Authentische Berichte über Luthers letzte Lebensstunden [Reprint 2020 ed.]
 9783111671413, 9783111286662

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KLEINE TEXTE FÜR VORLESUNGEN UND ÜBUNGEN HERAUSGEGEBEN VON HANS LIETZMANN

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AUTHENTISCHE BERICHTE ÜBER

LUTHERS LETZTE LEBENSSTUNDEN HERAUSGEGEBEN

VON

Dr. J. STRIEDER PRIVATDOZENT AN DER UNIVERSITÄT LEIPZIG

BONN

A. MARCUS UND E. WEBER’S VERLAG 1912

VORBEMERKUNG Die nachfolgende quellenpublikation will die wichtigsten authenti­ schen berichte über Luthers tod bringen1. Wobei unter authentischen berichten solche verstanden werden, die entweder von augenzeugen der Sterbeszene herrühren oder doch von solchen personen, die ihre nach­ richten unmittelbar augenzeugen verdanken. Alle nachfolgenden berichte sind bereits früher gedruckt worden. Manche davon freilich in schwer erreichbaren druckschriften. Es war mir unmöglich, systematisch die in erster linie in frage kommenden archive nach neuem, bisher ungedrucktem quellenmaterial zu durchforschen. Das wird kein schaden für die vorliegende publikation sein. So wenig zu bezweifeln ist, dass in den nächsten jähren oder Jahrzehnten noch mancher bericht über Luthers tod zutage kommen wird2, so sehr möchte ich an­ nehmen, dass die wichtigsten berichte uns bekannt und im folgenden ediert sind. Eine zweifache absicht veranlasste mich zu der edition der berichte über Luthers letzte lebensstunden. Einmal lag mir daran, für mein historisches proseminar leicht beschauliches urkundliches quellenmaterial der neueren geschiehte zu haben, an dem sich derjenige teil der historischen methode leidlich illustrieren lässt, den wir „äussere quellenbestimmung“ nennen. Zweitens aber wünschte ich für die kritische Studie, die ich anknüpfend an einen in Amerika aufgefundenen, angeb­ lich bisher unbekannten bericht über Luthers tod in der Historischen Vierteljahrsschrift (jahrg. 1912) veröffentliche, das nötige beweismaterial beisammen zu haben. Wo es möglich war, habe ich mir die originale der nachstehend abgedruckten quellen aus den archiven, in denen sie dich befinden, kommen lassen. Für die liebenswürdige Übersendung und manche auskunft sei auch an dieser stelle den betreffenden Verwaltungen herzlich gedankt. Was die technik der edition angeht, so habe ich mich an die „Be­ stimmungen über die Herausgabe der Urkunden und Akten" der könig­ lich-sächsischen kommission für geschickte gehalten.

1) neuerdings hat B. Sepp ein Verzeichnis der authentischen be­ richte über Luthers tod gegeben, an das wir uns im wesentlichen halten konnten. „Zur Literatur über das Lebensende Luthers.“ Separatabdruck aus der beilage der „Augsburger Postzeitung" no. 69 vom 14. dez. 1901 2) von manchen berichten haben wir bestimmte nachricht, ohne dass es bis jetzt möglich war, sie ausfindig zu machen. So war dem brief des D. Joh. Lange, prediger zu Erfurt, an F. Myconius, Superintendent in Gotha (datiert vom 21. sehr. 1546 ?) die abschrift eines todesberichtes beigefügt, die Lange von dem Eislebener prediger Simon Wolfferius er­ halten hatte. Vgl. K. E. Förstemann, Denkmale, dem D. Martin Luther von der Hochachtung und Liebe seiner Zeitgenossen errichtet etc. Nordhausen 1846 s. 126s. Sepp (a. a. o. s. 4 anm. 3) vermutet wohl mit recht noch manchen fund unter den archivalien der 1815 aufge­ hobenen Universität Wittenberg (heute in Halle)

i. Schreiben des Dr. Justus Jonas (Superintendent in Halle) an Kurfürst Johann Friedrich von Sachsen (in Torgau) Eisleben 1546, Febr. 18

Durchleuchtigster hochgeborner churfürst, Euren churf. Gnaden sind mein untertenig gehorsam schuldige und ganz willige dinst zuvorn. Gnedigster chllrfürst und Herr, E. chf. G. gebe ich in untertenigkeit mit ganz hochbetruebten gemueth eilents zu erkennen, nachdem der erwirdige, in Christo unser aller liber vatter, doctor Martinus Lntherus sich zuvor zu 10 Wittemberg und auch auf diser reiß etwas geklaget, auch im wagen, da er anhero gefaren und hart für Eisleben komen, auch schwachheit sich beklaget, hat er dock, so lang wir zu Eisleben in disen fachen der grasen vnd Herrn gewesen, alle mittags- und abentmal gehalten, über tisch zimlich wol gessen und getrunken, speiß und trank auch sunderlich gelobt, wie es 15 im wol schmeckete in sein Vaterland. Er hat auch alle nacht zimlich geschlassen und geruhet, da sein diner Ambrosius, ich doctor Jhonas, seine zwen kleine söhne Martinus und Paulus, sambt noch einem oder zweien dinern, bei ihme in der camer gelegen, ihm auch mit wermung der küssen (seiner gewohnheit nach) alle abend zu beth geschickt und bracht, oft wir 20 beide Magister Michael Celius, Prediger zu Mansfelt und ich Jhonas, da er uns frölich alle abend dise drei Wochen durch gute nacht geben, oft mit disen Worten: „doctor Jhonas und Herr Michl, betet für unsern Herr Gott, daß im mit seiner kirchen und fachen wol gehe, das concilium zu Trient zürnt ser." Auch, gnedigster churfürst und Herr, hat gemelter Herr doctor 25 seine sterkküchlein, wasser und aquauite (was er daheim im brauch gehabt) von Wittemberg holen lassen, die doctorin hat im auch zum teil von ir selbst anher geschickt, ist also alle zeit dise drei Wochen durch (dann je über zwen oder drei tag einmal Handlung gewesen) bei meinem g. h. fürst Wolfen zu Anhalt, graf Hans Heinrichen von Schwarzburg, bei den Hendln 30 je zu Zeiten ein stund, je zu Zeiten anderthalb gesessen. Aber gestern mitt­ wochs nach Valentini den 17. Februarii ist er aus bedencken des fürsten von Anhalt und grafen Albrechts, auch uff unser bitten und vermhanen, den fürmittag in seinem stüblein bliben, zu den Hendln nit gangen, im stüblein aber ausgezogen seiner beinkleider im scheublein umbher gangen, je 35 zu Zeiten zum fenster hinaus gesehen und gebett, so emßig, daß wirs auch, die bei ime in der stuben gewesen, gehört, doch imer frölich gewesen, je zu Zeiten ein wort hören lassen: „doctor Jhonas und Herr Michl, ich bin hie zu Eisleben geborn uud getauft, wie wenn ich hie bleiben solt?" Gei*

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Berichte über Luthers letzte lebensstunden

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dachts nechtsverschinen mitwochs aber hat er dannoch nit in seinem stüblein, sondern daniden in der großen (Tuben malzeit gehalten, vil und von schönen

sprüchen in der schrifft über tisch gereth, auch in gemeinen reden eins oder

zwir gesagt:

„Wann ich meine liebe landsherrn die grafen vertrag und

wils Got dise reiß außricht, so wil ich heimzihen und mich in die sarck 5 schlaffen legen und den würmern seinen guten feisten bDctDv]1 den leib zu

verzeren geben."

Rechten desselben mittwochs aber vor dem abentmal hat

er angefangen zu klagen, es trucke ihm auf der prust, aber nit zum Herzen,

hat er begert,

ihm mit warmen tuechern zu reiben, darnach gesagt, das

trucken lasse ein wenig ab, hat die abentmalzeit aber daniden in der großen 10

stuben gehalten und gesagt, „allein sein bringet nit frölikeit", über dem abentmal zimlich gessen und frölich gewesen, auch mit scherzreden.

Nach

demselben abentmal hat er sich wider etwas geklagt, es trucke ihm auf der brüst, wharme tuecher begert, haben die Herrn und wir den arzt wollen

holen lassen, Magister und doctor, hat ers verboten und etwa zwu- oder 15

drithalb stund uffm ruhebettlein geschlaffen, haben wir Herr Michel Celius, ich Jhonas, der wirt, statschreiber zu Eisleben * und die wirrin, seine zwen kleine söhne,

ungeverlich biß

halbe eilfe

bei ime gewacht.

Da hat er

begert, man solt ihme das bett in der kamer wermen, welches alles mit großem fleiß geschehen, und haben im zu beth bracht, ist mgr. Celius in 20

der camer dabei gelegen, aber sein diner Ambrosius, so von Wittemberg mit ihm komen, und ich doctor Jhonas, seine zwen klein söhne und die

diner sind bei im in der kamer gelegen.

Ungeverlich umb eilfe ist er ein-

geschlaffen, geruhet mit natürlichem schnauben.

Darnach, gnedigster Herr,

umb ein hör in der nacht, har er den diner Ambrosium und mich doctor -5 Jhonas aufgerufen, erst dem diner gesagt, „mach das stüblein warm," als

der diner aber geeilt und das

stüblein albereit warm gewesen (als die

ganze nacht darauf bereitet), hat er zu mir gesagt: „O Herr Got, doctor Jhonas, wie ist mir so übel, mich drückts so hart nmb die prust, 0 ich werde zu Eisleben bleiben."

In dem ist Ambrosius und wir alle zuge- 3°

laufen, ihm aus dem beth geholfen.

Als er ins stüblein komen, ist er

noch ein mal umbher gangen, darnach aber warme tuecher begert, haben wir eilendts bebe erzt in der stat, doctor und mgr. lassen aufwecken, welche

auch eilendts komen, dergleichen m. g. h. graf Albrechten lassen wecken,

welcher bald mit der grefin gelaufen komen, aquauite und des doctors erznei 35 und alles versucht.

Da hat der Herr doctor angefangen zu bete«: „Mein

himlischer vatter, ewiger barmherziger Got, du hast mir deinen lieben sohn

unsern Herrn Jhesum Christum offenbart, den hab ich gelert, den hab ich bekant, den liebe ich und den ere ich vor meinen lieben heilandt und erlöset*,

welchen die gotlosen verfolgen, schenden und schelten, nim mein selichen zu 40

dir."

In dem reth er in die drei mal:

1) wieder ausgestrichen

„In manus tuas commendo

2) Hans Albrecht mit namen

Berichte über Luthers letzte lebensstunden

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spiritum meum, redemisti me deus veritatis. Ja also hat Got die welt geliebt." In dem, gnedigster Herr, als die erzt und wir die besten

sterckung braucheten, begunste er ein mal stil zu schweigen, als süncke er dahin, und auf unser hefftig rufen und rütteln nichts zu antworten. In 5 dem aber, als die grefin ime aquauite einstreichen und die erzte, begunste er wider zu antworten, doch schwechlich, her Michl Celio und mir doctori Jhonas jha und nein, und da wir ihm beide einschrieen und fragten: „Allerliebster vatter, ir bekent ja Christum den sohn Gottes, unfern Heiland: und erlöset," sprach er noch ein mal, daß mans hören kunth, eben stark: io „Ja." Darnach war im stirn und angesicht kalt, und wie hart man rief, rüttelte und mit taufnamen nennet „doctor Martine", antwort er nicht mer, that ein sanft adem holen und seufzen, mit gefeiten in einander ge­ schlagen henden, und, gnedigster Herr, das wir mit betrübten herzen und vilen threnen klagen, ist also in Christo entschlaffen ungeverlich zwischen 15 zwei und dreien in der nacht gegen den morgen. Graf Albrecht und it. g. fran die grefin, auch m. g. h. von Schwarzburg feind zeitlich genug da­ gewesen, zum teil zum end komen. Dises, genedigster churfürst und Herr, hab ich bald die volgende stunde meiner untertenigen schuldigen Pflicht nach, wiewol wir armen seine discipel und jünger von fünf und zwantzig jaren 20 her aufs höchst durch disen vhall betrübt, E. chf. G. sollen eilendt durch dise post zuschreiben und zu erkennen geben, bitten vnterteniglich, E. ch. G. wollen uns des begrebdnus halben, damit wir verziehen wollen, biß auf E. chf. G. antwort, genedigst ir gemueth zu erkennen geben, aud) unsern g. h. dem grafen schreiben, was ire G. sich darhinne zu halten 25 haben, wiewol ire G. im gern in irer Herrschaft als seinem vatterlandt be­ halten wolten, doä) stellen sie es in E. chf. G. genedigs gefallen. Der almechtige himlische vatter tröste E. chf. G. und uns alle, welche diser vhall herzlich betrübt hat. Es wollen auch E. chf. G. genedigst der doctorin, seiner lieben Hausfrauen und domino Philipo, Bomern und Krei30 zing förderlich ein trostbrief zuschreiben, welchs E. chf. G. besser zu thun wissen, dann wir vnterteniglich erhinnern können. Bitten E. chf. G. genedigst eilende antwort. Der Herr Jhesus Christus beware E. chf. G. alle zeit. Datum in eil Eisleben, dornstag nach Valentini umb (fünf)1 vier hör frue am 18. Februarii Anno 46.

35

E. chf. G. vntertenig willig diener Justus Jhonas d. sambt Herr Michl Celio, Prediger zu Mansfelt, der bei disen allen gewesen.

Auch geb ich E. chf. G. untertenig zu erkennen, daß gedachter her doctor Martinus alle sontag ein kortz predig getan, der abschrifft wir 40 haben, und hat disse drei Wochen zwie absolution empfangen und

1) ausgestrichen

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Berichte über Luthers letzte lebensstunden

communicirt, von ander sein reden über tische will E. chf. G. untertaniklich

bericht tun. Gnedigster churfürst u. her, disen brief hab ich heut in di feder eilend gramen Albrechts secretario dictirt umb 4 uhr, do wir für betrübnis

selb nit alles haben schreiben tonnen \

s

Originalkonzept des Schreibers (sekretär des grafen Albrecht von Mansfeld) mit korrekteren und Zusätzen von der hand des Jonas in der Schulbibliothek zu Annaberg in Sachsen. Nach dem wortlaut darnach ediert unter anderen von Johann Gottlieb Kreyssig, Dr. Justus Jonas Schreiben an Johann Friedrich, Kurfürst von Sachsen. Meissen 1847 10 s. 8 ff. Reinschrift im ernestin.gesamtarchiv zuWeimar Reg. N 182 Bl. 19 ff. Eine kopie auch im hauptstaatsarchiv zu Dresden loc. 4395 Notificationes et Invitationes etc. 1521—1603 bl. 3 ff. Zuerst gedruckt in der jetzt sehr seltenen, wenige tage nach Luthers tode erschienenen flugschrift 15 (8 blätter in quart): „Drey Schafften vonn des Eerwirdigen Herren Doctor Martin Luthers Christlichem abschid und Sterben auch Eerlichem begrebnuss. Gedruckt zu Regenspurg durch Hannsen Khol M.D.XLVI.“ Auch im auszuge (mit hinweglassung aller brieflichen redewendungen) unter dem titel: „Doctor Martin Luters Christlicher Abschid und sterben.“ 20 Ulm M.D.XLVI (mehrfach). Nach dem wortlaut des Originals ist die reinschrift ediert von Veit Ludwig von Seckendorf, Commentarius historicus et apologeticus de Lutheranismo. Francofurti et Lipsiae 1692 1. III. p. 638 sq.; vgl. Karl Eduard Förstemann, Denkmale, dem D. Martin Luther 25 von der Hochachtung und Liebe seiner Zeitgenossen errichtet. Nord­ hausen 1846 s. 13 ff. Zuletzt hat Gustav Kawerau das schreiben nach Kreyssig ediert: Der Briefwechsel des Justus Jonas. Gesammelt und bearbeitet von D. Gustav Kawerau. 2 bde. Halle 1884—1885 2. bd. s. 177 ff. 30 Der vorstehende text ist dem originalkonzept entnommen und mit diesem verglichen. Kurfürst Johann Friedrich hat sofort verschiedene kopien des briefes anfertigen lassen und sie weitergegeben. Auf die kopie, die er in der nacht vom 18-/19. febr. nach Wittenberg sandte, komme ich noch an 35 anderer stelle zu sprechen. Aber auch in den folgenden tagen sorgte Johann Friedrich noch für Weiterverbreitung des Jonasschen berichtes. So erhielten (mit einem schreiben vom 20. febr. datiert) seine kollokutoren in Regensburg Dr. Georgius Major und Dr. Laurentius Zcoch eine kopie davon. Heute in der kgl. öffentlichen bibliothek zu Dresden 40, Cod. A. 90. fol. 36 sq. Dr. Georg Major erhielt auch von Amsdorf die todesnachricht zu­ geschickt mit einer nachricht über Luthers letzte Worte und mit einem extrakt aus des Jonas brief an den kurfürsten von Sachsen. Cf. Archiv für Reformationsgeschichte V (1908) s. 376 u. 378. 45

1) dieser letzte satz findet sich nur in der reinschrift, nicht in dem originalkonzept, das dem sekretär diktiert wurde

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2. Brief des Grafen Albrecht von Mansfeld an den Kurfürsten Johann Friedrich von Sachsen Eisleben 1546. Febr. 18 Genedister her, mit betreubtem hertzen geb Eur kf. G. ich underthenigk 5 zu erkennen, daß der Allmechtigk doctor Leuter von disem jammertal hindt in diser nacht ungeferlich fast umb 3 oren in Gott verschieden ist1. Der Allmechtigk sei uns allen gnedigk! Und kan iefyt nit meher schreiben. Am 18. Februarii im 46. Albrecht, Grave,u Mansfelt.

