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German Pages 104 [108] Year 2008
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B E V O R DI E R Ö M E R K A M E N
L a n d k r e is Konstanz
L andesarchäologie Liechtenstein
Baden-W ürttem berg
Arc hä olo gis c he s
Thurgau^ A m t f ü r A rc h ä o lo g ie
Landesm useurr
VLM
Liechtensteinisches Landes M useum
B EVOR DIE R Ö M E R K A M E N
N o r b e r t H asler, J ö r g H e i l i g m a n n , U r s L e u z i n g e r , T o b ia s G. N a t t e r (Hrsg.)
M it B e it r ä g e n v o n A n d r e a B r ä u n i n g , H a n s j ö r g B rem , G e r h a r d G r a b b e r , J ü r g e n H aid , A lbin H a s e n f r a t z , F r i e d e r Klein, J o h a n n e s t a u b e r , U r s L e u z i n g e r , U lrike M ayr, J ü r g R a g e t h , M a r t i n P e t e r S c h i n d l e r , S te fa n S chreyer, T h o m a s S te h re n b e rg e r u n d G ü n th e r W ieland
A usstellung Frauenfeld: M useum für Archäologie Thurgau, 14. D ezem ber 2008 bis 29. M ärz 2009
Bregenz: Vorarlberger Landesm useum , 8. M ai bis 30. A ugust 2009
Konstanz: Archäologisches Landesm useum Baden-W ürttem berg, 24. O ktober 2009 bis 25. April 2010
Vaduz: Liechtensteinisches Landesm useum , M ai/Juni 2010 bis O ktober 2010
Im pressum M it Beiträgen von A ndrea B räuning, H ansjörg Brem, G erhard G rabber, Jürgen H aid, A lbin H asenfratz, Frieder Klein, Johannes Lauber, Urs Leuzinger, U lrike Mayr, Jürg Rageth, M artin Peter Schindler, Stefan Schreyer, Thom as Stehrenberger u n d G ü n th er W ieland
R edaktion Urs Leuzinger Lektorat Barbara Fatzer
C opyright 2008 A m t für Archäologie des K antons Thurgau, Frauenfeld; Archäologisches Landesm useum Baden-W ürttem berg, K onstanz; Liechtensteinisches Landesm useum , Vaduz und Vorarlberger Landesm useum , Bregenz
G ed ru ck t m it freundlicher U n terstützung der Freunde un d Förderer des Archäologischen Landesm useum s B aden-W ürttem berg e.V. D ie D eutsche B ibliothek - C IP E inheitsaufnahm e
Bevor die R öm er kam en, Sulgen ISB N 973-3-9522941-3-0
Gestaltung und Satz T G G H afen Senn Stieger
Gesamtherstellung H eer D ru ck A G , Sulgen G raphisches D ruckzentrum CH-8583 Sulgen P rinted in Switzerland
Inhaltsverzeichnis
V o rw o rt...................................................................................................................... 7
H i s t o r i s c h e r Ü b e r b lic k
D er B odenseeraum im 2. u n d 1. Ja h rh u n d e rt v. C h r.......................................10 S iedlungen
L ändliche Siedlungen zw ischen Bodensee u n d D o n a u ................................22 D as spätkeltische K onstanz - eine S iedlung in strategisch bedeutsam er L a g e ................................................................................................... 36 D as Doppel-oppzVww von A lte n b u rg -R h e in a u ........................................... 40 W irtschaft
K lim a u n d L e b e n sg ru n d la g e n ......................................................................... 48 Verkehrswege u n d P ro d u k tio n ............................................................................. 52 V on N am en u n d M e n sc h e n ..................................................................................56 Re ligion
K ult der K e lt e n ....................................................................................................
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D er Silberschatz von L a u te r a c h ...................................................................... 70 D ie H olzstatue von E schenz.............................................................................. 74 Tod u n d B e s t a t t u n g
Keltisches u n d röm isches T o te n b ra u ch tu m im B o d e n se e ra u m .................82 E nde keltischer E igenständigkeit
Zeugnisse des A lpenfeldzuges von 16/15v- C hr. aus G ra u b ü n d e n
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A nhang
Z eittabelle............................................................................................................... 96 A b k ü rzu n g en .........................................................................................................
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W eiterführende L ite ra tu r................................................................................... 98 A b b ild u n g sn a ch w e is.............................................................................................101 D a n k .......................................................................................................................... 102
V o rw o rt
D er engagierte Einsatz der K olleginnen u n d K ollegen in den archäo logischen Ä m tern u n d M useen im B odenseeraum fü h rte in den letzten Jahrzehnten zu sensationellen E n td eck u n g en , w elche die G eschichte der späten keltischen E poche in dieser Region in neuem Lichte erscheinen lassen. N ach den erfolgreichen S onderausstellungen «Pfahlbauquartett» (2004) u n d «Im Schutze m ächtiger M auern» (2005) suchten die V erant w ortlichen des M useum s für A rchäologie T hurgau, des A rchäologischen L andesm useum s B aden-W ürttem berg, des V orarlberger Landesm useum s u n d des L iechtensteinischen L andesm useum s nach einem neuen, zug kräftigen T hem a ru n d u m den Bodensee. N ach einer U m frage entschloss m an sich einstim m ig, das nächste Projekt der sp an n en d en u n d noch w enig erforschten Ü bergangsphase von der späten Eisenzeit zur R öm er zeit zu w idm en. D ie S onderausstellung «Bevor die R öm er k am en - Späte K elten am Bodensee» w andert in bew ährter M anier von Frauenfeld nach Bregenz, K onstanz u n d schliesslich nach Vaduz. Für diese Kelten-Ausstellung gelang es w iederum , eine reich bebilderte P ublikation herzustellen. D ie A usstellung u n d der K atalog befassen sich nach einem h isto ri schen Ü berblick m it den T hem en ländliche u n d städtische Besiedlung, W irtschaft, Religion, B estattungssitten u n d abschliessend m it dem E nde der keltischen E igenständigkeit. H ier sind vor allem die interessanten M ilitärfunde aus dem B ündnerlan d hervorzuheben, die neue E rkenntnisse zum röm ischen A lpenfeldzug im Jah r 15 v. C hr. gegen die R äter u n d K elten liefern. S onderausstellung u n d P ublikation sind das Ergebnis einer engen, intern atio n alen u n d interk an to n alen Z u sam m enarbeit. A llen an diesem Projekt beteiligten A rchäologinnen u n d A rchäologen ru n d um den Bodensee sowie deren M itarb eiterin n en u n d M itarb eitern sei an dieser Stelle für ihr grosses, in freundschaftlicher W eise an den Tag gelegtes E ngagem ent ganz herzlich gedankt. W id m en m ö ch ten w ir die Ausstel lu n g u n d die vorliegende B egleitpublikation ern eu t unserem P ublikum , dessen Interesse an der heim ischen G eschichte u n d A rchäologie einen grossen A ntrieb für unsere A rbeit bildet. Im N ovem ber 2008
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Historischer Überblick
L uftau fn ah m e d es k e l t i s c h e n o p p id u m H eidengraben und U m gebung.
Der Bodenseeraum im 2. und 1. Jahrhundert v. Chr.
A u f den ersten Blick sind vom Bodensee u n d seinem u n m ittelb aren U m la n d n ic h t gerade zahlreiche F unde der späten K eltenzeit (jüngere Eisenzeit) bekannt, besonders w enn m an es m it dem G ebiet des südlichen O b errh ein s oder d em Schweizer M ittellan d vergleicht. In Fachkreisen d en k t m an bei der B odenseeregion sp o n tan eher an w esentlich ältere K ulturen - vor allem an die stein- u n d bronzezeitlichen Seeufersiedlungen. D abei befinden w ir uns hier in einer verkehrsgeografischen Schlüsselposi tio n M itteleuropas. D iese w ar sicher auch in den letzten beiden Ja h rh u n d erten vor C hristi G eb u rt von B edeutung. D iesen Z eitrau m um schreiben die A rchäologen im W esentlichen m it den Fachbegriffen M ittel- u n d Spätlatenezeit (siehe A n h an g Seite 96). D ie nach dem F u n d o rt La Tene am N euenburgersee ben an n te K ultur der jüngeren Eisenzeit erreicht in dieser Spätphase ihre höchste Blüte: Stadtartige Grosssiedlungen, so genannte oppida, bilden die Z en tren w eit läufigen H andels, spezialisierten H andw erks u n d einer beginnenden G eld w irtschaft. A u f dem H ö h ep u n k t ihrer E ntw icklung sind es hauptsächlich äussere Faktoren, wie nach Südwesten vordringende germ anische Bevölke rungsgruppen oder die sich nach N orden u n d O sten ausdehnenden M ach t interessen Rom s, die zum N iedergang der eigenständigen spätkeltischen K ultur in der zweiten H älfte des 1. Jhs. v. C hr. geführt haben. D ie oppida nördlich u n d östlich des Rheins w urden aufgegeben u n d sicherlich kam es auch zur A bw anderung von B evölkerungsgruppen, die von den w irtschaft lichen Strukturen der oppida unm ittelbar abhängig waren. Eine vollstän dige E ntvölkerung der rechtsrheinischen G ebiete k ann m an davon aber n ich t ableiten. E ine ländliche Restbevölkerung dürfte sich allemal gehalten haben, auch w enn sie archäologisch fast n icht nachw eisbar ist. M it den E roberungen im R ahm en des A lpenfeldzuges u n te r Kaiser A ugustus kam es u m 15 v. Chr. zur direkten A usw eitung des röm ischen M achtbereiches ins V oralpenland. W ir wissen, dass danach am H o ch rh ein u n d Bodensee M ilitär statio n iert war, w elches das G ebiet bis zu r oberen D o n a u u n te r K ontrolle hatte.
Die v e r k e h r s g e o g r a f i s c h e B e d e u t u n g
D ie «geopolitische» B edeutung des B odenseeraum s ist für die K elten d em A lp enrheintal zu verdanken. Es reicht w eit nach S üden in die A lpen
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h in e in u n d bietet so Z ugang zu den zentralen G ebirgsregionen. Von d o rt gelangte m an w eiter n ach S üden ü b er die B ü n d n e r Pässe nach O b e rita lien - eine alte transalpine R oute. K o m m t m an u m g ek eh rt aus dem A lpenrheintal zum Bodensee, eröffnet sich einem hier der w eitere W eg ins V oralpengebiet. Spätere röm ische Strassenverbindungen h aben w ah r scheinlich zum grossen Teil diese älteren keltischen R o u ten w eiter be nutzt. D ie W alenseeroute wäre hier zu n en n en , ebenso die V erbindung von Bregenz (Brigantium ) am S üdufer des Bodensees entlang nach W in te rth u r (V itudurum ) u n d W in d isch (Vindonissa) o der die N o rd o stV erbindung von Bregenz n ach K em p ten ( C am bodunum ) ins V oralpen land. A uch dürfte es direkte V erbindungen vom Bodensee d u rch das oberschw äbische H ügelland an die obere D o n a u gegeben haben, viel leicht entlang dem Schussental u n d ü ber das Federseegebiet. D er spätkel tische D ep o tfu n d von Kappel bei Bad B uchau u n d die Eisenbarren-D epotfunde in O berschw aben k ö n n en in diesem Z u sam m en h an g gesehen w erden. Von der oberen D o n au gab es sicherlich eine N ord-S üd-V erbin d u n g ü ber die Schw äbische A lb zum grossen oppidum «H eidengraben» bei Bad U rach. Dieses w iederum w ar über den N eckar an die grosse N o rd S üd-F ernverbindung der dam aligen Z eit, das O b errh ein tal, angebunden. Selbst w enn eine spätlatenezeitliche Siedlung, vielleicht sogar ein kleines oppidum , im Bereich des h eutigen Bregenz bislang n u r ü ber relativ w enig F undm aterial zu erschliessen ist, sp rich t schon die o ben erw ähnte verkehrsgeografische B edeutung für deren Existenz. V on hier lassen sich sow ohl der Z ugang zum A lpenrh ein tal als auch der W eg nach N o rd e n ins A lpenvorland bestens kontrollieren. D ie gleiche B edeutung, die Bregenz für den O stteil des Bodensees u n d den Zufluss des A lpenrheins hat, findet sich im W esten bei K onstanz für den unteren Bodenseeteil. D er K onstanzer A ltstadthügel liegt als H albinsel an der Engstelle zw ischen O b er- u n d U ntersee. H ier ist m ittler weile ein kleines spätkeltisches oppidum d u rch entsprechende F u n d e u n d Reste der Befestigung nachgew iesen. Es bestand w ohl seit der M itte des 2. Jhs. v. C hr. u n d w ar der u nm ittelb are V orgänger der röm ischen M ilitär anlagen, die zw ischen 15 v. C hr. u n d 50 n .C h r. diese strategisch günstige S ituation u n d die Ü bergangsm öglichkeit a u f den B o d an rü ck gesichert haben. A uch dem Ausfluss des R heins aus dem U ntersee bei Eschenz kam eine ähnliche B edeutung zu. D ie Rolle der W asserwege für d en F ernhandel im spätkeltischen E uropa m uss m an sehr h o ch einschätzen - dies zeigt schon die Lage w ichtiger oppida an Flüssen, die zur dam aligen Z eit schiffbar w aren. Vor allem Schw erlastgüter w ie der in A m p h o ren verhandelte W ein aus Italien
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1 E rw eiterter B o d e n se e r au m m it d en v e r m u t e t e n k e ltis c h e n S ta m m esg eb iete n , den w i c h t i g s t e n oppida u n d F u n d ste lle n .
