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German Pages 300 [301] Year 2021
Schriften zum Öffentlichen Recht Band 1451
Belastende Benutzungsregelungen Zu Grundlagen und Reichweite der Regelungsbefugnisse kommunaler Einrichtungsträger
Von
Anja Knierim
Duncker & Humblot · Berlin
ANJA KNIERIM
Belastende Benutzungsregelungen
Schriften zum Öffentlichen Recht Band 1451
Belastende Benutzungsregelungen Zu Grundlagen und Reichweite der Regelungsbefugnisse kommunaler Einrichtungsträger
Von
Anja Knierim
Duncker & Humblot · Berlin
Die Juristische Fakultät der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf hat diese Arbeit im Jahr 2020 als Dissertation angenommen.
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D 61 Alle Rechte vorbehalten
© 2021 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Satz: Fotosatz Voigt, Berlin Druck: CPI buchbücher.de, Birkach Printed in Germany ISSN 0582-0200 ISBN 978-3-428-18152-0 (Print) ISBN 978-3-428-58152-8 (E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706
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Vorwort Die vorliegende Arbeit ist im Sommersemester 2020 von der Juristischen Fakultät der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf als Dissertation angenommen worden. Sie entstand überwiegend während meiner Zeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl von Herrn Univ.-Prof. Dr. Johannes Dietlein für Öffentliches Recht und Verwaltungslehre an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf und befindet sich im Wesentlichen auf dem Sach- und Literaturstand ihrer Einreichung im Februar 2020. Die mündliche Prüfung fand am 14. Juli 2020 statt. An erster Stelle gilt mein Dank Herrn Univ.-Prof. Dr. Johannes Dietlein für die lehrreiche Zeit an seinem Lehrstuhl und die umgehende Erstellung des Erstgutachtens. Herrn Prof. Dr. Andreas Heusch danke ich für die Übernahme und die zügige Erstellung des Zweitgutachtens sowie für hilfreiche Anmerkungen. Für ihre wertvolle Unterstützung vor allem in der Schlussphase des Promotionsvorhabens danke ich Herrn Dr. Sebastian Ziehm, Frau Deli Schmitz und Frau Annika Allgeier von Herzen. Besonderer Dank gebührt schließlich meinen Eltern. Ihr Rückhalt und ihr Zuspruch haben mich immer motiviert und begleitet. Berlin, im Oktober 2020
Anja Knierim
Inhaltsverzeichnis Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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A. Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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B. Ziel der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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C. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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1. Kapitel Belastungswirkungen im Benutzungsverhältnis
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A. Differenzierungsebenen im Benutzungsverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Widmung als Voraussetzung des Benutzungsverhältnisses . . . . . . . . . . . II. Die Entstehung des Benutzungsverhältnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Die Ausgestaltung des Benutzungsverhältnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Abgrenzung zwischen Widmung und Benutzungsordnung . . . . . . . . . . . . 2. Wahlfreiheiten im Rahmen der Benutzungsordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Wahlfreiheit des Rechtsregimes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Wahlfreiheit bezüglich der Handlungsform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die Satzung als typische Handlungsform der Benutzungsordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Zur Möglichkeit der Rechtsverordnung als Handlungsform . . . . cc) Die Benutzungsordnung in Form der Allgemeinverfügung . . . . . dd) Der Verwaltungsvertrag als Handlungsform der Benutzungsordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Die Verwaltungsvorschrift . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ff) Die „schlichte“ Anstaltsordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . gg) Die sog. Sonderverordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Störungsabwehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Ergebnis: Interdependenzen der Ebenen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
24 24 30 33 34 37 38 39
B. Das Benutzungsverhältnis als Untersuchungsgegenstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Das Benutzungsverhältnis als eigenständige Denkkategorie? . . . . . . . . . . . . . 1. Rechtsverhältnisse als Strukturrahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Das Benutzungsverhältnis als verwaltungsrechtliches Schuldverhältnis . II. Spezifische Sachverhaltsstrukturen im Benutzungsverhältnis . . . . . . . . . . . . 1. Benutzung und Leistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
56 56 56 58 60 60
41 44 45 48 49 50 51 54 55
8
Inhaltsverzeichnis 2. Rechtswirkungen im Rahmen der Benutzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Der Benutzungsvorgang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Systematisierungsansätze für Benutzungsverhältnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Arten des Benutzungsverhältnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Beteiligte des Benutzungsverhältnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Der Einrichtungsträger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Benutzer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Dritte im Benutzungsverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Dritte als Teil der Einrichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Benutzungsinteressenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Benutzungsvermittler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Besucher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
62 63 64 64 65 66 67 69 70 71 74 74
C. Belastungswirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 I. Der schillernde Begriff der Belastungswirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 II. Benutzungsrelevante Konfliktlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 D. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80
2. Kapitel Verfassungsrechtliche Anforderungen an Benutzungsregelungen A. Der Vorbehalt des Gesetzes als Untersuchungsmaßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Zum aktuellen Stand der Vorbehaltslehre(n) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Begriffliche Vorklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Vorbehalt des Gesetzes und Gesetzesvorbehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Der Parlamentsvorbehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die Formel des eingriffszentrierten Vorbehalts des Gesetzes . . . . . . . . d) Der institutionelle Vorbehalt des Gesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Herleitung und Funktionen der Vorbehaltstypisierung . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Differenzierte Vorbehaltstypisierung anhand der Sachbereichsspezifika . II. Der „Wesentlichkeitsgedanke“ als Zuordnungsmechanismus . . . . . . . . . . . . . 1. Zum Aussagegehalt des Wesentlichkeitsgedankens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Der „Wesentlichkeitsmaßstab“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Grundrechtliche Maßstabsbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Demokratieprinzipielle Maßstabsbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Rechtsstaatsprinzipielle Maßstabsbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Maßstabsbildung durch Negativabgrenzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
81 81 82 82 83 84 87 88 88 91 92 93 97 101 102 105 107 107 109 109
Inhaltsverzeichnis B. Systematisierung der Sachbereichsspezifika im Benutzungsverhältnis . . . . . . . . I. „Anstaltsrecht“ als Sachbereichsspezifikum im Benutzungsverhältnis . . . . . 1. Existenz eines „Anstaltsrechts“ als selbständiger Teilrechtsbereich . . . . a) Konturierungsversuche eines Anstaltsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Terminologische Eingrenzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die rein organisationsrechtliche Begriffsdeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Überschneidungen mit dem Einrichtungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Überschneidung mit dem Recht der öffentlichen Unternehmen . . d) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Eigenständige Relevanz eines „Anstaltsrechts“ als Teilrechtsbereich . . . 3. Sachbereichsspezifische Erkenntnisse des Anstaltsrechts für den Vorbehalt des Gesetzes bei Benutzungsregelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Das Recht der öffentlichen Sachen als materiell-rechtliches Sachbereichsspezifikum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Benutzungsverhältnisse im „Recht der öffentlichen Sachen“ . . . . . . . . . . a) Einrichtungen als öffentliche Sache? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Funktionale Parallelität zwischen Einrichtung und Sache . . . . . . . . . . 2. Der Vorbehalt des Gesetzes im Recht der öffentlichen Sachen . . . . . . . . a) Zur dinglichen Widmungswirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Dingliche Widmungswirkung als Auslösungsmoment des Vorbehalts des Gesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die „schuldrechtliche“ Widmungswirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Sachbereichsspezifische Erkenntnisse eines „öffentlichen Sachenrechts“ III. Leistungsverwaltungsrechtliche Sachbereichsspezifika . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Anwendbarkeit der Vorbehaltslehre im Bereich der Leistungsverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Sachbereichsspezifische Besonderheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Kommunalrechtliche Sachbereichsspezifika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Zum Wesen der kommunalrechtlichen Rechtsetzungstätigkeit als Voraussetzung der Anwendbarkeit der Vorbehaltslehre . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Das Spannungsfeld zwischen dem Vorbehalt des Gesetzes und der kommunalen Rechtsetzungstätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zur Auflösung des Spannungsfelds anhand des Wesentlichkeitsmaßstabs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Rechtsstaatsfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Demokratiefunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Grundrechtsfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Negativabgrenzung: Der spezifisch örtliche Bezug . . . . . . . . . . . . . . . 4. Sachspezifische Besonderheiten der Vorbehaltslehre im Kommunalrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
9 110 110 111 111 112 115 116 119 120 121 122 123 124 126 128 130 130 133 137 138 139 140 142 143 143 145 146 146 147 151 153 154 156
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Inhaltsverzeichnis 3. Kapitel Die grundrechtliche Determination der Benutzung
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A. Die Einrichtungsnutzung aus der grundrechtlichen Perspektive . . . . . . . . . . . . . . . 157 I. Unterscheidung anhand der Nutzungsform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 II. Benutzung als Perspektivwechsel der Grundrechtsdimension . . . . . . . . . . . . . 163 B. Grundrechtsrelevanz in den Benutzungsebenen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Grundrechtsrelevanz der Widmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Widmung als Kreationsakt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Grundrechtsrelevanz der Widmung als Herrschafts- bzw. Statusakt . . . . . 3. Zur Widmung als Determinationsakt der Benutzungsregelungen . . . . . . . a) Widmungserweiterung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Widmungsverkürzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Fazit: „Widmungsbeschränkung“ als untechnischer Begriff . . . . . . . . . II. Grundrechtsrelevanz der Zulassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Typisierbare Grundrechtsrelevanz der Benutzungsregelungen . . . . . . . . . . . . . 1. Zulassungsvorbehalt versus Benutzungsregelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Benutzungsausgestaltende Rechtswirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Benutzungsbezogene Rechtswirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Störungsabwehr als widmungsexterne Rechtswirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
163 164 164 167 167 168 169 170 171 172 173 174 175 181 182
C. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 4. Kapitel Rationalitätsmuster der Zulässigkeit von belastenden Benutzungsregelungen A. Die Anstaltsgewalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Begründung der „Anstaltsgewalt“ aus rechtshistorischer Perspektive . . . II. Rezeption der Anstaltsgewalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Fehlende Abgrenzbarkeit als Rechtsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Verfassungswidrigkeit wegen Verletzung des Rechtsstaatsprinzips . . . 2. Anerkennung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Inhalt und Grenzen der Anstaltsgewalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Anstaltsgewalt als Konsequenz des besonderen Gewaltverhältnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Zur Lehre vom besonderen Gewaltverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Das „Anstaltsnutzungsverhältnis“ als besonderes Gewaltverhältnis . . c) Die Anstaltsgewalt im Gewand der Sonderstatusverhältnisse . . . . . . .
184 184 186 189 189 190 191 192 195 196 196 198 200
Inhaltsverzeichnis
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d) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Anstaltsgewalt als ein vom Staat verliehenes Hoheitsrecht . . . . . . . . 3. Die Anstaltsgewalt als nutzungsspezifisches Hausrecht bzw. nutzungsbezogene Ordnungsgewalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Wesensverwandtschaft mit dem Hausrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Wesensverwandtschaft mit der Ordnungsgewalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die Anstaltsgewalt als eigenständiger, nutzungsbezogener Gewohnheitsrechtssatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Erfordernis einer normativen Ermächtigungsgrundlage . . . . . . . . bb) Gewohnheitsrechtliche Begründung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Analogie zu spezialgesetzlich geregelten Ordnungsbefugnissen . dd) Existenz kraft allgemeiner Grundsätze des Verwaltungsrechts . . d) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Die Anstaltsgewalt als Handlungsformbefugnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Fazit: Das Potential der „Anstaltsgewalt“ als moderner Rechtsbegriff . . . . .
202 203
B. Anstaltszweck und Funktionsfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Der „Anstaltszweck“ als Rationalitätsmuster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Anwendungsbereiche des Einrichtungszwecks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Der Einrichtungszweck als Befugnisgrenze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Der Einrichtungszweck als auslegungsleitendes Kriterium . . . . . . . . . c) Der Einrichtungszweck als legitimer Zweck des Übermaßverbots . . . d) Der Einrichtungszweck als Differenzierungskriterium . . . . . . . . . . . . . 2. Rechtliche Einordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Der „Anstaltszweck“ als Grund und Grenze der Anstaltsgewalt . . . . . b) Der Einrichtungszweck aus der Perspektive der Rechtsverhältnislehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Der Einrichtungszweck als „sachgesetzliches“ Fundament der Benutzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Der Einrichtungszweck als „grundrechtliches“ Fundament der Nutzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Der Einrichtungszweck als immanenter Bestandteil der Widmung . . 3. Grenzen des Einrichtungszwecks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Funktionsfähigkeit der Einrichtung als Rationalitätsmuster . . . . . . . . . . 1. Die Funktionsfähigkeit: ein allgemeiner Verfassungsgrundsatz? . . . . . . . a) Die Funktionsfähigkeit als Ausdruck der Anstaltsgewalt . . . . . . . . . . . b) Die Funktionsfähigkeit als Plausibilitätsgarantie einer Übergangslösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Begriffsverständnis im kommunalen Einrichtungswesen . . . . . . . . . . . . . . a) Die Funktionsfähigkeit der Einrichtung als Bestandteil der öffentlichen Sicherheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
222 222 223 223 225 226 228 229 229
203 204 207 209 209 213 216 216 217 218 221
231 232 233 234 235 236 236 237 238 239 240 240
12
Inhaltsverzeichnis b) Funktionsfähigkeit als leistungsverwaltungsrechtlicher Grundsatz . . . 241 c) Der Funktionsfähigkeitsgedanke als institutionelle Absicherung . . . . 242 3. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243
C. Widmungsermessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Das Widmungsermessen in der verwaltungsrechtlichen Ermessenslehre . . . II. Bezugspunkte des Widmungsermessens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Ermessensgrenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Äußere Ermessensgrenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Formelle Grenzziehung durch die Verbandskompetenz . . . . . . . . . . . . . b) Materielle Grenzziehung durch das Gesetzmäßigkeitsprinzip . . . . . . . aa) Der Sperrwirkungsgedanke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Der Vorbehaltsgedanke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Innere Ermessensgrenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Zwecksetzungskompetenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zweckkonkretisierungskompetenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Zweckpluralität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Auslegung der Zweckbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Aufladung des Einrichtungszwecks mit widmungsexternem Inhalt . . aa) Gefahrenabwehrrechtliche Aufladung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Haushaltsrechtliche Aufladung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Aufladung mit ästhetischen Vorstellungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Aufladung mit moralischen und ethischen Vorstellungen . . . . . . .
244 246 248 249 249 250 253 253 254 255 255 257 258 259 259 260 262 262 264
D. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266 5. Kapitel Gesamtergebnis
267
Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297
Abkürzungsverzeichnis AcP Ähnl. Allg. AöR Aufl. Ausf. BayVBl. BB Begr. Bes. Bd. Bln-Bbg BWGZ DÖV Dt. DVBl EuGRZ f./ff. FG Fn. FS GewArch GG GS GVOBl. Hrsg. JA JR Jura JuS JZ KommJur LKRZ LKV LVwG
Archiv für die civilistische Praxis Ähnlich Allgemein/es Archiv des öffentlichen Rechts Auflage Ausführlich Bayerische Verwaltungsblätter Der Betriebsberater Begründer Besonderes Band Berlin-Brandenburg Die Gemeinde: Zeitschrift für Städte und Gemeinden Die Öffentliche Verwaltung Deutsches Deutsches Verwaltungsblatt Europäische Grundrechte-Zeitschrift folgend/folgende Festgabe Fußnote Festschrift Gewerbearchiv Grundgesetz Gedächtnisschrift Gesetzes- und Verordnungsblatt Herausgeberin/Herausgeber Juristische Arbeitsblätter Juristische Rundschau Juristische Ausbildung Juristische Schulung Juristenzeitung Kommunaljurist Zeitschrift für Landes- und Kommunalrecht Hessen/Rheinland-Pfalz/ Saarland Landes- und Kommunalverwaltung Landesverwaltungsgesetz
14 m.w. N. Nds NdsVBl. NJW NJW-RR NVwZ NVwZ-RR RhPf Rn. S. SächsVBl. SchlH/SH SGb SVR VBlBW VerwR Vgl. VR VVDStRL WiVerw WRV ZBR ZG ZHR ZJS ZMR ZParl ZRP Zusammenf.
Abkürzungsverzeichnis mit weiteren Nachweisen Niedersachsen/Niedersächsisch Niedersächsische Verwaltungsblätter Neue Juristische Wochenschrift Neue Juristische Wochenschrift – Rechtsprechungs-Report Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht – Rechtsprechungs-Report Rheinland-Pfalz Randnummer/Randnummern Satz/Seite/Siehe Sächsische Verwaltungsblätter Schleswig-Holstein/isch Die Sozialgerichtsbarkeit Straßenverkehrsrecht Verwaltungsblätter für Baden-Württemberg Verwaltungsrecht Vergleiche Verwaltungsrundschau Veröffentlichungen der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer Wirtschaft und Verwaltung Weimarer Reichsverfassung Zeitschrift für Beamtenrecht Zeitschrift für Gesetzgebung Zeitschrift für das gesamte Handels- und Wirtschaftsrecht Zeitschrift für das Juristische Studium Zeitschrift für Miet- und Raumrecht Zeitschrift für Parlamentsfragen Zeitschrift für Rechtspolitik Zusammenfassend
Im Übrigen wird im Hinblick auf die verwendeten Abkürzungen auf Kirchner (Begr.), Abkürzungsverzeichnis der Rechtssprache, 9. Aufl. 2018 verwiesen.
Einleitung A. Problemstellung Kommunale öffentliche Einrichtungen sind allgegenwärtig. Im Rahmen ihrer Benutzung durch eine Vielzahl von Beteiligten mit unterschiedlichen Nutzungsinteressen sind dabei Nutzungskonflikte unausweichlich. Solche Nutzungskonflikte werden allgemein durch Benutzungsordnungen vorstrukturiert und gelöst. Zur Lösung von Konfliktlagen wird der Einrichtungsträger oftmals die individuelle Nutzungsmöglichkeit partiell beschränken. Insofern wird von einschränkenden1 beziehungsweise belastenden Benutzungsregelungen2 sowie von Regelungen mit benutzungsunfreundlicher Tendenz3 gesprochen. Benutzungsregelungen sind dabei so vielgestaltig wie die Einrichtungen, deren Nutzung sie steuern. Als Benutzungsregelungen kommen beispielsweise Vorgaben für Badebekleidung von Benutzern des örtlichen Schwimmbads,4 Grabgestaltungsvorschriften für Gräber auf dem städtischen Friedhof 5 oder Nutzungsbeschränkungen für Zirkusgastspiele auf kommunalen Veranstaltungsflächen6 in Betracht. In letzter Zeit häufen sich jedoch in der Rechtsprechung die Fälle, wonach solche nutzungsbeschränkenden Benutzungsregelungen zur Lösung von Nutzungskonflikten im Rahmen der Einrichtungsnutzung nicht ausreichen sollen.7 Die Regelungen in Benutzungsordnungen werden nicht als taugliche Ermächti1 Etwa NdsOVG, NVwZ 2017, 728 (729 f.); VG Darmstadt, LKRZ 2013, 289 (291 f.). 2 VG Chemnitz, Beschl. v. 30.07.2008 – 1 L 206/08 –, BeckRS 2008, 139621, Rn. 19; Gern/Brüning, Deutsches Kommunalrecht, Rn. 944. 3 BayVGH, NVwZ 1992, 1004 (1006). 4 S. hierzu etwa OVG RhPf, NVwZ 2020, 170 (170 ff.). 5 S. hierzu etwa BVerwG, NVwZ 1987, 679 (679); VGH BW, DÖV 1988, 474 (475); NVwZ-RR 1990, 308 (308); NVwZ-RR 1997, 359 (359 f.); BayVGH, NVwZ 1986, 371 (371 f.); NVwZ-RR 1991, 250 (251); OVG NRW, Urt. v. 26.05.2000 – 19 A 2015/99 –, BeckRS 2000, 167700, Rn. 36; ausf. hierzu Spranger, Die Beschränkungen des kommunalen Satzungsgebers beim Erlaß von Vorschriften zur Grabgestaltung, passim. 6 S. zum sog. kommunalen Wildtierverbot etwa NdsOVG, NVwZ 2017, 728 (729 f.); VG Chemnitz, Beschl. v. 30.07.2008 – 1 L 206/08 –, BeckRS 2008, 139621, Rn. 18; VG Darmstadt, LKRZ 2013, 289 (292); VG Meiningen, LKV 2018, 573 (575); VG Düsseldorf, Beschl. v. 04.07.2019 – 18 L 1205/19 –, BeckRS 2019, 13419, Rn. 10 ff.; a. A. VG München, Urt. v. 06.08.2014 – 7 K 13.2449 –, BeckRS 2014, 56385; ebenso Penz, NVwZ 2017, 730 (731); ders., KommJur 2017, 241 (243 f.); ausf. zur Problematik Hoffmann, Die kommunale öffentliche Einrichtung, S. 81 ff. 7 Vgl. BVerwGE 148, 133 (141 ff.); anders SchlHOVG, NordÖR 2016, 330 (335 f.).
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Einleitung
gungsgrundlagen im Sinne des Vorbehalts des Gesetzes und der Wesentlichkeitstheorie angesehen; es bedürfe vielmehr einer formalgesetzlichen Ermächtigungsgrundlage.8 Die Wesentlichkeitstheorie des Bundesverfassungsgerichts wird damit immer öfter zur „Trumpfkarte“ 9 der Rechtsprechung bei der Rechtswidrigkeitsund damit Nichtigerklärung sublegaler Benutzungsregelungen. Die Tendenz aufgrund dieser Rechtsprechung geht im Bereich des kommunalen Einrichtungsrechts daher immer wieder dahin, dass Benutzungsregelungen zwar nicht einer „Verrechtlichungspflicht“ 10 zugeführt werden. Die kommunalen Einrichtungsträger sehen sich wohl aber aufgrund des mit Unsicherheiten behafteten Umgangs mit der Wesentlichkeitstheorie in der Rechtsprechung in einem Bereich der Ungewissheit hinsichtlich der Reichweite ihrer Regelungsbefugnisse. Es gilt im Zweifel der Grundsatz in dubio pro lege.11 Diese Entwicklung verwundert auf den ersten Blick, hatte sich im Bereich der gemeindlichen öffentlichen Einrichtungen doch eine Rechtsprechungspraxis entwickelt, welche die allgemeine Satzungsermächtigung der Gemeinden als ausreichende Rechtsgrundlage ansieht, sofern Regelungen zur Benutzung der Einrichtung betroffen sind.12 Unter solchen Benutzungsregelungen werden Bestimmungen verstanden, die mit dem Einrichtungszweck notwendigerweise verbunden sind. Denn hier unterwerfe sich der Benutzer mit der Inanspruchnahme der Einrichtung gleichsam solchen Regelungen, die zur Erlangung des Nutzungsvorteils für ihn mit entsprechenden Belastungen verbunden sind, sodass in diesem Funktionszusammenhang die allgemeine Regelung der Satzungsautonomie als hinreichend bestimmt angesehen werden könne, die damit verbundenen Eingriffe zu tragen.13 Solche Benutzungsregelungen unterlägen insoweit der „autonomen Regelung“ 14 des Einrichtungsträgers. Diese Rechtsprechung wirft jedoch zahlreiche Fragen auf: erstens die Frage nach der Geltung und Reichweite des Vorbehalts des Gesetzes im Bereich des kommunalen Einrichtungswesens, der in diesem Zusammenhang immer noch tra-
8
Vgl. nur BVerwGE 148, 133 (142). Kalscheuer/Jacobsen, DÖV 2018, 523 (523). 10 So etwa Gusy, JA 2002, 610 (615). 11 Jüngstes und prominentestes Beispiel hierfür sind die Regelungen in den Friedhofs- und Bestattungsgesetzen der meisten Bundesländer zur Aufstellung von Grabsteinen aus Kinderarbeit, s. § 15 Abs. 3 BestattG BW, Art. 9 a BestG Bay, § 34 Abs. 2 BbgBestG, § 4 Abs. 5 BremBestG, § 6 a HessFBG, § 13 a Abs. 2 NdsBestG, §4 a BestG NRW, § 8 Abs. 4 SaarBestattG; zur Frage der Gesetzgebungskompetenz der Länder Lorenzmeier, BayVBl. 2011, 485 (490); Kaltenborn/Reit, NVwZ 2012, 925 (928 ff.); a. A. Hoppe, LKV 2010, 497 (498 f.). 12 S. etwa BayVGH, NVwZ 1992, 1004 (1006); NVwZ-RR 1995, 347 (347 f.); OVG RhPf, NVwZ-RR 2009, 394 (395). 13 Instruktiv insoweit OVG RhPf, NVwZ-RR 2009, 394 (395) m.w. N. 14 OVG RhPf, NVwZ 2020, 170 (172). 9
A. Problemstellung
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ditionell als Eingriffsvorbehalt verstanden wird,15 zweitens – und damit zusammenhängend – die Frage der Möglichkeit und Notwendigkeit, zwischen Belastungs- und Begünstigungswirkung im Rahmen des Benutzungsverhältnisses zu differenzieren, und schließlich drittens die Frage der Einwilligung als zulässige Rechtfertigung bei einem etwaigen Verzicht auf den Vorbehalt des Gesetzes bei den angenommenen Eingriffen16 im Benutzungsverhältnis. Im Übrigen scheint diese Rechtsprechung prima facie nicht vollständig kompatibel mit dem herrschenden Dogma in Rechtsprechung und Literatur zu sein, wonach die allgemeine Satzungsermächtigung die Gemeinden jedenfalls nicht zu Eingriffen in Rechte Dritter ermächtige.17 Eingebettet sind diese Fragen in die Sachbereichsspezifika des kommunalen Einrichtungsrechts. Das rechtliche Spektrum der Benutzung kommunaler öffentlicher Einrichtungen wird dabei vielfach in einem Konglomerat aus Kommunalrecht, öffentlichem Sachenrecht, Anstaltsrecht und Leistungsverwaltungsrecht gesehen.18 Die Zusammenhänge innerhalb und zwischen diesen Rechtsbereichen sowie deren Besonderheiten bedürfen daher beim Blick auf Benutzungsregelungen besonderer Beachtung. Dem Leistungsverwaltungsrecht wird dabei ein dogmatisches „Aufmerksamkeitsdefizit“ 19 attestiert und im Bereich des öffentlichen Sachenrechts moniert, es hätten sich „überkommene Begriffe und Denkmuster besonders hartnäckig gehalten, ohne daß ihre Berechtigung und Zweckmäßigkeit jemals eingehend überprüft worden wären“ 20. Damit wird ein Defizit an normativer, theoretischer und dogmatischer Erschließung in diesem Bereich angesprochen, das es zu überprüfen gilt. In diesen Zusammenhang reiht sich die „Anstaltsgewalt“ ein. Mit dem Begriff wurde gemeinhin die Gesamtheit der Funktionen einer Anstalt des öffentlichen Rechts bezeichnet,21 d.h. das Recht zur Regelung sowohl der eigenen Organisation als auch des Verhältnisses zu den Anstaltsnutzern in Anstalts-, Benutzungsund Gebührenordnung. Angesprochen sind damit sowohl organisationsrechtliche 15 Vgl. etwa OVG NRW, NVwZ 1988, 272 (273); BayVGH, NVwZ 1992, 1004 (1006); ausf. zu den Vorbehaltslehren s. 2. Kap. A. I. 16 Ausf. zur grundrechtlichen Determination von Benutzungsregelungen s. 3. Kap. B. III. 17 Vgl. etwa Scholler/Scholler, in: Mann/Püttner (Hrsg.), HkWP, Bd. I, 3. Aufl., § 23 Rn. 7; Masson, BayVBl. 1958, 306 (307); Badura, DÖV 1963, 561 (562); Conrad, BayVBl. 1970, 384 (385); Starck, AöR 92 (1967), S. 449 (455 f.); krit. bereits Kreßel, BayVBl. 1967, 410 (411 f.); Trute, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. I, § 6 Rn. 80; Böhm, in: Lübbe-Wolff/ Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, S. 413 (414 ff.). 18 Statt vieler s. Bartels, Die rechtliche Ordnung der Benutzung, passim. 19 Rixen, DVBl 2018, 906 (907). 20 Adamovich/Funk, Allg. VerwaltungsR, S. 224 für Österreich; die Aussage lässt sich jedoch auf Deutschland übertragen, so auch Axer, Die Widmung als Schlüsselbegriff, S. 17. 21 Creifelds, Rechtswörterbuch, S. 74.
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Einleitung
als auch nutzungsrechtliche Fragestellungen, die im Wesen der Anstalt des öffentlichen Rechts kumulieren.22 Nach ihrer wissenschaftlichen „Blütezeit“ im Rahmen der Begründung durch Otto Mayer im Kontext der besonderen Gewaltverhältnisse23 und den Anfängen der Bundesrepublik24 wurde der Begriff der Anstaltsgewalt seit der Strafgefangenen-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts25 in wissenschaftlichen Abhandlungen und in Teilen der Rechtsprechung zunächst gemieden und stattdessen die Argumentationstopoi des Anstaltszwecks und der anstaltlichen Funktionsfähigkeit benutzt, um die Regelungsbefugnisse im Rahmen von Anstalts- bzw. Benutzungsordnungen näher zu konturieren.26 In der Literatur wird der Begriff zurückhaltend, aber dennoch immer wieder vereinzelt verwendet,27 während er mittlerweile in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung gar eine Renaissance feiert.28 Der beharrliche Rekurs auf die „Anstaltsgewalt“ in der neueren Rechtsprechung wirft die Frage auf, ob in solchen Entscheidungen nicht das „besondere Gewaltverhältnis“ als ein Relikt vergangener Tage weiterlebt, oder aber ob und inwieweit die „Anstaltsgewalt“ einem Bedeutungswandel unterlegen ist und als Argumentationsstruktur für Grundlage und Reichweite von Regelungsbefugnissen kommunaler Einrichtungsträger im Hinblick auf die heutige Verfassungs- und Verwaltungsrechtsdogmatik weiterhin in Betracht kommt, ohne dabei zugleich eine etwaig gebotene verfassungs- und verwaltungsrechtliche Neukonzeption kommunaler, leistungsverwaltungsrechtlicher Benutzungsverhältnisse durch die fortwährende Begriffsverwendung zu verhindern.29 22
Ausf. hierzu s. 2. Kap. B. I. 1. S. ausf. 4. Kap. A. I., III. 1. 24 S. Oeltze, Funktionen und Grenzen der Anstaltsgewalt, passim; Schwendy, Anstaltsgewalt und Grundgesetz, passim; Ulmer, Anstaltsgewalt und Grundrechte, passim; Frank, Anstaltspolizei und Anstaltsgewalt, passim; Nafpliotis, Die Anstaltsgewalt und ihre Grenzen, passim. 25 BVerfGE 33, 1 (9 f.). 26 Vgl. etwa BVerwGE 17, 119 (120 f.); 32, 299 (305); 45, 8 (11); VGH BW, NJW 1979, 1900 (1901); NVwZ-RR 1994, 325 (326 ff.); OVG RhPf, NVwZ 2020, 170 (172); s. ausf. 4. Kap. B. 27 Vgl. etwa Enders, JuS 2013, 54 (58); Baldus/Böhr, ZMR 1997, 337 (337 ff.); Pappermann/Löhr, JuS 1981, 117 (119). 28 Vgl. die mittlerweile als ständige Rechtsprechung geltende Entscheidungspraxis des OVG NRW in Bezug auf kommunale Entwässerungseinrichtungen OVG NRW, NVwZ-RR 2003, 297 (298); Beschl. v. 03.06.2009 – 15 A 996/09 –, juris, Rn. 3; Beschl. v. 11.11.2011 – 15 A 2050/11 –, juris, Rn. 11; Beschl. v. 14.12.2017 – 15 A 2315/16 –, juris, Rn. 13 ff.; ebenso OVG Bln-Bbg, Beschl. v. 13.09.2011 – OVG 9 S 13.11 –, BeckRS 2011, 54274; SchlHOVG, Urt. v. 22.07.2016 – 2 LB 5/16 –, BeckRS 2016, 52569, Rn. 23; in anderem Zusammenhang s. auch SchlHOVG, NJW 2000, 3440 (3441); VGH BW, NVwZ-RR 2003, 142 (144); OVG NRW, Urt. v. 20.03.2007 – 15 A 69/05 –, juris, Rn. 26; OVG RhPf, NVwZ 2020, 170 (172). 29 So ausdrücklich Battis, GewArch 1982, 145 (145) für friedhofsrechtliche Nutzungsverhältnisse; s. ausf. zu den etwaigen Bedeutungsinhalten der „Anstaltsgewalt“ 4. Kap. A. III. 23
A. Problemstellung
19
Denn während die ehemals als „klassisch“ geltenden sog. besonderen Gewaltverhältnisse wie beispielsweise das Beamtenrecht, das Strafgefangenenrecht, das Sozialversicherungsrecht, das Schul- sowie das Hochschulrecht bereits Teil und Inhalt zahlreicher wissenschaftlicher Auseinandersetzungen waren,30 fristet das kommunale „Anstaltsrecht“ ein Schattendasein. Dies mag vor allem daran liegen, dass die Anstalt des öffentlichen Rechts seit jeher in unterschiedlicher Weise anhaltender Kritik begegnet. Denn auch heute noch wird die Anstalt als organisationsrechtlich unscharfer und letztlich konturenloser Begriff angesehen, der organisationsrechtliche mit nutzungsrechtlichen Fragen vermenge.31 Dies gilt weniger für die typischen Eingriffe der kommunalen Anstaltsverwaltungen wie Abgaben und den Anschluss- und Benutzungszwang, da diese bereits durchweg spezialgesetzlich in den Gemeindeordnungen normiert sind, sowie für Straf- oder Bußgeldsanktionen, da für diese nach überwiegender Meinung der „strenge Gesetzesvorbehalt“ des Art. 103 Abs. 2 GG und damit das Erfordernis einer bestimmten, formalgesetzlichen Ermächtigungsgrundlage besteht.32 Sehr wohl gilt diese Beobachtung jedoch für den Bereich der freiwilligen Benutzungsverhältnisse, die in der wissenschaftlichen Auseinandersetzung bislang insoweit „vernachlässigt“ 33 wurden. Nicht nur bei den Arten der Benutzungsverhältnisse gibt es ein Gefälle der theoretischen Durchdringung. Ein solches existiert auch auf den unterschiedlichen Ebenen des Benutzungsverhältnisses.34 Während die Probleme der Zulassung zu öffentlichen Einrichtungen, vor allem in Form des Auswahlermessens bei Kapazitätserreichung, bereits ausführlich Thema der Rechtsprechung und Wissenschaft waren,35 sind Fragen der Widmung und Fragen der die Widmung konkretisierenden normativen Ausgestaltungen des Benutzungsverhältnisses bislang kaum untersucht worden.36 Dabei zeichnet sich die Verwaltungstätigkeit in der modernen Massendienstleistungsgesellschaft gerade durch eine zunehmende Auf-
30 Vgl. etwa Stumpf, Ungeschriebener Parlamentsvorbehalt und akademische Selbstverwaltungsgarantie, passim; in der Rspr. zuletzt BVerwG, NVwZ 2017, 1786 (1787 ff.). 31 So etwa Axer, DÖV 2013, 165 (170); ders., Die Widmung als Schlüsselbegriff, S. 140 f.; s. ausf. hierzu 2. Kap. B. I. 1. c). 32 Vgl. BVerfGE 32, 346 (362 f.). 33 So bereits Maurer, DÖV 1993, 184 (189, Fn. 28). Seither hat sich noch nicht viel getan. 34 Dazu unten 1. Kap. A. 35 Vgl. etwa zur allg. Zulassungspflicht VGH BW, NVwZ 1987, 723 (724 f.); NVwZ-RR 2003, 142 (143 f.); OVG RhPf, DÖV 2007, 708 (709); zu spezifischen Zulassungsvoraussetzungen VGH BW, GewArch 2008, 126: Dekorationsarbeiten auf dem Friedhof; OVG NRW, DVBl 2011, 648 (648 f.): Fachkundenachweis; ausf. zu Zulassungsfragen etwa Hitzler, GewArch 1981, 360 (362 f.); Pitschas, BayVBl. 1982, 641 (641 ff.); Püttner/Lingemann, JA 1984, 121 (121 ff.); Spannowsky, GewArch 1995, 265 (266 ff.); Donhauser, NVwZ 2010, 931 (931 ff.). 36 So auch Helbich, JuS 2017, 507 (507).
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Einleitung
gabendifferenzierung und Dezentralisierung aus, wodurch die Frage nach dezentralen Regelungsmechanismen auch im Hinblick auf die Benutzung kommunaler Einrichtungen aufgrund der immer komplexeren Verwaltungsaufgaben in Zukunft wohl eher zunehmen als abnehmen wird. Diese Prognose mag insofern nicht nur für die Rechtsanwendung gelten, sondern auch für die Rechtsetzung.37 Vielfach wird vor dem Hintergrund der rechtlichen und tatsächlichen Vielgestaltigkeit öffentlicher Einrichtungen vor den Einzelfallentscheidungen kapituliert und die Unmöglichkeit einer dogmatischen Durchdringung hervorgehoben. Diese Vielgestaltigkeit kann jedoch nicht von dem Versuch befreien, das diese Vielgestaltigkeit einfangende Benutzungsverhältnis jedenfalls im Ansatz zu systematisieren, um mögliche Parameter herauszustellen, die der dogmatischen Durchdringung Hilfe leisten. Die Hilfestellung käme auch der Kommunalpraxis zu Gute, für welche die Reichweite zulässiger Regelungsbefugnisse im Benutzungsverhältnis von herausragender praktischer Bedeutung ist.
B. Ziel der Untersuchung Das Ziel der Untersuchung ist die Bestimmung von Parametern, um Inhalt und Reichweite der Regelungsbefugnisse von kommunalen Einrichtungsträgern einzugrenzen. Hierzu sollen die beiden konträren Thesen der Rechtsprechung, wonach erstens Benutzungsregelungen, auch mit belastendem Charakter, von der allgemeinen Satzungsbefugnis des Einrichtungsträgers umfasst seien,38 zweitens jedoch die allgemeine Satzungsbefugnis nicht zu Eingriffen in Rechte Dritter ermächtige,39 gegenübergestellt und untersucht werden. Die eigene Forschungshypothese zu den Zulässigkeitsgrenzen von Benutzungsregelungen soll lauten: Benutzungsregelungen im Rahmen der Widmung können das Erfordernis einer formalgesetzlichen Ermächtigungsgrundlage im Sinne der Wesentlichkeitstheorie nicht auslösen, sondern können durch den kommunalen Einrichtungsträger erlassen werden.40 Auf dem Weg zur Überprüfung der eigenen Hypothese sollen als Etappenziele der Untersuchung eine Systematisierung von Benutzungsregelungen zur Einord37
Petersen, NVwZ 2013, 841 (841). S. etwa BayVGH, NVwZ 1992, 1004 (1006); NVwZ-RR 1995, 347 (347 f.); OVG RhPf, NVwZ-RR 2009, 394 (395). 39 Vgl. etwa Scholler/Scholler, in: Mann/Püttner (Hrsg.), HkWP, Bd. I, 3. Aufl., § 23 Rn. 7; Masson, BayVBl. 1958, 306 (307); Badura, DÖV 1963, 561 (562); Conrad, BayVBl. 1970, 384 (385); Starck, AöR 92 (1967), S. 449 (455 f.); krit. bereits Kreßel, BayVBl. 1967, 410 (411 f.); Trute, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. I, § 6 Rn. 80; Böhm, in: Lübbe-Wolff/ Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, S. 413 (414 ff.). 40 Ausf. hierzu die Unterscheidung zwischen benutzungsausgestaltenden und benutzungsbezogenen Regelungswirkungen mit Beispielen, s. 3. Kap. B. III. 38
C. Gang der Untersuchung
21
nung ihrer Rechtswirkungen sowie deren Auslösungsmomente bei der sachbereichsspezifischen Betrachtung des Vorbehalts des Gesetzes geleistet werden. Diese Systematisierung soll als Brückenschlag zwischen den verfassungsrechtlichen Anforderungen und der bisherigen verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung dienen, um die bisherigen Kategorien bzw. Argumentationsmuster zu Inhalt und Reichweite der Regelungsbefugnisse hinsichtlich Benutzungsregelungen, namentlich die Anstaltsgewalt,41 den Anstaltszweck42 und die Funktionsfähigkeit der Anstalt,43 zu überprüfen und gegebenenfalls solche neu oder fort zu entwickeln, die eine Anwendung in der Praxis rechtssicher gestalten können.
C. Gang der Untersuchung Die Untersuchung beginnt im ersten Kapitel mit der begrifflichen Grundlegung der sog. belastenden Benutzungsregelungen als Untersuchungsgegenstand. Hierfür werden die Differenzierungsebenen im Benutzungsverhältnis dargelegt und sodann das Benutzungsverhältnis nach spezifischen Sachstrukturen sowie Art und Beteiligten systematisiert, um schließlich etwaige Belastungswirkungen im Benutzungsverhältnis typisieren zu können. Im zweiten Kapitel wird der Untersuchungsmaßstab herausgearbeitet. Nach der Darstellung des aktuellen Stands der Wissenschaft und Rechtsprechung zu den Vorbehaltslehren und der Wesentlichkeitstheorie werden die im ersten Kapitel für das Benutzungsverhältnis herausgearbeiteten spezifischen Sachstrukturen daraufhin überprüft, ob sie für die Geltung und Anwendung des Vorbehalts des Gesetzes Besonderheiten aufweisen. Hierzu sind insbesondere die Implikationen und Einpassungen der Vorbehaltslehren mit den im Zusammenhang mit der rechtlichen Ordnung der Benutzung stehenden Teilrechtsbereichen, also mit dem Anstaltsrecht, dem öffentlichen Sachenrecht, dem Leistungsverwaltungsrecht sowie dem Kommunalrecht zu untersuchen. Im dritten Kapitel wird sodann die grundrechtliche Determination möglicher Benutzungsregelungen als Auslösungsmoment im Sinne der Wesentlichkeitstheorie genauer untersucht. Im Vordergrund stehen hierbei die typisierbaren Benutzungsregelungen, die insofern von der Widmungsentscheidung als Kreations- und Determinationsakt der Benutzung abhängen. Im vierten Kapitel werden sodann bisherige Rationalitätsmuster als Rechtsgrundlagen und zur Grenzziehung des möglichen Inhalts zulässiger Benutzungsregelungen durch den Einrichtungsträger in den Blick genommen. Der Fokus liegt hierbei bei der in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung von Neuem aktivierten Anstaltsgewalt sowie den Argumentationsmustern im Zusammenhang mit dem Einrichtungs-
41 42 43
S. ausf. 4. Kap. A. S. ausf. 4. Kap. B. I. S. ausf. 4. Kap. B. II.
22
Einleitung
zweck und der Sicherung der Funktionsfähigkeit der Einrichtung. Im Anschluss daran werden die Grenzen des Widmungsermessens als Rationalitätsmuster zur Handhabbarmachung von Parametern bei der Zulässigkeitsüberprüfung von Benutzungsregelungen entwickelt. Die Untersuchung schließt mit der thesenartigen Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse.
1. Kapitel
Belastungswirkungen im Benutzungsverhältnis Blickt man auf die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung so werden solche Bestimmungen im Rahmen eines Benutzungsverhältnisses als Benutzungsregelungen angesehen, die notwendigerweise mit dem Einrichtungszweck verbunden sind.1 Diese Bestimmungen sollen, auch wenn sie eine Belastungswirkung aufweisen, keiner besonderen Ermächtigungsgrundlage bedürfen, da ein Funktionszusammenhang zwischen Nutzungsvorteil und Belastung bestehe.2 In diesem Zusammenhang wird insofern von einschränkenden3 beziehungsweise belastenden Benutzungsregelungen4 oder von Regelungen mit benutzungsunfreundlicher Tendenz5 gesprochen. Dabei bedarf die Rede von Belastungswirkungen im Benutzungsverhältnis eines genaueren Blicks, denn zwischen Belastungswirkungen und der Benutzung von der Daseinsvorsorge dienenden und damit grundsätzlich der Leistungsverwaltung zuzuordnenden Einrichtungen ist auf den ersten Blick ein Spannungsverhältnis auszumachen.6 Auch im Zusammenhang mit einer Verwaltungsleistung können indes bei differenzierter Einzelfallbetrachtung Maßnahmen Belastungswirkung aufweisen.7 Denn die Gewährung von Leistungen erfolgt nicht in jedem Fall belastungsneutral. Diese Belastungswirkungen sollen also nach der Rechtsprechung aufgrund des Zusammenhangs zwischen Leistung und Eingriff keiner Ermächtigungsgrundlage bedürfen. Dies entspricht einem Rückgriff auf den Grundsatz der freiwilligen Unterwerfung volenti non fit iniuria8 oder auf den 1 OVG RhPf, NVwZ-RR 2009, 394 (395) m.w. N.; Gern/Brüning, Deutsches Kommunalrecht, Rn. 944; Misera/Kessler, KommJur 2009, 52 (53). 2 S. etwa BayVGH, NVwZ-RR 1995, 347 (347 f.); OVG RhPf, NVwZ-RR 2009, 394 (395); Ehlers, Jura 2012, 692 (697); Burgi, Kommunalrecht, § 16 Rn. 51; zust. Röhl, in: Schoch (Hrsg.), Bes. VerwR, 2. Kap. Rn. 174. 3 Etwa NdsOVG, NVwZ 2017, 728 (729 f.); VG Darmstadt, LKRZ 2013, 289 (291 f.). 4 VG Chemnitz, Beschl. v. 30.07.2008 – 1 L 206/08 –, BeckRS 2008, 139621, Rn. 19; Gern/Brüning, Deutsches Kommunalrecht, Rn. 944. 5 BayVGH, NVwZ 1992, 1004 (1006). 6 Näher zu Begriff und Funktionen der Einrichtung s. unten 2. Kap. B. I. 1. c) aa). 7 S. ausf. hierzu 1. Kap. C. 8 Etwa Thieme, DÖV 1956, 521 (523 f.); ders., JZ 1964, 81 (84 f.); ausf. hierzu Schwendy, Anstaltsgewalt und Grundgesetz, S. 18 ff. m.w. N.; Frank, Anstaltspolizei und Anstaltsgewalt, S. 125 ff.; Kempf, JuS 1972, 701 (703).
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1. Kap.: Belastungswirkungen im Benutzungsverhältnis
Grundrechts- oder Grundrechtsausübungsverzicht.9 Dabei handelt es sich um Konstruktionen, die bereits im Rahmen des besonderen Gewaltverhältnisses als Rechtfertigung von Grundrechtsbeschränkungen und speziell im Zusammenhang mit der sog. Anstaltsgewalt herangezogen wurden.10 Eine differenzierte Betrachtung der Anforderungen und Grenzen und eine rechtliche Einordnung etwaiger Belastungswirkungen im Benutzungsverhältnis erfolgte dagegen in der bisherigen Rechtsprechung weitestgehend nicht. Zur Erschließung sog. belastender Benutzungsregelungen als Untersuchungsgegenstand sollen diese Bestimmungen und deren Wirkungsmöglichkeiten im Folgenden daher zunächst untersucht und systematisiert werden.
A. Differenzierungsebenen im Benutzungsverhältnis Für eine Annäherung an den möglichen Inhalt von Benutzungsregelungen und damit auch an die Reichweite von Regelungsbefugnissen der Einrichtungsträger ist es lohnend, das Benutzungsverhältnis zu untersuchen. Doch bevor sich dem Benutzungsverhältnis und den dieses bestimmende Benutzungsregelungen konkret zugewandt werden kann, sind zunächst die verschiedenen Ebenen im Benutzungsverhältnis zu analysieren, auf denen etwaige Belastungswirkungen vorkommen können. Denn für die Einordnung von möglichen Belastungswirkungen und der Frage nach dem Erfordernis einer normativen Rechtsgrundlage für diese muss, wie die Kasuistik der Rechtsprechung deutlich zeigt, zwischen verschiedenen Ebenen des Benutzungsverhältnisses unterschieden werden. Denn für jede Regelungsebene können jeweils verschiedene Voraussetzungen und somit auch verschiedene Regelungsmöglichkeiten und -befugnisse bestehen.
I. Die Widmung als Voraussetzung des Benutzungsverhältnisses Voraussetzung eines Benutzungsverhältnisses ist zunächst das Bestehen einer öffentlichen Einrichtung, die eine Einrichtungsleistung in Form der Nutzung bereitstellt.11 Besondere Relevanz kommt in diesem Zusammenhang der Widmung zu, die indes als Voraussetzung des Benutzungsverhältnisses sowie in ihren Rechtswirkungen und Funktionen umstritten ist. Die Widmung ist grundsätzlich ein Rechtsinstitut des öffentlichen Sachenrechts, die als solche eine öffentlich-rechtliche Willenserklärung darstellt, mit 9 Etwa Ulmer, Anstaltsgewalt und Grundrechte, S. 39 ff.; Krüger, DVBl 1950, 625 (629). 10 Vgl. hierzu Erichsen, in: Menger (Hrsg.), FS Wolff, S. 219 (234); ders., VerwArch 63 (1972), S. 441 (442 f.); Kiepe, DÖV 1979, 399 (401); Löwer, DVBl 1985, 928 (936) m.w. N.; Evers, Das besondere Gewaltverhältnis, S. 8 f.; s. auch 4. Kap. A. I. 11 Zum Begriff der öffentlichen Einrichtung s. ausf. unten 2. Kap. B. I. 1. c) aa).
A. Differenzierungsebenen im Benutzungsverhältnis
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der die öffentliche Zweckbestimmung und die Regelung der Benutzung in Art, Inhalt und Umfang erfolgt.12 Der Widmungsakt im Recht der öffentlichen Einrichtungen ist – anders als etwa im Straßen- und Wegerecht – gesetzlich nicht verankert und an keine besondere Rechtsform geknüpft. Er kann nach allgemeiner Auffassung daher grundsätzlich in Gestalt unterschiedlicher Handlungsformen ergehen, etwa durch Satzung, Allgemeinverfügung oder gar konkludent durch eine faktische öffentliche Indienststellung.13 Letzteres dürfte gleichwohl in der Sache lokales Gewohnheitsrecht darstellen,14 bei dem es als ausreichend angesehen wurde, dass sich der Inhalt der Widmung aus der üblichen Nutzung durch die Allgemeinheit ergeben kann, die jedoch freilich wandelbar ist und daher zu einer faktischen Widmungsänderung führen kann.15 Diese bisher gestellten, nur rudimentären Anforderungen an Handlungsform und Erkennbarkeit des Widmungsinhalts im Rahmen von öffentlichen Einrichtungen dürften im Einklang mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung und der Bedeutung des Widmungsakts jedoch unzureichend sein.16 Ungeachtet der Handlungsform der Widmung ist auch die von ihr ausgehende Regelungswirkung umstritten. Während die Widmung früher als verbindendes Element des öffentlichen Sachenrechts angesehen wurde,17 kann sie mittlerweile nicht mehr als einheitliches Rechtsinstitut aufgefasst werden, da sich die Voraussetzungen und Rechtswirkungen zum Teil erheblich je nach Widmungsobjekt unterscheiden.18 Im Recht der öffentlichen Einrichtungen wird der Widmung jedenfalls allgemein zugeschrieben, Kreationsakt der öffentlichen Einrichtung zu sein,19 12 Vgl. etwa Kessen, Die Sicherung der Widmung, S. 18 ff.; Erichsen, Jura 1986, 148 (149) m.w. N.; Dietlein, Jura 2002, 445 (448); Ehlers, Jura 2012, 692 (693); für das Straßen- und Wegerecht Rebler, SVR 2017, 246 (247). 13 BayVGH, NVwZ-RR 2014, 110 (110); KommJur 2018, 289 (290); vgl. Mann, in: Mann/Püttner (Hrsg.), HkWP, Bd. I, 3. Aufl., § 17 Rn. 20; Ludwig, Der Anspruch auf Benutzung gemeindlicher öffentlicher Einrichtungen, S. 28 f.; Dietlein, Jura 2002, 445 (448); Fügemann, SächsVBl. 2005, 57 (58); Ehlers, Jura 2012, 692 (693); a. A. jetzt BVerwG, NVwZ 2018, 73 (77), das für eine wirksame Widmung einen ausdrücklichen Rechtsakt fordert; ausf. hierzu Kümper, DVBl 2018, 686 (690), der die Einschränkung jedenfalls für organisatorisch privatisierte Einrichtungen begrüßt. 14 Die Bezeichnung als konkludente Widmung oder Fiktion eines Verwaltungsakts ist damit falsch, s. Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 35 Rn. 325 m.w. N. 15 Näher zum Problem einer faktischen Widmungsänderung s. 1. Kap. A. III. 1. 16 Vgl. BVerwG, NVwZ 2018, 73 (77); in diese Richtung bereits Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 181 f.; Hitzler, GewArch 1981, 360 (362); ausf. zur Bedeutung der Widmung für die grundrechtliche Betrachtung der Benutzung s. 3. Kap. B. I.; zu Formerfordernissen der Widmungsänderung s. 1. Kap. B. III. 2. b). 17 Vgl. Schallenberg, Die Widmung, S. 54 ff.; wohl noch Kessen, Die Sicherung der Widmung, S. 20. 18 Grundlegend Axer, Die Widmung als Schlüsselbegriff, S. 218, 225; vgl. Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 35 Rn. 320. 19 Ehlers, Jura 2012, 849 (850).
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1. Kap.: Belastungswirkungen im Benutzungsverhältnis
und zwar dergestalt, dass hiermit der Bestand aus sachlichen und persönlichen Mitteln unter das kommunalrechtliche Regime des Rechts der öffentlichen Einrichtungen gestellt wird. Inwiefern neben dem Kommunalrecht auch ein Recht der öffentlichen Sachen Geltung und Wirkung entfalten kann und in welchem Verhältnis die beiden Rechtsbereiche zueinanderstehen, ist dagegen weithin unklar.20 Von grundlegender Bedeutung ist hingegen die Diskussion, ob eine Widmung überhaupt erforderlich ist. Teilweise wird die Erforderlichkeit der Widmung als Rechtsakt zur Schaffung einer öffentlichen Einrichtung und damit als Voraussetzung von Benutzungsverhältnissen bestritten. Von dieser Streitfrage sind solche Überlegungen zu trennen, die nach einer kommunalen Pflicht zur Widmung fragen.21 Die Notwendigkeit der Widmung als Rechtsakt wird hierbei nicht in Abrede gestellt. Vielmehr wird die Pflicht der Kommunen zur Errichtung und Bereitstellung einer Einrichtung für verschiedene Sachbereiche diskutiert. Gegen das Erfordernis einer Widmung als Rechtsakt wird eingewandt, die Widmung sei wenig brauchbar zur Beschreibung des Lebenssachverhalts öffentlicher Einrichtungen; rechtssystematisch würden bei der Erforderlichkeit einer Widmung als Kreationsakt darüber hinaus nur öffentlich-rechtlich organisierte Einrichtungen erfasst und schließlich passe die Widmung als Institut des öffentlichen Sachenrechts nicht auf das Recht der öffentlichen Einrichtungen, da bei letzteren die Befugnis zur Errichtung einer öffentlichen Einrichtung nicht in einer Sachherrschaft als dingliche Rechtsposition begründet, sondern Ausfluss der Organisationshoheit sei.22 Statt der Widmung sei nach dieser Auffassung allein auf die objektive „tatsächliche Nutzbarkeit“ 23 abzustellen. Dementgegen ist zutreffend von der Erforderlichkeit der Widmung als Rechtsakt auszugehen.24 Denn das Kriterium der objektiven tatsächlichen Nutzbarkeit ist als solches ungeeignet. Es würde zu einem ausufernden Begriffsverständnis des Einrichtungswesens führen.25 Die Widmung hingegen ist ein belastbares Rechtsinstitut, das die Handhabung des Rechts der öffentlichen Einrichtungen ermöglicht. Denn die Widmung 20 Vgl. eindrücklich Badura, JuS 1966, 17 (19); Lenski, JuS 2012, 984 (986); ausf. hierzu s. 2. Kap. B. II. 1. 21 Vgl. etwa Evertz, Die Bedeutung der Grundrechte im Zusammenhang mit der Benutzung gemeindlicher öffentlicher Einrichtungen, S. 40 ff.; krit. Ossenbühl, DVBl 1973, 289 (290). 22 Büermann, Die Rechtsstellung der gemeindlichen Veranstaltungsräume, S. 70, 74 ff.; krit. Ossenbühl, DVBl 1973, 289 (290) m.w. N.; zusammenf. Walter, Die Stellung öffentlicher Einrichtungen im öffentlichen Sachenrecht, S. 76 ff.; ausf. zur dinglichen Widmungswirkung 2. Kap. B. II. 2. a). 23 Büermann, Die Rechtsstellung der gemeindlichen Veranstaltungsräume, S. 78 ff. 24 Axer, Die Widmung als Schlüsselbegriff, S. 145; Bartels, Die rechtliche Ordnung der Benutzung, S. 119 ff. 25 Walter, Die Stellung öffentlicher Einrichtungen im öffentlichen Sachenrecht, S. 79; Ludwig, Der Anspruch auf Benutzung gemeindlicher öffentlicher Einrichtungen, S. 28 m.w. N.
A. Differenzierungsebenen im Benutzungsverhältnis
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ist in ihrer Funktion als Kreationsakt nicht ausschließlich auf öffentlich-rechtlich organisierte Einrichtungen anwendbar, sondern – auch bei Zugrundelegung der sog. „Zweistufentheorie“ 26 – jedenfalls auch auf der Ebene des „Ob“ und nicht ausschließlich des „Wie“ anzusiedeln. Der Widmung ist das Rechtsregime des späteren Benutzungsverhältnisses gleichgültig. Auch das Argument, aufgrund der Verwurzelung der Rechtsfigur „Widmung“ im öffentlichen Sachenrecht könne diese im Einrichtungsrecht keine Anwendung finden, kann schließlich nicht durchschlagen. Es ist bereits umstritten, ob „das öffentliche Sachenrecht“ überhaupt existiert.27 Zudem ist mittlerweile anerkannt, dass die Widmung eine einheitliche Rechtsfigur nicht mehr darstellt.28 Mit der Verwendung des Begriffs Widmung können daher unterschiedliche Rechtswirkungen, je nach dem für das Widmungsobjekt geltenden Rechtsrahmen, verbunden sein. Dies macht es möglich, den Begriff der Widmung auch im Einrichtungsrecht anzuwenden; zumal Einrichtungen gemeinhin als Sachen im Anstalts- bzw. Einrichtungsgebrauch29 qualifiziert werden und damit das Argument der ausschließlichen Anwendbarkeit im öffentlichen Sachenrecht aus dieser Perspektive schon nicht durchschlagen kann. Die Widmung ist daher mit der herrschenden Meinung als notwendiger Teil der Entstehung der öffentlichen Einrichtung, als konstitutives Merkmal der Einrichtung anzusehen.30 Sie ist damit als Kreationsakt von institutionell-organisatorischem Charakter zu qualifizieren.31 Mit dieser Qualifizierung der Widmung als Kreationsakt ist jedoch noch nicht notwendig eine Aussage über ihre Rechtswirkungen gegenüber (potentiellen) Benutzern verbunden. Die Einrichtung wird mit der Widmung in den Dienst der Öffentlichkeit gestellt und damit erst dem Regime der öffentlichen Einrichtungen unterstellt. Damit verbunden ist eine rechtliche Relevanz aus zwei Gründen: Erstens erfolgt hiermit die Unterstellung unter das Schutzgut der öffentlichen Sicherheit („Einrichtungen des Staates“), die zum Schutz der Funktionsfähigkeit der Einrichtung mit den Mitteln des Polizei- und Ordnungsrechts führt.32 Zweitens ist die Widmung ebenso Instrument der Nutzungsregelung und damit inhaltlicher Maßstab des Benutzungsanspruchs, wodurch sie zugleich inhaltlicher Maßstab 26 Ausf. Kramer/Bayer/Fiebig/Freudenreich, JA 2011, 810 (810 ff.) m.w. N.; zur Kritik an der sog. „Zweistufentheorie“ s. Ehlers, Jura 2012, 692 (696); Axer, NVwZ 1996, 114 (115); näher dazu sogleich 1. Kap. A. II. 27 Ausf. dazu s. 2. Kap. B. II. 1. 28 Grundlegend Axer, Die Widmung als Schlüsselbegriff, S. 218, 225; zur Problembehaftung des Begriffs der „Rechtsfigur“ s. Bors, in: Gauch (Hrsg.), Figures juridiques, S. 219 (221 ff., 238 f.). 29 S. dazu 2. Kap. B. II. 1. a). 30 Peine, JZ 2006, 593 (607). 31 Ingold, Die Verwaltung 48 (2015), S. 525 (536). 32 Stelkens, Die Verwaltung 46 (2013), S. 493 (533 f.); ders., WiVerw 2015, 45 (52 f.); ausf. zur Funktionsfähigkeit als eigenständigem Rationalitätsmuster belastender Benutzungsregelungen s. 4. Kap. B. II.
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1. Kap.: Belastungswirkungen im Benutzungsverhältnis
der Benutzungsordnung als Rechtsquelle wird.33 Aufgrund der Festlegungen in Bezug auf die Nutzung ist die Widmung damit auch zugleich Ausgestaltungsakt;34 sie enthält die Entscheidung über Nutzungsumfang und Nutzungsart. Fraglich ist, wie sich die kreierende und nutzungsausgestaltende Funktion der Widmung zu dem einfachgesetzlich in den Gemeindeordnungen normierten Anspruch auf Benutzung bzw. auf Zulassung verhält.35 Denn teilweise wird aus der Widmung aufgrund ihrer Funktionen unmittelbar selbst ein Benutzungsanspruch abgeleitet: Die Widmung begründe selbst ein subjektiv-öffentliches Recht und damit einen selbständigen Benutzungsanspruch dem Grunde und dem Umfang nach.36 Die Widmung sei daher gleichsam als Akt der Selbstbindung und Selbstverpflichtung der Kommunen als Einrichtungsträger zu charakterisieren.37 Zuzugeben ist dieser Auffassung, dass mit dem einfach-gesetzlichen Benutzungsanspruch zahlreiche Probleme verbunden sind, die sich zum Teil auf die geringe normative Regelungsdichte und damit fehlende normative Durchdringung des Rechts der öffentlichen Einrichtungen zurückführen lässt. So ist bereits die Rechtsnatur mit Blick auf die Wahlfreiheit des Rechtsregimes der Benutzungsverhältnisse umstritten.38 Hintergrund ist die Frage nach der Anwendung der Zweistufentheorie oder der Qualifizierung des Benutzungsverhältnisses als einheitliches Rechtsverhältnis.39 Ebenso ist der Anspruchsinhalt unklar. So wird vielfach vertreten, dass sich der Anspruch – entgegen dem gesetzlichen Wortlaut – nicht auf die (unmittelbare) Benutzung, sondern allein auf die Zulassung zur Benutzung richte.40 Bei letzterem wird weiterhin diskutiert, ob es sich um einen 33 Stelkens, Die Verwaltung 46 (2013), S. 493 (534); zur Abgrenzung von Widmung und Benutzungsordnung 1. Kap. A. III. 1. 34 Ehlers, Jura 2012, 849 (850); Spannowsky, GewArch 1995, 265 (269): „Weichenstellungsfunktion“. 35 Vgl. § 10 Abs. 2 GemO BW, Art. 21 BayGO, § 12 Abs. 1 BbgKVerf, § 20 VerfBrhv, § 20 Abs. 1 HessGO, § 14 Abs. 2 KV MV, § 30 NdsKomVG, § 8 Abs. 2 GO NRW, § 14 Abs. 2 GemO RhPf, § 19 SaarKSVG, § 10 Abs. 2 SächsGemO, § 24 KVG LSA, § 18 GO SH, § 14 ThürKO. 36 VG München, Urt. v. 06.08.2014 – 7 K 13.2449 –, BeckRS 2014, 56385; Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 35 Rn. 324; Ehlers, Jura 2012, 849 (850 f.); Axer, Die Widmung als Schlüsselbegriff, S. 176 ff.; ders., NVwZ 1996, 114 (116); Lange, Kommunalrecht, 13. Kap. Rn. 12, 44 (S. 798, 813 f.). 37 Axer, Die Widmung als Schlüsselbegriff, S. 177; ders., NVwZ 1996, 114 (114); ders., DÖV 2013, 165 (170). 38 Ausf. dazu Axer, Die Widmung als Schlüsselbegriff, S. 168; exemplarisch ders., NVwZ 1996, 114 (114 f.). 39 Zur generellen Kritik an der zweistufigen Rechtskonstruktion s. Bethge, JR 1972, 139 (141 ff.); Ossenbühl, DVBl 1973, 289 (291 ff.); Ehlers, Jura 2012, 692 (696); Axer, NVwZ 1996, 114 (115). 40 S. etwa Salzwedel, DÖV 1963, 241 (242 f.); Pappermann/Löhr, JuS 1981, 117 (121); Vollmer, DVBl 1989, 1087 (1088); Fügemann, SächsVBl. 2005, 57 (57); a. A. Püttner/Lingemann, JA 1984, 121 (121); wohl für einen die Benutzung und die Zulassung umfassenden Anspruchsinhalt Gern/Brüning, Deutsches Kommunalrecht, Rn. 934.
A. Differenzierungsebenen im Benutzungsverhältnis
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gebundenen Zulassungsanspruch oder allein den Anspruch auf fehlerfreie Ermessensentscheidung über die Zulassung handele, der aufgrund grundrechtlicher Einwirkungen auf Null reduziert sein könne.41 Im Zusammenhang hiermit stehen auch die Fragen nach den Nutzungsberechtigten auf der einen und den Anspruchsverpflichteten auf der anderen Seite.42 Mit Blick auf diese nur im Ansatz aufgeworfenen Problemkreise bereitet es große Schwierigkeiten aufgrund der einfachgesetzlichen Grundlage die Nutzung von Einrichtungen zu regeln und insbesondere Nutzungskonflikte zu lösen.43 Die Widmung als Errichtungsakt der Einrichtung vermag im Gegensatz hierzu, den Umfang des Benutzungsanspruchs im konkreten Einzelfall eindeutig zu konstituieren. Darüber hinaus können bei der Anerkennung der Widmung als eigene Anspruchsgrundlage in solchen Fällen Wertungswidersprüche vermieden werden, in denen einfachgesetzliche Anspruchsgrundlagen nicht bestehen.44 Trotz der genannten Schwierigkeiten einer statischen, einheitlichen Lösung in Form eines gesetzlichen Benutzungsanspruches mit Blick auf die Vielfalt der Nutzung öffentlicher Einrichtungen wird als Anspruchsgrundlage nach überwiegender Auffassung ausschließlich die einfachgesetzliche Anspruchsgrundlage und nicht die Widmung selbst anerkannt. Hierfür wird zum einen ein Vergleich mit dem bürgerlichen Recht bemüht, wonach auch nicht auf das konkrete Rechtsgeschäft zur Anspruchsbegründung abgestellt werden solle, sondern auf die gesetzlichen Grundlagen.45 Der Vergleich geht jedoch fehl. Denn auch im bürgerlichen Recht begründet unmittelbar das Rechtsgeschäft den Anspruch; die rechtliche Anspruchsprüfung ist lediglich gesetzlich typisiert. Maßgeblicher Kritikpunkt ist jedoch, dass die Widmung allein ein subjektives Recht noch nicht vermitteln könne, denn ihr komme als bloßer Schaffungsakt der Einrichtung kein individualschützender Charakter zu. Sie enthalte vielmehr nur einen Rechtsreflex; das Benutzungsrecht werde erst durch den einfachgesetzlichen Anspruch auf Nutzung eingeräumt.46 Die Verneinung des individualschützenden Charakters der Widmung ist jedoch nicht zwingend. Dem Argument des bloßen Allgemeinheitsbezugs liegt die Konstruktion der Widmung als sachbezogene Regelung zugrunde, die den Widmungsakt im Bereich der öffentlichen Einrichtungen allerdings nicht zutreffend erfasst.47 Betrachtet man die Konkretisierungsfunktion der 41
So Papier, Recht der öffentlichen Sachen, S. 32. Ausf. hierzu Axer, Die Widmung als Schlüsselbegriff, S. 171 ff.; ders., NVwZ 1996, 114 (114 f.); zur Systematisierung der Beteiligten im Benutzungsverhältnis s. 1. Kap. B. III. 2. 43 Axer, Die Widmung als Schlüsselbegriff, S. 176. 44 So etwa bei Einrichtungen des Landes und des Bundes, s. Axer, Die Widmung als Schlüsselbegriff, S. 178. 45 Frey, DÖV 2005, 411 (415). 46 Vgl. Wolff/Bachof/Stober/Kluth, Verwaltungsrecht II, § 86 Rn. 72 f. m.w.N. 47 Zur Uneinheitlichkeit des Widmungsbegriffs Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 35 Rn. 320; Axer, Die Widmung als Schlüsselbegriff, S. 218, 225. 42
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1. Kap.: Belastungswirkungen im Benutzungsverhältnis
Widmung im Hinblick auf die Ausgestaltung des Benutzungsverhältnisses, insbesondere mit Blick auf den Nutzungsinhalt, Nutzungsumfang und die nutzungsberechtigten Personenkreise, so richtet sich die Widmung eben nicht ausschließlich an die Allgemeinheit, sondern bezweckt auch den Schutz des einzelnen Benutzers im Hinblick auf die begehrte Nutzungsmöglichkeit. Auch der Widmung kann damit individualschützender Charakter zukommen, weshalb sie selbst unmittelbar als Anspruchsgrundlage in Betracht kommt.48 Mit der Anerkennung der Widmung als eigenständige Anspruchsgrundlage wird der gesetzlich normierte Benutzungsanspruch zwar in seiner Bedeutung deutlich abgeschwächt. Unter Beachtung des Vorrangs des Gesetzes kommt ihm jedoch als inhaltlicher Mindestmaßstab der Widmung, der nicht negiert oder unterschritten werden darf, auch weiterhin Bedeutung zu.49 Es besteht folglich kein Primat des gesetzlich normierten Benutzungsanspruchs in anspruchsbegründender Hinsicht. Die Beachtung desselben ist aber eine anspruchssichernde, verfassungsrechtlich gebotene Notwendigkeit. Zusammenfassend können der Widmung im Einrichtungsrecht damit zwei Funktionen zugeordnet werden: Sie ist zugleich Kreationsakt und Ausgestaltungsakt und damit Grund und Grenze einer Benutzung und des Anspruchs hierauf.
II. Die Entstehung des Benutzungsverhältnisses Das Benutzungsverhältnis entsteht grundsätzlich mit der Zulassung des Benutzers. Eine Zulassungsentscheidung ist – zumindest gedanklich – die Voraussetzung für die Inanspruchnahme der durch die Einrichtung bereitgehaltenen (Benutzungs-)Leistung. Durch sie entsteht erst das konkrete Rechtsverhältnis.50 Dabei wird die Zulassung im Denkschema der Zweistufentheorie immer dem „Ob“ der Benutzung und damit dem öffentlichen Recht in der Handlungsform des Verwaltungsakts zugeschrieben.51 Rechtstatsächlich ist solch eine zweistufige Rechtskonstruktion durch die Einteilung in zwei selbständige Handlungsabschnitte in Form einer Zulassung durch Verwaltungsakt auf erster Stufe und der anschließenden Ausgestaltung der Benutzung oft realitätsfern und stellt meist eine reine Fiktion dar.52 Insofern spiegelt sie die grundsätzliche Kritik an der 48 VG München, Urt. v. 06.08.2014 – 7 K 13.2449 –, BeckRS 2014, 56385; Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 35 Rn. 324; Ehlers, Jura 2012, 849 (850 f.); Axer, Die Widmung als Schlüsselbegriff, S. 176 ff.; ders., NVwZ 1996, 114 (115 ff.); Bamberger, DVBl 1999, 1632 (1636). 49 Ehlers, Jura 2012, 849 (851); ähnl. Lange, Kommunalrecht, 13. Kap. Rn. 44 (S. 814, Fn. 113); krit. Dietlein, Jura 2002, 445 (447, 450); Frey, DÖV 2005, 411 (415). 50 Badura, JuS 1966, 17 (19); Löwer, DVBl 1985, 928 (936); krit. zum Zulassungserfordernis Lange, Kommunalrecht, 13. Kap. Rn. 19, 59 (S. 802, 822). 51 Vgl. Kramer/Bayer/Fiebig/Freudenreich, JA 2011, 810 (812 f.). 52 Axer, NVwZ 1996, 114 (115); Ehlers, Jura 2012, 692 (696); vgl. auch Lange, VVDStRL 44 (1986), S. 169 (180 f.).
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Zweistufentheorie im Benutzungsverhältnis wider. Einer solchen Zweiteilung bedarf es im Übrigen auch rechtlich nicht. Die Gemeindeordnungen erfordern mit Blick auf die öffentlichen Einrichtungen ausdrücklich keinen Zulassungsakt als Entscheidung über den Benutzungsanspruch.53 Zudem ist auch das rechtsstaatliche Bedürfnis daran, die Benutzungsentscheidung dem verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutz und dem öffentlichen Recht insgesamt zu unterstellen, einerseits durch die Anerkennung der Rechtsschutzmöglichkeiten außerhalb der Qualifikation als Verwaltungsakt und andererseits durch die Anerkennung der öffentlich-rechtlichen Bindungen im Verwaltungsprivatrecht nicht mehr erforderlich.54 Wird wie hier die Widmung als eigenständige Anspruchsgrundlage anerkannt, bedarf es einer Zulassung auch nicht, um Fragen des Benutzungsanspruchs einheitlich dem öffentlichen Recht zuzuordnen; dies erfolgt bereits durch die stets dem öffentlichen Recht zuzuordnende Widmungsentscheidung des Einrichtungsträgers als Grundlage des Nutzungsanspruchs.55 Nach der hier vertretenen Auffassung entsteht das Benutzungsverhältnis daher nicht nur im Falle der Zulassung durch Verwaltungsakt, sondern kann – je nach Rechtsregime und Ausgestaltung mit Blick auf die Handlungsform – auch auf andere Weise geschehen. Dieser Entstehungsmoment ist von der Widmung abzugrenzen. Die Widmung ist für die Entstehung des Benutzungsverhältnisses Voraussetzung und Grenze,56 inhaltlich kann die Entscheidung über die Begründung des Benutzungsverhältnisses daher nur im Rahmen der Widmung bestehen. Die Entstehung des Benutzungsverhältnisses ist somit bereits davon abhängig, dass die begehrte Benutzung in Übereinstimmung mit der Widmung steht. Schon auf der Ebene der Entstehung des Benutzungsverhältnisses wird damit die „oszillierende“ 57 Verbindung der beiden Funktionen des Widmungsakts deutlich, welcher die Bereitstellung der Benutzungsmöglichkeit und die Ausgestaltung der Benutzung aneinanderknüpft. Liegt die begehrte Nutzung im Rahmen der Widmung, aber übersteigen die begehrten Nutzungen quantitativ den Widmungsrahmen, bedarf es einer Entscheidung über die Entstehung eines Benutzungsverhältnisses anhand eines Auswahlermessens. Bei einer solchen Kapazitätserschöpfung sind daher grundsätzlich außerhalb der Widmung liegende Kriterien, wie der Zeitpunkt der Antragsstellung im Sinne des Prioritätsprinzips, der Zufall im Sinne des Losprinzips, eine Zuverlässigkeits- oder Attraktivitätsprüfung oder das Prinzip des Bekannten und Bewährten mit der Möglichkeit des Neuzugangs, zugrunde zu legen.58 Bei 53 Axer, NVwZ 1996, 114 (115); Ehlers, Jura 2012, 692 (696); ders., Jura 2012, 849 (851); Lange, DVBl 2014, 753 (756 f.). 54 Ehlers, Jura 2012, 692 (696). 55 Axer, NVwZ 1996, 114 (117); a. A. Brüning, LKV 2000, 54 (55). 56 Axer, NVwZ 1996, 114 (116 f.). 57 Ingold, Die Verwaltung 48 (2015), S. 525 (534 ff.). 58 Ausf. hierzu Pitschas, BayVBl. 1982, 641 (645 f.); Püttner/Lingemann, JA 1984, 121 (127 ff.); Widera, VR 1986, 17 (19 ff.).
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1. Kap.: Belastungswirkungen im Benutzungsverhältnis
einer solchen Auswahlentscheidung geht es also um Aspekte der Verteilungsgerechtigkeit im Hinblick auf den Leistungszugang bei erschöpfter Kapazität, nicht aber um die Zulässigkeit etwaiger widmungsinterner Zulassungsvorbehalte wie die Bestimmung der Kapazitätsgrenze als solcher. Daher kann die teilweise als Kriterium für zulässig erachtete „Nähe zum Widmungszweck“ 59 im Rahmen des Auswahlermessens bei Kapazitätserschöpfung nicht herangezogen werden. Denn Voraussetzung des Auswahlermessens ist bereits, dass alle begehrten Nutzungen im Rahmen der Widmung liegen. Die Abgrenzung zwischen dem Widmungszweck näher oder ferner liegenden Nutzungen ist keine Frage der „Quantität“, sondern eine der „Qualität“ der Nutzung, die allein bei der Prüfung auf Übereinstimmung der begehrten Nutzung mit der Widmung relevant sein kann. Fragen der „Qualität“ einer begehrten Nutzung sind wiederum eine Frage der durch die Widmung festgelegten Nutzungsart und des Nutzungsumfangs. Zu klären ist daher, ob bzw. inwiefern Zulassungsvoraussetzungen wie Zulassungsvorbehalte in Form etwa des Nachweises einer bestimmten Fachkunde,60 der Zuverlässigkeit61 oder der Identität62 von Benutzungsregelungen abzugrenzen sind. So lässt sich vor dem Hintergrund der Benutzungsebenen etwa fragen, ob eine Trennung zwischen Zulassungsvorbehalten und Benutzungsregelungen rechtlich erforderlich ist. Eine Differenzierung etwa zwischen dem Zulassungsvorbehalt, gewerbliche Tätigkeiten auf dem Friedhof insgesamt von einem Fachkundenachweis abhängig zu machen,63 und der als bloße Benutzungsregelung aufzufassenden Bestimmung, spezifische Dekorationsarbeiten auf dem Friedhof wie Trauerfloristik o. ä. nicht nur von einer Zulassung abhängig zu machen, sondern allein Personen zu gestatten, die eine Gärtnerausbildung vorweisen können, nicht jedoch etwa den (grundsätzlich für die Friedhofstätigkeit zugelassenen) Bestattern zu eröffnen, setzt an unterschiedlichen Ebenen des Benutzungsverhältnisses an. Eine Aussage, inwieweit sich die Rechtswirkungen für die Betroffenen signifikant unterscheiden,64 ist damit jedoch noch nicht getroffen, denn letztlich geht es in beiden Fällen um einen Ausschluss bestimmter Personengruppen. Als Grenze der Zulassungsvorbehalte ist das einfachgesetzlich normierte subjektiv-öffentliche Recht auf (Zulassung zur) Benutzung zu beachten, das nach 59 Vgl. Ossenbühl, DVBl 1973, 289 (296 f.); Gassner, VerwArch 85 (1994), S. 533 (545 f.); Kerkmann, VR 2004, 73 (76). 60 Vgl. OVG NRW, DVBl 2011, 648 (648 f.). 61 Krit. Stelkens, WiVerw 2018, 53 (66). 62 S. etwa die Pflicht zur Vorlage eines amtlichen Lichtbildausweises vor Eintritt in ein städtisches Schwimmbad in der privatrechtlichen Nutzungsordnung der Bädergesellschaft Düsseldorf mbH, die in 100 %-iger Trägerschaft der Stadt Düsseldorf steht und damit den Bestimmungen des öffentlichen Einrichtungswesens unterliegt. 63 OVG NRW, DVBl 2011, 648 (648 f.). 64 S. ausf. zu den Unterschieden der Rechtswirkungen aus grundrechtlicher Sicht 3. Kap. B. III. 1.
A. Differenzierungsebenen im Benutzungsverhältnis
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dem Vorrang des Gesetzes nicht durch untergesetzliche Bestimmungen, also grundsätzlich auch nicht durch die Widmung, eingeschränkt oder umgangen werden kann.65 Allerdings besteht der normierte Anspruch aufgrund der „oszillierenden“ 66 Wirkung der Widmung nur in dem durch Widmung festgelegten Rahmen. Insofern können dem einfachgesetzlichen Benutzungsanspruch also eine absolute Unter- und Missbrauchsgrenze für die Widmung entnommen werden, nicht aber konkrete Aussagen zur Reichweite der Widmung.
III. Die Ausgestaltung des Benutzungsverhältnisses Eine weitere Differenzierungsebene bei der Betrachtung des Benutzungsverhältnisses stellt die Benutzungsordnung als Mittel der Ausgestaltung des Benutzungsverhältnisses dar. Der Begriff „Benutzungsordnung“ wird in den Kommunalverfassungen ebenso wie jener der Widmung und der Zulassung nicht verwendet; es handelt sich um eine Begriffszuschreibung aus Wissenschaft und Praxis, die auf ihre Zweckmäßigkeit hin zu untersuchen ist.67 Der Begriff der Benutzungsordnung unterliegt bereits von vornherein terminologischen Wirrungen. So werden oftmals die Begriffe Anstaltsordnung und Benutzungsordnung synonym verwendet.68 Diese Verwendung geht auf Unsicherheiten mit dem Begriff der Anstalt und der fehlenden, wenngleich notwendigen Abgrenzung zum Einrichtungsbegriff69 zurück. Die Anstaltsordnung kann nur Regelungen der Anstalt, also insbesondere der inneren und äußeren organisatorischen Verfasstheit der Verwaltungseinheit umfassen und damit organisationsrechtliche Strukturen wie Organe und deren Zuständigkeiten, Aufsichts- sowie Einwirkungsmöglichkeiten regeln. Benutzungsordnungen dagegen enthalten auch materielle Anforderungen an die Beteiligten im Benutzungsverhältnis zur Ausgestaltung des Benutzungsvorgangs. Nach dieser Unterscheidung von Organisationsrecht und materiellem Recht können damit Benutzungsregelungen, die nur das letztere betreffen, nicht Inhalt einer Anstaltsordnung sein. Beide Begriffe sind nach der hiesigen Lesart daher der Sache nach zu trennen.70 Zu den terminologischen Wirrungen gesellt sich die Frage nach dem zulässigen Regelungsinhalt von Benutzungsordnungen. Mit dem früheren Begriff der Anstaltsordnung war unmittelbar die Anstaltsgewalt als Regelungsinhalt ver65 Vgl. Ossenbühl, DVBl 1973, 289 (295); Evertz, Die Bedeutung der Grundrechte im Zusammenhang mit der Benutzung gemeindlicher öffentlicher Einrichtungen, S. 90. 66 Ingold, Die Verwaltung 48 (2015), S. 525 (534 ff.). 67 Vgl. Axer, Die Widmung als Schlüsselbegriff, S. 183. 68 Exemplarisch etwa VGH BW, NJW 1979, 1900 (1900): „Anstalts- und Benutzungsordnung“. 69 Ausf. hierzu s. 2. Kap. B. I. 1. c). 70 Ebenso bereits Brehm, Benutzungsregelungen, S. 14 f.; Schäfer, Benutzungsregelung, S. 39 ff.
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1. Kap.: Belastungswirkungen im Benutzungsverhältnis
knüpft.71 Der Anstaltsgewalt wurden umfassende Regelungsbefugnisse für den Anstaltsträger zugeschrieben, der hiernach neben der Festlegung von organisatorischen Bestimmungen der Anstalt insbesondere auch zum Erlass etwa von Handlungsverboten gegenüber den Benutzern, Voraussetzungen über den Umfang von Zwangsmitteln und deren Anwendung sowie dem Ausschluss von der Einrichtung in der Anstaltsordnung ermächtigt sein sollte.72 Die Heranziehung einer solchen „Anstaltsgewalt“ ist heute jedoch aus mehreren Gründen bedenkenswert.73 Der Inhalt der Benutzungsordnung und die Reichweite zulässiger Benutzungsregelungen sind vielmehr umstritten und immer wieder zentraler Gegenstand gerichtlicher Entscheidungen,74 ohne dass die Wissenschaft bisher hinreichende Parameter zu ihrer Konturierung gefunden hat. 1. Abgrenzung zwischen Widmung und Benutzungsordnung Probleme bereitet die Abgrenzung zwischen Widmung und Benutzungsordnung. Da Benutzungsordnung und Widmung keine Gesetzesbegriffe sind, obliegt die Abgrenzung der wissenschaftlichen Handhabbarkeit und Zweckmäßigkeit.75 Die Unterscheidung der zwei Begriffe wird allerdings in der Wissenschaft nur vereinzelt problematisiert,76 im Übrigen werden Widmung und Benutzungsordnung oftmals nicht unterschieden oder sogar bewusst synonym verwendet.77 Die damit zum Ausdruck gebrachte Beliebigkeit beider Begriffe würde indes deren Wesensidentität erfordern. Bislang liegt jedoch keine theoretisch oder dogmatisch abschließend überzeugende Darstellung – in die eine oder andere Richtung – zu beiden Begriffen vor. Widmung und Benutzungsordnung sind Rechtsakte, aber in ihrer Rechtsform grundsätzlich neutral; sie können daher in verschiedenen Handlungsformen erge71 Vgl. etwa den Verweis bei Creifelds, Rechtswörterbuch, S. 74 auf die Anstaltsgewalt ohne Ausführung; Thieme, DÖV 1956, 521 (527); Baldus/Böhr, ZMR 1997, 337 (340), die unter der Überschrift Anstaltsgewalt ausschließlich Aussagen zur Anstaltsordnung treffen. 72 S. nur Stober, JA 1975, 737 (740). 73 Gänzlich ablehnend Burgi, Kommunalrecht, § 15 Rn. 40; ausf. zur Anstaltsgewalt unten 4. Kap. A. 74 Vgl. BVerwGE 148, 133 (142 ff.); OVG RhPf, NVwZ-RR 2009, 394 (395); BayVGH, Urt. v. 04.02.2009 – 4 N 08.778 –, juris, Rn. 29 f.; Beschl. v. 27.07.2009 – 4 N 09.1300 –, juris, Rn. 16 f.; NdsOVG, NVwZ 2017, 728 (729 f.); VG Chemnitz, Beschl. v. 30.07.2008 – 1 L 206/08 –, BeckRS 2008, 139621, Rn. 18; VG Darmstadt, LKRZ 2013, 289 (292); VG Meiningen, LKV 2018, 573 (575); VG Düsseldorf, Beschl. v. 04.07.2019 – 18 L 1205/19 –, BeckRS 2019, 13419, Rn. 10 ff.; a. A. VG München, Urt. v. 06.08.2014 – 7 K 13.2449 –, BeckRS 2014, 56385. 75 Axer, Die Widmung als Schlüsselbegriff, S. 183. 76 So etwa Axer, Die Widmung als Schlüsselbegriff, S. 183 ff. 77 Vgl. Walter, Die Stellung öffentlicher Einrichtungen im öffentlichen Sachenrecht, S. 73.
A. Differenzierungsebenen im Benutzungsverhältnis
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hen.78 Teilweise werden Benutzungsordnung und Widmung als sich entsprechende, gegenseitig konkretisierende oder jeweils ersetzende Rechtshandlungen angesehen, indem die Benutzungsordnung schlicht als Regelung des Benutzungsverhältnisses definiert und diese mit den Berechtigungen und Verpflichtungen der Benutzer sowie den Voraussetzungen, der Art und dem Umfang der Benutzung gleichgesetzt wird.79 Vor diesem Hintergrund würde eine Unterscheidung zwischen Benutzungsanspruch, Widmung und Benutzungsordnung allerdings unmöglich. Die Unsicherheiten im Umgang mit den Begriffen sowie die Schwierigkeiten einer Abgrenzung werfen also zunächst die Frage auf, ob für eine Unterscheidung überhaupt ein Bedürfnis besteht. Ein solches ist vor allem aus wissenschaftlicher Zweckmäßigkeit anzunehmen. Denn Relevanz entfaltet die Unterscheidung zwischen Widmung und Benutzungsordnung vor allem in Fällen, in denen die Handlungsformen divergieren. Deutlich stellt sich das Problem etwa bei der Frage, ob die von der oberverwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung bislang als zulässig erachtete lediglich faktische Widmungsänderung80 zu der Änderung einer bestehenden Benutzungssatzung führen kann.81 Eine Änderung der Handlungsform „Satzung“ kann freilich nur im Wege der Satzungsänderung unter Beachtung der formellen Rechtsetzungsvoraussetzungen erfolgen. Eine Abgrenzung zwischen Widmungsakt und Benutzungsordnung ist daher bereits aus der Perspektive der Handlungsformen notwendig. Zudem offenbaren sich etwaige Zuständigkeitsprobleme zwischen diesen Regelungsebenen, die für das Erfordernis einer Abgrenzung sprechen. So können insbesondere Probleme bei der Durchsetzung der Benutzungsordnung auftreten, indem die Zuständigkeit zum Erlass und der Durchsetzung von benutzungsrelevanten Einzelfallverfügungen zwischen Einrichtungsträger und Sicherheits- und Ordnungsbehörden unklar sind. Damit einher gehen Unklarheiten bezüglich der damit zusammenhängenden Regelungsbefugnisse sowie der einschlägigen normativen Handlungsbefugnisse und zulässigen Handlungsformen. Für das Untersuchungsthema ist die Abgrenzung zwischen Widmung und Benutzungsordnung darüber hinaus auch deshalb relevant, weil sie Bedeutung für die Frage nach den Rechtswirkungen für die Benutzer und damit der Frage nach dem Erfordernis einer normativen Grundlage solcher Rechtswirkungen entfaltet. Axer nimmt eine Abgrenzung beider Begriffe explizit im Einrichtungswesen vor und differenziert zwischen kommunalrechtlichem Widmungsakt und der Be78 Für eine Übersicht über die möglichen Handlungsformen der Benutzungsordnung s. sogleich 1. Kap. A. III. 2. b). 79 Brehm, Benutzungsregelungen, S. 15; Schäfer, Benutzungsregelung, S. 40. 80 VGH BW, NVwZ 1998, 540 (541); BayVGH, NVwZ-RR 2014, 110 (110 f.); VG Darmstadt, LKRZ 2013, 289 (291); a. A. nun BVerwG, NVwZ 2018, 73 (77). 81 Die Frage offenlassend OVG LSA, DVBl 2012, 591 (591 f.); zur Frage der spezifischen Handlungsform einer Widmungsänderung s. 1. Kap. B. III. 2. b).
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1. Kap.: Belastungswirkungen im Benutzungsverhältnis
nutzungsordnung als ordnungsrechtlichem Rechtsakt. Danach beinhalte die Benutzungsordnung ordnungsrechtliche Anforderungen an die Nutzung der Einrichtung zur Gewährleistung des Einrichtungszwecks, folglich sei sie „Zwecksicherungsrecht“ 82. Dies impliziert, dass es bei der Benutzungsordnung um Gefahrenabwehr geht, namentlich um die Sicherung des Widmungszwecks durch die Abwehr von Störungen.83 Die Benutzungsordnung setzt so verstanden die Widmung denklogisch notwendig voraus und sichert diese ab. Ob dem Einrichtungsträger aber tatsächlich originäre oder auch nur im Annex zur Widmung zu gewährende Gefahrenabwehrbefugnisse zustehen, ist vor dem Hintergrund des Vorbehalts des Gesetzes äußerst fragwürdig.84 In eine ähnliche Richtung geht auch Bartels, die unter der Benutzungsordnung Regelungen der Benutzungsmodalitäten zum Zwecke der Gewährleistung der Funktionsfähigkeit der öffentlichen Einrichtung versteht85 und damit im Hinblick auf die Benutzungsordnung ebenfalls einen ordnungsrechtlichen Ansatz vertritt. Auch andere Stimmen in der Literatur befürworten eine Unterscheidung zwischen Widmung und Benutzungsordnung im Sinne von Ordnungsaspekten, wenngleich die weitere Befassung ausdrücklich nur im Straßenrecht im Bereich des Gemeingebrauchs stattfindet. Die Bestimmungen des Straßen- und Wegerechts können zwar aufgrund der unterschiedlichen Sachmaterie und Regelungsgrundlagen nicht auf das Recht der öffentlichen Einrichtungen übertragen werden, allerdings vermag deren Betrachtung die Grundgedanken einer Abgrenzung zwischen Widmung und Benutzungsordnung zu verdeutlichen. So wird im Rahmen des Gemeingebrauchs im Straßenrecht überwiegend zwischen der Widmung als Anspruchsrahmen einer individuellen Benutzung und den Grenzen des individuellen Gebrauchs durch Gemeinwohlverträglichkeitsschranken differenziert; wobei ein Verstoß gegen letztere dabei immer noch eine Nutzung im Rahmen der Widmung, aber eben eine unzulässige Nutzung ist.86 Die Gemeinwohlverträglichkeitsschranken können mithin ebenfalls als Grenzen begriffen werden, die als Ordnungsaspekte die Koordination und den Ausgleich unterschiedlicher Nutzungsinteressen übernehmen.87 In die gleiche Richtung geht die Betrachtung der Widmung als Institut des öffentlichen Sachenrechts, welche die Sache als Verwaltungsleistung betreffe, wohingegen die Nutzung der Sache unter ordnungs-
82 Axer, Die Widmung als Schlüsselbegriff, S. 184; zur selbigen Funktion der Anstaltsgewalt als Zwecksicherungsrecht Wolff/Bachof/Stober/Kluth, Verwaltungsrecht II, § 86 Rn. 61; s. auch ausf. unten 4. Kap. A. II. 2. 83 So ausdrücklich Axer, DÖV 2013, 165 (169). 84 Ausf. zu Befugnissen der Störungsabwehr 1. Kap. A. IV. 85 Bartels, Die rechtliche Ordnung der Benutzung, S. 284. 86 Vgl. Papier, Recht der öffentlichen Sachen, S. 79, 145, auch wenn sich die Unterscheidung explizit auf das Straßen- und Wegerecht und das Wasserwegerecht i. S. d. Abgrenzung zwischen Gemein- und Sondergebrauch bezieht. 87 Ähnl. Rebler, SVR 2017, 246 (250, 254).
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rechtlichen Aspekten zu betrachten sei.88 Gebräuchlicher ist die Unterscheidung zwischen der Widmung im Sinne eines den Nutzungsrahmen setzenden Statusakts i. S.e. „abstrakten Gebrauchs“ und den ordnungsrechtlichen Normen, welche die Nutzungsausübung innerhalb dieses Nutzungsrahmens bestimmen, i. S. e. „konkreten Gebrauchs“.89 Dabei wird gemeinhin statuiert, der Vorrang der Ordnungsrechts stehe unter dem Vorbehalt des Sachenrechts.90 Die Benutzungsordnung ist damit zwar ordnungsrechtlich angedacht, eigene gefahrenabwehrrechtliche Befugnisse im Sinne einer Zwecksicherung können indes aufgrund des Vorbehalts des Gesetzes aus Kompetenz- und Zuständigkeitsgründen nicht ohne weitere Begründung angenommen werden.91 Vielmehr passt der Grundgedanke aus dem Straßen- und Wegerecht auch im Einrichtungsrecht für die Abgrenzung zwischen Widmung und Benutzungsordnung: Der Benutzungsordnung kann insoweit ordnender Charakter zugesprochen werden, als dass sie Nutzungsinteressen koordiniert und ausgleicht. Sie nimmt also unter dem Vorbehalt des Widmungsinhalts eine Abwägungsentscheidung hinsichtlich divergierender Nutzungsinteressen vor. Mit Blick auf die bereits festgestellte „oszillierende“ 92 Verbindung der Benutzungsebenen durch die Widmung als Kreations- und Ausgestaltungsakt kann daher letztlich der von Lange vorgenommenen Unterscheidung zwischen der Widmung als Festlegung des Widmungszwecks und der Benutzungsordnung als Anforderungen an die Benutzer zugestimmt werden.93 Vom Widmungsakt umfasst sind also die Grundentscheidungen über Nutzung, Nutzungsart, Nutzungsumfang sowie Nutzerkreis, während die Benutzungsordnung sodann eine Konkretisierung aus ordnender Perspektive im Sinne einer Abwägungsentscheidung zwischen den konfligierenden Nutzungsinteressen vornimmt; sie regelt also die Nutzungsausübung innerhalb des gesetzten Widmungsrahmens. 2. Wahlfreiheiten im Rahmen der Benutzungsordnung Die Benutzungsordnung definiert und gestaltet das Benutzungsverhältnis also im Rahmen der Widmung aus. Als äußere Form kommen für eine solche Benutzungsordnung verschiedene Möglichkeiten der handelnden Verwaltung in Betracht. Innerhalb des öffentlich-rechtlichen Rechtsregimes ist die Typisierung und Zuordnung von Verwaltungshandeln zu einer bestimmten Handlungsform im 88 Steiner, JuS 1984, 1 (1); Kessen, Die Sicherung der Widmung öffentlicher Sachen, S. 69. 89 Häde, JuS 1993, 113 (117); Mager/Sokol, Jura 2012, 913 (917); Rebler, SVR 2017, 246 (254); Siems, Jura 2003, 587 (588). 90 Vgl. etwa BVerfGE 40, 371 (378 ff.); Rebler, SVR 2017, 246 (246); Siems, Jura 2003, 587 (588); Steiner, JuS 1984, 1 (4 ff.). 91 S. ausf. zu Störungsabwehrbefugnissen 1. Kap. A. IV. und 3. Kap. B. IV. 92 Ingold, Die Verwaltung 48 (2015), S. 525 (536). 93 Lange, DVBl 2014, 753 (754).
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1. Kap.: Belastungswirkungen im Benutzungsverhältnis
Sinne der Rechtsformenlehre ein unverzichtbarer Eckpfeiler des Verwaltungsrechts.94 Die Rechtsformenlehre bildet Verwaltungshandeln und dessen Folgen ab, bringt im Sinne des Rechtsstaatsgebots Transparenz und Berechenbarkeit ein und kann damit als eine Reflektion des Verwaltungshandelns dienen.95 Die Zuordnung der Benutzungsordnung zu einer bestimmten Rechtsform kann daher Erkenntnisgewinn sein. Zudem können durch die Zuordnung Anforderungen und Rechtsprobleme für die weitere Untersuchung herausgestellt werden. a) Wahlfreiheit des Rechtsregimes Während in früherer Zeit die „Anstaltsnutzung“ von der sog. Lehre von der Gleichstellung privater Hausordnungen mit den Anstaltsordnungen96 ausnahmslos als zivilrechtliche Beziehung zwischen Anstalt und Anstaltsnutzer angesehen wurde, sind die Einrichtungsträger nach der heute herrschenden Auffassung in der Wahl des Rechtsregimes – privatrechtlich oder öffentlich-rechtlich – grundsätzlich frei. Hintergrund ist die Annahme der Voll-Privatrechtsfähigkeit von Hoheitsträgern, wodurch die Voraussetzung einer Formenwahlfreiheit im Hinblick auf die Ausgestaltung des Benutzungsverhältnisses zwischen dem öffentlich-rechtlichen und dem privatrechtlichen Rechtsregime bestehen kann.97 Als Grundlage dieses Axioms der sog. Wahlfreiheit im Rahmen der Ausgestaltung der Benutzungsverhältnisse wird im Bereich kommunaler öffentlicher Einrichtungen die Organisationsfreiheit als Ausdruck der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie98 und ganz grundsätzlich die Leistungsfreiheit der Verwaltung99 angeführt. Auf diesem Grundsatz beruht die sog. Zweistufentheorie, nach der die Frage des „Ob“ der Benutzung, also die Zulassungsentscheidung, immer öffentlich-rechtlicher Natur ist, während die Frage des „Wie“ auf zweiter Stufe, also der Ausgestaltung des Benutzungsverhältnisses, sowohl dem öffentlichen Recht als auch dem Privatrecht zugeordnet werden kann.100 Die Zweistufentheorie zu94 Vgl. Schoch, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Innovation und Flexibilität des Verwaltungshandelns, S. 199 (205). 95 Vgl. Schmidt-Aßmann, DVBl 1989, 533 (533 f.). 96 Vgl. grundlegend Jellinek, Gesetz und Verordnung, S. 387 ff. 97 Ausf. Wolff/Bachof/Stober/Kluth, Verwaltungsrecht I, § 23 Rn. 7; Gusy, DÖV 1984, 872 (872 ff.); Bethge, Die Verwaltung 10 (1977), S. 313 (322); Lange, JuS 1982, 500 (502); Bartels, Die rechtliche Ordnung der Benutzung, S. 226 ff.; a. A. Kempen, Die Formenwahlfreiheit der Verwaltung, S. 122 f., der eine nur partielle Privatrechtsfähigkeit des Staates vertritt. 98 Evertz, Die Bedeutung der Grundrechte im Zusammenhang mit der Benutzung gemeindlicher öffentlicher Einrichtungen, S. 17; Scholz, Das Wesen und die Entwicklung der gemeindlichen öffentlichen Einrichtungen, S. 22 m.w. N. 99 Schmidt-Jortzig, Kommunalrecht, Rn. 658; Frotscher, Die Ausgestaltung kommunaler Nutzungsverhältnisse, S. 1, 10 ff. 100 S. zur generellen Kritik etwa Jauernig, NJW 1972, 1 (2); Ossenbühl, DVBl 1973, 289 (291 ff.); v. Danwitz, JuS 1995, 1 (2 ff.); Ehlers, Jura 2012, 692 (696); ders., Jura 2012, 849 (851); Axer, NVwZ 1996, 114 (115).
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grunde gelegt, stellen sich Fragen der Widmung aufgrund deren Funktion als Kreationsakt und Ausgestaltungsakt sowohl auf der ersten Stufe, also dem „Ob“ der Regelung und damit dem öffentlichen Recht, als auch auf der zweiten Stufe, dem „Wie“ der Regelungen. Doch auch auf der Ebene der Ausgestaltung kann der Einrichtungsträger im Verwaltungsprivatrecht den Grundrechtsbindungen, dem Rechtsstaatsprinzip sowie dem Demokratieprinzip nicht entfliehen.101 Selbst bei Zugrundelegung der Zweistufentheorie und der Wahl einer privatrechtlichen Organisationsform dient das Privatrecht daher nur der äußeren Form. Es kann also nur formal, nicht jedoch inhaltlich gelten, denn inhaltlich findet eine öffentlich-rechtliche Überlagerung statt, insbesondere unterliegt die Verwaltung in diesem Bereich denselben verfassungsrechtlichen Bindungen.102 Aus der Entscheidung über das Rechtsregime wurden teilweise „Vorwirkungen“ 103 für die möglichen Regelungsmodalitäten der Benutzung gefolgert. Allerdings wird mittlerweile für den maßgeblich umstrittenen Fall der Vorwirkung eines Anschluss- und Benutzungszwangs mehrheitlich angenommen, dass dieser auch bei einer privatrechtlich ausgestalteten Nutzungsordnung möglich sein soll.104 Von etwaigen Vorwirkungen des Rechtsregimes sind solche Bindungen zu trennen, die aufgrund der Wahl der Organisationsform der Einrichtung eintreten. So kann bei der Wahl der Einrichtungsorganisation in Form einer juristischen Person des Privatrechts keine öffentlich-rechtliche Handlungsform gewählt werden. Nach alledem bleibt festzuhalten, dass es für die Untersuchungsfrage irrelevant ist, ob das Benutzungsverhältnis dem Privatrechtsregime oder dem des öffentlichen Rechts unterstellt wird. Aufgrund der Grundrechtsbindung aus Art. 1 Abs. 3 GG und der Rechtsstaatsbindung aus Art. 20 Abs. 3 GG gelten die Grundrechte und der Vorbehalt des Gesetzes auch bei Unterstellung unter die Privatrechtsordnung. b) Wahlfreiheit bezüglich der Handlungsform Entscheidet sich der Einrichtungsträger für das privatrechtliche Rechtsregime, steht ihm insbesondere der privatrechtliche Vertrag unter Einbezug von allgemei101 „Keine Flucht ins Privatrecht“, vgl. statt vieler BVerfGE 128, 226 (244 ff.); Kramer/Bayer/Fiebig/Freudenreich, JA 2011, 810 (816). 102 Ausf. hierzu Evertz, Die Bedeutung der Grundrechte im Zusammenhang mit der Benutzung gemeindlicher öffentlicher Einrichtungen, S. 25 ff.; Battis, GewArch 1982, 145 (149); gegen die Geltung des Privatrechts und eine Aufgabe des Verwaltungsprivatrechts Kempen, Die Formenwahlfreiheit der Verwaltung, S. 127 f. 103 Vgl. Becker/Sichert, JuS 2000, 144 (145); v. Danwitz, JuS 1995, 1 (5) m.w. N. 104 BVerwGE 123, 159 (161 f.); ThürOVG, Urt. v. 24.09.2007 – 4 N 70/03 –, BeckRS 2008, 34433; OVG Bln-Bbg, Urt. v. 22.02.2012 – OVG 9 B 50.11 –, BeckRS 2012, 50862; NdsOVG, NJW 1977, 450 (450 f.); Gern/Brüning, Deutsches Kommunalrecht, Rn. 925; Brüning, LKV 2000, 54 (55); Stober, JA 1975, 737 (739); a. A. Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 176 f.
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1. Kap.: Belastungswirkungen im Benutzungsverhältnis
nen Geschäftsbedingungen zur Verfügung. Entscheidet sich der Einrichtungsträger dagegen für das öffentlich-rechtliche Rechtsregime, ist damit noch offen, welche Handlungsform die Verwaltung im Einzelfall wählen darf. Dabei ist die besondere Handlungsformentypik des öffentlichen Rechts zu beachten, die insoweit eine breite Ausdifferenzierung bereithält. Hinsichtlich des Benutzungsverhältnisses ist dabei insbesondere zwischen der Entscheidung für eine Handlungsform und der Entscheidung über die konkrete Ausgestaltung der Regelung zu differenzieren. Dabei mag sowohl die Handlungsform des Regelungskatalogs an sich als auch die konkrete Ausgestaltung der Regelungen eine Belastungswirkung entfalten und somit Relevanz für die Frage nach der Reichweite der Regelungsbefugnisse aufweisen. Die Auswahl zwischen den verschiedenen Handlungsformen ist nicht vorgegeben. Der Auswahl der „richtigen“ Handlungsform zur Bewältigung der Verwaltungsaufgabe im Rahmen des Benutzungsverhältnisses kommt damit entscheidende Bedeutung zu. Diese Entscheidung wird auch als regulatory choice105 bezeichnet. Dabei sind aus verwaltungsrechtsdogmatischer Sicht nicht die zahlreichen und vielfältigen realen Handlungsmöglichkeiten der Verwaltung in den Blick zu nehmen, sondern ausschließlich die typisierbaren, „rechtlichen“ Handlungsformen, denen als rechtliche Zweckschöpfungen ganz bestimmte Funktionen im Sinne der Rechtsformenlehre zukommen.106 Die Typisierung möglicher, tatsächlicher Handlungen als spezifisch rechtliche Handlungsformen der Verwaltung verleiht diesen eine rechtliche Relevanz, indem mit den abstrakt formulierten Handlungstypen bestimmte Rechtsfolgen gespeichert werden.107 Dieser Typisierung liegen vor allem zwei Erwägungen zugrunde: die Rechtsschutzfunktion für die von der Verwaltungsmaßnahme betroffene Person und die Steuerungsfunktion für die Verwaltung selbst.108 Die Wahl der „richtigen“ Handlungsform ist im Rechtsstaat jedoch nicht gänzlich frei, sondern als Ermessensentscheidung der Verwaltung im Rahmen der Organisation und des Verfahrens zu qualifizieren. Eine von der grundsätzlichen Formenwahl abzugrenzende Frage dagegen ist, ob den kommunalen Einrichtungsträgern noch eine regulatory choice zukommt, sofern die Gemeindeordnungen ihnen explizit die Möglichkeit einräumen, die Benutzungsordnung als
105 Vgl. allg. hierzu Hoffmann-Riem, AöR 130 (2005), S. 5 (57 ff.); Reimer, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. I, § 9 Rn. 23. 106 Kempen, Die Formenwahlfreiheit der Verwaltung, S. 92 ff.; König/Dose, in: König/Dose (Hrsg.), Instrumente und Formen des staatlichen Handelns, S. 3 (25 ff.). 107 Schmidt-Aßmann, DVBl 1989, 533 (533). 108 Vgl. Bauer, Die Verwaltung 25 (1992), S. 301 (310); Hoffmann-Riem, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Schuppert (Hrsg.), Reform des Allgemeinen Verwaltungsrechts, S. 115 (125 ff.); Schmidt-Aßmann, DVBl 1989, 533 (535).
A. Differenzierungsebenen im Benutzungsverhältnis
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Satzung erlassen zu können.109 Ein Ausschluss anderer Handlungsformen dürfte hiermit jedoch regelmäßig nicht verbunden sein, sofern die gesetzliche Ermächtigung dem Einrichtungsträger ein Ermessen einräumt. Hinsichtlich der Auswahl zwischen den möglichen Handlungsformen bereitet bereits die Festlegung eines Ermessensrahmens Schwierigkeiten, denn – betrachtet man zumindest die kommunalrechtlichen Bestimmungen – bestehen weder gesetzliche Ermessensgrenzen, noch ist ein Maßstab für die inneren Ermessensgrenzen ersichtlich.110 In der Literatur wird daher überwiegend vertreten, als leitendes Auswahlkriterium bei der Wahl der Handlungsform komme allein die Zweckmäßigkeit in Betracht.111 Mit dieser Aussage ist jedoch kein Erkenntnisgewinn verbunden, denn Ermessensentscheidungen der Verwaltung sind immer Zweckmäßigkeitsentscheidungen: Zweckmäßigkeitserwägungen sind dem Ermessen inhärent. Die Rechtsprechung hat angenommen, Maßstab auch für die Auswahl der Handlungsform sei das Organisationsermessen des Einrichtungsträgers und damit letztlich der Einrichtungszweck sowie allgemeine rechtsstaatliche Grundsätze.112 Ob diese Kriterien jedoch zulässig den Maßstab für die Formenwahlfreiheit bilden können, ist aufgrund ihres Bedeutungsinhalts zweifelhaft. Zwar umfasst das Organisationsermessen den Widmungsakt und dieser wiederum die Errichtung der Einrichtung dem organisationsrechtlichen und materiellrechtlichen Grunde nach. Allerdings weisen die genannten Kriterien eher materielle Bedeutungsinhalte für Handlungsverpflichtungen auf, die durch eine Benutzungsregelung formuliert werden, als dass sie Entscheidungsmaßstab für eine bestimmte Handlungsform darstellen. Grundsätzlich lässt sich für die Auswahl der Handlungsform daher eine Maßstabsarmut konstatieren. Damit sind für das Handlungsformermessen in Bezug auf die Benutzungsordnung keine spezifischen Überlegungen ersichtlich, sondern die allgemeinen Erwägungen heranzuziehen. aa) Die Satzung als typische Handlungsform der Benutzungsordnung Die Satzung bildet für die Gestaltung der Benutzungsregelungen kommunaler Einrichtungsträger die typische Wahl. Unter Satzungen werden allgemein Rechtsetzungsakte selbständiger Verwaltungsträger zur einseitig hoheitlichen Regelung ihrer eigenen Angelegenheiten verstanden.113 Sie sind typisches Handlungs109
Vgl. etwa Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 BayGO. So auch v. Danwitz, JuS 1995, 1 (5); zur Unterscheidung zwischen äußeren und inneren Ermessensgrenzen s. 4. Kap. C. III. 111 Vgl. Horn, Die grundrechtsunmittelbare Verwaltung, S. 77 (Fn. 207). 112 OVG NRW, NVwZ 1988, 561 (561). 113 Vgl. BVerfGE 10, 20 (49 f.); 33, 125 (156); so auch Ehlers, in: Ehlers/Pünder (Hrsg.), Allg. VerwR, § 2 Rn. 58; Möstl, in: Ehlers/Pünder (Hrsg.), Allg. VerwR, § 20 Rn. 11; Röhl, in: Schoch (Hrsg.), Bes. VerwR, 2. Kap. Rn. 143. 110
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instrument von Selbstverwaltungsträgern und damit Ausdruck einer dezentralisierten Verwaltungsform.114 Hintergrund einer solchen autonomen „Selbstgesetzgebung“ 115 soll die Förderung der Eigeninitiative und Eigenverantwortung zugleich bilden, indem sich die Distanz zwischen Normgeber und Normadressat verringert.116 Die Qualifizierung als exekutives Handlungsinstrument folgt aus der Erledigung der selbstverwalteten Aufgaben, der Wahrnehmung und Durchführung von Verwaltungsaufgaben in Eigenverantwortlichkeit.117 Satzungen sind damit also nicht nur Handlungsinstrument, sondern als abstrakt-generelle Regelungen zugleich auch Rechtsquelle. Die allgemeine Satzungsbefugnis steht der Kommune als Element der Selbstverwaltung bereits kraft Verfassung nach Art. 28 Abs. 2 GG zu und wird in den Gemeindeverfassungen auch einfachgesetzlich als Generalklausel normiert.118 Eine ausdrückliche Befugnis zum satzungsmäßigen Erlass von Benutzungsregelungen der öffentlichen Einrichtungen findet sich zwar nur vereinzelt,119 im Übrigen kann sich die Kommune als Einrichtungsträgerin hinsichtlich der Handlungsform jedoch zum Erlass von Benutzungsregelungen auch auf die allgemeine Satzungsbefugnis stützen. Zur inhaltlichen Reichweite der Satzungsbefugnis, insbesondere hinsichtlich belastenden Benutzungsregelungen, ist damit jedoch noch keine zwingende Aussage verbunden.120 Hier wird allgemein das Dogma vertreten, Eingriffe in Rechte Dritter seien von der kommunalen Satzungsbefugnis nicht umfasst.121 Gegen die Heranziehung der Satzungsform zur Regelung nutzungsrechtlicher Aspekte spricht indes vor allem das im Vergleich zu privatrechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten oder öffentlich-rechtlichen Einzelakten zeitintensive und komplexe Satzungsverfahren. Im Übrigen geht mit der abstrakt-generellen Regelung eine Flexibilitätseinbuße im Hinblick auf die spätere Zulassungspraxis ein114 Vgl. Röhl, in: Schoch (Hrsg.), Bes. VerwR, 2. Kap. Rn. 144; Möstl, in: Ehlers/ Pünder (Hrsg.), Allg. VerwR, § 20 Rn. 11; Burgi, Kommunalrecht, § 15 Rn. 1, 4. 115 Starck, AöR 92 (1967), S. 449 (452). 116 BVerfGE 33, 125 (156 f.); vgl. hierzu Spanner, BayVBl. 1986, 225 (229). 117 Vgl. Schmidt-Aßmann, Die kommunale Rechtsetzung im Gefüge der administrativen Handlungsformen und Rechtsquellen, S. 7 f. 118 S. § 4 GemO BW, Art. 23 BayGO, § 3 BbgKVerf, § 5 HessGO, § 5 KV MV, § 10 NdsKomVG, § 7 GO NRW, § 24 GemO RhPf, § 12 SaarKSVG, § 4 SächsGemO, § 8 KVG LSA, § 4 GO SH, § 19 ThürKO. 119 S. Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 BayGO. 120 S. ausf. zum Vorbehalt des Gesetzes bei kommunaler Selbstverwaltungstätigkeit 2. Kap. B. IV. 121 Vgl. etwa Scholler/Scholler, in: Mann/Püttner (Hrsg.), HkWP, Bd. I, 3. Aufl., § 23 Rn. 7; Masson, BayVBl. 1958, 306 (307); Badura, DÖV 1963, 561 (562); Conrad, BayVBl. 1970, 384 (385); Starck, AöR 92 (1967), S. 449 (455 f.); krit. bereits Kreßel, BayVBl. 1967, 410 (411 f.); Trute, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. I, § 6 Rn. 80; Böhm, in: Lübbe-Wolff/ Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, S. 413 (414 ff.).
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her.122 Allerdings wird man bei Einzelaktentscheidungen einen stetigen Mehraufwand der Verwaltung annehmen müssen. Ist die Entscheidung für eine abstraktgenerelle Regelung gefallen, wird man generell festhalten können, dass sich die Festlegung durch Außenrechtssatz wie durch Satzung als rechtssicherer erweist, als durch nur innenrechtliche Zulassungsrichtlinien. Denn die Satzungsform vermag materiell wie auch prozessual für eine weitergehende Sicherung der Rechte der Benutzer einzutreten.123 Zusätzlich gewährt die Satzungsform auch der Verwaltung vielerlei Vorteile. Neben der bereits erwähnten gemeindeinternen Bindung der kommunalen Vollzugsorgane dient sie der Bewältigung von Massenvorgängen sowie der Gewährleistung gleichmäßigen und kontinuierlichen Verwaltungshandelns.124 Darüber hinaus können öffentlich-rechtlich erhobene Gebühren vereinfacht aufgrund der Möglichkeit der Festsetzung durch Verwaltungsakt und der mit diesem verbundenen Vollstreckungsfunktion eingefordert werden. Teilweise wird aus diesen Gründen für den Bereich der Nutzungsordnungen sogar die normative Anordnung eines „Handlungsformvorbehalts“ 125 i. S. e. „Vorbehalts der Satzung“ 126 angenommen.127 Diese Forderung liegt im Rechtsstaatsprinzip begründet. Denn Rechtssicherheit und Rechtsklarheit als Ausprägung des Rechtsstaatsprinzips würden die Festlegung grundlegender abstraktgenereller Regelungen im Rahmen einer satzungsgemäßen Regelung erfordern, da diese aufgrund ihrer prozeduralen und formalen Voraussetzungen die Rechtslage vorhersehbar mache.128 Diese Gründe treffen indes generell auf das Verhältnis von Norm und Einzelakt zu, wonach die abstrakt-generelle Regelung von der konkret-individuellen Einzelfallmaßnahme zu trennen ist. Insoweit könnte aus rechtsstaatlichen Gründen allenfalls eine normative Grundlage i. S. v. abstraktgenerellen Regelungen gefordert werden, die im Einzelfall das mögliche Verwaltungshandeln vorhersehbar macht.