Original im sächsisch-emestinischen gesamtarchiv zu Weimar Reg. N io 182 BL 17. Ediert von Förstemann a. a. o. s. 18 und seitdem öfters.

3. Brief des Fürsten Wolfgang von Anhalt an den Kurfürsten Johann Friedrich von Sachsen 2 Eisleben 1546, Febr. 18 Genad und frid durch Kristum Jesum sampt erbitung meins willigen dinstes zuvorn! Hochgeborner surft, genediger her, ich wil E. G. dinstlicher Meinung nicht bergen, doch mit betruptem gemut, daß doctor Martinus itzunt zwischen 2 und 3 frue seliklich in beisein doctor Jonas und sonst etzlicher perschon ganz sanft in Gott verschiden. Der 20 Herr wol der selen, wi ich dan nicht Zweifel, genedigk sein und der barm­

x5

herzige Got wol uns armen tristen und kristenheit in sein feterlich gute durch Kristum Jesum befoln sein lassen! Ich kan E. G. in eil itzt nicht weiter schreiben, aber doctor Jonas wirtz E. G. weiter vermolden und anzeigen. Hirmit thun ich mich E. G. dinstlich befeln in ganzer 25 eile. Datum dornstags um 4 ore frue nach Falentini Anno 46. W. f. z. A.

Und wi wol sich der doctor gester frue etwas gen mir der schwachheit halber geklaget, so ist er doch nechten noch ganz guter dinge gewest. Got helf im und uns allen! Amen. 3° Man hat vil fleiß bei im gethan, da ist aber kein menzlich hulf gewest, besundern der Wille des Hern ist bei im ergangen und ganz sanft mit guten spruchen entschlafen in Got. Der helf uns mit gnaden hinnach! Amen etc.

Das von dem fürsten eigenhändig geschriebene original befindet sich im 35 gemeinschaftlichen hauptarchiv des Sachsen-Emestinischen hauses zuWeimar. Reg. N 182 Bl. 18. Ediert von Förstemann a. a. o. s. 17s. und seitdem öfters.

1) das anakoluth erklärt sich wohl aus der bestürzung des grafen und aus der eile, womit er den brief geschrieben hat. 2) die briese 1—3 an den kurfürsten von Sachsen wurden von demselben boten expediert

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2. Brief des Grafen Albrecht von Mansfeld an den Kurfürsten Johann Friedrich von Sachsen Eisleben 1546. Febr. 18 Genedister her, mit betreubtem hertzen geb Eur kf. G. ich underthenigk 5 zu erkennen, daß der Allmechtigk doctor Leuter von disem jammertal hindt in diser nacht ungeferlich fast umb 3 oren in Gott verschieden ist1. Der Allmechtigk sei uns allen gnedigk! Und kan iefyt nit meher schreiben. Am 18. Februarii im 46. Albrecht, Grave,u Mansfelt.

Original im sächsisch-emestinischen gesamtarchiv zu Weimar Reg. N io 182 BL 17. Ediert von Förstemann a. a. o. s. 18 und seitdem öfters.

3. Brief des Fürsten Wolfgang von Anhalt an den Kurfürsten Johann Friedrich von Sachsen 2 Eisleben 1546, Febr. 18 Genad und frid durch Kristum Jesum sampt erbitung meins willigen dinstes zuvorn! Hochgeborner surft, genediger her, ich wil E. G. dinstlicher Meinung nicht bergen, doch mit betruptem gemut, daß doctor Martinus itzunt zwischen 2 und 3 frue seliklich in beisein doctor Jonas und sonst etzlicher perschon ganz sanft in Gott verschiden. Der 20 Herr wol der selen, wi ich dan nicht Zweifel, genedigk sein und der barm­

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herzige Got wol uns armen tristen und kristenheit in sein feterlich gute durch Kristum Jesum befoln sein lassen! Ich kan E. G. in eil itzt nicht weiter schreiben, aber doctor Jonas wirtz E. G. weiter vermolden und anzeigen. Hirmit thun ich mich E. G. dinstlich befeln in ganzer 25 eile. Datum dornstags um 4 ore frue nach Falentini Anno 46. W. f. z. A.

Und wi wol sich der doctor gester frue etwas gen mir der schwachheit halber geklaget, so ist er doch nechten noch ganz guter dinge gewest. Got helf im und uns allen! Amen. 3° Man hat vil fleiß bei im gethan, da ist aber kein menzlich hulf gewest, besundern der Wille des Hern ist bei im ergangen und ganz sanft mit guten spruchen entschlafen in Got. Der helf uns mit gnaden hinnach! Amen etc.

Das von dem fürsten eigenhändig geschriebene original befindet sich im 35 gemeinschaftlichen hauptarchiv des Sachsen-Emestinischen hauses zuWeimar. Reg. N 182 Bl. 18. Ediert von Förstemann a. a. o. s. 17s. und seitdem öfters.

1) das anakoluth erklärt sich wohl aus der bestürzung des grafen und aus der eile, womit er den brief geschrieben hat. 2) die briese 1—3 an den kurfürsten von Sachsen wurden von demselben boten expediert

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4. Brief des Magister Johannes Aurifaber an Michael Gutt (Kammerschreiber in Halle) Eisleben 1546. Febr. 18 An Micheln Gutt, Camerschreibern zu Hall in der- Schmerstraßen. Eilents, Eilents zu aigen Hande.

5

Ach wie ist mirs so hertzlich leidt daß ich Euch mit bettubbten hertzen sol den großen unfhal zu erkennen geben, daß, leider Gott geklagt, der ehrwirdigk Herr doctor Martinus Luther alhier zu Eisleben heut zwischen 2 und 3 in Gott christlichen verscheiden, nachdem ehr gestern abents geffe, gettuncke, sehr frolich gewesen, aber nach essens in die krankheit der maaß 10 angestoßen. Und als ihm heut ihn der nacht umb eins Widder ankham, versuchten wir an ihm alle menschliche hulffe, aber Gott hat in also gnediglichen von diese jamerthal nemen wollen. Darbei ist surft Wolff von Anhaldt, graf Albrecht, Philips und Hans Jorg, graf Volrath von Mansfeldt, graf Heinrich von Schrrarhburgk, graf Albrechts gemahl, des 13 von Schwarhburgks gemahl, doctor Ludwig und Magister Simon Wilde, der her doctor Jonas, Herr Michel Celius und viel von adel gewesen. Ist christlich und wohl verschieden. Des selen gerugen und uns allen Gott der almechtig gnedig und barmheryigk sein wol. Ehr ist ein kindt der ewigen seligkeit wie ich Euch gegenwertigk sagen wil. Den 18. Februarii20

anno 1546.

E. W. Joannes Aurifaber.

[Am rande:] Ach daß Gott erbarm im hohen Himel, daß ich so ein traurig bottschaft Euch anzeigen sol!

Original im herzgl. Anhalt, haus- u. Staatsarchiv zu Zerbst. Loc. GAR Korrespondenz A. Ediert bei Th. Kolde, Analecta Lutherana. 25 Briefe und Aktenstücke zur Geschichte Luthers. Gotha 1883 s. 427.

5. Brief des Grafen Hans Georg von Mansfeld an Herzog Georg von Sachsen (in Freiberg) Eisleben 1546. Febr. 18 Durchlauchtiger und hochgeborner fürst, E. f. G. seindt mein under-30

thenig und gantz willige dienst zuuor. Gnediger Herr, E. f. G. weiß ich untertheniger Meinung nicht zu pergen, daß der erwirdige und hochgelarte Herr Martinus Luther, doctor etc. aus besonnder tteuer und guter wolmeinung, die er zu seinem vatterlande getragen, vor etzlichen tagen anher gegen Eisleben khommen und in den irrigen geprechen, so sich zwischen 35 dem wolgebornen grafen Albrechten zn Mannsfeldt etc. meinen bruedern und mir erhalten und albereit in rechtfertigung gehangen, von beiden teiln die gütliche Handlung mit einer maß erlangt, vorgenohmen und allen tteuen und muglichen vleis darinn ertzeigt. Als ime aber dise negstvorgangne

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4. Brief des Magister Johannes Aurifaber an Michael Gutt (Kammerschreiber in Halle) Eisleben 1546. Febr. 18 An Micheln Gutt, Camerschreibern zu Hall in der- Schmerstraßen. Eilents, Eilents zu aigen Hande.

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Ach wie ist mirs so hertzlich leidt daß ich Euch mit bettubbten hertzen sol den großen unfhal zu erkennen geben, daß, leider Gott geklagt, der ehrwirdigk Herr doctor Martinus Luther alhier zu Eisleben heut zwischen 2 und 3 in Gott christlichen verscheiden, nachdem ehr gestern abents geffe, gettuncke, sehr frolich gewesen, aber nach essens in die krankheit der maaß 10 angestoßen. Und als ihm heut ihn der nacht umb eins Widder ankham, versuchten wir an ihm alle menschliche hulffe, aber Gott hat in also gnediglichen von diese jamerthal nemen wollen. Darbei ist surft Wolff von Anhaldt, graf Albrecht, Philips und Hans Jorg, graf Volrath von Mansfeldt, graf Heinrich von Schrrarhburgk, graf Albrechts gemahl, des 13 von Schwarhburgks gemahl, doctor Ludwig und Magister Simon Wilde, der her doctor Jonas, Herr Michel Celius und viel von adel gewesen. Ist christlich und wohl verschieden. Des selen gerugen und uns allen Gott der almechtig gnedig und barmheryigk sein wol. Ehr ist ein kindt der ewigen seligkeit wie ich Euch gegenwertigk sagen wil. Den 18. Februarii20

anno 1546.

E. W. Joannes Aurifaber.

[Am rande:] Ach daß Gott erbarm im hohen Himel, daß ich so ein traurig bottschaft Euch anzeigen sol!

Original im herzgl. Anhalt, haus- u. Staatsarchiv zu Zerbst. Loc. GAR Korrespondenz A. Ediert bei Th. Kolde, Analecta Lutherana. 25 Briefe und Aktenstücke zur Geschichte Luthers. Gotha 1883 s. 427.

5. Brief des Grafen Hans Georg von Mansfeld an Herzog Georg von Sachsen (in Freiberg) Eisleben 1546. Febr. 18 Durchlauchtiger und hochgeborner fürst, E. f. G. seindt mein under-30

thenig und gantz willige dienst zuuor. Gnediger Herr, E. f. G. weiß ich untertheniger Meinung nicht zu pergen, daß der erwirdige und hochgelarte Herr Martinus Luther, doctor etc. aus besonnder tteuer und guter wolmeinung, die er zu seinem vatterlande getragen, vor etzlichen tagen anher gegen Eisleben khommen und in den irrigen geprechen, so sich zwischen 35 dem wolgebornen grafen Albrechten zn Mannsfeldt etc. meinen bruedern und mir erhalten und albereit in rechtfertigung gehangen, von beiden teiln die gütliche Handlung mit einer maß erlangt, vorgenohmen und allen tteuen und muglichen vleis darinn ertzeigt. Als ime aber dise negstvorgangne

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nacht plötzlichen durch schickung des Allmechtigen ein krangkheit zugefallen, das es inen umb die brüst hefftig getrugket, ist er diselbige nacht umb zwo

nhr christlich, seliglich und wol verschieden und hat also sein leben beschlossen. Des fehlen der Allmechtige gnedig und barmhertzig sein wolle. Das E. f. 5 G. ich in underthenigkeit hab anzeigen wollen, dann derselben underthenig zu

dienen, bin ich gantz willig. Datum Eisleben donnerstags den XVIIItenFebruarii Ao etc. XLVI.

Hannsgeorg, graf und Herr zu Mannsfeldt etc.

Original im hauptstaatsarchiv zu Dresden loc. 4395. Notificationes und Invitationes etc. 1521 —1603 bl. 7. 10 Ediert von Gustav Kawerau, Der Briefwechsel des Justus Jonas II s. 180s.

6. Brief des Eislebener Ratsherrn Andreas Friedrich an [seinen Onkel] Johann Agricola [Hofprediger in Berlin] Eisleben 1546. Febr. 181

15 Excellenti viro D. Ioanni Agricolae Isleben, consanguineo suo. S. Qua acerbitate negotium de Antinomis Inter te et d. doctorem Lutherum actum sit, neminem magis ac me scire arbitror. Quia vero modestiam tuam et tollerantiam a puero novi, nun quam dubitavi, qui prae ceteris patientiae 2o fines amplecti consueveris, te christiani nominis praesulem jam dudum injuriarum oblitum, nunc vero casu tanti viri merito affici. Si qua fama ad vos venit, d. doctorem summopere dedisse operam, ut comites Mansfeldenses, qui jam aliquot annos acerbissima odia2 exercuerant, ut nihil 25 restaret amplius, quam ut res ad arma deducerentur, tandem redirent in gratiam propter commune bonum patriae nostrae. Venit ob hanc causam Islebiam 28.3 Ianuarii, ubi magno apparatu equis plus centum gravioris armaturae e finibus Hallensibus usque in urbem nostram deductus est. Postea 30 per aliquot dies acerrimo Studio de concordia actum est. Verum, ut fieri solet, res nunc huc nunc illuc (ut nosti quorundam versuta ingenia) detortae4 sunt, nec non ancipitem habere exitum negotium visum est, ita ut super hac inconstantia et pertinacia Lutherus lachrimas profuderit his 35 verbis: „Veni huc magnis difficultatibus, maximis frigoribus imminentibus, tum gravissimis totius imperii negotiis impendentibus, in hoc ut comitatui Mansfeldensi, dulcissimae patriae, 1) der briefSchreiber hat fälschlich 17. febr. datiert 2) cod. Erl. : acerbissimo dissidio 3) beide abschriften haben fälschlich 8. januarii 4) cod. Goth.: delectae

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nacht plötzlichen durch schickung des Allmechtigen ein krangkheit zugefallen, das es inen umb die brüst hefftig getrugket, ist er diselbige nacht umb zwo

nhr christlich, seliglich und wol verschieden und hat also sein leben beschlossen. Des fehlen der Allmechtige gnedig und barmhertzig sein wolle. Das E. f. 5 G. ich in underthenigkeit hab anzeigen wollen, dann derselben underthenig zu

dienen, bin ich gantz willig. Datum Eisleben donnerstags den XVIIItenFebruarii Ao etc. XLVI.

Hannsgeorg, graf und Herr zu Mannsfeldt etc.

Original im hauptstaatsarchiv zu Dresden loc. 4395. Notificationes und Invitationes etc. 1521 —1603 bl. 7. 10 Ediert von Gustav Kawerau, Der Briefwechsel des Justus Jonas II s. 180s.

