 1987; OLG Hamburg MDR 1992, 799; Zöller/Gummer, ZPO, § 176 GVG RN 9; Beermann/Stöcker, Steuerliches Verfahrensrecht, § 52 FGO RN 52; Ellersiek, Beschwerde, S. 133; Gröner, Strafverteidiger und Sitzungspolizei, S. 144; auf anderem Wege auch Haischmann, Sitzungspolizei, S. 85. 15 Amelung, Rechtsschutz, S. 22 f.; Fuhrmann GA 1963, 65 (71); Amelung NJW 1979, 1687 (1690 f.). 16 Hofmann, Sitzungspolizei, S. 68, 74; Kniestedt MDR 1960, 197 (197 f.); Kniestedt MDR 1961, 25; Krekeler, NJW 1979, 185 (189).

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J. Rechtsschutz gegen Anordnungen nach § 176 GVG

unbeteiligten Dritten entscheiden.18 Im Hinblick auf sitzungspolizeiliche Anordnungen, so wird angeführt, fehle es hieran. Da der entscheidende Richter, insbesondere wenn es um seinen eigenen Schutz geht19, dem zu entscheidenden Geschehen und Konflikt nicht neutral gegenüber stehe, soll Art. 19 Abs. 4 GG eingreifen.20 In die gleiche Richtung geht das Argument, der Vorsitzende Richter verfolge Interessen, die mit denen einer Verwaltungsbehörde vergleichbar seien21, weshalb befürchtet werden müsse, dass die Fähigkeit zur Neutralität beeinträchtigt ist beziehungsweise wird.22 Diese, auf die fehlende Unabhängigkeit abzielende Argumentation, überzeugt jedoch nicht. Der Vorsitzende Richter erfüllt lediglich seine Pflicht, den ungestörten Sitzungsablauf und so eine ungestörte Wahrheitserforschung zu ermöglichen, sowie die Persönlichkeitsrechte, aller Anwesenden zu schützen. Hiermit aber verfolgt der Vorsitzende keine Interessen einer Verwaltungsbehörde, sondern rein richterliche Interessen. Diese Tätigkeit wird vom Vorsitzenden, auch wenn es um den Schutz seiner selbst geht, unabhängig vorgenommen. Das Eingreifen des Art. 19 Abs. 4 GG kann nicht davon abhängig gemacht werden, zu wessen Schutz die Befugnisse des § 176 GVG genutzt werden. Aus Gründen der Rechtssicherheit muss die Frage der Rechtsschutzmöglichkeiten gegen sitzungspolizeiliche Anordnungen einheitlich beurteilt werden. Man könnte also allenfalls versuchen zu argumentieren, dass es in Bezug auf die Sitzungspolizei generell keine unabhängigen Richter gibt.23 Schon die Pauschalität eines solchen Ergebnisses zeigt, dass ein solcher Ansatz untragbar ist. Schließlich gilt es zu beachten, dass die sitzungspolizeilichen Anordnungen in der Mehrheit der Fälle zumindest auch im Interesse der ordnungsgemäßen Durchführung eines justizförmigen Verfahrens getroffen werden, was der Ablehnung richterlicher Neutralität auf Grund des fehlenden konkreten Personenbezuges ebenfalls entgegensteht.24 Die sitzungspolizeiliche Gewalt also ist 17 Vgl. nur BVerwGE 1, 60 (62); BFHE 64, 237 (238 f.); OLG Köln NJW 1963, 1508 (1508); OLG Hamburg NJW 1976, 1987; OLG Hamburg MDR 1992, 799; Kissel/Mayer, GVG, § 23 EGGVG RN 9; BK/Schenke, Art. 19 Abs. 4 RN 275; Jarass/ Pieroth/Jarass, Art. 19 RN 45; Sachs/Krüger/Sachs, Art. 19 RN 120 FN 332; Amelung, Rechtsschutz, S. 23; Ellersiek, Beschwerde, S. 134 ff.; Middelberg, Rechtsschutz, S. 120; Tietgen NJW 1956, 1129 (1133); Bettermann AöR 86 (1961), 129 (170); Bettermann AöR 96 (1971), 528 (537); ausführlich Voßkuhle, Rechtsschutz, S. 168 ff. 18 BVerfGE 21, 139 (145 f.); Ellersiek, Beschwerde, S. 134; Kollnig NJW 1967, 2045 (2046). 19 Kaehne, Die Anfechtung sitzungspolizeilicher Maßnahmen, S. 169. 20 Amelung, Rechtsschutz, S. 23; Voßkuhle, Rechtsschutz, S. 333; Kaehne, Die Anfechtung sitzungspolizeilicher Maßnahmen, S. 171; Amelung NJW 1979, 1687 (1690); Amelung AnwBl. 1979, 321 (323); Krekeler NJW 1979, 185 (189). 21 Amelung, Rechtsschutz, S. 22 f.; Ellersiek, Beschwerde, S. 134. 22 Ellersiek, Beschwerde, S. 134. 23 Gröner, Strafverteidiger und Sitzungspolizei, S. 143. 24 Kramer, Die Zurückweisung von Rechtsanwälten und deren zwangsweise Entfernung aus dem Sitzungssaal, S. 245 f.

III. Direkte Möglichkeiten

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auch in Bezug auf die Neutralität keine Abweichung von sonstigen richterlichen Tätigkeiten, sondern ein notwendiger Bestandteil derselben.25 Die Gefahr einer einseitigen Parteinahme ist hinsichtlich der Sitzungspolizei nicht anders einzuschätzen, als bei allen anderen richterlichen Tätigkeiten. Es muss daher bei der Unanwendbarkeit des Art. 19 Abs. 4 GG bleiben. Aus diesem Grund ist es aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht erforderlich, einen Rechtsweg gegen sitzungspolizeiliche Anordnungen bereitzustellen. Es kann daher kein Recht auf gerichtlichen Schutz gegen Maßnahmen der Sitzungspolizei geben.26

III. Direkte Möglichkeiten Dennoch finden sich im (Straf-)Verfahrensrecht mehrere Regelungen, die im Hinblick auf die Angreifbarkeit von sitzungspolizeilichen Verfügungen nach § 176 GVG zu diskutieren sind. Diese, im Folgenden darzustellenden Normen, böten, soweit sie einschlägig sind, die Möglichkeit, sitzungspolizeiliche Maßnahmen auf direktem Wege einer Kontrolle zuzuführen. 1. Rechtsschutz nach § 23 EGGVG In Betracht kommt zunächst Rechtsschutz über § 23 EGGVG. Dieser ermöglicht es, Justizverwaltungsakte einer gerichtlichen Kontrolle zu unterstellen. Jedes hoheitliche Handeln einer Justizbehörde zur Regelung einer einzelnen Angelegenheit auf einem der in § 23 Abs. 1 EGGVG genannten Gebiete, das geeignet ist, den Betroffenen in seinen Rechten zu verletzen, stellt einen solchen Justizverwaltungsakt dar.27 Der Begriff der verwaltenden Justizbehörden ist weit zu fassen und umfasst deshalb auch Gerichte, soweit sie verwaltend tätig werden.28 Dem stehen die richterlichen Tätigkeiten, welche wiederum als in 25 Kramer, Die Zurückweisung von Rechtsanwälten und deren zwangsweise Entfernung aus dem Sitzungssaal, S. 245. 26 Anders Ellersiek, Beschwerde, S. 136. 27 OLG Hamm MDR 1969, 600; VGH Mannheim NJW 1969, 1319 (1319 f.); OVG Hamburg NJW 1970, 1699 (1700); OVG Münster NJW 1977, 1790; KG NJW 1987, 197; KG NJW-RR 1994, 571 (571); Kissel/Mayer, GVG, § 23 EGGVG RN 29; KK/ Schoreit, § 23 EGGVG RN 21; Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 23 EGGVG RN 6; Schenke VerwArch 1969, 332 (345 f.); Schenke NJW 1976, 1816 (1818). 28 OLG Hamm NStZ 1983, 232 (232); OLG Karlsruhe NStZ 1993, 104; Kissel/ Mayer, GVG, § 23 EGGVG RN 14; KK/Schoreit, § 23 EGGVG RN 10; Kleinknecht/ Meyer-Goßner, § 23 EGGVG RN 2; Kramer, Die Zurückweisung von Rechtsanwälten und deren zwangsweise Entfernung aus dem Sitzungssaal, S. 253; Kaehne, Die Anfechtung sitzungspolizeilicher Maßnahmen, S. 94; Gröner, Strafverteidiger und Sitzungspolizei, S. 179; Altenhain JZ 1965, 756 (757).

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J. Rechtsschutz gegen Anordnungen nach § 176 GVG

Unabhängigkeit getroffene Entscheidungen zu verstehen sind29, gegenüber, für welche § 23 EGGVG nicht gilt.30 Da die Wahrnehmung der sitzungspolizeilichen Befugnisse als richterliche Tätigkeit zu qualifizieren ist, bleibt der Anwendungsbereich des § 23 EGGVG verschlossen. § 176 GVG führt nicht zu Justizverwaltungsakten, weshalb diesbezüglich keine Rechtsschutzmöglichkeit anzuerkennen ist.31 Auf Grund des eindeutigen Wortlautes muss eine analoge Anwendung, die soweit ersichtlich auch nirgends angenommen wird, von vornherein ausscheiden.32 2. Beschwerde nach § 181 GVG Während die Handhabung des § 23 EGGVG in Bezug auf § 176 GVG keine Schwierigkeiten bereitet, erscheint die Einordnung des § 181 GVG als überaus problematisch. Da diese Norm im Abschnitt der Sitzungspolizei des Gerichtsverfassungsgesetzes geregelt ist, erscheint es naheliegend, hieraus auch Rechtsschutz gegen Maßnahmen nach § 176 GVG abzuleiten. Die Vorschrift des § 181 GVG stellt allerdings ausdrücklich nur auf die §§ 178, 180 GVG ab, nicht aber auch auf den hier einzig interessierenden § 176 GVG. Der Wortsinn ist insoweit eindeutig. Aus diesem Grund kann die Norm hier zumindest nicht direkt angewandt werden.33 29 OLG Hamburg MDR 1992, 799; Kissel/Mayer, GVG, § 176 RN 1, § 23 EGGVG RN 39; Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 23 EGGVG RN 14; KK/Schoreit, § 23 EGGVG RN 12; Gröner, Strafverteidiger und Sitzungspolizei, S. 179; Schilken, Gerichtsverfassungsrecht, RN 202; Krekeler NJW 1979, 185 (186). 30 OLG Köln NJW 1966, 1761 (1761); OLG Hamm NStZ 1983, 232 (232); VGH München NJW 1995, 2940 (2940 f.); Kissel/Mayer, GVG, § 23 EGGVG RN 9, 39; KK/Schoreit, § 23 EGGVG RN 12; Kleinknecht/Meyer-Goßer, § 23 EGGVG RN 2; Kramer, Die Zurückweisung von Rechtsanwälten und deren zwangsweise Entfernung aus dem Sitzungssaal, S. 253; Gröner, Strafverteidiger und Sitzungspolizei, S. 179; Altenhain JZ 1965, 756 (757); Schenke NJW 1976, 1816 (1817). 31 OLG Hamburg MDR 1992, 799; LR VII/Wickern, § 176 GVG RN 47; Kissel/ Mayer, GVG, § 23 EGGVG RN 149; Haischmann, Sitzungspolizei, S. 85; Gröner, Strafverteidiger und Sitzungspolizei, S. 143, 166, 179; Kramer, Die Zurückweisung von Rechtsanwälten und deren zwangsweise Entfernung aus dem Sitzungssaal, S. 254; Burhoff, Strafrechtliche Hauptverhandlung, RN 811; Lilie, in: AE-StuM, S. 116 (120); Rüping ZZP 88 (1975); 212 (217); a. A. konsequenterweise Bosch FamRZ 1987, 404 (405). 32 Kaehne, Die Anfechtung sitzungspolizeilicher Maßnahmen, S. 103. 33 RGZ 43, 424 (427); OLG Hamm NJW 1972, 1246 (1247); OLG Hamburg NJW 1976, 1987; OLG Celle AfP 1978, 217 (218); OLG Koblenz NJW-RR 1987, 509 (509); OLG Zweibrücken StV 1988, 519 (519) = NStZ 1987, 477; Kramer, Die Zurückweisung von Rechtsanwälten und deren zwangsweise Entfernung aus dem Sitzungssaal, S. 241; Kaehne, Die Anfechtung sitzungspolizeilicher Maßnahmen, S. 70; Gröner, Strafverteidiger und Sitzungspolizei, S. 141 m.w. N.; Schilken, Gerichtsverfassungsrecht, RN 202; a. A. Voßkuhle, Rechtsschutz, S. 333, der den § 181 GVG verfassungskonform auslegen will. Wie gezeigt erfordert Art. 19 Abs. 4 GG allerdings keine derartige Auslegung. Im Übrigen gilt es den eindeutigen Wortsinn zu beachten.

III. Direkte Möglichkeiten

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Allerdings kommt eine analoge Anwendung in Betracht. In der Literatur wird vertreten und vehement verteidigt, dass die Beschwerde nach § 181 GVG analog gegen Maßnahmen nach § 176 GVG zuzulassen ist.34 Dem steht Art. 19 Abs. 4 GG nicht entgegen, da er einen Rechtsweg weder fordert noch verbietet.35 Um diesen Weg gehen zu können, müssen eine planwidrige Regelungslücke und eine vergleichbare Interessenlage als Analogievoraussetzungen bestehen.36 Um eine Aussage über die Interessenlagen treffen zu können, muss geklärt sein, worauf § 181 GVG abzielt. Hierbei kommt es auf die eigentlichen Maßnahmen an.37 Abgestellt wird ausweislich des Wortlautes des § 181 GVG maßgebend darauf, ob ein Ordnungsmittel festgesetzt wurde. Gegen diese also soll Rechtsschutz gewährt werden. Die Festsetzung von Ordnungsmitteln und Anordnungen nach § 176 GVG aber sind grundverschieden. Es macht daher einen großen Unterschied, ob Rechtsschutz gegen bloße Anordnungen nach § 176 GVG gewährt wird oder gegen die Festsetzung von Ordnungsmitteln. Eine vergleichbare Interessenlage kann somit nicht angenommen werden.38 Dieses Ergebnis findet sich in der zeitlichen Dimension der Maßnahmen bestätigt. Während Ordnungsmittel wegen Ungebühr (§ 178 GVG) regelmäßig nach dem Ende der Sitzung vollstreckt werden, erledigen sich sitzungspolizeiliche Maßnahmen regelmäßig zu diesem Zeitpunkt. Hieraus lässt sich die unterschiedliche Interessenlage ableiten.39 Zu Recht wird dem Bestehen einer planwidrigen Regelungslücke der eindeutige Wortlaut des § 181 GVG entgegengehalten.40 Der Gesetzgeber hat sich, das macht der Wortlaut deutlich, bewusst für die Ausgestaltung des Rechtsschutzes in Form des § 181 GVG entschieden. Die Entstehungsgeschichte dieser Norm 34 So Amelung, Rechtsschutz, S. 22 f.; Kühne, Strafprozesslehre, RN 389 FN 41; Wolf NJW 1977, 1063 (1064); Amelung NJW 1979, 1683 (1691); Amelung AnwBl. 1979, 321 (323); Krekeler NJW 1979, 185 (190); vorsichtiger MK ZPO III/Wolf, § 176 GVG RN 14. 35 So MK BGB V/Wolf, § 181 GVG RN 1; Gröner, Strafverteidiger und Sitzungspolizei, S. 147. 36 Vgl. nur Engisch, Einführung in das juristische Denken, S. 151 ff.; Schiffauer, Wortbedeutung und Rechtskenntnis, S. 44 f.; Groth, Die analoge Anwendung von OHG-Recht auf BGB-Gesellschaften, S. 35 ff.; Langhain, Analogie, S. 117 ff.; Gröner, Strafverteidiger und Sitzungspolizei, S. 147, 149. 37 Gröner, Strafverteidiger und Sitzungspolizei, S. 147 f. 38 Zutreffend Gröner, Strafverteidiger und Sitzungspolizei, S. 148 f., bezüglich § 177 GVG S. 148 f.; Kramer, Die Zurückweisung von Rechtsanwälten und deren zwangsweise Entfernung aus dem Sitzungssaal, S. 243 f. 39 Kramer, Die Zurückweisung von Rechtsanwälten und deren zwangsweise Entfernung aus dem Sitzungssaal, S. 244. 40 So auch LR VII/Wickern, § 181 GVG RN 1; ebenso wohl OLG Köln NJW 1963, 1508 (1508); a. A. Krekeler NJW 1979, 185 (190), der das Wortlautargument dadurch zu umgehen versucht, dass er dem Gesetzgeber aufgibt, für eine entsprechend klare Regelung zu sorgen; im Hinblick auf § 177 GVG Gröner, Strafverteidiger und Sitzungspolizei, S. 149 f.

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belegt, dass die in Bezug auf § 176 GVG bestehende Lücke bewusst geschaffen wurde. Sitzungspolizeiliche Maßnahmen sollen nicht mittels § 181 GVG anfechtbar sein.41 Hiergegen wendet sich Ellersiek42. Er argumentiert dahingehend, dass jede Anordnung nach § 176 GVG Grundrechte des Adressaten betrifft. Diese Auswirkungen sollen dem Gesetzgeber, als er die Norm geschaffen hat, nicht bekannt gewesen sein, weshalb eine planwidrige Regelungslücke nicht verneint werden könne.43 In der Tat gab es 1879, als das Gerichtsverfassungsgesetz in Kraft trat noch keine allgemeine Handlungsfreiheit im heutigen Sinne. Die allgemeine Handlungsfreiheit findet in der deutschen Verfassungsgeschichte kein Vorbild.44 Dennoch lässt sich hiermit keine Analogie begründen. Denn selbst, wenn man so eine planwidrige Regelungslücke annehmen müsste, würde einer Analogie die fehlende vergleichbare Interessenlage entgegenstehen. Zudem kann nach nunmehr reichlich 50 Jahren geltendem Grundgesetz und trotz Rufe nach der Erweiterung des § 181 GVG auf Maßnahmen nach § 176 GVG45 nicht mehr von einer dem Gesetzgeber, auf den heutigen ist abzustellen, unbekannten Sachlage ausgegangen werden. Schließlich sollte § 181 GVG auch nach der Intention des ursprünglichen Gesetzgebers nicht jede sitzungspolizeiliche Beschwer erfassen. Dies muss heute genauso wie damals gelten. Daher regelt § 181 GVG die Fälle typischer Grundrechtsverletzung durch Maßnahmen nach § 176 GVG dahingehend, dass sie nicht über § 181 GVG angreifbar sind.46 Da die Voraussetzungen für den Schluss einer Analogie zu § 181 GVG im Hinblick auf Maßnahmen nach § 176 GVG nicht gegeben sind, muss eine analoge Anwendung der Norm abgelehnt werden. § 181 GVG gewährt hinsichtlich Maßnahmen nach § 176 GVG weder direkt noch analog Rechtsschutz.47

41 OLG Nürnberg MDR 1969, 600; Hahn, Die gesamten Materialien zu den Reichs-Justizgesetzen, Band 3, S. 340, 841, 882; Kaehne, Die Anfechtung sitzungspolizeilicher Maßnahmen, S. 70. 42 Ellersiek, Beschwerde, S. 134 f. 43 Allerdings gelangt er nicht zur Anwendbarkeit von § 181 GVG, sondern zu dessen Verfassungswidrigkeit. Vgl. Ellersiek, Beschwerde, S. 136. 44 Vgl. Sachs/Murswiek, Art. 2 RN 1. 45 Vgl. nur Amelung, Rechtsschutz, S. 70; Amelung AnwBl. 1979, 321 (324); Amelung NJW 1979, 1687 (1692); in diese Richtung auch Kaehne, Die Anfechtung sitzungspolizeilicher Maßnahmen, S. 173. 46 A. A. ausdrücklich Ellersiek, Beschwerde, S. 135. 47 Kramer, Die Zurückweisung von Rechtsanwälten und deren zwangsweise Entfernung aus dem Sitzungssaal, S. 250; Kaehne, Die Anfechtung sitzungspolizeilicher Maßnahmen, S. 71; letztlich auch OLG Koblenz FamRZ 1987, 404.

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3. Anrufung des Gerichts nach § 238 Abs. 2 StPO Ähnlich problematisch, aber in der Strafprozessordnung verortet, ist die Rechtsschutzmöglichkeit nach § 238 Abs. 2 StPO. Diesem Sonderfall der Beschwerde ist ein weiter Anwendungsbereich zuzusprechen.48 Gegen sämtliche sachleitende Anordnungen des Vorsitzenden Richters kann danach das Gericht als Kollegialorgan angerufen werden. § 238 Abs. 2 StPO bietet dabei einen sachgerechten Weg, die Tätigkeiten des Vorsitzenden Richters schnell49 und innerinstanzlich zu kontrollieren.50 In Bezug auf sitzungspolizeiliche Anordnungen nach § 176 GVG könnte dem Rechtsschutzbegehren des Betroffenen so ohne Anrufung einer weiteren Instanz rasch nachgekommen werden.51 Jedoch kann dieses wünschenswerte Ergebnis nur erreicht werden, wenn § 238 Abs. 2 StPO hier anwendbar ist. Dem könnte bereits die Regelung des § 181 GVG entgegenstehen. Da die dort normierte Beschwerdemöglichkeit aber keine abschließende Regelung darstellt, ist dem nicht so. Während über § 181 Abs. 3 GVG eine weitere Instanz, das Oberlandesgericht, angerufen wird, statuiert § 238 Abs. 2 StPO eine innerinstanzliche Kontrolle. Die Anrufung des Gerichts also bleibt, auch wenn § 181 GVG hinsichtlich der Oberlandesgerichte abschließend sein sollte, unberührt52. Für die Eröffnung des Rechtsschutzes nach § 238 Abs. 2 StPO ist vielmehr entscheidend, wie das bereits angesprochene53 Verhältnis von Sitzungspolizei und Sachleitung eingeschätzt wird. Nur bei sachleitenden Maßnahmen nämlich ist es ausweislich des Wortlautes des § 238 Abs. 2 StPO statthaft, das Gericht anzurufen. Zu klären ist also, ob Maßnahmen auf Basis des § 176 GVG solche der Sachleitung im Sinne des § 238 Abs. 2 StPO sind. a) Die vertretenen Ansichten Diesbezüglich und folglich auch in puncto Rechtsschutz gegen Maßnahmen nach § 176 GVG werden in Literatur und Rechtsprechung verschiedene Positionen bezogen. Dies ist dem Umstand geschuldet, dass das Gesetz nicht näher vorgibt, was unter sachleitenden Anordnungen zu verstehen ist. Nach einer Ansicht54 sollen sitzungspolizeiliche Maßnahmen überhaupt nicht unter § 238 48

Erker, Beanstandungsrecht, S. 64. Gröner, Strafverteidiger und Sitzungspolizei, S. 163; Fuhrmann GA 1963, 65 (67, 72). 50 Erker, Beanstandungsrecht, S. 67. 51 Darauf weisen hin Gröner, Strafverteidiger und Sitzungspolizei, S. 163; Fuhrmann GA 1963, 65 (67, 72); Amelung NJW 1979, 1687 (1691). 52 Erker, Beanstandungsrecht, S. 65; Gröner, Strafverteidiger und Sitzungspolizei, S. 181. 53 Vgl. D. I. 1. 49

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StPO und so auch nicht unter dessen Absatz 2 fallen. Sitzungspolizei und Verhandlungs- beziehungsweise Sachleitung seien strikt zu trennende Bereiche. Eine Anrufung des Gerichts wäre danach nicht möglich. Zum selben Ergebnis, aber auf anderem Wege gelangt eine weitere Ansicht.55 Dieser zufolge sind Maßnahmen der Sitzungspolizei zwar der formellen Verhandlungsleitung (§ 238 Abs. 1 StPO), nicht aber der Sachleitung (§ 238 Abs. 2 StPO) zuzuordnen. Auch hiernach bliebe den Betroffenen ein Rechtsschutz über die Anrufung des Gerichts versagt. Schließlich wird zunehmend eine differenzierende Sichtweise vertreten. Sitzungspolizeiliche Anordnungen sind hiernach ebenfalls der formellen Verhandlungsleitung zuzuordnen. Da diese zur Sachleitung aber nicht scharf abgegrenzt werden kann56, müsse für jeden Einzelfall geprüft werden, ob eine sachleitende Anordnung gegeben ist. Bereits das Reichsgericht57 nahm eine einzelfallorientierte Haltung ein, nach welcher die Wirkungen der konkreten Maßnahme über die Anwendbarkeit des § 238 Abs. 2 StPO entschied. Der Bundesgerichtshof58 ist dieser Ansicht gefolgt. Auch in der Literatur59 wird dementsprechend befürwortet, sich an den Wirkungen der jeweiligen Anordnung zu orientieren. Folge dieser Sichtweise ist, dass mitunter auch sitzungspolizeiliche Maßnahmen als 54 So RG DJZ 1927, 1694; LR (23. Aufl.)/Schäfer, § 176 GVG RNn 1, 7, 26; Bonnem, Sitzungspolizei, S. 13, 35 f.; Haischmann, Sitzungspolizei, S. 11; Durrieu, Sitzungspolizei, S. 7 ff., 14; Ulmer, Sitzungspolizei, S. 9; Wild, Sitzungspolizei, S. 3 ff.; Gmelch, „Ungebühr vor Gericht“, S. 11 f.; Wolf, Gerichtsverfassungsrecht, S. 256; Alsberg ZStW 50 (1930), 73 (74). 55 So RGSt 54, 110 (113 f.); BGH NJW 1957, 271; BGHSt 10, 202 (207) = NJW 1957, 881 (881); OLG Hamm NJW 1972, 1246 (1247); OLG Zweibrücken StV 1988, 519 (519 f.) = NStZ 1987, 477; Greiser, Die gestörte Hauptverhandlung, S. 36; Friedmann, Sitzungspolizei, S. 36 ff.; Kramer, Die Zurückweisung von Rechtsanwälten und deren zwangsweise Entfernung aus dem Sitzungssaal, S. 242; Goldschmidt JW 1929, 2684 (2686); wohl auch Krey, Strafverfahrensrecht II, RN 676. 56 Vgl. D. I. 1. c). 57 RGSt 54, 110 (111 f.). 58 BGHSt 3, 386; 17, 201; 18, 179 (180); BGH NJW 1957, 271; BGH NJW 1962, 260 (261). 59 LR VII/Wickern, § 176 GVG RN 45; Wassermann II,2/Schöch, § 238 RN 31; KK/Tolksdorf, § 238 RN 6; HD/Julius, § 238 RN 4; Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 238 N 5; Pfeiffer, StPO, § 238 RN 4; KMR/Paulus, § 238 RN 11 ff.; Schmidt, Lehrkommentar, § 238 RN 6; Schwentker, Ausschluß der Beschwerde, S. 88; Ranft, Strafprozessrecht, RN 1453; Burhoff, Strafrechtliche Hauptverhandlung, RN 811; Schlüchter, Das Strafverfahren RN 452.2; Schmid FS-Mayer, S. 543 (552); Fuhrmann GA 1963, 65 (71); Michel MDR 1994, 648; in diese Richtung wohl auch schon RGSt 19, 354 (355) mit Analyse bei Erker, Beanstandungsrecht, S. 21 f.; insofern inkonsequent LR IV/Gollwitzer, § 238, der einerseits die Leitbegriffe differenziert (RN 19) dann aber alle beschwerenden Maßnahmen für angreifbar erklärt (RN 21); auf die mögliche Beeinflussung der Entscheidung abstellend SK StPO/Schlüchter, § 238 RNn 7, 9; Pfeiffer, StPO, § 238 RN 2; Beulke, Strafprozessrecht, RN 373; Dieblich NStZ 1988, 288 (289); undifferenziert Schellenberg, Die Hauptverhandlung im Strafverfahren, S. 46.