122
Vgl. Becker/Sichert, JuS 2000, 144 (145 f.). Vgl. Becker/Sichert, JuS 2000, 144 (146). 124 Maurer, DÖV 1993, 184 (185). 125 Begriff nach Löwer, JuS 1980, 805 (807). 126 Begriff nach Gönnenwein, Gemeinderecht, S. 149. 127 In diese Richtung Bethge, NVwZ 1983, 577 (580); Ehlers, DVBl 1986, 912 (921); ähnl. bereits Kreßel, BayVBl. 1967, 410 (411); letztlich offenlassend Löwer, DVBl 1985, 928 (939); nicht im Sinne eines Formvorbehalts, sondern eines Alternativverhältnisses zur Benutzungsordnung wohl in Form der Verwaltungsvorschrift bzw. Sonderverordnung Brehm, Benutzungsregelungen, S. 90 ff.; ablehnend Schäfer, Benutzungsregelung, S. 66 f. 128 So etwa Schmidt-Jortzig, ZG 1987, 193 (200 f.), der mit Blick auf die Verteilung der Organzuständigkeit zwischen dem Hauptverwaltungsbeamten und dem kommunalen Vertretungsorgan von ähnlichen Gesichtspunkten wie bei der Wesentlichkeitstheorie spricht und bei solch wesentlichen Entscheidungen einen „Vorbehalt der Satzung“ statuiert; ähnl. bereits Gönnenwein, Gemeinderecht, S. 149 f. 123
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bb) Zur Möglichkeit der Rechtsverordnung als Handlungsform Der Erlass von Rechtsverordnungen stellt vor dem Hintergrund der Dekonzentration hierarchisch aufgebauter Entscheidungszüge die Wahrnehmung parlamentarisch delegierter Rechtsetzung dar. Die Rechtsverordnung ist mithin keine originär der Kommune aufgrund ihrer Selbstverwaltungseigenschaft zukommende Handlungsform, sondern bedarf zu ihrem Erlass einer speziellen gesetzlichen Verordnungsermächtigung unter Beachtung der Anforderungen des Art. 80 Abs. 1 S. 2 GG bzw. der Anforderungen der jeweiligen Landesverfassung. Für Rechtsverordnungen gilt daher anders als für Satzungen ein inhaltsunabhängiger, handlungsformbezogener Gesetzesvorbehalt.129 Auf der Ebene der kommunalen Verwaltungstätigkeit finden sich Rechtsverordnungen je nach monistischer oder dualistischer Aufgabenstruktur insbesondere im Bereich der Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung bzw. der Auftragsangelegenheiten. Hier sind vor allem sicherheitsrechtliche Verordnungen durch die Verordnungsermächtigungen in den Polizei- bzw. Ordnungsbehördengesetzen hervorzuheben. Zweck solcher Verordnungen kann dann aber allein die Abwehr (abstrakter) Gefahren sein. Problematisch gestalten sich daher mitunter diejenigen Fälle, in denen gleichzeitig mit der Gefahrenprävention für die öffentliche Einrichtung der Erlass nutzungsrechtlicher Regelungen bezweckt oder jedenfalls verbunden werden soll. Zwar kann eine Rechtsverordnung grundsätzlich auch Sachverhalte öffentlicher Einrichtungen regeln, sie ist jedoch nicht mit einer anderen Handlungsform ohne Weiteres substituierbar oder frei austauschbar.130 Denn aufgrund der verfassungsrechtlichen Vorgaben kann sich die Rechtsverordnung ausschließlich auf den Zweck und Inhalt der Verordnungsermächtigung beziehen. Trotzdem besteht vielfach der Versuch, nutzungsrelevante Fragestellungen auch in Form der Rechtsverordnung zu regeln, vor allem vor dem Hintergrund der momentanen Ausweitung der Gefahrenabwehrverordnungen als zunehmend sozialtechnologische Regelungsgrundlage des öffentlichen Raums,131 zu dem auch die kommunalen Einrichtungen gehören. Eine solche Verbindung von gefahrenpräventiven und nutzungsrechtlichen Regelungen ist in der Rechtsprechung zuletzt mit Blick auf die Regelung von Benutzungszeiten relevant geworden. Benutzungszeiten können demnach grundsätzlich auch in einer Rechtsverordnung geregelt werden. Allerdings wird die Anwendbarkeit zutreffend auf den in der Verordnungsermächtigung festgelegten Zweck, im Rahmen der ordnungsbehördlichen Verordnungsermächtigung also auf die Abwehr von (abstrakten) Gefahren, begrenzt. Als positive Festsetzung eines Ausgleichs verschiedener Benutzungsinteressen komme 129
Schmidt-Aßmann, in: v. Mutius (Hrsg.), FG v. Unruh, S. 607 (610). So bereits Badura, DÖV 1963, 561 (564). 131 Ausf. zu dieser Entwicklung Krüper, DVBl 2017, 10 (10 ff.); Volkmann, NVwZ 2009, 216 (216 ff.). 130
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die Rechtsverordnung dagegen nicht in Betracht.132 Mit Blick auf die Handlungsform „Rechtsverordnung“ lässt sich damit festhalten, dass diese ihrer Konzeption nach nur für den in der Verordnungsermächtigung angegebenen Zweck in Betracht kommt. Da die Gemeindeordnungen der Länder keine solche Verordnungsermächtigung kennen, kann dies im Verwaltungsbereich des kommunalen Einrichtungswesens ausschließlich die polizei- bzw. ordnungsbehördengesetzlich gegebenenfalls vorgesehene Erlassmöglichkeit von Regelungen zur Abwehr von (abstrakten) Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung betreffen. Nicht erfasst sind damit jedoch solche Regelungsinhalte, die einen Interessenausgleich zwischen den Interessen der Öffentlichkeit, der einzelnen Benutzer und gegebenenfalls Dritter intendieren. Zusammenfassend sind daher Benutzungsregelungen in der Handlungsform der Rechtsverordnung aufgrund der Beschränkung ihres Regelungsinhalts im kommunalen Bereich auf die Abwehr abstrakter Gefahren für bestimmte Konstellationen zwar nicht von vornherein ausgeschlossen. Für eine umfassende Ausgestaltung der Nutzungsverhältnisse unter Abwägung der konfligierenden Nutzungsinteressen potentieller Benutzer kann die Handlungsform „Rechtsverordnung“ ohne entsprechende Verordnungsermächtigung aber nicht handhabbar gemacht werden. cc) Die Benutzungsordnung in Form der Allgemeinverfügung Ob eine Benutzungsordnung auch in der Handlungsform einer Allgemeinverfügung im Sinne von § 35 S. 2 VwVfG ergehen kann, ist noch immer umstritten.133 Dagegen wird in erster Linie das Problem der Einzelfallregelung eingewendet, nämlich dass mit der Handlungsform der Allgemeinverfügung allein Einzelanordnungen wie sachenrechtliche Widmungen oder Verkehrszeichen erfasst würden, nicht hingegen Benutzungsordnungen, die typischerweise eine Vielzahl von Regelungen umfassten.134 Damit wird jedenfalls auch dem Gedanken Rechnung getragen, dass es sich bei solchen Benutzungsverhältnissen um Rechtsverhältnisse handelt, die zeitlich, räumlich und personell regelmäßig nicht punktuell regelbar sind, sondern über einen Einzelakt hinausgehen. Gegen diese Argumentation spricht jedoch die Tatsache, dass ein Verwaltungsakt, auch in der Form der Allgemeinverfügung, mehrere Regelungsinhalte enthalten kann.135 Zudem lässt der klare Normwortlaut des § 35 S. 2 VwVfG die grundsätzliche Zulässigkeit der Handlungsform erkennen: Erfasst sind von dem Institut der Allgemeinverfü132 VGH BW, NVwZ-RR 2012, 939 (940 f.); Waldhoff, JuS 2013, 287 (288); Kümper, ZJS 2013, 119 (122 f.); a. A. Berger, NVwZ 2013, 1593 (1595 f.). 133 Zusammenf. Schäfer, Benutzungsregelung, S. 85 ff. m.w. N. 134 So etwa Schmidt-Aßmann, in: Püttner (Hrsg.), HkWP, Bd. III, 2. Aufl., § 53 B, S. 182 (199). 135 So auch Lange, Kommunalrecht, 13. Kap. Rn. 100 (S. 836).
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gung gerade auch konkret-generelle Regelungen der Benutzung einer Sache. Zwar könnte im Hinblick auf die Formulierung „Benutzung durch die Allgemeinheit“ eingewendet werden, die Handlungsform sei nur für Sachen im Gemeingebrauch und gerade nicht für solche im Einrichtungsgebrauch zulässig, allerdings wird der Benutzerkreis erst durch die Widmung bzw. konkretisierend durch die Benutzungsregelung bestimmt, sodass der Wortlaut „Allgemeinheit“ keine spezifische Benutzungsformen ausschließen kann. Die Nutzungsform der Sache kann somit keine Voraussetzung für die die Benutzung ausgestaltende Handlungsform der Verwaltung sein. Ein zweiter Einwand zielt auf die Funktion und Rechtsfolgen der Allgemeinverfügung als Handlungsform. So ist die Allgemeinverfügung auch dann wirksam, wenn sie rechtswidrig ist, und kann damit Grundlage der Verwaltungsvollstreckung sein.136 Damit müssen sich potentielle Benutzer auch bei Rechtswidrigkeit an sie halten und es stellt sich die umstrittene Frage, wie lange die Benutzungsordnung in Form der Allgemeinverfügung individuell anfechtbar bliebe.137 Weiterhin enthält sie bereits unmittelbar die Handlungs- bzw. Unterlassungsverpflichtungen gegenüber den Benutzern. Die Begründung, Ausgestaltung und gegebenenfalls Beendigung des Rechtsverhältnisses wird also unmittelbar vorgenommen; es bedarf im Gegensatz zu den Handlungsformen der Satzung oder Rechtsverordnung keines weiteren Einzelaktes mehr. Damit entfällt eine Konkretisierungsebene, die vor dem Hintergrund des Rechtsstaatsprinzips und der mit zwei Regelungsebenen einhergehenden Rechtssicherheit sowie der Organzuständigkeit im Hinblick auf die zwei Regelungsebenen von erheblicher rechtlicher Bedeutung ist. Denn der Einzelakt wird durch die jeweils zuständige Verwaltungsbehörde erlassen, während eine Benutzungsordnung in Form der Satzung durch den Gemeinderat erlassen wird. Soll die Benutzungsordnung nun in Form einer Allgemeinverfügung ergehen, so ist fraglich, welchem kommunalen Organ die Organkompetenz zukommen soll. Diesbezüglich wird angenommen, dass eine Benutzungsordnung als Konkretisierung der Widmung grundsätzlich vom Gemeinderat erlassen werden soll.138 Weniger einen Einwand als ein systematisches Zuordnungsproblem stellt die konkrete Einordnung der Benutzungsordnung als Allgemeinverfügung zu einer der drei vom Gesetz vorgesehenen Varianten dar. Die Zuordnung ist aus praktischer Sicht zwar irrelevant, da sich verschiedene Rechtsfolgen an die unterschiedlichen Varianten nicht anschließen. Allerdings muss festgestellt werden können, dass zumindest eine Variante der Allgemeinverfügung für die Benutzungsordnung in Betracht kommt. Für die dritte Alternative, die sog. benutzungs136
S. allg. hierzu statt vieler Löwer, JuS 1980, 805 (805 ff.). Vgl. zu dieser vor allem im Zusammenhang mit Verkehrsschildern diskutierten Problematik exemplarisch Weidemann/Barthel, JA 2014, 115 (117) m.w. N. 138 Vgl. Schoch, NVwZ 2016, 257 (264). 137
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bezogene Allgemeinverfügung i. S. d. Benutzung einer öffentlichen Sache durch die Allgemeinheit, sowie die zweite Alternative, die sog. sachenbezogene Allgemeinverfügung i. S. d. Bestimmung der öffentlich-rechtlichen Eigenschaft einer Sache, ist jedoch jeweils das Vorliegen einer öffentlichen Sache Voraussetzung. Die Einordnung der öffentlichen Einrichtung im Sachenrecht ist jedoch unklarer als es scheint. So ist insbesondere umstritten, ob die Einrichtung eine öffentliche Sache ist oder aber öffentliche Sachen umfasst.139 Zudem ist i. R. d. zweiten Variante nicht eindeutig, ob die Widmung im Einrichtungsrecht eine sachenrechtliche Wirkung entfaltet.140 Möglich bliebe jedoch in jedem Fall die erste Variante der adressatenbezogenen Allgemeinverfügung mit Blick auf den potentiellen Benutzerkreis. Die Zuordnung zu § 35 S. 2 VwVfG besteht somit jedenfalls unter Anwendung der ersten Variante.141 Schließlich besteht bei der Wahl der Allgemeinverfügung als Handlungsform einer Benutzungsordnung jedoch das grundlegende Problem der Rechtsgrundlage. Die Allgemeinverfügung ist als verwaltungsrechtliche Handlungsform an die allgemeinen Grundsätze gebunden. Aufgrund ihrer Einordnung zum allgemeinen Verwaltungsrecht können die Vorteile der Satzung als spezifische Handlungsform von Selbstverwaltungseinheiten in diesem Rahmen nicht eingreifen. Das Problem der Ermächtigungsgrundlage für den Erlass einer Benutzungsordnung als Allgemeinverfügung stellt sich schon mit Blick auf die Titelfunktion und der damit einhergehenden Vollstreckungsmöglichkeit, weshalb sich bereits die Inanspruchnahme der Handlungsform für die von ihr Betroffenen als rechtlich belastend darstellt.142 Es bedarf daher einer Verwaltungsaktsbefugnis. Jedoch ist anerkannt, dass die Verwaltungsaktsbefugnis nicht ausdrücklich normiert sein muss, sondern sich auch aus dem Regelungszusammenhang der Sachmaterie ergeben kann; erforderlich ist ein Subordinationsverhältnis.143 Insofern wird aus dem Regelungszusammenhang mit der Befugnis des Einrichtungsträgers, die Einrichtung öffentlich-rechtlich zu betreiben, auch geschlossen, dass eine hoheitliche Regelung der Benutzung, also auch eine Regelung durch Allgemeinverfügung, erfolgen kann.144 Teilweise wird für die Handlungsformbefugnis dagegen auch auf Gewohnheitsrecht oder einen Vergleich zu privatrechtlichen Benutzungsbedingungen abgestellt.145 Angesichts der herrschenden Auffassung zur Verwal139 S. unten 2. Kap. B. II. 1. a); ohne weitere Problematisierung Schäfer, Benutzungsregelung, S. 81. 140 S. ausf. hierzu 2. Kap. B. II. 2. 141 Axer, Die Widmung als Schlüsselbegriff, S. 186. 142 Ausf. hierzu Druschel, Die Verwaltungsaktsbefugnis, S. 30 ff., 61 m.w. N. 143 Vgl. etwa BVerwGE 18, 283 (285 f.); 24, 225 (228); Pappermann/Löhr, JuS 1980, 191 (197); krit. Druschel, Die Verwaltungsaktsbefugnis, S. 124 ff. 144 Ohne Problematisierung Löwer, DVBl 1985, 928 (939). 145 Vgl. etwa BVerwGE 19, 243 (245 f.); OVG NRW, DVBl 1963, 187 (187); Lange, VVDStRL 44 (1986), S. 169 (183) m.w. N.
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tungsaktsbefugnis dürfte es der Heranziehung von Gewohnheitsrecht jedoch nicht mehr bedürfen. Der Vergleich zu privatrechtlichen Benutzungsregelungen kann schließlich nicht überzeugen, da die Regelungsgrundlagen im hoheitlichen Bereich gerade nicht mit dem rechtsgeschäftlichen Hintergrund des Privatrechts vergleichbar sind. Unabhängig von der Frage der Handlungsformbefugnis ist sodann die Regelungsbefugnis mit Blick auf den zulässigen Regelungsinhalt zu betrachten. Ohne spezielle gesetzliche Ermächtigungsgrundlage kann die Allgemeinverfügung grundsätzlich nur für einen solchen Bereich Nutzungsregelungen treffen, der strikt außerhalb des vom Vorbehalt des Gesetzes in Form des Parlamentsvorbehalts überspannten Bereichs liegt.146 Hier wird teilweise angenommen, dass die Regelung von bloßen Modalitäten der einrichtungsbezogenen Leistungserbringung keiner besonderen Ermächtigungsgrundlage bedürfe bzw. als gewohnheitsrechtlich zu ihr ermächtigt angesehen werden könne.147 Dabei bleibt jedoch weitgehend im Dunkeln, was mit bloßen Modalitäten der Leistungserbringung gemeint ist und wie sich diese zu Widmung und Benutzungsregelungen verhalten. Ebenfalls unklar bleibt, worin der konkrete Gewohnheitsrechtssatz zu erblicken ist.148 dd) Der Verwaltungsvertrag als Handlungsform der Benutzungsordnung In der Literatur als Idealhandlungsform zur Ausgestaltung des Benutzungsverhältnisses favorisiert,149 hat sich der Verwaltungsvertrag jedoch bislang in der Verwaltungspraxis nicht durchsetzen können. Gründe hierfür bestehen einerseits in dem einem Vertrag zugrundeliegenden Idealtypus, der auch zwischen Privatsubjekt und öffentlich-rechtlichem Hoheitsträger eine Koordinierung in Ansehung des vertraglichen Sachverhalts erfordert und grundsätzlich Angebot und Annahme in jedem Einzelfall voraussetzt. Ein solches Aushandeln auf Augenhöhe wird es bei öffentlich-rechtlichen Benutzungsverhältnissen jedoch nicht geben. Denn im Rahmen von Benutzungsverhältnissen geht es gerade vielfach um die Abwicklung von Massenverwaltungsgeschäften, die eine vertragliche Austarierung beider Interessenseiten durch eine Besprechung des Leistungsangebots mit dem Nutzungsinteressenten nicht leisten kann.150 Eine rechtsgeschäftliche Konstruktion des Benutzungsverhältnisses ist der Praxis der einrichtungsrecht146 Vgl. Schäfer, Benutzungsregelung, S. 181 ff., 204 ff.; Becker/Sichert, JuS 2000, 144 (146). 147 Vgl. Lange, Kommunalrecht, 13. Kap. Rn. 101 (S. 836 ff.). 148 Zur Anstaltsgewalt als Gewohnheitsrechtssatz s. 4. Kap. A. III. 3. c). 149 So etwa Ossenbühl, DVBl 1973, 289 (292 f.); v. Danwitz, JuS 1995, 1 (4); Bethge, JR 1972, 139 (145); zur Abgrenzung zwischen den Rechtsregimen Lange, JuS 1982, 500 (502). 150 Löwer, DVBl 1985, 928 (932).
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lichen Massenverwaltung demnach grundsätzlich fremd. Zudem werden in Benutzungsordnungen gerade auch multipolare Interessenkonflikte zwischen mehreren potentiellen Benutzern austariert, sodass der zweiseitige Vertrag als Handlungsform nicht umfassend geeignet erscheint. Benutzungsregelungen könnten allerdings in Form von allgemeinen (öffentlich-rechtlichen) Geschäftsbedingungen in eine Vertragsgestaltung eingehen und somit den öffentlich-rechtlichen Vertrag doch als taugliche Handlungsform in Aussicht stellen.151 Damit wäre der Vertragsinhalt zwar in einer möglichen Form einheitlich vorgegeben, der notwendige Vertragsabschluss fehlte allerdings weiterhin. An diesem wird es allerdings im „anstaltlichen“ Massenverwaltungsbetrieb praktisch regelmäßig fehlen, sodass teilweise eine Lösung über schlichthoheitliche Verwaltungsschuldverhältnisse, angelehnt an die Entwicklung der sog. faktischen Vertragsverhältnisse im Privatrecht, durch schlichthoheitliche Leistungsgewährung und tatsächliche Inanspruchnahme konstruiert wurde.152 Diese Konstruktion dürfte jedoch auch im öffentlichen Recht schon grundsätzlich unzulässig sein.153 Handfeste Gründe für den fehlenden prägenden Einfluss des öffentlich-rechtlichen Vertrages als Handlungsform für die Ausgestaltung der Benutzungsverhältnisse liefert mittlerweile die Kodifizierung des Verwaltungsvertrags in §§ 54 ff. VwVfG. Vor allem das Schriftformerfordernis, die qualifizierten Vertretungsregeln sowie das Erfordernis der aufsichtlichen Genehmigung bei einer Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung machen den Verwaltungsvertrag im Gegensatz zu privatrechtlichen Verträgen für die Verwaltungspraxis uninteressant, da sie zur Praxisuntauglichkeit beitragen154 und einen „faktischen öffentlich-rechtlichen Vertrag“ verbieten. ee) Die Verwaltungsvorschrift Die Benutzungsordnung wurde vor allem in früherer Literatur als Anstaltsordnung zur Regelung der Anstaltsnutzungsverhältnisse betrachtet. Das Anstaltsnutzungsverhältnis wurde als besonderes Gewaltverhältnis an die sog. Anstaltsgewalt des Anstaltsträgers geknüpft und als Verwaltungsvorschrift eingeordnet.155 Die 151 Vgl. Stober, DÖV 1977, 398 (399 ff.); Baur, in: Triffterer/v. Zezschwitz (Hrsg.), FS Mallmann, S. 33 (34 ff.); Löwer, DVBl 1985, 928 (933); für AGB durch Rechtsverordnungen Loh, BB 1970, 1017 (1017 ff.); ähnl. auch Anslinger, Die Sonderverordnung, S. 213 f. 152 Vgl. BVerwGE 51, 92 (94); VGH BW, DÖV 1993, 353 (353 f.); Löwer, DVBl 1985, 928 (933); ders., NVwZ 1986, 793 (800); v. Danwitz, JuS 1995, 1 (4); Erichsen, Jura 1986, 196 (199); vgl. bereits Thieme, JZ 1964, 81 (85); Jauernig, NJW 1972, 1 (2), die auf das sozialtypische Verhalten der Benutzer abstellen. 153 Ehlers, DVBl 1986, 912 (919). 154 Ähnl. v. Danwitz, JuS 1995, 1 (4). 155 S. etwa Fleiner, Institutionen des Deutschen Verwaltungsrechts, S. 65, 151, 296; zusammenf. Rupp, JuS 1975, 609 (615); Krebs, NVwZ 1985, 609 (611); ausf. zum Anstaltsverhältnis als besonderes Gewaltverhältnis s. unten 4. Kap. A. III. 1. b).
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Anstaltsordnung verlasse als bloßer Dienstbefehl innerhalb des besonderen Gewaltverhältnisses nicht den Innenbereich der Verwaltung und die typische Handlungsform für den Innenbereich der Verwaltung nicht verlassende Rechtsakte sei die Verwaltungsvorschrift.156 Hintergrund war das Verständnis, der Anstaltsbenutzer sei im Anstaltsverhältnis bloßes „Rad im Anstaltsgetriebe“ 157 und dem Staat damit eingegliedert. Heute ist jedoch anerkannt, dass Benutzer im Benutzerverhältnis nicht im Innenbereich der Verwaltung verbleiben, sondern es sich bei Benutzungsverhältnissen um Außenrechtsverhältnisse handelt.158 Die Verwaltungsvorschrift kommt damit nicht als Handlungsform für eine Benutzungsordnung in Betracht. ff) Die „schlichte“ Anstaltsordnung In der Auseinandersetzung mit der möglichen Handlungsform der Benutzungsordnung findet sich zum Teil auch der Hinweis auf eine sog. schlichte Anstaltsordnung. Zunächst ist anzumerken, dass hiermit nach alter Lesart nicht nur die organisatorische Verfasstheit der Verwaltungseinheit gemeint war, sondern – ohne Beachtung der Unterscheidung zwischen der Anstalt als bloßer Organisationsform und der Einrichtung – auch benutzungsrelevante Regelungen umfasst sein sollten.159 Schon die Begriffsverwendung ist umstritten, jedenfalls aber uneinheitlich. Überwiegend wird die schlichte Anstaltsordnung nicht als Satzung angesehen, da sie deren formellen Erfordernissen nicht gerecht wird. So solle es bei den sog. „schlichten“ Anstaltsordnungen regelmäßig an der satzungsgemäßen Bekanntmachung oder auch an der Organzuständigkeit für Satzungen fehlen.160 Soll damit eine neue Handlungsform bzw. eine „Satzung light“ begründet werden, stellt dies letztlich den Versuch zur Legalisierung formell rechtswidrigen Handelns der Gemeinde dar. Eine solche Begründung kann rechtsstaatlichen Anforderungen nicht standhalten. „Schlichte Anstaltsordnungen“ in diesem Verständnissinn sind daher rechtlich unzulässig und somit abzulehnen.161 Teilweise werden unter einer sog. schlichten Anstaltsordnung jedoch auch allein die inneradministrativen Rechtssätze verstanden, also jene Regelungen, die allein die einrichtungsbezogenen Betriebs- und Organisationsabläufe abdecken.162 156 Zusammenf. Krüger, NJW 1953, 1369 (1369 ff.); Oeltze, Funktionen und Grenzen der Anstaltsgewalt, S. 112 ff. m.w. N.; vgl. auch Krebs, Jura 1979, 304 (305). 157 Fleiner, Institutionen des Deutschen Verwaltungsrechts, S. 65. 158 Löwer, DVBl 1985, 928 (937). 159 Schmidt-Aßmann, Die kommunale Rechtsetzung im Gefüge der administrativen Handlungsformen und Rechtsquellen, S. 40; zur Unterscheidung unten 2. Kap. B. I. 1. c). 160 Vgl. Anslinger, Die Sonderverordnung, S. 89. 161 So auch Anslinger, Die Sonderverordnung, S. 306 f., 309. 162 Vgl. Schmidt-Aßmann, Die kommunale Rechtsetzung im Gefüge der administrativen Handlungsformen und Rechtsquellen, S. 41.
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Wird der Begriff der „schlichten Anstaltsordnung“ in diesem Sinne, also nicht als eigenständige Handlungsform bzw. „Satzung light“, sondern als bloßes Innenrecht verstanden und insofern als Verwaltungsvorschrift oder sog. Sonderverordnung qualifiziert,163 begegnet dies zwar im Ansatz keinen rechtlichen Bedenken. Die uneinheitliche und unklare Terminologie kann jedoch aufgrund der bisherigen Begrifflichkeiten zu Missverständnissen führen. „Schlichte Anstaltsordnungen“ in diesem Sinne sind demnach an den jeweiligen Anforderungen der mit diesem Begriff umschriebenen Handlungsform, namentlich der Verwaltungsvorschrift bzw. der sog. Sonderverordnung, zu messen. gg) Die sog. Sonderverordnung Als Weiterentwicklung der These, dass das besondere Gewaltverhältnis weder einen rechtsfreien Raum noch generell ein bloßes Innenverhältnis,164 sondern ein (Außen-)Rechtsverhältnis darstelle,165 wurde die Lehre der sog. Sonderverordnung entwickelt. H. J. Wolff, Begründer der Lehre der Sonderverordnung, definiert diese als einseitig erlassene, abstrakte und generelle Anordnungen zur Regelung nicht körperschaftlicher verwaltungsrechtlicher Sonderverhältnisse (sog. besondere Gewaltverhältnisse), sofern sie nicht durch andere Rechtsquellen geregelt sind.166 Wolff begreift die Sonderverordnung als eigenständige, wenn auch subsidiäre Rechtsquelle, und wählt als Hauptanwendungsbereich dieser Handlungsform die Anstaltsbenutzungsordnung nichtrechtsfähiger Anstalten.167 Die Sonderverordnung sollte als Zwischenelement zwischen Rechtsverordnung, die insofern als „Allgemeinverordnungen“ im allgemeinen Verhältnis zwischen dem Staat und den Bürgerinnen und Bürgern verstanden wurde, und Verwaltungsvorschrift, die Rechtsverhältnisse allein in der binnenstaatlichen Sphäre regelte, die Rechtsverhältnisse in besonderen Gewaltverhältnissen, also spezifischen Näheund Abhängigkeitsverhältnissen wie etwa dem Anstaltsverhältnis, beschreiben.168 In der Rechtsprechung wird die Sonderverordnung als Erscheinungsform von Benutzungsordnungen auch heute immer noch anerkannt und insoweit mit der Anstaltsgewalt verknüpft, die die Befugnis umfasse, das Benutzungsverhältnis
163 Vgl. etwa Becker/Sichert, JuS 2000, 144 (146); Burgi, Kommunalrecht, § 15 Rn. 3. 164 Vgl. Oeltze, Funktionen und Grenzen der Anstaltsgewalt, S. 116 f. 165 Ausf. hierzu Erichsen, in: Menger (Hrsg.), FS Wolff, S. 219 (233) m.w. N. 166 Wolff, Verwaltungsrecht I, § 25 VIII (S. 98); vgl. weiterhin Wolff/Bachof/Stober/ Kluth, Verwaltungsrecht I, § 25 Rn. 54. 167 So Wolff, Verwaltungsrecht I, § 25 VIII (S. 98); vgl. BVerwGE 45, 8 (10 f.); Anslinger, Die Sonderverordnung, S. 29 m.w. N.; Wolff/Bachof/Stober/Kluth, Verwaltungsrecht II, § 86 Rn. 60. 168 Böckenförde/Grawert, AöR 95 (1970), S. 1 (21); Groß, NJW 1969, 2186 (2187); ders., DÖV 1971, 186 (188 f.); Selmer, VerwArch 59 (1968), S. 114 (135).
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1. Kap.: Belastungswirkungen im Benutzungsverhältnis
als Sonderverhältnis abstrakt-generell zu regeln, und insofern aus der Befugnis zum Betrieb der Einrichtung folge.169 Ob die Sonderverordnung jedoch eine eigenständige Handlungsform darstellen kann, ist äußerst zweifelhaft. Wie gesehen ist die Zu- und Einordnung einer Handlungsform ein unverzichtbarer Eckpfeiler des Verwaltungsrechts,170 womit Verwaltungshandeln abgebildet und dessen Rechtsfolgen systematisiert werden kann, um damit Transparenz und Berechenbarkeit herbeizuführen. Für die Einordnung als Handlungsform bedarf es daher spezifischer Rechtsfolgen, die mit der Sonderverordnung einhergehen müssten. Mit der Qualifizierung als Sonderverordnung wurde die Verrechtlichung der besonderen Gewaltverhältnisse und der mit dieser Entwicklung zusammenhängende Wandel hin zum Sonderstatusverhältnis deutlich.171 Der sog. Sonderverordnung kam dabei ein ambivalenter Charakter zu: Einerseits sollte durch die besondere Kennzeichnung als „Sonderverordnung“ gegenüber der Verwaltungsvorschrift deutlich werden, dass Rechte und Pflichten im Benutzungsverhältnis dem Außenrecht zugeschrieben werden, andererseits sollte die Sonderverordnung ferner aber – ganz in der Tradition der besonderen Gewaltverhältnisse – die rechtliche Gestalt einer Verwaltungsvorschrift beibehalten. Insoweit sollten bei sog. Sonderverordnungen besondere Zulässigkeitsanforderungen bestehen und insbesondere der für Rechtsverordnungen maßgebliche Verfassungsmaßstab des Art. 80 Abs. 1 GG sowie der Vorbehalt des Gesetzes nicht oder nur eingeschränkt anwendbar sein.172 Dieser rechtlichen Einordnung der Sonderverordnung wurde indes zurecht von einem Teil der Rechtsprechung173 widersprochen. Als Handlungsform ist die sog. Sonderverordnung im Ergebnis abzulehnen. Sie kann weder zur Lösung der Probleme beitragen, die zu ihrer Konstruktion führten, noch besteht ein Bedürfnis für eine solche eigenständige Handlungsform. So kann die Qualifizierung als Sonderverordnung keineswegs die Problematik des Vorbehalts des Gesetzes bereinigen, da sie gerade – wie auch die herkömmliche Lehre des besonderen Gewaltverhältnisses – auf der Annahme der Exemtion von den Anforderungen des
169 Etwa OVG NRW, NVwZ-RR 2003, 297 (298); OVG RhPf, NVwZ 2020, 170 (172); Wolff/Bachof/Stober/Kluth, Verwaltungsrecht II, § 86 Rn. 60; ausf. zur Sonderverordnung als Handlungsform der Anstaltsgewalt s. unten 4. Kap. A. III. 4. 170 Vgl. Schoch, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Innovation und Flexibilität des Verwaltungshandelns, S. 199 (205); ausf. dazu oben 1. Kap. A. III. 2. 171 Anslinger, Die Sonderverordnung, S. 55; ähnl. Krebs, NVwZ 1985, 609 (612); Evers, Das besondere Gewaltverhältnis, S. 11. 172 Böckenförde/Grawert, AöR 95 (1970), S. 1 (31, 33); Groß, NJW 1969, 2186 (2187); ders., DÖV 1971, 186 (188 f.); zust. auch Pietzcker, JuS 1979, 710 (714); Schenke, JuS 1982, 906 (908 f.), der jedoch im Gegenzug einen umfassenden Rechtsschutz fordert; krit. Kempf, JuS 1972, 701 (704 f.). 173 S. etwa BVerfGE 41, 251 (263); HessStGH, DÖV 1971, 201 (203); VG München, BayVBl. 1971, 195 (196); a. A. etwa BVerwGE 45, 8 (10 f.).
A. Differenzierungsebenen im Benutzungsverhältnis
53
Vorbehalts des Gesetzes bzw. auf der Annahme von Gewohnheitsrecht als Ermächtigungsgrundlage fußt, ohne jedoch das Verständnis der Vorbehaltslehre zu verändern. Sie unterliegt damit derselben Problematik wie die herkömmliche Lehre des besonderen Gewaltverhältnisses bzw. der Sonderstatusverhältnisse.174 Durch die Einordnung als Sonderverordnung wird die Problematik des Erfordernisses einer Rechtsgrundlage für Benutzungsregelungen daher nicht gelöst, sondern nur umgangen.175 Denn während der Sonderverordnung gerade dieselben Wirkungen wie einer Rechtsverordnung zukommen sollen, soll sie gleichzeitig aber von deren rechtsstaatlichen Wirksamkeitsvoraussetzungen, namentlich der Notwendigkeit der Legitimation durch den Gesetzgeber im Sinne des Art. 80 Abs. 1 GG, befreit sein.176 Spezifisch andere Rechtsfolgen – als der nicht zulässige Schluss auf einen etwaig eingeschränkten Anwendungsbereich des Vorbehaltsgedankens – sind mit der Qualifizierung als Sonderverordnung zudem nicht verbunden. Der Begriff „Sonderverordnung“ wurde vielmehr gerade entworfen, um für eine bestimmte Zeit dogmatische Erkenntnis und praktische Aufgabenerledigung zu harmonisieren,177 ohne jedoch die dogmatischen Probleme lösen oder erklären zu können.178 Einen Erkenntnisgewinn konnte sodann auch die weitere wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Sonderverordnung nicht erbringen.179 Die Sonderverordnung konnte sich als rechtlicher Begriff wissenschaftlich nicht durchsetzen und sollte sich mittlerweile erledigt haben.180 Mit Blick auf die allgemeine Satzungsbefugnis der Kommunen besteht für kommunale Einrichtungsträger ferner auch gar kein Bedürfnis für die Konstruktion einer sog. Sonderverordnung als Handlungsform zur Regelung von Benutzungsverhältnissen.181
174 Vgl. Erichsen, in: Menger (Hrsg.), FS Wolff, S. 219 (241); ders., VerwArch 63 (1972), S. 441 (444); Schäfer, Benutzungsregelung, S. 63. 175 Vgl. Fuß, DÖV 1972, 765 (770). 176 Löhning, Der Vorbehalt des Gesetzes im Schulverhältnis, S. 189 f.; Kiepe, DÖV 1979, 399 (402); Ronellenfitsch, DÖV 1984, 781 (785): mit Art. 80 GG unvereinbar. 177 Vgl. Erichsen, in: Menger (Hrsg.), FS Wolff, S. 219 (246): „Funktion eines Wegbereiters“; zust. Krebs, NVwZ 1985, 609 (612). 178 So schon BVerfGE 41, 251 (263) – Speyer-Kolleg. 179 Vor allem Anslinger, Die Sonderverordnung, passim. 180 So auch Erichsen, in: Menger (Hrsg.), FS Wolff, S. 219 (246); Krebs, NVwZ 1985, 609 (612); Ronellenfitsch, DÖV 1984, 781 (784); Lange, Kommunalrecht, 13. Kap. Rn. 100 (S. 836); Chen, Öffentlich-rechtliche Anstalten und ihre Nutzung, S. 102; Roth, Die kommunalen öffentlichen Einrichtungen, S. 211 f.; die Notwendigkeit mittlerweile in Frage stellend gar Wolff/Bachof/Stober/Kluth, Verwaltungsrecht I, § 25 Rn. 54; vgl. demgegenüber aber OVG NRW, NVwZ-RR 2003, 297 (298); OVG RhPf, NVwZ 2020, 170 (172), die ohne Ausführungen oder Begründung zur Existenz von einer Handlungsform „Sonderverordnung“ ausgehen. 181 Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 182; ähnl. mittlerweile Wolff/Bachof/ Stober/Kluth, Verwaltungsrecht I, § 25 Rn. 54.
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1. Kap.: Belastungswirkungen im Benutzungsverhältnis
IV. Störungsabwehr Während Benutzungsregelungen in Form der Benutzungsordnung die materiellen Handlungspflichten und Rechte der Benutzer normieren, erfolgt die Durchsetzung dieser Handlungspflichten auf einer hiervon rechtlich zu trennenden Ebene. Als Rechtsgrundlage solcher Störungsabwehrbefugnisse innerhalb des Benutzungsverhältnisses werden allgemein die polizeirechtliche Generalklausel, das öffentliche Hausrecht sowie die Anstaltsgewalt diskutiert. In Störungsfällen kommt zunächst die polizei- bzw. ordnungsrechtliche Generalklausel zur Durchsetzung der Benutzungsregelungen im Einzelfall in Betracht. Bei einem Verstoß gegen eine Benutzungsregelung als sublegale Norm ist bereits aufgrund des dadurch eingetretenen Verstoßes gegen die objektive Rechtsordnung und der damit vorliegenden Gefahr für die öffentliche Sicherheit die Durchsetzung der Benutzungsregelung möglich. Ist die Benutzungsregelung in Form einer Allgemeinverfügung ergangen, bedarf es entgegen anderslautender Stimmen nicht eines Abstellens auf die polizeiliche Generalklausel,182 denn die Allgemeinverfügung ist bereits ein Vollstreckungstitel, der nach den Vollstreckungsgesetzen der Länder und des Bundes durchgesetzt werden kann. Die Benutzungsregelung ist jedoch nur dann Teil der objektiven Rechtsordnung, wenn sie selbst wirksam ist. Der Ebene der Störungsabwehr durch polizei- und ordnungsrechtliche Maßnahmen ist damit die Ebene der Benutzungsausgestaltung im Rahmen der Widmung notwendig vorgelagert. Der Rückgriff auf die allgemeinen polizeiund ordnungsrechtlichen Generalklauseln ist allerdings nicht notwendig, wenn eine speziellere Rechtsgrundlage vorhanden ist. Insofern könnte für die Störungsabwehr im Bereich des Einrichtungswesens auch ein öffentlich-rechtliches Hausrecht des Einrichtungsträgers in Betracht kommen. Als Annexkompetenz bedarf das Hausrecht nach überwiegender Auffassung keiner formell-gesetzlichen Rechtsgrundlage, denn der verbotene Schluss von der Aufgabe auf die Befugnis gelte nur für die selbständigen Sachkompetenzen.183 Teilweise wird für Maßnahmen der Störungsabwehr als Rechtsgrundlage auch auf die sog. Anstaltsgewalt184 verwiesen. Diese soll als Ermächtigungsgrundlage für belastende Verwaltungsakte und deren Durchsetzung in Betracht kommen, etwa auch zur Durchsetzung des Anschluss- und Benutzungszwangs.185 In engem gedanklichen Zusammenhang hiermit wird teilweise auch vertreten, dass 182
Etwa Lange, Kommunalrecht, 13. Kap. Rn. 105 (S. 839). Bartels, Die rechtliche Ordnung der Benutzung, S. 292 ff. m.w. N.; ausf. dazu s. 4. Kap. A. III. 3. c) aa). 184 Ausf. zur Anstaltsgewalt 4. Kap. A. 185 Vgl. OVG NRW, NVwZ-RR 2003, 297 (298); Beschl. v. 11.11.2011 – 15 A 2050/ 11 –, BeckRS 2011, 55951. 183
A. Differenzierungsebenen im Benutzungsverhältnis
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die Sonderverbindung im Benutzungsverhältnis besondere, selbstverständliche Rücksichtnahmepflichten begründe, die durch Einzelmaßnahmen auch ohne Regelung in der Benutzungsordnung durchgesetzt werden können.186 Inwieweit eine Anstaltsgewalt als Rechtsmacht des Anstalts- bzw. Einrichtungsträgers besteht und welche Befugnisse eine solche umfassen kann, ist jedoch höchst umstritten.187 Hinzu kommt die Unschärfe und nur partielle Erfassung der etwaigen Sachmaterie durch den unklaren Anstaltsbegriff.188 Die Rückgriffsmöglichkeit auf speziellere Rechtsgrundlagen ist damit jedenfalls umstritten. Das Problem auf der Ebene der Störungsabwehr im Benutzungsverhältnis liegt damit, so viel kann an dieser Stelle bereits festgestellt werden, nicht im Fehlen einer gesetzlichen Rechtsgrundlage überhaupt, sondern umgekehrt in dem Bedürfnis, eine Störungsabwehrbefugnis ohne formalgesetzliche Grundlage zu konstruieren. Vor diesem Hintergrund lautet die Gretchenfrage auf der Ebene der Störungsabwehr also, ob spezifische Gründe dafür vorliegen können, dem Einrichtungsträger ohne besondere gesetzliche Grundlage die Befugnis einzuräumen, Störungen der widmungskonformen Nutzung einseitig durch Verwaltungsakt und gegebenenfalls mit Verwaltungszwang abzuwehren.189
V. Ergebnis: Interdependenzen der Ebenen Nach der Betrachtung der verschiedenen Ebenen im Benutzungsverhältnis muss festgestellt werden, dass diese zwar Ansatzpunkte für eine differenzierte Durchdringung der unterschiedlichen Regelungsmöglichkeiten sein können, jedoch ebenfalls nicht vollständig abgrenzbar nebeneinanderstehen. Es bestehen vielmehr Interdependenzen zwischen den einzelnen Ebenen. Diese wechselseitige Abhängigkeit stellt vor allem die Widmung her. Denn der Widmungsakt schafft zunächst überhaupt erst die Möglichkeit eines Benutzungsverhältnisses und hat sodann prägenden Einfluss auf die Entstehung und Ausgestaltung desselben. Insofern ist die Widmung Grund und Grenze der Benutzung und ein zwischen diesen beiden Polen „oszillierendes“ 190 Verbindungselement der unterschiedlichen Benutzungsebenen.
186
Lange, Kommunalrecht, 13. Kap. Rn. 103 f. (S. 838). Ausf. hierzu 4. Kap. A. III. 188 Ablehnend daher Bartels, Die rechtliche Ordnung der Benutzung, S. 293; ausf. zum Anstaltsbegriff s. 2. Kap. B. I. 1. 189 So dürfte die Anwendung der „Anstaltsgewalt“ als Ermächtigungsgrundlage bei OVG NRW, NVwZ-RR 2003, 297 (298); Beschl. v. 11.11.2011 – 15 A 2050/11 –, BeckRS 2011, 55951 gelesen werden. 190 Ingold, Die Verwaltung 48 (2015), S. 525 (536). 187
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1. Kap.: Belastungswirkungen im Benutzungsverhältnis
B. Das Benutzungsverhältnis als Untersuchungsgegenstand Nachdem die verschiedenen Differenzierungsebenen des Benutzungsverhältnisses erschlossen wurden, sind die sog. belastenden Benutzungsregelungen in den Fokus zu stellen. Um sich diesem Begriff zu nähern, muss sich aber zunächst dem Benutzungsverhältnis zugewandt werden. Denn entscheidend für die Einordnung und das gegebenenfalls bestehende Erfordernis einer normativen Rechtsgrundlage bei sog. belastenden Benutzungsregelungen ist das die Benutzungsregelung umfassende Benutzungsverhältnis. Während andere Untersuchungen als Ansatzpunkt die spezifische Eingriffsregelung oder die Zulassungsentscheidung191 gewählt haben, soll hier bewusst ein weiterer Zugang gewählt werden, um als Referenzrahmen die in Betracht kommenden Regelungswirkungen umfassend abbilden zu können. Es gilt also Benutzungsverhältnisse unter Beachtung der analysierten Benutzungsebenen genauer zu untersuchen.
I. Das Benutzungsverhältnis als eigenständige Denkkategorie? Soll das Benutzungsverhältnis untersucht werden, ist zunächst zu fragen, ob dieses einen tauglichen Untersuchungsgegenstand bilden kann. Dabei geht es zunächst also nicht um einzelne Belastungswirkungen im Rahmen der Benutzung, sondern um das der Nutzung zugrundeliegende Rechtsverhältnis selbst. Angesprochen ist damit die sog. Rechtsverhältnislehre, die in den letzten Jahrzehnten im Zentrum verwaltungsdogmatischer Diskussionen stand,192 die letztlich Theorie und Nutzen des Rechtsverhältnisses als eigenständige Denkkategorie hinterfragten. 1. Rechtsverhältnisse als Strukturrahmen Der Begriff des Rechtsverhältnisses meint die rechtlichen Beziehungen zwischen mindestens zwei Rechtssubjekten.193 Ein Verwaltungsrechtsverhältnis ist demnach gemeinhin die aufgrund von Verwaltungsrecht zwischen mindestens zwei Rechtssubjekten bestehende Rechtsbeziehung. Bei Verwaltungsrechtsverhältnissen handelt es sich nicht um eine eigenständige Handlungsform der Ver191
Vgl. etwa Donhauser, NVwZ 2010, 931 (932). Den Streit zusammenf. etwa Bauer, Die Verwaltung 25 (1992), S. 301 (306 ff.); zum dogmengeschichtlichen Hintergrund Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, 6. Kap. Rn. 41 (S. 302) m.w. N.; zur Phantombilddiskussion um die Rechtsverhältnislehre im Verwaltungsrecht anhand dessen Dogmengeschichte überzeugend Gröschner, Die Verwaltung 30 (1997), S. 301 (310, 337 f.); Jestaedt, in: v. Schlieffen (Hrsg.), Republik-Rechtsverhältnis-Rechtskultur, S. 211 (212 f.). 193 Grundlegend Achterberg, Die Rechtsordnung als Rechtsverhältnisordnung, S. 31; statt vieler Remmert, in: Ehlers/Pünder (Hrsg.), Allg. VerwR, § 18 Rn. 1 f. m.w. N. 192
B. Das Benutzungsverhältnis als Untersuchungsgegenstand
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waltung, die in Konkurrenz zu den etablierten Handlungsformen, insbesondere Verwaltungsakt, Satzung und Rechtsverordnung, tritt. Die Heranziehung des Begriffs dient vorrangig als Ordnungsrahmen, um komplexe Gesamtrechtsbeziehungen zu erfassen und zu systematisieren, indem es die formell und materiell Beteiligten und deren Interessen abbildet.194 Daher wird mittlerweile ganz herrschend von einer Komplementarität zwischen Handlungsformenlehre und Rechtsverhältnislehre ausgegangen.195 Zweifelhaft bleibt aber trotz der Einräumung einer solchen Komplementärfunktion der Rechtsverhältnislehre als Denkkategorie, ob sie als eigenständiger dogmatischer Begriff dient, also eine Rechtsfigur darstellen kann,196 welche die Rechtsanwendung systematisiert und handhabbar macht. Erforderlich ist daher ein Bezugsraster, das Kriterien zur Erfassung und Systematisierung liefert, die wiederum eine Zusammenfassung von Interpretationsgehalten und Zusammenhängen für die Handhabung der Rechtsanwendung bereitstellen. Notwendig für die Zuerkennung einer dogmatischen Funktion der Rechtsverhältnislehre sind demnach abstrahierbare (Teil-)Aspekte, die der Denkkategorie „Rechtsverhältnis“ auch eine rechtspraktische Bedeutung einräumen.197 Normative Anknüpfungspunkte für die Denkkategorie „Rechtsverhältnis“ liefert die Rechtsordnung vornehmlich in Bezug zur Feststellungsklage, § 43 VwGO, mithin in Form der Zuordnung des Rechtsverhältnisses zu einer verwaltungsgerichtlichen Überprüfungsmöglichkeit. Mangels Definition des Begriffs, weitergehender normativer Grundlagen und insbesondere Rechtsfolgen wird sich überwiegend gegen das Rechtsverhältnis als eigenständige dogmatische Kategorie gewandt. So wird die Rechtsverhältnislehre als zu vage und inhaltsleer charakterisiert, als dass sie einen dogmatischen Nutzen bringen könnte.198 Es bestehe die „Gefahr der Leerformelhaftigkeit“ 199. Daher wurde der Rechtsverhältnislehre zumeist nur eine heuristische Funktion200 und erst sukzessive eine dogmatische Funktion zuerkannt.201 Zwar sind mit der
194 Ehlers, DVBl 1986, 912 (915); Schmidt-Aßmann, DVBl 1989, 533 (540); Schoch, in: v. Schlieffen (Hrsg.), Republik-Rechtsverhältnis-Rechtskultur, S. 225 (237). 195 So Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, 6. Kap. Rn. 41 (S. 302); ders., DVBl 1989, 533 (540) m.w. N.; Schoch, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Innovation und Flexibilität des Verwaltungshandelns, S. 199 (215); Bauer, Die Verwaltung 25 (1992), S. 301 (325 f.). 196 Ausf. zum Begriff der Rechtsfigur Bors, in: Gauch (Hrsg.), Figures juridiques, S. 219 (221 ff.). 197 Vgl. auch v. Danwitz, Die Verwaltung 30 (1997), S. 339 (361), der im Hinblick auf die dogmatische Funktion von der Gretchenfrage der Rechtsverhältnislehre spricht. 198 Vgl. Pietzcker, Die Verwaltung 30 (1997), S. 281 (283); v. Danwitz, Die Verwaltung 30 (1997), S. 339 (362). 199 Pietzcker, Die Verwaltung 30 (1997), S. 281 (287). 200 v. Danwitz, Die Verwaltung 30 (1997), S. 339 (349). 201 Etwa Bauer, Die Verwaltung 25 (1992), S. 301 (319 ff.); Schoch, in: v. Schlieffen (Hrsg.), Republik-Rechtsverhältnis-Rechtskultur, S. 225 (238 f.).
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1. Kap.: Belastungswirkungen im Benutzungsverhältnis
Annahme eines Rechtsverhältnisses keine unmittelbaren Rechtsfolgen verbunden, allerdings kann es als Denkschema zur analytischen Erschließung der zugrundeliegenden Sachverhalte und Rechtsbeziehungen dienen. So kann der Rekurs auf das Benutzungsverhältnis zur Erfassung spezifischer Sachstrukturen sowie zur Erklärung spezifischer Betroffenheitslagen, insbesondere durch eine Verknüpfung verschiedener Verflechtungen der Rechtswirklichkeit und der Rechtsanwendung, beitragen. Auf diese Weise können Systematisierungsmöglichkeiten entstehen, die rechtliche Entstehungs- und Wirkungszusammenhänge sichtbar machen, etwa durch eine Betrachtung eines gegenseitigen Programms von Rechten und Pflichten im Rechtsverhältnis, die Relativität dieses Rechte- und Pflichtenprogramms, vor allem mit Blick auf multipolare Verhältnisse, Dauerrechtsverhältnisse oder die zeitliche Dimension insgesamt.202 Ebenso kann der Rechtsverhältnisgedanke durch die Betrachtung des gegenseitigen Rechte- und Pflichtenprogramms als Grundlage für die Begründung von Rechten und Pflichten im Einzelfall herangezogen werden.203 2. Das Benutzungsverhältnis als verwaltungsrechtliches Schuldverhältnis Öffentlich-rechtliche Benutzungsverhältnisse können nach der Wirklichkeitsanalyse als Verwaltungsrechtsverhältnisse qualifiziert werden.204 Aufgrund der besonderen sachlichen, räumlichen und gegebenenfalls persönlichen Nähe im Rahmen des Benutzungsverhältnisses sind in diesem nicht nur die primären Leistungspflichten, sondern auch Treue- und Obhutspflichten zu beachten; es handelt sich folglich um ein verwaltungsrechtliches Schuldverhältnis.205 Die aus dem Privatrecht bekannte Konstruktion des Schuldverhältnisses als ein Rechtsverhältnis zwischen individuell bestimmten Personen, kraft dessen ein Beteiligter von einem anderen Beteiligten eine begrenzte Leistung einfordern kann, ist auch ins öffentliche Recht, zumindest ins Verwaltungsrecht, im Grundsatz übertragbar.206 Inhaltlich sind jedoch die Spezifika des Verwaltungsrechts zu beachten. So umfasst ein Verwaltungsrechtsverhältnis die verwaltungsrechtlichen Rechtsbeziehun202 So die Auflistung bei v. Danwitz, Die Verwaltung 30 (1997), S. 339 (348); Schoch, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Innovation und Flexibilität des Verwaltungshandelns, S. 199 (212 ff.); ders., in: v. Schlieffen (Hrsg.), Republik-Rechtsverhältnis-Rechtskultur, S. 225 (246 ff.); vgl. auch Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, 6. Kap. Rn. 42 ff. (S. 302 ff.). 203 Bauer, Die Verwaltung 25 (1992), S. 301 (319 ff.); v. Danwitz, Die Verwaltung 30 (1997), S. 339 (363); vgl. auch Ehlers, Jura 2012, 692 (700). 204 Vgl. Bull/Mehde, Allg. VerwR, § 8 Rn. 308. 205 Vgl. VGH BW, NVwZ-RR 1994, 325 (327 f.); Rüfner, Die Verwaltung 17 (1984), S. 19 (31); Ehlers, DVBl 1986, 912 (914 ff.); Lange, VVDStRL 44 (1986), S. 169 (184); zum Begriff ausführlich Simons, Leistungsstörungen verwaltungsrechtlicher Schuldverhältnisse, S. 48 ff., 55. 206 Vgl. Ehlers, DVBl 1986, 912 (914).
B. Das Benutzungsverhältnis als Untersuchungsgegenstand
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gen zwischen mindestens zwei Rechtssubjekten, wobei mit dem Bezug auf verwaltungsrechtliche Rechtsbeziehungen bereits eine zweifache Eingrenzung festgelegt wird: erstens die thematische Eingrenzung auf das Gebiet des öffentlichen Rechts sowie zweitens die Qualifizierung bei jedenfalls einem Beteiligten als Träger der Hoheitsgewalt. Anders als grundsätzlich im Privatrecht begegnen sich die Beteiligten des Rechtsverhältnisses zudem nicht mit regelmäßig gleichlaufenden Interessen zur Begründung des Rechtsverhältnisses, sondern vielmehr mit gegenläufigen: Auf Seiten der Verwaltung ist das Interesse von vornherein nur auf einen öffentlichen Zweck begrenzt,207 eine Begründung des Benutzungsverhältnisses stat pro ratione voluntas kommt regelmäßig nicht in Betracht. Davon abzugrenzen ist freilich die Schaffung der Benutzungsmöglichkeit durch Schaffung freiwilliger öffentlicher Einrichtungen auf Seiten der Kommunen. Auf Seiten der Benutzer wird das Interesse in der Verwirklichung ihrer Grundrechte bestehen, entweder im Sinne einer Abwehr staatlicher Eingriffe durch eine imperative Eingliederung in das Benutzungsverhältnis in Form des Anschluss- und Benutzungszwangs oder im Sinne einer Teilhabe an staatlichen Leistungen.208 Die Interessenlage zwischen Einrichtungsträger und Benutzer kann somit als asymmetrisch bezeichnet werden. Der öffentliche Zweck aufseiten der Verwaltung wird im Rahmen von Benutzungsverhältnissen dabei in erster Linie die Leistungserbringung als Hauptzweck ausmachen. Der Hauptzweck kann und wird vornehmlich in komplexeren Rechtsbeziehungen jedoch flankiert sein von mit ihm zusammenhängenden oder weiteren hintergründigen Interessen der Verwaltung, die als bloßes Motiv oder aber als eigenständiger Zweck qualifiziert werden können.209 So ist beispielsweise bei friedhofsrechtlichen Benutzungsverhältnissen zwischen der Gemeinde als Friedhofsträger und den Angehörigen der Verstorbenen als Benutzern die Totenbestattung und Totenruhe als der Hauptzweck der Einrichtung anzusehen. Das Benutzungsverhältnis ist im weiteren Zusammenhang auf Seiten des Benutzers auf die Totenandacht und die Verwirklichung des postmortalen Persönlichkeitsrechts, also die Verwirklichung der Grundrechte aus Art. 2 Abs. 1 GG sowie Art. 2 Abs. 1 i.V. m. Art. 1 Abs. 1 GG,210 sowie auf der Seite des Einrichtungsträgers auf die Gewährleistung einer hygienischen Verwesung ausgerichtet.211 Die Interessenlage zwischen den einzelnen Beteilgten im Benutzungsverhältnis und die Zwecksetzung der Einrichtung kann somit sowohl synchron als auch asymmetrisch verlaufen. Es besteht darüber hinaus keine festgelegte normative Struktur des Rechtsverhältnisses. Die Interessen müssen nicht zwingend subjektiv-öffentliche Rechte widerspiegeln. Die Leistungszwecke wer207
Ehlers, DVBl 1986, 912 (915 f.). S. ausf. zur grundrechtlichen Determinierung der Benutzung 3. Kap. 209 Ausf. hierzu 4. Kap. C. III. 210 In Bayern ist die Totenandacht als Zweck gar verfassungsrechtlich in Art. 149 Abs. 1 S. 1 BayVerf geregelt; vgl. hierzu Lorenzmeier, BayVBl. 2011, 485 (487). 211 S. etwa VGH BW, NVwZ 1994, 793 (794); OVG NRW, NVwZ 1998, 869 (869). 208
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1. Kap.: Belastungswirkungen im Benutzungsverhältnis
den vielmehr durch die Widmung der Einrichtung festgelegt und konkretisiert, die zugleich Grund und Grenze für das schuldrechtliche Benutzungsverhältnis ist und den Anspruch auf Benutzung begründet.212 Ein weiteres Wesensmerkmal der Rechtsverhältnisse ist deren Determination durch Rechtsnormen. Diese kann von einer geringen Determination bei autonomen Rechtsverhältnissen, wie etwa im Fall von Verträgen möglich, bis hin zu durch Rechtsnormen volldeterminierten Rechtsverhältnissen reichen. Zur Bestimmung des Determinationsgrades ist zwischen den Ebenen der Schaffung von Rechtsverhältnissen und der Ausgestaltung von Rechtsverhältnissen zu unterscheiden.213 Beide Ebenen können unterschiedliche Determinationsgrade aufweisen. Die hier zu untersuchende Frage der Regelungsbefugnisse kommunaler Einrichtungsträger mit Blick auf belastende, nutzungseinschränkende Regelungen, bezieht sich auf den ersten Blick auf die Ebene der Ausgestaltung des Benutzungsverhältnisses durch eine Benutzungsordnung, kann jedoch auch im Rahmen der Entstehung des Benutzungsverhältnisses oder der Störungsabwehr relevant werden. Zudem sind, wie bereits gezeigt wurde, die Ebenen der Zulassung und der Benutzungsregelungen abhängig von der Widmung. Folglich kann die Beantwortung der Frage nach dem Determinationsgrad im Benutzungsverhältnis nicht ohne eine Betrachtung der Widmung erfolgen.
II. Spezifische Sachverhaltsstrukturen im Benutzungsverhältnis Das Rechtsverhältnis ist also geeignet, als Strukturrahmen die Rechtsbeziehungen im Benutzungsverhältnis, womit auch die Regelungsbefugnisse des kommunalen Einrichtungsträgers umfasst sind, abzubilden. Es gilt nun zunächst eine Wirklichkeitsanalyse von Benutzungsverhältnissen und deren Sachverhaltsstrukturen durchzuführen. Dieser Blick auf die Rechtswirklichkeit in der Verwaltungspraxis und die spätere Überprüfung auf systematische Zusammenhänge kann auch der Entwicklung einer Dogmatik dienen. 1. Benutzung und Leistung Der allgemeine Sprachgebrauch des Wortes „Benutzung“ meint so viel wie „Verwenden“ oder „Gebrauchmachen“ einer Sache.214 Unter Benutzung wird 212 Ehlers, DVBl 1986, 912 (919); ausf. zur Widmung und deren Implikationen für die Ausgestaltung des Benutzungsverhältnisses s. 1. Kap. A. I. und 3. Kap. B. I.; zur Zwecksetzung und Zweckkonkretisierung durch den Widmungsakt s. 4. Kap. C. III. 2. a), b). 213 S. grundlegend zur Determination von Rechtsverhältnissen durch Rechtsnormen Achterberg, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 20 Rn. 21 ff. 214 Duden, Bd. II, S. 530; vgl. auch BayVGH, NVwZ 2018, 511 (512).
B. Das Benutzungsverhältnis als Untersuchungsgegenstand
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nach allgemeiner Auffassung aber nur der widmungsgemäße Gebrauch einer Sache bzw. Einrichtung verstanden, denn nur insoweit stehe den Einzelnen die Nutzungsmöglichkeit zu.215 Die Benutzungsmöglichkeit besteht damit von vornherein nur im Rahmen der Widmung. Nach anderer Auffassung ist der Begriff der Benutzung nicht am Wortlaut der kommunalrechtlichen Anspruchsgrundlagen als unmittelbare Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung, also vornehmlich der einrichtungsbezogenen Sach- bzw. Dienstleistungen, zu verstehen, sondern vielmehr als Zulassung durch den Betreiber zu interpretieren, die eine Inanspruchnahme der Einrichtung gestattet.216 Dieser vermeintlich differenzierenden Sicht bedarf es jedoch nicht. Denn auch die Interpretation der Benutzung als widmungsgemäßer Gebrauch der einrichtungsbezogenen Sach- bzw. Dienstleistungen schränkt die Benutzung von vornherein auf eine solche innerhalb der Widmung ein; der Zulassungsakt ist letztlich die Feststellung im Einzelfall, ob die konkret begehrte Begründung eines Benutzungsverhältnisses dem Widmungsrahmen und der Rechtsordnung im Übrigen entspricht.217 Der so verstandene Begriff der Benutzung schränkt das mögliche Benutzungsverhältnis damit bereits auf einen durch die Widmung vorgefassten Rahmen ein.218 Die Nutzung erfordert Sachmittel, deren Zurverfügungstellung einen gewissen Organisationsaufwand erfordert,219 und setzt damit zugleich eine gewisse sachbezogene, in einigen Konstellationen auch räumliche oder personelle Nähe zum Benutzungsobjekt voraus. Als Benutzung ist damit eine sach- bzw. einrichtungsbezogene Leistungsinanspruchnahme zu verstehen. Wird demgegenüber zwischen Benutzung und Leistung im Sinne eines Exklusivitätsverhältnisses demgemäß differenziert, dass die Benutzung die Inanspruchnahme der zur Verfügung gestellten, einrichtungsbezogenen Nutzungsmöglichkeit durch die Benutzer meine und Leistung dagegen allein eine Schenkung oder andere Vergünstigung der Benutzer darstelle,220 ist dies zweifach zu kritisieren. Zum einen ist die benutzerkreisbezogene Unterscheidung nicht überzeugend. Leistungen kann auch empfangen, wer Sachmittel nicht benutzt, und damit kein Benutzungsverhältnis begründet wie beispielsweise im Subventionsverhältnis. Zweitens ist die Begrenzung der Leistung auf Schenkungen oder andere Vergünstigungen missverständlich, da hierdurch der Anschein erweckt wird, nur Leistungen könnten Begünstigungen darstellen, Benutzungen dagegen könnten nicht mit Begünstigungswirkungen einhergehen.
215 216 217 218 219 220
Vgl. nur Kment/Weber, JA 2013, 119 (119); Erbguth, Jura 2008, 193 (195 f.). Bartels, Die rechtliche Ordnung der Benutzung, S. 186. Zum Verhältnis zwischen Zulassung und Widmung s. bereits oben 1. Kap. A. II. Zu Fragen der Sondernutzungen s. 1. Kap. B. III. 2. b). Vgl. BVerwG, NVwZ 2018, 73 (76 f., 79). Nafpliotis, Die Anstaltsgewalt und ihre Grenzen, S. 20 f.
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1. Kap.: Belastungswirkungen im Benutzungsverhältnis
2. Rechtswirkungen im Rahmen der Benutzung Die Unterscheidung zwischen Benutzung und Leistung mag jedoch deren Verhältnis verdeutlichen: Ein Benutzungsverhältnis ist relativ zwischen den Beteiligten ausgestaltet. Der Einrichtungsträger stellt für den Benutzer Leistungen zur Verfügung; eine Leistungserbringung meint dabei die unmittelbar fördernde Tätigkeit des Einrichtungsträgers gegenüber einer am Rechtsverhältnis beteiligten Person, also deren Teilhabe an der Leistung.221 Diese Person ist Benutzer, sofern sie diese Leistungen durch personelle, örtliche und sächliche Benutzung der Einrichtung entgegennimmt. Dabei kann der Leistungsbegriff näher ausdifferenziert werden. Erfasst werden kann eine nur begrenzte Einzelleistung, die sich in der einmaligen Leistungserbringung unmittelbar erfüllt und bei der eine Interaktion des räumlichen und sachlichen Bereichs der Einrichtung zwar eintreten kann, aber nicht zwingend muss, sowie ein Gesamtkomplex von Rechtsbeziehungen, deren Ausgestaltungen vielschichtig sein können, jedoch auf eine Leistungspflicht bzw. ein korrespondierendes Leistungsrecht abzielen. Die Rechtswirkungen der Benutzung sind dabei vielfach von der konkreten Gegebenheit abhängig, vor allem von dem Zeitpunkt, auf den abgestellt wird, von der relevanten räumlichen Einbeziehung oder der personellen Benutzerbedingtheit der Leistungserbringung. Damit ist die Benutzung relativ zu den äußeren Umständen. Von einer Relativität der Rechte und Pflichten im Benutzungsverhältnis kann jedoch nicht gesprochen werden. Denn anders als im Zivilrecht, in dem Verpflichtungen und Rechte, die sich sowohl durch die Notwendigkeit ihrer Geltendmachung als auch den möglichen Widerspruch zur Verbindlichkeit in anderen Rechtsverhältnissen auszeichnen, relativ und nicht absolut wirken können, ist eine solche Relativität öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnissen mit einem hoheitlich handelnden Rechtssubjekt fremd. Schon aufgrund des Gleichheitssatzes ist eine Beschränkung der Benutzung auf ein einmalig stattfindendes, zweipoliges Rechtsverhältnis und eine bloße inter partes Wirkung desselben nicht möglich.222 Die Benutzung ist zudem in Teilen reziprok zu der inneren Ausgestaltung des Benutzungsverhältnisses ausgeformt. Die Gegenseitigkeit eines solchen Rechtsverhältnisses entspringt der in einem komplexen Nutzungsverhältnis fußenden Kooperationspflicht bzw. -bereitschaft, um die angebotene Leistung in Anspruch nehmen zu können. Diese Kooperation folgt dem finalen Leistungsbezug im Benutzungsverhältnis.223 Dieser Aspekt unterscheidet damit das Benutzungsverhältnis von Rechtsverhältnissen der Eingriffsverwaltung und kann möglicherweise
221 222 223
Ehlers, DVBl 1986, 912 (913); Hill, NJW 1986, 2602 (2604). Im Ergebnis ebenso Krause, VVDStRL 45 (1987), S. 212 (221). Ähnl. auch Hill, NJW 1986, 2602 (2607).
B. Das Benutzungsverhältnis als Untersuchungsgegenstand
63
eine besondere Betrachtung, insbesondere von Verhaltenspflichten und -geboten, gebieten.224 3. Der Benutzungsvorgang Entscheidend für die Einordnung einer Regelung als Benutzungsregelung im Rahmen des Benutzungsverhältnisses ist, dass überhaupt der Benutzungsvorgang mit der Vorschrift adressiert wird. Im Regelungszusammenhang mit dem Benutzungsvorgang stehen insbesondere die Art und Weise der Benutzung unter Beachtung der zeitlichen, räumlichen und personellen Dimensionen des Benutzungsverhältnisses. Der Regelungszusammenhang wird dagegen unterbrochen, wenn die Regelung nicht den Benutzungs- bzw. Leistungsgegenstand adressiert, etwa weil sie zeitlich und sachlich im Vorfeld der Benutzung anknüpft. So steht etwa die Abfallvermeidung zeitlich und sachlich nicht in einem Regelungszusammenhang mit der Abfallentsorgung als „Benutzungsgegenstand“ einer Abfallentsorgungseinrichtung. Vorschriften der Abfallvermeidung können damit nicht als Benutzungsregelungen im Rahmen der Benutzungsordnung einer Müllentsorgungseinrichtung erlassen werden.225 Umstritten dagegen war, ob die Herstellung von Grabsteinen den Benutzungsvorgang „Totenbestattung“ und „Totenruhe“ der Einrichtung „Friedhof“ unmittelbar betreffen kann. Zwar liegt die Herstellung eines Grabsteins im zeitlichen und sachlichen Vorfeld der Aufstellung von Grabsteinen auf dem Friedhof, die ihrerseits unstreitig Teil des Benutzungsvorgangs ist, allerdings sind mit der Herstellung auch Folgewirkungen verbunden, die einen Zurechnungszusammenhang mit dem Benutzungsvorgang „Totenbestattung“ und „Totenruhe“ herstellen können.226 An einem unmittelbaren Funktionszusammenhang mit dem Benutzungsvorgang fehlt es dagegen bei der Regelung von behördlichen Betretungsrechten eines „kommunalen Müllbeauftragten“ im Hinblick auf Privatgrundstücke zur Überprüfung der Einhaltung der Entsorgungspflichten. Ein solches Betretungsrecht steht nicht im sachlich notwendigen Zusammenhang mit der Art und Weise der Abfallentsorgung als „Benutzungsgegenstand“, sondern dient allein der ordnungsrechtlichen Absicherung des Vollzugs.227 Im Rahmen der Zuordnung einer Regelung zum Benutzungsvorgang ist allerdings allgemein zu beachten, dass Benutzungsverhältnisse typischerweise keinen 224
S. dazu 4. Kap. B. I. 2. b), II. 2. b). Vgl. BVerwGE 90, 359 (363 f.); vorgehend BayVGH, NVwZ 1992, 1004 (1006); zust. Daubner, NVwZ 1995, 33 (34). 226 Gegen die Zurechnung zum Benutzungsvorgang s. OVG RhPf, NVwZ-RR 2009, 394 (395); BayVGH, Urt. v. 04.02.2009 – 4 N 08.778 –, juris, Rn. 29 f.; Beschl. v. 27.07.2009 – 4 N 09.1300 –, juris, Rn. 16 f.; für die Zurechnung zum Benutzungsvorgang BVerwGE 148, 133 (139); BayVGH, Urt. v. 06.07.2012 – 4 N 11.2673 –, BeckRS 2012, 56028; BayVerfGH, NVwZ-RR 2012, 50 (51 f.); Lorenzmeier, BayVBl. 2011, 485 (492). 227 Vgl. VGH BW, DVBl 1993, 778 (780); s. zu den Grenzen des Zurechnungszusammenhangs auch 3. Kap. B. III. 225
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1. Kap.: Belastungswirkungen im Benutzungsverhältnis
temporär-punktuellen, sondern einen temporär-prozeduralen Charakter aufweisen. Solche andauernden Verhältnisse können zeitlich in verschiedene Phasen eingeteilt werden. So können die Phasen der Vorwirkung, des Verwaltungsverfahrens, der Leistungserbringung (Haupt- und Nebenleistungen) sowie der Nachwirkungen228 unterschieden werden und gegebenenfalls unterschiedliche Anforderungen an deren rechtliche Behandlung stellen. Auch die räumliche Prämisse kann im Benutzungsverhältnis zu verschiedenen Anforderungen führen. So lassen sich Benutzungsverhältnisse ausmachen, die aufgrund eines besonderen räumlichen Näheverhältnisses, wie etwa Bibliotheken, Friedhöfe, Schwimmbäder, besondere Fürsorge- oder Verkehrssicherungspflichten treffen können. Auf der anderen Seite sind Benutzungsverhältnisse ebenso auszumachen, die keine besondere räumliche Nähe erfordern. Unterschiede können sich auch im Hinblick auf die Beteiligten ergeben. So kann die personelle Dimension ein Gegenseitigkeitsverhältnis der Benutzung zwischen Rechtsträger und Benutzer oder aber ein Mehrseitigkeitsverhältnis zwischen mehreren Benutzern und dem Einrichtungsträger umfassen. Dabei ist dem Benutzungsverhältnis eigen, dass dieses zwar individuell zwischen Einrichtungsträger und einzelnen Benutzern zustande kommt. In dessen Rahmen werden jedoch die potentielle Mehrseitigkeit des Rechtsverhältnisses, also die Rechte und Pflichten aller potentiellen Benutzer Berücksichtigung finden müssen, um Nutzungskollisionen auszutarieren. Dergestalt ist es einerseits zweipolig zwischen Einrichtung und einzelnem Benutzer ausgestaltet, andererseits jedoch mehrpolig auf die Berücksichtigung aller potentiellen Nutzer angelegt. Auch die Mehrpoligkeit kann dabei gegebenenfalls zu Besonderheiten für Regelungsbefugnisse des Einrichtungsträgers führen.229
III. Systematisierungsansätze für Benutzungsverhältnisse Sind nun Benutzung und der Benutzungsvorgang umrissen, gilt es für eine Systematisierung der Benutzungsverhältnisse typisierbare Erscheinungsformen des Benutzungsverhältnisses auszumachen und einzuordnen. 1. Arten des Benutzungsverhältnisses Für eine Betrachtung der Regelungsbefugnisse im Hinblick auf Benutzungsregelungen kann zwischen verschiedenen Arten des Benutzungsverhältnisses differenziert werden. Zunächst kann eine Benutzungspflicht für die anstaltliche Leistungserbringung bestehen. Ein solch verpflichtendes Benutzungsverhältnis kann durch formelles 228 229
Vgl. zu dieser Einteilung etwa Ehlers, DVBl 1986, 912 (914). Zur Nutzungsverträglichkeit s. unten 4. Kap. B. I. 1. b), II. 2. b).
B. Das Benutzungsverhältnis als Untersuchungsgegenstand
65
Gesetz oder auch im Wege eines satzungsrechtlichen Anschluss- und Benutzungszwangs angeordnet werden. Für die Anordnung eines solchen in der Benutzungssatzung bedarf es jedoch nach einhelliger Auffassung aufgrund des Eingriffs in Freiheit und Eigentum nach dem Vorbehalt des Gesetzes wiederum einer formalgesetzlichen Ermächtigungsgrundlage.230 Wird das Benutzungsverhältnis also ohne den Willen i. S. e. freiwillig abgegebenen Willenserklärung des potentiellen Benutzers begründet, bedarf es eines hinreichend bestimmten formellen Gesetzes; eine bloße satzungsrechtliche Regelung und auch die Generalklausel der Satzungsbefugnis reicht hierfür nicht aus.231 Ein solcher Benutzungszwang ist jedoch keine belastende Benutzungsregelung in dem hier verstandenen Sinne. Die Belastungswirkung beim verpflichtenden Benutzungsverhältnis stammt nicht aus der Benutzung, sondern aus der Verpflichtung, das Benutzungsverhältnis überhaupt zu begründen. Der Eingriff betrifft damit völlig unproblematisch die Freiheitsausübung außerhalb des Benutzungsverhältnisses, indem diese Freiheit durch den Zwang, Teil eines Benutzungsverhältnisses zu werden, eingeschränkt wird. Als Ermächtigungsgrundlage für diese Eingriffe in durch Art. 2 Abs. 1, 12, 14 GG geschützte Grundrechtspositionen wird allgemein die kommunalgesetzliche Regelung über die Einführung des Anschluss- und Benutzungszwangs und die satzungsrechtliche Anordnung desselben für ausreichend gehalten.232 Grundsätzlich und soweit keine Pflicht aufgrund eines formellen Gesetzes oder eines satzungsrechtlichen Benutzungszwangs besteht, entsteht das Benutzungsverhältnis durch eine freiwillige Entscheidung der potentiellen Benutzer. Für die Begründung des Benutzungsverhältnisses bedarf es insoweit der Abgabe einer Willenserklärung. Auf die Willensentäußerung zur Begründung eines Benutzungsverhältnisses kann nur dann verzichtet werden, wenn eine solche im relevanten Zeitpunkt nicht möglich ist und die Zweckbestimmung des Benutzungsverhältnisses dies erfordert.233 2. Beteiligte des Benutzungsverhältnisses Wird die Leistung einer Einrichtung von einer Person in Anspruch genommen, sind die Beteiligten des Benutzungsverhältnisses eindeutig: Das Benutzungsver230 Statt vieler Brüning, in: Ehlers/Fehling/Pünder (Hrsg.), Bes. VerwR, Bd. III, § 64 Rn. 207 m.w. N.; Röhl, in: Schoch (Hrsg.), Bes. VerwR, Kap. 2 Rn. 177 m.w. N.; Haack, in: Steiner/Brinktrine (Hrsg.), Bes. VerwR, § 1 Rn. 265 m.w. N. 231 Vgl. OVG NRW, NVwZ 1988, 272 (273) für den Fall der gebührenrechtlich relevanten und damit als Eingriff in Art. 2 Abs. 1 GG zu charakterisierenden Begründung eines Benutzungsverhältnisses durch Inanspruchnahme der Feuerwehr ohne den Willen des Leistungsempfängers. 232 Lübbe-Wolff, DVBl 1993, 762 (767) m.w. N. 233 Vgl. OVG NRW, NVwZ 1985, 673 (674) zur Begründung eines Benutzungsverhältnisses zwischen Feuerwehr und hilfsbedürftigen Leistungsempfängern infolge Bewusstlosigkeit.
66
1. Kap.: Belastungswirkungen im Benutzungsverhältnis
hältnis kommt zwischen Einrichtungsträger und Benutzer zustande. Aus der Perspektive des Einrichtungsträgers werden jedoch für den Erlass potentieller Benutzungsregelungen oftmals mehrere, verschiedene Personen in den Blick genommen. Deren Rolle im Benutzungsverhältnis kann so vielgestaltig sein wie die jeweilige Einrichtung und wird sich regelmäßig nach Inhalt und Umfang des konkreten Leistungsgegenstandes sowie Organisationsgrad der zur Leistungserbringung erforderlichen Infrastruktur der Einrichtung richten. Es gilt daher die verschiedenen möglichen Rollen der von der Benutzungsordnung adressierten Personen zu systematisieren. a) Der Einrichtungsträger Auf der einen Seite des Benutzungsverhältnisses einer gemeindlichen öffentlichen Einrichtung steht die Kommune als Einrichtungsträgerin, die die Leistung in Form der Einrichtungsnutzung anbietet. Die Kommune kann jedoch je nach Organisationsgrad und -typ der Einrichtung als unmittelbare Einrichtungsträgerin – sofern dazu die etwaig notwendigen Rechtsgrundlagen bestehen234 – neben juristischen Personen des öffentlichen Rechts, also Anstalten,235 Körperschaften und Stiftungen, auch solche des privaten Rechts errichten und mit dem Einrichtungsbetrieb betrauen, da eine öffentlich-rechtliche Organisationsform der Einrichtung im Regelfall nicht vorgegeben ist. Die Diskussion um privatrechtliche Organisationsformen der Einrichtung läuft im thematischen Gleichschritt mit der Privatisierungsdiskussion kommunaler Aufgaben; es muss mithin zwischen Organisationsprivatisierung, funktioneller Privatisierung und Aufgabenprivatisierung unterschieden werden. Sowohl bei der Organisationsprivatisierung, bei der die Kommune ihre Aufgaben durch die Gründung von Gesellschaften in Privatrechtsform, deren Anteile in der Hand der Kommune verbleiben, erfüllt, und der funktionellen Privatisierung, bei der sich die Kommune Drittgesellschaften in Privatrechtsform zur Aufgabenerfüllung bedient, bleibt die Kommune Einrichtungsträgerin. Hier wandelt sich der Benutzungsanspruch gegen die Kommune als Einrichtungsträgerin nach überwiegender Auffassung in einen Einwirkungs- bzw. Verschaffungsanspruch.236 Bei der Aufgabenprivatisierung jedoch entledigt sich 234 Vgl. hierzu die Anforderungen des institutionellen Vorbehalts des Gesetzes, s. 2. Kap. A. I. 1. d) sowie speziell zur Anstalt 2. Kap. B. I. 2. 235 Ausf. zum Verhältnis von Anstalt und Einrichtung unten 2. Kap. B. I. 1. c) aa). 236 Vgl. etwa BVerwG, NJW 1990, 134 (135); NVwZ 1991, 59; VGH BW, NVwZRR 1996, 681 (683); OVG RhPf, DVBl 1985, 176 (177); Burgi, Kommunalrecht, § 16 Rn. 38 f.; Ossenbühl, DVBl 1973, 289 (291); Kramer/Bayer/Fiebig/Freudenreich, JA 2011, 810 (813); für eine Erstreckung des unmittelbaren Benutzungsanspruchs auch auf von der Kommune getragene Privatrechtssubjekte Axer, NVwZ 1996, 114 (117); Ehlers, Jura 2012, 849 (853 f.); wohl auch Lange, DVBl 2014, 753 (755); Zundel, JuS 1991, 472 (474); krit. und zumindest eine Vertragsvereinbarung über die Widmungsgeltung fordernd Erichsen, Jura 1986, 148 (150); ders., Jura 1986, 196 (197); Dietlein, Jura 2002, 445 (447).
B. Das Benutzungsverhältnis als Untersuchungsgegenstand
67
die Kommune der Aufgabenerfüllung vollständig; es erfolgt eine materielle Privatisierung. Die vormals öffentliche Einrichtung dient nicht mehr öffentlichen Zwecken der Daseinsvorsorge und verliert ihren öffentlichen Charakter.237 Ein Benutzungsverhältnis in dem hier zugrunde gelegten Sinn kann bei diesen rein privaten „Einrichtungen“ nicht bestehen. b) Benutzer Auf der anderen Seite des Benutzungsverhältnisses stehen die Benutzer. Wer als Benutzer in Betracht kommt, wird durch den Benutzungsanspruch bestimmt, denn insoweit dieser individualschützend bestimmten Personen ein Benutzungsrecht gewährt, kommen diese als Benutzer in Betracht. Maßgeblich sind insoweit also der einfachgesetzliche Benutzungsanspruch sowie die Widmung. Anspruchsberechtigt sind damit nach den meisten Gemeindeordnungen jedenfalls Einwohner und Forensen, teilweise geht jedoch auch bereits der einfachgesetzliche Benutzungsanspruch darüber hinaus.238 Eine maßgebliche Konkretisierung des berechtigten Benutzerkreises erfolgt, auch bei Zugrundelegung des einfachgesetzlichen Benutzungsanspruchs, vor allem durch die Widmung. Zwar kann die Widmung aufgrund des Vorrangs des Gesetzes den Benutzerkreis nicht derart einschränken, dass er den Anspruchsgehalt des Gesetzes auf einen Ermessensanspruch ändert oder gänzlich nivelliert.239 Die Widmung kann jedoch den Benutzerkreis aus sachlichen Gründen von vornherein derart einschränken, dass nur ein bestimmter Benutzerkreis umfasst ist. So wird beispielsweise die Einschränkung des berechtigten Benutzerkreises bei Kinderspielplätzen auf Personen unterhalb einer bestimmten Altersgrenze allgemein als zulässig erachtet.240 Als Benutzer werden auch jene Personen bezeichnet, welche die durch die öffentliche Einrichtung angebotene Leistung, konkretisiert durch den Widmungszweck, tatsächlich in Anspruch nehmen. Auch die grundsätzlich nicht Anspruchsberechtigten können damit gegebenenfalls Benutzer und damit Beteiligte des Benutzungsverhältnisses werden. Insoweit sind die zur Benutzung zugelassenen Personen Benutzer, ohne dass ihnen gegebenenfalls durch gesetzlichen oder widmungsgemäßen Benutzungsanspruch ein Recht auf Benutzung zustand. Sie benutzen die Einrichtung im Rahmen einer sog. Sonderbenutzung. Unter Sonderbenutzung werden alle widmungsfremden Nutzungen verstanden, also jeder außerhalb des Widmungszwecks liegende, den berechtigten Benutzerkreis oder
237
Röhl, in: Schoch (Hrsg.), Bes. VerwR, 2. Kap. Rn. 168; Dietlein, Jura 2002, 445
(447). 238
Vgl. etwa § 12 Abs. 1 BbgKVerf: „Jedermann“. Ossenbühl, DVBl 1973, 289 (295); Evertz, Die Bedeutung der Grundrechte im Zusammenhang mit der Benutzung gemeindlicher öffentlicher Einrichtungen, S. 90 f. 240 Vgl. etwa VGH BW, NVwZ-RR 2002, 643 (644); LG Heidelberg, Urt. v. 06.10. 2010 – 5 O 85/10 –, BeckRS 2010, 25048. 239
68
1. Kap.: Belastungswirkungen im Benutzungsverhältnis
die Art der Benutzung übersteigende Gebrauch.241 „Sonderbenutzer“ können sich zwar weder auf den einfachgesetzlichen Benutzungsanspruch noch auf die Widmung berufen, nach überwiegender Auffassung haben sie jedoch einen Anspruch auf eine (ermessensfehlerfreie) Entscheidung der Verwaltung über ihren Antrag auf Zulassung bzw. Benutzung.242 Zwar steht diesen keine explizite einfachgesetzliche Anspruchsgrundlage zu, auf deren Grundlage ein Recht zur Benutzung geltend gemacht werden könnte.243 Jedoch ist die Verwaltung stets an das Rechtsstaatsprinzip und die Grundrechte, insbesondere an das in diesem Zusammenhang relevante Gleichbehandlungsgebot aus Art. 3 GG, gebunden. Hieraus folgt der Anspruch auf eine (ermessens-)fehlerfreie Entscheidung nach Antragstellung, der auch insofern sachgerecht ist, als dass es stets der Einzelfallprüfung des Einrichtungsträgers zur Feststellung bedarf, ob und inwieweit eine Nutzung im Rahmen der Widmung vorliegt.244 Soll eine Sonderbenutzung allerdings regelmäßig zugelassen werden, so steckt darin eine verkappte Widmungsänderung des Einrichtungsträgers, die in der gleichen Handlungsform wie der ursprüngliche Widmungsakt ergehen muss und demnach die Beachtung der für die gewählte Handlungsform des Widmungsakts relevanten formellen Voraussetzungen erforderlich macht.245 Als Untergruppe der Sonderbenutzungen wird insbesondere die kommerzielle Nutzung hervorgehoben. Sie ist Sonderbenutzung, wenn Gewerbetreibende nicht von der Widmung umfasst sind. Darüber hinaus soll eine Sonderbenutzung auch dann vorliegen, wenn die Nutzung im Rahmen des Widmungszwecks liegt, die ordentliche Benutzung allerdings erheblich übersteigt oder die Nutzung anderer beeinträchtigt.246 Hierfür werden etwa die Nutzung öffentlicher Bäder gegen Entgeltzahlung an einen Schwimmtrainer während der üblichen Benutzungszeiten247
241
Statt vieler Stelkens, Die Verwaltung 46 (2013), S. 493 (530 ff.). So Burgi, Kommunalrecht, § 16 Rn. 42 ff.; Gern/Brüning, Deutsches Kommunalrecht, Rn. 935; Axer, Die Widmung als Schlüsselbegriff, S. 187 f.; ders., DÖV 2013, 165 (171); Stelkens, WiVerw 2015, 45 (48); Barthel, WiVerw 2016, 22 (23); a. A. Papier, Recht der öffentlichen Sachen, S. 33 f.; Ehlers, Jura 2012, 849 (851); Dietlein, Jura 2002, 445 (450); widersprüchlich Pappermann/Löhr/Andriske, Recht der öffentlichen Sachen, S. 135. 243 Papier, Recht der öffentlichen Sachen, S. 33 f.; Ehlers, Jura 2012, 849 (851). 244 Kümper, NVwZ 2017, 1833 (1836); Axer, Die Widmung als Schlüsselbegriff, S. 187 f.; a. A. wohl BVerwGE 39, 235 (238). 245 Vgl. OVG Bln-Bbg, Beschl. v. 13.08.2015 – OVG 9 S 29.15 –, juris, Rn. 6; Gern/ Brüning, Deutsches Kommunalrecht, Rn. 945; Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 35 Rn. 325 a; unklar insoweit VGH BW, NVwZ 1998, 540 (541), wonach grds. dieselbe Handlungsform gefordert sei, jedoch gleichzeitig die bloße Änderung der Vergabepraxis im Interesse der um Benutzung ersuchenden Personen berücksichtigt werden solle; a. A. Penz, NVwZ 2017, 730 (731); ders., KommJur 2017, 241 (243); Ehlers, Jura 2012, 692 (693). 246 So Papier, Recht der öffentlichen Sachen, S. 33. 247 VG Gießen, Beschl. v. 14.11.2011 – 8 L 3460/11 –, BeckRS 2012, 48340. 242
B. Das Benutzungsverhältnis als Untersuchungsgegenstand
69
oder durch Schwimmvereine248 als Beispiele angeführt. Diese spezifische Einordnung kann jedoch nicht überzeugen. Denn in den genannten Fällen kommt ein kommerzielles Nutzungsinteresse hinzu. Damit liegt nicht eine bloß widmungsgemäße, aber andere beeinträchtigende Nutzung, sondern aufgrund des kommerziellen Interesses jedenfalls eine auch widmungsfremde Nutzung vor. Diese Einordnung einer Sonderbenutzung innerhalb des Widmungsrahmens täuscht darüber hinaus über die notwendige Differenzierung zwischen Widmung und Benutzungsordnung hinweg, denn so wird die Widmung bereits mit ordnungsrechtlichen Aspekten angereichert und nicht hinreichend zwischen abstrakter Nutzungsmöglichkeit und konkreter Nutzung unterschieden.249 Zudem wird hierdurch die Nutzungsform des Einrichtungsgebrauchs mit Gedanken des Gemein- und Sondergebrauchs vermengt, die jedoch nicht ohne Weiteres auf das Einrichtungswesen übertragbar sind. Abschließend ist damit festzuhalten: Für die Frage nach dem Benutzer in einem bestehenden Benutzungsverhältnis kommt es nicht auf die Unterscheidung zwischen „ordentlicher Benutzung“ und „Sonderbenutzung“ an. Diese entfaltet Relevanz allein bei der Frage des Zulassungs- bzw. Benutzungsanspruchs und damit der Begründung des Benutzungsverhältnisses. Auch Sonderbenutzer sind damit Benutzer. Für die Frage nach den Regelungsmöglichkeiten und Regelungsbedürfnissen ist die Abgrenzung zwischen ordentlicher Benutzung und Sonderbenutzung jedoch ausschlaggebend: Während erstere sich im Rahmen der Widmung hält, übersteigt die Sonderbenutzung den gesetzten Widmungsinhalt. c) Dritte im Benutzungsverhältnis Für die Erreichung des Widmungszwecks können neben dem durch die Widmung gezogenen Benutzungsadressatenkreis auch Dritte relevant sein, etwa weil diese die Erreichung des Widmungszwecks erst ermöglichen oder bei der Zweckerreichung jedenfalls behilflich sind. Vor allem wird es sich also um Gewerbetreibende handeln, die bestimmte Tätigkeiten im räumlichen und sachlichen Bereich der Einrichtung vornehmen. Inwiefern diese Dritten im Benutzungsverhältnis berücksichtigt und abgebildet werden können, ist nicht eindeutig. Dabei ist zunächst zu untersuchen, ob es sich tatsächlich um Dritte in Relation zum Benutzungsverhältnis handelt, oder doch um Benutzer, also nur vermeintlich Außenstehende. Die bloße gewerbliche Tätigkeit im räumlichen Bereich einer öffentlichen Einrichtung, wie etwa der Kioskbetreiber im kommunalen Schwimmbad, 248
BayVGH, NVwZ-RR 1998, 193 (194). Vgl. etwa Evertz, Die Bedeutung der Grundrechte im Zusammenhang mit der Benutzung gemeindlicher öffentlicher Einrichtungen, S. 77, der als „Sonderbenutzung immer eine Durchbrechung der Benutzungsordnung“ ansieht und damit nicht kategorisch gegen die Einordnung als Sonderbenutzung, sondern allein gegen die Differenzierung argumentiert. 249
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1. Kap.: Belastungswirkungen im Benutzungsverhältnis
macht den Gewerbetreibenden noch nicht zwangsläufig zum Benutzer.250 Wesentlich ist auch für diese Betrachtung der Widmungsakt mit besonderer Berücksichtigung des in der Widmung bestimmten, zur Benutzung berechtigten Personenkreises. Grundannahme ist, dass Hilfspersonen,251 die nicht selbst Benutzer sind, sondern deren sich die widmungsgemäßen Benutzer lediglich zur Erfüllung der Pflichten aus dem Benutzungsverhältnis durch Eingehung privatrechtlicher Verträge bedienen, selbst nicht im, sondern außerhalb des Benutzungsverhältnisses stehen. Betrachtet man solche „Hilfspersonen“ aus rechtsverhältnistheoretischer Sicht, könnte angenommen werden, dass die Berücksichtigung Dritter zu einem asymmetrischen Rechtsverhältnis führt. Solche asymmetrischen Rechtsverhältnisse sollen nach Achterberg dadurch gekennzeichnet sein, dass die Pflicht des einen Subjekts nicht mit einem Recht des anderen innerhalb der Rechtsbeziehung korrespondiert.252 Diese Asymmetrie im Benutzungsverhältnis lässt sich etwa an der Anordnung des Einrichtungsträgers gegenüber dem Benutzer aufzeigen, für bestimmte Tätigkeiten einen außenstehenden Dritten verpflichten zu müssen.253 Damit zusammenhängende Rechtswirkungen gegenüber dem Dritten sind grundsätzlich aber bloße Rechtsreflexe, es sei denn die Wirkungen sind intendiert.254 aa) Dritte als Teil der Einrichtung Teilweise wird angeführt, solche Dritte, die jedenfalls für die Erreichung des Widmungszwecks notwendig sind, seien Teil der Einrichtung im Sinne eines Erfüllungsgehilfen des Einrichtungsträgers,255 nicht jedoch selbst Benutzer oder auch nur im Benutzungsverhältnis zu berücksichtigen. In diesem Zusammenhang werden Personen, die „persönliche Mittel“ in Form von Tätigkeiten einbringen und damit die Einrichtungsnutzung erst ermöglichen, als Teil der Einrichtung verstanden, die nicht zugleich Nutzer der Einrichtung sein könnten.256 Teil der Einrichtung können dabei tatsächlich nur solche (natürliche oder juristische) Personen sein, die in den Rechtskreis des Einrichtungsträgers eingegliedert sind, also insbesondere Mitglieder desselben sind oder aber als Verwaltungshelfer auftreten. Treten Dritte dagegen nicht auf Seiten des Einrichtungsträgers auf, können diese bereits rechtstechnisch nicht als Teil der öffentlichen Einrichtung bewertet werden. Bei der Einordnung als Teil der Einrichtung ist insoweit weiter fraglich, in250
VG Bayreuth, Beschl. v. 09.06.2004 – B 2 E 04.570 –, juris, Rn. 29. Vgl. hierzu Lange, DVBl 2014, 753 (755); Stelkens, WiVerw 2018, 53 (59 f.). 252 Achterberg, Die Rechtsordnung als Rechtsverhältnisordnung, S. 39. 253 Vgl. etwa BayVGH, Urt. v. 27.03.2019 – 4 N 18.86 –, BeckRS 2019, 7200, Rn. 19 f. 254 Vgl. BVerfGE 106, 275 (299); 116, 202 (222) zu bloßen Rechtsreflexen, die für eine eingriffsgleiche Wirkung nicht ausreichen. 255 So etwa Fastenrath, NWVBl. 1992, 51 (54); Erichsen, Jura 1986, 148 (150); Lange, Kommunalrecht, 13. Kap. Rn. 16 (S. 801). 256 VG Leipzig, LKV 2006, 142 (143) in Bezug auf die Mitglieder des Thomanerchors. 251
B. Das Benutzungsverhältnis als Untersuchungsgegenstand
71
wieweit der hinzugenommene Teil einer Einrichtung von der Gesamteinrichtung abtrennbar ist. Problematisch bei der Einordnung als Teil der Einrichtung sind weiterhin solche Personen, die rechtlich getrennt von der Einrichtung zu sehen sein können und ein gewisses eigenes, meist wirtschaftliches Interesse an der Einbeziehung haben. Als Beispiel ist etwa der Friedhofsgärtner zu nennen, der nach dieser Einordnung als Verwaltungshelfer Teil der Einrichtung wird, sofern er von der Kommune als Einrichtungsträgerin in Anspruch genommen wird. Der Friedhofsgärtner kann jedoch auch im Auftrag und für einen Grabnutzungsberechtigten tätig werden. Ob aus rechtlicher und tatsächlicher Sicht ein solch kategorialer Unterschied bei Dritten, die einem Benutzungsverhältnis zugezogen werden, bestehen kann, je nachdem wer sie hinzuzieht, erscheint durchaus zweifelhaft. Zumal gefragt werden muss, ob der von dem Einrichtungsträger „beauftragte“ Gewerbetreibende nicht auch zugelassener Benutzer ist. Würde hier davon ausgegangen werden, dass vom Einrichtungsträger zugezogene Dritte mit eigenem Interesse an der Hinzuziehung stets Teil der Einrichtung würden, wäre ein eigenständiges Benutzungsverhältnis zwischen den Beteiligten immer ausgeschlossen. Zur Auflösung der begrifflichen Unklarheiten bietet sich auch hier an, die Widmung als Einrichtungsentscheidung und den durch die Widmung festgelegten Benutzungsvorgang in den Fokus zu stellen und diesen als Anknüpfungspunkt für eine Einordnung heranzuziehen. Es ist also zu fragen, ob ein Benutzungsvorgang zwischen der in Rede stehenden Person und dem Einrichtungsträger betroffen ist. Wird nun beispielsweise der als eine eigenständige öffentliche Einrichtung zu qualifizierende Chor betrachtet, so ist die Überlegung zwar zutreffend, dass der Choraspirant mit Zulassung zum Chor ein konstituierender Teil desselben wird.257 Relevante Leistungsvorgänge zwischen dem Chormitglied und dem Chor als öffentliche Einrichtung sind jedoch, etwa im Hinblick auf Probezeiten, Proberäume und Auftritte, auch weiterhin denkbar. Zwischen dem als weiteres Beispiel angeführten Friedhofsgärtner und dem Einrichtungsträger besteht unabhängig davon, von welchem Beteiligten die Beauftragung kam, ein sächlicher, räumlicher und personeller Benutzungsvorgang der öffentlichen Einrichtung „Friedhof“, sodass dieser jedenfalls kein Teil der Einrichtung sein kann. bb) Benutzungsinteressenten Im Übrigen wird zur Abgrenzung zwischen Benutzern und Dritten von sog. Benutzungsinteressenten258 bzw. Nutznießern259 gesprochen. Die Terminologie 257
VG Leipzig, LKV 2006, 142 (143). Vgl. etwa BVerwGE 39, 235 (238); OVG NRW, NVwZ-RR 2009, 692 (692 f.). 259 Vgl. etwa OVG NRW, NJW 1976, 820 (822), wobei hier mit Nutznießern wohl Besucher gemeint sein dürften; s. dazu sogleich 1. Kap. B. III. 2. d). 258
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1. Kap.: Belastungswirkungen im Benutzungsverhältnis
ist dabei uneinheitlich und teilweise missverständlich. Der Begriff „Benutzungsinteressent“ kann etwa auch in anderem Kontext, nämlich als zeitliche Vorstufe von Benutzern, verwendet werden und somit nur eine zeitliche, nicht aber personell qualitative Unterscheidung zu den Benutzern treffen. Im Folgenden wird der Begriff des Benutzungsinteressenten jedoch zur Beschreibung eines solchen Dritten verwendet, der am Benutzungsverhältnis zwischen Benutzer und Einrichtungsträger ein eigenes Interesse hat. Die Qualifizierung von Dritten als sog. Benutzungsinteressenten erfolgt über deren Tätigkeiten, die entweder für den Einrichtungsträger oder im bestehenden Benutzungsverhältnis eines Benutzers angesiedelt sind. Benutzungsinteressenten bzw. Nutznießer werden demgemäß nicht selbst als Teil des Benutzungsverhältnisses angesehen. Diese Differenzierung mag auf den ersten Blick sinnvoll sein, kann jedoch in ihrer Abstraktheit nicht komplett durchgehalten werden. Auch bei dieser Unterscheidung ist erneut die Fassung des Widmungszwecks entscheidend. Umfasst der Widmungszweck einen konkreten Benutzerkreis, kann dergestalt abgegrenzt werden. Oftmals wird jedoch der Widmungszweck auch auslegungsfähig sein.260 Oder aber die Widmung kann mit weiteren Zwecken „angestaffelt“ werden, die den Benutzerkreis auf verschiedene Gruppentypen erweitern.261 Werden Benutzungsinteressenten nicht als Benutzer eingeordnet, wird vielfach vertreten, dass sie dennoch von den Regelungen des Benutzungsverhältnisses erfasst werden können, da Benutzungsinteressenten in einem spezifischen Näheverhältnis zur Benutzung der öffentlichen Einrichtung stünden.262 Dieses Näheverhältnis fuße darauf, dass die Benutzungsinteressenten durch ihre Tätigkeit ebenso den der Widmung entsprechenden Einrichtungszweck verwirklichten, indem sie an der Erreichung dieses Zwecks mitwirkten.263 Führt dieses Näheverhältnis dazu, dass Benutzungsinteressenten eigene Rechte und Pflichten eingeräumt werden und dies unabhängig von etwaigen Rechtsbeziehungen, die Benutzungsinteressenten mit den Benutzern geschlossen haben, könnte angenommen werden, dass hierdurch zwischen den sog. Benutzungsinteressenten und dem Einrichtungsträger ein „echtes“ Benutzungsverhältnis entsteht. In diesen Fällen bedarf es dann jedoch gar nicht der Konstruktion einer Erstreckung der Benutzungsordnung auf Benutzungsinteressenten als außerhalb des Benutzungsverhält260
S. zur Auslegung des Einrichtungszwecks unten 4. Kap. C. III. 2. d). S. zur Zweckpluralität unten 4. Kap. C. III. 2. c); zur Zulässigkeit der Zweckanstaffelung 4. Kap. C. III. 2. e). 262 Vgl. OVG NRW, Beschl. v. 07.05.2009 – 15 B 354/09 –, juris, Rn. 14; Battis, GewArch 1982, 145 (146); Stelkens, WiVerw 2015, 45 (50); krit. zur rechtspolitischen Sinnhaftigkeit solcher Regelungen in Benutzungsordnungen aber ders., WiVerw 2018, 53 (64 ff.); s. allg. zur Zulässigkeit von Satzungsregelungen gegenüber Externen Petersen, NVwZ 2013, 841 (842 ff.). 263 Battis, GewArch 1982, 145 (146); ähnl. Stelkens, WiVerw 2015, 45 (50); Brüning, WiVerw 2016, 37 (41 f.). 261
B. Das Benutzungsverhältnis als Untersuchungsgegenstand
73
nisses stehende Dritte, denn sie wären hiernach selbständige Benutzer. Insofern bleibt auch die Unterscheidung zwischen Benutzern und „bloßen Benutzungsinteressenten“ in Teilen unübersichtlich. Dies hängt zum einen von dem durch die Widmung konkretisierten, aber gleichzeitig mitunter durch bloße Verwaltungspraxis veränderbaren Einrichtungszweck ab.264 So werden beispielsweise Steinmetze, die im gewerblichen Rahmen auf dem Friedhof als öffentlicher Einrichtung zum Zweck der Totenruhe und des Totengedenkens und mithin zur Verwirklichung der Einrichtungszwecke tätig werden, nicht als Benutzer klassifiziert,265 während Schausteller, die im gewerblichen Rahmen auf einem Volksfest als öffentlicher Einrichtung zum Zwecke der Unterhaltung der Gemeindeeinwohner und Besucher und mithin zur Verwirklichung des Einrichtungszwecks tätig werden, als Benutzer angesehen werden.266 Diese Einteilung lässt sich jedoch wiederum mit Blick auf den durch die Widmung festgelegten Benutzungsvorgang erklären. Der Steinmetz etwa nimmt nicht am Benutzungsvorgang teil. Seine Tätigkeit erschöpft sich vielmehr im sachlichen und zeitlichen Vorfeld der Benutzung.267 Dagegen ist der Schausteller selbst unmittelbarer Teil des Benutzungsvorgangs, wobei neben den Einrichtungszweck der Unterhaltung ein weiterer Einrichtungszweck, nämlich die Förderung der Schausteller, hinzutritt.268 Ist der Dritte demgegenüber nicht an dem unmittelbaren Benutzungsvorgang beteiligt, ist er tatsächlich Außenstehender und nicht Benutzer. Zwar erschöpft sich die Regelungsdimension des Benutzungsvorgangs nicht allein in der personellen, sondern kann grundsätzlich auch nur die räumliche und sachliche Dimension erfassen. Da der Benutzungsinteressent nach hier vertretener Meinung jedoch nur derart von dem Benutzer abzugrenzen ist, als dass er nicht unmittelbar am Benutzungsvorgang teilnimmt, können Benutzungsregelungen, die eben ausschließlich auf den Benutzungsvorgang begrenzt sind, keine Rechtswirkungen, sondern grundsätzlich bloße Rechtsreflexe für Benutzungsinteressierte entfalten. Die Regelungsmöglichkeit im Rahmen einer Benutzungsordnung ist allerdings grundsätzlich auf den Benutzungsvorgang und den Benutzer begrenzt, die wiederum durch die Widmung festgelegt werden.
264
Ausf. zur Widmungsänderung 1. Kap. A. I., III. 1. sowie 3. Kap. B. I. 1., 3. OVG RhPf, NVwZ-RR 2009, 394 (395); BayVGH, Urt. v. 04.02.2009 – 4 N 08.778 –, juris, Rn. 29 f.; Beschl. v. 27.07.2009 – 4 N 09.1300 –, juris, Rn. 16 f. 266 Vgl. BayVGH, NVwZ 1982, 120 (121); NVwZ 1999, 1122 (1123); OVG Saarl, GewArch 1988, 203 (204); Lässig, NVwZ 1983, 18 (19); Spannowsky, GewArch 1995, 265 (268); Becker/Sichert, JuS 2000, 348 (349); Donhauser, NVwZ 2010, 931 (932); Kniesel, GewArch 2013, 270 (273); ähnl. Püttner/Lingemann, JA 1984, 121 (122). 267 OVG RhPf, NVwZ-RR 2009, 394 (395); BayVGH, Urt. v. 04.02.2009 – 4 N 08.778 –, juris, Rn. 29 f.; Beschl. v. 27.07.2009 – 4 N 09.1300 –, juris, Rn. 16 f. 268 Explizit BayVGH, NVwZ 1999, 1122 (1123). 265
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1. Kap.: Belastungswirkungen im Benutzungsverhältnis
cc) Benutzungsvermittler Neben den Benutzungsinteressenten werden auch sog. Benutzungsvermittler als Dritte im Benutzungsverhältnis diskutiert. Benutzungsvermittler sollen dabei kommerzielle Veranstalter sein, die eine öffentliche Einrichtung für eigene (kommerzielle) Zwecke instrumentalisieren.269 Wie der Benutzungsinteressent wird der Benutzungsvermittler also eigene, wirtschaftliche Interessen an der Nutzung der Einrichtung haben. Während die Einschaltung des Benutzungsinteressenten aber auf einer eigenständigen, zwischengeschalteten Erklärung des Einrichtungsträgers oder des Benutzers als bloße „Hilfsperson“ beruht, wird der Benutzungsvermittler aus einer eigenständigen Entscheidung heraus ohne Beauftragung tätig. So können etwa ein Kunsthändler, der die Stadthalle als Ausstellungsraum anmietet und diese einem kunstinteressierten Publikum eröffnet, oder der Zirkusbetreiber, der mit seinem Zirkusspiel auf einer gemeindlichen Veranstaltungsfläche gastiert, als Benutzungsvermittler qualifiziert werden. In diesem Zusammenhang wird insofern auch nicht von einer Benutzung, sondern von einer Ausnutzung270 bzw. einer „aufgepfropften Benutzung“ 271 gesprochen. Fraglich ist, ob es sich bei dieser Typisierung um einen eigenständigen Benutzertyp handelt. Solche Veranstalter können jedenfalls nicht deshalb als Benutzer angesehen werden, weil deren Inanspruchnahme der Einrichtungsleistung einem Publikum zugute kommt, denn dieses benutzt die Einrichtung in diesem Fall nicht unmittelbar, sondern ausschließlich mittelbar, eben vermittelt durch den Veranstalter.272 Die kommunalgesetzliche Anspruchsgrundlage ist auf eine solche Ausnutzung grundsätzlich nicht zugeschnitten,273 da sie gerade nur den Einwohnern und Forensen einen unmittelbaren Zulassungs- bzw. Benutzungsanspruch gewährt. Jedoch kann die Widmungsentscheidung auch die Benutzungsberechtigung bloß kommerzieller Veranstalter festlegen, wie dies regelmäßig etwa bei der Widmung von kommunalen Veranstaltungs- bzw. Festflächen anzunehmen ist. Letztlich sind die Fragen einer solchen „Benutzung“ also wiederum Fragen des Inhalts und des Umfangs der Widmung.274 d) Besucher Fraglich ist schließlich, wie sog. Besucher zu behandeln sind. Der Terminus „Besucher“ wird dabei nicht eindeutig verwendet. So werden unter den Begriff 269
Ossenbühl, DVBl 1973, 289 (299). Ossenbühl, DVBl 1973, 289 (299 f.). 271 Vgl. OVG NRW, DÖV 1984, 946 (946 f.); Ehlers, NWVBl. 1990, 80 (82); Hoffmann, Die kommunale öffentliche Einrichtung, S. 71. 272 Bartels, Die rechtliche Ordnung der Benutzung, S. 169. 273 Ossenbühl, DVBl 1973, 289 (300). 274 Hoffmann, Die kommunale öffentliche Einrichtung, S. 71; a. A. Roth, Die kommunalen öffentlichen Einrichtungen, S. 176. 270
C. Belastungswirkungen
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überwiegend externe Personen, also Personen, die weder Einwohner noch Forensen sind, und damit jedenfalls nicht nach der einfachgesetzlichen Anspruchsnorm anspruchsberechtigt sind, gefasst.275 Darüber hinaus werden als Besucher auch solche Personen bezeichnet, die bei einer sog. Benutzungsvermittlung nur mittelbar in den Genuss der Leistung kommen.276 In beiden Fällen ist für die Zuordnung als Benutzer der zuvor aufgezeigte Grundsatz anzuwenden, dass zugelassene Personen als Benutzer zu qualifizieren sind. Während dies bei ersterer Lesart des Besucherbegriffs unproblematisch ist, man denke etwa an den aus der Nachbargemeinde stammenden Besucher eines kommunalen Schwimmbades, ist dies bei Besuchern i. R. d. Benutzungsvermittlung problematischer. Denn im Falle der Benutzungsvermittlung, also etwa der Zirkusvorführung eines als Zirkusbetreiber zugelassenen Benutzers einer kommunalen Veranstaltungsfläche als öffentliche Einrichtung, werden die Besucher der Vorführung nicht durch den kommunalen Einrichtungsträger zugelassen; die Besuchereigenschaft obliegt der privatrechtlichen Entscheidung des Zirkusbetreibers als Benutzer und Benutzungsvermittler. Auch Gemeindeeinwohner können in diesem Sinne also bloße Besucher sein. Ausschlaggebend für die Unterscheidung zwischen Benutzer und Besucher sind darum erneut die konkrete Widmungsentscheidung des Einrichtungsträgers und die durch diese festgelegten Benutzungsvorgänge.
C. Belastungswirkungen Nachdem das Benutzungsverhältnis betrachtet und systematisiert wurde, sind nun die Rechtswirkungen von Benutzungsregelungen zu untersuchen. Um die zulässige Reichweite der Regelungsbefugnisse im Hinblick auf Benutzungsregelungen zu untersuchen, muss eine Negativabgrenzung vorgenommen werden. Dies liegt einmal in der Vielgestaltigkeit der auftretenden Benutzungsverhältnisse begründet, die anhand von Benutzungsregelungen nicht umfassend positiv dargestellt werden können. Vor allem aber kann eine Bestimmung der Reichweite der zulässigen Regelungsbefugnisse zweckmäßig nur durch die Abgrenzung des rechtlich nicht mehr Zulässigen stattfinden.
I. Der schillernde Begriff der Belastungswirkung Der Begriff der Belastungswirkung stammt aus der Grundrechtsdogmatik. Grundrechtliche Belastungswirkungen wurden vor allem intensiv im Bereich des 275 Vgl. etwa NdsOVG, Beschl. v. 11.12.2012 – 10 ME 130/12 –, BeckRS 2012, 60829 mit der Abgrenzung zwischen Besucher und Einwohner. 276 Vgl. etwa BayVGH, Beschl. v. 12.07.2011 – 4 CS 11.1200 –, BeckRS 2011, 33519, Rn. 14 für die Besucher eines Volksfestes.
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1. Kap.: Belastungswirkungen im Benutzungsverhältnis
Steuerrechts exemplifiziert,277 aber auch im Rahmen der Erweiterung des Eingriffsbegriffs im Sinne des sog. modernen Eingriffsbegriffs auf mittelbare Eingriffe278 und in letzter Zeit zudem als Anknüpfungspunkt für den sog. additiven Grundrechtseingriff279 diskutiert. Dabei wird der Begriff der Belastungswirkung oftmals synonym verwendet mit den Begriffen der Beeinträchtigung, Be- bzw. Einschränkung oder Verkürzung des grundrechtlichen Schutzbereichs bzw. der grundrechtlichen Freiheit. Im Bereich der Freiheitsgrundrechte als Optimierungsgebote wird nach der herrschenden Dogmatik punktuell der Eingriff in Form des Schutzverlustes, also der Belastungswirkung als Freiheitsverkürzung, untersucht.280 Damit dient die Belastungswirkung als Kriterium der Feststellung eines Eingriffs in der Grundrechtsdogmatik und wird zugleich Anknüpfungspunkt für die Rechtfertigungsprüfung dieses Grundrechtseingriffs. In diesem Zusammenhang wird der Begriff der Belastungswirkung allerdings nicht als dogmatischer Begriff verwendet, sondern vielmehr als solcher tatsächlich-deskriptiver Art, der für die Feststellung eines grundrechtlichen Eingriffs Relevanz entfaltet. Aus dieser Betrachtung kann der Begriff der Belastungswirkung zusammenfassend beschrieben werden als eine für den Rechtskreis des Betroffenen negative Rechtswirkung. Damit wird bereits eine zweifache Abgrenzung ermöglicht. Erstens sind nur Rechtswirkungen, keine Rechtsreflexe umfasst. Bloße Rechtsreflexe genügen grundrechtsdogmatisch nicht zur Anerkennung einer eingriffsgleichen Wirkung.281 Zweitens ist mehr noch bereits eine Aussage zur Qualität der Rechtswirkung umfasst. Denn mit der Verwendung des Begriffs der Belastung soll, in Abgrenzung zur bloßen Belästigung, bereits die Erheblichkeitsschwelle einer Rechtswirkung in Abgrenzung zur unter dieser Schwelle liegenden bloßen Bagatelle überschritten sein, die Wirkung also bereits eine spezifische Intensität erreicht haben.282
II. Benutzungsrelevante Konfliktlagen Im Benutzungsverhältnis können sich aufgrund der Sachverhaltsstrukturen nun besondere Konfliktlagen ergeben, die nach den Beteiligten, den Rechtswirkungen ihnen gegenüber sowie den Benutzungsebenen zu systematisieren sind. Im Folgenden soll dabei zunächst allein ein typisierender Überblick über mögliche 277 Vgl. statt vieler Jachmann, in: Dörr, u. a. (Hrsg.), FS Schiedermair, S. 391 (391 ff.) m.w. N. 278 Vgl. Voßkuhle/Kaiser, JuS 2009, 313 (313). 279 Vgl. statt vieler Kaltenstein, SGb 2015, 365 (365); G. Kirchhof, NJW 2006, 732 (732 ff.); Winkler, JA 2014, 881 (881 ff.). 280 Vgl. Winkler, JA 2014, 881 (883). 281 BVerfGE 106, 275 (299); 116, 202 (222). 282 Zur Abgrenzung zwischen Belästigung und Belastung vgl. Voßkuhle/Kaiser, JuS 2009, 313 (313).
