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German Pages 364 [365] Year 1969
B E F R E I U N G UND N E U B E G I N N
Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin Schriften der Deutschen Sektion der Kommission der Historiker der DDR und der UdSSR
BAND V
Befreiung und Neubeginn Zur Stellung des 8. Mai 1945 in der deutschen Geschichte
BEFREIUNG UND NEUBEGINN Zur Stellung des 8. Mai 1945 in der deutschen Geschichte
Wissenschaftliche Redaktion: Bernhard "Weißel
AKADEMIE-VERLAG - BERLIN 1968
Erschienen im Akademie-Verlag GmbH, 108 Berlin, Leipziger Straße 3—4 Copyright 1968 by Akademie-Verlag GmbH Lizenznummer: 202 • 100/46/68 Gesamtherstellung: V E B Druckerei „Thomas Müntzer", 582 Bad Langensalza Bestellnummer: 2110/5 • ES 14 E 22,-
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V o r w o r t
Der vorliegende Sammerband enthält die Hauptreferate und eine Auswahl von Diskussionsbeiträgen, die auf der Konferenz der Kommission der Historiker der DDE und der UdSSR am bis 6.5.1965 in Berlin zum Thema "Die Befreiung Deutschlands vom Hitlerfaschismus. Zum 20. Jahrestag des 8. Mai 19^5" gehalten wurden. Die Auswahl der Beiträge mag dem Leser eine Vorstellung von der Spannweite der Thematik vermitteln, die den Inhalt der Referate und die Diskussion bestimmte. Es entsprach dem politischen Anliegen der Konferenz, daß nicht nur Fachwissenschaftler mit neuen Forschungsergebnissen zu Worte kamen, sondern auch Publizisten, die erstmals auf einem so großen Forum erste Forschungsergebnisse zur Diskussion stellten. An die Auswahl und Zusammenstellung der Beiträge wurden nicht nur wissenschaftliche Maßstäbe angelegt, sondern auch propagandistische Erfordernisse bei der Vermittlung des marxistischen Bildes von der Geschichte der deutsch-sowjetischen Beziehungen berücksichtigt. Die große Zahl der Diskussionsbeiträge bestätigt in sehr eindrucksvoller Weise, daß die Geschichte der deutsch-sowjetischen Freundschaft eine Disziplin darstellt, die das Interesse breitester Kreise gefunden hat. Bei der redaktionellen Bearbeitung wurde der ursprüngliche Charakter der Referate und Beiträge so weit erhalten, daß sie als Ganzes die Atmosphäre der Konferenz wiederzugeben vermögen.
Kommission der Historiker der DDR und der UdSSR
I n h a l t s v e r z e i c h n i s
Stern, Leo Der 8. Mai 1945 in der historischen und politischen Konzeption der beiden deutschen Staaten Pospelow, P.N. Der Sieg über den faschistischen deutschen Imperialismus und die Lehren des Sieges
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Jerussalimski, A.S. Aus dem Kriegstagebuch
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Boitin, E.A. Die Wesenszüge der sowjetischen Strategie in der Endphase des Großen Vaterländischen Krieges
63
Smirnow, L.N. Der Nürnberger Prozeß und die Bestrafung der Nazi-Kriegsverbrecher
77
Melnikow, D.E. Die Ursachen für die Niederlage Deutschlands im zweiten Weltkrieg und die westdeutsche Geschichtsschreibung
94
Bartel, Walter Neue Forschungsergebnisse über den gemeinsamen Kampf deutscher und ausländischer Antifaschisten in Deutschland gegen den faschistischen Haubkrieg
103
Markov, Walter Siegburg, 10. - 11. April 19*5
120
Scheel, Klaus Zur Steuerung der faschistischen Durchhaltepropaganda im Februar 1945
126
VIII
Inhaltsverzeichnis
Zorn, Edith Die deutschen Sozialdemokraten in Frankreich und die Bewegung "Freies Deutschland" (1944 - 1945)
135
Roggenbuck, Helene Die gegenwärtige politische Funktion der westdeutschen reaktionären Geschichtsschreibung zum 20. Juli 1944
146
Hass, Gerhart Neuere Stellungnahmen westdeutscher Historiker zur Kriegsschuld des deutschen Imperialismus
156
Belezki, W.N. Die Unterstützung und Hilfe der Sowjetarmee für die Bevölkerung Berlins und die antifaschistischdemokratischen Kräfte des deutschen Volkes bei der Normalisierung des Lebens in den ersten Monaten nach der Befreiung der Stadt
164
Voßke, Heinz Zur Tätigkeit der Initiativgruppe des ZK der KPD von Anfang Mai bis Anfang Juni 194-5 in Mecklenburg/Vorpommern
192
Beck, Friedrich Die Entstehung der Provinzial- und Landesverwaltungen in der Sowjetischen Besatzlingszone Deutschlands
198
Neriich, Bruno P. Die Hilfe der sowjetischen Kommandantur beim wirtschaftlichen Wiederaufbau der Stadt Eberswalde (1945 - 1949)
210
Hoffmann, V Zur Frage der politisch-ideologischen Grundproblematik der Neugründung der bürgerlichen Parteien 1945
221
Inhalt Bverzeichnl a
I*
Desczyk, Gerhard. Zur politischen Ausgangssituation und zu politischen Grundproblemen bei der Gründung der CDU
234
Tschernow, A.B Uber die Entnazifizierung Deutschlands
243
Radandt, Hans Zur Haltung des deutschen Monopolkapitals zu den Vestmächten und zur Haltung der Westmächte zum Potsdamer Abkommen
254
Bleyer, Wolfgang Das Scheitern des "totalen Krieges" in der letzten Phase des zweiten Weltkrieges
261
Lang, Elisabeth Die Holle der Kommunalen Frauenausschüsse bei der Einbeziehung der Frauen in die Entwicklung eines antifaschistisch-demokratischen Lebens in der Sowjetischen Besatzungszone (Mai 1945 - September 1946)
271
Jenack, Rudolf Die Auswirkungen der Zerschlagung des Faschismus auf die Hochschulintelligenz - dargestellt am Beispiel der TH Dresden
281
Lonscher, Erhard 8. Mai 1945 - Tag der Befreiung auch für Millionen Anhänger der NSDAP, O f f i z i e r e und Berufssoldaten der Hitlerarmee. Beginn ihrer ideologischen Selbstbefreiung, Ihrer Wandlung zu Antifaschisten und Miterbauern des Sozialismus
288
Badstübner, Rolf Über einige entscheidende Maßnahmen der Besatzungsp o l i t i k in den Westzonen bei der Verhinderung einer geschichtlichen Wende
297
*
Inhaltsverzeichnis
Bogisch, Manfred Die Stellung der LDPD zu den Fragen der demokratischen Einheit Deutschlands
306
Thomas, Siegfried Zur Entstehungsgeschichte des Grundgesetzes
313
Schulz, Herbert Block- und Volksausschüsse im nationalen Kampf 1947 bis 19*9
321
Johannes Zelt/Karl Eeißig Die historische Bedeutung des Aufrufs der EPD vom 11. Juni 1945 für die Entwicklung neuer außenpolitischer Beziehlingen des deutschen Volkes
337
Leo Stern Der 8» Mal 194-5 in der historischen und politischen Konzeption der beiden deutschen Staaten
Wenn ein Datum der deutschen Geschichte jemals für sich beanspruchen durfte, ein "historischer Wendepunkt" gewesen zu sein, dann unzweifelhaft der 8. Mai 1945. Wir wissen s Die deutschen Imperialisten und Militaristen haben das deutsche Volk im Laufe eines halben Jahrhunderts zweimal in verbrecherische Kriege gestürzt, die beide Male gesetzmäSig mit totalen Niederlagen endeten. Dem deutschen Volk war aber auch zweimal die historische Chance gegeben, mit seinen notorischen Verderbem ein für allemal Schluß zu machen und ein neueB von allen Völkern geachtetes Leben in Frieden, Wohlstand, Demokratie und Kultur zu beginnen : am 9« November 1918 und am 8. Mai 1945. Der 8. Mai 1945 - ein Wendepunkt in der Geschichte des deutschen Volkes und Europas Daß das deutsche Volk 1945, im Unterschied zu 1918, die historische Chanoe zu nutzen vermochte, lag daran, daß es in der KFD über eine geschulte und politisch erfahrene marxistisch-leninistische Partei verfügte, die frühzeitig ein wissenschaftliches Programm für den antifaschistisch-demokratischen Neuaufbau Deutschlands entworfen hatte, eine Partei, die auch die Energie und den Willen besaß, diesen Neuaufbau unter den unsäglich schwierigen Bedingungen, die sich naoh der totalen Niederlage Hitlerdeutschlands ergeben hatten, durchzuführen und zu vollenden. Von entscheidender Bedeutung war, daß sich unter den Mächten, die das faschistische Deutschland besiegt hatten, die Sowjetunion befand, ein sozialistischer Staat, dessen Klasseninteressen mit den Grundinteressen der deutschen Nation in allen wesentlichen Fragen zusammenfielen. Der triumphale militärische Sieg der sowjetischen Streitkräfte über die gigantischen Aggressionsarmeen des räuberischen deutschen Imperialismus bedeutete zugleich die völlige Zer-
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schlagung des faschistischen Staatsapparates, des stärksten Machtinstruments der deutschen Imperialisten und Militaristen. Somit erhielten die werktätigen Massen in ganz Deutschland zum ersten llal die reale Chance, sich von ihren Erzfeinden für immer zu befreien «t und die Gestaltung ihres Schioksals in die eigene Hand zu nehmen« Die politischen, moralischen und organisatorischen Toraussetzungen für den antifaschistisch-demokratischen Aufbau Deutschlands wurden schon lange vor dem Kriege und direkt im Feuer des Kampfes geschaffen. Summarisch gesprochen: Von dem im Jahr 1930 verkündeten "Programm zur nationalen und sozialen Befreiung des deutschen Volkes", den Parteikonferenzen der KED in Brüssel (1935) und Bern (1939) bis zur Gründung des Nationalkomitees "Freies Deutschland" (1943) und zur Verkündung des Aktionsprogramms vom 11. Juni 1945 geht eine di2 rekte konsequente Linie. Durch die Gründling des Nationalkomitees "Freies Deutschland", das die besten Vertreter der deutschen Arbeiterklasse und der antifaschistisch denkenden Kräfte unter den Soldaten und Offizieren der deutschen Wehrmacht vereinigte, durch den Kampf der illegalen Widerstandsorganisationen in Hitlerdeutschland - der Saefkow-Jacob-Bästlein-Gruppe in Berlin, der Neubauer-PoserGruppe in Thüringen, der Schumann-Engert-Gruppe in Sachsen die sich die politischen Ziele des RationalKomitees "Freies Deutschland" zu eigen machten, wurde der antifaschistische Widerstandskampf sowohl an der Front als auch im Hinterland unter der Führung des Zentralkomitees der KPD in zunehmendem Maße koordiniert.^ Das Nationalkomitee "Freies Deutschland" bedeutete somit nicht nur den organisatorischen und politischen Zusammenschluß des antifaschistischen Widerstandes, sondern zugleich eine höhere Stufe des antifaschistischen und nationalen Kampfes um den Frieden und die endgültige Befreiung Deutschlands von Imperialismus, Militarismus und Hitlertyrannei. Welche politische Breitenwirkung dieser organisierte illegale antifaschistische Widerstandskampf in Deutschland auslöste, mag die Tatsache beweisen, daß die Gestapo allein im ersten Halbjahr 1944 weit über 300 000 Antifaschisten wegen Teilnahme an Widerstandsaktionen verhaftet hatte. Nicht diese Widerstandsgruppen sind es, die von einer zweckorientierten bürgerlichen Geschichtsschreibung und Publizistik besonders herausgestellt werden, sondern die Beck, Goerdeler und von Hassel, die reaktionären Drahtzieher des 20.Juli 1944, die sich eben wegen Ihrer volksfeindlichen und antinationalen Zielsetzungen hervorragend in das politische Landschaftsbild der revanchistischen Bonner NATO-Politik einordnen lassen.
Zur nationalen Bedeutung des 8« Mai
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Auf sie greifen die heutigen Machthaber in Westdeutschland und ihre Ideologen zurück, weil es Ihnen darum ging, "den falschen Krieg gegen den falschen Feind", wie sie ihn nannten, den Hitler führte, zu beenden und sich mit den imperialistischen Vestmäohten unter Opferung Hitlers zu arrangieren, um auf der Basis des Antikommunismus zusammen mit den Westmächten noch im letzten Augenblick vor der sich bereits abzeichnenden totalen Niederlage sich gegen die Sowjetunion zu wenden. Ist auch die Einschätzung durch Golo Mann falsch, für den der Widerstand gegen Hitler sich nur auf eine "Elite aus allen Klassen", aus Generalen, Pfarrern, Professoren, IL
Gewerkschaftern, Bürgermeistern und Gutsbesitzern reduzierte und für den das deutsche Proletariat gar nicht zu existieren scheint, so ist ihm in bazug auf die Bourgeoisie doch zuzustimmen: "Wer jetzt in Deutschland gegen Hitler war, der war es nur noch, um seine eigene Haut oder um die Armee zu retten und den nächsten Krieg schon vorzubereiten, wie man das ja 1918 im Falle Ludendorffs erlebt hatte." 5 Sie Erkenntnis, daß Goerdeler und die hinter ihm stehenden reaktionären Kräfte angesichts der drohenden totalen Niederlage nur die Fassade ändern wollten, indem sie an die Stelle des kompromittierten Hitler und seiner Kumpanei weniger kompromittierte Vertrauensleute des deutschen Monopolkapitals zu setzen suchten*', bricht sich immer mehr Bahn. Deshalb versucht die bürgerliche Geschichtsschreibung und Publizistik seit kurzem auch, bisher recht stiefmütterlich behandelte Persönlichkeiten des bürgerlichen und adligen Widerstandes, wie Stauffenberg u.a., für das antinationale Geschichtsbild nutzbar zu machen. Demgegenüber steht die abgewogene und absolut zutreffende Einschätzung "der Männer des 20. Juli" von Walter Ulbrichts "Wenn die leitenden Personen, die sich um das Attentat des 20. Juli gruppierten, damit den deutschen Imperialismus retten wollten, so besagt das nichts gegen die deutschen Patrioten aus Offizierskreisen und aus dem Bürgertum, die sioh ehrlich für die Interessen des deutschen Volkes einsetzten und dabei persönliche Tapferkeit bis zu Ihrem Tod bewiesen. Darunter gab es auch einige, die durchaus nicht mit der Ausschaltung der Volkstrafte einverstanden waren, sondern Verbindungen mit den aktiven Kräften aus der Arbeiterklasse aufnahmen und für ein Bündnis mit ihnen eintraten (z.B. Stauffenberg und Adam TrottV? Nicht das Deutschland eines Beck und Goerdeler, denen es um die Erhaltung der Diktatur der Monopole im Innern, um eine Umgruppierung
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o ihrer Kräfte ging , hatten die Antifaschisten vor Augen, als sie zu Hunderttausenden als wahre Helden des deutschen Volkes ihr Leben für die Sache der Arbeiterklasse und der deutschen Nation opferten. Sie hatten für ein neues, demokratisches, friedliebendes und sozialistisches Deutschland gekämpft, wobei ihr Kampf gegen das verhaßte Hitlerregime sich mit dem Kampf der Helden der Sowjetarmee vereinte, mit dem Kampf der Soldaten und antifaschistischen Widerstandskämpfer aller Nationen, die sich gegen die Barbarei und den grauenvollen Mordterror des deutschen Faschismus erhoben« Obwohl das deutsche Volk nach der völligen Niederwerfung des Hitlerfaschismus die reale Chance hatte, ganz Deutschland aus einem verhaßten und gefürchteten Land, aus einem Land ständiger militärischer Aggression und politischer Bedrohung der Nachbarvölker in ein Land der Arbeit, des Friedens, der Demokratie und des Humanismus zu verwandeln, das die Nachbarvölker achtete und dem sie vertrauen konnten, wurde diese historische Chance jedoch nur im Osten Deutschlands, auf dem Territorium der späteren DDR, genutzt. In der schier ausweglos erscheinenden Situation nach dem 8. Mai 1945 hatte die deutsche Bevölkerung Rat, Anregung, freundschaftliche Förderung und tatkräftige Hilfe aus den Reihen der sowjetischen Besatzungsmacht erhalten. Mit einer die Uassen mobilisierenden, mitreißenden Energie halfen die sowjetischen Generale, Offiziere und Soldaten, die vier Jahre lang gegen die faschistischen Heere einen erbitterten und opferreichen Kampf geführt hatten, die aus den Fugen geratenen Verhältnisse im Osten Deutschlands zu normalisieren. Schon am 10. Juni 19^5, einen Monat nach der Kapitulation Hitlerdeutschlands, hatte die Sowjetische Militäradministration den berühmten Befehl Nr. 2 erlassen, der in der Sowjetischen Besatzungszone die Bildung und die Tätigkeit antifaschistisch-demokratischer Parteien und Massenorganisationen gestattete^. Die aus der Illegalität, den Kerkern und KZ, aus der Emigration kommenden Antifaschisten und diejenigen, die als Partisanen mit der Waffe in der Hand in den Reihen der Sowjetarmee oder der Antihitlerkoalition gegen den Hitlerfaschismus gekämpft hatten, wurden die Aktivisten der ersten Stunde; sie bildeten den Kristallisationskem, um den sich allmählich immer größere Teile von Aufbauwilligen zu scharen be10 gannen . Auf dieser Grundlage, unter Beherzigung der bitteren Lehren der Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung, wurde in Ostdeutschland die Aktionseinheit der Arbeiterklasse und der Zusammenschluß der KPD und SPD zur SED herbeigeführt. Das war einer der
Zur nationalen Bedeutung des 8. Mai
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größten Siege in der Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung. Die wichtigsten Ergebnisse der revolutionären Umwälzung waren die Zerschlagung der Überreste des faschistischen Staatsapparates, die demokratische Bodenreform und die Enteignung der Betriebe der Naziund Kriegsverbrecher. Mit dieser materiellen Basis der antifaschistisch-demokratischen Ordnung, der Schulreform und der demokratischen Erneuerung auf allen lebensgebieten waren in Ostdeutschland die Hauptvoraussetzungen geschaffen worden sowohl für den demokratischen Umerziehungsprozeß der Bevölkerung als auch für erfolgreiche Beseitigung der braunen Fest des Nationalsozialismus, des Chauvinismus und des Rassenhasses. Insbesondere wurde hier das Potsdamer Abkomm e n konsequent durchgeführt, zu dem bereits die Jalta-Konferenz von Februar 1945 die Grundlage gelegt hatte. Die entscheidenden Voraussetzungen für eine echte Erneuerung Deutschlands wurde jedoch nur in Ostdeutschland, in der späteren Deutschen Demokratischen Republik, verwirklicht. Daher wird bei uns der 8. Mai 1945 mit vollem Recht als ein Tag der Befreiung gefeiert, als ein Wendepunkt in der deutschen Geschichte, an dem i n einem Drittel Deutschlands endgültig die Fundamente für ein neues, friedliebendes, demokratisches und sozialistisches Deutschen land gelegt worden sind.
Wie wurde die historische Chance des 8. Mai 1945 in Westdeutschland genutzt ? Eine völlig entgegengesetzte Entwicklung haben nach dem 8. Mai 1945 die Verhältnisse in Westdeutschland genommen t Das zum zweiten Male geschlagene deutsche Monopolkapital trachtete, getreu der Konzeption der reaktionären Goerdeler-Gruppe, schon in den ersten Tagen nach der totalen Niederlage des Hitlerfaschismus durch eine vorbehaltlose Ausrichtung auf die imperialistischen Westmächte, vornehmlich die USA, die erschütterten Machtpositionen wieder zu festigen. Das schon in diesen Tagen verfolgte Fernziel war, nach und nach die Ergebnisse des zweiten Weltkrieges rückgängig zu machen, d.h. den verlorenen Krieg, wie sie es nannten, "hinterher zu gewinnen". Diese Konzeption, in die sogar einige abenteuerliche 12
Ideen von Hitler, Himmler, Goebbels, Göring und Ribbentrop eingeflossen sind, ist seit dem 8. Mai 1945 praktisch die Richtschnur des deutschen Monopolkapitals bis zum heutigen Tag geblieben.
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Leo Stern
Es ist immerhin bemerkenswert, daß der bekannte westdeutsche Historiker Hans Buchheim in seinem Anfang März dieses Jahres vor der Katholischen Akademie in Uünchen gehaltenen Referat "Die Bundesrepublik und das Dritte Reich" sich genötigt sah, zuzugeben, daß 20 Jahre nach dem Zusammenbruch des Hitlerfaschismus "nach wie vor die Schatten des Dritten Seiches" auf dem politischen Leben in Westdeutschland liegen.1^ Obwohl Buchheim gegen bestimmte Kritiker in Westdeutschland wie Hans Magnus Enzensberger und einige Vertreter der literarischen "Gruppe 47" polemisiert, die mit Recht die Oberzeugung vertreten, die Bonner Politik leide von vornherein unter der falschen Weichenstellung von 1945, weil die damals fällige Revolution versäumt bzw. verhindert worden ist, und die durchaus logisch behaupten, daß die Bundesrepublik daher nichts anderes sei als "die Fortsetzung des Dritten Reiches mit anderen Mitteln", kann Buchheim dieser Kritik substantiell nichts entgegenstellen. Zu dem gleichen Ergebnis wie diese nonkonformistisch denkenden Intellektuellen kommen auch der Verfasser des bekannten Buches "Der SS-Staat", Eugen Kogon , sowie der hessische GeneralStaatsanwalt Dr. Fritz Bauer, der öffentlich erklärte: "Man hätte wie in der DDR handeln können: die ganze alte Bürokratie abschaffen, ganz neue Leute finden, in Wahrheit eine Art Revolution." 15 Es war durchaus logisch, daß die Bonner Regierung den 20. Jahrestag der Kapitulation Hitlerdeutschlands - der als "der schwärzeste Tag der deutschen Geschichte" angesehen wird - entweder stillschweigend übergehen oder höchstens in Gottesdiensten würdigen wollte, wobei einige Mitglieder der Bundesregierung an den Gedenkstätten für die Opfer des 20. Juli Kränze niederlegen sollten.1^ Nach einer etwa zwei Wochen danach konzipierten zweiten Version hatte Sonderminister Krone und mit ihm ein Großteil der CDU und CSU sich strikt dagegen ausgesprochen, "den Tag der deutschen Kapitulation" zu 18
feiern, ohne dieser Feier eine revanchistische Wendung zu geben. Die nimmehr im Zeichen des aggressiven Nationalismus, des Revanchismus und der Vorwärtsstrategie stehende Version lautet: "Der 8. Mai 1945 war nicht nur das Ende 'großdeutscher Verirrungen und Verbrechen1, sondern angeblich zugleich der 'Beginn eines neuen Unrechts an Deutschen durch die feilung des Landes'." Mit dieser nationalistischen demagogischen Sinnverdrehung soll der 8. Mai 1945 auf Drängen des Fraktionsvorsitzenden der CDU, Barzel, von den drei Westmächten zum Anlaß für eine der vielen "Deutschland-Initiativen"
Zur nationalen Bedeutung des 8. Mai
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werden."^ ^ie nicht anders zu erwarten, haben sich dieser revanchistischen Interpretation des 8. Mai 194-5 sowohl der FDP-Führer Mende als auch der Vorsitzende der SPD, Willy Brandt, angeschlossen. Aber die Proklamierung der sich periodisch wiederholenden "Deutschland-Initiative" der Westmächte, auf die Bonn mit so großer Ungeduld gedrängt hat, wird trotz des Drängens von Fritz Erler und Willy Brandt auf "Substanz" wie stets vorher nur verbal bleiben, d.h. 20 ohne jede positive Bedeutung. Die Grundlage der nationalistisch-chauvinistischen Interpretation des 8. Mai 194-5 wurde auf der Revanchisten-Kundgebung in Lübeck am 31, Januar 1965 konzipiert, auf der der sozialdemokratische Revanchist Wenzel Jaksch und der "gesamtdeutsche" Vizekanzler Mende 21 das famose "Jahr der Menschenrechte" verkündeten. Das politische Ziel dieser demagogischen Perversion des 8. Mai 1945 ist, die Weltempörung über die von der Bonner Regierung ursprünglich zum 20. Jahrestag geplante Verjährung der millionenfachen Nazi- und Kriegsverbrechen an allen Völkern, die Opfer der faschistischen deutschen Aggression geworden waren, abzufangen und durch wehleidige und sentimentale Episoden eines angeblich von den Polen und Tschechoslowaken erlittenen Unrechts bei der Umsiedlung zu kompensieren und zu übertönen. Wir sehen: Während der 8. Mai 194-5, der Tag der Kapitulation des Hitlerfaschismus vor den Schlägen der Sowjetunion und der Antihitlerkoalition, in der historischen und politischen Konzeption der DDR rückhaltlos als ein Tag der Befreiung gefeiert wird, ist dieser Tag für die Nachfahren des Dritten Reiches ein Tag der Trauer, der Katastrophe, obwohl andererseits vorgegeben wird, daß mit dem "Tag Null" in Westdeutschland ein vollkommen neues, demokratisches, rechtsstaatliches, christlich-abendländi22 sches Leben begonnen habe. In dieser völlig entgegengesetzten Konzeption des 8. Mai 1945 in den beiden deutschen Staaten offenbart sich nicht nur der grundlegende Gegensatz der verschiedenen sozialen Struktur der beiden Staaten und ihrer verschiedenen politischen Entwicklungslinien und historischen Perspektiven, sondern auch die grundverschiedene Einstellung zur jüngsten deutschen Vergangenheit wie überhaupt zur deutschen Geschichte und zu den Grundfragen der Nation. Indem die Ideologen des deutschen Imperialismus den 8. Mai 1945 zum "Tag Null" erklärten, sollte - so in den ersten Nachkriegsjähren der politischen Anpassung an die Westmächte - die sozialökonomische, politische und ideologische Kontinuität zwischen Westdeutsch-
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Leo Stern
land und dem Zweiten bzw. Dritten Reich zunächst rundweg geleugnet werden. Westdeutschland wurde daher von den führenden Historikern als ein aus der Asche des totalen Zusammenbruchs entstandener geschichts- und traditionsloser, anationaler bzw. supranationaler Phönix der erstaunten Welt präsentiert.2^ Heute, da man bald wieder so weit zu sein vermeint wie 1914 und 1939i da man bereits mit dem nach den USA stärksten Armeekontingent innerhalb der NATO auftrumpfen und mit ihm sogar die eigenen Verbündeten erpressen kann, beginnt man sich wieder, wie es die Renaissance des Preußentums in der westdeutschen Geschichtsschreibung und der jüngste Bismarck-Kult beweisen, im Zeichen des Revanchismus, der Aggression und der Vorwärtsstrategie auf die brüchigen "Nationalen Werte" der militaristischen preußisch-deutschen Tradition zu besinnen. Die letzten Wahlen wollten die Bundestagsparteien in Konkurrenz mit der NPD mit der "nationalen Welle" gewinnen, daher werden Nation, deutsche Geschichte und Bismarck eilends für die revanchistischen Bedürfnisse zurechtretuschiert, während man die vordem penetrant vorgetragenen supranationalen, europäisch-atlantischen Töne in der ideologischen Begleitmusik zur neuesten Phase des deutschen Revanchismus mehr und mehr
24 zurücktreten läßto Im Zeichen dieser sich in Westdeutschland immer nachdrücklicher anbahnenden nationalen, sprich: national-chauvinistischen Politik steht auch die neueste Wendung in der westdeutschen Geschichtsschreibung in Gestalt einer Rückbesinnung einmal auf "Preußen als historisches Problem"2^, dann auf Bismarck« Auf das "politische Ethos 26 komme Preußens" und seine Wirksamkeit in der deutschen Geschichte es an und, wie es Carl Hinrichs seinerzeit im Vorwort zu einer Biographie Friedrich Wilhelms I. darlegte, auf "den Ursprung seiner gefürchteten und bewunderten Schlagkraft: Organisation, Ordnung, Disziplin und Methodik, kurz, seiner preußischen Erziehung". Im Zeichen einer völlig kritiklosen Apologie des Preußentums steht auch die neueste Arbeit des Erlanger Historikers Hans-Joachim Schoeps, die er unter dem bezeichnenden Titel "Unbewältigte Geschichte"2^ veröffentlichte. Schoeps, der bereits in den letzten Jahren verschiedene Bücher unter den Titeln die "Ehre Preußens", "Das andere Preußen", "Das war Preußen" publizierte, versucht, in einem geistig sublimiei>ten Preußentum der Jahrhundertwende befangen, aus der preußischdeutschen Geschichte brauchbare Leitbilder für die heutigen Bedürfnisse des westdeutschen Revanchismus herauszudestillieren. Zwar hält man sich in der westdeutschen Geschichtsschreibung im allgemeinen mit
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dem Fridericus-Rex-Kult noch zurück, da er zu sehr von den wilhelminisch-nazistischen Theorien belastet ist. Man wendet sich dafür mit um so größerem Nachdruck im Geiste dieser "nationalen Welle" Bismarck zu, zu dem man sich, um nicht unliebsame Erinnerungen an die historische Kontinuität Friedrich II. - Bismarck - Hitler zu wecken und die frisch aufgetragene westeuropäisch-demokratische Tünche in Zweifel zu stellen, lange Zeit nicht recht zu bekennen oa getraute. Nun aber, an seinem 150. Geburtstag, am 1. April 1965, für ihre heutigen außenpolitischen Ziele entsprechend umstilisiert, ist Bismarck vor der Bonner Regierung offiziell ganz groß herausgestellt worden. So pries z.B. Hans Rothfels in seiner Rede vor dem Bonner Bundestag an Bismarck, er sei stets ein "Meister der Balance" gewesen und seine Außenpolitik, insbesondere der Spätzeit, "in eminenten Sinne 'europäisch 1 , indem sie über die Verfolgung deutscher Sonderinteressen weit hinausging ... Darin lag ein Ordnungsprinzip, das Deutschland zum Garanten der europäischen Staatengesellschaft m a c h t e . G e r h a r d Ritter hatte schon frühzeitig für Bismarcks "Staatsraison"^ 0 geschwärmt, und Theodor Schieder erblickte in "Bismarcks Mächte-Europa" den letzten kontinentalen, von Europa selbst ausgehenden Ordnungsversuch. H.G. von Studnitz betont Bismarcks "Sinn für M a ß " ^ , Walter Görlitz plädiert für eine auf Bismarck ausgerichtete "Wiederkehr eines vernünftigen historischen Bewußtseins", Michael Freund begeistert sich für "das große Spiel eines großen R e c h n e r s " G e r s t e n m a i e r sieht in seinem Brief an den "hochverehrten Herrn Reichskanzler" in Bismarck das Vorbild und die Bestätigung der heutigen Bonner Politik. Er fordert dabei im Geiste Bismarcks "festen Glauben, eisernen Willen, behutsame Mäßigung" und auch - wofür er in Bonn schon die Zeit herangereift sieht - "den entschlossenen Einsatz von M i t t e l n " . W i l l y Brandt fühlt sich offenbar ebenfalls verpflichtet, etwas zum "eisernen Kanzler" zu sagen,und rühmt an diesem besonders die "Politik als die Kunst des Möglichen" und die "Politik ohne D o g m a " D i e s e s neonationalistische Satyrspiel um Bismarck wurde - wie denn anders von einer prunkvoll inszenierten Bismarck-Gedenkfeier im Mausoleum i n Friedrichsruh gekrönt. Immanuel Geiss, ein Schüler Fritz Fischers, trifft den Kern der Sache, wenn er kritisch fragt, ob jemand in Deutschland unter den "Machern des deutschen Geschichtsbildes sich je gefragt hat, ob der entscheidende Defekt für den Untergang des Bismarckreiches nur wenig mehr als sieben Jahrzehnte nach seiner Gründung nicht im Werk Bis-
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oc marcks selbst zu suchen ist." Gerade das hatte Friedrich Engels schon 1871 unmittelbar nach der Annexion Elsaß-Lothringens durch Preußen-Deutschland vorausgesagt. Daß der Bismarck-Kult von dem deutschen Revanchismus heute so hochgespielt wird, hat seinen guten Grund: Immer wenn Krieg, Eroberung und Aggression auf der Tagesordnung des deutschen Imperialismus standen, so vor 1914 und 1939, war Bismarck hoch im Kurs, und immer wenn auf diese verbrecherischen Kriegsabenteuer unvermeidlich Niederlage, verlorene Kriege und nationale Katastrophen folgten, wie 1918 und 1945, entdeckte die bürgerliche Geschichtsschreibung am "eisernen Kanzler" verschiedene Fehler.-^6 Vor 1914 als Verkörperung der Idee des Machtstaates und der preußischen Staatsräson, vor 1939 als unmittelbarer Vorläufer Hitlers gepriesen und heute von Hans Eothfels als "Meister der Balance" und der Bündnispolitik, soll namentlich Bismarcks bekanntes Spiel mit mehreren Kugeln der Regierung Erhard, die an sich an ihren NATO-Verbündeten irre geworden ist, zur Nachahmung empfohlen werden. Zu welch grotesken Gliederverrenkungen die heutigen Ideologen und Ratgeber des westdeutschen Revanchismus dabei gelangen, zeigt ein in seiner Direktheit und Stupidität kaum noch zu überbietendes Rezept von H.G. von Studnitz. Im Hinblick auf die famose außenpolitische Akrobatik Bismarcks in der Bündnispolitik erklärt von Studnitz wörtlich: "Hier erscheint die Analogie zu der Lage, in der sich die Bundesrepublik zwischen ihren Verbündeten befindet. Bismarcks Politik war darauf gerichtet, niemals zwischen seinen beiden wichtigsten Alliierten - Rußland und Österreich - optieren zu müssen. Im Allianz-System der Bundesrepublik ist Frankreich der Platz der Donaumonarchie, den Vereinigten Staaten der Rußlands zugefallen. Die Sowjetunion hat als Hauptgegner Deutschlands die damalige Rolle des französischen Revanchismus übernommen." Diese politische Umstilisierung Bismarcks durch die Ideologen des deutschen Imperialismus und Militarismus kommt den heutigen Bedürfnissen der Bonner Revanchisten um so mehr entgegen,als diese aus Enttäuschung und Erbitterung über die reservierte Haltung der NATO-Verbündeten, die sich von Bonn weder wegen Westberlin noch wegen seiner revanchistischen Gebietsansprüche in irgendwelche Kriegsabenteuer hineinziehen lassen wollen - zwar mit der Idee eines "nationalen Alleinganges", beileibe aber nicht mit einem "neuen Rapallo" l i e b ä u g e l n . I n diesem Bestreben finden sich in Westdeutschland bereits viele Strömungen in den verschiedenen
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Parteien zusammen, angefangen von einigen prononoierten Politikern der CDU/CSU wie Franz Joseph Strauß und Hans Christoph Seebohm bis zu der Führung der F D P ^ in der Person von Erich Mende und der rechten SPD-Führung,namentlich in der Person von Wehner, Erler, Helmut Schmidt und Wenzel Jaksch. Diese revanchistischen Tendenzen in Westdeutschland in Gestalt eines um sich greifenden Neo-Nationalismus wurden sogar von dem diplomatischen Korrespondenten der "New York Times" mit Besorgnis 4-0
vermerkt. Dieser Neo-Nationalismus wird in Erinnerung an die bekannten Friedensbeteuerungen & la Hitler von allen Nachbarvölkern, die Opfer des Hitlerfaschismus waren - und nicht nur von diesen - , als dumpfe Drohung und als eine ernste Gefahr empfunden. Der westdeutsche Revanchismus - der Hauptfeind des Friedens in Europa Vom ersten Tag nach der totalen Niederlage des faschistischen Deutschlands strebte das geschlagene deutsche Monopolkapital - wie bereits weiter oben erwähnt - nach der Wiederherstellung der alten Machtposition danach, früher oder später mit Hilfe der imperialistischen Westmächte die Ergebnisse des zweiten Weltkrieges rückgängig /L/t zu machen. Die englische und amerikanische Besatzungspolitik in Westdeutschland, die bereits im Zeichen des dunklen politischen Spiels stand, das Churchill und Truman in der ersten Nachkriegszeit gegen die Vereinbarungen von Jalta und Potsdam trieben, =;ab den aufs Haupt geschlagenen deutschen Imperialisten und Militaristen die bereits im Krieg erstrebte, jedoch in der Situation unmittelbar nach der katastrophalen Niederlage kaum mehr erwartete Gelegenheit, sich in dieses Spiel mit Erfolg einzuschalten. So berichtete der kanadische Nachrichtenoffizier und politische Publizist Milton Shulman von bezeichnenden Gesprächen, die er in den Maitagen 1945 im amerikanischen Gefangenenlager u.a. auch mit dem Panzergeneral Kurt Meyer geführt hat. Danach habe dieser "PanzerMeyer" sich damals schon bereit erklärt, in kürzester Zeit eine SS-Division "Europa" aufzustellen, um den USA im Kampf gegen Japan beizustehen. Von dieser skrupellosen Landknechtsgesinnung angeekelt, stellte Shulman mit berechtigter Resignation ¿i p fest, es sei hoffnungslos, " diese Sorte von Nazis umzuerziehen" . Aber die von den geschlagenen Nazigeneralen lancierte "Europa-Idee" wurde seither zum
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Kriegsruf der Bonner Revanchisten und zur vorzüglich geeigneten ideologischen Nebelwand, hinter der sich die zweimal geschlagenen deutschen Imperialisten und Militaristen wieder sammeln konnten, um zu gegebener Zeit unter neuen Auspizien und diesmal, wie sie meinen, "auf der richtigen Seite gegen den richtigen Feind" die Revanche für den verlorenen zweiten Weltkrieg durch Auslösung eines dritten Weltkrieges vorzubereiten. Diese Rolle der "Europa-Idee" hatten die sog. Techniker der Macht, die führenden Repräsentanten des deutschen Monopolkapitals und des deutschen Militarismus, übrigens viel früher begriffen als die altbewährten Historiker und Publizisten, die an der ideologischen Vorbereitung der beiden Weltkriege und an der nationalistisch-rassistischen Verseuchung der deutschen Jugend ein gerüttelt Maß an Schuld tragen. Während die Altmeister der bürgerlichen deutschen Geschichtsschreibung, Friedrich Meinecke und Gerhard Ritter, angesichts der furchtbaren nationalen Katastrophe noch tiefsinnige Betrachtungen über die Wechselfälle der deutschen Geschichte anstellten und darüber lamentierten, daß sie reich sei an "schwer lösbaren Rätseln und unglücklichen W e n d u n g e n " ^ _ wobei sie die Schuld an diesen "unglücklichen Wendungen" beileibe nicht auf die deutschen Monopolisten und Generale zurückführten, sondern auf die "Macht des Bösen und des /i /i blinden Zufalls in der Geschichte" begannen bereits die Herren der deutschen Konzerne und Monopole und ihre verschiedenen auch heute noch führenden politischen Handlanger und Hitlergenerale, diepe auf lange Sicht berechnete Politik der Symbiose mit den imperialistischen Westmächten sehr zielbewußt in die Tat umzusetzen. Als einigende Flagge die "Europa-Idee" und den Antikommunismus, als einigendes Ziel den "Kreuzzug gegen den Bolschewismus" und als einigendes Mittel die "Politik der Stärke" proklamierend, forcierten sie immer nachhaltiger den Prozeß der Umwandlung der Westzonen und später der Bundesrepublik in einen militärischen Stoßkeil "gegen die Länder des Ostblocks". In gleichem Maß überwanden auch die führenden Ideologen des deutschen Monopolkapitals den Schock des 8. Mai 1945 und begannen nun ihrerseits, verschiedene den neuen Bedürfnissen entsprechende Leitbilder aus der deutschen Geschichte herauszudestillieren. Die zielstrebigen Versuche, den deutschen Imperialismus und Militarismus ganz oder teilweise von jeglicher Schuld an der Entfesselung der 45 beiden Weltkriege reinzuwaschen , die Propagierung der christlicheuropäisch-abendländischen Idee, für die man die Geschichtsmodelle
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aus dem Hooh- und Spätmittelalter der neuen und neuesten Zeit heranholte^ 6 , wobei zunächst namentlich Stresemann als Europäer par ex47 cellenoe herausgestellt wurde ', um ihn heute allerdings durch Bismarck zu ersetzen; die in der neuesten Literatur und in der Boulevard-Presse festzustellende neofaschistische Revision des sog. Hitler-Bildes und die Propaganda der "Integration Europas" als der ideologischen Klammer des NATO-Paktes; die Versuche, die 12 Jahre Hitlerherrsohaft als "zufälligen und fremden Einbruch in die deutsche Geschichte" zu deklarieren und sie mit dem "Rätsel" und der "Dämonie" Hitlers zu erklären, um sich einerseits in der Frage der Mitschuld von Hitler zu distanzieren und andererseits das Dritte Reich selbst als einen außerhalb der geschichtlichen Kontinuität stehenden erratischen Block ohne historisches Vorher oder Nachher hinzustellen - das alles war und ist bis auf den heutigen Tag das Leitmotiv der weitaus überwiegenden Zahl der westdeutschen Historiker und Publizisten, die heute wieder als Propagandisten und Herolde der reaktionären, antinationalen und volksfeindlichen Politik des westdeutschen Revanchismus an vorderster Front stehen. Soweit es die führenden westdeutschen Historiker mit Gerhard Ritter, Hans Rothfels, Theodor Schieder, Werner Conze, Waldemar Besson, Walter Hubatsch u.a. an der Spitze betrifft, so hat sich die Evolution von der "Armesünder"-Haltung, die etwa von 1945 bis Anfang der fünfziger Jahre anhielt, zur aggressiven und ausgesprochen revanchistischen Haltung von heute in Etappen vollzogen, die am besten durch die immer militanter werdenden westdeutschen Historiker-Tagungen gekennzeichnet sind s Bremen 1953, Ulm 1955, Trier 1958, Duisburg 1962, Westberlin 1964. 4 8 Weil die deutsche Großbourgeoisie und die Westmächte erkannten, daß sie nicht in der Lage waren, die demokratische Entwicklung in ganz Deutschland zu verhindern, nahmen sie - wie alle Welt weiß systematisch Kurs auf die Spaltung Deutschlands, die von dem deutschen Monopolkapital mit der Mentalreservation vorgenommen wurde, am Tage X den Osten Deutschlands militärisch kassieren zu können. Die bekannten Etappen der Spaltung waren: zunächst Einbeziehung Westdeutschlands in den Marshallplan und die Schaffung der Bi- und Tri-Zone, dann die separate Währungsreform und die Spaltung Berlins und schließlich die Schaffung des westdeutschen Separatstaates im September 1949 durch einen Staatsstreich hinter dem Rücken der N a tion.^
Leo Stern Solange die Remilitarisierung noch nicht abgeschlossen war, auf Grund deren man mit der Sowjetunion, Polen und der &3SR von der Position der Stärke sprechen zu können glaubte, wurden alle Vorschläge zur Schaffung eines einheitlichen, demokratischen deutschen Friedensstaates konsequent abgelehnt und selbst die Vorschläge zu gesamtdeutschen freien Wahlen zurückgewiesen. Ebenso wurden die von der Sowjetunion auf mehreren Konferenzen gemachten Vorschläge, sofort gesamtdeutsche Verwaltungsorgane zu schaffen mit dem Ziel, einen einheitlichen deutschen Friedensstaat zu errichten, hochmütig ignoriert. Als Antwort auf diesen nationalen Verrat der herrschenden Kreise Westdeutschlands, die im Schatten des USA-Imperialismus ihre revanchistischen Pläne verwirklichen zu können glaubten, wurde im Osten Deutschlands von den antifaschistisch-demokratischen Kräften unter der Führung der Arbeiterklasse und ihrer Partei am 7« Oktober 1949 die Deutsche Demokratische Republik gegründet. Das ist die historische Wahrheit, an der auch die böswilligsten Feinde der DDR in Westdeutschland nicht rütteln können. Daß die Gründung der DDR zugleich ein Wendepunkt in der Geschichte Deutschlands und selbst Europas war, lag notwendig in der Hatur der Dinge. Denn diese Gründung war zugleich der größte Sieg des Friedens in Europa und die schwerste Niederlage des deutschen Imperialismus und Militarismus seit dem 8. Mai 19^5» dem dadurch der Weg nach dem Osten für immer verlegt wurde. Die eigentlichen Herren, Auftraggeber und Drahtzieher der schon zweimal fehlgeschlagenen aggressiven Abentaerpolitik, die für das deutsche Volk nur zu einer neuen, atomaren Katastrophe hinführen kann, sind - wie zur Zeit Wilhelms II. und Hitlers - nach wie vor die gleichen Repräsentanten des deutschen Monopolkapitals, und auch ihre Ziele sind die gleichen s ökonomische, politische und militärische Hegemonie in Europa, Weltgeltung und - zu gegebener Zeit Weltherrschaft. Ob sie diese Ziele wie im ersten Weltkrieg unter der Losung "Mitteleuropa-Idee" propagierten, im zweiten Weltkrieg unter der der "Neuordnung Europas" oder heute in Gestalt der "europäischen Integration", der EWG und des EURATOM - es sind dies nur geringfügige Variationen der nur allzugut bekannten politischen Nah- und Fernziele des deutschen Imperialismus und Militarismus. Die Klö.ckner, Flick, Haniel, Krupp, Thyssen, Röchling, Mannesmann, Quandt waren, sind und bleiben das nationale Unglück des deutschen Volkes, wenn dieses ihrem verderblichen Treiben nicht mit aller Entschiedenheit Einhalt gebietet.-'0 Ihre heutige Rolle bei der
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forcierten Aufrüstung Westdeutschlands, bei der aggressiven Politik der Stärke und des Kalten Krieges gegenüber der DDR oder der politischen Umgehungsmanöver in Gestalt der "selektiv anzuwendenden elastischen Politik" gegenüber den sozialistischen Ländern mit dem 51
Ziel, diese aufzuweichen und die DDE zu isolieren^ , ist im Prinzip die gleiche, die sie vor dem ersten und dem zweiten Weltkrieg spielten. Der deutsche Imperialismus und Militarismus, der offen die Wiederherstellung der Grenzen von 1937 - ja von 1939 - fordert, die Weigerung Bonns, die Münchener Abkommen für null und nichtig zu erklären, wobei es zur nichtssagenden Phrase Erhards Zuflucht nimmt, gegen die CSSR keine territorialen Ansprüche zu erheben - eine Haltung, die implizite die Revision der Ergebnisse des zweiten Weltkrieges zum Ziele hat -, die Politik der hektischen Aufrüstung und der hemmungslosen Gier nach Atomwaffen, die sogar die eigenen NATOVerbündeten durch gezielte Störaktionen und Provokationen in ihre revanchistischen Kriegspläne hineinreißen will - dieser westdeutsche Revanchismus ist zum Hauptfeind des Friedens in Europa und in der Welt geworden. Gleich zahlreichen anderen Publizisten und Politikern, die sich den klaren Blick für die Realitäten nicht durch die Bonner Revanchisten vernebeln lassen - das zeigt auch der jüngste Dialog mit englischen Gesprächspartnern in Königswinter -, stellt auch der bekannte Publizist Sebastian Haffner in diesem Zusammenhang völlig zutreffend fest: "Es will ja niemand in der ganzen Welt etwas von der Bundesrepublik, für das sie kämpfen müßte. Auch die Nachbarn und die Mächte des Ostens nioht ... Man kann aber nicht umhin zu bemerken, daß sie bereits eine Menge haben will, das ohne Krieg nicht zu haben ist > die ganze DDRi große Teile des heutigen Polen; einen kleinen Teil der heutigen Sowjetunion."-^ Die Rolle der rechten SPD-Führung als Hilfstruppe des Bonner Revanchismus Außer den imperialistischen Westmächten - und hierin liegt die besondere Tragödie der deutschen Arbeiterklasse und des deutschen Volkes - trugen die rechten SPD-Führer wie Schumacher, Reuter und andere trotz des Widerstandes der linksgerichteten Kräfte in der SPD dazu bei, die schwer angeschlagenen Positionen des deutschen Imperialismus zu retten - so wie es in den Hovembertagen 1918 Ebert,
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Scheidemann und Noske getan haben?-'. Die Aufrechterhaltung der Spaltung der Arbeiterklasse, der entscheidenden gesellschaftlichen Kraft unserer Zeit, die Politik des blindwütigen Antikommunismus und der Klassenzusammenarbeit mit der Großbourgeoisie und ihre eigene außenpolitische Orientierung auf die imperialistischen Westmächte - das waren die wichtigsten Voraussetzungen, die zur Festigung und Restaurierung der reaktionären Kräfte in Westdeutschland beitrugen. Es sei unmoralisch, auf dem am Boden liegenden Gegner noch herumzutreten, meinte 194-5 der SPD-Vorsitzende Dr. Schumacher, womit er für die Schonung der über und über schuldbeladenen deutschen Monopol- und Konzernherren, der Nazi- und Kriegsverbrecher eintrat. Anstatt alles zu tun, um die Arbeiterklasse zu einigen, das Bündnis der Arbeiterklasse mit den werktätigen Bauern herzustellen und so in ganz Deutschland eine politische Kraft entstehen zu lassen, die keine westliche Besatzungsmacht hätte ignorieren können, orientierte sich die rechte SPD-Führung in allen entscheidenden Fragen der deutschen Nation auf die Westmächte und auf die CDU/CSU mit Konrad Adenauer an der Spitze. Der verhängnisvolle Weg der rechten SPD-Führung in allen grundsätzlichen Fragen fand seinen Tiefpunkt in der bekannten Erklärung Herbert Wehners am 30. Juni i960 im Bonner Bundestag, die SPD sei zusammen mit Konrad Adenauer zu einer "gemeinsamen Bestandsaufnahme", zu einer "gemeinsamen Außen- und Wehrpolitik" bereit. Obwohl der bis dahin wegen seiner linken Vergangenheit von den CDU- und CSUUltras oft angegriffene Herbert Wehner plötzlich zu einem "Staatsmann von großem Format" avancierte, konnte sich der militante CSUAbgeordnete von Guttenberg in diesem Zusammenhang nicht versagen, triumphierend, aber in der Sache durchaus zu Hecht, von einem "Canossa der SPD" zu sprechen. Der bald darauf abgehaltene Parteitag von Hannover (November 1960), der das "Grundsatzprogramm" des vorangegangenen Godesberger Parteitages (November 1959) aufhob, ein Programm, das sich immerhin noch zur Idee des Disengagements bekannte und sich gegen die atomare Aufrüstung aussprach, bedeutete im Endeffekt, daß die rechte SPD-Führung schließlich auf jede Alternative zur Adenauer- und Erhard-Politik verzichtete und sich praktisch ohne Vorbehalte auf den Boden der reaktionär-militaristischen Staatsdoktrin der Bonner Eegierung stellte. Die Nominierung von Willy Brandt zum "Kanzler-Kandidaten der SPD" und die Ende 1964 vorgenommene Bildung eines "sozialdemokratischen Schattenkabinetts" kann die Tatsache keineswegs verhüllen, daß die SPD seit dem Canossa
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vom 30. Juni 1960 zum politischen Gefangenen des deutschen Imperialismus und Militarismus geworden i s t . Die t i e f s t e Stufe der p o l i t i schen Evolution zur "besten CDU. die es je gab" - wie der reaktionär54 katholische Publizist Anton Böhm höhnend f e s t s t e l l t ^ hat die rechte SPD-Führung auf dem Parteitag in Karlsruhe (November 1964) erreicht« "Die Anpassung i s t komplett", s t e l l t die großbürgerliche westdeutsche Zeitung "Die Welt" mit Genugtuung f e s t . ^ Daß der alte Max Brauer, der ein Stück der kämpferischen Traditionen der deutschen Sozialdemokratie verkörpert, sich auf diesem Parteitag gegen die Verblendung und den Klassenverrat leidenschaftlich wehrte, gereicht ihm persönlich zur Ehre, aber an der von den Wehner und Erler d i r i g i e r t e n Abstimmungsmaschinerie war nichts mehr zu ändern. Ebenso wurde der Antrag der Frankfurter Sozialisten abgelehnt, die unter Hinweis auf das Godesberger Programm eine P o l i t i k der Entspannung und Abrüstung forderten. Der Parteitag hatte sich mit überwältigender Mehrheit " f ü r eine deutsche Teilnahme an einer gemeinsamen Atomstreitmacht der NATO" entschieden. Einer der militantesten Vertret e r der sozialdemokratischen Regierungsmannschaft, der Hamburger Innensenator Helmut Schmidt, tat noch ein übriges, indem er f ü r die Bundeswehr unter dem B e i f a l l der gesamten reaktionären Presse i n Westdeutschland die "Schaffung einer modernen militärischen Führungsspitze" verlangte, d.h. den berüchtigten Generalstab wilhelminisch-nazistischer Prägung, eine Forderung, die den langjährigen Wünschen der Militärs sehr entgegenkommtEindeutig revanchistisch war auch die Parole des Parteitages "Erbe und Auftrag" - eine Losung, die auf einer Deutschlandkarte mit den Umrissen der Reichsgrenzen von 1937 prangte. Damit übertraf dieser Parteitag in der Propagierung revanchistischer Losungen sogar die CDU. Der knechtselige Übereifer der Wehner, Erler, Carlo Schmid und anderer rechter SED-Führer, die Regierungsparteien "von rechts zu überholen", hat - wie es der jüngste CDU-Parteitag in Düsseldorf bewies - b e i den Bonner Ultras, den Adenauer, von Guttenberg, Barzel und Ludwig Erhard, nicht einmal Anerkennung, sondern nur Hohn und Spott ausgelöst. Gewiß - die SPD hat Einfluß unter der westdeutschen Arbeiterschaft, aber gerade diesem von der rechten SED-Führung unheilvoll manipulierten Einfluß i s t es zuzuschreiben, daß die politische Kraft der Arbeiterklasse weitgehend paralysiert isto Die Mitglieder und Wähler der SPD mögen zu einem großen T e i l Verzicht auf Atomwaffen, V Abrüstung und Verständigung mit der DDR, Volkspolen, der CSSR und
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der UdSSR fordern, der von Wehner und Erler praktizierte offizielle Kurs der SPD ist nach wie vor der Kurs des aggressiven Bonner Re57 vanchismus. Die Verurteilung der Ostermärsche, der wahrhaft nationalen Initiative gegen Atomrüstung, Chauvinismus und Krieg, durch Wehner zeugt ebenso davon wie die demonstrative Erklärung, die SPD werde auch in Zukunft an den Notstandsgesetzen "konstruktiv mitarbeiten" , obwohl der Vorsitzende des DGB Rosenberg den bekannten Protest von 215 Professoren gegen die Notstandsgesetzgebung begrüßt hatte. Wenn die These Willy Brandts "Wir wollen regieren, aber nicht mitregieren" jemals Aussicht auf Erfolg haben soll, dann nur, wenn die SPD zur Katastrophenpolitik des offiziellen Bonner Kurses eine überzeugende Alternative aufzeigt und sich an die Spitze der in Westdeutschland immer breiter werdenden demokratischen Bewegung gegen die Atomrüstung und Notstandsgesetzgebung stellt und ohne Vorbehalte für Frieden, Verständigung und Entspannung zwischen den beiden deutschen Staaten und in Europa eintritt. Angesichts des gefährlich hochbrandenden Revanchismus in Westdeutschland ist es sehr an der Zeit, daß die SPD einen eigenen Weg findet, daß sie aus einer Hilfstruppe des Bonner Revanchismus zu einer echten und glaubwürdigen Friedenspartei wird. Die besondere politische Aggressivität der Bonner Ultras - ein Ausdruck der Schwäche und der wachsenden politischen Isolierung Der staatsmonopolistische Kapitalismus in Westdeutschland-'®, der heute ungleich mehr als im ersten und im zweiten Weltkrieg die 59 Voraussetzungen für militärische Aggressionen schafft^ 7 , die militärische Konzeption der Vorwärtsstrategie und der atomaren Aufrüstung und die politische Konzeption der Etablierung einer Notstandsdiktatur mitten im Frieden, die systematische Störung jeder Entspannung in Europa und die Proklamierung des Alleinvertretungsrechtes in Deutschland in Gestalt der sog. Hallstein-Doktrin, die ursprünglich bewußt für den 20. Jahrestag des 8. Mai 1945 vorgesehene Verjährung von Nazi- und Kriegsverbrechen und der massive Druck auf die NATO-Verbündeten, aus dem gleichen Anlaß mit einer neuen "Deutschland-Initiative" hervorzutreten und sich mit Bonns revanchistischen Aspirationen zu solidarisieren - alles das ist nicht nur der Ausdruck eines enormen ökonomischen und militärischen Potentials Westdeutschlands, sondern zugleich ein Ausdruck
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der Schwäche und der zunehmenden aaßenpolitisehen Isolierung. Wir wollen uns im folgenden auf die Beleuchtung einiger charakteristischer Tatsachen beschränken, die Inhalt, Methoden und Richtung der gesteigerten militärischen Aggressivität Westdeutschlands zeigen. Welche Aggressionen sie mit der Vorwärtsstrategie und dem Atomminengürtel vorhaben und wohin die Bonner Revanchisten die NATOVerbündeten hindrängen wollen, hat der militärische Kommentator der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung", Adalbert Weinstein, in seinem Aufsatz dargelegt, der den vielsagenden Titel "Von Schlieffen zu Trettner" trägt und auf die berüchtigte Präventiv- und Blitzkriegsstrategie hinweist. "Die deutsche Vorwärt sverteidigung von heute", heißt es dort wörtlich, "wird von Generalen ersonnen, die den Vormarsch im Westen, die Kesselschlachten im Osten erlebt haben." Und weiter: "Nach dem deutschen 'Diskussionsbeitrag' (den wiederzugeben wir von höchster Stelle des Verteidigungsministeriums ermächtigt sind) soll der Einsatz von Atomminen die militärischen Operationen in eine bestimmte Richtung treiben." In welche Richtung und gegen wen, ist aus dieser militärischen Grundkonzeption der 62
Bonner Ultras unschwer zu ersehen. Im Zeichen dieser skrupellosen militärischen Vorwärtsstrategie, die vor keinem Verbrechen zurückschreckt, die die Massenmörder und Kriegsverbrecher von gestern amnestiert, um sie als potentielle Massenmörder und Kriegsverbrecher von morgen in einem dritten, atomaren Krieg zur Verfügung zu haben, stand auch der jüngste CDUParteitag in Düsseldorf (29. bis 31. März 1965). Weil ihre revanchistischen Pläne nicht so laufen, wie sie das in den militärischen und politischen Planspielen zurechtgelegt haben, wandten sich Adenauer und Erhard nicht nur wie üblich mit den heftigsten Ausfällen gegen die Sowjetunion, sondern auch gegen ihre NATO-Verbündeten, insbesondere gegen de Gaulle, -weil dieser in einer realeren Einschätzung des Kräfteverhältnisses in der Welt wenig oder gar keine Neigung zeigt, sich von den Bonner Revanchisten in gefährliche Kriegsabenteuer hineinziehen zu lassen. Während Adenauer seinem Kummer über "seinen Freund de Gaulle" Ausdruck gab, der in letzter Zeit zur Sowjetunion eine betont freundschaftliche Haltung einnehme, pochte Erhard bereits auf die militärische Stärke Westdeutschlands ("Wir sind wieder etwas, wir haben Macht gewonnen"). Man werde "keine Ruhe in Europa geben", drohte er, solange das Ziel, nämlich die aggressive Einverleibung der DDR und die Revision der Reichsgrenzen von 1937»nicht erreicht sei. Die berüchtigte Erklärung von
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Rainer Barzeli "Wir wollen einwirken auf die Realitäten im kommunistisch besetzten Teil Europas", womit er für eine direkte Einmischung in die Angelegenheiten der sozialistischen Länder eintrat6^, war von dem gleichen Geist des aggressiven deutschen Großmachtchauvinismus getragen. Die direkte Folge dieser revanchistischen Selbstberauschung war bekanntlich die gezielte Provokation mit der Verlegung der Bundestags-Sitzung nach Westberlin« Wir wissen, daß diese Provokation der Bonner Revanchisten, weil sie die tatsächliche Haltung der HATO-Verbündeten in der Deutschland- und Westberlin-Frage völlig verkannten, mit einem eklatanten Fiasko geendet hat^j sie mußte so enden, weil die DDR und die Truppen des Warschauer Paktes den Revanchisten Bonns ein übriges Mal eindeutig die Grenzen ihrer Macht zeigten und weil die Westmächte im wohlverstandenen Eigeninteresse außer verbalen "Deutschland- und Westberlin-Erklärungen" es ablehnen, sich vor den Wagen der immer abenteuerlicher operierenden Bonner Vorwärtsstrategen spannen zu lassen,, Die seit Jahren praktizierten Versuche Bonns, jeden Ansatz zu einer internationalen Entspannung zu stören, haben in der letzten Zeit an Gefährlichkeit, Hektik und Nervosität in dem Maße zugenommen, wie die Westmächte, jede für sich ihre eigenen Interessen voranstellend, die revanchistischen Ambitionen Bonns mit betonter Reserve aufnehmen, dies, je mehr die Bonner Ultras danach gieren, die 500 000 Mann starke hochgerüstete Bundeswehr - nach Adalbert Weinstein ein bedeutendes "Faustpfand gegen Ost und West" - in die Waagschale der europäischen Politik zu werfen und sie zu ihren Gunsten zu beeinflussen.®^ Daß diese Pläne nicht zufällig auf den Protest und die Befürchtungen der friedliebenden Völker Europas und über Europa hinaus stoßen, ja selbst großer Teile der westdeutschen Bevölkerung - wie es die imponierenden Ostermärsche beweisen und der Appell von 215 westdeutschen Professoren an die DGB-Führung, sich gegen Hotstandsgesetze und die Wahnsinnspolitik der atomaren Aufrüstung zu wehren -, ist nach den grauenvollen Erfahrungen mit den vom deutschen Imperialismus und Militarismus entfesselten zwei Weltkriegen nur zu verständlich. Immer wieder versuchen die Bonner Ultras und ihre Ideologen und gelegentlich auch manche westlichen Politiker -,der Welt einzureden, der Keim zur Gefährdung des Friedens in Europa bestehe darin, daß an die Stelle des im Zweiten Reich Bismarcks und im
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Dritten Reich Hitlers geeinten Deutschlands nach dem zweiten Weltkrieg zwei deutsche Staaten getreten sind. Solchen Zweckdarstellungen gegenüber erinnerte Walter Ulbricht in seiner Erklärung auf der 13« Sitzung der Volkskammer der DDR am 5« Mai 1965s "Wie war denn das mit dem ersten Weltkrieg ? Er brach doch nicht aus, weil Deutschland gespalten war ... Oder war Europa so friedlich zu jener Zeit, als Hitler im Auftrage der deutschen Imperialisten regierte ? Er hatte doch ein einheitliches Deutschland. Er hatte ihm sogar Österreich und auch noch die Tschechoslowakei und große Teile Polens angegliedert. Und dieses 'Großdeutsche Reich1 fiel schließlich über seine Nachbarn her. Die deutschen Imperialisten zerstückelten zahlreiche Staaten und Völker." Weil die DDR das Haupthindernis ist auf dem Wege der imperialistischen Aggression nach Osten, ist ihre Beseitigung das Kernstück des neofaschistischen Eroberungsprogramms. Die Erklärung Erhards, daß die in einem kommunistischen Gewaltstaat "versklavten 17 Millionen Deutsche" "nicht noch 20 bis 30 Jahre warten könnten"6^, die liraden des CSU-Vorsitzenden Franz Joseph Strauß, daß man sich "nifimals mit der jetzigen Struktur Mittel-Ost-Europas abfinden würde" 68 , die mit anderen Worten auch von Rainer Barzel auf dem Düsseldorfer CDU-Parteitag verkündet wurden, das Gerede in dem Memorandum von Willy Brandt an Dean Rusk vom "Wandel durch Annäherung" und von der "Politik der kleinen Schritte", von wirtschaftlichen, kulturellen und gutnachbarlichen Beziehungen zu den "Staaten des Ostblocks", wo aber die DDR ausgeschlossen wird - das ist im Grunde die gleiche aggressive Revanchepolitik der Regierung Erhards, nur mit anderen Worten I Wie kann man sich aber ein Europa der gutnachbarlichen Beziehungen vorstellen, wenn ein Staat wie die DDR, der im Zentrum Europas liegt, davon ausgeschlossen bleiben soll ? "Ein Europa des Friedens und der Zusammenarbeit gibt es nur mit der DDR, nicht gegen sie."^ Die Identifizierung der rechten SPD-Führung mit dieser revanchistischen Wahnsinnspolitik der Bonner Ultras - das zeigt eindeutig die ganze Schwäche, aber auch die Gefährlichkeit des Bonner Revanchismus, der durchaus imstande ist, einen neuen Weltkrieg zu entfesseln, wenn ihm die demokratischen Kräfte in Westdeutschland nicht rechtzeitig in den Arm fallen. Der Freundschaftsvertrag der DDR mit der Sowjetunion, die Erklärung der Mächte des Warschauer Paktes zur territorialen Integrität der DDR und ihre entschiedene Haltung gegenüber der jüngsten Provokation in Westberlin, die Verlängerung des Freundschaftsver-
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träges zwischen der Sowjetunion und Volkspolen um weitere zwanzig Jahre und die darin formulierten Feststellungen über den Schutz der Oder-Neiße-Grenze - das sind eindeutige und nicht zu überhörende Warnungen an die Adresse der Bonner Revanchisten. Angesichts aller Tatsachen und in -Anbetracht der wachsenden Spannungen zwischen Bonn und de Gaulle einerseits und Washington andererseits ist es bereits aller Welt sichtbar, daß die revanchistische Politik der Erpressung und Aggression heute hoffnungsloser festgefahren ist denn je. Darüber können weder die von Bona, aber auch von Erler und Brandt wahrhaft erbettelte Deutschland-Initiative noch der Besuch der englischen Königin hinwegtrösten. Die nationale Mission der DDR im Kampf um die Verständigung zwischen den beiden deutschen Staaten und die Erhaltung des Friedens in Europa Während das revanchistische Westdeutschland zu einem Herd der Unruhe, der internationalen Spannungen und des Kalten Krieges wurde, der mit allen Mitteln versucht, die Ergebnisse des zweiten Weltkrieges rückgängig zu machen, ist in Gestalt der DDR der erste Friedensstaat in der deutschen Geschichte entstanden. Darin liegt, wie es Walter Ulbricht in seinem Referat auf dem 9. ZK-Plenum der SED feststellte''0, für die DDR die moralische und die politische Legitimation begründet, als souveräner Staat im Interesse und im Namen der ganzen deutschen Nation zu sprechen. Dieses Recht hat die deutsche Monopolbourgeoisie, die im Bonner Separatstaat uneingeschränkter denn je ihre Macht ausübt, schon in den von ihr entfesselten beiden Weltkriegen und von ihr heraufbeschworenen nationalen Katastrophen und noch mehr heute verwirkt, da sie mit ihrer Politik einer revanchistischen Wiedervereinigung durch Gewalt und Aggression nicht nur die Kluft zwischen den beiden deutschen Staaten immer mehr vertieft, sondern auch die Kriegsgefahr in Europa außerordentlich erhöht. Bei der Erinnerung an die von den deutschen Imperialisten und Militaristen in zwei Weltkriegen demonstrierte Aggressionspolitik und Kriegsbarbarei und angesichts des erneuten gefährlichen Spiels mit atomarer Aufrüstung und revanchistischer Vorwärtsstrategie ist es aller Welt, und selbst weiten Kreisen in Westdeutschland, klar, daß die Bundesrepublik heute eines der gefährlichsten Störzentren der Welt, zweifellos das gefährlichste in Europa geworden ist.