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solche der Sachleitung zu qualifizieren sind und eine Anrufung des Gerichts so prinzipiell möglich ist.60 b) Stellungnahme Für die Ausklammerung sitzungspolizeilicher Maßnahmen aus dem § 238 StPO wird angeführt, dass der Inhalt dieser Maßnahmen gerade von Stand und Inhalt des konkreten Verfahrens unabhängig ist, es also an der notwendigen Verfahrensabhängigkeit fehlt.61 Dieser formalen Argumentation steht jedoch der Zusammenhang von Verfahren und Sitzungspolizei entgegen. Die auf Grund von Bild- und Tonaufnahmen geschaffene Gefahrenlage ist auch vom konkreten Verfahren abhängig. Es macht einen Unterschied, ob ein Bagatelldelikt oder zum Beispiel ein Sexualdelikt verhandelt wird. Da die staatliche Handlungsverpflichtung, welcher mittels sitzungspolizeilicher Anordnungen nachzukommen ist, direkt an diese Gefahrenlage gebunden ist62, wird auch das sitzungspolizeiliche Handeln durch den Inhalt des konkreten Verfahrens beeinflusst. Zudem dient § 176 GVG auch dazu, die äußere Ordnung des Verfahrens sicherzustellen.63 Da § 238 Abs. 1 StPO für die formelle Verhandlungsleitung auf den Erhalt der äußeren Ordnung abstellt64, erscheint es verfehlt, diesbezüglich ein Ausschlussverhältnis zu bejahen. Dieses Argument wird mit dem Verweis versucht zu entkräften, dass sitzungspolizeiliche Maßnahmen der äußerlich ordnungsgemäßen Durchführung der Gerichtsaufgaben und so dem äußeren Rahmen65 dienen, während die formelle Verhandlungsleitung den äußeren Fortgang des Verfahrens betreffen soll, letztlich also dem sachlichen Vorankommen der Verhandlung.66 Eine derartige Trennung aber entbehrt jeder Grundlage. Bereits zwischen den Begriffen des äußerlichen Rahmens und des äußerlichen Fortgangs der Verhandlung kann nicht eindeutig unterschieden werden.67 Auf der 60 Wassermann II,2/Schöch, § 238 RN 31; KMR/Paulus, § 238 RN 12; KK/Tolksdorf, § 238 RN 6; Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 238 RN 13; Roxin, Strafverfahrensrecht, § 42 RN 14; Erker, Beanstandungsrecht, S. 68; Kaehne, Die Anfechtung sitzungspolizeilicher Maßnahmen, S. 82; Schmid FS-Mayer, S. 543 (548, 558); Fuhrmann GA 1963, 65 (71); Maßnahmen der Sitzungspolizei dagegen ausschließend Schmidt, Lehrkommentar, § 238 RN 8. 61 Haischmann, Sitzungspolizei, S. 11; Durrieu, Sitzungspolizei, S. 8 f., 10; Wild, Sitzungspolizei, S. 3 ff.; Gmelch, „Ungebühr vor Gericht“, S. 11. 62 Vgl. H. II. 1. c). 63 Vgl. D. III. 2. 64 Vgl. D. I. 65 Bonnem, Sitzungspolizei, S. 13; Haischmann, Sitzungspolizei, S. 3; Durrieu, Sitzungspolizei, S. 8 f.; Gmelch, „Ungebühr vor Gericht“, S. 12; Kramer, Die Zurückweisung von Rechtsanwälten und deren zwangsweise Entfernung aus dem Sitzungssaal, S. 242. 66 LR (23. Aufl.)/Schäfer, § 176 GVG RNn 1; Gmelch, „Ungebühr vor Gericht“, S. 12; Haischmann, Sitzungspolizei, S. 3.

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inhaltlichen Ebene setzt sich dies fort. Gröner bezeichnet das Verhältnis von Sitzungspolizei und Verhandlungsleitung zutreffend als „. . . zwei sich schneidende Kreise . . .“68. Dem kann auch nicht die Tatsache entgegengesetzt werden, dass die Sitzungspolizei allein im Gerichtsverfassungsgesetz und nicht in der Strafprozessordnung geregelt ist.69 Denn allein der Ort einer Regelung, hier das Gerichtsverfassungsgesetz, das übrigens wie die Strafprozessordnung auch Verfahrensrecht ist, kann nicht darüber entscheiden, ob eine Maßnahme zur Verhandlungsleitung gehört oder nicht.70 Sitzungspolizeiliche Anordnungen können daher durchaus verhandlungsleitenden Charakter haben.71 Fraglich ist dann aber, ob dem pauschalen Ausschluss dieser Maßnahmen aus dem Regelungsbereich des § 238 Abs. 2 StPO zu folgen ist. Hier nun kommt die schon dargestellte Abgrenzungsproblematik zwischen formeller Verhandlungsleitung und materieller Sachleitung72 zum Tragen. Die hier zu diskutierende zweitgenannte Ansicht steht und fällt mit der Möglichkeit, zwischen § 238 Abs. 1 StPO und § 238 Abs. 2 StPO verlässlich zu unterscheiden. Dies ist im Hinblick auf Verhandlungs- und Sachleitung aber gerade nicht der Fall.73 Zwar scheint der Wortlaut des § 238 StPO eine Differenzierung zu erfordern, jedoch weist bereits die Entstehungsgeschichte der Norm in eine andere Richtung. Abgesehen davon kann auch inhaltlich jede formell verhandlungsleitende Maßnahme zugleich eine der Sachleitung sein. Der pauschale Ausschluss sitzungspolizeilicher Anordnungen aus dem Regelungsbereich des § 238 Abs. 2 StPO lässt sich daher nicht aufrecht erhalten.74 Einzig die differenzierende Sichtweise trägt der nicht strikt durchführbaren Trennung zwischen Verhandlungs- und Sachleitung ausreichend Rechnung. Da Anordnungen nach § 176 GVG durchaus geeignet sind, in die Rechte anderer einzugreifen und den Ausgang des Verfahrens zu beeinflussen, kann den Betroffenen der Rechtsbehelf des § 238 Abs. 2 StPO gegen sitzungspolizeiliche Verfügungen nach § 176 GVG nicht pauschal abgesprochen werden.75 Amelung76 tritt jenen, die § 238 Abs. 2 StPO für anwendbar erklären mit dem Argument entgegen, dass die Anforderungen des Art. 19 Abs. 4 GG hier nicht erfüllt sind, da der ursprüngliche Richter erneut entscheide. Da auch im Hinblick auf sitzungspoli67

Mit Beispiel Gröner, Strafverteidiger und Sitzungspolizei, S. 156. Gröner, Strafverteidiger und Sitzungspolizei, S. 157; auf die Bedeutungslosigkeit des Ortes der Regelung weist auch das OLG Karlsruhe NJW 1977, 309 (309) hin. 69 Alsberg ZStW 50 (1930), 73 (74). 70 Zutreffend Fuhrmann GA 1963, 65 (68). 71 Dazu Gröner, Strafverteidiger und Sitzungspolizei, S. 156. 72 Vgl. D. I. 1. 73 Vgl. D. I. 1. a). 74 Zutreffend Gröner, Strafverteidiger und Sitzungspolizei, S. 159. 75 Gröner, Strafverteidiger und Sitzungspolizei, S. 163. 76 Amelung NJW 1979, 1687 (1691); zustimmend Krekeler NJW 1979, 185 (189). 68

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zeiliche Maßnahmen nach § 176 GVG den Richtern ihre Unabhängigkeit und Neutralität nicht abgesprochen werden kann77, überzeugt dieser Einwand nicht. Insofern muss es bei der differenzierenden Sichtweise bleiben. Ob § 238 Abs. 2 StPO eingreift oder nicht, hängt also von den Wirkungen der jeweils in Rede stehenden sitzungspolizeilichen Maßnahme ab. c) Aufnahmebezogene Anordnungen und Sachleitung Zu klären ist also, ob mit den aufnahmebezogenen Maßnahmen, wie gezeigt, geht es hier lediglich um die Bindung der Aufnahmetätigkeiten an den Willen der betroffenen Personen, sachleitende Wirkungen verbunden sind. Zutreffend arbeitete Gröner78 drei Voraussetzungen heraus, bei deren Vorliegen eine Anfechtung jeder richterlichen Maßnahme nach § 238 Abs. 2 StPO möglich ist. Nur wenn diese vorliegen, ist ein Rechtsschutz auf diesem Wege möglich.79 Erforderlich ist zunächst, dass eine richterliche Anordnung vorliegt. Hierunter sind alle Maßnahmen zu verstehen, mit denen der Vorsitzende Richter auf den Ablauf des Verfahrens und auf die Verfahrensbeteiligten einwirkt.80 Indem Verfügungen nach § 176 GVG der äußeren Ordnung und den Rechten von Verfahrensbeteiligten und Besuchern dienen81, erfüllen sie diese Voraussetzung.82 Denn eine ungestörte Wahrheitsfindung wird so erst ermöglicht. Hiervon machen auch die aufnahmenbezogenen Anordnungen des Vorsitzenden Richters keine Ausnahme. Des Weiteren muss die betreffende Anordnung als unzulässig gerügt werden. Um diese Voraussetzung zu erfüllen genügt es, wenn der Betroffene die Unzulässigkeit schlüssig behauptet.83 Unzulässig meint hierbei die nicht gerechtfertigte Beeinträchtigung von Verfahrensrechten.84 Das bedeutet im Umkehrschluss, da Verfahrensrechte nur den Verfahrensbeteiligten zustehen, dass nur diese beanstandungsberechtigt sind.85 Die so begrenzte Beanstandungs77 78 79

Vgl. D. III. Gröner, Strafverteidiger und Sitzungspolizei, S. 160 ff. Vgl. auch OLG Hamm NJW 1972, 1246 (1247); LR IV/Gollwitzer, § 238 RN

24. 80 Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 238 RN 11; Gröner, Strafverteidiger und Sitzungspolizei, S. 160; Erker, Beanstandungsrecht, S. 64; Schmid FS-Mayer, S. 543 (551); Fuhrmann GA 1963, 65 (68); weiter Alsberg LZ 1914, 1169 (1175). 81 Vgl. D. III. 2. 82 Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 238 RN 11; Gröner, Strafverteidiger und Sitzungspolizei, S. 160; Schmid FS-Mayer, S. 543 (558); Fuhrmann GA 1963, 65 (68). 83 Das tatsächliche Vorliegen dagegen ist nicht notwendig. Vgl. nur LR IV/Gollwitzer, § 238 RN 22 FN 63; Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 238 RN 13; Gröner, Strafverteidiger und Sitzungspolizei, S. 161; Schmid FS-Mayer, S. 543 (549). 84 Vgl. an dieser Stelle nur LR IV/Gollwitzer, § 238 RN 23; KK/Tolksdorf, § 238 RNn 6, 12; KMR/Paulus, § 238 RNn 11, 42 ff.; Schroeder, Strafprozessrecht, RN 207; Schmid FS-Mayer, S. 543 (548, 558); Krekeler NJW 1979, 185 (189); Ebert StV 1997, 269 (275).

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berechtigung ist im Hinblick auf die Herstellung von Bild- und Tonaufnahmen von hoher Bedeutung, da sie dazu führt, dass weder die Besucher des Sitzungsbereiches noch die von den Verfügungen betroffenen Rundfunkanbieter und -mitarbeiter den Weg über § 238 Abs. 2 StPO beschreiten können.86 Diese Beschränkung wird zwar gelegentlich kritisiert87, jedoch kommt man an dem insoweit eindeutigen Wortlaut des § 238 Abs. 2 StPO, der die Beanstandung von einer „. . . bei der Verhandlung beteiligten Person . . .“ verlangt, nicht vorbei. Schließlich ist als Hauptelement die sachleitende Wirkung der Anordnung erforderlich.88 Die Umschreibungen für diese Wirkung variieren. So wird von einer beschwerenden Wirkung beziehungsweise von einem beschwerenden Einfluss auf die Entscheidung gesprochen.89 In ähnlicher Weise wird eine sachleitende Wirkung dann bejaht, wenn die Anordnung ausnahmsweise über die mit ihr bezweckte Abwehr einer Störung hinaus in Verfahrensrechte eines Beteiligten eingreift.90 Teilweise wird auch darauf abgestellt, ob die jeweiligen Maßnahmen in formeller oder materieller Hinsicht Einfluss auf die Entscheidung haben können.91 Um die sachleitende Wirkung umschreiben zu können, muss der Ausgangspunkt der sein, dass jede sitzungspolizeiliche Maßnahme eine beschwerende Wirkung aufweist. Richtigerweise ist daher erforderlich, dass ein unzulässiger Eingriff in Verfahrensrechte als möglich erscheint.92 Zu klären ist deshalb, ob die jeweilige Maßnahme eine Beschwer bewirkt oder nicht93, sie in 85 So KK/Tolksdorf, § 238 RN 11; LR IV/Gollwitzer, § 238 RN 26; Kleinknecht/ Meyer-Goßner, § 238 RN 14; SK StPO/Schlüchter, § 238 RN 13; Pfeiffer, § 238 RN 4; Fuhrmann GA 1963, 65 (67 FN 8); gegen die Einbeziehung auch der Richter allerdings Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 238 RN 14; Erker, Beanstandungsrecht, S. 54 ff., 71; Bohnert, Revision, S. 179 ff.; Schwentker, Ausschluß der Beschwerde, S. 88; Ranft, Strafprozessrecht, RN 1452; a. A. Ebert StV 1997, 269 (275), nach dem die Anrufung jederzeit und auch ohne Beschwer möglich sein soll. 86 Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 238 RN 14; Erker, Beanstandungsrecht, S. 75 f. 87 Schmid FS-Mayer, S. 543 (552). 88 LR IV/Gollwitzer, § 238 RN 21; Gröner, Strafverteidiger und Sitzungspolizei, S. 160. 89 KK/Tolksdorf, § 238 RN 6; LR IV/Gollwitzer, § 238 RN 23; Kleinknecht/MeyerGoßner, § 238 RN 13; Pfeiffer, StPO, § 238 RN 4; KMR/Paulus, § 238 RN 11; Krey, Strafprozessrecht, RN 675; Erker, Beanstandungsrecht, S. 52, 134; Schmid FS-Mayer, S. 543 (548); Fuhrmann GA 1963, 65 (68). 90 BGHSt 17, 201; LR IV/Gollwitzer, § 238 RN 23; KK/Tolksdorf, § 238 RNn 6, 12; Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 238 RNn 11, 13, 17; KMR/Paulus, § 238 RNn 11, 42 ff.; Pfeiffer, § 238 RN 4; Erker, Beanstandungsrecht, S. 64 ff.; Schroeder, Strafprozessrecht, RN 207; Schmid FS-Mayer, S. 543 (548, 558); Seibert JR 1952, 470 (471); Fuhrmann GA 1963, 65 (73); Hanack JZ 1972, 81 (82); Krekeler NJW 1979, 185 (189); Ebert StV 1997, 269 (275); das sieht auch Roxin, Strafverfahrensrecht, § 42 RN 14 so, der die Trennungslösung hinsichtlich § 238 Abs. 1 und Abs. 2 StPO vertritt, ein. 91 So Pfeiffer, StPO, § 238 RN 2; KK/Tolksdorf, § 238 RN 6. 92 Vgl. nur KK/Tolksdorf, § 238 RN 6; Schmid FS-Mayer, S. 543 (552); Fuhrmann GA 1963, 65 (70).

III. Direkte Möglichkeiten

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Verfahrensrechte eingreift94 beziehungsweise deren Rechtskreis betrifft.95 Hier nun liegt das eigentliche Problem der sitzungspolizeilichen Maßnahmen nach § 176 GVG. Zunächst einmal ist festzuhalten, dass es eine ganze Reihe von sitzungspolizeilichen Anordnungen des Vorsitzenden Richters gibt, die geeignet sind, die Stellung von Verfahrensbeteiligten zu beeinträchtigen und die Wahrnehmung von Verfahrensrechten zu behindern.96 Werden Bild- und Tonaufnahmen erlaubt, das ist für die beanstandungsberechtigten Verfahrensbeteiligten der relevantere Fall, beziehungsweise untersagt, so wird in Grundrechte eingegriffen. Diese aber stellen keine Verfahrensrechte dar, auch nicht das allgemeine Persönlichkeitsrecht. Es lassen sich also keine Verfahrensrechte finden, die durch die aufnahmebezogenen, sitzungspolizeilich angeordneten Maßnahmen beeinträchtigt werden können. Da diese somit keine sachleitenden Wirkungen aufweisen, fallen sie nicht in den Anwendungsbereich des § 238 Abs. 2 StPO.97 Damit scheidet ein Rechtsschutz in Form der Anrufung des Gerichts hier personenunabhängig aus. 4. Beschwerde nach §§ 304 ff. StPO Schließlich kommt als strafprozessualer Rechtsbehelf eine Beschwerde nach den §§ 304 ff. StPO in Betracht. Hiernach erfolgt Rechtsschutz gegen strafprozessuale Grundrechtseingriffe.98 Beschwerdeberechtigt ist hier jede Person, die durch die angegriffene Maßnahme in ihren Rechten verletzt, also beschwert ist.99 Indem die aufnahmebezogenen sitzungspolizeilichen Anordnungen in Rundfunk- und Berufsfreiheit beziehungsweise in das allgemeine Persönlichkeitsrecht eingreifen, ist die geforderte Rechtsverletzung schnell gefunden. Auf Grund des § 304 Abs. 2 StPO, der auch den Status eines Verfahrensbeteiligten entbehrlich werden lässt100, ergibt sich in personeller Hinsicht eine umfassende 93 Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 238 RN 13; KMR/Paulus, § 238 RN 11; Erker, Beanstandungsrecht, S. 51 ff.; Schmid FS-Mayer, S. 543 (552). 94 LR IV/Gollwitzer, § 238 RN 23; Schäfer, Die Praxis des Strafverfahrens, RN 878. 95 KMR/Paulus, § 238 RN 11; Wassermann II,2/Schöch, § 238 RN 35. 96 Vgl. Fuhrmann GA 1963, 65 (71). 97 BGHSt 10, 202 (207) = NJW 1957, 881 (881); MK ZPO III/Wolf, § 176 GVG RN 14; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann/Albers, Zivilprozessordnung, § 176 GVG RN 6; Lilie, in: AE-StuM, S. 116 (120); Ernst ZUM 1996, 187 (189); letztlich auch Kissel/Mayer, GVG, § 176 RN 48. 98 Amelung NJW 1979, 1687 (1690). 99 KK/Engelhardt, § 403 RN 26; Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 304 RN 6; Pfeiffer, § 304 RN 1; Gröner, Strafverteidiger und Sitzungspolizei, S. 166; Amelung, Rechtsschutz, S. 18. 100 Dritte im Sinne der Norm sind diejenigen Personen, die durch die richterlichen Maßnahmen unmittelbar betroffen sind, ohne Verfahrensbeteiligte zu sein. Vgl.

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J. Rechtsschutz gegen Anordnungen nach § 176 GVG

Beschwerdemöglichkeit aller von den sitzungspolizeilichen Maßnahmen betroffenen Personen. Gemäß § 304 Abs. 1 StPO steht der Beschwerdeweg in gegenständlicher Hinsicht offen, wenn es sich um richterliche Maßnahmen handelt. Auch die sitzungspolizeilichen Maßnahmen könnten danach, da vom Vorsitzenden Richter angeordnet, unter die zulässigen Beschwerdegegenstände fallen.101 Allerdings kommen gleich mehrere Gründe in Betracht, auf Grund derer die Eröffnung des Beschwerdeweges im Hinblick auf die aufnahmebezogenen sitzungspolizeilichen Anordnungen auszuschließen wäre. Einer soll aus dem justizförmig verwaltenden Charakter der Sitzungspolizei102 folgen. Da sitzungspolizeiliche Maßnahmen funktional der Verwaltungstätigkeit zuzuordnen seien103, können sie nicht mit der nur auf Rechtsprechungsaufgaben im engeren Sinn bezogenen Beschwerde104 angegriffen werden.105 Da die Wahrnehmung der sitzungspolizeilichen Befugnisse aber der richterlichen Tätigkeit und damit letztlich der rechtsprechenden Gewalt zuzuordnen ist106, vermag dieser Einwand nicht zu überzeugen. Im Gegenteil spricht der rechtsprechungsbezogene Charakter der Sitzungspolizei für die Eröffnung des Beschwerdeweges. Weiter könnte einer Beschwerde § 305 StPO entgegenstehen. Zu trennen sind dabei die Sätze 1 und 2. Nach § 305 S. 1 StPO unterliegen Entscheidungen der erkennenden Gerichte, die der Urteilsfindung vorausgehen nicht der Beschwerde. § 176 GVG dürfte also keine derartige Entscheidung darstellen. Eine Entscheidung dient nur dann der Urteilsfindung, wenn zwischen der jeweiligen Maßnahme und der Urteilsfällung ein innerer, sachlicher Zusammenhang besteht.107 Bereits im Rahmen des § 238 StPO108 wurde darauf hingewiesen, dass auch sitzungspolizeiliche Maßnahmen Einfluss auf die Rechts- und Urteilsfindung haben können.109 Der geforderte innere und sachliche Zusammenhang

BGHSt 27, 175 (175); KK/Engelhardt, § 304 RN 28; Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 304 RN 7; Pfeiffer, § 304 RN 1; Ellersiek, Beschwerde, S. 112. 101 Gröner, Strafverteidiger und Sitzungspolizei, S. 166. 102 OLG Karlsruhe NJW 1977, 309 (309); OLG Hamburg NJW 1976, 1987; LR (23. Aufl.)/Schäfer, § 176 GVG RNn 1, 26; Kniestedt MDR 1960, 197 (197 f.); Kniestedt MDR 1961, 25; Krekeler NJW 1979, 185 (189); ausdrücklich dagegen OLG Zweibrücken StV 1988, 519 (519) = NStZ 1987, 477. 103 Insbesondere Hofmann, Sitzungspolizei, S. 38 ff. 104 LR (23. Aufl.)/Schäfer, § 176 GVG RN 26. 105 LR (23. Aufl.)/Schäfer, § 176 GVG RN 26. 106 Vgl. D. III. 107 OLG Karlsruhe NJW 1977, 309 (309); Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 305 RN 1; Pfeiffer, § 305 RN 2; Gröner, Strafverteidiger und Sitzungspolizei, S. 168; Kaehne, Die Anfechtung sitzungspolizeilicher Maßnahmen, S. 74; Beulke, Strafprozessrecht, RN 578. 108 Zur Übertragbarkeit des Verständnisses von § 238 StPO auf § 305 S. 1 StPO vgl. Schwentker, Ausschluß der Beschwerde, S. 86 ff.

