August Wilhelm Ifflands Berliner Bühne: »Theatralische Kunstführung und Oekonomie« 9783110378467, 9783110375237

This study seeks to counteract the widespread claim that unlike Goethe’s Weimar stage, August Wilhelm Iffland ran the Be

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German Pages 365 [366] Year 2015

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Table of contents :
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
1. Theater in Preußen um 1800
Die Voraussetzung
Theaterbauten und -truppen sowie deren Organisations- und Verwaltungsformen
Bürgerliches Engagement und Staat
2. Homo oeconomicus versus homo æstheticus
Ifflands persönliche finanzielle Lage
Ökonomische Lage des Berliner Theaters unter Ifflands Leitung
3. Iffland als Verwalter ökonomischer und ästhetischer Werte
Das Theater als Luxusgut: Glanz und Vergnügen
Der Künstler als Luxusgut
Ifflands ästhetisches Programm
4. Verbildlichung des Theaterspiels – Medientransposition und Memorialkultur als Strategien ästhetischer und ökonomischer Wertkonstitution
Theaterbilder vor der Ära Iffland
Theaterbilder im Umkreis der Ifflandschen Bühne
5. Ökonomie des Geldes und Kunst auf dem Berliner Nationaltheater
August Wilhelm Iffland: Die Künstler
Heinrich Beck: Das Kamäleon
Julius von Voß: Künstlers Erdenwallen
Johann Wolfgang von Goethe: Torquato Tasso
August von Kotzebue: Der arme Poet
6. Ästhetische Wertebildung in der zeitgenössischen Berliner Theaterkritik
Absichten und Strategien
Die binären Oppositionen
Erwählte versus Pöbel
Ästhetischer Wert versus Marktwert
Deutscher Geschmack versus französischer Geschmack
Ganzes versus Teil
Goethe versus Kotzebue
7. Der Zusammenhang zwischen ästhetischem und ökonomischem Wert
Wertmaßstäbe
Die Bemessung des ökonomischen Wertes
Das Verhältnis zwischen Kasseneinnahme und ästhetischer Bewertung
Resümee
Anhang
Editorische Bemerkung zum Anhang
Bildtafeln
Dokumente
Verzeichnisse
Verzeichnis der Dokumente
Verzeichnis der Verfasser und Empfänger der Dokumente
Namen- und Werkverzeichnis
Literaturverzeichnis
Bildnachweis
Danksagung
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August Wilhelm Ifflands Berliner Bühne: »Theatralische Kunstführung und Oekonomie«
 9783110378467, 9783110375237

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Klaus Gerlach Ifflands Berliner Bühne

1

Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften

Klaus Gerlach

August Wilhelm Ifflands Berliner Bühne „Theatralische Kunstführung und Oekonomie“

AKADEMIE AKADEMIE FORSCHUNG FORSCHUNG 3

Dieser Band wurde im Rahmen der gemeinsamen Forschungsförderung im Akademienprogramm mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung und der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Forschung des Landes Berlin erarbeitet.

ISBN 978-3-11-037523-7 e-ISBN (PDF) 978-3-11-037846-7 e-ISBN (EPUB) 978-3-11-039236-4 Library of Congress Cataloging-in-Publication Data A CIP catalog record for this book has been applied for at the Library of Congress. Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen ­Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2015 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston Satz: Satzbild, Sabine Taube Druck und Bindung: Hubert & Co. GmbH & Co. KG, Göttingen ♾ Gedruckt auf säurefreiem Papier

Printed in Germany

www.degruyter.com

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Inhaltsverzeichnis

Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 1. Theater in Preußen um 1800 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 Die Voraussetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 Theaterbauten und -truppen sowie deren Organisations- und Verwaltungsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 Bürgerliches Engagement und Staat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 2. Homo œconomicus versus homo æstheticus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 Ifflands persönliche finanzielle Lage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 Ökonomische Lage des Berliner Theaters unter Ifflands Leitung . . . . . . . . . 32 3. Iffland als Verwalter ökonomischer und ästhetischer Werte . . . . . . . . . . . . . 39 Das Theater als Luxusgut: Glanz und Vergnügen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 Der Künstler als Luxusgut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 Ifflands ästhetisches Programm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 4. Verbildlichung des Theaterspiels – Medientransposition und Memorial­kultur als Strategien ästhetischer und ökonomischer Wertkonstitution . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 Theaterbilder vor der Ära Iffland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 Theaterbilder im Umkreis der Ifflandschen Bühne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 5. Ökonomie des Geldes und Kunst auf dem Berliner Nationaltheater . . . . . . 75 August Wilhelm Iffland: Die Künstler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 Heinrich Beck: Das Kamäleon . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 Julius von Voß: Künstlers Erdenwallen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 Johann Wolfgang von Goethe: Torquato Tasso . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 August von Kotzebue: Der arme Poet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92

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Inhaltsverzeichnis

6. Ästhetische Wertebildung in der zeitgenössischen Berliner Theaterkritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 Absichten und Strategien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 Die binären Oppositionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 Erwählte versus Pöbel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 Ästhetischer Wert versus Marktwert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 Deutscher Geschmack versus französischer Geschmack . . . . . . . . . . . . . . 106 Ganzes versus Teil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 Goethe versus Kotzebue . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 7. Der Zusammenhang zwischen ästhetischem und ökonomischem Wert . . . 119 Wertmaßstäbe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 Die Bemessung des ökonomischen Wertes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 Das Verhältnis zwischen Kasseneinnahme und ästhetischer Bewertung . . . 123 Resümee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 Anhang Editorische Bemerkung zum Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 Bildtafeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 Dokumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 Verzeichnisse Verzeichnis der Dokumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 335 Verzeichnis der Verfasser und Empfänger der Dokumente . . . . . . . . . . . . . . 339 Namen- und Werkverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 340 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 357 Bildnachweis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 362 Danksagung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 365

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L ’ Art, comme vous dites, une œuvre d’ art n’ est jamais une valeur sûre. Nathalie Sarraute, Les Fruits d ’ Or

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Einleitung

Kommerzielles und künstlerisches Theater werden häufig als Gegensatz gesehen. Das Iffland-Theater wird in der neueren Literatur- und Theatergeschichte oft als kommerzielles Amüsiertheater hin- und Goethes klassischer Weimarer Bühne entgegengestellt. In einem Beitrag in der FAZ über August Wilhelm Iffland findet sich eine Illustration mit einem Rollenbild, auf dem der Kaspar Larifari und ein Pagode zu sehen sind; es ist untertitelt: „Was die Preußen schauten als Schiller schrieb: zum Beispiel ‚Die Nymphe der Donau‘“.1 Das Singspiel Die Nymphe der Donau war beim Publikum sehr beliebt, galt der romantischen Kritik jedoch als Muster für „ausgesuchten Unsinn“.2 Bis heute wird Iffland vorgeworfen, das Tri­ viale und Seichte auf der Berliner Bühne den wirklichen Kunstwerken vorgezogen zu haben. Diese vor allem von Heinrich von Kleist und Ludwig Tieck her­rührende Kritik wird bis in die Gegenwart wiederholt.3 Dabei wird gern übersehen, dass die Bühnen in Breslau, Dresden, Hamburg oder selbst in Weimar, wo Goethe der künstlerische Leiter war, im Wesentlichen dieselben Stücke spielten.4 Dennoch wird mit dem Weimarer Theater immer wieder Bildung und mit dem Berliner Theater Kameralistik assoziiert.5 Derartige Urteile haben ihren Ursprung in der Wirkungszeit Ifflands und Goethes. Die vorliegende Studie unternimmt den Versuch, das Berliner Nationaltheater der Ära Iffland sowohl als ästhetische als auch als ökonomische Anstalt zu be­schreiben. Vor allem will sie die gegenseitigen Wechselwirkungen und Abhängigkeiten von ökonomischen und ästhetischen Bewertungen in Bezug auf die Repertoiregestaltung darstellen und dem Vorurteil entgegentreten, es gäbe eine Kunst und gäbe Künstler, die unabhängig von ökonomischen Zwängen existier  Jürgen Kaube: Die Iffland-Räuberpistole, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 7. Januar 2014.   Vgl. Datenbank, Die Nymphe der Donau, Teil zwei, 03. 02. 1802; Zeitung für die elegante Welt, 16. Februar 1802. 3    Vgl. Günter Blamberger: Heinrich von Kleist. Biographie, Frankfurt/M. 2011, S. 405. 4    Vgl. Werner Frick: Klassische Präsenzen: Die Weimarer Dramatik und das Berliner National­ theater unter Iffland und Graf Brühl, in: Ernst Osterkamp (Hrsg.), Wechselwirkungen. Kunst und Wissen­schaft in Berlin und Weimar im Zeichen Goethes, Bern u. a. 2002 (Publikationen zur Zeitschrift für Germanistik, Bd. 5), S. 231–266, hier S. 244–247. 5    Ebenda, S. 256f. 1  2 

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Einleitung

ten. Das Berliner Nationaltheater als größte, modernste und im protestantischen Deutschland tonangebende Bühne eignet sich als Muster zur Veranschaulichung der gegen­seitigen Abhängigkeit ökonomischer und ästhetischer Werte. August Wilhelm Ifflands Direktion (1796–1814) stand von Beginn an unter dem Widerspruch, das Berliner Nationaltheater einerseits, gemäß seinem königlichen Auftrag, als kaufmännischen Betrieb, der Gewinn erwirtschaften sollte, und andererseits, gemäß seinem künstlerischen Anspruch, als subventionsbedürftige Kunstinstitution zu führen. Die überlieferten Zeugnisse wie Quittungen und Rechnungen der Autoren und Theatermaler, Gehaltslisten und Verträge der Schauspieler oder die Etatabrechnungen machen deutlich, dass das Theater, ob es nun als kaufmännischer Betrieb oder als Kunstinstitution gefasst wird, in jedem Fall von der Ökonomie dominiert wurde. Das Finanzdepartement interessierte sich nur für die Finanzierung jeder Vorstellung, nicht aber für deren künstlerischen Wert, nach dem die Kritiker und Zuschauer fragten. Durch alle Korrespondenzen Ifflands und die detaillierten Abrechnungen gegenüber dem König bzw. dem Departement der Finanzen zogen sich die quälenden, in aller Ausführlichkeit dargestellten ökonomischen Probleme. Iffland wurde nicht müde, immer wieder auf diesen Grundwiderspruch nachdrücklich, aber auch mit aller gebotenen Vorsicht hinzuweisen. Schon in Ifflands Berufungsschreiben von 1796 ist unmissverständlich formuliert, dass er „nach dem jedesmaligen Zustande des Cassen-Fonds allein ermessen“ musste,6 ob ein neues Stück gegeben werden könne. Dass die Beschäftigung mit dem Theater in unseren Tagen vornehmlich eine ­ästhetische ist, hat mit dem Verhältnis von Ökonomie und Kunst zu tun, das sich um 1800 grundlegend gewandelt hat. Es kam zu einer Um- bzw. Neubewertung des Kunstwerkes im Zusammenhang seines Entstehungs- und Verkaufs­prozesses. War es bisher normal, dass Kunstwerke wie alle anderen Handwerksprodukte dem Broterwerb ihrer Produzenten dienten, indem ihnen ein symbolischer, d. h. ­relativer und materieller Wert zugeschrieben wurde, stellten die Romantiker ­dieses Verhältnis grundsätzlich in Frage. Das Bild des Künstlers in der Öffentlichkeit wurde entökonomisiert. Im Konzept der Kunstreligion wurde der Wert eines Kunstwerks gleich den religiösen Werten, die nicht gegen Geld eingelöst werden können, als absolut gesetzt. Die Jahrtausende alte Übereinkunft, dass der Wert eines Kunstwerkes sich in seinem Preis ausdrückt, wurde damit in Frage gestellt bzw. geleugnet. Der Wert des Kunstwerks wurde nicht mehr funktional, sondern nur noch innerhalb des Systems der Kunst in Bezug auf andere Kunstwerke bemessen. – Aber ist subventioniertes Theater gut und kommerzielles Theater schlecht? Füllt ästhetisch wertloses Theater die Kassen und ist ästhetisch wertvolles Th ­ eater un  Vgl. Anhang, Nr. 6.

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Einleitung

rentabel? Ist das Publikum, das sein ästhetisches Urteil an der Kasse in klingender Münze zum Ausdruck bringt, urteilsfähig? Kann ein ästhetisch urteils­unfähiges Publikum politisch urteilsfähig sein? Welche Rolle spielt die Theaterkritik bei der Bestimmung von Werten, und wie ermittelt sie ästhetische Werte? Welche Funktion haben andere Medien – wie das Bild – bei der Vermittlung von ästhetischen Werten für die Bühne? Diese Fragen sind noch heute aktuell. Um eine Neubewertung der Leistungen des Intendanten Ifflands vorzunehmen, wurden umfangreiche quellenkritische Recherchen angestellt. Mit Hilfe von Ifflands Etatabrechnungen, Gehaltslisten der Schauspieler sowie der Korrespondenz mit seinen Autoren und vor allem mit dem König, dem gegenüber er allein rechenschaftspflichtig war, soll versucht werden, die ökonomischen und ästhetischen Wechselwirkungen bei der Repertoiregestaltung zu ergründen. Die in großer Zahl überlieferten privaten und amtlichen Schriftstücke August Wilhelm Ifflands wurden bisher weder systematisch gesammelt noch wissenschaftlich erschlossen. Die amtlichen Schriften, auf die in der vorliegenden Arbeit ein besonderes Gewicht gelegt wird, wurden bisher, mit wenigen Ausnahmen,7 völlig vernachlässigt und höchstens selektiv ausgewertet. Die im vorliegenden Band gedruckten amtlichen Schriftstücke stammen vor ­allem aus den Akten, die im Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kultur­besitz zu Berlin aufbewahrt werden; Schriftstücke aus anderen Sammlungen ergänzen die Auswahl. Neben der amtlichen Korrespondenz mit dem Hof wird in der vor­liegenden Veröffentlichung eine Reihe von Briefen und Dokumenten von ­Autoren, Schauspielern, Intendanten, Verlegern abgedruckt. Es handelt sich bei den abgedruckten Briefen aus Ifflands Korrespondenz mit Böttiger, Chamisso, Goethe, Kirms, Schiller, Tieck, Julius von Voß und vielen anderen nicht um private Briefe; denn sie wurden immer vor dem Hintergrund von Ifflands Position als Direktor des Berliner Theaters geschrieben. Mit vielen dieser Korrespondenten war Iffland freundschaftlich verbunden. Sie alle dürften aber gewusst haben, dass er über ­einen vergleichsweise riesigen Etat verfügte. In der Regel korrespondierten sie mit Iffland in der Absicht, von diesem Etat einen Teil für sich zu gewinnen. Andererseits musste sich auch der preußische Spitzenbeamte Iffland, der einen Etat von mehr als 120 000 Talern verwaltete, bemühen, sich in die sozialen Netzwerke anderer Entscheidungsträger des preußischen Staates einzubinden, um seine Stellung zu behaupten. Wir sehen an Hand dieser Zeugnisse, dass es ihm ge Vgl. Louis Schneider: Iffland als Direktor des Berliner Nationaltheaters. Eine theater­ geschichtliche Studie, in: Almanach für Freunde der Schauspielkunst, Berlin 1852, S. 75–109; 1853, S. 71–110; 1854, S. 126–178. – Vereinzelt finden sich auch bei Wahnrau einige Dokumente (Gerhard Wahnrau: Berlin, Stadt der Theater, Berlin 1957). 7

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Einleitung

lungen war, seine Position als Direktor des Nationaltheaters dauerhaft einzunehmen, obwohl seine ästhetischen Ansichten immer wieder öffentlich kritisiert und sein Privatleben denunziert wurden. Die wichtigsten und engsten Beziehungen auf dieser Ebene sind die zu König Friedrich Wilhelm II. und dessen Kammerherrn Johann Friedrich Ritz8 sowie später zu König Friedrich Wilhelm III., dessen Kabinettsrat Karl Friedrich von Beyme9 und dem Minister Karl August Fürst von Hardenberg.10 Von Ifflands amtlichen Schriften sind heute zwei voneinander getrennte große Bestände überliefert, die jeweils aus einer größeren Anzahl von Bänden und Konvoluten bestehen. Ein Bestand befindet sich im Geheimen Staatsarchiv Preußi­scher Kulturbesitz zu Berlin. Im Wesentlichen handelt es sich hier um eine Sammlung von Akten, die Iffland in seiner Funktion als Direktor anfertigte, um gegenüber ­seinen Dienstherren, den Königen Friedrich Wilhelm II. und Friedrich ­Wilhelm  III., ­Rechenschaft abzulegen. Sie gehören zum Bestand der Hof- und Güterverwaltung ­ acetten der Verwal(I. HA, Repositur 36). Die Rechenschaftslegung betrifft alle F tung einer großen künstlerischen Institution. Wichtig und vieldiskutiert sind die jährlichen Etatabrechnungen. Weitere Themen sind Schuldentilgung, Baumaßnahmen oder Gehaltsangelegenheiten des künstlerischen ­Ensembles und auch des technischen Personals. In diesem Bestand findet sich nicht nur die Korrespondenz Ifflands mit den beiden Königen, sondern liegen auch die Schreiben der für die Könige arbeitenden Kammerherren und Sekretäre, mit denen Iffland gleichfalls korrespondierte. Diese Schreiben sind deshalb wichtig, weil sie dokumentieren, wie die Entscheidungen ausgehandelt wurden. Ein weiterer, 34 Folio­bände zählender Bestand befand sich im Archiv der General­intendanz der königlichen Schauspiele (später Preußische Staatst­heater), die i­hren Sitz in der Oberwallstraße in Berlin hatte. Bis Ende der 1970er Jahre wurden sie im Archiv der Staatsoper aufbewahrt, das sich ebenfalls in der Oberwall­straße ­befand. Der Berliner Theater­ wissenschaftler Hugo Fetting nahm das Konvolut später in seinen Besitz. In seiner 1977 erschienenen Dissertation Das Repertoire des Ber­liner König­lichen National­ theaters unter der Leitung von August Wilhelm Iffland 11 zitiert Fetting gelegentlich diesen Bestand und gibt als Quelle „Deutsche Staatsoper Berlin, Iffland-­Akten“ an.12 Dieser Bestand, nach dem der Ver­fasser jahre­lang gesucht hat, ist 2013 w ­ ieder aufgetaucht und befindet sich seit 2014 im Landes­archiv ­Berlin. Nach einer ersten   Vgl. Anhang, Nr. 8 und 9.   Vgl. z. B. Anhang, Nr. 40 und 43. 10   Vgl. Anhang, Nr. 39. 11   2 Bde., Greifswald 1977. 12   Ebenda, Bd. 1, S. 260.  8  9

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Einleitung

Durchsicht13 lässt sich sagen, dass d ­ iese Akten theater- und kulturgeschichtlich von enormer Bedeutung sind. Sie sind nichts ­weniger als ­Ifflands dramaturgisches und administratives Archiv aus der Zeit seines Wirkens am Berliner Nationaltheater. Darin finden sich der Brief­wechsel Ifflands mit seinen Schauspielern und Schauspielerinnen, Sängern und Sängerinnen, mit den Musikern, seinen Dekorateuren und Bühnenbildnern, den Autoren, Komponisten, Übersetzern, seinen Sekretären, den Finanzbeamten, anderen Theater­direktoren und Zuschauern aus der Berliner Gesellschaft sowie ausführliche Berichte über Inszenierungen anderer Theater und kleinere Abhandlungen zum Theater aus Ifflands Feder. Die in diesem Archiv aufbewahrte Korrespondenz ist nicht nur für die Theatergeschichte Berlins, sondern für die deutsche Theatergeschichte überhaupt von besonderer Bedeutung. Sie umfasst den Briefwechsel mit Theaterdirektoren und Schauspielern aller wichtigen kulturellen Zentren, von denen hier nur Dresden, Hamburg, Leipzig, Weimar und vor allem Wien genannt werden sollen. Trotz seiner herausragenden Stellung war Berlin um 1800 doch nur ein Teil e­ iner sich im Aufbruch befindenden nationalen Theaterszene, deren Akteure durch Austausch und gegenseitige Beobachtung gemeinsam nach neuen künstlerischen Wegen suchten. Das ca. 7 500 Blatt umfassende Archiv konnte für die vorliegende Arbeit nicht mehr systematisch erforscht werden. Es konnten nur einige wenige Dokumente noch berücksichtigt werden. Die Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften und das Landesarchiv Berlin werden das umfangreiche Material in einer Daten­bank vollständig erschließen und öffentlich zugänglich machen. Neben den genannten archivalischen Materialien nutzt die vorliegende Studie die Daten der vom Verfasser konzipierten und bearbeiteten Datenbank zum Berliner Nationaltheater als Grundlage. In dieser im Internet frei zugänglichen Datenbank ist das Repertoire des Nationaltheaters unter Ifflands Leitung annähernd vollständig rekonstruiert. Die Datenbank enthält Metadaten zu mehr als 8 400 Aufführungen von mehr als 790 Stücken und mehr als 350 Theaterkritiken. Die in der vorliegenden Studie genannten Zahlen zu den Aufführungen stammen aus dieser Datenbank.14

  Ich hatte für zwei Wochen Gelegenheit, die Akten im Landesarchiv Berlin anzusehen, bevor sie zur Restaurierung gegeben wurden. Vgl. Klaus Gerlach: August Wilhelm Ifflands dramatur­ gisches und administratives Archiv aus der Zeit seines Wirkens am Berliner Nationaltheater, in:­ www.theaterforschung.de 14   http://berlinerklassik.bbaw.de/BK/theater – vgl. auch Klaus Gerlach: Die Datenbank zum Berliner Nationaltheater als Form des wissenschaftlichen Diskurses über die Entstehung einer modernen Großstadtkultur um 1800, in: Datenbanken in den Geisteswissenschaften, hrsg. von Ingo Jonas, Frankfurt/M. u. a. 2006, S. 63–74. 13

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1  Theater in Preußen um 1800*

Die nachfolgenden Betrachtungen über die Theater in Preußen beschränken sich auf die Städte Berlin, Breslau, Königsberg, Magdeburg und Stettin bis zum Jahre 1848. Die genannten Theaterstädte befinden sich alle auf dem Territorium, das spätestens seit der Mitte des 18. Jahrhunderts zu Preußen gehörte. Nicht berück­ sichtigt sind also jene Theaterstädte, die infolge der territorialen Erweiterung nach den Befreiungskriegen bzw. dem Wiener Kongress im Westen dazukamen. Der ausgewählte Zeitabschnitt ist insofern aussagekräftig, weil sich in ihm das institu­ tionelle Theater, womit sich der Staat repräsentiert sehen wollte, herauszubilden begann. Mit dem umfangreichen Reformwerk der preußischen Regierung im Jahre 1809 begann sich diese Stellung zu festigen, insbesondere durch das W ­ irken der von Wilhelm von Humboldt geleiteten Sektion Kultus und öffent­licher Unter­ richt, in die das Theater eingegliedert werden sollte.

Die Voraussetzungen Preußen spielte bis in die 1770er Jahre in der deutschen Theatergeschichte nur eine Nebenrolle. In Hans Knudsens Deutscher Theatergeschichte von 1970 wird nur Berlin mit einem ausführlichen Artikel gewürdigt, andere preußische Städte fanden lediglich en passant im Zusammenhang mit Wandertruppen Erwähnung. Berlins Theatergeschichte beginnt bei Knudsen eigentlich erst mit dem Eintreffen August Wilhelm Ifflands im Jahr 1796.1 Diese Darstellung der deutschen Theater­ geschichte ist zwar übertrieben reduziert, aber die Tendenz stimmt: Die wichtigen Impulse für die deutsche Schaubühne gingen von Mittel- und Süddeutschland so­ wie von Hamburg aus. In Preußen kannte man bis gegen Ende des 17. Jahrhun­ derts Theater nur von den Vorstellungen der englischen Komödianten und deut­ schen Wandertruppen, die auf Marktplätzen in Bretterbuden, bestenfalls in einem * Teile aus dem nachfolgenden Kapitel wurden auf der Tagung „Preußen als Kulturstaat im 19. Jahrhundert“ am 1. Dezember 2012 in Potsdam vorgetragen. Der Beitrag wird unter dem T ­ itel „Theater in Preußen. Bürgerkultur und Staat“ in einem von Gisela Mettele und Andreas Schulz heraus­gegebenen Band erscheinen. 1   Hans Knudsen: Deutsche Theatergeschichte, 2. neu bearbeitete und erweiterte Ausgabe, Stutt­ gart 1970, S. 239–247.

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Die Voraussetzungen

Saal auf dem Rathaus oder in Ausnahmefällen zu Feierlichkeiten am Hof spielten2 oder aber vom Schultheater. Charakteristisch für die Theaterkultur Preußens jener Zeit ist Carl Martin Plümickes Bemerkung über den Theaterprinzipal Sebastian di Scio, der ab 1690 mit seiner Truppe in Berlin tätig war und als erster Komödiant gilt, der eine Kurfürstliche Konzession für Preußen hatte. Plümicke schreibt: Di Scio „dürfte, wenn er nicht zugleich durch Operieren und Marktschreien neben­ her viel Geld verdient hätte […], schwerlich sein Auskommen gefunden haben“.3 Das erste Theater in Berlin wurde erst 1700 zur Aufführung der Oper La Festa del Hymeneo gebaut. Es war ein kleines Hoftheater und befand sich in einem Saal über der königlichen Reitbahn, dem Marstall. Es wurde auf Betreiben der Kurfürstin Sophie Charlotte aus Anlass der Vermählung der preußischen Prinzessin Luise Dorothea Charlotte gebaut; die Aufführenden der Oper stammten zum großen Teil aus der Hofgesellschaft. Ebenfalls auf Wunsch der Kurfürstin wurde in de­ ren Sommerresidenz in Lützenburg (dem späteren Charlottenburg) um 1700 ein kleines Opernhaus errichtet. Es war das erste brandenburg-preußische Schloss­ theater.4 Vergleichen wir diese Anfänge der Theaterkultur in Preußen mit denen in anderen Staaten, fällt ins Auge, wie wenig entwickelt die Theaterkultur in Preußen war. In Dresden, also im Kurfürstentum Sachsen, stand schon 1667 ein aus Stein gebautes Opernhaus, das durch einen Gang mit dem Schloss verbunden war.5 In Hamburg eröffnete 1677 die berühmte Oper am Gänsemarkt.6 In Gotha wurde 1683 ein für die damalige Zeit hochmodernes Schlosstheater mit einer mechani­ schen Kulissenbühne eröffnet. In Paris wurde sogar schon 1548 mit dem Théâtre de l’Hôtel de Bourgogne das erste feststehende Theater errichtet.7 Um uns zu orien­tieren, sei noch erwähnt, dass Corneille (1606–1684), Molière (1622–1673) und Racine (1639–1699), die auf den Theatern von Paris und Versailles bereits zu Lebzeiten aufgeführt wurden, schon lange tot waren, als es in Berlin noch immer keinen Theaterbau gab.

  Gerhard Wahnrau: Berlin, Stadt der Theater, Berlin 1957, S. 41.  Carl Martin Plümicke: Entwurf einer Theatergeschichte von Berlin, nebst allgemeinen Be­ merkungen über den Geschmack, hiesige Theaterschriftsteller und Behandlung der Kunst, in den ver­ schiedenen ­Epochen, Berlin 1781, S. 59. 4   Herbert A. Frenzel: Brandenburg-Preußische Schloßtheater, Berlin 1959, S. 24f. 5   Uta Deppe: Die Festkultur am Dresdner Hofe Johann Georgs II. von Sachsen (1660–1679), Kiel 2006, S. 62 und Romy Petrick: Dresdens bürgerliches Musik- und Theaterleben im 18. Jahrhundert, Marburg 2011, S. 51 und 445. 6   Laure Gauthier: L’Opéra à Hambourg (1648–1728). Naissance d’un genre, essor d’une ville, ­Paris 2010. 7   Sophie Wilma Deierkauf-Holsboer: Le Théatre de l’hôtel de Bourgogne, Volume I : 1548–1635. ­Documents inédits, Paris 1968. 2 3

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1  Theater in Preußen um 1800

Theaterbauten und -truppen sowie deren Organisations- und Verwaltungsformen In Berlin soll kurz nach dem oben erwähnten 1700 eingerichteten Schlossthea­ tersaal ein privates Theater in der Poststraße errichtet worden sein, über das aber wenig bekannt ist. Hier trat vor allem eine französische Hofschauspieltruppe auf, die seit 1706 engagiert worden war.8 In der Regierungszeit Friedrich Wilhelms I. erstarb das vom Hof geförderte Theater beinahe ganz, eine höfische Oper exis­ tierte gar nicht.9 Höhepunkt des theatralischen Lebens jener Zeit in Berlin ­waren die Vorstellungen, die der Starcke Mann in einer Bretterbude darbot. Aber J­ ohann Carl von Eckenberg, genannt der Starcke Mann, war der Prinzipal einer Truppe von Seiltänzern, Jongleuren, Akrobaten und einigen wenigen Schauspielern. Immer­hin war der Starcke Mann vom König zum Hofkomödianten ernannt wor­ den. Erst unter Friedrich II. setzte eine sprunghafte Entwicklung des Theaters ein. 1742 wurde die sogenannte Oper Unter den Linden eingeweiht. Sogenannt, weil es sich um ein Gebäude handelte, in dem sich drei große Säle befanden: 1. Der Apollosaal, in dem diniert wurde, 2. ein Tanzsaal mit drei Rängen über­einander liegender Logen und 3. der Korinthische Saal, der als Theater diente. Es ist der erste große Theaterbau Preußens, vor allem dazu gedacht, dem Hof einen öffent­ lichen Ort zur Repräsentation zu verschaffen. Opern wurden hier nur während der Karnevalssaison gespielt und Zugang hatten in der Regel nur Mitglieder des Hofes.10 Neben der Lindenoper sind noch die Theater im Stadtschloss und im Neuen ­Palais in Potsdam erwähnenswert.11 Des Weiteren gab es ein Orangerie­ theater in Oranienburg, das „grüne Gartentheater“ im Schloss Monbijou und das Theater in Schloss Schönhausen.12 1764 wurde am Monbijouplatz ein Privat­ theater eröffnet. Erbauen ließ es Andreas Bergé, Chef einer französischen Truppe.

  Gerhard Wahnrau: Berlin, Stadt der Theater, Berlin 1957, S. 35.   Louis Schneider: Geschichte der Oper und des Königlichen Opernhauses in Berlin, Berlin 1852, S. 44. 10   Bis mindestens in die 1830er Jahre war das inzwischen mehrfach umgebaute Opernhaus nicht ausschließlich Opernaufführungen vorbehalten. Nachdem Iffland Generaldirektor der Königlichen Schauspiele (zu denen das Berliner Nationaltheater und die Oper gehörten) geworden war, wurden hier regelmäßig Schauspiele, die auch auf dem Nationaltheater gegeben wurden, aufgeführt. Vgl. dazu z. B. die Theaterzettel der Jahre 1830/31 in der Staatsbibliothek zu Berlin, Signatur: YP 4824/21001830/31. Seit 1810 sind solche Aufführungen zuerst vereinzelt, dann aber sehr häufig nachweisbar. Spätestens zu diesem Zeitpunkt hatte offenbar das bürgerliche Publikum Zutritt zur Hofoper. 11   Das Theater im Neuen Palais wurde bereits 1741 eingebaut, jedoch erst 1748 vollendet. Vgl. Carsten Jung: Historische Theater in Deutschland, Österreich und der Schweiz, Berlin und München 2010, S. 28–31. 12   Herbert A. Frenzel: Brandenburg-Preußische Schloßtheater, Berlin 1959, S. 106–111. 8 9

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Aufgeführt wurden französische Stücke in französischer Sprache.13 Ebenfalls 1764 eröffnete das Theater in der Behrenstraße,14 das bald von Carl Theophil Döbbelin übernommen wurde und dann tatsächlich Theatergeschichte schrieb. Die Ham­ let-Interpretation des Hamburger Schauspielers Johann Brockmann 1777/78 war ein über Berlin hinaus bedeutsames theatergeschichtliches Ereignis, zumal der da­ mals wichtigste deutsche Zeichner, Nikolaus Daniel Chodowiecki, dieses Gesche­ hen in Szenenbildern durch seine Kupferstiche bekannt machte15 und mit ihnen ein theatralisches Zeichensystem fixierte, das eine starke Vorbildwirkung hatte.16 1786 wurde schließlich das Berliner Nationaltheater auf dem Gendarmenmarkt eröffnet, dessen erster Direktor ebenfalls Carl Theophil Döbbelin war. Döbbelin zog mit seinem Ensemble aus dem Haus in der Behrenstraße in das ehemalige französische Komödienhaus auf dem Gendarmenmarkt, das Friedrich II. 1775/76 hatte erbauen lassen, das aber seit dem bayerischen Erbfolgekrieg leer stand, weil Geld fehlte, eine Schauspieltruppe zu finanzieren. 1802 wurde hier das seinerzeit modernste Theatergebäude Europas eröffnet, das Friedrich Wilhelm III. auf Drän­ gen Ifflands erbauen ließ und jährlich mit etwa 5 400 Talern subventionierte,17 was bei einer jährlichen Einnahme und Ausgabe von jeweils ca. 120 000 Talern weni­ ger als 5 % ausmacht.18 Neben diesen Theatern gab es in Berlin seit den 1790er Jahren mehr und mehr bürgerliche und kleinbürgerliche Liebhabertheater, von denen manche eigene Theatergebäude besaßen. Die Liebhabertheater finanzierten sich über Mitgliedsbeiträge und Eintrittsgelder, mit denen sie vor allem die Miete der Räume, in denen sie spielten, bezahlen mussten. In Königsberg wurde 1755 das erste feststehende, öffentliche deutsche Theater in Preußen eröffnet. Dieses Theater wurde von einem Privatmann und noch dazu von einem Theaterprinzipal finanziert. Es gehörte dem Schauspieldirektor Konrad Ernst Ackermann, der es auch an andere Wandertruppen verpachtete. Das später

  Gerhard Wahnrau: Berlin, Stadt der Theater, Berlin 1957, S. 94.   Der preussische Staat in allen seinen Beziehungen. Eine umfassende Darstellung seiner Ge­ schichte und Statistik, hrsg. von einem Vereine von Freunden und Gelehrten der Vaterlandskunde unter dem Vorstand des Freiherrn L. von Zedlitz-Neukirch, Berlin 1835, Bd. 1, S. 177 (Anm.). 15   Zwei von ihnen wurden in der in Berlin erscheinenden Litteratur- und Theaterzeitung kurz nach dem Gastspiel abgedruckt. Vgl. Bruno Voelcker: Die Hamlet-Darstellungen Daniel Chodo­ wieckis und ihr Quellenwert für die Theatergeschichte des 18. Jahrhunderts, Leipzig 1916, S. 21. – In dem von der königlichen Akademie der Wissenschaften zu Berlin herausgegebenen Genealogischen Calender auf das Jahr 1779 erschienen 12 Stiche. 16  Hildegard Hammerschmidt-Hummel: Die Shakespeare-Illustrationen (1594–2000). Bild­ künstlerische Darstellungen zu den Dramen William Shakespeares: Katalog, Geschichte, Funktion und Deutung, Wiesbaden 2003, S. 42–45. 17   Vgl. Anhang, Nr. 51. 18  Ebenda. 13 14

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einem Kaufmann Bruinvisch gehörende Theater19 brannte 1797 ab und wurde 1800 nach Plänen des Berliner Architekten Friedrich Gilly wieder aufgebaut.20 Jedoch wurde schon Ende 1804 eine Aktiengesellschaft gegründet, um ein neues Thea­ ter zu bauen, weil das Gilly-Theater zu klein war, vor allem aber, weil es ­eklatante Mängel aufgewiesen haben soll. Dieses neue Königsberger Thea­ter wurde 1808 er­ öffnet. Der Bauplatz wurde der Aktiengesellschaft, der Valerian Müller vorstand,21 durch eine königliche Schenkung übertragen.22 Dass dieses neuerrichtete Thea­ ter schon wenige Monate später niederbrannte, mag ein unglücklicher Zufall ge­ wesen sein, war aber symptomatisch für die instabile Institution des Thea­ters in den kommenden Jahrzehnten. In immer kürzer werdenden Abständen legten die Theaterdirektoren ihre Leitung nieder oder flohen gar aus der Stadt, weil das The­ ater und sie selbst bankrott waren. Das Königsberger Thea­ter hatte in der Zeit von 1811 bis 1817 acht verschiedene Direktionen.23 Über Jahrzehnte danach änderte sich an dieser Situation nichts. Am 27.  Dezember 1835 schrieb ­Anton Hübsch, kurzzeitiger Direktor in Königsberg, an Friedrich Wilhelm III. von den unhalt­ baren Zuständen des öffentlichen Theaters in der Stadt. Er berichtete, dass trotz der häufigen Wechsel der Direktion und des Engagements der Bürger sich das Theater nicht halten könne, und bat um Unterstützung.24 Neben diesem öffentlichen und privatfinanzierten Stadttheater bestanden in Königsberg auch private Liebhabertheater, jedoch gibt es hierzu keine systemati­ schen Untersuchungen, es finden sich nur verstreut Hinweise. Von 1764 bis etwa 1766 existierte ein bürgerliches Liebhabertheater unter der Leitung des begüterten ­Johann Adam Tritt.25 Heinrich Christian Graf Keyserling unterhielt in Königsberg ein in seinem Garten stehendes Liebhabertheater. Wir können davon ausgehen,

  Erhard Roß: Geschichte des Königsberger Theaters von 1811 bis 1834, Königsberg i. Pr. 1935, S. 11. 20   Ebenda, S. 12f. 21   Ebenda, S. 64. 22   Ebenda, S. 18. 23   Ebenda, S. 86–93. 24   Hübsch schreibt: „In vielleicht zwölf Jahren haben mehrere Theater-Directoren gewechselt und alle haben, beim eifrigstem Bestreben der Erhaltung eines Theaters mehr oder weniger ihr Ver­mögen aufgezehrt. In den Jahren 1830 bis 1834 bildete sich ein Comitee aus den angesehensten Personen sowohl des Militairs als Civilstandes, und auch dieser war, bei seinen haushälterischen Ersparnissen nicht im Stande, dem Unternehmen ein Gedeihen zu verschaffen, sondern es sahen sich die Mitglie­ der, nach nicht unbedeutenden Aufopferungen ihrer eigenen Zuschüsse, zum Aufgeben ihres Unter­ nehmens genöthigt.“ (GStA PK, I. HA, Rep. 89, Nr. 21027, Bl. 91.) 25   Ernst August Hagen: Geschichte des Theaters in Preußen, vornähmlich der Bühnen in Königs­ berg und Danzig von ihren ersten Anfängen bis zu den Gastspielen J. Fischer’s und L. Devrient’s, ­Königsberg 1854, S. 347. 19