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Diese Einsicht der Völker in den wahren Charakter des westdeutschen Revanchismus macht gerade in jüngster Zeit rapide Fortschritte. Die anhaltende Protestwelle in der ganzen Welt und in Westdeutschland gegen die Verjährung von Naziverbrechen, die ablehnende Haltung der Weltöffentlichkeit gegen die atomare Aufrüstung und den Bonner Revanchismus, der einen dritten, atomaren Krieg heraufzubeschwören droht, sind deutliche Kennzeichen dieser Einsicht, daß von Bonn die Bedrohung des Weltfriedens ausgeht. Nicht sie, die unbelehrbaren Bonner Imperialisten und Revanchisten, sprechen im Namen der deutschen Nation, sondern wir, die Deutsche Demokratische Republik. Was in der DDR heute auf allen Gebieten des gesellschaftlichen Lebens Wirklichkeit ist, haben Millionen friedliebender Menschen durch Fleiß und Energie und mit uneigennütziger Unterstützung durch die Sowjetunion und die anderen sozialistischen Bruderländer geschaffen. Die DDR ist ein Staat, der mit aller Konsequenz die Lehren aus der unseligen Geschichte des deutschen Volkes gezogen, der getreu den Forderungen des Potsdamer Abkommens Faschismus und Militarismus mit der Wurzel beseitigt hat, der in der Welt einen geachteten Platz als friedlieben7-1
der demokratischer Staat einnimmt.' Gerade die Haltung der beiden deutschen Staaten zum 8. Mai offenbart nicht nur den entgegengesetzten Charakter der beiden deutschen Staaten und der entgegengesetzten Politik, sondern vor allem die diametral entgegengesetzte Haltung zur deutschen Vergangenheit. Während die Bonner Regierung, die Parteien des Bonner Bundestages, die - wie Walter Ulbricht auf dem 9. Plenum des ZK der SED feststellte - sich als Nachfolger des Dritten Reiches fühlen und dessen imperialistische Politik ohne eine Hitlerpartei mit veränderten Methoden durchführen wollen, diesen Tag als Tag der tiefsten Erniedrigung und Katastrophe empfinden, feiern wir diesen Tag aus vollem Herzen als einen Tag der Befreiung. In diesem Geiste den 8. Mai 1945 in Westdeutschland begehen,würde bedeuten, offen zu bekennen, daß die Befreiung Westdeutschlands von Militarismus, Neonazismus, Revanchismus und der Macht der Rüstungsmonopole die Tagesaufgabe der Friedenskräfte in Westdeutschland ist. Darin gerade besteht die Erinnerung des Volkes an den 8. Mai 194-5, weil es daran die Hoffnung knüpfte, daß die Drahtzieher der verheerenden zwei Weltkriege für immer entmachtet, die Naziund Kriegsverbrecher gerecht bestraft, die Kräfte der Aggression und des Revanchismus für immer beseitigt würden.
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Gewiß, es gibt in den Reihen der SPD und des DGB und in breiten Kreisen der westdeutschen Bevölkerung und der Intelligenz Kräfte genug, die den 8. Mai 1945 in diesem Geiste sehen und die ihre Tagesaufgabe im Kampf gegen Militarismus, Revanchismus, Notstandsgesetze, atomare Aufrüstung und Krieg erblicken; aber es gilt, bevor es zu spät ist, das gefährliche Treiben der Bonner Revanchepolitiker nicht allein nur durch Appelle, Ostermärsche und publizistischen Nonkonformismus zu demonstrieren. Die Atompläne Bonns können, wie es die XXX. Deutsche Arbeiterkonferenz dargelegt hat, nur durch entschlossene Aktionen der Arbeiterklasse in Westdeutschland durchkreuzt werden. Nur sie können es bewirken, daß nie wieder Krieg von deutschem Boden ausgeht. "Zwanzig Jahre nach dem mörderischen zweiten Weltkrieg stehen nur die Deutsche Demokratische Republik und mit ihr die antifaschistischen und friedliebenden Kräfte in Westdeutschland für die Lebensinteressen der Nation", sagte Walter Ulbricht auf dem 9« ZK72 Plenum.' Am 20. Jahrestag der Befreiung will die Bevölkerung der Welt von uns als den Vertretern des friedliebenden Deutschlands wissen, welchen Weg es zur friedlichen Regelung der deutschen Frage gibt. Das 9. ZK-Plenum wies erneut diesen Weg : Solange die Bonner Regierung nicht auf Atomrüstung und Mitverfügungsrecht über Atomwaffen verzichtet hat, solange sie nicht bereit ist, mit der Regierung der DDR über die Herstellung normaler Beziehungen zwischen den beiden deutschen Staaten zu verhandeln, blockiert sie sowohl kleine als auch mittlere Schritte, die zu einer friedlichen Lösung der Deutschlandfrage führen könnten. Am 8. Mai 1965 beginnt das dritte Jahrzehnt in der Geschichte des neuen Deutschlands, das aus den materiellen und geistigen Trümmern entstanden ist, die uns der deutsche Imperialismus hinterlassen hat. Zuversichtlich und siegesgewiß setzen die Werktätigen der DDR ihren für ganz Deutschland beispielgebenden Weg fort : Indem sie den Aufbau des Sozialismus vollenden, die DDR allseitig, ökonomisch, politisch und ideologisch stützen, sichern sie den Frieden, stärken sie das Ansehen unserer Republik in der Welt, aber auch die Aktivität und Energie der Friedenskräfte in Westdeutschland. Drei große Ereignisse von nationaler und teilweise von weltpolitischer Bedeutung demonstrierten vor aller Welt das außerordentlich gewachsene Ansehen der DDR und zugleich die politische Krise und Niederlage der Bonner Revanchepolitiker : der Staatsbesuch des Vorsitzenden des Staatsrates der DDR, Walter Ulbricht,
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i n der VAE, die Leipziger Jubiläumsmesse, die vor aller Welt darlegte, daß die sozialistische DDE sich ats- Industriemacht unter den ersten zehn Staaten der Welt befindet, und die eklatante Niederlage Bonns mit ihrer Provokation in Westberlin. Je schneller und erfolgreicher die Werktätigen der DDR den Aufbau des Sozialismus vollziehen, je eher die friedliebenden Kräfte in Westdeutschland, durch das Beispiel der DDE ermutigt, die Bundesrepublik aus einem revanchistischen Kriegsherd in einen friedlichen, demokratischen Staat verwandeln, desto größer sind auch die Chancen für eine Politik der friedlichen Wiedervereinigung in Deutschland. Es gibt nur einen Weg zur friedlichen Wiedervereinigung, den, der am Jahreswechsel 1964/65 in den bekannten sieben Punkten Walter Ulbrichts gewiesen wird. Die historische Bilanz der zwei verschiedenen Wege, die in beiden deutsehen Staaten seit dem 8. Mai 19^5 beschritten worden sind, zeigt, daß einzig die Deutsche Demokratische Republik, der erste Arbeiter-und-Bauern-Staat in der deutschen Geschichte, die Probe vor dem kritischen Urteil der friedliebenden Völker bestanden hat, während die Bundesrepublik den reaktionär-militaristischen Ungeist des Dritten Eeiches konserviert und potenziert hat, in den Augen der Völker und der Geschichte als die Fortsetzerin des Dritten Reiches gilt und sich nach wie vor auf der Anklagebank befindet. Der Sozialismus in der DDR und der Imperialismus in Westdeutschland - das sind sozial-ökonomische Kategorien verschiedener historischer Ebenen. Während in Westdeutschland die längst anachronistisch gewordene Lebensordnung der Zeit zugehört, die zu Ende geht, existiert die DDR in der neuen Zeit, die aufwärts und vorwärts führt. Darum ist es die DDR, der Staat der Arbeiterklasse und des Volkes, die auf den Weg in die Zukunft führt. Die DDE ist die lebendige Verkörperung des großen Erbes aller Kämpfer gegen Krieg, Militarismus und Faschismus. Die geschichtlichen Leistungen der DDE nach zwanzig Jahren seit dem 8. Mai 1945 werden von der ganzen Welt anerkannt. Mehr denn je erweist sich heute, an der Schwelle zum dritten Jahrzehnt, die elementare Wahrheit s Die DDR - das ist die hoffnungsvolle Zukunft der deutschen Hation.
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Vgl. Thesen der KPdSU und der SED zum 40. Jahrestag der Großen Sozialistischen Oktoberrevolution, Dietz Verlag, Berlin 1957, S. 128 f. Vgl. Matern, Hermann, Die deutschen Antifaschisten retteten die Ehre der Nation, in s Einheit, 5/1965, S. 23 ff.j Berthold. Lothar, Für ein neues Deutschland, a.a.O., S. 42 ff. Vgl. Stern, Leo, Der Einfluß der Großen Sozialistischen Oktoberrevolution auf Deutschland und die deutsche Arbeiterbewegung, Berlin 1958, S. 242 f. Vgl. Mann. Golo. Deutsche Geschichte 1919 - 1945, Fischer Bücherei 1962, S. 185/186. Derselbe, a.a.O., S. 188. Vgl. Melnlkow, Daniii, 20. Juli 1944 - Legende und Wirklichkeit, Berlin 1964, S. 185» Ulbricht, Walter, Zur Geschichte der neuesten Zeit, Dietz Verlag, Berlin 1955, Bd 1/1, S. 45. Vgl. EoKRenbuck. Helene, Der 20. Juli im Lichte der historischen Wahrheit, in s Einheit, 7/1964, S. 85. Vgl. Thesen der KPdSU und der SED zum 40. Jahrestag der Großen Sozialistisehen Oktoberrevolution, a.a.O., S. 129. Vgl. Benser. Günter, Über den friedlichen Charakter der revolutionären Umwälzung in Ostdeutschland, in s Beiträge zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung, Zum 20. Jahrestag der Befreiung, 2/1965, S. 189/190. Vgl. Ulbricht. Walter. Zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung, Dietz Verlag, Berlin 1962, Bd VI, S. 10. Siehe auch Horden. Albert, Befreiung oder Zusammenbruch, in : Deutsche Außenpolitik, Sonderheft 1/1965 : Zwanzig Jahre danach. Deutschland 1945 bis 1965. Vgl. Jacobsen, Hans-Adolf, Der Tod stand vor jeder Tür (Uber den inneren Zusammenbruch Deutschlands im Frühjahr 19^5), in : Die Welt. Hamburg, Nr 79 v. 3.4.1965. Zitiert nach einer Sendung im Hauptprogramm des "Senders Freies Berlin" vom 3.3.1965, 22.30 Uhr. Kogon, Eugen, Die Unvollendete Erneuerung, Deutschland im Kräftefeld 1945-1963, o.O. 1964.
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In einem Interview mit der Kopenhagener Zeitung "Land og Folk", zitiert nach "Heues Deutschland". Kr 105 v. 1 5 . 1 9 6 5 . Meldung in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Nr 35 v. 11.2.1965. Vgl. "Bonner Generalanzeiger" v. 15.1.1965« Vgl. Rede des Sonderministers Krone auf der Tagung der Katholischen Akademie in München über "Probleme und Fragen der politischen Entwicklung im freien Teil Deutschlands 1945-1965", zitiert nach : "Die Welt", Hamburg, N r 45 v. 23.2.1965. Vgl. Schröder. Georg. Wirrwarr um die Initiative, in : Die Welt, Hamburg, Nr 70 v. 24.3.1965. Die sowohl von Bonn als auch von Washington unbeabsichtigte gewisse Bedeutung der schließlich erst nach dem 8. Mai zustande gekommenen zehnzeiligen "Deutschland-Initiative" der Westmächte charakterisiert die Züricher "Tat" vom 13.5.1965 zutreffend: "Das ganze Unternehmen hat im Grunde nur dazu gedient, deutlicher als je zuvor herauszuarbeiten, daß die Widersprüche und Gegensätze im alliierten Lager nun auch auf die Deutschlandfrage übergegriffen haben und daß die Westmächte sich nicht mehr zu einem gemeinsamen diplomatischen Vorgehen in dieser Angelegenheit aufraffen können, sondern auch bloß mit Hängen und Würgen dazu zu bringen sind, eine einheitliche Position selbst in noch so vage und nichtssagend gehaltenen Sätzen zu fixieren." Vgl. SPD-Pressedienst P/XX/21 vom 1.2.1965. In einer Nachlese zum 8. Mai 1965 in der westdeutschen Wochenzeitung "Die Zeit" vom 14.5.1965 muß Theo Sommer unter der Überschrift "Jammernd mit viel schönen Reden" feststellen: "In Westdeutschland ist der zwanzigste Jahrestag der deutschen Kapitulation zu einem Festival der Wehleidigkeit geraten. In kaum einer Rede klang der Gedanke an r daß die Niederlage von 1945 geschichtlich nicht nur gerecht, sondern geradezu notwendig war ... Statt dessen regierte vielerorts das weinerliche Selbstmitleid mit jenen, die vergessen möchten, daß unser Volk einen Krieg verloren hat, und die sich an der Seite der Westmächte schon so lange als nachträgliche Gastsieger fühlen, daß sie wähnen, die Geschichte um die Zeche der Jahre 1933 bis 1945 prellen zu können."
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Leo Stern So heißt es im "Börner Generalanzeiger" vom 15.1.1965 ganz offiziell: "Man kann es jetzt schon mit der Angst bekommen im Gedanken an den 8. Mai, den Tag, da vor 20 Jahren der Hitlerstaat vor den Siegermächten bedingungslos kapitulierte. Wie sollen wir den Tag begehen, der das Ende unserer Existenz als Reich und Nation für ungewisse Zeit besiegelt hat ? Schon jetzt spürt man die Neigung, ihn als Datum für den Nullpunkt eines neuen Anfangs, der alles Vergangene auslöscht, zu nehmen und demgemäß, gleichsam ex officio zu feiern..." So vermerkt der katholische Publizist O.B. Eoegele, ein unentwegter Paladin Adenauers! "Die öffentliche Meinung der Bundesrepublik liegt im Aufwind eines neuen Nationalgefühls", und nach bekümmerten Seitenblicken auf das Pehlen einer "strategischen Konzeption der NATO" empfiehlt er für Westdeutschland das Prinzip des "sacro egoismo". (Ritt auf der nationalen Welle, in 1 Rheinischer Merkur, N r 13. v. 16.3.1965). Vgl. Gesammelte Abhandlungen des verstorbenen Carl Hinrichs unter dem Titel "Preußen als historisches Problem".hg. von Gerhard Oestreich, Berlin 1964. Vgl. Kluke. Paul. Das Bild Preußens, in : Frankfurter Allgemeine Zeitung, N r 302, v. 30.12.1964. Schoeps. Hans-Joachim, Unbewältigte Geschichte, Stationen deutschen Schicksals seit 1763, Berlin 1964. Vgl. Der Spiegel. Hamburg, N r 14 v. 31.3.1965. Vgl. seine geringfügig gekürzte Rede vor dem Bonner Bundestag unter dem Titel "Stets ein Meister der Balance", in: Die Zeit, Nr 14 v. 2.4.1965. Vgl. Ritter. Gerhard, Das deutsche Problem, Grundfragen deutschen Staatslebens gestern und heute, München 1962, S. 101 f. Studnitz, H.G. von. Er war kein eiserner Kanzler, in: Die Welt am Sonntag v. 28.3.1965. Freund, Michael, Das große Spiel eines großen Rechners, Zum 150. Geburtstag Bismarcks, in : Frankfurter Allgemeine Zeitung, Nr. 76 v. 31.3.1965. Siehe Brief des Bundestags-Präsidenten Gerstenmaier an Bismarck, in : Die Welt. Hamburg, Nr 73 v. 27.3.1965« Brandt, Willy, Bismarck und die deutsche Sozialdemokratie, in: Die Welt, Hamburg, N r 73 v. 27.3.1965. Geis, Immanuel, Was uns Bismarck heute bedeutet, in : Vorwärts, Nr 13 v. 13-3.1965.
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Vgl. .lierzu Stern, Leo, "Die westdeutsche imperialistische Geschichtsschreibung und die Frage der Kation", in s Beiträge zum nationalen Geschichtsbild der deutschen Arbeiterklasse, ZfG, X/1962, Sonderheft, S. 56 f f . Studnitz, H.G. von. Er war kein eiserner Kanzler, a.a.O. Vgl. den Aufsatz von Georges Anderson im "Combat" vom 2 3 . 2 . 1 9 6 5 , worin von einem erstarkenden Kationalismus in Westdeutschland die Hede i s t , weil es sich von den westlichen Verbündeten enttäuscht f ü h l t . Ähnlich Roland Evans und Robert Novak. ins New York Herald Tribüne v. 19.1.1965. Vgl. hierzu den Aufsatz von Kai Hermann in s Die Zeit v . 15.1.1965. Vgl. riotiz in : Die Welt, Hamburg, Nr 44 v . 22.2.1965. Vgl. Behr, Hermann, Vom Chaos zum Staat. Männer, die für uns begannen, Frankfurt-M. 1961. Shulman, Milton, Die Niederlage im Westen. Mit einer Einführung von Gerhard R i t t e r , Gütersloh 1949, So 56?. Meinecke, Friedrich, Die deutsche Katastrophe, Wiesbaden 1947, S. 5. R i t t e r , Gerhard, Geschichte als Bildungsmacht, Stuttgart 1947, S. 29. Vgi. Hofer, Walther, Die Entfesselung des zweiten Weltkrieges, Stuttgart 1955; Tippeiskirch, Kurt von, Geschichte des zweiten Weltkrieges, Bonn 1956j Erdmann, Karl Dietrich. Die Zeit der Weltkriege,in: Bruno Gebhardt, Handbuch der deutschen Geschichte, 8. A u f l . hg. v . Herbert Grundmann, Bd IV, Stuttgart 1959, deren Argumentationen von zahllosen anderen Historikern uncl Publizisten übernommen wurden. Vgl. Stern. Leo, Die klerikal-imperialistische AbendlandIdeologie im Dienste des deutschen Imperialismus, i n : ZfG, 2/1965. Vgl. Dehio, Ludwig, Gleichgewicht oder Hegemonie, Krefeld 1948} Göhrins, Martin, Stresemann. Mensch - Staatsmann - Europäer, Institut f ü r europäische Geschichte, Vorträge Nr 17, Wiesbaden 1956j ferner Thieme, Anneliese, Gustav Stresemann, Legende und Wirklichkeit, i n i HZ, Bd 181 (1956), und die verschiedenen Stresemann-Biographien und Würdigungen von Edgar Stern-Rubarth, Walter Görlitz, Erich Eyck, Rudolf Olden, Hubertus Prinz zu Löwenstein u.a.
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Leo Stern Vgl. Stern. Leo. Der Antikommunismus als politische Hauptdoktrin des deutschen Imperialismus, Dietz Verlag, Berlin 1964, Kapitel: Zur gegenwärtigen ideologischen Grundposition der
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imperialistischen westdeutschen Geschichtsschreibung und Publizistik. Vgl. Bittel. Karl. Die Feinde der Nation, Berlin 1952, S. 35 ff.5 derselbe, Vom Potsdamer Abkommen zur Viermächte-Konferenz, Kongreß-Verlag, Berlin 1953! ferner: Dokumente der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands, Bd III, Dietz Verlag, Berlin 1952, S. 31. Vgl. hierzu die aufschlußreichen Publikationen des kürzlich verstorbenen westdeutschen bürgerlichen Publizisten Prltzkoleit. Karl. Männer, Mächte, Monopole, Düsseldorf 1953i Bosse, Banken, Börsen, Wien-München-Basel 1954; Die neuen Herren, ebd. 1955} Wem gehört Deutschland ?, ebd. 1958] Kommandierte Wunder, ebd. 1959; Gott erhält die Mächtigen, ebd. 1963. Vgl. den für diese Pläne bezeichnenden Artikel des Berliner Journalisten Stiege. Hudolf, Auf nach Osteuropa ?, in : Die Welt, Hamburg, Nr 82 v. 7.4.1965. Sebastian Haffner in der Zeitschrift "Stern" v. 20.9.1964. Vgl. Protokoll der Verhandlung der 2. Parteikonferenz der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands. Dietz Verlag, Berlin 1952, S. 50 ff. Böhm, Anton. Die beste CDU, die es Je gab, in : Rheinischer Merkur, Nr 49 v. 4.12.1964. Vgl. Becker, Kurt. Die Anpassung ist komplett, in s Die Welt, Hamburg, Nr 277 v. 27.11.1964. Ebenda. Vgl. Leitartikel des Neuen Deutschland, Die Springflut des Chauvinismus und die SPD, in : Neues Deutschland v. 24.4.1965« Vgl. Hemberger. H.. Maier, L., Petrak. H.. Reinhold. 0». Schwank. K.-H., Imperialismus heute - der staatsmonopolistische Kapitalismus in Westdeutschland (Thesen), in : Einheit, 1/1965, S. 101 - 120. Vgl. Relnhold. Otto, Das System der staatsmonopolistischen Herrschaft, in : Neues Deutschland v. 18.4.1965. Der westdeutsche Publizist Dr. Anton Reitlinger zeigt in seinem realistischen Aufsatz "Fünfzehn Jahre Bonner Außenpolitik" die Ursachen una die Stationen des Bonner Weges in die Isolierung« Nachdem der "Prozeß der moralisch-politischen
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Rückbesinnung" in Westdeutschland bald gestoppt worden war, führte der Bonner Weg über "Rückbildung zum Militärstaat und Rückfall in die Denkbahnen der Vergangenheit" zur "Außenpolitik im luftleeren Raum des internationalen Mißtrauens". Inj Blätter für deutsche und internationale Politik, 4/1965> S. 307 - 311. 61 62
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Weinstein, Adalbert. Von Schlieffen zu Trettner, in : Frankfurter Allgemeine Zeitung, Nr 297 v. 22.12.1964. Diese Konzeption hat auch eindeutig Kai-Uwe von Hassel in seinem Aufsatz über "Organisation und Verteidigung des Westens" in der Januar-Hummer der amerikanischen Zeitschrift "Foreign Affairs" dargelegt. Vgl. dazu auch die Beiträge "Hassel dringt auf neues Verteidigungskonzept der NATO Atomminen sollen Kräftegleichgewicht bewahren", in t Frankfurter Allgemeine Zeitung, Nr 302 v. 30.12.1964, "Vorwärtsverteidigung im Detail", in: ebenda, Nr 28 v. 3.2.1965. Vgl. Leitartikel "Westberlin und Düsseldorf", in: Neues , Deutschland v. 8.4.1965. Vgl. Bericht des Ersten Stellvertreters des Ministers für Auswärtige Angelegenheiten, Staatssekretär Otto Winzer, auf der Sitzung des Staatsrates der DDR am 8. April 1965, in: Neues Deutschland v. 10.4.1965. "Man kann", erklärte das publizistische Sprachrohr Bonns in Militärfragen, Adalbert Weinstein, drohend an die Adresse der NATO-Verbündeten, "zwölf Divisionen und die Luftgeschwader und unsere Anwesenheit in der NATO nicht einfach vom Tisch fegen. Das ist die politische Kraft, die von der bewaffneten Macht ausgeht und die gilt es zu nutzen." in: "Warum nicht mehr Gelassenheit", Frankfurter Allgemeine Zeitung, Nr 75 v. 30.3.1965. Ulbricht, Walter, Die nationale Mission der Deutschen Demokratischen Republik und die Friedenskräfte in Westdeutschland, in: Neues Deutschland v. 6.5.1965« Zit. aus der Rede des Präsidenten der Liga für Völkerfreundschaft, Dr. Paul Wandel, "Bonns Programm: Revanche und Neokolonialismus", in: Neues Deutschland v. 13.4.1965. Ebenda. Leitartikel j "Europa, zwei deutsche Staaten und die SPD", in: Neues Deutschland v. 2.2.1965.
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Vgl. Ulbricht, Walter, Die nationale Mission der Deutschen Demokratischen Republik und das geistige Schaffen in unserem Staat, Rede, gehalten auf dem 9« ZK-Plenum der SED in Berlin, ins Heues Deutschland v. 28.4.1965.
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Vgl. Kiesewetter, WolfRang, 15 Jahre friedliche deutsche Außenpolitik, in : Einheit, Doppelheft 9/10/1964, "15 Jahre Deutsche Demokratische Republik", S. 153 ff. Ulbricht. Walter. Die nationale Mission der Deutschen Demokratischen Republik..., a.a.O.
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33 P. N. Pospelow Der Sieg über den faschistischen deutschen Imperialismus und die Lehren des Sieges
Der 8. Mai war ein großer Sieg der Kräfte des Sozialismus, der Demokratie, des Friedens und der Humanität über die unmenschlichsten und mächtigsten Kräfte des Militarismus, der Reaktion, des Faschismus. Dieser Sieg rettete wahrlieh die Menschheit aus der entsetzlichen Gefahr der Versklavung durch die faschistischen Aggressoren, rettete die wahre Weltzivilisation und schützte die fortschrittliche Entwicklungslinie der menschlichen Gesellschaft. Im Kampf gegen den Faschismus schlössen sich die Völker eines großen Teiles des Erdhalls, um das Bariner der Antihitlerkoalition geschart, zusammen. Der UdSSR und ihren Streitkräften fiel die Hauptlast des Kampfes gegen den grausamen und starken Feind zu. Hätte die Sowjetunion die furchtbaren Prüfungen der Jahre 194-1 und 1942 nicht bestanden, sie hätte den Kampf nicht zum siegreichen Abschluß gebracht. So wäre die Menschheit um Jahrzehnte und möglicherweise um Jahrhunderte in ihrer Entwicklung zurückgeschleudert worden. Die finstere Macht des Faschismus hätte sich nicht nur auf Europa, sondern auch auf die anderen Kontinente, auch auf Amerika, herabsenken können. Gestatten Sie, in diesem Zusammenhang an das Zeugnis einer so autorativen Persönlichkeit wie die des verstorbenen Staatssekretärs der USA, Stettinius, zu erinnern, der seinerzeit schrieb: "Das amerikanische Volk darf nicht vergessen, daß es sich im Jahre 1942 am Rande des Untergangs befand. Hätte die Sowjetunion ihre Front nicht gehalten, so wäre es den Deutschen möglich geworden, Großbritannien zu unterwerfen. Diese wären imstande gewesen, sich Afrikas zu bemächtigen und in der Folgezeit Aufmarschräume in Lateinamerika zu schaffen. Präsident Roosevelt behielt diese drohenA
de Gefahr ständig im Auge." Unter den gegenwärtigen Bedingungen, da der nach Raketen- und Kernwaffen gierende deutsche Militarismus rasch erstarkt, da unter der Flagge des Antikommunismus "lokale" Kriege geführt werden und
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die Arbeiterbewegung und die nationale Befreiungsbewegung in einer Anzahl von Ländern unterdrückt werden, erreicht die Propagierung von Chauvinismus, Rassismus und Krieg weite Ausmaße. Unter diesen Umständen kommt der Feier des 20. Jahrestages des Sieges über das faschistische Deutschland, dem Studium der Ergebnisse und der Lehren des zweiten Weltkrieges besondere Bedeutung zu. Gestatten Sie, daß ich auf mehrere Fragen eingehe, die sich aus den Ergebnissen und den Lehren des Krieges ergeben. Der zweite" Weltkrieg begann als imperialistischer, d.h. als Eroberungskrieg. Im Unterschied zum ersten Weltkrieg entstand und verlief er in der Periode der allgemeinen Krise des Kapitalismus, zu einer Zeit, als die sozialistische Sowjetunion bereits existierte. War der erste Weltkrieg in seinem Charakter ein Ausdruck der Gegensätze, die ausschließlich zwischen den imperialistischen Staaten bestanden, so traten im zweiten Weltkrieg zwei Gruppen von Gegensätzen hervor: 1. die Gegensätze zwischen zwei kapitalistischen Koalition e n und 2. zwischen der kapitalistischen Welt als Ganzem und dem ersten sozialistischen Staat des Erdballs, der Sowjetunion. Die Staaten des faschistischen Blocks, Hit1erdeutschland, das Italien Mussolinis und Japan, die den Krieg unmittelbar vom Zaune brachen, verfolgten räuberische, imperialistische Ziele. Sie setzten sich folgende Ziele : die Völker ihrer staatlichen Selbständigkeit zu berauben, Sozialismus und Demokratie zu vernichten, die revolutionäre Bewegung und die nationale Befreiungsbewegung zu erwürgen, die imperialistischen Rivalen zu beseitigen und ihre eigene Weltherrschaft aufzurichten. Die herrschenden Klassen Englands und Frankreichs, die "1939 in den Krieg gegen Deutschland .eintraten, verfolgten ebenfalls imperialistische Ziele. Sie strebten danach, ihre Positionen als Kolonialmächte zu festigen und die Staaten des faschistischen Blocks zu schwächen. Sie setzten sich jedoch nicht das Ziel, den Faschismus zu vernichten. Im Gegenteil, die reaktionären Kreise der Westmächte rechneten darauf, Deutschland, Italien und Japan zum Kampf gegen die UdSSR und zur Liquidierung der revolutionären und demokratischen Bewegung in Europa und der nationalen Befreiungsbewegung in den Ländern des unterjochten Ostens benutzen zu können. In der ersten Phase, der Phase der Entstehung, wies der Krieg auf beiden Seiten imperialistischen Charakter auf. Gleichzeitig enthielt er jedoch seit seinem Beginn Elemente eines gerechten Krieges, eines Befreiungskrieges. Gerecht war der Kampf des Chine-
Der Sieg und seine Lehren
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sischen Volkes gegen die japanischen Eindringlinge, gerecht war der Kampf der tschechoslowakischen und der polnischen patriotischen Kräfte gegen die deutschen Aggressoren. In der zweiten Hälfte des Jahres 1940 verstärkten sich die auf die Befreiung gerichteten Tendenzen, und der Krieg gegen das faschistische Deutschland begann einen gerechten, einen Befreiungscharakter anzunehmen. Der Eintritt der Sowjetunion in den Krieg als Folge des Überfalls Hitlerdeutschlands war der Hauptfaktor, der die endgültige Änderung im Charakter des zweiten Weltkrieges bewirkte. Die gerechten Kriegsziele der UdSSR und ihr mit äußerster Entschiedenheit geführter bewaffneter Kampf gegen die Eindringlinge stärkten die Kräfte der Widerstandsbewegung in den okkupierten Ländern; der Druck der Volksmassen auf die Regierungen der bürgerlich-demokratischen Staaten wuchs an. Die regierenden Kreise der USA und Großbritanniens sahen sich genötigt, ein Übereinkommen mit der UdSSR zum gemeinsamen Kampf gegen das faschistische Deutschland und dessen Verbündete herbeizuführen. Auf der Basis der Gemeinsamkeit der Interessen der freiheitsliebenden Völker im Kampfe gegen die faschistischen Aggressoren bildete sich die mächtige antifaschistische Staaten-Koalition, an der Spitze standen die UdSSR, die USA und Großbritannien. Der zweite Weltkrieg unterscheidet sich vom ersten Weltkrieg auch in seinen Maßstäben, seinem Ausmaß und in seiner Intensität. Kein anderer Krieg in der Geschichte war so schwer und hatte den Völkern solche Leiden und Opfer auferlegt. Selbst nach noch unvollständigen Angaben hatte die Menschheit dem Moloch des Krieges den entsetzlichen Tribut von mehr als 50 Millionen Menschen an Toten entrichtet. Die größten Opfer hatte die Sowjetunion zu tragen. Sie verlor 20 Millionen ihrer Söhne und Töchter. Fast die Hälfte davon waren friedliche Einwohner oder Kriegsgefangene, die von den Hitlerfaschisten zu Tode gemartert wurden. Eine große Zahl von Sowjetmenschen fand durch Luftangriffe oder während der Blockade Leningrads den Tod. Von gigantischen Ausmaßen ist auch der materielle Schaden, der der Menschheit zugefügt wurde. Die Kosten, die sich aus dem Krieg ergeben, erreichen astronomische Ziffern. Die riesigen Kosten zur Überwindung der Kriegsfolgen hemmten für eine Reihe von Jahren den Aufbau des Kommunismus in der UdSSR.
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Der Sieg der freiheitsliebenden Völker über das faschistische Deutschland und dessen Verbündete besitzt eine welthistorische Bedeutung. Er übte einen gewaltigen Einfluß auf den weiteren Gang der Weltgeschichte aus. Er sicherte auch die Errungenschaften des Sozialismus und bewies im Angesicht der ganzen Menschheit die gigantische Kraft der sozialistischen Gesellschaft. Im Ergebnis des Krieges lagen zwei mächtige imperialistische Räuber, das faschistische Deutschland und das militaristische Japan, zerschmettert am Boden. Der deutsche Faschismus stellte die grausamste unverhüllte Diktatur des Monopolkapitals dar. Hitlerdeutschland war die Hauptkraft des faschistischen Staatenblocks, der Stoßtrupp der internationalen Konterrevolution. Zur führenden Kraft des antifaschistischen Kampfes der Völker in den Kriegs;]ehren wurden die kommunistischen Parteien. Sie standen als furchtlose Kämpfer in der ersten Eeihe, vereinigten die Widerstandskräfte und schweißten sie zusammen. Die Kommunisten hatten schwere Verluste und Opfer zu tragen. "Partei der Füsilierten" nannte man die heroische kommunistische Partei Frankreichs im Volke. Unter dem bestialischen Hitlerterror stellte die ruhmreiche Kommunistische Partei Deutschlands keinen Augenblick lang ihren mutigen Kampf gegen den Faschismus ein. Das sowjetische Volk kennt den mutigen Kampf der deutschen Kommunisten gegen den Faschismus und würdigt die Taten der Helden dieses Kampfes. Es ist bekannt, daß von den 300 000 Mitgliedern, die die Kommunistische Partei Deutschlands zu Beginn des Jahres 1933 in ihren Reihen vereinigte, mehr als die Hälfte grausamen Verfolgungen durch das faschistische Terrorregime ausgesetzt waren. Zehntausende Kommunisten wurden ermordet, von der Gestapo umgebracht, viele wurden in die Emigration getrieben. Die KPD war die einzige Partei im Lande, die dem Hitlerfaschismus vom Tag der faschistischen Machtergreifung bis zum letzten Tag des Krieges organisierten Widerstand entgegensetzte und die räuberische, imperialistische Politik entlarvte. In einem illegalen, am 5. Mai 1941 herausgegebenen Flugblatt warnte die KPD: "...wenn es die deutsche Militärmaschine.wagt, die Sowjetunion zu überfallen, so werden die Aggressoren unbarmherzig von der Roten Armee auf ihrem eigenen Territorium zerschlagen werden. Das sollen sich die Feinde der Sowjetunion merken."
Der Sieg und. seine Lehren
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Man kann Tausende von Beispielen aus dem illegalen Kampf der Kommunisten anführen. Gestatten Sie mir, nur wenige Beispiele auf der Grundlage von Materialien des Instituts für Marxismus-Leninismus beim Zentralkomitee der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands anzuführen. Die Kommunistische Organisation mit Robert Uhrig an der Spitze entfaltete in Berlin eine aktive Tätigkeit, um eine breite Widerstandsorganisation mit einer einheitlichen Führung zu schaffen. Sie hatte ihre Zellen in 22 Großbetrieben Berlins, darunter in den Siemens-Werken, der AEG, dem Kabelwerk u.a. Diese Organisation vereinigte 200 Personen. Sie hatte Verbindung mit Kopenhagen, Prag, Holland, mit Innsbruck, Wien und Tirol. Eine große Tätigkeit entfaltete in Berlin die illegale kommunistische Organisation unter der Leitung von Willi Gall. In ihr waren 150 Personen zusammengeschlossen. Die Tätigkeit dieser Organisation förderte die gesamte Parteiarbeit. Sie festigte die Verbindungen mit den illegalen Zellen der Kommunistischen Partei Deutschlands und den antifaschistischen Arbeitern in den Rüstiiagsbetrieben und erweiterte sie. Regelmäßig gab sie politische Informationen heraus, in denen theoretische Materialien enthalten waren. Von dieser Organisation wurden 200 Exemplare der 1. Nummer der illegalen "Berliner Volkszeitung" gedruckt. Eine andere Parteiorganisation in Berlin kämpfte unter der Führung John Siegs, Herbert Grasses und Otto Gradowskis. Sie organisierte die illegale Herausgabe von Flugblättern. Im Herbst 1941 gelang es ihr, zusammen mit den ehemaligen Redakteuren der "Roten Fahne", die illegale Zeitung "Die innere Front" mit dem Untertitel "Kampfschrift für ein neues, freies Deutschland" herauszugeben. Diese Zeitung erschien lange Zeit regelmäßig. Gleichzeitig gab diese Organisation Materialien in russischer, polnischer, tschechischer, französischer und italienischer Sprache heraus. Die Parteiorganisation "Innere Front" konzentrierte ihre antifaschistische Tätigkeit hauptsächlich auf die Großbetriebe. Eine wichtige Rolle spielte das Bestreben dieser Organisation,enge Beziehungen zwischen deutschen Arbeitern, ausländischen Fremdarbeitern und Kriegsgefangenen in Deutschland herzustellen. 1 9 M erschien in Berlin wieder die Zeitung "Die Rote Fahne". Sie verwendete Materialien des Moskauer Rundfunks sowie Informationen aus den Berliner Betrieben.
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Auch in anderen Teilen Deutschlands führte die KPD den Kampf gegen den Krieg. So kämpften in Dresden gemeinsam Kommunisten, Sozialdemokraten und Mitglieder der Sozialistischen Arbeiterpartei. Sie hörten den Moskauer Rundfunk ab, schufen Betriebszellen, die aus Kommunisten und Sozialdemokraten bestanden. In Stuttgart verteilten Antifaschisten Plugblätter unter dem Titel :"Stimme des Volkes". Darin forderten sie die Vereinigung aller Kräfte gegen Hitler in einer antifaschistischen Volksfront. In Prankfurt/Main wurde beschlossen, Kommunisten und klassenbewußte Arbeiter in eine kampfstarke Widerstandsorganisation zusammenzuschließen. Solcher Beispiele gab es hunderte und tausende. Nicht nur in den Städten, in den Rüstungsbetrieben und in der Wehrmacht waren die Antifaschisten tätig. Deutsche Kommunisten, Häftlinge der Todeslager, setzten ihren heldenhaften Kampf auch hinter dem Stacheldraht der faschistischen Hölle, in den Gefängnissen der Gestapo fort. Das Symbol für die revolutionäre Standhaftigkeit, für den unbeugsamen Mut der deutschen. Antifaschisten war der Name Ernst Thalmann. Seinen Kerkergenossen schrieb Ernst Thälmann zu Beginn des Jahres 1944-s "Treu und fest, stark im Charakter und siegesbewußt im Handeln, so und nur so werden wir unser Schicksal meistern und unsere revolutionären Pflichten für die große, historische Mission, die uns auferlegt ist, erfüllen und dem wirklichen Sozialismus zum endgültigen Sieg verhelfen können." Einen heldenmütigen Kampf gegen den Faschismus führten die ruhmvolle Kommunistische Partei Italiens, die polnischen, die tschechischen, die bulgarischen und die jugoslawischen Kommunisten. Alle kommunistischen Parteien leisteten einen großen Beitrag zum Sieg über den Faschismus. Die Zerschmetterung des deutschen Faschismus und des japanischen Imperialismus schuf günstige Voraussetzungen für den Erfolg der sozialistischen Revolution in einer Anzahl von Ländern Europas und Asiens, für den schnellen Aufschwung der nationalen Befreiungsbewegung in den asiatischen, afrikanischen und lateinamerikanischen Ländern. Der welthistorische Sieg der Sowjetunion im zweiten Weltkrieg förderte die Bildung des sozialistischen Weltsystems. Mit der Entstehung des sozialistischen Weltsystems, mit dem Wachsen der internationalen revolutionären Arbeiterbewegung beschleunigte sich beträchtlich der Prozeß des Zusammenbruch der Kolonialsklaverei.
Der Sieg und seine Lehren
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Das sind die wichtigsten Ergebnisse und Folgen des zweiten Weltkriegs und seines wichtigsten Teils, des Großen Vaterländischen Krieges der Sowjetunion. Das ist die weltgeschichtliche Bedeutung unseres Sieges. Der Sieg über das faschistische Deutschland und seine Verbündeten wurde durch gemeinsame Anstrengungen der Staaten und Völker der Antihitlerkoalition errungen. Die Sowjetmenschen vergessen nicht den Anteil, den die Streitkräfte der USA und Großbritanniens zum Sieg leisteten; sie wissen es gebührend zu schätzen. Die Landung der alliierten Truppen in Nordfrankreich, obgleich mit großer Verspätung vorgenommen, verschlechterte die Lage Hitlerdeutschlands ernstlich; Hitlerdeutschland war vor die Notwendigkeit gestellt, einen Zweifrontenkrieg zu führen. Es muß auch auf die Hilfe hingewiesen werden, die unserem Lande von den USA und Großbritannien im Kähmen des Lend-Lease-Systems (des Pacht- und Leihsystems) geleistet wurde; in den Kriegsjahren erhielt dadurch die Sowjetunion für die Volkswirtschaft benötigte Materialien, Ausrüstungen, Lastkraftwagen. Im ganzen übten die Lendr-Lease-Lieferungen jedoch keinen wesentlichen Einfluß auf den Verlauf des Krieges aus. Die Waffen, mit denen die Rote Armee kämpfte und siegte, waren in ihrer Hauptmasse das Werk des Sowjetvolkes. Einen großen Beitrag zum Sieg über Deutschland leistete die antifaschistische Widerstandsbewegung. Die Patrioten Albaniens, Belgiens, Dänemarks, Frankreichs, Griechenlands, Hollands, Italiens, Jugoslawiens, Norwegens, Polens und der Tschechoslowakei kämpften aufopferungsvoll gegen die Okkupanten. 1944 erreichte der antifaschistische Kampf in den meisten europäischen Ländern seinen stärksten Aufschwung. Die Patrioten befreiten fast den ganzen Festlandsteil Griechenlands, einen beträchtlichen Teil Jugoslawiens, ganze Departements in Frankreich, viele Provinzen in Italien. Den Kampf gegen den Faschismus führten die Völker der Satelliten Deutschlands - so die Völker Bulgariens, Rumäniens und Ungarns. Kulminationspunkt dieses Kampfes waren die siegreichen Volksaufstände vom 2 3 . August 1944 in Rumänien und vom 9. September 1944 in Bulgarien. Rumänien und Bulgarien sagten sich vom Krieg an der Seite Deutschlands los, kehrten die Waffen gegen die Faschisten und trugen so zum gemeinsamen Sieg bei.
P. N. Pospelow Zu Beginn meiner Ausführungen wurde bereits festgestellt, daß die UdSSR die Hauptlast des bewaffneten Kampfes gegen den Faschismus trug. Auf die entscheidende Rolle der Sowjetunion im Kriege braucht man nicht ausführlich einzugehen. Kein ernster Forscher kann in dieser Frage anderer Meinung sein. In der Nachkriegszeit wurde jedoch die Frage nach dem Beitrag der Partner der AntihitlerKoalition zum Sieg über die Mächte der Achse Berlin-Rom-Tokio von mehreren reaktionären bürgerlichen Historikern in eine Waffe des Antikommunismus umgewandelt. Die reaktionäre Geschichtsschreibung setzt im Zuge des "kalten Krieges" die Rolle der Sowjetunion bewußt herab und übertreibt gleichzeitig den Beitrag der Westmächte zum Sieg. Zu diesem Zweck werden die militärischen Operationen der Roten Armee verzerrt und falsch bewertet; es wird versucht, ihre Erfolge aus einer Reihe zufälliger Umstände zu erklären. Mehrere Historiker und Ökonomen geben eine unrichtige, unobjektive Analyse der Kriegswirtschaft der Sowjetunion. So führt der französische Ökonom Lucien Laurat in seinem Buch über die Fünfjahrpläne der Sowjetunion Daten über eine Verringerung der Produktion in verschiedenen Industriezweigen der UdSSR infolge der Hitlerinvasion an. laurat schreibt, im Jahre 1940 habe die sowjetische Stahlerzeugung 18 Millionen Tonnen, im Jahre 1945 12 Millionen Tonnen betragen; er zieht aus diesen und einigen anderen Ziffern eine, völlig falsche, den Tatsachen zuwiderlaufende Schlußfolgerung. Laurat schreibt : "Diese Ziffern beweisen bündig, daß die Sowjetunion absolut außerstande war, den Krieg zu gewinnen, und der tödlichen Gefahr nur dank der amerikanischen Hilfe und der Offensive der Alliierten im Westen entrinnen konnte." Tatsächlich produzierten wir im Jahre 1945 12 Millionen Tonnen Stahl, d.h. um ein Drittel weniger als im Jahre 1940 und um vieles weniger als Hitlerdeutschland. Bei dieser Gelegenheit sei vermerkt, daß sich in den zwanzig Kachkriegsjähren der Stahlausstoß in unserem Lande auf 90 Millionen Tonnen erhöht hat und dem amerikanischen Durchschnittsstand der Stahlproduktion der letzten Jahre nahegekommen ist. Doch an Qualitätsstahl, der für Waffen und für Geschütze verschiedener Art verwendet wird, produzierten wir schon seit dem Jahre 194-3 mehr als Deutschland. Darin liegt eines der Geheimnisse unseres Sieges. Laurat übergeht dies mit Stillschweigen. Dann macht Laurat einen direkten antikommunistischen Ausfall. Er schreibt: "... wie die sowjetische Propaganda unablässig behauptet, daß eben die Sowjetunion den Krieg gewonnen und Europa
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vom Hitlerischen Alpdruck befreit hat, gilt es dxese Legende zu p zerstören." All jenen, die die historische Wahrheit im Interesse dunkler Machenschaften verfälschen, wollen wir Politiker und Militärs gegenüberstellen, die in der Kriegszeit am Staatsruder standen und seinerzeit die Tätigkeit der UdSSR und der Roten Armee hoch einschätzten. Unbestreitbare Pakten beweisen, daß eben in den gigantischen Schlachten an der sowjetisch-deutschen Front die Hitlersche Militänaaschinerie zermalmt wurde. Mitte 1941 gab es unter den kapitalistischen Staaten des europäischen Kontinents keine Kräfte, die fähig gewesen wären, dem faschistischen Aggressor auf seinem Wege zur Weltherrschaft Widerstand zu leisten. Nur der sozialistische Staat und seine Streitkräfte vermochten dem Faschismus eine machtvolle Abfuhr zu erteilen. Die sowjetisch-deutsche Front war die Hauptfront im zweiten Weltkrieg. Sie war durch ununterbrochenes Anwachsen der Kräfte der Sowjetunion gekennzeichnet. Sogar der Feind sah sich genötigt, diese Tatsache anzuerkennen. In den Tagen der großen Offensive während der Schlacht an der Wolga schrieb Goebbels in der Zeitung "Das Schwarze Korps" am 6. Januar 1943 t "...es scheint ein Wunder, daß sich aus den weiten Steppen immer neue Menschenmassen und Technik erheben, als würde ein großer Zauberer aus Ural-Lehm bolschewistische Leute und Technik in beliebiger Menge formen." Im Verlaufe des Krieges zerschlug die Rote Armee die Hauptkräfte des faschistischen Heeres. A n der sowjetisch-deutschen Front wurden während des Krieges insgesamt 507 Divisionen allein faschistischer deutscher Truppen vernichtet oder gefangengenommen oder gelangten infolge von Verlusten zur Auflösung. Überdies wurden nicht weniger als 100 Divisionen der Satelliten Deutschlands zerschlagen. Von unseren Alliierten wurden in Nordafrika, Italien und Westeuropa 17S feindliche Divisionen vernichtet oder gefangengenommen. Von den 13 600 000 Mann, die das faschistische Deutschland an Toten, Verwundeten und Gefangenen verlor, entfielen auf die sowjetischdeutsche Front 10 000 000. Die entscheidende Rolle der Sowjetunion bei der Zerschlagung der faschistischen Aggressoren wurde von der ganzen Welt anerkannt. Allgemein bekannt sind die zahlreichen Äußerungen Roosevelts, Churchills, de Gaulies und anderer führender Männer der AntihitlerKoalition, die die militärischen Anstrengungen des Sowjetvolkes
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hoch bewerten. Der bekanntebritlsehe Politiker Ernest Bervin sagte 1942: "Alle Hilfe, die wir zu leisten vermochten, war geringfügig im Vergleich zu den gewaltigen Anstrengungen der sowjetischen Menschen. Unsere Nachkommen werden beim Studium der Geschichte mit Begeisterung und Dankbarkeit des Heldentums des großen russischen Volkes gedenken."^ Die gleiche Einschätzung gaben auch viele westliche Kriegshistoriker. Auf die entscheidende Rolle der UdSSR bei der Zerschlagung des Faschismus hat A. Werth treffend in seinem jüngsten Buch hingewiesen. Er betont, daß das Sowjetvolk "die Hauptbürde des Krieges gegen das nazistische Deutschland trug und eben dank dem Sowjetvolk
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das Leben von Millionen Amerikanern und Engländern gerettet wurde." Der große Sieg der Sowjetunion war durch eine Reihe von ökonomischen, politischen und ideologischen Gesetzmäßigkeiten bedingt. Die sowjetische Ökonomik ging aus dem Zweikampf mit der Ökonomik des faschistischen Deutschlands und des gesamten von den Deutschen okkupierten Europas als Sieger hervor und führte damit die Überlegenheit des sozialistischen Gesellschafts- und Wirtschaftssystems über das kapitalistische aller Welt vor Augen. Das faschistische Deutschland verfügte unmittelbar vor dem Krieg über ein beträchtlich größeres Wirtschaftspotential als die Sowjetunion. Im Zusammenhang mit der Besetzung sehr reicher Wirtschaftsbezirke der Sowjetunion übertraf das Gesamtvolumen der industriellen Produktion Deutschlands und seiner Verbündeten und Satelliten im Jahre 1942 die Produktion unserer Industrie um das drei- bis vierfache. Gut war auch die Versorgung des faschistischen Deutschlands mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen, besonders nach der Okkupation der südosteuropäischen Länder und sowjetischer Territorien. Für unser Land entstanden äußerst schwierige Bedingungen. Die sozialistische Planwirtschaft erwies sich jedoch als so stark und lebensfähig, daß sie die schwersten Prüfungen bestand. Obgleich die UdSSR über zwei Drittel weniger Metall und drei Viertel weniger Kohle verfügte als Hitlerdeutschland, erzeugte sie in den Kriegsjahren im Vergleich zu ihm fast doppelt soviel Kriegsgerät. Worin lag das Geheimnis dieses "Wirtschaftswunders" ? Es lag vor allem in den Vorzügen der sozialistischen Gesellschaftsordnung, in dem großen Arbeitsheroismus der Arbeiterklasse, der sowjetischen Geistesschaffenden, in der hohen Qualifikation der in den Planjahrfünften entwickelten Kader. Die Produktion für friedliche Zwecke wurde auf ein Mindestmaß reduziert; dank den Vorzügen der Planwirt-
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schaft wurde die verfügbare Menge an Metall aufs rationellste verwendet. Im Ural und in Sibirien wurde in kürzester Frist auf mächtiger industrieller Grundlage, die noch in der Vorkriegszeit geschaffen worden war, die Masaenerzeugung von Waffen in Gang gebracht» Durch die Anstrengungen der Arbeiterklasse im Zusammenwirken mit den Wissenschaftlern wurden wahrlich revolutionäre Änderungen in der Technik der Herstellung von Edelstahl vorgenommen und die Produktion rapid gesteigert. Im Magnitogorsker Hüttenkombinat betrug die Produktion hochlegierter Stähle 85 Prozent des gesamten dort geschmolzenen Stahles. Aus diesen Stählen wurden eine halbe Million Geschütze, Millionen Geschosse, einhunderttausend Panzer und andere Waffen hergestellt. Die sowjetische Rüstungsindustrie übertraf die deutsche nicht nur in der Quantität, sondern auch in der Qualität vieler Arten von Waffen. Die sowjetischen Panzer T 34- waren sogar nach dem abgenötigten Eingeständnis des Feindes die besten der Welt. Das gleiche gilt auch für die Jagdbomber II 2 und II 10, für die reaktive Artillerie und viele andere Arten von Waffen und technischen Kampfmitteln. Auch die Landwirtschaft wurde ihren Aufgaben in der Kriegszeit gerecht. 1941 - 1944 beschaffte unser Staat 4312 Millionen Pud Getreide, während in den Jahren des ersten Weltkrieges im vorrevolutionären Rußland nur 1399 Millionen Pud erfaßt worden waren. Zu Beginn des Krieges lagerten beträchtliche Getreidevorräte im Lande. Unser Staat gewährleistete die störungsfreie Ernährung der Armee und befriedigte die lebensnotwendigen Bedürfnisse der Bevölkerung. Das wurde dank der Kolchosordnung möglich, die sich nach der Überwindung von Schwierigkeiten in den ersten Jahren der Kollektivierung fest im Dorf verankert hatte. Der Sowjetunion stand ein faschistischer Staat, ein Staat des Monopolkapitals, ein Instrument zur Unterdrückung der werktätigen Massen gegenüber. Bei ihrem Überfall auf die Sowjetunion rechneten die Faschisten damit, daß das Bündnis der Arbeiter und Bauern, nicht fest sei. Deshalb versuchten sie, einen Keil zwischen die Völker unseres Landes zu treiben. Aber sie verrechneten sich. Der Große Vaterländische Krieg schloß das ganze Sowjetvolk noch enger zusammen und rief einen grandiosen patriotischen Aufschwung hervor. So w a r es möglioh, die schwersten Prüfungen zu bestehen und den schwersten Heimsuchungen standzuhalten. Die Hauptrichtung der Tätigkeit des Sowjetstaates, der Tätigkeit des Staatlichen Verteidigungskomitees waren in den Kriegs-
P . N . Pospelow jähren der Aufbau, die Stärkung der Streitkräfte und die Organisierung der Kriegswirtschaft. Große Bedeutung hatte die Festigung der internationalen Positionen der UdSSR. Das Staatliche Verteidigungskomitee vereinte und lenkte die Tätigkeit aller staatlichen Organe, der Streitkräfte und der gesellschaftlichen Organisationen auf die Zerschlagung des Feindes. Zum Vorsitzenden des Staatlichen Verteidigungskomitees und zum Oberbefehlshaber der Streitkräfte wurde der Generalsekretär des ZK der Kommunistischen Partei, J.W. Stalin, ernannt. Die Rote Armee und die Kriegsflotte waren der Inbegriff der militärischen Kraft unseres Landes. Von ihrer Kampffähigkeit h i n gen die Geschicke des Heimatlandes ab. Im Hinblick auf die wachsende Kriegsgefahr und später, im Verlauf des Krieges,vergrößerten sich die sowjetischen Streitkräfte auf das achtfache t v o n 1 5 0 0 0 0 0 M a n n im Jahre 1937 auf 1 2 Millionen M a n n im Jahre 1945« Der Schaffung der vorteilhaftesten internationalen Bedingungen für die siegreiche Kriegsführung galt die außenpolitische Tätigkeit des Sowjetstaates. Ihr hervorragendes Ergebnis war die Bildung der Antihitler-Koalition. Die konsequente Durchführung der sowjetischen Außenpolitik, die auf die Gewährleistung der nationalen Unabhängigkeit der Völker Europas und Asiens geriohtet war, erwarb sich Achtung und Anerkennung in der ganzen Welt. Die Hitlersche Außenpolitik - eine Politik der Gewalt, der Ausplünderung und der Verachtung der anderen Völker - führte das faschistische Deutschland unweigerlich i n die Isolierung. Hingegen gewährleistete die sowjetische Außenpolitik als Politik der freundschaftlichen Zusammenarbeit mit allen friedliebenden Völkern der UdSSR die Erweiterung und Verstärkung der internationalen Verbindungen. Stand die Sowjetunion unmittelbar vor dem Krieg mit 25 Staaten i n diplomatischen Beziehungen, so hatte sie am Ende des Krieges bereits mit 49 Staaten diplomatische B e ziehungen aufgenommen. Der Krieg stellte nicht nur die unbestreitbaren Vorzüge des ökonomischen und politischen Systems der UdSSR, sondern auch die ungewöhnliche Kraft der fortschrittlichen, revolutionären Ideologie des Sozialismus, der geistigen Waffe des Sowjetvolkes, unter B e weis. Die Geschichte kennt viele Taten des Heldentums i n Kriegen. D o c h kein Land, k e i n Heer hatte jemals einen solchen Massenheroism u s aufzuweisen, wie ihn die sowjetischen Patrioten an den Tag legten.
Der Sieg und. seine Lehren Es bewahrheitete sich die geniale Voraussicht Engels', der in einer seiner frühen Arbeiten ("Elberfelder Reden") voraussagte, daß die Mitglieder einer sozialistischen Gesellschaft in einem Krieg gegen antikommunistische Armeen mit in der Geschichte unerhörter Begeisterung, Standhaftigkeit und Tapferkeit kämpfen werden. Beispiele von Massenheroismus boten die Soldaten der Boten Armee und die Bevölkerung bei der Verteidigung Moskaus 1941, bei der heldenmütigen, wahrlich legendären Verteidigung Leningrads, Stalingrads, Odessas, Sewastopols, Kiews. Mehr als zweihundert Soldaten der Roten Armee vollbrachten die gleiche unsterbliche Heldentat wie Wjatscheslaw Wassilkowski und Alexander Matrossow, die mit ihrer Brust Schießscharten feindlicher Feuerstellungen verschlossen.Und mehr als siebzigmal wiederholte sich die Heldentat des Fliegers Nikolai Gasteils, der mit seiner getroffenen Maschine noch gegen feindliche Bodentruppen raste und ihnen um den Preis seines Lebens Verluste zufügte. Die rühmreiche Armee der "Helden der Sowjetunion", ausgezeichnet für besonders hervorragende Kriegstaten, zählt mehr als elftausend Mann. Auch das Heldentum der Arbeiter, der Kolchosbauern und der sowjetischen Intelligenz, der Sowjetfrauen und unserer heroischen Jugend in der Produktion war ebenfalls eine Massenerscheinung. Mehr als 16 Millionen Werktätige wurden mit der Medaille "Für heldenmütige Arbeit im Großen Vaterländischen Krieg" ausgezeichnet. Ein besonders hervorragender Ausdruck des sowjetischen Patriotismus war die umfangreiche Partisanenbewegung auf den vom Feind zeitweilig besetzten Territorien. Die Partisanen-Abteilungen und -Verbände und die Untergrundorganisationen umfaßten mehr als eine Million aktiver Kämpfer, ungerechnet die potentiellen PartisanenReserven, die weitere viele Hunderttausende Menschen zählten. Der Patriotismus der Sowjetmenschen ist mit dem sozialistischen Internationalismus unlöslich verknüpft. Der sowjetische Patriotismus ist seinem Wesen nach international und mit Tendenzen nationaler Beschränktheit unvereinbar. Die Liebe der Völker der UdSSR zu ihrem Heimatland verbindet sich organisch mit Achtung und brüderlicher Freundschaft zu den Völkern der anderen sozialistischen Länder, zu den Werktätigen der ganzen Welt. Die Idee des Internationalismus und der Freundschaft der Völker, die die sozialistischen Menschen des Sowjetlandes tief erfüllte, versetzte der kannibalischen Weltauffassung des Faschismus, seiner Rassentheorie, vernichtende Schläge.