III. Direkte Möglichkeiten

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läge dann vor. Im Hinblick auf die aufnahmebezogenen Verfügungen des Vorsitzenden Richters nach § 176 GVG wurde jedoch festgestellt, dass sachleitende Wirkungen gerade nicht vorliegen. Und dennoch wird der Urteilsfällung gedient, indem eine Atmosphäre von Ruhe und Sachlichkeit geschaffen wird.110 Danach erscheint es zunächst möglich, als griffe § 305 S. 1 StPO ein. Da aber richtigerweise zu fordern ist, dass die jeweilige richterliche Maßnahme die Urteilsfindung unmittelbar vorbereitet111, ist dem hier nicht so. Denn die Rechtswirkungen sind in den vorliegenden Fällen auf den Rundfunk als Störer beziehungsweise auf die Betroffenen gerichtet. Diese Wirkungen stehen in keinem direkten Zusammenhang zum späteren Urteil, vor allem nicht, wenn die sitzungspolizeilichen Maßnahmen gegen die Aufnahmepraxis des Rundfunks gerichtet sind. Diese gehen dem Urteil daher nicht im Sinne des § 305 S. 1 StPO voraus112 und sind so nicht von der Beschwerde ausgeschlossen. Auf die Ausnahmeregelung des § 305 S. 2 StPO kommt es daher gar nicht an.113 Damit hängt die Eröffnung des Beschwerdeweges vom Verständnis des § 304 Abs. 1 S. 2 StPO ab. Nach diesem ist eine Beschwerde ausgeschlossen, wenn das Gesetz die in Rede stehende richterliche Maßnahme ausdrücklich einer Anfechtung entzieht. In Bezug auf Maßnahmen des Vorsitzenden Richters nach § 176 GVG könnte ein solcher Anfechtungsausschluss in § 181 GVG zu erblicken sein. In der Normierung des § 181 GVG muss also ein gesetzlich angeordneter Ausschluss auch der Beschwerdemöglichkeit bezüglich § 176 GVG zu sehen sein, damit der Vorbehalt des § 304 Abs. 1 S. 2 StPO greift. Ob dem so ist, ist umstritten. Teilweise wird unter Berufung auf den Wortlaut des § 181 Abs. 1 GVG ein Beschwerdeausschluss auch bezüglich § 176 GVG angenommen. Die ausdrückliche Zulassung der Beschwerde114 gegen Maßnahmen nach den §§ 178 und 180 GVG verneine im Umkehrschluss die Beanstandung von Maß109

Vgl. D. I. 1. c). Vgl. D. III. 2. 111 Gröner, Strafverteidiger und Sitzungspolizei, S. 168. 112 OLG Karlsruhe NJW 1977, 309 (309); Gröner, Strafverteidiger und Sitzungspolizei, S. 168. 113 Dennoch sei darauf hingewiesen, dass Dritte im Sinne dieser Norm diejenigen Personen sind, die nicht notwendige Prozessbeteiligte sind. Nur Gericht, Staatsanwalt und Angeklagter sind daher Nichtdritte. (Für den Zeugen zum Beispiel KK/Engelhardt, § 305 RN 11; KMR/Plöd, § 305 RN 10; SK StPO/Frisch, § 305 RN 30) Die Rundfunkanbieter sind daher Dritte im Sinne der Norm. Die Voraussetzung der Betroffenheit, die vorliegt, wenn in eigene Rechte unmittelbar eingegriffen wird und diese Eingriffe nicht rückwirkend beseitigbar sind. (KK/Engelhardt, § 305 RN 10; Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 305 RN 6; Pfeiffer, § 305 RN 3) Da der zu fordernde sitzungspolizeiliche Schutz der Betroffenen vor den Film- und Tonaufnahmen in Art. 5 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GG und Art. 12 Abs. 1 GG eingreift und keine Möglichkeit besteht, diese Eingriffe zu beseitigen, ist der Rundfunk auch Betroffener im Sinne des § 305 S. 1 StPO. Auch wenn dessen Satz 1 entgegen der hier vertretenen Ansicht verstanden würde, wäre eine Beschwerde des Rundfunks wegen § 305 S. 2 StPO nicht ausgeschlossen. 110

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J. Rechtsschutz gegen Anordnungen nach § 176 GVG

nahmen nach § 176 GVG mittels irgendeiner Beschwerde.115 Die Gegenansicht verweist in differenzierender Hinsicht auf die Regelungsweite der §§ 176 ff. GVG. § 181 GVG sei auf die Sitzungspolizei beschränkt. Daraus folge, dass er dann keine abschließende Regelung mehr darstelle, sobald eine Maßnahme über den sitzungspolizeilichen Bereich hinausgehende Wirkungen enthalte.116 Hierfür spricht, dass der Anwendungsbereich einer Norm auch deren Ausschlusswirkung begrenzen muss. Daher kann der Beschwerdeweg nur dann offen stehen, wenn die aufnahmebezogene Anordnung des Vorsitzenden Richters nach § 176 GVG Rechtswirkungen aufweist, die über rein sitzungspolizeiliche Wirkungen hinausgehen.117 Eine lediglich beschwerende Wirkung kann, da den sitzungspolizeilichen Verfügungen immanent, für die Annahme einer weitergehenden Wirkung in diesem Sinne nicht ausreichen. Damit, dass Grundrechte durch die sitzungspolizeilichen Maßnahmen beschränkt werden, kann hier also nicht argumentiert werden.118 Es ist also mehr erforderlich als eine von Verfahrensrechten unabhängige Beschwer.119 Eine weitergehende Rechtswirkung ist dementsprechend erst anzunehmen, wenn die Beschwer in den Bereich der Sachentscheidung hineinreicht und Verfahrensrechte beeinträchtigt.120 Es zeigt sich darin die enge Verwandtschaft zu der Behandlung des § 238 Abs. 2 StPO. Diesbezüglich aber war festzustellen, dass die hier relevanten Anordnungen im Hinblick auf die Anfertigung von Bild- und Tonaufnahmen gerade keine sachleitenden Wir114 Umstritten ist, ob es sich hierbei um eine sofortige Beschwerde oder um ein Rechtsmittel eigener Art handelt. Für sofortige Beschwerde beispielsweise OLG München JW 1926, 2568; OLG München NJW 1968, 307 (308); OLG Schleswig NJW 1971, 1321 (1321); Pfeiffer, StPO, § 181 RN 1; LR VII/Wickern, § 181 GVG RN 2; Kissel/Mayer, GVG, § 176 RN 2; KK/Diemer, § 181 GVG RN 1; Kleinknecht/MeyerGoßner, § 181 GVG RN 1; Kühne, Strafprozessrecht, RN 1037; Dünnebier NJW 1976, 1 (2); Schiemann NJW 2002, 112; Ein Rechtsmittel eigener Art nehmen zum Beispiel an OLG Dresden JW 1930, 734; OLG Düsseldorf MDR 1977, 413; Rehbinder MDR 1963, 640 (645). 115 BVerfGE 91, 125 (133); BayObLG NJW 1956, 390 (390); OLG Köln NJW 1963, 1508 (1508); OLG Nürnberg MDR 1969, 600; OLG Hamm NJW 1972, 1246 (1247); OLG Hamburg NJW 1976, 1987; OLG Hamburg MDR 1977, 162 (162); OLG Koblenz FamRZ 1987, 404; OLG Karlsruhe NJW 1977, 309 (309); OLG Zweibrücken StV 1988, 519 (519) = NStZ 1987, 477; OLG Koblenz NJW-RR 1987, 509 (509); LR VII/Wickern, § 176 GVG RN 46; Wassermann II,2/Schöch, § 238 RN 40; Kissel/Mayer, GVG, § 177 RN 30; MK ZPO III/Wolf, § 176 GVG RN 14; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann/Albers, Zivilprozessordnung, § 176 GVG RN 6; Durrieu, Sitzungspolizei, S. 14; Friedmann, Sitzungspolizei, S. 67; Lehr NStZ 2001, 63 (66); offen gelassen von Kühne, Strafprozessrecht, RN 706.2; Dünnebier NJW 1976, 1 (2). 116 So OLG Karlsruhe NJW 1977, 309 (309); Wild, Sitzungspolizei, S. 21; Erker, Beanstandungsrecht, S. 65; Ellersiek, Beschwerde, S. 134; Gröner, Strafverteidiger und Sitzungspolizei, S. 182; Burhoff, Strafrechtliche Hauptverhandlung, RN 811. 117 OLG Karlsruhe NJW 1977, 309 (309 f.); Gröner, Strafverteidiger und Sitzungspolizei, S. 185. 118 So aber wohl Ellersiek, Beschwerde, S. 134 f. 119 Gröner, Strafverteidiger und Sitzungspolizei, S. 183. 120 Mit Beispiel Gröner, Strafverteidiger und Sitzungspolizei, S. 183 f.

III. Direkte Möglichkeiten

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kungen und so keine unmittelbaren Auswirkungen auf die Sachentscheidung aufweisen. Verfahrensrechte werden nämlich nicht betroffen.121 Daher ist auch nach dieser Ansicht eine Ausschlusswirkung des § 181 GVG anzunehmen. Damit ist für die vorliegenden Fälle der Beschwerdeweg gegen die aufnahmebezogenen Maßnahmen des Vorsitzenden Richters wegen § 304 Abs. 1 S. 2 StPO in Verbindung mit § 181 GVG versperrt. Auch die §§ 304 ff. StPO bieten hier also keine Rechtsschutzmöglichkeit.122 Im Übrigen wird zutreffend eingewandt, dass in aller Regel schon gar kein Bedürfnis für eine Beschwerde besteht. Der Grund hierfür liegt darin, dass die sitzungspolizeilichen Maßnahmen keine über die Dauer der Sitzung hinausgehende Wirkungen haben.123 5. Verfassungsbeschwerde nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG Das gesamte (Straf-)Verfahrensrecht also bietet keinerlei Möglichkeiten, gegen die sitzungspolizeilichen Anordnungen des Vorsitzenden Richters nach § 176 GVG vorzugehen. Daher bleibt nur der Gang vor das Bundesverfassungsgericht mittels einer Verfassungsbeschwerde nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG übrig.124 Im Gegensatz zu Art. 19 Abs. 4 GG sind, dies folgt aus Art. 1 Abs. 3 GG, hier sämtliche Gewalten erfasst.125 Auch Maßnahmen der rechtsprechenden Gewalt sind so beschwerdefähig. Daher können auch sitzungspolizeiliche Maßnahmen, die zu dieser Gewalt zu zählen sind, vor dem Bundesverfassungsgericht mit der Begründung, in Grundrechten verletzt zu sein, angegriffen wer121

Vgl. I. III. 3. c). So auch Kaehne, Die Anfechtung sitzungspolizeilicher Maßnahmen, S. 77; Lilie, in: AE-StuM, S. 116 (120); kritisch Ellersiek, Beschwerde, S. 132 ff. 123 So beispielsweise LR VII/Wickern, § 176 GVG RN 46. 124 BVerfGE 50, 234 (238 f.) = NJW 1979, 1400 (1400); 87, 334 (338) = NJW 1992, 3288 (3288); 91, 125 (133) = NJW 1995, 184 (185); BVerfG NStZ 2000, 543 (543); BVerfG NJW 2006, 1500 (1501); Kissel/Mayer, GVG, § 176 RN 48; LR VII/ Wickern, § 176 GVG RN 49; Gröner, Strafverteidiger und Sitzungspolizei, S. 175 f.; Kramer, Die Zurückweisung von Rechtsanwälten und deren zwangsweise Entfernung aus dem Sitzungssaal, S. 254; Haischmann, Sitzungspolizei, S. 84; Britz, Fernsehaufnahmen, S. 115; Kaehne, Die Anfechtung sitzungspolizeilicher Maßnahmen, S. 135; Burhoff, Strafrechtliche Hauptverhandlung, RN 811; Schilken, Gerichtsverfassungsrecht, RN 227; Lilie, in: AE-StuM, S. 116 (120); Müller NJW 1979, 22 (23); Ernst ZUM 1996, 187 (189); Lehr NStZ 2001, 63 (66). 125 BVerfGE 7, 198 (207); Dreier III/Wieland, Art. 93 RN 80; Umbach/Clemens/ Kley/Rühmann, BVerfGG, § 90 RN 29; Maunz/Schmid-Bleibtreu, BVerfGG, § 90 RN 68; Lechner/Zuck, BVerfGG, § 90 RNn 118, 142; Sachs/Sturm, Art. 93 RN 76; Jarass/Pieroth/Pieroth, Art. 93 RN 56; Kramer, Die Zurückweisung von Rechtsanwälten und deren zwangsweise Entfernung aus dem Sitzungssaal, S. 254; Gronau, Persönlichkeitsrecht und Medienfreiheit, S. 196; Kleine-Cosack, Verfassungsbeschwerden und Menschenrechtsbeschwerde, § 4 RN 3; Zuck, Das Recht der Verfassungsbeschwerde, RNn 391, 446 ff.; Hillgruber/Goos, Verfassungsprozessrecht, RNn 132, 138 ff.; Benda/Klein, Verfassungsprozessrecht, RN 475; Erichsen Jura 1991, 585 (588); Häberle JöR n. F. 45 (1997), 89 (118). 122

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J. Rechtsschutz gegen Anordnungen nach § 176 GVG

den.126 In den hier interessierenden Fällen sind diesbezüglich Art. 5 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GG, Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG zu nennen. Einer Verfassungsbeschwerde steht, da ein Rechtsweg gegen sitzungspolizeiliche Verfügungen nach § 176 GVG gerade nicht besteht, auch § 90 Abs. 2 BVerfGG nicht entgegen.127

IV. Ergebnis Nach dem geltenden Recht sind sitzungspolizeiliche Anordnungen nach § 176 GVG mit Ausnahme der Verfassungsbeschwerde rechtlich nicht angreifbar. Es stehen diesbezüglich keine Rechtsbehelfe, weder direkte noch indirekte, zur Verfügung.128 Insbesondere sind keine Beschwerden zulässig.129 Auf die Bild- und Tonaufnahmen im Umfeld der strafgerichtlichen Hauptverhandlung bezogen bedeutet dies, dass die von den diesbezüglichen sitzungspolizeilichen Anordnungen betroffenen Personen nur mittels der Verfassungsbeschwerde vorgehen können.130 Dies ist, da die sitzungspolizeilichen Entscheidungen hinsichtlich der Aufnahmen im Umfeld der strafgerichtlichen Hauptverhandlung regelmäßig zu Lasten unbeschränkter Aufnahmen gehen müssen, vor allem für den Rundfunk von Relevanz.

V. Bewertung der derzeitigen Rechtslage Mit dieser Feststellung kann es sein Bewenden aber nicht haben. Denn das Ergebnis, dass gegen Maßnahmen nach § 176 GVG lediglich mittels der Verfassungsbeschwerde vorgegangen werden kann, ist unbefriedigend und muss in 126 BVerfGE 87, 334 (338); BVerfG NStZ 2000, 543 (543); Britz, Fernsehaufnahmen, S. 115. 127 Kramer, Die Zurückweisung von Rechtsanwälten und deren zwangsweise Entfernung aus dem Sitzungssaal, S. 254; Britz, Fernsehaufnahmen, S. 115; Schilken, Gerichtsverfassungsrecht, RN 227; Ernst ZUM 1996, 187 (189). 128 BVerfGE 87, 334 (338 f.) = NJW 1992, 3288 (3288); BVerfG NStZ 2000, 543 (543); BGHSt 17, 201 (202) = NJW 1962, 1260 (1260); BGH NJW 1957, 271; OLG Hamburg NJW 1979, 1987; Kissel/Mayer, GVG, § 176 RN 48; Jansen, SGG, § 61 RN 9; Tipke/Kruse, AO und FGO, § 52 FGO RN 13; Beermann/Stöcker, Steuerliches Verfahrensrecht, § 52 FGO RN 52; Hübschmann/Hepp/Spitaler X/Spindler, § 52 FGO RN 51; Eyermann/Schmidt, VwGO, § 55 RN 6; Redeker/von Oertzen/Redeker/Kothe, Verwaltungsgerichtsordnung, § 55 RN 11; Lechner/Zuck, BVerfGG, § 17 RN 9; Maunz/Klein, BVerfGG, § 17 RN 18; Meyer-Ladewig/Keller, SGG, § 61 RN 5d; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann/Albers, Zivilprozessordnung, § 176 GVG RN 6; Burhoff, Strafrechtliche Hauptverhandlung, RN 811; Kramer, Die Zurückweisung von Rechtsanwälten und deren zwangsweise Entfernung aus dem Sitzungssaal, S. 259; Britz, Fernsehaufnahmen, S. 115; Ernst ZUM 1996, 187 (189). 129 So schon BayObLG NJW 1956, 390 (390); vgl. Zöller/Gummer, ZPO, § 176 GVG RN 9. 130 Lehr NStZ 2001, 63 (66).

V. Bewertung der derzeitigen Rechtslage

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mehrerlei Hinsicht Bedenken wecken. Selbst das Bundesverfassungsgericht hat im sogenannten „Honecker-Beschluss“131 Zweifel geäußert, ob die derzeitige Rechtslage vor der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG Bestand haben kann. Im Hauptsacheverfahren132 aber hat es diese im Gesamtzusammenhang überaus problematische Frage nicht mehr aufgegriffen. Auch dem Gericht ist die Problematik um die Rechtsschutzmöglichkeiten also nicht verborgen geblieben. Zwar sind Bedenken gerechtfertigt, allerdings gerade nicht in Bezug auf Art. 19 Abs. 4 GG. Denn dieser ist wie gezeigt gar nicht einschlägig. Die Verfassung fordert hinsichtlich sitzungspolizeilicher Maßnahmen als Ausfluss richterlicher Tätigkeit keine Rechtswegeröffnung. Die wesentlichen Bedenken sind daher weniger rechtlicher als praktischer Natur. Jede Rechtsschutzmöglichkeit unterhalb der verfassungsgerichtlichen Ebene würde eine Filterfunktion wahrnehmen, welche dem Bundesverfassungsgericht eine entlastende Wirkung brächte.133 Dies käme den Mahnungen, die Arbeitsbelastung des Gerichts zu senken134 entgegen, vor allem deshalb, weil die Zahl der eingehenden Verfassungsbeschwerden stetig zunimmt.135 Auch wenn die Einführung eines fachgerichtlichen Rechtsschutzes das Bundesverfassungsgericht nur geringfügig entlasten würde, diesbezügliche Verfahren sind selten, weist sie doch in die richtige Richtung. Ein weiteres Argument lässt sich aus der Stellung des Bundesverfassungsgerichts gewinnen. Die Verfassungsbeschwerde als ultima-ratio stellt einen extraordinären Rechtsbehelf dar. Dieser Charakter ginge bezüglich der Sitzungspolizei verloren, könnten und müssten sämtliche ergangenen Verfügungen nach § 176 GVG erstmalig vor dem Bundesverfassungsgericht angegriffen werden.136 Die Verfassungsbeschwerde wird, so Bethge, „. . . immer mehr zum Tribunal kollidierender Grundrechtssubjekte . . .“137. Ihre „. . . eigentliche Funktion, Rechtsschutz des einzelnen gegenüber der öffentlichen Gewalt zu gewähren, tritt in den Hintergrund . . .“138. Auch ist es aus Sicht der von den sitzungspolizeilichen Maßnahmen Betroffenen begrüßenswert, eine weitere Kon131

BVerfGE 87, 334 (339) = NJW 1992, 3288 (3288). BVerfGE 91, 125 (125 ff.). 133 Gröner, Strafverteidiger und Sitzungspolizei, S. 176 FN 591. 134 Vgl. nur Kleine-Cosack, Verfassungsbeschwerden und Menschenrechtsbeschwerde, § 2 RN 16; Kirchhof, in: Urteilsverfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht, S. 71 (78 f.); Böckenförde ZRP 1996, 281 (281 ff.). Zum diesbezüglichen Kommissionsbericht vgl. Krämer AnwBl. 1999, 247 (247 ff.). 135 Verwiesen sei auf die Nachweise in der Abschiedsrede des Bundesverfassungsrichters a. D. Böckenförde bei Böckenförde ZRP 1996, 281 (282). Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte entschied erst kürzlich, dass eine Verfahrensdauer von 7 Jahren, welche auch auf der Arbeitsbelastung beruht, gegen Art. 6 Abs. 1 EMRK verstößt (EGMR NJW 2005, 41 (41 ff.). 136 Müller NJW 1979, 22 (23 FN 21); Kenntner NJW 2005, 785 (785). 137 Bethge UFITA 95 (1983), 251 (264). 138 Bethge UFITA 95 (1983), 251 (264). 132

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J. Rechtsschutz gegen Anordnungen nach § 176 GVG

trollinstanz einzurichten. Rechtsschutz würde dann schneller und unkomplizierter gewährt. Unmittelbarer Rechtsschutz würde sogar gewährt, wenn darauf verzichtet würde, eine neue Instanz über die Maßnahmen nach § 176 GVG entscheiden zu lassen. Schließlich bedeutet die Einrichtung eines Rechtsweges gegen derartige Anordnungen ein Mehr an Rechtsstaatlichkeit, welches nur begrüßt werden kann. Auf Grund der vielfältigen Bedenken wird – bislang vergeblich – seit geraumer Zeit gefordert, dass der Gesetzgeber entsprechend tätig werde.139 Dieser Ruf ist mehr als berechtigt. Teilweise140 wird befürwortet, § 181 GVG dahingehend zu erweitern, dass sämtliche sitzungspolizeilichen Maßnahmen mit der Beschwerde vor den Oberlandesgerichten angreifbar sind. Aber auch eine Erweiterung der Möglichkeiten, das gesamte Gericht gegen die zu beanstandenden sitzungspolizeilichen Maßnahmen anzurufen, erscheint denkbar. Hier soll es allerdings nicht darum gehen, die optimale Ausgestaltung einer einzuführenden Rechtsschutzmöglichkeit zu finden. Wichtig ist lediglich die Erkenntnis, dass die derzeitige rechtliche Situation, was den Rechtsschutz gegen Maßnahmen nach § 176 GVG angeht, unbefriedigend ist. Es besteht Reformbedarf.

139 Ausdrücklich auch Krekeler NJW 1979, 185 (190); Amelung, Rechtsschutz, S. 70; Amelung AnwBl. 1979, 321 (324); Amelung NJW 1979, 1687 (1692). 140 Ellersiek, Beschwerde, S. 136 f.; Amelung, Rechtsschutz, S. 70; Amelung AnwBl. 1979, 321 (324); Amelung NJW 1979, 1687 (1692); in diese Richtung auch Kaehne, Die Anfechtung sitzungspolizeilicher Maßnahmen, S. 173.