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dass dort in der Regel vor allem adelige Zuschauer Zutritt hatten.26 Es ist aber be­ kannt, dass auch Immanuel Kant zu den Gästen des Grafen gehörte. Ebenfalls ein Liebhabertheater unterhielt der Reichsgraf Ernst Ahasverus Heinrich Lehndorff in Steinort in der Nähe von Königsberg.27 In Magdeburg wurde 1795 das erste feststehende Theater eröffnet. Es wurde von der dort ansässigen Kaufmannschaft durch Aktien finanziert. Architekt des Baues war Friedrich Wilhelm von Erdmannsdorff, der auch das Dessauer Schlosstheater erbaut hatte. Das Magdeburger Theatergebäude gehörte anfangs einer Aktienge­ sellschaft, seit 1805 allein dem Kaufmann Guischard, der alle Aktien aufgekauft hatte. Der Mietzins des Theaters betrug jährlich 2000 Taler, die der Pächter, also der Prinzipal einer Wandertruppe, aufbringen musste. Zwischen 1821 und 1836 versuchten zehn Theaterdirektoren ihr Glück,28 scheiterten aber immer wieder, so dass die Stadt zum wiederholten Male kein Theater hatte. 1826 schritt endlich der Oberbürgermeister Wilhelm Francke ein. Er sammelte unter den Bürgern, denen er 10 % Dividende versprach, 12 000 Taler ein und erhielt von der preußischen Re­ gierung einen zinsfreien Vorschuss von 15 000 Talern. Aber schon 1833 wurde das Theater wieder geschlossen, weil der Theateraktienverein ein Minus von 29 000 Thalern registrierte und sich auflöste.29 In Breslau wurde bereits 1677 das erste feststehende Theater eröffnet, allerdings gehörte die Stadt zu jener Zeit nicht zu Preußen, sondern, wie ganz Schlesien, zur habsburgischen Monarchie. Die frühe und verhältnismäßig hochentwickelte Theaterkultur in Breslau ist demzufolge nicht typisch für Preußen. Eher typisch ist, dass das Breslauer Theater nach der Besitznahme des Landes durch Preußen jahrelang als Mehlspeicher für die Armee diente.30 In diesem von einem Priva­ tier erbauten Theater spielten bis ins 18. Jahrhundert die verschiedensten Wander­ truppen. 1782 wurde ein neues Schauspielhaus eröffnet, es wurde von der Theater­ prinzipalin Maria Barbara Wäser auf eigene Kosten erbaut. Der Magistrat der Stadt Breslau unterstützte den Bau, indem er kostengünstig Baumaterial zur Ver­ fügung stellte und für drei Jahre den Spielbetrieb von der Steuer befreite.31 Der   Vgl. z. B. Des Reichsgrafen Ernst Ahasverus Heinrich Lehndorff Tagebücher nach seiner Kammer­herrnzeit. Nach dem französischen Original, hrsg. von Karl Eduard Schmidt-Lötzen, Gotha 1921, S. 169. 27   Vgl. Bernd Dörflinger u. a. (Hrsg.): Königsberg 1724–1804. Materialien zum politischen, sozia­ len und geistesgeschichtlichen Hintergrund von Leben und Werk Immanuels Kants, Hildesheim u. a. 2009, S. 355f. und Frenzel 1959, S. 172f. 28   Friedemann Krusche: Theater in Magdeburg. Bd. 1: Von der Reformation bis zum Beginn der Weimarer Republik, Halle 1994, S. 112–124. 29   Ebenda, S. 114f. 30   Maximilian Schlesinger: Geschichte des Breslauer Theaters. Bd.  1: 1522–1841, Berlin 1898, S. 31. 31   Ebenda, S. 70. 26

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­ rchitekt des Gebäudes war Karl Gotthard Langhans, der später das Branden­ A burger Tor und das Berliner Nationaltheater erbaute. Einen wichtigen Einschnitt brachte das Jahr 1797. In diesem Jahr übernahm in Breslau eine Aktiengesellschaft das Theater, nachdem die Witwe Wäser gestorben war, und leitete seither das The­ ater mehr oder weniger erfolgreich. Jedoch unterschied sich das Unternehmen von denen in Königsberg und Magdeburg darin, dass es nie für längere Zeit schlie­ ßen musste. Die Verwaltung des Breslauer Theateraktienvereins, der sich im Laufe der Zeit in seiner Zusammensetzung immer wieder veränderte, kann deshalb als erfolgreich angesehen werden. Freilich hatte sich der Aktienverein gleich in seiner ­ersten ­Satzung folgendes Ziel gesetzt: Die Direktion muß nie vergessen, daß das Theater zunächst für die Unterhaltung des Pu­ blikums bestimmt ist, und also das Hauptgesetz Abwechslung sein muß. Es folgt hieraus, daß die Direktion sich sorgfältig zu hüten habe, eine entschiedene Vorliebe für eine oder andere Gattung und eine Nichtachtung für dasjenige, was eine gewisse Klasse von Zu­ schauern gerne sieht, blicken zu lassen.32

Hinter diesen Worten verbirgt sich das Wissen des Vereins, dass sich dauerhafter Erfolg nur auf eine gesunde finanzielle Basis gründen könne und dass diese stabile Basis nur mit dem Geld gesichert werden könnte, das die Bürger zur Be­friedigung ihres Vergnügens herzugeben bereit waren. Deshalb erhielt jedes gespielte Stück in den Verwaltungsbüchern ein Konto, worin die Abendeinnahme eingetragen wurde. Sank sie unter einen bestimmten Betrag, der mit ca. 130 Talern ange­geben war, so wurde das Stück nicht mehr gegeben. „Von dieser Verbannung wurden“, laut Maximilian Schlesinger, „nur die ästhetisch wertvollen Stücke ausgenommen, wie ‚Nathan der Weise‘, ‚Egmont‘, ‚Don Juan‘, ‚Titus‘, die regelmäßig im Repertoire erschienen, aber nur, soweit Überschüsse auf den anderen Conti es gestatteten.“33 Diese schwer zu überprüfende Behauptung scheint eher eine nachträgliche Bild­ retusche eines wohlwollenden Chronisten zu sein, als ein wirklich programmati­ scher Entwurf, der sich zu jener Zeit an keinem Theater finden lässt. Dem bisher Gesagten zufolge existierten in Preußen bis 1848 folgende Organi­ sations- und Verwaltungsformen des Theaters: 1. Die Liebhabertheater bzw. Privattheater, die in adeligen oder bürgerlichen Häusern, Gast- und Logenhäusern spielten. Sie waren nicht öffentlich und dienten nur der Unterhaltung im kleinen, geschlossenen Kreis. Die Bürger und der Adel finanzierten und bespielten diese Theater; in Ausnahmefällen hatten sie festste­ hende Theatergebäude mit einer Bühne zu ihrer Verfügung, wie z. B. das bürger­

  Ebenda, S. 87.   Ebenda, S. 130.

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liche Liebhabertheater Urania in Berlin34 oder das Gartentheater der Familie von Keyserling in Königsberg. Diese Theater waren Privattheater. Die bürgerlichen Liebhabertheater unterlagen einem strengen staatlichen Reglement und mussten immer befürchten, verboten zu werden, wovon viele Liebhabertheater in Berlin betroffen waren.35 2. Die Hoftheater, die in der Regel in oder nahe bei einem fürstlichen Schloss unter­gebracht waren und vor allem den Mitgliedern des Hofes offenstanden.36 Sie müssen ebenfalls als Privattheater des Königs oder seiner Familie angesehen ­werden, denn sie wurden aus privaten Kassen finanziert. Diese Theater wurden sowohl von Wandertruppen als auch von festengagierten Schauspielern bespielt. So hatte Prinz Heinrich von Preußen in Rheinsberg bis zu seinem Tode 1802 eine Truppe französischer Schauspieler.37 3. Die privat finanzierten, öffentlichen Theater wie das Breslauer, das Magde­ burger und das Königsberger Stadttheater. Diese Theater wurden von Aktien­ gesellschaften geführt und mussten sich über die Eintrittspreise selbst finanzie­ ren. In diesen Theatern hatte jede Person Zutritt, die den Eintrittspreis aufbringen konnte. Das Repertoire dieser Theater musste sich demzufolge an den Wünschen der zahlungskräftigen oder zahlungswilligen Zuschauer orientieren, um sich finan­zieren zu können. 4. Die öffentlichen Hoftheater wie das seit 1786 bestehende Berliner König­ liche Nationaltheater auf dem Gendarmenmarkt und das Königsstädtische Thea­ ter am Alexanderplatz, das zwar 1824 bei der Eröffnung im Besitz einer Aktien­ gesellschaft war, jedoch schon 1829 heimlich vom Königshaus übernommen wurde.38 Diese beiden Berliner Theater nahmen unter den preußischen Theatern eine Sonderstellung ein, indem sie in gewisser Weise Vorläufer eines staatlichen Theaters waren. Das Haus auf dem Gendarmenmarkt war zwar ein Immediatbau des ­Königs, der auch die finanziellen Verluste im Spielbetrieb ausglich, da jedoch die Staatsgelder von fürstlichen Privatvermögen aufgrund ihrer Vermischung, wie

  Vgl. Uta Motschmann: Die private Öffentlichkeit – Privattheater in Berlin, in: Klaus Gerlach/ René Sternke (Hrsg.), Der gesellschaftliche Wandel um 1800 und das Berliner Nationaltheater, Ber­ lin 2009, S. 73f. 35   Ebenda, S. 65–69 und Anhang, Nr. 59 und 66. 36   Seit Ende des 18. Jahrhunderts öffneten sich die Hoftheater wie z. B. in Hannover oder Braun­ schweig zwar auch dem zahlenden, bürgerlichen Publikum, ob sich das allerdings auch für die preußi­ schen Hoftheater sagen lässt, müsste noch untersucht werden. 37   Arnold Jacobshagen: Das französische Opernrepertoire am Rheinsberger Theater des Prinzen Heinrich, in: Das Theater des Prinzen Heinrich. Ein Lesebuch zum Schlosstheater Rheinsberg, Leip­ zig 2000, S. 33. 38   Ruth Freydank: Theater in Berlin. Von den Anfängen bis 1945, Berlin 1988, S. 231. 34

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schon John Röhl in Bezug auf die mitteleuropäischen Höfe beschrieben hat,39 aus heutiger Sicht schwer zu trennen sind, kann es unter Vorbehalt als Staatstheater angesehen werden, denn es war ein öffentliches, (wenn auch nur geringfügig) sub­ ventioniertes Haus, zu dem jeder Bürger Zutritt hatte.

Bürgerliches Engagement und Staat Aus einem Brief des geheimen Staatsministers und Ministers des Königlichen Hauses Wilhelm Fürst zu Sayn und Wittgenstein an den König aus dem Jahre 1846 geht deutlich hervor, dass das Berliner Theater eine Ausnahmestellung in Preußen innehatte und dass die Theater in den Provinzen gar keine oder eine ver­ schwindend geringe finanzielle Unterstützung erhielten. In dem nachfolgend zi­ tierten Schreiben wird dem König empfohlen, die Bitte des Stettiner Magistrats um einen jährlichen Zuschuss für das dortige Theater nicht zu gewähren.40 Der Gutachter schreibt: Bis jetzt sind zu solchen Zwecken Beiträge aus dem Kronfideicommiß-Fond nicht ­gewährt worden, auch würden diese in denjenigen Fällen, in welchen Eure Königliche Majestät zu einer derartigen Bewilligung geneigt wären, allezeit auf die Staats-Kasse an­ zuweisen sein. Ebenso wenig sind bisher Beiträge zur Unterhaltung von Privat-Theatern außerhalb Berlin gegen Reservirung einer besondern Loge für Eure Königliche Majestät aus dem gedachten Fonds gezahlt worden. Die Zuschüsse, welche Eure Königliche Ma­ jestät für die Theater zu Königsberg in Preußen und Magdeburg im Betrag von 2000 rtlr. jährlich für jedes zu bewilligen geruht haben, werden denselben aus Staats-Fonds über­ wiesen. Zum Bau des neuen Schauspielhauses in Breslau hat seiner Zeit die Seehandlung die Summe von 40.000 rtlr. hergeliehen. Dieses Darlehn soll durch Zahlung der Zinsen aus der General-Staats-Kasse amortisirt werden.41

Fassen wir das bisher Gesagte zusammen, so gab es in Preußen bis min­destens 1848 streng genommen nur Privat- und Hoftheater. Diesen Umstand kritisierte Heinrich Theodor Rötscher in seinem Artikel Theater und dramatische ­Poesie   John C. G. Röhl: Kaiser, Hof und Staat. Wilhelm II und die deutsche Politik, München 1987, S. 84f. 40   Der Magistrat zu Stettin hatte wiederholt den König um Unterstützung gebeten. So am 18. De­ zember 1816: „Das durch den Schauspiel-Direktor Wörner im Jahre 1814 hier errichtete Theater, wurde durch seinen, am Schluß desselben Jahres erfolgten Todes, mit gänzlicher Auflösung bedroht. Der Wunsch, ein mit so vieler Kunstliebe und mit einem so bedeutenden Aufwande gegründetes In­ stitut zu erhalten, vermochte uns einen Actienfonds zu beschaffen, und uns der obern Leitung des­ selben zu unterziehen.“ Im weiteren Verlauf des Briefes baten die Unterzeichner um einen jährlichen Zuschuss von 3000 Talern, der aber am 16. Januar 1816 vom König abgelehnt wurde (GStA PK, I. HA, Rep. 89, Nr. 21028, Bl. 1–3 und Bl. 5). 41   An Friedrich Wilhelm III., 8. Juli 1846 (GStA PK, I. HA, Rep. 89, Nr. 21028, Bl. 17). 39

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Bürgerliches Engagement und Staat

in ihrem Verhältnis zum Staate in dem von Karl von Rotteck und Karl Theodor ­Welcker herausgegebenen Staats-Lexikon oder Encyklopaedie der Staatswissen­ schaften,42 das in Preußen streng verboten war. Der Philologe und Dramaturg ­Rötscher, der bei August Boeckh und Georg Friedrich Wilhelm Hegel studiert hatte, erkannte eine Wechselwirkung zwischen Staat und Theater. In Frankreich habe die klassische Tragödie, wie alle Kunst und Wissenschaft, allein die Funktion gehabt, das Königtum Ludwigs XIV. zu verherrlichen. In Griechenland dagegen war das Thea­ter ein Produkt „der lebendigsten Theilnahme des Bürgers am Ge­ meinwesen, das er selbst mit hervorbringen half und sich darin genoß“.43 Deshalb entspreche das Hoftheater der Monarchie, das Nationaltheater aber dem freien Staat (den ­Rötscher aber nicht näher bestimmt). Rötscher forderte, dass sich das Theater, wie auch die Wissenschafts- und Kunstakademien, frei von den Höfen entfalten und dass es zu diesem Zweck nicht dem Hof, sondern dem Ministe­ rium des Kultus und der Wissenschaften unterstellt werden solle. Auf diese Weise würde das Theater in ein direktes Verhältnis zum Staat gesetzt. Die „Unterstützung die dem Theater zu Teil wird“, so Rötscher, „darf nicht ein bloßer Gnadenact sein, welcher nach dem Belieben des Souveräns eingeschränkt und erweitert wird“.44 Die 1848 erhobene Forderung, das Theater der Leitung des Staates zu unter­ stellen, war jedoch nicht neu. Schon Friedrich Wilhelm III. hatte in seinem am 16. Dezember 1808 erlassenen Publikandum, betreffend die veränderte Ver­fassung der obersten Staatsbehörden […] in Beziehung auf die innere Landes- und Finanz­ verwaltung beschlossen, dass das Theater der Sektion Kultus und öffentlicher Unterricht im Departement des Inneren untergeordnet werden möge.45 Die von Wilhelm von Humboldt ausgearbeitete Reform beabsichtigte demzufolge, alle An­ stalten, „welche wie das Theater Einfluß auf die allgemeine Bildung haben“, dieser Sektion zu unterstellen. Ungewöhnlich an dieser Reform war nicht, dass das Thea­ ter von derselben Behörde kontrolliert werden sollte, die auch die Universitäten, Gymnasien, Elementar-, Bürger- und Kunstschulen unter ihre Obhut nahm, denn seit der Aufklärung wurde dem Theater eine wichtige Funktion innerhalb der mo­ ralischen, sittlichen und auch geistigen Bildung zugesprochen. Seit dem Anfang des 19. Jahrhunderts stand die Geschmacks- und Kunstbildung im Vorder­grund, weswegen in der Theaterkritik ein regelrechter Streit ausbrach. Nicht zufällig   Das Staats-Lexikon. Encyklopaedie der sämmtlichen Staatswissenschaften für alle Stände in Verbindung mit vielen der angesehensten Publicisten Deutschlands hrsg. von Carl von Rotteck und Carl Welcker, neue durchaus verbesserte und vermehrte Auflage, Hamburg 1845–48, Bd. 12, S. 556– 569. 43   Ebenda, S. 392. 44   Ebenda, S. 406. 45   Vgl. Heinrich Scheel (Hrsg.): Das Reformministerium Stein. Akten zur Verfassungs- und Ver­ waltungsgeschichte aus den Jahren 1807/08, Berlin 1968, Bd. 3, S. 1151–1154. 42

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waren, gerade in Berlin, Schullehrer als Theaterkritiker tätig, wie der am Fried­ richwerderschen Gymnasium lehrende, unerbittlich gegen August von Kotzebue kämpfende August Ferdinand Bernhardi. Ungewöhnlich war vielmehr, dass diese Bildungsfunktion staatlicherseits anerkannt wurde und offenbar gelenkt werden sollte. Tatsächlich ergab sich aus dieser staatlich abgefassten Formulierung aber keine Konsequenz, denn an den Existenzbedingungen der preußischen Theater änderte sich in Beziehung auf ihre Organisations- und Verwaltungsform nichts. Das hatte zwei Gründe. Erstens fehlte es an Geld und zweitens widersetzte sich Iffland mit dem wichtigsten Theater in Preußen dieser Reform erfolgreich. Am 11. April 1809 schrieb Iffland an den König: Würde von der CultusBehörde eine nähere oder entferntere Einmischung, in die thea­ tralische Kunstführung und Oekonomie in Anspruch genommen und sollte insbeson­ dere daraus eine Zwischeninstanz, zwischen Ewer Königlichen Majestät AllerHöchsten Person und der Direction gebildet werden wollen […]: so fühle ich mich in meinem Ge­ wißen verpflichtet Ewer Königlichen Majestät in tiefster Ehrfurcht zu bemerken, daß, nach ­meiner innigen und redlichen Ueberzeügung, eine solche zweifache Leitung, einem jeden Theater, und dem hiesigen, noch mehr als allen anderen, nur nachtheilig werden könne und daß insbesondere ich für meine Person, würde glauben müßen, unter solchen Bedingungen, nicht mehr alles leisten zu können, was eine KunstAnstalt von der Art er­ fordert und den Zweck meiner Bemühungen nicht mehr vollständig zu erreichen.46

Ifflands verklausulierte Drohung, sein Amt niederzulegen, wurde verstanden. Schon am 26. April ließ ihn der König wissen, dass bei der Verwaltung des Berliner Theaters keine Veränderung stattfinden werde.47 Iffland blieb also künstlerischer und ökonomischer Direktor und war nur dem König gegenüber rechenschafts­ pflichtig. Sein Eintreten für künstlerische Unabhängigkeit ist insofern bedeutend, als er damit wenigstens vorläufig verhinderte, dass das Theater zum Spielball von Beamten und deren Interessen wurde. Iffland, der die desolate finanzielle Lage des Berliner Theaters genauso gut kannte wie die des preußischen S­ taates im Jahre 1809, konnte sich denken, dass es nicht um Subven­tionen, sondern um Kontrolle und Vernichtung von Autonomie ging, was in den Augen Wilhelm von Hum­ boldts, der die Lage sehr nüchtern analysierte, einen Erfolg dargestellt hätte. Es ist bemerkenswert, dass Wilhelm von Humboldt, sich rühmend, genau das ge­ genüber seiner Frau Caroline eingestand, als er am 2. Mai 1809 aus Königs­berg schrieb:

  Vgl. Anhang, Nr. 76.   Vgl. Anhang, Nr. 77.

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Bürgerliches Engagement und Staat Sehr närrisch und ordentlich wunderbar ist’s, wie jetzt alle Kollegia und Menschen, die sonst unabhängig waren, nach und nach Empörungen versuchen. Mich trifft das vor­ züglich, nicht daß die Leute etwas gegen mich hätten, vielmehr sind sie mir gut, aber weil meine Sektion vielen ehemaligen Unabhängigen ein Ende gemacht hat. Alle diese Stürme sind abgeschlagen und die Leute zur Ordnung verwiesen worden. Nur Iffland hat im Grunde gewonnen.48

Dass Iffland mit seiner Einschätzung Recht hatte, belegt die Tatsache, dass das Theater im Departement des Inneren verblieb, als 1817 das Kultusministerium als selbstständiges Ministerium gegründet wurde. Dass er Recht hatte, beweist auch das Schicksal der anderen preußischen Theater, die immer wieder mit finanziel­ len Schwierigkeiten zu kämpfen hatten, nachdem sie 1809 unter die Kontrolle der Sektion Kultus und öffentlicher Unterricht gekommen waren, wie ein Gutachten Humboldts belegt. Als Wilhelm von Humboldt Mitte April 1809 in Königsberg eintraf, um als Sektionschef für Kultus und öffentlichen Unterricht zu arbeiten, bestand eine seiner ersten Aufgaben darin, ein Gutachten über die Verwaltung des Königsberger Theaters anzufertigen. In diesem bisher ganz unbekannt geblie­ benen Schreiben, setzte er sich mit dem gerade wieder einmal bankrotten Königs­ berger Theater auseinander, weil verschiedene Theaterprinzipale bzw. Aktionäre beanspruchten, das Theater weiterzuführen. Nachdem Humboldt ausführlich er­ läutert hatte, dass keiner der drei Kontrahenten einen direkten Rechtsanspruch habe, gab er zu verstehen, dass er in der Konkurrenz zweier Theater einen Ausweg aus der anhaltenden Königsberger Misere sah.49 Wilhelm von Humboldt glaubte   Anna von Sydow (Hrsg.): Wilhelm und Caroline von Humboldt in ihren Briefen, Berlin 1909, Bd. 3, S. 151. – Humboldts schreibt an seine Frau im Anschluss weiter: „Nur Iffland hat im Grunde ge­ wonnen; die Sektion nämlich sollte ihn und das Theater unter sich haben. Er aber hat darauf bestan­ ­ brigens den, daß er zwar sich der Aufsicht der Sektion in Absicht der Sittlichkeit unterwerfen, aber ü nur unmittelbar mit dem König in Gemeinschaft stehen wolle. Ich selbst habe geraten, ihm nachzu­ geben. Er wäre, da er einen sehr vortheilhaften Ruf nach Wien hatte, fortgegangen, und nun schien mir doch ein leidliches Theater für Berlin weit amüsanter, als meine Sektion. Es kann mir übrigens nicht viel daran liegen, mich um das Theater und die Zänkereien der Akteurs und Aktricen zu be­ kümmern, und für den Kultus ist es nicht einmal recht anständig. Indes hat ihm doch der König ge­ sagt, daß die Sektion sich nicht bloß um die Sittlichkeit, sondern auch um die Kunst beim Theater zu bekümmern habe, und es ist ihm zugleich geäußert worden, daß der König ihm nur aus persönlicher Rücksicht für ihn erlaube, sich gerade und unmittelbar an ihn zu wenden.“ 49   „Für die Bitte der Actionaire spricht die Betrachtung, daß ihr Beispiel eines in den Preußischen Staaten noch seltenen, weniger aus Gewinnsucht, als aus Liebe zur Kunst und Vorsorge für das Pub­ likum, durch Vereinigung einzelner Kräfte gewagten Unternehmens, Gunst und Aufmunterung, so wie ihr widriges Schiksal beim Brande des kaum vollendeten Hauses, Unterstüzzung verdient, durch die Ertheilung einer neuen Conceßion aber gefährdet wird. Für den Schwarz sprechen dagegen nicht nur seine persönlichen Eigenschaften und seine Lage, indem er als Künstler und als Director Achtung verdient, ein Engagement in Stuttgardt wegen der gehoften Verbindung mit den hiesigen Actionai­ ren aufgegeben hat, und wenn er keine Conceßion erhält, seinen Gläubigern wahrscheinlich Preis 48

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offenbar, dass durch die Existenz zweier Theater ein künstlerischer Wettbewerb entstehe, sich dadurch zwangsläufig das Niveau der beiden Theater erhöhen werde und auf diese Weise positiv auf die Geschmacksbildung des Publikums eingewirkt werde. Dass seine Meinung, der Geschmack lasse sich durch vergleichende Be­ trachtungen verbessern, eine Fehleinschätzung war, wissen wir heute, denn ob­ wohl es heutzutage eine Vielzahl von Theatern nebeneinander gibt, scheint der Geschmack des Publikums unverändert geblieben zu sein. Nur am Rande sei er­ wähnt, dass der König Humboldts Empfehlung, zwei Theater miteinander kon­ kurrieren zu lassen, nicht folgte, weil er der Ansicht war, Königsberg sei für zwei Theater zu klein.50

Die für uns wichtige Erkenntnis aus Humboldts Gutachten ist, dass der preußi­ sche Staat sich die Entscheidung, wer, wann und wo ein Theater bauen und füh­ ren dürfe, dem König nach und nach abrang, aber, genau wie jener, auf das Enga­ ge­ment seiner Bürger vertraute und angewiesen war, wenn es um die Erhaltung der Theater ging. Der Staat, dem bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts keine durch­ gängige kulturstaatliche Führungsrolle attestiert werden kann,51 und der König hatten kein klar umrissenes Konzept für die Funktion der preußischen Theater. Vielmehr ist es der Eigenverantwortung einzelner Bürger zu danken, dass in Preu­ ßen eine reiche und hochentwickelte Theaterkultur entstand. So schuf zum Bei­ spiel in Königsberg Johann Adam Breysig die Panoramabühne,52 in Berlin setzte ­August Wilhelm Iffland eine Kostümreform durch und fixierte in seinem Theater­

gegeben wird; sondern auch ganz vorzüglich die Ansicht, daß Freiheit der Gewerbe so viel möglich zu begünstigen ist, wie denn auch Ew: Königliche Majestät Allerhöchst-Selbst den Actionairen eine Conceßion neben dem bereits vorhandenen Schuch- oder Steinbergschen Privilegio, nach dem Aus­ druck der Cabinets-Ordre vom 3ten Juny v. J. durch die Voraussezzung zu ertheilen bewogen worden, daß dadurch ein für das Publikum und die Bildung des Geschmaks nüzliche Concurrenz entstehen würde“ (GStA PK, I. HA, Rep. 89, Nr. 21001, Bl. 29–30). 50   GStA PK, I. HA, Rep. 89, Nr. 21001, Bl. 34. 51   Vgl. Hartwin Spenkuch: Preußen als Kulturstaat – Begriff, realhistorische Ausprägung und ­Akteure (1815–1914), in: Philipp Ther (Hrsg.), Kulturpolitik und Theater. Die kontinentalen Impe­ rien in Europa im Vergleich, Wien 2012, S. 120. 52   Vgl. Ingeborg Krengel-Strudthoff/Bärbel Rudin (Hrsg.): In blauer Ferne. Von der Kulissen­ bühne zum Königsberger panoramischen Theater. Schriften zur Bühnenreform von Johann Adam Breysig (1766–1831), Wiesbaden 1993. Bärbel Rudin bezeichnet Breysigs Panoramabühne im Vor­ wort als einen direkten „Vorgänger der Totaltheater-Projekte des 20. Jahrhunderts“ (S. 7).

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Theater in Preußen um 1800

gesetz Regeln für Schauspieler.53 Francesca Reuter sieht Ifflands Kostüm- und Bühnenbild­reform als einen ersten Schritt im Übergang von einer heterogenen Aus­stattung zu e­ iner ganzheitlichen Inszenierung.54 In Potsdam wurde durch Lud­ wig Tieck, Felix Mendelssohn Bartholdy und August Boeckh die erste griechische ­Tragödie frei von Bearbeitungen auf die Bühne gebracht.55 Das Berliner National­ theater unter Ifflands Leitung war von der Bürgerkultur stark geprägt und kann als Glanzpunkt der Berliner Bürgerkultur um 1800 angesehen werden. Massenkultur und Klassik rieben sich produktiv aneinander. Im Repertoire fanden sich Sing­ spiele wie Kauers Nymphe der Donau, Komödien wie Kotzebues Die deutschen Kleinstädter und Tragödien wie Schillers Jungfrau von Orleans nebeneinander. Iff­ land hatte auf die Gestaltung des deutschen Bühnenrepertoires, in dem das Werk Schillers den „Kern“ bildet, entscheidenden Einfluss ausgeübt.56 Schließlich stand mit dem Berliner Königlichen Nationaltheater seit dem Jahre 1802 das modernste und bedeutendste Haus im protestantischen Deutschland, dessen Aufführungen in Theaterkritiken der Berliner und überregional erscheinenden Zeitungen und Kulturzeitschriften vielfältige Debatten auslösten und auf diese Weise zur Heraus­ bildung des Feuilletons in Deutschlands einen wichtigen Beitrag leistete.57

  Klaus Gerlach: Ifflands Kostümreform oder die Überwindung des Natürlichen, in: ders. (Hrsg.), Das Berliner Theaterkostüm der Ära Iffland. August Wilhelm Iffland als Theaterdirektor, Schau­ spieler und Bühnenreformer, Berlin 2009, S. 11–29. 54  Vgl. Francesca Reuter: Le débat sur les pratiques scéniques en Allemagne au début du XIXe siècle. Thèse de doctorat en Etudes Germaniques, Université Lumière Lyon 2, 2005. 55   Vgl. Susanne Boetius: Die Wiedergeburt der griechischen Tragödie auf der Bühne des 19. Jahr­ hunderts. Bühnenfassungen mit Schauspielmusik, Tübingen 2005, S. 62. 56   Vgl. Lesley Sharpe: A National Repertoire. Schiller, Iffland and the German Stage. Britische und Irische Studien zur deutschen Sprache und Literatur (42), Oxford u. a. 2007, S. 261. 57   Vgl. Klaus Gerlach: Theater und Diskurs, in: ders. (Hrsg.), Eine Experimentalpoetik. Texte zum Berliner Nationaltheater, Hannover 2007. 53

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2  Homo œconomicus versus homo æstheticus

Ifflands private finanzielle Lage Iffland stammte aus einer angesehenen Beamtenfamilie in Hannover. Der Vater war Registrator und Revisor bei der Kriegskanzlei und ließ seinen Kindern eine sorgfältige Erziehung und Ausbildung zukommen. Dazu gehörte auch, dass der Vater gemeinsam mit den Kindern Predigten las und das Theater besuchte. Iffland kam nicht aus so kärglichen Verhältnissen wie sein Lehrer Konrad Ekhof oder sein Schulfreund Karl Philipp Moritz, der ebenfalls Schauspieler werden wollte. Hätte sich Iffland nicht für den Schauspielerberuf entschieden, hätte er wahrscheinlich eine gesicherte Beamtenkarriere in Hannover absolviert; vielleicht wäre sie ähnlich glänzend verlaufen wie die seines älteren Bruders Christian Philipp, der es zum Oberbürgermeister der Stadt brachte. Damit soll nur angedeutet werden, dass sich der aus einer wohlsituierten Familie Stammende auch anders hätte entscheiden können. An Friedrich Schiller schrieb er 1802, dass er die Kunst „aus Leidenschaft gewählt“ habe.1 Obwohl Iffland den Impuls von der Leidenschaft erhalten hatte, handelte es sich doch um eine bewusste Wahl. In einem seiner frühesten überlieferten Briefe schreibt der 15- oder 16-­jährige Iffland an seine Schwester, er habe von einem Juden Geld geborgt, weil er seine jammer­volle Lage durch ein lasterhaftes Vergnügen gelindert habe.2 Das nicht näher bezeichnete lasterhafte Vergnügen sowie das Geldborgen ließen seine ­ ­Stellung innerhalb der Familie wanken; jedenfalls fühlte er sich von nun an und für lange Zeit unter starkem moralischen Druck, der sich noch erhöhte, als er fluchtartig Hannover und seine Familie verließ und in Gotha Schauspieler ­wurde.3 Doch in Gotha vermehrten sich seine Schulden offenbar noch. Aus diesem Grunde geriet er schon wenige Monate nach Beginn seines Engagements in einen ernst­ haften Konflikt mit dem Gothaer Theaterdirektor Konrad Ekhof, bei dem er unter

  Vgl. Anhang, Nr. 49.   Iffland an Louise Eisendecher, o. O. und o. J. Ludwig Geiger datiert: Hannover 1776, in: Ifflands Briefe 1905, Nr. 4, S. 6. Der undatierte Brief. 3  Iffland: Meine theatralische Laufbahn, Leipzig 1798, S. 65ff. 1 2

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Ifflands private finanzielle Lage

Vertrag stand.4 Da Iffland zu dieser Zeit noch nicht volljährig war, nahm E ­ khof eine Art stellvertretende Vaterrolle ein. Deshalb korrespondierte Ekhof auch mit Ifflands Schwager Christian Wilhelm Eisendecher, dem er Rechenschaft über den „verlorenen Sohn“ gab.5 Ein Jahr später müssen Ifflands Schulden in Gotha so sehr angewachsen sein, dass sich der Gothaer Hofrat Friedrich Wilhelm Gotter in dessen Lebensplanung einmischte. Gotter, den Iffland zu seinen engsten Freunden rechnete,6 ermahnte ihn, den ökonomischen Teil seines Lebens in geregelte Bahnen zu führen. Gotter beginnt seinen Brief an Iffland mit den Worten: „Gedankenlosigkeit – dein Nahme ist Iffland“.7 Die Schulden des noch nicht einmal Zwanzigjährigen betrugen zu diesem Zeitpunkt mindestens 172 Reichstaler. In Gotha verdiente Iffland knapp 800 Gulden im Jahr. In Mannheim stieg sein Einkommen, er wurde nach eigener Auskunft „mit einem Gehalt von 852 Gulden engagiert“.8 Noch in Mannheim, wohin Iffland 1779 von Gotha aus ging, führte er eine Art ökonomisches Tagebuch, das er Gotter vorlegte. Trotzdem verschlechterte sich in Mannheim Ifflands finanzielle Lage kontinuierlich, und noch immer fühlte er sich gegenüber seiner Familie unter so großem Druck, dass er ihr Rechenschaft über sein Handeln und Wirtschaften ablegte. Am 3. November 1780 übersandte er dem Schwager Eisendecher eine ausführliche Darstellung seiner Einnahmen und Ausgaben.9 Als Iffland Mannheim 1796 verließ, sollen seine Schulden 15 000 Taler betragen haben.10 Diese Schulden beglich der preußische König Friedrich Wilhelm II.,11 nachdem Iffland zugesagt hatte, die Leitung des Berliner Nationaltheaters zu über­nehmen. Die Schuldentilgung durch den König scheint ein wichtiger Grund dafür gewesen zu sein, dass Iffland sich für Berlin und gegen Weimar entschied. An den geschäftlichen Verwalter des Weimarer Theaters Franz Kirms schrieb Iffland, dass nur „das Bedürfnis“ diese Entscheidung getroffen habe.12 Mit „Bedürfnis“ ist hier der zum Leben notwendige Unterhalt gemeint. Schenken wir den im Brief an Kirms gemachten Äußerungen Glauben, ging Iffland allein wegen seiner prekären finanziellen Lage im Jahre 1796 nach Preußen, obwohl er die Möglichkeit gehabt hätte,   Iffland an Ekhof, 23. Oktober 1777, vgl. ebenda, S. 9.   Vgl. die Briefe Ekhofs an Christian Wilhelm Eisendecher aus dem Jahre 1777 (GSA Weimar, 48/IV, 8,1).  6  Iffland: Meine theatralische Laufbahn, Leipzig 1798, S. 69.  7   Gotter an Iffland, 8. August 1778 (GSA Weimar, 48/IV, 4,5).  8   Iffland an Gottfried Iffland, Gotha, 15. Juni 1779 (GSA Weimar, 48/IV, 3,7).  9   Iffland an Eisendecher, 3. November 1780, vgl. Anm. 1, Nr. 27, S. 62–68. 10   Gerhard Wahnrau: Berlin, Stadt der Theater, Berlin 1957, S. 243. 11   Iffland an Kirms, 11. Dezember 1796, vgl. Anhang, Nr. 5. Vgl. auch den Brief von Louise Iffland an Louise Eisendecher, Berlin, 20. November 1796, in: Ifflands Briefe 1905, S. 80–82. 12   Vgl. Anhang, Nr. 5.  4  5

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2  Homo œconomicus versus homo æstheticus

mit Goethe zusammenzuarbeiten. Vielleicht war es aber auch gerade diese Aussicht, die zweifellos mit einer Abhängigkeit von Goethe verbunden war, weshalb er sich schließlich anders entschied. In Berlin verschuldete sich Iffland bald wieder, als er 1799 im Berliner Tier­ garten ein Grundstück kaufte und ein repräsentatives Landhaus nach einem Entwurf des Architekten Karl Gotthard Langhans bauen ließ.13 Unter Langhans’ Leitung wurde zu derselben Zeit auch das neue Nationaltheater auf dem Gendarmenmarkt gebaut. Iffland führte in seinem Haus im Tiergarten, entsprechend seiner herausragenden gesellschaftlichen Stellung in Berlin, ein geselliges Leben.14 Nur mit Hilfe der gutbezahlten Gastspielreisen, die Iffland jedes Jahr für mehrere Wochen durch ganz Deutschland unternahm, konnte er Haus und Lebensstil so lange finanzieren. Die Urlaubszeit zu den Gastspielreisen im Sommer war vertraglich geregelt und vom König persönlich genehmigt. Aus den Gastspielen in so bedeutenden kulturellen Zentren wie Breslau, Hamburg, Leipzig, Mannheim, Prag, Stuttgart, Weimar und Wien15 schlug Iffland doppeltes Kapital. Zunächst erhielt er das persönlich ausgehandelte Honorar, das sich nach der Bedeutung der jeweiligen Theaterstadt richtete, und darüber hinaus steigerte Iffland seine Popularität, die seinen Marktwert bei nachfolgenden Reisen erhöhte. Seine Gastspiele fanden in den regionalen Tageszeitungen und überregionalen Kulturzeitschriften stets große Beachtung. Iffland plante seine Gastspiele minutiös. In der Regel verband er mehrere Orte auf einer Reise miteinander.16 Auf diese Weise maximierte er seinen Gewinn. So spielte er im Sommer 1801 auf den Bühnen in Prag, Wien und Graz. Bezeichnend für Ifflands prekäre finanzielle Situation schon wenige Jahre nach seiner Ankunft in Berlin ist zum Beispiel die verzögerte Bezahlung ­seines von Anton Graff gemalten Bildes „Iffland als Pygmalion“, das um 1800 entstand und in seinem Haus im Tiergarten vermutlich einen be­deutenden Platz einnahm. ­Wegen dieses großformatigen Rollenbildes hatte Graff die Bezahlung anmahnen müssen. Erst 1802 ließ Iffland Graff durch seinen Verleger Georg Joachim ­Göschen die noch ausstehende Summe bezahlen.17 Dabei hatte Iffland ein sehr hohes Ein-

  Vgl. Anhang, Nr. 23 und 25.   Notiz aus Schröders Reisetagebuch: „Am 19ten Julius [1800]. Abendgesellschaft bei Iffland, in seiner Wohnung im Thiergarten. Ich erstaune, daß ihm die hübsche Einrichtung nur 8 300 Thaler kostet. In Hamburg könnte man sie nicht für 10 000 Thaler aufstellen. Iffland war sehr aufgeräumt, und hielt sich ungemein über sein eigenes Theater auf “ (F. L. W. Meyer: Friedrich Ludwig Schröder. Beitrag zur Kunde des Menschen und des Künstlers, 2. Teil, Hamburg 1819, S. 200). 15   Vgl. Erwin Kliewer: Ein Wegbereiter in der deutschen Schauspielkunst, Berlin 1937, S. 150–159. Die dort genannten Orte sind jedoch unvollständig. 16   Vgl. Anhang, Nr. 12, 42 und 75. 17   Vgl. Anhang, Nr. 48. 13 14

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Ifflands private finanzielle Lage

kommen. Er wurde 1796 mit 3 000 Talern engagiert18 und erhielt 1802 schon 5  500 ­Taler.19 Er selbst taxierte in einem Pro Memoria aus dem Jahre 1802 seinen Wert in dieser Höhe. Sein Wert bestand seiner Argumentation zu Folge in seiner singulären Stellung als Schauspieler in Deutschland und seiner Direktionstätigkeit des bedeutendsten Theaters Deutschlands. Ifflands angespannte finanzielle Lage in Berlin scheint in Schauspielerkreisen allgemein bekannt gewesen zu sein. 1804 denunzierten ihn einige Mitglieder des Nationaltheaters in einem anonymen Schreiben an den Monarchen. In i­ hrem Brief unternahmen sie den Versuch, Ifflands Homosexualität, seine finanziellen Schwierigkeiten und seine vorgebliche Misswirtschaft bei der Führung des Theaters in einen Zusammenhang zu bringen.20 In diesem Pamphlet wurde behauptet, dass Iffland der Theaterleitung nicht gewachsen sei. Die Begründung für dieses angebliche Unvermögen wurde aus seinen vorgeblichen charakterlichen, sitt­lichen und moralischen Schwächen hergeleitet. Die anonymen Schreiber beabsichtigten, den Eindruck zu erwecken, Iffland sei eine ganz und gar ungefestigte Persönlichkeit, deren Schwächen von den ihm Nahestehenden ausgenutzt würden. Das Schreiben blieb für Iffland folgenlos. Obwohl Iffland hohe Schulden hatte, richtete er sein Leben nicht rein ökonomisch aus. Als er 1809 ein sehr lukratives Angebot erhielt, das Wiener Theater zu übernehmen, lehnte er ab, obwohl sich das Berliner Theater zu diesem Zeitpunkt in einem schlechten und vor allem ungewissen Zustand befand. Die französische Besatzung hatte sich zwar im Dezember aus Berlin zurückgezogen, König und Hof waren aber noch bis Dezember 1809 in Königsberg. Iffland fühlte sich dem preußischen König gegenüber verpflichtet.21 Iffland war sich durchaus bewusst, dass sein Handeln in ökonomischer Hinsicht nicht immer erfolgreich war. Er begründete das gegenüber dem Hamburger Theaterdirektor Herzfeld damit, dass der Mensch eigentlich nur in der Empfindung lebe und von dieser bestimmt werde.22 Mit seiner Feststellung: „Ich habe oft nicht richtig calculirt, aber fast immer sehr richtig empfunden“,23 offenbarte er dem Hamburger Kollegen den Zwiespalt, in welchem er sich täglich befand, indem er sich in einen homo œconomicus und einen homo æstheticus aufspaltete. Genauso wie er Menschen bedauerte, die sich 18   Vgl. Anhang, Nr. 5. – Vgl. auch Caroline Schlegel an Luise Gotter, Jena, 12. Dezember 1796. In diesem Brief berichtet sie, dass sie von Humboldt erfahren habe, dass Iffland mit 3 000 Talern engagiert werden würde (Erich Schmidt [Hrsg.]: Caroline [Schlegel]. Briefe aus der Frühromantik. Nach Georg Waitz, Leipzig 1913, Bd. 1, S. 407). 19   Vgl. Anhang, Nr. 52. 20   Vgl. Anhang, Nr. 63. 21   Vgl. Anhang, Nr. 75. 22  Ebenda. 23  Ebenda.

