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German Pages 240 Year 2006
2006
Roland Raff Detlef Jürgen Brauner (Hrsg.)
4.,überarbeitete Auflage
Berufsziel Unternehmensberater Berufszugang Tätigkeitsbereiche Perspektiven
Verlag Wissenschaft & Praxis
Adressen der Herausgeber
Dr. Roland Raff Bernsteinstr. 69 D-70619 Stuttgart
Dr. Detlef Jürgen Brauner Nußbaumweg 6 D-75447 Sternenfels
Roland Raff Detlef Jürgen Brauner (Hrsg.)
Berufsziel Unternehmensberater Berufszugang Tätigkeitsbereiche Perspektiven 4., überarbeitete Auflage
Verlag Wissenschaft & Praxis
Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.
ISBN 3-89673-278-1
© Verlag Wissenschaft & Praxis Dr. Brauner GmbH 2006 D-75447 Sternenfels, Nußbaumweg 6 Tel. 07045/930093 Fax 07045/930094
Alle Rechte vorbehalten Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.
Printed in Germany
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Inhalt Autoren .....................................................................................................................................9 Vorwort der Herausgeber ........................................................................................................ 11 Karriere on the top...................................................................................................................13 von Rémi Redley, Präsident Bundesverband Deutscher Unternehmensberater BDU e.V. Unternehmensberatung heute – die Vielfalt der Herausforderung ............................................15 von Dr. Roland Raff und Dr. Detlef Jürgen Brauner Geprüfte Qualität in einer Branche ohne Berufsbezeichnungsschutz........................................33 von Christoph Weyrather, Geschäftsführer Bundesverband Deutscher Unternehmensberater BDU e.V., Bonn Der Doktortitel als Wettbewerbsfaktor .....................................................................................35 von Dr. Hans-Ulrich Vollmer, Akademisches Netzwerk Berater in der Landeswirtschaftsförderung................................................................................39 von Prof. Peter Schäfer, Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg, ifex – Initiative für Existenzgründungen und Unternehmensnachfolge Unternehmensberater – Lotsen in stürmischen Gewässern.......................................................51 von Dr. Albrecht Fridrich, Geschäftsführer RKW Baden-Württemberg GmbH, Stuttgart Beratungsaufgaben der IHK – Perspektiven für Generalisten und Spezialisten ..........................69 Dr. Helmut Kessler, Stv. Hauptgeschäftsführer, IHK Heilbronn-Franken Unternehmensberater aus Überzeugung ..................................................................................79 von Anita Gaiser, Gesellschafterin und Geschäftsführerin der pulsaris E-Business consulting GmbH, Pliezhausen Spirit in Business .....................................................................................................................89 von Siglinda Oppelt, Geschäftsführerin Spirit in Business – Spirit in Life International Change and Transformation Consulting, Wetzlar Traumberuf Unternehmensberater?..........................................................................................95 von Felix Bracker, Kienbaum Management Consultants GmbH, Düsseldorf Von der Beratung als One-Man-Show zur Lebenspartnerschaft Selbständigkeit: warum, wozu, weshalb? .................................................................................99 von Diplom-Kaufmann Jens Mak und Viktoria Gölz, th!nk® Unternehmensberatung GmbH, Böblingen und Obernheim
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INHALT
Neue Anforderungen an erfolgreiche Unternehmensberater: Wissensorientierung, Umsetzungsorientierung und Resultatorientierung .................................................................109 von Dr. Fridtjof O. Langenhan, Partner und Geschäftsleitung SMGTM Consulting AG, Supply Management GroupTM, St. Gallen Konstant ist nur der Wandel...................................................................................................115 von Dr. Sieghart Scheiter, Stellvertretender Sprecher der Geschäftsleitung, A.T. Kearney GmbH, Düsseldorf 2 Wege – 1 Ziel ....................................................................................................................119 von Dipl. oec. troph. (FH) Christian Reinfelder, Michel-Institut GmbH, Bamberg Erfolgsfaktoren in der Unternehmensberatung: „Some Secrets“ ..............................................125 Von Prof. Dr. Hermann Simon und Dr. Andrea Maessen Der Mitarbeiter als Schlüssel zum Erfolg ................................................................................131 von Helmuth L. Uder, Managing Director, Towers Perrin Germany, Frankfurt am Main Personalauswahl, Personalentwicklung und Karrierewege in der Strategieberatung – am Beispiel Bain & Company ................................................................................................137 von Marcus Kerwin, Director of Recruiting, Bain & Company Inc., München IT-Beratung: Karriere bedeutet Kompetenzentwicklung ..........................................................145 von Julia Sailer, Mummert Consulting AG, Hamburg Unternehmensberatung in Nischenmärkten ...........................................................................151 von Dipl.-Kaufmann Peter Rüffer, Partner der Krups Consultants GmbH, Düsseldorf Perspektiven in der Unternehmensberatung...........................................................................159 von Miriam Kraneis, Recruiting Manager, Booz Allen Hamilton Perspektiven in einer auf Konsumgüter und Handel spezialisierten Managementberatung......165 von Kristofer Jürgensen – Kurt Salmon Associates GmbH, Düsseldorf Berufseinstieg bei einem mittelständischen Branchenspezialisten...........................................173 von Dr. Otto A. Strecker, AFC Consultants International GmbH, Bonn Fallstricke für Neueinsteiger oder Umsteiger ..........................................................................179 von Rupert Thörle WP/StB, Geschäftsführer Thörle + Partner Revisions-, Treuhand- und Beratungsgesellschaft mbH, Hamburg Interkulturelle Personalberatung ............................................................................................195 von Dr. Christoph I. Barmeyer, Culture Bridge Consult Weiterbildung für Unternehmensberater an der Hochschule..................................................205 von Prof. Dr. Rolf-Dieter Reineke, Leiter des MBA – Weiterbildungsstudiengangs Internationale Unternehmensberatung, Fachhochschule Ludwigshafen am Rhein
INHALT
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Das Aufbaustudium MBA in Human Resources Management & Consulting der Hochschule Pforzheim ....................................................................................................217 Von Prof. Dr. Jürgen Janovsky, Leiter des Studiengangs Firmenspezifische Weiterbildung – Auslöser und Begleiter gewollter Entwicklung .................223 von Dipl.-oec. Andreas Werner, Geschäftsführer Horst Rückle Team GmbH, Böblingen Die Berufshaftpflicht des Unternehmensberaters ....................................................................229 von Marion Mahlstedt, Gerling Firmen- und Privat-Service AG, Köln Ausgewählte Unternehmensberatungen.................................................................................233 Anschriften von Beratervereinigungen (Auswahl) ...................................................................235 Anschriften von Einrichtungen der Berateraus- und Beraterweiterbildung (Auswahl)...............237 Anschriften des RKW.............................................................................................................238 Anschriften internationaler Beraterverbände (Auswahl) ..........................................................239
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Autoren Barmeyer, Christoph, Dr., Culture Bridge Consult, Karlsruhe Bracker, Felix, Kienbaum Management Consultants GmbH, Düsseldorf Brauner, Detlef Jürgen, Dr., Dr. Brauner Managementberatung, Sternenfels Fridrich, Albrecht, Dr., Geschäftsführer RKW Baden-Württemberg GmbH, Stuttgart Gaiser, Anita, Gesellschafterin und Geschäftsführerin pulsaris E-Business consulting GmbH, Pliezhausen Gölz, Viktoria, th!nk Unternehmensberatung GmbH, Obernheim Janovsky, Jürgen, Prof. Dr., Leiter des Studiengangs und Professor für Internationales Management und Innovations-Management an der Hochschule Pforzheim Jürgensen, Kristofer, Kurt Salmon Associates GmbH, Düsseldorf Kerwin, Marcus, Director of Recruiting, Bain & Company Inc., München Kessler, Helmut, Dr., Hauptgeschäftsführer IHK Heilbronn-Franken Kraneis, Miriam, Recruiting Manager, Booz Allen Hamilton, Düsseldorf Langenhan, Fridtjof O., Dr., Partner und Geschäftsleitung SMGTM Consulting AG, Supply Management GroupTM, St. Gallen Mahlstedt, Marion, Gerling Firmen- und Privat-Service AG, Köln Mak, Jens, geschäftsführender Gesellschafter th!nk Unternehmensberatung GmbH, Obernheim Maessen, Andrea, Dr., Simon, Kucher & Partners, Bonn Oppelt, Siglinda, Geschäftsführerin Spirit in Business – Spirit in Life International Change and Transformation Consulting, Wetzlar Raff, Roland, Dr., RKW Baden-Württemberg GmbH, Stuttgart Redley, Rémi, Präsident Bundesverband Deutscher Unternehmensberater BDU e.V., Bonn Reineke, Rolf-Dieter, Prof. Dr., Leiter des MBA-Weiterbildungsstudienganges Internationale Unternehmensberatung, Fachhochschule Ludwigshafen am Rhein Reinfelder, Christian, Dipl. oec. troph. (FH), Michel-Institut GmbH, Bamberg Rüffer, Peter, Dipl.-Kaufmann, Partner der Krups Consultants GmbH, Düsseldorf Schäfer, Peter, Prof., Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg Sailer, Julia, Mummert Consulting AG, Hamburg Scheiter, Sieghart, Dr., Stellvertretender Sprecher der Geschäftsleitung, A.T. Kearney GmbH, Düsseldorf Simon, Hermann, Prof. Dr., Simon, Kucher & Partners, Bonn
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AUTOREN
Strecker, Otto A., Dr., AFC Consultants International GmbH, Bonn Thörle, Rupert, WP/StB, Geschäftsführer Thörle + Partner Revisions-, Treuhand- und Beratungsgesellschaft mbH, Hamburg Uder, Helmuth L., Managing Director, Towers Perrin Germany, Frankfurt am Main Vollmer, Hans-Ulrich, Dr., Akademisches Netzwerk Werner, Andreas, Dipl.-oec., Geschäftsführer Horst Rückle Team GmbH, Böblingen Weyrather, Christoph, Geschäftsführer Bundesverband Deutscher Unternehmensberater BDU e.V., Bonn
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Vorwort der Herausgeber Das Berufsziel Unternehmensberater gehört in den letzten Jahren in Deutschland zu den Herausforderungen, denen sich immer mehr junge Menschen stellen wollen. Gerade gut ausgebildete erfolgsorientierte Absolventen sehen hier die Chance, einen interessanten Berufsweg mit guten Karrierechancen und Verdienstmöglichkeiten zu ergreifen. Dabei ist der absolvierte Studiengang nicht unbedingt entscheidend. Gerade große, international ausgerichtete Beratungsgesellschaften setzen auf die Vielfalt der Talente. Neben betriebswirtschaftlich und ingenieurwissenschaftlich ausgebildeten Absolventen kommen auch „Exoten“ wie Philosophen, Theologen, Politologen und Psychologen zum Zug. Gerade strategisch orientierte Consultingunternehmen haben Geisteswissenschaftlerquoten von oft deutlich über 10 Prozent. Auf der anderen Seite sind aber die gestellten Anforderungen beträchtlich und der Andrang auf die attraktiven Angebote ist groß. So lautet der Anspruch von McKinsey beim Recruiting beispielsweise: „Macht uns der Kandidat oder die Kandidatin besser – oder nur größer? Wir nehmen niemanden, der uns nur größer macht, aber den, durch den wir besser werden.“ Trotz (oder wegen) dieses Anspruchs ist der Andrang beträchtlich: 15 000 Bewerbungen standen 2005 bei McKinsey 200 zu besetzenden Stellen gegenüber. Auch die traditionell ungünstigen Bewerber-Stellenrelationen haben der Attraktivität des Berufsbilds bisher keinen Abbruch getan – im Gegenteil, viele machen sich gerade dies als Herausforderung zu Eigen, wollen zu den Besten gehören. Mit der aktuellen Wirtschaftsflaute hat sich allerdings die Situation verschärft. Selbst Beratungsbereiche, die als krisensicher galten, wie die Strategie-, Organisations-, Marketing- oder IT-Beratung, sind von zum Teil gravierenden Auftragsrückgängen betroffen. Die Zahl der Neueinstellungen bei Beratungsunternehmen wurde als Folge davon vielfach drastisch gesenkt und die Anforderungen an Bewerber weiter in die Höhe geschraubt. „Super Noten, Zusatzqualifikationen stimmen, aber leider ...“ Wer sich heute bei einer Unternehmensberatung bewirbt, hat oft schlechte Karten und riskiert trotz gutem Profil eine Absage. Trotzdem gilt: Nicht aufgeben. Auch wenn es nicht gleich beim Berufseinstieg mit dem Traumjob
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VORWORT DER HERAUSGEBER
in der Unternehmensberatung klappt, ist damit der Zug nicht abgefahren. Auch drei oder vier Jahre nach dem Studienabschluss lohnt es noch, sich bei Unternehmensberatungen zu bewerben. Immer mehr Beratungsunternehmen wünschen sich Mitarbeiter, die vorher auf der Kundenseite gearbeitet haben. Sobald die Konjunktur wieder anspringt, stellen die Unternehmen wieder mehr Consultants ein und greifen dann gerne auf Leute mit Praxiserfahrung zurück. Mit den folgenden Fachbeiträgen renommierter Unternehmensberatungen soll verdeutlicht werden, was einen Berufseinsteiger im Beratungsgeschäft erwartet. Dabei können natürlich immer nur einzelne Facetten beleuchtet werden. Durch die unterschiedlichen Darstellungen ergibt sich aber ein guter Überblick über die bestehenden Einstiegsmöglichkeiten, die vorhandenen Erwartungshaltungen sowie die beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten bei etablierten Beratungsunternehmen. Aber auch der Start als Einzelkämpfer mit seinen spezifischen Problemen wird beleuchtet. Weitere Beiträge aus angrenzenden Gebieten dienen zur Abrundung des Gesamtbildes „Berufsziel Unternehmensberater“.
Das Geheimnis zu langweilen besteht darin, alles zu sagen. (Voltaire, Wesen des Menschen).
Wir hoffen mit der Auswahl der folgenden Artikel nicht in diesen Fehler verfallen zu sein und wünschen Ihnen spannende Einblicke und unterschiedliche Sichten auf den „Traumberuf Unternehmensberater“. Und letztendlich hoffen wir, damit einen fundierten Beitrag zu Ihrer beruflichen Entscheidungsfindung zu leisten.
Dr. Roland Raff Dr. Detlef Jürgen Brauner
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Karriere on the top von Rémi Redley, Präsident Bundesverband Deutscher Unternehmensberater BDU e.V. Wir befinden uns seit vielen Jahren in einem dynamischen Wandel von der Industriegesellschaft hin zur Informations- und Dienstleistungsgesellschaft. Der Wissensbestand der Menschheit wächst rasant an, etwa alle fünf Jahre verdoppelt er sich. Gleichzeitig sind Informationen und Wissen – nicht zuletzt infolge des Siegeszugs des Internets – schneller und fast überall verfügbar. Doch nimmt auf der anderen Seite der Verfall des Wissens, bedingt durch den rasanten technologischen Fortschritt und die fundamentalen gesellschaftlichen Veränderungen, deutlich zu. Damit wachsen gleichzeitig die Anforderungen an alle Entscheidungsträger in Industrie, Wirtschaft und Verwaltung, fundierte und weitsichtige Entscheidungen für die Zukunft zu treffen. In Zuge dieser Entwicklungen ist auch die Nachfrage nach wirtschaftsnahen Dienstleistungen und damit nach professioneller Unterstützung durch externe Beratungsspezialisten groß. Beratungsbedarf findet sich aller Orten: Rückgang der Produktivität, veränderte Vertriebs- und Logistikstrukturen durch die neuen Online-Möglichkeiten, Zieldefizite und Qualitätsprobleme bei Produkten und Dienstleistungen, Erweiterung der Absatzmärkte, Defizite in der Personalentwicklung, Einführung von effizienten EDV-Systemen, Einführung von geeigneten Managementinstrumenten, Probleme bei der Unternehmensnachfolge. Die Liste ließe sich endlos fortführen. In den 90er Jahren können wir daher von einem regelrechten Boom gerade in der Unternehmensberatung sprechen. Die Consultingbranche galt als der Markt, der mit durchschnittlich über zehn Prozent pro Jahr am schnellsten gewachsen ist. Daran ändert auch die Abschwächung der Wachstumsphase in 2002 und 2003 nichts. Im Jahr 2004 erzielte die Branche einen Gesamtumsatz von knapp 12,3 Milliarden Euro. Rund 70.000 Berater in über 14.000 Beratungsgesellschaften waren beispielsweise in Projekten in den Bereichen Controlling, Marketing, Personalentwicklung oder bei der Auswahl von Fach- und Führungskräften für ihre Kunden tätig. Es existiert wohl kaum ein ähnlich vielfältiges und anspruchvolles Berufsbild wie das des Unternehmensberaters. Allen Interessierten öffnet sich also ein spannendes, weites und zukunftsträchtiges Tätigkeitsfeld. Gründe, wa-
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KARRIERE ON THE TOP
rum Unternehmensberatungsgesellschaften bei Hochschulabsolventen seit langem zu den besonders beliebten und begehrten Arbeitgebern gehören. Dabei sind die Anforderungen an den Beraternachwuchs aus den Hochschulen oder an die Seiteneinsteiger aus Wirtschaft und Industrie hoch. Dies kann in einer Branche nicht verwundern, in der die fachliche und persönliche Qualität der Mitarbeiter das Kapital jeder Unternehmensberatung darstellt und in der von Kundenseite ständig innovative Leistungen erwartet werden. Die Berufseinsteiger müssen ein besonders hohes Maß an Qualifikationen, Einsatzbereitschaft, Lernbereitschaft und sozialer Kompetenz vorweisen können. Top-Qualifikationen und Top-Leistungen sind gleichzeitig aber auch die Garanten für eine Top-Karriere. Die herausfordernden Aufgaben und Problemstellungen in den zahlreichen Projekten und unterschiedlichsten Branchen sind gekennzeichnet von einer außerordentlich „steilen Lernkurve“. Neue Unternehmen, neue Branchen und nicht zuletzt der Sachverstand des Klienten sowie der erfahrenen Kollegen im Projektteam sorgen für eine schnelle persönliche und berufliche Entwicklung. Leistungsbereitschaft und gute Ideen werden selten rascher durch Aufstieg und exzellente Bezahlung honoriert als bei den Beratungsgesellschaften. Egal, ob sie sich gleich nach ihrem Studium oder nach ersten Jahren der Berufserfahrung für den Einstieg in die Unternehmensberatung entscheiden. In den Beiträgen von Vertretern aus der Consulting-Praxis finden Sie auf den folgenden Seiten viel Wissenswertes rund um das Berufsfeld Unternehmensberater. Lassen Sie sich mitnehmen auf eine informative Reise und vielleicht endet für Sie dieser Leseausflug ja auch in einer „Karriere on the top“.
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Unternehmensberatung heute – die Vielfalt der Herausforderung Studium und dann? von Dr. Roland Raff und Dr. Detlef Jürgen Brauner Studium ist kein Selbstzweck – das ist allen klar. Hört man sich unter Studenten um, stellt man aber fest, dass die wenigsten genaue Vorstellungen davon haben, was sie nach dem Studium machen wollen. Fast jeder Student stellt sich vor dem Examen die gleichen Fragen: Wie soll es nach dem Studium weitergehen? Soll ich mir einen Job bei einem Industrieunternehmen suchen? Bieten Banken und Versicherungen Tätigkeiten, die mir liegen? Und wie sieht es mit der Größe des Unternehmens aus. Reizt mich ein Konzern mit Tochtergesellschaften im In- und Ausland? Oder kommt eher ein Mittelständler in Frage? Welches Unternehmen bietet die besten Karrierechancen. Welcher Berufseinstieg ist der beste für mich? Trainee-Programm oder Direkteinstieg? Und wo möchte ich am liebsten arbeiten? Will ich in der Welt herumkommen oder entspricht meinem Naturell eher das bodenständige, sesshafte? Selbst wer bereits während des Studiums einiges an Praxisluft geschnuppert hat, wird dennoch ins Grübeln kommen – und irgendwann sicher auch den Start bei einer Unternehmensberatung in Erwägung ziehen. Mit dem Start bei einer Unternehmensberatung wird häufig die Erwartung verbunden, dass man die Möglichkeit hat, in viele unterschiedliche Industriezweige hineinzusehen. Dabei lässt sich nicht nur eine Menge über die verschiedenen Branchen lernen, sondern es lassen sich außerdem noch wertvolle Kontakte für die weitere Karriere knüpfen. Beratung als Lebensaufgabe oder nur als Startbasis für den Berufseinstieg? Beides ist möglich. Sicher ist, die Beraterkarriere ist kein Selbstläufer. Der Aufstieg in großen Unternehmensberatungen, der Sprung schließlich in die Partnerschaft ist oft mit viel Frustration verbunden oder gelingt auf Grund der hohen Anforderungen überhaupt nicht. „Up or out“ lautet vielfach die Formel: Wer die nächste Stufe in der Hierarchie nicht schafft, ist weg vom Fenster. Zunächst arbeitet man in einem Projekt mit, dann leitet man Projekte, schließlich übernimmt man die Verantwortung für mehrere parallel laufende Vorhaben. Gelingt der Schritt zum nächsten Level nicht innerhalb
16 UNTERNEHMENSBERATUNG HEUTE – DIE VIELFALT DER HERAUSFORDERUNG einer von Beratungsgesellschaft zu Beratungsgesellschaft variierenden Zeit, so heißt es Abschied nehmen. Dementsprechend ist die jährliche Fluktuation sehr hoch, bei großen Beratungsgesellschaften liegt sie zwischen 10 % und 20 %. Daraus ergibt sich eine verhältnismäßig kurze durchschnittliche Verweildauer. Sie liegt beispielsweise bei McKinsey zwischen drei und vier Jahren. In einer Studie der Kennedy Information Research Group, in der MBAAbsolventen in den USA befragt werden, wird deutlich, dass die beabsichtigte Verweildauer in der Beratungsbranche mit bis zu drei Jahren (10,5 %), drei bis fünf Jahren (35,8 %) und fünf bis zehn Jahren (35,9 %) zumindest nicht für eine lebenslange Laufbahn spricht. Lediglich (17,8 %) der Befragten streben von vorneherein eine längere Verweildauer als zehn Jahre an. Eine Tätigkeit in einer Unternehmensberatung wird damit als attraktives Sprungbrett für zukünftige Managementaufgaben gesehen. Auch in Deutschland ist ein derartiger Trend erkennbar. Besonders das hohe Interesse für Stellen im Bereich der Inhouse Consultancies spricht dafür, dass viele Bewerber auf eine Management-Karriere im jeweiligen Konzern spekulieren. Aber auch ungebundene Beratungsgesellschaften spielen auf dieser Klaviatur. So wirbt bspw. die Spitzmüller AG auf ihrer Internetdarstellung explizit mit der Sprungbrettfunktion einer Beratertätigkeit: „Einige Beispiele aus der jüngsten Vergangenheit zeigen hierbei Karriereentwicklungen, die auch bei größeren Unternehmen nicht immer anzutreffen sind. Ehemalige Mitarbeiter wurden Geschäftsführer in mittelständischen Unternehmen oder eigenständiger Geschäftsbereiche von Konzernen. Andere wurden aktive Partner im VC-, sowie M&A-Bereich oder haben sich auch in unserer Branche einen Namen als selbständige Berater gemacht. Wir sind der Meinung, dass wir auf diese Karriereentwicklung stolz sein können und dies auch mit der in unserem Hause gelebten Leistungsorientierung und Ausbildung zusammenhängt.“
Unternehmensberatung – eine Dienstleistung mit Zukunft Unternehmensberatung ist Rat und Mithilfe bei der Erarbeitung und Umsetzung von Problemlösungen in allen unternehmerischen, betriebswirtschaftlichen und technischen Funktionsbereichen. (BDU Definition)
UNTERNEHMENSBERATUNG HEUTE – DIE VIELFALT DER HERAUSFORDERUNG 17 Wie kaum ein anderes Land ist Deutschland in die Weltwirtschaft integriert. Der weltweite Wettbewerb geht um Produkte und Produktionsverfahren, um Arbeitskosten und damit Arbeitsplätze, betrifft Sozialstandards und damit die Bedingungen der Produktionsstandorte. Im Ergebnis führt dieser Wettbewerb zu nachhaltigen und einschneidenden Änderungen in der globalen Arbeitsteilung. Die deutschen Unternehmen bewegen sich in diesem turbulenten Umfeld des globalen Wandels. Um hier bestehen zu können ist das ständige Suchen nach neuen Wegen, das Experimentieren mit neuen Ideen gefragt. Technologisch anspruchsvolle Produkte haben immer kürzere Lebenszyklen, die Amortisation von Fabrikeinrichtungen und Produktionsanlagen muss daher in immer kürzerer Zeit erfolgen. Die Strategie Fabriken mit teurer Flexibilität auszustatten – die u. U. in Zukunft gar nicht genutzt werden kann – greift zu kurz. Das „Einbauen“ von Flexibilität und Anpassungsfähigkeit alleine genügt nicht. Wandlungsfähigkeit ist zunehmend ein wichtiger Erfolgsfaktor. Nur so können die Chancen, die turbulente Märkte bieten, in eigene Erfolge umgesetzt werden.
(Fach-)Verbände
Wirtschaftsförderer
Traditionelle Beratungsgesellschaften
RKW
Personalberater
IT Berater
IHK und Handwerkskammer
Einzelberater und kleine Partnerschaften
Firmenkundenberater von Banken
Unternehmen
Steuerberater und Wirtschaftsprüfer
(Fach-) Hochschulen
Leasingexperten
Versicherungsberater / -makler
Staatliche Institutionen (Patentberatungsstellen ...)
Stiftungen
Abbildung: Auswahl beratender Akteure
18 UNTERNEHMENSBERATUNG HEUTE – DIE VIELFALT DER HERAUSFORDERUNG Für das Management wird damit die Gestaltung des Wandels zur zentralen Aufgabe. Und dabei ist Unterstützung gefragter denn je. Die Vielfältigkeit der Herausforderungen ist vom Management alleine nicht zu bewältigen, unterschiedlichste Experten werden begleitend hinzugezogen. Dienstleistungen werden dabei aus ganz unterschiedlichen Bereichen und von diversen Akteuren angeboten. Unternehmen können dabei auf eine Vielzahl von unterschiedlichsten Angeboten zurückgreifen – wir wollen aber in der folgenden Betrachtung vor allem auf die traditionellen Beratungsleistungen abheben. Consulting als wettbewerbsunterstützende Maßnahme steht im Mittelpunkt der Betrachtung.
Eckdaten des Marktes für Beratungsleistungen Der Unternehmensberatungsmarkt in Deutschland und Europa war in den letzten 20 Jahren von Wachstumsraten, die meist über 10 Prozent lagen gekennzeichnet. Auch die für das Jahr 2001 vom europäischen Dachverband der Consultingbranche, der European Federation of Management Consulting Associations (FEACO) mit Sitz in Brüssel, vorgelegte Marktstudie FEACO-Survey 2001 wies mit einem durchschnittlichen Branchenwachstum von 11 Prozent noch sehr erfreuliche Zahlen aus. Vor allem die zahlreichen Projekte zur Euro-Einführung, das Thema EU-Erweiterung, die fortschreitenden Globalisierung und die zum damaligen Zeitpunkt noch rege Nachfrage durch Unternehmen der New Economy kamen den Beratungsorganisationen zu Gute. Diese Wachstumsdynamik konnte in den folgenden Jahren nicht gehalten werden. Im Jahr 2002 wies die jährliche FEACO-Befragung in fast allen wichtigen Beratungsmärkten wie Deutschland, Großbritannien, Frankreich oder Italien Umsatzrückgänge von bis zu 5 Prozent aus. Europaweit betrug der Rückgang 2 Prozent. Der Negativtrend konnte in 2003 gestoppt werden; im Schnitt war wieder ein Wachstum von 3,5 Prozent zu verzeichnen. Allerdings verbergen sich hinter dieser Durchschnittszahl ganz unterschiedliche Entwicklungen in Europa. Während in Ländern wie Norwegen und Schweden zweistellige Umsatzrückgänge notiert wurden, boomte der Beratungsmarkt in Osteuropa. Aber auch Großbritannien konnte mit zweistelligen Zuwachsraten glänzen. Im Jahr 2004 setzte sich die Erholung des Marktes fort. Europaweit wuchs der Markt für Beratungsleistungen um 3,7 Prozent und erreichte ein Umsatzvolumen von 48,5 Mrd. €. Wie im Vorjahr zeigt die aktuelle FEACO Untersuchung, dass die Entwicklung in den ein-
UNTERNEHMENSBERATUNG HEUTE – DIE VIELFALT DER HERAUSFORDERUNG 19 zelnen Ländern höchst unterschiedlich ist. Die Spanne reicht von zweistelligen Wachstumsraten in einigen osteuropäischen Staaten bis zu Verlusten von über 13 Prozent in Portugal. Für Deutschland veröffentlicht der BDU jedes Jahr seine Studie „Facts & Figures zum Beratermarkt“. Diese stellt fest, dass im Jahr 2001 in Deutschland mit Unternehmensberatungsleistungen ein Umsatz von knapp 12,9 Mrd. € erzielt wurde. Zwischen 1992 (damals lag der Umsatz bei 5,0 Mrd. €) und 2001 hat sich der Umsatz der Beraterbranche damit mehr als verdoppelt. Je schlechter die Zeiten desto größer die Nachfrage nach Beratungsleistung – diese einfache Formel greift in den letzten Jahren nicht mehr: die Beratungsunternehmen haben die Boomjahre hinter sich, die Umsätze der Branche stagnieren. Nach einem Marktrückgang von 4,5 Prozent im Jahr 2002 und verkauften Beratungsleistungen in Höhe von knapp 12,3 Mrd. € stabilisierten sich die Umsätze im Jahr 2003 bei 12,2 Mrd. €. Im Jahr 2004 ist der Markt für Unternehmensberatungsleistung in Deutschland erstmals seit zwei Jahren wieder moderat gewachsen und hat wieder das Niveau von 2002 erreicht. Die Entwicklungen der Vergangenheit haben dazu geführt, dass viele Beratungsunternehmen ihre eigenen Prozesse und Ihren Personalstand kritisch hinterfragt haben. Die Wachstumsorientierung in den Beratungsunternehmen ist vielfach zu Gunsten einer Ergebnisorientierung aufgegeben worden. Dies hatte zur Folge, dass in den vergangenen Jahren in vielen Consultingunternehmen Personal abgebaut wurde. Dieser Trend wurde 2004 gestoppt. Insbesondere die mittelgroßen (Umsatz von 0,5 Mio. € bis 20 Mio. €) und kleinen Beratungsunternehmen (Umsatz kleiner 0,5 Mio. €) haben ihren Mitarbeiterstamm aufgestockt. Während von 2002 auf 2003 die Zahl der Berater von 68700 auf 66800 sank ist die Gesamtzahl in 2004 wieder auf 67300 angestiegen. Auch die Zahl der Consultingunternehmen insgesamt ist wieder gestiegen, nach 14190 Unternehmen in 2003 sind jetzt 14340 aktiv. In Hinblick auf die Mitarbeiternachfrage setzte sich der Trend zur Nachfrage nach ausgewiesenen Spezialisten fort: vielfach wurde die Zahl der Juniorberater reduziert und dem Wunsch der Kunden nach Erfahrungswissen in schwierigen Situationen wurde durch Aufstockung der Zahl der Seniorberater, Projektleiter und Partner Rechnung getragen. Im Jahr 2003 wurde als Ursache für die gebremste Nachfrage nach Beratung vor allem die schwache gesamtwirtschaftliche Entwicklung ausgemacht. In deren Folge haben die Unternehmen ihre Investitionen in innova-
20 UNTERNEHMENSBERATUNG HEUTE – DIE VIELFALT DER HERAUSFORDERUNG tive Projekte zu Gunsten von Kosten reduzierenden Sofortmaßnahmen aufgeschoben. Die damit verbundene Zurückhaltung der Kundenunternehmen bei der Auftragsvergabe betraf vor allem IT-Beratungsprojekte, aber auch zunehmend Strategieberatungen. Entsprechende Beratungen ziehen meist hohe Folgeinvestitionen nach – sie wurden deshalb von vorne herein zurückgestellt. Während sich besonders in den beiden ersten Quartalen 2003 die ungünstige Entwicklung des Vorjahres fortsetzte, beeinflusste das vierte Quartal die Ergebnisse des gesamten Geschäftsjahres positiv und trug damit wesentlich zur Stabilisierung bei. Betrachtet man die Entwicklung einzelner Beratungsfelder im Jahr 2004, so ist die Veränderung im Bereich der Strategieberatung mit einem Wachstum von 3 Prozent am größten. Auch die Beratungen mit kurzfristigeren Ergebniswirkungen – zusammengefasst als Organisationsberatung (mit Themen wie Supply Chain Management, CRM, Logistikberatung, etc.) konnten um 1,5 Prozent zulegen. Hingegen setzte sich der Negativtrend beim Beratungsfeld IT-Beratung und -Services fort. Der Anteil dieses Bereiches am Gesamtumsatz der Branche sank von 39 Prozent in 2001 auf 28,5 Prozent in 2004. Auch in 2004 konnte das moderate Wachstum erst durch die beiden guten letzten Quartale erreicht werden. Die Verschiebung der Nachfrage hin zu Beratungen aus dem Strategieumfeld ist allerdings ein Indiz dafür, dass sich durch die daraus resultierenden Folgegeschäfte der Beratungsmarkt 2005 deutlicher beleben könnte. Für das laufende Jahr 2005 erwartet der Bundesverband Deutscher Unternehmensberater BDU e.V. ein Marktwachstum von ungefähr 3 Prozent. Der Abbau des vorhandenen Investitionsstaus wird zu einer zunehmenden Nachfrage nach Beratungsleistungen führen. Auch die weiterhin anstehenden Umstrukturierungen im Bereich der öffentlichen Hand und im Gesundheitswesen sollten sich in einer Zunahme der Nachfrage nach Beratungsleistungen niederschlagen. Impulse für das laufende Jahr erwartet der BDU unter anderem infolge verstärkter Anstrengungen der Klienten, wachstumsorientierte Projekte aufzulegen, ein höheres Maß an Sicherheit ihrer IT-Systeme zu gewährleisten und IT-getriebene Vertriebsund Lieferkettenstrukturen einzuführen. Die Herausforderungen in den Kundenunternehmen erfordern nach Ansicht des Bundesverband Deutscher Unternehmensberater BDU e.V. seitens der Beratungsunternehmen ausgewiesene Spezialisten. Die Beratungsgesellschaften stehen damit vor der Herausforderung, ihre Beraterteams mit hoch qualifizierten Unternehmensbe-
UNTERNEHMENSBERATUNG HEUTE – DIE VIELFALT DER HERAUSFORDERUNG 21 ratern zu besetzen. Herausragende Talente, aufstrebende Experten werden gesucht sein. Der „war for talents“ wird daher in eine neue Phase treten.
Die großen Beratungsunternehmen Aus den obigen Zahlen lässt sich leicht ableiten, dass die überwiegende Zahl der beratenden Unternehmen Kleinstunternehmen oder Einzelberater sind. Trotzdem gilt auch für den Beratungsmarkt in Deutschland: die Trends werden von den großen Beratungshäusern bestimmt. Wie aus der oben genannten BDU-Studie hervorgeht, wird fast die Hälfte des Umsatzes von den Top 40 Unternehmen gemacht. Zwar leiden auch die großen Consultingunternehmen unter der Konjunkturflaute, aber sie haben sich im Vergleich mit den anderen noch relativ gut geschlagen. Hier scheint sich weiterhin die Einschätzung von Dietmar Fink, Professor für Unternehmensberatung an der Fachhochschule Bonn-Rhein-Sieg zu bestätigen: „Gerade in Krisenzeiten gewinnen die Wettbewerber mit den besten Netzwerken“. Und das sind nun mal die großen internationalen Consultant-Firmen; deren Beziehungsnetzwerke sind über Jahre gewachsen, werden aufwändig gepflegt und funktionieren so perfekt. An die 3000 Alumni, wie die Berater in der Tradition amerikanischer Elite-Unis ihre Ehemaligen nennen, verzeichnet alleine McKinsey in Deutschland. Und es werden jedes Jahr mehr. Up or out - rauf oder raus. Für McKinsey heißt das Jahr für Jahr die Trennung von gut 150 Mitarbeitern. Gute Consultingunternehmen bringen ihre Mitarbeiter gut unter, eine Trennung im Streit wäre eine verpasste Chance. Bei McKinsey gab es in den vergangenen 20 Jahren gerade mal zwei Fälle, die im Streit endeten. Der Rest wurde gut untergebracht und besetzt heute interessante Entscheiderpositionen in der Industrie. Und sie sind dankbar: Ein Viertel seines Umsatzes, so schätzt man in der Branche, macht McKinsey über Alumni. Diese Möglichkeiten haben kleinere Beratungsunternehmen so nicht; sie sind deshalb in Zeiten knapper Aufträge stärker gefährdet. Die Lünendonk GmbH, Bad Wörishofen ermittelt jedes Jahr die Top 25 Managementberatungs-Unternehmen in Deutschland. Dabei werden nur die berücksichtigt, die mindestens 60 % ihres Umsatzes mit klassischer Management- und Unternehmensberatung bestreiten. Die Spitzengruppe der deutschen Managementberatungs-Szene bilden damit sowohl die Tochtergesellschaften weltweit operierender Managementberatungs-Konzerne als auch einige in Deutschland basierte Gesellschaften, die teilweise auch international aktiv sind.
22 UNTERNEHMENSBERATUNG HEUTE – DIE VIELFALT DER HERAUSFORDERUNG Neueinsteiger auf der diesjährigen Beraterliste sind die TellSell Consulting GmbH, Frankfurt am Main, die d-fine GmbH, Frankfurt am Main und die Monitor Group, München. Wie in den letzten Jahren sind in der Liste wiederum die ehemaligen Unternehmensberatungstöchter der großen Wirtschaftsprüfungskonzerne, wie z.B. Accenture oder BearingPoint (ehemals KPMG) nicht enthalten. Diese erzielen inzwischen den überwiegenden Teil ihrer Umsätze mit IT-Beratung und Systemintegration. Der kumulierte Gesamtumsatz der Top 25 Unternehmen der Lünendonk®Liste blieb 2004 weitgehend konstant. Allerdings melden auch 2004 die einzelnen Unternehmen gegenüber dem Vorjahr sehr unterschiedliche Umsatzentwicklungen, die von plus 62 Prozent bis minus 15 Prozent reichen. Fast zwei Drittel der Top 25 konnten 2004 ihre Umsätze gegenüber 2003 steigern. Die höchsten Zuwachsraten sind bei mittelgroßen und kleinen Unternehmen der Liste zu verzeichnen, dagegen gingen die Umsätze der fünf größten Managementberater um durchschnittlich 0,7 Prozent zurück. Die Beschäftigtenzahlen der 25 führenden Beratungsunternehmen nahmen mit durchschnittlich 4,4 Prozent nur halb so stark zu wie die Umsätze (8,7 %). Der durchschnittliche Pro-Kopf-Umsatz erhöhte sich deshalb von 279.000 Euro (2003) auf 289.000 Euro (2004). Für das laufende Jahr 2005 bleiben die 25 führenden Managementberatungs-Unternehmen optimistisch: sie erwarten im Durchschnitt ein Umsatzwachstum von rund 10 Prozent.
UNTERNEHMENSBERATUNG HEUTE – DIE VIELFALT DER HERAUSFORDERUNG 23 TOP 25 der Managementberatungs-Unternehmen in Deutschland 2004 Umsatz Mitarbeiterzahl in Mio. Euro Unternehmen 2004 2003 2004 2003 1 McKinsey & Company Inc. Deutschland, Düsseldorf 540 590 1.750 1.770 2 Roland Berger Strategy Consultants, München *) 3 The Boston Consulting Group GmbH, München *) 4 Deloitte Consulting GmbH, Düsseldorf 5 Booz Allen Hamilton GmbH, Düsseldorf
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6 Mercer Consulting Group GmbH, München
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8 Mummert Consulting AG, Hamburg 1)
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46,5
38,7
235
205
46,5
41,3
229
236
10 Droege & Comp. GmbH, Düsseldorf 2) 11 Arthur D. Little GmbH, Wiesbaden 12 MC Marketing Corporation AG, Bad Homburg 13 Simon, Kucher & Partners GmbH, Bonn * 13 Horváth AG (Horváth & Partner Gruppe), Stuttgart 15 Management Engineers GmbH & Co.KG, Düsseldorf
)
16 Dornier Consulting GmbH, Friedrichshafen 17 Kienbaum Management Consultants GmbH, Düsseldorf 18 Towers Perrin Inc., Frankfurt am Main 19 Celerant Consulting GmbH, Düsseldorf
46
45
142
132
43,6
36,3
156
142
39
36
165
158
36
32
145
140
28,1
23,2
112
98
20 Kurt Salmon Associates GmbH, Düsseldorf 20 TMG Technologie Management Gruppe, Stuttgart
28
31
130
145
28
28
80
80
22 Monitor Group, München *)
25
22
90
80 102
23 d-fine GmbH, Frankfurt am Main
21
17
109
24 RWE Systems Consulting GmbH, Essen
20,4
20,4
89
79
25 TellSell Consulting GmbH, Frankfurt am Main
18,7
11,5
40
35
1 alte Konzernstruktur 2 inkl. Erfolgshonoraransprüche *) Daten teilweise geschätzt Aufnahmekriterium für diese Liste: Mehr als 60 Prozent des Umsatzes werden mit klassischer Unternehmensberatung wie Strategie, Organisation, Führung, Marketing erzielt. Die Rangfolge des Rankings basiert auf dem in Deutschland bzw. von Deutschland aus bilanzierten / erwirtschafteten Umsatz des Unternehmens. COPYRIGHT: Lünendonk GmbH, Bad Wörishofen 2005 - Stand 25.05.2005 (Keine Gewähr für Firmenangaben)
24 UNTERNEHMENSBERATUNG HEUTE – DIE VIELFALT DER HERAUSFORDERUNG
Unternehmensberater – Überbegriff für eine heterogene Personengruppe Unternehmensberater ist in Grundsätze des Bundesverbandes Deutscher Unternehmensberater BDU e.V. für den Beruf »Unternehmensberater« Deutschland, wie den meisten Präambel anderen Ländern, keine geDiese Grundsätze bestimmen das Verhalten der Mitglieder des schützte Berufsbezeichnung. Bundesverbandes Deutscher Unternehmensberater BDU e.V., in ihren Beziehungen zu Klienten, Es gibt keine systematische BeInteressenten, Mitarbeitern, Bewerbern, Lieferanten, Verbänden und der Öffentlichkeit. rufsausbildung, keine definierEinführung und Einhaltung Die Mitglieder des BDU verpflichten sich freiwillig zur Einhaltung ten und reglementierten Abder Grundsätze und unterwerfen sich in strittigen Fragen einem Ehren- oder Schiedsgericht. Die Grundsätze werden in geeigneter schlüsse und auch keinen einForm allen Mitarbeitern der BDU-Mitglieder bekannt gegeben und heitlichen Berufsweg. Beratung diese zur Einhaltung angehalten. als Vorgang der Informations1. Fachliche Kompetenz ..... vermittlung zwischen zwei 2. Seriosität und Effektivität .... Kommunikationspartnern (Be3. Objektivität, Neutralität und Eigenverantwortlichkeit ratungskunde sowie Bera... 4. Unvereinbare Tätigkeiten tungsinstanz und Person) zum ... 5. Vertraulichkeit Zwecke gemeinsamer Lösun... 6. Unterlassung von Abwerbung gen meist eng abgegrenzter, ... überschaubarer Einzelproble7. Fairer Wettbewerb ... me (Definition Brockhaus) ist 8. Angemessene Preisbildung ... eine Intervention in die Unter9. Seriöse Werbung nehmenssteuerung. Die Qualität dieses Eingriffs ist im Voraus kaum greifbar, aber auch im Nachhinein ist der Nutzen manchmal nur schwer zu quantifizieren. In einem derartigen ungeregelten und schwer bewertbaren Markt besteht immer die Gefahr, dass sich unseriöse Anbieter verbreiten können. Aus der Intransparenz kann so eine ganze Branche in Misskredit gebracht werden. Wie heißt es so schön: Fehler sind menschlich. Damit Fehler jedoch nicht systematisch vorkommen oder bewusst einseitig agiert wird muss zum einen an der Qualifikation der Beratenden, zum anderen an der Beratungsethik angesetzt werden. So hat bspw. das RKW Baden-Württemberg bereits 1993 die methodische Qualifizierungslücke mit der Gründung der BeraterAkademie (BeA) geschlossen. Die BeA konzentriert sich auf das, was ein Berater neben seiner Fachkompetenz braucht – beispielsweise beratungsbezogene Schlüsselqualifikationen methodischer, persönlicher und strategisch-unternehmerischer Art.
UNTERNEHMENSBERATUNG HEUTE – DIE VIELFALT DER HERAUSFORDERUNG 25 Sicherlich machen auch seriöse, gut ausgebildete Berater in Ihrer Tätigkeit Fehler, solange sie sich aber an bestimmte ethische Regeln halten, wird der Ruf der Berater an sich nicht beschädigt. Hier hat der BDU mit seinen Grundsätze des Bundesverbandes Deutscher Unternehmensberater BDU e.V. für den Beruf »Unternehmensberater« Maßstäbe gesetzt, zu deren Einhaltung sich jedes Verbandsmitglied freiwillig verpflichtet.
Unternehmensberater – Verdienstmöglichkeiten Unternehmensberatung ist kein geregelter 8 Stunden Job. Die Anforderungen an Unternehmensberater sind überdurchschnittlich hoch. Diesen entsprechen aber auch die Verdienstmöglichkeiten. Sind die Einstiegskonditionen noch vergleichbar mit denen von Industrieunternehmen, so sind bei Bewährung schon nach kurzer Zeit sehr attraktive Gehälter möglich. Für einen Einstieg direkt nach dem Studium ist eine überdurchschnittliche Qualifikation unabdingbare Voraussetzung. Nach einem Start als Beratungsassistent oder Juniorberater kann man bei entsprechendem Engagement und Erfolg bereits nach ca. einem Jahr als Berater eigenverantwortlich Projekte bearbeiten. Gehälter von mehr als 50.000 € sind dann keine Seltenheit. Dabei sind die Verdienstmöglichkeiten in größeren Beratungsunternehmen normalerweise besser als in kleineren Häusern. Dafür bieten letztere häufig ein höheres Maß an Eigenverantwortung und mehr Abwechslung in der Tätigkeit.
Berufsstand und Berufsorganisation Der Beruf des Unternehmensberaters zählt nach §18 Abs. 1 Einkommenssteuergesetz zu den sogen. „Freien Berufen“. Die Zahl der selbständigen Freiberufler hat sich in den letzten Jahren stark erhöht. Heute ist ungefähr jede fünfte Selbständige als Freiberufler tätig.
26 UNTERNEHMENSBERATUNG HEUTE – DIE VIELFALT DER HERAUSFORDERUNG Entwicklung der Zahl der Selbständigen in den Freien Berufen in Deutschland (1978 - 2005) 1978 1989 1992 1995 1998 2001 2002 2003 2004 2005
Deutschland Gesamt 295000 415000 514000 564000 646000 739000 761000 783000 817000 857000
Alte Bundesländer Neue Bundesländer 295000 415000 454000 60000 492600 71400 561000 85000 631000 108000 648000 113000 665500 117500 692400 124600
Die Daten basieren auf Informationen der Berufsorganisationen und amtlichen Statistiken, sowie Erhebungen und Schätzungen des IFB. Es sind teilweise vorläufige Zahlen. Sie beziehen sich in der Regel auf den 01.01. des jeweiligen Jahres.
Quelle: Institut für Freie Berufe (IFB) an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
Von den in Deutschland im Jahr 2005 rund 857 000 selbständigen Freiberuflern waren ca. 33 Prozent im Bereich der Heilberufe tätig. Die zweitgrößte Gruppe mit ca. 230 000 Personen bilden die rechts-, wirtschaftsund steuerberatenden Berufe wie zum Beispiel Anwälte, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer oder Unternehmensberater.
UNTERNEHMENSBERATUNG HEUTE – DIE VIELFALT DER HERAUSFORDERUNG 27 Selbständige Freiberufler in Deutschland
Ärzte Zahnärzte Tierärzte Apotheker Andere freie Heilberufe Rechtsanwälte Patentanwälte Nur-Notare Steuerberater/Steuerbevollmächtigte Wirtschaftsprüfer/vereidigte Buchprüfer Unternehmensberater Andere wirtschaftsberatende Freie Berufe Architekten Ingenieure Beratende Ingenieure Sachverständige Andere technische und naturwissenschaftliche Freie Berufe Freie Kulturberufe Summen
Alte Bundesländer 106250 44906 8452 18570 51000 77500 2026 1116 47396
2004 Neue Bundesländer 17953 9962 2116 2992 9000 7900 143 511 2921
2005 Deutschland Deutschland Gesamt Gesamt 124203 125317 54868 55883 10568 10713 21562 21162 60000 68000 85400 89300 2169 2276 1627 1616 50317 51173
9974 17500
312 2200
10286 19700
10259 24800
40000 43859 25000 11115 11500
7500 8987 9800 4701 2200
47500 52846 34800 15816 13700
51000 53935 37000 15332 14200
19000 157000 692164
5200 30000 124398
24200 187000 816562
27000 198000 856966
Die Daten basieren auf Informationen der Berufsorganisationen und amtlichen Statistiken, sowie Erhebungen und Schätzungen des IFB. Es sind teilweise vorläufige Zahlen. Sie beziehen sich in der Regel auf den 01.01. des jeweiligen Jahres.
Quelle: Institut für Freie Berufe (IFB) an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
Unter dem Dach des Bundesverbandes der Freien Berufe sind zahlreiche Organisationen angesiedelt. Aus unternehmensberatender Sicht sind zwei Organisationen hervorzuheben, zum einen der Bundesverband der Wirtschaftsberater BVW e.V., zum anderen der Bundesverband Deutscher Unternehmensberater BDU e.V. Bei beiden steht der ökonomische Blick im Vordergrund. Technisch-naturwissenschaftlich ausgerichtet sind bspw. der Verband Beratender Ingenieure VBI e.V. oder der Verband Unabhängig Beratender Ingenieure und Consultants e.V. Ziel dieser Organisationen ist zum einen die Interessenvertretung der Mitglieder, zum anderen werden den Mitgliedern Fachinformationen, Fortbildungsangebote etc. zuteil. Zunehmend wird auch versucht, aus der Mitgliedschaft Qualitätsstandards abzuleiten bzw. die Mitglieder über ergän-
28 UNTERNEHMENSBERATUNG HEUTE – DIE VIELFALT DER HERAUSFORDERUNG zende Zertifikate im Wettbewerb zu stärken. So ist bspw. der BDU 1995 dem International Council of Management Consulting Institutes (ICMC) beigetreten, einer weltweiten Vereinigung zur Qualitätssicherung in der Unternehmensberatung. Der BDU ist damit berechtigt, für Deutschland nach bestimmten Kriterien den international anerkannten Titel „Unternehmensberater CMC/BDU“ zu verleihen. Die meisten der „Certified Management Consultants“ sind in den USA und Kanada registriert (ca. 4.000) aber auch in Europa sind die CMCs mit 3000 registrierten Beratern bereits stark im kommen. Der Titel „Unternehmensberater CMC/BDU“ ist im Gegensatz zur BDU-Mitgliedschaft auf die Person des Beraters bezogen, wird aber nur an Unternehmensberater verliehen, deren Unternehmensberatung Mitglied im BDU ist.
Aus- und Weiterbildung Die systematische Aus- und Weiterbildung von Beratern wurde in Deutschland lange vernachlässigt. Wie in den meisten Ländern gibt es in Deutschland keine geschützte Bezeichnung „Unternehmensberater“. Damit fehlt ein wichtiges Kriterium, um den undurchsichtigen Markt transparenter zu gestalten. Wo kann man Qualität erwarten? Eine Überprüfung der Beratungsqualität ist vor der Inanspruchnahme der Dienstleistung nur bedingt möglich. Man ist auf Qualitätsindikatoren wie bspw. die Ausbildung und Erfahrung des Experten angewiesen. Mit einer spezifischen Aus- und Weiterbildung zum Unternehmensberater hat man damit die beste Gewähr dafür, sich glaubwürdig im Beratermarkt von inkompetenten und unseriösen Akteuren zu unterscheiden. Pionierarbeit auf dem Gebiet der methodischen Aus- und Weiterbildung von Unternehmensberatern wurde vom RKW Baden-Württemberg geleistet. In der 1993 gegründeten Beraterakademie (BeA) haben sowohl Neueinsteiger in den Beratungssektor als auch ausgewiesene Experten die Möglichkeit, das methodische Rüstzeug der Beratung zu erwerben bzw. zu komplettieren. Die BeA konzentriert sich auf das, was ein Berater neben seiner Fachkompetenz braucht – beispielsweise beratungsbezogene Schlüsselqualifikationen methodischer, persönlicher und strategisch-unternehmerischer Art. Mit ihrem gezielten Angebot hat sich die BeA in wenigen Jahren als feste „Größe“ in der Berater-Weiterbildung etabliert.
UNTERNEHMENSBERATUNG HEUTE – DIE VIELFALT DER HERAUSFORDERUNG 29 Dreh- und Angelpunkt im BeA-Programm ist der Grundlehrgang „Methodik der Unternehmensberatung“, der aus 7 Bausteinen mit insgesamt 13 Tagen besteht. Darüber hinaus bietet die BeA • ein- bis zweitägige Workshops zu aktuellen Themen, • einen Arbeitskreis, der Beraterinnen und Beratern die Möglichkeit zu regelmäßigem Erfahrungsaustausch bietet und • Supervision – ein Coaching, bei dem die Reflexion des eigenen Verhaltens sowie das Analysieren selbst erlebter Praxisfälle im Mittelpunkt stehen. Auch an den Fachhochschulen hat man den steigenden Bedarf an externen, aber zunehmend auch an internen Beratern erkannt und versucht, methodisches und fachliches Berater Know-how zu vermitteln. „Studieren kann man überall – Consulting nur in Emden“ mit dieser Aussage wirbt die Fachhochschule Emden für den Studiengang Business Consulting. Er nimmt eine Vorreiterrolle ein, bietet er doch bisher als einziger Studiengang die Möglichkeit, direkt nach dem Abitur in das Thema Consulting einzusteigen. Der MBA – Weiterbildungsstudiengang Internationale Unternehmensberatung der Fachhochschule Ludwigshafen existiert seit 1995. Das MBA-Programm International Management Consulting (IMC) des Institute for International Management Consulting (I-IMC) der Fachhochschule Ludwigshafen ist ein berufsbegleitendes Präsenzstudium mit dem international anerkannten Abschluss MBA (MBA-IMC®). Die Inhalte sind, ausgehend von Grundlagen der Betriebs- und Volkswirtschaftslehre, auf Inhalte aus dem Bereich Management Consulting abgestimmt. Der Erwerb und der Ausbau von theoretisch fundiertem und durch Praxis- und Fallbeispiele untermauertem Wissen und Methoden zum Management Consulting stehen im Vordergrund. Voraussetzung für die Zulassung zum Studium sind ein abgeschlossenes Hochschulstudium, drei Jahre Berufserfahrung sowie gute Englischkenntnisse. Zugelassen werden Absolventen aller Fachrichtungen. Die Teilnahmegebühren für das 4 Semester dauernde Aufbaustudium betragen € 2.800 pro Semester. Der Studentenwerksbeitrag beträgt zurzeit € 87 pro Semester. MBA-IMC® ist akkreditiert durch die Foundation for International Business Administration Accreditation (FIBAA), eine offiziell anerkannte Akkreditierungsorganisation für deutschsprachige Länder. Die Standards der
30 UNTERNEHMENSBERATUNG HEUTE – DIE VIELFALT DER HERAUSFORDERUNG FIBAA stehen mit denen großer angloamerikanischer Akkreditierungsorganisation im Einklang. Als Kooperationsprodukt des I-IMC und der Fachhochschule Solothurn Nordwestschweiz wird, auf der Basis des bewährten MBA-IMC® Konzeptes, der Studiengang seit dem Frühjahr 2003 auch in der Schweiz als zweijähriges Nachdiplomstudium angeboten. Der MBA-Studiengang „International Business Consulting“ (IBC) der Fachhochschule Offenburg wird seit dem WS 1999/2000 – unter dem Dach der Graduate School als zentraler Einrichtung der FH Offenburg – am Standort Gengenbach angeboten, seit dem WS 2001/02 kostenpflichtig und mit neuer Studien- und Prüfungsordnung. Auch der MBA-Studiengang International Business Consulting (IBC) der Fachhochschule Offenburg erfüllt die FIBAAQualitätsstandards für MBA-Programme und ist von der FIBAA-Akkreditierungskommission am 16. Februar 2004 akkreditiert worden. Das Studium beginnt jeweils im WS und dauert fünfzehn Monate (incl. Master-Thesis). In dieser Zeit sind insgesamt 52 SWS zu absolvieren. Die Finanzierung erfolgt aus dem Hochschulhaushalt und durch Studiengebühren. Sie betragen derzeit für die drei Semester insgesamt 7.400 Euro. Zum Angebot der Hochschule Pforzheim vgl. den Beitrag von Prof. Dr. J. Janovsky über das Aufbaustudium „Master of Business Administration (MBA) in Human Resources Management und Consulting (MBA-HRM&C) an der Hochschule Pforzheim in diesem Buch. Die Kosten liegen hier bei insgesamt 6.400 € + Studentenwerksbeitrag (€ 92 pro Semester) für einen über 15 Monate gehenden Blockunterricht.
Gutes Examen ist wichtig – aber nicht jeder mit Prädikatsexamen ist auch ein Beratertyp! Wie bereits beschrieben ist der Zugang zu einer Tätigkeit als Unternehmensberater nicht geregelt. Üblicherweise werden fundierte kaufmännische und betriebswirtschaftliche Kenntnisse gefordert, die in entsprechenden Studiengängen erworben wurden. Häufig sind Zusatzkenntnisse im Bereich Recht und ein ausgeprägtes Verständnis für technische Sachverhalte von Vorteil. Neben diesen formalen Qualifikationen sind bestimmte Persönlichkeitsmerkmale gefragt. So ist beispielsweise eine hohe analytische Fähigkeiten sowie überzeugendes, seriöses Auftreten für jede beratende Tätigkeit unab-
UNTERNEHMENSBERATUNG HEUTE – DIE VIELFALT DER HERAUSFORDERUNG 31 dingbar. Die Fähigkeit, ein Problem aus der Vogelperspektive, mit all seinen Querverbindungen und Facetten zu erfassen und dies klar strukturiert zu beschreiben, ist gefragt. Und diese Problemsicht muss mit diplomatischem Geschick und Überzeugungskraft vertreten werden können. Beratung ist Teamwork. Das ist kein hohles Schlagwort, sondern pure Notwendigkeit, die sich allein durch die Komplexität der Aufgaben ergibt. Die erkannten Probleme erfordern Restrukturierungsmaßnahmen, und da ist der Einzelne meist überfordert. Unternehmensberatung in größeren Unternehmen ist Projektarbeit. Hier muss sich der Berater in unterschiedlichen Rollen bewähren. Als Projektleiter wie als Projektmitarbeiter wird er ständig mit neuen Gegebenheiten konfrontiert, muss sich auf neue Personen einstellen, ist in unterschiedlichen Rollen gefordert. Flexibilität ist hier oberstes Gebot. Dies bezieht sich häufig auch auf die Region, in der man tätig ist. Uneingeschränkte regionale Mobilität wird erwartet. Sie sollte nicht als Last sondern positiv als Chance, Neues kennen zu lernen, empfunden werden. Welches Profil sollte ein Bewerber bei einer (renommierten) Unternehmensberatung haben? Betrachtet man die in Inseraten bzw. im Recruiting angesprochenen Fähigkeiten, so wird meist die Teamorientierung und soziale Kompetenz an vorderster Stelle erwähnt. Ebenfalls sehr hoch gehandelt wird das analytische Denken. Weit vorne liegen zudem Kommunikationsstärke und Kreativität. Als Berater muss man neugierig sein. Eine schnelle Auffassungsgabe und die Bereitschaft sowie die Fähigkeit und der Wille zu ständigem Lernen sind ebenfalls notwendig. Daneben sollte sich ein idealer Kandidat durch sehr gute Studienergebnisse (als Leitlinie wird häufig genannt, dass er zu den besten zehn Prozent eines Jahrgangs gehören sollte) und/oder interessante Werdegänge auszeichnen. Nicht unbedingt der gerade Weg ist wichtig, sondern das Engagement mit dem der jeweilige Weg verfolgt worden ist. Auch einfallsreiche Querdenker haben eine Chance. Zudem sind Auslandsaufenthalte (Praktika oder Auslandssemester) ein wichtiges Kriterium. Aus den folgenden Fachbeiträgen lässt sich einiges – auch zwischen den Zeilen – über die diesbezüglichen Erwartungen der jeweiligen Gesellschaften nachlesen.
Der Weg zum Job Bei der aktuell schwächelnden Konjunktur haben vor allem Berufsanfänger schlechtere Karten. Viele Beratungshäuser hatten in den vergangenen Jahren eine sehr hohe Bereitschaft, junge Consultants einzustellen. Jetzt sind
32 UNTERNEHMENSBERATUNG HEUTE – DIE VIELFALT DER HERAUSFORDERUNG oft erfahrenere Berater gefragt. In wirtschaftlich kritischen Zeiten ist für die Kunden Berufserfahrung Trumpf – die Beratungsgesellschaften orientieren sich in ihrem Einstellungsverhalten an dieser Erwartung. Auf jeden Fall wird noch mehr auf Qualität und weniger auf Quantität gesetzt. Erste Sporen lassen sich allerdings vielfach mit qualifizierten Praktika verdienen – eine Möglichkeit, die man als Hochschul-Abgänger oder während des Studiums nicht außer Acht lassen sollte. Eigeninitiative wird bei Beratungsgesellschaften groß geschrieben – deshalb kann man auf Initiativbewerbungen mit raschen Reaktionen rechnen. Es gibt natürlich auch andere Möglichkeiten der Kontaktaufnahme. Interessant können beispielsweise die diversen Firmenkontaktmessen (Jobmessen, Recruiting-Events) sein. Hier präsentieren sich vor allem die größeren Beratungsgesellschaften. Informationen zu derartigen Veranstaltungen finden sich bspw. unter www.akademika.de, www.careersineurope.com, www.absolventenkongress.de, www.bonding.de, www.connecticum.de, www.konaktiva.de, www.unicum.de. Interessant sind auch die neuerdings angebotenen Consulting Days bei denen als Bewerber die Möglichkeit hat führende Consulting-Unternehmen kennen zu lernen. Derartige Veranstaltungen findet man beispielsweise unter www.hobsons.de. Außerdem veranstalten viele der großen Unternehmensberatungsgesellschaften Recruitingtage und Absolventenkongresse zum Teil in Zusammenarbeit mit Universitäten. Es lohnt sich, auf entsprechende Anzeigen in den überregionalen Tageszeitungen zu achten. Aber auch die Beratungsgesellschaften beobachten ihrerseits den potentiellen Bewerbermarkt. Studierende die durch außergewöhnliche Aktivitäten auffallen (wie beispielsweise die erfolgreiche Teilnahme an Unternehmensplanspielwettbewerben wie dem priME-Cup) haben die Chance, interessante Praktika bei Consultingunternehmen zu bekommen. Wie werden die zukünftigen Mitarbeiter ausgewählt? Hier unterscheidet sich das Prozedere bei den verschiedenen Beratungsgesellschaften. Wenn die Bewerbungsunterlagen interessant sind, kann ein Assessment Center folgen, andere setzen auf Einzelinterviews mit kleinen Case Studies, wieder andere haben einen mehrstufigen Entscheidungsprozess, bei dem sie sich zunächst in einem Interview ein Bild von dem Kandidaten machen, um dann, in einem zweiten Schritt im Rahmen eines Auswahltages, in kleiner Gruppe an einer Fallstudie zu arbeiten. Auch hierzu findet man in den folgenden Artikeln wertvolle Hinweise.