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Als Organisator des Kampfes des ganzen Volkes gegen den Feind, als Führer und Inspirator der Massen betätigte sich die Kommunistische Partei der Sowjetunion. Das granitene Fundament, das es der Partei ermöglichte, die äußerst schwere Prüfung des Krieges zu bestehen, waren die unerschütterliche Einheit ihrer Reihen, die revolutionäre Theorie des Marxismus-Leninismus, die Disziplin und Organisiertheit und der feste Zusammenschluß um das Zentralkomitee. Die Sowjetmenschen brachten ihre tiefe Verbundenheit mit der Kommunistischen Partei, ihren tiefen Glauben an sie zum Ausdruck. Zu Beginn des Krieges zählte die Partei rund 4 Millionen Mitglieder und Kandidaten. In den Kriegsjähren traten weitere 5 Millionen Menschen der Partei bei. Und obwohl im Kampfe gegen die deutschen faschistischen Eindringlinge rund 3 Millionen Kommunisten den Tod fanden, zählte die Partei bei Kriegsende nahezu 6 Millionen Mitglieder. Noch nie vorher hatte es in unserem lande eine so große Zahl Kommunisten gegeben. Die Partei konzentrierte die Hauptkräfte dort, wo die Geschicke des Heimatlandes entschieden wurden. Anderthalb Millionen Kommunisten gingen an die Front, darunter Zehntausende leitende Funktionäre der Partei, des Staates, der Gewerkschaften und des Kommunistischen Jugendverbandes. Bei Kriegsende gehörten 3325000 Kommunisten - das sind 60 Prozent der gesamten Parteimitgliedschaft den Streitkräften an. Bei der Organisierung der Tätigkeit im sowjetischen Hinterland konzentrierte die Kommunistische Partei die Aufmerksamkeit aller staatlichen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Organisationen auf die Schaffung einer wohlgeregelten Kriegswirtschaft, die fähig war, die Front mit allem zu versorgen, was für den Sieg erforderlich war. Die Sowjetmenschen unterstützten einmütig die Kommunistische Partei. Die Losung der Partei "Alles für die Front, alles für den Sieg" wurde für das sowjetische Hinterland bestimmend. Der Sieg über den deutschen Faschismus führte der ganzen Welt die Überlegenheit der sozialistischen Gesellschaftsordnung über das kapitalistische Gesellschaftssystem vor Augen. In den verflossenen zwanzig Jahren hat das Sowjetvolk, geführt von der Kommunistischen Partei der Sowjetunion, nicht nur die von den faschistischen deutschen Okkupanten zerstörten Städte und Dörfer, die industriellen und landwirtschaftlichen Betriebe wiederhergestellt, sondern auch einen entscheidenden Schritt vorwärts in der gesellschaftlichen Entwicklung auf dem Wege zum Kommunismus getan.
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Die Hauptlehre des vergangenen Krieges lautet s die neue Gesellschaftsordnung - der Sozialismus - ist unbezwingbar. Im Krieg gegen die Sowjetunion und die anderen Länder der Antihitler-Koalition entlarvte sich der Imperialismus in Gestalt des deutschen Faschismus als der schlimmste Feind der Menschheit. Der faschistische Imperialismus scheute nicht vor den entsetzlichsten Verbrechen zurück. Das empörte Gewissen der Menschheit durfte nicht daran vorbeigehen) es konnte die bestialischen Untaten der Hitlerfaschisten nicht ungestraft lassen. 194-6 fand der Nürnberger Prozeß statt - das Tribunal der Völker, das Gericht der Geschichte über die Anführer 'Hitlerdeutschlands. Die herrschenden Kreise Westdeutschlands sabotierten und sabotieren noch heute in jeder Weise eine gerichtliche Verfolgung der Hazis, die schwerste Verbrechen gegen die Menschheit begangen hatten. Und jetzt erst hat der Bundestag der Bundesrepublik Deutschland beschlossen, ab 1. Januar 1970 die Verfolgung von Kriegsverbrechen wegen Verjährung einzustellen. Dieser Bonner Beschluß wird von den Völkern der ganzen Welt zu Hecht mit Protest, mit Empörung aufgenommen. In der Schlußphase des Krieges sowie in den ersten Nachkriegsjaliren wurde die Frage, ob Deutschland ein friedliebender Staat oder wieder ein Herd der Aggression und des Krieges werden wird, zu einer äußerst wichtigen Frage der internationalen Politik. Schon auf der Konferenz in Jalta im Februar 19^5 erklärten die leitenden Staatsmänner der Sowjetunion, der USA und Großbritanniens feierlich: "Bs ist unser unbeugsamer Wille, den deutschen Militarismus und Nationalsozialismus zu zerstören und dafür Sorge zu tragen, daß Deutschland nie wieder imstande ist, den Weltfrieden zu stören."-' Ein umfassendes Programm der Entmilitarisierung und Demokratisierung Deutschlands war im Potsdamer Abkommen formuliert, das zur völkerrechtlichen Grundlage des Kampfes für die Ausrottung des Faschismus und Militarismus in Deutschland wurde. Das Potsdamer Abkommen entsprach den Interessen sowohl der Siegermächte als auch des deutschen Volkes. Seine strikte Einhaltung hätte bedeutet, auf dem Territorium Deutschlands ein festes Fundament für die friedliche und demokratische Entwicklung des Landes zu legen. Die Verwirklichung des Potsdamer Abkommens hätte den Herd ständiger Kriegsgefahr in Europa für immer beseitigt. Die Westmächte entzogen sich der Durchführung des Potsdamer Abkommens. Mit ihrer aktiven Unterstützung wurde auf dem Territorium der jetzigen Bundesrepublik Deutschland die Macht der Mono-
P. N. Pospelow pole - des Initiators der beiden Weltkriege - aufrechterhalten. Auf maßgebenden Posten im Staatsapparat sehen wir erneut ehemalige aktive Elemente des faschistischen Regimes. Das aggressive Heer der Bundesrepublik Deutschland kommandieren ehemalige Hitlergenerale und -Offiziere. Die 500 000 Mann, starke Bundeswehr ist zu einem mächtigen Heer in Westeuropa geworden. Auf seine wachsende Stärke gestützt, fordert die Bonner Regierung immer nachdrücklicher die Revision der Ergebnisse des zweiten Weltkrieges. Eng verquickt mit dem Re'vancheprogramm der westdeutschen Regierung ist das Bestreben der aggressiven Kreise der Bundesrepublik Deutschland, Kernwaffen zu erlangen. Die Westmächte, die bis zum heutigen Tage das Wiedererstehen des deutschen Militarismus eifrig gefördert haben, trifft eine schwere Verantwortung für die den Frieden bedrohende Entwicklung der Bundesrepublik Deutschland« Auf dem Territorium der sowjetischen Besatzungszone wurden konsequent alle Hauptgrundsätze des Potsdamer Abkommens in die Tat umgesetzt. Dort wurde von der Sowjetunion und den demokratischen Kräften des deutschen Volkes die Macht des Imperialismus, Militarismus und Paschismus für immer beseitigt. Die 19-4-9 entstandene Deutsche Demokratische Republik - der erste Arbeiter-und-Bauern-Staat auf deutschem Boden - führt eine Politik des Friedens und der Verständigung zwischen den Völkern durch. Naoh dem Sieg über den deutschen Faschismus und den japanischen Militarismus bildete sich das machtvolle und mit jedem Jahr noch mehr erstarkende Weltsystem des Sozialismus, in dem über eine Milliarde Menschen vereint sind. Die DDR nimmt in der Familie der freien und friedliebenden Völker einen bedeutenden Platz ein. Die großen Erfolge des ersten Arbeiter-und-Bauern-Staates in der Geschichte Deutschlands wurden dadurch möglich, daß die Arbeiterklasse die Lehren aus der bitteren Erfahrung der Geschichte gezogen, ihre Reihen geschlossen und auf der Basis des Maraismus-Leninismus die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands geschaffen hat. Deshalb hüten die Werktätigen in der DDR ihre Einheit wie ihren Augapfel und schätzen die revolutionären Traditionen des Volkes so hoch ein. Die Ideen des wissenschaftlichen Sozialismus, erstmalig in Deutschland von den großen Begründern des wissenschaftlichen Sozialismus, Karl Marx und Friedrich Engels, entwickelt, werden heute auch auf deutschem Boden zur Wirklichkeit. Die Werktätigen der Deutschen Demokratischen Republik vollziehen den Übergang zum
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Sozialismus unter schwierigen Bedingungen. Die Schaffung der sozialistischen Gesellschaft in der Deutschen Demokratischen Republik, dieses Vorpostens des Friedens in Europa, besitzt eine gewaltige internationale Bedeutung« Der Ausgang und die Folgen des zweiten Weltkrieges bezeugen: Sollten die finsteren Kräfte des Imperialismus es wagen, einen noch entsetzlicheren dritten, einen Raketen- und Kernkrieg zu entfesseln, so werden sie unter den Trümmern ihres eigenen Systems der Unterjochung und Knechtschaft zugrunde gehen» Der ganze Verlauf der geschichtlichen Ereignisse unserer Zeit beweist schlüssig, daß sich das imperialistische System überlebt hat. Die Hauptanklage, die die Volksmassen gegen den Imperialismus erheben, lautet, daß er die Menschheit an den Abgrund eines neuen verheerenden Weltkrieges bringt. I n der Tat, die Raketen- und Kernwaffe, nach der die westdeutschen Revanchisten die Hand ausstrecken, hat in unserer Zeit einen Umsturz im Militärwesen herbeigeführt und bedroht die Welt mit einer Katastrophe. Deshalb wollen die Volksmassen, daß der zweite Weltkrieg der letzte gewesen sei, und deshalb treten Hunderte Millionen Menschen in die Reihen der Friedenskämpfer. Die Völker des Erdballs haben die bestialische Fratze des Faschismus sehr gut im Gedächtnis. Die aggressive Politik des' Imperialismus stößt auf machtvollen Widerstand. Die Friedenskräfte wachsen mit jedem Tag. Unter den gegenwärtigen geschichtlichen Bedingungen besteht keine schicksalshafte Unvermeidlichkeit eines neuen Weltkrieges. Die Gefahr eines Raketen- und Kernwaffenkrieges bleibt jedoch eine Realität und erscheint zeitweilig in sehr akuten Formen. Haben die Geschehnisse, die von den USA-Imperialisten im Karibischen Meer entfesselt wurden, die Millionen Menschen, vor denen sich der Abgrund eines neuen Weltkrieges auftat, etwa nicht erschaudern lassen ? Mit Empörung haben die Völker die Aggression der Vereinigten Staaten gegen die Länder Indochinas aufgenommen. Die Macht der Sowjetunion, die vereinten Anstrengungen aller sozialistischen Länder, der internationalen kommunistischen und Arbeiterbewegung, der Verfechter der nationalen Befreiung der Kolonien und abhängigen Länder, die organisierten Aktionen der Friedenskämpfer in sämtlichen Ländern - all diese mächtigen Friedenskräfte sind imstande, den imperialistischen Aggressoren den Weg zu versperren und ihre Pläne der Entfesselung eines neuen Weltkrieges zu vereiteln.
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Der deutsche Imperialismus vermochte, obwohl er die Wirtschaft und die Technik aller okkupierten Länder Europas an sich brachte und sie ausbeutete, dennoch nicht den Widerstand der UdSSR zu brechen, und er erlitt eine Niederlage im vergangenen Krieg. Jeder neue Versuch von Aggressoren, mit der Waffe gegen die sozialistische Völkergemeinschaft vorzugehen, ist zum Scheitern verurteilt.
Anmerkungen 1 2 3 4 5
Stettinius, Edward R.. Hoosevelt and the Russians, London 1950, S. 16. Laurat. L., Bilan de vingt-cinq ans de plans quinquennaux (1929 - 1955), Paris 1955, S. 119. Zit. nach : Werth, A., Russia at war 1941 - 1945, London 1964, S. XIX. Ebenda, S. XIV. Pas Potsdamer Abkommen und andere Dokumente aus der Zeit des zweiten Weltkrieges, Berlin 1961, S. 52.
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A. S. Jerussalimski'
Aus dem Kriegstagebuch
Berlin, 3. Mai
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So sieht Nazideutschland aus in den Tagen seiner Agonie l Selbst jene Städte und Dörfer im Nordosten des Landes, die vom Feuer des Krieges verschont und auf irgendeine Weise erhalten blieben, sind verlassen, ohne jedes Lebenszeichen. Aus den Penstern der Rathäuser hängen große weiße Fahnen .- das Symbol der Kapitulation. Aber die Autobahn Stettin-Berlin und die parallel laufenden Straßen sind überfüllt. In der Mitte der dreißiger Jahre, schon bald nach der Machtergreifung des Faschismus wurde unter dem Vorwand, die Arbeitslosigkeit zu beseitigen, der Bau eines strategischen Autobahnnetzes begonnen, das sorgfältig auf den Aggressionsplänen eingetragen wurde. Haben jene, die Hitler aus Berechnung unterstützten, und jene, die ihm blind folgten, daran gedacht, daß es einmal nötig sein würde, auf einzelnen Abschnitten der Autobahn die Brücken zu sprengen, damit die bei Kriegsbeginn bis nach Moskau, Leningrad und an die Wolga zurückgedrängten sowjetischen Truppen gegen Ende des Krieges bei ihrem unaufhaltsamen Vormarsch nach Berlin sie nicht benutzen können ? Aber wo ist die Bevölkerung der größeren Städte, woran denkt sie, worauf hofft sie ? Man muß die Hauptstraßen verlassen und eine der vielen größeren oder kleineren Nebenstraßen befahren, um das ungeordnete Wandern von Zehntausenden von Deutschen zu sehen Männern und Frauen, Alten und Kindern - , die mit ihrem Hausrat umherziehen. Es wird erzählt, daß die Nazis anfangs einen großen Plan zur umfassenden Evakuierung der Bevölkerung aus den östlichen Gebieten nach Westen zu verwirklichen suchten. Aber wie kann man 30 Millionen unter den Bedingungen ständiger Kämpfe evakuieren ? Das ist ein weiteres Abenteuer, das ist ein weiteres Verbrechen der Nazis, und diesmal gegen das eigene Volk. In Wirklichkeit hat die Naziregierung nur die Evakuierung der örtlichen Behörden unterstützt,
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der höheren Beamten, der reichen Kapitalisten und der Offiziersfamilien. U n d das ist das Ergebnis : Die Masse der Bevölkerung, aufgescheucht von der Goebbelspropaganda einer "bolschewistischen Gefahr", getrieben von dem ihr eingeimpften Herdentrieb, vor allem aber von Angst und Furcht vor einer möglichen Vergeltung für die Verbrechen der Hitlerregierung und der Nazi-Armee auf sowjetischem Territorium, strömt nach Westen, nach Süden und nach Norden, als wenn, sie nichts vor sich sieht. Ans Gehorchen gewöhnt, jetzt aber von ihren Befehlshabern verlassen, haben sie die Kontrolle über sich selbst und die eigenen Handlungen verloren, noch mehr aber das Verständnis für die Verhältnisse. Angst und große Unruhe auf Grund des so plötzlichen Umschwunges hat alle erfaßt und zur Flucht veranlaßt. Besessene und fanatische Elemente unter den nazistischen Machthabern forderten von der Bevölkerung, vor jedem Dorf Schützengräben auszuheben, jedes Haus zu verteidigen. Andere forderten, die angestammten Wohnstätten zu verlassen und zu fliehen. Der panische Schrecken der einen griff auf die anderen über. Viele gerieten zwischen Einheiten der Hitlerarmee oder wurden von ihnen zurückgelassen, plötzlich fanden sie sich im Aktionsbereich der Panzer und des Artilleriefeuers. Ihr sinnloser Tod hinterließ bei den Uberlebenden Schrecken. Aber das deutsche Oberkommando ließ sich davon in keiner Weise beeindrucken. Es verweigert die Kapitulation, es setzt den hartnäckigen, sinnlosen Widerstand fort, es opfert bewußt seine Soldaten und die Zivilbevölkerung, die noch einmal betrogen und ins Unglück gestürzt werden. Zum ersten Male erlebte die deutsche Bevölkerung aus eigener Erfahrung, was ein Krieg auf eigenem Territorium bedeutet. Seit der Napoleonischen Zeit hat sie einen solchen Krieg nicht mehr gekannt. In den letzten 80 Jahren haben Preußen und Deutschland fünf Kriege geführt, aber jedesmal auf fremdem Territorium. Und auch während dieses, des Hitlerkrieges, hegte es die Überzeugung, daß die deutsche Armee mit der Besetzung eines gewaltigen "Lebensraumes" in Vernichtungsschlachten gegen den Feind, weit entfernt von den Grenzen des Deutschen Reiches, ihre Ziele erreicht hätte. Aber es zeigt sich, daß der Krieg nicht mit dem Sieg endet, der ein tausendjähriges Bestehen des "Dritten Reiches" gesichert hätte, sondern mit dem Zusammenbruch dieses Reiches. Die Bevölkerung überzeugt sich davon, daß der Schlag unmittelbar gegen des Herz des Reiches, gegen Berlin geführt wird. Die historische Hauptstadt Deutschlands wurde gestern nach sinnlosem, erbittertem Widerstand zur Kapitulation gegenüber den sowjetischen Truppen gezwungen.
Aus dem Kriegstagebuch
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Und jetzt - unter dem Eindruck eines Schocks - wandern die Massen hin und her; die einen suchen einen neuen Unterschlupf, die anderen kehren in ihre verlassenen Häuser zurück. Ihre Augen sind leer, und noch kann keiner sagen, was in ihrem Innern vorgeht, das so lange Intensiv bearbeitet und so schrecklich vergiftet worden war in einem Gemisch von Nationalismus und Militarismus, Demagogie und Antisemitismus - mit einem Wort vom "Nationalsozialismus". Nur die durch ein Wunder überlebenden Kommunisten und ehemaligen Funktionäre der Gewerkschaften, die jetzt aus der Illegalität auftauchen, wissen, was zu tun ist : Sie wenden sich an die sowjetische Kommandantur und erklären ihre Bereitschaft, beim Aufbau einer demokratischen Ordnung mitzuwirken. Interessant ist es, das Zusammentreffen von deutschen "Flüchtlingen" mit Gruppen von Polen, Franzosen oder Italienern, die aus den Konzentrationslagern oder aus der Zwangsarbeit in den Rüstungsfabriken oder auf den Gütern der Junker befreit wurden, zu beobachten. Sie haben sich unter ihrer Nationalflagge zusammengeschlossen und marschieren stolz nach Osten, in die Richtung, aus der die Befreiung kam. Die Deutschen lassen sie schweigend durch, sie senken die Augen und tun, als wenn sie nichts bemerken. Es ist eine "große Völkerwanderung" in verschiedenen Richtungen, es ist eine einmalige Wanderung von vielen Menschen, von denen die einen sich noch vor kurzem als zum "Herrenvolk" gehörig fühlten, die anderen auf das Niveau von Sklaven herabgedrückt waren. Das sind die ersten sichtbaren Zeichen des Zerfalls der faschistischen Gesellschaft und des Beginns der Liquidierung des Hitlerstaates. Man muß Berlin sehen, um zu begreifen, in welche Katastrophe der Faschismus Deutschland gestürzt hat. Die deutsche Hauptstadt besteht aus Ruinen. Nachts scheint Berlin, eingehüllt in ägyptische Finsternis, der Krater eines gewaltigen Vulkans zu sein, in dem die Lava in unwahrscheinlich bizarren Formen erstarrt ist. Die Stadt ist tot, ohne jeden Laut. In einzelnen Stadtteilen verglimmen die Brände, einer der größten irgendwo in der Umgebung des Reichstages dient als Orientierungspunkt. Nur der Widerschein des Feuers bringt die Vorstellung zurück, daß hier eine Stadt ist und keine Phantasmagorie, die im entzündeten Gehirn eines Menschen unverständliche Gesetze der Natur widerspiegelt. Auch bei Tage ist Berlin nicht zu erkennen, es ist noch mehr verkümmert. Seine gradlinigen Straßen und die Plätze sind unpassierbar : Überall sind Bombentrichter und Steintrümmer von den umliegen-
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den Häusern. Gerbgrauer Staub bedeckt die Ruinen und vergiftet die Luft. In der zerstörten Residenz von Hitler, der Reichskanzlei, herrscht - mit den Worten der Bibel gesprochen - ein Tohuwabohu. Die gleiche wüste Leere herrscht in der Wilhelmstraße, im Amt Ribbentrops und in den anderen Regierungsgebäuden, darunter auch im Generalstab. Wo ist Hitler - der "Führer und Reichskanzler des deutschen Volkes und Oberbefehlshaber der Wehrmacht des Deutschen Reiches" ? M a n sagt, er habe Selbstmord begangen und sei verbrannt worden; man hat die Leichen einiger seiner Doppelgänger gefunden. Wo ist Goebbels, der Kommissar Berlins ? Auch er hat Selbstmord begangen. Göring, Bormann, Himmler, Jodl, Keitel - alle sind feige geflohen. So geht das größte Verbrechen des Jahrhunderts zu Ende. Shakespeare hat Recht: "Wer Böses tut, kommt im Bösen um".
Berlin, 5« Mai 1945 Heute mittag wurde aus den Kellern des Reichstages die deutschfaschistische Garnison, die schon früher kapituliert hatte und entwaffnet worden war, herausgeführt. Vor 12 Jahren haben in diesem Keller faschistische Provokateure einen Brand gelegt, der nach ihren Plänen ein Signal zum Kampf gegen den Kommunismus und gegen die demokratischen Kräfte und Traditionen des deutschen Volkes werden sollte. Die Fackelträger des Krieges begannen mit einer Brandstiftung in diesem Keller, aber schon damals träumten sie davon, ganz Europa und die ganze Welt in Brand zu setzen. Man mußte nicht nur ein tiefes Verständnis für den Sinn der historischen Ereignisse, sondern auch ein Gefühl der Verantwortung gegenüber der Zukunft haben, um in den Händen der Gestapo öffentlich diese Anklage seinem Ankläger ins Gesicht zu schleudern. Das tat Georgia Dimitroff. Nur im Gestank des Feuers, in der Atmosphäre von Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit bis zu den ungeheuerlichsten Ausmaßen konnte Hitlerdeutschland versuchen, seine Herrschaft aufzurichten. Und vor drei Tagen hat die Hauptstadt des Hitlerstaates kapituliert, und die letzten Fackelträger des Krieges- mußten sich in diesen Kellern verkriechen, um ihr Leben zu retten. Im System der Hitlerdiktatur hat der Reichstag faktisch ' keine Bedeutung gehabt, sein gewaltiges altes Gebäude wurde nach der Brandstiftung nicht wiederhergestellt. Aber diese Brandstiftung
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wurde zum Symbol der faschistischen Politik, und das Sowjetbanner, das auf dem Reichstagsgebäude im Zentrum Berlins aufgepflanzt wurde, ist Symbol des Sieges über die Kräfte der schwarzen Reaktion, des Faschismus und des Aggressionskrieges. Die Schlacht um Berlin war eine schwere Schlacht. Nicht nur die deutschen Kommandostellen und Offiziere, sondern auch die Soldaten leisteten bis zuletzt erbitterten Widerstand, obwohl sie natürlich begreifen mußten, daß ihre Lage eindeutig hoffnungslos isto Worauf hofften Sie ? Standen sie unter dem Bann der auf Befehl von Goebbels überall angeklebten losungens "Berlin bleibt deutsch" oder sogar:"Berlin siegt" ? Oder glaubten sie an die ihnen versprochene Hilfe jener Truppenteile, die von der Westfront abgezogen werden sollten, um nach Osten geworfen zu werden ? An eine wirksame Unterstützung durch den Volkssturm konnten sie nicht glauben, hier waren •Hjährige Berliner Jungen eilig in eine graue Uniform mit militärischem Schnitt gesteckt worden. Insgesamt muß man anerkennen, daß der Reflex willenlosen Gehorsams und preußisch-deutscher Militärdisziplin, der vom Militarismus durch Jahrhunderte herausgearbeitet und durch die Angst vor dem Strafapparat noch verstärkt wurde, in der faschistischen Armee einwandfrei arbeitete. Aber worauf hofften die faschistischen Regierungsstellen und das deutsche Oberkommando ? Das rasche Vordringen der Roten Armee, die Berlin eingeschlossen hatte und in die Stadt eindrang, das Vordringen der verbündeten Armeen auf dem Territorium Deutschlands mußte doch der Oberschicht in Hitlerdeutschland klar werden lassen, daß sie, nachdem sie alle denkbaren und undenkbaren Greuel über die Völker Europas und über das eigene Volk gebracht hatten, den Krieg verspielt hatten - endgültig und ohne Widerrede. Und doch zeigten sie durch die Fortsetzung des Widerstandes bis zum Ende, daß sie nicht gewillt waren, von der Szene abzutreten, die bereits mit dem Blut der Völker gefärbt ist. Worauf hoffte Hitler, der nach Berichten gefangener deutscher Generale sich am 30« April erschoß, d.h. dann, als sowjetische Einheiten bereits bis zu seiner unterirdischen Höhle vorgedrungen waren ? Worauf hofft sein Nachfolger, der Großadmiral Dönitz, der irgendwo in Schleswig sitzt und noch immer nicht den Kampf aufgibt, obwohl Berlin schon vor drei Tagen kapituliert hat ? Es wird die Zeit kommen, in der die Welt es erfährt. Der Historiker wird alles oder vieles von dem erfassen, was vorging und vorgeht unter den faschistischen Machthabern in diesen entscheidenden
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Früh jährstagen des Zusammenbruchs Nazideutschlands. Aber schon heute kann eine Beobachtung der Ätherwellen, vor allem In den letzten Wochen, meiner Meinung nach einige Vorstellungen geben von den politisch-strategischen Spekulationen Hitlers und möglicherweise auch des Stabes von Dönitz. Diese Beobachtungen führen zu der Schlußfolgerung, daß in der Presse der verbündeten Länder und auch in ihrer Radiopropaganda so etwas wie eine politische Schlacht über eine längst vereinbarte Frage - die bedingungslose Kapitulation Deutschlands - begonnen hat und sich offensichtlich weiter verstärkt. Ausgehend von den Lebensinteressen und dem zukünftigen Frieden.hatte F. Roosevelt schon 194-3 bei der Konferenz in Quebec diese Frage als allgemeine Aufgabe der Antihitlerkoalition aufgeworfen. Die Konferenzen der drei Mächte in Teheran und Jalta haben diese Aufgabe formuliert und bestätigt. Aber jetzt entsteht der Eindruck, daß der unerwartete Tod Roosevelts seine politischen Gegner in den USA und auch in England beflügelt. Sie fordern eine Revision seines Kurses in der Außenpolitik, vor allem gegenüber der Sowjetunion; diese Kreise haben damit offensichtlich Hitler und seiner Clique ernsthafte Ursache dazu gegeben, auf einen Zerfall der Antihitlerkoalition zu rechnen. Jedenfalls wurde auf Grund der deutsch-faschistischen Presse und der Radiopropaganda der Glaube an eine mögliche Verschärfung der Gegensätze unter den Teilnehmerstaaten dieser Koalition zur Uberzeugung, daß sie unvermeidlich zusammenbrechen werde. Es ergibt sich eine seltsame Situation: Je näher auf Grund der militärischen Anstrengungen der Roten Armee und der Armeen der englisch-amerikanischen Verbündeten der Moment der völligen und bedingungslosen Kapitulation Hazideutschlands heranrückt, desto heftiger werden in gewissen Kreisen der USA, Englands und der neutralen Länder politische Argumente gegen die Forderung der bedingungslosen Kapitulation erhoben. Diese Argumente sind im allgemeinen folgende: Die Forderung der bedingungslosen Kapitulation nimmt dem deutschen Volk und der deutschen Armee jegliche Perspektiven, erschreckt sie, führt damit zu einer Verlängerung des Krieges und fordert nutzlose Opfer auf beiden Seiten; der Verzicht auf diese Forderung dagegen von selten der Westmächte würde es begünstigen, eine Atmosphäre zu schaffen, die es den deutschen Machthabern gestattet, in Verhandlungen über die Friedensbedingungen einzutreten; deshalb sei das Abgehen von der Forderung der bedingungslosen Kapitulation von einer vernünftigen Politik der Beendigung des Krieges im Interesse der Humanität bestimmt.
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Falsche Voraussetzungen und falsche Schlußfolgerungen I Natürlich versuchen Hitler und seine politische sowie militärische Clique das deutsche Volk in Schrecken zu setzen und es davon zu überzeugen, daß das Schicksal des Volkes eng mit dem Schicksal der Naziarmee und des Nazistaates verflochten sei; und man muß zugeben, daß unter den Bedingungen der unverhüllten nationalistischen Propaganda und des ebenso unverhüllten Terrors die faschistischen Bemühungen in dieser Hinsicht ihre Wirkung zeigen. Aber gerade deshalb haben andere Faktoren eine unvergleichlich größere Bedeutung. Die Kapitulation der 6. Armee an der Wolga, die Kapitulation großer militärischer Verbände im Raum von Budapest und an anderen Orten, schließlich die völlige bedingungslose Kapitulation der deutschen Truppen in Berlin erfolgten nicht deshalb, weil den Konmandostellen irgendwelche Perspektiven eröffnet wurden, sondern im Gegenteil, weil sie keinen anderen Ausweg mehr hatten. Die Forderung der bedingungslosen Kapitulation ist keine Forderung, die von Rache diktiert ist. Von Anfang an sah sie vor, daß es notwendig ist, Hitlerdeutschland in eine solche läge zu bringen, daß jedem Deutschen, Soldat wie Zivilist, klar wird : Der Hitlerstaat, Nazismus und Militarismus müssen vernichtet werden im Interesse aller Völker, auch des deutschen Volkes. Darin, und nur darin eröffnet sich für das deutsche Volk eine neue historische Perspektive. Nur eine solche Politik ist vernünftig und zutiefst human, wenn man sie von der Position der Zukunft aus betrachtet. Aber gerade das wollen offensichtlich die "Mächtigen dieser Welt" in Deutschland vermeiden, und sie hoffen noch immer, daß es ihnen gelingt, bevor sie ins Nichts absteigen müssen. Die einen hoffen offensichtlich, daß die Frage nach dem Schicksal Deutschlands Uneinigkeit im Lager der Antihitlerkoalition hervorruft. Andere hegen möglicherweise Gedanken an einen Separatfrieden mit den USA und mit England unter der Bedingung, den Krieg gegen die Sowjetunion weiterzuführen. Leider kann man nicht behaupten, daß diese Pläne ohne jede reale Grundlage seien. Erinnert sei daran, daß Ende April (wohl am 26.) ein Korrespondent des "Daily Mirror" aus San Francisco nicht ohne Befriedigung mitteilte, daß einflußreiche Kreise in England und in den USA "mit Manipulationen begonnen haben, um ein starkes Nachkriegsdeutschland als Bastion gegen die Sowjetunion zu schaffen". U n d das ist bei weitem keine isolierte Mitteilung. In diesem Zusammenhang muß die Meldung in der ausländischen Presse beachtet werden, daß in den letzten April-
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tagen der Vorsitzende des Schwedischen Roten Kreuzes,Graf Bernadotte,als Mitteismami zwischen einem Vertreter der Hitlerregierung und Vertretern der herrschenden Kreise in den USA und in England aufgetreten ist. Hitler lebt nicht mehr, aber seine Generale sind geblieben. Wer weiß, vielleicht erklärt sich die Verzögerung der allgemeinen Kapitulation dadurch, daß ähnliche Versuche über andere Kanäle unternommen werden.
Berlin, 9. Mai Die ganze Welt hat diesen Tag erwartet. Und jetzt ist er gekommen: Der Tag des Sieges, der Tag der Hoffnung. Der zielstrebige Wille unseres Volkes und der anderen Völker der Antihitlerkoalition erwies sich als stärker als diplomatische Intrigen der Hitlergenerale und Admirale, die hinter den Kulissen eine Vereinbarung mit den herrschenden Kreisen im Westen suchten... Gestern hat die Bevölkerung Berlins, das mit den Fahnen der verbündeten Mächte geschmückt ist, beim Betreten der Straßen unklar begriffen, daß in dieser halbzerstörten Hauptstadt des zerstörten Hitlerreiches irgendetwas vorgehen soll. Etwa gegen Mittag landeten auf dem Flughafen Tempelhof die Vertreter des Oberkommandierenden der verbündeten Expeditionsstreitkräfte in Europa, D. Eisenhowers, der Hauptmarschall der englischen Luftflotte Tedder und der Kommandeur der strategischen Luftstreitkräfte der USA, General Spaatz. Im Namen des sowjetischen Oberkommandos wurden sie von den Generalen V.D. Sokolovskij, U.E. Bersarin, S.I. Rudenko, P.E. Bokov und anderen begrüßt. Der Vertreter der französischen Armee ist aus irgendwelchen Gründen noch nicht erschienen. Bald darauf landete in Tempelhof noch eine Maschine, aus der Feldmarschall Keitel, Admiral Friedeburg und Generaloberst der Luftwaffe Stumpf in Begleitung ihrer Adjutanten stiegen. Dann schritt Keitel, den Marschallstab in den Händen, voran und sah unwillkürlich nach rechts, wo unter den Klängen eines Militärorchesters die Begrüßungszeremonie für die Vertreter des verbündeten Oberkommandos stattfand. Hinter Keitel schritten seine Begleiter. Sie sahen aus wie geschnappte Mörder oder wie Selbstmordkandidaten.
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Im Laufe des Tages kam mit einer eigenen Maschine der Oberkommandierende der französischen Armee, General Lattre de Tassigny. Am späten Abend wurde, fast zur Mitternacht, nach quälenden, aber doch frohen Erwartungen der Geladenen in Karlshorst, im grauen Gebäude der ehemaligen Kriegsingenieurschule das Zeremoniell der Unterzeichnung des "Aktes der militärischen Kapitulation" durch die Vertreter des deutschen Oberkommandos durchgeführt« Hitler hatte einmal,von seinen nicht aufzuhaltenden Plänen nach Eroberung der Vorherrschaft in Europa und in der ganzen Welt besessen, erklärt : "Und selbst wenn wir diese Eroberungen nicht realisieren können, werden wir gemeinsam die halbe Welt zerstören... Wir kapitulieren nicht". Die apokalyptischen Prophetien Hitlers wurden von den Hoffnungen des deutschen Imperialismus und Militarismus, von seinen Politikern und Ideologen, nicht gerechtfertigt. Tatsächlich hatte der deutsche Militarismus die halbe Welt zerstört und Deutschland in einen unvorstellbaren Zusammenbruch geführt, aber der Kapitulation, und noch dazu der bedingungslosen Kapitulation zu entgehen, gelang ihm nicht. Nur in einer Hinsicht hatte Hitler recht : 19^5 war keine Wiederholung des Jahres 1918. Die Tatsache, daß der historische Akt der Unterzeichnung der Kapitulation dieses Mal nicht in Compi^gne oder in einem anderen Ort außerhalb der Grenzen Deutschlands, sondern im Zentrum Deutschlands selbst, in seiner historischen Hauptstadt Berlin stattfand, symbolisiert gewissermaßen die Tiefe des Zusammenbruchs des deutschen Imperialismus und Militarismus, seiner faschistischen Spielart, seiner Ideologie des Krieges und der Aggression. Die Kapitulation des kaiserlichen Deutschlands 1918 wurde nicht von General Ludendorff, sondern vom Reichstagsabgeordneten Erzberger unterzeichnet, außerdem nur gegenüber den kapitalistischen Westmächten. Dieses Mal mußte zur Unterzeichnung der bedingungslosen Kapitulation Feldmarschall Keitel "selbst" und andere Vertreter des deutschen Militarismus in Berlin erscheinen. Den entscheidenden Beitrag zum Sieg über den deutsch-faschistischen Imperialismus leistete die Sowjetunion, und das hat welthistorische Bedeutung, nicht nur in rein militärischer, sondern auch in moralisch-politischer Hinsicht. Die Kapitulation Hitlerdeutschlands ist ein Sieg, an dem alle Völker aufs tiefste interessiert sind, die für den Sieg der Ideen der nationalen Freiheit, die Ideen des Friedens und der Demokratie kämpfen...
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Als der den Vorsitz führende Marschall der Sowjetunion G.K. Zukov den Befehl gibt, die deutsche Delegation hereinzuführen, herrscht im Saal tiefe Stille. Beim Eintritt hebt Keitel seinen Marschallstab und spürt dabei wahrscheinlich selbst das Unnütze dieser Geste der letzten Geste des nazistischen Militarismus, der schon zerschlagen und von der Geschichte verurteilt ist und vollständig vernichtet werden soll. Keitel war offensichtlich nervös (sein Monokel fiel ihm mehrfach aus dem Auge), aber er bemühte sich doch, eine gewisse Rolle zu spielen, wenn auch nur sich selbst gegenüber. Vor der Unterzeichnung versuchte er, irgendetwas zu sagen. Aber was konnte dieser Kriegsverbrecher in dem Augenblick erklären, in dem mit Hilfe der Völker die Geschichte nach der außerordentlich schweren und so blutigen Tragödie den Vorhang hatte fallen lassen, in die der Paschismus die Menschheit gestürzt hatte ? Versuchte er beim Abgang von der Szene die Untaten des deutschen Imperialismus zu rechtfertigen, wollte er die hitlersche Variante der alten militaristischen Legende von der "Einkreisung Deutschlands" und der Kotwendigkeit eines "Präventivkrieges" wiederholen ? Oder wollte er vielleicht in neuer Form die alte militaristische Legende vom "Dolchstoß in den Rücken" der deutschen Armee erneuern ? Oder verbarg er unter der weißen Flagge der Kapitulation den Aufruf zu Revanche zur Belehrung desjenigen, der in der Zukunft einen geeigneten Augenblick abwarten soll, um erneut das militaristische Banner zu erheben und einen neuen Krieg vorzubereiten ? Die Rede blieb ungesprochen, denn die Geschichte hatte ihren Urteilsspruch bereits gefällt. Nachdem sie ihre Vollmachten vorgelegt hatten, gingen Keitel, Friedeburg und Stumpff der Reihe nach an den Tisch, um ihre Unterschrift unter den Akt der Kapitulation zu setzen. "Wir Endesunterzeichneten", lautet der erste Punkt dieses Dokuments, "die wir im Hamen des deutschen Oberkommandos handeln, erklären die bedingungslose Kapitulation aller unserer Streitkräfte zu Lande, zu Wasser und in der Luft sowie aller übrigen Streitkräfte, die zur Zeit unter deutschem Befehl stehen, vor dem Oberkommando der Roten Armee und gleichzeitig vor dem Oberkommando der Alliierten Expeditionsstreitkräfte." Der letzte Punkt sieht vor, daß im Falle der Nichterfüllung dieses Aktes "Straftaaßnahmen oder andere Handlungen" durchgeführt werden, die für nötig gehalten werden. "Straftaaßnahmen" ... die zur Unterschrift unter diese Worte gezwungenen Vertreter des deutschen Militarismus waren damit gezwungen, das Verbrecherische ihrer Aktionen zuzugeben. Aber ihre Hand-
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lungen waren von Anfang an verbrecherisch. Zeuge dessen sind alle Soldaten, Offiziere und Generale der Sowjetarmee, die den Hauptschlag der deutsch-faschistischen Militärmaschinerie auf sich nahmen, die diese Maschinerie aufhielten und zerbrachen. Hier, in diesem Saal, ist General V.l. Cujkow anwesend, dessen Truppen von den Ufern der Wolga den Weg bis zur Spree zurückgelegt haben. Alle, die Hitlerdeutschland zur Kapitulation gezwungen haben, sind unsichtbar hier zugegen. In diesem kleinen Saal konzentrieren sich gewissermaßen die gewaltigen heroischen und schweren Anstrengungen des Sowjetvolkes, aller anderen großen und kleinen Völker, die sich zum Kampf gegen die deutsch-faschistische Tyrannei erhoben haben. Hierher sind alle Kämpfer, alle Partisanen gekommen, diejenigen, die leben, und auch die, die ihr Leben für die gerechte Sache hingaben, es sind Kommunisten und Nicht-Kommunisten gekommen, die ganze gewaltige Armee des Volkswiderstandes, vielfältig, aus verschiedenen Nationalitäten zusammenfließend in einen Strom. Hierher sind Millionen Menschen gekommen, Männer und Frauen, Lebende, Erschossene und Erdrosselte aus den Konzentrationslagern, die wie die Pest den Körper Europas bedeckten; es sind auch die Kinder gekommen, die in den Gaskammern umkamen, die in den Öfen von Maidanek upd Auschwitz verbrannt, die in jeder Stadt und in jedem Dorf, das von den Faschisten erobert wurde, erschossen wurden. Alle, die kämpften, alle, die durch ihren Tod den Willen und das Gewissen der Lebenden festigten, alle gaben ihren wertvollen, einmaligen Anteil zu den allgemeinen Anstrengungen zur Vernichtung des Feindes, sie alle zwangen die militaristischen Vertreter des faschistischen Reiches dazu, hier in diesem Saal zu erscheinen, ihren Zusammenbruch anzuerkennen und in das politische Nichts zu verschwinden. Zum ersten Male seit vielen Jahren war die Luft vom faschistischen Gestank, der von Nazideutschland ausging, befreit... Ab heute ist die Liquidierung der Grundlagen des deutschen Militarismus und Faschismus eine politische und moralische Aufgabe. A n ihrer Lösung sind nicht nur die Völker interessiert, die zum Opfer der deutschen imperialistischen Aggression geworden und dagegen mit der Waffe in der Hand aufgestanden sind, sondern auch die fortschrittlichen, demokratischen Kräfte des deutschen Volkes, die viele Jahre lang in den faschistischen Todeslagern gequält und systematisch ausgerottet wurden oder in der Emigration und der Illegalität einen schweren Kampf gegen die Diktatur in Deutschland führten. Davon, wie weit diese Aufgabe in der Praxis gelöst wird, hängt
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das v/eitere Schicksal des deutschen Volkes und weitgehend auch die Zukunft Europas ab. Heute geben wir uns der Freude des Sieges hin, aber morgen muß man über die Struktur der Welt nachdenken - der wichtigsten Bedingung des Aufbaus. Man kann verschiedene Ansichten über die Zukunft haben, aber eines ist unabdinglich: Der deutsche Militarismus hat in der Struktur der Welt keinen Platz.
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Die Wesenszüge der sowjetischen Strategie in der Endphase des Großen Vaterländischen Krieges
Die sowjetische Strategie ließ sich im Großen Vaterländischen Krieg von den politischen Zielen leiten, die die Kommunistische Partei und die Sowjetregierung gewiesen hatten. Die Hauptziele waren s die Vertreibung der Okkupanten aus den von ihnen besetzten Gebieten der Sowjetunion, die Zerschlagung des faschistischen deutschen Heeres und des Hitlerstaates, Unterstützung der Völker Europas, darunter des deutschen Volkes selbst, bei ihrer Befreiung vom faschistischen Joch. Diese Ziele wurden in der dritten und letzten Phase des Krieges (1944 - Mai 1945) erreicht. -In der dritten Phase des Krieges führten die sowjetischen Streitkräfte an der ganzen Front eine Offensive durch, sowohl in Form von einzelnen aufeinanderfolgenden Angriffen als auch in Form von konzentrierten, riesigen Angriffsoperationen. Die zunehmende technische Überlegenheit und schließlich die uneingeschränkte strategische Initiative sowie die Beherrschung des Luftraumes durch die sowjetische Luftflotte boten die Möglichkeit, dem Gegner kolossale Schläge zu versetzen, deren Wucht laufend zunahm. Nach den Siegen in der zweiten Hälfte des Jahres 1943 in der Schlacht bei Kursk und beim Durchbruch der Verteidigungslinien des Gegners am Dnepr und Sosh gingen die sowjetischen Truppen vom 24. Dezember an erneut zur Offensive im ukrainischen Gebiet rechts des Dneprs über. Im Januar 1944 weitete sich die Offensive auch auf die Hordflanke der Front aus. All das führte zur endgültigen Befreiung der Ukraine, zur völligen Beseitigung der Blockade Leningrads, zur Befreiung des Gebiets Leningrad, der Krim und anderer Gebiete der Sowjetunion. Hoch breiter entfaltete sich die Offensive der sowjetischen Truppen im Sommer 1944 und im Winter 1945, als sie die gesamte strategische Front umfaßte. In der dritten Phase des Krieges wandelt sich auch der Charakter der Kriegshandlungen der mit der UdSSR durch die Antihitler-Koalition
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verbündeten Staaten. Nach der Landung der anglo-amerlkani sehen Truppen in Nordfrankreich im Juni 1944 wird schließlich, w e n n auch mit großer Verzögerung, die zweite Front in Europa errichtet. Seit dieser Zeit besteht die Möglichkeit eines effektiveren strategischen Zusammenwirkens der sowjetischen und der anglo-amerikaMsohen Streitkräfte. Die Lage des faschistischen Deutschlands verschlechtert sich durch den Verlust der besetzten Gebiete Belgiens und Frankreichs. Die Existenz der zweiten Front beschleunigt die Niederlage Deutschlands, obwohl die sowjetischen Streitkräfte bei seiner Niederwerfung bis zum Ende des Krieges weiterhin die Hauptrolle spielen. Der Hitlersche Block zerfällt endgültig s Rumänien und Bulgarien, ehemalige Verbündete des faschistischen Deutschlands, wenden ihre Waffen gegen Deutschland. All das führt zu tiefgreifenden Veränderungen in der internationalen Situation und in der internationalen Lage der Sowjetunion, ihre Autorität als Befreierin der Völker vom faschistischen Joch wächst stark. Weitere grundlegende Veränderungen vollziehen sich auch in der Kriegswirtschaft der kämpfenden Länder. Während die Wirtschaft des faschistischen Deutschland seit Juli 1944 rapide zu schrumpfen beginnt, wächst die wirtschaftliche Macht der Sowjetunion und der gesamten Antihitler-Koalition weiter an. So betrug die Roheisengewinnung in der UdSSR 1944 150,2 % gegenüber 1942, bei Stahl 134,6 % und bei Walzstahl 135 Auf dieser Grundlage erreichte die durchschnittliche monatliche Flugzeugproduktion 1944 440 Prozent des Niveaus von 1941 und 1945 (Januar - Mai) 500 Prozent; auch die Produktion von Panzern, stieg auf das Fünffache, und die Stärke einer Artilleriesalve aller Kaliber wuchs im Vergleich zu 1941 auf das Dreifache. Die dritte Phase des Krieges endete mit dem vollen Sieg der Sowjetunion und der gesamten Antihitler-Koalition über das faschistische Deutschland und seine Verbündeten in Europa. Bei der Bewertung dieses Sieges darf man nicht außer acht lassen, daß er über den damals mächtigsten imperialistischen Staat der Welt errungen wurde. Die Hitlerfaschisten hatten eine ausgezeichnet funktionierende Kriegsmaschine geschaffen, die ihnen noch bis zuletzt diente. U n d die Tatsache, daß diese Maschine im wesentlichen im Zweikampf mit den sowjetischen Streitkräften zerschlagen wurde, ist ein unwiderlegbarer Beweis für die Unterlegenheit der militärischen Organisation und Strategie der Faschisten.
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In der 'bürgerlichen Literatur über die Geschichte des zweiten Weltkrieges hat die verlogene These Platz gegriffen, daß der militärische Sieg der UdSSR nur dank der zahlenmäßigen Überlegenheit der sowjetischen Streitkräfte über die faschistischen deutschen Kräfte errungen worden sei.1 Besonders eifrig suchen die ehemaligen Hitlergenerale unter den westdeutschen Militärhistorikern diese These zu begründen - K. Tippeiskirch, E. Manstein, G. Blumentritt und andere. In Wirklichkeit war die Sowjetarmee während der ganzen ersten Phase des Großen Vaterländischen Krieges, bis der grundlegende U m schwung (November 191-2) begann, dem Gegner im PurchschrH tt an Kräften und Kampfmitteln unterlegen oder hielt ihm bestenfalls das Gleichgewicht. Die große Gegenoffensive an der Wolga, die zur vernichtenden Niederlage der deutschen faschistischen Armee führte, zur Zerschlagung und Gefangennahme ihrer Hauptgruppierung im Raum Stalingrad, begann unter den Bedingungen eines völligen Gleichgewichts der Kräfte beider Seiten. Erst seit Sommer 1943, nach der historischen Schlacht bei Kursk, geht die Überlegenheit an Kräften fest in die Hände des sowjetischen Kommandos über. Besonders aufschlußreich für die Gegenüberstellung konkreter Ziffern ist der Sommer 1944 - der Zeitpunkt des Beginns der grandiosen Offensive der sowjetischen Streitkräfte - , der mit der Vertreibung der E r oberer vom sowjetischen Territorium und mit der Verlagerung der Kampfhandlungen auf das Gebiet der besetzten Länder Ost- und Südosteuropas endete. Zu diesem Zeitpunkt, Ende Juni 1944, war das allgemeine Kräfteverhältnis an der sowjetisch-deutschen Front folgendes : Sowjetarmee dtsch-fasch.Armee Truppenstärke 6 425 4 005 (Tausend Mann) Panzer und Artillerie auf Selbstfahrlafetten (Tausend Stck.) 7,8 5,2 Geschütze und Granatwerfer (ab 75 mm, Tausend Stck.) 92,5 48,6 Kampfflugzeuge (Tausend Stck.) 13,4 2,8 E i n solches Übergewicht der Kräfte kann man nicht als erdrückend bezeichnen, ausgenommen die Luftflotte (bei der sich das Verhältnis übrigens im Verlauf der Operationen schnell änderte, da der Gegner Lufteinheiten aus dem Inneren des Landes verlagerte). Wohlgemerkt, so sah das Kräfteverhältnis nach der Landung der anglo-amerikanischen Truppen in Frankreich aus, d.h. zu einem Zeitpunkt, da die
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deutschen faschistischen Truppen durch die Westfront am stärksten in Anspruch genommen waren. Später, bis zum Ende des Krieges, änderte sich das Kräfteverhältnis ständig zugunsten der sowjetischen Truppen, und bei den letzten Operationen 194-5 verfügten sie über das Doppelte an Menschen, das Dreifache an Panzern und Artillerie auf Selbstfahrlafetten, das Vierfache an Artillerie und Granatwerfern und das Achtfache an Flugzeugen. Jedoch wurde diese Überlegenheit dank den Siegen der Sowjetarmee erlangt, die die Truppen des Gegners ununterbrochen schlug I Die sowjetische Kriegskunst, die sich auf die unerschöpflichen Lebenskräfte des Volkes und auf die hochentwickelte Kriegswirtschaft des sozialistischen Landes stützte, bewirkte den Umschwung im Kräfteverhältnis und das weitere Anwachsen der Kräfte. Die Hauptlast des Kampfes gegen Hitlerdeutschland trugen in der dritten Phase des Krieges, wie schon vorher, die sowjetischen Streitkräfte. Die Hitlerschen Eroberer führten einen Zweifrontenkrieg, sie wußten aber genau, daß ihr Hauptgegner die UdSSR war. Deshalb beließ die deutsche Heeresleitung die Hauptkräfte ihrer Truppen an der sowjetisch-deutschen Front. Somit hatten das faschistische Deutschland und seine Verbündeten Anfang 1944 236 Divisionen und 18 Brigaden im Osten, in Westeuropa und auf dem Balkan hingegen nur 102 Divisionen und 3 Brigaden. Anfang 1945 hatte der Gegner an der Ostfront 185 Divisionen und 4 Brigaden. An der Ostfront erlitt die faschistische deutsche Armee auch die meisten Verluste. Während der Winterkampagne 1944 rieb die Sowjetarmee 172 Divisionen und 7 Brigaden des Gegners auf, davon wurden 30 Divisionen und 6 Brigaden völlig vernichtet. Noch vernichtendere Schläge erlitten die Truppen des Gegners in den Offensiven Sommer-Herbst desselben Jahres. Im Verlauf dieser Offensiven wurden 314- Divisionen und 47 Brigaden aufgerieben, davon 96 Divisionen und 24 Brigaden völlig vernichtet oder gefangengenommen.^ Somit wurden in zwei Kampagnen 126 Divisionen und 30 Brigaden 4 völlig vernichtet oder gefangengenommen. Die Verluste des Gegners an der sowjetisch-deutschen Front betrugen im Jahre 1944 2,6 Millionen Menschen, 48 000 Geschütze und Granatwerfer, 15 100 Panzer und Sturmgeschütze und 17 000 Flugzeuge. Zu diesen Verlusten schreibt General S. Westphal : "Im Sommer und Herbst 1944 erlitt das deutsche Heer die in seiner Geschichte größte Niederlage, vernichtender als bei Stalingrad ... Jetzt glitt Deutschland unaufhaltsam in den Abgrund."-'
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In der Schlußoffensive in Europa 1945 maßte die Sowjetarmee 2 3 7 Divisionen und 28 Brigaden überwinden.^ In dieser Kampagne vernichtete die Sowjetarmee 98 Divisionen des Gegners und nahm 56 Divisionen gefangen. Außerdem ergaben sich 93 Divisionen im Zusammenhang mit der bedingungslosen Kapitulation Deutschlands. Die deutsche faschistische Armee verlor vom 1. Januar bis 15« Mai 1945 an der sowjetisch-deutschen Front mehr als eine Million an Toten. Die Sowjetarmee erbeutete mehr als 12 000 Panzer und Sturmgeschütze, etwa 30 000 Feldgeschütze und 6 000 Flugzeuge.^
Das günstige allgemeine Kräfteverhältnis gestattete der sowjetischen Armeeführung, ein erdrückendes Übergewicht für die Hauptschläge besonders an den Durchbruchstellen zu schaffen. Und das Ubergewicht an den wichtigsten Abschnitten zu erlangen, ist ein Grundprinzip der Kriegskunst. Die deutsche faschistische Armee erzielte 194-1/42 ebenfalls Erfolge an der sowjetisch-deutschen Front, weil sie ein allgemeines Übergewicht an Menschen und Kriegstechnik besaß und ihre Kräfte an den Hauptabschnitten um ein Vielfaches stärker waren. 1943 und besonders 1944 gingen der Hitlerschen Heeresleitung diese Möglichkeiten verloren, weil ihre Truppen erschöpft waren und die Sowjetarmee unermeßlich stärker wurde als zu Beginn des Krieges. Viele westeuropäische und amerikanische Militärwissenschaftler umgehen die Frage, warum das deutsche faschistische Heer im Kampf gegen die Sowjetarmee seine einstige Überlegenheit an Kräften einbüßte. Eine objektive Analyse der Änderung des Kräfteverhältnisses führt unweigerlich zur Anerkennung der unbestreitbaren Tatsache, daß die Sowjetarmee, die schwere Prüfungen bestehen mußte, den Gegner an Truppenstärke und Kriegstechnik nur übertreffen konnte, weil sie sich auf die unerschöpflichen Kräfte des Sowjetvolkes stützte, auf die Überlegenheit der sowjetischen Gesellschaft und der staatlichen Ordnung. Das Zentralkomitee der Kommunistischen Partei und die Sowjetregierung nutzten auch in der dritten Phase des Großen Vaterländischen Krieges maximal alle materiellen, moralischen und militärischen Möglichkeiten des sozialistischen Staates zur Erringung des Sieges. Die besondere Aufmerksamkeit der Partei und des Staates galt der weiteren Vervollkommnung der Kriegstechnik. Die sowjetische Kriegswirtschaft errang in dieser Phase des Krieges gewaltige Erfolge. Das faschistische Deutschland konnte zwar auch 1944 seine Kriegsproduktion noch etwas erhöhen, durch den Verlust der Rohstoffquellen und Produktionskapazitäten der besetzten Länder verringerten sich
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jedoch, seine Wirtschaftliehen Möglichkeiten stark. Die Sowjetunion verfügte trotz der großen Kriegsopfer im Vergleich zum faschistischen Deutschland auch über größere Menschenreserven, die nach der Befreiung der vom Feind besetzten Gebiete bedeutend wuchsen. Die UdSSR war in der Lage, nicht nür die Verluste auszugleichen, sondern sie konnte die Kampfkraft ihrer Armee ständig verstärken. Anfang 1945 erreichte die Ausrüstung der Sowjetarmee mit Kriegstechnik, Waffen und Munition den höchsten Stand der ganzen Kriegszeit. Das Q ist aus der folgenden Tabelle klar ersichtlich. Zahlenmäßige Stärke und Ausrüstung der Roten Armee (in Prozenten) Zeit
Menschen
Geschütze u. Granatwerfer
Panzer
Kampfflugzeuge
Zu Beginn der 2. Phase des Krieges (19.November 194-2)
100
100
100
100
Zu Beginn der 3« Phase des Kiieges (I.Jan. 1944)
111
180
133
200
112
217
250
343
Zu Beginn der Schlußkampagne in Buropa (1. Jan. 1945)
Das Anwachsen der Macht der sowjetischen Streitkräfte, die Verbesserung ihrer technischen Ausrüstung, die hohe Kampfmoral aller ihrer Angehörigen gestatteten der sowjetischen Armeeführung, den Truppen 1944/45 unvergleichlich höhere Ziele zu stellen als in den vorangegangenen Jahren. Die Offensive der sowjetischen Truppen umfaßte in diesen Jahren die gesamte sowjetisch-deutsche Front. In den Offensiven der dritten Phase des Krieges schwankte die länge der Front während einer strategischen Offensive zwischen 1000 und 2000 Kilometern und der Vormarsch der Truppen betrug 500 bis 1100 Kilometer. A n einer Offensive waren gleichzeitig 4 bis 10 Fronten beteiligt. Die Landstreitkräfte erhielten die Unterstützung von den Luftstreitkräften, der Kriegsflotte, den Luftabwehreinheiten und den Partisanen. Es vergrößerte sich auch die Reichweite der strategischen Angriffsoperationen. Die mächtigen Operationen umfaßten 400 bis 1000
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Kilometer Frontlänge und wirkten 300 - 600 Kilometer in die Tiefe. So umfaßte die Operation von Lwow-Sandomierz (Juli/August 1944) 300 Kilometer Frontlänge und 300 Kilometer Tiefe und die Belorussische Operation (Juni/Juli 1944) 1000 Kilometer Frontlänge und 550 bis 600 Kilometer Tiefe. Das Ausmaß der Weichsel-Oder-Operation (Januar/Februar 1945) erreichte 500 Kilometer Frontlänge und Tiefe. In diese Operationen wurden in der Regel die Kräfte mehrerer Fronten einbezogen : die Operationen von Jassy-Kischinjow (August 1944) und die Ostpreußische Operation (Januar 1945) wurden mit zwei, die Weichsel-Oder-Operation, die Berliner und die Prager Operation mit drei und die Belorussische mit vier Fronten durchgeführt. Die strategischen Operationen der ersten zwei Phasen des Krieges wurden gewöhnlich auch mit mehreren Fronten durchgeführt, aber in der Schlußphase waren die Fronten ihrer zahlenmäßigen Stärke und ihrer technischen Ausrüstung nach doppelt und sogar dreimal so stark wie die Fronteinheiten der Jahre 1942/1943. In der Weichsel-OderOperation verfügten die Erste Belorussische und die Erste Ukrainische Front zum Beispiel über mehr Kräfte und Kampfmittel als alle vier ukrainischen Fronten zusammen in der Operation in der Westukraine. In der Berliner Operation besaßen die Erste und Zweite Belorussische und die Erste Ukrainische Front mehr Kräfte und Kampfmittel als die vier Fronten (die Erste Baltische und die Erste, Zweite und Dritte Belorussische) in der Belorussischen Operation 1944. Mitunter wurde eine strategische Angriffsoperation auch mit den Truppen nur einer Front durchgeführt (zum Beispiel die bei LwowSandomierz) . Aber für diese große Operation erhielt die Erste Ukrainische Front bedeutende Verstärkung : Sie verfügte über ebenso viele Divisionen wie die Zweite und Dritte Ukrainische Front zusammen und über 50 Prozent mehr Artillerie, Panzer und Flugzeuge als diese beiden Fronten.^ Eine charakteristische Besonderheit der dritten Phase des Großen Vaterländischen Krieges bestand darin, daß die strategische Initiative jetzt völlig in den Händen der sowjetischen Armeeführung lag. Das gab ihr die Möglichkeit, Ort und Zeit für ihre Schläge souverän zu bestimmen, Kräfte und Kampfmittel zur Durchführung der Operationen planmäßig und zielstrebig einzusetzen. In der Kampagne der ersten Hälfte des Jahres 1944 führte die Sowjetarmee den Hauptschlag am linken Flügel der sowjetisch-deutschen Front. Hier, zwischen dem Fluß Pripjat und der Dnepr-Mündung,
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hatte der Gegner 103 Divisionen und 2 Brigaden konzentriert. Die sowjetischen Truppen zerschlugen diese mächtige Gruppierung, befreiten die ukrainischen Gebiete rechts des Dnepr und veränderten damit die strategische Situation am südlichen Abschnitt der sowjetisch-deutschen Front grundlegend. Mit dem Vorstoß der Sowjetarmee bis zu den Karpaten war die südliche Gruppierung des Feindes in zwei Teile zerschnitten, und seine Truppen auf der Krim waren abgeschnitten. Bs entstanden günstige Bedingungen für neue Schläge gegen die faschistischen deutschen Truppen. In den folgenden zwei Offensiven führten unsere Truppen den Hauptschlag im Zentrum der sowjetisch-deutschen Front : im Sommer und Herbst 1944 in Richtung Warschau und im Winter 1945 in Richtung Warschau-Berlin. Durch konsequente Schläge zerschlug die Sowjetarmee die zusammenhängende strategische Front des Gegners in Stücke und nahm den kürzesten Weg nach Berlin. Die vernichtenden Schläge der sowjetischen Truppen ermöglichten die schnelle Befreiung Belorußlands und Polensj sie schufen die Voraussetzungen für die Operationen im Baltikum und auf dem Balkan und führten dann zur Zerschlagung der Berliner Gruppierung des Feindes, was die Faschisten zur Kapitulation zwango Die mächtigen strategischen Operationen der Sowjetarmee hatten entscheidenden Einfluß auf die Kampfhandlungen der verbündeten Truppen. Die Angriffsoperation in Belorußland im Juni/Juli 1944 band bedeutende Reserven des Gegners und half damit den Verbündeten, in der Normandie festen Fuß zu fassen und die folgenden Operationen in Frankreich mit Erfolg durchzuführen. Von noch größerer Bedeutung waren die Angriffsoperationen der sowjetischen Streitkräfte in Ostpreußen und Polen im Januar 1945. Diese Operationen stoppten endgültig die faschistische deutsche Offensive an der Westfront und schufen günstige Bedingungen für die Offensive der Verbündeten am Rhein. In den Offensiven von 1944/45 führte das sowjetische Oberkommando die mächtigsten strategischen Angriffsoperationen der gesamten Kriegszeit durch. Dazu gehören die Belorussische, die WeichselOder-Operation und die Berliner Operation. Für diese Operationen wurden mächtige strategische Gruppierungen zusammengezogen, zu denen 163 bis 193 Divisionen gehörten, 28000 bis 42000 Geschütze und Granatwerfer aller Kaliber, 3000 bis 6000 Panzer und Geschütze' auf Selbstfahrlafetten und 3000 bis 7000 Flugzeuge. 1 0 Gestützt auf die wachsende Macht der Sowjetarmee und ihre großen Reserven, demon-
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strierten die sowjetischen Heerführer, daß sie die Kunst groß angelegter strategischer Operationen beherrschen. In der Schlußphase des Großen Vaterländischen Krieges entfaltete die Sowjetarmee in Europa unter Ausnutzung ihres allgemeinen Übergewichts an Kräften im Januar 191-5 eine Offensive an der ganzen Front, von der Ostsee bis zu den Karpaten. An der Offensive, die durch zwei strategische Operationen eröffnet wurde (Weichsel-Oder•und Ostpreußische Operation), waren die Truppen von fünf Fronten beteiligt. Gleichzeitig setzten sowjetische Truppen die Kämpfe zur Liquidierung der feindlichen Gruppierungen in Budapest fort und bereiteten den Stoß in Richtung Wien vor. Nachdem die wichtigsten Aufgaben der Weichsel-Oder- und der Ostpreußischen Operation gelöst waren, stießen die sowjetischen Truppen nach. Pommern und in Richtung Berlin vor. Allerdings lagen in dieser Offensive Pausen zwischen den einzelnen Operationen. Das war im wesentlichen dadurch bedingt, daß die Weichsel-Oder-Operation bis zu 500 Kilometer in die Tiefe reichte. Es ist ganz offensichtlich, daß nach einem so großen Vormarsch der Truppen die Vorbereitung der neuen Operation zur Einnahme Berlins Zeit brauchte. Sehr viele Angriffsoperationen erforderten gewaltige operativstrategische Umgruppierungen der Truppen. Entsprechend der jeweiligen läge, mußte die sowjetische Armeeführung ganze Fronten völlig umgruppieren. Vor der Berliner Operation zum Beispiel wurden die Truppen der Zweiten Belorussischen Front aus dem Raum Gdynia an den Unterlauf der Oder verlegt. Der gewaltige Umfang der Operationen, die kurzen Pausen dazwischen, erforderten vom sowjetischen Oberkommando eine straffe Organisation des strategischen und operativen Zusammenwirkens der Fronten, rechtzeitige Aufgabenstellung im Verlauf der Offensive, richtige Ausnutzung der strategischen Reserven, schnelle Entscheidung der wichtigen Probleme zur materiellen Sicherung der Operationen. Ausgehend vom Ziel der Offensive, von den vorhandenen Reserven an Menschen und Material, legten das Hauptquartier und der Generalstab die strategischen Ziele der Operationen fest sowie die Art und Weise ihrer Durchführung. Danach wurden die Kriegsräte der Fronten in die Arbeit einbezogen, die dem Hauptquartier ihre Vorstellungen darlegten oder konkrete Pläne der Operationen unterbreiteten. In Übereinstimmung mit diesen Dokumenten der Fronten wurden die Pläne der strategischen Angriffsoperationen endgültig ausgearbeitet und die Operationspläne der Fronten präzisiert.