K. Schlussbetrachtungen Nachdem nunmehr sämtliche Aspekte im Hinblick auf die Herstellung von Aufnahmen im Umfeld der strafgerichtlichen Hauptverhandlung dargestellt und gewürdigt sind, lässt sich folgendes Fazit ziehen:

I. Ergebnisse der Untersuchung Der Vorsitzende Richter, der durch § 176 GVG sitzungspolizeiliche Befugnisse zugesprochen bekommt, um auch die Anfertigung von personenbezogenen Bild- und Tonaufnahmen im Sitzungsbereich zu handhaben, muss in Anbetracht der zahlreichen und vielgestaltigen Abwägungskriterien eine komplexe und diffizile Ermessensentscheidung treffen. Seine Befugnisse sind auf den Sitzungsbereich begrenzt. Diesbezüglich hat sich gezeigt, dass gegen jede Störung aus dem Verhandlungssaal und den direkt angrenzenden Räumlichkeiten vor, in den Pausen und nach der Hauptverhandlung vorgegangen werden kann, auch gegen solche, die durch die Aufnahmetätigkeiten verursacht werden. Der Sitzungsbegriff ist also weiter gefasst als der Begriff der Hauptverhandlung. Zwar nehmen die Massenmedien, allen voran der Rundfunk, sowohl in gesellschaftlicher als auch in staatlicher Hinsicht wichtige Funktionen wahr. Jedoch darf dies nicht dazu führen, dass dem Rundfunk eine solch hohe Bedeutung zugemessen wird, an welche die mit den Medienfreiheiten kollidierenden Interessen und Rechte nicht herankommen. In Bezug auf die Herstellung von Bild- und Tonaufnahmen betrifft die Kollision vor allem die Rundfunkfreiheit und das allgemeine Persönlichkeitsrecht. Die Funktionen, die der Rundfunk wahrzunehmen hat, sind nur eine Seite der Medaille. Die andere, gewichtigere setzt sich daraus zusammen, ob und wie diesen Funktionen nachgekommen wird. Der Rundfunk ist teilweise weit davon entfernt, seine allgemein bestehenden Aufgaben adäquat zu erfüllen. Das gilt im Speziellen auch für die ebenfalls wichtige Funktionen wahrnehmenden Strafgerichtsberichterstattungen, in deren Rahmen die hier gegenständlichen Aufnahmen als publizistische Mittel vorwiegend eingesetzt werden. Diese Mittel müssen strikt von der eigentlichen Berichterstattung abgegrenzt werden. Während ein öffentliches Informationsinteresse im Hinblick auf die Strafverfahren erkennbar ist, fehlt es in aller Regel, wenn identifizierende Aufnahmen als Bezugspunkt gewählt werden. Es ist daher an der Zeit, den Rundfunk ungeschönt zu betrachten und so neben allen positiven auch die negativen Wirkungen in die Betrachtungen einzu-

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K. Schlussbetrachtungen

stellen. Tut man dies, so kommt man zu dem Ergebnis, dass auf den strafgerichtlichen Sitzungsbereich bezogen, den Persönlichkeitsrechten der von den Aufnahmen betroffenen Personen, gleichgültig in welcher Rolle sie im Sitzungsbereich anwesend sind, in aller Regel der Vorrang gebührt. Da bereits mit der Anfertigung der Aufnahmen, auf diese und nicht auf deren Veröffentlichung ist die sitzungspolizeiliche Entscheidung bezogen, erhebliche Gefahren und Beeinträchtigungen vor allem des allgemeinen Persönlichkeitsrechts einhergehen, muss die Entscheidung zu Gunsten des Persönlichkeitsschutzes ausgehen. Hinzu treten die ebenfalls in der Abwägung zu berücksichtigenden Gefahren und Beeinträchtigungen in Bezug auf die Publikation der Aufnahmen, wobei wiederum vor allem auf die, hier aber besonderen Persönlichkeitsrechte am eigenen Bild und gesprochenen Wort zu verweisen ist. Von besonderer Bedeutung ist an dieser Stelle die aufgezeigte Handlungsverpflichtung, die den Vorsitzenden Richter zum aktiven persönlichkeitsschützenden Tätigwerden verpflichtet. Zwar verstieße ein absolutes Aufnahmeverbot gegen den Grundsatz der praktischen Konkordanz, jedoch hat sich auch herausgestellt, dass die häufig favorisierte „Pool-Lösung“ kein taugliches Mittel darstellt, um einen ausreichenden Persönlichkeitsschutz zu gewährleisten. Da diese Lösung der aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht folgenden Handlungsverpflichtung und dem aus dieser resultierenden Untermaßverbot nicht nachkommt, muss die derzeitige Praxis an den deutschen Strafgerichten und ein Großteil des diesbezüglichen Schrifttums, aber eben auch und vor allem die diesbezügliche Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts unter Zugrundelegung der im Rahmen dieser Arbeit aufgezeigten Aspekte als verfassungsrechtlich bedenklich erscheinen. Die richtige und angemessene Reaktion des Vorsitzenden liegt darin, den Rundfunk hinsichtlich der Aufnahmetätigkeiten auf den Willen der Betroffenen zu verweisen. Nur wenn entsprechende Einwilligungen abgegeben sind, dürfen, das muss sitzungspolizeilich angeordnet werden, Bild- beziehungsweise Tonaufnahmen der einwilligenden Person hergestellt werden. Den Ursprung der Aufnahmetätigkeiten bildet der von allen Rundfunkanbietern umfassend geführte ökonomische und publizistische Wettbewerb. Dieser ist an sich begrüßenswert, darf aber nicht dazu führen, dass Persönlichkeitsrechte verdrängt werden. In Bezug auf den kommerziellen Aspekt formuliert Bethge zutreffend, wenn auch drastisch: „. . . wenn Kommerz gegen Geist ausgespielt wird, ist ersterer natürlich allemal unterlegen . . .“1. Auf dieser Linie scheint2 sich auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte zu bewegen. Dieser stellte erst kürzlich fest, dass verschiedene Entscheidungen deutscher Gerichte aller Instanzen im Hinblick auf die Veröffentli1

Bethge UFITA 95 (1983), 251 (267). Mit dem konkreten Thema dieser Arbeit hatte sich der Gerichtshof, soweit ersichtlich, noch nicht zu befassen. 2

II. Mögliche Konsequenzen

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chung von Bildnissen von Personen der Zeitgeschichte gegen Art. 8 EMRK verstößt.3 Darin kritisierte der Gerichtshof letztlich den seiner Meinung nach unzureichenden Persönlichkeitsschutz im deutschen Recht. Auch wenn diese Entscheidung direkt kaum etwas mit der vorliegenden Thematik gemein zu haben scheint, so wird die in den vorangegangenen Kapiteln erarbeitete Linie doch bestätigt, nämlich ein derzeit unzureichender Persönlichkeitsschutz.

II. Mögliche Konsequenzen Die sich aus dem gefundenen Ergebnis ergebende Frage lautet nun, wie auf den unzureichenden Persönlichkeitsschutz zu reagieren ist. Zwar ist der Gesetzgeber bisher untätig geblieben, jedoch hat die Rechtsprechung Entscheidungshilfen, Grundsätze, Orientierungsdaten und Merkposten herausgearbeitet, um die Probleme in den Griff zu bekommen. Damit wurden und werden die Entscheidungen, abgesehen davon, dass sie mehrheitlich keinen ausreichenden Persönlichkeitsschutz gewähren, zwar berechenbarer, sind aber längst nicht berechenbar.4 Das zeigt sich zum Beispiel darin, dass kaum jemand ad hoc begründen kann, ob Bild- und Tonaufnahmen im Sitzungsbereich zulässig oder unzulässig sind und warum dies im konkreten Fall so ist. Häufig werden Entscheidungen nur mit einem Verweis auf die Haltung des Bundesverfassungsgerichts gefunden.5 Neben dem Schutz der Persönlichkeitsrechte bedarf es also auch im Lichte der Rechtssicherheit einer Reaktion. Insofern ist eine rechtspolitische Forderung aufzustellen. Die Frage, welchen Inhalt diese Forderung haben muss, kann nur beantwortet werden, wenn die verschiedenen Möglichkeiten hinsichtlich ihrer Wirkungen betrachtet werden. Insofern ist der in Betracht kommenden gesetzgeberischen Lösung die „standesrechtliche“ Selbstkontrolle gegenüberzustellen. Im Folgenden soll es dabei einzig um Ansätze gehen, welche die Problematik um die behandelten Bildund Tonaufnahmen betreffen. Auf Ansätze hinsichtlich des Schutzes vor rechtswidrigen Publikationen wird nicht eingegangen. 1. Die berufsethische Lösung Ein mögliches Mittel, um einen erhöhten Persönlichkeitsschutz zu erreichen, läge in einer gestärkten Selbstkontrolle der Medien einschließlich des Rund3 Zur Entscheidung des EuGMR vom 24. Juni 2004, Individualbeschwerde Nr. 59320/00 (von Hannover v. Deutschland) vgl. G. I. 2. b) aa) (2) (b). 4 So auch Bethge UFITA 95 (1983), 251 (264). Auf S. 263 spricht er gar von inzwischen praktizierten Spekulationen, wie denn die Gerichte entscheiden werden. 5 So bezieht sich beispielsweise Huff NJW 2001, 1622 (1623 FN 15) nicht auf die anzustellende Abwägung, sondern direkt auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts.

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K. Schlussbetrachtungen

funks.6 Gerade dieser müsste durch entsprechend geschaffene Gremien dahingehend kontrolliert werden, dass die Persönlichkeitsrechte der im Medieninteresse stehenden Personen nicht ungerechtfertigt beeinträchtigt werden. Als Vorbild könnte der ausschließlich für das Pressewesen geltende7 Pressekodex8 dienen. Dieser wurde am 21. Dezember 1973 vom Deutschen Presserat geschaffen und enthält Standesregeln für das Pressewesen, deren Einhaltung vom Deutschen Presserat als staatsunabhängiges und standesübergreifendes Aufsichtsorgan überwacht wird.9 Dieser ist es dann auch, der etwaige Verstöße aufklärt, beurteilt und ahndet.10 Die diesbezüglich erlassenen Richtlinien für die redaktionelle Arbeit11 werden unter anderem in persönlichkeitsschützender Hinsicht als vorbildlich angesehen.12 Ein dem Presserat und Pressekodex vergleichbares System wurde für den Rundfunk in seiner Gesamtheit bislang nicht geschaffen. Zu fordern wäre daher erstens, dass ein Medienrat etabliert wird13, der überwacht, ob der ebenfalls zu schaffende Medienkodex eingehalten wird.14 Auf diese Weise würde auch der Rundfunk an den standesrechtlichen Persönlichkeitsschutz gebunden werden. Der Pressekodex kann aber nur im Grundsatz Vorbild sein, da bis auf Ziffer 4 des Kodex sämtliche Regeln nur auf Veröffentlichungen Bezug nehmen. Betrachtet man die Richtlinien zu Ziffer 4, so fällt auf, dass die Anfertigung von Bildmaterialien nicht geregelt ist. Im anvisierten Medienkodex müssen so weitere Regelungen zur Aufnahmetätigkeit15, auch in Bezug auf gerichtliche Strafverfahren aufgenommen werden.

6 Hierauf weist Roxin FS-Münchener Gesellschaft, S. 97 (109); Roxin NStZ 1991, 153 (156) hin. 7 Roxin FS-Münchener Gesellschaft, S. 97 (109); Roxin NStZ 1991, 153 (156). 8 Die vorliegend zitierten Regelungen sind als Anlage 13 abgedruckt. Der vollständige Pressekodex samt Richtlinien in der Fassung vom 2. März 2005 kann beispielsweise unter http://www.presserat.de/site/pressekod/kodex/index.html abgerufen werden. 9 Vgl. Neben, Personenberichterstattung, S. 310. 10 Vgl. Neben, Personenberichterstattung, S. 310; Buchwald, in: Medien-Ethik, S. 178 (184). 11 Abgedruckt in BT-Drucks., 10/4608, Nr. 135 f., die hier relevanten Richtlinien auch in Anlage 14. 12 So Bornkamm, Pressefreiheit, S. 226; Roxin FS-Münchener Gesellschaft, S. 97 (109); Jahn, in: Einfluss der Medien, S. 5 (11); Hillermeier DRiZ 1982, 281 (285); Roxin NStZ 1991, 153 (156). 13 So Roxin FS-Münchener Gesellschaft, S. 97 (109); angedeutet auch bei Meyn, in: Medien-Ethik, S. 162 (168). 14 Dies fordert beispielsweise Jahn, in: Einfluss der Medien, S. 5 (12). 15 Die Veröffentlichung von Bildern aus dem Sitzungs- beziehungsweise Gerichtsbereich ist mit den Ziffern 8, 11, 12 und 13, sowie den entsprechenden Richtlinien geregelt wurden.

II. Mögliche Konsequenzen

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Des Weiteren müsste der dritte Bereich der Selbstkontrolle umgestaltet beziehungsweise erneuert werden. Dieser betrifft die Sanktionen gegen Kodexverstöße. Am derzeitigen Verfahren nach dem Pressekodex ist kritisch anzumerken, dass dem Deutschen Presserat keine echten Sanktionsmittel zur Verfügung stehen, um rechtswidrige Praktiken zu ahnden.16 Verstöße gegen den Pressekodex bleiben ohne zivil- oder strafrechtliche Folgen.17 Die in § 10 Abs. 2 BeschwO aufgeführten Reaktionsmittel haben primär Appellcharakter.18 Dies gilt vor allem für Hinweis und Missbilligung, aber auch für die förmliche Rüge, die nach § 13 Abs. 1 BeschwO und Ziffer 16 des Pressekodex vom Verletzenden zu veröffentlichen ist. Ob der Veröffentlichungspflicht nachgekommen wird oder nicht, entscheidet, da diesbezüglich keine Vollstreckungsmittel vorgesehen sind, der Verletzende letztlich selbst.19 Das bloße Vertrauen auf die moralische Kraft des Presserates und die pädagogische Wirkung seiner Entscheidungen sind angesichts der dominierenden ökonomischen Gesichtspunkte keine ausreichenden Fundamente für den angestrebten Persönlichkeitsschutz.20 Notwendig ist es also auch, das Sanktionensystem zu reformieren.21 Wie dies auszusehen hat, soll hier nicht weiter interessieren.22 Die genannten drei Forderungen müssten also, was aus heutiger Sicht allerdings unrealistisch ist23, außergesetzlich erfüllt werden, um den Rundfunk in seinen Aufnahmepraktiken in die rechtlichen Schranken zu weisen. Allerdings würde das System der Selbstkontrolle dann an einem weiteren, wohl nicht behebbaren Strukturmangel24 leiden. Der Medienrat würde sich nämlich ähnlich dem bestehenden Presserat25 aus Vertretern von Verleger- und Journalistenverbänden sowie von Rundfunkanbietern zusammensetzen müssen. Damit aber ist 16 Bornkamm, Pressefreiheit, S. 226; Roxin FS-Münchener Gesellschaft, S. 97 (109); Geerds FS-Oehler, S. 423 (444); Meyn, in: Medien-Ethik, S. 162 (162, 164); Roxin NStZ 1991, 153 (156); Schertz AfP 2005, 421 (427); Buchwald, in: MedienEthik, S. 178 (184) sieht im Presserat einen „. . . zahnlosen Tiger . . .“. 17 So auch Neben, Personenberichterstattung, S. 312. 18 Neben, Personenberichterstattung, S. 311; Buchwald, in: Medien-Ethik, S. 178 (184). 19 Neben, Personenberichterstattung, S. 311; Geerds FS-Oehler, S. 423 (444); Riklin/Höpfel, in: AE-StuM, S. 53 (63); Jahn, in: Einfluss der Medien, S. 5 (11); Buchwald, in: Medien-Ethik, S. 178 (184). 20 Gounalakis FrG-Kübler, S. 173 (197); Jahn, in: Einfluss der Medien, S. 5 (12); ähnlich Riklin/Höpfel, in: AE-StuM, S. 53 (63); Buchwald, in: Medien-Ethik, S. 178 (185); Roxin NStZ 1991, 153 (156). 21 Darauf weist auch Hassemer NJW 1985, 1921 (1929) hin; angedeutet auch bei Bornkamm, Pressefreiheit, S. 226 und Geerds FS-Oehler, S. 423 (444). 22 Vgl. Redaktion NJW NJW 1990, 2985 (2985). 23 Das gesteht auch Roxin FS-Münchener Gesellschaft, S. 97 (109) ein. 24 Neben, Personenberichterstattung, S. 311; Riklin/Höpfel, in: AE-StuM, S. 53 (63); Riklin/Höpfel, in: AE-StuM, S. 67 (76); angedeutet von LR VII/Wickern, Vor § 169 GVG RN 19. 25 Vgl. Geerds FS-Oehler, S. 423 (444); Meyn, in: Medien-Ethik, S. 162 (162).

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K. Schlussbetrachtungen

vorgezeichnet, dass die in Bezug auf etwaige Verstöße gegen den Kodex zu klärenden Vorkommnisse eher aus Sicht der Medien denn aus der der Betroffenen beurteilt wird.26 Schon in der Struktur des beaufsichtigenden Gremiums ist es also angelegt, dass die Persönlichkeitsrechte tendentiell vernachlässigt werden. Auch wenn die den Persönlichkeitsschutz stärkende berufsethische Lösung wünschenswert ist, muss doch eingesehen werden, dass auf Grund des Strukturmangels von einer gesetzgeberischen Lösung nicht abgesehen werden kann.27 Außerdem kann nur durch diese die notwendige Rechtssicherheit für den Persönlichkeitsschutz gewährt werden. Es liegt im Interesse eines jeden Strafverfahrens, dass mittels der sitzungspolizeilichen Maßnahmen eine dem Gleichheitssatz entsprechende Behandlung aller im Sitzungsbereich anwesenden Personen ermöglicht wird. 2. Die gesetzgeberische Lösung Teilweise wird diese Ansicht nicht geteilt und ein gesetzgeberisches Tätigwerden für nicht notwendig gehalten.28 Die deutsche Rechts- und Medienlandschaft verfüge über ausreichend Institutionen, um Verletzungen des Persönlichkeitsrechts zu unterbinden und zu ahnden. Eine Sensibilität für die Rechte anderer ließe sich, so wird betont, nicht über normative Regelungen herstellen.29 Ein Blick auf das Verhalten der Rundfunkanbieter und deren Mitarbeiter im Sitzungsbereich zeigt jedoch, dass das bestehende System ungeschriebener Regeln nicht ausreicht, um die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen vor rechtswidrigen Aufnahmen zu schützen. Mit erschreckender Regelmäßigkeit werden persönlichkeitsverletzende Bild- und Tonaufnahmen im Umfeld der strafgerichtlichen Hauptverhandlungen angefertigt. Anscheinend will sich die Legislative der Verantwortung, das Spannungsfeld von Persönlichkeitsrechten und Kommunikationsfreiheiten zu regeln, entziehen. Das versucht sie dadurch, dass Konfliktlösungen in „. . . Abwägungsblanketten . . .“30 eingebettet werden. So ist es nicht der Gesetzgeber, sondern einzig der Vorsitzende Richter, der mittels des allgemein gehaltenen § 176 GVG über die Anfertigung von personenbezogenen Aufnahmen im Sitzungsbereich entscheidet. Auf diese Weise entzieht sich die 26 Neben, Personenberichterstattung, S. 311; Buchwald, in: Medien-Ethik, S. 178 (185); Schwerdtner JZ 1990, 769 (771); Stürner AfP 1998, 1 (7); für Meyn, in: Medien-Ethik, S. 162 (167) ist dies sogar „. . . selbstverständlich . . .“. 27 Lorz, in: Herausforderungen, S. 59 (78) fordert, dass die Modalitäten der gesamten Fernsehberichterstattung gesetzlich festgelegt werden müssen. 28 So Hassemer, in: Einfluss der Medien, S. 61 (68); Hillermeier DRiZ 1982, 281 (285); Hassemer NJW 1985, 1921 (1927 ff.). 29 Hassemer, in: Der Einfluss der Medien auf das Strafverfahren, S. 61 (68). 30 Berka, Medienfreiheit und Persönlichkeitsschutz, S. 214.

II. Mögliche Konsequenzen

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Legislative ihrer Verantwortung. Dieser Weg, in den das Bundesverfassungsgericht, das an Stelle des Gesetzgebers entscheiden soll, häufig einbezogen wird, kann jedoch nicht akzeptiert werden.31 Es ist daher unabdingbar, dass der Gesetzgeber zum Schutze der Persönlichkeitsrechte tätig wird.32 Der Zwang zu diversen Einzelfallabwägungen, welcher der derzeitigen Rechtslage gerade im Hinblick auf Film- und Tonaufnahmen immanent ist, begründet die Gefahr, dass die grundrechtlichen Wertaussagen, die in jede einzelne Abwägung einfließen, in „. . . ein unendliches Bündel von Entscheidungen atomisiert werden . . .“33. Die verfassungsrechtliche Rechtsgüterzuordnung wird zu einem unendlichen Strudel von Abwägungsprozessen.34 Dies ist im Rahmen des § 176 GVG deutlich spürbar. Der Vorsitzende Richter muss diverse Abwägungen im Rahmen seiner Entscheidungsfindung vollziehen. All diese Abwägungen bergen stets ein Risiko im Hinblick auf die Rechtsunsicherheit in sich. Deshalb und nicht zuletzt, um den Vorsitzenden zu entlasten, ist eine gesetzgeberische Lösung vorzugswürdig. Nur durch den Gesetzgeber kann ein effektiver und vor allem verlässlicher Persönlichkeitsschutz gewährleistet werden. Damit ist jedoch nur die Richtung vorgegeben. Zu fragen ist in einem weiteren Schritt, in welchem Rechtsgebiet das Gesetz erweitert beziehungsweise geändert werden muss. a) Strafrecht Häufig wird, wenn es um gesetzliche Erweiterungen zum Schutze eines Rechtsgutes geht, zuerst an das Strafrecht gedacht. Insofern ist zu überlegen, ob versucht werden sollte, die Anfertigung35 von Bild- und Tonaufnahmen im strafgerichtlichen Sitzungsbereich durch eine entsprechende Strafnorm, die dem Gesagten entsprechend auf den Willen der Betroffenen verweisen müsste, zu reglementieren.