33
Geprüfte Qualität in einer Branche ohne Berufsbezeichnungsschutz von Christoph Weyrather, Geschäftsführer Bundesverband Deutscher Unternehmensberater BDU e.V., Bonn Der Beruf des Unternehmensberaters unterliegt in Deutschland keiner gesetzlich fixierten Berufsordnung und keinem Berufsbezeichnungsschutz. Die Bezeichnungen Unternehmensberater, Wirtschaftsberater, Betriebsberater o. ä. kann jeder führen, unabhängig von Qualifikation und Erfahrung. Grund genug für den Bundesverband Deutscher Unternehmensberater BDU e.V., um sich seit seiner Gründung im Jahr 1954 mit seinem umfangreichen Leistungsspektrum für eine kontinuierliche Verbesserung der Beratungsqualität in Deutschland einzusetzen. Die Qualitätssicherung des Verbandes in der Consultingbranche basiert auf zwei Säulen. 1.
Zum einen bietet der BDU eine Mitgliedschaft für die Beratungsgesellschaft an. Sowohl für den Klienten als auch für den Kandidaten ist die Mitgliedschaft im BDU Signal dafür, mit einem seriösen, zuverlässigen und kompetenten Beratungsanbieter zusammenzuarbeiten, dessen Leitung in der Hand eines qualifizierten Unternehmensberaters liegt. Die Unternehmensberatung hält sich an die festgelegten Regeln der Berufsgrundsätze und Verhaltenscodices des BDU. Die Berufsgrundsätze bestimmen das Verhalten der BDUMitglieder in ihren Beziehungen zu Klienten, Mitarbeitern, Bewerbern, Lieferanten und der Öffentlichkeit. Sie regeln Dinge wie fachliche Kompetenz, Seriosität, und Effektivität, Objektivität, Neutralität und Eigenverantwortlichkeit, unvereinbare Tätigkeiten, Vertraulichkeit, Unterlassung von Abwerbung, angemessene Preisbildung und fairen Wettbewerb. Die Mitglieder verpflichten sich freiwillig zur Einhaltung der Grundsätze und unterwerfen sich in strittigen Fragen dem BDU-Ehren- oder Schiedsgericht. Aufnahme und Mitgliedschaft in den Verband sind an strenge Vorgaben geknüpft. Mitglied im BDU ist hier die Unternehmensberatung, nicht die Person.
2.
Zum anderen können Inhaber, Partner und Mitarbeiter von BDUUnternehmensberatungen in Deutschland seit 1998 dem Qualitätsnachweis der Verbandsmitgliedschaft ein weiteres Zeichen für Kompetenz und Zuverlässigkeit hinzufügen: den international anerkann-
34
GEPRÜFTE QUALITÄT IN EINER BRANCHE ten Titel „Unternehmensberater CMC/BDU“ (Certified Management Consultant). Dieser Titel wird personenbezogenen und damit dem einzelnen Unternehmensberater verliehen. Die Vergabe ist u. a. an den Nachweis einer 3- bis 8-jährigen Berufserfahrung als Unternehmensberater (je nach Vorbildung und Berufspraxis in anderen Branchen), die Präsentation von 3 Beratungsprojekten sowie 2 strukturierte Fachinterviews gebunden. Der Titel muss nach drei Jahren rezertifiziert werden.
Der BDU ist der Wirtschafts- und Berufsverband der Managementberater und Personalberater in Deutschland. Er ist der weltweit größte Unternehmensberater-Verband und Mitglied im europäischen Beraterdachverband European Federation of Management Consulting Associations (FEACO) mit Sitz in Brüssel und im International Council of Management Consulting Institutes (ICMCI), der weltweiten Vereinigung zur Qualitätssicherung in der Unternehmensberatung mit Sitz in den USA. Im Verband sind rund 16.000 Berater organisiert, die sich auf 550 Mitgliedsfirmen verteilen. Die Mitgliedsunternehmen im BDU erzielen gemeinsam einen Marktanteil am Branchenumsatz von rund 25 Prozent.
35
Der Doktortitel als Wettbewerbsfaktor von Dr. Hans-Ulrich Vollmer, Akademisches Netzwerk Ein Titel allein nützt nicht viel, es sei denn, die damit verbundenen Fähigkeiten und Potenziale können marktnah eingesetzt werden. Gepaart mit Praxiserfahrung kann ein Doktortitel zum Karrierebeschleuniger werden und den Zugang zu anspruchsvollen Beratungsaufträgen erleichtern bzw. überhaupt erst möglich machen. Woran liegt das? Unternehmensberater haben Vertrauenspositionen inne, oftmals deswegen, weil sie Unternehmen in Situationen beraten, in denen weit reichende, bisweilen für die Beteiligten auch schmerzhafte Entscheidungen getroffen werden müssen. Mit dem Doktortitel verbinden sich im öffentlichen Bewusstsein bestimmte persönliche und charakterliche Eigenschaften: Ausdauer, Fleiß, Gründlichkeit, Selbstdisziplin, intellektuelle Redlichkeit, Kreativität1, nicht zu vergessen das Gefühl des „Dazugehörens“, das die Atmosphäre in Gesprächen und Diskussionen mit unternehmerischen Entscheidungsträgern – die häufig selbst promoviert sind – positiv beeinflusst.
Konkurrenzsituation und zukünftige Entwicklung des Marktes für Beratungsleistungen Zu den Beratungsleistungen, die von Unternehmen nachgefragt werden, gehören die Strategieberatung, die Organisationsberatung, die EDV-Beratung, die Technologieberatung, die Marketingberatung, die Finanzberatung und die Personalberatung.2 Der Markt für Beratungsleistungen ist gekennzeichnet durch ständig sich ausweitende Beratungsbedürfnisse sowie eine Vielfalt von Beratungsinhalten und Beratungsmethoden. Viele Entscheidungsträger in Unternehmen nehmen in zunehmendem Maße Beratungsdienstleistungen in Anspruch, wobei zumeist bereichsübergreifende Problemstellungen Auslöser für Beratungsaufträge sind.
1
Vgl. Münch, Ingo von: Promotion, Tübingen 2003, S. 4
2
Vgl. Hunecke, Jörg: Interne Beratung durch Interne Revision. Herausforderung und Chance für den Berufsstand der Internen Revisoren, Sternenfels 2003, S. 3
36
DER DOKTORTITEL ALS WETTBEWERBSFAKTOR
In der Regel sind es neue Strategien, Modelle und Verfahren, neue Strukturen und neue Technologien, die mit dem Einsatz von Beratungsfirmen realisiert werden sollen. Auslöser dieser Neuerungen ist vor allem die hohe Komplexität und Dynamik in der Unternehmensumwelt und in den Unternehmensstrukturen. Dabei herrscht Übereinstimmung, dass Unternehmensberatung zukunftsorientiert ausgerichtet sein muss und nicht mehr nur zum Zwecke der Identifikation und Beseitigung aktueller Schwachpunkte beauftragt wird. Die verstärkte Zukunftsorientierung des Beratungsbedarfs hat in der Vergangenheit oft dazu geführt, dass Beratungsleistungen von unterschiedlichsten Anbietern bezogen wurden, die den konzeptionellen Gesamtanforderungen vieler Unternehmen häufig nicht optimal entsprochen haben. Als die neuen Herausforderungen geballt auftraten, haben sich insbesondere im IT-Umfeld (Webmaster, Supporter, IT-Sicherheit), aber auch in anderen Bereichen (business re-engineering, lean management, Outsorcing-Strategien) teilweise Berater angedient, deren branchenspezifisches Know-how eher unzulänglich war. Um den Anschluss nicht zu verpassen, haben viele Unternehmen Konzepte eingekauft, die nicht optimal auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten waren. Die Berufsbezeichnung „Unternehmensberater“ ist weder besonders geschützt noch zertifiziert, so dass es nicht verwundert, wenn in einzelnen Gebieten3 selbsternannte Spezialisten ihre Dienste anbieten, um an dem außergewöhnlichen Wachstum des Beratungsmarktes zu partizipieren. Diese Potenziale sind natürlich auch seriösen Konkurrenten nicht verborgen geblieben. So haben vor allem Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaften, Sicherheitsberater, Softwarehersteller, Personalberater sowie Qualitäts- und Öko-Auditoren im Markt Fuß gefasst.4 Weiterhin darf nicht außer acht bleiben, dass der Beratungsbedarf von Unternehmen zu einem großen Teil unternehmensintern gedeckt wird.5 Der Beratungsmarkt wird von einer großen Zahl an Wettbewerbern umkämpft, unter denen einige – durch spezifische Fachkenntnisse, durch ge3
4 5
Roland Berger unterscheidet 7 Beratungsfelder der Unternehmensberatung, Hunecke, Jörg: Interne Beratung durch Interne Revision. Herausforderung und Chance für den Berufsstand der Internen Revisoren, Sternenfels 2003, S. 29 Hunecke, Jörg: Interne Beratung durch Interne Revision. Herausforderung und Chance für den Berufsstand der Internen Revisoren, Sternenfels 2003, S. 158 ff. ebenda, 4
DER DOKTORTITEL ALS WETTBEWERBSFAKTOR
37
schützte Berufstitel oder durch zertifizierte Qualifikationen - nicht unerhebliche Startvorteile haben. Der Unternehmensberater sieht sich einer ernsthaften und harten Konkurrenz gegenüber, vor der er sich für die Zukunft wappnen muss. Wie sieht der Beratungsmarkt in der Zukunft aus? Die steigenden Anforderungen in den Unternehmen wird man mit Sicherheit verstärkt mit interdisziplinären Beratungsteams zu bewältigen versuchen. Dies bedingen bereits die mit dem Strukturwandel im Dienstleistungssektor und mit der Globalisierung der Wirtschaft verbundenen lokalen und interkulturellen Herausforderungen an die Unternehmensführungen. Externe Berater müssen daher in Zukunft nicht nur mindestens ebenso qualifiziert sein wie die Mitarbeiter der unternehmensinternen Beratungsabteilungen, sie müssen sich auch mit der Qualifikation der übrigen Mitglieder eines möglicherweise zu installierenden interdisziplinären Beratungsteams messen können, um in diesem als gleichwertiges Mitglied anerkannt zu sein.
Zukünftig entscheidende Qualifikationsmerkmale erfolgreicher Unternehmensberater Die Fähigkeiten des Unternehmensberaters der Zukunft werden entscheidend bestimmt durch die Anforderungen, die von Seiten der Unternehmen festgelegt werden. Es sind dies im Einzelnen:6 Fähigkeit Analytisches Denkvermögen Objektivität Verantwortungsbewusstsein Schnelle Auffassungsgabe Unabhängigkeit Kommunikationsfähigkeit Kreativität Prozessverständnis
6
Anteil 75 % 60 % 60 % 59 % 53 % 50 % 47 % 47 %
Vgl. Hunecke, Jörg: Interne Beratung durch Interne Revision. Herausforderung und Chance für den Berufsstand der Internen Revisoren, Sternenfels 2003, S. 284
38
DER DOKTORTITEL ALS WETTBEWERBSFAKTOR
Teamfähigkeit Ausgeprägtes Spezialwissen in dem Bereich, der beraten wird Praktische Erfahrung in dem Bereich, der beraten wird Eigeninitiative Unternehmerisches Denken Kooperationsbereitschaft Flexibilität Organisationsverständnis Überzeugungskraft Kundenorientiertes Denken Akzeptanz fremder Ideen Sprachkenntnisse
44 % 41 % 41 % 38 % 34 % 31 % 28 % 28 % 25 % 22 % 19 % 0%
Die hohe Bedeutung der ersten Merkmale wie auch deren Reihenfolge insgesamt bestätigt die These, dass Unternehmensberater mit der Zusatzqualifikation einer Promotion z.B. in angewandter Betriebswirtschaftslehre dem Anforderungsprofil der Unternehmen in besonderer, vielleicht nahezu idealtypischer Weise gerecht werden. Fähigkeiten der Steuerung anspruchsvoller Projekte, die zielorientierte Anwendung geeigneter Untersuchungsmethoden auf der Basis eines theoretisch fundierten analytischen Rahmens und die Ableitung praxisrelevanter Verfahren und Handlungsempfehlungen sind kennzeichnend für ein anwendungsorientiertes Forschungsverständnis7 und decken sich zugleich mit den Erwartungen, die von den Unternehmen an die Unternehmensberatung gerichtet werden.
Fazit Projektorientierung, Methodenvielfalt und Anwendungszielsetzung sind charakteristisch für die Vorgehensweise in der Unternehmensberatung und zugleich Kennzeichen des anwendungsorientierten Forschungsansatzes in der Betriebswirtschaftslehre. Die Mitverantwortung für weit reichende Unternehmensentscheidungen sowie die intellektuelle Nähe zu den Entschei7
Vgl. Popovic, Tobias: Customer Capital. Die Wertschöpfung von E-Commerce-Unternehmen und ihre zweckadäquate Bewertung aus Perspektive des Aktienresearch, Sternenfels 2004, S.36 ff.
DER DOKTORTITEL ALS WETTBEWERBSFAKTOR
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dungsträgern fordern besondere Qualifikationsmerkmale für den Berufsstand der Unternehmensberater, der sich gegen zunehmende unternehmensinterne und -externe Konkurrenz behaupten muss. Eine Promotion ist die beste Investition, um den künftigen Anforderungen des Beratungsmarktes gerecht zu werden.
Literaturhinweise Brauner, Detlef Jürgen/Vollmer, Hans-Ulrich: Erfolgreiches wissenschaftliches Arbeiten. Seminararbeit – Diplomarbeit – Doktorarbeit, Sternenfels 2004 Hunecke, Jörg: Interne Beratung durch Interne Revision. Herausforderung und Chance für den Berufsstand der Internen Revisoren, Sternenfels 2003 Popovic, Tobias: Customer Capital. Die Wertschöpfung von E-CommerceUnternehmen und ihre zweckadäquate Bewertung aus Perspektive des Aktienresearch, Sternenfels 2004 Vollmer, Hans-Ulrich/Lauterbach, Andrea: Erfolgreich extern promoviert werden als StB/WP, Sternenfels 2005 Vollmer, Hans-Ulrich: Die Doktorarbeit schreiben. Strukturebenen – Stilmittel – Textentwicklung, Sternenfels 2005
Dr. Detlef Jürgen Brauner, Dr. Hans-Ulrich Vollmer
Erfolgreiches wissenschaftliches Arbeiten Seminararbeit Diplomarbeit Doktorarbeit 2004, 140 S., € 10,00 ISBN 3-89673-225-0 (WISSEN KOMPAKT) Die Autoren liefern eine geschlossene Darstellung der Vorgehensweise zur Abfassung und Veröffentlichung einer wissenschaftlichen Arbeit. Im Mittelpunkt stehen nicht typische Fehler von Studierenden und Hinweise zu deren Vermeidung, sondern eine Gesamtbetrachtung der Entstehung einer wissenschaftlichen Arbeit, orientiert an den vielfältigen Problemen, die auf dem mühevollen Weg der wissenschaftlichen Erkenntnis zu bewältigen sind. Die Phasen der Entwicklung und fortschreitenden Konkretisierung eines Themas und dessen Anspruch der Wissenschaftlichkeit werden detailliert behandelt, wobei auf den Zusammenhang zwischen den einzelnen Phasen besonderes Gewicht gelegt wird. Dieses Buch ist darauf angelegt, auftretende Hemmnisse zu beseitigen und die zur Verfügung stehende Zeit nicht zu vergeuden, sondern erforderlichenfalls durch notwendige Arbeiten an anderer Stelle zu kompensieren. Für alle denkbaren Schwierigkeiten werden Handlungsanweisungen formuliert, die mögliche Blockaden auf ihre Ursachen zurückführen und Lösungen aufzeigen. Darüber hinaus enthält das Buch Empfehlungen und Hinweise zur Überarbeitung der vorläufigen Endfassung sowie zur Herstellung der Druckexemplare. Das letzte Kapitel befasst sich gezielt mit den Möglichkeiten der Veröffentlichung. Dieses Buch schafft die Voraussetzungen für überdurchschnittliche Seminar-, Diplom-, und Doktorarbeiten und zeigt Hochschulabsolventen den Weg, ihre wissenschaftliche Leistung in angemessener Weise bekannt zu machen.
Dr. Hans-Ulrich Vollmer
Die Doktorarbeit schreiben Strukturebenen – Stilmittel – Textentwicklung 2005, 128 S., zahlr. Abb. u. Tab., € 20,00 ISBN 3-89673-265-X (WISSEN KOMPAKT) Dieses Buch zeigt, wie fachspezifische Problemstellungen in eine strukturierte Textentwicklung umzusetzen sind. Die typischen Makrostrukturen wirtschaftswissenschaftlicher Doktorarbeiten, Strategien der Gliederungssequenz und der Textkohärenz werden erläutert und anhand von realisierten Arbeiten aus den Bereichen Steuern/Prüfungswesen, Unternehmensführung und -beratung veranschaulicht, ebenso Formulierungsstrategien für Textanfang und Argumentationsführung, wissenschaftssprachliche Invarianten und die wichtigsten Stilmittel. Eine Systematik der Funktionen des wissenschaftlichen Zitierens sowie die möglichen Varianten der Gliederung der Einleitung und der Konzipierung des Schlussteils liefern weitere Hinweise zur schriftlichen Ausarbeitung eines Dissertationsthemas.
Verlag Wissenschaft & Praxis
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Berater in der Landeswirtschaftsförderung Multiplikatorenberatung und Beratungsförderung im Rahmen der Initiative für Existenzgründungen und Unternehmensnachfolge – ifex von Prof. Peter Schäfer, Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg, ifex – Initiative für Existenzgründungen und Unternehmensnachfolge
Einleitung Die Förderung von Existenzgründungen und die Sicherung der Unternehmensnachfolge ist heute sowohl auf Landes- wie auf Bundesregierungsebene ein Kernstück gestaltender Mittelstandspolitik. Baden-Württemberg rief bereits vor zehn Jahren eine Existenzgründungsinitiative ins Leben, die bis dato das Klima für Entrepreneurship in vielen gesellschaftlichen Bereichen nachhaltig verbessert hat. Im Jahr 2001 beschloss der Landtag von Baden-Württemberg auf Empfehlung der Enquetekommission „Mittelstand“ den unbefristeten Fortbestand der Initiative für Existenzgründungen und Unternehmensnachfolge – ifex. Im Zuge der badenwürttembergischen Verwaltungsreform und der damit verbundenen Auflösung des Landesgewerbeamts Baden-Württemberg – der bisherigen Heimat von ifex- wurde die Initiative zum 1. Juli 2004 als eigenständiges Referat in das Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg eingegliedert. Auch diese strukturelle Veränderung unterstreicht den hohen Stellenwert des Themas.
ifex – Initiative für Existenzgründungen und Unternehmensnachfolge initiieren – koordinieren – fördern ifex verfügt über ein breites Spektrum an Kooperationspartnern – inzwischen liegt die Zahl bei rund 1400 Einrichtungen. Kammern, Verbände, Wirtschaftsförderungseinrichtungen, Hochschulen, Schulen, Behörden und Vertreter der Privatwirtschaft haben mit innovativen Ideen zu einer neuen Gründungskultur beigetragen. Mit konzeptioneller und finanzieller Unterstützung der ifex hat sich in im Laufe der letzten Jahre ein diversifiziertes Informations-, Qualifizierungs- und Beratungsangebot entwickelt, mit dem
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BERATER IN DER LANDESWIRTSCHAFTSFÖRDERUNG
Baden-Württemberg im bundesweiten Vergleich der Gründungsinitiativen einen der vorderen Plätze einnimmt. ifex initiiert landesweite Kampagnen und Wettbewerbe, neue Förderansätze und konzertierte Aktionen ifex koordiniert Projekte und Partner – auf regionaler wie auf internationaler Ebene ifex fördert Informationsangebote, Qualifizierung, Beratung und Coaching sowie zielgruppenspezifische Modellvorhaben und regionale Projekte ihrer Partnerorganisationen Daraus resultiert ein breites Aufgabenspektrum, das sich wie folgt gliedert: Informationsservice ifex informiert: • Gründerinnen und Gründer – ob Neugründung, Übernahme oder tätige Beteiligung • Unternehmerinnen und Unternehmer, die sich mit der Übergabe beschäftigen • Multiplikatoren • Schüler und Studierende über • Fördermöglichkeiten • Beteiligungskapital • Anlaufstellen und Literatur • Internet-Börsen • Frauenspezifische Angebote • Hochschul- und Schulprojekte tagesaktuell im landesweiten Portal für Existenzgründung und Unternehmensnachfolge www.newcome.de oder mittels Broschüren.
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Start auf dem Campus Die baden-württembergischen Hochschulen und Forschungseinrichtungen haben das Thema Existenzgründung sowohl im Rahmen der Lehre als auch in Form von Business-Plan-Wettbewerben und Ausgründungsprojekten verinnerlicht. ifex unterstützt ihre Maßnahmen konzeptionell und finanziell in folgenden Bereichen: • Hochschul-Inkubatoren, Gründerverbunde und Netzwerke • Informations- und Qualifizierungsmaßnahmen • Planspiele und Wettbewerbe Wachstumsstarke Unternehmensgründungen Innovative, wachstumsstarke Unternehmensgründungen schaffen die Arbeitsplätze der Zukunft. Sie sind in der Regel wesentlich kapitalintensiver und bedürfen intensiver Marktrecherchen. Das ifex-Angebot an diese Zielgruppe: • aktuelle Übersicht über Beteiligungskapitalgeber in Baden-Württemberg • Informationen zu Paten- und Business-Angel-Netzwerken • Förderung von Gründer-Coachings im Bereich technologieorientierter Unternehmensgründungen • Förderung von Vermittlungs- und Kooperationsprojekten 12-Punkte-Programm zur Sicherung der Unternehmensnachfolge Die Sicherung der Unternehmensnachfolge ist in unserer mittelständisch geprägten Wirtschaftsstruktur ein zentrales wirtschaftspolitisches Anliegen. ifex unterstützt dieses Anliegen im Rahme des 12-Punkte-Programms des baden-württembergischen Wirtschaftsministers zur Sicherung der Unternehmensnachfolge insbesondere auf folgenden Feldern: • Öffentlichkeitsarbeit • Förderung von Informations- und Qualifizierungsmaßnahmen • Förderung der Übergeber-Beratung
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BERATER IN DER LANDESWIRTSCHAFTSFÖRDERUNG • Förderung von Nachfolge-Moderatoren bei Industrie- und Handelskammern und Handwerkskammern • Förderung des Übernehmer-Coachings • Förderung von Hochschulprojekten zur Nachfolge
Schule und Selbständigkeit Die frühzeitige Sensibilisierung unserer Schülerinnen und Schüler für die berufliche Selbständigkeit ist ein wichtiges Anliegen der baden-württembergischen Initiative. Phantasie, Grips und Persönlichkeit werden im Rahmen von Planspiel-Wettbewerben oder der realen Gründung einer Junioren- oder Schülerfirma gefördert. Am PriManager-Cup „Primaner managen eine AG“ nehmen mehr als 330 Schülerteams aus baden-württembergischen Gymnasien statt. Auf Messen präsentieren Schüler und Auszubildende mit unserer Unterstützung ihre Produkte und Dienstleistungen. Ferner gestaltet und fördert ifex Lehrerfortbildungen und Lehrmaterialien in Kooperation mit Partnern. Gründerinnen und Unternehmerinnen Es gibt viele Argumente, warum Gründerinnen und Unternehmerinnen einer besonderen Ansprache bedürfen. „Frauen gründen anders“ – und deshalb fördert und unterstützt ifex: • Existenzgründerinnen-Tage • Kongresse, Messen und Börsen für Unternehmerinnen • Gründerinnen-Stammtische • Unternehmerinnen-Netzwerke • Qualifizierungs-, Beratungs- und Coachingmaßnahmen • Regionale Initiativen für Gründerinnen und Unternehmerinnen • das Baden-Württembergische Gründerinnenforum Regionale Netzwerke und Projekte Die Unterstützung vor Ort – im kommunalen oder regionalen Kontext muss primäres Ziel einer effektiven staatlichen Gründungs- und Nachfolgeförderung sein. Deshalb fördert ifex im Rahmen verschiedener Programme
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• regionale Existenzgründungs- und Nachfolgeveranstaltungen und -messen • regionale Sprechtage und Beratungsangebote • one-stop-agencies (Starter Center) • Betreuungsangebote von Gründerzentren • regionale Projekte zur Nachfolge-Beratung und -Vermittlung Entrepreneurship international ifex hat sich mit seinem breiten Spektrum an Maßnahmen und Förderangeboten auch national und international einen Namen gemacht. ifex konnte in den vergangenen zwei Jahren zwei europäische und zwei bundesweite Projektausschreibungen für sich entscheiden und war darüber hinaus Veranstalter mehrerer internationaler Kongresse. Der Austausch mit anderen europäischen Regionen ist für ifex Pflicht: wir erhalten dadurch wichtige neue Anregungen und können unsererseits auch anderen wichtige Hilfestellung geben. Existenzgründung durch Migranten Die zielgruppengerechte Ansprache und Ausrichtung von Maßnahmen der Gründungsförderung auf Migranten soll die Akzeptanz und Kenntnis dieser Angebote bei ausländischen Gründern erhöhen, die Anzahl der Gründungen steigern und die Qualität verbessern. Unsere bewährten Instrumente sind hierbei: • Existenzgründertage und Seminare für verschiedene Nationalitäten • Sprechtage für ausländische Existenzgründer • Existenzgründungsberatungen durch zweisprachige Berater • Fremdsprachliche Existenzgründungsbroschüren Small Business Klein- und Kleinst-Gründungen, Nebenerwerbsgründungen – heute landläufig als Small Business bezeichnet, starten häufig unter schwierigen Rahmenbedingungen. Nicht jede Idee ist in diesem Kontext Erfolg versprechend. Deshalb fördert ifex zielgruppenspezifische Projekte, die Gründungswillige mit der gebotenen Sorgfalt beraten und sie auf ihrem Weg begleiten.
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BERATER IN DER LANDESWIRTSCHAFTSFÖRDERUNG
Branchenspezifische Maßnahmen Unsere branchenspezifischen Maßnahmen zur Gründungs-, Festigungs- und Nachfolge-Qualifizierung haben bundesweit Modellcharakter. Viele Fachverbände und Organisationen konnten wir bereits zu einer am Berufsbild oder am Geschäftszweck orientierten Wissensvermittlung motivieren und sie bei der Konzeption und Durchführung von Veranstaltungen unterstützen. Beispiele aus unseren Branchenschwerpunkten: • Gesundheitswirtschaft • Soziale Berufe • Erlebniswirtschaft / Tourismus • technische und naturwissenschaftliche Beratung, • erneuerbare Energien und • bildende Kunst und Popmusik Bis zu 500 Gründungsinteressierte melden sich für diese Veranstaltungen an.
Universalisten für Multiplikatorenberatung und Beratungsförderung Das breite Aufgabenspektrum der ifex wird von einem Kernteam mit lediglich 9 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern abgedeckt. Die meisten haben ein Universitäts- oder Fachhochschulstudium in Betriebswirtschaft absolviert, an ihrer Seite arbeiten Diplom-Verwaltungswirte (FH) und Diplom-Verwaltungswissenschaftler (Univ. Konstanz). Bei dieser fachlichen Vorprägung liegt die Vermutung nahe, dass das projektorientierte Agenturgeschäft einerseits und die Entwicklung und operative Umsetzung von Förderprogrammen andererseits in unterschiedlichen Händen liegt. Weit gefehlt, denn eine Initiative, die sich zum Ziel gesetzt hat, nicht nur an der Oberfläche zu kratzen, sondern ihren Kunden zielgruppenadäquate Hilfestellung zu leisten, benötigt Universalisten, die über das gesamte Instrumentarium der Wirtschaftsförderung und über Fachkompetenz in Gründungs- und Nachfolgefragen verfügen. Solche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wachsen nicht auf den Bäumen. Neue Kolleginnen und Kollegen durchlaufen in ihrer Lehre verschiedene Stationen, bis sie als Projektleiter für ifex-Schwerpunkte wie „Start auf dem Campus“ oder „Unternehmensnachfolge“ verantwortlich sind. Im ersten
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Lehrjahr lernen sie auf einer Tour de Ländle bei regionalen Existenzgründungsveranstaltungen und -seminaren sowohl viele Netzwerkpartner als auch die Fragen der eigentlichen Klientel, der Existenzgründerinnen und Existenzgründer kennen. Obwohl sich das ifex-Team primär als Koordinierungs- und Fördereinrichtung versteht, müssen alle verantwortlichen Mitarbeiter die Gründungs- und Nachfolgeberatung – von Small Business bis High-Tech-Start-Up – beherrschen. Nur so kann ein effektiver Lotsendienst zu den relevanten Beratungsstellen vor Ort oder zu ausgewiesenen Branchenexperten praktiziert werden. Nur so wird man bei der gemeinsamen Entwicklung neuer Projekte oder Modellvorhaben akzeptiert. Nur so kann man die Arbeit von Beratungsdiensten und freiberuflichen Beraterinnen und Berater evaluieren. ifex-Mitarbeiter transferieren häufig Projekterfahrungen aus einer Region in die andere. Sie beraten Kommunen und Landkreise bei der Errichtung von Gründerzentren oder Kammern bei der Ausgestaltung von One-StopAgencies. Best Practice Erfahrungen mit Patenschaftsnetzwerken oder regionalen Qualifizierungsprojekten, regionalen Gründerinnen- und Unternehmerinneninitiativen oder Erfahrungen im Aufbau von Junioren- oder Schülerfirmen werden an andere Initiatoren weitergegeben, die erst am Anfang stehen. Nicht selten kommt es vor, dass konzertierte Aktionen moderiert werden müssen, damit sich eine sinnvolle und für alle Einrichtungen befriedigende Arbeitsteilung ergibt. Am Ende dieses Prozesses des Know-how-Transfers, des Darstellens kritischer Erfolgsfaktoren, der Mitgestaltung von Projektskizzen steht dann häufig die Projektförderung, die sich bei ifex aus Landesmitteln oder EUMitteln speisen kann. Ein Bewilligungsbescheid determiniert die Projektrichtung, das Leistungsangebot, den finanziellen Rahmen, die Einbindung weitere Partner – und ist somit weit mehr als nur ein Verwaltungsakt. ifex ist in Baden-Württemberg für alle Förderprogramme im Bereich der Existenzgründungs- und -festigungsberatung zuständig. Darüber hinaus wurde in jüngster Zeit ein neues Förderprogramm zum Unternehmer-Coaching entwickelt, denn die bisherigen Erfahrungen mit der Beratungsförderung haben gezeigt, dass junge Unternehmerinnen und Unternehmer weniger eine „abgeschlossene Intensivberatung“, sondern vielmehr eine längerfristige, eher auf situative Fragestellungen bezogene Betreuung nachfragen.
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Unter Coaching wird im Rahmen des neuen Landesprogramms die Betreuung eines Unternehmers durch einen erfahrenen Trainer (Coach) verstanden. Der Coach soll zusammen mit dem Antragsteller unternehmerische Entscheidungen vorbereiten, Verbesserungsvorschläge liefern, Anleitungen zu ihrer Umsetzung in der Betriebspraxis geben sowie das Ergebnis kontrollieren. Dabei soll der Unternehmer in die Lage versetzt werden, zukünftig vergleichbare Problemstellungen selbst zu lösen. Im Rahmen der Entwicklung und Umsetzung eines solchen Programms kommen auf ifex-Mitarbeiter folgende Aufgaben zu: 1.
Bedarfserhebung vor dem Hintergrund der bisherigen Fördererfahrungen, Analyse von Förderprogrammen in anderen Bundesländern, beim Bund oder in anderen Ländern Europas
2.
Programmkonzeption und Budgetplanung
3.
Entwurf von Förderrichtlinien
4.
interne Budgetverhandlungen mit der Haushaltsabteilung, interne Festlegung der Mittelherkunft
5.
Diskussion der Förderrichtlinien mit Partnerorganisationen, z.B. den Beratungsdiensten von RKW oder den Handwerksorganisationen
6.
Gestaltung interner Verwaltungsprozesse, Personalplanung
7.
Entwicklung eines Förder-Merkblattes für die Förderklientel
8.
Entwicklung von Antrags- und Abrechnungsformularen, MusterBewilligungsbescheiden
9.
Feinabstimmung der Förderrichtlinien
10.
Erstellung von Akkreditierungsrichtlinien, die bestimmen, welche Beratungsdienste (= Beraterpools) oder Einzelberater für das Förderprogramm zugelassen werden, Führung der Beratungsdienste- bzw. Beraterliste
11.
Veröffentlichung des Programms, Pressemitteilungen, Artikel in Fachzeitschriften, etc.
12.
Überwachung der Förderabwicklung, ggf. Überarbeitung der Richtlinien und Formalien nach Pilotphase
13.
laufend: Einzelfallentscheidungen in Sonderfällen
14.
jährliche Evaluation des Programms
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15.
Pflege der Programminformationen in verschiedensten Förderportalen und Infoschriften
16.
Überwachung des Mittelabflusses, Budgetierung für Folgejahre
Gerade an der Nahtstelle zwischen Politik und Verwaltung ist eine Erkenntnis über das Beratungsgeschäft überlebensnotwendig: Wer beraten will, muss zuhören können. Das gilt auch für diejenigen ganz besonders, die Beratung fördern wollen. Es ist nicht immer leicht, das Engagement unterschiedlichster Partner und deren Interessen in eine Richtung zu kanalisieren. Zugeständnisse, Kompromisse und ein langer Atem bestimmen unser Tagesgeschäft, aber nie die Langeweile.
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Unternehmensberater – Lotsen in stürmischen Gewässern Ratschläge für (mittelständische) Unternehmer zur Zusammenarbeit mit Beratern von Dr. Albrecht Fridrich, Geschäftsführer RKW Baden-Württemberg GmbH, Stuttgart Unsere Wirtschaftswelt wäre ohne „Consulting“ nicht, was sie ist. Beratung heißt, Unternehmen immer wieder umzubauen, sie strukturell zu verändern und effizienter zu machen, damit sie im Wettbewerb bestehen. Daher wird qualifizierte Unternehmensberatung künftig noch gefragter sein – in erster Linie bei kleinen und mittleren Unternehmen, die den Wellengang der Internationalisierung besonders zu spüren bekommen. Noch nie war das Potenzial für Unternehmensberatung so groß, und die Dynamik der Branche wird weiter anhalten. Zugleich verschärft sich der Wettbewerb unter den Beratern selbst: Jährlich kommen zu den 70 000 etablierten mehrere hundert neue hinzu; auch Banken, Großunternehmen und sogar Universitäten drängen in diesen viel versprechenden Markt. Umgekehrt bedeutet dies für die Rat suchenden Unternehmen: Die Markttransparenz nimmt stetig ab. Zudem holen Unternehmen meist erst dann externe Berater an Bord, wenn es ernste Probleme gibt und ein kritischer Kurswechsel ansteht. Die Fähigkeiten des Beraters sind dann von weit reichender, ja existenzieller Bedeutung für das Unternehmen. Ein Dilemma: Die Unternehmensberatung ist prinzipiell eine verantwortungsvolle Dienstleistung, die hohen Ansprüchen genügen muss. Doch Berufsbezeichnung und Ausbildung der Berater sind ebenso wenig definiert wie Qualitätsstandards für ihre Arbeitsweise und Leistungen. Ob ein Berater geeignet, ja überhaupt seriös ist, ist schwieriger denn je zu beurteilen. Unterstützungsbedarfe liegen in vielen Situationen vor – aber wer ist der adäquate Partner für die Problemlösung? Nachfolgende Darlegungen sollen zuallererst den Unternehmer dafür sensibilisieren was er bei der Zusammenarbeit mit Beratern beachten sollte; gleichzeitig ergeben sich dadurch natürlich auch wichtige Hinweise für (zukünftige) Berater wie sie sich positionieren können.
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UNTERNEHMENSBERATER – LOTSEN IN STÜRMISCHEN GEWÄSSERN
Das mittelständische Unternehmen ... wie ein Schiff in stürmischer See Im globalen Wettbewerb ein mittelständisches Unternehmen zu führen bedeutet zunächst vor allem eines: raue See. Als Kapitän müssen Sie sich dem Meer, sprich dem Wettbewerb stellen, etliche Klippen umschiffen und alles daransetzen, den eingeschlagenen Kurs zu halten. Das Navigieren nach einer klaren Strategie spielt eine wesentliche Rolle, wenn Land in Sicht kommen soll. Ihr betriebswirtschaftliches Know-how ist die Basis für Ihren unternehmerischen Erfolg. Sie haben die erforderlichen Branchenkenntnisse und wissen, wie aus guten Ideen schlüssige Konzepte und Markterfolge werden. Idealerweise sind Sie zugleich Produkt- und Dienstleistungsexperte, Verkäufer, Einkäufer, Kalkulator, Werbefachmann, Personalchef … Und dennoch: Unablässig verändert sich die „Wetterlage“, immer wieder sind neue Entscheidungen zu treffen, die mit neuen Risiken verbunden sind. Diese müssen transparent gemacht und präventiv gemanagt werden – wer kann das alles alleine? Als kluger Kapitän lassen Sie sich beraten. So vermeiden Sie Fehler, die andere schon gemacht haben. Profitieren Sie stattdessen vom Wissen anderer: Externe Berater können Ihnen gute Dienste leisten. In Deutschland gibt es dafür bei Kammern, Verbänden und Wirtschaftsförderungseinrichtungen angestellte Berater sowie freiberufliche Berater, um die es hier gehen soll.
Externe Berater: Lotsen, nicht Kapitäne oder Matrosen Berater sind in erster Linie Lotsen. Mit ihren Erfahrungen und Kenntnissen sollen sie mittelständische Unternehmer und Führungskräfte unterstützen – nicht aber ihre Stelle einnehmen. Gemeinsam mit Ihnen als Auftraggeber legen Berater den Erfolgskurs fest und sorgen dafür, dass er auch konsequent gehalten wird. Nicht selten können Berater alternative Fahrtrouten aufzeigen oder Risiken auf offenem Meer reduzieren helfen. Bei alledem sind Berater als „Unternehmenslotsen“ primär Dienstleister. Sie ersetzen weder den Kapitän, sprich den Unternehmer, noch sind sie Erfüllungsgehilfen oder Leichtmatrosen im Dienst der Brücke, sprich der Füh-
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rungscrew. Denn gerade ihre Professionalität, Unabhängigkeit und Objektivität machen sie zu wertvollen Ratgebern bei der Fülle von Aufgaben, die sich in den unterschiedlichen Entwicklungsstadien eines Unternehmens oder Gründungsvorhabens stellen. Berater sollen allerdings in ihrer Funktion unternehmerisch denken und handeln. Nur so bieten sie einen hohen, messbaren Nutzen für das Unternehmen.
Vor der Reise: die richtige Mannschaft anheuern! Die geeigneten Berater sind nicht leicht zu finden. Ein paar Grundregeln und eine Kompetenz-Checkliste helfen Ihnen, die richtigen Lotsen an Bord zu holen. Schätzungen gehen von etwa 70 000 Beratern und einem Marktvolumen von 12,5 Mrd. Euro aus. Der Anteil an kleineren Beratungsfirmen, die den Mittelstand und Existenzgründer beraten, beträgt 16 Prozent und damit rund 200 Mio. Euro pro Jahr. Der „Lotsen“-Markt in Deutschland ist also unübersichtlich und hart umkämpft – davon können die meisten Kapitäne bereits ein Liedchen singen. Seit jeher ist der Beratungsmarkt ein typischer Angebotsmarkt. Die Erstaktivität geht in mehr als 90 Prozent der Fälle von den Beratern aus. Doch wie finden Sie als Kunde den richtigen Berater? Eine systematische, fachspezifische und eigenständige Berufsausbildung mit anschließendem einheitlichem Berufsweg gibt es nicht – weder in Deutschland noch in Europa. Jeder, der sich zum Berater berufen fühlt, ist potenzieller Anbieter, auf den Sie als mittelständischer Unternehmer am Markt treffen können. Hinzu kommt: Berater sind Menschen. Keiner gleicht dem anderen, selbst wenn sich jeder alle Mühe gäbe, die Klischees zu bedienen. Beachten Sie daher bei der Wahl des Beraters unbedingt ein paar Grundregeln: • Überlegen Sie genau, welche Beratungsleistung Sie brauchen. • Nutzen Sie ein erstes Beratungsgespräch. Es ist in der Regel kostenlos. • Prüfen Sie Ausbildung und Qualifikation, lassen Sie sich Referenzen geben. Auskünfte bekommen Sie bei den Kammern, Verbänden und den RKWs in den einzelnen Bundesländern. • Die Grundlage einer erfolgreichen Beratung und Veränderung heißt Vertrauen. Achten Sie daher auf den persönlichen Eindruck. Fragen Sie sich, ob die Basis für ein Vertrauensverhältnis gegeben ist.
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UNTERNEHMENSBERATER – LOTSEN IN STÜRMISCHEN GEWÄSSERN • Machen Sie sich klar: Beratung ist im Kern eine Dienstleistung. Sie besteht zum großen Teil aus Kommunikation, hat sehr viel mit Wissen und Erfahrung zu tun und setzt selbstverständlich fachliche Kompetenz voraus. • Schließen Sie einen Vertrag. Legen Sie darin die Beratungsaufgabe, den Ablauf, zu erwartende Ergebnisse, Berichtspflichten, Dauer und Kosten fest – unter Berücksichtigung möglicher Beratungszuschüsse. • Lassen Sie sich nie unter Zeitdruck setzen. • Vergleichen Sie Angebote verschiedener Berater (drei Angebote sind nicht unüblich). • Beraten heißt investieren: Der Einsatz eines Beraters sollte sich innerhalb von ein bis zwei Jahren bezahlt machen – sprich das Beraterhonorar soll nicht höher sein als die Verbesserungen im nächsten und übernächsten Jahr.
Finden Sie heraus, ob Sie mit dem Berater zusammenarbeiten können, ob er Ihnen weiterhelfen und die erwünschten Ergebnisse bringen wird. Stellen Sie ein paar Fragen: • Wie würden Sie die Beratung für mein Unternehmen angehen? • Welche Fragen werden Sie mir zuerst stellen? • Welche Informationen über mein Vorhaben/mein Unternehmen brauchen Sie? • Wie gestalten Sie die Zusammenarbeit? Wie halten Sie die Begeisterung wach, wenn unpopuläre Maßnahmen getroffen werden müssen? Wie können Sie einen Berater beurteilen? Wichtige Informationen bekommen Sie bereits durch Präsentationsunterlagen und Erstgespräch. Ihre subjektive Einschätzung spielt eine wesentliche Rolle. Handeln Sie nach dem Grundsatz: Selbst eine falsche Einschätzung ist besser als gar keine. Wurde Ihnen ein Berater empfohlen? Dann sollten Sie auch kritisch bewerten, woher der Rat kam. Die Checkliste gibt Ihnen erste Anhaltspunkte dafür, wie Sie Berater auswählen und ihren Einsatz planen sollten:
UNTERNEHMENSBERATER – LOTSEN IN STÜRMISCHEN GEWÄSSERN
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Checkliste Beraterkompetenz
Rahmenbedingungen
Persönlichkeit
Sozialkompetenz
Methodenkompetenz
Fachkompetenz
Berater:.................................................. Wirtschaftswissenschaftliches Studium
Fach:
Kaufmännische Ausbildung
Branche:
Kontinuierliche Weiterbildung
Jährlich:
Beratungserfahrung allgemein
Jahre:
Erfahrungen durch Bearbeitung ähnlicher Fälle
Anzahl:
Branchenspezifische Kenntnisse und Erfahrungen
Welche:
Wissen und Erfahrung im Mittelstand
Welches:
Vertieftes Wissen/Erfahrung in Produkt/Innovation
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Vertieftes Wissen/Erfahrung in Strategie/Markt/Vertrieb
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Vertieftes Wissen/Erfahrung in Finanzierung/Banken
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Vertieftes Wissen/Erfahrung in Kostenmanagement/Controlling
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Vertieftes Wissen/Erfahrung in Informations-/Prozessmanagement
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Wissen/Erfahrung in Veränderungsmanagement/Organisation
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Wissen/Erfahrung in der Projektplanung und -steuerung
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Erfahrung in der Moderation
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Kommunikations- und Konfliktlösungskompetenz
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Umgang mit Geschäftspartnern, Bankern, Kunden, Mitarbeitern
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Wahrnehmungsverhalten
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Verhandlungsgeschick
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Kreativität
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Selbstdisziplin
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Durchsetzungsvermögen
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Objektivität
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Integrität
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Positive Einstellungen
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Referenzen (Größe, Branche, Art, Eigenheiten)
Anzahl:
Terminplanung
Beginn, Umfang, Dauer:
Honorare und Nebenkosten
Zeit-/Erfolgshonorar
Zuschussmöglichkeit
Land/Bund
Vertragsgestaltung
Mustervertrag/frei formuliert
Projektorganisation
Beteiligte:
h = hoch; m = mittel; n = niedrig
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UNTERNEHMENSBERATER – LOTSEN IN STÜRMISCHEN GEWÄSSERN
In der Beratungsbranche geht man davon aus, dass der Beratungserfolg zu 70 Prozent von der richtigen Auswahl der Berater und der richtigen Definition der Aufgaben abhängt. Dies unterstreicht die entscheidende Bedeutung der Anfangsphase. Besonders wichtig dabei ist, dass Unternehmer und Berater „auf derselben Wellenlänge“ liegen. Garanten einer erfolgreichen Beratung sind daher Experten, die den Markt genau kennen – und die mit dem Kunden alle Möglichkeiten neutral und ohne Auftragsdruck erörtern. Wenn Sie Rat suchen, können Sie beispielsweise auf die deutschen Beraternetzwerke und die RKWs zurückgreifen. So reduzieren Sie den Aufwand für die Entscheidungsfindung beträchtlich.
Die Wetterlage können Sie nicht verändern – aber Sie wählen Crew, Strategie und Methoden Berater bieten wertvolle, manchmal entscheidende Hilfe. Denn jedes Unternehmen ist äußeren Faktoren ausgesetzt, die schwer zu beeinflussen sind: • Internationale Märkte, anspruchsvollere Kunden, höhere Transparenz durch Informations- und Kommunikationstechnologie und viele weitere Faktoren kennzeichnen das Umfeld. • Geschwindigkeit und Komplexität nehmen zu. Instabilität und Turbulenzen sind der Normalzustand. • Märkte müssen „gemacht“ werden. • Gewinn ist das Ziel, die Folge und die Voraussetzung wirtschaftlichen Handelns. Gewinn und Rendite optimieren heißt, mit dem Erreichten die Zukunft des Unternehmens zu sichern und auszubauen. Mehr denn je entscheiden die Finanzierung und die Kapitalkraft über die Machbarkeit von Zielen und Strategien. In dieser Situation haben Einzelkämpfer wenig Chancen. Denn klare Ziele sowie markt- und unternehmensspezifische Strategien lassen sich kaum auf eigene Faust entwickeln und wirksam umsetzen. Vielmehr erfordert der Einsatz moderner Instrumente für eine zielorientierte Unternehmensführung Erfahrungen, die in unterschiedlichen Phasen der Unternehmen immer wieder fehlen. Daher sind externe Berater unverzichtbar, um für das Tagesgeschäft, in besonderen unternehmerischen Situationen wie Investitionen oder Veränderungen, bei einer Gründung oder einem Generationswechsel die wesentlichen Fragen strategisch und methodisch richtig anzugehen.
UNTERNEHMENSBERATER – LOTSEN IN STÜRMISCHEN GEWÄSSERN
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Gemeinsam an Bord (1) – Was muss der Kapitän mitbringen? Mit dem externen Berater gilt es vorab Positionen zu bestimmen, Ziele zu definieren, den Kurs festzulegen. Und viel Kreativität einzubringen. Allgemeiner Beratungsablauf 1. Kontaktphase Ausgangssituation klären Ziele formulieren Zusammenarbeit definieren
2. Orientierungsphase Überblick verschaffen analysieren Beteiligte einbinden
3. Klärungsphase Konzepte erarbeiten prognostizieren konfrontieren und Feedback geben überprüfen dokumentieren
4. Veränderungsphase unterstützen abstimmen gemeinsam realisieren trainieren kontrollieren
5. Abschlussphase Ende definieren Ablauf reflektieren korrigieren
Berater sollen Sie in die Lage versetzen, anstehende Aufgaben, Fragen und Probleme optimal zu lösen. Mit ihrer Unterstützung legen Sie ein tragfähiges Fundament für Entscheidungen und können Risiken besser einschätzen. Dabei zielen Berater darauf ab, Konzepte und Hilfen über das Tagesgeschäft hinaus zu bieten. Oft werden sie in besonderen Situationen angefordert – beispielsweise, wenn das Unternehmen in eine Krise geraten ist. Oder wenn der Markt durch neue Herausforderungen strategische und organisatorische Anpassungen notwendig macht. Hier ist ein Prozessberater für das Veränderungsmanagement gefragt. Wo Berater Gesamt- oder Detailkonzeptionen prüfen und spezifische Problemlösungen erarbeiten, treten sie häufig als Fachberater in Aktion. Zur Beratung gehört auch, Basiswissen zu vermitteln und Unternehmer wie Führungscrew in puncto Persönlichkeit und Fähigkeiten zu unterstützen; in diesem Fall ist der Berater eher Coach und persönlicher Begleiter. Eine Beraterbeziehung ist also flexibel: Der kompetente Berater geht auf die Bedürfnisse des Rat suchenden Kunden ein.
Die Beratung muss sich nach dem konkreten Bedarf richten, der wiederum stark von den Umfeldbedingungen abhängt. Diesen Bedarf zu erkennen ist Grundlage des unternehmerischen Erfolgs – umso mehr, als die Umfeldbedingungen auf den Märkten schwieriger geworden sind. Das Tempo der Veränderungsprozesse, rascher technologischer Wandel, neue Wettbewer-
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ber erhöhen die Risiken unternehmerischen Handelns deutlich. Damit beschleunigen sich auch die firmeninternen Prozesse im Vergleich zu früheren Zeiten. Die Firmenorganisation muss in immer kürzeren Zeitabständen auf den Prüfstand und unterliegt dabei tief greifenden Veränderungen. Daher verspricht selbst das, was in der Vergangenheit bei der Führung Ihres Unternehmens Erfolg gebracht hat, nicht ohne weiteres Erfolge in der Zukunft – dauerhafte Rezepte gibt es nicht mehr. Externe Unternehmensberater sind in dieser Situation vertraute Lotsen, die in rauer See gute Dienste leisten. Die Gestaltung strategischer Überlegenheit unterstützen Berater durch • das Entwickeln von Wachstums-, Konsolidierungs-, DesinvestmentStrategien für das Gesamt-Unternehmen • die Konzeption von Wettbewerbs- und Wertschöpfungsstrategien • das Erstellen von Funktionsstrategien – immer mit Blick auf eine Gesamtstrategie und deren Umsetzung Bei Unternehmen in Gründung und Wachstum gilt es spezifische Voraussetzungen zu beachten. Doch unabhängig vom speziellen Beratungsthema hat sich der „Allgemeine Beratungsablauf“ bewährt. Welche Konsequenzen sollten Sie als Kapitän aus den grundlegenden Veränderungen ziehen? Was sind die wichtigsten Aufgaben – und welche Rolle übernehmen dabei die Berater als Lotsen im mittelständischen Unternehmen? Strategisch vorgehen, konkrete Ziele definieren und verfolgen Im Mittelpunkt unternehmerischer Betrachtungen stehen die Märkte von morgen. Denn die Chancen der Zukunft liegen nicht in Hardware und Gebrauchsgütern, sondern in völlig neuen Angeboten – in wissensbasierten Produkten und Dienstleistungen. Die entscheidenden Erfolgsstrategien heißen daher Technologieführerschaft und optimales Innovations-Portfolio. Als mittelständischer Unternehmer haben Sie es in der Hand, diese Herausforderungen mit Erfolg anzunehmen: Formulieren Sie für Ihr Unternehmen, Ihre Funktionen und Ihre Märkte ehrgeizige, aber machbare Ziele. Bündeln Sie Ressourcen und mentale Kraft, um dem Verzetteln vorzubeugen. Spielen Sie Wettbewerbsvorteile voll aus – und sichern Sie sich damit eine überlegene Position im Wettbewerb. Es gilt strategische Freiheitsgrade und
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Optionen zu schaffen. Ein erfolgreicher Strategie-Mix basiert auf der richtigen Zeitachse, einem vertretbaren Risiko sowie der Harmonisierung von Unternehmens-, Wettbewerbs- und Funktionsstrategie. Doch Strategien, Prozesse, Methoden und Systeme, Mitarbeitereinsatz, Organisationen, Technologien sind allesamt nur Mittel zum Zweck; sie müssen einen nachweisbaren Beitrag zu den drei übergeordneten Unternehmenszielen verbesserte Wettbewerbsfähigkeit, gesteigerte Ertragskraft, höherer Unternehmenswert leisten. Diese drei Zielsetzungen sind so stark voneinander abhängig, dass sie immer im Zusammenhang betrachtet werden müssen. Sehr wichtig zur Erarbeitung neuer Strategien sind Berater in unterschiedlichen Rollen – als Fachberater, aber auch als Pozessberater und Umsetzer. Wettbewerbsfähigkeit verbessern Ein optimal kundenorientiertes Unternehmen insgesamt sowie der Aufbau verteidigungsfähiger Wettbewerbsvorteile sind oberste Maximen. Die intensive Kundengewinnung und -bindung ist im gesamten Unternehmen zu verankern. Ausgefeilte Instrumente helfen dabei, neue Kunden zu akquirieren und die Beziehungen zu den Stammkunden zu pflegen. Allerdings bringen Strategien zur Kundenbindung nur dann Erfolg, wenn die Vertriebskonzepte darauf ausgerichtet sind: Die Vertriebsmitarbeiter werden Manager ihres Verkaufssegmentes. Dem Kunden gegenüber treten sie zunehmend als Problemlöser auf und profilieren sich mit besserer Methodenkompetenz. Für viele Unternehmen ist das Team-Selling bereits wichtiger als der Einzelkämpfer im Vertrieb. Berater für Marketing und Vertrieb • führen Marktstudien, Marketing-Analysen und Marketingplanungen durch • etablieren das Marketing-Controlling • steigern die Schlagkraft des Vertriebes durch Neugestalten der Prozesse und Strukturen in der Vertriebs-Organisation • suchen nach Vertriebspartnern • optimieren den Vertriebseinsatz • bauen Kundenbindungsprogramme auf und unterstützen in Export und Außenwirtschaftsfragen.
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Sie kennen Ihren Markt, die Konkurrenz und die Kunden. Sie haben eine klare Preispolitik und wissen, wie Sie das Interesse Ihrer Kunden wecken. Und trotzdem: Der Markt ist kein statisches Gebilde, sondern wandelt sich permanent. Verbraucherwünsche müssen immer wieder neu analysiert werden. Die Marketing-Instrumente müssen an ständig neue Bedingungen angepasst werden – von der Produkt- und Sortimentspolitik über Preise, Konditionen und Vertrieb bis hin zu Werbung und Öffentlichkeitsarbeit. Der Kunde ist König. Ein Grund mehr, warum externe Berater im gesamten Umfeld des Marktes entscheidende Hilfestellung geben. Denn nicht selten werden mittelständische Unternehmer erst durch Beratung auf die Tragweite der simplen Einsicht aufmerksam: Im Mittelpunkt steht der Kunde, nicht die Geschäftsidee oder das Produkt. Ertragskraft steigern Hohe Wettbewerbsfähigkeit führt zu größerer Umsatzdynamik und -stabilität. Die Stückerlöse, Artikel-, Auftrags- und Kundendeckungsbeiträge müssen über dem Branchendurchschnitt liegen. Doch die Ertragskraft zeigt sich nicht nur auf der Erlösebene; auch die Höhe und Struktur der Kosten sowie die organisatorische Effizienz bestimmen den Wettbewerbsvorsprung. Produktivität, Wirtschaftlichkeit, Ertrag, Rendite und Cashflow sind die Zielgrößen, die es zu verbessern gilt. Einnahmen und Ausgaben des Betriebes müssen sorgfältig geplant und permanent überwacht werden. Ohne Kalkulation können Unternehmen nicht auf Dauer im harten Konkurrenzkampf bestehen. Es gilt, die vorteilhafteste Finanzierung aufzustellen und dabei staatliche Kredite zu berücksichtigen. Berater für Betriebswirtschaft und Organisation sind tätig im Bereich Kostenmanagement und Controlling mit der • Entwicklung und Einführung von Kostenrechnungssystemen • Konzeption und Etablierung von Controlling- und Reportingsystemen • Vorbereitung auf Banken-Ratingsysteme • Verankerung der Controlling-Organisation • Durchführung von Gemeinkosten-Wert-Analysen • Etablierung einer wertorientierten Unternehmensführung
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Führungsstruktur und Prozessorganisation bei der • kundenorientierten Optimierung der Geschäftsprozesse • Gestaltung der Führungs-Organisationen • Team-Organisation in Administration und Produktion • Qualität, Qualitätsmanagement und kontinuierliche Verbesserungsprozesse • Bildung von Profit-Center- und Spartenorganisationen • Implementierung von Methoden und Systemen zur Unternehmenssteuerung Des Weiteren heißt es, die Organisation immer wieder auf den Prüfstand zu stellen und den Weg der kontinuierlichen Verbesserungen zu gehen. Das gut geführte Unternehmen der Zukunft zeichnet sich durch kontinuierliche Verbesserungsprozesse aus – durch teamorientierte Arbeitsgruppen, die den Geschäftsprozessen folgen und die ihre Aufgaben in hohem Maße eigenverantwortlich lösen. Dabei geht es weniger darum, permanent die Firmenorganisation zu revolutionieren. Das Ziel sollte vielmehr sein, sich auf die rasch wechselnden Marktanforderungen zu konzentrieren. Generell wird der Grad an Flexibilität in der Firmenorganisation eher noch zunehmen müssen. Maßstab hierfür ist die Dynamik des Wettbewerbs in den einzelnen Branchen und die Verhaltensweisen der führenden Unternehmen. Benchmarking wird deshalb für viele Unternehmen nicht nur ein interessantes Stichwort bleiben, sondern eine permanente Aufgabe werden – weil es entscheidend ist, laufend die eigene Position im Vergleich mit den Wettbewerbern zu prüfen, deren Strategien frühzeitig zu erfassen und eigene, überlegene Konzepte zu entwickeln. Grundlegende Veränderungen bewältigen – das funktioniert naturgemäß nicht mit einer traditionellen, starren Unternehmenskultur. Voraussetzungen für Teamarbeit, für flexible Organisationseinheiten und Arbeitsprozesse sind Motivationsschübe. Erfolgreich werden diejenigen sein, die den mental-kulturellen Faktoren in ihren Unternehmen eine größere Bedeutung beimessen, statt diese Gesichtspunkte beiseite zu schieben. Kleinere, insbesondere familieninhabergeführte Unternehmen pflegen häufig eine sehr personenbezogene und individuelle Unternehmenskultur; doch auch sie kommen um betriebliche Veränderungsprozesse nicht herum. Berater sind diejenigen, die den gesamten Prozess der Veränderung in den unterschiedlichsten Bereichen unterstützen und vorantreiben.
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Berater in Betriebswirtschaft und Organisation sind tätig im Bereich Unternehmenskultur und Human-Resource-Management • Konzepte und Maßnahmen zur Gestaltung der Unternehmenskultur und der Human Resources Informations- und Prozessmanagement • Auswahl von unternehmens- und aufgabenspezifischen Lösungen für die Informationsverarbeitung (Netzwerke, Internet) • Entwickeln von Konzepten eines Management-Informations-Systems und von Data-Warehouse-Lösungen • Optimieren der Kern-Geschäftsprozesse unter Berücksichtigung der DV-Unterstützung Innovationsmanagement durch eine ständige Erneuerung in den Bereichen • Produkt, Produktion, Prozess, Strategie Unternehmenswert erhöhen Die Verzinsung des eingesetzten Kapitals ist die zentrale Größe für Kapitalgeber, aber auch für Banken und Eigentümer-Unternehmer. Vermögensstruktur und Kapitalbindung zu gestalten, Werttreiber und Wertvernichter zu ermitteln ist wichtig, wenn anspruchsvolle Ziele erreicht werden sollen. Zunächst sind die Potenziale zu ermitteln. Dazu gehören Fragen wie diese: Warum wendet das Unternehmen 100 Prozent der Kosten auf, schöpft jedoch nur 80 Prozent der Potenziale aus? Wesentlich ist stets, unternehmerische Risiken zu erkennen und Chancen abzuleiten. Deren Realisierbarkeit gilt es zu prüfen und zu klären, mit welchen Maßnahmen sich die Potenziale erschließen lassen. Berater im Bereich Gewinn- und Finanzmanagement • identifizieren Verlustquellen und nicht ausgeschöpfte Umsatz- und Ertragspotenziale • definieren Zielkosten- und Wertschöpfungsstrukturen • minimieren die Kapitalkosten, indem sie Kapitalbindung und Kapitalstrukturen optimieren • arbeiten Due-Diligence-Studien aus und übernehmen das damit verbundene Projekt-Management • sind bei Verhandlungen mit Banken präsent • unterstützen bei Sanierungen
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Gründungen, Wachstumsphasen und Generationswechsel begleiten Der Schritt in die Selbstständigkeit ist von besonderer Tragweite; sein Erfolg hängt nicht nur von fachlichen Qualifikationen ab. In Gesprächen mit Vertrauenspersonen, etwa der Familie oder vertrauten Beratern, sollte vor der Gründung oder Übernahme eines Unternehmens geprüft werden: Wie steht es um meine persönlichen Eigenschaften und Fähigkeiten? Was traue ich mir zu? Die Geschäftsidee muss Stärken und Schwächen ebenso berücksichtigen wie die Markt- und Konkurrenzsituation. Entscheidender Maßstab sind immer die Wünsche der Kunden. Das Unternehmenskonzept zeigt bereits im Vorfeld, wo Stärken und Schwächen der geplanten Existenzgründung liegen. Erfolgreiche Gründer passen deshalb die Planungen laufend an die neuesten Entwicklungen an. Der Geschäftsplan hilft, von der Idee zur konkreten Verwirklichung zu kommen. Er ist gleichermaßen Leitfaden für das Vorgehen und Controlling-Instrument. Der anfänglichen Unterstützung des Unternehmers in Teilbereichen sollte ein begleitendes Coaching folgen. Damit lässt sich ein Fehlen von Führungskräften ausgleichen; als Gründer/in können Sie sich an Methodik, Systematik und planvolles Vorgehen gewöhnen; Sie erhöhen ganz allgemein Ihre Qualifikation; Fehlentwicklungen lassen sich zeitnah kontrollieren und korrigieren. Berater in den Bereichen Gründung, Wachstum und Generationswechsel • sind als Sparringspartner sehr hilfreich • prägen und kontrollieren den Geschäftsplan maßgeblich • bringen gerade im längerfristigen Prozess viel Wissen und Erfahrungen ein und können vor Fehlern bewahren • liefern Dankanstöße, zeigen Alternativen auf, geben Hilfe zur Selbsthilfe • unterstützen Sie bei allen Entscheidungen • stellen wichtige Kontakte her
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Gemeinsam an Bord (2) – Was müssen Berater können? Als mittelständischer Unternehmer oder Unternehmensgründer sollten Sie die wesentlichen Qualitäten eines Beraters beachten, damit sein Einsatz messbare Erfolge bringt. Qualitätskriterien helfen, den Kurs zu halten und das Ziel zu erreichen. Was Berater können müssen: 1.