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Eine wichtige Voraussetzung für den Sieg der großen .Angriffsoperationen der dritten Phase des Krieges waren die Existenz und der kluge Einsatz großer strategischer Reserven. Die sowjetische Armeeführung löste das Problem der Reserven besser als der Gegner, sie setzte die Reserven zielstrebiger und effektiver ein. Bis zur Errichtung der zweiten Front in Europa stellten die deutschen faschistischen Truppen im Westen eine gewisse strategische Reserve der faschistischen Heeresleitung dar. Dorthin wurden die Einheiten abgeschoben, die von den sowjetischen Truppen aufgerieben worden waren, dort wurden sie komplettiert und ihre Kampffähigkeit wiederhergestellt. Viele in Deutschland aufgestellte neue Divisionen wurden nach Frankreich gebracht und dort in kurzer Frist ausgebildet. Danach warf sie die deutsche faschistische Heeresleitung an die sowjetisch-deutsche Front. Angesichts dieser weiten Entfernung waren die Faschisten natürlich nicht in der Lage, mit einem Schlage große Massen dieser Reserven ins Gefecht zu werfen, ja,in der Regel kamen sie zu spät an die sowjetisch-deutsche Front. Die verhältnismäßig kleinen Reserven, die sich unmittelbar an der sowjetisch-deutschen Front befanden, wurden gewöhnlich vereinzelt ins Gefecht geführt, dlvisions- oder korpsweise, was sioh als wenig effektiv erwies, da es bestenfalls die Verluste ausglich, nicht aber zu einem Umschwung in der Lage führte« Das sowjetische Oberkommando hatte ständig große Reserven zu seiner unmittelbaren Verfügung, die es schnell an die wichtigsten strategischen Punkte bringen konnte. Somit konnte es bei strategischen Offensiven mächtige Gruppierungen an den wichtigsten Punkten konzentrieren, konnte die Kraft der Schläge verstärken und die Gegenstöße des Feindes abwehren. So eingesetzt, ermöglichten die Reserven ein schnelles Tempo und eine große Schlagkraft der Offensive. Die strategische Führung der Streitkräfte oblag dem Hauptquartier des Oberkommandos. Es stellte die strategischen Aufgaben, plante die Kampfhandlungen aller Waffengattungen, verteilte die Kräfte und Mittel auf die einzelnen Fronten. Das Hauptquartier war auch der Organisator der strategischen Operationen der Frontgruppen. Zu seiner unmittelbaren Verfügung standen die strategischen Reserven, die es entsprechend den festgelegten Plänen und der Rolle der einen oder anderen Front in der jeweiligen Operation verteilte. Während des ganzen Krieges wurde das Hauptquartier vom Oberkommandierenden J.W. Stalin geleitet. Jedoch sind die vom Hauptquartier
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gefaßten strategischen Beschlüsse nicht das alleinige Ergebnis der schöpferischen Tätigkeit der Person des Oberkommandierenden. A n der Vorbereitung dieser Beschlüsse waren die Befehlshaber und die Kriegsräte der Fronten beteiligt sowie zentrale Militärorgane, auf die sich das Hauptquartier stützte : der Generalstab, Kommandos und Stäbe der Land-, Luft- und Seestreitkräfte wie der einzelnen Waffengattungen, Haupt- und ZentralverwaltUnsen des Volkskommissariats für Verteidigung. A n der Spitze fast aller dieser Organe standen Kriegsräte, die die militärische und politische Führung innehatten. Außerdem wurden die wichtigsten strategischen Vorhaben vom Staatlichen Komitee für Verteidigung und vom Zentralkomitee der Partei geprüft. All das sicherte den ständigen Einfluß der Kommunistischen Partei auf allen Gebieten der strategischen Führung, der Organisation, der Ausbildung und der militärischen Tätigkeit der Truppen. Diese Methode der Planung wurde auch bei der Vorbereitung der Offensive der sowjetischen Truppen am belorussischen Frontabschnitt im Sommer 1944 angewandt. Die Kriegsräte der Fronten (Erste Baltische, Dritte, Zweite und Erste Belorussische) unterbreiteten im Auftrag des Hauptquartiers schon in der ersten Maihälfte ihre Vorschläge zur Belorussischen Operation. Auf Grund dieser Vorschläge und Hinweise arbeiteten das Hauptquartier und der Generalstab den vorläufigen Operationsplan aus. Danach wurde dieser Plan auf einer Beratung im Hauptquartier geprüft , an der die Befehlshaber und Mitglieder der Kriegsräte der obengenannten Fronten teilnahmen. Nach einer allseitigen Beratung wurden das Ziel der Operation und der konkrete Plan zu ihrer Durchführung genau festgelegt. Die Resultate dieser kollektiven schöpferischen Arbeit nahmen dann die Form einer Direktive des Hauptquartiers an. Ebenso aktiv waren die Kriegsräte der Fronten an der Planung der Operationen von Jassy-Kischinjow, der Weiohsel-Oder-Operation, der Ostpreußischen und der Berliner Operation beteiligt. Die Pläne einiger dieser Operationen wurden im Hauptquartier unter Beteiligung der Befehlshaber der Fronten beraten. In den übrigen Fällen erhielten die Kriegsräte die Entwürfe des Generalstabs, dem sie dann ihre eigenen Vorstellungen unterbreiteten. Diese Vorstellungen wurden vom Generalstab verallgemeinert und bei der Ausarbeitung der Direktive des Hauptquartiers zur Durchführung der Operation berücksichtigt. Zur Erarbeitung der Operationspläne zogen das Hauptquartier und der Generalstab auch die Leitung der Luft- und Seestreitkräfte,
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sowie die Befehlshaber der Waffengattungen und ihre Stäbe heran. All das trug wesentlich zum Erfolg der gewaltigen Operationen der dritten Phase des Krieges bei. Somit wurde die strategische Führung des bewaffneten Kampfes vom Hauptquartier des Oberkommandos ausgeübt. Die operative Leitung des bewaffneten Kampfes auf dem Schlachtfeld übten die Befehlshaber der Fronten und Armeen aus. Gewöhnlich ließen sich die Befehlshaber der Fronten von den Weisungen des Hauptquartiers leiten und faßten Beschlüsse, in denen sie das Ziel der bevorstehenden Operation, die Aufgaben der Armeen, die Verteilung der Kräfte und Mittel genau festlegten. Die gefaßten Beschlüsse wurden als ausführliche Pläne der Frontoperationen dem Hauptquartier zur Bestätigung vorgelegt. Nach der Bestätigung dieser Pläne arbeiteten die Stäbe die operativen Direktiven oder Befehle aus, wobei die konkreten Aufgaben der Armeen und aller Einheiten der jeweiligen Front dargelegt wurden. Auf der Grundlage dieser Befehle verfaßten die Armeestäbe die Operationspläne der Armeen. Das Hauptquartier stützte sich in seiner Tätigkeit auf den Generalstab der Streitkräfte, in dem hochqualifizierte Offiziere und Generale arbeiteten. Der Generalstab sammelte Informationen über die jeweilige Lage an der gesamten Front, analysierte sie sorgfältig, zog die entsprechenden Schlußfolgerungen und unterbreitete sie dem Hauptquartier. Bei dieser mühseligen Kleinarbeit leisteten die Stäbe der Fronten, Armeen und Truppeneinheiten, die Stäbe der Befehlshaber der Land-, Luft- und Seestreitkräfte und der einzelnen Waffengattungen dem Generalstab große Hilfe. Die Sammlung und Bearbeitung politischer Informationen oblag den politischen Organen, sowohl den zentralen als auch denen der Truppen. A n Hand der Weisungen des Hauptquartiers arbeitete der Generalstab die allgemeinen Pläne für den Einsatz der Streitkräfte aus, ebenso die Pläne der strategischen Operationen, die Direktiven und Befehle des Oberkommandos und gab den Truppen konkrete Anweisungen. Entsprechend den festgelegten strategischen Plänen.bereiteten der Generalstab und die Organe des Hinterlands die Bestellungen für die Kriegsproduktion der Industrie vor und entschieden viele Fragen im Zusammenhang mit Militärtransporten. Im Großen Vaterländischen Kriege stand zum ersten Mal in der Geschichte einem überaus starken imperialistischen Aggressor die Armee eines sozialistischen Staates im bewaffneten Kampf gegenüber, die mit den modernsten Kampfmitteln der damaligen Zeit ausgerüstet
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war. In ihrem organisatorischen Aufbau, ihrer Ausbildung und ihren Kampfmethoden offenbarten sich allseitig die Besonderheiten und Vorzüge der militärischen Organisation der sozialistischen Gesellschaft. Daher ist die Erfahrung unserer Truppen im letzten Krieg von großer Bedeutung für den weiteren Aufbau nicht nur der sowjetischen Streitkräfte, sondern auch der Streitkräfte aller sozialistischen Länder. Trotz der Entstehung neuer Kampfmittel, die einen revolutionierenden Einfluß auf die Kampfmethoden ausüben, behalten viele Prinzipien der Kriegskunst ihre Bedeutung, obwohl ihre konkrete Anwendung sich ändern kann. Außerdem werden einige Gesetzmäßigkeiten, die die Entwicklung des bewaffneten Kampfes im letzten Krieg bestimmten, auch unter neuen Bedingungen des bewaffneten Kampfes große Bedeutung haben. Letzten Endes schließt das Aufkommen moderner Kampfmittel nicht die Möglichkeit aus, daß neben ihnen die herkömmlichen Kampfmittel eingesetzt werden. Die sowjetischen Militärhistoriker lassen sich von der marxistischleninistischen Methodologie leiten und sind bestrebt, aus der angehäuften Kampferfahriing des Großen Vaterländischen Krieges alles das herauszusuchen, was für die weitere Entwicklung der Militärtheorie, des militärischen Aufbaus, der Ausbildung und Erziehung der Streitkräfte der UdSSR, der Sicherung ihrer hohen Kampfbereitschaft von Nutzen sein kann. Diese Erfahrungen übermitteln sie gern, den Armeen der sozialistischen Bruderländer, den Teilnehmern des Warschauer Vertrages, die gemeinsam mit der Sowjetarmee bereit sind, die Interessen des Friedens und des Sozialismus zu verteidigen.
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E. A. B o i t i n Anmerkungen
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Sieh«: G e s c h i c h t e des Großen V a t e r l ä n d i s c h e n K r i e g e s der S o w j e t u n i o n , Bd 4 , B e r l i n 1965, S . 143 - 1 4 4 . V g l . : a . a . O . , Bd 5 , B e r l i n 1 9 6 7 , S . 302 und S . 535 - 548.
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V g l . : Nach Angaben des deutschen G e n e r a l s t a b s , a . a . O . , Bd 4, B e r l i n 1965, S . 565V g l . : a . a . O . , Bd 5 , B e r l i n 1967, S . 532.
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PoKOBHe peiueHHH, MocKBa 1 9 5 S
6
S i e h e : CÖOpHHK MSTepHaJIOE no UOUTaEy B O 8 C K $aiUHOTCKO0 repMaHHH, 5 . L i e f e r u n g , S . 2 8 , 4 8 , 7 4 , 1 0 4 , 128. Nach Angaben des deutschen G e n a r a l s t a b s . IML. Dabei muß b e r ü c k s i c h t i g t werden, daß i n a l l e n d r e i Kampagnen v i e l e D i v i s i o n e n und Brigaden des Gegners mehrmals a u f g e r i e b e n wurden. S i e h e : G e s c h i c h t e des Großen V a t e r l ä n d i s c h e n K r i e g e s der Sow j e t u n i o n , Bd 5 , B e r l i n 1967, S . 532. S i e h e : nopastemie repMaHcicoro nMnepiiajiH3iäa BO BTopoß irapoBoii Bofme. C T 8 T M H flOKyMeHTLi, MocKBa 1960 , S . 8 4 . S i e h e : "BoeHHO-HCTopHiecKHÜ »jpHaji", 1960, Nr 2, S . 1 7 . G e s c h i c h t e des Großen V a t e r l ä n d i s c h e n K r i e g e s der S o w j e t u n i o n , Bd 5 , S . 68, 7 6 , 302.
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, s.
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Der Nürnberger Prozeß und die Bestrafung der Nazi-Kriegsverbrecher
Der Nürnberger Internationale Militärgerichtshof war durch die Forderung der freiheitsliebenden Völker der Welt nach Verurteilung und gerechter Bestrafung der Nazi-Hauptkriegsverbrecher geschaffen worden. Die ungeheuerlichen Verbrechen des Hitlerfaschismus im zweiten Weltkrieg hatten die friedliebenden Menschen in aller Welt tief erschüttert. Man kann mit Recht behaupten, daß die Bildung des Nürnberger Gerichtshofes oder eines anderen entsprechenden internationalen Gerichts unvermeidlich war, denn die Völker der Welt hätten sich niemals mit der Straflosigkeit der Verbrecher abfinden können, deren Vergehen in der Geschichte der Menschheit nicht ihresgleichen hat. Hitler, der die Eroberung der Weltherrschaft und die Aggression plante, erklärte seinerzeit: "Wir werden nicht kapitulieren, niemals. Wir können untergehen, vielleicht. Aber wir werden eine Welt mitnehmen."'' Und an anderer Steiles "Bs mag dieser Krieg dauern, so 2 lange er will, niemals wird Deutschland kapitulieren." In der Nacht vom 8« zum 9« Mai 194-5 wurde in Karlshorst die Urkunde über die bedingungslose Kapitulation Hitlerdeutschlands unterzeichnet. Der heldenhafte Kampf der Völker der Antihitler-Koalition hatte die verbrecherischen Absichten der Hitlerclique zunichte gemacht. Die menschliche Zivilisation wurde um den Preis unsäglicher Anstrengungen und Opfer der freiheitsliebenden Völker, in erster Linie der Völker der Sowjetunion, gerettet. Bs gelang dem Hitlerfaschismus nicht, die halbe Welt in den Abgrund zu reißen, jedoch begingen die Faschisten im Verlauf des von ihnen angezettelten aggressiven Krieges ungeheuerliche Verbrechen, wie sie in der Geschichte der Kriege noch nie vorgekommen waren. Diese Verbrechen wurden bei der Ausarbeitung der Pläne für die nächstfolgenden Aggressionsakte jeweils mitgeplant und Schritt für Schritt kaltblütig vorbereitet. So planten die Hitlergenerale aus
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dem Oberkommando, gemeinsam mit den SS-Leuten aus dem Himmlersohen Reichssicherheitsdienst, bei der Ausarbeitung der Aggressionspläne gegen die Tschechoslowakei gleichzeitig die Tätigkeit der "Einsatzgruppe", deren Aufgabe die Vernichtung aller oppositionellen Elemente war» Zusammen mit dem Plan des aggressiven Einbruchs in die Sowjetunion, dem sogenannten "Plan Barbarossa", verfaßten die Hitlerschen Henker den "Barbarossa-Gerichtsbarkeit-Befehl", ein ungeheuerliches Dokument, das die Vernichtung von Millionen Menschen vorsah und die Bestialitäten gegenüber der friedlichen Bevölkerung und den Kriegsgefangenen zu einer Kategorie der Staatspolitik erhob. Jeder vom Imperialismus entfesselte aggressive Krieg ist ein schweres Verbrechen gegen den Frieden und die Menschheit. In der ganzen Geschichte der Kriege gab es jedoch noch keine solche Anhäufung ungeheuerlicher Verbrechen, noch keine verbrecherische Tätigkeit in solchem Ausmaß, wie es die vom Hitlerfaschismus im zweiten Weltkrieg begangenen Verbrechen darstellten. Darüber hinaus sollte nach den Plänen Hitlers und seiner Komplicen das Ende des Krieges erst der Anfang neuer Verbrechen gegenüber den unterworfenen Völkern sein. Während des zweiten Weltkrieges wurden in den Konzentrationslagern und Massenvernichtungsstätten, bei sogenannten "Sonderaktionen", durch Einsatzkommandos, in Vergasungswagen, Gaskammern, durch verbrecherische Experimente an lebenden Menschen und andere Bestialitäten nicht weniger als zwölf Millionen Menschen vernichtet. Für die ersten Jahre nach Beendigung des Krieges plante die Hitlerclique die Vernichtung von weiteren dreißig Millionen Slawen. Diese verbrecherischen Pläne wurden sorgfältig ausgearbeitet und in die Form von Befehlen und Instruktionen gekleidet. Entgegen dem Willen dieser Wahnsinnigen, die die Menschheit zu versklaven gedachten, endete der zweite Weltkrieg mit der völligen Zerschlagung der Hitlerschen Staats- und Kriegsmaschine. Es kam die Stunde der Abrechnung für die begangenen Verbrechen. Die Menschheit forderte die strenge Bestrafung der Hitlerverbrecher. In gewissem Sinne ist der Nürnberger Prozeß selbst ein wichtiges Ergebnis des zweiten Weltkrieges. Die Bildung des Internationalen Militärgerichtshofes und seine gesamte Tätigkeit zeugen davon, daß die freiheitsliebenden Völker der Welt, die die Hitlerschen Aggressoren vernichteten, sich niemals damit abgefunden hätten, daß die Verbrecher, die Urheber unermeßlicher Leiden und Qualen der Mensch-
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heit, straffrei ausgehen. Die gerechten Forderungen nach strenger Bestrafung der Anführer der verbrecherischen Hitlerclique waren vor allem Ausdruck der Entschlossenheit, nicht zuzulassen, daß sich derartige Verbrechen in der Zukunft wiederholen. Die Pflicht, Verbrechen gegen den Frieden und die Menschheit zu ahnden, haben alle Staaten entsprechend den durch das internationale Recht anerkannten Prinzipien. In der "Deklaration über die Bestrafung von Verbrechen im Kriege" vom 1 3 . Januar 1942 erklärten die Regierungen der gegen Hitlerdeutschland kämpfenden Länder, daß "Gewalttaten gegenüber der Zivilbevölkerung im Widerspruch zu den allgemein anerkannten Ansichten der zivilisierten Völker über Kriegshandlungen und politische Verbrechen stehen".3 Sie erklärten zu einem ihrer Hauptkriegsziele: die gerichtliche Bestrafung jener Personen, die die Schuld oder Verantwortung für diese Verbrechen tragen, unabhängig davon, ob diese Verbrechen auf ihren Befehl, von ihnen persönlich oder unter ihrer Mitwirkung in irgendeiner Form begangen wurden. Die Regierungen, die diese Deklaration unterzeichneten, erklärten ferner ihre "Entschlossenheit, im Geiste der internationalen Solidarität dafür zu sorgen, daß die Schuldigen und Verantwortlichen, welcher Nation sie auch angehören mögen, aufgespürt, vor Gericht gestellt und abgeurteilt werden, und daß die ausgesprochenen Urteile auch vollstreckt werden".^ Die Sowjetregierung betonte in ihrer Erklärung vom 14. Oktober 1942, daß sie sich mit diesen Forderungen voll und ganz solidarisiert und darauf rechnet, daß "alle interessierten Staaten zusammenwirken, um die Hitlerfaschisten und ihre Komplicen, die sich der Organisierung, der Anstiftung oder Ausführung von Verbrechen in den besetzten Gebieten schuldig gemacht haben, aufzuspüren, auszuliefern, vor Gericht zu stellen."-' Im November 1943 wurde eine Deklaration über die Verantwortlichkeit der Hitlerfaschisten für die von ihnen begangenen Verbrechen veröffentlicht. Zu dieser Zeit wurde bereits offenkundig, daß die Massenerschießungen friedlicher Bürger, die Ermordung von Frauen, Kindern und Greisen in den Gaskammern, die grausame Behandlung der Kriegsgefangenen, Deportation zur Sklavenarbeit, die Ausmerzung durch unerträglich schwere Arbeit und Hunger und die folgende physische Vernichtung von Millionen Menschen in den Todeslagern nicht Exzesse der ausführenden Personen waren, nicht vereinzelte Episoden der Grausamkeit unter den
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Bedingungen des Krieges, sondern die Politik eines Staates, die von der an die Macht gelangten verbrecherischen Hitlerclique planmäßig und konsequent betrieben wurde. Vieles an diesen Bestialitäten, insbesondere ihre Ausmaße und ihre konkreten Formen, war noch nicht allgemein bekannt. Jedoch zeugten schon die der Weltöffentlichkeit bekannt gewordenen Tatsachen davon, daß die begangenen Verbrechen beispiellos sind. Die Außenminister der drei Mächte erklärten, daß die Schuldigen an diesen Verbrechen, die an Bestialitäten, an Morden und Hinrichtungen in den besetzten Gebieten un r mittelbar beteiligt waren, "nach den Ländern zurückgeschickt werden, in denen ihre abscheulichen Taten begangen worden sind, damit sie nach den Gesetzen dieser befreiten Länder und der freien Regierungen, die dort gebildet werden, abgeurteilt und bestraft werden." 6 Die Deklaration warnte die Schuldigen an den faschistischen Bestialitäten, "denn die drei verbündeten Mächte werden sie ganz gewiß bis an das äußerste Ende der Welt verfolgen und sie ihren Anklägern ausliefern, damit ihnen Gerechtigkeit geschehe." 7 I n der Deklaration wird darauf hingewiesen, daß die Nazi-Haupfckriegsverbrecher, für deren Verbrechen ein geographisch bestimmter Tatort nicht gegeben ist, gemäß einer gemeinsamen Entscheidung der Regierungen der Alliierten bestraft werden sollen. Die Forderungen der Völker nach gerechter Bestrafung der Hitlerverbrecher fanden ihren Ausdruck in einer Reihe späterer internationaler juristischer Dokumente: der Jaltaer Deklaration vom 11. Januar 1945, der Deklaration über die Niederlage Deutschlands, dem Potsdamer Abkommen, der Vereinbarung über einige zusätzliche Forderungen an Deutschland u.a. Insbesondere das Potsdamer Abkommen besagt: "Kriegsverbrecher und alle diejenigen, die an der Planung oder Verwirklichung nazistischer Maßnahmen, die Greuel oder Kriegsverbrechen nach sich zogen oder als Ergebnis hatten, teilgenommen haben, sind zu verhaften und dem Gericht zu übergeben." 8 Die drei Regierungen der Alliierten, Teilnehmer der Potsdamer Konferenz vom Juli/August 19^5, bekräftigten ihre Absicht, die nazistischen Hauptkriegsverbrecher einer schnellen und sicheren Gerichtsbarkeit zuzuführen und betrachteten es als eine Angelegenheit von größter Bedeutung, daß der Prozeß gegen diese Hauptverbrecher zum frühestmöglichen Zeitpunkt beginnt. A m 8. August 19^5 wurde in London ein Abkommen "Über die Verfolgung und Bestrafung der Hauptkriegsverbrecher der Europäischen Achse" unterzeichnet, auf dessen Grundlage der Internationale Mili-
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tärgerichtshof gebildet wurde. Dem Abkommen wurde ein Statut beigefügt, das die Zusammensetzung und die Verfahrensweise dieses Tribunals festlegte. Das Statut des Nürnberger Internationalen Militärgerichtshofes ist ein sehr wichtiges Dokument, das bis auf den heutigen Tag nichts von seiner internationalen Bedeutung eingebüßt hat. In dem Statut wurde zum erstenmal die heute allgemein anerkannte Klassifikation der Verbrechen gegen den Frieden, der Verletzungen der Kriegsgesetze oder -gebrauche und der Verbrechen gegen die Menschlichkeit gegeben. Artikel 6 des Statuts legt fest, was Verbrechen sind, für deren Aburteilung der Gerichtshof zuständig ist und für die der Täter persönlich verantwortlich ist $ a) Verbrechen gegen den Frieden : Nämlich t Planen , Vorbereitung, Einleitung oder Durchführung eines Angriffskrieges oder eines Krieges unter Verletzung internationaler Verträge, Abkommen oder Zusicherungen oder Beteiligung an einem gemeinsamen Plan oder an einer Verschwörung zur Ausführung einer der vorgenannten Handlungen; b) Kriegsverbrecher! s Nämlich : Verletzungen der Kriegsgesetze oder -gebrauche. Solche Verletzungen umfassen, ohne jedoch darauf beschränkt zu sein, Mord, Mißhandlungen, oder Deportation zur Sklavenarbeit oder für irgendeinen anderen Zweck von Angehörigen der Zivilbevölkerung von oder in besetzten Gebieten, Mord oder Mißhandlungen von Kriegsgefangenen oder Personen auf hoher See, Töten von Geiseln, Plünderung öffentlichen oder privaten Eigentums, die mutwillige Zerstörung von Städten, Märkten oder Dörfern oder jede durch militärische Notwendigkeit nicht gerechtfertigte Verwüstung; c) Verbrechen Regen die Menschlichkeit : Nämlich t Mord, Ausrottung, Versklavung, Deportation oder andere unmenschliche Handlungen, begangen an irgendeiner Zivilbevölkerung vor oder während des Krieges, Verfolgung aus politischen, rassischen oder religiösen Gründen, begangen in Ausführung eines Verbrechens oder in Verbindung mit einem Verbrechen, für das der Gerichtshof zuständig ist, und zwar unabhängig davon, ob diese Handlung gegen das Recht des Landes verstieß, in dem sie begangen wurde , oder nichto Anführer, Organisatoren, Anstifter und Teilnehmer, die am Entwurf öder der Ausführung eines gemeinsamen Planes oder einer Verschwörung zur Begehung eines der vorgenannten Verbrechen teilgenommen haben, sind für alle Handlungen verantwortlich, die von
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irgendeiner Person in Ausführung eines solchen Planes begangen worden sind."^ Später wurde diese Klassifikation internationaler Verbrechen wie auch eine Reihe anderer wichtiger Grundsätze, die die Tätigkeit des Nürnberger Internationalen Gerichtshofes festgelegt hatten, in das 1946 in Tokio veröffentlichte Statut des Internationalen Militärtribunals für den Fernen Osten aufgenommen. Weiterhin fanden die Grundsätze der Verantwortlichkeit für Verbrechen gegen die Menschlichkeit auch ihre Widerspiegelung in der internationalen "Konvention über die Verhinderung des Verbrechens des Genozids und seine Bestrafung". Im Artikel 7 des Statuts wurde ein wichtiger Grundsatz präzise formuliert: "Die amtliche Stellung eines Angeklagten, sei es als Oberhau.pt eines Staates oder als verantwortlicher Beamter in einer Eegierungsabteilung, soll weder als Strafausschließungsgrund noch
10 als Strafmilderungsgrund gelten". Außerordentlich große Bedeutung hatte der in Artikel 8 des Statuts formulierte Grundsatz : "Die Tatsache, daß ein Angeklagter auf Befehl seiner Regierung oder eines Vorgesetzten gehandelt hat, gilt nicht als Strafausschließungsgrund, kann aber als Strafmilderungsgrund berücksichtigt werden, wenn dies nach Ansicht des Gerichtshofes gerechtfertigt erscheint."'1'1 Wütende Angriffe gegen dieses Prinzip wurden erstmals von der Verteidigung im Nürnberger Prozeß vorgetragen und dauern bis zum heutigen Tage an. Sie wurden zur offiziellen Doktrin der westdeutschen Gerichte und der Bonner Machthaber, die sich schützend vor die Nazikriegsverbrecher stellen. Bekanntlich wurden dem Internationalen Militärgerichtshof nicht nur die Anführer der verbrecherischen Hitlerclique zugeführt« Dem Gericht wurden auch die Akten über die von den Hitlerfaschisten geschaffenen verbrecherischen Organisationen vorgelegt s über die "Schutzstaffeln" der Hitlerpartei (SS), die geheime Staatspolizei (Gestapo) einschließlich des sogenannten "Sicherheitsdienstes" (SD), über das Führungskorps der Hitlerpartei, über die Sturmabteilungen (SA), das Reichskabinett, den Generalstab und das Oberkommando der Hitlerschen Wehrmacht (OKW). Im Statut des Internationalen Militärgerichtshofes heißt es in diesem Zusammenhang, daß der Gerichtshof eine Gruppe oder Organisation für verbrecherisch erklären kann. Wenn der Gerichtshof eine Gruppe oder Organisation als verbrecherisch erklärt hat, so haben die nationalen, die Militär- und Okku-
Zum Nürnberger Prozeß
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pationsgeriohte der Unterzeichnerstaaten das Hecht, Personen wegen ihrer Zugehörigkeit zu einer solchen verbrecherischen Organisation den Prozeß zu machen. Die Artikel 9 und 10 des Statuts weisen besonders darauf hin, daß in diesen Fällen der verbrecherische Charakter der Organisation oder Gruppe als bewiesen gilt. Die Untersuchung in Sachen der faschistischen verbrecherischen Organisationen durch den Gerichtshof deckte das Funktionieren eines komplizierten und allumfassenden Mechanismus auf, den die Verbrecher zur Verwirklichung ihrer üblen Pläne benutzten. Über die spezifischen Besonderheiten des Nürnberger Prozesses sagte der Hauptankläger der UdSSR, H.A. Rudenko, u.a. sehr richtig, daß zum ersten Male in der Geschichte der Menschheit vor dem Richter standen, die sich eines ganzen Staates bemächtigt und diesen Staat selbst zum Werkzeug ihrer ungeheuerlichen Verbrechen gemacht hatten. Zwischen dem Tag der offiziellen Beendigung des zweiten Weltkriegs und dem Tag, da in dem speziell zu diesem Zwecke wiederhergerichteten alten Justizpalast in Nürnberg die Verhandlungen des Internationalen Gerichtshofes begannen, lagen nur wenig mehr als sechs Monate. In dieser Zeit wurden das Statut und die Verfahrensregeln des Internationalen Militärgerichts ausgearbeitet, das wichtigste Beweismaterial der Anklage gesammelt und systematisiert,die Anklageschrift verfaßt und die Arbeit eines komplizierten Apparats, der die vier verbündeten Mächte vertrat, in Gang gebracht und koordiniert. A m 1. Oktober 1946 wurde das Urteil des Gerichtshofes verkündet. Somit dauerte der gesamte Gerichtsprozeß weniger als ein Jahr. In dieser Zeit wurde das außergewöhnlich umfangreiche und bedeutsame Beweismaterial geprüft. Der Umfang dieser Beweise vergrößerte sich ununterbrochen in dem Maße, wie in den von den Armeen der Alliierten eroberten faschistischen Geheimarchiven neue Dokumente entdeckt wurden sowie durch Verhaftungen von Mittätern schwerster Verbrechen wie zum Beispiel des ehemaligen Kommandanten von Auschwitz, Obersturmbannführer der SS Rudolf Höß. Der Gerichtshof erachtete es für notwendig, im Urteil auf folgende Besonderheit des Prozesses hinzuweisen :"Ein großer Teil der dem Gerichtshof seitens der Anklagebehörden vorgelegten Beweisstücke bestand ia Dokumenten, die von den alliierten Armeen in deutschen militärischen Dienststellen, Regierungsgebäuden und an anderen Stellen aufgefunden worden waren.
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Einige dieser Dokumente wurden in Salzbergwerken gefunden, andere in der Erde vergraben, hinter blinden Mauern versteckt oder an anderen Orten, die, wie man glaubte, vor Entdeckung geschützt waren. Nur zu einem geringen Teil konnten diese Dokumente in den Sitzungen des Gerichtshofes verlesen und in das offizielle Prozeßprotokoll aufgenommen werden. In den Verhandlungen des Nürnberger Gerichtshofes war den Angeklagten während des gesamten ProzeßVerlaufs das im Statut festgelegte Recht auf Verteidigung gerantiert. Es genügt darauf hinzuweisen, daß in den 403 öffentlichen Sitzungen des Gerichtshofes 33 Zeugen der Anklage verhört wurden und 61 Zeugen der Verteidigung. Außerdem wurden 101 Zeugen der Verteidigung von Bevollmächtigten, die der Gerichtshof ernannt hatte, angehört. 19 Angeklagte machten ihre Aussagen vor dem Gerichtshof, wobei einige, unter ihnen zum Beispiel Göring, mehrere Tage gehört wurden. Der Nürnberger Gerichtshof war folglich in seiner ganzen Verfahrensweise objektiv, allseitig und unparteiisch. Die in der Geschichte der Menschheit einmaligen Verbrechen wurden von ihm unter strenger Einhaltung aller von allen gebilligten Prozeßnormen geprüft. Nur böswillige und gehässige Verleumder können behaupten, der Nürnberger Prozeß sei eine "Abrechnung der Sieger mit den Besiegten" gewesen. Ich hatte Gelegenheit, als einer der Assistenten des Hauptanklägers der UdSSR am Nürnberger Prozeß teilzunehmen. Neben den sowjetischen Juristen waren an der Arbeit des Gerichtshofes Dutzende Juristen unmittelbar beteiligt, die die übrigen Mächte der Antihitler-Koalition - USA, Großbritannien und Frankreich - vertraten. Das waren in der Mehrzahl hochqualifizierte Juristen, aber es ist klar, daß die politischen und rechtlichen Ansichten der sowjetischen Juristen sich kraß von denen der kapitalistischen Staaten unterschieden. Trotzdem arbeiteten, bis auf seltene Ausnahmen, während des gesamten Prozeßverlaufs die Juristen der Länder der Antihitler-Koalition einmütig zusammen und waren sich einig in dem Streben, die Wahrheit zu finden, ein vollständiges und wahrheitsgetreues Bild der Hitlerverbrechen zu rekonstruieren und die Schuldigen gerecht zu bestrafen. Zweifellos positiv wirkte sich auf diese Einheit der Juristen der Mächte der Antihitler-Koalition das Wesen der Verbrachen selbst aus, von deren Umfang, deren unerhörter Grausamkeit und von deren
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unmenschlichem Zynismus die Täter vor dem Internationalen Militärgericht Zeugnis ablegten. Darüber sprach der Hauptanklagevertreter der USA, der inzwischen verstorbene hervorragende amerikanische Jurist, Justice Robert Jackson, in seiner Eröffnungsrede vor dem Gerichtshof t "Unser Beweismaterial wird widerwärtig sein und Sie werden sagen, ich hätte Ihnen den Schlaf geraubt. Aber das sind die Dinge, die den Ekel und Abscheu der Welt erregt und dazu geführt haben,, daß in den zivilisierten Ländern jede Hand sich erhob gegen Nazi-Deutschland. Deutschland wurde eine riesige Folterkammer. Die Schreie der Opfer wurden in der ganzen Welt gehört und ließen die Gesitteten erschauern ringsum. Ich gehöre zu denen, die während des Krieges die meisten Greuelgeschichten mißtrauisch und mit Zweifel aufgenommen haben. Aber die Beweisstücke, die wir vorlegen, werden überwältigend sein, und ich wage vorauszusagen, daß nicht eines meiner Worte widerlegt werden wird. Die Angeklagten werden nur ihre persönliche Verantwortung abstreiten oder behaupten, ihnen seien diese Dinge nicht bekannt gewesen. Diese Worte wurden voll und ganz bestätigt. In den ersten Sitzungen des Gerichtshofes begannen die Angeklagten, ihre Schuld rundweg zu leugnen. Im weiteren Verlauf der gerichtlichen Untersuchung wurden sie jedoch von den Beweisen ihrer Schuld buchstäblich erdrückt. Diese in ihrer Mehrzahl dokumentarischen Beweisstücke oder die Aussagen der Opfer und Augenzeugen der Verbrechen zu widerlegen, war unmöglich. Und da verwandelten sich die arroganten faschistischen Führer in hysterische, feige Mystiker, die angesichts der Unabwendbarkeit der Strafe zitterten, wie der ehemalige Eeichsleiter der Nazipartei für Rechtsangelegenheiten,der Henker von Polen, Hans Frank, oder in impertinente Lügner, die die unbestreitbaren Tatsachen zu leugnen suchten, wie der ehemalige Chef des Reichssicherheitshauptamtes (RSHA), SS-Obergruppenführer uhd Stellvertreter des grausamen Reichsführers SS Himmler, der Angeklagte Ernst Kaltenbrunner. Bekanntlich verurteilte das Internationale Militärgericht in Nürnberg zwölf Hauptkriegsverbrecher zum Tode durch den Strang: Göring, Ribbentrop, Keitel, Kaltenbrunner, Rosenberg, Frank, Friok, Streicher, Sauckel, Jodl, Seyß-Inquart und, in Abwesenheit, Bormann. 'Drei Verbrecher wurden zu lebenslänglichem Gefängnis und vier zu Gefängnisstrafen zwischen zehn und zwanzig Jahren verurteilt. Das Gericht erklärte die SS, die Gestapo, den SD und das Führungskorps der Nazipartei für verbrecherische Organisationen.
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Das Urteil des Nürnberger Internationalen Gerichtshofes ist, abgesehen von einzelnen Mängeln, ein Dokument von gewaltiger historischer Bedeutung. Das Urteil war das Ergebnis einer langwierigen und sorgfältigen Prüfung des Beweismaterials, das, mitunter gegen den Willen derer, die es vorbrachten, nicht nur die Rekonstruktion des Bildes der Verbrechen des Hitlerfaschismus ermöglichte, sondern auch die unheilschwangeren Kräfte zeigte, die hinter den angeklagten Verbrechern standen. Das war seinerzeit nicht nur den sowjetischen Anklägern und Richtern völlig klar, sondern auch vielen am Nürnberger Prozeß beteiligten Juristen aus den kapitalistischen Staaten. Der Hauptanklagevertreter der USA, dessen Eröffnungsrede wir oben zitierten, sagte: "Als Einzelpersonen gilt der Welt ihr Schicksal wenig. Da die Angeklagten aber unheilvolle Gewalten vertreten, die noch lange in der Welt umherschleichen werden, wenn sie selbst schon zu Staub geworden sind, ist diese Verhandlung von solcher Wichtigkeit. ... Die Zivilisation kann keine Nachsicht zeigen für diese Kräfte der menschlichen Gesellschaft; sie gewönnen nur von neuem Macht, wenn wir mit den Männern, in denen dièse Gewalten lauernd und unsicher noch am Leben sind, zweideutig oder unentschieden verführen. Das wurde vor fast zwanzig Jahren gesagt. Etwas anderes hätte von einem ehrlichen, seiner beruflichen Verpflichtung getreuen Ju-r risten auch gar nicht gesagt werden können angesichts der Beweise, die nicht nur die persönliche Schuld der Angeklagten zeigten, sondern auch die unheilvollen Kräfte der imperialistischen Reaktion, die sie hervorgebracht hatten. Sehr große prinzipielle Bedeutung hat der folgende Grundsatz des Urteils von Nürnberg: "Der Gerichtshof ist der Ansicht, daß der feierliche Verzicht auf den Krieg als Werkzeug nationaler Politik es notwendigerweise einbeschließt, daß solch ein Krieg völkerrechtswidrig ist und daß diejenigen, die einen solchen Krieg mit all seinen unvermeidbaren und schrecklichen Folgen planen und führen, damit AIL
ein Verbrechen begehen." Der Nürnberger Prozeß selbst war der erste Gerichtsprozeß in der Geschichte der Menschheit, der über eine Aggression und die Aggressoren verhandelte. Getreu den Grundsätzen seines Statuts erklärte der Internationale Gerichtshof die Aggression zum schwersten Verbrechen gegen die Menschheit und bestrafte die Aggressoren streng.
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Getreu der geschichtlichen Wahrheit, in strengster Übereinstimmung mit den ihm vorgelegten Materialien, stellte der Nürnberger Internationale Militärgerichtshof in seinem Urteil fest: "Das auf Kriegsverbrechen bezügliche Beweismaterial ist überwältigend gewesen, sowohl was den Umfang betrifft, als auch in seinen Einzelheiten ... Fest steht, daß Kriegsverbrechen in größtem Ausmaße verübt worden sind, wie nie zuvor in der Kriegsgeschichte. Sie wurden in allen von Deutschland besetzten Ländern und auf hoher See begangen, und zwar ferner unter allen nur erdenklichen Begleiterscheinungen von Grausamkeit und Schrecken."''-' Das Statut und das Urteil des Nürnberger Internationalen Militärgerichtshofes hatten starken Einfluß auf das zeitgenössische internationale Hecht und fanden allgemeine Billigung und Anerkennung. Seinerzeit schlössen sich 19 Länder dem Statut des Gerichtshofes an. Darunter befanden sich Indien, Griechenland, Jugoslawien, Belgien, die Tschechoslowakei, Polen und Norwegen.
Am 11. Dezember 1946 nahm die Vollversammlung der UN die Resolution 95 (1) an, in der sie die "völkerrechtlichen Grundsätze, die in dem Statut des Nürnberger Gerichtshofes und dem Urteil des Tribunals anerkannt sind" als allgemeines Völkerrecht bekräftigte. Vierundfünfzig Staaten unterzeichneten diese Resolution, die ein Beweis für den wahrhaft internationalen Charakter des Nürnberger Tribunals ist, dessen Organisation, Tätigkeit und dessen Urteil die volle Billigung der gesamten Weltöffentlichkeit gefunden hatten. In ihrer Resolution vom 21. November 194-7 qualifizierte die Vollversammlung der UN erneut die Grundsätze des Statuts des Internationalen Militärgerichtshofes und dessen Urteil als allgemein anerkannte Normen des Völkerrechts. Jetzt hat die Regierung der deutschen Bundesrepublik unter Mißachtung dieser allgemein anerkannten Normen des Völkerrechts versucht, die Grundsätze des Nürnberger Gerichtshofes in Vergessenheit geraten zu lassen, Grundsätze, die von der Vollversammlung der Organisation der Vereinten Nationen als Grundsätze des internationalen Strafrechts gebilligt und bestätigt worden sind, und sie hat versucht, die Mittäter der in Nürnberg abgeurteilten Haupt-Nazikriegsverbrecher zu amnestieren. Es ist bekannt, daß gerade in der deutschen Bundesrepublik Zehntausende Kriegsverbrecher, die sich schwerster Verbrechen schuldig gemacht haben, bis auf den heutigen Tag noch nicht zur Verantwortung gezogen worden sind. Ja, viele von diesen Kriegsverbrechern bekleiden heute hohe Posten im Staatsapparat, in der Bundeswehr,
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der Polizei sowie in den Justizorgenen der Bundesrepublik. Vor noch nicht allzu langer Zeit trat vor den Studenten der Nürnberger Hoahsohule der ehemalige Assistent des Hauptanklagevertreters der USA, Robert Kempner, auf. Er wies mit Recht darauf hin, daß in der Bundesrepublik gegen mehr als 7000 Personen keinerlei Untersuchung durchgeführt wurde, die Verantwortliche Funktionen im Hitlersohen BeiohfiSicherheitshauptamt innehatten, dessen verbrecherischer Leiter Ernst Kaltenbrunner entsprechend dem Nürnberger Urteil gehenkt wurde. Viele Mitglieder nazistischer Gerichte blieben unbestraft, die Todesurteile gegen Teilnehmer der Widerstandsbewegung, Antifaschisten und andere Gegner des Eitlerregimes ausgesprochen hatten. Auf diese Verbrecher und Zehntausende andere Naziverbrecher wollte die Bundesregierung die üblichen strafrechtlichen Verjährungsfristen anwenden. Das war dem Wesen nach eine Amnestieerklärung für die HitlerVerbrecher. Indessen wurden seinerzeit in den Abkommen der Alliierten über Deutschland nicht nur die Verpflichtungen der vier lläohte in bezug auf die Bestrafung der Nazikriegsverbreoher festgelegt, sondern auch eine Bestimmung aufgenommen, die den entsprechenden deutschen Behörden bestimmte Verpflichtungen auferlegte. Was die Deutsche Demokratische Republik betrifft, so begann diese unverzüglich und aktiv mit der konsequenten Entlarvung und Verurteilung der Nazi-Kriegsverbrecher. Wie ernst es der Regierung der DDR mit ihrer völkerrechtlichen Verpflichtung in bezug auf die faschistischen Verbrecher war, sollen folgende Zahlen bezeugen: Obwohl am Ende des zweiten Weltkrieges die Hauptmasse der aktiven Nazis vor der anrückenden Sowjetarmee nach dem Westen floh, wurden auf dem Staatsgebiet der DDR in der Nachkriegszeit 12807 Kriegsverbrecher vor Gericht gestellt und verurteilt. Das sind mehr als zweimal so viel Verurteilte wie in der Bundesrepublik, obwohl die Bevölkerungszahl der DDR nur ein Drittel der Bevölkerungszahl der Bundesrepublik ausmacht. Im Gegensatz dazu wirkten die regierenden Kreise Westdeutschlands vermittels der Justizorgane, in denen bekanntlich nicht wenige ehemalige Nazis sitzen, der Gerechtigkeit, direkt entgegen. Deshalb wurden von den 12882 Personen, die vor den Gerichten der Bundesrepublik wegen Kriegsverbrechen angeklagt waren, nur 544-5 verurteilt, die übrigen wurden durch das Urteil entweder rehabilitiert (in 4033 Fällen), oder die Verfahren gegen sie wurden durch Gerichtsbeschluß eingestellt (2563 Fälle).
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Der Amnestievorschlag für die NaziVerbrecher in Form der üblichen Verjährung war eine Herausforderung der Weltöffentlichkeit durch die Bonner Machthaber, denn die Welt fordert die gerechte Bestrafung der Schuldigen an den in der Geschichte der Menschheit einmaligen Bestialitäten. Die Reaktion auf die Bonner Bestrebungen war sohnell, entschlossen und einmütig. Aus Protest gegen den schändliohen Vorschlag der Bonner Machthaber, die in Artikel 67 des Bürgerlichen Gesetzbuches von 1871 vorgesehenen üblichen Verjährungsfristen auf die von den Hitlerfaschisten gegen die ganze Welt und die Menschlichkeit begangenen Verbrechen anzuwenden, schlössen sich alle ehrlichen Mensohen zusammen, unabhängig von ihrem Beruf und ihrer gesellschaftlichen Stellung, ihren politischen und religiösen Überzeugungen. Der zornige Protest der Weltöffentlichkeit zwang den Bundestag, ein Gesetz anzunehmen, demzufolge die Frist für die Verfolgung von Nazi-Kriegsverbrechern formell bis zum 31« Dezember 1969 verlängert wurde, also ungefähr um fünf Jahre. Das Gesetz betrifft jedoch nur Personen, die naoh den Gesetzen der Bundesrepublik mit lebenslänglicher Haft bestraft werden. Auf diese Weise werden alle anderen Naziverbreoher nach diesem Gesetz faktisch amnestiert. In der Erklärung der Sowjetregierung vom 26. April 1965 "Pardon für Nazi-Henker darf es nicht geben" wird mit Hecht darauf hingewiesen, daß die herrschenden Kreise der deutschen Bundesrepublik Westdeutschland offensichtlich zu einem Schutzgebiet maohen möchten, in dem sich die faschistischen Ungeheuer vor dem Zorn der Völker, vor der verdienten Strafe sicher verbergen können. In der Erklärung der Regierung der UdSSH heißt est "Das in der deutschen Bundesrepublik angenommene Gesetz ist nichts anderes als ein Versuch, die faschistischen Henker und Mörder, die schwerste Verbreohen gegen den Frieden und die Menschlichkeit begangen haben, vor der gerechten Bestrafung zu bewahren. Zugleich ist dieses Gesetz eine grobe Heuchelei, ein Versuch, die Weltöffentlichkeit, Millionen rechtschaffener Menschen in allen Ländern der Erde irrezuführen, die gegen den im November vorigen Jahres verkündeten Beschluß der Hegierung der deutschen Bundesrepublik, die Naziräuber von der Verantwortung für die begangenen Verbrechen zu entbinden, voller Empörung protestiert haben.""''' Der Bundestag beschränkte sich jedoch nicht auf die Annahme des oben erwähnten Gesetzes, sondern erörterte auch einen Gesetzentwurf, der auch für Verbrecher, denen lebenslängliche Haft droht, eine
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breite Möglichkeit für den Schutz vor einer Verfolgung vorsieht. Als Motiv für die Entbindung von der Verantwortung dieser Verbreoher werden im Gesetzentwurf angeführt» die Ausübung einer "untergeordneten Funktion" durch den Angeklagten zur Zeit der Verübung des Verbrechens, die Notwendigkeit, "Anordnungen oder Befehle seines Vorgesetzten auszuführen", "beschränkte Freiheit bei der Fassung von Beschlüssen" usw., obwohl bekannt ist, daß derartige Motive vom internationalen Militärtribunal als unhaltbar abgelehnt worden sind. Schon von den ersten Sitzungen des Internationalen Kriegsgerichtshofes an begann die Verteidigung mit Angriffen gegen sein Statut, wobei sie sich auf die sogenannte "Theorie des staatlichen Reohts" und besonders auf die Befreiung von der Verantwortung bei Ausübung eines Befehls berief. Als dieses letzte Argument auf dem Nürnberger Prozeß vorgebracht wurde, fiel es schwer, das Erstaunen zu verbergen, figurierte doch als Angeklagte die Regierung eines ganzen Landes, in der jeder Angeklagte in seinem Bereich die höchste Stellung eingenommen hatte. Das Prinzip von der Befreiung von der Verantwortung bei der Ausführung eines verbrecherischen Befehls war immer ein ungereohter und ungesetzlicher Grundsatz, aber er erscheint erst recht als gesetzwidrig und unangebracht, wenn er auf die Hitlerfaschisten angewandt wird. Wie entschied der Internationale Gerichtshof dieses Problem ? Es wurde auch seitens der meisten dieser Angeklagten eingewandt, daß sie das, was sie taten, auf Befehl Hitlers getan hätten und deshalb nicht für Handlungen verantwortlich gemaoht werden könnten, die sie in Ausführung dieser Befehle begangen hätten. Das Statut sieht in Artikel 8 ausdrücklich vor: "Die Tatsache, daß ein Angeklagter auf Befehl seiner Regierung oder eines Vorgesetzten handelte, gilt nicht als Strafausschließungsgrund, kann aber als Strafmilderungsgrund berücksichtigt werden."''® Die Bestimmungen dieses Artikels stehen im Einklang mit dem Recht aller Nationen. Daß ein Soldat den Befehl erhalten hat, unter Verletzung des Völkerrechts zu töten oder zu martern, ist niemals als ein Entschuldigungsgrund für solche Handlungen der Brutalität anerkannt worden, wenn auch, wie es das Statut hier vorsieht, ein solcher Befehl als Milderungsgrund bei der Bestrafung berücksichtigt werden kann In seinem Urteil stellte der Nürnberger Internationale Gerichtshof wiederholt fest, daß die Berufung auf einen offenkundig ver-
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brecherischen Befehl nicht von der Verantwortung befreien kann. Das wird nicht nur in den drei Punkten des Urteils gesagt, in denen es um die Handlungen der Verurteilten geht. Es war damals zweifellos ein Fehler des Tribunals, daß es ablehnte, den Generalstab und das Oberkommando der faschistischen Wehrmacht zu verbrecherischen Organisationen zu erklären. Das wurde ganz richtig in der "Abweichenden Meinung" des sowjetischen Richters gesagt. Doch obwohl der Internationale Militärgerichtshof den Generalstab und das Oberkommando der Wehrmacht nicht zu verbrecherischen Organisationen erklärte, schrieb er in seinem Urteil« "Sie sind in großem Maße verantwortlich gewesen für die Leiden und Nöte, die über Millionen Männer, Frauen und Kinder gekommen sind. Sie sind ein Schandfleck für das ehrenhafte Waffenhandwerk geworden... Viele dieser Männer haben mit dem Soldateneid des Gehorsams gegenüber militärischen Befehlen ihren Spott getrieben. Wenn es ihrer Verteidigung zweckdienlich ist, so sagen sie, sie hatten zu gehorchen; hält man ihnen Hitlers brutale Verbrechen vor, deren allgemeine Kenntnis ihnen nachgewiesen wurde, so sagen sie, sie hätten den Gehorsam verweigert. Die Wahrheit ist, daß sie an all diesen Verbrechen rege teilgenommen haben oder in schweigender Zustimmung verharrten, wenn vor ihren Augen größer angelegte und empörende Verbrechen begangen wurden, als die Welt je zu sehen das Unglück hatte. Dies mußte gesagt werden. Wo ee-.der Sachverhalt rechtfertigt, sollen diese Leute vor Gericht gestellt werden, damit jene unter ihnen, die dieser Verbrechen schuldig sind, ihrer Bestrafung nicht entgehen.""^ Wir sind verpflichtet, jetzt an diese Worte zu erinnern, denn diese verlogenen "Argumente", zu denen im Nürnberger Prozeß die reaktionären Verfechter der nazistischen Hauptkriegsverbrecher Zuflucht suchten, sind heute zur offiziellen Doktrin der westdeutschen Gerichte für die Rechtfertigung der lächerlich milden Urteile gegenüber den Hitlerschen Mördern und Henkern geworden. Heute suchen die Ideologen der Revanche und Reaktion den Nürnberger Prozeß zu verleumden, vergessen zu machen und die faschistischen Bestialitäten selbst in Zweifel zu ziehen. Natürlich ist es unmöglich, die Menschen hinters Licht zu führen, die die Ereignisse der Kriegsjahre nooh im Gedächtnis haben. Aber es ist sehr wichtig, daß die im Kriege und in den Nachkriegs jähren Geborenen die Wahrheit über die von den Hitlerschergen begangenen Verbrechen erfahren.
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L. N. Smiraow Anmerkungen
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Zit. nach: Eauschning, Hermann, Gespräche mit Hitler, ZürichWien-New York 1940, S. 11. Zit. nach: Domarus, Max, Hitler. Heden und Proklamationen 1932 - 1945, kommentiert von einem deutschen Zeitgenossen, Bd II/2, München 1965, S. 2056. BHewHHH rronMTHKa UoBe'rcicoro U0!03a b nepnoA OTeqeuTBeHHott BOÖHH, Bd I, Moskau 1946, S. 320. a.a.O., S. 320. a.a.O., S. 318. Zit. nach: Der Krieg im Völkerrecht. Völkerrechtliche Dokumente über die Verhinderung von Aggressionsakten, die Regeln der Kriegführung und die Bestrafung von Kriegsverbrechern. Zusammengestellt unö bearbeitet von Ii. Standtke unter Mitarbeit von L. Krumbiegel, Berlin 1961, S. 515« a.a.O., S. 516. Zit. nach: Potsdamer Abkommen. Ausgewählte Dokumente zur Deutschlandfrage 1943 bis 1949. Mit einem Vorwort von Prof.Dr. Stefan Doernberg, Berlin 1966, S. 61. Zit. nach: Der Nürnberger Prozeß. Aus den Protokollen, Dokumenten und Materialien des Prozesses gegen die Hauptkriegsverbrecher vor dem Internationalen Militärgerichtshof. Ausgewählt und eingeleitet von Prof.Dr. P. A. Steiniger, Bd I, 1. Aufl., Berlin 1957, S. 77. a.a.O., S. 77. a.a.O., S. 78. Der Prozeß gegen die Hauptkriegsverbrecher vor dem Internationalen Militärgerichtshof Nürnberg 14. November 1945 - 1. Oktober 1946, Nürnberg 1947, Bd II, S. 153 - 154. a.a.O., Bd. II, S. 116. Zit. nach: Der Nürnberger Prozeß. Bd I, S. 171. a.a.O., Bd I, S. 178. Zit. nach: Die Haltung der beiden deutschen Staaten zu den Nazi- und Kriegsverbrechen. Eine Dokumentation, Berlin 1965, S. 12.
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Zit. nach.: Heues Deutschland, Ausgabe B, vom 17. April 1965» Zit. nach: Der Nürnberger Prozeß, Bd. I, S. 78. a.a.O., Bd I, S. 230 - 231.
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Die Ursachen, für die Niederlage Deutschlands im zweiten Weltkrieg und die westdeutsche iieschichtsschreibung
Wie behandelt die derzeitige westdeutsche Geschichtsschreibung die Ursachen der Niederlage Hitlerdeutschlands im zweiten Weltkrieg ? Die Antwort auf diese Präge ist durchaus nicht nur von wissenschaftlichem Interesse. Erinnern wir uns daran, daß bei der ideologischen Vorbereitung der faschistischen Aggression die "Dolchstoßlegende" , d.h. die Verfälschung der Ursachen der Niederlage des imperialistischen Deutschlands im ersten Weltkrieg, eine große Rolle gespielt hat. Diese Legende wurde von der reaktionären deutschen Geschichtsschreibung zwischen den beiden Weltkriegen eifrig verbreitet. Ich glaube, daß die Zeiten, da von einem Historiker nur die Beschreibung der Tatsachen der Vergangenheit gefordert wurde, längst vergangen sind. Die Geschichtsschreibung soll nicht nur festhalten, sie soll auch erklären und erläutern, was in ferner und naher Vergangenheit vorging! sie soll die Ursachen dieser oder jener katastrophalen Wendungen der Geschichte aufdecken, sie soll vor einer Wiederholung warnen. Einem der einsichtigsten bürgerlichen Diplomaten der Vergangenheit, Jules Cambon, werden die Worte zugeschriebeii: "Nein, die deutsche Regierung will niemals den Krieg, aber sie strebt immer nach den Früchten des Sieges." Nach jedem verlorenen Krieg haben in Deutschland die regierenden herrschenden Kreise Revanche-Losungen verkündet, die Revision der nach dem Kriege entstandenen Lage gefordert und so den Weg bereitet, einen neuen Krieg als eine sozusagen "unvermeidliche", wenn auch "unerwünschte Notwendigkeit" darzustellen. Wir haben uns aus den Erfahrungen allein unserer eigenen Generation davon überzeugt, daß die Thesen der Historiker eine wichtige, um nicht zu sagen verhängnisvolle Rolle im Leben der Völker spielen
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können. Sie geben den Politikern und Diplomaten Waffen in die Hände und verwandeln sich in eine drohende Kraft. Der Streit um die Ursachen der Niederlage des faschistischen Deutschlands, der in der westdeutschen Geschichtsschreibung geführt wird, ist deshalb durchaus nicht so harmlos, wie er auf den ersten Blick erscheinen möchte. Diese Auseinandersetzungen stehen in unmittelbarem Zusammenhang mit den verschiedenen Wegen, die von den Politikern der Bundesrepublik eingeschlagen werden können. Die Dolchstoßlegende ist natürlich heute für keine Richtung in der derzeitigen westdeutschen Geschichtsschreibung mehr annehmbar. Bs müssen andere Erklärungen für die Niederlage gesucht werden, um eine moralische Rehabilitierung des Monopolkapitals, der Militärkaste und ihres Kriegskurses vorzunehmen. Natürlich sind die Traditionen der reaktionären Geschichtsschreibung nicht vergessen. Aber unter den gegenwärtigen Bedingungen ist es nicht mehr möglich, die alten Thesen, sagen wir der liberalen Schule, der Schule Rankes, der konservativen oder der faschistischen Geschichtsschreibung unverändert wieder aufzunehmen. Verglichen mit allen früheren Perioden in der Geschichte zeigt der deutsche Militarismus gegenwärtig eine weit größere Anpassungsfähigkeit an die veränderten historischen Bedingungen. Wir müssen im Auge behalten, daß die westdeutsche Geschichtsschreibung nach dem totalen Zusammenbruch des Faschismus, dem Zusammenbruch aller seiner Institutionen und Doktrinen, entstanden ist. Jede Erklärung der Vergangenheit setzte zunächst in der einen oder anderen Weise eine Abgrenzung gegenüber dem Paschismus voraus, der Deutschland in eine unerhörte nationale Katastrophe geführt hatte. Der Ausgangspunkt der Historiker in Westdeutschland war damit für alle historischen Richtungen und Schulen zwangsmäßig in gewissem Maße der gleiche. Die Abgrenzung dieser Schulen und Richtungen untereinander fand ihren Ausdruck vor allem im unterschiedlichen Herangehen an das Problem des Faschismus. Hier gibt es viele Schattierungen in der Behandlung der historischen Fakten, angefangen von der Pseudokritik von neofaschistischem Standpunkt aus bis zum entschiedenen antifaschistischen Versuch der Umwertung der Werte. Diese allgemeine Charakteristik wollte ich der Analyse der konkreten Haltung einzelner Historiker bei der Erklärung der Niederlage Hitlerdeutschlands voranstellen und glaube, daß man sie auch berücksichtigen muß.