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Mauz, Die Justiz vor Gericht, S. 14 f. Im Ergebnis auch Schmidt, Justiz und Publizistik, S. 37; Mauz, Die Justiz vor Gericht, S. 14 f. 33 Bethge UFITA 95 (1983), 251 (263). 34 Sachs/Bethge, Art. 5 RN 147, allerdings nur auf die Wechselwirkungslehre im Rahmen des Art. 5 Abs. 2 GG bezogen; Bethge UFITA 95 (1983), 251 (263). 35 Um den strafrechtlichen Schutz in Bezug auf nicht gerechtfertigte Publikationen identifizierender Bildaufnahmen anzuheben, wird gefordert, § 33 KUG durch Streichung in § 374 Abs. 1 Nr. 8 StPO von einem Privatklage- zu einem Offizialdelikt umzugestalten. [Schöch, in: AE-StuM, S. 79 (85 f., 88); wohl auch Rinsche ZRP 1987, 384 (386)] Nach Kühl AfP 2004, 190 (193) ist der durch § 33 KUG gewährte Schutz nicht ausreichend. Rinsche ZRP 1987, 384 (386) plädiert für eine Ausweitung des § 353d StGB. Andere [Riklin/Höpfel, in: AE-StuM, S. 53 (58)] halten einen Ausbau des Strafrechts hinsichtlich der Publikation von Aufnahmen nicht für erforderlich. 32

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K. Schlussbetrachtungen

Dies könnte beispielsweise durch eine Erweiterung des § 201 Abs. 1 Nr. 1 StGB und des erst kürzlich in das Strafgesetzbuch eingefügten § 201a Abs. 1 StGB36 bewerkstelligt werden. Diese Normen knüpfen direkt an die Herstellung von Ton- beziehungsweise Bildaufnahmen an. Allerdings sind sie in den aktuellen Fassungen so eng gehalten37, dass sie in aller Regel nicht eingreifen, wenn es um Aufnahmen im Umfeld der Hauptverhandlungen geht. Zum einen geht es eben nicht nur um nichtöffentlich gesprochene Worte38, wie es § 201 Abs. 1 Nr. 1 StGB verlangt. Zum anderen ist der strafgerichtliche Sitzungsbereich kein geschützter Raum im Sinne des § 201a Abs. 1 StGB39. Außerdem wird der höchstpersönliche Lebensbereich40 durch die hier in Rede stehenden Aufnahmen in aller Regel nicht verletzt. Die Normen müssten also entsprechend erweitert werden.41 Abgesehen von kriminalpolitischen und verfassungsrechtlichen Bedenken42 steht einem solchen Vorgehen vor allem die ultima-ratio-Funktion des Strafrechts43 entgegen. Das Strafrecht als „schärfstes Schwert“ des Staates ist danach nur dann zu ergreifen, wenn ein außerstrafrechtlicher Schutz entweder nicht oder nur unbefriedigend zu erreichen ist.44 Die im Umfeld der Hauptverhandlung stattfindenden Aufnahmetätigkeiten lassen sich, wie sich zeigen wird, außerhalb des Strafrechts angemessen regeln. Hierzu bedarf es des Strafrechts nicht. Es wäre eine Überreaktion des Gesetzgebers, wenn er den erforderlichen Persönlichkeitsschutz mittels des Strafrechts sicherstellen wollte. Daher ist von einem Ausbau der strafrechtlichen Möglichkeiten45 abzusehen46 und eine andere gesetzgeberische Lösung vorzuziehen.47

36 Zur Entstehung: Kühl, StGB, § 201a RN 1; Wendt AfP 2004, 181 (181 ff.); Kühl AfP 2004, 190 (190). 37 Das konstatieren der Norm beispielsweise auch Wendt AfP 2004, 181 (183) und Schertz AfP 2005, 421 (425). 38 Hierzu Kühl, StGB, § 201a RN 2. 39 Hierzu Kühl, StGB, § 201a RN 2; Kühl AfP 2004, 190 (194); Schertz AfP 2005, 421 (425). 40 Hierzu Kühl, StGB, § 201a RN 1; Schertz AfP 2005, 421 (425). 41 Hierfür spricht sich Kühl AfP 2004, 190 (191) aus. 42 Vgl. Pollähne KritV 86 (2003), 387 (387 ff.) und Wendt AfP 2004, 181 (183 ff.). 43 Riklin/Höpfel, in: Medien-Ethik, S. 53 (58). 44 Vgl. Kühl AfP 2004, 190 (191). 45 Diskutiert wird im Hinblick auf die Veröffentlichung von Berichten über Strafverfahren, ob und inwieweit die Konzeption des „contempt of court“ beziehungsweise des „contempt of publication“ (dazu ausführlich Bornkamm, Pressefreiheit, S. 23 ff.) in das deutsche Recht übertragen werden kann. Vgl. m.w. N. Hassemer NJW 1985, 1921 (1924 f.); Schaefer NJW 1996, 469 (470); Jahn JZ 2004, 207 (207). 46 So auch Riklin/Höpfel, in: Medien-Ethik, S. 53 (58); a. A. Kühl AfP 2004, 190 (193). 47 So auch Roxin FS-Münchener Gesellschaft, S. 97 (109); Hassemer NJW 1985, 1921 (1929); Schwerdtner JZ 1990, 769 (770).

II. Mögliche Konsequenzen

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b) Zivilrecht Diese kann aber nicht im Zivilrecht liegen. Zwar sind die zivilrechtlichen Regelungen zum Schutz der Persönlichkeit, allen voran § 823 Abs. 1 BGB elastischer und umfassender, sowie in monetärer Hinsicht für die Rundfunkanbieter einschneidender48, jedoch leidet das Zivilrecht unter Schwächen49, die zusätzliche gesetzliche Regelungen notwendig machen. So ist der zivilrechtliche Persönlichkeitsschutz zu allgemein und zu offen ausgestaltet. Zu fordern sind jedoch klare rechtliche Regelungen, die auf die Anfertigung von Aufnahmen im Sitzungsbereich bezogen sind. Des Weiteren müssen die Betroffenen den Rechtsweg beschreiten, womit prozessuale und finanzielle Risiken verbunden sind. Mitunter fehlen auch finanzielle Mittel, um gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen. Schließlich muss, damit Geldersatz für die persönlichkeitsrechtlichen Einbußen gewährt wird, ein konkret messbarer finanzieller Schaden vorliegen. Dieser lässt sich, auf die Herstellung der Aufnahmen bezogen, kaum ausmachen beziehungsweise beziffern.50 Hinsichtlich der Erlangung von Schmerzensgeld ist problematisch, dass das allgemeine Persönlichkeitsrecht in § 253 Abs. 2 StGB nicht aufgeführt beziehungsweise der erforderliche schwere Eingriff51 ein äußerst dehnbarer und so unklarer Begriff ist.52 Insofern trägt das Zivilrecht zwar zum Persönlichkeitsschutz vor rechtswidrigen Aufnahmen53 bei54, kann diesen in der erforderlichen Qualität aber nicht allein gewähren.55 Es muss also eine zusätzliche Regelung geschaffen werden. c) Medienrecht Hierzu bietet sich neben dem noch zu betrachtenden Verfahrensrecht vor allem das Medienrecht an. Da die aufgezeigten Nachteile der Anfertigung von personenbezogenen Aufnahmen auf den Medien beruhen, liegt es nahe, auch bei den Medien anzusetzen, wenn es um die rechtliche Kodifizierung des 48

Kühl AfP 2004, 190 (193). Auf diese weisen Riklin/Höpfel, in: AE-StuM, S. 53 (64) und S. 67 (76) und Kühl AfP 2004, 190 (193) hin. 50 Bornkamm NStZ 1983, 102 (107). 51 Vgl. BGHZ 35, 363 (369). 52 Bornkamm NStZ 1983, 102 (107). 53 Leinveber GRUR 1967, 236 (239) und Schwerdtner JZ 1990, 769 (772) halten es im Hinblick auf deren Veröffentlichungen für notwendig, Bildnisschutz und Gegendarstellungsrecht in das Bürgerliche Gesetzbuch aufzunehmen. 54 Bezüglich § 823 Abs. 1 BGB wird allerdings gefordert, dass die Wörter „die Persönlichkeit“ eingefügt werden sollen [vgl. o.V. NJW 1990, 2991 (2991)]. Zudem wird eine Erhöhung der gegenwärtigen Betragshöhen erwogen. [Schwerdtner JZ 1990, 769 (773)]. 55 In allgemeiner Hinsicht so auch Schwedtner JZ 1990, 769 (770). 49

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K. Schlussbetrachtungen

Persönlichkeitsschutzes der im Sitzungsbereich anwesenden Personen geht.56 Auf diese Weise würden die Medien, die Bild- und Tonaufnahmen im Umfeld der strafgerichtlichen Hauptverhandlung anfertigen, in die Pflicht genommen, Persönlichkeitsrechte nicht rechtswidrig zu beeinträchtigen. Für ein Tätigwerden des Gesetzgebers im Medienrecht spricht auch die Intention des Medienrechts. Es ist ein unbestrittenes Ziel dieses Rechtsgebietes, für den Schutz der Persönlichkeit gegen Beeinträchtigungen durch Massenmedien zu sorgen.57 Dennoch muss dieser Weg abgelehnt werden. Das Medienrecht als Standort für entsprechende Vorkehrungen ist wenig geeignet, um den notwendigen Schutz vor rechtswidrigen Aufnahmen58 zu etablieren. Es würde auf die Massenmedien direkt Bezug genommen und auf diese Weise intensiv in die Medienfreiheiten eingegriffen werden.59 Anstatt an die Massenmedien anzuknüpfen, sollte der Bezugspunkt deshalb vielmehr die Anfertigung von Bild- und Tonaufnahmen sein, denn um diese geht es letztlich. Dies spricht für eine verfahrensrechtliche Lösung. Außerdem ist der Bereich medienrechtlicher Regelungen überwiegend Ländersache. Würde der medienrechtliche Weg zum Schutz der Persönlichkeit eingeschlagen, wären unterschiedliche Regelungen und damit auch verschiedene Schutzstandards vorgezeichnet.60 Da aber zu fordern ist, dass die Herstellung von Aufnahmen an allen deutschen (Straf-)Gerichten gleich gehandhabt wird, kann es nur auf eine bundesweit geltende Norm ankommen. Diese lässt sich im länderorientierten Medienrecht jedoch nicht ohne größere Schwierigkeiten etablieren.61

56 Nach Hartmann FS-Göppinger, S. 579 (590) sollte die Berichterstattung der Medien mittels medienrechtlicher Normen (§§ 6, 7 und 23 MedG) reglementiert werden. 57 Paschke, Medienrecht, RN 278. 58 Im Hinblick auf die Veröffentlichung identifizierender Aufnahmen verweisen Riklin/Höpfel, in: AE-StuM, S. 67 (76) auf das österreichische Mediengesetz. In dessen § 7a wird die Identifizierung von Angeklagten, Verurteilten und Opfern als grundsätzlich unzulässig qualifiziert. Ausnahmen bestehen dann, wenn ein überwiegendes Interesse der Öffentlichkeit an der Identifizierung nachgewiesen ist. 59 Vgl. Jahn, in: Einfluss der Medien, S. 5 (11). 60 Schwerdtner JZ 1990, 769 (770) weist zutreffend darauf hin, dass der landesrechtlichen Rechtszersplitterung im Hinblick auf den Persönlichkeitsschutz entgegengewirkt werden muss. 61 Buchwald, in: Medien-Ethik, S. 178 (186) hält eine rein berufsethische Lösung für nicht ausreichend. Allerdings will er an ihrem Inhalt festhalten und nur die rechtliche Qualität des Pressekodex ändern. Er fordert ein Bundesgesetz. Mit einem solchen aber würde der Gesetzgeber massiv in die Medienfreiheiten eingreifen, würde er doch detaillierte Vorgaben machen. Ob der Gesetzgeber derart weitreichende Vorgaben aufstellen kann, muss vor den verfassungsrechtlich verbürgten Medienfreiheiten bezweifelt werden.

II. Mögliche Konsequenzen

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d) Verfahrensrecht Mithin muss der Gesetzgeber in verfahrensrechtlicher Hinsicht reagieren und gesetzgeberisch entsprechend tätig werden. Das hierfür geeignetste Gesetz ist das Gerichtsverfassungsgesetz. In ihm sind Öffentlichkeit und Sitzungspolizei (§ 176 GVG) geregelt. Während § 169 S. 1 GVG den allgemeinen unmittelbaren Öffentlichkeitsgrundsatz beschreibt, regelt § 169 S. 2 GVG mit dem statuierten Aufnahmeverbot einen Teil der Medienöffentlichkeit. Es ist insofern nur konsequent, die Umsetzung des Ergebnisses dieser Arbeit, dass der Vorsitzende Richter in nahezu allen Fällen ein relatives Aufnahmeverbot anzuordnen hat, auch in diesem Regelungskomplex anzusiedeln.62 Teilweise wird gefordert, das in § 169 S. 2 GVG statuierte Aufnahmeverbot auf den gesamten Gerichtsbereich auszudehnen, also auch für das Umfeld der strafgerichtlichen Hauptverhandlung.63 Hillermeier64 wertete vergleichbare Erwägungen bereits 1982 als nicht mehr zeitgemäß. Dem ist nur im Ergebnis zuzustimmen. Auf Grund der beachtlichen Gefahren, die von personenbezogenen Bild- und Tonaufnahmen ausgehen, kann und muss sehr wohl über eine Erweiterung des § 169 S. 2 GVG nachgedacht werden. Es hat sich allerdings gezeigt, dass ein absolutes Aufnahmeverbot für den Sitzungsbereich, ein solches statuiert § 169 S. 2 GVG in Bezug auf die Verfahrensbeteiligten, zwar geeignet, erforderlich und angemessen ist, um den angestrebten Persönlichkeitsschutz zu erreichen, dieser Weg die Erfordernisse der praktischen Konkordanz aber nicht erfüllt. Auch der Gesetzgeber ist an diese Grenze gebunden. Ein absolutes Aufnahmeverbot würde, was den Sitzungsbereich außerhalb der Hauptverhandlung betrifft, gegen die Verfassung verstoßen. Zudem ließe der Ausbau des § 169 S. 2 GVG außer Betracht, dass die Gefahren, die direkt aus der Anfertigung der Aufnahmen resultieren, weniger intensiv sind, wenn sie außerhalb der Hauptverhandlung hergestellt werden. Aus den genannten Gründen muss auch der bereits aus dem Jahr 1968 stammende Gesetzesentwurf von Schmidt 65 verworfen werden. Schmidt regte an, ei62 Das Verlangen nach einer gesetzlichen Einrichtung von Zeugenwartezimmern, um die wartenden Zeugen einer übermäßigen Aufmerksamkeit auch der Medien auf den Gerichtsfluren zu entziehen [so Schöch, in: AE-StuM, S. 79 (86, 88)], ist zwar ein Schritt in die richtige Richtung, geht aber nicht weit genug. Notwendig ist eine Regelung, die den gesamten Sitzungsbereich erfasst und vor allem die Persönlichkeitsrechte aller im Sitzungsbereich anwesenden Personen schützt. Eine einseitige Fokussierung auf die Zeugen griffe zu kurz. Der Schwerpunkt der Gesetzgebung kann dort also nicht liegen. 63 So Schöch, in: AE-StuM, S. 79 (86); Schwerdtner JZ 1990, 769 (770). 64 Hillermeier DRiZ 1982, 281 (285). 65 Der Entwurf des § 169a GVG (Schmidt, Justiz und Publizistik, S. 37) lautet folgendermaßen: „In Gerichtsgebäuden dürfen Ton- und Bildaufnahmen, welcher Art auch immer, zum Zwecke öffentlicher Vorführung in Film und Fernsehen oder zum Zwecke der

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K. Schlussbetrachtungen

nen § 169a GVG einzufügen, der die Regelung des § 169 S. 2 GVG auf das gesamte Gerichtsgebäude ausdehnt. Ausnahmen werden nur dann zugelassen, wenn es um Aufnahmen geht, die ausschließlich zu gerichtsinternen Zwecken angefertigt werden sollen. Dem Rundfunk wäre es danach also unter keinen Umständen möglich, auch nicht, wenn entsprechende Einwilligungen abgegeben sind, personenbezogene Bild- und Tonaufnahmen im Umfeld der strafgerichtlichen Hauptverhandlung anzufertigen. Diese Absolutheit aber ist mit der Verfassung, hier in Form der Rundfunk- und Berufsfreiheit nicht in Einklang zu bringen. Notwendig ist daher eine Vorschrift, die einerseits den Aufnahmetätigkeiten im Sitzungsbereich klare Grenzen setzt, andererseits aber klarstellt, dass Bildund Tonaufnahmen nicht generell unzulässig sind, sondern im Umfeld der strafgerichtlichen Hauptverhandlung unter den oben herausgearbeiteten Voraussetzungen angefertigt werden dürfen.66 Dies berücksichtigt der erst kürzlich veröffentlichte Gesetzesvorschlag von Lilie67. Er ordnet die in das Gerichtsverfassungsgesetz einzufügende Norm – § 176a GVG – nicht dem Öffentlichkeitsgrundsatz, sondern der Sitzungspolizei zu. Sein Vorschlag lautet wie folgt: „§ 176a. Aufnahmen in Ton, Bild und Film bei Verfahren der Strafgerichte. (1) 1Aufnahmen in Ton, Bild und Film (audiovisuelle Dokumentation) von Richtern sowie der übrigen am Strafverfahren Beteiligten sind vor der Verhandlung und während der Verhandlungspausen im Gerichtssaal sowie im Umfeld erlaubt, soweit die Betroffenen eingewilligt haben. 2§ 176 bleibt unberührt. (2) 1Liegt eine Einwilligung nicht vor, sind Fernseh- und Bildaufnahmen unzulässig und durch Anordnung des Vorsitzenden zu verhindern, soweit die Interessen der Beteiligten oder das Interesse an einer ungestörten Wahrheits- und Rechtsfindung des Gerichts das öffentliche Interesse an Information durch Bilder überwiegen. 2 Dies ist in der Regel der Fall, wenn 1. besondere Umstände darauf hindeuten, dass durch eine Übertragung der Bilder Beteiligte künftig erheblichen Beeinträchtigungen ausgesetzt wären oder

Veröffentlichung in Tageszeitungen und anderen Druckschriften nicht vorgenommen werden. Tonaufnahmen, die ausschließlich dem erkennenden Gericht als Gedächtnisstütze im Beratungszimmer dienen sollen, sind auf Anordnung des Vorsitzenden statthaft, wenn die Prozessbeteiligten darüber unterrichtet sind, dass keine andere Verwendung der Tonaufnahmen in Betracht kommen darf. Diese Tonaufnahmen sind nach Benutzung im Beratungszimmer unter Verschluss zu nehmen und dürfen niemanden zur Verwendung überlassen werden. Die Vorschrift des Abs. 1 ist auf Amtshandlungen im Sinne des § 164 StPO entsprechend anzuwenden.“ 66 So auch Lilie, in: AE-StuM, S. 116 (133). 67 Lilie, in: AE-StuM, S. 116 (130 f.).

II. Mögliche Konsequenzen

527

2. besondere Umstände darauf hindeuten, dass die unbeeinflusste Wahrheits- und Rechtsfindung nicht gewährleistet ist. 3

Zeugen, insbesondere das Opfer der Tat, dürfen nicht abgebildet werden. 4Absatz 1 Satz 1 bleibt unberührt.“

Dieser Gesetzesvorschlag, der dem Erfordernis einer Regelung speziell für Strafverfahren nachkommt, entspricht weitgehend den hier erarbeiteten Ergebnissen. Mit § 176a Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 S. 4 GVG würde die notwendige Bindung der Aufnahmezulässigkeit an den Willen der Betroffenen kodifiziert. Mit Satz 2 wird klargestellt, dass der Vorsitzende Richter mittels des § 176 GVG Aufnahmen auch dann untersagen kann, wenn eingewilligt wurde. Das wäre beispielsweise dann der Fall, wenn die einwilligende Person die Konsequenzen der Einwilligung nicht richtig erfasst und ein Persönlichkeitsschutz entgegen dem geäußerten Willen notwendig ist. Zudem kann so auf besonders intensive Gefahren für den Sitzungsablauf und die Wahrheitsfindung reagiert werden, zum Beispiel indem die „Pool-Lösung“ angeordnet wird.68 Nur wenn die Betroffenen in die Anfertigung der Aufnahmen eingewilligt haben, dürfen Bildund Tonaufnahmen angefertigt werden. § 176a Abs. 2 GVG bezieht sich auf die Fälle, in denen eine Einwilligung nicht gegeben wurde. Der Vorsitzende muss dann eine Abwägung treffen.69 Das ist auch der Grund, weshalb die einzufügende Norm richtigerweise besser im Rahmen der sitzungspolizeilichen Regelungen aufgehoben ist. Geht die Abwägung zu Gunsten des Persönlichkeitsoder Verfahrensschutzes aus, so muss der Vorsitzende die Aufnahmen verhindern.70 Diese Regelung kodifiziert die den Vorsitzenden treffende persönlichkeitsrechtliche Handlungsverpflichtung. Durch Satz 1 würde nun gesetzlich klargestellt, dass es auf ein öffentliches Interesse der Allgemeinheit an den Bildern ankommt. § 176a Abs. 2 S. 2 Nr. 1 GVG stellt klar, dass auch die potentiellen Folgen der Veröffentlichung der Bild- und Tonaufnahmen in den Abwägungsprozess einzubeziehen sind.71 § 176a Abs. 2 S. 3 GVG beinhaltet letztlich die Aussage, dass ein die Abwägung für sich entscheidendes Informationsinteresse an Bildnissen von Zeugen in aller Regel nicht anzuerkennen ist, entsprechende Aufnahmen also nur in absoluten Ausnahmesituationen72 angefertigt werden dürfen. Da dieses Ergebnis bereits aus § 176a Abs. 2 S. 1 GVG folgt, kommt Satz 3 nur eine klarstellende Bedeutung zu. Diese ist im Interesse einer

68

Lilie, in: AE-StuM, S. 116 (131). Lilie, in: AE-StuM, S. 116 (131). 70 Lilie, in: AE-StuM, S. 116 (131). 71 Lilie, in: AE-StuM, S. 116 (132), der auf die Überlegungen des Bundesverfassungsgerichts im Mannheimer Verfahren abstellt. 72 Beispielsweise dann, wenn die Zeugen bereits vor der Involvierung in das Strafverfahren einem allumfassenden öffentlichen Informationsinteresse unterliegen. Lilie, in: AE-StuM, S. 116 (132) bringt das Beispiel des vor dem Landgericht Frankfurt aussagenden Außenministers Fischer. 69

528

K. Schlussbetrachtungen

einheitlichen Handhabung der Aufnahmetätigkeiten aber ausdrücklich zu begrüßen. Im Ergebnis ist dem Gesetzesvorschlag daher zunächst vollumfänglich zuzustimmen. Er verbrieft die im Rahmen dieser Arbeit gefundenen Ergebnisse in kompakter Form. Allerdings erscheinen, vergegenwärtigt man sich die hier gefundenen Ergebnisse, kleine Änderungen beziehungsweise Erweiterungen angebracht.73 So sollte § 176a GVG nicht nur an die Stellung der Verfahrensbeteiligten anknüpfen, sondern an die Anwesenheit der Betroffenen im Sitzungsbereich. Denn auch die Besucher müssen in den Schutz vor ungerechtfertigten Aufnahmen einbezogen werden. Zudem sollte klargestellt werden, dass Aufnahmen selbst nach der Hauptverhandlung im Sitzungsbereich grundsätzlich nicht statthaft sind, da auch dann Gefahrenlagen bestehen, vor allem für das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Betroffenen. Des Weiteren bietet es sich an, den Streitigkeiten um die räumliche Weite des Sitzungsbereiches ein Ende zu bereiten und klarzustellen, dass neben dem Verhandlungssaal nur die unmittelbar angrenzenden Räumlichkeiten zum Sitzungsbereich gehören. Schließlich sollte § 176a Abs. 2 GVG auch auf Tonaufnahmen erweitert werden. Eine Begrenzung nur auf Bildaufnahmen erscheint, da auch von den Tonaufnahmen vergleichbare Gefahren ausgehen können, als zu eng. Auf dem begrüßenswerten Gesetzesvorschlag von Lilie aufbauend bietet sich die dargelegten Punkte berücksichtigend, folgende Regelung des Gerichtsverfassungsgesetzes an: § 176a. Aufnahmen in Ton und Bild bei Verfahren der Strafgerichte. (1) 1Aufnahmen in Ton und Bild von sämtlichen am Strafverfahren Beteiligten und von Besuchern sind vor und nach der Verhandlung sowie während der Verhandlungspausen im Gerichtssaal und in an diesen unmittelbar angrenzenden Räumlichkeiten erlaubt, soweit die Betroffenen eingewilligt haben. 2§ 176 bleibt unberührt. (2) 1Liegt eine Einwilligung nicht vor, sind Bild- und Tonaufnahmen unzulässig und durch Anordnung des Vorsitzenden zu verhindern, soweit die Interessen der Beteiligten oder das Interesse an einer ungestörten Wahrheits- und Rechtsfindung des Gerichts das öffentliche Interesse an Information durch die Aufnahmen überwiegen. 2Dies ist in der Regel der Fall, wenn 1. besondere Umstände darauf hindeuten, dass durch eine Übertragung der Bildund Tonaufnahmen Beteiligte oder Besucher künftig erheblichen Beeinträchtigungen ausgesetzt wären oder 2. besondere Umstände darauf hindeuten, dass die unbeeinflusste Wahrheits- und Rechtsfindung nicht gewährleistet ist. 3 Zeugen, insbesondere das Opfer der Tat, dürfen nicht abgebildet werden. 4Absatz 1 Satz 1 bleibt unberührt.

73 Lilie, in: AE-StuM, S. 116 (116 ff.) nämlich bezieht sich in seinen Darstellungen vorwiegend auf Fernsehaufnahmen, fasste die Thematik also enger. Hier aber sollen auch die Tonaufnahmen in die Betrachtungen einbezogen werden.