Gut zuhören. Aktiv zuhören heißt, dass Berater in der Zusammenarbeit mitdenken und mitfühlen.
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Genau hinsehen. Der analytische Blick, ganzheitliches Erfassen sind Grundfähigkeiten eines guten Beraters. Ein Gefühl entwickeln. Hohes Einfühlungsvermögen in der Zusammenarbeit fördert die unternehmensindividuelle Lösung. Dinge in die Hand nehmen. Tatkraft und beherztes Anpacken sind Grundlagen einer schnellen Realisation. Und nur realisierte Konzepte sind wirklich gute Konzepte. Auftritt und Engagement zeigen. Berater sind Menschen – haben also Stärken und Schwächen. Entscheidend ist, dass sie offen, ehrlich und fleißig sind, die Kraft haben, Probleme zu lösen, und mit Engagement bei der Sache sind. Einen individuellen Kurs steuern. Die Beratung soll immer problemorientiert sein und nicht vorgefertigte Standardlösungen anbieten. Kundennah aktiv sein. Berater sollen vor Ort beim Kunden an der konkreten Aufgabenstellung arbeiten. Dazu gehört auch, Sie als Auftraggeber einzubinden, ohne dabei Ihre Kapazitäten zu blockieren. Sich auf die eigenen Stärken konzentrieren. Berater im Mittelstand sehen sich sehr stark als Generalisten; viele meinen, sie könnten alle Themen bearbeiten (vom Marketing bis zur Finanzierung, vom Personal bis zur Qualität). Häufig ist es aber bei einem breiten Beratungsbedarf effektiver, die Aufgaben zu verteilen – nach dem Motto „Schuster, bleib bei deinem Leisten“. Wenn mehrere spezialisierte Berater mit im Boot sind, ist ein kompetenter Projektbegleiter (beispielsweise vom RKW) als „Steuermann“ der beraterischen Aktivitäten umso wichtiger. Konkret mitarbeiten und aktiv unterstützen. Der Unternehmer bestimmt den Einsatz und die Mitwirkung des Beraters – als Spezialist für die Erstellung weit reichender Konzepte, als Coach, als Projektkoordinator oder als Verantwortlicher für die Durchführung.
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Messbare Fortschritte erzielen, Vorgaben erfüllen. Konkrete Vereinbarungen sind für beide Seiten wichtig: Je präziser die Vorgaben für die Beratung, desto größer sind Entscheidungs- und Handlungszwänge; desto genauer bestimmt sind aber auch Termine, Leistungsziele, Budgets, Arbeitsschritte sowie konkrete Steuerungs- und Erfolgsgrößen. Daher sollte die Zusammenarbeit mit Ihrem Berater von Anfang an zielorientiert sein, indem Sie gemeinsam sowohl quantitative als auch qualitative Ziele festlegen. Helfen, den eigenen Weg zu finden. Kunden- und Wettbewerbsorientierung sind wichtig; doch dürfen sie das Rat suchende Unternehmen nicht auf das beschränken, was seine Kunden verlangen. Gründungs- und Unternehmenserfolge zeichnen sich durch Eigenständigkeit aus: Erfolg hat, wer Bedarf kreiert, neue Wettbewerbsspielregeln etabliert. Der Berater muss Spielräume und Chancen kennen und vermitteln. Gestalterisch tätig werden. Hinter der Beratung darf kein akademischer Trockenkurs oder gar intellektuelle „Artistik“ stehen. Gefragt ist konkrete Hilfe, denn erfolgreiche Unternehmer sind Gestalter – sie prägen ihr Unternehmen, hinterlassen Spuren. Ein guter Berater hilft Ihnen mit Herz und Verstand. Immer erfolgsorientiert arbeiten. Die Beratung ist erfolgreich, wenn das Unternehmen erfolgreich ist. Der seriöse Berater ist ein Dienstleister, für den die Zufriedenheit und der Erfolg seiner Kunden im Mittelpunkt stehen. Erfolgreiche Beratungsarbeit ist für ihn die beste Referenz und das Kapital für die Zukunft.
Ohne Heuer kein Betreuer – Beratungskosten und Beratungsförderung Welche Vergütungsmodelle sind üblich? Welche Kosten entstehen – was müssen Sie als Unternehmer beachten? Berater sind externe Dienstleister, die auf Tagesbasis (Achtstundentag) arbeiten. Aus Beratersicht ist es realistisch, etwa 150 fakturierbare Tage anzusetzen und, entsprechend den in der Wirtschaft für Führungskräfte gezahlten Gehältern, 75 000 bis 180 000 Euro pro Jahr. Folglich sollte ein Unternehmer Tageshonorare zwischen 500 und 1 200 Euro einkalkulieren. Viele Berater rechnen allerdings auch nach einzelnen Stunden ab. Hinzu kom-
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men Reisekosten; weitere Fremdkosten, etwa für Kopien oder Recherchen, werden als Selbstkosten weitergegeben. Bei Reisezeiten gibt es unterschiedliche Varianten: Reisezeit gilt als Beratungszeit; Reisezeit gilt ab Bundesland; Reisezeit wird nicht berechnet. Häufig wird der steuerlich maßgebliche Satz angewandt. Übernachtungen werden nach Beleg abgerechnet – die Kosten müssen angemessen sein. Lassen Sie sich am besten ein Angebot machen, das Aussagen auch zu diesen Punkten enthält. Der Beratungsumfang nach Tagen ist sehr unterschiedlich und abhängig von der Beratungsaufgabe. Allgemein bringen strategische Aufgaben einen größeren Beratungsbedarf mit sich als operative Themen. Für Fachthemen sollten zunächst nicht mehr als 20 Tage beauftragt werden. Sehr sinnvoll ist, Beratungsaufträge in überschaubare Blöcke einzuteilen – so beugen Sie bösen Überraschungen vor. Nützlich sind auch Meilensteindefinitionen mit gemeinsam abgestimmten Protokollen. Eine weitere Variante ist, Tageshonorare zu Pauschalen zusammengefasst und als Paket anzubieten – beispielsweise für Schwachstellenanalysen oder Detailkonzeptionen zu unterschiedlichen Fragestellungen. Der Unternehmer kann sich hierbei auf klar definierte Kosten verlassen. Beim Umrechnen wird er allerdings manchmal feststellen, dass dahinter ein überhöhter Tagessatz steht. Im Vorfeld ist es zudem nicht immer möglich, den Aufwand klar abzuschätzen. Daher ist bisweilen auch im Angebot ein Spielraum von 10 Prozent Über- oder Unterschreiten vorgesehen. Erfolgsabhängige Beratungshonorare werden in der Wirtschaft immer wieder diskutiert und gefordert. Der Erfolg einer Beratung ist jedoch von sehr vielen Einflussfaktoren abhängig und liegt nicht allein in der Hand des Beraters. Nur bei klar zuordenbaren Kriterien kann ein Erfolgshonorar sinnvoll sein – etwa wenn das Ziel „Kosteneinsparungen“, „Unternehmensverkauf“ oder „Zeitverkürzungen“ lautet. Daher wird unserer Einschätzung nach der Tagessatz die häufigste Honorarart bleiben. Weniger sinnvolI: Bei Finanzierungsaufgaben werden nicht selten Erfolgshonorare vereinbart. Diese werden als Prozentsatz von der erreichten Finanzierung abgeleitet – insbesondere wenn Fördermittel mit im Spiel sind. Einige Berater verlangen bis zu 20 Prozent der Förderung als Honorar. Wir raten von dieser Art der Honorargestaltung ab.
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In keinem Fall sollte ein Mittelständler an der falschen Stelle – nämlich bei der Beratung – sparen. Daher unterstützen Bund und Land die Beratung finanziell durch öffentliche Beratungshilfen. Sie fördern bewusst die Mittelstandsberatung, um zu verhindern, dass Vorhaben an offenkundigen Fehlern scheitern. Dies gilt insbesondere für Existenzgründungen; aber auch für die ersten Jahre nach der Gründung, für die Aufbauphase, ist öffentliche Beratungshilfe vorgesehen. Sie soll zum nachhaltigen Erfolg junger Unternehmen beitragen. Für die wesentlichen mittelständischen Problemfelder wie Qualität, Rating, Marketing oder Krisenbewältigung gibt es bundesweit Beratungsförderprogramme. Ein Beispiel: Vor der Existenzgründung oder bis zu einem Jahr nach der Gründung erhalten Gründer in Baden-Württemberg bei einem Basishonorar von 740 Euro pro Beratungstag einen Landeszuschuss in Höhe von 590 Euro. Anders gesagt, der Gründer trägt nur einen Eigenanteil von 150 Euro pro Beratungstag. Fragen rund um Förderung und Beratung beantworten Ihnen öffentliche Stellen wie Kammern, Verbände, Wirtschaftsförderer, aber auch viele Berater und die RKWs in den Bundesländern.
Erfolgreiche Reise – Kurs und Seekarten vorher verinnerlichen! Führen Sie sich die wichtigen Aufgaben und Eckpunkte noch einmal vor Augen, bevor Sie in See stechen. Alle, die am Beratungsprozess beteiligt sind, wollen Erfolg. Dabei ist die Beratung jedoch nur Mittel zum Zweck. Sprich, es geht ja um den Erfolg des mittelständischen Unternehmens selbst. Als Unternehmer sollten Sie sich daher vor Beginn der Beratung die wichtigsten Kriterien vergegenwärtigen. Je ernster Sie diese Grundlagen nehmen, desto größer sind Ihre Aussichten, auch bei rauer See ohne Mast- und Schotbruch den Zielhafen zu erreichen:
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Schalten Sie Berater rechtzeitig ein. Wählen Sie den (die) richtigen Berater mit guter Projektkompetenz aus. „Die Chemie muss stimmen“ – Berater müssen zum Unternehmen passen. Nur unabhängige und objektive Beratung führt zum Erfolg. Vertrauen und eine klare, offene Informationspolitik aller Beteiligten sind die notwendige Basis. Eine exakte und schonungslose Analyse mit klaren Sofortmaßnahmen steht am Beginn. Fordern Sie ein schlüssiges Beratungskonzept, legen Sie eindeutige Meilensteine fest. Unternehmer, Beratungsteam, Führungscrew, sowie evtl. Betriebsrat und beteiligte Banken müssen gemeinsam und in enger Abstimmung handeln. Die Beratung sollte umfassend angelegt sein und in ein Unternehmenscoaching münden – dabei muss sie zeitliche und finanzielle Restriktionen berücksichtigen. Zum Beratungserfolg gehören zwei: Einer, der helfen kann – und einer, der sich helfen lässt!
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Beratungsaufgaben der IHK – Perspektiven für Generalisten und Spezialisten Dr. Helmut Kessler, Stv. Hauptgeschäftsführer, IHK Heilbronn-Franken Als Selbsthilfeeinrichtung, Förderer und Partner der gewerblichen Wirtschaft nimmt die Industrie- und Handelskammer eine Vielfalt an Aufgaben für ihre Mitgliedsunternehmen wahr. Sie agiert an der Schnittstelle zwischen Staat und Wirtschaft und vertritt dabei die gemeinsamen Interessen der Gewerbetreibenden ihres Bezirks. Praktische Hilfe leisten, schnell und kompetent informieren und beraten – auch diese direkten Dienstleistungen dürfen die Unternehmen von ihrer IHK erwarten. Branchenexperten für Industrie-, Handels- und Dienstleistungsunternehmen stehen zur Verfügung. Zudem gibt es spezielle Kompetenzbereiche, die als Ansprechpartner u. a. in Fragen der Existenzgründung, zu Förderprogrammen, in Sachen Aus- und Weiterbildung, zu wirtschaftsrechtlichen und unternehmenssteuerlichen Themen oder zur Erschließung ausländischer Märkte und den damit verbundenen Unwägbarkeiten fundierte und aktuelle Informationen bieten. Entsprechend den vielfältigen Tätigkeitsfeldern einer IHK sind die sich daraus ergebenden Beratungsaktivitäten sehr vielschichtig, wobei es sich im Regelfall um eine erste Hilfestellung handelt. Eine Orientierung zu den Beratungsaufgaben einer IHK in den einzelnen Handlungsfeldern vermitteln die nachfolgenden Ausführungen.
Heilbronner Weg Gerade im Hinblick auf die Vielfalt an Beratungsaktivitäten einer IHK ist die für die baden-württembergischen Industrie- und Handelskammern im Bereich Gewerbeförderung federführende IHK Heilbronn-Franken beispielgebend. Bereits Ende der neunziger Jahre wurde hier damit begonnen eine Beratungs- und Betreuungsstrategie zu entwickeln und umzusetzen, deren zentraler Inhalt neben der klassischen Existenzgründungs- und -sicherungsberatung der Einsatz innovativer Beratungskomponenten in den einzelnen Phasen der Unternehmensentwicklung ist. Das Konzept hat unter dem Namen „Heilbronner Weg“ mittlerweile auch über die Landesgrenzen BadenWürttembergs hinaus Beachtung gefunden. Der Heilbronner Weg versteht
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sich als ganzheitlicher Ansatz, Unternehmen von der Existenzgründung (siehe Existenzgründungsberatung) über die Phase der Unternehmenssicherung (siehe Finanzielle Gewerbeförderung; Finanzierungssprechtage; RKWSprechtage; Krisenmanagement durch den Runden Tisch; NachsorgeCoaching) bis hin zur Sicherung der Unternehmensnachfolge (siehe Unternehmensnachfolge; Moderatorenkonzept) zu beraten und zu betreuen. Für IHK-Berater ergibt sich hier ein breites Feld an Betätigung, zum einen unmittelbar als Berater selbst, zum anderen in der Organisation einzelner Beratungskomponenten in enger Zusammenarbeit mit institutionellen Beratern und auch freiberuflichen und gewerblichen Beratern am Markt sowie in der ständigen Weiterentwicklung von Beratungs- und Betreuungsaktivitäten.
Existenzgründungsberatung Unternehmensgründungen erfüllen in einer leistungsfähigen Volkswirtschaft wichtige Funktionen. Existenzgründerinnen und Existenzgründer schaffen nicht nur neue Arbeitsplätze, sondern führen oftmals auch innovative Produkte und Dienstleistungen ein und beschleunigen damit den Strukturwandel. Die Gründung neuer Unternehmen führt darüber hinaus zu einer ständigen Neubelebung und Stimulierung des Wettbewerbs. Die Wirtschaft benötigt Existenzgründer aber auch zur Fortführung bestehender Unternehmen im Zuge des Generationswechsels. Um Fehler bei einer Unternehmensgründung bzw. Betriebsübernahme zu vermeiden, brauchen Jungunternehmer fachkundige Unterstützung. Praxisorientierte Unterstützung leistet die IHK im Rahmen der Existenzgründungs- und -sicherungsberatung. Umfassender und kompetenter Service aus einer Hand ist das Motto der IHK, die sich als erster Ansprechpartner für Existenzgründer versteht. Zu den breit gefächerten Serviceleistungen gehören u. a. vielfältige Informationsunterlagen, Existenzgründungsveranstaltungen, Seminare und Workshops, individuelle Beratungsgespräche und eine Existenzgründungsbörse. Ergänzung findet der IHK-Existenzgründungsservice durch Informations- und Beratungsmöglichkeiten im Rahmen der Sprechtage mit den Förderinstituten des Landes und des Bundes (siehe Finanzierungssprechtage) und dem RKW Baden-Württemberg (siehe RKWSprechtage). Zur Hilfestellung bei der Gründungsplanung bietet die IHK individuelle Beratungen, in denen das Gründungskonzept und Detailfragen sowie die weitere Vorgehensweise mit den Gründungsinteressierten durchgesprochen
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werden. Die Beratung ist auf das entsprechende Gründungsvorhaben abgestimmt und basiert in der Regel auf einem von dem Gründungsinteressierten in schriftlicher Form erstellten Unternehmenskonzept. Es handelt sich um eine aufschließende Orientierungsberatung, in der einzelne Frage- und Problemstellungen erörtert und – soweit möglich – beantwortet werden. Ziel ist es, durch den Gründungsberater eine sachlich fundierte und objektive Beurteilung des Gründungsvorhabens und der Gründerperson bzw. eine Einschätzung der Erfolgsaussichten vorzunehmen. Darüber hinaus werden die nächsten Schritte aufgezeigt, weitere Anlaufstellen benannt und das ergänzende Serviceangebot der IHK zur Unternehmensförderung vorgestellt.
Finanzielle Gewerbeförderung Konkrete Unterstützung bietet die IHK im Bereich der finanziellen Gewerbeförderung sowie bei Finanzierungsfragen. Unternehmen und Existenzgründer erhalten umfassende Informationen über die gesamte Palette an Förderprogrammen des Bundes, des Landes und der Europäischen Union. Die IHK berät bei der Auswahl und Kombination der verschiedenen Förderprogramme und gibt Tipps zur Antragstellung. Dadurch ist eine bestmögliche Projektfinanzierung auf neutraler Basis sicher gestellt. Ergänzend informiert die IHK über alternative Finanzierungsformen wie Leasing und Factoring sowie Beteiligungs- und Risikokapital. Entsprechend ihrer Einbindung in das jeweilige Antragsverfahren bei Förderprogrammen erarbeitet die IHK gutachtliche Stellungnahmen insbesondere zu Bürgschaftsanträgen.
Finanzierungssprechtage Experten der Förderinstitute des Bundes und des Landes versorgen in enger Zusammenarbeit mit den Beratungskräften der IHK im Rahmen der Finanzierungssprechtage Unternehmer und Existenzgründer orts-, problem- und zeitnah mit fundierten Informationen über die staatlichen Förderprogramme. Im Einzelnen bieten die Berater der KfW Mittelstandsbank, der Landeskreditbank Baden-Württemberg, der Bürgschaftsbank Baden-Württemberg und der Mittelständischen Beteiligungsgesellschaft Baden-Württemberg kompetente Beratung zum individuellen Finanzierungsvorhaben. Aufgabe der IHK ist es dabei, neben der Organisation der Sprechtage sowohl Existenzgründern als auch Unternehmern im Rahmen der allgemeinen IHKBetreuung den Weg in den jeweils geeigneten Sprechtag zu weisen. Die
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Finanzierungssprechtage mit den Förderinstituten des Landes sind inzwischen nach Heilbronner Vorbild in Baden-Württemberg flächendeckend umgesetzt.
RKW-Sprechtage Das RKW Baden-Württemberg ist ein neutraler und kompetenter Partner, der vorrangig kleine und mittlere Unternehmen sowie Existenzgründer und Betriebsübernehmer seit vielen Jahren mit Rat und Tat unterstützt. Mit dem RKW können Existenzgründer und bestehende Unternehmen die Chancen der Unternehmensberatung optimal nutzen. Zur Kontaktanbahnung mit dem RKW organisiert die IHK einen monatlichen Sprechtag für Beratungsinteressenten. In einem kostenlosen und unverbindlichen Vorgespräch kann mit dem RKW-Berater geklärt werden, ob eine individuelle Beratung des Interessenten sinnvoll und möglich ist. Des Weiteren informiert die IHK über die vielseitigen Förderprogramme und Beratungsmöglichkeiten des RKW.
Krisenmanagement durch den Runden Tisch Kleine und mittlere Unternehmen geraten immer wieder in wirtschaftliche Schwierigkeiten. In vielen Fällen mangelt es an einer rechtzeitigen Abstimmung aller Beteiligten und an einer fachkundigen Betreuung, um aus der Krise herauszufinden. Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken und eine Hilfe zur Stabilisierung des betroffenen Unternehmens zu geben, bietet die IHK Heilbronn-Franken gemeinsam mit der KfW Mittelstandsbank fundierte Unterstützung im Rahmen des Projekts „Runder Tisch“. Kern dieses Krisenmanagements ist die Erarbeitung eines tragfähigen Konzepts zur Stabilisierung der wirtschaftlichen Situation des Unternehmens bzw. der bestehenden Arbeitsplätze. Die IHK fungiert dabei als Anlaufstelle und Ansprechpartner für die betroffenen Unternehmen. Nach einer ersten Beurteilung der Unternehmenssituation koordiniert der IHK-Berater, soweit eine noch Erfolg versprechende Ausgangslage vorhanden ist, den weiteren Beratereinsatz in dem jeweiligen Unternehmen. Eingesetzt werden erfahrene Berater aus dem KfW-Beraterpool, die eine umfassende Ist-Aufnahme und Schwachstellenanalyse der betrieblichen Situation vornehmen bzw. Lösungsvorschläge zur wirtschaftlichen Stabilisierung des Unternehmens entwickeln. Auf dieser Grundlage wird dann entschieden, ob eine Zusammenkunft aller durch die Schwierigkeiten des Unternehmens Betroffenen ratsam ist. Diese Zu-
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sammenkunft aller Beteiligten am Runden Tisch wird von der IHK vorbereitet und moderiert. Seit dem Projektstart im Juli 1998 in Heilbronn wurde auch bei den IHKs Ulm, Rhein-Neckar und Karlsruhe der Runde Tisch eingeführt. Inzwischen konnte mittels des Projekts „Runder Tisch“ in Baden-Württemberg eine Vielzahl von Unternehmen mit mehreren Tausend Arbeitsplätzen erfolgreich stabilisiert werden.
Nachsorge-Coaching Unternehmen, bei denen durch das Projekt „Runder Tisch“ die Krisensituation erfolgreich abgewandt werden konnte, können anschließend weitere Hilfeleistung durch externe Unternehmensberater erhalten. Die IHK bietet in Zusammenarbeit mit der KfW Mittelstandsbank eine durch den Europäischen Sozialfonds (ESF) geförderte Turn Around Beratung an. Ziel dieses Nachsorge-Coachings ist es, das jeweilige Unternehmen durch die Umsetzung eines umfassenden Maßnahmenpakets nachhaltig zu stabilisieren und zu festigen. Angestrebt wird dies, indem die wesentlichen betrieblichen Faktoren für erfolgreiches Wirtschaften mit Hilfe des Coachings durch einen qualifizierten Unternehmensberater kontinuierlich angepasst, verbessert und optimiert werden. Im Ergebnis soll eine solide Wettbewerbssituation der Unternehmen verbunden mit einer langfristigen Sicherung der bedrohten Arbeitplätze dauerhaft erreicht werden.
Unternehmensnachfolge Die Nachfolgeplanung im Familienunternehmen wird im Arbeitsalltag häufig vernachlässigt. Die Übertragung des Betriebs auf den Nachfolger ist aber von grundsätzlicher Bedeutung für den Unternehmensbestand und bedarf daher einer gezielten und sorgfältigen Vorbereitung. Übernehmer hingegen stehen in der Regel am Anfang ihrer unternehmerischen Laufbahn. Für sie ist der Schritt in die Selbständigkeit sowohl mit Chancen als auch mit Risiken verbunden. Hier setzt das Serviceangebot der IHK an, um einerseits Betriebsinhaber rechtzeitig und gezielt bei der Betriebsübergabe zu unterstützen, wie auch andererseits potentielle Übernehmer zu beraten. Die IHK informiert in Einzelgesprächen sowohl Betriebsinhaber als auch Nachfolger über die wesentlichen Aspekte einer Unternehmensnachfolge. Bei dieser Erstberatung werden die relevanten Problemfelder und der dar-
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aus resultierende Handlungsbedarf aufgezeigt sowie Tipps und Hinweise zur Vorgehensweise bei der Nachfolgeplanung bzw. der Übernahme gegeben. In Bezug auf die Finanzierungsmöglichkeiten bei einer Betriebsübernahme gibt es bei der IHK die speziellen Finanzierungssprechtage mit den Förderinstituten. Des Weiteren veranstaltet die IHK Seminare und Workshops zur Unternehmensnachfolge. Auch bei der Suche, Anbahnung und Vermittlung von Kontakten zu potentiellen Nachfolgern leistet die IHK fundierte Hilfestellung. Die IHK ist Marktplatz bzw. Vermittler für Unternehmen, die einen Nachfolger oder tätigen Teilhaber suchen, sowie für Interessenten, die einen Betrieb übernehmen oder sich daran beteiligen wollen. Über die Nachfolgebörse Change/Chance, eine Gemeinschaftsinitiative der IHKs, der KfW Mittelstandsbank und weiteren Partnern, werden Angebote und Nachfragen in einer bundesweiten Datenbank erfasst und im Internet veröffentlicht.
Moderatorenkonzept Vor dem Hintergrund, dass in der Praxis die Notwendigkeit die Nachfolge zu regeln im Unternehmen häufig zu spät erkannt wird oder eine Regelung zumindest immer wieder aufgeschoben wird, hat die IHK HeilbronnFranken das so genannte Moderatorenkonzept entwickelt und umgesetzt. Entsprechend diesem Konzept steht seit dem Jahr 2003 in der IHK Heilbronn-Franken den Unternehmen ein Moderator in allen Phasen und zu allen Fragen der Betriebsübergabe als kompetenter Ansprechpartner zur Verfügung. Zentrale Aufgabe des Moderators ist es, potentielle Übergeber ausfindig zu machen, anzusprechen und für die rechtzeitige und sorgfältige Planung der Nachfolge zu sensibilisieren. Vor Ort hilft der Moderator zu klären, ob potentielle Nachfolger aus dem Familien- oder dem Mitarbeiterkreis vorhanden sind oder ein externer Nachfolger von außen gesucht werden muss. Im letzteren Fall unterstützt die IHK mit Hilfe der Nachfolgebörse Change/Chance. Schließlich gilt es mit bestehenden Beraternetzwerken zusammenzuarbeiten und den Einsatz von Beratern zu koordinieren, zumal der Moderator selbst keine vertiefte Beratung leistet. Entsprechend der Aufgabenstellung sind die Anforderungen an die Person des Moderators hoch. Er muss in allen Phasen der Betreuung sowohl gegenüber dem Übergeber als auch dem Übernehmer ein hohes Maß an Diskretion und Vertraulichkeit gewährleisten. Das Moderatorenkonzept ist in das 12-Punkte-Programm zur Sicherung der Unternehmensnachfolge des Landes Baden-Württemberg
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aufgenommen worden. Weitere Kammern sind zwischenzeitlich auch hier dem Heilbronner Weg gefolgt.
Branchenbezogene Beratung Neben den sich am Lebenszyklus eines Unternehmens orientierenden Serviceleistungen (Heilbronner Weg) gibt es eine Fülle weiterer spezifischer Beratungsaufgaben, die von der IHK geleistet werden. So z.B. die branchenbezogene Beratung und Betreuung der Unternehmen aus Industrie, Handel und Dienstleistung. Instrumente sind hier individuelle Service-, Beratungs- und Informationsangebote sowie Arbeitskreise, Erfahrungsaustauschgruppen, Fachveranstaltungen und Workshops. Zunehmend spielt die Moderation von Unternehmer-Netzwerken eine wichtige Rolle.
Verkehrswesen Im Bereich Verkehr stehen die IHK-Fachexperten den Mitgliedsunternehmen bei allen Fragen und Problemstellungen rund um das Themengebiet Güterkraftverkehr und Personenbeförderung unterstützend zur Seite. Die IHK berät über die erforderlichen Genehmigungen für Gütertransporte und Personenbeförderung und äußert sich gutachterlich zu entsprechenden Anträgen gegenüber den Behörden. Des Weiteren hat die öffentliche Hand den IHKs eine Vielzahl von hoheitlichen Aufgaben übertragen. Hierzu zählen insbesondere die Überwachung von Lehrgängen, die Abnahme von Prüfungen und die Zulassung von Lehrgangsanbietern. Zudem berät die IHK bei Gefahrguttransporten und organisiert Gefahrgutfahrerschulungen.
Außenwirtschaft Die IHK unterstützt und berät die regionale Wirtschaft in allen Fragen der Außenwirtschaft. Das Angebot reicht dabei von der individuellen Außenwirtschaftsberatung über konkrete Import/Export/Zoll-Informationen bis hin zu den klassischen hoheitlichen Diensten wie die Ausstellung von Ursprungszeugnissen und Carnets sowie die Beglaubigung von Zolldokumenten. Zu den Serviceleistungen gehören bspw. Informationen zu allen relevanten rechtlichen, wirtschaftlichen und soziokulturellen Gegebenheiten im Zielland, aber auch individuelle Recherchen zu Fragestellungen einzelner Unternehmen und Branchen. Des Weiteren bietet die IHK kompetente Unterstützung bei Auslandsmessen oder bei der Suche nach ausländischen
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Handels- und Kooperationspartnern. Auch bei Fragen zu Planung und Durchführung von Auslandsinvestitionen leisten die IHK-Berater Hilfestellung.
Innovation und Technologie Mit der Innovationsberatung unterstützt die IHK die Unternehmen beim Technologietransfer in die Wirtschaft. Die Beratungsschwerpunkte liegen in der Informationsbeschaffung und der Erstberatung zu Themen wie Qualitätsmanagement, Erfindungen und Förderprogrammen im FuE-Bereich. Unbürokratisch und pragmatisch stellt der IHK-Berater Kontakt zu wissenschaftlichen Einrichtungen her, besorgt fachspezifische Informationen und führt Beratungsgespräche durch. Das Spektrum der Kunden reicht dabei vom innovativen technologieorientierten Unternehmensgründer über den Erfinder mit einer pfiffigen Idee bis hin zum Weltmarktführer, der mit Produktinnovationen neue Märkte erobern möchte.
Umweltschutz Staat, Wirtschaft und Gesellschaft bekennen sich zum gemeinsamen Ziel Umweltschutz, was sich nicht zuletzt in einer großen Anzahl von Gesetzesänderungen und Neuregelungen auswirkt. Die IHK-Umweltberatung informiert die Unternehmen zu Themen wie Umweltrecht, Recycling, öffentliche Fördermaßnahmen und Umweltmessen. Ergänzend werden Informationsveranstaltungen und Workshops durchgeführt. Im Rahmen des Kreislaufwirtschaftsgesetzes bietet die IHK eine qualifizierte Abfallberatung und kompetenten Service bei Problemen in der betrieblichen Abfallvermeidung, -verwertung und -entsorgung. Auch mit der Energieberatung leistet die IHK einen Beitrag zur Reduzierung des Energieverbrauchs sowie zur Innovation energiesparender und umweltschonender Systeme. Nach dem Umweltauditgesetz registriert die IHK die zertifizierten Unternehmen und bietet eine ausführliche Beratung zu den Vor- und Nachteilen des Umweltmanagementsystems.
Berufsbildung Die Wirtschaft einer Region lebt von der hohen beruflichen Qualifikation der dort arbeitenden Menschen. Der Bereich Berufsbildung der IHK betreut alle Ausbildungs- und Umschulungsverhältnisse in den regionalen Ausbil-
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dungsbetrieben. Über 140 anerkannte Ausbildungsberufe in Industrie, Handel und Dienstleistung gehören zur Ausbildungspalette. Die IHK engagiert sich für die duale Berufsausbildung, berät Ausbildungsbetriebe, Bildungsträger, Auszubildende, Schüler, Lehrer und Weiterbildungsinteressierte und stellt die Eignung der Ausbildungsstätten fest. Daneben wirken die IHKMitarbeiter an der qualitativen Weiterentwicklung der beruflichen Bildung mit und führen Zwischen-, Abschluss- und Fortbildungsprüfungen durch. Initiativen, die die Ausbildungsreife der Schüler fördern, den Fachkräftebedarf der regionalen Wirtschaft decken und die der Ausbildung in den beruflichen Schulen und in den Betrieben zu einer praxisgerechten Durchführung verhelfen, runden das breit gefächerte IHK-Beratungs- und Aufgabenspektrum in der Berufsbildung ab.
Recht und Steuern Die IHK bietet Auskünfte und Orientierung zu handels-, wirtschafts- und steuerrechtlichen Fragen im Sinne einer ersten, strukturierten Aufschlussberatung. Für viele Unternehmen ist die IHK häufig die erste Anlaufstelle in allen möglichen Rechtsfragen des Alltags. Mit einem umfassenden Informations- und Beratungsangebot gibt das Expertenteam aus Juristen und Fachkräften umfassende Hilfestellung im Rahmen von persönlichen Gesprächen, Merkblättern und Broschüren. Mit Veröffentlichungen, Workshops und Informationsveranstaltungen nimmt sich die IHK aktueller Themen an und trägt diese in die Unternehmen. Als Schnittstelle und Mittler zwischen Unternehmen und staatlichen Einrichtungen fungiert die IHK im Rahmen von Gesprächen, durch Gutachten und Stellungnahmen zudem als Ratgeber, z.B. bei der Aufstellung von Flächennutzungs- und Bebauungsplänen.
Wirtschaftslage und -struktur Unternehmer wollen wissen, wie sich die Konjunktur ihres IHK-Bezirks entwickelt. Als Ansprechpartner für Fragen zur regionalen wirtschaftlichen Entwicklung informiert die IHK in einem vierteljährlichen Konjunkturbericht die heimische Wirtschaft über das jeweilige konjunkturelle Stimmungsbild in der Region. Damit bietet die IHK Orientierungshilfe für unternehmerische Entscheidungen und gibt eine Einschätzung zu der regionalen bzw. gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. Ansprechpartner ist sie zudem bei Fragen zur regionalen Wirtschaftsstruktur. Auch aktuelle Arbeitsmarktzahlen, Informationen zu Preis- und Lebenshaltungskostenindizes sowie
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BERATUNGSAUFGABEN DER IHK
weitere Zahlen und amtliche Statistiken zur gewerblichen Wirtschaft sind bei der IHK erhältlich.
Beratungsaufgaben in der IHK – ein weites Feld Die IHK bietet ein breites Spektrum an individuellen Beratungs- und Serviceleistungen. Einsatz finden sowohl Generalisten, z.B. in der Existenzgründungsberatung, als auch Spezialisten, wie z.B. in Fragen der Außenwirtschaft oder im Handels- und Wirtschaftsrecht. Die Beratungstätigkeiten reichen von unmittelbarer persönlicher Beratung und Moderation über die Organisation von speziellen Beratungsangeboten bis hin zur Betreuung und Begleitung von Beratungsprojekten. Auch die Weiterentwicklung bestehender Beratungskomponenten und die Konzeption von neuen und innovativen Beratungsprojekten gehört zu den ständigen Aufgaben. Alles in allem ein weites Feld an Betätigung.
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Unternehmensberater aus Überzeugung von Anita Gaiser, Gesellschafterin und Geschäftsführerin der pulsaris E-Business consulting GmbH, Pliezhausen
Einführung Warum wird jemand Unternehmensberater? Welche Gründe spielen für die Wahl eine entscheidende Rolle? Wie sieht das Berufsbild in der Praxis aus? Halten die Hochglanzprospekte der Personal-Abteilungen diverser Beratungshäuser was sie versprechen? Wie muss man sich den Alltag als Berater vorstellen? Welche Voraussetzungen sollten gegeben sein, sowohl fachlich als auch menschlich? Reicht es aus, fachlich brillant zu sein oder gehört noch mehr dazu, um als Berater glücklich zu werden? Wie wird man Unternehmensberater, welche unterschiedlichen Entwicklungspfade gibt es und wie sehen die im Einzelnen aus? Was kann zu Krisen führen und wie kann diesen begegnet werden? Der folgende Beitrag geht auf diese Fragen ein, ohne dass der Anspruch der Vollständigkeit erhoben werden kann. Die Antworten sollen gewichtet und relativiert werden, es sollen Zusammenhänge und Möglichkeiten aufgezeigt werden. Der Beitrag ist eine „sachliche Hommage“ an den Beruf Unternehmensberater, unter der Voraussetzung, dass alle Randbedingungen und Verknüpfungen bekannt sind und verinnerlicht wurden.
Motivation Die Motivation kann als die Summe und die Gewichtung der Beweggründe, die zu Entscheidungen führen und Handlungen mehr oder weniger beeinflussen, bezeichnet werden. Die Festlegung wie viele Gründe es für die ein oder andere Entscheidung braucht und welches Gewicht sie jeweils haben, ist einzig und allein die persönliche Einschätzung jedes Einzelnen und kann ganz verschieden sein. Für den einen ist es das hohe Maß an Freiheit, die Aufgaben selbst einteilen zu können, für den anderen die immer neuen Herausforderungen im Projekt. Wichtig ist nur, dass jeder seine eigene „Entscheidungsmatrix“ sehr gut kennt.
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Warum Unternehmensberater? Welcher Absolvent der Wirtschaftswissenschaften und auch anderer Fachrichtungen hat noch nicht in Erwägung gezogen, nach dem Studium Berater zu werden? Das abwechslungsreiche Leben in und um Unternehmensberatungen verspricht Vorteile, die es in dieser Menge und Kombination in anderen Berufen selten zu geben scheint. Die Personalanzeigen von Beratungsfirmen lesen sich oft wie Werbeanzeigen entsprechender Markenanbieter. Und tatsächlich – die tägliche Arbeit ist sehr abwechslungsreich. Angefangen bei dem Erarbeiten spezifischer, individueller Lösungen und Strategien bis hin zu innovativen Beratungskonzepten steht alles auf dem Plan. Hartes und langes Arbeiten wird durch gute Bezahlung kompensiert, sodass die Aussage erlaubt ist, dass der Einstieg als Unternehmensberater langfristig gute Karrierechancen bietet. Es können viele relevante Erfahrungen in Branchen und Unternehmen unterschiedlicher Größe und Organisationsstrukturen gesammelt und verdichtet werden. Der Berater ist häufig mit neuen Menschen und Aufgaben aus unterschiedlichen Branchen betraut. Das Besondere ist, dass sich bei jedem Projekt alle Randbedingungen ändern. Dies führt dazu, dass neue Projekte oft eine völlige Umstellung notwendig machen (Inhalt, Team, Ort, Branche etc.). Wer damit gut umgehen kann und dies als positive Herausforderung sieht, ist genau richtig. Dann motiviert die Beratertätigkeit und Höchstleistungen können vollbracht werden. Es wird selten langweilig, auch wenn der Kunde nicht immer ganz den persönlichen Vorstellungen und Geschmack entspricht. Die Herausforderung – der Spaß ist es, gerade dann ein erfolgreiches Projekt zu machen. Die Herausforderung liegt in dem Versuch, das „beinahe Unmögliche“ erfolgreich zu bewältigen. Wer eher die Kontinuität und Sicherheit des Wiederkehrenden braucht, sollte sich auf den Beruf Berater nicht einlassen. Eigenmotivation Im Bereich der Eigenmotivation teilt der Berater sein Los mit den TopManagern großer Konzerne. Er findet sich oft in der Situation wieder, dass er sich selbst die Aufgaben stellen, Ziele setzen und überprüfen muss. Dies gilt sicherlich nicht am Anfang einer Karriere als Berater, jedoch lässt diese Aufgabe, inklusive der entsprechenden Verantwortung nicht lange auf sich
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warten. Die notwendige Konsequenz hieraus ist, Methoden und Strategien zu entwickeln, die Eigenmotivation hoch zu halten. Dies erfolgt sicherlich in erster Linie über Erfolgserlebnisse – also gute Projektabschlüsse, gute Projektfortschritte und nicht zuletzt zufriedene Kunden und Teammitglieder. Der Berater muss allerdings auch mit Misserfolgen i.d.S. leben lernen, dass die Aufgaben und Ziele, die am Anfang festgelegt worden sind, im Projektverlauf oft starken Änderungen unterliegen können, sodass nach längerer Projektlaufzeit oft ein anderes oder manchmal nur befriedigendes Ergebnis erzielt wird. Nicht weil die Beratung schlecht war, sondern weil die Randbedingungen der Projekte i.S.v. „moving targets“ sich veränderten. Dies geschieht relativ häufig und der Berater sollte sich dessen bewusst sein und trotzdem seine Rolle und Aufgabe nicht hinterfragen oder abschwächen, sondern es als Prozess verstehen, der auf seine Art und Weise wirkt und bei dem alle Beteiligten etwas gelernt haben. Durch diese Sichtweise ist der Berater in der Lage, lang anhaltend motiviert zu sein.
Voraussetzungen Die Voraussetzungen, um den Beruf des Beraters ergreifen zu können, lassen sich in fachliche und menschliche Voraussetzungen einteilen. Noch vor nicht allzu langer Zeit wurden die menschlichen Voraussetzungen nahezu außer Acht gelassen – gewinnen jedoch heutzutage immer mehr an Bedeutung, da diese Qualifikationen am wenigsten erlernbar sind und persönliche Eigenschaften sich nur schwer verändern lassen. Fachliche Voraussetzungen Der angehende Berater sollte durch ein entsprechendes Studium oder durch entsprechende Jahre an Berufserfahrung sein Experten-Know-how mitbringen, also ein Fachgebiet auf dem er sich faktisch sehr gut auskennt und somit in dem Bereich inhaltlich seine Arbeit leisten kann. Beispielsweise sollte ein Technologie-Berater in der Lage sein, eine betriebswirtschaftliche Bewertung der Einsatzmöglichkeiten und Auswahl neuer Technologien vorzunehmen und den entsprechenden Einführungsplan und -organisation aufzustellen. Das Wissen und der geeignete Einsatz um die verschiedenen Methoden der Beratung sind selbstverständlich und sehr wichtig. Der erarbeitete Inhalt kann noch so gut sein, wenn die Methode der Heranführung nicht stimmt oder das Mittel der Präsentation unzulänglich wirkt.
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Hinzu kommt die Notwendigkeit, über ein gutes Maß an Generalistenwissen zu verfügen. Jeder Berater sollte über seinen Tellerrand hinaus sehen können und auch in anderen Gebieten, zumindest eine Meinung haben und eine Einschätzung abgeben können. Es gibt nahezu kein Thema, dass nicht andere Themen streift oder mit anderen Themen zusammenhängt. Im Fall des Technologie-Beraters wäre es beispielsweise das Wissen um die juristische Handhabung von Software-Lizenzen. Auch sind eine gute Allgemeinbildung und Kommunikationsfähigkeiten unabdingbar. Diese gilt es, oft bei gemeinsamen Geschäftsessen unter Beweis zu stellen. Neben den Kommunikationsfähigkeiten ist gutes Benehmen eine wichtige Voraussetzung. Der Berater sollte sich in der „Welt der guten Manieren“ auskennen und die Regeln beherrschen. Wer Spaß am „Small Talk“ hat, findet sich schneller zurecht und erlebt diesen Teil seiner Aufgabe wesentlich gelassener. Eine weitere Voraussetzung ist, dass der Unternehmensberater einen Sinn und ein Gespür für die Grundregeln der Marktwirtschaft haben muss. Die Zusammenhänge und Gesetzmäßigkeiten eines Marktes oder mehrerer Märkte im Zusammenspiel sollten jedem Berater bestens vertraut sein. Dies ist vor allem wichtig, wenn die Beratungsfirma branchenübergreifend berät und der Berater somit vor vielen verschiedenen Einzelmärkten steht. Eine gute Portion Unternehmertum, vereint mit gesundem Menschenverstand, rundet das Ganze ab. Menschliche Voraussetzungen Neben den fachlichen und methodischen Voraussetzungen gibt es eine ganze Reihe menschlicher Voraussetzungen. Diese können zwar genannt werden, lassen sich jedoch im Einzelnen weniger gut qualifizieren. Dennoch haben sie mittlerweile einen sehr hohen Stellenwert bei der Einschätzung eines guten Beraters. An der Stelle sei auch der Begriff Empathie erwähnt und kurz erläutert. Empathie beinhaltet das Wahrnehmen bewusster und unbewusster, kognitiver und emotionaler Prozesse. Empathie kommt von Pathos, das Leid und bedeutet mitleiden, mitfühlen. Empathie heißt: das Verstehen und das Vermögen, einen anderen in seinen Konflikten, seinen Gefühlen und Einstellungen zu erkennen und gefühlsmäßig nachzuvollziehen. Und genau dieses ist bei der Beratertätigkeit sehr wichtig. Die Fähigkeit zwischen den Zeilen zu lesen, sich soweit in den anderen zu versetzen, um in seinem Sinne das
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Problem anzugehen oder einen Weg zu finden, ihn von einer anderen Lösung zu überzeugen. Grundvoraussetzung für die Empathie ist die Kunst des Zuhörens, das hört sich leicht an, jeder behauptet von sich, dass er gut zuhören kann. Jedoch gibt es einen qualitativen Unterschied zwischen zuhören und zuhören. Gemeint ist damit ein „qualifiziertes Zuhören“, gepaart mit dem Wissen um die Einschätzung der gegenübersitzenden Person und dem Wissen um die „Mechanismen des menschlichen Daseins“. Wenn beispielsweise der Projektleiter beim Kunden sein Anliegen oder Problemstellung schildert, ist es oft zu diesem Zeitpunkt bereits möglich, die Ursache zu erkennen. Unter Umständen sind die technischen Probleme oder das alte DV-System gar nicht das Kernproblem, sondern das „menscheln an den Schnittstellen“ zu anderen Abteilungen. Besitzt ein Berater die Fähigkeit, zwischen den Zeilen lesen zu können und ein Stück weit Gestik und Mimik interpretieren zu können, ist das sehr hilfreich und oft schon, wie es so schön heißt, die halbe Miete. Denn in den meisten Fällen verzögern sich bzw. scheitern Projekte aufgrund zwischenmenschlicher Konflikte. Diese sind häufig subtil und nicht oder nicht so leicht zu erkennen. In Beraterprofilen ist oft die Rede von der notwendigen Fähigkeit des strukturierten Denkens. Der Berater sollte schnell und sicher Knackpunkte identifizieren können, sowohl inhaltlich als auch menschlich und Abhängigkeiten erkennen können. Die Erkenntnis allein reicht jedoch nicht aus. Der Berater muss in der Lage sein, seine Einschätzungen und Erkenntnisse geschickt darzustellen. Er muss klar und überzeugend argumentieren können und seine Einschätzung entsprechend vertreten, ohne dabei starrsinnig oder eingefahren zu wirken. Kommen durch den Kunden oder anderen Teammitgliedern entsprechende Einwände oder Argumente, die so bisher nicht klar waren oder nicht bekannt waren, ist es nicht nur notwendig sie anzunehmen und einzuarbeiten, sondern dies auch zu begrüßen – frei von Kompetenzgerangel und Profilierungswünschen. Daran zeigt sich die Teamfähigkeit des Beraters am besten. Eine gute Portion Machtwillen und eine gewisse „Anführer-Mentalität“ sind von Vorteil, obgleich es scheinbar ein Widerspruch zur Teamfähigkeit ist. Denn nur so ist es möglich, bei der Moderation oder dem Mandat der Projektleitung, das Projekt in der gewünschten Qualität und Zeit erfolgreich zu Ende zu führen. Führen bedeutet immer: Zuhören – Bewerten – Entscheiden – Überwachen – Verbessern. Insofern kommt es darauf an, beide Fähigkeiten, Teamfähigkeit und Machtwillen, in der richtigen Dosis und zum richtigen Zeitpunkt einzusetzen. Zu erkennen, in welcher Situation ist es
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notwendig, die Zügel in die Hand zu nehmen und wann sind die Regeln der Teamfähigkeit gefragt. Der Berater sollte auch den Willen besitzen, Dinge verändern zu wollen. Veränderungen sind immer Kraftanstrengungen und nur wer diesen Willen in sich trägt, kann die notwendige Energie aufbringen.
Entwicklungspfad Wie wird man Unternehmensberater Unternehmensberatung ist Rat und Mithilfe bei der Erarbeitung und Umsetzung von Problemlösungen in allen unternehmerischen, betriebswirtschaftlichen und technischen Funktionsbereichen. Der Berufszugang zu einer Tätigkeit als Unternehmensberater ist nicht geregelt. Üblicherweise werden fundierte kaufmännische und betriebswirtschaftliche Kenntnisse gefordert, wie sie in entsprechenden Studiengängen erworben werden. Neben bestimmten formalen Qualifikationen sollten noch Persönlichkeitsmerkmale hinzukommen, die für eine beratende Tätigkeit wichtig sind, beispielsweise analytische Fähigkeiten sowie überzeugendes und seriöses Auftreten. Häufig sind Zusatzkenntnisse im Bereich Recht, betriebliches Rechnungswesen und Finanzwirtschaft von Vorteil. Zur Sicherung der beruflichen Zukunft ist laufende Aus- und Weiterbildung unabdingbar. Das Schlagwort vom „Lebenslangen Lernen“ gilt uneingeschränkt gerade für diesen Berufsstand. Das Feld beherrschen die Männer. Glaubt man der Statistik, dann haben Frauen und Geisteswissenschaftler schlechte Karten, während die Männer in klassischer Manier das Feld beherrschen. Unter den Einsteigern finden sich zwar noch fast ein Drittel Frauen, doch schon in der nächsten Karrierestufe der Berater sinkt der Frauen-Anteil auf rund zehn Prozent. Ursachen dafür gibt es mehrere: Einerseits ist der Anteil der Studentinnen in den wichtigsten Fachbereichen für die Berater – das sind die Betriebswirtschaft mit 56,5 Prozent und die Ingenieurwissenschaft mit 17,4 Prozent – vergleichsweise gering. Andererseits gibt es auch branchenspezifische Unterschiede: „In der Beratung von Dienstleistungsbranchen, in der Personalberatung oder der Personalentwicklung ist der Frauenanteil beispielsweise höher, nicht zuletzt, weil
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hier die so genannten weichen Faktoren wie Empathie und Kommunikationsfähigkeit eine wichtige Beratergrundlage bilden.“ Ausbildung per Weiterbildungsverfahren oder Learning-by-Doing In vielen Beratungsunternehmen werden die Einsteiger durch ein eigenes, aufwendiges Aus- und Weiterbildungsverfahren geleitet. So spezifisch, wie die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hier gebraucht werden, kommen sie kaum von einer Universität oder Fachhochschule. Eine derartige Ausbildung lässt sich später immer wieder gewinnbringend einsetzen. Wer also dort startet, der kann mit einer ganz normalen Berater-Karriere rechnen, muss sich aber darauf einstellen, dass er die einzelnen Stufen nacheinander durchlaufen muss. Anders ist es bei den zahlreichen mittleren und kleinen Beratungsunternehmen. Hier existiert in der Regel eine andere Art der Ausbildung: Learning-by-doing ist der Schwerpunkt der Ausbildung. Zumal bei kleineren Häusern die Notwendigkeit besteht, dass die Junior-Berater so schnell wie möglich einen Teil ihres Gehaltes auch selbst verdienen. Das ist was für Absolventen, die schnell eigene Verantwortung übernehmen wollen und einen größeren Freiraum genießen und verantwortungsvoll nutzen können. Diese Variante birgt Chancen und Risiken. Es lastet von Anfang an ein nicht unerheblicher Erfolgsdruck, mit der Chance viele Aufgaben schon recht schnell eigenverantwortlich abzuwickeln. Dem sollte der Berater gewachsen sein! Selbständig nur mit Berufserfahrung Manche träumen gleich von der Karriere als selbständiger Berater. Grundsätzlich keine schlechte Idee und ein nachvollziehbarer Wunsch, insbesondere wenn der Mensch fachlich besonders versiert ist. Doch gleich nach dem Studium ist es in der Regel zu früh – ein ordentliches Maß an Berufserfahrung sollten die selbständigen Unternehmensberater schon mitbringen. Dabei gilt: Wer Führungsebenen in Unternehmen erreichen und beraten möchte, sollte selbst schon geführt haben und ein paar Jahre einschlägige Berufserfahrung mitbringen. Nur so erhält man die notwendige Glaubwürdigkeit und Anerkennung. So ist die Selbständigkeit eher das Ziel einer Laufbahn, nicht aber der Anfang.
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Herausforderungen Der Arbeitsplatz des Beraters ist hauptsächlich dort wo der Kunde ist. Dies bedeutet, dass nur eine geringe Identifizierung und Bindung mit dem eigenen Arbeitsumfeld möglich ist. Andere Beraterkollegen sieht man nur in offiziellen Besprechungen – eine kontinuierliche Teilnahme am üblichen „Firmengeschehen“ gibt es kaum. Der Berater und sein Team sind unterwegs. Im Gegensatz zu anderen Tätigkeiten, bei denen man zum großen Teil die Arbeitszeit an einem festen Platz und in einer gleich bleibenden Umgebung absolviert wird, findet der Unternehmensberater diese Randbedingungen nicht und ist angehalten, einen Weg des persönlichen Umgangs damit zu finden. Nach einer gewissen Zeit oder phasenweise macht dem Berater der „fehlende Platz in der Bedürfnispyramide“ mit dem Wunsch, Teil eines Gesamtsystems zu sein, zu schaffen. Ferner ist auch die anhaltende Identifizierung mit einer Firma, einem Produkt und oder einer Branche nicht gegeben. Am langen Ende arbeitet der Berater losgelöst und ausschließlich „sach- und zielmotiviert“. Je nach Projekt können jedoch diese Motivationsgründe nicht oder nicht genügend vorhanden sein, sodass der Berater sich unter Umständen die Sinnfrage stellt. Es ist wesentlich leichter mit diesen Gegebenheiten sinnvoll umzugehen, wenn dem angehenden Berater diese Vorgänge von Anfang an bekannt und durchdacht sind. Es verhindert diese Erfahrung nicht, jedoch ist der Umgang damit gelassener und bewusster. Der Berater findet schneller zu den Überlegungen, welches denn die Vorteile des Beraterdaseins sind und ist damit schneller wieder ausgeglichen und damit leistungsfähiger. Wichtig ist, bei den Überlegungen Unternehmensberater zu werden, klar die Vor- und Nachteile aufzulisten und für sich persönlich die Kriterien zu werten und dann zu entscheiden. Hilfreich ist sicherlich, diese Gründe zu notieren und quasi einer Art Wiedervorlage zu unterziehen. Damit kann geprüft werden, inwieweit diese Gründe noch zutreffend sind oder ob eventuell eine Veränderung eingetreten ist, die ein Nachdenken über einen anderen, neuen Weg notwendig macht. Die freie Einteilbarkeit der Zeit ist auf den ersten Blick ein klarer Vorteil, im Besonderen für Frauen, die Karriere und Familie integrieren möchten. Jedoch muss klar sein, dass es auch eine Kehrseite der Medaille gibt. Der Berater muss sehr gute Selbst-Management-Fähigkeiten besitzen. Wenn plötzlich 24 Stunden mal 7 Tage und das jede Woche aufs Neue, das „Gesamtsystem Leben“ zur freien Einteilung steht und es keine Einteilung mehr in
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Geschäftszeiten und Freizeiten gibt. So muss für einen wichtigen Präsentationstermin auf Vorstandsebene das Familienfest mal das nachsehen haben. Allerdings ist es wiederum möglich, das Schulfest mitten in der Woche und mitten am Tag zu besuchen. Diese klare Darstellung fehlt in den Profilen und Beschreibungen der Beratungsfirmen. Jeder Vorteil hat sogleich seinen Nachteil, dies gehört zusammen, lediglich die Priorisierung und persönliche Bewertung hilft Klarheit schaffen. Alle Punkte, die als Vorteil gewichtet werden ohne die Nachteile klar zu sehen, können über kurz oder lang zu Enttäuschungen führen. Enttäuschungen sind jedoch nur das Ergebnis falscher Erwartungen. Veränderung Die Gefahr, dass der Berater sich auf Dauer den spezifischen Herausforderungen nicht mehr gewachsen sieht, scheint auf der Hand zu liegen. Es gibt aber Möglichkeiten, andere Wege zu gehen. Ein Weg ist der Ausstieg aus der Beratung, zurück in die Linie. Dieser Weg ist erfolgreich, wenn der Berater eine bewusste Entscheidung, durch Abwägung aller Vor- und Nachteile, getroffen hat. Der Preis für die gewonnene Sicherheit und größere Orientierung ist die Freiheit. Die Freiheit, seine Arbeitszeit größtenteils selbständig und nur dem Kunden und dem Projekt verpflichtet einzuteilen und zu leisten. Eine weitere Möglichkeit bietet der Weg in die Selbständigkeit. Hierbei ist die Tätigkeit natürlich dieselbe, also auch die Herausforderungen. Es gibt allerdings einen zusätzlichen Motivationspunkt. Der entsteht durch die Tatsache der eigenen Firma und einer entsprechenden Aufgabenerweiterung, die durch die Leitung einer Firma eintritt. Hierbei ist zu erwähnen, dass der Weg zurück allerdings recht schwierig ist. Professionelle Personalvermittler verlieren tendenziell das Interesse an der Person. Es ist ungleich schwerer, einen geschäftsführenden Gesellschafter als einen angestellten Berater für ein anderes Unternehmen zu gewinnen.
Fazit Erst durch die umfassende und detaillierte Auseinandersetzung ist ein junger Mensch in der Lage, die Entscheidung für sich zu treffen, den Weg des Unternehmensberaters einzuschlagen. Und dazu gehört, im Besonderen die Auseinandersetzung mit den menschlichen Voraussetzungen, denn die kön-
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nen nicht erlernt werden und bestimmte Verhaltensmuster oder Persönlichkeitsstrukturen lassen sich nur sehr mühsam verändern. Es gehören Gespräche mit Personen geführt, die nicht nur den Glanz schildern, sondern auch die Schattenseiten und die Misserfolge ungeschönt darstellen. Steht am Ende dieses Prozesses eine bewusste Entscheidung für den Beruf des Unternehmensberaters, ist ein überaus interessanter, abwechslungsreicher und spannender Karriereweg vorgezeichnet und allen Unkenrufen zu Trotz, ist der Unternehmensberater aus den Unternehmen nicht wegzudenken und in der Verpflichtung, entscheidende Beiträge für die Zukunft des jeweiligen Unternehmens zu leisten.
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Spirit in Business Ein neuer Geist in Unternehmen ... und Beratung von Siglinda Oppelt, Geschäftsführerin Spirit in Business – Spirit in Life International Change and Transformation Consulting, Wetzlar Unternehmensberatung setzt immer an den „blinden Flecken“ der Unternehmen an. Was sind die Dinge, die heute in den Unternehmen unterbelichtet sind, die die Manager nicht sehen? In welchen defizitären Bereichen gilt es also in den nächsten Jahren Entwicklungshilfe zu leisten? Viele Unternehmen erinnern heute an verschreckte Kaninchen, die lauernd in ihrem Bau sitzen, abwartend, dass sich die Lage „im Außen“ doch endlich bessern möge. Dann, wenn der Krieg vorbei ist; dann, wenn ein konjunktureller Aufschwung aus den USA auch unsere Wirtschaft wieder beflügelt; dann, wenn ein erholter Aktienmarkt erkennen lässt, dass das Vertrauen in die Unternehmen wiederhergestellt ist; dann, ja dann würden auch die Unternehmer selbst wieder an sich glauben, investieren – ... und im gewohnten Stile weiter managen wie zuvor. Doch bis dahin wissen sich Unternehmer nicht besser zu helfen, als mit ihrem Mangeldenken den Abwärtstrend zu verstärken. Auf das Signal „Rezession“ werden in den Chefetagen unserer Unternehmen zur Zeit zwei Rezepte abgespult: „Den Gürtel enger schnallen“, heißt zum einen die Losung: Mitarbeiter werden entlassen, Beratungsbudgets gestrichen, Investitionen gestoppt, Change Projekte eingestellt – „In Zeiten der Rezession muss schließlich jedes Unternehmen und jede Abteilung Opfer bringen“. Zum anderen wird der Vertrieb verzweifelt gepusht. Hier herrscht oft ein blinder Aktionismus, der nur darauf aus ist, so wenig Marktanteile wie möglich zu verlieren. „Es ist nicht genug für alle da“ ist die Überzeugung. Man will auf keinen Fall zu den größten Verlierern gehören. So werden die altbekannten Produkte mit verzweifelten Aktionen in den Markt gedrückt. Kaum ein Unternehmen, das tatsächlich mit den Menschen da draußen, mit seinen potentiellen Kunden über deren Sehnsüchte, deren Wünsche, deren Träume spricht. Gedacht wird lediglich in Produktkatalogen – und zwar in denen Vorjahres, die durch ein bisschen Kosmetik verzweifelt aufgefrischt werden. Alter Wein in neuen Schläuchen. Produktentwicklung findet bes-
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tenfalls i.S. eines Releasemanagements statt. Abgetakelten Produkten versucht man neuen Glanz zu verleihen – eine neue Verpackung, ein Zusatzmodul, ein neues Versprechen, ein Relaunch – während das Altgediente jämmerlich durchschimmert. Neue Geschäftsfelder, neue Dienstleistungen werden nicht entwickelt. Echte Kreativität findet nicht statt. Wie auch? Der Geist der Angst blockiert sämtliche Intelligenzen, die für das Schaffen neuer Potenziale nötig wären: die kreative, emotionale, intuitive und die spirituelle Intelligenz. Die einzige Intelligenz, die Manager heute aktiv geschaltet haben, ist die der rationalen Intelligenz. Alle übrigen liegen brach. So gesehen sind Manager heute Schrumpfgestalten ihrer selbst. Sie nutzen nur einen geringen Teil ihres Potenzials. Entsprechend sind die Ergebnisse: Gehaltskürzungen, Kurzarbeit, Personalabbau, Unternehmenspleiten, Konkurs. „Deutschland sei ungebrochen auf dem Weg in die Abwärtsspirale“, weiß die Wirtschaftsfachpresse zu berichten. Treiben wir diese wirtschaftliche Misere, die ja eine Management-Misere ist, weiterhin munter voran, so müssen wir uns nicht wundern, wenn wir unsere Volkswirtschaft gar in eine Deflation manövrieren. Dann würden sehr ungemütliche Zeiten anbrechen: zwischen sinkenden Preisen und steigenden Realzinsen zermalmt zu werden, macht keinen Spaß. Nur wenige Unternehmen überleben solche, durch eine starke Gewinnkompression verursachte Krisen. Aber Unternehmen haben ja die Chance, es anders zu machen. Was jetzt erforderlich ist, ist die Erkenntnis, dass sie selbst für die aktuelle Lage verantwortlich sind. Sie sind keine Opfer der Situation. Sie schaffen sie vielmehr. Der Turn-around ist also nur dann möglich, wenn Unternehmen ihren Spirit der Angst, des Mangels, der Einschränkung verabschieden und sich bewusst für einen Spirit der Fülle, Kreativität und des Vertrauens entscheiden. Wie können Unternehmen nun diesen Paradigmenwechsel im Bewusstsein vollziehen? Nun, der Geist fällt nicht vom Himmel! Der Geist wird auch nicht von solch abstrakten Gebilden, wie „Unternehmen“ praktiziert. Es sind die Menschen in den Unternehmen, und hier allen voran die Manager, die Geschäftsführer, die Vorstände, die obersten Führungskräfte, deren Spirit entweder sehr oder wenig segensreich wirkt. Mit ihrem ManagementSpirit determinieren sie, was nicht nur kulturell, sondern vor allem auch was ökonomisch in ihrem Unternehmen möglich ist.