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2  Homo œconomicus versus homo æstheticus

auf den „Geldcours“ verstehen, den „Lebenscours“ aber nicht kennen, musste er für sich feststellen, dass Geld- und Lebenskurs nicht zu trennen sind. Seine Gastspielreisen – so betonte er 1809 gegenüber Herzfeld und schon zehn Jahre früher gegenüber dem König Friedrich Wilhelm III. – schienen ihm für seinen ökonomischen und für seinen Seelenhaushalt unerlässlich. Lebenskurs und Seelenhaushalt einerseits sowie Geldkurs und ökonomischer Haushalt andererseits bildeten die zwei Seiten eines energetischen auf wechselseitige Beeinflussung beruhenden Konzeptes, das sich auch in seiner Führung des Berliner Theaters wiederfindet. Denn die Gestaltung des Repertoires, das ausbalanciert wurde mit Stücken, die die Kasse füllten, und solchen, die einen hohen ästhetischen Anspruch erfüllten, entsprach dieser Konzeption.

Zur ökonomischen Lage des Berliner Theaters unter Ifflands Leitung Im März 1790 schrieb Iffland an seinen Bruder, dass er nach Berlin reisen wolle, um über die Theaterleitung zu verhandeln.24 Wie wir wissen, kam Iffland erst 1796 nach Berlin, angeblich habe Johann Jakob Engel sein früheres Kommen verhindert. Iffland bezeichnete ihn als Feind, so jedenfalls schrieb er an die Schwester.25 Das Berliner Theater war ein Hoftheater, das heißt, es war dem Hof direkt unterstellt und wurde vom Hof teilsubventioniert. Über die Leitung des Theaters war Iffland ausschließlich gegenüber dem König rechenschaftspflichtig; das galt sowohl für Friedrich Wilhelm II. als auch für Friedrich Wilhelm III. Zwar spielten auch Hofbeamte eine wichtige Rolle bei der Kommunikation und der Durchsetzung von Interessen, jedoch änderte das nichts an dem unmittelbaren Verhältnis. Bei diesen Hofbeamten handelte es sich unter Friedrich Wilhelm II. um den Geheimen Kämmerer Johann Friedrich Ritz und unter Friedrich Wilhelm III. um den Kabinettsrat Karl Friedrich von Beyme und den Geheimen Kabinettssekretär Johann Friedrich Ludwig Niethe. Ritz, Beyme und Niethe waren für Iffland vor ­allem deshalb wichtig, weil er von ihnen erfuhr, was der König wünschte und plante, und weil Iffland ihnen wiederum seine Wünsche und Pläne mitteilen konnte, bevor er sich direkt an den König wandte.

  Vgl. Ifflands Briefe 1904, Nr. 87, S. 204 und Ifflands Briefe 1905, Nr. 13, S. 29, 32.   Iffland an die Schwester, 11. Juni 1790, Geiger 1905, S. 32. – Jahre später wird sich Iffland für den unter Friedrich Wilhelm II. in Ungnade gefallenen Vorgänger bei der Theaterleitung persönlich einsetzen und ihm eine Pension verschaffen. Dieser Schritt zeigt, dass bei Iffland das moralisch-soziale Handeln immer im Vordergrund stand. Vgl. Anhang, Nr. 10 und 11. 24 25

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Zur ökonomischen Lage des Berliner Theaters unter Ifflands Leitung

Als Iffland im Dezember 1796 die Leitung des Berliner Theaters übernahm, war die Institution mit 7 000 Talern verschuldet. Diese Schulden waren der Rest eines von seinen Vorgängern aufgenommenen Kapitals von 14 000 Talern. Mit der Summe von 7 200 Talern bezeichnete Iffland einen vorgefundenen „Vorrath“. Offenbar handelte es sich dabei um die Summe, mit der das tägliche operative Geschäft finanziert wurde. Das Etatjahr 1801/02 schloss Iffland mit einem Überschuss von mehr als 3 000 Talern ab.26 Der König subventionierte das Theater mit einem jährlichen Beitrag von 5 400 Talern. Dieser Beitrag blieb über die Jahre unverändert. Unter Ifflands Leitung entstand eine effiziente Verwaltung der Bühne. Von ­dieser Verwaltungstätigkeit sind 34 Foliobände überliefert.27 In ihnen sammelte Iffland alle amtlichen Schriftstücke chronologisch und systematisch. Unter Stichworten wie „Engagement“, „Pensionen“, „Orchester“, „Etats Papiere“, „Theaterordnung und Policey“, „Abonnements und Freibillets-Gesuche“, „Manuscripte“, „Correspondenz mit […]“ usw. ließ der Direktor seinen amtlichen Schriftverkehr so ordnen, dass er jederzeit darauf zurückgreifen konnte. Indem Iffland seine die Finanzen und die Ästhetik der Theaterleitung betreffenden Papiere sammelte, ordnete und aufbewahrte, schuf er ein administratives und dramaturgisches ­Archiv. Seit 1802 arbeitete der ehemalige erste Souffleur Pauly in der Funktion des ­Direktionssekretärs an Ifflands Seite.28 Von seiner Hand stammt ein großer Teil des amtlichen Schriftverkehrs, den Iffland nur unterzeichnete. Während Ifflands Abwesenheit hatte er zwar keine Vollmachten, war aber der Koordinator. Die detaillierten jährlichen Etatabrechungen oder die Gehaltslisten mit den Verzeichnissen von Gratifikationen und Benefizen belegen die Sorgfalt, mit der Iffland die Verwaltung betrieb. Um die finanzielle Situation des Theaters dauerhaft zu verbessern und die Organisation des Bühnenbetriebes zu reformieren, schlug Iffland 1798 Friedrich Wilhelm III. vor, ein neues, größeres, vor allem multifunktionales Schauspielhaus zu erbauen.29 Die Mehreinnahmen sollten durch die größere Zuschauerzahl im eigentlichen Theater und im Konzertsaal, der auch für Redouten geeignet war, erzielt werden. Durch den Neubau erhöhten sich die Einnahmen, wie ver­sprochen, wirklich erheblich. 1798/99 summierten sich die Einnahmen, deren größter Teil aus dem Billettverkauf resultierte, auf 67 280 Taler.30 1801/02 waren es schon   Vgl. Anhang, Nr. 51.   Landesarchiv Berlin, A Rep. 167. Vgl. Klaus Gerlach: August Wilhelm Ifflands dramaturgisches und administratives Archiv, in: Kultur Report. Stiftung Mitteldeutscher Kulturrat, Heft 2/2014, S. 10f. 28   Vgl. Anhang, Nr. 47 und 86. 29   Vgl. Anhang, Nr. 14. 30   GStA PK, I. HA, Rep. 36, Nr. 2421: Etats und Rechnungs-Abschlüsse des Königlichen National­ theaters 1798–1806. 26 27

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2  Homo œconomicus versus homo æstheticus

122 383 Reichstaler.31 Die Tageseinnahmen vermehrten sich von 61 516 Taler auf 101 715 Taler. Diese Mehreinnahmen waren möglich geworden, weil der Theatersaal fast tausend Zuschauern mehr Platz bot. Ifflands Einschätzung, dass das Berliner Publikum zahlreich genug war, um diesen riesigen Raum zu füllen, hatte sich als richtig erwiesen. Ob und inwieweit sich dieses heterogene Massenpublikum auf das Repertoire auswirkte, wird später zu untersuchen sein. Die Erhöhung der Tageseinnahmen darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Theater im neuen Haus unter Ifflands Leitung nicht mehr aus den Schulden herauskam. Die Ursache dafür bestand nicht in Ifflands unzureichender Leitungsfähigkeit, wie das der oben erwähnte denunzierende Brief behauptet. Die Gründe dafür bildeten im Wesentlichen die Kosten der sogenannten Mobilmachung des Neubaues und die Unkosten, die durch die französische Besatzung und die darauf folgende Zeit der Not entstanden. Unter Mobilmachung sind alle diejenigen Anschaffungen zu verstehen, die notwendig wurden, weil Einrichtungen des kleinen Hauses nicht in das große passten bzw. dafür nicht ausreichend waren. Das alte von Johann Boumann und ­Christian Georg Unger 1788 erbaute Schauspielhaus war viel kleiner gewesen. Das neue Haus hatte nicht nur einen größeren Zuschauerraum und einen Konzertsaal, ­sondern vor allem mehr und größere Räume für die Schauspieler, Garderobe und ­ osten der Mobilmachung ist vor allem an die kostenaufwänBibliothek. Bei den K digen Dekorationen in Form von Bühnenbildern und Kulissen zu denken, die fast alle neu angefertigt werden mussten. Auch neue Garderobe für die Schauspieler und Einrichtungsgegenstände für die Vielzahl der neuen Zimmer mussten angeschafft werden. Weil die Bühne des neuen Hauses größer war, kamen bei bestimmten Stücken viel mehr Choristen, Statisten und Komparsen zum Einsatz, um die Bühne nicht leer wirken zu lassen.32 Der mit Abstand größte Posten in der Mobilmachungs-Ab­rechung von 1801/02 war der des Theatermalers Bartolomeo Verona, der für 54 neue und 29 erweiterte Dekorationen 17 000 Taler erhalten hatte. Insgesamt beliefen sich die Kosten der „Mobilmachung des Hauses, der Garderoben, Anziehzimmer, Logen, Treppen, Gänge, Magazine, Verschläge und Haushaltungs­Utensilien“ auf über 50 000 Taler.33 Während der Zeit der französischen Besatzung Berlins machte das Theater große Verluste und häufte Schulden an. Diese Verschuldung resultierte zum ­einem aus dem Wegfall der monatlichen Zahlung des Königs von 450 Reichstalern für seine Loge, zum anderen aus der Verringerung der Tageseinnahmen. Die Zuschauerzahlen gingen zurück, weil der Hof, der nach Königsberg geflüchtet war,   Vgl. Anhang, Nr. 51.   Vgl. Anhang, Nr. 62. 33  Ebenda. 31 32

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Zur ökonomischen Lage des Berliner Theaters unter Ifflands Leitung

und vor allem die Offiziere fehlten, die gewöhnlich ein zahlenmäßig großer und einflussreicher Bestandteil des Publikums waren.34 Des Weiteren kam hinzu, dass die französischen Besatzer keinen Eintritt zahlten bzw. der Missbrauch des freien Eintritts sehr groß war. Das scheint vor allem zu Anfang der Besatzungszeit ein großes Problem gewesen zu sein, als sich auch einfache Soldaten unentgeltlich Zutritt verschafften. Dieser Missbrauch wurde bald unterbunden,35 doch hatte während der Besatzungszeit von Oktober 1806 bis Dezember 1808 eine Vielzahl von Offizieren reservierte Logen kostenlos zur Verfügung.36 Wegen der schwierigen finanziellen Lage des Theaters hielten am 24. Juni 1807 der Geheime Oberfinanzrat Sack, der Stadtgerichtsdirektor von Schlechtendahl, der Präsident de la Garde, der Direktor Iffland, der Geheime Kabinettssekretär Niethe, der Rendant Jacobi, der Sekretär Pauly und der Kriminalgerichtssekretär Schardt eine Konferenz ab, auf der die Lage analysiert wurde. Die Ursachen der Schulden bestanden ihr zufolge: A, In den verminderten Abonnements-GeldEinnahmen, welche durch die Entfernung des Militairs und der vornehmen reichen Familien entstanden, und sich gegen die früheren Etats-Jahre monathlich auf 450 rthlr belaufen. B, In der aus der umstehenden Berechnung sich ergebenden geringern Concurenz des schauspielbesuchenden Publicums, nach welcher der Ausfall der baaren Tages-Cassen Einnahme sich monathlich auf 2,839 rthlr beläuft C, In dem der Theater-Casse entzogenen Beitrag des Königs Majestät, welcher sonst monatlich aus der Königl. DispositionsCasse bezogen wurde mit 450 rthlr und D. In der größeren Anzahl der gegenwärtig statt findenden Frey-Logen und Frey Billets, wodurch der Raum im Schauspiel-Hause, dem bezahlten Publikum bei interessanten Vorstellungen verkürzt wird, und welche nach Abzug derer, so im vorigen Etats-Jahr des Königs-Majestät, für den aus der Dispositions-Casse gezahlten Beitrag von 450 rthlr. benutzte, nach dem Abonnements Preiß monathlich 6500 rthlr beantragen haben würde.37

Iffland hatte vom Comité administratif, der bis Juli 1809 bestehenden von den französischen Besatzern eingesetzten Stadtregierung, allein in der Abrechnungs­ periode 1807/08 einen Zuschuss von 36 000 Talern erhalten, mit denen das ­Theater später belastet wurde.38 Über die beim Comité administratif gemachten Schulden wurde jahrelang verhandelt, weil Iffland die Meinung vertrat, während der Be­ 34  Vgl. Rudolf Weil: Das Berliner Theaterpublikum unter A. W. Ifflands Direktion (1796 bis 1814). Ein Beitrag zur Methodologie der Theaterwissenschaft, Berlin 1932, S. 119–122. 35   Vgl. Anhang, Nr. 88. 36  Ebenda. 37   GStA PK, I. HA, Rep. 151, IC, 8167, Bl. 155. 38   Vgl. Anhang, Nr. 88.

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2  Homo œconomicus versus homo æstheticus

satzung nach den Anweisungen des Comité administratif gehandelt zu ­haben.39 ­Ifflands Argumentation war nicht so gegenstandslos, wie manche Gutachten ­später behaupteten, denn schließlich hatte er schon am 20.  Oktober 1806, also wenige Tage vor dem Einmarsch der französischen Truppen, durch ein Schreiben, welches unter anderem von Franz Ludwig Fürst von Hatzfeld gezeichnet war, den Auftrag erhalten, die Vorstellungen unbedingt fortzusetzen. Der Fürst forderte Iffland dazu auf, unbedingt zu verhindern, dass Schauspieler die Stadt verließen, seinen Geldbedarf anzuzeigen und Anweisungen in Betreff der französischen Besatzer abzuwarten.40 Außer diesen Verpflichtungen gegenüber dem Comité admi­ nistratif bzw. dem Berliner Magistrat stand Iffland als Direktor in der Schuld einer Vielzahl von Handwerkern und Gewerbetreibenden, deren Rechnungen während der Besatzungszeit und der sich anschließenden Zeit der Not nicht beglichen worden waren. In den „Acta betreffend die Schulden Angelegenheiten der Königl. Schauspiele 1812“ befindet sich ein „Verzeichnis derjenigen Rechnungs-Posten welche die königl. Haupt-Theater-Casse aus den Etats-Jahren pro 1805 bis 1812 noch zu bezahlen schuldig ist“.41 In dieser Akte sind auch viele Schreiben von Privat­personen enthalten, die Ansprüche an die Theaterkasse anmeldeten. Trotz der Schulden war Iffland nie in seiner Position als Direktor des Theaters gefährdet. Ganz im Gegenteil; es gelang ihm immer, aus diesen Schuldenkrisen gestärkt herauszukommen. Auf Grund von Ifflands Abrechungen wurde dem ­König Ende 1802 klar, dass die Mehrkosten, die durch die Inbetriebnahme des neuen Theaters entstanden waren, nicht kurzfristig verringert werden konnten, sondern noch ansteigen würden. Deshalb erfolgte eine Kabinettsorder, die darauf abzielte, Iffland zu kontrollieren und einzuschränken.42 Iffland konnte jedoch gegenüber Friedrich Wilhelm III. überzeugend darstellen, dass staatsökonomische Grundsätze sich nicht einfach auf eine Institution, wie es das Theater ist, übertra  In den Akten des Comité administratif findet sich ein Schreiben das bei der „Section im Finanz­ ministerium für die Behandlung der Staatsschulden“ bei Stägemann eingereicht wurde. Darin wurde der Meinung Ifflands entgegengetreten, dass das Theater während der Besatzung nicht von ihm, sondern vom Magistrat geleitet worden sei: „die Meinung, daß die hiesige Stadt verpflichtet sei, die Ausfälle, welche die Theater-Kasse, während der französischen Occupation, an ihrer Einnahme gehabt habe, zu dekken, oder wenigstens den Preis für die dem französischen Militair- und Civil Autoritäten überlassenen Frei-Billets als einen Compensations-Gegenstand anzunehmen gründet sich auf die Behauptung des General-Direktors der Königl. Schauspiele, Iffland: dass die damalige Stadt-Behörde die oberste Leitung der Administration des Theaters übernommen und nicht nur die Austheilung von Frei-Billets an die gedachten Autoritäten ausdrücklich verlangt habe. Diese Behauptung ist jedoch durch dasjenige, was der p. Iffland dafür in seinem Bericht vom 27 Decbr. v. J. ausgeführt hat keineswegs erwiesen worden“ (Landesarchiv Berlin, A Rep. 001-01, Nr. 178, Bl. 121ff.). 40   Vgl. Anhang, Nr. 69. 41   GStA PK, I. HA, Rep. 151, Nr. 8166. 42   GStA PK, I. HA, Rep. 36, Nr. 2416, Bl. 37–40: Kabinettsorder vom 2. Oktober 1802. 39

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Zur ökonomischen Lage des Berliner Theaters unter Ifflands Leitung

gen lassen. Weil das Theater vom Augenblick und von der Laune des Parterre abhänge, schließlich ein Werk der Freude und des Luxus bilde, könnten staatsökonomische Grundsätze kein Leitfaden sein.43 Iffland wurde in seiner Selbstständigkeit nicht eingeschränkt, vielmehr wurde ihm sogar noch mehr ­eigener Spielraum zugebilligt. Um auf dem schnelllebigen Schauspielermarkt handlungs- und konkurrenzfähig zu bleiben, wurde ihm ein eigener Fonds zugebilligt, den er, ohne nachfragen zu müssen, allein verwalten konnte.44 Am Beispiel dieser Krise wird ersichtlich, wie wichtig der Kabinettssekretär Beyme für Iffland war, der Ifflands Argumentation gegenüber dem König übernahm und vertrat. Beyme schrieb an den König, dass Iffland eine „freye Kunst“ ausübe, „die sich nicht in die engen Formen der Geschäfts- und Rechnungsführung zwingen läßt“, so dass man ihm Vollmachten zugestehen müsse, die sonst in der Staatsverwaltung bedenklich wären.45 Im Jahre 1809 vermochte es Iffland, trotz der hohen Schulden aus der Besatzungszeit, sich der Kontrolle eines Ministeriums zu entziehen. Als Wilhelm von Humboldt 1809 plante, das Theater dem neu zu gründenden Kultusministerium zu unterstellen, gelang es Iffland, das zu verhindern. Er setzte alles auf eine Karte, indem er mit seinem Rücktritt drohte.46 Auch aus dieser Krise ging er gestärkt hervor; 1810 wurde ihm der neu gestiftete Rote Adlerorden dritter Klasse ver­liehen. Der Orden war nicht nur eine Auszeichnung der Arbeit Ifflands, sondern zugleich eine Anerkennung und Aufwertung des ganzen Schauspieler-Ensembles.47 1811 wurden das Nationaltheater und die Hofoper unter seiner Leitung zusammengeschlossen. Iffland blieb bis zu seinem Tode Alleinherrscher über die „Königlichen Schauspiele“ in Berlin.

  Vgl. Anhang, Nr. 55.   Vgl. Anhang, Nr. 57. 45   Vgl. ebenda. 46   Vgl. Anhang, Nr. 76. 47   Vgl. Jens Bisky: Ifflands Berliner Kämpfe, in: Klaus Gerlach (Hrsg.), Das Berliner Theater­ kostüm der Ära Iffland. August Wilhelm Iffland als Theaterdirektor, Schauspieler und Bühnenrefor­ mer, ­Berlin 2009, S. 108. 43 44

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2  Homo œconomicus versus homo æstheticus

Ifflands persönliche fast lebenslängliche Verschuldung stand im engen Zusammenhang mit seiner theatralischen Laufbahn, für die er sich entschieden hatte, obwohl er von den unsicheren finanziellen und rechtlichen Verhältnissen eines Schauspielers um 1800 gewusst haben dürfte. Die Verschuldung war nicht Ergebnis einer liederlichen Lebensführung, sondern der Tatsache geschuldet, dass der Schauspielerberuf um 1800 rechtlich unsicher war und einen relativ hohen finanziellen Aufwand erforderte. Obwohl Iffland aus dem gutbürgerlichen Leben ausbrach und zeitweise einen sozialen Abstieg erleiden musste, machte er eine kaum zu überbietende Karriere, indem er zum einflussreichsten Kulturpolitiker Preußens und zum bedeutendsten Schauspieler im deutschen Sprachraum um 1800 avancierte. Bei der Leitung des von ihm übernommenen verschuldeten Berliner Theaters führte er geregelte Organisationsstrukturen für den künstlerischen Bereich, effiziente Verwaltungsstrukturen und eine Buchführung ein. Dennoch häufte das Theater unter seiner Leitung weiterhin große Schuldenberge an, die vom Staat schließlich beglichen wurden. Iffland konnte sich mit der Forderung, staatsökonomische Grundsätze nicht auf das Theater anzuwenden, durchsetzen. Es gelang ihm, weitestgehend autonom das Ensemble zu führen und das Repertoire zu gestalten. Die Forderung, ökonomische Grundsätze nicht auf die Theaterführung auszudehnen, war und ist bis heute folgenreich – Theater wurde (oder blieb wie ehedem die Hoftheater) eine prestigeträchtige, luxuriöse Institution, die nur mit Hilfe von Subventionen überleben kann.

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3  Iffland als Verwalter ökonomischer und ­ästhetischer Werte

Das Theater als Luxusgut: Glanz und Vergnügen Aus Anlass seiner Berufung zum Direktor des Berliner Theaters empfing Iffland am 16.  Dezember 1796 von Friedrich Wilhelm II. eine Kabinettsorder, aus der hervorgeht, warum der König in Berlin ein ihm unterstelltes öffentliches Theater ­haben wollte und welchen Spielraum er seinem neuen Direktor einräumte, um diese Institution zu erhalten.1 Der König äußerte die Ansicht, dass der „gebildete Geschmack in Hauptstädten ein mehr denn gewöhnliches Schauspiel zum all­ gemeinen Bedürfnisse macht“.2 Er registrierte also eine Tendenz der Zeit, der er offenbar Genüge leisten wollte, um den Anschluss an andere Hauptstädte nicht zu verpassen. Der Hinweis auf die Hauptstädte macht deutlich, dass für Fried­ rich Wilhelm II. das Berliner Theater eine Repräsentationsfunktion übernehmen sollte. Ob er mit den Hauptstädten Weimar, Dresden und München oder Wien, Paris und London meinte, wissen wir nicht genau. Vermutlich dachte er an die letzteren, mit denen sich Berlin eher messen wollte, zumal diese auch seit Jahr­ zehnten durch einen professionellen Theaterbetrieb Maßstäbe gesetzt hatten und allgemein Vorbilder waren. Auch war das Weimarer Theater 1796 noch keine Musterbühne, erst seit 1802 versuchte Goethe, sein Theater in der Öffentlichkeit entsprechend zu positionieren. Immerhin war das Vorhaben, ein außergewöhn­ liches Theater in Berlin zu etablieren, ein ehrgeiziges Ziel, von dem Berlin zu die­ sem Zeitpunkt noch weit entfernt war. In Folge des Schreibens vom 16. Dezember war Iffland alleiniger Direktor und allein verantwortlich für das Repertoire. Bisher war das Berliner Theater von ­einer Führungsgruppe mit klarer Aufgabenverteilung gesteuert worden. Zuletzt waren das der Dichter Karl Wilhelm Ramler, der Schauspieler Ferdinand Fleck und der Kammergerichtsrat Heinrich Ludwig von Warsing (Johann Jakob Engel war schon 1794 abberufen worden).3 Diese Führungsgruppe galt beim König je­   Vgl. Anhang, Nr. 6.  Ebenda. 3   Zur Leitung vor Iffland vgl. ausführlich Gerhard Wahnrau: Berlin, Stadt der Theater, Berlin 1957, S. 186–198. 1 2

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3  Iffland als Verwalter ökonomischer und ­ästhetischer Werte

doch als w ­ enig erfolgreich, weil sie mehr Ausgaben als Einnahmen verbuchte, also Schulden machte. Deshalb wurde Iffland mit alleiniger und größerer Machtbefug­ nis ausgestattet. In der Kabinettsorder wurde Iffland zugebilligt, das Repertoire festzulegen sowie über die Annahme von neuen Stücken und die Wahl der Stücke zu den wichtigen Benefizvorstellungen, die bestimmten Schauspielern zustanden, zu entscheiden. Außerdem war Iffland allein verantwortlich für die ökonomische Verwaltung des Hauses. Damit hatte er auch über alle Verträge mit den Mitglie­ dern seines Ensembles,4 mit dem Dekorationsmaler5 oder den Gastschauspielern zu entscheiden.6 Es wurden in der Kabinettsorder allerdings zwei gravierende Ein­ schränkungen festgelegt: Erstens durften die gespielten Stücke nicht „gegen Sitten und Staatsverfassung“ verstoßen und zweitens durfte erst dann ein neues Stück aufgeführt werden, wenn vorher der Finanzbedarf ermittelt und die Finanzierung durch die Theaterkasse gedeckt war: Zur Sicherstellung des angenommenen Etats müsst Ihr von jedem aufzuführenden Stück einen Uiberschlag der Erfordernisse entwerfen, solchen dem Inspector übergeben, seine Anzeige von dem, was vorhanden ist oder neu gemacht werden muß, so wie auch seinen schriftlichen Uiberschlag von allen neuen Erfordernissen, als Decorationen, Garderobe etc. verlangen, nach diesem Uieberschlage aber und nach dem jedesmaligen Zustande des Cassen-Fonds allein ermessen, ob das Stück der Kosten werth sei […].7

Diese zweite Einschränkung war für den Spielbetrieb von entscheidender Be­ deutung; denn der Maßstab für ein neu zu inszenierendes Stück war dem­zufolge der Erfolg, den das Stück beim Publikum hatte, das bereit war, dafür Eintritt zu zahlen. Iffland oblag außerdem die Einschätzung, ob ein neu zu gebendes Stück Wert genug besitze, um die Kosten der Inszenierung zu rechtfertigen. Zwar ­spezifizierte der König das, was er unter „werth“ verstand, nicht näher, zweifellos war hier aber nicht der ästhetische Wert gemeint. Iffland sollte allein sicher­stellen, dass das zu inszenierende Stück den dazu notwendigen Kostenaufwand recht­ fertigte. Das Verhältnis von Kostenaufwand und Einnahme war das einzige Krite­ rium, der Wert wurde demzufolge allein materiell bestimmt. Das bedeutete, dass in jedem Fall das Publikum über das Repertoire entschied. Iffland sollte also ein außergewöhnliches Theater etablieren, das ohne Subventionen auskomme. Iffland nahm trotz dieser Forderungen sein Amt an und gestaltete es 18 Jahre lang aus. Zu ­fragen ist in der Folge, ob er das Theater bei dieser Vorgabe als ein wirtschaft­

  Vgl. Anhang, Nr. 74.   Vgl. Anhang, Nr. 30. 6   Vgl. Anhang, Nr. 91, 92 und 93. 7   Vgl. Anhang, Nr. 6. 4 5

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Das Theater als Luxusgut: Glanz und Vergnügen

liches Unternehmen führte, das vor allem zum Ziel hatte, Gewinn zu erwirtschaf­ ten, oder ob er ein ästhetisches Konzept verfolgte und es durchzusetzen versuchte. Iffland verwandte von Anfang an große Anstrengungen darauf, sowohl künst­ lerischer als auch ökonomischer Direktor zu sein. Er sah, dass beide Funktionen eng miteinander verbunden waren und wollte vermeiden, sich in personelle Ab­ hängigkeit eines Dritten zu begeben; denn gegenüber dem König war er ohnehin rechenschaftspflichtig. Um seine Unabhängigkeit aufrechtzuerhalten, musste er gleich zu Beginn seiner Amtszeit eine Auseinandersetzung mit dem Kammerge­ richtsrat von Warsing führen. Warsing war in der einstigen Führungsriege ökono­ mischer Direktor und sollte ursprünglich gewisse Befugnisse, z. B. die Logenver­ mietung, die Abonnements und den Bauetat, weiterhin behalten. Iffland konnte aber schnell den ausbrechenden Machtkampf gewinnen, sich gegen Warsings Wider­stand durchsetzen und seine Position weiter festigen. Der Kammergerichts­ rat hatte schon Ende des Jahres 1797 faktisch keinen Einfluss mehr auf die Thea­ terleitung.8 Auch später agierte Iffland immer wieder mit Erfolg, wenn Versuche unter­ nommen wurden, seinen ökonomischen Handlungsspielraum zu beschneiden. Das war 1799, 1802 und 1809 der Fall. 1799 musste er sich gegen Angriffe ver­ teidigen, die auf seinen privaten Gewinn zielten und damit seine moralische Inte­ grität als Direktor in Frage stellten. 1802 und 1809 richteten sich die Angriffe auf seine Stellung als ökonomischer Direktor, dessen Befugnisse eingeschränkt wer­ den sollten. Auch als die Königliche Oper Unter den Linden und das National­ theater im Juli 1811 als Königliche Schauspiele fusionierten,9 war Ifflands Position nie wirklich gefährdet.10 Vom 28.  Juli 1799 stammt ein programmatisch zu nennender Brief von Iff­ land an den Geheimen Kabinettssekretär Johann Friedrich Ludwig Niethe. Iffland musste sich zum ersten Mal gegenüber dem König Friedrich Wilhelm III. rechtfer­ tigen. Sein Brief steht am Beginn einer Periode, in der auch die Kritik an I­ fflands Theaterleitung durch die Frühromantik immer lauter und vor allem öffentlich wurde. August Ferdinand Bernhardi hatte ihn in der Zeitschrift Berlinisches ­Archiv 8   Louis Schneider: Iffland als Direktor des Berliner Nationaltheaters. Eine theatergeschichtliche Studie, in: Almanach für Freunde der Schauspielkunst, Berlin 1852, S. 84–94. 9  Der erste Theaterzettel, auf dem nicht Königliches National-Theater gedruckt war, sondern ­Königliches Schauspiel, stammt vom 7. Juli 1811. 10   Auch die Krise im Umkreis der Aufführung des Singspiels Die Schweizer Familie im Novem­ ber 1810, konnte ihn nicht von außen angreifen. Er selbst war von diesen Vorgängen nachhaltig tief erschüttert, wie aus seinem langen Brief an Achim von Arnim vom 31. Dezember 1810 hervorgeht (vgl. Arnim, Das Unglück eines Theater-Direktors). Gegenüber Hardenberg hatte er noch am Tag des Skandals seinen Rücktritt angeboten (vgl. Geiger, Ein Berliner Theaterskandal). – Zum Theater­ skandal vgl. Jens Bisky: Kleist. Eine Biographie, Berlin 2007, S. 407–412.

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3  Iffland als Verwalter ökonomischer und ­ästhetischer Werte

der Zeit und ihres Geschmacks frontal attackiert,11 Iffland legte in diesem Brief seine Sicht auf die zwischen Kunst und Ökonomie bestehenden Wechselwirkungen dar. Der Brief trägt auch zum Verständnis bei, warum Iffland ökonomische und künst­ lerische Leitung in einer Hand vereinigt sehen wollte. Anlass war die laut gewor­ dene Kritik an seiner Praxis, alljährlich im Sommer Gastspielreisen zu unterneh­ men, für die er hohe Honorare erhielt. In seinem Brief analysierte Iffland zunächst die neue Lage, in der er und das Berliner Theater sich befanden, nachdem der das Theater liebende Friedrich Wilhelm II. gestorben und der dem Theater viel kühler gegenüberstehende Friedrich Wilhelm III. sein oberster Dienstherr geworden war. Friedrich Wilhelm II. und seine Mätresse, die Gräfin Lichtenau, waren eifrige Theaterbesucher gewesen, die Gräfin hatte in ihrem Palais Unter den Linden einen Theatersaal bauen lassen, in dem Privatvorführungen gegeben wurden.12 Fried­ rich Wilhelm II. hatte sich aktiv in die Spielplangestaltung des Nationaltheaters eingemischt. Man denke an die Entlassung von Johann Jakob Engel wegen des­ sen Weigerung, Mozarts Zauberflöte aufzuführen. Auch hatte es unter Friedrich ­Wilhelm II. entscheidende Veränderungen in der Position der Hofoper Unter den Linden gegeben. War die Lindenoper bisher der einzige Ort der Repräsen­tation des Hofes gewesen, so übernahm diese Rolle zunehmend das National­theater; denn auch hier wurden Opern gegeben. Spätestens mit der Aufführung von Glucks Oper Iphigenia in Tauris wurde das Privileg der Hofoper gebrochen.13 ­Unter ­Ifflands Leitung avancierte Gluck neben Mozart zum meistgespielten Opernkom­ ponisten in Berlin. Zu Friedrich Wilhelm II. hatte Iffland ein fast freundschaftlich zu nennendes Verhältnis, der seine Kabinettsordern gewöhnlich mit den Worten: „Besonders lieber Getreuer“ begann.14 An seine Schwester schrieb Iffland schon im Juni 1797 mit großem Bedauern, dass der von ihm geliebte und angebetete

11   So fängt Bernhardi z. B. seinen Beitrag über das Berliner Theater im August-Heft 1799 mit fol­ genden Worten an: „Nicht leicht ist ein Monat an Theaterneuigkeiten unfruchtbarer gewesen, als der verflossene“ (S. 151). Im September-Heft 1799 schreibt derselbe Kritiker über die Aufführung von Voltaires Trauerspiel Zaire : „Es ist ziemlich schwierig, die Gründe zu bestimmen, welche uns grade dies Stück von den Voltairschen haben zukommen lassen, ein Stück von so aus­gezeichneter Flachheit und lächerlicher Albernheit“ (S. 258). 12   Vgl. Matthias Hahn: Schauplatz der Moderne. Berlin um 1800 – ein typographischer Weg­ weiser, Hannover 2009, S. 370–372. Vgl. besonders den Text einer Inschrift, die über die Errichtung des ­Gebäudes Auskunft gibt (S. 71). 13   Vgl. Christoph Henzel: Carl Wilhelm Ramler als Intendant, in: Urbanität als Aufklärung. Karl Wilhelm Ramler und die Kultur des 18. Jahrhunderts, hrsg. von Laurenz Lütteken, Ute Pott und ­Carsten Zelle, Göttingen 2003, S. 271. 14   Vgl. z. B. Friedrich Wilhelm II. an Iffland, 25. Januar 1797 und 16. Februar 1797 (Landesarchiv Berlin, A Rep. 167, Bd. 3).