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Auf dem rechten, extremsten Flügel der westdeutschen Geschichtsschreibung stehen also Historiker, die von offen neofaschistischen Positionen ausgehen. Zu ihnen gehören in erster Linie ehemalige Nazi-Würdenträger - militärische und zivile - , die sowohl Erinnerungen als auch recht umfangreiche historische Werke herausgeben; Als Leitmotto könnten über allen diesen Werken die Worte v o n Feldmarschall Kesselring, dem Autor des Buches "Soldat bis zum letzten Tag", stehen : "Meine Zukunft liegt in meiner Vergangenheit". Diese Worte äußerte Kesselring als Antwort auf die Frage von Journalisten über seine weiteren Pläne unmittelbar nach seiner Haftentlassung. In seinem Buch schreibt er über Hitler : "In der Zeit von 1921 bis 194-5 fühlte er sich vor allem als Soldat, auch in der Zeit des Aufschwungs seiner politischen Karriere ... Darum hat er die Wehrmacht geschaffen, die ihrem inneren Wesen und der materiellen Ausrüstung nach den höchsten Anforderungen der Kriegführung entsprach ... Vom Schicksal verfolgt, von seinem Volk verlassen, von niemandem Rettung erwartend ging er in die andere Welt." Dieses Bild von dem "tragischen Schicksal" Hitlers wird in Westdeutschland, so möchte ich sagen, immer moderner. Das Buch Kesselrings ist ein Beispiel für eine außerordentlich umfangreiche Literatur neofaschistischer Richtung, die auf dem. Büchermarkt der Bundesrepublik erschienen ist. Aber ungeachtet der weiten Verbreitung der Literatur neofaschistischen Gharakters kann man dennoch nicht behaupten, daß sie die führende Rolle unter den westdeutschen Publikationen spielt und den größten Einfluß auf die allgemeine Entwicklung der westdeutschen Geschichtsschreibung ausüben würde, Ich bin voll mit Prof. Kaminski einverstanden, der das ebenfalls betont hat. Die Versuohe einer Rehabilitierung des Faschismus so plumper Art stoßen auf einen doch zu großen Widerstand innerhalb der öffentlichen Meinung in der Bundesrepublik. Weitsichtigere Vertreter selbst unter den reaktionären westdeutschen Historikern begreifen, daß ein Versuch* Unterstützung ihres ideologischen Einflusses beim Faschismus oder Neofaschismus zu suchen, aussichtslos ist. Deshalb findet unter der historischen Literatur eine Richtung große Verbreitung, die ich vielleicht als "neomilitaristisch" bezeichnen möchte. Charakteristisch ist für diese Richtung der Versuch, den Faschismus vom Militarismus zu trennen, die Naziideologie als "Fremdkörper" in der Entwicklung der deutschen militaristischen
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Ideologie zu bezeichnen und die Alleinschuld an allem, was in Deutschland geschah, zu dekretieren. Um die Wurzeln dieser Konzeption zu verfolgen, müssen wir wieder einmal zu den Werken Ritters zurückgreifen. Seine Bücher bleiben - und werden noch lange bleiben -, fast möchte ich sagen das ABO der westdeutschen Historiker, auch wenn sie sich in vielen Fragen von Hitter distanzieren. Ritter negiert die kausale Verbindung und Wechselwirkung der Ereignisse im allgemein-historischen Prozeß. Für ihn ist die Geschichte eine Anhäufung von Zufälligkeiten. Der Gang der Geschichte ist nach Ritter von "einzelnen starken Persönlichkeiten" bestimmt, die Motive für das Handeln dieser "starken Persönlichkeiten" entziehen sich jedoch der Berechnung. Hitler ist für ihn ein Beispiel für die Unberechenbarkeit des historischen Geschehens, ein Produkt der "Dämonie der Macht". So schreibt er über Hitler : "Widerspricht es denn nicht allen Gesetzen des Verstandes, daß ein Mensch diese grausamen Akte der Barbarei begehen konnte, deren Zeuge wir waren, daß er nach seinem eigenen Willen einen Brand entfachen konnte, der buchstäblich die p
ganze Welt erfaßte, daß ihn keiner daran hindern konnte ?" Mit der These von der Alleinschuld Hitlers für alles, was in den Jahren des faschistischen Regimes vorging, sucht Ritter die Schuld von der deutschen Monopolbourgeoisie dafür zu nehmen, daß sie Hitler an die Macht brachte und ihn bei all seinen Handlungen unterstützte» Ritter schreibt, daß die Führer der deutschen Aimee während der "dämonischen Herrschaft" Hitlers versucht hätten, die Aggressionsvorbereitungen der faschistischen Führung zu bremsen,und •5 die Armee nur für reine Verteidigungsaufgaben einsetzen wollten. Er polemisiert mit dem englischen Historiker Wheeler-Bennett, dem Autor des Buches "Nemesis der Macht", daß man hinsichtlich der deutschen Armee nicht von einer Vergeltung für zu große Macht (diesem Gedanken gibt Wheeler-Bennett im Titel seines Buches Ausdruck), sondern eher ¿L von einer "Nemesis der Machtlosigkeit" spreohen müßte, von Vergeltung dafür, daß die Generalität angeblich von Beschlüssen sowohl i n politischen als auch in militärischen Fragen ausgeschlossen wurde. Die These von der alleinigen Verantwortung Hitlers für die Entfesselung des Krieges und von seiner Alleinschuld für die Niederlage ist jetzt - meiner Meinung nach - wieder zu einer der Hauptthesen der westdeutschen Historiker geworden. In den Diskussionen,
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die mir in Moskau mit den Vertretern der westdeutschen Historiographie - Erdmann, Krausnick und Jacobsen - hatten, war 3a die Hauptstreitfrage eben die Frage über die historische Einschätzung und die historische Rolle Hitlers. Jacobsen und Erdmann verfochten die Behauptung, daß man Hitler mit keiner Klasse in Verbindung bringen könne, daß er ein "Phänomen für sich" gewesen sei, eine einmalige dämonische Figur, die selbst Geschichte gewesen sei und Geschichte gemacht habe. Das Problem des Faschismus wurde dadurch auf das Problem Hitler reduziert und die Erfolge und Niederlagen der faschistischen Wehrmacht auf die persönlichen Eigenschaften, Launen und Fehlspekulationen des "Führers". Man darf hierbei nicht vergessen, daß die heute aktiven Historiker Westdeutschlands sich von den allzu primitiven Einstellungen eines Görlitz oder Kesselring losgesagt haben. Sie philosophieren nicht nur über Hitler als Person, sondern über die Phänomene der Macht, Diktatur usw. im allgemeinen. Hitler ist für sie die Verkörperung einer abstrakten und nicht klassengebundenen sozialen Kategorie - der Macht als solcher. Auf unserer Historikertagung in Moskau sagte Erdmann, er betrachte die Erforschung des Phänomens Hitler als eine der Hauptaufgaben der Geschichtswissenschaft in Westdeutschland. Jetzt gibt es bei den westdeutschen Historikern schon verschiedene Varianten der These von der Alleinschuld Hitlers. Was wir aus den letzten Werken namhafter westdeutscher Historiker herauslesen können und was auch in dem Auftreten der westdeutschen Historiker in Moskau zutage trat, ist der Versuch, die Politik Hitlers in zwei Etappen aufzuteilen : bis 1938, d.h. bis zum Münchener Abkommen, und nach 1938, d.h. die Zeit der unmittelbaren Aggression und Entfesselung des 2. Weltkrieges. Was den Krieg selbst anbetrifft, so versuchen viele westdeutsche Historiker auch hier zu differenzieren. Sie sagen also, daß Hitler das eine richtig, das andere falsch gemacht habe. Mehr falsch als richtig (denn sonst könnte man ja die Niederlage nicht erklären), aber auch manches richtig. Bodo Scheurig z.B. behauptet : "Hätte Hitler die Höhe begriffen, die er 1938 mit dem Münchener Abkommen erklommen hatte s er wäre als Staatsmann in die deutsche Geschichte eingegangen. Aber er konnte sie nicht begreifen, da ihn andere Ziele verblendeten". In derselben Richtung liegen auch die Bemühungen Krausnicks. In seinem Buch über die Geschichte Deutschlands 1933 - 19^5. das er zusammen mit M a u herausgab, beschuldigt er Hitler, daß er die Politik der Revision
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des Versailler Vertrages nicht geschickt und geduldig genug betrieb e n hätte. Hätte er es getan, so hätte er noch viele Erfolge auf dem Gebiet der Revision für sich buchen können, der Revision, wie es in einer anderen Arbeit Krausnicks heißt, "sowohl auf europäischem, wie auch auf kolonialem Boden". Bs gibt mit anderen Worten zwei Hitler, einen "annehmbaren" und einen "unannehmbaren". Und wie weit man den Begriff der "Annehmbarkeit" Hitlers stecken kann, davon zeugten die Tatsachen, die uns Prof. Gentzen in seinem Referat vorlegte. Ich habe schon darauf hingewiesen, daß in bestimmter Weise Gerhard Ritter und sein Neomilitarismus richtunggebend sind für die Mehrzahl der westdeutschen Historiker. Aber das heißt nicht, daß es zwischen den westdeutschen Historikern keine verschiedenen Schattierungen und sogar gegensätzliche Meinungen gibt. Vielleicht ist der Vergleich etwas gewagt, aber wenn man von einer "neorankeanischen Schule" in Westdeutschland sprechen kann, dann beansprucht jetzt die Stelle Rankes eben G. Ritter, und der Unterschied zwischen dem großen Reaktionär Raiike und dem viel, viel kleineren Ritter ist eben der Unterschied zwischen der deutschen Bourgeoisie in der Zeit ihrer Blüte und ihres Niedergangs. Unter den gegenwärtigen Bedingungen in Westdeutschland ist die Ranke-Schule offensichtlich in zwei Richtungen zerfallen. Wenn man den von Ritter vertretenen Flügel als konservativ bezeichnen kann, dann kann man die andere Richtung, die unter der Führung des 1963 verstorbenen Ludwig Dehio und von Hans Rothfels auftritt, als pseudo-liberal charakterisieren. Hans Rothfels geht bei der Verurteilung des Faschismus erheblich weiter als Ritter; er distanziert sich auch von der Militärdoktrin der Nazis und hält die Niederlage des faschistischen Deutschland für gesetzmäßig. Mit der konservativen Richtung eines Ritter und Görlitz verbindet ihn jedoch seine "antibolschewistische" Einstellung, seine Bemühungen, aus der Vergangenheit den Ausgangspunkt für ein mögliches antisozialistisches Bündnis der USA, Englands und der Bundesrepublik herzuleiten. Auch Rothfels will den deutschen Militarismus verteidigen. Er bemüht sich, ihm alle möglichen demokratischen Züge zuzuschreiben. In seinem bekannten Buch: "Die deutsche Opposition gegen Hitler" geht er sogar so weit, den "echten preußischen Militarismus" zum Hindernis für "nationalistische und demagogische Einstellungen aller Art" zu erklären.-'
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Die Ursache für die Niederlage Hitlerdeutschlands im Krieg sieht diese Richtung vor allem i n den Differenzen zwischen dem faschistischen Deutschland und den anderen Westmächten.Dabei betrachten sie den deutschen Militarismus als das militärische und ideologische Zentrum der "westlichen Gemeinschaft". I n der Einschätzung der Gründe für das Auseinanderfallen der "westlichen Welt" finden w i r zwar verschiedene Schattierungens die einen wollen Hitler dafür verantwortlich machen, die anderen schieben die Schuld auf die Westmächte, die sie beschuldigen, die "Hand" des faschistischen Diktators auageschlagen zu haben. Aber i n den Grundlinien stimmen diese beiden Richtungen miteinander überein. Eine große Rolle spielt bei dieser Richtung wie auch bei allen anderen die Theorie des "Abendlandes". Diese Schule sucht aber die Prinzipien des sogenannten Abendlandes im traditionellen bürgerlich-parlamentarischen Sinne darzulegen. Deshalb w e r d e n i n den Arbeiten der Anhänger der pseudo-liberalen Schule der Faschismus und seine Doktrin kritisiert. Sie suchen dem deutschen Militarismus i n seiner gegenwärtigen Entwicklung eine mehr demokratische Färbung zu geben. Aber die pseudoliberalen Historiker sind weit davon entfernt, die wirklichen Fehler des deutschen Militarismus und die Gründe für seine Niederlage zu erkennen, da ihre Anschauungen vom Antikommunismus durchtränkt sind. Die Suche nach der historischen Wahrheit findet ihren Ausdruck i n einer ganzen Reihe v o n Büchern aus den letzten Jahren, die zu einer realistischen Einschätzung der Vergangenheit auffordern, zur Verurteilung der ganzen Richtung der deutschen Politik unter dem Kaiser und unter Hitler. Diese Literatur bezeichnet Prof. Jerussalimski in seinem neuen Buch sehr treffend als "Literatur des historischen und politischen Realismus". Hierher gehört die grundlegende Arbeit Fischers "Griff nach der Weltmacht". Bezeichnenderweise rief diese Arbeit Fischers, wie wir ja wissen, heftige Angriffe der militaristischen Historiker hervor. Gleichartigen Angriffen sind verschiedene Arbeiten Golo Manns ausgesetzt, i n denen sich die Aufforderung findet, auf dem Boden der Realität zu bleiben und bestimmte aggressive Dogmen des deutschen Imperialismus zu überprüfen. Vom historischen Realismus zeugt auch der Kommentar von Helmut Heiber, des Herausgebers von Hitlers Lagebesprechungen 194-2-194-5, den er i n der Einleitung zu diesem Buch gegeben hat. Heiber tritt gegen die These auf, daß Hitler allein durch seinen militärischen Dilettantismus die Niederlage Deutschlands im zweiten Weltkrieg
Zur Darstellung des 2. Weltkrieges
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verschuldet habe, und schreibt dazu: "Es ist eben nicht wahr, daß - in Schwarz-Weiß-Manier - ständig durchweg richtige und erfolgversprechende Konzeptionen der Generalstäbe an der stupiden Ignoranz eines nur Unsinn planenden und nur Unsinniges verlangenden Dilettanten gescheitert sind, und daß der Krieg (die neue Saga war kaum mehr zu überhören) zumindest nicht hätte verlorenzugehen brauchen, wenn die konfusen Ideen des "kommandierenden Korporals" nicht immer und immer wieder die eindrucksvollen Planungen seiner Führungsgehilfen durchkreuzt, ins Gegenteil verkehrt und unbrauchbar gemacht hätten" 6 . Die Herausgabe der Lagebesprechungen selbst, die 1962 in Stuttgart erschienen sind, war bereits ein Ausdruck der Tendenz zum historischen Realismus, denn sie widersprechen kraß und beweiskräftig der These von der Alleinschuld Hitlers. Ich glaube, daß diese Publikation eine wahre Fundquelle für alle Historiker ist, die sich objektiv mit den Zielen des deutschen Imperialismus und der Rolle Hitlers befassen wollen. Man könnte auch noch andere Namen und Werke nennen, in denen dieser Realismus zum Ausdruck kommt. Hierzu gehören die Namen Rasch, des jungen Historikers Immanuel Geiss usw. Man kann auch darauf hinweisen, daß es in Westdeutschland auch eine kleine Gruppe fortschrittlicher Historiker gibt, die einen mutigen Kampf gegen den Antikommunismus führen, gegen Verherrlichung von Aggression und Schutz der militaristischen Doktrin, für eine neue Orientierung und eine Revision des aggressiven politischen Kurses. Zu dieser Richtung gehörten der Schriftsteller und Historiker Günter Weisenborn, Heinz Brüdigam, Kurt Hirsch, Wolfgang Abendroth, Willi Bölz. In dem Buch von Hirsch "Die Blutlinie . Ein Beitrag zur Geschichte des Antikommunismus in Deutschland" heißt es unter anderem: "Der Antikommunismus kann zu nichts anderem führen als zum totalen Elend, zur Katastrophe, die man nicht messen, nicht ausdenken kann."'' Brüdigam erklärt in seinem Buch "Wahrheit und Fälschung", daß die Entstellung und Verfälschung der deutschen Geschichte schon mehrfach zu nicht wieder gutzumachendem Elend geführt hat, daß sie also Q
widerlegt werden müssen. In der Geschichtswissenschaft Westdeutschlands vollzieht sich eine Abgrenzung in der Darstellung der Grundprobleme der Geschichte, darunter auch in der Frage nach den Ursachen der Niederlage Hitlerdeutschlands. Die Historiker der militaristischen Richtung sind zur Zeit noch in der Mehrzahl. Aber die Interessen des ganzen deutschen
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Volkes sowie die Interessen der Bevölkerung in der Bundesrepublik erfordern, daß die Lehren der Geschichte nicht vergessen werden. Sich diese Notwendigkeit in Erinnerung zu rufen, ist am Jahrestag des Sieges besonders angebracht. Zum Schluß möchte ich noch folgendes sagen. Jetzt nach 20 Jahren ist in der ganzen Welt schon eine neue Generation herangewachsen. Für sie ist der Krieg nicht mehr Erlebnis, sondern schon Geschichte. U n d für sie haben diejenigen gekämpft, welche jetzt aus der Rubrik der "Söhne" in die Rubrik der "Väter" eingerückt sind. Dieser Generation, die den Krieg nicht aus eigener Erfahrung kennt, aber auch die Gefahren und Opfer nicht, die Ursachen und Folgen des vergangenen Krieges vor Augen zu führen, wird immer mehr Sache der Historiker. Und das ist eine hehre, vornehme Aufgabe. Daran wollte ich, liebe Kollegen und Freunde, am 20. Jahrestag des Sieges über den Faschismus erinnern.
Anmerkungen 1 2 3 4 5 6
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Kesselrinp;, A., Soldat bis zum letzten Tag, Bonn 1953, S. 386-387. Bitter, G., Geschichte als Bildungsmacht, Stuttgart 1949, S.24. Ritter. G.. Dämonie der Macht, München 1948, S. 161. Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 20. April 1955« Rothfels, H., Die deutsche Opposition gegen Hitler, Frankfurt/M. 1958, S. 161. Lagebesprechungen im Führerhauptquartier. Protokollfragmente aus Hitlers militärischen Konferenzen 1942 - 1945, hg. von Helmut Heiber, München 1964, S. 23. Hirsch, K.. Die Blutlinie. Eine Betrachtung zur Geschichte des Antikommunismus in Deutschland, Frankfurt/M. 1960, S. 137. BrüdiRam, H., Wahrheit und Fälschung. Das dritte Reich und seine Gegner in der Literatur seit 1945, Frankfurt/M. 1959, S. 7.
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Neue Forschungsergebnisse über den gemeinsamen Kampf deutscher und ausländischer Antifaschisten in Deutschland gegen den faschistischen Raubkrieg
Dieser Beitrag stützt sich auf Unterlagen des faschistischen Volksgerichtshofes, des Reichssicherheitshauptamtes und auf schriftliche Erinnerungen aktiver Hitlergegner. Es wurde bewußt auf die Wiedergabe* von Tatsachen verzichtet, die der Öffentlichkeit bereits bekannt sind. Die neuen Forschungsergebnisse bestätigen, daß der Umfang des internationalen Kampfes auf deutschem Boden gegen den Faschismus und gegen den Krieg weit größer war, als im allgemeinen angenommen wird. Die Widerstandskämpfer : Kommunisten, Sozialdemokraten, Parteilose, Jugendliche und Frauen handelten aus untersehiedlichen Motiven. Sie wußten, daß sie Freiheit und Leben im Kampf gegen das erbarmungslose faschistische Regime verlieren körnten. Aber ihre Liebe zur Heimat und zum Frieden, ihr Wille, das Leben des eigenen Volkes zu schützen, den völkermordenden Hitlerkrieg zu beenden, inmitten des Chauvinismus und Rassenwahns Solidarität und wahre Menschlichkeit zu bekunden, waren stärkere Triebkräfte als jede Furcht vor dem Terror der Gestapo und der SS. Das Studium der Materialien macht erneut drei Tatsachen deutlich: 1. Den starken Einfluß der Direktiven des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Deutschlands auf einzelne Personen und Gruppen von Widerstandskämpfern. Dieser Einfluß wird sowohl bei ausgesprochen kommunistischen Widerstandsorganisationen als auch bei Personen und Gruppen von Widerstandskämpfern sichtbar, bei denen kein unmittelbarer Kontakt zur illegalen KPD festzustellen ist. 2. Die unvorstellbare Brutalität der Gestapo, der SS, des Sicherheitsdienstes und der Justizbehörden, die den Widerstand gegen das faschistische Regime und den Krieg mit allen Mitteln, des Terrors und unmenschlicher Grausamkeit brechen sollte. 3. Alle Dokumente widerspiegeln den Heroismus der Hitlergegner aus allen Gesellschaftsschichten, die Standhaftigkeit der in die
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Hände der Gestapo Gefallenen, die sich, nicht das Geheimnis Ihrer Organisation und Tätigkeit entreißen ließen, es mit sich nahmen hinter die Kerkermauern, hinter den elektrisch geladenen Zaun der Konzentrationslager oder in vielen, vielen Fällen ins Grab«, Die Vernehmungsprotokolle, Anklageschriften und Gerichtsurteile beinhalten nur das, was die Gestapo über den Widerstandskampf herausgefunden oder von den Verhafteten herausgeprilgelt hatte« Die Unterlagen können deshalb nur als Ausschnitte, keineswegs als Wiedergabe der gesamten antifaschistischen (Tätigkeit gewerbet werden« Die Akten des faschistischen Heichssicherheitshauptamtes, die Protokolle und Urteile des Volksgerichtshofes besitzen deshalb nur bedingten Quellenwert. Verhaftete und vor Gericht gestellte Widerstandskämpfer blieben stets bemüht, nur jene Fakten zuzugeben, die ihnen nachgewiesen wurden. In dem Bemühen, ihre Mitkämpfer vor dem faschistischen Terror zu schützen,und aus einem natürlichen Selbsterhaltungstrieb verbargen sie den Nazibehörden den vollen Umfang des Widerstandes gegen die Naziherrschaft und gegen den Haubkrieg. Auch die Memoirenliteratur und die Erinnerungen der Hitlergegner bringen zwar viele zusätzliche Tatsachen ans Licht, können jedoch nicht das ganze Geschehen sichtbar machen. Der rasende faschistische Mordterror brachte viele Zeugen des heroischen.Kampfes gegen Faschismus und Krieg zum Sohweigen. Zehntausende sind, oft infolge der Schrecken während der Haft und der Not im illegalen Kampf, inzwischen verstorben. Umso dringlicher erscheint das Gebot , all« noch vorhandenen Kenntnisse über die Front im Innern Deutschlands während des zweiten Weltkrieges zu erforschen und der Öffentlichkeit zu unterbreiten.Die Zusammenarbeit zwischen deutschen und ausländischen Hitlergegnexn im Kampf gegen den faschistischen Krieg bewegt sloh auf drei Ebenen, die miteinander verbunden, aber gleichzeitig qualitativ unterschiedliche Bedeutung und Wirkung hatten. Die Zusammenarbeit beginnt zumeist mit solidarischer Hilfe von Deutschen gegenüber Ausländern.' Deutsche gaben den naoh Deutschland Verschleppten oder Inhaftierten Lebensmittel, Zigaretten, Kleidungsstücke und Medikamente. Sie übermittelten ihnen Radionachrichten, gaben duroh Worte und Gesten zu erkennen, daß den ausländischen Patrioten auoh im faschistischen Deutschland gute Menschen, Freunde ihres Volkes und Mitkämpfer zur Seite standen. Die ausländischen Patrioten versuchten ihrerseits, durch sorgfältige Beobachtungen der deutschen Menschen, mit denen sie duroh
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ihre Arbeit in Berührung kamen, Personen herauszufinden, denen sie ihr Vertrauen schenken konnten« Das war zwar für ausländische Zwangsarbeiter, Verschleppte und Inhaftierte außerordentlich kompliziert, aber es gelang trotzdem» Der Umfang dieser losen, oft über einen längeren Zeitraum bestehenden Kontakte, ist schwer abzustecken. Die Lageberichte der Gestapo-Dienststellen (Stapo-Leitstellen), zusammengestellt und bearbeitet vom Reichssicherheitshauptamt (R.S.H.A.) Abteilung IV, liefern dazu ein umfangreiches dokumentarisches Material. Die Lageberichte trugen die offizielle Bezeichnung "Meldungen wichtiger staatspolizeilicher Ereignisse" und begannen bemerkenswerterweise mit der Übersicht "EPD und andere marxistische Organisationen". Sie enthalten in diesem ersten Teil Informationen über Verhaftungen von Kommunisten mit Angabe ihrer Funktionen in der KPD vor 1933 und des angeblichen Grundes ihrer Verhaftung. Ferner bringen diese "Meldung gen" aus allen Seilen des faschistischen Beiohes, auch aus den zeitweilig okkupierten Gebieten, Nachrichten über Inhaftierungen von angeblichen oder tatsächlichen Widerstandskämpfern, über aufgefundene Flugblätter, Streuzettel und an die Wände geschriebene Antikriegslosungen; sie enthalten Auszüge aus Sendungen ausländischer Rundfunkstationen in deutscher Sprache und die Liste beschlagnahmter, legal in Deutschland verbreiteter Zeitungen aus Dänemark, Schweden, Finnland, Schweiz, Italien, Spanien, Frankreich und anderen Staaten. Vom Gesichtspunkt unserer Thematik interessiert bei diesen Meldungen besonders die Spalte "Verbotener Umgang mit ausländischen Arbeitern und Kriegsgefangenen". Aus den vorhandenen "Meldungen" über den Umfang der Verhaftungen aus diesem Grund sei hier eine kleine Übersicht gegeben: 4 Oktober 1941 531 Personen 2 Mai 1942 958 Personen Juni 1942 1 217 Personen^ 1 Juli 1942 1 204 Personen ' August 1942 1 538 Personen^ 6 20. - 26. Februar 1943 1 669 Personen 7 März 1943 986 Personen' 1 8 30.9. - 6.10.1944 287 Personen 7.10. - 13.10.1944 290 Personen^ 4.11. - 10.11.1944 480 Personen''® 386 Personen11 11.11. - 17.11.1944
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Bei dieser Übersicht fällt die Zahl der Verhafteten in der Woche vom 20. bis zum 26. Februar 194-3 besonders auf. Die Unterlagen des Reichssicherheitshauptamtes geben dazu keine Erklärung. Diese Wochenzahl vom Februar 1943 ist höher als die angeführten Monatszahlen des Jahres 1942. Die Vermutung liegt nahe, daß im Zusammenhang mit der faschistischen Katastrophe in der Schlacht an der Wolga die Zusammenarbeit zwischen deutschen und ausländischen Hitlergegnern besonders intensiviert wurde; zugleich aber wuchs der Terror der Gestapo aus Furcht vor größeren Aktionen der Widerstandskämpfer. So wären die größeren Ausmaße von Verhaftungen zu erklären. Obwohl die angeführten Zahlen nur eine ungefähre Vorstellung von dem Umfang der Verbindungen zwischen Deutschen und Ausländern in ihrem gemeinsamen Kampf gegen Faschismus und Haubkrieg geben, bezeichnen sie zugleich die Größenordnung dieser Seite des faschistischen Terrors und der Standhaftigkeit der Hitlergegner. Wenn wir die amtlichen Zahlen als Durchschnittsziffern gelten lassen, so wären 194-1 ca. 6000 Deutsche wegen "Verbotenen Umgangs mit ausländischen Arbeitern und Kriegsgefangenen" verhaftet worden; 194-2 wären es dann ca. 14000, im Jahre 1943 schätzungsweise 18000. Eine Tatsache ist unbezweifelbars Auch der brutalste und ständig stärker werdende Terror der SS, Gestapo lind der Justizbehörden konnte nicht verhindern, daß der gemeinsame Kampf deutscher und ausländischer Antifaschisten an Umfang und Intensität zunahm. Mit den Kontakten deutscher Hitlergegner zu ausländischen Patrioten war neben der konkreten materiellen Hilfe die Weitergabe von Handzetteln, Flugblättern und anderen Materialien zu politischer Information verbunden. Aus den Erinnerungen der Arbeiterin Erna Klukas, jetzt wohnhaft Karl-Marx-Stadt, Münchener Straße 53, geht hervor, daß sie, ihr Mann und ihr Schwager,Ernst Enge, lange Zeit selbst geschriebene kleine Flugblätter, die Nachrichten ausländischer Rundfunkstationen enthielten, an französische und russische Gefangene verteilten. Der Arbeiter Ernst Enge, obwohl bereits über 40 Jahre alt, nahm russischen und französischen Sprachunterricht, um die abgehörten Nachrichten übersetzen zu können. Er wurde, ebenso wie der Mann von Frau Klukas, von der Gestapo in schreck12
lichster Weise totgeschlagen, weil sie schwiegen. Der zweite Senat des Volksgerichtshofes verurteilte am 11. August 1942 (8 J 127-42 g 2 H 141§42) den am 8. Januar 1925 in Hamburg geborenen Verwaltungslehrling Helmut-Günter Hübner zum Tode. Be-
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gründung : H. hatte ausländische Radiostationen abgehört, die Nachrichten durch selbst angefertigte Flugblätter an Deutsche und Ausländer verbreitet« Ein in den Akten vorhandenes Exemplar eines Plakates, das öffentlich angeschlagen wurde, berichtet über die Hinrichtung des Siebzehnjährigen. Seine Mitangeklagten, ebenfalls Jugendliche im Alter von 16 - 17 Jahren, erhielten 4, 5 und 10 Jahre Gefängnis. Der Volksgerichtshof verurteilte am 16. Januar 19*5 Frau Marta Häublein zum Tode, weil sie Nachrichten von ausländischen Sendern mit Wurfzetteln an Deutsche und französische Zwangsarbeiter verteilt hatte. Im Urteil wurde weiter angegeben, Frau Häublein trüge sich mit der Absicht, Widerstandsgruppen unter den französischen Zwangsarbeitern zu organisieren. Mit dieser tapferen deutschen Frau mußten 14 drei weitere Angeklagte den Weg zum Schafott gehen. Diese hier angeführten Beispiele mögen für viele andere das Zusammenwirken von deutschen und ausländischen Hitlergegnern auf dieser Ebene bezeugen. Aus diesen, gemäß den Regeln der Konspiration sehr losen Kontakten entwickelte sich eine weitere Form des gemeinsamen Kampfes deutscher und ausländischer Hitlergegner gegen den faschistischen Haubkrieg, die wir als eine zweite und höhere Ebene bezeichnen möchten. Das war vor allem die Begegnung der antifaschistischen Widerstandskämpfer verschiedener Nationen außerhalb der Betriebe. Diese Begegnungen fanden in Wohnungen deutscher Antifaschisten, in Lokalen, Parks, Wäldern, in Ruderbooten auf Seen und Flüssen statt. Die Teilnehmer wählten Orte, an denen sie sich vor einer Beobachtung sicher fühlten. Das unmittelbare Anliegen der ausländischen Antifaschisten bei diesen Begegnungen erwuchs aus dem Bedürfnis, wahrheitsgemäße Informationen von der Lage an den Fronten und der politischen Situation zu hören und nach Möglichkeit die Radiostationen ihrer Heimat selbst zu hören. Wenn ein gemeinsames direktes Abhören der ausländischen Radiostationen nicht möglich war, berichteten die deutschen Teilnehmer der Begegnung ausführlich über die ihnen durch Radio und andere Quellen zugegangenen Informationen. Die Beteiligten besprachen das Gehörte und legten Maßnahmen fest, wie die Nachrichten aus der Heimat, die Berichte über das militärische Geschehen und Einschätzungen über die politische Situation an ihre Landsleute, besonders aber an die aktiven Hitlergegner, weitergegeben werden könnten.
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Der Oberreichsanwalt beim Volksgerichtshof, Akte 9/J 147/43, beschuldigte in seiner Anklageschrift vom 8. April 1943 den deutschen Arbeiter Josef Langner, den polnischen Patrioten Kolodziej und den Sowjetbürger Mlodoch, a l l e Beschäftigte im Stahlwerk XI dea Bochumer Vereins, den sowjetischen Kriegsgefangenen und Zwangsarbeitern Nachrichten über die Lage an der Ostfront und von der Vernichtung des Afrika-Korps übermittelt zu haben. Außerdem hätten sie auf Grund der "angeblich schlechten Verpflegung" die ausländischen Arbeiter aufgefordert, die Arbeit zu verweigern/^ Es blieb selten bei dem bloßen Abhören von ausländischen Radiostationen oder nur der Übergabe von aktuellen Nachrichten. Damit verbunden war die materielle H i l f e , das Verteilen von Lebensmitteln, Medikamenten, Kleidungsstücken und Tabakwaren» Die in dieser Weise handelnden deutschen und ausländischen Patrioten forderten mit der Nachrichtenveirmittlung ihre Landsleute auf, durch Sabotage i n der Rüstungsproduktion ihren Anteil im Kampf gegen die faschistischen Aggressoren zu l e i s t e n . Wegen dieses patriotischen Verhaltens wurden am 4. August 1944 die Antifaschisten Max Wagner und Anton Himmler aus Hildesheim vom Volksgerichtshof 2 H 99/44 zum Tode verurteilt.' 1 6 Die S t a a t s p o l i z e i l e i t s t e l l e Regensburg beantragte am 26. Oktober 1943 Anklageerhebung gegen 25 Personen aus Pfarrkirchen, darunter v i e r Wehrmachtsangehörige, wegen Abhörens der Nachrichten des Londoner und Moskauer Rundfunks, Verbreitung dieser Nachrichten an französische Kriegsgefangene, Verteilung von Lebensmitteln an Gefangene und wegen des Besitzes von Waffen'und Munition.'''7 Die Arbeiter Karl Graf und Anton Krings verhalfen vom Mai bis November 1942 zehn französischen Kriegsgefangenen zur Flucht. Sie verschafften ihnen Lebensmittel, Z i v i l k l e i d e r und organisierten die Fahrt mit der Eisenbahn. Von der Gestapo verhaftet, erhielten 18
beide Angeklagte j e 10 Jahre Zuchthaus wegen Landesverrat» Es sei weiter das Beispiel des Sprengmeisters Karl Kurras und seiner Frau Emma aus Ostpreußen genannt. Auf ihrem Bauernhof versteckten sie drei Monate lang dreizehn aua einem Lager geflüchtete Juden. Mann und Frau büßten die edle Tat mit ihrem Leben; die geflüchteten jüdischen Menschen e r e i l t e das gleiche Schicksal."^ Bei den Akten des Volksgerichtshofes zu diesem Prozeß befindet sich ein B r i e f , dessen Inhalt die grausame Unmenschlichkeit und den verbrecherischen Rassenwahn der Nazifahrer dokumentiert. In diesem Brief heißt es: "Der Gauleiter und Reichsverteidigungskonmissar
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Koch habe im Einvernehmen mit dem Befehlshaber der Sicherheitspolizei den dringenden Wunsch geäußert, das vorliegende Verfahren mit größter Beschleunigung zur Aburteilung zu bringen. Der Gauleiter wünscht außerdem Im Interesse einer wirksamen Abschreckung die Vollstreckung der zu erwartenden Todesstrafe durch Erhängen am Wohnort
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der Angeschuldigten." Wer kann den tiefen Graben ausmessen, der zwischen der humanen Tat des Ehepaares und den Verbrechen ihrer Mörder bestand ? Im Februar 19^2 verhaftete die Staatspolizeistelle Innsbruck den katholischen Pfarrer Anton Kirchmair. Ihm wurde als staatsfeindliche Tat zur Last gelegt, er habe zwei französischen Geistlichen, die sich in einem Kriegsgefangenenlager befanden, Hilfe zum Lesen der Messe im Lager gewährt. ' Die Empfindungen eines polnischen Zwangsarbeiters über die ihm zuteil gewordene Hilfe durch deutsche Arbeiter bekundete der polnische Staatsangehörige Franciszek Chudzik aus Ozorköw, Kolo Lodzi, i n einem Brief am 1. September 1961 : "Wenn nicht die Hilfe, das Mitgefühl und die oft herzlichen Freundschaftsbekundungen der deutschen Genossen, mit denen ich zusammen arbeitete, gewesen wäre, wäre es mir schwer 22 gefallen, diese langen Jahre in Hitlerdeutsohlend zu überstehen." Als dritte und qualitativ höchste Form des gemeinsamen Widerstandskampfes deutscher und ausländischer Hitlergegner, die in ihrer Wirkung die vorhergenannten Foimen weit übertraf, können jene Handlungen bezeichnet werden, bei denen es außer der materiellen Hilfe und dem Abhören von ausländischen Rundfunkstationen zu bewußt organisierten Aktionen kam. Dazu gehörte die Rettung gefährdeter Widerstandskämpfer, die wirksame Sabotage an der Rüstungsproduktion und Vorbereitungen zur Anteilnahme am bewaffneten Kampf zum Sturz des Haziregimaso Die folgenden Beispiele sind aus der Fülle des Materials herausgegriffen} sie mögen stellvertretend für viele andere tapfere Taten deutscher und ausländischer Antifaschisten berichten. In Dresden schuf sich das Mitglied der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands, Alfred Althus, einen engen Kontakt zu dem polnischen Zwangsarbeiter Ignaz Hulka, der mit 60 polnischen Landsleuten in Verbindung stand. Ihr gemeinsames Ziel war die Verbreitung von militärischen und politischen Nachrichten, die Organisierung der Rüstungssabotage und die Bildung von Widerstandsgruppen. Althus wurde im Mai 194-3 verhaftet und vier Monate später hingerichtet. 2 ^
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Der Kommunist Jakob Höder war der Organisator einer deutschfranzösischen Widerstandagruppe in dem NAG-Flugzeugmotorenwerk Braunschweig. Er und drei französische Mitkämpfer fielen im September 1944 der Gestapo in die Hände. Der Volksgerichtshof verurteilte ihn zum Tode, seine französischen Freunde erhielten Zuchthausstrafen. 2 * In Stettin arbeitete 1943/44 eine von den Kommunisten Werner Krause, Walter Miermeister und Walter Empacher geführte Widerstandsgruppe von 50 Antifaschisten. Sie hielten Verbindung zu den sowjetischen Zwangsarbeitem in den "Oder-Werken" und führten am 7» November 1943 eine Solidaritätsaktion für ihre sowjetischen Freunde durch. Die Gruppe verteilte selbst hergestellte Handzettel mit Losungen wie : Hitler muß sterben, wenn Deutschland leben will ! Soldaten - 5 Jahre Krieg - doch kein Gedanke an Sieg I Bei den Unterlagen des Volksgerichtshofes befinden sich Materialien des Nationalkomitees "Freies Deutschland", die bei den Angehörigen der Widerstandsgruppe gefunden wurden, darunter ein sogenannter Passierschein für Soldaten mit der Überschrift : Deutsche Generale gehen nicht in den Tod, sondern in die Gefangenschaft ! Die Gruppe verschaffte sich Waffen und Sprengstoffe, baute Bunker für Flüchtlinge und setzte der Verhaftung durch die Gestapo bewaffneten Widerstand entgegen. Zur Gruppe gehörten auch drei Angehörige der faschistischen Armee. Die Gestapo konnte 26 Teilnehmer der Gruppe verhaften, 7 wurden hingerichtet. 2 *' Eine bedeutende Widerstandsgruppe kämpfte 1942 - 1944 in den Hheinmetall-Borsigwerken, Berlin-Tegel. Die Initiative hatten die langjährigen Mitglieder der Kommunistischen Partei Deutschlands Otto Dressler, Friedrich Lüben, Albert Brust, Paul Hintze u.a., die ein weitverzweigtes Netz innerhalb des Betriebes und zu anderen Widerstandsgruppen in Berlin schufen. Über den französischen Kriegsgefangenen Edouard Tremblay, die Sowjetbürger Alexander Kolbasan und Irina Orlowa bestand ein enger Kontakt zu ausländischen Zwangsarbeitern. Zu den vielen von dieser Gruppe hergestellten und verteilten Flugschriften gehören auch solche in französischer und russischer Sprache. Die folgenden Titel einiger Flugschriften zeigen die Leidenschaftlichkeit und Überzeugungskraft der Widerstandskämpfer. Die Anklageschrift nennt Flugschriften mit Überschriften wie : Städte zertrümmert, zu Schutt zermalmt I Sieg oder bolschewistisches Chaos ? Verrat ! Soldaten, Kameraden an der Front ! Ouvriers
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et Ouvriers I Towarischtschi I Genossen, Arbeiter l In einem der Flugblätter mit der Überschrift "Die Anklage" hieß es : "Jagt H i t l e r und seine Clique, seine kriegstollen O f f i z i e r e , davon. Verbrüdert euch mit den russischen Arbeitern und Bauern l" 2 ^ Die Anklageschrift (S. 9) enthielt ein Eingeständnis von der Wirkung, die das Antikriegsmaterial der tapferen Widerstandskämpfer ausgeübt hatte, i n den Worten i "Die Verbreitung dieser Hetzschriften und die damit verbundene Agitation hatte die gewünschte Wirkimg und r i e f , wie die Berichte der Firma Hheinmetall-Borsig ergeben, 28 größte Unruhe besonders unter den ausländischen Arbeitern h e r v o r . . . " Durch mündliche Propaganda und v e r v i e l f ä l t i g t e s Material forderte die Widerstandsgruppe die deutschen und ausländischen Arbeiter zur Sabotage an der Rüstungsproduktion auf. Krankmeldungen, langsam arbeiten, Beschädigung der Maschinen und Werkzeuge hemmen die f a schistische Kriegsmaschine und dienen dem Frieden, argumentierten die Widerstandskämpfer. Seit dem Frühjahr besaß die Gruppe über den französischen Arbeiter Edouard Tremblay, einem ehemaligen Angehörigen der Internationalen Brigaden, die 1936 - 1939 f ü r Spaniens F r e i heit Blut und Leben gegeben hatten, Verbindung zu den Franzosen im Betrieb. Gemeinsam hörten sie die französischen Sendungen des Londoner Rundfunks ab, deren Inhalt E. Tremblay für Flugblätter verwandte. Durch Verbindung zu einem Mitglied der NSDAP bekam die Gruppe Informationen über geplante politische Abwehrmaßnahmen der Betriebsleitung und Gestapo und konnte rechtzeitig entsprechende Gegenaktionen durchführen. Die Gestapo spürte diese Gruppe auf und verhaftete eine Reihe führender Kräfte deutscher und ausländischer Arbeiter. Aber es gelang ihr nicht, die Gruppe zu zerschlagen, der gemeinsame Kampf wurde fortgesetzt.^® Eine Anklageschrift des Oberreichsanwalts beim Volksgerichtshof vom 18. Februar 1 9 ^ befaßte sich mit zwölf Widerstandskämpfern aus der Sowjetunion, der Tschechoslowakei, Deutschland und einem schwedischen Bürger. Der Oberreichsanwalt warf den Angeklagten dieser antifaschistischen Gruppe vor, sie hätten zusammen mit französischen Zivilarbeitern und ukrainischen "Ostarbeitern" Verbindung zu einer hochverräterischen Organisation von Deutschen gehabt (es war die internationale antifaschistische Widerstandsorganisation "Europäische Union" gemeint - W.B.). Außerdem wurden sie beschuldigt, gegen die Hitlerregierung gehetzt und über den schwedischen Bürger, der
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in Berlin Empfangschef in einem Hotel war, Verbindung mit der Regierung der Sowjetunion aufrechtgehalten zu haben. Von den 12 Angeklagten wurden 5 hingerichtet.J' Eine hervorragende internationale Zusammenarbeit gegen den deutschen Faschismus und Militarismus leistete die "Antifaschistische Arbeitergruppe Mitteldeutschland" (A.A.M.). Von den vielen, noch nicht veröffentlichten Tatsachen, seien folgende herausgegriffen. Am Tage nach dem Sturz Mussolinis (24. Juli 194-3) brachte die A.A.M. ein mit der Schreibmaschine geschriebenes Flugblatt in Umlauf, dessen Schlagzeilen lauteten : "Finis Italiae I Mussolini gestürzt I Hitler muß folgen I" Mit einem kurzen Text wurden die Vorgänge in Italien begrüßt, dem italienischen Volke die Freude und Sympathie der deutschen Hitlergegner bezeugt und zu gemeinsamen Aktionen aller Antifaschisten in Deutschland gegen Hitler aufgerufen.3 2 Einige Tage nach dem Sturz Mussolinis kam es in dem Zwangsarbeiterlager Langenbogen (Mansfelder Seekreis) zu einer antifaschistischen Aktion, an der sich 200 russische, italienische, englische und französische Arbeiter beteiligten. Die italienischen Zwangsarbeiter verlangten morgens ihren Rücktransport nach Italien, weigerten sich, zur Arbeitsstelle abzumarschieren und begannen antifaschistische Lieder zu singen. Die ebenfalls angetretenen Arbeitskommandos der Sowjetbürger, Franzosen und Engländer solidarisierten sich mit ihren italienischen Kameraden. Sie blieben trotz wiederholter Befehle zum Abmarsch auf dem Lagerplatz stehen und sangen ihre Nationalhymnen. Die Wachmannschaft, bestehend aus sogenannten Landesschützen, war völlig verwirrt} der Widerstand der Gefangenen kam für sie unerwartet. Auch Toben und Schreien des Feldwebels brachte die Gefangenen nicht vom Fleok. Sie sangen lau» ter und stellten sich enger zusammen. Herbeigeholte Polizei griff willkürlich einen italienischen Gefangenen heraus, führte ihn ans Tor und erschoß ihn angesichts aller Gefangenen. Erst nach diesem. Mordexempel gelang es der Polizei, die Gefangenen zu den Arbeitsplätzen zu treiben. Die antifaschistische Aktion und der feige Mord an dem Gefangenen blieb viele Tage das Gespräch in Langenbogen.33 Die Angehörigen des A.A.M. Richard Härtung, Adolf Werge, Ida Lähne, Ferdinand Grannemann gehörten während der Kriegszeit zur Belegschaft der Schubertwerke (Brotfabrik und Mühle) in Halle/Saale. 194-3/44 bildeten sie auf Veranlassung und mit Hilfe von Robert
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Büchner eine Widerst andsgruppe in diesem Werk. Sie hielten engen Kontakt zu französischen und sowjetischen Kriegsgefangenen und Zwangsarbeitern, die als Entladekommando und Hofkolonne arbeiten mußte. Ihre Solidarität bezeugten sie dadurch, daß sie den Gefangenen Lebensmittel, Tabakmaren und Medikamente gaben und insbesondere durch einen gut funktionierenden Informationsdienst stets mit den neuesten Nachrichten versorgten. Sie schufen die Verbindung zwischen den verschiedenen Zwangsarbeiterlagern und besorgten Briefe rill.
der Gefangenen in ihre Heimatorte. Im März 1945 versteckten sie einige sowjetische Kriegsgefangene, die zu einem Todestransport abgeholt werden sollten. Als die USAStreitkräfte im April 1945 Halle besetzten, konnten die sowjetischen Soldaten dank dem Mute ihrer deutschen Freunde lebend das Versteck verlassen.^ Eine interessante Episode aus dem gemeinsamen internationalen Kampf erzählt der Arbeiter Karl Huhn, der im Betrieb 2 der Schuberfcwerke, dem Scheffelwerk, arbeitete. Die Widerstandsgruppe erhielt zu Beginn des Jahres 194-5 den Auftrag, einen Aufruf "An das Volk Mitteldeutschlands" zu vervielfältigen. Sie hatten zwar Matrizen, Papier und auch eine Schreibmaschine, aber niemand aus ihrer Gruppe konnte so einen langen Text auf Matrizen schreiben. Deshalb zogen sie den italienischen Antifaschisten Antonio Signoretti ins Vertrauen, der die deutsche Sprache in Wort und Schrift vollkommen beherrschte und als freigestellter Kriegsgefangener Büroarbeiten verrichtete. So schrieb der italienische Antifaschist aus Genua für seine deutschen Kampfgefährten den Aufruf an die Bevölkerung auf die Matrizen. Der kommunistische Arbeiterfunktionär Robert B ü c h n e r ^ berichtet in seinen Erinnerungen von dem vergeblichen Bemühen der Mansfeld AG, die Kumpels gegen die seit dem Sommer 1942 in den Gruben zur Zwangsarbeit eingesetzten sowjetischen Kriegsgefangenen aufzuhetzen. Die Grubenleitungen zwangen körperlich besonders schwache Kriegsgefangene als Förderleute und Füller den im Gedinge arbeitenden Häuergemeinschaften in der Erwartung auf, daß sich die Bergarbeiter als Antreiber gegenüber den Gefangenen mißbrauchen lassen würden.^ 8 Die Herren von der Mansfeld AG schätzten auch hier das Kräfteverhältnis falsch ein. Das Gegenteil geschah. Die Kumpels zeigten sich als proletarische Internationalisten, denen die Arbeitersolidarität Herzensbedürfnis war» Sie "päppelten" die Kriegsgefangenen auf, damit sie wieder zu Kräften kamen, schützten sie vor Mißhandlungen
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und. verprügelten einen Nazi-Aufseher, der wiederholt Kriegsgefangene geschlagen hatte. Als bezeichnend für den Mißerfolg der Grubenleitungen kann ein Schreiben des Betriebsleiters der Braunkohlengrube "Kupferhammer", Dipl «-Bergingenieur Erich Hoffmann, an die Betriebsobmänner der NSDAP angesehen werden. Der Ingenieur ereiferte sich darüber, daß sich Polen und Hussen frech benehmen, arbeitsunlustig sind und dauernd krank feiern. Die Schuld, so meinte er, "tragen unsere Arbeitskameraden, die als Vorarbeiter diesen Ausländern gegenüber eingesetzt s i n d . Die Mitglieder der A.A.M. in den Kupfer- und Braunkohlengrüben hielten feste Verbindungen zu sowjetischen Kriegegefangenen und Zwangsarbeitern über die Leningrader Komsomolzin Valentina Schesta40 kowa "Walja", von den deutschen Antifaschisten "Walli" genannt. Sie sprach fließend deutsch und fungierte als Kurier zu den kleineren Lagern für Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene in der Umgegend Eislebens. Der sowjetische Zahnarzt Alexander Orlow hatte sich die Möglichkeit verschafft, die Nachrichten des sowjetischen Informationsbüros abzuhören, die er dem Verbindungsmann zur A.A.M. übermittelte. Deutsche und ausländische Widerstandskämpfer sahen die Nachrichten des sowjetischen Informationsbüros für wichtiger als Brot an. Am 1. Mai 1945 beteiligten sich viele ehemalige Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter sowjetischer Herkunft trotz des Verbots derILA DSAKommandantur an der Kundgebung auf dem Marktplatz in Eisleben. Der Matrose Georg Makurat wurde 1941 vom Volksgerichtshof zu 5 Jahren Zuchthaus wegen seiner antifaschistischen Tätigkeit in Holland verurteilt. 1943 kam er vom Zuchthaus zum Außenkommando Felgentreu bei Jüterbog. Hier trat er in Verbindung mit polnischen, französischen und sowjetischen Kriegsgefangenen. Als die Sowjetarmeen Ende März 1945 die Oder überschritten hatten, verbarg die Widerstandsgruppe des Kommunisten Georg Makurat 76 sowjetische Kriegsgefangene. Zwei Wochen vor dem Eintreffen der Roten Armee in Felgentreu entwaffneten sie ihre Bewacher, gaben die Waffen an Kriegsgefangene aus und befreiten gemeinsam 42 die umliegenden Dörfer Zyliendorf, Frankenfelde und Frahkenvörde. Als letztes Beispiel des opferreichen Kampfes deutscher und ausländischer Hitlergegner sei die internationale Widerstandsorganisation im Konzentrationslager "Dora" genannt. Dora war der Tarnname für ein in dem Berg Kohnstein bei Nordhausen am Harz errichtetes
Gemeinsame Widerstandsaktionen
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Konzentrationslager zur Produktion der sogenannten Vergeltungswaffe, der V 2-Rakete. Die nach Dora verschleppten nahezu 60 000 Männer aus fast allen europäischen Ländern waren laut Anordnung der SS Geheimnisträger, eine Umschreibung für den Befehl, kein Häftling darf lebend das Lager verlassen. Im faschistischen Konzentrationslager Dora lebten Zehntausende wochenlang in unterirdischen Stollen, ohne die Sonne zu sehen und ohne frische Luft zu atmen. Die Unterbringung der Häftlinge und ihre Ernährung war ein Hohn auf die primitivsten Lebensbedingungen. Diese Verbrechen der faschistischen Aggressoren geschahen, um die Wunderwaffe des Herrn Wernher von Braun, Hitlers Raketenspezialisten - heute ist er Staatsbürger der USA - , herzustellen. Die Hitlerregierung wiegte sich im letzten Kriegsjahr in der trügerischen Hoffnung, mit dieser Massenvernichtungswaffe die Wende des Krieges zu ihren Gunsten herbeizuführen. Im Konzentrationslager fronten die Häftlinge in zwei Schichten zu je 12 Stunden. Zu (Tausenden starben sie an Hunger, Epidemien und Unfällen. Tagtäglich erlagen Häftlinge dem Morden der SSj sie wurden erschlagen, erhängt, erschossen oder " a b g e s p r i t z t " . ^ Unter diesen grauenvollen Lebensbedingungen kämpfte eine antifaschistische Widerstandsorganisation, der Deutsche, Tschechen, Polen, Sowjetbürger, Franzosen, Belgier, Italiener, Jugoslawen und Patrioten anderer Kationen angehörten. Sie sahen ihre höchste Pflicht darin, die Produktion der V-Waffe zu sabotieren oder zumindest ihre zerstörende Wirkung herabzumindern. Wenn auch die Forschungsunterlagen noch keine endgültige Aussage erlauben, so steht doch eindeutig fest, daß mindestens 20 Prozent, aber sicher weit mehr, der nach dem Westen, besonders nach England abgeschossenen Raketen nicht die gewünschte Menschen und Material zerstörende Auswirkung hatten, weil der Mechanismus der Raketen infolge der Sabotagearbeit der Häftlinge aussetzte. Trotzdem waren die Opfer der belgischen und englischen Bevölkerung durch den V-Waffen-Beschuß groß. A m 16. Dezember 1944 traf eine V-2 das Rex-Theater in Antwerpen, in dem eine Vorstellung iLh.
stattfand. 567 Tote und 291 Verletzte wurden geborgen. Die Londoner beklagten durch den Einschlag einer einzigen Bombe 110 Tote und 123 Verletzte. 4 5 Im Lichte dieser Zahlen erhält die Sabotagearbeit der Häftlinge des KZ Dora ihre militärisch-materielle, aber auch zutiefst menschliche Bedeutung.
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Die SS und Gestapo ließen nichts unversucht, die Sabotage im KZ Dora durch den brutalsten Terror zu brechen. Von einem dieser schrecklichen Beispiele berichtet der belgisohe Generalleutnant J. Woussen, Häftling Nr. B 30060 im KZ Dora j "Am 8. März 1945 fand um 15«oo Uhr vor allen Häftlingen eine Massenhinrichtung von 60 Gefangenen statt. Die Hände auf dem Bücken, ein Stück Holz im Mund, das durch einen Eisendraht hinter dem Nacken gehalten wurde, um jegliche Schreie zu verhindern, mußten sich die Todeskandidaten im Laufschritt zur Hinrichtung begeben. Die SS und die Kapos verlangten, daß alle Häftlinge diesem teuflischen Schauspiel beiwohnten, während eine Karnevals-Kapelle, die wie Zirkusolowns angezogen war, einen haßerzeugenden Marsch spielte. Der Lagerkommandant und seine männlichen und weiblichen Gäste befanden sich in der ersten iL 6
Reihe der Zuschauer." Die SS mußte erleben, daß sich die Kommunisten Georg Thomas und Ludwig Szymcak angesichts der angetretenen SS-Kommandos weigerten, sowjetische Flüchtlinge aufzuhängen. Beide wurden, ebenso wie der Leiter der internationalen Widerstandsorganisation, Albert Kuntz, Mitglied des Zentralkomitees der KPD, mit vielen anderen europäischen Patrioten in den letzten Woohen und Tagen vor dem Ende des Konzentrationslagers Dora von der SS im Lager ermordet. Der Autor kannte Albert Kuntz aus vierjährigem gemeinsamem Erleben im Konzentrationslager Buchenwald. Er strahlte eine große Ruhe und unversiegbaren Optimismus aus. Seit 1933 in politischer Haft, blieb der Arbeiter Albert Kuntz zutiefst davon überzeugt, daß die gerechte Sache, die Sache der Völker über den Faschismus triumphieren wirdo Mit größter Aufmerksamkeit ließ er sich von den Moskauer-Radiosendungen berichten. Aus Gründen der Konspiration versagte er sich das unmittelbare Abhören. Geduldig und mit starker Überzeugungskraft sprach er zu seinen Freunden über die Prinzipien der nationalen und internationalen Politik des Zentralkomitees der KPD und ihre Anwendung unter den außerordentlich komplizierten Bedingungen im faschistischen KZ. Die französischen Häftlinge nannten und nennen Dora ein "Grab der Franzosen". Dieses Lager, das einen weiblichen Tarnnamen trug, war eine Stätte unvorstellbarer Grausamkeit der SS. Es darf nicht vergessen werden, daß diese Unmenschen in SS-Uniform eine Produktion schützten, an der deutsche Rüstungskonzeme wie AEG, Siemens, IG-Farben, Rheinmetall-Borsig und andere beteiligt waren.
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Der Kampf in Deutschland, gegen den Krieg, für den Sturz des Hitlerregimes, gemeinsam geführt von deutschen und ausländischen Patrioten, war ein Frontabschnitt im zweiten Weltkrieg. Dieser heroische, opferreiche Kampf, von dem nur einige neu erforschte Beispiele hier angeführt werden konnten, widerlegt die in westdeutschen Publikationen zweckbestimmte These, daß das deutsche Volk keine Möglichkeit zu einem erfolgreichen Kampf gegen Faschismus und Krieg gehabt hätte. Die Helden und Märtyrer dieses Kampfes führen ferner die Behauptung ad absurdum, daß Hitler der Paschismus war und mit Hitler der Faschismus stand und fiel. Die mutigen Verteidiger der Freiheit für die Völker, die Kämpfer für den Frieden wußten, daß der Faschismus in den Betrieben der Rüstungsindustrie, im faschistischen Heer und im Staatsapparat geschlagen werden muß. Hitler stürzen hieß für sie, das verbrecherische Regime des Terrors, der Aggressionen der Generale und der Autokratie der Wehrwirtschaftsführer zu beseitigen. Es ist die Aufgabe der Historiker, das Geschehen in diesem Kampf der Völker aufzuhellen und das Heldentum des Widerstandes gegen die faschistische Barbarei, dieses einzig gerechten Kampfes im 2. Weltkrieg, den Mensohen als Mahnung und Lehre zur Kenntnis zu bringen. Man kann es gewiß als ein gutes Zeichen betrachten, wenn sich studentische Fosschungsgruppen in Berlin, Moskau, Poznan und Frag die Aufgabe gestellt haben, die Geschichte des Konzentrationslagers Dora in gemeinsamer Arbeit zu erforschen. Diese Jugend, zukünftige Lehrer und Historiker, werden aus den vorhandenen ArohiValien, bei ihren Begegnungen mit den Überlebenden von Dora, beim Studium entsprechender Veröffentlichungen lernen, warum die Völker nie wieder eine faschistische Herrschaft zulassen dürfen, ttarum der Militarismus mit seinen Wurzeln ausgerottet werden muß, damit die Welt in Frieden leben kann. Aus Gründen der Loyalität gegenüber diesen studentischen Forschungsgemeinschaften wurde deshalb hier darauf verzichtet, über neue Forschungsergebnisse über das KZ Dora zu berichten. Die Studenten werden mit ihren eigenen Resultaten an die Öffentlichkeit treten. So erfüllt sich das Vermächtnis der Gefallenen im Kampf gegen Faschismus unä Krieg. Eine neue Generation gibt Kunde von dem,was war,und wird mit dem Licht der Erkenntnis vom Wesen und Sein des Faschismus und der räuberischen Aggression den Frieden verteidigen.
Walter Bartel
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Anmerkungen 1
Zentrales Parteiarohiv beim Institut für Marxismus-Leninismus beim Zentralkomitee der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (IML-ZPA) St. 3/178.
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Ebenda. IML-ZPA S 3/270. Ebenda. Ebenda. Ebenda. Vgl. Originalbericht im IML-ZPA (ohne Signum). IML-ZPA, N J 1125. IML-ZPA, N J 651. IML-ZPA, N J 1171. IML-ZPA, N J 1116. IML-ZPA, N J 1261. IML-ZPA, N J 839.
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IML-ZPA, N J 1168. Ebenda. IML-ZPA St. 3/182. IML-ZPA EA 002.
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IML-ZPA N J 3781. IML-ZPA. N J 748. IML-ZPA N J 1123. IML-ZPA N J 1167. Ebenda, Urteilsbegründung S. 5. Ebenda. Ebenda. IML-ZPA N J 1572. IML-ZPA N J 1395. Aus einem dem Autor zur Verfügung gestellten Bericht von Robert Büchner, einem der Organisatoren und Leiter der A.A.M. Ebenda; H« Büchner vennerkt in seinem Bericht, daß bisher nicht eimittelt werden konnte, ob das von der A.A.M. herausgebrachte Plugblatt nach dem Sturze Mussolinis im Lager Langenbogen bekannt geworden war.
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St. St. St. St. St.
3/186. 3/188 II. 3/189« 3/190. 3/192.
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Ebenda; Information von Richard. Härtung. Ebenda; Information von Ida Lahne. Ebenda; Information von Karl Huhn. E.B. verbüßte 1935 - 1940 eine Zuchthausstrafe wegen antifaschistischer Tätigkeit. Nach der Entlassung organisierte er zusammen mit dem Schriftsteller Otto Gotsche im Mansfeider Kreis den Kampf gegen Faschismus und Krieg. IML-ZPA EA 0120. Ebenda. Ebenda. Ebenda. IML-ZPA 0055. Vgl. Kogon, E.. Der SS-Staat - das System der deutschen Konzentrationslager, Frankfurt/M., 4. Aufl., o. J., S. 317; Prozeß vor dem amerikanischen Militärgerichtshof in Nürnberg gegen Pohl und andere, Dok. 2222-PS, zit. in s Buchenwald - Mahnung und Verpflichtung, Dokumente und Berichte, Berlin 1961, 3» Aufl., S. 284. Der Stern. Hamburg, Jg. 1958, H. 28, S. 24. O'Brien. Einsatz und Wirkung der deutschen V-Waffe, zit. aus: Ziviler Luftschutz, Koblenz, Jg. 1958, H. 9. Bericht befindet sich in den Händen des Autors.
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Siegburg, 10. - 11. April 1945
Die Befreiungsaktionen, in den Zuchthäusern haben infolge der Geringfügigkeit der Objekte das allgemeine Geschehen im Frühjahr 1945 nicht nennenswert beeinflußt. Jedoch erlauben sie vielleicht die Ableitung einiger Erfahrungen, die freilich nicht ohne weiteres Vergleiche - z.B. zwischen Oalau und Siegburg - und daraus zu ziehende Verallgemeinerungen zulassen. Die rheinländische Strafanstalt Siegburg, außerhalb der Stadt an der Straße nach Troisdorf gelegen, bestand aus einem Haupt- und einem Hebenbau. Die Politischen bildeten unter den Gefangenen eine Minderheit mit einem Kein von etwa 70 Kameraden des Unterbezirks Bona der KPD, die 1936 in drei Prozessen abgeurteilt worden waren, und Gruppen von Köln und Trier, die später eingeliefert wurden. Als Einzelhäftlinge befanden sich drei ehemalige Reichstagsabgeordnete der KPD s Klaus Thielen, Heinrich Schmitt und Walter Frank sowie der Funktionär des Rotfrontkämpferbundes Zeno Berger in Anstalt Io SAP, SPD, Schwarze Front, Katholiken und Ernste Bibelforscher waren durch kleine Gruppen oder einzelne Kameraden vertreten. Der Krieg veränderte die Zusammensetzung. Vom alten Stamm der Politischen befanden sich 1944 nach Entlassungen bzw. Überstellungen ins KZ bei Ablauf der Strafzeit nur noch wenige (d.h. in der Regel solche mit sehr langen Strafzeiten) am Ort, schätzungsweise 4 0 - 5 0 Mann. Ausländer aus fast allen okkupierten Gebieten Westund Osteuropas bildeten bei weitem die Majorität der jetzt überbelegten Anstalt, in der infolgedessen die letzte Einzelzellenhaft 1943 aufgehoben werden mußte. Auch unter den Ausländern waren jedoch die politischen Aktivisten, und unter diesen wiederum die Kommunisten, in der Minderzahl. Politische Atmosphäre und gegenseitige Information waren im allgemeinen gut, und es gab ein von stellenweise heftigen Auseinandersetzungen begleitetes ständiges Gespräch unter den verschiedenen
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antifaschistischen Orientierungen. Trotz einiger Anläufe entwickelten eich jedoch unter den Erschwernissen des Zellenregimes keine festen organisatorischen Formen der Zusammenarbeit, nicht einmal unter den Genossen der EPD. Bei den Ausländern gelang der bürgerlichen Résistance der Luxemburger und der Holländer noch am ehesten eine lockere Zusammenfassung zu Landmannsohaften. Es war daher - neben wenigen moralischen oder psychischen Zusammenbrüchen viel Einzelinitiative und kameradschaftliche Hilfe anzutreffen; es fanden gruppenweise und individuelle Überlegungen statt über die politischen Aufgaben und auch manche teils mehr, teils minder fundierte Mutmaßen über den Fortgang des Krieges und des Hitlerregimes. Es fehlte jedoch an einem Aktionsprogramm. Weisungen des Zentralkomitees drangen zu keinem Zeitpunkt bis zu uns. Seit der Schlacht an der Wolga zweifelte kaum jemand mehr daran, daß der Sieg in greifbare oder sogar meßbare Nähe rückte. Von der Gründung des ïfationalkomitees "Freies Deutschland" erfuhren wir und knüpften daran freudige Erwartungen. Hemmenden Einfluß übte die Auffassung, daß es aber Romantik sei, in Siegburg irgendetwas Vernünftiges unternehmen zu wollen. Das Ausbleiben der zweiten Front und der Vormarsch der Roten Araee über die alte Grenze der Sowjetunion weckte überdies bei einigen bürgerlichen Antifaschisten des Westens Ängste und führte zu Spannungen zwischen ihnen und kommunistischen Kameraden. Holländer legten nervös dar, daß sie die Rote Armee zwar in Berlin, aber keineswegs am Rhein und in Amsterdam zu sehen wünschten. Die Situation veränderte sich mit der erfolgreichen Landung in der Normandie. Siegburg, das vom Westwall keine 80 km entfernt war, rückte damit in die Haha eines zu erwartenden Kriegsschauplatzes. Im Juli oder August 1944 - ich weiß nicht mehr, ob es vor dem Attentat auf Hitler bzw. dem Durchbruch von Avranches war oder kurz danach - trat ein ehemaliger aktiver belgischer Hauptmann an einen Kameraden der KED heran mit der Frage, ob es nicht an der Zeit wäre, eine Erhebung vorzubereiten; für die militärische Seite sei er bereit, die Verantwortung zu übernehmen, sofern die Kommunisten für die organisatorisch-politische Seite aufkämen. Es stellte sich heraus, daß er darunter die Vorlage eines Aufstandsplanes verstand. Wie macht man einen Aufstand ? Man konsultierte sich, so gut es ging, gelangte aber zu keiner einhelligen Meinung. Bücherwissen half wenig, und Spezialisten standen nicht zur Verfügung; mangels besserem wurde Kamerad Arnim gebeten, einen ersten Entwurf auszuarbeiten.