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Wenn es so ist, dass der Geist der obersten Manager sich durch das ganze Unternehmen zieht und sich in den betriebswirtschaftlichen Ergebnissen niederschlägt, wie ist dann der Weg aus der Krise zu schaffen?
Unternehmensentwicklung der Zukunft ist Persönlichkeitsentwicklung – sie beginnt bei den obersten Managern! Schnell wird klar, dass die Veränderung beim einzelnen Manager anfangen muss. Eine positive Wende in der Unternehmensentwicklung kann nur mit der Persönlichkeitsentwicklung der Menschen – und zwar der obersten Manager – beginnen! Hier heißt es also, sich bewusst für einen neuen Geist zu entscheiden, hier heißt es also auch, alle Intelligenzen zu aktivieren, zu integrieren, um alle Ressourcen zur Verfügung zu haben, um Neues, Sinn-volles zu schaffen und nachhaltig erfolgreiche, weise Management-Entscheidungen zu treffen. Dazu müssen die Manager allerdings noch eine weitere Hürde überwinden. Es ist das Phänomen der Trennung – der Trennung in die harte Businesswelt und die dem privaten Bereich vorbehaltene „Welt der Menschlichkeit“. Diese Trennung ist real, also von Natur aus, nicht existent. Im Kopf unserer Manager, in ihrem Bewusstsein ist sie jedoch fest zementiert. Aber kann denn eine Verbindung beider Motive überhaupt funktionieren? Unternehmen so zu steuern, dass das Management einen sittlichen Nährwert bietet, unsere Sehnsucht nach geistigem Anspruch und nach wirtschaftlichem Erfolg erfüllt wird? „Das geht doch gar nicht!“ – die Haltung des „gemeinen Managers“ ist eindeutig. „Entweder man ist der Caritas-Verband oder man ist ein Wirtschaftsunternehmen, das nach harten Kennzahlen gemessen wird. Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun!“ Und genau dies ist ein Trugschluss. Unternehmenserfolg wird nicht länger durch ein Controlling-basiertes Management gelingen, das an Kennzahlen des Profits, des Shareholder-Value ausgerichtet ist. Auch nicht durch verstärkte Vertriebsaktivitäten und eine neue Emotionalität im Marketing alleine. Im Management der Zukunft geht es um größere Zusammenhänge. Unternehmensentwicklung der Zukunft ist gleichzeitig gesellschaftliche Entwicklung!
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Weise Manager, Manager der Zukunft, sehen einen größeren Sinn in der Existenz ihres Unternehmens: Sie verstehen den Auftrag ihres Unternehmens neu: es ist ein ökonomischer und humanitärer Auftrag zugleich. Ihr Ansinnen ist es, wirtschaftlichen Wohlstand zu erzielen und gleichzeitig einen Beitrag zu einer lebenswerten, Menschen-orientierten Gesellschaft zu stiften. Beides findet zukünftig nicht nebeneinander, sondern integrativ statt. Das Motiv, eine attraktive Kapitalrendite mithilfe eines Unternehmens zu erwirtschaften, ist ein basales. Solch ein rein ökonomisch verstandener Unternehmensauftrag wird zukünftig jedoch zum Hygienefaktor mutieren. Er vermag keine besondere Attraktivität auszuüben – er kann lediglich die Unzufriedenheit mildern, ist aber nicht imstande, die Zufriedenheit der Beteiligten zu steigern. Mit ihm lässt sich also kein „Blumentopf“ gewinnen, weder bei den Mitarbeitern oder Kunden, noch bei den Aktionären. Es wird nicht länger so sein, dass Unternehmen mit ihren Produkten unterjährig einen bestimmten Umsatz erwirtschaften und am Ende des Geschäftsjahres eine Spende an ein SOS-Kinderdorf oder ähnliches Projekt mit möglichst hohem Mitleidsfaktor entrichten. Die Kausalität wird sich ändern: Indem Unternehmen Sinn-stiftend für Mensch und Gesellschaft wirken, werden sie zukünftig auch ökonomisch erfolgreich sein! Weise Manager, Manager der Zukunft, wissen wirtschaftlichen Erfolg und Menschen-Orientierung zu integrieren. Was fasziniert Menschen? Weise Manager schaffen Produkte und Unternehmen, die die Gesellschaft, Kunden und Mitarbeiter gleichermaßen begeistern. Sie erhöhen den spirituellen Anteil in ihren Produkten, in ihrem Produktionsprozess, in ihrem Führungsstil und im Management. Denn sie haben erkannt: Schließlich geht es um die Transformation eines überholten Wirtschaftssystems; es geht um das Schaffen neuer, Sinn-voller Lebens- und Arbeitswelten! Mit diesem Bewusstsein geht auch ein neues Verständnis von „Wachstum“ einher. Es geht nicht länger um „horizontales Wachstum“: mehr Umsatz, mehr Gewinn, mehr Geschäftsstellen, mehr Beteiligungen, ein höherer Aktienkurs, ... Das Wachstum der Zukunft hat eine andere Qualität: es ist ein Wachstum in die Tiefe. Der Sinn-Gehalt, die Menschen-Orientierung steigt durch das, was man als integrativ geführtes Unternehmen tut, deutlich. Diese Sinn- bzw. Tiefen-Wachstum kann in Bezug auf die „klassischen“ Wachs-
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tumsbegriffe zunächst Veränderungen in jegliche Richtung bedeuten: z.B. ein steigender, gleich bleibender oder reduzierter Umsatz. So kann es z.B. sein, dass ein Unternehmen sich von Geschäftsfeldern trennt, die keinen rechten Gewinn mehr abwarfen und auch nicht spirituell weiterzuentwickeln waren. Sie passten einfach nicht mehr in den Zeitgeist, der von einer Sehnsucht nach Sinn-vollem Geist geprägt ist. Also schrumpft das Unternehmen ggf. zunächst, um sich auf neue oder veränderte Geschäftsfelder mit hohem Sinn- bzw. Spirit-Anteil zu konzentrieren und schließlich mit diesen überhaupt zukunfts- und wachstumsfähigen Produkten mittelfristig ein nachhaltiges Umsatzwachstum zu realisieren. Auch die Rolle des Managers wird in Zukunft eine andere sein, als die, in der er sich heute gefällt. Sie ist nicht mehr von narzisstischen, persönlichen Eitelkeiten geprägt. Zukünftig versteht er sich als Diener des Menschen, des Lebens und des Kosmos. Der Manager der Zukunft stellt seine Person nicht mehr in den Mittelpunkt des Unternehmensgeschehens. Seine neue Rolle erinnert vielmehr an die einer Hebamme, die unerschrocken hilft, Neues zu gebären, neues Leben in die Welt zu bringen, die die einzigartigen kreativen Potenziale der Mitarbeiter ans Tageslicht fördert. Hier wird klar, welch enormer innerer Wandel der Manager erforderlich ist, um zu einem erfolgreichen, Integrativen Management, zum Erfolg der Zukunft zu finden. Beratung der Zukunft richtet sich damit in erster Linie auf die Begleitung des inneren Prozesses, des inneren Wandels der Manager und Menschen in den Unternehmen. Erst in einem zweiten Schritt gilt es, den Geist des Integrativen Managements in der Struktur und den Prozessen der Unternehmenssteuerung zu verankern. Neben der Hilfestellung zur Selbstintegration der Manager und Menschen in den Unternehmen, wird es die Aufgabe der Berater sein, Führungskräfte dabei zu unterstützen, sich einen größeren, einen sinnvolleren Auftrag zu geben, als den oft sinnentleerten, geistlosen Auftrag der Profitmaximierung, des Shareholder Value. Es geht also um eine Ermutigung zu mehr Integrität, Menschen-Orientierung und damit letztlich um mehr Liebe für den Menschen, für den Kosmos.
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Wenn der „gemeine“ Manager von heute auf seinem Sterbebett gefragt wird: „Was hat Ihr Leben zu einem erfüllten Leben gemacht?“ kommt er möglicherweise in die Verlegenheit, erst dann zu merken: „Ich habe viel Geld aus der Firma gezogen, clevere Aktiengeschäfte getätigt, teure Urlaube gemacht und mir immer das neueste Modell des Luxuswagens XY gekauft – alles zwar sehr angenehme Dinge, aber mein Leben wurde dadurch nicht nachhaltig mit Sinn erfüllt. Manager der Zukunft werden auf ihrem Sterbebett sagen: „Ich sterbe zufrieden, weil ich einen Beitrag zu mehr Liebe in der Welt leisten konnte!“ Daran gilt es zu arbeiten – als Manager und als Berater.
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Traumberuf Unternehmensberater? von Felix Bracker, Kienbaum Management Consultants GmbH, Düsseldorf Auf der Hitliste der Wunschberufe findet sich der „Unternehmensberater“ oder „Consultant“ in den Top Ten. Auch in den Rankings der beliebtesten Arbeitgeber stehen Beratungsunternehmen neben Global Players aus der Automobil- oder Konsumgüterindustrie auf Spitzenplätzen. Für viele Studenten ist der Beruf des Unternehmensberaters offensichtlich eine attraktive Alternative zu „klassischen“ Karrieren in Linienfunktionen im Marketing, Vertrieb oder Controlling. Die hohe Attraktivität des Berufsbildes ist insofern erstaunlich, als dass durchaus einige „Horror“-Vorstellungen über den Berufsalltag des Beraters kursieren: Arbeit bis in die Nacht, hoher Termindruck, permanente Leistungsüberprüfung und ein Nomadenleben gelten als Preis für die Chance auf eine rasche Karriere. Auf der anderen Seite stehen eine abwechslungsreiche, verantwortungsvolle Tätigkeit und täglich neue Herausforderungen in der Arbeit mit den Kunden, die den Job für Absolventen interessant machen. In Anbetracht dieses Spannungsfeldes zwischen hoher Attraktion und erheblichen „Stressfaktoren“ lohnt sich ein Blick hinter die Kulissen des Beratungs-Business. Wie beginnt eine ConsultingKarriere in der Praxis, was erwartet den Junior-Berater beim Jobeinstieg?
Soziale Kompetenz und Fachwissen Welche Qualifikationen muss ein Bewerber vorweisen, um für ein Beratungsunternehmen als Junior-Berater attraktiv zu sein? Bei der Gewichtung der erwarteten Kompetenzen wird zwischen Hard- und Soft Skills unterschieden. Die Hard Skills sind jene Qualifikationen, die auch mit dem Begriff „Fachliche Qualifikation“ beschrieben werden. Die Soft Skills fassen sämtliche menschlichen Faktoren, wie Führungskompetenz oder Teamfähigkeit zusammen. Grundlage für einen Einstieg als Berater in einem renommierten ConsultingUnternehmen ist der überdurchschnittliche Abschluss eines Hochschulstudiums. Voraussetzung für die erfolgreiche Karriere ist die Fähigkeit zu unternehmerischem Denken und analytisch-strukturiertem Arbeiten. Diese Eigenschaften sind bei der Projektarbeit zwingend erforderlich. Diese Hard Skills können insbesondere durch Praktika schon während des Studiums erlernt werden. Unternehmen aller Branchen legen bei Bewerbern großen
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Wert auf Belege dafür, dass das von der Hochschule vermittelte Wissen bereits in Ansätzen praktisch erfolgreich angewendet worden ist. Neben den genannten fachlichen Voraussetzungen werden sehr gute Computerkenntnisse in den einschlägigen Anwendungsprogrammen wie Excel oder PowerPoint erwartet. Agiert die Unternehmensberatung in einem internationalen Umfeld ist zumindest verhandlungssicheres Englisch unerlässlich. Weitere Fremdsprachenkenntnisse sind förderlich. Die Arbeit des Unternehmensberaters ist stark durch die Projektarbeit und den direkten Kontakt zu den Kunden geprägt. Hieraus ergibt sich eine Vielzahl von (kommunikativen) Fähigkeiten, die der Berater neben der Fachund Umsetzungskompetenz beherrschen muss. Der Umgang mit den Mitarbeitern unterschiedlichster Positionen erfordert einen besonders hohen Grad an Sozialkompetenz. Hierzu gehören, neben der ausgeprägten menschlichen Sensibilität, Überzeugungskraft und Konfliktbereitschaft – insbesondere bei der direkten Arbeit mit den Kunden. Die Arbeit im Team schließlich setzt eine ausgewogene Mischung zwischen Individualismus und Teamorientierung, Konflikt- und Konsensbereitschaft voraus.
Erster Projektschritt Staffing Im Gegensatz zu vielen Tätigkeiten in Linienfunktionen, ist der Beruf des Unternehmensberaters stark durch das aktuelle Projektgeschäft geprägt, Wiederholungen sind selten. Der Charme der Projektarbeit liegt in der Abwechslung, denn jedes Unternehmen und die dazugehörigen Problemstellungen sind einzigartig. Der Startschuss für den Junior-Berater erfolgt nach der Akquisition eines Projekts, die Aufgabe von erfahrenen Beratern und Führungskräften ist. In einem ersten Schritt werden zunächst der Projektleiter und sein Projektteam zusammengestellt (gestaffed). Wesentliche Kriterien für die Auswahl der Teammitglieder sind die jeweiligen Branchen- und Fachkompetenzen der Berater und natürlich ihre Verfügbarkeit. Die Aufgabe des Projektleiters ist vornehmlich strategischer Natur. Er koordiniert und kontrolliert die Arbeit des Teams, ist zudem Schnittstelle zwischen Berater und Kunde und trägt die Verantwortung für Vorgehensweise und Ergebnisse der Projektarbeit. Die Aufgabe der operativ agierenden Teammitglieder liegt in der eigenständigen Bearbeitung der ihnen zugeordneten Arbeitspakete. Entscheidende Messgröße für den Erfolg der Arbeit sind das Einhalten der vorgegebe-
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nen zeitlichen Vorgaben (Milestones) und die Absprache zwischen den Teammitgliedern zur integrierten Vorgehensweise. Grundsätzlich werden die meisten Projekte vor Ort, also im beratenen Unternehmen durchgeführt. Dies liegt nahe, da viele Projekte – wie etwa eine Produktionsoptimierung oder die Einführung einer Balanced Scorecard – nur „am Objekt“ durchgeführt werden können. Zudem kann das Projektteam so intensiver mit dem Kunden kommunizieren und zusammenzuarbeiten, was sich positiv auf das gemeinsam erreichte Ergebnis auswirkt.
Analysieren, Identifizieren, Lösungen erarbeiten und umsetzen Nachdem die Vorgehensweise im Projekt zwischen Kunde und den Berater abgestimmt ist, beginnt die Analysephase. Hierbei werden mittels Interviews, Workshops und Analysen von externen und internen (kundenseitigen) Daten Handlungsfelder identifiziert. In Absprache mit dem Kunden werden in der Konzeptionsphase Lösungsansätze für die definierten Handlungsfelder erarbeitet. Dabei bietet es sich an, die Lösungsansätze an Hand von Szenarien darzustellen, um dem Kunden mehrere Optionen aufzeigen zu können. Die Ergebnisse von Analyse- und Konzeptionsphase werden dem Kunden in einer Präsentation vorgelegt und erläutert. Ist die Implementierung der vorgeschlagenen Lösungsansätze ebenfalls Gegenstand des Auftrags, erfolgt die Umsetzungsphase im Anschluss an die ersten beiden Phasen. Diese ersten Arbeitsschritte spiegeln bereits die Vielseitigkeit des Berufsbildes wider: Innerhalb kürzester Zeit entwickelt ein junger Berater die Fähigkeit, verschiedene Problemstellungen zu analysieren und Lösungsstrategien zu entwickeln. Ein positiver „Nebeneffekt“: Auch die Lernkurve im Bereich der Sozialkompetenz steigt steil an, da die Projektarbeit eine optimale Teamarbeit im Umgang mit Kunden wie Kollegen verlangt.
Der Weg zu Kienbaum Entspricht ein Bewerber den eingangs skizzierten Anforderungen, hat er gute Chancen, bei den Kienbaum Management Consultants als „Junior Berater“ eingestellt zu werden. Nach der Einstellung wird ein Junior-Berater in der Regel vom ersten Tag an in ein Projekt integriert. Im Gegensatz zu vielen anderen Berufsbildern in Linienfunktionen gilt hier die Vorgehensweise nach dem Prinzip Training-on-the-job. Durch den praxisorientierten Berufs-
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TRAUMBERUF UNTERNEHMENSBERATER?
einstieg werden an die jungen Berater hohe Anforderungen gestellt und sie tragen unmittelbar eine hohe Verantwortung. Neben einem verhältnismäßig hohen Leistungsdruck ermöglicht diese Vorgehensweise eine steile Lernkurve. Der oft zitierte „Sprung ins kalte Wasser“ erfordert aber auch eine gezielte Unterstützung durch Kienbaum als Arbeitgeber. Um diese gewährleisten zu können, wird jedem neuem Berater ein erfahrener Consultant als Mentor zur Seite gestellt. Diese Hilfestellung gibt dem Einsteiger neben seinem Vorgesetzten einen weiteren festen Ansprechpartner, der aus eigener Erfahrung weiß, welche Fragen und Probleme sich für junge Berater zu Beginn ihrer Karriere ergeben. Neben ihrer Hauptaufgabe in Projekten, werden für die jungen Berater persönliche Ziele festegelegt, die sie binnen eines Jahres erfüllen sollten. Diese setzen sich zumeist aus konzeptioneller Arbeit zusammen, in deren Verlauf unter Führung ihres Vorgesetzten neue Beratungsprodukte entwickelt oder bestehende ausgebaut werden. Diese konzeptionelle Arbeit unterfüttert nicht nur die Kompetenzen des einzelnen Beraters, sondern sichert auch nachhaltig das Beratungs-Know-how der Kienbaum Management Consultants. Damit die Berater sich und ihre Leistungen richtig einschätzen können, erfolgt ein regelmäßiges Feedback durch ihren Vorgesetzten wie auch durch Mentor und Projektleiter. In Feedbackgesprächen wird auf die Performance in den entsprechenden Projekten, die konzeptionelle Leistung und persönliche Entwicklung eingegangen. Entscheidend dabei ist, dass die jungen Berater Kritik annehmen und in einem späteren Schritt versuchen, ihre Vorgehensweise daran auszurichten. Grundsätzlich gilt, dass Feedbackgespräche nicht einseitig verlaufen. Vielmehr ist Dialog gefragt und durchaus erwünscht, dass der Berater Kritik übt, denn nur so kann eine langfristige erfolgreiche und progressive Arbeit gewährleistet werden. Dieser kurze Einblick in die Welt der Unternehmensberater zeigt, dass die Tätigkeit als Consultant sehr umfangreich, vielfältig und anspruchsvoll ist. Einsteiger haben die Möglichkeit, schon in einem frühen Stadium ihrer Berufstätigkeit „etwas zu bewegen“. Gleichzeitig herrscht in der Welt des Consultings eine weitaus höhere „Schlagzahl“ als in vielen anderen Berufen. Diese Herausforderung in Kombination mit den erwarteten Fähigkeiten machen den Job als Unternehmensberater attraktiv – auch wenn bisweilen Nachtschichten eingelegt werden müssen, um die Projektziele im vorgegebenen Zeitrahmen zu erfüllen.
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Von der Beratung als One-Man-Show zur Lebenspartnerschaft Im Folgenden beschreiben wir unseren Weg in die gemeinsame selbständige Unternehmensberatung. Zuerst beschreibt Jens Mak seinen Berufsweg ab 1999. Anschließend folgt der Beitrag von Viktoria Gölz.
Selbständigkeit: warum, wozu, weshalb? von Diplom-Kaufmann Jens Mak, geschäftsführender Gesellschafter th!nk® Unternehmensberatung GmbH, Böblingen und Obernheim Im Jahr 1998 schloss ich mein Studium an der Universität Stuttgart ab. Bereits 1996 fiel der Entschluss, dass ich direkt im Anschluss an mein Studium selbständig werden würde. Meinem Studium voraus ging eine Ausbildung zum Karosseriemodellbauer bei der damaligen Firma Daimler-Benz AG in Sindelfingen. Dort machte jeder zweite Auszubildende nebenbei Edelholzschalthebel und verkaufte diese. Nur hatten manche Kunden auch Interesse an ergänzenden Edelholzausstattungen. Ich meldete ein Gewerbe an und stellte komplette Edelholzausstattungen, im Laufe der Zeit auch für andere Fahrzeugmarken, her. Spätestens bei der Bezahlung einer Vollausstattung für einen Porsche 911 in bar wissen sie, dass Selbständigkeit spannend sein kann. Ebenso interessant war die Restauration der Edelholzausstattung eines Mercedes 600 Pullmann. Das war mein erster Kontakt mit der Selbständigkeit, und es machte einfach großen Spaß. Jetzt sollte die Entscheidung zur Selbständigkeit nicht nur auf dem Aspekt der monetären Chancen aufbauen. Klar ist jedoch, sie haben es in der Hand ob sie ihr Gehalt halbieren oder verdoppeln. Und der Markt ist hier äußerst effizient: wenn Selbständigkeit so einfach wäre, dann würden mehr Menschen diesen Weg wählen und es würde kaum Insolvenzen geben. Beides ist jedoch nicht der Fall. Der Entschluss für ein Studium der BWL legte dann meine zukünftigen Weichen in eine andere Richtung. Das Grundstudium absolvierte ich an der Universität Tübingen, das Hauptstudium an der Universität Stuttgart mit
100 VON DER BERATUNG ALS ONE-MAN-SHOW ZUR LEBENSPARTNERSCHAFT einer technischen Ausrichtung. Als Vertiefungsfächer wählte ich Finanzwirtschaft, Marketing und Baubetriebslehre. Voraussetzung bei der Vertiefungsfächerwahl ist natürlich, dass das einzelne Fach für sie interessant und attraktiv ist und sich die erlernten Fähigkeiten und Kenntnisse am Markt verwerten lassen. Mit dieser Fächerkombination legte ich die Grundlagen für meine spätere Tätigkeit. Der Einfluss des persönlichen Wissens ist in der weiteren Entwicklung nicht zu unterschätzen. Ihr Wissen lenkt ihre Aufmerksamkeit automatisch bei der Betrachtung von Märkten, Unternehmen und Menschen. In ihrem Bereich können sie Ideen entwickeln, Strategien formen und Maßnahmen umsetzen. Zwischendurch versüßte ich mir das Studium durch einen siebenmonatigen Auslandsaufenthalt in Philadelphia, Pennsylvania, USA. Besonders im Bereich Marketing sind die USA ein besonderes Erlebnis. Am Rande sei der Umstand bemerkt, dass sie verächtliche Blicke auf sich ziehen, wenn sie die Frage: „Was machst du nach deinem Studium?“ beantworten. Manch ein Gesprächspartner suggeriert ihnen sehr deutlich: hast du so ein schlechtes Examen, dass du keinen Job findest und dich deshalb selbständig machen musst. Und das kann bei einem Prädikatsexamen schon mal schmerzen. Machen sie sich nichts aus den Bemerkungen von anderen. Selbständigkeit ist nicht für jeden erstrebenswert oder gar das Richtige. Es eröffnet ihnen jedoch ungeahnte Möglichkeiten und Perspektiven. Ich betrachte Selbständigkeit als Lebensform und nicht als Arbeitsleben.
Zielsetzung oder Wege entstehen beim Gehen Im Herbst 1996 fiel also der Entschluss zur Selbständigkeit mit der Ausrichtung beratend tätig zu werden. Jetzt kann sich jeder Leser fragen, was kann jemand frisch von der Universität beraten. Meine außeruniversitären Aktivitäten waren vielfältig, lehrreich und interessant, hatten aber mit Beratung wenig zu tun. Ich entschied mich nach einigen Gesprächen und Recherchen für die Finanzdienstleisterbranche: im Schwerpunkt Banken und Sparkassen. Bereits im Frühjahr 1997 begann ich mit ersten Workshops zum Thema „Image und Rendite“. Die Resonanz war viel versprechend und ich hielt diese Entscheidung für richtig und zukunftsträchtig. Zu Beginn des Jahres 1999, als
VON DER BERATUNG ALS ONE-MAN-SHOW ZUR LEBENSPARTNERSCHAFT 101 es mit der Selbständigkeit ernst wurde, stellte sich das Bild anders dar: schwierige Akquise, schleppende Entscheidungen und wenig Geschäft. Als mir dann ein Bankvorstand im Verlauf eines Gespräches die Sachlage mit dem Satz „schieben sie mal einen Elefanten“ umschrieb, war die Entscheidung klar, neue Wege einzuschlagen. „Wir machen Marketing“ war von nun an der meist gebrauchte Satz. Marketing greift ein wenig zu kurz, ist für viele jedoch leicht verständlich. Kunden gewinnen & binden mit den Schwerpunkten Strategie, Marketing, Kommunikation und Image ist auch heute noch ein Teil unseres Arbeitsfelds. Verschaffen sie sich Klarheit über Ihre Zielgruppe und wie sie sie erreichen. Prüfen sie kritisch alle Punkte ihrer Vorgehensweise. Diskutieren sie alle Aspekte ihres Leistungsangebotes mit den verschiedensten Menschen und potentiellen Kunden. Es erleichtert ihnen den Start ungemein.
Unternehmensentwicklung ist wie Sackhüpfen Es ist anstrengend, geht aber in großen Schritten voran. Über einen zufälligen Kontakt kam ich im Herbst 1999 zum Existenzgründerzentrum Stuttgart e.V (Exzet). Marketing (Kunden gewinnen) und Finanzen (mit dem Potential vorhandener Mittel klarkommen) sind der zentrale Punkt bei Existenzgründungen. Im Marketing hatte ich Erfahrung und Finanzwirtschaft hatte ich studiert. Also erweiterte ich mein Angebotsspektrum auf Gründungsberatung und Erstellung von Businessplänen. Beim Exzet melden sich viele Existenzgründer, darunter auch der ein oder andere bereits selbständige, der Probleme mit seiner Bank hatte. Ursache ist oft die Fehlplanung des Unternehmers. So bekam ich meinen ersten Sanierungsauftrag, den ich auch erfolgreich abschließen konnte. Und damit schloss sich der Kreis: 1997 habe ich die Marke th!nk beim Deutschen Patent- und Markenamt angemeldet. Der Kern des Markenschutzes erstreckt sich auf Unternehmenssanierung. Die Angebotsentwicklung in Kürze: 1.
Marketing für Finanzdienstleister (1997)
2.
Strategie, Marketing, Kommunikation und Image (1999)
3.
Marketing & Finanzen mit aus Richtung auf Geschäftspläne (2000)
102 VON DER BERATUNG ALS ONE-MAN-SHOW ZUR LEBENSPARTNERSCHAFT 4.
Marketing & Finanzen mit Ausrichtung auf Finanzierung, Restrukturierung, Sanierung und Reporting (2002)
Es wird deutlich, dass sich mir im Verlauf von fünf Jahren verschiedenste Bereiche rund um meine Studienfächer erschlossen. Jedes neue oder ergänzende Produktangebot bringt neue Herausforderungen mit sich. Sich ihnen zu stellen ist auch der Reiz der selbständigen Beratung. Im Mai 2001 habe ich dann die th!nk Unternehmensberatung GmbH und parallel dazu mit einem Partner eine GmbH zum Vertrieb eines von uns entwickelten Franchisesystems gegründet. Ich wurde auch in der gemeinsamen GmbH Geschäftsführer. Leider haben sich unsere Wege im März 2003 wieder getrennt. Wir hatten unterschiedliche Vorstellungen von einer wirtschaftlichen Unternehmensführung. Das gibt es manchmal zwischen Diplom-Kaufleuten und Handwerksmeistern. Am Ende hatte ich einen großen Erfahrungsschatz in GmbH-Recht, im Vertragsrecht zwischen Gesellschaftern, meine Stammeinlage zurück und nebenher in den zwei Jahren annähernd Euro 50.000,-- verdient. Es war für mich ein auskömmlicher und erfahrungsreicher Exkurs, der wie manches andere ein paar Nerven und ein paar Stunden Schlaf gekostet hat.
Suchen sie gewissenhaft und sorgfältig ihre Partner aus. Sie sind der einzige Rückhalt im freien Spiel der Marktkräfte. Setzen sie klare Prioritäten und vereinbaren sie eindeutige Spielregeln. Was sind ihre gemeinsamen Ziele? Wie wollen sie diese erreichen und wann sind sie erreicht? Was folgt danach?
Probleme, Tipps und wunde Punkte In den annähernd sechs Jahren meiner Selbständigkeit gab es drei schlaflose Nächte. Und die hängen bei einem Existenzgründer immer mit der Bank zusammen. Im Herbst 1999 verlor meine damalige Hausbank das Vertrauen in meine Arbeit und legte mir nahe das Institut zu wechseln. Und die Bank hatte mein Haus als Sicherheit. Glücklicherweise fand ich innerhalb von vier Tagen, eine neue Bank, die mich mit meinem Vorhaben gerne als Kunden unterstützte. Die Konditionen waren besser und der Spielraum größer. So konnte ich in Ruhe auf den Eingang meiner Außenstände warten, denn in meinen Augen war ich über dem Berg. Die ersten wirklich lukrativen Aufträge waren erledigt, weitere liefen und ich saß nur auf einem
VON DER BERATUNG ALS ONE-MAN-SHOW ZUR LEBENSPARTNERSCHAFT 103 Haufen Außenstände. Denken sie bei schwierigen Entscheidungen und Problemen an Hermann Hesses Gedicht „Stufen“; die letzte Zeile: Wohlan denn, Herz, nimm Abschied und gesunde! Halten sie ihren Banker immer auf dem Laufenden. Er wird es ihnen danken und oft wird es auch helfen. Und das Ziel muss sein, das Konto so schnell es geht ins Haben zu bringen. Das beeindruckt ihren Banker zutiefst, beruhigt sie ungemein und dann können sie getrost ein tolles Auto kaufen. Ihr Einsatz zahlt sich aus, sie freuen sich an ihrem Erfolg und denken jetzt sind wir richtig aufgestellt. Im Geschäftsleben ist das jedoch nur einen Moment lang der Fall. Die Welt entwickelt sich rasend schnell und verlangt eine stetige Anpassung. Bleiben sie offen, neugierig und denken sie an ihre Fortbildung, gerade nach dem Studium. Die weichen Faktoren wie Moderation, Coaching, Rhetorik oder Kreativität sind Schlüssel für ihre weitere Entwicklung. Und lesen sie auch mal die Bildzeitung, wie elf Millionen andere Menschen auch. Dort erfahren sie was den Kunden ihrer Kunden auf der Seele brennt.
Und: Vergessen sie nicht den Spaß, bei allem was sie tun! Sie arbeiten vielleicht 70 oder 80 Stunden in der Woche, denken an nichts anderes als an ihr Geschäft und reden auch von nichts anderem. Sie beginnen ihren Partner im acht oder zwölf Wochen Rhythmus durchzuwinken und besuchen ihre Eltern nur noch an Weihnachten. Das erfolgreiche Leben macht aber mehr aus. Halten sie sich vorzugsweise den Sonntag frei. Treiben sie zum Ausgleich Sport und erhalten sie sich Freundschaften. Interessieren sie sich weiterhin für die Menschen in ihrer direkten Umgebung und hören sie ihnen zu. Wenigstens ab und an. Auf einmal wurde alles anders. Seit Herbst 2002 leben Frau Gölz und ich in einer Partnerschaft. Seit Juni 2004 arbeiten wir gemeinsam mit dem Schwerpunkt Restrukturierung, Sanierung und Reporting. Unsere Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen ergänzen sich in idealer Weise. Jetzt sind wir Lebenspartner mit der Selbständigkeit als echter Lebensform, mit allen Chancen, Risiken und Nebenwirkungen.
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Selbständigkeit: warum, wozu, weshalb? von Viktoria Gölz, th!nk® Unternehmensberatung GmbH, Böblingen und Obernheim Nachdem ich mein Studium der Betriebswirtschaftslehre an der Berufsakademie mit der Fachrichtung Marketing und Handel 1995 absolviert hatte, stellte ich fest, dass mein Herz doch mehr für die Bilanzierung und externe Rechnungslegung schlägt. Dies hat mich dazu bewogen, ein Aufbaustudium in der Fachrichtung Handels- und Steuerrecht zu machen. Später wollte ich in einem Steuerbüro einsteigen und die Prüfung zum Steuerberater absolvieren. Hintergrund war, dass ich mich zu einem späteren Zeitpunkt im steuer- und unternehmensberatenden Bereich selbständig machen wollte, weil ich darin die unkomplizierteste Möglichkeit sehe, als Frau einen hoch qualifizierten Job zu machen und eine Familie zu managen. Wie so oft im Leben kam es danach erst mal anders. Mit meiner fehlenden Berufspraxis konnte ich bei den Steuerberatern Mitte der 90er Jahre nicht landen, was wohl mein Glück war: Ich bekam eine Stelle in einem mittelständischen Unternehmen, das sich im Aufbau befand und wider Erwarten war es mein absoluter Traumjob. Meine erste Aufgabe in dem Unternehmen war, den gesamten kaufmännischen Bereich aufzubauen, was damit anfing, die Buchhaltung vom Steuerberater ins Unternehmen zu holen und die Bilanzen selbst zu erstellen. Außerdem stand eine große Investition in Anlagentechnik an, hierfür habe ich die Investitionsrechnung, das Finanzierungskonzept und die Unternehmensplanung erstellt. Im Laufe der Zeit entwickelte sich der Personalbestand von 12 auf 80 Mitarbeiter, eine weitere Produktionsstätte kam hinzu und Anteile wurden an ein großes Unternehmen verkauft. Meine Entwicklung verlief von der Sachbearbeiterin im ersten dreiviertel Jahr zur Prokuristin und ca. ein weiteres Jahr danach zur kaufmännischen Geschäftsführerin. In diesem Zusammenhang ein Aufruf an alle Frauen: ich war IMMER, wirklich IMMER, die einzige Frau und die jüngste Person (Mitte 20-30) bei allen Verhandlungen und Gesprächen, lassen sie sich davon nicht abschrecken. Im Rahmen einer anstehenden Erweiterung des Betriebes hatte ich mir schon im dritten Jahr meiner Beschäftigung ernsthaft überlegt, mich mit Kapital zu beteiligen. Aus privaten Gründen habe ich dies damals nicht umgesetzt. Nichts desto trotz war die Arbeit in dieser Firma für mich wie im ei-
VON DER BERATUNG ALS ONE-MAN-SHOW ZUR LEBENSPARTNERSCHAFT 105 genen Unternehmen – mit viel Spaß, Erfahrung und natürlich auch zeitlichem Einsatz verbunden. Leider gerieten wir in eine wirtschaftlich schwierige Phase – unter anderem verursacht durch Gesetzesänderungen, der allgemeinen schwierigen wirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland und hohen Fixkosten durch den Neubau eines weiteren Standortes. Nach zwei Jahren hartem Kampf mit Banken und Gesellschaftern wurde das Unternehmen verkauft. Der Käufer hatte als Wettbewerber kein Interesse, die Führungsmannschaft zu übernehmen, was sich auch mit meiner Interessenslage gedeckt hat. So kam es, dass ich mit einem goldenen Handschlag aus dem Unternehmen ausgeschieden bin. Bereits während meiner Geschäftsführer-Tätigkeit haben Jens Mak und ich uns anlässlich unserer 10-jährigen Abifeier wieder getroffen, mittlerweile sind wir ein Paar. Mein Partner ist die Verkörperung der Selbständigkeit. Dies hat meine weitere Entwicklung entscheidend geprägt. Als Frau mit Anfang 30, einer einem Geschäftsführer entsprechenden Gehaltsvorstellung und der augenblicklichen wirtschaftlichen Lage schied eine Managementaufgabe im Mittelstand aus. Bald wurde mir klar, dass ich im Bereich Finanzierung, Sanierung und Restrukturierung von Unternehmen beratend tätig sein wollte. Praktische Erfahrung aus Unternehmenssicht hatte ich ja schon. Schon damals war das Thema Selbständigkeit im Gespräch. Vorerst wollte ich mich aber mangels Beratungserfahrung noch nicht so schnell hineinstürzen. Außerdem hatte ich als Eigentümerin einer Wohnung und darauf lastender Verbindlichkeiten ein gewisses Sicherheitsbedürfnis. Somit war meine nächste Station die Tätigkeit in einer Unternehmensberatungsgesellschaft, in der ich Beratungs- und Projekterfahrung sammeln konnte. Im Frühjahr 2004 war es dann so weit: ich reduzierte meine Tätigkeit bei der Unternehmensberatungsgesellschaft stark und bin seither gemeinsam mit meinem Partner „richtig“ selbständig. Bereits nach kurzer Zeit weiß ich, dass ich nicht mehr als Angestellte in einem Unternehmen arbeiten möchte.
Zielsetzung oder Wege entstehen beim Gehen Die Tätigkeit als Unternehmensberater bietet vielfältige Chancen: Sie haben die Möglichkeit, vielzählige verschiedenartige Unternehmen kennen zu lernen und hinter die Kulissen zu blicken. Sie lernen die einzelnen Funktionsbereiche der Unternehmen kennen, können Vergleiche zu anderen Unter-
106 VON DER BERATUNG ALS ONE-MAN-SHOW ZUR LEBENSPARTNERSCHAFT nehmen ziehen und gewinnen Einblick in unterschiedliche Branchen. Unternehmen zu beraten ist bezahltes Lernen! Als selbständiger Berater genießen Sie eine gewisse Freiheit und Unabhängigkeit. Es gibt immer wieder tolle und weniger tolle Projekte, angenehme und weniger angenehme Kunden. Es liegt in der Natur der Dinge, dass Sie sich mit den weniger guten Dingen nicht unendlich abstrampeln müssen. Jedes Projekt endet und es geht mit neuen abwechslungsreichen und interessanten Aufgaben weiter. Je nachdem in welchem Bereich Sie beraten, spielt es keine Rolle, wann und wo Sie Ihre Aufgaben erledigen. Wir arbeiten einen großen Teil unserer Zeit im Büro, zwischendurch gibt es immer wieder Gespräche mit Kunden, Banken, Steuerberatern etc. und auch Workshops beim Kunden vor Ort mit dessen Mitarbeitern. Termine finden natürlich meistens im Rahmen der üblichen Geschäftszeiten statt. Bei allem anderen sind wir frei in der zeitlichen Gestaltung und von üblichen Bürozeiten unabhängig. Einen sehr großen Vorteil in unserer beruflichen Konstellation sehe ich darin, dass wir uns aufgrund unterschiedlicher Erfahrungen sehr gut ergänzen und uns vertreten können. Das ist vielleicht heute noch nicht so wichtig spätestens wenn wir Kinder haben wird es jedoch vieles vereinfachen. Wir können uns weiterhin beide um unsere berufliche Entwicklung kümmern, aber auch für unsere Kinder da sein.
Unternehmensentwicklung ist wie Sackhüpfen Aufgrund meiner beruflichen Erfahrung in einer absoluten Männerdomäne bin ich es gewohnt, dass sich eine Frau im Job immer noch mehr beweisen muss als ein Mann. Für mich ist es daher eine sehr spannende Herausforderung, mich als Frau im Bereich Sanierung und Restrukturierung von Unternehmen als Beraterin zu etablieren. Es ist das Gebiet, welches ich am besten beherrsche und was mir am meisten Spaß macht - also mache ich es. Meine persönlich größte Herausforderung bleibt nach wie vor die Akquise. Die mittelfristige Ausrichtung unseres Unternehmens soll dahin gehen, dass wir Phasen mit vielen Projekten und Ruhephasen haben um genug Freiraum für uns als Paar und später Familie zu haben. Beide haben wir aus Fehlern der Vergangenheit gelernt und inzwischen eingesehen, dass ein Mensch nicht dauerhaft seine Belastungsgrenzen überschreiten kann.
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Probleme, Tipps und wunde Punkte Wirkliche Probleme traten bei mir in der Beratung bisher nicht auf. Glücklicherweise bin ich finanziell vernünftig ausgestattet und bereits innerhalb kürzester Zeit hatten wir einige große Sanierungsaufträge. Nichts desto trotz dürfen Sie als selbständiger Berater nie vergessen – selbst wenn Sie im Moment noch so viel zu tun haben – dass jedes Projekt endet und Sie sich neue Aufträge beschaffen müssen. In diesem Zusammenhang ist es sehr wichtig, seine Kontakte laufend zu pflegen und neue Kontakte bei Vorträgen oder sonstigen Veranstaltungen zu knüpfen. Die Zusammenarbeit mit einem Partner, in unserem Fall sogar dem Lebenspartner, erfordert einige Anstrengungen, Diskussionen und Kompromisse. Jeder Mensch ist anders, die Arbeitsstile sind unterschiedlich und es gehört eine Menge Toleranz dazu. Bisher war die Zusammenarbeit mit den Kunden reibungslos und erfolgreich. Ich halte es für sehr wichtig, dass Sie als Berater nie zu viel versprechen, sich nicht verrechnen und keine Rechtsberatung leisten, es sei denn, Sie sind Jurist. Denkbar ist für mich nach wie vor die Qualifizierung zur Steuerberaterin. Dadurch könnten wir das Leistungsspektrum erweitern, denn viele unserer Kunden haben dahingehenden Beratungsbedarf und sind froh, wenn die Beratung aus einer Hand kommt.
Gemeinsamer Ausblick Der nächste Schritt wird sein, dass wir uns eine Immobilie anschaffen, in der wir Arbeiten und Wohnen verbinden können. Dies bringt uns eine gewisse Flexibilität. Unser Ziel ist es, über entsprechende Geschäftsräume zu verfügen, in denen wir Kunden empfangen und Workshops durchführen können und die eine Expansion auf 8-10 Mitarbeiter zulassen. Für uns ist die selbständige Beratung die ideale Lebensform um persönliche Interessen, Beruf, Partnerschaft und Familie zu verbinden. Ein Unternehmen profitiert von einer Lebenspartnerschaft: Sie haben vollstes Vertrauen zueinander, kurze Entscheidungswege, gemeinsame Erfolge und die Chance auf viel Spaß im ganzen Leben.
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Neue Anforderungen an erfolgreiche Unternehmensberater: Wissensorientierung, Umsetzungsorientierung und Resultatorientierung von Dr. Fridtjof O. Langenhan, Partner und Geschäftsleitung SMGTM Consulting AG, Supply Management GroupTM, St. Gallen Welche persönlichen Anforderungen müssen erfüllt werden, um das Berufsziel Unternehmensberater erfolgreich zu verwirklichen? Die Forderungen nach hervorragenden Ausbildungsergebnissen, hoher Fach-, Methodensowie Sozialkompetenz, Mobilität und Belastbarkeit sind Allgemeingut. Diese notwendigen Anforderungen sind zwar typisch, aber nicht spezifisch für den Beruf des Unternehmensberaters. Diese Anforderungen gelten vielmehr gleichermaßen für Fachspezialisten und Führungskräfte in anderen Branchen. Die spezifischen Anforderungen an Unternehmensberater werden durch die Erfolgsfaktoren im Prozess der Managementberatung bestimmt. Der Prozess der Managementberatung unterliegt einem kontinuierlichen Wandel. Der Wandel zur Dienstleistungs- und Wissensgesellschaft und der Wandel im Markt für Managementberatung sind zwei wesentliche Einflussfaktoren für die Veränderungen im Prozess der Managementberatung und für die aktuellen und künftigen Anforderungen an Managementberater.
Wandel zur Dienstleistungs- und Wissensgesellschaft Der Wandel zur Dienstleistungsgesellschaft und der Wandel zur Wissensgesellschaft sind wesentliche Rahmenbedingungen für die Managementberatung. Der Anteil und die Bedeutung von Dienstleistungen gegenüber den anderen Sektoren der Wirtschaft nehmen in den entwickelten Industrienationen weiter zu. Dabei handelt es sich keinesfalls ausschließlich um geringwertige Dienstleistungen des Niedriglohnsektors, sondern vielfach um höherwertige Dienstleistungen gut bezahlter Spezialisten. Der Grund hierfür liegt in der zweiten gesellschaftlichen Entwicklung, in dem Wandel zur Wissensgesellschaft. In der Wissensgesellschaft tritt das Wissen als wesentlicher Produktionsfaktor neben die klassischen Produktionsfaktoren Kapital, Arbeit und Boden. Es wird für die entwickelten Volks-
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wirtschaften der Industrienationen zunehmend wichtiger, durch die produktivere Nutzung der Ressource Wissen Wettbewerbsvorteile im globalen Wettbewerb aufzubauen und zu nutzen. Wirtschaftliches Wachstum wird nicht mehr durch einen erhöhten Einsatz von Arbeitskräften oder durch eine erhöhte Verbrauchernachfrage erreicht werden können, da auf Grund der demographischen Entwicklungen ein langfristig wachsendes Ungleichgewicht an Arbeitsressourcen im Vergleich zwischen den entwickelten Industriestaaten und der übrigen Welt entsteht. Die Arbeitsressourcen der Industriestaaten nehmen ohne massive Zuwanderung kontinuierlich ab. Die Wettbewerbsfähigkeit der entwickelten Industriestaaten kann nur durch die Steigerung der Produktivität der Ressource Wissen erhalten bleiben. Die Wettbewerbsfähigkeit des einzelnen Unternehmens innerhalb der Wissensgesellschaft kann durch den bewussten und gezielten Umgang mit der Ressource Wissen gesteigert werden. Ein Unternehmen kann dauerhafte Wettbewerbsvorteile aufbauen, wenn das Unternehmen schneller als die Konkurrenz Wissen in kundengerechte Lösungen umsetzt. Der Übergang von der Industriegesellschaft zur Dienstleistungs- und Wissensgesellschaft spiegelt sich in der wachsenden Bedeutung der Managementberatung wider. Managementberatung ist eine wissensintensive Dienstleistung. Der Managementberater entspricht dem durch den Managementdenker Peter Drucker geprägten Bild des „Wissensarbeiters“. Erfolgreiche Managementberatung ist eine Triebkraft für die Entwicklung zur Wissensgesellschaft, da Nutzen stiftende Managementberatung die Entwicklung, die Verteilung und die Nutzung von Wissen in den Kundenunternehmen und in ganzen Volkswirtschaften fördern sollte. Die aktuellen Veränderungen im Beratungsmarkt unterstützen diese Entwicklung.
Wandel im Markt für Managementberatung Der Wandel im Markt für Managementberatung ist durch die Veränderung der Kundenanforderungen bestimmt. Die Kunden fordern von ihren Beratern stärker als in der Vergangenheit spezialisiertes Wissen, unmittelbare Umsetzung der entwickelten Konzepte und zeitnahe Realisierung messbarer Resultate. Die globalen Beratungskonzerne antworten auf diese Anforderungen durch die Organisation in Kompetenzzentren nach Branchen und/oder Funktionen. Einige mittelständische Spezialisten fokussieren sich dagegen vollständig auf einen Bereich, z.B. Controlling, Preispolitik oder wie die Supply
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Management GroupTM auf Einkauf, Beschaffung und Supply Management. Die Fokussierung auf einen Bereich ermöglicht es, die gewandelten Anforderungen der Kundenunternehmen genau zu treffen. Die Fokussierung auf einen Bereich ist die Voraussetzung für den Aufbau und vor allem die innovative Weiterentwicklung eines tiefen Expertenwissens. Durch die Fokussierung auf einen Bereich entstehen die praktischen Erfahrungen, die zur unmittelbaren Umsetzung praxisorientiert entwickelter Konzepte notwendig sind. Die Fokussierung auf einen Bereich schafft damit die wesentlichen Voraussetzungen, um zeitnah messbare Resultate für die Kunden zu erzielen.
Veränderte Anforderungen an den Prozess der Managementberatung: Wissensorientierung, Umsetzungsorientierung und Resultatorientierung Der Übergang zur Dienstleistungs- und Wissensgesellschaft sowie der Wandel im Markt für Unternehmensberatung verändern die Anforderungen an den Prozess der Managementberatung. Es kommt für den Erfolg in der Managementberatung zunehmend darauf an, spezielles und aktuelles Wissen in praktischen und zählbaren Nutzen für die Kundenunternehmen umzusetzen. Managementberatung ist ein Katalysator zur Beschleunigung der Wissensprozesse in der Wirtschaft (vgl. Abbildung). Kunde
Kunde
Managementberatung Berater
Berater
Externe Wissensquellen insbesondere Forschung/ Hochschulen
Wissensprozesse Abbildung: Managementberatung als Katalysator der Wissensprozesse in der Wirtschaft
Der Managementberater versorgt das Kundenunternehmen mit aktuellem und spezialisiertem Wissen. Dieses Wissen wird gemeinsam von Kunde und Berater weiterentwickelt und Nutzen stiftend umgesetzt. Der Austausch der einzelnen Consultants untereinander und die Zusammenarbeit mit einer großen Zahl unterschiedlicher Kunden hat zwei Effekte: Das Wissen wird erstens schneller innerhalb einer Volkswirtschaft und zwi-
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schen Volkswirtschaften verteilt. Das Wissen wird zweitens permanent ausdifferenziert und tiefer spezialisiert. Eine entscheidende Rolle für kundenorientierte Managementberatung spielt zudem die Nutzung geeigneter externer Wissens- und Innovationsquellen. Hier kann insbesondere die intensive Zusammenarbeit mit praxisorientierten Forschungsinstituten und Hochschulen erfolgreich sein. Die Supply Management GroupTM arbeitet intensiv mit dem führenden Managementforschungsinstitut für Einkauf, Beschaffung und Supply Management – dem Supply Management Institute (SMITM) – zusammen. Die Supply Management GroupTM wird damit im Bereich Supply Management zum wesentlichen Motor des Wissenstransfers von der Forschung in die Unternehmenspraxis. Umgekehrt trägt die Zusammenarbeit dazu bei, dass die Probleme und Entwicklungen in der Praxis des Supply Managements schneller von der Managementforschung aufgegriffen werden. Diese Zusammenarbeit bietet deswegen auch ganz konkrete Entwicklungschancen für wissenschaftlich interessierte Mitarbeiter der Supply Management GroupTM. Anders als in mancher anderen Beratungsgesellschaft wird ein wissenschaftliches Engagement der Mitarbeiter in Form von Veröffentlichungen, Dissertationen, Habilitationen oder Lehraufträgen nicht als unliebsame Ablenkung von den wertschöpfenden Aktivitäten gesehen, sondern aktiv gefördert.
Konsequenzen für das Berufsbild des Unternehmensberaters Für das Berufsbild des Unternehmensberaters ergeben sich aus der Wissensorientierung, der Umsetzungsorientierung und der Resultatorientierung einige Konsequenzen, die über die stereotype Forderung nach den gleichwohl notwendigen Fach-, Methoden-, und Sozialkompetenzen hinausgehen. Ein erfolgreicher Managementberater muss vor allem eine hohe Lernfähigkeit und eine hohe Lernbereitschaft besitzen. Die viel gebrauchte Forderung nach lebenslangem Lernen ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor für Unternehmensberater. Nur wer bereit ist, sich trotz hoher zeitlicher Belastung und trotz hoher Anforderungen an die individuelle Mobilität permanent praktisch und theoretisch weiterzubilden, kann den Anforderungen der Kunden gerecht werden. Dabei kommt es darauf an Modeerscheinungen von Innovationen unterscheiden zu können und stets Umsetzungsorientierung und Resultatorientierung im Blick zu behalten, ohne die Offenheit für visionäre Ideen zu verlieren.
NEUE ANFORDERUNGEN AN ERFOLGREICHE UNTERNEHMENSBERATER
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Lernfähigkeit, Lernbereitschaft und lebenslanges Lernen bilden jedoch nur das notwendige Fundament, um in Zukunft als Unternehmensberater erfolgreich zu sein. Entscheidend ist, dass dem Berater der Wissenstransfer in das Kundenunternehmen gelingt. Die im Allgemeinen geforderte Sozialkompetenz spielt für den erfolgreichen Wissenstransfer eine entscheidende Rolle. Die kommunikativen Fähigkeiten des Beraters haben einen starken Einfluss auf den Erfolg oder Misserfolg dieses Wissenstransfers. Es kommt nicht nur auf Eloquenz an, sondern besonders auf das nötige Feingefühl für Personen und Situationen. Der Berater sollte sich zu keinem Zeitpunkt Arroganz erlauben – weder, wenn er sich in seinem Wissen überlegen fühlt, noch um seine Wissenslücken zu überdecken. Aber auch die Ergänzung des Lernens um die Kommunikation ist noch nicht ausreichend, da die Umsetzungskomponente fehlt. Wieder ist das Wissen die Basis der erfolgreichen Umsetzung. Ein breites Erfahrungswissen und das eingangs erwähnte Methodenwissen sind die Voraussetzungen für die erfolgreiche Umsetzung. Zudem muss der Unternehmensberater in der Lage und gewillt sein, mit Nachdruck und einer nicht unangenehmen, aber dennoch spürbaren Penetranz die definierten Ziele in der geplanten Zeit durchzusetzen. Schließlich sollte ein Unternehmensberater das offene Feedback für seine Aktivitäten aktiv beim Kunden einfordern. Denn nur das offene Feedback und die transparente Diskussion über die erreichten Ergebnisse stellen sicher, dass die Forderung des Kunden nach einer in konkreten Resultaten messbaren Beratungsleistung erfüllt wird. Konkrete Resultate heißt heute und in Zukunft mehr denn je ergebniswirksam messbare Kostensenkung oder Leistungssteigerung.
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Konstant ist nur der Wandel Die Anforderungen von Klienten an große Top-ManagementBeratungen verändern das Berufsbild des Unternehmensberaters von Dr. Sieghart Scheiter, Stellvertretender Sprecher der Geschäftsleitung, A.T. Kearney GmbH, Düsseldorf Als die Namensgeber der heutigen großen Top-Management-Beratungen vor ungefähr 75 Jahren ihre Auftraggeber besuchten, wurden oft langjährige Geschäftsbeziehungen auf einem persönlichen Vertrauensverhältnis gegründet. Wie in den Anfängen der inzwischen erwachsen gewordenen Branche sind auch heute noch Persönlichkeit, Integrität, Wissen, Erfahrung und soziale Kompetenz entscheidende Eigenschaften eines Beraters. Nach wie vor erwarten Klienten zu ihren Problemen fundierte Einsichten, neuartige Betrachtungsweisen und überlegene, realisierbare Lösungsansätze. Sie schätzen den Sparrings-Partner und Coach. Im zunehmend dynamischen Umfeld dient der Berater zudem oft als Beschleuniger betrieblicher Veränderungsprozesse. Nicht selten fällt ihm die Rolle des objektiven Externen zu, der auch vor vermeintlich unangenehmen Problemlösungen nicht zurückschreckt und dessen Unabhängigkeit es ihm ermöglicht, zwischen verschiedenen Interessengruppen zu vermitteln. Verändert hat sich die Situation in den Unternehmen – und mit ihr haben sich die Anforderungen gewandelt, die Klienten heute an Top-ManagementBerater stellen. Die Zeiten, in denen junge, akademisch hervorragend geschulte Berater senioren Führungskräften durch den bloßen Einsatz neuartiger Werkzeuge intellektuelles Neuland eröffnen konnten, sind Vergangenheit. Die heutigen Top-Manager haben in aller Regel solide wirtschaftswissenschaftliche Kenntnisse; zahlreiche Unternehmen haben Stabsabteilungen aufgebaut, in denen konzeptionelles Denken institutionalisiert ist. Bei einem Unternehmensberater werden die Kenntnis strategischer Tools und intellektuelle Kreativität heute ebenso selbstverständlich vorausgesetzt wie industriespezifisches Wissen. Keine Top-Management-Beratung kann es sich mehr leisten, mit einer „Jugend-forscht“-Attitüde ein Unternehmen zu betreten und jedem Projekt zunächst eine umfangreiche und langwierige Ist-Analyse voranzustellen.
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KONSTANT IST NUR DER WANDEL
Die strategische und konzeptionelle Schulung der Klienten und ihre zunehmende Erfahrung im Einsatz von Unternehmensberatern drückt sich in zwei konkreten Anforderungen aus, die Beratungsprojekte qualitativ verändert haben – mit jeweils spezifischen Konsequenzen für die Berater: Klienten erwarten von den großen Top-Management-Beratungen umfassende Problemlösungen und sie erwarten – rigoroser als in der Vergangenheit – greifbare Ergebnisse.
Klienten verlangen umfassende Problemlösungen Mit der ausschließlichen Erarbeitung eines Konzepts geben sich die wenigsten Klienten heute mehr zufrieden. Aus ihrer Sicht ist ein Projekt erst dann abgeschlossen, wenn die erarbeiteten Empfehlungen vollständig implementiert wurden. Sie wünschen sich eine aktive, maßgeschneiderte Begleitung während aller Projektphasen: von der Analyse über die Konzepterstellung bis hin zur konkreten Umsetzung. Es genügt heute beispielsweise nicht mehr, den Klienten aufzuzeigen welche Geschäftsfelder wie erschlossen werden sollen. Vielmehr wird verlangt, die Konzepte im Rahmen der Implementierung konkret umzusetzen. Gemeinsame Berater-Klienten-Teams gewinnen dann etwa Pilot-Kunden oder steuern den Aufbau oder die Umwandlung einer Organisationseinheit im Rahmen eines so genannten Programm-Offices. Der Einsatz des Beraters auch im Rahmen der Implementierungsphase bietet dem Klienten vielfältige Vorteile. Zum einen kann der Berater so dafür Sorge tragen, dass das zugrunde liegende Konzept jederzeit an sich ändernde Rahmenbedingungen angepasst werden kann. In einer zunehmend dynamischen Umwelt ist dies von wachsender Bedeutung. Wenn der Berater auch in die Implementierung eingebunden wird, ist er von Anfang an gezwungen, umsetzungsorientiert an Problemstellungen heranzugehen. So können auch Ressentiments gegenüber vermeintlich „am grünen Tisch“ entwickelten Konzepten in einer Organisation schneller abgebaut werden. Schließlich profitiert auch der Berater selbst, da im Rahmen der Umsetzung üblicherweise wichtige Erkenntnisse für vergleichbare Projekte in der Zukunft gesammelt werden. Je stärker Top-Management-Beratungen auch die Implementierungsphasen von Projekten unterstützen, desto häufiger arbeiten sie mit Partnerunternehmen, teilweise auch mit Wettbewerbern zusammen. So gewinnen etwa Kooperation mit IT-Dienstleistern, Software-Herstellern oder kleineren, aber
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hoch spezialisierten Beratungen an Bedeutung. Auf Seiten der Top-Management-Beratung darf jedoch keine Abhängigkeit dergestalt entstehen, dass undifferenziert Klienten bevorzugt die Dienstleistungen der nahe stehenden Geschäftspartner angeboten werden. Ein hohes Maß an Aufgeschlossenheit gegenüber den Kompetenzen anderer professioneller Dienstleister ist ebenso unabdingbar wie die Integrität und Glaubwürdigkeit des einzelnen Beraters. Die Devise muss immer lauten: Was ist das Beste für den Klienten? Eine andere als diese Haltung bestraft – wenigstens mittelfristig – der Markt schonungslos.
Klienten erwarten greifbare Ergebnisse Unternehmensberater sind teuer, dies ist kein Mythos. Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten erscheint es wichtig, den Mehrwert der Beratung nachzuweisen. Die Projektergebnisse müssen sich in konkreten Zahlen messen lassen. Schnell greifbare Ergebnisse zu erzielen, ist keine organisatorische Frage, sondern eine Geisteshaltung. Die gerechtfertigte Forderung der Klienten findet ihr Echo in dem Credo der Berater: „Wenn du nicht selbst davon überzeugt bist, dass das Projekt erfolgreich sein wird – wie willst du den Klienten davon überzeugen?“ Der Berater muss bereit sein, selbst Verantwortung für sein Tun zu übernehmen. Selbstverständliche Voraussetzung ist ein gemeinsames Verständnis davon, wie der Erfolg eines Projekts gemessen und gegebenenfalls quantifiziert werden kann. Auf dieser Basis werden die zunehmend verlangten erfolgsabhängigen Vereinbarungen zwischen Klienten und Berater möglich. Dabei ist aber stets zu beachten, dass die Motivation, gemeinsam im Team ein Ziel zu erreichen, nicht durch Misstrauen, unklare Vereinbarungen oder übermäßige Kontrollen beeinträchtigt wird. Transparenz, Nachvollziehbarkeit der Ergebnisse und greifbare Erfolge sind komplementär zu den Anforderungen an die Persönlichkeit und Integrität des Beraters. Unternehmensberater müssen selbst verstärkt unternehmerisch denken und handeln. Weder ein herausragender Studienabschluss noch eine erfolgreiche berufliche Laufbahn allein sind Ausweis von Kompetenz. Was zählt, ist die Fähigkeit, sowohl den Vorstand zu überzeugen, als auch die gesamte Organisation in eine Veränderung einzubinden und als so genannter Change Agent die Umsetzung zu unterstützen. Beratungsprojekte werden mit dem Klienten, nicht für den Klienten erarbeitet. Das bedeutet
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eine enge und intensive Zusammenarbeit mit den Mitarbeitern des Klienten auf nahezu allen hierarchischen Ebenen und üblicherweise auf engstem Raum. Kommunikative Fähigkeiten und Empathie werden dabei ebenso wichtig wie die rein analytischen Fähigkeiten oder konzeptionelle Kreativität. Unternehmensberatungen müssen so organisiert sein, dass sie den größtmöglichen Nutzen für ihre Klienten erzielen. Dazu gehört die jeweils richtige Mischung aus jungen und erfahrenen Beratern, aus unterschiedlichen Industrien, Wissensgebieten und Regionen. Die großen Top-ManagementBeratungen sind global aufgestellt. Für die Projekte können so die jeweils erforderlichen Experten aus allen Bereichen und Ländern hinzugezogen werden. Der dadurch stattfindende intensive Austausch unter den verschiedenen Büros bündelt die Kompetenz des gesamten Unternehmensnetzwerks. Sie verlangt gleichzeitig dem Beratungsunternehmen ein Höchstmaß an Diskretion ab. Naturgemäß ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass in einem großen Beratungsunternehmen unterschiedliche Teams an verschiedenen Orten der Welt direkte Konkurrenten beraten – oder aber ein Klient in einem Projekt bei der Straffung des Einkaufs unterstützt wird, während bei einem seiner Lieferanten der Vertrieb neu organisiert wird. Ein klarer Verhaltenskodex und absolute Diskretion – außerhalb wie innerhalb der Organisation – sind deshalb in der Unternehmensberatung höchstes Gebot. Auch hier muss der Berater aufgrund der zu beobachtenden Auflösung von Unternehmensgrenzen und stärkeren Vernetzung der Unternehmen untereinander im Sinne seines Klienten zunehmend Verantwortung übernehmen. Unabhängig von vielfältigen Trends und Modeerscheinungen in der Beratung stellen die ganzheitliche Betrachtungsweise sowie die rigorose Orientierung an greifbaren Ergebnissen natürliche Stufen im Evolutionsprozess der Branche dar. Sie ändern nichts daran, dass die Top-Management-Beratung eines der attraktivsten Arbeitsgebiete für junge „High Potentials“ ist, die Freude daran haben, in leistungsfähigen und hoch motivierten Projektteams innovative Lösungen zu erarbeiten, die sich in der Praxis bewähren und nachhaltig zu greifbaren Ergebnissen führen. Der Reiz vielfältiger Aufgabenstellungen, die Möglichkeit, schon als junger Mensch Großes zu bewegen, und das dynamische, stimulierende Arbeitsumfeld entschädigen nach wie vor für den im Vergleich zu anderen Branchen oftmals höheren Arbeitseinsatz.