L. Ausblick Ergebnis dieser Arbeit ist also zweierlei. Zum einen muss der Vorsitzende Richter zum Schutz der Persönlichkeitsrechte tätig werden und den Rundfunk hinsichtlich der Aufnahmetätigkeiten in die Schranken weisen. Zum anderen ist der Gesetzgeber gefordert, für eine diesbezüglich klare Regelung im Rahmen des Gerichtsverfassungsgesetzes zu sorgen. Es bietet sich an, einen § 176a GVG einzufügen. Da derzeit wohl nicht mit einem baldigen Tätigwerden des Gesetzgebers im beschriebenen Sinn gerechnet werden kann, bleibt zu hoffen, dass das im Rahmen dieser Arbeit gefundene Ergebnis einerseits eine rechtswissenschaftliche Diskussion hinsichtlich gesetzgeberischen Lösungen entfacht und andererseits zu einem Umdenken in Wissenschaft und Praxis beigetragen wird. Würde die gerichtliche Praxis dem gefundenen Ergebnis – die sitzungspolizeilichen Befugnisse aus § 176 GVG müssen, wenn es um die Anfertigung von personenbezogenem Bild- und Tonmaterial im Umfeld der strafgerichtlichen Hauptverhandlung geht, in aller Regel zu Lasten der Massenmedien eingesetzt werden – entsprochen, dann wäre ein Schritt zu Gunsten des notwendigen Persönlichkeitsschutzes getan und eine einheitlichere Praxis an den deutschen Strafgerichten bewirkt.1 Vor allem ersteres kann nicht genug betont werden. Sämtliche von den Aufnahmen im Umfeld der strafgerichtlichen Hauptverhandlung betroffenen Personen bedürfen gegenüber den allgegenwärtigen und oft auch übermächtigen Massenmedien einen besonderen Schutz.2 Der auf das erwähnte Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in der Sache „von Hannover“ folgende Aufschrei des Deutschen Presserates, der vor einer Aushöhlung der Pressefreiheit durch Gesetze und Gerichte warnte3, wird, auf die Rundfunkfreiheit bezogen, auch das hier gefundene Ergebnis, soviel scheint sicher, begleiten. An den Feststellungen des Presserates ist einzig richtig, dass es um einen Persönlichkeitsschutz zu Lasten der Medienfreiheiten geht. Das aber höhlt die Medienfreiheiten nicht aus, sondern gewährleistet ein ausgeglichenes Nebeneinander der beteiligten Grundrechtsträger unter Abkehr der einseitigen Bevorzugung der Medienfreiheiten und so der Massenmedien.

1 2 3

So auch Franke, Bildberichterstattung, S. 128. In Bezug auf Tatverdächtige Riklin/Höpfel, in: AE-StuM, S. 53 (64). Vgl. beispielsweise MZ vom 3. August 2004, S. 19.

530

L. Ausblick

Huff bedauert, dass „. . . es immer noch eine Reihe gerade von Amts- und Landgerichten (gibt), die die Rechtsprechung des BVerfG kaum zur Kenntnis nehmen und oftmals schon im Umfeld von Verfahren Beschränkungen festlegen, die nicht im Einklang mit der Rechtsprechung stehen . . .“4. Nach den in dieser Arbeit gefundenen Erkenntnissen sollte anstatt dies zu verdammen oder zu bedauern eher von einem glücklichen Umstand gesprochen werden. Es gibt also Richter, die den Schutz der Persönlichkeitsrechte auch im Umfeld der strafgerichtlichen Hauptverhandlung ernst nehmen und sich nicht von der, nach den gefundenen Ergebnissen (sogar verfassungsrechtlich) bedenklichen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts beeinflussen lassen.

4

Huff NJW 2001, 1622 (1623 FN 15).

Anlagen Anlage 1: Die befragten Landgerichte Nachfolgend werden die 116 angeschriebenen Landgerichte alphabetisch geordnet nach den Oberlandesgerichtsbezirken aufgeführt. Oberlandesgerichtsbezirk Bamberg

Oberlandesgerichtsbezirk Dresden

– – – – – – –

– – – – – –

Landgericht Landgericht Landgericht Landgericht Landgericht Landgericht Landgericht

Aschaffenburg Bamberg Bayreuth Coburg Hof Schweinfurt Würzburg

Kammergerichtsbezirk Berlin – Landgericht Berlin Oberlandesgerichtsbezirk Brandenburg – – – –

Landgericht Landgericht Landgericht Landgericht

Cottbus Frankfurt (Oder) Neuruppin Potsdam

Oberlandesgerichtsbezirk Braunschweig – Landgericht Braunschweig – Landgericht Göttingen Oberlandesgerichtsbezirk Bremen – Landgericht Bremen Oberlandesgerichtsbezirk Celle – – – – – –

Landgericht Landgericht Landgericht Landgericht Landgericht Landgericht

Bückeburg Hannover Hildesheim Lüneburg Stade Verden (Aller)

Landgericht Landgericht Landgericht Landgericht Landgericht Landgericht

Bautzen Chemnitz Dresden Görlitz Leipzig Zwickau

Oberlandesgerichtsbezirk Düsseldorf – – – – – –

Landgericht Landgericht Landgericht Landgericht Landgericht Landgericht

Düsseldorf Duisburg Kleve Krefeld Mönchengladbach Wuppertal

Oberlandesgerichtsbezirk Frankfurt am Main – – – – – – – – –

Landgericht Landgericht Landgericht Landgericht Landgericht Landgericht Landgericht Landgericht Landgericht

Darmstadt Frankfurt am Main Fulda Gießen Hanau Kassel Limburg (Lahn) Marburg Wiesbaden

Oberlandesgerichtsbezirk Hamburg – Landgericht Hamburg Oberlandesgerichtsbezirk Hamm – Landgericht Arnsberg – Landgericht Bielefeld – Landgericht Bochum

532 – – – – – – –

Landgericht Landgericht Landgericht Landgericht Landgericht Landgericht Landgericht

Anlagen Detmold Dortmund Essen Hagen Münster Paderborn Siegen

Oberlandesgerichtsbezirk Jena – – – –

Landgericht Landgericht Landgericht Landgericht

Erfurt Gera Meiningen Mühlhausen

Oberlandesgerichtsbezirk Karlsruhe – – – – – – – – –

Landgericht Landgericht Landgericht Landgericht Landgericht Landgericht Landgericht Landgericht Landgericht

Baden-Baden Freiburg im Breisgau Heidelberg Karlsruhe Konstanz Mannheim Mosbach (Baden) Offenburg Waldshut-Tiengen

Oberlandesgerichtsbezirk Naumburg – – – –

Landgericht Landgericht Landgericht Landgericht

Dessau Halle Magdeburg Stendal

Oberlandesgerichtsbezirk Nürnberg – – – – –

Landgericht Landgericht Landgericht Landgericht Landgericht

Amberg Ansbach Nürnberg-Fürth Regensburg Weiden in der Oberpfalz

Oberlandesgerichtsbezirk Oldenburg – Landgericht Aurich – Landgericht Oldenburg – Landgericht Osnabrück Oberlandesgerichtsbezirk Rostock – – – –

Landgericht Landgericht Landgericht Landgericht

Neubrandenburg Rostock Schwerin Stralsund

Oberlandesgerichtsbezirk Saarbrücken

Oberlandesgerichtsbezirk Koblenz

– Landgericht Saarbrücken

– – – –

Oberlandesgerichtsbezirk Schleswig

Landgericht Landgericht Landgericht Landgericht

Bad Kreuznach Koblenz Mainz Trier

Oberlandesgerichtsbezirk Köln – Landgericht Aachen – Landgericht Bonn – Landgericht Köln Oberlandesgerichtsbezirk München – – – – – – – – – –

Landgericht Landgericht Landgericht Landgericht Landgericht Landgericht Landgericht Landgericht Landgericht Landgericht

Augsburg Deggendorf Ingolstadt Kempten (Allgäu) Landshut Memmingen München I München II Passau Traunstein

– – – –

Landgericht Landgericht Landgericht Landgericht

Flensburg Itzehoe Kiel Lübeck

Oberlandesgerichtsbezirk Stuttgart – – – – – – – –

Landgericht Landgericht Landgericht Landgericht Landgericht Landgericht Landgericht Landgericht

Ellwangen (Jagst) Hechingen Heilbronn (Neckar) Ravensburg Rottweil Stuttgart Tübingen Ulm (Donau)

Oberlandesgerichtsbezirk Zweibrücken – – – –

Landgericht Landgericht Landgericht Landgericht

Frankenthal (Pfalz) Kaiserslautern Landau in der Pfalz Zweibrücken

Anlage 2: Die Fragen

533

Anlage 2: Die Fragen Fragen Im folgenden werden Fragen hinsichtlich der Handhabung von Film- und Tonaufnahmen gestellt. Diese Fragen beziehen sich alleine auf die Handhabung an Ihrem Gericht. Das jeweils Zutreffende ist, gegebenenfalls mit einer näheren Konkretisierung, anzukreuzen. 1. Wie werden an Ihrem Gericht im allgemeinen gesehen Film- und Tonaufnahmen außerhalb der Hauptverhandlung gehandhabt? Es herrscht & ein generelles Verbot mit Erlaubnisvorbehalt & eine generelle Erlaubnis mit Verbotsvorbehalt & nichts generelles, sondern es wird im Einzelfall entschieden & nichts von .. . . . . . . .. . . . . . . .. . . . . . .

alldem, sondern ................................................ ................................................ ................................................

2. Welche Räumlichkeiten gehören nach der an Ihrem Gericht getätigten Übung und Sicht neben dem eigentlichen Sitzungssaal zum räumlichen Bereich der Sitzung? Dazu gehören & das Beratungszimmer der verhandelnden Richter & die Arrestzellen des Gerichts & alle unmittelbar an den Sitzungssaal angrenzenden Räumlichkeiten (z. B. der angrenzende Korridor) & alle Räumlichkeiten des Gerichts, die mit der konkreten Sitzung in einem Zusammenhang stehen (z. B. sämtliche Zugangswege zum Sitzungssaal) & keine weiteren Räumlichkeiten 3. Wird an Ihrem Gericht im Hinblick auf die Film- und Tonaufnahmen außerhalb der Hauptverhandlung in räumlicher Hinsicht zwischen dem Sitzungsbereich und dem restlichen Gerichtsbereich differenziert? & nein & ja

534

Anlagen

4. Nur bei einer räumlichen Trennung: Wer ist an Ihrem Gericht für die Entscheidung über die Erlaubnis oder das Verbot von Film- und Tonaufnahmen innerhalb des Sitzungsbereiches außerhalb der Hauptverhandlung zuständig? (Mehrfachnennung bei Fehlen einer Alleinzuständigkeit) Zuständig ist bzw. sind & der Gerichtspräsident & der jeweilige Vorsitzende Richter & das gesamte jeweilige Gericht & (zusätzlich) jemand anderes, nämlich .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Nur bei einer räumlichen Trennung: Wer ist an Ihrem Gericht für die Entscheidung über die Erlaubnis oder das Verbot von Film- und Tonaufnahmen außerhalb des Sitzungsbereiches und außerhalb der Hauptverhandlung zuständig? (Mehrfachnennung bei Fehlen einer Alleinzuständigkeit) Zuständig ist bzw. sind & der Gerichtspräsident & der jeweilige Vorsitzende Richter & das gesamte jeweilige Gericht & (zusätzlich) jemand anderes, nämlich .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Nur bei keiner räumlichen Trennung: Wer ist an Ihrem Gericht für die Entscheidung über die Erlaubnis oder das Verbot von Film- und Tonaufnahmen außerhalb der Hauptverhandlung zuständig? (Mehrfachnennung bei Fehlen einer Alleinzuständigkeit) Zuständig ist bzw. sind & der Gerichtspräsident & der jeweilige Vorsitzende Richter & das gesamte jeweilige Gericht & (zusätzlich) jemand anderes, nämlich .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Anlage 2: Die Fragen

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7. Nur bei einem generellen Verbot: In welcher Form wird der Vorgang der Erlaubniserteilung initiiert? Er wird eingeleitet & mittels eines genormten Antragsformulars & mittels individuellen Antrages bei der (den) zuständigen Person(en) & in einer anderen Form, nämlich .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Zu welchem Zeitpunkt werden die Aufnahmeverbote oder die Aufnahmeerlaubnisse erteilt? Das geschieht & in der Regel vor dem Beginn des konkreten Verfahrens & in der Regel nach Beginn des konkreten Verfahrens & in einem relativ ausgewogenem Verhältnis 9. Welche sind die ausschlaggebenden Faktoren für die Entscheidung hinsichtlich der Erlaubnis oder des Verbotes von Film- und Tonaufnahmen außerhalb der Hauptverhandlung? (Mehrfachnennungen möglich) & der Grad der aufgrund der Aufnahmen zu erwartenden oder eingetretenen Beeinträchtigungen der (Persönlichkeits-)Rechte des Angeklagten & der Grad der aufgrund der Aufnahmen zu erwartenden oder eingetretenen Beeinträchtigungen der (Persönlichkeits-)Rechte der jeweiligen Richter & der Grad der aufgrund der Aufnahmen zu erwartenden oder eingetretenen Beeinträchtigungen der (Persönlichkeits-)Rechte anderer Verfahrensbeteiligter & die aufgrund der Aufnahmen zu erwartende oder eingetretene Störungen & das Interesse der Öffentlichkeit an dem konkreten Strafverfahren & der Andrang der Medien(-vertreter) & die Renitenz der Medien(-vertreter) & die Bereitschaft der Medien, Kompromisse einzugehen (z. B. eingeschränkte Aufnahmerechte oder Auflagenerteilung) & das Ergebnis der Abwägung aller widerstreitender Interessen & weitere Kriterien: • .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . • .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . • .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Anlagen • .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . • .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

10. Nur bei genereller Erlaubnis: Wie stellt sich im Ergebnis an Ihrem Gericht die Handhabung der Aufnahmeverbote im Hinblick auf alle Fälle, in denen Film- und Tonaufnahmen getätigt werden wollen und werden prozentual dar? & in etwa 0 bis 20% der Fälle ergehen Verbote & in etwa 20 bis 40% der Fälle ergehen Verbote & in etwa 40 bis 60% der Fälle ergehen Verbote & in etwa 60 bis 80% der Fälle ergehen Verbote & in etwa 80 bis 100% der Fälle ergehen Verbote 11. Nur bei generellem Verbot: Wie stellt sich im Ergebnis an Ihrem Gericht die Handhabung der Aufnahmeverbote im Hinblick auf alle Fälle, in denen Filmund Tonaufnahmen getätigt werden wollen und werden prozentual dar? & in etwa 0 bis 20% der Fälle ergehen Erlaubnisse & in etwa 20 bis 40% der Fälle ergehen Erlaubnisse & in etwa 40 bis 60% der Fälle ergehen Erlaubnisse & in etwa 60 bis 80% der Fälle ergehen Erlaubnisse & in etwa 80 bis 100% der Fälle ergehen Erlaubnisse 12. Nur wenn kein generelles Verbot/keine generelle Erlaubnis: Wie stellt sich im Ergebnis an Ihrem Gericht das Verhältnis von Aufnahmeverboten zu Aufnahmeerlaubnissen dar? & in etwa 0 bis 20% der Fälle ergehen Verbote und in etwa 80 bis 100% Erlaubnisse & in etwa 20 bis 40% der Fälle ergehen Verbote und in etwa 60 bis 80% Erlaubnisse & in etwa 40 bis 60% der Fälle ergehen Verbote und in etwa 40 bis 60% Erlaubnisse & in etwa 60 bis 80% der Fälle ergehen Verbote und in etwa 20 bis 40% Erlaubnisse & in etwa 60 bis 80% der Fälle ergehen Verbote und in etwa 20 bis 40% Erlaubnisse

Anlage 2: Die Fragen

537

13. Sonstige Anmerkungen zum Thema: . . . . . . . . . .

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Anlagen

Anlage 3: Die Auswertung der Fragebögen 1. Wie werden an Ihrem Gericht im allgemeinen gesehen Film- und Tonaufnahmen außerhalb der Hauptverhandlung gehandhabt? Verwertbare Antworten: 106 Generelles Verbot

54 Landgerichte

51%

Generelle Erlaubnis

17 Landgerichte

16%

Einzelfallentscheidung

30 Landgerichte

28%

5 Landgerichte

5%

Andere Handhabung

– Räumliche Unterscheidung zwischen Sitzungsbereich (generelles Verbot) und sonstigem Gerichtsbereich (generelle Erlaubnis mit Verbotsvorbehalt) – Räumliche Unterscheidung zwischen Eingangsbereich des Gerichts (generelle Erlaubnis) und restlichem Bereich (generelles Verbot) – Gegenständliche Unterscheidung zwischen Aufnahmen von Gegenständen bzw. Räumlichkeiten (generelle Erlaubnis) und Aufnahmen von Verfahrensbeteiligten (Einzelfallentscheidung) – Gegenständliche Unterscheidung zwischen öffentlichen Aufnahmen von Personen (generelles Verbot – Erlaubnis erst bei ausdrücklicher Einwilligung der jeweiligen Person) und Aufnahmen ohne Personenbezug (generelle Erlaubnis) – Zeitliche Unterscheidung zwischen Zeit bis zum Eintritt der Strafkammer (generelle Erlaubnis) und danach (generelles Verbot) und auch gegenständliche Unterscheidung für die Zeit bis zum Eintritt des Gerichts zwischen Aufnahmen von Angeklagten bzw. Verteidiger (generelles Verbot – Erlaubnis erst bei Einwilligung der jeweiligen Person) und sonstigen Personen (generelle Erlaubnis) 2. Welche Räumlichkeiten gehören nach der an Ihrem Gericht getätigten Übung und Sicht neben dem eigentlichen Sitzungssaal zum räumlichen Bereich der Sitzung? Verwertbare Antworten: 104 Beratungszimmer der verhandelnden Richter

88 Landgerichte

85%

Arrestzellen des Gerichts

41 Landgerichte

39%

Alle unmittelbar an den Sitzungssaal angrenzenden Räumlichkeiten

46 Landgerichte

44%

alle Räumlichkeiten des Gerichts, die mit der konkreten Sitzung in einem Zusammenhang stehen

8 Landgerichte

8%

keine weiteren Räumlichkeiten

9 Landgerichte

9%

Anlage 3: Die Auswertung der Fragebögen

539

3. Wird an Ihrem Gericht im Hinblick auf die Film- und Tonaufnahmen außerhalb der Hauptverhandlung in räumlicher Hinsicht zwischen dem Sitzungsbereich und dem restlichen Gerichtsbereich differenziert? Verwertbare Antworten: 103 Nein

28 Landgerichte

27%

Ja

75 Landgerichte

73%

4. Nur bei einer räumlichen Trennung: Wer ist an Ihrem Gericht für die Entscheidung über die Erlaubnis oder das Verbot von Film- und Tonaufnahmen innerhalb des Sitzungsbereiches außerhalb der Hauptverhandlung zuständig? (Mehrfachnennung bei Fehlen einer Alleinzuständigkeit) Verwertbare Antworten: 75 Gerichtspräsident

19 Landgerichte

25%

Vorsitzender Richter

66 Landgerichte

88%

Gesamtes Gericht (zusätzlich) jemand anderes

kein Landgericht 4 Landgerichte

5%

– Pressereferent des Landgerichts im Auftrag des Gerichtspräsidenten – Pressesprecher in Vertretung des Gerichtspräsidenten – Pressesprecher aufgrund Delegation durch Gerichtspräsidenten – Pressereferent 5. Nur bei einer räumlichen Trennung: Wer ist an Ihrem Gericht für die Entscheidung über die Erlaubnis oder das Verbot von Film- und Tonaufnahmen außerhalb des Sitzungsbereiches und außerhalb der Hauptverhandlung zuständig? (Mehrfachnennung bei Fehlen einer Alleinzuständigkeit) Verwertbare Antworten: 75 Gerichtspräsident Vorsitzender Richter Gesamtes Gericht (zusätzlich) jemand anderes – Gerichtsvizepräsident – Generalstaatsanwalt als Inhaber des Hausrechts – Pressedezernent – Pressesprecher und Vorsitzender Richter – Pressestelle und Gerichtspräsident – Pressesprecher und Gerichtspräsident (2 )

71 Landgerichte

96%

5 Landgerichte

7%

kein Landgericht 21 Landgerichte

28%

540

Anlagen – Dezernatsgeschäftsleiter aufgrund Delegation durch Gerichtspräsidenten – Pressesprecher aufgrund Delegation durch Gerichtspräsidenten – Pressereferent aufgrund Delegation durch Gerichtspräsidenten – Pressereferent im Auftrag des Gerichtspräsidenten (3 ) – Pressedezernent im Auftrag des Gerichtspräsidenten – Pressereferent in Vertretung des Gerichtspräsidenten – Pressesprecher in Vertretung des Gerichtspräsidenten (3 ) – Pressestelle und Gerichtspräsident – Der jeweilige Inhaber des Hausrechts im Auftrag des Gerichtspräsidenten – Sonderstellung der Nürnberger Justizbehörden • Leiter der Justizpressestelle zur Vermeidung von Kompetenzverschiebungen • Daneben aber auch jeweiliger Gerichtspräsident

6. Nur bei keiner räumlichen Trennung: Wer ist an Ihrem Gericht für die Entscheidung über die Erlaubnis oder das Verbot von Film- und Tonaufnahmen außerhalb der Hauptverhandlung zuständig? (Mehrfachnennung bei Fehlen einer Alleinzuständigkeit) Verwertbare Antworten: 25 Gerichtspräsident Vorsitzender Richter

21 Landgerichte

84%

7 Landgerichte

28%

Gesamtes Gericht (zusätzlich) jemand anderes

kein Landgericht 9 Landgerichte

36%

– Pressereferent – Grundsätzlich Pressedezernent und im Übrigen Gerichtspräsident – Pressesprecher und Gerichtspräsident (2 ) – Pressedezernent und Gerichtspräsident – Pressesprecher im Auftrag des Gerichtspräsidenten – Präsidialrichter im Auftrag des Gerichtspräsidenten – Pressereferent für Strafsachen in Vertretung des Gerichtspräsidenten – Pressesprecher in Vertretung des Gerichtspräsidenten gegebenenfalls mit Gerichtspräsident und Vorsitzendem Richter

Anlage 3: Die Auswertung der Fragebögen

541

7. Nur bei einem generellen Verbot: In welcher Form wird der Vorgang der Erlaubniserteilung initiiert? Verwertbare Antworten: 53 (dabei 3 Doppelantworten) Genormtes Antragsformular Individueller Antrag an zuständiges Organ Andere Form

3 Landgerichte

6%

48 Landgerichte

91%

5 Landgerichte

9%

– Sitzungspolizeiliche Anordnung (2 ) – Antrag an Vizepräsidenten des Landgerichts – Initiierung über beschwerdegleichen Verstoß – Gegenständliche Differenzierung nach allgemeinen Aufnahmen (formloser Antrag) und Aufnahmen in laufenden Verfahren (genormtes Antragsformular) 8. Zu welchem Zeitpunkt werden die Aufnahmeverbote oder die Aufnahmeerlaubnisse erteilt? Verwertbare Antworten: 101 In der Regel vor dem Beginn des konkreten Verfahrens In der Regel nach Beginn des konkreten Verfahrens Relativ ausgewogenes Verhältnis Verweis auf Entscheidung unmittelbar nach Antragstellung der Medienvertreter bzgl. der Aufnahmeerlaubnis

94 Landgerichte ein Landgericht 5 Landgerichte

ein Landgericht

93% 1% 5%

1%

9. Welche sind die ausschlaggebenden Faktoren für die Entscheidung hinsichtlich der Erlaubnis oder des Verbotes von Film- und Tonaufnahmen außerhalb der Hauptverhandlung? (Mehrfachnennungen möglich) Verwertbare Antworten: 96 Grad der aufgrund der Aufnahmen zu erwartenden oder eingetretenen Beeinträchtigungen der (Persönlichkeits-)Rechte des Angeklagten 81 Landgerichte

84%

Grad der aufgrund der Aufnahmen zu erwartenden oder eingetretenen Beeinträchtigungen der (Persönlichkeits-)Rechte der jeweiligen Richter 27 Landgerichte

28%

Grad der aufgrund der Aufnahmen zu erwartenden oder eingetretenen Beeinträchtigungen der (Persönlichkeits-)Rechte anderer Verfahrensbeteiligter 74 Landgerichte

77%

Aufgrund der Aufnahmen zu erwartende oder eingetretene Störungen

42%

41 Landgerichte

542

Anlagen Interesse der Öffentlichkeit an dem konkreten Strafverfahren

66 Landgerichte

69%

Andrang der Medien(-vertreter)

26 Landgerichte

27%

Renitenz der Medien(-vertreter)