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Das Theater als Luxusgut: Glanz und Vergnügen

König wohl sterben werde.15 Iffland ahnte offenbar bei seiner Begegnung mit dem kranken König, dass das Theater für dessen Nachfolger weniger Bedeutung als Ort der Repräsentation haben würde. Tatsächlich kam es so. Iffland beklagt in seinem Brief an Niethe vom Juli 1799, dass das Theater unter dem neuen König an Ansehen verloren habe, weil der ­König sich dafür nicht begeistern könne. Das Schlimmste sei aber, dass sich ein Teil des Hofes den König zum Vorbild nehme und dem Theater den Rücken kehre. In ­seiner Zeit beim Mannheimer Theater hatte Iffland die Erfahrung ge­ macht, dass die Vorbildfunktion des Fürstenhauses erheblich war und dass sich seine Teilnahme keineswegs auf finanzielle Unterstützung beschränken sollte. Die Kurfürstin Marie Elisabeth Auguste von der Pfalz und Bayern besuchte die Vor­ stellungen regelmäßig. Ihre Anteilnahme beschrieb Iffland als bedeutsam für das Mannheimer Theater.16 Iffland empfand die theaterfeindliche Haltung des neuen preußischen Königs als bedrohlich und so kränkend, dass er sie als wichtigen Grund für seine Gastspielreisen angab. Er stellte frustriert fest, dass der Monarch diesen Zweig der Künste nur gewähren lässt, ohne wie die Erfahrung zeigt, selbst für sich daran Vergnügen oder Erholung zu finden. Ein Theil des Publikums hängt an dieser Richtung, so wie ein anderer Theil desselben, aus Nachahmung, aus Gewohn­ heit und aus – freilich unnöthiger Furcht – den Geist der Einschränkung walten lässt, wo­ von der Hof – aus weisem Zweck für das Ganze – das Beispiel giebt.17

Statt die Institution zu befördern, kritisiere sie der Hof und fordere, das Theater wie eine „kaufmännische Einrichtung“ zu führen. Das jetzige Theater, so Iffland, funktioniere nur durch tägliche Reibung und gewaltthätige Anspannung aller Kräfte, durch jenes gewinnsüch­ tige angestrengte Spekulieren, was der aller kaufmännischsten Einrichtung Ehre bringen ­würde – und – ich gestehe es nach meiner inneren Empfindung – was bei einem Theater eines großen Monarchen in seiner Residenz, welches jezt das erste Theater in Deutsch­ land ist, nicht der Fall sein sollte!18

Ifflands Klage gegenüber Niethe war keine Ausnahme, ein paar Monate später richtete er ähnliche Worte an Johann Friedrich Reichardt. Er schrieb am 29. ­April 1800 von „einer großen Krise“, in der er sich befinde, und hielt es sogar für mög­   Iffland an Luise Eisendecher, Berlin, 7. Juni 1797: „Gestern sah ich meinen geliebten, angebete­ ten König! Er trägt sich so hin zum Grabe! Er lächelte mir einen Gruß zu, ich dachte: ach! Sie werden einen guten Mann begraben und mir ist er mehr. Dabei brach mein Herz! Leb wohl!“ (Ifflands Briefe 1905, S. 87) 16  Iffland: Meine theatralische Laufbahn, Leipzig 1798, S. 187. 17   Vgl. Anhang, Nr. 26. 18  Ebenda. 15

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3  Iffland als Verwalter ökonomischer und ­ästhetischer Werte

lich, Berlin zu verlassen. Auch gegenüber Reichardt, mit dem ihn eine herzliche und produktive Freundschaft verband, sprach er von Vorwürfen des Geldaus­ gebens. Ganz offensichtlich geriet Iffland in einen Konflikt, da es ihm nicht ge­ lang, seinen Ansichten über die Leitung des Theaters mit der Erwartungs­haltung des Hofes in Übereinstimmung zu bringen. Ein Brief Ifflands aus dem Jahre 1812 an das Departement der Finanzen zeigt, dass sich an der Lage des Theaters wäh­ rend seiner Direktorenzeit in den Folgejahren nichts änderte. In dem Schreiben erläuterte er, dass es von der Finanzierung abhängt, ob das Theater ein „speku­ latives kaufmännisches Etablissement“ oder ein „Kunst-Etablissement“ bzw. ein „Kunstanstalt“ ist: Im Laufe eines Jahres kommen der Fälle Mehrere vor, wo man einen Erwerb dahin schwinden lassen muß, weil er sich nicht mit der Würde und der Ehre e­ ines Königlichen Theaters vereinen läßt, wo man Vorstellungen auf die Bühne zu bringen unterlassen muß, von denen man vermuthen kann, daß sie zwar dem großen Haufen gefallen und durch diesen die Casse füllen würden, die aber zu tief in i­hrem innern Werthe stehen um der Idée eines Kunst-Etablissements nicht ganz entgegengesetzt zu seyn oder die der Sittlich­ keit und dem Gefühl für das Gute und Schöne entgegenstreben. – Was aus diesen Rük­ sichten der möglichsten Erhöhung der Einnahmen entgegensteht, wird anderseits noch mehr durch die Ausgaben welche auf Vorstellungen gewendet werden müssen, deren De­ kung nicht zu erwarten steht, von Bedeutung.19

Iffland stellte hier die ästhetische und ethische Funktion (Sittlichkeit und Gefühl für das Gute und Schöne) und die repräsentative Funktion (Königliches Thea­ ter) eng nebeneinander. Eine wesentliche Aufgabe des Königlichen Theaters sah er demzufolge in der Vermittlung von ästhetischen und ethischen Werten. Zwar wusste Iffland, dass das „Theater als ökonomische Quelle der Stadt“ eine wichtige Funktion innehatte, denn schon während seines vieljährigen Aufent­ haltes in Mannheim hatte er beobachten können, dass damit in der Stadt viel Geld verdient wurde.20 Schließlich hatte auch er für seine Pläne zum Neubau des 1802 auf dem Gendarmenmarkt eröffneten Theaters beim König mit dem Argument geworben, dass sich die Einnahmen erhöhen würden und dass es eine Zierde für die Stadt sein werde, deren sie jetzt ganz entbehre.21 Aber deswegen wollte er das Theater noch lange nicht mit einer staatlichen Behörde, einer Manufaktur oder ­einem Handelshaus verglichen wissen. Kunst und Künstler seien mit einem ande­ ren Maßstab zu messen und der ökonomische Erfolg, so Ifflands Meinung, könne sich nur einstellen, wenn das Theater durch Exklusivität Glanz verbreite und somit auf die Menge einen Reiz auszuüben vermöge. Iffland sah darin, dass Friedrich   Vgl. Anhang, Nr. 90.  Iffland: Meine theatralische Laufbahn, Leipzig 1798, S. 101. 21   Vgl. Anhang, Nr. 19. 19 20

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Das Theater als Luxusgut: Glanz und Vergnügen

Wilhelm III. das Theater nicht liebte und es wenig besuchte, eine Gefahr, dass das Theater keine Ausstrahlung mehr entfalten könne und demzufolge nichts ­Luxu­riöses darstelle. Theater war für Iffland aber „ein Werk der Freude und des Luxus“,22 und auch die Schauspieler waren für ihn Luxusgüter. Damit stand Iffland ganz in der Tradition der Hoftheater, deren Zweck vor allem die Repräsentation und die Un­ terhaltung war. In seinen Briefen kommt die Vokabel „Vergnügen“ im Zusammen­ hang mit dem Theater häufig vor. Es ging ihm darum, das „Vergnügen der Ein­ wohner“,23 das „Vergnügen des Hofes und des Publikums“24 zu er­höhen. Iffland versuchte dem König und den Beamten immer wieder zu vermitteln, dass eine künstlerische Institution nicht mit einer Regierungsbehörde vergleichbar sei und nach ganz anderen Richtlinien arbeiten müsse. Da das Theater eine Institution „des Augenblicks, der Laune des Parterre, ein Werk der Freude und des Luxus ist, und seine Treibkräfte überall aus etwas üppigen Boden nehmen muß“, sei es so gut wie unmöglich, bei der Verwaltung staatsökonomische Grundsätze anzu­wenden.25 Iffland bemühte sich, die Ausstrahlungskraft der Institution zu erhöhen und den ­König für das Theater zu interessieren. So gelang es ihm, während der Herbstma­ növer und während der Zeit, in der der König in Potsdam residierte, Vorstellun­ gen im Potsdamer Stadttheater zu etablieren.26 Der König gestattete dieses Vorha­ ben, bat sich aber ausdrücklich aus, dass die Unternehmung kostendeckend zu sein ­habe.27 Wie Ifflands Abrechnungen belegen, war das auch immer der Fall. Zu Ifflands Bemühungen, dem Theater Glanz und An­sehen zu ver­leihen, gehörten auch die in seinem Auftrag ab 1802 herausgekommenen 175  hand­kolorierten Kupferstiche der Kostüme auf dem Königlichen National­theater in Berlin. Dieses für sich schon kostbare und prächtige Werk war dazu bestimmt, dem Theater Glanz zu verleihen und es als erstrebenswerten ­Luxus erscheinen zu ­lassen. Dieses Werk war und ist die in der Öffentlichkeit sichtbarste auf diesen Zweck abzielende

  Vgl. Anhang, Nr. 55.   Vgl. Anhang, Nr. 19. 24   Ebenda, Nr. 54. 25   Ebenda, Nr. 55. 26   Vgl. Anhang, Nr. 31 und 33. – In Ifflands Almanach für Theater und Theaterfreunde, 1807, S. 290 heißt es: „Außer dem Bußtag, Charfreitag und Weinachtsabend, wird auf dem Königl. National-­ Theater zu Berlin jeden Tag gespielt. Zugleich wird, in den Frühlings- und Herbst-Monaten, wenn die Königl. Majestäten in Potsdam residiren, dort gewöhnlich jeden Mittwoch auf dem Königl. Stadt­ theater eine Vorstellung gegeben; so wie an den drei Tagen des großen Herbstmanövers auf dem ­Königl. Schloß-Theater im Neuen Palais bei Potsdam“. 27   Vgl. Anhang, Nr. 30. – Vgl. auch „Acta des Königlichen Cabinets betr. die während der Herbst­ manöver im Neuen Palais zu Potsdam aufgeführten Schauspiele, Opern und Ballets 1798–1805“ (GStA PK, I. HA, Rep. 36, Nr. 2698). 22 23

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3  Iffland als Verwalter ökonomischer und ­ästhetischer Werte

Bemühung des Theaterdirektors.28 Zu diesen Be­mühungen sind auch der Neubau des Theaters auf dem Gendarmenmarkt durch Karl Gotthard Langhans, Ifflands eigenes repräsentatives Haus im Tiergarten, das derselbe Bau­meister entwarf, das großformatige Gemälde von Anton Graff, das den Schauspieler in der vielbewun­ derten Rolle des Pygmalion zeigt, und die Autobiographie Meine theatra­lische Laufbahn zu rechnen.29 Hervorzuheben ist weiterhin das große Fest des Fürsten von Hatzfeld im Schauspielhaus vom 10. bis 13. März 1804. Höhe­punkt dieses Fes­ tes war der Maskenball am 12. März. Dieser aufwendig inszenierte Maskenball zu Ehren der Königin Luise wurde in den Berliner Zeitungen ausführlich beschrie­ ben und mit einer Folge von Kupferstichen illustriert.30 Dieses Kupferwerk wurde im gleichen Verlag und von den gleichen Künstlern veranstaltet, wie das seit 1802 erscheinende Kostümwerk. Dieses Fest blieb aber über Jahre eine Ausnahme. ­Herbert Frenzel schreibt, dass sich des Königs „Abneigung gegen das Theater“ nach dessen Aufenthalt in Paris 1814 in eine Vorliebe verwandelt habe und er dann eine Vorliebe für Possen, Vaudevilles und leichte Opern gehabt habe.31 Be­ merkenswert ist das deshalb, weil offenbar wird, dass sich der höfische Geschmack von dem des bürgerlichen Publikums kaum unterschied.32 In dem Maße in dem sich Friedrich Wilhelm III. zurückzog, bemächtigten sich die Bürger des Theaters als Repräsentationsort. Im Zug der romantischen Bewe­ gung kam es sogar zu einer Beschleunigung dieses Prozesses. Wir haben schon an anderer Stelle beobachtet, dass die kontroverse Theaterkritik der Romantiker und Spätaufklärer Debatten auslöste. Iffland fühlte sich von den Romantikern be­ drängt und gestört. 1800 erschien der dritte Teil von August Ferdinands Bernhardis Bambocciaden. In dem Text Die gelehrte Gesellschaft werden verschiedene Persönlichkeiten aus dem Kreis der Berliner Spätaufklärer verspottet. In der Gesellschaft des Herrn Forstner liest der Gelehrte Märker sein Stück mit dem Titel Seebald oder der edle Nachtwächter. Familiengemälde in einem Akte vor. Das Stück ist eine Parodie auf Ifflands Dramen, insbesondere auf das Schauspiel Dienstpflicht. Nach der Lesung   Vgl. Klaus Gerlach: Ifflands Kostümreform oder die Überwindung des Natürlichen, in: ders. (Hrsg.), Das Berliner Theaterkostüm der Ära Iffland. August Wilhelm Iffland als Theaterdirektor, Schauspieler und Bühnenreformer, Berlin 2009, S. 11–29. 29   Vgl. Bildtafel 2 und 5. 30  Vgl. HSZ, 15. März 1804, Nr. 32 und Claudia Sedlarz: Die schnurrbärtige Venus. Luisen-Hul­ digung auf dem Berliner Maskenball von 1804, in: Forschungen zur Brandenburgischen und Preußischen Geschichte. N.F. 2/2009, S. 149–170. 31   Herbert A. Frenzel: Brandenburg-Preußische Schloßtheater, Berlin 1959, S. 152. 32   Auch in seinen Privatgemächern scheint sich der König an komischen Genres bevorzugt ver­ gnügt zu haben. Bekannt ist in Potsdam eine Aufführung von Kotzebues Travestie Das Urtheil des Paris, an der mehrere Mitglieder der königlichen Familie teilgenommen haben. Vgl. Gerlach, Berlin versus Weimar, S. 283. 28

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Der Künstler als Luxusgut

trägt Röse vor den Zuhörern, die das Stück mit großer Begeisterung aufgenom­ men haben, eine Abhandlung über das Stück vor. Röse unterbreitet unter ande­ rem den Vorschlag, die Gattung Familiengemälde in Zukunft als Iffländerei zu bezeichnen, da Iffland der Erfinder und Ausbilder dieser Gattung sei.33 Fink em­ pört sich gegenüber dem Gastgeber, dass sowohl Märker als auch Röse, sich an­ maßten, Iffland, den er als Künstler und Schauspieler sehr schätze, nachzuahmen. Öffentlich ermutigt er dann jedoch in einer ironischen Rede Märker und Röse, Stück und Abhandlung fortzusetzen, wozu er ihnen aberwitzige Vorschläge unter­ breitet. Diese mäßig witzige, teilweise auch judenfeindliche, Satire dürfte Iffland sehr getroffen haben, zumal sie in einer Zeit erschien, in der er vielen Angriffen ausgesetzt war. 1801 schrieb Iffland an seinen Verleger Georg Joachim Göschen, dass die Ro­ mantiker die „jeunesse Fréron“34 gegen ihn aufbrächten, 1802 beklagte er gegen­ über dem König den „Robesperismus“35 einiger weniger, die das Publikum beein­ flussten und gegen ihn aufbrächten. Louis-Marie Stanislas Fréron und Maximilien de Robespierre, wenn auch später verfeindet, gehörten der Bergpartei an und hat­ ten für die Hinrichtung Ludwigs XVI. gestimmt. Beide waren während der Revo­ lution für Terror verantwortlich. Die von Iffland benutzte Revolutionsmetapher bezeichnet prägnant die Veränderung, die mit dem Theater vor sich ging.

Der Künstler als Luxusgut Bevor wir dazu kommen, über die Wechselwirkungen von ökonomischen Res­ sourcen und Repertoire zu sprechen, wollen wir darauf sehen, welche Rolle Iffland dem Schauspieler in der Gesellschaft zuwies und welche Bedingungen er für ihn einforderte, um diese Rolle zu gestalten. Ifflands Bild des Schauspielers war nicht romantisch und der Lebenswirklichkeit entrückt, sondern basierte auf seinen langjährigen Erfahrungen als Schauspieler und Theaterdirektor. Iffland schrieb in seinem Almanach für Theater 1807 und 1808 zwei Essays über Schauspieler, die ihn auf seinem künstlerischen Weg begleitet und stark beeinflusst hatten: J­ ohann David Beil und Konrad Ekhof. Beide hatte er in Gotha kennengelernt. Diese ­Essays sind wohl Ifflands wichtigste Texte zur Schauspielgeschichte, auch des­ wegen, weil er sich selbst darin kontextualisierte. Besonders aus dem Essay über ­seinen Lehrer Ekhof erfahren wir viel über Ifflands Verständnis des Schauspiel­ berufs. Ekhof habe die Fähigkeit besessen, seine eigenen Gefühle zu erregen und so auf die Menschen zu wirken. Diese Fähigkeit bezeichnet Iffland als „ein eigenes   August Ferdinand Bernhardi (Hrsg.): Bambocciaden, 3. Teil, Berlin 1800, S. 255.   Vgl. Anhang, Nr. 41 sowie Nr. 38 und 39. 35   Vgl. Anhang, Nr. 55. 33 34

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3  Iffland als Verwalter ökonomischer und ­ästhetischer Werte

Genie“.36 Sich ausdrücklich an Friedrich Schiller anlehnend, vergleicht er Ekhofs Spiel mit dem Spaziergang eines Nachtwandlers. Schiller hatte 1782 geschrieben, dass der Schauspieler sich einigermaßen in der Situation eines Nachtwandlers be­ finde. Nur wenn er die Gegenwart nicht wahrnehme, könne er die schmale Brücke über­queren, die von der Überspanntheit und Unanständigkeit der Gegenwart zur Wahrheit und Schönheit der Kunst führe.37 Schiller beschreibt mit diesem Bild die imaginäre Kraft, die der wahre Künstler aufzubringen in der Lage sein muss, um der Gegenwart zu entfliehen, was für den vor Zuschauern agierenden Schauspieler besonders schwer sei. Wenn Iffland dieses Bild hier wiederverwendet, stilisiert er den Schauspieler ausdrücklich als Genie, das es zu pflegen gilt. Besonders deutlich wird das in seinem Essay über Beil, den er wie einen jugendlichen auf einem Esel reitenden Dionysos beschreibt, der mit seinem neuen, heiteren Spiel, das sich von dem seiner stümperhaften, schreienden Kollegen einer Wandertruppe abhob, die Zuschauer begeisterte.38 Jedoch starb Beil kaum 40-jährig in Mannheim. Iffland beklagt, dass Beil am Ende des Lebens seine Unbefangenheit abhanden gekom­ men sei.39 Unbefangenheit war für Iffland eine der wichtigsten Voraussetzungen, um als Künstler frei schaffen zu können. Iffland hatte sich in dem oben erwähnten Brief an den Kammerrat Niethe vom Juli 1799 gegen die Angriffe wegen seiner Gastspielreise gerechtfertigt, obwohl ihm der König die Erlaubnis zum Reisen erteilt hatte. Diese Kritik an ­Ifflands Reise­tätigkeit verstummte auch in den Folgejahren nicht und wurde sogar im Feuilleton vor eine breite Öffentlichkeit gebracht.40 Offenbar gab es eine große Diskrepanz zwischen dem Künstlerbild, das sich das Publikum imaginierte, und der gelebten Realität des Künstlers. Zu dieser Differenz trug das von der Romantik propagierte Künstlerbild erheblich bei. Nicht zufällig steht in Bernhardis ­Kritik zu Ifflands Stück Die Künstler der Ausruf: „Noch eins! Muß es denn immerfort nur Geld, immer Geld und nichts als Geld sein, welches in Ifflandischen Stücken eine   Iffland: Ueber Eckhof, in: Almanach für Theater und Theaterfreunde 1807, Berlin 1807, S. 9f.  Ebenda. – Vgl. René Sternke: Distinktionsverlust, Charakterverfall, Modernität, in: Klaus ­Gerlach (Hrsg.), Das Berliner Theaterkostüm der Ära Iffland. August Wilhelm Iffland als Theater­ direktor, Schauspieler und Bühnenreformer, Berlin 2009, S. 59. 38   Iffland beschreibt in seinem Portrait über Beil eine Szene, wie die Gesellschaft der Wander­ truppe in die Stadt Sangerhausen reist. Um einem eifersüchtigen Konkurrenten Platz zu machen und Streit zu schlichten, steigt der frohgelaunte Schauspieler vom Wagen herab und setzt sich auf einen Esel. Umgeben von seinen lachenden Kollegen zieht er auf diese Weise in die Stadt ein, wo seine Kar­ riere beginnen sollte (Iffland: Johann David Beil, in: Almanach für Theater und Theaterfreunde, Ber­ lin 1808, S. 134). 39   Ebenda, S. 176. 40   Vgl. z. B. die Kritik in der HSZ vom 14. Oktober 1806, Vorstellung vom 10. Oktober 1806, ­ önig Lear. Hier wird bei Gelegenheit des ersten Auftritts nach seiner Gastspielreise auf den „Mis­ K muth“, den das lange Ausbleiben hervorgerufen habe, explizit aufmerksam gemacht. 36 37

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Der Künstler als Luxusgut

so große Rolle spielt?“41 Iffland beklagte in seinem Brief, dass er beschuldigt wor­ den sei, hab- und gewinnsüchtig zu sein, weil er Gastspielreisen unternehme, für die er große Geldsummen erhalte. Er wehrte sich gegen diese Anschuldigung, in­ dem er erstens anführte, dass es in keiner Berufsgruppe negativ bewertet werde, Geld zu verdienen und ökonomisch erfolgreich zu sein: „Vom Fürsten, auf den Ge­ neral und Kaufmann, nützt jeder sein Talent und übersetzt es in baaren Ertrag“.42 Zweitens begründete er seinen Anspruch auf hohe Honorierung seiner Kunst mit seinem übermäßigen Arbeitsaufwand. Das Honorar sei für ihn Entschädigung für aufgewandte Lebenszeit, die er der Kunst widmete.43 Und drittens begründete er seine Honorarforderungen und Reisen mit der zur Kunstausübung erforderlichen Freiheit und Unabhängigkeit, wozu Geld unabdingbar notwendig sei. Die letzte Forderung war ihm die wichtigste. Die Reisen waren eine Art hygienische Maß­ nahme zur Erhaltung seiner künstlerischen Freiheit und Unabhängigkeit. Er ver­ sicherte, dass er nicht dazu bereit sei, sich in Berlin einschränken zu lassen, auch wenn der moralische Druck groß sei: „Aber das werde ich hindern, daß […] keine ängstliche Besorgnis und keine Kleinlichkeit in mein Leben zu Berlin komme.“44 Ifflands Künstlerbild war stark vom Geld geprägt. Künstler und Geld bildeten für ihn keinen Widerspruch, sondern gehörten zusammen. Es ging ihm dabei aber nicht um Anhäufung, sondern das Geld sollte Entschädigung für den Aufwand an Lebenskraft sein und die Voraussetzung dafür schaffen, sich in Freiheit und Un­ abhängigkeit zu halten. Iffland plädierte also dafür, dass der Künstler mit seiner Kunst ausreichend Geld verdiene, um so sein künstlerisches Talent entfalten zu können. Aus Ifflands jährlichen Etatabrechnungen, die er dem König vorlegte, geht außerdem hervor, dass er nicht nur gegenüber sich selbst diesen Anspruch erhob. Ausnahmslos alle diese Abrechnungen legen Zeugnis darüber ab, wie intensiv sich Iffland für sein ­Ensemble – gleich ob Schauspieler, Sänger oder Musiker – einsetzte. Aussage­ kräftig ist zum Beispiel sein Pro Memoria aus dem Jahre 1802,45 in dem er beinahe für jeden einzelnen Schauspieler eine erforderliche Gehaltserhöhung vorschlug und sie begründete. Auch die sorgfältig geführte Gehaltstabelle aller Schau­spieler belegt das. Diese Tabelle zeichnet die Gehaltsentwicklung aller Schauspieler wäh­   Datenbank, Iffland, Die Künstler, 21. 11. 1799.   Vgl. Anhang, Nr. 26. 43   An den König schreibt er einmal über seine Arbeitsaufgaben: „Die Verwendung meiner Lebens­ kräfte geht im strengen Sinn, von Morgens Sechs Uhr bis Mittag halb Zwei, und von Nachmittag Drei Uhr bis Abends Neun Uhr, oft noch von Zehn bis Zwölf Uhr – mit der seltnen Ausnahme einiger Be­ suche – Alle Tage fort // und fort für die Theatergeschäffte dahin“ (Iffland an Friedrich Wilhelm III., Berlin, November 1802). 44   Vgl. Anhang, Nr. 26. 45   Vgl. Anhang, Nr. 55. 41 42

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rend ihrer Arbeitstätigkeit in Berlin auf und dokumentiert ebenfalls ihre Gratifika­ tionen und Benefize.46 Das Berliner Theater sollte ein Ort sein, der „seine Künstler nährt und ehrt“.47 Angemessene Bezahlung war für Iffland schon deshalb wichtig, weil er wusste, dass Talente rar waren und von auswärtigen Theatern abgeworben ­wurden. So wandte er sich ganz entschieden gegen eine moralische Bewertung des Kunstgewinns und ein Klima der Missgunst, das sich in der öffentlichen Diskus­ sion immer mehr ausbreitete. Iffland sah sehr wohl, dass die Schauspieler gegen­ über Staatsbediensteten im Nachteil waren, weil sie keine garantierten Pensionen erhielten. Deshalb seien sie darauf angewiesen, sich zu dem Wert zu verkaufen, der ihnen beigemessen wurde: Wo aber lebenslange Dienste nicht zugesichert werden, hat der Schauspieler nur seinen augenblicklichen Werth kaufmännisch geltend zu machen; und wird er auf lange und selbst noch ungewiß gemachte Vakanzen hinausgewiesen, so folgt er nach dem nothwen­ digen Gesetz des Vortheils dahin, wo ihm dieser augenblicklich gewiß ist.

Iffland betonte ausdrücklich, auch in späteren Jahren, immer wieder, dass die Be­ dingungen für einen Schauspieler in Berlin zur Kunstausübung nicht optimal seien. Gegenüber dem König Friedrich Wilhelm III. machte er dafür das Publi­ kum verantwortlich, das nirgendwo so kalt sei wie in der preußischen Residenz­ stadt. 1802 schrieb er an ihn, dass die Voraussetzungen für Schauspieler, besonders für junge Talente, in Berlin zu reüssieren, äußerst schlecht seien, denn es herrsch­ ten eine „Kälte des Publikums an sich“, ein „Robespierismus weniger Machthaber, welche das Parterre leiten“, sowie „cynische Journalisten“.48 Dass sich das Berliner Publikum wenig begeistern ließ, war für Iffland ganz offenbar ein Problem. Sein energetisches, auf wechselseitiger Beeinflussung beruhendes Konzept, verlangte ein enthusiasmusfähiges Publikum.49 In einer ungedruckt gebliebenen Abhand­ lung Ueber den Beifall im Schauspielhaus äußerte er darüber seine Ansichten ganz konkret. Er schrieb dort: Ein Parterre, welches seine Theilnahme nicht äußert und zu kurz mit den Beweisen ­seines Beifalls ist, stört sein eigenes Vergnügen, indem es Gleichgültigkeit über alle Vor­ stellungen verbreitet und in Tödtung aller Lebhaftigkeit der Schauspieler, das Zunehmen aller Bildung hindert.50   Vgl. Anhang, Nr. 61.   Vgl. Anhang, Nr. 13. 48   Vgl. Anhang, Nr. 55. 49   René Sternke: Distinktionsverlust, Charakterverfall, Modernität, in: Klaus Gerlach (Hrsg.), Das Berliner Theaterkostüm der Ära Iffland, Berlin 2009, S. 71. 50   Landesarchiv Berlin, A Rep. 167, Bd. 6. 46 47

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Ifflands ästhetisches Programm

Diese etwa Mitte 1799 formulierten Überlegungen zeigen, dass Iffland schon sehr bald nach seiner Amtsübernahme in Berlin mit der Situation des Theaters und insbesondere der Schauspieler unzufrieden war, so dass es ihn drängte, es dem Publikum mitzuteilen. Wie wir gesehen haben, machte Iffland dafür den K ­ önig mitverantwortlich, der durch sein Fernbleiben nicht als Vorbild taugte und somit negativ für die Entwicklung der Bühne war. Gegenüber dem Beamten Niethe for­ derte er ebenfalls ein besseres Umfeld für die Kunstausübung und damit für die Ent­faltungsmöglichkeiten der Schauspieler. Deshalb, schrieb er an Niethe, sollten die Schauspieler auch nicht wie „die ge­ meinen Früchte im Freien stehen, sondern in Treibhäuser gesezt“ werden.51 In­ dem er die Schauspieler von Talent als Treibhauspflanzen bezeichnete, wies er auf die Ausnahmestellung des Künstlers hin, der nicht mit einem Lohnbediensteten zu vergleichen sei; denn die in Glashäusern mit großen materiellen Aufwand ge­ züchteten Treibhauspflanzen waren um 1800 teure Luxusgüter. So wie das Theater für Iffland ein Werk des Luxus war, so waren die Künstler Luxusgüter, die durch das Treibhaus geschützt werden sollten. Das künstliche Klima war aber nicht nur Schutz, sondern Voraussetzung zu einer leistungsfähigen Kunstausübung. Es sind die Nachtwandler, denen er in seinem Treibhaus ein Unter- und Auskommen ­sichern wollte. Vielleicht ist es kein Zufall, wenn das 1802 eröffnete Schauspiel­ haus Ähnlichkeit mit einem Treibhaus hatte. Der Berliner Lustspieldichter und Theaterkritiker Julius von Voß erwähnt in seinem Berlin-Buch nämlich ausdrück­ lich das ähnliche Aussehen. Voß, der in dieser Schrift Ifflands Direktionstätigkeit mit großem Wohlwollen beschrieb, kritisierte die Architektur des Gebäudes. Er schrieb: „Die großgefensterten Seiten, bei einem Theater, wo man sich des Tages­ lichtes in der Hauptsache nicht bedient, durchaus zweckwidrig, lassen an ein Ge­ wächshaus denken.“52

Ifflands ästhetisches Programm Iffland war bemüht, das Publikum des Musik- und des Sprechtheaters gleicher­ maßen zufriedenzustellen. Das Repertoire war abwechslungsreich und ausge­ glichen (vgl. Kapitel 7 und die Theaterdatenbank). Damit folgte er dem Auftrag, den ihm Friedrich Wilhelm II. in seiner Order vom 16. Dezember 1796 erteilt hatte; denn darin hieß es, dass er „gleiche Rücksicht auf beide verwandte Künste“ nehmen solle.53 Iffland setzte sowohl auf Unterhaltung als auch auf Bildung. Er  Ebenda.   Julius von Voß: Neu-Berlin oder vaterländische Ideen über Wiedergedeihen und Emporblühen dieser Hauptstadt, Berlin 1811, S. 96. 53   Vgl. Anhang, Nr. 6. 51 52

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3  Iffland als Verwalter ökonomischer und ­ästhetischer Werte

brachte einerseits die sich vor allem an die Sinne wendenden Sing- und Lust­ spiele und Possen wie Die Nymphe der Donau, Das unterbrochene Opferfest, Das Neusonntagskind, Der Wirrwarr und Das neue Jahrhundert. Andererseits führte er anspruchsvolle Opern von Cherubini und Mozart wie Lodoiska und Idomeneus, König von Creta auf sowie in Blankversen verfasste Historiendramen von Schiller und Kotzebue wie Die Jungfrau von Orleans, Maria Stuart, Bayard und Gustav Wasa. Parallel dazu verlief die lange Reihe von Experimenten und unkon­ ventionellen Stücken, mit denen Iffland Neuland betrat und Diskussionen aus­ löste. Dazu gehörten die Shakespeare-Inszenierungen von August Wilhelm Schle­ gels Übersetzungen, die auf der Berliner Bühne zum ersten Mal gespielt wurden, die Aufführung von Kotzebues Molière-Übersetzung Die Schule der Frauen, die den ersten Versuch darstellte, für die französischen Verse ein adäquates deutsches Äquivalent zu finden, Johann Friedrich Reichardts Monodrama Der Tod des Herkules, das in Zusammenarbeit mit Iffland entstand, und Konrad Levezows sich an der französischen Klassik orientierende Tragödie Iphigenia in Aulis.54 Die Aufzählung zeigt, dass Rudolf Weils Vorwurf unbegründet ist, Iffland habe keine Experiment gemacht, ja konnte sie nicht machen, weil er dem Ge­ schmack des Massenpublikums folgen musste. Weil entschuldigt Iffland, da dieser kein eigent­liches Hoftheater führe. Jedoch ist Weils Behauptung, „der Leiter ­eines ausgesprochenen Hoftheaters [hat] nur den Geschmack des Fürsten und seiner nächsten Umgebung zu berücksichtigen [und kann] bei solchem maßgebenden Publikum eher an eine Geschmacksbildung denken“ wenig stichhaltig.55 Wenn wir uns den Spielplan des Gothaer Hoftheaters ansehen, das immerhin Konrad Ekhof leitete, fällt auf, dass sich der Gothaer Hof vor allem mit Lustspielen und Komö­ dien die Zeit vertrieben und gar nicht experimentiert hat.56 Iffland äußerte sich öffentlich nie programmatisch über sein ästhetisches Pro­ gramm in Bezug auf das Repertoire, wie das z. B. Goethe in seinem Aufsatz Weimarer Hoftheater. Februar 1802 getan hatte. Goethe hatte in diesem Aufsatz eine Chronologie von musterhaften Aufführungen unter seiner Direktion aufgestellt, die eine Entwicklung aufzeigen sollte.57 Dieser vielzitierte Aufsatz hat entschei­ dend dazu beigetragen, dass die Weimarer Bühne bis heute als ästhetisch ambi­ 54   Vgl. Klaus Gerlach: Der Archäologe Konrad Levezow und sein Trauerspiel „Iphigenia in ­Aulis“, in: Konrad Levezow, Iphigenia in Aulis. Trauerspiel in fünf Akten, Hannover 2008, S. 125–137. 55   Rudolf Weil: Das Berliner Theaterpublikum unter A. W. Ifflands Direktion (1796 bis 1814). Ein Beitrag zur Methodologie der Theaterwissenschaft, Berlin 1932, S. 163. 56   Die lückenlos überlieferten Theaterzettel (in der Berliner Staatsbibliothek und der Gothaer For­ schungsbibliothek) sind diesbezüglich ernüchternd. An den ersten 50 Tagen von 1775 bis 1776 wur­ den 51 Komödien, 6 Operetten, 8 komische Opern, 11 Dramen, 3 bürgerliche Tragödien, 1 Mono­ drama und 1 Duaodrama gegeben. 57   Vgl. Kapitel 6.