H eidengraben
Riedlingen
•
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Bad Buchau-Kappel
M engen/E nnetach
A nselfingen/' W elschingen
B tiH iE B e B
iü KonstanzM ünsterhügel
A ltenburg/R heinau
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# Eschenz Bregenz
L auterach Zürich-Üetliberg
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Balzers-Runda
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u n d S üdfrankreich w aren w esentlich einfacher a u f Flussschiffen zu tran sp o rtieren als über Land. A uch in K onstanz fanden sich Scherben solcher A m phoren, in w esentlich grösserer Z ahl aber im grossen D oppeloppidum von A ltenburg-R heinau k n ap p unterhalb des Rheinfalls. H ier k reuzten sich w ichtige Verkehrswege, einm al der aus dem Schweizer M ittellan d ko m m en d e W eg, der von hier w eiter nach N ord o sten durchs K lettgau an die obere D o n au füh rte u n d d an n der H o ch rh ein selbst, der die V erb indung vom Bodensee zum O b errh ein schafft. D en Rheinfall als Schifffahrtshindernis dürfte m an —w ie zu späteren Z eiten auch - a u f einer kurzen Landpassage d u rch U m laden von S chiff zu S chiff ü b erw u n den haben. Die h i s t o r i s c h e S i t u a t i o n w ä h r e n d d e r S p a t l a t è n e z e i t
G em äss den Schriftquellen sah die grossräum igere historische Situa tio n folgenderm assen aus: D ie Kriegszüge der K im bern, A m b ro n en u n d T eu to n en haben E nde des 2. Jhs. v. C hr. die röm ische H errschaft in ihren G ru n d festen erschüttert. Z w eim al w urde von diesen germ anischen V erbänden der südw estdeutsche R aum tangiert, näm lich 112 v. C hr. a u f dem W eg nach G allien u n d 102 v. C hr. a u f dem W eg zur A lp en ü b erq u e ru n g nach Italien. Zwei der dam als in S üdw estdeutschland ansässigen Teilstäm m e der keltischen Helvetier, näm lich die T iguriner u n d Tougener, hab en sich den Z ü gen angeschlossen. Es w urde auch schon verm u tet, dass sich h in te r den T eutonen ein keltischer S tam m aus dem süddeutschen R au m verbirgt. E inm al ungeachtet der vieldiskutierten Frage, w elche dieser S täm m e als germ anisch u n d w elche als keltisch gelten k ö n n en , ist d och festzustellen, dass in den letzten Jahrzehnten des 2. Jhs. v. C hr. im heutigen Südw estdeutschland unruhige Z eiten geherrscht haben. V iel leicht kam en no ch gesellschaftliche u n d w irtschaftliche Problem e dazu, so dass es im V erlauf des 1. Jhs. v. Chr. zur A uflösung sozialer u n d politischer S tru k tu ren gekom m en sein dürfte. D ies bew irkte w ohl eine zu n eh m en d e V erlagerung der zentralen S tru k tu ren u n d auch einen A bzug von Bevölke rungsteilen in die G ebiete südlich des H ochrheins. D a ra u f bezieht sich eine viel später überlieferte N ac h rich t des K laudios P tolem aios (ca. 83-161 n .C h r. ), der im heutigen S üdw estdeutschland östlich des Schw arz waldes eine «H elvetier-Einöde» erw ähnt. D ie zentrale B edeutung des oppidum H eidengraben a u f der Schw äbischen Alb ging nach A bzug grosser Bevölkerungsteile spätestens u m die M itte des 1. Jhs. v. C hr. a u f das oppidum A ltenburg-R heinau am H o ch rh ein über. Caesars S childerungen seiner Feldzüge in G allien (58-51 v. C hr.) sind eine der w ichtigsten historischen D etailquellen fü r die G eschichte im
H
2 Im portierte W ein am phoren aus dem o p p id u m A l t e n b u r g .
zentralen M itteleu ro p a u m die M itte des i. Jhs. v. C hr. Einiges davon ist auch für die B odenseeregion von B edeutung, auch w en n seine Feldzüge sie n ich t b e rü h rt haben. In erster Linie sind dies die Ereignisse, die m it dem geplanten A uszug der H elvetier aus ihren dam aligen Siedlungsgebie ten zw ischen Schweizer Jura, A lpen, H o ch rh ein u n d G enfer See im Jahr 58 v. C hr. Zusam m enhängen. A ngeblich um dem D ru ck der im rechtsrhei nischen G ebiet herum streifenden germ anischen Bevölkerungsgruppen auszuw eichen, p lanten die H elvetier den A bzug nach Südwesten. Alle ihre Siedlungen bran n ten sie nieder, u m keinen A nreiz zur R ückkehr zu haben. D er D u rchzug d urch die von Südw esten bis zum G enfer See rei chende röm ische Provinz Gallia N arbonensisvm uie ih n en verw ehrt, so dass sie gezw ungen w aren, nach W esten auszuw eichen. N ach P lü n d e rungen im G ebiet der H aed u er w u rd en die H elvetier von C aesar beim oppidum Bibracte - der M o n t Beuvray bei A u tu n (F) - geschlagen u n d in ihre alten Siedlungsgebiete zurückgeschickt, zweifellos u m das N ac h rücken rechtsrheinischer B evölkerungsgruppen, die Caesar pauschal als G erm an en bezeichnet, zu v erhindern. A uch die in die linksrheinischen G ebiete v orgedrungenen germ anischen Sueben u n te r ihrem A nfü h rer Ariovist w u rden von C aesar im Eisass geschlagen u n d in die rechtsrhei nischen G ebiete zurückgedrängt.
Als zusätzliche m ilitärische S icherung w urd en zw ischen 50 u n d 44 v. C hr. zwei röm ische K olonien (N yon u n d Augst) im G ebiet der heu tig en Schweiz gegründet - hier sollten kam pferprobte K riegsveteranen angesiedelt w erden, w ohl auch um A ufständen vorzubeugen. Im m erh in h atten die H elvetier trotz ihrer N iederlage bei Bibracte n u r sechs Jahre später angeblich 8000 Krieger zur U nterstü tzu n g des Vercingetorix in die E ntscheidungsschlacht bei Alesia geschickt. F ür die B odenseeregion k ö n n en w ir aus den Schilderungen Caesars so m it erschliessen, dass der südw estliche Teil des Sees bis zu m A lpenfeld zug 15 v. C hr. u n te r dem direkten Einfluss der H elvetier stand. Das grosse oppidum von A ltenburg-R heinau, in einer D oppelschleife des Rheins gelegen, h a t hier sicher eine w ichtige Rolle gespielt, vielleicht w ar in dieser Spätzeit auch n u r noch der linksrheinische Teil der G rosssiedlung in F u n k tio n. W a s s a g e n die arc h ä o lo g isc h e n Q uellen?
Es ist n ich t ganz einfach, aus dem archäologischen B efund Aussagen ü ber die Bevölkerung am N o rd u fer des Bodensees u n d im G ebiet des h eu tig en O berschw aben zu m achen: H ier fehlt bislang jeder N achw eis für ein oppidum, auch w enn m an das w egen der o ben erw ähnten B edeutung fü r die Fernhandelsw ege gerade an der oberen D o n au erw arten w ürde. E ine ländliche Besiedlung ist in Form von D örfern u n d vor allem d en so g en an n ten V iereckschanzen greifbar, allerdings ist deren zeitliche D au er n ich t überall klar abschätzbar. F undm aterial aus der zw eiten H älfte des i. Jhs. v. C hr. ist n u r sehr spärlich b ekannt, aber im m erh in vo rh an d en , so dass m an n ich t von einer gänzlich siedlungsleeren L andschaft sprechen k an n . D ie späteste A usprägung der h andgem achten S pâtlatène-K eram ik zeigt zudem grosse Ä hnlichkeiten zu entsprechenden S tücken im K ontext augusteischer M ilitärlager. D ah er m uss m an m it einem einheim isch keltischen E lem ent bis in die frühe Kaiserzeit rechnen, auch w enn sich dieses archäologisch bislang kaum fassen lässt. A uch die Ü berlieferung keltischer N am en zw ischen A lpen u n d D o n au spricht für ein W eiterleben gallo-röm ischer Einflüsse. Politisch tritt diese w ahrscheinlich n ich t sehr zahlreiche Bevölkerung praktisch kau m m eh r in E rscheinung, ebenso d ü rften sich die S tam m esstrukturen in der provinzialröm ischen Gesell schaft aufgelöst haben. D as allm ähliche V ordringen oder Einsickern germ anischer Bevölke run g sg ruppen von N ord o sten h er in das keltische G ebiet des heutigen Südw estdeutschlands ist bereits zu B eginn des 1. Jhs. v. C hr. in d er M ainT auber-R egion archäologisch zu erschliessen. Ä lerd in g s ist völlig unklar,
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w ie w eit diese Einflüsse nach Süden gereicht haben. Bei der E ro b eru n g der Bodenseeregion im R ahm en des A lpenfeldzuges ist n u r von keltischen A nw o h n ern die Rede. A uch fehlen bislang archäologische H inw eise, etwa in Form von typischer germ anischer K eram ik o der T rachtbestandteilen, w ie sie im N o rd o sten B aden-W ürttem bergs vorliegen. H is to r is c h ü b e r l i e f e r t e B o d e n s e e a n w o h n e r : H e lv e tie r - V in d elik er - R ä te r
M eistens ist es sehr schwierig, die n u r fragm entarisch überlieferten Berichte antiker A utoren zu den späten K elten m it dem archäologischen Be fund zu verknüpfen. W idersprüche ergeben sich dabei m indestens genau so oft wie scheinbare oder tatsächliche Ü bereinstim m ungen. A uch der S tand p u n k t der B erichterstatter ist dabei zu berücksichtigen, weil es sich dabei ja n ich t um eine objektive Sichtweise handelt. G erade bei Schilderungen im K ontext m ilitärischer A ktionen, wie z.B. Caesars Gallischem Krieg oder dem A lpenfeldzug u n te r A ugustus, muss m an auch einen propagandis tischen H in te rg ru n d annehm en, der die Fakten entsprechend gefärbt hat. W ir w agen trotzdem den Versuch, a u f der Basis dieser Berichte w enigstens die w ichtigsten Ereignisse u n d die Bevölkerungsverhältnisse in der Bodenseeregion grob zu um reissen. W ir beschäftigen uns zunächst m it den überlieferten N am e n vorröm ischer S täm m e. H ierü b er geben uns A u to ren w ie beispielsweise Strabon, Plinius, K laudios Ptolem aios u n d Cassius D io A uskunft, ebenso die überlieferte A ufzählung der von Augustus u n terw orfenen A lpenvölker a u f dem grossen röm ischen Siegesdenkm al von La T urbie über M onaco, dem Tropaeum A lpium . 3 L uftaufnahm e d es k e l t i s c h e n D o p p elop p id u m v o n A l t e n b u r g R h e in a u .
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Bereits eine der ältesten schriftlichen N ach rich ten über die Kelten, die uns im G eschichtsw erk von H e ro d o t (484—ca. 430 v. Chr.) überliefert ist, n im m t a u f eine benachbarte Region Bezug: H ero d o t lässt n äm lich den Istros (die D onau) im L ande der K elten, in der N äh e der Stadt Pyrene entspringen. D er D o n au -U rsp ru n g w ird no ch in einer anderen antiken Schriftquelle erw ähnt, dieses M al ist er u n m ittelb ar m it dem Bodensee u n d der h ier ansässigen spätkeltischen Bevölkerung verknüpft: S trabon v o n A m asela (ca. 63 v. C hr. bis ca. 25 n .C h r. ) beschreibt in seiner Geographia, dass der spätere Kaiser T iberius w ährend des A lpenfeldzuges 15 v. Chr. in einem Tagesritt vom Bodensee zu den D onau q u ellen vorgestossen sei, nachdem er a u f dem See eine S chlacht gegen die V indeliker ausgefochten habe. D en W ahrheitsgehalt dieser N ach rich ten einm al vorausgesetzt, k ö n n en w ir doch schon einiges daraus für den Bodensee erschliessen: E nde des i. Jhs. v. Chr. m uss hier eine nennensw erte keltische Bevölkerung ansässig gewesen sein, die den Bodensee auch m it Schiffen b efu h r u n d offensichtlich in der Lage war, dem röm ischen M ilitär eine Seeschlacht zu liefern. S trabon n e n n t als B odensee-A nw ohner die H elvetier u n d V indeli ker (diese h ätten den grössten A nteil am See), d an n die Räter. Als R äter h at er dabei w ohl am ehesten die Bevölkerung des A lpenrheintales ver standen, die H elvetier h atten den Südwesten u n d die V indeliker das N o rd ostufer des Bodensees inne. Zweifellos w aren die keltischen H elvetier einer d er m ächtigsten Stam m esverbände, u n te r deren V orherrschaft ver m u tlich auch die kleineren Stäm m e der Rauriker, T ulinger u n d L atobriger gestanden haben, die am O ber- u n d H o ch rh ein lokalisiert w erden. A u f dem Tropaeum A lp iu m w erden vier Stäm m e der V indeliker gen an n t, die m an im nordöstlich an den Bodensee anschliessenden schw äbisch-bayerischen V oralpenland lokalisiert. Im A lpenrheintal u n d O berhalbstein, zw ischen den B ündner Pässen u n d dem Bodensee, sind nach verschiedenen historischen Q uellen neben den Rigusci, Suanates u n d Calucones die Vennontes sowie die Brigantioi oder Brixenetes ansässig. W eitgehend unklar ist sow ohl deren genaue L okalisierung als auch ihre ethnische Z ugehörigkeit zu den R ätern oder K elten. Interessant für uns ist, dass Brigantium , der röm ische N am e für Bregenz, zweifellos a u f den Stam m der Brigantioi!Brixenetes Bezug n im m t. D eshalb w ird d o rt zu Recht schon lange eine spätkeltische A nsiedlung verm utet, w ofür auch einzelne Funde sprechen. D er N achweis für ein oppidum steht aber nach wie vor aus. D er A u to r P om ponius M ela beschreibt u m 43/44 n .C h r. den B oden see u n d teilt ihn in O bersee (lacus Venetus) u n d U ntersee (lacus Acronus). Seine Beschreibung greift w ohl schon ältere B ezeichnungen auf: den lacus
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Venetus k ö n n te m an m it dem oben erw ähnten S tam m der Vennontes in V erbindung bringen. 4 Röm isches S ie g e s d e n k m a l Tropaeum A lp iu m b ei La T urb ie oberhalb von M onaco L iteratu r Bittel 1981 D r a c k / F e l l m a n n 1988 F isch e r 1 9 8 8 , 1 9 9 7 F u r g e r 1995 M ü ssen e t al. 200 4 M ü l l e r / L ü s c h e r 2 00 4 S t a t h e r 1986 W i e l a n d 1996 Z anier2006
Bei allen erw ähnten U nsicherheiten der historischen u n d archäolo gischen Ü berlieferung fügt sich so m it für den B odenseeraum m osaikartig ein grobes Bild der Verhältnisse unm ittelbar vor der röm ischen O kkupation zusam m en, das freilich noch viele Fehlstellen aufweist —sie zu schliessen, m uss A ufgabe künftiger F orschung sein. G ünther W ieland
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Siedlungen
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L uftau fn ah m e d es k e l t i s c h e n o p p id u m v o n R h e in a u .