6. Brief des Eislebener Ratsherrn Andreas Friedrich an [seinen Onkel] Johann Agricola [Hofprediger in Berlin] Eisleben 1546. Febr. 181

15 Excellenti viro D. Ioanni Agricolae Isleben, consanguineo suo. S. Qua acerbitate negotium de Antinomis Inter te et d. doctorem Lutherum actum sit, neminem magis ac me scire arbitror. Quia vero modestiam tuam et tollerantiam a puero novi, nun quam dubitavi, qui prae ceteris patientiae 2o fines amplecti consueveris, te christiani nominis praesulem jam dudum injuriarum oblitum, nunc vero casu tanti viri merito affici. Si qua fama ad vos venit, d. doctorem summopere dedisse operam, ut comites Mansfeldenses, qui jam aliquot annos acerbissima odia2 exercuerant, ut nihil 25 restaret amplius, quam ut res ad arma deducerentur, tandem redirent in gratiam propter commune bonum patriae nostrae. Venit ob hanc causam Islebiam 28.3 Ianuarii, ubi magno apparatu equis plus centum gravioris armaturae e finibus Hallensibus usque in urbem nostram deductus est. Postea 30 per aliquot dies acerrimo Studio de concordia actum est. Verum, ut fieri solet, res nunc huc nunc illuc (ut nosti quorundam versuta ingenia) detortae4 sunt, nec non ancipitem habere exitum negotium visum est, ita ut super hac inconstantia et pertinacia Lutherus lachrimas profuderit his 35 verbis: „Veni huc magnis difficultatibus, maximis frigoribus imminentibus, tum gravissimis totius imperii negotiis impendentibus, in hoc ut comitatui Mansfeldensi, dulcissimae patriae, 1) der briefSchreiber hat fälschlich 17. febr. datiert 2) cod. Erl. : acerbissimo dissidio 3) beide abschriften haben fälschlich 8. januarii 4) cod. Goth.: delectae

IO

Berichte über Luthers letzte lebensstunden

consulerem et pristinum in statum restituerem. Verum, ut video, Sathan nates videndas porrigit mihi et ultro derisum adest“ Quibus et similibus conquestus est haud foelicem sui negotii cessationem. Tandem vero per viros bonos, quibus res et curae et cordi erant, eo deducta res est, ut comites 5 de iis, quae Lutherus maxime cupiebat, videlicet quantum ad conscientiam et christianum, reconciliarentur, statuit Lutherus altera die certo abire ita dicens: „Ich will nun nicht lenger vorziehen. Ich will mich nach Wittenbergk machen und mich in einen sarg legen." Erat haec 16. dies Februarii, hesterna videlicet. 10 Sub vesperam ejusdem diei se hilarem praebuit. Octava hora more solito cubitum ire volens dixit Ionae: „Wie wird mir so seltzam umb die brüst, das Hertz ist aber noch friesch." In lectum se composuit. Undecima iterum vocavit Ionam: „Wir mueffen auf." In vaporarium, quod proximum erat, concesserunt, statim 15 coeperunt angustiae mortis, und hat nichts denn die brüst geclaget. Orare coepit et dicere: „Domine, si est voluntas tua, lass mich mit dir in deinem reiche regieren, und gieb den wurmen den leib zu fressen." Deinde subjecit multa et praestantissima loca scripturae, praesertim illud saepe iterans: Ita deus dilexit 20 mundum, ut traderet unigenitum filium suum pro mundo. Tandem cum in agone esset: „Allmechtiger Got und Vater unsers lieben Hern Jesu Christi, den ich gelehret und bekennet, den der pabst und die weldt vorfolget, lästert und schendet, erbarm dich mein, und nim mein sehelichen in deine hende." Ultimo „Wolan ich fare, Got segene Euch 25 alle. ..." Ita expiravit. Et referunt omnes qui adfuerunt, ehr sei nicht gestorben, sondern also lebendig auss diesem leben in jenes leben gangen. Extinctus sub horam tertiam mane. Medici fluxum capitis, qui ad praecordia defluxerat, morbi causam praebuisse autumant, quoniam fluxus, quem 30 altero pede habuerat, evanuerat. Ita vir clarus in patria, qua natus, eadem vitam finivit. Haec ego te, vir optime, quam celerrime scire volui. Deus misereatur ecclesiae et conservet evangelium, quod potest facere, si vult. Saluto [Saluta] jam familiam tuam. Datae Islebiae anno 35 XLVI. 17. Februarii. T. ex animo Andreas Friderichus. Abschrift im cod. Erlang. 1665 fol. 168 hsq. und (teilweise) im cod. Goth. A. 1048 fol. 56b. Ediert von Gustav Kawerau, Fünf Briefe aus den Tagen des Todes Luthers, in Theol. Studien und Kritiken 4O 54. jahrg. Gotha 1881 s. ibiff. Dort einige anmerkungen Kaweraus.

) Kawerau gibt die konjektur addit oder edit dafür

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7. Melanchthon teilt seinen Zuhörern den Tod Luthers mit. Wittenberg 1546, Febr. 19

Optimi Adolescentes! Scitis nos suscepisse enarrare grammaticam explicationem 5 epistolae ad Romanos, in qua continetur vera doctrina de Filio Dei, quam Deus singulari beneficio hoc tempore nobis per reverendum patrem et praeceptorem nostrum amantissimum, doctorem Martinum Lutherum patefecit. Verum hodiemo die tarn tristia huc sunt scripta, quae 10 ita auxerunt dolorem meum, ut nesciam, an possim posthac in hisce scholasticalibus pergere. Haec autem consilio aliorum dominorum ideo volo vobis commemorare, ut sciatis, quo modo res vere se habeat, ne vel ipsi falsa de hoc casu spargatis, neve aliis fabellis hinc inde (ut solet fieri) sparsis 15 fidem habeatis. Die Mercurii, qui fuitXVII. Februarii, dominus doctor paulo ante coenam coepit laborare morbo usitato, nempe oppressione humorum in orificio ventriculi, quo memini hic quoque eum aliquoties laborare. Hic morbus post coenam recurrit, quo 20 cum conflictaretur, petivit secessum in cubiculum proximum, atque ibi duas prope horas decubuit, donec dolores crescerent. Et cum D. Ionas in eodem cubiculo una dormiret, dominus D. Martinns eum vocavit et excitavit, iussitque, ut surgeret et curaret, ut paedagogus liberorum Ambrosius calefaceret 25 conclave; in quod cum ingressus esset, mox eo venit illustris comes Albertus de Mansfeld una cum coniuge et multi alii, quorum nomina hisce literis propter festinationem non sunt expressa. Tandem ubi finem vitae adesse sensit ante horam quartam sequentis XVIII. Februarii, commendavit sese 3° Deo hac precatione: „Mein himlischer vater! Ewiger barmherziger Gott! Du hast mir deinen lieben sohn, unsern Herrn Jhelum Christum offenbart; den hab ich gelert, den hab ich bekannt, den liebe ich und den ere ich für meinen lieben Heiland und erlöser, welchen die gottlosen verfolgen, schenden und 35 schelten. Nimm meine freie zu dir!" In dem reth er in die drei mal: „In manus tuas commendo spiritum meum. Redemisti me, Deus veritatis. Also hat Gott die weit geliebt" etc.

His precibus aliquoties ingeminatis a Deo in aeternam scholam et in aetema gaudia evocatus est, in qua fruitur 40 consuetudine Patris, Filii, Spiritus Sancti, omnium prophetarum et apostolorum.

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Berichte über Luthers letzte lebensstunden

Ah, obiit auriga et currus Israel, qui rexit ecclesiam in hac ultima senecta mundi! Neque enim Humana sagacitate deprehensa est doctrina de remissione peccatorum et de fiducia Filii Dei, sed a Deo per hunc virum patefacta, quem etiam a Deo excitatum vidimus fuisse. 5 Amemus igitur huius viri memoriam et genus doctrinae ab ipso traditum et simus modestiores, et consideremus ingentes calamitates et mutationes magnas, quae hunc casum sunt secuturae. Te, fili Dei, Crucifixe pro nobis et resuscitate Emmanuel, 10 oro, ut ecclesiam tuam regas, serves et defendas! Amen! Aus dem buche: Historia de vita et actis Rev. D. Mart. Lutheri, verae Theologiae Doctoris, bona fide conscripta a Phil. Melanchthone Viteb. ex off. J. Lufft. 1549 8vo. blatt D 7. Voran steht folgende bemerkung des Herausgebers Joh. Pollicarius aus Zwickau (im jähre 1547 15 prediger zu Weissenfels): Haec sequentia D. Philippus Melanchthon hora nona ante prandium, cum convenissemus ad auscultationem epistolae Pauli ad Romanos, publice recitavit, commemorans, se hoc ex consilio aliorum dominorum facere eam ob causam, ut nos admoniti de rei veritate (quia scirent, multas fabellas hinc inde de morte Lutheri vagaturas 20 esse) figmenta illa sparsa non amplecteremur.“ Publiziert bei Förste­ mann a. a. o. s. 28 f. Melanchthon wusste von dem tode Luthers durch einen brief, den Justus Jonas noch am 18. von Eisleben nach Wittenberg schickte und der am 19. früh in die hände der dortigen theologen Melanchthon, 25 Cruciger und Bugenhagen gelangte. Vgl. den brief des sächsischen kanzlers D. Georg Brück an den kurfürsten Johann Friedrich von Sachsen. Förstemann, 1. c. s. 26. Wahrscheinlich ist der brief des Jonas an die drei Wittenberger theologen inhaltlich gleichlautend mit dem briefe des Jonas an Johann Friedrich von Sachsen von demselben tage. Vgl. 3° die stelle kurz nach dem gebet: „In dem redet er in die drei mal.“ Die stelle stimmt in Melanchthons ansprache an seine zuhörer (deren tat­ sächliche mitteilungen sich auf des Jonas brief stützten) und in dem briefe des Jonas an den kurfürsten wortwörtlich überein. Zwar erhielt Melanchthon (und seine freunde) noch am 19. eine abschrift des briefes des Jonas an 35 den kurfürsten zugestellt (durch den kanzler Brück, an den Johann Friedrich sie gesandt hatte, cf. Förstemann 1. c. s. 25ff.), aber das geschah erst nach dem kolleg.

8. Brief des W(olfgang) R(oth) aus Eisleben an Dr. Johann Hiltner, Syndicus zu Regensburg

40

Eisleben 1546, Febr. 19 „Genad und frid, von Gott dem Vatter, durch Christum seinen ein-

gebornen son, unsern lieben Herren unnd Heylandt. Hochgelerter und

ernvester

günstiger

lieber Herr!

Jr werdet on

zweiffel, eh Euch diß mein schreiben zu kommet, erfaren haben, daß der ewig Gott seinen lieben und getteuen diener, den heiligen mann, doctor

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Berichte über Luthers letzte lebensstunden

Ah, obiit auriga et currus Israel, qui rexit ecclesiam in hac ultima senecta mundi! Neque enim Humana sagacitate deprehensa est doctrina de remissione peccatorum et de fiducia Filii Dei, sed a Deo per hunc virum patefacta, quem etiam a Deo excitatum vidimus fuisse. 5 Amemus igitur huius viri memoriam et genus doctrinae ab ipso traditum et simus modestiores, et consideremus ingentes calamitates et mutationes magnas, quae hunc casum sunt secuturae. Te, fili Dei, Crucifixe pro nobis et resuscitate Emmanuel, 10 oro, ut ecclesiam tuam regas, serves et defendas! Amen! Aus dem buche: Historia de vita et actis Rev. D. Mart. Lutheri, verae Theologiae Doctoris, bona fide conscripta a Phil. Melanchthone Viteb. ex off. J. Lufft. 1549 8vo. blatt D 7. Voran steht folgende bemerkung des Herausgebers Joh. Pollicarius aus Zwickau (im jähre 1547 15 prediger zu Weissenfels): Haec sequentia D. Philippus Melanchthon hora nona ante prandium, cum convenissemus ad auscultationem epistolae Pauli ad Romanos, publice recitavit, commemorans, se hoc ex consilio aliorum dominorum facere eam ob causam, ut nos admoniti de rei veritate (quia scirent, multas fabellas hinc inde de morte Lutheri vagaturas 20 esse) figmenta illa sparsa non amplecteremur.“ Publiziert bei Förste­ mann a. a. o. s. 28 f. Melanchthon wusste von dem tode Luthers durch einen brief, den Justus Jonas noch am 18. von Eisleben nach Wittenberg schickte und der am 19. früh in die hände der dortigen theologen Melanchthon, 25 Cruciger und Bugenhagen gelangte. Vgl. den brief des sächsischen kanzlers D. Georg Brück an den kurfürsten Johann Friedrich von Sachsen. Förstemann, 1. c. s. 26. Wahrscheinlich ist der brief des Jonas an die drei Wittenberger theologen inhaltlich gleichlautend mit dem briefe des Jonas an Johann Friedrich von Sachsen von demselben tage. Vgl. 3° die stelle kurz nach dem gebet: „In dem redet er in die drei mal.“ Die stelle stimmt in Melanchthons ansprache an seine zuhörer (deren tat­ sächliche mitteilungen sich auf des Jonas brief stützten) und in dem briefe des Jonas an den kurfürsten wortwörtlich überein. Zwar erhielt Melanchthon (und seine freunde) noch am 19. eine abschrift des briefes des Jonas an 35 den kurfürsten zugestellt (durch den kanzler Brück, an den Johann Friedrich sie gesandt hatte, cf. Förstemann 1. c. s. 25ff.), aber das geschah erst nach dem kolleg.

8. Brief des W(olfgang) R(oth) aus Eisleben an Dr. Johann Hiltner, Syndicus zu Regensburg

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Eisleben 1546, Febr. 19 „Genad und frid, von Gott dem Vatter, durch Christum seinen ein-

gebornen son, unsern lieben Herren unnd Heylandt. Hochgelerter und

ernvester

günstiger

lieber Herr!

Jr werdet on

zweiffel, eh Euch diß mein schreiben zu kommet, erfaren haben, daß der ewig Gott seinen lieben und getteuen diener, den heiligen mann, doctor

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Berichte über Luthers letzte lebensstunden

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Martinum Luther, allhie von Eisleben und also aus diser schnöden welt zu sich in sein ewiges reich ganz seligklichen erfordert hat. Dieweil dann wol zu achten, daß von dem abgang dises teuren mannes vil ungleiche reden und sonderlich vom widerteil gefallen werden, so hab ich nit under5 lassen wöllen, Euch, als meinem alten günstigen Herren, davon disen warhafftigen bericht zu schreiben. Nemlich, so ist gemelter Herr doctor gestern donnerstags, drei Wochen verschinen, aus sonderlicher getreuer Zuneigung, so er zu seinem vatterlandt getragen, anher gegen Eisleben kommen und sich zwischen allen meinen io gnedigen Herrn, den grafen zu Mansfeld in der gebrechen in underhandlung eingelassen und hat im fürnemmsten stuck, als kirchen, schulen, spital und anders belangend, einen seer christlichen, nutzbarn vertrag neben dem Herrn doctor Jona aufgericht, die andern Punct aber in weltlichen und zeitlichen fachen fast bis zum endt abgeredt. 15 Dise drei Wochen über hat er alhie vier schöner predig gethon, zwei­ mal die absotution empfangen und communicirt, auch am nechst vergangen sonstig1 zwen Priester geweihet. In seiner Herberge ist er fast alle malzeit gantz frölich und lustig gewesen, über tisch vil trefflicher Historien und schöne tröstliche sprüch aus 20 der heiligen schrifft erzelt und sonderlich vom sterben, daß in jener welt so ein ftölich leben sein werd, vil geredt. Welches alles und fürnemlich seine vier letzte predig, mein verhoffens, in truck kommen werden. Item, so hat er mermals, wann er zu bett gangen und gute nacht geben, wider doctor Jonam, und Herr Michael Celinm gesagt: „Lieber Herr 25 doctor und Herr Michael, bittet ja fleissig für unseren Gott, daß es im mit seiner kirchen fachen wol gehe, dann das concilium zu Trient und der bapst sind seer zornig auff ine." Item „wann ich meine liebe landsherrn vertragen hab, so wil ich heim, mich in einen sarch legen und den würmen einen guten feisten doctor-, 30 zuverzeren geben." Item wenig tag vor seinem abschid ist er untern fenstern gestanden und gesagt: „Ich bin alhie zu Eisleben geborn und getauft, wie, wenns Got so schicket, daß ich auch hie stürbe." Am mitwoch nach Valentini, den XVII. Februarii, ist er vormittag 35 in seinem gemach bliben, aber gleichwol beide malzeit herunden in einer andern stuben gehalten und gesagt: „Allein sein, bringt nicht fröligkeit." Wie er dann damals seer guter ding gewesen und sich sonderlich über den kinderlein, so vorm tisch gebet, ftölich gemacht, wie ich selbst gesehen. Nach gehaltener abentmalzeit hat er sich in seiner stuben auf ein 40 faulbetlein ruhen gelegt und sich etwas geklaget. Umb zehen Hora ist er 1) d. i. am Valentinstag 14. febr. 2) diese worte standen auch im konzept von brief no. i. Da sie aber Dr. Jonas zu derb erschienen, so liess er sie sofort wieder ausstreichen und dafür „den leib“ einsetzen