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Ifflands ästhetisches Programm

tionierte Musterbühne angesehen wird, zu der die Berliner Bühne bestenfalls als Kontrast taugt. Dennoch gibt es mehrere Publikationen von Iffland, in denen er Hinweise auf seine Programmatik gab und die aufschlussreich hinsichtlich seiner Strategie sind, seiner Bühne eine Aura zu verleihen. Eine besonders große Rolle spielten hierbei die schon erwähnten Kostüme auf dem Königlichen Nationaltheater in Berlin und der Almanach für Theater und Theaterfreunde. Das Kostümwerk wurde von Iffland angeregt und die Auswahl der dargestellten Kostüme dürfte von ihm veranlasst, zumindest gebilligt worden sein. Die meisten Texte in dem zwischen 1807 und 1812 erschienenen Theateralmanach hat er selbst verfasst. Die Kostüme auf dem Königlichen Nationaltheater erschienen von 1802 bis 1812 in Heften mit sechs bis acht Blättern. Handkolorierte Kupferstiche bildeten detail­ getreu die Kostüme bestimmter Inszenierungen ab. Diese Galerie der Kostüm­ figurinen wurde als Leistungsschau des Berliner Theaters wahrgenommen und war ein großer Erfolg. Sowohl Ifflands Kostümkunst als auch die Künstler, die die Kupferstiche anfertigten, fanden große Anerkennung im Journal des Luxus und der Moden und in der Zeitung für die elegante Welt. Die Suite umfasste mehr als 60 verschiedene Stücke aus Ifflands Direktorenzeit. Diese Auswahl aus mehr als 750 Stücken war nicht zufällig, sondern repräsentativ. Das erste Heft vereinte zwei Figurinen aus dem Melodram Der Tod des Herkules von Johann Friedrich Reichardt, vier aus der Jungfrau von Orleans und eine aus dem komischen Singspiel Die beiden Geizigen von André Ernest Modeste Grétry. Nur wenige Hefte wurden ausschließlich mit Figurinen aus einem Stück gefüllt bzw. bestehen aus einer Folge von mindestens fünf Zeichnungen, die über mehrere Hefte verteilt wurde. Das be­ trifft nur Ferdinand Kauers Die Nymphe der Donau (6 Blätter), Schillers ­Wilhelm Tell (16 Blätter), Zacharias Werners Die Weihe der Kraft (16 Blätter), Louis Charles Caigniez’ Salomons Urtheil (11 Blätter), Camillo Federicis Totila, König der Gothen (6 Blätter), Shakespeares Der Kaufmann von Venedig (7 Blätter). Goethes Iphigenia auf Tauris, Voltaires Mahomet in Goethes Übersetzung und Franz von Holbeins Schauspiel Fridolin nach Schillers Gedicht Der Gang nach dem Eisenhammer sind mit je fünf Blättern in der Sammlung vertreten. Auffällig ist, dass all diese Stücke, mit Ausnahme des Singspiels Die Nymphe der Donau dem ernsten Genre zuzuordnen sind. Selbst anspruchsvolle und oft gespielte Lustspiele wie Die Kleinstädter oder Das Intermezzo von Kotzebue und Künstlers Erdenwallen von Julius von Voß sind nur mit einem oder höchstens zwei Blättern vertreten. Das ist deshalb augenfällig, weil die Anzahl der Blätter keines­ falls für den Erfolg eines Stückes beim Publikum steht. Obwohl Der Kaufmann von ­Venedig, Mahomet und Totila nur drei Aufführungen, Iphigenie nur sechs er­ lebten, sind diese Stücke mit einer ganzen Folge vertreten. Wenn Iffland trotzdem Bilder von diesen Inszenierungen anfertigen ließ, kann das nur heißen, dass er

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sein Thea­ter durch sie repräsentiert sehen wollte, was auf nichts anderes als auf ein ästhe­tisches Programm hinweist. Diese Annahme finden wir durch seine von 1807 bis 1812 erschienenen Schrif­ ten im Almanach für Theater58 bestätigt. Iffland veröffentlichte hier verschiedene ­ eber Texte zur Schauspielkunst, wie den in Fortsetzung erschienenen Beitrag U die Bildung der Künstler zur Menschendarstellung auf der Bühne. Schon kurz nach Ifflands Tod sollte der Arzt und Apotheker Christian Gottfried Flittner die ­wichtigsten Aufsätze in einer zweibändigen Ausgabe unter dem Titel Theorie der Schauspielkunst59 zusammenstellen und wiederveröffentlichen. Das ist ein Beleg ihrer Wertschätzung. In den ersten beiden Bänden von Ifflands Theateralmanach finden sich Kupferstiche von Rollen­bildern, die Schauspieler der Berliner Bühne zeigen. Diese Stiche sind nicht nur schöne Bilder, sondern sie sind Anschauungs­ material zu den nachfolgenden ­Texten, in denen Iffland die Rollen interpretiert. Es sind mimische und gestische Darstellungen von Charakteren. Der erste Band enthält drei Rollenbilder von Iffland als Franz Moor in Schillers Die Räuber und als Geheimrat Mantel in dem von ihm verfassten Lustspiel Die Hausfreunde. Der zweite Band enthält einen Stich zu Kotzebues Die Kleinstädter, auf dem Karl Wilhelm Ferdinand Unzelmann und Jonas Friedrich Beschort abgebildet sind, ­einen Stich zu Goethes Egmont, der „Herrn Beschorts Darstellung von Egmonts Traume“ wiedergibt, und einen Stich, der Iffland in der Titelrolle von Molières ­Komödie Der Geitzige zeigt. In seinen Almanachen analysiert Iffland Rollen aus Trauer- und Lustspielen, die auf seiner Bühne gegeben wurden. Abgesehen von seinem eigenen Lustspiel, handelt es sich um klassische Stücke, bei denen er den Charakter des Hauptdar­ stellers analysiert und aus dieser Analyse heraus das Spielen der Rolle erklärt. Bürger­meister Staar, Harpagon, Franz Moor und Egmont werden als singuläre Charaktere beschrieben, die Iffland durch die Stiche und die Beschreibung aus der Masse der gespielten Stücke hervorhebt. Wenn die Stücke auch scheinbar gleich behandelt wurden, so bewertete sie Iffland doch unterschiedlich. Bei der Beschreibung der Figur des Egmont fällt auf, dass Iffland sie moralisch und äs­ thetisch ­höher schätzt als die Figuren aus den Lustspielen. Er folgt damit der Ein­ teilung, die Aristoteles in seiner Poetik vorgenommen hatte. Aristoteles schrieb, dass in der Tragödie edlere und in der Komödie gemeinere Menschen als sie in der die Wirklichkeit zu finden seien, dargestellt würden. Wenn Aristoteles darüber hinaus auch den Dichtenden der entsprechenden Genres einen hohen oder nie­  Iffland: Almanach für Theater und Theaterfreunde auf das Jahr 1807 [bis 1812], Berlin 1807– 1812. 59   August Wilhelm Iffland’s Theorie der Schauspielkunst für ausübende Künstler und Kunstfreunde, 2 Bde., Berlin 1815. 58

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Ifflands ästhetisches Programm

deren Charakter beimaß, waren damit weitreichende Konsequenzen verbunden. Einzig von Egmont behauptet Iffland, dass dieses hohe Werk die Seele bewege.60 Bei der Beschreibung der Rolle und des Spiels der Figur des Egmont legt Iffland Wert auf die Mitteilung, dass „in Egmont – Tasso – in Iphigenia, die vollständig­ sten, edlen Menschen wiedergegeben werden“.61 Um diese unteilbaren Charaktere darzustellen,62 müssten die Übergänge der Empfindungen treu und zart wieder­ gegeben werden. Deklamation reiche hier nicht aus. Iffland grenzt diese Stücke von solchen ab, die „durch eine Reihe schöner Bilder und pikanter Sentenzen die Zuhörer betäuben“.63 Wesentlich direkter sprach sich Iffland in seinen Briefen mit Autoren über sein ästhetisches Programm aus. Diese Korrespondenz zeigt, wie intensiv er sich be­ mühte, Dramatiker und Komponisten, die wir heute nicht unbedingt mit Unter­ haltungsgenres assoziieren, an die Berliner Bühne zu binden. Sein Briefwechsel mit Friedrich Schiller, Zacharias Werner oder Johann Friedrich Reichardt steht dafür exemplarisch. Besonders die Briefe an und von Zacharias Werner belegen, wie entschieden ­offen sich Iffland nach dem unerwartet frühen Tod Schillers, der einer seiner wichtigsten Autoren war, nach Talenten umsah und sie auch förderte. Im Brief­ wechsel mit Werner sehen wir Iffland als Förderer, Anreger und Ermunterer.64 Auf der anderen Seite können wir beobachten, wie sich Werner öffnete und auf das Berliner Experiment einließ. Werners eng beschriebener 30 Seiten langer Brief vom 15. Juni 1805 mit seiner Analyse der historischen und gegenwärtigen Funk­ tion und Bedeutung des Theaters ist ein singuläres Zeugnis dieser Zusammen­ arbeit. Der Brief belegt, dass Iffland die Fähigkeit besaß, Vertrauen für sich und in seine Theaterarbeit zu wecken. Ähnlich aufschlussreich ist der Briefwechsel mit Johann Friedrich Reichardt. Diese Briefe bezeugen, wie durch Ifflands Anregungen und Unterstützung Kom­ positionen eigens für die Berliner Bühne entstanden.65 Aus dem freundschaftlich vertrauten Verhältnis der beiden Künstler gingen mehrere Werke hervor wie Die Geisterinsel, Der Tod des Herkules oder Lieb’ und Treue. Gegenüber dem Freund Reichardt offenbarte sich der sonst zurückhaltende Direktor ungewohnt deutlich. Am 29. April 1800 schrieb er ihm von „einer großen Krise“, deren Ausgang über sein Bleiben oder Nichtbleiben in Berlin entscheiden werde. Iffland deutete in die­ sem Brief an, dass ihm vorgeworfen werde, „zu freygebig in allen Punkten“ zu   Iffland, in: Almanach für Theater und Theaterfreunde 1808, Berlin 1808, S. IV.  Ebenda. 62  Ebenda. 63  Ebenda. 64   Landesarchiv Berlin, A Rep. 167, Bd. 28. 65   Landesarchiv Berlin, A Rep. 167, Bd. 9. 60 61

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sein.66 Mit Freigiebigkeit war aber nichts anderes gemeint, als seine großzügige Honorar­zahlung bei Stücken, die nicht den erhofften Erfolg hatten (vgl. Kapitel 7). Wie sich dieser Dauerkonflikt auf Ifflands ästhetisches Programm auswirkte, unterstreicht ein Brief Ifflands an Konrad Levezow aus dem Jahre 1805. Iffland ­äußerte sich gegenüber dem Berliner Gelehrten und Dichter offen über die Schwie­ rigkeit, bestimmte Stücke dauerhaft ins Repertoire aufzunehmen. Im A ­ ugust 1804 war Levezows in gebundener Sprache abgefasste Tragödie Iphigenia in Aulis auf­ geführt worden. Davon offenbar ermutigt, bot Levezow Iffland am 2. November 1805 sein neues Stück Jaromar, Fürst von Rügen an. Der Theaterleiter lobte das Stück, lehnte jedoch ab, es auf die Bühne zu bringen. In Ifflands Antwortbrief heißt es zur Begründung: Das Genus der höhren Darstellung hat im Ganzen kein Glück gemacht und wir h ­ aben unsren Kassenzustand durch die Aufnahme u den Aufwand, der mehr ehrlich, als beson­ nen, dafür gemacht worden ist, in unangenehme Verwicklungen und nahmhaften Rück­ stand gebracht. Die Direction kann also nur wenige Darstellungen dieser Art geben […] u muß überhaupt, so viel es sich irgend thun läßt, nur solche Vorstellungen ­geben, deren Ertrag mit großer Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, wenn sie dem Er­trage nicht zu­ sagen, mindestens keine große Verwendung von Zeit und Auslagen ­ge­kostet ­haben. / Sie haben bemerkt, daß Götz v. Berlichingen uns hat leer ausgehen ­lassen, so auch Göthens Iphigenia, die natürliche Tochter, Coriolan u Regulus, Balboa von Collin ebenfalls. […] Daher bleibt nichts übrig, als für Kassenerhaltung, Mißburtiges zu ertragen.67

Die Nennung der Stücktitel erinnert sehr an Goethes Aufzählung in dem oben erwähnten Hoftheater-Aufsatz. Während Goethe die Folge seiner Inszenierun­ gen von Versdramen als Erfolg darstellte, sprach Iffland in diesem privaten Brief von einem Scheitern. (Abgesehen von dem Schauspiel Götz von Berlichingen han­ delt es sich bei der Aufzählung um Versdramen.) Denn diese Stücke konnten sich nicht dauerhaft im Spielplan halten und ihr Anteil am Repertoire war verschwin­ dend klein – wie auch in Weimar. Allerdings sprach Iffland das Scheitern ebenso ­wenig öffentlich aus wie seine Programmatik. Im Brief an Levezow war er jedoch deutlich. Der Direktor gab unumwunden zu, dass über das Repertoire der finan­ zielle Zustand der Theaterkasse entschied. Sein Handlungsspielraum war offenbar durch den Geschmack des Publikums begrenzt. Schuld war demzufolge nicht das Massenpublikum, sondern das sogenannte gebildete, das offenbar nicht zahlreich genug erschien, wenn bestimmte von einem Teil der Kritik geforderten Stücke ge­ geben wurden. Eine weitere Grenze stellte der durch seinen Dienstherrn formu­ lierte Auftrag dar, ein neues Stück erst nach Prüfung der Kassenlage zu spielen.

  Iffland an Reichardt, 29. April 1800 (Landesarchiv Berlin, A Rep. 167, Bd. 9).   Iffland an Levezow, 5. November 1805 (Landesarchiv Berlin, A Rep. 167, Bd. 28).

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Ifflands ästhetisches Programm

Iffland unterschied klar zwischen Stücken, die die Seele bewegen, und solchen, die die Zuhörer betäuben. Die einen erzeugen eine Wirkung beim Betrachter, die anderen versetzen den Betrachter in eine Art Trance. Diese Unterscheidung darf nicht vorschnell mit dem, was wir heute literarisches Theater und Unterhaltungs­ theater nennen, gleichgesetzt werden. Vielmehr gehörten beide Stücktypen zu­ sammen und bildeten das Iffland-Theater, in dem das performative Moment im Vordergrund stand. Erst der durch die Romantik eingeleitete „Reinigungsprozess“ hat im Theater die Musik verstummen und das Licht während der Vorstellung er­ löschen lassen. Das Iffland-Theater war ein Gesamtkunstwerk, bei dem viele ver­ schiedene Künste die Sinne beschäftigten. Iffland war auf der Suche nach einer neuen Funktion des Theaters, nachdem die der Repräsentation des Hofes weggefallen war und die Romantiker es verein­ nahmen wollten. Über sein Konzept zur Leitung des Berliner Theaters schrieb ­Iffland an den König 1802: „Das Ganze sollte dem Geist der Zeit folgen, ohne ihm zu fröhnen“.68 Ein Theater, das dem Geist der Zeit folgen sollte, ohne ihm zu ­frönen, wollte modern sein. Das ist Iffland gelungen, indem er dem der Sinneslust huldigenden Theater, das in der Tradition der Hoftheater steht, das bürgerliche Theater der Seele an die Seite stellte. Das Berliner Theater wurde für das Reper­ toire und die Schauspielkunst zum Maßstab. Goethe ließ sich von Zelter ausführ­ lich von den Aufführungen berichten und die Theaterzettel schicken, so dass er über den Spielplan genau informiert war. Selbst in Wien beobachtete man das Ber­ liner Geschehen. Nicht ohne Grund wurde der Versuch unternommen, Iffland als Intendanten nach Wien an das „k. k. Hoftheater“ zu holen.69 Als am 5. Dezember 1808 Kotzebues in Berlin spielendes Stück Das Intermezzo erstmals in Wien auf­ geführt wurde, wurde von dem Maler Johann Janitz ein Bühnenbild angefertigt, auf dem der Gendarmenmarkt und das Berliner Nationaltheater zu sehen waren. Das war eine Hommage an Iffland – der im August und September ein Gastspiel in Wien gegeben hatte – und sein Berliner Theater. Der 18-jährige Paul von Haug­ witz berichtete von dem Bühnenbild beeindruckt 1809 nach Berlin.70   Vgl. Anhang, Nr. 54.   Vgl. Anhang, Nr. 75. 70   Paul von Haugwitz an Leopold von Gerlach, Wien, 11. Januar 1809: „Da ich Sie als einen ­großen Theaterliebhaber kenne, so ist Ihnen vielleicht ein Wort über die hiesigen Bühnen, von denen man oft eine falsche Meinung hat nicht ganz unwillkommen. Es gibt hier drei große Hoftheater (zwei von diesen sind in der Stadt, das dritte in der Vorstadt), die unter gemeinschaftlicher Direktion einiger Stände, welche es in Pacht haben, stehen, ein sogenanntes Kasperltheater und noch ein kleines in der Josephstadt; jedes von diesen beiden steht unter besonderer Direktion. Auf den drei Hoftheatern soll eigentlich nur das Edle und anerkannte Schöne dargestellt werden, aber die strenge Zensur ar­ beitet diesem Zwecke gerade entgegen, denn fast alle Schillerschen Stücke sind von hiesiger Bühne verbannt. Fiesko, die Räuber, Kabale und Liebe sind die einzigen, welche obwohl verstümmelt und zugestutzt, gegeben werden dürfen; ebenso steht es mit Goethes theatralischen Werken und den meis­ 68 69

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3  Iffland als Verwalter ökonomischer und ­ästhetischer Werte

Friedrich Wilhelm II. berief im Jahre 1796 Iffland zum Direktor, um ein reprä­ sentatives Theater zu installieren. Obwohl das Theater in der Mitte der Stadt für die Stadt eingerichtet werden sollte, entsprach die Funktion, die es für Friedrich Wilhelm II. erfüllen sollte, weiterhin der eines repräsentativen Hoftheaters. Per­ formativität, Glanz, Luxus und Vergnügen waren kennzeichnend für dieses Thea­ ter. Mit dem Tod des Königs im November 1797 vollzog sich eine dramatische Veränderung. Friedrich Wilhelm III. sah das Theater nicht mehr als ein Repräsen­ tationsobjekt an. Seine geringe Wertschätzung des Theaters, das er offenbar ver­ nachlässigte und sogar mied, wurde von Teilen des Hofes nachvollzogen. Dadurch verlor es an Glanz und auch seine Repräsentationsfunktion für den Hof. Das Des­ interesse des Königs und des Hofes erlaubte es im Gegenzug den Bürgern, sich des Theaters zu bemächtigen und es zum Ort ihrer Repräsentation zu gestalten. Des­ wegen entbrannte ein erbittert geführter Kampf zwischen den Romantikern und Spätaufklärern, um die Deutungshoheit des Geschehens in diesem Prestigeobjekt. Die in die Literaturgeschichte eingegangene ästhetische Prügelei auf und im Um­ feld des Berliner Theaters war nichts anderes als das Ringen verschiedener sozialer Gruppen um die Vorherrschaft im Theater. Aus dem Festsaal, der vor allem beab­ sichtigte, materiellen Glanz zu verbreiten, sollte ein Kunsttempel werden, in dem dem Ideal, dem Ganzheitlichen und dem Moralischen gehuldigt werden sollte. In diesem Spannungsverhältnis des Umbruchs gestaltete Iffland seinen Spielplan.

ten, aus dem Französischen übersetzten Trauerspielen. Werner aus Berlin war hier und schrieb das Trauer­spiel Attila eigens für das Wiener Theater, doch die Ängstlichkeit der Zensur fand viel daran auszusetzen, daß der Dichter mit seinem Werke wieder abziehen mußte. Unter den Schauspielern selbst erheben sich nur wenige über das Gewöhnliche. An Ochsenheimer von Dresden hat die Gesell­ schaft einen vorteilhaften Zuwachs erhalten. Iffland spielte vergangenen Herbst hier Gastrollen und man behauptete allgemein, er sei von hiesiger Direktion engagiert worden und werde bald hierher kommen. Opern werden hier vortrefflich gegeben, wie denn überhaupt Musik hier ganz vorzüglich kultiviert wird. Ein großes Verdienst haben die hiesigen Dekorateure; was in ihr Fach hineinschlägt, ist immer lobenswert. Neulich wurde ich recht angenehm überrascht, als ich in Kotzebue’s Inter­ mezzo, in welchem den Berlinern viel Seitenhiebe gegeben werden, den Gens d’armes-Platz und auf diesem unser dortiges Schauspielhaus ganz getreu dargestellt sah“ (Aus den Jahren Preussischer Not und Erneuerung. Tagebücher und Briefe der Gebrüder Gerlach und ihres Kreises. 1805–1820, hrsg. von Hans Joachim Schoeps, Berlin 1963, S. 439f.).

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4  Verbildlichung des Theaterspiels – ­Medientransposition und Memorialkultur als ­Strategien der Wertkonstitution Theaterbilder vor der Ära Iffland 1785 schrieb Iffland über seinen Lehrer Ekhof: „Aus einer Häufung von Staats­ aktionen, aus Versen, deren Barbarey alle Harmonie verscheuchte – schuf Ekhof oft mit Verschwendung aller Seelenkräfte, grosse Werke. Keine Leinewand hat sie uns aufbehalten. Kaum erinnert man sich noch der unschätzbaren Augenblicke, wo in dem Zeitraum zwoer Stunden, eine Kraft die andere verdrängen, ein Feuer das andere verzehren hieß“.1 Karl August Böttiger, der in seinem 1796 erschie­ nenen Iffland-Buch2 diese Stelle zitierte, führte die bildlichen Darstellungen an, welche zum Beispiel die Engländer von David Garrick in der Rolle als Richard III. angefertigt hatten, als Versuch, „ein dauerhaftes Andenken“ zu stiften (S. VII). Böttiger sah den Grund dafür, dass es in Deutschland das Bestreben der Konser­ vierung der schauspielerischen Leistung nicht gab, im Nichtvorhandensein einer Nation und eines Nationaltheaters, wie es das in England und Frankreich gab. Des Weiteren gab er in seiner Schrift zu bedenken, dass die Malerei wohl dazu ungeeignet sei, das Wesen der Schauspielkunst zu erfassen. Böttiger sah in der Beschreibung und Beurteilung das einzig angemessene Medium, „dem Schöpfer einer so schnell verwelkenden Genussblüthe einige Gerechtigkeit widerfahren zu lassen“.3 Tatsächlich ist aber zu beobachten, dass gerade Berlin, vor dem Hinter­ grund des Nationaltheaters mit seinem Massenpublikum, einen Prozess serieller Medientransposition auslöste, der darauf abzielte, dass sowohl das Schauspiel als auch die Bilder, in die es übersetzt wurde, aufgewertet wurden. Im Folgenden soll, ausgehend von einem kurzen historischen Abriss, dar­gestellt werden, wie dieser Transpositionsprozess im Umkreis des Berliner National­ theaters eine neue Qualität erreichte. Der Wert des Ifflandischen Spiels wurde durch die Übersetzung des Schauspiels in andere Medien nicht allein konserviert, 1  August Wilhelm Iffland: Fragmente über Menschendarstellung auf den deutschen Bühnen, ­Gotha 1785, S. 72. 2   Karl August Böttiger: Entwickelung des Ifflandischen Spiels in vierzehn Darstellungen auf dem Weimarischen Hoftheater im Aprillmonath 1796, Leipzig 1796. – Vgl. auch Anhang, Nr. 21. 3   Ebenda, S. IX.

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vergegenständlicht und kommunikabel gemacht, sondern auch affirmiert und ge­ steigert. Indem die Nation Iffland im Berliner Theater ein Denkmal setzte, wurde diese Bühne zu einem wirklichen Nationaltheater (vgl. Bildtafel 13 und 14). Um zu zeigen, dass die Berliner Theater-Bilder nicht aus dem leeren Raum auftauchten, seien die wichtigsten Künstler, von denen wir Bilder des Theaters ­kennen, erwähnt. Laut Winfried Klara4 prägte der Zeichner und Stecher Jacques Callot (1592–1635) das moderne Theaterbild und beeinflusste dessen Gestalt bis ins 19. Jahrhundert hinein. Callot zeichnete und stach in Italien und später in Lothringen großartige Theaterbilder. Bekannt sind seine Typen der Commedia ­dell’arte und seine Darstellungen von Theateraufführungen und Festinszenierun­ gen für den Großherzog von Toscana (Cosimo II. de’ Medici) und für den Loth­ ringischen Hof (Charles IV. Duc de Lorraine), wo er ein zeichnender Chronist war. Die Stiche Callots dienten der höfischen Repräsentation. Claude Gillot (1673–1722) gilt als der erste französische Maler, der die Welt des Theaters abbildete.5 Er war bezeichnenderweise lange Zeit Direktor der Dekora­ tionen und Kostüme der Pariser Oper. Sein Schüler Jean Antoine Watteau (1684– 1721) malte zahlreiche Bilder, bei denen er auf Sujets aus dem zeitgenössischen französischen Theater zurückgriff.6 Sie zählen heute zu den Meisterwerken die­ ses Genres. Berühmt ist sein Gemälde Gilles: im Vordergrund steht ein ganz in weiß gehaltener, melancholisch sinnender Pierrot, während im Hintergrund Mit­ glieder einer Theatergesellschaft oder vielleicht auch die Figuren eines bestimm­ ten ­Stückes abgebildet sind. Aber Watteaus Rollenbilder, sei es nun der erwähnte Gilles, der Donneur de sérénade oder die Finette, sind keine Porträts bestimmter Schauspieler.7 Sein Gilles-Gemälde gilt als Auftragsarbeit eines Theaterprinzipals. Es soll eine Art Ladenschild gewesen sein. Ein eigenständiger Wert wurde ihm erst, lange nachdem es aus seinem Gebrauchskontext gelöst worden war, zuge­ sprochen. Es gibt eine Vielzahl von Interpretationen und Vermutungen um den 4   Es kann uns hier nicht darum gehen, eine Definition des Theaterbildes zu geben. Wir schließen uns ganz an die grundlegenden Ausführungen zur Entstehung des Theaterbildes von Winfried Klara an. Seine Fragment gebliebene Studie analysiert das Theaterbild vom Mittelalter bis Jacques Callot: Theaterbilder. Ihre grundsätzliche Bedeutung und ihre Entwicklung bis auf Jacques Callot. Von Max Herrmann aus dem Nachlass in den Jahren 1936 und 1937 zum Druck vorbereitet, hrsg. von Anto­ nius Jammers, Ingolf Lamprecht und Dagmar Walach, Berlin 2005. 5   Werner Kelch: Theater im Spiegel der bildenden Kunst. Deutschland und Frankreich in der ­ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts, Berlin 1937, S. 23. 6   Vgl. Yvonne Boerlin-Brodbeck: Antoine Watteau und das Theater, Basel 1973. 7   Ebenda, S. 173. – Vgl. auch Helmut Börsch-Supan: Antoine Watteau. 1884–1721, Köln 2000. Börsch-Supan schreibt dort über die Darstellung des Pierrot-Bildes: „Die Gestalt besitzt vermutlich porträthafte Züge, als ganzfiguriges lebensgroßes Porträt hätte es sich allerdings mit den offiziellen Bildnissen dieses Formates messen müssen, die in der Regel nur sehr hochgestellten Persönlichkeiten vorbehalten waren“ (S. 57).

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dargestellten Gilles und den Auftraggeber. Sicher ist nur, dass das zufällig bei ­einem Trödler aufgefundene Gemälde keine öffentliche Huldigung an einen be­ stimmten Schauspieler war, um ihn der Geschichte einzuprägen. Sicher ist auch, dass diesem Gemälde erst seit dem frühen 19. Jahrhundert ein immer größer wer­ dender Wert zugemessen wurde. Dominique Vivant Denon nahm es gegen den Willen von Jacques Louis David in das neugegründete Museum im Louvre auf. Eines der frühen repräsentativen Rollenbilder stammt von William Hogarth (1697–1764), der den berühmten englischen Schauspieler David Garrick mehr­ fach – zuerst 1746 – in Öl malte. Garrick wurde besonders durch seine Shake­ spearedarstellungen bekannt und auch sehr wohlhabend. Hogarth stellte Garrick als Richard III. ganzfigurig dar und fixierte damit Garricks revolutionären Schau­ spielstil, der in ganz Europa zum Vorbild wurde.8 Georg Christoph Lichtenberg bezeichnete dann auch Shakespeare, Garrick und Hogarth als nahe Geistesver­ wandte.9 Entscheidend für diese immense Wirkung waren vor allen die Stiche, die von diesem und anderen Bildern angefertigt wurden und die Garrick an seine Freunde verteilte.10 Diese Stiche hatten für Garrick vor allem einen Wert als Werbe­träger. Später wurde Garrick auch von anderen Malern vielfach in bestimm­ ten Rollen dargestellt.11 Es gibt viele Kupferstiche seiner Rollenbilder. In England entstand schon im 18. Jahrhundert eine Vielzahl von Skulpturen von berühmten Schauspielern, die zum beliebten Sammelobjekt wurden und in den zahlreichen „Plaster Shops“ zum Verkauf angeboten wurden.12 Der preußische Hofmaler Antoine Pesne (1683–1757) malte um 1745 die ­Tänzerin Barbara Campanini und 1750 die in Berlin lebende französische Schau­ spielerin Babette Cochois. Barbara Campanini war die Lieblingstänzerin Fried­ richs des Großen und Babette Cochois war die Geliebte und spätere Ehefrau von Friedrichs Freund, dem Marquis d’Argens. Beide Künstlerinnen waren dem großen Publikum kaum bekannt, weil sie in der Hofoper auftraten. Das berühmte Bild der „Barbarina“, auf dem sie in einem Rokoko-Kleid mit einem Tambour in der linken

  Vgl. Hildegard Hammerschmidt-Hummel: Shakespeare in der bildenden Kunst des 18. Jahr­ hunderts, in: Roger Paulin (Hrsg.), Shakespeare im 18. Jahrhundert, Göttingen 2007 (Das achtzehnte Jahrhundert. Supplement, Bd. 13), S. 68. 9   Vgl. Lichtenberg an Heinrich Christian Boie, London 1. Oktober 1775, in: Georg Christoph Lichtenberg, Briefwechsel, hrsg. von Ulrich Joost und Albrecht Schöne, Bd. 1, München 1983, S. 538. 10   Vgl. Jan Seewald: Theatrical Sculpture. Skulptierte Bildnisse berühmter englischer Schauspieler (1750–1850), insbesondere David Garrick und Sarah Siddons, München 2007, S. 63. 11   Vgl. Ulf Küster (Hrsg.): Theatrum Mundi. Die Welt als Bühne, München 2003, S. 220f. und Hans Tintelnot: Barocktheater und barocke Kunst. Die Entwicklungsgeschichte der Fest- und Theaterdekoration in ihrem Verhältnis zur barocken Kunst, Berlin 1939, S. 210f. 12   Vgl. Jan Seewald: Theatrical Sculpture, München 2007. 8

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erhobenen Hand tanzend dargestellt wurde, „war in Preußen e­ twas ­Neues“,13 in der Regel war ein ganzfiguriges Porträt dem Adel vorbehalten. Das Barbarina-Bild wurde eigens für das Schreibkabinett des Königs im Berliner Schloss angefertigt. Das Bild der berühmten Ballett-Tänzerin diente dem Preußischen König zur höfi­ schen Repräsentation. Die 1777/78 von Daniel Nikolaus Chodowiecki (1726–1801) verfertigten Gra­ phiken des Hamburger Schauspielers Johann Brockmann als König Lear im Döb­ belinschen Theater in Berlin waren ein Novum in Deutschland, weil erstmalig eine Folge von Rollenbildern entstand, die in Kalendern veröffentlicht wurden. Die Graphiken wurden zu einer Ware für ein breites Publikum. Chodowiecki war Direktor der Preußischen Akademie der Künste, die ihrem Statut zufolge den Auftrag hatte, „den guten Geschmack zu verbreiten“.14 Diese Graphiken ent­ standen aus dem Bedürfnis, das Spiel des berühmten Schauspielers zu dokumen­ tieren und es in der Erinnerung aufzubewahren. Der populäre und bedeutende deutsche Schauspieler wurde während seines mehrwöchigen vom Berliner Pub­ likum begeistert gefeierten Gastspiels in verschiedenen Szenen porträtiert. Cho­ dowieckis Stiche von Brockmannn gelten als wegweisend für die Darstellung von Rollen­bildern in Deutschland. Im Jahre 1797 zeichnete Johann Gottfried Schadow (1764–1850) das italienische Tänzerpaar Viganò, das, wie auch schon im Jahr zu­ vor, an der Hofoper Unter den Linden ein Gastspiel gegeben hatte. Auf Anregung von Friedrich Anton von Heinitz, dem Kurator der Akademie der Künste, zeich­ nete es der Akademiedirektor in einer Folge von insgesamt 20 Blättern, die auch in Kupfer gestochen wurden.15 Der Anlass für Chodowieckis Bilder von Brockmann als auch der für Schadows Bilder der Viganos bildete das Exzeptionelle. Beide Male handelte es sich um Gast­ auftritte berühmter Künstler. Chodowiecki wurde vom Buchhändler Nicolai und Schadow vom Akademiekurator Heinitz aufgefordert, die Stars in Berlin zu por­ trätieren.

  Helmut Börsch-Supan: Die Gemälde Antoine Pesnes in den Berliner Schlössern, Berlin 1982, S. 63. 14   Reglement für die Akademie der bildenden Künste und der mechanischen Wissenschaften zu Berlin, Berlin 1790, § 7, in: Hans Müller, Die königliche Akademie der Künste zu Berlin. 1696 bis 1896, Berlin 1996, S. 187. 15   Vgl. Hans Mackowsky: Johann Gottfried Schadow. Jugend und Aufstieg, 1764 bis 1797, Berlin 1927, S. 378–387. 13

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Theaterbilder im Umkreis der Ifflandschen Bühne

Theaterbilder im Umkreis der Ifflandschen Bühne Das Berliner Nationaltheater unter Ifflands Leitung übte eine große Anziehungs­ kraft auf die darstellende Kunst aus, vor allem seit dem 1800 begonnenen klassi­ zistischen Neubau auf dem Gendarmenmarkt. Dieses Theater stand nicht mehr in einem abgelegenen Winkel in der Behrenstraße, sondern zentral auf einem Marktplatz. Entstanden in den Jahren vor 1800 nur gelegentlich Kunstwerke aus dem Umkreis des Theaters, so ist ab 1800 ein sprunghafter Anstieg zu verzeich­ nen. Es gibt eine Fülle von Werken, die unmittelbar mit den Inszenierungen so­ wie den Schauspielern, Sängern und Tänzern in Zusammenhang zu bringen sind, und es fällt auf, dass diese Werke eine große Resonanz beim Publikum und der Kritik fanden.16 Die bildende Kunst stand mit ihrem zunehmenden Interesse am Berliner Theater nicht allein, es ist ebenfalls eine Zunahme der Theaterkritik in den Berliner und überregionalen Zeitungen und Kulturzeitschriften zu beobach­ ten. Das wachsende Interesse der bildenden Kunst am Theater hatte sicher mit der sogenannten Theatromanie17 um 1800 im Allgemeinen zu tun, aber in Berlin vor allem mit dem Schauspieler und Theaterdirektor August Wilhelm Iffland, der in diesen Jahren zum Repräsentanten der deutschen Schauspielkunst schlechthin wurde. In der Theaterkritik wurde Ifflands Schauspielkunst ein hoher ästhetischer Wert zugemessen. Böttiger, Goethe, Bernhardi, Schulze18 und andere beschrieben und analysierten diese Kunst ausführlich. August Wilhelm Schlegel verfertigte so­ gar ein Gedicht auf Ifflands Darstellung des Pygmalion.19 Schlegel war von Ifflands   Im Katalog zu den Berliner Akademieausstellungen der Jahre 1802 und 1804 wurden mehr als 13 Werke beschrieben, die im Zusammenhang mit dem Berliner Theater stehen. Manche von diesen Werken bestanden aus mehreren Einzelwerken, wie z. B die sechs Blätter von Schadow: „Studien zu den 3 Musen auf dem Vorhange des Königl. Nationaltheaters. Jedes dieser Stücke ist in Rahmen 2 Fuß 4 Zoll hoch und 1 Fuß 8 Zoll breit“. Neben Zeichnungen und Gemälden wurden aber auch Büsten ausgestellt. Von Schadow wird ebenfalls 1802 eine Marmorbüste des Dichters August von Kotzebue präsentiert. 1804 stellt Schadow wieder zwei Büsten aus. Dieses Mal sind es Gipsbüsten der Schauspieler Iffland und Luise Sophie Fleck. Seit 1802 erschienen die Kostüme auf dem königlichen National­theater. Dieses Werk trug erheblich zur Popularität des Berliner Theaters bei. Dabei han­ delt es sich um eine Sammlung von handkolorierten Kupferstichen, die in 22 Heften zu je 8 Blättern erschienen. Dargestellt waren Schauspielerinnen und Schauspieler in ihren originalen Kostümen. Die Blätter ­waren eine Auswahl von sowohl populären als auch theatergeschichtlich bedeutsamen ­Stücken, die auf der Berliner Bühne inszeniert wurden. Das prächtige, ganz auf den Schauwert des Theaters abzielende Werk wurde von mehreren Berliner Künstlern gezeichnet und gestochen. 17  Vgl. z. B. Karl August Böttiger: Dramatische Anregungen. Repertoire und Parterre, in: Abend-Zeitung, Dresden, 11. Oktober 1821, Nr. 244. 18   Johann Schulze: Ueber Iffland’s Spiel, in: Journal des Luxus und der Moden, Weimar 1810, ­November-Heft, S. 655–679. 19   August Wilhelm Schlegel: Der neue Pygmalion. An Iffland, in: Musen-Almanach für das Jahr 1797, hrsg. von Friedrich Schiller, Stuttgart 1797, S. 144; vgl. im vorliegenden Band S. 138. 16

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Kunst so enthusiasmiert, dass er glaubte, „Hellas Wunder“ entfalte sich bei dessen Spiel vor ihm. Künstler und Intellektuelle vergegenständlichten den dem Iffland­ schen Spiel beigemessenen Wert in Skulpturen, Zeichnungen, Gemälden und Tex­ ten; sie ließen ihn in verdinglichter Form auf dem Markt zirkulieren. Das erste repräsentative Werk dieser Epoche war Anton Graffs 1800 entstan­ denes großformatiges Gemälde von Iffland als Pygmalion (vgl. Bildtafel 3 und 4). Graff trat mit diesem Bild in die Diskussion um die Wiederbelebung des antiken Thea­ters ein. Dieses Werk lässt sich als eine illustrierte Bestätigung dessen auf­ fassen, was Schlegel in seinem Pygmalion-Gedicht ausgedrückt hatte Wenn Graff in seinem Bild den Augenblick festhielt, in dem die von dem Bild­ hauer Pygmalion gemeißelte Galatea unmittelbar vor ihrer Verlebendigung steht, so symbolisierte er damit die Erweckung des antiken Schauspiels und der Schau­ spielkunst durch Iffland. Graffs Gemälde ist auch insofern bedeutend, als es Iff­ land in einem historisch korrekten antiken Kostüm zeigt, was bei der Aufführung in Weimar von Böttiger nachdrücklich hervorgehoben wurde.20 Mit dem Verweis auf die Antike beabsichtigen sowohl Graff als auch Iffland eine Aufwertung ihrer Kunst. Sein griechisches Gewand, die Chlamys, war zu dieser Zeit auf der Bühne etwas Neues.21 Auf dem Gemälde von Graff ist das Gewand nicht weiß, wie in Böt­ tigers Schilderung der Weimarer Aufführung, sondern grau-grün, zudem trägt Pygmalion/Iffland eine blaue Toga, die vom linken Arm über den Bauch herab hinter ihm auf den Boden fällt. Die auseinanderfallende Toga und der nach vorn ausgestreckte rechte Arm, der auf die sich im Moment der Belebung befindliche Galatea zeigt, evozieren Spannung und Dynamik. Graff wählte denjenigen Augen­ blick des Stückes, der es ihm erlaubte, Bewegung darzustellen.22 Dass Graffs Trans­ position gelang, bezeugt die von Johanna Henriette Rosine Hendel-Schütz auf dem Breslauer Theater veranstaltete Totenfeier für Iffland. Die Hendel-Schütz gestaltete in Breslau eine raffinierte Pygmalion-Iffland-Inszenierung à la Lady Hamilton. Sie spiegelte den Mythos und das Graff-Bild, indem sie verschiedene Attitüden dar­ stellte, in denen sie als Galatea ihren verstorbenen Erwecker Iffland sucht und statt seiner den Genius des Todes findet. Die Hendel-Schütz war gemeinsam mit Iffland mehrfach in diesem Stück aufgetreten.23 In einem Bericht über dieses Er­   Böttiger, in: Journal des Luxus und der Moden, 1798, Mai-Heft, S. 311.   Das Werk wurde von Iffland erstmals 1797 in Berlin aufgeführt, 1798 trat er damit in Weimar auf. Goethes Inszenierung des Ion von August Wilhelm Schlegel, die auch in historischen Kostümen gegeben wurde, fand erst 1802 statt. 22   Vgl. Andreas Blühm: Pygmalion. Die Ikonographie eines Künstlermythos zwischen 1500 und 1900, Frankfurt/M. u.  a. 1988. Blühm behauptet, die „Haltung Ifflands ist starr und läßt nicht die voran­gegangene oder nachfolgende Bewegung erahnen“ (S. 120). 23   Die Schauspielerin war zu Zeit der gemeinsamen Auftritte mit Johann Friedrich Eunicke ver­ heiratet. Unter diesem Namen ist sie in den Rezensionen erwähnt. 20 21

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eignis im Breslauer Theater24 wurde auf Graffs Gemälde als ein Reverenzobjekt zur Überprüfung der Wahrheitstreue der von ihr vorgestellten Attitüden verwiesen. Das annähernd lebensgroße Bild war ein Auftragswerk Ifflands, in dessen Be­ sitz es sich bis 1814 befand. Vermutlich hatte es Iffland in seinem repräsentativen Landhaus im Tiergarten wirkungsvoll platziert. Noch zu Lebzeiten Ifflands kaufte König Friedrich Wilhelm III. das Bild und ließ es in Potsdam in den Neuen Kam­ mern aufhängen.25 Zuvor war das Bild auf der Berliner Kunstausstellung öffentlich präsentiert worden. Durch den Besitzerwechsel des Bildes stieg sein Wert erheb­ lich. War es zuvor nur Ifflands Besuchern bekannt gewesen, so trug nun seine ­öffentliche Präsentation dazu bei, Ifflands Schauspielkunst zu kanonisieren. 1802 bis 1812 erschienen die Kostüme auf dem königlichen National-Theater in Berlin. Bei diesem Werk handelt es sich um eine Folge von 22 Heften mit insge­ samt 175 Kostümfigurinen.26 Die Figurinen stammen von verschiedenen Berliner Künstlern, wie z. B. Heinrich Anton Dähling, Johann Erdmann Hummel, Johann Christoph Kimpfel. Schauspielerische Handlung und Mimik spielen eine unterge­ ordnete Rolle, wirkliche Porträtähnlichkeit, wenngleich unter einigen Bildnissen sein Name steht, besteht nicht. Nur eine Figurine porträtiert Iffland, der die ent­ sprechende Rolle gespielt hatte. In die Figurine des Wilhelm von Oranien wurde Ifflands Bildnis nach einem Stich von Johann Heinrich Schröder eingearbeitet.27 In dieser Serie wurden Kostüme von Inszenierungen abgebildet, die entweder sehr erfolgreich waren oder als programmatisch angesehen wurden. Die handkolorier­ ten Blätter bilden ein sehr repräsentatives und prächtiges Werk, das mit seiner Farbigkeit ausgesprochen sinnlich ist. Das auch auf den Theaterzetteln angeprie­ sene Werk war in ­erster Linie eine Werbung für das Berliner Theater und vor allem für Iffland, der die Kostüme zu verantworten hatte. Iffland unterstützte das Zu­ standekommen maßgeblich, indem er den Künstlern die Kostüme zur Verfügung stellte und mit dem Verleger eng zusammenarbeitete.28

  „Zu bemerken ist noch, dass Madame Schütz dem Königl. Berliner Nationaltheater unter Iff­ lands Direction 9 Jahre hindurch angehörte, und in dieser Zeit öfters mit ihm das Rousseau’sche Me­ lodrama Pygmalion aufführte, worin er den Pygmalion und sie die Galathea darstellte, wie beide auch auf dem grossen Gemälde von Graff, das sich jetzt in der Königl. Gallerie befindet, abgebildet sind“ (Allgemeinen Literatur-Zeitung, Halle, Februar 1815, Nr. 42, S. 336). 25  Vgl. Berlin und Potsdam. Eine Beschreibung aller Merkwürdigkeiten dieser Städte und ihrer Umgebung von J. D. F. Rumpf, erstes Bändchen, Berlin 1823, S. 373. 26   Vgl. Klaus Gerlach (Hrsg.): Das Berliner Theaterkostüm der Ära Iffland. August Wilhelm Iffland als Theaterdirektor, Schauspieler und Bühnenreformer, Berlin 2009. 27   Ebenda, Klaus Gerlach: Zum Titelbild, S. 157f. 28   Vgl. den Brief des Verlegers Ludwig Wilhelm Wittich an Iffland vom 22. und 29. April 1802 (Landesarchiv Berlin, A Rep. 162). 24

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1804 kamen die Brüder Henschel nach Berlin und begannen, Theaterbilder zu zeichnen. Das war wenig spektakulär; konnten sie doch an Graff, Chodowiecki und Schadow anknüpfen. Die Henschels, Wilhelm, Friedrich, August und Mo­ ritz, stammten aus einer jüdischen Familie in Breslau. In Berlin realisierten und planten sie eine Reihe von Unternehmungen.29 1804 stellte Wilhelm zum ersten Mal auf der Berliner Kunstausstellung aus. Der 1785 geborene Wilhelm, der füh­ rende Kopf der Künstlerbrüder, war noch nicht einmal zwanzig Jahre alt. Da er im Ausstellungskatalog nicht unter der Rubrik „Dilettanten“ verzeichnet wurde, muss er bereits ausgebildet gewesen sein, als er nach Berlin kam. Das trifft mit großer Sicherheit auch für die anderen Brüder zu. Die Henschels baten mehrmals vergeblich um Aufnahme als ordentliche Mitglieder in die Akademie der Künste. Aus der Ablehnung vom 3. Januar 1807 geht jedoch hervor, dass sie sich als „aka­ demische Künstler“ bezeichnen durften.30 Diese Bezeichnung steigerte vermutlich ihren Marktwert. Die Henschels waren Zeichner und Graphiker, sie zeichneten, stachen in Kup­ fer, lithographierten, kolorierten und experimentierten mit neuen Drucktechni­ ken. Sie fertigten auch einige Gemälde an, von denen aber keines überliefert ist. Ihr Werk lässt sich in folgende Themenbereiche gliedern: 1. Theaterbilder, 2. Berliner Porträts, 3. Stadtbilder, 4. Memorialbilder.31 Hier sollen uns nur die Theaterbilder interessieren, wenngleich die Brüder wegen der Vielzahl der von ihnen angefer­ tigten Porträts von in Berlin lebenden Persönlichkeiten als Porträtisten ebenfalls bedeutsam sind und erforscht zu werden verdienten.32 Die Werkgruppe der Thea­ terbilder ist, was die Überlieferung betrifft, mit Abstand am umfangreichsten. Ob die Hinwendung der Henschels zum Berliner Theater einer Vorliebe entsprang, kann nicht gesagt werden, weil es so gut wie keine schriftlichen Lebenszeugnisse von ihnen gibt. Da zu Anfang des 19. Jahrhunderts in Breslau neben Berlin das bedeutendste Theater in Preußen existierte, ist es wahrscheinlich, dass die Hen­ schels diese Institution bereits gut kannten. Es gibt nur wenige Zeugnisse, die eine Beziehung zwischen den Brüdern Henschel und Iffland belegen.33 Es muss aber zwischen ihnen ein sehr enges Verhältnis bestanden haben; denn ohne Ifflands 29   Vgl. z. B. den Plan, ein illustriertes Kunstblatt zu gründen: Die Gebrüder Henschel an den Ba­ ron Staatsminister, Berlin, 12. Januar 1827 (GStA PK, I. HA, Rep. 76 Kultusministerium Ve, Sekt. 4, Abt. XV, Nr. 46). 30  Akademie der Künste Berlin, Bestand Preußische Akademie der Künste, Signatur: PrAdK 0027-041. 31   Vgl. Klaus Gerlach: Chronisten des Flüchtigen, in: Günter Stock (Hrsg.), Die Akademie am Gendarmenmarkt 2013/14, Berlin 2013, S. 53–57. 32   Es sind u. a. Porträts von Iffland, Kotzebue, J. v. Voß, W. v. Humboldt, Hufeland, Fichte, Blücher, Graf v. Wittgenstein überliefert. 33   Vgl. Anhang, Nr. 85.