Ländliche Siedlungen zwischen Bodensee und Donau
reliquia privata aedificia in cen d u n t... M it diesen knappen W orten umreisst C aesar V orgänge um den A uszug der H elvetier aus ihren heu te schweize rischen Stam m esgebieten: Sie brannten alle ihre oppida, an die zwölf, an «»4/ 4 Af
GcÄojßpMfa & r . . sie
hinterlassen «verbrannte Erde», u m —so Caesar - sich selbst die M öglich keit der R ückkehr zu nehm en. Im Jahr 58 v. Chr. versuchen die H elvetier die Saône zu überschreiten u n d liefern C aesar den Anlass fü r seinen gallischen K rieg (58-51 v. C h r.). S ind m it den gen an n ten oppida, vici u n d aedificia privata die S iedlungsform en u n d die S iedlungsstruktur spätkel tischer Z eit umrissen? A rchäologische F unde u n d Befunde der letzten Jahrzehnte bestätigen inzwischen m anche Beschreibung Caesars. Sie lassen die oppida als zentrale O rte spätkeltischer Stam m esgem einschaften erkennen —als befestigte «urbane» Siedlungen in verkehrsgeografisch günstiger Lage u n d als Z entren von H an d el u n d P rodu k tio n sowie des religiösen Lebens. D ies bestärkt die V erm utung, dass m it vici u n d aedificia privata die ländliche Besied lung auch zurücldiegender Jahrzehnte bezeichnet w erden kann. V erber gen sich dem nach jü n g st entdeckte w eitläufige Siedlungsareale im H egau sowie zahlreiche V iereckschanzen in der B odenseeregion u n d in O b er schw aben h in te r den von C aesar g en an n ten keltischen «D örfern» u n d «Einzelhöfen»? Die V i e r e c k s c h a n z e n
Bei den spätlatenezeitlichen V iereckschanzen han d elt es sich um m eist hektargrosse A nlagen, die von einem unregelm ässigen G eviert von W all u n d G raben um schlossen sind u n d über n u r einen Z u g an g verfügen. D er G raben ist d u rchgehend u n d in der Regel als Spitzgraben m it sch arf g esch n ittenen E cken ausgeführt. D as T or w eist nie nach N o rd en . Im oberschw äbischen R aum zw ischen dem donauseitigen R an d der Schw ä bischen Alb, dem H egau, dem Bodensee u n d der Iller sind derzeit etwa dreissig dieser m a rk a n ten B odendenkm ale b ekannt. D as H a u p tv e r breitungsgebiet der V iereckschanzen liegt in S üddeutschland, in Bayern u n d B aden-W ürttem berg, u n d reicht vom A lpenvorland bis zu m M ain u n d vom R hein bis ins Inngebiet. N eben vergleichbaren A nlagen in
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Frankreich sind einzelne Schanzen aus B öhm en u n d auch aus der N o rd schweiz bekannt. M eist finden sich die V iereckschanzen a u f flachen G eländerücken, in leichten H anglagen oder in ebenem G elände. Fortifikatorische Zwecke scheinen bei ihrer A nlage n ic h t verfolgt w o rd en zu sein. V ielm ehr liegen sie m eist in landw irtschaftlich nu tzb arer U m g eb u n g m it B öden, die sich g u t für den A ckerbau eignen. D ies un terstreich en vor allem die A nlagen, die - seit system atische L uftbildarchäologie b etrieben w ird - n eu e n t deckt w urden. Allein in B aden-W ürttem berg h a t sich ihre Z ahl a u f ru n d 150 V iereckschanzen m ehr als verdoppelt. T äuschte zuvor die n o ch gute E rh a ltu n g von W ällen u n d G räben im W ald u n d u n te r G rü n lan d b ed e ckung eine einst abgeschiedene Lage der V iereckschanzen vor, so um fasst ihre V erbreitung h eu te auch die landw irtschaftlichen Vorzugsräum e.
Z u einer Reihe grossflächig u n tersu ch ter A nlagen g eh ö rt die V iereck schanze «Auf der Klinge», im N o rd e n der S tadt Riedlingen. Zw ischen 1991 u n d 1997 w urde in einem N eub au g eb iet eine ru n d 5 H ek taren grosse Fläche untersu ch t, die neben einer V iereckschanze auch einen sich an schliessenden Bereich m it w eiteren vorgeschichtlichen u n d m ittelalter lichen S iedlungsspuren um fasste. Erst zwei Jahre zuvor w ar die durch Pflug u n d Erosion eingeebnete Schanze d u rch die Luftbildarchäologie entdeckt w orden. D as G rabengeviert m it seinen A ussenm assen von 117 x 108 M etern n im m t die K uppe eines gegen Südw esten gerichteten Rückens ein. Es liegt an der K ante einer G eländestufe, die zur N ied eru n g des Z ollhäuser Baches abfällt. D ieser entw ässert die flach-wellige L andschaft nach S üd osten zur D onau. D er V -förm ig eingeschnittene G raben m it bis zu 6 M eter Breite u n d 2,5 M eter Tiefe, sowie der an der Innenseite anzu n eh m en d e W all um schliessen einen In n en rau m von etw a 0,8 H ektaren. D er Z ugang liegt im O sten. H a tte m an einst den G raben ü ber die B rücke gequert u n d das Torgebäude passiert, befand m an sich a u f einer von m ehreren G ebäu den u m rah m ten Freifläche. Blickfang, dem Z u gang gegenüber, w ird das 15 x 13 M eter grosse H au p tg eb äu d e m it seiner repräsentativen Fassade gewesen sein. W eitere G ebäude an der N o rd - u n d an d er Südseite u n d in den torseitigen E cken verm itteln den E in d ru ck einer sym m etrisch konzi pierten A nlage. In diese S tru k tu r scheinen sich auch einige kleine V ier pfostenbauten, w ohl G etreidespeicher, zu fügen. Aus den B efunden ist eine längere Baugeschichte zu erschliessen. D rei B austadien sind allein beim H au p tg eb äu d e zu unterscheiden, zwei
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bei den B auten an N o rd - u n d Südseite, u n d auch das Tor erfuhr U m ge staltungen. G ebäude, die teilweise u n te r der W allschüttung zu liegen kam en sowie eine P fostenreihe an der Aussenseite des N ordgrabens zeigen, dass auch W all u n d G raben erst einem jüngeren A usbaustadium zugehören u n d w ohl ältere Z au neinhegungen ersetzten. E rst ausgangs des z. Jhs. v. Chr. w u rden W all u n d G raben angelegt, w ährend der Beginn der S iedlungstätigkeit u m zo o v. C hr. anzusetzen ist. Zwei B runnenschächte fanden sich in der Südostecke der V iereck schanze. Ihre Sohlen erreichen in etw a 15 M eter Tiefe den Karstwasser spiegel der Schw äbischen Alb. V erstürzte E ichenbohlen der Verscha lungen gestatteten dendrochronologische Analysen. D anach w urde der ältere B ru n n en u m 180 v. Chr. angelegt u n d gegen 150 v. C hr. d u rch einen jüngeren ersetzt. Zwei in den B oden eingetiefte G rubenhäu ser d ü rften h andw erklichen Zw ecken gedient haben. In einem der G ru b en h äu ser fand m an Eisenschlacken, G usstropfen u n d einen eisernen Tüllenm eissei. A ckerbaulich g u t nutzbares G elände breitet sich a u f d em H ö h e n rücken östlich der V iereckschanze aus. H ier liegt der risseiszeitliche L össlehm a u f S ch o ttern u n d M oränen. Im Schanzenareal selbst ist m it sandigem u n d kiesigem B oden in südlicher H anglage ein geeigneter S ied lu n g su n terg ru n d gegeben. D ie nahe gelegene T alniederu n g d iente w ahrscheinlich als W eidefläche. D iese günstige Siedlungs- u n d W irt schaftslage w urde im m er w ieder genutzt, m ehrfach in vorgeschichtlicher Z eit, w äh rend der röm ischen E poche sowie im frühen u n d h o h en M ittel alter. D ies bezeugen die Siedlungsspuren, die nordw estlich der spätkel tischen V iereckschanze angetroffen w urden: sie lag dem nach in m itte n einer K ulturlandschaft, im sog. A ltsiedelland. D ie Viereckschanze «Am Scheerer Weg» bei Mengen-Ennetach, Kreis Ebenfalls 1989 w urde d urch die L uftbildarchäologie im A ckerland der D o n au n ied eru n g das 95 x 105 M eter grosse G rabenviereck der V iereck schanze n ördlich von E nnetach entdeckt. D ie L uftaufnahm en lassen einen w eiteren, w inklig geführten G rabenzug erkennen, der an der S ü d ostecke der V iereckschanze ansetzt, u m eine halbinselartige ehemalige Schlaufe der D o n au gegen Süden zu begrenzen. E r fasst auch Siedlungs spuren ein, die ausserhalb der V iereckschanze liegen. E in Teilbereich der A nlage w urde 1998 aufgedeckt. D a in geringer Tiefe G rundw asser au stri« , h atte m an w ohl d ara u f verzichtet, den H au p tg rab en der V iereckschanze als üblichen Spitzgraben auszuführen, sondern es bei einem noch bis 6 M eter breiten u n d 1,2 M eter
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5 Zeichnerische R ekon stru k tio n der V iereck s c h a n z e R ie d lin g e n Klinge. 6 Luftbild v o n d e r Vier e c k s c h a n z e Ried lin g en Klinge. Im reifen G e t r e i d e z e i c h n e t sich d e r G r a b e n v e r l a u f a ls h e lle r S t r e i f e n ab.
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tiefen Sohlgraben belassen. D em gegenüber ist der 2 M eter breite A nnex graben V -förm ig 1,3 M eter tie f in den S chotter eingeschnitten. E r stellt v erm utlich einen späteren S chritt zum A usbau der G esam tanlage dar. Im In n ern der Viereckschanze, in der M itte der O stseite, k o n n te n die Pfosten g ruben eines m ächtigen, 19 x 12 M eter grossen G ebäudes, w ohl des H a u p t hauses, aufgedeckt w erden. W enigstens dreim al w urde es an gleicher Stelle w ieder errichtet. A uch in M e n g en -E n n etach h a t m an die W asser versorgung ins Innere der A nlage geholt. U m a u f W asser zu stossen, genügte es, einen 1,8 M eter tiefen S chacht anzulegen u n d diesen m it einer 1,2 x 1,2 M eter m essenden H olzverschalung zu versehen. Aus der F üllung sta m m t u.a. der eiserne H enkel eines Eim ers. D as F u n d g u t aus der V iereckschanze von E nnetach dü rfte gegenüber anderen A nlagen etwas jü n g er sein. W ie bei der V iereckschanze von R iedlingen deuten Brandreste d a ra u fh in , dass beide A nlagen bei gewal tigen Schadensfeuern zugrunde gingen u n d system atisch plan iert w urden. In E n n etach schliesst sich jedoch eine jüngste B auphase an. Diese scheint m öglicherw eise erst in augusteischer Z eit b eendet w orden zu sein. Zur F u n k t i o n d e r V i e r e c k s c h a n z e n
D ie V iereckschanzen von R iedlingen u n d E nnetach gehören zu einer K on zen tration solcher A nlagen an der oberen D o n au . M öglicherw eise greifen sie a u f ihre W eise dieselbe verkehrsgeografische Schlüsselstellung au f w ie Jah rh u n d e rte zuvor der frühkeltische «Fürstensitz» der H eu n eburg. D eren B ew ohner scheinen am F ernhandel beteiligt gewesen zu sein u n d von den H andelsw egen profitiert zu haben, die vom H o ch rh ein zur D o n au nach N o rd en u n d der D o n au entlang führten. W affen, B ruch stücke von W einam phoren, im p o rtierte M etallgefisse oder M ü n zen lassen einen gehobenen L ebensstandard v erm uten, der die nötige lan d w irt schaftliche L ebensgrundlage überschreitet. R epräsentative A rch itek tu r u n d das sich w iederholende bauliche G esam tkonzept verm itteln das Bild eines «Herrenhofs», der im ländlichen R aum durchaus zentralörtliche F u n k tio n en als Stapelplatz oder Z ufluchtsort, als K ult- u n d V ersam m lungsraum w ahrgenom m en haben mag. D ie V iereckschanze von M engen-E nnetach m it ihrem zusätzlichen G rabenw erk, das die ausserhalb der H auptschanze gelegene B ebauung einschliesst, ru ft eine Reihe von V iereckschanzen in E rinneru n g , die sich m it A nnexanlagen oder m it B esiedlung im unm ittelb aren U m feld als kom plexere Siedlungsgebilde darstellen. D ie V iereckschanze scheint hier der bevorrechtete H o f eines grösseren Siedlungsverbandes zu sein. O b V iereckschanzen aber generell eine V orrangstellung im ländlichen Sied-
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7 Luftbild d e r V i e r e c k schanze M engenEnnetach. M an e r k e n n t die V i e r e c k s c h a n z e m i t A n n e x g r a b e n (rec h ts ) s o w i e d e n V erlau f e i n e r rö m isch en S tra s s e (oben).
lungsgefüge einnahm en, m uss offen bleiben, zum al unbefestigte K lein siedlungen archäologisch noch w eitgehend u n b ek a n n t sind. Vor Schem a tisierung w arnen das bei näherem Besehen doch individuelle G epräge dieser A nlagen, bisweilen enge N achbarschaft, aber auch die Beobach tung, dass die Befestigung m it W all u n d G raben einem zusätzlichen Sicherheitsbedürfnis entsprang u n d häufig eine U m zäu n u n g ersetzte. H öfe m it gleicher B edeutung m ögen unbefestigt geblieben sein. Insgesam t zeigen die V iereckschanzen, dass die ländliche Besiedlung spätkeltischer Z eit vom E inzelhof b estim m t ist. D er «Hof» scheint die G ru n d e in h e it des Siedlungsgefüges u n d d am it der W irtschafts- u n d G esellschaftsstruktur zu repräsentieren. D ie spätkeltischen V iereck schanzen als landw irtschaftliche B etriebe stehen in einer T radition, die uns bereits w äh ren d der H allstattzeit begegnete u n d sich später in den röm ischen G utshöfen w iederfindet. L ä n d lic h e G r o s s s i e d l u n g e n
E rst vor w enigen Jahren w urd en a u f L uftbildern u n d bei archäolo gischen U n tersuchungen im H egau am w estlichen Bodensee grossflächige S iedlungsstrukturen entdeckt, die sich von den seit langer Z eit b ek an n ten V iereckschanzen unterscheiden. Es h an d e lt sich dabei um weitläufige, von G räben abgegrenzte Areale, deren A usd eh n u n g bis zu 16 H ek taren um fassen kann. Sie sind d am it w esentlich grösser als die V iereckschanzen, deren Fläche einen H ek tar m eist n ich t überschreitet. A nlagen dieser A rt w urden bislang n u r im Landkreis K onstanz in G ottm ad in g en , Singen u n d den E ngen zugehörigen G em arkungen A nselfingen u n d W elschingen entdeckt. D ar
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E ine Schlüsselstellung n im m t hierbei die S iedlung von W elschingen ein. Teile des riesigen Siedlungsgeländes liegen in einem N eub au g eb iet am nordw estlichen O rtsrand, das seit 2006 archäologisch u n tersu ch t w ird, u m die unscheinbaren S iedlungsstrukturen vor der endgültigen Z erstö ru n g zu dokum entieren. Anlass für die A usgrabungen w aren 1989 aufgenom m ene Luftbilder, w elche A bschnitte einer rechtw inklig abknickenden G rabenanlage im B augebiet «G uuhaslen» erkennen liessen. Bei den G rabun g en zeigte sich, dass der a u f den L uftbildern sichtbare G raben n ic h t —w ie anfangs ver m u te t- T e il einer V iereckschanze war, so ndern ein Siedlungsgelände bislang u n g eah n ter A usm asse begrenzte. K leine S o n dieru n g en in den u m liegenden Feldern, bei denen der G rabenverlauf w eiterverfolgt
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8 Die j ü n g e r l a t è n e z e i t liche G r a b e n a n l a g e v o n G o t t m a d i n g e n . Bei d e n A u sg rab u n g en ko n nte n u r ein Teil e r f a s s t w e r d e n . Die G r a b e n s c h e n k e l l i e s s e n sich au f e i n e L ä n g e v o n 205 b z w . 85 m v e r fo l g e n , o h n e d a s s deren Enden erreicht w u r d e n . 9 Die j ü n g e r l a t è n e z e i t liche G r a b e n a n l a g e vo n S i n g e n . S i e lieg t a u f d e r fru ch tb a ren N o rd sta d t t e r r a s s e ü b e r d e r Radolfzeller A ach . Die v o n d e n G räben eingefasste F lä c h e b e t r ä g t m in d . 130x110m.