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2 Wege – 1 Ziel „Berufseinstieg oder -umstieg Consulting“ von Dipl. oec. troph. (FH) Christian Reinfelder, Michel-Institut GmbH, Bamberg In den letzten Jahren hat sich der Beruf des Unternehmensberaters immer mehr zu einem Traumjob entwickelt. Die Träume vom selbständigen Arbeiten, Reisen, Chancen auf hohe Einkommen und einfach „busy“ zu sein, unterstützen diese Einstellung der gegenwärtigen und nachkommenden jungen Beratergeneration. Die wenigsten der angehenden Hochschulabsolventen und derer mit Berufserfahrung haben tatsächlich einen Einblick in die reale Arbeitswelt der Consultants. Welche Anforderungen kommen auf sie zu? Kann man ohne Berufserfahrung einfach Unternehmen beraten? Ist wissenschaftliches Arbeiten eine Grundvoraussetzung um auf diesem Gebiet bestehen zu können? Weder das Eine noch das Andere kann mit ja oder nein beantwortet werden.
Verteilung der Berater nach Ausbildungsstand Bundesgebiet Gesamt Unternehmensberater/innen, Organisatoren/innen auch: Vertriebs-, Finanz-, Personalberater, Treuhänder Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte (ohne Personen in Ausbildung, Selbständige und Beamte)
1998
1999
2000
2001
Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte (Anzahl)
71.009
78.562
86.587 93.642
Beschäftigtengruppen Ohne abgeschlossene Berufsausbildung Mit abgeschlossener Berufsausbildung darunter: mit Abitur
2,6 %
2,5 %
36,9 %
35,3 %
2,5 %
2,5 %
34,3 % 33,1 %
9,6 %
9,4 %
Mit Fachhochschulabschluss
14,5 %
14,1 %
13,6 % 13,2 %
Mit Universitätsabschluss
35,6 %
36,6 %
36,8 % 36,7 %
Berufliche Ausbildung unbekannt
10,4 %
11,4 %
12,8 % 14,5 %
Quelle: Bundesanstalt für Arbeit – Statistisches Informationssystem des Instituts für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (IAB)
9,6 %
9,4 %
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Die Bundesanstalt für Arbeit hat über das Statistische Informationssystem des Instituts für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (IAB) ermittelt, dass von den 93.642 sozialversicherungspflichtigen beschäftigten Unternehmensberatern in 2001 2,5 % keine abgeschlossene Berufsausbildung hatten. 33,1 % konnten eine abgeschlossene Berufsausbildung nachweisen. Den Fachhochschulabschluss hatten 13,2 % erworben und 36,7 % hatten die Universität erfolgreich abgeschlossen. Dazu kommen noch 14,5 % mit unbekannter beruflicher Ausbildung. Diese Zahlen zeigen ganz klar auf, dass das Berufsbild des Unternehmensberaters heute noch ausgeglichen von Theoretikern und Praktikern belegt ist.
Beratungsvoraussetzungen Die Frage stellt sich „Wer braucht welchen Typ von Berater?“ und „Was spricht für einen Einstieg mit Berufserfahrung und was dagegen?“. Im engsten Sinne betrachtet kann jemand nur dann beraten, wenn er die notwendige Berufserfahrung mitbringt – „denn ein weit gereister Mann hat viel gesehen und kann viel erzählen!“. Auch das bestätigt sich teilweise in der Unternehmensberatung. Junge Praktiker, die bereits erste Erfahrungen in einem Unternehmen gesammelt haben, sind praxisnäher, können Organisationszusammenhänge schneller erfassen und Fallbeispiele sehr schnell auf den Klienten projizieren. Doch gerade das birgt auch Gefahren. Durch ein bestehendes gewachsenes Hierarchiedenken, sind gerade die Einsteiger mit Berufserfahrung gegenüber leitenden Funktionen des Kunden im Auftreten gehemmt. Um Informationen zu erhalten, wird ein bestimmtes, souveränes Auftreten verlangt. Neugierde und Entdeckermentalität sind gefragt. Diese bringen vor allen Dingen unvoreingenommene Direkteinsteiger von der Hochschule mit.
Klein aber fein oder Beratungsfabrik? Es ist jedoch ein gewaltiger Unterschied, ob der Berater eine Beschäftigung bei den Top-five Beratungen anstrebt oder in einer mittelständischen Beratung (20-60 Mitarbeiter) tätig werden möchte. Bei den Top-five Beratungen ist ein Prädikatsexamen mit anschließender Promotion und MBA sowie Auslandsaufenthalt nahezu unerlässlich. Die Tätigkeit Beratung kommt jedoch zu Beginn der Berufstätigkeit viel zu kurz. Die Tagesabläufe entfernen
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sich immer weiter von den ehemaligen Vorstellungen. Statistiken erstellen, Auswertungen fahren, Datenbanken quälen sind Tages- und Nachtbeschäftigung in den ersten beiden Berufsjahren.
Anforderungen der mittelständischen Beratungen Die mittelständischen Beratungen legen verstärkten Wert auf solide Grundkenntnisse, Pragmatismus und Multifunktionstalent. Das heißt, von Tabellen erstellen über Toolhandling bis hin zur Workshopdurchführung kann sich der Berufsneuling beweisen. Bei den kleinen Beratungen kommt es auf jeden Einzelnen an, das Team ist so stark wie das schwächste Glied in der Kette. Natürlich hat auch hier der Studienabsolvent direkt nach dem Abschluss seine Chance, wenn seine Persönlichkeit und Einstellung passen. Es fehlt den Absolventen ohne Berufserfahrung des Öfteren an der vielmals geforderten Sozialkompetenz. Gerade Berufserfahrene kennen aus ihrem früheren Tätigkeitsfeld die Sorgen und Nöte der Kunden, die sich im Beratungsalltag nicht aus Vorständen und Bereichsleitern zusammensetzen, sondern aus „Otto-Normalverbrauchern“, für die die 35-Stunden Woche die Existenz sichert. Zu wissen, wie man an diese Menschen herantritt, sie motiviert, ihr Know-how nutzt, setzt eine gehörige Portion Einfühlungsvermögen voraus und hat nichts zu tun mit arrogantem und überheblichen Auftreten im dunklen Gewand. Denn gerade die Sachbearbeiter- und Werkerebene kann die erfolgreiche Umsetzung eines Projektes sehr stark beeinflussen.
Einsteiger mit Berufserfahrung Nicht selten kommt es vor, dass Einsteiger mit Berufserfahrung aus Unternehmen kommen, die bereits mit Unternehmensberatern zusammen gearbeitet haben. Sehr schnell wird dadurch der Eindruck erweckt, z.B. aufgrund gemeinsamer Projektarbeit, das Handwerkszeug eines Beraters zu beherrschen. Der Schein trügt jedoch. In der Praxis kann nicht davon ausgegangen werden, in gleichen Aufgabengebieten eingesetzt zu werden, wie im vorherigen Arbeitsleben. Sobald die gesicherte Umgebung verlassen wird, begibt sich der Junior-Consultant auf ein für ihn unbekanntes Terrain. Die neue Umgebung sowie die veränderte Rolle vom Betreuten zum Betreuer sind nicht ohne Hürden zu nehmen. Viele Quereinsteiger scheiterten schon daran, dass sie ihr einseitiges Know-how einfach nicht übertragen konnten. Das führt schnell zu Frustration und Sehnsucht nach dem alten, doch eher geregelten Job.
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Nach einigen Jahren Berufserfahrung vor der Beratungstätigkeit geht diese Umstellung nicht ohne weiteres vonstatten. Dazu kommen oftmals die geforderten Veränderungen im privaten Umfeld: Das gewohnte abends nach Hause kommen fällt weg, soziale Kontakte müssen gemanagt werden und die gewohnten Freizeitaktivitäten wandeln sich in Präsentations- und Konzeptionserstellungen abends auf der Bettkante des Hotelzimmers. Ein Vorteil, der sich den Berufserfahrenen bietet, ist der gewohnte Umgang mit Kollegen, der gerade im Berateralltag nicht zu vernachlässigen ist.
Direkteinsteiger Direkteinsteiger sind für die branchenübergreifende Beratung flexibler und vorurteilsfreier. Sie wählen den Beruf Unternehmensberater, nicht Kaufmann oder Ingenieur. Diese Denkweise sollte sich durchsetzen, um eine erfolgreiche Beratung zu praktizieren. Ausgenommen davon sind natürlich fachspezifische Beratungstätigkeiten, wie sie z.B. in Ingenieurbüros oder Steuerkanzleien stattfinden, die aber von der Definition her auch keine Unternehmensberatungen sind. Für den Einstieg direkt nach der Hochschule spricht auch die in der Regel noch vorhandene persönliche Freiheit. Meist schon durch die Zuteilung des Studienortes sind oft mehrere Orte mit sozialen Bindungen gegeben. Vom jungen Consultant wird verlangt, dass er heute in München ist und morgen in Hamburg, ständig mit anderen Kollegen und Kunden zu tun hat und von Montag bis Freitag aus dem Koffer lebt. Bei mittelständischen Beratungen wechselt je nach Projekt auch die Rolle des Beraters, mal ist er Assistent, mal Projektmitarbeiter und im günstigen Fall bereits Teilprojektleiter. Der Kopf muss frei sein für immer wieder neue Herausforderungen. Das Aufsaugen von Informationen, Kenntnisse über die Branche, das Aneignen einer teilweise eigenen Beratersprache ist lebensnotwendig für das berufliche Weiterkommen. Denn je früher das Junior-Image abgestreift wird, desto schneller können die Höhen des Beraterolymps erklommen werden. Und wer weiß, vielleicht verteilt der Kollege von gestern Abend schon morgen Früh die Rollen für das neue Projekt. Überspitzt gesagt: Zurückziehen und Nintendo spielen ist mehr hinderlich als förderlich; (dies soll besonders ein Appell an die Direkteinsteiger von der Hochschule sein.)
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Um auf das eingangs erwähnte wissenschaftliche Arbeiten zurück zu kommen, so zeigt die Praxis, dass die an der Hochschule gelehrte Vorgehensweise nicht immer den Anforderungen des Alltags genügt. Teils zu theoretisch und zu unpraktikabel, denn welcher Consultant hat bei einer 60 - 70 Stunden Woche noch die Zeit, sich in große wissenschaftliche Werke über Unternehmenspraktiken und -strategien einzulesen. Hier ist eine schnelle Auffassungsgabe gefordert. Theorien müssen aus dem Abstract heraus aufgenommen und sofort praxisnah umgesetzt werden. Der Berufserfahrene genießt hier zweifelsohne einen Vorteil. So selbstverständlich es klingt, muss der angehende Berater auch der deutschen Sprache in Wort und Schrift mächtig sein. Die Protokollerstellung von Workshops und diversen Sitzungen ist eine immer wieder gerne genommene Beschäftigung für den neuen Kollegen. Schnell stellt sich heraus, ob er Inhalte erfassen und strukturiert aufbereiten kann. Aus Erfahrung kann gesagt werden, dass solche Protokolle oft mehr einem Erlebnisbericht gleichen als einem Ergebnisprotokoll. Quereinsteiger bringen in diesem Bereich eindeutig mehr Skills und Erfahrung mit als die frischen Absolventen, im Hinblick auf die inhaltliche Gestaltung.
Zusammenfassung Der Interessierte hat beide Wege offen: Den Direkteinstieg – eher in eine große Beratung oder zunächst einen Berufseinstieg in eine Assistenz- oder Linienfunktion eines Unternehmens. Er muss aufgrund seiner Zielsetzung, Neigung und Persönlichkeit entscheiden, welchen Weg er für sich als den besseren erachtet. Nicht zu vergessen: Der Erfolg in der Beratung – als Consultant oder als Beratungsunternehmen – wird entscheidend dann eintreten, wenn zwischen den geforderten Fähigkeiten und Einstellungen und den Erwartungen des Kunden eine hohe Kongruenz vorhanden ist. Die Lösung eines Problems in mittelständischen Industrieunternehmen wird tendenziell eher durch eine mittelgroße Beratung erfolgen. Die Lösung ist eher pragmatisch ausgerichtet, die wissenschaftlich Beweisführung tritt in den Hintergrund. Die Lösung von Aufgaben für strategische Themen in der Konzernzentrale bildet den anderen Pol in der Beratungsskala. Hier muss sich jeder einzelne selbst positionieren.
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Zum Schluss... Um die Ausprägung der Arbeit als Berater kennen zu lernen, helfen in erster Linie Praktika bei Unternehmensberatungen. Dabei kann schon ein erster Eindruck über die Aufgabengebiete und Tätigkeiten gewonnen werden. Die Vorstellung vom „Traumjob“ weicht der Realität. Gerade in mittelständischen Beratungen werden Praktikanten schon fest in die Projektorganisation miteinbezogen. Genauso werden von den Unternehmensberatungen Diplomarbeiten mit praktischer Ausrichtung angeboten, d.h. die Umsetzung findet im Projekt statt, die Dokumentation in der Abschlussarbeit. Praktika und Diplomarbeiten sind auch für die Beratungsunternehmen ein hervorragendes Bewertungskriterium für die Eignung des zukünftigen Bewerbers. Nicht wenige haben innerhalb kürzester Zeit die Rollen vom Studenten zum Berater getauscht. Für Bewerber mit Berufserfahrung heißt es vor allen Dingen Augen und Ohren offen halten, wenn Unternehmensberater im Unternehmen vor Ort sind. Es sollte der Austausch mit Ihnen gesucht werden. Auch Gespräche in den Häusern der Unternehmensberatungen sollten von den Interessenten wahrgenommen werden. Dann kann jeder realitätsnah entscheiden, ob und wie der richtige Weg für ihn in die Beratung führt.
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Erfolgsfaktoren in der Unternehmensberatung: „Some Secrets“ Von Prof. Dr. Hermann Simon und Dr. Andrea Maessen1 Das schillernde Leben in und um Unternehmensberatungen verspricht Vorteile, die es in dieser Fülle und Kombination in anderen Berufen selten zu geben scheint: Abwechselungsreichtum, innovative Konzepte, ein herausforderndes Arbeitsumfeld, Kennen lernen von interessanten Menschen und Ländern, gute Bezahlung und darüber hinaus langfristige Karrierechancen. Diese Annehmlichkeiten fallen natürlich nur dem erfolgreichen Berater zu. Wer den Anforderungen des Geschäftes nicht genügt, dem werden die vermeintlichen Vorteile rasch zur Bürde. Welche Voraussetzungen müssen also gegeben sein, damit die frühen Hoffnungen sich erfüllen? Welche persönlichen Prädispositionen sind erforderlich? Was ist entscheidend bei der Tätigkeit in der Beratung? Worauf sollte man beim Eintritt in die Beratung achten? Der folgende Beitrag beleuchtet diese Fragestellungen aus der täglichen Beratungserfahrung heraus. Er deckt die wesentlichen („geheimen“) Erfolgsfaktoren für die Tätigkeit als Berater auf, die in dieser Klarheit in den Anwerbungsbroschüren nicht zu finden sind.
Die passende Beratung auswählen Wenn man sich im Rahmen der Berufswahl für die Unternehmensberatung entschieden hat, stellt sich die Frage nach der Wahl des konkreten Unternehmens. Im Jahr 2004 kämpften allein in Deutschland 14.000 Beratungsunternehmen um den Branchenumsatz von 12,3 Mrd. € (wobei die Hälfte des Umsatzes auf die Top 40 der Branche entfiel). Welches Unternehmen aus dieser Unzahl ist das richtige für mich? Zunächst liegt es nahe, an den Branchenprimus zu denken oder an die Top 5 Unternehmensberatungen. Das sind große Unternehmen, die jedermann kennt, Namen, mit denen
1
Prof. Dr. Hermann Simon ist Vorsitzender der Geschäftsführung von SIMON, KUCHER & PARTNERS Strategy & Marketing Consultants in Bonn, Boston, London, München, Paris, Tokio, Wien und Zürich (www.simon-kucher.com). Dr. Andrea Maessen ist Partner bei SIMON, KUCHER & PARTNERS.
126 ERFOLGSFAKTOREN IN DER UNTERNEHMENSBERATUNG: „SOME SECRETS“ sich gut reüssieren lässt. So attraktiv eine Visitenkarte eines weltweit bekannten, großen Unternehmens scheinen mag, so klar ist, dass nicht die Größe des Beratungsunternehmens für die Frage einer „passenden“ Unternehmenswahl entscheidend sein kann. Dreh- und Angelpunkt bei der Unternehmenswahl ist die Spezialisierung des Beratungsunternehmens. Sie entscheidet, ob „der Anzug passt, zu weit oder zu eng ist“. Die Spezialisierung kann dabei auf zwei Ebenen erfolgen: auf der fachlich-methodischen Ebene und/oder auf der Branchenebene. Eine erste grobe Klassifikation der fachlich-methodischen Ebene folgt den klassischen Beratungsfeldern ITBeratung, Services, Organisationsberatung, Strategieberatung oder HumanResource-Management. Innerhalb dieser Beratungsfelder gibt es tiefer gehende Spezialisierungen wie beispielsweise in Marketingstrategie, Pricing, Mergers & Acquisitions etc. Neben der fachlich-methodischen Spezialisierung stellt sich die Frage nach einer Branchenspezialisierung. Besteht eine Expertise oder eine Affinität zu Energie/Wasser („Utilities“), Chemie, Öffentliche Verwaltung („Public“), Handel, Gesundheitswesen („Health Care“), Nachrichtenübermittlung („Telco“), Kredit- und Versicherungswesen („Financial Services“) oder verarbeitendem Gewerbe? Grundsätzlich weisen alle erfolgreichen Beratungen Spezialisierungen auf. Diese Spezialisierungen führen zu spezifischen Anforderungen im Hinblick auf das fachlich-methodische Qualifikationsprofil und/oder die Branchenexpertise. Damit wird es essentiell, bei einem Berufseinstieg in die Beratung das eigene Spezialisierungsprofil klar zu zeichnen und das Unternehmen mit der größten Übereinstimmung im Qualifikationsprofil zu wählen.
Früh genug die notwendigen Fähigkeiten schaffen Die Zugangsvoraussetzungen für den Beraterberuf sind eng an die fachlichmethodischen Fähigkeiten geknüpft. Im strategischen Management kennt man den Zwang zur Bildung von Kernkompetenzen als notwendige Voraussetzung für den Erfolg im Markt. Ähnlich verhält es sich bei Unternehmensberatern. Derjenige, der eine Kernkompetenz aufweist, d.h. etwas besser kann als andere, für die in dem Beratungsumfeld ein Bedarf besteht, hat die besten Chancen, ausgewählt zu werden und erfolgreich im Job zu sein. Ausschlaggebend ist somit, eine Beschäftigungsfähigkeit zu besitzen, die es permanent zu aktualisieren gilt. Diese Fähigkeit sollte in den Grundzügen bereits beim Eintritt in die Unternehmensberatung vorhanden sein. In Trai-
ERFOLGSFAKTOREN IN DER UNTERNEHMENSBERATUNG: „SOME SECRETS“ 127 nings zum Berufseinstieg werden die angehenden Berater zwar mit den zentralen Methoden und Werkzeugen des jeweiligen Beratungsunternehmens vertraut gemacht. Gegebenenfalls werden mit kleinen maßgeschneiderten Qualifikationsprogrammen noch vorhandene Wissenslücken geschlossen. Ein grundlegender Aufbau von Kompetenzen und Beschäftigungsfähigkeit erfolgt jedoch nicht. Je stärker ausgeprägt die Kernkompetenz zum Zeitpunkt des Berufseinstiegs ist, desto größer ist die individuelle Verhandlungsmasse um Position, Einsatzoptionen und/oder Einstiegsgehalt. Voraussetzung für den Einstieg in die Unternehmensberatung ist es, für den ausgewählten Bereich spezialisierte Fähigkeiten aufzuweisen. Diese müssen früh – spätestens im Studium oder der Promotion – geschaffen werden und zum Zeitpunkt der Bewerbung bereits vorhanden sein.
Durch Leistung auffallen „The only proof of capabilities is performance“. Das trifft insbesondere auf Beratungen zu. Erfolg hat auf Dauer nur derjenige, der durch Leistungen auffällt. Eine Reihe von Normen und Verhaltensregeln sorgen dafür, dass alles, was von der Leistung ablenkt, weitgehend neutralisiert wird. Dazu gehören z.B. Dress Codes. Unternehmensberater sehen überall gleich aus: schlichte dunkle Anzüge oder Kostüme, weiße Hemden oder Blusen, unauffällige Krawatten bei den Herren. Eine Differenzierung und Ablenkung über die Kleidung wird so vermieden. Ähnliches gilt auch für das Auto. Die Erfüllung gewisser Grundvoraussetzungen gilt als selbstverständlich. So tragen Berater keine auffälligen Schuhe (mit Gummisohle), tragen keine Kombinationen und keine Plastikuhren. Für Berater gilt: Durch Äußeres nicht auffallen! Durch Leistung auffallen, gehört zu den grundlegenden Erfolgsvoraussetzungen in der Beratertätigkeit. Berater müssen durch Fragen provozieren, um Diskussionen voranzutreiben, über die Ziele „hinausschießen“, um den Kunden herauszufordern, und Ergebnisse und Meinungen vertreten, die beim Kunden zunächst auf zögerliche Reaktionen stoßen. Demzufolge ist es wichtig, sich zu behaupten und seine Position zu vertreten. Ziel des Beraters ist es, den Kunden in eine Position zu bringen, die er ohne seine Unterstützung nicht erreicht hätte.
128 ERFOLGSFAKTOREN IN DER UNTERNEHMENSBERATUNG: „SOME SECRETS“ Von einem Berater wird erwartet, dass er klar Stellung bezieht und sich in einem immer wieder neuen Umfeld behauptet. Das setzt exzellente fachliche Fähigkeiten und herausragende Leistung voraus.
Intrinsisch motiviert sein Die Erbringung herausragender Leistung erfordert eine hohe Arbeitsmotivation. Diese Motivation ist langfristig nicht allein durch eine gute Bezahlung oder andere externe Anreize aufrechtzuerhalten. Dauerhaft herausragende Leistung ist von Innen angetrieben und intrinsisch motiviert. Schon nach Adam Smith liegt in der Klassischen Ökonomik der Ursprung für die Funktionsfähigkeit einer Marktwirtschaft in der eigennützigen und individualistischen Handlungsweise der Einzelnen. Jeder Einzelne strebt danach, seinen eigenen Nutzen zu maximieren. Diese Verhaltensweise ist von vorneherein weder gut noch schlecht, sondern eine natürliche Eigenschaft und Überlebensmaxime von Menschen. Solange gewisse Regeln eingehalten werden und ein weitgehend freier Wettbewerb der Eigeninteressen besteht, dient dieses individuell nutzenmaximierende Verhalten gleichzeitig auch dem kollektiven Nutzen. Nach diesem Prinzip funktioniert die in Unternehmensberatungen häufig vorzufindende Profit Center Organisation. Aber auch innerhalb der Profit Center wirkt der Mechanismus der individuellen Nutzenmaximierung. Jeder Einzelne ist ehrgeizig, verfolgt eigene Ideen und maximiert damit seinen eigenen Nutzen und gleichzeitig den Nutzen des Unternehmens. In dem permanenten Prozess des Identifizierens von Chancen, des Ergreifens von Chancen und der Neuschaffung von Chancen in der Beratertätigkeit ist derjenige erfolgreich, der motivierter ist als die anderen. Es gilt, die besten Problemlösungen zu erarbeiten und durch die Leistung einen maximalen Wertbeitrag zu liefern. Das bedeutet: „Overdeliver! Never underdeliver!“ Beratungsansätze wie „Identifiziere die Meinung deines Kunden und bestätigte diese!“ oder „Akquiriere einen Job und sieh dann zu, wie du die Kosten im Griff behalten kannst!“ werden langfristig zu Killern, nicht nur der Arbeitsqualität sondern – und das vor allem – der Motivation. Nur wer intrinsisch motiviert ist, wird langfristig herausragende Leistung bringen und in der Beratung bestehen können. Der Antrieb für die Arbeit muss von innen kommen.
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Das Wesentliche schnell erkennen „Berater sind Zeitdiebe!“ Dieser Vorwurf begegnet einem Berater mit einer gewissen Regelmäßigkeit bei Kunden. Und: Er stimmt! Beratungsprojekte laufen auf Kundenseite häufig neben dem täglichen Job und verlangen den Projektteam-Mitgliedern zusätzliche Zeit und zusätzliches Engagement ab. Umso wichtiger ist es, keine Zeit für letztendlich nicht notwendige Tätigkeiten aufzuwenden. Das erfordert auf Beraterseite, die Kernproblemfelder innerhalb kürzester Zeit zu identifizieren und abzugrenzen sowie Wichtiges schnell zu erkennen und von Dringlichem zu trennen. Die Fähigkeit, Entscheidendes schnell zu identifizieren, ohne lange Zeiten der Informationsrecherche und -auswertung, entwickelt sich mit zunehmender Beratungserfahrung weiter. Gewisse Prädispositionen sind unerlässlich. Unbedingt erforderlich sind Intelligenz, Schnelligkeit und Flexibilität. Beratung bedeutet „High speed business“. Unter hohem Zeitdruck müssen für den Kunden umsetzbare Lösungen erarbeitet werden. Nur wem es gelingt, sich innerhalb kürzester Zeit in neue Problemstellungen einzufinden, das Entscheidende schnell zu identifizieren und die richtigen Schlüsse zu ziehen, wird sich im Beratungsumfeld behaupten können.
Erfolgsfaktoren in der Unternehmensberatung Um als Unternehmensberater erfolgreich zu sein, sollten folgende Erfolgsfaktoren beachtet werden: 1.
Nicht die Größe der Unternehmensberatung ist entscheidend, sondern die Spezialisierung. Jede erfolgreiche Beratung ist spezialisiert. Sowohl die fachlich-methodische als auch die Branchenspezialisierung sind für die Wahl des Unternehmens von Bedeutung.
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Die Zugangsvoraussetzung für den Einstieg in eine Unternehmensberatung sind die fachlichen bzw. methodischen auf die entsprechende Spezialisierung ausgerichteten Fähigkeiten. Diese Fähigkeiten müssen früh, d.h. in Studium oder Promotion, erworben werden!
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Der einzige Beweis für Fähigkeiten sind Leistungen. Von einem Berater wird erwartet, dass er klar Stellung bezieht und sich in einem immer wieder neuen Umfeld behauptet. Wichtig ist es, seine Position gegenüber dem Kunden zu vertreten, um diesem zum Erfolg zu verhelfen.
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Der Antrieb für die Arbeit kommt von innen. Nur wer mit einer hohen intrinsischen Motivation Problemstellungen attackiert, wird eine herausragende Leistung bringen und langfristig in der Beratung erfolgreich sein.
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Beratung ist „High speed business“. Entscheidendes innerhalb kürzester Zeit zu erkennen sowie mit hoher Geschwindigkeit Wichtiges von Dringlichem zu trennen, gehören zu den Königsdisziplinen der Beratung. Nur wer die richtigen Prioritäten setzt und ohne zu Zögern handelt, kann Lösungen zeitgerecht anbieten.
Die Beratertätigkeit birgt vielfältige Herausforderungen, Abwechselungsreichtum und Möglichkeiten der persönlichen Entwicklung. Sie ist jedoch auch an klare Vorraussetzung geknüpft und verlangt jedem Einzelnen viel ab. Deshalb: „If you can‘t stand the heat, don’t go into the smith’s workshop“.
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Der Mitarbeiter als Schlüssel zum Erfolg Human Resource Management Consulting als Wachstumssegment im Beratungsmarkt von Helmuth L. Uder, Managing Director, Towers Perrin Germany, Frankfurt am Main Kaum ein Segment innerhalb des breiten Spektrums der Unternehmensberatung hat in den vergangenen Jahren so sehr an Bedeutung gewonnen wie das Human Resource Management Consulting. Unternehmen erkennen offensichtlich deutlicher denn je, dass ihre Mitarbeiter als produktive und kreative Kräfte zur Steigerung des Firmenwertes für die eigene Wettbewerbsfähigkeit eine immer wichtigere Rolle spielen. Dabei kommt es nicht nur darauf an, die besten Fach- und Führungskräfte an Bord zu holen. Mindestens ebenso wichtig ist es, diese und alle anderen Leistungsträger zu motivieren und dauerhaft an das Unternehmen zu binden.
Nichts ist wertvoller als die Talente der Mitarbeiter „Wer im internationalen Wettbewerb bestehen will, muss Personalarbeit zur zentralen Managementaufgabe machen“, unterstreicht Zukunftsforscher Mathias Horx die maßgebliche Rolle der Mitarbeiter für Wachstum und Geschäftserfolg. Um eine dauerhafte Erfolgsstory zu schreiben, reicht es heute nicht mehr aus, über neue Technologien zu verfügen oder mit überlegenen Produkten und leistungsstarken Dienstleistungen aufzuwarten. Basiert ein Vorsprung allein auf diesen Faktoren, schmilzt er rasch dahin. Denn Wettbewerbern gelingt es immer schneller, ähnliche oder gar identische Produkte oder Geschäftsideen nach zu entwickeln. Das Einzige, was sie nicht kopieren können, sind jedoch die individuellen Talente, das Wissen und die Erfahrung der Mitarbeiter. Diese stellen somit einen der wertvollsten Produktionsfaktoren dar, die ein Unternehmen besitzt. „Letzten Endes sind alle Probleme der Wirtschaft Personalprobleme“, erkannte Alfred Herrhausen als Vorstandssprecher der Deutschen Bank und Visionär für wirtschaftliche Entwicklungen schon in den achtziger Jahren. Speziell vor diesem Hintergrund betrachten inzwischen viele Unternehmen die klassischen HR-Instrumente zur Krisenbewältigung und Kosteneinsparung wie zum Beispiel Stellenabbau, unbezahlten Urlaub sowie Beschnei-
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dung der Basislöhne nicht mehr als Allheilmittel gegen zurückgehende Umsatz- und Ertragszahlen. Ziel ist es vielmehr, in Personalstrategien zu investieren, die Leistungsträger auch in einer Konjunkturflaute motivieren und somit zur Erreichung der Unternehmensziele beitragen.
Beispiele für das Aufgabenspektrum im Human Resource Consulting Um die vielen Chancen des Human Resource Management zur Steigerung von Unternehmenswert und Geschäftserfolg konkreter zu umreißen, seien die folgende Beispiele aus dem Beratungsalltag von Towers Perrin angeführt: • Für eines der größten Pharma-Unternehmen reduzierten Towers PerrinSpezialisten die Forschungskosten um 25 Prozent. Maßgeblich hierfür war die Entwicklung und Implementierung eines neuen HR Management-Modells für alle Forschungsabteilungen weltweit. Hierbei wurden u. a. neue Anreize ausgearbeitet und erfolgskritische Faktoren festgelegt, auf deren Basis die Gewinnung und Bindung der besten Forschungstalente gewährleistet ist. Zugleich wurden Prozesse rationalisiert und die Motivation der Mitarbeiter durch ein überlegenes Kommunikations- und Kooperationssystem gesteigert. • Durch die Neuorganisation der Stabsstellen eines internationalen Mineralölunternehmens konnten Einsparungen von 220 Millionen Euro realisiert werden. Ausschlaggebend waren die Neustrukturierung des zentralen Personal-Managements, die Ausgliederung bestimmter Aufgabenbereiche und die Entwicklung klar definierter Kostenverantwortlichkeiten. • Im Rahmen von M&A-Aktivitäten wurde Towers Perrin von einem Dienstleistungskonzern beauftragt, die weltweiten Versorgungsverpflichtungen des Zielunternehmens zu bewerten sowie die Haftungsund Prozessrisiken zu analysieren. Die Due Diligence und die Bewertung der Pensionsverpflichtungen einschließlich der versicherungsmathematischen Vorausberechnung der zukünftigen Versorgungsverpflichtungen zeigten, dass die Preisvorstellungen von Käufer und Verkäufer erheblich divergierten. Mit Unterstützung von Towers Perrin konnte der Kaufpreis letztlich um acht Prozent reduziert werden. In der Folge wurde Towers Perrin mit der Erarbeitung und Einführung einer einheitlichen Personalstrategie sowie mit der Harmonisierung
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der Personalsysteme und -instrumente in der neuen Organisation beauftragt. HR Management hat jedoch nicht nur im operativen „Business as usual“ strategische Bedeutung. Gleiches gilt auch für Mergers & Acquisitions, Spin-offs, Restrukturierungen und andere Eingriffe in die Unternehmensstruktur. Insbesondere in diesen kritischen Situationen kommt es darauf an, Mitarbeiter aller Ebenen ins Boot zu holen. Laut einer Erhebung von Towers Perrin1 besteht die größte Herausforderung bei einem Merger in der erfolgreichen Einbindung der Mitarbeiter. Personalprobleme gehören zu den wichtigsten Ursachen, warum 70 Prozent aller Fusionen die hochgesteckten Erwartungen ihrer „Architekten“2 nicht erfüllen. So ist gerade bei M&ATransaktionen das HR Management Consulting besonders gefragt.
HR Management Consulting: Herausforderungen in einem wachsenden Markt Dass die Sensibilität für derartige Aufgabenstellungen im Markt zunimmt und damit die Perspektiven des HR Management Consultings sehr gut sind, veranschaulicht eine aktuelle Umfrage von Towers Perrin in den USA. Dabei wurden 100 Unternehmen, die zwischen 10.000 und mehr als 50.000 Mitarbeitern beschäftigen, nach ihren künftigen Personal-Investitionen befragt. 72 Prozent gaben an, ihre Ausgaben für die Bindung von fähigen Mitarbeitern in den Jahren 2003 und 2004 zu steigern. Trotz schwieriger gesamtwirtschaftlicher Lage planen 25 Prozent der Umfrageteilnehmer, ihre Personalausgaben für den gleichen Zeitraum zu erhöhen. Weitere 41 Prozent beabsichtigen, das derzeitige Kostenniveau nicht zu vermindern. Die Personalkosten herunterschrauben wollen nur 34 Prozent der Befragten. Im Jahr 2001 hatten noch 46 Prozent eine Kürzung des Personalbudgets angekündigt. Wie aus der Studie weiter hervorgeht, ist das Human Resource Management in den USA – ähnlich wie in Europa – von einem Paradigmenwandel geprägt. So kommt es im Personalwesen immer weniger darauf an, Daten auf Bedarf bereit zu stellen und Personen zu verwalten. HR-Manager begreifen sich vielmehr zunehmend als strategischer Partner der Unterneh1 2
Towers Perrin Research, 2000 Dennis C. Mueller, 1977, Wien; Economist Intelligence Unit & Towers Perrin, Survey of 132 Company Senior Executives incl. Analysis of 50 recent M&A-Projects, London 2002
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mensführung wie auch des Linien-Managements, der einen konkret messbaren Wertbeitrag für die Organisation leistet. Sie sehen ihre wesentliche Aufgabe darin, unter optimaler Ausschöpfung von Personalressourcen und Talenten das Erreichen der strategischen Unternehmensziele zu unterstützen. 57 Prozent der Umfrageteilnehmer gaben an, die Festigung dieser Neupositionierung des Human Resource Managements als stärkste Herausforderung der kommenden zwei Jahre anzusehen.
Towers Perrin: unabhängig, innovativ und weltweit vertreten Die Bewältigung dieser Herausforderungen auf personeller und kultureller Ebene zählt zu den Kernkompetenzen von Towers Perrin. Als unabhängige, von Partnern geführte Unternehmensberatung entwickeln wir gemeinsam mit unseren Auftraggebern Strategien, Prozesse und Instrumente für das Personal-Management auf internationaler Ebene. Das Leistungsspektrum umfasst dabei die Beratung in allen Fragen der Vergütung von Fach- und Führungskräften einschließlich der Honorierung von Vorständen und Aufsichtsräten sowie von Mitarbeitern in erfolgskritischen Funktionen. So verfügt Towers Perrin über die weltweit größten Beratungseinheiten für Executive Compensation. Gleiches gilt für unsere Practices für versicherungsmathematische Gutachten und Bewertungen. Wir entwickeln und implementieren Gehalts- und Stellenbewertungssysteme, gestalten und modernisieren Lösungen für die betrieblichen Alterversorgung und deren Finanzierung. Ein weiteres prosperierendes Geschäftsfeld ist die Administration von Altersversorgungs-, Mitarbeiterbeteiligungs- und anderen Vergütungsprogrammen. Unsere Kommunikations-Practice unterstützt Unternehmen bei der Einführung neuer Personalprogramme und -instrumente. Ein internationales Research-Team stellt die fortlaufende Erhebung, Ermittlung und Analyse aktueller Marktdaten zu allen relevanten Personal- und Wirtschaftsthemen sicher. Wir verstehen uns als ein Beratungsunternehmen mit Tradition, das höchsten Wert auf Innovation legt. Schon im Jahr 1934 entwickelten wir die erste fondsbasierte Altersversorgung für US-amerikanische Unternehmen. In Deutschland präsentierten wir in den 80er Jahren das erste Deferred Compensation-Modell zur Umwandlung von Barbezügen des Arbeitnehmers in eine Pensionszusage. Dieses Modell ist heute Vergütungsstandard in ganz Deutschland. Weitere Beispiele für die Innovationskraft von Towers Perrin sind die Entwicklung diverser technischer und steuerrechtlicher Lösungen
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für Mitarbeiterbeteiligungsprogramme oder auch moderne web-basierte Anwendungen zur effizienten Abwicklung von einfachen wie auch anspruchsvollen Personalmanagement-Prozessen. Ausdruck des Innovationsgeistes sind auch verschiedene Studien oder Konzepte zu Themen außerhalb des eigentlichen Beratungsalltags. So haben Towers Perrin-Berater in privater Initiative ein Ideenpapier für die erfolgs- und leistungsorientierte Vergütung von Abgeordneten des Deutschen Bundestages entwickelt, das nicht nur in Deutschland auf ein breites Medienecho gestoßen ist. Dieses Beispiel macht auch ein anderes Moment der Towers Perrin-Kultur deutlich: Es existiert ein Arbeitsumfeld, in dessen Mittelpunkt die Beschäftigten stehen. Sie profitieren von einem offenen, von Vertrauen geprägten Arbeitsklima, das zu kreativer Kommunikation und intensivem Wissensaustausch animiert. Hinzu kommen interessante und erstklassig qualifizierte Kollegen, flache Hierarchien, große Eigenverantwortung und Freiräume für die verschiedensten Charaktere. Jeder Mitarbeiter kann sich seinen Wünschen entsprechend entfalten und seine Prioritäten im Laufe der Karriere neu bestimmen. Darüber hinaus bieten wir die internationale Atmosphäre einer weltweit operierenden Unternehmensberatung. Ein umfassendes Weiterbildungsangebot in allen Facetten des HR Managements gewährleistet eine erstklassige Qualifikation.
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Personalauswahl, Personalentwicklung und Karrierewege in der Strategieberatung – am Beispiel Bain & Company Was unterscheidet eine Strategieberatung von anderen Beratungshäusern? von Marcus Kerwin, Director of Recruiting, Bain & Company Inc., München Der Consulting Markt in Deutschland ist mit mittlerweile geschätzten € 13 Mrd. Umsatz zum zweitgrößten Markt weltweit nach den USA avanciert. Der Gesamtmarkt unterteilt sich in fünf bedeutende Segmente, aufgelistet nach Umsatzgröße sind dies: IT-Beratung, Strategieberatung, Organisationsberatung, Personalsuche und HR-Beratung. Strategieberatungen helfen Klientenorganisationen, eigene Unternehmensstrategien zu entwickeln, das heißt Pläne und Maßnahmen, die es diesem Unternehmen ermöglichen, seine langfristigen Ziele zu erreichen. Eine Strategie gibt damit Antworten auf folgende, das Gesamtunternehmen betreffende Grundsatzfragen: • Wer sind unsere Kunden und was wollen sie? • Welche Produkte/Dienstleistungen wollen wir „mit Mehrwert“ anbieten? • Wie können wir uns von unseren Wettbewerbern differenzieren? • Wie können wir unsere Ressourcen am effizientesten und effektivsten einsetzen? • Mit welchen Partnern sollen wir hierbei zusammenarbeiten? Die Grenzen zu den anderen Beratungssegmenten sind hierbei fließend: führende, große Managementberatungshäuser bieten sowohl Strategie-, Organisations- als auch immer mehr IT-Beratung an. Andere kommen eher aus der IT-Beratung und versuchen, heutzutage auch Strategieberatung mitzuverkaufen. In diesem Zusammenhang ist eine große Frage noch unbeantwortet: Welches Konzept wird sich durchsetzen: die „reinrassige“ Einseg-
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mentberatung oder die Mehrsegmentberatung, die unterschiedliche Beratungsleistungen „aus einer Hand“ anbietet? Die Strategieberatung weist erfahrungsgemäß die höchsten Beraterhonorarsätze auf, was bei gleichen Auslastungsgrad zum höchsten Pro-Kopf-Umsatz pro Berater führt.
Welche Unterschiede gibt es zwischen den einzelnen Strategieberatungen? Neben dem schon angesprochen Segmentspezialisierungsgrad gibt es zwei weitere wichtige Unterscheidungsmerkmale: Erstens spezialisieren sich einige Beratungshäuser auf einzelne Branchen oder Themenschwerpunkte und setzen den einzelnen Berater auch nur auf diesen Schwerpunkten ein. Andere Häuser verfolgen einen eher generalistischen Beratungsansatz. Hier lernt der einzelne Berater in den ersten Jahren seiner Arbeit eine Mehrzahl von Branchen und strategischen Themenstellungen kennen. Eine Spezialisierung erfolg erst später auf Projektleiterebene. Zweitens unterscheiden sich die Beratungshäuser nach dem Implementierungsgrad ihrer Strategiearbeit. Einzelne Häuser sehen sich eher in der „Advisor“-Rolle und belassen es bei strategischen Empfehlungen. Andere Häuser haben sich immer mehr auch der Implementierung der Strategie verpflichtet, was das Anforderungsprofil und auch das Aufgabenfeld eines Unternehmensberaters stark beeinflusst. Bain und Company wurde 1973 in Boston mit der Philosophie gegründet, ergebnis- und umsetzungsorientierte Strategieberatung anzubieten. In diesem Zusammenhang wird Bain von vielen Experten mittlerweile auch als der Innovator der Beratungsindustrie angesehen, der sich systematisch am Erfolg der Strategieempfehlungen messen lässt und entsprechend als eines der ersten Beratungsunternehmen Erfolgshonorare mit seinen Kunden vereinbarte oder sich in Unternehmensanteilen bezahlen ließ. Bain ist dem generalistischen Beratungsansatz verpflichtet. Eine Spezialisierung des einzelnen Beraters findet erst relativ spät statt. Die Beratung gehört zu den international größten, unabhängigen Strategiehäusern und beschäftigt derzeit 2.800 Mitarbeiter an 30 Standorten weltweit.
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Was erwartet einen Absolventen in der Strategieberatung? Das Aufgabengebiet in einer generalistisch ausgerichteten Beratung ist von extremer Vielfalt geprägt. Strategieberatungsprojekte dauern in der Regel nicht länger als 3-6 Monate und bieten auch innerhalb eines Projektes ein sehr abwechslungsreiches Aufgabenspektrum. Dieses umfasst beispielsweise umfangreiche und komplexe Analysen im Bereich der Marktforschung oder der Finanzanalyse. Aber auch die Moderation von Kunden- oder Expertenworkshops oder die Verhandlungsführung mit Großlieferanten oder Partnerorganisationen des Klienten gehören zum Alltag eines meist noch jungen Unternehmensberaters. Die Projektarbeit findet immer im Team und häufig am Standort des Kunden statt. Die Tatsache, dass bei Bain 30 % des Deutschlandumsatzes in Zusammenarbeit mit ausländischen Bain Büros in Europa erzielt wird, zeigt die mögliche Internationalität des Beraterberufs. Wochen- oder Tagesreisen innerhalb Deutschlands bzw. Europa sind dann auch eher die Regel als die Ausnahme. Strategieberatungen sind Hochleistungsgesellschaften. Daher findet auch eine permanente Leistungskontrolle und entsprechende schnelle Karriereentwicklung statt. Bei Bain wird jeder Berater halbjährig in den Kategorien Analytik, Teamfähigkeit und Kundenakzeptanz von den Projektleitern und Geschäftsführern beurteilt, mit denen er auf seinen Projekten gearbeitet hat. Diese holen sich hierzu Feedback von Teamkollegen oder auch Kunden ein. Außergewöhnliche Leistungen werden auch außergewöhnlich honoriert. Mit schnellen Aufstiegschancen, besonders hohen Leistungsbonuszahlungen, attraktiven Projekten und auch internationalen Transfers. Gleichermaßen hat ein Bain-Berater auch die Möglichkeit, in regelmäßigen Abständen die Leistung seiner Projektleiter und seiner Teams zu beurteilen, was zu einem 360' Feedback führt. Aber auch über die Projektarbeit hinaus bieten die meisten Beratungsunternehmen ein sehr abwechslungsreiches Umfeld. Bei Bain spiegelt eine Vielzahl von Aktivitäten (z.B. Office Retreat, Feten, Sportveranstaltungen, gemeinsames soziales Engagement) die ausgesprochen junge Unternehmenskultur und den intensiv gelebten „Bain-Spirit“ wieder.
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Wie spricht Bain Absolventen an? Der Strategieberatungsbereich ist einem „Kampf um Talente“ ausgesetzt, auch im Wettbewerb zu anderen Branchen wie z.B. dem Investment Banking. Die Anforderungen im Recruiting sind generell hoch. Bewerber, die ein Recruiting aber erfolgreich durchlaufen, können meist aus Angeboten von verschiedenen Beratungsgesellschaften wählen. Dies erfordert, möglichst zielgenau und frühzeitig interessante Kandidaten für Bain zu begeistern und Ihnen die Vorzüge einer Mitarbeit bei Bain näher zu bringen. Hierzu gehören sowohl Unternehmenspräsentationen, Fachvorträge und Workshopveranstaltungen an ausgewählten Universitäten, wie auch Imageanzeigen in ausgewählten Fach- und Karrieremagazinen. Ein sehr attraktives Praktikantenprogramm ermöglicht aussichtsreichen Studenten des Hauptstudiums, die Arbeit eines Strategieberaters „live“ kennen zu lernen.
Welche Anforderungen stellt eine Strategieberatung an Absolventen? Absolventen unterschiedlichster Fachrichtungen zieht es mittlerweile in die Strategieberatung. Bei vielen Beratungsgesellschaften bringen bis zur Hälfte der neuen Berater kein wirtschaftliches Studium mit. Sie kommen größtenteils aus technischen und naturwissenschaftlichen Bereichen. Aber auch Geisteswissenschaftler und Juristen finden den Weg in die Strategieberatung. Mehr als die Studienrichtung oder der Studienort zählen ein exzellenter Hochschulabschluss und hervorragende analytische Fähigkeiten. Erfolgreiche Bewerber gehören diesbezüglich meist zu den Top 10 % ihres jeweiligen Jahrgangs. Erste Auslandserfahrung wird ebenso vorausgesetzt wie qualifizierte Arbeitserfahrung in Form von abwechslungsreichen Praktika. Fließende Englischkenntnisse und interessantes außeruniversitäres Engagement runden das Profil eines erfolgreichen Hochschulkandidaten ab. Führende Strategieberatungen wie Bain setzen meist einen Universitätsabschluss oder einen Masterabschluss voraus. Nicht verschwiegen sollte werden, dass eine erfolgreiche Karriere als Strategieberater überdurchschnittliche Mobilität und auch hohe zeitliche Belastung mit sich bringt. Arbeitszeiten sind flexibel und länger als in der Industrie.
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Stellt Bain darüber hinaus besondere Anforderungen an Absolventen? Die Beratungsphilosophie von Bain beruht seit der Gründung vor über 30 Jahren auf dem Anspruch der Ergebnis- und Umsetzungsorientierung. Entsprechend legt die Firma neben den analytischen Fähigkeiten sehr großen Wert auf ausgeprägte kommunikative Stärken und so genannte „Macher“-Qualitäten. Gefragt sind in diesem Zusammenhang keine Ja-Sager sondern kreative, unternehmerische Querdenker, die auch den gewissen Mut zum Risiko mitbringen. Darüber hinaus erwartet Bain von seinen Mitarbeitern, auch über die Projektarbeit hinaus Engagement und Interesse zu entwickeln, um die Firma kulturell zu bereichern und organisatorisch ständig weiterzuentwickeln.
Wie verläuft das Auswahlverfahren bei einer Strategieberatung? Ein Auswahlverfahren gliedert sich meist in mehrere Phasen. Zuerst werden die kompletten Bewerbungsunterlagen mit dem jeweiligen Anforderungsprofil abgeglichen. Hierbei entscheiden in der Regel mehrere Mitarbeiter in einer zentralen Recruiting-Abteilung, ob es zu einer Einladung kommt. Die meisten Strategieberatungsunternehmen benutzen im Auswahlprozess einen Mix aus Einzelinterviews mit Fallstudiendiskussion, schriftlichen Tests und auch Fallstudienpräsentationen. Klassische Assessment Center finden hingegen kaum Anwendung. In der Regel hat ein Bewerber im Rahmen seines Bewerbungsprozesses die Möglichkeit, eine Vielzahl von Mitarbeitern unterschiedlicher Hierarchiestufen kennen zu lernen und sich so auch selbst ein gutes Bild vom gegenseitigen Fit zu machen.
Wie gestaltet sich der Eintritt? Wie sind die ersten 100 Tage? Der Eintritt wird bei Bain durch verschiedene Maßnahmen erleichtert. In der Regel besuchen die neuen Berater schon vor Arbeitsbeginn ein einwöchiges Einführungstraining, wo grundlegende Werkzeuge eines Strategieberaters vermittelt und geschult werden. Diese Zeit gilt aber genauso dem Kennen lernen der neuen Kollegen und aller wichtigen Ansprechpartner in der Firma. Darüber hinaus findet auf globaler Ebene möglichst früh nach
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Arbeitsbeginn eine sehr intensive Trainingswoche statt, wo der neue Mitarbeiter die Möglichkeit erhält, erstmalig auch ein internationales Netzwerk zu knüpfen. So genannte Exoten ohne grundlegende BWL-Kenntnisse bekommen darüber hinaus Grundlagen der Finanzierung und des Marketings durch zusätzliche Trainingstage vermittelt. Am ersten Arbeitstag bezieht der neue Berater seinen Schreibtisch und wird mit dem notwendigen technischen Equipment (Laptop, Handy, etc) ausgestattet. Sehr schnell danach lernen die neuen Mitarbeiter ihr erstes Projektteam kennen und müssen sich entsprechend auf dem Projekt einarbeiten um möglichst schnell eigenverantwortlich erste Projektaufgaben/-module zu übernehmen. Hierbei werden sie von ihren erfahreneren Projektmitgliedern unterstützt. Auch steht bei Bain jedem neuen Berater in den ersten Monaten ein „Colleague“ zur Verfügung. Dies ist ein erfahrener Kollege, der abseits der Projektarbeit als Ansprechpartner und Coach fungiert. Er hilft dem neuen Mitarbeiter, sich einzuleben und sich zu integrieren. Die ersten 100 Arbeitstage lassen sich generell kaum beschreiben, sondern sind abhängig vom jeweiligen Projektverlauf und den entsprechenden Aufgaben, die der neue Berater im Team übertragen bekommt. Dabei ist bei Bain sofortiger Kundenkontakt eher die Regel als die Ausnahme. Hierbei gilt es, sich trotz wenig Erfahrung in den einzelnen Sachgebieten mit Hilfe einer schnellen Auffassungsgabe und Mut zur Lücke einzuarbeiten und sich im Team und am Kunden schnell zu beweisen. Häufig wird diese Zeit von den neuen Mitarbeitern als der berüchtigte „Sprung ins kalte Wasser“ betrachtet, den es zu meistern gilt.
Wie verläuft ein typischer Karrierepfad eines Strategieberaters? Der organisatorische Aufbau in Strategieberatungsfirmen, nach dem sich auch der Karrierepfad eines Beraters richtet, ist recht einheitlich, auch wenn in den Beratungen unterschiedliche Bezeichnungen für die einzelnen Karrierestufen verwendet werden. Auch die Verweildauern auf den jeweiligen Stufen sind recht ähnlich, insbesondere im Vergleich der großen partnerschaftlich organisierten Strategieberatungen. Beispielhaft existieren bei Bain
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& Company folgende fünf Karrierestufen mit unterschiedlichen Durchschnittsverweildauern in Jahren: • Associate Consultant (2 Jahre) • Consultant (3 Jahre) • Caseteam Leader (1,5 Jahre) • Manager (4 Jahre) • Vice President (=Partner) Bain ist, wie schon angedeutet, eine Leistungsgesellschaft. Besonders gute Leistungen werden auch mit entsprechend schnelleren Beförderungszeiten belohnt. Auch ist es möglich, die Karriereentwicklung zu unterbrechen. Einige Mitarbeiter nutzen unbezahlte Sabbaticals, um auf Reisen zu gehen oder sich intensiv der Familie zuzuwenden. Mehrmonatige „Externships“ in anderen Organisationen kommen gelegentlich vor. Außerdem nutzen viele Berater bei Bain die Möglichkeit, für einen Zeitraum von bis zu einem Jahr in ein ausländisches Bain Büro zu transferieren. Aufgrund von global abgestimmten Beurteilungssystemen ergibt sich hierbei karrierespezifisch kein Nachteil. Wie schon erwähnt, bestehen zwischen den Beratungshäusern Unterschiede bezüglich des Spezialisierungszeitpunktes eines Beraters. In einigen Häusern ist eine möglichst frühzeitige Spezialisierung auf eine Branche oder ein Themenfeld gewünscht, in anderen Beratungen ist diese erst zu einem späteren Zeitpunkt, meistens als Senior Consultant oder als Projektleiter vorgesehen. Das „Up or Out“ Prinzip ist weiteres Unterscheidungsmerkmal. In einigen Häusern wird dieses Prinzip sehr strikt befolgt. Schafft ein Berater zum vorgegeben Zeitpunkt die Beförderung nicht, muss er sich nach einer Karrieremöglichkeit außerhalb des Unternehmens umschauen. Bei Bain gilt eher ein „Grow or Go“ Prinzip; das heißt, der Zeitpunkt der Beförderung ist flexibler, die Wahrscheinlichkeit für eine Beförderung muss aber gegeben sein.
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Welche Weiterbildungsmaßnahmen werden geboten? Im Strategiesegment ist die intensive Weiterbildung der Berater erfolgsentscheidend, da die Mitarbeiterqualität die Kundenzufriedenheit wesentlich beeinflusst. Entsprechend verwenden die Beratungen sehr viel zeitliche und finanzielle Ressourcen auf dieses Thema. Bei Bain existiert beispielsweise das „Associate Consultant Programm“ als zentrales Weiterbildungsprogramm für Universitätsabsolventen. In diesem Programm ist die akademische Weiterbildung in Form einer Promotion oder eines MBA integraler Bestandteil der Weiterbildung und wird von Bain finanziell gefördert. Hierzu werden die Mitarbeiter nach einem Arbeitszeitraum von ca. 24 Monaten für 12 - 24 Monate voll freigestellt, um sich wieder der Hochschul-Zusatzausbildung widmen zu können. Während des ersten Jahres der Freistellung zahlt Bain das Gehalt weiter und übernimmt auch anfallende Studiengebühren. Auf jeder Senioritätsstufe wird zusätzlich zum „learning by doing“ im Rahmen der intensiven Projektarbeit ein auf die Fähigkeiten der Berater zugeschnittenes Seminarprogramm angeboten, das sowohl fachliche Kenntnisse als auch kommunikative Fähigkeiten schult. Bei Bain umfasst dieses Programm sowohl nationale als auch internationale Trainings. Auch existieren in den meisten großen internationalen Beratungen so genannte virtuelle Universitäten, die intranet-basiert ein individuelles Selbststudium neben der Projektarbeit ermöglichen.
Was kommt nach einer Karriere als Strategieberater? Nicht jeder junge Berater wird Partner einer Beratungsgesellschaft. Viele Berater nutzen die Beraterkarriere eher als mittelfristiges Sprungbrett für den jeweiligen späteren Karriereverlauf. Dieser kann wiederum sehr unterschiedlich sein. Funktionale Führungspositionen bei Grossunternehmen oder aber Geschäftsführerpositionen im Mittelstand sind häufig das Ziel. Bei Bain ist der Wechsel in unternehmerisch geprägte Positionen überdurchschnittlich häufig zu verzeichnen. Hierzu gehören sowohl Führungspositionen im Venture Capital oder im Private Equity Bereich als auch die Gründung der eigenen Firma. Bain wird deshalb gerne auch als „Unternehmerschmiede“ angesehen.
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IT-Beratung: Karriere bedeutet Kompetenzentwicklung Beispiel: Mummert Consulting AG von Julia Sailer, Mummert Consulting AG, Hamburg
Sich selbst Ziele setzen. Mummert Consulting ist mit über 1.100 Mitarbeitern eine führende Unternehmensberatungen für Dienstleistungsunternehmen. Zu den Kunden zählen vor allem Kreditinstitute, Versicherungen, öffentliche Dienstleister, die Energiewirtschaft, das Gesundheitswesen sowie Logistikunternehmen. Seit Januar 2005 ist Mummert Consulting ein Teil der Steria Gruppe, die mit einem Umsatz von 1,1 Milliarden Euro und mehr als 9.000 Mitarbeitern zu den Top-10-IT-Dienstleistern Europas gehören. Die offene und menschliche Unternehmenskultur der Mummert Consulting AG beruht auf der Erfahrung, dass außergewöhnliche Lösungen nur von außergewöhnlichen Mitarbeitern erreicht werden können – von Menschen, die ihre Träume und Flausen im Kopf behalten haben, sich eigene Maßstäbe und Ziele definieren und auch umsetzen. Die Persönlichkeit jedes Einzelnen steht im Mittelpunkt, sowohl in der täglichen Arbeit als auch beim Thema Mitarbeiterförderung und Kompetenzentwicklung.
Kompetenz aufbauen. Die Voraussetzung für eine erfolgreiche Tätigkeit in einer führenden Unternehmensberatung ist der eigene Anspruch, neue Wege zu gehen, sich zu verändern und weiter zu entwickeln. Neben überdurchschnittlichen Leistungen in Studium oder Beruf ist daher vor allem die Persönlichkeit und Eigenverantwortung des Einzelnen entscheidend. Hochschulabsolventen sollten einen überzeugenden Studienabschluss in Wirtschaftsinformatik, Informatik, Ingenieur- oder Naturwissenschaften bzw. Wirtschaftswissenschaften mitbringen. Qualifizierte Erfahrungen, beispielsweise aus Praktika, der Mitarbeit in einer studentischen Unternehmensberatung oder sonstigem außeruniversitären Einsatz gehören ebenso dazu wie hohe Einsatzbereitschaft, Mobilität und Flexibilität. Auf dieser Basis wird
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über den Projekteinsatz und gezielte Weiterbildungsmaßnahmen konsequent Branchenkompetenz, Technologie- und Prozess-Know-how aufgebaut.
Innovative Dienstleistungen weiterentwickeln. Mummert Consulting deckt das komplette Beratungsspektrum ab, das für eine ganzheitliche Kundenbetreuung notwendig ist. Innerhalb der Kernbranchen haben wir Leistungsportfolios für Geschäftsprozesse, Führungsstrukturen, Managementsysteme und die jeweils erfolgskritische Informationstechnologie definiert. Diese branchenspezifischen Leistungsportfolios werden verstärkt durch Competence Centers, die spezifisches, branchenübergreifendes Know-how in betriebswirtschaftlichen oder technologischen Themenstellungen bündeln. Unsere Unternehmensbereiche sind zwar als eigenständige Einheiten organisiert, arbeiten allerdings sehr eng zusammen. Für die Mitarbeiter bedeutet das eine größtmögliche Vielfalt im Kontakt mit Kollegen sowie einen intensiven fachlichen und interdisziplinären Austausch.
Persönliche Potenziale ausbauen. Im Rahmen der Beratertätigkeit eröffnet sich eine vielfältige Welt, in der persönliche Fähigkeiten in den unterschiedlichsten Bereichen erprobt werden können. Innerhalb des Leistungsspektrums besteht die Möglichkeit, sich weiter zu entwickeln, zu verändern und unter Umständen auch einen ganz neuen Kurs einzuschlagen. Trainings- und Personalentwicklungsmaßnahmen tragen entscheidend dazu bei, das Entwicklungspotenzial der Berater zu erkennen und auszubauen. In regelmäßigen Beurteilungsgesprächen wird die Position bestimmt und in Absprache mit der Führungskraft geeignete Fördermaßnahmen vereinbart.
Entwicklungsrichtungen und Schritte bestimmen. Als Leitfaden zur Orientierung dient das Entwicklungsprogramm NAVIGARE, das ermöglicht, zunächst mehrere Entwicklungsrichtungen kennen zu lernen und sich später für eine bevorzugte Richtung zu entscheiden. Schritt für Schritt wird der berufliche Kurs bestimmt. Die Mitarbeiter orientieren sich dabei an den drei Entwicklungsrichtungen Projekt – Thema – Kunde, die das Kerngeschäft der Unternehmensberatung widerspiegeln.
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Zunächst verschafft sich der Consultant Analyst oder Consultant ein solides Basiswissen in allen drei Entwicklungsrichtungen. Danach spezialisiert sich der Senior Consultant auf zwei der drei Entwicklungsrichtungen. Diesen Weg setzt der Principal Consultant mit einem deutlich erweiterten Verantwortungsbereich fort. Das Tempo, mit dem die einzelnen Entwicklungsschritte gegangen werden, hängt allein von der individuellen Leistung ab – wird also ebenfalls von den Beratern selbst bestimmt.
Entwicklungsrichtungen • Projekt Berater erwerben Kompetenzen in der Planung, Steuerung und im Controlling der Projekte. Je größer die Erfahrung wird, desto komplexer sind die Projekte. Groß- und Multiprojekt-Management sind dabei die Herausforderungen. • Thema Hier werden spezielle Leistungsangebote gestaltet, die thematische Ausrichtung erarbeitet. Der Berater ist Spezialist und gleichzeitig Visi-
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IT-BERATUNG: KARRIERE BEDEUTET KOMPETENZENTWICKLUNG onär in seinem Thema. Aktualität, Markt- und Wettbewerbsfähigkeit der Leistungsangebote stehen im Vordergrund.
• Kunde Partnerschaften werden mit den Kunden aktiv entwickelt. Die Berater sind Ansprechpartner der Kunden und nehmen Marktbedürfnisse auf. Langfristigkeit ist dabei Ziel und Anspruch zugleich.