C. Belastungswirkungen
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Konfliktlagen gegeben werden, um etwaige Konstellationen möglicher Belastungswirkungen aufzuzeigen.283 Erstens kann die Ebene der Widmung als Voraussetzung des Benutzungsverhältnisses Konfliktpotential aufweisen. Die Widmung bestimmt den Benutzungsvorgang in personeller, sachlicher und räumlicher Hinsicht und ist damit Grundlage der Benutzung und des Anspruchs hierauf.284 Konfliktpotential entsteht zweifelsfrei, wenn die Widmung rechtsfehlerhaft ist.285 Dies kann auf einer formellen Rechtswidrigkeit beruhen, weil der Widmungsakt unter Verstoß gegen die Organ- oder Verbandskompetenz der Kommune als Einrichtungsträgerin ergeht, aber auch auf der materiellen Rechtswidrigkeit, weil die Widmung gegen höherrangiges Recht verstößt. Nutzungskonflikte auf der Ebene der Widmung ergeben sich auch aus der Perspektive potentieller Benutzer, wenn diese eine Benutzung begehren, die über die durch die Widmung festgelegte Nutzung hinausgeht. Insoweit fragt sich, ob oder inwieweit ein Anspruch auf Widmungserweiterung besteht.286 Demgegenüber können Konflikte jedoch auch dadurch entstehen, dass der Ausschluss bestimmter Nutzungen in personeller, sachlicher oder räumlicher Hinsicht begehrt wird. Insoweit handelt es sich also um mögliche Ansprüche auf Widmungsverkürzung.287 Ob oder inwieweit eine Regelung dieser Konfliktlagen auf der Ebene der Widmung tatsächlich Belastungswirkungen im Sinne von einschränkenden Rechtswirkungen gegenüber den (potentiellen) Benutzern aufweist, wird noch ausführlich zu klären sein.288 Auch auf der Ebene der Entstehung des Benutzungsverhältnisses kann es zu Konflikten kommen. Dazu zählen Konflikte um die Benutzungspflicht, weil hierdurch das Benutzungsverhältnis zwangsweise entsteht. Eine Konfliktlage zwischen potentiellem Benutzer und dem Einrichtungsträger besteht jedoch auch insoweit als bei Notwendigkeit eines Zulassungsakts Einschränkungen der Leistung gegenüber einer gedachten oder angebotenen Absolutleistung gegeben sind. Hier ist zunächst die maßgebliche Perspektive klarzustellen, aus der eine etwaige Belastungswirkung solch einer „Minusleistung“ zu betrachten ist. Entscheidend ist stets der rechtliche Rahmen der Benutzung, vor allem also, ob sich die Zulassung im Rahmen der Widmung hält. Auf die Sicht des Benutzers kommt es nicht an, vielmehr ist Bezugspunkt des rechtlich möglichen Benutzungsvorgangs die Widmung. Liegt die Konfliktlage unmittelbar an der Reichweite der Widmung, sind die Konfliktpotentiale im Zusammenhang mit der Widmung zu betrachten. 283 Zur Einordnung der Rechtswirkungen als Belastungen i. S. e. Grundrechtsrelevanz s. ausf. 3. Kap. B. 284 S. dazu bereits 1. Kap. A. I. 285 Ausf. zu den Grenzen der Widmung und dem Widmungsermessen s. unten 4. Kap. C. 286 Ausf. dazu s. 3. Kap. B. I. 3. a). 287 Ausf. dazu s. 3. Kap. B. I. 3. b). 288 S. dazu ausf. 3. Kap. B. I.
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1. Kap.: Belastungswirkungen im Benutzungsverhältnis
Möglich ist jedoch auch eine „Einschränkung“ der Benutzung in sachlicher, räumlicher und personeller Sicht auf der Ebene der Entstehung des Benutzungsverhältnisses im Vergleich zur Widmung. Hierzu gehören etwa Zulassungsvorbehalte wie ein Fachkundenachweis,289 der die Zulassung etwa von einer besonderen beruflichen Qualifikation abhängig macht, oder ein Identitätsnachweis,290 der die Zulassung von der Vorlage eines amtlichen Dokuments zur Identitätsfeststellung abhängig macht. Die Erfüllung solcher Zulassungsvorbehalte ist Bedingung der Entstehung des Benutzungsverhältnisses. Denkbar sind insofern auch selbständige Anordnungen an den (potentiellen) Benutzer, welche die Zulassungsentscheidung mit einer teilweise belastenden Wirkung etwa durch die Verbindung mit einer Auflage als Nebenbestimmung versehen. Anders als Bedingung und Befristung, die die Wirksamkeit der Zulassung betreffen und damit als Aliud zur Versagung zu sehen sind, ist die Auflage als Annex mit einer selbständigen Belastungswirkung versehen, indem diese selbst vollstreckbar ist. Als belastender Verwaltungsakt bedarf diese damit einer formell-gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage. Einschränkungen in der Zulassungsentscheidung sind zwar milder als die Versagung der Benutzung als ultima ratio; die Unterschreitung des durch die Widmung gesetzten Leistungsrahmens muss jedoch sachlich gerechtfertigt werden. Auch auf der Ebene der Benutzungsregelungen können schließlich Konfliktlagen auftreten. Solche sind jedenfalls immer in solchen Regelungen zu sehen, die in Diskrepanz zur Widmungsentscheidung stehen. Konfliktpotential besteht insofern bei Benutzungsregelungen, die sich als einschränkend gegenüber der durch Widmung festgelegten Benutzung darstellen, wobei hier stets zu fragen ist, ob hierin nicht vielmehr eine Widmungsänderung zu sehen ist. Eigenständige Belastungswirkung weisen in jedem Fall solche Regelungen auf, die zwar im Rahmen der Benutzungsordnung erlassen wurden, bei denen tatsächlich jedoch ein unmittelbarer Funktionszusammenhang mit dem Benutzungsvorgang gar nicht besteht, wie etwa bei Vorschriften zur Abfallvermeidung im Rahmen der Abfallentsorgungseinrichtung.291 Denn dann handelt es sich um keine in Bezug zur Widmung und dem Benutzungsvorgang zu begreifende Bestimmung. Besondere Beachtung finden darüber hinaus auch solche materiellen Ge- oder Verbote, die zwar in Bezug zum Benutzungsvorgang stehen, aufgrund ihrer eigenständi289 S. OVG NRW, DVBl 2011, 648 (648 f.) zur Zulässigkeit einer Regelung in einer Friedhofsbenutzungssatzung, welche die Zulassung einer Gewerbetreibenden vom Nachweis der fachlichen, betrieblichen und persönlichen Zuverlässigkeit sowie der Eintragung in die Handwerksrolle bzw. in das Verzeichnis nach § 19 HandwO abhängig macht. 290 So etwa der Zulassungsvorbehalt in der privatrechtlichen Nutzungsordnung der Bädergesellschaft Düsseldorf mbH, die indes in 100 %-iger Trägerschaft der Stadt Düsseldorf steht und damit den Bestimmungen des öffentlichen Einrichtungswesens unterliegt. 291 Vgl. hierzu 1. Kap. B. II. 3. m.w. N.
C. Belastungswirkungen
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gen Regelungsqualität jedoch die Rechtssphäre der Benutzer berühren können.292 Hierzu zählen etwa das Badekappengebot im örtlichen Schwimmbad oder Grabpflegevorschriften auf dem kommunalen Friedhof. Ferner können in umfassenderen – räumliche und persönliche Eingliederungslagen des Benutzungsverhältnisses vorausgesetzt – Benutzungsverhältnissen auch Konfliktlagen zwischen den einzelnen Benutzern vorkommen. Die Konfliktlage zwischen den verschiedenen Benutzern kann zunächst einmal unmittelbar aus dem Nutzungsinteresse herrühren, also insbesondere bei kapazitätsbegrenzten Leistungen, indem um die begrenzte, potentielle Nutzung konkurriert wird. Prominentestes Beispiel für diese Benutzungskonkurrenz auf Zulassungsebene stellt dabei die Zulassung von Schaustellern zu als öffentliche Einrichtungen zu qualifizierenden Volksfesten dar.293 Weiterhin können Konfliktlagen durch die räumliche und persönliche Nähe der Benutzer entstehen, die zu möglichen Einwirkungen in die Interessen- und Rechtssphäre führen kann. Hier kann es um direkte Einwirkungen der verschiedenen Benutzer untereinander gehen.294 Als Beispiel einer solchen Einwirkung aufgrund räumlicher Nähe ist etwa an die Kollision der Nutzungsinteressen zwischen dem Grabnutzungsberechtigten als Friedhofsnutzer, der den Zweck der Totenandacht verfolgt, und dem zugelassenen Friedhofsgärtner zu denken, der mithilfe eines Laubbläsers die Grabstellen und Wege sauber hält und damit die Voraussetzungen einer angemessenen Totenandacht als Einrichtungszweck sichert.295 Da die Leistungsgewährung nur durch die Entscheidung des Einrichtungsträgers möglich ist, können die potentiellen Benutzer bestehende oder aufkommende Konfliktlagen nicht selbständig auf bilaterale Weise klären, sondern sind auf die Gestaltung der Leistungsgewährung im Verhältnis zu ihnen durch den die Benutzung gewährenden Einrichtungsträger angewiesen. Die Konfliktlagen zwischen den Benutzern sind folglich durch den Einrichtungsträger zu mediatisieren.296 Dahingehende Benutzungsregelungen dienen einer öffentlich-rechtlichen Ausgleichsordnung. Schließlich sind Rechtswirkungen denkbar, die außerhalb des Benutzungsverhältnisses stehende Personen betreffen, also aus dem Benutzungsverhältnis ausstrahlen. So kann eine Benutzungsregelung im Rahmen der Widmung zulässigerweise den Benutzer adressieren, aber über das Benutzungsverhältnis hinaus Dritte betreffen. Diese Rechtswirkungen können final und unmittelbar intendiert sein, 292
Ausf. hierzu s. 3. Kap. B. III. 3. Vgl. BayVGH, Beschl. v. 12.07.2011 – 4 CS 11.1200 –, BeckRS 2011, 33519; NVwZ-RR 2017, 113 (113 ff.). 294 Ausführlich zur Einteilung solcher Konfliktlagen Schmidt-Preuß, Kollidierende Privatinteressen im Verwaltungsrecht, S. 9 ff. 295 Vgl. hierzu OVG Saarl, Beschl. v. 26.02.2018 – 2 A 173/17 –, BeckRS 2018, 2234. 296 Wie im Beispiel der kapazitätsbegrenzten Zulassung durch sog. Zulassungsrichtlinien, vgl. statt vieler BayVGH, NVwZ-RR 2017, 113 (113 ff.) m.w. N. 293
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1. Kap.: Belastungswirkungen im Benutzungsverhältnis
dann fragt sich, ob eine solche Regelung überhaupt als Benutzungsregelung angesehen werden kann. Denn in diesen Fällen dürfte bereits die Intention zur Regelung des Benutzungsvorgangs fehlen. Folgen aus der Regelung mittelbare Rechtswirkungen, werden diese als Benutzungsregelungen gelten können, wenn die Regelungen in erster Linie der Ausgestaltung des Benutzungsvorgangs dienen oder jedenfalls mit diesem in Zusammenhang stehen. Ob die Regelung mit Blick auf die Rechtswirkung gegenüber Dritten jedoch zulässig ist, ist damit noch nicht ausgesagt.
D. Ergebnis Benutzungsverhältnisse zeugen von einer faktischen und rechtlichen Komplexität. Eine Typisierung von Benutzungsleistung, Arten und Beteiligten im Benutzungsverhältnis ermöglicht jedoch eine Systematisierung der Rechtsbeziehungen und vor allem auch deren Konfliktpotentiale unter Beachtung der verschiedenen Differenzierungsebenen. Es wurde gezeigt, dass ausschlaggebendes Kriterium für die Systematisierungsarbeit die Widmung und der durch die Widmung festgelegte Benutzungsvorgang ist. Betrachtet man das bisherige Diktum in Wissenschaft und Praxis, wonach auch im Bereich der durch Satzung geregelten kommunalen Benutzungsverhältnisse jedenfalls „Eingriffe in Rechte Dritter einer formalgesetzlichen Ermächtigungsgrundlage bedürfen“ 297, zeigt die Untersuchung der Benutzungsebenen und die systematisierende Darstellung der Benutzungsverhältnisse, dass eine pauschale Anwendung dieser Aussage auf das Benutzungsverhältnis nicht einfach möglich ist. Denn die Konfliktpotentiale innerhalb von Benutzungsverhältnissen spielen sich auf verschiedenen Determinationsebenen der Benutzung ab. Die komplexen Rechtswirkungen innerhalb des Benutzungsverhältnisses sind nicht allgemein zu erfassen, sondern abhängig von den betroffenen Beteiligten und der jeweils in Rede stehenden Rechtsbeziehung. Nicht alle Benutzungsregelungen weisen eine eigenständige Belastungsqualität auf. Benutzungsregelungen können auch allein die Widmungsentscheidung näher konkretisieren. Für die Feststellung der eigenständigen Belastungswirkung einer Benutzungsregelung jedoch ist in jedem Fall die in Frage stehende Rechtsbeziehung genau in den Blick zu nehmen.
297 Vgl. etwa Scholler/Scholler, in: Mann/Püttner (Hrsg.), HkWP, Bd. I, 3. Aufl., § 23 Rn. 7; Masson, BayVBl. 1958, 306 (307); Badura, DÖV 1963, 561 (562); Conrad, BayVBl. 1970, 384 (385); Starck, AöR 92 (1967), S. 449 (455 f.); krit. bereits Kreßel, BayVBl. 1967, 410 (411 f.); Trute, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. I, § 6 Rn. 80; Böhm, in: Lübbe-Wolff/ Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, S. 413 (414 ff.).
2. Kapitel
Verfassungsrechtliche Anforderungen an Benutzungsregelungen Nach Festlegung und Systematisierung des Untersuchungsgegenstands und der möglichen Konfliktlagen im Benutzungsverhältnis gilt es zu untersuchen, ob die genannten Rechtswirkungen nur auf der Grundlage spezifischer Rechtsakte ausgelöst werden können. Angesprochen ist insoweit der verfassungsrechtlich begründete Grundsatz vom Vorbehalt des Gesetzes. Zunächst soll daher die aktuelle Lehre des Vorbehalts des Gesetzes dargestellt und daraufhin untersucht werden, ob der Vorbehalt des Gesetzes verfassungsrechtlich für eine sachbereichsspezifische Perspektive offensteht. Sodann sollen die Besonderheiten der rechtlichen Ordnung der Benutzungsverhältnisse untersucht und daraufhin überprüft werden, ob es Sachbereichsspezifika in den das Benutzungsverhältnis ordnenden Rechtsbereichen gibt, die eine differenzierte Vorbehaltstypisierung anhand des Sachbereichs ermöglichen oder gar erfordern.
A. Der Vorbehalt des Gesetzes als Untersuchungsmaßstab Herkömmlich wird von dem „Vorbehalt des Gesetzes“ gesprochen, wonach exekutivisches Handeln in bestimmten Bereichen der Ermächtigung durch Gesetz vorbehalten bleibt. Der Grundsatz vom Vorbehalt des Gesetzes fragt also nach der Erforderlichkeit des Gesetzes.1 Der Begriff stammt aus der Verwaltungsrechtslehre Otto Mayers2 und diente historisch betrachtet zunächst der Machtabgrenzung und Machteingrenzung zwischen Exekutive und Legislative, die dabei zeitbedingt und verfassungsstrukturell aus der Perspektive des gegenüber der Machtgegenwärtigkeit der Exekutive Rechte einfordernden Parlaments betrachtet werden musste.3 Bei rechtshistorischer Betrachtung des Grundsatzes vom Vorbehalt des Gesetzes entsteht gleichwohl das Bild eines wandelbaren rechtsdogmatischen Begriffs, der sich unter die jeweilige normative Bezugsord1 Vgl. statt vieler Grzeszick, in: Maunz/Dürig (Begr.), GG, Art. 20 Abs. 3, Rn. 75; Selmer, JuS 1968, 489 (489). 2 S. Mayer, Dt. VerwR, Bd. I, 3. Aufl., § 6, S. 70. 3 Zusammenf. zum historischen Rückblick etwa Ossenbühl, in: Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. V, § 101 Rn. 18 ff.; Selmer, JuS 1968, 489 (490 ff.); Pietzcker, JuS 1979, 710 (712).
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2. Kap.: Verfassungsrechtliche Anforderungen
nung einpassen lässt.4 Denn der Bezugspunkt des Vorbehaltsgedankens hat sich unter dem Grundgesetz verändert: Exekutive und Legislative ringen nicht länger um ihre Existenz und Macht; beide Gewalten sind vielmehr institutionell sowie jedenfalls im Grundsatz funktionell im Grundgesetz festgelegt. Dem Vorbehalt des Gesetzes im modernen Verfassungsstaat geht es damit nicht mehr vorrangig um Machtzuweisung, sondern um funktionengerechte Abgrenzung.5 Die Grundaussage der Vorbehaltslehre ist dabei immer wieder verschiedentlich verstanden und ausgefüllt worden und hat zu einer differenzierten Terminologie geführt.6 Aus der Entstehungsgeschichte lässt sich folgern, dass der Vorbehaltsbegriff Mayers mit einem der sodann differenziert entwickelten Begriffe gleichzusetzen sein mag. Allerdings erscheint es gerade sinnvoll, den aufgrund der Entstehungsgeschichte noch nicht konkretisierten Begriff Otto Mayers als neutralen Oberbegriff anzusehen,7 der unterschiedliche Akzente und Stoßrichtungen im Hinblick auf die Begründungsansätze der Vorbehaltslehre, namentlich dem Rechtsstaatsprinzip, dem Demokratieprinzip und der Grundrechte, aufweisen kann. In diesem Sinne wird der Begriff auch hier verwendet.
I. Zum aktuellen Stand der Vorbehaltslehre(n) Realiter handhabbar wird der Grundsatz vom Vorbehalt des Gesetzes damit allerdings noch nicht. Vielmehr haben sich aus dem Bedürfnis einer institutionellen und funktionellen Abgrenzung von Exekutive und Legislative mehrere Ausprägungen und Konkretisierungen entwickelt, die den Anspruch formulieren, Perspektive und Aussagegehalt der Vorbehaltslehre je nach Sachlage differenziert abbilden zu können. 1. Begriffliche Vorklärung Diese unterschiedlichen Lesarten der Vorbehaltslehre werden jedoch in ihrer Terminologie sowie in ihrem Inhalt nicht immer identisch gehandhabt. Daher erscheint es notwendig, die terminologischen Unterschiede zunächst darzustellen und die Begriffe für die weitere Verwendung zu klären. 4 Grzeszick, in: Maunz/Dürig (Begr.), GG, Art. 20 Abs. 3, Rn. 79; instruktiv zu dem staatsstrukturellen Funktionenwandel insofern Ossenbühl, in: Götz/Klein/Starck (Hrsg.), Die öffentliche Verwaltung zwischen Gesetzgebung und richterlicher Kontrolle, S. 9 (15 ff.); vgl. auch Ladeur/Gostomzyk, Die Verwaltung 36 (2003), S. 141 (142 ff.). 5 Ähnl. bereits Horn, Die grundrechtsunmittelbare Verwaltung, S. 48 f.; das Argument der funktionengerechten Abgrenzung erlangt auch in neueren Entscheidungen des BVerfG im Hinblick auf den Vorbehalt des Gesetzes eine immer exponiertere Stellung, vgl. BVerfGE 68, 1 (86); 98, 218 (251 f.). 6 Vgl. ausf. hierzu Horn, Die grundrechtsunmittelbare Verwaltung, S. 29 ff., der von dem Vorbehalt des Gesetzes als einem „unverbundene[n] Flickwerk“ spricht. 7 In diesem Sinne auch Staupe, Parlamentsvorbehalt und Delegationsbefugnis, S. 32; Stumpf, Ungeschriebener Parlamentsvorbehalt und akademische Selbstverwaltungsgarantie, S. 126.
A. Der Vorbehalt des Gesetzes als Untersuchungsmaßstab
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a) Vorbehalt des Gesetzes und Gesetzesvorbehalt Es bestehen bereits Unklarheiten bei den beiden Begriffen „Vorbehalt des Gesetzes“ und „Gesetzesvorbehalt“. So wird unter dem Vorbehalt des Gesetzes das allgemeine Prinzip des dem Gesetzgeber gegenüber der Verwaltung vorbehaltenen Gesetzes verstanden, wohingegen der Gesetzesvorbehalt allein die vom Grundgesetz festgelegte Verweisung auf das Erfordernis eines Gesetzes umschreibt.8 Damit ist gleichwohl keine Dualität angesprochen. Vielmehr kann der Begriff des Vorbehalts des Gesetzes als Oberbegriff verstanden werden, der den Grundgedanken der Vorbehaltslehre widerspiegelt und in den speziellen grundrechtlichen9 und organisatorischen10 Gesetzesvorbehalten für das allgemeine Prinzip exemplarisch normiert wurde.11 Diese terminologische Differenzierung hat sich indes nicht durchsetzen können; die beiden Begriffe werden vielfach synonym verwendet.12 Dabei führt diese Terminologie zu Ungenauigkeiten, insbesondere im Bereich der grundrechtlichen Gesetzesvorbehalte, d.h. die im Grundrechtskatalog eingeräumten Ermächtigungen zur jeweiligen gesetzlichen Begrenzung des Grundrechtssatzes,13 die den allgemeinen Vorbehalt des Gesetzes insofern konkretisieren und ausfüllen, wenn und soweit sie allein den parlamentarischen Gesetzgeber zur Einschränkung von Grundrechten ermächtigen.14 Auch eine funktionale Betrachtung spricht für die Notwendigkeit einer Differenzierung zwischen beiden Begriffen, denn die Funktionen stehen diametral zueinander: Der Vorbehalt des Gesetzes sollte traditionell die Macht des Parlaments gegenüber der Exekutive stärken bzw. sichern, die grundrechtlichen Gesetzesvorbehalte dagegen die Legislative beschränken, indem sie die Grundrechte gegen einen umfassenden Zugriff durch den Gesetzgeber bewahren.15 Vielfach wird nicht nur zwischen den beiden Begriffen abgegrenzt, sondern beide in ein Stufenverhältnis gebracht:16 Der allgemeine Vorbehalt des Gesetzes 8 So etwa Jesch, Gesetz und Verwaltung, S. 31; Krebs, Vorbehalt des Gesetzes und Grundrechte, S. 11 (Fn. 1); krit. zum Erfordernis einer Differenzierung Reimer, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. I, § 9 Rn. 24. 9 Vgl. etwa die Einschränkung der Bewegungsfreiheit Art. 104 Abs. 1 S. 1 GG. 10 Vgl. Budgetrecht: Art. 110 Abs. 2 S. 1 GG; Verträge über politische Beziehungen mit dem Ausland: Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG. 11 Vgl. BVerfGE 49, 89 (127); so auch Busch, Das Verhältnis des Art. 80 Abs. 1 S. 2 GG zum Gesetzes- und Parlamentsvorbehalt, S. 50. 12 So etwa Kisker, NJW 1977, 1313 (1313, Fn. 1); Listl, DVBl 1978, 10 (12, Fn. 23); Hermes, Der Bereich des Parlamentsgesetzes, S. 14. 13 Ausf. zu Begriffsbestimmung und Art der grundrechtlichen Gesetzesvorbehalte Stern, Staatsrecht, Bd. III/2, § 80 I (S. 369 ff.). 14 So auch Pietzcker, JuS 1979, 710 (710). 15 Vgl. nur Kloepfer, JZ 1984, 685 (687). 16 Vgl. auch Henke, AöR 101 (1976), S. 576 (585, 612).
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ist dem grundrechtlichen Gesetzesvorbehalt vorgelagert. Der grundrechtliche Gesetzesvorbehalt ist eine Ausprägung des allgemeinen Vorbehalts des Gesetzes, der grundrechtlich begründet ist und zu einem Parlamentsvorbehalt für Sachverhalte führt, die relevant für die Verwirklichung von Grundrechten sind. Der Einwand dagegen, der (allgemeine) Vorbehalt des Gesetzes sei als eigener Grundsatz „neben dem Grundrechtssystem entbehrlich“ 17 geworden, denn er wiederhole nur, was bereits aus den Grundrechtsartikeln folge, verkennt die Aussagekraft des Vorbehalts des Gesetzes in seinen mannigfaltigen Ausprägungen durch die Facetten des Rechtsstaats- und Demokratieprinzips und überbetont damit die Grundrechtsfunktion als alleinigen Begründungsansatz des Vorbehalts des Gesetzes. Auch unabhängig von den grundrechtlichen Gesetzesvorbehalten machen die speziellen Gesetzesvorbehalte den allgemeinen Grundsatz vom Vorbehalt nicht entbehrlich, denn sie definieren weder den Gesetzesvorbehalt noch die Gesetzgebungsfunktionen, sondern weisen allein punktuellen Charakter auf.18 Funktionen und Kompetenzen von Exekutive und Legislative sind verfassungsrechtlich nicht abschließend positiv normiert und abgrenzbar, wie die vorbehaltlosen Grundrechte, bei denen der Vorbehalt des Gesetzes erst recht gilt, sowie die Problematik rund um die „Wesentlichkeitstheorie“ 19 eindrucksvoll zeigen. b) Der Parlamentsvorbehalt Während der (allgemeine) Vorbehalt des Gesetzes als Oberbegriff allein die Aussage über die Erforderlichkeit einer gesetzlichen Grundlage trifft, ist damit nach der Lehre vom dualistischen Gesetzesbegriff20 noch keine Aussage über die funktionelle Zuständigkeit des parlamentarischen Gesetzgebers verbunden. Es kann sich daher grundsätzlich sowohl um materielle als auch um formelle Gesetze handeln. Dem Parlamentsvorbehalt wohnt daher die über den Aussagegehalt des Vorbehalts des Gesetzes hinausgehende Forderung inne, die Entscheidung ausschließlich dem Parlament vorzubehalten. Staatliches Handeln im Rahmen des Parlamentsvorbehalts ist also auf einer ersten Stufe einer förmlichen Parlamentsentscheidung vorbehalten.21 Ein solchermaßen verstandener Entscheidungsvorbehalt des Parlaments kann seine Aufgabe und Wirkung indes nur dann entfalten, wenn das Parlamentsgesetz selbst die wesentlichen Vorgaben der Entscheidung vorzeichnet, d.h. nicht nur auf der ersten Stufe das „Ob“ einer Handlung, sondern auf einer zweiten Stufe auch das „Wie“ im Sinne einer erforder-
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So Vogel, VVDStRL 24 (1966), S. 125 (151). So auch Hermes, Der Bereich des Parlamentsgesetzes, S. 79. 19 Zur Wesentlichkeitstheorie ausführlich sogleich 2. Kap. A. II. 20 Ausf. hierzu Jesch, Gesetz und Verwaltung, S. 20 ff. m.w. N.; Starck, Der Gesetzesbegriff des Grundgesetzes, S. 21 ff.; Hermes, Der Bereich des Parlamentsgesetzes, S. 16. 21 Statt vieler Grzeszick, in: Maunz/Dürig (Begr.), GG, Art. 20 Abs. 3, Rn. 75. 18
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lichen Regelungsdichte dieses Parlamentsgesetzes vorgibt.22 Unter dem Begriff des Parlamentsvorbehalts wird insoweit die Delegationsbefugnis auf die Exekutive diskutiert, insbesondere um eine Verausgabung des parlamentarischen Kompetenzbereichs im Wege von Pauschalermächtigungen an die Exekutive zu verhindern. Insofern ist der Parlamentsvorbehalt eine das Demokratieprinzip in den Vordergrund stellende Ausprägung des allgemeinen Vorbehalts des Gesetzes. Aus diesem Entscheidungsvorbehalt soll auch eine Entscheidungspflicht des Parlaments ableitbar sein.23 Der Parlamentsvorbehalt kehrt also die Perspektive der Erforderlichkeit noch einmal um und fragt aus Sicht des Parlaments, ob es eine formalgesetzliche Rechtsgrundlage erlassen muss und in welchem Umfang es die weitere Ausgestaltung delegieren kann. Der Parlamentsvorbehalt meint somit einen zum Delegationsverbot verdichteten Gesetzesvorbehalt,24 folglich eine negative Kompetenzabgrenzung.25 Der Entscheidungsvorbehalt des Parlaments soll nach teilweiser Auffassung allerdings einen Sachvorbehalt und keinen Formvorbehalt darstellen,26 also nicht nur die Entscheidungsform des formellen Gesetzes, sondern auch andere Formen parlamentarischer Beschlussfassung umfassen.27 In diesen Fällen ist der Parlamentsvorbehalt dann aber nicht Ausdruck der Vorbehaltslehre, sondern gerade der Funktionenlehre. Denn in diesem Zusammenhang beschreibt der Parlamentsvorbehalt nicht die Abgrenzung zu Regelungszuständigkeiten der Exekutive, sondern bestimmt, welche Sachbereiche zwingend der Entscheidung des Parlaments unabhängig von dessen Entscheidungsform zugewiesen sind.28 Insofern sei der so verstandene Parlamentsvorbehalt eine originär aus dem Demokratieprinzip folgende Entscheidungshoheit, jedoch keine Ausprägung des Vorbehalts des Gesetzes. Ob sich eine solche Ableitung aus dem Demokratieprinzip jedoch tatsächlich
22 BVerfGE 49, 89 (127); vgl. auch Grzeszick, in: Maunz/Dürig (Begr.), GG, Art. 20 Abs. 3, Rn. 75; Busch, Das Verhältnis des Art. 80 Abs. 1 S. 2 GG zum Gesetzes- und Parlamentsvorbehalt, S. 63. 23 So etwa Busch, Das Verhältnis des Art. 80 Abs. 1 S. 2 GG zum Gesetzes- und Parlamentsvorbehalt, S. 23; Ossenbühl, in: Habscheid, u. a. (Hrsg.), FS Bosch, S. 251 (255 f.); krit. Horn, Die grundrechtsunmittelbare Verwaltung, S. 51 ff. 24 Krebs, Jura 1979, 304 (312); Erichsen, in: Wilke (Hrsg.), FS Jurist. Gesellschaft Berlin, S. 113 (113); Ossenbühl, in: Götz/Klein/Starck (Hrsg.), Die öffentliche Verwaltung zwischen Gesetzgebung und richterlicher Kontrolle, S. 9 (18); ausf. Schuppert, in: ders. (Hrsg.), Das Gesetz als zentrales Steuerungsinstrument des Rechtsstaates, S. 105 (111 f.); Ladeur/Gostomzyk, Die Verwaltung 36 (2003), S. 141 (145). 25 Voßkuhle, JuS 2007, 118 (119). 26 Zu Begriff und Unterscheidung zwischen Sachvorbehalt und Formvorbehalt Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften und Grundgesetz, S. 273. 27 Vgl. Reimer, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. I, § 9 Rn. 24; ausf. Busch, Das Verhältnis des Art. 80 Abs. 1 S. 2 GG zum Gesetzes- und Parlamentsvorbehalt, S. 67 ff. 28 Vgl. Horn, Die grundrechtsunmittelbare Verwaltung, S. 76 f.
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ergibt,29 kann aufgrund der legitimatorischen Begründung im Rahmen des Demokratieprinzips, das sich nicht nur auf die personelle Legitimation des Parlaments, sondern vor allem auf die prozedurale Legitimation des Gesetzgebungsverfahrens stützt, bestritten werden, mag jedoch hier nicht weiter von Belang sein. Denn der so verstandene Parlamentsvorbehalt weicht von der Untersuchungsfrage, des „Ob“ und „Wie“ einer Delegation im Sachbereich des kommunalen Einrichtungsrechts auf autonome Einrichtungsträger ab. Diese Frage ist nur im Zusammenhang mit dem Vorbehalt des Gesetzes zu beantworten. Wird im Folgenden der Begriff des Parlamentsvorbehalts benutzt, ist dieser somit als Ausprägung der Vorbehaltslehre zu lesen. Das Problem der aufgrund eines Verstoßes gegen den Vorbehalt des Gesetzes untauglichen sublegalen Ermächtigungsnormen stellt sich im Bereich der Rechtsetzung nur aufgrund des dualistischen Gesetzesbegriffs, also der Unterscheidung in formelle und materielle Gesetze. Nur im Bereich der Überschneidung legislativer und exekutiver Funktionenbereiche, namentlich der Rechtsetzung, kann daher die Frage nach der Abgrenzung und Zuordnung der Funktion relevant werden. Um für die vorliegende Untersuchung einen Beitrag leisten zu können, ist daher der Gesetzesbegriff der Vorbehaltslehre relevant. Denn wird unter dem Begriff auch das materielle Gesetz verstanden, wäre damit bereits die Untersuchungsfrage im Hinblick auf die Regelungsbefugnis in Benutzungsordnungen jedenfalls durch die Handlungsform der Satzung als materielles Gesetz beantwortet. Unter dem Begriff des Gesetzes im Rahmen der Vorbehaltslehre wird traditionell und auch im Folgenden allerdings nur das Gesetz im formellen Sinne, d.h. der durch ein Parlament im Rahmen des verfassungsrechtlich hierfür vorgesehenen Verfahrens erlassene Hoheitsakt, verstanden.30 Der Parlamentsvorbehalt als Ausprägung der Vorbehaltslehre ist daher vom bloßen, rechtsstaatlich begründeten Rechtssatzvorbehalt abzugrenzen, wonach bestimmte staatliche Maßnahmen nur durch ein materielles Gesetz, d.h. abstrakte und generelle Regelungen mit rechtlicher Außenwirkung, eingeräumt bzw. wahrgenommen werden können, also neben dem Parlamentsgesetz auch durch Rechtsverordnung und Satzung. Die Orientierung an der Rechtsform mag zwar den ihr zugrundeliegenden Regelungsgegenstand in Betracht nehmen, die Abgrenzung erfolgt jedoch ebenso funktionsspezifisch; denn die jeweiligen Handlungsformen sind ausschließlich verschiedenen Normgebern funktionell zugeordnet.31 Die 29 So Ossenbühl, in: Götz/Klein/Starck (Hrsg.), Die öffentliche Verwaltung zwischen Gesetzgebung und richterlicher Kontrolle, S. 9 (22). 30 Jesch, Gesetz und Verwaltung, S. 9; vgl. zur Diskussion um das Verhältnis von formellem und materiellem Gesetz im Rahmen des Rechtssatzvorbehaltes und des Vorbehalts des Gesetzes Böckenförde, Gesetz und gesetzgebende Gewalt, S. 271 ff. m.w. N.; Starck, Der Gesetzesbegriff des Grundgesetzes, S. 21 ff.; ders., AöR 92 (1967), S. 449 (456); Pieroth, Jura 2013, 248 (251 ff.). 31 Brohm, NVwZ 1988, 794 (797).
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Aussagen und Probleme im Rahmen des Parlamentsvorbehalts und des allgemeinen Vorbehaltsprinzips sind bereits früh im Diskurs als zwei verschränkte Aspekte der gleichen Thematik behandelt worden,32 die sich also nicht als eigenständige Prinzipien mit diametralen Funktionen gegenüberstehen. Festzuhalten ist also, dass der Parlamentsvorbehalt als qualifizierte Ausprägung der Vorbehaltslehre, als ein „Gesetzesvorbehalt auf erhöhtem Niveau“ 33 anzusehen ist, beide Ausprägungen also in einem Stufenverhältnis zueinanderstehen.34 c) Die Formel des eingriffszentrierten Vorbehalts des Gesetzes Als traditionelle Formel des Vorbehalts des Gesetzes ist die sog. Eingriffslehre zu verstehen, die als materielle Definition des Vorbehalts des Gesetzes angesehen wurde, wonach jeder staatliche Eingriff in Freiheit und Eigentum einer formalgesetzlichen Grundlage bedarf.35 Die Formel ist jedoch nicht mit dem Begriff des Vorbehalts des Gesetzes gleichzusetzen, sondern beschreibt allein einen Anwendungsbereich,36 der unter der Geltung des Grundgesetzes in den grundrechtlichen Gesetzesvorbehalten und im Parlamentsvorbehalt vollständig aufgegangen ist. Die Loslösung von der traditionellen Formel eines Vorbehalts des Gesetzes bei Eingriffen in Eigentum und Freiheit unternahm das Bundesverfassungsgericht bereits früh. Das Prinzip eines allgemeinen Vorbehalts des Gesetzes wurde in der Rechtsprechung dabei inhaltlich zwar anhand der Verfassungsgeschichte und der verfassungsrechtlichen Entwicklung des 19. Jahrhunderts weitergeführt,37 die Begründungsansätze des Allgemeinvorbehalts wurden allerdings auch in allgemeinen Verfassungsprinzipien des Grundgesetzes gesehen,38 die alleinige Anknüp-
32 Vgl. Busch, Das Verhältnis des Art. 80 Abs. 1 S. 2 GG zum Gesetzes- und Parlamentsvorbehalt, S. 64 f. 33 So Erichsen, in: Wilke (Hrsg.), FS Jurist. Gesellschaft Berlin, S. 113 (113 f.); Busch, Das Verhältnis des Art. 80 Abs. 1 S. 2 GG zum Gesetzes- und Parlamentsvorbehalt, S. 63; auch das BVerfG sieht den Parlamentsvorbehalt als Ausprägung des allg. Vorbehalts des Gesetzes, vgl. BVerfGE 49, 89 (126 f.); 58, 257 (268 ff.). 34 Vgl. Erichsen, in: Wilke (Hrsg.), FS Jurist. Gesellschaft Berlin, S. 113 (113); ders., VerwArch 67 (1976), S. 93 (97 f.); ders., VerwArch 69 (1978), S. 387 (396); ders., VerwArch 70 (1979), S. 249 (252); Eberle, DÖV 1984, 485 (486); Krebs, Jura 1979, 304 (312); ähnl. Kloepfer, JZ 1984, 685 (695): zwei sich schneidende Kreise. 35 Ausf. hierzu Hömig, in: Schmidt-Aßmann, u. a. (Hrsg.), FG 50 Jahre BVerwG, S. 273 (274); Jakob, DÖV 1970, 666 (668); Krebs, Vorbehalt des Gesetzes und Grundrechte, S. 17 ff.; ders., Jura 1979, 304 (304 f.); Kloepfer, JZ 1984, 685 (686); Bleckmann, DVBl 1987, 1085 (1085 f.); Karpen, NJW 1988, 2512 (2514). 36 Hermes, Der Bereich des Parlamentsgesetzes, S. 14. 37 Vgl. BVerfGE 2, 307 (316 ff.) zur Erforderlichkeit einer gesetzlichen Grundlage für die Änderung von Gerichtsbezirken unter Berufung auf entsprechende Bestimmungen in Verfassungen der deutschen Länder. 38 BVerfGE 2, 307 (316).
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fung an „Eingriffe in Freiheit und Eigentum“ wurde dagegen schon bald als überholt angesehen.39 d) Der institutionelle Vorbehalt des Gesetzes Der institutionelle Vorbehalt des Gesetzes umfasst die Frage, ob eine organisationsrechtliche Entscheidung dem parlamentarischen Gesetzgeber „vorbehalten“ ist, also nur durch formelles Gesetz getroffen werden kann, oder ob die Organisationsfrage im exekutiven Regelungsbereich im Sinne der exekutivischen Organisationsgewalt verbleibt.40 Auch in diesem organisationsrechtlichen Kontext werden Demokratie- und Rechtsstaatsprinzip als Begründungsansätze zur Grenzziehung des Vorbehaltsbereiches im Einzelfall herangezogen; die Grundrechtsrelevanz kann dagegen regelmäßig mangels fehlender grundrechtlicher Betroffenheit in organisationsrechtlichen Fragen nicht weiterhelfen.41 Der institutionelle Vorbehalt des Gesetzes ist damit sachbereichsspezifisch zu verstehen und umfasst alleine organisationsrechtliche Entscheidungen, d.h. Regelungen zu institutioneller oder administrativer Organisation, Entscheidungsverfahren und Zuständigkeiten. 2. Herleitung und Funktionen der Vorbehaltstypisierung Ein allgemeiner Grundsatz vom Vorbehalt des Gesetzes ist in der Verfassungsordnung des Grundgesetzes nicht ausdrücklich aufgeführt; vielmehr kennt das Grundgesetz nur einzelne spezifische Gesetzesvorbehaltsregelungen. Die vielgestaltigen Fragestellungen nach der Erforderlichkeit eines Gesetzes im Rahmen des Vorbehalts des Gesetzes führten daher zur Einteilung der Vorbehaltslehre in die zahlreichen, gerade dargestellten „Vorbehaltstypen“.42 Auf diese Weise wurden – je nach dem betroffenen materiellen Sachbereich und der kompetenziellen Einkleidung – die hinter dem jeweiligen Vorbehaltstyp stehenden Prinzipiengehalte der Vorbehaltslehre unterschiedlich stark in Anschlag gebracht. So lässt sich jeder der dargestellten, speziellen Vorbehaltstypen auf Aspekte des Rechtsstaatsprinzips, des Demokratieprinzips und der Grundrechtsbestimmungen zurückführen, weshalb das Bundesverfassungsgericht sowie weite Teile der Literatur einen allgemeinen Vorbehalt des Gesetzes auch in Art. 20 Abs. 3 GG verankert 39
Ausdrücklich BVerfGE 47, 46 (78 f.). Ausf. hierzu Burmeister, Herkunft, Inhalt und Stellung des institutionellen Gesetzesvorbehalts, S. 168 ff.; Reimer, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. I, § 9 Rn. 37; Schmidt-Aßmann, in: Stödter/Thieme (Hrsg.), FS Ipsen, S. 333 (341 ff.); Ohler, AöR 131 (2006), S. 336 (339 ff.); Köttgen, VVDStRL 16 (1958), S. 154 (161 ff.). 41 Vgl. Ohler, AöR 131 (2006), S. 336 (342, 353 f.); Jarass, NVwZ 1984, 473 (478). 42 Vgl. etwa die Aufzählung bei Clement, Der Vorbehalt des Gesetzes, S. 47; Reimer, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. I, § 9 Rn. 32 ff. 40
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sehen.43 Zur Verdeutlichung sollen diese je nach Vorbehaltstyp unterschiedlich stark in Anschlag zu bringenden Aspekte des Rechtsstaatsprinzips, des Demokratieprinzips sowie der Grundrechte überblicksartig aufgezeigt werden. Für die Begründung des Vorbehalts des Gesetzes lassen sich mit Blick auf das Rechtsstaatsprinzip vor allem dessen Ausprägungen in Form der Rechtsgebundenheit und Rechtssicherheit, Allgemeinheit und Berechenbarkeit sowie die Selbstbändigung der Macht durch abstrakte, generelle Festlegungen staatlichen Handelns, die Willkür und Missbrauch ausschließen sollen, herausstellen. Diese (Teil-)Aspekte sprechen für eine abstrakt-generelle Regelung. Insbesondere dem Gedanken der Rechtssicherheit44 kommt dabei herausragende Bedeutung zu. Denn abstrakt-generelle Regelungen machen die Rechtslage für die potentiell Betroffenen vorhersehbar und berechenbar und ermöglichen damit erst ein rechtskonformes Verhalten. Ferner muss auch die Gewaltenteilung als spezielle Ausprägung des Rechtsstaatsprinzips zur Begründung des Vorbehalts des Gesetzes herangezogen werden. Die Gewaltenteilung umfasst Gedanken der Funktionstrennung bzw. Funktionsteilung, Hemmung, Kontrolle und Koordination.45 Eine weitergehende Deduktion zugunsten einer konkreten Funktionenzuteilung aus dem Prinzip der Gewaltenteilung auf konkrete Kompetenzen kann es nach einhelliger Meinung jedoch nicht geben, sofern sich diese nicht explizit aus dem formellen Verfassungstext ergeben, denn eine solche würde der Verfassung ein aprioristisch-kategorisches Modell zugrunde legen, das sie nicht kennt.46 Aus der Legitimationsperspektive formuliert das Gewaltenteilungsprinzip den Anspruch einer arbeitsteiligen Organisation der Staatsgewalten nach den Merkmalen der Sachgerechtigkeit, Rationalität und Effizienz.47 Ganz allgemein gesprochen wohnt der rechtsstaatlichen Komponente des Vorbehaltsgedankens damit eine ordnungsstiftende Funktion inne. Diese greift dabei über den „klassischen Eingriffsvorbehalt“ im Sinne der grundrechtlichen Funktion hinaus. Denn die ordnungsstiftende Funktion ist zwar auch vom demokratischen Konzept her gedacht, der demokratische Ansatz kann aber nicht Reichweite oder Sachgehalt definieren. Eine solch übergreifende Ordnungsfunktion kann indes nur erreicht werden, wenn die wesentlichen Entscheidungen, sei es in institutioneller oder organisa-
43 Vgl. BVerfGE 40, 237 (248); 49, 89 (126); Kloepfer, JZ 1984, 685 (685 ff.); Ossenbühl, in: Götz/Klein/Starck (Hrsg.), Die öffentliche Verwaltung zwischen Gesetzgebung und richterlicher Kontrolle, S. 9 (9 ff.); Hoffmann-Riem, AöR 130 (2005), S. 5 (10); Detterbeck, Jura 2002, 235 (236); a. A. Jarass, NVwZ 1984, 473 (475). 44 Ausf. dazu Beaucamp, DÖV 2017, 699 (700 ff.); Funke, in: Schuhr (Hrsg.), Rechtssicherheit durch Rechtswissenschaft, S. 49 (51 ff.); v. Arnauld, Rechtssicherheit, S. 165 ff. 45 Ausf. statt vieler Stern, Staatsrecht, Bd. II, § 36 IV 4 (S. 539). 46 Stern, Staatsrecht, Bd. II, § 36 IV 3 (S. 535). 47 Vgl. BVerfGE 68, 1 (86).
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tionsrechtlicher Art oder in der Weise der Ausgestaltung der Lebensverhältnisse zu den Bürgerinnen und Bürgern, vom Gesetzgeber selbst getroffen werden.48 Die demokratische Komponente des Vorbehalts des Gesetzes betrifft nicht primär die Gesetzesförmigkeit, sondern die Organzuständigkeit für den Erlass des Rechtsetzungsaktes „Gesetz“. Während dies historisch betrachtet auf die Befugnisbeschränkung der Monarchie, also insbesondere der obrigkeitsstaatlichen Exekutive, abzielte, ist die Zweckrichtung unter der Geltung des Grundgesetzes eine andere. Denn nach Art. 20 Abs. 2 GG geht alle staatliche Gewalt vom Volk aus. Dies könnte zu der Schlussfolgerung eines umfassenden demokratischen Vorbehalts des Gesetzes führen. Einen solchen „Gewaltenmonismus“ zugunsten des Parlaments sieht das Grundgesetz jedoch ebenfalls nicht vor. Denn gegen einen „Gewaltenmonismus“ des Parlaments spricht bereits das Gewaltenteilungsprinzip; auch die anderen zwei Gewalten sind von Verfassung wegen institutionell und funktionell legitimiert.49 Damit wird klar, dass sich die demokratische Komponente des Vorbehaltsgedankens auf das Problem der Kompetenzabgrenzung zwischen Exekutive und Legislative reduziert.50 In Ansatz zu bringen sind deswegen die inhaltlichen Strukturen des Demokratieprinzips, namentlich die Repräsentationsfunktion und das parlamentarische Verfahren. Vor allem die Wesentlichkeitsrechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts51 spiegelt schließlich den grundrechtlichen Ansatz des Vorbehalts des Gesetzes wider. Der Vorbehalt des Gesetzes gilt, so statuiert das Bundesverfassungsgericht schlicht, aber einprägsam, „im grundrechtsrelevanten Bereich“ 52. Funktion des grundrechtlich geprägten Vorbehaltsdenkens ist die Sicherung der individuellen Freiheit und Gleichheit durch Gesetz.53 Die Einzelfragen dagegen sind komplex und bislang noch nicht ausdiskutiert. So ist etwa das Verhältnis der speziellen Gesetzesvorbehalte aufgrund der verschiedenen Grundrechtstheorien54 zu einem allgemeinen Vorbehalt des Gesetzes im Einzelnen unklar.55 Ebenfalls ungeklärt 48 Zur dogmengeschichtlichen Fundierung der Ordnungsfunktion s. Rottmann, EuGRZ 1985, 277 (285 f.). 49 BVerfGE 49, 89 (125 f.); zuvor bereits Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften und Grundgesetz, S. 201; vgl. auch Hömig, in: Schmidt-Aßmann, u. a. (Hrsg.), FG 50 Jahre BVerwG, S. 273 (286). 50 So auch Hermes, Der Bereich des Parlamentsgesetzes, S. 45. 51 BVerfGE 33, 303 (303, 346); 34, 165 (192 f.); 40, 237 (248 ff.); 41, 251 (259 f.); 45, 400 (417 f.); 47, 46 (78 ff.); 48, 210 (221); 49, 89 (126); 95, 267 (307 f.); ausf. zu Aussagegehalt und Rechtsdogmatik sogleich 2. Kap. A. II. 52 S. BVerfGE 34, 165 (192 f.); 40, 237 (248 f.); 41, 251 (260 f.); 47, 46 (79); 48, 210 (221); 95, 267 (307 f.); 98, 218 (251). 53 S. nur Reimer, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. I, § 9 Rn. 30 m.w. N. 54 Zusammenf. hierzu Hermes, Der Bereich der Parlamentsgesetzes, S. 82 ff. 55 Vgl. Papier, in: Götz/Klein/Starck (Hrsg.), Die öffentliche Verwaltung zwischen Gesetzgebung und richterlicher Kontrolle, S. 36 (46 ff.), der einen Allgemeinvorbehalt im Bereich der Grundrechtsbestimmungen aufgrund dessen traditionell freiheitssichern-
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ist das mit den Grundrechtstheorien zusammenhängende Verhältnis von Schrankensystematik und Grundrechtsrelevanz. Die Geltung der speziellen grundrechtlichen Gesetzesvorbehalte ist jedoch – unabhängig von deren verfassungstheoretischer Einordnung – unbestritten. Vielmehr geht es um die Frage einer eigenständigen grundrechtlichen Herleitung für den allgemeinen Vorbehaltsgedanken. So wird denn auch teilweise der grundrechtlichen Herleitung eine eigenständige Kompetenzzuweisungsfunktion zugebilligt.56 Über die Gründe der eigenständigen grundrechtlichen Herleitung sagt die Zuschreibung der Funktion dagegen noch nichts aus. Vielfach wird jedoch statt einer eigenständigen Herleitung des Vorbehaltsgedankens primär auf die systematischen Zusammenhänge der Grundrechte mit einerseits dem rechtsstaatlichen Ansatz des Vorbehalts des Gesetzes,57 und andererseits mit dem demokratietheoretischen Ansatz58 hingewiesen und sich für die grundrechtliche Säule auf den dogmengeschichtlichen Zusammenhang zwischen Grundrechtsverständnis und Vorbehaltslehre zurückgezogen.59 So statuiert etwa das Bundesverfassungsgericht im Hinblick auf die Berufsfreiheit, der grundrechtliche Gesetzesvorbehalt erfordere eine Rechtsform, „die durch einen förmlichen Rechtssetzungsakt geschaffen worden ist“ 60 und weist damit auf den freiheitssichernden Charakter eines förmlichen Verfahrens hin. 3. Differenzierte Vorbehaltstypisierung anhand der Sachbereichsspezifika Aus diesen Diskussionsansätzen und Erkenntnissen kann zusammenfassend geschlussfolgert werden, dass der Vorbehaltslehre eine differenzierte Typisierung von Vorbehalten zugrunde liegt, die sich nach dem Maß der tangierten Funktionen der Vorbehaltslehre in verschiedenen Sachbereichen richtet. Dabei versteht das Bundesverfassungsgericht den Vorbehalt des Gesetzes nicht mehr als eine bloße Gesamtschau der Spezialvorbehalte, sondern als ein einheitliches Verfassungsinstitut.61 Richtet sich der Blick zudem auf die funktionenadäquate Zuder Funktion nicht nur für entbehrlich, sondern für unvereinbar mit dem spezifischen Stufenkonzept der grundrechtlichen Sondervorbehalte als formellem Verfassungsrecht hält; a. A. Hermes, Der Bereich des Parlamentsgesetzes, S. 92 ff., der in der objektivrechtlichen Dimension der Grundrechte einen verbleibenden Anwendungsbereich des Allgemeinvorbehalts sieht. 56 Vgl. nur Krebs, Vorbehalt des Gesetzes und Grundrechte, S. 111; Wülfing, Grundrechtliche Gesetzesvorbehalte und Grundrechtsschranken, S. 36 ff.; Horn, Die grundrechtsunmittelbare Verwaltung, S. 33 f. 57 Vgl. Stern, Staatsrecht, Bd. III/2, § 80 I (S. 370); Lipphardt, EuGRZ 1986, 149 (160 ff.). 58 Vgl. zum Verhältnis Roellecke, NJW 1978, 1776 (1778 f.). 59 Krebs, Jura 1979, 304 (305); vgl. nur Jesch, Gesetz und Verwaltung, S. 124 ff. m.w. N. 60 BVerfGE 22, 114 (121). 61 Vgl. BVerfGE 34, 165 (192 ff.); 40, 237 (248 f.); Schmidt-Aßmann, in: Stödter/ Thieme (Hrsg.), FS Ipsen, S. 333 (345); a. A. Jarass, NVwZ 1984, 473 (480).
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2. Kap.: Verfassungsrechtliche Anforderungen
ordnung der Entscheidungskompetenz anhand der Wesentlichkeitsdoktrin, so dürfte ein Bedürfnis für die Begründung eines „allgemeinen Gesetzesvorbehalts“ nicht mehr bestehen. Aufgrund der verschiedenen Funktionen kommt dem Vorbehalt des Gesetzes als Verfassungsinstitut also je nach sachbereichsspezifischem Regelungsgegenstand eine unterschiedliche Ausprägung durch die unterschiedliche Gewichtung der einzelnen Begründungsansätze zu. So ist eine differenzierte Vorbehaltstypisierung je nach Sachbereich und den diesbezüglichen Implikationen von Rechtsstaatsprinzip, Demokratieprinzip sowie den Grundrechten möglich und notwendig.62
II. Der „Wesentlichkeitsgedanke“ als Zuordnungsmechanismus Um die Erforderlichkeit eines formellen Gesetzes im Sinne des Parlamentsvorbehalts als Rechtsgrundlage festzustellen, wird nicht mehr länger die Formel des Eingriffs in Freiheit und Eigentum herangezogen, sondern – weitestgehend akzeptiert – auf die sog. Wesentlichkeitstheorie abgestellt. Die „Wesentlichkeitstheorie“ 63 des Bundesverfassungsgerichts hat ihren Ursprung zunächst in der Frage nach den Rechtsetzungskompetenzen innerhalb der sog. besonderen Gewaltverhältnisse, die exemplarisch an Fällen des Strafvollzugsrechts und des Schulrechts eruiert wurden.64 Die von Oppermann65 herangezogene Fundierung der „Wesentlichkeitstheorie“ im Numerus-Clausus-Urteil zur Kapazitätsfeststellung und Auswahl der Studienbewerber trägt allein jedoch nicht; das Bundesverfassungsgericht verweist in diesem Zusammenhang gerade auf seinen sog. FacharztBeschluss, demzufolge eine berufsständische Satzung im Bereich der funktionalen Selbstverwaltung aufgrund der hohen Regelungsintensität nicht die Berufsfreiheit einschränken darf.66 Dabei stellt das Bundesverfassungsgericht jedoch nicht explizit auf den Wesentlichkeitsgedanken, sondern vielmehr auf die im sog. Apotheken-Urteil67 im Rahmen der Berufsfreiheit entwickelte Stufentheorie ab.68 Der 62 Vgl. Reimer, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. I, § 9 Rn. 24, 59; ähnl. für die Grundrechtsgewährleistungsgehalte Hoffmann-Riem, AöR 130 (2005), S. 5 (53 f.); Frohn, ZG 1990, 117 (127 ff.). 63 Begriffsprägend insoweit wohl Oppermann, in: 51. DJT, Bd. I, Gutachten C, S. C 1 (C 48 ff.); ders., JZ 1978, 289 (292 f.). 64 S. zum Schulrecht: BVerfGE 34, 165 (192 f.); 41, 251 (259 ff.); 45, 400 (417 f.); 47, 46 (78 ff.); 58, 257 (268 ff.); 98, 218 (252 ff.); zum Strafvollzug: BVerfGE 33, 1 (9 ff.); 40, 237 (248 ff.); die Rechtsprechung nachzeichnend etwa Hömig, in: SchmidtAßmann, u. a. (Hrsg.), FG 50 Jahre BVerwG, S. 273 (281 ff.); Roellecke, NJW 1978, 1776 (1777 f.). 65 Oppermann, in: 51. DJT, Bd. I, Gutachten C, S. C 1 (C 48 ff.); ders., JZ 1978, 289 (292 f.). 66 BVerfGE 33, 303 (346) unter Hinweis auf BVerfGE 33, 125 (156 ff.). 67 BVerfGE 7, 377 (405 ff.) – Apothekenurteil. 68 So auch Roellecke, NJW 1978, 1776 (1777).
A. Der Vorbehalt des Gesetzes als Untersuchungsmaßstab
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Gedanke einer Zuständigkeitsabgrenzung aufgrund der Signifikanz der zugrundeliegenden Regelungsmaterie ist allerdings nicht neu. So wird der Wesentlichkeitsgedanke des Bundesverfassungsgerichts teilweise als eine Wiederentdeckung des Grundgedankens der verschiedenen Spezialvorbehalte eingeordnet;69 jedenfalls knüpft er an das frühkonstitutionelle vernunftrechtlich geprägte Gedankengut an.70 Neuere Formulierungen des Bundesverfassungsgerichts im Hinblick auf die Richtigkeit staatlicher Entscheidungen, die durch die nach Organisation, Zusammensetzung, Funktion und Verfahrensweise am besten geeignetsten Organe getroffen werden,71 könnten gegebenenfalls auf eine Rückläufigkeit der Wesentlichkeitsformel in der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung hindeuten. Allerdings wird in den Fachgerichtsbarkeiten die Wesentlichkeitstheorie mittlerweile häufig herangezogen, um die Rechtswidrigkeit von staatlichen Maßnahmen aufgrund Verfassungswidrigkeit der sublegalen Benutzungsregelungen wegen des Verstoßes gegen den Vorbehalt des Gesetzes im Sinne der Wesentlichkeitstheorie zu statuieren.72 Die Wesentlichkeitsdoktrin wird in Fachgerichtsentscheidungen daher immer öfter als „Trumpfkarte“ 73 ausgespielt. Das gilt in besonderer Weise für die zu untersuchenden belastenden Benutzungsregelungen, die oftmals ins Leere laufen, wenn dem kommunalen Einrichtungsträger in einem ersten Schritt die Regelungsbefugnis zuerkannt wird, die Regelung in einem zweiten Schritt jedoch aufgrund der Wesentlichkeitstheorie als unwirksam, weil dem Parlamentsgesetzgeber vorbehalten, deklariert wird.74 Von einer Rückläufigkeit der Erheblichkeit des Wesentlichkeitsgedankens kann damit keine Rede sein. 1. Zum Aussagegehalt des Wesentlichkeitsgedankens Nach der vom Bundesverfassungsgericht formulierten „Wesentlichkeitstheorie“ ist der Gesetzgeber verpflichtet, „alle wesentlichen Entscheidungen selbst zu treffen“ 75. Der Gesetzgeber dürfe solch wesentliche Entscheidungen also nicht anderen Normgebern überlassen; es bestehe somit ein Entscheidungsvorbehalt in Form des Parlamentsgesetzes. Dem Wesentlichkeitskriterium kommt somit entscheidend die Bedeutung zu, einen Regelungsbereich einem spezifischen Norm69
So Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, 4. Kap. Rn. 21 (S. 190). Rottmann, EuGRZ 1985, 277 (280, 283 f.). 71 BVerfGE 68, 1 (86); 98, 218 (251 f.). 72 Vgl. BVerwGE 148, 133 (142 ff.); bzgl. der kommunalen Organisationshoheit OVG NRW, Urt. v. 15.09.2015 – 15 A 1961/13 –, BeckRS 2015, 54638; vgl. Kalscheuer/Jacobsen, DÖV 2018, 523 (523). 73 Kalscheuer/Jacobsen, DÖV 2018, 523 (523) m.w. N. 74 Vgl. BVerwGE 148, 133 (142 ff.); deutlich Krajewski, DÖV 2014, 721 (728). 75 Erstmals BVerfGE 33, 303 (303, 346); 34, 165 (192 f.); s. ferner etwa BVerfGE 40, 237 (248 ff.); 41, 251 (259 f.); 45, 400 (417 f.); 47, 46 (78 ff.); 48, 210 (221); 49, 89 (126); 95, 267 (307 f.) – ständige Rechtsprechung. 70
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2. Kap.: Verfassungsrechtliche Anforderungen
geber zuzuordnen.76 Welche Entscheidung wesentlich in diesem Sinne ist, sei nur in Bezug auf den jeweilig betroffenen Sachbereich sowie die Eigenart des betroffenen Regelungsgegenstandes zu eruieren, wobei sich diese Entscheidung dabei nach den tragenden Prinzipien des Grundgesetzes, insbesondere den Grundrechten richtet.77 In grundrechtsrelevanten Regelungsbereichen meint wesentlich in diesem Sinne wesentlich für die Verwirklichung der Grundrechte.78 Damit kann die Wesentlichkeitstheorie als Ausdruck der Grundrechtsgeprägtheit der Verfassung dienen. Was wiederum wesentlich für die Verwirklichung der Grundrechte ist, bemisst das Bundesverfassungsgericht vor allem anhand des Kriteriums der „Intensität“.79 Dies erklärt sich gerade aus der Rückkopplung an den grundrechtlichen Bereich. Denn mit der Festlegung der allgemeinen Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG als „Auffanggrundrecht“ 80 geht die Grundrechtsrelevanz jedweden Verhaltens einher. Ginge man somit von einer Deckungsgleichheit der Wesentlichkeit mit der Grundrechtsrelevanz im Sinne einer Betroffenheit des materiellen Schutzbereichs eines Grundrechts aus, ginge der so verstandene Parlamentsvorbehalt vollständig in einem Totalvorbehalt auf, der nach zutreffender herrschender Meinung nicht existiert.81 Ferner hat das Bundesverfassungsgericht in neuerer Zeit klargestellt, dass die in Art. 20 Abs. 2 GG normierte organisatorische und funktionelle Differenzierung und Trennung der Gewalten darauf abziele, möglichst „richtige“ staatliche Entscheidungen in dem Sinne herbeizuführen, dass diese von solchen Organen getroffen werden, die nach ihrer Organisation, Funktion, Zusammensetzung und Verfahrensweise am besten hierfür geeignet sind.82 Eine solche funktionsadäquate Entscheidungskompetenz würde durch einen „Gewaltenmonismus“ des Parlaments in Form eines Totalvorbehalts unterlaufen werden.83 Somit ist eine wesentliche Entscheidung (jedenfalls) eine solche, die im grundrechtsrelevanten Bereich eine Mindestintensität übersteigt. Solche Entscheidungen lösen also den Parlamentsvorbehalt aus, mit der Folge, dass ein Entscheidungsvorbehalt durch förmliches Gesetz besteht. 76 So auch Stumpf, Ungeschriebener Parlamentsvorbehalt und akademische Selbstverwaltungsgarantie, S. 129; krit. zur Anwendung der Wesentlichkeitstheorie im Bereich der Organisationsgewalt Böckenförde, NJW 1999, 1235 (1235 f.). 77 Vgl. BVerfGE 40, 237 (248 ff.); 49, 89 (126 f.); 95, 267 (307 f.); 98, 218 (251). 78 Vgl. BVerfGE 34, 165 (192 f.); 40, 237 (248 f.); 41, 251 (260 f.); 47, 46 (79); 95, 267 (307 f.); 98, 218 (251). 79 So bereits BVerfGE 33, 125 (160) – Facharztbeschluss; vgl. auch BVerfGE 49, 89 (127); 98, 218 (252). 80 BVerfGE 6, 32 (36 ff.) – Elfes. 81 BVerfGE 49, 89 (124 ff.); 68, 1 (87); vgl. Erichsen, Jura 1995, 550 (553); Krebs, Jura 1979, 304 (307 f.); ähnl. Frohn, ZG 1990, 117 (126); krit. Rupp, Grundfragen der heutigen Verwaltungsrechtslehre, S. 132 f. 82 Vgl. BVerfGE 68, 1 (86); 98, 218 (251 f.). 83 BVerfGE 68, 1 (86 f.); 98, 218 (252).
A. Der Vorbehalt des Gesetzes als Untersuchungsmaßstab
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Unabhängig vom Anwendungsbereich der Wesentlichkeitstheorie werden dieser zwei Funktionen beigemessen. Erstens dient der Wesentlichkeitsgedanke der Kompetenzabgrenzung zwischen Legislative und Exekutive; er entscheidet somit über die Pflicht des Tätigwerdens des parlamentarischen Gesetzgebers.84 Zweitens soll sie ebenfalls als Stellschraube der Regelungsdichte dienen. Je „wesentlicher“ der zu regelnde Sachbereich ist, desto höhere Anforderungen soll die Wesentlichkeit an die Regelungsdichte stellen. Auf dieser zweiten Ebene geht es um die Bildung einer „steuerungsstarke[n] Ermächtigungsstruktur“,85 die einerseits im Hinblick auf die Entlastungswirkung für das Parlament und dessen Funktionsfähigkeit notwendig, aber gegenüber einer parlamentsgesetzlichen Vollregelung andererseits auch ausreichend ist. Die Wesentlichkeitsdoktrin kommt damit auf zwei Ebenen zum Tragen: Erstens soll damit das „Ob“ einer formalgesetzlichen Rechtsgrundlage entschieden werden und zweitens, wenn der Vorbehalt des Gesetzes gilt, das „Wie“ der notwendigen Rechtsgrundlage im Hinblick auf Regelungsdichte und Ausgestaltung bestimmt werden.86 Hintergrund der Aktivierung dieser beiden Ebenen ist der Gedanke, dass die Forderung einer formalgesetzlichen Grundlage ohne Bedeutung bleiben kann, wenn keine weiteren Anforderungen an ihre Regelungsausgestaltung gestellt würden. Erst beide Ebenen können daher einen wirksamen Entscheidungsvorbehalt des Parlaments erreichen. Im Rahmen der „Wesentlichkeitstheorie“ werden ferner verschiedene Problemkreise diskutiert, die dem Anspruch in der Literatur begegnen, durch die Wesentlichkeitstheorie selbst gelöst werden zu müssen. Mitunter ergeben sich jedoch auch durch die Anwendung der „Wesentlichkeitstheorie“ Problemkreise. Zunächst ist hierbei das bereits angesprochene Verhältnis von generellem Zugriffsrecht und Zugriffspflicht des Gesetzgebers bei „Wesentlichkeit“ zu nennen. Weiterhin wird der „Wesentlichkeitstheorie“ der Lösungsversuch des Verhältnisses zwischen Allgemeinvorbehalt und grundrechtlichen Spezialvorbehalten zugeschrieben. Dabei wird insbesondere die „Anreicherung“ des (allgemeinen) Vorbehalts des Gesetzes durch das Kriterium der Wesentlichkeit als Problem im Verhältnis zu den sehr ausdifferenzierten, positiv verfassungsrechtlich normierten Spezialvorbehalten angesehen.87 Das Problem soll vor allem dadurch bestehen, dass die grundrechtlichen Spezialvorbehalte als Ausprägung eines allgemeinen „Wesentlichkeitsvorbehalts“ gesehen werden, was die Gefahr birgt, unter Hinweis auf die Unwesentlichkeit einzelne Grundrechtseingriffe aus dem Schutzbe84 So Voßkuhle, JuS 2007, 118 (119); zur Möglichkeit einer „Anwendung“ der Wesentlichkeitstheorie im Verhältnis zwischen Legislative und Judikative s. Haltern/ Mayer/Möllers, Die Verwaltung 30 (1997), S. 51 (62 ff.). 85 Saurer, DÖV 2005, 587 (593). 86 Hermes, Der Bereich des Parlamentsgesetzes, S. 22 spricht bei diesem Stufenverhältnis von „Tatbestandsseite“ und „Rechtsfolgenseite“. 87 Ausf. dazu Papier, in: Götz/Klein/Starck (Hrsg.), Die öffentliche Verwaltung zwischen Gesetzgebung und richterlicher Kontrolle, S. 36 (46 ff.); krit. auch Rottmann, EuGRZ 1985, 277 (278).
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2. Kap.: Verfassungsrechtliche Anforderungen
reich des betroffenen Grundrechts heraus zu subsumieren.88 Das Problem kann jedoch dadurch entschärft werden, dass die grundrechtlichen Verbürgungen als verfassungsunmittelbare Festlegung des Wesentlichen qualifiziert werden, die als Spezialvorschriften keine Modifikation durch allgemeine Prinzipien zulassen.89 Dies ist gerade auch die Aussage des Stufenverhältnisses zwischen (allgemeinem) Vorbehalt des Gesetzes und den grundrechtlichen Gesetzesvorbehalten als Spezialvorbehalte nach einer methodischen Exegese.90 Ferner wird im Rahmen der „Wesentlichkeitstheorie“ das Verhältnis zwischen Parlamentsgesetz und Rechtsverordnungen i. S. d. Art. 80 GG diskutiert. In diesem Rahmen steht aufgrund des Wesentlichkeitsgedankens insbesondere ein aufgrund Wesentlichkeit bestehendes Delegationsverbot in Frage, dessen Verhältnis zu Art. 80 Abs. 1 S. 2 GG noch nicht restlos aufgeklärt ist.91 In einem engen Zusammenhang hiermit steht auch die der Wesentlichkeitstheorie zugeordnete Lösungskompetenz zur Abgrenzung des Bestimmtheitsgebots des Art. 80 GG von der durch den Wesentlichkeitsgedanken geforderten Regelungsdichte. Viele der Problemkreise sind bis heute nicht restlos aufgeklärt. Für die vorliegende Untersuchung sind diese mit der Wesentlichkeitstheorie verbundenen bzw. durch sie ausgelösten Problemkreise jedoch nur zweitrangig. Denn im Vordergrund der Untersuchungsfrage steht allein der Wesentlichkeitsgedanke in seiner ersten Problemstellung, nämlich als Kompetenzabgrenzungsmechanismus zwischen der Legislative und der Exekutive hinsichtlich des Erfordernisses einer formalgesetzlichen Regelung sowie hinsichtlich deren Regelungsdichte; auch wenn im Hinblick auf die Kompetenzabgrenzung im Bereich des kommunalen Einrichtungswesens die Besonderheit auftritt, dass eine solche Abgrenzung nicht auf einer horizontalen Ebene vorgenommen wird, sondern hier vielmehr der Landesgesetzgeber auf der einen Ebene gegen die kommunale Verwaltungstätigkeit auf einer anderen Ebene abgegrenzt werden muss. Im Hinblick auf die Regelungsdichte spielen aufgrund des Untersuchungsgegenstands auch nicht Problemkreise im Zusammenhang mit Art. 80 GG eine Rolle, denn dieser ist bei der kommunalen Selbstverwaltungstätigkeit nicht, auch nicht entsprechend anwendbar.92 88 Burmeister, Herkunft, Inhalt und Stellung des institutionellen Gesetzesvorbehalts, S. 44 m.w. N.; hingewiesen sei an dieser Stelle ebenfalls auf die bereits vor Etablierung der Wesentlichkeitstheorie vorgenommenen Einführungsversuche von Bagatellgrenzen bei Grundrechtseingriffen, vgl. zusammenf. Schäfer, Benutzungsregelung, S. 172 ff. m.w. N. 89 Burmeister, Herkunft, Inhalt und Stellung des institutionellen Gesetzesvorbehalts, S. 45 m.w. N. 90 S. ausf. zum Stufenverhältnis bereits 2. Kap. A. I. 1. a). 91 Ausf. Busch, Das Verhältnis des Art. 80 Abs. 1 S. 2 GG zum Gesetzes- und Parlamentsvorbehalt, S. 113 ff.; Cremer, AöR 122 (1997), S. 248 (251 ff.) m.w. N.; Gassner, DÖV 1996, 18 (19 ff.) m.w. N. 92 BVerfGE 12, 319 (325); 19, 253 (266 f.); 21, 54 (62 f.); BVerwGE 6, 247 (248 ff.); vgl. auch Menger, VerwArch 63 (1972), S. 447 (448 ff.); ausf. zu den Grün-
A. Der Vorbehalt des Gesetzes als Untersuchungsmaßstab
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2. Kritik Kern des Erfolges der „Wesentlichkeitstheorie“ als „Trumpfkarte“ und zugleich der zahlreichen Kritik an ihr ist ihr Mangel an Kontur und Trennschärfe.93 Ganz grundlegend gegen den Wesentlichkeitsgedanken und dessen Heranziehung im Rahmen der Vorbehaltslehre wird der Einwand vorgebracht, dass die Wesentlichkeitslehre keine Ausprägung der Vorbehaltslehre im Sinne eines so formulierten Delegationsverbots an die Exekutive sei, sondern vielmehr Ausdruck der verfassungsrechtlichen Funktionenlehre, die der Vorbehaltslehre vorgelagert sei, indem sie der vollziehenden Gewalt schlicht die Funktion der parlamentarischen Gesetzgebung vorenthalte und damit den Mindestanspruch der Gesetzgebung als Staatsfunktion umreiße.94 Damit wird ein eigenständiger Aussagegehalt der Wesentlichkeitstheorie für die Vorbehaltslehre negiert. Speziell in Bezug auf die grundrechtlichen Gesetzesvorbehalte wird vertreten, dass der Wesentlichkeitsgedanke nicht nur entbehrlich, sondern aufgrund der speziellen Schrankensystematik gar unvereinbar mit dem Verfassungstext sei, da bei dessen bloßer Anwendung die teilweise zusätzlichen Sachvoraussetzungen der Schrankensystematik nicht beachtet würden.95 Dem ist jedoch entgegen zu halten, dass mit der bloßen Zuordnung zum Vorbehalt des Gesetzes bzw. in seiner Ausprägung als Parlamentsvorbehalt keine Umgehung der speziellen Schrankensystematik angelegt ist. Die allgemeine Vorbehaltslehre wird vielmehr durch die speziellen Grundrechtsvorbehalte dort überlagert, wo es um individualrechtliche Freiheitsbereiche geht. Bei objektivrechtlichen Grundrechtsräumen trägt der Allgemeinvorbehalt, der Parlamentsvorbehalt greift sodann als Anschlussfrage der Regelungsdichte.96 Damit in Zusammenhang steht auch der weitergehende Einwand, demzufolge die Wesentlichkeitstheorie aufgrund des mit ihr einhergehenden Vorenthalts bestimmter Regelungsbereiche für die administrative Rechtsetzung eine Verdichtung hin zum Parlamentsvorbehalt bzw. eine „Umdeutung des Vorbehalts des Gesetzes zum Parlamentsvorbehalt“ 97 vollziehe, wodurch der demokratietheoretische Ansatz in Form der Parlamentsherrschaft unzureichend monokausal in den Vordergrund und der rechtsstaatliche Ansatz im Sinne einer rechtssichernden Funktion auch der materiellen Gesetze dagegen ungerechtfertigterweise nur in den Hintergrund gestellt wird. den Adler, Das Satzungsrecht der Gemeinden, S. 75 ff.; Dölker, Anforderungen an Ermächtigungsgrundlagen von Satzungen, S. 59 ff. m.w. N.; a. A. Hamann, Autonome Satzungen und Verfassungsrecht, S. 76 ff. 93 Axer, Normsetzung der Exekutive, S. 333; Krebs, Jura 1979, 304 (308 f.): „Leerformel“. 94 So Horn, Die grundrechtsunmittelbare Verwaltung, S. 55, 65, der die Wesentlichkeitstheorie gar als „Totengräber“ der Vorbehaltslehre tituliert. 95 So Papier, in: Götz/Klein/Starck (Hrsg.), Die öffentliche Verwaltung zwischen Gesetzgebung und richterlicher Kontrolle, S. 36 (46 f.). 96 Vgl. zu diesem Stufenverhältnis bereits oben 2. Kap. A. I. 1. a), b). 97 Kloepfer, JZ 1984, 685 (691).
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2. Kap.: Verfassungsrechtliche Anforderungen
Kein Einwand, aber letztlich eine nicht zu unterschätzende Konsequenz der Zuordnung zum Parlamentsvorbehalt und der damit zusammenhängenden Vergesetzlichung ist die Änderung der Rechtsschutzmöglichkeiten der Normbetroffenen.98 Gegen formalgesetzliche Verhaltensgebote und -verbote ist grundsätzlich kein Rechtsweg gegeben; es ist hier nur eine Inzidentkontrolle i. R. d. Feststellungsklage möglich. Gegen untergesetzliche Normen jedoch ist – bei landesgesetzlicher Zulassung – das Normenkontrollverfahren möglich. Stehen dagegen keine subjektiv-öffentlichen Rechte in Rede, entscheidet die Zuordnung der Rechtsetzungsbefugnis gar insgesamt über die Eröffnung des Rechtsschutzes. Damit kann die Kritik an der Wesentlichkeitstheorie als Tendenz in dubio pro lege auch um einen Rechtsschutzaspekt erweitert werden. Ein weiterer Einwand richtet sich mehr an die Praktikabilität der Wesentlichkeitstheorie. Hauptkritikpunkt ist dabei deren Vagheit und Unbestimmtheit, die eine eigenständige Funktion der Wesentlichkeitstheorie nicht erkennen ließen.99 Als isoliertes Kriterium sei die Wesentlichkeitstheorie zu unbestimmt100 und diene allein als Mantel der „freien richterlichen Dezision“ 101, denn die Zuordnung als wesentliche Entscheidung nehme letztlich das Bundesverfassungsgericht vor. Nicht derart plakativ, aber in der Sache scharf, greift auch die Kritik, wonach die Wesentlichkeitstheorie nicht zu einem Erkenntnisgewinn im Rahmen der Vorbehaltslehre beitragen könne, da sie zu undifferenziert sei und die vom Bundesverfassungsgericht selbst aufgestellten Anforderungen an die Vorbehaltslehre einer notwendigen, funktionalen und organadäquaten Zuteilung übergehe.102 Dies verkennt jedoch die Wirkungsmöglichkeit des Prinzips der „funktionsgerechten Organadäquanz“. Denn dieses Prinzip ist nicht etwa deckungsgleich mit dem Vorbehalt des Gesetzes, sondern ergänzt diesen in der Binnenstruktur der Entscheidungs- und Handlungsverteilung. Wenn das Bundesverfassungsgericht daher von einer bestmöglichen Aufgabenerfüllung und einer möglichst richtigen Entscheidung spricht,103 geht es also nicht um die Zuweisung von Kompetenzen, sondern um ein Kriterium der Organisation der zuständigen Organe.104 Gegen diesen Kritikpunkt ist ferner einzuwenden, dass nicht die Vagheit des Wesentlichkeitsgedankens als Abstraktum kritisierungswürdig sein kann, sondern wohl 98
Vgl. Mayer-Tasch/Kobler, ZParl 11 (1980), S. 530 (535); Roellecke, NJW 1978, 1776 (1778); Pietzcker, JuS 1979, 710 (714). 99 Vgl. Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, 4. Kap. Rn. 22 (S. 191). 100 Statt vieler Grzeszick, in: Maunz/Dürig (Begr.), GG, Art. 20 Abs. 3, Rn. 103. 101 Zugespitzt Kloepfer, JZ 1984, 685 (692): „Wesentlich ist, was das Bundesverfassungsgericht dafür hält“; ähnl. Ronellenfitsch, DÖV 1984, 781 (783): Kompetenz-Kompetenz des BVerfG. 102 Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, 4. Kap. Rn. 22 (S. 191). 103 BVerfGE 68, 1 (86); 98, 218 (251 f.). 104 Im Hinblick auf die Organisationsbefugnis vgl. Baer, Der Staat 40 (2001), S. 525 (547).
A. Der Vorbehalt des Gesetzes als Untersuchungsmaßstab
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allein die hieraus folgende Schwierigkeit der Handhabbarmachung dessen Kriterien. Mit dieser Kritik an seiner theoretischen Einbettung geht auch schließlich der maßgebliche Einwand einher, bei der „Wesentlichkeitstheorie“ handele es sich nicht um einen dogmatischen Rechtsbegriff, sondern um bloße Heuristik. Teilweise wird in diesem Zusammenhang vorgebracht, der Wesentlichkeitsgedanke sei eher als „Maxime“ zu sehen, welche die gesetzgeberische Regelungsintensität auf wesentliche Punkte beschränke,105 sie für eben solche aber auch erforderlich mache. Dabei wird auch von einem „abgestuften Kodex“ 106, einer „Gleitformel“ 107 bzw. einer Skala, deren rechtstheoretische Konturierung unmöglich sei,108 gesprochen. Aus diesen Auffassungen lässt sich die Sichtweise auf den Wesentlichkeitsgedanken als einen bloß heuristischen Begriff folgern, der den bestehenden, verfassungsrechtlich garantierten Vorbehaltsbereich der Legislative zwar umschreiben jedoch nicht selbständig neben dem positiven Verfassungsrecht erfassen kann und damit eher eine „case-law“-Perspektive einnimmt.109 Dies entspricht der momentanen Handhabung des Wesentlichkeitsgedankens im Rahmen des Parlamentsvorbehalts differenziert nach Sachbereichen durch Bildung von Fallgruppen nach der Feststellung der Belange und Abwägung derselben im Rahmen der Formel von der Relevanztrias.110 Der Wesentlichkeitsgedanke lässt sich nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts jedoch auch anders, nämlich als rechtsdogmatischer Begriff, lesen.111 Die Wesentlichkeit soll sich hiernach „allgemein nach dem Grundgesetz“, insbesondere nach seinen tragenden Prinzipien und den Grundrechten richten.112 Damit ist zwar zugegeben nicht viel Aussagekraft gewonnen, entscheidend wird man aber daraus folgern müssen, dass das Bundesverfassungsgericht selbst keine klaren Kriterien, sondern vielmehr Prinzipien zur Maßstabsbildung heranzieht. Die Kriterien, deren es sich sodann zur Ausfüllung dieser Prinzipien bedient, also etwa die Grundrechtsrelevanz und Intensität,113 werden als Regel105
So Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, 4. Kap. Rn. 25 (S. 192). Henke, AöR 101 (1976), S. 576 (611). 107 Detterbeck, Jura 2002, 235 (237) m.w. N.; Ladeur/Gostomzyk, Die Verwaltung 36 (2003), S. 141 (142, 149); Humberg, VR 2013, 145 (146 f.); Maurer/Waldhoff, Allg. VerwR, § 6 Rn. 14. 108 Henke, AöR 101 (1976), S. 576 (611). 109 Vgl. bereits die Vorgehensweise von Oppermann, in: 51. DJT, Bd. I, Gutachten C, S. C 1 (C 52 ff.); zust. zur bloß heuristischen Begriffsdeutung Gusy, JA 2002, 610 (615); Umbach, in: Zeidler/Maunz/Roellecke (Hrsg.), FS Faller, S. 111 (127). 110 Umbach, in: Zeidler/Maunz/Roellecke (Hrsg.), FS Faller, S. 111 (127). 111 Wohingegen das BVerfG selbst den Begriff zunächst als heuristischen Begriff betrachtet, der „nicht als Beitrag zur Dogmatisierung zu verstehen sei“, so ausdrücklich BVerfGE 47, 46 (79). 112 BVerfGE 41, 251 (259 f.); 47, 46 (79); 49, 89 (127). 113 Ausf. unten 2. Kap. A. II. 3. a). 106
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beispiele aufgeführt, denen damit Ausnahmen gegenüberstehen können. Augenfällig kann daher die „Wesentlichkeitstheorie“ rechtsdogmatisch als Abwägungsentscheidung qualifiziert werden.114 Die Wesentlichkeitsdoktrin bildet folglich nach dieser Lesart den Zuweisungsmechanismus innerhalb der Vorbehaltslehre zu den verschiedenen Vorbehaltstypisierungen, nicht dagegen eine eigenständige Ausprägung oder den Ersatz eines Vorbehaltstyps. Einen allgemeinen, ungeschriebenen Gesetzesvorbehalt für staatliche Maßnahmen kraft „Wesentlichkeit“ gibt es demnach nicht.115 Zusammenfassend lassen sich also für die Wesentlichkeitslehre in Bezug auf die hier relevante Untersuchungsfrage nach der herrschenden Auffassung zwei Stufen unterscheiden. Auf einer ersten Stufe trifft sie die Entscheidung über die Erforderlichkeit einer formalgesetzlichen Rechtsgrundlage und auf der zweiten Stufe die Entscheidung über – positiv formuliert – die erforderliche Regelungsdichte derselben und – negativ formuliert – den möglichen Delegationsumfang ihrer Ausgestaltung. Als Konsequenz hieraus folgt ein Delegationsverbot bei wesentlichen Entscheidungen. Dies bezweckt auch eine negative Kompetenzabgrenzung zwischen den Rechtsetzungsinstanzen. Infolge der unterschiedlichen Bezugsstufen differiert der Anknüpfungspunkt der Wesentlichkeitstheorie. Auf der ersten Stufen (Gesetzesvorbehalt) betrifft die Wesentlichkeitsentscheidung den Sachbereich als solchen im Vergleich zu anderen Sachbereichen, auf der zweiten Stufe (Parlamentsvorbehalt bzw. Delegationsverbot) unterscheidet die Wesentlichkeitsfrage innerhalb des in Rede stehenden Sachbereichs zwischen wesentlichen und unwesentlichen Regelungsgegenständen.116 Damit hat sich die Wesentlichkeitstheorie als Begründungsansatz aus der Perspektive der gerichtlichen Überprüfung dargestellt. Allerdings gibt es bislang keine handhabbare Zuordnung i. S. d. Kompetenzabgrenzung aus der Perspektive der rechtsetzend tätig werdenden Kommunalvertretung in der Kommunalpraxis. Hier kann jedoch gerade der Wesentlichkeitsgedanke als Abwägungsentscheidung und damit Zuweisungsmechanismus in bisher umstrittenen Sachbereichen der Vorbehaltslehre in Anschlag gebracht werden, vor allem abseits der Lehre vom Eingriffsvorbehalt in Fragestellungen der Leistungsverwaltung.
114 Grzeszick, in: Maunz/Dürig (Begr.), GG, Art. 20 Abs. 3, Rn. 109; Kalscheuer/Jacobsen, DÖV 2018, 523 (524); als „Wertabwägung“ bezeichnend Denninger, in: Broda/ Deutsch, u. a. (Hrsg.), FS Wassermann, S. 279 (292); mit Blick auf die kommunale Selbstverwaltung Maurer, DÖV 1993, 184 (189); im Ansatz ähnl. bereits Roellecke, NJW 1978, 1776 (1781), der insoweit von einer „Legitimationstheorie“ spricht, in der alle Belange auf Seiten des Gesetzgebers und der Verwaltung ermittelt und sodann unter Legitimationsgesichtspunkten entschieden werden solle. 115 So auch Gusy, JA 2002, 610 (615). 116 So auch Lerche, Bayerisches Schulrecht und Gesetzesvorbehalt, S. 59 f.; Busch, Das Verhältnis des Art. 80 Abs. 1 S. 2 GG zum Gesetzes- und Parlamentsvorbehalt, S. 75.
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3. Der „Wesentlichkeitsmaßstab“ Ist die Wesentlichkeitsdoktrin dogmatisch als Abwägungsentscheidung zu fassen, so ist nach dem Maßstab dieser Abwägung zu fragen. Gemeinhin wird daher nach Kriterien gesucht, die den unbestimmten Begriff der Wesentlichkeit ausfüllen. Als Maßstab für die Zuordnung zum Vorbehaltsbereich müssen diese der funktionalen Begründung der Vorbehaltslehre folgen. Die Kriterien stellen damit ausfüllungsbedürftige Begriffe dar, die mit Gründen für eine Zuordnung zum parlamentarischen Gesetzgeber oder zu anderen Staatsgewalten ausgefüllt und in eine Abwägungsentscheidung eingestellt werden.117 Die Kriterien sind demnach offen, kumulativ und flexibel zu verstehen. Wird dagegen wie von Hermes versucht, den Wesentlichkeitsmaßstab mit dem Maßstab „Legitimität“ auszufüllen, zu ergänzen oder gar zu ersetzen,118 ist der Nutzen für ein dogmatisch angenähertes Vorgehen unklar. Denn als eigenes Kriterium des Wesentlichkeitsmaßstabes ist der Begriff zu abstrakt, um handhabbar zu sein. In dem Versuch, die „Wesentlichkeit“ als Zuordnungsmechanismus durch den Legitimitätsbegriff zu ersetzen, kann wohl kein Erkenntnisgewinn gesehen werden. Denn dem Begriff der Legitimität dürften die gleichen Kritikpunkte entgegengebracht werden können wie dem der Wesentlichkeit selbst. Die Methode zur rechtlichen Handhabbarkeit der verschiedenen Kriterien kann nicht etwa durch Induktion der speziellen Gesetzesvorbehalte erfolgen. Dies würde zum einen nicht dem dogmatischen Bestreben gerecht, sondern entspräche einem heuristischen Verständnis. Zum anderen geht es ja nicht um die Aussagegehalte der speziellen Gesetzesvorbehalte als Ausprägungen des allgemeinen Vorbehaltsdenkens, sondern um den Geltungsbereich des allgemeinen Prinzips. Maßgeblich kann also nur die Anknüpfung an das allgemeine Vorbehaltsprinzip sein, dessen Herleitung und Begründungsansätze somit auch für die Auswahl der Kriterien des Wesentlichkeitsmaßstabs herangezogen und fruchtbar gemacht werden müssen. Im Folgenden werden daher die bisher diskutierten Kriterien des Wesentlichkeitsmaßstabes den funktionalen Begründungsansätzen der Vorbehaltslehre zugeordnet, um so möglicherweise einen Erkenntnisgewinn für den Wesentlichkeitsgedanken als Zuordnungsmechanismus auch für bislang nicht vollends geklärte Bereiche, wie etwa für das kommunale Einrichtungsrecht, zu erlangen. Dabei ist jedoch auf die Gefahren einer Deduktion aus den weit gehaltenen grundgesetzlichen Verfassungsprinzipien ohne die Beachtung der formell verfassungsrechtlichen Ordnung hinzuweisen.119 117
Kalscheuer/Jacobsen, DÖV 2018, 523 (523 ff.). Hermes, Der Bereich des Parlamentsgesetzes, S. 78 f., 103 ff. 119 Papier, in: Götz/Klein/Starck (Hrsg.), Die öffentliche Verwaltung zwischen Gesetzgebung und richterlicher Kontrolle, S. 36 (43) m.w. N. 118
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2. Kap.: Verfassungsrechtliche Anforderungen
a) Grundrechtliche Maßstabsbildung Das Bundesverfassungsgericht nutzt in seiner Wesentlichkeitsrechtsprechung vorrangig die „Grundrechtsrelevanz“ als Kriterium zur Feststellung einer wesentlichen Sachentscheidung, die dem Parlamentsvorbehalt zugeordnet wird und somit allein dem Parlamentsgesetzgeber obliegt. Dabei sollen solchen Regelungen Grundrechtsrelevanz innewohnen, die „wesentlich für die Verwirklichung für Grundrechte“ 120 sind. Das die Zuordnung zum Parlamentsgesetzgeber begründende Kriterium scheint damit auf den ersten Blick tautologisch, denn die Grundrechtsrelevanz als Kriterium der Wesentlichkeit wird mit der Wesentlichkeit der Grundrechtsverwirklichung begründet. Bei näherer Betrachtung können dem Kriterium jedoch sehr wohl Aussagen für den Zuordnungsmechanismus entnommen werden. Zunächst kann anhand der Formulierung des Bundesverfassungsgerichts erkannt werden, dass es sich der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung nach bei der Grundrechtsrelevanz um ein wichtiges, allerdings nicht um das alleinige Kriterium der Wesentlichkeitsdoktrin handelt; es deckt damit den Wesentlichkeitsgedanken nicht vollständig ab, sondern lässt auch Raum für andere Kriterien.121 Bei einer semantischen Auslegung des Begriffs „Grundrechtsrelevanz“ ist der Zusammenhang zwischen den miteinander verbundenen Substantiven, Grundrechte und Relevanz, deutlich herauszustellen. Neben dem Grundrechtsbezug ist damit auch dem Begriff der Relevanz besondere Bedeutung zuzuerkennen. Relevanz meint Bedeutsamkeit, Wichtigkeit in einem bestimmten Zusammenhang.122 In dieser Bedeutungsweise kann der Begriff der Relevanz auf zwei Ebenen gleichsam wirken: Einmal verdeutlicht der Begriff „Relevanz“ die erforderliche Relationalität der Wirkungsbeziehung und hält damit dazu an, der Nähe und Dichte von Handlung und Wirkung innerhalb der in Rede stehenden Rechtsbeziehung in diesem Rahmen besondere Beachtung zukommen zu lassen; zweitens fordert sie eine Bedeutsamkeit dieser Wirkungsbeziehung mit Blick auf die Grundrechtssphäre. Sie statuiert mithin die Erforderlichkeit einer gewissen Wirkungsschwere und stellt damit Anforderungen an eine Erheblichkeit der Wirkung, etwa in Form der Überschreitung einer „Bagatellgrenze“.123 Inhaltlich stellt sich die Frage der Eingriffszentriertheit des Kriteriums. Das Kriterium der Grundrechtsrelevanz ist nicht allein auf Eingriffe in Grundrechte 120 BVerfGE 34, 165 (192 f.); 40, 237 (248 f.); 41, 251 (260 f.); 47, 46 (79); 95, 267 (307 f.); 98, 218 (251). 121 Vgl. BVerfGE 34, 165 (192 f.); 40, 237 (248 f.); 41, 251 (260 f.); 47, 46 (79); 95, 267 (307 f.); 98, 218 (251), das eine Grundrechtsrelevanz als Regelbeispiel für das Vorliegen einer wesentlichen Frage i. S. d. Vorbehaltslehre statuiert; so auch Papier, in: Götz/Klein/Starck (Hrsg.), Die öffentliche Verwaltung zwischen Gesetzgebung und richterlicher Kontrolle, S. 36 (42); Kloepfer, JZ 1984, 685 (692). 122 Duden, Bd. VII, S. 3166. 123 Zu diesem Erfordernis der Belastungswirkung bereits oben 1. Kap. C. I.
A. Der Vorbehalt des Gesetzes als Untersuchungsmaßstab
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zugeschnitten, sondern offen für andere Grundrechtsdimensionen als die abwehrrechtliche; man wird daher statuieren können, dass die Grundrechtsrelevanz ein „akzessorischer Begriff“ 124 ist, der sich in jede Grundrechtstheorie und Grundrechtsdogmatik einpassen lässt. Wie die Formulierung des Bundesverfassungsgerichts bereits offenlegt, wonach Grundrechtsrelevanz jede staatliche Maßnahme entfaltet, die wesentlich für die „Verwirklichung der Grundrechte“ 125 ist, sind hier die Grundrechte als Prinzipien und damit Optimierungsgebote126 in jeder Grundrechtsdimension umfasst. Insgesamt kann daraus geschlossen werden, dass die Neuorientierung der Vorbehaltslehre und die Ausrichtung der Wesentlichkeitsdoktrin an der Grundrechtsrelevanz den grundrechtlichen Ansatzpunkt der traditionellen Lehre teilt, „ohne daß allerdings zwischen Eingriffen und Leistungen zu unterscheiden ist“ 127. Die Wesentlichkeitsdoktrin mit der Maßstabsbildung anhand der Grundrechtsrelevanz löst damit nicht nur die traditionelle Formel des Vorbehalts bei Eingriffen in Freiheit und Eigentum ab,128 sondern erweitert den vorbehaltsrelevanten Sachbereich enorm. Allerdings mag die Grundrechtsrelevanz als eigenständiges Kriterium im Hinblick auf die allgemeine Handlungsfreiheit als Auffanggrundrecht zu Bedenken veranlassen. Denn mit der Auslegung der allgemeinen Handlungsfreiheit als Auffanggrundrecht129 und der Erweiterung des Vorbehaltsgedankens auf alle Grundrechtsdimensionen ist grundsätzlich jede staatliche Maßnahme grundrechtsrelevant. Um über die Wesentlichkeitsdoktrin nicht doch einen faktischen Parlamentsmonismus zu kreieren, bedarf es neben der Grundrechtsrelevanz daher noch anderer, weiterer Kriterien zur Ausfüllung des Zuordnungsmechanismus; als alleiniges Kriterium ist die Grundrechtsrelevanz daher regelmäßig nicht abschließend aussagekräftig. Hierbei könnte zunächst die Unterscheidung zwischen dem subjektiv-rechtlichen und dem objektiv-rechtlichen Gehalt der Grundrechte brauchbar gemacht werden. So wird denn auch für die Unterscheidung zwischen grundrechtlichem Spezialvorbehalt und dem allgemeinen Vorbehaltsgedanken zwischen den Grundrechtsgehalten unterschieden und bei einem Zusammentreffen beider Gehalte die Anwendung des grundrechtlichen Spezialvorbehalts als zutreffend erachtet, bei nur objektiv-rechtlichem Grundrechtsgehalt dagegen nur die Anwendung des allgemeinen Vorbehaltsgedankens.130 Diese Differenzierung 124 Papier, in: Götz/Klein/Starck (Hrsg.), Die öffentliche Verwaltung zwischen Gesetzgebung und richterlicher Kontrolle, S. 36 (40). 125 Vgl. BVerfGE 34, 165 (192 f.); 40, 237 (248 f.); 41, 251 (260 f.); 47, 46 (79). 126 Grundlegend Alexy, Theorie der Grundrechte, S. 75 f. 127 BVerfGE 47, 46 (79). 128 Ähnl. auch Papier, in: Götz/Klein/Starck (Hrsg.), Die öffentliche Verwaltung zwischen Gesetzgebung und richterlicher Kontrolle, S. 36 (39); Busch, Das Verhältnis des Art. 80 Abs. 1 S. 2 GG zum Gesetzes- und Parlamentsvorbehalt, S. 21 f. 129 BVerfGE 6, 32 (36 ff.) – Elfes. 130 Hermes, Der Bereich des Parlamentsvorbehalts, S. 106.
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2. Kap.: Verfassungsrechtliche Anforderungen
bringt jedoch für die Frage der Zuordnung zum Parlamentsvorbehalt über die Wesentlichkeitstheorie unmittelbar keinen Erkenntnisgewinn, da an den so verstandenen allgemeinen Vorbehalt des Gesetzes und den grundrechtlichen Spezialgesetzesvorbehalt keine unterschiedlichen Anforderungen zu stellen sind. Beide würden sich nach den herrschenden Auffassungen – bei einer Offenheit der grundrechtlichen Begrenzungsvorbehalte – je nach Intensitätsstufe zu einem Parlamentsvorbehalt verdichten. Die Grundrechtsgehalte spielen also keine herausragende Rolle bei der Zuordnung, vielmehr kann die Intensität ein weiteres relevantes Kriterium bilden. Dies verdeutlicht auch die zusammenhängende Argumentation des Bundesverfassungsgerichts bezüglich des Kriteriums der Grundrechtsrelevanz mit der Intensität von Grundrechtseingriffen.131 Nichtsdestotrotz kann der Betonung einer „Grundrechtsrelevanz“ als Argumentationsfigur der Rechtsprechung der grundlegende, grundrechtsgeprägte Charakter des Parlamentsvorbehalts entnommen werden. Als zentralen Parameter für die Grundrechtsrelevanz und damit die Zuordnung eines Sachbereichs zum Parlamentsvorbehalt lässt sich in der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung also die Intensität einer grundrechtsrelevanten Maßnahme ausmachen.132 Intensität meint dabei immer die Schwere der Beeinträchtigung in Relation zum Normalzustand. Subkriterien für die Feststellung der Betroffenheitsintensität sind daher etwa grundsätzlich der Schweregrad der Betroffenheit, die Dauer der Betroffenheit sowie der Umfang des Adressatenkreises.133 Liest man die Betroffenheitsintensität wie das Bundesverfassungsgericht zusammen mit der Grundrechtsrelevanz, so ergibt sich für die positiven Kriterien der Wesentlichkeitsdoktrin damit ein komparatives System, das in Einklang mit der Erschließungsfunktion der Wesentlichkeitstheorie als verfassungsrechtlichem Schlüsselbegriff 134 den Ausgangspunkt einer Abwägungsentscheidung darstellt. Schwierigkeiten bereitet das Kriterium der Intensität allerdings, wenn der Blick nicht allein auf die abwehrrechtliche Dimension der Grundrechte gerichtet wird, sondern auch die anderen Grundrechtsdimensionen berücksichtigt werden sollen, bei denen der Anwendungsbereich der Vorbehaltslehre früher mit der Formel des sog. Eingriffsvorbehalts negiert, später umstritten und heute in Wissenschaft und Praxis – dank der Offenheit der Grundrechtsrelevanz – rege diskutiert wird. Das Kriterium der Intensität beschreibt wie gesehen zunächst die Relation zwischen einer Beeinträchtigung und einem Soll-Zustand. In die Eingriffsdogmatik lässt sich das Kriterium damit reibungslos als Beeinträchtigung der abwehr131 Vgl. BVerfGE 40, 237 (249); 98, 218 (252); 111, 191 (216 f.); Schultze-Fielitz, in: Dreier (Hrsg.), Bd. II, Art. 20 (Rechtsstaat), Rn. 113 m.w. N. 132 Vgl. etwa BVerfGE 40, 237 (249); 98, 218 (252); 111, 191 (216 f.); krit. Eberle, DÖV 1984, 485 (487). 133 Vgl. Schultze-Fielitz, in: Dreier (Hrsg.), Bd. II, Art. 20 (Rechtsstaat), Rn. 113. 134 Denninger, in: Broda/Deutsch, u. a. (Hrsg.), FS Wassermann, S. 279 (290).
A. Der Vorbehalt des Gesetzes als Untersuchungsmaßstab
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rechtlich geschützten Freiheitsausübung einfügen. Fraglich ist jedoch, ob darüber hinaus auch eine Einfügung in andere Dimensionen denkbar ist oder es aber ein ausschließlich eingriffsbezogenes Merkmal darstellt. Als bloß eingriffszentriertes Kriterium würde die Intensität den weiten Anwendungsbereich der Wesentlichkeitsdoktrin jedenfalls praktisch wieder einfangen. Auch und gerade in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung zu öffentlichen Einrichtungen hat sich das Intensitätskriterium im Bereich der Berufsfreiheit als entscheidendes Zuordnungsmoment hervorgetan. Während von einigen Oberverwaltungsgerichten konstatiert wurde, Berufsausübungsregelungen und Berufswahlbeschränkungen in Form von satzungsrechtlichen Zulassungsvoraussetzungen der öffentlich-rechtlichen Friedhofsträger begegneten als mittelbare Eingriffe135 keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken und seien daher nicht wesentliche Fragen der Grundrechtsausübung, die parlamentsgesetzlich geregelt werden müssten,136 sieht das Bundesverwaltungsgericht gerade die Intensität als ausschlaggebendes Kriterium für eine Zuordnung zum Parlamentsgesetzgeber.137 Wie beschrieben kommt es für die Betrachtung des Intensitätskriteriums auf die Auswirkungen auf den subjektiv-grundrechtlichen und objektivgrundrechtlich geschützten Rechtskreis an.138 Das Kriterium der Intensität ist damit nicht ausschließlich der Eingriffsdogmatik vorbehalten, sondern kann vielmehr jegliche, auch auf staatliche Leistungen bezogene, Wirkungsbezüge erfassen.139 Damit sind alle grundrechtlichen Wirkdimensionen nach den modernen Grundrechtstheorien für das Intensitätskriterium offen. b) Demokratieprinzipielle Maßstabsbildung Als eigenständige Kriterien werden schließlich auch ein „öffentliches Interesse“ bzw. eine „politische Kontroverse“ 140 angeführt. Beide Begriffe nehmen Bezug zu Fragen der Mehrheitsentscheidung und des politischen Diskurses und damit zu demokratischen Entscheidungsverfahren. Sie sind damit anhand der Be-
135 Ausf. zu dieser Qualifizierung und der Differenzierung zwischen benutzungsausgestaltender Regelung und „bloß“ benutzungsbezogener Regelung s. unten 3. Kap. B. III. 136 OVG NRW, DVBl 2011, 648 (648 f.); OVG MV, Beschl. v. 18.06.2009 – 2 L 115/ 06 –, juris, Rn. 9. 137 BVerwGE 148, 133 (143); während nach BayVGH, Urt. v. 04.02.2009 – 4 N 08.778 –, juris, Rn. 29 ff.; Beschl. v. 27.07.2009 – 4 N 09.1300 –, juris, Rn. 16 ff. nicht die Intensität ausschlaggebend sei, sondern bereits keine Regelungsbefugnis des kommunalen Einrichtungsträgers bestehe. 138 Vgl. auch Busch, Das Verhältnis des Art. 80 Abs. 1 S. 2 GG zum Gesetzes- und Parlamentsvorbehalt, S. 46, der von individuellem und überindividuellem grundrechtlich geschützten Rechtskreis spricht. 139 So auch Erichsen, in: Wilke (Hrsg.), FS Jurist. Gesellschaft Berlin, S. 113 (123). 140 Vgl. Kisker, NJW 1977, 1313 (1318); krit. hierzu Eberle, DÖV 1984, 485 (487).
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2. Kap.: Verfassungsrechtliche Anforderungen
gründung der Vorbehaltslehre aus dem Demokratieprinzip zu betrachten und auszufüllen. Gegen die Heranziehung des „öffentlichen Interesses“ als Kriterium der Zuordnung zum Entscheidungsvorbehalt des Parlaments spricht zunächst, dass exekutives Handeln stets Gemeinwohlinteressen, also einem öffentlichen Zweck dient. Dieses Kriterium beschreibt damit den Ist-Zustand des Verwaltungshandelns; als Kriterium eines Entscheidungsvorbehalts gerade für die Legislative kann es damit im Ausgangspunkt nicht dienen. Für die „politische Kontroverse“ als Kriterium des Wesentlichkeitsmaßstabes mag ein erhöhter Bedarf an Entscheidungsfindung, Interessenausgleich und Befriedung sprechen. Ob diese Erwägungen aber tatsächlich durch ein förmliches Gesetz erreicht werden können, ist zweifelhaft. Denn blickt man auf die Erwartungshaltung an ein Gesetz als vermeintlichen Schlusspunkt einer politischen Debatte, so wird jene hin und wieder enttäuscht. Selbst durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes findet die politische Debatte manchmal zu keinem Ende. Damit taugt die politische Kontroverse nur bedingt als Anknüpfungspunkt, um einen Interessenausgleich im Sinne des Demokratieprinzips herzustellen. Gegen die Heranziehung als maßstabsbildendes Kriterium spricht bereits die mit dem Begriff verbundene Wechselhaftigkeit und Ambiguität des politischen Streits sowie die daraus resultierende Rechtsunsicherheit. Der Wechsel zwischen Unwesentlichem und Wesentlichem würde somit dem politischen Tagesgeschäft überantwortet, das der Beeinflussung offen steht.141 Auch ist der politische Streit nicht stets Indikator wesentlicher Grundsatzfragen, dient er doch auch der Offenlegung des politischen Profils und gegensätzlicher Auffassungen.142 Unklar ist ebenfalls, auf welche politische Verantwortungs- und Entscheidungsebene abzustellen sein sollte. So stellt sich bereits die Frage, ob überhaupt außerparlamentarische Kontroversen zwischen Parteien ausreichen können oder ob es der innerparlamentarischen Kontroverse zwischen Fraktionen bedarf. Genügt darüber hinaus für Landesparlamentsgesetze der Streit in den Landesparteiverbänden, auf Bundesebene aber nur der auf der Ebene der Bundespartei für die Zuordnung als wesentlich? Vor diesem Hintergrund würden kommunalpolitische Streifragen nie ausreichen, außer die Ortsparteiverbände und kommunalen Spitzenverbände beeinflussten deren Streit auf Landesebene. Beiden Kriterien ist somit gemein, dass sie als maßstabsbildende Faktoren bereits aufgrund ihrer Unbestimmtheit nicht zu einer Konkretisierung des Wesentlichkeitsgedankens beitragen können. Insgesamt können daher beide Kriterien nicht der Konkretisierung oder gar Ausfüllung des Wesentlichkeitsmaßstabs dienen.
141 142
Ähnl. Umbach, in: Zeidler/Maunz/Roellecke (Hrsg.), FS Faller, S. 111 (127). So auch Eberle, DÖV 1984, 485 (487).
A. Der Vorbehalt des Gesetzes als Untersuchungsmaßstab
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c) Rechtsstaatsprinzipielle Maßstabsbildung In engem Zusammenhang mit der politischen Kontroverse und dem öffentlichen Interesse ist die Determinationswirkung143 einer staatlichen Entscheidung einzuordnen. Mit dem Begriff der Determinationswirkung ist die Wirkkraft von Entscheidungen angesprochen. Hohe Determinationswirkung haben dabei Entscheidungen, die nicht oder nur schwer reversibel sind. Solchen Entscheidungen geht typischerweise politischer Streit voraus, der aufgrund der Irreversibilität und den damit verbundenen Konsequenzen von großem öffentlichem Interesse ist. Für die Berücksichtigung solcher Determinationswirkungen auf parlamentarischer Ebene spricht zunächst erneut das Verfahren des Zustandekommens eines Parlamentsgesetzes, das durch die Interessenabwägung auch eine umfassende Folgenabschätzung der Entscheidung vornehmen kann. Dafür spricht zudem die eindeutige Verantwortungszurechnung zu den Parlamentariern, die durch Wahlen aktualisiert wird oder durch Entziehung des Vertrauens öffentlich gemacht werden kann. Im Bereich der kommunalen Einrichtungstätigkeit ist eine Determinationswirkung meist gering. Zwar kann die Steuerungswirkung durch die Schaffung öffentlicher Einrichtungen im Einzelfall erheblich sein, die Ausgestaltung durch die Benutzungsordnung trifft jedoch regelmäßig keine irreversiblen Entscheidungen, die für eine Wesentlichkeit streiten. d) Maßstabsbildung durch Negativabgrenzung Der gemeinsame Nenner des Wesentlichkeitsmaßstabes, also die Grundrechtsrelevanz und die Betroffenheitsintensität, ist nur auf grundrechtliche Fallkonstellationen anwendbar und nicht übertragbar. Beide Kriterien lassen sich schon nicht auf die Gesamtsystematik der Grundrechtsbestimmungen abstrahieren; das System der speziellen Grundrechtsvorbehalte ist derart spezifisch, dass ein abstrakter Maßstab nicht über die allgemeine Aussage der Wesentlichkeit hinaus fundiert begründbar ist.144 Für die Abwägungsentscheidung im Rahmen der Wesentlichkeitsdoktrin als Zuordnungsmechanismus können jedoch gegebenenfalls auch Negativabgrenzungen vorgenommen werden, die einer Verdichtung hin zum Vorbehalt des parlamentarischen Gesetzes entgegen stehen. Aus dieser Überlegung heraus wurden verschiedene Fallgruppen gebildet, die auf Erwägungen beruhen, die typischerweise einer Zuordnung der Entscheidungskompetenz zum Parlamentsgesetzgeber entgegenstehen. Eine solche Fallgruppe soll der hierarchische Zusammenhang einer Regelungsmaterie mit übergeordneten Parlamentsgesetzen bilden, die bereits als parlamen143 Ausf. zu diesem Kriterium Hermes, Der Bereich des Parlamentsgesetzes, S. 114 ff. 144 So auch Eberle, DÖV 1984, 485 (490).
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2. Kap.: Verfassungsrechtliche Anforderungen
tarische Leitentscheidungen das Wesentliche der Sachmaterie regeln. In diesen Fällen könne nichts gegen eine Ausdifferenzierung in sublegalen Normen sprechen.145 Ferner wird als Fallgruppe eine exekutive Rechtsetzung angeführt, die an Beratung, Entscheidung und Öffentlichkeitsbeteiligung gleiche oder gar höhere Anforderungen als beim parlamentarischen Gesetzgebungsverfahren stellt. Hier könnten die grundlegenden Argumente für einen Parlamentsvorbehalt nicht greifen.146 Weiterhin sollen komplexe und komplizierte Sachzusammenhänge, die Vielgestaltigkeit und Vielschichtigkeit der Materie sowie die proklamierte Überlastung und Überforderung des Parlaments für eine Zuordnung zur Exekutive sprechen können.147 Schließlich – und für diese Untersuchung maßgeblich – werden als weitere Fallgruppe im Sinne einer Negativabgrenzung gegen die Zuordnung eines Vorbehalts des Parlamentsgesetzes solche Konstellationen aufgeführt, bei denen die spezifischen Sachstrukturen des Regelungsbereichs keinen besonderen parlamentarischen Interessenausgleich gemäß des demokratischen Begründungansatzes des Parlamentsvorbehalts in Form eines parlamentsgesetzlichen Verfahrens erfordern. Diese Konstellationen sollen etwa dann vorliegen, wenn die Regelungen sachgesetzlich dem Regelungsbereich immanent seien.148 Als Beispiele werden hierbei rasche Sachgesetzlichkeiten genannt, die zu schnellen, wiederkehrenden Veränderungen führen. Nach Aspekten der funktionsgerechten Zuordnung wird die Verwaltung als besser geeignet für zukunftsgewandte und sich ständig aktualisierende Aufgaben angesehen als der parlamentarische Gesetzgeber.149 Hintergrund ist dabei die Annahme der Legitimation durch Praxisnähe.150 An einer solchen Argumentation der Sachgesetzlichkeiten und Praxisnähe lässt sich jedoch auch grundsätzliche Kritik üben. Denn besondere Sachgesetzlichkeiten kennt jeder Regelungsbereich und die Exekutive hat aufgrund der Funktionenzuteilung von vornherein eine größere Praxisnähe als die Legislative. Eine stichhaltige Negativabgrenzung im Sinne einer Zuordnung zur Exekutive auf der ersten Stufe der Wesentlichkeitsdoktrin, also des „Ob“ des Parlamentsgesetzes, allein anhand dieser beiden Kriterien dürfte damit nicht gelingen. Diese Argumentation erinnert in ihrem Ausgangspunkt vielmehr stark an die Argumentationsstruktur im Rahmen der sog. besonderen Gewaltverhältnisse und nimmt als Anwendungsbereiche beispielhaft eben diese Rechtsverhältnisse
145
Ausf. hierzu Eberle, DÖV 1984, 485 (490 f.) m.w. N. Vgl. Eberle, DÖV 1984, 485 (492) m.w. N.; s. dazu bereits oben die Begründung der Vorbehaltslehre aus dem Demokratieprinzip 2. Kap. A. I. 2. 147 Vgl. insoweit zur Kritik an der Steuerungsfähigkeit des Gesetzes Brohm, NVwZ 1988, 794 (794). 148 Vgl. Eberle, DÖV 1984, 485 (491); zur Frage der sachgesetzlichen Immanenz des Einrichtungszwecks unten 4. Kap. B. I. 2. c). 149 So etwa Beaucamp, JA 2002, 854 (857). 150 Ausf. dazu Lerche, Bayerisches Schulrecht und Gesetzesvorbehalt, S. 50 ff.; Sendler, DVBl 1982, 381 (385). 146
A. Der Vorbehalt des Gesetzes als Untersuchungsmaßstab
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in den Blick.151 Auf der zweiten Ebene der Wesentlichkeitsdoktrin im Rahmen der Ausgestaltung, dem „Wie“ einer formalgesetzlichen Regelung, können solche Aspekte jedoch im Hinblick auf die Regelungsdichte zu berücksichtigen sein. In eine ähnliche Richtung geht die Auffassung, die eine Zuordnung zum Parlamentsgesetzgeber dann verneint, wenn der Regelungsbereich durch die Bindung an übergeordnete Rechtsgrundsätze bereits vorgeprägt ist.152 Insbesondere durch eine Vorprägung der Rechtsbeziehungen durch den Gesetzeszweck bestehe eine Einschränkung des Entscheidungsspielraums durch eine am Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ausgerichtete Konkretisierung.153 Auch dieser Gedanke der Zweckgerichtetheit und Vorgeprägtheit erinnert an das Argument der früheren Lehre vom besonderen Gewaltverhältnis, die den Verwaltungszweck als ausreichende Grundlage von Verwaltungsbefugnissen auch im Rahmen der Eingriffsverwaltung ansah und ein diesbezügliches Parlamentsgesetz als „unnötig“ erachtete.154 e) Fazit Die bisher diskutierten Kriterien können bislang nicht gänzlich zur Klarheit bei der Anwendung des Wesentlichkeitsmaßstabs beitragen, sondern gelten zumindest in Teilen weithin als genauso unbestimmt oder spiegeln Argumentationsstrukturen der Lehre von den besonderen Gewaltverhältnissen wider. Allerdings ist zu beachten, dass dies auch gar nicht der Anspruch des Wesentlichkeitsgedankens bei der hier vertretenen Sichtweise desselben als Wegweiser und Kipppunkt im Rahmen einer Abwägungsentscheidung zur Zuordnung eines Regelungsbereichs zu Legislative oder Exekutive sein kann. Die Formulierung der Kriterien – positiv wie negativ – kann und soll auch gar nicht abstrakt bereits eine solche Zuordnungsentscheidung vornehmen. Vielmehr geht es um die Erschließung von Belangen, die im Rahmen der Abwägungsentscheidung gegeneinander in Stellung gebracht werden und unter Zuhilfenahme der drei Begründungssäulen der Vorbehaltslehre schließlich zu einer sach- und funktionsgerechten Zuordnung der Regelungsentscheidung zu Legislative oder Exekutive führen können.