w erd en k o n n te , belegen, dass d er G rab en Teil einer w eitläufigen Sied lu n g sb eg renzung war, die einen ebenen G elä n d ea b sch n itt zw ischen zwei S ch o tter-T errassenrändern am Fuss des H o h en h e w e n s abriegelte. A b d rü ck e v on S paltbohlen a u f der Sohle des lediglich etw a 1—1,2 M eter breiten u n d n u r 1,1 M eter tiefen G rabens lassen sich als Reste einer ver m u tlic h zw eischaligen, m a u erartig en H o lz k o n stru k tio n d eu ten . Es h a n d e lt sich also n ic h t u m einen offenen V erteidigungsgraben, so n d ern u m d en F u n d am e n tg rab en einer m in d esten s 767 M eter langen h ö l zern en M a u er o der Palisade. Sie begrenzte ein A real v on etw a 16 H e k taren Siedlungsfläche, das im W esten u n d N o rd e n an ein P lateau m it w eiteren S ied lu n g sstru k tu ren d er jü n g e re n L atènezeit (LT C /D i) grenzt. V om Plateau stam m en qualitativ hochw ertige F unde von G lasarm ringen, W affen u n d Rüstzeug sowie zwei G räber der m ittleren Latènezeit. Ä ltere G rabungen u n d L uftbilder zeigen zudem , dass auch a u f dem Plateau rechteckige G rabensystem e angelegt w urden. Bei einigen B efun d en von der Kiesterrasse besteht zudem der V erdacht, dass es sich um H e ilig tü m e r o d er B estattungsplätze h a n d e lt, w ie w ir sie beispielsw eise aus d er C h a m p a g n e u n d d em B u rg u n d k en n e n . A u f L u ftb ild e rn sic h t bare G rä b en n ö rd lic h u n d östlich d er T errasse d e u te n a u f w eitere S ied lu n g sein h eiten h in , die sich m öglicherw eise bis A nselfingen aus d eh n ten . Z u tritt zur Talsiedlung gew ährte ein T or m it nach inn en u m b ie genden W angen, ähnlich den grossen Z angentoren der keltischen oppida. V erm utlich haben no ch weitere, m öglicherw eise auch grössere Tore zur A nlage existiert. In das um friedete Areal w ar zudem eine g u t sch ü tten d e Q uelle eingebunden, w elche die W asserversorgung der Bew ohner sicherte. U b er die In n en b e b au u n g der T alsiedlung wissen w ir n o ch w enig. D ie bislang am R and der S iedlung aufgedeckten B austrukturen d ü rften zu einzelnen G ehöften gehört haben. D o ch auch ausserhalb des m it der H olzm auer oder Palisade gesicherten Bereiches sind m ehrere H ofanlagen verbürgt. D as geborgene F undm aterial sowie verschiedene B aufluchten zeigen, dass am selben Platz m indestens zwei keltische Siedlungen bestanden. E ine ältere, no ch unbefestigte S iedlung der F rühlatènezeit (ca. 450-250 v. Chr.) w ird w ährend des 3. oder 2. Jhs. v. Chr. m it neuen G eh ö ften sowie der aufw endigen Siedlungseinhegung überbaut. O b allerdings eine echte S ied lu n g skontinuität von der frühen bis zur jüngeren Latènezeit vorliegt, w ird erst eine detaillierte A usw ertung der F unde u n d B efunde nach A bschluss der A usgrabungen ergeben.
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10 Luftbild d e s r i e s i g e n S iedlungsgeländes z w i s c h e n E n g e n -A n s e lfingen u n d EngenW elsch in g en , östlich d es m a rk a n te n V ulkan sc h lo ts d e s H o h e n h e w e n s . Die T a ls ie d lu n g (3) w u rd e von einer m in d e s t e n s 767 m l a n g e n Holz m a u e r o d e r P a l i s a d e (1) b e g ren zt. Auch a u s s e r halb der U m w e h r u n g k o n n te eine Besiedlung nach g ew ie sen w erden 14). V o m P l a t e a u 12) si n d w e ite re B a ustrukturen der jü n g e r e n L atènezeit (ca. 2 5 0 - 1 0 0 v.Chr.) b e kannt.
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Z u r Talsiedlung der jüngeren Latènezeit (ca. 250—100 v. Chr.) schei nen vor allem N ord -S ü d bzw. W est-O st ausgerichtete B auten g ehört zu haben. Sie orientieren sich in ihrer A usrichtung am F u n dam en tg rab en der langen Siedlungseinhegung. H ierzu zählen V ierpfostenspeicher sowie auch G ru benhäuser u n d grössere Pfostenhäuser. D ie G ru b e n h ü tte n w u rd en für handw erkliche T ätigkeiten, insbesondere für das W eben u n d S pinnen genutzt. K eram ikscherben u n d T ierknochen sowie vereinzelte M etallabfälle, die aus den A bfallgruben geborgen w urden, zeigen das übliche Inventar ländlicher Siedlungen u n d lassen bislang kein speziali siertes H an d w erk erkennen. D ie insgesam t locker gestreuten B ebauungsspuren konzentrieren sich a u f kleinere Areale. Bei einigen schm alen B efunden dürfte es sich um Z au n g räbchen handeln, die m öglicherw eise einzelne G ehöfte v o n ein an der abgrenzten. Sie w aren n u r noch partiell erhalten, so dass die Grösse einzelner H ofstellen n ic h t exakt angegeben w erden kann. D eu te n w ir die L uftbilder u n d die archäologischen Befunde richtig, so h an d elt es sich bei der A nlage von W elschingen u n d A nselfingen um ein riesiges, in Tal- u n d Plateausiedlung gegliedertes Areal m it gehöftar tiger B ebauung von bis zu 65 H ektaren A usdehnung. W eitere im H egau lokalisierte G rabenw erke der jüngeren L atènezeit, die sich bisher n ich t genauer d eu ten liessen, k ö n n te n zu ähnlichen, w enn auch n ic h t im m er so grossen Siedlungen wie W elschingen gehört haben. C a e s a r u n d d i e a r c h ä o l o g i s c h e «R e a l it ä t »
D ie L uftbildarchäologie sowie die in den letzten Jahren durchge fü h rten , grossflächigen A usgrabungen in keltischen Siedlungen des Bodenseegebiets u n d O berschw abens haben zahlreiche neue E rkenntnisse zur ländlichen S iedlungsstruktur des 3. bis 1. Jhs. v. C hr. erbracht. F ür die jüngere Latènezeit b eg in n t sich ein facettenreiches Bild abzuzeichnen, das sich m it Caesars B eschreibungen der helvetischen Siedlungen jed o ch n u r teilweise in E inklang b ringen lässt. Caesar schreibt aus röm ischem Blick w inkel u n d zum V erständnis einer röm ischen Leserschaft. E r g ib t eine M o m en tau fn ah m e, die für d en nordschw eizerischen R aum M itte des ersten vorchristlichen Ja h rh u n d erts zutreffen mag. W ir b etrach ten hin g e gen eine Region, die w eitgehend ausserhalb von Caesars Interessensgebiet lag, sowie einen Z eitraum , der ins 3. u n d 2. Jh. v. C hr. zurückreicht. D ie bis vor w enigen Jahren überw iegend als K ultstätten interpretierten V iereckschanzen lassen sich inzw ischen als G ü ter v ornehm er K elten deu ten , die in landw irtschaftlich günstiger Lage den K ern der ländlichen Besiedlung bildeten. U m die V iereckschanzen k ö n n en weilerartige, offene
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11 E n g e n - W e l s c h i n g e n . G r a b u n g s f l ä c h e m i t fre i gelegtem F u n d am en t g ra b e n , d e r zu einer m in d e s t e n s 767 m l a n g e n E i n h e g u n g d e r jü n g e r la t è n e z e i t l i c h e n S i e d l u n g g e h ö r t e . Gelb: G r a b e n g r e n z e , rot: F üllu ng d e r v e r m u t l i c h zw e is c h a lig e n K o n stru k tio n m it Gerollen und L eh m . 12 E n g e n - W e l s c h i n g e n . Sohle d es F u n d a m e n t g rab en s der Siedlungs u m w e h r u n g m it A bdrücken von dicht an d icht g e s e tz te n S p a lt b o h l e n , d i e Teil e i n e r a u f w e n d ig e n zw eischaligen H o lzm au er o d e r Palisade
w a ren .
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Siedlungen aus m ehreren E inzelhöfen entstehen. N ach wie vor k ö n n en w ir n u r verm uten, dass sich h in te r den m it W all u n d G raben gesicherten H ö fen die aedificiaprivata aus Caesars S childerung verbergen. Dass gerade in der N ordschw eiz V iereckschanzen w eitgehend u n b e k a n n t sind, stim m t nachdenklich, m ag jedoch eine Frage des Forschungsstandes u n d der Ü berlieferungsbedingungen sein. N o ch schw ieriger gestaltet sich die In terp reta tio n der im H egau en td eck ten Siedlungsareale, die m it aufw endigen H olzm au ern oder Palisaden begrenzt u n d w ohl auch räum lich gegliedert w aren. Lassen sich diese ausgedehnten Siedlungsareale als die von C aesar überlieferten vici identifizieren? N u r w enige der unbefestigten «Dörfer», die ungeachtet ihrer B ezeichnung einen erheblichen U m fang erreichten, sind uns aus S ü ddeutschland u n d N ordfrankreich bekannt. V on H an d el u n d H a n d w erk geprägt, h aben sie zentrale F u n k tio n en in ihrem U m la n d ein g en o m m en. D as grosse Siedlungsareal am Fuss des H ohenhew en s lässt sich in diesen für die In terp reta tio n der A nlage w esentlichen P un k ten n o ch kaum beurteilen. A llein die A usd eh n u n g u n d der N achw eis der aufw endigen Siedlungsbegrenzung, die vielleicht m ehr repräsentativen als w eh rtech nischen C harakter h atte, lassen jedoch eine planerische H a n d u n d ein flussreiche politische F ü h ru n g verm uten. U m unser W issen zu S tru k tu r u n d F u n k tio n der keltischen Siedlungen zu verbessern, sin d zweifelsohne w eitere A usgrabungen im Inneren u n d U m feld dieser w eitläufigen A nla gen nötig, deren E rforschung noch ganz am A nfang steht.
13 E n g e n - W e l s c h i n g e n . R ekonstru k tio n sv ersu ch der jüngerlatènezeitlich en S i e d l u n g (ca. 2 5 0 - 1 0 0 v.Chr.). Im Vor d e r g r u n d s i n d m it Zäunen abgetrennte G ehöfte b e s te h e n d aus W ohnhaus, G rubenhütte un d g este lz te n Vorrats s p e i c h e r n zu s e h e n . Sie li e g e n a u s s e r h a l b d e r m i t e i n e r n a h e z u 800 m la n g e n H o l z m a u e r o d e r Palisade u m g re n z te n T a lsie d lu n g . Auf d e r K i e s t e r r a s s e im H inter g ru n d sind w e ite r e Bau te n der Plateau sie d lu n g a n g e d e u te t. M öglicher w e ise g ab es do rt auch B e stattu n g sp lätze und Bereiche zur Kultaus übung. 14 V e r e i n f a c h t e r Plan der k e l t i s c h e n S i e d l u n g bei E n gen-W e lschingen ( G r a b u n g 20 0 6 /20 07 ) m it B a u stru k tu ren der jüngerlatènezeitlichen S i e d l u n g (rot) s o w i e a b w e ic h e n d orientie rten B efunden einer älteren S i e d l u n g d e r F rü h l a tè n e z e it (grün). L it e r a t u r Bittel/Schiek/M üller
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1990 B o lla c h e r/K le in 2002 E h r l e / H a l d / Z ä n g l e 2007 W ieland 1996/1999ab
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Jungneolithikum
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Das spätkeltische Konstanz - eine Siedlung in strategisch b edeutsam er Lage
D ie halbinselartige Schutzlage des K onstanzer M ünsterhügels u n d der N ied erburg w ar sicher ausschlaggebend, dass sich h ier schon in der Bronzezeit (ab ca. 2000 v. Chr.) u n d der frühen K eltenzeit (ab ca. 750 v. Chr.) gelegentlich M enschen aufgehalten haben. Spuren n o ch älterer jungsteinzeitlicher u n d bronzezeitlicher P fahlbausiedlungen fanden sich in der heutigen Flachwasserzone. Bei stadtarchäologischen U n tersu c h u n g en kam en 1984 u n d ver m e h rt ab 1989 F u n d e der S pâtlatènezeit zu m V orschein, die a u f die Existenz einer b ed e u te n d en S iedlung im 2. u n d 1. Jh. v. C hr. schliessen Hessen. M eist w aren die S iedlungsspuren n u r in kleinen A ussch n itten erhalten, w eshalb keine zusam m en h än g en d en S tru k tu re n w ie z.B. H ausgrundrisse erk an n t w erden ko n n ten . Es w u rden aber viele P fosten g ru b en u n d Reste von G ru b en h äu sern d o k u m e n tie rt, die nach oben d u rch eine m ächtige röm ische P lanierschicht m it zahlreichen F u n d en überdeckt w aren. Im Z uge der A usw ertung der a u f die keltische S iedlung folgenden röm ischen M ilitäranlagen d urch Jörg H eiligm ann h at sich ein breiter S ohlgraben im Bereich M ünsterplatz/P falzgarten als vorröm isch heraus gestellt. Bei ihm dü rfte es sich u m den Befestigungsgraben han d eln , der die spätkeltische Siedlung nach W esten u n d Süden abgegrenzt hatte. D ie B edeutung dieser befestigten S iedlung liegt in erster Linie in der Siche ru n g des R heinübergangs. A uch h ätte eine kleine B ucht des R heins im Bereich der heutigen U nteren L aube ideale V oraussetzungen für die A nlage eines kleinen H afens geboten. K onstanz w äre som it auch für die keltische Bodensee-Schifffahrt von grosser B edeutung gewesen. D ie S itu atio n der S pätlatenesiedlung von K onstanz ist g u t m it derjenigen a u f dem Basler M ünsterhügel vergleichbar. D o rt h at eine ähnlich gelegene Befestigung die strategisch-verkehrsgeografisch w ichtige S ituation am R heinknie kontrolliert. O b m an angesichts der A usd eh n u n g von lediglich ca. 300 x 100 M etern von einem regelrechten oppidum sprechen kann, sei dahingestellt. M it diesem Begriff bezeichnet m an üblicherw eise die stadtartigen spätkel tischen G rosssiedlungen. H insichtlich der Z usam m ensetzung u n d Q u ali tä t des F undm aterials lässt sich die K onstanzer S iedlung aber a u f jeden Fall m it diesen vergleichen.