6 Landgerichte

6%

Bereitschaft der Medien, Kompromisse einzugehen

34 Landgerichte

35%

Ergebnis der Abwägung aller widerstreitender Interessen

60 Landgerichte

63%

8 Landgerichte

7%

Weitere Kriterien

– Aufnahmen nur bei Einwilligung des Angeklagten (2 ) – Aufnahmen nur bei Einwilligung des Angeklagten bzw. des Verteidigers – Aufnahmen generell nur bei Einwilligung – Verstöße gegen Auflagen durch die Medienvertreter – Sicherheitserwägungen – Besonderheiten bei Jugendstrafverfahren – Unterscheidung danach, ob personenbezogene Aufnahmen hergestellt werden 10. Nur bei genereller Erlaubnis: Wie stellt sich im Ergebnis an Ihrem Gericht die Handhabung der Aufnahmeverbote im Hinblick auf alle Fälle, in denen Film- und Tonaufnahmen getätigt werden wollen und werden prozentual dar? Verwertbare Antworten: 17 In etwa 0 bis 20% der Fälle ergehen Verbote

15 Landgerichte

In etwa 20 bis 40% der Fälle ergehen Verbote

ein Landgericht

In etwa 40 bis 60% der Fälle ergehen Verbote

kein Landgericht

In etwa 60 bis 80% der Fälle ergehen Verbote

ein Landgericht

In etwa 80 bis 100% der Fälle ergehen Verbote

kein Landgericht

88% 6% 6%

11. Nur bei generellem Verbot: Wie stellt sich im Ergebnis an Ihrem Gericht die Handhabung der Aufnahmeverbote im Hinblick auf alle Fälle, in denen Filmund Tonaufnahmen getätigt werden wollen und werden prozentual dar? Verwertbare Antworten: 54 In etwa 0 bis 20% der Fälle ergehen Erlaubnisse

5 Landgerichte

9%

In etwa 20 bis 40% der Fälle ergehen Erlaubnisse

3 Landgerichte

6%

In etwa 40 bis 60% der Fälle ergehen Erlaubnisse

5 Landgerichte

9%

In etwa 60 bis 80% der Fälle ergehen Erlaubnisse

4 Landgerichte

7%

In etwa 80 bis 100% der Fälle ergehen Erlaubnisse 37 Landgerichte

69%

Anlage 3: Die Auswertung der Fragebögen

543

12. Nur wenn kein generelles Verbot/keine generelle Erlaubnis: Wie stellt sich im Ergebnis an Ihrem Gericht das Verhältnis von Aufnahmeverboten zu Aufnahmeerlaubnissen dar? Verwertbare Antworten: 33 In etwa 0 bis 20% der Fälle ergehen Verbote und in etwa 80 bis 100% Erlaubnisse

27 Landgerichte

82%

In etwa 20 bis 40% der Fälle ergehen Verbote und in etwa 60 bis 80% Erlaubnisse

4 Landgerichte

12%

In etwa 40 bis 60% der Fälle ergehen Verbote und in etwa 40 bis 60% Erlaubnisse

kein Landgericht

In etwa 60 bis 80% der Fälle ergehen Verbote und in etwa 20 bis 40% Erlaubnisse

ein Landgericht

3%

In etwa 60 bis 80% der Fälle ergehen Verbote und in etwa 20 bis 40% Erlaubnisse

ein Landgericht

3%

13. Sonstige Anmerkungen zum Thema: – Bei spektakulären Hauptverhandlungen mit größerem Andrang von Fernsehsendern wird für Filmaufnahmen, wenn Kapazitätsgrenzen im Sitzungssaal erreicht werden, die Poollösung gewählt. In der Praxis aber eher selten. – Bei Verfahren mit großer Medienresonanz wird ein Pool gebildet. Ein öffentlicher und ein privater Sender werden zugelassen, wenn sie sich verpflichten, die Aufnahmen anderen Sendern zur Verfügung zu stellen. Mehr als zwei Aufnahmeteams werden nicht zugelassen. – Art und Umfang der Film-/Tonaufnahmen sind regelmäßig ein Kompromiss zwischen den häufig weitgehenden Wünschen der Medienvertreter und den Anliegen der Kammervorsitzenden an einem möglichst ungestörten Ablauf des Verfahrens und dem Schutz der Verfahrensbeteiligten. Die Verhandlungen über den Umfang der Bild-/Tonaufnahmen werden hierbei von der Pressedezernentin geführt. – Im Hause ist Fotografieren/Filmen generell verboten. Die Vorsitzenden Richter gestatten aber in Absprache mit Gerichtspräsidenten Foto-/Filmaufnahmen im Saal bis zum Aufruf der Sache. – I. d. R. wird ca. 10 Min. vor Sitzungsbeginn der Sitzungssaal von den Wachtmeistern aufgeschlossen. Ab diesem offiziellen Zeitpunkt beginnt die Kammerhoheit über Filmaufnahmen im Sitzungssaal. Außerhalb des Sitzungssaales verbleibt es bei den beiliegenden Antworten. – Erlaubnisse werden stets erteilt, wenn Angeklagter und Verteidiger keine Einwände haben (Regelfall der Erlaubnisse) oder wenn das Verfahren, Tat und Täter ganz erhebliches Interesse erfahren bzw. verdienen. Dass bei Nachfrage relativ viele Erlaubnisse erteilt werden, liegt daran, dass die allgemeine Praxis des Gerichts, die Erlaubnis in der Regel von dem Einverständnis des Angeklagten abhängig zu machen, bei den örtlichen Medien bekannt ist und deshalb viele mögliche Anträge bei Standardfällen unterbleiben.

544

Anlagen – Filmaufnahmen für Fernsehsendungen werden häufig vor Beginn der Hauptverhandlung im Sitzungssaal gemacht. Dabei gibt es in aller Regel keine Schwierigkeiten. Gelegentlich kommt es vor, dass der Angeklagte nicht gefilmt werden will. Er wird dann erst nach Beendigung der Aufnahmen vorgeführt oder aufgerufen. Das wurde bisher von den Medienvertretern akzeptiert. Ansonsten müsste darauf hingewiesen werden, dass Filmaufnahmen während der Verhandlung unzulässig sind (allgemein bekannt) und dass die Verhandlung mit dem Aufruf der Sache beginnt (§ 243 Abs. 1 S. 1 StPO) – Es hat sich gezeigt, dass bei frühzeitiger (fällt Medienvertretern immer besonders schwer) Kontaktaufnahme zwischen Aufnahmeinteressenten und dem das Verfahren leitenden Vorsitzenden eigentlich immer eine für beide Seiten befriedigende Lösung gefunden werden konnte. Probleme gab es hier gelegentlich (nach erteilter Erlaubnis) mit übergriffigem Verhalten (ein Mikrofongalgen wurde unbemerkt von hinten zwischen Verteidiger + Angeklagten, die sich unterhielten geschoben, einem Angeklagten, der sich, wie verabredet, eine Zeitung vor dass Gericht hielt, wurde diese weggezogen). Hier müssen die betreffenden Medienvertreter mit deutlich repressiven Handhabungen in künftigen Fällen rechnen. – Das Landgericht pflegt einen guten Kontakt zur Presse/Medienvertretern. Bei Prozessen, die die Öffentlichkeit interessieren, versuchen wir, der Presse Bilder zu ermöglichen. Verwahrt sich ein Angeklagter dagegen, berücksichtigen wir das, außer es ist eine Person der Zeitgeschichte. Was das Filmen des Gerichts anbelangt, so berücksichtigen wir die Entscheidung des BVerfG vom 21.7.2000. Nachdem das Gericht den Sitzungssaal betreten hat, verlassen die Medienvertreter den Saal, damit das Verfahren eröffnet werden kann. Einzelne Kollegen lehnen das Filmen im und vor dem Sitzungssaal kategorisch ab. – Seit der Rechtsprechung des BVerfG, mit der vor kurzem die Schutzrechte der Angeklagten zugunsten der Erweiterung der Medienrechte eingeschränkt worden sind, wird weitgehend den Medien das Filmen außerhalb des Sitzungssaals gestattet. Die Richter stehen trotz der Rechtsprechung des BVerfG dem Filmen im Gerichtssaal zu Beginn der Sitzung zurückhaltend gegenüber. Einige ordnen an, dass ab Beginn der Hauptverhandlung nicht gefilmt werden darf und lassen die Sitzung mit dem Klingeln beginnen und erscheinen erst, wenn die Medienvertreter den Saal verlassen haben. Rechtlich bleibt das Problem, ob die Schöffen – die dieses Amt nicht ablehnen können – sich filmen lassen müssen. – Wichtig sind klare Absprachen zwischen den Journalisten, dem Kammervorsitzenden und dem Präsidenten (Pressesprecher), bei denen die beiderseitigen Interessen weitmöglichst berücksichtigt und die Persönlichkeitsrechte beachtet und geschützt werden. – Durch die Installierung eines Pressereferenten hat sich die Praxis problemlos eingespielt, da der Kontakt zu den Medien gut funktioniert. – Die Justizpressestelle verfügt über langjährige Erfahrungen in diesem Bereich. Oberstes Ziel ist es, ein ausgewogenes Verhältnis der widerstreitenden Interessen zu finden. Klare Regeln, Kontakte und Darstellung der verschiedenen Interessengebiete sind geeignete Mittel hierzu.

Anlage 3: Die Auswertung der Fragebögen

545

– Der Präsident erteilt allgemein die Dreherlaubnisse im Gerichtsgebäude. Der jeweilige Vorsitzende ist für Dreherlaubnis, üblicherweise bis das Gericht im Sitzungssaal Platz nimmt, zuständig und darüber hinaus während der Sitzung im Sitzungssaal und im „Umgriff“ dazu, wenn es zu Störungen/Beeinträchtigungen kommt. – Der Pressesprecher wird im Auftrag des Präsidenten tätig. Er erteilt generell Dreherlaubnisse für den Bereich außerhalb der Sitzungssäle. Darüber hinaus teilt er den Medienvertretern die Entscheidung des Vorsitzenden mit, soweit dessen sitzungspolizeiliche Befugnisse betroffen sind (sog. „kleine bzw. große Dreherlaubnis“). Letztlich kommt dem Antragserfordernis lediglich eine ordnende Funktion zu, da sich auf diesem Weg im Vorfeld einschätzen lässt, ob und ggf. in welchem Umfang Medienvertreter zu erwarten sind. Fälle, in denen ich eine Dreherlaubnis für den Bereich außerhalb der Sitzungssäle im Rahmen meines Hausrechts verweigert habe, sind bisher nicht vorgekommen. – Der Sitzungsbereich wird vom Vorsitzenden geregelt und der sonstige Bereich vom Gerichtspräsidenten in Absprache mit dem jeweiligen Vorsitzenden. Eine „Disziplinierung“ der Medienvertreter erfolgt über den Wachtmeisterdienst nach individueller Absprache mit dem jeweiligen Vorsitzenden. Insgesamt traten bisher keine Probleme auf. – Die Zusammenarbeit mit den Medien lief bisher problemlos. – Bisher erfolgte eine problemlose Handhabung. – Die Handhabung hat bisher zu keinen Schwierigkeiten geführt – Das Problem an Ihrem Fragebogen ist, was Sie mit „außerhalb der Hauptverhandlung“ meinen. Die Zeit unmittelbar vor Beginn der Sitzung (z. B. ein Zeitraum von etwa 1–2 Stunden vor Aufruf der Sache) liegt „außerhalb der Hauptverhandlung“. Ich nehme aber an, dass Sie diesen Zeitraum mit Ihrer Wendung („außerhalb der Hauptverhandlung“) nicht gemeint haben. Denn für diesen Zeitraum wäre zu differenzieren. Hier wird die Hausgewalt durch die Sitzungsgewalt eingeschränkt, je nach Sitzungsbereich und restlichem Gerichtsbereich.

546

Anlagen

Anlage 4: Verfügung hinsichtlich Foto-, Film- und Tonaufnahmen

Anlage 5: Sonderverfügung hinsichtlich Foto-, Film- und Tonaufnahmen

Anlage 6: Schreiben an Foto- und Filmjournalisten

Anlage 6: Schreiben an Foto- und Filmjournalisten

547

548

Anlagen

Anlage 7: Merkblatt für die Bildberichterstattung im und vor dem Justizgebäude

Anlage 7: Merkblatt für die Bildberichterstattung

549

550

Anlagen

Anlage 8: Muster einer Drehgenehmigung

Anlage 8: Muster einer Drehgenehmigung

551

552

Anlagen

Anlage 9: Muster einer Fotogenehmigung

Anlage 9: Muster einer Fotogenehmigung

553

554

Anlagen

Anlage 10: Muster einer sitzungspolizeilichen Verfügung

Anlage 10: Muster einer sitzungspolizeilichen Verfügung

555

556

Anlagen

Anlage 10: Muster einer sitzungspolizeilichen Verfügung

557

558

Anlagen

Anlage 11: Verfügung hinsichtlich Konkurrenz von Hausrecht und Sitzungspolizei

Anlage 11: Verfügung hinsichtlich Hausrecht und Sitzungspolizei

559

560

Anlagen

Anlage 12: Erlaubnis für Anfertigung von Bild- und Tonaufnahmen

Anlage 12: Erlaubnis für Anfertigung von Bild- und Tonaufnahmen

561

562

Anlagen

Anlage 13: Pressekodex in der Fassung vom 2. März 2005 (Auszug) Ziffer 4 Bei der Beschaffung von personenbezogenen Daten, Nachrichten, Informationen und Bildern dürfen keine unlauteren Methoden angewandt werden. Ziffer 8 Die Presse achtet das Privatleben und die Intimsphäre des Menschen. Berührt jedoch das private Verhalten öffentliche Interessen, so kann es im Einzelfall in der Presse erörtert werden. Dabei ist zu prüfen, ob durch eine Veröffentlichung Persönlichkeitsrechte Unbeteiligter verletzt werden. Die Presse achtet das Recht auf informationelle Selbstbestimmung und gewährleistet den redaktionellen Datenschutz. Ziffer 11 Die Presse verzichtet auf eine unangemessen sensationelle Darstellung von Gewalt und Brutalität. Der Schutz der Jugend ist in der Berichterstattung zu berücksichtigen. Ziffer 12 Niemand darf wegen seines Geschlechts, einer Behinderung oder seiner Zugehörigkeit zu einer rassischen, ethnischen, religiösen, sozialen oder nationalen Gruppe diskriminiert werden. Ziffer 13 Die Berichterstattung über Ermittlungsverfahren, Strafverfahren und sonstige förmliche Verfahren muss frei von Vorurteilen erfolgen. Die Presse vermeidet deshalb vor Beginn und während der Dauer eines solchen Verfahrens in Darstellung und Überschrift jede präjudizierende Stellungnahme. Ein Verdächtiger darf vor einem gerichtlichen Urteil nicht als Schuldiger hingestellt werden. Über Entscheidungen von Gerichten soll nicht ohne schwerwiegende Rechtfertigungsgründe vor deren Bekanntgabe berichtet werden. Ziffer 16 Es entspricht fairer Berichterstattung, vom Deutschen Presserat öffentlich ausgesprochene Rügen abzudrucken, insbesondere in den betroffenen Publikationsorganen.

Anlage 14: Richtlinien für die publizistische Arbeit (Auszug)

563

Anlage 14: Richtlinien für die publizistische Arbeit (Auszug) Richtlinie 4.1 – Grundsätze der Recherchen Recherche ist unverzichtbares Instrument journalistischer Sorgfaltspflicht. Journalisten geben sich grundsätzlich zu erkennen. Unwahre Angaben des recherchierenden Journalisten über seine Identität und darüber, welches Organ er vertritt, sind grundsätzlich mit dem Ansehen und der Funktion der Presse nicht vereinbar. Verdeckte Recherche ist im Einzelfall gerechtfertigt, wenn damit Informationen von besonderem öffentlichen Interesse beschafft werden, die auf andere Weise nicht zugänglich sind. Bei Unglücksfällen und Katastrophen beachtet die Presse, dass Rettungsmaßnahmen für Opfer und Gefährdete Vorrang vor dem Informationsanspruch der Öffentlichkeit haben.

Richtlinie 4.2 – Recherche bei schutzbedürftigen Personen Bei der Recherche gegenüber schutzbedürftigen Personen ist besondere Zurückhaltung geboten. Dies betrifft vor allem Menschen, die sich nicht im Vollbesitz ihrer geistigen oder körperlichen Kräfte befinden oder einer seelischen Extremsituation ausgesetzt sind, aber auch Kinder und Jugendliche. Die eingeschränkte Willenskraft oder die besondere Lage solcher Personen darf nicht gezielt zur Informationsbeschaffung ausgenutzt werden.

Richtlinie 4.3 – Sperrung oder Löschung personenbezogener Daten Personenbezogene Daten, die unter Verstoß gegen den Pressekodex erhoben wurden, sind von dem betreffenden Publikationsorgan zu sperren oder zu löschen.

Richtlinie 8.1 – Nennung von Namen/Abbildungen (1) Die Nennung der Namen und die Abbildung von Opfern und Tätern in der Berichterstattung über Unglücksfälle, Straftaten, Ermittlungs- und Gerichtsverfahren (siehe auch Ziffer 13 des Pressekodex) sind in der Regel nicht gerechtfertigt. Immer ist zwischen dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit und dem Persönlichkeitsrecht des Betroffenen abzuwägen. Sensationsbedürfnisse können ein Informationsinteresse der Öffentlichkeit nicht begründen. (2) Opfer von Unglücksfällen oder von Straftaten haben Anspruch auf besonderen Schutz ihres Namens. Für das Verständnis des Unfallgeschehens bzw. des Tathergangs ist das Wissen um die Identität des Opfers in der Regel unerheblich. Ausnahmen können bei Personen der Zeitgeschichte oder bei besonderen Begleitumständen gerechtfertigt sein.

564

Anlagen

(3) Bei Familienangehörigen und sonstigen durch die Veröffentlichung mittelbar Betroffenen, die mit dem Unglücksfall oder der Straftat nichts zu tun haben, sind Namensnennung und Abbildung grundsätzlich unzulässig. (4) Die Nennung des vollständigen Namens und/oder die Abbildung von Tatverdächtigen, die eines Kapitalverbrechens beschuldigt werden, ist ausnahmsweise dann gerechtfertigt, wenn dies im Interesse der Verbrechensaufklärung liegt und Haftbefehl beantragt ist oder wenn das Verbrechen unter den Augen der Öffentlichkeit begangen wird. Liegen Anhaltspunkte für eine mögliche Schuldunfähigkeit eines Täters oder Tatverdächtigen vor, sollen Namensnennung und Abbildung unterbleiben. (5) Bei Straftaten Jugendlicher sind mit Rücksicht auf die Zukunft der Jugendlichen möglichst Namensnennung und identifizierende Bildveröffentlichungen zu unterlassen, sofern es sich nicht um schwere Taten handelt. (6) Bei Amts- und Mandatsträgern können Namensnennung und Abbildung zulässig sein, wenn ein Zusammenhang zwischen Amt und Mandat und einer Straftat gegeben ist. Gleiches trifft auf Personen der Zeitgeschichte zu, wenn die ihnen zur Last gelegte Tat im Widerspruch steht zu dem Bild, das die Öffentlichkeit von ihnen hat. (7) Namen und Abbild Vermisster dürfen veröffentlicht werden, jedoch nur im Benehmen mit den zuständigen Behörden. Richtlinie 8.2 – Schutz des Aufenthaltsortes Der private Wohnsitz sowie andere Orte der privaten Niederlassung, wie z. B. Krankenhaus-, Pflege-, Kur-, Haft- oder Rehabilitationsorte, genießen besonderen Schutz. Richtlinie 8.3 – Resozialisierung Im Interesse der Resozialisierung müssen bei der Berichterstattung im Anschluss an ein Strafverfahren in der Regel Namensnennung und Abbildung unterbleiben. Richtlinie 8.4 – Erkrankungen Körperliche und psychische Erkrankungen oder Schäden fallen grundsätzlich in die Geheimsphäre des Betroffenen. Mit Rücksicht auf ihn und seine Angehörigen soll die Presse in solchen Fällen auf Namensnennung und Bild verzichten und abwertende Bezeichnungen der Krankheit oder der Krankenanstalt, auch wenn sie im Volksmund anzutreffen sind, vermeiden. Auch Personen der Zeitgeschichte genießen über den Tod hinaus den Schutz vor diskriminierenden Enthüllungen.

Anlage 14: Richtlinien für die publizistische Arbeit (Auszug)

565

Richtlinie 11.1 – Unangemessene Darstellung Unangemessen sensationell ist eine Darstellung, wenn in der Berichterstattung der Mensch zum Objekt, zu einem bloßen Mittel, herabgewürdigt wird. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn über einen sterbenden oder körperlich oder seelisch leidenden Menschen in einer über das öffentliche Interesse und das Informationsinteresse der Leser hinausgehenden Art und Weise berichtet wird. Richtlinie 12.1 – Berichterstattung über Straftaten In der Berichterstattung über Straftaten wird die Zugehörigkeit der Verdächtigen oder Täter zu religiösen, ethnischen oder anderen Minderheiten nur dann erwähnt, wenn für das Verständnis des berichteten Vorgangs ein begründbarer Sachbezug besteht. Besonders ist zu beachten, dass die Erwähnung Vorurteile gegenüber schutzbedürftigen Gruppen schüren könnte. Richtlinie 13.1 – Vorverurteilung – Folgeberichterstattung Die Berichterstattung über Ermittlungs- und Gerichtsverfahren dient der sorgfältigen Unterrichtung der Öffentlichkeit über Straftaten, deren Verfolgung und richterlichen Bewertung. Bis zu einer gerichtlichen Verurteilung gilt die Unschuldsvermutung, auch im Falle eines Geständnisses. Auch wenn eine Täterschaft für die Öffentlichkeit offenkundig ist, darf der Betroffene bis zu einem Gerichtsurteil nicht als Schuldiger im Sinne eines Urteilsspruchs hingestellt werden. Vorverurteilende Darstellungen und Behauptungen verstoßen gegen den verfassungsrechtlichen Schutz der Menschenwürde, der uneingeschränkt auch für Straftäter gilt. Ziel der Berichterstattung darf in einem Rechtsstaat nicht eine soziale Zusatzbestrafung Verurteilter mit Hilfe eines „Medien-Prangers“ sein. Daher ist zwischen Verdacht und erwiesener Schuld in der Sprache der Berichterstattung deutlich zu unterscheiden. Hat die Presse über eine noch nicht rechtskräftige Verurteilung eines namentlich erwähnten oder für einen größeren Leserkreis erkennbaren Betroffenen berichtet, soll sie auch über einen rechtskräftig abschließenden Freispruch bzw. über eine deutliche Minderung des Strafvorwurfs berichten, sofern berechtigte Interessen des Betroffenen dem nicht entgegenstehen. Diese Empfehlung gilt sinngemäß auch für die Einstellung eines Ermittlungsverfahrens. Kritik und Kommentar zu einem Verfahren sollen sich erkennbar vom Prozessbericht unterscheiden. Richtlinie 13.2 – Straftaten Jugendlicher Bei der Berichterstattung über Ermittlungs- und Strafverfahren gegen Jugendliche sowie über ihr Auftreten vor Gericht soll die Presse mit Rücksicht auf die Zukunft der Betroffenen besondere Zurückhaltung üben. Diese Empfehlung gilt sinngemäß für jugendliche Opfer von Straftaten.

566

Anlagen

Richtlinie 16.1 – Rügenabdruck Für das betroffene Publikationsorgan gilt: Der Leser muss erfahren, welcher Sachverhalt der gerügten Veröffentlichung zugrunde lag und welcher publizistische Grundsatz dadurch verletzt wurde.

