Auslandsinvestitionen in Lateinamerika: Völkerrechtliche und staatliche Regelungen zwischen Protektionismus und Neoliberalismus [1 ed.] 9783428485956, 9783428085958

Auslandsinvestitionen spielen für die wirtschaftliche Entwicklung Lateinamerikas seit jeher eine zentrale Rolle und nehm

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Auslandsinvestitionen in Lateinamerika: Völkerrechtliche und staatliche Regelungen zwischen Protektionismus und Neoliberalismus [1 ed.]
 9783428485956, 9783428085958

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GUDRUN ZAGEL

Auslandsinvestitionen in Lateinamerika

Schriften zum Völkerrecht

Band 136

Auslandsinvestitionen in Lateinamerika Völkerrechtliche und staatliche Regelungen zwischen Protektionismus und Neoliberalismus

Von Gudrun Zagel

Duncker & Humblot . Berlin

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Zagel, Gudrun: Auslandsinvestitionen in Lateinamerika : völkerrechtliche und staatliche Regelungen zwischen Protektionismus und Neoliberalismus / von Gudrun Zage!. - Berlin : Duncker und Humblot, 1999 (Schriften zum Völkerrecht ; Bd. 136) Zug!.: Salzburg, Univ., Diss., 1996 ISBN 3-428-08595-7

Alle Rechte vorbehalten

© 1999 Duncker & Humblot GmbH, Berlin

Fotoprint: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0582-0251 ISBN 3-428-08595-7 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 8

Vorwort Diese Arbeit untersucht die Entwicklung des Rechts der Auslandsinvestitionen in Lateinamerika. Diese Region ist seit ihrer Unabhängigkeit im 19. Jahrhundert mit den rechtlichen Problemen im Zusammenhang mit Auslandsinvestitionen sowie mit der Einflußnahme ausländischer Investoren und ihrer Heimatstaaten konfrontiert. Im Bestreben nach der Erreichung auch ihrer wirtschaftlichen Unabhängigkeit spielten die lateinamerikanischen Staaten sowohl auf universeller Ebene in den Diskussionen um eine neue Weltwirtschaftsordnung als auch in der Umsetzung der protektionistischen Wirtschaftspolitik in der nationalen Gesetzgebung eine Vorreiterrolle in der Gruppe der Entwicklungsländer. Dieselbe Rolle kommt ihnen heute in der Durchführung der neoliberalistischen Ideen zu. Bei der Betrachtung der staatlichen und völkerrechtlichen Regelungen in den Perioden des Protektionismus und des Neoliberalismus wurde versucht, nicht nur die Defizite aus der Sicht der Investoren darzustellen, sondern auch die Hintergründe und Entscheidungsfaktoren der Gaststaaten für diese Regelungen und die Politik gegenüber Auslandsinvestitionen zu verdeutlichen. Dabei ist zu berücksichtigen, daß sich die Gaststaaten gegenüber den global agierenden Unternehmen meist in der schwächeren Position befmden, die durch die wirtschaftlichen und sozialen Probleme und das damit oft einher gehende instabile politische Klima in vielen Entwicklungsländern noch verstärkt wird. Dies spiegelt sich in den häufigen Kursänderungen hinsichtlich der Wirtschaftspolitik und der Regelung von Auslandsinvestitionen in den untersuchten Gaststaaten wider. Die Absicht dieses Buches ist es, den Interessenausgleich zwischen Gaststaaten und Investoren durch besseres gegenseitigen Verständnis für die jeweiligen Entscheidungsfaktoren und Probleme zu fördern, vielleicht können manche der im Buch enthaltenen Denkanstöße dazu beitragen, für beide Seiten annehmbare Lösungen zu fmden. An dieser Stelle möchte ich allen danken, die zum Entstehen dieser Arbeit sowohl durch fachliche als auch durch moralische Unterstützung beigetragen haben. Zu besonderem Dank verpflichtet bin ich dem Institut für Völkerrecht der Universität Salzburg. Der Betreuer meiner Dissertation, Professor Christoph Schreuer, war immer für ein Gespräch offen und hat mir nicht nur in fachlicher Hinsicht, sondern auch zur technischen Organisation der Arbeit viele wertvolle Hinweise gegeben. Der Institutsvorstand, Professor Wolfram Karl, hat mir sowohl die Ressourcen am Institut zur Verfugung gestellt als auch die freie

6

Vorwort

Zeiteinteilung ermöglicht, die zur Fertigstellung der Arbeit wesentlich beigetragen hat. Dank gebührt auch den übrigen Mitgliedern des Instituts, die immer ein offenes Ohr für meine Probleme hatten und jederzeit zu Gesprächen bereit waren und mich auch sonst moralisch unterstützt haben. Besonders möchte ich an dieser Stelle Ulrike Brandl, Martin Botta, Chris Campbell und Dieter Huber erwähnen, ohne deren Unterstützung die Arbeit wohl nie fertig geworden wäre. Danken möchte ich auch Susanne Bachmann rur die sorgfältige Durchsicht des Manuskriptes. Herzlicher Dank gebührt ferner Frau Laura Bocalandro sowie Frau Luz Sadak, die es mir ermöglichten, die juristische Bibliothek der Inter-American Development Bank zu nutzen, deren hervorragende Dokumentation die Grundvoraussetzung für die Literaturbeschaffung zu meiner Arbeit bildete. Der Forschungsaufenthalt wurde durch ein Stipendium des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung ermöglicht. Besonderer Dank schließlich gebührt meiner Familie. Die Publikation der Arbeit wurde mit Mitteln des Evers-Marcic-Fonds sowie der Forschungs- und Förderungsgesellschaft der Universität Salzburg finanziert. Auch diesen beiden Fonds sei herzlich gedankt.

Salzburg, im Juni 1999

Gudrun Zage!

Inhaltsverzeichnis Einleitung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

13

I. Auslandsinvestitionen und ihr völkerrechtlicher Schutz ........................

16

A. Defnitionen. Abgrenzungen und Problemstellung ..............................

16

1. Auslandsinvestitionen .......................................................

16

a) Defnition ................................................................

16

b) Geschichte und Entwicklung der Auslandsinvestitionen ..................

21

c) Die Theorie der Direktinvestition ........................................

24

2. Der Investor ................................................................

26

3. Der Gaststaat ...............................................................

29

4. Der Heimatstaat. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

32

B. Investitionsklima und Investitionsrisiken: Rechtliche Probleme von Auslandsinvestitionen .....................................................................

33

c.

Rechtsquellen zur Regelung von Auslandsinvestitionen und ihr Verhältnis zum Völkerrecht ....................................................................

36

1. Völkerrechtliche Rechtsquellen .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

38

a) Völkergewohnheitsrecht und Allgemeine Rechtsgrundsätze ..............

39

b) Vertragsrecht.......................................................... . .

39

c) Beschlüsse Internationaler Organisationen...............................

44

2. Nationales Recht: Investitionsgesetze .......................................

47

3. Investitionsverträge .........................................................

49

n. Die

besondere Haltung der lateinamerikanischen Staaten zu ausländischem Kapital .... ......... .... .......... ..... ....... ...... ...... .............. ... .......

52

A. Die wirtschaftliche Entwicklung der lateinamerikanischen Staaten und das Verhältnis zu den USA ............................................................

52

1. Die wirtschaftliche Entwicklung der lateinamerikanischen Staaten ..........

52

2. Verhältnis zu den USA ......................................................

64

8

Inhaltsverzeichnis B. Abwehrmechanismen zur Sicherung der Unabhängigkeit: Die Calvo-Doktrin .. .

69

C. Der Einfluß der lateinamerikanischen Staaten auf internationaler Ebene ........

77

D. Die Auswirkung der völkerrechtlichen Doktrinen auf regionale und nationale Regelungen für Auslandsinvestitionen .........................................

88

ßI. Die Zulassung von Auslandsinvestitionen ....................................... 102 A. Die Zulassung von Auslandsinvestitionen nach allgemeinem Völkerrecht . . . . . .. 102

B. Die Praxis der Zulassung der lateinamerikanischen Staaten..................... 108 1. Konzept der Auslandsinvestition ............................................ 111 a) Begriff Auslandsinvestition .............................................. 111 b) Unternehmensformen .................................................... 117 c) Formen der Investition................................................... 120 2. Materielle Regelungen ...................................................... 125 a) Allgemeine Zulassungskriterien und Performance Requirements ......... 126 b) Beteiligung und Fade-out................................................ 128 c) Sektorielle Beteiligungsbeschränkungen und -verbote.................... 133 3. Das Zulassungsverfahren .................................................... 137 a) Behörden ................................................................ 137 b) Das Verfahren ........................................................... 141 4. Technologietransfer ......................................................... 145 IV. Die Behandlung von Auslandsinvestitionen ...................................... 158 A. Allgemeiner Behandlungsstandard ............................................. 158

1. Die Position des klassischen Völkerrechtes .................................. 158 a) Völkergewohnheitsrecht .................................................. 159 b) Der allgemeine Behandlungsstandard in den Guidelines der Weltbank und in BITs .................................................................. 159 aa) "National treatment" und ,,Most-favoured-nations treatment" - Inländergleichbehandlung und Meistbegünstigung ........................ 161 bb) "Fair and equitable treatment" - gerechte und billige Behandlung .... 163 ce) "Full protection and security" - voller Schutz und Sicherheit......... 164 dd) Nichtdiskriminierung ................................................ 165 ee) Weitere Klauseln.................................................... 166 2. Die Haltung der lateinamerikanischen Staaten zum allgemeinen völkerrechtlichen Behandlungsstandard ................................................. 166

Inhaltsverzeichnis

9

B. Die Behandlung von ausländischen Investoren in speziellen Bereichen ......... 176 1. Zugang zu Krediten ............ . ...... . ..................................... 177 a) Inländische Kredite ...................................................... 178 b) Ausländische Kredite.................................................... 180 2. Die Reinvestition von Gewinnen............................................ 182 3. Kapitaltransfer .............................................................. 186 a) Allgemeiner völkerrechtlicher Standard .................................. 186 b) Die Regelungen in den lateinamerikanischen Staaten..................... 188 V. Der Schutz des Vermögens ausländischer Investoren .............. . ............ 197 A. Formen der Beeinträchtigung des Eigentums ausländischer Investoren ......... 197

B. Voraussetzung einer rechtmäßigen Enteignung nach traditionellem Völkerrecht. 201 1. Voraussetzung einer rechtmäßigen Enteignung .............................. 201 2. Höhe und Art und Weise der Entschädigung ................................. 203 C. Die Position der lateinamerikanischen Staaten ................................. 207 I. Die Debatte um die Neuordnung der Weltwirtschaft im Rahmen der Vereinten Nationen................................................................ 208 2. Die Auswirkungen der Calvo-Doktrin im innerstaatlichen Recht und in der Enteignungspraxis .......................................................... 212 a) Verfassungsrechtliche Regelungen....................................... 212 b) Enteignungspraxis ....................................................... 217 c) Der Standard in den BITs................................................ 222 VI. Völkerrechtliche Methoden der Beilegung von Investitionsstreitigkeiten zwischen Investor und Gaststaat .................................................... 228 A. Völkerrechtliche Möglichkeiten der Streitbeilegung ............................ 228 1. Notwendigkeit für den Zugang zu völkerrechtlichen Methoden der Streitbeilegung ...................................................................... 228 2. Voraussetzung für den Zugang zu völkerrechtlichen Methoden der Streitbeilegung ...................................................................... 230 3. Das Eintreten des Heimatstaates für die Rechte seines Investors im Gaststaat

232

a) Das diplomatische Schutzrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 232 b) Subrogation ... ... . . . ... . . .... ... . . . ..... . . . ... . . . ......... . . . ..... . . . .. .. 235 4. Die Streitbeilegung zwischen Gaststaat und Investor .................. . ..... 238

10

Inhaltsverzeichnis B. Die Haltung der lateinamerikanischen Staaten zu den völkerrechtlichen Streitbeilegungsmethoden ........................................................... 244

1. Die Position der Calvo-Doktrin ............................................. 244 2. Die Calvo-Doktrin im nationalen Recht der lateinamerikanischen Staaten ... 250 3. Die Haltung der lateinamerikanischen Staaten zu völkerrechtlichen Methoden der Streitbeilegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 255 a) ICSID ................................................................... 256 b) Subrogation .............................................................. 263 c) Diplomatischer Schutz in der Praxis...................................... 267

Zusammenfassung und Schlußbemerkungen ........................................ 269 Literaturverzeichnis .... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 275 Dokumentenverzeichnis .............................................................. 288 Stichwortverzeichnis ................................................................. 303

Abkürzungsverzeichnis AMRK ANCOM Art. BIT CEPAL CERDS CONITE CONPES D DL DS ECOSOC f, ff FCN FDI FN GATS GATT Hrsg. ICC ICJ (= IGH) ICSID IFC

IMF INI INPI ITT L LAFTA LAIA

MAI MERCOSUR MICIP

Amerikanische Menschenrechtskonvention Andean Connnon Market Artikel Bilaterales Investitionsschutzabkonunen Comisi6n Econ6mica para .America Latina Charter ofEconomic Rights and Duties ofStates Comisi6n Nacional de Inversiones y Technologias Extranjeras Consejo Nacional de Politica Econ6mica y Social Decreto, Decision Decreto Ley Decreto Supremo Economic and Social Council folgende Friendship, Commerce and Navigation Foreign Direct Investment Fußnote General Agreement on Trade in Services General Agreement on Tariffs and Trade Herausgeber International Chamber ofCommerce International Court of Justice International Centre for Settlement ofInvestment Disputes International Finance Corporation International Monetary Fund Instituto Nacional de Inversiones Instituto Nacional da Propriedade Industrial International Telephone and Telegraph Corporation Ley Latin American Free Trade Association Latin American Integration Association Multilateral Agreement on Investment Mercado Corntin deI Sur Ministerio de Industrias, Comercio, Integraci6n y Pesca (Ecuador)

12

MIGA mwN. NAFTA

NFI

NIWO OAS (=OEA) OECD OPIC R Res. s., S. SIEX TRIMs TRIPs u.a. UN UNCITRAL UNCTAD UNCTC UNDP UNGA UNIDO US(A) usw. vgl. WTO

Z. z.B.

Abkürzungsverzeichnis Multilateral Investment Guarantee Agency mit weiteren Nachweisen North American Free Trade Agreement New Forms ofInvestment Neue Internationale Weltwirtschaftsordnung Organization of American States Organization for Economic Cooperation and Development Overseas Private Investment Corporation Regulaci6n Resolution siehe, Seite Superintendencia de Inversiones Extranjeras Trade-Related Investment Measures Trade-Related Aspects of Intellectual Property Rights und andere United Nations United Nations Comrnission on International Trade Law United Nations Conference on Trade and Development United Nations Center on Transnational Corporations United Nations Development Prograrmne United Nations General Assembly United Nations Industrial Development Organization United States (of America) und so weiter vergleiche World Trade Organization Ziffer zum Beispiel

Einleitung Auslandsinvestitionen stellen für Entwicklungsländer eine wichtige Möglichkeit zur Finanzierung ihrer wirtschaftlichen Entwicklung dar. Mit Auslandsinvestitionen ist nicht nur der Transfer von Kapital verbunden, sondern kommen auch Know-how und Managementkenntnisse ins Land. Durch das Tätigwerden multinationaler Unternehmen in Entwicklungsländern entstehen jedoch zahlreiche Probleme. Die wirtschaftliche Macht einzelner multinationaler Unternehmen übersteigt die der Gaststaaten häufig um ein Vielfaches. Damit stellen diese einen politischen Faktor dar und sind in der Lage, die Wirtschaft und Politik eines Landes erheblich zu beeinflussen. Schwierig ist es, die Interessen von multinationalen Unternehmen und dem Gaststaat zu koordinieren. Die Geschäftstätigkeit multinationaler Unternehmen ist vorrangig auf die Gewinnerzielung ausgerichtet. Eine möglichst ungehinderte Betätigung ohne rechtliche Hürden und Schranken ist deshalb von besonderer Bedeutung. Ziel der Entwicklungsländer ist es jedoch, ausländisches Kapital im Dienste der nationalen Entwicklung einzusetzen. Die lnvestitionsgesetze haben deshalb oft regulierenden Charakter und versuchen, die Tätigkeit ausländischer lnvestoren im Sinne der nationalen Entwicklungskonzepte zu lenken. Ein besonderes Problem stellt in vielen Entwicklungsländern, insbesondere in den lateinamerikanischen Staaten, die politisch instabile Lage dar. Revolutionäre Unruhen und bürgerkriegsähnliche Zustände führten in Lateinamerika lange Zeit zu häufigen Regierungswechseln. Damit war in vielen Fällen eine Umgestaltung der Wirtschaftspolitik und damit auch der rechtlichen Regelungen von Auslandsinvestitionen verbunden. Diese Rechtsunsicherheit wirkt sich negativ auf das Investitionsklima aus, da mit einer Änderung der Rechtsgrundlagen eine Geschäftstätigkeit unmöglich werden kann. Aus diesem Grund sind völkerrechtliche Investitionsschutzinstrumente, die einen bestimmten innerstaatlich zugesicherten Behandlungsstandard oder bestimmte Methoden der Streitbeilegung auch völkerrechtlich absichern, von besonderer Bedeutung für das Investitionsklima im Gaststaat. In dieser Arbeit wird die Haltung der lateinamerikanischen Staaten zu Auslandsinvestitionen untersucht. Betrachtet werden die Rechtsordnungen sowie die völkerrechtliche Praxis der elf Mitgliedstaaten der Latin American Free Trade Association (LAFTA)/Latin American Integration Association (LAIA):

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Einleitung

das sind die Mitgliedstaaten des Andenpaktes (ANCOM) Bolivien, Ecuador, Kolumbien, Peru und Venezuela, sowie Argentinien, Brasilien, Chile, Mexico, Paraguay und Uruguay. Die Entwicklung der lateinamerikanischen Staaten ist seit ihrer Unabhängigkeit zu Beginn des 19. Jahrhunderts von ausländischem Kapital zuerst aus Europa, seit Beginn dieses Jahrhunderts zunehmend aus den USA geprägt. Damit verbunden war die politische und wirtschaftliche Druckausübung vor allem der USA, die bestrebt waren, die Kontrolle über die rur sie wichtigen Rohstoffquellen in den lateinamerikanischen Staaten auszuüben. Da die südlichen Nachbarn militärisch unterlegen waren, versuchten sie sich mit ,juristischen Argumenten" dieser Einflußnahme zu erwehren. Die wohl bedeutsamste Entwicklung war in diesem Zusammenhang die Ca/va-Doktrin. In dieser wurden die Gleichheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Staaten betont. Daraus wurde abgeleitet, daß es kein Recht zur Einmischung in die Angelegenheiten anderer Staaten gebe und insbesondere auch fremden Staatsbürgern keine bessere Behandlung als Inländern zustehe, sondern diese Inländern völlig gleichgestellt seien. Deren Heimatstaaten haben auch nicht das Recht, zugunsten ihrer Staatsbürger zu intervenieren und einen besseren Behandlungsstandard zu fordern. Die Haltung der lateinamerikanischen Staaten gegenüber Auslandsinvestitionen wurde in den sechziger und siebziger Jahren massiv von der CalvoDoktrin beeinflußt. In dieser Zeit strebte man danach, mit der Wirtschaftspolitik des Protektionismus und der binnenorientierten Importsubstitutionspolitik die wirtschaftliche Unabhängigkeit der Staaten zu erreichen. Dabei spielten Auslandsinvestitionen, die im Dienste der nationalen Entwicklung eingesetzt werden sollten, eine wesentliche Rolle. Die Calvo-Doktrin wirkte sich sowohl in den nationalen Rechtsordnungen der Staaten als auch auf völkerrechtlicher Ebene aus. Die Investitionsgesetze dieser Zeit hatten einen stark regulierenden und kontrollierenden Charakter. Führend waren die Staaten des ANCOM, die mit einem gemeinsamen Investitionskodex auch die übrigen Staaten der LAFTAlLAIA beeinflußten. Auch die Enteignungen der Grundstoffindustrien und der Infrastrukturbetriebe in vielen lateinamerikanischen Staaten, von denen hauptsächlich in den USA beheimatete Unternehmen betroffen waren, fielen in diese Zeit. Völkerrechtliche Methoden der Streitbeilegung und völkerrechtliche Instrumente zum Investitionsschutz wurden abgelehnt. Statt dessen versuchte man, im Rahmen der Diskussionen um eine neue Weltwirtschaftsordnung die Calvo-Doktrin auch im universellen Völkerrecht durchzusetzen und die Industriestaaten völkerrechtlich zur Unterstützung der wirtschaftlichen Entwicklung der Entwicklungsländer zu verpflichten. Dies stieß jedoch auf breite Ablehnung der Industriestaaten.

Einleitung

15

Die restriktiven Investitionsgesetze und der mangelnde Schutz des Eigentums ausländischer Investoren fiihrten zum Ausbleiben von ausländischem Kapital. Nach der Schuldenkrise zu Beginn der achtziger Jahre, die das Scheitern der binnenorientierten Importsubstitutionspolitik bedeutete, wandten sich die lateinamerikanischen Staaten ab Mitte der achtziger Jahre einer neoliberalistischen Wirtschaftspolitik zu. Dies wirkte sich auch massiv auf die Auslandsinvestitionsgesetzgebung aus. Die meisten lateinamerikanischen Staaten haben zu Beginn der neunzig er Jahre neue Investitionsgesetze mit sehr liberalem Charakter erlassen. Auch der Investitionskodex des ANCOM wurde grundlegend liberalisiert. Auslandsinvestitionen werden nun uneingeschränkt gefördert und unterliegen kaum noch Beschränkungen. Die lateinamerikanischen Staaten sind zudem bereit, sich auch völkerrechtlich zur Gewährung eines bestimmten Behandlungsstandards und zum Schutz des Eigentums ausländischer Investoren zu verpflichten. Die meisten lateinamerikanischen Staaten schließen heute bilaterale Investitionsschutzabkommen ab und sind der ICSID- und der MIGAKonvention beigetreten. Die innerstaatlichen Regelungen entsprechen im großen und ganzen den völkerrechtlichen Standards der Behandlung von Auslandsinvestitionen. Ziel der Arbeit ist es zu untersuchen, inwieweit die Gesetzgebung und die völkerrechtliche Praxis der lateinamerikanischen Staaten in der Zeit des Protektionismus den Grundsätzen der Calvo-Doktrin und den auf universeller Ebene im Rahmen der Vereinten Nationen propagierten Vorstellungen einer neuen Weltwirtschaftsordnung tatsächlich entsprachen. Als Ausgangspunkt dient der Grundsatz der Inländergleichbehandlung, auf den alle Argumente der CalvoDoktrin letztlich ZUTÜckzufiihren sind. Weiters wird untersucht, ob und inwieweit diese Grundsätze der Calvo-Doktrin im aktuellen, von der neoliberalistischen Wirtschaftspolitik geprägten innerstaatlichen Recht noch vorhanden sind und ob das Verhalten der lateinamerikanischen Staaten auf völkerrechtlicher Ebene weiterhin Besonderheiten aufweist, die auf die Calvo-Doktrin schließen lassen. Als Maßstab für die Beurteilung der rechtlichen Regelungen von Auslandsinvestitionen werden die Guidelines der Weltbank, die den heute allgemein akzeptierten rechtlichen Standard für die Behandlung und den Schutz von Auslandsinvestitionen enthalten, herangezogen.

I. Auslandsinvestitionen und ihr völkerrechtlicher Schutz A. Definitionen, Abgrenzungen und Problemstellung 1. Auslandsinvestitionen a) Definition Unter einer Auslandsinvestition versteht man "the transfer of funds or materials from one country (called the capital exporting country) to another country (called the host country) to be used in the conduct of an enterprise in that country in return for a direct or indirect participation in the eamings of the enterprise".1 Investitionen sind "zielgerichtete, in der Regel langfristige Kapitalbindungen zur Erwirtschaftung zukünftiger autonomer Erträge".2 Im Falle einer Auslandsinvestition erfolgt diese Investition als internationale Kapitalbewegung, das heißt als Kapitaltransfer von einer Volkswirtschaft in eine andere. 3 Die Auslandsinvestition kann als Direktinvestition oder als Portfolioinvestition erfolgen. Daneben haben sich in den vergangenen Jahren zahlreiche neue Kooperationsformen zwischen Unternehmen (New Fonns 0/ Investment = NPI) entwickelt und zunehmend an Bedeutung gewonnen. Unter einer Direktinvestition4 versteht man eine langfristige Kapitalanlage, die als internationaler Kapitaltransfer durch einen privaten ausländischen Inve1 Riesen/eId, Foreign Investments, in: Bernhardt (Hrsg.), Encyc10pedia of Public International Law, Band 8, Amsterdam, New York, Oxford 1985, S. 246 ff, S. 246. 2 Arentzen/u.a. (Hrsg.), Gabler Wirtschaft Lexikon, 13. Auflage, Band 1 - 4, München 1992, Stichwort Investition. 3 Andere Formen internationaler Kapitalbewegungen sind etwa unentgeltliche Entwicklungshilfeleistungen, Auslandskredite usw. Begriff, Systematik und Überblick über Formen der internationalen Kapitalbewegungen, die jedoch im Rahmen dieser Arbeit nicht relevant sind, in: Albers/u.a. (Hrsg.), Handbuch der Wirtschaftswissenschaft, Band 4, Stuttgart, New York, Tübingen, Göttingen, Zürich 1978, Stichwort Kapitalbewegungen, internationale, S. 391 ff; Arentzen, Gabler Wirtschaft Lexikon, Stichwort internationale Kapitalbewegungen. 4 Für Direktinvestition frodet man in der Literatur auch die Bezeichnung Privatinvestition, private Direktinvestition, Auslandsinvestition, ausländische Direktinvestition. Dabei wird jeweils auf ein bestimmtes Unterscheidungsmerkmal im Vergleich zu anderen Formen von Auslandsinvestitionen abgestellt. Diese Begriffe werden häufig nicht exakt verwendet. Präziser ist der englische Begriff Foreign Direct Investment (FDI).

A. Definitionen, Abgrenzungen und Problemstellung

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stor unmittelbar im Gaststaat vorgenommen wird und deren Ziel die Erwirtschaftung von Gewinnen ist. Der Investor übt unmittelbaren Einfluß auf die unternehmerische Tätigkeit aus und trägt auch das unternehmerische Risiko. 5 Die Portfolioinvestition erfolgt über den internationalen Kapitalmarkt durch den Erwerb von Wertpapieren. Hier stehen die Anlageabsicht und der Kapitalertrag des Erwerbers im Vordergrund, seine Eigentumsanteile am Unternehmen schlagen sich nicht in der Unternehmensfiihrung nieder, das heißt er beabsichtigt keine unternehmerische Tätigkeit auszuüben. 6 Unter NFI versteht man Kooperationsformen zwischen Unternehmen, die sich seit Beginn der siebziger Jahre in verschiedensten Formen entwickelt und immer mehr an Bedeutung gewonnen haben. 7 Dazu zählen etwa Lizenzverträge, Managementverträge, Serviceverträge oder Turnkey-Verträge. 8 Bei NFI handelt es sich um den Transfer von Technologie oder Dienstleistungen ins Ausland, das heißt das Unternehmen im Gaststaat bezieht Leistungen von einem ausländischen Unternehmen, die es selbst nicht erbringen kann. Dies ist bei Lizenz-, Service- oder Turnkey-Verträgen das technische, bei Managementverträgen das kaufinännische Know-how. Die NFI haben sich als Zwischenform zwischen dem internationalen Handel, dessen Hauptzweck im Austausch von Waren besteht, und der Direktinvestition, deren Charakteristikum die Unternehmensfiihrung im Gaststaat ist, herausgebildet. 9 NFI sind also entsprechend der Interes5 Vgl. IMF(Hrsg.), IMF Balance of Payment Manual, 4. Auflage, Washington 1977, Paragraph 408: ,,FD! = investment that is made to acquire a lasting interest in an enteIprise operating in an economy other than that ofthe investor, the investor's pUIpose being to have an effective voice in the management of the enterprise." (zitiert nach Warld Bank, Report to the Development Committee on the Legal Framework for the Treatment ofForeign Investment, in: Warld Bank Group (Hrsg.), Legal Framework for the Treatment of Foreign Investment, Band 2: Guidelines, Washington 1992, S. 9 ff, s. 14, dort FN 14); s. auch Sornarajah, The International Law on Foreign Investment, Cambridge 1994, S. 4: ,,Foreign investment [gemeint ist hier FD!, Anmerkung der Autorin1 involves the transfer of tangible or intangible assets from one country into another for the PUIpose of use in that country to generate wealth under the total or partial control ofthe owner ofthe assets." 6 S. Jahrreiß, Zur Theorie der Direktinvestitionen im Ausland, Berlin 1984, S. 26; Riesen/eid, S. 246; Arentzen, Gabler Wirtschaft Lexikon, Stichwort Portfolioinvestitionen; Somarajah, Foreign Investment, S. 4 f 7 Oman, New Forms of Investment in Developing Country Industries: mining, petrochemicals, automobiles, textiles, food, Paris 1984, S. 10 ff; Pollack, Neue Fonnen internationaler Unternehmenszusamrnenarbeit ohne Kapitalbeteiligung, München, Köln, London 1982, S. 59 ff 8 Unter Tumkey-Verträgen versteht man Verträge, die die Errichtung schlüsselfertiger Anlagen zum Vertragsinhalt haben. Einen Überblick und die Beschreibung der unterschiedlichen Kooperationsfonnen fmdet man bei Pollack, S. 18 ff, insbesondere S. 23 ff; Oman, S. 33 ff; Entwicklung: Gramlich, Rechtsgestalt, Regelungstypen und Rechtsschutz bei grenzüberschreitenden Investitionen, Baden-Baden 1984, S. 352 ff. 9 Zur Abgrenzung s. Pollack, S. 60.

=

2 Zagel

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I. Auslandsinvestitionen und ihr völkerrechtlicher Schutz

senlage des ausländischen Partners den Direktinvestitionen oder den Handelsbeziehungen zuzuordnen, je nachdem ob die Absicht des Investors mehr im Verkauf seiner Leistungen oder mehr in der Mitbestimmung im Unternehmen und in der Gewinnbeteiligung liegt. Die NFI nähern sich jedoch immer mehr den Direktinvestitionen an und werden daher auch als "vertragliche Direktinvestitionen"lo bezeichnet. Kennzeichnend fiir NFI ist, daß sich ein ausländischer Investor an einem Unternehmen oder Projekt im Gaststaat beteiligt, die Finanzierung jedoch ganz oder zum Teil durch das Unternehmen im Gaststaat erbracht wird. Damit kommt die ausländische Beteiligung nicht in den Eigentumsverhältnissen des Unternehmens zum Ausdruck, sodaß die Kontrolle aufgrund der Unternehmensanteile in der Hand des Gaststaates liegt. Häufig wird jedoch die faktische Kontrolle durch den ausländischen Investor ausgeübt, womit NFI weitgehend dieselben Merkmale wie Direktinvestitionen aufweisen. Durch die unterschiedliche Motivation fiir den Kapitaleinsatz ergeben sich einige charakteristische Merkmale, die Direktinvestitionen und Portfolioinvestitionen unterscheiden. 11 Das wesentliche Kriterium fiir das Vorliegen einer Direktinvestition ist die Absicht des Investors, unmittelbar an der Geschäftstätigkeit des Unternehmens mitzuwirken. Diese Mitwirkung kann von der Beratung bis zur Führung des Unternehmens reichen. 12 In den Richtlinien von OECD und IMF wird ab einer Kapitalbeteiligung von 25% eine Direktinvestition angenommen. 13 Bei NFI sind die Kontroll- und Mitspracherechte abhängig von der vertraglichen Vereinbarung. Diese Abgrenzung hat vor allem statistischen Wert im Hinblick auf die Erfassung in der Zahlungsbilanz. Entscheidend fiir das Vorliegen einer Direktinvestition ist, daß beim Investor die Kontrollabsicht1 4 besteht, er also die Absicht hat, auf das Unternehmen Einfluß zu nehmen und Investitionsentscheidungen zu treffen sowie an einem reibungslosen Ablauf der Geschäfte interessiert ist. Bisweilen ist dies auch nur ein faktischer Einfluß, etwa im Falle von NFI, wo der ausländische Investor das zur Produktion nötige Know-how besitzt und das Unternehmen von diesen Kenntnissen abhängt.15 Bei 10 Schaufelberger, La protection juridique des investissernents internationaux dans les pays en developpernent, Zürich 1993, S. 56. 11 Für viele Scheibach, Importrelevante Investitionsauflagen und das GAIT, Frankfurt 1992, S. 10. 12 Patzina, Rechtlicher Schutz ausländischer Privatinvestoren gegen Enteignungsrisiken in Entwicklungsländern, Heidelberg, Hamburg 1981, S. 12. 13 lüftner, Förderung und Schutz deutscher Direktinvestitionen in Entwicklungsländern, Baden-Baden 1975, S. 40; Scheibach, S. 10. 14 lahrreiß, S. 26; Scheibach, S. 11; Schaufelberger, S. 57. 15 Beyer, Der diplomatische Schutz der Aktionäre im Völkerrecht, Baden-Baden 1977, S. 21.

A. Definitionen, Abgrenzungen und Problemstellung

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Portfolioinvestitionen ist hingegen nur das Anlagemotiv ausschlaggebend, der Investor hat im allgemeinen kein Interesse an der Mitwirkung bei der Geschäftsfiihrung. Dennoch kann auch hier der Einfluß des Investors vorhanden sein, etwa wenn ein Großteil der Aktien in der Hand eines Anlegers vereint ist und dieser somit gewisse Mitspracherechte bekommt. Mit der Unternehmensführung und der Beteiligung am Erfolg ist natürlich auch die Übernahme des unternehmerischen Risikos und die Verantwortung für Mißerfolge verbunden. Dieses Risiko ist bei Direktinvestitionen größer als bei Portfolioinvestitionen. Bei Direktinvestitionen ist der Investor im Gaststaat durch die Gründung eines Unternehmens oder die Beteiligung an einem bestehenden Betrieb zahlreiche Verpflichtungen eingegangen. Es besteht durch die Mitwirkung an der Unternehmensfiihrung auch ein stärkeres Interesse an einer reibungslosen Abwicklung der Geschäfte. Das Bedürfuis nach Rechtsschutz und Rechtssicherheit ist in diesen Fällen sowohl beim Investor als auch beim Heimatstaat ausgeprägter vorhanden. 16 Bei Portfolioinvestitionen hingegen trägt der Investor nur das Zinsrisiko und das Risiko der Bonität, das heißt der Zahlungsfähigkeit des Unternehmens. 17 Dies ist jedoch bedeutend geringer, da es sich meist um kleinere Beträge handelt und Portfolioinvestitionen kurzfristig reversibel sind. Neben diesem Hauptkriterium gibt es weitere Unterscheidungsmerkmale zwischen Direktinvestitionen und Portfolioinvestitionen. Direktinvestitionen erfolgen direkt im Gaststaat, also nicht wie die Portfolioinvestition über den internationalen Kapitalmarkt (daher auch die Bezeichnung Direktinvestition). Da die Direktinvestition mit einer Unternehmensgründung oder -beteiligung verbunden ist, ist sie im Gegensatz zu Portfolioinvestitionen längerfristig konzipiert. Das Unternehmen geht im Rahmen der Geschäftstätigkeit zahlreiche Verpflichtungen ein, die auf Dauer angelegt sind und aus denen sich der Investor als Entscheidungsträger nicht ohne weiteres zurückziehen kann. Dazu zählen etwa vertragliche Bindungen durch Aufträge, Kredite zur Finanzierung des Unternehmens oder arbeitsvertragliche Verpflichtungen. Zudem verfolgen die Investoren häufig eine langfristige Investitionspolitik und Gewinne stellen sich erst nach einigen Jahren der Geschäftstätigkeit ein. Im Gegensatz dazu sind Portfolioinvestitionen kurzfristig reversibel und mit keinerlei sonstigen Verpflichtungen verbunden. Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal liegt in der Person des Investors. Zwar werden beide Arten von Auslandsinvestitionen von privater Hand vorge-

V gl. dazu Sornarajah, Foreign Investment, S. 5 f. Kebschulllu.a., Wirkungen von Privatinvestitionen in Entwicklungsländern, Baden-Baden 1980, S. 17; Pollack, S. 61. 16

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2'

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I. Auslandsinvestitionen und ihr völkerrechtlicher Schutz

nommen,18 bedingt durch die verschiedenen Beweggründe fiir die Investition handelt es sich jedoch bei Portfolioinvestitionen meist um Einzelpersonen, die einen gewissen Betrag anlegen wollen, während Direktinvestitionen von Unternehmen vorgenommen werden, die sich zu einer Geschäftstätigkeit im Ausland entschlossen haben, womit auch ein entsprechend größerer Kapitaleinsatz verbunden ist. Die Direktinvestition kann in verschiedenen Formen vorgenommen werden. 19 Sie kann in der Gründung oder Übernahme eines Unternehmens bestehen. Weiters gibt es die Möglichkeit der Beteiligung an einem bestehenden Unternehmen oder der Gründung eines Unternehmens mit einem heimischen Investor. Diese Investitionsformen werden auch als Joint Ventures 20 bezeichnet. Die Form des Unternehmens ist einerseits abhängig von den Konstruktionen, die die Rechtsordnung des Gaststaates zuläßt, andererseits von der Investitionsstrategie und dem Internationalisierungsgrad des ausländischen Unternehmens. 21 Als Investitionsbeitrag ist jede "Verausgabung finanzieller Mittel fiir die Beschaffung aller konkreten Werte, derer ein Betrieb im Rahmen seiner wirtschaftlichen Tätigkeit bedarf',22 anzusehen. Es wird also von einem sehr weiten Investitionsbegriff ausgegangen, der jede kapitalisierbare, in einem Unternehmen notwendige Leistung umfaßt. Dies sind einerseits fmanzielle Mittel und Sachkapital, wie Grund, Gebäude, Maschinen, aber auch Know-how, Technologie sowie betriebswirtschaftliches Wissen, Managementkenntnisse und alle sonstigen zur Führung eines Unternehmens notwendigen Elemente. Charakteristisch fiir Direktinvestitionen ist die Einbringung eines "Paketes von Kapital, Know-how und Managementleistung".23 18 Daher ist auch der BegriffPrivatinvestition gebräuchlich, vgL Patzina, S. 11. Eine staatliche Beteiligung am Unternehmen schadet nicht. Von öffentlicher Hand wurden Auslandsinvestitionen vor allem durch die verstaatlichten Unternehmen der ehemals sozialistischen Staaten vorgenommen. Aber auch öffentliche Unternehmen der marktwirtschaftlichen Staaten investieren im Ausland, jedoch oft aus Beweggründen, die nicht nur in der Gewinnerwirtschaftung liegen, etwa Motive der Entwicklungshilfe. Auch wenn der investierende Staat privatwirtschaftlich handelt und somit fUr ihn die gleichen Rechte und Pflichten wie für private Unternehmer gelten, stehen sich bei diesen Transaktionen zwei Völkerrechtssubjekte gegenüber, sodaß die Anwendung von völkerrechtlichen Instrumenten zur Streitbeilegung ohne weiteres möglich ist. Zu Staaten als Auslandsinvestoren vgL Gramlich, S. 150 ff; Sarnarajah, Foreign Investment, S. 53 ff 19 Arentzen, Gabler Wirtschaft Lexikon, Stichwort Direktinvestition. 20 VgL Arentzen, Gabler Wirtschaft Lexikon, Stichwort Joint Venture. 21 Zu den Internationalisierungsstrategien eines Unternehmens s. Jahrreiß, S. 36 f; zu den Rechtsfonnen s. Braun, Die Theorie der Direktinvestition, Köln 1988, S. 13 ff. 22 Pack, Betriebliche Investition - Begriff - Funktion - Bedeutung - Arten, Wiesbaden 1959, S. 83 (zitiert nach Jütfner, S. 38). 23 V gl. Warld Bank Graup, Development Committee, Guidelines on the Treatment of Foreign Direct Investment, 21.9.1992, II.1., in: Warld Bank Graup (Hrsg.), Legal

A. Definitionen, Abgrenzungen und Problemstellung

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b) Geschichte und Entwicklung der Auslandsinvestitionen

Die Entwicklung und Bedeutsamkeit von Auslandsinvestitionen begann Mitte des 19. Jahrhunderts. 24 Internationale Wirtschaftsbeziehungen gab es zwar schon früher, diese beschränkten sich jedoch auf Handelsbeziehungen oder Investitionen in den Kolonien, die unter der Hoheit der Heimatstaaten der Investoren standen, womit die Probleme des Rechtsschutzes für den Investor und sein Eigentum im Ausland entfielen. 25 Wirtschaftliche Bedeutung erlangten Auslandsinvestitionen erst ab Mitte des 19. Jahrhunderts im Zuge der Industriellen Revolution. Auslandsinvestitionen boten eine Möglichkeit, sowohl neue Rohstoffquellen als auch neue Absatzmärkte zu erschließen. Führend waren zu dieser Zeit Großbritannien und die europäischen Industriestaaten. Seit Anfang des 20. Jahrhunderts nahmen Auslandsinvestitionen aus den USA mehr und mehr zu. Nach den beiden Weltkriegen lagen sie an der Spitze, da die europäischen Industriestaaten schwere V erluste hinnehmen mußten, während die Auslandsinvestitionen der amerikanischen Investoren weitgehend unbeschädigt geblieben waren und sogar expandierten. 26 Diese Führungsposition wurde weiter ausgebaut und ist bis heute unumstritten. 27 Ab Mitte der fünfziger Jahre begannen Unternehmen aus den europäischen Industriestaaten und aus Japan mit vermehrten Aktivitäten im Bereich der Auslandsinvestitionen. Seit einigen Jahren sind auch in Schwellen- und Entwicklungsländern multinationale Unternehmen beheimatet, z.B. in der Republik Korea, Venezuela und Mexico. 28 Deren Anteil an den Direktinvestitionen ist weltweit gesehen jedoch sehr gering. 29 Führend ist heute die Triade USA - EuropäiFramework for the Treatment of Foreign Investment, Band 2: Guidelines, Washington 1992, S. 35 ff; s. auch Pollack, S. 61; Oman, S. 17. 24 Eine ausführliche Darstellung der Entwicklung der Auslandsinvestitionen fmdet man bei GramIich, S. 61 ff 25 Fischer, Some Recent Trends and Developments in the Law of Foreign Investment, in: Böckstiegel/u.a. (Hrsg.), Völkerrecht, Recht der Internationalen Organisationen, Weltwirtschaftsrecht, Festschrift für Ignaz Seidl-Hohenveldem, Köln, Berlin 1988, S. 95 ff, S. 98; Gramlich, S. 61 f; Sornarajah, Foreign Investment, S.9 f; Riesen/eid, S. 246; zur Geschichte der internationalen Kapitalbewegungen allgemein, s. Albers, Handbuch der Wirtschaftswissenschaft, Stichwort Kapitalbewegungen internationale, S. 378 ff. 26 Gramlich, S. 66 ff. 27 UNCTAD (Hrsg.), World Investment Report 1997, Transnational Corporations, Market Structure and Competition Policy, New York, Geneva 1997, S. 41 ff 28 Gramlich, S.81; vgl. Tabelle in UNCTAD, World Investment Report 1997, S. 29 ffund S. 32 f. 29 Braun, S. 32 ff; s. auch UNCTAD, World Investment Report 1997, S. 34 und Tabellen, S. 35.

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1. Auslandsinvestitionen und ihr völkerrechtlicher Schutz

sche Union (vor allem Großbritannien, aber auch Deutschland und Frankreich) _ Japan. 3D Auch bezüglich der Gaststaaten bietet sich seit dem Zweiten Weltkrieg ein ähnliches Bild. Der Großteil der Auslandsinvestitionen fließt seit jeher in Industriestaaten, Entwicklungsländern kommt ein im Vergleich nur geringer Anteil zu. Während der Kapitalfluß in die Entwicklungsländer im Verhältnis zu den Industriestaaten bis in die achtziger Jahre sank,l1 ist seit Mitte der neunziger Jahre für beide Ländergruppen ein gleichmäßiges Ansteigen ausländischer Direktinvestitionen zu verzeichnen. Innerhalb der Entwicklungsländer sind die Direktinvestitionen auf wenige Staaten konzentriert. Sie gehen vor allem nach Südostasien und Lateinamerika, während in die least developed countries in Afrika kaum Direktinvestitionen erfolgen. 32 Hinsichtlich der Investitionsarten wurde im vergangenen Jahrhundert und zu Beginn dieses Jahrhunderts noch nicht genau zwischen Direkt- und Portfolioinvestitionen differenziert. Detaillierte Aufzeichnungen gibt es erst seit der Gründung von IMF und Weltbank. Die Auslandsinvestitionen aus europäischen Industriestaaten fanden großteils in Form von Portfolioinvestitionen statt. Im Gegensatz dazu führten Unternehmen aus den USA durchwegs Direktinvestitionen durch. 33 Portfolioinvestitionen gab es vor allem in den Bereichen des Transportwesens und der Auslandsanleihen, Direktinvestitionen im Rohstoffabbau (Öl, Bergbau) und in der Plantagenwirtschaft. 34 Nach den Erfahrungen im Ersten Weltkrieg, wo insbesondere Portfolioinvestitionen der Inflation und der Feindvermögensgesetzgebung zum Opfer fielen, während Direktinvestitionen durch die direkte Kontrolle im Land resistenter waren,35 begann eine rasante Entwicklung der Direktinvestitionen. Dies war bereits in der Zwischenkriegszeit zu erkennen. Nach dem Zweiten Weltkrieg dominierte die Form der Direktinvestition endgültig. 36 Das Betätigungsfeld ausländischer Investoren verlagerte sich von den Primärindustrien mehr und mehr in den Bereich des verarbeitenden Sektors. 37 30 UNCTAD, World Investment Report 1997, Tabelle S.5 und S. 41 ff; OECD (Hrsg.), Internationale Direktinvestitionen, Politik und Trends der 80er Jahre, Paris 1992, S. 14. 31 UNCTAD (Hrsg.), World Investment Report 1996, Investment, Trade and international Policy Arrangements, New York, Geneva 1996, Tabelle S. 4; Gramlieh, S.79; Braun, S. 34 ff 32 Vgl. UNCTAD, World Investment Report 1997, S. 8 fund irnDetail S. 52 ff. 33 Riesenfeld, S. 246; Gramlieh, S. 64 f. 34 Gramlieh, S. 65. 35 Gramlieh, S. 68 f 36 Gramlieh, S. 77; Riesenfeld, S. 246. 37 Braun, S. 36.

A. Definitionen, Abgrenzungen und Problemstellung

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Das rasche Wachstum während der fiinfziger und sechziger Jahre fiihrte zu einer Diskussion um wirtschaftliche Souveränität und Selbstbestimmung. 38 Initiiert wurde diese Debatte von der Gruppe der Entwicklungsländer, die sich nach der Dekolonialisierung herausbildete. Diese Staatengruppe empfand die Expansion der multinationalen Unternehmen aus den Industriestaaten als Form der wirtschaftlichen Kolonialisierung. So wurde die Haltung gegenüber ausländischem Kapital in den Entwicklungsländern restriktiver. Zahlreiche Beschränkungen fiir fremde Investoren sollten die ausländische Kontrolle der heimischen Industrie verhindern. Parallel dazu entwickelten sich NPI, bei denen man nicht im Land vorhandene Technologie und Know-how aus dem Ausland bezog, die Kontrolle über die nationalen Industrien und Rohstoffe jedoch in der Hand inländischer Unternehmen bleiben sollte. Finanziert wurden die Projekte durch die Aufnahme von Krediten auf dem internationalen Finanzmarkt. Während die wirtschaftliche Entwicklung in den siebziger Jahren mit Hilfe der ausländischen Kredite florierte, kam es jedoch Mitte der siebziger Jahre aufgrund der Weltwirtschaftskrise zu einem Sinken der Nachfrage nach Rohstoffen auf dem Weltmarkt. Dies fiihrte zu einem Verfall der Rohstoffpreise und damit verbunden zu sinkenden Erlösen fiir Rohstoffexporte. Dadurch konnten die für NPI eingegangenen internationalen Kreditverpflichtungen bald nicht mehr finanziert werden. Dies löste die Schuldenkrise aus, die zu Beginn der achtziger Jahre ihren Höhepunkt erreichte. Da aufgrund der wirtschaftlichen Turbulenzen Auslandsinvestitionen in den Entwicklungsländern in den achziger Jahren rapide abnahmen, waren die Entwicklungsländer gezwungen, einen liberaleren Standpunkt gegenüber ausländischen Investitionen einzunehmen. Dies geschah nicht nur durch eine Liberalisierung der nationalen Investitionsgesetze, sondern auch durch die zunehmenden Abschlüsse völkerrechtlicher Verträge zum Investitionsschutz, womit das Investitionsklima positiv beeinflußt wurde. 39 Seit Ende der achtziger Jahre ist nun ein stetiges Ansteigen von Direktinvestitionen zu verzeichnen. Dieser Trend verstärkte sich in der ersten Hälfte der neunziger Jahre und hält unvermindert an. 40 Interessant ist, daß nicht nur die Kapitalzuflüsse in die Entwick1ungsländer zunehmen, sondern auch zunehmend Multinationale Unternehmen in Entwicklungsländern beheimatet sind41 und damit diese Ländergruppe auch vermehrt Quelle ausländischer Direktinvestitionen ist.

Vgl. dazu Kapitel 1I.C., S. 77 ff. Vgl. UNCTAD, World Investment Report 1997, S. 18 ff. 40 UNCTAD (Hrsg.), World Investment Report 1993, Transnational Corporations and Integrated Internal Production, New York 1993, Tabellen S. 14 und 16 sowie UNCTAD, World Investment Report 1997, S. 1 ff. 41 UNCTAD, World Investment Report 1997, Tabelle S. 32 f. 38 39

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I. Auslandsinvestitionen und ihr völkerrechtlicher Schutz

c) Die Theorie der Direktinvestition

Die Theorie der Direktinvestition ist eine wirtschaftswissenschaftliche TeiIdisziplin, die sich mit dem Phänomen der Direktinvestition beschäftigt. Gegenstand der Untersuchungen bilden hauptsächlich die Beweggrunde der Investoren fiir die Vornahme von Direktinvestitionen aus makro- und mikroökonomischer Sicht sowie die Auswirkungen von Direktinvestitionen auf eine Volkswirtschaft. Diese Erkenntnisse dienen als Basis fiir die theoretische Wirtschaftspolitik, die Strategien und Maßnahmen zur Erreichung wirtschaftlicher Ziele entwickelt. Da sich diese Erkenntnisse in den rechtlichen Instrumenten zur Regelung von Auslandsinvestitionen niederschlagen, werden zum besseren Verständnis die wichtigsten Theorien kurz dargestellt. 42 Das Phänomen der Direktinvestition hat sich aus dem internationalen Handel entwickelt und wird volkswirtschaftlich als internationale Faktorbewegung erklärt. Darunter versteht man den Transfer von Produktionsfaktoren, Z.B. Kapital oder Know-how, von einer Volkswirtschaft in eine andere. Dies wirkt sich auf die Standorte der internationalen Produktion und auf den internationalen Handel aus. 43 Da statt dem Import und Export von Gütern die Produktionsfaktoren ins Ausland verlagert werden, wirken Direktinvestitionen importsubstituierend. Die Theorien, die zur Erklärung der Direktinvestition entwickelt wurden, konzentrieren sich jeweils auf unterschiedliche Gesichtspunkte. Es sind dabei unternehmens-, branchen-, ursprungs- und ziellandspezifische Faktoren zu berücksichtigen. Eine ausgereifte und in sich geschlossene Theorie gibt es bis heute noch nicht, da das Phänomen der Direktinvestition relativ neu ist und die herkömmlichen Theorien die vielschichtigen Problemkreise nicht zu erfassen vermögen. 44 Im folgenden werden die wichtigsten Theorien dargestellt;45 Nach der Theorie des internationalen Handels wird die Entstehung von Direktinvestitionen dadurch erklärt, daß die Versorgung des ausländischen Marktes durch die Produktion im Ausland günstiger ist als durch Exporte. Der Transfer von Produktionskapital bringt also Kostenvorteile gegenüber dem Transfer von Gütern. 46

42 Die möglichen Auswirkungen auf die Volkswirtschaft des Gaststaates und des Heimatstaates werden in Kapitel I.A.3., S. 29 ffund I.A.4., S. 32 fkurz dargestellt. 43 Jahrreiß, S. 17 ff. 44 Braun, S. 3, S. 340 ff; Jahrreiß, S. 40 ff. 45 Umfassende Werke zur Theorie der Direktinvestition: Jahrreiß, Zur Theorie der Direktinvestitionen im Ausland, Berlin 1984; Braun, Die Theorie der Direktinvestition, Köln 1988. 46 Jahrreiß, S. 54 ff; Scheibach, S. 24 ff.

A. Definitionen, Abgrenzungen und Problemstellung

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Die Standorttheorie47 führt Direktinvestitionen darauf zurück, daß im Gaststaat geeignetere Standortfaktoren48 als im Heimatstaat des Investors vorherrschen. Es ist hierbei zwischen objektiven und subjektiven Standortfaktoren zu unterscheiden. Die objektiven Standortfaktoren setzen sich aus den allgemeinen politischen, wirtschaftlichen und rechtlichen Gegebenheiten im Gaststaat zusammen, die alle Investoren betreffen, während die subjektiven Standortfaktoren aus den unternehmens- und branchenspezifischen Anforderungen des Investors an den Gaststaat bestehen und für jede Direktinvestition anders sind. Die Industrial-Organization-Theorie erklärt die Direktinvestition damit, daß das ausländische Unternehmen über unternehmensspezifische Wettbewerbsvorteile verfugt, die an das Unternehmen gebunden sind und durch den Standort kaum beeinflußt werden. Diese Wettbewerbsvorteile kommen bei einer Direktinvestition gegenüber den Unternehmen des Gaststaates zum Tragen. Solche Faktoren sind etwa Immaterialgüterrechte, eine bestimmte Unternehmensgröße oder technisches Know-how. 49 Die Theorie der Unternehmung oder Theorie der Internalisierung geht davon aus, daß Märkte und Unternehmen alternative Organisationsformen zum Austausch von Leistungen und Produkten sind. Die Motivation des Investors liegt in Wettbewerbsvorteilen, die die Direktinvestition gegenüber den Exporten bietet. Diese Wettbewerbsvorteile liegen in der Internalisierung des Marktes, das heißt die Transaktionskosten des unternehmensinternen Transfers sind geringer als die am externen Markt. Die damit verbundenen Vorteile sind z.B. die Verfugbarkeit von Know-how, Informationsvorsprünge und auch eine gewisse Unabhängigkeit vom externen, durch den von Angebot und Nachfrage bestimmten Preismechanismus gesteuerten Markt. Oie Alternativen Export oder Direktinvestition werden vom Unternehmen entsprechend den Transferkosten beurteilt. 50 Die bisher umfassendste und schlüssigste Erklärung ist die eklektische Theorie der internationalen Produktion, die Aspekte der verschiedenen Theorieansätze berücksichtigt. 51 Insbesondere werden Ansätze der Standorttheorie, der Theorie der Internationalisierung und der Industrial-Organization-Theorie herangezogen, das heißt es kommt auf Standortbedingungen, Wettbewerbsvorteile, die das Unternehmen gegenüber Unternehmen des Gaststaates besitzt und auf die Möglichkeit der Internalisierung unternehmensspezifischer Vorteile an. Bei der individuellen Analyse jeder Direktinvestition werden unternehmens-, bran47 48 49 50 51

lahrreiß, S. 93 ff; Braun, s. 282 ff; Scheibach, S. 27 ff. Eine ausführliche Auflistung von Standortfaktoren findet sich bei Braun, S. 302 f. Scheibach, S. 32. Vgl. ausführlich lahrreiß, S. 54 ff; Braun, S. 165 ff. lahrreiß, S. 259; Scheibach, S. 23; Braun, S. 324 ff; Gramlieh, S. 101.

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I. Auslandsinvestitionen und ihr völkerrechtlicher Schutz

chen-, ursprungs- und ziellandbezogene Faktoren untersucht, die dann kombiniert eine Gesamtaussage ergeben. 52 Wesentlich an der Darstellung dieser Theorien ist die Erkenntnis, daß al1 diese Faktoren, die Entscheidungsgründe für Direktinvestitionen darstellen, durch wirtschaftspolitische Maßnahmen beeinflußt werden können. Dies kann durch die Gestaltung des Wirtschafts systems, der Investitionsgesetzgebung, des Steuersystems, der Zölle oder sonstiger Handelshemmnisse geschehen, die investitionsfördernd oder investitionshemmend wirken. Gaststaaten können folglich entsprechend der wirtschafts- und entwicklungspolitischen Zielsetzung Direktinvestitionen fördern oder beschränken. Problematisch ist allerdings, wie bei der Betrachtung der makro- und mikroökonomischen Erklärungsansätze deutlich wird, daß die entwicklungspolitischen Ziele der Gaststaaten und die investitionspolitischen Ziele der Unternehmer in vielen Bereichen schwer zu koordinieren sind.

2. Der Investor Der Großteil aller Direktinvestitionen weltweit wird durch multinationale Unternehmen vorgenommen. Deren Zunahme ist parallel zum Anwachsen der Direktinvestitionen nach dem Zweiten Weltkrieg zu beobachten. Erst mit der sich ausweitenden Internationalisierung der Wirtschaft werden etwa seit Mitte der achtziger Jahre auch von K.lein- und Mittelunternehmen Direktinvestitionen vorgenommen, die im Vergleich zu den Beträgen, die multinationale Unternehmen investieren, jedoch verschwindend gering sind. 53 Die meisten multinationalen Unternehmen sind in Industriestaaten beheimatet, allen voran in den USA, gefolgt von den Staaten der Europäischen Union (insbesondere Großbritannien, Deutschland und Frankreich) und Japan. 54 Seit den achtziger Jahren entstehen jedoch auch in anderen Staaten und seit den neunziger Jahren zunehmend auch in Entwicklungsländern multinationale Unternehmen. 55 Mitte der neunziger Jahre gab es 44.000 multinationale Unternehmen mit 280.000 ausländischen Niederlassungen. 56 V gl. die Darstellung bei Jahrreiß, S. 263 ff. Kebschull, S. 20; Scheibach, S. 16; s. auch UNCTAD, World Investment Report 1997, S. 28. 54 UNCTAD, World Investment Report 1997, S. 34, sowie Tabelle S. 30 ff, in der die hundert größten multinationalen Unternehmen angeführt sind. 55 Vgl. die Tabelle in UNCTAD, World Investment Report 1997, S. 32 f, in der die fünfzig größten in Entwicklungsländern beheimateten Multinationalen Unternehmen angeführt sind. 56 UNCTAD, World Investment Report 1997, S. 1. 52

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A. Definitionen, Abgrenzungen und Problemstellung

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Unter einem multinationalen Unternehmen versteht man nach der Defmition der OECD "companies or entities whose ownership is private, state or mixed, established in different countries and so linked that one or more of them may be able to exercise a significant influence over the activities of others and, in particular, to share knowledge and resources with the others. ,,57 Wesentlich ist demnach, daß ein Unternehmen eine gewisse Größe hat,58 in mehreren Staaten die Kontrolle über Unternehmen ausübt und eine Organisations einheit in bezug auf die Unternehmensstrategie, technisches Know-how, Vertrieb usw. bildet. 59 Damit wird deutlich, daß Direktinvestitionen und multinationale Unternehmen in unmittelbarem Zusammenhang stehen. Ein Unternehmen besitzt verschiedene Möglichkeiten, mit dem Ausland Wirtschaftsbeziehungen aufzunehmen, etwa durch Export, Lizenzvergabe oder Auslandsinvestitionen. 60 Ein Unternehmen wird allerdings erst durch Direktinvestitionen, also Unternehmensgründungen oder -beteiligungen in einem anderen als dem Heimatstaat, zum multinationalen Unternehmen. Dies stellt die letzte Stufe der Internationalisierung einer Unternehmung dar. 61 Für die Vornahme einer Direktinvestition, also die Produktionsverlagerung eines Unternehmens ins Ausland, gibt es verschiedene Beweggründe. Man unterscheidet gemäß den Motiven des Investors generell zwischen absatzorientierten und beschaffungsorientierten Investitionen. 62 Im ersten Fall kommt es dem Unternehmer auf die Erhaltung oder Erschließung eines Marktes an. Im zweiten Fall ist bei der Standortwahl die Beschaffung von Produktionsfaktoren, also Arbeitskräfte oder Rohstoffe, ausschlaggebend.

57 OECD, Dec1aration on International Investment and Multinational Entel1'rises, Annex I: Guidelines for Multinational Entel1'rises, Z. 8, 21.6.1976, in: OECD (Hrsg.), The OECD Declaration and Decisions on International Investment and Multinational Entel1'rises, 1991 Review, Paris 1992, S. 101 ff; vgl. auch UNCTC (Hrsg.), United Nations Code ofConduct on Transnational Corporations, London, Norwelll988, S. 8. 58 Damit man von einem multinationalen Unternehmen sprechen kann, ist ein Jahresumsatz von mindestens 100 Millionen US $ notwendig, s. Wildhaber, Multinationale Unternehmen und Völkerrecht, in: Berichte der Deutschen Gesellschaft für Völkerrecht, Band 18, Internationalrechtliche Probleme multinationaler K0l1'orationen, Heidelberg, Karlsruhe 1978, S. 7 ff, S. 14. Erst ab dieser Größe wird angenommen, daß das Unternehmen genügend Macht besitzt, die Wirtschaft eines Landes zu beeinflussen und treten die Probleme funktioneller Staatlichkeit auf; vgl. dazu auch Kapitel I.C., S. 37. 59 Wildhaber, S. 7 ff, S. 13 fT. 60 Jahrreiß, S. 36 f bietet einen Überblick über die Internationalisierungsstrategien eines Unternehmens. 61 Der Internationalisierungsgrad eines Unternehmens läßt sich nach bestimmten Kriterien beurteilen, z.B. dem ausländischen Anteil an der Produktion, dem Kapital, dem Umsatz oder den Arbeitskräften, dazu Jahrreiß, S. 32. 62 Scheibach, S. 17; Kebschull, S. 21.

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I. Auslandsinvestitionen und ihr völkerrechtlicher Schutz

Der Unternehmer ist bei all seinen Tätigkeiten vom ökonomischen Prinzip gelenkt, das heißt er trifft alle seine Entscheidungen nach dem Prinzip der Gewinnmaximierung und des möglichst geringen Aufwandes fiir maximalen Erfolg. 63 Auch bei seinen Investitionsentscheidungen geht der Unternehmer von diesem Prinzip aus. Eine Investition nimmt der Unternehmer also nur vor, wenn die Aussicht besteht, daß sie ihm langfristig gesehen Gewinn bringt. Zudem müssen Vorteile gegenüber einer Investition im Heimatstaat gegeben sein. Für multinationale Unternehmen sind jedoch häufig auch andere Faktoren von Bedeutung, da Direktinvestitionen fiir sie einen Teil ihrer Wachstums- und Internationalisierungsstrategie darstellen, so daß das Ertragsmotiv in diesem Fall in den Hintergrund treten kann. 64 Solche Beweggründe sind etwa Rohstoffsicherung, Marktnähe oder Umgehung von protektionistischen Politiken durch den direkten Zugang zum Markt. 65 Es sind also marktbezogene Faktoren, Handeishemmnisse, Kostenfaktoren und das Investitionsklima allgemein ausschlaggebend fiir eine Investitionsentscheidung. Da der Aufwand einer Produktionsverlagerung im Vergleich zur Unternehmensbetreibung im Heimatstaat ungleich größer ist, ist auch das Unternehmensrisiko größer. Zusätzlich zum wirtschaftlichen Risiko, das jede Investition mit sich bringt, entstehen fiir den Unternehmer weitere Schwierigkeiten, wie die Kontrolle über die Distanz hinweg und die Arbeitsbedingungen in einem fremden Land, wo Kultur, Gebräuche und die Rechtslage unbekannt sind. Im Gegenzug besitzen multinationale Unternehmen durch ihre Internationalisierung zahlreiche Wettbewerbsvorteile gegenüber heimischen Unternehmen. Dazu zählen etwa eine internationale Unternehmensstrategie, internationale Arbeitsteilung, Technologiewissen und ein internationales Informationssystem. Die Präsenz in verschiedenen Staaten gibt ihnen die Möglichkeit, durch die Internalisierung des Marktes Schwankungen auf dem externen Markt auszugleichen,66 womit sie eine gewisse Unabhängigkeit von der Weltwirtschaftslage erreichen. Durch ihre Größe und wirtschaftliche Macht besitzen sie außerdem sogar die Fähigkeit, die Politik des Gaststaates durch wirtschaftlichen Druck zu beeinflussen. Dies kann etwa durch die Androhung von Betriebsverlagerungen geschehen, womit der Gaststaat zu Zugeständnissen gezwungen werden kann, da damit der Verlust von zahlreichen Arbeitsplätzen oder von Steuereinnahmen verbunden wäre. 67 63 Dazu Jüttner, S. 74 ff.

KebschuU, S. 20; Jüttner, S. 38. BraU, Direktinvestitionen und Multinationale Unternehmen, Frankfurt 1990, S. 14 ff;Scheibach, S. 45 ff; bei Jüttner, S. 88 fffindet sich eine Analyse der Unternehmennotive und eine empirische Untersuchung mittels Unternehmensbefragungen. 66 Vgl. dazu oben Kapitel I.A1.c), Theorie der Unternehmung, S. 25 mwN. 67 Beispiele für solche Praktiken bei Wildhaber, S. 25 ff; Braun, S. 2. 64

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A. Definitionen, Abgrenzungen und Problemstellung

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3. Der Gaststaat

Unter dem Gaststaat ist der Staat zu verstehen, in dem die Direktinvestition vorgenommen wird, in dem also ein ausländisches Unternehmen seine Geschäftstätigkeit ausüben wird. Damit sind Auswirkungen auf die Volkswirtschaft verbunden. Man muß bei den Gaststaaten zwischen Industriestaaten, Schwellenländern und Entwicklungsländern differenzieren. 68 Industriestaaten, in die der größte Anteil an Direktinvestitionen fließt, haben diesen gegenüber eine positive Einstellung, da sie selbst multinationale Unternehmen beheimaten und Interesse an einer zunehmenden Wirtschaftsverflechtung haben. Ein relativ geringerer Anteil an Direktinvestitionen geht in Schwellen- und Entwicklungsländer. Dabei werden Schwellenländer als Zielland bevorzugt, da hier bereits eine gewisse Infrastruktur vorhanden ist und eine positive Einstellung gegenüber privater Geschäftstätigkeit herrscht. Unter Entwicklungsländern versteht man Staaten, deren wirtschaftlicher und technischer Fortschritt im Vergleich zu Industriestaaten ein geringeres Niveau aufweist. 69 Nach Kriterien von UN und OECD werden das Pro-KopfEinkommen, das Bruttoinlandsprodukt, der Anteil der Industrie am Bruttoinlandsprodukt und die Analphabetenquote zur Beurteilung herangezogen. 7o In bezug auf die wirtschaftlichen Merkmale von Entwicklungsländern ist kennzeichnend, daß die Landwirtschaft überwiegt, ein niedriger Industrialisierungsgrad besteht und die Zahlungsbilanz durchwegs negativ ist, ein Umstand, der auf eine hohe Auslandsverschuldung und niedrige Exporterlöse zuTÜckzufiihren ist. In den meisten Entwicklungsländern wird Monokultur und -produktion betrieben, sodaß die Abhängigkeit von Weltmarktpreisschwankungen und Rohstoffpreisen besteht. Auch ein wenig ausgebildeter Inlandsmarkt, ein schlecht funktionierender Verwaltungsapparat, eine geringe Sparquote und instabile politische Verhältnisse sind charakteristisch. All diese Faktoren beeinflussen das Investitionsklima und damit die Entscheidung eines potentiellen Investors. Der Wohlstand der Bevölkerung kann gehoben werden, wenn das Volkseinkommen schneller wächst als die Bevölkerung, sodaß das Pro-Kopf-Einkom-

68 Dazu und zum folgenden s. Scheibach, S. 19; zur Abgrenzung zwischen Entwicklungs- und Schwellenländern s. Betz, Entwicklungsländer, in: Wolfrum (Hrsg.), Handbuch Vereinte Nationen, München 1991, S. 123 ff, S. 128. 69 Patzina, S. 7; Jütfner, S. 41 ff; Arentzen, Gabler Wirtschaft Lexikon, Stichwort Entwicklungsländer; Betz, S. 123 ff. 70 Vgl. Jüttner, S. 41 ff Als Alternative zum Bruttoinlandsprodukt wird der Human Development Index herangezogen, der sich aus der Lebenserwartung, der Bildung und dem Lebensstandard zusammensetzt und erst das tatsächliche Ausmaß des Entwicklungsbedarfes erkennen läßt, s. UNDP (Hrsg.), Human Development Report 1994, New York, Oxford 1994, S. 90 ff.