Entwicklungsschritte 1. Schritt: Consultant Analyst Hier sammelt der Hochschulabsolvent zunächst ein bis zwei Jahre Erfahrung in Projekten, lernt das Unternehmen und die Kunden genau kennen und legt die Basis für seine weitere Entwicklung. 2. Schritt: Consultant Der Berater ist kompetenter Ansprechpartner für die Kunden und erstellt Analysen und Konzepte, bei deren Umsetzung er aktiv mitwirkt. Gleichzeitig werden laufend neue Kompetenzen in allen drei Entwicklungsrichtungen erworben. 3. Schritt: Senior Consultant Der gefragte Berater in den Projektteams und bei den Kunden übernimmt die Leitung größerer Projekte und engagiert sich besonders für ein Thema oder die Kundenbetreuung. 4. Schritt: Principal Consultant Über die Führung komplexer Projekte wird die Partnerschaft mit Kunden gefestigt. Der Berater positioniert innovative Themen beim Kunden oder im eigenen Unternehmen. Unternehmerisches Handeln im eigenen Verantwortungsbereich trägt in dieser Position einen entscheidenden Teil zur Entwicklung von Mummert Consulting bei.
Sich in Form halten: Trainings Entsprechend der Philosophie von Mummert Consulting ist auch beim Thema Förderung die Individualität der Mitarbeiter der wichtigste Maßstab. Auf den jeweiligen Entwicklungsschritt und die vereinbarte Entwicklungsrichtung abgestimmt, werden eine Reihe von internen und externen Trainings angeboten. In kleinen Arbeitsgruppen kann besonders gut auf den
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jeweiligen Wissensstand und die Trainingsziele der Teilnehmer eingegangen werden. Das Einführungsseminar für neue Berater gibt beispielsweise einen Einblick in die Organisation und Prozesse des Unternehmens sowie Märkte, Leistungsangebote und Projekte. Daneben steht eine Einführung in die ITAnwendungslandschaft von Mummert Consulting und das spezifische Projektmanagement. Natürlich bietet jedes Training Raum für persönliche Kontakte. In aufbauenden Trainings werden Beraterkompetenzen wie Vorgehensmodelle, Strategien, aber auch soziale Kompetenzen weiterentwickelt. Besondere Unterstützung durch Trainings bekommen angehende Projektleiter. Sie holen sich neuen Input für die Kommunikation mit Mitarbeitern und Kunden und bauen ihre Kenntnisse im Projektmanagement aus. Führungskräftetrainings beinhalten zielorientiertes Management und den Gebrauch geeigneter Controllinginstrumente ebenso wie Mitarbeitermotivation und -führung. Um sich neben den genannten internen Trainings auf spezifische Projekte und die dafür benötigen Fach- und Methodenkenntnissen vorzubereiten, können auch externe Trainings beispielsweise einer geforderten Programmiersprache oder zur Integration von Standardsoftwareprodukten gezielt in Anspruch genommen werden.
Gemeinsam Neues entdecken. Ein exzellenter Berater gibt sich nicht mit dem bereits Erreichten zufrieden: „Lernende Mitarbeiter in einer lernenden Organisation“ lautet eine Vision von Mummert Consulting.
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Unternehmensberatung in Nischenmärkten von Dipl.-Kaufmann Peter Rüffer, Partner der Krups Consultants GmbH, Düsseldorf Jeder angehende Berater träumt davon, irgendwann einmal die TOP 100 in diesem Land beraten zu können: z.B. endlich den Turn-around bei der Deutschen Bahn zu schaffen, für die Telekom die neue erfolgreiche Strategie zu entwickeln, das neue Internationalisierungskonzept beim Konzern XYZ zu begleiten oder die Ministerien bei den drängenden wirtschaftspolitischen Fragenstellungen zu beraten. In der Praxis sieht die Beratungsarbeit aber oft anders aus, denn die Welt besteht nicht nur aus den großen, bekannten Konzernen, sondern aus vielen – meist mittelständischen – Unternehmen oder auch kleinen öffentlichen Verwaltungen bzw. Institutionen, die oft nicht weniger interessante und knifflige Problemstellungen zu bewältigen haben. Krups Consultants – als Spin-Off ehemaliger Führungskräfte des Haushaltsgeräteherstellers Robert Krups – bewegt sich zwar vorwiegend in den klassischen Beratungsmärkten wie andere Unternehmensberatungen auch, macht aber einen nennenswerten und immer größer werdenden Teil des Umsatzes in den so genannten Nischenmärkten. In diesem Beitrag möchten wir Beratungsansätze vorstellen, die sich gerade auf solche Nischen bzw. den hier speziell vorhandenen Problemen fokussieren. Nischenmärkte sind in der Theorie definiert als kleine, in sich geschlossene und klar definierte Marktsegmente, deren Anforderungen nicht besonders gut durch bestehende Angebote der anderen Anbieter bzw. Konkurrenzunternehmen erfüllt werden. Nischen können identifiziert werden, indem Märkte in kleinere Marktsegmente zerlegt werden, bei denen entsprechende wahrnehmbare Unterschiede bestehen. Die wirtschaftliche Bearbeitung einer Marktnische ist dann lohnenswert, wenn folgende Situation vorliegt: Der Beratungsbedarf der Klienten ist unterschiedlich und deutlich komplexer als bei dem übrigen Markt. Darüber hinaus müssen die Klienten das speziell auf sie zugeschnittene Nischenangebot wahrnehmen können und darauf positiv reagieren. Wenn der Nischenbesetzer in führender Position ist, kann er nur schwer von anderen Wettbewerbern angegriffen oder verdrängt werden. Fortschrittliche und flexible Unternehmen wenden sich dem Nischenmarketing zu und besetzen in schneller Folge lohnenswerte Nischen. Gerade in der Besetzung von identifizierbaren Nischen mit speziellen kundenspezifischen Angeboten liegt die Chance vieler kleinerer Unternehmen.
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Nischenmärkte in der Beratungspraxis Soweit die Theorie – in der Praxis ist die Beratung in Nischenmärkten aber deutlich schwieriger als im Gesamtmarkt: Zuerst ist ein entsprechender Marktzugang notwendig, denn oft ist der Klient den Umgang mit Beratern überhaupt nicht gewöhnt. Vergleichbare Referenzen in der Branche bzw. in einer vergleichbaren Problemstellung haben eine deutlich größere Bedeutung, als bei herkömmlichen Klienten. Die Aufgabenstellungen sind oft sehr spezialisiert, erfordern entsprechendes Know-how und sind – das ist meist das größte Problem – nur bedingt auf andere Klienten übertragbar. Das bekannte „Rad“ in jedem Projekt neu zu erfinden ist zwar auf der einen Seite interessant, das finanzielle Risiko aber nur mit einem exzellenten Team abschätzbar, wenn das Beratungsunternehmen letztlich noch Geld verdienen will. Dies macht aber gerade die Personalsuche in diesem Bereich sehr schwer, da erfahrene und teilweise stark spezialisierte Berater in ausreichendem Maße verfügbar sein müssen.
Nischenmärkte verlangen Spezialisierung und bieten hohe Gewinnspannen Einen Partner und einen Senior mit einer Handvoll Newcomern auf ein Projekt zu schicken ist deshalb kaum erfolgreich. Gerade spezifische Erfahrungen der Berater und Spezialisierung des Beratungsangebotes sind die Erfolgsfaktoren in einem Nischenmarkt. Dies ist zunächst einmal unabhängig davon, ob sich die Spezialisierung auf ein Marktsegment, ein bestimmtes Klientel, eine Branche, ein Beratungsprodukt, eine Region oder eine Kombination bezieht. Nischen bieten neben den genannten Voraussetzungen aber auch erhebliche Vorteile. Einer der Haupteffekte ist, dass das Beratungsunternehmen die relativ kleine Klientengruppe so gut kennt, dass sie ihren Beratungsbedarf genauer treffen kann, als eine Beratung, die nur gelegentlich in diesem Segment tätig ist. Im Ergebnis kann der Nischenanbieter einen deutlich höheren Tagessatz realisieren, weil sein Beratungsangebot einen hohen Gegenwert bzw. ein großes Problemlösungspotenzial für die Klienten darstellt. Während im klassischen Beratungsgeschäft oft viele Projekte mit vielen Beratern verkauft werden, werden bei der Beratung in Marktnischen eher hohe Gewinnspannen erzielt.
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Eine ideale Marktnische ist ausreichend groß, um Gewinn zu bringen, und hat Wachstumspotenzial, sie stellt Anforderungen, die das Beratungsunternehmen inhaltlich und kapazitätsmäßig bedienen kann. Der wichtigste Aspekt ist aber, dass diese Marktnische von nicht allzu großem Interesse für die großen Konkurrenten ist. Wenn die ersten Projekte in der Marktnische erst einmal erfolgreich durchgeführt wurden, kann das Beratungsunternehmen die erforderlichen Fähigkeiten weiter ausbauen und neue Kunden akquirieren. Dies bietet einen gewissen – wenn auch nicht dauerhaften – Schutz gegen Wettbewerber, wenn diese die Nische für sich entdecken. Neben diesem Risiko existiert aber noch ein weiteres, nämlich das oft überraschende Ende des Nischenbedarfs: So schnell wie Nischen entstehen bzw. identifiziert werden, können sie auch wieder verschwinden oder unattraktiv werden. Dieser Gefahr begegnen vorausschauende Beratungsunternehmen mit mehrfachen Nischenstrategien. Im Folgenden möchten wir beispielhaft einige bei Krups Consultants bediente Nischenmärkte vorstellen und die dort erfolgreich platzierten Beratungsansätze erläutern. Den hier skizzierten Beratungsbedarf hat es vorher nicht gegeben bzw. die eigentlichen Märkte dafür wurden erst mit den Projekten geschaffen.
Beispiel 1: Strategien für die Standortsicherung im Tourismus Die Tourismusbranche steuert zwar in Deutschland den größten Anteil aller Dienstleistungspartner am Bruttosozialprodukt bei, hat aber ein erhebliches konzeptionelles und strategisches Defizit zu bewältigen. Manchmal hat man den Eindruck, dass vor allem der Deutschland-Tourismus nicht wegen, sondern trotz der Verantwortlichen bzw. Leistungserbringer im Tourismus funktioniert. Die klassischen Berater, die sich in diesem Bereich bewegen, kommen oft aus Agenturen oder der Werbebranche. Sie verpassen ihren Klienten nicht selten ein neues „Tourismus-Leitbild“ bzw. eine neue EDV, was zwar beides viel Geld kostet, aber in der Kommune bzw. im Standort an den eigentlichen Problemen nichts ändert und – das ist das Wichtigste – keinen zusätzlichen Gast oder Umsatz-Euro mehr bringt. Die intensive Beschäftigung mit dieser Nische und die Suche nach der Übertragbarkeit von in der Industrie bzw. im Handel erfolgreichen Lösungskonzepten, brachte eine völlig neue – und für die Verantwortlichen ungewohnte – Professionalität in den Tourismus. Anstatt sich mit der hundertsten Marketingfrage zu beschäftigen wurde konsequent versucht, zu aller
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erst die Finanzierbarkeit der Konzepte aus eigenen Mitteln sicherzustellen. Dies führte in der Regel dazu, dass völlig neue Wege beschritten werden mussten, denn die Eigenfinanzierungskraft der Kommunen bzw. Tourismusstandorte war und ist weitestgehend erschöpft. Eines der Ergebnisse unserer Beratungsprojekte war u. a. die Einführung der sog. „NorderneyCard“ als Element eines umfassenden Standortsicherungsprogramms für das Niedersächsische Staatsbad Norderney. Mit dieser multifunktionalen Chipkarte, die bei Ihrer Einführung 1996 europaweit eine Innovation war, wurde nicht nur eine Integrationsplattform geschaffen, sondern auch die Einnahmen des Standortes im Bereich der Kurtaxe erheblich gesteigert. Das Konzept dazu wurde nicht etwa von Marketing- und IT-Fachleuten entwickelt, sondern von Materialfluss- und Logistikexperten, die Lösungsansätze aus der Industrie und dem Handel erfolgreich auf den völlig neuen Nischenbereich Tourismus übertragen und bis zur Markteinführung begleitet haben. Das Engagement des Beratungsteams war in diesen Projekten extrem hoch, da immer wieder völlig andere Themenkomplexe mit den unterschiedlichsten Interessengruppen diskutiert und maßgeschneiderte Lösungen erarbeitet werden mussten. Inzwischen gibt es in diesem Nischenbereich „Strategien für die Standortsicherung im Tourismus“ viele Nachahmer, die aber meist lediglich Konzepte kopieren, ohne eine individuelle Strategie für den Klienten zu entwickeln. Damit wird aber nicht nur das Ansehen der Beratung als solches schlechter und der Wettbewerb in der Nische größer, sondern diese selbsternannten Berater – oft ehemalige Softwarehäuser – können ihre Leistungen zu ruinös niedrigen Preisen anbieten, da sie sich meist über die verkaufte Software refinanzieren. Es ist letztlich also eine Frage der Zeit, bis entweder die Klienten die Spreu vom Weizen trennen können oder die Nische für seriöse Beratungsunternehmen unattraktiv wird.
Beispiel 2: Umsetzung der Maßnahmen als Time-Manager Ein immer wiederkehrendes Problem in Beratungsprojekten ist oft, dass Klienten Konzepte oder Strategien nicht oder nur teilweise umsetzen. Eine solche Situation ist sowohl für den Klienten wie auch das Beratungsunternehmen nicht befriedigend: Der Klient schöpft ermittelte Potenziale nicht oder zumindest nicht vollständig aus, die – teils erheblichen – Kosten für die Unternehmensberatung amortisieren sich nicht, Mitarbeiter sind frust-
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riert, weil mit großem Aufwand Probleme analysiert und Lösungen entwickelt wurden, sich aber wieder mal nichts verbessert. Aber auch für die Berater ist ein solches Projekt nicht gerade erfolgreich. Das Beratungsunternehmen verdient zwar trotzdem entsprechendes Geld für Analyse und Konzeption, aber als wirkliche Referenz ist der Klient kaum brauchbar, da nichts Vorzeigbares umgesetzt wurde. Obwohl sich viele Berater noch auf die Konzept- und Strategieentwicklung konzentrieren, versuchen heute bereits immer mehr Beratungsunternehmen ihre Klienten auch in der Phase der Umsetzung zu begleiten und die Realisierung der vorgeschlagenen Maßnahmen sicherzustellen. Der Berater bleibt allerdings immer extern und hat faktisch keinerlei Weisungsbefugnis bzw. eine feste organisatorische Verankerung. Dies behindert die Umsetzung vor allem in Sanierungsfällen oder anderen kritischen Unternehmenssituationen aber erheblich, denn gerade hier ist Flexibilität, Entscheidungsfähigkeit und beherztes Eingreifen für den Erfolg unabdingbar. Eine Lösung für diese Nischensituation stellt die Bereitstellung von Beratungskapazitäten für die Umsetzung in Form von Time-Managern dar, die über einen längeren Zeitraum – mindestens ein Jahr – an das Unternehmen ausgeliehen werden. Sie werden dort fest in der Organisation verankert und übernehmen aktive Managementaufgaben. Dies kann als Linien-Manager, Teil der Geschäftsführung oder aber auch direkt im Vorstand sein, je nach Bedarf für die Umsetzung. Der Vorteil dieser temporären Übernahme von Managementaufgaben ist, dass die Berater durch feste Integration deutlich mehr Kompetenzen und Umsetzungskraft haben, die sicherstellt, dass die notwendigen Maßnahmen auch tatsächlich in vollem Umfang mit minimalem Aufwand realisiert werden. Darüber hinaus hat der Externe im Unternehmen deutlich mehr Akzeptanz bei Restrukturierungsmaßnahmen, da er es einerseits als Außenstehender sowieso einfacher hat, sich bzw. seine Lösungen durchzusetzen. Andererseits muss er keine Rücksicht auf persönliche Animositäten oder Beziehungen innerhalb des Unternehmens nehmen, die ggf. Maßnahmen behindern bzw. die Umsetzung unmöglich machen. Inzwischen gibt es einige Berater, die diese Dienstleistung in ihr Beratungsportfolio aufgenommen haben, meist sind dies aber Einzelkämpfer. Die großen Beratungsunternehmen sind in dieser Nische bislang nur bedingt tätig, vor allem da die Profile und Erfahrungen der klassischen Berater, die meist direkt von der Hochschule rekrutiert werden, bei der konkreten Umsetzung von Projekten kaum hilfreich sind.
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Beispiel 3: Erfahrene Beiräte als Berater für den Unternehmer bzw. den Politiker Das dritte Beispiel für die erfolgreiche Bearbeitung von Nischenmärkten ist der Geschäftsbereiche der Krups Executive Advisors. Die Zielgruppe ist hier nicht das Unternehmen bzw. die Organisation als solches, sondern lediglich der Unternehmer bzw. im öffentlichen Umfeld der Politiker, Stadtrat oder ähnliches. Im Unterschied zu den klassischen Consultants, rekrutieren sich die Advisor nur aus erfahrenen Top-Executives der Wirtschaft und Politik. Diese ehemaligen Führungskräfte bedeutender Unternehmen haben immer erhebliches Wissen, z.B. als Top-Manager in einer speziellen Branche, in Sanierungsfällen oder in der Arbeit mit unterschiedlichen Kulturen. Sie unterstützen mit ihrer Objektivität und Distanz losgelöst vom Tagesgeschäft als face-to-face Sparringspartner den Unternehmer nachhaltig. Sei es durch das Aufzeigen von neuen kreativen Pfaden, der Unternehmensanalyse, durch Krisen-Management, der Suche nach Finanzmitteln, unternehmerischen Kontakten oder durch Know-how-Anreicherung. Wir vermeiden so den „Lonely at the top“-Effekt, welcher für viele Unternehmer eine ungewollt typische Erscheinungsform ist. Auf der anderen Seite bilden sie ein neutrales Sounding-Board für Kapitalgeber oder Banken. Die Advisor verbringen im Gegensatz zu den Consultants nicht einen festgelegten Zeitraum vor Ort beim Klienten und erstellen dann den Abschlussbericht des Projektes, sondern die Betreuung des Klienten ist meist mittelfristig angelegt. In der Praxis stehen die Advisor dem Klienten meist nur ein paar Tage im Monat zur Verfügung, dies aber dann sehr intensiv und regelmäßig über einen längeren Zeitraum. Neben dem ManagementKnow-how und der Kreativität stellen sie dem Klienten ein Beziehungsnetzwerk aus Wirtschaft und Politik zur Verfügung. Damit stellen wir sicher, dass beim Klienten die richtigen Veränderungen in der richtigen Reihenfolge initiiert und auch tatsächlich umgesetzt werden. Durch die eigene Unternehmererfahrung der Advisors stehen wirtschaftliche und umsetzbare Lösungen im Vordergrund. Die Bedarfssituationen dieses Nischensegments reichen von der Bewertung und Betreuung von Start-Up-Unternehmen, über die Begleitung von Generationswechsel-Situation, die schnelle Erstellung von Due-Dilligence bis hin zu den sog. Fünf-vor-Zwölf-Unternehmen, die nur noch durch eine schnelle und grundlegende Sanierung gerettet werden können. Im letzteren Fall erfolgt die Honorierung häufig durch die Verrechnung von Anteilen am Klien-
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ten-Unternehmen, das so genannte Consulting-for-equity. Das folgende Schaubild zeigt typische Bedarfsituation für die Advisor und das entsprechende Leistungsangebot:
Dieses Nischensegment ist derzeit noch in der Entstehungsphase, da – ähnlich den Time-Managern – zwar die Berater für die Analyse und Konzeption in den Beratungsunternehmen vorhanden sind, für eine nachhaltige Umsetzung der Maßnahmen und langfristige Betreuung des Unternehmers aber deutlich andere Profile und Erfahrungen notwendig sind. Diese zusätzlichen Kapazitäten halten die großen Beratungsunternehmen derzeit aber kaum vor.
Fazit: Nischenmärkte sind lohnenswert, aber schwierig Die Identifikation und Erschließung von Nischenmärkten ist vor allem für kleinere bis mittlere Beratungsunternehmen sehr lohnenswert, wenn es gelingt, die Barrieren für den Markteintritt zu bewältigen und durch ständige Weiterentwicklung die Marktposition zu halten bzw. auszubauen, um längerfristig Wettbewerber abzuhalten. Vor allem die drei Beispiele haben gezeigt, dass die Beratungsarbeit innerhalb einer solchen Nische mindestens genauso anspruchsvoll und spannend ist, wie bei eher herkömmlichen Klienten. Denn die Frage, was interessanter ist, einerseits die zwanzigste Gemeinkostenwertanalyse oder andererseits die strategische Neuausrichtung einer kompletten touristischen Destination mit Millionen von Gästen, beantwortet sich sicherlich von selbst.
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Perspektiven in der Unternehmensberatung Über den Einstiegsmöglichkeiten für Ingenieure bei Booz Allen Hamilton von Miriam Kraneis, Recruiting Manager, Booz Allen Hamilton In kaum einer Branche ist die Vielfalt der Biographien so groß wie bei den Unternehmensberatungen. Lange vorbei sind die Zeiten, in denen Wirtschaftsabsolventen das Gros der Consultants stellten: Was in der Branche zählt, ist vor allem eine exzellente Kombination von Wissen aus verschiedenen Fachgebieten. Für Booz Allen Hamilton basiert die Leistungsstärke der Teams auf der erfolgreichen Zusammenarbeit von Frauen und Männern, Geistes- und Naturwissenschaftlern und Wirtschaftsabsolventen – mit und ohne mehrjährige Berufserfahrung. „In der Vielfalt der Mitarbeiter liegt ein wesentlicher Schlüssel zu unserem Erfolg. Sie ist eine Bereicherung in beruflicher und in persönlicher Hinsicht“, so das Resümee des Unternehmens. Judith Mauel (28), Booz Allen Hamilton GmbH, Düsseldorf Nach meinem Studium der Abfallentsorgung an der RWTH Aachen wollte ich zunächst einen eher klassischen Einstieg in einem Industrieunternehmen oder einem Ingenieurbüro anstreben. Ein Recruiting-Workshop von Booz Allen Hamilton, der kurz vor Studierende an meiner Hochschule angeboten wurde, hatte nachhaltigen Einfluss auf meine Berufswahl: Nach der Diplomarbeit entschied ich mich für einen Einstieg als Senior Consultant bei Booz Allen Hamilton im Düsseldorfer Büro. Die Entscheidung fiel mir sehr leicht – der Beruf des Beraters bot mir genau die Inhalte, die letztlich meinen Vorstellungen von einem idealen Beruf entsprachen: Abwechslungsreiche Tätigkeit, spannende Themen, Internationalität – und nicht zuletzt interessante Kollegen, von denen man lernen kann. Besonders ansprechend fand ich, dass die Arbeit in den ersten zwei Jahren inhaltlich recht breit angelegt ist, damit Neueinsteiger zunächst möglichst viele branchenübergreifende Kenntnisse erhalten. So habe ich seit meinem Einstieg bei Booz Allen Hamilton auf Beratungsprojekten in verschiedensten Branchen gearbeitet, von der Konsumgüter- über Pharma- bis hin zur Zuliefererindustrie. Die Einsätze erfolgten sowohl im In- als auch im Ausland. Bereits mein erstes Projekt war herausfordernd und spannend zu-
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gleich: Mit direktem Kontakt von der Vorstandsebene bis hin zur operativen Ebene steuerten wir in Österreich ein Turnaround-Projekt mit einer Reihe von Einzelinitiativen, die den Klienten wieder in „schwarze Zahlen“ lenkte. Zu meinen späteren Projekt-Highlights gehörte eine Benchmarking-Analyse der Fertigung von Zugantrieben, bei der eine Reihe von Produktionsstandorten zu untersuchen war. Für jeden Standort konnten wir dabei die jeweils kostengünstigsten Fertigungskonditionen aufzeigen. Inzwischen habe ich mich inhaltlich auf eines unserer funktionalen Teams spezialisiert: Anfang 2003 wechselte ich intern zur „Operations Group“. In meinem aktuellen Projekt arbeite ich in der Automobilzuliefererindustrie, im ‚Herz’ des Ingenieurwesens: der Produktentwicklung. Wer nach seinem Hochschulstudium als Berater einsteigt, darf den Sprung ins kalte Wasser nicht scheuen. Ich empfand es als überaus spannend, gleich am ersten Tag als vollwertiges Teammitglied aufgenommen zu werden und eigene Module zu verantworten. Natürlich bekommt man vom Team und vom Projektleiter regelmäßig Feedback. Auch ein Junior Mentor hilft weiter, wenn es darum geht, kleinere Probleme des Tagesgeschäfts zu lösen. Zusätzlich steht jedem Mitarbeiter ein Senior Mentor zur Seite, mit dem man über die langfristige Karriereentwicklung sprechen kann. Der Career Development Manager sorgt letztlich dafür, dass die Berater auf passenden Projekten eingesetzt werden, um so Erfahrungen in unterschiedlichen Branchen und Teams zu sammeln und ihre Karriere optimal fortsetzen zu können. Sicherlich ist mein Beraterwerdegang keinesfalls selbstverständlich – auch wenn immerhin gut 25 Prozent der Mitarbeiter bei Booz Allen Hamilton über einen ingenieurswissenschaftlichen Studienabschluss verfügen. Aus Erfahrung weiß ich allerdings: Gerade Ingenieuren fällt es oft schwer, technisches Verständnis und Detailbezogenheit als Vorteil für den Einstieg in fremde Branchen zu sehen. Dabei können gerade sie die Fähigkeit nutzen, neben Kosten- und Management-Zusammenhängen vor allem auch den technischen Hintergrund zu verstehen. Ein Spagat, der flexibles Denken schult und (Beratungs-)Türen öffnet. Bereits bei meinen ersten Kontakten zu Booz Allen Hamilton im Rahmen des Workshops und der anschließenden Einstellungsgespräche beeindruckten mich die interessanten Mitarbeiter. Ein Eindruck, der sich seit meinem Start nur bestätigte: Die ‚Trefferquote’, mit Kollegen konstruktiv zusammenzuarbeiten und sich auch abends noch auf ein Bier in der fremden Stadt zu-
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sammenzusetzen, ist nach meinem Empfinden bei Booz Allen ungewöhnlich hoch. Insgesamt habe ich mich seit meinem Einstieg im Frühjahr 2001 kontinuierlich weiterentwickelt und dabei fachlich wie menschlich unglaublich viel dazu gelernt. Ruhepausen oder Langeweile gibt es in meinem Berufsalltag selten: Neuen, faszinierenden Themen und Herausforderungen stelle ich mich schließlich gerne. Über Booz Allen Hamilton: Als Pionier auf dem Gebiet der strategischen Unternehmensberatung entwickelte sich Booz Allen Hamilton, gegründet 1914 in Chicago, im Verlauf der Jahrzehnte zu einem global tätigen Unternehmen, das heute mit über 16.000 Mitarbeitern in sechs Kontinenten tätig ist, darunter mit sechs Niederlassungen in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Die Arbeit der Consultants unterliegt strengster Vertraulichkeit und hat nicht selten direkten Einfluss auf das Wirtschaftsgeschehen: Booz Allen Hamilton berät weltweit führende Industrieunternehmen, staatliche Institutionen und Regierungen in den Bereichen Strategie, Turnaround, Restrukturierung, Organisation, Operations, Systems und Technologie. Auf sechs Kontinenten arbeiten Mitarbeiter in Projektteams zusammen und erzielten im Geschäftsjahr 2002/2003 einen Umsatz von rund 2,2 Milliarden USDollar. Zentrales Ziel: die gezielte und nachhaltige Steigerung der Kernfähigkeiten der Klienten und ihrer Wettbewerbsfähigkeit. Zu diesem Zweck lösen Berater in enger Zusammenarbeit mit ihren Kunden strategische und operative unternehmerische Aufgaben – um messbare Ergebnisse zu erzielen, die langfristig Bestand haben. Die umfassende Erfahrung der Mitarbeiter ist dafür unerlässlich. „CEO-Berater“ sind exzellente Strategen, die global denken und handeln, aber auch pragmatisch Lösungen umsetzen. Berufseinstieg und Karriere: Junge Hochschulabsolventen nehmen bei Booz Allen Hamilton am „Consultant Programm“ teil. Neben intensivem „Training-on-the-job” wird dieses Programm durch ausgewählte Seminare zu betriebswirtschaftlichen und methodischen Themen ergänzt. Nach etwa zwei Jahren besteht die Möglichkeit zur Teilnahme an einem MBA-Programm oder zur befristeten Freistellung für eine Dissertation.
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Um den Entwicklungen am Markt immer einen Schritt voraus zu sein, ist eine kontinuierliche Weiterbildung der Berater die Grundlage der erfolgreichen Beratertätigkeit. Weiterbildung und Karriereplanung haben daher einen besonders hohen Stellenwert. Außer einem intensiven EinsteigerTraining bietet Booz Allen Hamilton seinen Mitarbeitern eine Reihe von internen Weiterbildungsmaßnahmen. Basistrainings zu EDV- und Präsentationstechniken, aber auch fachspezifische Weiterbildung zu Themen wie Supply Chain Management oder Customer Relationship Management werden durch externe Trainer oder Kollegen durchgeführt und bieten neben der Weiterbildung eine gute Möglichkeit, Kollegen von anderen Standorten zu treffen und sich auszutauschen. Zusätzlich werden individuelle Trainings angeboten, die, abseits von Kunden und Projektarbeit, das Verhalten im Team und die eigene Persönlichkeitsentwicklung fördern. Neben dem Training erfolgt eine regelmäßige Leistungsbeurteilung der Mitarbeiter, die ebenfalls zu einer optimalen Karriereentwicklung beiträgt. Durch Leistungsbeurteilungen werden Entwicklungsdefizite angesprochen und entsprechende Entwicklungsmöglichkeiten aufgezeigt. Die Projekteinsätze in verschiedenen Branchen – auch auf internationaler Ebene – garantieren ein breit gefächertes Erfahrungsspektrum. Im Laufe der Karriere erfolgt die inhaltliche Spezialisierung in einem funktionalen oder branchenorientierten Bereich. Der Karrierepfad ist dabei klar definiert: Der Einstieg erfolgt als Senior Consultant (Hochschulabsolvent) oder als Associate (PhD/Dr. oder MBA). Über den Associate und Senior Associate gelangt man anschließend auf Geschäftsleitungsebene zum Principal und letztlich zum Partner der Firma. Die ersten drei Karrierestufen vom Senior Consultant zum Senior Associate sind jeweils auf zwei bis drei Jahre angelegt, die des Principal auf etwa drei bis vier Jahre. Generell gilt: Jeder wird so schnell befördert, wie er sich entwickelt. In den ersten Jahren ist die Arbeit inhaltlich breit angelegt, spätestens als Senior Associate erfolgt eine Spezialisierung in einem der branchenorientierten oder funktionalen Teams. Für den Principal und Partner weitet sich schließlich wieder das Aufgabenspektrum. Wesentliche Einstellungskriterien sind ein exzellenter Hochschulabschluss, sehr gute analytische Fähigkeiten, Auslands- und Praxiserfahrung (Lehre, Praktika), Kreativität sowie sehr gute Englischkenntnisse. Motivation, Teamspirit, soziale Kompetenz, Kommunikationsstärke, Humor und Gelassenheit
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sind weitere entscheidende Merkmale eines erfolgreichen Unternehmensberaters bei Booz Allen Hamilton. Bewerbungsverfahren: Hochschulabsolventen, die sich erfolgreich als Nachwuchsberater bei uns bewerben, laden wir zu einem Recruitingtag in eines unserer deutschsprachigen Büros ein. Dieser Tag beginnt mit einer Unternehmenspräsentation, auf die maximal fünf einstündige Gespräche mit erfahrenen Beratern bzw. Projektleitern folgen. Während der Interviews sind Fallstudien im Dialog mit dem Interviewer zu lösen. Ein Gespräch erfolgt in englischer Sprache. Praktikanten durchlaufen drei Interviews.
Kontakt: Miriam Kraneis, Recruiting Manager
Tel.: 0211-38 90 197
Email: [email protected]
Fax: 0211-38 90 248
Judith Mauel, 28, arbeitet seit Frühjahr 2001 als Senior Consultant bei Booz Allen Hamilton. Ihr erstes Beratungsprojekt als studierte „Diplom-Ingenieurin Abfallentsorgung“ verschlug sie in ein völlig fremdes Thema: Procurement in einem Mobilfunkunternehmen. Ein Team aus erfahrenen Kollegen erleichterte ihr den Einstieg in die neue Materie. „Das notwendige ‚Rüstzeug’ in konzeptionellem und analytischem Denken brachte ich als Ingenieurin mit“, so Judith Mauel. „Ein starkes eigenes Interesse und Begeisterung für neue Themen sind ebenfalls wichtige Grundvoraussetzung für die erforderlichen steilen Lernkurven.“ Ihr Herzblut für die Ingenieurwissenschaft kommt nicht zu kurz. „Nach einer Einstiegsphase, in der ich in verschiedenen Bereichen gearbeitet habe, ordnete ich mich der ‚Operations Group’ mit Schwerpunkt in der produzierenden Industrie zu – der Ingenieur in mir lässt sich eben nicht verleugnen.“
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Perspektiven in einer auf Konsumgüter und Handel spezialisierten Managementberatung von Kristofer Jürgensen – Kurt Salmon Associates GmbH, Düsseldorf Konsumgüterhersteller stehen vor den schwierigsten Jahren seit langem. Der Einzelhandel hat mit niedrigen Margen zu kämpfen, Konsumenten sind preissensibler und Marken gegenüber immer weniger loyal geworden. Dennoch bieten sich den Markenartiklern Chancen, die Situation zu ihrem Vorteil zu nutzen. Kristofer Jürgensen ist 28 Jahre jung und seit 2001 Berater bei Kurt Salmon Associates, der Strategie- und Managementberatung für Konsumgüterindustrie und Handel. Ein Fertiggericht im Laden zu kaufen, ist eigentlich ziemlich einfach. Nur was muss alles gewährleistet sein, damit man dieses Produkt kaufen kann? Und warum genau dieses Produkt und nicht ein anderes? Marketing für Konsumgüter hat mich während des BWL-Studiums am meisten interessiert. Deswegen absolvierte ich meine Praktika auch bei großen Nahrungsmittelherstellern. So interessant die Arbeit in Industrieunternehmen auch war, ich wollte mehr Abwechslung, weniger Tagesgeschäft und mit mehr unterschiedlichen Menschen zu tun haben. Zwei Semester im Ausland überzeugten mich dann, dass ich bei einer internationalen Unternehmensberatung arbeiten möchte, die auf Konsumgüter und Handel spezialisiert ist. Insbesondere in den jetzigen Zeiten, wo vieles im Umbruch ist und Markenartikler große Herausforderungen zu bewältigen haben, sich aber auch neue Chancen bieten, ist dieser Markt unglaublich interessant.
Markenartikler und Einzelhandel im Umbruch Dem Einzelhandel in Deutschland geht es nicht gut. Die Konsumausgaben für FMCG (Fast Moving Consumer Goods) steigen, wenn überhaupt, unterproportional. Selbst eine Liberalisierung der Öffnungszeiten wird den Trend nicht aufhalten können, dass ein immer geringerer Teil des verfügbaren Einkommens der Konsumenten im klassischen Einzelhandel ausgegeben wird. Der wesentliche Grund liegt in der Veränderung der Konsumpräferenzen, weg von Nahrungsmittel und Bekleidung, hin zu „High Interest“Produkten wie Telekommunikation und Reisen. Dennoch, und das erscheint paradox, werden immer mehr Geschäfte eröffnet. Während der Ein-
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zelhandelsumsatz zwischen 1993 und 2000 um 1,6 % gestiegen ist, ist die Verkaufsfläche um 17,1 % gewachsen. Dieses ungebremste Flächenwachstum der letzten Jahre führte zu einem harten Wettbewerb der Einzelhändler, kleinen wie großen. Im internationalen Vergleich ist Deutschland Spitze, was Verkaufsfläche pro Einwohner angeht. Da liegt es nahe, dass organisches Wachstum für große Handelsunternehmen nur noch eingeschränkt möglich ist. Akquisitionen in Deutschland und der Blick über die Grenzen hinweg waren die Folge. Die Konsolidierung setzt sich auch global weiter fort, denn bei gesättigten Heimatmärkten können die großen Händler, unter ihnen die Düsseldorfer Metro, Carrefour aus Frankreich, Ahold aus den Niederlanden und weltweit allen voran Wal-Mart, nur international wachsen. Aggressive Akquisitionen in Europa, aber vor allem in den Wachstumsregionen in Südamerika und Fernost wurden getätigt. Selbst der Eintritt in so schwierige Märkte wie Japan und China gelang den Branchengrößen. Sobald die Länder mit großflächigen Geschäften, so genannten Hypermarkets, gesättigt waren, wurden kleinere Supermärkte eröffnet. Doch das Flächenwachstum ist nicht unendlich. Auch wenn insbesondere die Marktführer weiter wachsen wollen und müssen, folgt derzeit eine Abkühlung der akquisitionsgetriebenen Expansion. In vielen Ländern liegt nun der Fokus auf Steigerung der Profitabilität der akquirierten und neu eröffneten Märkte.
Category Migration als Basis neuer Sortimentsstrukturen Internationale Expansion ist zwar ein bedeutendes Thema bei großen Einzelhändlern, doch gerade in den angesprochenen gesättigten Märkten müssen alle Hebel genutzt werden, um dort den Umsatz zu steigern. Ein wichtiger Aspekt ist dabei die Zusammensetzung des Sortiments. Vor einigen Jahren verkauften Bekleidungshändler Bekleidung und Lebensmittelhändler Lebensmittel. Doch wenn sich Kundenfrequenz und Profitabilität kaum noch steigern lassen, ist ein möglicher Ausweg, das Sortiment umzustrukturieren, denn neue Produktgruppen im Angebot des Geschäfts locken mehr Kunden an. Zwei erfolgreiche Beispiele in Deutschland sind Aldi und Tchibo. Aldi bietet neben Lebensmitteln immer mehr Waren an, die nicht zum eigentlichen Kernsortiment gehören, Tchibo ist nicht mehr nur Kaffeeanbieter, sondern bietet fast alle Produktgruppen an. Vor einigen Jahren hat der erste bei Aldi angebotene Computer für Furore gesorgt. Heute ist das NonFood-Sortiment wie Consumer Electronics und Bekleidung kaum aus den Discountern und Supermärkten wegzudenken. Vier der zehn größten Bekleidungseinzelhändler in Deutschland sind eigentlich klassische Lebens-
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mittelhändler. Insbesondere die von Aldi und auch von Tchibo entwickelten Konzepte, mit Aktionsprodukten außerhalb des Kernsortiments neue Kunden anzusprechen, haben viele Nachahmer gefunden und die Branche regelrecht aufgemischt. Die Dimension dieser Entwicklung wird dadurch deutlich, dass Tchibo den Non-Food-Bereich nicht nur zu seinem zweiten Standbein ausbauen konnte, sondern dieser Bereich mittlerweile der bedeutendere ist. Im Schnitt haben Non-Food-Artikel eine größere Marge als Nahrungsmittel. Die Folge ist offensichtlich, denn Händler legen ihren Fokus auf lukrative Produkte, um nicht nur Umsatz zu generieren, sondern unterm Strich auch Geld zu verdienen: Es ist davon auszugehen, dass von Lebensmittelhändlern auch in Zukunft Non-Food stark beworben wird. Category Migration, also die Erweiterung des Kernsortiments um zusätzliche Warengruppen, hatte somit zwei positive Effekte zum Ziel: die Erhöhung der Kundenfrequenz und die Steigerung der Profitabilität.
Discounter weiter auf dem Vormarsch Ein weiterer Trend ist die konstante Zunahme von Handelsmarken und Discountern. Vor allem in Deutschland ist die Handelslandschaft von starken Discountern wie Aldi, Lidl und Plus geprägt, die seit Jahren sowohl beim Flächenwachstum als auch beim flächenbereinigten Umsatzwachstum über den klassischen Super- und Verbrauchermärkten liegen. Weltweit ist Deutschland mit einem geschätzten Marktanteil der Discounter von 36 % in 2003 Spitzenreiter. Der traditionelle Lebensmitteleinzelhandel muss dagegen steuern, um zu überleben. Ein Weg, den die großen Händler eingeschlagen haben, ist die Stärkung der Handelsmarken, denn Untersuchungen der letzten Jahre haben ergeben, dass die Preissensibilität des Konsumenten zunimmt und die Markenloyalität abnimmt. Handelsmarken, so genannte Private Labels, tragen dieser Entwicklung Rechnung und verbessern die Wettbewerbsposition, insbesondere der großen Verbrauchermärkte und SBWarenhäuser, gegenüber den Discountern. Hinzu kommt, dass die Margen für den Händler bei Handelsmarken generell größer sind als bei Markenprodukten. Die Folgen für klassische Markenartikler liegen auf der Hand: Sie stellen mittlerweile Produkte her, die Händler nur widerwillig in ihr Sortiment aufnehmen. Zwar werden sie häufig als Frequenzbringer in wöchentlichen Angebotsprospekten genutzt, aber der Händler verdient unterm Strich we-
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nig daran. Da liegt es nahe, nach neuen Wegen zu suchen: Wie kann sich ein Markenartikler von seiner Konkurrenz und von Handelsmarken-Herstellern differenzieren? Nur über den Preis kann es nicht gehen, denn das würde die Gewinnspannen in Gefahr bringen und Markenimage sowie Referenzpreis gefährden. Daher muss ein Umdenken im deutschen Lebensmitteleinzelhandel stattfinden: Nicht ein ständiges Gegeneinander führt zum Ziel, sondern beide Parteien, Hersteller wie Händler, müssen einsehen, dass sie einander brauchen, auch wenn weiterhin sehr unterschiedliche Kulturen aufeinander treffen.
Markenartikler müssen auf die Trends reagieren Neue Wege der Zusammenarbeit haben sich vor diesem Hintergrund in den letzten Jahren entwickelt. Der wohl bekannteste Trend ist das Category Management. Im Rahmen des ECR (Efficient Consumer Response) haben sich Verfahren herausgebildet, die eine Optimierung von Sortiment des Händlers, Promotions, Platzierung der Artikel im Regal und Neuprodukteinführung zum Ziel haben. Hersteller und Händler arbeiten dabei zusammen, ein Datenaustausch ist unerlässlich. Was vor Jahren noch undenkbar erschien, nämlich die Herausgabe von Scannerdaten durch den Handel, ist heute fester Bestandteil jedes erfolgreichen Category Management-Projektes. Durch elektronischen Datenaustausch (EDI) lassen sich zusätzlich die Prozesskosten beider Seiten reduzieren, Voraussetzung ist aber auch hierbei eine Vertrauensbasis. Auch CPFR (Collaborative Planning, Forecasting and Replenishment), das in die gleiche Richtung geht, ist zurzeit ein stark diskutiertes Thema. Die gemeinsame Planung und Prognose von Abverkäufen und der automatisierte Nachschub von Waren in die Geschäfte des Handels bieten die Chance, die Warenverfügbarkeit im Geschäft zu erhöhen, während gleichzeitig die Bestände und damit Lagerhaltungskosten sowie Kapitalbindung reduziert werden.
Spezifische Service Solutions einer Strategieund Managementberatung Beide Parteien, Einzelhändler sowie Hersteller, befinden sich in einem schwierigen Umfeld. Ein nahe liegender Ausweg für Händler und Markenartikler ist sicherlich, ihre Strategie an der eines erfolgreichen Konkurrenten auszurichten. Doch dabei wird die Binsenweisheit ignoriert, dass die Strategie die Ausführung bestimmt, und nicht umgekehrt. Zur Identifizierung
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neuer, erfolgreicher Strategien sind sowohl Analyse als auch Phantasie nötig. Dies ist sicherlich mühsamer als die Kopie erfolgreicher Konzepte, aber auf Dauer erfolgreicher. Kurt Salmon Associates (KSA) unterstützt Unternehmen bei der systematischen Entwicklung erfolgreicher Strategien und deren Umsetzung, denn die Definition der Positionierung bestimmt zwar die Nachfrage der Konsumenten, der klare Fokus in der Umsetzung der Strategie ist aber entscheidend für die Rendite. KSA ist als die spezialisierte Unternehmensberatung für Konsumgüterhersteller und Handel der Ansprechpartner beider Seiten. Das Angebot umfasst die Optimierung der gesamten Wertschöpfungskette, von Neuproduktentwicklung über Beschaffung, Supply Chain Management, Logistik, ITSysteme bis zu Strategie und Marketing. Gerade bei Strategie-Projekten liegt der Fokus eindeutig auf dem Konsumenten, denn der ist es letztlich, der den Lebenszyklus von Produkten und Einzelhandelsformaten bestimmt. Auch bei der Durchführung gemeinsamer Projekte unterstützt KSA Hersteller und Handel, beispielsweise im Category Management oder bei der Einführung von CPFR. Insbesondere diese neuen Ansätze zur Ertragsverbesserung und Umsatzsteigerung stoßen in der derzeitigen problematischen Lage auf mehr Interesse denn je. Die Branchenspezialisierung von KSA hilft den Kunden dabei, erste Projekte mit Partnern zu initiieren. Für Einzelhändler umfasst das Angebot unter anderem die Entwicklung von Flächen- und Sortimentskonzepten, Expansionsstrategien, Kostenreduktion in der gesamten Supply Chain sowie Optimierung des Einkaufs (Sourcing). Auf der anderen Seite unterstützt Kurt Salmon Associates Markenartikler beispielsweise dabei, Kunde und Konsument zu verstehen, Wachstumsstrategien zu entwickeln, das Geschäftsfelder- und Marken-Portfolio zu optimieren oder die Wertschöpfungskette effizienter zu gestalten.
Ein typisches Beratungsprojekt bei KSA Typische Beratungsprojekte gibt es eigentlich kaum, denn jedes Projekt ist anders: andere Kunden, anderes Projektteam, unterschiedliche Aufgabenstellungen. Ein für mich sehr interessantes Projekt war die Einführung einer Best Practice-Vertriebsorganisation für einen weltweit tätigen Nahrungsmittelhersteller. Der Fokus des dreimonatigen Projektes lag auf dem Design einer neuen Trade Marketing-Abteilung, der Neugestaltung des Konditionensystems und der Einführung von Category Management (CM). Natürlich lässt sich gerade CM nicht von heute auf morgen einführen; unsere Aufgabe
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war es, dem Markenartikler das nötige Wissen zu vermitteln, die organisatorischen Voraussetzungen zu schaffen und erste Projekte mit interessierten Händlern zu initiieren. Gerade die Interviews mit den großen Handelsketten und CM-Experten von führenden FMCG-Herstellern waren für mich herausfordernd und spannend zugleich. Danach freut man sich natürlich besonders, wenn durch einen Kontakt, den man dem Kunden vermittelt hat, das erste CM-Projekt gemeinsam in die Praxis umgesetzt wird. Unser Projekt hat das Ziel erreicht, mit dem Kunden eine neue Strategie zu formulieren, um sich im schwierigen Marktumfeld von den Wettbewerbern abzugrenzen und Wachstumsziele zu erreichen. Die Verantwortung, die bei KSA auch jungen Beratern früh übertragen wird, sei es bei eigenen Teilprojekten oder in der Präsentation, hat mich entscheidend weitergebracht. Auch wenn man bei der ersten Präsentation vor dem Vorstand nervös ist, so gewinnt man schnell eine gewisse Erfahrung. Insgesamt habe ich in jedem Projekt viele Dinge gelernt. Fachlich beispielsweise, spezielle Methoden anzuwenden und Wissen über die unterschiedlichen Marktsegmente. Persönlich sicher, die so genannten „Hidden Agendas“ der Kunden zu verstehen, also was hinter der Fassade steckt, was der Grund für eventuellen Widerstand gegen Veränderungen ist. Sozialkompetenz ist sehr wichtig für Berater. Man muss schnell lernen, sich auf verschiedene Kunden und auch Kollegen einzustellen und produktiv mit ihnen zusammenzuarbeiten.
Entwicklung und Perspektiven eines KSA-Beraters Bei Kurt Salmon Associates haben junge wie erfahrene Berater große Karrieremöglichkeiten. Durch eine Politik der langen Zusammenarbeit werden nur Bewerber eingestellt, bei denen das Potenzial gesehen wird, auch Partner zu werden. Die Hierarchie ist mit drei Stufen dabei vergleichsweise flach, denn nach dem Einstieg als Consultant kann man nach drei bis vier Jahren bei entsprechender Leistung und persönlicher Entwicklung zum Manager, also Projektleiter, aufsteigen. Nach weiteren drei bis fünf Jahren besteht die Möglichkeit, für einen Geschäftsbereich verantwortlicher Partner zu werden. Gerade die Perspektive, Fähigkeiten schnell zu entwickeln und früh Verantwortung und Führungsaufgaben übernehmen zu können, war für mich wichtig. Schon im dritten Projekt war ich verantwortlich für Projektteile, bei einem anderen hatte ich die Chance, zeitweise Ansprechpartner für den Kunden vor Ort zu sein. Die persönliche Entwicklung ist für mich vielleicht sogar noch bedeutender als die fachliche. Auch wenn der
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Job anstrengend ist, in den ersten Jahren innerhalb einer Beratung ist die Lernkurve enorm.
Einstiegsmöglichkeiten für Absolventen und Quereinsteiger Mit weltweit über 800 Beratern, davon etwa 150 in Europa, entwickelt Kurt Salmon Associates neue Beratungsansätze. Düsseldorf, London und Paris sind nur drei von weltweit 25 Büros. In Europa wird ein „European Staffing“ praktiziert, d.h. dass bei der Zusammenstellung eines Projektteams die Ressourcen aller Länder genutzt werden. Somit arbeitet man meist in internationalen Projektteams zusammen und häufig im europäischen Ausland. Jedes Jahr werden etwa 30 Berater europaweit eingestellt, hauptsächlich aus Deutschland, Großbritannien und Frankreich. Sehr gutes Englisch und eine weitere Fremdsprache, idealerweise Französisch, sind damit obligatorisch. Zusätzlich sollten neue Berater ein hohes Engagement zeigen, sei es durch außeruniversitäre Aktivitäten, internationale Praktika oder Auslandsstudium. Vorteile gegenüber anderen Bewerbern hat man zudem, wenn man erste Erfahrungen aus Handel, Konsumgüterindustrie oder der Unternehmensberatung vorweisen kann. Ich jedenfalls habe den Einstieg noch keine Sekunde bereut. Und wenn ich jetzt Nahrungsmittel im Supermarkt einkaufe, sehe ich die Produkte von einem anderen Standpunkt aus.
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Berufseinstieg bei einem mittelständischen Branchenspezialisten Strategieberatung in der Agrar- und Ernährungswirtschaft von Dr. Otto A. Strecker, AFC Consultants International GmbH, Bonn Die „AFC Consultants International“ ist ein mittelgroßer Branchenspezialist und berät Unternehmen, Verbände und Behörden aus der Agrar- und Ernährungswirtschaft überwiegend in den Bereichen Marketing, Organisation, Finanzierung und Strategie. Von 35 Mitarbeitern sind derzeit rund fünfzehn Experten als Unternehmens- oder Managementberater im engeren Sinne tätig. Der Rest arbeitet als Projektmanager in der technischen Zusammenarbeit für Organisationen wie die Weltbank oder die GTZ, einige Mitarbeiter sind im Bereiche Messe-Services beheimatet und einige sind für die Aufrechterhaltung des Bürobetriebs verantwortlich. Im Bereich der Unternehmensberatung wollen wir jährlich um zwei Kollegen wachsen und da wir gelegentlich leider auch Kollegen verlieren, suchen wir etwa drei mehr oder weniger erfahrene Berufs- oder Quereinsteiger pro Jahr. Die Attraktivität großer Unternehmensberatungen ist für Hochschulabsolventen nach wie vor ungebrochen – zumindest soweit es Strategie- und Organisationsberatungen betrifft. Die Krise des neuen Marktes hat sichtbare Bremsspuren in der Entwicklung IT-orientierter Unternehmensberatungen hinterlassen. Als Branchenspezialist entwickeln wir uns recht unauffällig aber stetig in unserer Nische. Praktika zum Kennen lernen Bewerber, die auf die AFC zugehen, haben bereits vor der Bewerbung einen Bezug zu der Branche, denn als mittelständischen Beratungsspezialisten findet man die AFC nicht auf großen Absolventenmessen und nur selten im Stellenteil der großen Tageszeitungen. Bewerber haben AFC-Berater im Rahmen von Vorlesungen an Universitäten und Fachhochschulen erlebt oder sie erfahren von AFC-Projekten und -Studien aus der Fachpresse. Gerade im Rahmen der Hochschulkontakte gibt es viele Möglichkeiten, sich gegenseitig zum Beispiel über Praktika kennen zu lernen.
174 BERUFSEINSTIEG BEI EINEM MITTELSTÄNDISCHEN BRANCHENSPEZIALISTEN Für einen Berufseinsteiger ist es meist schon schwierig, überhaupt festzustellen, womit ein Beratungsunternehmen sich tatsächlich beschäftigt. Große und mittelgroße Beratungsgesellschaften haben Hochglanzprospekte und Internet-Auftritte, in denen sämtliche nur erdenklichen Kompetenzen für das Unternehmen beansprucht werden. Doch auf welcher Art von Projekten wird der Berufseinstieg tatsächlich vollzogen? Was sind tatsächlich typische Projekte eines Unternehmens jenseits der Selbstdarstellungsbroschüren? Was wird von einem Einsteiger verlangt und auf welche Hilfe kann der Newcomer zählen? Von Saatgut bis Fast Food Schon in den Bewerbungsgesprächen wird den Kandidaten auch bei der AFC einiges an Phantasie über ihren zukünftigen Arbeitsalltag abverlangt, denn das typische Projekt gibt es nicht, weder vom Inhalt noch von Struktur oder Größe her. Immerhin ist die Branchenausrichtung klar, wobei die Bandbreite von Saatgut bis Fast-Food reicht. Vor dem Start im Unternehmen wird festgelegt wer Tutor des neuen Mitarbeiters wird. Zurzeit ist es noch so geregelt, dass der Tutor die Einarbeitung unterstützend begleitet. Dabei ist der Tutor dann einer der drei Geschäftsführer, der voraussichtlich am intensivsten mit dem neuen Kollegen zusammenarbeiten wird. Sobald wir noch etwas größer geworden sind, werden wir dieses System aber umstellen und statt Tutoren dann Mentoren einsetzen. Der Mentor wird eben nicht mehr der unmittelbare Vorgesetzte sein, sondern ein anderer Kollege mit höherer Seniorität, der über längere Zeit eine Art Anwalt des neuen Mitarbeiters im Unternehmen wird, ein Freund, der aufgrund seines Gewichts im Unternehmen die Interessen des neuen Mitarbeiters wahrnehmen kann. Anlässe könnten zum Beispiel anstehende Beförderungen, empfundene Benachteiligungen oder Konflikte im Unternehmen sein. Bisher gab es aufgrund unserer Größe noch keinen Bedarf für ein solches Modell, aber wir wollen unser Wachstum mit entsprechenden Instrumenten auch nach innen hin absichern. Einarbeitung mit Plan Dann erwartet den neuen Mitarbeiter am ersten Tag ein Einarbeitungsplan. Darin ist für die ersten Wochen geregelt, wer ihm vor allem die zahlreichen technischen Details des Unternehmens nahe bringt. Dazu gehören Fragen nach der Reisekostenabrechnung ebenso wie die Frage, wo und wie man
BERUFSEINSTIEG BEI EINEM MITTELSTÄNDISCHEN BRANCHENSPEZIALISTEN 175 Referenzprojekte im Intranet findet, Checklisten für die Bearbeitung von Projekten, unser Qualitätsmanagementsystem etc. Dann geht es auf das erste Projekt. Das sollte so schnell wie irgend möglich passieren. Anders als bei den Branchenriesen sind unsere Projektgrößen oft klein. Viele Projekte werden nur von ein oder zwei Personen bearbeitet. Das heißt, die Einarbeitung kann nicht auf Kosten der Kunden geschehen, wie dies bei Teamgrößen von vier und mehr Beratern möglich ist. Wenn es nicht anders geht, arbeitet der Neue also auf unsere Kosten an Projekten mit, bis er so weit eingearbeitet ist, dass es vertretbar ist, ihn auch beim Kunden abzurechnen. Die kleinen Projektgrößen haben Vor- und Nachteile. Zu den Nachteilen gehört, dass man sich schlechter im Team über das weitere Vorgehen austauschen kann. Aus diesem Grund muss man sich beim Kunden seiner Sache recht sicher sein, denn es gibt eben oft kein Team, das den Berater in dieser Situation auffängt. Deshalb erfolgen die Einsätze aber gerade in der Anfangsphase immer an der Seite eines anderen erfahrenen Beraters. Zu den Vorteilen der kleinen Projekte gehört, dass man sich nicht über Monate oder schlimmstenfalls Jahre mit einem Kunden und einer Fragestellung befasst. Stattdessen bearbeiten unsere Berater im Durchschnitt drei bis vier kleinere Projekt parallel. Wir arbeiten manchmal auch beim Kunden vor Ort. Die Regel ist es aber nicht, was auch eine Begleiterscheinung kleinerer Projekte ist. Denn dies würde eine entsprechende Anzahl abrechenbarer Beratertage erfordern. Meistens sammeln wir Informationen vor Ort, ziehen uns damit zurück, verdichten die Informationen und kommen dann sporadisch mit dem Kunden z.B. in Form von Workshops wieder zusammen. Dieses Verfahren setzt sich dann bis zur Abschlusspräsentation fort. Die sporadische Zusammenarbeit erleichtert auch die Umsetzungsbegleitung. Die geringeren Kosten dieses Verfahrens, erlauben es eher, dass ein Kunde tatsächlich die Umsetzungsbegleitung eines von uns vorgelegten Konzeptes beauftragt. Wäre dies mit der dauerhaften Präsenz mehrerer Berater verbunden, könnte eine Vielzahl von Kunden eine Umsetzungsbegleitung nicht finanzieren. Multitasking: Projektbündel in Bearbeitung Das erste Projekt ist nicht ein einziges Projekt, sondern sofort ein Projektbündel, das in der Regel Projekte unterschiedlicher Reife beinhaltet. Der zuletzt vor drei Wochen bei uns eingestiegene Kollege arbeitet heute paral-
176 BERUFSEINSTIEG BEI EINEM MITTELSTÄNDISCHEN BRANCHENSPEZIALISTEN lel an einem Organisationskonzept für ein großes Obst- und Gemüsevermarktungsunternehmen, an einer Marktstudie im Großverbraucherbereich, an einem Strategieprojekt für einen Konservenhersteller und an einem Angebot zur Evaluierung staatlicher Maßnahmen im Bereich des Gemeinschaftsmarketing. Gleichzeitig schreibt er an einem Beitrag für ein Buch, das wir in den nächsten Monaten veröffentlichen wollen. Hätte er uns aber vor sechs Wochen nach seinen voraussichtlichen Tätigkeiten gefragt, hätten wir nur das erste Thema benennen können, so kurzfristig ergeben sich viele Aufträge. Das Staffing der Berater, also die Einsatzplanung, ist einfach. Montags in der wöchentlichen Besprechung werden alle laufenden Projekte und auch die Projektansätze durchgesprochen. Dabei erfolgt dann auch die stets einvernehmliche Zuteilung von Ressourcen auf die Projekte anhand der persönlichen Stärken und der zeitlichen Verfügbarkeit. Diese Besprechungen sind ein wichtiges Forum für den Austausch über Projekte und über die Lage des eigenen Unternehmens. Auftragslage, Umsätze und Deckungsbeiträge sind jederzeit für alle Kollegen vollständig transparent. Außer den individuellen Gehältern werden keinerlei Daten unter Verschluss gehalten. Das parallele Bearbeiten der Projekte macht die Einsatzplanung der Berater für das Unternehmen einfach. Die reduzierte Vor-Ort-Zeit erhöht zugleich die Lebensqualität der AFC-Berater, die eben nicht von Montags bis Donnerstags beim Kunden arbeiten, sondern meist im Büro, unterbrochen von einigen Terminen beim Kunden. Im Ergebnis arbeiten unsere Berater zwar viel aber eben nicht so lange, als wenn sie täglich von neun bis neun Uhr im Projektbüro beim Kunden tätig wären. Dies ermöglicht sozial stabile Beziehungen im Privaten. Wir glauben, dass nur Berater, die selber in sozial intakten Beziehungen leben, nachhaltig sozial kompetent agieren können. Soziale Kompetenz braucht ein Leben neben der Arbeit Die Kontakte unter den Beratern sind im Büro vergleichsweise eng. Zum einen teilen sich neue Kollegen für längere Zeit ein Büro mit anderen Kollegen. Dies erleichtert das Hineinfinden in die neue Rolle enorm. Zudem ist das Unternehmen mit 35 Mitarbeitern (zuzüglich Auslandsmitarbeiter) so familiär, dass niemand sozial auf der Strecke bleiben kann. Nach sechs Wochen ist es dann Zeit, ein erstes Resümee zu ziehen. Dabei werden im Gespräch zwischen Tutor und neuem Mitarbeiter die gegenseitigen Erwartungen abgeglichen und Ziele für das erste Jahr oder den Rest
BERUFSEINSTIEG BEI EINEM MITTELSTÄNDISCHEN BRANCHENSPEZIALISTEN 177 des Jahres definiert. Außerdem wird über den voraussichtlichen Schulungsbedarf gesprochen. Unsere Größe macht es uns schwer, unseren Mitarbeitern ein Standardprogramm einheitlicher interner Seminare bereitzustellen. Daher machen wir aus der Not eine Tugend und geben uns umso mehr Mühe, für jeden Mitarbeiter individuell Seminare externer Anbieter zu finden, die das jeweilige Potenzial bestmöglich fördern. Dies geschieht ebenfalls im Dialog zwischen neuem Mitarbeiter und Tutor. Und was sollte ein Berater mitbringen zu einem mittelständischen Beratungsanbieter wie der AFC? Natürlich erwarten wir eine gewisse Nähe zu der Branche in der wir arbeiten. Neben Agraringenieuren und Oecotrophologen wollen wir uns in Zukunft noch mehr um Generalisten aus den Wirtschaftswissenschaften bemühen. Ein Universitätsstudium ist Pflicht. Erfahrungen mit Fachhochschulabsolventen, die wir im Rahmen von Praktika beschäftigt hatten, waren eher entmutigend. Der konzeptionell analytische Anteil an unserer Arbeit ist hoch. Gerne unterstützen wir Kollegen, die eine begonnene Dissertation berufsbegleitend beenden wollen. Noch immer unterstreicht der Doktortitel die Beratungskompetenz, zumindest bei unseren Kunden. Umso mehr kommt es darauf an, dass Sie in der Lage sind, den Kunden und nicht sich selber in den Mittelpunkt des Projektes zu stellen. Ansonsten wünschen wir uns Mitarbeiter, die auch bei intensiver Arbeitsbelastung den Sinn für Humor und die Distanz zum eigenen Tun nicht verlieren. Denn unsere Arbeit halten wir für nützlich und wichtig, aber nicht für den Nabel der Welt. Der Autor war nach Assistententätigkeit und Promotion mehrere Jahre Berater bei einem führenden amerikanischen Strategieberatungsunternehmen. Anschließend arbeitete er als strategischer Leiter in einer Verlagsgruppe, mit der er unter anderem diverse Publikationen für Unternehmensberater entwickelte. Heute ist er Geschäftsführer der auf die Branchen Agrar und Ernährung spezialisierten AFC Consultants International GmbH, Bonn. www.consultants-bonn.de [email protected]
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Fallstricke für Neueinsteiger oder Umsteiger Wichtige Tipps für Existenzgründer „Ein Einsteiger-Kochbuch für exquisite Beratungsküche!“ von Dipl.-Kfm. Rupert Thörle WP/StB, Geschäftsführer der WPR Thörle + Partner Revisions-, Treuhand- und Beratungsgesellschaft mbH, Hamburg
Ausgangslage 1 Folgende Situation: Sie haben gerade Ihre beruflichen Weihen als Diplom-Kaufmann erhalten und beabsichtigen mit stolz – geschwellter Brust und voller Fachwissen, sich als „Allrounder“ selbständig zu machen – die entsprechend des Berufsbildes so genannte – klassische Form des Unternehmensberaters –. Sie wissen alles über Gesellschaftsrecht, Konzernrecht, Stiftungen, etc. und wollen Ihr angestautes Fachwissen den künftigen Mandanten zugute kommen lassen. Oder folgender Fall: Sie sind nun ca. 10 Jahre – auch in leitender Stellung – in einer größeren, auch international tätigen, Unternehmensberatungsgesellschaft und entwickeln sich zum – von Ihrer Gesellschaft ausgebildeten – Rennpferd auf Spezialgebieten. Dies erscheint Ihnen als todsichere Einbahnstraße, die Reisetätigkeit innerhalb Deutschlands und auch international nervt Sie und Sie wollen endlich eigenverantwortlich, schöpferisch eine Selbständigkeit aufbauen, die Ihnen wieder die Möglichkeit gibt, als „Allrounder“ – so wie Sie sich Ihr Berufsbild vorgestellt haben – tätig zu werden. Sie haben so viel theoretische und praktische Kenntnisse gesammelt, dass es Ihnen ein Leichtes scheint, mit dieser Grundlage in die Selbständigkeit hineinzugehen. Vorsicht! Sie sind mit dieser Einstellung auf dem besten Wege, diverse unternehmenspolitische Fehler zu machen, die Ihnen eine Menge Geld kosten
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Im folgenden Artikel wird auf einen männlichen Neueinsteiger abgestellt. Natürlich gilt das Gesagte auch analog für weibliche Neueinsteiger.