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Berichte über Luthers letzte lebensstunden

zu bet gangen und, als er in die kamer gescheiten, gesaget: „In manus tuas commendo spiritum meum, domine deus veritatis“ und hat natürlich geschlaffen. Umb 1 Hora in der nacht hat er seinen diener Ambrosium Rutfeld aufgeweckt, die stuben warm zu machen; die dann one

das warm gehalten worden. Wie er nu aus dem bett getretten, hat er 5 zu doctor Jona gesprochen: „Ich bin seer schwach, ich halte, ich werde zu Eisleben bleiben." Wie er in die stuben kommen, hat er obgemelte wort, In manus tuas etc. widerholet. Hat sich auf das faulbetlein geleget, mit warmen tüchern reiben und sonst warm halten lassen. Und als er des schwitzens halben getröstet, 10 har er geantwort: „Es ist ein kalter todesschweiß, ich werde meinen geist aufgeben, dann die kranckheit meret sich." Indes ist m. g. H. Graf Albrecht sambt seiner gnaden gemahel, auch Magister Simon Wild kommen, aquavite und anders zu des Herrn doctors erquicknng mitbracht und gebraucht. Wie der Herr doctor ein 15 wenig zu im selbst kommen, hat er angefangenn zu reden: „Ich danck dir Herre Gott, mein himlischer Vatter, das du mir deinen lieben son, unsern Herrn Christum offenbaret hast; den hab ich gegleübet, den hab ich bekant und gepredigt, den liebe und eere ich für meinen lieben heilandt und erlöser, welchen die gottlosen verfolgen und schmehen. Ach Herr, nimm meine seele 20 zu dir." Auch weiter geredt: „Du bist ein Herr, der auch mitten im todt helfen kan; ich waiß gewiß, daß ich nach disem leben ewig bei dir leben werde." Und hat den sprnch für sich genommen: Sic deus dilexit mundum, 25 ut unigenitum filium suum daret, ut omnis-qui Credit in eum, non pereat, sed habeat vitam aeternam. Deus, qui salvos facis sperantes in te et educis ex morte. Darnach gesagt: „ich fahre dahin" und etlich mal die wort erholt, In manus tuas etc., darauf still geschwigen, bis entlich da ihme doctor 30 Jonas und Celius zugeschrien: „Doctor Martine, reuerende pater, wollet ir auch auff Christum und die lere, so ir in seinem namen gethan sterben?" hat er, daß mans deutlich hat hören können, „Ja" geantwort, seine hend in einander gewunden und hat sich volgend auf die rechten feiten gewandt, angefangen zu schlaffen gar ein klein weil. Indes hat er mit erholtem tiefem 35 athem ein seüftzen gethan und ist also gantz seuberlich mit grosser gedult zwischen zweien und dreien Horen vormittag im Herrn entschlafen. Dem sei lob, eere und preiß in ewigkait. Der wölle uns auch fürder bei seinem heilmachenden wordt gnedigklichen erhalten, dem teüffel, bapst und den iren weren umb seines lieben sons, unsers Herren willen, Amen. 40 Wie angezeigt, als der Herr doctor, umb 1 Hora in der nacht auf­ gestanden, sind dabei gewesen: Doctor Jonas, Ambrosius Rutfeld und sein

doctor Luthers zwen junge söne, als Martinus und Paulus und sind von

Berichte über Luthers letzte lebensstunden

*5

stund an darzu kommen: Herr Michael Celius, Magister Johannes Aurifaber, der wirt als Johannes Albertus, statscbreiber zu Eisleben mit seiner Haus­ frauen, auch mein genediger Herr Graf Albrecht mit s. G. gemahel, der­ gleichen Magister Simon Wild artzt rc. 5 Wie der Herr doctor verschiden gewest sind kommen: Mein guedigster fürst und Herr, fürst Wolff von Anhalt, auch m. g. h. graf Hans Heinrich von Schwartzburg sammt s. G. gemahel und darnach immer nur rc. Heüt freitags nach mittag ist sein cörper alhie in S. Andres Pfarrkirchen gantz herrlich getragen; mit dem fast alle regierende und ettlich junge grafen 10 zu Mansfeld, sampt dem fürsten von Anhalt, grafen zu Schwarhburg mit einer großen anzal volcks gangen und hat doctor Jonas gepredigt. Dises, günstiger liber Herr doctor, hab ich Euch, als meinem lieben Herren, in eil und unmuß nit verhalten können, damit Jr hiervon summarie bericht haben möget, bis das; Herr doctor Jonas, als der bei anfang und J5 end gewesen mit allen nmbstenden des teuren Mannes seligen abschid menigklichen anzeigen wirdet. Dienstlich bittendt mit disem eilenden schreiben für gut zu nemen. Datum Eisleben am XIX. Februarii Anno rc. XLVI. Euer achtbarkeit williger diener

W. R.

Original bisher nicht aufgefunden. Der brief ist aber sehr früh gedruckt in der wenige tage schon nach Luthers tod veröffentlichten flugschrift: „Drey Schriften etc.“, s. oben s. 6. Neuerdings hat Sepp (1. c. s. 9ff.) den brief aus der höchst selten gewordenen flugschrift abgedruckt. Für die bestimmung der provenienz 25 des nur mit W. R. unterzeichneten briefes vgl. meinen oben s. 2 gegenannten aufsatz. Dazu Archiv für Reformationsgeschichte V (1908), s. 378.

20

9. Die Todesbeschreibung in der Trauerpredigt des Michael

Coelius, gehalten am 20. Februar in der S. Andreaskirche zu Eisleben, wo Luthers Leiche aufgebahrt war

... Zum andern wollen wir auch sagen und hören, wie er gestorben sei. Denn er ist noch nicht begraben, auch nicht mehr denn einen tag tod ge­ west und finden sich, wie mir fürkompt, bereitan teilte, die durch den bösen geist getrieben ausbringen sollen als hab man ihn im bette tod funden. Nu trag ich nicht zweivel, der, so von anbegin ein lugner ist, wird 35 noch mancherlei mehr und geschwinder lugen erdenken. Denn es ihm nu nicht mehr um doctor Luther zu thun — den hat Gott aus seinen zeenen gerissen, er vermag an ihm nichts mehr — aber um die lere ists ihm nu zu thun, der wollte er gern schaden thun und sie vertilgen. Damit wir ihm aber begegen und die gleubigen für lügen verwaren, so will 40 ich als einer, der bei seinem letzten abschied und nu drei Wochen tag und nacht bei ihm gewest, die Wahrheit seines abschieds hie an Gottes stad und für Gott anzeigen.



Berichte über Luthers letzte lebensstunden

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stund an darzu kommen: Herr Michael Celius, Magister Johannes Aurifaber, der wirt als Johannes Albertus, statscbreiber zu Eisleben mit seiner Haus­ frauen, auch mein genediger Herr Graf Albrecht mit s. G. gemahel, der­ gleichen Magister Simon Wild artzt rc. 5 Wie der Herr doctor verschiden gewest sind kommen: Mein guedigster fürst und Herr, fürst Wolff von Anhalt, auch m. g. h. graf Hans Heinrich von Schwartzburg sammt s. G. gemahel und darnach immer nur rc. Heüt freitags nach mittag ist sein cörper alhie in S. Andres Pfarrkirchen gantz herrlich getragen; mit dem fast alle regierende und ettlich junge grafen 10 zu Mansfeld, sampt dem fürsten von Anhalt, grafen zu Schwarhburg mit einer großen anzal volcks gangen und hat doctor Jonas gepredigt. Dises, günstiger liber Herr doctor, hab ich Euch, als meinem lieben Herren, in eil und unmuß nit verhalten können, damit Jr hiervon summarie bericht haben möget, bis das; Herr doctor Jonas, als der bei anfang und J5 end gewesen mit allen nmbstenden des teuren Mannes seligen abschid menigklichen anzeigen wirdet. Dienstlich bittendt mit disem eilenden schreiben für gut zu nemen. Datum Eisleben am XIX. Februarii Anno rc. XLVI. Euer achtbarkeit williger diener

W. R.

Original bisher nicht aufgefunden. Der brief ist aber sehr früh gedruckt in der wenige tage schon nach Luthers tod veröffentlichten flugschrift: „Drey Schriften etc.“, s. oben s. 6. Neuerdings hat Sepp (1. c. s. 9ff.) den brief aus der höchst selten gewordenen flugschrift abgedruckt. Für die bestimmung der provenienz 25 des nur mit W. R. unterzeichneten briefes vgl. meinen oben s. 2 gegenannten aufsatz. Dazu Archiv für Reformationsgeschichte V (1908), s. 378.

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9. Die Todesbeschreibung in der Trauerpredigt des Michael

Coelius, gehalten am 20. Februar in der S. Andreaskirche zu Eisleben, wo Luthers Leiche aufgebahrt war

... Zum andern wollen wir auch sagen und hören, wie er gestorben sei. Denn er ist noch nicht begraben, auch nicht mehr denn einen tag tod ge­ west und finden sich, wie mir fürkompt, bereitan teilte, die durch den bösen geist getrieben ausbringen sollen als hab man ihn im bette tod funden. Nu trag ich nicht zweivel, der, so von anbegin ein lugner ist, wird 35 noch mancherlei mehr und geschwinder lugen erdenken. Denn es ihm nu nicht mehr um doctor Luther zu thun — den hat Gott aus seinen zeenen gerissen, er vermag an ihm nichts mehr — aber um die lere ists ihm nu zu thun, der wollte er gern schaden thun und sie vertilgen. Damit wir ihm aber begegen und die gleubigen für lügen verwaren, so will 40 ich als einer, der bei seinem letzten abschied und nu drei Wochen tag und nacht bei ihm gewest, die Wahrheit seines abschieds hie an Gottes stad und für Gott anzeigen.



Berichte über Luthers letzte lebensstunden Es hat, lieben freunde, doctor Martinus nicht erst die vergangene nacht

angefangen zu sterben, sondern lenger denn ein ganzes jar hat er immer gestorben, das ist mit gedancken vom tod nmbgangen, vom tode geprediget,

vom tode geredt, vom tode geschrieben, er

sein

ende

beschlossen,

wie ich denn den

tag zuvor ehe

vil tröstlicher sprüche aus seinem Psalter, die

er darein verzeichent, geschrieben, sich damit zu trösten.

5

Er hat Gott oft

angerufen und gebeten, er wollte ihn je ehe, je besser aus dieser bösen

welt hinweg «einen;

er sei

dieses lebens uberdrüß und müde.

Er hat

auch gebeten, wo es Gott wol gefiele, daß er sich nicht lang anfm siech­ bett quelen müßte; so fülete er sich auch schwachen mann.

Und

leben."

Darum er oft gesagt:

als

einen alten, abgeerbeiten -o

„Ich werde nicht lange mehr

sonderlich kurv für seinem ende redet er noch die wort:

„Wenn mich der bapst oder meine Widersacher in ihre hende bekemen und

mir schon viel leides anthun wollten, so bin ich zu schwach; ich stürbe ihn 15

bald in iren henden!"

Also, wie er sich allenthalben zum tod wol gerüstet, hat Gott sein gebet

und seuftzen gnediglich erhöret, und wie er das «achtmal gehalten

und hie zu Eis leben aus der großen stube in sein klein stüblein den

17. februarii nmb 8 nhr gangen und seiner gewohnheit nach ins fenster gelegt, sein gebet zu thun, hat es nicht lange gewehret, fieng an und klaget, wie 20

ihm nmb die brüst fast wehe würde.

Als riebe man ihn mit warmen tüchern,

man gäbe ihm auch von geschabtem einhorn ein mit wein zu trincken, daß es wol besser mit ihm wurde, und sich nidder ins rngebettlin leget.

entschlief er, bis der zeiger zehen schlug.

Da

Und do er erwachet, sprach er

zu doctor Jonas und mir, die wir auf ihn warteten, warnmb wir uns 25 nicht möchten niderlegen.

Aber wir gaben zur antwort,

jtzund auf ihn zu warten. Da stund er auf, klaget nichts

es gebüret uns,

sonderlichs mehr und ging in die

kammer zu seinem bette, und als er über die schwelle schreid, sprach er:

„In manus tuas commendo tibi spiritum meum! Domine Deus veritatis.“ meinen

geist!

leget er sich

Du

hast

Das ist:

mich

nieder zu bett,

erlöset,

„In Du

Redemisti me, 30

deine hende befehl ich

treuer

Gott!"

Und

dir

also

gab uns gute nacht und sprach: „Doctor

Jona und Herr Michel, betet für unsern Herrn und Gott, daß ihm wol

gehe mit seiner fach und dem heiligen evangelio;

denn die zu Trent im 35

concilio meinens nicht gut mit ihm." Also schlief er wiederumb ein und rüget natürlich, wie man anders nicht vermerken konnte, bis der zeiger nach Mitternacht eins schlug.

Da

wachet er auf und rief seinem famulo, daß er ihm das stüblein sollte warm machen.

Als aber dasselb schon warm gehalten, richtet er sich auf, steig 40

uns dem bett und saget:

„O, doctor Jona, mir wird wehe; besorg, ich

werd nu wol zu Eis leben bleiben."

Und mit dem gieng er wiederumb

ins stüblin, und da er über der schwelle schreid, sprach er aber, wie vor :

Berichte über Luthers letzte lebensstunden

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„In manus tuas commendo tibi spiritum meum. Redemisti me, domine deus veritatis.“ Und als er ein mal oder zwir im stüblein hin und wider gangen, legt er sich wider aufs rugebettlm und nam die krankheit je mehr und mehr überhand. Alsobald rieben wir ihn wider 5 mit warmen tüchern und sandten sobald nach dem wirt im Hause, beiden stadt-erzten, deßgleichen auch nach dem edlen und wolgebornen grafen und Herrn Albrechten, grafen und Herrn zu Mansfeld, und kam (da der hochgelerte Herr doctor Jonas, ich Michael Celius, Johannes Aurifaber und sein famulus bei ihm von anfang gewest waren) so bald

10 der wirt mit seinem weib, darauf der eine arzt, bald der ander auch, und folgends graf Albrecht sampt seinem gemahl.

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Da wir ihn tut indeß, wie gesagt, mit warmen tüchern gerieben, fraget ich, ob er auch linderung fühlet? antwort er: „Ja, die werme thut mir wol; wermet auch kiffen auf mich; es drücket wol hart, schonet mir aber noch des hertzens." Und als ich, Michael Celius fühlte, daß ihm das Hemde ganz naß war, sprach ich zu ihm: „Reverende pater, ihr habt wol geschwitzet; Gott wird genad geben, daß es besser wird!" Antwortet er: „Ja es ist eiu kalter todenschweiß; ich werde sterben, ich werde dahin faren!" Und indem man ihm einen trunk weins reichet auf sein erfordern, und der eine arht ihm in einem löffel eine artznei ein gab, fing er an: „Ich danke dir Gott, ein vater unsers Herrn Jesu Christi, daß du mir deinen lieben lohn hast offenbart den ich gealeubt, den ich geliebet, den ich gepredigt, bekannt und gelobet habe, den der bapst und alle gottlosen schmehen und lestern. Mein herre Jesu Christe, laß dir mein seelichen befohlen sein! O himmlischer vater, ich weiß, ob ich schon von diesem leib hinweg gerissen werd, daß ich bei dir ewig werd leben. Sic Deus dilexit mundum, ut unigenitum filium suum daret, ut omnis, qui Credit in eum, non pereat, sed habeat vitam aeternam." Das ist: „Also hat Gott die weit geliebet, daß er seinen einigen sohn geben hat, auf daß alle die, so an ihn glauben nicht verloren werden, sondern das ewige leben haben." Er sprach auch weiter: „Deus noster, Deus salvos faciendi, tu es Deus, qui educis ex morte!“ Das ist: „Wir haben einen Gott, der da

hilft, und den Herrn, der vom tode errettet." Als er nu fühlet, daß das ende nicht fern war, sprach er dreimal: 35 „Pater, in manus tuas commendo tibi spiritum meum!" (Vater tu deine hende befehl ich dir meinen geist.) Darauf schwieg er stille; wir rüttelten aber ihu, und schrie doctor Jonas und ich: „„Reverende pater! wollet ihr auch auf euern Herrn Jesum Christum sterben und die lere, so ihr in seinem namen gethan, bekennen?"" Antwortet er: „Ja!" und wendet 40 sich auf die rechte feite, fing an eine halbe Viertelstunde zu schlafen. Und als wir dem schlaf nicht vertraueten, sondern ihn mit aquavitae und rosenessig bestrichen und die Pulsadern rieben, als der Zeiger eine viertelstund noch hatte auf drei uhr früe, und wir ihm unter äugen leuchteten, thet Strieder, Auth. Berichte über Luthers letzte Lebensstunden. 2

Berichte über Luthers letzte lebensstunden

i8

er einen tiefen obern holen, und hiemit gab er sanft und in aller stille mit Und dies weiß Gott, für dem wirs auch

großer gedult seinen geist auf.

auf unser gewissen nemen, und wollens am tage des Herrn gestendig sein und zeugen, daß mit seinem abschied also und nicht anders ergangen sei,

wie man dasselbige in einer historia zusammen getragen im druck freilich

5

wird reichlicher ausgehen lassen. Das

hab ich nu nach der lenge erstlich

darumb erzelet, daß man

dem teufet und den seinen ihren lügenhaftigen rachen stille, und da man anders, denn wie itzund gehört, davon reden wird, daß man dem nicht statt noch glauben gebe.