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D ie keltischen M ünzen aus K onstanz gehören in den Z eitrau m vom 2. Jh. v. Chr. bis um die M itte des i. Jhs. v. Chr. Sechs P o tin m ü n zen (Potin = stark zinnhaltige Bronze) vom Typ «Z ürich A lte Börse» haben ihre H au p tv erb reitu n g im Stam m esgebiet der H elvetier im N o rd en u n d N ord o sten der Schweiz. D rei P o tin m ü n zen vom Typ «grosse tête» gehen a u f V orbilder aus M assilia (heute M arseille) zurück. Sie w u rd en früher dem zw ischen R hone, Saône u n d Ju ra ansässigen S tam m der Sequaner zugeschrieben. M ittlerw eile gibt es aber auch Belege für eine F ertigung ausserhalb ihres Stam m esgebietes. Zwei weitere «Sequaner»-Potinm ünzen zeigen ein vierfüssiges T ier m it gesenktem Kopf. Eine silberne K reuzm ünze vom Typ «Schönaich» w eist in den südw estdeutschen R aum , w ährend drei oberitalische D rach m en des 2. Jhs. v. C hr. als H inw eis a u f K ontakte über das A lpenrheintal nach Süden zu verstehen sind. Aus der u n m ittel baren N achbarschaft stam m en weitere keltische M ünzfunde. D ie A nzahl von m indestens 15 keltischen M ünzen, die bislang in K onstanz gefunden w urden, ist im Vergleich zur archäologisch u n te r suchten Fläche relativ gross. D ie G eldw irtschaft u n d der d am it v erb u n dene H an d el d ü rften dem nach eine w ichtige Rolle gespielt haben, was in dieser verkehrsgeografischen S itu atio n auch zu erw arten ist. Dass sich u n te r der S pâtlatène-K eram ik auch F ragm ente von frühkaiserzeitlichen A m p h o ren finden, in denen W ein aus O beritalien im p o rtiert w urde, v erw undert deshalb nicht. U n ter den M etallfunden sind zwei «N auheim er Fibeln» zu erw ähnen. Diese sind typisch für die F rauen trach t der spätkeltischen Z eit. E ine w eitere Fibel vom so g enannten «Typ M ötschw il» g ehört n och in die späte M ittellatènezeit (ca. 150 v. C hr.). In den Bereich der alltäglichen G ebrauchsgegenstände gehören eine bronzene Ö sennadel u n d ein eiserner H akenschlüssel, der zu einem hölzernen Schubriegelschloss geh ö rt hat. D as F ragm ent eines gegossenen Z ügelführungsrings aus Bronze weist a u f die A nw esenheit der keltischen O b ersch ich t hin: Solche verzierten R inge gehören zu aufw endig verzierten W agen, vielleicht sogar zu einem zw eirädrigen Streitwagen. U n ter der S pâtlatène-K eram ik von K onstanz fallen viele qualitativ hochw ertige Stücke auf. D ies betrifft n ich t n u r die charakteristische rotweiss bem alte Feinware, die oft n och M uster in «Sepia» (brauner Farbton) aufweist, so ndern v or allem die glatte D rehscheibenw are. Sie weist eine sehr glatte O berfläche a u f u n d zeigt m anchm al eingeglättete geom etrische M uster. Ihre D ü n n w an d ig k e it u n d der aussergew öhnlich h arte B rand zeigen das grosse K önnen der spätkeltischen Töpfer. D er A nteil der h an d -
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gem achten G robkeram ik, vor allem diverse T öpfe u n d Schüsseln m it ein gebogenem R and, ist trotzdem no ch relativ hoch. D abei han d elte es sich w ohl u m das alltägliche G ebrauchsgeschirr. D ie K eram ik zeigt in Form u n d V erzierung B eziehungen zum H o c h rheingebiet, in den H egau, zur oberen D o n au u n d ins A lpenrheintal. Vereinzelt ko m m en Scherben von G rafitton-K eram ik vor. Diese Gefässe sind w ohl über das bayerische V oralpenland an den Bodensee gelangt. D er G rossteil der spätkeltischen K eram ik scheint in den Z eitrau m von ca. 120 bis u m 50 v. C hr. zu gehören. Es sind aber auch Stücke d arunter, die aus der zw eiten H älfte des 1. Jhs. v. C hr. stam m en d ü rften u n d m it entsprechender K eram ik aus dem oppidum A ltenburg-R hein au u n d dem frühkaiserzeitlichen Lager von D angstetten vergleichbar sind. In diese späte B esiedlungsphase w ürde auch eine K notenfibel m it Zierleiste passen, die in der H ussenstrasse gefunden w urde. D iese Fibel form k o m m t am E nde der Spätlatenezeit oder bereits in augusteischer Z eit (ca. 40 v. C hr.-1 4 n .C h r. ) vor. D ie Fundstelle liegt ca. 0,5 K ilom eter südw estlich des eigentlichen spätkeltischen Siedlungsbereichs. D ie stratigrafische Abfolge a u f dem K onstanzer M ünsterplatz h at aber eb en falls H inw eise erbracht, dass die Z eitspanne zw ischen der Aufgabe der spätkeltischen S iedlung u n d der ersten röm ischen M ilitäranlage n ich t sehr gross gewesen sein kann. G ünther W ieland
15 S p ä t k e l t i s c h e K n o te n fibel a u s K o n s ta n z . 16 S p ä t l a t e n e z e i t l i c h e K e r a m i k a u s K o n s ta n z . 17 S p â t i a t è n e z e i t l i c h e s G e f ä s s m i t P fe rd e f r ie s a u s K o n s ta n z . L it e r a t u r Cordie-H ackenberg/ O e x l e 1984 D e r s c h k a 1999 D u m i t r a c h e 2000
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Das D oppel-opp/dum von Altenburg-R heinau
D a s o p p id u m v o n A l t e n b u r g
E tw a fü n f K ilom eter unterhalb des Rheinfalls bei Schaff hausen liegt in einer grossen D oppelschleife des H ochrheins a u f den beiden H alb in seln «Schwaben» u n d «Au» das oppidum A ltenburg-R heinau: ein in spätkeltischer Z eit b edeutender verkehrsgeografischer K n o te n p u n k t am R hein u n d U m schlagplatz fü r die Flussschifffahrt. D ie beiden H albinseln, die ein Areal von 318 H ek taren um fassen —«Schwaben» ungefähr 233 H ek taren, «Au» 85 H ektaren - w urden durch m ächtige M au ern , deren Ü berreste heute noch im G elände als auffallende W allanlagen sichtbar sind, gegen das H in te rla n d gesichert. E rstm als fanden 1929/30 südlich der A ltenburger «Schanz» u n te r der L eitung von G eorg K raft A usgrabungen sta tt (G em einde Jestetten, Kreis W aldshut). In den Jahren 1972-1975 u n d 1985 w urden weitere G rabungen von Franz Fischer u n te rn o m m en . D abei k o n n te n S iedlungsstrukturen v on städtischem G epräge nachgew iesen w erden. D as F undm aterial zeigt spezialisiertes H andw erk, M ünzprägung, B ronzeverarbeitung - u.a. Fibelherstellung - u n d w eit gespannte H andelskontakte m it dem M ittel m eerraum . D ie bisherigen U ntersu ch u n g en gingen davon aus, dass sich das Siedlungsareal vor allem a u f die heute landw irtschaftlich genutzten
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18 A l t e n b u r g - R h e i n a u m it d e m bish e r b e k a n n te n Siedlungsareal (1 u n d 2), d e m a u f g r u n d der P ro sp ek tio n er k a n n te n tatsä ch lic h en S i e d l u n g s g e b i e t (3 u n d 4) u n d d e n b e i d e n B e fes tig u n g e n «K elten w a l l » bei R h e in a u (5) u n d « S c h a n z » b ei A l t e n b u r g (6). 19 M o de ll e i n e r M ü n z p rä g e w e rk sta tt aus dem o p p id u m A l t e n b u r g . 2 0 a / b D e ta ils a u s d e m M od ell. Die P o t i n m ü n zen w e rd e n geg o ssen .
Flächen beschränkte. A u fgrund system atischer P ro sp ek tio n en in den vergangenen Jahren, die sich über die gesam te H albinsel südlich der «Schanz» erstreckten, kam es zu um fangreichen N eu fu n d en . Es w urde n u n deutlich, dass sich die spâtlatènezeitliche Siedlung a u f die ganze vom Wall eingeschlossene Fläche erstreckt hatte. Fundleere Areale erklären sich d urch m o derne Eingriffe w ie den Bau des K raftwerkes im Süden der H albinsel u n d für die P rospektion unzugängliches G elände. Insgesam t fanden sich über 550 keltische M ünzen, d aru n te r auch ein H o rtfu n d der ausschliesslich aus S ilberm ünzen bestand. H in zu k o m m en k napp 40 P rägungen aus den A usgrabungen des 20. Jah rh u n d erts. D ie M eh rh eit davon bilden geprägte E delm etallm ünzen —S ilberquinare u n d einige G oldstatere - sowie ca. 125 gegossene B ronzem ünzen, sog. Potinm ünzen. Z u den ältesten E xem plaren zählen S ilberm ünzen m it der griechischen Beischrift KAAETEAOY (Kaletedou) sowie Im itatio n en röm isch-republikanischer D enare. Z u den jü n g sten M ü n zty p en gehören Q u in äre m it der lateinischen Inschrift N IN N O -M A U C sowie ein Q . D O G I.SAM u n d «Sequaner»-Potinm ünzen. W ie lange die beiden oppida gleichzeitig bestanden, liess sich bisher n ich t eindeutig klären. In den Fibelspektren der beiden Siedlungen zeichnen sich jedoch unterschied liche S chw erpunkte ab. W äh ren d in A lten b u rg ältere —u.a. N au h eim er
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Fibeln - stärker vertreten sind, kom m en in R heinau verstärkt jüngere Fibeltypen wie die geschw eiften Fibeln vor. E in Vergleich der M ünzreihen beider Siedlungen w eist in eine ähnliche R ichtung. G in g m an bisher davon aus, dass die S iedlung von A lten b u rg m it dem A lpenfeldzug von 15 v. C hr. ih r E nde fand, erscheint nach derzei tigem K enntnisstand auch ein früheres E nde m öglich.
D a s o p p id u m v o n R h e in a u
N o ch heute m arkieren W all u n d G raben eines Befestigungswerkes die Stelle einer einstigen K eltenstadt bei A lten b u rg (D) u n d R heinau (C H ). Bereits zur Z eit der H u m an iste n versuchte m an, die E n tste h u n g dieser Befestigungen m it K äm pfen zw ischen den R öm ern u n d den A lam annen zu erklären, w ie sie von antiken A utoren beschrieben w urden. Vor ru n d 150 Jahren identifizierte der Z ü rch er G elehrte F erd in an d Keller die W älle als «Stadtm auern» einer K eltenstadt. In den 1930er Jahren erfolgten die ersten G rabungen am «Keltengraben» in R heinau. D ie Befestigung h at h eute noch eine Länge von etw a 200 M etern. Sie w ar aber frü h er b ed eu ten d länger, da sie zur G ew in n u n g von B auland a u f der O stseite zugeschüttet w orden ist. D er H ö h en u n tersch ied zw ischen der G rabensohle u n d der W allkrone beträgt bis zu 11 M eter. D ie U n tersu ch ung am W all ergab eine durchgehende F ro n tm au er aus trocken gem au erten S andsteinplatten. H in te r der T rockenm auer standen m ächtige, senkrechte H olzpfosten im A bstand von etw a 2,5 M etern, die d urch w aagerechte H ölzer m it einer w eiteren, im W allinnern verlaufenden Pfostenreihe v erbunden w aren. D ie so gebildeten H olzgevierte w urden m it Erde u n d A ushubm aterial aus dem G raben bedeckt. Zw ischen der M au er u n d dem 23 M eter b reiten u n d 7,5 M eter tiefen G raben lag ein 3 M eter breiter, u n b eb au ter Streifen, die sog. Berme. D ie keltischen W allanlagen k ö n n en in verschiedene T ypen gegliedert w erden, die geringfügig variieren. D ie R heinauer Befestigung bildet m it ih rer d u rch g eh en d en F ro n tm au e r eine V ariante der sog. P fostenschlitz m auer, wie sie der A rchäologe Franz Fischer für den W all «Schanz» bei A lten b u rg nachw eisen k o n n te. D er beschriebene W all begrenzt a u f der H albinsel «Au» ein G ebiet von ungefähr 85 H ektaren. Aus den bisher durch G rabungen u n d L uftbildprospektion gew onnenen A n h altsp u n k ten k an n a u f ein Siedlungsareal von etwa 40 H ektaren geschlossen w erden. E rst in den 1990er Jahren gelang es, einige grössere Flächen im Siedlungs bereich system atisch zu ergraben. D abei gaben Spuren von H ausgrundris-
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21 S z e n i s c h e D a r s t e l lu n g d e r A u f b a u a r b e i t e n a m « K e l t e n w a l l » bei R h e in a u . K eltisc he B e festigungsanlagen w i e sie in R h e in a u u n d A ltenburg g efunden w u r d e n , sind von Julius Caesar b eschrieben w o r d e n : «... D ie s e B a u w e is e der B e festigung ist s e h r n ü tz lic h u n d v o r t e i l h a f t z u m S c h u t z der S t ä d t e , d a si e d u r c h die S te in e vor d e m Feuer s c h ü t z t , d u r c h d ie Hölzer ab er, die im I n n e rn d u r c h 4 0 F u s s l a n g e B alk en m itein an d er verb u n d en sin d , v o r d e m R a m m b o c k g e s c h ü t z t ist u n d w e d e r ein g esto ssen no ch a u s e in a n d e r geris s e n w e r d e n kann.» (C aesar, D e be llo Gallico 7 ,2 3 ,1 -5 ). 22-24 G rabung und ansch liessen d e Rekon stru k tio n d er P fo sten s c h litz m a u e r von A lten burg.