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1. Auslandsinvestitionen und ihr völkerrechtlicher Schutz

men steigt.71 Dies ist nur durch wirtschaftliches Wachstum möglich,72 welches jedoch die Ausweitung und Diversifizierung der Produktionskapazitäten voraussetzt. Dazu sind Investitionen notwendig. Der Großteil der Investitionen wird in Entwicklungsländern aus inländischen Ersparnissen geleistet, die jedoch aufgrund des niedrigen Pro-Kopf-Einkommens kein ausreichendes wirtschaftliches Wachstum sichern. 73 Eine Möglichkeit, das Wirtschaftswachstum anzukurbeln, ist die Zufiihrung von Kapital von außen. Dies ist durch internationale Kapitaltransaktionen möglich, wobei hier neben Auslandskrediten und Entwicklungshilfe Direktinvestitionen eine wesentliche Rolle spielen. Direktinvestitionen besitzen den Vorteil, daß nicht nur Kapital von außen zugeführt wird, sondern auch Know-how und Management-Kenntnisse eingebracht werden, die sich an den Gegebenheiten und Erfordernissen des Marktes orientieren. Das Risiko wird dabei vom Investor getragen. Kredite hingegen müssen zuTÜckbezahlt werden, auch wenn das damit finanzierte Projekt keinen Gewinn abwirft oder scheitert. Bisweilen wird auch die Ansicht vertreten, daß es sich bei Direktinvestitionen um eine Form der Entwicklungshilfe handelt. 74 Dies ist jedoch entschieden abzulehnen, obwohl die Heimatstaaten von Direktinvestitionen diese Kapitaltransfers gerne zu ihren Entwicklungshilfeleistungen zählen und auch die Entwicklungshilfe im engeren Sinne generell so konzipiert ist, daß ein wirtschaftlicher Nutzen für den eigenen Staat besteht. 75 Dies ist etwa bei Investitionsförderungen der Heimatstaaten der Fall. Der Investor handelt ebenfalls nicht aus karitativen Motiven, sondern ist bei seiner Investitionsentscheidung von der Gewinnerzielungsabsicht geleitet. Damit verbundene entwicklungspolitisch wünschenswerte Effekte, wie die Schaffung von Arbeitsplätzen oder die Verbesserung der Infrastruktur, sind zwar positiv zu bewerten, jedoch nur Nebeneffekte der Direktinvestition. 76

71 Dazu wären natürlich auch eine gerechtere Einkommensverteilung und sozialpolitische Maßnahmen notwendig, um den in Entwicklungsländern bestehenden krassen Gegensatz zwischen Arm und Reich auszugleichen. Damit Direktinvestitionen auch zur Verwirklichung dieser Ziele beitragen, könnten sie mit entsprechenden Investitionsauflagen verknüpft werden, vgl. dazu unten Kapitel III.B.2.a), S. 126 ff. 72 Vgl. dazuPatzina, S. 3; Henrichsmeyer/u.a., Einfiihrung in die Volkswirtschaftslehre, 10. Auflage, Stuttgart 1993, S. 548 ff. 73 Vgl. die Feststellung des Ist-Zustandes in UNGA Res. 45/199, International Developrnent Strategy for the Fourth United Nations Development Decade, 21.12.1990, Z. 34 f 74 Z.B. Ipsen, Völkerrecht, 3. Auflage, München 1990, S. 548. 75 Ipsen, S. 596 f 76 Jüttner, S. 52 ff; Foeth, Investitionen in Lateinamerika, Frankfurt 1979, S. 10 ff.

A. Definitionen, Abgrenzungen und Problemstellung

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Auch wenn nur ein geringer Teil der weltweiten Direktinvestitionen in Entwicklungsländer fließt, hat dies fiir diese Staatengruppe ungleich größere Bedeutung. 77 Die Direktinvestitionen machen einen viel größeren Anteil an der Kapitalbildung und am BruttoinIandsprodukt aus, als dies bei Industriestaaten der Fall ist. 78 Zudem bestehen zwischen Industriestaaten gegenseitige Kapitalverflechtungen, während der Kapitaltransfer zwischen Industriestaaten und Entwicklungsländern großteils einseitig verläuft und somit Abhängigkeiten geschaffen werden. Die Haltung der Entwicklungsländer zu ausländischem Kapital ist unterschiedlich und sehr wechselhaft. Durch die politisch instabile Lage, die in den meisten Entwicklungsländern vorherrscht, kommt es häufig zu Regierungswechseln, die nicht selten eine Änderung der Wirtschaftspolitik und damit der Einstellung zu Direktinvestitionen bewirken. Zwar erkennen auch Entwicklungsländer generell an, daß Direktinvestitionen einen Beitrag zur Entwicklungsfinanzierung darstellen können,79 dennoch ist in vielen Staaten eine gewisse Skepsis vorhanden. Diese hat zum Teil ideologische Gründe, zum Teil beruht sie auf schlechten Erfahrungen. Der Jahresumsatz von investierenden Unternehmen beträgt nicht selten ein Vielfaches des Bruttoinlandsproduktes eines Entwicklungslandes. Damit ist auch eine entsprechende Macht verbunden. In diesem Zusammenhang werden oft Argumente des Neokolonialismus und der Ausbeutung laut. Gerade die lateinamerikanischen Staaten haben schlechte Erfahrungen mit der Gun-boat-policy der USA gemacht, die mit massiven interventionen wirtschaftlicher, politischer und militärischer Art die Interessen ihrer multinationalen Unternehmen durchsetzten. 80 Über die Auswirkungen von Direktinvestitionen auf die Volkswirtschaft des Gaststaates gibt es zahlreiche Theorien und Untersuchungen. 81 Zu den möglichen positiven Wirkungen gehören Devisenzuflüsse, die sich günstig auf die Zahlungsbilanz und die Produktionskapazitäten des Staates auswirken können. Auch eine direkte und indirekte Beschäftigungswirkung oder der Transfer von technologischem oder betriebswirtschaftlichem Know-how können mit DirektKebschull, S. 42. Vgl. dazu die Tabellen in UNCTAD, World Investment Report 1997, Tabellen auf S. 43 für die Industriestaaten, S. 53 und S. 60 rur Afrika, S. 73 für Lateinamerika sowie S. 82 rur Südostasien. 79 S. etwa UNGA Res. 1803 (XVII), Declaration on Permanent Sovereignty over Natural Resourees, 14.12.1962, Z. 6; UNGA Res. 45/199, International Development Strategy for the Fourth United Nations Development Decade, 21.12.1990, Z. 43. 80 V gl. unten Kapitel lI.A.2., S. 64 ff. 81 Arentzen, Gabler Wirtschaft Lexikon, Stichwort Direktinvestition; Shihata, The World Bank in aChanging World, Selected Essays, Dordrecht, Boston, London 1991, S. 240; zu den extra-financial benefits Scheibach, S. 37 ff. 77 78

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1. Auslandsinvestitionen und ihr völkerrechtlicher Schutz

investitionen verbunden sein. Negative Aspekte können in einer übertriebenen Förderung der ausländischen Unternehmen gegenüber den heimischen Betrieben liegen. Mit der Gründung eines Unternehmens durch ausländische Investoren kann auch die Verdrängung der nicht konkurrenzfähigen lokalen Industrie verbunden sein. Da Direktinvestitionen meist auf bestimmte technologieintensive Sektoren konzentriert sind, ergibt sich daraus häufig eine Monopolstellung der ausländischen Unternehmen. Wenn bestimmte Sektoren ausschließlich von multinationalen Unternehmen beherrscht werden, kann damit eine verstärkte Einflußnahme auf die Politik und Wirtschaft und so die Gefährdung der Souveränität des Gaststaates verbunden sein. Welche tatsächlichen Auswirkungen Direktinvestitionen auf die Volkswirtschaft des Gaststaates haben, ist bis heute nicht geklärt und jeweils für den Einzelfall zu beurteilen, da sehr viele Faktoren eine Rolle spielen. Nach verschiedenen empirischen Untersuchungen überwiegen die Vorteile jedoch gegenüber den Nachteilen und wirken sich Direktinvestitionen auf die Volkswirtschaft des Gaststaates im großen und ganzen positiv aus. 82 Insbesondere im Hinblick auf die Zahlungsbilanz kompensieren die positiven Wirkungen durch Importsubstitution und Exportförderung, die aktivierend auf die Zahlungsbilanz wirken, die negativen Effekte, wie Gewinntransfer oder Import von Vorleistungen. 83

4. Der Heimatstaat Die Heimatstaaten multinationaler Unternehmen sind in den meisten Fällen Industriestaaten. Da der Großteil der Direktinvestitionen in Industriestaaten geht, 84 sind diese an den Auslandsaktivitäten ihrer multinationalen Unternehmen generell interessiert und fördern sie, weil damit auch positive Effekte für die heimische Wirtschaft verbunden sind. 85 Auch wenn eine Direktinvestition zunächst die Devisenbilanz des Heimatstaates belastet, Arbeitsplätze exportiert werden und die Geschäftstätigkeit des Unternehmens im Ausland exportsubstituierend wirkt, sind doch Rückflüsse aus dem Gaststaat zu erwarten. Außerdem wird durch diese Geschäftsbeziehungen die Basis für weitere Aktivitäten im Ausland gelegt. Langfristig gesehen führen Direktinvestitionen zu vermehrten Exporten, womit eine Sicherung der Arbeitsplätze und eine positive Wirkung auf die Zahlungsbilanz des Heimatstaates verbunden sind. Auch für die WirtV gl. dazu die ausführliche Analyse von Kebschull, S. 47 ff Kebschull, S. 75 ff 84 Vgl. UNCTAD, World Investment Report 1997, S. 41 ff. 85 V gl. dazu Kebschull, S. 131 ff; Scheibach, S. 20 ff; Sornarajah, Foreign Investment, S. 65 ff. 82

83

B. Investitionsklima und Investitionsrisiken

33

schaft im Heimatstaat ist das Wohlergehen des Mutterunternehmens wichtig, da damit Arbeitsplätze im Land gesichert werden. 86 Es besteht also nicht nur bei multinationalen Unternehmen selbst ein Interesse am eigenen wirtschaftlichen Wohlergehen, es sind damit auch positive Auswirkungen auf die Wirtschaft des Heimatstaates verbunden. Dementsprechend versuchen die Heimatstaaten, die Investitionstätigkeit ihrer multinationalen Unternehmen zu fördern und deren Auslandsinvestitionen zu schützen. Dies kann durch den Abschluß von bilateralen und multilateralen Investitionsschutzund Investitionsförderungsverträgen mit potentiellen Gaststaaten geschehen. Die Rechte der Investoren können aber auch direkt durch die Ausübung des diplomatischen Schutzrechtes geltend gemacht werden. Viele Heimatstaaten bieten ihren Unternehmen zudem die Möglichkeit, ihre Auslandsinvestitionen gegen nicht-kommerzielle Risiken zu versichern. Stellt sich der Versicherungsfall ein, so treten sie durch Subrogation in die Ansprüche ihrer Unternehmen ein und machen die Rechte vor den nationalen Gerichten des Gaststaates oder einem internationalen Gericht selbst geltend. 87

B. Investitionsklima und Investitionsrisiken: Rechtliche Probleme von Auslandsinvestitionen Ein wesentlicher Bestimmungsfaktor für den Investor, Auslandsinvestitionen zu tätigen, also eine längerfristige Bindung in einem Staat einzugehen, ist neben wirtschaftlichen Kriterien und Rentabilitätserwägungen das Investitionsklima in einem Staat. Darunter versteht man die politischen, wirtschaftlichen und rechtlichen Gegebenheiten im Gaststaat. Kriterien sind die wirtschaftliche Situation des Landes, die politische Stabilität, die Infrastruktur und die Rechtslage, also die Bedingungen, die für den Investor und seine Arbeit im Land relevant sind und Risikofaktoren darstellen können. 88 Im Vergleich zu Investitionen im Heimatstaat gibt es für den Investor im Ausland zahlreiche zusätzliche Risikofaktoren. Wie bereits erläutert, 89 besteht sowohl bei multinationalen Unternehmen und ihren Heimatstaaten als auch bei den Gaststaaten Interesse an der Vornahme von Auslandsinvestitionen, insbesondere Direktinvestitionen. Da diese jedoch Scheibach, S. 43. Vgl. dazu unten Kapitel VI.A.3.b), S. 235 fT. 88 Vgl. Shihata, World Bank, S. 245 f; eine ausfiihrliehe Darstellung der Faktoren, die zum Investitionsklima beitragen, findet sich bei Jahrreiß, S. 130 fT sowie bei Shihata, MIGA and Foreign Investment, Dordrecht, Boston, Lancaster 1988, S. 7 ff. 89 Kapitel I.A.2. bis Kapitel LA.4, S. 26 ff. 86

87

3 Zagel

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I. Auslandsinvestitionen und ihr völkerrechtlicher Schutz

unterschiedliche Intentionen verfolgen, kommt es häufig zu Spannungen. Die Ziele der Investoren sind auf die VerwirkIichung ihrer Unternehmensstrategie und letztendlich auf Gewinnmaxnnierung ausgerichtet. Ein Unternehmen wird nur investieren, wenn die rechtlichen und faktischen Hürden und das damit verbundene Risiko durch die Rentabilität und den Gewinn aufgewogen werden. Diese Gewinnorientierung des Investors und die damit verbundenen Handlungen sind nicht immer mit den wirtschafts- und entwicklungspolitischen Zielsetzungen des Gaststaates vereinbar. Ziel der Entwicklungsländer ist die Wohlstandssteigerung durch wirtschaftliche Entwicklung, die durch nationale Entwicklungspläne90 gesteuert und koordiniert wird. Zu den Investitionsrisiken gehören alle Faktoren, die eine Gefährdung des Unternehmens darstellen, ohne vom Investor beeinflußbar zu sein. Dabei sind verschiedene Fälle zu unterscheiden. Kommerzielle Risiken, also Gefahren die von Vertragspartnern ausgehen und sich negativ auf das Unternehmen auswirken, sind Konkurs oder Nichterfiillung von Zahlungsverpflichtungen. Zu den Risiken, die durch Katastrophenfälle verursacht werden, zählen Schäden durch Erdbeben, Feuer, Vulkanausbrüche usw. All diese Faktoren bestehen fiir jede Investition unabhängig vom Gaststaat. Wirtschaftliche Risiken, die in der Veränderung der Wirtschaftslage begründet sind, z.B. Inflation oder Wirtschaftskrisen, existieren ebenfalls rur alle Investitionen. Die rur Direktinvestitionen wesentlichsten Gefahren stellen aber politische Risiken dar, die oft von den wirtschaftlichen Risiken nicht exakt abgrenzbar sind. 91 Dazu zählen alle nichtkommerziellen Risiken, die der Regierung des Gaststaates zugerechnet werden können und durch willkürliche, illegale oder diskriminierende Akte entstehen. Beispiele darur sind Enteignungen, Vertragsbruch seitens des Gaststaates, Verbot oder Behinderung des Transfers von Gewinnen, Bürgerkriege und innere Unruhen USW. 92 Wesentliche Faktoren des Investitionsklirnas sind die Rechtslage und die Rechtssicherheit, die in einem Land vorherrschen. Dazu gehört zunächst eine 90 Diese Entwicklungspläne sind zu unterscheiden von der in den ehemals sozialistischen Staaten praktizierten Planwirtschaft. Die nationalen Entwicklungspläne von Entwicklungsländern sind viel weitreichender. Dem Staat kommt die Aufgabe zu, die Grundlagen für das Funktionieren eines Marktes zu schaffen, s. Petersmann, Wirtschaftsintegrationsrecht und Investitionsgesetzgebung der Entwicklungsländer, BadenBaden 1974, S. 123 ff; s. auch UNGA Res. 45/199, International Developrnent Strategy for the Fourth United Nations Development Decade, 21.12.1990, die eine umfassende Auflistung der von Entwicklungsländern zu bewältigenden Probleme enthält. 91 Schaufelberger, S. 60 ff. 92 V gl. dazu Ipsen, S. 611. Gegen diese Risiken können Investitionsversicherungen abgeschlossen werden. Dazu stehen die MIGA (Multilateral Investment Guarantee Agency), ein Mitglied der Weltbank-Gruppe, sowie nationale Investitionsversicherungen (z.B. die Overseas Private Investment Corporation (OPIC) in den USA oder die Kontrollbank in Österreich) zur Verfügung; vgJ. dazu unten Kapitel VLA.3.b), S. 235 fT.

B. Investitionsklima und Investitionsrisiken

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Direktinvestitionen gegenüber positiv eingestellte Investitionsgesetzgebung. Der Investor wird sein Geld nur in einem Staat anlegen, in dem die Geschäftstätigkeit nicht unnötig erschwert wird, sein Eigentum geschützt ist, und die Repatriierung von Gewinnen und Kapital ohne Hindernisse möglich ist. Wichtig sind die Eintrittsbedingungen für die Investition und eine nichtdiskriminierende Behandlung. Auch ein effizientes Rechtsschutzsystem und ein funktionierender und nicht korrupter Behördenapparat tragen entscheidend zu einem positiven Investitionsklima bei. Zudem erwartet der Investor eine gewisse politische Stabilität und eine damit verbundene Rechtssicherheit. In Entwicklungsländern ist häufig eine sehr wechselhafte Position zu Direktinvestitionen festzustellen, die von unbeschränkter Förderung bis zu Ablehnung und strenger Reglementierung geht. 93 Die Einstellung gegenüber Direktinvestitionen wechselt zum Teil von Regierung zu Regierung. Dies wirkt sich in der häufigen Änderung der Investitionsgesetze aus, worunter die Rechtssicherheit leidet und das Investitionsklima nachhaltig verschlechtert wird. Die Stabilität der Rechtsordnung kann durch völkerrechtliche Verträge erhöht werden. Damit wird der Gestaltungsspielraum bei nationalen Gesetzen eingeschränkt bzw. an den Inhalt dieser vertraglichen Verpflichtungen gebunden. Für Direktinvestitionen sind in diesem Zusammenhang vor allem Investitionsschutz- und Investitionsfdrderungsverträge, Investitionsgarantieverträge und Doppelbesteuerungsabkommen relevant. Darin werden der Behandlungsstandard für Direktinvestitionen, der Schutz und die Entschädigung im Falle von vermögensbeeinträchtigenden Maßnahmen und auch Mechanismen zur Streitbeilegung festgelegt. Liegen völkerrechtliche Verpflichtungen dieser Art vor, können nationale Gesetze nicht ohne weiteres geändert werden, da dies einen Völkerrechtsbruch bedeutet und Sanktionen seitens des Heimatstaates des Investors drohen. Fördernden Charakter für Direktinvestitionen besitzen außerdem alle Arten von Wirtschaftskooperationsabkommen, die die wirtschaftlichen Verbindungen zwischen Staaten auf bi- oder multilateraler Ebene intensivieren. Durch die zunehmende Verflechtung der Beziehungen zwischen den Staaten entsteht eine gegenseitige Abhängigkeit und wird damit die Stabilität zwischen den Staaten gefördert. Positiv wirken insbesondere Wirtschaftsintegrationsabkommen, da sich dem Investor durch die Schaffung eines gemeinsamen Wirtschaftsraumes ein größerer Absatzmarkt bietet.

93

3"

S. Kapitel I.A.1.b), S. 21 ffund Kapitel II.A.1., S. 52 ff.

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I. Auslandsinvestitionen und ihr völkerrechtlicher Schutz

C. Rechtsquellen zur Regelung von Auslandsinvestitionen und ihr Verhältnis zum Völkerrecht Das internationale Investitionsrecht ist ein Bereich des internationalen Wirtschaftsrechts. Das internationale Wirtschaftsrecht, das korrekter als Recht der internationalen Wirtschaftsbeziehungen bezeichnet werden sollte,94 schaffi: den rechtlichen Rahmen rur transnationale wirtschaftliche Aktivitäten und regelt das Verhalten aller am grenzüberschreitenden Wirtschaftsverkehr beteiligten Rechtssubjekte. 95 Das internationale Investitionsrecht als Teilbereich des internationalen Wirtschaftsrechts regelt transnationale wirtschaftliche Kapitalanlagen und die damit verbundene Betätigung von privaten Unternehmen sowie den Schutz von Vermögenswerten im Ausland. Es geht aber insofern über den Bereich des internationalen Wirtschaftsrechtes hinaus, als es auch andere Rechtsbereiche, etwa steuerrechtliche, arbeitsrechtliche oder umweltschutzrechtliche Vorschriften, umfaßt. 96 Das internationale Investitionsrecht sprengt sowohl hinsichtlich der Rechtssubjekte als auch hinsichtlich der Rechtsquellen den Rahmen des traditionellen Völkerrechts. Das klassische Völkerrecht hatte die Regelung der zwischenstaatlichen Beziehungen zur Aufgabe. 97 Die Völkerrechtssubjekte waren bis aufwenige historisch bedingte Ausnahmen Staaten. 98 Nur diese besaßen volle völkerrechtliche Handlungs- und Rechtsfähigkeit. 99 Den Kern des Völkerrechts bildete das von den Staaten geschaffene und zwischen ihnen geltende Recht, das durch die Absteckung von Kompetenzen ursprünglich hauptsächlich der Friedenserhaltung und der Regelung der Kriegsruhrung diente. Später kam auch die Koordinationsfunktion in Bereichen der zwischenstaatlichen Zusammenarbeit dazu. Ipsen, S. 547. Vgl. auch Neuhold/Hummer/Schreuer (Hrsg.), Österreichisches Handbuch des Völkerrechts, 3. Auflage, Wien 1997, Band 1: Textteil, S. 419; zwn Begriff des internationalen Wirtschaftsrechts s. Jackson, Econornic Law, International, in: Bemhardt (Hrsg.), Encyclopedia of Public International Law, Band 8, Amsterdam, New York, Oxford 1985, S. 149 ff, S. 149; Fox (Hrsg.), International Econornic Law and Developing States, An Introduction, London 1992, S. 3 ffrnwN; Schanze, Investitionsverträge im internationalen Wirtschaftsrecht, Frankfurt 1986, S. 22 ff; Fischer, Das internationale Wirtschaftsrecht, Versuch einer Systematik, in: German Yearbook of International Law 19 (1976), S. 143 ff. 96 Gramlich, S. 45. 97 Vgl. Jennings/Watts (Hrsg.), Oppenheim's International Law, 9. Auflage, Band 1: Peace, London 1992, S. 4. 98 Zu diesen Ausnahmen zählen etwa der Vatikan oder der Malteser Ritterorden, vgl. Verdross/Simma, Universelles Völkerrecht, Theorie und Praxis, 3. Auflage, Berlin 1984, S. 2 f 99 Ipsen, S. 54. 94

95

C. Rechtsquellen zur Regelung von Auslandsinvestitionen

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Das Recht der Auslandsinvestitionen ist ein Rechtsbereich, der das Verhalten der Gast- und Heimatstaaten, aber auch das Verhalten der Investoren selbst regelt. Damit bereitet die Zuordnung zum Völkerrecht zahlreiche dogmatische Probleme sowohl hinsichtlich der Beurteilung multinationaler Unternehmen und ihrer Rechte und Pflichten als auch hinsichtlich der Rechtsquellen, die nicht nur völkerrechtlicher Herkunft sind, sondern denen auch das innerstaatliche Recht und zwischen Staaten und Unternehmen abgeschlossene Investitionsverträge zuzurechnen sind. Dogmatische Schwierigkeiten bestehen in bezug auf die Einordnung der multinationalen Unternehmen und ihrer Handlungen. Der IGH defmiert ein Völkerrechtssubjekt als "capable of possessing international rights and duties, and that it has the capacity to maintain its rights by bringing international claims". 100 Volle Völkerrechtssubjektivität wird im allgemeinen nur den Staaten zuerkannt. 101 Alle anderen Völkerrechtssubjekte, etwa auch Internationale Organisationen, besitzen nur abgeleitete Völkerrechtssubjektivität. Dies bedeutet, daß sie durch den Willen der Staaten entstehen und ihre Handlungs- und Rechtsfähigkeit als Völkerrechtssubjekt vom Willen der Staaten abhängig ist, etwa indem sie durch Vertrag zwischen Staaten gegründet werden (im Falle der Internationalen Organisationen), Staaten mit ihnen Verträge schließen, durch Anerkennung USW. 102 Diesen Völkerrechtssubjekten kommt demnach nur beschränkte völkerrechtliche Handlungsfähigkeit zu, das heißt soviel ihnen durch die Staaten zugebilligt wird. Die Hauptakteure im Bereich der Auslandsinvestitionen sind multinationale Unternehmen. Obwohl diesen nach klassischem Völkerrecht keine Völkerrechtssubjektivität zukommt, treten sie im Wirtschaftsleben gleichrangig mit Staaten auf, indem sie Verträge auf gleicher Ebene mit diesen schließen, sich bestimmte Behandlungsstandards zusichern lassen und vor Schiedsgerichten als Partei auftreten. Sie können sogar so massiven politischen und wirtschaftlichen Einfluß auf den Gaststaat nehmen, daß dessen Souveränität gefährdet wird,103 und dies, würde es einem Staat zugerechnet, als "Einmischung in innere Angelegenheiten"I04 gewertet würde. Da multinationale Unternehmen also wie Völkerrechtssubjekte handeln und Aufgaben funktioneller Staatlichkeit übernehmen, wird ihnen von der herrschenden Lehre funktionelle Völkerrechtssubjektivität zuerkannt, das heißt sie werden fur einen beschränkten Bereich als Völkerrechtssubjekte angesehen. 105 100

IGH, Reparation Jor Injuries Case, ICJ Reports 1949, S. 174 ff, S. 179.

102

Verdross/Simma, S. 6, S. 249.

105

Verdross/Simma, S. 270; Neuhold/Hummer/Schreuer, S. 224; Wildhaber, S. 39 ff.

101 Verdross/Simma, S. 222; Ipsen, S. 53 ff.

103 Vgl. Wildhaber, S. 25 ff 104 Vgl. Neuhold/Hummer/Schreuer, S. 335 ff.

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1. Auslandsinvestitionen und ihr völkerrechtlicher Schutz

Auch hinsichtlich der Rechtsquellen sprengt das internationale Investitionsrecht den Rahmen des Völkerrechtes. Für die Regelung von Auslandsinvestitionen sind neben dem internationalen Wirtschaftsrecht im engeren Sinn,l06 also den auf Völkerrecht basierenden Rechtsquellen, auch nationales Recht und Investitionsverträge, das heißt zwischen Staaten und multinationalen Unternehmen auf gleichrangiger Basis abgeschlossene Verträge, relevant. Es handelt sich demnach um eine Querschnittsmaterie. 1. Völkerrechtliche Rechtsquellen

Zum internationalen Wirtschaftsrecht im engeren Sinn, also dem Recht, das auf völkerrechtlicher Erzeugung basiert, zählen zunächst die in Art. 38 IGHStatut107 aufgezählten Rechtsquellen. Die Primärquellen sind völkerrechtliche Verträge, Völkergewohnheitsrecht und die allgemeinen Rechtsgrundsätze. Diese Rechtsquellen sind vom Rang her grundsätzlich gleich und werden bei Widersprüchen nach allgemeinen Auslegungsregeln interpretiert. 108 Als subsidiäre Erkenntnisquellen werden Gerichtsurteile und völkerrechtliches Schrifttum genannt. 109 Dieser Rechtsquellenkatalog ist jedoch heute nicht mehr ausreichend. Für den Bereich des internationalen Wirtschaftsrechtes kommt insbesondere den Beschlüssen Internationaler Organisationen große Bedeutung zu. 110 Seit der Institutionalisierung der internationalen Wirtschaftsbeziehungen nach dem Zweiten Weltkrieg leistet die Tätigkeit der zahlreichen universellen und regionalen Internationalen Organisationen einen wesentlichen Beitrag zur Fortentwicklung des internationalen Wirtschaftsrechtes. 111 Eine intensive Auseinandersetzung mit den Rechtsproblemen im Zusammenhang mit Auslandsinvestitionen begann erst nach Ende des Zweiten Weltkrieges mit dem Aufschwung der Direktinvestitionstätigkeit. Aufgrund der enormen Interessengegensätze zwischen Industrie- und Entwicklungsländern, die nach wie vor bestehen, ist das Völkerrecht auf diesem Gebiet noch nicht sehr weit entwickelt, wie der IGH im Barcelona Traction Case feststellte: 106 Vgl. Neuhold/Hummer/Schreuer, S. 421.

107 Statut des Internationalen Gerichtshofes, San Francisco, 26.6.1945, Annex zur Satzung der Vereinten Nationen. 108 Neuhold/Hummer/Schreuer, S.38; VerdrosslSimma, S. 412 ff; Brownlie, Principies of Public International Law, 4. Auflage, Oxford 1990, S. 3 f; Jennings/Watts, S. 24 ff. 109 Vgl. dazu Jennings/Watts, S. 41 ff. 110 Allgemein zu den Beschlüssen Internationaler Organisationen als Völkerrechtsquelle s. Jennings/Watts, S. 45 ffmwN. 111 Für viele Neuhold/Hummer/Schreuer, S. 421 ff; Ipsen, S. 554 ff.

C. Rechtsquellen zur Regelung von Auslandsinvestitionen

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"Considering the important developments of the last half-eentury, the growth of foreign investments and the expansion of the international activities of cOIporations, in particular ofholding companies, which are often multinational, and considering the way in which the economic interests of States have proliferated, it may at first sight appear SUIprising, that the evolution of law has not gone further and that no generally accepted mIes in the matter have crystallized on the international plane. ,,112

Diese Situation hat sich bis heute nicht geändert.

a) Völkergewohnheitsrecht und Allgemeine Rechtsgnmdsätze Aufgrund des mangelnden Konsenses konnten sich bis heute im internationalen Investitionsrecht kaum Völkergewohnheitsrechtl13 oder allgemeine Rechtsgrundsätze l14 bilden. Auch im Rahmen des Fremdenrechtes, dessen Regeln den Standard der Behandlung Fremder im Gaststaat bestimmen, gibt es keinen universell akzeptierten Mindeststandard, den man als Völkergewohnheitsrecht einstufen könnte. 1lS Vor allem Fragen des Behandlungsstandards, des Eigentumsschutzes sowie des Rechtsschutzes sind bis heute umstritten. 116

b) Vertragsrecht Das internationale Wirtschaftsrecht ist von der Regelung durch völkerrechtliche Verträge geprägt. Die wichtigsten Rechtsquellen im internationalen Investitionsrecht sind Bilaterale Investitionsschutzabkommen (BITs = Bilateral Investment Treaties). Diese Verträge dienen dem Schutz und der Förderung von Inve112 IGH, Barcelona Traction Case, lCJ Reports 1970, S. 4 ff, S. 47 f(Z. 89); vgl. dazu Sornarajah, State Responsibility and Bilateral Investment Treaties, in: Journal of World Trade Law 20 (1986), S. 79 ff, S. 80 ff. 113 Ipsen, S. 549; Sornarajah, Foreign Investment, S. 74 ff;Häde, Der völkerrechtliche Schutz von Direktinvestitionen im Ausland, Vom Fremdenrecht zum Multilateralen Investitionsabkommen, in: Archiv des Völkerrechts 35 (1997), S.181 ff, S.186fund S. 196 ff. Für Auslandsinvestitionen von Bedeutung ist, daß der Inhalt der UNGA Res. 1803 (XVm, Declaration on Permanent Sovereignty over Natural Resourees, 14.12.1962, heute in der Literatur häufig als völkergewohnheitsrechtlich abgesichert bezeichnet wird. Der Inhalt dieser Deklaration gibt allerdings nur allgemeine Völkerrechtsgrundsätze wieder und bietet keinen speziellen Schutz fiir ausländische Investoren und ihr Vermögen. Zum Völkergewohnheitsrecht im internationalen Wirtschaftsrecht allgemein s. Zamora, Is There Customary International Economic Law?, in: German Yearbook ofInternational Law 32 (1989), S. 9 ff 114 Sornarajah, Foreign Investment, S. 77 ff 1lS Eine Ausnahme bildet der Bereich des Menschenrechtsschutzes, der sich als eigenständiges Rechtsgebiet entwickelt hat, jedoch zum Schutz juristischer Personen nicht anwendbar ist. 116 Ipsen, S. 661; Verdross/Simma, S. 798 ff; Häde, S. 198 ff; eine ausführliche Darstellung dieser Problemkreise findet unten in Kapitel N., V. und VI., S. 158 ffstatt.

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1. Auslandsinvestitionen und ihr völkerrechtlicher Schutz

stitionen im jeweils anderen Staat. Die Vertragsparteien sichern einander eine bestinnnte Behandlung der Investitionen von Staatsbürgern des anderen Staates zu. Durch den Vertragsabschluß auf bilateraler Ebene sind die BITs im Gegensatz zu multilateralen Verträgen sehr flexible Regelungsinstrumente, da die organisatorischen Probleme entfallen, die mit multilateralen Verträgen verbunden sind. Eine Willenseinigung kommt eher zustande, der Vertragsinhalt kann einfacher auf die spezifischen Gegebenheiten hin ausgerichtet werden und bei notwendigen Vertrags änderungen sind Neuverhandlungen leichter möglich. 117 Vorläufer dieser Abkommen waren Niederlassungsverträge und FCNVerträge (Treaties 0/ Friendship, Commerce and Navigation).ll8 Diese Verträge, die bereits seit dem 18. Jahrhundert existieren, wurden ursprünglich zwischen Industriestaaten geschlossen und dienten der Regelung des Handelsverkehrs zwischen den vertragsschließenden Parteien. Zweck war der Aufbau von Handelsbeziehungen und der Schutz der eigenen Staatsbürger im Staat des Vertragspartners. Geregelt wurden hauptsächlich handelsrechtliche Probleme wie der Status des Handelstreibenden, der Behandlungsstandard (Meistbegünstigung und Inländergleichbehandlung), Eigentumsschutz, Wettbewerb usw. 119 Diese Verträge wurden mit dem Entstehen von Direktinvestitionen auch fur diese herangezogen. Nachdem nach Ende des Zweiten Weltkrieges mit der Schaffung des GATT ein Diskussionsforum zur Regelung handelsrechtlicher Fragen bestand, verloren die FCN-Verträge an Bedeutung, da sie fur Auslandsinvestitionen nur unzureichende Vorschriften enthielten. 120 Die USA schlossen jedoch bis in die sechziger Jahre FCN-Verträge ab. 121 Zum Schutz der Direktinvestitionen wurde nach dem Zweiten Weltkrieg das Instrument des Bilateralen Investitionsschutzabkommens (BIT) entwickelt. 122 Scheibach, S. 68. Vgl. dazu Blumenwitz, Treaties of Friendship, Commerce and Navigation, in: Bernhardt (Hrsg.), Encyclopedia ofPublic International Law, Band 7, Amsterclam, New York, Oxford 1984, S. 484 fT; zur Entwicklung der Handelsverträge s. Walker, Modem Treaties of Friendship, Commerce and Navigation, in: Minnesota Law Review 42 (1958), S. 805 fT;Banz, Völkerrechtlicher Eigentumsschutz durch Investitionsschutzabkommen, Berlin 1988, S. 19 f. 119 UNCTC (Hrsg.), Bilateral Investment Treaties, London, Norwell 1988, S. 4; Blumenwitz, S. 485 fT. 120 Banz, S. 20 f. 121 Zur FCN-Praxis der USA ausführlich mwN. Shenkin, Trade-Related Investment Measures in Bilateral Investment Treaties and the GATT: Moving toward a Multilateral Investment Treaty, in: University of Pittsburgh Law Review 55 (1994), S. 541 fT, S. 570 fT; eine Liste der FCN-Verträge, die noch im Kraft sind, fmdet man in ILM 20 (1981), S. 565 f; der Elettronica Sicula S.p.A. (ELSI) Case, IC] Reports 1989, S. 14 fT, stützte sich auf einen FCN-Vertrag zwischen Italien und den USA. 122 Der erste BIT wurde 1959 zwischen der BRD und Pakistan geschlossen; zur Entwicklung der BITs s. UNCTC, BITs, S. 6 fT; Salacuse, BIT by BIT: The Growth of Bi117 118

C. Rechtsquellen zur Regelung von Auslandsinvestitionen

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BITs waren insbesondere im Hinblick auf die Zunahme der Direktinvestitionen in Entwicklungsländern wichtig. Ein exorbitanter Anstieg der BITs ist seit Ende der achtziger Jahre zu verzeichnen. Es gibt bisher an die 1200 Abkommen. Diese werden vor allem zwischen Industrie- und Entwicklungsländern, in den letzten Jahrenjedoch auch vennehrt zwischen Entwicklungsländern abgeschlossen. 123 In diesen Abkommen werden die wesentlichen Vorschriften für Auslandsinvestitionen in bezug auf Zulassung und Behandlung, den Vennögensschutz und Möglichkeiten der Streitbeilegung festgelegt.l24 Durch BITs entstehen für den Gaststaat völkerrechtliche Verpflichtungen, die Staatsangehörigen des Vertragspartners in der festgelegten Weise zu behandeln. Damit dienen BITs als Rahmen für die nationalen Investitionsgesetze und als Verhandlungsbasis für Investitionsverträge zwischen Gaststaaten und ausländischen Investoren. Im Falle einer Vertragsverletzung kann der betroffene Staat völkerrechtliche Schritte einleiten. Ob aus den BITs allgemeine Grundsätze des Völkerrechts abgeleitet werden können oder sich Völkergewohnheitsrecht bildet, ist zweifelhaft und derzeit noch eher abzulehnen, da zwischen den einzelnen Verträgen im Detail zahlreiche Unterschiede bestehen. Für die Bildung von Völkergewohnheitsrecht fehlt es bisher an der einheitlichen Praxis und der Rechtsüberzeugung. 125 Von den BITs zu unterscheiden sind Investitionsgarantieabkommen,126 die ebenfalls auf bilateraler Ebene zwischen Gaststaat und Heimatstaat abgeschlossen werden. Sie werden von den nationalen Investitionsversicherungen der Heimatstaaten der Investoren häufig für die Versicherbarkeit von Auslandsinvestitionen und die Gewährung staatlicher Garantien vorausgesetzt. Im Gegensatz zu den BITs enthalten sie keine materiellen Rechte zum Schutz der Investoren, lateral Investment Treaties and Their Impact on Foreign Investment in Developing Countries, in: International Lawyer 24 (1990), S. 655 ff, S. 656 tT; Banz, S. 21 tT. 123 Neuhold/Hummer/Schreuer, S. 439; s. vor allem ICSID (Hrsg.), Investment Treaties, Band 1 -7, New York 1986, Loseblattsammlung; sowie ICSID (Hrsg.), Bilateral Investment Treaties 1959 -1996, Doc. ICSID/17, Washington 1997. 124 Ausfiihrlich Dolzer/Stevens, Bilateral Investment Treaties, The Hague, Boston, London 1995; Laviec, Protection et promotion des investissements, Paris 1985; UNCTC, BITs, S. 16 tT; Khahil, Treatment ofForeign Investment in Bilateral Investment Treaties, in: World Bank Group (Hrsg.), Legal Framework for the Treatment of Foreign investment, Band 1: Survey ofExisting Instruments, Washington 1992, S. 15 ff. 125 Sornarajah, Foreign Investment, S. 73 f; Häde, S. 199 f; ein Indiz für die mangelnde Rechtsüberzeugung sind auch die schleppenden Verhandlungen zum Multilateral Agreement on Investment (MAI) im Rahmen der OECD, die aufgrund der im Detail unterschiedlichen Vorstellungen bis heute nicht abgeschlossen werden konnten, vgl. unten S.44. 126 UNCTC, BITs, S. 5 f; Jültner, S. 213 f; Schaufelberger, S. 93 f, näheres dazu für die Investitionsgarantieabkommen der lateinamerikanischen Staaten unten Kapitel VI.B.3.b), S. 263 ff.

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I. Auslandsinvestitionen und ihr völkerrechtlicher Schutz

sondern ausschließlich Verfahrensregeln rur den Versicherungsfall. Dazu gehören die Abwicklung des Garantiefalles, die Nachfolge des Staates in die Ansprüche des Investors nach Zahlung der Versicherungssumme und die Beilegung von Streitigkeiten aus dem Vertrag zwischen den Vertragsstaaten. Neben den Investitionsgarantieabkommen können Doppelbesteuerungsabkommen und sonstige Wirtschaftskooperationsabkommen rur Direktinvestitionen relevante Nonnen enthalten oder zumindest durch die Förderung der gegenseitigen Wirtschaftsbeziehungen zu einem positiven Investitionsklima beitragen. Auch auf multilateraler Ebene wurden zahlreiche Versuche unternommen, Grundsätze des internationalen Investitionsrechtes zu kodifizieren. Bereits 1929 gab es eine internationale Konferenz zur Behandlung von Ausländern und ein Special Joint Committee im Rahmen des Völkerbundes. 127 Auch in der Satzung der ITO (International Trade Organization), die als Spezialorganisation der UN gegründet werden sollte, waren in Art. 11 und in Art. 12 Vorschriften über Auslandsinvestitionen vorgesehen. l28 Diese trat jedoch mangels der ausreichenden Anzahl an Ratifikationen nie in Kraft. Im Rahmen der OECD, der UNCTAD und anderer Institutionen gab es immer wieder Versuche, diesen Bereich multilateral zu regeln. Bis vor kurzem waren solche Verhandlungen jedoch von wenig Erfolg gekrönt und endeten zumeist nur mit unverbindlichen Verhaltenskodices. 129 Die beiden einzigen multilateralen Verträge zum Investitionsschutz bestehen im Rahmen der Weltbankgruppe. Dies sind die ICSID-Konvention 1965 130 und die MIGA-Konvention 1985,131 womit zwei Schwesterorganisationen der Weltbank gegründet wurden. Das ICSID bietet ein Forum zur Streitbeilegung rur Investitionsstreitigkeiten zwischen Staaten und Investoren. Die MIGA als Investitionsversicherungsagentur stellt dem Investor die Möglichkeit der Versicherung nicht-kommerzieller Risiken der Investition zur Verfiigung. Diese beiden Abkommen enthalten zwar keine materiellen Standards rur Auslandsinvestitionen, sondern besitzen eher Dienstleistungsfunktion. Damit tragen sie jedoch wesentlich zur Verbesserung des Investitionsklimas in ihren Mitgliedstaaten bei. 132 127 Riesen/eId, S. 247; League o/Nations (Hrsg.), Special Joint Connnittee on Private Foreign Investment of the Economic and Financial Organization, Conditions of Private Foreign Investment, 1946, zitiert nach Riesen/eid, S. 250. 128 Scheibach, S. 62 ff; Shenkin, S. 555 ff, der insbesondere die Rolle der USA beschreibt. 129 Vgl. dazu unten Kapitel I.C.l.c), S. 44 ff 130 Convention on the Settlement of Investment Disputes between States and Nationals ofOther States, 18.3.1965, UNTS 575, S. 160 ff. 131 Convention Establishing the Multilateral Investment Guarantee Agency, 11.10.1985, in: rr..M 24 (1985), S. 1605 ff 132 Vgl. ausfiihrlich zur ICSID-Konvention unten Kapitel VI.A.4., S. 240 ff und zur MIGA-Konvention unten Kapitel VI.A.3.b), S. 235 ff.

C. Rechtsquellen zur Regelung von Auslandsinvestitionen

43

Seit dem Beginn der neunziger Jahre scheint der Kodifikationsprozeß des materiellen Rechts der Auslandsinvestitionen auf multilateraler Ebene jedoch in Bewegung geraten zu sein. Im Rahmen regionaler Wirtschaftsintegrationsabkommen wurden Investitionsschutzabkommen geschlossen, die mehr als zwei Vertragsparteien haben. Beispiele sind etwa Kapitel 11 des North American Free Trade Agreement (NAFT A), 133 das Investitionsschutzabkommen der Association of Southeast Asian Nations (ASEAN)134 oder auch der Energy Charter Treaty,135 der Investitionen im Energiesektor betrifft. Die Struktur und der Inhalt dieser Abkommen ähneln dem in BITs vorzufindenden Muster und deuten auf eine zunehmende Multilateralisierung des Investitionsschutzes

bin. I36

Auch auf universeller Ebene sind Fortschritte im materiellen Investitionsschutz zu verzeichnen, wenn auch eine umfassende multilaterale Festlegung materieller Regelungen fiir Auslandsinvestitionen bis heute an den Interessengegensätzen scheitert. Während Direktinvestitionen im Rahmen der GATTVerhandlungen lange Zeit sehr zurückhaltend behandelt worden waren,137 wurden in der Uruguay-Runde, die 1994 mit der Gründung der WTO abgeschlossen worden war,138 erstmals auch Auslandsinvestitionen betreffende Fragen mit handelsrelevantem Bezug erörtert und einige Abkommen geschlossen, die auf die Rechte und den Schutz ausländischer Investoren unmittelbare Auswirkungen haben. 139 Diese sind das TRIMs-Agreement,140 das Regelungen bezüglich

133 North American Free Trade Agreement, 17.12.1992, in: ILM 32 (1993), S. 289 ff und S. 605 ff. 134 Agreement Among the Govemments of Brunei Darussalam, the Republic of Indonesia, Malaysia, the Republic of the Philippines, the Republic of Singapore and the Kingdom ofThailand for the Promotion and Protection ofInvestments, 15.12.1987, in: ILM 27 (1988), S. 612 ff. 135 Energy Charter Treaty, 12.12.1994, in: ILM 34 (1995), S. 381 ff; s. dazu ausführlich Wae/de (Hrsg.), The Energy Charter Treaty. An East-West Gateway for Investment & Trade, London, The Hague, Boston 1996. 136 In Lateinamerika sind seit Beginn der neunziger Jahre ebenfalls einige solche Abkommen zu fmden, s. unten Kapitel 11.0., S. 99 f. 137 Dazu ausführlich Scheibach, S. 164 ff; Christy, Negotiating Investment in the GATT: A Call for Functionalism, in: Michigan Journal of International Law 12 (1991), S. 743 ff, S. 773 ff; zum GATT allgemein: Scheibach, S. 151 ff; Senti, GATT, Zürich 1986; Benedek, Die Rechtsordnung des GATT aus völkerrechtlicher Sicht, Berlin, Heidelberg 1990. 138 Marrakesh Agreement Establishing the World Trade Organization, 15.4.1994, in: RaworthlReif, The Law ofthe WTO, New York, London, Rome 1995, S. 177 ff; zu den Verhandlungen Sto//, Die WTO: Neue Welthandelsorganisation, neue Welthandelsordnung, in: Zeitschrift fiir ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht 54 (1994), S. 241 ff, S. 250 f. 139 Siehe allgemein Sauve, A First Look at Investment in the Final Act of the Uruguay Round, in: Journal of World Trade 28 (1994), S. 5 f;Weber, Investitionen und

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I. Auslandsinvestitionen und ihr völkerrechtlicher Schutz

handelsrelevanter Investitionsauflagen enthält und bestimmte Investitionsauflagen, die handelsverzerrend wirken, verbietet, das TRiPs-Agreement, 141 das Standards rur den Schutz geistigen Eigentums beinhaltet und festlegt, daß diese auch Ausländern gewährt werden müssen, sowie das General Agreement on Trade in Services (GATS),t42 das Regelungen rur den Handel mit Dienstleistungen und auch rur die damit verbundene Niederlassung von Ausländern zum Gegenstand hat. Eine weitergehende Beschäftigung der WTO mit Direktinvestitionen wird angestrebt. Ein erster Schritt wurde auf der Welthandelskonferenz in Singapur 1996 gesetzt, wo eine Kommission zum Thema Handel und Entwicklung geschaffen wurde, die ihre Arbeit bereits aufgenommen hat. 143 Auch im Rahmen der OECD wurden 1995 Verhandlungen eines Multilateral Agreement on Investment (MAI) begonnen. l44 Dieses Abkommen soll zwi-

schen den OECD-Staaten abgeschlossen werden und dann rur den Beitritt von Nicht-OECD Staaten offen stehen. Inhaltlich soll es materielle Regelungen rur Auslandsinvestitionen enthalten, die einen hohen Grad der Liberalisierung aufweisen, sowie einen effektiven und bindenden Streitbeilegungsmechanismus festlegen. Während die Verhandlungen zu Beginn sehr erfolgverspechend verliefen, sind sie nun aufgrund von Detailproblemen ins Stocken geraten. Eine Verlagerung der Verhandlungen in den Rahmen der WTO wird überlegt. c) Beschlüsse Internationaler Organisationen

Eine wichtige Rolle rur die Fortbildung des internationalen Investitionsrechtes spielen seit dem Zweiten Weltkrieg Internationale Organisationen. Im Handel, Zu den neueren Entwicklungen im Bereich des Investitionsrechtes, in: Schweizerische Zeitschrift für internationales und europäisches Recht 6 (1996), S. 321 ff. 140 Agreement on Trade-Related Investment Measures, 15.4.1994, in: RaworthlReif, S. 395 ff; dazu StolI, wro, S. 204 ff;Shihata, World Bank, S. 252 f; Christy, S. 779 f; HauserlSchanz, Das neue GATT, München, Wien 1995, S. 121 ff; Kraus, The GATT Negotiations, Paris 1994, S. 24 f In diesem Übereinkommen wurde eine Kategorisierung von Investitionsauflagen vorgenommen, die Zulässigkeit von Investitionsauflagen ist jedoch nicht abschließend geklärt, s. StolI, wro, S. 308; vgl. dazu auch unten Kapitel IIIA, S. 106 ff. 141 Agreement on Trade-Related Aspects of Intellectual Property Rights, 15.4.1994, in: RaworthlReif, S. 663 ff 142 General Agreement on Trade in Services, 15.4.1997, in: RaworthlReif, S. 615 ff; s. dazu Weiss, The General Agreement on Trade in Services 1994, in: Common Market Law Review 32 (1995), S. 1177 ff. 143 V gl. wro, Singapore Ministerial Declaration, 13.12.1996, in: ILM 36 (1997), S. 220 tT, Z. 20; vgL dazu auch Archiv der Gegenwart, 13.12.1996, S. 41648. 144 S. dazu http://www.oecd.org/daflcmislmailmaindex.htm#top (13.7.1998); OECD (Hrsg.), Towards Multilateral Investment Rules, Paris 1996; Häde, S. 210 ffmwN.

C. Rechtsquellen zur Regelung von Auslandsinvestitionen

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Rahmen Internationaler Organisationen fmden Vertragsverhandlungen stattl45 und werden auch Resolutionen und Beschlüsse gefaßt, die zum völkerrechtlich nicht genau definierten soft law gehören. 146 Eine besondere Ausformung des soft law stellen Verhaltenskodices dar. Darunter versteht man zwischenstaatlich abgesprochene Empfehlungen, in denen inhaltlich ein gewisses Verhalten festgelegt wird. Solchen Beschlüssen kommt keine Rechtsverbindlichkeit zu, daher ist eine Einigung zwischen den Staaten einfacher zu erreichen als bei völkerrechtlichen Verträgen. Dennoch besitzen sie eine gewisse Autorität und können sich Rechtswirkungen daran knüpfen. Hat ein Staat rur eine Resolution gestimmt, so kann damit eine estoppel-Wirkung verbunden sein. Ebenso kann sich durch Übung oder Übernahme ins innerstaatliche Recht Völkergewohnheitsrecht bilden oder allgemeine Rechtsgrundsätze abgeleitet werden. 147 Auf UN-Ebene beschäftigen sich vor allem der Wirtschafts- und Sozialrat (ECOSOC), das United Nations Development Pro gram (UNDP), die United Nations Commission for Trade and Development (UNCT AD), das United Nations Centre on Transnational Corporations (UNCTC)148 und die United Nations Industrial Development Organization (UNIDO) mit der Rechtsfortbildung des internationalen Investitionsrechtes. 149 Zu den wesentlichen Problemen zählen neben der Behandlung von Auslandsinvestitionen und dem Eigentumsschutz auch die Reglementierung des Verhaltens multinationaler Unternehmen. In zahlreichen Resolutionen der UN Generalversammlung (UNGA) sind Grundsätze rur die Zulassung und Behandlung von Direktinvestitionen sowie den Vermögensschutz und die Streitbeilegung enthalten. 150 Zu den Meilensteinen gehören die Declaration on Permanent Sovereignty over Natural Resourees, 151 die Declaration on the Establishment of a New International Economic Order (NIWO)152 und die Charter of Economic Rights and Duties of States (CERDS).153 Hier prallten die Interessen der Industriestaaten und der

145 S. dazu oben Kapitel I.C.1.b), S. 42 ff.

Verdrass/Simma, S. 419 ffmwN. Verdrass/Simma, S. 409 ff; Warld Bank, Report, S. 12, Z.6 und S. 14, Z.9; Sarnarajah, Foreign Investment, S. 74 ff. 148 Das UNCTC ist heute organisatorisch in die UNCTAD integriert, s. dazu unten Kapitel 11., FN 191. 149 Scheibach, S. 51 ff; Shihata, World Bank, S. 246 ff. 150 Eine Autlistung aller UN-Resolutionen bis 1984 zu diesem Bereich findet sich bei Banz,S.199f. 151 UNGARes. 1803 (XVII), 14.12.1962. 152 UNGA Res. 3201 (S-VI), 1.5.1974. 153 UNGARes. 3281 (XXIX), 12.12.1974 146

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I. Auslandsinvestitionen und ihr völkerrechtlicher Schutz

Entwicklungsländer, die als Gruppe der 77 unter starker Führung der lateinamerikanischen Staaten auftraten, aufeinander. 154 In verschiedenen Foren der UN wurden Verhaltenskodices für multinationale Unternehmen erstellt. Dazu zählt etwa der Code 01 Conduct lor Multinational Enterprises, der im Rahmen des UNCTC seit 1977 verhandelt wird und bis heute an den Interessengegensätzen scheitert. 155 Der Entwurf dieses Verhaltenskodex verbietet etwa Informationsbeschränkungen durch ausländische Unternehmen, restriktive Geschäftspraktiken, Korruption oder Transfer Pricing. 156 Daneben werden für die Gaststaaten Richtlinien für die Behandlung multinationaler Unternehmen festgelegt.157 Auch im Rahmen der UNCT AD wurde 1980 mit dem Set 01 Multilaterally agreed Equitable Principles and Rules lor the Control 01 Restrictive Business Practices ein Verhaltenskodex für multinationale Unternehmen erstellt. 158 In der OECD wurde seit Beginn der sechziger Jahre die Frage eines Kodex behandelt. Nach zahlreichen Entwürfen gelang es schließlich 1976, die Declaration on International Investment and Multilateral Enterprises zu verabschieden, die seither mehrmals überarbeitet wurde. 159 Dieser Kodex soll die Kooperation in bezug auf Auslandsinvestitionen fordern und Richtlinien für das Verhalten multinationaler Unternehmen aufstellen. 160 Wie ausdrücklich im Kodex angeführt, ist die Beachtung der Regelungen freiwillig. Besondere Bedeutung für die Entwicklung des internationalen Investitionsrechtes kommt den Aktivitäten der Weltbank ZU. 161 Eine der Aufgaben der Weltbank ist es "to promote private foreign investment by means of guarantees or participations in loans and other investments made by private investors ".162 Dies wird ausfiihrIich unten in Kapitel lI.C., S. 77 ffbehandelt. Shihata, World Bank, S. 247 ff; UNCTC, UN Code of Conduct, S. 5 ff; UN Draft Code ofConduct on Transnational Corporations, 1.2.1988, U.N. Doc. E/1988/39/Add.l, abgedruckt in: Kunig/Lau/Meng (Hrsg.), International Economic Law, Basic Docurnents, 2. Auflage, Berlin, New Yorlc 1993, S. 686 ff. 156 UNCTC, UN Code ofConduct, S. 9 ff. 157 UNCTC, UN Code ofConduct, S. 17 ff. 158 UNCTAD, Set of Multilaterally agreed Equitable Principles and Rules for the Control of Restrictive Business Practices, U.N. Doc. TDIRBP/Confll0IRev.l, 16.12.1980, abgedruckt in: Kunig/Lau/Meng, S. 720 ff. 159 OECD, Declaration on International Investment and Multinational Enterprises, 21.6.1976, 1991 Review, abgedruckt in: OECD, Dec1aration and Decisions, S. 101 ff; vgl. dazu auch Ipsen, S. 592 f. 160 Vgl. Scheibach, S. 53 f; Shihata, World Bank, S. 250 ff. 161 Überblick über die Aktivitäten der einzelnen Organisationen der Weltbankgruppe bei Shihata, World Bank, S. 257 ff. 162 Agreement of the International Bank for Reconstruction and Developrnent, 27.12.1945, UNTS 2, S. 134 ffund UNTS 606, S. 295 f, Art. 1 (ü). 154

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C. Rechtsquellen zur Regelung von Auslandsinvestitionen

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Im Rahmen der Weltbankgruppe finden sich mit der ICSID-Konvention und der MIGA-Konvention nicht nur die beiden einzigen universellen Verträge im internationalen Investitionsrecht, 1991 wurden auch Verhandlungen rur einen Kodex zur Festlegung materieller Standards rur die Behandlung von Auslandsinvestitionen begonnen. Dies war die logische Konsequenz der Gründung der MIGA, da fiir die Versicherbarkeit einer Investition im Gaststaat bestimmte rechtliche Voraussetzungen vorherrschen müssen. 163

Das Ergebnis waren die 1992 von Weltbank, IFC und MIGA gemeinsam erlassenen Richtlinien rur die Behandlung von Direktinvestitionen (Guidelines on the Treatment of Foreign Direct Investment). 164 Ziel war es, einen "overalilegal framework which should embody the essential legal principles so as to promote FOI" zu erarbeiten. 165 Die Guidelines spiegeln die derzeit "generally acceptable international standards" wider, die der Förderung von Direktinvestitionen gerecht werden. 166 Die Grundlage darur bildeten nationale Investitionsgesetze sowie völkerrechtliche Instrumente zur Regelung von Auslandsinvestitionen. 167 Die Guidelines enthalten fiir die vier Hauptproblernkreise von Auslandsinvestitionen, das sind Zulassung, Behandlung, Vermögensschutz und Streitbeilegung, wünschenswerte und einem positiven Investitionsklima zuträgliche Regelungsvorschläge. 168

2. Nationales Recht: Investitionsgesetze Für Fremde, die sich in einem Staat wirtschaftlich betätigen, ist vorrangig das nationale Recht des Gaststaates relevant. Entsprechende Regelungen findet man im Außenwirtschaftsrecht, aber auch im Handelsrecht, Arbeitsrecht, Steuerrecht oder in sonstigen Gesetzen können rur Auslandsinvestitionen relevante Normen enthalten sein. Jeder Staat besitzt das Recht, über die Zulassung von Fremden auf seinem Staatsgebiet frei zu entscheiden und die Betätigung und Behandlung des Fremden zu reglementieren, soweit diese Souveränität nicht durch völkerrechtliche Verpflichtungen eingeschränkt ist. 163 V gl. zu den Hintergriinden der Entstehung Shihata, Legal Treatment of Foreign Investment: "The World Bank Guidelines", Dordrecht, Boston, London 1993, S. 29 ff. 164 Warld Bank Graup, Development Connnittee, Guidelines on the Treatment of Foreign Direct Investment, 21.9.1992, in: Warld Bank Graup (Hrsg.), Legal Framework for the Treatment ofForeign Investment, Band 2: Guidelines, Washington 1992, S. 35 ff. 165 Zitat des Development Connnittee der World Bank Group, zitiert nach Warld Bank, Report, S. 9, Z. 1. 166 Warld Bank, Report, S. 10, Z. 4. 167 Eine ausfiihrliehe Darstellung der Entstehung der Guidelines und der Dokumente fmdet sich bei Shihata, Legal Treatment ofForeign Investment: "The World Bank Guidelines", Dordrecht, Boston, London 1993. 168 Warld Bank, Report, S. 14, Z. 9.

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I. Auslandsinvestitionen und ihr völkerrechtlicher Schutz

In den meisten Entwicklungsländern wird die Investitionstätigkeit von Fremden in eigenen Investitionsgesetzen geregelt. Nachdem die UN Generalversammlung bereits 1954 empfohlen hatte, Gesetze zur Förderung von Auslandsinvestitionen zu erlassen,169 wurde dieses Instrument nach Abschluß der Dekolonialisierung in den sechziger Jahren von fast allen Entwicklungsländern eingesetzt, um die zunehmende Tätigkeit der multinationalen Unternehmen zu regeln. Heute sind in den meisten Entwicklungsländern Investitionsgesetze zu findenYo Hauptzweck dieser Investitionsgesetze ist die Förderung der Investitionstätigkeit entsprechend den nationalen Wirtschafts- und Entwicklungszielen. Dabei ist ein gespaltenes Verhältnis zu Auslandsinvestitionen zu beobachten. Einerseits wird erkannt, daß ausländisches Kapital als Beitrag zur wirtschaftlichen Entwicklung notwendig ist, andererseits besteht Angst vor der Überfremdung wichtiger wirtschaftlicher Sektoren. Folglich weisen die Investitionsgesetze entsprechend der nationalen Wirtschaftspolitik eher fordernden oder eher regulierenden Charakter auf 171 Während einige Staaten Auslandsinvestitionen unbeschränkt begriißen, werden Auslandsinvestitionen in anderen Ländern genauestens reglementiert und überwacht. Der Grundgedanke der Investitionsgesetze ist die Einbindung ausländischer Investoren in die Verwirklichung der Wirtschafts- und Entwicklungsziele des Gaststaates, die zumeist in nationalen Entwicklungsplänen festgelegt sind. 172 Zu diesen zählen die Entwicklung der nationalen Industrie, regionale Entwicklungsforderung, Schaffung von Arbeitsplätzen, Zugang zu neuen Märkten oder Erwerb von Know-how. Der Staat kann diesen Zielen entsprechend die Betätigung ausländischer Investoren gestalten. Er besitzt die Möglichkeit, in gewissen Bereichen die Aktivitäten ausländischer Kapitalgeber zu beschränken oder völlig zu verbieten, andere Bereiche hingegen zu fordern. Dazu können auch steuerliche Anreize oder sonstige Förderungen und Begünstigungen dienen. Die Investitionsgesetze folgen generell einem einheitlichen Schema, das regional variieren kann. 173 Sofern der Staat BITs abgeschlossen hat, sind die Gesetze durch diese inhaltlich determiniert. Die Investitionsgesetze regeln Beschränkungen oder Verbote der Investitionstätigkeit in bestimmten Wirtschafts169 UNGA Res. 824 (IX), International Flow of Private Capital for the Econornic Development ofUnderdeveloped Countries, 11.12.1954. 170 Vgl. ICSID (Hrsg.), Investment Laws ofthe World, Band 1 - 10, New York 1987, Loseblattsammlung. 171 Vgl. BuxbaumlRiesenfeld, Investment Codes, in: Bemhardt (Hrsg.), Encyclopedia of Public International Law, Band 8, Amsterdam, New York, Oxford 1985, S. 344 ff, S.345. 172 Vgl. BuxbaumlRiesenfeld, S. 346. 173 Vgl. Petersmann, Wirtschaftsintegrationsrecht, S. 154 ff.

C. Rechtsquellen zur Regelung von Auslandsinvestitionen

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sektoren, Investitionsauflagen, devisenrechtliche Bestimmungen betreffend den Kapital- und Gewinntransfer, Kreditmöglichkeiten, Steuerangelegenheiten usw. Weiters sind verfahrensrechtliche Vorschriften enthalten, in denen die Behördenzuständigkeit hinsichtlich der Zulassung und der Überwachung der Geschäftstätigkeit des Unternehmens sowie das Genehmigungsverfahren geregelt sind. 174 Zusätzlich zur generellen Regelung im Investitionsgesetz bestehen auch Sondergesetze für spezielle Wirtschafts sektoren oder eigene Investitionsförderungsprogramme. Daneben sind natürlich in den verschiedensten Materiengesetzen Normen zu fmden, die auch für Auslandsinvestitionen Geltung haben. Die Investitionsgesetze legen den Rahmen für die Vertragsverhandlungen zwischen Investor und Gaststaat fest. Da alle für die Investitionstätigkeit wesentlichen Vorschriften in einem Gesetz vereint sind, fällt dem Investor die Orientierung über die rechtlichen Gegebenheiten im Staat und die Information über die notwendigen Voraussetzungen und das Verfahren der Zulassung leichter. Damit kommt dem Investitionsgesetz per se schon fördernder Charakter zu, da dem Investor der genaue Rahmen seiner Geschäftstätigkeit bekannt ist. 175 Problematisch ist die Rechtsunsicherheit, die gerade in den Entwicklungsländern häufig gegeben ist. Bei Änderung der rechtlichen Grundlagen, auf denen die Investitionsentscheidung des Unternehmers beruhte, kann sich der Rahmen für die Geschäftstätigkeit gänzlich neu gestalten. Grund dafür können neben Regierungswechseln und politischer Instabilität auch ein Interessenkonflikt zwischen dem ausländischen Unternehmen und dem Gaststaat sein. Hier hat der Staat die Möglichkeit der Gesetzesänderung oder kann mit Maßnahmen der Enteignung reagieren. 176 Eine Beschränkung des Rechtes der Staaten, Gesetze zu ändern, kann nur durch völkerrechtliche Verpflichtungen in einem BIT oder in sonstigen Investitionsförderungsverträgen oder durch die Aufnahme von Stabilisierungs- oder Rechtswahlklauseln in die zwischen Investor und Gaststaat abgeschlossenen Investitionsverträge erfolgen. l77

3. Investitionsverträge Unter Investitionsverträgen versteht man Verträge zwischen dem ausländischen Investor und dem Gaststaat, in denen die Bedingungen für die Betätigung des Investors im Gaststaat festgelegt werden. In den Verhandlungen und beim Vertragsabschluß stehen einander der Staat und der Investor auf gleicher Ebene 174 Zum Inhalt vgl. Scheibach, S. 74 ff; Petersmann, Wirtschaftsintegrationsrecht, S. 151 ff. 175 Vgl. Scheibach, S. 73. 176 Schanze, S. 42 ff spricht hier vom ,,Loyalitäts- und Geiselproblem". 177 Vgl. dazu das folgende Kapitel I.C.3. und Kapitel IV.A.1.b)ee), S. 166.