III. Ergebnis Sowohl die Vorbehaltstypisierungen als auch die „Wesentlichkeitstheorie“ stehen nicht nur einer sachbereichsspezifischen Sichtweise offen, sondern fordern geradezu die Überprüfung der in Rede stehenden Regelungsbereiche. Dieser Überprüfung der Sachbereichsspezifika kommt daher herausragende Bedeutung für die Frage nach der Erforderlichkeit einer formalgesetzlichen Ermächtigungs151 152 153 154
Vgl. Eberle, DÖV 1984, 485 (491). Vgl. auch Eberle, DÖV 1984, 485 (491) m.w. N. Starck, ZRP 1979, 209 (212); Eberle, DÖV 1984, 485 (491 f.) m.w. N. Ausf. dazu näher unten 4. Kap. B. I. 2. a).
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2. Kap.: Verfassungsrechtliche Anforderungen
grundlage als verfassungsrechtliche Anforderung an sog. belastende Benutzungsregelungen zu.
B. Systematisierung der Sachbereichsspezifika im Benutzungsverhältnis Ist nun nach dem Erfordernis einer formalgesetzlichen Ermächtigungsgrundlage für Benutzungsregelungen zu fragen, ist also der Regelungsbereich „Benutzungsverhältnis“ auf Sachbereichsspezifika zu überprüfen, die als Belange einer Abwägungsentscheidung im Sinne der Wesentlichkeitsdoktrin im Rahmen des Vorbehalts des Gesetzes handhabbar gemacht werden können. Das im ersten Kapitel näher betrachtete Benutzungsverhältnis wird gemeinhin im Rahmen des „Anstaltsrechts“, des öffentlichen Sachenrechts, der Leistungsverwaltung sowie des Kommunalrechts diskutiert. Jeder dieser Regelungsteilbereiche kann Sachspezifika enthalten, die als Belang in die Abwägungsentscheidung einzustellen sein können. Auf eben diesen Ebenen wurde die Diskussion nach dem Erfordernis einer parlamentsgesetzlichen Ermächtigungsgrundlage für belastende Benutzungsregelungen bislang auch geführt, dabei jedoch oftmals vermengt. Im Folgenden sollen daher zunächst mögliche Sachbereichsspezifika der Teilrechtsbereiche herausgestellt werden, um die verschiedenen Ebenen unterscheiden und für die Untersuchung handhabbar machen zu können, und sodann deren Bedeutung für die Vorbehaltslehre untersucht werden.
I. „Anstaltsrecht“ als Sachbereichsspezifikum im Benutzungsverhältnis Der Bereich eines „Anstaltsrechts“ ist auch heute noch unklar. Dies rührt aus der auch in Gesetzestexten unspezifischen oder gar beliebigen Verwendung des Anstaltsbegriffs her,155 aber vor allem auch aus der Verbindung von Organisationsform und Nutzungsform unter dem Anstaltsbegriff.156 Im Folgenden wird daher untersucht, wie „das Anstaltsrecht“ zu (be)greifen ist. Als Kernfrage dieses Teils wird untersucht, welche Kriterien gegebenenfalls für die Zurechnung zu einem Anstaltsrecht entscheidend sind, ob ein Rechtsbereich „Anstaltsrecht“ überhaupt existiert oder dessen Etablierung sinnvoll ist und ob aus einem Anstaltsrecht sachspezifische Besonderheiten für den Vorbehalt des Gesetzes in Bezug auf Regelungsbefugnisse des Einrichtungsträgers im Rahmen von Benutzungsregelungen herausgelesen werden können. 155 Vgl. exemplarisch etwa § 186 AFG a. F., wonach die Bundesanstalt für Arbeit als Körperschaft bezeichnet wurde, nunmehr gem. § 367 Abs. 1 SGB III „Bundesagentur“; sowie die Beispiele bei Berg, NJW 1985, 2294 (2294 f.); Krebs, NVwZ 1985, 609 (613). 156 Dazu sogleich 2. Kap. B. I. 1. c).
B. Systematisierung der Sachbereichsspezifika
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1. Existenz eines „Anstaltsrechts“ als selbständiger Teilrechtsbereich Das Ergebnis einer Suche nach etwaigen normativen Grundlagen eines Anstaltsrechts gestaltet sich rar. Eine Kodifikation eines allgemeinen Anstaltsrechts im deutschen Verwaltungsrecht existiert nicht. Die Rechtsordnung kennt darüber hinaus auch keine spezifischen „anstaltlichen“ Normen von allgemeiner Bedeutung; stattdessen finden sich vereinzelt anstaltsbezogene Bestimmungen entweder im Organisationsrecht157 oder im materiellen Fachrecht, in dem mitunter das Erfordernis bzw. die Begründung eines Benutzungsverhältnisses in Spezialgesetzen angeordnet wird. Ein gesetzgeberisches Gesamtkonzept eines „Anstaltsrechts“ ist bei Betrachtung der Einzelregelungen insoweit nicht erkennbar.158 Ein Rechtsgebiet, das einer spezifischen Systematik und Dogmatik zuführbar ist, lässt sich anhand der Einzelregelungen damit grundsätzlich nicht ausmachen. Als Anstaltsrecht wird vielmehr allgemein das jeweilige Organisationsstatut der betroffenen Anstalt verstanden, das der Anstaltsträger als Rechtsregime selbst ausgestalten kann und bei dessen Ausgestaltung ihm grundsätzlich große Gestaltungsfreiheiten zur Verfügung stehen.159 Mit Blick auf Inhalt und Reichweite von solchen Regelungsbefugnissen mag es aus wissenschaftlicher Zweckmäßigkeit geboten sein, eine Eingrenzung als „Anstaltsrecht“ vorzunehmen, um damit Problemfelder abgrenzen und dogmatisch lösen zu können. a) Konturierungsversuche eines Anstaltsrechts Noch bevor Otto Mayer die Anstalt des öffentlichen Rechts prägen konnte, wurde anstaltliche Verwaltung begrifflich und der Sache nach als (nicht abgegrenzter) Teilbereich des öffentlichen Sachenrechts verstanden.160 Nach Mayers traditioneller und auch heute noch überwiegend gebräuchlicher Ausgangsdefinition in Wissenschaft, Lehre und Rechtsprechung ist eine öffentliche Anstalt „ein Bestand von Mitteln, sächlichen wie persönlichen, welche in der Hand eines Trägers öffentlicher Verwaltung einem besonderen öffentlichen Zwecke dauernd zu dienen bestimmt sind“ 161. Der Fokus wurde dabei nicht auf eine sachenrecht157
Vgl. etwa §§ 41 ff. LVwG SH. Ähnl. auch Jecht, Die Öffentliche Anstalt, S. 39. 159 Vgl. Mayen, DÖV 2001, 110 (117). 160 F. F. v. Mayer, Grundsätze des Verwaltungs-Rechts, S. 169 ff.; zur Bedeutung von F. F. v. Mayer vgl. Ishikawa, Friedrich Franz von Mayer, S. 80 f., 176 ff.; Dennewitz, Die Systeme des Verwaltungsrechts, S. 66 ff.; Stolleis, in: Jeserich/Pohl/v. Unruh (Hrsg.), Deutsche Verwaltungsgeschichte, Bd. II, S. 56 (90 f.); zusammenf. hierzu Löwer, DVBl 1985, 928 (928); Wenninger, Geschichte der Lehre vom besonderen Gewaltverhältnis, S. 52. 161 Mayer, Dt. VerwR, Bd. II, 1. Aufl., § 51, S. 318; Bd. II, 3. Aufl., § 51, S. 268; ähnl. bereits ders., Theorie des französischen Verwaltungsrechts, § 34, S. 225; ausf. hierzu Kunze, Die Entwicklung des Anstaltsrechts, S. 9 ff. 158
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2. Kap.: Verfassungsrechtliche Anforderungen
liche, sondern auf die organisationsrechtliche Komponente in der Begründung einer eigenen Verwaltungseinheit gelegt.162 Zentralbegriff und Rechtsfolge des Anstaltsbegriffs von Mayer war die „Anstaltsgewalt“, die das Funktionieren der Anstalt sichern sollte und als Rechtsmacht im besonderen Gewaltverhältnis außerhalb des Vorbehalts des Gesetzes auch zu Grundrechtseingriffen ermächtigen sollte.163 Diese Definition des Anstaltsbegriffs sah sich allerdings seit jeher Kritik ausgesetzt. So wurde treffend entgegnet, dass jede öffentliche Verwaltung auf einen sie jeweils kennzeichnenden, besonderen öffentlichen Zweck ausgerichtet sei, sodass die Definition Mayers schlichtweg abstrakt die äußere Sachlage und die Funktionsvoraussetzungen jedweder Verwaltung beschreibe und damit letztlich völlig konturenlos sei.164 „Anstalt“ im Sinne Otto Mayers sei letztlich die Veranstaltung von Verwaltung, die Verwaltung „in Aktion“ 165. Dies entspricht auch der weiteren Verwendung des Begriffs durch Mayer, der damit höchst unterschiedliche Verwaltungstätigkeiten erfasste, namentlich alle Verwaltungseinheiten staatlicher Funktionsbereiche wie etwa Heer, Sternwarten, Akademien, Schulen, Sparkassen, Post, Eisenbahnen, aber auch Gerichte und letztlich den Staat selbst.166 Aufgrund dieses sehr weiten Ansatzes wurde versucht, den Anstaltsbegriff weiter einzugrenzen und handhabbar zu machen. b) Terminologische Eingrenzung Im Vordergrund der Mayer’schen Definition stand der Teilaspekt des „Bestands von Mitteln“, für den es nicht genügen sollte, dass die Sache einer Anstalt diene; die Sache müsse vielmehr die Anstalt selbst verkörpern.167 Dies führte zunächst zur Einordnung auch von Sachinbegriffen wie Land- und Wasserstraßen, Flüssen, u. ä. ohne bürokratische Organisation als Anstalt. Aufgrund des weiten Anwendungsbereichs des Anstaltsbegriffs wurde daher auch von einem „unbürokratischen Anstaltsbegriff“ 168 gesprochen. Mit fortschreitender wissenschaftlicher Auseinandersetzung verlagerte sich der Schwerpunkt der Mayer’schen De162
Vgl. Kunze, Die Entwicklung des Anstaltsrechts, S. 5. Mayer, Dt. VerwR, Bd. II, 1. Aufl., § 52, S. 335; vgl. hierzu Berg, NJW 1985, 2294 (2295); ausf. zur Begründung und rechtlichen Einordnung der Anstaltsgewalt s. 4. Kap. A. 164 Vgl. Rüfner, Formen öffentlicher Verwaltung, S. 290 ff.; Schmidt, Gesetzesvollziehung durch Rechtsetzung, S. 63; Breuer, VVDStRL 44 (1986), S. 211 (213, 217); Krebs, NVwZ 1985, 609 (613); Löwer, DVBl 1985, 928 (930): „grenzenlose Weite“. 165 Krebs, NVwZ 1985, 609 (610); Rüfner, DÖV 1985, 605 (607); Bartels, Die rechtliche Ordnung der Benutzung, S. 88. 166 S. Mayer, Dt. VerwR, Bd. II, 1. Aufl., § 51, S. 318, 322 f.; Bd. II, 3. Aufl., § 56, S. 332 ff.; vgl. dazu Rüfner, Die Verwaltung 17 (1984), S. 19 (21 f.); ders., DÖV 1985, 605 (606 f.). 167 Mayer, Theorie des französischen Verwaltungsrechts, § 35, S. 230. 168 Vgl. Nafpliotis, Die Anstaltsgewalt und ihre Grenzen, S. 11 f. 163
B. Systematisierung der Sachbereichsspezifika
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finition jedoch immer weiter zu der Verbindung des Bestands mit sächlichen und persönlichen Mitteln. Indem das Hauptaugenmerk auf die Verknüpfung zwischen Bestand und sächlichen wie persönlichen Mitteln gelegt wurde, wurde für die so verstandene Anstalt ein Mindestmaß an Organisation erforderlich, weshalb vornehmend vom „bürokratischen Anstaltsbegriff“ gesprochen und bloße Sachinbegriffe mit dieser Schwerpunktsetzung ausgeschlossen wurden.169 Die Kritik an dem weitgehend konturenlosen Mayer’schen Anstaltsbegriff wurde vor allem durch die Bildung eines „funktionalen Anstaltsbegriffs“ zu entschärfen versucht.170 Hierbei stand vor allem die Abgrenzung zwischen Anstalt und Behörde im Vordergrund. Der funktionale Anstaltsbegriff lässt sich auf Thoma zurückführen, der in der Anstalt in Übereinstimmung mit Mayer einen zugleich objektivierten und personifizierten Betrieb sah, innerhalb dessen eine eigene Zwecksetzung erwachse.171 Weiter geht der funktionale Anstaltsbegriff i. S. v. Köttgen, der sich vor allem an der Heranziehung (irgend-)eines öffentlichen Zwecks zur Definition der Anstalt störte und daher anstelle des vagen Erfordernisses des „öffentlichen Zwecks“ die Erfüllung der greifbareren Voraussetzung einer „öffentlich-rechtlichen Nutzungsordnung“ verlangte.172 Mit Anerkennung dieser Voraussetzung ist die Annahme verbunden, die Anstalt sei typische Organisationsform der Leistungsverwaltung.173 Heute wird weit überwiegend für bestimmte formelle Voraussetzungen zur Bestimmung des Anstaltsbegriffs eingetreten, die von der Definition Mayers ausgehen. Der weiten Ausgangsdefinition Mayers entspricht indes auch die bloße Negativabgrenzung des Anstaltsbegriffs, nach der eine Anstalt „alle organisierten Subjekte öffentlicher Verwaltung, die nicht Körperschaften und nicht Stiftungen sind“ 174, sein soll. Eine ähnliche Negativabgrenzung ohne positiv greifbare Umschreibung liefert auch die Definition, wonach die Anstalt eine von der öffentlichen Verwaltung getragene und beeinflusste Organisationsform sei, die jedoch von Körperschaft, Stiftung und einer öffentlichen Sache unterscheidbar sei, unmittelbar einem öffentlichen Zweck diene und als Organisationseinheit einen vom Recht zugeschriebenen „selbständigen Raum eigener Gestaltung“ 175 um169
Vgl. Jecht, Die Öffentliche Anstalt, S. 18 f.; Nafpliotis, Die Anstaltsgewalt und ihre Grenzen, S. 12. 170 Krit. im Hinblick auf die Lehre vom funktionalen Anstaltsbegriff Nafpliotis, Die Anstaltsgewalt und ihre Grenzen, S. 14 ff. 171 Thoma, Polizeibefehl, S. 356 f. 172 Köttgen, VVDStRL 6 (1929), S. 105 (122 ff.); vgl. hierzu Pohl, Der Begriff der öffentlichen Anstalt, S. 38 ff.; für ein neues funktionelles Anstaltsverständnis Chen, Öffentlich-rechtliche Anstalten und ihre Nutzung, S. 23 ff. 173 Vgl. Köttgen, VVDStRL 6 (1929), S. 105 (109); Jecht, Die Öffentliche Anstalt, S. 49 ff., 53, 104; Lange, VVDStRL 44 (1986), S. 169 (173). 174 Wolff/Bachof/Stober/Kluth, Verwaltungsrecht II, § 86 Rn. 8. 175 Nafpliotis, Die Anstaltsgewalt und ihre Grenzen, S. 19.
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2. Kap.: Verfassungsrechtliche Anforderungen
fasse. Diese Definition bleibt bis auf feine Formulierungsdifferenzen nah an dem Mayer’schen Anstaltsbegriff haften. Die Einräumung eines selbständigen Raums eigener Gestaltung mag als Ausdruck eines Autonomiebereichs oder einer – näher zu konturierenden – „Anstaltsgewalt“ zu deuten sein. Das Problem der Konturenlosigkeit kann eine solche Definition jedoch gerade nicht lösen. Wohl herrschend ist mittlerweile die Anreicherung bzw. Konkretisierung der Ausgangsdefinition Mayers um drei Merkmale, die für eine Anstalt des öffentlichen Rechts charakteristisch sein und den weiten Anstaltsbegriff näher konturieren sollen: So stelle sich die Anstalt aufgrund ihrer organisatorischen Zusammenfassung von Sachmitteln und Verwaltungspersonal erstens als verselbständigte Verwaltungseinheit dar; zweitens sei die Anstalt durch eine jeweils spezifische öffentliche Zwecksetzung dazu bestimmt, dem Zweck entsprechende Aufgaben, primär der Leistungsverwaltung, wahrzunehmen; und drittens habe die Anstalt Benutzer, die solche Leistungen entgegennehmen.176 Aber auch diese Konkretisierung kann den Anstaltsbegriff nicht ausreichend einfassen. So kann wiederum mit Blick auf die Konturenlosigkeit des Begriffs entgegnet werden, dass schlicht jede Verwaltungseinheit durch eine Zusammenfassung von Sachmittel und Personal funktionsfähig wird, um einen für diese bestimmte Verwaltungseinheit spezifischen öffentlichen Zweck wahrzunehmen. Auch die Charakterisierung der Anstalt durch Benutzer, was gleichzeitig als Abgrenzungskriterium zur Körperschaft fungieren soll, ist nicht zutreffend. Denn benutzbar ist nicht die Anstalt selbst, es geht vielmehr um die unmittelbare Teilhabe an den durch sie bereitgestellten sächlichen und personellen Mitteln dergestalt, dass der Benutzer von ihnen selbst Gebrauch machen und diese auf diese Weise also benutzen kann.177 Zudem gibt es als Anstalt organisierte Verwaltungseinheiten, deren Sach- und Personalmittel nicht benutzbar sind, während ebenso auch Körperschaften sowie andere juristische Personen, nicht nur des öffentlichen Rechts, über benutzbare Sachen und Einrichtungen verfügen können.178 Wird also angenommen, die nutzbare Anstalt stehe im Zentrum des Interesses des Anstaltsbegriffs,179 wird deutlich, dass ein so verstandener Anstaltsbegriff organisationsrechtliche und nutzungsrechtliche Komponenten beinhaltet, die eine Abgrenzung des Anstaltsbegriffs und dessen dogmatische Durchdringung jedenfalls erschweren, wenn nicht sogar verhindern.
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Maurer/Waldhoff, Allg. VerwR, § 23 Rn. 54. Heymann, Wesen und Notwendigkeit der öffentlichen Anstalt, S. 62 f.; zust. Laubinger, in: Geis (Hrsg.), FS Maurer, S. 641 (652). 178 Laubinger, in: Geis (Hrsg.), FS Maurer, S. 641 (652, 656 f.). 179 Vgl. statt vieler Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts, Bd. I, S. 407 ff., 494. Mayer, Dt. VerwR, Bd. II, 3. Aufl., § 51, S. 268 ff. nennt seinen Anstaltsbegriff in § 51 seines Lehrbuchs unter der Überschrift „Gewährte Anstaltsnutzungen“; im späteren 6. Abschnitt über die rechtsfähigen Verwaltungen wird dann in § 56, S. 331 ff. nur auf die obige Definition verwiesen. In Bezug auf Otto Mayer in diesem Sinne auch Köttgen, VVDStRL 6 (1929), S. 105 (109). 177
B. Systematisierung der Sachbereichsspezifika
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c) Die rein organisationsrechtliche Begriffsdeutung Die Vermengung von organisationsrechtlichen und nutzungsrechtlichen Fragen ist dabei bereits ein „Geburtsfehler“ des Anstaltsbegriffs, den Mayer „als Organisationsform definiert, aber als Handlungsform konzipiert“ 180 hat. Zwischen beiden Regelungskreisen gibt es jedoch nicht nur keine logische Verknüpfung;181 die Vermengung zwischen organisationsrechtlichen und nutzungsrechtlichen Inhalten in einem einheitlich verstandenen Anstaltsbegriff birgt vielmehr theoretische wie praktische Schwierigkeiten. Zunächst steht die Anstalt als solche nicht der Benutzung offen und je nach Aufgabentypologie und Verselbständigung haben Anstalten auch nicht immer einen benutzbaren Personen- bzw. Sachbestand, sodass eine Vermengung beider Regelungskreise nicht einheitlich dem Anstaltsbegriff zugeordnet werden kann. Handelt es sich jedoch um eine nutzbare Anstalt, so wurde der Begriff gemeinhin sowohl unter organisationsrechtlichen als auch nutzungsrechtlichen Perspektiven bedient. Diese Verbindung der formellen und materiellen Regelungskomplexe unter einem einheitlichen Begriff verstellt jedoch die Sicht auf bereichsspezifische Problemlagen und hieraus resultierende Regelungsbedürfnisse. Der organisationsrechtliche Teil betrifft dabei Fragen des Personenrechts, also insbesondere der Abgrenzung zwischen Rechtsfähigkeit und Nicht- bzw. Teilrechtsfähigkeit einer Anstalt, der Beziehung der ausgegliederten Anstalt zum Anstaltsträger, Anstaltslast und Gewährträgerhaftung und schließlich Fragen des Gesetzesvorbehalts. Da es sich hierbei allein um organisationsrechtliche Fragen handelt, wird der Gesetzesvorbehalt ausschließlich als institutioneller Gesetzesvorbehalt zu verstehen sein. Nicht zu vermengen sind solche formellen Fragen der Organisation von Verwaltungstätigkeit allerdings sodann mit materiellen Fragen der Nutzung. Nutzungsfragen betreffen im Wesentlichen andere Problemkreise und weisen andere Regelungsbedürfnisse auf. Dabei unterscheiden sich die eine Nutzung betreffenden oder an diese angelehnten materiellen Rechtsgebiete, etwa das öffentliche Sachenrecht, allgemein die Leistungsverwaltung oder das Kommunalrecht. Die unterschiedlichen Fachregelungen lassen darauf schließen, dass ein homogenes Regelungsbedürfnis und eine homogene Regelungsmöglichkeit im Hinblick auf nutzungsrelevante Fragen im Rahmen eines auch die Nutzung umfassenden Anstaltsbegriffs nicht tauglich erscheinen. Die Unterscheidung zwischen organisationsrechtlichen und nutzungsrechtlichen Regelungskreisen ist somit rechtlich zweckmäßig. Der Begriff der öffentlichen Anstalt sollte demnach nur organisationsrechtlich verstanden werden. Er trifft so verstanden keine Aussagen zu einrichtungsbezogenen, nutzungsrechtlichen oder gebüh180 Rüfner, Formen öffentlicher Verwaltung, S. 291; ders., Die Verwaltung 17 (1984), S. 19 (28, 30); zust. Krebs, NVwZ 1985, 609 (613); Laubinger, in: Geis (Hrsg.), FS Maurer, S. 641 (650); Wolfers/Kaufmann, DVBl 2002, 507 (509). 181 Rüfner, DÖV 1985, 605 (608).
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2. Kap.: Verfassungsrechtliche Anforderungen
renrechtlichen Fragen und ist folglich nicht mit nutzungsrelevanten Regelungsbereichen aufzuladen.182 aa) Überschneidungen mit dem Einrichtungsrecht Bedingt durch die vormalige Vermengung organisationsrechtlicher und nutzungsrechtlicher Komponenten wurde und wird der Anstaltsbegriff teilweise – jedenfalls in Form der nichtrechtsfähigen Anstalt – synonym mit dem Begriff der öffentlichen Einrichtung verwendet oder durch diesen ersetzt.183 Die Annahme einer Austauschbarkeit beider Begriffe lässt sich durch einen Blick auf die Entwicklung des Kommunalrechts erklären, das historisch zunächst die Begriffe der „öffentlichen Anstalt“ bzw. „öffentlichen Gemeindeanstalt“ kannte und erst im Laufe der Zeit den Begriff der öffentlichen Einrichtung neben und sodann an die Stelle der öffentlichen Anstalt setzte.184 Voraussetzung für eine synonyme Verwendung beider Begriffe auch nach der heutigen Dogmatik ist indes die Wesensgleichheit der Anstalt und der Einrichtung. Der Begriff der kommunalen öffentlichen Einrichtung ist nicht legaldefiniert und kann aufgrund seiner Offenheit auch kaum in Form einer subsumtionsfähigen Definition abgebildet werden.185 Die Versuche einer Definition scheitern an den fehlenden Möglichkeiten der Abgrenzung zu anderen Erscheinungsformen, da sie sämtliche Sachen und Sachgesamtheiten erfassen.186 Dieser Beobachtung 182 Berg, NJW 1985, 2294 (2295, 2301); Rüfner, Die Verwaltung 17 (1984), S. 19 (30 ff.); ders., DÖV 1985, 605 (608); Axer, Die Widmung als Schlüsselbegriff, S. 141; Laubinger, in: Geis (Hrsg.), FS Maurer, S. 641 (650); Brüning, WiVerw 2016, 37 (40); ähnl. bereits Scheuner, in: Conrad, u. a. (Hrsg.), GS Peters, S. 797 (800, Fn. 11); speziell zur gebührenrechtlichen Abgrenzungsperspektive Lamcke/Schubert, VR 2015, 112 (113). 183 Vgl. Jecht, Die Öffentliche Anstalt, S. 46 ff.; Mohl, Die kommunalen öffentlichen Einrichtungen, S. 32, 70 f.; Peine, JZ 2006, 593 (607): „Unterfall“ der nutzbaren Anstalten; vgl. auch die Bsp. bei Laubinger, in: Geis (Hrsg.), FS Maurer, S. 641 (653 ff.). 184 Ausf. Scholz, Das Wesen und die Entwicklung der gemeindlichen öffentlichen Einrichtungen, S. 195 ff. m.w. N.; Laubinger, in: Geis (Hrsg.), FS Maurer, S. 641 (655); Axer, Die Widmung als Schlüsselbegriff, S. 140 m.w. N.; Bartels, Die rechtliche Ordnung der Benutzung, S. 85; Mohl, Die kommunalen öffentlichen Einrichtungen, S. 31, 70; Erichsen, Jura 1986, 148 (149); Badura, JuS 1966, 17 (18) m.w. N.; vgl. zum historisch-tatsächlichen Hintergrund der „Gemeindeanstalten“ Rüfner, Formen öffentlicher Verwaltung, S. 24 ff., 87 ff. 185 Axer, Die Widmung als Schlüsselbegriff, S. 144, der insoweit von der „Unmöglichkeit einer handhabbaren, präzisen Definition“ spricht. 186 Vgl. Schmidt-Jortzig, Kommunalrecht, Rn. 650: „Oberbegriff für alle organisatorisch dauerhaft und besonders verfaßten Leistungsbeziehungen“; Scholz, Das Wesen und die Entwicklung der gemeindlichen öffentlichen Einrichtungen, S. 244: „traditionelle und typisch kommunale, statusrechtlich formierte, organisationsrechtlich nicht typfixierte Verwaltungseinheit [. . .], die ihre öffentlich-rechtlichen Leistungen“ aufgrund formeller oder materieller Leistungsverhältnisse erbringt; Mohl, Die kommunalen öffentlichen Einrichtungen, S. 129: „Eine kommunale öffentliche Einrichtung ist ein benutzbarer, räumlich-sachlich abgegrenzter Sachbestand und bzw. oder ein Dienstleistun-
B. Systematisierung der Sachbereichsspezifika
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wird zwar Rechnung getragen, indem das Element „Einrichtung“ in den Definitionsversuchen mehrheitlich funktional ausgelegt wird,187 und hierunter eine Zusammenfassung von personellen und sächlichen Mitteln verstanden wird, die von der Kommune zum Zweck tatsächlicher Leistungserbringung im Bereich der Daseinsvorsorge188 unterhalten wird und eine gewisse organisatorische Eigenständigkeit, nicht aber notwendigerweise rechtliche Verselbständigung, aufweisen soll. Die funktionale Betrachtung auf den Zweck der Daseinsvorsorge zu fokussieren, hilft jedoch nicht weiter, da der Begriff „Daseinsvorsorge“ 189 keinen Rechtsbegriff bildet, aus dem Rechtsfolgen abzuleiten sind, und aufgrund seiner eigenen Unbestimmtheit nicht als Definitionsmerkmal in Betracht kommt.190 Auch die organisatorische Unterscheidung zwischen Eigenständigkeit und Verselbständigung trifft keine belastbare Unterscheidung, sondern suggeriert vielmehr ein quantitatives Stufenverhältnis zwischen Anstalt und öffentlicher Einrichtung im Hinblick auf den Organisationsgrad. Die Organisationsform einer Einrichtung ist allerdings nicht prädeterminiert, sondern offen. Organisationsrechtlich möglich ist der Betrieb einer Einrichtung als öffentlich-rechtliche Organisationseinheit wie der Anstalt, aber auch des Eigen- oder Regiebetriebs sowie als privatrechtliche Organisationsform. Der kommunalrechtliche Begriff der öffentlichen Einrichtung umfasst weiterhin auch bloße Sachinbegriffe in den Händen eines Verwaltungsträgers, wie einen Veranstaltungsplatz, eine Schleuse oder eine Werbetafel, die eine eigene Organisation nicht erforderlich machen und damit als Anstalt, die eine organisatorische Verselbständigung, wenn auch in ihrem Umfang umstritten,191 erfordert, nicht in Begen erbringender Personalbestand, der unmittelbar oder mittelbar von einer Kommune oder mehreren Kommunen gemeinsam aufgrund eines Widmungsaktes allen vom Widmungszweck erfaßten Personen oder Personenvereinigungen zur allgemeinen Benutzung bzw. Inanspruchnahme zur Verfügung gestellt wird.“ 187 Vgl. etwa OVG NRW, NJW 1976, 820 (821); Ossenbühl, DVBl 1973, 289 (289); Erichsen, Jura 1986, 148 (149); Erichsen/Frenz, Jura 1996, 213 (216); Dietlein, Jura 2002, 445 (446). 188 Vgl. auch Lange, Kommunalrecht, 13. Kap. Rn. 3 (S. 794, Fn. 2), der darin die Abgrenzung kommunaler Einrichtungen zu einerseits bloßen Gegenständen kommunalen Finanzvermögens und andererseits zu Behörden als personellen und sächlichen Organisationseinheiten zur Erzeugung rechtsverbindlicher Regelungsakte sieht; ähnl. auch Ossenbühl, DVBl 1973, 289 (289); Schoch, NVwZ 2016, 257 (259). 189 Grundlegend Forsthoff, Die Verwaltung als Leistungsträger, in Teilen abgedruckt in ders., Rechtsfragen der leistenden Verwaltung, S. 22 ff., 26; zur Konzeptentwicklung durch Forsthoff vgl. Kersten, Der Staat 44 (2005), S. 543 (544 ff.); ausf. auch Ringwald, Daseinsvorsorge als Rechtsbegriff, S. 30 ff.; Doerfert, JA 2006, 316 (316 ff.); Knauff, WiVerw 2011, 80 (80 ff.); Leisner, WiVerw 2011, 55 (55 ff.). 190 So auch Rüfner, in: Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 96 Rn. 10; Leisner, WiVerw 2011, 55 (63 f.); s. auch bereits Forsthoff, Rechtsfragen der leistenden Verwaltung, S. 12 f.; a. A. Bartels, Die rechtliche Ordnung der Benutzung, S. 27 f.; Ringwald, Daseinsvorsorge als Rechtsbegriff, S. 135 ff. 191 Vgl. Berg, NJW 1985, 2294 (2298 f.); Breuer, VVDStRL 44 (1986), S. 211 (224 ff.); Lange, VVDStRL 44 (1986), S. 169 (188).
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2. Kap.: Verfassungsrechtliche Anforderungen
tracht kommen.192 Die öffentliche Einrichtung ist damit „organisationsrechtlich neutral“ 193; sie kann in der Organisationsform Anstalt organisiert sein. Die Verknüpfung der Organisationsform Anstalt mit der Nutzungsform Einrichtung ist jedoch nicht zwingend. Der Vergleich zwischen Einrichtung und Anstalt kann daher nicht weiterführen, da diese bereits keinen gemeinsamen Maßstab teilen; die Begriffe bewegen sich vielmehr auf unterschiedlichen Ebenen.194 Deutungen, den Einrichtungsbegriff mit dem Anstaltsbegriff in ein qualitatives Verhältnis zu setzen,195 verkennen demnach die Inkompatibilität der Maßstäbe. Auch wenn eine abschließende und präzise Definition des Einrichtungsbegriffs nicht möglich erscheint, lassen sich doch Konstitutionselemente der Einrichtung ausmachen. Gemeinsam ist den Einrichtungen für die Einordnung als solche ihre Funktion, die tatsächliche Leistungserbringung, welche als Voraussetzung der Daseinsfürsorge und Daseinsvorsorge196 insofern spezifisch konturiert und verfassungsrechtlich im Sozialstaatsprinzip, Art. 20 Abs. 1 GG, verankert werden kann.197 Der Zweck der Einrichtung, die tatsächliche Leistungserbringung, kann somit als Geltungsgrund und gleichzeitig Betätigungsgrenze der kommunalen Einrichtungen angesehen werden.198 Der Einrichtungszweck wiederum wird durch die Widmung festgelegt, wodurch Geltungsgrund und Betätigungsgrenze letztlich der Entscheidung des Einrichtungsträgers obliegen. Damit bleibt zwar auch eine funktionale Betrachtung der öffentlichen Einrichtung für eine Begriffsdefinition beim ersten Zugriff denkbar weit. Die Anknüpfung an die Widmung macht aber deutlich, dass es auf die Funktion der Einrichtung, nämlich den durch Widmung festgelegten Zweck und Benutzungsvorgang, ankommt. Festgehalten werden kann in diesem Zusammenhang jedoch, dass der Einrichtungsbegriff von anderem rechtlichen Charakter als der allein die Organisationsform zuordnende Begriff der Anstalt ist. Denn während die Einrichtung sich stets
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Bull/Mehde, Allg. VerwR, § 22 Rn. 946. Axer, Die Widmung als Schlüsselbegriff, S. 140; ähnl. Evertz, Die Bedeutung der Grundrechte im Zusammenhang mit der Benutzung gemeindlicher öffentlicher Einrichtungen, S. 12. 194 So auch Laubinger, in: Geis (Hrsg.), FS Maurer, S. 641 (656); Hellermann, in: Dietlein/Hellermann, ÖffR in NRW, § 2 Rn. 252; ähnl. Erichsen, Jura 1986, 148 (152). 195 S. zum Einrichtungsbegriff als den „weiteren“ Begriff gegenüber dem Anstaltsbegriff Gern/Brüning, Deutsches Kommunalrecht, Rn. 919; Wolff/Bachof/Stober/Kluth, Verwaltungsrecht II, § 86 Rn. 10; Evertz, Die Bedeutung der Grundrechte im Zusammenhang mit der Benutzung gemeindlicher öffentlicher Einrichtungen, S. 12; Roth, Die kommunalen öffentlichen Einrichtungen, S. 31; Pappermann/Löhr, JuS 1981, 117 (118). 196 Vgl. die konkrete Einordnung bei Ossenbühl, DVBl 1973, 289 (289); zutreffend zur Maßgeblichkeit einer funktionalen Betrachtung Schoch, NVwZ 2016, 257 (259). 197 Ausf. dazu Bartels, Die rechtliche Ordnung der Benutzung, S. 31 ff. 198 Zum Einrichtungszweck als Grenze der Regelungsmöglichkeiten ausf. 4. Kap. B. I. 193
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in einem Benutzungsverhältnis erschließt, sind öffentliche Anstalten nicht zwingend benutzbar.199 Zudem verfügen die Träger kommunaler Einrichtungen aufgrund ihrer Organisationshoheit aus Art. 28 Abs. 2 GG bzw. der jeweiligen landesverfassungsrechtlichen Garantie sowie der Formenfreiheit der Leistungsverwaltung über eine Wahlfreiheit der Organisationsform.200 Eine Wesensgleichheit der Einrichtung und Anstalt besteht somit nicht; die Einrichtung kann in Form einer Anstalt organisiert sein, muss es aber nicht. Die Problemkreise um die Nutzung und etwaige Nutzungskonflikte sind damit kein anstaltsspezifisches Problem,201 sondern vielmehr ein einrichtungsbezogenes. Diskussionen rund um ein „Anstaltsnutzungsverhältnis“ führen somit zur unnötigen Vermengung von organisationsrechtlichen und nutzungsrechtlichen Problemen, die der theoretischen und dogmatischen Durchdringung der Nutzung und der von Benutzungsregelungen im Weg stehen. Daher ist der Bemühung beizupflichten, die beiden Themenkreise getrennt voneinander zu behandeln.202 bb) Überschneidung mit dem Recht der öffentlichen Unternehmen Gleiches gilt für die Abgrenzung zwischen Anstalt und sog. öffentlichem Unternehmen. Mayer sieht in öffentlichen Unternehmen ein durch seinen besonderen Zweck gekennzeichnetes und abgegrenztes „Stück öffentlicher Verwaltung“ 203. Damit entspricht die Definition weitestgehend seiner Definition der Anstalt und macht eine Abgrenzung zu dieser und der Einrichtungsnutzung erforderlich. Als Wesensmerkmale eines öffentlichen Unternehmens gelten weithin dessen wirtschaftliche Ausrichtung sowie die staatlichen Einflussmöglichkeiten auf dessen wirtschaftliches Handeln,204 je nach Organisationsform etwa eine unternehmerische Beherrschung durch die öffentliche Hand. Damit ist die Zweckbestimmung spezifisch auf ökonomische Belange festgelegt; über einen besonderen öffentlich-rechtlichen Status, etwa begründet durch einen Widmungsakt, trifft der Begriff des öffentlichen Unternehmens allerdings keine Aussage.205 Auch 199
Dazu bereits 2. Kap. B. I. 1. b), c). Bartels, Die rechtliche Ordnung der Benutzung, S. 70 ff., 86; ausf. zum Begriff der Organisationshoheit Schmidt-Jortzig, Kommunale Organisationshoheit, S. 26 ff. m.w. N. 201 So auch Axer, Die Widmung als Schlüsselbegriff, S. 141. 202 Vgl. die Vorschläge von Rüfner, Die Verwaltung 17 (1984), S. 19 (30 ff.); ders., DÖV, 1985, 605 (608); Berg, NJW 1985, 2294 (2295, 2301); Breuer, VVDStRL 44 (1986), S. 211 (224); Axer, Die Widmung als Schlüsselbegriff, S. 141. 203 Mayer, Dt. VerwR, Bd. II, 1. Aufl., § 33, S. 5; Bd. II, 3. Aufl., § 51, S. 268. 204 Vgl. Axer, Die Widmung als Schlüsselbegriff, S. 141 ff.; Berg, NJW 1985, 2294 (2297); Wolf, Anstalt des öffentlichen Rechts als Wettbewerbsunternehmen, S. 108 ff.; Scholz, Das Wesen und die Entwicklung der gemeindlichen öffentlichen Einrichtungen, S. 243 f. 205 Axer, Die Widmung als Schlüsselbegriff, S. 142 f. 200
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hier gilt daher zusammenfassend: Eine öffentliche Einrichtung kann als ein öffentliches Unternehmen zu qualifizieren sein, sie muss es aber nicht. Als Organisationsform des öffentlichen Unternehmens kann ebenso die Anstalt in Betracht kommen,206 es ist jedoch nicht auf diese Organisationsform festgelegt, sondern offen für verschiedene öffentlich-rechtliche wie privatrechtliche Organisationsformen. d) Zwischenergebnis Die vormals lebhaft geführte Diskussion um den Anstaltsbegriff ist „eher ohne Ergebnis beendet worden“ 207. Der Anstaltsbegriff bleibt diffus und ein allgemeines Rechtsinstitut „Anstalt“ als theoretischer Überbau der vielgestaltigen Lebenswirklichkeit öffentlicher Anstalten ist nicht auszumachen.208 Damit kann auch ein übergeordnetes Teilrechtsgebiet im Sinne eines allgemeinen „Anstaltsrechts“ als solches, das allgemeine Rechtsfolgen für Anstalten enthält, grundsätzlich nicht ausgemacht werden.209 Dafür ist der Begriff der Anstalt bereits nicht eindeutig, ein allgemeiner Teil unabhängig von den konkreten Anwendungsfeldern somit nicht realisierbar. Für eine eigenständige Bedeutung und Zuschreibung eines Anstaltsbegriffs ist die Unterscheidung organisationsrechtlicher und nutzungsrechtlicher Komponenten entscheidend. Hier kann die begriffliche Trennung praktischen Wert entfalten. Denn die Vermengung beider Komponenten verhinderte bislang die normative Durchdringung der organisationsrechtlichen und nutzungsrechtlichen Fragenkomplexe mehr, als dass sie zu einer Klärung beitragen konnte. Die Abgrenzung der Anstalt als selbständige Organisationsform von Körperschaft und Stiftung verschafft dem Anstaltsbegriff einen eigenen praktischen Wert für Wissenschaft und Praxis nur bei der Differenzierung zwischen Organisation und Nutzung.210 Zusammengefasst kann als Anstaltsrecht mangels Kodifizierung auf gesetzlicher Ebene und Systematisierung daher allein das (selbstgeschaffene) Recht der Anstalt, primär also die Organisationsakte zur inneren und äußeren Verfasstheit der Anstalt, deren Organe einschließlich deren Zuständigkeiten sowie Aufsichtsund Einwirkungsmöglichkeiten, verstanden werden.
206 Ausf. zur Anstalt als Organisationsform des Kommunalunternehmens Schraml, in: Mann/Püttner (Hrsg.), HkWP, Bd. II, 3. Aufl., § 45 Rn. 1 ff.; Ehlers, ZHR 167 (2003), S. 546 (554 ff.); Pencereci/Brandt, LKV 2008, 293 (294 ff.); Holz/Kürten/Grabolle, KommJur 2014, 281 (282 ff.); Katz, BWGZ 2016, 365 (366 ff.). 207 Weber, Die Entwicklung der Sparkassen zu selbständigen Anstalten des öffentlichen Rechts, S. 4. 208 So auch Breuer, VVDStRL 44 (1986), S. 211 (223); Krebs, NVwZ 1985, 609 (613). 209 Ähnl. Krebs, NVwZ 1985, 609 (610). 210 Papier, Recht der öffentlichen Sachen, S. 27.
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2. Eigenständige Relevanz eines „Anstaltsrechts“ als Teilrechtsbereich Der Anstaltsbegriff in der rein organisationsrechtlichen Begriffsdeutung hat zunehmend Beachtung und Systematisierung erfahren. Als Systematisierungskriterien dienen hierbei vor allem der Organisationsmodus und die rechtliche Verselbständigung.211 Rechtsfähige Anstalten des öffentlichen Rechts sind als juristische Personen selbständige Träger von Rechten und Pflichten. Ferner kann als Unterscheidungskriterium die Aufgabentypologie einer Anstalt herangezogen werden. Anstalten werden gänzlich unterschiedliche Aufgaben zuerkannt, so sind diese zum Teil Hilfsanstalt mit bloß verwaltungsinterner Funktion, Eingriffsanstalt, Leistungsanstalt, Sorgeanstalt, Versicherungsanstalt, Lenkungsanstalt sowie freiheitssichernde Anstalt.212 Die anstaltliche Organisationsform soll insoweit der Aufgabenerfüllung dienen; Anstaltsrecht wird mithin als „Zwecksicherungsrecht“ 213 aufgefasst. Konkrete Rechtsfolgen lassen sich abstrakt jedoch nicht ausmachen; maßgeblich ist das jeweilige Anstaltsorganisationsstatut. Mit einher gehen dabei auch die Vorzüge der Verselbständigung als Verwaltungseinheit. So kann Sondervermögen als etwaig fiskalischer Vorzug gebildet werden, die Organisationsform allein ermöglicht bereits ein freies und flexibles Handeln im Rechtsverkehr, eine begrenzte technokratische Eigenregie, die partizipatorische Mitverwaltung bestimmter Interessenten, die Freiheitssicherung durch institutionalisierte Staatsfreiheit und binnenpluralistische Organisation.214 Insofern bildet die Verselbständigung einer Verwaltungseinheit als eigenständige Organisationsform bereits Vorteile auch mit Blick auf den Handlungsmodus und die Aufgabenerfüllung. Eine Eingrenzung des Anstaltsbegriffs kann jedoch auch die funktionstypologische Betrachtung nicht erbringen. Sie stellt lediglich deskriptiv den IstBestand an Anstalten dar. Unter Beachtung der erarbeiteten Begriffsbestimmung der Anstalt sowie der Abgrenzung insbesondere zu öffentlichen Einrichtungen ist nun nach der Relevanz des Anstaltsrechts im Hinblick auf die Wesentlichkeitsdoktrin zu fragen. Den Anknüpfungspunkt kann dabei aber aufgrund des zugrunde gelegten Begriffsverständnisses nur das anstaltliche Organisationsrecht bilden. Auf organisationsrechtlicher Ebene dient der Anstaltsbegriff vor allem der Bildung und Zuordnung verschiedener Rechtsträger, aber auch der Beantwortung der weiteren 211 Vgl. hierzu Berg, NJW 1985, 2294 (2298); Breuer, VVDStRL 44 (1986), S. 211 (224 ff.); Krebs, NVwZ 1985, 609 (616); Lange, VVDStRL 44 (1986), S. 169 (188 ff.). 212 Ausf. zur Multifunktionalität und Aufgabentypologie Breuer, VVDStRL 44 (1986), S. 211 (231 ff.). 213 Kromer, Sachenrecht des Öffentlichen Rechts, S. 69 m.w. N.; insb. zur Funktion der Anstaltsgewalt als Zwecksicherungsrecht Wolff/Bachof/Stober/Kluth, Verwaltungsrecht II, § 86 Rn. 61; s. ausf. hierzu 4. Kap. A. II. 2. 214 Breuer, in: Starck (Hrsg.), Erledigung von Verwaltungsaufgaben durch Personalkörperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts, S. 15 (76 ff.).
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dargestellten organisationsrechtlichen Problemkreise. Die Rechtsfähigkeit der Anstalt betrifft insoweit nicht nur das Organisationsrecht, sondern auch die Rechtsstellung des Einzelnen.215 Fragen der Errichtung, der Organisation und des Verfahrens einer Anstalt haben wesentlichen Anteil an der Grundrechtssicherung und Grundrechtsverwirklichung der mit der Anstalt in Kontakt kommenden Personen.216 Solch organisationsrechtliche Fragen sind vor dem Hintergrund des institutionellen Vorbehalts des Gesetzes, der auf rechtsstaatliche und demokratieprinzipielle Herleitungen abstellt, zu beantworten. Unter Rechtsstaatsgesichtspunkten ist es mit Blick auf die Rechtssicherheit erforderlich, zumutbar erkennen zu können, welcher Rechtsträger tätig wird. Handelt es sich daher um die Errichtung und Organisation einer rechtsfähigen Anstalt, erfordert die Errichtung eine formalgesetzliche Grundlage. Maßgeblich sind insoweit die im Rahmen des institutionellen Gesetzesvorbehalts entwickelten Parameter;217 die Basis des Vorbehaltsgedankens liegt mit Blick auf den Anstaltsbegriff dabei vor allem in der organisationsrechtlichen Verselbständigung der Verwaltungseinheiten und deren Grundrechtsrelevanz.218 Allerdings kommt dem so verstandenen, rein organisationsrechtlichen Anstaltsrecht mit Blick auf die Reichweite von Regelungsbefugnissen im Zusammenhang mit den hier zu untersuchenden Benutzungsregelungen, also nutzungsrechtlichen Fragestellungen, keine Relevanz zu. 3. Sachbereichsspezifische Erkenntnisse des Anstaltsrechts für den Vorbehalt des Gesetzes bei Benutzungsregelungen Die etwaige organisationsrechtliche Einordnung als Anstalt, innerhalb derer ein Benutzungsverhältnis besteht, spielt also für die Frage nach den Regelungsund Ausgestaltungsbefugnissen im Rahmen von Benutzungsordnungen keine Rolle. Für die Anforderungen und Ausgestaltungsmöglichkeiten der Rechtsverhältnisse bei der Benutzung ist zunächst irrelevant, ob eine Anstalt im organisationsrechtlichen Sinne gegeben ist.219 Zwar können bei einigen Organisationsformen, etwa bei rechtsfähigen Anstalten des öffentlichen Rechts, weitere Besonderheiten insbesondere mit Blick auf den Rechtsschutz aufgrund der Einordnung als
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Ohler, AöR 131 (2006), S. 336 (346). Vgl. Berg, NJW 1985, 2294 (2299) m.w. N. 217 Vgl. zum institutionellen Vorbehalt des Gesetzes oben 2. Kap. A. I. 1. d); ausf. hierzu Burmeister, Herkunft, Inhalt und Stellung des institutionellen Gesetzesvorbehalts, S. 193 ff.; 224 ff. 218 Schmidt-Aßmann, in: Stödter/Thieme (Hrsg.), FS Ipsen, S. 333 (348); Ohler, AöR 131 (2006), S. 336 (358 ff.); Krebs, NVwZ 1985, 609 (614 f.); Lange, VVDStRL 44 (1986), S. 169 (196). 219 So bereits Berg, NJW 1985, 2294 (2295); ähnl. auch Kromer, Sachenrecht des Öffentlichen Rechts, S. 56. 216
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juristische Person und damit als eigenständigen Rechtsträger auftreten. Maßgeblich für die Frage der Regelungsmöglichkeit von auch belastenden Benutzungsregelungen ist allerdings allein, dass überhaupt eine Nutzung stattfindet und dadurch Nutzungsmöglichkeiten durch Rechte und Pflichten der am Benutzungsverhältnis Beteiligten regelungsbedürftig sind. Die Nutzungsmöglichkeit ist dabei nicht auf Anstalten im organisationsrechtlichen Sinne begrenzt, sondern organisationsrechtlich neutral. Demgegenüber gibt es auch Anstalten, die gerade keine Benutzungsmöglichkeit vorsehen. Eine spezifische Lesart des Vorbehalts des Gesetzes bei Benutzungsregelungen wegen vermeintlicher „anstaltlicher Eigengesetzlichkeiten“ 220 kann es damit nicht geben. Die Erfassung der Problematik belastender Benutzungsregelungen in der Systematisierung als „Anstaltsverhältnisse“ kann nach der hier vertretenen, bloß organisationsrechtlichen Lesart des Anstaltsbegriffs daher nicht gelingen. Denn eine inhaltliche Auseinandersetzung mit Nutzungsfragen kann der bloß organisationsrechtlich verstandene Anstaltsbegriff nicht leisten. Etwaige Besonderheiten der Benutzungsregelungen als materielles Verwaltungsrecht gegenüber Benutzern können der Organisationsform „Anstalt“ also nicht entnommen werden.221 Im Rahmen der Organisationsform kann allein die Organisationsgewalt im Bereich des institutionellen Vorbehalts des Gesetzes Beachtung finden.
II. Das Recht der öffentlichen Sachen als materiell-rechtliches Sachbereichsspezifikum Möglicherweise weist ein „Recht der öffentlichen Sachen“ Besonderheiten im Benutzungsverhältnis auf, die im Rahmen des Vorbehalts des Gesetzes sachbereichsspezifisch wirken können. Zunächst ist dabei die Relevanz eines öffentlichen Sachenrechts für das Benutzungsverhältnis klarzustellen, um etwaige Besonderheiten ausmachen zu können. Die Möglichkeit einer benutzungsspezifischen Lesart der Vorbehaltslehre aufgrund des Rechts der öffentlichen Sachen könnte deswegen maßgeblich sein, weil als Funktion des öffentlichen Sachenrechts neben dem Schutz vor Sachentzug durch das Privatrecht gemeinhin auch die Regelung der Nutzung öffentlicher Sachen thematisiert wird.222 Gelten für die Benutzungsregelungen öffentlicher Einrichtungen besondere sachenrechtliche Spezifika, könnten diese als Besonderheiten typisiert für den Vorbehalt des Gesetzes handhabbar gemacht werden. Zu klären ist also, ob im Einrichtungsrecht 220 So aber Lange, VVDStRL 44 (1986), S. 169 (182 f.), der in der Sache jedoch nicht anstaltsrechtliche Spezifika, sondern durch den Bezug zur Widmung leistungsverwaltungsrechtliche Spezifika umschreibt und damit wiederum Organisationsrecht und Nutzungsrecht verknüpft. 221 So auch Breuer, VVDStRL 44 (1986), S. 211 (224). 222 So jedenfalls beim unstreitigen „Prototyp“ des Rechts der öffentlichen Sachen, dem Straßen- und Wegerecht, vgl. Axer, Die Widmung als Schlüsselbegriff, S. 27.
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2. Kap.: Verfassungsrechtliche Anforderungen
ein besonderer Status223 begründet wird, der dem öffentlichen Sachenrecht zugeschrieben wird. Hierbei ist besonders auf die Rechtsfigur der Widmung als Grundbegriff des öffentlichen Sachenrechts abzustellen. Insoweit könnte die Regelungsbefugnis der Nutzung im Hinblick auf belastende Benutzungsregelungen Besonderheiten des Rechts der öffentlichen Sachen aufweisen. Das Recht der öffentlichen Sachen kann indes bei der Frage des Vorbehalts des Gesetzes nur Relevanz beanspruchen, wenn dem Recht der öffentlichen Sachen erstens auch im Bereich der Benutzungsverhältnisse kommunaler Einrichtungen Bedeutung und dem Einrichtungsrecht zweitens auch tatsächlich diese Statusfunktion zukommt. 1. Benutzungsverhältnisse im „Recht der öffentlichen Sachen“ Ein Recht der öffentlichen Sachen ist nicht eigenständig kodifiziert, soll aber gemeinhin „alle durch Akte des öffentlichen Sachenrechts entstandenen Eigenschaften eines Sachgegenstands“ 224 umfassen. Voraussetzung für die Unterstellung unter das Regime des Rechts der öffentlichen Sachen ist die Zuordnung zur Kategorie der öffentlichen Sache; allerdings wird bereits der Begriff der öffentlichen Sache unterschiedlich verstanden.225 Dies beruht vor allem auf einer Vermengung von unterschiedlichen, zu trennenden Aspekte bei der Betrachtung dieser Rechtsmaterie. So wird teilweise auf den Sachbegriff allein,226 teilweise auf den öffentlich-rechtlichen Herrschaftsstatus, also die antizipierten Folgen,227 oder aber die Funktion, also die Erreichung des öffentlichen Zwecks,228 abgestellt. Ferner wird verschiedentlich bereits die Existenz eines „Rechts der öffentlichen Sachen“ mit dem Argument angezweifelt, die gemeinhin proklamierten einheitlichen Wesensmerkmale eines als öffentliche Sachen angesehene Gegenstände umfassenden Rechtsbereichs könnten schon nicht ausgemacht werden;229 dies zieht jedenfalls eine Konsequenz aus den schon vorher proklamier223 Vgl. zum öffentlichen Sachenrecht als „Statusrecht“ Schmidt-Jortzig, NVwZ 1987, 1025 (1028); Fehling, JuS 2003, 246 (247). 224 Kromer, Sachenrecht des Öffentlichen Rechts, S. 35. 225 Zusammenf. Kessen, Die Sicherung der Widmung öffentlicher Sachen, S. 12 ff.; krit. v. a. Axer, Die Widmung als Schlüsselbegriff, S. 26, der den Begriff trotz langer Tradition bislang noch für ungeklärt hält; vgl. auch Papier, Recht der öffentlichen Sachen, S. 1, der den Begriff der öffentlichen Sachen als Sammelbezeichnung für „höchst inhomogene[r] Vermögensgegenstände“ ansieht; zust. Manssen, JuS 1992, 745 (746 f.). 226 Zum Sachbegriff etwa Kessen, Die Sicherung der Widmung öffentlicher Sachen, S. 16 ff.; Pappermann/Löhr/Andriske, Recht der öffentlichen Sachen, S. 4 f.; Höfling, JA 1987, 605 (608). 227 Vgl. Ehlers, NWVBl. 1993, 327 (328): „Herrschaftsregime dinglicher Art“; Papier, Recht der öffentlichen Sachen, S. 16, wonach ein dinglicher Status nicht zwingend erforderlich sei, sondern eine öffentlich-rechtliche Nutzungsordnung genüge; ähnl. bereits Maunz, Hauptprobleme des öffentlichen Sachenrechts, S. 71 ff., der öffentliche Sachen ebenso losgelöst von einem Sachgegenstand i. S. e. Rechtsverhältnisses bestimmte. 228 Germann, AöR 128 (2003), S. 458 (459); ähnl. Höfling, JA 1987, 605 (606); Stern, VVDStRL 21 (1964), S. 183 (183, 195 ff.).
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ten Erkenntnissen, das Rechtsgebiet sei ein „Trümmerhaufen“ 230, in dem „Rechtszersplitterung“ 231 und „Konturenlosigkeit“ 232 vorherrsche. Dies belegt auch die uneinheitliche Bezeichnung, die je nach Schwerpunktsetzung und Perspektive der vermeintlich ausgemachten Wesensmerkmale des „Rechtsgebiets“ zwischen dem „öffentlichen Sachenrecht“ 233 aus einer zivilistischen Perspektive als dritte Säule neben Mobiliar- und Immobiliarsachenrecht und dem „Recht der öffentlichen Sachen“ 234 schwankt, das sich vornehmlich aus einer öffentlichrechtlichen Perspektive ergibt. Mit dieser terminologischen Unsicherheit in der Wissenschaft sind ebenfalls Unklarheiten bei der rechtlichen Einordnung des Rechtsbereichs verbunden.235 Während in früherer Zeit die öffentliche Sache allein anhand des notwendigen Wesensmerkmals einer öffentlichen Zweckbindung oder einer öffentlich-rechtlichen Institutionalisierung definiert wurde,236 werden öffentliche Sachen mittlerweile nach allgemeiner Meinung als Gegenstände definiert, die unmittelbar einem öffentlichen Zweck dienen (Gemeinwohlfunktion), durch besonderen Rechtsakt einen öffentlichen Status erhalten haben (Widmung) und tatsächlich in den Dienst ihrer öffentlichen Zweckbestimmung gestellt wurden (Indienststellung).237 Teil229 Axer sieht die Fragen, die bisher unter dem Recht der öffentlichen Sachen behandelt werden als „Sammelsurium“ ohne Regelungs- und Sinnzusammenhänge, ein Rechtsgebiet existiere demnach nach Axer, Die Widmung als Schlüsselbegriff, S. 224 nicht; vgl. ders., in: Baldus, u. a. (Hrsg.), Heidelberger Thesen, S. 267 (285); Stelkens, Die Verwaltung 46 (2013), S. 493 (535); Lepsius, Besitz und Sachherrschaft im öffentlichen Recht, S. 145, der hierin keine spezifische verwaltungsrechtliche Kategorie erkennt. 230 Ehlers, NWVBl. 1993, 327 (332). 231 So bereits Schallenberg, Die Widmung, S. 2. 232 OVG NRW, NJW 1993, 2635 (2636). 233 So v. a. die frühere Lit., vgl. etwa Niehues, in: Menger (Hrsg.), FS Wolff, S. 247 (247 ff.): „Verwaltungssachenrecht“. 234 Vgl. die Bezeichnung im „neueren“ Schrifttum, etwa Papier, Recht der öffentlichen Sachen, passim; Pappermann/Löhr/Andriske, Recht der öffentlichen Sachen, passim; ausf. zu dieser Beobachtung Axer, Die Widmung als Schlüsselbegriff, S. 23 ff.; Walter, Die Stellung öffentlicher Einrichtungen im öffentlichen Sachenrecht, S. 4 f.: Synonyme beider Begriffe; anders explizit aber Kromer, Sachenrecht des Öffentlichen Rechts, passim. 235 S. insoweit die Literatur, die das Recht der öffentlichen Sachen teilweise als Sonderrechtsbereich des Allgemeinen Verwaltungsrechts behandelt, vgl. Papier/Durner, in: Ehlers/Pünder (Hrsg.), Allg. VerwR, § 38 Rn. 1 ff.; teilweise als Teilbereich des Besonderen Verwaltungsrechts, vgl. Kromer, Sachenrecht des Öffentlichen Rechts, S. 14, der vom öffentlichen Sachenrecht als „allgemeiner Teil einiger Gebiete des Besonderen Verwaltungsrechts“ spricht; ebenso Burgi, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. I, § 18 Rn. 114: „Allgemeiner Teil des Fachverwaltungsrechts“; zusammenf. Höfling, JA 1987, 605 (605 f.). 236 Zusammenf. zu älteren Definitionsversuchen Walter, Die Stellung öffentlicher Einrichtungen im öffentlichen Sachenrecht, S. 6 f. m.w. N. 237 Vgl. Erbguth, Jura 2008, 193 (194); Kment/Weber, JA 2013, 119 (120); speziell zu Friedhöfen Axer, DÖV 2013, 165 (165) m.w. N.
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weise werden öffentliche Sachen auch als „alle durch Akte des öffentlichen Sachenrechts entstandenen Eigenschaften eines Sachgegenstands“ 238 angesehen. Dieser Rekurs auf das öffentliche Sachenrecht kann allerdings den Sachbegriff nicht definieren, setzt er doch als „das Recht der öffentlichen Sachen“ genau das voraus, was durch Zusammenschau der öffentlichen Sachen erst bewiesen werden muss. a) Einrichtungen als öffentliche Sache? Obwohl die Widmung als Kreationsakt sowohl bei Einrichtungen239 als auch – unstrittig – bei öffentlichen Sachen anerkannt ist,240 ist das Verhältnis zwischen beiden immer noch nicht ausreichend geklärt. Zu dieser Unklarheit trägt gewiss auch bei, dass die nutzungsspezifischen Fragen in der Vergangenheit meist unter dem Begriff der Anstalt, des Anstaltsrechts bzw. der Anstaltsnutzung thematisiert wurden.241 Doch statt die theoretische und dogmatische Klärung des Verhältnisses zwischen Einrichtung und Sache voranzutreiben, werden Einrichtungen ohne nähere Begründung weiterhin als öffentliche Sache242 und in Abgrenzung zu den anderen Nutzungskategorien öffentlicher Sachen durch die Art der Nutzungszulassung als im „Anstaltsgebrauch“ stehend eingeordnet,243 was angesichts der Wesensverschiedenheit von Einrichtung und Anstalt244 zu fortwährender Konfusion beiträgt. Der Begriff des Anstaltsgebrauchs wird dabei jedoch nicht ausschließlich Sachen vorbehalten, die dem Bestand einer Anstalt des öffentlichen Rechts unterfallen, sondern auch Gegenständen sowie Gesamtheiten von Gegenständen sonstiger Einrichtungen wie Körperschaften und Stiftungen zugeschrieben. Maßgeblich für die Einordnung als „Anstaltsgebrauch“ ist dabei allein die Ausrichtung an einem bestimmten Gemeinwohlzweck, die tatsächliche Indienststellung und die 238
Kromer, Sachenrecht des Öffentlichen Rechts, S. 35. Vgl. zum Streit um die Erforderlichkeit der Widmung als Rechtsakt für die Errichtung der Einrichtung Axer, Die Widmung als Schlüsselbegriff, S. 145; Bartels, Die rechtliche Ordnung der Benutzung, S. 120 ff.; Mohl, Die kommunalen öffentlichen Einrichtungen, S. 24 ff.; a. A. Büermann, Die Rechtsstellung der gemeindlichen Veranstaltungsräume, S. 74 ff.; s. ausf. hierzu bereits 1. Kap. A. I. 240 Vgl. nur Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 35 Rn. 324; Walter, Die Stellung öffentlicher Einrichtungen im öffentlichen Sachenrecht, S. 69, 74. 241 Vgl. dazu bereits oben 2. Kap. B. I. 1. c). 242 Vgl. die Aufzählung ohne Differenzierung in Papier, Recht der öffentlichen Sachen, S. 1; Pappermann/Löhr/Andriske, Recht der öffentlichen Sachen, S. 1. 243 Vgl. nur Papier, Recht der öffentlichen Sachen, S. 27; Pappermann/Löhr/Andriske, Recht der öffentlichen Sachen, S. 128; wobei vereinzelt auf den terminologischen Fehlgriff hingewiesen und die Bezeichnung als „Sachen im Einrichtungsgebrauch“ favorisiert wird, vgl. etwa Axer, Die Widmung als Schlüsselbegriff, S. 148 (Fn. 59); ders., DÖV 2013, 165 (170); Mohl, Die kommunalen öffentlichen Einrichtungen, S. 88; Pappermann/Löhr/Andriske, Recht der öffentlichen Sachen, S. 6, 128. 244 Dazu oben 2. Kap. B. I. 1. c). 239
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Benutzung einem Anstaltsgebrauch entsprechend, d.h. die Benutzung durch die Öffentlichkeit bzw. einen spezifischen Personenkreis mit einem durchgängigen Zulassungserfordernis gerade in Abgrenzung zu anderen Nutzungsformen wie Gemeingebrauch oder Sondergebrauch.245 Der Terminus „Anstaltsgebrauch“ bezeichnet damit als Oberbegriff eine spezifische Nutzungsart in Abgrenzung zu anderen Nutzungsformen der öffentlichen Sachen im Zivilgebrauch. Ob es sich bei einer Einrichtung aber tatsächlich um eine öffentliche Sache handelt, also die Voraussetzung für eine derartige rechtliche Einordnung überhaupt gegeben ist, bleibt hingegen unklar. Aussagen, nach denen die „rechtlichen Verbindungslinien zwischen Sachen- und Anstaltsrecht (. . .) heute so komplex [sind], daß sich selbst die positive Gesetzgebung mitunter außerstande sieht, deren juristische Unterscheidung aufrechtzuerhalten“ 246, zeugen von dieser Konfusion und gleichen einer Kapitulation vor der rechtlichen Durchdringung der Materie. Bei der Untersuchung, ob eine Einrichtung eine öffentliche Sache ist, ist bereits unklar, ob auf die Einrichtung als Gesamtheit oder deren einzelnen Bestandteile abzustellen ist. Ausgangspunkt des Problems ist somit – anders formuliert –, ob die öffentliche Einrichtung selbst öffentliche Sache ist oder lediglich öffentliche Sachen hat. Aus der Perspektive der Widmung als Errichtungsakt ist die Einrichtung als Ganzes zu betrachten, nicht etwa unter Auffächerung jeder Sachposition, sodass die Einrichtung als Ganzes als öffentliche Sache angesehen werden könnte.247 Problematisch wird diese Gleichsetzung jedoch, wenn die öffentliche Sache eine komplexe Mittelstruktur aufweist und nicht allein aus sachlichen, sondern auch aus personellen Mitteln besteht. Die Möglichkeit einer Zusammenfassung von Personal- und Sachbestand ist zwar auch dem öffentlichen Recht nicht fremd,248 eine Subsumtion unter den Begriff der öffentlichen Sache ist jedoch unzulässig: Selbst bei Zugrundelegung eines eigenen öffentlichen Sachbegriffs,249 können Menschen nicht als Sache aufgefasst und gewidmet werden.250 Aufgrund dieser Situation wird vielfach favorisiert, allein den Sachbestand der öffentlichen Ein-
245 Vgl. Papier, Recht der öffentlichen Sachen, S. 23 ff.; Erbguth, Jura 2008, 193 (196, 199). 246 Scholz, Das Wesen und die Entwicklung der gemeindlichen öffentlichen Einrichtungen, S. 206 m.w. N. 247 So Badura, JuS 1966, 17 (19); als öffentliche Sache oder Sachgesamtheit bestehend aus öffentlichen Sachen einordnend Walter, Die Stellung öffentlicher Einrichtungen im öffentlichen Sachenrecht, S. 49 f. 248 Vgl. Papier, Recht der öffentlichen Sachen, S. 13. 249 S. statt vieler Pappermann/Löhr/Andriske, Recht der öffentlichen Sachen, S. 4 f.; einschränkend Papier, Recht der öffentlichen Sachen, S. 2; Häde, JuS 1993, 113 (113); a. A. noch Weber, VVDStRL 21 (1964), S. 145 (149, 173). 250 Axer, Die Widmung als Schlüsselbegriff, S. 149; Bartels, Die rechtliche Ordnung der Benutzung, S. 130.
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richtung als öffentliche Sache anzusehen.251 Öffentliche Einrichtung und öffentliche Sache seien demnach regelmäßig nicht gleichzusetzen. Erstere seien aufgrund einer „eigenen Prägung“ gegenüber öffentlichen Sachen „dominant“ und stellten eine „Organisationsform einer höheren Ebene“ dar.252 Zum Teil werden daher öffentliche Einrichtungen als „Zusammenfassungen von Sachen“ 253 angesehen. Verbreitet ist daher die Aussage: Anstalten bzw. richtigerweise Einrichtungen, da es um die Nutzung und nicht die Organisationsform geht, sind keine öffentlichen Sachen, sondern haben welche.254 Die Widmung als Kreationsakt der öffentlichen Einrichtung könne hierbei zugleich den Statusakt der Sachmittel als öffentliche Sachen beinhalten.255 Besteht die Einrichtung jedoch nur aus einer öffentlichen Sache, wie beispielsweise einer Anschlag- oder Werbetafel, können nach dieser Auffassung die Einrichtung und die Sache zusammenfallen. Aber auch diese Konstruktion eines „zweifachen“ Widmungsinhalts begegnet Einwänden, denn diese führte dazu, dass alle einzelnen Sachgegenstände demselben Zweck wie die Einrichtung als Ganzes zu dienen haben. In Bezug auf Nutzungsberechtigte sowie Art und Umfang der Nutzung könnte nach dieser Konstruktion hinsichtlich des Nutzungsanspruchs damit kein Unterschied zwischen beispielsweise einem städtischen Schwimmbad als Ganzem und den Umkleidekabinen, Sanitäreinrichtungen, Sprungbrettern, Schwimmbecken oder dem Sitz des Bademeisters im Einzelnen bestehen. Diese Konstruktion trägt damit den Sachbesonderheiten und der Realität nicht ausreichend Rechnung; sie ist bloße Fiktion.256 Auch ein solches Stufenverhältnis zwischen öffentlicher Sache und Einrichtung kann somit letztlich nicht überzeugen. Danach ist die öffentliche Einrichtung weder öffentliche Sache, noch hat sie öffentliche Sachen;257 sie stellt vielmehr ein wesensverschiedenes Aliud dar. b) Funktionale Parallelität zwischen Einrichtung und Sache Vor diesem Hintergrund hat sich die Ansicht entwickelt, auf den Sachbegriff komme es für die Zuordnung zum Recht der öffentlichen Sachen, jedenfalls bei 251 So Kromer, Sachenrecht des Öffentlichen Rechts, S. 56, 65 ff.; Mohl, Die kommunalen öffentlichen Einrichtungen, S. 88 f.; Walter, Die Stellung öffentlicher Einrichtungen im öffentlichen Sachenrecht, S. 45 m.w. N.; zur Erforderlichkeit eines Sachbestandes für die Existenz einer öffentlichen Einrichtung Mohl, Die kommunalen öffentlichen Einrichtungen, S. 37 ff. m.w. N. 252 Stern, VVDStRL 21 (1964), S. 183 (201). 253 Kromer, Sachenrecht des Öffentlichen Rechts, S. 66. 254 Vgl. Stern, VVDStRL 21 (1964), S. 183 (191); Kromer, Sachenrecht des Öffentlichen Rechts, S. 56, 66 f. 255 Mohl, Die kommunalen öffentlichen Einrichtungen, S. 94; zusammenfassend Axer, Die Widmung als Schlüsselbegriff, S. 149. 256 Axer, Die Widmung als Schlüsselbegriff, S. 150. 257 So auch Axer, Die Widmung als Schlüsselbegriff, S. 188.
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der Nutzungsform des Anstaltsgebrauchs, gar nicht an.258 Dabei wird auch darauf abgestellt, dass der Sachbegriff in diesem Kontext bereits ein anderer sei als der privatrechtliche, losgelöst von „körperlicher Sinnhaftigkeit“ 259 und damit gar nicht sachlich-gegenstandsbezogen. Entscheidend für die Zuordnung zum „Anstaltgebrauch“ sei daher allein das Charakteristikum eines öffentlich-rechtlichen Sonderstatus, also spezifische öffentlich-rechtliche Eigenschaften;260 „anstaltlich genutzte Sachen“ gehörten ebenso zu den öffentlichen Sachen, „weil und soweit sie einer öffentlich-rechtlichen Nutzungsordnung unterliegen“ 261. Bereits die Formulierung dieser Ansicht zeigt, dass die hier zu untersuchende Problematik, ob Einrichtungen Sachen sind oder solche haben, nicht gelöst werden soll. Stattdessen wird die Geltung eines „Rechts der öffentlichen Sachen“ mit der Geltung eines öffentlich-rechtlichen Rechtsregimes generell begründet. Jedenfalls ist diese Ansicht im Hinblick auf die Wahlfreiheit im Einrichtungswesen unzutreffend, da privatrechtliche Benutzungsverhältnisse insoweit aus den Besonderheiten des Einrichtungswesens ausgeschlossen würden.262 Allerdings trifft sie den Kern des Problems: Etwaige Besonderheiten eines öffentlichen Sachenrechts beziehen sich weniger auf die sächliche Gegenständlichkeit einer konkret einzufassenden Sache als vielmehr auf die dem öffentlichen Sachenrecht zugedachte Funktion, sachbezogene „Verwaltungsleistungen“ darzubieten.263 Ohne auf die sächlich-gegenständlichen Details zum umstrittenen Sachbegriff einzugehen, wird die öffentliche Sache daher auch allgemein als Verwaltungsleistung264 oder gar als eigenes Nutzungsverhältnis265 betrachtet, wobei auch diese Differenzierungen266 eher darauf hindeuten, dass ein Bereich des öffentlichen Sachenrechts nicht einheitlich besteht, sondern als sachbereichsspezifischer Teil der Leistungsverwaltung anzusehen ist. Ein dogmatischer Ansatz im Bereich des öffentlichen Sachenrechts besteht in diesem Rahmen hingegen nicht. Vor diesem Hintergrund ist eine sachenrechtliche Funktion damit nicht auszumachen, weil ein Regelungsgegenstand dem öffentlichen Sachenrecht zuzuordnen ist. Es ist vielmehr zu fragen, ob eine Funktion, die gemeinhin dem 258 Vgl. bereits Maunz, Hauptprobleme des öffentlichen Sachenrechts, S. 72, 209 ff., der diese als „Mantelrechtsverhältnisse“ losgelöst vom „realen Substrat“ versteht. 259 Stern, VVDStRL 21 (1964), S. 183 (193). 260 Papier, Recht der öffentlichen Sachen, S. 16; Kromer, Sachenrecht des Öffentlichen Rechts, S. 34 f., 69 f.; a. A. Häde, JuS 1993, 113 (113). 261 Papier, Recht der öffentlichen Sachen, S. 16. 262 So auch Axer, Die Widmung als Schlüsselbegriff, S. 154; Bartels, Die rechtliche Ordnung der Benutzung, S. 154. 263 Ehlers, NWVBl. 1993, 327 (330). 264 BVerfGE 42, 20 (32) für öffentliche Straßen; allg. Stern, VVDStRL 21 (1964), S. 183 (212 f.); Steiner, JuS 1984, 1 (1). 265 So bereits Maunz, Hauptprobleme des öffentlichen Sachenrechts, S. 66 ff., 224 ff. 266 Ausf. Walter, Die Stellung öffentlicher Einrichtungen im öffentlichen Sachenrecht, S. 14 ff.
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öffentlichen Sachenrecht zugeschrieben wurde, rechtlich auch dem in Rede stehenden Regelungsgegenstand zukommt. Funktional betrachtet kann also grundsätzlich zwischen Einrichtungen und öffentlichen Sachen Parallelität bestehen. Als besondere Funktion eines möglichen öffentlichen Sachenrechts, die auch der Einrichtung zukommen könnte, kommt hierbei eine öffentliche Sachherrschaft als statusrechtliche Besonderheit in Betracht. Mit der Zuerkennung der öffentlichen Sachherrschaft als dingliche Wirkung der Widmung ist nach allgemeiner Auffassung im Recht der öffentlichen Sachen die Rechtsmacht verbunden, die Benutzung der Sache umfassend zu regeln. Zu klären bleibt demnach, ob auch der Widmung im kommunalen Einrichtungsrecht eine solche dingliche Wirkung zukommen kann, die eine dementsprechende umfassende Regelungsbefugnis der Einrichtungsnutzung vermittelt. 2. Der Vorbehalt des Gesetzes im Recht der öffentlichen Sachen Die Zuerkennung einer dinglichen Widmungswirkung, die einen besonderen sachenrechtlichen Status begründen könnte, muss sich jedoch am Vorbehalt des Gesetzes messen lassen. Der Vorbehalt des Gesetzes wurde im öffentlichen Sachenrecht nicht diskutiert bis zu dem Zeitpunkt, in dem Papier267 die Forderung einer gesetzlichen Grundlage in den Fokus rückte.268 Die Forderung nach einer formalgesetzlichen Rechtsgrundlage bezog sich hierbei auf die Frage einer dinglichen Rechtswirkung der Widmung im Hinblick auf die Begründung einer öffentlichen Sachherrschaft. Der für die Untersuchungsfrage relevante Fokus auf die Ausgestaltungsbefugnisse des Einrichtungsträgers hinsichtlich der Nutzung ist hiermit unmittelbar verbunden. Denn mit einer solch dinglichen Wirkung ist die Bestimmungsmacht über die Nutzung gemeint, die neben der Duldungspflicht des sich vom öffentlichen Sachherrn unterscheidenden Eigentümers, sich bei widmungsgemäßer Nutzung nicht mit privatrechtlichen Störungsabwehransprüchen wehren zu können, auch die für die Untersuchung relevante Frage der Herrschafts- und Ausschließlichkeitsrechte gegenüber potentiellen Nutzern umfasst.269 a) Zur dinglichen Widmungswirkung Dingliche Wirkung weist die Widmung dann auf, wenn sie absolute Rechte, also für jedermann zu beachtende Rechtswirkungen, vermittelt. Die öffentliche Sachherrschaft soll dabei absolut und dinglich wirkende Rechte des öffentlichen 267
Papier, JuS 1981, 498 (502 f.); ders., Recht der öffentlichen Sachen, S. 15. Zu dieser Zuschreibung an Papier s. Germann, AöR 128 (2003), S. 458 (464) m.w. N. 269 Vgl. Stelkens, Die Verwaltung 46 (2013), S. 493 (529); speziell zu Abwehransprüchen aus dem öffentlichen Sachenrecht i. R. d. Friedhofsnutzung Stelkens, WiVerw 2015, 45 (46 f., 51 ff.). 268
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Sachherrn gegenüber einem etwaig personenverschiedenen zivilrechtlichen Eigentümer, aber vor allem auch gegenüber den Benutzern umfassen.270 Voraussetzung einer solchen Sachherrschaft ist die Eigentumsfähigkeit der öffentlichen Sache, die letztlich auf den Streit zwischen der Theorie vom öffentlichen Eigentum, die im römischen Recht wurzelt und die Eigentumsfähigkeit verneint, und der Theorie vom modifizierten Privateigentum zurückgeht, die auf dem germanischen Recht beruht und die Eigentumsfähigkeit der öffentlichen Sache mit beschränkter Verkehrsfähigkeit im Rahmen der Widmung bejaht.271 Nur die Eigentumsfähigkeit der öffentlichen Sachen kann die öffentlich-rechtliche Sachherrschaft und damit absolute und dingliche Rechte gegenüber Benutzern begründen. Bei Annahme der Theorie des öffentlichen Eigentums ginge bereits unmittelbar vom Eigentum eine umfassende Hoheitsgewalt aus, die Abwehrbefugnisse gegen jede Art von Störung erfasste;272 eine Abgrenzung zwischen Eigentum und öffentlich-rechtlicher Sachherrschaft bedürfte es demnach gar nicht. Die herrschende Meinung geht von der Eigentumsfähigkeit i. S. d. Theorie vom modifizierten Privateigentum aus.273 Grundlage des Bestehens einer öffentlich-rechtlichen Sachherrschaft ist damit die dualistische Konstruktion der öffentlichen Sachen, die sog. Theorie des modifizierten Privateigentums, wonach ein Nebeneinander von privatrechtlichem Eigentum und öffentlich-rechtlicher Sachherrschaft besteht. Grundsätzlich besteht im Gegensatz dazu demnach kein öffentliches Eigentum i. S. d. Theorie des öffentlichen Eigentums, denn auch mit der Charakterisierung der öffentlich-rechtlichen Sachherrschaft als Befugnisse im Umfang des privatrechtlichen Eigentums bleibt die Rechtslage, d.h. die private Eigentumsfähigkeit und damit einhergehende Verkehrsfähigkeit der Sache, unberührt. Es handelt sich nicht um deren Herausnahme aus dem Privatrechtsverkehr.274 Die öffentlich-rechtliche Sachherrschaft wird dabei als Inbegriff von Nutzungsrechten in der Art privatrechtlicher Dienstbarkeiten i. S. d. §§ 1018 ff. BGB verstanden, die zwar nicht deckungsgleich mit dem Institut der öffentlich-rechtlichen Sachherrschaft sind, aber zu deren Illustrierung allgemein herangezogen werden.275 270 Axer, Die Widmung als Schlüsselbegriff, S. 35; ausf. Niehues, Dinglichkeit im Verwaltungsrecht, S. 121 ff.; zum schillernden Begriff der öffentlichen Sachherrschaft Walter, Die Stellung öffentlicher Einrichtungen im öffentlichen Sachenrecht, S. 32 ff. 271 Zusammenf. statt vieler Axer, Die Widmung als Schlüsselbegriff, S. 36 ff. m.w. N.; zur historischen Entwicklung der Theorien Schmidt-Jortzig, NVwZ 1987, 1025 (1026 ff.). 272 Mayer, Dt. VerwR, Bd. II, 3. Aufl., § 36, S. 61 ff.; vgl. hierzu Wittig, DVBl 1969, 680 (681 ff.); Axer, in: Baldus, u. a. (Hrsg.), Heidelberger Thesen, S. 267 (267 ff.). 273 Vgl. nur Schmidt-Jortzig, NVwZ 1987, 1025 (1029); Axer, in: Baldus, u. a. (Hrsg.), Heidelberger Thesen, S. 267 (271 f.) m.w. N.; wenngleich das BVerfG von der grundsätzlichen Zulässigkeit einer gesetzlichen Einführung des öffentlichen Eigentums ausgeht, vgl. BVerfGE 24, 367 (388 ff.); 42, 20 (33 f.). 274 Axer, Die Widmung als Schlüsselbegriff, S. 118. 275 Papier, Recht der öffentlichen Sachen, S. 5 ff.
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2. Kap.: Verfassungsrechtliche Anforderungen
Diese eigentumsähnlichen Befugnisse beruhen jedoch nach herrschender Auffassung nicht auf einer zivilrechtlichen Konstruktion, sondern einem eigenständigen Hoheitsrecht, einem öffentlich-rechtlichen Institut,276 das dem Sachherrn im Rahmen der Widmung, also der öffentlich-rechtlichen Zweckbestimmung, ein absolutes Herrschaftsrecht an der Sache, das Einwirkungs-, Dispositions-, Störungsabwehr- und Unterlassungsbefugnisse umfasst, zur Verfügung stellen soll. Die dingliche Wirkung soll damit die Rechtsmacht umfassen, die Nutzung i. S. d. Dispositionsbefugnis zu regeln sowie den Einrichtungsbetrieb vor Störungen zu schützen. Wenn die Widmung als Voraussetzung des Benutzungsverhältnisses eine solche dingliche Wirkung tatsächlich umfasste, könnte diese also als Rechtsgrundlage für umfassende einrichtungsbezogene belastende Benutzungsregelungen herangezogen werden. Neben Inhalt und Begründung einer dinglichen Widmungswirkung steht auch deren Rechtsnatur in Streit. Die herrschende Meinung will grundsätzlich die privatrechtlichen Störungsabwehr- bzw. Störungsbeseitigungsansprüche anwenden, sofern es sich um Eigentums- und Besitzansprüche handelt und die öffentlichrechtliche Überlagerung im Bereich der Widmung nicht berührt ist.277 Zweifelhaft ist aber bereits, ob die Grundannahme dieser Auffassung, dass die Widmung die privatrechtlichen Ansprüche grundsätzlich nicht berühre, zutreffend ist. Jedenfalls in Fällen, in denen es nicht um Eigentums- oder Besitzstörungen, sondern ausschließlich um die Beeinträchtigung des widmungsgemäßen Gebrauchs geht, wird eine zivilrechtliche Betrachtung aber von vornherein ausgeschlossen sein. Besondere Probleme bereitet die Lösung über zivilrechtliche Normen in den Fällen, in denen privatrechtlicher Störungsabwehranspruch und öffentlichrechtliches Nutzungsrecht konkurrieren,278 denn insoweit beinhaltet die Streitfrage auch immer die Frage nach der Reichweite des Nutzungsrechts, was für eine Konfliktlösung im öffentlichen Recht spräche.279 Gegen die Annahme einer öffentlich-rechtlichen Sachherrschaft kann demnach jedenfalls nicht schon ein fehlendes Bedürfnis wegen der bloßen Möglichkeit der Anwendung zivilrechtlicher Vorschriften sprechen.280 Ist das Bedürfnis einer öffentlich-rechtlichen Rechtsgrundlage zur Lösung der Abwehransprüche des öffentlichen Sachherrn ausgemacht, könnten neben der in Frage stehenden öffentlich-rechtlichen Sachherrschaft als dingliche Rechtsmacht 276
Axer, Die Widmung als Schlüsselbegriff, S. 51. Brüning, DÖV 2003, 389 (395 ff.); Frühling, Das Hausrecht öffentlicher Einrichtungen, S. 80 ff.; Bethge, Die Verwaltung 10 (1977), S. 313 (321 f.). 278 Vgl. Stelkens, Die Verwaltung 46 (2013), S. 493 (515 f.). 279 Vgl. Bahls, DVBl 1971, 275 (276); Bethge, Die Verwaltung 10 (1977), S. 313 (318 ff.); Ehlers, DÖV 1977, 737 (739 f.); Stelkens, Die Verwaltung 46 (2013), S. 493 (516). 280 Ausf. Axer, Die Widmung als Schlüsselbegriff, S. 119 ff.; Bethge, Die Verwaltung 10 (1977), S. 313 (324 f.); Papier, Recht der öffentlichen Sachen, S. 83. 277
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zunächst noch andere, vorhandene Hoheitsbefugnisse in Betracht kommen. Bei der Abwehr von Störungen des widmungsgemäßen Gebrauchs, also der öffentlichen Zweckerfüllung, öffentlicher Einrichtungen liegt insofern die gefahrenabwehrrechtliche Generalklausel der Polizei- und Ordnungsbehörden nahe. Denn diese ermächtigt zu den erforderlichen Maßnahmen um Gefahren – Störungen sind dabei realisierte Gefahren – der öffentlichen Sicherheit abzuwehren. Zum Schutzgut der öffentlichen Sicherheit gehören dabei auch die Einrichtungen des Staates. Das Problem dieses gefahrenabwehrrechtlichen Ansatzes liegt dabei indes nicht in dessen Zulässigkeit, sondern im Erfordernis der Einschaltung einer anderen Behörde. Dieses Problem ist vor dem Hintergrund zu verstehen, dass der öffentliche Sachherr zwar für die Bereitstellung und Instandhaltung der Einrichtungsleistung verantwortlich, – ohne die in Rede stehende dingliche Rechtsmacht – jedoch nicht gleichzeitig zur Abwehr von Störungen bei der Benutzung der Einrichtungsleistung befugt ist, obwohl er aufgrund seiner Verantwortlichkeit deutlich sachnäher als die Polizei- oder Ordnungsbehörde ist. b) Dingliche Widmungswirkung als Auslösungsmoment des Vorbehalts des Gesetzes Die öffentliche Sachherrschaft könnte also grundsätzlich als besonderer Status eines öffentlichen Sachenrechts Rechtsgrundlage für einrichtungsbezogene belastende Benutzungsregelungen sein. Die Zuerkennung einer dinglichen Wirkung bei der Widmung im kommunalen Einrichtungsrecht, die zu einer öffentlichen Sachherrschaft führte, scheitert jedoch an der erforderlichen, aber fehlenden formalgesetzlichen Grundlage. Das aus dem Privatrecht bekannte sachenrechtliche Publizitätsgebot, das die jederzeitige Erkennbarkeit sachenrechtlicher, also dinglicher Rechte vorschreibt, kann für das Erfordernis einer formalgesetzlichen Grundlage der dinglichen Wirkung nicht angeführt werden. Denn das Publizitätsgebot im Privatrecht betrifft nicht die Begründung eines dinglichen Rechts, sondern die Anforderungen an die Verlautbarung bei bestehenden dinglichen Rechten zum Schutz des Rechtsverkehrs. Insoweit könnte das Publizitätsgebot – bei unterstellter dinglicher Widmungswirkung – lediglich helfen, die bisher gängige Praxis, die nur geringe Anforderungen an die Widmung der öffentlichen Einrichtung stellt, zu hinterfragen.281 Nach dem Publizitätsgebot dürfte hierfür aber wohl tatsächlich ein formelles Gesetz nicht erforderlich sein, sondern eine besondere öffentliche Bekanntgabe der Widmung ausreichen.282 Diese Diskussion verdeutlicht wiederum, dass es hier gerade nicht um die Frage der Erforderlichkeit einer gesetzlichen Grundlage für die Begründung eines dinglichen Rechts geht. 281
Ehlers, NWVBl. 1993, 327 (330); Manssen, JuS 1992, 745 (747). So Ehlers, NWVBl. 1993, 327 (330); Kessen, Die Sicherung der Widmung öffentlicher Sachen, S. 129. 282
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2. Kap.: Verfassungsrechtliche Anforderungen
Für das Erfordernis einer formalgesetzlichen Grundlage für die Zuerkennung einer dinglichen Widmungswirkung streitet allerdings der grundrechtliche Gesetzesvorbehalt der Eigentumsfreiheit.283 Denn eine dingliche Wirkung als Widmungsfolge ist – jedenfalls nach dem modernen Eingriffsbegriff – dann als Grundrechtseingriff zu qualifizieren, wenn der widmungsgemäße Gebrauch oder dessen Sicherungsinstrumente konkrete Beeinträchtigen der Eigentumspositionen mit sich bringen.284 Diese grundrechtliche Beeinträchtigungsmöglichkeit kann allein gegenüber einem privaten Eigentümer in Anschlag gebracht werden, der sich aufgrund der dualistischen Konstruktion der öffentlichen Sachen potentiell vom Einrichtungsträger unterscheiden kann. Je nach Inhalt und Ausgestaltung des Widmungsakts können sich diese Beeinträchtigungen durch die dingliche Wirkung als Enteignung oder Inhalts- und Schrankenbestimmung darstellen; beide Eingriffsformen bedürfen nach dem grundrechtlichen Gesetzesvorbehalt einer Ermächtigungsgrundlage.285 Ist die Beschränkung als eine Inhalts- und Schrankenbestimmung zu qualifizieren, so könnte eine im Hinblick auf den grundrechtlichen Gesetzesvorbehalt der Eigentumsgarantie ausreichende Ermächtigungsgrundlage indes nicht nur in einem formellen Gesetz, sondern auch in einer anderen Rechtsquelle zu finden sein. Aber auch eine solche materiellrechtliche Ermächtigungsgrundlage für eine dingliche Wirkung der Widmung ist im Bereich des kommunalen Einrichtungswesens nicht zu finden. Die Gemeindeverfassungen enthalten keine solche Ermächtigungsgrundlagen. Auch findet sich kein expliziter gewohnheitsrechtlicher Rechtssatz, der eine dingliche Wirkung der Widmung statuiert.286 Schließlich kann auch das Ortsrecht in Form der satzungsrechtlichen Normierung durch die Kommune selbst nicht in Betracht kommen. Denn die Anordnung einer dinglichen Widmungswirkung durch die Kommune kann weder als örtliche Angelegenheit qualifiziert werden, noch weist sie einen spezifisch örtlichen Bezug auf.287 Sollte die Beeinträchtigung gar als Enteignung 283 Ausf. Axer, Die Widmung als Schlüsselbegriff, S. 156 ff., 164; Kessen, Die Sicherung der Widmung öffentlicher Sachen, S. 141; a. A. Thormann, NWVBl. 1992, 354 (357), der einen Eingriff in Art. 14 GG mit dem Hinweis darauf verneint, privatrechtliches Eigentum konnte nur in dem Umfang erworben werden, den das öffentliche Sachenrecht zulässt. Dies ist jedoch ein Zirkelschluss, da mit der öffentlichen Sachherrschaft i. S. d. dinglichen Widmungswirkung zugrunde gelegt wird, was erst bewiesen werden soll. 284 Kessen, Die Sicherung der Widmung öffentlicher Sachen, S. 141. 285 Eine genaue Einordnung kann für die Frage des Vorbehalts des Gesetzes damit dahinstehen, vgl. Kessen, Die Sicherung der Widmung öffentlicher Sachen, S. 165. 286 So auch OVG NRW, NJW 1993, 2635 (2635 f.); VG Berlin, Urt. v. 19.04.1995 – 1 A 145.92 –, BeckRS 1995, 31139308; Axer, Die Widmung als Schlüsselbegriff, S. 162 ff., 190 f.; Ehlers, NWVBl. 1993, 327 (329); ausf. Kessen, Die Sicherung der Widmung öffentlicher Sachen, S. 143 ff.; a. A. wohl Germann, AöR 128 (2003), S. 458 (466 ff.); Thormann, NWVBl. 1992, 354 (357); ausf. zur Möglichkeit der gewohnheitsrechtlichen Begründung der Anstaltsgewalt als nutzungsbezogene Ordnungsgewalt 4. Kap. A. III. 3. c). 287 Ausf. Axer, Die Widmung als Schlüsselbegriff, S. 161.
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zu qualifizieren sein, schreibt der grundrechtliche Gesetzesvorbehalt zwingend ein förmliches Gesetz vor, welches nicht existiert. Gegen die Heranziehung des grundrechtlichen Gesetzesvorbehalts im Rahmen einer etwaigen Eigentumsbeeinträchtigung könnte aber potentiell eine Zustimmung des Eigentümers herangezogen werden und insofern zum „Entfall“ des Erfordernisses einer gesetzlichen Grundlage führen. Eine derartige Zustimmung könnte den Eingriff in die Eigentumsfreiheit durch eine sachenrechtliche Wirkung der Widmung rechtfertigen, wenn diese als Grundrechtsverzicht gedeutet werden kann.288 Allerdings ist im Rahmen der grundrechtlichen Gesetzesvorbehalte zu beachten, dass die Zustimmung des Einzelnen nur relative Rechte begründen kann, mithin kein dingliches Recht, das auch gegenüber anderen, späteren Eigentümern wirkt.289 Eine formalgesetzliche Grundlage ist somit bereits aufgrund der Eigentumsfreiheit etwaiger vom Einrichtungsträger verschiedener Eigentümer der Einrichtung bzw. ihrer Sachmittel erforderlich. Auch unabhängig von der Eigentumsfreiheit potentiell vom Einrichtungsträger zu unterscheidender Privateigentümer wird das Erfordernis einer formalgesetzlichen Grundlage für die Anordnung einer dinglichen Widmungswirkung gegenüber einem potentiellen privaten Eigentümer anhand der Wesentlichkeitsdoktrin des Bundesverfassungsgerichts begründet. Die Einführung von Sachenrechten sei wesentlich, weil hierdurch das Gemeinwesen und der Rechtsverkehr im Zusammenhang mit der Nutzbarkeit von Sachen bestimmt werde.290 Dem ist zuzustimmen. Die Absolutheitsansprüche im Zusammenhang mit dinglichen Rechten erfordern Rechtssicherheit und Rechtsklarheit. Die Begründung bzw. Zuweisung solcher Rechte hat somit besondere rechtsstaatliche Relevanz, die jedenfalls eine Ermächtigungsgrundlage erfordern. Dies spricht jedoch nicht dagegen, im Einzelfall konkrete Nutzungsrechte und Nutzungspflichten auf sublegale Normen zu stützen. Die Rechtsstaatsgesichtspunkte sprechen nur gegen die generelle Zuweisung dieser Rechtsmacht ohne gesetzliche Ermächtigung. Diese Einschätzung trägt im Übrigen auch der Vergleich mit bestehenden Sachenrechten. So dient im Zivilrecht der numerus clausus der Sachenrechte dem Verkehrsinteresse und dem Erfordernis der Rechtssicherheit und der Klarheit der Vermögenszuordnung und besteht nur aufgrund gesetzlicher Grundlage.291 Die Anerkennung nicht gesetzlich geregelter Sachenrechte beeinträchtigt beide rechtsstaatlichen Voraussetzungen, die Rechtssicherheit und Rechtsklarheit, daher in wesentlichem Maße. Der
288 Axer, Die Widmung als Schlüsselbegriff, S. 167 f.; Kessen, Die Sicherung der Widmung öffentlicher Sachen, S. 136. 289 So auch Kessen, Die Sicherung der Widmung öffentlicher Sachen, S. 141. 290 Kessen, Die Sicherung der Widmung öffentlicher Sachen, S. 170. 291 Axer, Die Widmung als Schlüsselbegriff, S. 166 f.; ders., in: Baldus, u. a. (Hrsg.), Heidelberger Thesen, S. 267 (284).
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Gedanke des numerus clausus ist dabei nach zutreffender vorherrschender Meinung erst recht auf das öffentliche Recht übertragbar.292 Der grundsätzliche Einwand, die Rechtssicherheit sei schon deshalb nicht bedroht und im Übrigen die Eigentumsfreiheit und die Wesentlichkeitsdoktrin nicht tangiert, da öffentlicher Sachherr und Eigentümer selten personenverschieden seien,293 mag zwar für Sachen im Verwaltungsgebrauch möglicherweise berechtigt sein. Bei Sachen im Einrichtungsgebrauch und der Wahlmöglichkeit des Einrichtungsträgers, die Einrichtung auch in Gestalt privatrechtlicher Organisationsformen mit eigener Rechtspersönlichkeit zu betreiben, zeigt die Wirklichkeitsanalyse jedoch ein anderes Bild. Zudem entfaltet eine dingliche Widmungwirkung auch Grundrechtsrelevanz, wenn die in Rede stehende Sache im Eigentum des öffentlichen Sachherrn steht, also Sachherrschaft und Eigentum nicht auseinanderfallen. Denn hier können ebenso obligatorische privatrechtliche Rechte tangiert sein, die gegebenenfalls dem Schutz von Art. 14 GG unterstehen könnten.294 Eine Zustimmung der potentiell Grundrechtsbeeinträchtigten kann im Rahmen des Vorbehaltserfordernisses in der Lesart der Wesentlichkeitstheorie das Erfordernis einer gesetzlichen Grundlage auch nicht entfallen lassen, denn die Begründung des Vorbehalts des Gesetzes enthält nicht nur eine grundrechtliche, sondern auch eine rechtsstaatliche und demokratische Dimension. Letztere erfasst die Funktionen- und Kompetenzverteilung zwischen Legislative und Exekutive, auf die der Einzelne nicht wirksam verzichten kann. Eine Zustimmung erfüllt somit weder das Erfordernis einer gesetzlichen Grundlage, noch kann sie diese ersetzen.295 Ganz grundsätzlich gegen das Erfordernis einer parlamentsgesetzlichen Grundlage der dinglichen Widmungswirkung wird eingewandt, die Unterwerfung des Rechts der öffentlichen Sachen unter einen allgemeinen Gesetzesvorbehalt sei nicht nur eine Überspannung der Dogmatik, sondern auch wirklichkeitsfremd und nicht realisierbar.296 Stützt sich dieser Einwand auf eine Verallgemeinerung 292 Vgl. Ehlers, NWVBl. 1993, 327 (328 f.); Kromer, Sachenrecht des Öffentlichen Rechts, S. 88, 94 f.; Papier, Recht der öffentlichen Sachen, S. 15; zust. Kessen, Die Sicherung der Widmung öffentlicher Sachen, S. 172; krit. Niehues, Dinglichkeit im Verwaltungsrecht, S. 97 f.; a. A. Germann, AöR 128 (2003), S. 458 (474), wonach die dingliche Widmungswirkung einen anerkannten Typ dinglicher Rechte darstelle und der numerus clausus nur eine Systementscheidung einfachgesetzlicher Art des Privatrechts sei, die nach Art. 55, 109, 111 EGBGB explizit öffentlich-rechtliche Maßgaben ausnehme. 293 So Bull/Mehde, Allg. VerwR, § 22 Rn. 921; Thormann, NWVBl. 1992, 354 (357). 294 Vgl. BVerwG, NJW 1980, 2538 (2540) – Rathausfall; Manssen, JuS 1992, 745 (747). 295 So auch Axer, Die Widmung als Schlüsselbegriff, S. 167 f.; a. A. wenngleich auch nur auf Art. 14 GG bezogen Wernecke, AcP 195 (1995), S. 445 (454, 467). 296 So Wernecke, AcP 195 (1995), S. 445 (466); ähnl. Germann, AöR 128 (2003), S. 458 (482).
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der Teilsachgebiete eines öffentlichen Sachenrechts und die vermeintliche Durchschlagskraft des Gewohnheitsrechts,297 kann er nicht verfangen. Erstere ist unplausibel, wenn das einzige, identitätsstiftende Verbindungselement der Teilsachgebiete gerade in Zweifel steht.298 Zweitens muss das Gewohnheitsrecht trotz alledem einen spezifischen Rechtssatz vorweisen; der bloße Hinweis auf eine „Tradition“ 299 des römischen Rechts kann den Vorbehalt des Gesetzes als Verfassungserfordernis nicht negieren. Gegen den grundsätzlichen Einwand, der mit der Wirklichkeitsferne argumentiert, lässt sich zudem die Rechtswirklichkeit des Idealtypus des öffentlichen Sachenrechts vorbringen: Gerade im Straßen- und Wegerecht existiert in den Landesgesetzen eine gesetzliche Grundlage für die Anordnung der dinglichen Wirkung.300 Die Wirklichkeit und Realisierbarkeit stehen damit einer gesetzlichen Grundlage nicht grundsätzlich entgegen. Mit dieser Argumentation klingen indes die negativen Abgrenzungskriterien des Wesentlichkeitsmaßstabs an, die hier insbesondere durch die Fallgruppe der besonderen Sachgesetzlichkeiten in Form der raschen Änderung der Sachgesetzlichkeiten und der Zweckgerichtetheit der Nutzung verwirklicht sein könnten. Zu fragen ist also, ob durch die Nutzung der öffentlichen Sache eine derart enge Sachnähe zwischen Einrichtungsträger und Benutzer geschaffen wird, die eine formalgesetzliche Ermächtigungsgrundlage unmöglich macht. Für eine solche Sachnähe gibt aber ein öffentliches Sachenrecht, dessen Anwendbarkeit und Implikationen generell, aber insbesondere auch im Einrichtungswesen umstritten sind, keine weiteren Anknüpfungspunkte. Zusammenfassend lässt sich daher eine dingliche Wirkung im Sinne einer öffentlichen Sachherrschaft, also ein absolutes Herrschaftsrecht an der Sache, das Einwirkungs-, Dispositions-, Störungsabwehr- und Unterlassungsbefugnisse umfasst, nur aufgrund einer formalgesetzlichen Grundlage annehmen.301 Vor diesem Hintergrund ist auch der Annahme beizupflichten, sachenrechtliche Rechtsbeziehung ließen sich im Verwaltungsrecht nicht rechtsdogmatisch entwickeln, sondern könnten nur anhand der einschlägigen gesetzlichen Regelungen eruiert werden.302 c) Die „schuldrechtliche“ Widmungswirkung Ohne formalgesetzliche Grundlage kann somit der Widmung einer Einrichtung keine dingliche Wirkung zuerkannt werden. Wird teilweise darüber hinaus angeführt, im Einrichtungsbereich sei eine solche dingliche Wirkung auch überhaupt 297
Wernecke, AcP 195 (1995), S. 445 (456 ff., 466). Vgl. Axer, Die Widmung als Schlüsselbegriff, S. 224. 299 Wernecke, AcP 195 (1995), S. 445 (456, 467). 300 Vgl. etwa § 2 Abs. 2, 3 FStrG, § 5 Abs. 1, 8 StrG BW, Art. 6 Abs. 3, 5 BayStrWG, § 6 Abs. 3, 8 BbgStrG, § 6 Abs. 2, 4 NdsStrG, § 6 Abs. 5, 6 StrWG NRW. 301 S. etwa Axer, Die Widmung als Schlüsselbegriff, S. 167; Merli, Die Verwaltung 22 (1989), S. 445 (452 f.); Ehlers, Jura 2012, 692 (692). 302 Niehues, in: Menger (Hrsg.), FS Wolff, S. 247 (253). 298
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nicht intendiert,303 geht dies jedoch am durch die Konstruktion einer Anstaltsgewalt ersichtlichen Bedürfnis der Praxis vorbei. Gemeinhin wird gefolgert, im Bereich des Einrichtungswesens bestehe allein ein schuldrechtliches bzw. quasiobligatorisches304 Nutzungsrecht zwischen Einrichtungsträger und Benutzer. Hierbei wird das Benutzungsrecht an der öffentlichen Einrichtung als ein nur „relatives öffentliches Recht auf Begründung einer verwaltungsschuldrechtlichen Sonderverbindung oder auf den Abschluss eines bürgerlich-rechtlichen Benutzungsvertrages“ 305 in den Vordergrund gestellt, während der einfachgesetzliche Benutzungs- bzw. Zulassungsanspruch in den Hintergrund gerät. Damit wird zwar die Frage nach einer sachenrechtlichen bzw. herrschaftsbezogenen Widmungsdogmatik im Einrichtungsrecht obsolet; Herleitung, Voraussetzungen und Rechtsfolgen des so statuierten relativen öffentlichen Rechts auf Begründung eines Benutzungsverhältnisses bleiben jedoch im Dunkeln. Hier kann letztlich nur die nach hiesiger Auffassung selbst einen Anspruch begründende Widmung weiterhelfen. Dann aber führt die Annahme einer schuldrechtlichen Widmungswirkung zur Begründung eines spezifisch sachenrechtlichen Status nicht weiter: Die Widmung selbst kann nicht als Begründungsmoment für eine für das öffentliche Sachenrecht vermeintlich spezifische Widmungswirkung herangezogen werden. Hierin zeigt sich allein erneut die Abhängigkeit der inhaltlichen Ausgestaltung des Benutzungsverhältnisses vom Widmungsakt. 3. Sachbereichsspezifische Erkenntnisse eines „öffentlichen Sachenrechts“ Abschließend lassen sich also keine Besonderheiten der Vorbehaltslehre durch etwaige Grundsätze des Rechts der öffentlichen Sachen im Bereich des kommunalen Einrichtungswesens ausmachen. Vielmehr ist gerade aufgrund des Vorbehalts des Gesetzes die Zuerkennung einer dinglichen Wirkung der Widmung im Einrichtungsrecht ohne spezielle formalgesetzliche Grundlage nicht möglich. Besonderheiten für die Abwägungsentscheidung im Rahmen der Wesentlichkeitsdoktrin bestehen nicht. Mit Blick auf die Funktion der Widmung als Instrument der Nutzungsausgestaltung kann das Recht der öffentlichen Sachen bereits keine Antworten in Bezug auf den Vorbehalt des Gesetzes geben. Die Widmung als Instrument der Nutzungsausgestaltung ist von etwaigen Besonderheiten eines öffentlichen Sachenrechts insofern nicht berührt. Aus dieser Perspektive ist sie vielmehr generell als Rechtsakt der leistenden Verwaltung zu sehen.306 303
Ehlers, Jura 2012, 692 (692). Papier, Recht der öffentlichen Sachen, S. 50. 305 Papier, Recht der öffentlichen Sachen, S. 13. 306 Fehling, JuS 2003, 246 (247); Stern, VVDStRL 21 (1964), S. 183 (212 f.); ausf. Walter, Die Stellung öffentlicher Einrichtungen im öffentlichen Sachenrecht, S. 14 ff. 304
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Für die Ebene der Störungsabwehr im Benutzungsverhältnis, also der Durchsetzung der Benutzungsregelungen, wurde das öffentliche Sachenrecht, insbesondere mit Blick auf die Frage nach der dinglichen Widmungswirkung, in der Vergangenheit zwar ausgiebig bemüht. Im Ergebnis gibt es jedoch keine Spezifika, die Besonderheiten für die Vorbehaltslehre begründen. Vielmehr erfordert die Annahme einer dinglichen Wirkung gerade nach dem grundrechtlichen Gesetzesvorbehalt aus Art. 14 GG sowie der Wesentlichkeitsdoktrin eine formalgesetzliche Ermächtigungsgrundlage. Die Frage der Störungsabwehr bezogen auf die widmungsgemäße Nutzung ist also „letztlich eine Frage des Gefahrenabwehrrechts“ 307. Es handelt sich demnach zunächst nicht um eine spezifisch aus einem „Recht der öffentlichen Sachen“ folgende Befugnis. Eine solche kann weder unmittelbar aus der Widmung abgeleitet werden, da die Störungsabwehr gerade die Widmung schützen soll. Noch kann sie in einem dinglichen Recht des öffentlichen Sachherrn bestehen. Das öffentliche Sachenrecht kann auf diese Frage für das kommunale Einrichtungswesen wie gesehen keine Antwort geben.
III. Leistungsverwaltungsrechtliche Sachbereichsspezifika Die Einrichtungstätigkeit ist also nicht einem besonderen Rechtsstatus eines Rechts der öffentlichen Sachen zuzuordnen. Allerdings mag sie hinsichtlich der Vorbehaltsdiskussion in die allgemeine Diskussion um den Vorbehalt des Gesetzes in der Leistungsverwaltung einzugliedern sein.308 Kommunale Einrichtungstätigkeit findet nach allen Gemeindeordnungen vor allem im Bereich der Daseinsvorsorge statt. Der Begriff der Daseinsvorsorge ist dabei so eng mit der kommunalen Einrichtungstätigkeit verwoben, dass teilweise für die Definition der öffentlichen Einrichtung auf ihn verwiesen wird.309 Daseinsvorsorge wiederum lässt sich speziell als Form der einrichtungsgebundenen Erbringung einer Verwaltungsleistung erfassen,310 bei der der Leistungsträger die Teilhabe an dem Zugang zu öffentlichen Einrichtungen gewährt.311 Zu beachten ist jedoch auch, dass der Begriff der Daseinsvorsorge nach zutreffender herrschender Auffassung keinen Rechtsbegriff darstellt und insofern keine konkreten Rechtsfolgen umfasst.312 Eine generelle Zuordnung eines jeden Benutzungsverhältnisses zur Leis307
Stelkens, Die Verwaltung 46 (2013), S. 493 (517 f.). So auch Löwer, DVBl 1985, 928 (938). 309 S. bereits oben 2. Kap. B. I. 1. c) aa). 310 Leisner, WiVerw 2011, 55 (55, 70 ff.). 311 Grundlegend zum Begriff der „Teilhabe“ Forsthoff, Die Verwaltung als Leistungsträger, in Teilen abgedruckt in ders., Rechtsfragen der leistenden Verwaltung, S. 22 ff., 35 ff.; den Begriff aufgenommen sodann BVerfGE 33, 303 (332 f.); systematisierend Häberle, in: Hablitzel/Wollenschläger (Hrsg.), FS Küchenhoff, S. 453 (455 ff.); zum Verhältnis zwischen Leistungsverwaltung und Teilhabe s. Haverkate, Rechtsfragen des Leistungsstaats, S. 3 f. 312 S. dazu bereits 2. Kap. B. I. 1. c) aa). 308
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2. Kap.: Verfassungsrechtliche Anforderungen
tungsverwaltung wird damit also nicht möglich sein. Vielmehr ist jedes Rechtsverhältnis im Einzelfall zu betrachten und anhand der möglichen Systematisierung zu untersuchen. Insbesondere verpflichtende Benutzungsverhältnisse können damit zwar grundsätzlichen Leistungsaustauschcharakter aufweisen, zeichnen sich jedoch ebenso durch staatliche Grundrechtseingriffe im Zusammenhang mit dem Benutzungszwang aus und bilden damit eine Gemengelage zwischen Eingriff und Leistung.313 1. Anwendbarkeit der Vorbehaltslehre im Bereich der Leistungsverwaltung Die Frage des Vorbehalts des Gesetzes war zunächst in vielen Teilbereichen der Leistungsverwaltung wegen der Überlagerung der Leistungsverhältnisse durch die Lehre vom besonderen Gewaltverhältnis aus dem Grundrechtsbereich ausgeklammert oder aufgrund des Anwendungsbereiches der Lehre vom sog. Eingriffsvorbehalt als traditionelle Vorbehaltsdoktrin nur bei Eingriffen in „Freiheit und Eigentum“ ausgeschlossen.314 Damit war die Leistungsverwaltung im Grunde vom Anwendungsbereich der Vorbehaltslehre ausgenommen. Mit der sog. Lehre vom Totalvorbehalt wurde sodann versucht, den Anwendungsbereich auch auf die Leistungsverwaltung zu erstrecken, indem sämtliche Verwaltungstätigkeit, also vor allem auch jene der Leistungsverwaltung, nur aufgrund parlamentsgesetzlicher Grundlage zulässig sein sollte. Ein solcher Totalvorbehalt wurde mit dem Demokratieprinzip, dem Rechtsstaatsprinzip sowie dem Sozialstaatsprinzip begründet,315 wobei jeder Begründungsversuch aufgrund entgegengesetzter Verfassungsprinzipien, vor allem aufgrund des Gegensatzes zwischen der verfassungsrechtlichen Verankerung der Exekutive als eigenständiger, gleichwertiger Verfassungsgewalt, die eine eigenständige, demokratische Legitimation aufweist, und einem mit dem Totalvorbehalt einhergehenden, dem Grundgesetz jedoch fremden Parlamentsmonismus, nicht durchgreifen konnte.316 Auch ohne sich der Lehre vom Totalvorbehalt anzuschließen, gingen viele Stimmen in der Literatur dazu über, den Vorbehaltsbereich auf Akte der Leistungsverwaltung zu „erstrecken“. Dies wurde mit der Hinwendung vom eingreifenden zum leistungsgewährenden Staat unter der grundgesetzlichen Ordnung
313 Vgl. auch BVerwGE 47, 201 (204); ebenso Erichsen, VerwArch 69 (1978), S. 387 (394). 314 Vgl. Rupp, Grundfragen der heutigen Verwaltungsrechtslehre, S. 113 ff.; Selmer, JuS 1968, 489 (492); krit. bereits BVerfGE 8, 155 (166 f.). 315 Vgl. vor allem Jesch, Gesetz und Verwaltung, S. 205; Rupp, Grundfragen der heutigen Verwaltungsrechtslehre, S. 129 ff. m.w. N. 316 BVerfGE 49, 89 (124 ff.); 68, 1 (87); vgl. Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften und Grundgesetz, S. 211 ff.; Erichsen, Jura 1995, 550 (553); Krebs, Jura 1979, 304 (307 f.); krit. Rupp, Grundfragen der heutigen Verwaltungsrechtslehre, S. 132 f.