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sen, B ru n nenschächten u n d h u n d e rte n von archäologisch u n tersu ch ten S tru k tu ren erste A n h altsp u n k te zur E ntw icklung der Siedlung. A n m eh reren O rte n k o n n te n Schm iedew erkplätze nachgew iesen w erden. Z u d em gibt es H inw eise a u f M ünzherstellung. U n ter den zahlreichen M etall gegenständen belegen einige Stücke H andelsbeziehungen u n d andere K ontakte innerhalb des keltischen K ulturraum s, vereinzelt aber auch d arü b er hinaus ins M ittelm eergebiet u n d in den germ anischen N orden. D ie H au ptm asse der F unde m acht jedoch die lokal hergestellte K eram ik aus. Es gibt aber auch d o rt Gelasse, d an k derer ein w eiträum iger A us tausch aufgezeigt w erden kann. In geringen M engen k o m m t feines Tafelgeschirr aus italischen oder gallischen W erkstätten vor. A m p h o ren m it einem Fassungsverm ögen von etw a 26 L itern W ein stam m en ü ber w iegend aus dem heutigen Italien. Ih r T ransport dürfte sich w eitgehend a u f dem W asserweg abgespielt haben. D iese G ü ter sprechen für die beiden Siedlungen als H andelsplatz an diesem w ichtigen R heinübergang. A u fg ru n d unseres heutigen K enntnisstandes dü rfte die Besiedlung a u f der H albinsel «Au» in der ersten H älfte des 1. Jhs. v. Chr. begonnen haben; dies zu einer Z eit, als m an a u f dem «Schwaben» schon seit gut einem halben J a h rh u n d e rt sesshaft war. Es zeichnet sich som it eine V erschiebung von der älteren S iedlung bei A ltenburg zur jüngeren in R heinau ab. O b die b eiden oppida zeitweise n ebeneinander bestanden haben oder sich zeitlich ablösten, ist vorläufig n och unklar. D ie F unde lassen verm uten, dass die S iedlung von R heinau in der zw eiten H älfte des 1. Jhs. v. Chr. aufgelassen w urde, spätestens jedoch m it der A nlage des röm ischen M ilitärlagers bei D an g stetten u m 15 v. C hr.
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25 G u s s f o r m e n f r a g m e n t e für k e ltisc h e M ü n z e n (sog. T ü p f e l p l a t te n ) a u s d e m op pid um v o n A lte n b u r g . 26 S z e n i s c h e D a r ste llu n g einer Fein sc h m ied e aus R h e in a u . Die S c h m i e d e ab f ä lle b e l e g e n die H erstellung von f i li g r a n e n Fibeln a u s B r o n z e u n d Eisen im o p p id u m v o n R he ina u. 27 V ier b r o n z e n e G ew andnadeln aus R h e in a u . Die drei g e s c h w e i f t e n Fibeln d ü r f t e n im o p p id u m h e r g e s t e ll t w o r d e n se in. Die Fibel g a n z r e c h t s s t a m m t a u s de m M ittelm eer gebiet. 28 E is e r n e r R e it e r s p o r n a u s R h e in a u m i t Ver zie r u n g e n a u s r o t e m G la s fluss. L it e r a t u r B r ä u n i n g e t al. 2005 F isc h e r 1975 F ische r 2 00 4 N agy/Schreyer/Tiziani 2 00 4 Schreyer2005
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W irtschaft
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Hortfund, b e s t e h e n d a u s 56 K a l e t e d o u - Q u i n a r e n , d e r in d e n J a h r e n 2001 / 2 0 0 2 a u f d e r H a l b in se l « S c h w a b e n » v o n A l t e n b u r g zu T a g e k a m .
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Klima und Lebensgrundlagen
U nsere K enntnisse über die ursprüngliche U m gebung um den B oden see in der späteren Eisenzeit sind bislang eher schlecht. E in G ru n d dafür ist, dass die spärlichen Siedlungsplätze w enig Inform ationen im H in b lick a u f Lebensgrundlagen u n d U m w elt liefern, da die dafür gut nutzbaren F undkategorien wie etwa T ier- u n d Pflanzenreste w eitgehend fehlen oder aber nicht untersucht w orden sind. H eu te wissen wir, dass sich das K lim a in M itteleu ro p a in den ersten Ja h rh u n d erten des ersten Jahrtausends v. Chr. zweimal stark verschlechtert hat. D ies h atte jeweils einen Seespiegelanstieg in unserem U n tersu ch u n g s gebiet zur Folge. D as Siedlungsbild - hauptsächlich d om in iert durch die b ek an n ten spätbronzezeitlichen Seeufersiedlungen - verd ü n n te sich nach der ersten K altphase im 8. Jh. v. Chr. scheinbar schlagartig u n d das archäo logische Spurenbild w ird anschliessend von G rabfunden d o m in iert. E ine zweite K altphase u m 400 v. Chr. ist an h a n d archäologischer Befunde n ic h t m eh r so leicht feststellbar, doch w ird verm utet, dass sie zu H u n g ers n ö ten u n d d am it zu A usw anderungen führte. Seit etw a 150 v. C hr. ist m it einem relativ w arm en u n d trockenen K lim a zu rechnen, das sich erst in röm ischer Z eit - im 3. Jh. n. C hr. - w ieder verschlechtert hat. D ie späte Eisenzeit ist also aus klim atischer Sicht eher als begünstigte Z eitepoche einzustufen. N euere F orschungen im R aum K onstanz-K reuzlingen erbrachten, dass bei kleinräum iger, detaillierter U n tersu ch u n g ein recht dichtes archäologisches S purenbild gezeichnet w erden kann. D u rc h den Bau der A u to b ah n Ay verursachte G rabungen belegen, dass die L andschaft späte stens seit der m ittleren Bronzezeit —also etw a seit 1500 v. Chr. - d u rch den M enschen irreversibel geprägt w urde. M assive Schw em m horizonte zeugen von A bholzung u n d B odenerosion. D iese starken Eingriffe in die L andschaft d u rch m enschliche T ätigkeit sind auch in der späteren Eisen zeit festzustellen: U ntersu ch u n g en an Pollenprofilen zeigen, dass in den letzten Jah rh u n d e rten vor der Z eitenw ende die W aldvegetation schon recht nahe der h eutigen entsprach. In der E bene u n d den V oralpen d o m in ierten dabei Buchenw älder. Es ist interessant, dass es für die Eisen zeit direkte H inw eise a u f eine gezielte W aldnutzung gibt: So n eh m en E ichen offenbar zu - vielleicht das R esultat einer bew ussten F örderung. D ie Z u n ah m e von B aum arten w ie etwa der H agenbuche, die sich im m er
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29 G r a b u n g e n 19971999 a n l ä s s l i c h d e s A u t o b a h n b a u s d e r A7 z w i s c h e n K reuzling en u n d K o n s ta n z .
w ieder zurückschneiden lassen, k ö n n te a u f die Schaffung von N ied er w äldern h in d eu ten . H ier w erden vor allem Stockausschläge genutzt, die vorw iegend als B rennholz verw endet w urden. A n h an d von Pollenanalysen lässt sich feststellen, dass w äh ren d der jü ngeren Eisenzeit eine relativ offene L andschaft m it viel A cker- oder W iesenflächen bestanden hatte. Diese abgeholzten Flächen erreichen zwar no ch n ic h t ganz d en U m fang späterer E pochen, eine zu n eh m en d e Prä gung der natürlichen U m w elt durch den M enschen ist aber offensichtlich. A uch w enn diese archäobotanischen R esultate n ich t direkt in unserer G egend gew onnen w urden, lassen sie sich durchaus a u f den Bodensee raum übertragen. N o ch vor kurzem w urde davon ausgegangen, dass die F undstellen der jüngeren Eisenzeit im B odenseeraum nach O sten au sd ü n n en . D abei bezog m an sich a u f den antiken Schriftsteller K laudios Ptolem aios, der von einer «Einöde der H elvetier» spricht. D er später in der G allus-V ita erw ähnte «A rboner Forst» - ein ausgedehntes W aldgebiet im H in terlan d von A rbon - w urde ebenfalls m it einer grösseren, siedlungsfreien Fläche in V erbindung gebracht. D ie zwar spärlichen - aber durchaus v o rh an denen - archäologischen F unde sprechen heu te gegen die These einer
grösseren, unbesiedelten Z o n e w ährend der späten Eisenzeit im B oden seeraum . V orläufig bleibt es schwierig, die «O stgrenze des H elvetierge biets» aus den schriftlichen Q uellen u n d dem aktuellen F u n d b estan d zu definieren. A u fgrund der Pflanzenfunde ist anzunehm en, dass G erste u n d W eizen, aber auch H irse, die w ichtigsten G etreidesorten w aren, die angebaut w urden. N eu im «Sortim ent» ab der jü ngeren Eisenzeit ist der Hafer. Allenfalls steh t der A nbau dieser G etreidesorte im Z u sam m en h an g m it der zu n eh m en d en B edeutung der Pferdezucht. Interessant ist im W eiteren der N achw eis von D inkel, der bis heute ein typisches G etreide des nörd lichen A lpenvorlandes geblieben ist. O bw o h l das S p ek tru m der K ulturpflanzen im W esentlichen seit der Bronzezeit u n verän d ert blieb, g eh ö rt die E in fü h ru n g von Pflügen m it Eisenschar, w elche die Erde auch w endeten, in die Epoche der Eisenzeit. D ies h a t sicher zu gesteigerten E rnteerträgen geführt. D ie Jagd a u f W ildtiere spielte in der späten Eisenzeit w ohl n u r eine untergeordnete Rolle für die E rnährung. Bereits im 6. Jh. v. C hr. bereicher te ein neues H austier die E rnährung, das ursprünglich aus In d ien stam m en d e H u h n . D ie prozentualen A nteile von H ü h n erk n o ch en bleiben aber in den u ntersuchten K nocheninventaren gering. In den letzten Ja h rh u n derten v. C hr. dom inieren bei den H austieren Schw ein u n d R ind, die gegenüber den kleineren Schafen u n d Ziegen an B edeutung gew innen. D as Pferd ist zwar selten, aber ebenfalls ständig vertreten. H ier ist d arau f hinzuw eisen, dass praktisch n u r Fundkom plexe aus grösseren Siedlungen archäozoologisch untersu ch t w orden sind u n d som it das F undm aterial allenfalls lediglich die «gehobeneren Verhältnisse» widerspiegelt.
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30 B o t a n i s c h e P r o b e mit sp ä tk eltisch en S a m e n und N ussschalen aus d e m o p p / d u m Rh e in a u .
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Verkehrsw ege und Produktion
F u n d e aus der W estschw eiz belegen, dass in der späten Eisenzeit durchaus m it einem relativ g u t entw ickelten W egnetz, das teilweise m it K arren befahren w erden k o n n te, zu rechnen ist. Sicher w aren auch Flüsse u n d Seen w ichtige Verkehrswege. So liegen einige w ichtige Siedlungs plätze in der B odenseeregion offensichtlich an G ew ässern, w ie A ltenburgR heinau, K onstanz u n d Bregenz. D ie recht spärlichen F un d e aus vielen Siedlungsplätzen um fassen bisweilen auch Im p o rte aus anderen G ebieten. Besonders interessant sind dabei natürlich die S üdim porte w ie W ein (A m phoren) oder Feinkeram ik (C am pana) aus dem M ittelm eerrau m . Ein u n b ek an n ter Faktor bleibt, wie viele Im p o rtg ü ter bereits in der späten Latènezeit über die B ü n d n er Pässe oder das R heintal in unsere G egend tran sp o rtiert w urden. D ie F unde sprechen eher für geringe M engen. D er grössere Teil an Im p o rten dürfte über das R honetal in den B odenseeraum gelangt sein. D ieser Verkehrsweg aus dem M ittelm eerraum ist bereits in der frü h en Eisenzeit beliebt u n d d an k der Topografie einfach zu begehen. D ie Im p o rtfu n d e aus dem frühen I. Jh. v. Chr. im Bodenseegebiet geben leider keine A uskunft, ob die F ernkontakte m it den röm ischen G ebieten - dazu gehörten auch die Poebene u n d Südfrankreich - im Laufe der Z eit Z unahm en u n d w ie dieser H an d el ausgesehen hat. Im W esten der Schweiz lässt sich diese Frage h eu te besser beantw orten. W ir dürfen aber an n eh m en, dass die K ontakte nach Süden w äh ren d der ganzen späten Eisenzeit stetig zugenom m en haben. Spätestens ab 200 v. C hr. w aren auch keltische Bevölkerungsteile in N ord italien politisch Teile des Im perium E in en interessanten A spekt im archäologischen Z u sam m en h an g von schwer nachzuw eisenden Im p o rten stellen N utztiere dar: In d en G ross siedlungen von A ltenburg-R heinau u n d M an ch in g gehört ein Teil der K n o ch enfunde zu T ieren, die entw eder besonders gross (R ind, Pferd) oder aber viel kleiner (H u n d ) w aren. Diese F unde weisen d ara u fh in , dass auch frem de N utztierrassen in diese F undstellen gelangt sind —seien es edle Pferde oder Schosshunde. D a das Siedlungsbild n u r in A nsätzen b ek a n n t ist, sind die H inw eise a u f die V erteilung u n d O rganisation von L andw irtschaft u n d H an d w erk eher spärlich. W ahrscheinlich h at sich das spezialisierte H an d w erk in den grösseren Siedlungen konzentriert. D an eb en belegen die vielen kleineren
31 T ie ris c h e S p e i s e r e s t e (Rind, H a u s s c h w e i n , S c h a f u n d Ziege) a u s d e m o p p / d u m R he ina u . 32 S c h ä d e l f r a g m e n t e ein es spä tk eltisch en S c h o ssh u n d e s au s dem o p p / d u m R h e in a u .