Denn ich und ander, so daneben gewest, wollen deß 10

lebendige zeugen sein; wer uns glauben geben will, wol gut, wer nicht will, der fare dahin, liege und triege auf seine ebentheuer;

endlich wol fiuden!

er wird sein richter

Ich weiß, Gott lob, daß ich der Wahrheit Zeugnis

hierinnen geben hab.

Gedruckt unter dem titel: Zwo Tröstliche Predigt / Uber der Leich / 15 D. Doct: Martini

Luther/zu Eissleben den

gethan / Durch / D. Doct:

Anno 1546.

Justum Jonam:

XIX. u. XX. Februarij

M. Michaelem

Celium;

Gedruckt zu Wittemberg durch Georgen Rhaw.

Danach modernisiert gedruckt bei Förstemann a. a. o. s. 54ff. (todesbeschreibung s. 61 ff.). Die predigt des Jonas enthält nichts wesent- 20 liebes über Luthers letzte lebensstunden.

10. Abschrift der Beilage zu einem Brief des Grafen Hans Georg von Mansfeld an Georg von Selmenitz (in Wittenberg) Eisleben 1546, Febr. 22 Anno 1546 den

25

17. Februarii Mitwochs nach Valentini uff den

abent nach essens umb 8 uhr ward der Herr doctor Martinus schwach, claget sich umb die brüst. Als man ihn aber mit warmen thuchern gerieben

und zwene leffel vol meins, darinne von einhorn eingeschabet, welchs C h u r h t

ehe der doctor einen leffel vol einnahm, 50

von Wolframsdorf zuvorn,

zu halb

tringken

geben,

schlief

stundt, daß der zeiger

er

in

der

stuben im

10 schlug.

faulbetlein in

ander­

Da bracht man ihn zu bett,

und als er in die kammer sd)ridt, sprach er: „In manus tuas commendo

spiritum meum, domine deus veritatis!“ Schlief bis umb 1 Hora; da wecket er seinen famulum Ambrosium Rutfeldt von Delitzsch, daß 35

er ihme die stuben einheisen sollt.

Als aber dieselbe schon warm gehalten

wardt, steigk er aus dem bet und saget: schwach!

„Doctor Jona,

3d) sorge, ich werde zu Eisleben bleiben."

ich bin sehr

Ging er in die stubeu

und widderholt eben die wordt, welche er sprach, als er zu bett gingt.

Und

als er einmahl oder zwier hin und Widder gangen war, legt sich darnach auf 40 das faulbettlein und klaget: es druckt ihn um die brüst sehr Hardt, aber doch

schonete es des Herzens. Do reib man ihn mit tucheru und wermeten küssen und

Berichte über Luthers letzte lebensstunden

i8

er einen tiefen obern holen, und hiemit gab er sanft und in aller stille mit Und dies weiß Gott, für dem wirs auch

großer gedult seinen geist auf.

auf unser gewissen nemen, und wollens am tage des Herrn gestendig sein und zeugen, daß mit seinem abschied also und nicht anders ergangen sei,

wie man dasselbige in einer historia zusammen getragen im druck freilich

5

wird reichlicher ausgehen lassen. Das

hab ich nu nach der lenge erstlich

darumb erzelet, daß man

dem teufet und den seinen ihren lügenhaftigen rachen stille, und da man anders, denn wie itzund gehört, davon reden wird, daß man dem nicht statt noch glauben gebe.

Denn ich und ander, so daneben gewest, wollen deß 10

lebendige zeugen sein; wer uns glauben geben will, wol gut, wer nicht will, der fare dahin, liege und triege auf seine ebentheuer;

endlich wol fiuden!

er wird sein richter

Ich weiß, Gott lob, daß ich der Wahrheit Zeugnis

hierinnen geben hab.

Gedruckt unter dem titel: Zwo Tröstliche Predigt / Uber der Leich / 15 D. Doct: Martini

Luther/zu Eissleben den

gethan / Durch / D. Doct:

Anno 1546.

Justum Jonam:

XIX. u. XX. Februarij

M. Michaelem

Celium;

Gedruckt zu Wittemberg durch Georgen Rhaw.

Danach modernisiert gedruckt bei Förstemann a. a. o. s. 54ff. (todesbeschreibung s. 61 ff.). Die predigt des Jonas enthält nichts wesent- 20 liebes über Luthers letzte lebensstunden.

10. Abschrift der Beilage zu einem Brief des Grafen Hans Georg von Mansfeld an Georg von Selmenitz (in Wittenberg) Eisleben 1546, Febr. 22 Anno 1546 den

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17. Februarii Mitwochs nach Valentini uff den

abent nach essens umb 8 uhr ward der Herr doctor Martinus schwach, claget sich umb die brüst. Als man ihn aber mit warmen thuchern gerieben

und zwene leffel vol meins, darinne von einhorn eingeschabet, welchs C h u r h t

ehe der doctor einen leffel vol einnahm, 50

von Wolframsdorf zuvorn,

zu halb

tringken

geben,

schlief

stundt, daß der zeiger

er

in

der

stuben im

10 schlug.

faulbetlein in

ander­

Da bracht man ihn zu bett,

und als er in die kammer sd)ridt, sprach er: „In manus tuas commendo

spiritum meum, domine deus veritatis!“ Schlief bis umb 1 Hora; da wecket er seinen famulum Ambrosium Rutfeldt von Delitzsch, daß 35

er ihme die stuben einheisen sollt.

Als aber dieselbe schon warm gehalten

wardt, steigk er aus dem bet und saget: schwach!

„Doctor Jona,

3d) sorge, ich werde zu Eisleben bleiben."

ich bin sehr

Ging er in die stubeu

und widderholt eben die wordt, welche er sprach, als er zu bett gingt.

Und

als er einmahl oder zwier hin und Widder gangen war, legt sich darnach auf 40 das faulbettlein und klaget: es druckt ihn um die brüst sehr Hardt, aber doch

schonete es des Herzens. Do reib man ihn mit tucheru und wermeten küssen und

Berichte über Luthers letzte lebensstunden

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pfül auf ihn. Sprach er: „es hülfe ihn, daß man ihn warm hielt." Er hat aber sehre geschwitzt; des throste ihn Herr Michel Celius, welcher beneben D. Jonas bei ihm war, deßgleichen auch der wirdt, item Johanes Aurifaber undt sein famulus. „Ja, es ist ein kalter todtsschweis; ich werde meinen geist aufgeben! Dan die krangkheit mehret sich." Do schickt man eilents und lies beide erzte holen. Aber, da wir ihn indes mit aqua vitae, levendelwasser, rosen-essigk und andere sterkunge rieben, welche unser gnedigster Herr, graf Albrecht und seiner gnaden gemahl mitbracht, fing er ahn: „Ich danke Dir, Herr Gott, himmlischer Vater, daß du mir deinen lieben sohn offen­ bart hast, den ich gegleubet, den ich bekandt und gepredigt hab, den ich geliebt und gelobt; aber die gottlosen ihn schenden und schmehen. Ich bitt dich, 0 Herr Jesu Christe, las dir mein selichen befohlen sein! O himmlischer Vater, ich weiß, ob ich schon diesen leib lassen muß, daß ich bei Dir ewigk leben werbt! Sic Deus dilexit mundum, ut unigenitum filium suum daret, ut omnis, qui Credit in eum, non pereat, sed habeat vitam aeternam, Deus, qui salvos facis sperantes in te et educis ex morte." „Wolan, sprach er, ich fahre dahin!" ich fahre dahin!" Und sprach dreimal: „pater in manus tuas commendo spiritum meum“ Darauf schweich er stille; und man rüttelt, reib, kühlet und rief ihm, aber er anthwordt nicht. Da strich man ihm aquam vitae für die nasen und lefzen, und rief laut bei seinem namen doctor Jonas und Herr Michel: „„Doctor Martine, reverende pater, wollt ir auch auf Christum und die lehre, so ir in seinem namen gethan, sterben?"" Sprach er, daß mans deutlich

25 Horen kundt: „Ja!" Also wantte er sich auf die rechte feiten, und fing an zu schlafen bis ein guete halbe viertel stunde, daß man der befferung hofft, aber in des thet er ein schnarchen mit tiefem holen des atems, und ent­ schlief im Herrn seuberlich mit großer geduldt zwischen 2 und 3 Hora für mittag. Gott woldt uns auch allen gnedigk helfen! Amen.

30 Doctor Jonas | gar in der erste. Ambrosius Rudtfeldt, D. Lutheri famulus

M. g. h. graf Albrecht

S. G. gemahl Herr Michael Cölius 35 Magister Aurifaber Stadtschreiber 11. sein weib Magister Simon Wildt, arzt M. g. h. fürst und Herr von Anhaldt 40

Graf Hans Heinrich v. Schwarzburgk und s. g. gemahl

seindt von stund an kommen und bis zum ende da gewest.

wie

der doctor bereit vor­ schieden gewest.

und viele andere.

Im gemeinschaftl. hauptarchiv des sächsisch-emestin. hauses zu Weimar Reg. N 182 Bl. 15—16. Ediert von Förstemann, Denkmale s. 19ff. 2*

Berichte über Luthers letzte lebensstunden

20

11. Bericht, den Prof. Spaeth-Philadelphia auf dem letzten Blatt und der Innenseite des Deckels einer zu Wittenberg im Jahre 1544 gedruckten Postille seiner Seminarbibliothek fand Anno 1.5.4.6. den 17 February.

Mithwochens nach Valentini

5

Auff den abenth nach essens umb VIII uhr, Wirth der Herr doctor Martinas Luther schwach, beclaget sich umb die brüst. Als mahn ihnen aber mit warmen tuchern gerieben und zwen löffel vohl meins, darinnen von einhorn eingeschabet, welche Curdt von Wolfframsdorff zuvorn, ehr der doctor tranck, einen loeffel vohl einnahm, zu trincken gegeben. Schlief IO ehr in der stnben ihm faulbette bei anderthalb stunde, daß der seiger 10 schlug. Do bracht man ihnen zu bette, schlief bis umb ein uhr. Do weckte ehr seinen famulum Ambrosium Ruthfelt von Delitz, daß ehr ihme die stuben heißen solt. Als aber dieselbige schoen warm gehalten wart, steig ehr aus dem bette und sagt: „Doctor Jona, ich bin sehr schwach, ich sorge, ich werde 15 zu Eisleben bleiben. Und gieng ihn der stnben einmal oder zwei hin und wider. Legt sich dornach auf das faulbettlein und clagte, es druckte ihnen umb die brüst sehr hart. Aber doch schonet es ihm noch des hertzens. Also rieb mahn ihn mit tuchern und ro ermesse küssen und pfuel auf ihnen. Sprach, es hulffe ihnen, daß mahn ihnen warm hielte. Ehr (jette aber 20 sehr geschwitzt. Des tröstet ihnen her Michael Coelius, welcher beneben doctor Jonas bei ihm wahr, item Joannes Aurifober und sein famulus.

Aber der doctor sprach: „Jha, es ist ein kalter todtesschweis, ich werde mein geist aufgeben, dann die kranckheit mehret sich. Do schickte mahn eilents und lies beide ertzte hoelen. Aber do wir ihnen ihndes mit aqua 25

vitae, lavendelwasser, rosen-essig und andere sterckung, welche unser g. h. graf Albrecht und s. g. gemahl mit brachten, bestrichen, stetig ehr ahn also zuredende: „Ich dancke dir Herr Gott, himlischer vatter, daß du mir deinen lieben sohn offenbaret hast, ihn, den ich gegleubet, den ich bekant, und geprediget 30 habe, den ich geliebet und gelobet. Aber die gotlosen ihnen schenden, lestern und schmehen. Ich bitt dich, 0 Herre Jesu Christe, las dir meine feie befolen sein. O himlischer vatter, ich weis, ob ich schoen diesen leib lassen mueß, daß ich bei dir ewig leben werde." Et dixit: „Sic deus dilexit mundum, ut filium suum unigenitum daret, ut omnis qui Credit 35 in eum non pereat, sed habeat vitam aeternam. Deus qui salvos facis sperantes in te, et reducis ex morte. Wolan", sprach ehr „ich fhar dahin" und sprach 3 mahl: „Pater in manus tuas commendo tibi spiritum meum.“ Darauf schweig ehr stille und mahn rüttelte und bitte und rif ihm, aber ehr anthwort nicht. Do streich mahn ihme aqua vitae vohr die nase und rif laut bei seinem nahmen doctor Jonas und

Berichte über Luthers letzte lebensstunden

2I

her Michel: „Doctor Martine, reuerende pater wollet ihr auch aufChristum und die lehr, so ihr ihn seinem nahmen gethan, sterben?" Sprach ehr, daß mahns deutlich hoeren konth: „Jha." Also want ehr sich auf die rechte feiten und fieng ahn zu schlafen bis auf ein guete halbe virttel 5 stunde, daß mahn der befferung hoffte. Aber in des thet ehr ein schnarchen mit tiffem hoelen des Atthams und entschlief zwuschen 2 und 3 uhren vohr Mittage ihm Herren seuberlich mit großer gedult. Gott wolle uns allen genediglichen Helffen. Amen.

„Wir können nicht thuen, was ein jederman will. Wir können io aber thuen, was wir wollen." Diese wort hat D. Martinus Lutther ahn die wanth geschrieben 13 tage vohr seinem tode. Auf den freitag den 19. februari nach 2 uhr nach mittag hat mahn doctor Martinum Luther zu Eisleben zu S. Andres ihn die kirchen getragen, ihm kohr niddergesetz. Seint ihme furst Wolff von Anhalt, graf 15 Heinrich von Schwartzburgk, sein sohn Sichardt, graf Gebhardt, Albrecht, Philips, Vulradt, Jorge, Hans und andere junge Herren, auch graf Geb­ hardts und Albrechts frauen zimmert Und hat doctor Jonas eine schoene predigte gethan: was doctor Martinus gewesen, wie ehr geschrieben und was ehr geschrieben, auch wie ehr sein ende hat beschlossen und entschlafen 2o und zum dritten die wort Pauli ausgelegt. Und seint bei so und ihn solcher predigte mehr dan 4000 Menschen gewesen. Gott bescher uns auch ein seliges ende. Amen.

Faksimileabdruck des Originals im Lutherkalender 1911 s. 88 ff. 12. Beilage zu einem lateinischen Briefe 25 des Andreas Münzer an Herzog Albrecht von Preussen

(Der brief ist datiert Wittenberg 1546. März 7) Anno 1546 den 17. Februarii Mittwoch nach Valentini auf den abendt nach essen umb 8 hör ward der Herr doctor Martinus schwach, beklagt sich um die brüst. Als man ihn aber mit warmen tuchern geriben 50 und zwen löffel vol meins, dorein einhorn eingeschabet, welchs Curt von Mols troff zuvor, ehe der doctor trank, ein löffel vol meins einnam, zu trinken geben, schlief er in der stuben im faulbettlein bei anderthalben stunden, das der seiger 10 schlug. Do bracht man ihn zu bette, und als er in die kammer schridt, sprach er: „In manus tuas commendo spiritum 35 meum, domine deus veritatis.“

Schlief bis umb 1 Hora; do wecket er seinen diener Ambrosi um Küntzell, daß er ihm die stuben einheitzen sollt. Als aber dieselbe schon warm gehalten war, stige er aus dem bette und sagt: Doctor Jona, ich bin sehr schwach! Ich sorge, ich werde zu Eis leb en bleiben." Darnach

1) fehlt „gefolgt“ oder ein ähnliches wort

Berichte über Luthers letzte lebensstunden

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her Michel: „Doctor Martine, reuerende pater wollet ihr auch aufChristum und die lehr, so ihr ihn seinem nahmen gethan, sterben?" Sprach ehr, daß mahns deutlich hoeren konth: „Jha." Also want ehr sich auf die rechte feiten und fieng ahn zu schlafen bis auf ein guete halbe virttel 5 stunde, daß mahn der befferung hoffte. Aber in des thet ehr ein schnarchen mit tiffem hoelen des Atthams und entschlief zwuschen 2 und 3 uhren vohr Mittage ihm Herren seuberlich mit großer gedult. Gott wolle uns allen genediglichen Helffen. Amen.