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begründet. Funktionen und Bedeutung der Leistungsverwaltung durch Abhängigkeit des Einzelnen von der Sozialgestaltung erforderten demnach ein verändertes Verständnis von Freiheit und Eigentum, das die Einbeziehung auch leistender Verwaltungstätigkeit in den Vorbehaltsbereich erfordere.317 Eine solche Abhängigkeit des Einzelnen von staatlichen Leistungen fuße insbesondere auf der Dependenz von staatlich geregelten Sozialabläufen.318 Vielfach wurde dabei konstatiert, die Leistungsverwaltung regele Verteilungsprobleme, die im Rahmen der Vorbehaltslehre regelmäßig durch Gesetz entschieden werden müssten.319 Eine an der Abgrenzung Eingriff und Leistung verlaufende dogmatische Differenzierung zur Handhabbarmachung der Vorbehaltslehre scheidet mit der herrschenden Meinung, die den Vorbehalt des Gesetzes als eine dynamische Abwägungsentscheidung anhand des Wesentlichkeitsmaßstabes vertritt, mittlerweile aus. Mit der Weiterentwicklung der Vorbehaltslehre, insbesondere deren Öffnung für alle Grundrechtsdimensionen durch die Wesentlichkeitsdoktrin und die gleichzeitige Abkehr von der sog. Formel vom Eingriffsvorbehalt, ist die Auseinandersetzung um den Totalvorbehalt gesunken, wenngleich mittlerweile teilweise statuiert wird, die Kombination aus Ausweitung grundrechtlicher Gewährleistungsgehalte, modernem Eingriffsbegriff und Anwendung auch auf leistungsverwaltungsrechtliche Konstellationen komme einem Totalvorbehalt mit Bagatellschwelle nahe.320 Die Unsicherheiten im Umgang mit der Wesentlichkeitsdoktrin zur Bestimmung der Erforderlichkeit einer formalgesetzlichen Grundlage treten auch im Bereich der Leistungsverwaltung zu Tage. Erstens geht es um die Abgrenzung zwischen Belastung und Leistung, die sich vor allem bei Verteilungsfragen als rechtliche Ordnungsaufgaben stellen. Im Hinblick auf den Vorbehalt des Gesetzes ist diese Unterscheidung zwar rechtsdogmatisch irrelevant geworden, denn mit Blick auf die Grundrechtsrelevanz sind staatliche Leistungen oft nicht weniger bedeutungsvoll als das Unterbleiben eines Eingriffs.321 Umgekehrt wird jedoch deutlich, dass eine solche Abgrenzung immer noch sinnvoll ist: denn Eingriffe bedürfen – mit Überschreiten einer Intensitätsschwelle – in jedem Fall einer gesetzlichen Ermächtigung. Bezüglich der Grundrechtsdimension der Leistungs- und Teilhabeansprüche gibt es dagegen keinen (grundrechtlichen) Gesetzesvorbehalt, da dieser auf die grundrechtliche Eingriffsdogmatik ausgerichtet ist.322 317
Rupp, Grundfragen der heutigen Verwaltungslehre, S. 113 ff., 139. Clement, Der Vorbehalt des Gesetzes, S. 52, 80 ff. 319 Vgl. Stern, Staatsrecht, Bd. I, § 20 IV 4 (S. 810); Clement, Der Vorbehalt des Gesetzes, S. 82. 320 Reimer, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. I, § 9 Rn. 45; Hoffmann-Riem, AöR 130 (2005), S. 5 (43). 321 BVerfGE 40, 237 (249); Erichsen, in: Wilke (Hrsg.), FS Jurist. Gesellschaft Berlin, S. 113 (118 ff.) m.w. N. 322 Schröder, JA 2016, 641 (641). 318
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2. Sachbereichsspezifische Besonderheiten Parameter für die Bestimmung einer Grundrechtsrelevanz im leistungsrechtlichen Kontext sind jedoch nicht prima facie auszumachen. Richtigerweise kann es nicht um die Zuordnung zur Leistungsverwaltung an sich gehen, die Bestimmung der Erforderlichkeit einer formalgesetzlichen Rechtsgrundlage muss vielmehr den konkreten Leistungsvorgang in den Blick nehmen.323 In diesem Zusammenhang wurde schon früh vertreten, dass im Bereich der grundrechtlich geschützten Teilnahme an einer staatlichen Einrichtung der formelle Gesetzgeber alle wesentlichen Entscheidungen über den Zugang zur Einrichtung treffen muss.324 Weiterhin ist im Wege der Abwägungsentscheidung mit Blick auf das Rechtsstaats- und Demokratieprinzip das Gesetz als formalisierter Kompromiss zwischen pluralistischen Interessen anzuerkennen, das grundsätzlich besser geeignet ist, Verteilungsgleichheit zu gewähren. Damit wird der ordnungsstiftende Faktor des Rechtsstaatsprinzips als Begründungsmoment des Vorbehalts des Gesetzes aktiviert. Allerdings ist mit Zubilligung eines gesetzesfreien Handlungsraumes nicht ein rechtsfreier Raum verbunden, vielmehr geht es um den eingeräumten exekutiven Spielraum bei einer generalklauselartigen Einräumung von Handlungsbefugnissen der gestaltenden, im Einzelfall leistenden Verwaltung.325 Zusammenfassend lässt sich mit der Weiterentwicklung des Vorbehalts des Gesetzes hin zu einer Abwägungsentscheidung im Rahmen der Wesentlichkeitsdoktrin der Geltungsbreich und die Anwendbarkeit des Vorbehaltsgedankens auch im Bereich der Leistungsverwaltung ausmachen.326 Dort wird dementsprechend eine formalgesetzliche Grundlage für die Fälle verlangt, in denen sich die Beteiligung des Einzelnen an staatlichen Leistungen als die notwendige Voraussetzung für die Verwirklichung der Grundrechte erweist.327 So etwa, wenn mit der Einrichtung ein Monopol begründet wird, auf dessen Leistung die Betroffenen angewiesen sind.328 Demgegenüber wird teilweise auch gefordert, dass im Bereich der Daseinsvorsorge der Gemeinde eine „größere Gestaltungsfreiheit“ zukommen müsse als in der Eingriffsverwaltung, um Gestaltungsräume offen zu halten.329 Konkrete Belange für den Wesentlichkeitsmaßstab im Sinne einer Abwägungs323
Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, 4. Kap. Rn. 23 (S. 191 f.); Reimer, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. I, § 9 Rn. 45 m.w. N. 324 S. bereits Thieme, JZ 1973, 692 (693). 325 Selmer, JuS 1968, 489 (496). 326 Vgl. Rupp, Grundfragen der heutigen Verwaltungsrechtslehre, S. 139 ff.; Krebs, Vorbehalt des Gesetzes und Grundrechte, S. 119 ff.; Erichsen, DVBl 1983, 289 (293 f.); ders., Jura 1995, 550 (553); Zimmerling, VR 1993, 257 (259 ff.). 327 BVerfGE 33, 303 (336 f.). 328 S. ausf. hierzu Scholz, Das Wesen und die Entwicklung der gemeindlichen öffentlichen Einrichtungen, S. 239 f. 329 Stober, JA 1975, 737 (740).
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entscheidung lassen sich hieraus freilich noch nicht ziehen. Die dogmatische Durchdringung der Leistungsverwaltung leidet vielmehr immer noch an einem „Aufmerksamkeitsdefizit“ 330. Selbst wenn der Feststellung eines gar rechtsstaatlichen Defizits bei der leistenden Staatstätigkeit331 nicht gefolgt werden kann, ist der Mangel an einer normativen Durchdringung, insbesondere mit Blick auf belastbare Parameter oder Rationalitätsmuster zur Feststellung des Erfordernisses einer formalgesetzlichen Rechtsgrundlage für die Bereitstellung sowie die Verteilungsvoraussetzungen und den Verteilungsmodus von Verwaltungsleistungen offensichtlich.
IV. Kommunalrechtliche Sachbereichsspezifika Benutzungsregelungen von kommunalen Einrichtungsträgern könnten ferner kommunalrechtliche Sachbereichsspezifika aufweisen, die in die Abwägungsentscheidung im Rahmen der Wesentlichkeitsdoktrin einfließen und diesbezüglich eine möglicherweise typisierbare Lesart des Vorbehalts des Gesetzes ermöglichen. 1. Zum Wesen der kommunalrechtlichen Rechtsetzungstätigkeit als Voraussetzung der Anwendbarkeit der Vorbehaltslehre Teilweise wird im Bereich der kommunalen Rechtsetzung bereits an der Geltung des Vorbehalts des Gesetzes gezweifelt. Dieses Dogma beruht auf dem staatstheoretischen Verhältnis zwischen kommunaler Rechtsetzungstätigkeit und staatlichem Recht, das von im Wesentlichen drei Grundpositionen beherrscht wird. Danach ist die Einordnung der kommunalen Rechtsetzungshoheit im Verhältnis zum staatlichen Recht relevant, auch um inhaltliche Grenzen des Vorbehalts des Gesetzes im verfassungsrechtlich garantierten kommunalen Selbstverwaltungsbereich zu begründen.332 So wurde vor allem früher die Satzungsgewalt als originäre Befugnis aufgrund eines natürlichen Wirkungskreises der Selbstverwaltungskörperschaften angesehen; diese sei also nicht eine vom Staat abgeleitete, sondern eine eigene Rechtsetzungsgewalt.333 Der Kommune käme insofern als Einrichtungsträgerin ein „originäres Recht (. . .), den Umfang der Benutzung ihrer öffentlichen Einrichtungen nach eigenem Ermessen zu regeln“ 334 zu. Eine Einschränkung durch den 330
Rixen, DVBl 2018, 906 (907). Haverkate, Rechtsfragen des Leistungsstaats, S. 18. 332 So Ossenbühl, in: Götz/Klein/Starck (Hrsg.), Die öffentliche Verwaltung zwischen Gesetzgebung und richterlicher Kontrolle, S. 9 (30). 333 So Jobst, BayVBl. 1960, 201 (204 f.) m.w. N.; Gallwas, BayVBl. 1992, 644 (645); vgl. dazu auch Art. 11 Abs. 2 S. 1 BayVerf, wonach die Gemeinden „ursprüngliche Gebietskörperschaften des öffentlichen Rechts“ sind; vgl. zusammenfassend Adler, Das Satzungsrecht der Gemeinden, S. 26 m.w. N.; Friehe, JuS 1979, 465 (466). 334 Missverständlich insofern VG Wiesbaden, NVwZ-RR 1994, 40 (42). 331
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Vorbehalt des Gesetzes kommt bei Annahme einer solchen originären Regelungsbefugnis nicht in Betracht. Die Begründung einer solch originären Befugnis ist naturrechtlich fundiert und widerspricht dem grundgesetzlichen Staatsverständnis, welches das Rechtsetzungsmonopol allein dem – im Rahmen der Verfassung ausgestalteten – Staat zuerkennt und eine weitere, eigenständige Regelungsgewalt nicht zulässt.335 Demgegenüber wird teilweise vertreten, bei der kommunalen Rechtsetzungstätigkeit handele es sich um einen Fall der Dereliktion: Der Kommune falle als Selbstverwaltungsträgerin nämlich eine vom Staat derelinquierte öffentliche Angelegenheit als eigene zur eigenen Gestaltung zu.336 Der Staat delegiere nicht, sondern privilegiere den Autonomieträger, indem er eine eigenständige Rechtsquelle eröffne und in diesem Bereich auf eigene staatliche Regelungen verzichte.337 Damit handele es sich zwar um eine eigene Rechtsquelle; autonomes Recht könne jedoch nur dort ergehen, wo auch der staatliche Gesetzgeber selbst hätte tätig werden können, der insoweit aufgrund der Grundrechtsbindung und des Verfassungsprinzips des Vorbehalts des Gesetzes verpflichtet sei, diese Gewährleistungen auch von den Autonomieträgern einzufordern.338 Dagegen geht die herrschende Auffassung von einer Delegation der Rechtsetzungsbefugnisse aus, wonach rechtliche Existenz, Zuständigkeiten sowie Befugnisse der Autonomieträger vom Staat abgeleitet werden.339 Die kommunale Rechtsetzungstätigkeit ist also abgeleitete Hoheit, die aus der verfassungsrechtlichen Selbstverwaltungsgarantie fließt und als objektive Rechtsinstitutionsgarantie auch die sog. Rechtsetzungshoheit als das Recht der Gemeinden zur rechtlichen Ordnung ihrer eigenen Angelegenheiten umfasst. Mit der Aussage über das Wesen der kommunalen Rechtsetzungstätigkeit ist damit zwar festgestellt, dass diese sich innerhalb des Verfassungsrahmens und damit innerhalb der Geltung des Vorbehalts des Gesetzes halten muss. Eine Aussage darüber, ob es hierzu spezifischer Einschränkungen der kommunalen Rechtsetzungstätigkeit bedarf, steht damit jedoch noch nicht fest.340
335 Vgl. Hamann, Autonome Satzungen und Verfassungsrecht, S. 18 ff., 21 m.w. N.; Badura, DÖV 1963, 561 (561); Friehe, JuS 1979, 465 (467). 336 Grundlegend Salzwedel, VVDStRL 22 (1965), S. 206 (223 ff.). 337 Vgl. Salzwedel, VVDStRL 22 (1965), S. 206 (224 f.); zusammenf. Adler, Das Satzungsrecht der Gemeinden, S. 27 m.w. N.; Friehe, JuS 1979, 465 (468). 338 Friehe, JuS 1979, 465 (468 f.). 339 Vgl. etwa Prost, NJW 1955, 1463 (1464); Badura, DÖV 1963, 561 (561 f.); Starck, AöR 92 (1967), S. 449 (455); Conrad, BayVBl. 1970, 384 (387); Jakob, DÖV 1970, 666 (666 f.); Meyn, Gesetzesvorbehalt und Rechtsetzungsbefugnis der Gemeinden, S. 15 ff.; v. Arnim, AöR 113 (1988), S. 1 (18 f.); Maurer, DÖV 1993, 184 (187); krit. Friehe, JuS 1979, 465 (469 f.). 340 So auch Adler, Das Satzungsrecht der Gemeinden, S. 31.
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2. Das Spannungsfeld zwischen dem Vorbehalt des Gesetzes und der kommunalen Rechtsetzungstätigkeit Zwischen dem Vorbehalt des Gesetzes und der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie besteht eine „Grundspannung“. Denn je weiter der Vorbehalt des Gesetzes ausgelegt wird, desto engere Grenzen sind der eigenverantwortlichen Aufgabenwahrnehmung durch die Kommunen gesetzt.341 Es handelt sich damit im Ansatz um gegenläufige Kräfte.342 Ohne Beachtung von Besonderheiten der kommunalen Selbstverwaltung büßt die kommunale Tätigkeit jedoch ihre situationsgerechten und innovativen Verwaltungsmöglichkeiten ein und kann das Ziel der verfassungsrechtlichen Grundentscheidung für die kommunale Selbstverwaltung, insbesondere die Entlastung der staatlichen Willensbildung durch Verlagerung auf ortsnahe Entscheidungsträger,343 gar nicht erreichen. Für Grundrechtseingriffe gilt nach der herrschenden Auffassung das Dogma vom eingeschränkten Rechtsetzungsrecht,344 wonach satzungsrechtliche Regelungen als solche nicht dem Gesetzesvorbehalt für Grundrechtseingriffe genügen sollen.345 Demgegenüber wird teilweise die Eigenständigkeit des gemeindlichen Satzungsrechts und deshalb eine eingeschränkte Geltung des Parlamentsvorbehalts und der Wesentlichkeitstheorie angenommen.346 In diesem Zusammenhang wird im Kontext der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie insbesondere eine Modifikation des Parlamentsvorbehalts in der Lesart der Wesentlichkeitsdoktrin vorgeschlagen, wonach die Gemeinden für alle örtlichen Aufgaben zuständig sein sollen, solange und soweit Bund oder Land von ihren Regelungsbefugnissen keinen Gebrauch gemacht haben.347 Diese „Modifikation“ vermengt jedoch wieder verschiedene Problemkreise des Parlamentsvorbehalts, nämlich die Frage nach der Zuordnung von Kompetenzen im Sinne der Funktionenlehre und der Frage nach einer Entscheidungspflicht des Gesetzgebers. Zudem deutet diese Auffassung die Anerkennung eines dreigliedrigen Staatsaufbaus an, der verfas341
Oebbecke, VVDStRL 62 (2003), S. 366 (397) m.w. N. Fechtrup, in: 58. DJT, Bd. II, S. N 37 (N 41). 343 Vgl. hierzu Hoffmann-Riem, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Effizienz als Herausforderung an das Verwaltungsrecht, S. 11 (13): „Verrechtlichungsfalle“; Oebbecke, VVDStRL 62 (2003), S. 366 (397). 344 Ausf. Adler, Das Satzungsrecht der Gemeinden, S. 2 ff. 345 BVerwG, NJW 1993, 411 (412); BayVGH, NVwZ 1992, 1004 (1006); SchmidtAßmann, Die kommunale Rechtsetzung im Gefüge der administrativen Handlungsformen und Rechtsquellen, S. 8 f.; ders., in: v. Mutius (Hrsg.), FG v. Unruh, S. 607 (608); Reimer, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. I, § 9 Rn. 39; v. Arnim, AöR 113 (1988), S. 1 (25); krit. Kreßel, BayVBl. 1967, 410 (411 f.); Böhm, in: Lübbe-Wolff/Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, S. 413 (414 ff.) m.w. N.; diff. Haaß, Die Handlungsspielräume gemeindlicher Umweltpolitik am Beispiel des Abfallrechts, S. 188 ff. 346 Engel-Boland, Gemeindliches Satzungsrecht und Gesetzesvorbehalt, S. 109 f. 347 Adler, Das Satzungsrecht der Gemeinden, S. 126, 142. 342
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sungsrechtlich nicht auszumachen ist.348 Die konkurrierende Zuständigkeit zwischen Bund und Ländern ist aber nach der verfassungsrechtlichen Konzeption nicht auch auf die Ebene der Gemeinden übertragbar. Vielmehr müssen landesbzw. bundesgesetzliche Regelungen, die die Aufgabenzuständigkeit oder die eigenverantwortliche Aufgabenerfüllung im Rahmen der Selbstverwaltungsangelegenheiten betreffen, als Eingriffe in die kommunale Selbstverwaltung gerechtfertigt werden. 3. Zur Auflösung des Spannungsfelds anhand des Wesentlichkeitsmaßstabs Möglicherweise besteht jedoch keine solche eindeutige Dichotomie zwischen eingeschränktem und eigenständigem kommunalen Rechtsetzungsrecht innerhalb des Spannungsfeldes zwischen dem Vorbehalt des Gesetzes und der kommunalen Rechtsetzung. Denn die zuvor aufgezeigte, hier präferierte und zugrunde gelegte Lesart der Wesentlichkeitsdoktrin als dynamischer Maßstab ermöglicht die Erschließung von Abwägungsbelangen, um in einer abstrakten und konkreten Betrachtung des Regelungsgegenstandes zu einer verlässlichen Zuordnung zum Rechtsgeber zu gelangen.349 Hierzu werden die bisher vorgebrachten Argumente nicht antithetisch gegenübergestellt, sondern es wird versucht, diese in den dynamischen Wesentlichkeitsmaßstab einzuarbeiten. Im Rahmen der Wesentlichkeitsdoktrin als Abwägungsentscheidung350 kommt damit sowohl den maßstabsbildenden Kriterien der Vorbehaltslehre als auch der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie im Bereich des Rechts der öffentlichen Einrichtungen, insbesondere mit Blick auf die Organisationshoheit und die Eigenverantwortlichkeitsgarantie, besondere Bedeutung zu. a) Rechtsstaatsfunktion Aus dem Rechtsstaatsprinzip lassen sich als besondere Abwägungsbelange die Ordnungs- und Bindungsfunktion entnehmen, die grundsätzlich nicht auf das Parlamentsgesetz beschränkt sind, sondern auch durch andere materielle Gesetze verwirklicht werden können. So führt das Erfordernis einer abstrakt-generellen Norm zu einer verbindlichen Rahmenstruktur der Einzelfallentscheidung, die Freiheit vor Willkür sichert. Die abstrakt-generelle Norm stellt sich aufgrund die348 Vgl. nur Dreier, in: ders. (Hrsg.), GG, Bd. II, Art. 28 Rn. 86; Gern/Brüning, Deutsches Kommunalrecht, Rn. 77; Engel-Boland, Gemeindliches Satzungsrecht und Gesetzesvorbehalt, S. 23 f.; Adler, Das Satzungsrecht der Gemeinden, S. 142, erkennt dies zwar, hält die von ihm angenommene „Kompetenzsubsidiarität“ dennoch für verfassungsrechtlich angelegt und vermengt dabei im Folgenden Fragen des Vorbehalts des Gesetzes mit solchen des Vorrangs des Gesetzes, vgl. insb. a.a.O, S. 146. 349 Entgegen Adler, Das Satzungsrecht der Gemeinden, S. 73 (Fn. 259) besteht demnach keine völlige Kriterienlosigkeit. 350 Maurer, DÖV 1993, 184 (189); Adler, Das Satzungsrecht der Gemeinden, S. 97.
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ser Rahmenstruktur auch als Egalitätsgarant dar. Zudem führt auch die Publizität als Öffentlichkeitsvoraussetzung zur notwendigen zumutbaren Kenntnisnahme von Existenz und Inhalt der Norm und somit zur Vorhersehbarkeit der Rechtsnormen. Die genannten rechtsstaatlichen Funktionen, die freiheits- und gleichheitssichernde Faktoren gleichsam mit einschließen, gelten indes für alle abstraktgenerellen Regelungen unabhängig der Gewaltenzuteilung. Die Rechtssicherheit als rechtsstaatliche Komponente des Vorbehalts des Gesetzes streitet somit für eine abstrakt-generelle Norm, nicht jedoch per se für ein Parlamentsgesetz.351 Weiterhin ist die Vorhersehbarkeit bzw. die Berechenbarkeit staatlichen Handelns Ausdruck des Rechtsstaatsprinzips. Parlamentsgesetzen kommt mit Blick hierauf eine größere Kontinuität, höhere Verbindlichkeit, erschwerte Abänderbarkeit und Anpassung an geänderte Lebensverhältnisse zu.352 Demgegenüber besteht bei Benutzungsregelungen das Erfordernis der Elastizität und der Anpassung an räumliche und sachliche Gegebenheiten. Die Vorhersehbarkeit von Regelungen als Ausprägung des Rechtsstaatsprinzips im Rahmen des Vorbehalts des Gesetzes umfasst zwar grundsätzlich auch eine räumliche Komponente, für die ein hinreichend großes Regelungsgebiet vorausgesetzt werden könnte;353 allerdings betrifft dies nur das Verlangen von Verwaltung und Gerichten, nicht jedoch die Vorausschau normativer Belastungen.354 Einzig die Fragmentierung des Ortsrechts aufgrund der räumlich nur eingeschränkten Wirkbereiche könnte aus rechtsstaatlichen Gesichtspunkten daher ein Parlamentsgesetz erforderlich machen; allerdings ist die örtliche Fragmentierung gerade Ausfluss der verfassungsrechtlichen Grundentscheidung aus Art. 28 Abs. 2 GG. Örtliche Fragmentierungen sind gerade kein Problem der Generalität des materiellen Gesetzes, denn diese bezieht sich vielmehr auf die Publizität und die Rechtssicherheit. b) Demokratiefunktion Das Demokratieprinzip erfordert eine Rückbindung des Parlaments an den Wählerwillen als Legitimation im Sinne der Repräsentation sowie Öffentlichkeit und Förmlichkeit als Legitimation durch Verfahren. Die besondere Legitimation des förmlichen Gesetzes liegt in dem parlamentarischen Verfahren. Diese prozeduralen Besonderheiten des parlamentarischen Verfahrens folgen aus drei Aspekten: den Verfahrensbeteiligten, der Öffentlichkeit und durch das Verfahren selbst. Die Parlamentarier tragen als Verfahrensbeteiligte durch die unterschiedliche 351 Ähnl. Eberle, DÖV 1984, 485 (489); Engel-Boland, Gemeindliches Satzungsrecht und Gesetzesvorbehalt, S. 47 ff. 352 Adler, Das Satzungsrecht der Gemeinden, S. 101 f. 353 BayVGH, NVwZ 1992, 1004 (1006). 354 Gallwas, BayVBl. 1992, 644 (645); zust. Adler, Das Satzungsrecht der Gemeinden, S. 140; ähnl. Engel-Boland, Gemeindliches Satzungsrecht und Gesetzesvorbehalt, S. 50 f.
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Fraktions- oder Gruppenzugehörigkeit sowie die Gewährleistung des freien Mandats aus Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG zu einer unterschiedlichen, teils divergierenden Interessenstruktur bei, die prozedural der umfassenden Berücksichtigung verschiedener Interessen dient und materiell für eine möglichst ausgewogene Konsensentscheidung sprechen. Die Öffentlichkeit der Plenardebatten und der Abstimmungen erfüllt sodann zwei Funktionen: Sie macht den Willensbildungsund Entscheidungsprozess einerseits transparent und für die Bürgerinnen und Bürger nachvollziehbar, andererseits wird so eine Kontrolle der Legislative möglich, die das Verfahren damit von vornherein zu „zügeln“ vermag. Das Verfahren selbst trägt schließlich durch seine Formalisierung zur Rationalisierung355 des Entscheidungsverfahrens und damit auch der materiellen Entscheidung als Ergebnis dieses Verfahrens bei und stiftet somit selbst Legitimität.356 Wendet man diese Grundsätze auf die Rechtsetzungstätigkeit der Kommune an, wird deutlich, dass die Rechtsetzungsverfahren zwar mitnichten deckungsgleich ausgestaltet sind. Die Grundsätze der Auseinandersetzung, gewährleistet durch Mandatsrechte der Ratsmitglieder, die Öffentlichkeit, die Beratung und Mehrheitsentscheidung, sind jedoch jedenfalls beim Erlass einer Benutzungsordnung in der Handlungsform der Satzung auch hier gegeben. Die anderen Handlungsformen hingegen können jedenfalls keine ähnlich gelagerte Verfahrensweise aufweisen, die einer solchen Formalisierung und Rationalisierung des Entscheidungsverfahrens nahekommen. Jedenfalls mit Blick auf die Satzung als Handlungsform ist damit auch aus der Perspektive der demokratischen Komponente der Vorbehaltslehre kein erheblicher Unterschied auszumachen. Das Erfordernis der Legitimation durch Repräsentation kann möglicherweise ferner auch auf den Gemeinderat übertragen werden. Zwar ist die Parlamentseigenschaft des kommunalen Vertretungsorgans zu verneinen.357 Dies liegt im Wesentlichen in der Stellung der Kommunen begründet, die zwar verfassungsrechtlich in Art. 28 Abs. 2 GG garantiert ist, jedoch keine originäre Staatsmacht umfasst und insoweit keine originäre Rechtsetzungsbefugnis verleiht und das Gewaltenteilungsprinzip nicht verwirklicht.358 Allerdings darf diese Begrifflichkeit nicht überdecken, dass der Bereich der kommunalen Selbstverwaltung eine plu355 Ausf. hierzu etwa Starck, Der Gesetzesbegriff des Grundgesetzes, S. 158 ff.; Hermes, Der Bereich des Parlamentsgesetzes, S. 53. 356 Vgl. ausf. zum Begriff Hermes, Der Bereich des Parlamentsgesetzes, S. 34 ff. 357 BVerfGE 65, 283 (289); BVerwGE 87, 228 (231 f.); 90, 359 (362); Scholler/ Scholler, in: Mann/Püttner (Hrsg.), HkWP, Bd. I, 3. Aufl., § 23 Rn. 9; Adler, Das Satzungsrecht der Gemeinden, S. 105 f.; Starck, AöR 92 (1967), S. 449 (457); Schoch, NVwZ 1990, 801 (803); krit. Engel-Boland, Gemeindliches Satzungsrecht und Gesetzesvorbehalt, S. 74 ff.; a. A. wohl Jakob, DÖV 1970, 666 (670); Meyn, DVBl 1977, 593 (596 f.); ders., Gesetzesvorbehalt und Rechtsetzungsbefugnis der Gemeinden, S. 42 je unter Hinweis auf BVerfGE 32, 346 (361); Ott, Der Parlamentscharakter der Gemeindevertretung, S. 214: „funktional Legislative“. 358 Vgl. BVerfGE 65, 283 (289); Dolderer, DÖV 2009, 146 (147) m.w. N.
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rale demokratische Legitimation aufweist.359 Beim kommunalen Vertretungsorgan besteht eine eigene demokratische Legitimation durch eine ununterbrochene vom (Gemeinde-)Volk ausgehende Legitimationskette.360 Das Grundgesetz geht insofern von der „Einheitlichkeit der demokratischen Legitimationsgrundlage“ 361 im Staatsaufbau aus: Das in Art. 20 Abs. 2, Art. 28 Abs. 1 S. 1 GG verankerte Demokratieprinzip für Bund und Länder erfährt durch Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG seine Ausgestaltung auch für die kommunale Ebene; auch das kommunale Vertretungsorgan weist daher nicht bloß eine etwaige „mitgliedschaftlich-partizipatorische Komponente“, sondern eine demokratische Legitimation auf.362 Die Gemeinde ist gerade „Keimzelle der Demokratie“ 363. Die Entscheidung der kommunalen Vertretungsorgane zeugt dennoch von strukturellen Defiziten durch eine schwächere demokratische Legitimation insbesondere infolge von örtlichen Partikularinteressen. Allerdings ist die kommunale Selbstverwaltungsgarantie insofern auch nicht mit der funktionalen Selbstverwaltung364 vergleichbar, da die kommunale Selbstverwaltungsgarantie verfassungsrechtlich gewährleistet ist und darüber hinaus nicht nur über eine verbandsdemokratische, sondern eine allgemeindemokratische Vertretung verfügt. Sie ist insofern breiter demokratisch legitimiert und birgt so nicht die gleiche Gefahr einer Distanzverringerung wie berufsständische Organisationen.365 Allerdings besteht dennoch, plastisch gesprochen, eine erhöhte Gefahr einer „Interessenverfilzung“ 366 bzw. der Interessenabwägung zugunsten von Partikularbelangen auf ge359 Trute, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. I, § 6 Rn. 79; vgl. auch Ott, Der Parlamentscharakter der Gemeindevertretung, S. 86 ff. 360 BVerfGE 107, 59 (87) m.w. N.; v. Arnim, AöR 113 (1988), S. 1 (6 ff.); Dolderer, DÖV 2009, 146 (147 f.); Maurer, DÖV 1993, 184 (185); ausf. hierzu Adler, Das Satzungsrecht der Gemeinden, S. 114 ff.; Ott, Der Parlamentscharakter der Gemeindevertretung, S. 96 ff.; Engel-Boland, Gemeindliches Satzungsrecht und Gesetzesvorbehalt, S. 81 ff. 361 BVerfGE 83, 37 (53). 362 BVerfGE 83, 37 (53 ff.); 107, 59 (88); Schmidt-Aßmann, in: Badura/Dreier (Hrsg.), FS 50 Jahre BVerfG, Bd. II, S. 803 (805 f.); ders., Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, 2. Kap. Rn. 88 (S. 93); Waldhoff, in: P. Kirchhof, u. a. (Hrsg.), FS Vogel, S. 495 (505). 363 BVerfGE 79, 127 (149); vgl. Püttner, in: Mann/Püttner (Hrsg.), HkWP, Bd. I, 3. Aufl., § 19 Rn. 24. 364 Vgl. hierzu BVerfGE 33, 125 (155 ff.) – Facharzt. 365 Adler, Das Satzungsrecht der Gemeinden, S. 3; Waldhoff, in: P. Kirchhof, u. a. (Hrsg.), FS Vogel, S. 495 (507 ff.); v. Arnim, AöR 113 (1988), S. 1 (23); Maurer, DÖV 1993, 184 (188); wohl auch Meyn, DVBl 1977, 593 (599 f.); für eine Übertragung dagegen etwa Starck, NJW 1972, 1489 (1489 f.). 366 Bleckmann, DVBl 1987, 1085 (1086); zum Problem der Interessenverfilzung auch Schmidt-Aßmann, in: Selmer/v. Münch (Hrsg.), GS Martens, S. 249 (256); Frotscher, in: v. Mutius (Hrsg.), FG v. Unruh, S. 127 (141); Oebbecke, VVDStRL 62 (2003), S. 366 (371); Engel-Boland, Gemeindliches Satzungsrecht und Gesetzesvorbehalt, S. 62 ff.
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2. Kap.: Verfassungsrechtliche Anforderungen
meindlicher Ebene durch eine gewisse Nähe und geringere Distanz des Entscheidungsapparates zu den Regelungsgegenständen, was die Gefahr einseitiger Normierung birgt.367 Diese besondere Nähe ist jedoch gerade Ausdruck und Ergebnis der Grundentscheidung aus Art. 28 Abs. 2 GG für die Selbstverwaltung. Die kommunale Ebene ist somit die demokratischste Form der Interessenvertretung.368 Jedenfalls mit Blick auf das Legitimationsargument kann damit für die kommunale Ebene nichts anderes aus dem Demokratieprinzip gefolgert werden. Aus dem Blickwinkel allein der Begründungssäule des Demokratieprinzips lässt sich auch das dementsprechende Zugeständnis an die Regelungsdichte der Satzungsermächtigung erklären, wonach die geforderte gesetzliche Regelung ohne die Beachtung besonderer Anforderungen an Inhalt, Umfang und Zweck staatlichen Handelns ergehen könne.369 Dabei ist zu beachten, dass nach ganz herrschender Auffassung die Anforderungen des Art. 80 GG im Bereich der autonomen Satzungen von vornherein nicht anwendbar sind.370 Im Bereich der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie solle es unabhängig hiervon jedoch noch einen „Impuls“ zur Herabsenkung der Bestimmtheitsanforderungen geben.371 Eine solchermaßen geforderte „Herabsenkung“ der Bestimmtheitsanforderungen könnte rechtstechnisch indes nur von den sowieso umstrittenen Anforderungen an die Regelungsdichte von Satzungsermächtigungen erfolgen. Ist allerdings bereits der Sollzustand der Regelungsdichte unklar, lässt sich wohl besser als eine Herabsenkung der Anforderungen von diesem Sollzustand das Mindestmaß der Anforderungen begründen. Nicht überzeugend ist zudem die Auffassung, dass Art. 28 Abs. 2 GG als lex specialis zu Art. 80 GG und Art. 20 GG die Anforderungen des Demokratieprinzips und des Rechtsstaatsprinzips an eine gesetzliche Ermächtigung für Eingriffe in Freiheit und Eigentum obsolet machten.372 Aus rechtsstaatlichen und demokratietheoretischen Erwägungen ist damit jedenfalls die Handlungsform Satzung des kommunalen Einrichtungsträgers in gleicher Weise geeignet, den Anforderungen des Vorbehalts des Gesetzes zu genügen.
367
Weber, BayVBl. 1998, 327 (328). Bleckmann, DVBl 1987, 1085 (1086); ähnl. Adler, Das Satzungsrecht der Gemeinden, S. 121 m.w. N.: „Verstärkung der allgemeinen demokratischen Ordnung“. 369 Bleckmann, DVBl 1987, 1085 (1089). 370 BVerfGE 12, 319 (325); 19, 253 (266 f.); 21, 54 (62 f.); BVerwGE 6, 247 (248 ff.); vgl. auch Menger, VerwArch 63 (1972), S. 447 (448 ff.); ausf. zu den Gründen Adler, Das Satzungsrecht der Gemeinden, S. 75 ff. 371 Burgi, Kommunalrecht, § 15 Rn. 40; Ehlers, in: Ehlers/Pünder (Hrsg.), Allg. VerwR, § 2 Rn. 59; Hellermann, in: Dietlein/Hellermann, ÖffR in NRW, § 2 Rn. 230; Kaltenborn/Reit, NVwZ 2012, 925 (928); allg. Dölker, Anforderungen an Ermächtigungsgrundlagen von Satzungen, S. 161 ff.; a. A. Meyn, DVBl 1977, 593 (600). 372 So aber Jakob, DÖV 1970, 666 (668). 368
B. Systematisierung der Sachbereichsspezifika
151
c) Grundrechtsfunktion Zu klären bleibt jedoch, ob die Grundrechte als weitere Begründungssäule des Vorbehaltsgedankens etwas anderes gebieten. Das formelle Gesetz dient grundsätzlich als „Grenzkontrolle für staatliches Eindringen in den Grundrechtsbereich“ 373. Der bloße Verweis darauf, der Vorbehalt des Gesetzes in der Lesart der Wesentlichkeitstheorie weise einen kompetenzrechtlichen Gehalt auf, der die wesentlichen grundrechtsrelevanten Entscheidungen auf horizontaler Ebene dem Parlament und nicht der Verwaltung zuordne,374 kann für eine Begründung einer formalgesetzlich vorbehaltenen Entscheidung nicht ans Ziel führen. Denn diese Argumentation weist auf kommunaler Tätigkeitsebene Schwächen auf, da auf dieser Ebene gerade keine Zweiteilung der Zuordnung in einem Entweder-OderProgramm zwischen Legislative und Exekutive stattfinden kann, da kommunale Tätigkeit ausschließlich der Verwaltung zugeordnet wird. Dieser Sichtweise liegt weiterhin die norddeutsche, preußische Selbstverwaltungstradition, nämlich die Mitwirkung der Bürgerinnen und Bürger an Staatsaufgaben, hier also die Grundrechtssicherung als gesamtstaatliche Aufgabe, zugrunde, nicht jedoch die SelbstVerwaltung der mündigen, freien grundrechtsbezogenen Personen.375 Eine solche genossenschaftliche Sichtweise auf die Selbstverwaltung „von unten nach oben“ ist jedoch nicht der Ansatz des Grundgesetzes, denn durch die Einbindung in Art. 28 Abs. 2 S. 1, Abs. 3 GG wird deutlich, dass es nicht um eine dem Staat vorausliegende bürgerliche Freiheit geht, sondern um durch die Verfassung konstituierte und von ihr abgeleitete Staatsmacht.376 Materielle Gesetze sind zwar nicht von vornherein im Rahmen von grundrechtlichen Gesetzesvorbehalten als Schrankenregelung ausgeschlossen.377 Aufgrund des förmlichen Verfahrens, der Öffentlichkeit, der Vorhersehbarkeit und der Aufgabentrennung zwischen Gemeinderat und Bürgermeister im Sinne einer horizontalen Gewaltenteilung entspricht das Satzungsverfahren dem parlamentarischen Gesetzgebungsverfahren in demokratischer und rechtsstaatlicher Sicht sogar weitgehend.378 Allerdings gebietet die grundrechtliche Perspektive eine umfassende, gesamtstaatlich orientierte Abwägungsentscheidung, die örtlich par373 P. Kirchhof, in: Starck (Hrsg.), FG 25 Jahre BVerfG, Bd. II, S. 50 (79); vgl. allg. hierzu Vogel, VVDStRL 24 (1966), S. 125 (147 ff., 156). 374 Starck, NJW 1972, 1489 (1490 f.); ähnl. Menger, VerwArch 63 (1972), S. 447 (450). 375 Zu diesen verschiedenen Selbstverwaltungstraditionen Hufen, VVDStRL 62 (2003), S. 460 (460 f.); Stern, Staatsrecht, Bd. I, § 12 I 2 (S. 398 ff.); ähnl. auch Badura, in: Selmer/v. Münch (Hrsg.), GS Martens, S. 25 (28). 376 Vgl. BVerfGE 73, 118 (191); 83, 37 (53 f.); Schmidt-Aßmann, in: Badura/Dreier (Hrsg.), FS 50 Jahre BVerfG, Bd. II, S. 803 (803); ders., in: Selmer/v. Münch (Hrsg.), GS Martens, S. 249 (258). 377 Vgl. BVerfGE 22, 114 (121). 378 Dolderer, DÖV 2009, 146 (148); ähnl. Oebbecke, VVDStRL 62 (2003), S. 366 (398).
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2. Kap.: Verfassungsrechtliche Anforderungen
tiell nicht vorgenommen werden kann. Denn die Regelung bzw. Einschränkung von Grundrechtspositionen ist eine überörtliche, staatliche Angelegenheit und bedarf damit grundsätzlich der staatlichen Legitimation.379 Auch insoweit kann das Argument im sog. Facharzt-Beschluss zu lesen sein, das die Wahrung der Interessen von Minderheiten bei gleichzeitiger Beachtung der Gemeinwohlinteressen beansprucht.380 Hieran kann auch Art. 28 Abs. 2 GG nichts ändern, denn nach Art. 1 Abs. 3 GG sind auch die Kommunen grundrechtsverpflichtet. Die Kompetenz zur Grundrechtsregulierung hat demnach nur das formale Gesetz als vermittelter Wille des Gesamtvolks, nicht aber die Satzung als vermittelter Wille des kommunalen Teilvolks.381 Die Interessenabwägung zwischen Allgemeinheitsbelangen und individueller grundrechtlicher Sphäre obliegt damit dem Parlamentsgesetzgeber.382 Denn jedenfalls bei Eingriffen in Grundrechte ist eine vielschichtige Abwägungsentscheidung zu treffen, die zwischen individueller Freiheit und Interesse der Allgemeinheit austariert, und die aufgrund der parlamentarischen Entscheidungsfindung unter Einbindung auch von externem Sachverstand eine Gewähr für den Interessenausgleich bieten kann, die der kommunalen Rechtsetzungstätigkeit demgegenüber nicht zuteil wird.383 Zwar ist die örtliche Fragmentierung der Regelungsentscheidungen und Ebenen gerade durch die Verfassung gewollt. Die kommunale Selbstverwaltungsgarantie ist also als Gegenbelang gegenüber dem Parlamentsvorbehalt i. S. d. Abwägungsentscheidung der Wesentlichkeitsdoktrin zu berücksichtigen.384 Dabei ist für die Abwägungsentscheidung aber zu berücksichtigen, dass die Verfassung gerade keine drei Stufen im demokratischen Aufbau intendiert, sondern einen zweistufigen Gesamtstaatsaufbau vorschreibt. Die kommunale Selbstverwaltungsgarantie ist vielmehr eine „staatsgerichtete Gewährleistung, kein Eingriffsmandat“ 385. Nicht nur Eingriffe in Grundrechte, sondern mit Blick auf die Wesentlichkeitstheorie alle möglichen aktivierten Grundrechtsdimensionen, erfordern aus diesem Grunde eine parlamentarische Ermächtigungsgrundlage, sofern sie 379 Bethge, NVwZ 1983, 577 (579 f.); Weber, BayVBl. 1998, 327 (328); krit. EngelBoland, Gemeindliches Satzungsrecht und Gesetzesvorbehalt, S. 56 ff. 380 Zum Gedanken des Parlamentsvorbehalts als Ausdruck demokratischer Einheit und Allgemeinheit vgl. Adler, Das Satzungsrecht der Gemeinden, S. 110. 381 Weber, BayVBl. 1998, 327 (329). 382 Ähnl. bereits, wenn auch explizit nur mit Blick auf Eingriffe in Freiheit und Eigentum, Schmidt-Aßmann, in: v. Mutius (Hrsg.), FG v. Unruh, S. 607 (608). 383 Adler, Das Satzungsrecht der Gemeinden, S. 124 f.; v. Arnim, AöR 113 (1988), S. 1 (24 f.); ähnl. Dölker, Anforderungen an Ermächtigungsgrundlagen von Satzungen, S. 150 ff. 384 Maurer, DÖV 1993, 184 (189). 385 Schmidt-Aßmann, Die kommunale Rechtsetzung im Gefüge der administrativen Handlungsformen und Rechtsquellen, S. 3; ders., in: v. Mutius (Hrsg.), FG v. Unruh, S. 607 (621); krit. mit Blick auf die Aussagekraft der Staatsgerichtetheit der Kompetenzvorschrift für die Reichweite der Regelungsbefugnis Engel-Boland, Gemeindliches Satzungsrecht und Gesetzesvorbehalt, S. 26.
B. Systematisierung der Sachbereichsspezifika
153
eine umfassende Interessenabwägung verlangen. Dieses Erfordernis dürfte wohl erneut mit Blick auf die Wesentlichkeitsdoktrin insbesondere an den Kriterien der Grundrechtsrelevanz, also vor allem der Betroffenheitsintensität, zu messen sein. d) Negativabgrenzung: Der spezifisch örtliche Bezug Als Fallgruppe einer Negativabgrenzung im Sinne des Wesentlichkeitsmaßstabs ist im Bereich des Kommunalrechts der spezifisch örtliche Bezug einer Regelung diskutiert worden. Damit ist ein Regelungsgegenstand gemeint, der ausschließlich in den Bereich der die Regelung erlassenden Kommune fällt, also nicht gleichermaßen in anderen Gemeinden auftreten kann.386 In diesen Fällen besteht gerade kein überörtlicher Bezug, der eine staatliche Interessenabwägung erforderlich macht. Ferner steht in diesen Fällen auch gerade keine andere Regelungsmöglichkeit offen, denn ein Tätigwerden des Landesgesetzgebers erscheint wegen der nur punktuellen und singulären Betroffenheit einer Kommune unwahrscheinlich. Das Kriterium des spezifisch örtlichen Bezugs wird dabei teilweise kritisch gesehen.387 Sofern der spezifisch örtliche Bezug jedoch nur in dem Sinne verstanden wird, dass der örtliche Wirkungskreis der Kommune konkret betroffen sei,388 geht dies an der von der Rechtsprechung intendierten Ausnahmebegründung einer kommunalen Regelungsbefugnis vorbei. Für die Untersuchungsfrage relevant könnte insofern der Argumentationsgang sein, Benutzungsregelungen einer kommunalen öffentlichen Einrichtung begründeten immer einen solch spezifisch örtlichen Bezug, da diese stets in den Bereich der Kommune als Einrichtungsträgerin fallen. Damit bedürften diese nach dem Vorbehalt des Gesetzes nie einer formalgesetzlichen Regelungsgrundlage, sondern seien stets vom kommunalen Einrichtungsträger zu erlassen.389 Insofern ist zuzugeben, dass der spezifisch örtliche Bezug anhand der tatsächlich auf dem Gemeindegebiet zu realisierenden Gefahren zu betrachten ist und sich die Einrichtungsnutzung örtlich und sachlich auf das Gemeindegebiet bezieht.390 Das Kriterium eines spezifisch örtlichen Bezugs könnte insofern auf der Ebene der Einzelfallbetrachtung der Benutzungsregelung relevant werden.391 Für eine gene386
Vgl. BayVGH, NVwZ 1992, 1004 (1006); VG Darmstadt, LKRZ 2013, 289
(292). 387 Adler, Das Satzungsrecht der Gemeinden, S. 63, 135; Gallwas, BayVBl. 1992, 644 (645 f.); Böhm, in: Lübbe-Wolff/Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, S. 413 (422); Ott, Der Parlamentscharakter der Gemeindevertretung, S. 162. 388 Etwa Faber, DVBl 2016, 885 (889); so aber auch bspw. BVerwGE 87, 228 (231 ff.). 389 So Helbich, JuS 2017, 507 (508); ähnl. auch Lorenzmeier, BayVBl. 2011, 485 (489); s. ausf. hierzu 4. Kap. C. III. 1. a). 390 So Lorenzmeier, BayVBl. 2011, 485 (489). 391 Näher dazu s. unten 4. Kap. C. III. 1. a).
154
2. Kap.: Verfassungsrechtliche Anforderungen
relle Negativabgrenzung und Zuordnung der Entscheidungskompetenz zum kommunalen Einrichtungsträger auf der Ebene der Sachbereichsspezifika des Kommunalrechts kann dem Gedanken eines spezifisch örtlichen Bezugs dagegen nur Ausnahmecharakter vor dem Hintergrund der Vorbehaltslehre zukommen. 4. Sachspezifische Besonderheiten der Vorbehaltslehre im Kommunalrecht Nach alledem ist das vorherrschende Grunddogma der Vorbehaltslehre im Kommunalrecht, wonach Eingriffe in Grundrechte einer speziellen formalgesetzlichen Grundlage bedürfen, die Generalklausel der Satzungsbefugnis dagegen nicht genüge,392 im Hinblick auf den dynamischen Maßstab der Wesentlichkeitsdoktrin in zweifacher Weise neu zu fassen. Einerseits ist es weiter zu fassen, denn nicht nur Grundrechtseingriffe, sondern alle Grundrechtsdimensionen können den Parlamentsvorbehalt aktivieren. Je nach grundgesetzlicher Schrankensystematik, jedenfalls aber bei intensiven Eingriffen in spezielle Freiheitsgrundrechte, ist die Zulassung durch eine spezielle, formalgesetzlich eingeräumte Satzungsbefugnis notwendig. Auf der anderen Seite ist es gleichwohl einzuschränken. Denn die besondere verfassungsrechtliche Absicherung der kommunalen Selbstverwaltung und die eigene demokratische Legitimation der Gemeinderäte spricht wie von der überwiegenden Literatur bereits vertreten für eine kommunalspezifische Fassung des Vorbehaltsgedankens,393 wobei der Begriff erläuterungsbedürftig ist. Wird in diesem Zusammenhang von einer nur eingeschränkten Geltung des Gesetzesvorbehalts gesprochen,394 muss dem widersprochen werden. Wie dargestellt395 ist der Vorbehalt des Gesetzes auch im Bereich der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie uneingeschränkt anwendbar. Wird von einer kommunalspezifischen Fassung des Vorbehalts des Gesetzes gesprochen, ist dies nach hiesiger Auffassung vielmehr das Ergebnis der Anwendung der Wesentlichkeitsdoktrin als Abwägungsentscheidung, in die eben im Kontext der kommunalen Satzungsbefugnis stets jene besondere verfassungsrechtliche Absicherung der kommunalen Selbstverwaltung und die eigene demokratische Legitimation der Gemeinderäte als Abwägungsbelange einzubeziehen sind. 392 Vgl. nur Masson, BayVBl. 1958, 306 (307); Conrad, BayVBl. 1970, 384 (385); Starck, AöR 92 (1967), S. 449 (455 f.); Bethge, NVwZ 1983, 577 (579); a. A. Kreßel, BayVBl. 1967, 410 (411 f.); Gallwas, BayVBl. 1992, 644 (644 f.). 393 Dreier, in: ders. (Hrsg.), GG, Bd. II, Art. 28 Rn. 134; Röhl, in: Schoch (Hrsg.), Bes. VerwR, 2. Kap. Rn. 144; Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, 2. Kap. Rn. 89 (S. 93); ders., AöR 116 (1991), S. 329 (359); ähnl. Waldhoff, in: P. Kirchhof, u. a. (Hrsg.), FS Vogel, S. 495 (511 f.). 394 So etwa Röhl, in: Schoch (Hrsg.), Bes. VerwR, 2. Kap. Rn. 144; Reimer, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. I, § 9 Rn. 51. 395 S. oben 2. Kap. B. IV. 1.
B. Systematisierung der Sachbereichsspezifika
155
Bei Zugrundelegung dieses Verständnisses ist zudem die Kritik auflösbar, die moniert, dass konkrete Anforderungen an eine solche kommunalspezifische Fassung bislang offen blieben.396 Denn sieht man nach hiesiger Auffassung in der Wesentlichkeitsdoktrin als Abwägungsentscheidung den modus operandi, um nach Einstellung aller Abwägungsbelange im Ergebnis zur Zuordnung der Rechtsetzungsbefugnis zu gelangen, ist die Frage nach Anforderungen an eine kommunalspezifische Fassung des Gesetzesvorbehalts verfehlt, da auf diesem Wege im Sinne bloßer Hermeneutik lediglich Ergebnisfallgruppen gebildet werden könnten. Dagegen müssten zur Beantwortung der Frage nach den zulässigen Regelungsbefugnissen der Kommune gerade in jedem Einzelfall die relevanten Abwägungsbelange herausgearbeitet werden. Dazu gehören neben den abstrakt zuvor dargestellten, kommunalspezifischen Belangen im Zusammenhang mit den unterschiedlichen Begründungssäulen der Vorbehaltslehre zudem insbesondere der konkrete Regelungsgegenstand, die Regelungswirkung und vor allem die grundrechtliche Betroffenheit durch diese. Diese Abwägungsbelange gilt es sodann in die Abwägungsentscheidung einzustellen. Vor dem Hintergrund dieser vorgeschlagenen Vorgehensweise würde es sich im Kern damit nicht um eine eigenständige, kommunalspezifische „Fassung“ der Vorbehaltslehre handeln, sondern vielmehr schlicht um die Berücksichtigung kommunalrechtlicher Sachbereichsspezifika. Ausdruck einer solchen Berücksichtigung kommunalrechtlicher Sachspezifika ist dabei etwa auch die Nichtanwendung des Art. 80 Abs. 1 GG.397 Davon abzugrenzen ist auf der Stufe der Ausgestaltung der als erforderlich angesehenen Delegationsnorm die Idee der kommunalspezifischen Abstufung der Bestimmtheitserfordernisse bei der Delegation,398 für die eine Konkretisierung bislang jedoch tatsächlich weitestgehend aussteht.399 Besondere Aussagen über kommunales Eingriffshandeln hinaus für den Bereich der leistenden kommunalen Einrichtungstätigkeit finden sich im Hinblick auf Parameter für eine sachbereichsspezifische Anwendung des Vorbehaltsgedankens bislang noch nicht. Nach der dargestellten Anwendbarkeit der Vorbehaltslehre über Eingriffsmaßnahmen hinaus sind hier konsequenterweise die glei396
Lange, DVBl 2017, 928 (928 f.); insg. krit. Schoch, NVwZ 1990, 801 (803 f.). BVerfGE 12, 319 (325); 19, 253 (266 f.); 21, 54 (62 f.); BVerwGE 6, 247 (248 ff.); vgl. auch Menger, VerwArch 63 (1972), S. 447 (448 ff.); ausf. zu den Gründen Adler, Das Satzungsrecht der Gemeinden, S. 75 ff.; Dölker, Anforderungen an Ermächtigungsgrundlagen von Satzungen, S. 59 ff. m.w. N.; a. A. Hamann, Autonome Satzungen und Verfassungsrecht, S. 76 ff.; s. dazu bereits 2. Kap. B. IV. 3. b). 398 Vgl. Burgi, Kommunalrecht, § 15 Rn. 40; Böhm, in: Lübbe-Wolff/Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, S. 413 (418 f.) m.w. N.; Lübbe-Wolff, DVBl 1993, 762 (765); ähnl. auch Schmidt-Aßmann, AöR 116 (1991), S. 329 (359 f.); Oebbecke, VVDStRL 62 (2003), S. 366 (397 f.). 399 Eine Konkretisierung ist ebenfalls nicht durch BVerwGE 148, 133 ff. eingetreten, vgl. explizit BVerwGE 148, 133 (143); Waldhoff, JuS 2014, 958 (960). 397
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2. Kap.: Verfassungsrechtliche Anforderungen
chen Parameter anzustellen: Es bedarf der Herausarbeitung und Justierung der Abwägungsbelange im Hinblick auf den konkreten Regelungsgegenstand und vor allem die grundrechtliche Betroffenheit.
V. Ergebnis Nach Betrachtung der das Benutzungsverhältnis konstituierenden Sachbereichsspezifika finden sich Besonderheiten für die verfassungsrechtlichen Anforderungen an Benutzungsregelungen im Sinne des Vorbehalts des Gesetzes im Rahmen des Kommunalrechts und der Einordnung als Leistungsverhältnis. Der Hinweis auf die Leistungsverwaltung allein kann aufgrund der Wesentlichkeitsdoktrin dabei keine statische Bereichsausnahme der Vorbehaltslehre mehr bilden. Jedoch sind sowohl aus der Perspektive des Kommunalrechts als auch aus der leistungsverwaltungsrechtlichen Perspektive der Ruf nach einer besonderen Gestaltungsfreiheit laut geworden: einmal zur besonderen Berücksichtigung der kommunalen Selbstverwaltung auch bei Eingriffshandeln, das andere Mal zur besonderen Berücksichtigung der Leistungsfreiheit innerhalb der Abwägungsentscheidung am Wesentlichkeitsmaßstab. Sowohl bei der kommunalrechtlichen als auch bei der leistungsverwaltungsrechtlichen Argumentation war dabei die grundrechtliche Begründungssäule des Vorbehaltsgedankens für die Forderung einer formalgesetzlichen Grundlage ausschlaggebend. Gezeigt wurde, dass für die Betrachtung unter der Vorbehaltslehre allein der konkrete, wenn auch typisierbare Leistungsvorgang entscheidend ist. Nach alledem ist daher die grundrechtliche Determination der Benutzung unter Beachtung der verschiedenen Differenzierungsebenen des Benutzungsverhältnisses zu untersuchen.
3. Kapitel
Die grundrechtliche Determination der Benutzung Auch wenn jede Grundrechtsdimension von der Vorbehaltslehre im Sinne der Wesentlichkeitsdoktrin umfasst ist, stellt sich im Bereich der kommunalen Benutzungsverhältnisse die Frage, inwiefern eine Grundrechtsrelevanz der Benutzungsregelungen im Benutzungsverhältnis angenommen werden kann. Dabei ist in Erinnerung zu rufen, dass nach der Rechtsprechungspraxis das Erfordernis einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage für Benutzungsregelungen insgesamt, also auch soweit sie Belastungswirkung aufweisen, mit Hinweis auf die Einwilligung der Benutzungsinteressenten mit dem Argument verneint wurde, Benutzungsregelungen seien notwendig mit dem Einrichtungszweck verbunden, weshalb insofern ein Funktionszusammenhang zwischen Nutzungsvorteil und Belastung bestünde.1 Aufgrund der ausdifferenzierten Systematisierung des Benutzungsverhältnisses2 wird indes eine Grundrechtsrelevanz als Auslösungsmoment der Wesentlichkeitsdoktrin nicht generell angenommen oder abgelehnt werden können. Auch die Konstruktion über die Einwilligung in belastende Rechtsbeziehungen wird zu untersuchen sein, denn Belastungs- und Begünstigungswirkungen sind differenziert zu betrachten. Zwar können die Rechtswirkungen aufgrund der Vielgestaltigkeit der Benutzungsverhältnisse nicht umfassend in tatsächlicher Hinsicht betrachtet werden. Aufgrund der bisher untersuchten Regelungsebenen des Benutzungsverhältnisses3 können jedoch gegebenenfalls Rechtswirkungen typisiert betrachtet werden, wodurch die grundrechtliche Determination der Benutzung für die Betrachtung der Grundrechtsrelevanz handhabbar gemacht werden kann.
A. Die Einrichtungsnutzung aus der grundrechtlichen Perspektive Unstreitig bei der Betrachtung der grundrechtlichen Sphäre von Benutzungsregelungen ist mittlerweile die Grundrechtsbindung des kommunalen Einrichtungsträgers nach Art. 1 Abs. 3 GG, und zwar auch dann, wenn das Benutzungsver-
1 Vgl. BayVGH, NVwZ-RR 1995, 347 (347 f.); OVG RhPf, NVwZ-RR 2009, 394 (395); ähnl. Haack, in: Steiner/Brinktrine (Hrsg.), Bes. VerwR, § 1 Rn. 259; s. bereits 1. Kap. 2 S. oben 1. Kap. B. III. 3 S. oben 1. Kap. A.
158
3. Kap.: Die grundrechtliche Determination der Benutzung
hältnis privatrechtlich organisiert ist.4 Davon abzugrenzen ist indes die Frage nach der Grundrechtsdimension von Benutzungsregelungen. Die Grundrechtsdimension kann dabei möglicherweise als (ein) Einflussfaktor für die Bestimmung der Grundrechtsrelevanz auch mit Blick auf die Vorbehaltslehre aktiviert werden. Die Frage nach der Grundrechtsdimension, namentlich, ob die Benutzung der öffentlichen Einrichtung als Ausfluss der Freiheitsgrundrechte, also in der abwehrrechtlichen Dimension, oder als Teilhabe an Gemeinschaftsgütern, also in der teilhaberechtlichen Dimension, zu qualifizieren ist, ist bislang nur vereinzelt untersucht worden5 und kann noch nicht als vollständig geklärt angesehen werden.6 Die Qualifikation der Grundrechtsdimension kann dabei noch nicht endgültig durch die allgemeine Zuordnung des Einrichtungswesens zur Leistungsverwaltung vorweggenommen werden, denn die Verwaltungsmaßnahme muss immer im Einzelfall betrachtet werden. Es besteht insofern kein Automatismus zwischen der Zuordnung der kommunalen öffentlichen Einrichtung zur Leistungsverwaltung, einzelner Benutzungsregelungen innerhalb der Benutzungsordnung dieser Einrichtung und der Grundrechtsdimension der Verwaltungsmaßnahme. Die grundrechtliche Determination der Benutzung ist vielmehr im Hinblick auf den Regelungsgehalt der Benutzungsregelung im Einzelfall zu bestimmen. Die Zuordnung der Einrichtungsnutzung zu einer bestimmten Grundrechtsdimension hat dabei weitreichende Konsequenzen: In der abwehrrechtlich gedachten Grundrechtsdimension schützen die Freiheitsrechte die jeweiligen Grundrechtsträger vor Beeinträchtigungen des gewährleisteten Schutzbereichs durch Hoheitsträger. Abwehrrechtlich gedacht könnte die Widmung als eine Normprägung und die Entwidmung als ein Grundrechtseingriff zu qualifizieren sein.7 Im Rahmen der leistungsrechtlichen bzw. teilhaberechtlichen Betrachtung können 4 Grundlegend zu Art. 1 Abs. 3 GG Stern, Staatsrecht, Bd. III/1, § 72 I 2 (S. 1178); ausf. hierzu Merten, in: Sachs/Siekmann (Hrsg.), FS Stern, S. 483 (483 ff.); ders., DÖV 2019, 41 (47); speziell im Hinblick auf kommunale Einrichtungsträger s. statt vieler Gern/Brüning, Deutsches Kommunalrecht, Rn. 928 m.w. N.; s. zu Fragen des Verwaltungsprivatrechts bereits 1. Kap. A. III. 2. m.w. N.; vgl. zur früheren Exemtion der Grundrechte in Anstaltsnutzungsverhältnissen unten 4. Kap. A. III. 1.; hiervon dagegen abzugrenzen ist freilich die Frage der Grundrechtsberechtigung des kommunalen Einrichtungsträgers, vgl. hierzu BVerfGE 61, 82 (100 ff.); a. A. BayVerfGH, NVwZ 1985, 260 (261 ff.); Bethge, NVwZ 1985, 402 (402 f.); krit. zuletzt auch Merten, DÖV 2019, 41 (45). 5 Dazu Helbich, JuS 2017, 507 (510); im Hinblick auf den Verwaltungsgebrauch Unger-Gugel, Die Sicherheit und Ordnung in Gerichtsgebäuden, S. 39 ff. 6 Vgl. Ehlers, NWVBl. 1990, 80 (81), der bereits verschiedene Ebenen im Benutzungsverhältnis anspricht; ähnl. Helbich, JuS 2017, 507 (510); im Hinblick auf den Verwaltungsgebrauch Unger-Gugel, Die Sicherheit und Ordnung in Gerichtsgebäuden, S. 39. 7 So etwa im Hinblick auf die Widmung und Einziehung im Straßen- und Wegerecht Burgi, ZG 1994, 341 (363 f.); Schröder, JA 2016, 641 (647).
A. Die Einrichtungsnutzung aus grundrechtlicher Perspektive
159
Grundrechte dagegen teilweise auch als Ansprüche auf staatliches Handeln begriffen werden. Die Grundrechte sind allerdings primär als Abwehrrechte gegen den Staat ausgestaltet und können grundsätzlich zunächst nicht als Leistungsbzw. Teilhabeansprüche gelesen werden. Hierfür streitet sowohl der Wortlaut im Grundrechtskatalog, der die Grundrechte im Sinne eines liberalen Freiheitsverständnisses als Rechte vorhandener Freiheit formuliert, als auch die Intention des Verfassunggebers; originäre Leistungsansprüche auf Schaffung der Voraussetzungen zur Freiheitsausübung sieht das Grundgesetz ausdrücklich nicht vor.8 Vielmehr kann von einer Grundentscheidung des Verfassunggebers gegen grundrechtliche Leistungsansprüche im Grundgesetz ausgegangen werden, die aber in der Auslegung durch das Bundesverfassungsgericht mit Blick auf das Sozialstaatsprinzip immer mehr aufgeweicht wurde.9 Aus teilhaberechtlicher Sicht enthielte ein grundrechtlicher Anspruch auf Leistung bzw. Teilhabe dagegen nur die durch Widmung vorgeprägten Benutzungsmöglichkeiten an bestehenden Einrichtungen, nicht jedoch die Widmung oder Entwidmung als Kreationsakt der Einrichtung.10 Aus dieser Perspektive kann daher eine (teilweise) Entwidmung dogmatisch nicht als Grundrechtseingriff begriffen werden.11 Das Leistungsangebot erweitert vielmehr die individuelle Freiheitssphäre.12 Ist die konkrete Freiheitsausübung von der Voraussetzung abhängig, an staatlichen Leistungen teilzuhaben, sind diese Voraussetzungen bei Zugrundelegung der vom Grundgesetz intendierten liberalrechtsstaatlichen Grundrechtstheorie nicht per se von der Garantie der Freiheitsrechte umfasst.13 Demgegenüber wird der Auftrag im modernen Leistungsstaat gerade dahingehend interpretiert, dass dieser in der Schaffung der Voraussetzungen für die Verwirklichung der Grundrechte anzusehen ist;14 grundrechtlich begründet kann aber auch hier die Schaffung einer Verwaltungsleistung nur sein, wenn eine Grundrechtsausübung anderenfalls gar nicht möglich ist.15 Die Grenzen zwischen Leistung und Teilhabe sowie deren grundrechtlicher Begründung sind fließend und teils unklar. Ein Anspruchsinhalt, der darüber hinaus auch Widmung und Entwidmung umfasst, besteht indes allenfalls bei Bejahung eines 8
Als explizites Leistungsgrundrecht kennt das GG nur Art. 6 Abs. 4 GG. Vgl. BVerfGE 33, 303 (329 ff.); 115, 25 (41 ff.); 125, 175 (222 ff.); 147, 253 (305 ff.); Rixen, DVBl 2018, 906 (912 f.); Breuer, in: Bachof, u. a. (Hrsg.), FG 25 Jahre BVerwG, S. 89 (92 f.); zur Effektuierung der Freiheitsgrundrechte durch das Sozialstaatsprinzip Neumann, DVBl 1997, 92 (96 f.). 10 Vgl. zum Gemeingebrauch BVerwGE 32, 222 (224 ff.); Di Fabio, in: Maunz/Dürig (Begr.), GG, Art. 2 Abs. 1, Rn. 59; Rebler, SVR 2017, 246 (248 f.). 11 Helbich/Schübel-Pfister, JuS 2017, 520 (525); Penz, KommJur 2017, 241 (243 f.); Lange, DVBl 2014, 753 (754). 12 Löwer, DVBl 1985, 928 (938). 13 Murswiek, DVBl 1994, 77 (80); ähnl. Heusch, in: Durner, u. a. (Hrsg.), FS Papier, S. 251 (252 f.); ausf. zu den verschiedenen Grundrechtstheorien Böckenförde, NJW 1974, 1529 (1531 f., 1538); Friesenhahn, in: 50. DJT, Bd. II, S. G 1 (G 11). 14 Häberle, VVDStRL 30 (1972), S. 43 (55 ff., 66 ff.); ders., DÖV 1972, 729 (731). 15 Vgl. etwa BayVGH, NVwZ 1982, 120 (122); Helbich, JuS 2017, 507 (510 f.). 9
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3. Kap.: Die grundrechtliche Determination der Benutzung
originär leistungsrechtlichen Anspruchs. Auch aus dem „Prinzip der Daseinsvorsorge“ kann sich nichts anderes ergeben, denn aus dem Begriff der Daseinsvorsorge lassen sich keine Rechtsfolgen herleiten. Er beschreibt allein eine bestimmte Art von Aufgaben, die der Leistungsverwaltung zugeordnet werden und der Sicherung einer allgemeinen Versorgung der Bevölkerung dienen; originäre Leistungsansprüche lassen sich aus dem Begriff aber nicht ableiten.16 Zum Teil wird vertreten, der Neuschöpfung einer teilhaberechtlichen Grundrechtsdimension durch das Bundesverfassungsgericht17 habe es gar nicht bedurft,18 denn bei der teilhaberechtlichen Betrachtung gehe es gar nicht um grundrechtliche Freiheitsverwirklichung, sondern ausschließlich um Verteilungsgerechtigkeit, die jedoch ausreichend durch den Gleichheitssatz gesichert sei und keine zusätzliche Absicherung im Schutzbereich eines Freiheitsrechts erfordere.19 Diese Literaturmeinung verkennt jedoch die unterschiedlichen Anknüpfungspunkte des status activus einerseits und des Gleichheitsrechtssatzes andererseits. Gleichheitsrechtlich lässt sich allein eine individuelle Teilhabe an einer bereits bereitgestellten Verwaltungsleistung begründen, nicht jedoch die Entscheidung der kollektiven Bereitstellung.20 Übertragen auf das Benutzungsverhältnis lässt sich gleichheitsrechtlich damit allein der individuelle Zulassungs- bzw. Benutzungsanspruch begründen, nicht jedoch Inhalt und Grenzen der Widmungsentscheidung. Die Ebene der Widmungsentscheidung lässt sich damit grundsätzlich nicht abbilden. Mit Blick auf den Vorbehalt des Gesetzes haben die teilhaberechtliche Betrachtung und die gleichheitsrechtliche Betrachtung indes gleichermaßen zur Folge, dass benutzungsrelevante Bestimmungen grundsätzlich keine Eingriffe in Eigentum und Freiheit darstellen und somit nicht nach der Lehre vom Eingriffsvorbehalt in jedem Fall einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage bedürfen. Staatliches Handeln kann, wie zuvor gezeigt, aber in allen Grundrechtsdimensionen Grundrechtsrelevanz entfalten. 16 OVG RhPf, NVwZ-RR 2018, 769 (770); vgl. statt vieler Rüfner, in: Isensee/ P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 96 Rn. 10; ähnl. mit Blick auf die Herleitung von Leistungsansprüchen, nicht aber auf die Grundrechtsrelevanz Häberle, VVDStRL 30 (1972), S. 43 (120): Daseinsvorsorge als Grundrechtsvorsorge; a. A. wohl Friauf, DVBl 1971, 674 (676); Ringwald, Daseinsvorsorge als Rechtsbegriff, S. 135 ff. 17 BVerfGE 33, 303 (330 ff.) – Numerus Clausus I. 18 Ossenbühl, NJW 1976, 2100 (2104 f.); Haverkate, Rechtsfragen des Leistungsstaats, S. 208; Friesenhahn, in: 50. DJT, Bd. II, S. G 1 (G 21 f., G 29 ff.); krit. Sendler, DÖV 1978, 581 (585 f.); Breuer, in: Bachof, u. a. (Hrsg.), FG 25 Jahre BVerwG, S. 89 (115). 19 Krit. Papier, in: Götz/Klein/Starck (Hrsg.), Die öffentliche Verwaltung zwischen Gesetzgebung und richterlicher Kontrolle, S. 36 (44), denn damit verlöre das Kriterium jegliche Differenzierungsfunktion; krit. zur teilhaberechtlichen Grundrechtsdimension mit Blick auf den Freiheitsbegriff Haverkate, Rechtsfragen des Leistungsstaats, S. 63 ff. 20 Friauf, DVBl 1971, 674 (678); Friesenhahn, in: 50. DJT, Bd. II, S. G 1 (G 21).
A. Die Einrichtungsnutzung aus grundrechtlicher Perspektive
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Dass überhaupt die grundrechtliche Determination der Nutzungsform im Gegensatz zum bloß einfachgesetzlichen Benutzungsanspruch diskutiert wird, geht vor allem darauf zurück, dass der grundrechtliche Schutz im Rahmen der Qualifizierung des Gemeingebrauchs als subjektiv-öffentliches Recht im Straßen- und Wegerecht als Prototyp des öffentlichen Sachenrechts kontrovers behandelt wurde. Dabei ist der Charakter als subjektiv-öffentliches Recht entweder unter Verweis auf einen bloßen Reflex oder als Ausfluss einer „natürlichen Handlungsfreiheit“ nicht anerkannt worden.21 Mittlerweile herrscht die Ansicht vor, es bestehe ein subjektiv-öffentliches Recht auf Benutzung im Rahmen der Widmung sowohl aus den einfachgesetzlichen Normierungen des Gemeingebrauchs im Straßen- und Wegerecht als auch grundrechtlich fundiert aus Art. 2 Abs. 1 GG.22
I. Unterscheidung anhand der Nutzungsform Die Einrichtungsnutzung wurde, nachdem das Recht auf Anstaltsnutzung als Recht auf Eintritt in ein besonderes Gewaltverhältnis bereits früh diskutiert wurde,23 in grundrechtlicher Hinsicht bisher vor allem in Abgrenzung zum dargestellten Gemeingebrauch untersucht, und zwar mit dem Fokus auf den Zulassungsakt als Unterscheidungskriterium. In Teilen wird für die Unterscheidung zwischen Freiheitsausübung und Teilhabe als relevante Grundrechtsdimension eine Unterscheidung zwischen den Nutzungsformen als relevant erachtet. Die Benutzung solle dann Teilhabe darstellen, wenn es einer Zulassung bedürfe; die Nichtzulassung sei in der Folge nicht abwehrrechtlich, sondern nur unter dem Blickwinkel der Verteilungsgerechtigkeit anhand des Gleichheitssatzes zu messen.24 Angesprochen ist damit also vordergründig der Einrichtungsgebrauch, der damit überwiegend der teilhaberechtlichen Dimension zugeordnet wird. Grundrechtlich geschützt sei dem folgend die Teilhabe an der bestehenden Einrichtung, d.h. die Benutzung im Rahmen der Widmung aus Art. 2 Abs. 1 GG. Geht die begehrte Benutzung über den Widmungsrahmen hinaus, liegt eine sog. Sonderbenutzung vor, die teilhaberechtlich grundsätzlich nicht geschützt ist. Außerhalb des Widmungsrahmens ist allerdings ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über die Zulassung möglich,25 deren Auslöser Grundrechte als subjektive Rechte sein können, weshalb inner21
Vgl. hierzu Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts, Bd. I, S. 392 m.w. N. Papier, Recht der öffentlichen Sachen, S. 111; Pappermann/Löhr/Andriske, Recht der öffentlichen Sachen, S. 76 f.; Burgi, ZG 1994, 341 (363 f.); Dietz, AöR 133 (2008), S. 556 (560 ff.); ausf. dazu bereits Salzwedel, DÖV 1963, 241 (245 ff.). 23 Ausf. Krüger, NJW 1953, 1369 (1372) m.w. N. 24 Vgl. nur Murswiek, in: Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. IX, § 192 Rn. 71 f. m.w. N. 25 Axer, Die Widmung als Schlüsselbegriff, S. 187 f.; a. A. Papier, Recht der öffentlichen Sachen, S. 33 f.; Ehlers, Jura 2012, 849 (851); s. ausf. dazu 1. Kap. B. III. 2. b). 22
162
3. Kap.: Die grundrechtliche Determination der Benutzung
halb der Ermessensentscheidung gegebenenfalls einschlägige Grundrechtspositionen abgewogen werden müssen. Teilweise wird jedoch auch im Bereich der grundsätzlich zulassungsgeregelten Nutzungsformen die abwehrrechtliche Grundrechtsdimension in solchen Fällen für zutreffend erachtet, in denen sich die Gemeinde mit der Bereitstellung einer öffentlichen Einrichtung an Nicht-Gemeindeangehörige einem allgemeinen Markt öffnet und die Benutzer zur Verwirklichung ihrer Grundrechtsfreiheit auf die Zurverfügungstellung der Einrichtung angewiesen seien; denn in diesen Fällen führe die Verneinung eines Eingriffs zu einer faktischen Versagung des Grundrechtsschutzes.26 Dies erscheint jedoch nur vor dem Hintergrund begründbar, dass es sich mit der allgemeinen Marktöffnung nicht mehr um begrenzte Gemeinschaftsgüter handelt, deren Nutzung sich nach den Kriterien der Verteilungsgerechtigkeit zu richten hat, sondern um Allgemeingüter, die eben keiner besonderen Zulassungsentscheidungen unterliegen. Eine solche allgemeine Nutzungsöffnung entspricht dann auch nicht mehr dem Einrichtungsgebrauch als Nutzungsform, sondern letztlich dem Gemeingebrauch, sodass hier der Zulassungsakt als Unterscheidungskriterium schon gar nicht mehr herangezogen werden kann.27 Ob Nutzungsformen ohne Zulassungsentscheidung, also vornehmlich der Gemeingebrauch, allerdings dogmatisch tatsächlich abwehrrechtlich zu betrachten sind, ist ebenfalls nicht eindeutig. Nutzungsformen, in deren Zusammenhang „keine besondere Leistung“ erbracht wird, sondern allein die Nutzung durch den Einzelnen nicht verhindert wird, sollen nach der zwischen den Nutzungsformen differenzierenden Auffassung abwehrrechtlich charakterisiert werden; danach seien also vor allem Beschränkungen der Nutzung öffentlicher Sachen im Gemeingebrauch unter dem abwehrrechtlichen Blickwinkel der Freiheitsgrundrechte zu betrachten.28 Gegen die rein abwehrrechtliche Betrachtung im Rahmen des Gemeingebrauchs kann jedoch angeführt werden, dass dieser aus grundrechtlicher Perspektive sowohl freiheitsbeschränkende als auch freiheitsgewährende Implikationen aufweist, die in einem Wechselverhältnis zueinander stehen.29 Daher ist die weit überwiegende Meinung heute der Auffassung, dass auch die Teilnahme
26
So Helbich, JuS 2017, 507 (510 f.). Zur Frage der Vereinbarkeit von Gemeingebrauch als Nutzungsform einer öffentlichen Einrichtung vgl. Gern/Brüning, Deutsches Kommunalrecht, Rn. 923; Ehlers, Jura 2012, 692 (693); Dietlein, Jura 2002, 445 (448); a. A. Lange, Kommunalrecht, 13. Kap. Rn. 19 (S. 802) m.w. N.; Ludwig, Der Anspruch auf Benutzung gemeindlicher öffentlicher Einrichtungen, S. 78 ff.; vgl. auch Art. 21 Abs. 5 BayGO. 28 S. etwa BVerwG, NJW 1988, 432 (432 f.); Murswiek, in: Isensee/P. Kirchhof, HStR, Bd. IX, § 192 Rn. 71 m.w. N.; ebenso für Sachen im Verwaltungsgebrauch Unger-Gugel, Sicherheit und Ordnung in Gerichtsgebäuden, S. 39 f. 29 Mager/Sokol, Jura 2012, 913 (914). 27
B. Grundrechtsrelevanz in den Benutzungsebenen
163
am bestehenden Gemeingebrauch, sog. „schlichter Gemeingebrauch“ genannt, aus Art. 2 Abs. 1 GG i.V. m. Art. 3 GG geschützt sei.30 Insofern kann also die Betrachtung der grundrechtlichen Dimension des Einrichtungsgebrauchs allein anhand der Abgrenzung zum Gemeingebrauch mithilfe der Zulassungsentscheidung nicht genügen.
II. Benutzung als Perspektivwechsel der Grundrechtsdimension Die Einordnung einer Tätigkeit als Einrichtungsnutzung führt nach heutiger herrschender Auffassung also zu einer Verschiebung der Grundrechtsdimension:31 Ist eine Tätigkeit zunächst grundrechtlich vor staatlichen Eingriffen geschützt, also die abwehrrechtliche Dimension aktiviert, führt die Tätigkeit im Wege des Einrichtungsgebrauchs zur nur teilhaberechtlichen Betrachtung. Denn die Einrichtungsnutzung ist eine Verwaltungsleistung, auf die der Benutzer nur im Rahmen des Möglichen und Tatsächlichen einen Anspruch hat. Maßgeblich für einen solchen Perspektivwechsel ist in tatsächlicher Hinsicht die Errichtung bzw. das Vorhandensein von eine öffentliche Einrichtung konstituierenden Mitteln in einem „funktionalen Nutzungszusammenhang“ 32 sowie in rechtlicher Hinsicht die Widmung als öffentlich-rechtlicher Kreationsakt; nicht ausreichend ist dagegen eine bloße Umzäunung privatrechtlichen Eigentums der Kommune.33 Auch die teilhaberechtliche Betrachtung einer Regelungswirkung kann jedoch zur Annahme einer Grundrechtsrelevanz derselben führen, die im Sinne der Wesentlichkeitstheorie eine parlamentarische Rechtsgrundlage erforderlich macht. Die Untersuchung zur Wesentlichkeitstheorie hat gerade gezeigt, dass nicht die aktivierte Grundrechtsdimension, sondern die Grundrechtsrelevanz maßgebliches Auslösungsmoment des Erfordernisses einer parlamentsgesetzlichen Rechtsgrundlage darstellt.
B. Grundrechtsrelevanz in den Benutzungsebenen Die Betrachtung der Grundrechtsrelevanz im Benutzungsverhältnis kann nicht pauschal erfolgen. Da eine Betrachtung der tatsächlich möglichen Regelungswir30 Axer, Die Widmung als Schlüsselbegriff, S. 130; Di Fabio, in: Maunz/Dürig (Begr.), GG, Art. 2 Abs. 1, Rn. 59; Häde, JuS 1993, 113 (116); Rebler, SVR 2017, 246 (249). 31 Ähnl. zur Einordnung der Luft als öffentliche Sache im Sondergebrauch Fehling, JuS 2003, 246 (249); in diesem Sinne lässt sich auch die Differenzierung des BVerwG zwischen Leistung und Störungsbeseitigung verstehen, vgl. BVerwG, NVwZ 2018, 73 (75); in der Formulierung unscharf Kümper, DVBl 2018, 686 (687), wonach das Betreiben einer öffentlichen Einrichtung den in der Zugangsverweigerung liegenden Grundrechtseingriff rechtfertigen könne. 32 BVerwG, NVwZ 2018, 73 (79). 33 Vgl. BVerwG, NVwZ 2018, 73 (76 f., 79).
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3. Kap.: Die grundrechtliche Determination der Benutzung
kungen aufgrund der Vielgestaltigkeit der Benutzungsverhältnisse nicht geleistet werden kann, ist eine typisierende Untersuchung auf den verschiedenen Ebenen des Benutzungsverhältnisses vorzunehmen.
I. Grundrechtsrelevanz der Widmung Zunächst ist die Widmung als Grund und Grenze des Benutzungsverhältnisses zu untersuchen. 1. Die Widmung als Kreationsakt Die Widmung bildet als ein notwendiger Rechtsakt den Entstehungstatbestand der öffentlichen Einrichtung.34 Als solcher ist die Widmung in ihrer Funktion als Kreationsakt also zunächst eine organisatorische Maßnahme, die Aufbau, innere Ordnung, Zuständigkeit und Verfahren regeln kann. Dieser Bereich der Widmungsentscheidung ist der Organisationsgewalt des Einrichtungsträgers zuzuschreiben. Solche organisatorischen Regelungen richten sich zunächst nicht an die Benutzer; ihnen kommt grundsätzlich keine Außenwirkung zu. Zwar können organisationsrechtliche Regelungen tatsächlich Wirkungen gegenüber den Benutzern entfalten, wie beispielsweise die Öffnungszeiten oder Zuständigkeiten. Eine solche lediglich faktische Betroffenheit ist jedoch als bloßer Rechtsreflex zu beurteilen. Rechtswirkungen der Widmung – ausschließlich in der Funktion als Kreationsakt den Benutzern gegenüber – könnten also auf den ersten Blick gar zweifelhaft sein. Allerdings bestimmt die Widmung als Kreationsakt auch den Leistungsumfang im Hinblick auf den sachlichen und personellen Benutzungsvorgang. Zunächst könnte insofern angenommen werden, der Widmung wohne in ihrer Funktion als Kreationsakt allein eine begünstigende Wirkung inne, da der Kreationsakt die Einrichtung erst entstehen lasse und dadurch den Rechtskreis insoweit erweitere, als hierdurch der Benutzungsanspruch erst ermöglicht werde. Belastungswirkungen auf dieser Funktionsebene wären vor diesem Hintergrund nicht denkbar; Fragen der Ausgestaltung und Konkretisierung der Benutzung sind, daran ist zu erinnern, nicht Thema der Widmung in ihrer Funktion als Kreationsakt, sondern erst in ihrer zweiten Funktion als Ausgestaltungsakt.35 Eine Begünstigungswirkung der Widmung aus der Perspektive des bloßen Kreationsakts könnte indes bei einem bestehenden, unmittelbar grundrechtlichen Anspruch auf Kreation der Einrichtung angenommen werden. Ein Anspruch auf Schaffung bzw. Erweiterung als Teilneuschaffung bestimmter staatlicher Leistungen kann mit Martens als grundrechtlich begründetes originäres Leistungs- bzw. Teilhaberecht zu qualifizieren sein.36 Grundrechte sind in erster Linie jedoch 34 35 36
Ausf. hierzu bereits 1. Kap. A. I. Ausf. hierzu bereits 1. Kap. A. I. Martens, VVDStRL 30 (1972), S. 7 (21).
B. Grundrechtsrelevanz in den Benutzungsebenen
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keine originären Leistungsrechte, sondern Abwehrrechte gegen den Staat; nur ausnahmsweise lässt sich ihnen daher ein unmittelbarer Leistungsanspruch entnehmen, der insofern beschränkt auf die für den Schutz des Grundrechts unbedingt erforderlichen Maßnahmen ist.37 Ein originärer grundrechtlich begründeter Anspruch auf Bereitstellung öffentlicher Einrichtungen kann daher nur dann bestehen, wenn das zum Erhalt grundrechtlicher Freiheit notwendige Minimum solcher Einrichtungen unterschritten ist; ein Anspruch auf optimale staatliche Leistung im Sinne individueller Wünsche und Interessen besteht dagegen jedoch nicht.38 Ein originäres Leistungsrecht auf Schaffung einer Einrichtung lässt sich nach alledem also grundsätzlich nicht aus den Grundrechten herleiten. Möglicherweise könnte sich die Begünstigungswirkung aus einem einfachgesetzlichen Anspruch auf Schaffung einer bestimmten öffentlichen Einrichtung ergeben. Die einfachgesetzliche Grundlage des Benutzungsanspruchs vermittelt nach herrschender Auffassung jedoch ebenfalls kein subjektiv-öffentliches Recht auf die Schaffung einer Einrichtung, denn unter Anwendung der Schutznormtheorie besteht die Regelung allein im öffentlichen Interesse der Daseinsvorsorge und ist nicht (auch) dem Individualinteresse zu dienen bestimmt.39 In im Auge des Gesetzgebers grundrechtlich relevanten Sachbereichen hat dieser die jeweiligen Bereiche einfachrechtlich zu kommunalen Pflichtaufgaben erklärt, die teilweise eine verpflichtende Schaffung der jeweiligen Einrichtung erfordern. Ob aus der gesetzlichen Verpflichtung zur Schaffung einer Einrichtung gegenüber der Gemeinde auch ein subjektiv-öffentliches Recht des Einzelnen auf Schaffung solcher Einrichtungen folgt, ist umstritten. Wenn überhaupt kann sich ein solches nicht unmittelbar aus der Verfassung, sondern allein aus der einfachrechtlichen Verpflichtung der Kommune ergeben.40 Stimmen in der Literatur versuchen in die einfachgesetzliche Anspruchsgrundlage auf Zulassung zur Benutzung darüber hinaus auch einen Anspruch auf Schaffung der Einrichtung hineinzulesen, indem sie den Einrichtungen je nach Leistungsgegenstand einen materiellen Gewährleistungsgehalt im Bereich der Daseinsvorsorge zuerkennen, der durch das Sozialstaatsprinzip auf die Grundrechte einwirke und insoweit einen sozialstaat-
37 Vgl. BVerfGE 125, 175 (223); OVG NRW, NJW 2018, 1991 (1992); ausf. Evertz, Die Bedeutung der Grundrechte im Zusammenhang mit der Benutzung gemeindlicher öffentlicher Einrichtungen, S. 54 ff. 38 Breuer, in: Bachof, u. a. (Hrsg.), FG 25 Jahre BVerwG, S. 89 (113). 39 OVG NRW, NJW 2018, 1991 (1991); Evertz, Die Bedeutung der Grundrechte im Zusammenhang mit der Benutzung gemeindlicher öffentlicher Einrichtungen, S. 71 f. 40 Ausf. hierzu Stahl, Das gemeindliche Selbstverwaltungsrecht, S. 82 ff., 105; zur Errichtungspflicht einer Einrichtung auch ohne spezialgesetzliche Verpflichtung im Bereich der kulturellen Einrichtungen v. a. Pappermann, DVBl 1980, 701 (705 ff.); zusammenf. Evertz, Die Bedeutung der Grundrechte im Zusammenhang mit der Benutzung gemeindlicher öffentlicher Einrichtungen, S. 47 ff. m.w. N.
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3. Kap.: Die grundrechtliche Determination der Benutzung
lichen Mindestgehalt bei der Leistungserbringung erfordere.41 Allerdings werden auch in diesen Fällen die Voraussetzungen für ein subjektiv-öffentliches Recht nur im Einzelfall mit Blick auf die spezialgesetzliche Norm begründbar sein.42 Damit wird im Bereich der Schaffung öffentlicher Einrichtungen kein Neuland betreten; es ist schlicht die Schutznormtheorie hinsichtlich der einfachgesetzlichen Norm anzuwenden, die der Kommune eine Errichtung der Einrichtung vorgibt. Hiervon zu trennen ist die weitergehende Frage, ob darüber hinaus ein Anspruch des Einzelnen auf legislatives Einschreiten zur normativen Festlegung einzelner Sachbereiche als pflichtige Selbstverwaltungsangelegenheiten und Verpflichtung zur Schaffung öffentlicher Einrichtungen besteht. Dies kann höchstens unter dem Blickwinkel der Schutzpflichtenlehre und des Untermaßverbots gesehen werden.43 Eine rechtliche Begünstigungswirkung gegenüber den (potentiellen) Benutzern, die zwangsläufig mit der Widmung als Kreationsakt im Sinne eines Anspruchs auf Schaffung einer Einrichtung verbunden ist, kann damit weder grundrechtlich noch einfachrechtlich begründet werden. Auch eine Belastungswirkung ist der Widmung als Kreationsakt nicht zu entnehmen. Sie stellt ja gerade als Anspruchsgrundlage44, den Anspruch auf eine zusätzliche Leistung, ein „Mehr“ in Aussicht. Eine Belastungswirkung könnte demnach ausschließlich im Falle einer „einschränkenden“ Widmungsänderung sowie der Entwidmung angedacht werden. Die Widmungsänderung tangiert die Widmung jedoch nicht in ihrer Funktion als Kreationsakt, denn sie lässt den Entstehungstatbestand der öffentlichen Einrichtung unberührt. Vielmehr geht es bei der Widmungsänderung um Änderungen der Ausgestaltung und Konkretisierung der Nutzung, sodass Fragen der Widmungsänderung auf der Ebene der Widmung als Determinationsakt zu diskutieren sind. Belastend könnte jedoch die Entwidmung der Einrichtung sein, da diese insoweit das Recht auf Teilhabe beendet. Die Entscheidung über die Entwidmung „entzieht“ zwar das zuvor durch Widmung eingeräumte Recht auf Teilhabe an der Einrichtungsleistung, damit sind jedoch grundrechtliche Rechtspositionen nicht betroffen.45 Besteht kein Recht auf die Widmung, ist auch mit der Entwidmung kein Recht betroffen.
41 Scholz, Das Wesen und die Entwicklung der gemeindlichen öffentlichen Einrichtungen, S. 230 f. m.w. N.; Brehm, Benutzungsregelungen, S. 262 ff.; vgl. auch Lange, VVDStRL 44 (1986), S. 169 (176 f.). 42 Evertz, Die Bedeutung der Grundrechte im Zusammenhang mit der Benutzung gemeindlicher öffentlicher Einrichtungen, S. 73 f., 81 m.w. N., der auf eine tatsächlich gewollte Begünstigung des Einzelnen durch die zugrundeliegende objektiv-rechtliche Norm abstellt. 43 S. dazu Dietlein, Die Lehre von den grundrechtlichen Schutzpflichten, passim. 44 S. bereits 1. Kap. A. I. 45 Zur Grundrechtswesentlichkeit bei der Einziehung eines Hafens, vgl. etwa SchlHOVG, DÖV 2017, 203 (204 ff.); Kümper, DÖV 2017, 179 (181 f.); zur Entwidmung im Straßen- und Wegerecht BVerfG, NVwZ 2009, 1426 (1429).
B. Grundrechtsrelevanz in den Benutzungsebenen
167
Durch die Widmung als Kreationsakt werden daher weder Rechte noch rechtlich erhebliche Vorteile gewährt oder versagt: die Widmung ist insoweit neutral.46 2. Grundrechtsrelevanz der Widmung als Herrschafts- bzw. Statusakt In Bereichen des öffentlichen Sachenrechts kommt dem Widmungsakt regelmäßig auch die Funktion eines Herrschafts- bzw. Statusakts zu, wonach die Widmung gleichzeitig Grundlage einer öffentlich-rechtlichen Sachherrschaft ist, der Grundrechtsrelevanz aufgrund der dadurch begründeten Einwirkungs- und Ausschlussbefugnisse zukommt. Da der Widmung im Einrichtungswesen jedoch eine solche dingliche Wirkung mangels formalgesetzlicher Rechtsgrundlage nicht zuerkannt werden kann,47 umfasst sie grundsätzlich schon gar nicht die Funktion eines Herrschaftsakts in diesem Sinne. Diese Funktion ist also abhängig von der gesetzlichen Einräumung. Als Auslösungsmoment des Vorbehaltsgedankens kann einem Widmungsakt daher nur dann eine Herrschafts- und Statusfunktion zuerkannt werden, wenn diese formalgesetzlich normiert ist. Festhalten lässt sich folglich: Die Grundrechtsrelevanz einer dinglichen Widmungswirkung führt zum Erfordernis einer formalgesetzlichen Ermächtigungsgrundlage, soll der Widmung diese dingliche Wirkung zukommen. Neben der Frage nach der dinglichen Wirkung kommt der Widmung in der Funktion des Statusakts keine Bedeutung bei der Grundrechtsrelevanz zu. 3. Zur Widmung als Determinationsakt der Benutzungsregelungen Maßgebliche Bedeutung für die Untersuchung der Grundrechtsrelevanz kommt dem Widmungsakt in seiner Funktion als Instrument der Nutzungsregelung zu. Die Widmungsentscheidung stellt Grund und Grenze der Einrichtungsleistung und damit der Nutzungsmöglichkeiten, die das Benutzungsverhältnis zwischen Benutzer und Einrichtungsträger ausmachen, dar. Eine Grundrechtsrelevanz kann sich dabei aufgrund der möglichen inhaltlichen Bestandteile der Widmung und der Konkretisierung der Zweckbestimmung mit Blick auf die Benutzungsart, Benutzungsberechtigten und den Benutzungsumfang ergeben. Blickt man etwa auf das kommunale Schwimmbad als Einrichtung sind mit der Widmung als Determinationsakt Fragen der privaten oder kommerziellen Nutzung als mögliche Benutzungsarten, die Schülerin, der Rentner, der Schwimmverein oder der Freikörperkulturverein als mögliche Benutzungsberechtigte und der zeitliche und 46 Ähnl. Bamberger, DVBl 1999, 1632 (1635 f.); Wandschneider, Die Allgemeinverfügung, S. 295; Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 49 Rn. 21; differenzierend, aber nur in Bezug auf das Straßen- und Wegerecht Kümper, DÖV 2017, 179 (183). 47 S. ausf. dazu bereits oben 2. Kap. B. II. 2.
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3. Kap.: Die grundrechtliche Determination der Benutzung
räumliche Nutzungsumfang in Form von Öffnungszeiten, Übungsstunden und Bahnbelegung umfasst. Die Grundrechtsrelevanz der Widmung kann sich hierbei gerade auch durch die Schaffung bzw. das Erfordernis der Schaffung einer Sachlage entfalten, welche die Nutzungsmöglichkeiten verschiedener Grundrechtsträger gegeneinander abwägt, abgrenzt und ausgleicht. Im Schwimmbadbeispiel ist etwa eine Abwägungsentscheidung zwischen dem kommerziellen Nutzungsinteresse an einer Beckenbahn im Rahmen von Trainingsstunden durch einen einzelnen Schwimmer mit Trainerin und den Interessen an der freizeitlichen sportlichen Aktivität der anderen Badbenutzer zu treffen, die insofern zur Festlegung zeitlich begrenzter Trainingsstunden führen kann. Die Festlegung der Widmungsentscheidung auf bestimmte Benutzungsarten, -berechtigte sowie den Nutzungsumfang lässt damit Fragen der Grundrechtsrelevanz im Bereich der die Widmung konkretisierenden Benutzungsregelungen relevant werden. Änderungen der Widmungsentscheidung können zwar eigenständig als grundrechtsrelevantes Verwaltungshandeln in Betracht kommen. Eine eigenständige, über die teilhaberechtliche Dimension hinausgehende Grundrechtsrelevanz weist jedoch auch eine Widmungsänderung nicht auf. Betrachtet man die Widmung als Determinationsakt der Nutzung aus grundrechtsdogmatischer Sicht unter dem Blickwinkel einer „einschränkenden“ Wirkung selbst genauer, können zwei Konstruktionen der Widmungsänderung differenziert werden. a) Widmungserweiterung Möglich ist zunächst die Konstellation, in der das Begehren des Benutzers über den feststehenden Widmungsinhalt einer zugelassenen Benutzung hinausgeht, etwa indem eine vorbehaltlose eigene Nutzung im Gegensatz zur in der Benutzungsordnung zeitlich, personell oder sachlich reglementierten Nutzung eingefordert wird. Hierzu zählt insbesondere eine eingeforderte Sonderbenutzung,48 etwa als Schwimmtrainerin die Nutzung eines Schwimmbades, um entgeltlich Schwimmunterricht zu erteilen.49 Ein solcher Anspruch auf eine bestimmte Ausgestaltung des Benutzungsverhältnisses im Sinne einer Widmungserweiterung besteht jedoch nicht.50 Hierfür spricht die Entscheidungshoheit des Einrichtungsträgers im Rahmen der Leistungsverwaltung, der zu der Entscheidung der Schaffung insgesamt und somit auch in der Ausgestaltung der Benutzung als Verwaltungsleistung nicht verpflichtet werden kann. Für den Anspruch auf Widmungserweiterung gilt also dasselbe wie für den Anspruch auf die Widmung selbst. Ein solcher besteht nur im Falle eines originären Leistungsrechts, das regelmäßig nicht aus den Grundrechten abgeleitet werden kann. 48 49 50
Ausf. zur Einordnung der „Sonderbenutzung“ s. 1. Kap. B. III. 2. b). VG Gießen, Beschl. v. 14.11.2011 – 8 L 3460/11 –, BeckRS 2012, 48340. BayVGH, NVwZ 1982, 120 (121); NVwZ-RR 2013, 494 (495).
B. Grundrechtsrelevanz in den Benutzungsebenen
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b) Widmungsverkürzung Die Konstellationen der Widmungsverkürzung betreffen dagegen Benutzungen, die durch die vorherige Widmungsentscheidung möglich, nach einer Widmungsänderung jedoch, gegebenenfalls konkretisiert durch die Benutzungsordnung, nicht mehr vorgesehen bzw. ausdrücklich ausgeschlossen sind. Eine solche Verkürzung des Inhalts der Widmungsentscheidung kommt damit einer teilweisen Entwidmung gleich. Als Beispiel kommt etwa der Ausschluss bestimmter Nutzungen oder bestimmter anderer Benutzer in Betracht, etwa der Ausschluss von Ortsparteiverbänden zur Abhaltung von Parteitagen in Stadthallen.51 Eine solche nachträgliche Widmungsverkürzung und damit – bezogen auf den Widmungsinhalt – die teilweise Entwidmung zulasten unerwünschter Nutzungen ist grundsätzlich zulässig, sofern diese ab einem gewissen Zeitpunkt allgemein gilt und nicht nur in Einzelfällen willkürlich von der bisherigen Verwaltungspraxis abgewichen werden soll.52 Denn auch in der Kürzung und teilweisen Entziehung einer zuvor bereitgestellten Leistung liegt grundsätzlich keine grundrechtlich relevante Belastung. Die Rechtsprechung verweist insofern ausschließlich auf die Beachtung der gleichheitsrechtlichen Anforderungen. Keine (teilweise) Entwidmung ist dagegen gegeben, wenn die öffentliche Einrichtung als Verwaltungsleistung ihrem Inhalt nach bestehen bleibt und lediglich einer anderen Organisationsform zugeführt wird. Die Vorenthaltung der Teilhabe in Form der Unterlassung staatlicher Leistung kann auch nicht als Eingriff in den Schutzbereich der allgemeinen Handlungsfreiheit angesehen werden. Hiervon könnte lediglich ausgegangen werden, sofern die Versagung der Leistung einen Grundrechtseingriff darstellte. Dies könnte aber nur dann der Fall sein, wenn die Leistungsgewährung Voraussetzung für grundrechtlich geschützte Freiheitsausübung ist und der Staat die Abhängigkeit von dieser Voraussetzung zurechenbar geschaffen hat.53 Die dogmatische Konstruktion sagt insofern noch nichts über den materiellen Gewährleistungsgehalt aus, da Dogmatik „nur“ als Hilfsinstrument der Methodik dient, jedoch keinen Selbstzweck verfolgt. Der Gewährleistungsgehalt der allgemeinen Handlungsfreiheit ist dabei fundamental unterschiedlich in der abwehrrechtlichen Freiheitsdimension und in der Teilhabedimension. „Einschränkungen der Teilhabe“ sind also gerechtfertigt, wenn kein originärer oder derivativer Teilhabeanspruch besteht. Zwar solle die Teilhabe nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts 51 Vgl. nur BayVGH, Beschl. v. 06.08.2008 – 4 CE 08.2070 –, BeckRS 2008, 28171; Beschl. v. 17.02.2011 – 4 CE 11.287 –, BeckRS 2011, 53045. 52 S. BVerwGE 31, 368 (370); NdsOVG, NdsVBl. 2018, 348 (349 f.); BayVGH, NVwZ-RR 2014, 110 (110 f.); DVBl 2012, 253 (254 f.); VG München, Urt. v. 06.08.2014 – 7 K 13.2449 –, BeckRS 2014, 56385; Ossenbühl, DVBl 1973, 289 (296); Vollmer, DVBl 1989, 1087 (1090); Zundel, JuS 1991, 472 (474); Fügemann, SächsVBl. 2005, 57 (58 f.); Wittmann, DVBl 2012, 788 (789 ff.). 53 Vgl. Wild, DÖV 2004, 366 (370).
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3. Kap.: Die grundrechtliche Determination der Benutzung
nicht von vornherein auf das Vorhandene beschränkt sein, sondern unter dem Vorbehalt des Möglichen stehen; der Vorbehalt des Möglichen ist allerdings wiederum primär von dem Entscheidungsträger über die Leistung in eigener Verantwortung zu bestimmen.54 Im Einrichtungswesen ist nach hiesiger Auffassung die Widmung selbst Anspruchsgrundlage.55 Selbst wenn allein der gemeinderechtliche Zulassungs- bzw. Benutzungsanspruch als Grundlage der Nutzung anerkannt wird, besteht dieser allein im Rahmen der Widmung und der geltenden Gesetze. Die Entscheidung für die Verwirklichung des Teilhabeanspruchs hat der Gesetzgeber mit der Normierung der gemeinderechtlichen Anspruchsgrundlagen gerade dem kommunalen Einrichtungsträger in Form des Widmungsakts überlassen, der damit Vorgaben für Nutzungsart und Nutzungsberechtigte sowie Inhalt und Umfang des Benutzungsvorgangs stellt. Bei zulässiger Widmungsänderung und fehlerfreier Ausübung des Widmungsermessens ist eine Widmungsverkürzung damit keine „Einschränkung“ mit grundrechtlich relevanter Belastungswirkung für den Benutzer, sondern eine Entscheidung über die Verwaltungsleistung. c) Fazit: „Widmungsbeschränkung“ als untechnischer Begriff Damit wird erneut deutlich, dass es kommunale „Widmungsbeschränkungen“ 56 nicht in dem Sinne geben kann, dass ein spezifischer Widmungsgehalt als Sollgröße besteht, der daraufhin abwehrrechtlich auf die Zulässigkeit von Beschränkungen überprüft werden kann. Der Terminus der „Widmungsbeschränkung“ kann mithin nicht inhaltlich aus Perspektive der Rechtswirkungen verstanden werden, sondern allein in zeitlicher Hinsicht mit Blick auf die Selbstbindung der Gemeinde, also in dem Sinne, dass sich der Einrichtungsträger selbst einen Widmungsgehalt setzt und nachträglich diesen beschränkt. Eine Belastungswirkung für potentielle Benutzer ist weder mit der Verkürzung des Widmungsinhalts noch mit der neu gesetzten Widmungsentscheidung verbunden. Aus diesem Grund sind die Formulierungen der Rechtsprechung verfehlt, wonach die Regelungsbefugnis auf den „Einrichtungszweck und die Notwendigkeit entsprechender Regelungen, bei denen es um die Einschränkung der Nutzung“ 57 gehe, begrenzt sei. Regelungen der Widmung, die notwendig mit dem Einrichtungszweck verbunden sind, können keine Eingriffe in Grundrechtspositionen, keine Einschränkung einer zuvor festgelegten Soll-Nutzung darstellen, sondern füllen als Konkretisierung der (gegebenenfalls geänderten) Widmungsentscheidung den Anspruch auf Benutzung erst inhaltlich aus.
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BVerfGE 33, 303 (333); vgl. dazu Rixen, DVBl 2018, 906 (911). S. hierzu ausf. 1. Kap. A. I. So aber die Lesart bei Helbich, JuS 2017, 507 (511). OVG RhPf, NVwZ-RR 2009, 394 (395).
B. Grundrechtsrelevanz in den Benutzungsebenen
171
II. Grundrechtsrelevanz der Zulassung Auf der Ebene der Zulassung als Entstehungsmoment des Benutzungsverhältnisses könnte sich die Zulassungsanforderung zunächst als Verbot mit Erlaubnisvorbehalt konstruieren lassen. Dies setzt voraus, dass auf die Zulassung ein Anspruch besteht, die Benutzung also ein subjektiv-öffentliches Recht ist. Diese Konstruktion entspringt dem Gedanken, die Nutzung als Herstellung einer „natürlichen Handlungsfreiheit“ anzusehen, welcher aus der früheren Diskussion um die Qualifizierung des Gemeingebrauchs als subjektiv-öffentliches Recht herrührt58 und der auch auf den Einrichtungsgebrauch Anwendung finden könnte. Eine einfachgesetzliche Anspruchsgrundlage existiert in den Gemeindeordnungen in Form des Zulassungsanspruchs im Rahmen der Widmung und der Rechtsordnung; ein darüber hinausgehender Anspruch kann jedoch nicht aus den Grundrechten begründet werden. Ein Anspruch auf einen spezifischen Widmungsinhalt setzt einen originären Leistungsanspruch voraus, den die Grundrechte nicht vermitteln. Eine solche Konstruktion ist darüber hinaus auch mit dem Leistungscharakter der Einrichtung unvereinbar, denn damit würde die Notwendigkeit der Zulassung zur Leistung grundsätzlich als Grundrechtsbeeinträchtigung verstanden und die Zulassungsentscheidung nicht als freiheitsgewährend, sondern als freiheitsbestätigend angesehen werden. Dies widerspricht dem Wesen der öffentlichen Einrichtung als Verwaltungsleistung und deren Funktion, die optimale Nutzung aus Gemeinwohlgründen und somit in erster Linie Lenkungs- und Verteilungsfunktionen sicherzustellen.59 Solche Leistungsfunktionen dürfen sich gerade „nicht als Herrschaftsfunktionen auswirken“.60 Der Zulassungsvorbehalt kann insofern zwar rechtstechnisch als Verbot mit Erlaubnisvorbehalt ausgestaltet werden, jedoch nur, wenn die Widmung einen solchen Zulassungsvorbehalt selbst setzt. Ein durch die Widmung vermitteltes subjektiv-öffentliches Recht auf Zulassung zur Benutzung ist damit von vornherein auf den Widmungsinhalt begrenzt. Die Zulassung ist somit nicht Ausdruck einer „natürlichen Handlungsfreiheit“, sondern grundsätzlich nur in der teilhaberechtlichen Dimension durch Art. 2 Abs. 1 GG i.V. m. Art. 3 Abs. 1 GG geschützt. Die Zulässigkeit von Zulassungsvorbehalten ist daher in erster Linie teilhaberechtlich und gleichheitsrechtlich zu überprüfen. So ist etwa ein Fachkundenachweis zur Ausübung bestimmter Tätigkeiten im Zusammenhang mit öffentlichen Einrichtungen als Zulassungsvorbehalt nicht zu beanstanden;61 auch ein Identitätsnachweis im Sinne einer Ausweispflicht als Zulassungsvorbehalt zur Benutzung der Einrichtung dürfte jedenfalls aus gleichheitsrechtlichen Aspekten zuläs58 So noch Peters, Lehrbuch der Verwaltung, S. 211; a. A. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts, Bd. I, S. 391 ff.; s. dazu bereits oben 3. Kap. A. I. 59 Vgl. Stern, VVDStRL 21 (1964), S. 183 (220 f.). 60 Stern, VVDStRL 21 (1964), S. 183 (228). 61 OVG NRW, DVBl 2011, 648 (648 f.).
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3. Kap.: Die grundrechtliche Determination der Benutzung
sig sein.62 Auch die Regelungen über Benutzungszeiten können zulässige Zulassungsvorbehalte für bestimmte Benutzerkreise darstellen.63 Nur insofern sich der Einrichtungsträger nicht an die durch die Widmung selbst gesetzten Vorgaben hält, kommt ein Eingriff in das Benutzungsrecht im Rahmen der Widmung aus der allgemeinen Handlungsfreiheit in Betracht.
III. Typisierbare Grundrechtsrelevanz der Benutzungsregelungen Während es bei der Zulassungsentscheidung grundsätzlich allein um Verteilungs- und Leistungsgerechtigkeit zwischen den potentiellen Benutzern geht, haben die Benutzungsregelungen einen anderen Fokus: hier geht es auf den ersten Blick nicht um Zugangsfragen, sondern um materielle Verhaltenspflichten innerhalb des Benutzungsverhältnisses, denen meist Verträglichkeitsfragen des individuellen Benutzens mit dem allgemeinen Einrichtungszweck zugrunde liegen. Die rechtliche Einordnung von Benutzungsregelungen ist dabei teilweise verworren; diese werden teilweise abwehrrechtlich,64 teilweise teilhaberechtlich betrachtet.65 Um die Grundrechtsrelevanz von Benutzungsregelungen typisieren zu können, muss nochmals der Bezug einer Benutzungsregelung zur Widmung in den Vordergrund gestellt werden. Auch die Benutzung kann aufgrund der Einrichtung als Verwaltungsleistung nur im Rahmen der Leistungsentscheidung in Form des Widmungsaktes erfolgen. Damit ist zugleich aus grundrechtlicher Perspektive die Aussage verbunden, dass kein Anspruch auf eine Benutzung und damit diese konstituierenden Benutzungsregelungen bestehen kann, die über den Widmungsinhalt hinausgehen. Benutzungsregelungen sind also insoweit grundsätzlich teilhaberechtlich zu betrachten, als sie eine Ausgestaltung der Widmung darstellen. Der Widmungsinhalt wird dann in einer Regelung verarbeitet, wenn diese unmittelbar am Benutzungsvorgang ausgerichtet wird, also insbesondere dem Einrichtungszweck dient und einen Bezug zu sachlicher, räumlicher und personeller Benutzungsdimension66 aufweist. Dies kann etwa die Art und Weise des Benutzungsgegenstandes und des Benutzungsvorganges umfassen. Eine eigenständige 62 So die privatrechtliche Nutzungsordnung der Bädergesellschaft Düsseldorf mbH, die in 100 %-iger Trägerschaft der Stadt Düsseldorf steht und damit den Bestimmungen des öffentlichen Einrichtungswesens unterliegt; zu Fragen des Widmungsermessens mit Blick auf ordnungsrechtliche Aspekte s. allerdings unten 4. Kap. C. III. 2. e) aa). 63 NdsOVG, NdsVBl. 2018, 348 (349). 64 Vgl. etwa NdsOVG, NVwZ 2017, 728 (729 f.); VG Chemnitz, Beschl. v. 30.07. 2008 – 1 L 206/08 –, BeckRS 2008, 139621, Rn. 18; VG Darmstadt, LKRZ 2013, 289 (292); VG Meiningen, LKV 2018, 573 (575); VG Düsseldorf, Beschl. v. 04.07.2019 – 18 L 1205/19 –, BeckRS 2019, 13419, Rn. 10 ff. 65 VG München, Urt. v. 06.08.2014 – 7 K 13.2449 –, BeckRS 2014, 56385; ebenso Penz, NVwZ 2017, 730 (731); ders., KommJur 2017, 241 (243 f.). 66 S. ausf. hierzu oben 1. Kap. B. II. 3.
B. Grundrechtsrelevanz in den Benutzungsebenen
173
Belastungswirkung kann demzufolge bei der Ausgestaltung der Verwaltungsleistung grundsätzlich nicht bestehen. Damit sind auch aus Sicht des Benutzers als Belastung empfundene Einschränkungen gegenüber einer potentiell erbringbaren Leistung keine belastenden Regelungswirkungen, in die nach der Rechtsprechungspraxis aufgrund des funktionalen Zusammenhangs eingewilligt werden könnte,67 sondern bloße Rechtsreflexe. Ein solcher funktionaler Zusammenhang durch die unmittelbare Bindung an den Einrichtungszweck und die Begrenzung auf den Benutzungsvorgang hat vielmehr zur Folge, dass die Betrachtung allein nach teilhaberechtlichen Aspekten zu bewerten ist. Der Konstruktion einer Einwilligung bedarf es bei Benutzungsregelungen in diesem Sinne insofern bereits nicht. 1. Zulassungsvorbehalt versus Benutzungsregelung Zunächst ist mit Blick auf die Grundrechtsrelevanz auf die Abgrenzung zwischen Zulassungsvorbehalten und Benutzungsregelungen einzugehen. Wurde bei der Betrachtung der verschiedenen Differenzierungsebenen zwischen beiden Ebenen im Benutzungsverhältnis aus rechtstechnischer Sicht unterschieden, fragt sich, ob diese Unterscheidung aus der Perspektive der Grundrechtsrelevanz der Rechtswirkungen aufrecht erhalten werden muss. Die strikte Unterscheidung zwischen Zulassungsvorbehalt und Benutzungsregelung geht letztlich auf die Unterscheidung zwischen dem „Ob“ und dem „Wie“ der Benutzung im Sinne der Zweistufentheorie zurück, die jedoch nach dem hiesigen Verständnis bei Zugrundelegung des Widmungsaktes als Anspruchsgrundlage aus rechtlichen und tatsächlichen Gründen nicht aufrecht erhalten werden muss.68 Aus der Perspektive der etwaigen grundrechtlichen Betroffenheit besteht bei Zugrundelegung der Widmung als einem einheitlichen, öffentlich-rechtlichen Benutzungsanspruch ein Unterschied zwischen Zulassungsvorbehalt im Sinne eines Zugangshindernisses und Benutzungregelung im Sinne einer Verhaltensanforderung im Benutzungsverhältnis auch nicht kategorial, sondern nur graduell. Sowohl die Zulassung als auch die Benutzungsregelung hängen inhaltlich von der Widmungsentscheidung ab und können bloße Ausgestaltung der Widmungsentscheidung sein. Der bloß graduelle Unterschied zwischen Zulassungsvorbehalten und Benutzungsregelungen besteht sodann vielmehr anhand der Intensität der Ausgestaltung des Teilhaberechts in Form der Widmung. Die Notwendigkeit einer Zulassungsentscheidung lässt sich insofern als ein Zugangshindernis der Teilhabe, die Benutzungsregelung als Ausübungsregelung deuten. Damit findet zwar eine Einteilung in ein ähnliches Denkmuster wie im Rahmen der Zweistufentheorie mit der Trennung in ein „Ob“ und ein „Wie“ der Benutzung statt, allerdings nicht im Hinblick auf eine Unterscheidung im Sinne der Zweistufenlehre als Zu67 68
Vgl. etwa OVG RhPf, NVwZ-RR 2009, 394 (395) m.w. N.; ausf. dazu 1. Kap. S. ausf. dazu 1. Kap. A. II.