4 Zagel

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1. Auslandsinvestitionen und ihr völkerrechtlicher Schutz

gegenüber. Basis fur die Verhandlung sind das nationale Investitionsrecht und bestehende völkerrechtliche Instrumente, wie etwa ein BIT oder ein Investitionsgarantieabkommen. Im Investitionsvertrag können jedoch auch abweichende Regelungen außerhalb des nationalen Rechtes vereinbart werden. 178 Vorläufer der Investitionsverträge waren die Konzessionsverträge, in denen die Ausübung eines dem Staat vorbehaltenen Rechtes per Vertrag auf den ausländischen Investor übertragen wurde. Im Gegensatz zum Investitionsvertrag, in dem die Bedingungen der Geschäftstätigkeit des Investors festgelegt werden, vergab der Staat also Rechte, über die nur er verfugen konnte. Der Investor erhielt so gegenüber anderen Investoren eine bevorzugte Stellung, da er hoheitlich tätig war und bestimmte Aufgaben des Staates übernahm. Die Konzessionen konzentrierten sich vor allem auf den Bereich der öffentlichen Versorgung, wie Verkehrswesen oder Kommunikationseinrichtungen, und auf den Bereich der Förderung und Nutzung von Rohstoffen. 179 Wesentlich bei diesen Verträgen war das Prinzip Leistung und Gegenleistung, das heißt der Investor bekam fur die Überlassung der Konzession bestimmte Auflagen oder mußte Gebühren dafur bezahlen. 180 Die Vertragsform der Konzession war vor allem bis zum Zweiten Weltkrieg gebräuchlich, seither entwickelten sich neue Formen, die den Staaten eine höhere Beteiligung an den Erträgen ermöglichen. Die Bezeichnung als Konzession wird heute vermieden, da sie häufig als Inbegriff kolonialistischer Ausbeutung gesehen wird. 181 Heute gibt es zahlreiche verschiedene Typen von Investitionsverträgen. 182 Sie werden vor allem im Bereich des verarbeitenden Sektors abgeschlossen und beinhalten nicht mehr die Übertragung öffentlichrechtlicher Kompetenzen. Die Bezeichnungen sind vielfältig. Die Investitionsverträge legen, häufig auch in Abweichung von den nationalen Gesetzen, die Eintritts- und Arbeitsbedingungen fest, bestimmen die Voraussetzungen und die Rechtsfolgen von Enteignungen oder eigentumsbeschränkenden Maßnahmen, regeln Mechanismen der Streitbeilegung und das anzuwendende Recht usw. Sie stellen eine Regelungsform von Auslandsinvestitionen dar, die die Möglichkeit einer flexiblen und auf die jeweilige Situation zugeschnittenen Gestaltung bietet. Schwierig ist es, die Rechtsnatur des Investitionsvertrages zu bestimmen, da einander als Vertragspartner ein Staat und ein multinationales Unternehmen ge178 Schanze nennt dies "konsensuale Wirtschaftsregulierung", die er als dritte Form neben den Regelungen auf nationaler und auf internationaler Ebene sieht, s. Schanze, S. 37 ff; zur Problematik von Investitionsverträgen allgemein rnwN.Herdegen, Internationales Wirtschaftsrecht, 2. Auflage, München 1995, S. 205 ff; Häde, S. 188 ff 179 Fischer, Die internationale Konzession, Wien, New York 1974, S. 67. 180 Fischer, Konzession, S. 66 f 181 Fischer, Konzession, S. 105. 182 Patzina, S. 122 ff

C. Rechtsquellen zur Regelung von Auslandsinvestitionen

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genüberstehen. 183 Nach der herrschenden Lehre unterliegen Verträge der Rechtsordnung des Staates, in dem sie geschlossen wurden. 184 Dies bedeutet, daß dem Investor bei Streitigkeiten aus dem Vertrag oder im Falle von Enteignungen oder eigentumsbeschränkenden Maßnahmen nur der innerstaatliche Rechtsweg offensteht, nationales Recht angewendet wird und auf der völkerrechtlichen Ebene nur die Ausübung des diplomatischen Schutzrechtes durch den Heimatstaat möglich ist, jedoch kein weiterer Schutz besteht. Zur Sicherung der Rechtsposition des Investors wurden verschiedene Vertragsklauseln entwickelt, deren Aufnahme in einen Vertrag eine Internationalisierung des Vertrages, das heißt eine Loslösung vom nationalen Recht bewirkt, indem dem Staat die alleinige Dispositionsbefugnis entzogen wird. Dazu gehören etwa Rechtswahlklauseln, die ein bestimmtes Recht, auch Völkerrecht, anwendbar machen, oder die Vereinbarung der Zuständigkeit eines Schiedsgerichtes oder einer sonstigen internationalen Streitbeilegungsmöglichkeit. Auch Stabilisierungsklauseln schränken die Regelungsbefugnis des Gaststaates ein. In diesen Klauseln verpflichtet sich der Gaststaat, keinerlei Gesetzesänderungen vorzunehmen, die eine Schlechterstellung der Position des Investors bewirken, oder den Investor von der Wirkung solcher Gesetzesänderungen auszuschließen. 185 Da Investitionsverträge, die solche Bestimmungen enthalten, viele Elemente völkerrechtlicher Verträge aufweisen, wird ihnen in der Lehre funktionelle Internationalität zuerkannt, und sie werden als beschränkt völkerrechtliche Verträge oder "quasivölkerrechtliche" Verträge bezeichnet. 186

183 Dieser Problemkreis ist eng mit dem Problem der völkerrechtlichen Stellung multinationaler Unternehmen verbunden, s. oben Kapitel I.C., S. 37. 184 Scheibach, S. 85 mwN.; Wildhaber, S. 37; Bippus, Der internationalrechtliche Schutz von Investitionen im Ausland unter besonderer Berücksichtigung des diplomatischen Schutzrechts der Staaten, Konstanz 1989, S. 193; im innerstaatlichen Recht ist weiters strittig, ob es sich um einen öffentlichrechtlichen oder einen privatrechtlichen Vertrag handelt, vgl. Fischer, Konzession, S. 68 ff. 185 V gl. dazu Herdegen, S. 206 f. 186 Dazu mwN. Riesenfeld, S. 249; Sornarajah, Foreign Investment, S. 338 ff; Schanze, S. 116 ff; Verdross/Simma, S. 4 ff; Wildhaber, S. 39 ff.

4'

11. Die besondere Haltung der lateinamerikanischen Staaten zu ausländischem Kapital A. Die wirtschaftliche Entwicklung der lateinamerikanischen Staaten und das Verhältnis zu den USA 1. Die wirtschaftliche Entwicklung der lateinamerikanischen Staaten

Durch reiche Rohstoffvorkommen und fruchtbares Land war der lateinamerikanische Kontinent bereits im 16. Jahrhundert von besonderem wirtschaffiichen Interesse für die europäischen Kolonialmächte Spanien und Portugal. Diese wollten nicht nur ihre Macht ausdehnen, sondern sahen vor allem das wirtschaftliche Potential ihrer Kolonien, die einerseits als Lieferanten von Rohstoffen, andererseits als Absatzmarkt für Produkte aus den Mutterländern dienten. Die Kolonialmächte bezogen aus ihren Kolonien vor allem Gold und Silber, aber auch landwirtschaffiiche Produkte, etwa Kaffee, Zucker oder Baumwolle. Im Gegenzug importierten die Kolonien Gebrauchs- und Bedarfsgüter, die mit dem Erlös aus den Rohstoffexporten finanziert wurden. Da die Kolonialmächte das Handelsmonopol besaßen, bestand weitgehende wirtschaffiiche Abhängigkeit der Kolonien. Die Entwicklung der Wirtschaft und der Verkehrsinfrastruktur war hauptsächlich exportorientiert. Abgesehen von auf den Export konzentrierten Bergwerken und Plantagen gab es praktisch keine Ausbildung eines eigenen Produktionssektors. Zudem existierten durch die einseitige Ausrichtung auf das Mutterland wenig Verbindungen zwischen den Kolonien oder zu anderen Staaten. l Im 18. Jahrhundert kam es in den Kolonien durch die zunehmende Nachfrage Europas nach den Waren aus Übersee zu einem wirtschaftlichen Aufschwung und beträchtlichem Wohlstand. Damit verbunden wuchs die Unzufriedenheit über die Bevormundung aus Europa, da Spanien und Portugal aufgrund des Handelsmonopols nach wie vor die wirtschaftliche Entwicklung in den Kolo-

1 Zum Wirtschaftssystem in der Kolonialzeit s. Waldmann, Lateinamerika: Geschichte, Wirtschaft, Gesellschaft, in: Informationen zur politischen Bildung 111990, S. 6 f; Kahle, Lateinamerika-Ploetz, Die Geschichte der lateinamerikanischen Staaten zum Nachschlagen, 2. Auflage, Freiburg, Würzburg 1993, S. 43 ff, insbesondere S. 49 ff, S. 59 ff; Vogler, Lateinamerika in der Dauerkrise, Berlin 1989, S. 18 ff.

A. Wirtschaftliche Entwicklung und Verhältnis zu den USA

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nien bestimmten. 2 Zu Beginn des 19. Jahrhunderts flammten schließlich in ganz Lateinamerika Befreiungsbewegungen und -kämpfe auf, die 1825 mit der Unabhängigkeit aller Kolonien beendet waren. 3 Nach zahlreichen Unruhen und Bürgerkriegen kam es im Laufe des 19. Jahrhunderts in den jungen Republiken zu einer inneren Konsolidierung und zur Etablierung von Machtstrukturen. Die internen Machtkämpfe wirkten sich negativ auf die wirtschaftliche Lage der lateinamerikanischen Staaten aus und bremsten die wirtschaftliche Entwicklung. Dadurch waren die Staaten sehr empfänglich fiir ausländisches Kapital, das der Ankurbelung der Wirtschaft und dem Aufbau einer eigenen Industrie dienen sollte, und versuchten, durch Öffnung der Märkte fiir Güter und Kapital und Förderung von Exporten ein positives Investitionsklima zu schaffen. 4 Am weitesten fortgeschritten war die wirtschaftliche und politische Entwicklung in Argentinien, Brasilien, Mexico, Chile und Uruguay. 5 Durch die ab Mitte des 19. Jahrhunderts beginnende industrielle Expansion in Europa nahm der Bedarf und die Nachfrage nach Rohstoffen von seiten der europäischen Industrienationen zu. Damit verbunden war fiir die lateinamerikanischen Staaten der Anstieg der Investitionen aus dem Ausland. Die Investoren und ihre Heimatstaaten verfolgten mit diesen Auslandsinvestitionen den Zweck, die Grundlagen fiir den Abbau von und den Handel mit Rohstoffen zu schaffen. 6 Auch den Gaststaaten war das Auslandskapital zum Aufbau der Wirtschaft willkommen, der fast ausschließlich mit Fremdkapital erfolgte. Vorherrschend war die damals wichtigste industrielle Macht Großbritannien. Die britischen Investoren konzentrierten sich hauptsächlich auf die Einrichtung einer fiir den Außenhandel notwendigen Infrastruktur. Die Anlageformen waren vorrangig Portfolioinvestitionen im Bankensektor und zur Errichtung der notwendigen Verkehrswege (Eisenbahn, Dampfschiffahrt uswV Ab Ende des 19. Jahrhunderts wurde jedoch der Einfluß der USA immer bedeutender. Im BeWaldmann, S. 7 f. Zum Verlauf dieser Unabhängigkeitskämpfe vgl. Waldmann, S. 8 f. 4 Waldmann, S. 10; Jova/Smith/Crigler, Private Investment in Latin America: Renegotiating the Bargain, in: Texas International Law Journal Centennial Issue (1984), S. 49 ff, S. 54. 5 Kahle, Lateinamerika-Ploetz, S. 78 ff; Waldmann, S. 9 f, S. 13. 6 Sandner, Die Hauptphasen der wirtschaftlichen Entwicklung in Lateinamerika in ihrer Beziehung zur Raumerschließung, in: Borchert/Oberbeck/Sandner (Hrsg.), Wirtschafts- und Kulturräume der außereuropäischen Welt, Festschrift für Albert Kolb, Hamburg 1971, S. 311 ff, S. 314. 7 Vgl. Waldmann, S. 10; Wiesner, ANCOM: A New Attitude Toward Foreign Investment?, in: University 01' Miami Inter-American Law Review 24 (1993), S. 435 ff, S. 440 1'mwN. 2

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II. Haltung der lateinamerikanischen Staaten zu ausländischem Kapital

reich der Grundstoffindustrie liefen die Investoren aus den USA den britischen Anlegern bald den Rang ab. Sie nahmen vor allem Direktinvestitionen im Bergbau und ab Beginn des 20. Jahrhunderts in der Erdölgewinnung vor. Einige der jungen lateinamerikanischen Republiken brachten es mit Hilfe des ausländischen Kapitals zu beträchtlichem wirtschaftlichem Wohlstand. Argentinien war Ende des 19. Jahrhunderts weltweit führend auf dem Sektor der Agrarprodukte. 8 Chile besaß das Weltmonopol für Salpeter. 9 Peru erlebte einen wirtschaftlichen Aufschwung durch den Export von Guano und Salpeter. 1O Paraguay war wirtschaftlich und kulturell einer der fortschrittlichsten Staaten Lateinamerikas. 11 Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war die Wirtschaft der lateinamerikanischen Staaten durch völlige Außenorientierung gekennzeichnet (desarrollo hacia afuera).12 Die Strukturen aus der Kolonialzeit hatten sich gefestigt. Die Wirtschaft wurde jetzt jedoch nicht mehr von den Kolonialmächten, sondern von anderen europäischen Industriestaaten und den USA beherrscht. Da sich der Großteil der Industrie unter ausländischer Kontrolle befand, waren die wirtschaftlichen Strukturen auf die Interessen der Investoren ausgerichtet. Auf die notwendigen Entwicklungsbedürfnisse der jungen Volkswirtschaften in bezug auf die verkehrsmäßige Erschließung oder den regionalen Entwicklungsausgleich wurde keine Rücksicht genommen. Die wirtschaftliche Entwicklung war durch die Spezialisierung auf einige wenige Produkte gekennzeichnet, für die Absatzmöglichkeiten am Weltmarkt bestanden. Durch die Herausbildung von Monokulturen und die einseitige Ausrichtung auf den Außenhandel wurden der Aufbau und die Diversifizierung nationaler Industrien vollkommen zurückgedrängt. Die Staaten waren zur Versorgung der eigenen Märkte auf Importe angewiesen, deren Finanzierbarkeit unmittelbar von der Nachfrage und dem aktuellen Weltmarktpreis der im Land erzeugten Produkte abhing. 13 Zudem bestanden innerhalb der Staaten große regionale Entwicklungsunterschiede. Die verkehrsmäßige Erschließung orientierte sich an der wirtschaftlichen Bedeutsamkeit der Regionen. Dies ist noch heute an den mangelnden Verkehrsverbindungen innerhalb der Staaten und auch zwischen den Staaten zu erkennen. Zusätzlich zur Fremdbestimmung der Kahle, Lateinamerika-Ploetz, S. 114. Kahle, Lateinamerika-Ploetz, S. 119. 10 Kahle, Lateinamerika-Ploetz, S. 106 f 11 Kahle, Lateinamerika-Ploetz, S. 110. 12 Vgl. dazuSandner, S. 311 ff. 13 Diese Produkte waren in Chile Salpeter und Kupfer, in Brasilien Kaffee, in Mexico Silber. Die Monopolisierung fiihrte soweit, daß sogar Gebrauchsgüter wie Schuhe und Lebensmittel eingefiihrt werden mußten, s. Waldmann, S. 11. Fiel der Weltmarktpreis fiir die Hauptexportgüter, so bedeutete dies, daß lebensnotwendige Güterimporte nicht bezahlt werden konnten. 8

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A. Wirtschaftliche Entwicklung und Vemältnis zu den USA

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Wirtschaft waren die Staaten häufig politischem, wirtschaftlichem und sogar militärischem Druck der Heimatstaaten der Investoren ausgesetzt, die ihre Interessen an der Kontrolle der Rohstoffquellen auf diese Weise durchsetzten. 14 Der Anstoß für die grundlegende Änderung der Wirtschaftspolitik war die Weltwirtschaftskrise 1929, die für die lateinamerikanischen Staaten schwere wirtschaftliche Einbußen brachte. Durch die schwankende Nachfrage nach Rohstoffen konnte der aufgrund des raschen Bevölkerungswachstums steigende Importbedarf nicht mehr finanziert werden, womit die Abhängigkeit der Versorgungslage von der Weltwirtschaft und die mangelnde Fähigkeit zur Selbstversorgung deutlich zu Tage trat. Diese Erkenntnis bewirkte in den dreißiger Jahren den Übergang von der außenorientierten Wirtschaftspolitik zur Wirtschaftsstrategie des desarrollo hacia adentro (Entwicklung nach innen), der binnenorientierten Wirtschaftspolitik. 15 Vorreiter waren Argentinien, Brasilien und Mexico, gefolgt von Uruguay und Chile. 16 In den fünfziger Jahren gingen alle lateinamerikanischen Staaten zu dieser Entwicklungsstrategie über. Wesentlich gefordert wurde dieses Wirtschaftskonzept durch die 1948 gegründete UN-Wirtschaftskommission für Lateinamerika CEPAL (Comision Economica para America Latina)Y In diesem Rahmen wurde unter dem Vorsitz des argentinischen Ökonomen Raul Prebisch 18 das theoretische Fundament für dieses Entwicklungsmodell erarbeitet, das an den in allen lateinamerikanischen Staaten ähnlichen Wirtschaftsstrukturen ansetzte. 19 Die CEP AL übte 14 Vgl. dazu Waldmann, S. 10 f; Kahle, Lateinamerika-Ploetz, S. 80 f; Wiesner, S. 440 f; zwischen 1820 und 1914 gab es über vierzig Militärinterventionen durch Großbritannien; für die wichtigsten militärischen Interventionen der USA s. Tabelle bei Vogler, S. 25; weitere Interventionen z.B. Frankreich 1861/62 in Mexico, s. Kahle, Lateinamerika-Ploetz, S. 86 f; Deutschland, Großbritannien und Italien in Venezuela 1902/03, s. Kahle, Lateinarnerika-Ploetz, S. 103. 15 Sandner, S. 314 ff. 16 Waldmann, S. 13; Thiery, Entwicklungsvorstellungen in Lateinarnerika: Eine Neuauflage des CEPALISMO?, in: MolslBirle (Hrsg.), Entwicklungsdiskussion und Entwicklungspraxis in Lateinamerika, Südostasien und Indien, 2. Auflage, Münster, Hamburg 1993, S. 1 ff, S. 7 f. 17 Zur Entstehung und Arbeit der CEPAL s. StolI, Wirtschaftskonmllssionen, regionale, in: Wolfrum (Hrsg.), Handbuch Vereinte Nationen, München 1991, S. 1117 ff, S. 1125 f; WoljJ, CEPAL und die entwicklungspolitische Debatte in Lateinamerika, in: BuissonlMols (Hrsg.), Entwicklungsstrategien in Lateinamerika in Vergangenheit und Gegenwart, Paderbom, München, Wien, Zürich 1983, S. 219 ff. 18 Prebisch (1901 - 1986) war von 1949 bis 1962 Generalsekretär der CEPAL; zum Leben und Werk von Prebisch,Iglesias (Hrsg.), EI Legado de Raul Prebisch, Washington 1993, S. 11 ff. 19 Grundlegend Prebisch, The Economic Development of Latin America and its Principal Problems, New York 1950; s. auch Thiery, S. 7 ff; Parkinson, Latin America, in: JacksonlJames (Hrsg.), States in aChanging World, A Contemporary Analysis, Oxford 1993, S. 240 ff, S. 250 f.

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II. Haltung der lateinamerikanischen Staaten zu ausländischem Kapital

mittels Empfehlungen rur das praktische Handeln der Regierungen großen Einfluß auf die Wirtschaftspolitik der lateinamerikanischen Staaten aus. Die Entwicklungstheorie des Desarrollismo (die Form der Realisierung durch die CEP AL wird auch als Cepalismo bezeichnet)20 sah Wirtschaftswachsturn als Mittel zur Überwindung der Unterentwicklung und Abhängigkeit an. 21 Dieses Wirtschaftswachstum sollte durch verschiedene Instrumente gefördert werden, wobei als wichtigstes Element die importsubstitUierende Industrialisierung angesehen wurde. Es war geplant, durch verstärkte Industrialisierung und Diversifizierung bisher importierte Produkte im Inland zu erzeugen und dadurch Importe zu ersetzten sowie in weiterer Folge die eigenen Produkte auch zu exportieren. Da eigene Mittel knapp waren, spielte rur die Industrialisierung der Länder ausländisches Kapital eine wesentliche Rolle. Aus diesem Grund wurden Investitionen aus dem Ausland von den lateinamerikanischen Staaten intensiv gefördert. Unterstützt wurde das Industrialisierungskonzept durch protektionistische Maßnahmen zum Schutz des Binnenmarktes und zur Förderung der Binnenerschließung der einzelnen Staaten. Dies hatte den Abbau der Entwicklungskontraste zum Ziel. Durch regionale Integration sollte ein größerer Markt geschaffen werden, wobei als Vorbild die europäische Integration diente. Einen wesentlichen Beitrag zur Verwirklichung des Konzeptes hatten die Staaten zu leisten, die mittels einer interventionistischen Wirtschaftspolitik die wirtschaftliche Entwicklung entsprechend der nationalen Wirtschaftspläne steuern und zudem in den wichtigsten Industriezweigen selbst tätig werden sollten. Dieses Industrialisierungskonzept ruhrte bis zum Ende der siebziger Jahre zu einem bedeutenden Wirtschaftswachstum. Zwischen 1950 und 1979 lag die durchschnittliche Wachstumsrate der Industrie bei 6,5%. Dies war weltweit die zweithöchste nach Japan. 22 Wesentlichen Anteil an der Industrialisierung La20 Ausfiihrlich dazu Sandner, S. 314 ff; O'Leary, The Andean Common Market and the Importance ofEffective Dispute Resolution Procedures, in: International Tax & Business Lawyer 2 (1984), S. 101 ff, S. 102 ffmwN.; zum Desarrollismo Benecke, Desarrollismo - ein überlegtes Konzept, in: BuissonlMols (Hrsg.), Entwicklungsstrategien in Lateinamerika in Vergangenheit und Gegenwart, Paderbom, München, Wien, Zürich 1983, S. 197 ff; zum Cepalismo Wolff, S. 217; verwandt damit ist auch die sich später entwickelnde Dependencia-Theorie, s. Arentzen, Gabler Wirtschaft Lexikon, Stichwort Dependencia-Theorie und unten S. 58 f 21 Unterentwicklung entsteht nach dieser Theorie dadurch, daß die lateinamerikanischen Staaten im Gefiige der Weltwirtschaft in ihrer Funktion als Rohstoffiieferanten eine Randrolle spielen, im Gegensatz zu den industrialisierten Ländern, die im Zentrum stehen. Nach der Theorie wird der Unterschied durch diese Rollenverteilung immer größer, s. Wolff, S. 219. 22 Waldmann, S. 31; Thiery, S. 2; vgl. auch NohlenlNuscheler, Handbuch der Dritten Welt, Band 2 (Südamerika), 3. Auflage, Bonn 1992, S. 29 f; Meiler, Wirtschaftspoliti-

A. Wirtschaftliche Entwicklung und Verhältnis zu den USA

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teinamerikas hatten vor allem Brasilien, Argentinien und Mexico, gefolgt von den ANCOM-Staaten. 23 Im Zuge der Industrialisierung nahm der Anteil an ausländischem Kapital mehr und mehr zu. Bis in die fünfziger Jahre waren die USA führend in der Grundstoffindustrie. Diese Bereiche sowie die Infrastrukturbetriebe wurden jedoch im Zuge gesetzlicher Beschränkungen und spektakulärer Enteignungsaktionen24 zunehmend von staatlichen Betrieben übernommen, sodaß ausländische Investitionen ab den fünfziger Jahren mehr in die verarbeitenden und technologisch hochentwickelten Sektoren flossen und diese Bereiche wiederum von ausländischem Kapital beherrscht wurden. 25 Im Zuge dieser Entwicklungen wurde nationales Privatkapital vor allem in den großen Staaten mehr und mehr verdrängt. 26 Bereits in den sechziger Jahren zeigten sich trotz wachsender Wirtschaftsdaten, Industrialisierung und Technisierung negative Effekte und strukturelle Schwächen. 27 Den größten Anteil an der Industrialisierung, insbesondere den technologisch hochentwickelten Bereichen, hatten die multinationalen Unternehmen, deren Entwicklung und wirtschaftliche Macht in den sechziger Jahren explodierte. Durch Gewinntransfers flossen mehr Devisen ins Ausland als neue Investitionen getätigt wurden, sodaß die Kapitalbilanz der Staaten negativ war. Zudem übten die multinationalen Unternehmen oft zur Durchsetzung ihrer wirtschaftlichen Interessen mit restriktiven Geschäftspraktiken Druck auf die Regierungen aus, der bis zur Einmischung in politische Angelegenheiten ging. 28 Die staatliche Einflußnahme war überproportional angewachsen. Dies betraf einerseits den in der Wirtschaftsplanung tätigen Staatsapparat,29 andererseits die sche Reformen in Lateinamerika und ihre Auswirkungen auf die internationale Wettbewerbsfähigkeit, in: Gleichlu.a. (Hrsg.), Lateinamerika Jahrbuch 1993, Frankfurt 1993, S. 53 tr, S. 54 ff. 23 ANCOM bedeutet Andean Comrnon Market, die Mitgliedstaaten waren bei der Gründung 1969 Bolivien, Kolumbien, Ecuador, Chile (Austritt 1976) und Peru. Venezuela trat erst 1974 bei; ausftihrlich zur Entstehung s. unten Kapitel II.D., S. 90 tr. 24 s. Parkinson, S. 249 f; ausfiihrlich dazu s. unten Kapitel V.C., S. 207 f( 25 JovalSmithlCrigler, S. 55. 26 Eßer, Neue Konzepte zum Erfolg: Die wirtschaftliche Herausforderung Lateinamerikas in den neunziger Jahren, in: JunkerlNohlenlSangmeister (Hrsg.), Lateinamerika am Ende des 20. Jahrhunderts, München 1994, S. 170 tr, S. 171; Waldmann, S. 34 f; Preziosi, The Andean Pact's Foreign Investment Code Decision 220: An Agreement to Disagree, in: University of Miamy Inter-American Law Review 20 (1989), S. 649 tr, S. 653; Thiery, S. 2. 27 V gl. JovalSmithlCrigler, S. 56; Sandner, S. 315 tr; Waldmann, S. 32; Thiery, S. 10 ( 28 Wildhaber, S. 23 tr; Parkinson, S. 250 ( 29 Zur Rolle des Staates als Steuerungsagentur rur die wirtschaftliche Entwicklung s. Birle, Staat und Bürokratie in Lateinamerika, Die aktuelle Diskussion über Planung und Dezentralisierung, in: MolslBirle (Hrsg.), Entwicklungsdiskussion und Entwicklungspra-

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II. Haltung der lateinamerikanischen Staaten zu ausländischem Kapital

unternehmerische Tätigkeit der Staaten. Die staatlichen Großindustrien konzentrierten sich auf Sektoren, die eine große Finanzkraft erforderten, etwa die Grundstoffmdustrie, weiters auf Sektoren von besonderem nationalen oder strategischem Interesse, wie dies im Infrastrukturbereich oder bei Radio- und Fernsehsendern der Fall ist. Die nationalen Unternehmen der Gaststaaten waren zum Aufbau der Industrie auf die Importe von Technologie und Vorleistungen angewiesen, die durch Devisen aus den Exporterlösen nicht abgedeckt werden konnten, sodaß man auf Kreditaufnahmen im Ausland zurückgreifen mußte. Durch Protektionismus und Binnenmarktorientierung waren die Staatsbetriebe zudem nicht wirklich international wettbewerbsfähig. 30 Durch die Konzentration der wirtschaftlichen Entwicklung auf die großen Staaten kam es zu zunehmenden wirtschaftlichen Unterschieden zwischen den lateinamerikanischen Staaten. Etwa 80% der Industrieproduktion fielen auf Argentinien, Brasilien und Mexico, die drei Staaten mit den größten Märkten, die durch die bereits ansehnliche wirtschaftliche Entwicklung weitere Investitionen anzogen und auch eigene Erzeugnisse exportierten, während die anderen Staaten zurückblieben. 31 Auch innerhalb der Staaten verstärkten sich die regionalen und sozialen Ungleichheiten. 32 Die Mehrheit der Bevölkerung hatte keinen Anteil an der wirtschaftlichen Entwicklung und keine politischen Mitspracherechte. Da der Großteil der Staatsausgaben in die Industrie floß, war für Investitionen in öffentliche Versorgungsbetriebe und im Sozialbereich zu wenig Kapital vorhanden. Durch ungenügende Ansätze bei der Durchführung von Landreformen und durch eine zunehmende Verstädterung kam es zu wachsender Verelendung von großen Teilen der Bevölkerung. Dadurch entstanden soziale Spannungen. In diese Zeit fiel auch die Entstehung der ersten Gueri1la-Bewegungen. 33 Ende der sechziger Jahre wurden sich die Staaten der Abhängigkeit von ausländischem Kapital und des Abstandes zu den Industriestaaten bewußt, die trotz der wirtschaftlichen Expansion weiterhin bestanden. Die CEP AL propagierte inzwischen ihr Entwicklungskonzept in einer modifizierten Form. 34 Man vertrat jetzt die These, daß Unterentwicklung nicht die Durchgangsphase auf dem Weg zur Entwicklung, sondern die Voraussetzung für die Entwicklung der Industriexis in Lateinamerika, Südostasien und Indien, 2. Auflage, Münster, Hamburg 1993, S. 53 ff. 30 Eßer, S. 172. 31 Vgl. Waldmann, S. 33; Preziosi, S. 655 fmwN.; zum Außenhandel NohlenlNuseheler, Tabellen aufS. 38. 32 Sandner, S. 317. 33 Zur sozialen Entwicklung und den Mißständen vgl. NohlenlNuseheler, S. 41 ff. 34 JovalSmithlCrigler, S. 67 f; Thiery, S. 11 f; Kahle, Lateinamerika-Ploetz, S. 129.

A. Wirtschaftliche Entwicklung und Verhältnis zu den USA

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staaten sei (Dependencia-Theorie). Obwohl wirtschaftliche Entwicklung vorhanden sei, entspreche sie nicht den Entwicklungszielen der Staaten, sondern den Interessen der Industrienationen. Vor allem multinationale Unternehmen beherrschten die industrielle Entwicklung, Gewinntransfers belasten jedoch die Zahlungsbilanz. 35 Aus diesen Gründen ging man ab dem Beginn der siebziger Jahre dazu über, ausländische Investitionen im Sinne der nationalen Entwicklungspläne zu reglementieren und einer stärkeren nationalen Kontrolle zu unterwerfen. Auf internationaler Ebene äußerten sich diese Thesen in der Forderung nach einem Recht auf Entwicklung sowie nach einer Neugestaltung der Weltwirtschaftsordnung. 36 Auf regionaler Ebene wurde ein gemeinsamer Investitionskodex des ANCOM verabschiedet, dessen Ziel es war, eine homogene Rechtsgrundlage für Auslandsinvestitionen im gesamten Raum des ANCOM zu schaffen. 37 Davon beeinflußt wurden auch in den übrigen Staaten der LAFT A38 neue Investitionsgesetze erlassen, mit deren Hilfe Auslandsinvestitionen in die von den nationalen Entwicklungsplänen vorgesehenen Bahnen gelenkt werden sollten. 39 Mit der Energiekrise 1973 wurde eine Weltwirtschaftsrezession eingeleitet, im Zuge derer sich die Wirtschaftslage in den lateinamerikanischen Staaten zusehends verschlechterte. Die Verteuerung von Energie aufgrund der steigenden Erdölpreise und der Rückgang der Exportanteile der lateinamerikanischen Staaten am Weltmarkt, der auch eine Verschlechterung der Terms of Trade mit sich brachte, führten zu finanziellen Engpässen im Staatshaushalt. Zur Fortführung des Industrialisierungskonzeptes, zur Finanzierung der nationalen Industrien sowie zur Abdeckung der Zahlungsbilanzdefizite wurden immer häufiger Kredite am internationalen Kapitalmarkt aufgenommen. 4o Dies war durch die im Überfluß vorhandenen "Petro-Dollars" zinsgünstig möglich. Zudem suchten Privatbanken Anlagemöglichkeiten fur dieses Kapital. Da die Voraussetzungen und Bedingungen für die Kreditvergaben nicht sehr genau kontrolliert wurden, führte dies häufig auch zum Mißbrauch dieser Kredite. Bedingt durch die Wirtschaftspolitik der siebziger Jahre kam es in den lateinamerikanischen Staaten in den achtziger Jahren zur schlimmsten Wirtschaftskrise seit 1929. Zu Beginn der achtziger Jahre verschlechterte sich die V gl. dazu JovalSmithlCrigler, S. 62 f; Somarajah, Foreign Investment, S. 43 ff. Dies wird ausfiihrlich unten in Kapitel II.C., S. 77 ff dargestellt. 37 Vgl. dazu unten Kapitel II.D., S. 92 ff 38 Latin American Free Trade Association, gegründet 1960, 1980 übergegangen in die LAIA (Latin American Integration Association), neben den ursprünglichen ANCOM-Staaten sind Argentinien, Brasilien, Mexico, Paraguay und Uruguay Mitglieder der LAFTAlLAIA. 39 Vgl. unten Kapitel II.D., S. 94. 40 Eßer, S. 173; Waldmann, S. 35 f; NohlenlNuscheler, S. 32 ff. 35 36

H. Haltung der lateinamerikanischen Staaten zu ausländischem Kapital

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Zahlungsfahigkeit der Staaten durch den Anstieg der Zinsen auf dem Kapitalmarkt sowie durch die Drosselung weiterer Kredite. Besonders betroffen waren die großen Länder Argentinien, Brasilien und Mexico, die aufgrund der vielversprechenden wirtschaftlichen Entwicklung die meisten Kreditverpflichtungen eingegangen waren. 41 Direktinvestitionen, die in den siebziger Jahren noch zahlreich nach Lateinamerika flossen, gingen aufgrund der allgemeinen Wirtschaftsrezession zurück. Zusätzlich trugen die restriktive Investitionsgesetzgebung sowie die politische Situation der Staaten, die durch Militärdiktaturen und innere Unruhen sehr instabil war, zu einer Verschlechterung des Investitionsklimas bei. 42 1982 war mit der Zahlungseinstellung Mexicos der Höhepunkt der Schuldenkrise erreicht. 43 Auch andere Staaten, wie Z.B. Bolivien und Peru, begrenzten ihre Schuldenzahlungen oder schränkten sie ein. Zu dieser Zeit wurde das Scheitern der binnenorientierten Importsubstitutionspolitik deutlich. Dies beruhte neben den Auswirkungen der allgemeinen Wirtschaftsrezession auf Fehlern im System der Importsubstitutionspolitik und vor allem in der Implementierung. 44 Der übermäßige Staatsinterventionismus und die Regulierung der Wirtschaft erzielten nicht die erhofften Ergebnisse. Der Industrialisierungsprozeß fiihrte nicht zur wirtschaftlichen Unabhängigkeit. Es bestand nach wie vor ein Bedarf an Importen, da erstens die Industrialisierung nicht genügend vorangeschritten war und zweitens Maschinen, Ersatzteile und sonstige Vorprodukte sowie technische Dienstleistungen aus dem Ausland benötigt wurden. In den industriellen Wachstumsbranchen waren hauptsächlich ausländische Unternehmen angesiedelt, die Gewinn aus einem Großteil der Exporte zogen,45 während die Staatsunternehmen ihren Kreditverpflichtungen nicht mehr nachkommen konnten. In dieser Zeit wurden durch den zunehmenden Protektionismus der USA, Japans und Europas zudem Exporte immer schwieriger. Eine weitere Ursache des Scheitems bestand darin, daß andere Bereiche der wirtschaftlichen Entwicklung im Verhältnis zur Industrialisierung vernachlässigt wurden. Dazu gehören etwa Reformen und Investitionen im Agrarsektor46 und im Sozialbereich. 47 Während Chile bereits Mitte der siebziger Jahre begann, sich einer neoliberalistischen Wirtschaftspolitik zuzuwenden, reagierten die übrigen lateinamerikanischen Staaten zur Bekämpfung dieser Krise zunächst mit Fortfiihrung und 41

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Birle,

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Waldmann, S. 36. NohlenlNuscheler, S. 36 ff. Zur Auslandsverschuldung und zur Schuldenkrise s. NohlenlNuscheler, S. 32 ff. V gl. dazu ausführlich Eßer, S. 170 ff; zur Überexpansion des Staatsapparates S. 62 ff. Waldmann, S. 35. Dazu NohlenlNuscheler, S. 31 ff. Dazu NohlenlNuscheler, S. 41 ff.

A. Wirtschaftliche Entwicklung und Verhältnis zu den USA

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Verschärfung der traditionellen Politik. Man spricht auch von der Periode des muddling through. 48 In dieser Zeit versuchte man mit Umschuldungsmaßnahmen, wirtschaftlichen Notprogrammen, Instrumenten der Währungspolitik und der Reduzierung der Staatsausgaben die wirtschaftliche Situation zu verbessem. 49 Im wesentlichen wurde jedoch die bestehende Wirtschaftspolitik des Wirtschaftsnationalismus, des Protektionismus und der Binnenmarktorientierung fortgesetzt. Dadurch konnte die wachsende Staatsverschuldung nicht aufgehalten werden. Besonders betroffen waren Uruguay, Peru und Mexico, am schlimmsten war die Situation jedoch in Argentinien und Brasilien. 50 Ab Mitte der achtziger Jahre erkannten die Staaten die Notwendigkeit politischer und wirtschaftlicher Reformen, da die bisher getroffenen Maßnahmen wenig Wirkung gezeigt hatten. Die Auslandsinvestitionen sanken weiter und vor allem das Schuldenproblem konnte nicht gelöst werden. Außerdem entstand im weltwirtschaftlichen Kontext für die lateinamerikanischen Staaten die Gefahr, in Vergessenheit zu geraten. Durch den Fall des Eisernen Vorhanges gab es für Auslandsinvestoren in Osteuropa ein neues Betätigungsfeld, das in Konkurrenz zu den lateinamerikanischen Staaten trat. Zudem lag als Beispiel für die erfolgreiche Überwindung der Wirtschaftskrise der Aufstieg der ostasiatischen Staaten vor, die die lateinamerikanischen Staaten in ihrer wirtschaftlichen Entwicklung rasch überholt hatten. In den lateinamerikanischen Staaten entstanden neue Grundsätze der Wirtschaftspolitik (New Consensus on Economic Policy and Structural Rejorm).51 Dies äußerte sich in einer neoliberalen und strukturalistischen Wirtschaftspolitik. Den Kräften des freien Marktes wird nun der Vorzug gegenüber Staatsinterventionismus und Protektionismus eingeräumt. Dem Konzept des Wachsturns, das bisher ausschließlich verfolgt wurde, werden noch weitere Vorgaben an die Seite gestellt, etwa die Beseitigung der Annut. 52 Zu den wesentlichen Zielen gehören makroökonomische Stabilität, Öffuung der Wirtschaft für den internationalen Handel und ausländische Investitionen, die Aufwertung und Reform des sozialen Sektors sowie die Privatisierung der Staatsunternehmen und die Deregulierung der Wirtschafts abläufe, um den überproportionalen Einfluß des Staatsapparates zu verringern. 53 48 V gl. Warld Bank (Hrsg.), Latin Arnerica and the Caribbean, A Decade after the Debt Crisis, Washington 1993, S. 11 ff. 49 Vgl. dazu Thiery, S. 14 fmwN. 50 Warld Bank, Latin Arnerica, S. 11 ff 51 Warld Bank, Latin Arnerica, S. 23 ff 52 Zu den Konzepten des Neoliberalismus und des Neostrukturalismus Thiery, S. 12 ff. 53 Warld Bank, Latin Arnerica, S. 34, ausfiihrlich zur Durchfiihrung dieser Ziele S. 36 ff; Raett, Overview of the Economic and Business Climate in Latin Arnerica and

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II. Haltung der lateinamerikanischen Staaten zu ausländischem Kapital

Als Modell für eine erfolgreiche Umstrukturierung gilt Chile, wo seit 1985 die unter der Militärdiktatur Pinochets begonnenen Reformen von der neuen demokratischen Regierung unter Patricio Aylwin weitergeführt wurden und damit einerseits eine Erholung der Wirtschaft, andererseits eine Integration in den Weltmarkt erreicht wurde. 54 Relativ früh nahmen auch Bolivien, Mexico und Uruguay wirtschaftliche Reformen in Angriff. Der Großteil der lateinamerikanischen Staaten, wie Argentinien, Brasilien, Kolumbien, Peru oder Venezuela, begannen jedoch erst Anfang der neunziger Jahre. 55 Diese wirtschaftliche Öffnung hat starke Auswirkungen auf die Regelung von Auslandsinvestitionen gezeigt. In den meisten Staaten wurden zu Beginn der neunziger Jahre neue Investitionsgesetze erlassen, die viele fördernde Elemente enthalten. 56 Es fmden sich kaum noch Beschränkungen der Zulassung oder der Betätigung von Auslandsinvestoren. Auch die Haltung zu völkerrechtlichen Investitionsschutzinstrumenten hat sich gewandelt. Zur Förderung des Investitionsklimas werden seit Ende der achtziger Jahre zahlreiche BITs abgeschlossen. Zudem haben sich viele Staaten entschlossen, der ICSID- und der MI GA-Konvention beizutreten. 57 Damit wird auch ein völkerrechtlicher Schutz für Auslandsinvestitionen anerkannt. Nachdem am Ende der lost decade der achtziger Jahre das Pro-KopfEinkommen wieder auf den Stand der siebziger Jahre gesunken war, ist zu Beginn der neunziger Jahre aufgrund des tiefgreifenden Umdenkungsprozesses ein bedeutender wirtschaftlicher Aufschwung zu erkennen. 58 Auch die CEP AL ist von ihrer traditionellen Position abgerückt und sieht die Einbindung in die Weltwirtschaft auf lange Sicht effizienter an als die binnenorientierte Importsubstitutionspolitik. 59 In praktisch allen lateinamerikanischen Staaten sind Wirtschaftsreformen nach einem neoliberalistischen Konzept begonnen worden, die sich auch in den Wirtschaftsdaten der Region niederschlagen. Während 1989 the Caribbean, Paper commissioned by the Inter-American Investment Corporation, Washington 1991, S. 3 ff. 54 Warld Bank, Latin America, S. 30 f. 55 V gl. Warld Bank, Latin America, S. 7, Tabelle; s. auch Husain, Latin America, The Revival of Growth and the World Bank, Presentation to the Executive Directors of the World Bank, 12.12.1988, Washington 1988, S. 5 ff;Raett, S. 2 f. 56 Vgl. dazu unten Kapitel 11.0., S. 98 ff sowie ausfiihrlich zu den materiellen Bestimmungen Kapitel III. - VI., S. 102 ff. 57 Vgl. dazu ausfUhrlich unten Kapitel 11.0., S. 98 ffsowie Kapitel VLB.3., S. 255 ff. 58 Vgl. Inter-American Develapment Bank (Hrsg.), Annual Report 1995, Washington 1996, S. 105, Tabelle 1 und S. 107, Tabelle 3; vgl. auchUNCTAD, World Investment Report 1997, S. 71 ff; CEPAL (Hrsg.), Anuario Estadistico de America Latina y el Caribe, Edici6n 1997, Santiago de Chile 1998, Tabelle aufS. 70, die das Anwachsen des Bruttoinlandsproduktes zeigt. 59 Warld Bank, Latin America, S. 34.

A. Wirtschaftliche Entwicklung und Verhältnis zu den USA

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nur ein Nettokapitalzufluß von 5,3 Milliarden US $ bestand, waren es 1992 bereits 58,6 Milliarden US $.60 1996 gingen 30% aller Direktinvestitionen an Entwicklungsländer nach Lateinamerika, in konkreten Zahlen waren dies 39 Milliarden US $ an neuen Kapitalzuflüssen, was einen Anstieg von 52% im Vergleich zum Vorjahr bedeutet. 61 Den höchsten Anteil an den Kapitalzuflüssen haben Brasilien, Mexico, Argentinien, Peru, Chile und Kolumbien zu verzeichnen. 62 Die größte Herausforderung der kommenden Jahre besteht darin, die Reformen zu konsolidieren und vor allem die Masse der Bevölkerung am wirtschaftlichen Aufschwung teilhaben zu lassen. Damit die wirtschaftliche Erholung Bestand hat, ist es die vordringliche Aufgabe der Staaten, neben der Stabilisierung der Wirtschaftsreformen und der volkswirtschaftlichen Ausgeglichenheit strukturelle und institutionelle Reformen durchzuruhren und zu vertiefen. Notwendig ist vor allem die Inangriffnahme der sozialen Probleme, wie der Abbau der Arbeitslosigkeit, eine gerechtere Einkommensverteilung, der Ausbau eines Systems der sozialen Sicherheit und eines ausreichenden Bildungssystems. 63 Ohne Bekämpfung dieser sozialen Probleme, denen bisher zu wenig Aufinerksamkeit geschenkt wurde, stellt die bestehende Armut ein ständig schwelendes Konfliktpotential dar, das jederzeit zum Ausbruch kommen kann. Zur Durchruhrung und Stabilisierung dieser sozialen Reformen können Auslandsinvestitionen einen wesentlichen Beitrag leisten. Die Tätigkeit ausländischer Unternehmen wirkt sich sowohl durch Steueraufkommen als auch durch eine direkte und indirekte Beschäftigungswirkung positiv auf die Staatsfmanzen aus und leisten so einen Beitrag zur Finanzierung der Staatsausgaben. Auch die gesetzlichen Grundlagen und entsprechende Investitionsauflagen rur die Unternehmenstätigkeit können die Erreichung sozialpolitischer Ziele fördern. So könnte die Zulassung und Betätigung von Unternehmen an die Erfiillung bestimmter Auflagen gebunden sein. Unternehmen könnten etwa verpflichtet werden, eine bestimmte Anzahl von Arbeitsplätzen zu schaffen, Beschäftigten eine bestimmte Ausbildung zukommen zu lassen, eine Kranken- und Pensionsversicherung einzurichten, Kinderbetreuungsstätten und Schulen zur Verfiigung zu stellen usw. 64 Dies wird in den neuen Gesetzenjedoch kaum berücksichtigt. 60 Secchi, Neues Kapital für Lateinarnerika, in: Gleich/u.a. (Hrsg.), Lateinarnerika Jahrbuch 1994, Frankfurt 1994, S. 57 ff, S. 57; bei Secchi sind auch weitere Daten nach den Wirtschaftsrefonnen zu fmden. 61 UNCTAD, World Investment Report 1997, S. 71. 62 UNCTAD, World Investment Report 1997, S. 72; vgl. dazu auch die Statistiken in CEPAL, Tabellen aufS. 162 und S. 484 f. 63 Vgl. dazu Burki/Edwards, Consolidating Econornic Refonns in Latin Arnerica and the Caribbean, in: Finance and Development, March 1995, S. 6 ff, S. 9. 64 Zur Problematik der Investitionsauflagen allgemein vgl. unten Kapitel III.B.2.a), S. 126 ffund Kapitel III.B.4., S. 151 f.

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11. Haltung der lateinamerikanischen Staaten zu ausländischem Kapital

2. Verhältnis zu den USA Die USA stellen politisch, wirtschaftlich und militärisch die stärkste Macht des amerikanischen Kontinents dar, obwohl sie nur runfzig Jahre vor ihren südlichen Nachbarn die Unabhängigkeit erlangten. Da die USA seit der Unabhängigkeit der lateinamerikanischen Staaten danach strebten, die Position als Hegemoniahnacht auf dem Kontinent auszubauen und raumfremde Mächte zurückzudrängen, bestand rur die lateinamerikanischen Staaten stets das Problem, sich gegenüber dem mächtigen Nachbarn im Norden abzugrenzen und eine Einflußnahme zu verhindem. 65 Diese Tatsache beeinflußte in wirtschaftlicher Hinsicht insbesondere die Haltung der lateinamerikanischen Staaten zu ausländischem Kapital, das immer wieder als Grund rur Interventionen diente. Bereits zu Beginn des 19. Jahrhunderts begannen die USA die Vormachtstellung auf dem Kontinent auszubauen. Zwar hatten auch Sim6n Bolivar und andere Lateinamerikaner die Vision von einem geeinten amerikanischen Kontinent, dies bezog sich jedoch nur auf die lateinamerikanischen Staaten. 66 Die Idee der USA war es aber, eine Western Hemisphere nach ihren Vorstellungen und unter ihrer Leitung zu schaffen. 67 So wurde die angenommene ,,natürliche Harmonie der Interessen und Anschauungen von Nord- und Südamerika" von den USA dominiert. 68 Dieses Interesse an den südlichen Nachbarn war im 19. Jahrhundert, der Zeit des klassischen Imperialismus, vor allem politisch motiviert und zielte darauf ab, den Einfluß der europäischen Kolonialmächte auf dem Kontinent zurückzudrängen. Dazu diente die von den USA 1823 erstmals verkündete und später weiterentwickelte Monroe-Doktrin ("Amerika den Amerikanem").69 Diese richtete sich zunächst gegen Angriffe der europäischen Koloniahnächte und wurde als Argument gegen deren Vormachtsansprüche

65 AusfiihrIich zu den USA-Lateinamerika Beziehungen s. Junker, Gottes eigener Hinterhof: Die US-Iateinamerikanischen Beziehungen, in: Junker/Nohlen/Sangmeister (Hrsg.), Lateinamerika am Ende des 20. Jahrhunderts, München 1994, S. 49 ff; Parkinson, S. 240 ff. 66 Junker, S. 56; ZU den verschiedenen Theorien vgl. Stoetzer, The Organization of American States, 2. Auflage, Westport, London 1993, S. 1 ff. 67 Krakau, Das Verhältnis der Vereinigten Staaten zu Lateinamerika, in: Verfassung und Recht in Übersee 10 (1977), S. 555 ff. 68 Krakau, Verhältnis, S. 556. 69 Auszug aus der Rede des amerikanischen Präsidenten James Monroe, nach dem diese Doktrin benannt wurde, abgedruckt bei: SchambeckiWidder/Bergmann (Hrsg.), Dokumente zur Geschichte der Vereinigten Staaten von Amerika, Berlin 1993, S. 302 ff; zur Entstehung und Entwicklung der Monroe-Doktrin s. Kraus, Die Monroedoktrin in ihren Beziehungen zur amerikanischen Diplomatie und zum Völkerrecht, Berlin 1913.

A. Wirtschaftliche Entwicklung und Verhältnis zu den USA

65

eingesetzt. 70 Ab Mitte des 19. Jahrhunderts wurde mit dieser Doktrin jedoch auch die nach Süden hin expansionistische Außenpolitik gerechtfertigt. 71 Mit dem Pan-Amerikanischen Kongress 1889, der auf Bestreben der USA veranstaltet wurde, wurde die Western Hemisphere-Idee Bolivars von den USA aufgegriffen. Die USA machten deutlich, daß sie eine umfassende wirtschaftliche und politische Kooperation anstrebten. Mit dem Commercial Bureau of the American Republies 1890 wurde eine Institution zur Durchfiihrung dieser Ideen geschaffen. Dies war auch der Beginn eines Inter-American System, das die politische, rechtliche und wirtschaftliche Kooperation aller amerikanischen Staaten zum Ziel hatte. Weitere Schritte in dieser Entwicklung waren 1910 die Pan American Union und schließlich 1948 die Gründung der Organization of American States (OAS).72 Mit dem Roosevelt Corollary 1904, das eine Fortentwicklung und sehr extensive Auslegung der Monroe-Doktrin darstellte, wurde der Anspruch der Vorherrschaft durch die USA offen ausgesprochen. Hiernach seien die Interessen der USA und Lateinamerikas identisch und im Falle eines Fehlverhaltens haben die USA die Funktion einer internationalen Polizei. 73 Dementsprechend gehörte zur Lateinamerikapolitik der Jahrhundertwende politischer, diplomati10 Vgl. zu den verschiedensten Anwendungsfällen der Monroe-DoktrinKraus, Monroedoktrin, S. 82 ff. 11 Vogler, S. 24. 12 Zur Pan-Amerikanischen Bewegung s. Kahle, Lateinamerika-Ploetz, S. 83 f; Garcia-Amador, Organization of American States, in: Bemhardt (Hrsg.), Encyclopedia of Public International Law, Band 6, Amsterdam, New York, Oxford 1983, S. 276 ff rnwN.; ausfiihrlieh zur Entwicklung Stoezer, S. 13 ff. 13 Volger, S. 27; Roosevelt Corollary, benannt nach dem amerikanischen Präsidenten Theodore Roosevelt, abgedruckt bei Schambeck/Widder/Bergmann, S. 417 ff, S. 418: " ... Dieses Land [USA, Anmerkung der Autorin] wünscht nur, seine Nachbarländer stabil, geordnet und blühend zu sehen. Jedes Land, dessen Bewohner sich gut betragen, kann unserer herzlichen Freundschaft sicher sein. Wenn eine Nation zeigt, daß sie weiß, wie man mit angemessener Tüchtigkeit und Anständigkeit soziale und politische Angelegenheiten anfaßt, wenn sie fiir Ordnung sorgt und ihre Schulden bezahlt, braucht sie kein Eingreifen der Vereinigten Staaten zu be fUrchten. Chronisches Fehlverhalten oder Schwäche, ... , kann in Amerika wie überall schließlich die Intervention einer zivilisierten Nation erfordern, und in der westlichen Hemisphere kann die Bindung der Vereinigten Staaten an die Monroe-Doktrin [diese wird von den USA als bindendes Völkerrecht angesehen, vgl. Kraus, Monroedoktrin, S. 356, Anmerkung der Autorin] die Vereinigten Staaten zwingen, in besonders schlimmen Fällen von Fehlverhalten oder Schwäche, wenn auch widerstrebend, eine internationale Polizeigewalt auszuüben. ... Unsere Interessen und die unserer südlichen Nachbarn sind in Wirklichkeit identisch. Sie besitzen große Naturschätze, und wenn in ihren Grenzen Gesetz und Gerechtigkeit hergestellt werden, dann kommt bestimmt auch der Wohlstand zu ihnen .... Wenn wir uns auf die Monroe-Doktrin berufen, wenn wir solche Schritte tun, wie wir sie in Kuba, Venezuela und Panama unternommen haben, ... , dann handeln wir sowohl in unserem eigenen Interesse als auch im Interesse der Menschlichkeit allgemein .... "

5 Zagel

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H. Haltung der lateinamerikanischen Staaten zu ausländischem Kapital

scher und wirtschaftlicher Druck, der bei einem Fehlverhalten bis zu Militärinterventionen führte. 74 Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges war die Position der USA als Hegemonialmacht auf dem amerikanischen Kontinent gefestigt. Nachdem Franklin Delano Roosevelt bereits in den dreißiger Jahren die "Politik der guten Nachbarschaft" verkündet hatte,75 betrachteten es die USA inzwischen als ihr gutes Recht, zum Schutze ihrer Interessen in ihrem "Hinterhof' zu intervenieren. Während diese Militärinterventionen hauptsächlich auf Mittelamerika und die Karibik beschränkt waren,76 wurde der Einfluß in den südamerikanischen Staaten mittels politischem und wirtschaftlichem Druck ausgeübt. Mit dem Beginn des Kalten Krieges entstand in den Augen der USA jedoch eine neue Gefahr. Als Abwehrinstrument gegen drohende Übergriffe des Kommunismus diente die OAS, im Rahmen derer gemeinsame Aktionen unter Führung der USA stattfanden. 77 Seit Ende des 19. Jahrhunderts bekam Lateinamerika auch wirtschaftliche Bedeutung für die USA. Mit der industriellen Expansion wurde die Region nicht nur als Rohstoftlieferant, sondern auch als Absatzmarkt wichtig und die Kontrolle war auch in wirtschaftlicher Hinsicht wünschenswert. 78 Unternehmen aus den USA sind seit Beginn des 20. Jahrhunderts die bedeutendsten Investoren in den lateinamerikanischen Staaten und haben zur wirtschaftlichen Entwicklung einen wesentlichen Beitrag geleistet. Trotz der restriktiven Investitionsgesetzgebung und des Rückganges der Investitionstätigkeit in den achtziger Jahren haben die USA diese Vorrangstellung bis heute bewahrt,79 obwohl bereits seit den sechziger Jahren Investoren aus den europäischen Industriestaaten und Japan zunehmend in Lateinamerika tätig sind und vor allem Investoren aus der Europäischen Union sich zu einer immer ernstzunehmenderen Konkurrenz für amerikanisches Kapital entwickeln. 80 Die verschiedenen Wirtschaftsprogramme der USA für Lateinamerika, die es ab den sechziger Jahren gegeben hat, dienten der Vertiefung der Wirtschaftsbe74 Vogler, S. 25, zählt die Militärinterventionen bis 1985 auf. 75 Vgl. Schambeck/Widder/Bergmann, S. 466 ff.

76 Junker, S. 50; ausführlich dazu Hilaire, International Law and the United States Military Intervention in the Western Hemisphere, The Hague, London, Boston 1997. 77 Kahle, Lateinamerika-Ploetz, S. 135; Hilaire, S. 19 ff. 78 Krakau, Verhältnis, S. 556; Vogler, S. 25 f. 79 Vgl. Schulmann, Fostering Foreign Direct Investment in Latin Arnerica, Institute ofIntemational Finance, Washington 1990, S. 6 mit Tabelle; s. auch UNCTAD, World Investment Report 1997, S. 73 f. 80 S. Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten (Hrsg.), Jahrbuch der österreichischen Außenpolitik, Außenpolitischer Bericht 1997, Wien 1998, S. 102 f; UNCTAD, World Investment Report 1997, S. 74.

A. Wirtschaftliche Entwicklung und Verhältnis zu den USA

67

ziehungen und sahen neben Handelserleichterungen auch Investitionsanreize für Investoren aus den USA vor. Durch den Kalten Krieg bedingt traten neben die wirtschaftlichen Aspekte jedoch auch politische Motive. Die im Rahmen der OAS gestartete Alliance for Progress 1961 war eine Reaktion auf die KubaKrise und sollte durch eine gelenkte kapitalistische Wirtschaftsentwicklung und militärischen Beistand der USA zu politischer, wirtschaftlicher und sozialer Stabilität in den lateinamerikanischen Staaten fUhren. 81 Die eigentliche Intention war die Abwehr der Gefahr kommunistischer Interventionen. Ähnlich motiviert war die Caribbean Basin Initiative 1982, die als Reaktion auf die sandinistische Revolution in Nicaragua erfolgte. 82 Nach dem Ende des Kalten Krieges hat diese politische Komponente an Bedeutung verloren, da derzeit keine ernstzunehmende Konkurrenz mehr für die Vorherrschaft der USA auf dem amerikanischen Kontinent besteht. Das hauptsächliche Interesse der USA liegt nun darin, den Markt von 400 Millionen Einwohnern zu erschließen und durch Freihandel und Investitionsförderung die wachsende wirtschaftliche Konkurrenz Japans und der Europäischen Union auszuschalten. Wesentliche Bedeutung wird hierbei Auslandsinvestitionen zugemessen. 83 Nach den wirtschaftlichen Einbrüchen in den achtziger Jahren wurde zu Beginn der neunziger Jahre die Western Hemisphere-Idee durch den Plan der Errichtung einer Western Hemisphere Free Trade Area erneut forciert. Die BushInitiative des Enterprise of the Americas, die 1990 ins Leben gerufen wurde, hatte neben Handelserleichterungen und Investitionsanreizen auch die Schuldenentlastung zum Ziel. 84 Beim Summit of the Americas im Dezember 1994 in Miami wurde von den vierunddreißig teilnehmenden Staaten als Fernziel die Errichtung einer amerikanischen Freihandelszone bis 2005 (Free Trade Area of the Americas) gesetzt. 85 In diesem Rahmen wurde Ende 1995 eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die sich mit der Erstellung eines Investitionsschutzabkommens unter Einbeziehung der ganzen Hemisphere befaßt. 86 Mit dem Inkrafttreten des

8J Waldmann, S. 36; O'Hop, Hemispheric Integration and the Elimination of Legal Obstacles Under a NAFTA-Based System, in: Harvard International Law Journal36 (1995), S. 127 tT, S. 148; Junker, S. 59 f. 82 Vgl. O'Hop, S. 149. 83 V gl. President's Statement announcing United States FDI Policy, 26.12.1991, in: ILM 31 (1992), S. 488 f 84 O'Hop, S. 151 ff. 85 Sunnnit of the Americas, Declaration of Principles and Plan of Action, Miami, 11.12.1994, in: ILM 34 (1995), S. 808 fT, S. 811; vgl. auch Archiv der Gegenwart, 11.12.1994, S. 39550 tT. 86 UNCTAD, World Investment Report 1997, S. 77.

68

II. Haltung der lateinamerikanischen Staaten zu ausländischem Kapital

North American Free Trade Agreement (NAPT A?7 und der geplanten Erweiterung um Chile sowie den reaktivierten und neuen Integrationsbewegungen auf dem lateinamerikanischen Subkoninent sind die Anzeichen rur eine Verwirklichung positiv. 88

Aufgrund der interventionistischen Lateinamerikapolitik der USA war in den politischen und wirtschaftlichen Handlungen der lateinamerikanischen Staaten lange Zeit ein ausgeprägter Antiamerikanismus zu finden. Dies wirkte sich auch auf die Regelung von Auslandsinvestitionen aus. Einerseits wollte man sich die Bevormundung aus dem Norden nicht gefallen lassen, andererseits war man jedoch in wirtschaftlicher Hinsicht vom Kapital der USA abhängig. Die Situation ist von Land zu Land und von Regierung zu Regierung verschieden. Während etwa Paraguay unter der Strössner-Diktatur traditionell immer ein guter Verhältnis zu den USA pflegte, ist vor allem in Mexico traditionell ein ausgesprochener Antiamerikanismus zu beobachten, obwohl zu den USA als Nachbarstaat enge Beziehungen bestehen und Mexico seit Ende des 19. Jahrhunderts praktisch eine Wirtschaftskolonie der USA darstellt. 89 Heute ist die Haltung generell positiv, auch wenn es nach wie vor kritische Stimmen gibt. 90 Für die neuerdings aufgeschlossenere Position der lateinamerikanischen Staaten gegenüber den Wirtschaftsplänen der USA spielen mehrere Komponenten eine Rolle. Zunächst ist durch das Ende des Kalten Krieges der politische Aspekt weggefallen. Auch die einseitige wirtschaftliche Orientierung hin zu den USA geht durch verstärkte Kooperation der lateinamerikanischen Staaten untereinander l und mit anderen Wirtschaftsblöcken zuTÜck. 92 Dazu kommt, daß aufgrund der Ost-Öffnung und der blühenden Wirtschaftsentwicklung in Südostasien in den lateinamerikanischen Staaten die Berurchtung besteht, ins Hintertreffen zu geraten und Investitionen an diese Regionen zu verlieren. 87 North American Free Trade Agreement, Freihandelszone zwischen Kanada, Mexico und USA, in Kraft seit 1.1.1994. 88 V gl etwa die Integrationsfortschritte 1997 in: Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten, Außenpolitischer Bericht 1997, S. 118 f; s. auch Garcia, ,,Americas Agreements" - An Interim Stage in Building the Free Trade Area of the Americas, in: Colurnbia Journal ofTransnationai Law 35 (1997), S. 63 ff; O'Hop, S. 148 f. 89 Vogler, S. 28; Sandrino, The NAFTA Investment Chapter and Foreign Direct Investment in Mexico: A Third World Perspective, in: Vanderbilt Journal ofTransnationai Law 27 (1994), S. 259 ff, S. 279 ff. 90 NohlenlNuscheler, S. 83. 9l Vgl. NohlenlNuscheler, S. 78 ff; World Bank, Latin America, S. 67 ff; InterAmerican Development Bank (Hrsg.), Annual Report 1995, Washington 1996, S. 14 ff; Garcia, S. 73 ff 92 Etwa zahlreiche Kooperationsabkommen mit der Europäischen Union, zunehmende Auslandsinvestitionen aus Europa und Japan, Verstärkung der IberoAmerikanischen Beziehungen usw.; zu den Kapitalzuflüssen in die Region vgl. UNCTAD, World Investment Report 1997, S. 73 f.

B. Die Calvo-Doktrin

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B. Abwehrmechanismen zur Sicherung der Unabhängigkeit: Die Calvo-Doktrin Wie im vorigen Abschnitt dargestellt, ist die wirtschaftliche sowie die politische Entwicklung der lateinamerikanischen Staaten seit der Unabhängigkeit, wie auch schon in der Kolonialherrschaft, von ausländischer Einflußnahme geprägt. Zwar benötigten und förderten die lateinamerikanischen Staaten ausländisches Kapital zum wirtschaftlichen Aufbau, damit waren jedoch von Beginn an Übergriffe der politisch, wirtschaftlich und militärisch mächtigeren europäischen Staaten und der USA verbunden. Da die jungen lateinamerikanischen Republiken mit politischen und wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu kämpfen hatten und auch das Rechtsschutzsystem noch nicht ausgereift war, kamen bisweilen Verletzungen der Rechte von ausländischen Investoren vor. Diese riefen zur Durchsetzung ihrer Rechte oder zur Eintreibung von Schulden häufig ihre Heimatstaaten zu Hilfe. Beispiele fiir solche diplomatischen und militärischen Interventionen sind die Intervention Frankreichs, Englands und Spaniens in Mexico 1858 - 1861, die Intervention der USA in Santo Domingo 1904 und die deutsch-britischitalienische Intervention in Venezuela 1902/1903. 93 Das Eingreifen der Heimatstaaten zugunsten ihrer Staatsbürger wurde anfangs von den Gaststaaten als principle of comity akzeptiert, nach einigen Präzedenzfällen sahen es die europäischen Staaten und die USA jedoch zunehmend als Recht an, zum Schutz ihrer Staatsbürger und zur Eintreibung öffentlicher oder privater Schulden diplomatisch und auch militärisch zu intervenieren. 94 Man argumentierte, daß die Verletzung der Rechte eines Staatsbürgers, vor allem Eingriffe in sein Vermögen, eine Verletzung der Rechte des Heimatstaates darstelle und diesem daher ein völkerrechtlicher Anspruch auf Entschädigung zustehe, der mit völkerrechtlichen Sanktionen durchgesetzt werden könne. 95 Auch wenn in verschiedenen Fällen die Ausübung des diplomatischen Schutzrechtes gerechtfertigt war, kam es immer häufiger zu Mißbräuchen. Das Institut wurde zur Durchsetzung politischer und wirtschaftlicher Interessen der 93 Vgl. zu den verschiedenen Interventionen Kraus, Monroedoktrin, S. 117 ff, S. 252 ff; Oschmann, Calvo-Doktrin und Calvo-Klauseln, Heidelberg 1993, S. 134 f mwN.; Hilaire, S. 1 ff. 94 Krakau, Lateinamerikanische Doktrinen zur Realisierung der staatlichen Unabhängigkeit, in: Verfassung und Recht in Übersee 8 (1975), S. 117 ff, S. 118 f; zur Entwicklung des diplomatischen Schutzrechtes Shea, The Calvo Clause, A Problem of Inter-American and International Law and Diplomacy, Minnesota 1955, S. 10 fmwN. 95 Shea, S. 11; die Theorie geht ZUIÜck auf Emmeric de Vattel, The Law ofNations, Band 2, Kapitel 4, zitiert beiShea, S. 11; zum diplomatischen Schutzrecht allgemein s. unten Kapitel VI.A.3.a), S. 232 ff.