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Einverständnis können die von den Brüdern gezeichneten Bilder nicht entstan­ den sein. Die Gebrüder Henschel saßen spätestens seit 1808 im Berliner Thea­ ter und zeichneten Iffland und andere Schauspieler während der Vorstellung. Das war möglich, da der Zuschauerraum bis Mitte des 19. Jahrhunderts während der Vorstellung hell erleuchtet war.34 Bei der Vielzahl der vorliegenden Zeichnungen ist es unwahrscheinlich, dass Iffland im Atelier Modell stand, wie es das Ehepaar ­Viganò für Schadow getan hatte.35 Man muss die Umstände der Entstehung ken­ nen, um die Unmittelbarkeit der Zeichnungen würdigen zu können. Die Künstler gingen also aus ihrem Atelier hinaus, um an einem der flüchtigsten Orte der Stadt zu arbeiten, wo in einem und demselben Augenblick Kunst produziert, verteilt und verbraucht wurde. Die Henschels veröffentlichen ihre ersten Theaterbilder 1809. Sie nannten sie Dramatische Szenen, den Darstellern des Berliner Theaters nachgebildet. Es handelt sich um sechs Blätter Aquatinta in sepia auf Schweizer Papier in Querfolio.36 Der Zeichner dieser Serie war Wilhelm, der Stecher August. Auf Wunsch wurden die Blätter auch mit sehr zurückhaltenden Kolorierungen versehen. Es erschienen je drei Blätter zu den Kotzebue-Stücken Don Ranudo de Colibrados und Das Intermezzo, oder: der Landjunker zum Erstenmal in der Residenz. Beide Lustspiele ­liefen mit großem Erfolg auf der Berliner Bühne. Auf den Blättern sind Szenen abge­ bildet, die einen besonders komischen Moment im Stück markieren. Dargestellt sind nicht nur die Schauspieler in ihrer Rolle, sondern der ganze Bühnenraum mit Bühnenbild und Requisiten. Die Kostüme sind detailgetreu nachgebildet. ­Neben Iffland, der im Mittelpunkt der drei Don Ranudo-Bilder steht, ist mindestens noch ein weiterer Schauspieler zu sehen. Auf den drei Bildern zum Intermezzo sind die Schauspieler Heinrich Eduard Bethmann und Karl Wilhelm Ferdinand Un­ zelmann abgebildet. Mit den sehr aufwendig herzustellenden Antiqua-Blättern unternahmen die Henschels den Versuch, das Theaterspiel in dem dazugehöri­ gen Raum in seiner Ganzheit zu imaginieren. Sie sind rare Zeugnisse von Ifflands Bühnenaussttung. Obwohl die Bilder sehr konkret sind, eignen sie sich dazu, die Phantasie anzuregen. Das Wechselspiel oder auch der Kontrast von Mimik und Gestik zweier Personen macht diese Blätter reizvoll und schafft eine Wirkung der Unmittelbarkeit. Um die Imagination zu unterstützen, erschien zu diesen Bildern eine Beschreibung des Stückes bzw. der dargestellten Szenen. Obwohl diese Bilder auch auf den Berliner Theaterzetteln stark beworben wurden, stieß dieses Projekt

  Vgl. Anhang, Nr. 47.   Vgl. Hans Mackowsky: Johann Gottfried Schadow, Berlin 1927. 36   Vgl. Deutsches Theatermuseum München, Signatur: 2° S.2, Ia–VIa, II 10859-II 10864. 34 35

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beim Publikum nicht auf die erhoffte Zustimmung.37 Die im ersten Heft angekün­ digte Fortsetzung erschien nicht.38 Offenbar fanden die drei Reichstaler kostenden Blätter beim Publikum nicht genügend Absatz, um die Künstler zu befriedigen. Stattdessen erschienen ab 1811 Ifflands Mimische Darstellungen für Schauspieler und Zeichner. Während der Vorstellung gezeichnet zu Berlin in den Jahren 1808 bis 1811. Verfertigt und herausgegeben von den Gebrüdern Henschel. Dieses Werk, das sich nicht mehr nur darauf beschränkte, das Theater zu illustrieren, hatte beim Publikum größeren Erfolg. Keiner der vier Brüder trat bei dieser Serie, weder als Zeichner noch als Stecher, als Individuum auf. Iffland war zum Zeitpunkt des Zeichnens und Erscheinens des Werkes auf dem Höhepunkt seiner theatralischen Laufbahn. Er war weithin bekannt und seine Kunst war Konversationsgegenstand der gebildeten Schicht. Charakteris­ tisch ­waren die Bemerkungen eines anonymen Kritikers nach Ifflands Gastspiel im Jahre 1805 in Hamburg: „Jetzt ist Iffland das allgemeine Gespräch auf Kaffee­ häusern und in Gesellschaftszirkeln, und in Ermangelung merkantilischer Gegen­ stände, ist sein Spiel auch die Unterhaltung an der Börse geworden“.39 Im August und September 1808 hatte er ein vielbejubeltes Gastspiel in Wien absolviert, wo er in dreißig verschiedenen Rollen zu sehen gewesen war.40 In Folge dieses Gastspiels hatte Graf Nicolaus von Esterházy ihn für das Wiener Nationaltheater als Direktor und Schauspieler engagieren wollen. Iffland schlug das Angebot aus, weil er sich dem Preußischen König verpflichtet fühlte.41 So ist verständlich, dass die Hen­ schels ihr Werk „Seiner Durchlaucht dem regierenden Fürsten Nicolaus Esterhazy auf Galantha“ widmeten. Offenbar hatte Iffland die Erlaubnis vermittelt, das Werk dem kunst- und theaterliebenden Grafen zu dedizieren. Bei den gezeichneten Mimischen Darstellungen handelt es sich um eine Werk­ folge in zwanzig Heften im Oktavformat mit jeweils sechs Blättern. Erschienen   „Bekanntmachung. Beym Kastellan Herrn Leist ist zu haben: Dramatische Scenen der Dar­ stellung des königlichen National-Theaters, nachgebildet und herausgegeben von den Gebrüdern Henschel, 1stes Heft, Fol. Preis 3 Rthlr Courant. Enthält: Drey Scenen aus Don Ranudo de Colib­ rados, vom Herrn von Kotzebue. Drey Scenen aus dem Intermezzo, oder: Der Landjunker in der Residenz, vom Hrn. von Kotzebue“. Vgl. http://berlinerklassik.bbaw.de/BK/Theaterscans/SBB_IIIA_ yp_4824_2100_18091116_301.jpg 38   In der Ankündigung dieses Werkes heißt es: „Komisches Interesse, richtiger Ausdruck der Lei­ denschaften und Aehnlichkeit der darstellenden Künstler, sind Haupteigenschaften dieser malerisch bearbeiteten Blätter, von welchen bereits zwölf Hefte (theils vom Geitzigen, vom Essighändler, vom Wirrwarr und vom Hettmann aus Benjowsky) gezeichnet und zum Stich fertig sind.“ 39  [Anonymus:] Iffland auf Hamburgs Bühne, nebst einigen Bemerkungen über die Theater-Direction und das Schauspielwesen in Hamburg, Hamburg und Altona 1805, Teil 1, S. 2. 40  Vgl. Das Sonntagsblatt, hrsg. von Thomas West, Wien 1808, Nr. 86 (21. August), S. 364–368 und Nr. 87 (14. August), S. 380–388. 41   Vgl. Anhang, Nr. 75. 37

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Theaterbilder im Umkreis der Ifflandschen Bühne

sind 120 in Kupfer gestochene Rollenbilder. Jedes Heft war einem Theaterstück gewidmet, in dem Iffland42 eine wichtige Rolle verkörperte. Wir sehen Iffland als König Lear, als Dunkan in Macbeth, als Dupperich in Viel Lärm um Nichts, als Wilhelm Tell, als Magister Lämmermeier in Künstlers Erdenwallen, als Hetmann in Graf Benjowsky auf Kamtschatka oder als Nathan. Auf jedem der sechs Blätter eines Heftes befindet sich ein Rollenporträt, das Ifflands Spiel in einer charak­ teristischen Stellung oder Haltung fixiert, wobei das Augenmerk auf die Mimik und das Spiel der Hände gelegt wurde. Immer wurde eine ganz bestimmte Geste festgehalten. Unter dem Bild wurde der Akt, die Szene und der dazugehörige Text angegeben. Eröffnet wurde die Serie mit der Rolle des Kammerrats von Fegesack. Fegesack ist der Name, den Heinrich Zschokke dem Geizigen Harpagon in seiner Übersetzung von Molières Stück L’Avare gegeben hatte. Diese Rolle war eine von Ifflands Glanzrollen. In dem Stück des französischen Klassikers trat er in Berlin mindestens 37 Mal auf, und auch das Wiener Gastspiel hatte er damit er­öffnet. Die Henschels wählten also aus gutem Grund diese Figur für das erste Heft der S­ erie. Wie intensiv sich die Künstler durch Studien vorbereiteten, machen die vielen Zeichnungen deutlich, die sie von dieser einzigen Rolle angefertigten. Es l­iegen neben den sechs zum Abdruck ausgewählten weitere 56 Zeichnungen vor. An­ hand dieser großen Anzahl von Zeichnungen könnte man Ifflands Spiel in diesem Stück rekonstruieren. In der Ankündigung zu diesem Werk schrieben die Künstler, dass die Folge von Zeichnungen „als Beitrag zu einem systematischen Handbuch des Ausdrucks, der Gemüthsbewegungen und Leidenschaften für den bildenden, wie für den darstel­ lenden Künstler“ gedacht sei. Sie stellen ihr zeichnerisches Werk damit in e­ inen Zusammenhang mit solchen Werken wie Karl August Böttigers Entwickelung des Ifflandschen Spiels in vierzehn Darstellungen auf dem weimarischen Hoftheater (1796) oder Ferdinand Bernhardis Ueber Ifflands mimische Darstellungen (1799). Diesen Werken ging es darum, das Zeichensystem der Ifflandischen Schauspiel­ kunst zu beschreiben und zu konservieren. Böttigers und Bernhardis Beiträge ­waren populäre Werke für den Zuschauer, den gebildeten Bürger, dem die ­Augen geöffnet werden sollten. Am stärksten ließen sich die Henschels von Johann J­ akob Engels Ideen zu einer Mimik (1785/86) inspirieren. Engels Abhandlung war als Lehrbuch gedacht. Wenn die Gebärden unseres Körpers sichtbare Zeichen der Veränderung unserer Seele sind, schrieb Engel, so müssen diese Veränderungen auch mimetisch gedeutet werden können.43 Darin aber wäre die Schauspielkunst der bildenden Kunst überlegen, die nur einen bestimmten Zustand oder eine be­   Eine Ausnahme stellt das 6. Heft dar. Darin befinden sich Abbildungen von Friederike Beth­ mann-Unzelmann. 43   Vgl. Johann Jakob Engel: Ideen zu einer Mimik, erster Theil, Berlin 1785, S. 83, 10. Brief. 42

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4  Verbildlichung des Theaterspiels – ­Medientransposition und Memorialkultur

stimmte Handlung im Augenblick fixieren kann.44 Die Schauspielkunst aber kann in einer zeitlichen Abfolge die Veränderungen der Gefühle und Affekte darstellen. In den Henschelschen Zeichnungen wurde der Versuch unternommen, diese Ver­ änderungen im Bild festzuhalten. Dahinter verbarg sich ein Programm. Die Hen­ schels gingen davon aus, dass es notwendig sei, neben dem gedruckten Text auch das Bild einzusetzen, um bestimmte Sachverhalte begreiflich machen zu können. Sie waren der Meinung, erst die Verbindung von Schrift und Bild könne die An­ schaulichkeit erzeugen.45 Die Henschels registrierten „bei der allgemein geworde­ nen „Nothwendigkeit, sich zu unterrichten“, den Drang, dem „wißbegierigen Pub­ likum von den besprochenen „neusten Ereignißen in der fortschreitenden Kultur durch bildliche Darstellungen anschauliche Begriffe geben zu können“.46 Das Bild war für sie nicht nur Dekoration, sondern es sollte dort eingesetzt werden, wo die Sprache zur Beschreibung nicht mehr ausreichte. Bei den Mimischen Darstellungen ging es ihnen um die Anschaulichkeit der Bewegung. Dargestellt wurden in ihren Iffland-Zeichnungen nicht beliebige Stellungen im Sinne eines Variations­ reichtums, wie ihn Friedrich Rehberg in seinen Darstellungen der Attitüden der Lady Hamilton dargeboten hatte,47 sondern die Bilder wurden in eine zeitlichen Abfolge gebracht. So sind etwa sämtliche Bilder aus dem Geitzigen aus aufeinander folgenden Szenen des 1. Akts. Wie gesagt, es liegen weitaus mehr Zeichnungen als Kupferstiche vor.48 Bei den überlieferten Zeichnungen ist nicht eindeutig zu klären, ob es sich um diejenigen handelt, die während der Vorstellung angefertigt wurden, oder um die Vorlagen zum Stich. Möglicherweise waren sie beides in einem; denn sie wurden zuerst mit dem Bleistift gezeichnet und später zum Teil mit der Feder konturiert. Verglei­ chen wir die Hunderte überlieferten Zeichnungen mit den schließlich in Kup­ fer ge­stochenen Abbildungen, fällt ins Auge, dass die Zeichnungen leichter, dy­ namischer, unmittelbarer als die Stiche wirken. Ihnen ist anzusehen, dass sie das Resultat einer Impression sind. Schon im Augenblick des Zeichnens hatten sich ja die Stellung des Körpers und die Mimik verändert. Die Bleistiftzeichnungen wurden in der überwiegenden Zahl daraufhin angelegt, die Pose und die Mimik des Darstellers in präzise gesetzter Linie anatomisch korrekt (z. T. perspektivisch verkürzt) in jedem Körperdetail zu fassen. Einige Zeichnungen tragen Spuren der späteren Überarbeitung. Sie wurden mit spitzer Feder in Sepia und Tusche über­ zeichnet. Diese Überzeichnungen scheinen auf Licht und Schattierung zu zielen, 44   Vgl. Alexander Košenina: Anthropologie und Schauspielkunst. Studien zur ‚eloquentia corporis‘ im 18. Jahrhundert, Tübingen 1995, S. 160. 45   Vgl. Anm. 29. 46  Ebenda. 47   Ulrike Ittershagen: Lady Hamiltons Attitüden, Mainz 1999, S. 75. 48   Sie werden im Deutschen Theatermuseum München aufbewahrt.

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die in den meisten Zeichnungen vernachlässigt wurden. Die Federakzente ver­ räumlichen durch Verschattung sowohl die Situation als auch die Figur.49 Den meisten Zeichnungen fehlt eine Fixierung im Raum, während die Figuren der ­Stiche auf einer waagerechten Fläche stehen, die mit Hilfe von kleinen Schatten bezeichnet wird. In wenigen Ausnahmen steht die Figur auf einem angedeuteten Boden. Die unterschiedliche Wirkung der Zeichnungen und Stiche mag zum Teil an der unterschiedlichen technischen Behandlung liegen. Die gestochenen und gedruckten Darstellungen wirken plastischer und somit klassizistisch. Die Plasti­ zität des gedruckten Rollenbildes beruht auf der präzisen Behandlung der Mimik, die durch eine nuancierte Punktierung herausgearbeitet wurde, und vor allem auf der detailgetreuen Zeichnung der Hände, für deren fein kalkuliertes Spiel Iffland berühmt war. Die Stiche der Umrisszeichnungen sind der adäquate Ausdruck von Ifflands Schauspielstil, den Winfried Klara klassizistisch nennt50 und René Sternke als „nuanciert“ charakterisiert. Nuancierung bezeichnet ein von Iffland entworfenes Programm der psychologischen Verfeinerung der Wahrnehmung und der Dar­ stellung auf der Bühne.51 Den Henschels gelang es unnachahmlich, dieses Pro­ gramm in ihren Zeichnungen bzw. Stichen festzuhalten. Diese Stiche sind viel aufschlussreicher und differenzierter als es ein Gemälde mit allen seinen Farb­ schattierungen sein könnte, weil sie sich auf das Wesentliche beschränken. Ifflands geniales schauspielerisches Vermögen und die hohe Kunst der Henschels werden deshalb erst sichtbar, wenn man mehrere Hefte nebeneinander legt und so die nuancenreiche Darstellung in beiden Künsten studieren kann. Einen Eindruck davon ­bietet eine Kollage der Henschels, welche die Mimik Ifflands in zwölf ver­ schiedenen Rollenbildern nebeneinander zeigt (vgl. Bildtafel 9). Während die Szenischen Darstellungen ausdrücklich für den „Theaterfreund“ gezeichnet wurden, wandten sich die Henschels auf dem Titelblatt der Mimischen Darstellungen an „den bildenden“ und, „den darstellenden Künstler“. Die Viel­ zahl der überlieferten Hefte spricht jedoch dafür, dass die Mimischen Darstellungen sehr populär waren. In der Besprechung im Journal des Luxus und der Moden wurde die auf dem Titelblatt vorgenommene Einschränkung des Benutzer­kreises kritisiert, der anonyme Rezensent empfahl die Zeichnungen „jedem Freund der   Ich danke Susanne de Ponte (Deutsches Theatermuseum München), die mir wichtige Hinweise für die Beschreibung der Zeichnungen gab. 50  Vgl. Winfried Klara: Schauspielkostüm und Schauspieldarstellung. Entwicklungsfragen des deutschen Theaters im 18. Jahrhundert, Berlin 1931 (Schriften der Gesellschaft für Theatergeschichte, Bd. 43), S. 150. 51   René Sternke: Distinktionsverlust, Charakterverfall, Modernität, in: Klaus Gerlach (Hrsg.), Das Berliner Theaterkostüm der Ära Iffland, Berlin 2009, S. 45f. 49

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4  Verbildlichung des Theaterspiels – ­Medientransposition und Memorialkultur

Schauspielkunst“.52 Die Mimischen Darstellungen boten den Zuschauern, die eine bestimmte Vorstellung gesehen hatten, eine Erinnerungsstütze und denjenigen, die die Vorstellung nicht gesehen hatten, halfen sie ihre Phantasiebilder zu konkre­ tisieren oder überhaupt herauszufordern. Auf diese Weise trugen sie im ­wahrsten Sinne des Wortes zum Ansehen des Berliner Theaters entscheidend bei. Dass sich die Henschels nur auf Iffland beschränkten, ist aus heutiger Sicht bedauer­lich, da­ mals war es aber konsequent. Nur auf fünf der 120 Abbildungen wurde Iffland mit ­einem Rollenpartner porträtiert, das sechste Heft war ganz der Schau­spielerin ­Friederike Bethmann-Unzelmann als Lady Macbeth gewidmet. Diese weni­gen Ausnahmen heben noch stärker Ifflands Sonder­stellung hervor: er repräsentierte das Berliner Nationaltheater. Dass die Künstler mit ­ihrem Plan und der Ausfüh­ rung Erfolg hatten, beweist die durchweg positive Aufnahme in den maßgeb­lichen Kulturzeitschriften und Rezensionsorganen wie dem Journal des Luxus und der Moden,53 der Jenaischen Allgemeinen Literaturzeitung,54 dem Morgenblatt,55 der Dresdener Abend-Zeitung56 oder den Heften Ueber Kunst und Alterthum.57 Die Bedeutung der Henschelschen Theaterbilder, die schon für Heinrich Zschokke einen „klassischen Werth“ besaßen,58 bestand vor allem im Sichtbar­ machen und im Konservieren von Werten einer Bürgerkultur, die von einem Großstadtpublikum geprägt wurde. Der künstlerische Wert des Dargestellten, nämlich der Ifflandschen Schauspielkunst, und der künstlerische Wert der Dar­ stellung, nämlich der Zeichen- und Druckkunst der Henschels, stabilisierten sich gegenseitig. Das gelang gut, weil Beides neu war und gleichermaßen die sinnliche wie die intellektuelle Aufmerksamkeit erregte. Die Möglichkeit, die Hefte für Geld zu verkaufen, bestand nur deswegen, weil es ein Publikum gab, das sowohl dem Dargestellten als auch der Darstellung selbst einen Wert beimaß. Der Zusammen­ hang von künstlerischem und Tauschwert bestand bereits bei den Theaterbildern von Hogarth, Watteau und Graff, denn sie wurden für einen Auftraggeber herge­ stellt und von ihm bezahlt. Bei den Henschelschen Bildern gab es jedoch keinen Auftraggeber, sie waren von Anfang an als für den Handel bestimmte Verkaufs­ objekte gedacht. Sie wurden gedruckt, um öffentlich verkauft zu werden, und fan­ 52   [Anonymus:] Iffland’s mimische Darstellungen von den Gebrüdern Henschel, in: Journal des Luxus und der Moden, 1811, April-Heft, S. 238. 53   April 1811, S. 237–240. 54   April 1813, S. 156. 55   Morgenblatt für gebildete Stände, Leipzig, 7. März 1811, S. 225–227. 56   12. Januar 1819, Nr. 10. 57   Ueber Kunst und Alterthum von Goethe, Stuttgart 1820, Bd. 2, S. 74f. 58   „Und gewiß wird dieses Werk für den Freund der Mimik und Schauspielkunst einen klassi­ schen Werth behalten“, in: Miszellen für die neueste Weltkunde, Aarau, 8. April 1812, Nr. 29, S. 116, hrsg. von Heinrich Zschokke.

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den Eingang in öffentliche Sammlungen. Um ihren Verkauf anzuregen, wurden sie in den Berliner und überregional erscheinenden Zeitungen angezeigt. Die Druck­ graphiken waren längst nicht so teuer wie Ölgemälde, aber nicht so preiswert, dass jeder die gestochenen Zeichnungen hätte erwerben können. Ihnen fehlte zwar der Nimbus der Einmaligkeit, aber sie waren noch keine Massenware. Der Druck je­ des Blattes musste sorgfältig kontrolliert werden. Wer sich diese Hefte kaufte, ge­ stand sowohl Ifflands als auch der Kunst der Henschels einen Wert zu. Bereitschaft dazu zeigten wohl am ehesten die wohlhabenden gebildeten Bürger, die sich mit ihrem Theater verbunden fühlten und gleichzeitig die Künstler unterstützen woll­ ten, die ihr Theater abbildeten. Letztlich ist es das Verdienst dieses Großstadtpub­ likums, dass wir von der Bühne des Berliner Nationaltheaters diese Bilder haben. Sichtbarste Zeichen der neuen Funktion der Henschelschen Bilder sind das ­Sujet und ihre Portabilität. Um Ifflands theatralische Darstellungen zu betrachten und zu studieren, war es nicht mehr nötig, in eine Galerie zu gehen. Dadurch war das Werk zwar weniger exklusiv, es besaß aber umso größere Popularität, welche ein wichtiges Merkmal der großstädtischen Bürgerkultur war. Popularität erlang­ ten sie, weil sie als Kommunikationsmedium funktionierten. Schon 1811 bezeich­ nete Georg Reinbeck die Suite der Mimischen Darstellungen als ein Pantheon der Kunst, das es in anderen Ländern so nicht gebe. Zum ersten Mal sei es gelungen, den Schauspielern ein ewiges Denkmal zu setzen.59 Dieses Pantheon bestand aber nicht in einem Ehrfurcht erregenden, säulengestützten Bauwerk wie der zur glei­ chen Zeit im Entstehen begriffenen Walhalla,60 sondern in schlichten Heften, die jeder Bürger zu Hause aufbewahren konnte.

Vertreter verschiedener sozialer Gruppen wandten Zeit und Geld auf, damit das Schauspiel zustande komme. Es wurden Diskurse geführt und Praktiken in­ stauriert, durch welche sein Wert behauptet wurde. Es entstanden Theaterkriti­ ken, populärwissenschaftliche Studien über das Theater, Gedichte sowie Theaterund Rollenbilder. Da das Schauspiel ein zeitlich begrenzter Prozess ist, stellt sich ­erstens die Frage, ob der Wert, der durch die schauspielerische Mimesis konsti­ tuiert wird, nach ihrem Ablauf aufgebraucht worden ist, und zweitens, ob d ­ ieser   Morgenblatt für gebildete Stände, Leipzig, 7. März 1811, S. 226.   Ifflands bei Schadow in Auftrag gegebenen Büste gehörte zu jenen ersten elf Büsten, die der Bayerische Kronprinz Ludwig 1807 zur Aufstellung in der Walhalla bestimmt hatte. Die Büste wurde später jedoch nicht in das Heiligtum aufgenommen (vgl. Lars Völcker: Tempel für die Großen der ­Nation. Das kollektive Nationaldenkmal in Deutschland, Frankreich und Großbritannien im 18. und 19. Jahrhundert, Frankfurt/M. 2000, S. 281). 59 60

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4  Verbildlichung des Theaterspiels – ­Medientransposition und Memorialkultur

Wert, der an einem ganz bestimmten Ort während der betreffenden Dauer exis­ tiert, an anderen Orten inexistent ist. Damit der Wert des Schauspiels konservier­ bar, transportabel und aktualisierbar ist, muss das Schauspiel in andere Medien transponiert werden. Eines dieser Medien ist das Bild. Eine Vielzahl von Thea­ ter- und Rollenbildern entstanden durch die Anregung des Ifflandschen Spiels, dem offenbar ein außergewöhnlicher Wert beigemessen wurde. Darüber hinaus beförderte Iffland als Direktor die Entstehung ganzer Werkfolgen und trug damit dazu bei, dass das Berliner Theater in der Öffentlichkeit dauerhaft sichtbar und zu einem Vorbild wurde. Auf diese Weise wurde der Diskurs über seinen Wert mit Hilfe von Bildern fortgeführt. Der Diskurs war deshalb so wirkungsvoll, weil diese Bilder der Ifflandschen Schauspiel- und Kostümkunst einen Wert zu­sprachen und gleich­zeitig als exzeptionelle Kunstwerke einen Wert besaßen. Die Gebrüder Henschel erkannten, dass Bilder nicht nur das Transitorische konservieren kön­ nen, sondern dass durch das Anschauen von Bildern auch der Erkenntnisgewinn befördert ­werden kann. Ihre Werke waren nicht nur Erinnerungsbilder und be­ liebte Sammel­stücke, sondern sie beanspruchten für sich, selbst Studienobjekte zur Schauspielkunst zu sein.

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5  Ökonomie des Geldes und Kunst auf dem Berliner Nationaltheater

In der Dramatik um 1800 wurden häufig ökonomische Themen gestaltet. Das Geld als ein Leitmedium der kapitalistischen Ökonomie war auf dem Theater all­ gegenwärtig, und nicht etwa nur in Nebenszenen, wo Händler, Putzmacherinnen oder Schankwirte der Bezahlung ihrer Rechnungen hinterherlaufen. In der Ko­ mödie war das Geld eines der wichtigsten dramatischen Elemente, ohne welches die Handlung der meisten Stücke nicht in Gang kommen würde. Die umständ­ lichen und verschlungenen Handlungen, die um das Ereignis einer Erbschaft oder einer Heirat konstruiert wurden, hatten ihren Grund allein darin, dem Zuschauer das Verhältnis der verschiedenen Schichten der Gesellschaft zum Geld bzw. zu den ihm äquivalenten Werten vorzuführen. Walter Pape hat in einer maßgeb­lichen Studie gezeigt, dass das Geld in der Komödie des 18. Jahrhunderts eine dominie­ rende Rolle spielte. Er kommt zu dem Schluss, dass Geld in den Komödien der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts fast immer einen positiven Wert darstellte und dass im Jahrhundert der Aufklärung „Reichtum und Weisheit, Geld und Glück­ seligkeit“ noch miteinander vereinbar waren.1 Seine Analyse, dass durch die Dar­ stellung des Verhältnisses der einzelnen Personen zum Geld das Verhältnis der Personen zueinander charakterisiert wurde,2 ist zutreffend und gilt nicht nur für die Komödie. Auch in vielen bürgerlichen Trauerspielen und Schauspielen hatte das Geld seit den 70er Jahren des 18. Jahrhunderts stillschweigend eine Haupt­ rolle übernommen. Und es scheint, als ginge es in diesen Stücken nur darum, an Hand des schicksalhaften Wechsels dieses symbolträchtigen Gutes die gegen­ seitige Abhängigkeit von Geld und Moral darzustellen. Die meisten Motive, die Margit ­Fiederer in ihrer Arbeit Geld und Besitz im bürgerlichen Trauerspiel typolo­ gisiert hat,3 dienten dazu, den Gegensatz bzw. die Wechselwirkung von Geld und Moral immer aufs neue durchzuspielen.   Walter Pape: Symbol des Sozialen. Zur Funktion des Geldes in der Komödie des 18. und 19. Jahr­ hunderts, in: Internationales Archiv für Sozialgeschichte der deutschen Literatur, hrsg. von Wolfgang Frühwald u. a., Bd. 13, Tübingen 1988, S. 45–69. 2   Ebenda, S. 51. 3   Vgl. z. B. Margit Fiederer: Geld und Besitz im bürgerlichen Trauerspiel, Würzburg 2002. Fiede­ rer analysiert in dieser Arbeit ca. 150 bürgerliche Trauerspiele (einschließlich einiger Komödien und Schauspiele) indem sie sie rein schematisch nach Motiven klassifiziert. Diese umfangreiche Arbeit, 1

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5  Ökonomie des Geldes und Kunst auf dem Berliner Nationaltheater

Auch in den Dramen Ifflands bilden das Geld und die Ökonomie ein Haupt­ thema. Es ist signifikant, dass Themen wie Verteilung, Zirkulation, Erwerb, Ver­ lust, Gewinn, Schulden, Einnahme, Ausgabe von Geld die Handlung der meisten seiner Stücke determinieren. Bei vielen Dramen signalisiert das schon der Titel: Das Erbtheil des Vaters, Die Aussteuer, Der Spieler oder Die Advokaten. Aber auch in den Stücken Figaro in Deutschland, Leichter Sinn oder Die Hagestolzen sind es ökonomische Interessen, die die Figuren handeln lassen. In der Regel lässt der Wunsch, Geld hinzuzugewinnen, oder aber der drohende Verlust des Geldes die Protagonisten tätig werden. Soweit wir sehen, bringt das Streben nach Geld jedoch immer die bestehende Ordnung durcheinander bzw. lässt eine bestehende als un­ vollkommen erscheinen. In Die Hagestolzen ist Hofrat Reinhold unglücklich, weil er sich von seiner Schwester und seinem Bedienten, die nur auf ihren finanziel­ len Vorteil bedacht waren, jahrelang manipulieren ließ und nicht geheiratet hat. Gleich in der ersten Szene sinniert der auf einem Kanapee ausgestreckt liegende Bedienstete Valentin über ein gerade von ihm vorteilhaft abgewickeltes Geschäft und darüber, wieviel mehr Geld er verdienen würde, wenn er lesen und schreiben könnte. In Die Aussteuer will Rat Wallmann seine Tochter und seinen Sohn nur an einen wohlhabenden Ehepartner vergeben. Seiner nicht so denkenden Frau entgegnet er scharf, dass auch ihr Vater ihn wegen seines großen Vermögens aus­ gesucht habe. Amtmann Riemen, eine von Ifflands Glanzrollen, sagt von sich, dass er mit Geld das ist, was er sein will. Sogar den Adelsstand könne er sich damit ­kaufen. In Leichter Sinn will die ehrgeizige Rätin Bellmann ihre glücklich verhei­ ratete Tochter einem adeligen Minister zur Maitresse verschaffen, um so einen jahrelang laufenden Prozess zu gewinnen. Nebenher will ein Onkel vom Verkauf der Unschuld der jungen Frau ein Privileg auf Brunnenwasser ergattern. Auf diese Weise hofft er, ein steinreicher Mann zu werden. Im vorliegenden Abschnitt soll es uns aber nicht um diese drei mit Erfolg auf der Berliner Bühne laufenden Stücke gehen, sondern um die von Iffland auf­ geführten Künstlerdramen, die, abgesehen von Goethes Torquato Tasso, in Ar­ beiten zum „Künstlerdrama“ gewöhnlich fehlen. Es handelt sich um Schauspiele von Iffland, Beck, Kotzebue und Julius von Voß. Die Nichtberücksichtigung liegt vermutlich daran, dass den in diesen Stücken Kunst produzierenden Individuen der Status des Künstlers nicht zugestanden wird, weil sie nicht mit „einer Aura des Exzeptionellen“4 umgeben und/oder nicht als „Apperzeptionsgestalten“5 an­ fällt hinter Pape, der das Motiv des Geldes als Teil eines gesellschaftlichen Prozesses begreift, zurück, hat aber das Verdienst, auf dieses zentrale Motiv durch das reichhaltige Material nachdrücklich auf­ merksam zu machen. 4   Vgl. Uwe Japp: Das deutsche Künstlerdrama. Von der Aufklärung bis zur Gegenwart, Berlin, New York 2004, S. 2. 5   Ebenda, S. 13.