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3. Kap.: Die grundrechtliche Determination der Benutzung
ordnungsmechanismus zum öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen Rechtsregime, sondern als typisierte Regelungsstufen im Hinblick auf die Regelungsintensität. 2. Benutzungsausgestaltende Rechtswirkungen Im Ausgangspunkt ist festzuhalten, dass Regelungen, die in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Benutzungsvorgang stehen und dessen Ausgestaltung betreffen, ausschließlich teilhaberechtlich zu betrachten und damit im Bereich der freiwilligen Einrichtungsnutzung grundrechtlich nicht stark determiniert sind. Hintergrund ist die Charakterisierung des Benutzungsvorgangs als Verwaltungsleistung. Aus dieser Charakterisierung folgt, dass die Grenzen des Zurechnungszusammenhangs zum Leistungsvorgang objektiv anhand der Widmung zu ziehen sind, die sich im Rahmen des zulässigen Widmungsinhalts halten muss.69 Auf die Wichtigkeit eines Rechtsguts70 kommt es für die Rahmenbestimmung des Benutzungsvorgangs dagegen nicht an. Neben Bestimmungen zur Ausgestaltung des Benutzungsrahmens konkretisieren auch solche Benutzungsregelungen den Widmungsinhalt, die eine Abwägungsentscheidung und Festlegung sowohl bei kollidierenden Nutzungsinteressen zwischen Benutzern71 als auch bei einrichtungsbezogenen Arbeiten des Einrichtungsträgers treffen, die mit den Nutzungsinteressen eines Benutzers kollidieren, wie etwa bei dem Einsatz eines Laubbläsers auf einem kommunalen Friedhof.72 Als zulässige Benutzungsregelungen wurden ebenfalls satzungsrechtliche Generalklauseln angesehen, die Handlungsdirektiven enthalten, um im Einzelfall innerhalb des Einrichtungszwecks Regelungen zur Abwendung von Gefahren für Besucher sowie Regelungen für zugelassene Gewerbetreibende auf den Friedhöfen und für das Friedhofspersonal erlassen zu können.73 Hier erfolgte jedoch weder eine weitere Differenzierung und Einteilung zwischen den verschiedenen benutzungsberechtigten Personen noch eine Bezugnahme auf den unmittelbaren Benutzungsvorgang. Zwar besteht ein Bezug zur Widmungsentscheidung, jedoch geht es gerade nicht mehr um die benutzungsbezogene Ausgestaltung der Widmungsentscheidung, sondern vielmehr um die Sicherung im Rahmen der Widmung vor anderweitigen Gefahren. Ob die Gefahrenabwehr selbst jedoch zulässiger Widmungsinhalt sein kann, ist zweifelhaft.74 Jedenfalls nicht zulässig ist die Annahme bzw. Begründung einer Gesamtschuldnerhaftung bei durch einen Benutzer verursachten Schäden ohne besondere formalgesetzliche Grundlage, denn 69
S. ausf. zum zulässigen Regelungsinhalt der Widmung 4. Kap. C. III. So aber Lorenzmeier, BayVBl. 2011, 485 (492). 71 NdsOVG, NdsVBl. 2017, 313 (314 f.). 72 OVG Saarl, NVwZ-RR 2018, 484. 73 VG Minden, Urt. v. 20.06.2007 – 3 K 703/07 –, juris, Rn. 54. 74 S. zu sicherheits- und ordnungsrechtlichen Erwägungen im Rahmen des Widmungsermessens unten 4. Kap. C. III. 2. e) aa). 70
B. Grundrechtsrelevanz in den Benutzungsebenen
175
dies ist zur Ausgestaltung der Widmungsentscheidungen im Rahmen des Einrichtungszwecks und auch für die Sicherung der Funktionsfähigkeit der Einrichtung nicht erforderlich.75 3. Benutzungsbezogene Rechtswirkungen Neben Benutzungsregelungen, die allein benutzungsausgestaltende Rechtswirkungen aufweisen, stehen in der Kommunalpraxis und der Rechtsprechung zumeist solche Regelungen in der Diskussion, die im Rahmen einer Benutzungsordnung durch den Einrichtungsträger normiert werden, jedoch nicht ausschließlich die Widmungsentscheidung, also die Benutzung als Leistungsvorgang, ausgestalten, sondern einen hierüber hinausgehenden Regelungscharakter mit möglicherweise eigenständiger Belastungswirkung aufweisen. Dies betrifft vor allem materielle Verhaltensregelungen der Benutzer. Bei solchen materiellen Verhaltenspflichten wurde zunächst zwischen passiven und aktiven Verhaltenspflichten unterschieden: Vor dem Hintergrund des Erfordernisses einer eigenständigen Ermächtigungsgrundlage sollten der Unterscheidung folgend nur aktive Verhaltenspflichten eine eigenständige Regelungswirkung aufweisen, die nur unter besonderen weiteren Anforderungen der Regelungsbefugnis des Einrichtungsträgers zugeschrieben werden können, wohingegen passive Verhaltenspflichten unproblematisch seien.76 Dies kann im Ansatz vor dem Hintergrund der teilhaberechtlichen Dimension und der Qualifizierung der Benutzung als Verwaltungsleistung begründet werden. Denn „passive Verhaltenspflichten“ grenzen den zulässigen Benutzungsrahmen häufig nur negativ ab und stellen damit eine bloße Ausgestaltung der Widmungsentscheidung dar. Als zulässige Ausgestaltung der Widmungsentscheidung in diesem Sinne wurden etwa zur Eingrenzung des Benutzungsvorgangs die örtliche Begrenzung verschiedener Nutzungsarten innerhalb einer Einrichtung,77 die personelle Begrenzung des berechtigten Benutzerkreises etwa durch Festlegung eines Höchstalters der Benutzungsberechtigten bei einem Kinderspielplatz78 sowie die sachliche Begrenzung auf einen unmittelbaren Funktionszusammenhang im Sinne der Nutzung eines öffentlichen Forums im Stadtmuseum nur im Zusammenhang mit dort laufenden Ausstellungen79 angesehen. Allerdings können nicht nur aktive Handlungspflichten, sondern auch Unterlassungs- oder Duldungspflichten den Rechtskreis der Benutzer empfindlich beeinträchtigen. Problematisch ist daher die genaue Ab75
VGH BW, NVwZ-RR 1994, 325 (328). Vgl. Schäfer, Benutzungsregelung, S. 174 f. 77 Vgl. NdsOVG, NdsVBl. 2017, 313 (314 f.) zum Anspruch auf einen konkreten Liegeplatz bei der Nutzung eines als öffentliche Einrichtung qualifizierten Hafens. 78 Vgl. etwa VGH BW, NVwZ-RR 2002, 643 (644); LG Heidelberg, Urt. v. 06.10. 2010 – 5 O 85/10 –, BeckRS 2010, 25048. 79 VG München, Urt. v. 12.12.2018 – M 7 K 18.3672 –, juris, Rn. 24. 76
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3. Kap.: Die grundrechtliche Determination der Benutzung
grenzung zwischen negativ benutzungsausgestaltenden Benutzungsregelungen und sonstigen, bloß benutzungsbezogenen, die Rechtssphäre der Benutzer beeinträchtigenden Regelungswirkungen. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass Verhaltenspflichten oft gleichzeitig aktiv und passiv gelesen werden können. So kann etwa eine Badekappenpflicht im kommunalen Schwimmbad80 als aktives Gebot gelesen werden, beim Schwimmen eine Badekappe zu tragen, als auch als Verbot, ohne Badekappe das Schwimmbecken zu benutzen. Entscheidend ist auch hier die Abgrenzung zwischen benutzungsausgestaltenden und bloßen benutzungsbezogenen Regelungswirkungen. Wird eine eigenständige Regelungswirkung gesetzt, die nicht lediglich den Benutzungsvorgang negativ abgrenzt, konkretisiert bzw. ausgestaltet, sondern dem Benutzer eine individuelle Verhaltenspflicht aufgibt, handelt es sich nicht um die Ausgestaltung der Verwaltungsleistung, sondern um eine bloß benutzungsbezogene Regelung. Dabei ist zu beachten, dass eine solche bloß benutzungsbezogene Regelung durch die Auferlegung einer materiellen Verhaltenspflicht eben nicht nur zu einer „weiteren Beschränkung“ der Benutzung nach der Zulassung führt und somit einen nur „formellen Eingriff“ in die allgemeine Handlungsfreiheit darstellt. Zwar ist zuzustimmen, dass Regelungen, die in einem spezifischen Funktionszusammenhang mit der Widmung stehen, nicht in den materiellen Gewährleistungsgehalt der allgemeinen Handlungsfreiheit eingreifen, weil auf die Leistung von vornherein allein ein Anspruch nur im Rahmen der Widmung besteht.81 Allerdings ist die Freiheitssphäre des Benutzers nach dem heutigen liberalen Grundrechtsverständnis eben in schlichten Benutzungsverhältnissen nicht allein auf die Nutzung beschränkt. Der Benutzer gibt an der Eingangstür der Einrichtung nicht seine Freiheitsrechte auf, um an der Benutzung teilzuhaben. Allein der Regelungsbezug zum Benutzungsvorgang kann aktive Verhaltenspflichten somit nicht zu einem solchen nur „formellen Eingriff“ zurückstufen. Auch hier hilft die Betrachtung anhand der Unterscheidung zwischen benutzungsausgestaltenden und benutzungsbezogenen Regelungswirkungen. Soll der Benutzungsvorgang als Einrichtungsnutzung und damit Verwaltungsleistung räumlich, sächlich und personell ausgestaltet werden, ist allein die teilhaberechtliche Dimension betroffen; soll dagegen eine individuelle Verhaltenspflicht des Benutzers begründet werden, geht dies über die Ausgestaltung des Benutzungsvorgangs hinaus. Entscheidend ist daher nicht nur ein irgendwie gearteter Regelungsbezug für die Unterscheidung, sondern ein unmittelbarer funktionaler Ausgestaltungszusammenhang mit dem Benutzungsvorgang. Solche materiellen Verhaltenspflichten sind mit dieser Typisierung jedoch nicht der Regelung durch den Einrichtungsträger entrückt. Stehen diese in einem
80 81
VGH BW, NJW 1979, 1900 (1901). Vgl. Murswiek, DVBl 1994, 77 (82, 83).
B. Grundrechtsrelevanz in den Benutzungsebenen
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Regelungszusammenhang mit dem Benutzungsvorgang, können diese dennoch als Benutzungsregelungen erlassen werden.82 Maßgeblich für die Zulässigkeit ist die Überprüfung ihrer Grundrechtsrelevanz, insbesondere anhand ihrer Regelungsintensität, mit Blick auf den Vorbehalt des Gesetzes. Stehen diese „einfachen Verhaltensanordnungen“ in umittelbarem Zusammenhang mit dem sachlichen, räumlichen und örtlichen Benutzungsvorgang, können sie aufgrund der kommunalrechtlichen und leistungsverwaltungsrechtlichen Sachbereichsspezifika jedenfalls in der Handlungsform Satzung zulässig Gegenstand der Regelungsbefugnisse des kommunalen Einrichtungsträgers sein. Zur zulässigen Regelung im Einzelfall ist damit jedoch noch keine Aussage getroffen. Für die Zulässigkeit der abstrakt-generellen Regelung in der Benutzungsordnung ist vielmehr stets anhand der Abwägungsentscheidung der Wesentlichkeitsdoktrin zu überprüfen, ob die Regelung aufgrund des betroffenen Grundrechts und der Regelungsintensität der Verhaltenspflicht im konkreten Benutzungszusammenhang durch den Einrichtungsträger selbst vorgenommen werden kann. Auch Lange sieht für die Frage, welche Benutzungsregelungen einer formalgesetzlichen Ermächtigungsgrundlage bedürfen, ausschließlich den Grundrechtsbezug der Einzelregelung als ausschlaggebend an, darüberhinausgehende Parameter werden nicht formuliert.83 Maßgebend dürfte daher das Kriterium der Betroffenheitsintensität sein,84 das aufgrund der Beschränkung auf die örtliche und sachliche Dimension des Benutzungsvorgangs regelmäßig nicht dauerhaft und umfassend die Lebensgestaltung der Benutzer betreffen dürfte. Auf eine Einwilligung des Benutzers kann es auch im Rahmen der aktiven Verhaltenspflichten gleichwohl nicht ankommen, denn es geht nicht allein um die Grundrechtsbeeinträchtigungen, sondern gerade um die Entscheidungskompetenz hierüber. Die Zuordnung der Regelungsmaterie im Sinne der Vorbehaltslehre als Entscheidungskompetenz ist hierbei nicht aufgrund einer Entscheidung des Grundrechtsbetroffenen delegierbar. Für die Regelungsintensität und Grundrechtsbetroffenheit bei solchen aktiven Verhaltensregelungen im Rahmen der Benutzung ist weiterhin zu beachten, dass diese grundsätzlich keine Eingriffe in Spezialfreiheitsgrundrechte darstellen, sondern immer nur einen Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit, es sei denn sie intendieren einen Eingriff in ein spezielles Freiheitsrecht.85 Eine solche Intention liegt etwa vor, wenn sie eine eigenständige Belastungswirkung durch Finalität bzw. Unmittelbarkeit hinsichtlich des Spezialfreiheitsgrundrechts aufweisen. 82 S. zum zulässigen Inhalt der Widmungsentscheidung als Rahmen des Benutzungsvorgangs 4. Kap. C. III. 83 Lange, DVBl 2014, 753 (756); ähnl. Schäfer, Benutzungsregelung, S. 186 ff.; so auch BVerwGE 148, 133 (143 f.). 84 S. ausf. dazu 2. Kap. A. II. 3. a). 85 Murswiek, DVBl 1994, 77 (80); vgl. etwa BVerwGE 148, 133 (142) bzgl. der berufsregelnden Tendenz hinsichtlich der Grabsteinmetze.
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3. Kap.: Die grundrechtliche Determination der Benutzung
Problematisch sind dabei vor allem solche Bestimmungen, die auf den ersten Blick mit der Benutzung im Zusammenhang stehen und sich unter den Einrichtungszweck mitfassen lassen. Auch wenn diese als Benutzungsregelungen benannt im Rahmen der Benutzungsordnung ergehen, darf dies nicht davon abhalten, deren Zulässigkeit zu überprüfen. Nicht detailliert setzt sich etwa das Bundesverwaltungsgericht in der sog. Grabmal-Entscheidung mit der Frage auseinander, wenn es ohne Umschweife die Herkunftsnachweispflicht, die als Benutzungsregelung in der Benutzungssatzung normiert ist, als einen (faktischen) Eingriff in die Berufsfreiheit qualifiziert.86 So wäre hier genauer die Frage zu erörtern gewesen, inwieweit die Kommune als Einrichtungsträgerin mit der Ausgestaltung der Benutzungsregelungen einer öffentlichen Einrichtung überhaupt in ein Grundrecht eines benutzungsinteressierten Dritten87 eingreifen kann. Unter Zugrundelegung der entwickelten Unterscheidung zwischen benutzungsausgestaltend und benutzungsbezogen kann die Regelungsbestimmung allenfalls als benutzungsbezogen charakterisiert werden. In der neueren oberverwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung zum Friedhofsrecht wird ebenfalls für alle Regelungen, die in einem engen Zusammenhang mit der Berufsausübung stehen oder objektiv eine berufsregelnde Tendenz erkennen lassen, angenommen, dass diese jedenfalls einen mittelbaren Eingriff in die Berufsfreiheit darstellten, denn diese umfasse auch die gewerbliche Betätigung in mit „Anstaltscharakter“ betriebenen öffentlichen Einrichtungen.88 Die abwehrrechtliche Konstruktion innerhalb des Einrichtungswesens wird zweifach begründet. Erstens wird auf die Grundrechtsbindung aller staatlichen Gewalt, mithin auch der Einrichtungsträger, aus Art. 1 Abs. 3 GG verwiesen, die zur Beachtung der Grundrechte auch im Bereich der „Anstaltsgewalt“ führe.89 Zweitens ziele die Berufsfreiheit auf eine möglichst unreglementierte berufliche Betätigung ab, weshalb im Umkehrschluss jede Regelung einen Eingriff in die Berufsfreiheit darstelle, welche die gewünschte Betätigung verhindere.90 Als zulässig sind immerhin Benutzungsregelungen erachtet worden, die das Benutzungsverhältnis beendende Tatbestände wie Widerrufsgründe der Zulassung bei Unzuverlässigkeit, Nichteinhaltung der Benutzungsbedingungen oder einrichtungsbezogenen Ver86
BVerwGE 148, 133 (142). Zur Systematisierung s. oben 1. Kap. B. III. 2. 88 Etwa BayVGH, BayVBl. 2000, 21 (21 f.); NVwZ-RR 1995, 347 (347 f.); VGH BW, NVwZ-RR 2003, 142 (144); GewArch 2008, 126; OVG RhPf, DÖV 2007, 708 (709); OVG NRW, DVBl 2011, 648 (648 f.); vgl. dazu Battis, GewArch 1982, 145 (147 f.); Stelkens, WiVerw 2018, 53 (61 f.); a. A. noch BVerwG, Beschl. v. 31.01.1979 – 7 B 8.79 –, juris, Rn. 5; VGH BW, NVwZ 1987, 723 (725); Müller-Hannemann, DVBl 1977, 440 (445). 89 VGH BW, NVwZ-RR 2003, 142 (144); a. A. Müller-Hannemann, DVBl 1977, 440 (444); ausf. zur Anstaltsgewalt und ihrer Einpassung unter das GG s. unten 4. Kap. A. II. 90 VGH BW, NVwZ-RR 2003, 142 (144). 87
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stößen von einigem Gewicht bestimmten, sofern Gewerbetreibende selbst Benutzer der Einrichtung waren.91 Auch diese Rechtsprechungslinie deckt sich mit der vorgenommenen Unterscheidung zwischen benutzungsausgestaltend und bloß benutzungsbezogen. Denn Regelungen mit objektiv berufsregelnder Tendenz, die Gewerbetreibenden bestimmte Berufsausübungspflichten vorgeben, gestalten den Benutzungsvorgang eben nicht aus, sondern bestimmen individuelle Verhaltenspflichten. Das Benutzungsverhältnis beendende Tatbestände jedoch stehen in unmittelbar funktionalem Ausgestaltungszusammenhang mit dem Benutzungsvorgang. In eine ähnliche dogmatisch einordnende Richtung geht auch die Rechtsprechung, die eine Regelung, die eine Benutzung öffentlicher Veranstaltungs- bzw. Festflächen92 für eine Zirkusveranstaltung von dem Nichtmitführen von Wildtieren abhängig macht, als Eingriff in die Berufsfreiheit qualifiziert.93 Hierbei wird die dogmatische Konstruktion teilweise differenzierter betrachtet und die grundsätzlich (nur) teilhaberechtliche Grundrechtsdimension erkannt, indem die abwehrrechtliche Betrachtung explizit mit einer faktischen Monopolstellung der Kommune als Einrichtungsträgerin solcher Großveranstaltungsplätze begründet wird.94 Wird ein Eingriff in die Berufsfreiheit dagegen auf die Sachwidrigkeit eines Differenzierungsmerkmals gestützt,95 kann dies nicht überzeugen, denn damit wird ein Eingriff in ein Freiheitsgrundrecht mit dem Verstoß gegen das Gleichheitsgrundrecht begründet. Diese Rechtsprechung zeigt damit anschaulich die Schwierigkeiten im Umgang mit Benutzungsregelungen und ist damit dezidiert zu untersuchen. Dabei ist zuzugeben, dass beide Fälle Gewerbetreibende betreffen. Der signifikante Unterschied ist jedoch, dass der Zirkusbetreiber selbst nach einer Zulassungsentscheidung der Gemeinde aufgrund eines Anspruchs auf ermessensfehlerfreie Entscheidung Benutzer wird,96 während der Steinmetz nur als Dritter, als 91
BayVGH, NVwZ-RR 2018, 705 (706). Vgl. zur Qualifizierung bloßer Sachinbegriffe als öffentliche Einrichtung OVG NRW, NJW 1976, 820 (821); Dietlein, Jura 2002, 445 (446); s. ausf. dazu 2. Kap. B. I. 1. c) aa). 93 So mehrheitlich die Rechtsprechung zum sog. kommunalen Wildtierverbot, s. NdsOVG, NVwZ 2017, 728 (729 f.); VG Chemnitz, Beschl. v. 30.07.2008 – 1 L 206/ 08 –, BeckRS 2008, 139621, Rn. 18; VG Darmstadt, LKRZ 2013, 289 (292); VG Meiningen, LKV 2018, 573 (575); VG Düsseldorf, Beschl. v. 04.07.2019 – 18 L 1205/19 –, BeckRS 2019, 13419, Rn. 10 ff.; a. A. VG München, Urt. v. 06.08.2014 – 7 K 13.2449 –, BeckRS 2014, 56385; ebenso Penz, NVwZ 2017, 730 (731); ders., KommJur 2017, 241 (243 f.); ausf. zur Problematik Hoffmann, Die kommunale öffentliche Einrichtung, S. 81 ff. 94 NdsOVG, NVwZ 2017, 728 (730); VG Meiningen, LKV 2018, 573 (575); VG Düsseldorf, Beschl. v. 04.07.2019 – 18 L 1205/19 –, BeckRS 2019, 13419, Rn. 11. 95 VG Ansbach, Beschl. v. 27.02.2019 – 4 E 19.277 –, BeckRS 2019, 2866, Rn. 29. 96 S. VG Darmstadt, LKRZ 2013, 289 (291). Die Annahme eines bloßen Anspruchs auf ermessensfehlerfreie Entscheidung „irritiert“ aufgrund des Wortlauts des einfach92
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3. Kap.: Die grundrechtliche Determination der Benutzung
Hilfsperson, in Betracht kommt und nicht Teil eines Benutzungsverhältnisses wird. Die Nähe zum Widmungszweck kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass hier eine gänzlich andere grundrechtlich determinierte Konstellation angesprochen ist. Denn hier geht es gerade nicht um eine Regelung des Benutzungsverhältnisses, sondern um die Regelung eines außenstehenden Dritten. Schon mangels Benutzungsbezug ist von vornherein nicht bloß die teilhaberechtliche Dimension, sondern die abwehrrechtliche Konstruktion aktiviert. Dies lässt sich auch nicht durch die Normierung als vermeintliche Benutzungsregelung zwischen Friedhofsträger und Friedhofsnutzer, d.h. den Angehörigen, umgehen, denn die finale Wirkung besteht gerade gegenüber dem Gewerbetreibenden. Nach Helbich sei ein Eingriff durch eine Benutzungsregelung nur dann zu bejahen, wenn die Bereitstellung der Leistung auch gegenüber Nicht-Gemeindeangehörigen erfolge, somit ein Markt eröffnet werde und die Einrichtung hierfür faktisch eine monopolartige Stellung einnehme, denn dann würde die Verneinung eines Eingriffs zur „faktischen Versagung des Grundrechtsschutzes führen“ 97. Dies kann vor dem Hintergrund der aktivierten Grundrechtsdimensionen überzeugen, denn mit der allgemeinen Marktöffnung geht es eben nicht mehr um die Teilhabe an einem Gemeinschaftsgut, sondern vielmehr um Freiheitsausübung. Die Besonderheiten der teilhaberechtlichen Betrachtung jedenfalls bei benutzungsausgestaltenden Benutzungsregelungen fallen in dieser Konstellation somit von vornherein fort. Als Lösung wird in diesen Fällen für eine Heraufstufung der Eingriffsschwelle plädiert. Damit würde also die in einem ersten Schritt anerkannte Grundrechtsrelevanz und das damit ausgelöste Erfordernis einer formalgesetzlichen Grundlage in einem zweiten Schritt wieder aufgelöst. Die Heraufstufung der Eingriffsschwelle sieht Helbich dogmatisch im Grundsatz vom Vorbehalt des Gesetzes selbst begründet.98 Denn bei Zugrundelegung der üblichen Eingriffsschwelle unter Evaluierung der Intensität und der Finalität der staatlichen Maßnahme würde mit Überschreiten dieser Eingriffsschwelle stets eine formalgesetzliche Grundlage erforderlich sein, was zu einer weitreichenden Einschränkung der Regelungsmöglichkeiten in der Praxis führte.99 Diese Argumentation kann rechtlich jedoch nicht überzeugen, denn der Vorbehalt des Gesetzes begründet nicht etwa die dogmatische Lösung, sondern ist gerade Auslösungsmoment des Problems. Die Forderung nach einer Heraufsetzung der Eingriffsschwelle liegt doch vielmehr in der Tatsache begründet, dass eine umfängliche legislative Regulierung des Einrichtungsrechts aus zwei Gründen nicht möglich ist. Erstens obliegt die Entscheidung der Einrichtung dem kommunalen Einrich-
gesetzlichen Benutzungsanspruchs entgegen Lange, DVBl 2014, 753 (757) nicht; vgl. hierzu bereits oben 1. Kap. B. III. 2. 97 Helbich, JuS 2017, 507 (511). 98 Helbich, JuS 2017, 507 (511). 99 Helbich, JuS 2017, 507 (511).
B. Grundrechtsrelevanz in den Benutzungsebenen
181
tungsträger, der sich selbst jedoch die erforderliche Rechtsgrundlage eben nur beschränkt schaffen kann, zweitens ist aufgrund der Vielgestaltigkeit der Einrichtungsbenutzungsverhältnisse eine generalisierende Normierung nicht tauglich. Auch wenn dieser Annahme auf tatsächlicher Ebene zuzustimmen ist, kann sie nicht als Lösungsbegründung überzeugen, da sie vom Ergebnis her gedacht ist. Aufgrund des gewünschten Ergebnisses, nämlich des nicht einschlägigen Parlamentsvorbehalts und damit einer nicht erforderlichen formalgesetzlichen Grundlage, wird die Eingriffsschwelle erhöht. Dabei wird sogar die Umgehung des Grundsatzes vom Vorbehalt des Gesetzes ausdrücklich als dogmatischer Grund angegeben.100 Dogmatisch überzeugende Anknüpfungspunkte für die Grundrechtsrelevanz der Widmung oder die relevanten Kriterien an eine solche kann dieser Ansatz daher nicht liefern. Eine Heraufstufung der Eingriffsschwelle kann jedoch mit den bisher herausgearbeiteten Untersuchungsergebnissen begründet werden. Voraussetzung ist jedoch stets, dass überhaupt ein Regelungsbezug zum Benutzungsvorgang besteht. Handelt es sich um benutzungsbezogene Regelungen sind Eingriffe in die Freiheitsrechte der Benutzer möglich, für die im Spannungsbereich zwischen Vorbehaltslehre und Selbstverwaltungsgarantie dann unter Beachtung der Wesentlichkeitsdoktrin gegebenenfalls geringere Anforderungen genügen können.101 Benutzungsausgestaltende Regelungswirkungen wie etwa in Folge einer Widmungserweiterung oder -verkürzung sind dagegen für den Benutzer bloße Rechtsreflexe. 4. Fazit Voraussetzung für die Betrachtung der Grundrechtsrelevanz der Benutzungsregelungen ist demnach zunächst die Einordnung von deren Rechtswirkungen als benutzungsausgestaltend oder benutzungsbezogen. Betrifft die Benutzungsregelung den unmittelbaren Funktionszusammenhang zum Benutzungsvorgang in sächlicher, örtlicher und personeller Sicht, gestaltet sie die Widmungsentscheidung aus und ist allein der teilhaberechtlichen Betrachtung der Bestimmung zugänglich. Auch im Regelungszusammenhang mit der Widmung können jedoch eigenständige Rechtswirkungen durch die Normierung von aktiven Verhaltenspflichten bestehen. Diese sind anhand der Regelungsintensität auf deren Grundrechtsrelevanz hin zu untersuchen. Anknüpfungspunkt kann hier insbesondere das betroffene grundrechtliche Schutzgut sein. Geht die Bestimmung über den – zulässig gesetzten – Widmungsinhalt hinaus, findet wiederum ein Wechsel in der Grundrechtsdimension statt, womit ein eigenständiger Belastungscharakter möglich ist. Problematisch bleibt jedoch die Abgrenzung im Einzelfall, denn obwohl
100
Helbich, JuS 2017, 507 (511). Becker/Sichert, JuS 2000, 144 (146); Maurer, DÖV 1993, 184 (189); s. ausf. 2. Kap. B. IV. 4. 101
182
3. Kap.: Die grundrechtliche Determination der Benutzung
mit der Widmung derart weitreichende Rechtsfolgen verbunden sind, sind die Anforderungen an den Widmungsakt auch in Folge der Zuordnung zur Leistungsverwaltung und des damit einhergehenden Spielraums der Verwaltung gering, sodass oftmals nicht erst die Abgrenzung zwischen den Rechtswirkungen unklar, sondern bereits der Inhalt der Widmungsentscheidung fraglich ist.
IV. Störungsabwehr als widmungsexterne Rechtswirkung Jedenfalls widmungsexterne, d.h. weder benutzungsausgestaltende noch benutzungsbezogene, Rechtswirkung entfalten Bestimmungen zur Störungsabwehr im Sinne einer Sicherung der Widmung. Denn sie gestalten den Widmungsinhalt grundsätzlich nicht aus, sondern setzen diesen voraus und sichern diesen gegenüber Störungen innerhalb und außerhalb der Benutzung. Da den Benutzern ein subjektives Recht auf Benutzung aus der Widmung bzw. jedenfalls aus dem einfachgesetzlichen Benutzungsanspruch in Verbindung mit der Widmung zukommt, greift ein Ausschluss der Benutzung in dieses subjektive Recht auf Benutzung ein. Regelungen zur Störungsabwehr wohnt dabei auch ein besonderes grundrechtsrelevantes Gefährdungspotential inne, sofern die Durchsetzung des Einzelfallakts bei der Störungsabwehr von der gleichen Verwaltungsstelle vorgenommen werden kann wie die Setzung der abstrakt-generellen Regelung, um deren Durchsetzung es sich handelt. Dies gilt auch, wenn es bei der Regelungssetzung um die Ausgestaltung einer Verwaltungsleistung geht.102 Von solchen Maßnahmen der Störungsabwehr sind jedoch solche Bestimmungen zu trennen, die zwar Ordnungscharakter aufweisen, den Benutzungsvorgang jedoch gleichsam ausgestalten und somit die Widmungsentscheidung konkretisieren oder jedenfalls auf diesen bezogen sind. So weist zum Beispiel die Regelung im kommunalen Schwimmbad, Kinderbecken dürfen nur von Personen bis zu einem bestimmten Höchstalter benutzt werden, einen formalen Ordnungscharakter auf, indem sie gleichsam das Verbot der Nutzung für Personen oberhalb dieser Altersgrenze enthält. Diese Regelung gestaltet jedoch allein die Widmung hinsichtlich der benutzungsberechtigten Personen aus. Im gleichen Kontext ist auch das Badekappengebot im Schwimmbad zu sehen, das aufgrund des mitenthaltenen Verbots, ohne Badekappe zu schwimmen, ebenso formalen Ordnungscharakter aufweist, jedoch in sachlichem, örtlichem und personellem Bezug zum Benutzungsvorgang „Schwimmen“ steht.103 Der Ordnungscharakter allein kann somit nicht entscheidendes Kriterium für die Einordnung als benutzungsausgestaltende oder benutzungsbezogene Rechtswirkung einer Bestimmung sein. Maßgeblich ist 102 Dass die Gefahrenabwehr von Aufgaben des „Wohlfahrtsstaats“ zu trennen ist, ist seit dem Kreuzberg-Urteil des Preußischen Oberverwaltungsgerichts vom 14.06.1882, PrOVG 9, 353 ff., die Grundlage der polizei- und ordnungsrechtlichen Dogmatik. 103 S. dazu bereits 3. Kap. B. III. 3.; vgl. VGH BW, NJW 1979, 1900 (1901).
C. Ergebnis
183
auch hier wiederum die Abgrenzung durch die vorgelagerte Bestimmung des Widmungsinhalts.
C. Ergebnis Hinsichtlich der möglichen Benutzungsregelungen ist also zu differenzieren: Benutzungsregelungen, die die Widmung ausgestalten, sind grundsätzlich nicht intensiv grundrechtlich determiniert, denn dem Benutzer steht grundsätzlich kein subjektiv-öffentliches Recht auf Schaffung, Aufrechterhaltung oder eine spezifische Ausgestaltung der Nutzungsverhältnisse zu.104 Benutzungsregelungen dagegen, die den Widmunginhalt nicht notwendig konkretisieren, aber dennoch im sächlichen, räumlichen und personellen Zusammenhang mit der Benutzung stehen, können eigenständige Belastungswirkung aufweisen. Maßnahmen der Störungsabwehr sind dagegen stets widmungsextern und können ohne Weiteres Grundrechtsrelevanz entfalten. Der Blick auf die im Benutzungsverhältnis aktivierten Grundrechtsdimensionen zeigt, dass das Bundesverfassungsgericht zurecht von der traditionellen Formel des Vorbehalts des Gesetzes i. S. d. Eingriffsvorbehalts in der modernen Grundrechtsdogmatik abgerückt ist und sich der offeneren, wenn auch vageren Wesentlichkeitsdoktrin zugewandt hat. Richtet man den Fokus auf die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung, wird indes deutlich, dass dieser Perspektivwechsel in Teilen noch nicht vollständig vollzogen wurde. Augenfällig bleiben jedoch vor allem die unklaren Parameter eines Perspektivwechsels, also die Unterscheidung, ob eine Bestimmung als (bloße) Ausgestaltung des Teilhaberechts oder als Eingriff in eine Rechtsposition zu betrachten ist.
104
zieht.
Lenski, JuS 2012, 984 (988), die sich allerdings nur auf den Gemeingebrauch be-
4. Kapitel
Rationalitätsmuster der Zulässigkeit von belastenden Benutzungsregelungen Bei der Überprüfung der Grundrechtsrelevanz der verschiedenen Ebenen im Benutzungsverhältnis wurde deutlich, dass der Abgrenzung zwischen benutzungsausgestaltenden und benutzungsbezogenen Rechtswirkungen der Bestimmungen in Benutzungsordnungen entscheidende Bedeutung zukommt, auch wenn sich deren Abgrenzung im Einzelfall mitunter schwierig gestaltet. Um diesen Schwierigkeiten begegnen zu können, sollen im Folgenden Rationalitätsmuster vorgestellt werden. Der Begriff des Rationalitätsmusters ist dabei bewusst gewählt. Der Rationalitätsbegriff weist zwar eine „unerschöpfliche begriffliche Vielfalt“ 1 auf, womit der Begriff des Rationalitätsmusters weiter gefasst ist als jene des Rechtsinstituts, Rechtsbegriffs und der Rechtsfigur. Der Begriff des Rationalitätsmusters kann positiv indes als Anforderungsbündel begriffen werden,2 das sowohl Handlungsziele als auch Handlungsmittel umfasst und damit als Ordnungsbegriff auf allen Ebenen des Benutzungsverhältnisses Anknüpfungspunkte erfassen, systematisieren und handhabbar machen kann. Im Folgenden sollen daher die bisher in Rechtsprechung und Literatur auszumachenden Rationalitätsmuster auf ihre Tauglichkeit zur Bestimmung des verfassungsrechtlich zulässigen Inhalts und damit auch der Grenzen sowie der Rechtsgrundlagen belastender Benutzungsregelungen untersucht werden.
A. Die Anstaltsgewalt Steht die Rechtsgrundlage und Reichweite der hier als belastende Benutzungsregelungen zusammengefassten Nutzungsbestimmungen in Rede, wurde früher gemeinhin, heute in der Literatur nur noch teilweise, in der Rechtsprechung dafür in letzter Zeit wieder vermehrt auf die sog. Anstaltsgewalt der Einrichtungsträger abgestellt.3 Auch wenn der Begriff der Anstaltsgewalt in beinahe allen frühen Ausführungen zum Anstaltsbegriff bzw. zum Anstaltsnutzungsverhältnis
1 Schultze-Fielitz, in: P. Kirchhof, u. a. (Hrsg.), FS Vogel, S. 311 (320 f.); Bull, in: Benz, u. a. (Hrsg.), FS König, S. 179 (181 ff.). 2 Reimer, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. I, § 9 Rn. 4. 3 S. hierzu ausf. die Ausführungen in der Einleitung.
A. Die Anstaltsgewalt
185
erwähnt wird, findet sich indes auf den ersten Blick keine allgemeine Begriffsklärung.4 Eine Legaldefinition der sog. Anstaltsgewalt wie auch eine gesetzliche Normierung hat es im deutschen Verwaltungsrecht nicht gegeben.5 Einig war man sich im frühen Schrifttum lediglich darin, dass die Anstaltsgewalt eine „rechtliche Willensüberordnung und demzufolge eine Art Befehlsgewalt“ 6 umfasse, die auf der Seite des ihr Untergeordneten mit einer Gehorsamspflicht korrespondiert. Dieses Über- und Unterordnungsverhältnis mit korrespondierenden Rechten und Pflichten ist dem öffentlichen Recht jedoch insgesamt gemein und bringt keinen spezifischen Erkenntnisgewinn zu Reichweite und Inhalt einer „Anstaltsgewalt“. Bei der Untersuchung der sog. Anstaltsgewalt als Rationalitätsmuster ist zunächst der allgemeine Hintergrund einer Begriffsbildung zu beachten. Sollte der Begriff eine Rechtsquelle bezeichnen, ist die Einordnung in das System der Rechtsquellen maßgeblich; entspringt der Begriff dem positiven Recht, ist die Frage nach der „Wahrheit des Begriffs“ anhand der juristischen Methodik zu eruieren. Ist der Begriff nicht von den genannten Kategorien erfasst, ist er der Rechtswissenschaft zuzuordnen. In diesem Fall kann die Begriffsbildung nicht eine Frage der „juristischen Wahrheit“, sondern nur eine solche der Zweckmäßigkeit sein.7 Um die Diskussion rund um die Anstaltsgewalt und ihrer möglichen Begründungswirkung für belastende Benutzungsregelungen zu erfassen, ist ausgehend von ihrer historischen Begründung ihre rechtliche Bedeutung zu untersuchen.
4
So bereits Oeltze, Funktionen und Grenzen der Anstaltsgewalt, S. 50. Zum Teil sahen aber frühe Verwaltungsrechtsordnungsentwürfe Umschreibungen der Anstaltsgewalt vor. So normierte z. B. Art. 140 des Entwurfes einer Verwaltungsrechtsordnung für Württemberg von 1931: „Die Benützer einer Anstalt sind während der Dauer ihrer Benützung der Anstaltsgewalt unterworfen. Kraft der Anstaltsgewalt können den Benützern durch die Anstaltsordnung oder durch Anweisung im Einzelfall Verpflichtungen zu einem bestimmten Tun, Dulden oder Unterlassen auferlegt werden, soweit es zur Erfüllung des bestimmungsmäßigen Zwecks der Anstalt erforderlich ist.“, zitiert nach Oeltze, Funktionen und Grenzen der Anstaltsgewalt, S. 51; heute normiert allein § 45 SchlHLVwG (SchlHGVOBl. 1992, S. 243, 534, zul. geänd. m. G. v. 13.02. 2019, SchlHGVOBl. 2019, S. 42) im normativ grds. nicht durchdrungenen Anstaltsbzw. Einrichtungsrecht, die „Träger der öffentlichen Verwaltung, die eine nichtrechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts verwalten, sind, soweit durch Rechtsvorschrift nichts anderes bestimmt ist, berechtigt, Gegenstand und Umfang der von der Anstalt zu erbringenden Leistung sowie bei nutzbaren Anstalten die Voraussetzungen der Benutzung und die Pflichten und Rechte der Benutzerinnen und Benutzer gegenüber der Anstalt durch Satzung zu regeln (Benutzungsordnung)“, ohne den Begriff der Anstaltsgewalt zu verwenden. 6 Oeltze, Funktionen und Grenzen der Anstaltsgewalt, S. 50, 55 f. 7 Zur Begriffsbildung Weinberger, Rechtslogik, S. 77 ff., 278 ff. 5
186
4. Kap.: Rationalitätsmuster der Zulässigkeit von Benutzungsregelungen
I. Die Begründung der „Anstaltsgewalt“ aus rechtshistorischer Perspektive Der Begriff der „Anstaltsgewalt“ geht auf Otto Mayer zurück, der sie definiert als eine „mannigfaltig ausgeprägte[n], wohlgeordnete[n] rechtliche[n] Macht, die für sie [Anm. d. Verf. die Anstalt] ausgeübt wird über alles Fremde, das gelegentlich der Nutzungsgewährung“ in den Betrieb der Anstalt aufgenommen wird.8 Mayer begriff die von ihm entwickelte und dargestellte Anstaltsgewalt somit als „Rechtsmacht“, also als Befugnisse der Anstalt. Diese Rechtsmacht ergebe sich aus dem Wesen der Anstalt selbst.9 Mayer unterscheidet dabei zwischen Anstalten, die auf eine besondere Gewaltausübung ausgehen, also insbesondere Strafanstalten, Anstalten, die auf öffentlichen Sachen fußen wie Marktplätze, und Anstalten mit Benutzungsgebot.10 Im Zusammenhang mit der sog. Anstaltsgewalt wird ferner abgegrenzt zwischen einer „Polizei der Anstalt“ sowie einer „Anstaltsdisziplin“: Erstere soll bei raschem Wechsel des Zutritts zur Anstalt, d.h. einer großen personellen Anzahl unterschiedlicher Benutzungsverhältnisse, letztere bei länger andauernden Benutzungsverhältnissen Ausdruck der Anstaltsgewalt sein.11 Mayer differenziert damit bereits zwischen einzelnen Erscheinungsformen der Anstalt, seine Ausführungen bleiben jedoch aus heutiger Sicht vage und ohne rechtliches Fundament. Sie erscheinen rückblickend wie bloße Beobachtungen der Verwaltungswirklichkeit. Die Unterscheidung zwischen Anstaltspolizei und Anstaltsdisziplin ist jedoch bereits insofern relevant, als dass in dieser ein erster Differenzierungsansatz zwischen Zulassung in Form der Anstaltspolizei und Ausgestaltung des Benutzungsverhältnisses in Form der Anstaltsdisziplin erblickt werden kann. Die Anstaltsgewalt benötige nach Mayer keine gesetzliche Grundlage.12 Die Erforderlichkeit eines formellen Gesetzes zur Regelung bzw. Regelungsbefugnis des Anstaltsverhältnisses verneint Mayer kategorisch. Als Erklärung führt er das Anstaltsverhältnis als Ausprägung des sog. besonderen Gewaltverhältnisses an. Nach Mayer verliere eine Person mit dem Eintritt in den anstaltlichen Betrieb einen Teil ihrer persönlichen Freiheit.13 Diesen Rechtsverlust begründet er damit, dass die Anstalt der rechtlich „Stärkere“ sei; eine Einschränkung der Rechtssphäre durch die Eingehung eines Vertrages – unabhängig des öffentlich-rechtlichen wie privatrechtlichen Rechtsregimes – verneint er entschieden mit dem 8
Mayer, Dt. VerwR, Bd. II, 1. Aufl., § 52, S. 335. Mayer, Dt. VerwR, Bd. II, 1. Aufl., § 52, S. 335. 10 Mayer, Dt. VerwR, Bd. II, 1. Aufl., § 52, S. 335. 11 Mayer, Dt. VerwR, Bd. II, 1. Aufl., § 52, S. 335. 12 Mayer, Dt. VerwR, Bd. II, 1. Aufl., § 52, S. 335; s. dazu auch Löwer, DVBl 1985, 928 (930). 13 Mayer, Dt. VerwR, Bd. II, 1. Aufl., § 52, S. 336; zusammenf. Kunze, Die Entwicklung des Anstaltsrechts, S. 43 ff.; krit. hierzu bereits Loschelder, Vom besonderen Gewaltverhältnis zur öffentlich-rechtlichen Sonderbindung, S. 25 f. 9
A. Die Anstaltsgewalt
187
Argument, dass die Wirksamkeit der Anstaltsgewalt nicht auf einen Willensakt zurückgeführt werden könne, denn auch nicht Geschäftsfähige könnten in den Wirkbereich der Anstalt gelangen.14 Dieses Argument kann jedoch schon methodisch nicht überzeugen. Denn Mayer schließt damit vom Ergebnis her auf die rechtlichen Voraussetzungen der Begründung des Anstaltsverhältnisses. Mayer beschreibt daher auch hier (rein) deskriptiv den Wirkbereich einer Anstalt.15 Dadurch können aber keine Aussagen zu den rechtlichen Voraussetzungen der Begründung und Ausgestaltung eines Anstaltsverhältnisses getroffen werden. Zwar entspricht diese Vorgehensweise der juristischen Methode Mayers zur Herausbildung von Rechtsinstituten zur Durchdringung des Verwaltungsrechts, die er als „gewisse feststehende gleichbleibende Formen für die Erscheinung der öffentlichen Gewalt“ 16 begreift, indem er ausgehend von der tatsächlichen Rechtswirklichkeit die Verwaltungspraxis an verfassungsrechtlichen und verfassungstheoretischen Grundlagen überprüft. Allerdings setzt die Betrachtung der Rechtswirklichkeit gerade einen normativen Unterbau voraus, der im Hinblick auf die Anstaltsgewalt mangels gesetzlicher Regelungsgrundlagen weder zur Zeit Mayers noch heute besteht.17 Nichtsdestoweniger sei es nach Mayer gleichwohl möglich, dass die nähere Ausgestaltung dieser Rechtsmacht auf der Grundlage eines Gesetzes geregelt werde; ist eine besondere Rechtsgrundlage gegeben, so könne die Anstaltsgewalt (teilweise) in dieser Grundlage aufgehen und dahinter verschwinden, jedenfalls solle das Gesetz in allen Fällen die Anstaltsgewalt näher bestimmen und „verschärfen“ können.18 Damit wird deutlich, dass Mayer in der Anstaltsgewalt eine in ihren Grundlinien vorgeformte Rechtsmacht – ähnlich einer Ordnungsmacht – der Anstalt sieht, die zwar durch positive Gesetze weiter ausgestaltet werden kann, einer solchen Bestimmung jedoch nicht bedarf. Zwar wird selbst keine rechtstheoretische Einordnung des so geformten Begriffs vorgenommen, doch wird Mayers Lesart des Begriffs als eigenständige Rechtsmacht wohl als Begründung einer eigenen Rechtsquelle gedeutet werden können, die neben die Einteilung der traditionellen deutschen Rechtsquellenlehre mit ihrer Unterscheidung von Rechtsnormen in formelle Gesetze, Rechtsverordnung und Satzungen, ähnlich oder gleich eines Gewohnheitsrechtssatzes tritt.19 Der Grundsatz vom Vorbehalt des Gesetzes weiche – so Mayers Schlussfolgerung – auch bei Eingriffen in Freiheit und Eigentum zurück, soweit dieses
14 Mayer, Dt. VerwR, Bd. II, 1. Aufl., § 52, S. 337; vgl. hierzu Jauernig, NJW 1972, 1 (3); Löwer, NVwZ 1986, 793 (800). 15 So auch v. Kielmansegg, Grundrechte im Näheverhältnis, S. 52 f. 16 Mayer, Dt. VerwR, Bd. I, 3. Aufl., § 11, S. 114. 17 Ähnl. auch Kempen, Die Formenwahlfreiheit der Verwaltung, S. 96. 18 Mayer, Dt. VerwR, Bd. II, 1. Aufl., § 52, S. 335. 19 Ausf. zur gewohnheitsrechtlichen Begründung 4. Kap. A. III. 3. c).
188
4. Kap.: Rationalitätsmuster der Zulässigkeit von Benutzungsregelungen
„Hausrecht der Anstalt“ reiche.20 Mit dieser Formulierung wird zweierlei deutlich: Erstens, dass Mayer nicht zwischen den Begriffen der Anstaltsgewalt und des Hausrechts trennt, sondern beides miteinander vermengt;21 zweitens, dass eine dogmatische Begründung der Nichtanwendung des Vorbehalts des Gesetzes im Unklaren bleibt. Denn in seinen vorherigen Formulierungen bedient Mayer ganz unterschiedliche Erklärungsmodelle. So wird teilweise bereits das Vorliegen eines Eingriffs in Freiheit oder Eigentum als das den Grundsatz des Gesetzesvorbehalts in Form der zur Zeit Mayers herrschenden Lehre vom Eingriffsvorbehalt auslösende Moment negiert. Als Argumente hierfür werden angeführt, es realisiere sich allein eine schon vorgegebene Dauerbeeinträchtigung22 sowie die Zuordnung zu einem Leistungsverhältnis, wodurch sich die betroffene Person entweder gänzlich außerhalb seiner natürlichen Freiheitsausübung befinde oder sich diesem Leistungsverhältnis jedenfalls durch Einwilligung unterworfen habe.23 Letzterer Gedanke hat sich bis heute in der Rechtsprechung gehalten.24 Damit wurde die Anstaltsgewalt als eigenständiger Eingriffstitel begriffen und gleichzeitig das Erfordernis des Vorbehalts des Gesetzes abgesprochen. Diese Schlussfolgerung warf bereits seinerzeit Widersprüche mit der Rechtsstaatslehre von Mayer auf, die gerade im Mittelpunkt seines damaligen Grundsatzentwurfes eines verwaltungsrechtlichen Systems stand und normative Voraussetzung dessen bildete.25 Im Hinblick auf die Anstaltsgewalt hat er diesen Konflikt des Entwurfs eines allgemeinen Verwaltungsrechts indes selbst deutlich hervorgehoben, indem er statuierte: „Die Ordnung der Nutzungsverhältnisse der Verwaltungsanstalten trägt mit voller Absichtlichkeit nicht das Gepräge des Rechtsstaates“ 26. Dies enttarnt letztlich Mayers Befürwortung eines „patrimonialen Anstaltsstaats“ 27, der sich mit Blick auf eine normative Durchdringung
20 Vgl. Mayer, Dt. VerwR, Bd. II, 1. Aufl., § 52, S. 336; krit. zu dieser „Hausrechtstheorie“ bereits Schwendy, Anstaltsgewalt und Grundgesetz, S. 15 ff.; Frühling, Das Hausrecht öffentlicher Einrichtungen, S. 142 ff. 21 So auch v. Kielmansegg, Grundrechte im Näheverhältnis, S. 501 (Fn. 55). 22 Vgl. Mayer, Dt. VerwR, Bd. I, 1. Aufl., § 8, S. 99. 23 Mayer, Dt. VerwR, Bd. I, 1. Aufl., § 8, S. 98; zust. Kunze, Die Entwicklung des Anstaltsrechts, S. 47; ausf. zur Unterwerfungstheorie Schwendy, Anstaltsgewalt und Grundgesetz, S. 18 ff. m.w. N. 24 Vgl. etwa BayVGH, NVwZ-RR 1995, 347 (347 f.); OVG RhPf, NVwZ-RR 2009, 394 (395). 25 Ausf. zur Einordnung Kersten/Lenski, Die Verwaltung 42 (2009), S. 501 (508 f.). 26 Mayer, Dt. VerwR, Bd. II, 3. Aufl., § 52, S. 284. 27 Kersten/Lenski, Die Verwaltung 42 (2009), S. 501 (509); ausf. Kersten, Georg Jellinek und die klassische Staatslehre, S. 45 ff. In Zusammenschau mit der an den weiten, nutzungsrechtlichen Anstaltsbegriff Mayers geknüpften Rechtsfolge der „Anstaltsgewalt“ erhärtet sich somit der Vorwurf gegen Mayer, eine obrigkeitsstaatliche Enklave im damals neuen, grundrechtsgebundenen Rechtsstaat schaffen bzw. erhalten zu wollen, s. zu diesem Vorwurf ausf. 4. Kap. A. II. 1. b) m.w. N.
A. Die Anstaltsgewalt
189
jedoch auf den Bereich der Eingriffs- und Ordnungsverwaltung konzentriert.28 Der Exekutive solle, zwar unter dem Vorrang des Gesetzes, nicht aber des Vorbehalts des Gesetzes, kraft ihrer „Anstaltsgewalt“ die Befugnis zukommen, „alles richtig einzufügen in den geordneten Betrieb der Anstalt, damit ihre Nutzung unbeeinträchtigt und fruchtbar vor sich gehe“ 29. Der Anstaltsnutzer obliege einem Anpassungszwang an die durch Anstaltsgewalt geregelten Erfordernisse des Anstaltsganges, der aufgrund der Orientierung des Nutzungsverhältnisses am Anstaltszweck zu einer verminderten Freiheit desselben führe.30 In diesem Zusammenhang ist noch einmal daran zu erinnern, dass ein Anstaltsbegriff im organisationsrechtlichen Sinne zwar Ausgangspunkt der Definition war, der Rechtsauffassung Mayers jedoch nicht der Fokus auf eine Verselbständigung von Verwaltungseinheiten, sondern vielmehr die Instrumente der Herrschaftsgewalt und deren Objekte zugrunde lag.31 Zusammenfassend kann die Anstaltsgewalt im Sinne von Otto Mayer also definiert werden als Befugnis zur umfassenden Regelung des Anstaltsverhältnisses, die dem attestierten Abhängigkeitsverhältnis zwischen Anstalt und Nutzer entspringen sollte. Die so verstandene Anstaltsgewalt kennt demnach keine Grenzen des Inhalts und der Reichweite der Regelungsbefugnisse der Anstaltsträger. Zudem wird bereits deutlich, dass sowohl der den sog. belastenden Benutzungsregelungen heute in der Rechtsprechungspraxis zugrundliegende Gedanke des volenti non fit iniuria als auch die Ausrichtung der Benutzungsregelungen auf den Anstaltszweck und einen störungsfreien Betrieb im Denkmodell der Anstaltsgewalt schon zu Beginn zu finden waren.
II. Rezeption der Anstaltsgewalt Die „Anstaltsgewalt“ wurde bereits früh in Literatur und Rechtsprechung aufgegriffen. Dabei wurde der Begriff in seiner ursprünglichen Bedeutung zunächst vielfach kritisiert und sodann weiterentwickelt. 1. Kritik Neben der Kritik an der Anstaltsgewalt im Besonderen wird bereits der Gewaltbegriff im Allgemeinen kritisiert. Der Begriff der Gewalt meint im öffentlichen Recht die Kompetenz des Staates, seinen Willen einseitig verbindlich zu machen, indem staatliche Willensäußerungen in Form von Rechtsakten ihre Gül28
Kersten/Lenski, Die Verwaltung 42 (2009), S. 501 (510). Mayer, Dt. VerwR, Bd. II, 3. Aufl., § 52, S. 285; dazu auch Löwer, DVBl 1985, 928 (931). 30 Mayer, Dt. VerwR, Bd. II, 3. Aufl., § 52, S. 285; hierzu auch Löwer, DVBl 1985, 928 (931). 31 Rüfner, DÖV 1985, 605 (607). 29
190
4. Kap.: Rationalitätsmuster der Zulässigkeit von Benutzungsregelungen
tigkeit selbst zu bezeugen vermögen,32 und weist eine lange Rechtsgeschichte auf.33 Vor der Geltung des Grundgesetzes waren mit dem Gewaltbegriff ungebundene staatliche Befugnisse assoziiert, die im grundgesetzlichen Verfassungsstaat, insbesondere mit Blick auf die Grundrechtsbindung des Staates und das Rechtsstaatsprinzip, nicht bestehen können.34 Die Übernahme eines Gewaltbegriffes aus der vorkonstitutionellen Zeit kann daher bereits im Grundsatz kritisch gesehen werden. a) Fehlende Abgrenzbarkeit als Rechtsbegriff Unabhängig von den möglichen verfassungsrechtlichen Implikationen bzw. Folgen der Annahme einer Anstaltsgewalt als eigenständiger Rechtsmacht wird der „Anstaltsgewalt“ teilweise die Qualifizierung als eigenständiger Rechtsbegriff versagt. So wurde die Anstaltsgewalt als nichts anderes als „eine durch den öffentlichen Zweck der Anstalt erweiterte Hausgewalt“ 35 angesehen. Ähnlich wurde der Begriff der Anstaltsgewalt als Ausfluss eines Hausrechts vollständig im Sinne des öffentlichen Sachenrechts verstanden36 oder als Oberbegriff der Störungsabwehr, wobei das Hausrecht als Mittel der allgemeinen Störungsabwehr der Anstaltsgewalt im engeren Sinne als Mittel der nutzungsbezogenen Störungsabwehr im Nutzungsverhältnis gegenüber stehen sollte.37 Auch in späteren Zeiten wurde angenommen, dass die Anstaltsgewalt bloß ein früher Begriff des öffentlich-rechtlichen Hausrechts sei und vollständig in diesem aufgehe.38 Damit wird der „Anstaltsgewalt“ die Zweckmäßigkeit als wissenschaftlicher Begriff abgesprochen und die Abgrenzung zwischen Anstaltsgewalt und Hausrecht thematisiert. Diesem Abgrenzungsproblem zwischen Anstaltsgewalt und Hausrecht sah sich bereits Mayer bei seinen Definitionsversuchen ausgesetzt, der die Anstaltsgewalt selbst als eine Art Hausrecht39 bezeichnete und das Hausrecht als Synonym zur Anstaltsgewalt und letztere wiederum als Oberbegriff zu Anstaltspolizei und Anstaltsdisziplin verwendete.40 Allerdings wurde darauf hingewiesen, dass dies nur zur Erklärung der Anstaltsgewalt selbst diene, die Anstaltsgewalt also nicht allein in einem Hausrecht der Anstalt wurzele oder gar im Hausrecht aufgehe.41 Dies 32
Vgl. Löwer, DVBl 1985, 928 (933). S. insb. zur Lehre vom sog. besonderen Gewaltverhältnis ausf. 4. Kap. A. III. 1. 34 Vgl. etwa Baer, Der Staat 40 (2001), S. 525 (545) m.w. N.; Schoch, in: v. Schlieffen (Hrsg.), Republik-Rechtsverhältnis-Rechtskultur, S. 225 (232 f.). 35 Peters, Lehrbuch der Verwaltung, S. 114. 36 Thoma, Polizeibefehl, S. 357. 37 Nawiasky, Postrecht, S. 37 ff., 126; zu Nawiaskys Anstaltstheorie ausf. Wenninger, Geschichte der Lehre vom besonderen Gewaltverhältnis, S. 169 ff. 38 So etwa Schmidt, Gesetzesvollziehung durch Rechtsetzung, S. 79, der im Hausrecht die „moderne Bezeichnung der Anstaltsgewalt“ sieht; Olizeg, Hausrecht, S. 64. 39 Mayer, Dt. VerwR, Bd. II, 1. Aufl., § 52, S. 336; Bd. II, 3. Aufl., § 52, S. 286. 40 S. oben 4. Kap. A. I. 41 Vgl. die Deutung bei Oeltze, Funktionen und Grenzen der Anstaltsgewalt, S. 54. 33
A. Die Anstaltsgewalt
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entspricht tatsächlich dem heutigen Verständnis des Hausrechts, das jedenfalls dem Sachherrn bei öffentlichen Sachen im Verwaltungsgebrauch gemeinhin die Befugnis einer räumlichen Exklusion gegenüber Dritten vermitteln soll und damit die der Anstaltsgewalt zugeschriebenen Nutzungsregelungen innerhalb eines bestehenden Benutzungsverhältnisses wohl nicht erfasst.42 Aus diesen zunächst uneinheitlichen Ansätzen der Vergangenheit hat sich im Laufe der Zeit eine belastbarere Systematik entwickelt. Nach dieser soll die Anstaltsgewalt die Regelung der inneren betrieblichen Abläufe gegenüber zugelassenen Benutzern, das Hausrecht die Aufenthaltssteuerung gegenüber Dritten bestimmen und die Anstaltspolizei die Störungen nach außen lösen.43 Die grundlegende Kritik an der Zweckmäßigkeit des Begriffs der Anstaltsgewalt wird zum Teil auch mit dem Argument angeheizt, die Anstaltsgewalt sei als rechtliche Kategorie bei Nutzungsverhältnissen öffentlicher Einrichtungen ebenso entbehrlich wie der Begriff der Anstalt selbst, denn es liege eine polizeiliche Gefahr vor, zu deren Abwehr der Einrichtungsträger wie jeder andere Hoheitsträger über die notwendigen Hoheitsbefugnisse verfüge.44 Der Begriff der Anstaltsgewalt verdecke vielmehr die in der Sache ordnungsrechtliche Befugnisthematik und trage allein zur Unschärfe bei, indem die Sachmaterie durch die unklare Verwendung des Anstaltsbegriffs nur partiell erfasst werde.45 Auch wenn der grundlegenden Kritik am Anstaltsbegriff im Zusammenhang mit nutzungsrechtlichen Fragen gefolgt wird,46 vermengt der Einwand jedoch die notwendige Trennung der Regelungsebenen: Während die Annahme einer polizeilichen Gefahr bei Verletzung der Benutzungsordnung als Teil der objektiven Rechtsordnung eine bestehende Benutzungsordnung voraussetzt, soll die Anstaltsgewalt nicht nur die Durchsetzung der Störungsabwehr, sondern auf einer vorgelagerten Ebene zunächst überhaupt die Festlegung der Störungspotentiale in einer Benutzungsordnung umfassen. Damit liegt zwar auf der Störungsabwehrebene des Benutzungsverhältnisses eine ordnungsrechtliche Befugnisthematik vor, nicht jedoch auf der Ebene der Ausgestaltung der Nutzung. b) Verfassungswidrigkeit wegen Verletzung des Rechtsstaatsprinzips Forsthoff knüpft an den ursprünglichen Begriff der Anstaltsgewalt in der Lesart von Otto Mayer an und sieht in der Anstaltsgewalt den Inbegriff der Anstalt, 42 Ehlers, DÖV 1977, 737 (740); Zeiler, DVBl 1981, 1000 (1003); Ipsen/Koch, JuS 1992, 809 (815); ausf. zur Abgrenzung der „Anstaltsgewalt“ zu Hausrecht und Ordnungsgewalt s. 4. Kap. A. III. 3. 43 Vgl. hierzu Frank, Anstaltspolizei und Anstaltsgewalt, S. 97 ff.; zusammenf. v. Kielmansegg, Grundrechte im Näheverhältnis, S. 502 m.w. N.; Wolff/Bachof/Stober/ Kluth, Verwaltungsrecht II, § 86 Rn. 67 f. 44 Pappermann/Löhr/Andriske, Recht der öffentlichen Sachen, S. 133. 45 Ablehnend daher Bartels, Die rechtliche Ordnung der Benutzung, S. 293. 46 S. ausf. 2. Kap. B. I. 1. c).
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4. Kap.: Rationalitätsmuster der Zulässigkeit von Benutzungsregelungen
der die Gesamtheit der Anstaltsfunktionen umfasse.47 Bereits vor der verfassungsgerichtlichen Abkehr von der nach der Lehre vom besonderen Gewaltverhältnis vertretenen Nichtgeltung von Grundrechten bzw. Rechtfertigung von Grundrechtseingriffen in solchen Näheverhältnissen48 kritisiert Forsthoff deutlich die Existenzgrundlage der Anstaltsgewalt im besonderen Gewaltverhältnis, denn diese stelle eine Formel für solches Verwaltungshandeln bereit, für das es eigentlich an einer gesetzlichen Grundlage fehle, um solches Verwaltungshandeln gleichwohl im rechtsstaatlichen Sinne als gerechtfertigt erscheinen zu lassen.49 Dadurch entstehe im grundgesetzlichen Rechtsstaat eine „Enklave“ des obrigkeitsstaatlichen Staatsverständnisses, die den (mühsam erkämpften) Gesetzesbegriff und den Gesetzesvorbehalt wieder in Frage stelle.50 Die Rechtsfigur der Anstaltsgewalt durchbreche somit das aus dem Rechtsstaatsprinzip fließende Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, also den Grundsatz des Vorrangs und des Vorbehalts des Gesetzes, und entspräche damit einer Art. 20 Abs. 3 GG verletzenden „außergesetzlichen Hausmacht der Verwaltung“ 51. Die Anstaltsgewalt sei ein Relikt aus absolutistischen Zeiten zur gleichzeitigen Eindämmung der parlamentarischen und Stabilisierung der monarchischen Sphäre.52 Nach der verfassungsgerichtlichen „Abkehr“ vom sog. besonderen Gewaltverhältnis wird erst recht Geltung und Wirkung der Anstaltsgewalt verneint, da die Begründungsmöglichkeit im Wesen der besonderen Gewaltverhältnisse entfallen sei.53 2. Anerkennung Andere Stimmen nehmen den Begriff jedoch durchaus positiv auf. Einige entwickeln den Begriff dabei in seiner Bedeutung weiter, um ihn in das verfassungsrechtliche Gefüge des Grundgesetzes einzupassen. So wird die Rechtsfigur der Anstaltsgewalt insoweit anerkannt, als dass diese als hoheitliches Recht zur Sicherung und Gewährleistung der anstaltlichen Zwecke innerhalb der Rechtsordnung diene; sie stelle damit „Zwecksicherungsrecht“ dar.54 In die gleiche Richtung zielt der Hinweis, die Anstaltsgewalt sei entgegen ihrer späteren Kritik nicht als vollständig rechtsstaatswidrig anzusehen gewesen, denn die Regelungsbefugnisse seien durch die Bindung der Exekutive an den Anstaltszweck bereits mit Blick auf Zweck, Inhalt und Ausmaß rationalisiert und derart beschränkt gewe-
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Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts, Bd. I, S. 418 f. BVerfGE 33, 1 (9 ff.). 49 Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts, Bd. I, S. 53, 424 ff. 50 Vgl. Jecht, Die Öffentliche Anstalt, S. 21; zustimmend auch Nafpliotis, Die Anstaltsgewalt und ihre Grenzen, S. 10; ähnl. auch Martens, ZBR 1970, 197 (198). 51 Vgl. Jecht, Die Öffentliche Anstalt, S. 22 m.w. N. 52 So zusammenf. v. Kielmansegg, Grundrechte im Näheverhältnis, S. 53 m.w. N. 53 Berg, NJW 1985, 2294 (2295); Breuer, VVDStRL 44 (1986), S. 211 (219 f.). 54 Wolff/Bachof/Stober/Kluth, Verwaltungsrecht II, § 86 Rn. 61. 48
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sen, dass eine grenzenlose Willkür nicht eröffnet gewesen sei.55 Zuweilen ähnlich, wenn auch weiter, wird die Anstaltsgewalt sowohl als positive Gestaltungsmacht angesehen, innerhalb der allgemeinen Rechtsordnung die Anstaltsfunktionen durch eine Benutzungsordnung zu gestalten, und gleichzeitig als negative Macht, indem sie für eine geordnete Benutzung sowie für die Sicherstellung der Verwirklichung des Anstaltszwecks Sorge trage.56 Diese Interpretationen sehen die Anstaltsgewalt also allesamt als Rechtsmacht zur umfassenden Regelung der Anstaltsverhältnisse mit Blick auf die Benutzung, die auch Eingriffe in die Rechte der Benutzer umfassen kann. Allerdings wird dabei, im Gegensatz zu der wohl ungebunden verstandenen Anstaltsgewalt in der Lesart Otto Mayers, deutlich herausgestellt, dass sich diese im Rahmen der Rechtsordnung befinden und insbesondere auch an den Vorrang und den Vorbehalt des Gesetzes halten muss. Insbesondere folge aus der Anstaltsgewalt kein Rechtstitel zu Maßnahmen, die dem Vorbehalt des Gesetzes unterliegen.57 Damit einher gehen auch weitere Auffassungen, welche die Anstaltsgewalt als Summe der Berechtigungen verstehen, die einer öffentlichen Anstalt aus der Rechtsordnung insgesamt, also auch den Anstalts- bzw. Benutzungsordnungen, zum Schutze ihres Betriebs und Zwecks erwachsen.58 Damit wird allerdings die Anstaltsgewalt nicht selbst als eigenständige Rechtsmacht verstanden, sondern vielmehr als zusammenfassender Oberbegriff bestehender Rechtsgrundlagen. Inhaltlich differenzierend wird die Anstaltsgewalt zum Teil auch in verschiedene Tätigkeitsbereiche eingeteilt, etwa die ordnende, eingreifende oder pflegende Anstaltsgewalt; jene seien dabei unter dem Vorbehalt des Gesetzes zu trennen.59 Aber auch mit dieser Einteilung wird nicht die Anstaltsgewalt hinreichend inhaltlich bestimmt, sondern die von der Anstaltsgewalt – als bloß beschreibenden, zusammenfassenden Oberbegriff – aktivierten Verwaltungsmaßnahmen den unter dem Vorbehalt des Gesetzes bereits diskutierten Bereichen der Eingriffsund Leistungsverwaltung entsprechend zugeordnet. Einem solch weiten Begriffsverständnis kann jedoch wiederum die Fundamentalkritik gegen die Anstaltsgewalt als eigenständigem Rechtsbegriff 60 entgegengehalten werden. Denn ein solch weit gefasster Begriff verliert seine Konturen und verkommt zu einer blo55 Löwer, DVBl 1985, 928 (931 f.); ähnl. Evers, Das besondere Gewaltverhältnis, S. 12 f.; Loschelder, Vom besonderen Gewaltverhältnis zur öffentlich-rechtlichen Sonderbindung, S. 27 ff. 56 So etwa Nitze, Die Rechtsstellung der wissenschaftlichen Bibliotheken, S. 98 f.; Frühling, Das Hausrecht öffentlicher Einrichtungen, S. 145. 57 S. bereits Fleiner, Institutionen des Deutschen Verwaltungsrechts, S. 294; Wolff/ Bachof/Stober/Kluth, Verwaltungsrecht II, § 86 Rn. 62. 58 Nitze, Die Rechtsstellung der wissenschaftlichen Bibliotheken, S. 99. 59 Nafpliotis, Die Anstaltsgewalt und ihre Grenzen, S. 2, 58 ff.; ähnl. bereits Frank, Anstaltspolizei und Anstaltsgewalt, S. 198 ff. 60 Peters, Lehrbuch der Verwaltung, S. 114.
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4. Kap.: Rationalitätsmuster der Zulässigkeit von Benutzungsregelungen
ßen Worthülse, die zwar beliebige Funktionen der Anstalt zu illustrieren vermag, jedoch keine rechtliche Begründung beinhalten oder Rechtsfolgen prophezeien kann. Der Begriff der Anstaltsgewalt wurde auch in der verwaltungsgerichtlichen und verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung rezipiert, jedoch nur zum Teil als Rationalitätsmuster aufgenommen. Das Bundesverfassungsgericht hat die Anstaltsgewalt bislang, soweit ersichtlich, nur einmal genannt und dort zwar nicht explizit verworfen. Es hat aber klargestellt, dass mit der freiwilligen Unterstellung unter eine etwaige Anstaltsgewalt kein Grundrechtsverzicht einhergehe.61 Die Entscheidung ordnet sich in den Reigen der Wesentlichkeitsrechtsprechung zur Abkehr von den besonderen Gewaltverhältnissen ein. In denselben Zusammenhang lässt sich auch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts einordnen, das sich früh der Anstaltsgewalt als Argumentationstopos im Sinne der frühen Lehre vom besonderen Gewaltverhältnis bediente und Maßnahmen nach einer Unterwerfung unter die Anstaltsgewalt zunächst als nicht justiziabel62 und sodann als Abgrenzung zum Verwaltungsakt63 ansah. In späteren Entscheidungen verwendete es den Begriff nur noch im Zusammenhang mit dem Anstaltszweck, nicht mehr aber als eigenständige Rechtsmacht.64 Dagegen greift vor allem die oberverwaltungsgerichtliche Rechtsprechung den Begriff der Anstaltsgewalt heute wieder regelmäßig auf und versteht hierunter die Ermächtigung, das Benutzungsverhältnis generell durch Sonderverordnung65 oder Satzung und im Einzelfall durch Verwaltungsakt zu regeln.66 Diese Ermächtigung sei von der Befugnis, eine öffentliche Einrichtung zu betreiben, umfasst.67 Auch hier wird betont, dass die allgemeine Satzungsermächtigung der Gemeindeordnungen nicht zum Erlass von Satzungen ermächtige, die in Freiheit und Eigentum der Satzungsunterworfenen eingreifen. Die Befugnis, eine öffentliche Einrichtung zu betreiben, umfasse jedoch auch die Ermächtigung, das Benutzungsverhältnis generell durch Sonderverordnung oder Satzung und im Einzelfall durch Verwaltungsakt zu re-
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BVerfGE 41, 251 (263). BVerwGE 1, 260 (260 f.). 63 BVerwGE 17, 83 (87). 64 BVerwGE 17, 119 (120 f.); 32, 299 (305); 45, 8 (11). 65 Zu diesem Begriff s. bereits 1. Kap. A. III. 2. b) gg) sowie unten 4. Kap. A. III. 4. 66 Vgl. OVG NRW, NVwZ-RR 2003, 297 (298); Urt. v. 20.03.2007 – 15 A 69/05 –, juris, Rn. 26; Beschl. v. 03.06.2009 – 15 A 996/09 –, juris, Rn. 3; Beschl. v. 11.11. 2011 – 15 A 2050/11 –, juris, Rn. 11; Beschl. v. 14.12.2017 – 15 A 2315/16 –, juris, Rn. 13 ff.; VGH BW, NVwZ-RR 2003, 142 (144). 67 OVG NRW, NVwZ-RR 2003, 297 (298); Urt. v. 20.03.2007 – 15 A 69/05 –, juris, Rn. 26; Beschl. v. 03.06.2009 – 15 A 996/09 –, juris, Rn. 3; Beschl. v. 11.11.2011 – 15 A 2050/11 –, juris, Rn. 11; zust. Gern/Brüning, Deutsches Kommunalrecht, Rn. 939, 944; diesem Rückschluss folgend, jedoch die Anstaltsgewalt als Rechtsfigur ablehnend dagegen Burgi, Kommunalrecht, § 15 Rn. 40. 62
A. Die Anstaltsgewalt
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geln.68 Im konkreten Fall wurde etwa eine Befugnis zum Handeln durch Verwaltungsakt aufgrund des Regelungsgegenstandes zur Konkretisierung der dem Benutzer einer gemeindlichen öffentlichen Einrichtung obliegenden Pflichten angenommen.69 Als Rechtsgrundlage wurde dabei explizit die Anstaltsgewalt benannt und damit ausdrücklich die Annahme der handelnden Behörde verworfen, die ihre unselbständige Ordnungsverfügung auf die ordnungsrechtliche Generalklausel in Verbindung mit der Benutzungsordnung stützte.70 Diese Rechtsprechung bestätigte und wiederholte das nordrhein-westfälische Oberverwaltungsgericht ausdrücklich in späteren Entscheidungen,71 andere Oberverwaltungsgerichte schlossen sich dabei an.72 Zusammenfassend lässt sich also festhalten, dass der Begriff der Anstaltsgewalt nicht einheitlich verwendet wird. Der kleinste gemeinsame Nenner der uneinheitlichen Begriffsverwendung ist das Verständnis der sog. Anstaltsgewalt als Oberbegriff für jene Funktionen und Regelungsbefugnisse des Anstalts- bzw. richtigerweise des Einrichtungsträgers73, die diesem durch die Rechtsordnung zukommen. Da der Anstaltsbegriff wie in der älteren Literatur üblich als nutzungsbezogener Begriff und nicht allein als organisationsrechtlicher Begriff benutzt wird und wurde, ist er in dem Sinne auf jeden Einrichtungsträger unabhängig der konkreten Organisationsform zu übertragen. Über den zulässigen Inhalt und die Reichweite der Regelungsbefugnisse des Einrichtungsträgers sagt die Anstaltsgewalt aufgrund der ihr höchst unterschiedlichen zugeschriebenen Bedeutungsinhalte gleichwohl noch nichts aus.
III. Inhalt und Grenzen der Anstaltsgewalt Da der Begriff der „Anstaltsgewalt“ nach seiner Etablierung in der verwaltungsrechtlichen Wissenschaft und Praxis wie gesehen in unterschiedliche Erscheinungsformen im Zusammenhang mit Nutzungsverhältnissen hineingelesen wurde, wurde dieser auch unterschiedlich ausgefüllt. Nach Auswertung dieser verschiedenen Begriffsverständnisse lassen sich dem heutigen Stand in Wissen68 OVG NRW, NVwZ-RR 2003, 297 (298) unter Hinweis auf BVerwGE 32, 299 (305); 45, 8 (10 f.); VGH BW, NVwZ-RR 2003, 142 (144). 69 OVG NRW, NVwZ-RR 2003, 297 (298). 70 Hier § 14 OBG NRW i.V. m. der entwässerungsrechtlichen Instandhaltungspflicht, OVG NRW, NVwZ-RR 2003, 297 (298). 71 OVG NRW, Urt. v. 20.03.2007 – 15 A 69/05 –, juris, Rn. 26; Beschl. v. 03.06.2009 – 15 A 996/09 –, juris, Rn. 3; Beschl. v. 11.11.2011 – 15 A 2050/11 –, juris, Rn. 11; Beschl. v. 14.12.2017 – 15 A 2315/16 –, juris, Rn. 13 ff. 72 OVG Bln-Bbg, Beschl. v. 13.09.2011 – OVG 9 S 13.11 –, BeckRS 2011, 54274; SchlHOVG, Urt. v. 22.07.2016 – 2 LB 5/16 –, BeckRS 2016, 52569, Rn. 23; in anderem Zusammenhang s. auch SchlHOVG, NJW 2000, 3440 (3441); VGH BW, NVwZRR 2003, 142 (144); OVG RhPf, NVwZ 2020, 170 (172). 73 S. dazu bereits ausf. 2. Kap. B. I. 1. c).
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4. Kap.: Rationalitätsmuster der Zulässigkeit von Benutzungsregelungen
schaft und Rechtsprechung vier unterschiedliche Bedeutungsinhalte der Anstaltsgewalt entnehmen: die Anstaltsgewalt als Sondergewalt, als delegierte Staatsgewalt, als öffentlich-rechtlich überformtes, nutzungsbezogenes Hausrecht bzw. Ordnungsgewalt sowie schließlich als nicht inhaltsbezogene, sondern handlungsformbezogene Befugnis. Diese Bedeutungsinhalte wurden dem Begriff „Anstaltsgewalt“ zum Teil getrennt, zum Teil in Kombination mehrerer Bedeutungen zugeschrieben.74 Die dem Begriff der Anstaltsgewalt zugeschriebenen Bedeutungsinhalte sind im Folgenden genauer zu untersuchen. 1. Die Anstaltsgewalt als Konsequenz des besonderen Gewaltverhältnisses Für Otto Mayer war der Grund der Anstaltsgewalt ein im anstaltlichen Verhältnis zu Tage tretendes sog. besonderes Gewaltverhältnis.75 Diese Auffassung der Anstaltsgewalt als „anstaltliche Sondergewalt“ teilten auch zahlreiche andere Stimmen im Schrifttum.76 Diese Einordnung unter die Lehre vom besonderen Gewaltverhältnis hat für den möglichen Inhalt und die Reichweite der unter der Anstaltsgewalt verstandenen Regelungsbefugnisse erhebliche Konsequenzen. a) Zur Lehre vom besonderen Gewaltverhältnis Der Begriff des sog. besonderen Gewaltverhältnisses wurde von Laband im Hinblick auf Beamtenverhältnisse in den Diskurs eingebracht und vor allem von Otto Mayer selbst zu einer Rechtsfigur entwickelt. Er folgt dem Unterfangen der Staatsrechtswissenschaften gegen Ende des 19. Jahrhunderts im deutschsprachigen Raum, Staatsdienerverhältnisse und Anstaltsverhältnisse zu begreifen und handhabbar zu machen.77 Mayer nimmt die Anfänge dieser Lehre auf, definiert das besondere Gewaltverhältnis als „die verschärfte Abhängigkeit, welche zugunsten eines bestimmten Zweckes öffentlicher Verwaltung begründet wird für 74 Vgl. Oeltze, Funktionen und Grenzen der Anstaltsgewalt, S. 63, der im Hinblick auf eine anstaltliche Sondergewalt von „Anstaltsgewalt im engeren Sinne“ und auf die delegierte Staatsgewalt von „Anstaltsgewalt im weiteren Sinne“ spricht. 75 Die Lehre vom sog. besonderen Gewaltverhältnis sowie ihre Nachfolgerdebatte über das sog. Sonderstatusverhältnis war und ist in Teilen eine der meistdiskutiertesten Fragen des modernen Rechtsstaats. Die vorliegende Untersuchung beschränkt sich auf die für die Untersuchungsfrage relevanten Implikationen im Bereich der als Nutzungsverhältnisse betrachteten Anstaltsverhältnisse. 76 Vgl. Oeltze, Funktionen und Grenzen der Anstaltsgewalt, S. 55 ff.; Schwendy, Anstaltsgewalt und Grundgesetz, S. 43 ff.; Ulmer, Anstaltsgewalt und Grundrechte, S. 30 ff.; Frank, Anstaltspolizei und Anstaltsgewalt, S. 117 ff. m.w. N. 77 Ausführlich zur historischen Entwicklung der Lehre des sog. besonderen Gewaltverhältnisses s. v. Kielmansegg, Grundrechte im Näheverhältnis, S. 15 ff.; Wenninger, Geschichte der Lehre vom besonderen Gewaltverhältnis, S. 11 ff. und zur rechtsvergleichenden Perspektive der Lehre des sog. besonderen Gewaltverhältnisses s. v. Kielmansegg, Grundrechte im Näheverhältnis, S. 95 ff.
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alle Einzelnen, die in den vorgesehenen besonderen Zusammenhang treten“ 78 und erhebt es als Mittel rechtsfreier Herrschaft der öffentlichen Verwaltung79 zu einem eigenständigen Verwaltungsrechtsinstitut. Damit wird bereits in der Definition des sog. besonderen Gewaltverhältnisses die Zweckbestimmung und dessen Verwirklichung durch die Verwaltung als Geltungsgrund besonderer Rechtswirkungen deutlich hervorgehoben. Die Einordnung und Bewertung dieser Aussagen Mayers war bereits im Kontext seiner Zeit umstritten,80 wodurch indes die Doktrin vom besonderen Gewaltverhältnis nicht erschüttert wurde.81 Unter der Geltung des Grundgesetzes versuchten die Anhänger der Lehre vom besonderen Gewaltverhältnis zunächst die Besonderheiten sog. besonderer Gewaltverhältnisse zu begründen. Aufgrund der Grundrechtsgeltung aus Art. 1 Abs. 3 und Art. 20 Abs. 3 GG, des erhöhten Stellenwerts des Grundrechtskatalogs und dessen Schranken sowie der formalen Anforderungen an die Grundrechtsschranken aus Art. 19 Abs. 1 GG konnte die bisher vertretene traditionelle Nichtgeltung der Grundrechte einerseits und die Nichtgeltung des Gesetzesvorbehalts andererseits im sog. besonderen Gewaltverhältnis nicht mehr aufrechterhalten werden.82 Daher fokussierte man sich auf die Einpassung des besonderen Gewaltverhältnisses in das System der Grundrechtsschranken, mit unterschiedlichen Schwerpunkten. So wurde der im sog. besonderen Gewaltverhältnis gewollte beschränkte Grundrechtsschutz vereinzelt auf Gewohnheitsrecht83 oder auf die Einwilligung84 gestützt. Als primäre Argumentationsfigur eines eingeschränkten Grundrechtsschutzes stritt jedoch die Einordnung des besonderen Gewaltverhältnisses als eigenständige, implizite Grundrechtsschranke.85 Hierfür wurde zum einen als Argument aus der Natur der Sache angeführt, dass der Einzelne im besonderen Gewaltverhältnis eben besonderen Verpflichtungen, aber auch Rechten unterworfen sei, sodass es sinnwidrig sei, ihm die allgemeinen Rechte und Pflichten, insbesondere die grundrechtlichen Freiheiten des Grundgesetzes, zuzu78
Mayer, Dt. VerwR, Bd. I, 3. Aufl., § 9 III, S. 101 f. Mayer, Dt. VerwR, Bd. I, 3. Aufl., § 9 III, S. 101 ff.; Bd. II, 3. Aufl., § 52 I, S. 284 f. 80 Vgl. v. Kielmansegg, Grundrechte im Näheverhältnis, S. 207 m.w. N. 81 Ausf. hierzu Kiepe, DÖV 1979, 399 (400); Erichsen, VerwArch 63 (1972), S. 441 (442). 82 Vgl. hierzu ausf. Ulmer, Anstaltsgewalt und Grundrechte, S. 15 ff.; Klein, DVBl 1987, 1102 (1102 f.); Ronellenfitsch, DÖV 1981, 933 (933 ff.); Krebs, Jura 1979, 304 (306). 83 Vgl. Oeltze, Funktionen und Grenzen der Anstaltsgewalt, S. 59, 96; Schwendy, Anstaltsgewalt und Grundgesetz, S. 32 ff. 84 Vgl. aber bereits differenzierend zwischen einem Grundrechtsverzicht bei der freiwilligen Unterwerfung unter die „Anstaltsgewalt“ und dem Erfordernis eines formalgesetzlich begründeten Benutzungszwangs Oeltze, Funktionen und Grenzen der Anstaltsgewalt, S. 70; Thieme, DÖV 1956, 521 (523 f.); a. A. bereits Martens, ZBR 1970, 197 (200): „reine Fiktion“; Ronellenfitsch, DÖV 1984, 781 (782). 85 Vgl. dazu Martens, ZBR 1970, 197 (200); a. A. sodann BVerfGE 33, 1 (10 f.). 79
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4. Kap.: Rationalitätsmuster der Zulässigkeit von Benutzungsregelungen
erkennen.86 Zum anderen wurde verfassungsdogmatisch versucht zu begründen, dass das Grundgesetz ja selbst zum Teil ausdrücklich, wie in Art. 33 Abs. 5 GG für das Beamtentum und in Art. 17 a GG für das Soldatenrecht, zum Teil stillschweigend Bereiche des besonderen Gewaltverhältnisses geregelt und damit den Charakter des besonderen Gewaltverhältnisses als eigenständige Grundrechtsschranke anerkannt habe. Die Regelungen der spezielleren besonderen Gewaltverhältnisse sollen den allgemeinen grundrechtlichen Vorbehalten damit als leges speciales vorgehen.87 Gegen dieses verfassungsdogmatische Argument spricht jedoch die Besonderheit des Soldatenrechts und des Berufsbeamtentums, weshalb im Umkehrschluss gerade gefolgert werden kann, dass der explizite Verfassungswortlaut dieser besonderen Regelungsmaterien gerade gegen eine generalisierende Anerkennung des besonderen Gewaltverhältnisses in anderen Bereichen spricht. Auf dieser Basis konnte die Lehre vom besonderen Gewaltverhältnis die Anstaltsgewalt als besondere Ermächtigungsgrundlage im Sinne einer Sondergewalt für die der Anstalt Unterworfenen grundsätzlich begründen. Durch die Verbindung der Qualifizierung des Anstaltsnutzungsverhältnisses als besonderes Gewaltverhältnis mit den hierdurch implizierten Folgen für den Vorbehalt des Gesetzes wohnte der Anstaltsgewalt als Regelungsbefugnis eine enorme Reichweite inne. Ob Anstaltsverhältnisse aber pauschal als sog. besondere Gewaltverhältnisse einzuordnen waren, wurde im Laufe der Zeit zunehmend umstritten. b) Das „Anstaltsnutzungsverhältnis“ als besonderes Gewaltverhältnis Das besondere Gewaltverhältnis wurde von Mayer als spezifisches Nähe- und Abhängigkeitsverhältnis des Betroffenen zum Staat charakterisiert, dass sich von dem grundsätzlich bestehenden Distanzverhältnis zwischen Bürger und Staat unterscheide,88 auch wenn hiermit Begriffsinhalt und Voraussetzungen im Unklaren blieben.89 Denn das so umrissene Abhängigkeitsverhältnis stellt eine reine Folgeerscheinung und nicht eine Begründungsvoraussetzung eines besonderen Statusverhältnisses dar. So kann auch der vielfache Hinweis auf die ortsrechtliche Satzungsbestimmung, nach der Benutzer der Anstalt verpflichtet seien, den im Interesse der Aufrechterhaltung der Anstaltsordnung ergehenden Weisungen des Anstaltspersonals Folge zu leisten,90 entgegen der frühen Stimmen in der Literatur nicht als Begründung eines besonderen Gewaltverhältnisses angesehen werden, sondern – wenn überhaupt – ausschließlich als dessen Folge. Eine solche auf dem Abhängigkeitsverhältnis basierende Begründung ist zudem bereits inso86
Vgl. Fuß, DÖV 1972, 765 (767). Vgl. hierzu ausführlich Fuß, DÖV 1972, 765 (767) m.w. N.; v. Kielmansegg, Grundrechte im Näheverhältnis, S. 165 ff. m.w. N. 88 Mayer, Dt. VerwR, Bd. I, 3. Aufl., § 9 III, S. 101 f. 89 Vgl. hierzu Martens, ZBR 1970, 197 (197 ff.). 90 Vgl. Oeltze, Funktionen und Grenzen der Anstaltsgewalt, S. 74. 87
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fern fraglich, als dabei ein Unterschied zum Rechtsgehorsam bei allgemein hoheitlichen Akten nicht ausgemacht werden kann. Begründet wird ein besonderes Gewaltverhältnis nach der früheren Lehre deshalb durch die Eingliederung in die jeweilige staatliche Sphäre.91 Die Eingliederung kann dabei freiwillig oder imperativ erfolgen. In jedem Fall sollte es eines speziellen Verwaltungshandelns bedürfen, das die Eingliederung in die Staatssphäre bzw. Staatsnähe rechtsverbindlich signalisiert und dokumentiert.92 Zudem musste nach überwiegender Auffassung die Eingliederung Anforderungen an die zeitliche Dauer sowie das räumliche und sächliche Substrat erfüllen.93 Nach Mayer sollte bei Anstaltsverhältnissen ein besonderes Gewaltverhältnis bereits mit dem Eintritt des Gegenstandes „anstaltlicher Behandlung in den Bannkreis der Anstalt“ 94, also der tatsächlichen Einverleibung des Benutzers, begründet werden. Neben Mayer sah seinerzeit vor allem Fleiner das Anstaltsverhältnis als besonderes Gewaltverhältnis an. Anstalten seien dabei unselbständige Teile der Staatsperson selbst: Ihre Ordnung und Benutzung sei ebenso wie die Anstaltsorganisation ein „innerpersönlicher“ Vorgang der „Rechtsperson Staat“, wonach der Anstaltsbenutzer also kein außenstehendes Rechtssubjekt bleibe, sondern vielmehr Glied der Staatsorganisation, plastisch gesprochen ein „Rad im Anstaltsbetrieb“ 95 werde. Teilweise kam es auch schlicht zur Gleichsetzung der Anstaltsgewalt und des besonderen Gewaltverhältnisses, ohne jedoch auf die Rechtsfolgen einzugehen.96 Dies wurde zumeist darauf zurückgeführt, dass die Anstaltsnutzung eine Zulassung voraussetze, bei der sich der Nutzer freiwillig eine Einschränkung seines persönlichen Status gefallen ließe, die sich nicht nur auf einen eingegrenzten Lebensbereich beziehe, sondern seine „Existenz in Gänze“ 97 bestimme. Diese Einordnung des Anstaltsverhältnisses als besonderes Gewaltverhältnis begegnet jedoch tiefgreifenden Bedenken: Anstaltsverhältnisse kommen nicht als einheitlich qualifizierbare Rechtsverhältnisse in Frage. Die frühen Beispiele zeigen, dass der Anstaltsbegriff als umfassender Begriff für nahezu jede Verwaltungseinheit gebraucht wurde; der Begriff ist (auch schon) zu der Zeit Mayers uferlos.98 91 Vgl. Peine, in: Merten/Papier (Hrsg.), HGR, Bd. III, § 65 Rn. 8 ff.; Anslinger, Die Sonderverordnung, S. 94. 92 Peine, in: Merten/Papier (Hrsg.), HGR, Bd. III, § 65 Rn. 8 f.; so auch schon Oeltze, Funktionen und Grenzen der Anstaltsgewalt, S. 72. 93 Peine, in: Merten/Papier (Hrsg.), HGR, Bd. III, § 65 Rn. 9. 94 Mayer, Dt. VerwR, Bd. II, 3. Aufl., § 52 I, S. 285; zust. Fleiner, Institutionen des Deutschen Verwaltungsrechts, S. 296. 95 Fleiner, Institutionen des Deutschen Verwaltungsrechts, S. 65. 96 Vgl. Kromer, Sachenrecht des Öffentlichen Rechts, S. 67. 97 So Oeltze, Funktionen und Grenzen der Anstaltsgewalt, S. 60 m.w. N. 98 S. hierzu Wenninger, Geschichte der Lehre vom besonderen Gewaltverhältnis, S. 50 f.; Rüfner, Die Verwaltung 17 (1984), S. 19 (21); ausf. zum Anstaltsbegriff bereits 2. Kap. B. I. 1.
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4. Kap.: Rationalitätsmuster der Zulässigkeit von Benutzungsregelungen
Die weit überwiegenden Auffassungen gingen teilweise aber schon früh auch aus anderen Gründen davon aus, dass Anstaltsverhältnisse, insbesondere Nutzungsverhältnisse, nicht die Spezifika eines besonderen Gewaltverhältnisses aufweisen. So mangele es bereits an einer Eingliederungslage in den staatlichen Aufgabenbereich, da die Rechtsverhältnisse mit Blick auf deren zeitliche Komponente regelmäßig nur von kurzer Dauer und jederzeit aufhebbar seien, da sie allein durch den räumlichen Aufenthalt geprägt seien; flüchtige Konstellationen reichten dabei jedoch nicht aus, ein Sonderstatusverhältnis zu begründen.99 Ferner würde die Annahme eines freiwilligen Eintritts als Eingliederungsmoment der tatsächlichen und rechtlichen Lebenswirklichkeit nicht immer gerecht. Denn teilweise ist die Nutzung von Anstalten für ein Leben am sozio-kulturellen wie wirtschaftlichen Lebensminimum erforderlich; vielfach sind auch Benutzungspflichten der Anstalten gesetzlich angeordnet. Ohne Betrachtung des spezifischen Benutzungsverhältnisses wird also pauschal von der Freiwilligkeit einer Unterwerfung unter eine Anstaltsordnung nicht gesprochen werden können.100 Im Zweifel sei ein besonderes Gewaltverhältnis mangels Eingliederung samt Statusänderung zu verneinen und in der Folge ein schuldrechtliches Nutzungsverhältnis anzunehmen, bei dem die Anstaltsgewalt als anstaltliche Sondergewalt also nicht greife.101 Aber auch eine ein Näheverhältnis so pauschal negierende Auffassung kann letztlich nicht überzeugen. Wie gezeigt ist bereits der Anstaltsbegriff im Ansatz nicht in der Lage, eine einheitliche Qualifizierung der Nutzungsverhältnisse zu leisten. Daher wurde ein abgestuftes Modell der Gewaltunterworfenheit in Anstaltsverhältnissen entworfen, das nach typisierbaren Anstaltsrechtsverhältnissen unterschied.102 c) Die Anstaltsgewalt im Gewand der Sonderstatusverhältnisse Schon vor der grundlegenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, mit der die dogmatische Figur des sog. besonderen Gewaltverhältnisses als eigenständige, implizite Beschränkung der Grundrechte bzw. Exemtion aus dem Geltungsbereich des Vorbehalts des Gesetzes ausdrücklich verneint wurde,103 hat sich die Lehre teilweise bereits vom besonderen Gewaltverhältnis hin zum sog. Sonderstatusverhältnis entwickelt.104 Diese Weiterentwicklung ging von der 99 So etwa Peine, in: Merten/Papier (Hrsg.), HGR, Bd. III, § 65 Rn. 9 m.w. N.; Weber, VVDStRL 15 (1957), S. 186 (186 f.); Chen, Öffentlich-rechtliche Anstalten und ihre Nutzung, S. 29 ff. m.w. N.; diff. bereits Thieme, DÖV 1956, 521 (522); deutlich ders., JZ 1964, 81 (83). 100 Zur Freiwilligkeit als Systematisierungskriterium des Benutzungsverhältnisses s. oben 1. Kap. B. III. 1. 101 So bereits Oeltze, Funktionen und Grenzen der Anstaltsgewalt, S. 73. 102 Vgl. Wolff/Bachof/Stober/Kluth, Verwaltungsrecht II, § 86 Rn. 96. 103 BVerfGE 33, 1 (10 f.) – Strafgefangener. 104 Vgl. erste Ansätze bei Spanner, DÖV 1963, 29 (29 ff.); Brohm, DÖV 1964, 238 (248, Fn. 111); grundlegend Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts, § 10 III,
A. Die Anstaltsgewalt
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These aus, dass das Grundgesetz Sonderstatusverhältnisse anerkenne, sich jedoch bei diesen als Bestandteil der verfassungsmäßigen Ordnung eine besondere Einschränkbarkeit der geltenden Grundrechte ergebe, die ihre Legitimation und Grenze zugleich im Zweck der Sonderstatusverhältnisse finde. Unter Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgebots können Grundrechtsbeschränkungen insbesondere also nur dann gerechtfertigt werden, wenn der Zweck und die Erhaltung der Funktionsfähigkeit der Sonderstatusverhältnisse dies zwingend gebieten.105 Sog. schlichte Anstaltsnutzungsverhältnisse, wie etwa auch die Benutzungsverhältnisse kommunaler Einrichtungen, wurden im Folgenden aber überwiegend nicht mehr zu solchen Sonderverbindungen gerechnet; sie wurden lediglich als allgemeine Leistungsverhältnisse betrachtet.106 Für sog. geschlossene Anstalten wurde die Anstaltsgewalt auch weiterhin im Rahmen der Sonderstatusverhältnisse diskutiert, wonach die Anstaltsgewalt als Anknüpfungspunkt der Regelungsbefugnisse ihre Grenze wiederum im Anstaltszweck und der Funktionsfähigkeit finden sollte.107 Auch die Erläuterungen der Sonderstatusverhältnisse konnten aber die verfassungsrechtlichen Anforderungen des Vorbehalts des Gesetzes grundsätzlich nicht lösen. Zutreffender Kritikpunkt an der neuen Terminologie ist, dass mit einer bloß begrifflichen Umetikettierung kein im Rahmen des besonderen Gewaltverhältnisses diskutiertes Sachproblem zu lösen ist.108 Erforderlich ist vielmehr die Einzelfallbetrachtung der jeweiligen normativen Ausgestaltung des Rechtsverhältnisses unter Beachtung des Regelungsbereiches. Dann aber kann von einem eigenständigen Aussagewert der Lehre vom Sonderstatusverhältnis bezüglich des Vorbehaltsgedankens schon nicht mehr gesprochen werden. Selbst wenn das besondere Gewaltverhältnis als „zu früh totgesagtes Rechtsinstitut“ 109 angesehen wird und als Sonderstatusverhältnis weiter in Bezug auf Implikationen im Verwaltungsrecht diskutiert wird, kann der Rekurs allein auf die Anstaltsnatur der Institution für sich genommen eine Sonderbehandlung der Regelungsbefugnisse des Anstaltsträgers in Bezug auf die Benutzungsverhältnisse nicht rechtfertigen.110 Denn nach hiesiger Auffassung sind die organisationsrechtlichen und nutzungsrechtlichen Themenbereiche zu trennen. Die Ver-
Rn. 322 f.; Loschelder, Vom besonderen Gewaltverhältnis zur öffentlich-rechtlichen Sonderbindung, S. 353 ff.; zust. Klein, DVBl 1987, 1102 (1107). 105 So Martens, ZBR 1970, 197 (200); vgl. auch Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts, § 10 III, Rn. 326 f.; ähnl. mit Blick auf die Funktionsfähigkeit, jedoch mit der Prämisse einer gesetzlichen Rechtsgrundlage Ronellenfitsch, DÖV 1981, 933 (939); ähnl. Wolff/Bachof/Stober/Kluth, Verwaltungsrecht II, § 86 Rn. 62. 106 Vgl. Evers, Das besondere Gewaltverhältnis, S. 4 m.w. N.; wohl auch Krüger, VVDStRL 15 (1957), S. 109 (122); Weber, VVDStRL 15 (1957), S. 186 (186 f.). 107 Vgl. etwa Wolff/Bachof/Stober/Kluth, Verwaltungsrecht II, § 86 Rn. 95; Evers, Das besondere Gewaltverhältnis, S. 7 f. 108 So etwa Martens, ZBR 1970, 197 (197). 109 Ronellenfitsch, DÖV 1981, 933 (933 ff.). 110 So auch Krebs, NVwZ 1985, 609 (611 f.).
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4. Kap.: Rationalitätsmuster der Zulässigkeit von Benutzungsregelungen
knüpfung zwischen der Organisationsform Anstalt und dem Nutzungsverhältnis ist weder sinnvoll, noch ist sie begründbar.111 d) Fazit In der Lesart des Anstaltsverhältnisses als besonderes Gewaltverhältnis kommt dem Einrichtungsträger eine umfassende Rechtsmacht zu, das Verhältnis zwischen Nutzer und Einrichtungsträger zu bestimmen. Hiervon sind also alle Regelungsebenen, d.h. die Voraussetzungen, Begründung und Ausgestaltungsmöglichkeiten des Benutzungsverhältnisses sowie die Störungsabwehr im Einzelfall umfasst. Die Lesart einer solch umfassenden Anstaltsgewalt im Sinne eines besonderen Gewaltverhältnisses als grundrechtsfreier Raum oder implizite Grundrechtsschranke ist aus der Sicht des Grundrechts-, Demokratie- und Rechtsstaatsverständnisses unter dem Grundgesetz jedoch nicht mehr haltbar. Denn im Rechtsstaat gibt es ein Gewaltverhältnis nicht, Beziehungen zwischen Staat und Bürgern sind vielmehr stets Rechtsbeziehungen.112 Der weite Anstaltsbegriff in Kombination mit der Gleichsetzung des Anstaltsnutzungsverhältnisses mit den staatsrechtlich verknüpften Spezifika eines besonderen Gewaltverhältnisses machen deutlich, dass die Anstaltsgewalt in diesem Sinne ein Vehikel der damaligen Zeit war, sich solchen öffentlich-rechtlichen Rechtsbeziehungen zu nähern, denn öffentlich-rechtliche Verhältnisse konnten sich überhaupt nur in Gewaltverhältnissen vorgestellt werden.113 Dabei fällt auf, dass in der frühen Argumentation zur Anstaltsgewalt im Rahmen der sog. besonderen Gewaltverhältnisse bereits verschiedene Ansätze der heutigen Grundrechtsdogmatik enthalten waren. So wurden bereits Fragen des Grundrechtseingriffs und des Vorbehalts des Gesetzes sowie Fragen der Einwilligung und des Grundrechtsverzichts angesprochen. Zusammenfassend dürfte die Einordnung des Anstaltsnutzungsverhältnisses als besonderes Gewaltverhältnis daher als Versuch gedeutet werden können, die spezifischen Besonderheiten einer öffentlich-rechtlichen Rechtsbeziehung mit Blick auf Benutzungsverhältnisse einzufassen. Mit Blick auf die Anstaltsgewalt kann diese heute in jedem Fall nicht mehr als eine eigenständige Rechtsmacht anhand der ursprünglichen Deutung des besonderen Gewaltverhältnisses als verfassungsrechtlich eigenständige Kategorie begründet werden. Besonderheiten der Benutzungsverhältnisse sind aber mit den Mitteln des Verwaltungsrechts auf der
111 Rüfner, DÖV 1985, 605 (607); Frank, Anstaltspolizei und Anstaltsgewalt, S. 112 ff.; s. dazu bereits oben 2. Kap. B. I. 1. c). 112 Bauer, Die Verwaltung 25 (1992), S. 301 (318); ders., Geschichtliche Grundlagen der Lehre vom subjektiven öffentlichen Recht, S. 167 ff.; Schoch, in: v. Schlieffen (Hrsg.), Republik-Rechtsverhältnis-Rechtskultur, S. 225 (231 ff.); ähnl. Rüfner, Die Verwaltung 17 (1984), S. 19 (34). 113 Vgl. dazu Rüfner, Die Verwaltung 17 (1984), S. 19 (23).
A. Die Anstaltsgewalt
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Grundlage des Verfassungsrechts, insbesondere im Hinblick auf deren dienende Funktion im Bereich der leistenden Verwaltung, weiterzuführen.114 2. Die Anstaltsgewalt als ein vom Staat verliehenes Hoheitsrecht Unter dem Grundgesetz kann der Anstaltsgewalt nur ein solcher Bedeutungsinhalt beigemessen werden, der sich im Rahmen der Verfassungsordnung befindet. Sie wird in diesem Sinne als ein vom Staat an die Anstalt verliehenes Hoheitsrecht bzw. als die Zusammenfassung der an die Anstalt delegierten Hoheitsrechte begriffen.115 Mit dem Begriff der Anstaltsgewalt wird somit die Delegation von Herrschaftsrechten auf die rechtsfähige Anstalt bzw. den Träger der nichtrechtsfähigen Anstalt bezeichnet. Eine originäre Rechtsmacht kann den Einrichtungsträgern außerhalb des verfassten Staates nicht zukommen. Für die Übertragung von Hoheitsrechten bedarf es folglich zwingend eines Übertragungsaktes. Insofern lässt sich festhalten: Die Anstaltsgewalt – verstanden in ihrem Bedeutungsgehalt als delegierte Hoheitsmacht – ist die bloße Zusammenfassung der Anstaltsfunktionen in einem schillernden Oberbegriff. Maßgeblich sind die dem Einrichtungsträger im Einzelfall übertragenen Rechte. Für die Frage nach Inhalt und Reichweite der Regelungsbefugnisse sind daher die Delegationsakte näher zu betrachten. Zu differenzieren bleibt bei deren Betrachtung zwischen der Übertragung von Aufgaben und von Rechten auf selbständige Verwaltungseinheiten.116 3. Die Anstaltsgewalt als nutzungsspezifisches Hausrecht bzw. nutzungsbezogene Ordnungsgewalt Als solch schillernder Oberbegriff für die der Anstalt übertragenen Aufgaben und Rechte ist der Begriff der Anstaltsgewalt oft im Zusammenhang mit dem Hausrecht sowie der Ordnungsgewalt in der Diskussion gestanden. Das Hausrecht wurde dabei entweder als Ausprägung bzw. Bestandteil der Anstaltsgewalt,117 als Grundlage der Anstaltsgewalt118 oder gar als Synonym119 dergleichen verwendet. 114 Vgl. Erichsen, DVBl 1983, 289 (294); ähnl. für Sonderbindungen der ehemaligen besonderen Gewaltverhältnisse als verwaltungsrechtliche Kategorie Ronellenfitsch, DÖV 1981, 933 (938 f.); ausf. zur Behandlung solcher Sonderbindungen Loschelder, Vom besonderen Gewaltverhältnis zur öffentlich-rechtlichen Sonderbindung, S. 399 ff. 115 So Oeltze, Funktionen und Grenzen der Anstaltsgewalt, S. 61 m.w. N. 116 So auch Oeltze, Funktionen und Grenzen der Anstaltsgewalt, S. 62. 117 Schmitt, Das öffentlich-rechtliche Hausrecht, S. 88 ff., 103; a. A. Frühling, Das Hausrecht öffentlicher Einrichtungen, S. 146; Ehlers, DÖV 1977, 737 (740); Zeiler, DVBl 1981, 1000 (1003); Ipsen/Koch, JuS 1992, 809 (815). 118 Vgl. etwa Anslinger, Die Sonderverordnung, S. 174; Löwer, DVBl 1985, 928 (937), der die Anstaltsgewalt zwar als überkommenes Rechtsinstitut begreift, mit Blick auf ihre frühere Bedeutung für sie jedoch eine räumliche Vereinnahmung der Benutzer voraussetzt. 119 Unger-Gugel, Sicherheit und Ordnung in Gerichtsgebäuden, S. 76; Enders, JuS 2013, 54 (61).
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4. Kap.: Rationalitätsmuster der Zulässigkeit von Benutzungsregelungen
a) Wesensverwandtschaft mit dem Hausrecht Gemeinhin wird unter dem Hausrecht das dem Hausrechtsinhaber vermittelte Recht verstanden, in einem ihm zustehenden räumlichen Machtbereich über den Zutritt und Aufenthalt von Personen zu bestimmen; dieses Bestimmungsrecht kann im Einzelfall oder durch Aufstellen abstrakt-genereller Regelungen erfolgen.120 Die öffentlich-rechtliche Begründung des Hausrechts und dessen Implikationen im öffentlichen Recht sind ein bis heute vor allem im Zusammenhang mit Verwaltungsgebäuden, mithin Bezugsobjekten, die nach herrschender Meinung als Sachen im Verwaltungsgebrauch qualifiziert werden,121 virulent diskutiertes Problem. Spezielle Abhandlungen für ein Hausrecht im Einrichtungswesen oder spezifisch im Hinblick auf die Organisationsform der Anstalt sind insoweit nicht ersichtlich. Vielmehr werden Einrichtungen bzw. Anstalten meist ohne spezifische Auseinandersetzung mit etwaig bestehenden Unterschieden als Sachen im „Anstaltsgebrauch“ mitbehandelt122 oder es wird das Hausrecht nicht erwähnt und stattdessen eben auf die Anstaltsgewalt abgestellt. Zu klären bleibt also das Verhältnis beider Institute, insbesondere ob Anstaltsgewalt und Hausrecht deckungsgleich sind. Für das im Rahmen des Verwaltungsgebrauchs diskutierte öffentlich-rechtliche Hausrecht besteht weder eine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage, noch ist es gesetzlich definiert. Auch wenn es gewohnheitsrechtlich allgemein anerkannt ist,123 besteht doch über dessen Herleitung keine Einigkeit. Teilweise wird eine ausschließlich privatrechtliche Natur des Hausrechts angenommen, indem auf privates Eigentum und Besitz an den Gebäuden abgestellt und dem Hausrechtsinhaber allein zivilrechtliche Abwehransprüche zugestanden werden.124 Die Rechtsprechung entscheidet über die Rechtsnatur des Hausrechts vorrangig anhand der jeweils bestehenden bzw. einzugehenden Rechtsbeziehung. Die Rechtsnatur richte sich demnach maßgeblich nach dem Zweck des Betretens: Betrete eine Person das Gebäude allein zur Erledigung privatrechtlicher Angelegenheiten, sei das Hausrecht privatrechtlicher Natur; betrete eine Person das Gebäude dagegen aus öffentlich-rechtlichen Zwecken, sei die Ausübung des Hausrechts öffentlich-rechtlicher Natur.125 Beide Herleitungen haben massive Kritik erfah120 Vgl. Ramm, DVBl 2011, 1506 (1511); Müller, VR 2010, 152 (152); s. zur Anwendbarkeit des öffentlich-rechtlichen Hausrechts auch im virtuellen Bereich Kalscheuer/Jacobsen, NJW 2018, 2358 (2359). 121 Papier, Recht der öffentlichen Sachen, S. 34 f.; Pappermann/Löhr/Andriske, Recht der öffentlichen Sachen, S. 10, 161 ff. 122 Vgl. etwa Stelkens, Jura 2010, 363 (364 ff.); Mißling, NdsVBl. 2008, 267 (271); bereits Salzwedel, DÖV 1963, 241 (242). 123 Vgl. sogleich unten 4. Kap. A. III. 3. c) aa). 124 Stürner, Privatrechtliche Gestaltungsformen bei der Verwaltung öffentlicher Sachen, S. 101 ff.; ders., JZ 1971, 98 (99). 125 Etwa BVerwGE 35, 103 (106 f.); BGHZ 33, 230 (231 ff.); OVG NRW, DVBl 1963, 450; vgl. dazu Ipsen/Koch, JuS 1992, 809 (814 f.), die eine Differenzierung nach
A. Die Anstaltsgewalt
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ren126 und können einzeln keine vollends überzeugende Begründung des Hausrechts mit Bezugsobjekten im öffentlichen Recht liefern. Die Rechtsnatur des Hausrechts ist vielmehr funktional nach der Störungsabwehr zu beurteilen.127 Für die rechtliche Qualifikation der Anstaltsgewalt mag die Begründung einer öffentlich-rechtlichen Rechtsnatur des Hausrechts aufschlussreich sein, wenn diese Parallelen oder aber Unterschiede ergeben kann. Die Begründung der öffentlich-rechtlichen Rechtsnatur des Hausrechts beruht überwiegend auf dem Widmungszweck der in Rede stehenden öffentlichen Sache und der in diesem Zusammenhang angenommenen öffentlich-rechtlichen Sachherrschaft, denn die durch die Widmung begründete öffentlich-rechtliche Zweckbestimmung der Sache verdränge im Umfang des Widmungszwecks den privatrechtlichen Besitz und das privatrechtliche Eigentum an ihr.128 Das öffentlich-rechtliche Hausrecht diene daher dem Schutz und der Verwirklichung des Widmungszwecks und berechtige folglich zur Abwehr von Störungen desselben.129 Genau diese Funktionen werden auch der Anstaltsgewalt zugeschrieben. Möglicherweise geht also der Aussagegehalt der Anstaltsgewalt vollends in einem so verstandenen Hausrecht auf. Dafür mag sprechen, dass das Hausrecht den störungsfreien Betrieb der Sache, mithin die ungestörte Aufgabenerledigung, bezweckt. Funktion ist also ein reibungsloser Betriebsablauf sowie dessen Voraussetzung, namentlich die Funktionsfähigkeit der Sache an sich. Diese Funktion des Hausrechts deckt sich somit mit den Funktionen, die der Anstaltsgewalt in der Rechtsprechung zugeschrieben werden, die sie als nutzungsbezogenes Hausrecht im Sinne einer Leitungsfunktion versteht, aufgrund derer dem Einrichtungs- bzw. – terminologisch ungenau – dem Anstaltsträger die Befugnis zukommt, alle Maßnahmen zu treffen, die geeignet und erforderlich sind, um den ordnungsgemäßen Betrieb der Einrichtung sicherzustellen.130 Allerdings sprechen gegen die Wesensgleichheit von Anstaltsgewalt und so verstandenem Hausrecht mehrere gravierende Aspekte. Zunächst handelt es sich dem Zweck der Inanspruchnahme im Ergebnis zwar als zutreffend erachten, der Leitentscheidung des BVerwG jedoch einen Denkfehler unterstellen, insofern diese für die Unterscheidung die Widmung verkennt. 126 Auf eine ausführliche Wiedergabe der Kritik wird hier verzichtet; vgl. dazu statt vieler Unger-Gugel, Sicherheit und Ordnung in Gerichtsgebäuden, S. 31 ff. m.w. N.; Ronellenfitsch, VerwArch 73 (1982), S. 465 (472 ff.); Zeiler, DVBl 1981, 1000 (1001). 127 In diese Richtung Ronellenfitsch, VerwArch 73 (1982), S. 465 (472); Axer, Die Widmung als Schlüsselbegriff, S. 195 m.w. N. 128 Ehlers, DÖV 1977, 737 (739 f.); Knoke, AöR 94 (1969), S. 388 (393 ff.); Knemeyer, DÖV 1970, 596 (598); Schmitt, Das öffentlich-rechtliche Hausrecht, S. 68 ff.; vgl. zusammenf. Mißling, NdsVBl. 2008, 267 (268 f.). 129 Kessen, Die Sicherung der Widmung öffentlicher Sachen, S. 50 f. 130 OVG NRW, NVwZ-RR 1989, 316 (316 f.); NVwZ 1995, 814; vgl. Stelkens, WiVerw 2015, 45 (53).