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F undkom plexe, dass es auch G ehöfte u n d W eiler im U m kreis der grös seren Z en tren gegeben haben muss. Im G ebiet des Bodensees ist Eisenerz im R anden im K anton Schaffhausen v o rhanden u n d w ahrscheinlich auch abgebaut w orden. Sichere H inw eise a u f eisenzeitlichen B ergbau u n d V erh ü ttu n g in der Region fehlen aber noch. D ie archäologische A usbeute besteht m ehrheitlich aus Scherben. Das V orkom m en von sehr qualitätvoller, a u f schnell d rehenden T öpferschei ben hochgezogener K eram ik w eist a u f spezialisierte H and w erk erin n en u n d H an d w erker h in. W ie bei der groben K ochkeram ik sind auch bei diesen feinen G elassen M odeströ m u n g en sehr g u t ablesbar. D as hilft den A rchäologen, die F unde genau zu datieren. In der Spâtlatènezeit sind M ünzen eine geläufige F u n d g attu n g u n d an einem eigentlichen G eld u m lau f k an n n ic h t gezweifelt w erden. D ie effektive B edeutung des G eldes in w irtschaftlicher H in sich t ist jedoch n o ch n ic h t einzuschätzen. Ü berdies sind die keltischen M ü n zty p en - ganz im U nterschied etwa zum röm ischen M ünzsystem - in chronologischer u n d geografischer H in sic h t noch n ich t genügend erforscht. E in d eu tig ist
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dagegen, dass die M enge des verlorenen M ünzgeldes in röm ischer Z eit stark ansteigt. Interessant ist zud em die Frage, ob keltische M ü n zen auch no ch im röm ischen G eld u m lau f zirkulierten. N achgew iesen ist, dass in sehr grossen Siedlungen der späten Eisenzeit w ie in M an ch in g röm isches G eld in sicher eisenzeitlichen B efunden auftaucht. A uch aus A lten b u rg ist ein röm ischer D enar bekannt. Keltische M ü n zen sind zwar als Einzel funde - häufig aus G old u n d Silber - n ic h t selten im B odenseeraum , grössere M engen stam m en allerdings n u r aus den Siedlungen von A ltenb u rg-R heinau u n d etwas w eniger aus K onstanz. Schatzfunde grösseren U m fanges m it keltischen M ünzen fehlen in unserer G egend. D er Schatz von Lauterach en th ält neben röm ischen D enaren n u r drei keltische M ünzen. D er F u n d von St. G allen-B ruggen ist später - erst in der frühen Kaiserzeit —in den B oden gelangt. Beide F unde repräsentieren also g u t die Ü bergangszeit des späten i. Jhs. v. Chr. Besonders interessant ist in diesem Z u sam m en h an g eine K onzentra tio n von keltischen M ünzen aus der oberen T h u r bei Bazenheid, die aus einer w eggeschw em m ten Siedlung stam m en k ö n n te n . D en k b ar wäre auch, dass es sich dabei u m Flussfunde (W eihegaben) h andelt, w ie sie in der späten Eisenzeit u n d besonders auch zu Beginn der röm ischen Epoche besonders häufig verkom m en. Bei d en M ü n zfu n d en ist zu beobachten, dass die originellen Schöpfungen der keltischen G ussm ünzen aus Z in n bronze (sog. Potins) schon in der ersten H älfte des i. Jhs. v. C hr. ver 33 E i s e n h a l t i g e s Erz (sog. B o h n e rz ) a u s d e r G eg en d von Schaff hausen. 3 4 K e ltis c h e G o l d m ü n z e (sog. V i e r t e l s t a t e r v o m Typ « H o r g e n - U n t e r e n t f e l d e n » , 2. J h . v.Chr.). L ockenkopf m it L orbeer kranz u n d Z w eispänner. A u s G r a b 1 v o n F ra u e n f eld -L an g d o rf.
schw inden. V erm utlich setzte sich das röm ische G eldw esen bereits vor der endgültigen Besetzung durch.
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Von N am en und Menschen
D ie w enigen Schriftquellen, die sich au f den Bodenseeraum in vorrö m ischer Z eit beziehen, geben im m er auch H inw eise a u f eine keltische Bevölkerung in diesem Raum . A nzuführen w ären dabei zudem die O rts n am en wie Brigantium, Tasgetium, Vitudurum , Sirnach oder der Fluss T hur in denen keltische Sprachwurzeln verm utet werden. Auch der im Bodensee raum lokalisierte Stam m der V indeliker - neben den H elvetiern u n d Rätern gemäss Strabon am See w ohnhaft - gibt uns einen w eiteren N am en preis. W esentlich deutlicher tritt uns die keltische w ie auch rätische Bevöl k eru n g in den F unden aus röm ischer Z eit entgegen, wo sich die einheim ische T radition in vielen Bereichen lange hält. N am en a u f F undgegenstän den u n d in Inschriften, aber auch bestim m te handw erkliche G ew o h n h eiten w ie die bem alte K eram ik m it F orm en der späten Eisenzeit bezeugen, dass m it der röm ischen H errschaft älteres B rauch tu m n ich t einfach verschw indet. D iese V erbindung zeigt sich beispielsweise schön in der T öpfersignatur des Esunertus aus Eschenz, der in lateinischer Kursiv schrift ein nach röm ischer T radition gefertigtes Vorratsgefäss signiert hat. E in interessantes P h änom en, das allenfalls m it der E inw an d eru n g von H an d w erkern aus dem Stam m esgebiet der A llobroger aus dem R aum L y o n /G en f in röm ischer Z eit zu tu n hat, ist das A uftauchen von G elassen m it erhabener, grosser T öpferinschrift a u f dem Boden. D iese F unde konzentrieren sich a u f ein relativ kleines geografisches G ebiet der O st
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schweiz u n d S üddeutschlands. Eine besondere G attu n g der Schriftquellen nehm en m ilitärische Zeugnisse wie D iplom e oder G rabsteine ein, wo V indeliker neben Rätern u n d H elvetiern genannt w erden. Bezeichnenderweise bestanden auch T ruppenteile aus M ännern, die aus diesen G ebieten rekrutiert w orden sind. D er F u n d eines gladius aus einem G rab im thurgauischen Lom m is kön n te durchaus a u f einen Veteranen eines solchen T ruppenkörpers hinweisen. Hansjörg Brem
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35 E i s e n s c h w e r t (g lad ius v o m Typ P o m p e j i ) a u s e in em rö m isch en B rand g rab von Lomm is. 36 T opfböden m it e rh a b e n e r T ö p f e ri n s c h r if t A ttilius. A u s d e r rö m is c h e n Siedlung Tasgetium (E schenz). 37 R ö m i s c h e T opf s c h e r b e a u s Tasgetium ( E s ch en z) m i t d e r In sch rift E sun ertus fecit. L it e r a t u r E b n e t e r 2005 F l u t s c h e t al. 20 02 M üs se n e t al. 20 04 K aen e l e t al. 2005 K a k o s c h k e 2007 M üller e t al. 1999 S t e h r e n b e r g e r 2000 v o n K aen e l 1981
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R e k o n s t r u k t i o n ein e r O pferszen e beim eisen ze i t l i c h e n O p f e r p l a tz a u f d e m O c h s e n b e r g in W artau.
Kult der Kelten
Gd//zfr irf reAgrärfM v4Mgg^!grMÄ«(gM #Är f7gp6fM;' fCaesar, D e bello Gallico 6,16,1) D en verschiedenen Z erem onien der K elten m it ihren geheim nis vollen G ö ttern , heiligen H ain e n u n d M enschenopfern w urde schon im m er reges Interesse entgegengebracht u n d sie den heutigen B edürfnis sen angepasst. In esoterischen K reisen tu m m eln sich zahlreiche «D rui den», der pseudo-keltische B aum kalender findet grossen A nklang u n d in S tonehenge w ird jedes Jahr das Fest der S om m ersonnenw ende als Spekta kel inszeniert. Bei der keltischen K ultur, die in ganz M itteleu ro p a verbreitet war, ist lokal von verschiedenen G laubensvorstellungen auszugehen. Es ist n ich t auszuschliessen, dass gewisse religiöse V orstellungen u n d heilige Plätze bereits seit der Bronzezeit bestanden. In der frühen Kaiserzeit verschm ol zen die keltischen K ulte scheinbar oh n e grössere Schw ierigkeiten m it der röm ischen Religion. Schriftlich überlieferte G ö tte rn a m en zeugen von einer G leichsetzung der keltischen G ö tte r m it denen der Röm er: z.B. w ird G rannus m it Apollo identifiziert. D iese interpretatio romana v /m à e dad u rch erleichtert, dass seit der H allstattzeit die keltischen G o tth e ite n in M enschengestalt abgebildet w urden. D ru id en , die keltischen Priester, besassen die oberste A u to ritä t bei allen religiösen u n d rechtlichen A ngelegenheiten. Sie w aren auch die W issenschaftler der K elten u n d glaubten an die U nsterblich k eit der Seele u n d an die S eelenw anderung. D a sie ihr W issen n ic h t schriftlich n ied er legen d u rften , dauerte die A usbildung bis zu 20 Jahre. In allen m öglichen Lebenslagen w u rden die verschiedenen G ö tter angerufen. N eben der p rivaten V erehrung w ar der K ult auch M erkm al u n d Id entifikation einer G ruppe. D a A ckerbau u n d V iehzucht dam als den M itte lp u n k t des Lebens bildeten, standen viele K ulte in Z u sam m en
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han g m it der das Ü berleben sichernden F ruchtbarkeit. D ie k o nkreten G laubensinhalte bleiben allerdings oh n e die schriftliche Ü berlieferung w eitgehend u n b ek an n t. D u rc h die A rchäologie sind religiöse H a n d lungen feststellbar: O pfergaben in G ew ässern, a u f H ö h e n o der a u f B randaltären. A ber der A b lau f des R itus oder die angesprochenen G o tt heiten u n d deren W elt bleiben im D u n k el der G eschichte verborgen.
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38 Auf d e m G ü r t e l h a k e n v o n B a lz e r s - R u n d a B ü c h el (4 7 5 -4 0 0 v. Chr.) w ä r e in d e r M i t t e die H errin o d e r d e r Herr d e r Tiere d a r g e s t e l l t . D iese F igu r ist a u s g e b r o c h e n . S i e b ä n d i g t d i e se itlich p latzierten Fab elw esen . 39 B r o n z e n e E b e r s t a t u e t t e a u s d e m o p p id u m A ltenburg.
G ö ttin n en u nd G ötter?
Aus dem 5. u n d 4. Jh. v. C hr. sind im A lpenrheintal zahlreiche D a r stellungen bek an n t, die vielleicht G o tth e ite n zeigen. A u f der G ü rtel schnalle aus Balzers-R unda Böchel w ar u rsprünglich die H errin oder der H err der T iere abgebildet. V ielleicht geben die V otivfiguren von BalzersG utenberg, Sargans-V ild, von B ludenz u n d aus Ü bersaxen G o tth eiten wider. D ie Figuren k ö n n te n m it einem K riegsgott in V erbindung ge b racht w erden, die zw eigeschlechtlichen W esen deu ten a u f F ru ch tb ar keitskulte hin, die T iere (Eber u n d H irsch) erin n ern an die D arstellung von keltischen G ö tte rn m it T ierattrib u ten . D er röm ische Schriftsteller L ucan (39-65 n .C h r.) erw äh n t bei den K elten G ötterbildnisse aus H olz. Solche fanden sich beispielsweise in Yverdon-les-Bains, G e n f u n d V illeneuve. Bei der frühkaiserzeitlichen H olzstatue von Eschenz h an d e lt es sich dagegen w ahrscheinlich u m eine Stifterfigur u n d n ic h t u m eine G o tth e it (siehe u n ten ). Sie zeigt eine m ännliche Figur im K apuzenm antel. E ine V erzapfung belegt, dass die S tatue ursprünglich a u f einer Säule oder einem Podest stand.
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Aus röm ischer Z eit sind keltische G ö tte rn a m en überliefert, die teilweise m it D arstellungen verbunden sind: A bnoba G ö ttin des Schwarzwaldes u n d eine M u tterg o tth eit, ihr A ttrib u t ist der Feldhase A rtio B ärengöttin, w urde bei den H elvetiern u n d Treverern verehrt Epona Pferde- u n d F ruchtbarkeitsgöttin, b ek a n n t d urch ein R elief von BregenzO b erstad t
Stam m esgott, m it dem röm ischen K riegsgott M ars u n d dem H an d elsg o tt M erk u r v erbunden. E r ist allen aus «Asterix u n d Obelix» b ek a n n t (beim Teutates!)
TanzMw G o tt des H im m els, des W etters u n d des D onners, dem Ju p iter gleichge stellt
G o tt d er N a tu r u n d F ruchtbarkeit, m it H irschgew eih dargestellt. A uch er w urde m it Ju p iter gleichgesetzt (was zeigt, dass die keltischen u n d röm ischen G ö tte r n ic h t ganz gleiche A ufgaben u n d C harakteristika hatten) G m nnus G o tt des Lichts, des Feuers u n d des H eilens, m it A pollo gleichgesetzt
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40 B ronzeplastik von Muri (K a n to n Bern) d e r keltischen B ärengöttin A rtio , s o w o h l in m en sch lic h er w ie auch in t i e r i s c h e r G e s t a l t d a r g e s t e l l t . 20 0 n.Chr. 41 S t e i n r e l i e f d e r keltischen P ferdegöttin Epona. D ie s e w a r n i c h t n u r d i e B e s c h ü t z e r i n d er P fe rd e , s o n d e r n a u c h G öttin d e r Fruchtbarkeit und d es W achstum s. Z u d e m w a r s i e Fü h re rin in s J e n s e i t s . 1. J h . n.Chr.
U n t e r s c h i e d l i c h e K u l t p l ä t z e - u n t e r s c h i e d l i c h e Kulte?
Keltische O p ferstätten lagen u n te r freiem H im m el, oft an m ark an ten Plätzen in der Landschaft. D am it erhoffte m an sich w ahrscheinlich einen direkteren Z ugang zu den G ö ttern u nd der K ult w ar «augenfällig». U m sie zu b itten , ih n e n zu danken u n d sie zu ehren, w urd en den G o tth e ite n G ü ter w ie L ebensm ittel, Tiere, Schm uck, W affen u n d M ü n zen darge bracht. Solche O pfergaben finden sich an verschiedenen Stellen: im M oor, im Wasser, a u f H ügeln oder a u f Passhöhen. W u rd en an diesen O rten verschiedene G ö tter verehrt? O d er h an d elt es sich um verschiedene Riten? O p fe rten verschiedene Personen oder G ruppen?