70

11 Haltung der lateinamerikanischen Staaten zu ausländischem Kapital

Investoren und auch ihrer Heimatstaaten verwendet. 96 Da die lateinamerikanischen Staaten politisch, wirtschaftlich und militärisch nicht in der Lage waren, den Eingriffen Widerstand zu leisten, begannen sie durch die Entwicklung politischer Doktrinen, aus denen rechtliche Argumente abgeleitet wurden, der extensiven Auslegung des diplomatischen Schutzrechtes entgegenzutreten. 97 Als Vorbild diente die Monroe-Doktrin. 98 Die Doktrinen basieren vor allem auf der Betonung der Gleichheit der Staaten, der Souveränität und der territorialen Integrität. Diese Argumente wurden ausländischen Militärinterventionen entgegengehalten, die zumeist mit der Ausübung des diplomatischen Schutzrechtes gerechtfertigt wurden. Die DragoDoktrin 99 etwa verbietet bewaffuete Interventionen zur Eintreibung öffentlicher Schulden mit der Begründung, daß öffentliche Schulden Akte iure imperii seien und sich in diesem Falle zwei souveräne Staaten gegenüberstehen. Aufgrund der Gleichheit der Staaten könne sich nicht ein Staat als Richter über den anderen erheben, sondern besitze der Schuldnerstaat durch seine Souveränität das Recht, selbst den Zeitpunkt und Ort der Bezahlung festzulegen. 100 Die Cardenas-Doktrin lOI fordert die Beseitigung der "Extraterritorialität der Staatsangehörigkeit", das heißt aller Rechtsfolgen, die mit der Staatsangehörigkeit außerhalb des Hoheitsgebietes des Heimatstaates verbunden sind. Eine bevorzugte Behandlung als Fremder aufgrund der Staatsbürgerschaft stelle eine Ungerechtigkeit dar, die sich auf die Unabhängigkeit und Souveränität der Staaten auswirke, da der Heimatstaat durch die Intervention zum Schutz seiner V gl. dazu Shea, S. 11 ff; Krakau, Doktrinen, S. 118. Zu diesen Doktrinen vgl. Krakau, Doktrinen, S. 119 ff mwN.; Parkinson, S. 244 ff. 98 Krakau, Doktrinen, S. 117 ff; s. auch oben Kapitel lI.A2., S. 64 ff. 99 Drago, State Loans in their Relation to International Policy, in: American Journal of International Law 1 (1907), S. 692 ff; Krakau, Doktrinen, S. 130 ff rnwN.; Shea, S. 14 ff; Oschmann, Calvo-Doktrin, S. 134 ff 100 Die Drago-Doktrin löste die Diskussion urn das Interventionsrecht aus, das im 19. Jahrhundert als rechtmäßiges Mittel zur Durchsetzung politischer und wirtschaftlicher Interessen galt, s. Krakau, Doktrinen, S. 119; Shea, S. 14 ff Diese Diskussion führte im inter-amerikanischen Bereich zur Aufuahme des Interventionsverbots und der Verpflichtung zur friedlichen Streitbeilegung in verschiedene Konventionen, Z.B. Art. 8 der Convention on Rights and Duties of States, Montevideo, 26.12.1933, LNTS 165, S. 19 ff oder Art. 15 (jetzt Art. 18) der Charter of the Organization of the American States, Bogota, 30.4.1948, UNTS 119, S. 4 ff in der Fassung des Protocol of Buenos Aires, 27.1.1967, in: ILM 6 (1967), S. 310 ff und schließlich zur Verankerung des Gewaltverhots in Art. 2 (4) der Satzung der Vereinten Nationen, vgl. dazu Hilaire, S. 11 ff 101 Freeman, Recent Aspects ofthe Calvo Doctrine and the Challenge to International Law, in: American Journal of International Law 40 (1946), S. 121 ff, S. 122; Krakau, Doktrinen, S. 138 ff; Brown, The Cardenas Doctrine, in: American Journal of International Law 34 (1940), S. 300 ff. 96

97

B. Die Calvo-Doktrin

71

Staatsbürger seine territoriale Souveränität und seine Kompetenzen über seine Grenzen hinweg ausdehne. Die weitreichendsten Konsequenzen für Direktinvestitionen waren und sind bis heute mit der Calvo-Doktrin verbunden. l02 Diese Doktrin ist nach dem argentinischen Juristen Carlos Calvo benannt, in dessen Lehrbuch "Derecho Internacional Te6rico y Practico de Europa y America" 1868 die Ideen erstmals im Ansatz enthalten sind. l03 Diese Anfange wurden von anderen lateinamerikanischen Juristen zur Calvo-Doktrin weiterentwickelt und meist radikaler formuliert, als Calvo selbst dies tat. 104 Die Argumentation der Calvo-Doktrin baut auf den Grundsätzen der Gleichheit, Souveränität und Unabhängigkeit sowie der territorialen Integrität der Staaten auf. 105 Daraus wird abgeleitet, daß es aufgmnd der Gleichheit der Staaten kein Recht zur Einmischung in die Angelegenheiten anderer Staaten gebe, und daß Fremde Inländern völlig gleichgestellt seien und somit auch nicht mehr Rechte als Inländer beanspruchen dürfen. 106 Das Prinzip der Inländergleichbehandlung ergebe sich daraus, daß Ausländer sich aus freiem Willen in einen Staat begeben und somit dieselben Rechte und Pflichten wie Staatsbürger haben. Der Staat könne Ausländern gegenüber auch nicht mehr Verantwortung tragen als gegenüber seinen eigenen Staatsbürgem. 107 Mehr Rechte oder eine Vorzugsbehandlung für Ausländer, die diesen aufgmnd der faktischen Machtverhältnisse häufig eingeräumt worden waren, verstießen nach Calvo gegen das

102 Umfassende Darstellungen der Calvo-Doktrin: Shea, The Calvo Clause, A Problem ofInter-American and International Law and Diplomacy, Minnesota 1955;Oschmann, Calvo-Doktrin und Calvo-Klauseln, Heidelberg 1993. 103 Krakau, Doktrinen, s. 119 ff;Shea, S. 16 ff mwN.; Calva, Le droit international theoretique et practique, 6 Bände, 5. Auflage, Paris 1896. 104 Oschmann, Calvo-Doktrin, S. 44 spricht treffend von der "opportunen Rezeption" der Formeln Calvos; zahlreiche Literaturangaben bei Krakau, Doktrinen, S. 120, dort FN 13; von der westlichen Lehre überwiegend abgelehnt, s. Krakau, Doktrinen, S. 129, dortFN 62. 105 Shea, S. 19. 106 Oschmann, Calvo-Doktrin, S. 25 ffmit Zitaten aus den Originaldokumenten; Peters/Schrijver, Latin America and International Regulation of Foreign Investment: Changing Perceptions, in: Netherlands International Law Review 39 (1992), S. 355 ff, S. 356 f. 107 V gl. Calva, Le droit international, Band 3, S. 138, zitiert bei Oschmann, CalvoDoktrin, S. 26; vgl. dazu auch eine Resolution der inter-amerikanischen Juristenkommission aus 1965: ,,Der Staat ist fiir Handlungen und Unterlassungen gegenüber Ausländern nur verantwortlich in den Fällen und unter den gleichen Bedingungen, in denen er gemäß seiner Gesetzgebung gegenüber seinen eigenen Staatsbürgern verantwortlich ist.", zitiert nach Bathe, Die Behandlung ausländischer Investitionen in Lateinamerika, in: Zeitschrift fiir ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht 28 (1968), S. 731 ff, S. 803; vgl. ausfiihrlich zur Inländergleichbehandlung unten Kapitel IVA2., S. 166 ff.

72

H. Haltung der lateinamerikanischen Staaten zu ausländischem Kapital

Prinzip der Gleichheit zwischen den Staaten. 108 Dies bedeutet, daß Fremde ausschließlich dem Recht des Gaststaates unterstehen und ihnen nur innerstaatliche Rechtsmittel zur Beilegung von Streitigkeiten zur Verfügung stehen. Daruber hinaus können sie keinerlei Schutz beanspruchen, insbesondere dürfen sie ihren Heimatstaat nicht um Hilfe ersuchen. 109 Während die Calvo-Doktrin ursprünglich gegen den Mißbrauch des diplomatischen Schutzrechtes und die Geltendmachung überzogener Forderungen gerichtet war,110 hatte sie im Zuge ihrer Fortentwicklung einschneidende Auswirkungen auf die Regelung von Auslandsinvestitionen und wurde dazu verwendet, ausländische Einflußnahme bei der Steuerung der wirtschaftlichen Entwicklung möglichst zurückzudrängen. Dies wirkte sich sowohl im innerstaatlichen Recht als auch bei der Haltung der lateinamerikanischen Staaten zu völkerrechtlichen Instrumenten zum Schutz von Auslandsinvestitionen aus. lll Für den Investor sind mit dem Grundsatz der Inländergleichbehandlung sowohl in materieller als auch in prozessualer Hinsicht weitreichende Folgen verbunden, da die Investitionen ausschließlich dem nationalen Recht unterliegen. Dies bedeutet, daß völkerrechtliche Grundsätze des Fremdenrechts nicht zur Anwendung kommen und ein völkerrechtlich anerkannter Mindeststandard 112 in der Behandlung ausgeschlossen wird, da dies eine ungerechtfertigte Bevorzugung darstellen würde. Die Vereinbarung der Anwendung des Rechts eines anderen Staates oder völkerrechtlicher Grundsätze im Investitionsvertrag ist damit nicht möglich. Auch bei einer Verletzung des Eigentums durch Maßnahmen des Gaststaates, wie es bei Enteignungen, Nationalisierungen oder schleichenden Enteignungen der Fall sein kann, aber auch bei Vertragsbruch oder der einseitigen Vertrags änderung durch den Gaststaat sowie bei Schäden in der Folge von Bürgerkriegen, inneren Unruhen usw. stehen Ausländern nur soweit Entschädigungsansprüche zu, wie sie auch für Staatsbürger gelten. Auf Völkerrecht basierende Ansprüche sind ausgeschlossen. I 13 108 Garcia-Amador, Calvo Doctrine, Calvo Clause, in: Bernhardt (Hrsg.), Encyclope dia of Public International Law, Band 8, Amsterdam, New York, Oxford 1985, S. 62 ff, S. 62; vgl. Calvo: "It is certain that aliens who establish themselves in a country have the same right to protection as nationals, but they ought not to lay claim to a protection more extended. Ifthey suffer any wrong, they ought to count on the govemment of the country prosecuting the delinquents, and not claim from the State to which the authors of the violence belong any pecuniary indernnity." Mehr Privilegien sind "intrinsically contrary to the law ofequality ofnations", zitiert bei Shea, S. 18. 109 Garcia-Mora, The Calvo Clause in Latin Arnerican Constitutions and international Law, in: Marquette Law Review 33 (1950), S. 205 ff, S. 206. 110 Krakau, Doktrinen, S. 118, dort FN 5; Garcia-Amador, Calvo Doctrine, S.62; vgl. auch unten Kapitel VI.B.l., S. 244 ff 111 Garcia-Mora, S. 206; Shea, S. 19; Oschmann, Calvo-Doktrin, S. 28. 112 Dazu Bippus, S. 9 mwN. und ausfiihrlich Kapitel IVA, S. 158 ff. 113 Dazu ausfiihrlich in Kapitel V., S. 197 ff.

B. Die Calvo-Doktrin

73

In bezug auf die Durchsetzung von Rechten wirkt sich die Calvo-Doktrin nicht nur dahingehend aus, daß sie diplomatische Interventionen grundsätzlich verbietet. Es werden generell alle völkerrechtlichen Methoden der Streitbeilegung, etwa Vermittlung oder Schiedsgerichtsbarkeit, als unzulässig angesehen, da diese wiederum eine Bevorzugung von Ausländern darstellen würden. Dies hat zur Folge, daß Verfahren zur Streitbeilegung ausschließlich vor nationalen Gerichten stattfinden und ausschließlich nationales Recht angewendet wird. 114 Die Implementierung der Grundsätze der Calvo-Doktrin erfolgte sowohl im nationalen Recht als auch in völkerrechtlichen Verträgen auf regionaler Ebene und in Investitionsverträgen. Neben Vorschriften in Investitionsgesetzen sind die Prinzipien der Calvo-Doktrin in den meisten lateinamerikanischen Staaten verfassungsrechtlich verankert. Ein Beispiel bietet Art. 24 der Verfassung von Bolivien 1967: ,,Foreign subjects and enterprises are subject to Bolivian laws, and in no case may they invoke exceptional position or have recourse to diplomatie protection. ,,115

Obwohl ZU Beginn der neunziger Jahre im Zuge der Demokratisierungsprozesse zahlreiche Verfassungs änderungen vorgenommen wurden, sind trotz der geänderten Haltung zu Auslandsinvestitionen nach wie vor Bestimmungen in den neuen Verfassungen zu fmden, die die Grundsätze der Calvo-Doktrin enthalten. 116 Damit werden der Liberalisierung der nationalen Investitionsgesetze und der Unterzeichnung völkerrechtlicher Verträge verfassungsrechtliche Schranken in den Weg gelegt. Eine besondere Ausformung der Calvo-Doktrin, die Anlaß rur zahlreiche juristische Diskussionen gab, ist die Calvo-Klausel in Investitionsverträgen. 117 Ein Beispiel darur findet sich im dem North American Dredging Company of Texas Case zugrunde liegenden Investitionsvertrag: "The contractor and all persons who, as ernployees or in any other capacity, may be engaged in the execution ofthe work under this contract either direct1y or indirect1y, shall be considered as Mexicans in all matters, within the Republic of Mexico, conceming the execution of such work and the fulflllment ofthis contract. They shall not claim, nor shall they have, with regard to the interests and the business connected

s. zur Streitbeilegung ausführlich Kapitel VI., S. 228 ff Verfassung von Bolivien 1967, Art. 24, zitiert nach BlausteinlFlanz (Hrsg.), Constitutions of the Countries of the World, New York 1971, Loseblattsannnlung; weitere Beispiele: Verfassung von Argentinien 1853, Art. 31; Verfassung von Kolumbien 1886, Art. 11; Verfassung von Peru 1979, Art. 136; Verfassung von Venezuela 1961, Art. 127; Verfassung von Ecuador 1984, Art. 16; Verfassung von Mexico 1917, Art. 27; weitere Hinweise auf ältere Verfassungen s. Garcia-Mora, S. 206 ff; Shea, S. 24 ff; Oschmann, Calvo-Doktrin, S. 30 ff. 116 Verfassung von Bolivien 1967 in der Fassung von 1995, Art. 24; Verfassung von Peru 1993, Art. 63; vgl. dazu auch Kapitel VI.B.2., S. 250 ff. 117 Krakau, Doktrinen, S. 121; Shea, S. 27 ff 114 115

74

II. Haltung der lateinamerikanischen Staaten zu ausländischem Kapital with this contract, any other rights or means to enforce the same than those granted by the laws of the Republic of Mexico, nor shall they enjoy any other rights than those established in favor ofMexicans. They are consequently deprived ofany rights as aliens, and under no conditions shall the intervention of foreign diplomatie agents be permitted, in any matter related to this contract.,,1l8

Durch die Calvo-Klausel, die entweder ausdrücklich in den Investitionsvertrag zwischen dem Investor und dem Gaststaat aufgenommen wird oder durch Unterwerfung unter das nationale Recht automatisch Bestandteil des Vertrages wird, 119 verzichtet der Investor im Falle von Streitigkeiten aus dem Vertrag auf das diplomatische Schutzrecht des Heimatstaates, unterwirft sich ausdrücklich dem Recht des Gaststaates und verpflichtet sich, zur Beilegung von Streitigkeiten nationale Gerichte anzurufen. 120 Abgesehen vom bedingungslosen Ausschluß des diplomatischen Schutzrechtes gibt es jedoch auch abgeschwächte Formen, die im Falle der Ausschöpfung des innerstaatlichen Rechtsweges durch den ausländischen Investor ein Tätigwerden seines Heimatstaates zulassen. 121 Über die völkerrechtliche Qualität und Wirkung der Calvo-Klauseln gab es zahlreiche Diskussionen. l22 Nach herrschender Meinung ist das diplomatische Schutzrecht ein Recht des Staates, das aufgrund einer Verletzung der Rechte seines Staatsbürgers, die als Verletzung der Rechte des Heimatstaates betrachtet wird, dem Heimatstaat zusteht. Die Calvo-Klausel erregte vor allem deswegen Widerspruch, weil ein Staatsbürger nicht befugt sei, auf die Rechte seines Heimatstaates zu verzichten. Zudem sei er kein Völkerrechtssubjekt und könne so auch keine völkerrechtlich wirksamen Handlungen setzen. Die lateinamerikani-

tt8 US-Mexico General Claims Commission, North American Dredging Company of Texas (USA) v.United States ofMexico, 31.3.1926, in: United Nations, Reports ofInternational Arbitral Awards, Band 4, S. 26 ff, S. 26 f. 119 Vgl. Verfassung von Venezuela 1961, Art. 127: "In contracts involving the public interest, when not unnecessary because of the nature thereof, there shall be considered incorporated, even ifnot expressly stated, a clause by which any questions and disputes which may arise concerning such contracts and which are not arnicably settled by the contracting parties shall be decided by competent courts of the Republic, in accordance with its laws, and they may not for any reason or cause give rise to foreign claims."; ebenso Verfassung von Ecuador 1984, Art. 16 und Verfassung von Ecuador 1998, Art. 14; Investitionsgesetz von Mexico L 1973, Art. 3. 120 Eine ausfiihrliehe Beschreibung der Elemente der Calvo-Klausel fmdet sich bei Lipstein, The Place ofthe Calvo Clause in International Law, in: The British Year Book of International Law 22 (1945), S. 130 fT, S. 131 ff. 121 Garcia-Mora, S. 206 ff; Graham, The Calvo Clause: Its Current Status as a Contractual Renunciation of Diplomatie Protection, in: Texas International Law Forum 6 (1971), S. 289 ff, S. 289 f; vgl. dazu auch die Diskussion in der lateinamerikanischen völkerrechtlichen Literatur und Praxis, dargestellt in Kapitel VI.B., S. 244 ff. 122 Für viele Graham, S. 290 ff; Shea, S. 33 ff und S. 109 ff zur Argumentation der lateinamerikanischen Staaten; Krakau, Doktrinen, S. 121 ff.

B. Die Calvo-Doktrin

75

schen Staaten argumentierten jedoch, daß nur so eine wirkliche Gleichstellung zwischen In- und Ausländern gegeben sei. In der Judikatur ist die Meinung zur Gültigkeit der Calvo-Doktrin geteilt. Der North American Dredging Company 01 Texas Case, der erstmals die rechtliche Gültigkeit der Calvo-Doktrin behandelte, erkannte ihr "limited validity" ZU. I23 Dies bedeutet, daß der Investor zwar im Vertrag auf das diplomatische Schutzrecht verzichten könne und damit selbst daran gebunden sei und seinen Heimatstaat nicht zu Hilfe rufen könne, der Heimatstaat jedoch nicht daran gehindert werden könne, im Falle einer Völkerrechtsverletzung von sich aus aktiv zu werden.

Abgesehen von den Vorschriften im nationalen Recht und in Investitionsverträgen versuchten die lateinamerikanischen Staaten, die Prinzipien der Calvo-Doktrin auch in völkerrechtliche Verträge einfließen zu lassen. Dies wurde vor allem auf inter-amerikanischer Ebene im Rahmen der Kodifizierung eines American International Law durch die Pan American Union/OAS angestrebt. 124 Damit wollte man die Wirksamkeit der Calvo-Doktrin insbesondere gegenüber den USA sichern. Ein Beispiel dafür bietet die Montevideo Convention on Rights and Duties ofStates 1933, Art. 9: 125 ,,Nationals and foreigners are WIder the same proteetion of the law and the national authorities and the foreigners may not claim rights other or more extensive than those o f nationals. "

Ähnlich lautet auch der American Treaty on Pacific Settlement (Pact of Bogota) 1948, Art. 7: 126 "The High Contracting Parties bind themselves not to make diplomatie representations in order to protect their nationals, or to refer a controversy to a court of interna123 Dieser Ausdruck stammt von Shea, s. Shea, S. 194 ff; Garcia-Mora, S. 214 ff; Peters/Schrijver, S. 361 f. 124 Vgl. Barberis, International Law, American, in: Bemhardt (Hrsg.), Encyclopedia of Public International Law, Band 6, Amsterdam, New York, Oxford 1983, S. 222 ffrnwN.; Shea, S. 62 ff; Bring, The Impact ofDeveloping States on International Customary Law conceming Protection ofForeign Property, in: Scandinavian Studies in Law 24 (1980), S. 97 ff, S. 113 ff; Garcia-Amador, The Changing Law of International Claims, New York, London, Rorne 1984, S. 4 frnwN.; Alvarez, Latin America and International Law, in: American Journal of International Law 3 (1909), S. 269 ff; Jacobini, A Study ofthe Philosophy ofthe International Law as Seen in Works ofLatin American Writers, The Hague 1954; der Inhalt des inter-amerikanischen Völkerrechts war WId ist auch zwischen den lateinamerikanischen Völkerrechtlern umstritten. 125 Convention on Rights and Duties of States, Montevideo, 26.12.1933, LNTS 165, S.19ff. 126 American Treaty on Pacific Settlement, Bogota, 30.4.1948, UNTS 30, S. 55 fI

76

II. Haltung der lateinamerikanischen Staaten zu ausländischem Kapital tional jurisdiction for that purpose, when the said nationals have had available the means to place their case before cornpetent domestic courts ofthe respective State."

All diese Versuche, die Calvo-Doktrin in völkerrechtlichen Instrumenten zu verankern und die USA daran zu binden, scheiterten jedoch am Widerstand der USA, die die Prinzipien des internationalen Mindeststandards und das diplomatische Schutzrecht der Heimatstaaten vertraten. 127 Verträge, in denen die lateinamerikanischen Staaten ihre Position durchsetzten, unterzeichneten die USA entweder gar nicht oder nur mit Vorbehalt. 128 Umgekehrt kamen Verträge, in denen die USA ihre Vorstellungen verwirklichten, mangels ausreichender Ratifikationen nicht zustande. 129 Auch auf universeller Ebene gelang die Durchsetzung der Gedanken der Calvo-Doktrin kaum,130 da die Industriestaaten auf die Ideen der Inländergleichbehandlung und der Unzulässigkeit des diplomatischen Schutzrechtes ablehnend reagierten. Aus diesem Grund kam es lange Zeit kaum zum Abschluß von völkerrechtlichen Investitionsschutzinstrumenten durch lateinamerikanische Staaten. Sahen diese Instrumente zum Schutz von Auslandsinvestitionen völkerrechtliche Methoden der Streitbeilegung vor, unterwarfen sie Auslandsinvestitionen völkerrechtlichen Standards oder verpflichteten sie den Staat zur Anwendung völkerrechtlicher Grundsätze, so wurden sie mit den Argumenten der Calvo-Doktrin abgelehnt. Bis Mitte der achtziger Jahre wurden kaum Bilaterale Investitionsschutzabkommen (BITs) abgeschlossen. l3l Die ICSID-Konvention wurde von den lateinamerikanischen Staaten lange Zeit nicht unterzeichnet oder ratifiziert, obwohl auf Drängen der lateinamerikanischen Staaten mit der Calvo-Doktrin vereinbare Klauseln aufgenommen worden waren. 132 Auch in bezug auf Investitionsgarantieabkommen, die bei nationalen und internationalen Investitionsversicherungen oft die Voraussetzung fiir die Versicherbarkeit von AuslandsinveBothe, S. 805 ff. Etwa Convention on Rights and Duties of States: Vorbehalt der USA zu Art. 8 und 9, s. Bring, S. 114; Krakau, Doktrinen, S. 125 f; Bothe, S. 806 f; Arnerican Treaty on Pacific Settlement: Vorbehalt der USA, s. Jova/Smith/Crigler, S. 60 f 129 Z.B. Economic Agreement of Bogota, Bogota, 2.5.1948, OEA, Serie sobre Tratados No. 21, OEA Documentos Oficiales OENSer.N4 (SEPF); s. Bring, S. 114; Jova/Smith/Crigler, S. 61; Krakau, Doktrinen, S. 125 f 130 Dazu ausführlich unten Kapitel II.C., S. 77 ff. 131 fCSfD, Investment Treaties; bis 1986 gab es nur fünf BITs mit einern LAIA-Staat als Vertragspartner: BIT Kolumbien-Deutschland (1965, nicht in Kraft); BIT EcuadorDeutschland (1965, in Kraft seit 1966), BIT Ecuador-Schweiz (1968, in Kraft seit 1969), BIT Paraguay-Frankreich (1978, in Kraft seit 1980); BIT Paraguay-Großbritannien (1981, erst seit 1992 in Kraft). 132 Insbesondere Art. 27 der ICSID-Konvention; vgl. dazu ausführlich unten Kapitel VI.B.3.a), S. 256 ff. 127

128

C. Einfluß auf internationaler Ebene

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stitionen darstellen,133 war man sehr vorsichtig. Während in den fiinfziger und sechziger Jahren praktisch alle LAIA-Staaten Investitionsgarantieverträge mit den USA schlossen,134 ging der Beitritt zur MIGA-Konvention zu Beginn nur sehr schleppend vor sich. 135 Seit Ende der achtziger Jahre hat sich die Haltung der lateinamerikanischen Staaten zu Auslandsinvestitionen vollständig gewandelt. Im Zuge des Umschwunges zu einer neoliberalistischen Wirtschaftspolitik, die auf die Förderung von Auslandsinvestitionen ausgerichtet ist, versucht man zur Verbesserung des Investitionsklimas auch den internationalen Standard hinsichtlich der Regelung von Auslandsinvestitionen und der völkerrechtlichen Schutzmechanismen zu gewährleisten. So schließen die meisten lateinamerikanischen Staaten seit Ende der achtziger Jahre vermehrt völkerrechtliche Verträge zum Investitionsschutz ab. 136 Auch die nationalen Investitionsgesetze werden liberalisiert und an einen universell akzeptierten völkerrechtlichen Standard angepaßt. Dies deutet auf die Anerkennung völkerrechtlicher Grundsätze und damit verbunden auf ein Abgehen von den Prinzipien der Calvo-Doktrin hin. Rechtstechnische Probleme im Zuge der Liberalisierungen treten jedoch auf, wenn nationale Verfassungen und Investitionsgesetze noch von der Calvo-Doktrin beeinflußte Regelungen enthalten, die den völkerrechtlichen Verpflichtungen entgegenstehen.

C. Der Einfluß der lateinamerikanischen Staaten auf internationaler Ebene Bei der Gründung der Vereinten Nationen (UN) machten die lateinamerikanischen Staaten etwa ein Drittel der Gründungsmitglieder aus. Auch an der Institutionalisierung des internationalen Wirtschaftsrechts durch die Weltbankgruppe, den IMF und das GATT waren sie bereits als unabhängige Staaten beteiligt. Zu dieser Zeit ging man bei der Regelung der internationalen Wirtschaftsbeziehungen von gleichen wirtschaftlichen Voraussetzungen der am 133

Vgl. Kapitel VI.B.3.b), S. 263 f

134 Dies sind bilaterale Investitionsgarantieverträge, die von der nationalen Investi-

tionsversicherungsgesellschaft der USA Overseas Private Investment Corporation (OPIC) als Voraussetzung für die Versicherbarkeit von Investitionen zwischen dem Gaststaat und den USA abgeschlossen werden mußten und in denen sich der Gaststaat verpflichtete, dem ausländischen Investor eine bestimmte Behandlung zukommen zu lassen; vgl. dazu ausführlicher unten Kapitel VI.A.3.b), S. 235 ff 135 Vgl. Kapitel VI.B.3.b), S. 263 ff. 136 V gl. feSfD, Investment Treaties; bis Dezember 1997 waren beim ICSID 98 BITs gemeldet, bei denen zumindest ein lateinamerikanischer Staat Vertragspartei ist, ebenso die Beitritte zur ICSID-Konvention sowie zur MIGA Konvention; vgl. dazu ausführlicher unten Kapitel IID., S. 98 ff

78

H. Haltung der lateinamerikanischen Staaten zu ausländischem Kapital

wirtschaftlichen Verkehr beteiligten Staaten aus. Mit der Selbständigkeit aller ehemaligen Kolonien137 und deren Teilnahme am internationalen Wirtschaftsleben begannen sich jedoch immer mehr wirtschaftliche, aber auch soziale Entwicklungsunterschiede bemerkbar zu machen. Dementsprechend kristallisierte sich zunehmend die Spaltung in eine Gruppe der Industriestaaten und eine Gruppe der Entwicklungsländer heraus. Die Entwicklungsländer hatten mit ähnlich gelagerten wirtschaftlichen Problemen zu kämpfen. 138 Insbesondere in den Bereichen der Grundstoffindustrien, der Hochtechnologien und der Infrastmkturbetriebe wurde mehr und mehr die Abhängigkeit vom Kapital der Industriestaaten bemerkbar. Vor allem während der sechziger Jahre wuchs durch die Zunahme der Macht der multinationalen Unternehmen das Gefuhl der Fremdbestimmung und der wirtschaftlichen Kolonialisierung immer mehr, da die multinationalen Unternehmen ihre Interessen häufig mit restriktiven Geschäftspraktiken durchsetzten und dabei von ihren Heimatstaaten politisch unterstützt wurden. 139 Da die bestehende Weltwirtschaftsordnung nicht in der Lage war, die auftretenden Schwierigkeiten zu lösen und die zunehmenden Entwicklungsunterschiede zwischen erster und dritter Welt auszugleichen,140 wurden von den Entwicklungsländern wiederholt Rufe nach einer gerechteren Weltwirtschaftsordnung laut. 141 Das geeignete Forum fur diese Diskussionen boten die Vereinten Nationen. 142 Während im Rahmen der Weltbank und des IMF die Industriestaaten durch das Prinzip der Stimmwägung entsprechend den Kapitalanteilen die Stimmenmehrheit besaßen,143 konnten die zahlenmäßig überlegenen Entwicklungsländer im Rahmen der UN Generalversammlung ihre Forderungen 137 Dekolonialisierungserklärung 1960: UNGARes. 1514 (XV), Declaration on the Granting of Independence to Colonial Countries and Peoples, 14 .12.1960. 138 Vgl. dazu oben Kapitel LA.3., S. 29 ff. 139 Vgl. etwa Wildhaber, S. 25 ffmwN. 140 Petersmann, Die Dritte Welt und das Wirtschaftsvölkerrecht, in: Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht 36 (1976), S. 492 ff, S. 493 f; Zamora, Economic Relations and Development, in: Schachter/Joyner, United Nations Legal Order, Cambridge 1995, S. 503 ff, S. 534. 141 V gl. Clemem;on, Perceptions and Interests: Developing Countries and the International Economic System, Bem, Frankfurt, New York, Paris 1990, S. 73 ff. 142 Ein Ziel der Vereinten Nationen ist die wirtschaftliche Entwicklung und das soziale Wohlergehen ihrer Mitgliedstaaten (Satzung der Vereinten Nationen, Art. 1 (3) und Art. 55). Mit der Erfiillung dieser Aufgaben sind vor allem die Generalversammlung mit ihren Hilfsorganen und verschiedene Spezialorganisationen betraut (Satzung der Vereinten Nationen, Art. 13 und Art. 55 fl). Zur Tätigkeit der UN auf wirtschaftlichem Gebiet s. Überblick bei Zamora, Economic Relations, S. 503 ff. 143 Vgl. Hüfner, Die Vereinten Nationen und ihre Sonderorganisationen, Band 2, Bonn 1992, S. 51 f, S. 86, Tabelle S. 91 zeigt die Stimmanteile im lMF.

C. Einfluß auf internationaler Ebene

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aufgrund des Prinzips" one State one vote "144 auch ohne Zustimmung der Industriestaaten durchsetzen. Auf Betreiben der Entwicklungsländer, insbesondere Lateinamerikas, 145 wurde 1964 die United Nations Conference on Trade and Development (UNCTAD) als Spezialorgan der UN Generalversammlung gegründet. Die Aufgabe der UNCT AD bestand in der Behandlung von Fragen des Handels und der Entwicklung im Lichte des Nord-Süd Dialoges. 146 In diesem Rahmen agierten die Entwicklungsländer als geschlossene Gruppe. Daraus entstand die Gruppe der 77,147 die seither über ideologische Grenzen hinweg in der UN Generalversammlung gemeinsam aufuitt und die in der UNCTAD erarbeiteten Forderungen vertritt. Durch dieses gemeinsame Agieren war es möglich, einige Deklarationen trotz des Widerstandes der Industriestaaten zu verabschieden. 148 Von Beginn an bis 1968 hatte der langjährige Präsident der CEPAL Raul Prebisch den Vorsitz in der UNCTAD inne. Dadurch ist der Einfluß der im Rahmen der CEPAL erarbeiteten Wirtschaftstheorien und der Calvo-Doktrin sowohl in den Forderungen der UNCT AD als auch in den daraus entstandenen Generalversammlungsresolutionen unverkennbar. 149 Aber auch schon vor der Gründung der UNCT AD waren die lateinamerikanischen Staaten stets bestrebt, ihre Vorstellungen in den UN durchzusetzen. Bereits in den fünfziger Jahren nahm F.V. Garcia-Amador als Special Rapporteur in der International Law Commission auf den Entwurf einer Konvention zur Staatenverantwortlichkeit Satzung der Vereinten Nationen, Art. 18 (1). Vgl. Iglesias, S. 35. 146 UNGA Res. 1995 (XIX), Establishment of the United Nations Conference on Trade and Developrnent as an Organ of the General Assernbly, 30.12.1964; die UNCTAD war vor allem als Gegenpol zum GATT gedacht; zur Entstehung, Tätigkeit und Bedeutung der UNCTAD s. Clemenryon, S. 63 ff; Marxen, UNCTAD, in: Wolfrum (Hrsg.), Handbuch Vereinte Nationen, München 1991, S. 887 ff rnwN.; Ipsen, S. 563 ff. 147 Marxen, S. 891; C!emenryon, S. 69. 148 Die wichtigsten Beispiele sind die UNGA Res. 3201 (S-VI), Declaration on the Establishment of a New International Economic Order (NIWO), 1.5.1974 und die UNGA Res. 3281 (XXIX), Charter of Economic Rights and Duties of States (CERDS), 12.12.1974; vgl. dazu Murphy, Decision 24, Mexicanization, and the New International Economic Order: The Anatorny of Disincentive, in: Texas International Law Journal13 (1978), S. 289 ff, S. 298 ff; Peters/Schrijver, S. 361 ff; Ts eh ofen , Multilateral Approaches to the Treatment ofForeign Investment, in: World Bank Group (Hrsg.), Legal Framework for the Treatment ofForeign Investment, Band 1: SurveyofExisting Instruments, Washington 1992, S. 61 ff; S. 69;Banz, S. 139 ff und Tabelle im Anhang, S. 199 f, mit den Abstirmnungsergebnissen. 149 Marxen, S. 890; Clemenryon, S. 73; Weston, The Charter ofEconomic Rights and Duties ofStates and the Deprivation ofForeign Owned Wealth, in: American Journal of International Law 75 (1981), S. 437 ff, S. 441 spricht von "the Calvo Doetrine reinear144

145

nate

U

,

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II. Haltung der lateinamerikanischen Staaten zu ausländischem Kapital

massiven Einfluß. Er versuchte vor allem die Inländergleichbehandlung, die Völkerrechtssubjektivität des einzelnen und die Fähigkeit des einzelnen, auf das diplomatische Schutzrecht des Staates zu verzichten, in die Konvention aufzunehmen und somit die völkerrechtliche Anerkennung der Calvo-Klausel zu erreichen. 150 1952 wurde auf Antrag von Uruguay, unterstützt von Bolivien, in der UN Generalversammlung eine Resolution verabschiedet, in der ein Recht auf freie Bestimmung über die Naturschätze enthalten iSt. 151 Diese Forderung wurde immer wieder in verschiedenen Resolutionen aufgegriffen l52 und fiihrte 1962 zur Dec/aration on Pennanent Sovereignty over Natural Resources,153 die als wirtschaftliches Pendant zur Dekolonialisierungserklärung von 1960 gesehen werden kann. 154 Sie betont insbesondere die Souveränität und das Selbstbestimmungsrecht der Staaten im wirtschaftlichen Bereich. Aus dieser Souveränität heraus haben die Staaten das Recht, zur Überwindung von Strukturschwächen, die noch aus der Zeit der Ausbeutung der Rohstoffe durch die Kolonialmächte vorhanden sind, ihre Ressourcen im Interesse der nationalen Entwicklung und des Wohlergehens der Staaten zu nutzen. 155 In der Folge wird daraus aber auch das Recht abgeleitet, Auslandsinvestitionen frei zu regulieren und sogar zu enteignen oder zu nationalisieren, sofern dies im Interesse des Staates, des Gemeinwesens oder der nationalen Sicherheit geschieht. 156

150 V gl. etwa State Responsibility, Docurnent NCN.4/96, International responsibility, Report by F.V. Garcia-Amador, Special Rapporteur, in: Yearbook of the International Law Cornrnission 1956/II, S. 143 tT; State Responsibility, Docurnent NCN.4/111, International responsibility, Third Report by F.Y. Garcia-Amador, Special Rapporteur, Responsibility of the State for Injuries caused in its territory to the person or property of aliens, Part ll: The International Claim, in: Yearbook ofthe International Law Cornrnission 1958/lI, S. 47 tT, insbesondere S. 58 tT; s. auch Graham, S. 297 tT; Garcia-Amador, The Proposed New International Economic Order: A New Approach to the Law Governing Nationalization and Compensation, in: Lawyer ofthe Americas 12 (1980), S. 1 tT, S.8 tT. 151 UNGA Res. 626 (Vll), Right to exploit freely Natural Wealth and Resources, 21.12.1952, erstmals erwähnt wurde diese Forderung in UNGA Res. 523 (VI), Integrated Economic Development and Commercial Agreements, 12.1.1952; vgl. Bothe, S. 812; Peters/Schrijver, S. 362; Wiesner, S. 444; Banz, S. 139. 152 Vgl. Banz, S. 199 f 153 UNGA Res. 1803 (XVll), 14.12.1962; zur Entwicklung bis zu dieser Resolution vgl. Garcia-Amador, The Emerging International Law of Development, New York, London, Rome 1990, S. 132 tT. 154 Peters/Schrijver, S. 362. 155 element,on, S. 73; Wiesner, S. 445; vgl. auch UNGA Res. 3201 (S-V!), Declaration on the Establishment of a New International Economic Order (NIWO), Z. 1: "the remaining vestiges o[alien domination ... u. 156 Vgl. UNGA Res. 1803 (XVI!), Z. 1 - 4.

C. Einfluß auf internationaler Ebene

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Von dieser Deklaration ausgehend, wurden im Rahmen der UNCfAD weitere Forderungen ausgearbeitet und in der UN Generalversammlung diskutiert. lS7 Nach den Entwicklungen in den sechziger Jahren und der Erdölkrise 1973 wurden schließlich die Declaration on the Establishment of a New International Economic Order (NIWO),15S und das Programme of Action on the Establishment of a New International Economic Order159 verabschiedet. Höhepunkt der Entwicklung war 1974 die Charter of Economic Rights and Duties of States (CERDS),160 die auf Initiative Mexicos auf der dritten Konferenz der UNCTAD 1972 ausgearbeitet wurde und als Basiskodex zur Regelung der internationalen Wirtschaftsbeziehungen gedacht war. 161 Geprägt sind diese Deklarationen von den Prinzipien des wirtschaftlichen Wachstums, des Ausgleiches der Entwicklungsunterschiede zwischen erster und dritter Welt und der Kooperation zwischen allen Staaten zur Erreichung dieser Ziele. 162 Wie es auch bei den lateinamerikanischen Doktrinen zu beobachten ist, betonen die NlWO und die CERDS grundsätzlich die Souveränität und Gleichheit der Staaten, die auch die wirtschaftliche Souveränität beinhalten und die Grundlage für jegliche wirtschaftliche Kooperation darstellen sollen. 163 Aus der Souveränität und Gleichheit heraus soll jeder Staat sein eigenes Wirtschaftssystem wählen können164 und auch keinerlei wirtschaftlichem, politischem oder sonstigem Druck, der eine Beeinträchtigung dieses Rechtes darstellen könnte, unterworfen werden. 165 Abgeleitet wird daraus auch "full, permanent so157 Zur Entwicklung der Diskussion um die NIWO und die CERDS s. Tomuschat, Die Charta der wirtschaftlichen Rechte und Pflichten der Staaten, in: Zeitschrift fiir ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht 36 (1976), S. 444 ff; Clemem;on, S. 74 f 158 UNGA Res. 3201 (S-VI), Declaration on the Establishment of a New International Economic Order, 1.5.1974. 159 UNGA Res. 3202 (S-VI), Programme of Action on the Establishment of a New International Economic Order, 16.5.1974. 160 UNGA Res. 3281 (XXIX), Charter of Economic Rights and Duties of States, 12.12.1974. 161 Für viele: Zamora, Economic Relations, S. 535; Tomuschat, S.446; ausfiihrlich zur Diskussion und der Position der Entwicklungsländer vgl. Castaneda/u.a. (Hrsg.), Derecho Econ6mico Internacional, Analisis juridico de la Charta de Derechos y Deberes Econ6micos de los Estados, Mexico 1976; Petersmann, Wirtschaftsvölkerrecht, S. 493 ff; Garcia-Amador, The Ernerging International Law ofDeveloprnent, New York, London, Rorne 1990. 162 Vgl. CERDS, Präambel, insbesondere Abs. 4 und Abs. 5 (a) und (e) sowie Chapter I; s. auch NIWO, Präambel, Abs. 2 und Art. 3. 163 NIWO, Präambel, Abs. 3 und Art. 4 (a), (b), (c); CERDS, Chapter I und Chapter II, Art. 10; auch schon UNGA Res. 1803 (XVII), Declaration on Permanent Sovereignty over Natural Resources, Z. 5, 6 und 8; vgl. dazu Garcia-Amador, International Law, S. 117 ff. 164 NIWO, Art. 4 (d); CERDS, Art. 1; Garcia-Amador, International Law, S. 120 f. 165 CERDS, Art. 1; NIWO, Art. 4 (e). 6 Zagel

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11. Haltung der lateinamerikanischen Staaten zu ausländischem Kapital

vereignty, including possession, use and disposal, over all its wealth, natural resources and economic activities. ,,166 Dies bedeutet, daß die Staaten das Recht besitzen, ,,in order to safeguard these resources and all economic activities ... to exercise effective control over them and their exploitation with means suitable to its own situation ... ". 167 Es sind jedoch auch Ausnahmen vom Prinzip der Gleichheit der Staaten vorgesehen. 168 Aus dem Bestreben heraus, den wirtschaftlichen und sozialen Fortschritt sowie den Wohlstand in allen Ländern zu fördern und vor allem den Unterschied zwischen entwickelten und Entwicklungsländern zu verringern, werden den Entwicklungsländern verschiedene Präferenzen zur Erreichung dieser Ziele eingeräumt. 169 Diese Präferenzbehandlung wird damit gerechtfertigt, daß diese eine dem Gebot der Kooperation zur Förderung der Entwicklung entsprechende Verpflichtung der entwickelten Staaten sei. 170 Diese Forderungen beinhalten weitreichende Konsequenzen für die Regelung von Auslandsinvestitionen. l7l Aus der Souveränität wird das Recht abgeleitet, Auslandsinvestitionen gemäß den nationalen Entwicklungszielen zu steuern. 172 Entsprechend kann die Zulassung von Auslandsinvestitionen in bestimmten Sektoren verboten oder beschränkt werden. Ebenso können der Tätigkeit von Ausländern im nationalen Interesse erforderliche Beschränkungen auferlegt werden, etwa im Bereich des Gewinntransfers, der Repatriierung von Kapital usw. Betont wird, daß kein Staat zu einer Vorzugsbehandlung für Investoren einer bestimmten Nationalität gezwungen werden kann. 173 Daher werden auch Meistbegünstigungsklauseln abgelehnt. 174 Ein schlechterer Standard als die Inländergleichbehandlung ist jedoch nach Auffassung einiger Autoren zulässig. 175 166 CERDS, Art. 2 (1); vgl. auch schon UNGA Res. 1803 (XVll), Declaration on Permanent Sovereignty over Natural Resources, Präambel, Abs. 2 und 3 und Z. 2; ebenso NIWO, Art. 4 (e); ausfiihrlich zur Entwicklung der Forderung nach permanenter Souveränität über die Naturschätze s. Garcia-Amador, International Law, S. 132 ff;Brownlie, Legal Status of Natural Resourees in International Law, in: Recueil de Cours 162 (1979/I), S. 253 ff, insbesondere S. 255 ff. 167 NIWO, Art. 4 (e). 168 Vgl. Tomuschat, S. 457 f 169 Z.B. CERDS, Präambel, Abs. 5 (b) und Art. 8 und 9. 170 CERDS, Art. 17; vgl. Garcia-Amador, Proposed Order, S. 17 ff. 171 Diese werden hier nur in Grundzügen dargestellt, eine ausfiihrliche Beschreibung und inhaltliche Auseinandersetzung im Hinblick auf das traditionelle Völkerrecht findet in den Kapiteln Ill. - VI., S. 102 ffstatt. 172 CERDS, Art. 2 (2) (a); dies ist im traditionellen Völkerrecht unbestritten. 173 CERDS, Art. 2 (2) (a) letzter Satz; vgl. auch UNGA Res. 1803 (XVII), Declaration on Permanent Sovereignty over Natural Resources, Z. 2 und 3. 174 Vgl. Garcia-Amador, International Law, S. 98 in bezug auf Meistbegünstigungsklauseln im internationalen Handel. 175 Vgl. dazu unten Kapitel IV.A.2., S. 166 ff

C. Einfluß auf internationaler Ebene

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Ein wesentliches Recht, das auf die permanente Souveränität über die Naturschätze zurückgeführt wird, ist das Recht, zum W oble der wirtschaftlichen Entwicklung Enteignungen und Nationalisierungen von ausländischem Eigentum vorzunehmen. 176 Dieses Recht ist zwar im traditionellen Völkerrecht anerkannt, strittig sind jedoch die Voraussetzungen, insbesondere die Höhe und die Berechnungsmethode der Entschädigung.177 Auch hier tritt der Konflikt zwischen dem Grundsatz der Inländergleichbehandlung und dem des international anerkannten Mindeststandards zu Tage. In der CERDS ist vorgesehen, daß "appropriate compensationshould be paid by the State adopting such measures, taking into account its relevant laws and regulations and a11 circumstances that the State considers pertinent".178 Die Anwendung eines völkerrechtlichen Mindeststandards, der bei Enteignung "prompt, adequate and ejJective compensation ,,179 vorsieht, wurde abgelehnt. Nach der in der CERDS vorgesehenen Bestimmung ist es dem Staat erlaubt, bei der Bemessung der Entschädigung alle wesentlichen Umstände zu berücksichtigen. 180 Aus verständlichen Gründen entspricht diese Position nicht den Interessen der Investoren und ihrer Heimatstaaten, da damit der Schutz des Eigentums nicht ausreichend gesichert ist und die Regelung im innerstaatlichen Recht von der Willkür des Gaststaates abhängt. Aus diesem Grund wurden die NlWO und die CERDS auch von den wichtigsten Heimatstaaten von Auslandsinvestoren abgelehnt bzw. mit Vorbehalten in diesem Bereich versehen. 181 Besonders deutlich ist der Einfluß der Calvo-Doktrin bei den Artikeln zu erkennen, die die Beilegung von Streitigkeiten regeln. 182 Streitigkeiten aus Enteignungen sollen unter "domestic law of the nationalizing State and by its tri-

176 CERDS, Art. 2 (2) (c); NIWO, Art. 4 (e); zur Begründung vgl. CERDS, Art. 7: ,,Every State has the primary responsibility to promote the economic, social and cultural development ofits people. To this end, each State has the right and the responsibility to choose its me ans and goals of development, fully to mobilize and use its resources, to implement progressive economic and social reforrns and to ensure the full participation ofits people in the process and benefits of development. All States have the duty individual1y and collectively to co-operate in order to eliminate obstacles that hinder such mobilization and use." 177 V gl. fiir viele Banz, S. 135 ff; Verwey/Schrijver, The Taking of Foreign Property under International Law: A New Legal Perspective?, in: Netherlands Yearbook ofInternational Law 15 (1984), S. I ff;Dolzer, Eigentum, Enteignung und Entschädigung im geltenden Völkerrecht, Heidelberg, New York, Tokyo 1985, insbesondere S. 140 ffund S. 282 ff; ausführlich dazu unten Kapitel V.B.2.und Kapitel V.C., S. 203 ff. 178 CERDS, Art. 2 (2) (c). 179 Vgl. Ipsen, S. 614 fund ausführlich unten Kapitel V.B.2., S. 204 ff. 180 CERDS, Art. 2 (2) (c) Satz 1. 181 V gl. Tschofen, S. 69; Dolzer, Eigentwn, S. 28 ff. 182 Dazu ausführlich Kapitel VI.B.3., S. 255 ff. 6'

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II. Haltung der lateinamerikanischen Staaten zu ausländischem Kapital

bunals" beigelegt werden. J83 Zwar wird auch die Möglichkeit der Streitbeilegung durch andere Streitbeilegungsmechanismen erwähnt: Während in der Dec1aration on Permanent Sovereignty over Natural Resources noch die Möglichkeit vorgesehen wurde, die Streitbeilegung nach Übereinstimmung der Staaten auch durch "arbitration or international adjudication" durchfUhren zu lassen,184 ist diese Klausel in der CERDS jedoch restriktiver formuliert: " ... unless it is freely and mutually agreed by all States concerned that other peaceful means be sought on the basis of the sovereign equality of States and in accordance with the principle of free choice of means".'S5 Die Erwähnung völkerrechtlicher Methoden der Streitbeilegung wird bewußt vermieden.'S6 Die Ablehnung der internationalen Gerichtsbarkeit erfolgte mit dem Argument, daß, wenn multinationale Unternehmen im Gerichtsverfahren auf gleicher Ebene wie Staaten auftreten, diese den Staaten rechtlich und politisch gleichgestellt seien und ihnen damit eine Behandlung zukomme, die ausschließlich Staaten als Völkerrechtssubjekten vorbehalten sei. ls7 Zu den offensichtlich von der CalvoDoktrin beeinflußten Regelungen der Streitbeilegung zählt in diesem Zusammenhang auch das Verbot der Druckausübung und der diplomatischen Interventionen durch die Heimatstaaten zur Durchsetzung wirtschaftlicher Interessen. 1SS In der Folge der Verabschiedung der NIWO und der CERDS wurde die Erstellung von Verhaltenskodices rur multinationale Unternehmen und rur Technologietransfer in Angriff genommen. 1S9 Auch bei diesen Verhandlungen ist der Einfluß der Calvo-Doktrin deutlich zu erkennen. Der Abschluß der Verhandlungen scheitert bis heute an diesen Differenzen. l90 IS3 CERDS, Art. 2 (2) (c) Satz 2; auch UNGA Res. 1803 (XVII), Declaration on Permanent Sovereignty over Natural Resources, Z. 4. 184 UNGA Res. 1803 (XVII), Dec1aration on Permanent Sovereignty over Natural Resourees, Z. 4. 185 CERDS, Art. 2 (2) (c). 186 Garcia-Amador, International Law, S. 155 ff. 187 Vgl. die Rede des späteren mexikanischen Außenministers Ernilio Rabasa vor der UN Generalversammlung, zitiert bei Garcia-Amador, International Law, S. 174, dort FN 38; dieses Argument wurde auch gegen den Beitritt zur ICSID-Konvention angeführt, vgl. dazu Kapitel VI.B.3.a), S. 256 ff. 18S CERDS, Art. 1; NIWO, Art. 4 (e). '89 Vgl. CJemenron, S. 177 ff; zum Kodex fiir Technologietransfer s. CERDS, Art. 13 (4) und UNGA Res. 3202 (S-VI), Programme of Action on the Establishment of a New International Econornic Order, Abschnitt IV; zum Kodex fiir multinationale Unternehmen s. UNGA Res. 3202 (S-VI), Programme of Action on the Establishment of a New International Econornic Order, Abschnitt V. 190 Vgl. etwa fiir den Kodex zum Technologietansfer UNGA Res. 48/167, international Code ofConduct on the Transfer ofTechnology, 21.12.1993, Z. 1: [The General Assembly] ,,Recognizes that the conditions do not currently exist to reach full agreement on all outstanding issues in the draft international code of conduct on the transfer of technology and also that, should Govemments indicate, either directly or through the

C. Einfluß auf internationaler Ebene

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Das als Spezialorgan des ECOSOC eingerichtete UNCTC (United Nations Center on Transnational Corporations) 191 arbeitet seit 1977 an der Erstellung eines Code of Conduct on Multinational Corporations. l92 In diesem Kodex sollen vor allem die Aktivitäten von multinationalen Unternehmen geregelt werden. Es sind aber auch Richtlinien fiir das Verhalten der Gaststaaten vorgesehen. 193 Nach den in der CERDS enthaltenen Vorstellungen der Entwicklungsländer soll im Interesse der nationalen Entwicklung die Regulierung und Kontrolle von multinationalen Unternehmen möglich sein, sodaß diese zur wirtschaftlichen Entwicklung in den Gaststaaten beitragen. 194 Bei der Erstellung des Kodex tauchen viele bereits im Rahmen der CERDS diskutierte Forderungen wieder auf Im Laufe der Jahre konnten bereits einige Verhandlungsergebnisse erzielt werden. Dazu gehören etwa Verhaltenspflichten der multinationalen Unternehmen, wie die Rücksichtnahme auf Entwicklungsziele der Gaststaaten, Unterlassung restriktiver Geschäftspraktiken, Beachtung des nationalen Rechts, Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten der Gaststaaten, Transparenz der Gesellschaftsstruktur und der Geschäftspolitik, aber auch Verhaltenspflichten der Gaststaaten, wie faire Behandlung der multinationalen Unternehmen oder ein gewisser Mindeststandard an rechtlichem Schutz vor Enteignung. 195 Wesentliche Streitpunkte sind Fragen der Behandlung, der Entschädigung bei Enteignung und der Streitbeilegung. 196 Dies sind Secretary-General of the United Nations Conference on Trade and Development reporting in accordance with General Assembly resolution 46/214 of20 December 1991, that there is the convergence of views necessary to reach agreement on all outstanding issues, then the Trade and Development Board should re-engage and continue its work aimed at facilitating agreement on the code." 191 Das UNCTC wurde 1994 umbenannt in "Commission on International Investment and Transnational Corporation" und in das Trade and Development Board der UNCTAD eingegliedert, s. ECOSOC Res. 1994/1, Integration of the Commission on Transnational Corporations into the institutional machinery ofthe United Nations Conference on Trade and Developrnent, 14.7.1994. 192 UN Draft Code of Conduct on Transnational Corporations, 1.2.1988, U.N. Doc. E/1988/39/Add.l, abgedruckt in: Kunig/Lau/Meng, S. 686 ff; s. auch Nattier, Regulations of Transnational Corporations: Latin American Actions in International Fora, in: Texas International Law Joumal Centennial Issue (1984), S. 79 ff, S. 94 ff; Zamora, Economic Relations, S. 554 f; Sornarajah, Foreign Investment, S. 189; zu den Verhaltenskodices allgemein vgl. oben KapiteII.C.l.c), S. 44 ff. 193 Zum Aufbau und Inhalt des Kodex s. ausführlich UNCTC, United Nations Code ofConduct on Transnational Corporations, London, Norwelll988, S. 7 ff. 194 UNGA Res. 3202 (S-VI), Programme of Action on the Establishment of a New International Economic Order, Abschnitt V. 195 Yearbook ofthe United Nations 46 (1992), S. 644. 196 Vgl. UNCTC, Report of the Secretariat on the Outstanding Issues in the Draft Code ofConduct on Transnational Corporations, E/CN.I0/1984/S/5, 29.5.1984, in: ll..M 23 (1984), S. 602 ff; UNCTC, UN Code of Conduct, S. 17 ff; Sornarajah, Foreign Investment, S. 202 ff; Tschofen, S. 70 f

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II. Haltung der lateinamerikanischen Staaten zu ausländischem Kapital

Streitpunkte, die traditionell durch die Calvo-Doktrin hervorgerufen werden. Bei der Regelung der Entschädigung setzt sich die Diskussion der CERDS fort. 197 Die Streitbeilegung soll nach der Vorstellung der Entwicklungsländer vor nationalen Gerichten stattfinden, während die Industriestaaten auch andere Methoden der Streitbeilegung fordern. 198 Der zweite durch die CERDS veranlaßte Kodex betrifft die Regelung des Technologietransfers. 199 Die Verhandlungen zu diesem Kodex finden im Rahmen der UNCT AD statt. Die CERDS sieht in Art. 13 vor: ,,Every State has the right to benefit from the advances and developments in science and technology for the acceleration ofits economic and social development."

In einem Kodex soll dieses Recht durch Verhaltensregeln rur den Technologietransfer zwischen den Staaten ausgestaltet werden. Ziel ist es, Entwicklungsländern den Zugang zu Technologie zu ermöglichen, da dies als notwendig fiir die wirtschaftliche Entwicklung angesehen wird. 200 Dabei soll den Entwicklungsländern eine Sonderbehandlung zukommen, die ihnen den Zugang zu Technologie und die Entwicklung eigener Technologie ermöglicht. Dazu gehören etwa das Verbot von Maßnahmen, die die Entwicklung des Empfangerstaates behindern oder die Beachtung des nationalen Rechtes des Gaststaates durch den Investor. Streitpunkte sind auch hier unter anderem die Fragen der Streitbeilegung und des anwendbaren Rechts. 201 Die NIWO, die CERDS und die Diskussionen um die Verhaltenskodices stellten den Höhepunkt in den Bestrebungen nach einer neuen gerechteren Weltwirtschaftsordnung dar. In den achtziger Jahren wurde es um diese Forderungen stiller und die Diskussionen in der UN Generalversammlung nahmen ab. 202 Auch den Verhandlungen um die Kodices wird immer weniger Bedeutung beigemessen. 203 Bemerkenswert ist, daß vor allem die lateinamerikanischen Staaten kaum noch Bezug auf die Forderungen aus der NIWO und der CERDS

Vgl. UNCTC, UN Code ofConduct, S. 20. Nattier, S. 95. 199 NIWO, Art. 4 (p); CERDS, Art. 13 (4); UNGA Res. 3202 (S-VI), Programme of Action on the Establishment of a New International Economic Order, Abschnitt IV. 200 CERDS, Art. 13 (2); UNGA Res. 3202 (S-VI), Programme of Action on the Establishment of a New International Economic Order, Abschnitt IV. 201 Neuhold/Hummer/Schreuer, S. 443 f; eine ausführliche Darstellung des Inhalts des Entwurfes und der Diskussion um den Entwurf findet sich bei Roffe, Transfer of Technology: UNCTAD's Draft International Code ofConduct, in: International Lawyer 19 (1985), S. 680 ff; StolI, Technologietransfer, in: Wolfrum (Hrsg.), Handbuch Vereinte Nationen, München 1991, S. 838 ff, S. 842 ff 202 C/emenr;on, S. 174 ff. 203 Clemenr;on, S. 180 ff, S. 183 ff 197

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C. Einfluß auf internationaler Ebene

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nehmen. 204 Dies läßt sich auf die Auswirkungen der Wirtschaftskrise der achtziger Jahre und die dadurch veranlaßte Änderung der Wirtschaftspolitik der lateinamerikanischen Staaten zurückführen, die jetzt von Neoliberalismus und der Öffnung der Wirtschaft geprägt ist. Auf internationaler Ebene äußert sich dies in der Orientierung an den industrialisierten Staaten und der Partizipation an der Weltwirtschaft. Diese Umstellung ist auch in der Arbeit der UNCTAD und der Gruppe der 77 zu beobachten. Diese ist weniger von einem Konfrontationskurs als von Kooperationswillen geprägt. Dies wird in der Deklaration zur 4. UN Entwicklungsdekade20s und auch in den zahlreichen nachfolgenden Generalversammlungsresolutionen deutlich, die weniger Forderungen an die Industriestaaten stellen, als den partnerschaftlichen Dialog in der Entwicklungszusammenarbeit betonen. 206 Die umstrittenen Diskussionspunkte um Auslandsinvestitionen in der NlWO und in der CERDS sind in der Deklaration zur 4. UN Entwicklungsdekade nicht mehr vorhanden. In bezug auf Direktinvestitionen wird der positive Beitrag anerkannt, den ausländisches Kapital zur Entwicklungsfinanzierung leisten kann. Die aus der Souveränität über die Naturschätze abgeleiteten Forderungen nach der Regelung von Auslandsinvestitionen entsprechend den nationalen Entwicklungsplänen und die Ablehnung völkerrechtlicher Grundsätze insbesondere im Hinblick auf den Eigentumsschutz sowie die internationale Gerichtsbarkeit sind verschwunden. Es wird von den Entwicklungsländern die Bereitschaft bekundet, durch die Schaffung eines günstigen Investitionsklimas und die Erlassung geeigneter Investitionsgesetze zur Förderung der Investitionstätigkeit beizutragen. 207 CIemenyon, S. 173, S. 179. UNGA Res. S-18/3, Annex, Declaration on International Econornic Co-operation, in Particular the Revitalization of Econornic Growth and Developrnent of the Developing Countries, 1.5.1990; UNGA Res. 45/199, Annex, International Developrnent Strategy for the Fourth United Nations Developrnent Decade, 21.12.1990 (einstinnnig angenommen). 206 Vgl. etwa UNGA Res. 49/95, Renewal ofthe Dialogue on Strengthening International Econornic Developrnent through Partnership, 19.12.1994 (einstinnnig angenommen). 207 S. UNGA Res. 45/199, Annex, International Developrnent Strategy for the Fourth United Nations Development Decade, 21.12.1990, Z.43: ,,Foreign direct investment, which is not generally debt creating, could play an increasingly important role as a SOUfce of development finance, particularly when international trade is growing and markets are expanding and new opportunities are opened up by scientific and technological development. Transnational corporations are already channels for technology transfer, world trade and marketing. Many developing countries are seeking, to the extent cornpatible with national objectives, to establish a positive investment climate and to adopt appropriate investment codes." 204

20S

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II. Haltung der lateinamerikanischen Staaten zu ausländischem Kapital

Mitte der neunziger Jahre sind auf internationaler Ebene kaum noch Besonderheiten in der Haltung der lateinamerikanischen Staaten zu verzeichnen. In bezug auf Auslandsinvestitionen zeigt sich dies durch die Unterzeichnung und Ratifikation von bilateralen und multilateralen Investitionsschutzinstrumenten. 208 Damit werden völkerrechtliche Regelungsstandards rur Auslandsinvestitionen anerkannt. Den Verhaltenskodices wird derzeit kaum mehr Bedeutung zugemessen und die Verhandlungen sind weitgehend eingestellt. Ein weiteres Indiz ist der Austritt Mexicos aus der Gruppe der 77 und der Beitritt zur OECD 1994. Durch die Reorganisation des GATT und die Gründung der WTO, die auch von den Entwicklungsländern berurwortet wurde, hat nun die UNCTAD, die ursprünglich einen Gegenpol zum GATT bildete, eine umfassende Neuorientierung ihrer Arbeit vorgenommen. 209 Die lateinamerikanischen Staaten nehmen auch im Rahmen internationaler Instrumente zum Investitionsschutz keine Sonderposition mehr ein. Die meisten Staaten sind der ICSID- und der MIGA-Konvention beigetreten., haben sowohl mit Industriestaaten als auch untereinander BITs abgeschlossen. 210 Auch im Rahmen der WTO nehmen sie keine Sonderstellung mehr ein. Bei denMAIVerhandlungen im Rahmen der OECD, in der Mexico Mitglied ist, haben Argentinien, Brasilien und Chile Beobachterstatus und beabsichtigen nach Abschluß der Verhandlungen dem MAI beizutreten. 211

D. Die Auswirkung der völkerrechtlichen Doktrinen auf regionale und nationale Regelungen für Auslandsinvestitionen Die Wirtschaftssysteme der lateinamerikanischen Staaten waren bis in die dreißiger Jahre des 20. Jahrhunderts von kolonialen Strukturen geprägt, die sich vor allem in der Außenorientierung der Volkswirtschaften zeigten.. Durch den Export weniger Rohstoffe wurden die Importe notwendiger, nicht im Land erzeugter Produkte finanziert, womit die Abhängigkeit von den Handelspartnern und den Weltmarktpreisen. gegeben war. Nach der Weltwirtschaftskrise 1929 versuchte man, sich von dieser Abhängigkeit durch eine neue Wirtschaftspolitik zu lösen. Dazu diente das Modell der Importsubstitution, wodurch die Notwendigkeit von Importen durch die Produktion dieser Güter im Inland vermindert Vgl. dazu Kapitel II.D., S. 98 fT. Bundesministerium for auswärtige Angelegenheiten, Außenpolitischer Bericht 1997, S. 150 f; weitere Verweise zum Verhältnis GATI und UNCTAD oben in Kapitel 11., FN 146. 210 V gl. dazu ausführlich mwN. unten Kapitel II.D., S. 98 ff. 211 V gl. dazu http://www.oecd.org/daflcmis/mailrepor98.htm (20.8.1998). 208

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D. Einfluß der Doktrinen auf regionaler und nationaler Ebene

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werden sollte. Zur Ankurbelung der Wirtschaft sollte dieses Konzept durch eine forcierte Industrialisierung und die Integration der wirtschaftlich unterentwikkelten Regionen ergänzt werden. Der Aufbau der heimischen Industrie war jedoch nur durch Kapitalimporte möglich, so daß sehr bald die Abhängigkeit von ausländischem Kapital gegeben war. Die Investoren hatten dabei natürlich nicht die wirtschaftliche Entwicklung und das Wohl des Gaststaates, sondern die Maximierung ihres Gewinnes zum Ziel. 212 Die im Rahmen der CEP AL zur Bekämpfung der Unterentwicklung und der Abhängigkeit entwickelten Theorien sowie die Calvo-Doktrin übten großen Einfluß auf die Wirtschaftspolitik der lateinamerikanischen Staaten aus. Während diesen Ideen auf internationaler Ebene wenig Erfolg beschieden war und letztendlich nur unverbindliche Generalversammlungsresolutionen zustande kamen, setzten die lateinamerikanischen Staaten diese Positionen auf regionaler Ebene und in der nationalen Gesetzgebung der einzelnen Staaten um. Eine wesentliche Maßnahme zur Überwindung der wirtschaftlichen Unterentwicklung sah die CEP AL in der Integration, im Rahmen derer die wirtschaftlichen Ziele verwirklicht werden sollten. 213 So wurde 1960 auf Betreiben der CEP AL im Vertrag von Montevideo die Latin American Free Trade Association (LAFT A) gegründet. 214 Die Gründungsstaaten waren Argentinien, Brasilien, Chile, Mexico, Paraguay, Peru und Uruguay. Bolivien, Ecuador, Kolumbien und Venezuela traten später bei. Hauptziel der LAFT A war die Errichtung einer Freihandelszone, deren Realisierung nach einem genauen Zeitplan bis 1980 geplant war. 215 Die Durchfiihrung scheiterte jedoch an den unterschiedlichen Interessen, der unterschiedlichen Wirtschaftsstruktur und vor allem dem unterschiedlichen wirtschaftlichen Entwicklungsstand der Mitgliedstaaten. Die LAFTA wurde 1980 von der Nachfolgeorganisation Latin American Integration Association (LAIA) abgelöst. 216 Dem LAIA-Vertrag traten alle LAFTA-Staaten bei. Die LAIA enthält keine zeitlich festgelegten IntegrationsAusfiihrlieh dazu vgl. oben Kapitel ILAl., S. 52 ff. S. dazu O'Leary, S. 104 fmwN., dort in FN 27; Preziosi, S. 653. 214 Treaty Establishing a Free Trade Area and Instituting the Latin American Free Trade Association (Vertrag von Montevideo 1960), Montevideo, 18.2.1960, abgedruckt in: Archiv des Völkerrechts 11 (1963/64), S. 77 ff. 215 Ausfiihrlich ZlU' LAFTA Petersmann, Wirtschaftsintegrationsrecht, S. 59 ffmwN.; Naim, Latin American Economic Cooperation, in: Bemhardt (Hrsg.), Encyclopedia of Public International Law, Band 6, Amsterdam, New York, Oxford 1983, S. 241 ff, S. 242; Preziosi, S. 654 mwN.; earl, The New Approach to Latin Arnerican Integration and its Significance to Private Investors, in: ICSID Review - Foreign Investment Law Joumal2 (1987), S. 335 ff, S. 342 ff. 216 Treaty of Montevideo establishing the Latin American Integration Association (Vertrag von Montevideo 1980), Montevideo, 12.8.1980, in: ILM 20 (1981), S. 672 ff. 212 213

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II. Haltung der lateinamerikanischen Staaten zu ausländischem Kapital

ziele mehr, sondern bildet eine Rahmenorganisation tUr bilaterale und multilaterale wirtschaftliche Kooperationsabkommen zwischen den Mitgliedstaaten. Diese Präferenzeinräumungen auf bilateraler und multilateraler Ebene sollen langfristig zu einem lateinamerikanischen Gemeinsamen Markt (Latin American Common Market) tUhren. 217 Der Vertrag von Montevideo 1960 enthält in Art. 15 die Aufforderung, eine gemeinsame Politik gegenüber Auslandsinvestitionen zu betreiben: "In order to ensure fair competitive conditions among the Contracting Parties and to facilitate the increasing integration and complementarity oftheir economies, particularly with regard to industrial production, the Contracting Partiesshall make every effort - inkeeping with the liberalization objectives ofthe present Treaty - to reconcile their import and export regimes, as weH as the treatment they accord to capital, goods and services from outside the area."