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4. Kap.: Rationalitätsmuster der Zulässigkeit von Benutzungsregelungen
bei dem von der Anstaltsgewalt umfassten Bereich nicht um öffentliche Sachen, an denen ein Hausrecht ohne Weiteres angenommen werden kann, denn Einrichtungen sind weder öffentliche Sachen noch haben sie zwingend solche.131 Darüber hinaus begründet die Widmung im Einrichtungsrecht nach zutreffender herrschender Meinung keine öffentlich-rechtliche Sachherrschaft, denn die Annahme einer dinglichen Widmungswirkung verstößt ohne gesetzliche Grundlage gegen den Vorbehalt des Gesetzes in Form des grundrechtlichen Gesetzesvorbehalts der Eigentumsgarantie sowie der Wesentlichkeitstheorie; ohne besondere normative Grundlage wie etwa im Straßen- und Wegerecht ist sie damit verfassungswidrig.132 Ansprüche gegenüber Benutzern, die den Widmungszweck beeinträchtigen, können aber ohne dingliche Wirkung der Widmung im sachenrechtlichen Sinn nicht bestehen. Denn mangels dinglicher Wirkung bestehen keine absoluten Rechtspositionen, die ein Sachherr gegenüber jedermann ausüben kann. Eine dingliche Rechtsposition ist notwendige Voraussetzung für die Frage nach der Existenz von etwaigen Sicherungsinstrumenten dieser Herrschaftsposition: Gibt es kein dingliches Recht, gibt es demnach auch kein Sicherungsmittel hierzu.133 Die Anstaltsgewalt kann somit nicht als Äquivalent einer öffentlich-rechtlichen Sachherrschaft angesehen werden, die durch eine Widmung begründet wird. Das sich auf eine Sachherrschaft begründende Hausrecht setzt zudem eine physische Einwirkung bzw. räumliche Begegnung für die Störung der Sache voraus. Dieses Erfordernis wird jedoch tatsächlich bei der Vielgestaltigkeit des Einrichtungswesens nicht immer vorliegen, wie z. B. bei der Nutzung von Wasser- bzw. Abwassereinrichtungen oder Abfallentsorgungseinrichtungen. Auf eine öffentliche Sachherrschaft kann die Anstaltsgewalt also nicht gestützt werden. Möglicherweise könnte jedoch die zweite Herleitung des öffentlichen Hausrechts auch für die Anstaltsgewalt nutzbar werden. So ist nochmals zu erinnern, dass das Hausrecht nicht auf den Schutz des Eigentums und des Besitzes, sondern vielmehr auf die Funktionsfähigkeit des Verwaltungsapparates zielt und damit die jeweiligen Funktionsabläufe vor Störungen sichern soll.134 Das öffentliche Hausrecht wird dahingehend auch nicht als ein vom Eigentum oder Besitz abgeleitetes, entsprechend dem Zivilrecht begründetes Sachherrschaftsrecht, sondern als Recht sui generis angesehen.135 Eine Begründung des öffentlich-rechtlichen Hausrechts mit der öffentlichen Sachherrschaft vermag dessen Funktion daher gar nicht umfassend zu tragen. Denn Schutzzweck des Hausrechts ist eben
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S. oben 2. Kap. B. II. 1. So auch Axer, Die Widmung als Schlüsselbegriff, S. 168; s. ausf. 2. Kap. B. II. 2. 133 Vgl. Kessen, Die Sicherung der Widmung öffentlicher Sachen, S. 113, 116; Germann, AöR 128 (2003), S. 458 (475). 134 Vgl. Schmitt, Das öffentlich-rechtliche Hausrecht, S. 11, der das öffentlich-rechtliche Hausrecht historisch im Burgfrieden und nicht im Eigentum verwurzelt sieht. 135 Schmitt, Das öffentlich-rechtliche Hausrecht, S. 23 ff., 42. 132
A. Die Anstaltsgewalt
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nicht ein bloßes Eigentumsrecht, sondern der ordnungsgemäße Dienstbetrieb.136 Störungen desselben werden demnach bereits nicht durch die Widmung bestimmt, sondern durch die Art, das Ausmaß und die Wirkung der Störung auf den Dienstbetrieb. Der Dienstbetrieb korreliert bei gewidmeten Sachen zwar regelmäßig mit dem Widmungszweck, das Hausrecht steht jedoch der Verwaltung auch dann zu, wenn die Sache nicht gewidmet ist.137 Denn es richtet sich gegen Jedermann, unabhängig von den Widmungsbestimmungen zu Benutzungsart, Benutzungsumfang und berechtigtem Benutzungskreis. Die Widmung ist damit für das öffentlich-rechtliche Hausrecht gar irrelevant; die Verbindung zwischen öffentlich-rechtlichem Widmungszweck und öffentlich-rechtlichem Hausverbot bzw. dessen zivilrechtlicher Entsprechung ist als „Irrweg der Rechtsprechung“ 138 zu deuten. Damit wird jedoch auch klar, dass Anstaltsgewalt und Hausrecht nicht die gleichen Befugnisse beschreiben können. Denn die Anstaltsgewalt, verstanden als Rechtsmacht zum Erlass und zur Durchsetzung belastender Benutzungsregelungen, ist streng akzessorisch zu den Widmungsbestimmungen und kann somit nicht wesensgleich mit dem öffentlichen Hausrecht sein. Vielmehr besteht im Einrichtungsrecht ja gerade aufgrund der Widmung bzw. des einfachgesetzlichen Zulassungs- bzw. Benutzungsanspruchs in Verbindung mit der Widmung ein Recht auf Benutzung im Rahmen der Widmung. Dies unterscheidet sich von der Grundsituation des öffentlichen Hausrechts, Störungen des Dienstbetriebs gegenüber Externen zu regeln. Die Anstaltsgewalt kann insofern nicht als Ober- bzw. Teilbegriff eines Hausrechts verstanden werden.139 Die Begriffe sind nicht deckungsgleich. b) Wesensverwandtschaft mit der Ordnungsgewalt Möglicherweise kann eine „Anstaltsgewalt“ aber als Ober- oder Teilbegriff einer speziellen Form der internen Ordnungsgewalt gegenüber den Benutzern innerhalb eines bestehenden Benutzungsverhältnisses fungieren.140 Heutige gesetzliche Regelungen etwa sprechen dem jeweiligen Hauptverwaltungsbeamten für Organisationsabläufe die Ordnungsgewalt zu.141 Die Ordnungsgewalt be136
Axer, Die Widmung als Schlüsselbegriff, S. 194. Axer, Die Widmung als Schlüsselbegriff, S. 194. 138 Ipsen/Koch, JuS 1992, 809 (815). 139 Vgl. auch Frühling, Das Hausrecht öffentlicher Einrichtungen, S. 146; Ehlers, DÖV 1977, 737 (740); Zeiler, DVBl 1981, 1000 (1003); Ipsen/Koch, JuS 1992, 809 (815). 140 Zu einer „betrieblichen Ordnungsgewalt“, in der das Hausrecht in der Ordnungsgewalt aufgehen solle vgl. Knoke, AöR 94 (1969), S. 388 (404); aufgrund der unterschiedlichen Befugnisse zurecht explizit dagegen Knemeyer, DÖV 1970, 596 (601). 141 So z. B. dem Bürgermeister bei Ratssitzungen, vgl. statt vieler etwa § 51 Abs. 1 GO NRW, oder dem Bundestagspräsidenten, vgl. Art. 40 Abs. 2 S. 1 GG. Auch hier zeigt sich die Uneinheitlichkeit in der Terminologie im Zusammenhang mit dem Haus137
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4. Kap.: Rationalitätsmuster der Zulässigkeit von Benutzungsregelungen
zweckt dabei ebenso wie das Hausrecht den Funktionsschutz142 und soll demnach vor Störungen des Betriebsablaufs und der Funktionsfähigkeit schützen. Der Unterschied zwischen beiden Rechtsmachten liegt jedoch in der Wirkweise und möglichen Gegenrechten. Während das Hausrecht nur gegenüber Externen wirken soll, kommt der Ordnungsgewalt im „internen“ Bereich Geltung zu; wobei der interne Bereich je nach Sachgegenstand variieren kann und die Sonderverbindung dem Störer Gegenrechte vermitteln kann.143 Die Ordnungsgewalt ist zudem nicht an einen räumlich oder sächlich geschützten Bereich gebunden, sondern setzt vielmehr personell eine Sonderverbindung voraus, die durch besondere Zulassung im Benutzungsverhältnis geschaffen werden kann.144 Kritik gegen eine solch strikte Trennung von Hausrecht und Ordnungsgewalt wird oftmals vor dem Hintergrund erhoben, für das Hausrecht bliebe so im öffentlichen Recht beinahe kein Raum mehr. Außerdem sei mit Blick auf den Rechtsschutz eine differenzierte Betrachtung hinderlich. Daher wird teilweise angenommen, eine Handlungsbefugnis gegen Beeinträchtigungen des Widmungszwecks ergebe sich allgemein als Annex zur Sachkompetenz und damit letztlich aus Hausrecht, Ordnungsgewalt, öffentlicher Sachherrschaft und Anstaltsgewalt gleichermaßen.145 Dadurch werden Hausrecht, Ordnungsgewalt, Sachherrschaft und Anstaltsgewalt jedoch gleichgesetzt, was entweder verdeutlicht, dass ein Bedürfnis der Abgrenzung der verschiedenen Begriffe nicht besteht oder gar unzweckmäßig ist, oder aber, dass tatsächlich bestehende Sachbesonderheiten nicht berücksichtigt werden. So oder so muss eine solche Gleichsetzung überprüft werden. Es ist daher der Anwendungsbereich und die Aussagekraft der Ordnungsgewalt und deren Wesensgleichheit mit den als Anstaltsgewalt umschriebenen Funktionen und Befugnissen zu betrachten. Die sog. Ordnungsgewalt ist gesetzlich nicht allgemein definiert, aber durch zahlreiche Spezialermächtigungen des jeweiligen Fachrechts nachweisbar. Sie bezweckt den Schutz der inneren Ordnung der Funktionsabläufe.146 Übertragen auf den anstaltlichen bzw. richtigerweise einrichtungsbezogenen Rahmen ginge es recht und der Ordnungsgewalt: Während die nordrhein-westfälische Gemeindeordnung zwischen (interner) Ordnungsgewalt und (externem) Hausrecht trennt, differenziert das Grundgesetz zwischen Hausrecht und Polizeigewalt und schließt die Ordnungsgewalt gegenüber den Abgeordneten ins Hausrecht mit ein. 142 Axer, Die Widmung als Schlüsselbegriff, S. 194. 143 Knemeyer, DÖV 1970, 596 (601). 144 Knemeyer, DÖV 1970, 596 (601). 145 Zur unmittelbaren Sachkompetenz: OVG NRW, NVwZ-RR 1989, 316 (317); Anstaltsgewalt: Olizeg, Hausrecht, S. 68 ff.; Greifeld, DÖV 1981, 906 (910, 913); öffentliche Sachherrschaft: Hardinghaus, Öffentliche Sachherrschaft und öffentliche Sachwaltung, S. 116 f., 139 f.; a. A. Frühling, Das Hausrecht öffentlicher Einrichtungen, S. 146 f., wonach die verschiedenen Regelungsbefugnisse zwar in ihrem Ziel der Störungabwehr übereinstimmten, aber nicht in ihrem Anwendungsbereich. 146 Vgl. Knemeyer, DÖV 1970, 596 (600).
A. Die Anstaltsgewalt
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daher um den Schutz vor Störungen durch die Benutzer und demnach stets um die Abwägung der Erfüllung des Einrichtungszwecks und des Rechts des jeweiligen Benutzers auf Benutzung.147 Ordnungsrecht i. d. S. setzt eine besondere Sonderverbindung voraus, die beim Anstaltsverhältnis umstritten war und in der heutigen Zeit allein in einem Rechtsverhältnis zu sehen ist, das ein Nähe- und Einwirkungsverhältnis darstellen kann. Im Unterschied zu etwa spezialgeregelten Ordnungsmaßnahmen etwa in Gemeinderatssitzungen oder Ausschusssitzungen betrifft die Maßnahme zwar das Anstaltsnutzungsverhältnis, dieses ist jedoch mit den besonderen genannten Sonderverbindungen nicht deckungsgleich. Sie sind durch eine organschaftliche oder mitgliedschaftliche Beziehung ausgefüllt, während das Benutzungsverhältnis im kommunalen Einrichtungswesen – bis auf die etwaige leistungsverwaltungsrechtliche Nähebeziehung – ein Außenrechtsverhältnis ohne Einwirkungsbesonderheiten darstellt. Von einer Deckungsgleichheit der unter dem Begriff der Anstaltsgewalt zusammengefassten Funktionen mit jenen, die der internen Ordnungsgewalt zugeschrieben werden, kann mithin nicht ohne Weiteres gesprochen werden. Allerdings kann je nach tatsächlicher und rechtlicher Einfassung des Benutzungsverhältnisses eine besondere räumliche, sächliche oder personelle Nähe zum Benutzungsvorgang bestehen, die bei eben dieser Abwägung zwischen Benutzungsrecht und Erfüllung des Einrichtungszwecks im Rahmen einer Entscheidung über die Störungsabwehr oder der vorgelagerten Regelung von Ordnungsaspekten zu berücksichtigen ist. c) Die Anstaltsgewalt als eigenständiger, nutzungsbezogener Gewohnheitsrechtssatz Eng verbunden mit den Überlegungen zur Ordnungsgewalt könnte der Anstaltsgewalt also ein rechtlicher Bedeutungsgehalt zugesprochen werden, dergestalt, dass die Anstaltsgewalt im Hinblick auf Benutzungsverhältnisse zu eigenständigen nutzungsbezogenen Maßnahmen ermächtige, um einen ungestörten Einrichtungsbetrieb sowohl durch abstrakt-generelle Regelungen148 als auch durch Einzelfallmaßnahmen zu gewährleisten. Allein der Hinweis auf das Bedürfnis einer solchen Rechtsmacht genügt für dessen Zuerkennung jedoch nicht. Es ist zu fragen, auf welcher Grundlage eine solche Rechtsmacht zugesprochen werden kann. aa) Erfordernis einer normativen Ermächtigungsgrundlage Sowohl beim Hausrecht als auch bei der Ordnungsgewalt ist bereits das Erfordernis einer normativen Grundlage umstritten. Beim Hausrecht wird eine Kom-
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Knemeyer, DÖV 1970, 596 (601). So etwa Schwendy, Anstaltsgewalt und Grundgesetz, S. 71.
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4. Kap.: Rationalitätsmuster der Zulässigkeit von Benutzungsregelungen
petenz als notwendiger Annex zur Sachkompetenz149 begründet. Auch bei der Ordnungsgewalt wird gemeinhin auf eine Annexkompetenz zur Sachkompetenz hinsichtlich der Sicherung und Einhaltung der übertragenen Verwaltungssachaufgaben abgestellt.150 Hintergrund dieser Argumentation ist die Begründung, die hoheitliche Aufgabenerfüllung bedürfe neben eines durch das Hausrecht geschützten Raumes auch der Befugnis der Gefahrenabwehr für die sachliche Verwaltungstätigkeit sowie der Beseitigung bereits eingetretener Störungen; diese Gefahren- und Störungsabwehr könne von der Sachaufgabe nicht getrennt werden.151 Die Ordnungsgewalt sei demnach auch der jeweils für die Sachaufgabe zuständigen Verwaltungseinheit zuerkannt, die aufgrund ihrer Sachnähe am besten für die Beurteilung einer potentiellen Störung der Verwaltungstätigkeit geeignet sei.152 Als solche erfordere sie keine formalgesetzliche Ermächtigungsgrundlage, denn das Verbot eines Rückschlusses von der Aufgabe auf die Befugnis gelte allein für eigenständige Sachkompetenzen.153 Daraus wird gefolgert, dass die jeweilige Behörde zur Erfüllung der Sachaufgaben im Rahmen der Aufgabenermächtigung auch Verwaltungsakte erlassen kann, um Einschränkungen und Störungen ihrer Aufgabenerfüllung durch Dritte zu verhindern oder zu beseitigen.154 Ein solcher ordnungsrechtlicher Abwehranspruch solle bei einer Verletzung der Benutzungsordnung nicht aus dem öffentlichen Sachenrecht folgen, sondern in allen Bereichen des öffentlichen Rechts als „selbstverständliche“ Rechtsmacht gelten, um Störungen im Rahmen der Zweckerfüllung zu verhindern.155 Genau dieser Gedankengang liegt auch der Auffassung der neueren Rechtsprechung zur Anstaltsgewalt mehrheitlich zugrunde.156 Zwar kann die Widmung bei 149 Etwa Zeiler, DVBl 1981, 1000 (1004); Knemeyer, VBlBW 1982, 249 (252); Berg, JuS 1982, 260 (260); Peine, JZ 2006, 593 (608); Stelkens, Jura 2010, 363 (367); Peters/ Lux, LKV 2018, 17 (18). 150 Knemeyer, VBlBW 1982, 249 (252) für den gesamten Exekutivbereich. 151 Knemeyer, DÖV 1970, 596 (598 f.); ders., VBlBW 1982, 249 (252). 152 S. ausf. Olizeg, Hausrecht, S. 30. 153 Kromer, Sachenrecht des Öffentlichen Rechts, S. 61 f.; Bartels, Die rechtliche Ordnung der Benutzung, S. 293; krit. BayVGH, BayVBl. 1980, 723 (724); Zeiler, DVBl 1981, 1000 (1001). 154 Kromer, Sachenrecht des Öffentlichen Rechts, S. 63, der jedoch als Begründung der Anstaltsgewalt nicht die allgemeine Hoheitsgewalt des Staates ansieht, sondern „das jeweilige Nutzungsverhältnis zwischen Benutzer und Anstaltsträger“, a. a. O., S. 67; die gleiche Regelungsbefugnis wird auch tlw. dem Hausrecht zugeschrieben s. Peters/Lux, LKV 2018, 17 (18 f.), die freilich nicht zwischen Hausrecht und Ordnungsgewalt unterscheiden. 155 Kromer, Sachenrecht des Öffentlichen Rechts, S. 97 f.; vgl. zur Funktion auch Knemeyer, VBlBW 1982, 249 (250). 156 OVG NRW, NVwZ-RR 2003, 297 (298); NVwZ-RR 2009, 692 (692 f.); Beschl. v. 11.11.2011 – 15 A 2050/11 –, BeckRS 2011, 55951; Beschl. v. 14.12.2017 – 15 A 2315/16 –, BeckRS 2017, 141869; explizit gegen einen solchen Annexzusammenhang VGH BW, VBlBW 2005, 229 (230).
A. Die Anstaltsgewalt
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öffentlichen Einrichtungen nach überwiegender Auffassung zurecht keine öffentlich-rechtliche Sachherrschaft begründen, aufgrund der Ähnlichkeit mit dem öffentlichen Hausrecht und den ordnungsrechtlichen Anknüpfungspunkten könnte indes eine so zu interpretierende „Anstaltsgewalt“ als eigenständiges Rechtsinstitut eine vergleichbare Rechtsmacht begründen. So einleuchtend der Ausgangspunkt und das Ergebnis der vorstehenden Argumentation auf den ersten Blick erscheinen, darf dies jedoch nicht die Sicht für grundsätzliche Kritik verstellen. So ist zunächst daran zu erinnern, dass im Bereich des Einrichtungswesens der Grundsatz vom Vorbehalt des Gesetzes keine Sachbesonderheiten aufweist. Nach den speziellen grundrechtlichen Gesetzesvorbehalten, dem Vorbehalt des Gesetzes und dem Wesentlichkeitsgedanken bedarf es für ordnungsrechtliche Befugnisse wie dem Hausrecht bzw. der Ordnungsgewalt einer tauglichen Ermächtigungsgrundlage. Der Ansatz, Maßnahmen im Rahmen des Hausrechts oder der Ordnungsgewalt seien in Anbetracht des betroffenen Lebenssachverhalts, der Rechtspositionen der Betroffenen sowie der Eigenart des Regelungsgegenstandes von vornherein unwesentlich und unterfielen damit nicht dem Gesetzesvorbehalt,157 kann zwar mit Blick auf die mittlerweile anerkannten materiellen Voraussetzungen eines Hausverbots die fehlende Relevanz einer gesetzgeberischen Grundentscheidung erklären. Der Ansatz verkennt jedoch die Wesentlichkeitsdoktrin als Türöffnerin der Vorbehaltslehre158 und kann angesichts der vielfältigen Einrichtungszwecke mit einer solch pauschalen Betrachtung der Grundrechtsrelevanz der Vorbehaltslehre nicht genügen. Das Erfordernis einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage kann auch nicht durch den bloßen Hinweis auf die Notwendigkeit der Aufgabenerfüllung durch die Verwaltung übergangen werden. Genau dieser Verwaltungszweckzentriertheit der staatlichen Aufgabenerfüllung versucht der Vorbehaltsgrundsatz als Sicherungsmoment der Grundrechte, des Rechtsstaats- und des Demokratieprinzips vorzubeugen und die Abkehr von der Lehre der besonderen Gewaltverhältnisse zu vollziehen. In diesem Ansatz der Annexkompetenz ist vielmehr ein unzulässiger Schluss von der jeweiligen Sachaufgabe auf konkrete Befugnisse zu sehen.159 Die Kompetenzordnung im Rechtsstaat ordnet sich gerade „nicht den Sacherfordernissen des Handelns öffentlicher Gewalt unter, dergestalt, daß vom Vorliegen konkreter Aufgaben ohne weiteres auf diesbezügliche Handlungszuständigkeiten geschlossen werden könnte“ 160. Diese Kritik haben die Verfechter dieses Ansatzes auch gesehen, aber gleichwohl versucht mit dem Hinweis, ein solcher Rückschluss sei bei Annexkompetenzen eben nicht verboten oder eine Rechtsgrundlage liege jedenfalls im Gewohnheits-
157
Gerhardt, BayVBl. 1980, 724 (725). So auch Zeiler, DVBl 1981, 1000 (1003). 159 Vgl. BayVGH, BayVBl. 1980, 723 (724); Beaucamp, JA 2003, 231 (234); Ehlers, DÖV 1977, 737 (741); Zeiler, DVBl 1981, 1000 (1002); Jutzi, LKRZ 2009, 16 (17). 160 Kästner, NVwZ 1992, 9 (10). 158
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4. Kap.: Rationalitätsmuster der Zulässigkeit von Benutzungsregelungen
recht, selbst zu entkräften.161 Die Differenzierung zwischen Sachkompetenz, bei der nicht auf konkrete Befugnisse geschlossen werden solle, und Ordnungsgewalt als „bloßer“ Annexkompetenz, bei der ein solcher Rückschluss im Gegensatz hierzu möglich sein solle, kann allerdings nicht durchgreifen. Denn erstens wird mit der Annahme der Ordnungsgewalt als Annex diese der Sachkompetenz zugeordnet; für die Ordnungsgewalt kann somit auch nach der „Annexkonstruktion“ nichts anderes gelten als für die Sachkompetenz. Zweitens erscheint bereits die Unterscheidung in Annex und „originäre“ Sachkompetenz fragwürdig. Denn letztlich sichern alle konkret normierten Handlungsbefugnisse die Aufgabenerfüllung der Verwaltung. Führte man diese Logik fort, wären „alle Befugnisnormen Makulatur“ 162. Für den Gesetzgeber bestünde grundsätzlich kein Erfordernis neben der Aufgabenzuweisungsnorm überhaupt konkrete Handlungsbefugnisse zu normieren. Diese Logik verstößt damit offensichtlich gegen den Vorbehalt des Gesetzes in der Lesart der Wesentlichkeitstheorie. Darüber hinaus erscheint nicht begründbar, warum eine Ausnahme gerade für ordnungsrechtliche Maßnahmen erfolgen soll, Maßnahmen also, die besondere Grundrechtsrelevanz entfalten können und damit nach dem Wesentlichkeitsgedanken einer formellen Grundlage bedürfen. Die Argumentation bemüht sich damit eher positiv um die Kreation einer nicht vorhandenen Ermächtigungsgrundlage als um die Begründung einer bestehenden.163 Diese Kritik verschärft sich noch, wird nicht nur die Handlungsbefugnis, sondern auch die Handlungsformbefugnis im Sinne einer Verwaltungsaktsbefugnis betrachtet, die sich aus derselben Rechtsgrundlage wie die Handlungsbefugnis selbst ergeben soll.164 Wie gezeigt weist die Handlungsform „Verwaltungsakt“ einen eigenen grundrechtsrelevanten Belastungscharakter auf.165 Ist bereits für die Handlungsbefugnis keine normative Bestimmung vorgesehen, kann aber auch nicht aus einem Regelungszusammenhang auf die Handlungsformbefugnis geschlossen werden. Im Ergebnis ist daher sowohl für das Hausrecht und die Ordnungsgewalt als auch für eine etwaig eigenständige Anstaltsgewalt eine normative Rechtsgrundlage erforderlich. Ein ausdrücklich geschriebenes Gesetz ist insoweit nicht auffindbar. Möglicherweise kommt für die Anstaltsgewalt jedoch eine gewohnheitsrechtliche Grundlage in Betracht.166 Dabei ist indes zu beachten, dass Gewohn161 Bethge, Die Verwaltung 10 (1977), S. 313 (327) m.w. N.; Ronellenfitsch, VerwArch 73 (1982), S. 465 (470) m.w. N. 162 Brüning, DÖV 2003, 389 (393); sinngemäß bereits Berg, JuS 1982, 260 (262); zust. Müller, VR 2010, 152 (154). 163 So auch das Hausrecht betreffend Unger-Gugel, Sicherheit und Ordnung in Gerichtsgebäuden, S. 78. 164 Peters/Lux, LKV 2018, 17 (18). 165 S. bereits ausf. 1. Kap. A. III. 2. b) cc). 166 Vgl. Pappermann/Löhr, JuS 1981, 117 (119); a. A. Bartels, Die rechtliche Ordnung der Benutzung, S. 293.
A. Die Anstaltsgewalt
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heitsrecht gerade dann nicht als Ermächtigungsgrundlage in Betracht kommen kann, wenn es bei der langanhaltenden, andauernden Übung darauf ankommt, auf eine nach dem Vorbehalt des Gesetzes erforderliche formalgesetzliche Rechtsgrundlage zu verzichten.167 bb) Gewohnheitsrechtliche Begründung Der Begriff des Gewohnheitsrechts wird unterschiedlich interpretiert. So wird neben der Definition des Gewohnheitsrechts, nach der alle ungesetzten Regeln abseits des vom Gesetzgeber normierten Rechts umfasst sein sollen, die der Urteilsfindung der Rechtsprechung dienen, insbesondere also auch Rationalitätsmuster wie Vernunfts-, Billigkeits- und Zweckmäßigkeitserwägungen sowie allgemeine Grundsätze des Verwaltungsrechts,168 auch eine erweiterte Auffassung vertreten. Hiernach werden unter dem Gewohnheitsrecht schlicht alle ungesetzten Normen verstanden, welche die Rechtsprechung wie Gesetzesrecht binden und somit eine eigenständige Erscheinungsform des materiellen Rechts bilden.169 Unabhängig von der unterschiedlichen Terminologie der Kriterien170 erfordert die Geltungskraft von Gewohnheitsrechtssätzen nach übereinstimmender Auffassung eine „längere tatsächliche Übung, die eine dauernde und ständige, gleichmäßige und allgemeine ist und von den Beteiligten als verbindliche Rechtsnorm anerkannt wird“ 171, mithin eine langanhaltende Übung und eine gemeinsame Rechtsüberzeugung als subjektives Moment, wobei auch innerhalb der Kriterien vieles umstritten ist. Zu klären bleibt also, ob die Voraussetzungen für einen Gewohnheitsrechtssatz „Anstaltsgewalt“ vorliegen. Zunächst ist die Feststellung einer langjährigen Übung zweifelhaft. Hierbei ist bereits die konkrete Länge der geforderten Zeitspanne umstritten,172 auch wenn überwiegend wohl von einer dreißigjährigen Übung ausgegangen wird.173 Eine einheitliche opinio iuris hinsichtlich einer Anstaltsgewalt ist jedoch in dieser Zeitspanne nicht feststellbar. Zwar wird die Bildung einer allgemeinen Rechtsüberzeugung in der heutigen Zeit, die durch Frag-
167
Vgl. BVerfGE 41, 251 (263); Kiepe, DÖV 1979, 399 (401). Vgl. Müller, Ungeschriebene Rechtsquellen der Verwaltung, S. 122 ff. m.w. N.; Höhn, Gewohnheitsrecht im Verwaltungsrecht, S. 4 f., 43; Freitag, Gewohnheitsrecht und Rechtssystem, S. 24 f. 169 Freitag, Gewohnheitsrecht und Rechtssystem, S. 25 m.w. N.; s. auch Müller, Ungeschriebene Rechtsquellen der Verwaltung, S. 123. 170 Zusammenf. Witthohn, Gewohnheitsrecht als Eingriffsermächtigung, S. 18 f.; Schmidt, NVwZ 2004, 930 (930). 171 BVerfGE 9, 109 (117); 22, 114 (121); 28, 21 (28 f.); 34, 293 (303 f.); Freitag, Gewohnheitsrecht und Rechtssystem, S. 40 ff. 172 Zusammenf. Schmidt, NVwZ 2004, 930 (930 f.) m.w. N. 173 Krebs/Becker, JuS 2013, 97 (100) m.w. N.; zust. Kessen, Die Sicherung der Widmung öffentlicher Sachen, S. 146. 168
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4. Kap.: Rationalitätsmuster der Zulässigkeit von Benutzungsregelungen
mentierung und Pluralisierung geprägt ist, insgesamt schwieriger werden,174 allerdings kommt der gerichtlichen Praxis gleichwohl ein erheblicher Indikationscharakter zu. Dabei kommt es angesichts der Vielgestaltigkeit der Lebenssachverhalte nicht auf die zugrundeliegenden Tatbestände der zu untersuchenden Entscheidungen an, sondern vielmehr auf die Aussage des Gewohnheitsrechtssatzes selbst.175 Dies zugrunde gelegt, ist zwar zu vermerken, dass sich in den letzten Jahren mehrere oberverwaltungsgerichtliche Entscheidungen mit der Anstaltsgewalt beschäftigt haben,176 von einem eigenständigen Gewohnheitsrechtssatz kann jedoch weder dem Grunde noch dem Inhalt nach gesprochen werden. Eine gleichmäßige Übung in den durch die Anstaltsgewalt charakterisierten Sachbereichen kann bereits dem Grunde nach nur von Verwaltung und zustimmender Verwaltungsgerichtsbarkeit ausgehen. Denn im Bereich der einseitig-autoritativ aufgestellten Benutzungsregelungen werden Benutzer nicht kooperativ in die Übung miteinbezogen. Ein Abstellen allein auf die Verwaltung zur Bildung einer opinio iuris führte allerdings zur Möglichkeit der Selbstermächtigung durch die eigenständige Bildung von Gewohnheitsrechtssätzen in Konstellationen, in denen die erforderliche formalgesetzliche Rechtsgrundlage gerade fehlt.177 Auch ein Abstellen auf die Rechtsprechungspraxis selbst als Rechtsüberzeugung im Sinne einer opinio iuris als ausreichende Anforderung kann nicht überzeugen. Denn würde die Rechtsprechungspraxis von Verwaltungsgerichten zur Entstehung von Verwaltungsgewohnheitsrecht genügen, verschwämmen die dogmatischen Grenzlinien zwischen Gewohnheitsrecht und Richterrecht, was zu einer gesetzesgleichen Selbstbindung der Gerichte führte, die einer Änderung der Rechtsüberzeugung im Gegensatz zum Richterrecht nicht mehr offenstünde.178 Eine gemeinsame, langjährige Rechtsüberzeugung zur Anstaltsgewalt als Entstehungsvoraussetzung eines Gewohnheitsrechtssatzes kann also momentan schon nicht ausgemacht werden. Auch wenn die „Anstaltsgewalt“ gegenwärtig nicht als Gewohnheitsrechtssatz eingeordnet werden kann, könnte sie als vorkonstitutionelles Gewohnheitsrecht 174 S. Ossenbühl, in: Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. V, § 100 Rn. 59; vgl. zu generellen Einwänden gegen das Verwaltungsgewohnheitsrecht auch Schmidt, NVwZ 2004, 930 (932 f.). 175 Müller, Ungeschriebene Rechtsquellen der Verwaltung, S. 124; ähnl. Ehlers, DÖV 1977, 737 (741); Germann, AöR 128 (2003), S. 458 (466). 176 Vgl. OVG NRW, NVwZ-RR 2003, 297 (298); Urt. v. 20.03.2007 – 15 A 69/05 –, juris, Rn. 26; Beschl. v. 03.06.2009 – 15 A 996/09 –, juris, Rn. 3; Beschl. v. 11.11.2011 – 15 A 2050/11 –, juris, Rn. 11; Beschl. v. 14.12.2017 – 15 A 2315/16 –, juris, Rn. 13 ff.; SchlHOVG, NJW 2000, 3440 (3441); Urt. v. 22.07.2016 – 2 LB 5/16 –, BeckRS 2016, 52569, Rn. 23; VGH BW, NVwZ-RR 2003, 142 (144); OVG Bln-Bbg, Beschl. v. 13.09.2011 – OVG 9 S 13.11 –, BeckRS 2011, 54274; OVG RhPf, NVwZ 2020, 170 (172). 177 Schmidt, NVwZ 2004, 930 (931). 178 Schmidt, NVwZ 2004, 930 (931); ausf. Freitag, Gewohnheitsrecht und Rechtssystem, S. 118 ff.
A. Die Anstaltsgewalt
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zu qualifizieren sein und damit gegebenenfalls auch ohne gesetzliche Grundlage zu Belastungswirkungen ermächtigen.179 Denn allgemein anerkannt ist auch die mögliche Fortgeltung von vorkonstitutionellem Gewohnheitsrecht nach Art. 123 Abs. 1 GG, welches grundsätzlich auch als Ermächtigungsgrundlage für belastende staatliche Maßnahmen in Betracht kommen kann.180 Zum Teil wird angenommen, dass sich vorkonstitutionelles Gewohnheitsrecht nach Art. 123 GG nicht am Vorbehalt des Gesetzes messen lassen müsse.181 Diese Unterscheidung in nach- und vorkonstitutionelles Gewohnheitsrecht kann jedoch heute nicht mehr aufrecht erhalten werden. Denn Sinn und Zweck des Art. 123 GG liegen allein in der vorübergehenden Akzeptanz von vorkonstitutionellem Gewohnheitsrecht, um gänzlich rechtsfreie Räume in der Anfangszeit der Bundesrepublik zu vermeiden. Mit dem heutigen Abstand zum Zeitpunkt der Verfassunggebung ist das hierdurch hingenommene Rechtsstaatsdefizit allerdings nicht mehr zu rechtfertigen.182 Zudem wäre bereits unklar, welcher Anknüpfungspunkt für den vorkonstitutionellen Charakter in Betracht kommt; maßgeblich könnte der Einrichtungstypus oder gar die konkrete Widmung als Kreationsakt sein. Bei letzterer dürfte ein vorkonstitutioneller Charakter heute weithin undenkbar sein. Unabhängig von den Schwierigkeiten bei der Begründung bzw. dem Auffinden existenten, vorkonstitutionellen Gewohnheitsrechts ist die verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Anstaltsgewalt als Widmungsfolge zweifelhaft. Voraussetzung für die Fortgeltung als vorkonstitutionelles Gewohnheitsrecht ist nach Art. 123 GG allerdings, dass ein Widerspruch zum Grundgesetz nicht besteht. Ob Gewohnheitsrecht dem Vorbehalt des Gesetzes als Ausfluss der Grundrechte sowie des Rechtsstaats- und des Demokratieprinzips tatsächlich genügen kann, muss mit dem Bundesverfassungsgericht angezweifelt werden;183 eine Vereinbarkeit mit dem Vorbehalt des Gesetzes muss grundrechtsspezifisch und differenziert geprüft werden. So hat das Bundesverfassungsgericht hausrechtliche Befugnisse als gewohnheitsrechtlich bestehend angesehen, ohne jedoch eine Aussage über die Zulässigkeit einer gewohnheitsrechtlichen Ermächtigungsgrundlage für hausrechtliche Grundrechtseingriffe zu treffen.184 Dem Bundesverwaltungs179
Vgl. Schwendy, Anstaltsgewalt und Grundgesetz, S. 40 f. BVerfGE 15, 226 (233); 22, 114 (121); 28, 21 (28); vgl. auch P. Kirchhof, in: Starck (Hrsg.), FG 25 Jahre BVerfG, Bd. II, S. 50 (92). 181 Vgl. BVerfGE 22, 114 (121); 28, 21 (28); 34, 293 (303); 57, 121 (131); Stern, Staatsrecht, Bd. III/2, § 80 IV 3 (S. 437 f., 442) m.w. N.; diff. Krey, in: Schwind (Hrsg.), FS Blau, S. 123 (145 ff.) m.w. N. 182 Unger-Gugel, Sicherheit und Ordnung in Gerichtsgebäuden, S. 81; Schmidt, NVwZ 2004, 930 (933); Pieroth, Jura 2013, 248 (254). 183 Vgl. BVerfGE 32, 54 (75); s. aber BVerfGE 22, 114 (121); 28, 21 (28); 57, 121 (131), wonach vorkonstitutionelles Gewohnheitsrecht dem Begrenzungsvorbehalt des Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG genügen kann. 184 Vgl. BVerfG, NJW-RR 2007, 1053 (1054); Beschl. v. 29.09.2011 – 1 BvR 2377/ 11 –, BeckRS 2011, 55532; NJW 2012, 1863 (1864 f.). 180
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4. Kap.: Rationalitätsmuster der Zulässigkeit von Benutzungsregelungen
gericht zufolge kann das gewohnheitsrechtliche Hausrecht auch Ermächtigungsgrundlage für Grundrechte und grundrechtsgleiche Rechte beschränkende Maßnahmen sein.185 Der schillernde Begriff der Anstaltsgewalt, der jedenfalls in der Vergangenheit als ausreichende Ermächtigungsgrundlage dem Einrichtungsträger eine Regelungsbefugnis für jegliche Nutzungsverhältnisse im Einrichtungs- bzw. Anstaltsgebrauch an die Hand gab und damit Beschränkungen der Freiheitsrechte ohne Weiteres rechtfertigen konnte, genügt diesen Anforderungen an eine grundrechtsspezifische und differenzierte Prüfung jedoch nicht. Auch hier schlägt wieder die Kritik am uferlosen Anstaltsbegriff durch, der insoweit eine einheitliche Betrachtung der grundrechtsspezifischen Regelungswirkung von Anordnungen im Rahmen einer Störungsabwehrbefugnis verhindert. Wie gesehen gibt es darüber hinaus einen Rechtssatz „Anstaltsgewalt“ nicht. Damit kann auch die Rechtsfigur der Anstaltsgewalt als eigene Störungsabwehrbefugnis kraft Gewohnheitsrechts keine Geltung beanspruchen.186 cc) Analogie zu spezialgesetzlich geregelten Ordnungsbefugnissen Teilweise werden Hausrecht und Ordnungsgewalt abseits von Annexkompetenz und Gewohnheitsrecht auch auf eine Analogie zu den spezialgesetzlich normierten Ordnungsbefugnissen wie etwa der Ordnungsgewalt des Bundes- bzw. Landtagspräsidenten gestützt.187 Die Regelungslücke ist hierbei offenkundig, doch dürfte es hinsichtlich der Anstaltsgewalt an der vergleichbaren Interessenlage fehlen. Denn, wie gezeigt, unterscheiden sich die der Anstaltsgewalt zugesprochenen Regelungsbefugnisse, die gerade die Benutzungsinteressen mit potentiellen Funktionsstörungen abwägen und ausgleichen sollen, fundamental von den organschaftlichen bzw. körperschaftlichen Rechtsbeziehungen, die der Ordnungsgewalt zugrunde liegen.188 dd) Existenz kraft allgemeiner Grundsätze des Verwaltungsrechts Teilweise wird die Existenz von Rechtsinstituten auf allgemeine bzw. althergebrachte Grundsätze des Verwaltungsrechts gestützt.189 So könnte auch die Anstaltsgewalt aus einem allgemeinen Grundsatz des Verwaltungsrechts hergeleitet werden. Doch die Durchschlagskraft einer solchen Argumentation ist minimal.
185
BVerwG, NJW 2011, 2530 (2531). So aber Anslinger, Die Sonderverordnung, S. 255 f. 187 Beaucamp, JA 2003, 231 (234); vgl. etwa Art. 40 Abs. 2 S. 1 GG. 188 S. dazu 4. Kap. A. III. 3. b). 189 So für die dingliche Widmungswirkung Germann, AöR 128 (2003), S. 458 (470 f., 481 f.); allg. zu der Rechtsfigur der „allgemeinen Grundsätze des Verwaltungsrechts“ Ossenbühl, in: Schmidt-Aßmann, u. a. (Hrsg.), FG 50 Jahre BVerwG, S. 289 (289 ff.); Müller, Ungeschriebene Rechtsquellen der Verwaltung, S. 83 ff. 186
A. Die Anstaltsgewalt
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Abgesehen von der nebulösen Zuordnungsmöglichkeit von „normalen“ Rechtsinstituten oder Rechtsbegriffen zu solchen von allgemeiner Grundsatzbedeutung bilden diese „Grundsätze“ neben dem einfachen Gesetzesrecht, Gewohnheitsrecht oder Richterrecht auch keine eigene Rechtsquelle. Selbst wenn solche allgemeinen Grundsätze des Verwaltungsrechts als Gewohnheitsrecht in statu nascendi in Fällen der Existenz einer allgemeinen Rechtsüberzeugung bei gleichzeitigem Fehlen der ständigen Übung190 anerkannt würden, kann die Anstaltsgewalt hierauf nicht gegründet werden. Denn es fehlt gerade bereits an einer solchen allgemeinen, einheitlichen Rechtsüberzeugung.191 d) Stellungnahme Dies führt erneut zur Gretchenfrage der Anstaltsgewalt, ob für den Einrichtungsträger aufgrund der besonderen Sachnähe ordnungsrechtliche Befugnisse zur Verhinderung von Störungen des Einrichtungszwecks und der Funktionsfähigkeit angenommen werden können. Allerdings setzt diese Frage und die dazugehörige Argumentation allein auf der Ebene der Störungsabwehr an. Für die Frage, welche Benutzungsregelungen zulässigerweise getroffen werden können, gegen deren Missachtung sodann ordnungsrechtlich vorgegangen werden kann, trifft diese Betrachtung keine weitergehende Aussage als den Hinweis auf Einrichtungszweck und Funktionsfähigkeit der Einrichtung. Inwiefern der Einrichtungsträger jedoch den Einrichtungszweck selbst bestimmen, ausgestalten und konkretisieren kann, kann auf der Ebene der Störungsabwehr nicht entschieden werden. Denn bei der Frage, welche Benutzungsregelungen zulässigerweise vom Einrichtungsträger in Benutzungsordnungen erlassen werden können, geht es um die dieser Argumentation vorgelagerte Ebene. Maßgeblich ist gerade die Vorfrage, ob es sich bei der Benutzungsordnung überhaupt um einen Teil der objektiven Rechtsordnung handeln kann. Denn Benutzungsordnungen, die aufgrund eines Verstoßes gegen den Vorbehalt des Gesetzes nichtig sind, sind nicht Teil der objektiven Rechtsordnung. Selbst eine gewohnheitsrechtlich anerkannte Anstaltsgewalt kann – verstanden als die nutzungsspezifische Befugnis zur Störungsabwehr – hierzu keine Lösung anbieten. Für die Rechtsetzungskompetenz kann schon keine gewohnheitsrechtliche Grundlage in Betracht kommen.192 Angesprochen sind damit erneut Inhalt und Reichweite der Widmung als Kreations- und Determinationsakt und das in diesem Zusammenhang dem Einrichtungsträger eingeräumte Widmungsermessen und dessen Grenzen.
190
Vgl. Höhn, Gewohnheitsrecht im Verwaltungsrecht, S. 57. S. dazu ausf. 4. Kap. A. III. 3. c) bb). 192 Entgegen Schwendy, Anstaltsgewalt und Grundgesetz, S. 71, kommt für die abstrakt-generelle Benutzungsordnung kein gewohnheitsrechtlicher Rechtssatz in Betracht. 191
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4. Kap.: Rationalitätsmuster der Zulässigkeit von Benutzungsregelungen
4. Die Anstaltsgewalt als Handlungsformbefugnis Der Anstaltsgewalt wird schließlich von der neueren oberverwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung vor allem zugerechnet, dem Einrichtungsträger ohne besondere gesetzliche Ermächtigung besondere Handlungsformen zu vermitteln. So wird vor allem darauf verwiesen, die Befugnis zur Errichtung der Einrichtung umfasse gleichzeitig die Ermächtigung des Einrichtungsträgers, das Benutzungsverhältnis generell durch Satzung oder Sonderverordnung und im Einzelfall durch Verwaltungsakt zu regeln.193 Auch als Handlungsformbefugnis kann dem Begriff der Anstaltsgewalt jedoch keine eigenständige Bedeutung zukommen. Zunächst statuiert der Rückschluss von der Errichtungs- auf die Benutzungsregelungsbefugnis eine Annexkompetenz im Bereich der öffentlichen Einrichtungen wie sie im Zusammenhang mit dem Hausrecht und der Ordnungsgewalt erörtert wurde.194 Die Begründung von Störungsabwehrbefugnissen aufgrund einer Annexkompetenz verstößt jedoch gegen den allgemeinen Rechtsstaatsgedanken des verbotenen Rückschlusses von der Aufgabe auf konkrete Befugnisse. Zur näheren Bestimmung des Inhalts und der Reichweite etwaiger Befugnisse kann zudem auch die Annahme einer Annexkompetenz nicht weiterführend beitragen. Eine inhaltliche Aussage ist mit der Anstaltsgewaltfigur der Rechtsprechung aber wohl auch nicht intendiert, denn in den Vordergrund werden allein mögliche Handlungsformbefugnisse gestellt. Dabei ist der Hinweis auf die Satzung als mögliche Handlungsform des Einrichtungsträgers jedenfalls für kommunale Einrichtungsträger selbstverständlich. Eine besondere Ermächtigung zur Regelung des Benutzungsverhältnisses bedarf es aufgrund der Satzungshoheit der Kommunen als Ausfluss des verfassungsrechtlichen Selbstverwaltungsrechts sowie der insoweit bloß deklaratorischen einfachrechtlichen Generalklausel nicht mehr. Eine inhaltlich weitergehende Regelungsbefugnis der Benutzungsverhältnisse durch Satzung außerhalb des durch die verfassungsrechtliche Selbstverwaltungsgarantie gezogenen Rechtsrahmens könnte nach den bereits gefundenen Untersuchungsergebnissen der Anstaltsgewalt, die hiernach gerade keine eigenständige Rechtsmacht und Belastungsgrundlage darstellt, nicht allein mit dem Verweis auf diese begründet werden, sondern bedürfte einer ausdrücklichen formalgesetzlichen Ermächtigung. Der Hinweis im Zusammenhang mit der Anstaltsgewalt auf die Sonderverordnung als Handlungsform geht bereits im Ansatz fehl. Die Sonderverordnung ist keine typisierte Handlungsform des Verwaltungsrechts, sondern wurde zur übergangsweisen Harmonisierung von Rechtswirklichkeit und Rechtswissenschaft zur 193 OVG NRW, NVwZ-RR 2003, 297 (298); NVwZ-RR 2009, 692 (692 f.); Beschl. v. 11.11.2011 – 15 A 2050/11 –, BeckRS 2011, 55951; Beschl. v. 14.12.2017 – 15 A 2315/16 –, BeckRS 2017, 141869; OVG RhPf, NVwZ 2020, 170 (172); s. auch Druschel, Die Verwaltungsaktsbefugnis, S. 179 ff. m.w. N. 194 Ausf. hierzu 4. Kap. A. III. 3. c) aa).
A. Die Anstaltsgewalt
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Lösung der Probleme im Bereich der besonderen Gewaltverhältnisse herangezogen.195 Die Sonderverordnung kann weder dogmatisch noch wissenschaftlich als eigenständige Handlungsform überzeugen und sollte damit auch in der Verwaltungsgerichtspraxis nicht mehr zur Lösung der Regelungsbefugnisse in Benutzungsverhältnissen herangezogen werden. Daneben soll die Anstaltsgewalt auch als Begründung einer Verwaltungsaktsbefugnis im Einzelfall fungieren. Diese Verwaltungsaktsbefugnis wurde zunächst in der mit der Widmung angenommenen öffentlich-rechtlichen Sachherrschaft gesehen, aus der zugleich die Befugnis folgen sollte, Ansprüche im Zusammenhang mit der öffentlich-rechtlichen Sachherrschaft auch durch Verwaltungsakt geltend zu machen.196 Im preußischen Recht konnte die Verwaltungsbehörde im Bereich des Wegerechts die öffentlich-rechtliche Sachherrschaft mittels sog. Inanspruchnahmeverfügung geltend machen.197 Nach dem der Inanspruchnahmeverfügung zugrundeliegenden Rechtsgedanken sei die Verwaltungseinheit zum Erlass einer solchen zur Erfüllung der sachherrschaftlichen Funktionen befugt, sofern eine Person die öffentlich-rechtliche Sachherrschaft beeinträchtige. Dies folge aus der Nähebeziehung zwischen Begründung der Sachherrschaft und deren Inanspruchnahme; die Widmungsbehörde sei demnach nicht nur für die Widmung, sondern auch für die Geltendmachung der durch sie begründeten Sachherrschaft zuständig.198 Ein solches Institut der Inanspruchnahmeverfügung ist dem geltenden Recht jedoch unbekannt; eine Eingriffsermächtigung des öffentlichen Sachherrn gegenüber den die öffentlich-rechtliche Sachherrschaft beeinträchtigenden Dritten wird jedenfalls ohne formalgesetzliche Grundlage von der herrschenden Auffassung abgelehnt.199 Nach der heute wohl herrschenden Meinung wird eine solche aus einer Sachherrschaft resultierende Befugnis, materielle Verpflichtungen gegenüber Dritten durch belastenden Verwaltungsakt geltend machen zu können, verneint.200 Eine solche Verwaltungsaktsbefugnis bedarf nach dieser Auffassung einer besonderen gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage, sofern diese nicht ausnahmsweise gewohnheitsrechtlich begründet ist.201 Im Einrichtungsrecht fehlt es dabei sowohl an der formalgesetzlichen Begründung einer öffentlich-rechtlichen Sachherrschaft durch die Widmung als auch an der formal195
Ausf. zur Sonderverordnung s. bereits 1. Kap. A. III. 2. b) gg). Axer, Die Widmung als Schlüsselbegriff, S. 122. 197 Vgl. dazu Kessen, Die Sicherung der Widmung öffentlicher Sachen, S. 60 ff.; Papier, Recht der öffentlichen Sachen, S. 82 m.w. N. 198 So Salzwedel, DÖV 1963, 241 (249 f.). 199 BVerwG, DÖV 1975, 208; Kessen, Die Sicherung der Widmung öffentlicher Sachen, S. 62; Papier, Recht der öffentlichen Sachen, S. 82 m.w. N.; Pappermann/Löhr, JuS 1980, 191 (198); Frotscher, VerwArch 62 (1971), S. 153 (159 f.); a. A. noch Salzwedel, DÖV 1963, 241 (249 f.). 200 Manssen, JuS 1992, 745 (746) m.w. N. 201 Berg, JuS 1982, 260 (262); Manssen, JuS 1992, 745 (746); Pappermann/Löhr/ Andriske, Recht der öffentlichen Sachen, S. 165. 196
220
4. Kap.: Rationalitätsmuster der Zulässigkeit von Benutzungsregelungen
gesetzlichen Rechtsgrundlage etwaig mit ihr zu verbindender materieller Verpflichtungen gegenüber Dritten. Auf eine öffentlich-rechtliche Sachherrschaft des Einrichtungsträgers kann zur Begründung der Verwaltungsaktsbefugnis somit bereits im Ansatz nicht abgestellt werden. Insofern käme also die Anstaltsgewalt als gewohnheitsrechtliche Begründung einer Verwaltungsaktsbefugnis in Betracht. Gegen die gewohnheitsrechtliche Begründung einer Verwaltungsaktsbefugnis lassen sich erneut die Schwierigkeiten im Umgang mit dem Erfordernis und der Existenz von Verwaltungsgewohnheitsrecht anführen, insbesondere die einseitige Bildung von Verwaltungsgewohnheitsrecht durch die Rechtsprechung.202 Im Hinblick auf die Handlungsformbefugnis, durch Verwaltungsakt zu handeln, bedarf es des Rückgriffs auf einen Gewohnheitsrechtssatz indes schon im Ansatz nicht. Denn die Befugnis, hoheitliche Handlungsformen zu nutzen, folgt bereits aus der Funktion des öffentlichen Rechts als Sonderrechtsordnung der Hoheitsträger.203 Ein Hinweis auf die „Anstaltsgewalt“ zur Begründung einer Verwaltungsaktsbefugnis im Einzelfall ist somit bei öffentlich-rechtlichen Benutzungsverhältnissen schon gar nicht erforderlich. Von der Verwaltungsaktsbefugnis abzugrenzen ist dagegen die Frage, ob es sich bei nutzungsbezogenen Maßnahmen mit Ordnungsaspekt überhaupt um Verwaltungsakte handelt. Die Qualifizierung muss sich nach den gesetzlichen Merkmalen richten und kann nicht von einer etwaigen Eingriffsintensität der materiellen Handlungsverpflichtung als Rechtsfolge abhängig gemacht werden.204 Die Intensität der Rechtswirkung und die Betroffenheit eines grundrechtlichen Schutzgutes ist daher nicht für die Frage nach der Handlungsform Verwaltungsakt, sondern vielmehr für die Frage relevant, ob der Einrichtungsträger eine solche aktive Verhaltenspflicht normieren und im Einzelfall verlangen darf. Hier ist zu erinnern, dass solche Maßnahmen im Benutzungsverhältnis keine originär gefahrenabwehrrechtlichen Maßnahmen darstellen, sondern auf der Ebene der Benutzungsordnung dem Interessenausgleich der divergierenden Benutzungsinteressen im von der Widmung gesetzten Rahmen dienen.205 Verbleiben solche materiellen Verhaltensanforderungen im Rahmen der Widmung, sind damit entweder keine eigenständigen Belastungswirkungen verbunden oder sie befinden sich als Regelungen der allgemeinen Handlungsfreiheit im Bereich des durch die kommunale Rechtsetzungstätigkeit Möglichen.206 Eine Abstufung anhand etwai-
202
Dazu bereits 4. Kap. A. III. 3. c) bb). Schmidt, NVwZ 2004, 930 (933). 204 In diese Richtung Dietlein, Jura 2002, 445 (451, Fn. 78) unter Anführung des Badekappengebots als Ordnungsmaßnahme. 205 S. ausf. 1. Kap. A. III. 1. 206 S. ausf. zu benutzungsausgestaltenden und benutzungsbezogenen Regelungswirkungen bereits 3. Kap. B. III. 2. und 3. 203
A. Die Anstaltsgewalt
221
ger Eingriffsintensitäten für die Qualifizierung als Verwaltungsakt geht damit ins Leere.
IV. Fazit: Das Potential der „Anstaltsgewalt“ als moderner Rechtsbegriff Die „Anstaltsgewalt“ ist seit jeher mit einem Mangel an begrifflicher und inhaltlicher Klarheit versehen. Festgestellt werden muss, dass mit dem Begriff der „Anstaltsgewalt“ nicht ein vorgeformtes und einheitliches Rechtsinstitut,207 sondern ein zeitlich und inhaltlich wandelbarer Begriff erfasst wird, der in Bedeutungsinhalt und Wirkweise ganz unterschiedlich ausgefüllt wurde und insofern mit zahlreichen Ungewissheiten konnotiert ist. Gerade mit Blick auf den Ursprung der Anstaltsgewalt in der Lehre vom sog. besonderen Gewaltverhältnis kann diese unter dem Grundgesetz nicht mehr als eigenständige, ungebundene Rechtsmacht des Einrichtungsträgers verstanden werden, sondern lediglich als die Gesamtheit der Funktionen und Befugnisse, die der Einrichtung im Rahmen der Verfassungsordnung zustehen können. Neben einer solchen bloß zusammenfassenden, deskriptiven Funktion kann unter Bezug auf den Begriff allein jedoch keine weitergehende Aussage über die Zulässigkeit einer Benutzungsregelung getroffen werden. Für die Überprüfung der Zulässigkeit einer Benutzungsregelung bedarf es eines Rückgriffs auf den Begriff der Anstaltsgewalt auch nicht. Die Probleme sog. belastender Benutzungsregelungen können heute dogmatisch vielmehr anhand des Kommunalrechts und des Leistungsverwaltungsrechts gelöst werden. Benutzungsregelungen, die der Ausgestaltung der Benutzung als Verwaltungsleistung dienen, also benutzungsausgestaltenden Charakter aufweisen, können bereits keine Belastungswirkung entfalten. Die Zulässigkeit von Benutzungsregelungen, insbesondere materiellen Verhaltenspflichten, mit bloß benutzungsbezogenem Charakter ist über die Zuordnung der Wesentlichkeitsdoktrin unter Beachtung der kommunalspezifischen Besonderheiten zu klären. Die Zweckgerichtetheit der Benutzungsregelung ist nicht alleinige Grundlage der Anstaltsgewalt, sondern kann ebenfalls über die kommunalrechtliche und leistungsverwaltungsrechtliche Dogmatik sicher eingegrenzt werden. Zulässig wäre allein eine Anreicherung des Bedeutungsinhalts des Begriffs der Anstaltsgewalt als Handlungsformbefugnis zugunsten eines Verwaltungsakts. Ob hierfür jedoch die Verwendung des Begriffs der Anstaltsgewalt sinnvoll erscheint, muss bezweifelt werden. Notwendig ist die Begriffsverwendung aufgrund der Sonderrechtsstellung der Einrichtungsträger als Hoheitsträger jedenfalls nicht. Ein eigener, abgrenzbarer Aussagegehalt, der einen eigenständigen Begriff „Anstaltsgewalt“ zweckmäßig macht, kann abschließend also nicht ausgemacht 207
So bereits auch Oeltze, Funktionen und Grenzen der Anstaltsgewalt, S. 63.
222
4. Kap.: Rationalitätsmuster der Zulässigkeit von Benutzungsregelungen
werden. Neben der fehlenden Zweckmäßigkeit der Begriffsbildung trägt die Anstaltsgewalt zudem begrifflich so viele „Altlasten“ mit sich, dass ein Abschied vom Begriff angezeigt sein dürfte. Als Parameter für eine tragfähige Abgrenzung von zulässigen und unzulässigen Benutzungsregelungen müssen daher weitere Rationalitätsmuster betrachtet werden.
B. Anstaltszweck und Funktionsfähigkeit Wird der Begriff der Anstaltsgewalt vermieden, so lässt sich in der Rechtsprechung ein Rekurs auf die Termini des „Anstaltszwecks“ 208 sowie seit geraumer Zeit auch der „Sicherung der Funktionsfähigkeit der Einrichtung“ 209 feststellen, um Regelungsbefugnisse im Zusammenhang mit Benutzungsregelungen zu bejahen. Inwieweit diese Begriffe jedoch als taugliche Rationalitätsmuster zur Beschreibung von dem zulässigen Inhalt und den Grenzen der Regelungsbefugnisse von Einrichtungsträgern in Betracht kommen, ist weder in Rechtsprechung noch in der Wissenschaft genauer beschrieben worden. Insbesondere die Einordnung in die Differenzierungsebenen des Benutzungsverhältnisses sowie Struktur, Argumentationskraft und Reichweite müssen für beide Begriffe entwickelt werden, sofern ihnen als Rationalitätsmuster Bedeutung zukommen soll.
I. Der „Anstaltszweck“ als Rationalitätsmuster Benutzungsregelungen sollen nach der bisher wohl überwiegenden Auffassung jedenfalls solange rechtmäßig sein, wie sie vom Zweck der Anstalt gedeckt sind.210 Im Folgenden wird zu untersuchen sein, ob und inwieweit der Anstaltszweck tatsächlich als ein solches Rationalitätsmuster zur Feststellung des möglichen Inhalts, aber auch zur Eingrenzung der Regelungsbefugnisse von Einrichtungsträgern angesehen werden kann. 208 Vgl. etwa zunächst mit Blick auf friedhofsrechtliche Benutzungsregelungen BVerwGE 17, 119 (120 f.); HessVGH, Beschl. v. 28.07.1988 – 11 N 873/85 –, BeckRS 1988, 113513, Rn. 5; OVG NRW, NVwZ-RR 1991, 253 (254); OVG RhPf, NVwZ 1990, 96 (98); insb. im Hinblick auch auf Gewerbetreibende BayVGH, Beschl. v. 26.02.1999 – 4 N 98.1181 –, BeckRS 2005, 28973; sodann allgemein für Benutzungsregelungen VGH BW, NJW 1979, 1900 (1901); NVwZ-RR 1994, 325 (326 ff.); OVG RhPf, NVwZ 2020, 170 (172); wohl auch BVerwG, NVwZ 1998, 952 (953). 209 Vgl. etwa VGH BW, NVwZ-RR 1994, 325 (328); ThürOVG, NVwZ 1998, 871 (872); OVG LSA, Urt. v. 22.06.2011 – 3 K 483/10 –, BeckRS 2011, 52499; BayVGH, Beschl. v. 20.12.2016 – 4 CE 16.1939 –, BeckRS 2016, 112484. 210 So etwa OVG RhPf, NVwZ 2020, 170 (172); VGH BW, Beschl. v. 07.07.1975, I 884/74, ESVGH 25, 203 (208); Frank, Anstaltspolizei und Anstaltsgewalt, S. 142 m.w. N.; ebenso noch Lange, VVDStRL 44 (1986), S. 169 (184); Schmidt-Aßmann, Die kommunale Rechtsetzung im Gefüge der administrativen Handlungsformen und Rechtsquellen, S. 42; Gern/Brüning, Deutsches Kommunalrecht, Rn. 944; ablehnend dagegen Brehm, Benutzungsregelungen, S. 130 f.
B. Anstaltszweck und Funktionsfähigkeit
223
Als Synonym zum Anstaltszweck findet sich in Literatur und Rechtsprechung auch der Begriff Einrichtungszweck211 und Widmungszweck.212 Der Begriff des Widmungszwecks kann synonym verwendet jedoch zu Ungenauigkeiten führen, da hiermit nicht nur der Zweck des Widmungsinhalts als Verwaltungsleistung, sondern auch der Zweck der Widmungsentscheidung selbst beschrieben werden kann, der in der Öffnung der Einrichtung für die Öffentlichkeit als Benutzungsvoraussetzung liegt. In Bezug auf die Verwendung des Begriffs Anstaltszweck schlägt die Kritik am Anstaltsbegriff durch: Da es bei Fragen im Zusammenhang mit der Zweckbestimmung allein um die Nutzung und nicht um die Organisationsform „Anstalt“ gehen kann,213 sollte in Übereinstimmung mit einer rein organisationsrechtlichen Bestimmung des Anstaltsbegriffs der Begriff „Anstaltszweck“ vermieden werden. Im Folgenden wird daher grundsätzlich von Einrichtungszweck gesprochen, es sei denn die Unterscheidung oder Erläuterungen zwischen Anstalt und Einrichtung sind entscheidend. 1. Anwendungsbereiche des Einrichtungszwecks Der Begriff des Zwecks ist in seinem Verwendungssinn vieldeutig, elastisch und ambivalent.214 Der Einrichtungszweck dient auch als Begründungsmoment auf verschiedenen Ebenen der rechtlichen Auseinandersetzung im Benutzungsverhältnis. In der Grabmal-Entscheidung215 dient der Einrichtungszweck etwa zunächst zur Begründung der formellen Regelungsbefugnis der Gemeinde als Einrichtungssträgerin des Friedhofs und wird in den späteren Entscheidungsgründen als legitimer Zweck im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung in Anschlag gebracht; im Übrigen, insbesondere bei der Begründung der tauglichen Ermächtigungsgrundlage in Form der Satzungsnorm, wird er dagegen nicht angesprochen. Um sich eine rechtliche Einordnung des Einrichtungszwecks zu erarbeiten, bedarf es daher zunächst einer Untersuchung seiner Anwendungsbereiche. a) Der Einrichtungszweck als Befugnisgrenze Der Einrichtungszweck wird sowohl als Grundlage für die formelle wie für die materielle Regelungsbefugnis des Einrichtungsträgers herangezogen. Für die formelle Regelungsbefugnis sichert der Bezug zum Einrichtungszweck die Grenzen 211 S. etwa BayVGH, NJW 1985, 1663 (1663 f.); VGH BW, NVwZ 1999, 565 (565); OVG RhPf, NVwZ-RR 2009, 394 (395). 212 S. etwa NdsOVG, NordÖR 2018, 429 (430 f.); VG Düsseldorf, Urt. v. 10.07.2013 – 5 K 4471/13 –, BeckRS 2013, 53999; VG Düsseldorf, Beschl. v. 06.02.2017 – 18 L 213/17 –, BeckRS 2017, 101092, Rn. 7. 213 S. dazu 2. Kap. B. I. 1. c). 214 Ausf. Wischmeyer, Zwecke im Recht des Verfassungsstaates, S. 1 ff., 208 ff.; Schober, Der Zweck im Verwaltungsrecht, S. 3 m.w. N. 215 BVerwGE 148, 133 (144 f.).
224
4. Kap.: Rationalitätsmuster der Zulässigkeit von Benutzungsregelungen
der Verbandskompetenz.216 Denn der Einrichtungszweck wird durch die Widmung festgelegt, die wiederum selbst als kommunaler Rechtsakt nur in den Grenzen des kommunalen Selbstverwaltungsrechts ergehen kann. Halten sich Benutzungsregelungen ausschließlich im Rahmen des Einrichtungszwecks, halten sie sich demnach auch im durch Widmung festgelegten Benutzungsrahmen und – sofern der Widmungsakt rechtmäßig ist – im Rahmen der Verbandskompetenz. Aufgrund des Widmungsbezugs des Einrichtungszwecks kann dieser zudem für die Grenzziehung der materiellen Regelungsbefugnis Anknüpfungspunkt sein. Insofern wird der Einrichtungszweck als inhaltliche Grenze der Regelungsbefugnisse, insbesondere der Satzungsgewalt des kommunalen Einrichtungsträgers, angesehen.217 Hinsichtlich der materiellen Grenzziehungsfunktion des Einrichtungszwecks ist zwischen den freiwilligen und den pflichtigen Benutzungsverhältnissen zu unterscheiden. Im Rahmen der freiwilligen Benutzungsverhältnisse setzt sich der Einrichtungsträger mit dem Einrichtungszweck eine zusätzliche Konkretisierungsebene und damit eine ihn bei der Ausgestaltung der Benutzung als Verwaltungsleistung selbst bindende Grenze. Der Einrichtungszweck stellt insoweit einen Selbstbindungsmechanismus des Einrichtungsträgers dar, der zur Folgerichtigkeit und Willkürfreiheit anhalten soll.218 Damit kommt dem Einrichtungszweck vor allem auch eine Bändigungs- und Steuerungsfunktion der Regelungsbefugnisse im Hinblick auf das Rechtsstaats- und Demokratieprinzip zu.219 Im Rahmen der Selbstbindung kann dem Einrichtungszweck auch die Eigenschaft zukommen, die Folgerichtigkeit bei der Ausgestaltung der Nutzungsbedingungen anhand des Einrichtungszwecks in Ansehung des möglichen Widmungsinhalts zu gewährleisten. Im Rahmen der verpflichtenden Benutzungsverhältnisse kommt dem Einrichtungszweck aus einer anderen Perspektive die Funktion einer materiellen Befugnisgrenze zu. Denn hier geht es nicht um die freiwillige Benutzung einer zur Verfügung gestellten Verwaltungsleistung, sondern vielmehr um die Ausgestaltung der Benutzungspflicht, die zumindest einen Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit darstellt. Hier sichert die notwendige Ausrichtung der Regelung auf den Einrichtungszweck den unmittelbaren, funktionellen Zusammenhang mit dem pflichtigen Benutzungsvorgang und damit überhaupt dessen Ausgestaltungs- bzw. Konkretisierungsmöglichkeit.220
216
Vgl. BVerwGE 148, 133 (137 ff.). Ausdrücklich VGH BW, NVwZ-RR 1994, 325 (326 f.). 218 Ähnl. VGH BW, NJW 1979, 1900 (1901); zum Einrichtungszweck als Ausdruck des Willkürverbots Gassner, VerwArch 85 (1994), S. 533 (535 ff.). 219 Ähnl. Lange, VVDStRL 44 (1986), S. 169 (175 f.). 220 Vgl. BVerwGE 17, 119 (120 f.); HessVGH, Beschl. v. 28.07.1988 – 11 N 873/ 85 –, BeckRS 1988, 113513, Rn. 5. 217
B. Anstaltszweck und Funktionsfähigkeit
225
b) Der Einrichtungszweck als auslegungsleitendes Kriterium In engem Zusammenhang mit dem Anwendungsbereich des Einrichtungszwecks als materielle Regelungsgrenze steht auch die Deutung desselben als Auslegungskriterium. Der Einrichtungszweck kann insoweit maßgeblich für die Auslegung von unbestimmten Begriffen im Zusammenhang mit der Benutzung sein, die zu Unsicherheiten mit Blick auf den Umfang der Widmung führen. Ist eine Benutzungsregelung aus sich heraus nicht unmissverständlich oder wohnt ihr ein Auslegungsspielraum inne, so ist der Einrichtungsträger bei der Auslegung der Bestimmung nicht gänzlich frei, sondern muss sich bei der Auslegung am Einrichtungszweck ausrichten. Dabei ist zu beachten, dass dem Einrichtungsträger zwar ein eigener Entscheidungsspielraum zusteht, jedoch nur insoweit die Regelungsbefugnisse auch reichen. Insofern ist auch die Auslegung durch den Einrichtungszweck an die durch eben diesen gezogene Befugnislinie gebunden. Erfordernisse und Bedingungen des jeweiligen Einrichtungszwecks bestimmen damit von vornherein den Umfang der geschaffenen und bereit gestellten Benutzungsmöglichkeit.221 So kann die Kommune als Einrichtungsträgerin eines kommunalen Schwimmbads etwa nicht das Tatbestandsmerkmal „übliche Badebekleidung“ im Rahmen einer politischen Entscheidung selbst treffen, sondern ist hierbei auf den Einrichtungszweck, namentlich die Förderung der Gesundheit sowie die Erholung und Freizeitgestaltung, beschränkt.222 Die Üblichkeit von Badebekleidung ist damit allein anhand der Kriterien Gesundheit, Erholung und Freizeitgestaltung aller Benutzer des Schwimmbades zu ermitteln. Dabei kann grundsätzlich darauf abgestellt werden, dass Badebekleidung, die den gesamten Körper bedeckt wie etwa ein Burkini, aber auch ein Neoprenanzug, nicht „üblich“ in diesem Sinne ist, da mögliche übertragbare Krankheiten in diesem Fall nicht erkannt werden können und somit der Einrichtungsteilzweck „Gesundheit“ beeinträchtigt ist.223 Die Kommune ist jedoch auch deshalb bei der Auslegung an den Einrichtungszweck gebunden, da eine vorangestellte Zweckbestimmung einen Regelungskomplex vorgibt, der im Rahmen der Selbstbindung für die teleologische Auslegung nachfolgender Benutzungsvorschriften wichtige Hinweise liefert. Insofern genügt eine bloße Vertretbarkeitsprüfung der Benutzungsregelung im Hinblick auf den Einrichtungszweck nicht.224 Vielmehr erfordert die Selbstbindung an den Einrichtungszweck einen widerspruchsfreien und folgerichtigen Nutzungsregelungskomplex. Abzugrenzen ist die Frage nach der Auslegung durch den Einrichtungszweck jedoch von der Frage nach der Auslegung des Einrichtungszwecks selbst, sofern 221
NdsOVG, DÖV 1986, 341 (341); VGH BW, NVwZ-RR 1994, 325 (326 f.). OVG RhPf, NVwZ 2020, 170 (172). 223 Vgl. OVG RhPf, NVwZ 2020, 170 (172); zur gleichheitsrechtlichen Folgefrage in diesem Zusammenhang sogleich d). 224 So aber Lange, Kommunalrecht, 13. Kap. Rn. 69 (S. 826). 222
226
4. Kap.: Rationalitätsmuster der Zulässigkeit von Benutzungsregelungen
dieser auslegungsfähig und auslegungsbedürftig ist.225 Oftmals wird der Einrichtungszweck jedoch nicht derart konkret gefasst sein, dass eine Benutzungsregelung hierzu in einem ausdrücklichen Dissens steht. Hier helfen möglicherweise Konkretisierungen bzw. Hilfsüberlegungen zum Einrichtungszweck. Ein erster Anknüpfungspunkt der Auslegung der Benutzungsregelungen anhand des Einrichtungszwecks könnte eine „Üblichkeit“ darstellen. Gegen ein solches Kriterium spricht jedoch – neben dessen eigener Vagheit – die fehlende Verallgemeinerungsfähigkeit sowie die Mehrheitsbelastung des Kriteriums. In diesem Sinne lässt sich auch für die Einrichtungstätigkeit ein ursprünglich aus dem öffentlichen Sachenrecht stammendes Prinzip handhabbar machen, das unter dem leistungsverwaltungsrechtlichen Blickwinkel des Vorbehalts des Möglichen auch ein Optimierungsgebot der Verwaltungsleistung anspricht.226 Gemeint ist der Grundsatz der Gemeinverträglichkeit, der als objektives Kriterium nicht allein dem Gemeingebrauch eigen ist.227 Im Einrichtungswesen könnte diesbezüglich wohl besser von Einrichtungsverträglichkeit bzw. Nutzungsverträglichkeit zu sprechen sein. Damit werden Benutzungsregelungen bei Unklarheiten dahingehend auszulegen sein, dass eine nicht mehr nutzungsverträgliche Benutzung bereits außerhalb des Widmungszwecks liegt.228 Hintergrund ist erneut der Charakter des Benutzungsvorgangs. Handelt es sich um ein freiwilliges Benutzungsverhältnis, liegt dem Benutzungsvorgang als Verwaltungsleistung im weiteren Sinne die Nutzungsverträglichkeit aller Benutzer zugrunde; handelt es sich dagegen um ein verpflichtendes Benutzungsverhältnis, treffen die Benutzer wie die Einrichtungsträger besondere Rücksichtnahmepflichten. Durch die Bindung der Benutzungsregelung an den Einrichtungszweck wird zudem ein Koppelungsverbot abgesichert. Denn bei freiwilligen Benutzungsverhältnissen, die auf einer Einwilligung der Benutzung durch die (potentiellen) Benutzer beruhen, kann von der Freiwilligkeit der Benutzung nur dann gesprochen werden, wenn sich die Benutzung im Rahmen der zuvor bekannten Widmung hält. Eine über den Einrichtungszweck hinausgehende materielle aktive Verhaltenspflicht ist von der Leistung entkoppelt; von einer Freiwilligkeit kann in diesem Fall nicht die Rede sein. c) Der Einrichtungszweck als legitimer Zweck des Übermaßverbots Der Einrichtungszweck kann bei belastenden Benutzungsregelungen im Benutzungsverhältnis als Einstieg in die Verhältnismäßigkeitsprüfung fungieren und im 225
Hierzu unten 4. Kap. C. III. 2. S. ausf. zur Herleitung sogleich 4. Kap. B. II. 2. b). 227 Evertz, Die Bedeutung der Grundrechte im Zusammenhang mit der Benutzung gemeindlicher öffentlicher Einrichtungen, S. 119. 228 Evertz, Die Bedeutung der Grundrechte im Zusammenhang mit der Benutzung gemeindlicher öffentlicher Einrichtungen, S. 163. 226
B. Anstaltszweck und Funktionsfähigkeit
227
Rahmen der anzustellenden Zweck-Mittel-Relation herangezogen werden. Die Zweckbestimmung kann daher maßstabsbildend für die Verhältnismäßigkeit sein und gibt das Entscheidungsprogramm der Verwaltung vor. Als Grundrechtsverpflichtete ist die Kommune als Einrichtungsträgerin stets an die Beachtung des Verhältnismäßigkeitsprinzips gebunden. Handelt es sich bei den Benutzungsregelungen tatsächlich um selbständige Grundrechtseingriffe, so ist die Verhältnismäßigkeitsprüfung unproblematisch durchzuführen. In diesen Fällen wird der Vorbehalt des Gesetzes als Eingriffsvorbehalt aktiviert. Je nach betroffenem Grundrecht ist damit schon die Tauglichkeit der Benutzungsordnung als zum Eingriff ermächtigende Rechtsgrundlage aufgrund der speziellen grundrechtlichen Gesetzesvorbehalte zweifelhaft; im Übrigen richtet sich die Tauglichkeit nach der Grundrechtsrelevanz und insbesondere der Betroffenheitsintensität im Einzelfall. Ist eine Ausgestaltung durch eine sublegale Benutzungsordnung nach diesen zugrunde gelegten Anforderungen möglich, muss die Benutzungsregelung anhand des Verhältnismäßigkeitsgedankens überprüft werden. So ist beispielsweise eine Gestaltungsvorschrift für Urnengräber schon nicht geeignet, die, zulässig unter den Gesundheitsschutz als Einrichtungszweck zu fassende, ordnungsgemäße Verwesung der Leichen zu erreichen; denn für Urnengräber stellt sich die Frage der Verwesung nicht.229 Handelt es sich jedoch nicht um selbständige Grundrechtseingriffe, sondern um die teilhaberechtliche Dimension als Regelung der bereitgestellten Benutzung, wirft die Zweck-Mittel-Relation weitere Fragen auf. „Kernproblem“ 230 der Verhältnismäßigkeitsprüfung im Bereich staatlicher Leistungen ist die juristische Erfassung und Handhabbarmachung des die Teilhabegewährungen prägenden Einrichtungszwecks. Der Einrichtungszweck kann im Rahmen einer Verhältnismäßigkeitsprüfung hierbei allerdings aus der Perspektive der Rechtsverhältnislehre betrachtet werden: Der Einrichtungszweck ist hiernach nicht als feststehende Größe, sondern als Belang, dessen Bedeutung im Einzelfall erst aus einer „dialogischen Abwägung“ 231 der sich im Benutzungsverhältnis gegenüberstehenden Rechtsbelange zwischen Leistungsempfänger und Leistungserbringer folgt, zu betrachten. In diesen Perspektivwechsel von der Handlungsformenlehre und damit einem teleologischen Verwaltungsrechtsverständnis weg und zur Rechtsverhältnislehre und damit einem dialogischen Verwaltungsrechtsverständnis hin ist demnach auch der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz einzubetten. Verhältnismäßig ist demnach, was dem tatsächlichen und rechtlichen Verhältnis der Beteiligten im Rechtsverhältnis entspricht.232 Der Einrichtungszweck kann somit als Teilaspekt
229
VGH BW, Urt. v. 28.06.2016 – 1 S 1243/15 –, BeckRS 2016, 49507, Rn. 27. Haverkate, Rechtsfragen des Leistungsstaats, S. 35. 231 Gröschner, Die Verwaltung 30 (1997), S. 301 (337); ausf. hierzu Jestaedt, in: v. Schlieffen (Hrsg.), Republik-Rechtsverhältnis-Rechtskultur, S. 211 (211). 232 Ausf. hierzu Sobota, Das Prinzip Rechtsstaat, S. 245 ff. 230
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4. Kap.: Rationalitätsmuster der Zulässigkeit von Benutzungsregelungen
des Übermaßverbots auch im Bereich der Leistungsverwaltung zur Optimierung der Belange des Benutzers und des Einrichtungsträgers zur Austarierung der Benutzungsbelange angesehen werden. d) Der Einrichtungszweck als Differenzierungskriterium Neben der Aktivierung in der grundsätzlich eingriffszentrierten Sicht des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes kann der Einrichtungszweck auch als sachliches Differenzierungskriterium im Rahmen einer gleichheitsrechtlichen Betrachtung in Anschlag gebracht werden. Hierbei sind nicht nur Fragen der Verteilungsgerechtigkeit bei Auswahlentscheidungen, also auf der Ebene der Zulassungsentscheidung und damit des Entstehens des Benutzungsverhältnisses, relevant. In diesem Zusammenhang können insbesondere Fragen der Kapazitätsbegrenzung durch den Einrichtungszweck rationalisiert werden. Jedoch geht es bei der Ausrichtung am Einrichtungszweck nicht um die Auswahlentscheidung der potentiellen Benutzer. Diese hat anhand quantitativer Auswahlmechanismen zu erfolgen.233 Vielmehr kann der Einrichtungszweck als sachliches Kriterium für die Entscheidung und inhaltliche Festlegung der Kapazitätsbegrenzung als solcher dienen, etwa wenn eine gemeindeinterne räumliche oder zeitliche Grenzziehung ausgerichtet am Einrichtungszweck anhand der Ortsbezirke („Nordfriedhof“) über Nutzungsgrenzen eines Friedhofsgrabes entscheidet oder die örtliche Radizierung von Wasserleitungen auf Bewohner nur einen bestimmten Gemeindeteil betrifft.234 Auch die Entscheidung über eine Sonderbenutzung der Einrichtung ist anhand des Einrichtungszwecks zu leisten; Ablehnungsgründe müssen demnach einrichtungsbezogen sein.235 Auch Fragen unterschiedlicher Benutzungsinteressen innerhalb des Benutzungsverhältnisses können gleichheitsrechtliche Nutzungsprobleme aufwerfen, die anhand des Einrichtungszwecks lösbar sind. Der Einrichtungszweck als sachlicher Grund einer Differenzierung ist somit auch Konfliktlösungsmechanismus innerhalb des Benutzungsverhältnisses. Denn potentielle Konflikte zwischen begehrter Nutzung und Einschränkung der Benutzung aufgrund des Einrichtungszwecks lassen sich aus sachlichen, am Einrichtungszweck orientierten Gründen auflösen. So kann etwa den ganzen Körper bedeckende Badebekleidung aufgrund etwaiger Gesundheitsgefahren den Einrichtungszweck beeinträchtigen und daher nicht als übliche Badebekleidung angesehen werden. Allerdings ist eine weitergehende Differenzierung zwischen solcher den ganzen Körper bedeckender Badebekleidung sachfremd, wenn ohne sachlichen Grund zwischen einzelnen Ausführungen solcher den ganzen Körper bedeckender Badebekleidung – wie
233 234 235
S. ausf. dazu oben 1. Kap. A. II. Lange, Kommunalrecht, 13. Kap. Rn. 75 f. (S. 828 f.) m.w. N. Stelkens, WiVerw 2015, 45 (48 f.); Barthel, WiVerw 2016, 22 (24).
B. Anstaltszweck und Funktionsfähigkeit
229
einerseits dem Burkini und andererseits dem Neoprenanzug – differenziert wird. Ein sachliches Kriterium im Rahmen des durch den Einrichtungszweck vorgegebenen und im konkreten Fall betroffenen Regelungskonzeptes „Gesundheitsschutz“, das hier eine weitere Differenzierung ermöglichen könnte, ist nicht auszumachen. Auch wenn beide Bekleidungsausführungen in unterschiedlichem Ausmaß zeitlich begrenzt zugelassen werden, sind die Anforderungen an den Einrichtungszweck im Sinne des Schutzes vor Gesundheitsgefahren anderer Personen im Wasser während der Benutzung identisch; eine am Gesundheitsschutz der Benutzer des Bades ausgerichtete, weitere Differenzierung ist daher nicht gegeben.236 Dies verdeutlicht, dass der Einrichtungszweck das maßgebliche Regelungskonzept vorgibt, das auch unter gleichheitsrechtlichen Gesichtspunkten zu überprüfen ist. Auch hier wird damit der Selbstbindungsmechanismus des Einrichtungsträgers durch die Festlegung innerhalb der Widmung in den Vordergrund gestellt. Aufgrund dieser Selbstbindung können sachliche Differenzierungskriterien nur solche sein, die mit dem Einrichtungszweck in unmittelbarem Zusammenhang stehen. 2. Rechtliche Einordnung Die dargestellten Anwendungsfelder für die Heranziehung des Einrichtungszwecks und dessen Wirkdimensionen können nun systematisiert und rechtlich eingeordnet werden. a) Der „Anstaltszweck“ als Grund und Grenze der Anstaltsgewalt Traditionell wurde der Anstaltszweck als Richtungswert zur Bestimmung des Umfangs der Anstaltsgewalt im Rahmen des besonderen Gewaltverhältnisses verstanden.237 Aber auch in späterer Zeit wurde der Anstaltszweck noch als der den zulässigen Gestaltungsraum für Benutzungsregelungen bestimmende Faktor und Ausfluss der Anstaltsgewalt angesehen.238 Hintergrund der Begrenzung auf den Anstaltszweck war der Ursprung und die Begründung der Anstaltsgewalt im besonderen Gewaltverhältnis. Mit tatsächlicher Einverleibung des Benutzers in den Bannkreis der Anstalt musste sich dieser den Regelungen des Anstaltsträgers ohne Beachtung eigener subjektiver Rechte unterwerfen, um einen möglichst störungsfreien und reibungslosen Ablauf der – bildlich gesprochenen – „Maschine-
236
OVG RhPf, NVwZ 2020, 170 (172 f.). Wolff/Bachof/Stober/Kluth, Verwaltungsrecht II, § 86 Rn. 61, 104; Thieme, DÖV 1956, 521 (525 f.); vgl. Clement, Der Vorbehalt des Gesetzes, S. 156; Erichsen, in: Menger (Hrsg.), FS Wolff, S. 219 (229); Evers, Das besondere Gewaltverhältnis, S. 7 f.; Loschelder, Vom besonderen Gewaltverhältnis zur öffentlich-rechtlichen Sonderbindung, S. 27 ff. 238 So ohne Problematisierung Greifeld, DÖV 1981, 906 (908). 237
230
4. Kap.: Rationalitätsmuster der Zulässigkeit von Benutzungsregelungen
rie Anstalt“ 239 und damit die Erfüllung des Anstaltszwecks zu ermöglichen; der Benutzer wurde damit zum „Funktionär anstaltlich verfolgter Staatszwecke“ 240. Inhaltlich ausgefüllt wurde die so verstandene Anstaltsgewalt durch eine umfassende Befehls- und Weisungsbefugnis, mithilfe derer das Verhalten der Benutzer zur Erreichung des Anstaltszwecks gesteuert werden konnte. In der Literatur wurden in diesem Zusammenhang etwa Rauchverbote und Kleidungsvorschriften in städtischen Freibädern, Tauglichkeitsanforderungen für Werkzeuge in kommunalen Schlachtbetrieben241 oder Wohnungsbetretungsrechte zur Überprüfung von Gasleitungen oder des Gaszählers im Zusammenhang mit städtischen Energieversorgern242 genannt.243 Wurde die tatsächliche Einverleibung in den Bereich der freiwilligen Anstaltsverhältnisse traditionell mit der „freiwilligen Unterwerfung“ des Einzelnen unter die Anstalt und damit auch unter die Anstaltsgewalt begründet, um die angebotene Leistung zu erhalten, so lag darin die lebensnahe Vermutung, dass sich der Anstaltsnutzer nur in dem Maße freiwillig der Anstaltsgewalt unterwerfe, in dem dies für die Erreichung des konkreten Leistungszwecks notwendig sei.244 Aber auch bei verpflichtenden Anstaltsverhältnissen, wenn die Benutzungspflicht gesetzlich angeordnet war, aber der Umfang der Regelungsbefugnisse sich nicht detailliert aus der gesetzlichen Anordnung ergab, wurde der Umfang der Anstaltsgewalt ebenso aus dem Anstaltszweck entnommen.245 Bei gesetzlich angeordneten pflichtigen Anstaltsverhältnissen lag die Bindung an den Anstaltszweck darin begründet, dass Eingriffe in die Rechte des Nutzers außerhalb des Anstaltszwecks nicht mehr ihre Rechtsgrundlage in der Anstaltsgewalt als Sondergewalt, sondern allein in der delegierten Staatsgewalt finden können und damit den allgemeinen Verfassungsgrundsätzen, insbesondere dem Vorbehalt des Gesetzes unterlägen.246 Mit dieser Zweck-Lehre war indes die Vorstellung der beliebigen
239 Vgl. zu diesem Vorstellungsbild deutlich Mayer, Dt. VerwR, Bd. II, 1. Aufl., § 51, S. 329: „Die öffentliche Anstalt geht ihren eignen Gang als große Maschine.“; zust. für „technokratische“ Rechtsverhältnisse Evers, Das besondere Gewaltverhältnis, S. 21 f.; vgl. dazu auch Loschelder, Vom besonderen Gewaltverhältnis zur öffentlichrechtlichen Sonderbindung, S. 28; Luthe, DVBl 1986, 440 (446). 240 Krebs, NVwZ 1985, 609 (611). 241 Vgl. die Beispiele bei Oeltze, Funktionen und Grenzen der Anstaltsgewalt, S. 106 ff. 242 Schwendy, Anstaltsgewalt und Grundgesetz, S. 93 f. 243 Da solche Anordnungen als inneranstaltliche Weisungen unter der Lehre des besonderen Gewaltverhältnisses zunächst als nicht justiziabel angesehen wurden, fehlt es insoweit an einschlägigen Beispielen aus der Rechtsprechung. 244 Oeltze, Funktionen und Grenzen der Anstaltsgewalt, S. 81; Thieme, DÖV 1956, 521 (524 f.); ausf. hierzu Schwendy, Anstaltsgewalt und Grundgesetz, S. 18 ff. 245 Oeltze, Funktionen und Grenzen der Anstaltsgewalt, S. 70, 81 f.; Thieme, DÖV 1956, 521 (524 f.). 246 Oeltze, Funktionen und Grenzen der Anstaltsgewalt, S. 82.
B. Anstaltszweck und Funktionsfähigkeit
231
Zweckfestsetzung und Zweckanpassung an die Vorstellungen des Anstaltsträgers verbunden, die damit die Rechtsstaatlichkeit im besonderen Gewaltverhältnis geradezu umkehrte.247 Wird also auf den Anstaltszweck als Rechtsbegriff zur Begründung bzw. Eingrenzung der Regelungsbefugnisse von Einrichtungsträgern zur Ausgestaltung von Benutzungsverhältnissen rekurriert, so könnte dies als Weiterführung des Gedankenkonstrukts hinter dem sog. besonderen Gewaltverhältnis gedeutet werden, das den Zweck als Grund und Grenze von Sonderrechtsverhältnissen ansah, jedoch mit der Grundrechtsgeltung und dem Vorbehalt des Gesetzes unter dem Grundgesetz nicht vereinbar ist. In diesem Sinne spräche die Verwendung des Anstaltszwecks nicht für ein neues und belastbares Denk- und Begründungsmuster; es handelte sich vielmehr um ein Gedankenrelikt dieser Zweck-Lehre. Möglicherweise kann sich die Begründungleistung und die Argumentationskraft des Einrichtungszwecks jedoch auch außerhalb des Denkschemas der früheren besonderen Gewaltverhältnisse finden. b) Der Einrichtungszweck aus der Perspektive der Rechtsverhältnislehre In engem Zusammenhang mit dem Verständnis des besonderen Gewaltverhältnisses steht der Blick auf den Einrichtungszweck aus der Perspektive der Rechtsverhältnislehre. Innerhalb eines konkreten Rechtsverhältnisses, wie auch dem Benutzungsverhältnis als verwaltungsrechtlichem Schuldverhältnis, stehen sich grundsätzlich auf beiden Seiten Rechte und Pflichten gegenüber, sodass sich der Einrichtungszweck gegebenenfalls als Ausprägung des Gemeinwohlinteresses hin zu einem Recht des Staates in einem Sinne verdichten kann, wonach der Einrichtungsträger zur Forderung eines bestimmten Tuns, Duldens oder Unterlassens gegenüber dem Benutzer berechtigt ist. Denn im Benutzungsverhältnis können Rechte und Pflichten nicht nur aus der Perspektive der potentiellen Benutzer gesehen, sondern auch auf der Seite des Staates fruchtbar gemacht werden. Konsequenz der Rechtsverhältnisdogmatik als intersubjektive Rechtsbeziehung ist die gegenseitige Anerkennung von Rechten und Pflichten, also auch Rechtspositionen des Staates gegenüber den Leistungsempfängern.248 Insofern könnte die ordnungsgemäße Leistungserbringung als Primärzweck auch als subjektives Recht des Einrichtungsträgers als Leistungsverpflichteten angesehen werden, die somit Rechtsmacht ist, vom Leistungsempfänger kraft des Benutzungsverhältnisses ein bestimmtes Tun, Dulden oder Unterlassen zu verlangen.
247
So bereits Leisner, DVBl 1960, 617 (619). Bauer, Geschichtliche Grundlagen der Lehre vom subjektiven öffentlichen Recht, S. 172 f.; zust. Gröschner, Die Verwaltung 30 (1997), S. 301 (326 f.). 248
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4. Kap.: Rationalitätsmuster der Zulässigkeit von Benutzungsregelungen
Allerdings stehen dem Staat generell keine subjektiven öffentlichen Rechte in diesem Sinne zu.249 Staatshandeln ist durch die Rechtsordnung durch Verleihung von Kompetenzen, Aufgaben und Befugnissen legitimiert, nicht aufgrund von eigenständigen subjektiven Rechten; jedenfalls die synallagmatische Verbindung frei zu vereinbarender Verpflichtungen aus dem Privatrecht ist demnach nicht auf das Verwaltungsrechtsverhältnis übertragbar.250 Der Einrichtungszweck ist also nicht ein irgendwie geartetes Recht, maßgeblich ist vielmehr die konkrete Rechtsbeziehung, deren Ausgestaltungsmöglichkeiten ja gerade in Rede stehen. Aus dem Einrichtungszweck lassen sich somit noch keine konkreten Rechtspositionen des Einrichtungsträgers deduzieren. Eine derartige Deduktion von allgemeinen Rechten erinnerte dagegen stark an die als umfassend erachtete Herrschaftsgewalt innerhalb besonderer Gewaltverhältnisse, deren rechtliche Begründung im Generellen aber auch im Besonderen des Benutzungsverhältnisses eben nicht zu überzeugen vermag. c) Der Einrichtungszweck als „sachgesetzliches“ Fundament der Benutzung Der konkrete Leistungszweck ist nicht nur Motiv, sondern vielmehr Fundament der kommunalen Einrichtungsentscheidung. Erfordernisse und Bedingungen des jeweiligen Einrichtungszwecks bestimmen von vornherein den Umfang der geschaffenen und bereit gestellten Benutzungsmöglichkeit. Bei öffentlichen Sachen im Einrichtungsgebrauch ist das erlaubte Verhalten von vornherein auf den in der Widmung umfassten Einrichtungszweck begrenzt.251 Der Einrichtungszweck wurde insofern als „Sachgesetzlichkeit“ 252 bzw. „zentraler Gegenstand“ 253 der Leistungsbeziehung angesehen, da der Widmungsakt die konkrete Nutzung unter den Vorbehalt der Zulässigkeit von Nutzungsart und Nutzungsumfang sowie der „Nutzungsverträglichkeit“ gegenüber allen (potentiellen) Benutzern stelle. Die Anknüpfung der Benutzungsordnung an den Einrichtungszweck im Sinne einer Sachgesetzlichkeit bedürfe sodann keiner gesetzlichen, satzungsrechtlichen oder gewohnheitsrechtlichen Begründung.254
249 Differenzierend Schoch, in: v. Schlieffen (Hrsg.), Republik-RechtsverhältnisRechtskultur, S. 225 (233 f.); Bauer, Geschichtliche Grundlagen der Lehre vom subjektiven öffentlichen Recht, S. 172 ff. 250 Vgl. Löwer, NVwZ 1986, 793 (799 f.); ausf. hierzu Schoch, in: v. Schlieffen (Hrsg.), Republik-Rechtsverhältnis-Rechtskultur, S. 225 (233 f.). 251 Vgl. BVerfGE 128, 226 (239), ohne dass das BVerfG dies in seiner Entscheidungsbegründung wieder aufgreift. 252 NdsOVG, DÖV 1986, 341 (341). 253 VGH BW, NJW 1979, 1900 (1901); NVwZ-RR 1994, 325 (326 f.); Beschl. v. 25.09.1997 – 1 S 1261/97 –, BeckRS 1997, 23074; NVwZ 1999, 565 (565). 254 NdsOVG, DÖV 1986, 341 (341).
B. Anstaltszweck und Funktionsfähigkeit
233
Sachgesetzliche Eigenheiten können zudem als Negativmerkmale im Rahmen der Wesentlichkeitsdoktrin als Abwägungsentscheidung berücksichtigt werden.255 So sind solche Sachgesetzlichkeiten als Besonderheiten der Rechtsverhältnisse als Belange in die Abwägungsentscheidung einzubringen und sprechen für eine weniger intensive Regelungsdichte, um auf die Sachgesetzlichkeiten in zeitlicher und sachlicher Hinsicht angemessen vor Ort reagieren zu können. Allerdings kann die Einordnung des Einrichtungszwecks als Sachgesetzlichkeit nicht gelingen. Sachgesetzlichkeiten sind allein Tatsachen, die zwingend mit einem Regelungsgegenstand einhergehen. Der Einrichtungszweck ist jedoch Inhalt und Folge des Widmungsakts und steht mit diesem unmittelbar in rechtlichem Zusammenhang. Die Annahme einer diesbezüglichen Sachgesetzlichkeit verkennt sowohl die rechtlichen Differenzierungsebenen und deren Interdependenzen im Benutzungsverhältnis256 als auch die umfangreichen Gestaltungsmöglichkeiten durch die eigenständige Zwecksetzung und Zweckkonkretisierung des kommunalen Einrichtungsträgers.257 d) Der Einrichtungszweck als „grundrechtliches“ Fundament der Nutzung Dem Einrichtungszweck kann allerdings aus grundrechtlicher Perspektive Beachtung als taugliches Rationalitätsmuster zukommen, um den Regelungsbefugnissen der Einrichtungsträger Grenzen zu ziehen. Denn der Einrichtungszweck zieht in Form des Widmungsakts die Grenze des grundrechtlich fundierten Teilhabeanspruchs auf Nutzung der bestehenden Leistung. Insofern kommt der Widmung, welche die Nutzungsart und den Nutzungsinhalt determiniert, eine freiheitsgewährende Wirkung zu. Dieser Teilhabeanspruch aus den Grundrechten der potentiellen Benutzer ist aber begrenzt auf den Leistungsbestand und damit den Widmungsinhalt, der den Einrichtungszweck festlegt. Außerhalb des jeweiligen Einrichtungszwecks besteht grundsätzlich kein grundrechtlich vermittelter Teilhabeanspruch. Zu einer Nutzung außerhalb des Widmungszwecks könnte nur ein originärer Leistungsanspruch verhelfen, der regelmäßig nicht aus den Grundrechten herzuleiten sein dürfte.258 Der im Widmungsakt festgelegte Einrichtungszweck setzt daher die Grenzen des Benutzungsanspruchs als anspruchsbegründender Akt.259 Der Einrichtungszweck ist insoweit Instrument der Auslegung und Konkretisierung des grundrechtlich vermittelten Teilhabeanspruchs auf Benutzung. So be255 256 257 258 259
S. hierzu oben 2. Kap. A. II. 3. d). S. 1. Kap. A. V. Ausf. hierzu s. 4. Kap. C. III. 2. a), b). Zur Grundrechtsdetermination s. ausf. oben 3. Kap. Ehlers, Jura 2012, 849 (850).
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4. Kap.: Rationalitätsmuster der Zulässigkeit von Benutzungsregelungen
steht etwa nach der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung grundsätzlich kein Anspruch auf Benutzung eines Friedhofs zu Versammlungszwecken, denn die Veranstaltung von Versammlungen diene grundsätzlich nicht dem Einrichtungszweck eines Friedhofs, namentlich der Totenandacht.260 Die Versammlungsfreiheit enthalte darüber hinaus auch keinen Verschaffungsanspruch, jeden beliebigen Ort für Versammlungen zu betreten; es komme allein darauf an, ob in der konkreten Situation ein allgemeiner, kommunikativer Verkehr eröffnet sei.261 Dies kann jedoch etwa dadurch der Fall sein, dass durch die Zulassungsentscheidung einer Sonderbenutzung die Verwaltungspraxis der Einrichtung geändert wurde und damit einer den Gleichheitssatz beachtenden Folgebetrachtung zugeführt werden muss oder gar eine Widmungsänderung stattfindet.262 Demzufolge kann nicht davon gesprochen werden, dass der Einrichtungszweck durch die Grundrechte verdrängt worden sei.263 Vielmehr ist der Einrichtungszweck gerade im Lichte der Grundrechte auszulegen und umreißt den Widmungsrahmen. e) Der Einrichtungszweck als immanenter Bestandteil der Widmung Neben den Implikationen des Einrichtungszwecks für die teilhaberechtliche Grundrechtsdimension im Benutzungsverhältnis kommt dem Einrichtungszweck aber vor allem insoweit Relevanz zu, als dass er Bestandteil der Widmung als öffentlich-rechtliche Zweckbestimmung ist. Widmung und Einrichtungszweck stehen in einer beinahe unauflösbaren rechtlichen Verbindung. Widmung und Einrichtungszweck sind daher nicht getrennt voneinander zu betrachten. Die Widmung gibt die Grenze des Einrichtungszwecks vor, der gleichsam zur Auslegung des Widmungsinhalts als Ermessensgrenze des Widmungsakts dient.264 Für die Ausfüllung des Einrichtungszwecks als immanenter Bestandteil der Widmung kann auch das Ergebnis der grundrechtlichen Betrachtung des Einrichtungszwecks mit Blick auf die Widmung handhabbar gemacht werden. Gestaltet eine Benutzungsregelung den Einrichtungszweck unmittelbar aus, kann sie aufgrund der untrennbaren Verknüpfung von Einrichtungszweck und Widmung dogmatisch nicht als Grundrechtseingriff, sondern allein als Inhalt des teilhaberechtlichen Anspruchs auf Benutzung qualifiziert werden.265 Die Zulässigkeit der Benutzungsregelung ist damit jedoch noch nicht abschließend bestimmt. Als 260
BVerfG, NJW 2014, 2706 (2707). Vgl. BVerfGE 128, 226 (251 ff.); BVerfG, NJW 2014, 2706 (2707); vgl. dazu Barthel, WiVerw 2016, 22 (22 f.). 262 BVerfG, NJW 2014, 2706 (2707); krit. Stelkens, WiVerw 2015, 45 (51). 263 So aber Brehm, Benutzungsregelungen, S. 130 f. 264 S. bereits v. Danwitz, JuS 1995, 1 (5 f.). 265 Ausf. zur grundrechtlichen Determination der Widmung s. 3. Kap. B. I. sowie zur Abgrenzung zwischen Benutzungsausgestaltung und bloßem Benutzungsbezug s. 3. Kap. B. III. 2., 3. 261
B. Anstaltszweck und Funktionsfähigkeit
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Konkretisierung der Widmung unterliegt eine solche Benutzungsregelung vielmehr den Rechtmäßigkeitsanforderungen an den Widmungsakt, insbesondere den materiellen Grenzen einer möglichen Widmungsentscheidung und damit der zulässigen Ausübung des Widmungsermessens.266 Der Widmungsbezug kann insofern auch die Zielorientierung und den teilweise in der Rechtsprechung handhabbar gemachten Argumentationstopos erklären, nach dem Benutzungsregelungen auch der „Reibungslosigkeit des Betriebs zur Optimierung der Zweckerreichung“ 267 dienten. Hintergrund ist zunächst die teilhaberechtliche Grundrechtsdimension des Widmungsakts als Ausdruck der Leistungsverwaltung. Teilhaberechtliche Ansprüche stehen unter dem Vorbehalt des Möglichen; aufgrund der grundrechtlich determinierten teilhaberechtlichen Ansprüche aller potentieller Benutzer streitet dies jedoch genauso für eine optimale Ausnutzung der vorhandenen Benutzungskapazitäten. Weiterhin streitet für solch eine Optimierung aus staatlicher Perspektive auch der haushaltsrechtliche Grundsatz der Wirtschaftlichkeit der Verwaltung. Der Einrichtungszweck ist aus leistungsverwaltungsrechtlicher Perspektive „Endzweck“ im Sinne der Herbeiführung eines Enderfolgs. Aktive Verhaltenspflichten, die als materielle Benutzungsregelungen in Betracht kommen, dienen demgegenüber als „Verhaltenszwecke“ ebenso der Erfüllung des Einrichtungszwecks,268 bedürfen jedoch als selbständige Regelungswirkungen einer separaten Untersuchung anhand der Regelungsintensität. Der Einrichtungszweck als immanenter Bestandteil der Widmung kann die dargestellten Anwendungsbereiche vereinen; ihm kommt insoweit auslegungsleitender sowie freiheits- und gleichheitsgewährender Charakter zu und er ist vor dem leistungsverwaltungsrechtlichen Hintergrund der Widmung zu betrachten. Der Widmungsbezug allein kann jedoch noch keine Aussagen über Inhalt und Grenzen der Regelungsbefugnisse treffen. So bleibt der Einrichtungszweck tatsächlich oftmals eine nur vage Beschreibung innerhalb der Benutzungsordnung oder eine Auslegungsfrage im gerichtlichen Verfahren, also letztlich der gerichtlichen Entscheidung vorbehalten. Für dessen zulässige Ausfüllung sind wiederum der Widmungsakt sowie insbesondere dessen Inhalt und Grenzen maßgeblich.269 3. Grenzen des Einrichtungszwecks Aufgrund der rechtlichen Einordnung und möglichen Auswirkungen des Einrichtungszwecks sind dessen Grenzen von besonderer Bedeutung. Zu fragen ist also, welche Handlungsspielräume dem Einrichtungsträger bei der Bestimmung 266
S. ausf. hierzu sogleich 4. Kap. C. Löwer, DVBl 1985, 928 (933). 268 Vgl. zur Unterscheidung zwischen „Endzweck“ und „Verhaltenszweck“ Haverkate, Rechtsfragen des Leistungsstaats, S. 26, 176 ff. m.w. N. 269 Ausf. dazu s. 4. Kap. C. III. 2. 267
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4. Kap.: Rationalitätsmuster der Zulässigkeit von Benutzungsregelungen
und Auslegung des Einrichtungszwecks zukommen können. Deutlich wurde bereits, dass der Einrichtungszweck untrennbar mit der Widmung verbunden ist, sodass die Grenzen der Widmung zugleich jene des Einrichtungszwecks sind.270 Die Entscheidung, eine Einrichtung als gemeindliche öffentliche Einrichtung bereitzustellen, ist ein kommunaler Rechtsakt. Dem Träger der kommunalen Einrichtung steht im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie ein Entscheidungsspielraum bezüglich der Schaffung einer Einrichtung und damit auch ihrer Zwecksetzung zu. Hier treffen also die rechtlichen Regelungsmöglichkeiten auf den kommunalpolitischen Gestaltungswillen. Aus dieser Verbindung folgt ein besonderes Risikopotential, den Einrichtungszweck weit auszulegen, mit mehreren Verwaltungszwecken zu kombinieren oder gar mit widmungsexternen Vorstellungen des Einrichtungsträgers anzustaffeln.271 Diese Fragen einer Zwecksetzungskompetenz und Zweckkonkretisierungskompetenz sind allerdings aufgrund der Widmung als den Einrichtungszweck konstituierenden Rechtsakt nicht unabhängig von der Widmungsentscheidung zu lösen. Inwieweit die inhaltlichen Grenzen des Einrichtungszwecks zu stecken sind, kann also wiederum allein aus der Betrachtung der Widmungsentscheidung folgen. 4. Ergebnis Der Einrichtungszweck kann als Rationalitätsmuster verschiedene Erwägungen im Hinblick auf die Zulässigkeit von Benutzungsregelungen zusammenfassen. So ist der Einrichtungszweck Anknüpfungspunkt für die formelle und materielle Regelungsbefugnisgrenze sowie für die Verhältnismäßigkeitsprüfung im Falle von Belastungswirkungen für die Benutzer. Er dient zudem der Auslegung unklarer Benutzungsregelungen und als sachliches Differenzierungskriterium im Rahmen der gleichheitsrechtlichen Prüfung. Insofern kommt dem Einrichtungszweck eine maßstabsbildende Funktion für die Zulässigkeitsüberpüfung von Benutzungsregelungen zu. Der Einrichtungszweck ist dabei aber vor allem ein rechtstechnisches Instrument, das verschiedene Anwendungsbereiche im Benutzungsverhältnis ausfüllen und zu deren Handhabung beitragen kann. Unabhängig von der Widmungsentscheidung kann der Einrichtungszweck jedoch nicht inhaltlich ausgefüllt werden.
II. Die Funktionsfähigkeit der Einrichtung als Rationalitätsmuster Neben dem Einrichtungszweck wird häufig auch auf die Funktionsfähigkeit einer Einrichtung zur Begründung der Zulässigkeit einer Benutzungsregelung ab270 271
S. hierzu sogleich 4. Kap. C. III. Ausf. dazu sogleich 4. Kap. C. III. 2. d) und e).
B. Anstaltszweck und Funktionsfähigkeit
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gestellt.272 Inwiefern ein Abstellen auf die Funktionsfähigkeit einer Einrichtung die als belastende Benutzungsregelungen umschriebenen Bestimmungen jedoch rechtfertigen kann, wird nicht näher erläutert. Maßstab und Kriterien einer Funktionsfähigkeit der Einrichtung sowie deren Begründungspotential für Belastungswirkungen bleiben dabei im Ansatz unklar. Einen möglichen Erkenntnisgewinn verspricht die bundesverfassungsgerichtliche Rechtsprechung. In der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung wurde das Argument der Sicherung und Erhaltung der Funktionsfähigkeit in ganz unterschiedlichen Sachmaterien behandelt. Im hier allein relevanten Anstalts- bzw. Einrichtungsbereich hat das Bundesverfassungsgericht – soweit ersichtlich – sich mit diesem Argument allerdings bislang nur im Schulrecht befasst.273 Diese mittlerweile spezifisch normierten und wissenschaftlich intensiv beleuchteten Rechtsbereiche274 sind zwar nicht Teil dieser Untersuchung, die Betrachtung der Rechtsprechung kann jedoch Aufschluss über die Funktionsfähigkeit als Rationalitätsmuster auch im Bereich des kommunalen Einrichtungsrechts geben. 1. Die Funktionsfähigkeit: ein allgemeiner Verfassungsgrundsatz? Verfassungstextlich ist die Funktionsfähigkeit allein in Art. 115 g GG mit Bezug zur Funktionsfähigkeit des Bundesverfassungsgerichts im Verteidigungsfall genannt, im Übrigen jedoch nicht im Grundgesetz normativ verankert. Neben dem Begriff der Funktionsfähigkeit, der allgemein die Fähigkeit zur Aufgabenerfüllung beschreibt,275 gebraucht das Bundesverfassungsgericht auch teilweise jenen der „Funktionstüchtigkeit“, mit dem wohl bereits eine besondere Qualität der Aufgabenerfüllung beschrieben werden soll.276 Als qualitative Abstufungen lassen sich die volle Funktionskraft als eine Art „Absolutgewährleistung“, eine der Situation entsprechende, bestmögliche Funktionskraft sowie letztlich ein nicht weiter unterschreitbarer Mindestgehalt an Kernfunktionen ausmachen.277 272 Vgl. etwa VGH BW, NVwZ-RR 1994, 325 (328); ThürOVG, NVwZ 1998, 871 (872); OVG LSA, Urt. v. 22.06.2011 – 3 K 483/10 –, BeckRS 2011, 52499; BayVGH, Beschl. v. 20.12.2016 – 4 CE 16.1939 –, BeckRS 2016, 112484; vgl. auch Dietlein, Jura 2002, 445 (451). 273 BVerfGE 41, 251 (266 ff.). 274 Vgl. nur Löhning, Der Vorbehalt des Gesetzes im Schulverhältnis, passim; Lerche, Bayerisches Schulrecht und Gesetzesvorbehalt, passim; Staupe, Parlamentsvorbehalt und Delegationsbefugnis, passim; Stumpf, Ungeschriebener Parlamentsvorbehalt und akademische Selbstverwaltungsgarantie, passim; Ossenbühl, DÖV 1977, 801 (801 ff.). 275 S. BVerfGE 9, 268 (281); 48, 300 (321); vgl. Voßkuhle, Die Verwaltung 29 (1996), S. 511 (531 f.). 276 S. BVerfGE 48, 300 (322); krit. zu den qualitativen Kriterien Fischer, DVBl 1981, 517 (518 f.). 277 Vgl. Lerche, BayVBl. 1991, 517 (517 ff.).
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4. Kap.: Rationalitätsmuster der Zulässigkeit von Benutzungsregelungen
Welche Ausfüllung dem Begriff des „Funktionierens“ im konkreten Kontext zukommt, oder ob mit ihm letztlich eine generelle Hinwendung zu einer funktionalen Betrachtung278 verbunden ist, ist nicht eindeutig.279 a) Die Funktionsfähigkeit als Ausdruck der Anstaltsgewalt Der Gedanke einer funktionierenden Einrichtungsverwaltung ist bereits dem traditionellen Verständnis der staatlichen Ordnung als Voraussetzung der Freiheit zu entnehmen. Der staatlichen Ordnung sei wesensgemäß, dass sie funktioniere.280 Die Sicherung und Erhaltung eines störungsfreien Ablaufs innerhalb des geordneten Rahmens sei der Ordnung damit immanent.281 Der Verwaltungszweck basiere also auf der ordnungsgemäßen Durchführung der konkreten Leistungserbringung; wer sich durch eine Störung gegen die Zweckerreichung und damit die Ordnung richte, müsse diese Störung gegenüber der Ordnung verantworten.282 Nach diesem traditionellen Verständnis solle sich der Störer nicht auf die Grundrechte berufen können, da es von vornherein nicht zur Freiheit des Einzelnen gehöre, die Ordnung zu stören; der Störende stelle sich vielmehr durch die Störung außerhalb der Ordnung auf.283 Einen solch obrigkeitsstaatlich zentrierten Gedanken prägt die Lehre vom sog. besonderen Gewaltverhältnis. Vor deren Hintergrund wurde angenommen, die ein solches Gewaltverhältnis ausmachenden typischen Abhängigkeits- bzw. Näheverhältnisse bestünden nicht um ihrer selbst willen, sondern gerade zur Erfüllung eines bestimmten Verwaltungszwecks, was auch das Funktionieren der für die Zweckerfüllung zuständigen Einrichtung erfordere.284 Das Funktionieren der Einrichtung wurde in diesem Zusammenhang entweder als Rechtfertigungsgrundlage sui generis für Grundrechtseingriffe herangezogen285 oder als Legitimation einer Ausklammerung aus der Rechtsschutzgarantie.286 Die Anknüpfung der Funktionsfähigkeit an die Einrichtung in einem solchen Verständnis ist mit dem Grundgesetz, insbesondere der Grundrechtsbindung aller staatlichen Organe sowie dem Rechtsstaatsprinzip indes nicht vereinbar. Zudem kann eine solche Anknüpfung allein keine Kriterien für ein tatsächliches Funktionieren der Einrichtung und deren rechtliche Prüfung bereithalten. Eine so verstandene Begründung der Funktionsfähigkeit der Einrichtung gleicht vielmehr dem Aussagegehalt der Anstaltsgewalt, ohne diesen Begriff weiter zu 278 Krit. insoweit Lecheler, NJW 1979, 2273 (2273 ff.); dagegen Klauser, NJW 1980, 753 (753 f.). 279 So auch Fischer, DVBl 1981, 517 (517). 280 Ulmer, Anstaltsgewalt und Grundrechte, S. 132. 281 Fischer, DVBl 1981, 517 (517). 282 So für den Strafvollzug etwa Ulmer, Anstaltsgewalt und Grundrechte, S. 133. 283 Ulmer, Anstaltsgewalt und Grundrechte, S. 133. 284 Fischer, DVBl 1981, 517 (517) m.w. N. 285 Leisner, DVBl 1960, 617 (620 ff.) m.w. N. 286 Ablehnend Schenke, JuS 1982, 906 (907).
B. Anstaltszweck und Funktionsfähigkeit
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verwenden. Diese sollte das möglichst störungsfreie und reibungslose Funktionieren der „Maschinerie Anstalt“ 287 ermöglichen. Wie gesehen kann jedoch die Anstaltsgewalt nicht als Rationalitätsmuster zur Begründung der Zulässigkeit einer Benutzungsregelung dienen. Soll die Funktionsfähigkeit ein Rationalitätsmuster darstellen, bedarf es daher einer anderen Sinnanknüpfung. b) Die Funktionsfähigkeit als Plausibilitätsgarantie einer Übergangslösung In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts taucht der Begriff der Funktionsfähigkeit als Argumentationsfigur für die Geltung einer untergesetzlichen Regelung als „Übergangslösung“ bis zu einer gesetzlichen Regelung auf.288 Die Funktionsfähigkeit ist damit vor allem Argument für die Weitergeltung normativer Rechtsgrundlagen, die dem Vorbehalt des Gesetzes nicht genügen. Die Ratio dieser Argumentationsfigur liegt dabei darin, dem Gesetzgeber in zeitlicher Hinsicht die Möglichkeit einzuräumen, sich auf neue Rechtsauffassungen einstellen zu können, indem es der Verwaltung eine derartige zeitlich begrenzte „Notkompetenz“ zubilligt.289 Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts formuliert einen solchen Vorbehalt der Funktionsfähigkeit jedenfalls für verfassungsrechtlich geschützte Institutionen. Das Bundesverfassungsgericht bedient das Argument der Erhaltung der Funktionsfähigkeit der staatlichen Einrichtung Schule, um die Notwendigkeit einer Übergangsfrist trotz der festgestellten Verfassungswidrigkeit aufgrund des fehlenden zum Eingriff in die Berufsfreiheit ermächtigenden formellen Gesetzes zu begründen.290 Eine solche Übergangsfrist hat das Bundesverfassungsgericht in anderen Konstellationen selbst bezeichneter „gewandelter Verfassungsinterpretation“ als Ausnahme aufgestellt bzw. als Auffassung akzeptiert, um einer selbst prognostizierten Funktionsunfähigkeit der jeweiligen staatlichen Einrichtung zu entgehen. Begründet wurde dies damit, dass die eintretende Funktionsunfähigkeit der jeweiligen Einrichtung der verfassungsmäßigen Ordnung noch ferner stünde als der bisherige Zustand der fehlenden Ermächtigungsgrundlage.291 Dabei betonte das Bundesverfassungsgericht aber, dass die grundsätzliche Anerkennung dieser Notwendigkeit nicht damit gleichbe287 Vgl. zu diesem Vorstellungsbild deutlich Mayer, Dt. VerwR, Bd. II, 1. Aufl., § 51, S. 329: „Die öffentliche Anstalt geht ihren eignen Gang als große Maschine“. 288 So etwa BVerfGE 33, 1 (12 f.); 33, 303 (347 f.); 41, 251 (267 f.); BVerwGE 41, 261 (266 f.); differenzierend BVerwGE 47, 194 (200 f.); krit. hierzu Pieroth, VerwArch 68 (1977), S. 217 (227 ff.). 289 Zwar hat das BVerfG zunächst das Argument der „Erhaltung der Funktionsfähigkeit“ nicht ausdrücklich benannt, aber wohl doch als Motiv zugrunde gelegt, vgl. BVerfGE 33, 1 (13); 33, 303 (347 f.); in der weiteren Rspr. wird dieses Leitmotiv der „Erhaltung der Funktionsfähigkeit“ sodann verfestigt, vgl. BVerfGE 40, 276 (283 ff.); 41, 251 (267); ablehnend Pieroth, VerwArch 68 (1977), S. 217 (227 ff.). 290 Vgl. BVerfGE 41, 251 (266 ff.). 291 Vgl. BVerfGE 33, 303 (347); 41, 251 (267).