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Er sah. einen Überfall auf die Waffenkammer, zu der ein Vertrauensmann Zugang hatte, und dann einen motorisierten Ausbruch von acht nationalen Kampfgruppen (zusammen ca. 200 Mann) in den Lohmarer Wald und das Beziehen einer von Außenkommandos in Verbindung mit ausländischen Zwangsarbeitern vorher auszusuchenden 'Partisanenstellung vor, sobald die Alliierten den Hhein überschritten t Früh¡jahrswetter 194-5 wurde vorausgesetzt, und einige Einzelheiten des Vorgehens skizziert. Der Hauptmann kritisierte daran, daß die Kommunisten bei der Auslösung in der Hauptsache alles allein machen wollten, nahm das aber an, da ihn mehr die nachfolgende 'Kampagne" interessierte. Er war als Kommandant mit einem Kameraden der KPD als "Politruk" zur Seite vorgesehen. Heinrich Schmitt hielt das Konzept hingegen für phantastisch und verlangte die Erörterung weiterer Konzeptionen. Praktisch vorbereitet wurde auf babouvistische Weise, d.h. ohne Befragung der meisten Vorgesehenen, die ungefähre Aufteilung auf die Kampfgruppen. Eine Geldspende von Professor Fritz Kern von der Universität Bonn ermöglichte den Ankauf von zwei Polizeipistolen mit Munition über einen kriminellen Waffenmeister für die erste Überrumpelung. Gleichfalls wurden zwei Kachschlüssel zur Öffnung der Zellen in der Schlosserei angefertigt. Das "Hauptquartier" befand sich in der Gefangenen-Bibliothek, deren Kalfaktoren sich beim Bücheraustragen innerhalb des Baues ziemlich frei bewegen konnten. Einige oorpora delicti wurden in der Matratze eines unverdächtigen alten luxemburgischen Jesuiten, der davon allerdings nichts wußte, verwahrt. Ende 1944 scheiterte das Projekt infolge massenhafter Abtransporte, die den Kommandeur und die Mehrzahl der von ihm vorgeschlagenen Kader trafen. Auch die Kameraden Schmitt und Armin gingen Anfang 1945 auf Transport. Klaus Thielen war schon vorher nach Waldheim gebracht worden und dort umgekommen. Der Plan mußte, nunmehr unter ziviler Leitung, ständig umgebaut werden; für den militärischen Bereich wurde der polnische Genosse Jakub Jaszynski, der Kriegserfahrung besaß, vorgesehen. Nachdem die Amerikaner Anfang März Köln und Bonn besetzten und danach vom Remagener Brüokenkopf zur Sieg vorrückten, stand diq Front im Westen rund zehn und im Süden rund vier Kilometer wochenlang erstarrt vor der Anstalt, die vereinzelt vom Geschützfeuer getroffen wurde und dabei Tote zu beklagen hatte. Schlimmer war, daß gleichzeitig eine Fleckfieber-Epidemie ausbraoh, die etwa die Hälfte
Die Befreiung in Siegburg
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der Gefangenen ergriff. Einerseits lockerte sich unter diesen Umständen die Disziplin der panikbefallenen Bewachung und Anstaltsverwaltung} es kam zu Anbiederungen und individuellen Kapitulationsangeboten für den Ernstfall, die ebenso unter der Hand angenommen wurden«' Andererseits war nun keine unserer älteren Varianten mehr durchführbar. Jaszynski und andere Kameraden starben am Typhus oder lagen in Agonie. Die Ansteckungsgefahr hielt andere zurück. Zu den "Ostarbeitern" in den Siegburger Werken bestand nur loser Kontakt. Die Außenkommandos hatten in der Stadt zwei oder drei Genossen ermittelt, die aber im Augenblick auch nioht weiter helfen konnten. Ein putschartiger Ausfall ins Blaue wäre vermutlich in eine faschistische Truppenkonzentration hineingelaufen. Überdies setzte er die große Mehrheit der hilflos Zurückbleibenden einer Vergeltung aus. Zudem standen die Wagen der Autoreparaturwerkstatt, auf die der ursprüngliche Plan aufgebaut war, nicht mehr zur Verfügung, denn alles, was fahren konnte, war herausgezogen, und im Beschuß konnte an den beschädigten Fahrzeugen nicht mehr gearbeitet werden) die Werkstätten wurden geschlossen und ebenfalls die meisten Außenkommandos eingezogen. So wurde der Ausbruch fallengelassen und die Bewegung darauf eingeschränkt, die Bewachung zu entwaffnen, festzusetzen und die Anstalt zu übernehmen, ehe die Amerikaner zur Stelle waren. Ob es lohnte, für diese sehr begrenzte Zielstellung ein Risiko auf sich zu nehmen, wurde in den ersten Apriltagen leidenschaftlich diskutiert. Endlich gelang es, ein internationales Komitee, das sich auch Revolutionsausschuß nannte, zusammenzubringen. Es war insofern subjektivistisch und etwas sektiererisch zusammengesetzt, als es vorwiegend Kommunisten umfaßte, was dem Kräfteverhältnis in keiner Weise entsprach. Ich darf zwar versichern, daß sich das für uns ausschließlich aus konspirativen Umständen so ergab, aber das besserte unser mangelndes Koalitionsgeschick nicht auf und wurde später von der bürgerlichen Résistance heimgezahlt. Auch innerhalb der KPD ergaben sich Meinungsverschiedenheiten. Walter Frank hielt nichts von Gewaltanwendung und bevorzugte die Abfassung einer Proklamation, die Entsendung einer Delegation zur Anstaltsleitung und "Verhandlungen unter Druck". Als die Amerikanische 1. Armee - dieselbe, die auf Leipzig und Torgau vorstieß nach Artillerievorbereitung während der Hacht dann am 10. April in Siegburg einbrach und wir zum Niemandsland zwischen der Stadt und "âer "ïolkssturmfestung" im Sprengstoffwerk Troisdorf wurden, gewann
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diese These an Anziehungskraft, denn die Bewachung deponierte ihre Schußwaffen und demontierte ihre Hakenkreuzes sie rechnete mit einer Übergabe an die Amerikaner. Die Delegation wurde also zusammengestellt, jedoch von der vollzählig versammelten Anstaltsleitung am Abend des 10. April hysterisch abgewiesen und mit Karzer bedroht. Der Direktor verhandelte inzwischen mit einigen ihm als gemäßigt bekannten holländischen und französischen Häftlingen zwecks Vermittlung bei den Amerikanern. Diese beiden Umstände veranlaßten unser Komitee zu dem Entschluß, am nächsten Morgen um 9 Uhr auf jeden Fall loszuschlagen. Für die Besetzung der Zentrale und ihrer Zugänge standen 20 Mann bereit, doch war dafür gesorgt, daß diese Zahl bei Öffnung weiterer Zellen schnell und sprunghaft ansteigen konnte. Widerstand mit der Schußwaffe war nur noch von 2 Schließern des Außendienstes in Rechnung zu setzen. Kurz nach 8 Uhr machte Frank mit zwei anderen Kameraden auf eigene Faust noch einen Versuch» Direktor Heider gütlich zur Vernunft zu bringen. Als dieser den Dreien jedoch ankündigte, sie abführen zu lassen, ersuchten sie durch Boten den Leiter des Komitees um sofortiges Eingreifen. Wir waren 40 Minuten vor dem beabsichtigten Startsignal, glaubten aber, unter den eingetretenen Bedingungen improvisieren zu müssen, holten einige Kameraden zur Verstärkung direkt aus dem Krankenbett und lösten die Aktion aus. Sie verlief in beiden Anstaltsbauten fast planmäßig, rasch und unblutig. Die Festnahme der Leitung und Bewachung sowie die Übernahme der Anstalt war kurz vor 9 Uhr abgeschlossen. Als eine halbe Stunde später eine amerikanische Patrouille am Tor erschien, wurde sie von den Posten des Komitees freundlich, aber bestimmt empfangen. Die vom Komitee getroffenen Maßnahmen wurden anschließend von der Besatzungsmacht gutgeheißen und das Komitee selbst implicite anerkannt» Das Nachspiel mag hier skizziert werden. Das Komitee und der am 12. in der Anstalt installierte amerikanische Oberst arbeiteten bis zum 16. ziemlich reibungslos zusammen. A n diesem Tag "ernannte" letzterer ein neues, homogen bürgerliches Komitee und ließ das alte wegen "Anmaßung von Amtsbefugnissen" verhaften. Die nachrückenden Engländer machten das am 21. wieder rückgängig, beließen aber natürlich dem Kohkurrenzkomitee seine Funktionen. Die notwendigerweise verhängte Typhus-Quarantäne erlaubte keine Entlassungen. So feierten wir den 1. und 8. Mai unter uns, diejenigen jedenfalls, die das Fleckfieber nicht doch noch eingeholt hatte.
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Die Frage, ob rebus sie stantibus die Bewegungen am 10« und 11. April noch einen Sinn hatten oder man besser die Alliierten friedsam abgewartet hätte, wird m.W. unter den Teilnehmern hin und wieder noch heute erörtert. Wir gingen davon aus, daß zügiges Handeln kein erkennbares ernstes Gefahrenmoment in sich barg und wir die Kranken keinem Beschuß von Troisdorf her aussetzten, da die Telefonleitung dorthin nicht mehr funktionierte - und daß es sich anderenteils für Revolutionäre nicht gehörte, mit verschränkten Armen dazusitzen und auf Amerikaner zu warten. Daß ein Funke Hoffnung mitsprang, sie mit einer kleinen "roten Republik" vor ihrer Nase zu verblüffen, will ich nicht ganz leugnen; die lange Isolierung von der Außenwelt mag kleinbürgerliche Ehrbegriffe und Tatendrang unter die taktische Zielsetzung einiger Antifaschisten gemischt haben. Das Komitee hat auch zu wenig perspektivisch gedacht. Als es nach dem Erfolg an der "Doppelherrschaft" teilnahm, kümmerte es sich um Verpflegung, frische Hemden für die Kranken und andere gute und nützliche Dinge, für die es sich vor den Kameraden verantwortlich fühlte. Während wir paar Mann, vor Müdigkeit umfallend, Decken und Mäntel ausgaben, die Frauenabteilung vor Belästigungen bewahrten, arbeitete der Klassenfeind politisch und, wir erhielten noch v->r Kriegsende den ersten Vorgeschmack von einem Arrangement zwischen in- und ausländischer Reaktion, das in seiner Konsequenz zur imperialistischen Restauration im benachbarten Bundesdorf Bonn führte.
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Klaus Scheel
Zur Steuerung der faschistischen Durchhaltepropaganda im Februar 1945
Den Hitlerfaschisten ist es gelungen, den größten Teil des deutschen Volkes bis fünf Minuten nach zwölf für ihre Kriegführung auszunutzen. Bei der Untersuchung dieses Problems ist eine Reihe von Faktoren zu berücksichtigen. An erster Stelle steht der brutale Terror gegen jede Äußerung von Kriegsmüdigkeit und besonders gegen jede antifaschistische Betätigung. Für die Sammlung der antifaschistischen Kräfte und für ihren Widerstandskampf war es von folgenschwerer Bedeutung, daß die Aktionseinheit der beiden Arbeiterparteien angesichts der Haltung der rechten SED-Führer nicht zustande kam. Ferner wirkte sich die Verkettung großer Volksteile an das faschistische Regime durch langjährige materielle Korrumpierung aus. Auch das Gefühl einer Mitschuld an den Naziverbrechen und die Furcht vor einer Vergeltung durch die Sieger müssen in diesem Zusammenhang erwähnt werden. Unter diesen Fairtoren nahm die faschistische Durchhaltepropaganda einen der ersten Plätze ein. Ihr ging die langjährige umfassende propagandistische Beeinflussung des deutschen Volkes im Seist des deutsch-faschistischen Imperialismus voraus. Der Antikoinmunismus und Antibolschewismus bestimmten den Inhalt dieser Art psychologischer Kriegführung, die in der letzten Periode des zweiten Weltkrieges ihren Höhepunkt erreichte. Seit der Wende des Krieges durch die Schlacht an der Wolga war die faschistische Durchhaltepropaganda der wichtigste propagandistische Beitrag, um das deutsche Volk bei der Stange zu halten. Hier soll für den Zeitraum Februar 1945 auf der Grundlage des Archivmaterials des Propagandaministeriums, der Dienststelle Rosenberg der NSDAP und des Geheimarchivs des Nazirundfunks u.a. veranschaulicht werden, mit welchen Mitteln und Methoden die Nazipropaganda die Verlängerung des Krieges betrieb. Ungeachtet der sich stetig verschlechternden Lage versuchte die faschistische Kriegs-
Zur faschistischen Durchhaltepropaganda
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Propaganda, unter den Soldaten und der Zivilbevölkerung die Illusion zu nähren, daß der "Endsieg" greifbar nahe sei. Für die Zwecke dieser verbrecherischen Suggerierung wurde die gesamte NS-Propagandamaschinerie eingesetzt. Heben dem Propagandaministerium, dem Zentrum der psychologischen Kriegführung Nazideutschlands, standen die Abteilung Wehrmachtpropaganda des OKW und der NS-Führungsstab, die Dienststelle Rosenberg in der Reichsleitung der Nazipartei und eine ganze Stufenleiter weiterer Dienststellen und Propagandaorgane. Sie alle sorgten für die Verbreitung der Durchhalteparolen über Rundfunk, Presse, Wochenschau, Film, Flüsterpropaganda usw., um 1. die wirkliche Kriegslage zu verschleiern, 2. der Wirkung der antifaschistischen Propaganda entgegenzutreten, 3. die angegriffene "Kriegsmoral" des deutschen Volkes zu stützen und 4. mit Hilfe dieser Propaganda die Antihitlerkoalition zu zersetzen. Die militärische und die ökonomische Situation Anfang Februar 19^5 zeigte jedoch bereits deutlich, daß die Niederlage des faschistischen deutschen Imperialismus nicht mehr aufzuhalten war. Die Januaroffensive der Roten Armee hatte zum Vorstoß von der Weichsel bis zur Oder geführt. Im Westen waren die anglo-amerikanischen Verbände bis in das Saargebiet und in das Elsaß vorgedrungen. A m 1.2.1945 beauftragte "Reichsleiter" Bormann alle Gauleiter in einem Rundschreiben, verstärkt der antifaschistischen Propaganda entgegenzutreten. Er befürchtete die weitere Erschütterung der Kampfmoral der Naziwehrmacht und der Bevölkerung. In einem weiteren Rundschreiben Bormanns vom gleichen Tag, das die "Zuverlässigkeit und Disziplin in der Arbeit der Partei" betraf, hieß es : "Das deutsche Volk muß gerade in diesen Tagen das Bewußtsein haben, daß es von starker und entschlossener Hand geführt wird, daß Zerfallserscheinungen und Willkürakte rücksichtslos im Keim erstickt und Nachlässigp keit nachgeordneter Organe unter keinen Umständen geduldet werden." Sowohl i n diesem Rundschreiben als auch in einem drxtten, vom 1.2.1945 datiert, wurde auf die Rolle von "Gerüchten" hingewiesen. So drückte das dritte Schreiben die Gefahren aus, die sich aus der Beunruhigung der Bevölkerung infolge der Verschlechterung der Lage an den Fronten, der Störung der Produktion, des Absinkens der Siegeszuversicht und der Neigung zur Flucht ergeben könnten. Bormann befahl daher ein weitgehendes Verschweigen der Kriegslage gegenüber der Zivilbevölkerung. Ausdrücklich wurde unterstrichen, daß von "zentraler Stelle" die Flüsterpropaganda, die Presse und andere
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Klaus Soheel
publizistische Führungsmittel zur Bekämpfung beunruhigender Gerüchte eingesetzt würden. Die örtlichen Dienststellen sollten die "Gerüchtemacher" verfolgen. Sin Geheimschreiben der Gauleitung der NSDAP Hessen-Nassau, das auf einem Befehl der Parteikanzlei vom 10.2.1945 beruhte, interpretierte den Kreisleitern das "Vorgehen seitens der Partei zur Inschaohhaltung der Volksgenossen bis zum Kriegsende".^ Es betonte die Notwendigkeit "radikalen Vorgehens" bei allen Maßnahmen und verlangte, jeden "Volksgenossen" einer strengen Kontrolle auf "Festigkeit" und "Willenskraft" zu unterziehen. Alle "Schwächlinge" seien mit neuer Kraft zu stärken, doch "Gerüchtemacher" sollten durch die Parteidienststellen der Gestapo gemeldet werden. Hier wurde die Einlieferung ins KZ als die "geeignetste Maßnahme" empfohlen. Wörtlich wurde ausgeführt» "Die Herren Ortsgruppenleiter müssen unbedingt jeden Vg. ("Volksgenossen" -K.S.) in Schach halten und müssen unbedingt dafür sorgen, daß jeder den Kopf hochhält bis zur letzten Stunde, denn wenn hinter der Front der Mut und die /L Wut gegen die Feinde sinkt, dann geht der Krieg für uns verloren." Nazigauleiter und "Eeichsverteidigungskommissar" Sprenger mußte allerdings selbst in dieser Regieanweisung zur Züchtung des Glaubens an den "Endsieg" einräumen, daß die Besetzung -des Gaues HessenNassau möglich sei. Dennoch würde "Groß-Deutschland" und erst recht der "Nationalsozialismus" nicht besiegt werden. Argumente zur Begründung dieses Phantoms standen ihm jedoch nicht mehr zur Verfügung.Statt dessen befahl er, bei Feindannäherung alle Geheimakten zu vernichten und Kriegsmüde mit der Waffe oder mit dem Strang hinzurichten. Diese Flut von Erlassen, Rundschreiben und Propagandaanweisungen ist symptomatisch. Allein diese wenigen angeführten Beispiele lassen schon den engen Zusammenhang zwischen Naziterror und Kriegspropaganda erkennen. Die grausame Unterdrückung jeder Segung eines Widerstandes und die propagandistische Beeinflussung zum "Durchhalten" waren die letzten Säulen der Herrschaft des Hitlerfaschismus. Aber die zunehmende Terrorisierung der Bevölkerung war zugleich ein Ausdruck dafür, daß die Nazipropaganda an Wirkung einbüßte. Sie konnte mit ihren EntStellungen, Lügen und leeren Versprechungen an der Realität des siegreichen Vormarsches der Roten Armee nichts ändern und auch die Entwicklung an den anderen Fronten nicht aufhalten. Unter dem Eindruck der Kriegsereigoisse wurden die Flugblätter, die Lautsprecher- und Rundfunksendungen sowie
Zur faschistisehen Durchhältepropaganda
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die Zeitungen der Antihitlerkoalition und der deutschen Antifaschisten stärker als zuvor beachtet. Selbst die Eintragungen im Kriegstagebuch des OKW drückten diese Entwicklung aus. So wurde am 2.2.1945 "gegnerische" Lautsprecherpropaganda im Bereich der "Festung" Posen verzeichnet) am 12.2. wurden für Posen 32 "Überläufer" registrierti am 15.2. wurde die Verstärkung der Zahl der "Überläufer" gemeldet, und die Eintragung vom 17.2. stellt schließlich lakonisch fest« "In Posen vermehren sich die Überläufer".^ Solche Auswirkungen der antifaschistischen Aufklärungsarbeit sind auch aus Graudenz 6 , Breslau^ und anderen sogenannten Festungsstädten bekannt. Blättert man die NaziZeitungen jener Tage durch, hörb man die erhalten gebliebenen Rundfunksendungen noch einmal ab oder sieht man die Ausgaben der "Wochenschau" aus jenen lagen, so tritt als Leitmotiv der faschistischen Propaganda der Antikommunismus in Verbindung mit einer zügellosen Antlsowjethetze offen zutage. Noch in unseren Tagen entnehmen die reaktionären Kräfte in Westdeutschland ihre Argumente aus diesem geistigen Arsenal. In der deutschen Bevölkerung wurden die lügnerischen Behauptungen der GoebbelsJournalisten und PK-Berichter wie jene, wonach die Q Rote Armee keine Gefangenen mache , weitgehend geglaubt. Auf welchen Grundlagen derartige Veröffentlichungen in Presse und Rundfunk beruhten, soll ein Beispiel aus der Arbeit des Nazirundfunks zeigen. Schon am 9»2.1945 hatte Hans Fritzsche, Leiter des Nazirundfunks, in einer Arbeitsbesprechung mit den führenden RundfunkJournalisten erklärt, daß Berichte über "bolschewistische Greuel" stärker als bisher zu bringen seien.^ Seine erhalten gebliebene Regieanweisung
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vom 24.2.1945 zeigt im Detail, wie diese Greuelpropaganda gemaoht wurde. Fritzsche erteilte den Auftrag, zwei aus der "Festung" Posen geflüchtete Offiziere zu interviewen. Diese beiden hatten sich naoh Westen durch mehrere hundert Kilometer schon befreiten Gebietes durchgeschlagen. Nun sollten sie im Rundfunk berichten. Fritzsche führte aus, wie das zu geschehen habe. Zuerst sei ihr "menschliches Profil" zu betonen; Familie, Stand usw.,damit Kontakte zum Hörer hergestellt würden. Dann hätten sie das "System des Abschlachtens" zu erläutern. Darunter verstand er, daß alle alten Leute erschossen, alle Kinder auf grausamste Art ermordet würden, alle Männer nach Sibirien kämen und ähnliche Dinge mehr. Anschließend sollte flunn ein Interview mit General Remer gesendet werden, der die Erhebung vom 20. Juli in Berlin niedergeschlagen hatte und nun eine Division
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bei Arnsmalde kommandierte. Er sollte sagen, daß die deutschen Soldaten keine Gefangenen mehr machten und alle Rotarmisten totschlügen. Diesen Schluß hielt Fritzsche für notwendig, damit nicht "Wehmut" und "Trauer" am Ende der Sendung stünden, sondern ein Appell 11
zum Kampf. So wurde bewußt eine Angst- und Greuelpsychose erzeugt, die dazu führte, daß fanatisierte Jugendliche und Kinder in den Tod marschierten, daß eine Selbstmordwelle um sich griff und sinnlose Zerstörungen noch in letzter Minute vorgenommen wurden. Am Leid und Elend jener Tage sind die faschistischen Durchhaltepropagandisten, von denen heute viele an exponierter Stelle im westdeutschen Propagandaapparat stehen, in hohem Maße mitschuldig. Zur Mobilisierung der Kampfmoral im Sinne der Hitlerfaschisten wurde sowohl an die niedrigsten Instinkte als auch an die Gefühle von der "Notwendigkeit" der Verteidigung des "Vaterlandes" und der Familie appelliert. Jedes Mittel war den NS-Propagandisten recht, wenn es Erfolg versprach. Das "Schreckgespenst des Kommunismus", wie Marx und Engels es bereits im "Kommunistischen Manifest" angeprangert hatten, ging wieder um. Es diente neben der Beeinflussung des eigenen Volkes zugleich als Mittel, die Antihitlerkoalition zu zersetzen und die neutralen Staaten zu beeinflussen. So finden wir in einem Brief des damaligen Finanzministers Graf Schwerin von Krosigk vom 21.2.1SW-5 an Propagandaminister Goebbels folgenden Passus: "Der Papst muß doch täglich bittere Tränen weinen, wenn er sieht, daß ihm Polen verloren zu gehen droht, dann Frankreich nachfolgt und in Italien das Chaos mit immer lauter werdender bolschewistischer Begleitmusik bereits ausgebrochen ist. Was bleibt ihm noch ? So ist es kennzeichnend, daß die katholischen Zeitungen die einzigen englischen Zeitungen sind, die dringend vor dem Bolschewismus warnen. Sollte man diese Lage des Papstes nicht ausnutzen ? Jede Zusage einer glimpflichen Behandlung seiner Schäfchen würde seinen Gegensatz zum Bolschewismus vielleicht in eine offene Stellungnahme ausweiten können. Bei dem Ansehen, das der Papst in großen Teilen des englischen und amerikanischen Volkes genießt, könnte eine solche 12 Stellungnahme entscheidend zu der erhofften Wende beitragen." Bemerkenswert erscheint mir dabei, daß Schwerin von Krosigk wenige Wochen später als "Außenminister" unter dem Führernachfolger Dönitz noch einmal alle Anstrengungen aufgeboten hat, die Antihitlerkoalition zu zersetzen. Derartige Vorschläge hatte er Goebbels
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mehrfach unterbreitet. Heute allerdings will Graf Schwerin von Krosigk glauben machen, daß er sich als tief religiöser Mann "rechtzeitig" vom Hitlerfaschismus distanziert habe. Eine Blitzvorlage von Hans Fritzsche vom 17.2.1945 enthielt Vorschläge zur Hebung der Moral der N a z i t r u p p e n . ' ' ^ Als propagandistische Maßnahmen empfahl er Ansprachen von Goebbels »nfl Himmler vor FrontOffizieren und eine noch "realiätischere Berichterstattung über Front und Politik". Wir haben am Beispiel des Interviews mit den beiden Offizieren gesehen, wie diese "realistische Berichterstattung" auszusehen hatte. Fritzsche betonte aber auch in dieser Vorlage, daß nur ein militärischer Erfolg in der engeren Heimat, nicht in Italien oder am Plattensee, die Moral der Truppe festigen könne. Da dafür aber die militärökonomischen Voraussetzungen fehlten, blieben den "Nationalsozialistischen Führungsoffizieren" nur "Wunderwaffen"-Versprechungen als Ersatz. Die Nazipropaganda ging dabei von den im Einsatz befindlichen V 1 und V 2 aus. Das bot die Möglichkeit, aus der Existenz dieser konkreten Waffen zu folgern, daß weitere - noch gefährlichere Waffen "im Kommen" seien. Dabei übertrieben die Propagandainstitutionen die Wirkung der V-Waffen maßlos. Zur Tarnung dieser Vorhaben beriefen sie sich auf "Korresrpondentenberichte" aus neutralen Staaten oder auf "Zitate", die sie der westalliierten Presse entnahmen. Außerdem, und das war weitaus wichtiger, wurde in Deutschland und im Ausland durch lancierte Flüsterpropaganda der bevorstehende Einsatz neuer Waffen angekündigt. In der Abteilung Presse des Propagandaministeriums und im "Arbeitsstab Dr. Carl" des Rüstungsministeriums wurde sorgsam registriert, daß z.B. "Dagens Nyheter" die faschistische Behauptung von der Existenz von 10 Geheimwaffen veröffentlichte, "Expressen" das Versuchsschießen der "V 3" von Bomholm aus beobachtet haben wollte, die Schweizer Depeschen-Agentur den erstmaligen Einsatz der V 3, einer angeblichen Kältebombe, meldete. Das "Berner Tageblatt" kündigte den starken Ausbau der chemischen Waffe an und die türkische Nachrichtenagentur hielt den bal14
digen Einsatz von Giftgas für wahrscheinlich. Die gleichen Gerüchte wurden auch in Deutschland in Umlauf gebracht. In einer Meldung des Gaupropagandaamtes Südhannover-Braunschweig vom 24.2.1945 wurden 28 in Umlauf befindliche Gerüchte genannt. In dem als Nr. 15 wörtlich registrierten hieß es : "Der Krieg geht bald zu Ende. Es sind neue Waffen da, u.a. ein Flugzeug ohne Benzinantrieb. Dieses
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fliegt mit Raketenantrieb in die feindlichen Pulks hinein und platzt dann." Kr« 16 lautete: "Eine weitere neue Waffe j Eine Granate, die auf 150 m im Umkreis durch Kältewirkung alle Lebewesen t ö t e t . D i e s e Mischung von Lügen, Übertreibungen und Halbwahrheiten hat zweifellos bei großen Bevölkerungsteilen den Glauben an die Notwendigkeit des Durchhaltens bis zum Einsatz dieser Waffen gestärkt» Während Phantasien von TJ-Booten mit "Wasserantrieb" - getarnt durch eine mysteriöse Formel - verbreitet wurden^, erforderte die Entwicklung an der Ostfront gleichzeitig einen "Feldzug gegen die Panzer-Psychose".'1'7 Die Generalstäbler und die NS-Propagandisten mußten eingestehen, daß die schlecht ausgerüsteten Soldaten und Volksstunmnänner immer weniger zum Einsatz gegen die sowjetischen Panzer bereit waren. In den Mittelpunkt dieses Propagandafeldzuges wurde die Anpreisung der Panzerfaust gestellt. Nunmehr füllten verstärkt "Ergebnisse" von Einzeltaten von Volkssturmmännern, von Jugendlichen und selbst von Frauen mit der Panzerfaust die Seiten der Nazipresse. Das propagandistische Trommelfeuer der Faschisten suggerierte als einzige Alternative : "Siegen oder untergehn". Sie erzeugte im deutschen Volk systematisch die Angst vor der Niederlage, die doch in Wirklichkeit die Befreiung von den Fesseln des deutsch-faschistischen Imperialismus war. Sehr bald gingen den NS-Propagandisten die letzten "konkreten Argumente" aus. Übrig blieb nur noch die Nährung des mysteriösen "Wunderglaubens", die Hoffnung auf das Auseinanderfallen der Antihitlerkoalition, die bis 5 Minuten vor 12 durch "historische Vergleiche!1 genährt wurde, und die Devise "Der Führer wird' s schon machen"» Die Durchhaltepropaganda konnte die gesetzmäßige Niederlage nicht verhindern. Trotz ihrer verringerten Wirkung hat sie aber dazu beigetragen, das Ausmaß der Katastrophe - die Zahl der Toten und Verwundeten sowie die Zerstörungen - noch zu vergrößern. Vor 20 Jahren war es angesichts des brutalen faschistischen Terrors und der umfassenden propagandistischen Beeinflussung ein nicht unerheblicher Weg von lußerungeh der Kriegsmüdigkeit und der Distanzierung von den Naziverbrechen bis zum aktiven antifaschistischen Widerstandskampf. Ungeachtet der Gefahren waren die besten Söhne unserer Nation unter der Führung des ZK der KPD ein leuchtendes Vorbild im Kampf um die bessere Zukunft Deutschlands. Die Nazipropa-
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gandisten aber, von denen die Mehrheit bekanntlich heute wieder in Westdeutschland publizistisch tätig ist,sind für die Kriegsverbrechen des Naziregimes mitverantwortlich. An die Auswirkungen dieser Verbrechen sollten wir denken, wenn heute in Westdeutschland die Kriegspropaganda offiziell sanktioniert und verherrlicht wird.
Anmerkungen 1
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Diese Rundschreiben wurden durch Dr. Lammers, den Chef der Reichskanzlei, auch allen Obersten Reichsbehörden zugestellt. Siehe : Deutsches Zentralarchiv Potsdam (abgek. DZA Potsdam), Rechnungshof, Abt. XX, Nr 8064, Bl. 18 - 20; vgl. Wulf. Josef. Martin Bormann - Hitlers Schatten. Gütersloh 1962, S. 206/207. DZA Potsdam, Rechnungshof, Abt. XI, Nr 8064, Bl. 19. Dieses Schreiben der NSDAP Gauleitung Hessen-Nassau vom 15.2. 1945 veröffentlichte die "Frankfurter Rundschau" am 4.8.1945. Ebenda. Siehe: Das Kriegstagebuch des 0berko™™«"do3 der Wehimacht (Wehrmachtführungsstab), Bd IV/2, Frankfurt/Main 1961, S. 1064, 1089, 1097 und 1103. Siehe: Bechtler, Bernhard, Eine "Schlacht" aus dem Großen Vaterländischen Krieg - einmal anders gesehen. Erinnerungen eines Frontbevollmächtigten des Nationalkomitees "Freies Deutschland" an die Kämpfe bei Graudenz. In : Militärwesen, H. 7/1962, S. 1020 - 1027. Siehe: Konieczny, Alfred, Ruch oporu w czasie oblderung nach Bestrafung der Nazi- und Kriegsverbrecher eine zweite Entnazifizierung in Westdeutschland. Mit dieser- politischen Unterstellung sollen Millionen ehemaliger kleiner Pg's in Westdeutschland mit den Nazi- und Kriegsverbrechern in eine Front gegen die DDR gedrängt werden. Diese Verfälschung unserer Absichten wird allein durch die Praxis unserer Republik widerlegt. Wir haben Nazi- und Kriegsverbrecher gerecht bestraft, aber nicht zugelassen, daß die vielen Deutschen, die politisch irregeführt und betrogen wurden, mit diesen Verbrechern gleichgesetzt werden. Darum fordern wir auch nicht die Abberufung von Bonner Ministem und Staatssekretären, weil sie vielleicht SA-Leute waren, sondern weil sie Nazi- und Kriegsverbrechen begangen oder weil sie keine Lehren aus ihrer politischen Vergangenheit gezogen haben und die verbrecherische Politik Hitlerdeutschlands in größeren Dimensionen wiederholen wollen. Unter unseren Machtverhältnissen wurde bei den Deutschen, die im vaterländischen Glauben Gefolgsletite des deutschen Imperialismus,
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seines Militarismus und Faschismus waren oder dieses System geduldet hatten, die notwendige Auseinandersetzung mit der eigenen Vergangenheit gefördert, und es wurde ihnen erleichtert, richtige Einsichten zu gewinnen. Diese politische Selbstbefreiung von den ideologischen Fesseln, von der Moral der unseligen Vergangenheit zum freien Schöpfertum sozialistischer Werktätiger kennzeichnet die historische Spannweite der Antwort auf die Frage : Was ist aus diesen ehemaligen Anhängern des deutschen Militarismus und Faschismus bei uns in diesen 20 Jahren geworden ? Die Antwort wurde nicht zuletzt von der HDPD mitbestimmt. Unsere Partei hat vielen ehemaligen Mitgliedern und Anhängern der NSDAP sowie ehemaligen Offizieren und Berufssoldaten der Hitlerwehrraacht, vor allem aus dem Mittelstand und der Intelligenz geholfen, die richtigen Lehren aus der Vergangenheit zu ziehen. Unsere Partei tat dies in Achtung und Wahrung der echten nationalen und demokratischen Traditionen unseres Volkes, nicht zuletzt in entschiedener Frontstellung gegen jeglichen nationalen Nihilismus. Gleichzeitig aber führten wir eine vorbehaltlose Auseinandersetzung mit dem politischen Irrweg Millionen Deutscher, besonders in zwei Weltkriegen. Bei der Verblendung breiter Teile des Mittelstandes und der Intelligenz, die zu Parteigängern des deutschen Militarismus und Faschismus geworden waren, spielte die Verfälschung von Begriffen eine Rolle, die in unserer nationalen Geschichte eine hohe Bedeutung hatten, wie s Nation, Vaterland, Pflicht, Ehre, Treue, Fahneneid. Unsere Partei half gerade früheren Anhängern des Militarismus und Faschismus verstehen, daß diese Begriffe weder zeit- noch klassenlos sind, sondern daß nur das Aufdecken ihrer sozialen Grundlage und ihres politischen Zweckes Wahrheit von lüge zu trennen ermöglicht.. Unsere Partei trug wesentlich zur kritischen Auseinandersetzung mit der eigenen Vergangenheit vieler ehemaliger Mitglieder der NSDAP, Offiziere und Berufssoldaten sowie zu ihrer politischen Neuorientierung bei, indem sie ihnen erläuterte, daß man seine Wandlung erst durch die Tat beweisen mußte, ehe man Gleichberechtigung fordern durfte. Die durch Taten beim demokratischen Neuaufbau bewiesene Wandlung vieler Ehemaliger schuf die Möglichkeit, in zwei durch gie Volkskammer 194-9 und 1952 beschlossenen Gesetzen die 'staatsbürgerliche Gleichberechtigung der ehemaligen Offiziere der fechistischen Wehrmacht sowie der ehemaligen Mitglieder und Anhänger der Nazipartei endgültig herzustellen.
Erhard Lonscher Unsere Partei konnte ihren Zielen auf geradem Wege entgegengehen, weil sie ihr politisches Wollen und Wirken von vornherein entsprechend der von manchen ihrer Mitbegründer bereits in der Bewegung "Freies Deutschland" begründeten Tradition auf das Bündnis mit der Arbeiterklasse und ihrer Partei al's der führenden Kraft unserer Nation sowie auf ein vernünftiges, ja freundschaftliches Verhältnis zur Sowjetunion gründete. So haben wir entscheidend mitgeholfen, daß in unserer Republik ehemalige Mitglieder der NSDAP, ehemalige Offiziere und Berufssoldaten der Hitlerarmee, die sich keiner individuellen Verbrechen schuldig gemacht hatten und aus ihrer Vergangenheit die richtigen lehren gezogen haben, entsprechend ihrer heutigen politischen und fachlichen Leistungen am Aufbau des Sozialismus mitwirken. In diesen Millionen, die in der DDR den Übergang von faschistischen, militaristischen, antinationalen Positionen auf antifaschistische, antimilitaristische, nationale Positionen vollzogen haben und entschiedene Gegner des deutschen Imperialismus und Miterbauer des Sozialismus geworden sind, haben die antinationalen Machthaber Westdeutschlands ständig den potentiellen Verlust ihrer eigenen Anhänger und Reserven aus diesen Schichten vor Augen. Insofern besteht die große historische Leistung unserer Republik darin, daß i n diesem Umfang erstmalig überhaupt in der Geschichte, nicht zuletzt durch die Existenz einer Partei wie der unsrigen, eine politisch-moralische Wandlung von Millionen ehemaliger Parteigänger des Militarismus und Paschismus zu Antimilitaristen und Antifaschisten, ja zu Miterbauern des Sozialismus vollzogen wurde. Das war und ist ein Weg vom Trugbild des Chauvinismus,, also eines im Profitinteresse der Verderber Deutschlands verfälschten Nationalbewußtseins, zum Leitbild eines echten Nationalbewußtseins. Dieses echte Nationalbewußtsein kann sich heute in Deutschland nur als sozialistisches Nationalbewußtsein entwickeln. Ich halte es gerade für die Historiker sehr bedeutsam, wenn im Referat der 9« Tagung des ZK der SED über die gewaltige ideologische Revolution in unserem Teil Deutschlands gesagt wirds "Das ist eine Leistung von großem moralischem Gewicht, die häufig noch unterschätzt wird." Der Wandlungsprozeß aller dieser Menschen, das, was sie in diesen 20 Jahren geworden sind, zeugt von der Allmacht der antiimperialistischen Ideen und der Ideen des Sozialismus. Er zeugt davon, daß das Gravitationsfeld dieser Ideen gutwillige, national denkende Menschen aller Klassen und Schichten im wahren Interesse der Nation erfassen kann.
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Nicht wenige Beispiele allein aus unserer Partei beweisen, daß auch Generale und andere hohe Offiziere des deutschen Militarismus die Einsicht gewonnen haben, daß echt vaterländisches, nationales Handeln nur möglich ist, wenn sie sioh auf einen antimilitarist isohen und schließlich antiimperialistischen Standpunkt, wenn sie sich an die Seite der Arbeiterklasse stellen. Sie haben der Mehrzahl ihrer Offizierskameraden in Westdeutschland ein Vorbild gegeben, wie man sioh zum echten Patrioten wandeln kann und daß man sioh, wenn man nach seinem nationalen Gewissen handeln will und auf nationale Ehre und Achtung Anspruch erhebt, wandeln muß.» Wenn mitunter die Frage nach der Ehrlichkeit ihrer Wandlung gestellt wird, darf an folgende Tatsachen erinnert werden. Nicht wenige dieser ehemaligen Generale und höheren Offiziere haben bereits während des Krieges die Ehrlichkeit ihrer politischen Wandlung durch ihre Teilnahme am Kampf der Bewegung "Freies Deutschland" gegen den Hitlerkrieg unter Beweis gestellt. Sie haben dafür in Kauf nehmen müssen, daß sie Ton den Machthabern. HitlerdeutBchlands in Abwesenheit zum To^ 3 verurteilt wurden. Sie haben die für einen in den traditionellen Ehrauffassungen des Soldatentums erzogenen Offizier außergewöhnlich verletzende Diffamierung als Deserteur, Vaterlandsverräter und ehrloses Subjekt in Kauf genommen; sie haben so gehandelt, obwohl ihre Familien drangsaliert und einige sogar in das Konzentrationslager gesperrt wurden. Sie haben nach Kriegsende als Heimat nicht den Staat gewählt, in dem hohe Späthelmkehrerrenten gezahlt werden, sondern das ant1militaristische Deutschland, und sie haben schließlich bis heute aktiv am Aufbau eines deutschen Friedensstaates mitgewirkt* Wenn wir heute in Westdeutschland die scheinbar feste Verbundenheit vieler Menschen dieser Schichten und Kreise mit dem imperialistischen System betrachten, so erfüllt uns der millionenfache Erfolg unseres Wandlungsprozesses vom verderblichen Gestern zum sozialistischen Heute in unserer Republik mit der Gewißheit, daß auch die Menschen gleicher sozialer und politischer Herkunft im westlichen Teil Deutschlands zu nationalem, antiimperialistischem Denken und Handeln finden können und mit Hilfe unseres Erfahrungsschatzes aus diesem Wandlungsprozeß finden werden.
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Erhard Lonscher Anmerkungen
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Zit. nachs Bittel, Karl, Die Feinde der deutschen Nation, Berlin 1955, S. 10. Ebenda, S. 19. National-Zeitunp;, v. 12.3.1952. ffeinert, Erich, Das Nationalkomitee "Freies Deutschland", Berlin 1957, S. 15. Pieck. Wilhelm. Reden und Aufsätze, Bd II, Berlin 1952, S.124 f. Ulbricht, Walter, Die Entwicklung des deutschen volksdemokratischen Staates 1945 - 1948, Berlin 1958, S. 74. Auch die Bestimmungen über das Wahlrecht in der Verordnung der Landesverwaltung Sachsen vom 4. April 1946 über Volksbegehren und Volksentscheid unterscheiden zwischen den Kriegsverbrechern und Naziaktivisten und einfachen Mitgliedern der NSDAP (vgl. Schröder, Otto, Die Vorbereitung des Volksentscheides in Sachsen gegen die Kriegs- und NaziVerbrecher, in s Beiträge zur Geschichte der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands, Berlin 1961, S. 258 f.).
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Über einige entscheidende Maßnahmen der Besätzungspolitik in den Westzonen bei der Verhinderung einer geschichtlichen Wende
Das State Department der USA sachte im Jahre 1961 in einer sogenannten Berlin-Broschüre u.a. nachzuweisen, daß sich die Besatzungs— Politik der Westmächte im wesentlichen an das im Potsdamer Abkommen festgelegte Programm zur Behandlung Deutschlands gehalten hätte, während demgegenüber die Sowjetunion schon bald die, wie es heißt, "Mehrzahl der positiven Prinzipien des Potsdamer Protokolls" umgestoßen hätte. Das Potsdamer Abkommen soll also zur Rechtfertigung der westlichen Politik gegenüber Deutschland herhalten bzw. soll diese Politik in einer Weise apologetisch interpretiert werden, als ob sie auf der Grundlage einer bestimmten Auslegung des Potsdamer Abkommens erfolgt sei. Dabei suchen sich diese imperialistischen Apologeten die Tatsache zunutze zu machen, daß die Besatzungspolitik der Westmächte - besonders in ihrer ersten Phase - ein außerordentlich vielfältiges, kompliziertes und z.T. widerspruchsvolles Erscheinungsbild bietet. Das internationale Kräfteverhältnis, die schwierigen Bedingungen für die Durchsetzung imperialistischer Konzeptionen, starke Gegensätze innerhalb der herrschenden Kreise über Prägen der Strategie und Taktik, die anfänglich nicht geringe Wirksamkeit von bürgerlichen Demokraten und Antifaschisten in westlichen Besatzungsbehörden u.a. Faktoren trugen dazu bei. Dennoch setzte sich in der Praxis der westlichen Besatzungspolitik von Anfang an eine Grundlinie durch, deren Auswirkungen nicht als eine spezifische, ganze oder teilweise Durchführung des Potsdamer Abkommens charakterisiert werden können, sondern nur als dessen Nichtdurchführung, von der einfachen Umgehung bis zum offenen Bruch dieses Abkommens. Diese Grundlinie kommt vor allem in der Negierung des demokratischen Selbstbestimmungsrechtes des deutschen Volkes und - damit verbunden - in der Funktion einer Schirmherrschaft für die geschlagene deutsche Großbourgeoisie zum Ausdruck. Diese Tatsache soll im folgenden an einigen typischen Maßnahmen belegt werden.
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Dabei aoll vor allem der Präge Beachtung geschenkt werden, wie die Westmächte diese Besätzungsmaßnahmen durchführten. Ohne Beantwortung dieser Frage ist es nicht möglich, den Anteil dieser Maßnahmen an der Verhinderung einer geschichtlichen Wende in den Westzonen richtig einzuschätzen, denn ihre Wirksamkeit beruhte nicht nur auf besatzungsbehördlichem Zwang, sondern fast ebenso sehr auf einem politisch-moralischen Nimbus und auf anscheinend besatzungsrechtlichen Grundlagen. Ganz besonders in der ersten Phase erfolgte die westliche Besatzungspolitik weitgehend in antimilitaristischem, antifaschistischem und demokratischem Gewände, angeblich auf dem Boden des Potsdamer Abkommens, als dessen Durchführung die meisten Maßnahmen ausgegeben wurden. Man stellte sich den antifaschistisch-demokratisohen Bestrebungen nicht offen entgegen, unterstützte sie scheinbar, allerdings in recht eigenwilliger Weise. Der politisch-moralische Kredit, über den die Westmächte dadurch und als Sieger über den Paschismus verfügten, die demokratischen Illusionen über ihre Besatzungspolitik, die weite Verbreitung - zeitweise selbst bis in die Reihen der Kommunistischen Partei - fanden, waren für sie nicht zu überschätzende politische Aktivposten. In den ersten Proklamationen, Gesetzen und Verordnungen des angloameriknnl sehen Oberkommandos, die bereits am 18. September 1944- in
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Kraft traten , wurde die restlose Beseitigung von Militarismus und Paschismus als Aufgabe der Militärregierung deklariert; die NSDAP wurde aufgelöst, nationalsozialistische Gesetze wurden aufgehoben, das Vermögen des Reiches, der NSDAP und ihrer Gliederungen, von Nazi- und Kriegsverbrechern beschlagnahmt. Diese Maßnahmen wurden jedoch mit anderen Maßnahmen verbunden, die den Zweok hatten, die Entwicklung der demokratischen Bewegung einzudämmen, unter Kontrolle zu bekommen, die Entfaltung des politischen Lebens ?,u begrenzen und zu lenken. Die Durchführung einer sog. Abkühlungsperiode und die Errichtung eines Systems strenger politischer Reglementierung bildeten Grundelemente der westlichen Besatzungspolitik in der ersten Phase. Das hervorstechende Merkmal der westlichen Besatzungspolitik vor der Potsdamer Konferenz bestand in der Durchführung einer Art politischer Quarantäne. Nachdem Experimente mit Gewerkschaftsversammlungen, die in Aachen u.a. Orten bereits Anfang 194-5 unternommen worden waren, zu unerwünschten Resultaten geführt hatten, wie der britische Kontrolloffizier Ebsworth rückblickend schrieb-', wurden
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gewerkschaftliche und jede politische Betätigung in den Westzonen verboten. Antifa-Ausschüsse der Bevölkerung wurden aufgelöst. Rechte Gewerkschaftsführer und antikommunistische sozialdemokratische Politiker erhielten die Möglichkeit, die organisatorischen Schlüsselpositionen zu besetzen. Die Woge der Einheitsbestrebungen zwischen KPD- und SPD-Organisationen wurde, wie der amerikanische Historiker iL Edinger eingesteht , durch die politische Quarantäne abgewehrt. Dieses Vorgehen der Westmächte war mit dem Argument bemäntelt worden, das deutsche Volk müsse erst zu demokratischen Lebensformen erzogen, allmählich auf sie vorbereitet werden. Der Beschränkung der demokratischen Entwicklung stand jedoch die gleichzeitige Förderung bzw. Begünstigung dex- Entwicklung reaktionärer Organisationen und Kräfte gegenüber. Nach der Potsdamer Konferenz schienen sich die westlichen Alliierten zunächst auf die Grundlage der dort gefaßten Beschlüsse zu stellen. Die amerikanische Direktive JOS 1067 wurde offiziell den Potsdamer Prinzipien und Bestimmungen untergeordnet-', politische Organisation und Betätigung wurde stufenweise erlaubt. Die Westmächte gaben im Kontrollrat einer Reihe Gesetzen und Verordnungen zur Beseitigung von Paschismus und 'Militarismus ihre Zustimmung. Doch die Bildung von deutschen ZentralVerwaltungen, gesamtdeutschen Parteien und Gewerkschaften stieß auf ein westliches Veto 6 . Die dadurch entstandene Lage begünstigte die westlichen Bestrebungen nach einer separaten Zonenpolitik, die ihnen bessere Möglichkeiten bot, ihre imperialistischen Sonderinteressen durchzusetzen. Im Unterschied zur Sowjetunion, die ihrer Besatzungszone nicht das Sowjetsystem aufzwang, zwangen die westlichen Besatzungsmächte ihren Besatzungszonen eine Reihe Einrichtungen und staatspolitische Prinzipien auf (wie z.B. britische Verwaltungsprinzipien, britische Wahlgesetze für Gemeindewahlen), die die Entwicklung eigenständiger demokratischer Lebensformen in Deutschland zumindest hemmten. Entscheidend war jedoch die Haltung der Westmächte zu den gesellschaftlichen und politischen Grundfragen der deutschen Nachkriegsentwicklung. In bezug auf die Monopole schien es zunächst, als ob die westlichen Besät zungsmächte den Sequestierungsbefehlen der SMAD vom Oktober 1945 mit gleichen Maßnahmen folgen würden. Sie beschlagnahmten 1945/46 auf Grund des Gesetzes Nr. 52 vom 18. September 1944 eine Reihe Konzerne und Großbanken. Im Unterschied zur Sowjetischen Besatzungszone wurden jedoch mit den Beschlagnahmemaßnahmen in den
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Westzonen die bestehenden Konzernleitungen, die Konzernbürokratle ausdrücklich bestätigt und damit vor eigenverantwortlichen Säuberungamaßnahmen durch die Werktätigen geschützt. Kur einige Spitzenmanager wurden für ca. 1 Jahr in Haft genommen, und nur Verantwortliche des Krupp-, Flick- und Röchlingskonzerns sowie der IG Farben wurden vor Gericht gestellt. Die Leitungen der beschlagnahmten Monopolbetriebe wurden angewiesen, die "normale Geschäftstätigkeit" fortzusetzen*7. Sie konnten über ihre Kriegsgewiime frei verfügen, da die Bankvermögen in den Westzonen nur zu einem geringen Teil und nur zeitweise gesperrt wurden. Auf diese Weise, ergänzt durch die schnelle Wiederherstellung eines Netzes von Unternehmerverbänden, konnte das deutsche Monopolkapital in den Westzonen die Lähmung seiner ökonomischen Macht bald überwinden und diese Macht, wenn auch unter westalliierter Kontrolle, erneut politisch mißbrauchen. Im Unterschied zum Vorgehen der SMAD legten die Westmächte die Entscheidung über die nicht zu demontierenden deutschen Betriebe nicht in die Hände des deutschen Volkes, sondern hielten die Beschlagnahme von Monopolbetrieben aufrecht und entzogen den gewählten Volksvertretungen in den westzonalen Ländern u.a. jedes Recht, über Eigentumsverhältnisse in der Wirtschaft una über deren Demokratisierung zu entscheiden. Zugleich wurden jedoch Maßnahmen zur Durchführung der Bestimmungen des Potsdamer Abkommens über Entmonopolisierung und Demokratisierung versprochen (von britischer Seite außerdem die Unterstützung der deutschen Verstaatlichungsforderungen) . In ausdrücklicher Bezugnahme auf jene Bestimmungen des Potsdamer Abkommens erließen die westlichen Besätzungsmächte - nachdem sie ein einheitliches Vorgehen aller Besatzungsmächte Im Kontrollrat verhindert hatten - übereinstimmende Gesetze und Verordnungen zur' angeblichen Beseitigung übermäßiger Konzentration deutscher Wirtschaftskraft. Gemäß dem Text des Gesetzes der amerikanischen Militärregierung Fr. 56 vom 27. Januar 19^7, der Verordnung Nr. 78 der britischen und der Verordnung Nr. 96 der französischen Militärregierung sollten jedoch nicht - wie in den Einleitungen angekündigt die deutschen Trusts, Konzerne, Kartelle u.a. Monopolvereinigungen beseitigt, sondern lediglich durch eine sogenannte Entflechtung verkleinert werden, um den sogenannten kapitalistischen Wettbewerb in den betreffenden Industriezweigen wiederherzustellen. Es ist hier nicht möglich, auf die verschiedenen Motive und Aspekte der Entflechtungsaktion einzugehen, die schließlich, entgegen dem Text jener Gesetze bzw. Verordnungen, nur gegenüber Montankonzernen.,
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Großbanken und IG-Farben durchgeführt wurdoi. Alle anderen Monopolvereinigungen, die im Potsdamer Abkommen sämtlich angesprochen worden waren, blieben gänzlich verschont. Die Entflechtungsaktion erwies sioh im weiteren Verlauf der Entwicklung als einer der verschlungenen Wege, auf dem die Macht des Monopolkapitals in den ffestzonen restauriert wurde. Dabei muß als charakteristisch für die westliche Besatzungspolitik die - in Bezugnahme auf das Potsdamer Abkommen - propagierte antimonopolistische Zielsetzung der Entflechtungsgesetze ebenso hervorgehoben werden wie die eindeutig nachzuweisende Tatsache, daß diese Gesetze mit den Potsdamer Prinzipien und Zielsetzungen keineswegs übereinstimmten, sie in Wirklichkeit verfälschten. Gleichzeitig wird an der Entflechtungsaktion ein anderer Grundzug der westlichen Besatzungspolitik besonders deutlich. Die raffinierte Verfälschung des Potsdamer Abkommens war untrennbar mit einer Negierung des Willens, des demokratischen Selbstbestimmungsrechts des deutschen Volkes verbunden. Ihm sollte eine bestimmte Regelung der Monopolfrage aufgezwungen werden, während sich auch die Mehrzahl der westdeutschen Landtage ganz zu schweigen von demokratischen Parteien und Organisationen - eindeutig für eine Beseitigung von Monopolvereinigungen und die Entmachtung der Monopolherren als Nazi- und Kriegsverbrecher ausgesprochen hatte. Doch die beschlagnahmten Monopole wurden nicht der Verfügungsgewalt der gewählten Landtage, sondern schließlich deutschen Treuhandverwaltungen übergeben, in denen die betroffenen Monopole selbst durch ihre Vertreter tonangebend waren, wie z.B. in der mit Gesetz Nr. 75 vpja 10. November 1948 gebildeten Stahltreuhändervereinigung unter Heinrich Dinkelbach. Aber nicht nur die beschlagnahmten Monopolvereinigungen blieben der Verfügungsgewalt der Landtage entzogen. Im Gegensatz zum Vorgehen der SMAD wurde den westzonalen Landtagen überhaupt das Entscheidungsrecht über die Regelung von Eigentumsfragen in der Industrie und deren Demokratisierung entzogen. Die Durchführung des Artikels 41 der hessischen Verfassung wurde von den Besatzungsbehörden unterbunden, das nordrheinwestfälische Gesetz über die Sozialisierung des Kohlenbergbaus wurde ebenso wie zahlreiche Gesetze, die eine Mitbestimmung in Fragen der Produktion vorsahen, suspendiert. Die westlichen Besatzungsmä.chte hatten sich für dieses Vorgehen schon gleich nach Zusammentritt der westzonalen Landtage eine sogenannte besatzungsrechtliche Grundlage geschaffen. Mit der britischen Verordnung Nr. 57 vom 1. Dezember 1946 und einer ähnlichen
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Verordnung Nr. 95 der französischen Militärregierung vom 9* Juni 1947 wurden die Kompetenzen der Landtage festgelegt und außerordentlich eingeschränkt. Die Tätigkeit auf Sachgebieten, die vor 194-5 Reichsangelegenheit waren u.a., wurde ihnen gänzlich verboten, auf anderen, wie Regelung der Eigentumsverhältnisse in der Industrie, waren sie verpflichtet, die von der Militärregierung niedergelegten Grundsätze zu befolgen und deren Genehmigung einzuholen. Die amerikanische Militärregierung erließ in ihrer Proklamation Hr. 4 vom 1. März 1947 einen den gleicheh Zweck erfüllenden Generalvorbehält. Die westlichen Besatzungsmächte negierten also das demokratische Selbstbestimmungsrecht des deutschen Volkes durch den Erlaß von politischen Sperrgesetzen, die die Durchführung von antifaschistischdemokratischen Umwälzungen in den westzonalen Ländern verhindern, sollten. Dieses Vorgehen widersprach den im Potsdamer Abkommen festgelegten Verpflichtungen für die Besatzungsmäohte, die demokratische Entwicklung in Deutschland zu fördern. Man suchte es harmlos mit dem pseudodemokratischen Argument zu bemänteln, die Entscheidung in Prägen, die die Entwicklung Deutschlands als Ganzes berühren, müßten bis zur Bildung einer deutschen Zentralregierung aufgeschoben werden.® Auch die Haltung der westlichen Besatzungsmächte in der wichtigen Präge deutscher Verwaltungsorgane widersprach den Potsdamer Prinzipien, naoh denen die öffentlichen Angelegenheiten in die Hände bewährter Antifaschisten und Demokraten zu legen seien. Statt die Bildung neuer deutscher Verwaltungsorgane zu fördern, stützten sich die Westmächte auf die Kräfte der traditionellen, volksfeindlichen deutschen Bürokratie. Dabei begnügte man sich nicht damit, auf eine Anzahl Reglerungsbeamter zurückzugreifen, die vom Hitlerregime wegen ihrer früheren Zugehörigkeit zum Zentrum oder anderen bürgerlichen Parteien abgesetzt oder zurückgesetzt worden waren. Westliche Besatzungsbehörden griffen vielmehr unbesorgt auf die Reste der hitlerfaschistischen Ministerialbürokratie zurück. So existierte im Sommer 1945 in Berlin W 15 eine Überleitungsstelle des ehemaligen Reichswirtschaftsministeriums unter den Ministerialräten Dr. Quassowski und Dr. Schöne, die über offizielle Verbindungen zu Abteilungen der westlichen Kontrollkommissionen im Alliierten Kontrollrat verfügte.^ Nachdem keine deutschen ZentralVerwaltungen gebildet wurden, stellten die Reste dieses Ministeriums das Personal für das Ende 1945/Anfang 1946 entstehende Wirtschaftsamt für die britische Zone, später für die entsprechenden bizonalen Wirtschaftsämter.10
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Kein Wunder, daß es durob die Aufdeckung der Vergangenheit führender Bessortleiter dieser Ämter (vor allem durch die KFD) 19*5/4-7 zu ständigen Entnazifizierungsskandalen kam» Einige Belastete mußten gehen, aber die Nachrückenden waren meist nicht besser« Die westlichen Besatzungsbehörden suchten ihr Vorgehen mit dem Uaogel an sogenannten Fachleuten zu bemänteln, die angeblich unentbehrlich seien. So heißt es in einem Schreiben der britischen Militärregierung an den Gewerkschaftabund der britischen Zone: "Die deutschen Entnazifizierungsausschüsse, in denen selbstverständlich auch die Gewerkschaften vertreten sind, sehen sich bei der Ausübung ihrer Pflichten zuweilen vor die Satsache gestellt, daß die von ihnen gemachten Empfehlungen, die Entfernung oder den Ausschluß gewesener Nazis vom Amte betreffend, nicht Immer befolgt werden. Bis geeigneter Ersatz gefunden werden kann, werden diese Nazis vorübergehend im Amt belassen, da, nach dem Urteil der Militärregierung, ihre Entfernung ernsthafte Folgen für lebenswichtige Produktionen nach sich ziehen würde". Es wird zugegeben, daß ein solches Verfahren nicht mit der Kontrollratsdirektive Nr. 24 übereinstimmt, es seien jedoch keine genug geeigneten Fachkräfte vorhanden. Die Gewerkschaften sollten diese im Amt Belassenen "überwachen". "Es war durchaus verständlich", kommentiert der britische Historiker Michael Balfour diesen Vorgang, "daß die Fachleute der Alliierten sich einer rigorosen Entnazifizierung widersetzten, wenn es darum ging, geschulte Iieute durch mehr oder weniger unerfahrene 12 Anfänger zu ersetzen". Eine solche Einstellung führte u.a. auch zu der Ansicht, "daß man es angesichts der herrschenden Knappheit unmöglich riskieren dürfe, den nationalsozialistischen Beichsnährstand aufzulösen...".^ Selbst der Chefredakteur des Westberliner "Tagesspiegel", Erik Beger, Antikommn.nlst und wütender Feind einer neuen deutschen Demokratie, kritisierte dieses Vorgehen scharf und schrieb: "Mit dem •Fachmann' ist in Deutschland schon immer Unfug getrieben worden, jetzt aber dient dieses Argument ganz einfach der Bestauration. Nicht, daß man den Nationalsozialismus wiederherstellen wollte. Natürlich nicht. Alle diese Industriellen, diese Syndici, diese Prokuristen, diese Beamten wollen die Wiederherstellung ihrer anonymen politischen Macht ... Sie sitzen also seit zwei Jahren, erst ohne, dann mit bescheinigtem Freispruch, auf allen möglichen Posten, in Düsseldorf, in Dortmund, in Hagen, in Bielefeld, in Minden, und
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Rolf Badstübner
niemand acheint die Präge aufzuwerfen, warum bei so vielen Fachleuten dennoch nichts in Gang kommt. Niemand denkt: folglich könnte es, ersetzte man sie durch unbelastete Nichtfachleute, wohl auch nicht schlimmer stehen... weshalb registriert man nicht einmal diejenigen, die nun wirklich nichts mit der Hitlerei zu tun hatten, weshalb versucht man nicht herauszubringen, für welche Posten sie sich eignen, auf welchen Posten sie sich rasch einarbeiten könnten ?" Mit diesem Zitat möchte ich die kurze Beweisführung zu den eingangs aufgestellten Thesen abschließen. Zum Schluß sei noch hervorgehoben, daß die erwähnten BesätzungsmaBnahmen, wie überhaupt die westliche Besatzungspolitik, nur einen, wenn auch gewichtigen Heil im Ursachenkomplex der Verhinderung einer geschichtlichen Wende in den Westzonen Deutschlands bilden.
