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German Pages 173 [181] Year 1870
Beurtheilung einiger Abschnitte des
Entwurfes einer
UMeutöchen Drozessordmug von
I. v. Mittelstädt, Jostizrath, Rechtsanwalt und Notar zu Neuwied.
Berlin. Verlag von I. Guttentag. 187 0.
Der bis jetzt unvollendete Entwurf der Norddeutschen Prozeßordnung gleicht einem Bilde, dem noch an manchen Stellen Licht und Schatten
Die vorbehaltenen Gesetzesbestimmungen über die Rechtsmittel
fehlt.
der höheren Instanzen mögen leicht so viel Licht und Schatten in das
Bild hineintragen, daß eine Beurteilung des unfertigen Werkes Ge fahr läuft, ungerecht zu sein, und auö noch fehlenden Korrektiven nach
träglich ihre Widerlegung zu erfahren.
verschwiegen sind,
steigert
Der Umstand, daß die Motive
die Gefahr.
Dem Verfasser dieses Auf
satzes ist von den Motiven nicht daS Allermindeste zu Gesicht gekom men; aber er hat geglaubt, daß ein Gesetz auch ohne autentische Er
läuterung klar zu sein beanspruche.
Entweder mag der Aufsatz darum
das Lob der Unbefangenheit oder den Tadel der Ungerechtigkeit ver
dienen.
Freilich ist auch eine Aufforderung zur Kritik noch nicht aus
drücklich ausgesprochen; aber die Veröffentlichung deS Entwurfes gleicht doch
einer Herausforderung
deS Urteils
der Kundigen oder Derer,
welche sich für kundig halten.
Gewiß ist, daß für den kleinen Krieg die Bedeutung deS Werkes zu groß ist; der Kritiker muß deshalb Manches verschweigen.
Gewiß
ist ferner, daß das große Werk einer einheitlichen Prozeß-Gesetzgebung in
seinem Zustandekommen nicht geschädigt werden darf; der Kritiker wird deshalb in dieser Richtung zur Vorsicht gemahnt.
Nun unternimmt
aber der gegenwärtige Aufsatz der beabsichtigten Herstellung eines ein
heitlichen Verfahrens gegenüber den Nachweis, daß der Entwurf die bestehende Mannichfaltigkeit deS Verfahrens in den wesentlichsten Punk
ten unangetastet bestehen läßt; der beabsichtigten Lösung prozessualischer
Kontroversm gegenüber unternimmt der Aufsatz den Nachweis, daß
manche Bestimmungen des Entwurfes eine Quelle neuer Kontroversen
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zu werden drohen; der beabsichtigten Einführung der Zweckmäßigkett gegenüber unternimmt der Aufsatz den Nachweis, daß manche Bestim
mungen des Entwurfes unpraktisch ja unausführbar sind.
Aber diese
weit gehende Beweisführung beabsichtigt dennoch nichts Anderes, als
auf die Fortbildung und prakttsche Durchführung der vom Entwürfe selbst anerkannten Grundsätze einzuwirken.
Der Aussatz verschließt sich
nämlich nicht der Erkenntniß, daß der Entwurf im Allgemeinen der lebendigen Gestaltung deS Prozesses zugethan ist; aber er darf es nicht
verschweigen,
daß
als das Resultat entweder eines unvollkommenen
Verständnisses der Prinzipien oder eines Kampfes widerstrebender Strö
mungen
daS unversöhnte Nebeneinanderstellen unvereinbarer Bestim
mungen erscheint, und daß, Dank der geflissentlichen Ausschließung der Anwälte von der Prozeßgesetzgebung, die Sicherheit deS Praktikers in
der Ausführung nicht überall erkennbar ist. DaS erste Kapitel soll den Standpunkt deö Verfassers, den derselbe in früheren Aufsätzen bereits entwickelt und als einen praktischen nach
gewiesen hat, kurz zusammenfaffen. zelne Abschnitte
Die folgenden Kapitel werden ein
deS Entwurfes nach Paragraphen vorführen, deren
Verständniß, Prinzipmäßigkeit und Zweckmäßigkeit geprüft wird.
Der
erste Theil des Aufsatzes beschränkt sich auf daS Verfahren bis zum Beweiöbescheid.
Erstes Kapitel.
Priryipmaßigkeit und Zweckmäßigkeit.