„Wir können nicht thuen, was ein jederman will. Wir können io aber thuen, was wir wollen." Diese wort hat D. Martinus Lutther ahn die wanth geschrieben 13 tage vohr seinem tode. Auf den freitag den 19. februari nach 2 uhr nach mittag hat mahn doctor Martinum Luther zu Eisleben zu S. Andres ihn die kirchen getragen, ihm kohr niddergesetz. Seint ihme furst Wolff von Anhalt, graf 15 Heinrich von Schwartzburgk, sein sohn Sichardt, graf Gebhardt, Albrecht, Philips, Vulradt, Jorge, Hans und andere junge Herren, auch graf Geb­ hardts und Albrechts frauen zimmert Und hat doctor Jonas eine schoene predigte gethan: was doctor Martinus gewesen, wie ehr geschrieben und was ehr geschrieben, auch wie ehr sein ende hat beschlossen und entschlafen 2o und zum dritten die wort Pauli ausgelegt. Und seint bei so und ihn solcher predigte mehr dan 4000 Menschen gewesen. Gott bescher uns auch ein seliges ende. Amen.

Faksimileabdruck des Originals im Lutherkalender 1911 s. 88 ff. 12. Beilage zu einem lateinischen Briefe 25 des Andreas Münzer an Herzog Albrecht von Preussen

(Der brief ist datiert Wittenberg 1546. März 7) Anno 1546 den 17. Februarii Mittwoch nach Valentini auf den abendt nach essen umb 8 hör ward der Herr doctor Martinus schwach, beklagt sich um die brüst. Als man ihn aber mit warmen tuchern geriben 50 und zwen löffel vol meins, dorein einhorn eingeschabet, welchs Curt von Mols troff zuvor, ehe der doctor trank, ein löffel vol meins einnam, zu trinken geben, schlief er in der stuben im faulbettlein bei anderthalben stunden, das der seiger 10 schlug. Do bracht man ihn zu bette, und als er in die kammer schridt, sprach er: „In manus tuas commendo spiritum 35 meum, domine deus veritatis.“

Schlief bis umb 1 Hora; do wecket er seinen diener Ambrosi um Küntzell, daß er ihm die stuben einheitzen sollt. Als aber dieselbe schon warm gehalten war, stige er aus dem bette und sagt: Doctor Jona, ich bin sehr schwach! Ich sorge, ich werde zu Eis leb en bleiben." Darnach

1) fehlt „gefolgt“ oder ein ähnliches wort

Berichte über Luthers letzte lebensstunden

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ging er in die stuben und wiederholt eben diese wort, welche er sprach, wie er zu bett ging. Und als er einmal oder zwier hin und wieder in der stuben gangen hatt, legt er sich darnach auf das faulbettlein, und klagt, es druck ihn sehr hart um die brüst, aber doch schonet es noch dem Heryen.

Do rieb man ihn mit warmen tuchern und wermet kosten und pfoll 5 auf ihn. Denn er sprach, es hülst in, daß man ihn warm hilte. Er hatt aber sehr geschwiyt. Des tröst ihn Herr Michel Celius, desgleichen auch sein wirdt und seine wirtin, Magister Johann Aurifaber und famulus Ambrosius. Aber der Herr doctor sprach: „Ja, es ist ein kalter todtschweis; ich werde meinen geist aufgeben, denn die krankheit mehret sich." 10 Do schickt mau eilendts und lis beide arzt holen. Aber doch, do wir ihnen indes mit aqua vitae, lastende! und rosen-wasser, essig und ander sterckung riben, welchs unser gnedigster Herr, graf Albrecht und seiner gnaden mahl mitbrachten, fing er an: „Ich danck Dir, Herr Gott, himm­ lischer vater, daß du mir deiuen lieben son offenbaret hast, an den ich 15 gegleubt, den ich bekandt und gepredigt, den ich gelibt und geehrt habe; aber die gottlosen schenden und schmehen ihn. Ich bitt Dich, 0 Herr Jesu Christ, laß dir mein selichen bevolen sein! O himlischer vatter, ich weiß, ob ich schon diesen leib sol lasten, daß ich bei dir ewig leben merde! Sic deus dilexit mundum, ut filium suum unigenitum daret, ut 20 omnis, qui Credit in eum, non pereat, sed vitam aeternam habeat!" etc. „Wollan", sprach er, „nu bleib ich woll zn Eisleben! Ich fahr dahin!" Und sprach dreimal: „In manus tuas commendo spiritum meum“ etc.

Dorauf schwig er stille; und man rüttelt und rif ihn, aber er andtwortet nichts. Doch strich man ihm aqua vitae für die nasen und leffzen 25 und schrien laut bei seinem namen Herr doctor Jonas und Herr Michel Celius: „Doctor Martine, reverende pater, wollt ihr auch auf Christum und die lehr, so ihr in seinem namen gepredigt, sterben?" Sprach er, daß mans deutlich Horen konnt: „Ja!" Also wandt er sich auf die rechte

feite, und fing an zu schlafen bis eine gute halb virtel stunde, daß man 30 der befferung hoffte, aber indeß thet er ein schnauben mit tiefen holen des adems, und entschlief im Herrn seuberlich mit großer gedult zwischen zweien und dreien hör für mittag. Gott woll uns auch allen gnediglich Helten! Amen.

Es ist auch bei seinem todt gewesen: fürst Wolff von Anhaldt, 35 graf Albrecht, Philipp und G eorge grafen, Volradt von Mans­ feld graf, Heinrich von Schwartzbach graf, Albrechts und des von Schwartzburgs gemahl, doctor Ludwig und Magister Simon Wildt, und der Herr doctor Jonas, Michel Celius und andere mehr

vill vom adel-

Ist christlich und wol verschiden.

Des sele ruhe!

Gott gnediglich und barmheryig sein wollt!

Und uns allen

Berichte über Luthers letzte lebensstunden

23

Oratio domini Martini Lutheri: „Mein himlischer vatter, ewiger barmhertziger Gott, du hast mir deinen lieben sohn, unsern Herrn Jesum Christum offenbart, den hab ich gelibt, gelert, den hab ich bekandt, den libe und ehre ich für meinen lieben 5 heilandt und erlöser, welchen die gottlosen verfolgen, schenden und schelten. Nim mein selichen zu Dir. In dem redet er dreimal: In manus tuas commendo spiritum meum retenuisti me deus veritatis. etc. Also hat Gott die wett ge­ libt, daß er seinen einigen son gab auf daß alle, die an ihn glauben, nicht 10 verlorn werden, sondern das ewige leben haben." Brieforiginal mit beilage im kgl. Staatsarchiv zu Königsberg i. Pr. Loc. Herzogi. Briefarchiv A. 4, 1546 März 7. Die auf den beigegebenen todesbericht bezügliche stelle des Münzer­ sehen briefes lautet: x5 „Illustrissime princeps, domine clementissime! Cum Illustrissimam Tuam Celsitudinem [abgekürzt I. T. Cm] miro rerum novarum desiderio teneri non ignorem, comittere non potui cum ex debita fide qua I. T. Ci obligatus sum, tum quod I. T. Cm non minus rebus prosperis laetari quam adversis et tristibus dolere sciam, quin I. T. Ci quantum 20 ex D. Philippo Melanchthone et aliis fide dignis accepi, subdite significarem. Etsi autem de obitu reverendi viri D. Martini Lutheri plurima ad I. T. Cm per alios perlata esse non dubitem, censui tarnen I. T. C tristissimi illius Casus seriem per descriptam litterarum doctoris Ionae copiam ex subdito officio non celandam esse " 25 Die beilage ist ediert von Förstemann, Denkmale s. 19ff. Der vorstehende abdruck ist nach dem Königsberger original erfolgt.

13. Brief des Dr. Justus Jonas an Veit Dietrich (Prediger in Nürnberg) Halle 1546, März 9

G. et p. Dei per Christum. Nullo unquam ego, mi Vite charissime, scripsi ad te argumento tristiori aut magis lugubri. Non dubito quidem, ad vos perlatum rumorem de obitu reverendissimi et charissimi patris nostri doctoris Martini, qui XVIII. Februarii mane paulo ante tertiam placide obdormivit 35 in Christo. Saepe in orationibus meis interim, quod huc in Salinas missus sum legatus evangelii, hoc miro gemitu oravi Christum filium Dei, ut ipse d. Lutherus meo adesset agoni, antequam vita discederem. Domino autem placuit, ut ego indignus adessem Eislebiae per totas tres hebdomadas col4° loquiis variis ante obitum, adessem, inquam, non tarn agoni et luctae mortis, quam valedictioni migrantis Lutheri ex hac aerumnosa et miserrima vita in longe meliorem. Historiam tridui aut bidui ante obitum iussu illuss. electoris Saxon. ego



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Oratio domini Martini Lutheri: „Mein himlischer vatter, ewiger barmhertziger Gott, du hast mir deinen lieben sohn, unsern Herrn Jesum Christum offenbart, den hab ich gelibt, gelert, den hab ich bekandt, den libe und ehre ich für meinen lieben 5 heilandt und erlöser, welchen die gottlosen verfolgen, schenden und schelten. Nim mein selichen zu Dir. In dem redet er dreimal: In manus tuas commendo spiritum meum retenuisti me deus veritatis. etc. Also hat Gott die wett ge­ libt, daß er seinen einigen son gab auf daß alle, die an ihn glauben, nicht 10 verlorn werden, sondern das ewige leben haben." Brieforiginal mit beilage im kgl. Staatsarchiv zu Königsberg i. Pr. Loc. Herzogi. Briefarchiv A. 4, 1546 März 7. Die auf den beigegebenen todesbericht bezügliche stelle des Münzer­ sehen briefes lautet: x5 „Illustrissime princeps, domine clementissime! Cum Illustrissimam Tuam Celsitudinem [abgekürzt I. T. Cm] miro rerum novarum desiderio teneri non ignorem, comittere non potui cum ex debita fide qua I. T. Ci obligatus sum, tum quod I. T. Cm non minus rebus prosperis laetari quam adversis et tristibus dolere sciam, quin I. T. Ci quantum 20 ex D. Philippo Melanchthone et aliis fide dignis accepi, subdite significarem. Etsi autem de obitu reverendi viri D. Martini Lutheri plurima ad I. T. Cm per alios perlata esse non dubitem, censui tarnen I. T. C tristissimi illius Casus seriem per descriptam litterarum doctoris Ionae copiam ex subdito officio non celandam esse " 25 Die beilage ist ediert von Förstemann, Denkmale s. 19ff. Der vorstehende abdruck ist nach dem Königsberger original erfolgt.

13. Brief des Dr. Justus Jonas an Veit Dietrich (Prediger in Nürnberg) Halle 1546, März 9

G. et p. Dei per Christum. Nullo unquam ego, mi Vite charissime, scripsi ad te argumento tristiori aut magis lugubri. Non dubito quidem, ad vos perlatum rumorem de obitu reverendissimi et charissimi patris nostri doctoris Martini, qui XVIII. Februarii mane paulo ante tertiam placide obdormivit 35 in Christo. Saepe in orationibus meis interim, quod huc in Salinas missus sum legatus evangelii, hoc miro gemitu oravi Christum filium Dei, ut ipse d. Lutherus meo adesset agoni, antequam vita discederem. Domino autem placuit, ut ego indignus adessem Eislebiae per totas tres hebdomadas col4° loquiis variis ante obitum, adessem, inquam, non tarn agoni et luctae mortis, quam valedictioni migrantis Lutheri ex hac aerumnosa et miserrima vita in longe meliorem. Historiam tridui aut bidui ante obitum iussu illuss. electoris Saxon. ego



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et m. Coelius, qui interfuimus (et in quorum quasi ulnis obdormivit), celeriter conscripsimus historica fide, omnia simpli­ citer recitantes, ut gesta sunt, maxime confessionem disertam, firmam, piam, sanctissimam, quam vir Dei spiritualissimis verbis ante extremum halitum et usque ad extremum halitum 5 fecit. Quae omnia vos dulces et sanctae animae, reverendi patris amantissimae, d. Vincilaus, A. Osiander, doctor Magen­ buch archiatros, d. Michael, tu, Venatorius, E. Ebnerus, Baumgartnerus typis celeriter excusa legetis tincta et madefacta ac tantum non deleta summi viri tod 4>lXi7C7üod MeX. et nostris 10 acerbissimis singultibus ac lachrimis. Mirandam malitiam hic experior in monachis et similibus papistis, qui cineres atque ossa etiam conspuere optarunt d. Lutheri. Finxerunt in feretro evanuisse corpus, vacuum huc nos advexisse feretrum. Senatus etiam severe animadvertit in quosdam. Sed Deus 15 iudicabit tantam malitiam. L ionas d. tuus totus. Clarissimo viro d. Vito Theodoro Norinbergae, amico veteri ut fratri charissimo suo. Abschrift im Manuscriptum Thomasianum in Schleswig (in privat­ besitz). Ediert von Gustav Kawerau, Briefwechsel des Justus Jonas 20 II s. 185s. 14.

Vom

leben, richt,

christlichen

des ehrwirdigen

abschied

herrn

aus

diesem

D. Martini

durch D. Justum Jonam,

tödlichen

Lutheri,

be­

M. Michaelem Celium,

unnd ander die dabey gewesen, kurtz zusamengezogen 2$

Am 23. tag januarii ist aus erforberung der edelen und wolgebornen grafen und Herrn zu Mansfe ld der ehrwirdige Herr D. Martinus Luther von Wittemberg ausgezogen und die erste nacht zu Bitter­

feld gelegen. Und ist aber die erforderung D. Doctoris Martini von wolgedachten 3° grafen aus der Ursachen geschehen, daß sich zwischen ihren Gnaden viel und

große irrungeu und gebrechen etzliche zeit her erhalten, daraus der Herrschaft Mansfeld allerlei Weiterung zu befahren gewesen. Derhalben die grafen samptlich D. Doctorem Martinum, als der aus ihrer Gnaden Herrschaft, nemlich von Eis leb en burtig, gebeten, sich mit der Unterhandlung zu 35

beladen und zu vleißigen, so viel möglich, die fache zu vertragen und zu vergleichen. Wiewol aber D. Doctor Martin ns sich in solche weltliche Hendel einzulaffen nicht gepflegt, sonder seines berufs je und attwegen mit predigen, lesen, sä)reiben und andern, wie menniglich bewußt, höchstes

Berichte über Luthers letzte lebensstunden

24

et m. Coelius, qui interfuimus (et in quorum quasi ulnis obdormivit), celeriter conscripsimus historica fide, omnia simpli­ citer recitantes, ut gesta sunt, maxime confessionem disertam, firmam, piam, sanctissimam, quam vir Dei spiritualissimis verbis ante extremum halitum et usque ad extremum halitum 5 fecit. Quae omnia vos dulces et sanctae animae, reverendi patris amantissimae, d. Vincilaus, A. Osiander, doctor Magen­ buch archiatros, d. Michael, tu, Venatorius, E. Ebnerus, Baumgartnerus typis celeriter excusa legetis tincta et madefacta ac tantum non deleta summi viri tod 4>lXi7C7üod MeX. et nostris 10 acerbissimis singultibus ac lachrimis. Mirandam malitiam hic experior in monachis et similibus papistis, qui cineres atque ossa etiam conspuere optarunt d. Lutheri. Finxerunt in feretro evanuisse corpus, vacuum huc nos advexisse feretrum. Senatus etiam severe animadvertit in quosdam. Sed Deus 15 iudicabit tantam malitiam. L ionas d. tuus totus. Clarissimo viro d. Vito Theodoro Norinbergae, amico veteri ut fratri charissimo suo. Abschrift im Manuscriptum Thomasianum in Schleswig (in privat­ besitz). Ediert von Gustav Kawerau, Briefwechsel des Justus Jonas 20 II s. 185s. 14.