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4. Kap.: Rationalitätsmuster der Zulässigkeit von Benutzungsregelungen
deutend sei, innerhalb dieser Übergangsfrist die bisherige (verfassungswidrige, weil nicht dem Gesetzesvorbehalt genügende) Regelung weiterhin so anzuwenden, als sei sie verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Stattdessen sollten sich nach der Auffassung des Bundesverfassungsgerichts bis zur Herstellung eines verfassungsmäßigen Zustandes durch den Gesetzgeber in Form einer dem Vorbehalt des Gesetzes genügenden formalgesetzlichen Ermächtigungsgrundlage die behördlichen Befugnisse zu Eingriffen in verfassungsrechtlich geschützte Positionen im konkreten Fall auf solche reduzieren lassen, die für eine geordnete Weiterführung mit Blick auf die Funktionsfähigkeit des Betriebs „unerläßlich“ 292 sind. Das Unerlässlichkeitskriterium beinhalte dabei nicht allein die Prüfung der korrekten Anwendung der aufgrund der Funktionsfähigkeit des Betriebes ausnahmsweise provisorisch fortbestehenden Regelung, sondern gerade auch die weitergehende Überprüfung einer bislang nicht vorgesehenen, schonenderen Maßnahme, um die Funktionsfähigkeit im Einzelfall sicherzustellen.293 Maßstabskriterien für das Funktionieren einer Einrichtung gibt das Bundesverfassungsgericht jedoch nicht; die Feststellung trifft es vielmehr selbst. Der Ansatz ist pragmatisch und verliert nicht den Blick für das Machbare:294 Der Vermeidungswille einer Funktionsunfähigkeit wird damit zum Auslöser eines rechtstaatlichen Provisoriums. 2. Begriffsverständnis im kommunalen Einrichtungswesen Übertragbar ist dieses Begriffsverständnis der Funktionsfähigkeit im Rahmen des kommunalen Einrichtungswesens jedoch nicht ohne Weiteres. Zwar wird der Plausibilitätsgedanke auch im Bereich des kommunalen Einrichtungswesens mit Blick auf die Rechtsetzungstätigkeit nicht geleugnet werden können. Als Kompetenzbegründung oder Maximalgrenze von Regelungsbefugnissen wird der Begriff jedoch nicht herangezogen werden können. a) Die Funktionsfähigkeit der Einrichtung als Bestandteil der öffentlichen Sicherheit Der Funktionsfähigkeitsgedanke ist im Rahmen des kommunalen Einrichtungswesens zunächst aus dem Gefahrenabwehrrecht als Teildefinition der öffentlichen Sicherheit bekannt und begründet damit polizei- und ordnungsbehördliche Befugnisse. Der Zusammenhang erinnert dabei an die früher im Rahmen der Anstaltsgewalt als eigenständige Rechtsmacht angesiedelte „Anstaltspolizei“, womit Befugnisse gegen Störungen des Anstaltsbetriebes von außen, d.h. von 292 BVerfGE 33, 1 (13); 40, 276 (283) zum Strafvollzug; BVerfGE 41, 251 (267); OVG NRW, JZ 1976, 273 (275) für den Fall eines Schulausschlusses. 293 Vgl. BVerfGE 41, 251 (267). 294 So auch Voßkuhle, Die Verwaltung 29 (1996), S. 511 (532).
B. Anstaltszweck und Funktionsfähigkeit
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nicht zugelassenen Benutzern, umfasst waren, die heute wohl unstreitig dem allgemeinen Gefahrenabwehrrecht unterliegen.295 Aufgrund der ordnungsrechtlichen Grundlage des Funktionsfähigkeitsgedankens erscheint die Übernahme des Gedankens in den Bereich des kommunalen Einrichtungswesens als Leistungsverwaltung auf den ersten Blick nicht möglich, sondern eher als Gedankenrelikt aus der Zeit, in der noch ein Nebeneinander von Orts- und Polizeirecht existierte.296 Teilweise wird die Argumentationsfigur auch in den Zusammenhang mit dem Hausrecht bzw. der Anstaltsgewalt gestellt, wonach diese Befugnisse dahingehend zu konkretisieren seien, dass es hierbei allein um die Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit des Verwaltungsgebäudes beziehungsweise der Einrichtung gehen könne.297 Bei einer Zugrundelegung des Verständnisses der Funktionsfähigkeit als Plausibilitätsgarantie einer Übergangslösung kann lediglich gefragt werden, ob die Funktionsfähigkeit zur Begründung von Übergangsbefugnissen des Einrichtungsträgers herangezogen werden kann. Vor dem Hintergrund der Einbeziehung der Funktionsfähigkeit in das Schutzgut der öffentlichen Sicherheit kann jedoch vom Erfordernis von Übergangsbefugnissen nicht gesprochen werden. Auch der räumlich-gegenständliche Bereich der Einrichtung und der ungestörte Ablauf des Benutzungsvorgangs sind Bestandteile der öffentlichen Sicherheit; deren Funktionsfähigkeit kann daher ohne Einschränkungen mit gefahrenabwehrrechtlichen Mitteln sichergestellt werden. Ein Bedürfnis, Einzelmaßnahmen auf Ebene der Störerabwehr zur Sicherstellung der Funktionsfähigkeit der Einrichtung zu erlassen, besteht demnach nicht.298 b) Funktionsfähigkeit als leistungsverwaltungsrechtlicher Grundsatz Der Funktionsfähigkeitsgedanke kann jedoch unabhängig von einer gefahrenabwehrrechtlichen Perspektive für das kommunale Einrichtungswesen aktiviert werden. Er ist bei der Überprüfung der Benutzungsregelung aufgrund des leistungsverwaltungsrechtlichen Rahmens, der Betrachtung des Benutzungsverhältnisses als Ausgestaltung eines Teilhaberechts, zu beachten. Denn das Recht auf Benutzung steht als Teilhaberecht unter dem „Vorbehalt des Möglichen“ 299; die 295 So bereits Frank, Anstaltspolizei und Anstaltsgewalt, S. 97; Thieme, DÖV 1956, 521 (525 f.); Frühling, Das Hausrecht öffentlicher Einrichtungen, S. 103 ff.; Knoke, AöR 94 (1969), S. 388 (411); s. ausf. dazu bereits 4. Kap. A. I., II. 1. a). 296 Vgl. dazu Oeltze, Funktionen und Grenzen der Anstaltsgewalt, S. 74 (Fn. 2); Bartels, Die rechtliche Ordnung der Benutzung, S. 85. 297 Vgl. Bull/Mehde, Allg. VerwR, § 22 Rn. 957; zur „Verwandtschaft“ zwischen „Hausfrieden“ und „Funktionsfähigkeit“ s. Denninger, in: Broda/Deutsch, u. a. (Hrsg.), FS Wassermann, S. 279 (292). 298 So auch Ehlers, DÖV 1977, 737 (742 f.). 299 BVerfGE 33, 303 (333).
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4. Kap.: Rationalitätsmuster der Zulässigkeit von Benutzungsregelungen
Verwaltungsleistung ist also abhängig von der Effektivität und der Effizienz der Leistungserbringer.300 Ohne ein Funktionieren der Einrichtung wäre eine Benutzung unmöglich. Daher stellt der Funktionsfähigkeitsgedanke eine Relativierung des Teilhaberechts dar.301 In diesen Zusammenhang lässt sich auch die verfassungs- und verwaltungsrechtliche Bedeutung der Effektivität und der Effizienz im Sinne der Funktionsfähigkeit der Einrichtung einordnen. Der Funktionsfähigkeit kommt damit eine Funktion als „Vorbehalt der Nutzungsverträglichkeit“ zu. Dem liegt der Optimierungsgedanke der Leistungsverwaltung zugrunde, wonach die Leistung den Anspruchsberechtigten unter dem Vorbehalt des Möglichen, aber gleichzeitig im Sinne der Leistungs- und Verteilungsgerechtigkeit so vielen Anspruchsberechtigten wie möglich zuteil werden soll. Ein entsprechender Rechtsgedanke der Nutzungsverträglichkeit von öffentlichen Einrichtungen findet sich im Rahmen des Gemeingebrauchs als „Vorbehalt der Gemeinverträglichkeit“ 302: Jeder soll sein Benutzungsrecht so ausüben, dass auch andere ihre Rechte ausüben können. Bei der Ausgestaltung der Nutzung in der Benutzungsordnung durch die Grundentscheidung der Widmung ist also die Nutzungsverträglichkeit bei der Interessenabwägung verschiedener, teils konfligierender Nutzungsinteressen zu beachten. Dies folgt bereits aus der Grundentscheidung über die Bereitstellung der Einrichtungsnutzung als Verwaltungsleistung. c) Der Funktionsfähigkeitsgedanke als institutionelle Absicherung Die Funktionsfähigkeit kann darüber hinaus der Widmungsentscheidung als rechtliches Interesse des Einrichtungsträgers zugrunde gelegt werden und somit einen Anknüpfungspunkt für die Benutzungsregelungen darstellen. Denn über das aus der Leistungsverwaltung fließende Effektivitätsgebot hinaus steht die Funktionsfähigkeit der Einrichtung im originären Interesse des Einrichtungsträgers, sein Verwaltungshandeln auch institutionell abzusichern. Zwar besteht das Interesse an der Funktionsfähigkeit der Einrichtung nicht um „ihrer selbst willen“, sondern ist als Voraussetzung einer effektiven Aufgabenerfüllung an dem aufgabenbezogenen Gemeinwohlinteresse orientiert.303 Eine Versubjektivierung des Interesses an der Funktionsfähigkeit bzw. die Qualifizierung als „Schutzgut“ der Einrichtung kommt demnach nicht in Betracht. Die Überlegung der Funk-
300 Ausf. zum Effizienzprinzip als Prinzip des Leistungsstaats Häberle, VVDStRL 30 (1972), S. 43 (60 f.); Bieback, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Effizienz als Herausforderung an das Verwaltungsrecht, S. 127 (128 ff.); speziell als Ausdruck der Verteilungsgerechtigkeit Schmidt-Aßmann, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Effizienz als Herausforderung an das Verwaltungsrecht, S. 245 (249). 301 Fischer, DVBl 1981, 517 (520). 302 Vgl. Bull/Mehde, Allg. VerwR, § 22 Rn. 934. 303 BVerwG, Urt. v. 27.09.2018 – 7 C 23.16 –, BeckRS 2018, 27509, Rn. 16.
B. Anstaltszweck und Funktionsfähigkeit
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tionsfähigkeit trägt aber zur Austarierung von Individual- und Gemeinschaftsinteressen im Rahmen des Benutzungsverhältnisses bei und dient somit wiederum der Zweckerfüllung als solcher. Der Hinweis, das Argument der Funktionsfähigkeit sei bereits im Sachbereich der öffentlichen Einrichtung angelegt, indem diese der Daseinsvorsorge, also den existenziellen Rahmenbedingungen der Bürgerinnen und Bürger, diene und damit (jedenfalls bereits mittelbar) die Aufrechterhaltung des Staates bezwecke,304 kann jedoch grundsätzlich nicht verfangen. Die Kommune ist grundsätzlich weder zur Schaffung und Bereitstellung der Einrichtung noch zur normativen Ausgestaltung der Benutzungsleistung verpflichtet.305 Doch der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit der Verwaltung verpflichtet den Einrichtungsträger auch bei der Widmungsentscheidung, die pflegliche und wirtschaftliche Handhabung als Maxime der Verwaltungspraxis zu beachten. Aus der pfleglichen und wirtschaftlichen Handhabung folgt ohne Weiteres auch die Ermöglichung eines störungsfreien, funktionsfähigen Benutzungsvorgangs. 3. Ergebnis Nach alledem lässt sich kein einheitlicher Begriff der Funktionsfähigkeit in der Rechtsprechung ausmachen.306 Die Schaffung belastbarer Kriterien für die Qualität des Funktionierens durch eine Präzisierung des Begriffs ist ebenfalls nicht möglich, weshalb mit der Verwendung des Begriffs als Rechtsbegriff eine Rechtsunsicherheit verbunden wäre.307 Allerdings muss nach der Betrachtung der verschiedenen durch die Funktionsfähigkeit vermittelten Belange gefragt werden, ob es sich tatsächlich um einen Rechtsbegriff handeln soll. Der „Schutz der Funktionsfähigkeit“ ist nicht Rechtfertigungszweck an sich, sondern dient der institutionellen Absicherung der dem Einrichtungsträger verfassungsrechtlich oder einfachgesetzlich zugewiesenen Verwaltungsaufgabe.308 Der Begriff der Funktionsfähigkeit dient in der Rechtsprechung als Mittel, um die Ebene der institutionellen Absicherung der Verwaltungstätigkeit zu rationalisieren. In diesem Kontext wirkt die „Funktionsfähigkeit“ nicht als unmittelbarer Konfliktentscheidungsmaßstab, sondern allein mittelbar durch die Erschließung einer neuen Argumentationsebene.309 Das Abstellen auf die Funktionsfähigkeit räumt der Exekutive vielmehr einen großen Gestaltungsspielraum ein, um ihre eigenen Hand304 So Bartels, Die rechtliche Ordnung der Benutzung, S. 32; ähnl. Suhr, Der Staat 9 (1970), S. 67 (77), der Daseinsvorsorge als Selbstverständlichkeit ansieht. 305 Ausf. hierzu s. 3. Kap. A. 306 Fischer, DVBl 1981, 517 (521). 307 So Fischer, DVBl 1981, 517 (521); Lecheler, NJW 1979, 2273 (2277). 308 Zu diesem Sicherungszweck BVerwG, Urt. v. 27.09.2018 – 7 C 23.16 –, BeckRS 2018, 27509; insgesamt krit. Luthe, DVBl 1986, 440 (448). 309 Denninger, in: Broda/Deutsch, u. a. (Hrsg.), FS Wassermann, S. 279 (290).
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4. Kap.: Rationalitätsmuster der Zulässigkeit von Benutzungsregelungen
lungsbefugnisse zu konkretisieren,310 dem auf Seiten der Judikative eine bloße Vertretbarkeitskontrolle entgegengesetzt wird. Hintergrund der bloßen Vertretbarkeitskontrolle mag dabei die aus Sicht der Judikative sachnähere administrative Entscheidung sein. Die Funktionsfähigkeit ist damit vielmehr ein Schlüsselbzw. Hilfsbegriff mit Erschließungsfunktion.311 Das Rationalitätsmuster der „Funktionsfähigkeit einer Einrichtung“ kann damit freilich keinen Ersatz für eine Kompetenzzuordnung im Sinne der Vorbehaltslehre darstellen. Auch ein konkret inhaltlicher Maßstab kann dem Begriff aufgrund des Abstraktionsgrades nicht entnommen werden. Als Schlüsselbegriff kann der „Funktionsfähigkeit“ jedoch eine Tendenz312 zukommen, typische Problemlagen auf der Ebene „Individuum gegen Einrichtung“ sachangemessen zu erschließen und im Rahmen einer Abwägungsentscheidung zur Berücksichtigung bestimmter Strukturen, hier insbesondere des Nutzungsverträglichkeitsgrundsatzes, zu führen. Wie der Einrichtungszweck bildet das Rationalitätsmuster der Funktionsfähigkeit damit kein konkretes, inhaltliches Kriterium, sondern vielmehr einen abstrakten Maßstab, der einer Feinjustierung durch den Einrichtungsträger bei der Konkretisierung der Widmung im Rahmen der Benutzungsordnung unterliegt. Durch die Bindung des Einrichtungszwecks und der Funktionsfähigkeit an die Widmung als einen kommunalen Rechtsakt können schließlich Bedenken einer mit den abstrakten Begriffen des Einrichtungszwecks und der Funktionsfähigkeit verbundenen Rechtsunsicherheit begegnet werden.
C. Widmungsermessen Als Konsequenz der untersuchten Rationalitätsmuster des Einrichtungszwecks und der Funktionsfähigkeit der Einrichtung wurde deutlich, dass inhaltliche Parameter für die Überprüfung von Benutzungsregelungen nur in Abhängigkeit mit der Widmungsentscheidung aufgestellt werden können. Daher kommt der Widmungsentscheidung als Rechtsakt eine signifikante Bedeutung bei der Frage nach der Zulässigkeit der Benutzungsregelungen zu. Die Widmung ist Grund und Grenze der Benutzung. Aufgrund ihrer Kreationsfunktion und Ausgestaltungsfunktion kommt der Widmung eine besondere Bedeutung für die verschiedenen Ebenen im Benutzungsverhältnis zu.313 Sowohl benutzungsausgestaltende als auch benutzungsbezogene Regelungen sind dabei nur in dem für die Widmung zulässigen Rahmen möglich. 310
Fischer, DVBl 1981, 517 (521). Denninger, in: Broda/Deutsch, u. a. (Hrsg.), FS Wassermann, S. 279 (290); ähnl. Lerche, BayVBl. 1991, 517 (517, 522). 312 So auch Denninger, in: Broda/Deutsch, u. a. (Hrsg.), FS Wassermann, S. 279 (293). 313 S. ausf. 1. Kap. A. 311
C. Widmungsermessen
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Trotz der Relevanz der Widmung für die Benutzung haben der Entscheidungsmaßstab und der Entscheidungsinhalt des Widmungsakts in Literatur und Rechtsprechung bislang keine große Beachtung gefunden.314 Meist wird nicht die Widmungsentscheidung als solche thematisiert, sondern sich auf die Feststellung beschränkt, dass dem Einrichtungsträger beim Erlass von Benutzungsregelungen eine besondere Gestaltungsfreiheit zukomme.315 Die Anknüpfung dieser Gestaltungsfreiheit an den Widmungsakt sowie Maßstab, Inhalt und Grenzen desselben werden jedoch nicht weiter ausgeführt. Es wird vielfach allein auf einen weiten Spielraum hingewiesen, der durch das Willkürverbot begrenzt sei.316 Aus dem bloßen Hinweis auf eine besondere Gestaltungsfreiheit können jedoch konkrete Anhaltspunkte für die zulässige Reichweite der Ausgestaltungsbefugnis nicht entnommen werden. Im Folgenden sollen daher Entscheidungsmaßstab und Entscheidungsinhalt der Widmung untersucht und die dem Einrichtungsträger zukommende Gestaltungsfreiheit als sog. Widmungsermessen systematisiert werden. Auch wenn die semantische Verwendung einen einheitlichen Ermessensbegriff suggeriert, ist doch anerkannt, dass die Grenzen von Ermessensentscheidungen stark variieren können.317 Besonderheiten der Gestaltungsfreiheit der Widmungsentscheidung können bereits abstrakt anhand zwei maßgeblicher Aspekte festgestellt werden. Zunächst ist die rechtliche Einordnung der Widmungsentscheidung zugleich als Rechtsquelle, Verwaltungsmaßnahme sowie Anspruchsgrundlage maßgebend für ihre Grenzen. Weiterhin spielt der Regelungsbereich der Widmung, der bei kommunalen Einrichtungsträgern die Verbindung von Leistungsverwaltungsrecht und Kommunalrecht umfasst, eine besondere Rolle. Hierbei können die Ergebnisse der grundrechtlichen Determination der Widmung zum Vorbehalt des Gesetzes vor dem Hintergrund der Ermessensentscheidung als flexible, situationsgerechte Rechtsentwicklung der Exekutive im Einzelfall handhabbar gemacht werden. Handelt es sich nicht um kommunale Einrichtungsträger, findet der Widmungsakt seine Grenzen ebenfalls in den Sachbereichsspezifika des jeweiligen Regelungsgegenstandes sowie dem ihm zugeordneten Funktions- und Kompetenzbereich. Sachbereichsspezifika der jeweiligen Regelungsbereiche haben bereits in der Vergangenheit zu einer besonderen Fall314
So auch die Feststellung von Helbich, JuS 2017, 507 (507). Vgl. etwa VGH BW, NJW 1979, 1900 (1901); OVG RhPf, NVwZ 2020, 170 (172); s. auch BayVGH, Beschl. v. 12.07.2010 – 4 CE 10.1535 –, BeckRS 2011, 45192, Rn. 11; Beschl. v. 12.07.2011 – 4 CS 11.1200 –, BeckRS 2011, 33519, Rn. 14; VG München, Urt. v. 06.08.2014 – 7 K 13.2449 –, BeckRS 2014, 56385: „Ausgestaltungsbefugnis“. 316 BayVGH, Beschl. v. 12.07.2010 – 4 CE 10.1535 –, BeckRS 2011, 45192, Rn. 11; Beschl. v. 12.07.2011 – 4 CS 11.1200 –, BeckRS 2011, 33519, Rn. 14; VG München, Urt. v. 06.08.2014 – 7 K 13.2449 –, BeckRS 2014, 56385. 317 S. etwa Riese, in: Schoch/Schneider/Bier (Hrsg.), VwGO, § 114 Rn. 14; Brohm, NVwZ 1988, 793 (797 f.). 315
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4. Kap.: Rationalitätsmuster der Zulässigkeit von Benutzungsregelungen
gruppenbildung bzw. Grenzziehung für die Ermessensausübung bzw. das Ermessensergebnis geführt.318 Die sachbereichsspezifischen Besonderheiten der Widmungsentscheidung könnten damit eine besondere Betrachtung des Widmungsermessens erfordern.
I. Das Widmungsermessen in der verwaltungsrechtlichen Ermessenslehre Mit dem Begriff des Ermessens werden grundsätzlich unterschiedliche Gestaltungsräume der Verwaltung beschrieben.319 So kann etwa zwischen verschiedenen Bezugspunkten des Ermessens, etwa im Hinblick auf verfahrensprägende Verwaltungsentscheidungen zwischen Verfahrensermessen320 und Handlungsformermessen321 sowie im Hinblick auf das rechtsfolgenherbeiführende Verwaltungshandeln zwischen Handlungsermessen und Rechtsfolgeermessen,322 sowie zwischen verschiedenen Funktionsinhalten einer Ermessensentscheidung323 differenziert werden. Diese auf mögliche Anwendungsbereiche ausgerichtete Unterscheidung von etwaigen Gestaltungsräumen kann auch beim Widmungsermessen angewandt werden. Dieses umfasst sowohl Fragen der Handlungsformen als auch der inhaltlichen Regelungsmöglichkeiten und deren Rechtswirkungen. Strukturelle Unterschiede zwischen den verschiedenen Ermessensarten bestehen nicht: Die Ermessensausübung erfolgt stets durch Abwägung widerstreitender Interessen innerhalb der äußeren und inneren Ermessensgrenzen.324 Neben den möglichen Anwendungsbereichen muss auch der Entscheidungsmaßstab des Widmungsermessens festgelegt werden. Die Qualifizierung der Widmungsentscheidung als Rechtsquelle gleichzeitig im Sinne einer normativen Grundlage für Benutzungsregelungen und im Sinne einer Anspruchsgrundlage sowie als Verwaltungsmaßnahme erfordert Überlegungen, inwieweit sich die Entscheidung zum Erlass des Widmungsaktes als Ermessensentscheidung in der verwaltungsrechtlichen Ermessenslehre abbilden lässt. Mit der Einordnung als Rechtsquelle könnte angenommen werden, die Widmung sei eine Überleitung von Regelungsbefugnissen auf den untergesetzlichen Normgeber, mit dem der parlamentarische Gesetzgeber – vorbehaltlich gesetzlicher Beschränkungen – 318 Vgl. etwa die sachspezifischen Fallgruppen bei Riese, in: Schoch/Schneider/Bier (Hrsg.), VwGO, § 114 Rn. 78 ff., 179 ff. 319 Ausf. zur Entwicklung des Ermessensbegriffs Bullinger, JZ 1984, 1001 (1001 ff.). 320 Hill, NVwZ 1985, 449 (450 ff.). 321 Vgl. etwa BVerwGE 38, 152 (156); zum Handlungsformermessen als regulatory choice im Hinblick auf die Benutzungsordnung s. 1. Kap. A. III. 2. b). 322 Ausf. Meyn, JA 1980, 327 (331 ff.); Bullinger, JZ 1984, 1001 (1004 f.). 323 S. Brohm, NVwZ 1988, 794 (797 f.); ders., JZ 1995, 369 (371); Bullinger, JZ 1984, 1001 (1007 ff.). 324 Hill, NVwZ 1985, 449 (452).
C. Widmungsermessen
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eigene Gestaltungsfreiräume und Bewertungsspielräume weitergibt.325 Insofern wird angenommen, der Kommune komme als Einrichtungsträgerin auch ein „politisches Ermessen“ 326 hinsichtlich des Widmungsaktes zu. Dies kann zwar derart gelesen werden, dass der Gemeinde als besonderer, verfassungsrechtlich abgesicherter Selbstverwaltungsträgerin ein spezifischer Gestaltungsspielraum mit autonomen Regelungsbefugnissen327 zuerkannt werden soll. Bei sublegalen Normen kommt den Rechtsetzungsorganen jedoch gerade kein gesetzgeberisches Ermessen zu.328 Eine Übertragung der Rechtsetzungstätigkeit umfasst demnach nicht zugleich auch die gesetzgeberische Einschätzungsprärogative. Das Widmungsermessen ist demnach grundsätzlich als „bloßes“ Verwaltungsermessen zu charakterisieren. Der besondere Gestaltungsspielraum des kommunalen Einrichtungsträgers in Form der einrichtungsbezogenen Ausgestaltungsbefugnis durch die Widmung ist gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar.329 Zu klären bleibt jedoch, ob damit die Besonderheit der Widmungsentscheidung als Kreationsund Ausgestaltungsakt zugleich vollständig erfasst werden kann. Denn hier geht es nicht um die wertende Mittelauswahl im Einzelfall anhand der vorgegebenen Zielsetzung, sondern um die zwecksetzende Wertung in Form der Zielvorgabe, wenngleich sich diese im Bereich der kommunalen Einrichtungsträger im Rahmen der verfassungsrechtlichen Selbstverwaltungsgarantie halten muss. Die Widmungsentscheidung ist demnach ein Akt wertender Erkenntnis und damit echten Gestaltungsermessens. Das Ermessen ist daher nicht bloße Rechtsfolgenauswahl, sondern vielmehr „wählendes Verhalten im Rahmen einer Wertverwirklichung“ 330 und damit also zugleich die Zweckauswahl, die also auch auf Tatbestandsseite Wirkung entfalten kann.331 Letztlich ist auch dies wiederum Ausdruck der konkreten Funktionsabgrenzung zwischen Gesetzgeber und Einrichtungsträger im Einzelfall. Für den Einrichtungsträger geht es beim Widmungsakt als Grundlage der Nutzungsdetermination vor allem um gestalterische Freiräume für eine flexible Optimierung der Einrichtungsnutzung als Verwaltungsleistung. Im Rahmen der Einrichtungsnutzung kann dem Einrichtungsträger daher ein als „Managementermessen“ 332 bezeichneter Gestaltungsraum zuerkannt werden. Als Sonderform des gestaltenden Verwaltungsermessens ist damit die Ausrichtung an 325
Vgl. Lange, DVBl 2017, 928 (933). Mohl, Die kommunalen öffentlichen Einrichtungen, S. 173. 327 VGH BW, Beschl. v. 07.07.1975, I 884/74, ESVGH 25, 203 (208). 328 Vgl. Pappermann/Löhr/Andriske, Recht der öffentlichen Sachen, S. 148; Schoch, NVwZ 1990, 801 (803). 329 S. etwa BayVGH, Beschl. v. 27.02.2003 – 4 CE 03.269 –, BeckRS 2003, 30819; VG München, Urt. v. 06.08.2014 – 7 K 13.2449 –, BeckRS 2014, 56385. 330 Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts, Bd. I, S. 87. 331 Für ein Ermessen auch (wieder) auf Tatbestandsseite Bullinger, JZ 1984, 1001 (1006) m.w. N. 332 Grundlegend zum Begriff Bullinger, JZ 1984, 1001 (1009); zust. Brohm, JZ 1995, 369 (371); Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, 4. Kap. Rn. 53 (S. 209). 326
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4. Kap.: Rationalitätsmuster der Zulässigkeit von Benutzungsregelungen
der Optimierung der Verwaltungsleistung durch Flexibilität und Beweglichkeit möglich, insbesondere durch Umsetzung eines konkreten zweckbezogenen Leistungsprogramms in Form der Benutzungsordnung. Die Überprüfung dieser Ermessensentscheidung setzt wie bei anderen Abwägungsvorgängen im Rahmen untergesetzlicher Normen eine Bindung des Normgebers an Abwägungsdirektiven voraus.333 Diese sind im Rahmen des Widmungsermessens der Einrichtungszweck sowie die Funktionsfähigkeit der Einrichtung.
II. Bezugspunkte des Widmungsermessens Zwischen der Widmung und den übrigen Differenzierungsebenen im Benutzungsverhältnis bestehen Interdependenzen.334 Die Widmungsentscheidung betrifft also die verschiedenen Ebenen im Benutzungsverhältnis und prägt diese inhaltlich vor. Damit kann sich auch das Widmungsermessen auf verschiedene Bezugspunkte im Benutzungsverhältnis beziehen. Zunächst wird mit der Widmung die Grundentscheidung über die Schaffung einer öffentlichen Einrichtung getroffen. Bei der Widmung als Kreationsakt kommt dem Einrichtungsträger ein Entschließungsermessen bei der Schaffung öffentlicher Einrichtungen zu. Die Grenzen des Entschließungsermessens werden hierbei unterschiedlich gezogen. Teilweise ist die Gemeinde gesetzlich zur Schaffung von Einrichtungen verpflichtet; teilweise wird auch ohne gesetzliche Verpflichtung eine Pflicht zur Schaffung von Einrichtungen im Einzelfall unter Hinweis auf das Sozialstaatsprinzip und die Grundrechte begründet.335 Im Übrigen ziehen die einfachgesetzlichen Zulassungs- bzw. Benutzungsansprüche der Gemeindeordnungen die Grenzen des Entschließungsermessens in Bezug auf die Schaffung von Einrichtungen anhand der Erforderlichkeit und der Leistungsfähigkeit der Gemeinde.336 Diese Voraussetzungen können neben dem Entschließungsermessen auch für ein Auswahlermessen zwischen zwei Einrichtungen handhabbar gemacht werden. Schließlich hat die Kommune auch bei der Entscheidung über die Schaffung der Einrichtung ein Handlungsermessen, nämlich im Zusammenhang mit der Entscheidung über die Rechtsform der Einrichtung. Ob ein Widmungsermessen auch auf der Ebene der Begründung des Benutzungsverhältnisses relevant werden kann, ist auf den ersten Blick unklar. So kommt dem Einrichtungsträger unstreitig ein Auswahlermessen im Hinblick auf die Zulassungsentscheidung der Benutzer bei einer Kapazitätsbegrenzung zu. 333
Vgl. Lange, DVBl 2017, 928 (933). Ausf. dazu 1. Kap. A. V. 335 Evertz, Die Bedeutung der Grundrechte im Zusammenhang mit der Benutzung gemeindlicher öffentlicher Einrichtungen, S. 49 ff. 336 S. § 10 Abs. 2 GemO BW, Art. 57 Abs. 1 BayGO, § 21 Abs. 1 VerfBrhv, § 19 Abs. 1 HessGO, § 4 S. 2 NdsKomVG, § 8 Abs. 1 GO NRW, § 5 Abs. 1 SaarKSVG, § 2 Abs. 1 SächsGemO, § 4 S. 2 KVG LSA, § 17 Abs. 1 GO SH, § 1 Abs. 4 ThürKO. 334
C. Widmungsermessen
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Dieses Auswahlermessen behandelt Fragen des Verteilungsmaßstabs und der Verteilungsgerechtigkeit.337 Allerdings steht dieses Auswahlermessen gerade außerhalb der Widmungsentscheidung. Denn hierbei handelt es sich um quantitative Kriterien zur Bestimmung der Zulassung bei einer feststehenden Widmungsentscheidung; dieses Auswahlermessen tangiert die Widmungsentscheidung selbst jedoch nicht.338 Zulassungsbeschränkungen als Ausgestaltungen des Widmungsakts, die den einfachgesetzlichen Zulassungsanspruch nicht konterkarieren, aber konkretisieren, sind dagegen keine Fragen dieses Auswahlermessens, sondern solche der Widmungsentscheidung in ihrer Funktion als Instrument der Nutzungsdetermination. Hinsichtlich der benutzungsbezogenen Ausgestaltung der öffentlichen Einrichtung kommt dem Einrichtungsträger bei der Widmungsentscheidung sodann ein Auswahlermessen bezüglich des Rechtsregimes der Benutzungsordnung sowie ein Handlungsermessen bezüglich der Ausgestaltung der konkreten Benutzungsregelungen zu. Die Problematik der Grenzen der Regelungsbefugnisse von Einrichtungsträgern bei der Ausgestaltung der Benutzung stellt sich demnach allein auf der Ebene des Handlungsermessens bei der Widmungsentscheidung.
III. Ermessensgrenzen Um die Grenzen der möglichen Benutzungsregelungen inhaltlich ziehen zu können, bedarf es daher der Untersuchung der Grenzen des Handlungsermessens des Einrichtungsträgers im Hinblick auf die Widmung. Die Reichweite des Ermessens ist zunächst abhängig von der konkreten normativen Ausgestaltung des Sachbereichs, vor allem aber auch von dem Entscheidungsträger, dem die Ermessensentscheidung obliegt, und dessen verfassungsrechtlich oder gesetzlich zugeordneten Befugnissen.339 Zur Annäherung an die Ermessensgrenzen hilft der Rückgriff auf die in der allgemeinen Ermessenslehre vorzufindende Unterscheidung zwischen innerer und äußerer Ermessengrenze.340 Als allgemeines Ziel des Verwaltungsermessens gilt darüber hinaus die Verwirklichung einer differenzierten und einzelfallgerechten Verwaltungsentscheidung.341 1. Äußere Ermessensgrenzen Als äußere Ermessensgrenzen kommen zunächst alle von außen auf die Ermessensentscheidung wirkenden Beschränkungen in Betracht. Dies sind sowohl 337 Vgl. etwa Evertz, Die Bedeutung der Grundrechte im Zusammenhang mit der Benutzung gemeindlicher öffentlicher Einrichtungen, S. 124 ff. 338 S. dazu bereits 1. Kap. A. II. 339 Riese, in: Schoch/Schneider/Bier (Hrsg.), VwGO, § 114 Rn. 14. 340 Zu dieser Unterscheidung Schoch, Jura 2004, 462 (466); Meyn, JA 1980, 327 (333); Hill, NVwZ 1985, 449 (450). 341 Hill, NVwZ 1985, 449 (451 f.).
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4. Kap.: Rationalitätsmuster der Zulässigkeit von Benutzungsregelungen
fachgesetzliche Vorgaben für den Sachbereich als auch die verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Aufgaben- und Befugnisgrenzen des Einrichtungsträgers. Im Rahmen des Widmungermessens des kommunalen Einrichtungsträgers sind dies insbesondere die Verbandskompetenz sowie als inhaltliche Grenze der Vorrang und der Vorbehalt des Gesetzes. a) Formelle Grenzziehung durch die Verbandskompetenz Zunächst ist als äußere Ermessensgrenze der Widmungsentscheidung die Verbandskompetenz des kommunalen Einrichtungsträgers zu beachten. Bei Auftragsangelegenheiten sind dabei die gesetzliche Grundlage und deren Grenzen, insbesondere der spezialgesetzlich festgelegte Einrichtungszweck, zu beachten. Bei Selbstverwaltungsangelegenheiten ist das Widmungsermessen als Ausfluss der Organisationshoheit342 verfassungsrechtlich von vornherein auf die Verbandskompetenz der Kommune begrenzt. Der Widmungsakt unterliegt als kommunaler Rechtsakt damit der kommunalen Gestaltungsfreiheit; Beschränkungen müssen sich also im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie halten. Das in diesem Zusammenhang seit langem diskutierte Satzungsermessen hat sich dabei mitunter als „trojanisches Pferd“ für die Freiraumverschaffung der Gemeinden entpuppt, da mit der Erörterung solcher Freiräume erst die diesen vorausgehenden Bindungen entdeckt wurden.343 Die Verbandskompetenz umfasst alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft, die in leichter Abänderung zur Rastede-Entscheidung344 mittlerweile definiert werden als „Aufgaben, die das Zusammenleben und -wohnen der Menschen vor Ort betreffen oder einen spezifischen Bezug darauf haben“.345 Wird der Blick auf die tatsächlich angenommenen Aufgaben wie etwa die Schaffung und das Betreiben von Kindergärten, Energieversorgung etc. gelenkt, lässt sich indessen eine erhebliche Minderung der Steuerungskraft der Selbstverwaltungsgarantie bei der Aufgabenzuordnung erkennen, die vor allem im Spielraum zwischen dem überkommenen historisch-typischen Bild der Gemeinde und den sozialen, wirtschaftlichen und technischen Änderungen der Rahmenbedingungen besteht.346 342 Ausf. Schmidt-Jortzig, Kommunale Organisationshoheit, S. 26 ff., 161 ff., 287; Schliesky, Die Verwaltung 38 (2005), S. 339 (340 ff.); zum Begriffswesen der Gemeindehoheiten als „Vermittlungsbegriff“ Schmidt-Aßmann, in: Badura/Dreier (Hrsg.), FS 50 Jahre BVerfG, Bd. II, S. 803 (821 ff.). 343 Maurer, DÖV 1993, 184 (192). 344 BVerfGE 79, 127 (151) – Rastede: „Hiernach sind Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft diejenigen Bedürfnisse und Interessen, die in der örtlichen Gemeinschaft wurzeln oder auf sie einen spezifischen Bezug haben [. . .]“. 345 Vgl. BVerfGE 8, 122 (134); 50, 195 (201); 52, 95 (120); 79, 127 (151 f.); 110, 370 (400); 138, 1 (16, Rn. 45); 147, 185 (220, Rn. 70); auch Lange, ZG 2018, 75 (76 f.). 346 BVerfGE 138, 1 (17, Rn. 47); 147, 185 (221, Rn. 72); vgl. auch Lange, ZG 2018, 75 (78).
C. Widmungsermessen
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Nach alledem sind örtliche Angelegenheiten solche, die typischerweise hauptsächlich die Gemeindeeinwohner betreffen und damit Aufgaben, die typischerweise sachgerecht auf gemeindlicher Ebene wahrgenommen werden können.347 Nur für diese Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft verfügen die Kommunen über eine spezifische Aufgaben- und Rechtsstellungsgarantie. Die Verbandskompetenz zieht somit die Grenze der kommunalen Aufgaben im Sinne eines ultra-vires-Bereichs.348 Grundsätzlich besteht keine Entscheidungskompetenz der Kommunen bei sog. allgemeinpolitischen Themen, also solchen allgemeinen, gemeindeübergreifenden Angelegenheiten, die auch in jeder anderen Gemeinde anfallen könnten und insoweit keinen spezifischen Ortsbezug aufweisen.349 Die Abgrenzung von einem kommunal(politisch)en zu einem allgemeinpolitischen Sachthema begegnet jedoch im Detail erheblichen Schwierigkeiten. Mit Blick auf eine Zurückdrängung des Gestaltungsspielraums des kommunalen Einrichtungsträgers wird daher vorgeschlagen, dass eine Einbeziehung auch über die örtlichen Angelegenheiten hinausgehender Thematiken dann möglich sein soll, wenn sie akzessorisch zur Verbandskompetenz sind, insbesondere etwa dann, wenn sie im Zusammenhang mit der Benutzung einer öffentlichen Einrichtung stehen.350 Ein anderer Versuch, auch über die örtlichen Angelegenheiten hinausweisende Thematiken auf kommunaler Ebene erfassen zu können, ist die Zubilligung einer „Ausnahmsweisekompetenz“ für Regelungsgegenstände mit spezifisch örtlichem Bezug.351 Für Benutzungsregelungen öffentlicher Einrichtungen klang in der Grabmal-Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts352 die Möglichkeit eines spezifischen Ortsbezugs als Begründung einer solchen „Ausnahmsweisekompetenz“ an, wonach ein spezifischer Ortsbezug bei öffentlichen Einrichtungen dadurch gewahrt sei, dass diese zwangsläufig auf dem Gebiet des kommunalen Einrichtungsträgers stattfänden; die Kompetenzschranke des allgemeinpolitischen Mandats könne bei einem objektiven Regelungsbezug zum Einrichtungswesen
347
BVerfGE 147, 185 (223, Rn. 78); vgl. auch Lange, ZG 2018, 75 (78). Schmidt-Aßmann, in: Badura/Dreier (Hrsg.), FS 50 Jahre BVerfG, Bd. II, S. 803 (809 f.). 349 BVerwGE 87, 228 (231); ausf. dazu etwa Lehngut, DÖV 1989, 655 (656 ff.); Uechtritz, NVwZ 1983, 334 (334 f.); Wohlfarth, LKRZ 2009, 321 (323); Dreier, in: ders. (Hrsg.), GG, Bd. II, Art. 28 Rn. 136; vgl. zu Rechtsschutzmöglichkeiten gegen ein Überschreiten der gemeindlichen Verbandskompetenz Oebbecke, NVwZ 1988, 393 (396). 350 Burgi, Kommunalrecht, § 6 Rn. 18. 351 BayVGH, NVwZ 1992, 1004 (1006); krit. Adler, Das Satzungsrecht der Gemeinden, S. 63, 135; Gallwas, BayVBl. 1992, 644 (645 f.); Böhm, in: Lübbe-Wolff/Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, S. 413 (422); Ott, Der Parlamentscharakter der Gemeindevertretung, S. 162. 352 BVerwGE 148, 133 (133 ff.). 348
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4. Kap.: Rationalitätsmuster der Zulässigkeit von Benutzungsregelungen
schon nicht überschritten werden.353 Diese Annahme ist jedoch nicht überzeugend. In Ausnahmefällen können öffentliche Einrichtungen auch außerhalb des Gemeindegebiets betrieben werden.354 Vor allem aber ist zu beachten, dass in der Rechtsprechung der Verweis auf einen spezifisch örtlichen Bezug nur ausnahmsweise die Verbandskompetenz begründen soll, nämlich in den Fällen, in denen die in Rede stehende Regelung den örtlich radizierten Wirkungskreis der Kommune grundsätzlich nicht betrifft.355 Die besondere Regelungsbefugnis bei einem spezifisch örtlichen Bezug soll nämlich dann bestehen, wenn gerade nur der Bereich dieser einen Körperschaft betroffen ist,356 denn in dieser Konstellation erginge ohne eine ortsrechtliche Regelung überhaupt keine Regelung. Das Kriterium der räumlichen Nähe allein ist dagegen ungeeignet, einen spezifisch örtlichen Bezug in diesem Sinne herzustellen.357 Die bloß räumliche Lokation einer Einrichtung im Gemeindegebiet reicht nicht hin, um einer einrichtungsbezogenen Regelung einen spezifisch örtlichen Charakter beizumessen. Denn die Kommunen stehen den Bürgerinnen und Bürgern als Verwaltungsebene örtlich schon im Ansatz am nächsten; gerade durch diese örtliche Nähe soll das Engagement der örtlichen Gemeinschaft aktiviert werden. Daher wird vielfach das Bedürfnis bestehen – sei es tatsächlicher oder politischer Art – auch für viele Lebensbereiche der Bürgerinnen und Bürger auf kommunaler Ebene Entscheidungen treffen zu wollen. Dies gilt ebenso für das Einrichtungswesen. Genau vor diesem Hintergrund wurde die tragfähige Unterscheidung zwischen Befassungs- und Entscheidungskompetenz entwickelt, wonach neben der Entscheidungskompetenz bei Angelegenheiten des örtlichen Wirkungskreises und ausnahmsweise spezifisch örtlichen Angelegenheiten in Fällen eines konkreten örtlichen Bezugs zur örtlichen Problembewältigung im Einzelfall eine Befassungskompetenz bestehen kann.358 Die bloße Befassungskompetenz enthält jedoch weder die Befugnis zur Schaffung einer Einrichtung noch zur Regelung ihrer Benutzung.359 Wird ein spezifischer Ortsbezug und damit eine Entscheidungskompetenz bei einrichtungsbezo353 BVerwGE 148, 133 (139); vgl. auch BayVerfGH, NVwZ-RR 2012, 50 (51 f.); Helbich, JuS 2017, 507 (508). 354 Zu Benutzungsregelungen einer Einrichtung auf gemeindefreiem Gebiet BVerwG, NVwZ 1998, 952 (952 f.); vgl. auch Lange, Kommunalrecht, 13. Kap. Rn. 24 (S. 804 f.). 355 Grundlegend BayVGH, NVwZ 1992, 1004 (1006). 356 Vgl. etwa BayVGH, NVwZ 1992, 1004 (1006); Beschl. v. 27.07.2009 – 4 N 09.1300 –, BeckRS 2010, 54013, Rn. 18; OVG RhPf, NVwZ-RR 2009, 394 (396). 357 Vgl. VG Göttingen, Beschl. v. 29.08.2018 – 1 B 462/18 –, BeckRS 2018, 22505 Rn. 26; Heusch/Dickten, NVwZ 2019, 359 (363). 358 BVerwGE 87, 228 (230 ff.); Kästner, NVwZ 1992, 9 (13); Wohlfarth, LKRZ 2009, 321 (322 f.); zur Befassungskompetenz mit Blick auf europa- und völkerrechtliche Fragen Faber, DVBl 2016, 885 (888); zur völkerrechtsfreundlichen Auslegung des Art. 28 Abs. 2 GG s. Krajewski, DÖV 2014, 721 (725); Lorenzmeier, BayVBl. 2011, 485 (488 ff.). 359 So auch Kästner, NVwZ 1992, 9 (13).
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genen Regelungen dagegen stets angenommen, wird die insoweit angezeigte differenzierte Betrachtung zwischen örtlichem Wirkungskreis und spezifisch örtlichem Bezug nicht hinreichend beachtet. Allein der räumliche Bezug der Einrichtung zur Kommune kann hierfür keine tragfähige Grundlage sein. Anderenfalls könnte sich die Kommune über den räumlichen Einrichtungsbezug unter Berufung auf die Selbstverwaltungsgarantie jedwede politische Frage im Rahmen ihrer Einrichtungstätigkeit zu eigen machen; ein Vorgang, der jedoch klar gegen das verfassungsrechtlich gewährleistete Mandat aus dem Selbstverwaltungsrecht verstoßen würde.360 Vielmehr muss für die Unterscheidung zwischen Entscheidungs- und Befassungskompetenz auch im Bereich des Einrichtungswesens für die Ausübung des Widmungsermessens der sachliche Bezug der konkreten Regelungsmaterie ausschlaggebend sein. Diese Unterscheidung zwischen bloßer Befassungs- und Entscheidungskompetenz muss sodann methodisch auch für die Frage nach der Kompetenz des Einrichtungsträgers herangezogen werden, inwiefern Einrichtungszwecke selbst gesetzt und konkretisiert werden können und inwieweit dabei eine Anstaffelung mit bloßen Motiven oder aber mit zusätzlichen Sacherwägungen möglich ist.361 b) Materielle Grenzziehung durch das Gesetzmäßigkeitsprinzip Materielle Grenzen findet das Widmungsermessen in dem Grundsatz vom Vorrang und vom Vorbehalt des Gesetzes. aa) Der Sperrwirkungsgedanke Der grundsätzlich weite Regelungsspielraum der kommunalen Einrichtungsträger im Rahmen des Widmungsermessens endet aufgrund des Vorrangs des Gesetzes aus Art. 20 Abs. 3 GG jedenfalls dort, wo der Bund abschließend von einer konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz Gebrauch gemacht hat,362 denn insofern können die Bundesländer und auch die Kommunen nicht mehr tätig werden. Bei solchen Sachmaterien liegt daher grundsätzlich eine Sperrwirkung vor. Lie-
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So auch Misera/Kessler, KommJur 2009, 52 (53). Dazu sogleich 4. Kap. C. III. 2. 362 Vgl. hierzu zum Regelungsgegenstand der Abfallvermeidung BVerwGE 90, 359 (364); vorgehend BayVGH, NVwZ 1992, 1004 (1006); Kluth, DVBl 1992, 1261 (1271 f.); sowie zum sog. kommunalen Wildtierverbot OVG MV, NordÖR 2017, 471; NdsOVG, NVwZ 2017, 728 (729); VG Düsseldorf, Beschl. v. 04.07.2019 – 18 L 1205/ 19 –, BeckRS 2019, 13419, Rn. 9; VG Ansbach, Beschl. v. 27.02.2019 – 4 E 19.277 –, BeckRS 2019, 2866, Rn. 26 f.; VG Meiningen, LKV 2018, 573 (574); VG Minden, Beschl. v. 22.11.2017 – 9 L 1574/17 –, BeckRS 2017, 133010, Rn. 10; ähnl. bereits, wenn auch nicht explizit auf die Sperrwirkung der Bundeskompetenz abstellend VG Darmstadt, LKRZ 2013, 289 (292); VG Chemnitz, Beschl. v. 30.07.2008 – 1 L 206/08 –, BeckRS 2008, 139621, Rn. 20; s. auch Hoffmann, Die kommunale öffentliche Einrichtung, S. 86 ff. 361
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4. Kap.: Rationalitätsmuster der Zulässigkeit von Benutzungsregelungen
gen der Widmungsentscheidung Sacherwägungen aus der bundesrechtlich abschließend geregelten Sachmaterie zugrunde, verstößt eine Widmung, deren Inhalt im Widerspruch zur gesetzlichen Regelung steht, gegen den Vorrang des Gesetzes. Aber auch Widmungsentscheidungen, die auf Erwägungen dieser Sachmaterien beruhen und nicht im Widerspruch zur gesetzlichen Regelung stehen, sind unzulässig, denn die Sperrwirkung einer abschließenden Regelung ist umfassend; auch ein bewusster Regelungsverzicht im relevanten Beurteilungszeitraum ist eine abschließende Regelung in diesem Sinne.363 Auch eine Regelung mit geringer Regelungsdichte stellt eine vollständige materielle Regelung dar, welche die Sperrwirkung des Vorrangs des Gesetzes auslöst;364 der Kommune steht in diesem Zusammenhang keine Ausbesserungs- oder Ausfüllungskompetenz auf kommunaler Ebene zur Verfügung. bb) Der Vorbehaltsgedanke Wie gezeigt ist der Vorbehaltsgedanke im Bereich der kommunalen Einrichtungstätigkeit auf zweifache Weise spezifisch einzufassen.365 Nicht nur Grundrechtseingriffe, sondern grundsätzlich alle Grundrechtsdimensionen können den Parlamentsvorbehalt aktivieren. Die Abwägungsentscheidung im Rahmen der Wesentlichkeitsdoktrin als Zuordnungsmechanismus bedarf jedoch im Bereich des kommunalen Einrichtungswesens sowohl aufgrund der besonderen demokratischen Legitimation der kommunalen Organe einer kommunalspezifischen Betrachtung als auch einer den konkreten Leistungsvorgang in den Fokus stellenden leistungsspezifischen Betrachtung. Eine derartige Betrachtung zeigt für die Widmung selbst und für jene die Benutzung als Verwaltungsleistung ausgestaltenden Benutzungsregelungen keine in besonderer Weise grundrechtsgeprägten Sachstrukturen. Widmungsexterne Benutzungsregelungen, also solche, die nicht in zeitlichem, sachlichem und bzw. oder räumlichem Zusammenhang mit der Benutzungsleistung stehen, sowie benutzungsbezogene materielle Verhaltenspflichten können jedoch besondere Grundrechtsrelevanz aufweisen.366 Der Vorbehalt des Gesetzes ist für die konkrete Benutzungsregelung jedoch erst dann als materielle Grenze zu prüfen, sofern die formelle Grenze der Verbandskompetenz im Hinblick auf die in Rede stehende Regelungsbestimmung, aber auch auf die Zweckbestimmung als innere Ermessensgrenze eingehalten wurde. 363 Vgl. etwa BVerfGE 98, 265 (330 f.); 138, 261 (280) m.w. N.; ausf. hierzu Uhle, in: Maunz/Dürig (Begr.), GG, Art. 72 Rn. 93. 364 BVerfGE 18, 407 (417 f.); BayVGH, NVwZ 1992, 1004 (1006 f.); zust. Weber, BayVBl. 1998, 327 (330); ähnl. Daubner, NVwZ 1995, 33 (34); Knemeyer/Deubert, BayVBl. 1992, 340 (340 f.). 365 Ausf. hierzu s. 2. Kap. B. IV. 4. 366 Ausf. hierzu s. 3. Kap. B. I., III. 2., 3.
C. Widmungsermessen
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2. Innere Ermessensgrenzen Die Ermessensbetätigung hat den Zweck der Ermächtigung als Zielformulierung der Verwaltungsmaßnahme und damit als eine innere Ermessensgrenze einzuhalten.367 Diese Zielformulierungen hat in erster Linie der Gesetzgeber in Form einer Zweckbestimmung zu leisten. Gesetzlich vorgefasste innere Ermessensgrenzen können damit den Widmungsinhalt, insbesondere den Einrichtungszweck, festlegen.368 Aber auch normativ nicht näher vorgeprägte Ermessensbetätigungen müssen ihre Rechtfertigung grundsätzlich in dem Zweck der vom Rechtssatzgeber gewollten Ordnung der jeweiligen Rechtsmaterie finden.369 Als innere Ermessensgrenze der Widmungsentscheidung steht insofern der Einrichtungszweck als Selbstbindungsmechanismus des Einrichtungsträgers für die Widmung ausgestaltende Benutzungsregelungen und Einzelentscheidungen im Vordergrund. Die Besonderheit des kommunalen Widmungsermessens liegt insoweit also insbesondere darin, dass sich der kommunale Einrichtungsträger die innere Ermessensgrenze selbst setzt. Unklar ist dabei der Maßstab an dem der Einrichtungszweck als innere Ermessensgrenze zu messen ist. Hierzu bedarf es einer Untersuchung der mit dem Einrichtungszweck verbundenen Regelungsmöglichkeiten des Einrichtungsträgers. Die Zweckbestimmung muss vor diesem Hintergrund theoretisch und dogmatisch in Strukturen des Verwaltungsrechts abgebildet werden. a) Zwecksetzungskompetenz Zu klären ist zunächst die zulässige Zwecksetzungskompetenz des Einrichtungsträgers als Ergebnis des Regelungsspielraums. Fraglich ist, ob dem Einrichtungsträger insoweit ein eigenständiges Zweck“erfindungs“recht zusteht. Spezifische Vorgaben finden sich im Kommunalrecht für den Einrichtungszweck nicht, sofern keine spezialgesetzlichen Vorgaben als Ausdruck des Vorrangs des Gesetzes wie etwa im Bestattungsrecht zu beachten sind. Nach den Landesbestattungsgesetzen ist etwa Einrichtungszweck der Friedhöfe die würdige Totenruhe und Andacht sowie der Gesundheitsschutz.370 Handelt es sich nicht um gesetzlich vorgeprägte Einrichtungen, müssen für den Einrichtungszweck als Bestandteil der Widmung die gleichen Anforderungen wie für die Widmungsentscheidung selbst gelten. Der Einrichtungszweck muss sich demnach vor allem im Rahmen 367 S. etwa § 40 VwVfG; allg. Schoch, Jura 2004, 462 (466); vgl. auch Meyn, JA 1980, 327 (332), der den Zweck jedoch zu den äußeren Ermessensgrenzen zählt. 368 So etwa Fastenrath, NWVBl. 1992, 51 (53) mit Blick auf Vorgaben des Landesplanungsrechts. 369 OVG MV, NVwZ-RR 2017, 318 (319). 370 Vgl. etwa § 2 Abs. 1 BestattG BW, Art. 8 Abs. 1 BestG Bay, § 2 Abs. 1 Bbg BestG, § 4 Abs. 1 BremBestG, § 1 HessFBG, § 1 NdsBestG, § 7 BestG NRW, §§ 1 Abs. 2, 8 Abs. 1 BestG RhPf, § 1 SaarBestattG, § 1 Abs. 2 SächsBestG, §§ 1, 13 BestattG LSA, §§ 1, 12 BestattG SH, § 1 Abs. 1 ThürBestG.
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4. Kap.: Rationalitätsmuster der Zulässigkeit von Benutzungsregelungen
der Verbandskompetenz halten. Für kommunale Einrichtungsträger gilt somit auch für die Festlegung des Einrichtungszwecks das Universalitätsprinzip, soweit das Selbstverwaltungsrecht reicht. Mit Blick auf die Zwecksetzung im Bereich der Leistungsverwaltung wird vorgebracht, es bestehe keine eigenständige Zwecksetzungskompetenz der Exekutive, sondern die Notwendigkeit der formalgesetzlichen Zwecksetzung. Dieser Auffassung liegen drei unterschiedliche Begründungen zugrunde. Zunächst wird der Einrichtungszweck als das „Wesentliche“ des Benutzungsverhältnisses angesehen, der damit eine formalgesetzliche Normierung erfordere.371 Allein die Bedeutung des Einrichtungszwecks für die Ausübung des Widmungsermessens und die Grenzziehung der Regelungsbefugnis kann jedoch nicht Auslöser des Wesentlichkeitsgedankens sein, denn in Anbetracht der leistungsrechtlichen und kommunalspezifischen Implikationen wird damit der Vorbehaltsgedanke nicht ausgelöst werden können. Weiterhin wird auf die exekutiven Rechtsetzungsformen, hierbei allerdings nur auf Rechtsverordnungen und Verwaltungsvorschriften, verwiesen, die richtigerweise keine eigene Zwecksetzung zulassen;372 darauf aufbauend wird der Ausbau der Rechtsstaatlichkeit angeführt, der dazu geführt haben soll, dass alle denkbaren Verwaltungszwecke bereits rechtlich normiert seien.373 Im Rahmen dieser Begründungsansätze wird jedoch nicht auf die Kommunen als verfassungsrechtlich garantierte Selbstverwaltungskörperschaften eingegangen. Beide vorgebrachte Argumente verkennen die verfassungsrechtlich gewährleistete Selbstverwaltungsgarantie, die – unabhängig von einer parlamentarischen Zweckvorgabe im Rahmen des Art. 80 GG – die normative Anknüpfung eines Zwecks durch kommunales Ortsrecht ermöglicht. Grundsätzlich dürfte also jedenfalls im Bereich der freiwilligen Selbstverwaltungsaufgaben auch bei einer Einrichtungstätigkeit der Kommunen nichts anderes gelten als bei sonstiger Selbstverwaltungstätigkeit: Grundsätzlich gilt das Universalitätsprinzip. Jedoch gilt das Universalitätsprinzip nicht grenzenlos. So ist es den Einrichtungsträgern jedenfalls verboten, den Zugang zur Leistung als Druckmittel zur Durchsetzung beliebiger staatlicher Forderungen, Ziele und Normen zu verstehen.374 Dies ist jedoch kein spezifischer Aspekt der Festsetzung eines Einrichtungszwecks, sondern der Widmung als kommunalrechtlichem Rechtsakt, der sich mithin innerhalb der Verbandskompetenz halten muss. Damit angesprochen ist jedoch die inhaltliche Reichweite der möglichen Einrichtungszwecke. Jedenfalls möglich ist die Zwecksetzung anlässlich kommunalrechtlicher Sacherwägungen 371
Chen, Öffentlich-rechtliche Anstalten und ihre Nutzung, S. 93 ff. S. Art. 80 Abs. 1 S. 2 GG; dazu auch Haverkate, Rechtsfragen des Leistungsstaats, S. 131 ff. 373 Haverkate, Rechtsfragen des Leistungsstaats, S. 133. 374 Lange, Kommunalrecht, 13. Kap. Rn. 66 (S. 826); ders., VerwArch 82 (1991), S. 1 (17). 372
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im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie, Art. 28 Abs. 2 GG. Problematisch werden allerdings solche Einrichtungszwecke, die nicht allein kommunalrechtlichen Erwägungen entspringen, sondern andere Aspekte, Motive oder Erwägungsgrundlagen aufweisen. Inwieweit solche Motive oder Sacherwägungen im Rahmen der Widmungsentscheidung Beachtung finden können, bleibt zu untersuchen. b) Zweckkonkretisierungskompetenz Neben der Zwecksetzung obliegt dem Einrichtungsträger auch die Konkretisierung des oder der Einrichtungszwecke. Eine Konkretisierung und Abstimmung verschiedener Zwecke außerhalb der kommunalen Selbstverwaltung muss aufgrund des Wesentlichkeitsgedankens eigentlich durch den Gesetzgeber erfolgen, denn der Einrichtungszweck als Vorbehalt und Grenze von Leistungs- und Nutzungsansprüchen muss stets normativ konkretisiert sein, um Rechtsverbindlichkeit beanspruchen zu können.375 Allerdings kann dies im Bereich der verfassungsrechtlich zugewiesenen kommunalen Selbstverwaltung auch durch den kommunalen Einrichtungsträger selbst erfolgen. Die Kompetenz zur normativen Konkretisierung der Einrichtungszwecke im Bereich der Selbstverwaltungsangelegenheiten ergibt sich bereits aus der verfassungsrechtlichen Selbstverwaltungsgarantie. Dem Einrichtungsträger kommt also grundsätzlich eine doppelte Zweckbestimmungskompetenz zu. Für Auftragsangelegenheiten bzw. Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung muss der Einrichtungszweck demgegenüber zwar einfachgesetzlich vorgegeben sein, kann aber dennoch auslegungsfähig und auslegungsbedürftig sein. Gemeinhin wird dem Einrichtungsträger insoweit eine gerichtlich nicht vollumfänglich überprüfbare Kompetenz zur Konkretisierung der Einrichtungszwecke zuerkannt.376 Damit sind jedoch gleichzeitig die Grenzen der Konkretisierungskompetenz angesprochen: Sie liegen mithin zwingend in den Grenzen der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie. Wird diese Kompetenz demgegenüber als weitergeltendes Element des besonderen Gewaltverhältnisses mit der Komplexität der Benutzungsverhältnisse und der Handlungsmöglichkeiten begründet,377 muss dem entschieden entgegengetreten werden. Die Konkretisierungskompetenz kann nicht dem verfassungsrechtlich zumindest zweifelhaften Gedankenrelikt der besonderen Gewaltverhältnisse oder – darauf aufbauend – der Anstaltsgewalt entnommen werden, sondern ist in der grundsätzlichen Leistungs- und Organisationsfreiheit der kommunalen Einrichtungsträger zu sehen, die eine Konkretisierungsentscheidung über den Benut-
375 Schober, Der Zweck im Verwaltungsrecht, S. 17 ff.; Hill, NJW 1986, 2602 (2604 f.); Karpen, NJW 1988, 2512 (2517); ausf. hierzu Wischmeyer, Zwecke im Recht des Verfassungsstaates, S. 182 ff. 376 Lange, VVDStRL 44 (1986), S. 169 (184 f.). 377 Lange, VVDStRL 44 (1986), S. 169 (185).
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4. Kap.: Rationalitätsmuster der Zulässigkeit von Benutzungsregelungen
zungsvorgang und die Ausgestaltung der Benutzungsverhältnisse durch Widmung treffen. c) Zweckpluralität Leistungsverwaltungsrechtliche Sachverhalte weisen oftmals mehr als einen Zweck auf, was vor allem auf die Aspekte der Sozialgestaltung und Verteilungsgerechtigkeit zurückzuführen ist.378 Kommen mehrere Zwecke zulässigerweise in Betracht, ist zu klären, in welchem Verhältnis diese zueinander stehen, wobei ein Verhältnis der konkurrierenden Gleichordnung oder der Unterordnung möglich ist. Zur Bestimmung der Zweckrelationen ist zunächst auf den Willen des Einrichtungsträgers als des das Widmungsermessen ausübenden Rechtssubjekts abzustellen. Ist ein ausdrücklicher oder konkludenter Wille nicht erkennbar, ist der sachliche Gehalt der Zwecke in ein Verhältnis zueinander zu setzen.379 Die Zwecke müssen also in einem ersten Schritt zulässigerweise vom Einrichtungsträger gesetzt und konkretisiert sein. Im Rang der Gleichordnung können sodann zum Beispiel zwei oder mehrere eigenständige Verwaltungszwecke stehen, etwa bei einem Volksfest in Gestalt der Unterhaltung der Einwohner und Besucher sowie der Förderung der Schausteller und gegebenenfalls weiterhin Marketingzwecke der Stadt selbst, wobei hier explizit die Zulässigkeitsfrage der Zwecksetzung zu überprüfen sein dürfte. Eine Unterordnung wird dagegen anzunehmen sein, wenn ein Zweck als Hauptzweck auszumachen ist, der mit weiteren, an diesen geknüpften und im Zusammenhang stehenden Nebenzwecken angereichert wird. Schwierigkeiten bereitet hierbei vor allem die Abgrenzung zur bloßen Auslegung des Hauptzwecks. Eine Auslegung dürfte dann anzunehmen sein, wenn der Widmungsinhalt im Einzelfall unklar ist, etwa mangels expliziter Regelung in der Benutzungsordnung oder nur konkludenter Widmung. Bei der Betrachtung ist dabei ferner zu beachten, dass im Rahmen der Widmung wohl keine absolute Bestimmung von Zwecken und Mitteln möglich ist, sondern die Zweck-MittelKennzeichnungen vielmehr stets relativ sind.380 Nebenfolgen, also Rechtswirkungen sowie bloße Rechtsreflexe, die durch die Zwecksetzung nicht intendiert sind, sind grundsätzlich nicht in die Zweck-Mittel-Relation einzustellen.381 Um die Außerachtlassung solcher Nebenfolgen verlässlich zu erreichen, ist die präzise Festlegung des Einrichtungszwecks anzuraten; wird dieser dagegen vage gehalten und vom Einrichtungsträger nicht konkretisiert, können bloße Nebenfolgen nicht verlässlich benannt werden.
378 Ähnl. Haverkate, Rechtsfragen des Leistungsstaats, S. 26; Schober, Der Zweck im Verwaltungsrecht, S. 4 f. m.w. N.; ausf. zur Pluralität der Zweckbetrachtung Wischmeyer, Zwecke im Recht des Verfassungsstaates, S. 223 ff. 379 Vgl. Haverkate, Rechtsfragen des Leistungsstaats, S. 27 f. 380 Luhmann, Zweckbegriff und Systemrationalität, S. 183 ff.; Haverkate, Rechtsfragen des Leistungsstaats, S. 27 m.w. N. 381 Haverkate, Rechtsfragen des Leistungsstaats, S. 30 f.
C. Widmungsermessen
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d) Auslegung der Zweckbestimmung Oftmals wird die Zweckbestimmung bereits vage sein,382 insbesondere wenn sie gesetzlich nicht determiniert und durch die Benutzungsordnung als Widmungsinhalt auch nicht normativ konkretisiert ist. In diesen Konstellationen muss die Zweckbestimmung selbst ausgelegt werden. Hiervon zu unterscheiden ist die Auslegung einer Benutzungsregelung anhand eines hinreichend bestimmt festgelegten Einrichtungszwecks.383 Auslegungsrahmen für die Konkretisierung des Einrichtungszwecks ist dabei der mögliche zulässige Inhalt der Widmung. Soll dieser durch den Einrichtungszweck jedoch gerade konkretisiert werden, ist der Maßstab für die Auslegung des Einrichtungszwecks unklar. e) Aufladung des Einrichtungszwecks mit widmungsexternem Inhalt Verknüpft mit der Frage nach dem Maßstab der Auslegung eines auslegungsfähigen Einrichtungszwecks und der Konkretisierung eines vagen Einrichtungszwecks ist auch die Frage, inwieweit der Einrichtungszweck mit Vorstellungen des Einrichtungsträgers aufgeladen werden kann. Auch für eine Betätigung des Widmungsermessens in eine solche Richtung ist jedoch der zulässige Widmungsinhalt maßgebend. Die Anreicherung bzw. „Anstaffelung“ 384 im Sinne einer Aufladung des Einrichtungszwecks mit Nebenzwecken ist in der Rechtsprechungspraxis und der Kommunalpraxis in verschiedenen Konstellationen virulent geworden. Zur Beantwortung der Fragen sind generell die Grenzen der Widmungsentscheidung als kommunalrechtlicher Rechtsakt zu beachten. Zulässige Entscheidungsgrundlage des Widmungsermessens im Hinblick auf den Einrichtungszweck können daher im Ansatz allein kommunalrechtliche Erwägungen sein.385 Auch hierbei ist die Unterscheidung zwischen Befassungs- und Entscheidungskompetenz zu Rate zu ziehen. Bloße Handlungs- und Entscheidungsmotive des Einrichtungsträgers können sich auch auf solche Regelungsbereiche beziehen, die zwar nicht ausschließlich örtlichen Charakters sind, jedoch konkreten örtlichen Bezug aufweisen. Eine Entscheidungskompetenz kommt dem Einrichtungsträger jedoch nur mit Blick auf örtliche Angelegenheiten zu. Der Einrichtungszweck als Maßstab des Widmungsermessens ist wie gezeigt immanenter Bestandteil der Widmung, die kommunalrechtliche und leistungsverwaltungsrechtliche Struktur aufweist. Aufgrund der dargestellten Implikationen der Widmung für den Regelungskomplex der Benutzung handelt es sich bei der Ausle382 S. ausf. zum Bestimmtheitsgrad der Zwecksetzung Luhmann, Zweckbegriff und Systemrationalität, S. 145 ff. 383 S. hierzu 4. Kap. B. I. 1. b). 384 Becker/Sichert, JuS 2000, 348 (350). 385 S. VG Meiningen, LKV 2018, 573 (575); vgl. auch VG Ansbach, Beschl. v. 27.02.2019 – 4 E 19.277 –, BeckRS 2019, 2866, Rn. 27 mit der expliziten Gegenüberstellung zu gesellschaftlichen und tierschutzrechtlichen Erwägungen.
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gung, Konkretisierung oder Anstaffelung des Einrichtungszwecks daher nicht um bloße Motive des Einrichtungsträgers, die im objektiven Regelungszusammenhang mit der Einrichtungsnutzung stehen,386 sondern um eigenständige Regelungserwägungen, die somit den Grenzen der Verbandskompetenz des kommunalen Einrichtungsträgers unterliegen. Für die Fassung des Einrichtungszwecks durch den kommunalen Einrichtungsträger ist damit eine kommunale Entscheidungsbefugnis erforderlich. aa) Gefahrenabwehrrechtliche Aufladung Teilweise wird angeführt, sicherheits- und ordnungsrechtliche Aspekte könnten zur Wahrung des Einrichtungszwecks im Rahmen der Widmung oder im Rahmen der Zulassungsentscheidung berücksichtigt werden.387 In diesem Zusammenhang steht die Zuschreibung an den Einrichtungsträger, im Rahmen der Obhuts- und Rücksichtnahmepflichten innerhalb eines Benutzungsverhältnisses eine ausreichende Grundlage für Einzelanordnungen des Einrichtungsträgers finden zu können, ohne dass es auch nur einer Normierung in der (untergesetzlichen) Benutzungsordnung bedürfe.388 Teilweise wird dagegen gefolgert, die Gemeinden dürften sich zur Durchsetzung der Pflichten aus der Benutzungsordnung auch auf Ermächtigungsgrundlagen der jeweiligen Polizeigesetze stützen.389 Diese Auffassungen wurzeln beide letztlich im Gedanken der Anstaltsgewalt und Ordnungsgewalt und sind rein sicherheitsrechtlich zu begreifen. Eine ordnungsrechtliche Annexkompetenz zur eigentlichen Fachkompetenz kennt die Rechtsordnung zwar in ganz unterschiedlichen Regelungsbereichen. So umfasst etwa die Zuständigkeit des Bundesgesetzgebers für den Luftverkehr zugleich die Regelungsbefugnis zur Abwehr von Gefahren im Luftraum.390 Gegen eine ordnungsrechtliche Betrachtung und Auslegung des Einrichtungszwecks sprechen jedoch bereits die Zuständigkeitsnormen, die für das Sicherheits- und Ordnungsrecht eben andere Behörden zuweisen. Auch der Einwand einer „Einrichtungskompetenz“ der Gemeinde, die sich nicht etwa ordnungsrechtliche Befugnisse aneignen möchte, sondern lediglich auf die Sicherung des Einrichtungszwecks und der Integrität und Identität der Einrichtung abziele,391 kann für die Zulässigkeitsprüfung von Benutzungs386
So aber BayVerfGH, NVwZ-RR 2012, 50 (51 f.); zust. Heß, BayVBl. 2014, 378
(379). 387 Ausf. Ludwig, Der Anspruch auf Benutzung gemeindlicher öffentlicher Einrichtungen, S. 52 ff.; vgl. auch Brüning, in: Ehlers/Fehling/Pünder (Hrsg.), Bes. VerwR, Bd. III, § 64 Rn. 199; Hellermann, in: Dietlein/Hellermann, ÖffR in NRW, § 2 Rn. 275; ablehnend Vollmer, DVBl 1989, 1087 (1092). 388 Lange, VVDStRL 44 (1986), S. 169 (184). 389 So Frey, DÖV 2005, 411 (417). 390 Einschränkend zu Art. 73 Abs. 1 Nr. 6 GG insoweit BVerfGE 115, 118 (141). 391 Burgi, Kommunalrecht, § 16 Rn. 31; Brüning, in: Ehlers/Fehling/Pünder (Hrsg.), Bes. VerwR, Bd. III, § 64 Rn. 199.
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regelungen nicht überzeugen. Zwar ist zuzugeben, dass der einfachgesetzliche Benutzungsanspruch nur „im Rahmen des geltenden Rechts“ also unter dem Vorrang auch der Sicherheits- und Ordnungsgesetze steht. Für die Ebene der Benutzungsregelungen ist jedoch nicht die Zulassungsebene ausschlaggebend, sondern der Widmungsakt als Determinationsakt, der wiederum nur im Rahmen der kommunalen Verbandskompetenz besteht. Die Ordnungsaspekte der Nutzungsregelungen müssen und können keinen gefahrenabwehrrechtlichen Gehalt aufweisen, sondern richten sich allein nach der Nutzungsverträglichkeit. Auch der Einwand, die Einhaltung eines reibungslosen Betriebs der Einrichtung und das Abhalten von Störungen seien gar als Verpflichtung anzusehen, die aufgrund einer Annexkompetenz aus der Ermächtigung zur Schaffung der Einrichtung abgeleitet werde,392 kann nicht verfangen. Dies entspricht erneut dem Denkmuster der Anstaltsgewalt, die jedoch wie gesehen mangels Rechtsgrundlage keine Rechtsmacht zur Störungsabwehr umfasst.393 Wird daraus gar gefolgert, die Gemeinden dürften sich auch auf Ermächtigungsgrundlagen der jeweiligen Polizeigesetze stützen,394 verkennt dies nicht nur die Regelungs-, sondern vor allem auch die Handlungsbefugnisse des Einrichtungsträgers. Diese Annahme kann schon aufgrund der Binnenorganisation der Gemeinde als Rechtsträgerin nicht überzeugen. Selbst in Bundesländern, in denen die Gefahrenabwehr den Gemeinden übertragen wurde,395 ist die behördliche Binnenzuständigkeit, also insbesondere die Trennung zwischen Ordnungsbehörde und den Fachbehörden bzw. dem für die Widmung zuständigen Kommunalorgan, strikt zu beachten. Zudem verkennt diese Auffassung, dass Benutzungsregelungen als Konkretisierung des durch die Widmung festgelegten Einrichtungszwecks nicht außerhalb des Widmungsrahmens stehen können. Der kommunalrechtliche Rahmen der Widmung ist aber zwingend auch der rechtliche Rahmen der Benutzungsordnung. Benutzungsregelungen und damit der Einrichtungszweck können daher allein auf kommunalrechtlichen Erwägungen basieren, die Nutzungsfragen und konfligierende Nutzungsinteressen im Rahmen der Einrichtung umschließen, nicht jedoch gefahrenabwehrrechtliche Erwägungen erfassen.396 Diese Argumentation mit dem Einrichtungszweck als offene Pforte zur Berücksichtigung auch ordnungsrechtlicher Aspekte erinnert auf den ersten Blick vielmehr an die Anstaltspolizei, die jedoch weder in den kommunalrechtlichen Normen noch in Gewohnheitsrechtssätzen Rückhalt findet.397 392
OVG NRW, NVwZ 1995, 814. S. hierzu ausf. 4. Kap. A. III. 3., IV. 394 So Frey, DÖV 2005, 411 (417). 395 Vgl. etwa für Ortspolizeibehörden statt vieler §§ 1, 3 PolG BW; für Ordnungsbehörden statt vieler §§ 3, 9 OBG NRW. 396 So auch NdsOVG, NVwZ 2017, 728 (729); vgl. dazu Hoffmann, Die kommunale öffentliche Einrichtung, S. 97 f. 397 Vgl. Frank, Anstaltspolizei und Anstaltsgewalt, S. 74 ff.; ausf. dazu s. 4. Kap. A. I., III. 3. 393
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4. Kap.: Rationalitätsmuster der Zulässigkeit von Benutzungsregelungen
bb) Haushaltsrechtliche Aufladung Anders ist jedoch die Auslegung des Einrichtungszwecks anhand haushaltsrechtlicher Aspekte zu sehen. Hier erfolgt keine getrennte administrative Aufgabenzuweisung zu verschiedenen Behörden. Der Kerngedanke der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit der Verwaltung ist eine Ausprägung des Effizienzgedankens der Leistungsverwaltung398 und kann sich somit auch auf Fragen der Ebene der Ausgestaltung der Benutzungsregelungen beziehen. Der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit ist vielmehr ein allgemeiner Grundsatz der Verwaltungsführung, der damit von allen administrativen Entscheidungsstellen zu beachten ist und im Übrigen bereits in den gemeinderechtlichen Anspruchsgrundlagen zur Benutzung der Einrichtungen angesprochen wird. Allerdings dürfte zu beachten sein, dass dieser grundsätzlich für die Festlegung des Einrichtungszwecks sowie die Ausgestaltung der Benutzungsregelungen weniger relevant sein dürfte als für die Schaffung der Einrichtung und Bereitstellung der Benutzungsleistung. Aufgrund der Determinationswirkung der Widmung auch für die Benutzungsebene wirkt sich der Effizienzgedanke indes auch auf der Ebene der Benutzungsordnung aus. cc) Aufladung mit ästhetischen Vorstellungen Die Anreicherung des Einrichtungszwecks mit ästhetischen Vorstellungen des Einrichtungsträgers ist besonders im Friedhofsrecht unter dem Aspekt der besonderen und allgemeinen Grabgestaltungsvorschriften diskutiert worden. Besondere ästhetische Vorstellungen des Friedhofsträgers sollen demnach den Einrichtungszweck bereits überschreiten, denn die Friedhofsordnung muss dem Benutzer das Recht gewähren, ein Grabdenkmal zu wählen, das seinen eigenen Wünschen und individuellen Gestaltungsvorstellungen entspricht, soweit der Einrichtungszweck dadurch nicht gefährdet wird.399 Damit wird der Einrichtungszweck nicht zur Konkretisierung der Ausgestaltungsbefugnis herangezogen, sondern zu deren Begrenzung, indem er die Grenze der individuellen Freiheit der Benutzer zieht. Ästhetische Vorstellungen führen zu besonderen Grabgestaltungsvorschriften, die allerdings nur insoweit zulässig seien, als der Friedhofsträger tatsächlich und rechtlich gewährleisten kann, dass dem Benutzer Grabfelder zur Verfügung stehen, für die allein allgemeine Gestaltungsvorschriften gelten, die dem Einrichtungszweck dienen und damit zulässig seien; anderenfalls wäre die allgemeine Handlungsfreiheit des Benutzers unverhältnismäßig beschränkt.400 Die Recht398 Vgl. Schmidt-Aßmann, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Effizienz als Herausforderung an das Verwaltungsrecht, S. 245 (258 ff.). 399 Grundlegend BVerwGE 17, 119 (121). 400 Vgl. etwa BVerwG, NVwZ 1987, 679 (679); VGH BW, DÖV 1988, 474 (475); NVwZ-RR 1990, 308 (308); NVwZ-RR 1997, 359 (359 f.); BayVGH, NVwZ 1986, 371 (371 f.); NVwZ-RR 1991, 250 (251); OVG NRW, Urt. v. 26.05.2000 – 19 A 2015/99 –, BeckRS 2000, 167700, Rn. 36; ausf. hierzu Spranger, Die Beschränkungen des kommu-
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sprechung macht hierdurch zutreffend zweierlei deutlich: Durch die Unterstellung der Benutzungsregelungen unter den Einrichtungszweck wird die Zweckerfüllung der Einrichtung sichergestellt. Allerdings wird ebenfalls deutlich, dass es sich bei dem Friedhofsbenutzungsverhältnis um ein verpflichtendes Benutzungsverhältnis handelt. Die Ausgestaltung der Benutzung ist damit nicht Teilhabe, sondern vielmehr ein Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit der Benutzer durch die Benutzungspflicht. Diese abwehrrechtliche Betrachtungsperspektive ist bei der Frage nach der Zulässigkeit einer Anstaffelung mit ästhetischen Vorstellungen zu beachten. Als Eingriffskonkretisierung muss die Benutzungsregelung im unmittelbaren Sach- und Funktionszusammenhang mit dem konkreten Einrichtungszweck stehen. Bloße ästhetische Vorstellungen wie die Verbesserung des Friedhofsbildes401 lassen sich zudem bereits nicht unter den konkreten, gesetzlich vorgeprägten Friedhofszweck fassen. Jedoch kann auch unabhängig von der grundrechtlichen Determination der Anreicherung des Einrichtungszwecks mit ästhetischen Vorstellungen eine Absage erteilt werden. Aufgrund des unmittelbaren Zusammenhangs des Einrichtungszwecks mit der Widmungsentscheidung kann auch der Einrichtungszweck ausschließlich auf kommunalrechtlichen Erwägungen beruhen. Ästhetische Vorstellungen mögen zwar von der Kommune als Einrichtungsträgerin normiert werden, stellen aber keine kommunalrechtlichen, örtlichen Angelegenheiten dar. Sie stellen vielmehr außerrechtliche, in der klassischen Terminologie der Ermessensfehlerlehre gesprochen, sachfremde Erwägungen dar, die bei der kommunalen Widmungsentscheidung grundsätzlich keine Berücksichtigung finden dürfen. Denn wie festgestellt, kommt dem Einrichtungsträger zwar eine Gestaltungsfreiheit zu, diese muss sich jedoch im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie halten; außerrechtliche Erwägungen sind dem formalgesetzgeberischen Entscheidungsprozess aufgrund der Vorteile parlamentarischer Arbeitsweise vorbehalten.402 Denn der Einrichtungsträger entscheidet grundsätzlich allein über die Bereitstellung der Einrichtung als Verwaltungsleistung in Form der Art, der Benutzungsberechtigten und des Benutzungsumfangs. Die wesentliche Aufgabe besteht darin, verschiedene Nutzungsinteressen gegeneinander abzuwägen und in Einklang zu bringen, nicht aber eigene Interessen des Einrichtungsträgers durchzusetzen. Als zulässige Ermessensausübung kommen ästhetische Vorstellungen des Einrichtungsträgers damit nicht in Betracht. Die Rechtsprechung zu besonderen Gestaltungsvorschriften ist insoweit nur vor dem Hintergrund zu verstehen, dass der Einrichtungsträger Einrichtungskapazitäten ohne die Implementierung derartiger Vorschriften bereithalten muss. nalen Satzungsgebers beim Erlaß von Vorschriften zur Grabgestaltung, passim; Brüning, WiVerw 2016, 37 (45 ff.). 401 Vgl. dazu noch Müller-Hannemann, DVBl 1977, 440 (441). 402 Allg. zu außerrechtlichen Erwägungen im Rechtsetzungsprozess Stüer, DVBl 1974, 314 (316 ff.).
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4. Kap.: Rationalitätsmuster der Zulässigkeit von Benutzungsregelungen
dd) Aufladung mit moralischen und ethischen Vorstellungen Ebenfalls großes Konfliktpotential kommt der Anreicherung bzw. Aufladung des Einrichtungszwecks als Hauptzweck mit ethischen bzw. moralischen Vorstellungen des Einrichtungsträgers zu, die weder als örtliche Angelegenheiten anzusehen sind, noch einen spezifisch örtlichen Bezug aufweisen. Das Bundesverwaltungsgericht bestätigt in seiner Grabmal-Entscheidung403 die neuere Einschätzung des bayerischen Verwaltungsgerichtshofes, wonach eine pietätvolle und würdige Friedhofsgestaltung voraussetze, dass sich der Friedhofsnutzer nicht mit Grabsteinen aus grob menschenrechtswidriger Herstellung konfrontiert sehe, eine zulässige Konkretisierung des Friedhofszweckes darstelle und den gegenständlichen Bezug zum kommunalen Friedhof nicht verlasse.404 Der bayerische Verwaltungsgerichtshof revidierte insofern seine ursprüngliche Auffassung, nach der die betreffende Regelung erstens einrichtungsfremde Zwecke verfolge und zweitens aufgrund des weltpolitischen Themas in Form des Schutzes vor Kinderarbeit keine Angelegenheit der örtlichen Gemeinschaft darstelle.405 Diese Rechtsprechungsänderung erfolgte aufgrund der Bindung an die Entscheidung des bayerischen Verfassungsgerichtshofes, der in dieser Rechtsprechung – jedenfalls mit der Mehrheit im erkennenden Senat – einen Verstoß gegen die kommunale Selbstverwaltungsgarantie erblickte.406 Ein bloßer Nebenzweck allgemeinpolitischer Natur solle demnach noch nicht zur Unzulässigkeit der Benutzungsregelung führen, sofern die Regelung objektiv dem Benutzungsvorgang zugeordnet werden könne und spezifisch örtlichen Charakter aufweise.407 Auch in der Literatur wurde sich dem angeschlossen: Ethische sowie moralische Aspekte sollten insoweit nichts an dem grundsätzlichen Selbstverwaltungscharakter eines Einrichtungszwecks ändern können;408 ethische Erwägungen stellten insbesondere auch kein sachfremdes Kriterium dar.409 Gegen die statuierten Voraussetzungen für eine zulässige Benutzungsregelung in diesem Sinne, namentlich den objektiven Regelungsbezug zum Benutzungsvorgang sowie den spezifisch örtlichen Charakter, bestehen tatsächlich keine Einwände. Sie sind insofern auch nicht neu, sondern Usus. Hierdurch wird lediglich deutlich, dass es sich bei der Problematik der Aufladung des Einrichtungszwecks im Ansatz um eine Frage der kommunalen Verbandskompetenz handelt, die um 403
BVerwGE 148, 133 (133 ff.). BVerwGE 148, 133 (139); BayVGH, Urt. v. 06.07.2012 – 4 N 11.2673 –, BeckRS 2012, 56028; BayVerfGH, NVwZ-RR 2012, 50 (51 f.); Teile der Rechtsprechung zusammenfassend Ruf, BWGZ 2013, 248 (248 ff.); Heß, BayVBl. 2014, 378 (378 f.). 405 BayVGH, Beschl. v. 27.07.2009 – 4 N 09.1300 –, juris, Rn. 16 ff. 406 BayVerfGH, NVwZ-RR 2012, 50 (51 f.); a. A. BayVerfGH, Sondervotum, NVwZ-RR 2012, 52 (52 f.). 407 BayVerfGH, NVwZ-RR 2012, 50 (51 f.); zust. Heß, BayVBl. 2014, 378 (379). 408 Lange, DVBl 2014, 753 (754). 409 Penz, KommJur 2017, 241 (244). 404
C. Widmungsermessen
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eine einrichtungsspezifische Thematik erweitert wird. Mit Blick auf diese einrichtungsspezifische Thematik, also auf den objektiven Regelungsbezug zum Benutzungsvorgang, ist zuzugeben, dass bloße Motive für eine inhaltliche Einordnung des Einrichtungszwecks unter die Verbandskompetenz nicht ausschlaggebend sein können.410 Hierin liegt jedoch gerade der Anwendungsfehler. Denn bei Nebenzwecken handelt es sich eben nicht um solch bloße Motive, sondern gerade um die Anstaffelung des primären Einrichtungszwecks durch zusätzliche Sacherwägungen. Der Einordnung als selbständige Sacherwägung liegt die bereits ausgeführte Bedeutung des Einrichtungszwecks für die Widmung und damit für die Benutzung insgesamt zugrunde. Bei der Auslegung, Konkretisierung oder Anstaffelung des Einrichtungszwecks mit Nebenzwecken kann es daher nicht um bloße Motive des Einrichtungsträgers gehen, die im objektiven Regelungszusammenhang mit der Einrichtungsnutzung stehen, sondern um eigenständige Sacherwägungen. Der zulässige (Sach-)Inhalt des Einrichtungszwecks ist jedoch durch die Widmung als kommunalrechtlicher Rechtsakt auf die von der Verbandskompetenz gezogenen Grenzen festgelegt. Nicht alle Regelungswirkungen, die jedenfalls objektiv oder gegenständlich auch dem Benutzungsvorgang zugeordnet werden können, sind von der Selbstverwaltungsgarantie umfasst. Es gilt gerade umgekehrt: Der durch die (kommunalrechtliche) Widmungsentscheidung festgelegte Einrichtungszweck kann nur solche Erwägungen erfassen, die der Verbandskompetenz des Einrichtungsträgers unterfallen. Damit wird auch nicht die Bedeutung der kommunalen Selbstverwaltung durch eine Einschränkung des normativen Ermessens unterminiert,411 sondern im Gegensatz gerade die Abgrenzung zu unzulässigen Erwägungen im Rahmen des Widmungsermessens für die kommunalen Einrichtungsträger handhabbar gemacht. Dass die kommunalen Einrichtungsträger nicht nur Grenzen im Sinne von Handlungsverboten aufstellen dürfen, sondern im Rahmen der Benutzungsordnung auch positive Gestaltungsvorschriften zur Verwirklichung des Einrichtungszwecks vornehmen dürfen, ist nicht umstritten, sondern obliegt der Zweckmäßigkeit im Rahmen ihres normativen Ermessens.412 Gleichwohl ist hierbei zu beachten, dass solche aktiven Verhaltenspflichten anhand ihrer jeweiligen Regelungsintensität auf die Zulässigkeit einer sublegalen Normierung überprüft werden müssen.413 Umstritten ist dagegen allein, welcher (Sach-)Inhalt dem Einrichtungszweck als Maßstab des normativen Ermessens zugrunde gelegt werden darf. Vor diesem Hintergrund muss der 410 So BayVerfGH, NVwZ-RR 2012, 50 (51 f.) unter Hinweis auf BVerwGE 125, 384 (386); ähnl. Kaltenborn/Reit, NVwZ 2012, 925 (927). 411 So aber BayVerfGH, NVwZ-RR 2012, 50 (52); a. A. BayVerfGH, Sondervotum, NVwZ-RR 2012, 52 (53). 412 Ausf. zum normativen Ermessen Badura, in: Selmer/v. Münch (Hrsg.), GS Martens, S. 25 (29 ff.). 413 Ausf. zur grundrechtlichen Determination von benutzungsbezogenen materiellen Verhaltenspflichten und deren Abgrenzung zu benutzungsausgestaltenden Regelungen s. 3. Kap. B. III. 2. und 3.
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4. Kap.: Rationalitätsmuster der Zulässigkeit von Benutzungsregelungen
grundsätzlichen Einordnung der moralischen bzw. ethischen Aufladung des Einrichtungszwecks auch aus einem weiteren Grunde widersprochen werden. Ethische und moralische Aspekte sind zunächst außerrechtliche Erwägungen, die auch bei einer kommunalen Entscheidung grundsätzlich keine Berücksichtigung finden dürfen.414 Solche außerrechtlichen Entscheidungsmaßstäbe kann die Kommune in ihrer Funktion als Einrichtungsträgerin und damit als Teil der Exekutive nicht zugrundelegen; es besteht auch für die Gemeinden im weltanschaulichen und moralischen Bereich vielmehr eine Neutralitätspflicht.415
D. Ergebnis Maßgebliches Rationalitätsmuster der Zulässigkeit von Benutzungsregelungen ist also im Ergebnis das Widmungsermessen. Der Einrichtungszweck und die Funktionsfähigkeit der Einrichtung stellen sich als Ermessensdirektiven dar, die die Regelungsmöglichkeiten des Einrichtungsträgers hinsichtlich Benutzungsregelungen substanziell bestimmen. Vor allem dem Einrichtungszweck kommt dabei entscheidende Bedeutung zu, umso mehr als dessen Einfassung durch den kommunalen Einrichtungsträger im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung selbst vorgenommen werden kann und daher besonderer Überprüfung und Grenzziehung bedarf. Der Einrichtungszweck muss sich im Rahmen der Verbandskompetenz des Einrichtungsträgers halten, der maßgebliche Bedeutung für die formelle Grenzziehung der Regelungsbefugnisse und zugleich als Ausdruck der kommunalrechtlichen und leistungsverwaltungsrechtlichen Sachspezifika Implikationen für den Vorbehaltsbereich aufweist. Benutzungsregelungen im Rahmen der Widmung können daher das Erfordernis einer formalgesetzlichen Ermächtigungsgrundlage im Sinne der Wesentlichkeitstheorie grundsätzlich nicht auslösen, sondern sind im Rahmen des zulässig ausgeübten Widmungsermessens durch den Einrichtungsträger zu erlassen. Hiervon auszunehmen sind die bloßen benutzungsbezogenen Benutzungsregelungen, also insbesondere die Anordnung von aktiven Verhaltenspflichten der Benutzer, die in einem Regelungszusammenhang mit dem Benutzungsvorgang stehen und tatsächlich eigenständige Belastungswirkungen aufweisen können. Diese sind anhand der Grundrechtsbetroffenheit und Regelungsintensität zu messen.
414 Etwas anderes mag jedoch bei der Umsetzung von völkerrechtlichen Verpflichtungen wie der bei dem Grabsteinverbot in Rede stehenden ILO Konvention gelten, die nicht als bloße außerrechtliche Erwägungen anzusehen sind, sondern im Wege der nach Art. 24 GG völkerrechtsfreundlichen Auslegung innerstaatlichen Rechts grundsätzlich zu beachten sind, vgl. ausf. hierzu Krajewski, DÖV 2014, 721 (725); Lorenzmeier, BayVBl. 2011, 485 (488 ff.). 415 Vgl. VG Darmstadt, LKRZ 2013, 289 (292); Ossenbühl, DVBl 1973, 289 (299); Gassner, VerwArch 85 (1994), S. 533 (540 f.); Ludwig, Der Anspruch auf Benutzung gemeindlicher öffentlicher Einrichtungen, S. 52.
5. Kapitel
Gesamtergebnis 1. Zur Betrachtung der Rechtsgrundlagen und der Reichweite von Regelungsbefugnissen kommunaler Einrichtungsträger ist zwischen den verschiedenen Ebenen im Benutzungsverhältnis, namentlich dem Errichtungsakt der Einrichtung, der Entstehung des Benutzungsverhältnisses, der Ausgestaltung des Benutzungsverhältnisses und der Störungsabwehr zu differenzieren. Maßgebliche Interdependenzen zwischen den Ebenen schafft der Widmungsakt. 2. Ob der Erlass von belastenden Benutzungsregelungen innerhalb der Regelungsbefugnisse des kommunalen Einrichtungsträgers liegt oder aber einer Ermächtigung durch den formellen Gesetzgeber vorbehalten bleibt, entscheidet sich anhand des Vorbehalts des Gesetzes durch Zuordnung zu einem Rechtsetzungsorgan mittels der Wesentlichkeitsdoktrin als Abwägungsentscheidung. Maßgeblich sind insoweit der sachspezifische Regelungsgegenstand und die Grundrechtsrelevanz des Regelungsbereichs sowie der konkreten Regelung. 3. Das „Anstaltsrecht“ enthält keine Sachbereichsspezifika für Benutzungsregelungen. Der Anstaltsbegriff ist rein organisationsrechtlich und nicht auch nutzungsrechtlich zu verstehen, sodass die Problemkreise der Regelungsbefugnisse im Zusammenhang mit der Nutzung und etwaiger Nutzungsbeschränkungen kein anstaltsspezifisches, sondern ein einrichtungsbezogenes Problem sind. 4. Auch aus einem Teilrechtsbereich „öffentliches Sachenrecht“ lassen sich für die Einrichtungsnutzung keine besonderen Sachbereichsspezifika ableiten. Eine sachenrechtliche Funktion besteht nicht, weil ein Regelungsgegenstand dem öffentlichen Sachenrecht zuzuordnen ist. Es ist vielmehr zu fragen, ob eine Funktion, die gemeinhin dem öffentlichen Sachenrecht zugeschrieben wurde, rechtlich auch dem zu betrachtenden Regelungsgegenstand zukommt. Die üblicherweise dem öffentlichen Sachenrecht zugeschriebene dingliche Widmungswirkung, die dem Sachherrn auch die Befugnis zuweist, die Nutzung der Sache umfassend zu regeln, erfordert aber gerade eine formalgesetzliche Grundlage. Eine dingliche Widmungswirkung kann mangels gesetzlicher Verankerung im kommunalen Einrichtungswesen daher nicht zuerkannt werden. 5. Aufgrund der Qualifizierung des Benutzungsverhältnisses als Leistungsverhältnis sind insoweit Sachbereichsspezifika zu beachten. Nicht aussagekräftig ist die Zuordnung zur Leistungsverwaltung an sich. Die Bestimmung der Erforderlichkeit einer formalgesetzlichen Rechtsgrundlage muss vielmehr den Regelungs-
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5. Kap.: Gesamtergebnis
bereich und die Regelungsbestimmung des konkreten Leistungsvorgangs in den Blick nehmen. 6. Das vorherrschende Dogma der Vorbehaltslehre im Kommunalrecht, wonach Eingriffe in Grundrechte einer speziellen formalgesetzlichen Grundlage bedürfen und die Generalklausel der Satzungsbefugnis hierfür nicht genügt, ist in zweifacher Weise neu einzufassen. Einerseits ist es weiter zu fassen, denn nicht nur Grundrechtseingriffe, sondern alle Grundrechtsdimensionen können den Parlamentsvorbehalt aktivieren. Je nach grundgesetzlicher Schrankensystematik, jedenfalls aber bei intensiven Eingriffen in spezielle Freiheitsgrundrechte, ist die Zulassung durch eine formalgesetzliche Ermächtigungsgrundlage notwendig. Auf der anderen Seite ist es gleichwohl einzuschränken. Die besondere verfassungsrechtliche Absicherung der kommunalen Selbstverwaltung und die eigene demokratische Legitimation sprechen für die Berücksichtigung dieser kommunalspezifischen Besonderheiten im Rahmen der Wesentlichkeitsdoktrin als Zuordnungsmechanismus zu einem Rechtssatzgeber. 7. Regelungen der Widmung als Determinante der Benutzung im Sinne einer Widmungserweiterung und Widmungsbeschränkung können keine Eingriffe in Grundrechtspositionen, keine Einschränkung einer etwaig zuvor festgelegten „Soll-Nutzung“ darstellen, sondern füllen als Konkretisierung der (geänderten) Widmungsentscheidung den Anspruch auf Benutzung erst inhaltlich aus. 8. Voraussetzung für die Betrachtung der Grundrechtsrelevanz der Benutzungsregelungen ist zunächst die Einordnung der Rechtswirkung als benutzungsausgestaltend oder bloß benutzungsbezogen. Steht die Benutzungsregelung in einem unmittelbaren Funktionszusammenhang mit dem Benutzungsvorgang in sachlicher, örtlicher und personeller Sicht, gestaltet sie die Widmungsentscheidung aus und ist allein der teilhaberechtlichen Betrachtung der Bestimmung zugänglich. 9. Besonderer Beachtung bedarf die Regelung materieller Verhaltenspflichten der Benutzer. Diese können Benutzungsregelungen darstellen, sofern sie im unmittelbaren sachlichen, örtlichen und personellen Zusammenhang mit dem Benutzungsvorgang stehen. Eine Regelungsmöglichkeit in Benutzungsordnungen hängt jedoch zusätzlich stets von deren Regelungsintensität und dem von ihnen betroffenen Grundrecht ab. Auf eine (potentielle) Einwilligung der Grundrechtsbetroffenen kann dagegen nicht abgestellt werden, da es sich bei der Vorbehaltslehre im Sinne der Wesentlichkeitstheorie um eine Kompetenzzuordnung handelt, die nicht von der Einwilligungsentscheidung des Benutzers abhängen kann. 10. Die Anstaltsgewalt ist ein zeitlich und inhaltlich wandelbarer Begriff, der in Bedeutungsinhalt und Wirkweise unterschiedlich ausgefüllt wurde. Es lassen sich vier Bedeutungsinhalte der Anstaltsgewalt unterscheiden: die Anstaltsgewalt als Sondergewalt, als delegierte Staatsgewalt, als öffentlich-rechtlich überform-
5. Kap.: Gesamtergebnis
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tes, nutzungsbezogenes Hausrecht bzw. Ordnungsgewalt sowie schließlich als nicht inhaltsbezogene, sondern handlungsformbezogene Befugnis. 11. Mit Blick auf den Ursprung der Anstaltsgewalt in der Lehre vom sog. besonderen Gewaltverhältnis kann der Begriff unter dem Grundgesetz nicht mehr als eigenständige, ungebundene Rechtsmacht des Einrichtungsträgers verstanden werden, sondern lediglich als die Gesamtheit der Funktionen und Befugnisse, die der Einrichtung im Rahmen der Verfassungsordnung zustehen können. 12. Ein Bedürfnis für eine besondere Rechtsfigur „Anstaltsgewalt“ besteht nicht. Eine nutzungsbezogene Störungsabwehrbefugnis kann als Anstaltsgewalt mangels erforderlicher Rechtsgrundlage nicht zuerkannt werden. Auch eine gewohnheitsrechtliche Begründung und ein Analogieschluss sind nicht möglich. Für Handlungsformbefugnisse kommt der Anstaltsgewalt ebenso kein spezifischer Aussagegehalt zu. Insbesondere besteht weder die Möglichkeit noch das Bedürfnis, die Benutzungsordnung in Form einer sog. Sonderverordnung zu erlassen. 13. Grundlage und Reichweite der mit dem Begriff „Anstaltsgewalt“ verknüpften Regelungsbefugnisse lassen sich vollständig mit der Widmung erfassen. Die Reichweite der Widmung wird dabei durch das zulässig ausgeübte Widmungsermessen abgebildet. 14. Maßgebliches Rationalitätsmuster belastender Benutzungsregelungen ist das Widmungsermessen, das – bei Zugrundelegung des Einrichtungszwecks und der Funktionsfähigkeit der Einrichtung als Ermessensdirektiven – die Reichweite der Regelungs- und Ausgestaltungsbefugnisse des Einrichtungsträgers bestimmt. Einrichtungszweck und Funktionsfähigkeit bilden dabei keine konkreten, inhaltlichen Kriterien, sondern vielmehr abstrakte Maßstäbe zur Ausübung des Widmungsermessens. 15. Das Rationalitätsmuster der „Funktionsfähigkeit einer Einrichtung“ kann keinen Ersatz für eine Kompetenzzuordnung im Sinne der Vorbehaltslehre darstellen. Auch ein konkreter Bedeutungsinhalt kann der „Funktionsfähigkeit“ aufgrund des Abstraktionsgrades nicht entnommen werden. Als Schlüsselbegriff kann der „Funktionsfähigkeit“ jedoch die Aufgabe zukommen, typische Problemlagen auf der Ebene „Individuum gegen Einrichtung“ sachangemessen zu erschließen, um im Rahmen einer Abwägungsentscheidung bestimmte Strukturen, hier insbesondere den Nutzungsverträglichkeitsgrundsatz als Ausdruck der Leistungsverwaltung, berücksichtigen zu können. 16. Der Einrichtungszweck ist der Anknüpfungspunkt für die formelle und materielle Regelungsbefugnisgrenze sowie die Verhältnismäßigkeitsprüfung im Falle von Belastungswirkungen, dient der Auslegung unklarer Benutzungsregelungen und als sachliches Differenzierungskriterium im Rahmen der gleichheitsrechtlichen Prüfung. Insofern kommt dem Einrichtungszweck eine maßstabsbildende
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5. Kap.: Gesamtergebnis
Funktion für die Überpüfung von Benutzungsregelungen zu. Der Einrichtungszweck ist dabei auch ein rechtstechnisches Instrument, das verschiedene Anwendungsbereiche im Benutzungsverhältnis einnehmen und diese handhabbar machen kann. 17. Die konkrete Ausgestaltung des Einrichtungszwecks ist maßgeblich für den zulässigen Inhalt von benutzungsausgestaltenden und benutzungsbezogenen Regelungen. 18. Der kommunalrechtliche und leistungsverwaltungsrechtliche Rahmen der Widmung ist zwingend auch der rechtliche Rahmen der Benutzungsordnung. Benutzungsregelungen können allein auf kommunalrechtlichen Erwägungen basieren, die leistungsverwaltungsrechtliche Nutzungsfragen und konfligierende Nutzungsinteressen im Rahmen der Einrichtung umschließen. Auch die Zwecksetzungs- und Zweckkonkretisierungskompetenz des Einrichtungsträgers ist damit auf die kommunale Entscheidungskompetenz begrenzt. 19. Der bloße Regelungsbezug zur kommunalen Einrichtungstätigkeit stellt noch keinen spezifisch örtlichen Bezug des Regelungsgegenstandes dar. 20. Auch Nebenzwecke stellen eigenständige Sacherwägungen und nicht bloße Motive des Einrichtungsträgers dar. Diese dürfen den kommunal- und leistungsverwaltungsrechtlichen Rahmen des Widmungsermessens daher nicht übersteigen. Ausgeschlossen ist die Anstaffelung des Einrichtungszwecks etwa durch eigenständige gefahrenabwehrrechtliche, ästhetische oder moralische bzw. ethische Sacherwägungen.
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Sachwortverzeichnis Abfallvermeidung 63, 78 Abhängigkeitsverhältnis 51, 189, 198 Allgemeine Geschäftsbedingungen 39 f., 49 Allgemeine Grundsätze des Verwaltungsrechts 213, 216 f. Allgemeinpolitisches Mandat 251 Allgemeinverfügung 25, 45 ff., 54 Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft 250, 251 Anstaffelung des Einrichtungszwecks 253, 259 f., 263, 265 Anstaltsbegriff 55, 110 ff., 121 ff., 191, 199, 223 Anstaltsgebrauch 126 f., 129, 204, 216 Anstaltsgewalt 33 f., 51, 54 f., 112, 184 ff., 229 f., 238 f., 240 f. Anstaltsnutzungsverhältnis 49, 119, 184, 198, 209 Anstaltsordnung 33 f., 38, 49, 50 f., 198, 200 Anstaltsrecht 110, 111, 120, 121 f., 126 Anstaltszweck 189, 192, 193, 194, 201, 222 ff. Ästhetische Aufladung 262 f. Aufgepfropfte Benutzung 74 Ausbesserungskompetenz 254 Ausgestaltungsbefugnis 245, 247, 262 Ausgestaltungszusammenhang 176 Ausgleichsordnung 79 Ausnahmsweisekompetenz 251 Ausnutzung 74, 235 Auswahlentscheidung 32, 228 Badeanstalt siehe Schwimmbad Badebekleidung 225, 228 Badekappengebot 79, 176, 182
Befassungskompetenz 252, 253 Befugnisgrenze 223, 224, 236, 250 Belastungswirkung 23 f., 75 ff., 164 ff., 221 Benutzer 67 ff. Benutzungsanspruch 28, 30, 66, 67 f., 160, 173, 182, 233 Benutzungsart 167, 168, 207 Benutzungsausgestaltende Rechtswirkung 174, 176, 180, 182, 184, 244 Benutzungsberechtigte 167, 174, 175, 182, 263 Benutzungsbezogene Rechtswirkung 174, 175 ff., 181 ff., 221, 244, 254 Benutzungsinteressenten 71 ff., 74 Benutzungsordnung 33 ff., 69, 72 f., 107, 191, 217, 227 Benutzungsumfang 167, 207, 263 Benutzungsverhältnis 24 ff., 56 ff., 60 ff., 64 ff., 110 ff., 124 ff. Benutzungsvermittler 74 f. Benutzungsvorgang 63 f., 71, 73, 77 f., 80, 172 ff., 226, 264 f. Benutzungszwang 39, 54, 59, 65, 140 Besonderes Gewaltverhältnis 49, 161, 196 ff., 202 Besucher 74 f. Betretungsrechte 63, 230 Betroffenheitsintensität 104, 107, 153, 177, 227 Burkini 225, 229 Demokratieprinzip 82, 85, 89, 105 ff., 147 ff. Dingliche Widmungswirkung 133 ff. Effektivitätsgebot 242 Effizienzgedanke 262
298
Sachwortverzeichnis
Eingriffsintensität 220, 221 Eingriffsschwelle 180, 181 Eingriffsvorbehalt 89, 100, 104, 140, 160 Einrichtungskompetenz 260 Einrichtungsträger 66 f. Einrichtungsverträglichkeit 226 Einrichtungszweck 223 ff., 231 ff., 235, 259 ff. Einwilligung 157, 173, 177, 188, 197 Entscheidungskompetenz 92, 107, 154, 177, 251 ff. Entwidmung 158 f., 166, 169 Ermessensdirektiven 266 Ermessensgrenzen 41, 246, 249 ff. Erschließungsfunktion 104, 244 Fachkundenachweis 32, 78, 171 Faktische Widmungsänderung 35 Festfläche 74, 179 Folgerichtigkeit 224 Formenwahlfreiheit 38, 41 Fragmentierung, örtliche 147, 152 Friedhof 32, 63, 73, 174, 234 Friedhofsbild 263 Friedhofsgärtner 71, 79 Friedhofsgrab 228 Friedhofsnutzer 79, 180, 264 Friedhofszweck 263, 264 Funktionale Selbstverwaltung 92 Funktionsfähigkeit 36, 175, 201, 217, 236 ff. Funktionszusammenhang 23, 63, 78, 157, 175, 263 Gefahrenabwehr 36, 133, 174, 210, 260 f. Gemeingebrauch 36, 46, 127, 161 ff., 226 Gemeinwohlverträglichkeit 36 Generalklausel 42, 54, 65, 133, 154 Gesetzmäßigkeitsprinzip 253 Gestaltungsfreiheit 111, 142, 156, 245, 250, 263
Gewohnheitsrecht 25, 47, 48, 53, 137, 213 ff. Grabgestaltungsvorschriften 262 Grabmal 178, 223, 251, 264 Grabstein 63, 264 Grundrechtlicher Gesetzesvorbehalt 83 f. Grundrechtsrelevanz 94, 99, 102 ff., 163 ff. Grundrechtsverzicht 135, 194, 202 Handlungsformbefugnis 47, 48, 212, 218, 220 Handlungsformvorbehalt 43 Hauptzweck 59, 258, 264 Haushaltsrechtlicher Grundsatz 235, 262 Hausrecht 54, 188, 190 f., 203 ff. Herkunftsnachweis 178 Hilfsbegriff 244 Hilfsperson 70, 74, 180 Höchstalter 175, 182 Identitätsnachweis 78, 171 Inanspruchnahmeverfügung 219 Institutioneller Vorbehalt des Gesetzes 88 Interessenverfilzung 149 Kapazitätserschöpfung 31, 32 Kinderspielplatz 67, 175 Kommerzielle Nutzung 68 Kommerzielle Zwecke 74 Kommunale Selbstverwaltungsgarantie 145 ff., 150, 152, 236, 250, 257, 264 Kommunalspezifische Fassung des Vorbehalts des Gesetzes 154, 155 Konfliktlösungsmechanismus 228 Leistungsfreiheit 38, 156 Leistungsrecht 62, 142, 158, 165, 168 Losprinzip 31 Managementermessen 247 Marktöffnung 162 Marktplatz 186 Monopol 142, 179, 180
Sachwortverzeichnis Näheverhältnis 72, 192, 200, 238 Nebenzweck 258, 259, 264, 265 Neoprenanzug 225, 229 Neutralitätspflicht 266 Nutzungsverträglichkeit 226, 232, 242, 244, 261 Öffentliche Einrichtung 116 ff. Öffentliche Sache 124 ff. Öffentlich-rechtliche Sachherrschaft 26, 130 ff., 167, 205 f., 219 Opinio iuris 213, 214 Optimierungsgebot 76, 103, 226 Ordnungsgewalt 203, 207 ff., 218, 260 Organisationsgewalt 88, 123, 164 Organisationshoheit 26, 119, 146, 250 Parlamentsvorbehalt 84 ff., 94, 97, 102, 104, 254 Parteitag 169 Prioritätsprinzip 31 Privatisierung 66, 67 Publizitätsgebot 133 Rechtsreflex 29, 70, 73, 76, 164, 173, 181, 258 Rechtssatzvorbehalt 86 Rechtssicherheit 43, 46, 89, 122, 135, 147 Rechtsstaatsprinzip 43, 68, 82, 89, 146 f., 190 Rechtsverhältnislehre 56, 57, 227, 231 Rechtsverordnung 44 f., 51, 86, 96, 187, 256 Regelungsdichte 28, 85, 95 ff., 100, 109, 150, 233, 254 Regulatory Choice 40 Sachinbegriff 112, 113, 117 Satzung 41 ff. Satzungsbefugnis 42, 53, 65, 154 Satzungsform 42, 43 Satzungsverfahren 42, 151
299
Schausteller 73, 79, 258 Schlichte Anstaltsordnung 50 f. Schwimmbad 64, 69, 75, 79, 128, 167 f. 176, 182, 225 Selbstbindungsmechanismus 224, 229, 255 Selbstverwaltungsgarantie 145, 149, 152, 181, 218, 247, 265 Sonderbenutzung 67 ff., 161, 168, 228, 234 Sondernutzung siehe Sonderbenutzung Sonderstatusverhältnis 52, 200 ff. Sonderverordnung 51 ff., 194, 218, 219 Sperrwirkung 253, 254 Spezifisch örtlicher Bezug 134, 153, 154, 252, 264 Stadthalle 74, 169 Steinmetz 73, 179 Störungsabwehr 54 f., 60, 130, 132, 139, 182 f., 190 f., 216 f., 261 Stufenverhältnis 83, 87, 96, 117, 128 Teilhaberecht 158 f., 160 f., 163, 164, 173, 234 f., 241 Totalvorbehalt 94, 140, 141 Totenandacht 59, 79, 234 Veranstaltungsfläche 74, 75 Verbandskompetenz 77, 224, 250 ff., 254, 260, 264 ff. Verteilungsgerechtigkeit 32, 160, 161, 162, 228, 242 Verwaltungsaktsbefugnis 47, 212, 219, 220 Verwaltungsgebrauch 136, 191, 204 Verwaltungsgewohnheitsrecht 214, 220 Verwaltungsprivatrecht 31, 39 Verwaltungsvorschrift 49 ff. Volenti non fit iniuria 23, 189 Volksfest 73, 79 Vorbehalt des Gesetzes 81 ff., 122 f., 130 ff., 145 Vorbehalt des Möglichen 170, 235, 241, 242
300
Sachwortverzeichnis
Vorbehaltslehren 82 ff., 140, 143, 154 Vorhersehbarkeit 147, 151 Vorrang des Gesetzes 33, 189, 254 Vorwirkung 39, 64 Wahlfreiheit 28, 37, 38, 39, 119, 129 Wesentlichkeitstheorie 84, 92 ff., 136, 145, 151, 163, 206, 212 Widmung 24 ff., 34 ff., 164 ff. Widmungsakt 25, 31, 37, 55, 167, 172, 232, 245, 247 Widmungsänderung 25, 35, 68, 78, 166, 168 Widmungsbeschränkung 170 Widmungsermessen 170, 244 ff. Widmungserweiterung 77, 168, 181 Widmungsverkürzung 77, 169 f. Widmungswirkung siehe dingliche Widmungswirkung Widmungszweck 32, 36, 37, 67, 69, 72, 180, 205, 223 Willkürverbot 245 Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit der Verwaltung 235, 243, 262
Zirkusbetreiber 74, 75, 179 Zirkusgastspiel 15 Zirkusvorführung 75 Zulassungsakt 31, 61, 77, 161, 162 Zulassungspraxis 42 Zulassungsvorbehalte 32, 78, 171, 172, 173 Zuordnungsmechanismus 92, 101, 102, 103, 107, 254 Zustimmung 135, 136 Zuverlässigkeitsnachweis 32, 78, 178 Zweckanstaffelung 72, 253, 259, 260, 263, 265 Zweckaufladung 259 ff. Zweckauslegung 72, 225 f., 236, 259, 260, 262 Zweckkonkretisierungskompetenz 236, 257 Zweckpluralität 72, 258 Zwecksetzungskompetenz 236, 255, 256 Zwecksicherungsrecht 36, 121, 192 Zweistufentheorie 27, 28, 30, 31, 38, 173