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Sachverzeichnis absolute Person der Zeitgeschichte 182, 223, 229 Abwehrinteresse 407, 416 allgemeine Handlungsfreiheit 194, 500 allgemeines Gesetz 144, 358 – Abwägungslehre 482 – Komponenten 481 – Sonderrechtslehre 482 Alltagswissen 56, 60 Anonymitätsinteresse 225, 260, 263– 264, 273, 280, 416 Aufnahmen – als publizistische Mittel 188 – Anfertigung 96, 105, 131, 151 – Widmungszweck der Gerichte 156 – Anfertigung von Bildaufnahmen – Abwägung 303 – Analogie zum Kunsturhebergesetz 285 – Ausgangspunkt der Interessenabwägung 286 – heimliche 297 – Kriterien der Interessenabwägung 291, 303 – Persönlichkeitsbelange 283 – Zweck 298 – Bindung an den Willen der Betroffenen 455 – Einwilligung in Anfertigung 283 – Erforderlichkeit der 187, 396, 405, 422, 466 – Erwartungshaltung der Bevölkerung 466 – Gefahren der 132, 319 – Handlungspflicht hinsichtlich 433 – Herstellung von Tonaufnahmen 305 – Interressenabwägung 307 – Rechtsgrundlage 307

– Informationsgehalt 183, 188, 303, 342, 396, 405, 468 – Pool Lösung 448 – positive Effekte – Information 409 – Informationen 342 – Kommunikationsermöglichung 409 – öffentliche Kontrolle 345, 409 – präventive Wirkungen 347–348 – Unterhaltung 341, 409 – Vertrauen schaffen 345 – Rechtfertigung von Bildaufnahmen – Interessenabwägung 286 – Sinn und Zweck 189 – Vergleich der Gefahren in und außerhalb der Hauptverhandlung 339 – Verletzung der Menschenwürde 273 – während der Hauptverhandlung 143 Aufnahmeverbot 146, 149 – absolutes Verbot 475, 486, 525 – Angemessenheit 465, 468, 470, 472 – bei sichtbarem Widerstand 457 – differenziertes Verbot 472 – Erforderlichkeit 462–463 – Ermessen 473 – Geeignetheit 461 – Gründe der Einführung 131 – praktische Konkordanz 474 – praktische Wirkungen 151 – präventives 458, 461 – Verfassungskonfirmität 140 – Zeichnungen 144 – zeitlicher Anwendungsbereich 138 Aufzüge 255 Augenbalken 207

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Sachverzeichnis

Aussageverhalten, Gefahr von verändertem 320 Authentizität 46, 185–186 Befangenheitsantrag 492 Begleitinformationen 186 Begleitmedien 61 Berufsfreiheit 278, 295, 304, 308, 399, 404, 411, 417, 446, 469, 474, 490 – Anwendbarkeit 390 – Aufnahmeverbot während Hauptverhandlung 144 – Berufsbegriff 295 – objektiv berufsregelnde Tendenz 391 – Schrankenregelung 487 – Schutzbereich 390–391 berufsspezifische Gefahren 335, 407 Beschwerde – Beschwerdeausschluss 509 – nach § 181 GVG 499 – nach §§ 304 ff. StPO 507 Bestimmtheitsgebot 439 Bildaufnahmen siehe Aufnahmen Bildnis – aus dem Bereich der Zeitgeschichte 212 – Bildnisbegriff 205 – Verbreiten 208 – Wesensmerkmal 221 – zur Schau stellen 208 Bildniserschleichung 297 Bundesverfassungsgericht – Apotheker-Urteil 487 – El-Kaida-Verfahren 36, 453 – Honecker-Verfahren 34, 149, 204, 463 – Lebach-Urteil 174, 262, 327–328, 338 – n-tv-Entscheidung 142–143, 369 – Schächt-Entscheidungen 412 – Verfahren zu Mannheimer Richtern 35 – von Metzler-Verfahren 36 Bundeszentralregister 254

Demokratie 49 Demokratieprinzip 123 Deutscher Presserat 344, 518–519, 529 Dienstaufsichtsbeschwerde 178, 492– 494 effektive Verteidigung, Gefahr für 134, 334, 407 Effektivitätsgebot des Grundrechtschutzes 447 Einheit der Rechtsordnung 460 Einschaltquote 72, 77, 79, 163, 169, 190, 248, 281, 309, 344, 349, 419 Einwilligung 445, 470 – ausdrücklich 209 – empfangsbedürftige Willenserklärung 209 – konkludent 209 – Überprüfung durch Richter 455 Entscheidung über die Anfertigung von Aufnahmen – Ausgangspunkt 39, 126, 152, 157 – Ermessen 401 – Handlungspflicht 434 – Interessenabwägung 401 – Persönlichkeitsrechte 193–197, 200, 203, 259, 267, 269, 272, 281–282, 291, 307–308, 311, 318 – Wahl des Mittels 401 – Zuständigkeit 39, 98, 105 Entsozialisierung – Gefahr von 332, 407 – Interesse an Verhinderung 418 – Präsentationsform 67 faires Verfahren, Gefahr für 136 Fernsehen 42, 61, 276, 293, 352 Fernsehfunk siehe Fernsehen Fernsehräte 380 Filmaufnahmen siehe Aufnahmen freiheitlich-demokratische Ordnung 375, 410

Sachverzeichnis Geheimhaltungsinteresse 280 Gemeinschaftsinteressen 475 Gerichtsberichterstatter 343 Gerichtsberichterstattung 163, 219, 275, 310, 321, 360, 467 – als inzidentielle Personenberichterstattung 60 – als Nachrichtensendung 60 – ehrbezogene Anforderungen 480 – Funktionen 61, 126, 341, 346, 421 – Informationsquelle 343 – präventive Wirkungen 347 – Schwerpunkt 38, 69 – Stellung 60 – Subjektivität 70 – Thematik 67 – Unterhaltungswert 77–78 – Verzerrungen 80–81 – Wettbewerb 71 – Wirkungen 66 Gerichtspräsident 40, 95, 98–99, 110, 114–116, 119 Gesetzesvorbehalt 201, 438, 487 gesetzlicher Richter 101 grundrechtsunmittelbare präventive Schutzpflicht 429 Grundsatz der Verhältnismäßigkeit siehe Übermaßverbot Grundversorgungsaufgabe 53 Güterabwägung siehe Interessenabwägung Handlungspflicht 431, 483, 503 – direkter Sitzungsbezug 434 – Erfüllung 447, 451, 455, 458 – Evidenzkontrolle 447 – Gefahrenschwelle 432–433, 457 – persönlichkeitsrechtliche 437 – präventive Mittel 436 – repressive Mittel 436 – Subsidiarität 434–435 Hauptverhandlung – als Sitzungsbereich 107

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– Aufnahmeverbot 138 – Aussetzung 92 – autonomer Verhandlungsbegriff 90 – Beginn 91 – Ende 94 – Informationsinteresse an 125 – Unterbrechung 92, 108 Hausrecht – Abgrenzung zur Verhandlungsleitung 99 – Gerichtspräsident als Hausrechtsinhaber 95 – gesetzliche Grundlage 438 – Inhalt 96 – Zweck 95 hausrechtliche Maßnahmen 97 Hörfunk 42, 61, 276, 352

Illustrationsinteresse 420 Informationsbedürfnis 389, 395 – Erfüllung durch Gerichtsberichterstattung 342 – hinsichtlich Aufnahmen 168 – hinsichtlich Strafverfahren 166 Informationsfreiheit 218, 399 – dienende Funktion 388 – Grundrechtskonkurrenz 383 – Informationsquelle 293–294, 308, 388 – Schutzbereich 294 Informationsfunktion 49, 62, 342, 344– 345 Informationsgehalt 184, 467 – Authentizität 186 – Bildnisse von Opfern 250 – momentane Wirklichkeit 185 Informationsinteresse 144, 161, 342, 394–395, 405, 420, 454, 467, 469 – an den aufgenommenen Personen 165 – an Strafgerichtsberichterstattungen 160 – an Strafverfahren 165 – bildnisbezogenes 220, 395

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Sachverzeichnis

– Feststellung eines öffentlichen 162 – hinsichtlich Angeklagten und Verurteilten 169 – bei Kleinkriminalität 172 – bei schwerer Kriminalität 174 – bei schwerster Kriminalität 176 – bei Straftaten von historischer Bedeutung 176 – generelle Ablehnung 171 – Grundsatz vom personenbezogenem Informationsinteresse 169 – Orientierung am Bekanntheitsgrad 171 – Orientierung am Charakter der zu verhandelnden Straftat 171 – hinsichtlich Besuchern 182 – hinsichtlich Opfern 180 – hinsichtlich Richter und Staatsanwälten 178 – hinsichtlich Sachverständigen 181 – hinsichtlich Strafverteidigern 179 – hinsichtlich Zeugen 180 – indizierende Faktoren 163 – Privilegierung 262 – Prognose 164 – Rolle des Bekanntheitsgrades einer Person 238 – Schutzwürdigkeit 161 Informationsgehalt 422 Informationswert siehe Informationsgehalt bzw. Aufnahmen Instrumentalisierung des Rundfunks, Gefahr der 324, 340, 406, 422 Interesse an authentischer Berichterstattung 179 Interessenabwägung – abstrakt 401 – Aspekte der Aufnahmeherstellung 402 – Aspekte der Aufnahmepublizierung 406 – Gefahren 408 – Gewichtung der Interessen 261

– abstrakt 410 – konkret 402, 414 – Maßstäbe 415 – in dubio pro libertate 423 – Übermaßverbot siehe Übermaßverbot Interessendreieck 445 Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte 124 journalistische Sorgfalt 361 Justizbehörde 497 Justizpressestelle 364, 371 Justizverwaltung 96, 116 Justizverwaltungsakt 497–498 Kommerzialisierungsgefahr 136 Kommunikationsfreiheiten siehe Kommunikationsgrundrechte Kommunikationsgrundrechte 351, 381, 389, 410, 417–418, 481–482, 484–485, 520 Kommunikationsverfassung 228 Konfusionsargument 353 Kontrollfunktion 50, 63, 345 Kriminalität – absolut schwerste 170, 177, 243, 253, 315, 395 – Einschätzung durch die Bevölkerung 80 – Gewaltkriminalität 367 – Kleinkriminalität 172, 235, 315 – mittlere Kriminalität 236, 239–240 – schwere Kriminalität 68, 174, 176, 179–180, 242, 315 – schwerste Kriminalität 176, 335, 406, 426, 469 – Sensationsinteresse 218 – verzerrtes Kriminalitätsbild 80, 82, 342, 346 kriminologische Funktionen der Gerichtsberichterstattung 65 Kulturfunktion 52, 62

Sachverzeichnis Landesmedienanstalten 380 landgerichtliche Praxis siehe Umfrage an den deutschen Landgerichten Manipulationsgefahr 84 Massenmedien 329 – Begriff 43 – Funktionen 47 – Informationsquelle 46, 352 – Stellung 44, 47 – Verbreitung 44 – Vermittlung des Gerichtsgeschehens 127–128 – Wirkungen 54 Medien-Ethik 361 Medienforschung 83 Medienfreiheit 275, 352 Medienkodex 518 Medienöffentlichkeit 61, 129, 141, 143, 211, 264, 525 Medienrat 518–519 Medienrealität 56 Medienrecht, Ziel des 524 medienspezifische Sorgfalt 361, 363 Medienwirkung, Begriff 55 Meinungsfreiheit 278, 317, 352, 399, 481 – Bildaufnahmen 385 – Grundrechtskonkurrenz 382 – juristischer Personen 384 – Schutzbereich 385 – Tonaufnahmen 384 – Vermutungsformel 413 Menschenrechtskonvention 124 Menschenwürde 103, 273, 291, 392, 399 – Objektformel 274, 291, 394 – Schutzpflicht 427 Mindestschutzgebot 453 Nachrichtenwert 68 Namensnennung 191, 207, 313-314, 316, 330 Nichtöffentlichkeitsgrundsatz 148, 151

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objektive Werteordnung 411 öffentliche Gewalt 201, 244, 247, 494 öffentliche Meinungsbildung 49, 55–56, 66, 84, 351, 358, 376, 380, 386, 388 öffentliche Sache – Gerichtsgebäude als öffentliche Sache im Anstaltsgebrauch 153 – Merkmale 153 Öffentlichkeit – außerhalb der Hauptverhandlung 149 – Begriff 127 – fakische 157 – mittelbare 128, 130 – unmittelbare 127, 129 – Zweck 129 Öffentlichkeitsgrundsatz 145, 148, 150– 151, 158, 470, 525 – Regelungen 123 – Wirkungen 147, 158 – zeitlicher Anwendungsbereich 131 – Zweck 124 Ordnung der Rechtspflege, Gefahr für 408 Person der Zeitgeschichte – Begriff der Zeitgeschichte 214 – Bereich der Zeitgeschichtlichkeit 215 – öffentliches Interesse 216 – bildnisbezogenes Informationsinteresse 220 – Informationsinteresse als berechtigtes 217 – Unterscheidung zwischen absoluter und relativer 223, 228 – Zeitgeschichtlichkeit der abgebildeten Person 213 Person der Zeitgeschichte siehe auch absolute bzw. relative Person der Zeitgeschichte Personenberichterstattung 60 Persönlichkeitsrecht 103, 258, 273, 289, 291, 304, 306, 309, 399, 403, 410, 446, 451, 460, 468, 474

638 – – – –

– – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – –

Sachverzeichnis

Abwehrrecht 427 Anfertigung der Aufnahmen 282 Anhörungspflicht 375 Beeinträchtigung – durch Anfertigung von Bildaufnahmen 305, 416 – durch Anfertigung von Tonaufnahmen 310, 416 – durch Verdachtsberichterstattung 313 – durch Veröffentlichung von Bildaufnahmen 266 – durch Veröffentlichung von Tonaufnahmen 281 – sonstige 310 besondere Ausprägungen, bzw. Recht am eigenen Bild 198 besondere Ausprägungen, Namensrecht 197 besondere Ausprägungen siehe Recht am eigenen Bild Ehrschutz 311 Gefahr für 132–133, 311, 316, 337 gemeinschaftsgebundenes Grundrecht 302 Handlungspflicht 432, 445 Lebens- und Charakterbild 311 mittelbare Drittwirkung 201 personeller Schutzbereich 245 Persönlichkeitsschutzgesetz 285 Recht auf Anonymität 313, 315, 415 Recht auf informationelle Selbstbestimmung 196–197, 282 Recht auf Selbstbewahrung 196 Recht auf Selbstdarstellung 196–197 Rechtsfolge von Verletzungen 318 schlechthin zu schützendes Rechtsgut 483 Schutzgesetz 269 Schutzpflicht 429–432 subjektiv öffentliches Recht auf Schutz 442 unmittelbare Drittwirkung 201 Unterscheidung zwischen zivilrechtlichem und verfassungsrechtlichem 195

Pool-Lösung 35–36, 490 – Begriff 448 – Erforderlichkeit 462 – Mindestschutz der Persönlichkeit 452– 453 – verfahrensbezogene Gefahren 473 – Wirkungen 450 praktische Konkordanz 474–475 – ermessensvernichtende Wirkung 476 – Reichweite 476 Prävention 126, 288, 398, 409 – negative Generalprävention 64, 350 – negative Spezialprävention 64 – positive Generalprävention 64, 348 – positive Spezialprävention 64, 347 Präventivfunktion 65, 346 Presse siehe Printmedien Pressefreiheit 228, 382, 529 Pressekodex 518–519 Presserat siehe Deutscher Presserat Printmedien – Notwendigkeit für Abschreckung 65 – Präsenz und Bedeutung 31 – Sachlichkeitsgebot 373 – Unterschiede zum Rundfunk 146 – Wächterfunktion 228 – Wettbewerb 74 Programmfreiheit siehe Rundfunkfreiheit Programmgrundsätze – Anhörungspflicht 375 – gegenseitige Achtung 372, 374, 378 – Mindestmaß an Ausgewogenheit 366 – Pflicht zur internen Abwägung 377 – positive Ordnung 359 – Recherchepflicht 362, 364, 369 – sachgerechte und willkürfreie Informationsauswahl 378 – Sachlichkeitsgebot 372–374, 378 – Schutz der Rundfunkfreiheit 358 – Toleranzgebot 374 – Vielfaltsgebot 365, 368, 378 – Vollständigkeitsgebot 369–370, 378 – Wahrheitspflicht 362, 365, 378

Sachverzeichnis – willkürfreie und sachgerechte Informationsauswahl 371 Prozessleitung 86 Publikumsrealität 57 publizistische Sorgfalt 361 Recht am eigenen Bild 406 – Aufzüge 255 – bei Versammlungen 255 – besonderes Persönlichkeitsrecht 204 – einfachgesetzlicher Niederschlag 203 – Interessenabwägung – berechtigte Interessen des Abgebildeten 258 – bildnisbezogene Informationsinteressen 258 – Gewichtung der Interessen 261 – Informationswert der Abbildung 264 – Schutzbereich 211 Recht am eigenen Wort, Recht am gesprochenen Wort 197 Recht am gesprochenen Wort 406 – besonderes Persönlichkeitsrecht 267 – Einwilligung 271 – Interessenabwägung – einzustellende Kriterien 273 – grundsätzliches Verbot 272 – öffentliche Äußerungen 271 – Rechtfertigung 272 – Schutzbereich 270 Recht auf Schutz 442 Recht der persönlichen Ehre 480 rechtliches Gehör 335 – Gefahr für 134, 339, 407 Rechtsschutz gegen sitzungspolizeiliche Anordnungen 492 Rechtsschutzgarantie 513 Rechtssicherheit 221, 438, 476 Rechtsstaatsprinzip 123, 329, 458, 477 Rechtsweggarantie 494–495 relative Person der Zeitgeschichte 223 – Angeklagte und Verurteilte 232

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– Ansetzen an Alltäglichkeit der verhandelten Straftat 241 – Ansetzen an Schwere der verhandelten Straftat 239 – ausnahmslos Personen der Zeitgeschichte 237 – Ende der zeitgeschichtlichen Bedeutung 253 – generell keine Person der Zeitgeschichte 238 – Begründung 224 – Besucher 251 – bildnisbezogenes Informationsinteresse 232 – Nähepersonen 252 – Opfer 249 – Richter und Staatsanwälte 244 – Sachverständige 251 – Strafverfahren als maßgebendes Ereignis 231 – Strafverteidiger 247 – Zeugen 248 Resozialisierung 67, 347 – Gefährdung 133, 143, 332, 334, 407 – Interesse an erforlgreicher 408 Resubjektivierung von Grundrechten 379 richterliche Unabhängigkeit 96, 100, 115, 117, 143, 202, 493 – Gefahr für 134, 137, 321, 339, 408, 421 Rundfunk – Berichterstattungsaufgabe 467 – Einfluss auf Meinungsbildung 67 – elektronische Medien siehe Fernsehen bzw. Hörfunk – Ermessen 371 – Funktionen 467 – Medium und Faktor für öffentliche Meinungsbildung 358, 384 – öffentlich-rechtlicher 46 – Funktionen 52 – Grundrechtsgebundenheit 202 – Grundrechtsträgerschaft 353, 384

640

Sachverzeichnis

– Grundversorgungsaufgabe 368 – System der Teilfinanzierung 73 – privater 72 – Programmfreiheit 356, 358, 366, 371, 389, 407, 417 – publizistische Mittel 188 – Rundfunkbegriff 355 – Schutzbereich 356 – Selbstkontrolle 517 – Staatsfreiheit 354 – unabhängige Meinungsbildung 354 – Unterhaltungsmedium 47 Rundfunkfreiheit 60, 275, 303, 308, 317, 399, 403, 446, 469, 474, 482, 485, 490 – Aufnahmeverbot während Hauptverhandlung 144 – bei grundsätzlichem Verbot 289 – dienende Freiheit 352, 359, 380 – fehlendes Informationsinteresse 276 – Grundrechtskonkurrenz 381 – objektiv-rechtliche Dimension 357– 358, 360, 380–381, 417 – Resubjektivierung 379 – Schutzbereich 277, 292 – Sinn und Zweck 292 – subjektiv-rechtliche Dimension 352 – Unterscheidung zwischen publizistischer und ökonomischer Tätigkeit 279 – Wechselwirkungslehre 484 Rundfunkräte 380 Saalöffentlichkeit 127, 151, 158, 264 Sachberichterstattung 60 sachleitende Anordnung 89, 501–502 sachleitende Wirkung 505–507, 509, 511 Sachleitung 87, 502, 504 Schmähkritik 372 Schutznormtheorie 380 Schutzpflicht – dogmatische Herleitung 428 – Menschenwürde 393, 427 – persönlichkeitsrechtliche 429

– Schutz gegen sich selbst 444–445, 473 – Verdichtung zur Handlungspflicht 432– 433, 457 sekundäre Schutzpflicht 429 Selektion 49, 68, 70, 83 selektive Wahrnehmung 57 Sensationsinteresse 161, 165, 180, 218, 420 – Schutzwürdigkeit 161, 467 Sitzungsablauf – Gefahr für 323, 406 – Pool-Lösung 450 Sitzungsbereich – räumlich 39, 108 – zeitlich 107 Sitzungspolizei – Abgrenzung zum Hausrecht 115 – Abgrenzung zur Verhandlungsleitung 113 – als rechtsprechende Tätigkeit 115 – Befugnisse 102, 104 – Ermessen 104, 152 – Ermessensentscheidung 431 – Ermessensspielraum 440 – Fernwirkungen 454 – geschützte Rechtsgüter 102 – justizförmig verwaltender Charakter 508 – praktische Konkordanz 477 – Übermaßverbot 440 – unabhängige Richter 496 – Untermaßverbot 440 – Vorsitzender Richter als Inhaber 101 – Zweck 482 Sozialisation, Gefahr für 334 Sozialisierung 67 staatliche Handlungsverpflichtung siehe Handlungspflicht Stigmatisierung 133, 260, 264, 333, 337, 347, 350, 407 – Gefahr von 330–331, 336, 340

Sachverzeichnis Strafgerichtsberichterstattung siehe Gerichtsberichterstattung Strafverfahren – Ausrichtung am Präventionsgedanken 389, 409 – gesellschaftliche Bedeutung 165, 237 – Informationsinteresse 467 – Medieninteressen 449 – Unterhaltungswert 77 – Verhältnis zu Strafzwecken 398 – Wahrheitsfindung 320 Strafverteidiger 179 – Stellung 247 Strafzwecke 398, 409 Stufenlehre 487–489 Suggestivwirkung 54, 325, 372 Tonaufnahmen siehe Aufnahmen Tonerschleichung 308 Übermaßverbot 105, 440, 490 – Angemessenheit 464 – eigenständige Bedeutung 441 – Erforderlichkeit 462 – Geeignetheit 461 – legitimer Zweck 459 – Rechtsstaatsprinzip 458 – Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne siehe Angemessenheit ultima-ratio-Funktion des Strafrechts 522 Umfrage an den deutschen Landgerichten 38, 96, 98, 105, 108–110, 115, 120, 157, 193, 319, 394, 437, 450, 456, 490 ungestörte Wahrheitsfindung 505 – Gefahr für 334, 339, 406, 408, 421, 469 – Interesse Allgemeinheit 408 – Interesse an 418 Unschuldsvermutung 232, 398 – Gefahr für 134, 326, 340 – Grundlage 329 – mittelbare Drittwirkung 328–329, 365

641

– unmittelbare Drittwirkung 327 Unterhaltungsfunktion 52, 218, 341– 342, 422, 467 Unterhaltungsinteresse 161, 165, 180, 420 – Schutzwürdigkeit 161, 467 Untermaßverbot 455, 490 – Bedeutung 460 – Handlungspflicht 434 – Mindestschutz 447 – Pool-Lösung 452 Verdachtsberichterstattung 312 Verfassungsbeschwerde 511–513 verfassungsrechtlicher Ehrbegriff 479 Verhandlungsleitung 86, 98, 113, 135, 502–504 Vermutungsformel 413 Versammlungen 255 Verteidigung, Gefahr für effektive 339 Vertrauensfunktion 346 Vorbehalt des Gesetzes siehe Gesetzesvorbehalt Vorsitzender Richter 40 – sitzungspolizeiliche Bezfugnisse 101 – Übertragung des Hausrechts an 116, 118 – Zuständigkeit hinsichtlich der Anfertigung von Aufnahmen 105, 117 Vorsitzender Richter, -sitzungspolizeiliche Befugnisse 110 Vorverurteilung, Gefahr von 325, 340, 407 Wahrheitsfindung – Gefahr für 135, 320 – Ziel des Strafverfahrens 424 Wechselwirkungslehre 483–485 Werteordnung 411 Werterangordnung 410–411 Wettbewerb 371 – Funktion 75 – Gefahren des 79, 338

642 – – – – –

Sachverzeichnis

öffentlich-rechtlicher Rundfunk 73 ökonomischer 72, 81, 279 privater Rundfunk 72 publizistischer 72, 74, 279 Wirkungen 75

– wirtschaftlicher siehe ökonomischer Wortberichterstattung 189 Würde des Gerichts, Gefahr für 135 Zeitung 46, 352