Vom

leben, richt,

christlichen

des ehrwirdigen

abschied

herrn

aus

diesem

D. Martini

durch D. Justum Jonam,

tödlichen

Lutheri,

be­

M. Michaelem Celium,

unnd ander die dabey gewesen, kurtz zusamengezogen 2$

Am 23. tag januarii ist aus erforberung der edelen und wolgebornen grafen und Herrn zu Mansfe ld der ehrwirdige Herr D. Martinus Luther von Wittemberg ausgezogen und die erste nacht zu Bitter­

feld gelegen. Und ist aber die erforderung D. Doctoris Martini von wolgedachten 3° grafen aus der Ursachen geschehen, daß sich zwischen ihren Gnaden viel und

große irrungeu und gebrechen etzliche zeit her erhalten, daraus der Herrschaft Mansfeld allerlei Weiterung zu befahren gewesen. Derhalben die grafen samptlich D. Doctorem Martinum, als der aus ihrer Gnaden Herrschaft, nemlich von Eis leb en burtig, gebeten, sich mit der Unterhandlung zu 35

beladen und zu vleißigen, so viel möglich, die fache zu vertragen und zu vergleichen. Wiewol aber D. Doctor Martin ns sich in solche weltliche Hendel einzulaffen nicht gepflegt, sonder seines berufs je und attwegen mit predigen, lesen, sä)reiben und andern, wie menniglich bewußt, höchstes

Berichte über Luthers letzte lebensstunden

25

vleis gewartet: so hat er doch seines Vaterlands halben, damit daffelbige zu

einigkeit gebracht,

Weiterung vorkomen und die grafen miteinander

freundlich möchten versunet und vertragen werden, diese rheise nicht wegern noch abschlahen wollen, ob es ihme wol zu solcher zeit reisen nnd sich mit 5 diesen dingen zu beladen ganz ungelegen, auch beschwerlich und wider seinen

gebrauch gewesen.

Ist derwegen den tag, wie ob stehet, von Wittem-

berg in dem namen des allmechtigen nach Eisleben gerheiset. Am 24. tag januarii ist er umb eilf uhr vor mittag zu Hall ein­

kommen und bei D. Jonas zu herberg gelegen.

Den 25., 26., 27. januarii ist er zu Hall blieben, verhindert durchs

10

wasser und hat den 26. tag, welcher war der dienstag nach conversionis Pauli allda in unser lieben frauen kirchen gepredigt aus den actis aposto-

lorum von Pauli bekerung. Auf den donnerstag, welcher war der 28. januarii, ist er von H a l l ans

15 über das wasser sampt seinen drei sönen und v. I 0 nas warlich etwas mit ge-

fahr aufm kaan über das wasser gefaren, daß er auch selbest sprach zu doctor Jonas: „Lieber v. Jonas, wer das dem teufet nicht ein fein wol­ gefallen, wenn ich D. Martinus mit dreien sönen und Euch in dem wasser ersöff?"

Und folgends nach Eis leben gerheiset.

Und nachdem

20

er auf der grentz mit 113 Pferden angenommen für

Eisleben kam, würd er fast schwach im wagen, also daß man sich auch

seines

lebens befahret.

Doch als man ihn in der Herberge mit warmen

tuchern gerieben, aß und trank er den abend und war zufrieden; klagt sich nicht mehr.

Aber zuvor auf dem wagen, wie ihn die krankheit ansties,

25 saget er: „Das thut mir der teufel allweg, wenn ich etwas großes vorhab und ausrichten soll, daß er mich zuvor also versucht und mit einer solchen

tentatiou angreift/' Von dem 29. tag januarii an bis auf den 17. tag februarii inclusive

ist er zu Eis leben gewesen in der Handlung und neben der handelung 30 vier predigt gethan; ein mal öffentlichen vom Priester, so an dem altar die

communion

gehalten,

die absolution

empfangen und zwir communicirt.

Und bei der andern communion, nemlich sonntags am tag Valentini, hat er zween Priester nach apostolischem brauch selb ordinirt und geweihet.

Es sind auch von dem 28. januarii an bis auf den 17. februarii gar 35 viel feiner, tröstlicher reden von ihm gehört, da er oft seines alters und daß er sich daheim, wenn er gen Wittemberg wieder kommen, würde

zur rüge legen, gedacht hat.

Auch viel wichtiger

tröstlicher spräche der

schrift über tisch im beisein der grafen und unser ander, die wir mit ihm zu tisch saßen, ausgelegt, welche zu seiner zeit sollen in einem sonderlichen 40 verzeichniß ausgehen.

Und sonderlich alle abend die 21 tage durch ist er aus der großen

stuben vom tisch in sein stüblin gangen um 8 uhr oder oft dafür.

Auch

die abend alle eine gute weil im fenster gestanden und sein gebet zu Gott

Berichte über Luthers letzte lebensstunden

26

so ernstlich und emsig gethan, daß wir, D. Jonas, M. Celins, Am­

brosius, fein diener, Joannes Aurifaber Vinariensis, nachdem wir still waren, oft etlich wort gehöret, uns verwundert.

Darnach hat er

sich aus dem fenster umbgewand, ftölich — als hette er aber eine last abgelegt — und gemeiniglich noch eine halbe viertelstund mit uns geredt;

5

alsdenn zu bett gangen. Auf den Mittwochen aber, den 17. februarii, haben die Herrn und grafen U. G. H. selb gebeten und wir alle, er wolt vor mittag nicht in

die

große stuben zu den Handlung gehen, sondern rügen.

Da hat er in

seinem stublin auf einem ledern bettlein gelegen, auch im stublin umbgangen 10 und gebet; nichtsdestoweniger aber abends und morgends danieden in der

großen stuben auf seinem stul sich am tisch gesetzt und daffelbige abendmal zuvor, als er den morgen kurtz vor drei uhr seliglich in Gott verschieden ist, hat er viel wichtige wort und rede vom tod und künftigem ewigem

leben geredt, unter andern gesagt: „Ach, lieber Gott, 20 jar ist ein geringe *5

zeit; noch macht die kleine zeit die welt wüst, wenn man und weib nicht

nach gottes geschöpf und ordnung zusammen fernen. creatio!

kleinen

Gott fandet ihm seine christlich

kirch

ein

Wie gar ists eitel groß

teil aus

den

Dann ich gleube, wann ein kind von einem jar stirbt,

kindern.

daß alle zeit tausent oder zwei tausent jerrige fintier mit ihm sterben;20 aber wenn ich D. Martin us dreisechziger sterb, so halt ich nicht daß ihr sechszig oder hundert durch die welt mit mir sterben.

itzund nicht alt.

Dann die welt wird

Wolan, wir alten müssen darumb so lang leben, daß wir

dem teufel in hindern sehen, so viel bosheit, untreu, eleud der welt erfaren, auf daß wir zeugen sein, daß der teufel so ein böser geist gewesen.

Menschlich 25

geschlecht ist wie ein schafstall der schlachtschaf!" Auch gedachte der Herr doctor denselben letzten abend über tisch dieser

fragen, nemlich: ob wir in jener seligen, künftigen ewigen Versammlung und kirchen auch einander kennen wurden?

Und da wir vleißig baten des

berichts, da sprach er:

Er het Evam sein lebtag nie 30

„Wie thet Adam?

gesehen, lag da und schlief.

Als er aber aufwachte, da saget er nicht: Wo

kompst du her? was bist du? sondern: „„Das fleisch ist von meinem fleisch und das dein von meinen deinen genommen.""

dis weib aus keinem stein gesprungen were? des

Woher wußt er das, daß

Daher geschach es, daß er

heiligen geistes voll und im warhaftigen erkentnis Gottes war.

Zu 35

dem erkentnis und bild werden wir in jenem leben wiederumb in Christo erneuert, daß wir vater, mutter uud uns unternander kennen werden von angesicht besser dann wie Adam und Eva."

Nicht lang nach diesen Worten ist er aufgestanden und in sein stublin

gangen.

Und sind ihm seine zwen kleine föne Martinus, Paulus, 4°

M. Celius bald

nachgefolget.

stublin in das fenster gelegt zu

Hat er sich seiner gewohnheit nach im

beten; ist M. Celius wieder herab

gangen, und ist Joannes Aurifaber Vinarienses hinauf kommen.

Berichte über Luthers letzte lebensstunden

27

Hat der doctor gesagt: „Mir wird aber weh und bange wie zuvor umb die

Da hat Johannes gesagt: „„Ich hab gesehen, da ich der jungen

brüst."

Herrn präceptor war, wenn ihnen umb die brüst oder sonst übel ward, daß ihnen

die

grefin

5 es holen.""

einhorn

gegeben

Wollt

hat.

will

haben,

ihrs

ich

Hat der doctor „ja" gesagt. Indem ist Johannes, ehe er

zur grefin gangen, eilend herunter gelaufen und ruft D. Jonas und M.

Celio,

die über zwei Vaterunser lang nicht daniden gewesen und schnell

hinauf gelaufen.

Als wir hinauf kamen, hat er sich aber hart geklaget umb die brüst, 10 da wir von stund an (seinem gebrauch nach, wie er daheim gepfleget) mit

warmen tüchern ihn wol gerieben, das er empfand und sprach: „Ihme were

besser."

Kam graf Albrecht selber gelaufen mit M. Johan, brachten

das einhorn, und sprach der graf: „„Wie gehets, 0 lieber Herr doctor?""

Darauf der doctor sprach: „Es hat kein not, gnediger Herr!

T5 ftd) zu bessern."

Es beginnt

Da hat ihm graf Albrecht selb das einhorn geschadet,

und nachdem der doctor besserung fület,

ist er wieder von ihm gangen,

seinerrethe einen, Conrad von Wo lfframsdorff, neben uns v. Jona,

M. Celio, Johann, Ambrosio bei ihm gelassen. Da hat man aufs doctors begeren das geschabt einhorn in einen löffel mit wein zwir ihm

-o eingegeben, da Conrad von Wolffr amsdorff zuvor selbst ein löffel voll (damit der doctor beste weniger scheu hett) genommen.

Da leget er sich ungefehrlich um 9 uhr aufs rugebettlin und sprach: „Wenn ich

ein Halbs stundlin könnd schlumen, hofft ich, es sollt alles

besser werden."

Da hat er anderthalbe stund bis auf 10 uhr sanft und

25 natürlich geschlafen; sind wir D. Jonas

und M. Michael Celius,

sampt seinem diener Ambrosio und seinen zweien kleinen sönen, Martino und Paulo, bei ihm blieben. Als er aber gleich in puncto 10 uhr aufwacht, sprach er:

sitzt ihr noch? zo „„Nein

Möcht ihr euch nicht zu bett legen?"

Herr doctor!

itzt sollen

und

wir wachen

„Siehe,

Antworteten wir:

auf euch warten.""

Mit dem begert er auf und stund auch vom rugebettlin auf und ging in

die kammer

hart an der stuben,

die mit fenstern

für

aller lüft ver-

waret, und wiewol er da nichts klaget, doch da er über die schwellen der

kammer ging, sprach er: „Walt's Gott! 35 tuas

commendo

spirtium meum!

Ich

gehe zu bett.

In manus

Redemisti me, domine deus

veritatis!" Als er nun zu bett ging, welches wol zubereit mit warmen bretten

und kissen,

legt er sich ein, gab uns allen die Hand und gute nacht und

sprach: „D. Jona und M. Celi und ihr andern, betet für unsern Herrn

40 Gott und sein evangelium, daß ihm wol gehe!

Denn das concilium zu

Trient und der leidige bapst zürnen hart mit ihm."

Da ist die nacht

bei ihme in der kammer blieben O. I0nas, seiner zween föne Martinus, Paulus, sein diener Ambrosius und ander diener.

28

Berichte über Luthers letzte lebensstunden

Diese 21 tage hat man alle nacht liechte in der kammer gehalten, dieselbige nacht aber auch das stüblin lassen warm halten. Da hat er wol geschlafen mit natürlichem schnauben, bis der zeiger eins geschlagen. Ist er erwacht und seinen diener Ambrosi um gerufen, ime die stuben einzuheitzen. Als aber dieselbige die gantze nacht warm gehalten und Am- 5 brosius der diener wieder kam, fragt ihn v. Jonas, ob er wieder schwachheit empfünde? sprach er: „Ah, herre Gott, wie ist mir so wehe! Ah, lieber doctor Jonas, ich achte, ich werde hie zu Eis leben, da ich geborn und getauft bin, bleiben!" Darauf D. Jonas und Ambrosius der diener geantwort: ,,„AH, reverende pater, Gott unser himmlischer io vater, wird helfen durch Christum, den ihr gepredigt habt."" Da ist er one hülfe oder Handleiten durch die kammer in das stublin gangen, auch im schritt über die schwellen gesprochen: „In manus tuas commendo spiritum meum! Redemisti me, domine, deus veritatis!“ Auch ein mal oder zwir im stublin hin und wieder gangen; leget sich darnach auf -5 das rugebettlin und klagt: „Es druck ihn um die brüst sehr hart." Aber doch schonete es noch des hertzen.

Da hat man ihn, wie er begert und zu Wittemberg im brauch gehabt, mit warmen tuchern gerieben und ihm kissen nnd pful gewermet. Denn er sprach: „es hulff ihnen wol, wenn man ihn warm hielt." -o Vor diesem allen und da der doctor mi sich aufs rugebettlin gelegt, kam M. Celius aus seiner kammer, hart an der unsern, gelaufen und bald nach ihm Johannes Aurifaber. Da hat man ganh eilend den wirt, Johann Albrecht, den stadschreiber und sein weib aufgeweckt, dergleichen die zwen medicos in der stad. Welche alle, nachdem sie nahe 25 woneten, in einer viertelstund gelaufen kamen. Erstlich der wirt mit seinem weibe; darnach M. Simon Wild, ein arzt und v. Ludwig, ein medicus; bald darauf graf Albrecht mit seinem gemahl. Welche grefin allerlei würh und labsal mitbracht und on unterlaß mit allerlei stercken ihn zu erquicken sich bevleißigt. Aber in dem 3° allen sagt der Herr doctor: „Lieber Gott! Mir ist sehr weh und angst. Ich far dahin! Ich werde nu wol zu Eis leb en bleiben." Da tröstet ihn D. Jonas nnd M. Celius und sprachen: „„Reverende pater! Rufet eitern lieben Herrn Jesum Christum an, unsern hohen Priester, den einigen mittler! Ihr habet einen großen guten schweiß gelassen; Gott 35 wird gnade verleihen, daß es wird besser werden."" Da antwort er und sprach: „Ja, es ist ein kalttodter schweiß! Ich werde meinen geist auf­ geben, denn die krankheit mehret sich." Darauf fing er an und sprach: „O mein himmlischer vater, ein Gott und vater unsers Herrn Jesu Christi! Du Gott alles trostes, ich dancke dir, daß du mir deinen lieben 40 son Jesum Christum offenbart hast, an den ich gleube, den ich gepredigt und bekant hab, den ich geliebet und gelobet hab, welchen der leidige bapst und alle gottlosen schenden, verfolgen und lestern. Ich bitte dich, mein Herr

Berichte über Luthers letzte lebensstunden

29

Jesu Christe, laß dir mein seelichen bevohlen sein! O himmlischer vater, ob ich schon diesen leib lassen und aus diesem leben hinweg gerissen werden muß, so weiß ich doch gewiß, daß ich bei dir ewig bleiben und aus deinen henden mich niemands reißen kann!"

5

Weiter sprach er auch: „Sici deus dilexit mundum, ut unigenitum filium suum daret, ut omnis, qui Credit in eum, non pereat, sed habeat vitam aeternam.“ Und die wort aus dem 68. psalm: „Deus

noster, deus salvos faciendi et dominus est dominus educendi ex morte.“ Das ist deudsch: Wir haben einen Gott des Heils und einen 10 Herrn, der mitten aus dem rode uns füret! In dem versucht der Magister noch ein feer köstliche arznei, die er zur not allzeit in seiner taschen hatte, des der doctor ein löffel voll einnam. Aber er sprach abermal: „Ich fahr dahin! Meinen geist werd ich aufgeben!" Sprach derhalb dreimal sehr eilend auf einander: „Pater, 15 in manus tuas commendo spiritum meum! Redemisti me, deus

veritatis!“ Als er nu seinen geist in die hende Gottes, des himmlischen vaters befohlen hatte, fing er an still zu sein. Man rüttelt aber, rieb, kulet und rief ihme; aber er that die äugen zu, antwort nicht. Da streich graf Albrechts gemahl und die erzte ihm den puls mit allerlei sterck20 wassern, welche ihm die doctorin geschickt und er selbest pfleget zu gebrauchen.