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können, ganz zu schweigen vom Abbau des Selbstwertgefühls bei finanziellen Verlusten. Sie haben gehört, dass das Berufsbild eines erfolgreichen Unternehmensberaters neben dem hohen gesellschaftlichen Ansehen auch noch in der Spitze der Pyramide der Bestverdiener liegt. Also, die besten Voraussetzungen, um die Mandanten zu beglücken und gleichzeitig noch reich zu werden. Sie wurden in der Vergangenheit fachlich hervorragend ausgebildet, sind auf jedwede Sonderheit gefasst bzw. wissen, wo bestimmte Sachverhalte im Gesetz und in den Kommentaren zu finden sind. Leider haben Sie bei dieser vorzüglichen Ausbildung hinsichtlich der praktischen Seite einer Selbständigkeit keinerlei Rüstzeug mitbekommen; und gehen Sie blauäugig in diese Situation hinein, so werden Sie sich im Nachhinein wundern, wo überall Fallstricke ausgelegt sind bzw. Gefahren lauern. Sie mögen zwar ein perfekter Fachmann sein, aber sind Sie auch ein guter Kaufmann in eigener Sache? Die im folgendem geschilderten Fallstricke, die für den Neueinsteiger in der Selbständigkeit ausgelegt sind, entstammen teilweise aus der praktischen Erfahrung des Verfassers, haben also nicht nur theoretischen Charakter („ bittere Wahrheit“).
1. Gefahr: Selbstüberschätzung und Betriebsblindheit Während Sie nach dem Studium als Berufseinsteigers vielleicht noch eine gewisse Zurückhaltung und Unsicherheit im praktischen Bereich verspürten, so neigen Sie sicherlich als erfahrener, in leitender Position tätiger Unternehmensberater einer international tätigen Unternehmensberatungsgesellschaft zur Selbstüberschätzung. Sie sind es gewohnt, mit Vorständen zu konferieren, bei Ihrem Erscheinen vor Ort wurden bisher die besten Hotels reserviert, schicke Sekretärinnen des Vorstandssekretariats haben Ihnen den Arbeitsplatz gezeigt und diesen mit allen Annehmlichkeiten ausgestattet, so dass Sie fachgerecht und wirkungsvoll arbeiten konnten. Ihnen wurden die Entscheidungsträger des Hauses vorgestellt und Sie wurden vielleicht abends in die besten Restaurants der Stadt ausgeführt. Nun haben Sie sich selbständig gemacht und meinen, alle Welt hat dies mitbekommen und die Mandanten rennen Ihnen die „Tür“ ein.
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Sie müssen auf einen tiefen Fall gefasst sein, denn nun müssen Sie zunächst „kleine Brötchen backen“. Sie werden keine komplizierten Konzernvorgänge mehr beurteilen müssen, werden nicht mehr zum Controlling ausländischer Tochtergesellschaften herangezogen, es geht nicht mehr um schwierige Problemstrukturen des Outsourcings und dazugehöriger Modellrechnungen, auch das Sammeln der Bonusmeilen im Flugverkehr dürfte ein Ende finden. Sie arbeiten nun nicht mehr im Fachkollegenteam zusammen, Ihnen stehen nicht mehr die Fachabteilungen des Hauses zur Seite wie Wirtschaftsprüfungs-, Steuerberatungs- oder Rechtsabteilung. Nun müssen Sie alles alleine entscheiden, angefangen von der Honorarvereinbarung, der Terminierung, der Durchführung des Auftrages vor Ort, dem Schreiben des Berichts bis hin zur Rechnungsstellung und Zahlungsüberwachung. Ihr Klientel wird sich nun vorwiegend aus dem Mittelstand zusammensetzen, nämlich Handwerksmeistern, freien Berufen, Speditionen etc. Als erstes sollten Sie sich nicht zu fein dazu sein, eine ausreichende Berufshaftpflicht-Versicherung abzuschließen, die in Ihrem Fall – nicht wie bei den Wirtschaftsprüfer/Steuerberatern und Rechtsanwälten – keine Pflichtversicherung darstellt, sondern auf freiwilliger Basis erfolgt. Geben Sie dabei nicht dem ersten Drängen eines Versicherungsmaklers nach, sondern holen Sie von verschiedenen Seiten mehrere Angebote ein. Es lohnt sich! Wegen der zunehmenden hohen Schadenslage der Vergangenheit sind diese Versicherungen erheblich teurer geworden und entsprechend sind auch die Prämienunterschiede. Beachte: Sollten Sie nicht die Qualifikation des Steuerberaters/ Wirtschaftsprüfers oder Rechtsanwalt bzw. den Rechtsbeistand haben, so sind Ihnen die Steuer- und Rechtsberatungen untersagt. Halten Sie sich – insbesondere bei Ihren Schriftsätzen – daran, denn schnell haben Sie ein Abmahnungsverfahren von den entsprechenden Berufskammern auf dem Tisch liegen. Die übrigen Einzelkämpfer um Sie herum achten genauestens darauf, dass Sie die Spielregeln einhalten. Erhalten Sie sich das auf Ihren beruflichen Erfahrungen beruhende „Störgefühl“ auch bei so genannten lapidaren gesellschaftsrechtlichen Vorgängen und Spontanauskünften (so genannte Schnellschüsse) und geben Sie dem Mandanten auf dessen mündliche Anfrage zunächst eine vorläufige, rich-
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tungweisende Auskunft, bevor Sie nach Aktenstudium oder eventueller Rückfrage bei Fachkollegen dann in zwei, drei Tagen zu der Problemfrage schriftlich Stellung nehmen.
2. Gefahr: „Ich kann alles alleine, ich brauche keinen Rat von Fachkollegen.“ Vor jeder Selbständigkeit sollte der Plan und die richtige individuelle Zielvorgabe stehen. Diese Vorphase vor Errichtung der Selbständigkeit sollte unbedingt noch im Rahmen des ungekündigten Arbeitsverhältnisses durchgeführt werden! Haben Sie bereits gekündigt, müssen Sie auf Gedeih und Verderb den Weg in die Selbständigkeit gehen oder sollte sich dieser Weg als nicht gangbar erweisen, mühsam eine neue Position in einem anderen Unternehmen aufbauen.
3. Existenzgründungsberatung Haben Sie schon einmal gesehen, dass sich ein Rechtsanwalt in eigener Sache selbst vertritt? Das wird bei Profis niemals vorkommen; man lässt sich immer durch einen Berufskollegen vertreten. Warum? Dieser Berufskollege hat den nötigen Abstand zum Fall und kann insofern konkreter und sachgerechter vortragen. So auch in Ihrem Fall als Existenzgründer: Entscheiden Sie sich unbedingt für eine Existenzgründungsberatung durch einen Fachkollegen Ihres Vertrauens. Diese Beratung wird obendrein vom Bund weitgehend gefördert, so dass Sie nur noch eine Spitze der Beratungsgebühr selbst zu tragen haben. Außerdem steht am Ende dieser Beratung die Möglichkeit des Erhalts eines kostengünstigen Existenzgründungsdarlehns, welches in Zins- und Tilgungsbedingungen genügend Freiraum für eine langsame und behutsame Existenzgründungsfinanzierung lässt. Holen Sie sich von den verschiedensten Seiten (Handelskammer, Verband Junger Unternehmer, Berufsverbände für Unternehmensberater etc.) die nötigen Tipps, Hinweise und Informationen, die Ihnen bei Ihrem Gang in die Selbständigkeit hilfreich sein können. Seien Sie sich nicht zu „ fein“ dazu!
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4. Der Unternehmensberater – ein Berufsbild ohne Qualifikationserfordernisse Der Beruf des Unternehmensberaters ist sehr schillernd, insbesondere bei kleinen Kanzleien, die nicht schon – wie die Großen der Branche – eine Marktstellung bzw. entsprechendes Renomeé besitzen. Auch jemand mit mittlerer Reife und einer Lehre als Kfz – Mechaniker kann sich zum Unternehmensberater umschulen lassen. Von den vielen „fragwürdigen“ Existenzen müssen Sie sich abgrenzen durch Solidität, die Angabe Ihrer Berufsausbildung und Berufserfahrung – gut geeignet für einen aussagekräftigen „Flyer“. Viele kommenden Mandanten sind schon durch andere Unternehmensberater (sogenannte fliegende Händler) enttäuscht und abkassiert worden. Dieses fehlende Vertrauen dem Berufsbild gegenüber müssen Sie durch eine solide Erscheinung und solide Arbeit wieder mühsam herstellen.
5. Banken Sie hatten bisher als Angestellter in gehobener Position bei Ihrer Bank stets Festgeld, festverzinsliche Wertpapiere, Aktiendepots etc. und waren bei Ihrer Hausbank immer ein gerngesehener Gast. Nun haben Sie sich ein schönes Büro eingerichtet mit „allem drum und dran“ und dabei Ihre Reserven angekratzt. Sie hatten bisher das beste Verhältnis zur Bank und gehen optimistisch zu Ihrem Sachbearbeiter, um ein Darlehn für vielleicht zwei Jahre zu beantragen. Sicherheiten wie Immobilien oder auch ein festes Gehalt sind nicht vorhanden. Wundern Sie sich nicht, wenn Sie urplötzlich eine Absage bekommen. Denken Sie immer an den sinnreichen, aber makabren Spruch: Banken geben Ihnen bei Sonnenschein einen Regenschirm und nehmen Ihnen diesen bei Regenwetter wieder weg! Banken sind nicht Ihr Partner, sie betreiben ein von Ihren Interessen losgelöstes eigenes Geschäft, das Ihren Aktionären möglichst viel Gewinn einbringen soll. Sehen die Banken auch nur das geringste Risiko, so dürften Sie chancenlos sein hinsichtlich des Erhalts eines Darlehns oder einer kurzfristigen Stützung durch Einräumung eines Kontokorrents.
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Gerade der Mittelstand, zu dem Sie sich nun zählen dürfen, wird zur Zeit von den Banken total negiert; selbst für das Durchreichen von Fördermitteln werden Sie die Kommentierung hören, daran verdienen wir nichts, daran sind wir nicht interessiert. Eine deutlichere Missachtung Ihrer Position als Bankkunde ist nicht vorstellbar. Wenn Sie schon die Banken richtig und distanziert in Ihrer Position einschätzen, so sollten Sie der Bank auch nur die nötigsten Informationen zukommen lassen. Führen Sie nie ein gemischtes Privat- und Geschäftskonto! Bei einer späteren Betriebsprüfung würden automatisch alle Vorgänge – auch die privaten – einer Prüfung unterzogen. Richten Sie gleich mit Beginn Ihrer Selbständigkeit ein eigenes Geschäftskonto ein; dann allerdings bei einem anderen Bankinstitut als dem, wo Ihr Privatkonto geführt wird. Lassen Sie nie alle Konten bei einer Bank führen; Sie machen sie damit nur kundig über Ihre Gesamtsituation und im Notfall wird dies gegen Sie ausgespielt. Fazit: gesundes Misstrauen gegenüber den Banken! Stichwort Basel II und Verschärfung der Kreditvergabe. Vorbei ist der früher geltende Grundsatz: „Der beste Kredit ist ein Kredit ohne Besicherung“. Will sagen, der Unternehmer ist von seiner unternehmerischen Persönlichkeit und seinem Umfeld so überragend, dass er persönlich für fast jeden Kredit gut ist.
6. Firmenstruktur Fangen Sie „klein“ an und vergrößern Sie sich langsam und immer abgesichert durch den vorhandenen Mandantenstamm. Der Mandantenstamm ist das Herzstück jeder Unternehmensberatungskanzlei; dieser Wert erscheint nicht in der Bilanz, sondern stellt den originären Firmenwert (stille Reserve) dar. Machen Sie sich erst selbständig, wenn Sie persönlich durch den Mandantenstamm einkommensmäßig getragen werden. Das heißt, starten Sie möglichst allein mit einer Sekretärin, die als Allrounder für folgende Aufgabenbereiche einsetzbar ist: Telefondienst, Postein- und Ausgang, Schreibarbeiten, Terminüberwachung, Buchhaltung (eigene Buchhaltung), etc.
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Entscheiden Sie sich für eine kleine Mietung mit der nötigsten Einrichtung; erweitern können Sie sich immer noch. Nehmen Sie sich nicht die Chefzimmer der Vorstände zum Beispiel, mit denen Sie bisher zusammengearbeitet haben. Diese vornehme Exklusivität ist zunächst noch fehl am Platze. Erst wenn Sie Ihren Erfolg nachgewiesen haben, können Sie sich in dieser Form präsentieren. Das gleiche gilt für die Wahl des Geschäftswagens! Machen Sie nicht den Fehler, sich als Hauptmieter ein zu großes Büro anzumieten, nach dem Motto: in 4 Jahren werde ich diese Räume brauchen. Hier schlummert das zusätzliche Risiko einer Untervermietung; fällt der Untermieter aus, sind Sie als Hauptmieter für die gesamte Einheit verantwortlich und dürfen auch noch die Miete des Untermieters an den Vermieter bezahlen. Probleme, die Sie sich zu Beginn nicht zusätzlich „ans Bein“ binden sollten! Fangen Sie so klein an, damit Sie jederzeit – sollten Sie merken, dass die Selbständigkeit doch nicht Ihre Sache ist, – wieder ohne zu großen Kostenaufwand aus dieser Sache herauskommen können und sich eine weitere Angestelltentätigkeit suchen können. Sollten Sie in einem größeren Stil anfangen, haben Sie oftmals nicht mehr die Möglichkeit aus dieser Unternehmung herauszukommen und müssen auf Gedeih und Verderb als Selbständiger weitermarschieren.
7. Büroausstattung Richten Sie Ihr Büro mit modernster Hard- und Software aus, verzichten Sie aber auf jedwede kostspielige Spielerei. Das Büro muss funktionsgerecht eingerichtet sein (effektives Ablagesystem mit hohem Informationswert, Spezialsoftware für Unternehmensberater, bis hin zur virtuellen Ablage). Bitte beachten Sie, dass das Erscheinungsbild Ihres Büros wie eine Visitenkarte auf den Mandanten wirkt. Positiv wirken immer Ordnung, Sauberkeit, sachgerechte Einrichtung und guter Service (Bewirtung, Beratungsrahmen)
8. Werbung Man fängt an mit einer selbständigen Praxis und möchte – ähnlich wie bei einem Richtfest –, dass möglichst viele Leute zur Büroeröffnung kommen. Um diese Tatsache auch unter die Leute zu bringen, wird fleißig Werbung gemacht. Diese Werbung muss aber bestimmte Kriterien erfüllen.
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Da Sie keiner Kammeraufsicht unterliegen, haben Sie Freiraum für jedwede Werbemaßnahme. Allerdings sollte dabei der Kosten- und Nutzeneffekt nicht aus den Augen verloren werden. Eine größere Anzeige in der FAZ hat zwar „Stil“ und gibt was her, allerdings dürfte der Effekt gegen Null laufen. Vielmehr sollte eine Anzeige in einer seriösen örtlichen Tageszeitung erscheinen und vielleicht ein kleiner Artikel im Wochenblatt der Umgebung. Ganz wichtig ist das Ansprechen und Einladen von Geschäftsfreunden aus Ihrer vorherigen Tätigkeit und eventuellen Kooperationspartnern. Zur Büroeröffnung sollten unbedingt die Visitenkarten vorliegen; noch besser: ein zusätzlicher Flyer, der Ihren beruflichen Werdegang und Ihre Spezialgebiete aufzeigt. Wichtig ist auch die Einrichtung einer E-mail-Adresse und dann die Präsentation im Internet. Die E-mail-Adresse gehört auch unbedingt auf die Visitenkarte. Niemals sollte jedoch auf der Visitenkarte die private Telefonnummer und Privatadresse stehen; achten Sie streng auf die Trennung von beruflichem und privatem Bereich. Sie brauchen den Freiraum im privaten Bereich, um wieder neue Gedanken und Perspektiven zu entwickeln und sich zu entspannen. Bei den Gästen für die Einweihung sind sicherlich auch potentielle Mandanten anwesend. Achten Sie darauf, dass in der Bierlaune oftmals der Erhalt eines Mandats versprochen wird, der am nächsten Morgen schon vergessen ist. Ein Mandat ist erst „in der Kiste“, wenn ein Auftrag geschrieben ist. Jedes Mandat setzt ein besonderes Vertrauensverhältnis zwischen Mandant und Berater voraus. Das Vereinbaren langfristiger Kündigungsfristen, um das Mandat möglichst lange zu halten, ist nicht ratsam. Ist das Vertrauen zwischen Mandant und dem Berater einmal zerstört, sollte sofort das Mandat beendet werden, da eine weitere Zusammenarbeit nur mit „Hieb und Stich“ möglich sein dürfte.
9. Schaffung von Kontakten Gute Kontakte sind das halbe Leben, gute Freunde gibt es höchst selten! Vielseitige Kontakte und Kooperationspartner müssen sein, bedürfen aber einer ständigen Pflege. Dabei ist zu denken an ehemalige Mitarbeiter Ihrer alten Firma, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, Anwälte, Versicherungsmakler und Anlageberater, Mitbewerber etc. In diesem Zusammenhang
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sind die wichtigsten Kontakte die, bei denen sich gegenseitige Synergieeffekte (z.B. Auftragsweitergabe, Gegenauftrag) ergeben. Aber auch hier gilt der Grundsatz: „Alle wollen nur Ihr Bestes, Ihr Geld“ Schießen Sie die Partner, die Sie nur „auslutschen“, in den Wind. Und sollte es Ihnen einmal nicht so gut gehen, werden Sie die Erfahrung machen, dass sich viele verkrachte Existenzen in Ihr Leben hineindrängeln. Beachten Sie: Zwei Schwache ergeben noch keinen Starken. Äußerste Vorsicht bei der Zusammenarbeit mit „verkrachten Existenzen!“ Denn solche Leute weiterzuempfehlen, führt schnell zum Fiasko; Ihr Mandant wird gerne ausgenommen, ist hinterher frustriert und Ihr Mandat wackelt, da er Ihnen die ausgesprochene Empfehlung übel nimmt. Ähnliches gilt für Anlageberatungen. Gute Empfehlungen werden „wortlos“ hingenommen, schlechte allerdings führen schnell zum Mandatsverlust, egal ob von Ihnen persönlich ausgesprochen oder durch einen von Ihnen empfohlenen Anlageberater. Verlassen Sie sich niemals auf andere! Diese Anderen sind plötzlich in der Versenkung verschwunden, wenn Sie sie nötigst brauchen oder sich in einer Notlage befinden. Auch hilfreiche Engel oder Hilfe von „oben“ gibt es nicht. Sie sind auf sich allein gestellt und müssen sich allein aus der Misere heraushangeln. Sie befinden sich als Kleinfisch im Hechtteich. Bleiben Sie „im sichernden Uferbereich mit genügend Deckung“ vor den Mitbewerbern, fallen Sie nicht groß auf und fangen Sie klein an! Nur so ist kontinuierliches und stetes, langsames Wachstum vorprogrammiert.
10. Unternehmensstruktur/Mandantenstruktur Oftmals hat man sich zum Ende der Angestelltentätigkeit schon nebenberuflich einen kleinen Mandantenstamm aufgebaut. Diesen gilt es jetzt zu pflegen und zu erweitern. Trennen Sie sich auf jeden Fall von der Hoffnung, größere Mandanten, die Sie während Ihrer unselbständigen Tätigkeit selbst betreut haben, zu sich herüberziehen zu können. Zum einen ist dies nicht „die feine Art“ und dürfte erhebliche atmosphärische Störungen seitens Ihres ehemaligen Arbeitgebers auslösen; zum anderen wird der Versuch in 99 % der Fälle scheitern.
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Erhalten Sie sich unbedingt die guten Verbindungen zum ehemaligen Arbeitgeber und dessen Mitarbeitern, um gegebenenfalls einen Ratgeber zu haben. Achten Sie darauf, dass Sie eine Vielzahl von Mandaten erhalten und nicht nur eine große Unternehmensgruppe betreuen (richtige Mandantenstruktur). Im letzteren Fall ist immer die Gefahr gegeben, dass Sie den Mandant an Mitbewerber verlieren und Ihre gesamte Unternehmenskonzeption und Konstellation umbauen müssen. Bei der Kostenremanez werden Sie am eigenen Leibe erfahren, wie lange Kosten noch nachlaufen können, auch wenn der dagegenstehende Umsatz schon lange weggefallen ist. Geben Sie Ihrem Mandanten immer das Gefühl, dass Sie jederzeit für ihn tätig sind. Das bedeutet, dass Sie ihm immer über den Bearbeitungsstand (mündlich, besser schriftlich wegen Aktenlage!) auf dem laufenden halten und ihn in die Überlegungsprozesse mit einzubeziehen. Hat der Mandant Beratungsbedarf, den Sie von Ihrer fachlichen Qualifikation her nicht oder nur mit hohem Arbeitsaufwand abdecken können oder dürfen, so empfehlen Sie ihm einen guten Fachmann für diese Angelegenheit. Der Mandant wird es wohlwollend zur Kenntnis nehmen, wenn Sie zugeben, nicht alles zu können, und ihm im gegebenen Fall einen sachkundigen Spezialisten empfehlen (keine Selbstüberschätzung!). Achten Sie darauf, dass ein Mandat auch „Spaß“ bringen muss, d.h. finanzielle Absicherung der Honoraransprüche ist vorhanden und die Persönlichkeit des Mandanten muss zu Ihnen passen (Stichwort: die Chemie muss stimmen). Haben Sie begründeten Verdacht, dass der Mandant Ihnen bestimmte Vorgänge vorenthält bzw. eine etwas zwielichtige Person ist, Ihnen vielleicht sogar erzählt, wie er andere Menschen übervorteilt, so fassen Sie sich ein Herz und schicken Sie ihn in die Wüste! Solch ein Mandant bringt nur kurzfristig Freude, der Ärger ist vorprogrammiert; was der Mandant mit anderen Menschen betreibt, wird er auch mit Ihnen vollführen.
11. Nischenpolitik Sie sind zwar angetreten als Allrounder; unverzichtbar ist dabei allerdings eine Spezialisierung auf bestimmte Nischen. Nur so sind Sie von der Konkurrenz nicht so ohne weiteres angreifbar bzw. auch nicht vergleichbar. Sie schaffen so eine gewisse räumliche Konkurrenzlosigkeit, die allerdings bei Zunahme der neuen Medien wie Datenübertragung per E-Mail, Internet,
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etc. etwas an Bedeutung verlieren wird. Als erfolgreicher Spezialist können Sie sich schneller einen Namen machen und werden weiterempfohlen; die beste Werbung, die Sie machen können, ist Werbung durch Leistung und durch Weiterempfehlung von Mandanten. Vergessen Sie das große Schild am Straßenrand; Passanten, die per Zufall dieses Schild sehen und zu Ihnen kommen (sog. Laufkundschaft), sind meist nicht die richtigen, guten Mandate. Beachten Sie auch unbedingt, ob der Mandant schon zuvor diverse Unternehmensberater hatte und häufiger wechselte; dies sind meist so genannte Billigheimer, die wegen ein paar Euro den Mandatswechsel vornehmen. Das wird Ihnen auch passieren. Auch die Werbung über das Branchen- bzw. Telefonbuch ist gemessen vom Kosten/ Nutzeneffekt – gegen Null laufend. Wichtig ist sicherlich die Präsentation über einen Flyer bzw. den entsprechenden Internet-Auftritt. Letzteres ist in der heutigen Situation unverzichtbar!
12. Übernahme von Mandaten und Mandatsbetreuung Die Übernahme von Mandaten ist immer eine sehr sensible Angelegenheit, da Sie den Mandatsverlust eines anderen Berufsträgers bedeutet. Seien Sie fair zu dem vorherigen Berufsträger, indem Sie ihm rechtzeitig diesen Mandatsübergang mitteilen und versuchen Sie mit dem Vorgänger zusammenzuarbeiten zum Wohle des Mandanten. Jagen Sie nicht – koste es, was es wolle – anderen Berufsträgern deren Mandate ab! Beschränken Sie solche für Sie positiven Vorgänge auf die Fälle, wo es sich um eindeutige Schlechtberatung des Vorgängers handelt. Verhalten Sie sich fair, wird Ihnen grundsätzlich auch Fairness entgegengebracht.
13. Leistungsabrechnung und Kreditprüfung Die Rechnung an den Mandanten ist das Salz in der Suppe. Machen Sie Ihrem Mandanten klar, dass eine gute Beratung auch gutes Geld kostet; hüten Sie sich vor Billigangeboten! Es ist schwer, dann auf ein angemessenes Honorar überzugehen (Rechnungssprung).
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Bei Erstmandaten sollten Sie grundsätzlich eine Vorkasse vereinbaren. Daneben ist es sinnvoll, diesen Neukunden auf seine Kreditwürdigkeit abzuprüfen (Auskunft über Kreditreform, Schufa etc.). Seien Sie nicht zu fein, bei längerfristigem Leistungsumfang, Abschlagsrechnungen zu stellen, die dann bei der Endrechnung verrechnet werden. Rechnen Sie immer gleichzeitig mit erbrachter Leistung ab! Der Mandant vergisst schnell Ihren Leistungsumfang, wenn Sie Monate später eine Rechnung stellen.
14. Geheimhaltung Zu den wesentlichen Pflichten des Unternehmensberaters gehört die Geheimhaltung (Beichtvaterfunktion). Lassen Sie sich von den Mitarbeitern sofort eine Verschwiegenheitserklärung unterschreiben und weisen Sie darauf hin, dass ein Verstoß dagegen einen sofortigen Kündigungsgrund beinhaltet. Die Rufschädigung einer Beratungspraxis – sollte es zu Verstößen hinsichtlich der Verschwiegenheit kommen –, ist immens! Zur Verschwiegenheitspflicht gehört auch, dass keine Aktenrücken offen im Büro für die Mandanten zu sehen sind; ein Besucher könnte sich auf diese Weise ein schnelles Bild von Ihrer Mandantschaft machen. Wenn Sie schon Mandantenordner offen in Regalen stehen haben, dann bitte mit Nummern versehen.
15. Termingenauigkeit Strukturieren Sie am frühen Morgen für den laufenden Tag oder aber am Vorabend die Tätigkeiten des folgenden Tages! Gehen Sie – wie oftmals praktiziert – nicht bei der Strukturplanung davon aus, welche Dinge Sie am liebsten bearbeiten, sondern welche Vorgänge von der Terminvorgabe zunächst zu bearbeiten sind. Die Termineinhaltung ist Aushängeschild der Beratungspraxis. Geben Sie niemals aus Gutmütigkeit dem Kunden nach, der immer eine sofortige Bearbeitung wünscht; ordnen Sie ihn in die Warteschleife ein und geben Sie ihm den Terminplatz, der möglich ist und ihm gebührt. Der Kunde mag zwar am Anfang etwas frustriert sein, nicht sofort bearbeitet zu werden, allerdings ist dann seine Zufriedenheit später umso größer, wenn der gegebene Termin eingehalten wird. Sollte ein vorschneller Termin genannt werden, so ist der Frust auf der Gegenseite vorprogrammiert;
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Vertröstungen in Sachen Termin sind Gift für eine gute Mandantenbeziehung. Ihre Sekretärin sollte über die Termingestaltung informiert sein, damit sie diese überwachen und Ihnen rechtzeitig Hinweise geben kann für Büround Außerbüro-Termine.
16. Eigenes Rechnungswesen Beachte:“ der Schuster trägt immer die ausgelaschtesten Schuhe“ Begehen Sie nicht den Fehler, Ihre Buchhaltung immer hintan zu stellen nach dem Motto, „billable hours“ sind vorzuziehen, die eigene Buchhaltung ist ein notwendiges Übel, bringt kein Geld und steht ganz hinten. Das Gegenteil ist der Fall. Ihre Buchhaltung muss immer auf dem neusten Stand sein, um entsprechend reagieren zu können (Bankgespräche, Mahnwesen, Basis für unternehmerische Entscheidungen). Auch die Pflichten gegenüber dem Finanzamt zur Abgabe der entsprechenden Erklärungen sollten termingerecht eingehalten werden. Bei Missachtung haben Sie schnell einen „Reiter“ auf Ihrer „Karteikarte“, was eine vorzeitige Betriebsprüfung herbeiführen könnte. Vermeiden Sie gerade in der Zusammenarbeit mit dem Finanzamt besondere Auffälligkeiten, um auf dieser Seite weitgehend Ruhe zu haben. Nehmen Sie sich die Zeit, Ihre beruflichen Pläne mit den gegebenen Möglichkeiten (keine Traumtänzerei!) abzustimmen und werfen Sie, falls erforderlich, das Ruder rechtzeitig herum!
17. Minderung der Haftungsmasse Folgender Fall: Sie sind verheiratet und leben in Zugewinngemeinschaft. Sie haben eine Eigentumswohnung oder ein Einfamilienhaus, das Sie selbst nutzen und für das Sie im Grundbuch als Eigentümer eingetragen sind. Mit der Aufnahme Ihrer Selbständigkeit tragen Sie das volle unternehmerische Risiko mit allen Vor- und Nachteilen! Sie können frei bestimmen, was Sie tun wollen, Sie können über Ihre Zeitgestaltung frei verfügen, es gibt keinen Chef, der Ihnen unangenehme Anweisungen erteilt. Aber Vorsicht! Gerade darin steckt das Teuflische: • es gibt keinen, der Ihnen hilft. Sie müssen schon selbst Ihr Schicksal in die Hand nehmen,
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FALLSTRICKE FÜR NEUEINSTEIGER ODER UMSTEIGER
• haben Sie eine Durststrecke oder geht es Ihnen schlecht, so wird dies von den Konkurrenten und Mandanten ausgenutzt, • Sie haben als Einzelunternehmer immer die volle Haftung, • Die Mandanten sind ausgeschlafen und warten nur auf die Möglichkeit eines Haftungsfalles. Sie sind – wie schon empfohlen – bestens abgesichert durch Ihre Berufshaftpflichtversicherung. Von der Höhe der Versicherungserstattung her allerdings versucht auch die Berufshaftpflichtversicherung, die Schäden klein zuhalten, sprich: Abweisung oder Teilübernahme des Schadens wegen des Vorwurfs: Vorsatz bzw. grober Fahrlässigkeit. Bieten Sie möglichst wenig Angriffsfläche für persönliche Haftung, d.h. überlegen Sie sich die Unternehmensform. Vorschlag: GmbH oder kleine AG, hier haben Sie die Haftungsbeschränkung, allerdings beachten Sie die Problematik der Eigenkapital – ersetzenden Darlehn, persönlichen Haftungsübernahme wie bei Mietverträgen, Darlehn, etc. Versuchen Sie die persönliche Haftungsübernahme auf ein Minimum zu beschränken, und bringen Sie Ihre Eigentumswohnung bzw. Ihr Einfamilienhaus aus der Schusslinie, indem Sie – vorausgesetzt, Sie können Ihrem Ehepartner vertrauen – dieses Vermögen auf Ihre Ehefrau übertragen. In diesem Zusammenhang sollte auch eine Gütertrennung mit Ihrem Ehepartner notariell vereinbart werden, um Ihr später florierendes Geschäft auch für die Zukunft abzusichern. Der Zugewinnausgleichs-Anspruch des Ehepartners im Fall der Scheidung ist ein Anspruch auf Geld. Über diese Liquidität verfügt aber Ihre Praxis in der Regel nicht; eventuell muss dann ein Praxisnotverkauf stattfinden, um die Verpflichtungen Ihres geschiedenen Ehepartners gegenüber erfüllen zu können. Beachten Sie, dass eine solche Maßnahme bei akuter Gefahr schon zu spät sein kann (der Gläubiger kann 1 Jahr lang entgeltliche Vermögensverschiebungen anfechten, 2 Jahre bei unentgeltlichem Vermögensübergang).
18. Ausblick Sie werden mit Recht fragen, warum sich der Verfasser für die Selbständigkeit entschieden hat im Tausch gegen einen gehobenen Platz als Angestellter einer international tätigen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft?
FALLSTRICKE FÜR NEUEINSTEIGER ODER UMSTEIGER
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Ich darf ich Ihnen versichern, dass die Selbständigkeit trotz all der vielen Fallstricke, die auf Ihrem Wege liegen werden, enorm reizvoll ist und Sie als Fachmann und Menschen in vollem Umfang fordert. Wagen Sie diesen Schritt, Sie werden ihn nicht bereuen! Aber beachten Sie bitte die Ratschläge von erfahrenen Kollegen. Das Leben steckt voller Überraschungen, auch das Unternehmerleben. Sie wollen doch, dass am Monatsende Ihre zu zahlenden Gehälter gesichert sind und noch obendrein genügend Geld übrig bleibt, damit Sie ein Leben in geordneten wirtschaftlichen Verhältnissen führen können. Ein wesentlicher Fehler, eine kleine Unachtsamkeit können das ganze sorgsam aufgebaute Gerüst zum Einsturz bringen. Nehmen Sie also Ihre berufliche Entscheidung sehr ernst und sichern Sie sich nach allen Seiten ab, um auch die Früchte Ihrer guten Beratung ernten zu können. Die Hoffnung des Autors: Die Vermeidung der vielen Fallstricke und Fettnäpfchen für Sie als Existenzgründer. Leider ist aus empirischen Erhebungen erwiesen, dass einige der hier erwähnten Fehler einfach selbst erfahren und durchgestanden werden müssen, um es hinterher eben besser zu wissen und besser zu machen. Theorie ist doch etwas anderes, als Erfahrungen am eigenen Leibe zu spüren. Letztere sind zwar nachhaltiger, aber leider eben oft auch sehr schmerzlich. Abschließend wünscht Ihnen der Verfasser viel Erfolg auf Ihrem Weg in die Selbständigkeit bzw. bei Ihrer Selbständigkeit. oder: der Tagestipp des Kochs für die exquisite Beratungsküche: • Würzen Sie Ihre Selbständigkeit dezent und mit Vorsicht! • Weniger kann in diesem Falle mehr sein! • Nutzen Sie bei der Zubereitung das Ihnen in die Hand gegebene „Einsteiger-Kochbuch“!
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Interkulturelle Personalberatung von Dr. Christoph I. Barmeyer, Culture Bridge Consult
1.
Interkulturelle Personalberatung in einem globalen Kontext
Die Globalisierung hat in vielerlei Hinsicht die Unternehmen überrascht und das traditionelle Weltbild der ‚stabilen’ Organisation und des stetigen Wachstums ins Wanken gebracht. So manches Unternehmen wurde vom ‚Heimspieler’ zum Global Player und selbst erfahrene weltweit tätige Großunternehmen werden im Rahmen ihrer Geschäftstätigkeit häufig mit kostenintensiven Überraschungen konfrontiert, wie es BMW, Daimler Benz und Deutsche Telekom erfahren haben; aber auch kleinere Unternehmen erleben ihre „Abenteuer“ bei Auslandsaktivitäten. An betriebswirtschaftlichen Erklärungen über die Erfolglosigkeit und die enorme Kapitalvernichtung der Global Player bei Auslandsengagements mangelt es nicht: begründet wird dies durch das ungünstige Umfeld oder die allgemeine Wirtschaftslage, Strategie, Marketing, finanzielle Situation, Sachzwänge oder persönliche Unstimmigkeiten zwischen Entscheidungsträgern. Erst wenn der Leidensdruck zunimmt und sich Ratlosigkeit breit macht, fällt das Wort „Kultur“ oder „kulturelle Unterschiede“. Erst dann wird erkannt, dass nicht Unternehmen kooperieren und fusionieren, sondern Mitarbeiter, also Menschen, mit spezifischen Wünschen, Werten, Zielen, Erwartungen, Maßstäben und Verhaltensweisen, die von Mensch zu Mensch, von Land zu Land unterschiedlich sind. Viel zu selten ist von Anfang an klar, dass ein japanischer Manager unter „Strategie“ oder „Geschäftserfolg“ etwas anderes versteht als ein französischer; dass deutsche und amerikanische Ingenieure sich stundenlang über „Qualitätsmanagement“ unterhalten, ohne sich bewusst zu sein, dass die Vorstellung von „Quality“ nicht dieselbe ist wie von „Qualität“ oder dass Mitarbeiterführung in Italien etwas ganz anderes bedeutet als in Deutschland. Anders als mit Bilanzen, Organigrammen oder Marktanalysen, die mit sogenannten ‚objektiven’ Messkriterien erklärbar sind, fehlt es Managern an Orientierung, Werkzeugen und Lesarten, wenn es darum geht, Kulturen und ihre Menschen zu verstehen und zu managen. Kulturen sind wie Eisberge: große Bereiche von ihnen sind unsichtbar und nicht gleich er-
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INTERKULTURELLE PERSONALBERATUNG
schließbar. Erst wenn diese Bereiche kollidieren, werden sie erfahrbar. Unterschiedliche unausgesprochene Erwartungen und Maßstäbe sind meist Ursache für interkulturelle Missverständnisse und Konflikte. Aufgabe interkultureller Personalarbeit ist es deshalb, ein Bewusstsein für die Bedeutung von Kulturunterschieden im Personalmanagement zu wecken und dazu beizutragen, die Unterschiede als neutral (also nicht wertend) einzustufen, um Kollisionen und Konflikte zu vermeiden, ja sogar konstruktiv und zielorientiert mit Unterschiedlichkeit zu arbeiten. Von zunehmenden Interesse ist in diesem Sinne „Interkulturelle Synergie“, die durch gegenseitige zielgerichtete Kombination von Kernkompetenzen bewirkt, dass die hervorgebrachten Leistungen von höherer Qualität sind als die Summe der Einzelelemente. Interkulturelle Synergie ist die ersehnte positive Seite von kultureller Vielfalt („Diversity“): Eine synergetische Lösung versucht Probleme zu bewältigen, indem sie kulturelle Vielfalt als Vorteil für die Organisation und das Personalmanagement nutzt.
2. Was ist überhaupt interkulturelle Personalberatung? Es mag erstaunen, aber derzeit gibt es keine klar nach Tätigkeitsbereichen und Funktionen definierte interkulturelle Personalberatungsgesellschaft. Dagegen existieren zahlreiche Trainings- und Beratungsgesellschaften oder Personalabteilungen von Unternehmen, die Funktionen der interkulturellen Personalberatung ausüben, z.B. die Erstellung von internationalen Kompetenzprofilen, die Personalsuche und -auswahl für den Auslandseinsatz oder die interkulturelle Personalentwicklung zur Integration in globale Teams oder zur Führung von Mitarbeitern aus unterschiedlichen Kulturkreisen. Pioniere in diesen Bereichen sind Unternehmen wie Bosch, EADS oder SIEMENS. Große Personalberatungsgesellschaften wie Kienbaum integrieren verstärkt interkulturelle Aspekte des Personalmanagements und kleinere Beratungsunternehmen, etwa im deutsch-französischen Management, haben sich auf die Suche von Fach- und Führungskräften oder die interkulturelle Personalentwicklung spezialisiert (einige Internet-Adressen finden sich am Ende dieses Beitrags). Internationale Aspekte der Personalberatung, wie Stellenbewerbungen und -besetzungen sowie Gehalts-, Steuer- und Sozialversicherungsfragen, werden eher von „klassischen“ grenzüberschreitend arbeitenden Personalberatungen übernommen. Bei vielen neuen Konzepten oder Arbeitsformen, wie virtuellen Teams oder neu entstehenden Tätigkeiten und Berufsbildern, gibt es keine einheitliche
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Vorstellung, was interkulturelle Personalberatung eigentlich ist. Dieser Zustand hat zum einen mit der Breite von Personalmanagement-Aufgaben und Dienstleistungen zu tun, zum anderen mit der immer noch vagen Definition von Kultur. Beide Gründe führen dazu, dass Interkulturelles Management von der Unternehmensführung noch immer nicht als strategisch wichtig eingestuft wird. Deshalb scheint es wichtig, im folgenden Abschnitt das vorherrschende Kulturkonzept darzustellen.
International heißt nicht interkulturell Kultur wird hier nicht als „Hochkultur“ oder Kunst verstanden, sondern als ein von einer Gruppe geteiltes Orientierungs- und Referenzsystem, das die Mitglieder dieser Gruppe von Menschen einer anderen unterscheidet. Generell bestimmt Kultur die Art und Weise, wie Probleme gelöst werden. Alle Menschen, Gruppen, Unternehmen, Gesellschaften haben ähnliche Probleme zu lösen: Sie sorgen sich z.B. um ihre Gesundheit, um ihre Sicherheit, ihre Familie und ihre Arbeit. Dabei hat jedes Individuum eine Vielzahl von Lösungsmöglichkeiten. Es finden sich aufgrund von Kenntnissen, Erfahrungen und Ansprüchen bestimmte präferierte Lösungen, die immer wieder angewandt werden, weil sie sich bewährt haben und erfolgreich waren. So entwickelte jede Kultur bestimmte Lösungsmuster, die sich in Denk- und Arbeitsstilen – also im Management – niederschlagen. Insofern sind alle Bereiche menschlicher Aktivität kulturell geprägt und weisen Spezifika auf, die auch das Management und die Personalarbeit beeinflussen. Während z.B. in Frankreich die Graphologie immer noch als ein bedeutendes Auswahlkriterium bei Bewerbungsverfahren gilt, setzen sich in anderen Ländern, wie Deutschland, ganzheitliche Auswahlinstrumente wie das Assessment Center durch. Es liegt nahe, dass es beim Aufeinandertreffen dieser unterschiedlichen kulturellen Systeme zu Problemen kommen kann, denn andere Erwartungen, Bedeutungen und Interpretationen führen zwangsläufig zu (un-) ausgesprochenen Meinungsverschiedenheiten. Im Gegensatz zum Internationalen Personalmanagement thematisiert das Interkulturelle Personalmanagement explizit ‚Kultur’ als den zentralen Einflussfaktor auf das Management und sollte einen festen Platz in der gesamten Unternehmensstrategie einnehmen. Ziel der interkulturellen Personalberatung ist es, interkulturell kompetente Fach- und Führungskräfte auszusuchen, ihre interkulturellen Kompetenzen zu fördern und sie bei ihrer internationalen Tätigkeit fachlich zu begleiten.
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Auf diese Weise wird ein zielführendes und kulturadäquates Handeln in internationalen Arbeits- und Führungssituationen unterstützt, was sich wiederum auf die Zufriedenheit und den Erfolg der Fach- und Führungskräfte auswirkt. Kulturunterschiede sollen nicht nur als Ursache von Missverständnissen und Schwierigkeiten angesehen werden, sondern als Chance für effektive, komplementäre und persönlich bereichernde Zusammenarbeit. Im Vordergrund steht also die strategische Personalplanung und entwicklung.
3. Tätigkeitsbereiche, Instrumente und Methoden
Interkulturelle Personalberatung
Welche Tätigkeitsbereiche, Instrumente und Methoden stehen der interkulturellen Personalberatung zur Verfügung, um dieses Ziel zu erreichen?
1. Audit und Due Diligence 2. Assessment Center 3. Training 4. Coaching und Mediation 5. Auslandsvorbereitung
Strategisches Personalmanagement: Interkulturelles Audit und Due Diligence Im Rahmen der Internationalisierungsprozesse von Unternehmen, wie etwa bei Kooperationen, Joint-Ventures oder Fusionen, besteht die Notwendigkeit, eine klare und ganzheitliche Personalstrategie zu definieren, die im Einklang mit der bzw. den Organisationskultur(en) und den notwendigen Veränderungsprozessen steht: die kritische Bestimmung der Ausgangslage, das Definieren von Strategien und Zielen. Hierbei ist es wichtig, nicht nur
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die fachlichen, sondern auch die interkulturellen und fremdsprachlichen Kompetenzen der Mitarbeiter zu analysieren, zu evaluieren und gezielt zu fördern oder neue Mitarbeiter einzustellen, die diese Kompetenzen bereits mitbringen. Theorie und Praxis von interkulturellem Audit und Due Dilligence stecken noch in den Anfängen, obwohl der Bedarf enorm groß scheint, wie es der Misserfolg internationaler Kooperationen und Fusionen immer wieder aufs Neue bestätigt. Die Operationalisierung weicher kultureller Faktoren jedoch ist nach wie vor schwierig
Personalauswahl: Interkulturelles Assessment Center Ein ebenfalls neues, jedoch schon weiter entwickeltes Instrument ist das Interkulturelle Assessment Center (IAC), das sich zunehmender Beliebtheit erfreut. Ein Interkulturelles Assessment Center dient der Auswahl und Förderung von Fach- und Führungskräften, die internationale Tätigkeiten übernehmen sollen. Im Mittelpunkt stehen interkulturelle Kompetenzen, die im Rahmen des ganzheitlichen und interaktiven Konzepts des IAC besser bewertet werden können als in einem ‚klassischen’ Auswahlgespräch. Somit weist das IAC eine höhere Prognosequalität auf als ein ‚klassisches’ Auswahlgespräch. Im Falle des Auswahl-IAC wird geprüft, inwieweit die für den internationalen Auslandseinsatz nötige interkulturelle Kompetenz vorhanden ist, im Falle des Entwicklungs-IAC soll interkulturelle Kompetenz geprüft werden und anhand von Übungen gefördert und weiterentwickelt werden. Die Struktur, also Aufbau, Durchführung und Evaluation des IAC orientiert sich an klassischen, monokulturellen Assessment Centers: Die Assessoren beobachten und bewerten mithilfe von Skalen das Verhalten der Kandidaten über einen längeren Zeitraum anhand von definierten Anforderungsmerkmalen, etwa in Selbstvorstellung, Rollenspielen, Gruppendiskussionen etc. Allerdings kommen zu den psychologischen und personalwirtschaftlichen Elementen interkulturelle hinzu, was die Komplexität des IAC und die Anforderungen an die Assessoren erhöht. Von großer Bedeutung ist ebenso die Stimmigkeit der Persönlichkeit der Teilnehmer zur Landes- und Unternehmenskultur: Wie weit ist die Fach- und Führungskraft fähig und bereit, sich auf Dauer in eine bestimmte Unternehmenskultur zu integrieren oder gar zu ihrer Entwicklung (oder Adaptation) beizutragen? Trotz der großen Nachfrage, gibt es auf dem Markt nur wenige seriöse Anbieter Interkultureller Assessment Center, da es sich um ein anspruchsvolles, komplexes, aufwendig zu organisierendes und kostenintensives Verfahren handelt.
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Personalentwicklung: Interkulturelles Training Den bisher größten Anteil an der interkulturellen Personalberatung nimmt der Bereich des interkulturellen Trainings ein: entsprechend viele – kleine – Anbieter gibt es auf dem Markt. Ziel des Interkulturellen Trainings ist es, ein Bewusstsein für kulturelle Unterschiede zu schaffen und gleichzeitig Fertigkeiten zur konstruktiven Anpassung, zum effektiven Handeln unter fremdkulturellen Bedingungen und internationalen Veränderungsprozessen zu vermitteln. Interkulturelle Trainings können kulturallgemein sein, also zum Ziel haben, ein generelles Bewusstsein für kulturelle Unterschiede zu wecken, oder kulturspezifisch, d.h. besondere Merkmale einer Kultur, z.B. Frankreich oder USA darzustellen. Inhalte von solchen Trainings sind Kulturbewusstsein und Interkulturalität, Wahrnehmung und Stereotypen, Kommunikation und Missverständnisse, Umgang mit Raum und Zeit, Managementstile, Mitarbeiter- und Teamführung. Trainingsmethoden können eher wissensorientiert sein und zielen durch den Einsatz von Vorträgen, Texten und Filmen auf eine Vermittlung von Wissen über das anderskulturelle wirtschaftliche, soziale und politische System ab. Erlebnisorientierte Trainingsmethoden dagegen basieren auf der Annahme, dass die Trainingsteilnehmer auch emotionale Erfahrungen in laborähnlichen Handlungssituationen machen sollten, um ein anderes kulturelles System zu verstehen. Hierbei kommen Rollenspiele, Simulationen, Selbsterfahrungsübungen und Diskussionen zum Einsatz. In der Regel kombinieren interkulturelle Trainings wissens- und erlebnisorientierte Methoden. Unterschiedlichste Trainingsmethoden existieren, die aufgrund zunehmender Multimedia-Entwicklungen noch vielfältiger und differenzierter werden, wie „Culture Awareness“, „Kultur-Assimilator“, „Kulturstandards“ oder interkulturelle Plan- und Verhandlungsspiele, wie z.B. „Albatross“, Bafa Bafa, Barnga, Interact – Interkulturelles Verhandlungstraining1 etc. In der Regel wird ein Methoden-Mix hinsichtlich der Bedürfnisse, Kenntnisse, Erfahrungen und Lernstile der Teilnehmer vorgenommen. Die Trainingsdauer beträgt einen oder mehrere Tage, wobei davon auszugehen ist, dass die Dauer des Trainings einen Einfluss auf dessen Wirksamkeit hat.
1
wie z.B. Interact. Interkulturelles Verhandlungstraining. Berlin, Wissenschaft & Praxis, 2002.
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Personalbegleitung: Interkulturelles Coaching und Mediation Wie beim interkulturellen Training ist es Ziel des interkulturell ausgerichteten Coachings für Kulturunterschiede zu sensibilisieren und Kenntnisse über Zielkulturen zu vermitteln, um dem Coachee ein adäquates und zielführendes Handeln in interkulturellen Situationen zu ermöglichen. Auf diese Weise werden Kulturunterschiede nicht nur als Ursache von Missverständnissen und Schwierigkeiten gesehen sondern als Chance für effektive und komplementäre Zusammenarbeit. Interkulturelles Coaching kann vorbereitend, begleitend – etwa in Krisensituationen als problem- und emotionsorientierte Beratung – oder nachbereitend erfolgen. Dabei steht die Verarbeitung von Erfahrungen und die dialogische, interaktive Erarbeitung von sinnvollen Handlungsstrategien im Vordergrund. Ein Vorteil zum Training ist die Diskretion und die individuumspezifische und prozesshafte Ausrichtung dieser Personalentwicklungsmaßnahme. Generell ist das Anforderungsprofil des interkulturell ausgerichteten Coachs ähnlich gelagert, wie das eines intrakulturell arbeitenden Coachs. Jedoch wird zusätzlich eine profunde Kenntnis kultureller Systeme, ihrer Interaktionen sowie landeskundliches Wissen über die entsprechenden (Ziel-) Gesellschaften verlangt. Eine weitere personalbegleitende Intervention ist die Interkulturelle Mediation. Sie ist eine Form der außergerichtlichen und vertraulichen Vermittlung in interkulturellen Konflikten. Die Konfliktparteien versuchen mithilfe eines neutralen Dritten, des Mediators, eine gemeinsame und tragfähige Lösung des Konflikts zu erarbeiten. Bedeutende Merkmale der Mediation sind freiwillige Teilnahme aller Beteiligten, die Übernahme von Eigenverantwortung und Selbstbestimmung und das Eingehen auf Perspektiven, Bedürfnisse und Interessen der Konfliktparteien. Im Mittelpunkt steht die Verdeutlichung durch den Mediator, dass nicht unbedingt Interessen-, Beziehungs- oder Machtkonflikte, sondern kulturell begründete Missverständnisse Ursache für Konflikte und Streitigkeiten sind. Der Mediator hat somit eine „Aufklärungsfunktion.“ Interkulturelle Mediation hat durch die Zunahme internationaler Kooperationen und Fusionen an Bedeutung gewonnen, da weder der herkömmliche – unternehmensinterne – Umgang noch der gerichtliche Eingriff (Gerichtsverfahren und Schiedsgerichtsbarkeit) mit kulturell divergierenden Sichtweisen und potentiellen Konfliktsituationen den unternehmerischen Erfordernissen gerecht wird.
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Die interkulturelle Mediation schließlich setzt nicht wie das Coaching antizipativ ein, sondern dann, wenn bereits entstandene kulturell bedingte Meinungsverschiedenheiten und Konflikte perspektivisch aufzuarbeiten und zu klären sind. Der Mediator als neutraler Dritter kann jedoch auch begleitend in Verhandlungs- oder Arbeits- und Teamsituationen eingreifen, um interkulturelle Konflikte zu vermeiden oder beizulegen.
Personalentsendung: Interkulturelle Auslandsvorbereitung Die hohe Misserfolgsquote von Auslandsentsendungen durch vorzeitige Rückkehr ins Heimatland, die häufig zwischen 50-70 % liegt, hat Unternehmen veranlasst, die Entsendungen von Fach- und Führungskräften ins Ausland gut vorzubereiten. Die Vorbereitung bietet nicht nur Informationen über das Gastland, sondern es werden in der Regel auch interkulturelle Seminare und Trainings für die Ausreisenden, die Expatriates, angeboten – zunehmend auch für Ehepartner und Kinder, da die stabile familiäre Situation maßgeblich zum Erfolg der Auslandsentsendung beiträgt. Die Seminare und Trainings, die in der Regel von externen Trainern mit Unterstützung von internen – evtl. schon ausgereisten Mitarbeitern – durchgeführt werden, sollten zeitlich vor, während und nach dem Auslandsaufenthalt stattfinden. Ein hiermit verbundener Tätigkeitsbereich interkultureller Personalberatung ist die Reintegration der Expatriates nach einigen Jahren Auslandsaufenthalt. Im Mittelpunkt steht zum einen die Wieder-Eingliederung in das Arbeitsumfeld des Mutterhauses und zum anderen die sinnvolle Nutzung der Erfahrung der Expatriates innerhalb der Organisation. Zunehmende Bedeutung im Rahmen des Wissensmanagements erlangen internetangebotene Informations- und Kommunikationssysteme, wie Expatriates Communities, an die Unternehmen oder Einzelpersonen angeschlossen sind.
4. Kompetenzen und berufliche Perspektiven Die Anforderungen und Kompetenzen an das Berufsbild des interkulturellen Personalberaters lassen sich nicht klar definieren; zentral sind jedoch drei Kompetenzbereiche: • Fachliche Kompetenzen in einem oder mehreren Bereichen des Personalmanagements, wie der Strategie, der Auswahl und Rekrutierung, der Personalentwicklung oder Auslandsentsendung sind von großer Bedeutung. Zum Erwerb dieser Kompetenzen bietet sich ein personal-
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wirtschaftliches Studium an und einige Jahre internationale Praxis in einer Personalabteilung oder einer Personalberatungsgesellschaft. • Interkulturelle und internationale Kompetenzen, zu denen auch die Kenntnis und Beherrschung von Fremdsprachen gehört. Interkulturelle Kompetenzen können erworben werden in der Aus- und Weiterbildung in zahlreichen deutschen Hochschulen2 Ebenso existieren Institutionen und Vereine, die interkulturelle Weiterbildung und Austausch organisieren, wie das Intercultural Communication Institute in Portland (USA) oder SIETAR (Society for Intercultural Education and Research). • Lebens- und Managementerfahrungen, zu denen gehört, ein paar Jahre im Ausland gearbeitet zu haben, das heißt Interkulturalität auch in der Praxis in Führungssituationen oder in und mit multikulturellen Teams erlebt zu haben. Diese persönliche Erfahrung ist ausschlaggebend für eine gewisse „Lebensreife“. Die beruflichen Perspektiven dieses interessanten und persönlich sehr bereichernden Tätigkeitsbereiches sind schwer einzuschätzen, weil eine positive Prognose nicht von der unvermeidlich fortschreitenden Internationalisierung der Unternehmen abhängt, sondern von dem Maße, in dem der Interkulturalität von Entscheidungsträgern eine strategische und tragende Bedeutung zugewiesen wird. Solange nur vereinzelt Personalverantwortliche, Berater, Trainer oder Hochschullehrer die Wichtigkeit des Interkulturellen Managements hervorheben, wird die Interkulturelle Personalberatung nur selten nachgefragt werden. Die berufliche Selbständigkeit verlangt anfangs viel Risikobereitschaft und finanzielle Puffer. Die abenteuerlichen Erfahrungen der Internationalisierung großer Unternehmen lassen jedoch vermuten, dass das Betätigungsfeld des interkulturellen Personalmanagements in und außerhalb von Unternehmen an Bedeutung gewinnen wird.
2
z.B. in grundständigen Studiengängen als Hauptfach an den Universitäten Jena und Passau oder an den Fachhochschulen München und Heilbronn, als Nebenfach an den Universitäten Mannheim und Bayreuth, als Aufbaustudiengänge an den Fachhochschulen Pforzheim und Ludwigshafen.
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INTERKULTURELLE PERSONALBERATUNG
5. Einige Anbieter Vereinigungen:
www.sietar-deutschland.de www.intercultural.org Trainings- und Beratungsunternehmen: www.consultus.net www.continuuminternational.com www.culturebridge.de www.culturewaves.de www.eurotriade.com www.tandem-consulting.com www.fit-for-culture.com www.hildenbrand-consulting.com www.interculture.de www.intercultures.de www.isdgmbh.com www.jpb.fr www.kienbaum.de
6. Ausgewählte Literatur Barmeyer, C.: Interkulturelles Management und Lernstile. Studierende und Führungskräfte in Frankreich, Deutschland und Québec. Frankfurt/ New York, Campus, 2000. Barmeyer, C./Bolten, J. (Hrsg.): Interkulturelle Personalorganisation. Sternenfels/Berlin, Wissenschaft & Praxis, 1998. Rauen, C. (Hrsg.): Handbuch Coaching. Göttingen, Verlag für angewandte Psychologie, 2002. Reineke, R.-D. Fussinger, C. (Hrsg.): Interkulturelles Management in Training und Beratung. Wiesbaden, Gabler, 2001. Scholz, C.: Personalmanagement. München, Vahlen, 2000. Stahl, G. et al (Hrsg.): Innovative Ansätze im internationalen Personalmanagement. München, Rainer Hampp Verlag, 2002. Dr. Christoph I. Barmeyer ist interkultureller Berater und Trainer sowie Hochschullehrer an der französischen Business School IECS Strasbourg Ecole de Management, an der den Bereich „Personalmanagement“ leitet.
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Weiterbildung für Unternehmensberater an der Hochschule von Prof. Dr. Rolf-Dieter Reineke, Leiter des MBA – Weiterbildungsstudiengangs Internationale Unternehmensberatung, Fachhochschule Ludwigshafen am Rhein
1. Kann man Unternehmensberatung in der Hochschule lernen? Unternehmensberatung ist eine Dienstleistung, die in Deutschland nach dem Ende des zweiten Weltkriegs eine boom-artige Entwicklung und breite Akzeptanz, nicht nur in Unternehmen, erreicht hat. Auch angesichts der wirtschaftlichen Einbrüche in der jüngeren Zeit werden im Vergleich viele Vertreter anderer Branchen hinsichtlich Umsatzentwicklung und Profitabilität sagen: „Eure Sorgen möchte ich haben!“. Der Beruf des Unternehmensberaters gilt immer noch als attraktiv, mit zunehmendem Reifegrad der Branche werden die Kunden allerdings immer kritischer, und das zu Recht. Die Berufsbezeichnung „Unternehmensberater“ ist in Deutschland nach wie vor ungeschützt. Immer wieder versuchen unseriöse und inkompetente Personen, sich im Beratungsmarkt zu etablieren. Der Schaden, der dadurch sowohl bei Klienten als auch bei seriös arbeitenden Beratern entsteht, ist gravierend. Das Problem wurde verstärkt deutlich, als nach der Wiedervereinigung viele selbsternannte Berater aus dem Westen in den neuen Bundesländer und Osteuropa aktiv wurden und dabei erhebliche Schäden anrichteten. Gleichzeitig strebten viele der entlassenen Führungskräfte und Hochschulangehörigen der ehemaligen DDR spontan und ohne jede Vorbildung in diesen Beruf, wodurch die Lage weiter verschärft wurde. In dieser Situation, in der es darum ging, einen bisher nicht vorhandenen Berufszweig neu zu etablieren, wurde der Mangel an überbetrieblichen Aus- und Weiterbildungsangeboten besonders deutlich. Angesichts der Liberalisierungsbestrebungen in der EU wird es ein Standesrecht wie bei Wirtschaftsprüfern oder Steuerberatern bei Unternehmensberatern nicht geben. Bei allen Beteiligten hat sich die Auffassung verfestigt, dass die Grundlage eines Schutzes der Berufsbezeichnung neben einer re-
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WEITERBILDUNG FÜR UNTERNEHMENSBERATER AN DER HOCHSCHULE
levanten Berufspraxis eine tragfähige Aus- und Weiterbildungskonzeption sein muss. Auch die gegenwärtige Diskussion um einen Ausbildungsstandard für den „Certified Management Consultant (CMC)“ weist in diese Richtung. Die Beraterverbände (z.B. Bundesverband Deutscher Unternehmensberater – BDU) und andere Institutionen (z.B. RKW) bieten inzwischen Aus- und Weiterbildungsseminare für Unternehmensberater in Kurz- und Intensivform an. Die meisten der großen internationalen Beratungsunternehmen führen diese Ausbildung hausintern durch, allerdings größtenteils „on-the-job“. Kleine und mittelständische Beratungsfirmen können oder wollen es sich meist nicht leisten, beratungsspezifisch gründlich auszubilden. Die Vermittlung des berufsspezifischen Know-hows erfolgt im wesentlichen wie vor 30 Jahren durch „Learning by doing“. Nun ist on-the-job-Training ein unverzichtbares Element jeder modernen Ausbildungskonzeption. Gerade in der Unternehmensberatung macht das Erfahrungswissen, das in verschiedenen Unternehmen und Branchen gewonnen wird, ein Großteil des „Human Capitals“ eines Unternehmensberaters aus. Allerdings ist Unternehmensberatung keine Geheimwissenschaft. Es ist nicht einzusehen, warum dieses Fach nicht auch als Hochschul-Disziplin verankert werden kann. Unternehmensberatung ist ein eigenständiges Berufsfeld mit klar definierten Schnittstellen zu anderen wirtschaftsberatenden Berufen, wie z.B. Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern. Während „Betriebliche Steuerlehre“ und „Wirtschaftsprüfungs- und Treuhandwesen“ längst etablierte Lehrgebiete an wissenschaftlichen Hochschulen sind und es für andere Dienstleistungen wie Banken und Versicherungen ein ausdifferenziertes Lehrangebot auf Hochschulebene gibt, suchte man nach einem entsprechenden Lehrangebot für Unternehmensberater lange Zeit vergeblich. Bei Gründung des MBA-Weiterbildungsstudiengangs Internationale Unternehmensberatung (MBA – IMC®) im Jahre 1995 an der Fachhochschule Ludwigshafen existierte im gesamten deutschsprachigen Raum kein Hochschullehrangebot für „Unternehmensberatung“, obwohl diese Branche wesentlich höhere Wachstumsraten als alle anderen betriebswirtschaftlichen Dienstleistungen aufweist. Diese Feststellung trifft nach unserer Kenntnis weitgehend auch für die Länder im anglo-amerikanischen Sprachraum zu.