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5  Ökonomie des Geldes und Kunst auf dem Berliner Nationaltheater

gelegt sind. Beides erklärt Uwe Japp zu Voraussetzungen eines wirklichen Künst­ lers, dem der Pseudokünstler („Pseudodichter“6) gegenübersteht. Dem wirk­ lichen Künstler, so wird unterstellt, gehe es bei seiner Arbeit nie um Geld, er sei ­höchstens mittellos und lebte in Entbehrung. Japps Auswahl zeigt uns ausschließ­ lich solche „wirk­lichen“ Künstler. Japp steht damit in einer langen Tradition. ­Helene Goldschmidt gibt 1925 Hinweise „zur genaueren Festlegung dessen, was dem Künstlerdrama seine Berechtigung […] gibt“.7 Sie ist der Ansicht, dass Geld nicht dazugehöre. Pikiert meint sie, dass Stücke, in denen Künstler und Geld doch zusammen­gebracht werden, den Künstler auf eine Stufe mit dem Schneider oder Handschuhmacher stellten. „Den Magen“, so Goldschmidt, „hat der Künstler mit der ganzen Menschheit gemeinsam, nicht aber das reizbare Nervensystem, das ihn überempfindlich macht.“8 Was aber sind dann Karl Strahlenduft und Lorenz Kindlein? Es sind realistische Porträts von Künstlerexistenzen! Diese Figuren desavouieren nicht die Künstler, die sich nicht in einer Aura des Exzeptionellen einhüllen, sondern sie decouv­ rieren die bürgerliche Welt in ihrem Verhältnis zur Kunst. Diese Stücke sind für uns heute aufschlussreich, weil sie nicht den hypersensiblen Künstler im Ringen um sein Werk in den Mittelpunkt stellen, sondern die Abhängigkeit des Künstlers und seines Werks vom bürgerlichen Markt darstellen. Sie problematisieren damit die Abhängigkeit des Inhalts und der Form eines Kunstwerks vom bürgerlichen Markt, auf dem es sich behaupten muss. Die in der Folge nach der Chronologie ihrer Inszenierung in Berlin aufgeführ­ ten Stücke reflektieren verschiedene Kunstkonzepte, die im Wesentlichen auf eine von Goethe entworfene Typologie zurückgehen. In dem 1773 entstandenen, nur sieben Druckseiten umfassenden Stück Künstlers Erdenwallen beschreibt Goethe – der noch nicht in gesicherten Verhältnissen in Weimar ist – die Bedingungen ­eines Künstlers, der ohne Mäzen für den Markt arbeiten muss. Ein talentierter Maler muss gegen seine Ideale ein unliebsames Auftragswerk – das Portrait ­einer hässlichen Frau – für Geld malen, um seine Familie zu ernähren. In dem in den 80er Jahren entstandenen Schauspiel Tasso beschreibt Goethe dann die Bedingun­ ­ oethe gen der Kunstproduktion unter der Schutzherrschaft eines Mäzenaten. G entwirft das „Psychogramm“ eines an einem Hof ausgehaltenen Dichters, auf ­dessen geistige Produktion der Herzog Anspruch hält.9   Ebenda, S. 21.   Helene Goldschmidt: Das deutsche Künstlerdrama von Goethe bis R. Wagner, Weimar 1925, S. 2. 8   Ebenda, S. 3. 9   Vgl. Walter Hinderer: „Torquato Tasso“, in: Goethes Dramen. Neue Interpretationen, hrsg. von Walter Hinderer, Stuttgart 1980, S. 172. 6 7

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5  Ökonomie des Geldes und Kunst auf dem Berliner Nationaltheater

August Wilhelm Iffland: Die Künstler Ifflands Schauspiel Die Künstler wurde am 21. November 1799 uraufgeführt.10 Die Handlung des Stücks ist nicht in einem Atelier oder einer Galerie angesiedelt, son­ dern in einem Handelshaus, in dem der Kaufmann Bergmann und der Buch­halter Faß das Sagen haben. Schon mit der Wahl des Handlungsortes unterscheidet sich das Stück von denen, die Japp für seine Studie ausgewählt hat. Wir er­innern uns, dass der Maler Franz Sternbald gleich zu Beginn seiner Wanderung aus der feindlichen Umgebung eines Fabrikkontors flieht, weil ihm dieser Ort kunstfeind­ lich ist. In Ifflands Stück spielt ein Maler Namens Franz eine tragende Rolle. Das Schauspiel ist sehr komplex, auch wenn es auf den ersten Blick ein „typisches“ Ifflandisches Familienstück ist. Das Schauspiel lässt uns teilhaben an den Konflik­ ten einer Patchworkfamilie, an dem Beinahe-Bankrott eines Handelshauses, am Widerstreit einer gebildeten und einer empfindsamen Dame, an den Abenteuern zweier Bohémiens, die sich nur vom Genius führen lassen, und er lässt uns teil­ haben an den Umtrieben eines gütigen Onkels, der ein dilettierender Gelehrter mit einem bescheidenen Vermögen ist. Darüber hinaus gibt es noch einige Neben­ personen, die auf die Familie von außen einwirken und zu einer Bedrohung für sie werden. Das Motiv der auseinanderbrechenden Familie ist in fast allen Stücken Ifflands anzutreffen.11 Zusammengehalten wird das scheinbar heterogene Personal durch finanzielle Beziehungen. Alle im Stück agierenden Figuren sind finanziell miteinander ver­ bunden und voneinander abhängig. Indem Iffland die ökonomische Abhängigkeit aller Mitglieder einer Gesellschaft voneinander sichtbar macht, zeigt er sich selbst als sehr scharfsichtig. Die Darstellung dieser vielschichtigen ökonomischen Ab­ hängigkeiten ist neu. Der drohende Zusammenbruch eines Handelshauses bringt die bunte Gesellschaft, die sich sicher geglaubt hat, in Bewegung, während sie sich vorher nur kleine Scharmützel geliefert hat, weil die darin existierenden verschie­ ­ aben. denen Ansichten von der Welt ein harmonisches Familienleben verhindert h Die Einen definieren die Welt ökonomisch und die Anderen ästhetisch. Beide Welten haben verschiedene Wertesysteme, die sich scheinbar ausschließen und feindlich gegenüberstehen. Während der bürgerliche Handelsherr in erster Linie bestrebt ist, sein ökonomisches Kapital zu erhalten und zu vermehren, gilt das  Zur Synopsis vgl. Ifflands Dramen. Ein Lexikon, hrsg. von Mark-Georg Dehrmann und ­Alexander Košenina, Hannover 2009, S. 149–153. 11   Vgl. Michael Niehaus: Voreilige Reden, zurückhaltende Worte, Familienkommunikation bei Iffland, in: Johannes Birgfeld, Claude D. Conter (Hrsg.), Das Unterhaltungsstück um 1800. Literaturhistorische Konfigurationen – Signaturen der Moderne, Hannover 2007, S. 125ff. Niehaus’ lesens­ werter Aufsatz beschäftigt sich mit der Darstellung des Vater-Sohn-Konflikts – eines immer wieder­ kehrenden Grundkonflikts – in Ifflands Dramen. 10

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August Wilhelm Iffland: Die Künstler

Streben des Künstlers der Besserung des Menschen. In Ifflands Stück wird dem Kapitalisten also eine ökonomische und dem Künstler eine soziale Funktion zu­ gewiesen. So weit, so gut. Der innere Konflikt des Stückes besteht darin, dass der Ökonom das Tun und Trachten des Künstlers als nutz- und wertlos ansieht und dass der Künstler das Handeln des Ökonomen für unmoralisch hält. Dem Handelsherrn und Familien­ oberhaupt Bergmann in dem Stück Die Künstler fällt es schwer, Malen und Kom­ ponieren als Arbeit zu begreifen, weshalb er die Lebensweise seiner beiden Stief­ söhne ablehnt. Denn: „Wer nicht arbeitet ist ein unnützes Glied der menschlichen Gesellschaft.“12 Für Bergmann ist es gar nicht möglich, der Kunst einen Wert zu­ zusprechen, weil er nicht sieht, dass sie durch Arbeit hervorgebracht wird. Die Künstler wiederum verachten den Ökonomen so sehr, dass der Maler noch nicht einmal dazu bereit ist, von einem als besonders skrupellos geltenden Kaufmann ein Porträt zu malen, selbst wenn dieser eine hohe Summe dafür zu zahlen bereit ist. Der äußere Konflikt des Stücks besteht darin, dass das Handelshaus aufgrund einer Fehlinvestition zusammenzubrechen und die Existenzgrundlage der Familie verloren zu gehen droht. Diese existenzielle Krise führt schließlich dazu, dass sich der Handelsherr und die Künstler aufeinander zu bewegen. Dabei stellt sich her­ aus, dass ihre Lebenswelten gar nicht so hermetisch voneinander geschieden sind, sondern dass es eine Schnittmenge gibt. Iffland stellt dar, dass die Kunst vom Geld und die Ökonomie von der Moral abhängig ist; denn das moralische Handeln der Künstler-Söhne und der materielle Wert ihrer Kunst verhindern den Untergang des Handelshauses. Die moralisch Handelnden sind zu diesen Handlungen aber nur befähigt, weil der Handelsherr ihnen in besseren Zeiten ein kleines Kapital gespart hat, das sie nun in die Firma investieren können. Freilich bleibt in dieser Kette von moralischen Handlungen, die von der „Menschenpflicht“ geleitet wer­ den, die „Kunstehre“ auf der Strecke. Mit den Worten „Kunstehre geht nicht über Menschenpflicht!“13 appelliert der umtriebige Onkel an den Maler, ein umstritte­ nes Bild zu malen, um so die Familie zu retten, weil noch immer Geld fehlt. Franz, derart unter Druck gesetzt, malt das Bild, so dass der Bankrott endgültig abge­ wendet werden kann. Franz malt einen als besonders skrupellos und habgierig geltenden Kaufmann, damit dieser einem anderen Kaufmann eine große Summe Geldes stunde, die dann wiederum dem Handelshaus Bergmann zugute kommt. Franz hat es bisher entschieden abgelehnt, diesen Kaufmann zu malen, obwohl er viel Geld dafür geboten hat. Iffland führt in seinem Stück vor, dass sich die Kunst ganz den Gesetzen des Marktes unterordnen muss. Der Kaufmann kann in dieser  Iffland: Die Künstler. Ein Schauspiel in fünf Aufzügen, Leipzig 1801, S. 37.   Ebenda, S. 171.

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Krise sogar verlangen, dass er auf dem Bild in einer Apotheose dargestellt wird, da er weiß, in welch prekärer Situation sich die Familie Bergmann befindet. Ob­ wohl es Franz bewusst ist, dass er mit diesem Bild, auf dem er eine „Niederträch­ tigkeit“ malen soll, eine „Niederträchtigkeit“14 begehen werde, lässt er sich von seiner Familie in die moralische Pflicht nehmen. Da Iffland offenbar nicht so weit gehen will, sein Stück mit der Einsicht zu beschließen, dass die Kunst käuflich ist, stilisiert er die Künstler als Retter des sozialen Friedens. Damit sind die Künstler in Ifflands Stück höchst ­realistisch; denn sie übernehmen eine wichtige stabilisie­ rende Funktion in der bürgerlichen Gesellschaft. Sie sollen moralisches Vorbild sein. Iffland hat nichts dagegen, wenn der Künstler mit seiner Arbeit Geld, viel Geld verdient, aber die Kunst muss einem moralischen Zweck dienen. Die Kunst, so des Onkels ­Appell in der letzten Szene des Stücks, „führe den Frieden ein unter das Menschengeschlecht und die hohe Liebe“.15 Die Uraufführung des Stücks fiel genau in die oben beschriebene Zeit, da Iff­ land vom neuen König Friedrich Wilhelm III. zum Sparen ermahnt worden war. Iffland beklagte, dass der König seiner Verantwortung für die Kunst nicht ge­ nügend nachkomme und die Romantiker sich bemühten, diesen Freiraum zu be­ setzen (vgl. Kapitel 3). Das Stück wurde ein halbes Jahr nach Ifflands program­ matischem Brief an den Geheimen Kabinettssekretär Niethe vom 28.  Juli 1799 zu Ifflands Benefiz aufgeführt.16 Insofern ist das Stück auch als eine öffentliche Erklärung Ifflands zum Verhältnis von Kunst und Ökonomie an seinen obersten Dienstherren anzusehen. Dass Die Künstler am Tag ihrer Erstaufführung in Berlin ausgepocht und in der preußischen Hauptstadt nie mehr aufgeführt wurden, verwundert nicht.17 Ifflands Darstellung des Künstlers in der Gesellschaft von gierigen Kaufleuten, einem hin­ terlistigen Buchhalter und Dilettanten, die für die Kunst schwärmen, musste die Romantiker auf den Plan rufen. In der Zeit, in die die Uraufführung des Stücks fiel, begann sich das romantische Lager gegen Iffland zu formieren. August Fer­ dinand Bernhardis Rezension zur Erstaufführung am 21. November 1799 brachte die Einwände der romantischen Kritik auf den Punkt, wenn er schrieb: „Muß es denn immerfort nur Geld, immer Geld und nichts als Geld sein, welches in Iff­   Ebenda, S. 167.   Ebenda, S. 216. 16   Vgl. Datenbank, Die Künstler, 21. 11. 1799. – In der Haude- und Spenerschen Zeitung vom 16.  November 1799 findet sich folgende Anzeige: „Mit allerhöchster Bewilligung Sr. Majestät des ­Königs, wird Donnerstag den 21. November zum Besten des Verfassers, zum ersten male gegeben: Die Künstler, Schauspiel in 5 Akten, von A. W. Iffland.“ 17   A. W. Schlegel an Goethe, Jena, 7. Januar 1800: „Iffland hat den Verdruß gehabt, daß man ein neues Stück von ihm, welches er zu seinem Benefice gegeben, gepocht hat, und mag wohl seitdem mit dem Berliner Publikum noch nicht ganz wieder ausgesöhnt seyn“ (Goethe und die Romantik, S. 61f.). 14 15

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August Wilhelm Iffland: Die Künstler

landischen Stücken eine so große Rolle spielt?“18 In der Tat ist es die Ökonomie des Geldes, die in fast allen Stücken Ifflands insofern eine Hauptrolle spielt, als es in ihnen häufig um eine bedrohte materielle Basis und das Bemühen der Protagonis­ ten um ihren Erhalt geht. Bisher hatten sich die Romantiker aber nicht an diesem Faktum gestört. Erst als Iffland auf der Bühne des Berliner Theaters darstellte, dass die Ökonomie des Geldes auch die Kunstproduktion dominiert, empörte sich der Romantiker Bernhardi. Iffland zeigt in dem Stück deutlich die Abhängigkeit des Künstlers vom bürgerlichen Kunstmarkt, wenn er darstellt, wie ein Mäzen Inhalt, Form und Preis eines Kunstwerkes bestimmt. Die Ansicht des Handelssekretärs Faß, dass „die Kunstherrlichkeit ein Ende“ habe, wenn der Stiefvater, der Kauf­ mann Bergmann, „die Gnadenthür“ schließe,19 macht diese Sichtweise deutlich. Iffland stellt den Gegensatz von Künstler und reichem Bürger20 und die daraus resultierenden Folgen für die Kunst dar: ihre Abhängigkeit innerhalb ­eines kom­ plexen gesellschaftlichen und ökonomischen Gefüges. Der Romantiker Bernhardi nahm das Stück zum willkommenen Anlass, Ifflands Kunstauffassung zu verspot­ ten, indem er behauptete, für Iffland habe die Kunst die Funktion „ein Erleich­ terungsmittel bei betrübten Vorfällen“ zu sein. Wie wir gesehen haben, ging es Iffland gar nicht darum. Wie kam es aber dazu, dass Bernhardi das Stück so stark ablehnte und verspottete? Ein Jahr vor der Aufführung war Ludwig Tiecks Roman Franz Sternbalds Wanderungen erschienen. Iffland hatte diesen Roman gelesen.21 In diesem historischen Roman steht die Entwicklung einer Künstlerpersönlichkeit in der Auseinandersetzung mit der Kunst im Mittelpunkt. Der Maler Franz, Schü­ ler von Albrecht Dürer in Nürnberg, begibt sich auf eine lange Wanderung nach Holland und Italien, um die Kunstwerke zu studieren und die Künstler kennen zu lernen. Gleich am Anfang seiner Wanderschaft wird ihm von dem reichen Fabrik­ besitzer Zeuner eine Stellung angeboten, die Franz aber ablehnt, weil sich in Zeu­ ners Umkreis alles ums Geld dreht und er selbst das Malen hätte aufgeben müssen. In einem Gespräch zwischen Franz und Zeuner wird ein etwas anderes Bild vom Künstler entworfen als in Ifflands Stück. Zeuner, der Franz bei sich beschäftigen will, malt ihm die Vorzüge aus, die eine Beschäftigung bei ihm gegenüber dem ziellosen Suchen eines Künstlers habe. Zeuner hält von Dürer wenig, er spricht Franz gegenüber davon, dass Dürer arm sei und von niemandem geachtet werde. Franz entgegnet darauf, dass Dürer viel glückseliger sei, weil er unabhängig sei und jeden Tag sagen könne: „nun will ich einen Christuskopf malen“.22 Tieck ver­   BAZ, 1. Januar 1800, vgl. Datenbank, Die Künstler, 21.11.1799.  Iffland: Die Künstler, Leipzig, 1801, S. 28. 20   Vgl. Käte Laserstein: Die Gestalt des bildenden Künstlers in der Dichtung. Stoff und Motiv­ geschichte in der deutschen Literatur, Berlin und Leipzig 1931, S. 4. 21   Vgl. Anhang, Nr. 15. 22   Ludwig Tieck: Franz Sternbalds Wanderungen. Studienausgabe, Stuttgart 1994, S. 39. 18 19

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klärte in dieser Szene die Künstlerpersönlichkeit Albrecht Dürers bewusst, denn Dürer war nicht arm und schon gar nicht stimmt es, wie jeder weiß, dass er nicht geachtet wurde. Noch nicht vierzigjährig, gehörte er dem Großen Rat der Stadt Nürnberg an und hatte mehrfach im Auftrag des Kaisers Maximilian I. gearbei­ tet. York-Gothart Mix hat dargelegt, welche Rolle die Neubestimmung des Ver­ hältnisses von Kunst und Ökonomie bei der Positionierung der Frühromantiker gegenüber den Aufklärern spielte.23 Mix hat schlüssig aufgezeigt, dass die Roman­ tiker sich in ihrer Außendarstellung von ökonomischen Werten im Zusammen­ hang mit der Kunstproduktion distanzierten und auch im Entwurf des Bildes vom romantischen Künstler die Abhängigkeit der Kunst von der Ökonomie verwarfen, um sich von den Aufklärern abzusetzen, die im gleichen Zug als „Fabrikarbeiter“ diskreditiert wurden. Die romantische Position erwies sich als folgenreich und sorgt noch heute, wie Frank Schirrmacher in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung im Zusammenhang mit der Diskussion um das Urheberrecht feststellte, für eine Verschleierung der zwischen Kunst und Markt bestehenden Zusammenhänge: „Vielleicht kann man damit aufhören, seine Zeit mit Trivialitäten zu vergeuden, und an ein paar Grundtatsachen erinnern. Die erste lautet: Der Künstler arbei­ tet für Geld. Die anderes behaupteten, waren leider in erster Linie die Künstler selbst“.24 Das Bestreben der Romantiker, die Materialität von Kunst auszublenden, äußerte sich auch in ihren Angriffen gegen die von Iffland vorgenommene Ver­ vollkommnung der Bühnenausstattung.25 Bernhardis Kritik ist in diesem Zusammenhang zu lesen. Genaugenommen kri­ tisierte der „Panegyriker der Romantiker“, wie Rudolf Haym Bernhardi abschät­ zig, vermutlich aber treffend, bezeichnet,26 das Stück nur, um einmal mehr die Po­ sitionen der Frühromantik wirksam publik zu machen. Da den Früh­romantikern die Kunst eine Religion sein sollte, indem sie vorgab, dass diese zeitlosen Werte verkündige, musste sie sich von der Ökonomie distanzieren, wie Franz Sternbald, der zu seiner um sein Wohl besorgten Mutter empört sagt: „Ich denke an meinen Erwerb niemals, wenn ich an die Kunst denke“.27 Ifflands Künstler, die Geld geerbt haben und für Geld arbeiten, boten eine willkommene Gelegenheit, die roman­ 23   York-Gothart Mix: Kunstreligion und Geld. Ludwig Tieck, die Brüder Schlegel und die Kon­ kurrenz auf dem literarischen Markt um 1800, in: Ludwig Tieck (1773–1853), Bern u. a. 2004 (Publi­ kationen zur Zeitschrift für Germanistik. N.F. Bd. 9), S. 241–258. 24   Frank Schirrmacher: Schluss mit dem Hass, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, Onlineaus­ gabe vom 13.05. 2012. 25   Vgl. Francesca Reuter: Le débat sur les pratiques scéniques en Allemagne au début du XIXe siècle. Thèse de doctorat en Etudes Germaniques, Université Lumière Lyon 2, 2005. 26   Rudolf Haym: Die romantische Schule. Ein Beitrag zur Geschichte des deutschen Geistes, Ber­ lin 1870, S. 913. 27   Ludwig Tieck: Franz Sternbalds Wanderungen. Studienausgabe, Stuttgart 1994, S. 54.

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Heinrich Beck: Das Kamäleon

tischen Positionen ins rechte Licht zu rücken und gleichzeitig Iffland herabzu­ setzen. Festzuhalten ist, dass Iffland in seinem Stück Die Künstler die unmittelbare Ab­ hängigkeit der Künstler von ihren Auftraggebern, den wohlhabenden Bürgern, realistisch darstellt. Der Künstler wird zu einer moralischen Instanz erklärt, seine moralische Integrität soll ihn vom bürgerlichen Geschäftsmann unterscheiden.

Heinrich Beck: Das Kamäleon Das Lustspiel Das Kamäleon wurde am 24. November 1800 in Berlin uraufgeführt und noch fünf weitere Male bis Mitte Januar des Folgejahres gespielt.28 Heinrich Beck und Iffland hatten sich 1777 in Gotha kennengelernt, von wo sie 1779 nach Auflösung des dortigen Hoftheaters gemeinsam nach Mannheim gingen. Sie wur­ den bald zu den herausragenden Mitgliedern des Ensembles dieser Reformbühne. Beck, der seit 1800 an der Münchner Nationalschaubühne als Regisseur arbeitete, war wie Iffland ein Aufklärer. Ihre literarische und ästhetische Bildung verdankten beide vor allem dem Schauspieler Konrad Ekhof und dem Dichter und Über­setzer Friedrich Wilhelm Gotter. Das Kamäleon erlangte in Berlin Berühmtheit, weil sich Ludwig Tieck in der Figur des Schulberg karikiert sah29 und mehrere Briefe an Iffland schrieb, um auf die Absetzung des Stückes zu dringen. August Wilhelm Schlegel intervenierte jedoch erfolgreich bei Tieck, so dass dieser von weiteren Schritten absah.30 Vielleicht standen dabei auch eigene Interessen im Vordergrund; denn Schlegel und Iffland hatten sich 1798 persönlich kennengelernt. An Goethe schrieb Schlegel ziemlich begeistert von seinem ersten Treffen mit Iffland und des­ sen Interesse für seinen Hamlet.31 Tatsächlich wurde Schlegels Über­setzung von   C. Schäfer/C. Hartmann (Hrsg.): Die Königlichen Theater in Berlin. Statistischer Rückblick auf die künstlerische Thätigkeit und die Personal-Verhältnisse während des Zeitraums vom 5. December 1786 bis 31. December 1885, Berlin 1886, Nr. 1257. Dort sind zwischen 1800 und 1836 26 Auf­ führungen verzeichnet, d. h., dass das Stück nach Ifflands Tod 1814 noch weiter 21 Mal aufgeführt worden sein muss; denn zufolge des nach den Theaterzetteln und Zeitungsankündigungen rekonstru­ ierten Spielplans sind unter Ifflands Leitung nur diese sechs Aufführungen nachweisbar. 29   Auch der mit „M.“ zeichnende Rezensent in den Jahrbüchern der Preußischen Monarchie (1800, Bd. 3, S. 364) kritisiert das die Persönlichkeit Verletzende des Stücks: „Von einer andern Seite hat dieses Stück durch eine hart an das persönliche streifende Persiflage – denn wo der ganze Titel von Schriften genannt wird, bedarf es doch zur vollkommensten Persönlichkeit des Namens ihres Verfassers nicht – alle ruhigen Besucher des Schauspiels, die den Künstlern, die willkommensten seyn müssen, sehr indignirt.“ 30   Reiner Schmitz (Hrsg.): Die ästhetische Prügeley. Streitschrift der antiromantischen Bewegung, Göttingen 1992, S. 270f. 31   A. W. Schlegel an Goethe, 10. Juni 1798: „Iffland habe ich schon öfter auf und außer dem Thea­ ter gesehen, doch bveydes noh nicht so häufig als ich gewünscht hätte. Er ist sehr beschäftigt gewesen 28

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5  Ökonomie des Geldes und Kunst auf dem Berliner Nationaltheater

Shakespares Hamlet auf der Berliner Bühne 1799 zum ersten Mal überhaupt auf­ geführt. In der Folge wurden weitere Shakespeare-Übersetzungen von Schlegel auf die Berliner Bühne gebracht. Auch Iffland beobachtete, dass sich mit der Auffüh­ rung des Kamäleons das Verhältnis zwischen ihm und den Romantikern immer mehr verschlechterte. Besonders in August Ferdinand Bernhardi, der im Archiv der Zeit und ihres Geschmacks die Theaterkritik schrieb, sah er den Anführer, der wegen dieser Inszenierung die „Jeunesse de Fréron“ gegen ihn aufgebracht habe.32 Ob Ludwig Tieck mit der Figur des Schulberg tatsächlich karikiert wurde, sei dahingestellt, fraglos zielte das Stück aber darauf, das Verhältnis der Romantiker zum Adel und zum Geld öffentlich zu machen. Doch es ist mehr als nur ein weite­ rer Streich der ästhetischen Prügelei. Das Lustspiel, in dem es um die Heirat eines verarmten Grafensohnes (Graf Eduard von Schaalheim) mit der Tochter (Baronin Irene von Breitenfeld) eines reichen Landadeligen geht, ist deshalb interessant, weil es eigentlich das Verhältnis von Mäzen und Künstler thematisiert. Damit geht die dem Stück immanente Kritik weit über den kleinen Kreis der Romantiker hin­ aus. Das wird auch der Grund dafür gewesen sein, dass es nicht nur in Berlin und nicht nur in der Iffland-Zeit aufgeführt wurde. Nach 1802 wurde Das Kamäleon in Berlin unter Ifflands Regie nicht wieder gespielt, in Weimar stand es aber ab 1807 auf dem Spielplan und wurde unter Goethes Leitung bis 1817 immerhin 15 Mal aufgeführt. Allein das zeigt schon, dass es sich hier nicht um eine Personalsatire handelt; denn wir erinnern uns, dass sich Goethe mit Kotzebue entzweit hatte, weil Goethe an der Figur des Bauinspektors Sperling in Die deutschen Kleinstädter, mit der August Wilhelm Schlegel verspottet wurde, eigenmächtig Veränderun­ gen vorgenommen hatte, bevor das Stück in Weimar auf die Bühne kam. Goethe wollte eben keine Personalsatire auf dem Weimarer Theater. Im Stück Das Kamäleon ist der Poet Schulberg, dessen „öconomische Lage ­äußerst beschränkt“ ist,33 auf Einladung des Grafen von Schaalheim in den Kreis einer vornehmen Gesellschaft gekommen, um die erwarteten Gäste, besonders die Baronin von Breitenfeld, zu unterhalten und für die geplante Verheiratung ihrer Tochter einzunehmen. Der Poet ist also verantwortlich für das Damenprogramm. Dass diese Heirat nicht zu Stande kommt, weil sich die jungen Leute schon andere mit einem neuen Stücke, das nach den beyden ersten Akten, die ich davon gehört, eins seiner vorzüg­ lichsten seyn wird. Ich habe ihm den Hamlet vorgelesen, den er mit der gespanntesten Aufmerksam­ keit und mit großer Empfänglichkeit für das große Ganze, für den innern tiefen Zusammenhang bey scheinbaren Incohärenzen und für die wesentliche Schicklichkeit aller Umgebungen angehört hat. Es machte solchen Eindruck auf ihn, daß er sehr lebhafte Lust bezeugte das Stück ganz in seiner ur­ sprünglichen Gestalt, ohne alle Veränderungen, auf das Theater zu bringen: ein Wagestück, an dessen glücklichem Erfolge ich großen Antheil nehme“ (Goethe und die Romantik, S. 23). 32  Vgl. Anhang, Nr. 41. 33   Heinrich Beck: Das Kamäleon. Lustspiel in fünf Akten, Frankfurt/M. 1803, S. 84.

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Heinrich Beck: Das Kamäleon

Ehepartner gesucht haben, ist für uns uninteressant. Das vielköpfige adelige Per­ sonal ist nur insofern von Belang, wie es sich zum Poeten Schulberg positioniert. Der junge Graf Eduard ist der Ansicht, Schulberg erniedrige „seinen Stand auf eine höchst unwürdige Weise“, weil dieser zuvor erklärt hat, wie die romantischen Dichter untereinander ihre Werke loben und wie sie gemeinsam gegen andere Dichter öffentlich auftreten, indem insbesondere einer von ihnen, „der für nichts erröthet“ und „unbarmherzig auf die Autoren einschlägt“,34 die Angriffe vortrage. Der alte Graf verachtet den Poeten, weil er gar keinen Platz für ihn inner­halb der Ständegesellschaft ausmachen kann. Seinem Sohn Eduard gegenüber spricht er sich offen aus: Stand? Was hat so ein Geschöpf für einen Stand? Demuth ist das einzige Mittel, ihm Zu­ tritt zu verschaffen; das weiß er. Er fühlt den mächtigen Abstand zwischen einem Grafen, und einem Poet.35

Deshalb gibt sich der Graf auch gar nicht mit dem Poeten ab, sondern lässt diesen seine ihm zugedachte Rolle bei der Frau Baronin spielen. Die Baronin ist dann auch die Einzige, die den Poeten ernst nimmt. Und daraus ergibt sich die Komik des Stückes; denn die Baronin ist ein völlig überspanntes Wesen und ganz eigent­ lich eine lächerliche Person. (Sie ist den beiden jungen Leuten in Künstlers Erdenwallen nicht unähnlich.) Da der Poet aber engagiert worden ist, um die Baronin zu unterhalten, und zudem von allen anderen abgelehnt wird, wendet er sich ihr ganz zu, und wird auf diese Weise ebenfalls zu einer lächerlichen Person des ­Stückes. Da Tieck zu diesem Zeitpunkt noch nicht auf dem gräflichen Gut in Ziebigen weilte und auch August Wilhelm Schlegel sich noch nicht in Begleitung der Ba­ ronin Germaine de Staël in Coppet aufhielt, ist ein ausschließlicher Bezug auf die Romantiker nicht gegeben. Genauso gut könnten die vier Weimaraner Wieland, Goethe, Herder und Schiller mit Schulberg gemeint sein, der von den adeligen Protagonisten öfter mal (aus Unwissenheit oder um sich über ihn lustig zu ma­ chen) als „von Schulberg“ angesprochen wird. Die sich um die Weimarer Herzogin Anna Amalia scharenden Dichter wurden nicht selten vom regierenden Herzog Karl August gedemütigt. Wieland spricht oft von der zu leisten­den „Hoffrohne“.36 Bestimmt lässt sich nur sagen, dass im Kamäleon das Mäzenatentum des Adels kritisiert wird, weil das Stück den zum Dienstleister herabgewürdigten Dichter in seiner angepassten Lage blamiert. Adel und Künstler werden gleichermaßen bloß­ gestellt. Am deutlichsten wird das in der Szene, in der die junge Baronin Irene den   Ebenda, S. 13.   Ebenda, S. 14. 36   Karl August Böttiger: Literarische Zustände und Zeitgenossen. Begegnungen und Gespräche im Klassischen Weimar, hrsg. von Klaus Gerlach und René Sternke, Berlin 1998, S. 233. 34 35

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5  Ökonomie des Geldes und Kunst auf dem Berliner Nationaltheater

Schulberg vor den Augen ihrer Mutter an der Nase herumführt und der Poet sich nicht erlaubt, seine Meinung zu sagen, sondern am Ende die junge Baronin sogar um Erlaubnis bittet, ihr ein neu zu schreibendes Stück zu­eignen zu dürfen. Aller­ dings ist Irene dem Schulberg in dieser Szene nicht sonderlich überlegen; denn genaugenommen sind ihre Sinnverdrehungen bei der Interpretation seiner Stücke ziemlich platt und taugen nur zum kurzen Lachen. Sie nimmt den Dichter nicht Ernst, sondern belustigt sich nur mit ihm. Offenbar wird in diesem Gespräch, dass sie sich, wie ihre Mutter, eigentlich gar nicht für Literatur interessiert. Obwohl die junge Baronin Irene in dem Stück als Kamäleon bezeichnet wird, weil sie gegen­ über dem alten und dem jungen Grafen sowie der Gräfin Theater spielt und im­ mer in einer anderen Rolle erscheint, nimmt der Zuschauer/Leser den Poeten als das Kamäleon wahr, auch weil er sich an jede Person, mit der er spricht, anpasst.

Julius von Voß: Künstlers Erdenwallen In dem am 29. Januar 1810 mit großem Erfolg uraufgeführten Lustspiel Künstlers Erdenwallen37 des Berliner Autors Julius von Voß ist die Konstellation folgende: Die Künstler sind unmoralisch, handeln mit ihrer Kunst, als wäre sie eine Ware, und die Handlungen der Bildungsbürger haben eine moralische Tendenz. Den in dem Stück dargestellten Künstlern geht es in erster Linie darum, so viel Geld wie möglich zu verdienen. Folgerichtig spielt das Stück in Leipzig während der Messe. Das passt in das von Voß gewollte realistische Bild, in dem sich Kunst und Kom­ merz vermischen. Es ist bekannt, dass die Privilegien, in Handelsstädten zur Zeit der Messe gastieren zu dürfen, von Theatertruppen und Virtuosen besonders be­ gehrt waren, weil ihnen in dieser Zeit ein zahlungskräftiges bürgerliches Publi­ kum garantiert war. Die Protagonisten des Lustspiels sind zwei junge Künstler, ein Dichter und eine Virtuosin, sowie die junge Dame Karoline und der junge Herr Eduard. K ­ aroline und Eduard sind Pflegekinder, die eine gute Erziehung und Bildung genossen ­haben. Beide sind eigentlich das, was wir heute gern mit dem Wort Bildungs­ bürger bezeichnen, also Bürgerliche, die eine gute Bildung und ein wenig Geld besitzen.38 Wenn Voß im Jahre 1810 zwei Karikaturen dieses Standes zeichnete, kann das nur bedeuten, dass er ihn in Frage stellte. Er verspottete die schwärme­ risch-gebildeten Bürger; denn, wie wir sehen werden, ließ er die Leser/Zuschauer   Julius von Voß: Künstlers Erdenwallen. Originallustspiel in fünf Aufzügen, Berlin 1810, S. 8.   Für Conrad Wiedemann sind sie bezeichnender Weise „die wildfremden Kinder des Bildungs­ bürgertums“. Vgl. ders., Lämmermeiers Kleider. Oder der Preuße im Schlafrock, in: Klaus Gerlach (Hrsg.), Das Berliner Theaterkostüm der Ära Iffland. August Wilhelm Iffland als Theaterdirektor, Schauspieler und Bühnenreformer, Berlin 2009, S. 101. 37 38

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Julius von Voß: Künstlers Erdenwallen

nicht allein über die geschäftstüchtigen, keine Form der Käuflichkeit scheuenden Künstler,39 sondern auch und vor allem über die naiven Geschwister lachen. Diese machen sich lächerlich, wenn sie über die Kunst und die Künstler zu reden be­ ginnen. Besonders lächerlich sind sie, wenn auf der einen Seite die Künstler mit kühlem Kopf ihre Gewinne kalkulieren und wenn sich auf der anderen Seite das gebildete Geschwisterpaar enthusiastisch in Trance versetzt und für die Realität blind ist. Karoline hat sich in den Dichter Karl Strahlenduft verliebt, ohne ihn je gesehen zu haben. In seiner Dichtung habe sie die „Fülle des Reinen, Gött­lichen“ gefunden,40 gesteht sie Eduard. Eduard hingegen hat sich in die Klaviervirtuo­ sin Cäzilia Temponi verliebt, die er nach Beendigung seines Studiums in Leip­ zig in einem Konzert bewundert hat. Seither „hört sein inneres Ohr noch ihren Götter­tönen“ nach.41 Gleich zu Anfang des Stückes lässt Voß die beiden gebildeten Bürger sich gegenseitig ein Traumbild von der von ihnen angebeteten Künstler­ persönlichkeit entwerfen. Aber schon im zweiten Akt werden diese Phantasie­ gebilde zerstört, wenn nämlich der Vormund inkognito mit den Pflege­kindern die Künstler in i­hren Wohnungen aufsucht. Karoline führt er zum Dichter und Eduard zur Virtuosin. Die gebildeten Bürger erfahren dort von dem ­Dichter Karl Strahlenduft ohne Umstände, dass dieser nur noch für Geld arbeitet. Auf die Bitte des vorgeblichen Buchhändlers, ein Buch mit Versen drucken zu wollen, antwor­ tet Strahlenduft: „Ungern mache ich Verse, die Feile ist so mühsam, doch wenn man zahlt, warum nicht.“42 Desgleichen gibt die Klaviervirtuosin Cäzilia Temponi ihren Besuchern zu verstehen, dass sie sich nur dafür interessiert, wie viele Billetts sie für das bevorstehende Konzert zu kaufen beabsichtigen. Den sich als jungen Virtuosen ausgebenden Eduard betrachtet sie dagegen argwöhnisch als Konkur­ renten, dem sie nicht helfen und vorspielen will. Auf seine Bitte nach einer Lehr­ stunde antwortet sie: „Meinen Sie nicht, daß ich froh bin, wenn ich das Instrument nicht berühren darf?“43 In dem Lustspiel werden die jungen bürgerlichen Helden gründlich desillusioniert. Ihre Bilder von den geliebten und angebeteten Künst­ lern erweisen sich als Hirngespinste, die mit der Realität nichts zu tun ­haben. ­Karoline muss gegenüber Eduard gestehen: „Viel sah’ ich an ihm, bei ihm, an­ ders, wie meine Ideale träumten.“44 Und auch Eduard muss gestehen, dass er sich ein falsches Bild gemacht hat. Empört darüber, dass die Temponi in jedem Ge­ spräch mit ihm auf die Einnahmen und Ausgaben eines Konzertes kommt, macht er ­seiner Enttäuschung Luft:  Ebenda.   Julius von Voß: Künstlers Erdenwallen, Berlin 1810, S. 19. 41   Ebenda, S. 18. 42   Ebenda, S. 41. 43   Ebenda, S. 62. 44   Ebenda, S. 86. 39 40

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5  Ökonomie des Geldes und Kunst auf dem Berliner Nationaltheater Cäzilia, es verwundert mich tief, wenn bei Ihren Konzerten, wo die Töne sich himmel­ wärts schwingen, der entzückte Geist Lebens Schranken überfliegt, höherer Geister ver­ wandtem Gruß begegnend – wenn da öder Goldklang an das Niedre mahnt.45

Der enttäuschte Ausruf gegenüber der Temponi erinnert so sehr an Franz Stern­ balds Äußerung gegenüber seiner Mutter, beim Bildermalen niemals an Brot­ erwerb zu denken, dass wir bestimmt annehmen können, dass Voß Sternbald hier persifliert. Umso mehr, da Eduard gar kein Künstler ist, sondern ein Student bürgerlichen Standes. Nur in seinem Kopf existiert das Bild eines romantischen Künstlers. Die Priester der Kunstreligion haben Karoline und Eduard erfolgreich missioniert! Aber Strahlenduft und die Temponi sind keine romantischen Künst­ ler à la Sternbald, sie profitieren nur von deren Aura. Das Komische im Stück ent­ wickelt sich aus dem Missverständnis der jungen Bürgerlichen, die ihre Phantasie­ bilder von Strahlenduft und Temponi für Realität halten. Tatsächlich ist es nur eine Idee des bürgerlichen Publikums. Während für die Künstler Kunst Arbeit ist, mit der sie ihren Lebensunterhalt verdienen, hält das junge Paar die Kunst tatsäch­ lich für eine Religion, mit deren Hilfe die Realität verklärt wird bzw. ihr entflohen werden kann. Als Karoline Strahlenduft ihre Idee der Kunstreligion mitteilt: In der Dichtung Regionen liegen die wahrhaft heitern Prachtgefilde. Auf ­Wolken thront da die leichte Stadt, von Blüthenhainen der Liebe umgeben. Dort schimmert Mondhelle der Verklärung, duften Blumen, die keines Winters Raub sind, tönen Nachtigallenmelo­ dien, die keinem Sommer entfliehen.46

–  , antwortet dieser: „Doch ist es um den bürgerlichen klingenden Kurrent­ reichthum auch eine gar hübsche Sache. Ich leugne nicht, wie die Muse auch meine Schatzmeisterin ist.“47 Natürlich ist Künstlers Erdenwallen vor allem eine Auseinandersetzung mit den Positionen der Romantiker, wenn das auch nicht so offensichtlich ist, wie in Voß’ Lustspiel Die Griechheit, das seit 1807 ebenfalls erfolgreich auf dem Berliner Theater gespielt wurde. Während in dem Stück Die Griechheit nur mit viel Über­ treibung und Übermut die Gräkomanie und das Schmieden von Assonanzen der Frühromantiker theaterwirksam verspottet wurde, ging Voß in Künstlers Erdenwallen viel weiter, indem er zeigte, wie prägend das romantische Kunstkonzept in die Gesellschaft hineinwirkte, und sich schon auf eine breite Basis stellen konnte; denn Karoline und Eduard sind durch und durch naiv-romantische Figuren. Bereits im Jahre 1804 hatte sich Voß in der Schrift Beleuchtung der vertrauten Briefe über Frankreich positioniert, indem er gegen die Romantiker Stellung   Ebenda, S. 96.   Ebenda, S. 76. 47  Ebenda. 45 46

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Julius von Voß: Künstlers Erdenwallen

be­zogen hatte. Voß hatte damals Johann Friedrich Reichardts 1793 erschienene Schrift zum Anlass genommen, um über den Stellenwert und die Bedeutung des deutschen Theaters und der deutschen Dramatik in der Gegenwart seine Meinung zu äußern. In dieser klugen und sachlichen Analyse beschrieb er die herausra­ gende Bedeutung des Theaters innerhalb der französischen Kultur. Er äußert die Ansicht, dass das französische Theater, anders als das deutsche, in allen Ständen fest verwurzelt sei und veredelnd auf die Menschen wirke. Den Grund dafür sah er darin, dass das französische Theater auf die Sinne wirke und deshalb die verschie­ denen Stände miteinander verbinde. Das Theater habe auf das ganze Volk gleich gewirkt und es gleich empfänglich gemacht, so dass die Rezeptivität „einen iden­ tischen Gang nahm“ und die „Begriffe unter den Ständen weniger getrennt“ wur­ den.48 Deshalb würden in Frankreich die Klassiker auch von den niederen Ständen rezipiert, verstanden und verehrt. Das sei in Deutschland nicht der Fall, schon gar nicht, seitdem die Romantische Schule die ästhetische Absicht und Wirkung über die moralische gestellt habe. Voß diagnostizierte damit, dass die Romanti­ ker eine Spaltung der Gesellschaft und der Kultur bewirkt hätten, indem sie die Kunstwerke danach beurteilten, ob ein ästhetischer oder moralischer Effekt be­ absichtigt sei.49 Voß sprach sich dagegen aus, Kunst, die eine moralische Tendenz habe, geringzuschätzen. Im Gegenteil: August von Kotzebue ist ihm der bedeu­ tendste Dramatiker, weil er „stets einen bestimmten Zweck aus seiner Handlung ent­wickelt“. Dieser Zweck sei „Moral des bürgerlichen Lebens“.50 Künstlers Erdenwallen bezieht in dieser Diskussion insofern Stellung, als die Künstler und ihre Kunst vollkommen ohne moralische Tendenz dargestellt wer­ den. Wie Franz Sternbald, der seine Mutter allein lässt und sich nicht um ihren Wunsch, die Stelle des Vaters einzunehmen, kümmert, gehen Karl Strahlenduft und Cäzilie Temponi in die Welt, um ihr Glück zu machen, d. h. um Geld zu ver­ dienen, ohne einen Gedanken an den alten Vater der Virtuosin zu verschwenden. Kunst und moralisches Handeln scheinen sich auszuschließen.51 Folgerichtig wird der alte Temponi dann auch von dem bürgerlichen jungen Paar als Verwalter auf­ genommen. Vater Temponi scheint seiner Tochter aber nicht böse zu sein, denn er ist selbst der Meinung, dass „die Kunst überall nach Brod gehen“ muss.52 Julius von Voß gibt mit Künstlers Erdenwallen zu verstehen, dass er das Konzept der Roman­   Julius von Voß: Beleuchtung der vertrauten Briefe über Frankreich des Herrn J. F. Reichardt, Berlin 1804, S. 14. 49   Ebenda, S. 8. 50   Ebenda, S. 19. 51   Vgl. Bettina Gruber: „Nichts weiter als ein Spiel der Farben“. Zum Verhältnis von Romantik und Ästhetizismus, in: Romantik und Ästhetizismus. Festschrift für Paul Gerhard Klussmann, Würzburg 1999, S. 24. 52   Julius von Voß: Künstlers Erdenwallen, Berlin 1810, S. 58. 48

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5  Ökonomie des Geldes und Kunst auf dem Berliner Nationaltheater

tiker, die Kunst von der Ökonomie zu trennen, für lebensfremd, ja für verlogen hält, und vor allem entlarvt er diese Trennung als Marketingaktion.