Indem er aber so still ward, rief ihm D. Jonas und AI. Celius starck ein: „„Reverende pater! Wollet ihr auf Christum und die lehre, wie ihr die gepredigt, bestendig sterben?"" Sprach er, daß man es deutlich hören kund: „Ja!" Mit dem wand er sich auf die rechte feiten und 25 fing an zu schlafen fast ein Viertelstunde, daß man auch der besserung hoffet; aber die erzte und wir sagten alle, dem schlaf were nicht zu vertrauen; leuchteten ihm mit lichten vleißig unter das angesicht. Indem kam grafHans Heinrich von Schwartzenburg sampt seinem gemahl auch darzu. Nachdem bald erbleicht der doctor sehr unter zo dem angesicht, wurden ihm fuße und nase kalt; thet ein Lief, doch senft ödem holen, mit welchem er seinen geist aufgab, mit stille und großer gedult, daß er nicht mehr ein finger noch bein reget. Und kond niemands mercken (das zeugen wir für Gott auf unser gewissen!) einige unruge, quelung des leibes oder schmerzen des todes, sondern entschlief friedlich und 35 sanft im Herrn, wie Simeon singet. Daß wol der spruch Johannis am 8. an ihm war ward: „Warlich,

sag ich euch, wermein wort Helt, wird den tod nimmermehr sehen ewiglich!" Welcher spruch Johann. 8. die letzte Handschrift ist, so er auch den leuten zu gedechtnis in bibel geschrieben und dieselbige seine 40 Handschrift gen Elrich, Hans Gasman, dem Honsteinischen rendtmeister, zukomen, vorn in einer Hauspostill. Welchen spruch der liebste hertzliche vater also ausgelegt:

Berichte über Luthers letzte lebensstunden

Zo

„Den tob nimmermehr sehen." „Wie ungleublich ist doch das geredt und wider die öffentliche und tegliche erfarung! Dennoch ist es die warheit. Wenn ein mensch mit ernst Gottes wort im hertzen betrachtet, im gleubet und darüber einschleft oder stirbet, so sinket und fehret er dahin, ehe er sich des todes versihet 5 oder gewar wird; und ist gewis selig im wort, das er also gegleubet und betrachtet von hinnen gefahren." Unter dis war geschrieben: „Martinus Luther Doctor. 1546. Geschehen am 7. tag februarii." Als er nun im Herrn verschieden, und graf Albrecht und sein gemahl, der von Schwartzenburg rc. sampt uns erschraken, immer noch schrieen: „„Man sollt mit reiben und laben nicht ablaffen,"" thet man alles, was menschlich und muglich war; aber es ward der leib immer kelter und tödlicher. Und nachdem der todte leib also auf dem rugebettlin bis in drei viertelund gelegen, machet man darneben von vielen federbetten drei unter­ bett und tucher oben hart bei dem rugebett, darein man ihnen hub der Hoffnung — wie wir alle wundscheten und beteten — ob Gott noch wollt gnade geben. Da kamen, ehe es tag ward, um 4 uhr der durchleuchte, hochgeborne surft und Herr, Herr Wolf, surft zu Anhalt, die edlen wolgebornen grafen und Herrn Philippus, Johanns Jörg gebruder, graf Volradt, graf Hans, graf Wolf, auch gebruder, grafen und Herren zuMan sfeld, und andre Herren und vom adel. Auf dem bette ließ man den leib ligen von vieren an bis nach neunen, das ist fünf ganyer stunden, da viel ehrlicher burger kamen und den todten leib mit heißen threnen und weinen ansahen. Darnach kleidet man ihnen in ein weißen neu schwedisch kittel, legt die leich in die kammer auf ein bett und strohe, bis so lang ein ziener sarck gegossen und er darein gelegt ward. Da haben ihnen in dem sarck sehen ligen viel vom adel, die ihnen das mehrer teil gekannt, man nnd weib, etliche hundert, und ein sehr groß anzal volcks. Den 18. februarii hat man die leich in der herberg, doctor Trachstedt's Hause, stehen lassen.

10

15

20

25

30

[Folgt beschreibung der leichenfeierlichkeiten.J Gedruckt zu Wittemberg durch Georgen Rhaw.

Anno MDXLVI.

[Mitte märz1.] [Mit einem bildnis Luthers in Holzschnitts

Das original des berichtes scheint nicht mehr vorhanden zu sein. Nach dem oben genannten drucke des Jahres 1546 hat Förstemann a. a. o. s. I den bericht wiedergegeben.

1) s. brief des Justus Jonas an Veit Dietrich. Halle 17. März 1546 (bei Kawerau, Briefwechsel des Justus Jonas II s. 187s. n. 792): „Ex Wittenberge heri accepi literas, historiam quam iussu illus. electoris principis de felici obitu rever. patris Lutheri scripsimus, 15 vel 16 Martii edendam esse.“

35

Berichte über Luthers letzte lebensstunden

31

15. Brief des Dr. Justus Jonas an König Christian III von Dänemark (in Kolding) Halle 1546, April 15

Gnad und fried Gottes durch Christum.

5

Durchleuchtigester, großmechtigester könig, euer königlich maiestet sindt mein ganntz untertänigst, gehorsame, willige dinst zuvoran. Gnedigster Herr, so itzt aus Halle mein guter bekannter freund, doctor Mauritius Zoch nachm konigreich Dennemark abgereißet, hab ich nit unterlassen sollen, euer königliche matt: als meinen gnedigsten Herrn in schrifften mein unterthanigkeit 10 antzuzeigen.

Es werden euer königlich maiestet one zweiffel albereit vor etlichen Wochen von unserm gnedigsten Herrn dem churfürsten zu Sachsen und anderen fürsten zugeschrieben sein die betrüblichen zeitung von dem abschied reverendi d. doctoris Martini, unsers hertzallerliebsten vatters, des euer 15 koenigliche maiestet ohne Zweifel hoch erschrocken und gnedigst mitleiden getragen, und noch. So es dan der almechtig Gott, gnedigster konig und Herr, also geschickt, daß ich gleich mit gedachtem Herr doctor seliger in seinem vatterland Eisleben gewesen, da er geborn, getaufft, ist es durch des sel­ bigen almechtigen willen also furgefallen, daß er des orts verstorben und 20 seliglich aus dißem jammerthal abgeschieden. Und hat sich in der Hand­ lung mit den edelen wolgeborn graven und Herrn zu Mansfeldt durch Unterhandlung zuvortragen, also begeben, das ob ich wohl itzt zu Halle wone, drei ganntz Wochen vor seinem seligen tode mit dem lieben vatter über tisch gessen, in einer kamer geschlaffen, alle ab ent inen zu bette bracht, 25 mit reichung seiner lieben apostel Hand, (mit welcher so vill guter bücher geschriben) alle abent gut nacht von ihme entpfanngen, und am letzten tage der dreier Wochen, den achtzehen den februarij dis XLVI. jars morgen umb drei uhr früe bin ich bei seligen beschlus seins endes und letzter stunde gewesen, hab sein des lieben vatters 30 seligen bekentnis gehöret, das ich nit vor ein große schätz entperen wolt. Und wolt Gott, ich sollte euer königlich maiestet als dem christlichen konig, der den gottesman sonderlich geliebet, darvon mündlich be­ richt thun.

Also hat es Gott der Herr geschickt, so ich lenger dan xxij. jar zu 35 Wittenberk vortraulich und innerlich mit ime gelebt, daß ich auch bei seinem letzten ende und absterben gewesen, und von seinem seligen abschied uberschicke euer königlich maistet die Historien kortz von mir auß befel unsers gnedigsten Herrn churfursten in druck geben, und auch das epitaphium.

32

Berichte über Luthers letzte lebensstunden

wie wol es euer königlich m zuvor vileicht auch zukommen.

Es sind am

verschienen dvnnerstag sieben Wochen gewesen, daß gemelter seliger gotsman in Christo heimgetzogen aus diesem elend ins Vaterland. So nun dißer seliger Prophet deutscher Nation durch todt abgescheiden, do nun allerlei anfechtung, trübsal der armen kirchen (wie einer witwen) müge begegenen, 5 wolle euer königlich maistet ir alle treue Prediger und alle kirchen gnedigst lassen befolen sein, wie ich e. k. m. gern in gegenwart solch untertenig bitten wollt, wan mir Gott wollt helfen und gönnen e. m. noch dieffen somer oder künfftigen noch ein mal bei meinem leben

in Holstein oder zu Hamburg zu sehen, und ob ich leibs schwachheit10 halben zu unvormüglich were, will ich euer königlich maiestet als meinem allergnedigsten Herrn mein eldesten sohn, m. Justum Jonam iuniorem, welcher nu sein xxij. jhar erlangen wirdt, fast gelert ist, auch wolredend, und groß lob von d. Philippo hat, untertänigst befolen haben. Bitt untertänigst, euer königlich maiestet woll der witrwen rs domini doctoris Martini, seiner drei sohne Martini, Paul, Johannis und eins töchterlein Margret und gemeltens meins sohns und meins weib und kinder gnedigster Herr sein. Des latinischen buchs von conciliis d. Martini (welchs gar nahe fertig) will ich auch, gnedigster Herr, nit vergessen. Auch dem doctori Moritz Zcochen, briefzeiger (welcher itzt20 uffm landtag ein witwe vom adel beistehet) wolle euer königlich m. in gnedigstem schütz haben, in sein fachen gnedigste forderung und willen ertzeigen. Euer königlich m. untertänigste gehorsamen, uffs höchste gevlissene gantz willige dinst zu ertzeigen, bin ick allzeit bereit und in Untertänigkeit willig. Euer königlich maiestet, auch euer 25 königlich m. gemalh, die allerloblicheste konigin, sampt euer m. jungen Herschaft, iren konigreichen, land und leuten wolle der Almechtig allezeit gnedig erhalden und in schütz haben. Vor e. könig­ lich m. zu beten mit alle unser kirchen unterlassen wir keine zeit. Datum Haltae in Saxen, dornstag nach Judica, 15. Aprilis. Anno 3° dni MDXLVI.

Diße stunde hab ich, allergnedigst her konigk, ij brief empfangen von m. g. Hern, dem hertzogen Preußen, mit s. f. g. eigen Hand, auch vom tod rev. doct. Mart. Lutheri gantz mittleidlich und gnedig ge­ schrieben. E. k. Matt, unterthenigst gantz williger diener 35

Justus Jonas doctor Superatt. Hall, eccles. Original im königlichen archiv zu Kopenhagen. Ediert von Andreas Schumacher, Gelehrter Männer Briefe an die Könige von Dänemark vom Jahre 1522—1663 I. th. Kopenhagen und Leipzig 1758 s. 335 f.; vgl. 4° Förstemann, Denkmale s. 163 f. Kawerau, Briefwechsel des Justus Jonas II s. 195 f. n. 801.

Berichte über Luthers letzte lebensstunden

33

16. Bericht des Eislebener Apothekers Johann Landau an (seinen Vetter) Georg Wizel in Regensburg, verfasst vor dem 6. Juni 1546 5

Ex epistola germanica cuiusdam civis mansfeldensis narratio historica de ultimis Martini Lutheri actis et eins obitu.

Domini comites a Mansfeld, ante ortam Lutheri doctrinam, Discordia optime inter sese concordes erant, itä quod in omnibus causis iuniores deferebant senioribus eorumque acquiescerent senten- kfid. ex . • .1 i . doctnna tiae. Ubi autem coepit scnbere Lutherus, pars una eius Lutheri 10 doctrinam acceptavit, pars altera reiecit, factaeque sunt res eorum deteriores. Post obitum itaque seniorum, qui catholici fuerant, successores eorum in Lutheri partem concesserunt. Unde sperabatur redintegranda concordia, sed longe secius accidit. Nam & isti volebant habere partem parochiarum, 15 & repetebant abalienatos Census domosque ecclesiarum, ac speciales in suis ecclesiis scholas & concionatores instituebant, atque monstrantias, clenodia, vasaque argentea exacte rapiebant. t

Unde gravier aborta est discordia. Nam & conciona20 tores utriusque partis male conveniebant, conviciis ita contra se invicem debacchantes, ut pugnis aliquando potius quam verbis rixari mallent, & alter alteri in faciem expuerit. Praecipue vero de venerabili sacramento altaris diversa sentiebant. Pars enim negabat in hostiis (ut vocant) consecratis quae post 25 communionem populi residuae manent, remanere aut esse amplius corpus & sanguinem Christi. Pars altera contrarium asserebat, & provocabant se invicem ad disputationis publicae certamen. Cumque Wittembergam devoluta esset causa, Luthero absente, Philip. Melanchthon approbavit sententiam 30 eorum qui negant remanere corpus & sanguinem Christi. Ubi autem domum rediit Lutherus, comprobavit alterius partis opinionem: sic tarnen, ut iuberet Ultimos communicantes semper sumere cunctas hostias residuas, etiam si 4 aut 5 sumendae sint, similiter & totum quod in calice 35 superesset, exhaurire. Gliscebat itaque discordia vehementer, non solum inter concionatores, sed etiam inter ipsos comites, qui ea aemulatione moti, discordabant & sibi invicem impedimento erant. Lutherus his intellectis, assumptis secum Strieder, Auth. Berichte über Luthers letzte Lebensstunden.

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Discordia donatores Luth-

Adventus idebium

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Berichte über Luthers letzte lebensstunden

Philippo & Iona, in vigilia natalis Domini venit Mansfeldiam, velut mediator quidam. Cumque per dies octo nihil efficeret, iussus est redire ad festum conversionis S. Pauli. Rediit ergo sabbato ante iam dictum festum ad oppidum Hallis, divertens in aedes Ionae, & aquarum inundatione cogebatur 5 quatriduum ibi subsistere, licet flebii interim quotidie pararentur pro ipso & comitatu ipsius epulae. Sala enim fluvius nimium excreverat, ut transire non potuerint. Tandem feria quinta miserunt ei obviam comites currum & LX equites armatos, qui iusserunt tres cymbas coniungi, ut eo tutius transfretare w possit Lutherus, qui aegre persuasus, transito naviculis amne, currum ascendens Islebium pervenit. Ubi ergo in Islebii suburbanum pervenerunt, equites e bombardis globos emittentes, fecerunt, ut Lutherus infirmaretur, currente autem uno equitum festinanter in ipsum oppidum, attulit vinum & cere- 15 visiam, sumpto itaque cibo & potu refocillatus est, licet paulo antea Hallis opipatum habuerat prandium. Non igitur ieiunio sibi accersierat infirmitatem illam. Magna vero cum pompa & occursu plebis, quae quatriduo prius adventum eins frustra expectaverat, ingressus est oppidum. Caeterum die dominica 20 post festum conversionis Pauli praedicavit in ecclesia parochiali Sermones S. Andreae, in papam sacerdotesque & monachos vehementer Luthen jnvectus Deinde in festo purificationis herum concionatus, tantum habuit plebis undique ex pagis & oppidulis circumiacentibus concursum, quantum vix haberet Paulus ipse 25 si nunc praedicaret. Ubi inter caetera dixit, unumquemque debere Dei dona sibi collata, in alios distribuere, non in monasterio celare, sed exire in mundum & praedicare. Dedit mihi Deus (inquit) intellectum scripturarum, ut eas recte interpretari sei am, non papa cum suis cardinalibus & episcopis. 30 Ego unam quintulam intellectus mei non dar em pro centum centenariis intellectus illorum. Finito autem sermone in hospitium reversus, prandium oppipare paratum sumpsit, mox autem allato secundo ferculo, caminus aedium ardere coepit, & ex proxima quoque domo erupit incendium. Speculator 35 duos videns ignes insonuit e turri, magnusque factus est concursus populi, pro eo, quod ecclesia canit illo die, lumen ad revelationem gentium. Novus über Quando autem in publicis tractatibus non erat Lutherus, Luth> habebat in cista sua librum, in quem scribebat. Aiunt eum 40 librum ad Cesarem ab eo scriptum esse, contra Lovanienses