WEITERBILDUNG FÜR UNTERNEHMENSBERATER AN DER HOCHSCHULE
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2. Bedarf und Zielgruppen einer Hochschulausbildung für Berater Der Bedarf an Unternehmensberatern wird weiter steigen, auch im öffentlichen Bereich. Die Konzentrationstendenzen in der Wirtschaft, die Globalisierung und die Marktöffnung nach Osten hat die Nachfrage nach seriösen Beratungsdienstleistungen weiter gefördert. Die Wachstumsraten sind in den letzten Jahrzehnten meistens zweistellig gewesen. Eine qualifizierte Ausbildung ist eine Grundvoraussetzung für eine anspruchsvolle Beratertätigkeit. Aber auch abseits der etablierten Unternehmensberatungsfirmen sprechen mehrere Entwicklungen dafür, dass der Bedarf an Berater-Knowhow weiter zunehmen wird: Markteintritte: Neben der Kernbranche „Unternehmensberatung“ sind in den letzten Jahren, angezogen durch die hohen Wachstumsraten der Beratungsbranche, neue Wettbewerber in den Beratungsmarkt eingestiegen. Unternehmen versuchen, teilweise schon seit Jahren, ihr unternehmensspezifisches Know-how im Rahmen einer Beratertätigkeit zu vermarkten (z.B. Lufthansa Consulting, Porsche Consulting). IT-Consulting: Die Logik des Zusammenwachsens von IT-naher Beratung und klassischer Beratung äußert sich nicht nur in entsprechenden Fusionen und Akquisitionen (z.B. IBM Consulting und PriceWaterhouseCoopers, EDS und AT Kearney), sondern auch in einem entsprechenden Fortbildungsbedarf. Internes Consulting: Großunternehmen bauen in zunehmendem Maße eigene, interne Consultingabteilungen auf. Wichtige Motive sind dabei eine gewisse Unabhängigkeit von externen Beratungsangeboten, Kostenerwägungen und / oder Personalentwicklungsmöglichkeiten für die eigenen Mitarbeiter. Berater-Skills und General Management-Fähigkeit wachsen zusammen. Auch diese Eigenersteller der Beratungsleistung suchen nach Qualifizierungsangeboten für ihre Mitarbeiter. Neudefinition der Personalbereiche: Im Rahmen der Suche der Personalbereiche nach ihrer zukünftigen Rolle wird immer häufiger die beratende Funktion der Human Resources Spezialisten hervorgehoben, auch bei der Gestaltung firmeninterner Veränderungsprozesse. Veränderung der Bankenlandschaft: Die Banken trennen sich gegenwärtig zwar eher von eigenen Unternehmensberatungseinheiten, gleichzeitig wird
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WEITERBILDUNG FÜR UNTERNEHMENSBERATER AN DER HOCHSCHULE
das Firmenkundengeschäft immer anspruchsvoller. Das Berufsbild des Firmenkundenbetreuers geht weg vom Kreditgeber und nähert sich dem Berufsbild des Unternehmensberaters an. Gesundheitswesen: Die Health Care – Beratung ist in Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern (z.B. USA, Großbritannien) unterentwickelt. Ärzte entdecken hier ein neues Betätigungsfeld. Zusammenwachsen von Training und Beratung: Standard-ManagementTrainings werden hinsichtlich ihrer Effektivität zunehmend hinterfragt. Von Trainern wird deshalb in steigendem Maße eine Beraterkompetenz erwartet, die es dem Trainer ermöglicht, Veranstaltungen an die spezifischen Bedürfnisse der Unternehmen und die aktuellen Fragestellungen der Mitarbeiter anzupassen. Fazit: Qualifizierte Berater sind immer noch Mangelware. Der Wettbewerbsdruck und die Anspruchshaltung der Klienten erfordern andererseits eine immer stärkere Professionalisierung der Vorgehensweisen. Die derzeitigen Nachwuchskräfte haben in der Regel einen wirtschaftswissenschaftlichen oder ingenieurwissenschaftlichen Hochschulabschluss und werden erst nach Eintritt in das Beratungsunternehmen beratungsspezifisch ausgebildet. Im Folgenden wird am Beispiel des MBA-Weiterbildungsstudiengangs Internationale Unternehmensberatung der Fachhochschule Ludwigshafen gezeigt, wie ein Studienangebot für die spezifischen Bedürfnisse der Beraterbranche angelegt werden kann.
3. Der MBA-Weiterbildungsstudiengang Internationale Unternehmensberatung an der Fachhochschule Ludwigshafen (MBA – IMC®) 3.1 Historie des Studiengangs Bei der Gründung des Studiengangs MBA – IMC® im Jahre 1995 handelte es sich um eine echte Lehrgebietsinnovation (Steuerlehre und Wirtschaftsprüfung waren Anfang der 30er Jahre in der gleichen Situation). Der Studiengang wurde zunächst als Modellstudiengang konzipiert und während dieser Zeit mit Landes- und Bundesmitteln gefördert. Inzwischen finanziert sich der Studiengang zum großen Teil über die erhobenen Studiengebühren selbst.
WEITERBILDUNG FÜR UNTERNEHMENSBERATER AN DER HOCHSCHULE
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Es handelt sich um ein berufsbegleitendes Programm: Die Veranstaltungen des zweijährigen Studiums (4 Semester) finden pro Semester an 9 Wochenenden freitags und samstags ganztägig in Ludwigshafen statt. Das letzte Wochenende wird für Klausuren sowie Vertiefungsveranstaltungen genutzt. Die wissenschaftliche Begleitung stellte die Fachhochschule Ludwigshafen in der zweijährigen Modellphase in Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Wissenschaft, Weiterbildung, Forschung und Kultur des Landes Rheinland-Pfalz sicher. Der Studiengang wurde jeweils zu Beginn und am Ende der Modellphase von den zuständigen staatlichen Stellen in Deutschland geprüft und von der Partner-Universität, der University of Lincoln/GB, validiert. 1997 wurde MBA – IMC® als regulärer Studiengang vom zuständigen Ministerium anerkannt. Für die Beurteilung der Lehrkonzeption war ein internationaler Arbeitskreis tätig, dem neben den Lehrkräften des Modellversuchs Führungskräfte der Beraterbranche angehörten, die oft gleichzeitig die Sichtweise eines Beraterverbandes abdeckten. Auf diese Weise wurden nicht nur der Bundesverband Deutscher Unternehmensberater (BDU) einbezogen, sondern auch die FEACO als Dachverband europäischer Beraterverbände sowie Vertreter des schweizerischen, des italienischen des japanischen Verbandes und mit ACME des größten amerikanischen Beraterverbandes. Nach Änderung des deutschen Hochschulrechts, das nun eine eigenständige Vergabe des MBA-Titels durch deutsche Hochschulen zulässt, und nach erfolgter Akkreditierung von MBA – IMC® durch die FIBAA erfolgt die Titelvergabe seit 2002 eigenständig durch die Ludwigshafen University of Applied Sciences. Die formale Kooperation bei der Titelvergabe mit der University of Lincoln wurde beendet, eine Kooperation im Rahmen der Lehre besteht weiterhin. 3.2 Gesamtzielsetzung und Zulassungsvoraussetzungen des Studiengangs Die Berufsbezeichnung „Unternehmensberater/Management Consultant“ ist, wie bereits ausgeführt, in den meisten Ländern rechtlich nicht geschützt. Wesentliche Grundlage eines Qualifizierungsnachweises für Unternehmensberater ist deshalb eine an den professionellen Anforderungen des Berufsstandes ausgerichtete Aus- und Weiterbildungskonzeption mit staatlich anerkanntem Abschlussgrad. Ziel von MBA – IMC® ist es, als Benchmark in der Beraterausbildung anerkannt zu werden und Fach- und Füh-
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rungskräfte, die beratend tätig sind oder sein wollen, auf einem entsprechend hohen Niveau auszubilden. Grundsätzlicher Zweck einer MBA-Ausbildung ist die Weiterqualifizierung von Fach- und Führungskräften. Neben der Vermittlung von Fachwissen der Betriebswirtschaft sowie der Unternehmensberatung sind der Aufbau und Ausbau von sozialer und interkultureller Kompetenz, interdisziplinärem Denken, Problemlösungskompetenz, kommunikativen Fähigkeiten und Führungspotenzial erklärte Ziele des Studiengangs, die sich in Inhalten und Durchführung widerspiegeln. Dieser Ansatz wurde in der Prüfungsordnung des Studiengangs aufgenommen: „Die Prüfung soll den Nachweis erbringen, dass die Studierenden zur qualifizierten Berufsausübung als Unternehmensberater befähigt sind. Mit der Prüfung soll im Einzelnen festgestellt werden, ob die Studierenden die für die internationale Berufsausübung erforderlichen Fachkenntnisse erworben haben, die Zusammenhänge des Faches überblicken und die Fähigkeit besitzen, die berufsspezifischen, wissenschaftlichen Erkenntnisse und Methoden selbstständig anzuwenden“ (§ 3 Zweck der Prüfung). Die Prüfungen werden Studien begleitend zeitnah zum Ende eines Unterrichtsblocks angeboten, und zwar in jedem Semester. Mit der Abschlussarbeit kann bereits im 4. Semester begonnen werden, nach Bestehen aller Abschlussprüfungen. Deshalb wird die Veranstaltung „Wissenschaftliche Methoden“ als Vorbereitung auf die Anfertigung der Abschlussarbeit immer zu Beginn des 3. Semesters angeboten. Auf Grund der bestandenen Prüfung verleiht die Fachhochschule Ludwigshafen am Rhein den Hochschulgrad „Master of Business Administration“ mit der Abkürzung „MBA“. Die Zulassung zum Studium setzt voraus: 1.
ein abgeschlossenes Studium an einer Fachhochschule oder einer Universität,
2.
eine in der Regel dreijährige Berufserfahrung nach dem Studium,
3.
eine berufliche Tätigkeit während des Weiterbildungsstudienganges und
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den Nachweis darüber, dass die Studierenden Lehrveranstaltungen in englischer Sprache folgen können.
Eine große Bandbreite der beruflichen Erfahrung bei den Teilnehmern ist gewollt und unterstützt den interdisziplinären Ansatz, der dem Studiengang
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zugrunde liegt. Eine Berufsgruppe soll nicht mehr als max. 30 % an der Zusammensetzung einer Studiengruppe ausmachen. Ein hoher Anteil der Studierenden mit einem fremdkulturellen Kontext ist ein erklärtes Ziel. Da das Potenzial an Studierenden mit einem fremdkulturellen Hintergrund und den notwendigen Deutschkenntnissen beschränkt ist, ist ein rein englischsprachiger Studiengang in Vorbereitung, der zusätzlich angeboten wird. 3.3 Inhaltliches Konzept Die typischen Elemente der General Management-Ausbildung sind in diesem MBA-Studiengang aufgenommen. Sie werden weitgehend aus der Perspektive eines Top Management Beraters betrachtet. In Übereinstimmung mit den Grundsätzen eines MBA-Studiengangs, aber auch mit den Anforderungen des Beraterberufs, ist der Studiengang stark interdisziplinär aufgebaut. Die Spezifika des Studiengangs ergeben sich aus der Projektorientierung und der Anwendungsorientierung für Berater. So werden beispielsweise bei dem Thema „strategisches Management“ nicht nur Grundsätze strategischer Planung behandelt, sondern auch das konkrete Projekt-Design eines Strategieprojekts, das nicht nur die Strategiegenerierung, sondern auch die erfolgreiche Strategieimplementierung umfasst. Diese anwendungsorientierte Sichtweise wird bei allen Themenkomplexen verfolgt. Dabei wird nicht ein bestimmter Beratungsansatz verfolgt. Vielmehr werden im Studiengang bewusst unterschiedliche Beratungsansätze und ihre theoretischen Grundlagen vorgestellt, um dem Studierenden die Fähigkeit zu vermitteln, die Entscheidung für einen Ansatz entsprechend dem situativen Kontext zu treffen und verschiedene Ansätze problemspezifisch zu kombinieren. „Harte“ und „weiche“ Faktoren des Beratungsprozesses werden als zwei Seiten derselben Medaille betrachtet. Ein erklärtes Ziel des Studiengangs ist es, die internationale Sichtweise der verschiedenen Managementaspekte zu gewährleisten. Dies drückt sich neben der Zusammensetzung der Studierenden im Erfahrungshintergrund der Lehrenden, die in der Regel internationale Beratungserfahrung haben, sowie den konkreten Inhalten der Module aus. Die Lehrenden werden ausdrücklich auf die Betonung der internationalen Aspekte ihres Faches verpflichtet. Unternehmensberater gehören zu den Berufsgruppen, für die eine
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umfassende Internationalisierung ihres Tätigkeitsgebietes kein neues Thema ist. Mit der beschleunigten Globalisierung und der Öffnung zum Osten hat die Internationalität des Beratungsgeschäftes eine neue Dimension erhalten. In der Reaktionsgeschwindigkeit hat sich wiederum gezeigt, dass die Beratungsbranche mit grenzüberschreitenden Aktivitäten keinerlei Probleme hat. Im Einzelnen werden die folgenden Lehrveranstaltungen angeboten: Einführung in die internationale Unternehmensberatung (4 Tage) • Überblick über den internationalen Beratungsmarkt • Internationalisierungsstrategien von Beratungsunternehmen • Grundlagen internationaler Organisation und Projektorganisation in der Beratung • Arbeiten mit multikulturellen Teams • Begleitung der Internationalisierungsaktivitäten von Unternehmen als Beratungsprodukt • Relevanz des interkulturellen Managements und der interkulturellen Kommunikation für die internationale Unternehmensberatung Führung von Beratungsunternehmen (4 Tage) • Strategische Führung • Organisatorische Führung • Soziale Führung (Human Resource Management) • Finanzmanagement • Operative Führung • Qualitätsmanagement Recht der Unternehmensberatung (2 Tage) • Rechtliche Gestaltung des Beratungsunternehmens • Rechtsaspekte der Berater-/Klientenbeziehung Beratungsprozess (10 Tage) • Beratungsmarketing und Auftragsakquisition • Auftragsdurchführung und Qualitätssicherung • Auftragsbeispiele
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Beratungsinhalte / Problemlösungsmethoden I + II (20 Tage) • Strategieberatung • Sanierungsberatung • Geschäftsprozessoptimierung und Kostensenkungsberatung • Value Chain-Beratung (Supply Chain Management, Marketing Beratung) • IT-Beratung und E-Business Beratung • Neuere Ansätze der Unternehmensberatung (z.B. Interne Beratung, Lean Consulting, Balanced Scorecard) • Change- und Wissensmanagement • Kreative Problemlösungsmethoden Beratungskommunikation (6 Tage) • Verhandlungs- und Präsentationstechnik • Visualisierungsübungen • Moderationstechnik • Konfliktmanagement • Interkulturelle Kommunikation Beratungspsychologie (2 Tage) • Psychologie der Führung von Beraterteams • Psychologische Aspekte und kritische Situationen • in der Berater-/Klientenbeziehung Grundlagen allgemeiner BWL und VWL (4 Tage) • Überblick über die betriebswirtschaftlichen Funktionen • Externes Rechnungswesen/Internes Rechnungswesen und Controlling • Investitionsrechnung und Finanzierung • Volkswirtschaft für Unternehmensberater
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Ethik in der Unternehmensberatung (2 Tage) • Wirtschaftsethik • Beraterethik Wissenschaftliche Methoden (2 Tage) • Inhalte und Methodik der Forschungsarbeit • Suche und Nutzung von wissenschaftlichen Informationen Wahlpflichtfach Fremdsprache (8 Tage) • in der Regel Wirtschaftsenglisch.
3.4 Personalkonzept, didaktisches Konzept und Qualitätssicherung Im Studiengang sind zwei hauptamtliche Professoren tätig: Herr Prof. Dr. Rolf-Dieter Reineke (Studiengangleiter) und Frau Prof. Dr. Christel Niedereichholz, die in der Gründungsphase des Studiengangs federführend war. Der weitere Lehrkörper rekrutiert sich aus Führungskräften bekannter Firmen aus Unternehmensberatung, Dienstleistungs- und Industrieunternehmen. Die Veranstaltungen werden in deutscher und englischer Sprache durchgeführt, insgesamt ergibt sich ein englischsprachiger Anteil von ca. 30 %. Die Master Thesis ist vollständig in Englisch zu verfassen. Die Präsentation der Gruppenarbeiten durch die Studierenden erfolgt häufig in englischer Sprache, Lehrende aus dem Ausland führen ihre Veranstaltungen komplett in Englisch durch. Die Klausurstellung erfolgt zum Teil in englischer Sprache. Die Vermittlung der Studieninhalte im Rahmen von zweitägigen workshopartigen Veranstaltungen führt zu einer unmittelbaren Anwendbarkeit der Inhalte. Entsprechend dem MBA-Ansatz wird dabei häufig mit der Fallstudien-Methode gearbeitet, in der Regel auf Basis von Fällen aus der eigenen Beratungspraxis der Dozenten, so dass die Studierenden zusätzlich von dem impliziten Erfahrungswissen der Dozenten profitieren können. Ergänzend werden Lehrgespräche, Simulationen, Rollenspiele etc. eingesetzt. In den Gremien des Studiengangs, Course Committee und Advisory Board, werden unter anderem regelmäßig Vorschläge von Studierenden und Experten zu neuen Inhalten diskutiert und weiterentwickelt.
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Das Course Committee soll den Studierenden die Möglichkeit geben, aktiv an der Verbesserung und Weiterentwicklung des Studiengangs mitzuwirken. Es soll das Verständnis vermittelt werden, dass die Studierenden im Rahmen der konzeptionellen und organisatorischen Grenzen Eigenverantwortung für den Studiengang tragen dürfen und sollen. Das Course Committee trifft sich einmal pro Semester. Alle Fragen und Anregungen werden in diesem Gremium bearbeitet. Die Studierenden wählen jeweils pro Semestergruppe einen Vertreter für das Course Committee. Mitglieder des Course Committees sind die hauptamtlichen Professoren des Studiengangs, die Geschäftsführung, sowie jeweils ein Vertreter der Studierenden pro Semestergruppe. Das Advisory Board soll die Begleitung des Studienangebots durch kompetente und namhafte Vertreter der Beratungsbranche sicherstellen. Ziel ist es, die Weiterentwicklung des Studiengangs am „Puls der Zeit” auszurichten und durch regelmäßige Sitzungen zu institutionalisieren. Als weitere Qualitätssicherungsmaßnahmen sind eingeführt: • Regelmäßige Debriefing – Gespräche zwischen Studiengangleitung und Dozenten. • Verteilung und Auswertung von Feedbackbögen nach jeder Veranstaltung. Die meisten Dozenten machen zudem eine persönliche Feedbackrunde am Ende einer Veranstaltung. • Formalisiertes Qualitätssicherungsprogramm am Ende des Studiums. Ein aktives Alumni-Netzwerk gibt nicht nur die Möglichkeit, am Erfolg der ehemaligen Studierenden die Qualität des Programms final zu beurteilen, sondern ist auch eine Quelle zusätzlicher Wertschöpfung für die aktiven und ehemaligen Studierenden.
4. Wettbewerbssituation und Ausblick Relativ wenige Hochschulen vertreten in Form von Lehreinheiten oder Studiengängen das Thema Unternehmensberatung und diese – bis auf Ausnahmen – nicht als Weiterbildungsstudiengang. Unternehmensberatung ist als wissenschaftlicher Schwerpunkt nach unserer Kenntnis nur an wenigen Hochschulen vertreten, meistens als Wahlpflichtfach im Rahmen eines grundständigen betriebswirtschaftlichen Studiums.
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Trotz der Spezialisierung sieht sich der Studiengang auch im Wettbewerb zu allgemeinen MBA-Angeboten ohne Themen – oder Branchenspezialisierung. Dies ergibt sich aus der gewollten Orientierung des Studiengangs MBA – IMC® an den Inhalten der General Management Ausbildung und der Vermittlung der entsprechenden Schlüsselqualifikationen. Auch international hat der Studiengang große Anerkennung gefunden. Hochschulen in anderen Ländern haben konkrete Schritte eingeleitet, um die Idee des Themenschwerpunkts Internationale Unternehmensberatung mit Hilfe des Studiengangs MBA – IMC® zu übernehmen. Die Modularisierung begünstigt national und international Kooperationen mit Hochschulen und anderen Bildungsanbietern oder -nachfragern und ein ausdifferenziertes Angebot, auch in Zusammenarbeit mit Unternehmen außerhalb der Beraterbranche. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Praxis des Unternehmensberaters durch nichts zu ersetzen ist. Eine fundierte Hochschulausbildung kann dafür aber eine gute Basis bilden. Als Forschungsgebiet steht Unternehmensberatung noch am Anfang der Entwicklung.
Zum Autor: Prof. Dr. Rolf-Dieter Reineke hat Volkswirtschaft studiert und an einem betriebswirtschaftlichen Institut der Universität Münster promoviert. Anschließend war er fünf Jahre bei zwei großen Beratungsunternehmen tätig. Er wurde dann Professor für Internationales Management in Dresden, bevor er 1998 die Leitung des MBA-Weiterbildungsstudiengangs Internationale Unternehmensberatung an der Fachhochschule Ludwigshafen übernahm. www.i-imc.de
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Das Aufbaustudium MBA in Human Resources Management & Consulting der Hochschule Pforzheim Von Prof. Dr. Jürgen Janovsky, Leiter des Studiengangs
Konzeption Das Aufbaustudium Master of Business Administration (MBA) in Human Resources Management & Consulting (HRM&C) ist ein 15monatiges Fortbildungs-Programm für Absolventen wirtschafts- und sozialwissenschaftlicher Studiengänge. Dabei werden im Wesentlichen zwei Berufsfelder fokussiert: • Der strategisch ausgerichtete HR-Manager oder Personalentwickler als Business Partner der Geschäftsleitung • Der externe Management-Berater oder Inhouse-Consultant, auch als Personalentwickler mit Prozessberater-Perspektive Das Programm richtet sich an Akademiker mit Berufserfahrung.
Ziele und Inhalte des Studiums Die Zielsetzung des Masterstudiums besteht darin, eine wissenschaftlich fundierte Zusatzausbildung anzubieten, in der aktuelle Konzepte des strategisch orientierten Human Resources Management und der Unternehmensberatung präsentiert und diskutiert werden; im Vordergrund stehen überdies Fragen zur Verbesserung der Methoden- und Sozialkompetenz bei den Teilnehmern. Für die beiden inhaltlichen Schwerpunkte werden folgende Kernthemen adressiert: • Die Akzente im Bereich des HR Management sind strategischer und/oder internationaler Natur und konzentrieren sich zudem auf den Aspekt der Personalentwicklung • Beim Consulting bilden zentrale Felder der Beratungsarbeit, wie zum Beispiel Organisationsentwicklung, Geschäftsprozessoptimierung sowie Vorgehensweisen bei Consulting-Projekten, den Fokus.
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DAS AUFBAUSTUDIUM MBA
Ausgangsbasis
Akzente der Qualifizierung
Berufsbilder
Studium der Wirtschaftsoder Sozialwissenschaften
Prozesskompetenz Transferkompetenz Fachwissen zur Unternehmensentwicklung
HR Manager Personalentwickler Externe ManagementBerater Inhouse-Consultants
Im Mittelpunkt stehen neben den fachlichen Grundlagen zu HR Management & Consulting die Vermittlung der Prozesskompetenz und der Transferkompetenz, einerseits die Beeinflussung von Verhaltensprozessen in Organisationen, andererseits die Umsetzung von Fachwissen. Bei den ergänzenden fachlichen Themen der Unternehmensentwicklung (in betriebswirtschaftlicher, volkswirtschaftlicher und sozialwissenschaftlicher Hinsicht) geht es darum, die analytisch-konzeptionellen Fähigkeiten und Fertigkeiten der Teilnehmer zu verbessern.
DAS AUFBAUSTUDIUM MBA
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Arbeitsformen und Zusammensetzung der Studenten-Teams Abhängig von den Lehrinhalten werden unterschiedliche didaktische Lehrkonzepte genutzt. Die reine Vorlesung im Sinne des Frontalunterrichts gibt es praktisch nicht. Da das Studium in kleinen Gruppen erfolgt, können in hohem Maße teilnehmeraktivierende Lehrmethoden eingesetzt werden; dies sind Fallstudienarbeit, Präsentationen, Referate und moderierte Gruppenarbeiten. Außerdem werden in Blockveranstaltungen Trainingsseminare und Übungen durchgeführt (interkulturelles Training, Moderation von Gruppen, Präsentationstraining, Projektmanagement, Teamentwicklung). U.a. wird dadurch die soziale Kompetenz hinsichtlich konstruktiver Kommunikation und Gesprächsführung, Kooperation sowie Konfliktfähigkeit weiterentwickelt. Die Teams werden international zusammensetzt, was die Vermittlung von Themen in Fragen des interkulturellen Management erleichtert. Beim Vorläufer dieses Studiengangs kamen die Student/innen aus folgenden Ländern: • Europa: Deutschland, Frankreich, Niederlande, Polen, Russland, Türkei • Amerika: Brasilien, Ecuador, Kanada, Mexiko, Peru • Asien: China, Indien, Kasachstan, Thailand Insgesamt lag der Ausländeranteil bei etwas über 30 %. Neben den Seminaren führen die Studierenden in kleinen Teams (während der vorlesungsfreien Zeit) Projekte mit vorwiegend internationaler Orientierung durch. Es handelt sich hierbei um reale Aufträge aus der Wirtschaft, die die Studierenden mit Unterstützung durch das Dozententeam bearbeiten. Die Zusammenarbeit mit den Dozenten reicht von der Entwicklung des Projekt-Designs über die Supervision der Projektdurchführung bis zur Qualitätskontrolle vor Einreichung des Projektberichts beim Auftraggeber. Die bisherigen Projekte und Fallstudien wurden in folgenden Staaten durchgeführt: • Europa: Deutschland, Großbritannien, Lettland, Niederlande, Portugal, Spanien • Amerika: Brasilien, Mexiko, Peru, USA • Asien/Ozeanien: Australien, China, Indonesien, Thailand
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DAS AUFBAUSTUDIUM MBA
Verlauf des Studiums und Studiengebühren Die Regelstudienzeit beträgt drei Semester und kann durch Einschluss der vorlesungsfreien Zeit auf 15 Monate verkürzt werden. Innerhalb dieser Zeit werden die Teilnehmer des Masterstudiums auf die speziellen Anforderungen einer international ausgerichteten Tätigkeit im HR Management und Consulting vorbereitet. Das Präsenzstudium findet in den beiden ersten Semestern ganztägig an den Tagen Donnerstag bis Samstag statt. Hierdurch ist eine berufliche Tätigkeit in Teilzeit möglich.( und auch erwünscht.). Im 3. Studiensemester arbeiten die Student/innen im Wesentlichen an der Durchführung eines Projekts, das die Grundlage der Master-Thesis darstellt, und der begleitenden Projektsupervision. Das Studium kann jeweils im Oktober jeden Jahres begonnen werden. Zum überwiegenden Teil erfolgt der Unterricht auf Deutsch. Die Studiengebühren betragen für drei Semester insgesamt 6.400 Euro.
Institutionelle Anbindung und Kooperationen Institutionell verankert ist der Studiengang im Bereich Personalmanagement der Hochschule Pforzheim; die dort arbeitenden Dozenten verfügen über umfassende praktische und akademische Berufserfahrungen in Fragen des HR Management und des Consulting. Ca. 30 % der Lehrveranstaltungen werden von externen Dozenten aus dem HR Management oder der Beratung übernommen. Dadurch wird ein enger Bezug zu aktuellen betriebswirtschaftlichen Themen in der betrieblichen Praxis sichergestellt. Ein Teil des Lehrprogramms zum Interkulturellen Management wird in Kooperation mit der Universität Twente, Niederlande (Master-Studiengang Human Resources Management) realisiert. Weiterhin besteht eine Zusammenarbeit mit der Merck University (Darmstadt), der Universität La Coruna (Spanien) sowie der renommierten Management-Hochschule ISCTE aus Lissabon; im Vordergrund steht die Durchführung gemeinsamer Fallstudien und Studienprojekte. Unternehmenskooperationen: Zu den beteiligten Unternehmen zählen u.a. Boehringer Ingelheim, Robert Bosch, DaimlerChrysler, Detecon International, Interprojects, Kienbaum Management Consultants, McKinsey, Merck, Roland Berger, SAP und Siemens.
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Zulassungsvoraussetzungen Zulassungsvoraussetzung ist ein überdurchschnittlicher Hochschulabschluss in einem wirtschafts- oder sozialwissenschaftlichen Studium und eine mindestens einjährige Berufserfahrung oder ein Abschluss in einem anderen Hochschulstudium verbunden mit dem Nachweis über eine mindestens einjährige einschlägige Berufspraxis. Die Zulassung erfolgt aufgrund der Prüfung der eingereichten Unterlagen und des Ergebnisses eines Auswahlgesprächs. Auswahlkriterien sind Studienmotivation, soziale Kompetenz, Darstellungsfähigkeit, Auslandserfahrung und berufliche Tätigkeiten.
Berufliche Perspektiven/Arbeitsmarktbedarf Der Studiengang wurde 2000 - 2004 ausschließlich für den Schwerpunkt Consulting angeboten. Zur beruflichen Entwicklung der Absolventen ist folgendes festzuhalten: Mehr als 80 Prozent aller MBA-Absolvent/innen üben spätestens sechs Monate nach ihrem Studienabschluss eine hoch qualifizierte Tätigkeit im Consulting-Bereich bei renommierten Unternehmen im In- und Ausland aus oder sind als selbständige Berater tätig. Der Anteil der Selbständigen variierte zwischen 30 (1. Jahrgang) über 45 (3. Jahrgang) bis über 60 (2. Jahrgang) Prozent. Trotz der derzeit angespannten Lage auf dem Arbeitsmarkt ist von einem in den nächsten Jahren steigenden Bedarf an Hochschulabsolvent/innen in den Bereichen HR Management & Consulting auszugehen. Wichtige Einsatzfelder sind hierbei strategische und internationale Aufgaben des Personalmanagement sowie die Prozessberatung im Consulting-Bereich.
Information: www.pforzheim-graduate-school.de Zum Autor: Prof. Dr. Jürgen Janovsky ist Leiter des Studiengangs und Professor für Internationales Management und Innovations-Management an der Hochschule Pforzheim. Er verfügt über 15jährige Beratungserfahrung als Mitarbeiter der Konzerne GOPA-Consultants (Bad Homburg) und TSD (Sophia-Antipolis/ Frankreich), mit Mandaten in West- und Ost-Europa, Asien, West-Afrika, der Karibik und Ozeanien .
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Firmenspezifische Weiterbildung – Auslöser und Begleiter gewollter Entwicklung von Dipl.-oec. Andreas Werner, Geschäftsführer Horst Rückle Team GmbH, Böblingen „Von Anfang an war mein beruflicher Weg vom Verkäufer zum Verkaufstrainer, daraufhin zum Gründer und Leiter eines internationalen Beratungs- und Trainingsunternehmens und zum Managementtrainer und Coach, bestimmt durch Versuch und Irrtum. Als gelernter Kaufmann arbeitete ich zunächst nebenberuflich und später hauptberuflich als Verkäufer im Außendienst. Um meine verkäuferischen Fähigkeiten zu entwickeln und zu verbessern, zeichnete ich lange Zeit meine Verkaufsgespräche auf einem Tonbandgerät auf und schrieb sie Wort für Wort ab. Als ich geschrieben sah, was ich gesagt hatte, und las, wie meine Gesprächspartner reagiert hatten, erkannte ich mehr und mehr meine Fehler. So war es mir möglich, meine Ausdrucksweise zu verbessern. Das Resultat zeigte sich deutlich in meinen verkäuferischen Erfolgen. Als mir angeboten wurde, hauptberuflich Verkaufsleiter zu werden und die mir zugeordneten Außendienstkollegen zu trainieren, sagte ich zu. Ich merkte schnell, dass ich meinen Traumberuf gefunden hatte. Alles Weitere kam wie von selbst. Meine Marktanalysen ergaben, weshalb viele auf die Schablone eines Trainers eingeschworenen Seminarteilnehmer keine dauerhaft positiven Entwicklungen zeigten. Auch meine Mitarbeiter, die externe Seminare besucht hatten, waren durch diese nicht wirklich besser geworden. Schlimmer noch – es gab mehr Konflikte als vorher. In Gesprächen versuchten wir das Problem zu lösen. Es ergab sich deutlich, dass das, was die Teilnehmer übernehmen mussten, oft in deutlichem Widerspruch zu dem stand, was in der jeweiligen Unternehmenskultur gewollt und für den internen wie externen Umgang notwendig war. Dieser Erkenntnis folgend, entwickelte ich nach entsprechenden Ist-Analysen zielorientierte, kulturrepräsentierende, teilnehmerbezogene und damit firmenspezifische Maßnahmen, die neben dem verkaufs- und führungspsychologischen Teil auch kognitives Wissen und Nutzenargumentation vermittelten. Die Erfolge, die zunächst meine Mitarbeiter und später die Kunden des hr TEAM mit dieser besonderen Art des Trainings und der entsprechenden Beratung erzielten, und die Wünsche der Teilnehmer nach weiteren Trainingsmaßnahmen bestätigten die Richtigkeit der Vorgehensweise. Dies festigte den Entschluss zur heute noch genauso nachgefragten firmenspezifischen Beratungs- und Trainingsarbeit des hr TEAM.“ (Horst Rückle, Gründer des hr TEAM)
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FIRMENSPEZIFISCHE WEITERBILDUNG
Die vom Gründer und langjährigen geschäftsführenden Gesellschafter des hr TEAM entwickelte Trainings- und Beratungsphilosophie lässt sich am einfachsten in der nachfolgenden Grafik darstellen:
Werte (wie) Wie will ein Unternehmen wahrgenommen werden (eigene Kultur und Auftritt im Markt)
Firmenspezifische Trainingsund Beratungsmaßnahmen
Ziele (was) Ertrags- oder Werteorientierung; Strategien und Maßnahmen zur Erreichung des Ziels
Zielgruppen (wer) Die Personen, mit denen die Ziele erreicht werden sollen
Um den Prozess der Entstehung firmenspezifischer Trainings- und Beratungsmaßnahmen für interessierte Trainer und Berater transparent zu machen, ist nachfolgend die Vorgehensweise zur Erstellung des Systems der bedarfsgerechten Weiterbildung dargestellt.
Ausgangssituation Für viele Unternehmen wird es immer wichtiger, interne Weiterbildung, Trainings- und Seminarmaßnahmen zielorientiert, wertebestimmt und bedarfsgerecht zu planen, zu steuern und durchzuführen. Das System der individualisierten Weiterbildung gibt die Möglichkeit, anforderungs- und be-
FIRMENSPEZIFISCHE WEITERBILDUNG
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darfsgerecht für den einzelnen Mitarbeiter die Seminarplanung- und -realisierung sicherzustellen. Die Mitarbeiter und Führungskräfte werden dabei eingebunden, sie haben die Möglichkeit, ihre eigene Einschätzung über den Weiterbildungsbedarf einzubringen und mit der Einschätzung des jeweiligen Vorgesetzten abzugleichen. Aufgrund der Ergebnisse der Selbstund Fremdeinschätzung entsteht eine Übersicht über Trainingsinhalte, die für die Gesamtzielgruppe und jeden einzelnen Teilnehmer wichtig sind. So ist sichergestellt, dass individuell an den Fähigkeiten und Fertigkeiten des einzelnen Mitarbeiters gearbeitet wird. Mitarbeiter nehmen ganz gezielt an den zugeordneten Maßnahmen teil, die es ihnen ermöglichen, sich bedarfsgerecht weiterzuentwickeln.
Festlegung der Anforderungen Für die definierte Zielgruppe, z.B. Verkäufer im Außendienst, Führungskräfte aller Bereiche, Sachbearbeiter etc., wird im Rahmen eines oder mehrerer Workshops ein Anforderungsprofil erstellt. Die Anforderungen an die jeweiligen Zielgruppen resultieren aus den Aufgaben, die heute und zukünftig wahrgenommen werden müssen. Zudem resultieren sie aus der betrieblichen Funktion und aus den Unternehmenswerten und den Unternehmenszielen. Dabei ist darauf zu achten, dass der Anforderungskatalog überschaubar bleibt. In einem weiteren Arbeitsschritt, im Workshop, werden dann beobachtbare Verhaltensweisen, das sind Fähigkeiten und Fertigkeiten, beschrieben, die notwendig sind, um den Anforderungen gerecht werden zu können. So wird sichergestellt, dass alle Beteiligten ein klares Bild davon haben, was sie im Rahmen ihrer Aufgabe können und wissen müssen, um die Anforderungen erfüllen zu können. Der so entstandene Katalog von Fähigkeiten und Fertigkeiten dient dazu, dem Einzelnen die Selbsteinschätzung zu erleichtern. Aufgrund des Anforderungsprofils und jeder Anforderung zugeordneten beobachtbaren Fähigkeiten und Fertigkeiten kann so ein Förderungs- bzw. Beurteilungssystem für die jeweilige Zielgruppe erstellt werden. So ist sichergestellt, dass nicht eher allgemeine Kriterien bei der Beurteilung hinzugezogen werden, sondern die Beurteilung sich an den jeweils ausgeübten Funktionen orientiert.
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FIRMENSPEZIFISCHE WEITERBILDUNG
Analyse des Weiterbildungsbedarfs Das im Workshop erarbeitete Anforderungsprofil wird in Form eines Fragebogens zur Selbsteinschätzung an die Mitarbeiter weitergegeben. Die Mitarbeiter erhalten mit dem Anforderungsprofil, das bereits die Soll-Ausprägung aufzeigt, den Katalog der beobachtbaren Fähigkeiten und Fertigkeiten. Jeder Mitarbeiter nimmt nun in dem Profil die Selbsteinschätzung vor und trifft damit die Entscheidung, welche Fähigkeiten und Fertigkeiten innerhalb der Entwicklungsmaßnahmen bearbeitet werden sollten. Mit der Selbsteinschätzung entsteht ein Höchstmaß an Akzeptanz für die späteren Entwicklungsmaßnahmen. Die jeweiligen Führungskräfte nehmen nun, losgelöst von dem Ergebnis des Mitarbeiters, ihre Einschätzung vor. Das ermöglicht bei der späteren Auswertung der Fragebögen den Vergleich zwischen Fremd- und Selbstbild. Die Führungskräfte erhalten so auch einen Eindruck, welchen Trainingsbedarf ihre Mitarbeiter sehen. Gleichzeitig nehmen sie eine wesentliche Führungsaufgabe wahr, indem sie sich mit den Fähigkeiten und Fertigkeiten ihrer Mitarbeiter auseinander setzen und Potenziale erkennen, die über die eigentliche Aufgabenerledigung hinausgehen. Alternative Einsatzmöglichkeiten werden ebenso erkannt wie, dass Perspektiven entwickelt werden können. Weitere Instrumente zur Analyse des Weiterbildungsbedarfs sind z.B. „on-the-job-Beobachtungen“ durch die Führungskraft oder auch Assessment Center. Die zusätzliche Darstellung dieser Instrumente wäre jedoch ein Artikel für sich und würde den Rahmen dieser Abhandlung sprengen. Die Auswertung der Fragebögen (Selbstbild/Fremdbild) wird durch das externe Trainings- und Beratungsunternehmen vorgenommen. Die von den Führungskräften und Mitarbeitern vorgenommenen Einschätzungen werden miteinander verglichen. Da, wo Abweichungen zwischen Selbst- und Fremdeinschätzung bestehen ist es die Basis, in einem Gespräch mit dem Mitarbeiter die jeweilige Sichtweise zu diskutieren. Die Erkenntnisse münden dann in konkrete Qualifizierungsmaßnahmen. Möglichkeiten der Qualifizierung können dann unter anderem sein: • Literaturstudium bzw. Lehrhefte oder E-Learning • Besuch von Fachseminaren • Besuch von Verhaltensseminaren • Durchführung von Coachingmaßnahmen • Training on the Job
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• Mentorgespräche • Teilnahme an Förderkreisen Aufgrund der Fragebögen werden für die notwendigen Trainingsmaßnahmen Seminardesigns entwickelt. Es erfolgt eine Zuordnung, welcher Mitarbeiter an welchem Seminar teilnehmen sollte. Parallel hierzu wird eine individuelle Weiterbildungsleitkarte erstellt, die dem einzelnen Mitarbeiter und dem Vorgesetzten zur Orientierung dient. Die Weiterbildungsleitkarte beinhaltet zum einen das Soll-Profil und zum anderen die erkannten Defizite aufgrund der Selbst- und Fremdeinschätzung. Sie zeigt den detaillierten Trainingsbedarf auf und beinhaltet die jeweilige Empfehlung, wie diese Defizite bearbeitet werden können. Die Weiterbildungsleitkarte und die Informationen aus der Auswertung der Fragebögen helfen, für den einzelnen Mitarbeiter eine Laufbahnplanung vorzunehmen. Die Erkenntnisse können mit dem entstandenen Beurteilungssystem rückgekoppelt werden, um wieder aktuelle Informationen über den Entwicklungsstatus des Einzelnen zu erhalten.
Erfassung des persönlichkeitsspezifischen Weiterbildungsbedarfs Mit Hilfe von strukturierteren Einzelgesprächen mit dem Trainer bzw. Berater, Tests und Fragebögen sowie den Informationen aus der Weiterbildungsleitkarte kann ein persönlichkeitsspezifisches Weiterbildungssystem für den Einzelnen entwickelt werden. Das zeigt dem Mitarbeiter den Weiterbildungsbedarf auf, der über die notwendige Qualifikation zur Wahrnehmung seiner Aufgaben hinausgeht. Die erstellte Weiterbildungsleitkarte wird ständig von den jeweiligen Trainern und Führungskräften fortgeschrieben. Sie wird regelmäßig ausgewertet, um sicherzustellen, dass alle Maßnahmen realisiert wurden bzw. um zu erkennen, aus welchen Situationen heraus Änderungen notwendig waren oder sind. Durch die permanente Fortschreibung und Auswertung wird weiterführender Trainingsbedarf deutlich, der wiederum in weiterführende Seminarbeschreibungen und Seminardesigns einfließt. So schließt sich der Kreislauf der bedarfsgerechten, vor allem aber zielorientierten, wertebestimmten und zielgruppenbezogenen Seminar- und Maßnahmenzuordnung, da aufgrund dieser Erkenntnisse immer wieder die individuellen Empfehlungen für die Weiterführung resultieren.
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Einstiegsmöglichkeiten als Trainer und Berater im hr TEAM Circa 45 Trainer, Berater und Mitarbeiter arbeiten im hr TEAM in Deutschland. Hinzu kommen die Kolleginnen und Kollegen des internationalen, exklusiven Kooperationsverbundes ELDA International. Die Trainer und Berater im hr TEAM sind Experten aus der Praxis, die sich auf Unternehmensentwicklung, Führung und Vertrieb spezialisiert haben. Sie unterstützen Unternehmen, Führungskräfte und Mitarbeiter durch Beratung, Training und Coaching. Das hr TEAM hat einen kontinuierlichen Bedarf an qualifizierten Trainern und Beratern. Nach Abschluss eines Studiums erwarten wir eine erfolgreiche praktische Tätigkeit, entweder in Führung oder in Vertrieb beziehungsweise Marketing. Zudem sind sehr gute Kenntnisse einer bis zwei Fremdsprachen sowie Erfahrung bzw. eine Ausbildung als Trainer notwendig. Da weit reichende Praxiserfahrung für die erfolgreiche Ausübung des Trainerberufs unbedingt notwendig ist, liegt das ideale Einstiegsalter für eine Tätigkeit im hr TEAM zwischen Mitte 30 bis Mitte 40. Die Bereitschaft zu intensivem Reisen und hohe Flexibilität setzen wir als selbstverständlich voraus. Wesentliche methodische und soziale Anforderungen sind: • Freies, lebendiges und bildhaftes Sprechen • Ideen und Inhalte zielgerichtet präsentieren • Sicherer Einsatz unterschiedlicher Medien • Strukturierte Vorgehensweise • Fähigkeit zum konzeptionellen Arbeiten • Konfliktlösungsfähigkeit • Hohe Eigenmotivation • Teamorientierung • Offene und vorurteilsfreie Grundhaltung • Realistisches Selbstbild • Differenzierte Wahrnehmungsfähigkeit
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Die Berufshaftpflicht des Unternehmensberaters von Marion Mahlstedt, Gerling Vertrieb Firmen und Privat AG, Köln Mit den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklungen verändert sich sowohl das Aufgabenspektrum des Unternehmensberaters, das Anspruchsbewusstsein der Klienten wie auch die Gesetzgebung und Rechtsprechung. Zweifelsohne muss sich die Unternehmensberatung Tag für Tag vielfältigen Ansprüchen stellen: Globalisierung und Liberalisierung der Märkte. Wettbewerbssituationen, die sich ständig verschärfen. Technologien, die sich immer rasanter entwickeln und zu verbessern sind. Leistungen, die gestern noch begeisterten, werden heute schon mit Selbstverständlichkeit erwartet – und morgen...? Diese wirtschaftlichen Veränderungsprozesse machen es erforderlich, das eigene Unternehmen auf seine Wirtschaftlichkeit zu durchleuchten und neben den sich eröffnenden Perspektiven auch Problemstellungen wie, z.B. wachsende Haftungsrisiken frühzeitig zu erkennen.
Eine angemessene Berufshaftpflicht-Versicherung für Unternehmensberater ist daher ein absolutes Muss. Mit der Berufshaftpflicht-Versicherung ist die gesetzliche Haftpflicht des Versicherungsnehmers (Beraters) wegen schuldhafter, versehentlicher Fehler bei einer rechtlich zulässigen, beruflichen Tätigkeit als Unternehmensberater abgesichert. Der Versicherungsschutz für die beruflichen Tätigkeiten wird gewährt, wenn eine Honorarvereinbarung, ein schriftlicher Mandatsvertrag oder eine schriftliche Bestätigung/Verlängerung des Vertrages vorliegt, aus der Art, Umfang und Dauer der Tätigkeit hervorgeht. Zu einem optimalen Risikomanagement des Unternehmensberaters gehört allerdings mehr, als eine Versicherung abzuschließen und regelmäßig Prämien zu zahlen. Ein Unternehmensberater muss auch dafür sorgen, dass der Versicherungsschutz seinem persönlichen Bedarf und damit auch den Risiken seiner Klienten entspricht. Um für risikogerechten Versicherungs-
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schutz sorgen zu können, muss man sich mit der Struktur der Berufshaftpflicht-Versicherung und der individuellen Klientenstruktur im eigenen Büro befassen. Grundlage eines jeden Versicherungsvertrages sind die „Allgemeinen Versicherungsbedingungen zur Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung“ (AVB). In §1 der AVB wird der Gegenstand der Berufshaftpflicht-Versicherung grundlegend definiert. Versichert sind demnach Ansprüche Dritter gegen den Versicherungsnehmer, also den Unternehmensberater, aus der Berufstätigkeit. Dies bedeutet, dass ein Schaden, den der Versicherungsnehmer selbst erleidet, nicht versichert ist.
Verstoßdeckung und Anpassungsbedarf Weiterhin sind nur Ansprüche versichert, die auf gesetzlicher Haftpflicht zivilrechtlichen Inhalts beruhen. Vertragliche Ansprüche, wie aus einer über den gesetzlichen Umfang hinausgehenden Garantievereinbarung oder auf der Basis einer öffentlich-rechtlichen Anspruchsnorm, sind nicht versichert. Versichert sind allerdings Verstöße, die der Unternehmensberater selbst oder ein Erfüllungsgehilfe begangen hat. Anknüpfungspunkt ist damit ein beruflicher Verstoß. Dieser ist definiert als ein Tun oder Unterlassen, das einen Vermögensschaden zur Folge haben könnte. Die Tatsache der so genannten Verstoßdeckung ist von besonderer Bedeutung. Anknüpfungspunkt für den Versicherungsfall ist dabei immer der Verstoß. Zwischen ihm und einer Inanspruchnahme kann einige Zeit vergehen. Dementsprechend ist nicht der Umfang des Versicherungsschutzes zum Zeitpunkt der Geltendmachung des Schadenersatzanspruches maßgeblich, sondern der wesentlich frühere Zeitpunkt des Verstoßes gegen berufliche Pflichten aus der beratenden Tätigkeit. Daher sollte ein Unternehmensberater immer darauf achten, seinen Versicherungsschutz rechtzeitig einem steigenden Risiko anzupassen. Dabei sind Einflüsse wie Gesetzgebung oder Rechtsprechung genauso zu bedenken wie die sich im Zeitablauf ändernde Klientenstruktur. Es gilt, sich heute schon so zu versichern, dass zum Zeitpunkt der Geltendmachung eines Schadens, die Deckungssumme ausreicht. Denn zwischen dem tatsächlichen Verstoß und der Geltendmachung eines Schadens liegt häufig ein Zeitraum von mehreren Jahren.
DIE BERUFSHAFTPFLICHT DES UNTERNEHMENSBERATERS
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Versicherung der Höhe nach Die Ermittlung der angemessenen Deckungssumme der BerufshaftpflichtVersicherung ist eine nicht ganz einfache Angelegenheit, Bei Unternehmensberatern gibt es nicht, wie bei anderen beratenden Berufsgruppen, wie z.B. bei Steuerberatern und Rechtsanwälten, eine vom Gesetzgeber gesetzlich vorgeschriebene Mindestversicherungssumme von 250.000 Euro je Versicherungsfall begrenzt auf max. vier Versicherungsfälle pro Jahr. Diese Richtgröße von 250.000 Euro empfiehlt der Bund Deutscher Unternehmensberater (BDU) seinen Mitgliedern zumindest als freiwillige Mindestversicherungssumme für die Berufshaftpflicht-Versicherung. Die nachfolgenden Ausführungen weisen auf einige Hilfsmittel zur Festlegung einer praxisindividuellen Deckungssumme hin. Für die Grobeinschätzung der beruflichen Risiken sind zunächst einmal betriebsinterne Parameter zu berücksichtigen: Anzahl der Beratungsmandate, Anzahl der Aktiengesellschaften unter den Klienten, Anzahl der eigenen Mitarbeiter. Nicht nur hinsichtlich der Frage der Höhe der Deckungssumme, sondern auch für die Bemessung einer ausreichenden Leistungsbreite der Berufshaftpflicht-Versicherung, ist die Ermittlung der Tätigkeitsschwerpunkte und deren jeweiliger Anteil an der Gesamttätigkeit von Bedeutung. Zu diesen möglichen Tätigkeitsbereichen gehören neben gutachterlicher Beurteilung bestehender Betriebsverhältnisse, auch Gründung, Umwandlung, Sanierung und Auflösung von Unternehmen, Organisation und Rationalisierung von Betriebsabläufen, EDV-Beratung, Personalmanagement etc. Für die eigentliche, praxisindividuelle Risikoeinschätzung ist zweifellos die Klientenstruktur von enormer Bedeutung. So darf mit Fug und Recht behauptet werden, dass für den Großteil der Klienten eine Haftpflichtversicherung von 250.000 Euro völlig ausreichend erscheint. Dementsprechend sind die wenigen, so genannten exponierten Risiken in der Klientenstruktur genau zu beleuchten, um eine Deckungssumme für die wirklich existenzbedrohenden Risiken festzulegen. Bei der Wahl der geeigneten Deckungssumme besteht immer auch die Möglichkeit einen separaten Vertrag im Anschluss an eine bestehende Grundabsicherung abzuschließen, der die Höherversicherung auf Dauer regelt.
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DIE BERUFSHAFTPFLICHT DES UNTERNEHMENSBERATERS
Wird eine höhere Deckungssumme nur für einen bestimmten Beratungsauftrag benötigt, kann auch eine nur auf diesen Auftrag bezogene Versicherung abgeschlossen werden (Objektdeckung). Als Alternative zur auftragsbezogenen Deckungssumme ist auch eine klientenbezogene Deckung möglich. Die Deckungssumme steht dann ausschließlich im Rahmen von Aufträgen eines bestimmten Klienten zur Verfügung. Eine solche Deckung macht immer dann Sinn, wenn es einen herausragenden VIP-Klienten gibt, von dem man regelmäßig im größeren Umfang Beratungsaufträge erhält. Hier bietet sich zusätzlich die Möglichkeit, sogar die Kostenbeteiligung an der Berufshaftpflicht-Versicherung bezüglich der individuellen Absicherung mit dem Klienten zu erörtern. Es lohnt sich immer mit dem Klienten über die eigene Berufshaftpflicht-Versicherung zu reden, wenn es sich um ein für beide Seiten erkennbar herausragender Beratungsauftrag handelt.
Fazit Abschließend bleibt festzuhalten, dass ein intensives Auseinandersetzen mit den beruflichen Risiken auch für die Unternehmensberater zukünftig unerlässlich sein wird. Nur so können die zunehmenden Haftungsrisiken bewertet und im Rahmen der zur Verfügung stehenden Möglichkeiten begrenzt werden. Eine umfassende Risikoanalyse ist ein absolutes Muss.
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Ausgewählte Unternehmensberatungen AFC Consultants International GmbH Ubierstr. 78, 53173 Bonn Tel. 0228-98579-0 Fax 0228-691446 [email protected] A.T. Kearney GmbH Jan-Wellem-Platz 3, 40212 Düsseldorf Tel. 0211-13770 Fax 0211-1377-2990 e-mail: [email protected] Bain & Company Germany, Inc. Karlsplatz 1, 80335 München Tel. 089-5123-0 Fax 089-5123-1391 www.bain.de BearingPoint GmbH Olof-Palme-Str. 31, 60439 Frankfurt/Main Tel. 069-13022-1712 Fax 069-13022-1769 www.bearingpoint.de Booz Allen Hamilton Zollhof 8, 40221 Düsseldorf www.boozallen.de Cap Gemini Ernst & Young Deutschland GmbH Neues Kranzler Eck Kurfürstendamm 21, 10719 Berlin Tel. 030-88703-0 Fax 030-88703-777 Horst Rückle Team GmbH (hr TEAM) Röhrer Weg 7, 71032 Böblingen Telefon: 07031/72 65-12 Telefax: 07031/72 65-54 Internet:www.hrtteam.de E-Mail: [email protected]
Krups Consultants GmbH Unternehmensberatung Neuer Zollhof 3, 40221 Düsseldorf Tel. 0211-302065-30 Fax 0211-302065-99 e-mail: [email protected] www.krupsconsultants.de Kurt Salmon Associates Neuer Zollhof 3, 40221 Düsseldorf Tel. 0211-7595-0 www.kurtsalmon.com MICHEL INSTITUT Unternehmensberatung GmbH Am Torhaus 5, 96179 Rattelsdorf Tel. 09547-9402-0 Fax 09547-9402-55 e-mail: [email protected] www.mi-gmbh.de Mummert Consulting AG Hans-Henny-Jahnn-Weg 29, 22085 Hamburg Tel. 040-22703-0 e-mail: [email protected] pulsaris-business-consulting GmbH Wilhelm-Schickard-Straße 7, 72124 Pliezhausen Tel. 07127-8109-0 Fax 07127-8109-70 e-mail: [email protected] Simon, Kucher & Partners Haydnstr. 36, 53115 Bonn Tel. 0228-9843-0 Fax 0228-9843-140 e-mail: [email protected] Spirit in Business – Spirit in Life International Change and Transformation Consulting Barfüßerstraße 6, 35578 Wetzlar Tel. +49 (0)173 / 6701201 e-mail: [email protected]
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AUSGEWÄHLTE UNTERNEHMENSBERATUNGEN
Supply Management GroupTM Teufener Strasse 25, 9000 St. Gallen, Schweiz Tel. +41 (0)712261060 Fax +41 (0)712261069 Email [email protected] th!nk Unternehmensberatung GmbH Am Steigle 11, 72364 Obernheim Tel. 07436-87525 Fax 07436-87524 e-mail: [email protected]
Towers Perrin Eschenheimer Landstraße 50, 60322 Frankfurt am Main Tel. 069-1505-50 Fax 069-1505-5250 e-mail: [email protected] web: www.towersperrin.de
ANSCHRIFTEN VON BERATERVEREINIGUNGEN (AUSWAHL)
Anschriften von Beratervereinigungen (Auswahl) Bundesverband Deutscher Unternehmensberater (BDU) e.V. Zitelmannstraße 22, 53113 Bonn Tel. 0228 / 9161-0 Fax 0228 / 9161-26 Email [email protected], Web www.bdu.de Vereinigung Beratender Betriebs- und Volkswirte e.V. (VBV) Holstenstr. 15, 25335 Elmshorn Tel. 04121 / 25252 www.vbv.de Bundesverband der Wirtschaftsberater e.V. (BVW) Lerchenweg 14, 53909 Zülpich Tel. 02252 / 81361 www.bvw-ev.de Bundesverband Deutscher Volks- und Betriebswirte e.V. (bdvb) Florastr. 29, 40217 Düsseldorf Tel. 0211 / 371022 www.bdvb.de Deutsches Institut für Unternehmensberatung e.V. (difu) Bruchhäuser Str. 19, 68723 Schwetzingen Tel. 06202 / 4758 Vereinigung Europäischer Unternehmensberater (VEU) e.V. Fasanenstr. 85, 10623 Berlin Tel. 030 / 70011430 www.veu.online.org Verband beratender Ingenieure e.V. (VBI) Budapester Str. 31, 10787 Berlin Tel. 030 / 260620 www.vbi.de Verband Unabhängig Beratender Ingenieure und Consultants e.V. (VUBIC) Georgenstr. 23, 10117 Berlin Telefon 030 / 278732-0 www.vubic.de
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ANSCHRIFTEN VON BERATERVEREINIGUNGEN (AUSWAHL)
Bund Technischer Experten (BTE) Christophstr. 11, 45130 Essen Tel. 0201 / 777077 www.bte-ev.de kommunikationsverband.de Kehrwieder 1, 20457 Hamburg Tel. 040 / 41441410 www.kommunikationsverband.de Berufsverband der Verkaufsförderer und Trainer e.V. (BDVT) Elisenstraße 12-14, 50667 Köln Telefon 0221 / 92076-0 www.bdvt.de
EINRICHTUNGEN DER BERATERAUS- UND BERATERWEITERBILDUNG
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Anschriften von Einrichtungen der Beraterausund Beraterweiterbildung (Auswahl) Die Beraterakademie (BeA) Königstr. 49, 70173 Stuttgart Tel. 0711 / 229980 www.rkw-bw.de Heidelberger Akademie für Unternehmensberatung (HafU) Schlossberg 10, 69117 Heidelberg Tel. 06221 / 181357 www.hafu.net Studienbegleitendes Lehrangebot „Consulting“ Institut für Wirtschaftsinformatik (Iwi) an der Universität des Saarlandes Im Stadtwald, 66123 Saarbrücken Tel. 0681 / 3024132 www.iwi.uni-sb.de Fachhochschule Oldenburg/Ostfriesland/Wilhelmshaven Studiengang Business Consulting Constantiaplatz 4, 26723 Emden Tel. 04921 / 807-1374 www.fh-oow.de Fachhochschule Ludwigshafen Institute for International Management Consulting (I-IMC) Master of Business Administration MBA-IMC Ernst-Boehe-Straße 4 D-67059 Ludwigshafen Tel. 0621 / 5203-250 www.i-imc.de Fachhochschule Pforzheim Graduate School – MBA in International Consulting Tiefenbrunner Str. 65 75175 Pforzheim Tel. 07231 / 286146 www.pforzheim-graduate-school.de
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ANSCHRIFTEN DES RKW
Anschriften des RKW (Rationalisierungs- und Innovationszentrum der Deutschen Wirtschaft) RKW Baden-Württemberg Königstraße 49 70173 Stuttgart (07 11) 2 29 98-0 www.rkw-bw.de
RKW NordWest Günther-Wagner-Allee 12 - 16 30177 Hannover (05 11) 3 38 03-0 www.rkw-nordwest.de
RKW Bayern Gustay-Heinemann-Ring 212 81739 München (0 89) 67 00 40-0 www.rkw-bayern.de
RKW Rheinland-Pfalz Holzhofstraße 4 55116 Mainz (0 61 31) 958-384 www.rkw-rlp.de
RKW Berlin Sachsendamm 2 - 4 10829 Berlin (0 30) 78 73 26 16 www.rkw-berlin.de
Zentrale für Produktivität und Technologie Saar e.V. Franz-Josef-Röder-Straße 9 66119 Saarbrücken (06 81) 95 20 470 www.zpt.de
RKW Brandenburg Zeppelinstraße 136 14471 Potsdam (03 31) 9 67 45-0 www.rkw-brandenburg.de RKW Bremen Langenstraße 6 - 8 28195 Bremen (04 21) 32 34 64-0 www.rkw-bremen.de RKW Bundesgeschäftsstelle Düsseldorfer Straße 40 65760 Eschborn (0 61 96) 4 95-0 www.rkw.de RKW Hessen Düsseldorfer Straße 40 65760 Eschborn (0 61 96) 97 02-00 www.rkw-hessen.de
RKW Sachsen Freiberger Straße 35 01067 Dresden (03 51) 83 22 30 www.rkw-sachsen.de RKW Sachsen-Anhalt Tismarstraße 20 39108 Magdeburg (03 91) 7 36 19-0 www.rkw-sachsenanhalt.de RKW Thüringen Konrad-Zuse-Straße 5 99099 Erfurt (03 61) 5 51 43-0 www.rkw-thueringen.de
ANSCHRIFTEN INTERNATIONALER BERATERVERBÄNDE (AUSWAHL)
Anschriften internationaler Beraterverbände (Auswahl) Federation Européenne des Associations de Conseil en Organisation (FEACO) 3/4/5 Avenue des Arts, 1210 Bruxelles Tel. 0322 / 2230413 Comité Européen des Services de Conseillers d’Entreprise (CESCE) c/o VIZO (Institut pour les Indépendants) Kanselarijstraat 19, 1000 Bruxelles Tel. 00322 / 2276393
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