In dem 1961 unterzeichneten Agreement of Punta dei Este218 wurde in Ergänzung zum Vertrag von Montevideo 1960 die Förderung der Direktinvestitionen zur Erhöhung der wirtschaftlichen Ressourcen Lateinamerikas beschlossen. 219 Die Realisierung dieser programmatischen Konzepte scheiterte jedoch am Fehlen einer koordinierten Industrialisierungspolitik. Der Großteil des Kapitals floß in die Länder Argentinien, Mexico ·und Brasilien, deren Wirtschaft am weitesten entwickelt war und die dem Investor die llotwendige Infrastruktur und einen akzeptablen Absatzmarkt sowohl im Land als auch unter Ausnützung des erweiterten regionalen Marktes boten. Somit gelang diesen Staaten ein beträchtlicher Aufschwung und eine zunehmende Industrialisierung, während die übrigen Staaten in ihrer wirtschaftlichen Entwicklung zurückblieben. Die Folge war eine Verstärkung des wirtschaftlichen Ungleichgewichtes der Staaten. 220 Als Reaktion auf diese Entwicklung schlossen sich 1969 Kolumbien, Peru, Chile, Bolivien und Ecuador im Andean Common Market (ANCOM) zusam217 Vertrag von Montevideo 1980, Art. 1 (2) sowie Art. 4 ff; näheres über die Struktur und Aufgaben der LAFTAILAlA s. Naon, Latin American Integration Association, in: Bemhardt (Hrsg.), Encyclopedia ofPublic International Law, Band 6, Amsterdam, New York, Oxford 1983, S. 247 ff; Esterbauer/Lang (Hrsg.), Integration und Kooperation in Nord und Süd, Bern 1988, S. 138 ff; Hummer, Die ,,Lateinamerikanische Integrationsassoziation" (ALADI) als Rechtsnachfolger der ,,Lateinamerikanischen Freihandelsassoziation" (ACLAC), in: Verfassung und Recht in Übersee 13 (l980), S. 361 ff; earl, S. 344 ff. 218 The Charter of Punta dei Este establishing the Alliance for Progress within the Framework of Operation Pan America, 17.8.1961, abgedruckt in: Archiv des Völkerrechts 11 (1963/64), S. 90 ff. 219 Vgl. Charta ofPunta dei Este, Tide II, Chapter II, Z. 2 (e) und Tide III, Z. 6 und 8; s. auch Preziosi, S. 654 f 220 S. Ereli, The Andean Common Market, in: Houston Law Review 8 (l971), S. 487 ff, S. 488 f; Preziosi, S. 655.

D. Einfluß der Doktrinen auf regionaler und nationaler Ebene

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men. 221 Dieses Abkommen wurde im Rahmen der LAFT A geschlossen. Ziel der Organisation war die Förderung einer ausgeglichenen und harmonischen Entwicklung der Mitgliedstaaten, die zur Hebung des Lebensstandards der Bevölkerung und vor allem zu einer gleichmäßigen Verteilung des Wohlstandes zwischen den Mitgliedstaaten fuhren sollte. 222 Dabei wurden nicht nur Fragen des Handels berücksichtigt, sondern ein alle Wirtschaftsbereiche umfassendes Entwicklungskonzept festgelegt. Als Maßnahmen zur Umsetzung der Vertragsziele wurden neben Handelsliberalisierungen und einem gemeinsamen Außenzoll unter anderem die Koordination der Wirtschafts- und Sozialpolitik der Mitgliedstaaten, ein gemeinsames subregionales Industrialisierungsprogramm und die Regulierung der Verwendung in- und ausländischer Finanzmittel für Investitionen im Dienste des Integrationsprozesses vorgesehen. 223 Um die bestehenden Entwicklungsunterschiede auszugleichen, wurden den am wenigsten entwickelten Ländern der Region Bolivien und Ecuador Präferenzen eingeräumt. 224 Als Organe des ANCOM sieht das Cartagena Agreement 1969 die Kommission und die Junta225 vor. Die Kommission ist das höchste Organ und hat als Aufgabe die Durchfuhrung der Ziele des Abkommens, wozu sie fur die Mit221 Agreement on Andean Subregional Integration (Cartagena Agreement), Bogota, 26.5.1969, in: ILM 3 (1969), S. 910 ff, wurde in der Fassung des Protocolo de Trujillo, 10.3.1996, neu kodifiziert durch Andean Conunission, Decision 406, Codificaci6n deI Acuerdo de Integraci6n Subregional Andina (Acuerdo de Cartagena), 25.6.1997, in: http://www.comunidadandina.org/dec/d406.htm (20.8.1998), weitere Änderungen des Cartagena Agreements durch das Protocolo de Sucre, Quito, 25.6.1997, in: http://www.comunidadandina.org/sucre.htm (20.8.1998), sind noch nicht in Kraft; zum ANCOM ausführlich Garcia-Amador, The Andean Legal Order, New York 1978; Leu/Polakiewicz, Andean Common Market, in: Bemhardt (Hrsg.), Encyclopedia of Public International Law, 2. Auflage, Band 1, Amsterdam, London, New York, Tokyo 1992, S. 155 ffmwN. Gründungsmitglieder waren Bolivien, Chile, Ecuador, Kolumbien und Peru. Venezuela nahm zwar an den Verhandlungen teil, trat jedoch erst 1973 bei, s. Final Act ofthe Negotiations between the Conunission ofthe Cartagena Agreement and the Govemment ofVenezuela for the Adherence ofthat Country to the Agreement, Lima, 13.2.1973, in: ILM 12 (1973), S. 344 ff; Chile trat 1976 aus, s. Andean Conunission, Decision 102, 30.10.1976, vgl. dazu ILM 15 (1976), S. 1446 sowie Garcia-Amador, Andean Legal Order, S. 8 ff. 222 Cartagena Agreement 1969, Art. 1 und 2 (ebenso in der Fassung der D 406). 223 Cartagena Agreement 1969, Art. 3 und Art. 25 ff (in der Fassung der D 406: Art. 3 und Art. 50 fl); dazu Garcia-Amador, Andean Legal Order, S. 13 ff; zur Durchführung dieser Entwicklungsziele O'Leary, S. 106 ffmwN. 224 Cartagena Agreement 1969, Art. 3 (h) sowie Art. 91 ff (in der Fassung der D 406: Art. 3 (h) und Art. 121 fl). 225 Cartagena Agreement 1969, Art. 5, Art. 6 ff und Art. 13 f; durch das Quito Protocol 1987 wurden auch der Andean Common Market Court of Justice sowie das Andean Parliament als Organe in den Art. 5 aufgenommen, vgL Cartagena Agreement in ~er Fassung des Quito Protocol vom 12.5.1987, in: ILM 28 (1989), S. 1165 ff; weitere Anderungen gab es im Protocolo de Trujillo 1997; im Cartagena Agreement in der Fassung der D 406 sind die Organe nun in Art. 6 aufgezählt und in Art. 11 ffausführlich geregelt.

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11. Haltung der lateinamerikanischen Staaten zu ausländischem Kapital

gliedstaaten verbindliche Entscheidungen (Decisions) erlassen kann. Die Aufgabe der Junta ist die Überwachung der Durchführung des Cartagena Agreements und der Implementierung der Decisions der Kommission in den Mitgliedstaaten. 226 Als wesentlicher Bestandteil des Integrationsmodels wurde in Art. 27 des Cartagena Agreements 1969227 vorgesehen: ,,Prior to 31 December 1970, the Commission, at the proposal of the Board, shall approve and present for consideration of the Member States, a connnon system for treatment of foreign capital and, likewise, systems for trademarks, patents, licenses and royalities, inter alia. The Member States pledge themselves to adopt the measures necessary to implement such systems within the six month following approval by the Commission."

Termingerecht am 31. Dezember 1970 wurde das Standard Regime for Treatment of Foreign Capita/s and for Treatment of Marks, Patents, Licenses and Roya/Wes ("Decision 24" = D 24) verabschiedet. 228 Die D 24 wurde von allen Mitgliedstaaten ratifiziert und innerhalb der gesetzten Frist mit partiellen Modifikationen in das nationale Recht übernommen. 229 Das Ziel dieser einheitlichen Anwendung durch alle Mitgliedstaaten war es, im gesamten ANCOM gleiche Bedingungen für ausländisches Kapital zu schaffen. Damit sollte ein Konkurrieren der Mitgliedstaaten um ausländische Investitionen vermieden und außerdem die Verhandlungsposition gegenüber anderen Staaten gestärkt werden. 230 Eine restriktivere Behandlung blieb den Mitgliedstaaten überlassen, die in der D 24 enthaltenen Rechte waren jedoch das Maximum der zu gewährenden Rechte. 231 Garcia-Amador, Andean Legal Order, S. 79 ff; O'Leary, S. 105 f Cartagena Agreement in der Fassung der D 406, Art. 52. 228 Andean Commission, Decision 24, Standard Regime for Treatment of Foreign Capitals and for Treatment of Marks, Patents, Licenses and Royalities, 31.12.1970, in: ILM 10 (1971), S. 152 ffund S. 1065 f; zu den Verhandlungen s. Foeth, Investitionen, S. 45 f 229 Die Implementierung erfolgte durch folgende Instrumente: Bolivien: DL 9798, 30.6.1971, DL 10045, 10.12.1971; Chile: D 482, 25.6.1971; Ecuador: DS 974, 30.6.1971, Reglamento: D 1029, 30.7.1973, D 887, 30.8.1974; Peru: D 044-70 EF, 8.4.1970, Reglamento: DL 18900, 19.10.1971, DL 19470, 18.7.1972 (Reglamento zu Art. 17 des DL 18900); Kolumbiens Gesetz trat erst später in Kraft, da der Oberste Gerichtshof das erste Gesetz wegen eines Formfehlers aufhob: D 1900, 5.9.1973; Venezuela trat demANCOM erst später bei: D 62,29.4.1974 und D 63, 29.4.1974; alle zitiert nach OAS (Hrsg.), Estudio comparativo de las legislaciones latinoamericanas sobre regulacion y control de la inversion privada extranjera, Washington 1975, S. 501 f; vgl. auch Daiiino, The Andean Code after Five Years, in: Lawyer of the Arnericas 8 (1976), S. 635 ff, S. 642 f 230 ANCOM, D 24, Declaration 9; vgl. Preziosi, S. 657; Dafiino, S. 641. 231 ANCOM, D 24, Art. 33. 226

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D. Einfluß der Doktrinen aufregionaler und nationaler Ebene

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Die D 24 erkannte grundsätzlich die Nützlichkeit von ausländischem Kapital für die wirtschaftliche Entwicklung der Staaten und der Subregion an, sofern es zur Verwirklichung der nationalen Entwicklungspläne und der subregionalen Integrationsziele beitrug und auch nationales Kapital beteiligt war sowie die Bildung nationalen Kapitals gefördert wurde. 232 Durch den gemeinsamen Investitionskodex wollte man einerseits ausländisches Kapital mit dem Anreiz des größeren Marktes und des stabilen und in allen Staaten gleichen rechtlichen Rahmens anziehen, andererseits durch ein Kontrollsystem die Tätigkeit ausländischer Investoren überwachen und langfristig ausländisches Kapital durch nationales Kapital ersetzen. 233 Um diese Zielsetzungen zu erreichen, wurden genaue Richtlinien für die Investition und Beteiligung ausländischen Kapitals festgelegt. Eine Zulassung war nur möglich, wenn die Investition und die damit verbundene Geschäftstätigkeit bestimmten Genehmigungskriterien entsprach. Das wichtigste Element war, daß die Investition den Entwicklungsprioritäten des Gaststaates gerecht wurde und die heimische Wirtschaft ergänzte. 234 In bestimmten Sektoren waren Auslandsinvestitionen generell verboten oder nur beschränkt erlaubt. Zu diesen Sektoren zählten etwa die Grundstoffmdustrie, die öffentlichen Versorgungsbetriebe oder die Transportunternehmen. 235 Zur langfristigen Reduzierung ausländischen Kapitals, das nur in der Aufbauphase für notwendig erachtet wurde, waren Fade-out-Regelungen vorgesehen, das heißt Unternehmen mit mehrheitlich ausländischen Kapitalanteilen mußten in inländische Unternehmen umgewandelt werden, indem ausländische Investoren ihre Unternehmensanteile schrittweise zu veräußern hatten, bis eine Mehrheitsbeteiligung inländischen Kapitals vorhanden war. 236 Auch für die Einbringung von Technologien wurden genaue Regeln aufgestellt und eine eigene Behörde zur Registrierung und Überwachung geschaffen. 237 Auch die Betätigung von ausländischen Investoren nach der Zulassung war genau geregelt. Beschränkungen waren hinsichtlich der Aufuahme von Krediten238 sowie des Transfers von Gewinnen und von Kapital vorgesehen. 239 Zur Überwachung ausländischen Kapitals war die Schaffung von InvestitionsbehörANCOM, D 24, Declaration 2. S. ANCOM, D 24, Präambel, Satz 1 und Declaration 1; zum Verhältnis des Investitionskodex zu den übrigen Integrationszielen des ANCOM s. Foeth, Investitionen, S. 47 ff. 234 ANCOM, D 24, Art. 3; vgl. dazu Kapitel III.B.2.a), S. 126. 135 ANCOM, D 24, Art. 40 ff; vgl. dazu Kapitel III.B.2.c), S. 133 ff 236 ANCOM, D 24, Art. 27 ff; vgl. dazu unten Kapitel III.B.2.b), S. 129 ff 237 ANCOM, D 24, Art. 18 ff; s. unten Kapitel III.B.4., S. 145 ff. 238 ANCOM, D 24, Art. 14 ff; s. unten Kapitel IV.B.I., S. 177 ff. 239 ANCOM, D 24, Art. 7 ff; s. unten Kapitel IV.B.3., S. 186 ff. 232

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II. Haltung der lateinamerikanischen Staaten zu ausländischem Kapital

den vorgesehen, deren Aufgaben in der Registrierung und Genehmigung von Auslandsinvestitionen und der Kontrolle der Einhaltung der Vorschriften bestanden. 240 Deutlich von der Calvo-Doktrin beeinflußt waren die Regelungen des Behandlungsstandards und der Streitbeilegung. Art. 50 normierte die Inländergleichbehandlung, Art. 51 verbot die Streitbeilegung vor anderen als nationalen Gerichten und schloß die Subrogation des Heimatstaates des Investors, also dessen Eintritt in das Verfahren, aus. 241 Die D 24 wirkte nicht nur in die nationale Gesetzgebung der ANCOMStaaten, sondern prägte auch die Investitionsgesetzgebung der übrigen LAFT AStaaten, die bereits an der Ausarbeitung der D 24 beratend mitgewirkt hatten. 242 Besonders beeinflußt waren die neuen Investitionsgesetze Mexicos und Argentiniens, aber auch Paraguay und Uruguay erließen zu Beginn der siebziger Jahre Investitionsgesetze und Gesetze zum Technologietransfer ähnlichen Inhalts. 243 Eine Ausnahme bildete Brasilien, das durch seine Größe seit jeher eine relativ eigenständige Entwicklung aufweist. Brasilien hatte bereits 1962 ein restriktives Investitionsgesetz mit vielen staatlichen Eingriffen erlassen, das heute noch in Geltung steht. 244 Die Staaten des ANCOM hatten grundsätzlich eine positive Einstellung gegenüber ausländischem Kapital, wollten aber durch die Regelung der Verwendung das Kapital für die wirtschaftliche Entwicklung der Region nutzen. Dies war jedoch nur bei einer in allen Mitgliedstaaten übereinstimmenden Anwendung des subregionalen Investitionskodex möglich, die eine einheitliche Regelung für den gesamten Raum sichergestellt hätte. Ein grundlegendes Problem bei der Umsetzung waren die unpräzisen Deftnitionen und Begriffsverwendungen in der D 24 sowie die unklaren Vorgaben in den Bereichen, die der Ausge-

240 ANCOM, D 24, Temporary Provisions, Art. D und D 24, Art. 5 f; s. unten Kapitel III.B.3., S. 137 ff. 241 Vgl. dazu unten Kapitel VLB.2., S. 250 ff; zur D 24 allgemein etwaDafiino, S. 640 ff; Foeth, Investitionen, S. 49 ff; Olivier, The Andean Foreign Investment Code: A New Phase in the Quest for Normative Order as to Direct Foreign Investment, in: American Journal of International Law 66 (1972), S. 763 ff; ausfiihrlich zu den materiellen Regelungen der D 24 in Kapitel III. bis VI., S. 102 ff. 242 Foeth, Investitionen, S. 46. 243 Argentinien: L 20557 sobre radicaciones extranjeras, 29.11.1973, Reglamento: D 413, 5.2.1974, L 20794 sobre transferencia de technologia deI exterior, 27.9.1974; Mexico: Ley para promover la inversion mexicana y regular la inversion extranjera, 16.2.1973, Ley sobre el registro de la transferencia de technologia y el uso yexplotacion de patentes y marcas, 28.12.1972; Paraguay, L 216,19.11.1970, Reg1amento: D 17730, 19.2.1971; Uruguay: L 14179,28.3.1974, geändert durch L 14244, 16.7.1974, D 808/74, 10.10.1974; alle zitiert nach OAS, S. 499 f. 244 Brasilien, L 4131, 3.9.1962, geändert durch L 4390, 29.8.1964, Reglamento: D 55762, 17.2.1965; zitiert nach OAS, S. 499.

D. Einfluß der Doktrinen aufregionaler und nationaler Ebene

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staltung durch den nationalen Gesetzgeber bedurften. 245 Dies führte zu einer uneinheitlichen Implementierung und Anwendung der Regelungen in den nationalen Rechtsordnungen, wobei die einzelnen Staaten weniger die Interessen der regionalen Integration als die der eigenen nationalen Entwicklungsziele verfolgten. 246 Zudem fehlte ein effektiver Mechanismus zur Auslegung der Regelungen der D 24 und zur Streitbeilegung. 247 Dadurch wurde das Ziel eines einheitlichen rechtlichen Rahmens rur Auslandsinvestitionen verfehlt. Abgesehen von diesen der D 24 immanenten Problemen war auch die mit der Ölkrise 1973 beginnende weltweite Wirtschaftsrezession rur das Scheitern der D 24 von Bedeutung. Dadurch gingen Auslandsinvestitionen generell zurück, während Kredite billig angeboten wurden. Diese wurden von den lateinamerikanischen Staaten in umfassender Weise in Anspruch genommen, da zur Realisierung der Importsubstitutionspolitik und der Ersetzung ausländischen Kapitals durch nationales finanzielle Mittel in großem Ausmaß benötigt wurden. 248 Neben den wirtschaftlichen Faktoren spielte auch das Investitionsklima eine Rolle. Dies war von der politisch instabilen Lage in den lateinamerikanischen Staaten, die durch die Militärdiktaturen, revolutionären Bewegungen und Bürgerkriege gekennzeichnet war, negativ beeinflußt. In rechtlicher Hinsicht war das Investitionsklima rur ausländische Investoren durch die restriktiven Regelungen und übermäßigen Kontrollen der Geschäftstätigkeit sowie durch die Rechtsunsicherheit geprägt, die durch den breiten Ermessensspielraum und die unklaren Kompetenzen der Behörden sowie das politische Klima bestand. Der Rückgang der Auslandsinvestitionen, die Wirtschaftskrise sowie die Kapitalknappheit ruhrten zu einer Änderung der Wirtschaftspolitik in den lateinamerikanischen Staaten. Im Zuge dessen kam es zu einer Liberalisierung der Investitionsgesetze und die ANCOM-Staaten gingen von der D 24 mehr und mehr ab. 249 Den Anfang machte Chile, das unter Pinochet zu einem System der freien Marktwirtschaft überging und zur Förderung von Auslandsinvestitionen ein sehr liberales Investitionsgesetz erließ. 250 Damit war die Situation des Wettbe245 So konnten die Form des Behördenapparates oder die Sektoren, die nationalen Investoren vorbehalten sein sollten, von den einzelnen Staaten frei ausgestaltet werden. Dasselbe galt fiir die Regelung des Fade-out und des Gewinntransfers, vgl. zur Ausgestaltung in den nationalen Gesetzen ausführlich unten Kapitel III. und N., S. 102 ff. 246 Preziosi, S. 64; Daiiino, S. 663 f; O'Leary, S. 111 ff. 247 Zur Streitbeilegung im Rahmen des ANCOM vgl. ausführlich 0 'Leary, S. 115 ff. 248 Vgl. dazu ausführlich Kapitel HAI., S. 52 ff. 249 Für viele O'Leary, S. 111 ff; Murphy, The Quiet Revolution in Andean Foreign Investment Laws, in: Private Investments Abroad 1989, S. 10-1 ff, S. 10-7 ff. 250 Chile, DL 600, 11.7.1974, nach dem Austritt aus dem ANCOM modifiziert durch DL 1748,18.3.1977; dieses Gesetz nahm de facto die Regelungen der ANCOM, D 220 schon vorweg, s. Murphy, Quiet Revolution, S. 10-7; Preziosi, S. 665 f.

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11. Haltung der lateinamerikanischen Staaten zu ausländischem Kapital

werbs um Auslandsinvestitionen eingetreten, die eigentlich durch die D 24 verhindert werden sollte. Als Reaktion auf dieses Gesetz und um Chile im ANCOM zu halten, wurden daraufhin mit D 103 und D 109 einige Liberalisierungen der D 24 vorgenommen. 251 So wurden insbesondere die Prozentsätze rur die Gewinnrepatriierung und die genehmigungsfreien Reinvestitionen erhöht sowie die Regelung des Zuganges zu kurz- und mittelfristigen Krediten rur ausländische Investoren den einzelnen Mitgliedstaaten freigestellt. 252 Dennoch konnten die Streitigkeiten nicht beigelegt werden und Chile trat 1976 aus dem ANCOM aus. Da die übrigen ANCOM-Staaten jedoch fiirchteten, durch die Investitionsförderungspolitik Chiles Auslandsinvestitionen zu verlieren, entschlossen auch sie sich zu Liberalisierungsmaßnahmen, die über die der D 103 hinausgingen. Die ANCOM-Staaten gingen in ihren nationalen Investitionsgesetzen schrittweise von den Regelungen der D 24 ab und schufen Investitionsanreize durch Steuervorteile und Erleichterung der Repatriierungsbeschränkungen rur Kapital und Gewinne USW. 253 All diese einseitigen Liberalisierungsmaßnahmen der Mitgliedstaaten ruhrten auch im ANCOM zu Diskussionen über eine Änderung der D 24. 254 1987 wurde schließlich die Decision 220 (D 220)255 durch die Kommission verabschiedet. Diese Entscheidung vollzog mehr oder weniger die bereits in den nationalen Investitionsgesetzen der Mitgliedstaaten enthaltenen Lockerungen der Regelungen rur Auslandsinvestitionen. Die D 220 enthielt kaum noch zwingende gemeinsame Regelungen. Beispielsweise waren keine Beschränkungen oder Verbote rur bestimmte Wirtschaftssektoren mehr vorgesehen, die Fade-out-Regelungen waren nicht mehr zwingend, auch die Kreditgewährung war den nationalen Gesetzgebern überlassen. Für Gewinnrepatriierungen bestand zwar noch eine Obergrenze von 20%, auch diese war jedoch nicht zwingend. Grundsätzlich besaß die D 220 nur noch Empfehlungscharakter und ließ den Mitgliedstaaten viel Freiheit bei der Übernahme und der Gestaltung der Regelungen im nationalen Recht. 256 251 ANCOM, D 24 in der Fassung der D 109, 30.11.1976, in: lLM 16 (1977), S. 138 ff; vgl. dazu auch Preziosi, S. 666. 252 Vgl. dazuANCOM, D 24 in derFassungderD 109, Art. 13, Art. 17 und Art. 37. 253 O'Leary, S. 116 f; Murphy, Quiet Revolution, S. 10-7 ff. 254 Preziosi, S. 667 f 255 Andean Commission, Decision 220, Andean Code on the Treatment of Foreign Capital and on Trademarks, Patents, Licenses and Royalities, 11.5.1987, in: lLM 27 (1988), S. 978 ff. 256 AusfiihrIich Esquirol, Foreign Investment: Revision of the Andean Foreign Investment Code, in: Harvard International Law Joumal29 (1988), S. 169 ffmwN.; Pate, Introductory Note to D 220, in: lLM 27 (1988), S. 974 ff, S. 974 f;Leary, Andean Pact Policy, in: International Financial Law Review, March 1988, S. 36 ff.

D. Einfluß der Doktrinen auf regionaler und nationaler Ebene

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Auch die übrigen LAIA-Staaten begannen ihre zu Beginn der siebziger Jahre erlassenen restriktiven Investitionsgesetze zu liberalisieren. 257 Argentinien hatte bereits 1976 mit L 21382 einen offeneren Kurs eingeschlagen, dieses Gesetz wurde 1980 weiter liberalisiert. 258 Mexico blieb grundsätzlich auf dem restriktiven Kurs, ließ jedoch zu Beginn der achtziger Jahre ausländisches Kapital in vorher beschränkten Industriesektoren ZU. 259 Eine Ausnahme bildete wiederum Brasilien, wo nach wie vor das 1962 eingefiihrte Investitionsgesetz L 4131 in Kraft stand und fiir Computer und Software sogar weitere Beschränkungen eingefiihrt wurden. 260 Ab 1987 begann ein zweiter Schub von Liberalisierungen, der mit der Demokratisierung praktisch aller LAIA-Staaten und der damit verbundenen Wirtschaftspolitik des Neoliberalismus konform ging. 261 Im Zuge der Verschuldungskrise, die es zu bewältigen galt, und des notwendigen Wiederaufbaus der durch Bürgerkriege zerstörten Volkswirtschaften wurden sowohl innerhalb des ANCOM als auch außerhalb zahlreiche Wirtschaftsreformprogramme durchgefiihrt. Da man dazu Kapital benötigte, wurde durch vollkommene Liberalisierung der Investitionsgesetze versucht, Anreize fiir Investitionen aus dem Ausland zu schaffen. Bolivien erließ 1990 ein komprimiertes und übersichtliches Investitionsgesetz, das keinen Unterschied mehr zwischen inländischen und ausländischen Investoren kennt,262 Dieses Gesetz wurde von anderen Staaten des ANCOM inhaltlich übernommen. 263 Der ANCOM reagierte auf diese Änderungen mit einer vollkommenen Revision der bisherigen Wirtschaftskonzepte. Dies geschah 1991 mit der Decision 291 (D 291).264 In der Präambel sind die Grundsätze der neuen Wirtschaftspolitik des ANCOM enthalten. Die Ziele sind "the growing convergence of the eco257 Vgl. dazu Agosin/Ribiero, Inversiones extranjeras directas en America Latina: tendencias recientes y perspectivas, in: Integraci6n Latinoamericana, Juni 1987, S. 21 ff. 258 Argentinien, L 21382n6, geändert durch L 22208/80 und D 1062/80; dazu Aranowich/Hewko, Argentine Laws on Foreign Investments and the Transfer of Technology, in: International Lawyer 21 (1987), S. 379 ff; vgl. auch Foeth, Investitionen, S. 134 ff. 259 Agosin/Ribiero, S. 27; Carl, S. 336, dort FN 10 rnwN. 260 Brasilien, L 7232/84, Inforrnatics Law Concerning Policy of Market Reserve, Techno1ogy Transfer and Foreign Involvernent, 29.10.1984, in: ILM 25 (1986), S. 868 ff; L 7646,18.12.1987 und D 96036, Law and Implernenting Decree on Software Protection, 12.5.1988, in: ILM 27 (1988), S. 989 ff; s. Carl, S. 337 rnwN. in FN 17. 261 Die Ausnahme bildet wiederum Brasilien. 262 Bolivien, L 1182/90. 263 Peru, DL 662/91; Ecuador, D 2501191. 264 Andean Conunission, Decision 291, Common Code for the Treatment ofForeign Capital and on Trademarks, Patents, Licenses and Royalities, 21.3 .1991, in: ILM 30 (1991), S. 1288 ff.

7 Zagel

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Ir. Haltung der lateinamerikanischen Staaten zu ausländischem Kapital

nomic policies of the Andean countries in pursuit of a greater efficiency and competitiveness of their economies through the liberalization and opening of international commerce and investment ... " sowie "to remove the obstacles to foreign investment and to stimulate the free circulation of subregional capital". Dies bedeutet eine völlige Abkehr von der Politik der staatlichen Kontrolle, des Protektionismus und der Importsubstitution. In der D 291 werden diese Grundsätze verwirklicht. Den Staaten wird die Regelung der Auslandsinvestitionen zur Gänze freigestellt, womit die Situation vor 1971 wiederhergestellt ist. Der Inhalt der D 291 besitzt Empfehlungscharakter. Investitionen können in allen Bereichen getätigt werden. Die Regelung der Registrierung, des Kapitaltransfers, des Technologietransfers usw. ist zur Gänze der nationalen Gesetzgebung überlassen. Dasselbe gilt rur den Behandlungsstandard und die Streitbeilegungsmechanismen. Die Rechtsdurchsetzung ist demnach nicht mehr auf nationale Gerichte beschränkt, womit der Weg zu internationalen Investitionsschutzinstrumenten frei ist. Heute haben alle ANCOM-Staaten sehr liberale Investitionsgesetze, die ausschließlich der Förderung von ausländischem Kapital dienen. 265 Problematisch sind allerdings noch bestehende Calvo-Klauseln im nationalen Recht. Viele Staaten sind auch der ICSID-Konvention266 und der MIGA-Konvention267 beigetreten und haben BITs abgeschlossen. Vorreiter war hier wiederum Bolivien, das bereits 1988 den ersten BIT abschloß. Anfang der neunziger Jahre folgten Venezuela und in verstärktem Maße Peru, aber auch Ecuador und Kolumbien schließen vermehrt BITs ab. 268 Auffallend ist, daß auch die ANCOM-Staaten untereinander einige BITs abgeschlossen haben. 269 Dieser Prozeß der ÖffilUng ist auch in den übrigen LAlA-Staaten zu beobachten. In den meisten LAlA-Staaten sind ebenfalls neue Investitionsgesetze zu finden. Argentinien erließ 1989 zwei Economic Emergency Laws, die hinsichtlich der Auslandsinvestitionen eine völlige Aufhebung der Beschränkungen 265 Bolivien, L 1182/90; Kolumbien, L 9/91 und CONPES Res. 51191; Ecuador, D 415/93; Peru, DL 662/91; Venezuela, D 2095/92. 266 Die ICSID-Konvention ist in Kraft getreten ftir: Bolivien, 23.6.1995; Ecuador, 15.1.1986; Peru, 9.8.1993; Venezuela, 2.5.1995; nur unterzeichtet: Kolumbien, 18.5.1993. 267 Die MIGA-Konvention ist rur alle ANCOM-Staaten in Kraft getreten: Bolivien, 26.9.1991; Ecuador, 15.1.1986; Kolumbien, 9.8.1995; Peru, 5.6.1991; Venezuela, 30.11.1993; s. auch http://www.miga.org/members.htm (13.7.1998). 268 Vgl. dazu ICSID, Bilateral Investment Treaties. 269 Z.B. BIT Ecuador-Venezuela, 18.11.1993; BIT Bolivien-Peru, 30.6.1995 (nicht in Kraft); BIT Kolumbien-Peru, 26.4.1994 (nicht in Kraft); BIT Bolivien-Ecuador, 25.5.1995 (nicht in Kraft); rur weitere BITs siehe ICSID, Bilateral Investment Treaties und http://www.sice.oas.orglbitse.stm (20.8.1998).

D. Einfluß der Doktrinen auf regionaler und nationaler Ebene

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enthielten. 270 Das daraufhin verabschiedete D 1225/89 wurde 1993 durch D 1853/93 ersetzt, das im Annex die novellierte Fassung des L 21382/80 enthält. 271 Mexico liberalisierte seine Regelungen bereits 1989 und erließ 1993 ein neues Investitionsgesetz, das hauptsächlich der Implementierung der NAFT ABestimmungen diente. 272 Ein neues Investitionsgesetz gibt es auch in Paraguay.273 Keine neuen Investitionsgesetze gibt es bisher in Uruguay und Brasilien. Uruguay hat noch das alte Investitionsgesetz von 1974, das jedoch nie die restriktiven Regelungen enthielt, die in den siebziger Jahren in den übrigen lateinamerikanischen Staaten vorzufmden waren. Auch in Brasilien ist noch das Investitionsgesetz L 4131/62 in Kraft. Hier war die wirtschaftliche Lage zu Beginn der neunziger Jahre trotz der seit 1991 laufenden Reformprogramme unter Cardoso nach wie vor katastrophal, seit 1994 sind die Reformen jedoch erfolgreich und Brasilien ist heute der Staat mit den höchsten Kapitalzuflüssen in der Region. 274 Auch hinsichtlich der völkerrechtlichen Investitionsschutzinstrumente fand in den übrigen LAIA-Staaten eine Öffnung statt. Die meisten Staaten traten der ICSID-Konvention und der MIGA-Konvention bei. m Uruguay schloß bereits seit 1987 zahlreiche BITs ab, sehr aktiv sind seit Beginn der neunzig er Jahre Argentinien, Chile und auch Paraguay. Interessanterweise schließen auch die lateinamerikanischen Staaten untereinander vermehrt BITs ab. 276

Argentinien, L 23.969/89 und L 23.697/89. D 1853/93, modifiziert L 21382/80 durch Annex I, Ley de Inversiones Extranjeras (L 21382/93), in: Boletin Oficial de la Republica Argentina vom 8.9.1993. 272 Mexico, Foreign Investment Act of 1993,27.12.1993, in der Fassung von Dezember 1997, http://barracuda.iweb.commxlrnib/pages/lleyes.html (15.10.1998); vgl. dazu fiir viele Murphy, Access and Protection for Foreign Investment in Mexico under Mexico's New Foreign Investment Law and the North American Free Trade Agreement, in: ICSID Review - Foreign Investment Law Joumall0 (1995), S. 54 ff; Vargas, Introductory Note to Mexico: Foreign Investment Act of 1993, in: ILM 33 (1994), S. 207 ff; Sandrino, S. 305 ff zu den Regulations von 1989; Garcia, Amendments to Foreign Investment Law SimplitY Investment in Mexico, http://natlaw.comlpubs/spmxfil.htm (15.10.1998); Jimenez, Reforms to the Mexican Foreign Investment Law, http://natlaw.comlpubs/spmxfi2.htm(15.10.1998). 273 Paraguay, L 60/90 und L 117/91. 274 Vgl. UNCTAD, World Investment Report 1997, S. 71 f sowie CEPAL, Tabelle aufS. 484 f. 275 ICSID-Konvention: in Kraft fiir: Argentinien, 19.10.1994; Chile, 24.9.1991; Paraguay, 7.1.1983; nur unterzeichnet: Uruguay, 28.5.1992; MIGA-Konvention: in Kraft fiir: Argentinien, 29.11.1990; Brasilien, 23.9.1992; Chile, 29.3.1988; Paraguay, 26.5.1992; Uruguay, 9.12.1992; vgl. http://www.rniga.org/members.htm (13.7.1998). 276 V gl. dazu ICSID, Bilateral Investment Treaties, im Dezember 1997 waren siebzehn BITs, die zwischen lateinamerikanischen Staaten abgeschlossen wurden, beim 270 271

7"

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1I. Haltung der lateinamerikanischen Staaten zu ausländischem Kapital

Auffallende Zurückhaltung übten bis in jüngste Zeit Brasilien und Mexico. Brasilien ist bisher nur der MIGA-Konvention beigetreten und schloß 1995 erstmals zwei BITs mit lateinamerikanischen Staaten ab, die jedoch noch nicht in Kraft sind. 277 Seit 1994 besteht auch ein Zusatzprotokoll zum MERCOSUR,278 das den Schutz von Auslandsinvestitionen der Mitgliedstaaten des MERCOSUR in den übrigen Mitgliedstaaten regelt und inhaltlich einem BIT entspricht. 279 Ein weiteres Zusatzprotokoll erfaßt Investitionen, die außerhalb des MERCOSUR ihren Ursprung haben. 280 Außerhalb Lateinamerikas hat Brasilien jedoch noch keine völkerrechtlichen Investitionsschutzinstrumente mit materiellen Regelungen abgeschlossen. Mexico ist bis heute weder der ICSID- noch der MIGA-Konvention beigetreten. Auch hier lassen sich jedoch erste Anzeichen einer Öffuung erkennen. In Kapitel 11 des NAFTA-Vertrages sowie in Kapitel 17 des zwischen Mexico, Kolumbien und Venezuela 1994 abgeschlossenen Tratado de Libre Comercio sind Investitionsregelungen vorgesehen, die inhaltlich einem BIT gleichkommen. 281 1995 wurde erstmals ein BIT mit der Schweiz geschlossen282 und auch BITs mit den Niederlanden, Deutschland und Österreich wurden unterzeichnet. Außerdem nimmt Mexico als OE CD-Mitgliedstaat an den Verhandlungen zum MAI teil. Bemerkenswert ist jedoch, daß in all den abgeschlossenen Instrumenten Brasiliens und Mexicos ICSID-Klauseln zu fmden sind, die im Falle eines Beitrittes dieser Staaten zur ICSID-Konvention das ICSID als Streitbeilegungsmechanismus vorsehen. Dies läßt auf eine angehende Öffuung und Liberalisierung der Politik gegenüber Auslandsinvestitionen auch durch diese beiden Staaten schließen. 1CSID gemeldet; vgl. auch http://www.sice.oas.orglbitse.stm (17.7.1998), wo alle BITs, die in der Western Hemisphere geschlossen wurden, angefiihrt sind. 277 BIT Brasilien-Chile, 22.3.1994; BIT Brasilien-Venezuela, 4.7.1995. 278 Der MERCOSUR ist ein Gemeinsamer Markt zwischen Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay, s. Treaty Establishing a Common Market between the Argentine Republic, the Federative Republic of Brazil, the Republic of Paraguay and the Eastern Republic ofUruguay, Asunci6n, 26.3.1991, in: ILM 30 (1991), S. 1044 ff, in Kraft seit 1.1.1994. 279 Protocolo de Colonia para la promoci6n y protecci6n reciproca de inversiones en el MERCOSUR, Colonia, 17.1.1994, MERCOSURlCMClDec No.0l1/93. 280 Protocolo de Buenos Aires sobre promoci6n y protecci6n de inversiones provenientes de estados no partes deI MERCOSUR, Buenos Aires, 5.8.1994, MERCOSURlCMDIDEC No. 11/94. 281 North American Free Trade Agreement, 17.12.1992, in: ILM 32 (1993), S. 289 ff und S. 605 ff; Tratado de Libre Comercio entre los Estados Unidos Mexicanos, la Republica de Colombia y la Republica de Venezuela, Cartagena de Indias, 13.6.1994, http://www.sice.oas.org/trade/g03/g3indice.stm(13.7.1998). 282 BIT Mexico-Schweiz, 19.7.1995, in Kraft seit 14.3.1996.

D. Einfluß der Doktrinen auf regionaler und nationaler Ebene

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Im folgenden soll nun die aktuelle Rechtslage zu Auslandsinvestitionen in den LAIA-Staaten im Detail betrachtet werden. Dabei werden vorwiegend die ANCOM-Staaten sowie die von den Regelungen des ANCOM am meisten beeinflußten Staaten außerhalb des ANCOM untersucht, das sind Mexico, Argentinien und seit 1976 Chile. In den wesentlichen Bereichen der Regelung von Auslandsinvestitionen, dies sind die Zulassung von Investitionen, der Behandlungsstandard, der Eigentumsschutz sowie die Streitbeilegung, werden die nationalen, regionalen und allgemeinen völkerrechtlichen Rechtsquellen auf noch bestehende Beschränkungen und vor allem auf Elemente aus der Calvo-Doktrin untersucht. Dabei wird das Augenmerk insbesondere auf die noch bestehenden Unterschiede zu internationalen Standards der Regelung von Auslandsinvestitionen gerichtet, wie sie in den Guidelines der Weltbank festgelegt wurden.

111. Die Zulassung von Auslandsinvestitionen A. Die Zulassung von Auslandsinvestitionen nach allgemeinem Völkerrecht Jeder Staat besitzt aufgrund seiner Territorialhoheit das Recht, die Rechtsordnung fiir sein Land zu bestimmen und daher auch über die Zulassung von Fremden und deren wirtschaftliche Betätigung aufseinem Staatsgebiet zu entscheiden. 1 Kein Staat kann gezwungen werden, Fremde zuzulassen. Jeder Staat hat auch das Recht, die Bedingungen fiir die Zulassung von Fremden auf seinem Territorium festzulegen. Beschränkungen dieser Rechte gibt es nur, soweit besondere völkerrechtliche Normen oder vertragliche Verpflichtungen des Staates, etwa in Form von BITs, bestehen. 2 Diese allgemeinen fremdenrechtlichen Grundsätze gelten auch im Bereich des internationalen Wirtschaftsrechtes für die Zulassung von ausländischem Kapital. Jeder Gaststaat kann einerseits über die Zulassung, andererseits über die Zulassungsbedingungen fiir Auslandsinvestitionen entscheiden. 3 Die Zulassung von Auslandsinvestitionen unterliegt also grundsätzlich dem nationalen Recht. Neben allgemeinen Verfassungsbestimmungen und in verschiedenen Gesetzen enthaltenen Normen, die Auslandsinvestitionen betreffen (etwa arbeits-, devisen- oder steuerrechtliche Vorschriften), sind in Entwicklungsländern häufig Investitionsgesetze (Investment Codes) zu fmden. Ein wesentlicher Teil dieser Gesetze ist der Zulassung von Direktinvestitionen gewidmet. Der Staat hat so die Möglichkeit, die Quantität und Art der Investitionen zu steuern und nationale Entwicklungsziele in diesen Entscheidungsprozeß ein1 Für viele Jennings/Watts, S. 897 tT mwN.; Laviec, S.56; Gramlieh, S.217, S. 380 f; Shihata, Recent Trends Relating to Entry of Foreign Direct Investment, in: ICSID Review - Foreign Investment Law Journal 9 (1994), S. 47 tT, S. 47. 2 Delupis, Finance and Protection ofInvestments in Developing Countries, Epping, Essex 1973, S. 49 tT; Überblick über einzelne bi- und multilaterale Verpflichtungen bei Gramlieh, S. 210 tT, S. 218 tT; Scheibach, S. 51 tT. 3 Es kann diskutiert werden, ob die Zulassung von Auslandsinvestitionen nicht als Teil der Behandlung anzusehen ist. Im Rahmen dieser Arbeit werden diese beiden Problemkreise jedoch getrennt behandelt. Der Staat hat bei der Zulassung von Fremden weit mehr Handlungsspielraurn und Entscheidungsfreiheit als bei der Behandlung rechtmäßig zugelassener Fremder. Im zweiten Fall ist er an völkerrechtliche Standards der Behandlung von Fremden gebunden; vgl. dazu auch Sornarajah, Foreign Investment, S. 83 tT mwN.

A. Zulassung nach allgemeinem Völkerrecht

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fließen zu lassen, indem er Direktinvestitionen entsprechend fördert, beschränkt, an Bedingungen knüpft oder verbietet. Auf völkerrechtlicher Ebene gibt es hinsichtlich der Zulassung von Auslandsinvestitionen bisher keinen verbindlichen internationalen Standard. In den bestehenden Verhaltenskodices und Resolutionen der UN Generalversammlung wird nur der allgemeingültige fremdenrechtliche Grundsatz wiederholt, daß den Staaten das Recht zusteht, ausländisches Kapital entsprechend den nationalen Bedürfuissen und Notwendigkeiten zur Förderung der nationalen Entwicklung und des Wohlergehens der Bevölkerung zuzulassen. 4 Dies ist etwa in derCharter of Economic Rights and Duties of States (CERDS) folgendermaßen festgelegt: ,,Bach State has the right: to regulate and exercise authority over foreign investment within its national jurisdiction in accordance with its laws and in conformity with its national objectives and priorities. ,,5

Obwohl die Resolutionen, die aus der Diskussion um eine Neuordnung der Weltwirtschaft hervorgingen, bei den Industriestaaten wenig Unterstützung fanden, werden die Grundsätze bezüglich der Zulassung auch von dieser Staatengruppe anerkannt. Als Beispiel dienen etwa die Declaration on International Investment and Multinational Enterprises der OECD6 oder der UNCTC Draft Code of Conduct on Transnational Corporations 7 in bezug auf multinationale Unternehmen. S Auch in BITs sind bezüglich der Zulassung wenig materielle Regelungen zu finden. Breiter Raum ist den Definitionen der Begriffe Investition und Investor gewidmet. 9 Damit wird der Geltungsrahmen und der Schutzbereich eines BIT abgegrenzt. Zum Zulassungsverfahren und den -kriterien sind jedoch wenig genaue Angaben enthalten. Die meisten BITs beinhalten nur allgemeine Klauseln Garcia-Amador, International Law, S. 159 f; Tschofen, S. 74 tT. UNGA Res. 3281 (XXIX), Charter of Econornic Rights and Duties of States (CERDS), 12.12.1974, Art. 2 (2) (a); vgl. auch UNGA Res. 1803 (XVI!), Punkt 1, 2 und 3; CERDS, Art. 2 (1). 6 OECD, Declaration on International Investment and Multinational Enterprises, 21.6.1976, in: OECD (Hrsg.), The OECD Declaration and Decisions on International Investment and Multinational Enterprises, 1991 Review, Paris 1992, S. 101 tT, vgl. dort etwa Punkt 1.4.: " ... the right of Member countries to regulate the entry of foreign investment or the conditions of establishment of foreign enterprises." und Annex 1, Z. 7: ,,Bvery State has the right to prescribe the conditions under which multinational enterprises operate within its national jurisdiction, subject to international law and to the international agreements to which it has subscribed." 7 UN Draft Code of Conduct on Transnational Corporations, 1.2.1988, UN. Doc. E/1988/39/Add.1, abgedruckt in: Kunig/Lau/Meng, S. 686 tT, Z. 50. S Weitere Nachweise bei Tschofen, S. 74 f. 9 Überblick bei UNCTC, BITs, S. 20 ff; Dolzer/Stevens, S. 25 tT. 4

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III. Zulassung von Auslandsinvestitionen

mit den Verpflichtungen, Investitionen des anderen Vertragsstaates zu fördern und die Zulassung entsprechend den nationalen Gesetzen zu ermöglichen. 10 Für diese Zulassungsklauseln gibt es zwei Modelle. l1 Die erste Form ist hauptsächlich in BITs mit europäischen Staaten zu finden und besteht aus einer allgemeinen Bestimmung über die Förderung und Zulassung von Investitionen nach den Gesetzen des Gaststaates. Diese Klauseln enthalten somit keine Regelungen, die nicht auch nach allgemeinen fremdenrechtlichen Grundsätzen zum Tragen kämen. Die in den nationalen Investitionsgesetzen enthaltenen Beschränkungen finden Anwendung und rur Investoren der anderen Vertragspartei entstehen bei der Zulassung keinerlei Begünstigungen durch den Abschluß des BIT. 12 Die zweite Regelungsart ist hauptsächlich in den BITs der USA 13 zu finden. Hier ist zwar keine eigene Zulassungsklausel enthalten, die Standards der Behandlung von Investitionen, etwa "most-favoured nations treatment", "national treatment" oder "fair and equitable treatment", werden jedoch auch auf das Zulassungs verfahren angewendet. 14 Diese Vorgangsweise erlaubt gleiche Chancen filr alle Marktteilnehmer. Dies wird jedoch nicht von allen Staaten akzeptiert, sodaß in den meisten BITs eine Reihe von ausgenommenen Sektoren enthalten ist. IS Während in den bisher genannten völkerrechtlichen Instrumenten nur allgemeine, bereits nach Fremdenrecht geltende Grundsätze über die Zulassung von Auslandsinvestitionen wiederholt werden, sind in den Guidelines der Weltbank auch inhaltliche Kriterien rur die Ausgestaltung der Zulassungsregelungen durch die Staaten enthalten. Das liberalistische Konzept der Guidelines, das den freien Wettbewerb zwischen den Investoren und gleiche Bedingungen rur alle am Wirtschaftsleben Beteiligten vorsieht,16 ist in den Zulassungsregeln deutlich \0 Vgl. etwa BIT Argentinien-Chile (1991), Art. 2 (I); BIT Argentinien-Italien (1990), Art. 2 (I); BIT Chile-Deutschland (1991), Art. 2 (I); BIT Chile-Frankreich (1992), Art. 2; Überblick über die Regelungen in der Gegenüberstellung bei Khahil, S. 20 ff; zur Regelung der Zulassung von Investitionen in Investitionsschutzabkommen s. UNCTC, BITs, S. 23 ff; Laviec, S. 53 ff; Dolzer/Stevens, S. 50 ff. 11 Vgl. dazuShihata, Entry, S. 55 ff 12 Do/zer/Stevens, S. 51 ff. \3 Vgl. Do/zer/Stevens, S. 56 ff; Shenkin, S. 579; in neuerer Zeit aber auch in den BITs Großbritanniens, s. Shihata, Entry, S. 56, dort FN 43. 14 Shihata, Entry, S. 54; vgl. zu den Behandlungsstandards unten Kapitel IV.A.l.b), S. 159 ff. IS Shihata, Entry, S. 57; Beispiele in BIT Argentinien-USA (1991), Art. 2 (I) und Protokoll, Z. 2 - 5; BIT Ecuador-USA (1993), Art. 2 (I) und Protokoll, Z.2, 3 und 4; interessant ist, daß die Liste der ausgenommenen Sektoren der USA länger ist als die Argentiniens und Ecuadors. 16 World Bank Guidelines, I.3.

A. Zulassung nach allgemeinem Völkerrecht

105

zu erkennen. Grundsätzlich wird empfohlen, eine freie Zulassungspolitik möglichst ohne materieilrechtliche Beschränkungen zu verfolgen sowie ein einfaches Verfahren und klare rechtliche Grundlagen zu schaffen. 17 Um dem Kontrollbedürfuis der Gaststaaten Rechnung zu tragen, werden Richtlinien für die Gestaltung der materiellen Investitionsbestimmungen und des Zulassungsverfahrens festgelegt, die die Staaten in der nationalen Gesetzgebung beachten sollen. Die Guidelines gehen von einem sehr weiten Investitionsbegriff aus. Gegenstand von Auslandsinvestitionen können gleichermaßen "capital, technology and managerial skills " sein. 18 Diese offene Definition ist Ausdruck der neoliberalistischen Grundhaltung der Guidelines und soll der Geschäftstätigkeit keinerlei Schranken in den Weg legen. Es sollen alle Arten von Auslandsinvestitionen gefördert werden. 19 Dabei ist vor allem auch an Technologie- und Managementkenntnisse gedacht, die die Effizienz der Kapitalbeiträge und die Wettbewerbsfahigkeit steigern und so einen wesentlichen Beitrag zur wirtschaftlichen Entwicklung eines Staates leisten können. 2o Zur Gestaltung der nationalen Investitionsgesetze werden in den Guidelines Richtlinien empfohlen. Materielle Beschränkungen der Zulassung von Auslandsinvestitionen sollen nur in Ausnahmefällen bestehen, wenn der Staat es für notwendig erachtet. In den Guidelines sind drei Fälle vorgesehen: 21 Beschränkungen sind erstens gerechtfertigt, wenn dies im Interesse der nationalen Sicherheit für notwendig erachtet wird. Der zweite Grund besteht darin, daß der Staat aufgrund der nationalen Entwicklungsziele oder wichtiger Fälle des nationalen Interesses bestimmte Sektoren für nationale Investoren reserviert. Der dritte Fall sind Beschränkungen, die für nationale wie ausländische Investoren gleichermaßen gelten und aus Gründen der öffentlichen Gesundheit, des Umweltschutzes oder des ordre pub/ic, also der fundamentalen Werte der Gesellschaft des betroffenen Staates, wie sie in Rechtsprechung und Gesetzgebung definiert sind, vom Staat für notwendig erachtet werden. 22 Obwohl diese materiellen Beschränkungen nach den Vorstellungen der Autoren der Guidelines restriktiv und nur in Einzelfällen angewendet werden sollen,23 sind die Kriterien

17

World Bank Guidelines, 11.2.; World Bank, Report, S. 11 f, Z. 5 und S. 17, Z. 18.

20

World Bank, Report, S. 17, Z. 17.

22

World Bank, Report, S. 18 f, Z. 24 f.

18 World Bank Guidelines, 11.1. 19 WorldBank,Report,S.15f,Z. 13undS.17,Z. 17. 21 S. World Bank Guidelines, II.4. und 5.

23 World Bank Guidelines, II.4.: "as an exception "; vgl. auch World Bank, Report,

S. 18 f, Z. 21.

106

III. Zulassung von Auslandsinvestitionen

derart weit formuliert, daß dem Staat praktisch jede Einschränkung möglich ist, 24 sofern er eine Begründung dafiir angibt. Hinsichtlich des Zulassungsverfahrens wird generell die freie Zulassung empfohlen. 25 Dennoch bleibt dem Staat die letzte Entscheidung überlassen und werden gewisse Regulierungen als notwendig anerkannt, fiir die in den Guidelines Richtlinien enthalten sind. 26 Wenn ein Staat ein Zulassungsverfahren fiir erforderlich hält, sollte dies möglichst einfach und ohne komplizierte Verfahrensschritte oder bürokratische Hindernisse ablaufen. Zur Administrierung sollte eine Behörde zuständig sein, deren Kompetenzen eindeutig festgelegt sind und bei der alle Verfahrensschritte abgewickelt werden können ("one-stop shop ").21 Die Zulassung soll klar geregelt sein und den Behörden wenig Spielraum zur Willkür lassen, sodaß die Entscheidung kalkulierbar ist. Die Gestaltung der Zulassung soll nach den Guidelines in Form eines restricted list approach 28 geschehen. Dies bedeutet, daß Investitionen generell durch einen automatisierten Zulassungsprozeß zugelassen werden sollen. Bereiche, in denen Investitionen beschränkt oder verboten sind oder die der Überprüfung durch die Behörde unterliegen, sollen aus dem Gesetz deutlich erkennbar hervorgehen, sodaß das Feststellen der Rechtslage und der Verfahrensschritte fiir den Investor leicht möglich ist. Zur Informationserleichterung werden die Staaten auch aufgefordert, ein "Handbuch fiir Investoren" zu erstellen, das dem potentiellen Investor als Orientierungshilfe dient und so das Verfahren vereinfacht. 29 Im Zusammenhang mit den Zulassungsverfahren wird insbesondere von der Praxis der Peiformance Requirements abgeraten. Unter Performance Requirements versteht man Investitionsauflagen, die Bedingung rur die Zulassung oder auch fiir die Erlangung einer bestimmten Behandlung der Investition 24 V gl. Kritik bei Sornarajah, Foreign Investment, S. 217 f, er hält diese Zulassungsrichtlinien fiir wertlos, da sie zu viele Umgehungsmöglichkeiten bieten, der Begriff ,,nationale Sicherheit" etwa ist sehr dehnbar. 25 V gl. World Bank Guidelines, II.3. Satz 2: " open admission". 26 World Bank Guidelines, 1.2. und 3.; World Bank, Report, S. 17 f, Z. 18 f. 27 World Bank Guidelines, H.3.; World Bank, Report, S. 17, Z. 18. 28 World Bank Guidelines, 11.3.; World Bank, Report, S. 18, Z. 20. 29 World Bank Guidelines, H. 6.; beispielsweise haben solche Handbücher: Peru: s. Relevant Legislation for Foreign Investors, in: Inter-American Legal Materials 6 (1992), S. 171 ff; Uruguay: Uruguay Investment System, in:ICSID, Investment Laws, Uruguay; auch der Zugang über Internet ist in verschiedenen Staaten bereits möglich, z.B.: Venezuela: Guide for the Investor, http://www.conapri.orglhow.html, sowie Legal Framework, http://www.conapri.org/legal.htrnl (13.7.1998); Argentinien: The Updated Guide to Foreign Investment in Argentina, http://www.mecon.ar/invest/wwwl.htm (13.7.1998); Chile: Trade and Investment Guide, http://joumal.chilnet.cl (13.7.1998); Mexico: Investing in Mexico, http://www.rnib.org.mx/rnib/pages/how.htrnl (13.7.1998).

A. Zulassung nach allgemeinem Völkerrecht

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sind. 3D Beispiele sind etwa die Verpflichtung, einen bestimmten Anteil der Produktion zu exportieren, eine bestimmte Menge an Vorprodukten aus dem Gaststaat zu beziehen, eine gewisse Mindestbeteiligung von nationalem Kapital am Unternehmen, die Beschäftigung von inländischem Personal USW. 31 Sofern diese Bedingungen gesetzlich eindeutig festgelegt sind, ist dies vom Standpunkt der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit her unproblematisch. In den meisten Investitionsgesetzen sind die Investitionsauflagen jedoch überhaupt nicht vorgesehen oder nicht klar geregelt, sondern werden erst im Verhandlungswege ftxiert. Dies kann potentielle Investoren abschrecken, da diese Praxis in vielen Fällen ein Kräftemessen zwischen Investor und Behörde bedeutet und die Korruption und Umgehung der gesetzlichen Vorschriften gefördert wird. Dennoch sind Performance Requirements weit verbreitet. 32 Da Performance Requirements als 'trade distorting measures' auch internationale Handelsströme beeinflussen können und damit dem Prinzip des Freihandels widersprechen, wurden sie in der Uruguay Runde erstmals auch im Rahmen des GATT behandelt. 33 Das Ergebnis war die Regelung bestimmter handelshemmender und -verzerrender Performance Requirements im TRIMsAgreement, das diese Maßnahmen als dem GATT widersprechend verbietet. In den Guidelines der Weltbank werden ebenfalls "gewisse" Performance Requirements abgelehnt. 34 Auch in den neueren BITs wird genau speziftziert, daß den Handel beeinflussende Performance Requirements verboten sind, während sonstige Performance Requirements, die auf den Handel keinen Einfluß nehmen, erlaubt sind. So können etwa Investitionsauflagen zur Schaffung von Arbeitsplätzen, zur Sozialrursorge rur die Arbeitnehmer oder in Form von Umweltauflagen dazu beitragen, sozialpolitisch oder umweltpolitisch wünschenswerte Ziele durchzusetzen. 35 Wichtig ist jedoch, daß sie gesetzlich eindeutig determiniert und rur den Investor klar ersichtlich sind.

30 Vgl. dazu ausführlich Scheibach, S. 89 ff; ein Beispiel ist etwa die Unterzeichnung eines Fade-out-Vertrages, die die Voraussetzung dafiir war, die Zoll vorteile des ANCOM in Anspruch nehmen zu können, vgl. dazu unten Kapitel III.B.2.b), S. 129 ff. 3\ V gl. ausfiihrlich die Aufzählung möglicher handelsbezogener Performance Requirements bei Weber, S. 337 ff. 32 Vgl. Sornarajah, Foreign Investment, S. 216 f; Scheibach, S. 93 ff, dort wird der Bestand an Investitionsauflagen einzelner Staaten dargestellt. 33 V gl. dazu ausführlich Shenkin, S. 559 ff; Scheibach, S. 263 ff, zur Position der Entwicklungsländer, die für Performance Requirements als Teil ihrer nationalen Entwicklungspolitik eintreten, Scheibach, S. 270 tT. 34 World Bank Guidelines, 11.3.; World Bank, Report, S. 18, Z. 20; vgl. auch NAFTA-Vertrag (1992), Art. 1106 und TRIMs-Agreement, Annex, wo nur handelshemmende oder -verzerrende Performance Requirements untersagt sind, nicht aber andere. 35 Vgl. dazu oben Kapitel 1I.A.1., S. 63.

108

III. Zulassung von Auslandsinvestitionen

Besondere Gegner von Perfonnance Requirements waren von jeher die USA. Als Verfechter des freien Wirtschaftsflusses traten sie beharrlich gegen alle Hindernisse, in welcher Fonn auch immer, auC 6 So ist in allen amerikanischen BITs ein explizites Verbot von Perfonnance Requirements enthalten. Während dieses Verbot in früheren amerikanischen BITs sehr breit fonnuliert war/ 7 wird es heute entsprechend der multilateralen Entwicklung auf handelshemmende und -verzerrende Perfonnance Requirements reduziert. 38 Entscheidenden Einfluß übten die USA auch bei den Verhandlungen in der Uruguay Runde zur WTO und bei den Verhandlungen zu den Guidelines der Weltbank aus. 39

B. Die Praxis der Zulassung der lateinamerikanischen Staaten Die wechselhafte Politik der lateinamerikanischen Staaten gegenüber ausländischem Kapital läßt sich insbesondere in den Zulassungsvorschriften beobachten. Hier drückte sich die interventionistische und binnenorientierte Wirtschaftspolitik aus, die die Staaten lange Zeit verfolgt haben. Bei der Zulassung hatten die Staaten die Möglichkeit, die Betätigung ausländischer Unternehmer und den Einsatz ausländischen Kapitals nach ihren Vorstellungen und nationalen Bedürfuissen zu gewähren und zu gestalten. Die zahlreichen Verbote, Beschränkungen und Auflagen zeigten das Kontrollbedürfuis über ausländisches Kapital. Die Gratwanderung zwischen den Interessen des Staates und der Investoren und deren schwierige Koordinierbarkeit ist in den restriktiven Zulassungsvorschriften deutlich zu erkennen. Einerseits wurde es ausdrücklich als Absicht genannt, Investitionen zu fördern,40 andererseits waren mit der Verfolgung anderer Ziele, etwa der Einbindung von Auslandsinvestitionen in die nationalen Entwicklungspläne, notwendigerweise Beschränkungen rur ausländische Investoren verbunden, die abschreckend wirkten. 41 Scheibach, S. 59 ff. Shenkin, S. 580 f. 38 BIT Argentinien-USA (1991), Art. 2 (5): Verbot von Bezugszwang nationaler Produkte oder Dienstleistungen, Verbot von Exportminimwn; Argentinien darf bestehende Performance Requirements in der Autoindustrie behalten, sofern sie nicht einen Wettbewerbsnachteil gegenüber neueintretenden Investitionen bedeuten, muß sie jedoch binnen acht Jahren eliminieren, s. Annex, Z.9.; ähnlich BIT Ecuador-USA (1993), Art. 2 (6); vgl. dazu NAFTA-Vertrag (1992), Art. 1106; s. auch Da/zer/Stevens, S. 79 f. 39 Z.B. TRIMs-Agreement, vgl. Dalzer/Stevens, S. 80 f; zur Position der USA in den Verhandlungen s. Scheibach, S. 266 ff 40 Vgl. z.B. Mexico, L 1973, Art. 1. 41 Das Hauptproblem bei Investitionsregelungen besteht darin, einen Mittelweg zu fmden, der einerseits die Wünsche der Investoren berücksichtigt, andererseits den Be36

37

B. Praxis der lateinamerikanischen Staaten

109

In D 24 des ANCOM und in den Investitionsgesetzen der übrigen LAIAStaaten, die in den siebziger Jahren verabschiedet wurden, sind deutlich Einflüsse der Forderungen der Entwicklungsländer nach einer neuen Weltwirtschaftsordnung zu erkennen. 42 Man nahm das Recht der wirtschaftlichen Selbstbestimmung in exzessivem Ausmaß wahr, ohne sich über die Folgen einer überregulierten Wirtschaft Gedanken zu machen. Es bestand die Angst, daß nationale Unternehmen verdrängt, durch zu hohen Gewinntransfer die Zahlungsbilanz zu stark belastet oder durch beschränkten Technologietransfer und restriktive Geschäftspraktiken eine technologische Abhängigkeit vom Ausland geschaffen werden könnte. Um diese Gefahren zu bannen, versuchte man, die wirtschaftliche Entwicklung mit dem kontrollierten Gebrauch von ausländischem Kapital und Technologie zu fördern. Durch ein kompliziertes Zulassungsverfahren und sehr viele materielle Beschränkungen für ausländische Investoren wollte man die Tätigkeit ausländischer Investoren überwachen und das ausländische Kapital in die nationalen Entwicklungspläne einbinden. 43 Im Rahmen des ANCOM waren diese nationalen Entwicklungspläne von den Sectoral Programs of Industrial Development bestimmt. 44 D 24 regelte ausführlich, welche Arten von Kapitaleinlagen in einem Unternehmen gemacht werden durften, in welcher Unternehmensform ein ausländischer Investor tätig werden konnte, in welchem Ausmaß inländisches Kapital beteiligt werden mußte und welche Wirtschaftssektoren dem Staat oder nationalen Unternehmen vorbehalten waren. Zur Durchführung der Zulassungsverfahren waren in den Mitgliedstaaten eigene Behörden eingerichtet. Bevor die Regelungen im Detail untersucht werden, soll darauf hingewiesen werden, daß schon die Existenz eines Auslandsinvestitionsgesetzes an sich einen Widerspruch zur Calvo-Doktrin und der darin enthaltenen These der InIändergleichbehandlung45 darstellt. Eine spezielle Regelung für Auslandsinvestitionen impliziert eine Andersbehandlung ausländischer Investoren. Auch indürfuissen des Gaststaates entspricht. Bei einer zu extensiven Liberalisierung besteht die Gefahr, daß eine dadurch ausgelöste Überfremdung der Wirtschaft die Investitionsgesetzgebung wieder restriktiver werden läßt; s. auch BakerlHolmes, An Analysis ofLatin American Foreign Investment Law: Proposals for Striking a Balance between Foreign Investment and Political Stability, in: University of Miarni Inter-American Law Review 23 (1991), S. 1 ff, S. 36 f mwN.;Shihata, Factors Influencing the Flow of Foreign Investment and the Relevance of a Multilateral Investment Guarantee Scheme, in: international Lawyer 21 (1987), S. 671 ff, S. 677. 42 BakerlHolmes, S. 8; JovalSmithlCrigler, S. 61 ff; vgl. auch oben Kapitel II.C., S. 77 ff. 43 V gl. ANCOM, D 24, Declaration 2. 44 Cartagena Agreement 1969, Art. 32 ff (in der Fassung der D 406: Art. 57 ft); s. dazu O'Leary, S. 106 ff. 45 S. oben Kapitel II.B., S. 69 ff.

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III. Zulassung von Auslandsinvestitionen

haltlich ist von dem in der Calvo-Doktrin propagierten und in vielen lateinamerikanischen Verfassungen enthaltenen Prinzip der Inländergleichbehandlung gerade bei den Zulassungsregelungen nichts zu erkennen. 46 In allen Staaten gab und gibt es für die Betätigung von Ausländern spezielle Regelungen, Beschränkungen und Verfahren, die für Inländer nicht erforderlich sind. Auch wenn man davon ausgeht, daß das Inländergleichbehandlungsgebot nur als Bevorzugungsverbot angesehen wird und Diskriminierungen möglich sind, sofern sie sich im Rahmen des internationalen Mindeststandards halten,47 bleiben Ungereimtheiten. Es bestanden und bestehen nämlich auch Privilegien für Ausländer, die inländischen Investoren nicht zugänglich sind. 48 Ein Beispiel dafür bot etwa die Förderung von Investitionen in grenznahen Gebieten, die nur Ausländern zugänglich war. 49 Damit trat eine gerade in den lateinamerikanischen Staaten verpönte ungerechtfertigte Bevorzugung von Ausländern em. Im Zuge der Lockerungen der nationalen Investitionsgesetze, die heute die Grundsätze der freien Marktwirtschaft widerspiegeln und nur noch Rahmengesetze darstellen,50 werden diese Vor- und Nachteile jedoch immer mehr angeglichen. In vielen Staaten sind heute in den nationalen Investitionsgesetzen ausländische Investoren den inländischen ausdrücklich gleichgestellt. Vorreiter war hier Bolivien mit dem L 1182/90. 51 Gefolgt sind Paraguay, Peru, Ecuador und Argentinien. 52

46 V gl. dazu Oschmann, Calvo-Doktrin, S. 33 ff; Raffe, Calvo y su vigencia en America Latina, in: Revista deI Derecho Industrial6 (1984), S. 353 ff, S. 354 f 47 Vgl. dazu unten KapitellV.A.1.a), S. 159. 48 Oschmann, Calvo-Doktrin, S. 36 ff. 49 Z.B. die Maquiladora Industrie in Mexico, s. Maquiladora Decree vom 9.8.1983, aufgehoben und liberalisiert durch das Maquiladora Decree vom 22.12.1989, s. Regional Developments: Mexico, in: International Lawyer 24 (1990), S. 830 f Interessant zu einer nur Ausländern zugänglichen Investitionsförderung der Oberste Gerichtshof Kolumbiens: Eine steuerliche Begünstigung in grenznahen Gebieten, die nur Ausländern zugänglich war, wurde 1984 als dern Gleichheitsgrundsatz und der Inländergleichbehandlung widersprechend aufgehoben. Diese Entscheidung stellte eine Gefährdung sämtlicher Investitionsanreize für Ausländer dar und löste selbst in Kolumbien große Diskussionen aus, da die kolumbianische Wirtschaft von ausländischem Kapital abhängt und die Folgen fatal sein können, vgl. Oschmann, Calvo-Doktrin, S. 36 ff und unten Kapitel IV.A.2., S. 171. 50 Vgl. ANCOM, D 291, Präambel. 51 Die Gleichstellung wird jedoch auch hier von Sondergesetzen für bestirrnnte Sektoren durchbrochen, z.B. das Bergbaugesetz Boliviens, L 1243, 11.4.1991, das ausländischen natürlichen und juristischen Personen den Erwerb von Konzessionen verbietet (Art. 14). 52 Paraguay, L 117/91; Peru, DL 662191 und L 757/91; Ecuador, D 415193; Argentinien, D 1853/93.