Anmerkungen 1
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"Berlin 1961". Berlin-Broschüre des amerikanischen Außenministeriums. Amerika-Dienst, Bad Godesberg, 1.9.1961 (Allhang), S. 7. Siehe: Amtsblatt der Militärregierung Deutschlands. Kontrollgebiet der zwölften Armeegruppe, N r 1, o.O. u. o.J., S. 3 ff. Ebsworth, Raymond. Restoring Democracy in Germany. The British Contribution, London und New York 1960, E. 22. E dinger, Lewis J., Sozialdemokratie und Nationalsozialismus. Der Parteivorstand der SPD im Exil 1933 - 1945i Hannover und Frankfurt/M. 1960, S. 194. Siehe) Department of State Bulletin. Nr 330/1945, S. 596. Siehe« Die Wahrheit über die Politik der Westmächte in der deutschen Frage (Historischer Abriß), hg. von den Ministerien für Auswärtige Angelegenheiten der DDR und UdSSR, o.O. u. o.J., S. 17 f. Siehet Die Ruhr-Montan-Konzerne, 2. Aufl., Berlin und Essen 1950, S. 6. Siehei Brief des britischen MilitärRouverneurs W.H.A. Bishop an den Landtagapräsidenten des Landtages Nordrhein-Westfalen vom 23. August 1948 zum Verbot des Sozialisierungsgesetzes. Landtagsdrucksache Nr 11-631. Siehe: Vogel, Walter. Westdeutschland 1945 - 1950. Der Aufbau von Verfassungs- und Verwaltungseinrichtungen über den Ländern der drei westlichen Besatzungszonen,Teil II, Boppard am Rhein 1964, S. 99 (Schriften des Bundesarchivs Nr 12).
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Siehei ebenda, S. 100 f., 127, 141 ff. Abgedruckt in i Freiheit, Düsseldorf, v. 12. Juli 1946. Siehe: Balfour, Michael, Vier-Mächte-Kontrolle in Deutschland 1945/46, Düsseldorf 1959, S. 267. Ebenda. Reger, Erik, Zwei Jahre nach Hitler, Hamburg und Stuttgart 1947, S. 20 f.
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Die Stellung der LDPD zu den Fragen der demokratischen Einheit Deutschlands
Der vorliegende Problemkomplex ist außerordentlich vielschichtig» E s spielen u.a. hinein s das Reparationsproblem, der MarshallPlan, unterschiedliche Auffassungen zwischen den Westmächten i n der Deutschlandfrage, die einige Zeit hindurch von liberaldemokratischen Politikern überbewertet worden sind, usw. Die Ausführungen müssen vor dem Hintergrund der gesellschaftlichen Entwicklung in der Sowjetischen Besatzungszone bis Ende 1947 gesehen werden. Bekanntlich stellte es sich schon Ende 1945 heraus, daß die Westmächte an der demokratischen Lösung des deutschen Problems nicht interessiert waren. Sie begannen eine Politik zu betreiben, die antisowjetisch war und darauf hinauslief, die unter westlicher Kontrolle stehenden deutschen Gebiete zusammenzufassen und als strategischen Baum - sowohl in militärischer als auch in politischer Hinsicht - gegen den Osten zu benutzen. E s sei zunäohst festgestellt, daß die Liberaldemokraten immer eindeutig Stellung bezogen, was die Einheit Deutschlands an sich betraf. Aus nationalen Überlegungen heraus war für sie eine Spaltung Deutschlands einfach undenkbar. Sie glaubten deshalb auch, es könne keine deutschen politischen Kräfte geben, die Interesse an der Spaltung des Landes haben könnten. Auch aus Überlegungen wirtschaftlicher Zweckmäßigkeit heraus hielt man die Reichseinheit für unbedingt erforderlich, und schließlich führten historische Überlegungen, die Deutschland als eine organisch gewachsene geschichtliche Einheit verstanden, zu der Schlußfolgerung, allein die gesamtdeutsche Regelung aller Probleme brächte auch eine nützliche Regelung sowohl für die Deutschen als auch für die Alliierten. Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang folgendes anführen: Die Bemühungen führender Liberaldemokraten wie Külz, Schiffer und Dieckmann - um nur die bekanntesten zu nennen - um die Entstehung einer gesamtdeutschen bürgerlich-demokratischen Partei, auf deren Geschichte ich an dieser Stelle nicht eingehen kann.
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Feiner den Vorschlag von Külz im April 1946, in jeder Zone einen der Besatzungsmacht zur Seite stehenden Zonenrat zu schaffen, der bei Bedarf zu einem gesamtdeutschen Hat zusammentreten sollte, um jene Fragen zu klären, die von zentralen Verwaltungen - die noch immer nicht zustande gekommen waren - eigentlich hätten geregelt werden müssen. Und schließlich sei an den Gedanken Schiffers vom Februar 1947 erinnert, eine gesamtdeutsche Repräsentanz aus den Führern aller deutschen Parteien zu bilden. Dieser Vorschlag war am Widerstand Schumachers gescheitert, der damals die gesamtdeutschen Bemühungen als "Kasperletheater" bezeichnet hatte, an dem sich die SED nicht beteiligen könne. Aus den vielen Vorschlägen, Resolutionen und Kundgebungen der Parteileitung der LDPD zur Einheitsfrage und zur Zukunft Deutschlands ist zu entnehmen, daß für eine politische Neutralität plädiert wurde. "Wir müssen uns ... davon fernhalten, uns in die Gegensätzlichkeiten zwischen den Besatzungmächten verstricken zu lassen. Manche politischen Kreise erliegen der Gefahr, einseitig nach dieser oder jener Richtung Stellung zu nehmen", erklärte Külz auf einer Vorstandssitzung am 22. Dezember 194-7. Von diesem Standpunkt ausgehend und auf der Grundlage der deutschen Einheit, wollten Külz und seine politischen Freunde hinsichtlich der Reparationen und anderen Verpflichtungen den Alliierten gegenüber eine Erfüllungspolitik betreiben, die zweifellos von der Politik Wirths Anfnng der 20er Jahre inspiriert war. Die führenden Liberaldemokraten glaubten, die Notwendigkeit der deutschen Einheit den Alliierten gegenüber dadurch unterstreichen zu können, daß sie Immer wieder darauf hinwiesen, daß eine Föderalisierung Deutschlands ordnungsgemäße Reparationsleistungen unmöglich mache, darüber hinaus chaotische Zustände verursache und nationalistischen Tendenzen Vorschub leisten würde. Die LDPD war also für die Einheit Deutschlands. Aber bekanntlich handelte es sich schon damals nicht um die Einheit Deutschlands an sich, ging es nicht um irgendeine Einheit, sondern um ein antifaschistisch-demokratisches Deutschland entsprechend den Beschlüssen des Potsdamer Abkommens. In diesem Sinne hatte die SED im Dezember 1946 vorgeschlagen, in ganz Deutschland eine Volksabstimmung "für die Wiederherstellung der Einheit Deutschlands und gegen den Föderalismus ... für die Sicherung des Friedens und der Demokratie, für die Enteignung der Konzerne, der Syndikate, der Großbanken und des 2 Großgrundbesitzes über 100 ha" durchzuführen.
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Külz polemisierte auf dem 2. Parteitag der LDPD gegen den Abstimmungsvorschlag. Er hielt es für überflüssig, das Tolle zu befragen, "ob es einen Einheitsstaat will oder nicht". Zweifellos hatte Külz recht, als er meinte, das deutsche Volk wolle ohnehin die Einheit. Aber es ging gar nicht in erster Linie darum, diese Tatsache festzustellen; vielmehr k a m es darauf an, die Welt davon zu überzeugen, daß die Mehrheit des deutschen Volkes eine Einheit ohne Imperialisten, Militaristen und Nazis wünschte. Um diese Einheit ging es. Die Haltung der LDPD ist darauf zurückzuführen, daß auch die fortschrittlichen Kräfte der LDPD eine gewisse Zeit lang die inneren Zusammenhänge der Vorgänge in den Westzonen, die schließlich zur Etablierung der imperialistischen Bundesrepublik führten, nicht durchschauten, die Entwicklung nicht als Prozeß der Erhaltung und Eestauration der imperialistischen Verhältnisse verstanden. Die Ursachen für die immer stärker in Erscheinung tretenden Widersprüche wurden ausschließlich darauf zurückgeführt, daß sich die Siegermächte über die Gestaltung der deutschen Gegenwart und Zukunft nicht zu verständigen vermochten. Dabei wurde ihnen vorgeworfen, sie trieben auf Kosten Deutschlands Interessenpolitik. Andererseits jedoch wurde ausdrücklich die Übereinstimmung liberal-demokratischer Ansichten mit sowjetischen Deutschlandvorstellungen hervorgehoben. Das galt insbesondere hinsichtlich der Forderung nach der Einsetzung einer deutschen Zentralregierung und der Bewahrung der deutschen Einheit in Gestalt eines Einheitsstaates statt eines föderativen Bundesstaates. Vor diesem Hintergrund wurden die antinationalen Bestrebungen in den westlichen Besätzungszonen lediglich als Separatismus - wie m a n ihn schon nach 1918 kennengelernt hatte - und als herkömmlicher, für Deutschland typischer Föderalismus beurteilt. Diese Betrachtung der Lage , die nicht den Kern des Problems traf, hatte zur Folge: 1. Unsicherheiten in bezug auf die Vorwürfe westlicher Politiker, die LDPD unterstütze Maßnahmen, die die Sowjetische Besatzungszone von den westlichen Gebieten Deutschlands abrücken ließen. Külz versuchte, dieser Verleumdung mit der Erklärung entgegenzutreten "...unser Weg geht weder links noch rechts, sondern er geht geradeaus. 2. Unsicherheiten in bezug auf die Vorgänge in den westlichen Besatzungszonen, als die USA und England im Dezember 1946 in New York beschlossen, die Wirtschaft ihrer Besatzungszonen zu vereinigen. Die LDPD urteilte durchaus richtig: "Die Frage einer dauernden Trennung zwischen West und Ost ist jetzt in ihr entscheidendes Stadium
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getreten." Zugleich empfahl sie aber, die Sowjetische Besatzungszone sollte sich dem anglo-amerlkanischen Torschlag anschließen. Das Abkommen zur Gründung der Bi-Zone wurde zunächst nicht als Höhepunkt einer Politik erkannt, die Deutschland spalten sollte, sondern es wurde "als ein weiterer Schritt zur Aufhebung aller Zonengrenzen und zur Einheit Deutschlands..."^ gewertet. 3. Unsicherheiten, wie jene westdeutschen Politiker einzuschätzen seien, die in den Institutionen der Bi-Zone führende Positionen innehatten. Es wurde die Hoffnung ausgedrückt, "daß die Mitglieder des Wirtschaftsrates sich ihrer hohen Aufgabe bewußt sind und in allen ihren Beschlüssen keinerlei Tendenzen verfolgen, die sich gegen die Zusammenarbeit mit der Ostzone richten könnten, sondern sich einzig und allein vom Gedanken der deutschen Einheit werden leiten lassen."6 4. Unsicherheiten in bezug auf die Beurteilung des Marshall-Planes. Da den demokratischen Kräften innerhalb der LDPD noch nicht bewußt geworden war, daß es die imperialistischen Westmächte sowie politische Parteien und Gruppierungen in den westlichen Gebieten Deutschlands waren, die sich anschickten, vermittels der Spaltungspolitik die imperialistischen Verhältnisse wenigstens im westlichen Deutschland zu erhalten und die zugleich mit Hilfe des Marshall-Plan-Angebots den Versuch unternahmen, die Bevölkerung der Sowjetischen Besatzungszone, insbesondere die bürgerlichen Kreise zu verwirren und den Imperialismus auch in diesem Teile Deutschlands zu restaurieren, hofften sie, daß die "in Gang gekommene Aussprache über den Marshall-Plan zu einer großzügigen Hilfsaktion zur Linderung der durch den Krieg über viele Teile der Welt gekommenen Hot bilden wird." 8 Diese Beispiele mögen genügen, um die Kompliziertheit der Probleme anzudeuten, um die es hier geht. Die bürgerlichen Demokraten sahen sich einer gesellschaftlichen Wirklichkeit gegenüber, die sich - was die Sowjetische Besatzungszone anbetraf - revolutionär veränderte, und einer nationalen Situation, die sich laufend zuspitzte. Sie vermochten sie aber erst dann in ihrem Kern zu begreifen, als sie erkannt hatten, daß die Entwicklungen in Deutschland revolutionären oder restaurativen Charakter trugen. Unter diesem Aspekt muß ferner gesehen werden : 1. Die Überzeugung der Liberaldemokraten, mit Hilfe staatsrechtlicher Sicherungen und eines antiföderalistischen Staatsaufbaus die Einheit Deutschlands bewahren zu können.
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Man bemühte sich, Lösungen zu finden, die ein Umsichgreifen separatistischer Strömungen und föderalistische Extratouren verhindern sollten und gelangte zu der Formel des "dezentralisierten Einheitsstaates", in dessen Bahmen die Zentralregierung den Ländern nicht hereinreden sollte, nach welchem Uodus in Dingelstädt die Nachtwächter einzustellen seien, wie es Külz einmal ausgedrückt hat. In diesem Zusammenhang wurde nicht die Frage aufgeworfen, wer denn in diesem dezentralisierten Einheitsstaat konkret die Macht ausüben sollte ? Aber auf die Erkenntnis dieses Problems kam es eben an« Es wurde zunächst nur die allgemeine Antwort gegeben > das Volk. Dabei wollten allerdings die fortschrittlichen Liberaldemokraten so verstanden werden, daß die Verhältnisse anders gestaltet sein müssen, als sie es vor 1933 waren, daß zum staatstragenden Tolk nicht Nazis, Militaristen und Kriegsverbrecher gehörten, daß darüber hinaus alle Deutschen erst einmal zu Demokraten erzogen werden müßten und dazu auch erzogen werden könnten. Für-viele der führenden Liberaldemokraten war der Kampf um die Einheit nicht zuletzt eine politische Erziehungsfrage. 2. Die Überzeugung der Liberaldemokraten, daß allein die Parteien die rechtmäßigen politischen ffillensträger waren, solange es kein deutsches Zentralparlament gab* Ton diesem Standpunkt aus wurde primär z.B. die Uünohener Ministerpräsidenten-Konferenz vom Juni 194-7 beurteilt. Vor ihrem Beginn hieß es in einer Entschließung des Gesamtvorstandes der LDPD: "Diese Zusammenkunft kann jedoch die nationale Repräsentation weder ersetzen noch schaffen. Solange eine Eegierung nicht besteht, sind für uns vor allem die politischen Parteien berufene Repräsentanten der politischen Willensbildung und -äußerung."^ Und nach dem Scheitern der Konferenz hieß es : "Verlauf und Ergebnis der Besprechungen verstärkt uns in der Auffassung, daß die ... politischen Parteien die einzigen berufenen Repräsentanten einer gesemt'lO deutschen Willensäußerung sind."1 In diesem Zusammenhang spielen Innere Probleme der Sowjetischen Besatzungszone eine wesentliche Rolle. Die LDPD wehrte sich dagegen, die demokratischen Massenorgsnisationen als gleichberechtigte und politische Partner anzuerkennen. Gesamtdeutsohe Bemühungen über die Partei hinaus - so fürchtete man - würden die Unhaltbarkeit die-
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ser Auffassung demonstrieren und praktische Eonsequenzen unausbleiblich machen. Deshalb beruhten auch alle TorSchläge, die die LDH) damals machte, auf dem unbedingten Grundsatz der ausschließlichem Parteizuständigkeit. Zusammenfassend darf also gesagt werden : Die IJDPD trat von Anfang an für die deutsche Einheit ein, aber ihre Bemühungen blieben letzten Endes wenig effektiv, weil sie nicht vom Kern des Problems ausgingen und weil sie die VolksmaBsen als Hauptfaktor des nationalen Kampfes nicht genügend beachtete. In dieser Situation wirkten der Aufruf der SED zur Einberufung eines Volkskongresses und die Kongreßbewegung schließlich selbst wie ein Katalysator, der in der LDPD schon lange Herangereiftes aufbrechen ließ und Entwicklungen entscheidend beeinflußte und forcierte. Bis dahin hatte in liberaldemokratischen Kreisen die Meinung vorgeherrscht, die Deutschen könnten in bezug auf die deutschen Probleme nur ihren Willen öffentlich kundgeben, aber letztlich wenig tun, lediglich für die alliierten Konferenzen Material zusammentragen und deutsche Wünsche anmelden. Der Volkskongreß ging über die bloße Demonstration hinaus, er rief zu Konferenzen nnf, und er selbst war schon Aktion. Durch den Volkskongreß erfuhr in kritischer nationaler Situation das Bündnis der antifaschistisch-demokratischen Kräfte eine Festigung und Ausweitung. Die LDPD gab ihren Standpunkt faktisch auf, daß allein die Parteien die politischen Willensträger seien. Die Zustimmung der LDPD zum Volkskongreß erfolgte aus dem Bewußtsein heraus, als deutsche Partei für die nationale Zukunft Deutschlands die Verantwortung zu tragen. Auf einer Hauptausschußsitzung im Januar 1948 erklärte Külzs "Demgegenüber (gegenüber politischen Kreisen im Westan - M.B.) sind wir bereit, die notwendige Verantwortung zu übernehmen. Wir sind keine politischen Fatalisten und Nihilisten."11 Dieckmann hatte schon am 1. Dezember 194-7 mit Blickrichtung auf die SPD, deren. Vorsitzender Schumacher die Parole ausgegeben hatte "Die Alliierten haben den totalen Sieg, also auch die totale Verantwortung", bemerkt: "Das ist grundsätzlich falsch ... Wir müssen alles tun, um die eigene Verantwortung für unser politisches Geschick in uns und unserer Jugend zu stärken. Wir können es uns nicht 12
mehr leisten, daß andere die Verantwortung tragen." Die Zustimmung der LDPD erfolgte aus dem Gefühl, eine andere Entscheidung würde die Ehrlichkeit der gesamten Politik der Partei in
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Manfred Bogisch
Frage stellen, sowie aus dem Wissen, daß die bis dahin verfolgte Blockpolitik einfach eine positive Bekundung erfordere, daß eine NichtZustimmung eine Krise der Zusammenarbeit heraufbeschwören könnte. "In dieser Stunde muß das Trennende in den Hintergrund und das Einigende in den Vordergrund treten", appellierte Külz Anfang Dezember 194-7, und er hob noch einmal hervor: "Mit der SED seien wir uns in drei Punkten einig, nämlich in der Ablehnung des Faschismus, in dem Bekenntnis einer positiven Friedenspolitik und dem Bekenntnis zur Demokratie."^ Ich glaube, die Ausführungen haben Ihnen den Eindruck vermittelt, daß das Problem der Entwicklung der nationalen Frage für das Verständnis der Vorgänge in der LDPD ein Schlüsselproblem ist. Die Vorgänge im Zusammenhang mit dem Volkskongreß waren für die demokratischen Kräfte in der LDPD von wesentlicher Bedeutung. Damals fiel eine wichtige Vorentscheidung, deren Bedeutung sich erst 1948 zeigen sollte, als die Auseinandersetzungen in der Partei ihren Höhepunkt erreichten.
Anmerkungen 1 2 3
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Protokoll der Außerordentlichen Sitzung des Geschäftsführenden Vorstandes am 22.12.1947, Zentrales Parteiarchiv, D V d 937 a. Ulbricht. Walter. Zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung, Bd 3, S. 82. Külz, Wilhelm, Wohin gehen wir ? in : Zweiter Parteitag der Liberal-Demokratischen Partei vom 4. - 7. Juli 1947 in Eisenach, hg. von der Parteileitung, S. 33. Mitteilungsblatt Nr 9 v. 7. Dezember 1946. Mitteilungsblatt Nr 20 v. 2. Juli 1947. Ebenda. Ebenda. Ebenda. Der Morgen, Nr 112, v. 15. Mai 1947. Der Morgen, Nr 132, v. 10. Juni 194-7. Protokoll der Hauptausschußsitzung vom 6. Januar 1948, Zentrales Parteiarchiv, D V d 937 a. Protokoll der Außerordentlichen Sitzung des Geschäftsführenden Vorstandes am 1.9.1947, Zentrales Parteiarchiv, D V d 937 a. Ebenda.
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Zur Entstehungsgeschichte des Grundgesetzes
Am Abend des 8. Mal 1949 stimmte eine Mehrheit von 53 gegen 12 Abgeordnete im Parlamentarischen Rat fiir das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland. Es war kein reiner Zufall, daß die Verfassung des westdeutschen Separatstaates auf den Tag genau vier Jahre nach der bedingungslosen Kapitulation der deutsch-faschistischen Wehrmacht verabschiedet wurde. Die Regisseure des Parlamentarischen Rates, in erster Linie sein Präsident, Dr. Konrad Adenauer, legten besonderen Wert darauf, das Grundgesetz des neuen Staates an jenem 8. Mai aus der Taufe zu heben, der 1945 als schwärzester Tag in die Geschichte des imperialistischen Deutschlands eingegangen war. Dieser Akt sollte versinnbildlichen, daß der Grundstein für ein neues Deutschland gelegt sei, das sich seinem ganzen Wesen nach von dem zerbrochenen faschistischen Regime unterscheide. Das äußere Bild, der verfassungsrechtliche Rahmen schien dafür zu sprechen. Die Entstehungsgeschichte des Parlamentarischen Rates, seine Tätigkeit und das Ergebnis seiner nahezu neunmonatigen Arbeit ließen schon damals - vor 16 Jahren - erkennen, daß der neue Staat nicht nur juristisch als der Rechtsnachfolger des Dritten Reiches anzusehen war, sondern auch politisch unverkennbar als der Portsetzer deutscher imperialistischer Politik auftrat. Wie war man eigentlich nach Bonn gekommen, worauf basierte die Entstehimg des Parlamentarischen Rates ? So wie die Bundesrepublik das legitime Kind des Kalten Krieges war, so entstand der Parlamentarische Rat im Ergebnis der endgültigen Abkehr der drei westlichen Besatzungsmächte von den Prinzipien des Potsdamer Abkommens. Der Abbruch der Londoner Konferenz des Rates der Außenminister im Dezember 1947, die Sprengung der Viermächteverwaltung in Deutschland und die separate Londoner Sechsmächtekonferenz im Frühjahr 1948, der Ausbau der Bizone durch die Proklamation Nr. 7 der amerikanischen und britischen Militärgouverneure sowie die Einbeziehung der drei
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Siegfried. Thomas
Westzonen in das System des Marshallplans gingen der Bildung des Parlamentarischen Rates voraus» Ein Befehl der Besätzungsmächte, die sogenannten Frankfurter Direktiven vom 1. Juli 1948, ordnete schließlich die Einberufung einer, nie es wörtlich hieß, "verfas4
sunggebenden Versammlung" für die drei Westzonen an. Der Parlamentarische Rat verdankte also sein Entstehen nicht einer deutschen Initiative, wie es bei der Volkskongreßbewegung, dem Volksrat und seinem Verfassungsausschuß der Fall war, sondern einem Befehl der drei westlichen Militärgouverneure. Dieses Geburfcsmal konnte die Bönner Versammlung in ihrer ganzen Tätigkeit nicht vergessen machen. Überhaupt befand sich der Parlamentarische Rat in den neun Monaten seines Bestehens ständig in dem Dilemma, einerseits die Freiheit seines Handelns zu betonen, andererseits aber die Einmischung der Besatzungsmächte hinnehmen zu müssen. In seiner Eröffnungsansprache als Präsident betonte Adenauer emphatisch, daß der Parlamentarische Rat nach seiner Konstituierung völlig frei und selbständig sei. "Es wird die vornehmste Pflicht des Rates, aber auch des Präsidenten und seiner Stellvertreter, sein, diese völlige Freiheit und Unabhängigkeit ständig zu wahren und sicherzustellen."2 Wie frei und unabhängig die westdeutsche verfassungsgebende Versammlung tatsächlich handeln konnte, geht aus folgendem hervor: In den Londoner Empfehlungen und den Frankfurter Direktiven wurde bereits der Rahmen gezimmert, in dem die Abgeordneten "frei" zu entscheiden hatten. Ihnen wurde auferlegt, eine "Regierungsform des föderativen Typs''^ zu schaffen. Die Verfassung mußte von den Militärgouverneuren genehmigt werden. Außerdem wurden bereits die Grundzüge des Besatzungsstatuts und damit die Vorbehaltsrechte der Okkupationsmächte auf den verschiedensten Gebieten des künftigen Staates abgesteckt. Während der Beratungen mischten sich die Militärgouverneure mehr als einmal in die Arbeiten der Verfassungsausschüsse ein und bestanden auf genauer Einhaltung der alliierten Anweisungen sowie auf einer schnellen Beendigung der Arbeiten an der Verfassung. In einem Schreiben an den Präsidenten des Parlamentarischen Rates vom 22. November 1948 wurde erneut die Beibehaltung eines föderativen Staatsaufbaus, die Einführung des Zweikammersystems mit einer Länderkammer iL und die Sicherstellung der FinanzVerwaltung der Länder gefordert. Nachdem der Hauptausschuß Anfang Februar 1949 den Verfassungsentwurf im wesentlichen fertiggestellt hatte, wurde er von den Militärgouverneuren verworfen und zurückgewiesen. Gegenvorschläge des
Entstehung des Grundgesetzes
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Parlamentarischen Rates fanden, gleichfalls keine Zustimmung der Militärgouverneure. Im Endergebnis der fortgesetzten Eingriffe der Besatzungsbehörden kam es im Ifärz 194-9 zu einer regelrechten Krise im Parlamentarischen Hat» Ähnlich erging es dem vom Parlamentarischen Rat verabschiedeten Wahlgesetz» Wie das Grundgesetz, so konnte auch das Wahlgesetz erst verabschiedet werden, nachdem die Westmächte ihre Forderungen durchgesetzt hatten. Schon im Januar 1949 erklärte Carlo Sohmid, Leiter der SED-Fraktion, treffend, durch das Eingreifen der Btilitärgouverneure werde eine Latte nach der anderen aus dem Zaun herausgebrochen, "der mühsam um die Autonomie des Parlamentarischen Rates errichtet worden ist."-' Der Parlamentarische Rat war also keineswegs frei und unabhängig in seinen Entscheidungen, sondern stand unter ständiger Aufsicht der Besatzungsbehörden» Sie bestimmten in letzter Instanz über den Inhalt der westdeutschen Verfassung, genau so wie sie die Entwicklung in den Westzonen seit 194-5 bestimmt hatten. Wenn hier ganz allgemein von den Westmächten gesprochen wird, dann versteht sich von selbst, daß auch unter ihnen zu differenzieren ist und daB der überragende Einfluß der USA natürlich den Lauf der Singe maßgeblich bestimmte» Diese These von der entscheidenden Rolle der Besatzungsmächte darf allerdings nicht so verstanden werden, als wären die deutschen politischen Kräfte passive Zuschauer gewesen oder hätten lediglich unter dem Diktat der Besatzungsmächte gehandelt. Beim Parlamentarischen Rat zeigte sich das Wechselverhältnis zwischen den Besatzungsmächten und der deutschen Reaktion besonders deutlich» Es war weniger ein Zuspielen der Bälle zwischen Militärgouvemeuren und den bürgerlichen Parteien, wie mitunter etwas vereinfacht angenommen wird, als vielmehr die Übereinstimmung in entscheidenden Grundfragen des Staatsaufbaus und den politischen Konsequenzen, was das Verhältnis beider Faktoren zueinander bestimmte. Natürlich wurde die offene Einmischung der Besatzungsmächte in die Verfassungsarbeiten auch von den Fraktionen der CDU/CSU, FDP und DP nicht gerade gutgeheißen. Es war eben für alle Abgeordneten des Parlamentarischen Rates peinlich, wenn die viel gepriesene Freiheit und Unabhängigkeit immer wieder durchlöchert wurde. Abgesehen davon aber kamen die von den Militärgouverneuren aufgestellten Richtlinien, ihre Einwände gegen bestimmte Passagen des Verfassungsentwurfs, den Auffassungen der deutschen Reaktion, die in erster Linie in der CDU/CSU zu suchen war, entgegen. Schon in der ersten Grund-
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Siegfried Thomas
satzerklärqng der CDU/CSU-Fraktion konnte ihr Sprecher, Minister SÜBterhenn aus Eheinland-Pfalz, erklären: "Die Fraktion der CDU/CSU erblickt in diesen von den Militärgouverneuren aufgestellten Grundsätzen und Mindestforderungen keinerlei Beschränkungen ihrer politischen Willensfreiheit, denn diese Grundsätze entsprechen vielmehr dem, was meine Fraktion von sich aus auch ohne Existenz einer Militärregierung und ohne eine Forderung der Besatzungsmacht von der künftigen deutschen Verfassung verlangt."® Das war keine bloße Floskel, sondern entsprach den Realitäten. Der Verfassungsentwurf der CDU/CSU, der 194-7/48 vom sogenannten Ellwanger Kreis ausgearbeitet wurde, bestätigt dies unter anderem. Im übrigen verstand es Adenauer ausgezeichnet, diese Übereinstimmung mit den Auffassungen der Besatzungsbehörden für seine Partei auszunutzen und gegen die übrigen Fraktionen, _vor allen Dingen gegen die SPD auszuspielen. Verallgemeinernd kann man durchaus sagen, daß diese grundsätzliche Obereinstimmung zwischen deutscher Reaktion und den Westmächten, vor allen Dingen mit den USA, auf die ganze Periode von 1945 bis 1949 zutrifft, wobei, das sollte man noch hinzufügen, die Rolle des Hauptakteurs bis zur Gründung der Bundesregierung den Besät zungsmächten zufiel. Von seinem Standpunkt als Vertreter des deutschen Monopolkapitals hatte Adenauer gar nicht unrecht, wenn er in seiner Regierungserklärung am 20. September 1949 den USA den besonderen Dank für ihre Deutschlandpolitik aussprach, die maßgeblich zur Herausbildung des westdeutschen Staates beigetragen hat.'' Die Abhängigkeit des Parlamentarischen Rates von den Westmächten, seine Funktion, dem geplanten westdeutschen Staat die verfassungsrechtlichen Grundlagen zu geben und damit die politische Spaltung Deutschlands vollenden zu helfen, veranlaßte die Abgeordneten der bürgerlichen Parteien und auch der SPD, mit besonderem Nachdruck die angebliche Legitimität und das gesamtdeutsche Anliegen der verfassungsgebenden Versammlung in Bonn zu betonen. Die Volksrkongreßbewegung, das Unbehagen in großen Teilen der öffentlichen Meinung in den drei Westzonen und nicht zuletzt das Auftreten der beiden kommunistischen Abgeordneten Max Reimann und Heinz Renner im Parlamentarischen Rat selbst sorgten dafür, daß diese beiden Fragen von der ersten bis zu letzten Sitzung bei den Debatten in Bonn eine wesentliche Rolle spielten. Schon in der Eröffnungsveranstaltung am 1. September 1948 unterstrich der Alterspräsident des Parlamentarischen Rates, Schönfelder (SPD), nachdrücklich die Bedeutung der Arbeiten des Gremiums
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für Deutschlands Einheit. Vom gesamtdeutschen Anliegen sprachen sowohl Carlo Schmid (SPD) als auch der bayrische CSU-Minister Pfeiffer. Sie alle wiesen den Vorwurf der Kommunisten, faktisch an der Spaltung Deutschlands mitzuwirken, weit von sich und gaben ihrerseits der Überzeugung Ausdruck, der staatlichen Einheit Deutschlands den Weg zu ebnen. Der CDU-Sprecher Süsterhenn brachte zum Ausdruck, daß sich die Abgeordneten des Parlamentarischen Rates "als Treuhänder des gesamten deutschen Volkes auch über den Rahmen Q
der 11 (westdeutschen - S.T.) Länder" fühlen sollten. In der Präambel des am 8. Mai 194-9 verabschiedeten Grundgesetzes brachte die Mehrheit des Parlamentarischen Rates diesen Standpunkt schließlich durch die Formulierung zur Geltung, daß der Parlamentarische Rat auch für jene Deutschen gehandelt habe, "denen mitzuwirken versagt war. Es sei hier nur am Rande vermerkt, daß der Parlamentarische Rat in der ganzen Periode seiner Tätigkeit nicht einmal den Versuch unternahm, mit Vertretern der damaligen Sowjetischen Besatzungszone über Verfassungsfragen zu sprechen. Vorschläge des Deutschen Volksrates zu gesamtdeutschen Beratungen wurden entweder ignoriert oder brüsk abgelehnt, wobei ausgerechnet der Parlamentarische Rat die fehlende Legitimität des Deutschen Volksrates als Grund anführte. Die gleichen Abgeordneten, die sich auf ein imaginäres Mandat des ganzen deutschen Volkes beriefen und stellvertretend auch für jene Deutschen außerhalb der drei Westzonen zu handeln vorgaben, hatten nicht einmal ein ordnungsgemäßes Mandat der westdeutschen Bevölkerung vorzuweisen, und - das sollte man nie vergessen - sie legten auch gar keinen Wert darauf, sich um ein solches zu bewerben. In der Frankfurter Direktive vom 1. Juli 1948 hatten die Militärgouverneure die direkte Wahl der Abgeordneten für eine verfassungsgebende Versammlung vorgesehen. Die 11 westdeutschen Ministexpräsidenten der Länder gaben damals zu verstehen, daß ein solches Vorgehen angesichts der komplizierten Situation in Westdeutschland nicht ratsam sei. Aus dem gleichen Grunde lehnten sie auch eine Volksabstimmung über die Verfassung ab. Während der Debatten um die Präambel des Grundgesetzes im Hauptaussohuß des Parlamentarischen Rates erklärte der Abgeordnete der FDP sehr zum Unwillen seiner Fraktionskollegen, der übrigen bürgerlichen und sozialdemokratischen Abgeordneten, einmal sehr offeni "Es ist nicht wahr, daß das deutsche Volk Abgeot?ft';te hierher gesandt hat. Wir sind von den Landtagen gewählt worden und haben bis jetzt keine Legitimation des
Siegfried Thomas
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deutschen Volkes." Das war übrigens der gleiche Standpunkt;, den die kommunistischen Abgeordneten seit dem 1. September 1948 im Parlamentarischen Bat immer wieder vertreten hatten. In diesem Zusammenhang möchte ich einige Bemerkungen zu den Auffassungen der Vertreter der bürgerlichen Parteien und der SPD zur Präge der deutschen Einheit und zu den Eonsequenzen der Verfassungsarbeiten machen. Die Sprecher der sozialdemokratischen Praktion, wie übrigens auoh die sozialdemokratischen Ministerpräsidenten, haben stets mit besonderem Nachdruck hervorgehoben, daß es in Bonn nicht um die Schaffung eines westdeutschen Staates gehe, sondern lediglioh um ein Provisorium. Dr. Schumacher sprach auf dem Düsseldorfer Parteitag im Ii September 1948 von einer "verpflichtenden Batzung" statt einer Verfassung für die Vestzonen. Die sozialdemokratischen Bedenken gaben sicher auch den Ausschlag, wenn die westdeutschen Ministerpräsidenten im Juli 1948 für die verfassungsgebende Versammlung die Bezeichnung Parlamentarischer Bat und statt Verfassung Grundgesetz vorschlugen. In der Sohlußdebatte am 8. Kai 1949 betonte Carlo Schmid noch einmal nachdrücklicht "Vir wollen ja hier keine Verfassung machen, sondern wir wollen ein Provisorium schaffen und haben nicht 12 umsonst dieses Werk bescheiden ein Grundgesetz genannt." Im Unterschied zur Sozialdemokratie betrachtete die Hehrheit der bürgerlichen Abgeordneten, insbesondere die Vertreter der CDU/CSU, der PDP und der DP,ihre Aufgabe in Bonn unter einem anderen Gesichtspunkt. Schwalber von der CDU erklärte in der ersten Grundsatzdebatte im Plenum unmißverständlich: "Es kann nicht unsere ernste Absicht sein, nur einen Torso zu schaffen ... Es soll das Kernstück werden, das wie ein Magnet diejenigen Teile Deutschlands an sich zieht, denen der Beitritt heute verwehrt ist.""1^ Nicht weniger deutlich drückte sich der spätere Bundespräsident Prof.Dr. Theodor Heuß aus, der davor warnte, "das Wort 'provisorisch* etwas zu oft auszusprechen" . Heuß war es übrigens auoh, der sich gegen die Bezeichnung des westdeutschen Staates als "Bund deutsoher Länder" wandte, wie es im Entwurf des Herrenchiemseer Verfassungskonvents noch vorsichtig vorgeschlagen worden war. Dieser Begriff schien ihm, und nicht nur ihm allein, allzu provisorisch und nicht symbolkräftig genug. Heuß schlug vor, den Separatstaat "Bundesrepublik Deutschland" zu nennen.-^ Es verwundert sicher nicht, wenn zu den Befürwortern des "Vollstaates" auch der Sprecher der DP, Dr. Seebohm, zählte, der schon in diesem Gremium besonders lautstark für die Wiederherstellung Deutschlands in den Grenzen von 1937 auftrat.
Entstehung des Grundgesetzes
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Diese unterschiedlichen Positionen der SED und der bürgerlichen Parteien sollte man gerade in dieser Frage festhalten; obwohl die Meinungsverschiedenheiten darüber die Ausarbeitung des Grundgesetzes nicht behinderten - im Hinblick auf die bevorstehenden Wahlen und die öffentliche Meinung in den Westzonen hielten es auch die bürgerlichen Parteien für geboten, ihre Auffassungen nicht so offen zu formulieren muß man gerade bei der Diskussion um das Problem Staat oder Staatsfragment im Parlamentarischen Rat die Fronten klar auseinanderhalten. In dieser Fragestellung spiegelten sich die Unterschiede in der Deutschlandpolitik der SPD und der späteren Regierungsparteien wider, wie sie nach 194-9 auftraten. Noch vor der Gründling der Bundesrepublik wurde von den führenden Kräften der CDU/CSU ganz eindeutig Kurs auf die später - Anfang der fünfziger Jahre - formulierte sogenannte Wiedervereinigungspolitik genommen, die den Anschluß der damaligen Sowjetischen Besatzungszone, die Liquidierung der dort errichteten antifaschistisch-demokratischen Ordnung und die Wiederherstellung eines imperialistischen Deutschlands in den Grenzen von 1937 zum Ziel hatte. Die Schaffung des westdeutschen Separatstaates sollte der erste Schritt auf diesem Wege sein. Scheinbar setzte sich der von der SPD vertretene Gedanke des Provisoriums der Bundesrepublik und des Grundgesetzes im Parlamentarischen Rat durch. Formell stimmte selbst Adenauer dieser Formel zu, und in der Präambel des Grundgesetzes schien diesem Prinzip sogar Rechnung getragen zu sein. Es sollte sich allerdings bald erweisen, daß die Parteien des deutschen Monopolkapitals nicht daran dachten, den Gedanken des Provisoriums zu akzeptieren. Schon zum Zeitpunkt, als das Grundgesetz verabschiedet wurde, vollzog sich das Wiedererstehen des deutschen Imperialismus. Obwohl die Deutschlandpolitik der SPD noch 1949 objektiv die Haltung der Regierung in der deutschen Frage bestärkte, liefen ihre Vorstellungen auf eine andere Lösung heraus. Hier sei nur darauf verwiesen, daß der Gedanke des Provisoriums der Bundesrepublik bis zum Deutschlandplan von 1959 ein wesentlicher Bestandteil der sozialdemokratischen Wiedervereinigungskonzeption war.
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Siegfried Thomas Anmerkungen
1
2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15
Dokumente der deutschen Politik und Geschichte von 1848 bis zur Gegenwart, hg. v. Dr. Johannes Hohlfeld, Bd VI, Berlin(West), o.J., S. 320. Parlamentarischer Rat, Stenographischer Bericht, 1. Sitzung, Bonn 1948/49, S. 4. Dokumente der deutschen Politik und Geschichte.... Bd VI, S. 271 f. Siehe: Kommentar zum Bonner Grundgesetz (Bonner Kommentar), Hamburg 1950, S. 100. Weymar, Paul. Konrad Adenauer. Die autorisierte Biographie, S. 373. Parlamentarischer Bat, Stenographischer Bericht, 2. Sitzung, S. 18. Siehe: Verhandlungen des Deutschen Bundestages. I. Wahlperiode 1949, Stenographische Berichte, Bd 1, Bonn 1950, S. 30. Parlamentarischer Rat. Stenographischer Bericht, 6. Sitzung, S. 73Dokumente der deutschen Politik und Geschichte.... Bd VI,
s. 349.
Parlamentarischer Rat. Hauptausschuß, Bonn 1948/49, S. 611. Protokoll der Verhandlungen des Parteitags der SPD vom 11. bis 14. September 1948 in Düsseldorf, Hamburg o.J., S. 43. Parlamentarischer Rat, Stenographischer Bericht, 10. Sitzung, S. 230. Ebenda, 3. Sitzung, S. 35. Ebenda, S. 49. Siehe: Ebenda.
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Block- und Volksausschüsse im nationalen Kampf 1947 his 1949
Dank der Befreiung, dem Wendepunkt in der Geschichte des deutschen Volkes, waren der deutschen Arbeiterklasse und ihren Parteien alle Möglichkeiten erschlossen worden, gemeinsam mit den übrigen antifaschistisch-demokratischen Kräften den sofortigen politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Neubeginn in Angriff zu nehmen. Der Zusammenbruch des faschistischen, militaristischen deutschen Imperialismus war durch den heldenhaften Kampf des Sowjetvolkes und unter Mitwirkung seiner imperialistischen Koalitionspartner herbeigeführt worden. Den geschlagenen deutschen Imperialismus aber restlos zu vernichten und eine neue Gesellschaftsordnung aufzubauen, war eine Aufgabe, die vom deutschen Volk selbst zu Ende geführt werden maßte. Auf der Grundlage des Befehls Nr. 2 der SMAD und des Aktions2 Programms der KPD vom 11. Juni 1945 , das für ganz Deutschland eine antiimperialistische, antifaschistisch-demokratische, revolutionäre Umwälzung vorsah, aus der eine antifaschistisch-demokratische parlamentarische Republik hervorgehen sollte, sammelten sich alle friedliebenden demokratischen Kräfte des deutschen Volkes, um durch Sofortmaßnahmen Not und Elend rasch zu überwinden und den demokratischen Neuaufbau selbst in die Hand zu nehmen. Nach der Neuorganisierung der KPD und dem Wiederaufbau der SPD auch zwei o entstanden h bürgerlich-demokratische Parteien, die CDUJ und LDPD . In den Beschlüssen von Potsdam^, die mit den Grundprinzipien der Deutschlandkonzeption aller friedlich-demokratischen Kräfte völlig übereinstimmten, gaben die sozialistische Sowjetunion und die imperialistischen Großmächte dem deutschen Volk alle Garantien, um ein antiimperialistisches und antimilitaristisches, demokratisches Deutschland neu zu errichten. Das Aktionsprogramm der KPD sowie die fünf Grundsatzforderungen im Gründungsaufruf des antifaschistischdemokratischen Blocks vom 14. Juli 1945S, die politische Plattform
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des Zusammenwirkens der vier antifaschistisch-demokratischen Parteien sowie aller anderen antifaschistisch-demokratischen Kräfte, war in Potsdam völkerrechtlich bestätigt worden. Getreu den demokratischen Grundsätzen organisierte die Arbeiterklasse, geführt von ihrer marxistischen Partei und unterstützt von Ihren Klassenverbündeten in der SMAD, Im Bunde mit allen anderen antifaschistisch-demokratischen Kräften in Ostdeutschland konsequent die antifaschistisch-demokratische Revolution. Bis Ende 1947 waren die Grundlagen der materiellen Basis der neuen antifaschistisch-demokratischen Ordnung geschaffen worden. Sie geeinte Arbeiterpartei, der größte Erfolg in der bisherigen Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung, hatte an diesen Errungenschaften den größten Anteil. Im Prozeß der friedlichen revolutionären Umgestaltung, die aber keineswegs ohne Klassenauseinandersetzungen verlief, hatte sich das politische Bündnis der Arbeiterklasse mit den nichtproletarischen und nichtmonopolistischen Klassen und Schichten In Form der Blockpolitik allseitig bewährt. Der Block der antifaschistisch-demokratischen Parteien war zum Kristallisationskern der antifaschistischen Demokratie im sowjetisch besetzten Teil Deutschlands geworden. Das gleichberechtigte Miteinander von Kommunisten, Sozialdemokraten, christlichen und liberalen Demokraten Im Kampf für Frieden und Demokratie hatte entscheidend dazu beigetragen, daß in einem Teil Deutschlands die historische Chanoe vom 8. Mal 1945 im Interesse der deutschen Nation ohne Blutvergießen und zur Zufriedenheit aller friedliebenden Menschen maximal genutzt worden war. Ausschließlich mit den Mitteln der Demokratie entzogen die antifaschistisch-demokratischen Kräfte im östlichen Teil Deutschlands den Faschisten und Militaristen ein für allemal die Handhabe zu jeglicher Restauration. In Verwirklichung der in vielen Jahren vorbereiteten Konzeption der KPD, eine breite antifaschistische Volksfront zu schaffen, fügte die Partei der Arbeiterklasse seit dem Aktionseinheitabkommen und der folgenden Vereinigung beider Arbeiterparteien am 21. April 1946 Stein um Stein für das.stabile Fundament zu einer demokratischen Einheitsfront zusammen« Die Blockausschusse, die wirksamen Mechanismen einer kontinuierlichen Bündnispolitik im Sinne der Volksfront, wurden im Verlauf der antifaschistisch-demokratischen Umwälzung gefestigt und weiterentwickelt.^
Zur Holle des Antifa-Blocks
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Die Blockpolitik der antifaschistisch-demokratischen Parteien Deutschlands übte auch auf die Bündnispolitik der KFD In den imperialistischen Westzonen eine starke Ausstrahlungskraft aus. Vielerorts gab es Ansätze, in Aktionsausschüssen mit ihrer Anwendung zu beginnen. Jedoch verhinderten dort die nichtentmachteten Kräfte der imperialistischen Großbourgeoisie, ihre Interessenvertreter und die rechten SED-Führer um Kurt Schumacher die Entwicklung und politische Breitenwirkung einer antifaschistisch-demokratischen Volksfrontbewegung. Das konnte geschehen, weil in den Westzonen bereits seit Ende 194-5 die reaktionären Kräfte des geschlagenen deutschen Imperialismus unter den Fittichen der imperialistischen Besatzungsmächte auf ihr Fernziel hinarbeiten konnten, den verlorenen Krieg noch hinterher zu gewinnen, wie es Prof.Dr. Leo Stern in seinem Referat am ersten Konferenztag (4. Mai 1965) bezeichnete. Die führenden Uäohte des Wertimperialismus brachen, erst versteckt, dann Immer offener, die gemeinsam mit der Sowjetunion in Potsdam getroffenen Abmachungen. Sie verzögerten und behinderten die demokratische Umgestaltung in ihren Besatzungszonen und leiteten, entsprechend ihrer militärstrategischen Deutschlandkonzeption und unter Mißachtung der Abmachungen und der Existenz des alliierten Kontrollrats, durch Separatmaßnahmen schrittweise die Abspaltung der Westzonen ein. Auch die fortschreitende demokratische Entwicklung in Ostdeutschland versuchten sie anfangs verzweifelt mit "roll back"-Plänen rückgängig zu machen und dann mit dem Kalten Krieg aufzuhalten. Dieses von Westen aufziehende Unheil stellte die Verwirklichung der Deutschlandkonzeption der Arbeiterklasse - die Errichtung einer antifaschistisch-antiimperialistischen und einheitlichen demokratischen deutschen Republik - in Frage. Entweder ein antifaschistisch-demokratisches Deutschland oder ein restauriertes imperialistisches und militaristisches Deutschland so lautete damals die Alternative. Das bedeutete, daß sich 1947, nach der Auslösung des Kalten Krieges durch den Weltimperialismus, vor allem In Deutschland die Klassenauseinandersetzungen zwischen Fortschritt und Reaktion verschärften. Der Grundwiderspruch zwischen den Interessen der Arbeiterklasse und ihrer Verbündeten einerseits und denen der imperialistischen Großbourgeoisie und ihren Interessen andererseits spitzte sich in Deutschland weiter zu.
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Die SED verfolgte zielstrebig und unbeirrt die nationale Konzeption, die unvermeidlichen Klassenauseinandersetzungen auf demokratischem Wege in einem einheitlichen Deutschland zu führen. Daher legte sie größten Wert darauf, daß sich die nationale Kampffront verbreitere, um an Massenwirksamkeit zu gewinnen. Von 1945 bis 1947 war der Block der antifaschistisch-demokratischen Parteien zu einem unentbehrlichen Instrument der Bündnispolitik der Arbeiterklasse geworden. Er hatte in der demokratischen Bodenreform, in der Entnazifizierung, im Kampf um die Enteignung der Monopolisten, Kriegsverbrecher und aktiven Nazis sowie in den ersten demokratischen Wahlen seine Bewährungsprobe glänzend bestanden. Der geeinten deutschen Arbeiterpartei in Ostdeutschland war es in historisch sehr kurzer Frist gelungen, Schichten des Volkes, die bisher in ihrer Mehrheit den Parteien des Monopolkapitals gefolgt waren, zum gemeinsamen Kampf um die Grundinteressen aller friedliebenden Menschen zu gewinnen. In diesem Zeitraum waren die wesentlichsten Grundlagen der antifaschistisch-demokratischen Ordnung geschaffen worden, und es galt nun, die Blockpolitik so fortzusetzen, daß diese Grundlagen gesichert und gefestigt wurden, damit sie nicht den imperialistischen antinationalen Restaurationsbestrebungen zum Opfer fielen. Der Portgang der revolutionären Umgestaltung im sowjetisch besetzten Teil Deutschlands war immer mit dem strategischen Ziel der Arbeiterklasse und ihrer Verbündeten verbunden, für das einheitliche demokratische Deutschland die Ausgangsbasis zu schaffen, d.h. entsprechend den Beschlüssen von Potsdam in ganz Deutschland die Grundlagen für eine antifaschistisch-demokratische Ordnung zu errichten. Den Verlauf des nationalen Kampfes bestimmten jene fortschrittlichen demokratischen Kräfte des Volkes, die allein im Bündnis mit der Arbeiterklasse fähig waren, die Grundfragen des Volkes zu lösen. In dieser Hinsicht sprachen alle Paktoren für die Arbeiterklasse, denn ihr zur Seite standen alle fortschrittlichen Kräfte aus der Bauernschaft, der kleinen und mittleren Bourgeoisie sowie der Intelligenz, die in den Grundfragen der Gestaltung eines antifaschistisch- demokratischen Deutschlands mit der Arbeiterklasse übereinstimmten und auf breiter Plattform in den Blockausschussen die Kraft der Gemeinsamkeit verkörperten. Arbeiterpartei und bürgerlich-demokratische Parteien trugen im Interesse der Einheit der Nation die gleiche Verantwortung.
Zur Holle des Antifa-Blocks
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Begünstigt durch die revolutionären konstruktiven Umgestaltungsaktionen zur demokratischen Bodenreform in der Provinz Sachsen und zur Enteignung der Kriegsverbrecher im Land Sachsen, war dort die Entwicklung der antifaschistischen Demokratie am weitesten fortgeschritten. Dort gewannen auch die Massenorganisationen wie FDGB, FDJ, VdGB und DFD am stärksten Einfluß und gelangten am ehesten zu politischer Wirksamkeit, so daß die Forderung nach politischer Mitgestaltung in den Blockausschüssen unter dem Aspekt der breiten demokratischen Einflußnahme notwendig und gerechtfertigt war. Die Initiative des Landesblocks Dresden, der am 28. Juni 1947 ge» meinsam mit den Massenorganisationen einen Landesblockkongreß unter der Losung: "Durch die Einheit im Block zur Einheit Deutschlands" Q
durchführte, leitete eine Entwicklung ein, die den Massenorganisationen den Weg in die Blockausschüsse ebnete. In den anderen Ländern organisierten die Blockausschüsse nach dem Beispiel von Dresden ähnliche Kongresse, zu denen ebenfalls die bedeutendsten Massenorganisationen hinzugezogen wurden.^ Dieser Schritt zur demokratischen Einheitsfront förderte die Bemühungen des zentralen Blocks und die politische Wirksamkeit der Blockausschüsse für den nationalen Kampf und erhöhte sich im Jahre 1947 sehr beträchtlich. Zu einem bedeutenden Teil arbeiteten Vertreter der Massenorganisationen nun entweder beratend oder gleichberechtigt mit den antifaschistisch-demokratischen Parteien in den Blockausschüssen zusammen. Durch die Mitarbeit weiterer demokratischer Kräfte erhielten die Vertreter der Arbeiterklasse und die progressiven Mitglieder der bürgerlich-demokratischen Parteien eine wertvolle Unterstützung. In der Mobilisierung der Massen konnten weitere Erfolge erzielt werden. Damit wurde zugleich ein neuer Abschnitt in der Entwicklung der Blockpolitik eingeleitet. Die Einheitsbestrebungen der friedliebenden Mehrheit des deutschen Volkes fanden durch die Blockpolitik und ihre über den Einflußbereich der Parteien hinausgreifende Erweiterung die damals bestmögliche Verwirklichung. Vertreter der Parteien und der größten Massenorganisationen Ostdeutschlands traten erstmalig gemeinsam mit ganz konkreten Vorschlägen zur friedlichen demokratischen Entwicklung Deutschlands vor die Weltöffentlichkeit. Zahlreiche ehrliche, bürgerliche, christliche und liberale Demokraten arbeiteten in den Blockausschüssen mit den Vertretern der Arbeiterklasse in jeder politischen Situation eng zusammen und bewiesen im Ergebnis Ihres ideologischen Wandlungsprozesses ein hohes Maß an nationaler Mitverantwortung.
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Mit Hilfe der Blockpolitik, der politischen Form des Bündnisses der Arbeiterklasse mit allen antifaschistisch-demokratischen Kräften, waren außer den materiellen Grundlagen zum großen Teil auch die ideellen Grundbedingungen für die Festigung der antifaschistisch-demokratischen Ordnung in Ostdeutschland geschaffen worden. Es bestanden günstige Voraussetzungen, um weitere Teile des Volkes auf dem Wege über die Blockzusammenarbeit für den antiimperialistischen Kampf zu gewinnen« Die antifaschistisch-demokratischen Blockparteien hatten in Ostdeutschland im Zusammengehen, oft unter schwierigen Bedingungen, die politischen und ökonomischen Grundlagen des Imperialismus vernichtet» Mit allem Nachdruck forderten sie, diese Aufgabe endlich auch in den imperialistischen Vestzonen durchzuführen« Die fortschrittlichen Kräfte in den bürgerlich-demokratischen Parteien hatten in der Blockzusammenarbeit bereits die Erfahrung gesammelt, daß die Arbeiterklasse stets Entscheidungen im Interesse der Lebensfragen des deutschen Volkes traf, in die auch ihre eigenen Lebensinteressen einbezogen waren« Die fortschrittlichen Kräfte in der CDU und LDPD fanden bei der SED'die größte Unterstützung. Mit der SED gemeinsam trugen sie wesentlich zur Festigung der Blockpolitik bei und halfen mit, reaktionäre Elemente, die die bürgerlich-demokratischen Parteien als Werkzeuge der imperialistischen Reaktion mißbrauchen wollten, unschädlich zu machen. In dem Maße, wie sich die Blockausschüsse innerlich selbst gefestigt hatten, vergrößerte sich auch ihre politische Wirksamkeit durch ihre aktivierende und mobilisierende Bolle in den Klassenauseinandersetzungen um die Lösung des Grundwiderspruchs. So begannen die Blockausschüsse insgesamt, eine nationale Widerstandsbewegung des deutschen Volkes zu organisieren. Der zentrale Block war Mitte 1947 noch die einzige zentrale deutsche politische Repräsentation. Er zeigte sich durchaus seiner nationalen Verantwortung würdig, als er die Initiative ergriff und Vorbereitungen für eine Beratung der Vertreter aller deutschen Parteien in die Wege leitete, die als gesamtdeutsche Körperschaft dem Volkswillen nach Innen und außen stärker Ausdruck verleihen sollte. Es ging in der zweiten Hälfte des Jahres 194-7 vor allem darum, den nationalen Einheitswillen durch ein gesamtdeutsches Gremium (von Vertretern politischer Parteien aus allen vier Besatzungszonen) der im November 1947 in London beginnenden Tagung des Rates der Außenminister zu unterbreiten. Über
Zur Rolle der Antifa-Blockg
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alle Anwendungsbereiche der antifaschistischen Demokratie maßte die in Potsdam zugesioherte staatliche Einheit der Nation gewahrt bleiben. In stärkerem MaSe nahm die Blockpolitik den gesamtnationalen Kampf auf und vergrößerte demzufolge die Einflußsphäre und politische Wirksamkeit der Blockausschüsse. Auf Grund der immer krasser hervortretenden gegensätzlichen gesellschaftlichen Entwicklung zwischen Ost- und Westdeutschland, orientierte die SED in der Blockpolitik, den nationalen Erfordernissen entsprechend, stärker auf die massenmobilisierende Aufgabe des antifaschistisch-denokratischen Blocks, der damals als einziges Aktivzentrum die günstigste Ausgangsposition dafür bot. Worin bestand sie ? 1. konnte sich die SED auf Grund ihrer wachsenden Hegemonie auf eine eigene feste Position in allen Blockausschüssen stützen, und sie konnte sich auf die Zusammenarbeit mit den progressiven Kräften der CDU und LDED verlassen, deren demokratisches Denken 1947 ausgeprägter war als 1945 ; 2. hatten sich die fortschrittlich-demokratischen Kräfte in den bürgerlich-demokratischen Parteien und Massenorganisationen weitgehend von reaktionärem bürgerlichem Ideengut befreit und standen dem Kampf um die Sicherung der antifaschistisch-demokratischen Errungenschaften, die sie auch als die ihren betrachteten, weit aufgeschlossener gegenüber. Immer mehr fortschrittliche bürgerliche Demokraten waren bereit, politische Verantwortung zu tragen; 3. die antiimperialistische Grundhaltung aller Blockpartner war der Anknüpfungspunkt zur Entwicklung einer antiimperialistischen nationalen Kampffront, die über den bisherigen Rahmen der Blockzusammenarbeit hinausging) 4. in den bisherigen zwei Jahren der revolutionären Umwälzung waren starke demokratische Massenorganisationen entstanden und gewachsen, die in Ostdeutschland eine immer größere politische Wirksamkeit entfalteten und eine immer größere Rolle spielten; 5. war die Zeit herangereift, das bürgerliche Dogma, wonach nur politische Parteien das Privileg zur politischen Mitgestaltung besäßen, zu durchbrechen. Die großen Massenorganisationen, wie FDGB, FDJ, VdGB, DFD und andere,mußten als starke politische Faktoren in die Arbeit der Blockausschüsse einbezogen werden; 6. existierten ein zentraler Block, fünf Landesblocks (der Block der Hauptstadt war nach den Herbstwahlen 1946 auseinandergefallen),
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die vielen Kreisblocks und. die unzähligen Blockausschüsse in den Städten und Dörfern. Über diese Art "Zweigstellen" der antifaschistischen Demokratie konnte ein großer Teil der in Parteien und Massenorganisationen organisierten Bevölkerung für eine antiimperialistische Kampffront mobilisiert werden. Die Blockpolitik beschränkte sich vor allem auf zwei, den weiteren nationalen Kampf bestimmende Aufgaben: einerseits den Kampf um eine einheitliche deutsche demokratische Republik gegen die imperialistische Spaltungspolitik auf breiterer Massenbasis zu führen und andererseits entsprechend der objektiven, gesetzmäßigen Fortführung der antifaschistisch-demokratischen Revolution im Osten Deutschlands die bisherigen Errungenschaften zu sichern, sie weiter auszubauen und der antinationalen Politik der imperialistischen Großbourgeoisie und ihrer Interessenvertreter in breiter nationaler antiimperialistischer Kampffront entgegenzutreten. Otto ßrotewohl hatte im Juli 1947 in Auswertung der Landes- und Kreisblockkongresse im Parteivorstand klar die Forderung erhoben, 10
die Blockpolitik zu einer Massenpolitik zu erweitern. Mit gutem Beispiel ging der Landesblock Sachsen bereits im März 1947 voran, indem er den FDGB zu den Blockberatungen hinzuzog. Ebenfalls im März 1947 hatte der Landesblock Thüringen den FDGB, die FDJ, VdGB und 11 Volkssolidarität als Mitglieder mit beratender Stimme aufgenommen. Im Landesblock Sachsen arbeitete der FDGB seit Juni 194-7 als vollberechtigtes Mitglied mit. Bis November 1947 waren in vielen Kreisblockausschüssen nach dem Beispiel, das der Landesblock Sachsen gegeben hatte, ein engerer Ausschuß (SED, CDU, LDPD und FDGB) mit voller Stimmberechtigung und ein erweiterter Ausschuß (unter Hinzuziehung der VdGB, der FDJ, des DFD, des Kulturbundes und anderer Massenorganisationen) mit beratender Stimme gebildet worden. Standen z.B. nationale Probleme auf der Tagesordnung, tagte der gesamte er12
weiterte Blockausschuß. Das zeigte, daß die Blockausschüsse in Verwirklichung der Volksfrontpolitik der Arbeiterklasse für den nationalen Kampf eine eminente Bedeutung erlangt hatten. Während sich in den Ländern und Kreisen die Blockausschusse verbreiterten, blieb im Zentralen Block in Berlin die Zahl der Blockpartner (SED, CDU, LDPD) mit drei unverändert. Aus Rücksicht auf die Bemühungen der zentralen Blockpartner um eine Beratung aller deutschen Parteien war von einer sofortigen Verbreiterung durch die Aufnahme von Massenorganisationen Abstand genommen worden. Das ergab sich einfach aus den damaligen konkreten Bedingungen auf zentraler politischer Ebene.