M o o r- u n d W a s s e r f u n d e
Versenkte O pfergaben im M o o r u n d im W asser haben eine lange T radition. Seit der Bronzezeit w urd en G egenstände ins W asser gew orfen, u m sie so der p rofanen N u tz u n g zu entziehen. D en grössten H o rt ver senkte m an im %./1. Jh . v. Chr. in Bad B uchau-K appel. H ier w u rd en 127 Eisengegenstände an fü n f nahe beieinander liegenden Plätzen im Feder seem oor deponiert. Ausser W erkzeug w aren Teile von H erdgerät, W agen oder M u sik in stru m en ten vorhanden. Im Lauteracher R ied w u rd en Silberm ünzen, Fibeln u n d Ringe zusam m en gefunden. A uch den M ü n z schatz der frühen Kaiserzeit von S t.G allen-B ruggen entdeckte m an im Bereich eines verlandeten Sees. In W eesen w u rden im L inthkanal spätkeltische W affen, Streitäxte u n d L anzenspitzen herausgebaggert. V ielleicht w u rden die W eihegaben im Z u sam m en h an g m it einem Flussübergang (Brücke?) ins W asser gew orfen, w ie es auch die oben erw ähnten M ün zfu n d e von B azenheid an n eh m en lassen. D ie S ituation am Ausfluss des W alensees erin n ert an die O pferplätze in La T ene (N euenburgersee) u n d C o rnaux (Bielersee), die besser d o k u m e n tie rt sind. A uch bei Eschenz w urden im Z u sam m en h an g m it einer B rücke über den R hein W eihegaben (v.a. M ünzen) geopfert.
B randopferplätze
Bei B randopfern spielt die V orstellung der reinigenden W irk u n g des Feuers eine w ichtige Rolle: D as O p fer w ird d urch Feuer in eine andere D aseinsform gew andelt u n d k an n so von den G ö tte rn als G abe an g en o m m en w erden. B randopferplätze liegen ausserhalb von Siedlungen, gern an exponierten Stellen. D ie ältesten dieser K ultstätten entsteh en in der Bronzezeit. Teilweise w erden sie auch in der Eisenzeit u n d sogar bis ans E n d e der R öm erzeit aufgesucht. D ie A nzahl der bek an n ten H eilig tü m er ist in den letzten Jahren stetig angew achsen: im T rentino, Südtirol,
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42 A u sw ah l a u s d e m D e p o t f u n d v o n Bad Buchau-K appel, de r ins g e s a m t 127 G e g e n s t ä n d e (W e r k z e u g , B r o n z e g es ch irr, C a rn y x , W a g e n teile, Feuerbock) u m f a s s t . 2 ./ 1 . J h . v.Chr. 43 L u f t a u f n a h m e d e s O chsenbergs und des d a n e b e n liegenden W arta u e r B urghügels. B lick rich tu n g S ü d o s t .
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N o rd tiro l, V orarlberg, F ürsten tu m L iechtenstein u n d K an to n St.G allen. Sie bieten ein vielfältiges E rscheinungsbild, das sich im archäologischen Befund m it A schenschichten, zerkleinerten T ierknochen, zerbrochenen K eram ikgeiassen u n d allfälligen O pfergaben zeigt. D ie B randopferplätze des A lpenrheintals m arkieren die w estliche G renze im V erbreitungsgebiet. B ekannte eisenzeitliche B randopferplätze sind: Balzers-G utenberg, Eschen-Schneller, Fläsch-Luzisteig u n d W artau-O chsenberg. U nterhalb des Schlosses G utenberg kam en Votivfiguren, T ierknochen, Keram ik, K lapperbleche u n d A rm ringe aus der Z eit des 5. bis 1. Jhs. v. Chr. zum Vorschein. Besondere A ufm erksam keit erregten die neu n Votivfiguren (Titelbild). Es sind drei G ruppen zu erkennen: T ierstatuetten (Eber, Hirsch) als Symbole von G ottheiten, A doranten m it grossen (offenen) O h ren und Krieger. Zusätzlich fallen bei den m eisten die b etonten G eschlechtsm erk male auf. D em nach bildeten Fruchtbarkeit u n d Krieg die T hem en der Verehrung. Vergleichbare Figuren finden sich im A lpenrheintal von Sargans bis Bregenz. A u f dem O chsenberg in W artau w urde der B randopferplatz ebenfalls in der jüngeren Eisenzeit benutzt. Es gibt H inw eise, dass die Stelle auch in röm ischer Z eit als heiliger O rt - allerdings oh n e B randopfer - b en u tzt w urde. N ebst den bek an n ten F u n d en sind besonders die W affen auffällig:
44 Der B u r g h ü g e l G u t e n b e r g in B e iz ers u m 1900 v o n S ü d o s t e n . Der B r a n d o p f e r p l a t z lag v e r m u tlic h u n t e r h a l b d e s B urgp lateau s auf einem k le in e n S p o r n . 45 N a c k t e Figu r (H ö h e 6 cm ) e i n e s m ä n n l i c h e n B it t s te ll e rs a u s B lud en z . Der d e u t l i c h b e t o n t e P e n i s s t e l l t d i e P la stik in d e n Z u s a m m e n h a n g m it Fruchtbarkeitsriten.
H elm e, Beile, Messer, Schw erter u n d Lanzenspitzen, die oft absichtlich verbogen w aren. Sie datieren ans E nde der Eisenzeit u n d k ö n n te n in Z u sam m en h an g m it der röm ischen E roberung d er A lpen stehen. E ine ähnliche A nsam m lung von W affen w urde in B ludenz-U nterstein im W algau entdeckt. H öhen-/Passfunde
A u f eine w eitere kultische H a n d lu n g weisen W affen (Schwerter, Lanzenspitzen, Beile) a u f A lpen u n d Pässen hin. Sie sind im A lpenrheintal eher selten. Bisher sind sie ü b erh a u p t n u r a u f liechtensteinischem G ebiet, hier m eist in der N äh e von Ü bergängen, vorhanden. D a es sich bei den H ö h e n fu n d en ausschließlich u m W affen handelt, k ö n n te n sie A usdruck von R iten sein, die hauptsächlich von M ä n n ern ausgeübt w urden. Es ist eine langlebige T radition im A lpenraum , die von der Bronzezeit bis w eit in die Röm erzeit hineinreicht. B auopfer a u s Bregenz?
Im röm ischen Bregenz (Brigantium ) w urde im Bereich des H a u p t tem pels ein M örtelblock m it ca. 100 Fibeln aus der M itte des i. Jhs. n .C hr. entdeckt. Es han d elt sich um 22 bis 24 Eisen- u n d ca. 80 Bronzefibeln, die paarweise ineinander verhängt w aren. D er F u n d w ird als Bauopfer gedeu tet, das in einer M auernische deponiert u n d m it frischem M ö rtel ü b er gossen w orden war. E r belegt das W eiterleben älterer K ultform en in der B odenseeregion bis spät ins 1. Jh. n.C h r. Ulrike M ayr u n d M a rtin Peter Schindler
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46 D a s S c h w e r t m i t Scheide w u rd e v e rm u t lich a ls O p f e r g a b e a n G ötter oder N atu rgeister in d e r N ä h e e i n e s P a s s e s bei B a lz ers -A lp e M a t t a a u f 1800 m ü.M. d e p o niert. L ä n g e 80 cm , 4. J h . v. Chr. 47 A u s w a h l a n g e o p f e r te n und dabei v e rb o genen und zerstörten W affen u n d G e r ä t e n d e r s p ä t e n E is e n z e i t v o n W artau-O chsenberg. 1. J h . v.Chr. 48 Bauopfer m it m e h r als 100 Fibeln. D ies e w u r d e n v erm utlich vor O rt e i g e n s für d ie W e i h u n g im H a u p t t e m pel v o n B rig an tiu m h e r g e s t e l l t . M i t t e 1. Jh . n.Chr. L iteratu r A d e / W i l l m y 2007 Müller 20 02 Müller e t al. 1999 Z e m m e r - P l a n k 20 02
Der Silberschatz von Lauterach
D er «Schatz von Lauterach» w urde im S om m er 1880 beim Torfste chen im «Lauteracher Ried» (G em einde L auterach/V orarlberg), in einer Torfwiese, g en an n t «auf dem Stand», in ca. 30 Z en tim eter Tiefe entdeckt. D as dam als 3 keltische u n d 24 röm ische S ilberm ünzen, Silberschm uck (Armreif, R ing, 2 m it einem K ettchen v erbundene Fibeln) u n d 1 Bronze ring um fassende E nsem ble w urde in den beiden folgenden Jahren, bis a u f das D u p lik at eines röm ischen D enars, d u rch den V orarlberger L andes m useum sverein angekauft u n d schon in dessen Jahresbericht 1881 von Sam uel Jenny ausführlich beschrieben. Seither gab u n d gibt der für V orarlberg bedeutsam e «Schatz» gerade hinsichtlich seiner Z usam m ensetzung, D atieru n g u n d seines A uffin dungsortes im M o o r im m er w ieder Anlass zur D iskussion. Sind M ünzen der röm ischen R epublik auch nördlich des A lpen h au p tk am m es n ich t selten anzutreffen, stellen die drei kleinen keltischen S ilberm ünzchen (2 K reuzm ünzen v om Typus Schönaich u n d 1 K A A ETEA O Y -Q uinar [Kaletedou] m it der D arstellung eines nach links sprengenden Pferdes) ausgesprochene R aritäten dar - besonders in Vorarlberg. Ä ltester Bestandteil des Ensem bles ist ein röm ischer D en ar (Vorderseite: R om a m it H elm , Rückseite: reitende D ioskuren - C astor u n d Pollux), geprägt w ohl zw ischen 189 u n d 180 v. C hr. in Rom . D as Gros des Schatzes datiert allerdings in das d ritte V iertel des 2. Jhs. v. Chr.: n äm lich die keltischen u n d röm ischen S ilberm ünzen, die spâtlatènezeitlichen Fibeln u n d der A rm reif. D er jüngste röm ische D en a r m it der Siegesgöttin V ictoria in einem von zwei Pferden gezogenen Streitw agen a u f d er Rückseite ist w ahrscheinlich 117/116 v. Chr. w iederu m in R om geprägt w orden. D ie auffällige H ä u fu n g der in die 20er Jahre des 2. Jhs. v. C hr. datierbaren F undobjekte legt nahe, dass das E nsem ble n u r kurze Z eit später dem M o o r anvertraut w orden war. Aus dem selben zeitlichen G ru n d ist auch die lange v ertretene These einer V erw ahrung in K risenzeiten, beispielsweise in den W irren der A lpenfeldzüge des D ru su s u n d T iberius, eher unw ahrscheinlich. D a auch ein antiker V erlust k au m an genom m en w erden kann, w ird m an w ohl an einen kultischen Z u sam m en h an g denken m üssen. Vergleiche m it ebenfalls spâtlatènezeitlichen F u n d en in M ooren, Seen u n d Fliessgewässern vor allem in der Schweiz u n d Frankreich (Zellm oos bei Sursee, W auw ilerm oos bei W auwil,
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49 S ilb e rs c h a tz von Lauterach.
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Saint-Louis [F] oder E hrenstetten [D ]), aber auch im südlichen D eu tsch lan d (Schatzfund von Irsching) legen nahe, dass sie als kleinerer oder grösserer Schatz am R ande eines Sees oder schon im M oor dem Schutz der G ö tte r gew eiht w urden, u n d in einem geistesgeschichtlichen Z u sam m en h ang keltischer V orstellungen stehen. Besonders zu erw ähnen ist hier auch ein G o ld fu n d m it einer geheim nisvollen E ntdeckungsgeschichte. Es h an d elt sich dabei um den sog. «Schatz von Saint-Louis» bei Basel. Es ist unsicher, ob dieses Ensem ble in den sum pfigen R heinauen von SaintLouis gefunden w urde; es k ö n n te auch aus Basel-G asfabrik oder E h ren stetten-K egelriss stam m en. D er Schatz besteht aus F ragm enten von zwei H alsringen (torques), m ehreren goldenen Fingerringen, ca. to o keltischen M ü n zen u n d vor allem aus einem zum L auteracher Schatz vergleichbaren, ebenfalls verstellbaren A rm ring aus G old. M öglicherw eise k o m m t zur endgültigen K lärung sehr vieler Fragen zum Silberschatz von L auterach dem F u n d o rt u n d seiner U m geb u n g entscheidende B edeutung zu. Schon im H erb st 1868 w urd en im T o rf a u f der Flur «Tennele» 53 kaiserzeitliche Silberm ünzen u n d a u f der Flur «Beilstiel» 27 silberne B rakteaten des 13. Jhs. gefunden. D iese F u n d o rte liegen lau t einer 1881 publizierten Fundskizze in un m ittelb arer N äh e des keltischen Schatzes. Diese K onzentration von D ep o tfu n d e n u nterschied lichster Z eitstellung veranlasste schon Sam uel Jenny, w eiterführende Ü berlegungen anzustellen. N och vor dem N achw eis eines 4,15 K ilom eter langen Stücks der röm ischen Fernstrasse B rig a n tiu m -A d R henum (Rheineck?) 1885 etwas nordöstlich - verm utete er anfänglich deren V erlauf in u n m ittelbarer N äh e der F undorte. Später deutete er diese als «uralte Verkehrswege» in Z u sam m en h an g m it einer F u rt d u rch die D o rn b irn e r A che u n d die D epots als H inw eis a u f deren B enutzung ü ber Jahrtausende.
50 G o l d s c h a t z v o n « S a in t-L o u is» .
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L ite r a tu r C r a w f o r d 1974 F u rg e r- G u n t i 1982 M ü l l e r / L ü s c h e r 2 0 04 G r a b b e r 1997 J e n n y 1881 Kellner 1984 O v e r b e c k 1 9 7 3 /1 9 8 2
Die H olzstatue von Eschenz
W äh ren d der G rab u n g E schenz-M ettlen w urde 1977 eine rheinparal lele B ollensteinm auer sam t einem v om H a n g h erfü h ren d en H olzkanal freigelegt. D ieser bestand aus dicken E ichenbrettern, die beidseitig verpflockt w aren. D er K anal w ar vollständig m it S chlam m u n d Sand gefüllt. In diesen S edim enten fanden sich w enige K eram ikfragm ente, die m eh r heitlich in die erste H älfte des 1. Jhs. n .C h r. datieren. D as jüngste Schlag d atu m der K analw andung fällt dendrochronologisch in die Jahre um 56 n. Chr. D irek t a u f dem K analgrund - etw a zu gleichen Teilen im H olz kanal u n d in einer vorspringenden Steinfassung der M au er —lag die Figur aus Eichenholz. D ie Statue w ar som it n ic h t im K anal angeschw em m t, so n d ern bew usst an diesem O rt dep o n iert w orden. A nalysen un d D atierung der S ta tu e
D ie H olzfigur w urde 2007 im L aboratorium für Q ualitätssicherung, W erkstofftechnik u n d A lum inium technologie des A utom obilherstellers A udi in N eckarsulm (D) m it dem hochpräzisen C om p u terto m o g rafen Ray Scan 200 X E zerstörungsfrei untersucht. D ie hochaufgelösten Scans (