B. Praxis der lateinamerikanischen Staaten

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1. Konzept der Auslandsinvestition a) BegriffAuslandsinvestition In den internationalen multilateralen Instrumenten zur Regelung von Auslandsinvestitionen ist die Begriffsbestimmung der Auslandsinvestition sehr weit formuliert, so daß ein möglichst großer Bereich transnationaler wirtschaftlicher Aktivitäten davon erfaßt wird. Der Grund liegt darin, daß diese Instrumente investitionsfördernd wirken und Anwendungsbereich und Schutz durch eine zu enge Definition nicht beschränkt werden sollen. In den Guidelines der Weltbank wird als Anwendungsbereich "private foreign investment" genannf 3 und weiter präzisiert: "Each State will encourage nationals of other States to invest capital, technology and managerial skill in its territory. ,,54 Ein noch weiterer Begriff ist in der MIGA-Konvention zu finden,55 die ICSID-Konvention enthält keinerlei Erklärung des Begriffes. 56 Auch in BITs ist der Begriff in den meisten Fällen sehr weit gefaßt, die Definition im BIT Argentinien-Niederlande etwa lautet " ... every kind of asset invested by an investor of one Contracting Party in the territory ofthe other Contracting Party, ... ".57 In all diesen Instrumenten ist das entscheidende Kriterium fiir das Vorliegen einer Auslandsinvestition, daß die Investoren" nationals of other States" sind. 58 Dies wird bei natürlichen Personen nach der Staatsbürgerschaft beurteilt. Bei juristischen Personen gibt es zur Bestimmung der Staatsangehörigkeit verschiedene Theorien. 59 Die Gründungs- oder Inkorporationstheorie beurteilt, nach welchem Recht und in welchem Staat das Unternehmen gegründet und registriert wurde. Nach der Sitztheorie wird die Staatsangehörigkeit nach dem Staat bestimmt, in dem das Unternehmen seinen Sitz hat. Nach der Kontrolltheorie ist 53 W orld Bank Guidelines, I.1.; auch Investitionen von Staatsuntemehrnen werden nach der Intention der Verfasser davon erfaßt, s. World Bank, Report, S. 15 f, Z. 11 ff. 54 World Bank Guidelines, 1I.l. 55 MIGA-Konvention, Art. 12 (2): " ... any medium- or lang-term form of investment ... ". 56 ICSID-Konvention, Art. 25 (1):" ... an investment ... "; vgl. dazu Schreuer, CommentaJy on the ICSID Convention, Art. 25, Teil 1, in: ICSID Review - Foreign Investment Law Journal 11 (1996), S. 218 ff, S. 355 ff, Z. 80 ff 57 BIT Argentinien-Niederlande (1992), Art. 1 (a); zur Definition in BITs s. UNCTC, BITs, S. 20 ff. 58 World Bank Guidelines, 1I.l.; zur Bedeutung der Staatsangehörigkeit im V ölkerrecht s. Jennings/Watts, S. 851 ff. 59 Ausführlich zur Bestimmung der Staatsangehörigkeit bei juristischen Personen Bippus, S. 37 mwN.; Jennings/Watts, S. 859 ff; Schreuer, Commentary on the ICSID Convention, Art. 25, Teil 2, in: ICSID Review - Foreign Investment Law Journal 12 (1997), S. 59 ff, S. 80 ff, Z. 460 ff.

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III. Zulassung von Auslandsinvestitionen

der Heimatstaat der Staat, dessen Staatsbürger die Kontrolle im Unternehmen ausüben. In der Rechtsprechung des IGH ist zur Bestimmung der Staatsangehörigkeit die Sitz- oder Gründungstheorie ausschlaggebend. 60 Während in den Guidelines der Weltbank, in der ICSID-Konvention und in der MIGAKonvention zur Art der Bestimmung der Nationalität juristischer Personen keine oder sehr weite Angaben gemacht werden,61 sind in BITs alle drei Theorien, zu finden, die häufig sogar kombiniert werden, um den Schutzbereich möglichst weit zu fassen. 62 In krassem Gegensatz zu diesen weiten Definitionen der Begriffe Direktinvestition und Investor standen in den siebziger Jahren die Investitionskonzepte der LAIA-Staaten. In der D 24 des ANCOM und in den nationalen Gesetzen der übrigen LAIA-Staaten wurden an den Anfang zahlreiche Defmitionen gestellt, die das Konzept der Auslandsinvestition klar festlegten. Diese detaillierten Regelungen deuten auf die interventionistische Wirtschaftspolitik der Staaten hin, die charakteristisch für die Importsubstitutionspolitik war. Sie lassen deutlich die Angst vor wirtschaftlicher Fremdbestimmung sowie die Zahlungsbilanzschwierigkeiten und die Devisenknappheit der lateinamerikanischen Staaten in dieser Zeit erkennen. 63 Die Schlüsselelemente für die Beurteilung, ob eine Auslandsinvestition vorlag, stellten in den Gesetzen der siebziger Jahre die Herkunft des Kapitals und das Recht, dieses Kapital wieder zu repatriieren, dar. Diese Kriterien hatten in den verschiedenen Gesetzen unterschiedliche Ausprägungen. Sie bildeten den Anknüpfungspunkt für die weitere Regelung der Auslandsinvestitionen. Aus ihnen leiteten sich auch die Rechte und Pflichten der Investoren ab. Die ausführlichste Definition des Begriffes Direktinvestition fand sich in der D 24 des ANCOM: "The contributions, originating abroad, and owned by foreign individuals or enterprises to the capital of an enterprise, ... , entitled to re-exportation oftheir value and to remittance abroad ofprofits."

Die entscheidenden Elemente waren also, daß das Kapital ausländischer Herkunft war, daß es im Eigentum eines ausländischen Investors stand und daß da-

60 V gl. dazu IGH, Barcelona Traction Case, S. 42 ff, Z. 70 ff; dazu Neuhold/Hummer/Schreuer, S. 139; Bippus, S. 43 ff;relevant ist dies insbesondere zur Feststellung, welcher Staat berechtigt ist, das diplomatische Schutzrecht auszuüben, vgl. dazu Kapitel VI.A.2., S. 231 f 61 Vgl. MIGA-Konvention, Art. 13; ICSID-Konvention, Art. 25 (2), dazu Schreuer, Art. 25fTeil 2, S. 68 ff, Z. 422 ff; 62 UNCTC, BITs, S. 31; Dolzer/Stevens, S. 34 ff. 63 S. OAS, S. 3 ff.

B. Praxis der lateinamerikanischen Staaten

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mit das Recht verbunden war, Gewinne und das Kapital wieder zu repatriieren. 64 Auch die Investoren wurden danach beurteilt, ob sie berechtigt waren, das eingebrachte Kapital zu re exportieren, die Staatsangehörigkeit war sekundär. Es wurde eine Unterscheidung in inländische, ausländische und subregionale Investoren getroffen. Ausländische Investoren waren die "Eigentümer ausländischer Investitionen".65 Als inländische Investoren galten der Staat, inländische natürliche Personen, inländische nichtgewinnorientierte juristische Personen und inländische Unternehmen. Bemerkenswert ist, daß auch ausländische natürliche Personen mit mindestens einem Jahr ununterbrochenem Aufenthalt im Gaststaat66 als inländische Investoren angesehen wurden, wenn sie auf das Recht, Kapital zu repatriieren, verzichtet hatten. Werden Devisen außer Landes gebracht, so wird die Kapitalbilanz belastet und sind in Entwicklungsländern häufig knappe Devisen erforderlich. Somit können Auslandsinvestitionen ein Problem darstellen. Da Auslandsinvestitionen die Kapitalbildung im Land fördern sollten, wurde durch die Besserstellung inländischer Investoren, also von Investoren, die ihr Kapital nicht mehr ausführten, in der D 24 ein Anreiz geschaffen, auf die Kapitalrepatriierung zu verzichten. Neben diesen beiden Kategorien des inländischen und des ausländischen Investors, die bereits von Anfang an in D 24 enthalten waren, wurde mit D 46 der Begriff des subregionalen Investors eingeführt. Dies sind Investoren aus anderen ANCOM-Staaten. 67 Mit D 103 wurden diese dann unter bestimmten Bedingungen nationalen Investoren gleichgestellt. Ziel dieses Konzeptes war es, die wirtschaftliche Betätigung und Integration innerhalb des ANCOM und vor allem die subregionale Kapitalbildung zu fördern. So erfolgte die Gleichstellung mit inländischen Investoren nur, wenn die Betätigung im Rahmen des Sectoral Program o/Industrial Development68 des Gaststaates erfolgte. Zudem mußte das Kapital im ANCOM verbleiben und durfte nur in einen anderen ANCOM-Staat, nicht aber in einen Drittstaat ausgeführt werden. Ähnliche Regelungsmodelle für den Begriff der Auslandsinvestition fanden sich auch in den anderen LAIA-Staaten. Das wesentliche Element einer Aus64 Interessant ist in diesem Zusammenhang, daß die Auslandsinvestitionsgesetze ihre Vorläufer in den Devisenregulierungen haben, s. Correa, Characteristics and

Trends ofForeign Investment Regulation in Latin America and the Caribbean, in: InterAmerican Le gal Materials (1986), S. 1 ff, S. 15. 65 ANCOM, D 24, Art. 1. 66 Mit D 103 überließ der ANCOM den nationalen Behörden die Entscheidung, in begründeten Fällen von dieser Einjahresfiist abzusehen. 67 ANCOM, D 24 in der Fassung der D 46, Art. 1. 68 S. dazu oben Kapitel III.B., S. 109. 8 Zagel

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III. Zulassung von Auslandsinvestitionen

landsinvestition war, daß das Kapital aus dem Ausland transferiert wurde. 69 In einigen Gesetzen fand sich auch das damit verbundene Recht, Kapital zu repatriieren, ausdrücklich erwähnt. 70 Ebenso wurden die Investoren in inländische und ausländische unterschieden, wobei als Unterscheidungskriterium ausschließlich der Aufenthalt bzw. Sitz des Investors (residencia, domicilio) diente. Das Kriterium der Staatsangehörigkeit wurde hingegen gar nicht erwähnt. 71 Selbst Staatsbürger des Gaststaates, die ihren Wohnsitz und dauernden Aufenthalt im Ausland hatten, wurden als ausländische Investoren betrachtet,72 während umgekehrt Fremde als inländische Investoren angesehen wurden, wenn sie im Gaststaat ihren Wohnsitz hatten. 73 Dies stellt bei juristischen Personen zwar keine Besonderheit dar, da bei diesen die Staatsangehörigkeit generell nach dem Staat der Registrierung oder des Sitzes beurteilt wird, bei natürlichen Personen ist dies jedoch bemerkenswert. Das einzige Land, in dem bereits 1973 auf die Staatsbürgerschaft abgestellt wurde, ist Mexico. Im L 1973 wurden Investitionen als Auslandsinvestitionen angesehen, die von ausländischen natürlichen oder juristischen Personen getätigt wurden, ebenso mexikanische Unternehmen, in denen der Großteil des Kapitals Ausländern gehörte. 74 Auch hier wurden aber Investitionen von "extranjeros residentes en el pais con calidad de inmigrados ", das sind Ausländer, die nach fünf Jahren Aufenthalt den Einwandererstatus besitzen, als inländische Investitionen angesehen. 75 Dieses Konzept der Auslandsinvestition ist in vielen Gesetzen heute noch vorhanden. In den D 220 und D 291 des ANCOM werden sowohl das Kapital als auch die Investoren nach wie vor in inländische, ausländische und subregionale unterschieden,76 wobei noch dieselben Kriterien ausschlaggebend sind. Die Unterscheidung hat jedoch an Bedeutung verloren, da einerseits inländisches und ausländisches Kapital in der Behandlung gleichgestellt wer69

Art. 1.

Z.B. Brasilien, L 4131/62, Art. 1; Chile, DL 600174, Art. 1; Uruguay, L 14179174,

70 Chile, DL 600174, Art. 1; Uruguay, L 14179174, Art. 1 und D 808174, Art. 1. 71 Vgl. Uruguay, L 14179174, Art. 2; Argentinien, L 20557173, Art. 3 (a); Brasilien,

L 4131/62, Art. 1. 72 Vgl. Chile, DL 600174, Art. 1, dort ist dies ausdrücklich geregelt. 73 Argentinien, L 20557173, Art. 3. 74 Mexico, L 1973, Art. 2. 75 Mexico, L 1973, Art. 6. 76 Dazu kommt in ANCOM, D 220, Art. 42 und D 291, Art. 1 die Kategorie des ,,neutralen Kapitals": Dieses Kapital stammt von internationalen Entwicklungsorganisationen, etwa der Inter-American Development Bank, der International Finance Corporation oder der Inter-American Investment Corporation (s. Annex zu D 220 und zu D 291); Vorläufer des neutralen Kapitals waren die ,,Development Bonds", die mit D 103, Art. 1, eingeführt wurden; vgl. dazu auch Mexico, L 1993, Art. 1.

B. Praxis der lateinamerikanischen Staaten

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den,77 andererseits die Vorschriften der D 220 und D 291 nicht mehr zwingend sind, sondern den Mitgliedstaaten die Regelung von Auslandsinvestitionen überlassen ist. In den derzeitigen Investitionsgesetzen der LAIA-Staaten gibt es fur die QualifIzierung der Investoren drei Regelungstypen: Auf die Staatsbürgerschaft wird nur in den neuen Gesetzen von Mexico und Peru abgestellt. 78 Die zweite Gruppe von Gesetzen richtet sich nach wie vor nach dem Aufenthalt der natürlichen Person bzw. dem Sitz des Unternehmens. Dies sind die alten Gesetze Uruguays, Brasiliens und Chiles, aber auch die neuen Gesetze Kolumbiens, Venezuelas und Argentiniens. 79 Die dritte Gruppe von Gesetzen hat die Unterscheidung zwischen inländischen und ausländischen Investitionen und somit auch zwischen inländischen und ausländischen Investoren völlig fallengelassen. Vorreiter war Bolivien, dessen Gesetz in anderen Staaten übernommen wurde. 80 Bolivien trifft in seinem neuen Investitionsgesetz keinerlei Unterscheidung mehr zwischen in- und ausländischen Investitionen: "Se estimula y garantiza la inversion nacional y extranjera ... mediante un sistema normativa que rija tanto para las inversiones nacionales corno extranjeras. ,,81

Es ist also erst zu Beginn der neunziger Jahre tatsächlich der Grundsatz der Gleichbehandlung von Inländern und Ausländern im nationalen Recht einiger Staaten verwirklicht, 82 der nach der Calvo-Doktrin Fremden von jeher zustehen würde. 83 In den seit 1987 abgeschlossenen BITs der lateinamerikanischen Staaten fInden sich hinsichtlich der DefInitionen und der Reichweite die international üblichen Formeln wieder. Als Auslandsinvestitionen werden "any kind of assets invested by an investor of one Contracting Party in the territory of the other 77 ANCOM, D 291, Art. 2.

78 Mexico, L 1993, Art. 2: ,,Foreign Investor: a natural person or legal entity of a nationality different than Mexican.", wobei es auch hier wieder eine Ausnahme fiir "inmigrados", also Fremde mit dauerndem Aufenthalt gibt, s. Mexico, L 1993, Art. 3; Peru, DL 662/91, Art. 1 (a). 79 Kolumbien, Res. 51/91, Art. 2; Venezuela, D 2095/92, Art. 2 (6) in Verbindung mit Art. 2 (2) (b); Argentinien, L 21382/93, Art. 2 (2). . 80 Boliviens L 1182/90 diente als Vorbild fiir Paraguay, L 117/91 sowie Ecuador, D 415/93. Interessant ist, daß das Investitionsgesetz Paraguays bereits in L 550175 keinerlei Unterscheidung zwischen in- und ausländischen Investitionen traf, sondern nur die Kategorien der" inversiones necesarias " und der "inversiones convenientes" bestanden, s. L 550175, Art. 1. 81 Bolivien, L 1182/90, Art. 1. 82 Auch hier gibt es nach wie vor Unterschiede, in Bolivien gibt es etwa im Bergbaugesetz L 1243/91 Zugangsbeschränkungen fiir Ausländer. 83 Zur Theorie der Inländergleichbehandlung ausführlich unten Kapitel IV.A.2., S. 166 ff.

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III. Zulassung von Auslandsinvestitionen

Contracting Party, ... "84 bezeichnet, womit es keine Unterschiede zum internationalen Standard gibt. In den Bestimmungen zum Begriff des ausländischen Investors sind jedoch noch nationale Besonderheiten zu erkennen. Bei natürlichen Personen kommt es auf die Staatsangehörigkeit an, die nach den nationalen Gesetzen bestimmt wird. In den BITs Argentiniens ist jedoch eine Einschränkung ähnlich dem nationalen Investitionsgesetz zu fmden. Von der Anwendung des Abkommens ausgenommen sind nämlich Investitionen von Personen, welche "Staatsangehörige einer Vertragspartei sind und im Zeitpunkt der Investition im Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei seit mehr als zwei Jahren im Hoheitsgebiet dieser Vertragspartei ihren Wohnsitz haben, es sei denn, die Investition erfolgt aus dem Ausland. ,,85 Investitionen von Personen der einen Vertragspartei, die seit zwei Jahren im Staatsgebiet der anderen Vertragspartei ansässig sind, werden demnach nicht durch den BIT geschützt, es sei denn das Kapital kommt aus dem Ausland. Hier tritt also wiederum das Element der Kapitalbeschaffung in den Vordergrund. Dies entspricht dem argentinischen L 1853/93, das zur Feststellung, ob eine Investition als ausländisch oder als inländisch zu bezeichnen ist, ausschließlich auf den Aufenthalt des Investors abstellt, jedoch nicht auf die Staatsangehörigkeit. 86 Eine ähnliche Regelung gibt es auch in verschiedenen anderen BITs. 87 Hinsichtlich der Staatsangehörigkeit juristischer Personen wird in den meisten BITs auf den Ort der Konstituierung und Registrierung des Unternehmens, sowie auf den Sitz abgestellt. 88 In vielen BITs kommt jedoch auch die Kontrolltheorie zum Tragen. 89 So reicht es aus, wenn das Unternehmen zwar nicht 84 BIT Chile-Finnland (1993), Art. 1 (1); ähnlich etwa auch BIT China-Peru (1994), Art. 1 (1); BIT Bolivien-Italien (1990), Art. 1 (1); MERCOSUR, Protocolo de Buenos Aires (1994), Art. 2 (A) (1). 85 BIT Argentinien-Österreich (1992), Art. 1 (2) (a); dieselben Klauseln fmdet man etwa in BIT Argentinien-China (1992), Art. 1 (3); BIT Ägypten-Argentinien (1992), Art. 1 (3); BIT Argentinien-Ungarn (1993), Art. 1 (3); BIT Argentinien-Niederlande (1992), Protokoll, Z. A; BIT Argentinien-Italien (1990), Protokoll, Art. 1 (a). 86 Argentinien, L 21382193, Art. 2 (2); im L 21382/93 gibt es allerdings die Zweijahresfrist nicht, dies dürfte eine Kompromißlösung sein. 87 BIT Chile-Ecuador (1993), Art. 1 (3); BIT Chile-Deutschland (1991), Protokoll, ad Art. 1 (a), hier beträgt die Frist allerdings fiinf Jahre; ebenso BIT Ecuador-Venezuela (1993), Art. 1 (3); vg1. auch MERCOSUR, Protocolo de Colonia (1994), Art. 1 (2) (a). 88 Vgl. BIT Chile-Deutschland (1991), Art. 1; BIT Bolivien-Großbritannien (1988), Art. 1; BIT Frankreich-Paraguay (1978), Art. 1. 89 Z.B. BIT Niederlande-Paraguay (1992), Art. 1 (b) (üi); BIT Chile-Venezuela (1993), Art. 1 (1) (b); BIT Chile-Schweiz (1991), Art. 1 (1) (c); BIT Paraguay-Schweiz (1992), Art. 1 (1) (ü) (c); BIT Bolivien-Kuba (1995), Art. 1 (2) (c); BIT ArgentinienSchweden (1991), Art. 1 (3) (c); MERCOSUR, Protocolo de Buenos Aires (1994), Art. 2 (A) (2) (c).

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nach dem Recht der Vertragspartei konstituiert ist, aber von einer natürlichen Person, die die Staatsbürgerschaft besitzt, oder einer juristischen Person, die nach dem Recht dieses Vertragsstaates konstituiert ist, kontrolliert wird. Damit wird eine wesentliche Ausweitung des Schutzbereiches des BIT erreicht. Wiederum gibt es in argentinischen BITs eine Besonderheit. Hier reicht es aus, daß ein "predominant interest" einer natürlichen oder juristischen Person mit der Staatsangehörigkeit eines Vertrags staates an der Geschäftstätigkeit eines Unternehmens besteht. In vielen Protokollen zu argentinischen BITs werden Beweisregeln rur die effektive Kontrolle oder das erhebliche Interesse aufgestellt. 90

b) Unternehmensformen Ein Charakteristikum der lateinamerikanischen Investitionsgesetze ist die Unterteilung der Unternehmensformen, in denen Direktinvestitionen operieren. Diese Unternehmensformen bildeten den wesentlichen Anknüpfungspunkt rur die Regelungen der Auslandsinvestitionstätigkeit in den Investitionsgesetzen der siebziger Jabre. In den meisten Investitionsgesetzen der LAIA-Staaten fand sich eine Einteilung in inländische und ausländische Unternehmen. 91 In manchen Gesetzen gab es auch noch die Kategorie des gemischten Unternehmens. 92 Diese Klassifizierung richtete sich nach den Anteilen von inländischem, ausländischem, subregionalem und neutralem Kapital, dieses wurde wiederum nach den Investoren beurteilt. 93 Damit kommen auch hier die Kriterien der Repatriierbarkeit von Kapital sowie der ausländischen Kontrolle zum Tragen. In der D 24 des ANCOM fand sich folgende Unterscheidung: 94 Als inländisches Unternehmen wurde ein Unternehmen bewertet, dessen Kapital zu mehr als 80% in den Händen inländischer Investoren lag, als gemischtes Unternehmen, wenn der inländische Kapitalanteil zwischen 51 % und 80% betrug, und als ausländisches Unternehmen, wenn der inländische Kapitalanteil unter 51 % lag. War der Gaststaat beteiligt, so verringerte sich der Prozentsatz der rur ein gemischtes Unternehmen erforderlichen inländischen Kapitalanteile auf 30%, 90 Z.B. BIT Argentinien-Schweden (1991), Art. 1 (3) (c) und Protokoll, Art. B; BIT Argentinien-Frankreich (1991), Art. 1 (2) (c) und Protokoll Z. 2; BIT ArgentinienNiederlande (1992), Art. 1 (b) (iii) und Protokoll, Art. B. 91 Der einzige Staat, in dem es diese Unterteilung nicht gab, war Chile, s. DL 600n4, Art. 1 und OAS, S. 39 f. 92 ANCOM, D 24, D 220 und D 291, jeweils Art. 1; Argentinien, L 20557n3, Art. 2 (b). 93 Dazu oben Kapitel III.B.1.a), S. 112 ff. 94 Vgl. dazu Foeth, Investitionen, S. 49 fT; OAS, S. 37 fT; Correa, Foreign Investment, S. 29 fT.

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sofern die Mitbestimmung des Staates gewährleistet war. 95 Das zweite Kriterium war, daß sich diese Kapitalanteile in der "technischen, fmanziellen, administrativen und kaufinännischen Leitung" des Unternehmens widerspiegeln mußten. Problematisch war es, diese vier Attribute zu unterscheiden, wobei die Beurteilung im Ermessen der Behörden lag und damit das Risiko der Willkürübung bestand. 96 Eine besondere Rolle spielte neutrales Kapital, das erst später in den Investitionskodex des ANCOM eingefiihrt wurde und die Kapitalbildung fördern sollte. Neutrales Kapital besteht aus finanziellen Mitteln, die von gemeinnützigen, nicht auf Gewinn ausgerichteten juristischen Personen stammen, und wurde bei der Bewertung des Unternehmens nicht gerechnet, da es keine Stimmrechte verlieh. 97 Diese Einteilung zeigt den zweiten Punkt, der in den lateinamerikanischen Staaten neben den Zahlungsbilanzproblemen durch den Transfer von Kapital und Gewinnen sehr wesentlich war. Dies war die Angst vor wirtschaftlicher Fremdbestimmung in Form der Kontrolle wirtschaftlicher Aktivitäten aus dem Ausland. Aus diesem Grund ist der Aspekt der Kontrolle in einem Unternehmen sehr wesentlich. Diese Kontrolle kann in der internen Kontrolle bestehen, also der Mehrheit der Stimmenanteile. Es ist aber auch eine externe Kontrolle möglich, die es aufgrund vertraglicher Konstruktionen geben kann, ohne daß die Stimmenmehrheit vorhanden ist. 98 Diese Klassifizierung der Unternehmen diente als Anknüpfungspunkt fiir die meisten Regelungen der D 24. Da man in den lateinamerikanischen Staaten von der Annahme ausging, daß sich inländische und gemischte Unternehmen, deren Kontrolle überwiegend in inländischen Händen liegt, besser überwachen und zum Nutzen der eigenen Volkswirtschaft steuern lassen, wurde die Gründung solcher Unternehmen gefördert, indem ihnen zahlreiche Erleichterungen gewährt wurden. Ausländische Unternehmen unterlagen hingegen vielen Beschränkungen. Sie konnten etwa in bestimmten Sektoren nicht investieren, unterlagen Beschränkungen beim Zugang zu Krediten und konnten vor allem die ANCOM, D 24, Art. 36 in der Fassung der D 47; vgl. Foeth, Investitionen, S. 52. S. dazu Foeth, Investitionen, S. 53. 97 Diese Kategorie wurde erst mit D 103 eingeführt. Die Organisationen, die neutrales Kapital einbringen können, werden durch die Konnnission des ANCOM festgelegt und sind im Annex zu den D 220 und D 291 zu finden, vgl. dazu auch oben Kapitel III., FN 76. Die Form des neutralen Kapitals gibt es heute noch in ANCOM, D 291, Art. 1 sowie in Mexico, L 1993, Art. 18 ff. 98 Correa, Foreign Investment, S. 36; gerade bei den New Forms of Investment (NP!), etwa Serviceverträgen oder technischen Kooperationsverträgen, ist es sehr häufig der Fall, daß das technische Know-how und damit die Kontrolle über das gesamte Unternehmen bei einem Investor liegt, der kaum finanzielle Mittel eingebracht hat, vgl. dazu oben Kapitel LA.1.a), S. 17 f 95

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Zollvorteile des gemeinsamen Marktes nicht nützen. Ausländische Investoren hatten jedoch die Möglichkeit, entweder durch den Verzicht, Kapital zu repatriieren, als inländische Investoren qualifiziert zu werden99 oder sich in ein inländisches oder gemischtes Unternehmen umzuwandeln (Fade-aut),loo das heißt durch den Verkauf der entsprechenden Anteile die Stimmenmehrheit innerhalb einer bestimmten Frist aufzugeben. In den Staaten außerhalb des ANCOM bestand diese Unterscheidung ebenfalls, allerdings gab es nur inländische und ausländische Unternehmen, die Kategorie des gemischten Unternehmens findet man nicht. IOI Beispielsweise differenzierte Argentinien im L 21382/76 zwischen empresa lacal de capital extranjera und empresa lacal de capital nacianal. 102 Das Unternehmen mußte seinen Sitz im lnland haben, ausschlaggebend war die Beteiligung im Ausland ansässiger Personen am Kapital oder an der Kontrolle des Unternehmens, die Staatsangehörigkeit war nicht von Bedeutung. Die ausländischen Kapital- oder Stimmenanteile durften bei einem inländischen Unternehmen nicht mehr als 49% ausmachen, bei einem ausländischen Unternehmen mußten die Anteile über 51% liegen. Eine ähnliche Unterscheidung gab es auch in Brasilien, Mexico und Uruguay.103 Diese Kategorisierung der Unternehmen hat sich bis heute in der D 291 des ANCOM I04 und in vielen Investitionsgesetzen erhalten. Dies ist auch in den neuen Investitionsgesetzen der Fall. 105 Wie bei der Unterscheidung des Kapitals in inländisches und ausländisches dürfte es sich auch hier um ein Relikt handelt, da sich in den meisten neuen Investitionsgesetzen keine gravierenden Rechtsfolgen mehr an diese Differenzierung knüpfen. So wird in der D 291 in den der Definition folgenden Bestimmungen auf diese Unterscheidung keinerlei Bezug mehr genommen und werden ausländischen Investoren dieselben Rechte einge-

Vgl. oben Kapitel m.B.1.a), S. 113. S. dazu unten Kapitel m.B.2.b), S. 129 ff. 101 Die Ausnahme bildet Argentinien, wo die Fonn des gemischten Unternehmens in L 20557n3, Art. 2 enthalten war, im L 21382n6 wurde diese Unterscheidung allerdings bereits wieder abgeschaffi. 102 Argentinien, L 21382n6, Art. 1 (3) und (4). 103 Uruguay, L 14179n4, Art. 10; Mexico, L 1973, Art. 2 und Art. 4 ff; Brasilien, L 4131162, hier gibt es keine Legaldefmition, Unternehmen mit mehrheitlich ausländischem Anteil unterliegen aber verschiedenen Beschränkungen, z.B. Art. 38 (Zugang zu Krediten) oder Art. 43 (zusätzliche Besteuerung von Gewinnen, die ins Ausland repatriiert werden), dazu unten Kapitel IV.B., S. 176 ff; zu den Kapitalanteilen s. Correa, Foreign Investment, S. 79 f, Tabelle 2. 104 ANCOM, D 291, Art. 1. 105 Z.B. Mexico, L 1993, Art. 4 ff; Argentinien, L 21382/93, Art. 2 (3) und (4); Venezuela, D 2095/92, Art. 2. 99

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räumt wie inländischen. 106 Keine Differenzierung nach der Unternehmensform gibt es in den neuen Gesetzen Boliviens, Ecuadors, Perus und Kolumbiens. l07 c) Formen der Investition

In den internationalen Instrumenten zur Regelung von Auslandsinvestitionen sind hinsichtlich der Kapitalbeiträge keinerlei Beschränkungen zu finden. Dies entspricht der liberalistischen Grundhaltung dieser Instrumente, die jedes Hindernis für die grenzüberschreitende Investitionstätigkeit ausschalten sollen. In den Guidelines der Weltbank werden als Beiträge" capital, technology and manage rial skill" genannt. 108 Auch in den BITs werden den Investoren keinerlei Grenzen gesetzt und es ist" every kind 0/ assel ,,109 als Investitionsbeitrag zugelassen. In den neueren BITs folgt dieser Generalklausei häufig eine deklarative Aufzählung möglicher Investitionsbeiträge. Es werden hier fünf Gruppen erwähnt, dies sind bewegliches und unbewegliches Eigentum sowie dingliche Rechte, Firmenanteile, Geldforderungen und sonstige Forderungen mit wirtschaftlichem Wert, geistiges Eigentum (Patente, Markenrechte, Urheberrechte usw.) und Konzessionen. 110 Auch die Reinvestition von Gewinnen und sonstigen Erträgen wird in vielen BITs eigens erwähnt. l11 Neben dieser umfassenden Aufzählung, die die Freiheit des Investors unterstreichen soll, wird in vielen BITs auch noch festgestellt, daß eine Umgestaltung der Form, in der ein Vermögenswert investiert wird, nichts am Charakter der Investition ändert. 112 Im Gegensatz dazu war in den Investitionsgesetzen der siebziger Jahre und in der D 24 des ANCOM genau geregelt, in welcher Form Auslandskapital investiert werden konnte. Devisen und Anlagegüter konnten von jeher relativ frei eingebracht werden. Besonders kritisch war man aber gegenüber Investitionen, die unvorhergesehene Devisenaufwendungen und Zahlungsbilanzbelastungen für den Gaststaat bedeuten konnten. Dies kann etwa bei Lizenzgebühren für ANCOM, D 291, Art. 2. Bolivien, L 1182/90; Ecuador, D 415/93; Peru, DL 662/91; Kolumbien, Res. 51/91. 108 World Bank Guidelines, 11.1. 109 Vgl. für viele BIT Großbritannien-Venezuela (1995), Art. 1 (a); ähnlich z.B. BIT Chile-Norwegen (1993), Art. 1 (2): "any kind a/ asset". 110 Vgl. Da/zer/Stevens, S. 27 ff. 111 Z.B. BIT Chile-Dänemark (1993), Art. 1 (1) (2); zur Reinvestition von Gewinnen s. ausführlich unten Kapitel IV.B.2., S. 182 ff. 112 Dalzer/Stevens, S. 30 f; z.B. BIT Ecuador-Großbritannien (1994), Art. 1 (a) (2); BIT Chile-Deutschland (1991), Art. 1 (1) (2); BIT Argentinien-Jamaica (1994), Art. 10 (1 )(2). 106

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Technologietransfer oder Zinsen rur Auslandskredite der Fall sein. Zudem wurde sowohl mit Kreditrückzahlungen als auch mit überhöhten Lizenzgebühren zwischen Mutterunternehmen und Tochterunternehmen häufig Mißbrauch betrieben und so unversteuerte Gewinne ins Ausland verschoben. Diese Bereiche wurden aus diesem Grund strengen Kontrollen unterworfen. Devisen konnten in allen Investitionsgesetzen sowie in der D 24 des ANCOM immer unbeschränkt eingebracht werden. l13 Für den Gaststaat liegt der Hauptzweck von Auslandsinvestitionen darin, fremdes Kapital zur Ankurbelung der Wirtschaft ins Land zu bringen. Zudem waren in allen Ländern Devisen knapp und stellten Auslandsinvestitionen eine Möglichkeit der Devisenbeschaffung dar. 114 Auch beim Anlagevermögen gab es meist keinerlei Beschränkungen. Gemäß der D 24 konnten als Anlagevermögen Industrieanlagen, neue oder aufbereitete Maschinen und Ausrüstungsgegenstände, Ersatzteile, Rohstoffe und Zwischenprodukte eingebracht werden. 115 In manchen Staaten fand man auch nähere Ausfiihrungen. In Brasilien wird in der Regelung das Zahlungsbilanzproblem deutlich: Auslandsinvestitionen in Form von Kapitalgütern dürfen keine Devisenanschaffungskosten verursachen. 116 Bezüglich gebrauchter Maschinen bestehen bis heute in Brasilien und Uruguay bestimmte Bewertungsregeln, die den Wert nach der bereits erfolgten Nutzung festsetzen. 117 Eine detaillierte Regelung fand man in Paraguay. Hier mußten Vermögenswerte ,,nuevos, modernos o utilizables en condiciones de productividad, durante un periodo minimo especificamente determinado en el proyecto de inversion" sein. 118 Ziel dieser Regelung war es, Mißbräuchen vorzubeugen und das Entstehen von überhöhten Firmenwerten, die durch die Überbewertung von veraltetem oder nutzlosem Anlagevermögen zustande kommen konnten, zu vermeiden. 119 Restriktiver war man jedoch gegenüber Technologie. 12o Diese bedurfte einer speziellen Genehmigung. Technologie wurde überdies nicht zum Firmenkapital 113 Vgl. für viele ANCOM, D 24, Art. 1: "freely convertible currency"; Argentinien, L 21382/76, Art. 3 (a); Uruguay, L 14179/74, Art. 1 (2). 114 Correa, Foreign Investment, S. 37. 115 Vgl. ANCOM, D 24, Art. 1 und Annex 1, lI.b.; ähnlich Argentinien, L 21382/76, Art. 3 (2). 116 Brasilien, L 4131/62, Art. 1: " ... with no initial foreign exchange outlay ... ". 117 Brasilien, L 4131/62, Art. 4 (1); Uruguay, L 14179/74, Art. 1 (3). 118 Paraguay, L 550/75, Art. 7; weitere Beschränkungen: es durften keine Gebrauchsgegenstände oder Autos sein, Art. 7 und 8; ähnliche Beschränkungen auch noch in L 60/90, Art. 3 und 4. 119 Correa, Foreign Investment, S. 37 f. 120 Vgl. dazu ausftihrlich die Genehrnigungserfordernisse zum Transfer von Technologie unten in Kapitel III.B.4., S. 145 ff.

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gezählt,121 obwohl das technische Know-how in vielen Fällen einen Großteil des Kapitals eines Unternehmens darstellt. Dies hatte zur Folge, daß in Bereichen, in denen der registrierte Wert des investierten Kapitals als Ausgangsbasis diente, l22 dem Investor erhebliche Nachteile aus dem geringeren registrierten Wert des Unternehmens entstanden. Ausländische Kredite oder sonstige Forderungen aus dem Ausland waren ebenfalls streng reglementiert und bedurften einer Genehmigung. 123 Der Grund lag darin, daß solche Verpflichtungen mit Devisen zurückbezahlt werden mußten, damit die Zahlungsbilanz belastet wurde und die finanziellen Folgen aufgrund von Zinsenerhöhungen, schwankenden Wechselkursen sowie der hohen Inflationsraten häufig nicht abschätzbar waren. 124 Waren Darlehen aus dem Ausland zugelassen, gab es dafiir häufig spezielle Vorschriften, die unvorhergesehene Belastungen vermeiden sollten. So wurde fiir den Zinssatz ein Limit gesetzt, die Fälligkeit der Rückzahlungsraten auf einen objektiv bestimmbaren Zeitpunkt festgelegt usw. 125

Im Gegensatz zu diesen früheren Regelungen spiegeln die modernen Investitionsgesetze sowie die neu abgeschlossenen BITs die neoliberalistische Wirtschaftspolitik wider, die einen unbeschränkten Fluß von Kapital favorisiert. Sie entsprechen somit dem in den Guidelines der Weltbank vertretenen Standard. Es ist den Investoren freigestellt, in welcher Form das Kapital investiert wird. Etwaige Aufzählungen sind deklarativ. 126 Unterstrichen wird dies durch die bereits erwähnte Regelung, die auch in zahlreichen lateinamerikanischen BITs zu fmden ist, daß die Änderung der Form der Investition den Charakter der investition nicht beeinflußt. 127 Eine neue Form der Auslandsinvestition, die heute in vielen lateinamerikanischen Staaten zu finden ist, sind Debt-Equity-Swaps.128 Diese stellen eine 121 Vgl. unten Kapitel III.B.4., S. 152.

Dies ist etwa beim Gewinn1ransfer, bei den Reinvestitionen oder bei der Versteuerung des Liquidationserlöses der Fall, vgl. dazu unten Kapitel N.B., S. 182 ff. 123 Vgl. dazu ausführlich unten Kapitel N.B.l.b), S. 180 ff. 124 Vgl. Correa, Foreign Investment, S. 39. 125 Töbelmann, Gesetzlicher Rahmen und wirtschaftliche Bedingungen in Brasilien für Beteiligungen und Kooperationen deutscher Unternehmen, in: Kumar/Haussmann (Hrsg.), Handbuch der Internationalen Unternehmenstätigkeit, München 1992, S. 267 ff, S. 281 f. 126 Vgl. etwa ANCOM, D 291, Art. 1; Venezuela, D 2095/92, Art. 2 (1); Chile, DL 600/85, Art. 2. 127 Z.B. BIT Argentinien-Ecuador, Art. 1 (1) (2); BIT Brasilien-Chile (1994), Art. 1 (2); weitere Nachweise oben in Kapitel III., FN 112. 128 Z.B. Venezuela, D 2095/92, Art.2 (c); Chile, DL 600/85, Art.2 (e); Peru, DL 622/91, Art. 1 (c); vgl. auch Bergsman/Edisis, Debt-Equity Swaps and Foreign Direct Investment in Latin America, Washington 1988; Walker, Foreign Investment in 122

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Möglichkeit dar, die horrende Auslandsverschuldung und die Zahlungsbilanzprobleme in den Griff zu bekommen, die trotz der Restriktionen in den siebziger Jahren nicht aufzuhalten waren. 129 Man versteht darunter die Umwandlung von ausländischen Schuldentiteln in UnternehmensbeteiIigungen. 13o Das Prinzip dieser Swap-Geschäfte liegt darin, daß ein ausländischer Investor Devisen in ein Unternehmen einbringt, die von diesem zur Rückzahlung von Auslandsschulden verwendet werden, und der Investor dafür Anteile an diesem Unternehmen erwirbt, die allerdings in nationaler Währung berechnet werden. Debt-Equity-Swaps machen heute einen großen Anteil an den Auslandsinvestitionen in den lateinamerikanischen Staaten aus und stellen ein geeignetes Instrument dar, die Verschuldung zu reduzieren und gleichzeitig ausländisches Kapital anzuziehen. 131 Swap-Geschäfte stehen sowohl öffentlichen als auch privaten Unternehmen zur Verfügung, die mit dem Devisenerlös aus der Beteiligung ausländischer Investoren ihre Auslandsschulden zurückzahlen. Sie werden aber vor allem zur Privatisierung defizitärer Staatsbetriebe angewendet, die in verschiedenen Formen durchgeführt werden. 132 Interessant ist, daß die Privatisierungen eine Gegenbewegung zu den in den sechziger und siebziger Jahren durchgeführten Verstaatlichungen und zu den Fade-out-Bestimmungen darstellen. 133 Früher im Interesse der nationalen Sicherheit eingeführte Beschränkungen werden jetzt entschärft und Sektoren, die in dieser Zeit im öffentlichen Interesse verstaatlicht worden waren, sind nun ausländischen Investoren wieder zugängIich. 134 Dies betriffi vor allem die Bereiche der Grundstoffmdustrien und der öffentlichen Versorgung. Beispielsweise wurde die argentinische Fluggesellschaft AeroIineas Argentina sowie die nationalen Telefongesellschaften Argentiniens ENTEL und Mexicos TELMEX

Chile, in: Comparative Law Yearbook of International Business 13 (1991), S. 151 fT, S. 156 fT; Tavares Paes, Brasil's Debt to Equity Swap Program, in: International Lawyer 23 (1989), S. 533 ff; Regional Developments: Latin Arnerica, in: International Lawyer 22 (1988), S. 222 ff. 129 V gl. dazu Bergsman/Edisis, S. 2 fT. 130 Bergsman/Edisis, S. 1. 131 V gl. dazu Bergsman/Edisis, Tabelle, S. 3, wo die Zahlen für Mexico und Chile dargestellt sind, die zeigen, welcher Prozentssatz an ausländischem Kapital durch DebtEquity-Swaps in diese Länder fließt; vgl. auch Schulmann, S. 11 f. 132 Vgl. dazu Leavy, Notes on the New Legal Framework for International Business in Latin Arnerica, in: Canadian Council on International Law (Hrsg.), Canada and the Arnericas, Proceedings ofthe 1991 Conference ofthe Canadian Council on International Law, Ottawa 1991, S. 120 fT, S. 126 ff. 133 Vgl. zum Fade-out unten Kapitel III.B.2.b), S. 129 fT. 134 V gl. dazu unten Kapitel III.B.2.c), S. 133 ffund Kapitel V.C., S. 207 f.

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III. Zulassung von Auslandsinvestitionen

durch Swap-Geschäfte privatisiert. 135 Hinsichtlich der fiüher bestehenden sektoriellen Beschränkungen für ausländische Investoren ist also festzustellen, daß diese mit den Privatisierungsprogrammen und den Swap-Geschäften sehr stark verwischt worden sind. Es besteht jedoch die Gefahr, daß bei zu großzügigen Privatisierungs aktionen viele für das Land wichtige Sektoren unter ausländische Kontrolle geraten und somit wieder eine Situation wie in den sechziger Jahren entsteht, die in den lateinamerikanischen Staaten das Bedürfnis nach stärkeren Beschränkungen und Kontrollen von ausländischem Kapital erwachen ließ. Für einen ausländischen Investor stellen Swap-Geschäfte eine günstige Anlagemöglichkeit dar. Der Anreiz für ausländische Investoren besteht darin, daß ausländische Schuldentitel eines Unternehmens unter ihrem Nennwert veräußert werden und die entsprechende Summe der Forderung in eine Beteiligung am Unternehmen umgewandelt wird. In Chile etwa müssen für Schuldentitel nur 70% des Wertes in US $ bezahlt werden. 136 Problematisch daran ist, daß auf diese Weise Schuldentitel besonders verschuldeter Unternehmen billig verkauft wurden und die Debt-Equity-Swaps in Verruf gerieten, ,,nationales Eigentum zu verschleudern". 137 Aus diesem Grund wurden verschiedene Restriktionen eingeführt, die verhindern sollten, daß die gewünschten Effekte der Debt-Equity-Swaps ausblieben. In manchen besonders sensiblen wirtschaftlichen Bereichen unterliegen ausländische Investoren einer Beteiligungsbeschränkung. In Brasilien ist im Normalfall eine Beteiligung ausländischen Kapitals nur bis zu 40% möglich, in Einzelfällen kann diese jedoch mit behördlicher Genehmigung höher liegen. In Argentinien gibt es zwar keine gesetzliche Beschränkung, die Grenzen werden jedoch im Einzelfall festgelegt.138 Außerdem bestehen Repatriierungsbeschränkungen für Kapital und Gewinne. 139 So sind in Chile KapitaIrepatriierungen erst nach zehn Jahren möglich und können zudem nur mit Devisen vorgenommen werden, die aus dem Erlös des Verkaufes von Firmenwerten stammen. Die Gewinne der ersten vier Jahre können nicht oder nur nach Bezahlung einer Abgabe repatriiert werden. 140 Ähnliche Begrenzungsmöglichkeiten sind etwa in Brasi-

135 Regional Developments: Argentina und Mexico, in: International Lawyer 25 (1991), S. 762 fund S. 767; zu TELMEX vgl. auch BakerlHolmes, S. 33 f. 136 Walker, Chile, S. 156 f. 131 V gl. Töbelmann, S. 282 f zur Situation in Brasilien. 138 Leavy, Legal Framework, S. 127. 139 Zur Repatriierung von Kapital und Gewinnen allgemein s. unten Kapitel IV.B.3., S. 186 ff. 140 Walker, Chile, S. 157.

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lien vorgesehen. 141 In vielen BITs wird bei Gewinnen aus Debt-Equity-Swaps ebenfalls eine Repatriierungsbeschränkung festgelegt.142

2. Materielle Regelungen Die nationalen Investitionsgesetze enthalten die materiellen Normen, die von den Investitionsbehörden im Zulassungsverfahren als Entscheidungsgrundlage herangezogen werden. In den Guidelines der Weltbank werden Empfehlungen zu materiellen Kriterien gegeben. Entsprechend der liberalistischen Grundhaltung sollen möglichst wenige Investitionsverbote, -beschränkungen und -auflagen vorhanden sein, da diese den freien Kapitalfluß hemmen. 143 Damit die Zulassungsentscheidung der Investitionsbehörde nachvollziehbar ist, ist es notwendig, daß die Kriterien klar aufgezählt und dem Investor deutlich erkennbar sind. In den lateinamerikanischen Investitionsgesetzen der siebziger Jahre und in der D 24 des ANCOM war ein komplexes System von Investitionsverboten, -beschränkungen und -auflagen enthalten. Auslandsinvestitionen wurden in vielen Bereichen verboten, einem Konzessionssystem unterworfen oder nur bei einer Mehrheitsbeteiligung von nationalem Kapital gestattet. Auch Beteiligungen an bestehenden Unternehmen waren nur begrenzt möglich. Die Zulassungskriterien waren sehr vage formuliert, sodaß den Behörden ein großer Ermessensspielraum bei der Ausgestaltung der Zulassungsbedingungen zukam. Besonders kompliziert und mit bürokratischen Schikanen versehen war die Zulassung von Technologie. Ziel dieser Regelungen war es, die Tätigkeit ausländischer Investoren entsprechend den nationalen Wirtschaftsplänen zu lenken, aber auch die Kontrolle über strategisch wichtige Wirtschaftsgüter zu bewahren. Im Gegensatz dazu stehen die Investitionsgesetze der späten achtziger und der neunziger Jahre, die die neoliberale Wirtschaftspolitik widerspiegeln. Es gibt kaum noch Investitionsbeschränkungen und -verbote, es werden sogar zahlreiche Investitionsanreize geschaffen, sodaß den Investitionsgesetzen hauptsächlich fördernder Charakter zukommt. l44 141 Vgl. Regional Developrnents: Brazil, in: International Lawyer 22 (1988),

S. 846 tT.

142 Z.B. BIT Ecuador-USA (1993), Protokoll, Z. 1; BIT Chile-Dänemark (1993), Art. 7 (3); BIT Chile-Italien (1993), Protokoll, Z. 3. 143 World Bank Guidelines, H.2. tT; Warld Bank, Report, S. 18 f, Z. 20 ff; Shihata, Entry, S. 52 f 144 Z.B. Bolivien, L 1182/90; Paraguay, L 117/91; Ecuador, D 415/93; Argentinien, L 21382/93.

126

III. Zulassung von Auslandsinvestitionen

a) Allgemeine Zulassungskriterien und Performance Requirements

In den früheren Investitionsgesetzen und in der D 24 des ANCOM waren allgemein gehaltene Kriterien für die Zulassung formuliert, die den Prüfungsmaßstab für die Investitionsbehörden bildeten. In vielen Staaten war es wichtig, daß die Investition nationalen Interessen entsprach, die Wirtschaft des Landes ergänzte oder nationale Industrien nicht verdrängte. 145 Im L 14179/74 Umguays heißt es etwa: ,,F oreign investment in all areas of economic and social development will be authorized, if compatible with national interest. ,,146

Gemäß der D 24 durften Auslandsinvestitionen nicht genehmigt werden, wenn sie nicht den staatlichen Entwicklungszielen entsprachen oder wenn die Bereiche von bestehenden Unternehmen bereits ausreichend versorgt wurden. 147 In Mexico hatten die Behörden einen Katalog von siebzehn Kriterien zur Verfügung, nach denen sie die Zulassung und den Prozentsatz der Beteiligung festzulegen hatten. Zu diesen Vorgaben zählte etwa, daß die sozialen und kulturellen Werte des Landes erhalten werden sollten oder daß eine Identifikation des ausländischen Investors mit den Interessen des Landes und der nationalen Entwicklungspolitik vorlag. 148 Der Wortlaut dieser Kriterien läßt schon erkennen, daß es im Prinzip im Ermessen der Behörden lag, ob eine Investition zugelassen wurde, da die unpräzisen Formuliemngenjede Argumentation ermöglichten. 149 Ein besonderes Problem war die Praxis der Performance Requirements, die häufig als Bedingung für die Zulassung der Investition in den Investitionsvertrag aufgenommen wurden. 150 Die Staaten beabsichtigten damit, die Geschäftstätigkeit entsprechend den nationalen Entwicklungsplänen zu lenken und bestimmte volkswirtschaftlich wünschenswerte Effekte von Auslandsinvestitionen zu erzielen. Problematisch ist vor allem, daß Performance Requirements nur sehr selten eine klare gesetzliche Grundlage haben und sich auf die vagen allgemeinen Zulassungskriterien stützen, wobei erst im Laufe der Verhandlungen bestimmt wird, ob die Investition diesen unklaren gesetzlichen Vorgaben entspricht. In den lateinamerikanischen Staaten war die Praxis der Performance Requirements sehr verbreitet. Ein Beispiel für eine konkrete gesetzliche Regelung Vgl. die Liste bei Correa, Foreign Investment, Table 4, S. 84 ff. Uruguay, L 14179174, Art. 3 (1); ähnlich auch Argentinien, L 21382/76, Art. 8: " ... contribuyan positivamente al desarrollo economico nacional. " 147 ANCOM, D 24, Art. 2 und 3. 148 Mexico, L 1973, Art. 13, Z. 14 und Z. 17. 149 Vgl. zum Ablauf des Zulassungsverfab.rens unten Kapitel III.B.3.b), S. 141 fT. 150 Zu den Performance Requirements allgemein s. oben Kapitel III.A., S. 106 fT. 145

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B. Praxis der lateinamerikanischen Staaten

127

fand sich in der D 24 des ANCOM, wo rur die Zulassung von Investitionen die Unterzeichnung eines Fade-out-Vertrages verpflichtend war. lSl Konkrete Hinweise waren auch im D 1200/86 Venezuelas enthalten. 152 Generell fehlte jedoch eine eindeutige gesetzliche Grundlage und der Ausgang des Verfahrens hing entscheidend vom Verhandlungsgeschick sowie der Ausdauer des Investors ab. In den liberalisierten Investitionsgesetzen der neunziger Jahre sind allgemein gehaltene Zulassungskriterien und Performance Requirements der vorgenannten Art nur noch vereinzelt zu finden, da es ja auch kaum mehr Zulassungsverfahren gibt. 153 Inwieweit es nach anderen Materiengesetzen Umweltauflagen, Auflagen rur Sozialleistungen usw. gibt, kann nicht erschöpfend festgestellt werden, diese dürften jedoch nicht rur ausländische Investoren speziell gelten und stellen insofern keine Diskriminierung dar. Auch in den völkerrechtlichen Instrumenten, die von den lateinamerikanischen Staaten abgeschlossen wurden, spiegelt sich die internationale Entwicklung wider. Den Handel beeinflussende Performance Requirements, also solche die sich auf den Import und Export und damit auf die Zahlungsbilanz auswirken, sind verboten, während andere Performance Requirements, die der Erreichung sonstiger Ziele dienen, erlaubt sind. Performance Requirements in Form von Umweltauflagen oder sozialen Auflagen können durchaus sinnvoll sein, da diese eine Möglichkeit darstellen, sozialpolitisch wünschenswerte Maßnahmen, fiir die dem Staat die finanziellen Mittel fehlen, zu ermöglichen. Dabei ist etwa an die Auflage gedacht, fiir Arbeitnehmer eine Sozialversicherung abzuschließen oder diesen eine ärztliche Versorgung zur Verrugung zu stellen. Im NAFTA-Vertrag ist eine dahingehende Regelung der Performance Requirements getroffen worden. Den Export und Import beeinflussende Performance Requirements, wie ein bestimmter Inlandsanteil an der Produktion, Exportquoten oder Beschränkungen des Verkaufs der Produktion im eigenen Staatsgebiet, also Maßnahmen, die den Handel beeinflussen und regulierend in den wirtschaftlichen Ablauf eingreifen, werden verboten. Zur Verfolgung anderer, nicht-wirtschaftlicher Ziele werden Performance Requirements jedoch zugelassen. Beispielsweise sind Auflagen zur Verwendung umweltschonender Technologien erlaubt. 154 In einer Generalklausei sind Performance Requirements Vgl. dazu unten Kapitel III.B.2.b), S. 129 fT. Venezuela, D 1200/86, Art. 19: "Quedan autorizadas las inversiones extranjeras que ... cumplan con alguno de los siguentes criterios", z.B. daß mindestens 40% des Wertes eines Produktes im Land hinzugeftigt wird (Z. 1), daß das Unternehmen Technologie ins Land bringt (Z. 5) oder daß die Tätigkeit des Unternehmens zur Importsubstitutionspolitik beiträgt (Z. 7). Wie viele der Kriterien und in welchem Ausmaß diese erftillt werden mußten, lag im Ennessen der Investitionsbehörde. 153 Vgl. dazu unten Kapitel IILB.3.b), S. 143 ff. 154 NAFTA-Vertrag (1992), Art. 1106 (2). 151

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128

III. Zulassung von Auslandsinvestitionen

zulässig, wenn sie nicht willkürlich oder ungerechtfertigt angewendet werden, wenn sie notwendig sind, das Leben und die Gesundheit von Menschen, Tieren oder Pflanzen zu schützen, lebende und nicht-lebende erschöpfbare Naturschätze zu bewahren, oder wenn es zur Erfiillung anderer nationaler Vorschriften notwendig ist, soweit diese mit dem NAFTA-Vertrag vereinbar sind. 155 Ähnliche Regelungen fmden sich auch in anderen Instrumenten zum Investitionsschutz, die von den lateinamerikanischen Staaten abgeschlossen wurden. 156 So wurde etwa im BIT Mexico-Schweiz eine Klausel aufgenommen, die der NAFT A sehr ähnlich ist. 157 Interessant ist, daß hier andere als handelsbezogene Performance Requirements dezidiert erlaubt werden. 158 Auch im Tratado de Libre Comercio werden handelsbezogene Performance Requirements verboten, Performance Requirements, die den geographischen Standort, die Schaffung von Arbeitsplätzen oder Forschung und Entwicklung betreffen, sind jedoch von dem Verbot ausgenommen. 159

b) Beteiligung und Fade-out Sowohl die ANCOM-Staaten als auch die übrigen ALADI-Staaten sahen in ihren Investitionsgesetzen der siebziger Jahre Beschränkungen in den Unternehmensformen vor, die ausländischen Investoren zur Verfiigung standen. Damit sollte die inländische Kontrolle über alle Unternehmen erreicht werden. Die Regelungen des ANCOM waren darauf ausgerichtet, gemischte Unternehmen zu schaffen, also Unternehmen, bei denen die Beteiligung inländischen Kapitals sowie die Kontrolle zu mindestens 50% in der Hand von inländischen Investoren oder dem Staat lagen. 16o So hoffte man, die Geschäftstätigkeit besser überwachen und das Kapital im Dienste der nationalen Entwicklungspläne sowie zur Förderung der nationalen Kapitalbildung einsetzen zu können. Auch die meisten LAIA-Staaten außerhalb des ANCOM kannten diese Unterscheidung in inländische und ausländische Unternehmen. 161 Neue ausländische Investitionen waren im ANCOM nur sehr beschränkt möglich. 162 Nur wenn das Projekt den Prioritäten der staatlichen EntwicklungsNAFTA-Vertrag (1992), Art. 1106 (6). Etwa BIT Argentinien-USA (1991), Art. 2 (5); BIT Ecuador-USA (1993), Art. 2 (6); BIT Ecuador-Kanada (1996), Art. 5 (2). 157 BIT Mexico-Schweiz (1995), Art. 5. 158 BIT Mexico-Schweiz (1995), Art. 5 (3). 159 Tratado de Libre Comercio (1994), Art. 17-4 (3). 160 ANCOM, D 24, Art. 1; s. dazu oben Kapitel III.B.1.b), S. 117 ff. 161 Mexico, Argentinien, Uruguay, Brasilien. 162 Foeth, Investitionen, S. 61 tT. 155

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B. Praxis der lateinamerikanischen Staaten

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ziele entsprach und der Bereich nicht schon in ausreichendem Maße von bestehenden Unternehmen abgedeckt war, durften neue ausländische Unternehmen zugelassen werden. 163 Außerdem war es verpflichtend, einen Fade-out-Vertrag zu unterzeichnen, also einer schrittweisen Umwandlung in ein gemischtes Unternehmen zuzustimmen. 164 Ein Erwerb von Aktien oder Anteilen an bestehenden inländischen Unternehmen war nach der D 24 rur ausländische Investoren ausgeschlossen. 165 Eine Ausnahme bestand nur, wenn so ein unmittelbar drohender Konkurs abgewendet werden konnte. Die Investition wurde aber auch dann nur genehmigt, wenn die Anteile inländischen oder subregionalen Unternehmen nachweislich zuvor zum Kauf angeboten worden waren und wenn sich der ausländische Investor verpflichtete, binnen zehn Jahren seine Anteile wieder zum Verkauf anzubieten!166 Ansonsten war eine Beteiligung an existierenden inländischen oder gemischten Unternehmen nur möglich, wenn der Charakter des Unternehmens durch die neuen Kapitalanteile nicht geändert wurde. 167 All diese Regelungen zielten darauf ab, die nationale Kapitalbildung zu fördern und bestehendes inländisches Kapital nicht in ausländische Hände fallen zu lassen. 168 Um die nationale Kapitalbildung zu fördern, wurde mit der D 24 der Prozeß des "Fade-out" eingeruhrt. 169 Darunter versteht man die Umwandlung neuer und bereits bestehender ausländischer Unternehmen in nationale oder gemischte Unternehmen. Dies bedeutete, daß ausländische Unternehmen so viele Kapitalanteile an inländische Investoren veräußern mußten, bis ihre Beteiligung am Unternehmen nur noch maximal 49% betrug und sie so nicht mehr die Stimmenmehrheit besaßen. Eine weitere Möglichkeit, diesen Prozentsatz zu erreichen, bestand darin, die inländischen oder subregionalen Kapitalanteile entsprechend zu erhöhen. 170 Nach der D 24 war dieses Fade-out zum Teil freiwillig, zum Teil aber auch verpflichtend vorgesehen. Das Eingehen eines Fade-out-Vertrages war die Voraussetzung dafür, daß ein Unternehmen beim Export seiner Produkte in andere ANCOM-Staaten die Vorteile aus dem Zollsenkungsprogramm des ANCOM in

163 ANCOM, D 24, Art. 2 und 3. 164 ANCOM, D 24, Art. 30. 165 ANCOM, D 24, Art. 3 (2). 166 ANCOM, D 24, Art. 3 (3). 167 ANCOM, D 24, Art. 4. 168 ANCOM, D 24, Präambel, Abs. 1: " ... providing capitalization is encouraged in

the recipient country ... ". 169 ANCOM, D 24, Art. 28 ff; vgl. dazu ausfiihrlieh Dariino, S. 668 ff; Olivier, S. 777 ff; Foeth, Investitionen, S. 54 ff; Preziosi, S. 662. 170 ANCOM, D 24 in der Fassung der D 103, Art. 31 (f). 9 Zagel

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III. Zulassung von Auslandsinvestitionen

Anspruch nehmen konnte. 171 Dies wurde durch die Ausstellung von Ursprungszeugnissen gerege1t. 172 Für Produkte, die von ausländischen Unternehmen hergestellt wurden, wurden solche Ursprungszeugnisse nur ausgestellt, wenn das produzierende Unternehmen einen Fade-out-Vertrag unterzeichnet hatte und diesen auch einhielt. Man kann hier von einem Performance Requirement sprechen, denn das Fade-out stellte eine Bedingung fiir die Zulassung bzw. die Erlangung einer bestimmten Behandlung dar. Verpflichtend war das Fade-out bei allen neuen Unternehmen, also bei Unternehmen, die nach dem 30. Juni 1971 gegründet worden waren. 173 Es konnten zwar zu 100% ausländische Unternehmen gegründet werden, die Unterzeichnung eines Fade-out-Vertrages stellte in diesem Fall aber eine Zulassungsvoraussetzung dar. 174 Die Sanktion fiir das Nichteinhalten des Vertrages war die Streichung der Zollvorteile. Verpflichtend war das Fade-out weiters fiir bestehende ausländische Unternehmen im Versicherungs-, Banken- und Finanzsektor175 sowie im Bereich der öffentlichen Versorgungsbetriebe, wie Transportunternehmen, Medienunternehmen und Werbung. 176 In diesen Wirtschaftszweigen mußte der Betrieb von ausländischen Unternehmen eingestellt werden, wenn nicht binnen drei Jahren ein Fade-out-Vertrag eingegangen wurde. Keine Fade-out-Verpflichtung gab es aber fiir bestehende ausländische Unternehmen im Grundstoffsektor sowie im öffentlichen Dienstleistungssektor, da die ANCOM-Staaten in diesen Bereichen auf ausländisches Kapital angewiesen waren. 177 Freiwillig war das Eingehen eines Fade-out-Vertrages hingegen bei bereits bestehenden ausländischen oder gemischten Unternehmen, die nicht irgendwelchen Spezialregelungen unterlagen. Dies betraf vor allem Unternehmen, die im verarbeitenden Sektor tätig waren. Diese Unternehmen mußten nur dann binnen drei Jahren einen Fade-out-Vertrag unterzeichnen, wenn sie die Vorteile des Zolliberaiisierungsprograrnmes genießen wollten. 178 Damit waren diese Unternehmen aber indirekt dazu gezwungen, wenn sie im Export mit anderen Unternehmen konkurrenzfähig bleiben wollten. ANCOM, D 24, Art. 27. ANCOM, D 24, Art. 29. 173 ANCOM, D 24, Art. 30. 174 V gl. auch Dafiino, S. 669 f; Foeth, Investitionen, S. 55. 175 ANCOM, D 24, Art. 42, vgl. dazu unten Kapitel III.B.2.c), S. 134. 176 ANCOM, D 24, Art. 43, s. dazu unten Kapitel III.B.2.c), S. 134. 177 ANCOM, D 24, Art. 40 und Art. 41. 178 Später wurde in einer offiziellen Interpretation durch die Junta des ANCOM erklärt, daß die ursprünglich negative Entscheidung des Untemelunens den Investor nicht daran hindere, später doch noch einen Fade-out-Vertrag einzugehen, s. Daiiino, S. 669, dort FN 183. 171

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B. Praxis der lateinamerikanischen Staaten

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Wirklich freiwillig war das Fade-out für Unternehmen, die 80% oder mehr ihrer Produkte in Drittstaaten exportierten sowie für Unternehmen in der Tourismusbranche. Hier wurde erkannt, daß solche Unternehmen sich nicht auf eine Umwandlungsverpflichtung einlassen würden, da für sie ein Zollvorteil aus dem ANCOM nicht von Nutzen gewesen wäre und bei einem Zwang zum Fadeout die Investitionsentscheidung negativ ausgefallen wäre. Zudem wirkten sich die Bereiche Tourismus und Exporte ohnehin durch Deviseneinnahmen positiv auf die Wirtschaft und die Kapitalbilanz des Gaststaates aus. Für das Verfahren des Fade-out waren in der D 24 detaillierte Vorschriften enthalten, die die Grundlage für den Fade-out-Vertrag bildeten, der zwischen dem ausländischen Investor und der nationalen Investitionsbehörde geschlossen wurde. I79 Der maximale Zeitrahmen fiir die Beendigung der Umwandlung, also fiir das Entstehen eines gemischten Unternehmens mit 51 % inländischen Kapitals, betrug in Kolumbien, Peru, Chile und später Venezuela fiinfzehn Jahre, in Bolivien und Ecuador zwanzig Jahre. 180 Eine Ausnahmeregelung bestand jedoch für Unternehmen, an denen der Staat beteiligt war. Diese galten bereits als inländische Unternehmen, wenn der staatliche Anteil zumindest 30% betrug. Damit war dem Erfordernis der nationalen Kontrolle Genüge getan. 181 Der Verkauf der Anteile konnte an inländische (oder als inländisch qualifizierte)182 Investoren erfolgen, es mußte jedoch auch hier ein Vorkaufsrecht fiir den Staat oder staatliche Unternehmen eingeräumt werden. Dies wurde von den nationalen Investitionsbehörden überwacht. 183 Falls ein Unternehmen den Fadeout-Vertrag nicht entsprechend erfiillte, gingen die Vorteile aus dem Zollsenkungsprogramm verloren. l84 Problematisch und für den Investor abschreckend war beim Fade-out, daß der Investor durch diesen Verkaufszwang nicht die besten Preise rur seine Anteile erzielen konnte, da er nicht die Möglichkeit besaß, sich nach den Gegebenheiten des Marktes zu richten. Diese Fade-out-Bestimmungen, die an schleichende Enteignungen grenzen,185 schreckten sehr viele Investoren ab. Sie wurden von anderen Staaten, die ihre Investitionsgesetze an die D 24 des ANCOM anglichen, auch nicht übernommen. 186 Es gab allerdings in den übrigen LAIA-Staaten ebenfalls Beschrän179

ANCOM, D 24, Art. 28, Art. 30, Art. 42 und Art. 43; vgl. dazu Danino, S. 671 f.