Zur Holle des Antifa-Blooks
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Erst am 5« August 1948 wurde nach, einmütigem Beschluß aller Blockpartner die erste Massenorganisation - der FDGB - zu den Sitzungen des zentralen Blocks hinzugezogen,"^ in den Jahren 1950 und 1953 folgten weitere Massenorganisationen. Deutschland, im östlichen Teil von der sozialistischen Sowjetunion und im westlichen Teil von den drei führenden imperialistischen Mächten besetzt, wurde immer mehr zum Brennpunkt der Ausein» ander Setzungen zwischen den Weltherrschaftsbestrebungen des Imperialismus einerseits und den Kräften deB Friedens andererseits. Während die antifaschistisch-demokratischen Volkskräfte in der sowjetisch besetzten Zone, unterstützt durch die Besatzungsorgane, die Grundlagen des deutschen Imperialismus und Militarismus beseitigt hatten, entfernten sich die imperialistischen Besatzungsmächte seit Ends 191-5 zusehends von der in Potsdam vereinbarten einheitlichen demokratischen Deutschlandpolitik der alliierten Großmächte. Die Besatzungsorgane der USA, Englands und Frankreichs hemmten in den unter ihrer Kontrolle stehenden deutschen Gebieten die demokratische Entwicklung. Die von den imperialistischen Westmächten gelenkte antinationale Politik stärkte die Bestrebungen der reaktionären Kräfte in Deutschland und richtete sich gegen die Lebensinteressen des gesamten Volkes. Mit der Bildung der Bi-Zone am 1. Januar 194-7 hatten die imperialistischen Kräfte im westlichen Teil Deutschlands begonnen, sioh gegen den gesellschaftlichen Portschritt in Ostdeutschland abzuschirmen und die von den imperialistischen Mächten besetzten deutschen Gebiete vom National verband nach und nach abzuspalten. Die Erfolgsaussichten auf eine demokratische Zusammenarbeit aller deutschen antifaschistisch-demokratischen Parteien und Massenorganisationen waren auf Grund der Immer stärker hervortretenden politischen Gegensätze wesentlich geringer geworden. Die Handlanger der imperialistischen Großbourgeoisie in der CDUFührung Ostdeutschlands,wie Jakob Kaiser, Ernst Lemmer, Walter Schreiber, Ferdinand Friedensburg, machten mit ihren Gesinnungsgenossen in der Führung der westdeutschen CDU gemeinsame Sache. Sie arbeiteten insgeheim auf das Ziel zu, den Einflußbereich des in den Westzonen nicht entmachteten Monopolkapitals auch auf das damals sowjetisch besetzte Gebiet Deutschlands auszudehnen und somit die Errungenschaften der antifaschistisch-demokratischen Ordnung rückgängig zu machen. Zu diesem Zweck unternahmen sie auf geschickte Art und Weise den Versuch, die nationalen Bemühungen der fortschritt-
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lich-demokratischen Kräfte unter ihre Kontrolle zu bringen. Sie sahen darin jene Gelegenheit, unter scheinbar positivem Vorzeichen die Arbeiterklasse von der Führungsposition im nationalen Kampf abzudrängen und die patriotische Volksbewegung in eine reaktionäre Richtung zu lenken. A m Ende sollte die Liquidierung der revolutionären Errungenschaften und die Einbeziehimg Ostdeutschlands in das am 5. Juni 1947 vom USA-Außenminister Marshall vor der Havard-Universität verkündete "Hilfsprogramm für den Wiederaufbau Europas" (Marshallplan) stehen. Die Konferenz der Ministerpräsidenten der deutschen Länder in München, die am 6. Juni 1947 stattfand und auf Grund der reaktionären Haltung der westdeutschen Vertreter zu keinem Erfolg führte, verursachte ein sprunghaftes Anwachsen der SpanInnungen und Auseinandersetzungen zur Lösung des Grundwiderspruchs. Die reaktionären Elemente scheuten vor einer offenen Auseinandersetzung über die gegenteiligen Auffassungen zur nationalen Präge zurück, weil sie sehr gut wußten, daß die Forderungen der fortschrittlich-demokratischen Kräfte der Parteien mit den Interessen des friedliebenden Volkes übereinstimmten. Sie wußten ferner, daß ihre Pläne durch die vollständige Demokratisierung des gesellschaftlichen Lebens und durch die Zentralisierung der Staatsmacht illusorisch bleiben mußten. Mit größtem Energieaufwand konzentrierte die SED ihre Blockzusammenarbeit auf das Zustandekommen einer Beratung der gesamtdeutschen Parteien noch vor dem Beginn der Londoner Tagung der Außenminister.'1*' Große Aufmerksamkeit widmete sie auf ihrem II. Parteitag, der vom 20. bis 24. September 1947 in Berlin stattfand, dem Kampf um die nationale Einheit und die Demokratisierung Deutschlands sowie dem demokratischen Heuaufbau in Wirtschaft und Verwaltung. 1 6 Die SED hielt weiter an ihrer Grundsatzkonzeption fest, daß Deutschland in Erfüllung der Beschlüsse von Potsdam ein wirtschaftlich und politisch einheitliches Ganzes bilden muß. Sie war bereit, sich in jedem Falle an einer gesamtdeutschen Regierung zu beteiligen, auch wenn die Voraussetzungen für eine Blockzusammenarbeit noch fehlten. In der Folgezeit war von den reaktionären Elementen in der CDU und in der LDP die ursprüngliche demokratische Grundidee einer gesamtdeutschen Eepräsentation, wie sie von allen fortschrittlichdemokratischen Kräften im zentralen Block vertreten wurde, ganz offen in die antidemokratische These abgewandelt worden, das wirtschaftliche und politische Leben in Ostdeutschland an das zurückgebliebene
Zur Bolle des Antifa-Blocks
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In Westdeutschland, anzugleichen« Um die Gefahr abzuwenden, wurde der Parteivorstand der SED am 26. November 1947 zu einer außerordentlichen Sitzung einberufen.'''' So wandte Bich der SED-Parteivorstand direkt an das deutsche Volk und rief es zu einem gesamtdeutschen, repräsentativen Volkskongreß für Einheit und gerechten Frieden auf, denn nur über eine direkt und unmittelbar aus dem Volk hervorgehende gesamtdeutsche Vertretung konnte unverzüglich dem Willen des deutschen Volkes wirkungsvoll Ausdruck verliehen werden. Den sowjetischen Vertretern im Bat der Außenminister, die stets nach den Prinzipien der Selbstbestimmung und des proletarischen Internationalismus ihre Politik gegenüber Deutschland gestalteten, stellte sich das gesamte friedliebende deutsche Volk m±t seiner Lebenaforderung moralisch zur Seite. Es galt, die reaktionären Pläne der imperialistischen Großmächte, ihre Separatpolitik in Deutschland, die sie entgegen jeder vorher gemeinsam getroffenen Vereinbarung bezüglich der Nachkriegsgestaltung Deutschlands betrieben, unter allen Umständen aufzudecken und zu vereiteln. 2215 Delegierte aus ganz Deutschland bekundeten am 6. und 7. Dezember 1947 in Berlin vor aller Welt als erste gesamtdeutsche überparteiliche Bepräsentation nach dem zweiten Weltkrieg den Willen des 18 deutschen Volkes zur Einheit und zu einem gerechten Frieden.' Vertreter aus Parteien und Massenorganisationen sowie viele Einzelpersönlichkeiten aus Wirtschaft, Wissenschaft und Kunst vertraten auf diesem Kongreß die Gesamtinteressen des deutschen Volkes.' Mit der Volkskongreßbewegung griff die SED über den Rahmen der Blockpolitik hinaus und erweiterte das Bündnis der Arbeiterklasse mit den anderen Klassen und Schichten. Außer den Parteien und Massenorganisationen wurden viele Einzelpersönlichkeiten für die nationale Politik gewonnen. Auf den bisherigen Erfahrungen und Erfolgen der gemeinsamen Blockzusammenarbeit aufbauend, organisierten die Mitglieder der SED in den zahlreichen Blockausschüssen in Ostdeutschland die Vorbereitung. In den WestZonen übernahm die KED mit den Mitgliedern der demokratischen Massenorganisationen diese Aufgabe, so daß, trotz der kurzfristigen Einberufung und einer nur zehntägigen Vorbereitungszeit, der I. Deutsche Volkskongreß für den nationalen Kampf ein großer Erfolg wurde.^ Das Konferen^ergebnls kam einem Volksentscheid gleich. Es war der heiße Wunsch des deutschen Volkes, sein Vaterland wirtschaftlich und politisch geeint zu sehen.
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Herbert Schulz
Der Kongreß beschloß, den Kampf für Einheit und gerechten Frieden fortzusetzen und wählte einen aus 40 Mitgliedern bestehenden Ständigen Kongreßausschuß, in dem Wilhelm Pieck (SED), Wilhelm Külz (LDPD) 20
und Otto Nuschke (CDU) den Vorsitz führten. In ihm fand von nun an die Form der Blockzusammenarbeit in einem zweiten zentralen Gremium seine Verkörperung. Dem Ausschuß gehörten Vertreter aller demokratischen Parteien und Massenorganisationen aus Ost- und Westdeutschland an. Sogar vier Mitglieder der SPD gehörten dazu, obwohl sich die SPD-Führung um Schumacher, ebenso wie Kaiser und Lemmer von dem rechten Flügel der CDU-Führung, gegen den Volkakongreß ausgesprochen hatten« Nach der bewährten Methode in der Blockzusammenarbeit wurde in allen Teilen Ostdeutschlands der I. Deutsche Volkakongreß von den Delegierten in Landes- und Kreisvolkskongressen ausgewertet. Gleichzeitig wurden nach zentralem Muster von oben nach unten Volksausschüsse gewählt, die sich sehr rasch zu leitenden KampfZentren der demokratischen Kräfte gegen die weiteren Maßnahmen der imperialistischen Besätzungsmächte zur Spaltung Deutschlands und zur Einbeziehung Westdeutschlands in aktive Kriegavorbereitungen herausbildeten. Die 600 Delegierten aus den Westzonen organisierten dort ebenfalls eine breite Volksbewegung. Über ganz Deutschland breitete sich ein Netz unzähliger Volksausschüsse aus, die die friedliebende Bevölkerung in vielen interzonalen Aktionen zum nationalen Kampf mobilisierten. Doch kurze Zeit darauf verboten die Imperialistischen Besatzungsbehörden die Volkskongreßbewegung, so daß die Volksbewegung nur unter schwierigsten Bedingungen bis zu einem gewlasen Grade aufrechterhalten werden konnte. Mit der Entstehung der Volkskongreßbewegung begann eine qualitativ neue Etappe im nationalen Kampf des deutschen Volkes und in der Festigung der Einheitsfront der demokratischen Kräfte. Sie erfaßte Bevölkerungssohichten, die zum großen Teil von der Blockpolitik bisher nicht erreicht worden waren. Die Blockaussohüsse in Ostdeutschland waren die Ausgangsbasen für die breite antiimperialistische Kampffront. Sie bildeten das Rückgrat für die neu entstehenden Volksausschüsse. Der Blockpolitik durfte dadurch in keiner Weise Abbruch getan werden. Gestützt auf die revolutionären Errungenschaften der demokratischen Umgestaltung in Ostdeutschland, mobilisierten die demokrati-r sehen Kräfte der Blockausschüsse die nationalbewußten Volksmassen und schufen damit auch die Bedingungen und Voraussetzungen zur Entfaltung einer breiten Volkskongreßbewegung für Einheit und gerechten Frieden.
Zur Rolle des Antifa-Blocks
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Beide Arten der Ausschüsse (Block- und Volksausschüsse), die nebeneinander Gestanden, verflochten sich, trotz ihrer speziellen Hauptaufgaben, im Kampf um die Lösung der nationalen Frage in den Grundaufgaben sehr eng miteinander. Wertvoll für den Ausbau der Volksausschüsse waren die Erfahrungen aus der fast dreijährigen Blockzusninmenarbeit. Manchmal wurde die Auffassung vertreten, daß die Blockausschüsse nicht mehr fortzubestehen brauchten, da sie von der Volkskongreßbewegung politisch und organisatorisch überholt worden seien« Die Volksausschüsse übernahmen in erster Linie Aufgaben zur Mobilisierung der Massen für den nationalen Kampf, und die Blockausschüsse lösten in stärkerem Maße die territorial unterschiedlichen Aufgaben zur Festigung der antifaschistisch-demokratischen Ordnung in Ostdeutschland. Sie waren eine wirksame Stütze für die Parlamentsarbeit. In den neuen Grundsätzen des zentralen Blocks vom -19« August 1949 wurde diese spezielle 21
Aufgabenstellung geklärt und beschlossen. In den vielfältigsten Wechselbeziehungen zwischen Block- und Volksauosohüssen auf allen territorialen Ebenen durchliefen beide Formen der demokratischen Zusammenarbeit einen entscheidenden Wachstums- und Entwicklungsprozeß» Auf Grund der Erfahrungen aus der Blockpolitik wiesen die Volksausschüsse in mancherlei Hinsicht neue Elemente der Zusammenarbeit auf, die m.E. in folgende zusammengefaßt werden können: 1. Der Kampf für Einheit, Demokratie und Frieden gewann durch die Bildung der Volksausschüsse eine denkbar breite demokratische Massenbasis, die in der politischen und sozialen Zusammensetzung die der Blockausschüsse übertraf. 2. Sie bewährte Blockzusammenarbeit konnte auf breiterer Ebene weiterentwickelt werden, was den Demokratisierungsprozeß insgesamt förderte und die Entwicklung des politischen Bewußtseins von Ausschußmitgliedern aus dem Bürgertum, der Intelligenz und den Mittelschichten wesentlich begünstigte. 3. Innerparteiliche Krisen in der CDU und IiDPD sowie Konflikte im zentralen Block, die sich aus der komplizierten nationalen Situation und dem Kampf um die politische und wirtschaftliche Festigung der antifaschistisch-demokratischen Ordnung ergaben, wurden mit Hilfe der Volksausschüsse (zentral mit Hilfe des Deutschen Volksrates) leichter und erfolgreicher überwunden. 4. Die Volksaussohüsse besaßen eine viel breitere soziale und politische Zusammensetzung, da in ihnen nicht nur die Mitglieder von
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Herbert Schulz
Parteien und Massenorganisationen, sondern auch, viele noch nicht politisch organisierte Einzelpersönlichkeiten aus dem gesellschaftlichen leben mitarbeiteten. Der Organisationsaufbau der Volksausschüsse entsprach dem demokratischen Zentralismus und der breiten antifaschistischen Demokratie. Bestand z.B. der zentrale antifaschistisch-demokratische Block zu diesem Zeitpunkt nur aus Vertretern der SED-, CDU- und LDPD-Führung, deren Einflußbereich im wesentlichen auf die Mitgliedschaft der antifaschistisch-demokratischen Parteien Ostdeutschlands beschränkt blieb, so setzte sich der Deutsche Volksrat als zentrales Parallelorgan aus 400 Mitgliedern (100 aus den Westzonen) zusammen, die aus allen fortschrittlich gesinnten Bevölkerungsschichten des deutschen Volkes kamen. Zum anderen war es ein gewähltes Organ und sein politischer Einfluß erstreckte sich über ganz Deutschland. 5. Volksausschüsse bestanden im Vergleich zu den Blockausschüssen in allen Orten und in vielen Betrieben, Schulen und anderen Einrichtungen. Es war für den nationalen Kampf von besonderem Vorteil, daß sie sich über große Gebiete der drei imperialistischen Besatzungszonen erstreckten und dort eine starke Basis für alle fortschrittlich-demokratischen Volkskräfte im Kampf um die Lösung das Grundwiderspruohs bildeten. Parallel zur Entwicklung und Festigung der Volksausschüsse konsolidierten sich aber auch die Blockausschüsse. Der Prozeß wurde beschleunigt, als Mitte 1948 zwei neue, ihrem Charakter nach kleinbürgerlich-demokratische Parteien (DBD und HDPD) als Blockpartner hinzugekommen waren. 1949 - nach der 1. Parteikonferenz der SED - erreichte die Entwicklung des zentralen Blocks eine neue Qualität, die in den neuen Grundsätzen des Demokratischen Blocks vom 19. August 1949 sichtbar wurde. Die nationale Kampffront konnte noch weiter gefaßt und vertieft werden; die Volksausschüsse bildeten sich zu Ausschüssen der Rationalen Front des demokratischen Deutschland um, in der, außer Parteien und Massenorganisationen, alle Teile der parteilosen Bevölkerung, unabhängig von ihrer Weltanschauung, sozialen Stellung und politischen Haltung des einzelnen, erfaßt wurden. Damit hatten Block- und Volksausschüsse seit 1948 in der Endphase der antifaschistisch-demokratischen Revolution die Voraussetzung geschaffen, um entsprechend der Deutschlandkonzeption der Arbeiterklasse und ihrer Verbündeten sowie der Deutschlandpolitik der sozialistischen Besatzongsmacht die geschichtliche Chance in Ostdeutschland zu wahren und mit der Bildung der Deutschen Demo-
Zur Eolle des Antifa-Blocks
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kratischen Republik ein für allemal den Imperialisten und Militaristen den Weg der Bestauration auf ihrem Territorium zu versperren.
Anmerkungen 1 2 3
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8 9
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Vgl.¡Berliner Zeitung, v. 10. Juni 194-5, SMAD - Sowjetische Militäradministration in Deutschland. Vgl.:Deutsche Volkszeitung, v. 13. Juni 1945. Die Christlich-Demokratische Union entstand durch einen Gründerkreis von bürgerlichen Demokraten am 26. Juni 194-5 in Berlin. Vgl.: Dokumente der CDU. Bd I, Berlin 1956, S. 19 - 22. Die liberal-Demokratische Partei Deutschlands gründeten traditionell gebundene bürgerliche Kreise am 5« Juli 1945 in Berlin. Vgl.: Vorwärts und Aufwärts, Wege und Ziele der LDH), Berlin 1945, S. 54 - 56. Vgl.: Bittel, Karl, Das Potsdamer Abkommen und andere Dokumente, Berlin 1961, S. 80 - 104. Vgl.: Ulbricht. Walter. Zur Geschichte der neuesten Zeit, Bd 1/1, Berlin 1955, S. 380 - 382. Auf der Grundlage der einheitlichen Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands wurden die bestehenden Blockausschusse der vier Parteien auf allen Ebenen zu wirksamen Instrumenten der Entwicklung einer antifaschistischen Demokratie. Bei solchen Höhepunkten in der revolutionären Veränderung wie die demokratische Bodenreform, die Vereinigung der beiden Arbeiterparteien, die Enteignung der Kriegsverbrecher und aktiven Nazis, die ersten demokratischen Wahlen u.a. hatte sich die Blockzusammenarbeit stets bewährt, gefestigt und weiterentwickelt. Vgl.: Sächsische Zeitung, v. 30. Juni 1947. Vgl. Berichte über verschiedene Blockkongresse in : Heues Deutschland, v. 2. Juli 1947j Tägliche Rundschau, v. 1. Juli 1947; Sächsische Zeitung, v. 1. Juli 1947. Vgl.: Protokoll, in : ZK der SED, Internes Parteiarchiv, Akte
61.3.
Vgl.: Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der SED, Zentrales Parteiarchiv, Akte G 128/6. Vgl.: ebenda. Vgl.: Heues Deutschland, v. 6. August 1948.
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20 21
Herbert Schulz Vgl.: Neues Deutschland, v. 7. Juni 194-7. Vgl.: Dokumente der SED. Bd I, Berlin 1952, S. 207 - 209. Vgl.¡Protokoll der Verhandlungen des II. Parteitages der SED. Berlin 1947. Vgl.: Neues Deutschland, v. 27. November 1947. Vgl.: Protokoll des I. Deutschen Volkskongressesfür Einheit und gerechten Frieden, Berlin 1948. Vgl. Goroschkowa, Galina, Die deutsche Volkskongreßbewegung für Einheit und gerechten Frieden 1947 - 1949, Berlin 1963, S. 51 ff. Vgl.: Protokoll des I. Deutschen Volkskongresses für Einheit und gerechten Frieden, Berlin 1948. Vgl.: Tägliche Hundschau, v. 20. August 1949.
337 Johannes Zelt/Karl Reißig
Die historische Bedeutung des Aufrufs der KFD vom 11. Juni 194-5 für die Entwicklung neuer außenpolitischer Beziehungen des deutschen Volkes
Der 8. Mai 194-5 war der Tag der nationalen Befreiung des deutschen Volkes von seinen schlimmsten, brutalsten und unmenschlichsten Peinigern : den Hitlerfaschisten. Aber der 8. Mai war nicht nur von nationaler Bedeutung für das deutsche Volk, er l e i t e t e einen neuen Völkerfrühling ein. Trotz der drückenden Last der noch zu bewältigenden Vergangenheit eröffnete sich vor dem deutschen Volk ein Weg in die Gemeinschaft der Völker. Nach der Zerschlagung des Hitlerfaschismus und der Befreiung unseres Volkes trat die Kommunistische Partei Deutschlands als einzige unter den deutschen Parteien mit einem wissenschaftlich fundierten System konstruktiver Vorschläge hervor. Ihr Aufruf vom 11. Juni 1945 war ein Programm des nationalen und sozialen Neuaufbaus f ü r ganz Deutschland. Es zeigte den Weg aus der t i e f e n nationalen Katastrophe, die der Faschismus hinterlassen hatte, zu sozialer Sicherheit und Ordnung, Demokratie und kulturellem Aufstieg. Der Aufruf der KPD ging von den Interessen des deutschen Volkes nach Frieden, Hecht und Freiheit für a l l e Werktätigen aus. Daher wurde er zum Fundament der Arbeitereinheit, zur Grundlage des Zusammenschlusses breiter Volksschichten - von der Arbeiterklasse bis zum Bürgertum - im Block der antifaschistisch-demokratischen Parteien. Er war ein Programm, das v o l l i n h a l t l i c h den Prinzipien der Antihitlerkoalition und dem Potsdamer Abkommen, der völkerrechtlichen Grundlage für die Geburt eines neuen Deutschlands, entsprach. Er war der konkrete Ausdruck unserer Chance, zu neuem nationalem Leben und zu neuer Achtung und Geltung im Kreise der f r i e d liebenden Völker zu gelangen. Der Aufruf der KPD vom 11. Juni 194-5> ¡ja die gesamte Periode bis 19^9, werden in historischen Darstellungen gewöhnlich fast ausschließlich unter innenpolitischem Aspekt betrachtet. Das i s t an-
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Johannes Zelt/Karl Reißig
gesichts der damaligen Hauptaufgaben nicht verwunderlich) indessen sollte die prinzipielle Untrennbarkeit von Innen- und Außenpolitik nicht übersehen werden. Das Argument, von einer Außenpolitik der deutschen demokratischen Kräfte könne erst seit der Gründung der DDE gesprochen werden, ist nicht stichhaltig; schon Karl Marx und Friedrich Engels forderten und entwickelten eine selbständige Außenpolitik der Arbeiterklasse. Die Kontinuität der außenpolitischen Tätigkeit und Wirksamkeit der marxistischen Arbeiterbewegung in Deutschland in Theorie und Praxis führt seither lückenlos über August Bebel und Karl Liebknecht zum ?
außenpolitischen Programm des Gründungsparteitages der KPD , zu den Konferenzen von Brüssel und Bern, zum Nationalkomitee "Freies Deutschland!' und zum Aufruf der KPD vom 11. Juni 1945. Wenn es auch in der Zeit bis 194-9 keine deutsche Regierung gab, wenn auch in dieser Zeit die Interessen der Bevölkerung der Sowjetischen Besatzungszone auf der Ebene der staatlichen Außenpolitik, der Diplomatie, von der am 9. Juni 194-5 gebildeten Sowjetischen MilitärAdministration vertreten wurden^, so gab es doch außenpolitisch wirksame und bedeutsame Aktivitäten der einheitlich handelnden antifaschistisch-demokratischen Kräfte. Darin liegt kein Widerspruch, denn die Vertreter der SMAD übten ihre Funktion als Klassenbrüder der deutschen Arbeiter aus, im Geiste des proletarischen Internationalismus und unter voller Anerkennung und Achtung des Selbstbestimmungsrechtes der Völker. Umgekehrt fanden die deutsche Arbeiterklasse und die mit ihr verbündeten antifaschistisch-demokratischen Kräfte in den Mitarbeitern der SMAD stets ihre besten, zuverlässigsten Helfer und Freunde. Am 10. Juni 194-5 gestattete der Oberste Chef der SMAD die Bildung und Tätigkeit antifaschistischer Parteien. Dem bereits am folgenden Tage veröffentlichten Aufruf der KPD kam nicht nur grundlegende innenpolitische, sondern auch außenpolitische Bedeutung zu, die in der sozialistischen und auf den Frieden gerichteten Außenpolitik der DDR in weiterentwickelter-Form fortwirkt und in dem von Imperialismus und Militarismus beherrschten Teil Deutschlands noch immer von brennender Aktualität ist. Ausgehend von einer Charakterisierung des außenpolitisch bedeutsamen Inhalts des Aufrufs vom 11. Juni 194-5, soll im folgenden auf einige Probleme des Kampfes um seine Verwirklichung bis zur Gründung der Deutschen Demokratischen Republik eingegangen werden.
Beginn der neuen Außenpolitik
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Nach der Befreiung vom Faschismus bestand die nationale Hauptaufgabe des deutschen Volkes darin, den Nazismus und Uilitarismus samt seinen Wurzeln auszurotten und ein demokratisches und antifaschistisches Regime zu errichten. Von der Lösung dieser Hauptaufgabe hing die weitere Gestaltung des Schicksals unseres Volkes ab, die innere Entwicklung unserer Nation wie auch ihre Stellung im Kreise der anderen Nationen. Die Völker der Antihitlerkoalition erwarteten von unserem Volk, daß es sich über das ganze Ausmaß des durch den Hitlerfaschismus und den deutschen Uilitarismus verursachten Unglücks und Leides, über die Schwere der faschistischen Verbrechen klar wird, die Ursachen erkennt und ihnen unbarmherzig zu Leibe geht. Die Forderung nach nationaler Besinnung und internationaler Wiedergutmachung entsprang nicht kleinlichen Rachegefühlen, sie war vielmehr die selbstverständliche Voraussetzung sowohl für die Rückkehr in den Kreis der friedliebenden Völker als auch für den nationalen Neubeginn. Die reaktionären Kräfte gingen einer solohen Bestandsaufnahme im Klasseninteresse der deutschen Imperialisten von vornherein aus dem Wege und tun dies bis heute. Die revolutionäre Partei der deutschen Arbeiterklasse dagegen deckte die Wahrheit schonungslos und bis zu Ende auf. Sie prangerte in ihrem Aufruf die ungeheure Kriegsschuld des deutschen Monopolkapitals, der Faschisten und Militaristen an und erklärtes "Der totale Krieg Hitlers - das war der ungerechteste, wildeste und verbrecherischste Haubkrieg aller Zeiten I" Verbrechen, die sich letzten Endes am deutschen Volk selbst räohten, wurden dem österreichischen, tschechoslowakischen, polnischen, dänischen, norwegischen, belgischen, holländischen, französischen, jugoslawischen und griechischen Volk zugefügt; das größte und verhängnisvollste Kriegsverbrechen aber war der heimtückische Überfall auf die Sowjetunion. Eindringlich wies der Aufruf auf die verhängnisvolle Rolle der Antisowjethetze, der Rassentheorie, der "Lehre vom Lebensraum" und der faschistischen Außenpolitik hin. Er erkannte die historische Leistung der Antihitlerkoalition und besonders der Sowjetunion an, die den deutschen Faschismus zerschlugen. Unter den konkreten Entwicklungsbedingungen des Jahres 1945 bestand die unmittelbare Aufgabe der Arbeiterklasse und aller wahrhaft patriotischen Kräfte darin, in ganz Deutschland die bürgerlichdemokratische Revolution zu Ende zu führen. Das Programm der KPD, das auf die Aufrichtung eines antifaschistischen, demokratischen Regimes, auf eine parlamentarisch-demokratische Republik mit allen
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demokratischen Rechten und Freiheiten für das Volk orientierte, erklärte gleichzeitig, daß die Auffassung, Deutschland etwa das Sowjetsystem aufzuzwingen, falsch wäre. In Westdeutschland konnte das Gebot der Stunde nicht erfüllt werden. Die imperialistischen Besätzungsmächte, die zunächst vorgaben, das Potsdamer Abkommen einzuhalten, führten eine Politik durch, die dem Sinn und Geist dieses Vertragswerks widersprach, und ermöglichten die Restauration der Reaktion. Die Sowjetunion als Besatzungsmacht unterstützte dagegen die Politik der antifaschistisch-demokratischen Kräfte und schützte sie vor den Anschlägen der Reaktion. So konnte sich in gemeinsamen Kampf für den Aufbau einer neuen, friedliebenden, wirklich demokratischen Ordnung der Prozeß der Verständigung von Kommunisten und Sozialdemokraten ungehemmt entwickeln. In Ostdeutschland entstanden die Voraussetzungen für die Lösung der Schlüsselfrage der deutschen Arbeiterbewegung, die Präge ihrer Einheit. Aus Anlaß des 20. Jahrestages der Befreiung vom Faschismus konnte Walter Ulbricht feststellen: "Im östlichen Teil Deutschlands wurde der Beweis erbracht, daß durch den Zusammenschluß der geeinten Arbeiterschaft im Bündnis mit den Bauern, der Intelligenz, den Gewerbetreibenden und bürgerlichen Hitlergegnern die Grundlage eines friedlichen Deutschlands ohne Rassenhetze, ohne Militarismus, ohne imperialistische Eroberungspolitik geschaffen werden konnte. Das heißt, wir haben den Beweis erbracht, daß in unserem Volk die Kraft und die Fähigkeit vorhanden sind, diese Aufgaben zu lösen. Auf der Grundlage der offenen historischen Bestandsaufnahme und der Analyse der konkreten inneren und äußeren Entwicklungsbedingungen und Voraussetzungen für den demokratischen Neubeginn in ganz Deutschland stellte der Aufruf der KPD drei außenpolitische Forderungen: 1. "Nie wieder Hetze und Feindschaft gegenüber der Sowjetunion; denn wo diese Hetze auftaucht, da erhebt die Reaktion ihr Haupt I"® 2. "Friedliches und gutnachbarliches Zusammenleben mit den anderen Völkern. Entschiedener Bruch mit der Politik der Aggression und der Gewalt gegenüber anderen Völkern, der Politik der Eroberung und des Raubes."'' 3. "Anerkennung der Pflicht zur Wiedergutmachung für die durch die Hitleraggression den anderen Völkern zugefügten Schäden. Gerechte Verteilung der sich daraus ergebenden Lasten auf die verschiedenen Schichten der Bevölkerung nach dem Grundsatz, daß die Reicheren auch die größere Last tragen." 8
Beginn der neuen Außenpolitik
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Die ersten außenpolitischen Prinzipien des neuen Deutschlands waren Forderungen an das deutsche Volk selbst."Wir wissen",schrieb damals Otto Grotewohl, "daß es uns Deutschen nach den geschichtlichen Ereignissen nicht zukommt, anderen Völkern mit biedermännischer Miene die Hand für eine friedliche Zusammenarbeit darzubieten. Die nach innen gerichtete außenpolitische Aufgabenstellung hatte eine politische, ökonomisch-soziale und ideologische Seite. Die politische Seite bestand darin, die militaristische Tradition der deutschen Außenpolitik samt der sie tragenden Kräfte zu überwinden. A n ihre Stelle mußte eine neue Außenpolitik treten, die in den wahrhaft patriotischen Traditionen unseres Volkes ihre Wurzeln hatte, in den Traditionen des Humanismus, der Menschenliebe und Völkerfreundschaft, der Achtung vor der Menschenwürde und vor der Kultur und Leistung 10 eines jeden anderen Volkes. In ökonomisch-sozialer Hinsicht mußte, im Zusammenhang mit der Entmachtung des Monopolkapitals, durch die Reparationslieferungen wenigstens ein Teil der verursachten Schäden wiedergutgemacht werden. In ideologischer Hinsicht mußte die unerbittliche Kampfansage an die nationalistische und chauvinistische Hinterlassenschaft des deutschen Imperialismus jeder nach außen gerichteten Initiative vorangehen. Auf der Grundlage des Aufrufs der KPD vom 11. Juni 1945i der im April 1946 vollzogenen Vereinigung der beiden Arbeiterparteien zur Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands und des Zusammenwirkens der antifaschistisch-demokratischen Kräfte gelang es in Ostdeutschland in den Jahren bis 1949, wichtige Schritte des Beginns einer neuen Außenpolitik des deutschen Volkes zu unternehmen. In Westdeutschland wurden im gleichen Maße, wie es den imperialistischen Besatzungsmächten gelang, die Positionen des deutschen Monopolkapitals zu stärken, die Grundlagen einer der Form nach teilweise neuen, dem Inhalt nach aber in den alten verhängnisvollen imperialistischen und aggressiven Traditionen verwurzelten Außenpolitik gelegt. Nachdem sich zeigte, daß es nicht möglich war, für ganz Deutschland die Entscheidung zugunsten des Imperialismus zu erringen, wurde unter immer offenerer Verletzung des Potsdamer Abkommens durch das Komplott der Westmächte mit dem deutschen Monopolkapital der Beginn der politischen, wirtschaftlichen und staatlichen Zerreißung- Deutschlands eingeleitet. Durch die Verhinderung der Arbeitereinheit, die zunehmende Behinderung und Ausschaltung fortschrittlicher Kräfte, die Zurücknahme und das Verbot demokratischer Maßnahmen und die offene
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Einmischung der Westmächte in das Selbstbestimmungsrecht des Volkes wurden die Anfangserfolge demokratischer Kräfte zunichte gemacht, breite Kreise der Bevölkerung wurden in ihrem nationalen Streben entmutigt. Auch im Osten Deutschlands war das Umdenken in den Prägen der Beziehungen zu den anderen Völkern kein leichter Prozeß. Die Ansichten und Bestrebungen der einzelnen Klassen und sozialen Gruppen waren zunächst noch äußerst verschieden. Die Besten der Arbeiterklasse hatten in der Zeit des Faschismus das Banner des proletarischen Internationalismus und der Völkerfreundschaft hochgehalten. Sie waren entschlossen, die nationale Schande auszutilgen und dem deutschen Namen Schritt für Schritt wieder Achtung unter den Völkern zu schaffen.-Gute, normale Beziehungen unseres Volkes zu allen Staaten wünschten sie, vor allem aber Beziehungen der guten Nachbarschaft und Freundschaft zum polnischen und tschechoslowakischen Volk. Ganz besonders aber lag ihnen ein neues Verhältnis zur Sowjetunion am Herzen. Nie wieder durfte es dem Imperialismus und Militarismus gelingen, das deutsche Volk in die katastrophale Torheit einer Feindschaft zum Sowjetvolk zu hetzen. Bs darf jedoch nicht übersehen werden, daß Immer noch große Teile der Arbeiterklasse auch in dieser Frage von der bürgerlichen Ideologie beeinflußt waren, wenn auch bei ihnen ein mehr oder weniger rascher Prozeß des Umdenkens im Gange war. Nicht gelinge Verbreitung hatten unter den Arbeitern falsche Vorstellungen gefunden, die von den rechten SPD-Führern dadurch geweckt wurden, daß sie demagogisch die Losung vom sofortigen Übergang zum Sozialismus verbreiteten, für den entscheidende objektive und subjektive Bedingungen fehlten. Das Monopolkapital samt seinen Statthaltern, Strohmännern und Klopffechtern erstrebte die Einbeziehung nicht nur der Westzone, sondern auch Ostdeutschlands in die Sphäre der imperialistischen Westmächte. Im mittleren und kleinen Unternehmertum sowie im Kleinbürgertum waren Illusionen über die zu erwartende westliche Hilfe stark verbreitet) in diesen Kreisen scheute man sich nicht, historisch und moralisch in keiner Weise gerechtfertigte Forderungen an die Sowjetunion zu stellen. Unter den demokratischen Verhältnissen in Ostdeutschland begann jedoch auch in den Kreisen nüchtern und sachlich denkender Bürger ein Umdenken. Das außenpolitische Programm der revolutionären Arbeiterklasse war für alle nationalen Kräfte annehmbar. Gerade weil es mit jeglichen Illusionen aufräumte und vom Möglichen ausging, wurde es in
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ganz Deutschland, populär. Aber das konnte nicht spontan, nicht im Selbstlauf geschehen. Die außenpolitischen Forderungen des Aufrufs der KPD konnten nur im Klassenkampf, in der Auseinandersetzung mit der Konzeption des Monopolkapitals, mit der Vergangenheit, mit jeglichen Illusionen durchgesetzt und verwirklicht werden. In Westdeutschland konnte unter den bereits charakterisierten Bedingungen dem Neuen nicht zum Durchbruch verholfen werden. Im Osten Deutschlands dagegen wurden die Forderungen des Aufrufs erfolgreich in die Tat umgesetzt. Worin bestanden die Hauptgebiete der Außenpolitik der antifaschistisch-demokratischen Kräfte unter der Führung der Arbeiterklasse in jener Periode ? Im Streben, unserem Volk von neuem den Weg in die Gemeinschaft der Völker zu ebnen. Unter dieser Gemeinschaft verstand man alle Völker und Staaten, unabhängig von ihrer sozialen Ordnung. Der Begriff Gemeinschaft entsprang den progressiven Bestrebungen, die im Zusammenhang mit der Gründling der UNO wirksam waren und damals unter dem Einfluß des demokratischen und antifaschistischen Widerstandskampfes sowie des Sieges der Antihitlerkoalition eine Annäherung und sogar relative Fraternisierung der Völker bewirkten. Vor der deutschen Arbeiterklasse stand 194-5 nicht die Aufgabe, auf außenpolitischem Gebiet für den Anschluß an eines der beiden sozialökonomischen Systeme zu kämpfen. Auf der Tagesordnung stand die Uberwindung der reaktionären deutschen Außenpolitik und deren Innenpolitischen sozialen Wurzeln als eine allgemein-demokratische Aufgabe. Davon ging auch der außenpolitische Inhalt des Aufrufs der KPD vom 11. Juni 1945 aus. Die Beziehungen zwischen der Sowjetunion und den demokratischen Kräften in der Sowjetischen Besatzungszone beruhten auf den Prinzipien des proletarischen Internationalismus und des Humanismus. In dem Maße wie sich die Hegemonie der Arbeiterklasse in der antifaschistisch-demokratischen Revolution festigte, wurden diese Prinzipien zum Allgemeingut des Volkes im Osten Deutschlands. Auch für die Sowjetunion war die Gestaltung ihrer Beziehungen zum deutschen Volk nicht einfach. Erstmalig in der Geschichte hatte ein sozialistischer Staat Besätzungsfuhktionen zu erfüllen. In dieser Beziehung waren weder theoretische Voraussetzungen noch historische Erfahrungen vorhanden. Doch die sowjetische Besatzungsmacht konnte ihre Aufgabe hervorragend lösen, weil sie als Freund, Helfer und Verbündeter der deutschen Arbeiterklasse und aller antifaschistisch-demokratischen Kräfte auftrat. So entstand im Hingen um die Verwirklichung des
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Potsdamer Abkommens ein echtes beiderseitiges Freundschaftsverhältnis zwischen der Sowjetunion und den Volkskräften in der Sowjetischen Besatzungszone. Die Stellung zu den imperialistischen Besatzungsmächten war kompliziert. Natürlich war es der Führung der Sozialistischen Einheitspartei klar, daß die Tatsache, daß Deutschland auch von imperialistischen Mächten besetzt war, große Schwierigkeiten bei der Verwirklichung der antifaschistisch-demokratischen und sozial-ökonomischen Umgestaltungen bringen mußte. Sie ging aber trotzdem von der Erwartung aus, daß die Westmächte ihre im Potsdamer Abkommen gegebenen Garantien, darunter die, Deutschland als wirtschaftliche und politische Einheit zu betrachten, und ihre Verpflichtungen, darunter die Kontrolle der Entnazifizierung und Entmonopolisierung und den Abschluß eines Friedensvertrages, einhalten würden. Die SED war bereit, auch die westlichen Besatzungsmächte bei der Durchführung des Potsdamer Abkommens zu unterstützen. Das Verhältnis der deutschen Arbeiterklasse zur Sowjetunion und zu den volksdemokratischen Staaten mußte natürlich in erster Linie auf der Übereinstimmung der Klasseninteressen beruhen. Allein, das machte nicht den ganzen Inhalt dieses Verhältnisses aus. Vielmehr stimmten die Interessen der Arbeiterklasse mit den nationalen Interessen und Erwägungen überein: Nicht nur, um historisches Unrecht wiedergutzumachen, nicht nur, um dem verhängnisvollen Antikommunismus und Antisowjetismus für immer den Boden zu entziehen, sondern vor allem um der deutschen Zukunft willen. So wurde das Problem des Verhältnisses zu den sozialistischen und volksdemokratischen Staaten eine erstrangige Angelegenheit aller antifaschistisch-demokratischen Kräfte. Die Jahre 1945 bis 1949 vermitteln, somit bereits die heute noch aktuelle historische Lehre, daß die Lebens- und Schicksalsfragen der deutschen Nation nicht gegen, sondern nur mit den Völkern des Ostens gelöst werden können. Unter Führung der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands gelang es, ausgehend von der 11., 12. und 13. Tagung des Parteivorstandes, im zweiten Halbjahr 1948, im Ergebnis einer großen ideologischen Offensive gegen den Nationalismus als die nach außen und gegen den Revisionismus als eine nach innen gerichtete bürgerliche Ideologie, eine Reihe von Grundfragen der Politik des neuen Deutschlands zu klären. So entwickelte sich in der SED und allmählich auch in der Arbeiterklasse und den übrigen werktätigen Schichten der Bevölkerung eine neue Einstellung zur Sowjetunion, zur KPdSU, zum Le-
Beginn der neuen Außenpolitik ninismus, zur Oder-Neiße-Grenze, zur Volksrepublik Polen und zu den A4
anderen volksdemokratischen Ländern. Auf der 1. Parteikonferenz der SED im Januar 1949 wurden diese für die innen- und außenpolitische Strategie und Taktik der Partei so wichtigen Grundlagen zum programmatischen Bestandteil ihrer Politik erklärt. In der Entschließung der Konferenz heißt es : "Die marxistisch-leninistische Partei ist vom Geiste des Internationalismus durchdrungen. Dieser Internationalismus bestimmt ihren Platz in der weltweiten Auseinandersetzung zwischen den Kriegshetzern und den Friedenskräften, zwischen Reaktion und Fortschritt, zwischen Kapitalismus und Sozialismus. In diesem Kampf steht die marxistisch-leninistische Partei eindeutig im Lager der Demokratie und des Friedens, an der Seite der Volksdemokratien und der revolutionären Arbeiterparteien der ganzen Welt. Sie erkennt die führende Holle der Sowjetunion und der KPdSU (B) im Kampfe gegen den Imperialismus an und erklärt es zur Pflicht jedes Werktätigen, Aodie sozialistische Sowjetunion mit allen Kräften zu unterstützen." So wurde im östlichen Teil Deutschlands die historische Chance genutzt, ein neues, besseres Verhältnis zur Sowjetunion herzustellen. Die feste und brüderliche Freundschaft zum Sowjetvolk wurde zu einem Eckpfeiler der Politik der antifaschistisch-demokratischen Kräfte. Diese Grundlinie entsprach den nationalen Interessen des ganzen deutschen Volkes, den Lehren der Geschichte und den Traditionen der besten Kräfte der deutschen Arbeiterklasse, die von den Tagen der Großen Sozialistischen Oktoberrevolution bis zu den bitteren Jahren des Kampfes gegen die faschistischen Aggressoren Seite an Seite mit dem Sowjetvolk für Sozialismus und Frieden gekämpft hatten. Jetzt standen die Vertreter der Sowjetunion den antifaschistisch-demokratischen Kräften bei der Lösung der schweren Nachkriegsprobleme mit Hat und Tat zur Seite. Sie unterstützten sie bei der Durchführung des Potsdamer Abkommens und des Aufrufs der KPD vom 11. Juni 1945. Sie sicherten den Aufbau der neuen Ordnung in Ostdeutschland und halfen unserem Volke, den neuen Weg seiner Geschichte erfolgreich zu beschreiten. Sie standen den antifaschistisch-demokratischen Kräften in ihrem Streben bei, die nationale Unabhängigkeit zu gewährleisten. Es geschah erstmalig in der Geschichte, daß eine Siegermacht einem besiegten Land, dessen Aggressionsarmeen beispiellose Gewalttaten und Zerstörungen verursacht hatten, in einer solchen Weise half.'13 Die deutsch-sowjetische Freundschaft erwies sich als die Lebensnotwendig-
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keit für unser Volk, als ein wichtiger Paktor zur Sicherung des F r i e diens in Europa, als Garantie für eine glückliche Zukunft der deut14
sehen Nation. Ein besonders kompliziertes Problem waren die Wiedergutmachüngsleistungen. Der Aufruf der KPD anerkannte die P f l i c h t zur Wiedergutmachung der von den Hitlerfaschisten angerichteten Schäden. Das erforderten nicht nur das Völkerrecht und die von der Arbeiterklasse in den internationalen Beziehungen geltend zu machenden einfachen Moralgesetze, von denen schon Karl Marx geschrieben hatte, sondern vor allem auch die nationalen Interessen. Es konnte nicht anders sein, als daB die Wiedergutmachungsverpflichtungen Ostdeutschlands, die für ganz Deutschland g e l e i s t e t wurden, unter den Bedingungen der Spaltung Deutschlands, der Disproportionen, des Rohstoffmangels, der fürchterlichen Kriegsschäden und der über die offene Grenze betriebenen Störtätigkeit Westdeutschlands Erschwernisse brachten und große Anstrengungen der Arbeiterklasse und der Intelligenz erforderten." 1 ^ Das i s t jedoch nur die eine Seite. Wesentlich war: Die Reparationen wurden i n Übereinstimmung mit dem Aufruf vom 11. Juni 1945 nach sozialen Gesichtspunkten g e l e i s t e t . Sie hatten zur Folge: 1. einen starken Einfluß auf die Entmachtung der Monopole, 2. den Wiederaufbau zahlreicher Betriebe unter der Leitung sowjetischer O f f i z i e r e und Spezialisten, 3. die Wiederherstellung des internationalen Ansehens des deutschen Volkes. 1 6 Die historische Bedeutung der Reparationsleistungen muß an einem weiteren Umstand gemessen werden: In den Jahren nach 1945 schwebte über der Welt die drohende Gefahr des Mißbrauchs der Atombombe durch die USA. Die aggressiven Kreise der USA versuchten, ihr Monopol als Mittel der Erpressung gegen die Sowjetunion und die volksdemokratischen Staaten zu benutzen. Unter diesen Bedingungen war es notwendig, der Vormacht des sozialistischen Lagers, der Sowjetunion, den Rücken freizuhalten. Sie mußte wirtschaftlich und technisch so schnell wie möglich gestärkt werden, um das Kernwaffenmonopol zu 17
brechen. ' Die Reparationsleistungen sowie andere Lieferungen aus ersten Handelsabmachungen waren ein wesentlicher Beitrag zur Stärkung des sozialistischen Lagers i n kritischer Z e i t . Von den nach dem Potsdamer Abkommen an die Sowjetunion zu l e i stenden Reparationen i n Höhe von 10 Milliarden Dollar waren bis Ende 1950 3658 Millionen Dollar beglichen. Insgesamt wurden Reparations-
Beginn der neuen Außenpolitik
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lieferungen im Werte von etwa 4,3 Milliarden Dollar geleistet, der Rest von 5«7 Milliarden Dollar wurde der DDE erlassen- Zahlreiche auf Grund des Potsdamer Abkommens zu demontierende Betriebe wurden in SAG-Unternehmen umgewandelt und mit dem Jahre 1947 beginnend,der deutschen Verwaltung zurückgegeben. Am 11. Januar 194-7 erklärte Marschall Sokolowski, daß die wichtigsten für die Versorgung der Bevölkerung notwendigen Industriewaren sowie die gesamte für die Landwirtschaft lebensnotwendige Kaliproduktion von Reparationslie-
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ferungen ausgenommen wurden. Gleichzeitig mit der Errichtung und Festigung der antifaschistischdemokratischen Ordnung arbeitete die SED ihre nationale und internationale demokratische Wirtschaftspolitik aus. Die Partei sah in der Erhaltung der politischen und wirtschaftlichen Einheit Deutschlands die Garantie für die Überwindung der Nachkriegsfolgen. Doch die Spaltung Deutschlands durch die Westmächte, das wiedererstehende Monopolkapital und die einheitsfeindliche Politik der rechten SPD-Führer erschwerten den Wiederaufbau der Industrie und Landwirtschaft in der Sowjetischen Besatzungszone. Die 1946 und 1947 angebahnten Handelsbeziehungen mit den westlichen Besatzungszonen wurden durch erpresserische Embargo- und Blockademaßnahmen von selten der westdeutschen Organe und der imperialistischen Besatzungsmächte empfindlich getroffen. Die Organe der Sowjetischen Besatzungszone konnten sich in dieser Lage auf die Hilfe der Sowjetunion und der Volksrepublik Polen stützen. Durch Kohle- und Stahllieferungen wurde es möglich, die lebenswichtigen Industriezweige intakt zu halten und wieder auszubauen. Gleichzeitig förderten die sowjetischen Besatzungsorgane aktiv die Produktion in Ostdeutschland selbst, insbesondere auf den Gebieten der Kohlenversorgung und der Textilindustrie. Sie sorgten für die Lieferung von Maschinenteilen, Ersatzteilen und anderem Material. Im Juni 1948, als die Westmächte widerrechtlich Berlin spalteten und eine Blockade über die sowjetische Besatzungszone verhängten, erklärte der Chef der sowjetischen Militäradministration, Marschall Sokolowski, die Bereitschaft der UdSSR, 100 000 Tonnen Getreide zusätzlich zu liefern, was auch unverzüglich durchgeführt wurde.1 ^ Bereits 1947 und 1948 entwickelten sich zwischen der Sowjetischen Besatzungszone und der Sowjetunion 20neben den Reparationslieferungen reale Außenhandelsbeziehungen. Die 11. Tagung des Parteivorstandes der SED orientierte darauf, im Rahmen des Zweijahres-
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planes besonderes Augenmerk auf den Ausbau der Wirtschaftsbeziehungen zu den volksdemokratischen tändern zu legen, ohne dabei den Han21 del mit Westdeutschland und Nordeuropa zu vernachlässigen. Es g e lang den Wirtschaftsorganen der Sowjetischen Besatzungszone, mit sechs volksdemokratischen Ländern und 22 fünf k a p i t a l i s t i s c h e n Staaten Europas Handelsverträge abzuschließen. Insgesamt bestanden am 30. Juni 1948 b e r e i t s Handelsbeziehungen zu neunzehn Ländern. Die Wirtschaftsbeziehungen der Sowjetischen Besatzungszone mit der UdSSR und den volksdemokratischen Ländern waren ein entscheidendes Gegengewicht gegen die w i r t s c h a f t l i c h e n und p o l i t i s c h e n Erpressungsversuche und Anschläge der Westmächte. I n seinem R e f e r a t über den "Zweijahrplan und die Wiederherstellung und Entwicklung der Friedenswirtschaft" e r k l ä r t e Walter Ulbricht : "Wir werden einen Ausweg finden und sehr wohl i n der Lage s e i n , t r o t z der Sabotagemaßnahmen vom Westen her unsere Industrie mit Eisen und Stahl zu versorgen und den Wirtschaftsplan zu e r f ü l l e n . Uns steht j e d e n f a l l s e i n w e i t e r Markt i n Südost- und Osteuropa o f f e n . Ein w i c h t i g e r Paktor im Prozeß der Herausbildung einer neuen demokratischen deutschen Außenpolitik war d i e Volkskongreßbewegung f ü r Einheit und gerechten Frieden. Sie war zwar vorwiegend eine nat i o n a l e Volksbewegung, hatte aber auch außenpolitische Aspekte. So war das Manifest an die Londoner Außenministerkonferenz, das auf dem 2. Deutschen Volkskongreß am 6./7« Dezember 1947 beschlossen wurde, 24 ein wichtiges außenpolitisches Dokument des neuen Deutschlands. Es z e i g t e , daß die von der Arbeiterklasse geführten Volksk r ä f t e auch außenpolitisch a k t i v wirksam wurden. Der Volkskongreß f o r d e r t e von den a l l i i e r t e n Mächten die Verwirklichung der Beschlüsse von J a l t a und Potsdam. Er wählte eine Delegation, die der Londoner Außenministerkonferenz die deutschen Interessen vortragen s o l l t e . Die außenpolitischen Forderungen bestanden vor allem i n der Ausarbeitung und R a t i f i z i e r u n g eines Friedensvertrages 2 ^, der Gleichberechtigung eines demokratischen Deutschlands mit den anderen V ö l kern und i n der v ö l l i g e n Wiederherstellung der Unabhängigkeit» Die demokratische Außenpolitik der Arbeiterklasse und a l l e r a n t i f a s c h i stisch-demokratischen K r ä f t e unterschied sich grundlegend von der bürgerlichen Geheimdiplomatie und K a b i n e t t p o l i t i k ; sie war eine Außenpolitik auf b r e i t e s t e r Massenbasis. Nachdem die i m p e r i a l i s t i schen Westmächte die T ä t i g k e i t der gemeinsamen a l l i i e r t e n Organe zur Verwirklichung des Potsdamer Abkommens lahmgelegt hatten, e n t f a l t e t e sich mit dem 2. Deutschen Volkskongreß und dem darauf f o l -
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genden. Volksbegehren eine gewaltige Massenbewegung. 15 Millionen Deutsohe entschieden sich für die Einheit Deutschlands. Auch die Verfassung einer deutschen demokratischen Republik, die vom 3» Deutschen Volkskongreß bestätigt wurde, war in Tausenden Versammlungen diskutiert worden. Ein Bestandteil- dieses wahrhaften Volkswerkes waren die außenpolitischen Grundsätze der demokratischen Kräfte Deutschlands. So entstand auf deutschem Boden erstmalig ein Staat, dessen verfassungsmäßige Grundlagen so beschaffen waren, daß die von der revolutionären Partei der Arbeiterklasse ausgearbeiteten und entwickelten außenpolitischen Grundsätze, getragen von der Einheit der antifaschistisch-demokratischen Kräfte, effektiv wurden. Die Deutsche Demokratische Republik trat mit der historischen Aufgabe in die internationale Politik, den Weg der Demokratie, des Friedens und der Freundschaft mit allen Völkern zu beschreiten. Die Außenpolitik des neuen Deutschlands wurde von vornherein als Volkspolitik geboren. Die Verwirklichung des nationalen und sozialen Selbstbestimmungsrechts des Volkes im Osten Deutschlands führte auch zur außenpolitischen Selbstbestimmung. Mit der Staatsgründung der Deutschen Demokratischen Republik - in der die Volkskongreßbewegung gipfelte - wurde die neue deutsche Außenpolitik auf eine feste staatliche Grundlage gestellt. Mit der Gründung des ersten deutschen Friedensstaates, die eine Wende in der Geschichte des deutschen Volkes darstellte, erreichte auch die Außenpolitik des demokratischen Deutschlands eine neue, höhere Stufe. Ihre Grundlagen und Voraussetzungen aber waren in den schweren Jahren des Neubeginns und des Kampfes für die Verwirklichung des von der KPD im Juni 1945 entwickelten Programms geschaffen worden. Die von den antifaschistisch-demokratischen Kräften in dieser Zeit vollbrachten historischen Leistungen schufen das Fundament für die politisch-moralische Überlegenheit der Deutschen Demokratischen Republik über den westdeutschen Staat
Anmerkungen 1
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Siehe: Marx, Karl. Inauguraladresse der Internationalen Arbeiter-Assoziation, in s Marx/Engels, Ausgewählte Schriften, Bd 1, S. 359. Siehe: Kolbe. Hellmuth. Das außenpolitische Programm des Gründungsparteitages der KPD, in: Deutsche Außenpolitik, 11/1958, S. 1033 f.
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Johannes Zelt/Karl Reißig Verwiesen sei vor allem auf die Potsdamer Konferenz (17.7. bis 2.8.1945), die Außenministerkonferenz in Paris (25.4. bis 15.5. und 15.6. bis 12.7.1946), die Außenministerkonferenz in Moskau (10.3. bis 24.4.1947) und die Außenministerkonferenz in Paris (27.5. bis 20.6.1948). Aufruf der Kommunistischen Partei Deutschlands vom 11. Juni 1945. In : Ulbricht. Walter. Zur Geschichte der neuesten Zeit, Bd 1/1, Berlin 1955, S. 371. Ulbricht. Walter. Die nationale Mission der DDR, Rede auf der Tagung des Nationalrats der Nationalen Front des demokratischen Deutschland, 1 5 . Februar 1965, Berlin 1965, S. 9. Aufruf der KPD..., a.a.O., S. 374. Ebenda, S. 377. Ebenda, S. 378. Grotewohl. Otto. Freundschaft mit allen Völkern, ins Kampf um die einige Deutsche Demokratische Republik, Reden und Aufsätze, Bd I, Berlin 1954, S. 95. Ulbricht, Walter. Erklärung vor dem Diplomatischen Korps über die Außenpolitik der DDR am 26. September 1960, in: Dokumente zur Außenpolitik der Regierung der DDR, Bd VIII, Berlin 1961, S. 197. Die nächsten Aufgaben der SED, in: Dokumente der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands, Bd II, Berlin 1952, S. 194. Ebenda, S. 196 ff. Vgl.: Grundriß der Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung, Berlin 1963, S. 204. Vgl. König, Johannes, Die Entwicklung der Beziehlingen zwischen der DDR und der UdSSR, in : Deutsche Außenpolitik, Sonderheft 1/1965, S. 61/62. Vgl. Ulbricht, Walter, Stellungnahme zur Erklärung der kommunistischen und Arbeiterparteien. Referat auf der 11. Tagung des ZK der SED, 15. bis 17« Dezember 1960, Berlin 1960, S. 140; derselbe, Die nationale Mission der Deutschen Demokratischen Republik und das geistige Schaffen in unserem Staat. Referat auf dem 9. Plenum des ZK der SED, Neues Deutschland, v. 28.4. 1965. Ulbricht. Walter. Der Fünfjahrplan und die Perspektiven der Volkswirtschaft, in : Zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung, Bd III, Berlin 1953, S. 735 f; Doeinberg, Stefan, Die Geburt eines neuen Deutschland, Berlin 1959» S. 314 f.
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Vgl. Marsehall der Sowjet"^ 0 n Gretschko s Eine starke Friedensmacht, in : Istwestlja v. 17.4.1964. Vgl. S e l b m a n n . Fritz. Die UdSSR unterstützte den Wiederaufbau des Wirtschaftslebens, ins Deutsohe Außenpolitik, Sonderheft 1/1965, S. 109 ff. Ebenda, S. 109. Ulbricht. Walter, Der Zweijahrplan und die Wiederherstellung und Entwicklung der Friedenswirtschaft, in : Zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung, Bd III, Berlin 1953, S. 247. Ebenda, S. 246. Siehe: Geschichtliche Zeittafeln. Deutsche Demokratische Republik. Berlin 1954, S. 7 - 36. Ulbricht, Walter, Der Zweijahrplan a.a.O., S. 227. Siehe Protokoll des 1. Deutschen Volkskongresses, Berlin 1948. Siehe: Köhler, Fritz. Das Ringen um den deutschen Friedensvertrag 1945 - 1959, ins Deutsche Außenpolitik, 4/1959, S. 414 f. Dokumente zur Außenpolitik der Deutschen Demokratischen Republik. Bd I, 1954, S. 24. Vgl. Ulbricht. Walter. Die nationale Mission der DDR und das geistige Schaffen in unserem Staat, a.a.O.
352 A u t o r e n v e r z e i o h n i s Rolf Badstübner Dr. phil., wissenschaftlicher Arbeitsleiter am Institut für Geschichte an der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin, Berlin. Walter Bartel Dr. phil., Professor mit vollem Lehrauftrag, Prorektor an der Humboldt-Universität zu Berlin, Berlin. Friedrich Beck Dr. phil., Direktor des Staatsarchivs Potsdam. W.N. Belezki Kandidat der Geschichtswissenschaften, Mitarbeiter der Botschaft der UdSSH in der DDR, Berlin. Wolfgang Bleyer Dr. phil., wissenschaftlicher Oberassistent am Institut für Geschichte an der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin, Berlin. Manfred Bogisch Mitarbeiter beim Sekretariat des Zentralvorstandes der LDPD, Berlin. S.A. Boitin Kandidat der Geschichtswissenschaften, Professor, Generalmajor, stellvertretender Direktor des Instituts für Marxismus-Leninismus beim ZK der KPdSU, Moskau. Gerhard Desczyk Dr. phil., Cheflektor des Union-Verlages, Mitglied des Präsidiums des Hauptvorstandes der CDU, Berlin. Gerhart Hass Dr. phil., wissenschaftlicher Arbeitsleiter am Institut für Geschichte der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin, Berlin. Wolfgang Hoffmann Dr. phil., wissenschaftlicher Oberassistent am Institut für Marxismus-Leninismus der Friedrich-Schiller-Universität, Jena, Jena.
Autorenverzeichni s
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Rudolf Jenak Dr. phil., Oberassistent am Institut für Marxismus-Leninismus an der Technischen Universität Dresden, Dresden. A.S. Jerussalimski + Dr. der Geschichtswissenschaften, Professor, korrespondierendes Mitglied der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Geschichte der Akademie der Wissenschaften der UdSSR, Moskau. Elisabeth Lang wissenschaftliche Assistentin am Institut für Marxismus-Leninismus der Technischen Universität Dresden, Dresden. Erhard Lonscher Rektor der Zentralen Parteischule der HDPD, Mitglied des Parteivorstandes der NDPD, Berlin. Walter Markov Dr.phil., Professor, Direktor des Instituts für Allgemeine Geschichte der Karl-Marx-Universität Leipzig, Leipzig. D.E. Melni.kow Dr. der Geschichtswissenschaften, Professor, Sektorenleiter im Institut für Weltwirtschaft und internationale Beziehungen der Akademie der Wissenschaften der UdSSR, Moskau. Bruno P. Neriich wissenschaftlicher Assistent im Geographischen Institut der Humboldt-Universität zu Berlin, Berlin. P.N. Pospelow Doktor der Geschichtswissenschaften, Professor, Mitglied der Akademie der Wissenschaften der UdSSR, Direktor des Instituts für Marxismus-Leninismus beim ZK der KPdSU, Moskau. Hans Radandt Dr. phil., Abteilungsleiter am Institut für Wirtschaftsgeschichte der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin, Berlin. Karl Reißig Dr. phil., Dozent am Lehrstuhl Geschichte des Instituts für Gesellschaftswissenschaften beim ZK der SED, Berlin Helene Roggenbuck Dr. phil., Dozent am Institut für Marxismus-Leninismus der Humboldt-Universität zu Berlin, Berlin.
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Autorenverzeichnis
Klaus Scheel wissenschaftlicher Assistent am Institut für Geschichte der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin, Berlin. Herbert Schulz Dozent am Pädagogischen Institut Zwickau, Zwickau. L.Ii. Smirnow Vorsitzender des Obersten Gerichts der RSFSR. Leo Stern Dr.rer.pol., Dr.phil.h.c., Dr.phil.h.c., Professor, Akademiemitglied, Vizepräsident der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin, Vorsitzender der Kommission der Historiker der DDR und der UdSSR (Deutsche Sektion), Halle. Siegfried Thomas Dr.phil., wissenschaftlicher Arbeitsleiter am Institut für Geschichte der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin, wissenschaftlicher Sekretär der Kommission der Historiker der DDR und der UdSSR (Deutsche Sektion), Berlin. A.B. Tschernow wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Geschichte der Akademie der Wissenschaften der UdSSR, Moskau. Heinz Voßke Dr.phil., Leiter des Zentralen Parteiarchivs im Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der SED, Berlin. Johannes Zelt Dr.phil., Fachrichtungsleiter am Lehrstuhl Geschichte des Instituts für Gesellschaftswissenschaften beim ZK der SED, Berlin. Edith Zorn wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der SED, Berlin.