180 Diese Sonderbestimmung war eine der Präferenzen, die den beiden ärmsten Län-

dern des ANCOM Bolivien und Ecuador eingeräumt wurden. 181 ANCOM, D 24, Art. 36. 182 V gl. dazu oben Kapitel m.B.l.a), S. 111 fI. 183 ANCOM, D 24, Art. 35. 184 S. dazu Olivier, S. 778. 185 Vgl. unten Kapitel v.A., S. 197 fI. 186 Es gab zwar in Argentinien kurze Zeit im L 20557/73, Art. 7 (a), eine ähnliche Vorschrift, dieses Gesetz wurde aber bereits 1976 wieder abgeschafft. 9'

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III. Zulassung von Auslandsinvestitionen

kungen fur die Neuzulassung ausländischer Investitionen. So konnten in Mexico neue Unternehmen nur mit maximal 49% an ausländischen Kapitalanteilen zugelassen werden. 187 In Mexico und Argentinien war eine spezielle Zustimmungspflicht vorgesehen, wenn inländische Unternehmen oder Anteile inländischer Unternehmen an Ausländer verkauft wurden und das Unternehmen sich so in ein ausländisches Unternehmen mit mehrheitlich ausländischen Kapitalanteilen verwandelte. 188 Eine Veräußerungspflicht wie im ANCOM gab es in den übrigen LAIA-Staatenjedoch nicht. Das Ausbleiben von ausländischem Kapital fiihrte dazu, daß die Beschränkungen und vor allem die Fade-out-Regelungen zunächst in den nationalen Investitionsgesetzen, dann aber auch in der D 220 des ANCOM gelockert wurden. Die Entscheidung zum Fade-out, das nach der D 24 fiir neue Investitionen zwingend war, wurde neuen Unternehmen jetzt freigestellt, war aber weiterhin Voraussetzung, wenn man von den Zollvorteilen des ANCOM Gebrauch machen wollte. 189 Auch die Fristen fur die Beendigung der Umwandlung wurden auf 30 bzw. 37 Jahre erstreckt. Bestehende Fade-out-Verträge konnten auf Antrag des ausländischen Investors angeglichen oder aufgelöst werden. 190 Während die ANCOM-Staaten in ihren nationalen Investitionsgesetzen bereits Mitte der achtziger Jahre von den Fade-out-Bestimmungen abgingen, wurde dies auf regionaler Ebene erst in der D 291 nachvollzogen. Die Bestimmungen zum Fade-out sind damit völlig entfallen. In einer Übergangsbestimmung wird es den Unternehmen freigestellt, bestehende Umwandlungsverträge zu beenden. 191 Die Unterscheidung in nationale, gemischte und ausländische Unternehmen ist zwar in D 291 und einigen nationalen Investitionsgesetzen der ANCOMStaaten noch enthalten, ein Zulassungsverfahren ist jedoch nicht mehr durchzufuhren. Es bleibt dem ausländischen Investor überlassen, die Kapitalbeteiligungen zu bestimmen, aus denen sich sein Unternehmen zusammensetzt, oder in welcher Höhe er sich an einem Unternehmen beteiligt. Dieselbe Rechtslage besteht auch in Argentinien. 192 In Mexico gibt es jedoch auch im neuen Investi187 Mexico, L 1973, Art. 5 (2); es stand jedoch im Ennessen der Investitionsbehörde, auch höhere Beteiligungen zuzulassen. 188 Argentinien, L 21382n6, Art. 4 (2) und (3) sowie Art. 5; Mexico, L 1973, Art. 8; nach Art. 9 konnte die mexikanische Investitionsbehörde mexikanischen Kapitalgebern ein Vorkaufsrecht einräumen, wenn es ihnen zweckmäßig erschien. 189 ANCOM, D 220, Art. 25. 190 ANCOM, D 220, Art. 26. 191 ANCOM, D 291, First Transitory Provision. 192 Argentinien, D 1853/93, Art. 2: ,,Foreign investors may invest in the country without prior approval under the same conditions as investors domiciled within the country."

B. Praxis der lateinamerikanischen Staaten

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tionsgesetz L 1993 Beschränkungen, und es ist nach wie vor eine Genehmigung der Investitionsbehörde erforderlich, wenn ein ausländischer Investor mehr als 49% der Anteile eines Unternehmens erwerben möchte. 193 c) Sektorielle Beteiligungsbeschränlamgen und -verbote

Aus der Angst heraus, daß wichtige Wirtschaftssektoren von ausländischen Finnen kontrolliert werden und somit Druck auf das Land ausgeübt werden könnte, gab es in den Investitionsgesetzen der siebziger Jahren zusätzlich zu den allgemeinen Zulassungsbeschränkungen und -verboten rur viele Wirtschaftssektoren Sonderregelungen. Solche Einschränkungen sind auch in den Guidelines der Weltbank vorgesehen: eine wirtschaftliche Tätigkeit kann aus Grunden der nationalen Sicherheit, im Dienste der nationalen Entwicklungsziele oder im nationalen Interesse dem Staat oder den Staatsbürgern vorbehalten werden. Auch Einschränkungen zum Schutz des öffentlichen Wohles, des ordre pub/ic oder des Umweltschutzes können festgelegt werden, wenn sie rur Inländer wie ruf Ausländer gleichennaßen gelten, also keine diskriminierende Regelung vorliegt. 194 In den lateinamerikanischen Staaten bestanden solche Beschränkungen in verschiedenen Abstufungen. 195 Wirtschaftsbereiche, die als besonders sensibel oder als grundlegend fiir die nationale Entwicklung oder Sicherheit galten, wurden häufig in den Verfassungen und in Spezialgesetzen gesondert geregelt. Diese Bereiche wurden meist dem Staat vorbehalten oder von diesem im Konzessionsystem entweder nur an Inländer oder auch an Ausländer vergeben, wobei in vielen Fällen die Beteiligung des Staates oder eines nationalen Unternehmens vorgeschrieben war. So hoffte man, die Kontrolle über die Geschäftstätigkeit sicherzustellen. Damit in Zusammenhang standen auch die zahlreichen Verstaatlichungen der Grundstoffindustrie, der Versorgungsbetriebe, der Medien und der Verkehrsbetriebe sowie die Fade-out-Regelungen im ANCOM. 196 Die Wirtschaftspolitik des Protektionismus vertrat die Ansicht, daß in diesen Bereichen keine Abhängigkeit von Technologie und Kapital ausländischer Herkunft bestehen sollte. Die Verstaatlichungen kombiniert mit den Fade-outs, die in diesen Bereichen im ANCOM zwingend waren, ergänzten die Zulassungsverbote und -beschränkungen. 197 Mexico, L 1993, Art. 9. World Bank Guidelines, H.4. und 5. 195 S. dazu Correa, Foreign Investment, S. 41 ff; BakerlHolmes, S. 14 ff; OAS, S. 159 ff. 196 Vgl. dazu oben Kapitel III.B.2.b), S. 128 ffund unten Kapitel V.C., S. 207 f. 197 Vgl. etwa Venezuela, wo parallel zur Übernahme der D 24 auch die Erdöl- und Eisenhüttenindustrie verstaatlicht wurde, s. dazu Foeth, Investitionen, S. 119 f. 193

194

134

III. Zulassung von Auslandsinvestitionen

Nach der D 24 des ANCOM gab es drei Sektoren, die als besonders sensibel tUr die Wirtschaft eines Landes angesehen wurden und in denen eine ausländische Beeinflussung als sehr gefährlich eingeschätzt wurde. 198 Dies war zunächst der Infrastrukturbereich. Dazu zählten Trinkwasser, Kanalisation, Stromversorgung, Straßenbeleuchtung, Müllsammlung, Gesundheitswesen, Telefon, Post und Telekommunikationseinrichtungen. Neuzulassungen waren in diesen Bereichen nicht mehr möglich, es wurden aber neue Investitionen in bereits bestehende ausländische Unternehmen erlaubt, wenn diese unter dem Gesichtspunkt technischer oder wirtschaftlicher Erneuerungen vorgenommen werden mußten. 199 Ein zweiter beschränkter Bereich umfaßte das Bankwesen, Versicherungen und andere Finanzinstitutionen. 200 Hier waren nicht nur Neuinvestitionen verboten, sondern mußten bestehende ausländische Unternehmen innerhalb von drei Jahren einer Umwandlung in inländische Unternehmen, also einem Verkauf von 80% des Kapitals an inländische Investoren zustimmen, da ansonsten die Entgegennahme von örtlichen Einlagen auf laufende Konten, sowie Sparund Festkonten einzustellen war, eine Auflage, die die Geschäftstätigkeit nahezu unmöglich machte. Der dritte Bereich bestand aus dem öffentlichen Transportwesen, Werbung, Radiostationen, Zeitungen, Fernsehsender und Unternehmen, die in die Vermarktung inländischer Produkte aller Art involviert waren. Auch hier wurden nicht nur Neuinvestitionen durch ausländische Investoren verboten, sondern waren bestehende ausländische Unternehmen innerhalb von drei Jahren zu einer Umwandlung in ein inländisches Unternehmen verpflichtet. 201 Der Bereich der Grundstoffindustrie war in den meisten lateinamerikanischen Staaten schon in den Verfassungen dem Staat vorbehalten. 202 Zur Grundstoffindustrie gehörten nach der D 24 des ANCOM "primary activities for exploration and exploitation of any type ofminerals inc1uding liquid and gaseous hydrocarbons, gasducts, pipelines and forestry exploitation."203 Der Staat vergab in diesen Bereichen Konzessionen, das heißt die Produktionsrechte wurden 198 Vgl. dazu Foeth, Investitionen, S. 61 f; zur Regelung in den nationalen Gesetzen vgl. OAS, S. 179 ff. 199 ANCOM, D 24, Art. 41. 200 ANCOM, D 24, Art. 42. 201 ANCOM, D 24, Art. 43. 202 Vgl. etwa Verfassung von Brasilien 1988, Art. 177, der die Staatsmonopole regelt, dazu gehört etwa die Förderung, die Verarbeitung, der Vertrieb und der Transport von Erdöl, Erdgas und sonstigen Kohlenwasserstoffen; s. auch Verfassung von Venezuela 1961, Art. 97, dieser verbietet zwar Monopole, gibt dem Staat jedoch die Kompetenz, verschiedene Bereiche von öffentlichem Interesse rur sich zu reservieren. 203 ANCOM, D 24, Art. 40 (2).

B. Praxis der lateinamerikanischen Staaten

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zeitlich begrenzt zuerkannt. Insbesondere bei Erdöl und Erdgas waren solche Unternehmen nur mit staatlicher Beteiligung möglich. 204 Auch in den übrigen LAIA-Staaten gab es zahlreiche Investitionsverbote und -beschränkungen. 205 Noch restriktiver als in den ANCOM-Staaten war das Investitionsgesetz Mexicos. Hier wurde neben einer allgemeinen Beschränkung von 49% für die ausländische Beteiligung an Unternehmen206 noch ein kompliziertes System von Beteiligungsmöglichkeiten in verschiedenen Sektoren erstellt. 207 Auch in diesem Gesetz waren gewisse Sektoren ausschließlich für den Staat reserviert. Dazu gehörten der Bergbau, die Erdölindustrie, die petrochemische Industrie, Elektrizität, Eisenbahnen sowie, in einer Generalklausei formuliert, alle Wirtschaftszweige, die von Spezialgesetzen bestimmt werden. 208 Die Aufzählung war also nicht abschließend und konnte jederzeit erweitert werden. Andere Bereiche waren mexikanischen natürlichen und juristischen Personen vorbehalten. 209 Dazu gehörten Radio und Fernsehen, das Transportwesen, die Forstwirtschaft sowie der Vertrieb von Gas. Schließlich gab es eine Reihe anderer Sektoren, die ausländischen Investoren zwar zugänglich waren, in denen aber auch prozentuelle Beteiligungsbeschränkungen existierten, etwa die Autozubehörindustrie mit 40%.210 Auch diese Bereiche konnten durch Spezialgesetze ergänzt werden. Diese Beschränkungen wurden in den neunziger Jahren gelockert. Die Kapitalknappheit sowie die Verschuldung aller Staaten fiihrte dazu, daß die Staatsunternehmen nicht mehr fmanziert werden konnten. Aus diesem Grund wurden viele Bereiche, die in den sechziger und siebziger Jahren nationalisiert worden waren, nun privatisiert und sind damit auch für Ausländer wieder zugänglich gemacht worden. Besonders wichtig war hier das Instrument der Debt-Equity-

Swaps.2l1

Heute gibt es in den LAIA-Staaten nur noch sehr wenige Sektoren, die dem Staat oder nationalen Investoren vorbehalten sind. 212 In der D 291 gibt es dazu keine Normen mehr, es ist also den Mitgliedstaaten überlassen, welche Bereiche ANCOM, D 24, Art. 40 (4). Vgl. etwa das L 20557173 Argentiniens, Art. 6; auch in Uruguay brauchten bestimmte Sektoren, etwa die Elektrizitätswirtschaft, die Atomenergie oder die Ausbeutung strategisch wichtiger Mineralien, eine Sondergenehmigung, vgl. L 14179/74, Art. 3 (2). 206 Mexico, L 1973, Art. 5 (2); vgl. dazu oben Kapitel III.B.2.b), S. 128 ff. 207 Mexico, L 1973, Art. 4 ff 208 Mexico, L 1973, Art. 4 (1) (h). 209 Mexico, L 1973, Art. 4 (2). 210 Mexico, L 1973, Art. 5. 211 Vgl. dazu oben Kapitel III.B.1.c), S. 122 ff. 212 V gl. dazu Leavy, Legal Framework, S. 123 ff. 204

205

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III. Zulassung von Auslandsinvestitionen

sie noch beschränken. Argentinien, Chile, Peru und Bolivien haben in den allgemeinen Investitionsgesetzen keine Sektoren, die ausschließlich dem Staat oder nationalen Investoren vorbehalten sind. In manchen Bereichen sind jedoch Zulassungsverfahren einzuhalten. Für gewisse Bereiche bestehen Spezialgesetze. 213 In Mexico sind jedoch auch im neuen Investitionsgesetz L 1993, das in diesem Bereich nur wenig liberaler als seine Vorgänger ist, noch zahlreiche Beschränkungen vorhanden. 214 Es gibt nach wie vor zahlreiche Sektoren, die dem Staat vorbehalten sind,215 von denen ausländische Investoren ausgeschlossen sind und in denen die mexikanischen Unternehmen in ihren Gründungsverträgen ausdrücklich eine "Exclusion-ofForeigners-Clause" aufzunehmen haben, das heißt sich verpflichten müssen, auf die Beteiligung ausländischen Kapitals zu verzichten. 216 In zahlreichen anderen Bereichen sind die Prozentsätze der Beteiligung ausländischen Kapitals ebenfalls bis zu maximal 49% beschränkt. 217 Es gibt aber Bereiche, in denen die Beteiligung nach Genehmigung auch höher sein kann. 218 In von lateinamerikanischen Staaten abgeschlossenen BITs gibt es im allgemeinen keine sektoriellen Beschränkungen. Auffallend sind jedoch die mit den USA abgeschlossenen BITs. Da die Zulassung nicht in einem eigenen Artikel geregelt ist, sondern die allgemeinen Behandlungsstandards der Inländergleichbehandlung sowie der Meistbegünstigung zur Anwendung kommen219 und denmach die Zulassung in allen Bereichen uneingeschränkt möglich wäre, sind in den Protokollen verschiedene Industriezweige von diesem Standard ausgenommen. Im BIT Ecuador-USA sind dies etwa von seiten Ecuadors Fischerei sowie Radio- und Fernsehstationen, von seiten der USA Z.B. Fluggesellschaften, See- und Küstenschiffahrt oder der Bergbau. 220 Auffallend ist hierbei, daß die Liste der Ausnahmen der USA bedeutend länger ist, als die Ecuadors. Ähnliche Ausnahmeregelungen sind auch im BIT Argentinien-USA und im NAFT A-Vertrag enthalten. 221

Z.B. Bolivien, L 1243/91, Bergbaugesetz. V gl. dazu Murphy, Access and Protection, S. 70 fT. 215 Mexico, L 1993, Art. 5. 216 Mexico, L 1993, Art. 6 in Verbindung mit Art. 2 (VII). 217 Mexico, L 1993, Art. 7. 218 Mexico, L 1993, Art. 8 und 9. 219 Vgl. dazu ausfiihrlich Kapitel IV.A.1.b), S. 159 ff. 220 BIT Ecuador-USA (1993), Protokoll, Z. 2, 3 und 4. 221 BIT Argentinien-USA (1991), Protokoll, Z. 2 bis 5; NAFTA-Vertrag (1992), Art. 1108 (3) und Annex II. 213

214

B. Praxis der lateinamerikanischen Staaten

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3. Das Zulassungsverfahren

Typisch für die lateinamerikanischen Investitionsgesetze der siebziger Jahre waren komplizierte und langwierige Zulassungsverfahren sowie ein schwerfälliger Behördenapparat zur Durchführung der Verfahren und Überwachung der Geschäftstätigkeit der Investoren. Diese Zulassungsverfahren waren Ausdruck der interventionistischen Wirtschaftspolitik. Die Staaten wollten nur Investitionen ins Land lassen, die der nationalen Wirtschaftsentwicklung zuträglich waren. Dazu wurden zeitraubende Verhandlungen mit den potentiellen Investoren geführt, in denen man optimale Bedingungen und Erträge für die nationale Wirtschaft zu erreichen versuchte und deren Ergebnisse weniger von objektiven rechtlichen Vorgaben als von der Ausdauer und dem Verhandlungsgeschick des Investors abhingen. Die Behörden hatten außerdem die Aufgabe, die Tätigkeit der Unternehmen genau zu kontrollieren, um unerwünschte Geschäftspraktiken oder Mißbräuche aufzudecken. Problematisch an diesen Verfahren waren die unklaren Regelungen in den nationalen Investitionsgesetzen. Dies betraf sowohl die Organisation des Verfahrens als auch die materiellen Entscheidungsgrundlagen. 222 Die Zuständigkeiten der Investitionsbehörden waren oft entweder nicht eindeutig oder sehr kompliziert geregelt, womit es aufgrund von Kompetenzkonflikten häufig zu Verfahrensverzögerungen kam. Durch die unklaren Vorgaben der Entscheidungsgrundlagen wurde den Behörden zudem viel Ermessen und Verhandlungsspielraum eingeräumt, sodaß Willkür und Korruption Tür und Tor geöffnetwurden.

a) Behörden Charakteristisch für das Zulassungsverfahren war ein komplizierter Behördenapparat, dem die Durchführung der notwendigen Verfahrensschritte oblag. 223 Nach der D 24 des ANCOM mußten alle Mitgliedstaaten eigene Behörden schaffen, die die Investitionen zuließen, registrierten, die Geschäftstätigkeit überwachten und entsprechend den nationalen Investitionsgesetzen noch weitere Kompetenzen hatten. 224 Auch in den übrigen LAIA-Staaten gab es solDazu s. oben Kapitel III.B.2. und 3., S. 125 ff. S. Correa, Foreign Investment, S. 81 ff; ausführlich zur Rechtslage in den siebziger Jahren DAS, S. 49 ff. 224 ANCOM, D 24, Art. 2,3 und 6. Die"competent national authorities" waren in Bolivien: Instituto Nacional de Inversiones (INI), L 10045/71, Art. 42 f; in Ecuador: Consejo Superior de Comercio Exterior, D 887/74, Art. 1; Peru: Comisi6n Nacional de Inversiones y Technologias Extranjeras (CONlTE), DS 005-82-EFC, 8.1.1982 (s.Murphy, Quiet Revolution, S. 10-8); Venezuela: Superintendencia de Inversiones Extran222

223

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III. Zulassung von Auslandsinvestitionen

che Behörden. 225 Die Behörden waren meist als Kommissionen organisiert, die aus Vertretern verschiedener Ministerien gebildet wurden. 226 Diese Behörden waren in den meisten Fällen einem Ministerium unterstellt. 227 In manchen Staaten waren sie auch selbständig und unabhängig.228 Zur Komplizierung des Zulassungsverfahrens trug bei, daß häufig nicht alle Verfahrensschritte bei einer Behörde durchgeruhrt werden konnten. In vielen Staaten waren rur das Genehmigungsverfahren und die Registrierung der genehmigten Investition verschiedene Behörden zuständig. 229 Die Registrierung war in vielen Fällen den Zentralbanken überlassen, denen auch die Devisenund Wechselkurskontrollen oblagen. 23o Zusätzlich zu den Investitionsbehörden gab es in vielen Staaten noch eigene Behörden rur die Einbringung von Technologie. 231 Die Kompetenzen der Behörden waren sehr breit und beinhalteten eine umfassende Kontrolle der Aktivitäten des ausländischen Investors. 232 Im L 18751/81 Boliviens hieß es etwa: ,,EI Instituto Nacional de Inversiones es el organismo competente para autorizar, registrar y controlar las inversiones de capital en proyectos que se acojan a la presente ley".233 jeras (SIEX), D 63/74, Art. 3 ff; in Kolumbiengab es mehrere zuständige Behörden: vor Implementierung der D 24 Departarnento Administrativo de Planeacion, L 444/67, Art. 107, nach 1974 waren die wichtigsten: Departarnento Nacional de Planeacion (DNP) und EI Consejo Nacional de Politica Economica y Social (CONPES), weitere vgl. Berckholtz (Hrsg.), Inversion extranjera en America Latina, Aspectos legales, Buenos Aires 1991, S. 47 f.

225 Z.B. Mexico: Comision Nacional de Inversiones Extranjeras, L 1973, Art. 11 ff; Argentinien: Secretaria de Estado de Programacion y Coordinacion Economia, L 20557173, Art. 32 und D 413174, Art. 34 ff, abgelöst durch: L 21382/76, Art. 7 und D 283177, Art. 29 ff; Chile: Comite de Inversiones Extranjeras, DL 600174, Art. 26 ff. 226 Vgl. etwa Mexico, L 1973, Art. 11, die Comision Nacional de Inversiones Extranjeras setzte sich aus Vertretern von sechs Ministern sowie dem Präsidenten zusammen; s. auch Bolivien, L 10045/71, Art. 44 und L 18751181, Art. 89; Chile, DL 600174, Art. 27 f; anders Z.B. in Venezuela: hier wurden die Aufgaben der SIEX durch einen Beamten (Superintendente de Inversiones) wahrgenommen, L 63/74, Art. 6. 227 Z.B. Bolivien, INl, L 10045/71, Art. 42; Ecuador, D 887174, Art. 3; Argentinien,

L 20557/73, Art. 32.

228 Z.B. Mexico, L 1973, Art. 11; Chile, DL 600/74, Art. 26. 229 Vgl. Correa, Foreign Investment, S. 81, dort werden alle Behörden aufgezählt, die in den Staaten fiir Zulassung und Registrierung zuständig waren. Zusätzlich gab es in Spezialgesetzen noch eigene Behörden. 230 Z.B. Argentinien, L 21382/76, Art. 10; Ecuador, D 887174, Art. 4. 231 S. unten Kapitel III.B.4., S. 145 ff 232 ANCOM, D 24, Art. 6; Bolivien, L 18751181, Art. 95 ff; Venezuela, D 63/74, Art. 9; Mexico, L 1973, Art. 12; Argentinien, L 21382/76, Art. 30; Chile, DL 600174, Art. 29.

B. Praxis der lateinamerikanischen Staaten

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Die Kompetenzen reichten von der Durchfiihrung des Genehmigungsverfahrens bis zur Überwachung der geschäftlichen Aktivitäten der Unternehmen. Sie waren auch für die Genehmigung verschiedener Akte im Rahmen der Geschäftstätigkeit zuständig, z.B. fiir die Genehmigung von Krediten234 oder die Genehmigung von Zahlungstransfers fiir die Tilgung oder Zinszahlungen von Krediten. 235 Häufig waren sie auch berechtigt, Richtlinien fiir die näheren Zulassungs- und Betätigungskriterien von Auslandsinvestitionen sowie zur Ausgestaltung ihrer eigenen Tätigkeit zu erlassen. 236 Bei Nichteinhaltung der Vorschriften hatten sie in einigen Staaten sogar Sanktionsmöglichkeiten. 237 Abgeschlossen wurde der Kompetenzenkatalog oft mit einer Generalklausei folgenden Inhalts: "To exercise all the other powers, faculties and functions which are necessary for the fulfi.llment ofthe purpose ofthis law.,,238

Diese Bestimmung ließ den Behörden natürlich viele Handlungsmöglichkeiten offen. Die umfassenden Kompetenzen der Investitionsbehörden fiihrten in vielen Fällen zu einem Mißbrauch der Macht und gaben den Behörden die Möglichkeit zu Willkür und unsachlichen Differenzierungen. Besonders weitreichend waren die Kompetenzen der mexikanischen Investitionsbehörden. 239 In Peru hatte die Investitionsbehörde CONITE (Comision Nacional de Inversiones Extranjeras) im Bereich der Investitionen de facto die Rolle des Investitionsgesetzgebers. 240 Eine zusätzliche Erschwernis des Verfahrens war die häufig sehr komplizierte Zusammensetzung der Entscheidungsgremien. Die unklaren Kompetenzverteilungen sowie die Einbindung mehrerer verschiedener Stellen fiihrten in der Durchfiihrung des Verfahrens häufig zu endlosen Verzögerungen. In Mexico etwa hatte die Comision Nacional de Inversiones Extranjeras als Oberbehörde zwar die Entscheidungsbefugnis,z41 diese wurde aber an die verschiedenen 233 Bolivien, L 18751/81, Art. 95. 234 ANCOM, D 24, Art. 14; Uruguay, D 808174, Art. 22. 235 ANCOM, D 24, Art. 16; vgl. auch unten Kapitel N.B.3., S. 186 ff. 236 2.B. Bolivien, L 10045/71, Art. 43 und L 18751/81, Art. 88; Ecuador, D 887/74, Art. 2; Argentinien, D 413/74, Art. 35 (a); Chile, DL 600/74, Art. 29 (e); Mexico, L 1973, Art. 12 (VI). 237 2.B. Mexico, L 1973, Art. 28 fT; s. auch Foeth, Investitionen, S. 175. 238 Chile, DL 600/74, Art. 29 (n); ähnlich Venezuela, D 63/74, Art. 9 (9). 239 Vgl. Mexico, L 1973, Art. 12; s. dazu Foeth, Investitionen, S. 167 fT; Baker/Holmes, S. 12 f. 240 Murphy, Quiet Revolution, S. 10-9; ähnlich in Kolumbien die Resolutionen des CONPES (Consejo Nacional de Politica Economica y Socia/). 241 Mexico, L 1973, Art. 8.

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III. Zulassung von Auslandsinvestitionen

Fachministerien weitergegeben. Im nationalen Interesse konnte die Comision Nacional de Inversiones Extranjeras jedoch in diesen Fällen Mexikanern den Vorzug geben. Während die Fachministerien über Investitionen entschieden, erließ die Comision Nacional de Inversiones Extranjeras außerdem neue Richtlinien, nach denen ihr in bestimmten Fällen ein Vetorecht zukam. 242 Für den Investor bedeutete dies faktisch, daß er zwei Genehmigungen einholen mußte. Ähnlich komplexe Entscheidungsstrukturen gab es in Peru, Ecuador und Urugu ay. 243 Ein besonderes Problem stellten die unterschiedlichen Behördenstrukturen im ANCOM dar. Das eigentliche Ziel des gemeinsamen Investitionskodex, nämlich in allen Ländern die gleiche Ausgangsposition rur ausländische Investoren zu schaffen, wurde durch die unterschiedliche Gestaltung der Zulassungsverfahren und der Behördenapparate unterlaufen, da in D 24 zwar festgelegt war, daß ein "organism to authorize, register and control foreign investments and transfer oftechniques" zu schaffen seF44 und auch Richtlinien rur das Verfahren im Annex zu D 24 gegeben wurden, die genaue Ausgestaltung aber den Mitgliedstaaten überlassen blieb. 245 So waren die bürokratischen Hürden in den verschiedenen ANCOM-Staaten unterschiedlich. Dies wirkte sich entsprechend positiv oder negativ auf das Investitionsklima der Mitgliedstaaten aus, so daß eine Konkurrenzsituation entstand, die durch den gemeinsamen Investitionskodex eigentlich vermieden werden sollte. Heute ist in den meisten LAIA-Staaten mit der Abschaffung oder Straffung des Verfahrens auch eine Vereinfachung und Zentralisierung der Behördenstrukturen vorzufinden. In den Staaten, in denen das Zulassungsverfahren abgeschafft ist, haben die Behörden oft nur noch "die Durchfiihrung des Gesetzes" zur Aufgabe. Dies beschränkt sich meist auf die Registrierung, die Überwachung der Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften durch die ausländischen Investoren, die Erlassung von Durchruhrungsverordnungen im Rahmen des Gesetzes und das Sammeln von statistischen Informationen. 246 Ausdrücklich wird etwa im Investitionsgesetz Perus DL 662/91 festgelegt, daß ,,no authority ... may establish conditions other than those provided for herein".247

242 Vgl. dazu BakerlHolmes, S. 12. 243 Uruguay, L 14179174, Art. 3 ff; s. auch Bergstein, Foreign Investment in Uruguay: A Law and Development Perspective, in: University of Miami Inter-American Law Review 20 (1989), S. 359 ff, S.382; Ecuador, D 887/74, Art. 1 ff; Peru, L 18999171, Art. 1 ff. 244 ANCOM, D 24, Temporary Provisions, Art. D. 245 Vgl. dazu BakerlHolmes, S. 13 f. 246 Argentinien, D 1853/93, Art. 9 und Art. 10; Peru, DL 662191, Art. 30. 247 Peru, DL 662191, Art. 29 (a).

B. Praxis der lateinamerikanischen Staaten

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D 291 des ANCOM sieht nur noch eine Behörde vor, die zur Registrierung der Investitionen und zur Überwachung der Einhaltung der gesetzlichen Verpflichtungen durch die Investoren zuständig ist. 248 Im L 1182/90 Boliviens ist dies das zuständige Fachministerium in Zusammenarbeit mit dem Ministerio de Industria, Comercio y Turismo. 249 In Ecuador ist die Zentralbank rur das Registrieren der Investition und das Ministerio de Industrias, Comercio, Integracion y Pesca (MICIP) rur die Registrierung der Technologietransferverträge zuständig. 250 Besonders deutlich zeigt das Investitionsgesetz Perus die neue liberalistische Wirtschaftskonzeption. Die Comision Nacional de Inversiones Extranjeras (CONITE) ist neben der Registrierung ausdrücklich rur die Koordinierung der Förderungsmaßnahmen rur Auslandsinvestitionen zuständig. 251 b) Das Veifahren

Das Zulassungsverfahren erfolgte in zwei Etappen, die jedoch nicht in allen Staaten in gleichem Maße ausgeprägt waren. Der erste Schritt war das Genehmigungsverfahren, also der Akt der Zulassung selbst, in dem über das Ob und die Bedingungen der Zulassung der Investition entschieden wurde. Der zweite Abschnitt war die Registrierung der Investition. Hier wurde das ausländische Kapital in einem Register erfaßt. Dieses Verfahren diente einerseits statistischen Zwecken, andererseits aber auch den besseren Kontrollmöglichkeiten der Geschäftstätigkeit von ausländischen Investoren. Zuständig waren, wie bereits dargestellt, in den meisten Fällen gesonderte Behörden rur die Zulassung und die Registrierung sowie eigene Behörden rur den Technologietransfer. Das Zulassungsverfahren, das häufig nicht klar geregelt war und den Behörden viel Spielraum ließ, wurde mit einem Antrag bei der zuständigen Behörde eingeleitet. 252 In vielen Staaten folgten daraufhin langwierige Verhandlungen über die Bedingungen der Investition, die dann in einem Investitionsvertrag festgelegt wurden. 253 Waren mehrere Behörden in den Entscheidungsprozeß eingebunden, so verzögerte sich das Verfahren weiter. Problematisch war auch, daß man in vielen Fällen nicht alle erforderlichen Genehmigungen bei einer Behörde erhielt. Das beste Beispiel rur bürokratische Hindernisse war Mexico. Es mußte eine Genehmigung der Technologietransferbehörde, der Comision Nacional de Inversiones Extranjeras, die diese Entscheidung weiter delegierte, ANCOM, D 291, Art. 3 und Art. 11. Bolivien, L 1182/90, Art. 21. 250 Ecuador, D 415/93, Art. 1 ff. 251 Peru, DL 662/91, Art. 23. 252 V gl. etwa ANCOM, D 24, Art. 2. 253 Ein Beispiel fur überlange Verfahrensdauer im ANCOM ist Ecuador, s. Baker/Holmes, S. 14 mwN. 248 249

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III. Zulassung von Auslandsinvestitionen

sowie die Registrierung beim nationalen Investitionsregister erwirkt werden. 254 Für den Grunderwerb mußten ausländische Investoren außerdem eine zusätzliche Genehmigung einholen. 255 Die lange Dauer des Verfahrens lag, abgesehen von den komplizierten Behördenstrukturen, auch darin begründet, daß in vielen Investitionsgesetzen die Entscheidungskriterien tUr die Zulassung nicht genau geregelt waren. Die Behörden hatten so einen weiten Entscheidungsspielraum und versuchten in den Vertragsverhandlungen den Investoren Bedingungen zu diktieren, die den Nutzen der Investition tUr die Volkswirtschaft erhöhen sollten. 256 Ein besonderes Problem stellten in diesem Zusammenhang die Performance Requirements dar, die häufig nicht einmal im Gesetz erwähnt waren, sondern in den Verhandlungen frei vereinbart wurden und eine Kraftprobe zwischen Investor und Gaststaat darstellten. 251 In Chile erfolgte das Zulassungsverfahren zwar mittels eines vorgefertigten Vertrages, es fehlten jedoch Regelungen zu Gewinnrepatriierung, Wechselkursen und Steuersätzen, die wiederum in Verhandlungen festgesetzt werden mußten. 258 Diese Verhandlungen verzögerten das Verfahren und machten den Ausgang ungewiß und tUr den Investor nicht vorhersehbar. Das zweite Element des Zulassungsverfahrens war die Registrierung der Investition. Die Registrierung der eingebrachten Werte und der Bedingungen, zu denen die Zulassung erfolgte, war in allen Staaten erforderlich259 und stellte meist die Grundlage fiir die Rechtsgültigkeit der Investition dar. 260 Der registrierte Wert der Investition bildete zudem die Basis fiir spätere Reinvestitionen, Gewinn- und Kapitalrepatriierungen,261 oder Entschädigungsberechnungen Vgl. dazu oben Kapitel III., Text bei FN 241. Mexico, L 1973, Art. 17, auch hier gab es Beschränkungen, s. Art. 7. 256 Vgl. zu den Zulassungskriterien oben Kapitel III.B.2.a), S. 126 ff. 257 Ein Beispiel bietet wiederum Mexico. Die Behörden hatten im Gesetz siebzehn Kriterien zur Verfiigung, deren Nichterfiillung einen Grund zur Ablehnung darstellen konnten (L 1973, Art. 13), deren Einhaltung aber dadurch erreicht werden konnte, daß der Investor bestinnnte Perfonnance Requirements akzeptierte, vgl. dazu oben Kapitel III.B.2.a), S. 126 ff. Außerdem konnte nationalen Investoren der Vorrang gegeben werden, wenn in bestinnnten Bereichen Auslandsinvestitionen nicht erwünscht waren (Art. 9). 258 Chile, DL 600/74, Art. 3 und 9; vgl. dazu Thornton, Since the Breakup: Developments and Divergences in ANCOM's and Chile's Foreign Investment Codes, in: Hastings International and Comparative Law Review 7 (1983), S. 239 tT, S. 253. 259 Vgl. Correa, Foreign Investment, S. 35; zur Registrierung in Mexico s. Foeth, Investitionen, S. 172 tT; eine besonders ausfiihrliche Regelung gibt es in Brasilien, L 4131162, Art. 3 ff, da hier kein Zulassungsverfahren vorgesehen ist. 260 Vgl. Mexico, L 1973, Art. 8 (4) und Art. 28: " ... actions that, though required to be registered in the National Registry ofForeign Investment are not so registered, shall be null and void ... ". 261 Vgl. dazu Kapitel N.B.2. und 3., S. 182 ff. 254

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B. Praxis der lateinamerikanischen Staaten

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und war somit auch fiir den Investor von grundlegender Bedeutung. Für den Staat bildeten diese Registrierungen eine wichtige Möglichkeit zur Feststellung des Bestandes an ausländischem Kapital im Land. Der Staat konnte so die Kontrolle über seine Zahlungs- und vor allem Devisenbilanz ausüben. 262 Das komplizierte Zulassungsverfahren, das häufig auch noch fiir den Technologietransfer parallel durchgefiihrt werden mußte,263 war kombiniert mit dem undurchsichtigen und unberechenbaren Behördenapparat in vielen Staaten abschreckend fiir ausländische Investoren. Mit der Liberalisierung der Investitionsgesetze ging auch eine Vereinfachung des Zulassungsverfahrens einher. Dies entspricht dem neoliberalistischen Wirtschaftskonzept, das weniger auf Kontrolle der Wirtschaftstätigkeit als auf die Kräfte des freien Marktes Wert legt. In den Investitionsgesetzen der neunziger Jahre ist eine deutliche Vereinfachung und Straffung des Verfahrens zu erkennen. Die D 291 erwähnt das Zulassungsverfahren gar nicht mehr, es wird den Staaten aber zur Registrierung der Investitionen geraten. Die Gestaltung des Verfahrens bleibt den Mitgliedstaaten überlassen. 264 In der D 291 des ANCOM wurde als ein Ziel genannt: "... to remove the obstacles to foreign investment and ... to stimulate and promote the flow offoreign capital and technology to the Andean economies".265 Im Investitionsförderungsgesetz Perus L 757/91 heißt es zur Abschaffung der administrativen Hindernisse fiir Auslandsinvestitionen:

,,Los ministerios, instituciones y organismos publicos y otras entidades de la Administraci6n PUblica de cualquier naturaleza, ya sean dependientes deI Gobiemo Central, Gobiemos Regionales 0 Locales, estan obligadas a aprobar normas legales destinadas a unificar, reducir y simplifacar drasticamente todos los procedirnientos y tn\.mites administrativos que se siguen ante la respectiva entidad, conforme a los prescrito en el presente titulo.'.266 In vielen Staaten ist heute generell keine Zulassung mehr notwendig. Dazu gehören die ANCOM-Staaten Bolivien, Ecuador, Peru und Venezuela. 267 In den sonstigen LAlA-Staaten gibt es in Argentinien268 und Paraguay269 kein Zulassungsverfahren mehr. In manchen dieser Staaten gibt es jedoch Spezialgesetze

262 Zur Registrierung von Krediten vgl. unten Kapitel IV.B.l.b), S. 180 ff 263 Vgl. dazu Kapitel III.B.4., S. 145 ff. 264 ANCOM, D 291, Art. 3. 265 ANCOM, D 291, Präambel. 266 Peru, DL 757/91, Art. 20. 267 Bolivien, L 1182/90, Art. 3; Ecuador, D 415/93, Art. 5; Peru, DL 662/91, Art. 3; Venezuela, D 2095/92, Art. 13. 268 Argentinien, D 1853/93, Art. 2. 269 Paraguay, L 60/90 und L 117/91.

III. Zulassung von Auslandsinvestitionen

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für bestimmte besonders sensible Wirtschaftssektoren, in denen Zulassungsverfahren vorgesehen sind. 270 Dies entspricht dem in den Guidelines der Weltbank vorgesehenen" restricted list approach u, also einer generell freien Zulassung mit Beschränkungen in bestimmten Sektoren. 271 Die Registrierung ist in den meisten Staaten, auch in denen ohne Zulassungsverfahren, noch erforderlich. 272 Die Registrierung dient jedoch hauptsächlich statistischen Zwecken und ist nicht mehr mit Rechtsfolgen etwa für die Gewinnrepatriierung verbunden. 273 In den Staaten, die ein Zulassungsverfahren beibehalten haben, wurde dies vereinfacht und gestrafft. 274 In Chile gibt es für Investitionen bis fünf Millionen US $ ein verkürztes Verfahren. 275 Bei Unternehmen ab dieser Größenordnung wird ein entsprechender Einfluß auf die Volkswirtschaft vermutet und man hält deshalb eine gewisse Kontrolle für notwendig. Eine andere Form der Straffung des Verfahrens ist ein automatisiertes Zulassungsverfahren. In einigen Staaten werden Auslandsinvestitionen, wenn der Antrag nicht innerhalb einer bestimmten Frist von der Behörde behandelt wird, automatisch unter den beantragten Bedingungen als zugelassen angesehen. So gelten in Kolumbien Anträge als genehmigt, zu denen sich die Investitionsbehörde binnen fünfundvierzig Werktagen nicht geäußert hat. 276 Eine ähnliche Regelung gibt es auch im L 1993 Mexicos,277 eine Bestimmung, die angesichts der komplizierten Verfahrensabläufe im früheren Investitionsgesetz Mexicos L 1973 dringend erforderlich war. 270 Z.B. das Bergbaugesetz L 1243/91 Boliviens oder die verschiedenen Spezialgesetze in Argentinien, s. http://www.mecon.ar/investlwwwl.htrn#minl (17.7.1998); dies stellt aber keine Besonderheit im Vergleich zu den Industriestaaten dar, da es auch hier in bestimmten Sektoren Spezial gesetze gibt. 271 World Bank Guidelines, 1I.3.; als Beispiel für einen Verweis des Gesetzgebers auf Spezialgesetze, wie dies gemäß dem" restricted list approach gefordert wird, s. Ecuador, D 415/93, Art. 2 (2). 272 Ausnahme Bolivien, L 1182/90, Art. 3. 273 Mexico, L 1993, Art. 31 ff; Venezuela, D 2095/92, Art. 13, 27 und 42; Argentinien, D 1853/93, Art. 8 sieht nur noch die Registrierung von Technologie vor und hebt in Art. 7 Genehmigungserfordernisse ausdrücklich auf; Kolumbien, Res. 51191, Art. 15; Ecuador, D 415/93, Registrierung der Investitionen durch die Zentralbank, Art. 2 und 7, Registrierung der Technologie durch das Ministerio de Industrias, Comercio, Integraci6n y Pesca (MICIP), Art. 3 und 14; Peru, DL 662/91, Art. 3. 274 Vgl. dazu Baker/Holmes, S. 21 ff; diese Straffung und Vereinfachung war vor allem in Mexico notwendig, hier gibt es jetzt klarere Regelungen und weniger Performance Requirements, vgl. Vargas, S. 208 f. 275 Chile, DL 600/85, Art. 16 (a) und Art. 17; vgl. Baker/Holmes, S. 23. 276 Kolumbien, Res. 51191, Art. 14 spricht vom Konzept des "silencio administrativo U

positivo u. 277

Mexico, L 1993, Art. 28 sowie Art. 14 für den Erwerb von hmnobilien.

B. Praxis der lateinamerikanischen Staaten

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Gemessen an den Anforderungen der Guidelines der Weltbank ist festzustellen, daß in vielen Staaten der geforderte Standard hinsichtlich des Zulassungsverfahrens erreicht ist. Eine Vereinfachung des Behördenapparates sowie vereinfachte und genau geregelte Zulassungs- und Registrierungserfordernisse machen die Wahrscheinlichkeit der Zulassung fiir ausländische Investoren absehbar und tragen so zu einem positiven Investitionsklima bei.

4. Technologietransfer Mit Direktinvestitionen geht in den meisten Fällen auch der Transfer von Technologie und Managementkenntnissen einher. 278 Immaterialgüterrechte stellen einen notwendigen Bestandteil eines Produktionsbetriebes dar. Darunter fallen technisches Know-how in Form von Patenten oder industriellen Mustern, aber auch andere gewerbliche Schutzrechte, wie Markenrechte oder Urheberrechte. 279 Häufig sind die Lizenzbedingungen rur diese Immaterialgüterrechte bereits im Investitionsvertrag festgelegt. Der Transfer von Technologie bedeutet rur Entwicklungsländer einen besonderen Anreiz von Direktinvestitionen, da in diesen Staaten zur wirtschaftlichen Entwicklung meist nicht nur das Kapital, sondern auch das technische Knowhow fehlt. Das Technologietransferrecht kann hier nicht im Detail behandelt werden, da Technologie jedoch von Direktinvestitionen nicht zu trennen ist und in den lateinamerikanischen Staaten rur den Technologietransfer sehr viele Parallelen zur Regelung von Direktinvestitionen festzustellen sind, sollen die wesentlichen Punkte kurz dargestellt werden. 280 Für den ausländischen Investor 278 Vgl. World Bank Guidelines, Art. II.l.:" ... capital, technalagy and managerial skills ". 279 Technologie ist im weitesten Sinne zu verstehen. Der Technologietransfer kann in Form von Nutzungsrechten für Patente, Marken und andere gewerbliche Schutzrechte, aber auch in Form von Maschinen erfolgen. Im Lizenzvertrag können auch Vereinbarungen über technische Hilfe und Beratungsdienste enthalten sein, s. dazu ZellmeierNeunteufel, Der Lizenzvertrag im Technologietransfer mit den Andenpaktstaaten, München 1992, S. 33 ff; vgl. auch die weite Definition in der D 84 des ANCOM, Decision on the Bases for a Subregional Technological Policy, Art. 1: "The aggregate of indispensable know-how to carry out operations necessary to the transfonnation of elements into products, the use of same, or the rendering of services." 280 Umfassende Gesamtdarstellungen zur Entwicklung und Rechtslage des internationalen Technologietransferrechtes und des Schutzes von geistigem Eigentum: Stall, Technologietransfer, Intemationalisierungs- und Nationalisierungstendenzen, BerIin, Heidelberg 1994; Buck, Geistiges Eigentum und Völkerrecht, BerIin 1994; Bal/reich, Technologietransfer als Völkerrechtsproblem, in: Gerrnan Yearbook of International Law 24 (1981), S. 329 ff; ausführliche Darstellung des Technologietransferrechtes im ANCOM s. Zellmeier-Neunteufel, Der Lizenzvertrag im Technologietransfer mit den Andenpaktstaaten, München 1992; Carrea, Transfer ofTechnology in Latin America: A

10 Zagel

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III. Zulassung von Auslandsinvestitionen

sind die Regelungen deswegen von Bedeutung, da die Zulassungsverfahren fiir den Transfer von Immaterialgüterrechten in vielen Staaten zusätzlich zum Verfahren für Direktinvestitionen durchgeführt werden müssen und dies den Verwaltungsaufwand erhöht. In den LAIA-Staaten wurde das Einbringen von Technologie in den siebziger Jahren noch größeren Beschränkungen unterworfen als das Einbringen von materiellen Werten. Die Gründe dafür sind, ähnlich wie die fiir die Beschränkung der Direktinvestitionen, die schlechten Erfahrungen mit multinationalen Unternehmen in den fünfziger und sechziger Jahren. Zur Realisierung der Importsubstitutionspolitik war in dieser Zeit ein verstärkter Technologieimport notwendig. Beim Abschluß von Lizenzverträgen hatten die multinationalen Unternehmen allerdings die stärkere Verhandlungsposition und konnten den Gaststaaten die Bedingungen für den Technologietransfer diktieren. So wurde eine technische Abhängigkeit281 von den multinationalen Unternehmen in den Industriestaaten geschaffen, womit die Dependencia-Theorie282 in den Augen der lateinamerikanischen Staaten wiederum eine Bestätigung fand. 283 Beispiele für die restriktiven Geschäftspraktiken multinationaler Unternehmen gibt es viele. Konzerne meldeten Patente oder Marken an, um sich Importmärkte zu sichern, das heißt andere Unternehmen konnten diese Waren nicht importieren. Eine Nutzung der Produktionsrechte im Land fand allerdings nicht statt, sodaß kein tatsächlicher Transfer von technischem Wissen erfolgte. Multinationale Unternehmen verkauften auch Technologiepakete, die unnötige Technologie enthielten, jedoch nur im gesamten erworben werden konnten. Ebenso wurde veraltete Technologie verkauft, womit das Unternehmen im Gastland hinter dem Unternehmen im Mutterland in der Entwicklung zurückblieb und somit die Gefahr der Konkurrenz auf dem Weltmarkt wegfiel. Häufig wurden durch übertriebene Lizenzgebühren oder ,,zahlungen fiir technische Unterstützung" überhöhte Gewinne außer Landes transferiert, womit die Zahlungsbilanz belastet und die Versteuerung der Gewinne umgangen wurde. Üblich war es zudem, daß den Unternehmen im Gaststaat oder den Staaten selbst bestimmte Vertragsklauseln diktiert wurden, etwa Preis- und Marktbeschränkungen, Bezugspflichten, das Verbot der Weiterentwicklung oder die Pflicht,

Decade ofControl, in: Journal ofWorld Trade Law 15 (1981), S. 388 ff; Correa, EI derecho latinoamericano y la propuesta de la regulaci6n internacional de la transferencia de technologia: un anatisis preliminar, in: Integraci6n Latinoamericana, Mai 1981, S. 31 ff. 281 Man spricht auch von "technologischer Kolonialisierung". 282 V gl. oben Kapitel HAI., S. 58 f 283 Stoll, Internationalisierungs- und Nationalisierungstendenzen, S. 22 f.

B. Praxis der lateinamerikanischen Staaten

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Managementpersonal des Mutterunternehmens einzustellen. 284 Diese Regelungen hatten zur Folge, daß ein tatsächlicher Transfer von Know-how praktisch nicht stattfand und kaum Arbeitsplätze geschaffen wurden, dafür aber die Unternehmen große Gewinne machten und zunehmend die technologische Entwicklung der Gaststaaten steuerten. Ziel der Regelungen zum Technologietransfer der lateinamerikanischen Staaten in den siebziger Jahren war es, Technologie zwar ins Land zu bringen, da man sich des wesentlichen Beitrages fiir die wirtschaftliche Entwicklung bewußt war,285 durch eine detaillierte Regelung der Zulassung und Behandlung jedoch Mißstände, wie sie in der Vergangenheit bestanden hatten, zu vermeiden. Dies geschah zum Teil im Rahmen der Investitionsgesetze, zum Teil in eigenen Technologietransfergesetzen. 286 Vorreiter war hier der ANCOM: " ... the national enterprises must have greater access to modem techniques and to whatever modifications that occur in the contemporary econornic world. At the same time, it is necessary to establish efficient mechanisrns and procedures for production and protection oftechniques in the territory of the subregion as weIl as for improvement ofthe conditions under which foreign technology is acquired.,,281 Die Technologietransfergesetzgebung wurde zwischen 1970 und 1972 in neun der elfLAFTA-Staaten geändert. 288 Im ANCOM fand diese Regelung im Rahmen der D 24 statt. 289 Außerdem wurden 1974 von der Kommission des ANCOM zwei weitere Decisions erlassen, die sich mit der Schaffung einer subregionalen Technologiepolitik290 sowie mit gewerblichen Schutzrechten291 befaßten. Auch in Mexico und Argentinien wurden zu Beginn der siebziger Jahre nach dem Vorbild der D 24 neue Technologietransfergesetze mit restriktiven 284 Vgl. Zellmeier-Neunteufel, S. 114 ff; Correa, Transfer ofTechnology, S. 388; Jova/Smith/Crigler, S. 63. 285 ANCOM, D 24, Declaration 2: "Tbe contribution of foreign capitals and techniques may perform an important role in the sub-regional econornic develop-

ment ... ". 286 Es werden hier hauptsächlich die in den Investitionsgesetzen zum Technologietransfer enthaltenen Regelungen behandelt, ein Eingehen auf die Technologietransfergesetze ist nur am Rande möglich; zu den Regelungen im ANCOM, in Mexico und in Argentinien s. ausfiihrlich Zellmeier-Neunteufel mwN. 287 ANCOM, D 24, Declaration 6. 288 Correa, Transfer ofTechnology, S. 389 mwN.; zur ausfiihrlichen Darstellung der Rechtslage in dieser Zeit s. OAS, S. 277 ff. 289 ANCOM, D 24, Art. 18 ff; vgl. OAS, S. 299 ff. 290 Andean Comrnission, Decision 84 (D 84), Decision on the Bases for a Subregional Technological Policy, 13th Period ofthe Extraordinary Sessions ofthe Comrnission, 27.5.-5.6.1974, in: ll..M 13 (1974), S. 1478 ff. 291 Andean Comrnission, Decision 85 (D 85), Decision on Industrial Property, 13th Period of the Extraordinary Sessions of the Comrnission, 27.5.-5.6.1974, in: ll..M 13 (1974), S. 1489 ff. 10·

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ITI. Zulassung von Auslandsinvestitionen

Regelungen beschlossen. 292 In Brasilien war bereits im L 4131/62 eine Regelung des Technologietransfers enthalten. 293 Zusätzlich zu diesen allgemeinen Technologiegesetzen gab es fiir Spezialsektoren noch Sondergesetze. Besonders zu erwähnen sind Gesetze zur Regelung der Computersoftware. 294 Eine Ausnahme bilden Paraguay295 und Uruguay,296 die bereits in den Gesetzen der siebziger Jahre dezidiert Patente und Marken als mögliche Kapitalbeiträge erwähnten und keinerlei Beschränkungen fiir Technologie hatten. Großen Einfluß hatte die Politik der lateinamerikanischen Staaten gegenüber ausländischer Technologie aufintemationaler Ebene im Rahmen der Diskussionen um eine neue Weltwirtschaftsordnung. 297 Das Ziel war die Umstrukturierung des Technologietransfers zugunsten der Entwicklungsländer, wobei die Umgestaltung der Regelungen des Technologietransfers eine zentrale Rolle spielte. Man sah den mangelnden Zugang der Entwicklungsländer zu Technologie als Grund fiir die Unterentwicklung, die durch den verstärkten Transfer vermindert werden könne. In der Declaration on the Establishment of a New International Economic Order (NIWO)298 und in der Charter of Economic Rights and Duties of States (CERDS) wurde ein Recht der Entwicklungsländer auf Zugang zu Technologie gefordert: ,,All States have the responsibility to co-operate in the economic, social, cultural,

scientific and technological fields for the promotion of economic and social progress throughout the world, especially that ofthe developing countries...299

292 Argentinien, Ley sobre Transferencia de Tecnologia deI Exterior, L 20794, 27.9.1974 (s. OAS, S. 279 fl); Mexico, Ley sobre el Registro de la Transferencia de Tecnologia y el Uso y Explotacion de Patentes y Marcas, 28.12.1972, novelliert 1976 (s. OAS, S. 293 fl); vgl. daruZellmeier-Neunteufel, S. 238 tT; zum Technologietransfergesetz Mexicos s. Foeth, Mexikanisches Technologierecht in der Praxis, in: Recht der Internationalen Wirtschaft!Außenwirtschaftsdienst des Betriebsberaters 23 (1977), S. 461 tT. 293 V gl. zum äußerst komplizierten Verfahren Rosenn, Regulation of Foreign Investment in Brazil: A Critical Analysis, in: Lawyer ofthe Americas 15 (1983), S. 307 tT, S. 321 tT. 294 Brasilien, Infonnatics Law, L 7232184, 29.10.1984, in: ILM 25 (1986), S. 868 tT; Law and Implementing Decree on Software Protection, L 7646/87, 18.12.1987 und D 96036, 12.5.1988, in: ILM 27 (1988), S. 989 tT; Mexico, Computer Decree 1981 (s. Scheibach, S. 100). 295 Paraguay, L 550n5, Art. 6 (c). 296 Uruguay, L 14179n 4, Art. 1 (2); s. auch Bergstein, S. 388. 297 Roffe, Transfer ofTechnology, S. 691 mwN. 298 UNGA Res. 3201 (S-VI), DecIaration on the Establishment ofa New International Economic Order (NIWO), 1.5.1974, Art. 4 (P). 299 UNGA Res. 3281 (XXIX), Charter of Economic Rights and Duties of States (CERDS), 12.12.1974,Art. 9.

B. Praxis der lateinamerikanischen Staaten

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,,Every State has the right to benefit frorn the advances and developrnents in science and technology for the acceleration ofits econornic and social developrnent." " ... all States should facilitate the access of developing countries to the achievernents ofrnodern science and technology, the transfer oftechnology and the creation ofindigenous technology for the benefit of the developing countries in forms and in accordance with procedures which are suited to their econornies and their needs.,,300 Da die Beseitigung der Unter entwicklung ein Gemeininteresse darstelle, seien die Industriestaaten zum Technologietransfer verpflichtetl° l 1m Programme ofAction on the Establishment of a New International Economic Order wurden Grundsätze für die Gestaltung eines Verhaltenskodex zum Technologietransfer festgelegt.302 Diese Forderungen stießen jedoch auf breite Ablehnung der Industriestaaten,303 die zum Technologietransfer nur bereit waren, wenn ein effektiver Schutz gewährleistet war. Die im Rahmen der Diskussionen zur CERDS gescheiterten Forderungen wurden bei der Ausgestaltung der nationalen Technologietransfergesetze in Lateinamerika verwirklicht. Die materiellen Regelungen des Technologietransfers waren noch restriktiver als die der Auslandsinvestitionen. 304 Hauptzweck der Gesetze war es, die restriktiven Geschäftspraktiken der multinationalen Unternehmen und den Transfer übermäßiger Gewinne zu verhindern. Vor allem das Zulassungsverfahren, das für Auslandsinvestitionen schon beschwerlich genug war, war besonders detailliert geregelt und barg für den Investor zahlreiche Hindernisse in sich. Zunächst mußten Lizenzverträge, die die Nutzungsrechte für Patente oder Marken festlegten, ein kompliziertes Genehmigungsverfahren durchlaufen und registriert werden. 30s Dies war in Argentinien sogar der Fall, wenn die Technologie kostenlos zur Verfügung gestellt wurde. 306 Die Abwicklung des Verfahrens wurde in manchen Staaten von denselben Behörden durchgeführt, die auch

300 CERDS, Art. 13 (1) und (2). 301 S. zur Diskussion um dieses Recht im Rahmen der Vereinten Nationen GarciaAmador, International Law, S. 111 ff; StolI, Internationalisierungs- und Nationalisierungstendenzen, S. 21 ff, S. 368 ff; Clement;on, S. 177 ff; s. auch oben Kapitel II.C., S.86.

302 UNGA Res. 3202 (S-VI), Programme of Action on the Establishment of a New International Econornic Order, 16.5.1974, Punkt IV.; vgl. zwn Code of Conduct Roffe, Transfer ofTechnology, S. 689 ff; Correa, Derecho, S. 31 ff. 303 Vgl. dazu die Diskussion im Rahmen der CERDS, in: Yearbook of the United Nations 28 (1974), S. 381 ff. 304 Einen ausführlichen Überblick über die Rechtslage in den siebziger Jahren findet man in OAS, S. 279 ff; Correa, Transfer ofTechnology, S. 393 ff. 305 ANCOM, D 24, Art. 18 ff; Mexico, L 1972, Art. 4 ff. 306 Argentinien, L 20557n3, Art. 26 und L 20794n4, Art. 4 ff.

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III. Zulassung von Auslandsinvestitionen

für Auslandsinvestitionen zuständig waren,307 in anderen Staaten wurden jedoch eigene Behörden geschaffen/os womit das Zulassungsverfahren noch zusätzlich kompliziert wurde. 309 Zudem waren die einzelnen Schritte des Zulassungsverfahrens oft von verschiedenen Behörden zu vollziehen. 31O Die wesentlichen Aufgaben der Behörden lagen darin, die Lizenzverträge an der geltenden nationalen Rechtslage zu überprüfen und zu genehmigen, die genehmigten Lizenzverträge zu registrieren sowie die Einhaltung der Lizenzverträge zu kontrollieren. Die Genehmigung eines Vertrages erfolgte nach dessen Überprüfung in juristischer, wirtschaftlicher und technischer Hinsicht. 311 Den Behörden kam hier ein sehr großer Ermessensspielraum zu, da, wie auch in den Investitionsgesetzen, die Kriterien sehr unpräzise formuliert waren312 und die Behörden zum Teil auch zur Erlassung von Richtlinien ermächtigt waren. 313 Problematisch war auch, daß den Behörden vor allem in technischer Hinsicht häufig das Fachwissen fehlte. 314 Das Inkrafttreten des Vertrages begann mit der Registrierung. Die Geltung war zeitlich beschränkt und mußte nach Ablauf der Frist neu beantragt werden. Wurde ein Vertrag nicht genehmigt, so war er nichtig, die Zahlung von Lizenzgebühren verboten und Vertragsverletzungen waren nicht einklagbar. 315 Die materiellen Regelungen in den Technologietransfergesetzen, die den Behörden als Entscheidungsgrundlage dienten, waren sehr umfangreich und hatten zum Ziel, daß im Vertrag auch ein Nutzen für den Gaststaat enthalten war und für die Technologien keine überhöhten Preise verrechnet wurden. Im ANCOM etwa durfte nur Technologie genehmigt werden, nachdem die "effective contri307 Bolivien: ab 1978 INI, vorher die Banco Central de Bolivia; Ecuador: MICIP; Peru: CONITE; Venezuela: SIEX; vgl. auch Zellmeier-NeunteuJel, S. 217. 308 Brasilien: Instituto Nacional da Propriedade Industrial (INP!); Kolwnbien:Comite de Regalias; Mexico: Registro Nacional de Transferencia de Technologia, L 1972, Art. 1; Argentinien, Instituto Nacional de Tecnologia Industrial, L 20794n4, Art. 25; s. dazu Correa, Transfer ofTechnology, S. 391 f 309 Correa, Transfer of Technology, S. 395; in manchen Spezialgesetzen gibt es fiir bestimmte Sektoren wieder eigene Behörden: nach dem brasilianischen Informatik- und Softwaregesetz das Special Secretariat ofInformatics. 310 Correa, Transfer ofTechnology, S. 393 f 311 Vgl. Zellmeier-NeunteuJel, S. 214 ff. 312 V gl. etwa ANCOM, D 24, Art. 20 (h) und Art. 25 (t), die ,,alle Klauseln mit ähnlicher Wirkung" verboten; ähnlich Mexico, L 1972, Art. 17, hier hatte die Behörde vierzehn Grunde zur Verfügung, wn einen Lizenzvertrag abzulehnen; Argentinien, L 20794n4, Art. 5, s. zu Argentinien auch Zellmeier-NeunteuJel, S. 245. 313 Zellmeier-NeunteuJel, S. 217. 314 Vgl. Correa, Transfer ofTechnology, S. 395. 315 Für den ANCOM vgl. Foeth, Investitionen, S.73 und Zellmeier-NeunteuJel, S. 218 f, die die Regelungen nach der Liberalisierung in der D 220 beschreibt; Argentinien, L 20794n4, Art. 22; Mexico, L 1972, Art. 6.

B. Praxis der lateinamerikanischen Staaten

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bution ofthe imported technique" festgestellt wurde. 316 Dies geschah durch die Abschätzung des zu erwartenden Nutzens, des Preises der mit der Technologie erzeugten Produkte oder durch andere Formen der Bewertung der Technologie. Zudem war lokalem Know-how der Vorzug zu geben. 317 Die Koordinierung der Technologiepolitik im ANCOM sollte durch das Subregional Office of Industrial Property erfolgen. 31S Abgesehen von den allgemeinen Kriterien, die den Behörden viel Entscheidungsspielraum ließen, war in den Technologietransfergesetzen noch eine Anzahl von Klauseln aufgelistet, die im Lizenzvertrag zwingend enthalten sein mußten bzw. unter keinen Umständen enthalten sein durften. Diese Klauseln sind mit den Performance Requirements bei Auslandsinvestitionen vergleichbar 19 und sollten den tatsächlichen Nutzen von Patenten und Marken fiir die Wirtschaft gewährleisten. 32o Zwingend im Lizenzvertrag enthalten sein mußten nach der D 24 des ANCOM die Besonderheiten der übertragenen Technologie, der zu bezahlende Preis sowie die Geltungsdauer. 32I Durch diese Angaben sollte es der Behörde ermöglicht werden, den tatsächlichen Nutzen fiir das Land festzustellen sowie die Zahlung überhöhter Preise zu verhindern. Wesentlich umfangreicher gestaltete sich in den Gesetzen die " blacklist " der Klauseln, also Vertragsinhalte, die nicht enthalten sein durften. 322 Man kann hier drei Arten unterscheiden: 323 I. Klauseln, die die Handlungsfähigkeit und Geschäftstätigkeit des Lizenznehmers einschränken: dazu gehören etwa Preisbindungsklauseln, Exportbeschränkungen, Produktionsbeschränkungen oder auch Bezugsbindungsklauseln. ANCOM, D 24, Art. 18. ANCOM, D 24, Art. 24. 318 ANCOM, D 24, Art. 54; eine subregionale Technologiepolitik wurde gemäß der D 24, Art. 55 durch D 84 festgelegt. Es bestand jedoch, ebenso wie bei den Investitionsgesetzen, das Problem, daß durch die unterschiedliche Ausgestaltung in den nationalen Gesetzen eine Konkurrenzsituation zwischen den ANCOM-Staaten entstand, die durch die gemeinsame subregionale Regelung eigentlich vermieden werden sollte. 319 S. dazu oben Kapitel III.B.2.a), S. 126 ff. 320 ANCOM, D 24, Art. 19, 20 und 25; Argentinien, L 20794n4, Art. 6; Mexico, L 1972, Art. 7. 321 ANCOM, D 24, Art. 19. 322 ANCOM, D 24, Art. 20 und Art. 24; s. auch Zellmeier-NeunteuJel, S. 170 tT; vgl. auch Mexico, L 1972, Art. 7; Argentinien, L 20794n4, Art. 6. 323 Alvarez Soberanis, La regulaci6n de las invenciones y marcas y de la transferencia tecno16gica, Mexico 1979, S. 502 tT (zitiert nach Zellmeier-NeunteuJel, S. 170, dort FN 245). 316 317

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III. Zulassung von Auslandsinvestitionen

2. Klauseln, die die wirtschaftliche Entwicklung des technologieimportierenden Staates einschränken: dazu zählen Klauseln, die den Import konkurrierender Technologie, die Weiterentwicklung der importierten Technologie oder die Weiterverwendung des durch die Nutzung der Technologie erworbenen Wissens nach dem Vertragsablaufverbieten. 3. Klauseln, die den dynamischen Effekt des Transfers einschränken: dazu gehören Klauseln, die eine zu lange Vertragsdauer, die Bezahlung nicht benutzter Technologie, die Übertragung von Kapitalanteilen zur Bezahlung der Technologie usw. festlegen. Zusätzlich zu den dezidiert erwähnten Klauseln konnten"other clauses with similar effects «324 ebenfalls zu einer Ablehnung des Vertrages fuhren. Damit wurde den Behörden wiederum ein sehr breiter Ermessensspielraum eingeräumt. Trotz der komplizierten Zulassungsverfahren und der Einhaltung aller Auflagen war es mit Ausnahme von Paraguay, Uruguay und ab 1974 Chile in den lateinamerikanischen Staaten nicht möglich, Technologie als Investitionsbeitrag anzurechnen. 325 Hinzu kam als eine weitere wesentliche Restriktion fur Lizenzgeber die Beschränkung der Lizenzgebühren. Die Bezahlung von Lizenzgebühren konnte nur nach Genehmigung der nationalen Behörden erfolgen, die hier einen angemessenen Preis festlegten. 326 Völlig ausgeschlossen waren Lizenzgebühren zwischen dem Stammhaus oder einem Tochterunternehmen des Stammhauses im Ausland und einem inländischen Tochterunternehmen, das sich mehrheitlich in ausländischer Hand befand. 327 Man ging davon aus, daß das Mutterunternehmen im Interesse des Tochterunternehmens im Gaststaat die Technologie kostenlos zur Verfiigung stellen würde. 328 Diese Regelung war deutlich geprägt von den im Rahmen der Diskussionen um eine neue Weltwirtschaftsordnung gestellten Forderungen der Entwicklungsländer nach Technologietransfer sowie von den schlechten Erfahrungen mit internen Transaktionen multinationaler Unternehmen, die überhöhte Lizenzgebühren als versteckte Gewinne transferierten und sowohl die Steuern umgingen als auch die Zahlungsbilanz belasteten. Abgesehen von den unzulänglichen Möglichkeiten fur ausländische Investoren, Technologie gewinnbringend einzusetzen, bestanden in vielen Staaten auch

ANCOM, D 24, Art. 20 (h); vgl. auch oben Kapitel III., FN 312. Z.B. ANCOM, D 24, Art. 21 (1); Brasilien, L 4131/62, Art. 1. 326 Argentinien, L 20794n4, Art. 10 ff; ANCOM, D 24, Art. 21 (1); Brasilien, L 4131/62, Art. 9 ff. 327 ANCOM, D 24, Art. 21 (2); ebenso Brasilien, L 4131/62, Art. 14. 328 V gl. Foeth, Investitionen, S. 73 f. 324

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B. Praxis der lateinamerikanischen Staaten

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rur den Schutz von Immaterialgüterrechten zahlreiche Restriktionen. 329 Es gab in allen Staaten Sektoren, in denen Know-how nicht patentiert werden konnte. Nach der D 85 des ANCOM durften Patente nicht vergeben werden, wenn sie gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten verstießen oder wenn diese Patente die Entwicklung der Mitgliedstaaten beeinträchtigten oder Verfahren und Produkte berührten, deren Patentierbarkeit durch die Mitgliedstaaten ausgeschlossen wurde. Ein Patentierungsverbot bestand rur pharmazeutische Produkte und Medikamente sowie rur Getränke und Lebensmittel rur den menschlichen, tierischen und pflanzlichen Konsum. 33o Auch in Mexico durften pharmazeutische Produkte nicht patentiert werden, da diese als Produkte von allgemeinem Wert angesehen wurden, die allen Menschen zukommen sollten. Ein wesentlicher Bereich war auch der Computersektor, wo in eigenen Computergesetzen Beschränkungen enthalten waren. 331 Auch die Schutzdauer rur Immaterialgüterrechte war in den lateinamerikanischen Staaten im allgemeinen eher kurz bemessen. Die Lizenzverträge wurden nur rur kurze Zeit befristet abgeschlossen. 332 Im ANCOM etwa war die Schutzdauer fiir Patente auf zehn Jahre beschränkt, wurde zunächst aber nur rur fiinf Jahre erteilt und dann nur verlängert, wenn der Patentinhaber die angemessene Ausübung des Patentes nachwies. m Groteskerweise richtete sich die Schutzfrist rur Verbesserungen des Patentes ebenfalls nach den Fristen des ursprünglichen Patentes. 334 Problematisch an diesen restriktiven Regelungen ist, daß die weitere Forschung und Entwicklung gehemmt wird, was dem technischen Fortschritt im Land insgesamt abträglich ist. 335 Die Folge dieser restriktiven Regelungen und des mangelnden Schutzes war, parallel zu der Entwicklung der Auslandsinvestitionen insgesamt, das Ausbleiben der dringend notwendigen Technologie. Von seiten der Investoren ist dies verständlich, da die Entwicklungskosten fiir Produkte oft den Großteil der Produktionskosten verursachen und somit das Know-how einen erheblichen Wert darstellt, den der Investor sowohl vergütet als auch geschützt haben möchte. Aus diesem Grund haben die lateinamerikanischen Staaten auch im Technologietransferrecht bedeutende Liberalisierungen vorgenommen. Zu Beginn der neunziger Jahre gab es in beinahe allen LAlA-Staaten neue Gesetze, die die 329 Zur Kritik der Entwicklungsländer am Schutz geistigen Eigentums in den siebziger Jahren s. Correa, Transfer ofTechnology, S. 390. 330 ANCOM, D 85, Art. 5 (a), (c) und (e); vgl. dazu Zellmeier-Neunteufel, S. 140 ff und S. 147 ff. 331 Mexico, Brasilien, vgl. oben bei Kapitel I1I., FN 294. m V gl. für Brasilien Töbelmann, S. 283 f; Correa, Transfer ofTechnology, S. 398. m ANCOM, D 85, Art. 29 (1). 334 ANCOM, D 85, Art. 29 (2). 335 Zellmeier-Neunteufel, S. 149.

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III. Zulassung von Auslandsinvestitionen

Kontrollen entweder vollkommen abschaffien oder lockerten. 336 Während es in der D 220 des ANCOM hinsichtlich des Technologietransfers noch kaum Liberalisierungen gab,m sind die Regelungen der D 291 viel freier gestaltet. D 85 wurde im Februar 1992 ebenfalls von einem deutlich liberaleren Common Code on Intellectual Property abgelöst,338 der 1994 nochmals novelliert WUfde. 339 Auch Mexico hat 1991 ein neu es Technologietransfergesetz erlassen,l40 in dem die Kontrollen praktisch völlig abgeschaffi: werden. Brasilien hat zwar sein L 4131/62 sowie den Code of Intellectual Propert!41 noch nicht liberalisiert, jedoch 1991 zumindest das umstrittene Computerdekret novelliert und entschärft. 342 In den meisten Staaten ist es heute möglich, Technologie als Investitionsbeitrag in ein Unternehmen einzubringen. In der D 291 wird es den Mitgliedstaaten freigestellt, auch ,,intangib1e techno1ogica1 contributions, such as trademarks, industrial models, technical assistance and technical know-how, whether or not patented and that may take the form of physical goods, technical documentation and instructions" als Teil der Investition anzuerkennen. 343 336 Viel früher wurden die Technologietransfergesetze bereits in Argentinien und Chile liberalisiert, s. Leavy, Legal Framework, S. 133; in Chile geschah dies schon 1974 mit dem Austritt aus dem ANCOM, vgl. DL 600/74, Art. 2 (d), wo Technologie bereits unbeschränkt als Kapital eingebracht werden konnte; Argentinien, L 21382176, Art. 3 (5) und L 22426, Law on the Transfer ofTechnology, 12.3.1981: hier wurde ein marktwirtschaftlicher Ansatz gewählt, L 22426 überläßt den Preis fiir Technologie dem freien Markt, s. Zellmeier-Neunteufel, S. 245 f. 331 Abgesehen davon, daß nicht mehr alle Vorschriften für die Mitgliedstaaten zwingend waren, war die einzige, allerdings nicht unbedeutende Liberalisierung in diesem Bereich, daß die Bezahlung von Lizenzgebühren nach Genehmigung jetzt auch zwischen Mutter- und Tochterunternehmen möglich war, s. ANCOM, D 220, Art. 21, angefallene Lizenzgebühren konnten nach Abzug der Steuern auch kapitalisiert werden, mußten aber das Zulassungsverfahren erneut durchlaufen. 338 Andean Commission, Decision 313 (D 313), Common Code on Intellectual Property, 6.2.1992, in: ll...M 32 (1993), S. 182 ff. 339 Andean Commission, Decision 344 (D 344), Regimen Comlin sobre Propriedad IndustriaI, 21.10.1993, in: http://www.comunidadandinaorg/dec/d344.htm (20.8.1998). 340 Mexico, Law on the Development and Protection of Industrial Property, 27.6.1991, s. Regional Developments: Mexico, in: International Lawyer 26 (1992). S. 241; Erleichterungen zum Technologietransfergesetz gab es bereits in einer Verordnung zum Technologietransfergesetz 1976 vom 9.1.1990, s. Regional Developments: Mexico, in: International Lawyer 24 (1990), S. 831 ff; zur Darstellung der Technologietransferregelungen allgemein: McKnight/Müggenburg, Mexico's New Intellectual Property Regime, in: International Lawyer 27 (1993), S. 27 ff. 341 Brasilien, L 5772, 21.12.1971. 342 Brasilien, L 8248, 29.10.1991, abgedruckt und besprochen in: Inter-American Legal Materials 5 (1992), S. 37 ff; vgl. auch Regional Developments: Brazil, in: International Lawyer 26 (1992), S. 237 f. 343 ANCOM, D 291, Art. 1 (3); s. dazu auch Peru, DL 662191, Art. 1 (f); Venezuela, D 2095/92, Art. 2 (d); Argentinien, L 21382193, Art. 3 (5); Chile, DL 600/85, Art. 2 (c).

B. Praxis der lateinamerikanischen Staaten

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Das Zulassungsverfahren wurde bedeutend vereinfacht und damit verbunden haben die Behörden viel weniger Entscheidungsspielraum. 344 Im allgemeinen werden Lizenzverträge nicht mehr überprüft, sondern erfolgt nur noch die Registrierung. 345 Auch die b/acklist und die whitelist von Vertragsklauseln sind nicht mehr zwingend einzuhalten. In der D 291 des ANCOM wird den Staaten zwar empfohlen, bestimmte Klauseln nicht in Lizenzverträgen zuzulassen, es ist den Staaten aber freigestellt, diese Richtlinien zu beachten. 346 Hinsichtlich der Lizenzgebühren gibt es kaum noch Beschränkungen. Wenn das technische Know-how nicht zum Firmenkapital zählt, so ist die Bezahlung von Lizenzgebühren jetzt ohne Einschränkung, also auch zwischen ausländischen Mutterunternehmen und ihren inländischen Tochtergesellschaften möglich. 347 Die Ausgestaltung obliegt im Rahmen des ANCOM den Mitgliedstaaten. In Mexico sind Lizenzgebühren erlaubt, wenn sie frei zwischen den Parteien vereinbart werden. 348 Auch der Schutz rur Immaterialgüterrechte ist verbessert worden. Die Lizenzverträge können rur eine längere Dauer genehmigt werden und die Patentierungsverbote und -beschränkungen sind gemäßigt und entsprechen den im TRIPs-Agreement enthaltenen Standards der Paris Convention for the Proteetion of Industrial Property.349 Interessant ist das Verbot der Patentierung von pharmazeutischen Produkten, die auf der Liste der wichtigsten Medikamente der Weltgesundheitsorganisation (WHO) enthalten sind. 3S0 Die Schutzdauer fiir Patente wurde ebenfalls an internationale Standards angeglichen und beträgt nun zwanzig Jahre. 3S1 Die Liberalisierung im Bereich des Technologietransfers macht sich auch in den BITs bemerkbar, die von den lateinamerikanischen Staaten abgeschlossen 344 Vgl. Mexico, dort gibt es nach dem neuen Technologietransfergesetz 1991 keine Genehmigung und Registrierung mehr, s. Regional Developments: Mexico, in: International Lawyer 26 (1992), S. 241; Argentinien, D 1853/97, Art. 7 und 8, hier wird das Zulassungserfordernis nach dem Technology Transfer Act aufgehoben und nur noch die Registrierung verlangt. 345 ANCOM, D 291, Art. 12; Ecuador, D 415/93, Art. 3 und Art. 14. 346 "The Member Countries may take into consideration ... ", s. ANCOM, D 291, Art. 14; vgl. dazu Ecuador, D 415/93, Art. 14. 347 Z.B. Bolivien, L 1182/90, Art. 5; auch in Brasilien ist dies seit 1.1.1992 möglich, s. Regional Developments: Brazil, in: International Lawyer 26 (1992), S. 1095. In der D 291 wird bei Lizenzgebühren zwischen Mutter- und Tochteruntemehmen jedoch nach wie vor die Genehmigung empfohlen, s. ANCOM, D 291, Art. 15 (3). 348 BakerlHolmes, S. 29. 349 S. dazu die neuen Regelungen der D 344 des ANCOM, insbesondere Art. 6 und Art. 7. 350 ANCOM, D 344, Art. 7 (e). 351 ANCOM, D 344, Art. 30.

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Ill. Zulassung von Auslandsinvestitionen

worden sind. Technologie wird gleichwertig mit allen anderen möglichen Investitionsbeiträgen erwähnt. 352 Damit fallen Immaterialgüterrechte in den Schutzbereich des Abkommens. Dem in den Guidelines der Weltbank enthaltenen Begriff "capital, technology and managerial skills" wird so vollends Rechnung getragen, und es gibt keine Unterschiede mehr zum universell anerkannten Investitionsbegriff. Auch die Zahlung von Lizenzgebühren und die Transferierbarkeit in den Heimatstaat ist in den neueren BITs ausdrücklich anerkannt. 353 Damit dürften die Forderungen aus der NIWO ad acta gelegt worden sein, wie man auch an den Verhandlungen zum Technologietransferkodex erkennen kann. Die Liberalisierung der Gesetze brachte bereits einen Anstieg des Technologietransfers. 354 Es besteht jedoch die Gefahr, daß durch allzu liberale Regelungen die wirtschaftliche Macht der Lizenzgeber wieder zu stark wird, insbesondere da in vielen Ländern die Wirtschaft nicht wettbewerbsfahig genug ist, um den multinationalen Unternehmen entgegenzutreten. 355 Gerade die öffentlichen Versorgungsbetriebe sind ein besonders sensibler Bereich. Mit der Privatisierung der verschiedenen staatlichen Versorgungsbetriebe356 etwa ist nicht nur das Problem verbunden, daß die finanzielle Kontrolle über die fur die Grundversorgung in einem Staat wesentlichen Bereiche in ausländischen Händen liegt, sondern daß damit auch die technologische Abhängigkeit vom Ausland besteht. Es besteht die Gefahr, daß, ähnlich wie in den sechziger Jahren, in den lateinamerikanischen Staaten wiederum das Gefuhl der wirtschaftlichen Fremdbestimmung und des Mißbrauches entsteht und aus diesem Grund die Regelungen wieder ins Gegenteil umschlagen. Nach dem Vorbild der Investitionszulassungen wäre es vielleicht ein Ansatz, den Technologietransfer zumindest einer beschränkten Zulassungskontrolle zu unterwerfen, z.B. Lizenzverträge ab einem bestimmten Wert der transferierten Technologie einem Genehmigungsverfahren zu unterziehen. Ein anderer Ansatz läge darin, durch gewisse Performance Requirements einen sozialen Vorteil oder einen Nutzen fur die Umwelt zu gewährleisten. Eine neuerliche Änderung 352 Vgl. fiir viele BIT Argentinien-Österreich (1992), Art. 1 (d): "Urheberrechte, gewerbliche Schut2Iechte wie Erfmderpatente, Handelsmarken, gewerbliche Muster und Modelle, sowie registrierte Modelle, technische Verfahren, Know-how, Handelsnamen und Good-will." 353 S. z.B. BIT Chile-Dänemark (1993), Art. 1 (2): ,,Returns means the amounts yielded by an investment and in particular though not exclusively, includes ... royalities or fees."; Art. 7 (1) (d): ,,[ ... allow the transfer of:] payments derived from rights enumerated in Art. 1 (1) (iv) ofthis Agreement [i.e. intellectual property]". 354 V gl. fiir Mexico, wo vor allem die Franchisebetriebe zunahmen, BakerlHolmes, S.29. 355 Vgl. BakerlHolmes, S. 34. 356 Vgl. dazu oben Kapitel Ill.B.l.c), S. 123 f.

B. Praxis der lateinamerikanischen Staaten

157

der Rechtslage und das Wiedereinfiihren von Restriktionen würde jedoch negative Auswirkungen auf das Investitionsklima mit sich bringen, da die Stabilität der Rechtslage einen wesentlichen Bestandteil eines positiven Investitionsklimas ausmacht.

IV. Die Behandlung von Auslandsinvestitionen Unter dem Begriff der Behandlung von Auslandsinvestitionen sind im weitesten Sinn alle Regelungen umfaßt, die sich in irgendeiner Weise mit ausländischen Investitionen beschäftigen. Dies sind zunächst die Zulassungsregelungen, die bereits im vorigen Kapitel austUhrlieh besprochen wurden. Unter der Behandlung von Auslandsinvestitionen im engeren Sinn sind alle Normen zu verstehen, die die bereits zugelassenen Auslandsinvestitionen betreffen. Dazu gehören die Bedingungen der Betätigung der rechtmäßig zugelassenen investition bzw. des rechtmäßig zugelassenen Investors, wie etwa der Zugang zu Krediten, die steuerliche Behandlung, arbeitsrechtliche Vorschriften oder die Repatriierung von Gewinnen und Kapital. Wesentlich ist auch der Schutz des Vermögens ausländischer Investoren sowie der Rechtsschutz und die Rechtsdurchsetzung. Diese Gebiete werden in eigenen KapiteIn behandelt, da es gerade dort zu heftigen Kontroversen im Zusammenhang mit der Calvo-Doktrin kam.

A. Allgemeiner Behandlungsstandard 1. Die Position des klassischen Völkerrechtes

Die Rechtsstellung sowie die Behandlung von Ausländern und ihrem Eigentum. unterliegen grundsätzlich staatlichem Recht Ist ein ausländischer investor aber einmal rechtmäßig im Gaststaat zugelassen, so ist der Staat bei seiner Rechtssetzung an das völkerrechtliche Fremdenrecht gebunden. Verletzungen fremdenrechtlicher Normen können zu Staatenverantwortlichkeit fuhren, das heißt der Gaststaat haftet tUr Schäden, die an der Person und dem Eigentum des Fremden entstanden sind, und muß mit völkerrechtlichen Sanktionen des Heimatstaates rechnen. Dies wird in der Regel durch die Ausübung des diplomatischen Schutzrechtes des Heimatstaates fiir seinen Staatsangehörigen geschehen. 1

I Zu den Möglichkeiten der Durchsetzung völkerrechtlicher Standards s. unten Kapitel VI., S. 229 ff.

A. Allgemeiner Behandlungsstandard

159

a) Välkergewohnheitsrecht

Die Behandlung von rechtmäßig zugelassenen Ausländern unterliegt im traditionellen Völkerrecht nach herrschender Lehre einem völkergewohnheitsrechtlich begründeten internationalen Mindeststandard. 2 Darunter versteht man den "Grundbestand an Rechten, den jeder zivilisierte Staat den Menschen zuerkennt".3 Staaten müssen also zumindest diesen Mindeststandard beim Schutz der Person des Fremden und seines Eigentums gewähren und dies auch in der nationalen Gesetzgebung berücksichtigen. Der genaue Inhalt dieses Mindestbestandes an Rechten ist umstritten. 4 Zu diesen Rechten gehören etwa die Rechtsfähigkeit, die Gleichheit vor dem Gesetz, der Zugang zu Gericht oder ein faires Verfahren. Die Diskriminierung von Ausländern ist völkergewohnheitsrechtlich nicht verboten, solange der internationale Mindeststandard eingehalten wird. 5 b) Der allgemeine Behandlungsstandard in den Guidelines der Weltbank und in BITs

Der völkergewohnheitsrechtliche Mindeststandard der Behandlung von Fremden besteht, wie oben erwähnt, nur aus sehr elementaren Rechten. Aus diesem Grund gibt es zahlreiche bi- und multilaterale Verträge, die einen höheren Behandlungsstandard festlegen. Die wichtigste Form im Bereich der Auslandsinvestitionen stellen neben Doppelbesteuerungsabkommen, FCN-Verträgen und anderen Wirtschaftskooperationsverträgen die BITs dar. Ein Ziel der BITs ist es, die Investitionstätigkeit dadurch zu fordern, daß ausländischen Investoren eine Behandlung zugesichert wird, die die gleichen Voraussetzungen für die Teilnahme am Markt und dieselben Wettbewerbsbedingungen wie für nationale Investoren oder Investoren aus dritten Staaten schafft. Seit Bestehen der BITs haben sich zahlreiche Klauseln entwickelt, die dem ausländischen Investor im anderen Vertragsstaat einen bestimmten allgemeinen Behandlungsstandard zusichern. 6 Typische Beispiele stellen die beiden folgenden Artikel dar: 2 Ipsen, S. 661 ff, insbesondere S. 663 f; Verdross/Simma, S. 801 ff; Brownlie, Principles, S. 524 fmwN.; Jennings/Watts, S. 910 fund S. 931 ffmwN. 3 Brownlie, Principles, S. 524; Ipsen, S. 663; vgl. auch IGH-Statut, Art. 38 (1) (c). 4 Vgl. für viele Ipsen, S. 664; Verdross/Simma, S. 802 f; umstritten ist vor allem, ob und in welchem Ausmaß Fremden ein Schutz ihres Eigentums zusteht, dazu unten Kapitel V.B., S. 201 ff. 5 Vgl. Jennings/Watts, S. 932 mwN.; anders ist dies etwa im völkerrechtlichen Enteignungsrecht, s. unten Kapitel V.B.l., S. 203. 6 UNCTC, BITs, S. 41 ff; Do/zer/Stevens, S. 58 ff; Laviec, S. 93 ff; Khahil, S. 25 ff mit Tabelle.

160

IV. Behandlung von Auslandsinvestitionen

"Investments and activities associated with investments by investors of the other Contracting Party shall be accorded in all times fair and equitable treatment and shall enjoy constant protection and security in the territory of the other Contracting Party. Bach Contracting Party agrees that without prejudice to its laws and regulations it shall not take any unreasonable or discriminatory measures against the management, maintenance, use enjoyment or disposal of investments in its territory ofinvestors ofthe other Contracting Party. Bach Contracting Party shall observe any obligation it may have entered into with regard to investments of investors of the other Contracting Party. ,,7 ,,Bach Contracting Party shall within its territory in accordance with its laws and regulations ensure fair and equitable treatment of investments by the investors of the other Contracting Party. This treatment shall not be less favourable than that granted by each Contracting Party to investments made within its territory by its own investors or that granted by the Contracting Party to investment made within its territory by investors of any third State whichever treatment is more favourable to an investor."g

Diese allgemeinen Behandlungsstandards finden sich inhaltlich auch in den Guidelines der Weltbank wieder. 9 Es handelt sich hierbei um eine WohlverhaltensklauseI, durch die der Gaststaat den Investoren der anderen Vertragspartei ein bestimmtes Verhalten zusichert. Die Behandlung des ausländischen Investors durch den Gaststaat wird an diesen Kriterien gemessen. Dabei kann zwischen absoluten und relativen Behandlungsstandards unterschieden werden. 10 Während die absoluten Behandlungsstandards, etwa "fair and equitable treatment" oder "full proteetion and security", objektivierte Begriffe sind, hängen die relativen Behandlungsstandards, das sind die Meistbegünstigung und die Inländergleichbehandlung, vom Inhalt der Regelungen ab, die für Inländer oder Ausländer aus dritten Staaten gelten, sie sind also relativ und lassen den Gaststaaten mehr Spielraum bei der Ausgestaltung. Die allgemeinen Behandlungsstandards beziehen sich sowohl auf die Ausgestaltung der gesetzlichen Regelungen im Gaststaat als auch auf die Anwendung und Vollziehung der Gesetze durch die Behörden. Sie umfassen alle Aspekte der Tätigkeit von ausländischen Investoren. Dies wird in vielen BITs und auch in den World Bank Guidelines durch eine Aufzählung der Aktivitäten verdeutlicht: "With respect to the protection and security oftheir person, property rights and interests, and to the granting ofpermits, import and export licenses and the authorization to employ, and the issuance ofthe necessary entry and stay visas to their foreign personnei, and other legal matters relevant to the treatment of foreign investors as BIT Argentinien-China (1992), Art. 3 (1), Hervorhebungen durch die Verfasserin. g BIT Chile-Finnland (1993), Art. 3 (1), Hervorhebungen durch die Verfasserin. 9 World Bank Guidelines, lII.1., 2.,3.,4. 10 Vgl. dazuShenkin, S. 577.

7

A. Allgemeiner Behandlungsstandard

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described in Section 1 above [= the establishment, operation, management, control, and exercise of rights in such an investment, as well as other associated activities necessary therefor or incidental hereto], such treatment will [be] ... "ii

Während diese Behandlungsstandards generell erst rur rechtmäßig im Gaststaat zugelassene Investitionen anwendbar sind, werden sie in manchen BITs, vor allem in denen der USA, auch auf die Zulassungsregelungen bezogen. i2 Die allgemeinen Behandlungsstandards in den BITs können sowohl in den Vertragsverhandlungen als auch in einem Streitbeilegungsverfahren in zweifacher Weise eine Rolle spielen: Zum einen dienen sie der Interpretation anderer speziellerer Vorschriften in den BITs. Dazu zählen etwa die Enteignungsregelungen oder die Regelungen zum Zahlungstransfer. Zum anderen besitzen sie aber auch Lückenrullungsfunktion in Bereichen, in denen sich in den BITs keine speziellen Regelungen fmden. 13 Außerdem können sie als Interpretationshilfe bei der Anwendung nationaler Gesetze herangezogen werden. aa) ,,National treatment" und "Most-favoured-nations treatment"Inländergleichbehandlung und Meistbegünstigung i4 Die wichtigsten Behandlungsstandards stellen die Inländergleichbehandlungsklausel und die Meistbegünstigungsklausel dar. Beide sind relative Behandlungsstandards. Die Inländergleichbehandlungsklausel bezieht sich auf das Verhältnis zu nationalen Investoren und legt fest, daß dem ausländischen Investor die gleiche Behandlung wie diesen zugesichert wird. 'S Die Meistbegünstigungsklausel betrachtet das Verhältnis von Ausländern untereinander und bedeutet, daß dem ausländischen Investor eine Behandlung zugesagt wird, die nicht weniger günstig ist, als die, die einem Staatsangehörigen eines Drittstaates gewährt wird. i6 In den meisten BITs sind diese beiden Standards kombiniert enthalten. Der ausländische Investor kann sich aussuchen, welche Behandlung rur ihn günstiger ist. Es besteht also auf dem Markt eine Gleichstellung mit in-

11 S. Guidelines, III.3.; vgl. auch z.B. BIT Deutschland-Uruguay (1987), Protokoll, Z. 3; ebenso BIT Deutschland-Ecuador (1965), Protokoll, Art. 2 (a). i2 Vgl. z.B. BIT Argentinien-USA (1991), Art. 1; vgl. dazu oben Kapitel 1II.A., S.104. 13 V gl. UNCTC, BITs, S. 41; als Beispiel für die Notwendigkeit einer Lückenfüllung dient etwa der Zugang zu Krediten, der in BITs meist nicht geregelt ist. i4 UNCTC, BITs, S. 45 ff; Dalzer/Stevens, S. 63 ff. iS Vgl. auch Laviec, S. 95 ff. 16 Laviec, S. 98 ff; die Meistbegünstigung bezieht sich ratiane materiae nur auf im BIT abgedeckte Aspekte, nicht jedoch auf Investitionsverträge oder Verträge in anderen Bereichen, s. Dalzer/Stevens, S. 66.

II Zagel

162

IV. Behandlung von Auslandsinvestitionen

ländischen Investoren und Investoren aus Drittstaaten. Auf diesen Standard drängten vor allem die kapitalexportierenden Staaten. 17 Zu diesen beiden Standards gibt es verschiedene Ausnahmeregelungen. 18 Die häufigste ist die Association of States Clause. 19 In dieser Klausel werden Rechte, die nationalen Unternehmen oder Unternehmen aus Drittstaaten aus Wirtschaftskooperationsabkommen ihrer Heimatstaaten, z.B. Freihandelszonen oder Zollunionen, zustehen, für Investoren aus dem anderen Vertragsstaat ausgeschlossen. 2o Häufig bestehen auch Ausnahmen für Rechte aus Doppelbesteuerungsabkommen oder für sonstige steuerliche Sonderregelungen in nationalen Gesetzen. 21 Einschränkungen der Behandlungsstandards können auch durch Maßnahmen geschehen, die zur Erhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung sowie der öffentlichen Gesundheit oder Moral getroffen werden. 22 In BITs mit Entwicklungsländern ist aus Angst dieser Ländergruppe davor, daß die nationalen Unternehmen der Konkurrenz multinationaler Unternehmen nicht standhalten, häufig eine Development Clause zu finden. Die Inländergleichbehandlung wird mit dem Argument eingeschränkt, daß eine Gleichbehandlung von nationalen und multinationalen Unternehmen eine Diskriminierung der nationalen Unternehmen bedeute, da multinationale Unternehmen bei gleichen gesetzlichen Voraussetzungen auf dem Markt aufgrund ihrer Internationalität mehr Möglichkeiten haben als nationale Unternehmen und diese so benachteiligt seien. 23 Die Development Clause besagt, daß Maßnahmen, die für nationale Unternehmen in der Gesetzgebung zur Verwirklichung staatlicher Entwicklungsziele vorgesehen werden, von der Inländergleichbehandlung ausgenommen sind. In manchen BITs werden z.B. bestimmte Bereiche Staatsunternehmen oder nationalen Unternehmen vorbehalten oder wird die Behandlung von Staatsunternehmen explizit als Ausgangsbasis für die Inländergleichbehandlung ausgenommen. 24 Auch spezielle Förderungen können nationalen Investoren vorbehalten werden, solange sie nicht wettbewerbsverzerrend wirken. 25

17 18

19

DolzerlStevens, S. 65; UNCTC, BITs, S. 47 und 49. Vgl. dazu DolzerlStevens, S. 71 fT; UNCTC, BITs, S. 50 ff. UNCTC, BITs, S. 49.

V gl. dazu auch World Bank Guidelines, 1Il.4.; für viele BITs: z.B. BIT RumänienUruguay (1990), Art. 3 (3). 21 Z.B. BIT Rumänien-Uruguay (1990), Art. 3 (4). 22 UNCTC, BITs, S. 50; z.B. BIT Deutschland-Ecuador (1965), Protokoll Z. 2 (a) letzter Satz; BIT Bolivien-Kuba (1995), Art. 10 (2). 23 Vgl. UNCTC, BITs, S. 46 und S. 249. 24 DolzerlStevens, S. 73 fT; UNCTC, BITs, S. 53; vgl. dazu Kapitel 1Il.B.2.c), S. 136; als Beispiel dient etwa BIT Argentinien-USA (1991), Protokoll, Z. 2 ff. 25 UNCTC, BITs, S. 52. 20

A. Allgemeiner Behandlungsstandard

163

Eine weitere Einschränkung der Inländergleichbehandlung kann darin bestehen, daß sie nur "in similar circumstances" angewendet wird. 26 Diese Einschränkung bietet breiten Auslegungsspielraum, da die Situation von ausländischen und inländischen Investoren in den seltensten Fällen tatsächlich als identisch bewertet werden kann. Eine mögliche Einschränkung ist auch die Gegenseitigkeit, die bei der Inländergleichbehandlung beachtet werden muß. Eine bestimmte Behandlung wird also nur gewährt, wenn diese Behandlung auch den eigenen Staatsbürgern im anderen Vertragsstaat eingeräumt wird. 27 bb) ,,Fair and equitable treatment" - gerechte und billige Behandlung28 Diese Klausel legt einen allgemeinen Behandlungsstandard fest, der bei der Anwendung des BITs und der nationalen Gesetze generell zu beachten ist. Sie ist entweder selbständig oder in Kombination mit spezielleren Klauseln zu finden (z.B. in Enteignungsklauseln), häufig aber auch mit der "Juli protection and security"-Klausel und der Nichtdiskriminierungsklausel. 29 Sie ist in praktisch allen BITs/ o aber auch in den Guidelines der Weltbank und in anderen multilateralen Deklarationen enthalten. 31 Eine gerechte und billige Behandlung soll allen Investoren, unabhängig vom Inhalt der Gesetze des Gaststaates, bei der Anwendung und Vollziehung der Gesetze generell zukommen. In vielen Fällen bezieht sich die gerechte und billige Behandlung nicht nur auf die Behandlung zugelassener Investitionen, sondern auf den gesamten BIT. 32 Unklar ist die exakte Bedeutung und die Reichweite des Begriffes. Unterschiedlich sind insbesondere die Ansichten darüber, ob die faire und gerechte 26 V gl. auch World Bank Guidelines, III.3.a: "in similar circumstances"; ebenso Tratado de Libre Comercio (1994), Art. 17-03; NAFTA-Vertrag (1992), Art. 1102 (1) und Art. 1103 (1): "in like circumstances"; ebenso BIT Mexico-Schweiz (1995), Art. 4 (1). 27 BIT Argentinien-USA (1991), Protokoll, Z. 4. 28 Vgl. dazu Dolzer/Stevens, S. 58 ff;Laviec, S. 93 ff; UNCTC, BITs, S. 41 ff. 29 S. Kapitel IV.A.1.b)cc) unddd), S. 164 f. 30 V gl. Khahil, S. 25; die Zahl der BITs hat sich seit dem Abschluß dieser Untersuchung verdreifacht, die Tendenz ist gleichgeblieben. 31 World Bank Guidelines, III.2.: ,,Bach State will extend to investments established in its territory by nationals of any other State fair and equitable treatment according to the standards recommended in these Guidelines."; vgl. auch UN Draft Code ofConduct on Transnational Corporations, Z. 51; ebenso MIGA-Konvention, Präambel, Abs. 3: " ... on the basis of fair and stable standards for the treatment of foreign investment", sowie Art. 12 (c) (iv); Übersicht bei Tschofen, Tabelle, S. 82. 32 Für viele BITs z.B. BIT Deutschland-Uruguay (1987), Art. 2 (3): ,,Las Partes Contratantes en todo caso, tratenin justa y equitativamente las inversiones de capital."; vgl. auch World Bank Guidelines, lII.2. in Verbindung mit III.1. und World Bank, Report, S. 20, Z. 36.

11·

164

IV. Behandlung von Auslandsinvestitionen

Behandlung dem völkerrechtlichen Mindeststandard entspricht oder darüber hinausgeht. Das UNCTC versteht darunter nach der klassischen Doktrin die Nichtdiskriminierung, den internationalen Mindeststandard sowie den Schutz des ausländischen Eigentums. 33 Dies scheint jedoch zweifelhaft, da das Prinzip der Nichtdiskriminierung und des Eigentumsschutzes in den meisten BITs eigens erwähnt ist und der völkerrechtliche Mindeststandard ohnehin nach Völkergewohnheitsrecht anwendbar ist, so daß dieser Behandlungsmaßstab überflüssig wäre. 34 Im NAFTA-Vertrag wird der "fair and equitable treatment"-Standard als "in accordance with international law" erwähnt. 3S Auch in zahlreichen BITs fmdet sich ein Verweis auf das Völkerrecht, z.B. " ... un tratamiento justo y equitativo, conforme a los principios deI Derecho Internacional".36 Nachdem der "fair and equitable treatment"-Standard explizit neben den ohnehin bestehenden völkerrechtlichen Verpflichtungen angeführt wird, ist wohl anzunehmen, daß dieser Standard über den völkergewohnheitsrechtlichen Mindeststandard hinausgeht, auf dessen vagen Inhalt man sich nicht verlassen will. Letztendlich wird es sich um eine generelle Verpflichtung zum Wohlverhalten gegenüber Investoren des anderen Vertrags staates handeln. cc) ,,Full protection and security" - voller Schutz und Sicherheie7 Diese Klausel hat eine ähnliche Funktion wie die ,Juli protection and security "-Klausel. Auch hier ist der Inhalt nicht genau definierbar. Die Bezeichnung stammt noch aus den FCN-Verträgen, die nicht so detailliert geregelt waren, wie es die jetzigen BITs sind. Nach herrschender Lehre muß der Staat bei der Behandlung due diligence anwenden, er hat also Sorgfaltspflichten bei der Behandlung des Investors zu beachten und muß ihm einen "zumutbaren" Schutz (reasonable protection) gewähren. 38 Da jedoch Schutz und Sicherheit in allen BITs noch in nachfolgenden Enteignungsartikeln und Streitbeilegungsartikeln näher konkretisiert werden,39 dürfte es sich bei dieser Klausel, die häufig mit 33

UNCTC, BITs, S. 42 mwN.

3S

NAFTA-Vertrag (1992), Art. 1105 (1).

37

Do/zer/Stevens, S. 60 f

34 V gl. auch Do/zer/Stevens, S. 59 f

36 BIT Bolivien-Frankreich (1989), Art. 3 (a). 38 Vgl. auch Westberg/Marchais, General Principles Goveming Foreign Investment

as Articulated in Recent International Tribunal Awards and Writings of Publicists, in: World Bank Group (Hrsg.), Legal Framework for the Treatment ofForeign Investment, Band 1: Survey ofExisting Instruments, Washington 1992, S. 135 ff, S. 154 f; UNCTC, BITs, S. 42; Da/zer/Stevens, S. 61. 39 Vgl. Do/zer/Stevens, S. 61; in den meisten deutschen und französischen BITs ist die Klausel auch in den Enteignungsartikeln enthalten, z.B. BIT Deutschland-Ecuador (1965), Art. 3 (1).

A. Allgemeiner Behandlungsstandard

165

dem Standard der gerechten und billigen Behandlung sowie mit der Nichtdiskriminierungsklausel kombiniert ist, ebenfalls um den Ausdruck einer allgemeinen Wohlverhaltenspflicht des Gaststaates gegenüber Investoren des anderen Vertragsstaates handeln. dd) Nichtdiskriminierung Die Diskriminierung aufgrund der Ausländereigenschaft oder die Diskriminierung zwischen Ausländern aufgrund ihrer Nationalität ist nach dem völkergewohnheitsrechtlichen Mindeststandard nicht verboten. 40 Eine unterschiedliche Behandlung von Inländern und Ausländern bzw. von Ausländern verschiedener Nationalität ist im traditionellen Völkerrecht zulässig, auch wenn die Differenzierung ungerechtfertigt ist, solange der internationale Mindeststandard gewahrt bleibt. In vielen BITs wird die Diskriminierung der Investoren der anderen Vertragspartei ausdrücklich ausgeschlossen. Häufig ist diese Klausel kombiniert mit der "fair and equitable treatment "-Klausel und der "full proteetion and security"-Klausel zu fmden. 41 Da die gesetzliche Diskriminierung in den meisten BITs bereits durch Inländergleichbehandlungsklauseln und Meistbegünstigungsklauseln verboten ist, kommt das Diskriminierungsverbot nur ergänzend in den Fällen zum Tragen, die nicht schon durch diese beiden Klauseln erfaßt sind. Dies wird ausdrücklich in den Guidelines der Weltbank erwähnt, nach denen in Bereichen, in denen der Grundsatz der Inländergleichbehandlung nicht zur Anwendung kommt, da die betreffenden Regelungen für inländische Investoren nicht relevant sind,42 keine diskriminierende Behandlung von Ausländern verschiedener Nationalität stattfmden darf 43 Von diesem Grundsatz der Nichtdiskriminierung gibt es jedoch viele Ausnahmen. 44 Der wesentliche Anwendungsbereich des Diskriminierungsverbotes ist jedoch das Verbot faktischer Diskriminierungen ausländischer Investoren. Dazu zählt die aufgrund der Ausländereigenschaft diskriminierende Behandlung ausländischer Investoren durch nationale Behörden, etwa bei der Erteilung von für den Betrieb des Unternehmens notwendigen Genehmigungen oder bei sonstigen Verwaltungshandlungen. 40 Vgl. Ipsen, S. 549; Dalzer/Stevens, S. 61; anders im Enteignungsrecht, s. unten Kapitel V.B.l., S. 203. 41 Vgl. etwa BIT Mexico-Schweiz, Art. 4 (1). 42 Z.B. Eintritts- und Aufenthaltsrecht fiir ausländisches Personal. 43 World Bank Guidelines, III.3.b. 44 V gl. bereits bei den Ausnahmen zur Meistbegünstigungsklausel oben Kapitel lV.A.l.b)aa), S. 162 f

166

N. Behandlung von Auslandsinvestitionen

ee) Weitere Klauseln Zusätzlich zu diesen Klauseln, die einen allgemeinen Behandlungsstandard festlegen, gibt es noch weitere Klauseln, die den Investoren bestimmte Rechte zusichern. Die" Umbrella Clause" oder Abschirmungsklausellegt fest, daß Verpflichtungen, die gegenüber Staatsangehörigen der anderen Vertragspartei eingegangen wurden, vom Gaststaat respektiert werden. 45 Damit wird den Investoren die Einhaltung der Vereinbarungen des Investitionsvertrages, in dem die Zulassungsbedingungen festgelegt sind, garantiert und ein möglicher Vertragsbruch des Gaststaates bedeutet ein völkerrechtliches Delikt.46 Die Verpflichtung zur Einhaltung der Vertragspflichten bezieht sich aber nicht nur auf die Zulassungsurkunde, sondern auf alle Vereinbarungen, die zwischen den Vertragsstaaten abgeschlossen wurden und aus denen dem Investor Rechte zukommen. 47 Damit werden auch Stabilisierungsklauseln, die in Investitionsverträgen oder im staatlichen Recht enthalten sind und der Souveränität des Gaststaates unterliegen, also jederzeit geändert werden können, völkerrechtlich abgesichert. Eine wichtige Klausel ist in diesem Zusammenhang auch die" Preservation of Rights Clause" oder Besserungsklause1. 48 Diese Klausel bestimmt, daß Regelungen in anderen völkerrechtliche Verträgen, im staatlichen Recht oder Vereinbarungen im Investitionsvertrag, die entweder schon bestehen oder in Zukunft abgeschlossen werden, den im BIT enthaltenen Regelungen vorgehen, wenn sie günstigere Bestimmungen enthalten. 2. Die Haltung der lateinamerikanischen Staaten zum allgemeinen völkerrechtlichen Behandlungsstandard Ein wesentlicher Grundsatz der Calvo-Doktrin war die Inländergleichbehandlung. 49 Dies war der maximale Behandlungsstandard, der Ausländern gewährt werden konnte. Nach dieser Doktrin war zwar eine Behandlung unter dem Standard der Inländergleichbehandlung möglich, eine Besserbehandlung von Ausländern verstieß jedoch innerstaatlich gegen den in den lateinamerikanischen Verfassungen enthaltenen Gleichheitssatz und völkerrechtlich gegen Z.B. BIT Bolivien-Frankreich (1989), Art. 10. Vgl. UNCTC, BITs, S. 65. 47 Vgl. Do/zer/Stevens, S. 81 f; Banz, S. 71; UNCTC, BITs, S. 55 f 48 UNCTC, BITs, S. 55; Do/zer/Stevens, S. 82 f; z.B. BIT Argentinien-Ungarn (1993), Art. 7. 49 Vgl. dazu oben Kapitel II.B., S. 71 ffmwN. 45 46

A. Allgemeiner Behandlungsstandard

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das Prinzip der Gleichheit zwischen den Staaten. Daher waren auch völkerrechtliche Standards des Fremdenrechtes, die für Inländer nicht anwendbar sind, nicht zu beachten. Diese Haltung bedeutete, daß der internationale Mindeststandard, der nach traditionellem Völkerrecht rechtmäßig zugelassenen Fremden zu gewähren ist, sowie auch völkerrechtliche Vereinbarungen, die Ausländern eine bessere Behandlung als Inländern zusichern, von den lateinamerikanischen Staaten abgelehnt wurden. 50 Historisch gesehen war die Inländergleichbehandlung von Fremden, wie sie im 19. Jahrhundert in den lateinamerikanischen Staaten bereits gewährt wurde, ein bedeutender Fortschritt im Vergleich zu Europa. 51 Die Gleichstellung mit Inländern implizierte für Fremde den Schutz ihrer Rechte und ihres Vermögens sowie die Nichtdiskriminierung. 52 Die Inländergleichbehandlung wurde mit dem Ziel gewährt, Fremde und Kapital ins Land zu bringen. Die Staaten wußten, daß Immigration notwendig für die wirtschaftliche Entwicklung war. 53 Die Inländergleichbehandlung bedeutete in dieser Zeit keine Beschneidung von Rechten, sondern eine ,,Aufwertung" der Fremden zu Inländern. Während sich in Europa die Gleichheit von Inländern und Ausländern erst langsam entwikkelte, war in den meisten lateinamerikanischen Verfassungen bereits ab Mitte des 19. Jahrhunderts der Gleichheitssatz enthalten. 54 Als Beispiel dient etwa die argentinische Verfassung von 1853: 50 Besonders umstritten war der Grundsatz der Inländergleichbehandlung im Enteignungsrecht sowie bei völkerrechtlichen Methoden der Streitbeilegung, vgl. dazu ausführlich unten Kapitel V. und VI., S. 197 ff. Diese beiden Punkte waren der Anlaß für die ganze Diskussion und das Entstehen der Calvo-Doktrin. 51 V gl. dazu Oschmann, Calvo-Doktrin, S. 29 ff und S. 45; Garcia-Amador, Changing Law, S. 54 mwN.; zur Inländergleichbehandlung in klassischen völkerrechtlichen Verträgen s. Nolde, Droit et technique de traite de commerce, in: Recueil des Cours 3 (1924/II), S. 295 ff; S. 374 ff. 52 Vgl. Ca/vo, Dictionnaire de droit international public et prive, Band 2, Paris 1885, S. 274, Definition von Traitement Nacional: "Se dit des avantages que s'accordent reciproquement deux etats qui signent un traite de commerce et de navigation, et qui consistent notarnment a faire jouir dans les ports et les places de commerce respectives les naivres et les nationaux de la puissance arnie, des memes privileges et des memes immunites qui sont assures par les lois et les reglements du pays aux naivres et aux nationaux de ce pays." 53 Dies wird in der Verfassung Argentiniens 1853, Art. 25 deutlich. Dieser Artikel legt ausdrücklich die Förderung der Einwanderung durch die Regierung fest: ,,EI 00biemo federal fomentani la inmigraci6n europea; y no podra restringir, limitar ni gravar con impuesto alguno la entrada en el territorio argentino de los extranjeros que traigan por objeto labrar la tierra, mejorar las industrias, e introducir y ensefiar las ciencias y las artes." 54 Nach Oschmann ist die Inländergleichbehandlung kein originärer Ausfluß der Calvo-Doktrin, da er bereits in den Verfassungen enthalten war (Oschmann, CalvoDoktrin, S. 36). Meiner Ansicht nach läßt sich das nicht so genau trennen. Die CalvoDoktrin baut zwar auf den nationalen Verfassungen auf, damals gab es jedoch noch kein

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IV. Behandlung von Auslandsinvestitionen

,,Los extranjeros gozan en el tenitorio de la Naci6n de todos los derechos civiles dei ciudadano; pueden ejercer su industria, comercio y profesi6n; poseer bienes, raices, cornprarlos y enajenarlos; navegar los rios y costas; ejercer libremente su culto; testar y casarse conforrne a las leyes. No estan obl~ados a admitir la ciudadania, ni a pagar contribuciones forzosas extraordinarias .... ,,5

Problematisch wurde die Situation erst, als ausländische Investoren in bezug auf Eigentumsschutz und Rechtsschutz schlechter gestellt waren, als sie es aus ihren Heimatstaaten gewöhnt waren, und sie sich so nicht mehr ausreichend geschützt fühlten. Dies kam im Zusammenhang mit den revolutionären Bewegungen in den jungen lateinamerikanischen Staaten und den damit verbundenen Enteignungen vor. 56 Inzwischen hatte sich in Europa ein ,;ntemationaler Mindeststandard, den zivilisierte Staaten Fremden gewähren sollten" herausgebildet. 57 Dieser bestand, wie oben bereits erwähnt, unter anderem im Zugang zu Gericht sowie dem Schutz von Person und Eigentum. Die europäischen Staaten empfanden den Standard der Inländergleichbehandlung nicht mehr als ausreichend, wenn nicht zumindest diese Rechte gewährt wurden. 58 Die Heimatstaaten der Investoren gingen dazu über, mit der Ausübung des diplomatischen Schutzes, der bisweilen bis zu militärischen Interventionen führte, in den lateinamerikanischen Staaten diese Rechte für ihre Staatsbürger durchzusetzen. 59 Sowohl die Druckmittel der Heimatstaaten als auch die Forderungen der ausländischen Investoren waren dabei häufig üb erzogen. 60 Da die Pendant zur ,,Inländergleichbehandlung" , der internationale Mindeststandard hat sich ja erst entwickelt. Die Anwendung der Inländergleichbehandlung als völkerrechtliches Argument stammt von Calvo und wurde in diese Richtung von anderen lateinamerikanischen Völkerrechtlern weiterentwickelt. 55 Verfassung von Argentinien 1853, Art. 20; weitere Beispiele fmden sich bei Oschmann, Calvo-Doktrin, S. 31 f 56 Z.B. Shea, S. 9 f; vgl. dazu auch oben Kapitel II.A.1., S. 52 ff und Kapitel V.C., S. 207 f 57 Oschmann, Calvo-Doktrin, S. 45 mwN.; vgl. dazu auch oben Kapitel IV.A.1.a), S.159. 58 Z.B. US-Mexico General Claims Commission, George W. Hopkins (USA) v. United States o[ Mexico, 31.3.1926, in: United Nations, Reports of International Arbitral Awards, Band 4, S. 41 ff, S. 47:" ... it not infrequently happens that under the rules of international law applied to controversies of an international aspect a nation is required to accord to aliens broader and more liberal treatment than it accords to its own citizens under municipallaws.... The citizens of a nation rnay enjoy many rights which are withheld from aliens, and, conversely, under international law aliens rnay enjoy rights and remedies which the nation does not accord to its own citizens."; vgl. auch die Stellungnahme des amerikanischen Vertreters bei der Inter-Amerikanischen Iuristenkommission 1965, abgedruckt bei Bothe, S. 805 f 59 V gl. oben Kapitel II.B., S. 69 fund unten Kapitel VI.B.l., S. 244 ff. 60 ,,A cette question se rattachent les graves et nombreuses conflits que la protection des etrangers a fait surgir entre les grandes puissances europeennes et les gouvernements du Nouveau-Monde. Toutes ces reclarnations reposent sur des offenses person-

A. Allgemeiner Behandlungsstandard

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lateinamerikanischen Staaten den europäischen Staaten und den USA militärisch unterlegen waren, versuchten sie, sich mit den ,juristischen" Argumenten der Calvo-Doktrin gegen diese Vorfälle zu wehren. 61 Aufbauend auf dem Werk Calvos hatten andere lateinamerikanische Juristen diese Grundsätze weiterentwickelt und verschärft. 62 Der Grundsatz der Inländergleichbehandlung, der sich ursprünglich nur gegen die überzogenen Entschädigungsforderungen und die militärischen Interventionen der Heimatstaaten der Investoren gerichtet hatte, wurde ausgedehnt und fiihrte zur Ablehnung des diplomatischen Schutzes und völkerrechtlicher Grundsätze generell, da dies eine Besserstellung von Ausländern bedeuten konnte. Die Grundsätze der Calvo-Doktrin waren in zahlreichen völkerrechtlichen Instrumenten auf regionaler und universeller Ebene erkennbar. 63 Auch die Gleichheitssätze der nationalen Verfassungen wurden entsprechend modifiziert. Der Grundsatz der Inländergleichbehandlung wurde in vielen Normen ausdrücklich durch ein Privilegierungsverbot erweitert. 64 In den verfassungsrechtlich verbürgten GIeichheitssätzen gab es fast immer Gesetzesvorbehalte. 65 Im Investitionskodex des ANCOM war das Prinzip der Inländergleichbehandlung ebenfalls zu fmden. In der D 24 hieß es: "The member count,ries shall abstain from granting foreign investors a treatment which be more favorable than that granted to national investors.,,66

nelles, tantöt reelles et serieuses, tantöt imaginees ou exageres par les agents diplomatiques ou consulaires, et invariablement depeintes par ceux-ci sous les couleurs plus vives."; Calva, Le droit international, Band 3, S. 148, zitiert nachOschmann, CalvoDoktrin, S. 26. 61 Vgl. dazu die OriginaIzitate bei Oschmann, Calvo-Doktrin, S. 26 f sowie Shea, S. 17 ffund oben Kapitel II.B., S. 71 ff. 62 Z.B. Raffe, Calvo, S. 357; Garcia-Amadar, Changing Law, S. 54 ff; viele weitere Literaturangaben bei Krakau, Doktrinen, S. 120, dort FN 13; Oschmann spricht in diesem Zusammenhang von der "opportunen Rezeption" der Worte Calvos, s. Oschmann, Calvo-Doktrin, S. 44. 63 Vgl. oben Kapitel H.C. und D., S. 77 ff. 64 Beispiele sind etwa auf regionaler Ebene die Montevideo Convention on Rights and Duties of States 1933, Art. 9: ,,Nationals and foreigners are under the same protection ofthe law and the national authorities and the foreigners may not claim rights other or more extensive than those of nationals."; weitere Beispiele Shea, S. 72 ff; auf universeller Ebene UNGA Res. 3281 (XXIX), Charter of Econornic Rights and Duties of States, 12.12.1974 (CERDS), Art. 2 (2) (a): ,,No State shall be compelled to grant preferential treatment to foreign investment.", vgl. dazu Garcia-Amadar, International Law, S. 162 f; auch schon im Völkerbund, s. Bathe, S. 804; vgl. auch Verfassung von Bolivien 1967, Art. 24 (abgedruckt oben in Kapitel H., Text zu FN 115). 65 Oschmann, Calvo-Doktrin, S. 32; z.B. Verfassung von Kolumbien 1886, Art. 11. 66 ANCOM, D 24, Art. 50.

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IV. Behandlung von Auslandsinvestitionen

Dieselbe Regelung galt auch fur im Fade-out-Prozeß befindliche Unternehmen: " ... the rights herein established for foreign and mixed enterprises shall be the maximum that may be granted by the member countries. ,,67

Es bestand also ein ausdrückliches Privilegierungsverbot. Auch in den nationalen Investitionsgesetzen fanden sich Normen dieses Inhaltes. 68 Problematisch war, daß bei der Ausgestaltung des Grundsatzes der Inländergleichbehandlung durch die nationalen Investitionsgesetze der siebziger Jahre, die von der Politik des Protektionismus und der strengen Regulierung wirtschaftlicher Abläufe geprägt waren, von diesem Prinzip der Gleichstellung von Inländern und Ausländern nicht mehr viel zu erkennen war. Es gab in vielen Bereichen fur ausländische Investoren andere Regelungen als fur Inländer. Diese Regelungen waren in den meisten Fällen benachteiligend. Abgesehen von den umfangreichen Zulassungsbeschränkungen und -verboten69 gab es auch fur bereits zugelassene ausländische Unternehmen viele Ausnahmen. 7o Benachteiligt waren ausländische Investoren etwa beim Grunderwerb. Ausländer durften z.B. in Bolivien, Mexico, Ecuador und Peru keinen Grund in der Nähe der Staatsgrenzen kaufen, da dies als Gefährdung der Staatssicherheit gesehen wurde. 71 Auch steuerlich waren ausländische Unternehmen schlechter gestellt. Sie mußten entweder bereits im Land mehr Steuern zahlen oder ins Ausland überwiesene Gewinne höher besteuern als im Inland verbliebene. Ins Ausland überwiesene Zahlungen unterlagen in vielen Fällen einer Sondersteuer, da diese aufgrund der Zahlungsbilanzprobleme unerwünscht waren. 72 In wenigen Ausnahmefällen waren ausländische Investoren gegenüber Inländern privilegiert. 73 Ob eine Besserstellung von Ausländern trotz des Privilegierungsverbotes in den nationalen Verfassungen möglich war, war selbst in Lateinamerika umstritten. Garcia-Amador etwa, ein begeisterter Anhänger der ANCOM, D 24, Art. 33. Z.B. Argentinien, L 20557173, Art. 19 und L 21382/76, Art. 1; Mexico L 1973, Art. 6; Bolivien, L 18751/81, Art. 5. 69 Vgl. Bothe, S. 742 ffund auch oben Kapitel III.B.2.b) und c), S. 128 ff, dies ist eine Aushöhlung des Grundsatzes der Inländergleichbehandlung, jedoch nach traditionellem Völkerrecht möglich. 70 Oschmann, Calvo-Doktrin, S. 33 ff. 71 Z.B. Verfassung von Bolivien 1967, Art. 25; Verfassung von Ecuador 1979, Art. 18; Verfassung von Mexico 1917, Art. 27; Verfassung von Peru 1993, Art. 71; s. Bothe, S. 750 f; keine Beschränkungen beim Grunderwerb gab es in Chile, Kolumbien, Paraguay und Uruguay. 72 Bothe, S. 751 f; vgl. auch unten Kapitel IV.B.3.b), S. 190. 73 In Paraguay etwa waren Investitionstorderungen fiir Ausländer günstiger als fiir Inländer, vgl. Bothe, S. 755. 67 68

A. Allgemeiner Behandlungsstandard

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neuen Weltwirtschaftsordnung, läßt Privilegierungen zu, wenn diese im Interesse der nationalen Entwicklung des Staates liegen, und hält sie mit dem Prinzip der Inländergleichbehandlung für vereinbar. 74 Der kolumbianische Oberste Gerichtshof sprach sich jedoch in einem Urteil vom 6. Dezember 1984 dagegen aus: 7S In diesem Fall ging es um eine Steuervergünstigung für Investoren, die Ausländer besser stellte als Inländer. Der kolumbianische Oberste Gerichtshof sah darin einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz. 76 Er meinte, daß ausländischen Investoren zwar eine gerechte Behandlung widerfahren müsse, diese dürfe jedoch nicht besser sein als die Behandlung, die Inländern gewährt würde. Durch die historische Interpretation der Verfassung sei zwar eine Diskriminierung zugunsten von Inländern durch Gesetz möglich, eine Diskriminierung zugunsten von Ausländern jedoch nicht. Demnach seien Vergünstigungen und Investitionsforderungen unzulässig, wenn sie nur ausländischen Investoren zugänglich sind. Bereits im Sondervotum zu diesem Urteil wurde auf die Tragweite dieser Entscheidung hingewiesen, die alle Investitionsforderungen für ausländische Investoren bedrohte und somit das Ausbleiben von ausländischem Kapital bedeuten konnte. Es wurde argumentiert, daß der Gleichheitssatz inhaltlich offen sei und der erst später in die Verfassung eingefügte Gesetzesvorbehalt zum Gleichheitssatz nicht bedeute, daß Ausländern gesetzlich keine Vorteile gegenüber Inländern eingeräumt werden dürfen. Auslandsinvestitionen seien sachlich etwas anderes als Investitionen von Inländern, so sei es sachlich auch gerechtfertigt, diese anders zu behandeln. 77 Anhand des entgegenstehenden Urteils zeigt sich jedoch, daß das nationale Recht sowie dasRechtsdenken bis in jüngste Zeit von den Inhalten der Calvo-Doktrin beeinflußt ist. Ein weiterer Effekt der Calvo-Doktrin und der Ablehnung völkerrechtlicher Regelungen war, daß bis Mitte der achtziger Jahre von lateinamerikanischen Staaten kaum BITs abgeschlossen wurden. Die lateinamerikanischen Staaten vermieden es, sich völkerrechtlich zu einem bestimmten Behandlungsstandard für ausländische Investoren zu verpflichten. Ausnahmen waren Kolumbien, Ecuador und Paraguay. Diese drei Staaten schlossen fünf BITs ab, von denen jedoch nur drei in der Zeit in Kraft traten, in der noch die protektionistische Wirtschaftspolitik verfolgt wurde. 78 Garcia-Amador, International Law, S. 162 f S. zu diesem Urteil Oschmann, Calvo-Doktrin, S. 36 ff. 76 Verfassung von Kolumbien 1886, Art. 11. 77 Oschmann, Calvo-Doktrin, S. 38, dort FN 51. 78 BIT Deutschland-Kolumbien, 11.6.1965, nicht in Kraft; BIT DeutschlandEcuador, 28.6.1965, in Kraft am 30.11.1966; BIT Ecuador-Schweiz, 2.5.1968, in Kraft am 11.9.1969; BIT Frankreich-Paraguay, 30.11.1978, in Kraft am 11.12.1980; BIT 74

7S

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N. Behandlung von Auslandsinvestitionen

In diesen BITs sind in bezug auf die Behandlung interessanterweise keine Besonderheiten zu beobachten, die auf die Calvo-Doktrin hinweisen würden. Es wird in allen BITs Ausländern trotz Widerspruches zur Calvo-Doktrin gerechte und billige Behandlung sowie voller Schutz und Sicherheit für ihre Investitionen gewährt. 79 Außerdem enthalten alle BITs die Inländergleichbehandlungsklausel sowie die Meistbegünstigungsklausel alternativ. 80 Auch die Vorbehalte zum allgemeinen Behandlungsstandard sind nicht außergewöhnlich. So können im BIT Deutschland-Ecuador aufgrund der nationalen Sicherheit Ausnahmen gemacht werden,81 im BIT Deutschland-Kolumbien wurde eine Reziprozitätsklausel aufgenommen. 82 Ab Mitte der achtziger Jahre ist mit dem Übergang zur neoliberalistischen Wirtschaftspolitik auch eine Änderung in der Haltung der lateinamerikanischen Staaten zur Inländergleichbehandlung mit all ihren damit verbundenen Folgen zu verzeichnen. Dies äußert sich in der Änderung der Gleichheitssätze in den Verfassungen,83 in den nationalen Investitionsgesetzen sowie darin, daß die Staaten völkerrechtliche Instrumente zur Regelung von Auslandsinvestitionen abschließen. In der D 291 des ANCOM ist, wie auch schon in den früheren Investitionskodices, der Grundsatz der Inländergleichbehandlung enthalten. Im Unterschied zur D 24 und D 220 wird in der D 291 jedoch von "Rechten und Pflichten" der Investoren gesprochen. Die D 291 legt generell die Gleichbehandlungvon inländischen und ausländischen Investoren fest: ,,Foreign investors shall have the same rights and obligations as pertain to national investors, except where otherwise provided in the legislation of each Member Coun-

try."S4

Großbritannien-Paraguay, 4.6.1981, in Kraft am 23.4.1992. Es traten in den siebziger Jahren also nur die BITs mit Ecuador in Kraft. 79 UNCTC, BITs, S.45; Beispiele vgl. oben in Kapitel N.A.1.b)bb) und ce), S. 163 ff. so Im BIT Frankreich-Paraguay (1978) wird sogar eine Behandlung in Übereinstimmung mit dem Völkerrecht zugesichert. 81 BIT Deutschland-Ecuador (1965), Protokoll, Z. 2 (a). 82 BIT Deutschland-Kolumbien (1965), Art. 10. 83 Das Privilegierungsverbot ist nicht mehr vorhanden, z.B. Verfassung von Venezuela 1961, Art. 45: ,,Los extranjeros tienen los mismos deberes y derechos que los venezolanos, con las lirnitaciones 0 excepciones establecidas por esta Constitucion y las leyes." In die neue Verfassung von Argentinien 1994 wurde z.B. wieder die Fassung des Gleichheitssatzes aus dem 19. Jahrhundert aufgenommen, Art. 20 lautet: ,,Los extranjeros gozan en el territorio de la Nacion de todos los derechos civiles deI ciudadano; pueden ejercer su industria, comercio y profesion; poseer bienes raices, cornprarlos y enajenarlos; navegar los rios y costas ...", vgl. auch oben Kapitel N., bei FN 55. 84 ANCOM, D 291, Art. 2.

A. Allgemeiner Behandlungsstandard

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Damit erscheint die Inländergleichbehandlung wieder mehr als Recht der ausländischen Investoren, so wie dies auch ursprünglich das Ziel der CalvoDoktrin war, nämlich Ausländern die selben Rechte wie Inländern zu gewähren. Zudem besitzen die Mitgliedstaaten mehr Gestaltungsfreiheit, da die D 291 nur wenige unverbindliche Richtlinien enthält. 8S In den neueren nationalen Investitionsgesetzen der meisten Mitgliedstaaten des ANCOM sowie auch die übrigen LAIA-Staaten wird ausländischen Investoren in allen Bereichen die Inländergleichbehandlung gewährt. 86 Im Investitionsgesetz Boliviens L 1182/90 heißt es etwa: "Se reconoce al inversionista extranjero y a la empresa 0 sociedad en que este participe, los mismos derechos, deberes y garantias que las Leyes y Reglamentos otorgan a los inversionistas nacionales, sin otra lirnitaci6n que las establecidas por Ley.,,87

Ausnahmen werden nur in wenigen Fällen gemacht, 88 sodaß nun tatsächlich Inländergleichbehandlung besteht, also die gleichen Geschäftsbedingungen fiir Inländer und Ausländer gelten. Allerdings kann im Falle einer Änderung des wirtschaftspolitischen Kurses durch revolutionäre Bewegungen, politische Unruhen oder nach Neuwahlen dieser Gleichbehandlungsgrundsatz durch die Wahrnehmung der Kompetenzen sehr schnell wieder ausgehöhlt werden. Dezidiert wird in manchen Gesetzen ein Diskriminierungsverbot festgelegt. 89 Besondere Erwähnung verdient die Regelung in Chile. Dort war bereits 1977 neben dem Gleichbehandlungsgrundsatz ein sehr ausfiihrliches Diskriminierungsverbot fiir Ausländer sowie eine eigene Beschwerdemöglichkeit festgelegt.90 Regelungen einer produktiven Tätigkeit werden als diskriminierend angesehen, wenn sie ,)legaren a ser aplicables a la generalidad 0 a la mayor parte de dicha actividad productiva en el pais, con exc1usion de la inversion extranjera" oder wenn sie "establezcan regimenes exceptionales de caracter secto8S Vgl. unten Kapitel N.B., S. 176 ff zur Kapitalrepatriierung und zum Zugang zu Krediten. 86 Vgl. dazu insgesamt Wiesner, S. 455 ff, der die entsprechenden Regelungen in den nationalen Gesetzen des ANCOM beschreibt. 87 Bolivien, L 1182/90, Art. 2; weitere Klauseln ähnlichen Inhalts findet man z.B. in Kolumbien, L 9/91 und Res. 51/91, Art. 3 mit dem Zusatz, daß ausländische Investoren nicht diskriminiert werden dürfen, ihnen aber auch keine bevorzugte Behandlung gewährt wird; Peru, DL 662/91, Art. 2; Venezuela, D 2095/92, Art. 13; Argentinien, L 21382/93, Art. 1. 88 Diese verschieden Ausnahmen zum Zweck der nationalen Sicherheit bestehen weiter, z.B. Verfassung von Bolivien 1967 in der Fassung von 1995, Art. 25; zu den auch in den World Bank Guidelines vorgesehenen Ausnahmen im Bereich der Zulassung s. Kapitel IILB.2.c), S. 133 ff, bei Krediten und Kapitalrepatriierungen s. Kapitel IV.B.I., S. 177 ffund N.B.3.b), S. 188 ff. 89 Kolumbien, Res. 51/91, Art. 3 (2); Peru, DL 662/91, Art. 2. 90 Chile, DL 600177, Art. 9 (1).

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IV. Behandlung von Auslandsinvestitionen

rial 0 zonal, "., si la inversion extranjera no tuviere acceso a ellas, no obstante cumplir las mismas condiciones yrequisitos que para su goce se impone a la inversion nacional".91 Bemerkenswert ist, daß ausländischen Investoren bei diskriminierenden Normen bereits damals eine eigene Beschwerdemöglichkeit beim Comite de Inversiones Extranjeras sowie ein Rechtsmittel gegen diese Entscheidung eingeräumt wurde. 92 Eine vollkommene Änderung ist auch in der Haltung zu völkerrechtlichen Instrumenten des Investitionsschutzes zu verzeichnen. Abgesehen von der Unterzeichnung der ICSID- und der MIGA-Konvention, die das Risiko des Investors vermindern sowie den Rechtsschutz verbessern,93 haben seit 1987 alle LAlA-Staaten mehr oder weniger intensiv mit dem Abschluß von BITs begonnen. Vorreiter waren Bolivien und Uruguay, erst zu Beginn der neunziger Jahre wurden vor allem Argentinien und Peru, aber auch Chile aktiv. Selbst die besonders zurückhaltenden Staaten Mexico und Brasilien haben inzwischen völkerrechtliche Verträge zum Investitionsschutz abgeschlossen. 94 Bezüglich der Ausgestaltung der allgemeinen Behandlungsklauseln in den BITs der lateinamerikanischen Staaten sind keine Besonderheiten gegenüber den allgemein üblichen Vertragsklauseln zu finden. 95 In den meisten BITs wird den Investoren Meistbegünstigung und Inländergleichbehandlung kombiniert garantiert, der Investor kann sich also auf die jeweils fiir ihn günstigste Regelung berufen. 96 In manchen BITs wird nur Meistbegünstigung gewährt. 97 Auch die allgemeinen Wohlverhaltensklauseln, die gerechte und billige Behandlung, Nichtdiskriminierung sowie vollen Schutz und Sicherheit einräumen, sind in den meisten BITs zu finden. Interessant ist, daß sich in vielen BITs auch lateinamerikanische Staaten dezidiert zu einem "tratamiento justo y equitativo, conforme a los principios dei Derecho Internacional'