Johann Wolfgang von Goethe: Torquato Tasso Goethes Schauspiel Torquato Tasso wurde am 28. November 1811 in Berlin zum ­ oethes ersten Mal aufgeführt. Der nicht namentlich zeichnende Rezensent von G Torquato Tasso am Berliner Nationaltheater beschloss seinen, die Aufführung in den höchsten Tönen lobenden Text mit folgenden Worten: Tasso ist allerdings ein Werk, mit dem man die Scheuren nicht füllen kann; aber es ist eine seltene Frucht menschlichen Geistes, durch deren Genuß sich der Geschmack für das Schöne und Edle zu bilden und sich das Gefühl für das Wahre und Rechte, und für Wohl­ laut und Harmonie in Gedanken und ihren Formen zu veredlen und durch deren Dar­ stellung auf der Bühne der Fortschritt in der Kunst sich zu regen u. zu erheben vermag. Und dies ist, wie die klügsten Menschen a­ ller gebildeten Nazionen schon seit Jahrtausen­ den geurtheilt haben, für die höhere geistige Bestimmung der menschlichen Gesellschaft nicht minder von sehr g­ roßem Werth. Man ist daher die von Zeit zu Zeit zu erneuernde Aufführung des Tasso der Ehre unserer Litteratur, dem Ruhme unserer Bühne, dem hö­ heren Genusse unsers gebildeten Publikums, ja selbst dem Fortgange der Kunstbildung unter uns schuldig.53

Keines der bisher am Berliner Nationaltheater besprochenen Künstlerdramen wurde derart uneingeschränkt gelobt. Aber nicht nur deswegen ist das Schauspiel für uns interessant, sondern weil in der Theaterkritik von materiellen und geisti­ gen Werten und ihrem Verhältnis zueinander gesprochen wird. Das geschieht auf eine ganz andere Weise als in Bernhardis Kritik zu Ifflands Die Künstler, in der bemängelt wird, dass es in Ifflands Stücken immer um Geld gehe. Der Rezensent der Tasso-Aufführung stellt den geringen materiellen Erfolg der Aufführung an der Theaterkasse dem Mehrwert gegenüber, der aus dem Genuss dieser seltenen Frucht für die geistige Bestimmung der menschlichen Gesellschaft erwachse. Be­ merkenswert in dem Text ist das Bild der nichtgefüllten „Scheure“, also einem Gebäude, in das Feldfrüchte zur Lagerung und Konservierung gebracht werden, um irgendwann verzehrt zu werden. Sowohl das Theater als Kunstinstitution, das mit dem Stück wenig Zuschauer anlockt, als auch die Theaterkasse, die infolge des geringen Zuschauerzuspruchs nicht gefüllt wird, werden mit einer „Scheure“ verglichen. Das ist deshalb bemerkenswert, weil im Stück materielle Werte so gut wie gar keine Rolle zu spielen scheinen. Jedenfalls bemerkt sie der Kritiker in sei­ nem ausführlichen Text nicht. In der Rezension zur ersten Aufführung des Stücks macht er den „Kampf der Phantasie mit der wirklichen Welt“ als Grundkonflikt   HSZ, 11. Februar 1812, Nr. 18, vgl. Datenbank, Torquato Tasso, 05. 02. 1812.

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Johann Wolfgang von Goethe: Torquato Tasso

aus.54 Eine Interpretation übrigens, die bis heute als konsensfähig gilt.55 Materielle Werte scheinen also in Goethes Künstlerdrama keine Rolle zu spielen, weil Tasso (1544–1594) ein privilegierter Dichter war, der am Hof des Herzogs von Ferrara von materiellen Sorgen befreit leben und schreiben konnte. Jedenfalls hat es bei­ nahe fünf Akte lang den Anschein. Erst die Verse 3315 bis 3320, von insgesamt 3453 Versen, machen dem Leser/Zuschauer dann deutlich, dass Tasso von der Gunst des Herzogs von Ferrara abhängig ist. Spätestens hier drängt sich die Ver­ mutung auf, dass Tassos Konflikt, seine Phantasie bzw. sein Innenleben mit der äußeren Wirklichkeit nicht in Einklang bringen zu können, eben auch darin be­ gründet sein könnte. So lockte man mir noch am letzten Tage Mein einzig Eigenthum, mir mein Gedicht Mit glatten Worten ab, und hielt es fest! Mein einzig Gut ist nun in euren Händen, Das mich an jedem Ort empfohlen hätte; Das mir noch blieb, vom Hunger mich zu retten!56

Tasso erkennt am Ende des Stücks, dass er nur dann in dem wohlgesitteten und der Kunst wohlgesonnenen Kreis derer, die sich im Lustschloss Belriguardo ver­ sammeln, weiterhin bleiben könne, wenn er sich dessen Lebenswirklichkeit an­ passt. Andernfalls müsste er völlig mittellos den Hof verlassen. Es geht also im Tasso sehr wohl um materielle Werte. Erst Klaus-Detlef Müller hat dezidiert da­ rauf hingewiesen und Belriguardo als „eine Art goldenen Käfig“ Tassos bezeich­ net.57 Wolfdietrich Rasch lobt noch den Herzog, der seiner Meinung nach keinen Nutzen aus Tasso ziehe. Dessen Ausspruch in den Versen: „Zwar ist es schon mein Vorteil, daß ich nicht / Den Nutzen grad und un­ bedingt erwarte. / Nicht alles dienet uns auf gleiche Weise“ interpretiert er fol­ gendermaßen: „Diese Worte bezeichnen am schönsten den Rang des Herzogs, dem der Dichter willkommen ist, weil er ihm die Grenzen der Nützlichkeitswelt zum Bewusstsein bringt.“58 Tatsächlich ist Belriguardo nicht nur eine Art golde­ ner ­Käfig, sondern ein wirklicher Käfig, wenn es auch Tasso scheinbar freigestellt   HSZ, 28. November 1811, Nr. 143.   Vgl. Wolfdietrich Rasch: Der Konflikt zwischen Mensch und Dichter in Tasso, in: Goethes ‚Torquato Tasso‘. Die Tragödie des Dichters, Stuttgart 1954, S. 133–143 und Ursula Wertheim: Wieder­ holte Spiegelungen. Tasso, ein „gesteigerter Werther“, in: dies., Von Tasso bis Hafis. Probleme von Lyrik und Prosa des West-östlichen Divans, Berlin 1983, S. 60–68. 56   WA I, Bd. 10, S. 239. 57   Klaus-Detlef Müller: Das Elende der Dichterexistenz: Goethes „Torquato Tasso“, in: Goethe-­ Jahrbuch 2007. Im Auftrag des Vorstandes der Goethe-Gesellschaft hrsg. von Werner Frick, ­Jochen Golz, Albert Meier und Edith Zehm, Göttingen 2007, S. 189–214, hier S. 213. 58   Wolfdietrich Rasch: Goethes Torquato Tasso. Die Tragödie des Dichters, Stuttgart 1954, S. 61. 54 55

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5  Ökonomie des Geldes und Kunst auf dem Berliner Nationaltheater

wird, zu gehen; denn, wie wir gesehen haben, kann er mit dieser Freiheit nicht viel anfangen. Der Herzog betrachtet Tasso als sein Geschöpf, in das er viel investiert hat, so dass er beanspruchen könne, dass ihm der Dichter diene. Bezeichnender Weise ist der Herzog auf Tasso nicht stolz als auf einen Dichter, sondern als auf seinen Dichter. Er will verreisen; gut! ich halt’ ihn nicht. Er will hinweg, er will nach Rom; es sei! Nur daß mir Scipio Gonzaga nicht, Der kluge Medicis, ihn nicht entwende! Das hat Italien so groß gemacht, Daß jeder Nachbar mit dem anderen streitet, Die Bessern zu besitzen, zu benutzen. Ein Feldherr ohne Heer scheint mir ein Fürst, Der die Talente nicht um sich versammelt: Und wer der Dichtkunst Stimme nicht vernimmt, Ist ein Barbar, er sei auch wer er sei. Gefunden hab’ ich diesen und gewählt, Ich bin auf ihn als meinen Dichter stolz, Und da ich schon für ihn so viel gethan, So möcht’ ich ihn nicht ohne Noth verlieren.59

Tasso ist ein im Dienst des Herzog von Ferrara stehender Dichter, der dafür, dass er frei von materiellen Sorgen leben kann, dem Herzog zu gefallen hat. Tasso muss seine Dichtung abliefern, wenn der Herzog meint, dass er lang genug darauf ge­ wartet, also genug Geld für das Manuskript bezahlt habe. Tatsächlich dankt Tasso in der Vorrede seines Gedichtes Das befreite Jerusalem seinem Gönner, Alfons II. ­Herzog von Ferrara, dafür, dass er ihn aufgenommen hat.

August von Kotzebue: Der arme Poet Kotzebues am 19. September 1812 in Berlin erstmals aufgeführtes Stück Der arme Poet ist ein Lustspiel,60 in dem es vor allem um Geld geht. Im Mittelpunkt des Stücks steht ein Dichter, der erst zu schreiben begonnen hat, nachdem mehrere Versuche gescheitert sind, in der bürgerlichen Welt auf andere Weise, etwa als Leuchtturmwärter oder Telegraphist, Fuß zu fassen. Ein Schneider bat mich um ein Hochzeitsgedicht. Er meynte, wer schreiben könnte, müßte auch Verse zu machen verstehen. Ich hatte in meinem Leben noch keine gemacht, aber der Hunger begeisterte mich. ‚Du kannst es doch versuchen,‘ dachte ich, und s­ iehe   WA I, Bd. 10, S. 221f.  Auf den Berliner Theaterzetteln wird der Einakter als „Lustspiel“ bezeichnet (vgl.­ http://berlinerklassik.bbaw.de/BK). Im Druck steht die Bezeichnung „Schauspiel“. 59 60

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August von Kotzebue: Der arme Poet da, es gieng. Seitdem hab’ ich mein reichliches Auskommen, wie Sie sehen; denn der Schneider hat mich rekommandirt, und ich bekomme für manches Gedicht einen ganzen Gulden.61

Für den armen, Gelegenheitsverse schreibenden Poeten ist das Dichten in erster Linie ein Gewerbe, um seinen Lebensunterhalt zu sichern. Der Hunger, gesteht er, habe ihn zum Dichten gebracht. Das Motiv, einen künstlerischen Beruf zu ergrei­ fen, um nicht zu verhungern, ist ganz und gar nicht romantisch. Es scheint so, als sei diese Berufswahl der letzte Ausweg gewesen und nicht die Folge eines inneren Drangs. Weiterhin erfahren wir, dass der Poet von den Produkten seiner Arbeit, seinen Gelegenheitsgedichten, leben kann, wenngleich auch mehr schlecht als recht. Es wäre jedoch voreilig, Kotzebues armen Poeten, nur weil er auf Bestellung Gelegenheitsgedichte verfasst, als einen minderwertigen Dichter zu bezeichnen. Diesen Vorwurf machte ihm der Kritiker der Haude- und Spenerschen Zeitung, der meinte, dass der Zuschauer aus diesem Grunde kein Mitleid mit dem armen Poeten haben könne. Er schrieb: Hätte ihm der Verf. Talent gegeben, bei welchem man auch bitterarm bleiben und wer­ den kann, hätte er in solchem Unglücke ihn finden lassen, man würde gerechtes Mitleid ihm zollen.62

Der Kritiker übersah, dass es Kotzebue nicht darum ging, einmal mehr ein ver­ kanntes Genie, das sich die Stirn an der es umgebenden Welt blutig stößt, zu por­ trätieren. Außerdem wird im Stück an keiner Stelle gesagt, dass Kindlein kein ­Talent habe. Die Bemerkung des armen Poeten kein Homer und kein Tasso zu sein, spielt, wie wir sehen werden, auf das Geniekonzept an. Auf jeden Fall ist Kindlein gebildet, er kennt die Werke Homers, Tassos und Wielands. Es ging Kotze­bue vielmehr darum, zu zeigen, dass der Poet arm ist, weil die Ware, die er verkauft, einen geringen Marktwert hat. Kotzebues armer Poet ist das realistische Porträt eines Dichters, der sich zu Anfang des 19.  Jahrhunderts in der bürger­ lichen, von Geld regierten Welt einen Platz suchen und diesen verteidigen muss; denn er hat nicht das Glück, an einem Musenhof untergekommen zu sein. Es ist signifikant, dass sein kleines Zimmer von dem Schatten eines gegenüberliegenden herrschaftlichen Hauses in ständige Dunkelheit getaucht wird. Lorenz Kindlein lebt in einer anderen Welt als der Goethesche Tasso. In Lorenz Kindleins Stube ist nicht die „hohe gesellschaftliche Gesittung“ höchstes Ideal der Humanität.63 ­Seiner Tochter gegenüber beschreibt Kindlein seine Lebenssituation wie folgt:

  August von Kotzebue: Der arme Poet. Ein Schauspiel in einem Aufzug, Augsburg 1815, S. 298.   HSZ, 22. März 1812, Nr. 114. 63   Hermann August Korff: Geist der Goethezeit, II. Teil, Leipzig 1966, S. 169. 61 62

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5  Ökonomie des Geldes und Kunst auf dem Berliner Nationaltheater Meine Stube ist kein Museum, ich muß sie auch mit meiner Wirthin, einer Obsthändle­ rin, theilen, aber die gute Frau ist den ganzen Tag nicht zu Hause, und ich herrsche hier nach Gefallen. Die kleinen Fenster sind nur in Blei gefasst, doch Schnee und Regen drin­ gen nicht herein; hingegen würden die Sonnenstrahlen wohl ihren Weg finden, wenn nur nicht gerade gegenüber der hohe Palast stände. Mein Schreibtisch ist nicht elegant, eine Scherbe mein Dintenfaß: aber wenn ich nur sonst ein Homer wäre, aus der Scherbe ließe sich schon eine Odyssee schreiben, und das Stümpfchen Licht auf der Bouteille würde mir eben so wohl dabei leuchten, als jenem Dichter die Augen seiner Katze.64

Wie wir sehen, lehnt Kotzebue den Geniekult um den Dichter ab. Die Erwähnung der Ikonen einer Genieästhetik, Homer und Torquato Tasso, machen das deut­ lich; denn natürlich ist die naive Demut, die Lorenz Kindlein vor diesen Dich­ tern empfindet, ironisch überzeichnet. Damit markiert Kotzebue deutlich, dass Kindlein gar nicht so ein naives Kindlein ist, für welches er sich ausgibt. Kotze­ bue kannte die mit Pauken und Trompeten in der Allgemeinen Literaturzeitung öffentlich geführte Diskussion, die um Homer und sein Werk seit dem Erschei­ nen von Friedrich August Wolfs Prolegomena ad Homerum (1795) und Christian Gottlob Heynes Ausgabe der Ilias (1802) geführt worden war,65 er wusste, dass die Odyssee nicht aus der Feder eines Individuums herstammt und dass es das Genie ­Homer in der Form, in der es folgenreich von Johann Georg Hamann ins Spiel ge­ bracht worden war,66 niemals gegeben hatte. Vor allem aber machte sich Kotzebue durch eine realistische Auslegung der poetischen Bilder über die Selbststilisierung des italieni­schen Renaissancedichters Torquato Tassos lustig, der in einem Sonett (Rime, 980) die Katzen von Santa Anna darum bittet, ihm das Licht ihrer Augen zu leihen, um im Dunkeln schreiben zu können. Er konnte davon ausgehen, dass es seinem Publikum gegenwärtig war, welche herausragende Rolle Torquato Tasso in dem im Sturm und Drang aufkommenden Geniekult spielte. Achim Aurn­ hammer schreibt dazu: „Im Namen Tassos verabschiedete [Johann Georg] Jacobi die Regelpoetik Gottscheds und inaugurierte eine neue Genieästhetik“.67 Auf dem Berliner Nationaltheater wurde seit November 1811 Goethes Schauspiel Torquato Tasso nach dem von dem Dichter für die Darstellung eingerichteten Manuskript

 Kotzebue: Der arme Poet, Augsburg 1815, S. 279f.   Vgl. René Sternke: Kabale und Kritik. Die Ilias malorum gegen Christian Gottlob Heyne im Mai 1803, in: Martin Mulsow (Hrsg.), Kriminelle – Freidenker – Alchemisten. Räume des Untergrunds in der Frühen Neuzeit, Köln u. a. 2014, S. 597–616. 66   Vgl. René Wellek: Geschichte der Literaturkritik, 1750–1950. Bd. 1: Das späte 18. Jahrhundert. Das Zeitalter der Romantik, Berlin 1978 [verbesserter photomechanischer Nachdruck der Ausgabe von 1959], S. 185–188. 67   Achim Aurnhammer (Hrsg.): Torquato Tasso in Deutschland. Seine Wirkung in Literatur, Kunst und Musik seit der Mitte des 18. Jahrhunderts, Berlin, New York 1995, S. 417. 64 65

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August von Kotzebue: Der arme Poet

über mehrere Jahre in größeren Abständen regelmäßig gegeben, parallel dazu ab September 1812 Kotzebues Der arme Poet.68 Bezeichnenderweise steht Christoph Martin Wieland in Lorenz Kindleins Gunst ganz oben. Kindlein besitzt dessen Werke, die er wie einen Schatz in einem besonderen Kasten verwahrt. Wieland galt den Romantiker nicht als Genie, und als 1812 Der arme Poet auf die Bühne kam, war Wielands Zeit längst vorbei, die 1800 mit Erscheinung des ihm gewidmeten Athenäumsfragmentes abzulaufen be­ gonnen hatte. In diesem „citatio edictalis“ überschriebenen kurzen Text werden alle Autoren, bei denen Wieland Anleihen gemacht hat, aufgefordert, ihre An­ sprüche auf Grund seines Konkurses geltend zu machen.69 Lorenz Kindlein ist kein Genie und umgibt sich nicht mit der Aura des Er­ wähltseins. Er verfasst keine Werke für die Ewigkeit, sondern Okkasionaldichtun­ gen. Poetisch ist nicht sein Werk, sondern sein gemäß christlichen Moralvorstel­ lungen in Armut geführtes Leben. Damit unterscheidet er sich wesentlich von den beiden Künstlern in Künstlers Erdenwallen von Julius von Voß, welche vor keiner Intrige zurückscheuen, um ihre Kunst und sich selbst einem Publikum zu ver­ kaufen. Lorenz Kindlein lebt in einer Welt, die ihm zu verstehen gibt, dass sie ihn und seine Werke nicht braucht. Zutreffend bemerkt seine einen Obsthandel be­ treibende und ihm Nutzlosigkeit vorhaltende Vermieterin, dass täglich viele Men­ schen zu ihr kämen, um Waren zu kaufen, zu ihm aber komme niemand.70 Seine Vermieterin geht sogar so weit, dass sie ihm seinen weichen Charakter und seine Gutmütigkeit, die ihn veranlassen, noch Ärmeren zu helfen, vorwirft. Als Kind­ lein ihr erzählt, dass er seinen letzten Rock an einen armen Handwerksburschen und ein Tuch an einen Bettler verschenkt habe, zeigt sie sich keinesfalls darüber beschämt, ihn wegen der Mietschulden aus der Wohnung werfen zu wollen. In dieser Szene71 zitiert Kotzebue die Legende des heiligen Martin. Kotzebue hatte die Aktualisierbarkeit der Martin-Legende 1808 in der Zeitschrift Die Biene prob­ lematisiert,72 indem er die Entstehungsgeschichte und den Kult um die Reliquie in Frankreich beschrieb, um am Ende zu resümieren, dass der heilige Martin heute vergessen sei: „wer seine Grundsätze befolgte, würde sich lächerlich machen […], nehmen ist seliger denn geben“.73 Deshalb funktionierte Der arme Poet auch als Lustspiel, obwohl der Poet ganz realistisch gezeichnet wird; denn er handelt nach   Vgl. http://berlinerklassik.bbaw.de/BK/theater   Athenaeum. Eine Zeitschrift von August Wilhelm Schlegel und Friedrich Schlegel. Bd. 2. Stück 2, Berlin 1799, S. 340. 70  Kotzebue: Der arme Poet, Augsburg 1815, S. 276 („Den ganzen Tag stehn die Leute um meine Aepfelkörbe, aber zu ihm kommt niemand“). 71   Ebenda, 1. Akt, 2. Szene. 72   Kotzebue: Der Heilige Martin, in: Die Biene, Königsberg 1808, Bd. 1, Heft 4, S. 84. 73  Ebenda. 68 69

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5  Ökonomie des Geldes und Kunst auf dem Berliner Nationaltheater

christlichen Grundsätzen. Die nach ökonomischen Prinzipien verfahrende Wirtin wirft dem christlich agierenden Dichter seine barmherzige Tat als eine dumme, offenbar unbedachte Handlung vor. Statt seine letzte Habe an einen Bettler zu ver­ schenken, empfiehlt sie ihm, etwas zu stehlen. Ein Dieb, der in der Lage ist, für sich zu sorgen, hat für sie ein höheres Ansehen als ein Individuum, das die mate­ riellen Werte nicht achtet.74 Kotzebue zeigt in dieser Szene, dass christliche Werte längst durch materielle Werte ersetzt worden sind. Demzufolge ist es auch nicht verwunderlich, dass für den oben erwähnten Kritiker der Haude- und Spenerschen Zeitung nicht der Dichter, sondern die Vermieterin Identifikations­figur ist; denn er schreibt in seinem Resümee, dass Kindlein eigentlich „ein taugliches Mitglied eines Arbeitshauses“ wäre, „aber sein überfließendes Gemüth allein bestimmt ihn bloß zum Spital“.75 Auch für Frau Susanne steht Kindlein am unteren Ende der sozialen Hierarchie. So muss sie nicht einmal befürchten, sich mit dem armen Poeten zu kompromittieren, weil sie als Witwe mit ihm allein in einer Wohnung lebt: „wenn ich gleich eine einzelne Mannsperson in’s Haus genommen habe, so ist es doch nur ein Poet“.76 Die Rettung für den armen Poeten bringt ein Kotzebue­ scher Theatercoup. Immerhin haben wir es mit einem Lustspiel zu tun. Plötzlich taucht eine reiche Tochter auf, von der der Poet bisher gar nicht wusste. Da der arme Poet nun nicht mehr arm ist, endet das Stück folgerichtig an diesem Punkt. Der bürgerliche Künstler taugt einmal mehr nur als Held im Lustspiel. Aufgrund der Vorwegnahme des Sujets vom armen Poeten in Carl Spitzwegs Gemälden, ist Kotzebues Einakter noch heute bekannt.77 Obwohl das Stück im Almanach dramatischer Spiele78 erschien, also vor allem für Liebhabertheater gedacht war, wurde es auf vielen professionellen Bühnen mit Erfolg aufgeführt.

Gegen Ende des 18. Jahrhunderts existierten zwei Möglichkeiten für Künstler, ihr Leben und Werk materiell auf der Grundlage ihres Schaffens zu realisieren: 1. der Verkauf ihrer Werke auf dem Markt, 2. ihre persönliche Bindung an einen Mäzen und damit oftmals an einen Hof. Beide Strategien zur Ermöglichung der künstleri­  Kotzebue: Der arme Poet, Augsburg 1815, S. 272.   HSZ, 22. September 1812, Nr. 114. 76  Kotzebue: Der arme Poet, Augsburg 1815, S. 272. 77   Vgl. Karl-Heinz Klingenberg: Iffland und Kotzebue als Dramatiker, Weimar 1962, S. 125 und Johannes Birgfeld im Artikel „Der arme Poet“, in: Johannes Birgfeld/Alexander Košenina (Hrsg.), Kotzebues Dramen, Hannover 2011, S. 11f. 78  Kotzebue: Almanach dramatischer Spiele zur geselligen Unterhaltung auf dem Lande, Leipzig 1813. 74 75

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Ökonomie des Geldes und Kunst auf dem Berliner Nationaltheater

schen Produktion hatten Auswirkungen auf die jeweiligen Werke. Die Romantiker entwarfen gegen 1800 das Bild eines Künstlers, der sich um die materiellen Vor­ aussetzungen seiner Kunst nicht sorgt, sondern ein von den materiellen Bedingun­ gen seines Schaffens unabhängiges Werk hervorbringt. Iffland brachte eine Reihe von Künstlerdramen auf die Bühne, in welchen die materiellen Voraus­setzungen künstlerischer Arbeit thematisiert werden. Ausgangs- und Bezugspunkt war dabei ­ oethe hatte beide Möglich­ der von der romantischen Kritik gefeierte Goethe. G keiten der materiellen Sicherung von Leben und Kunst durch die Kunst in s­ einer ­ raxis jedoch ziemlich Dramatik erwogen und kritisch reflektiert, sich in der P schnell für die zweite entschieden. In dem 1798 aufgeführten Stück Die Künstler, welches auf das in Tiecks Sternbald entworfene romantische Künstlerbild antwor­ tete, hatte Iffland ein Grundmotiv aus Goethes Künstlers Erden­wallen ausgearbei­ tet. Das für den Markt geschaffene Werk, das aufgrund s­ eines hässlichen Sujets unästhetisch ist, ist hier kein notwendiges Übel, über welches sich der Künstler mit schönen Werken hinwegtröstet, sondern eröffnet dem Künstler Möglich­keiten sozialen Handelns. Die romantische Kritik wies diesen Entwurf e­ iner Aussöhnung von Markt und Kunst zurück. In Becks 1800 aufgeführtem Stück Das Kamäleon wurde das romantische Künstlerkonzept angegriffen, indem es die persönliche Abhängigkeit des vom Markt unabhängigen romantischen Künstlers ins Licht setzte. Die romantische Kritik wehrte diese Darstellung als Personalsatire ab. In dem 1810 aufgeführten Stück Künstlers Erdenwallen griff Julius von Voß wiede­ rum auf Goethes gleichnamiges Dramolett zurück. Goethes naivem Künstler, der den Markt als notwendiges Übel empfindet und sich von der Muse trösten lässt, stellte er die bewusst auf den Markt spekulierenden Künstler entgegen,79 Goethes mit dem Künstler handelnden Kunden die von der Romantik verblendeten Kunst­ jünger. Dieses Stück führte zu einer Polarisierung des Publi­kums.80 Schließlich brachte Iffland 1811 Goethes Tasso auf die Bühne, in welchem die Problematik des nicht von einem Markt, sondern von einem Mäzen und ­einem Hof abhängi­ gen Künstlers reflektiert wird. Nicht nur die romantische Kritik übersah die kriti­ sche Tendenz, sondern erfreute sich an „dem Edelmuthe eines solchen Fürsten“.81 ­Kotzebues 1811 aufgeführtes Drama Der arme Poet reagierte kritisch auf ein sol­ ches verklärtes Tassobild, das Bild von einem Dichter, der keine Lampe benötigt, sondern sich poetisch mit den Augen seiner Katze behelfen kann. Kotzebues rea­ listisches Stück von einem Dichter, der desillusioniert für den Markt arbeitet und dabei nicht einmal Erfolg hat, gefiel dem Publikum, erregte aber bei der Kritik nur   Vgl. Conrad Wiedemann: Lämmermeiers Kleider. Oder der Preuße im Schlafrock, in: Klaus Gerlach (Hrsg.), Das Berliner Theaterkostüm der Ära Iffland, Berlin 2009, S. 100. 80   VZ, 1. Februar 1810. 81   HSZ, 11. Februar 1812. 79

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5  Ökonomie des Geldes und Kunst auf dem Berliner Nationaltheater

Widerwillen. Ifflands Versuch, das Publikum durch die Inszenierung einer Reihe von Stücken, welche die verschiedenen Formen der materiellen Abhängigkeit des Künstlers thematisieren, zu einer kritischen Reflexion des romantischen Künstler­ bildes zu führen, ist langfristig gescheitert.

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6  Ästhetische Wertebildung in der zeitgenössischen Berliner Theaterkritik

Absichten und Strategien Die Beweggründe, in Berlin um 1800 Theaterkritiken zum Nationaltheater zu schreiben, waren vielfältig. Die meisten Autoren gaben vor, auf die Kunst und auf die Zuschauer wirken zu wollen.1 Der Geschmack des Zuschauers sollte gehoben werden, indem der Kritiker für ihn die Stücke und das Spiel analysierte. Der so be­ fähigte Zuschauer sollte dann wiederum auf die Autoren und Schauspieler wirken. Gotthold Ephraim Lessing schrieb in der Hamburgischen Dramaturgie in Hinblick auf diese Wechselwirkung zwischen Theater, Kritik und Zuschauer über den letz­ teren: „Seine Stimme soll nie ungehört, sein Urtheil soll nie ohne Unterwerfung vernommen werden!“2 Selten appellierte ein Kritiker so leidenschaftlich an das Publikum und unterstellte ihm so viel Wirkungsmacht. Friedrich Schiller knüpfte zwanzig Jahre später in seiner Ankündigung der Rheinischen Thalia an dieses Versprechen an und argumentierte ganz ähnlich, wenn er schrieb: „Das Publikum ist mir jetzt alles, mein Studium, mein Souve­ rain, mein Vertrauter.“3

  Der Herausgeber der Annalen, Friedrich Eberhard Rambach, schreibt: „Berlin besitzt nur ein einziges Theater, aber in den letzten Jahren war es mit mancherley Arten von dramaturgischen Cri­ tiken überschwemmt. Es würde sich schwer darthun lassen, daß eine derselben vortheilhaft für die Kunst, es sey auf die Schauspieler oder das Publikum gewirkt hätte. Unleugbar fehlte es den Verfas­ sern einiger derselben nicht an Talent und Einsicht, aber gerade diese schienen durchaus den Ton nicht finden zu wollen, welcher der Wahrheit Eingang verschafft“ (Annalen, 1802, 1. Stück, S. 14). 2   In der Ankündigung seiner Hamburgischen Dramaturgie schreibt Lessing über das neu eröff­ nete Theater: „An Fleiß und Kosten wird sicherlich nichts gesparet werden; ob es an Geschmack und Einsicht fehlen dürfte, muß die Zeit lehren. Und hat es nicht das Publikum in seiner Gewalt, was es hierin mangelhaft finden sollte, abstellen und verbessern zu lassen? Es komme nur, und sehe und höre, und prüfe und richte. Seine Stimme soll nie geringschätzig verhöret, sein Urtheil soll nie ohne Unterwerfung vernommen werden!“ (Gotthold Ephraim Lessing: Werke. 1767–1769, hrsg. von Klaus Bohnen, Frankfurt/M. 1985, S. 184.) 3   Friedrich Schiller: [Ankündigung der Rheinischen Thalia], in: ders., Sämtliche Werke, hrsg. von Barthold Pelzer, Berlin 2005, Bd. 10, S. 79. 1

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6  Ästhetische Wertebildung in der zeitgenössischen Berliner Theaterkritik

Unabhängig von dem, was Kritiken beabsichtigen bzw. zu beabsichtigen vor­ geben, entfachen sie auf Grund ihrer in den Texten vorgenommenen Bewertun­ gen einen Diskurs über das Theater und beeinflussen das Rezeptionsverhalten der Zuschauer und des Lesepublikums. Je entschiedener ein Wert (oder Un­ wert) postuliert wird, umso wirkungsvoller scheint eine Kritik zu sein. Wolfgang ­Albrecht bezeichnet die Literaturkritik um 1800 treffend als „Kampf um Einfluß und Vorrangstellung“.4 Das trifft auf die Theaterkritik ebenfalls, wenn nicht gar in noch stärkerem Maße zu. Denn die Reflexion über das, was sich in diesem prunk­ vollen und an zentraler Stelle der Stadt befindlichen „Musentempel“ genannten Gebäude ereignete, fand eine große öffentliche Beachtung und beeinflusste nicht zuletzt diejenigen, die für die Finanzierung des Theaterbetriebes verantwortlich waren. In den theaterkritischen Texten zum Berliner Nationaltheater wurden die ­Stücke, die Schauspieler und – was neu war – auch die Zuschauer bewertet. Bei der Bewertung verfolgten die Autoren in der Regel die Strategie, durch Ab- bzw. Aus­ grenzung Werte zu bestimmen. Auffällig ist, dass es keinen absoluten Wertmaß­ stab gab, alle Werte wurden durch Vergleich ermittelt. Schon Lessing bediente sich in der Hamburgischen Dramaturgie dieses Verfahrens. Seine erste Besprechung, die Cronegks Olint und Sophronia gewidmet war, basierte auf der Vergleichung des Cronegkschen Stückes mit seiner Quelle, dem Gerusalemme liberata des Tor­ quato Tasso. Cronegk wurde an Tasso gemessen. Auch Lessings Kritik an Voltaire wurde vor allem durch Vergleiche herausgearbeitet.5 Besonders ausführlich ge­ schah das in seiner sich über viele Nummern hinziehenden Kritik von Voltaires Mérope, in der Lessing das Werk des französischen Klassikers mit dem gleich­ namigen Stück von Scipione Maffei verglich. Stark ausgeprägt in Lessings Dramaturgie ist die kontrastive und zum Vergleich herausfordernde Gegenüberstellung des deutschen und des französischen Geschmacks. In den Texten der Berliner Theaterkritik ist eine Reihe von binären Opposi­ tionen auszumachen, mit denen die zur Aufführung gebrachten Stücke bewertet wurden. Mit Hilfe dieser kontrastiven Klassifikationen entstand letztendlich ein Wertesystem, auf das bis heute zurückgegriffen wird. Der Vorteil der Bewertung mittels binärer Oppositionen besteht darin, dass sie vom Feuilleton-Leser schnell aufgefasst werden können, weil sie immer sehr konkret sind. Alle Klassifikationen beruhten auf Distinktion bzw. Vergleich und wurden regelmäßig mit einem posi­ 4   Wolfgang Albrecht: Literaturkritik und Öffentlichkeit im Kontext der Aufklärungsdebatte. Fünf Thesen zu einem vernachlässigten Thema, in: Lenz-Jahrbuch. Sturm-und-Drang-Studien, Bd. 7, St. Ingbert 1997, S. 177. 5   Zu Lessing als Kritiker vgl. Jean-Marie Valentin: Le théâtre, le national et l’humain, in: Gotthold Ephraim Lessing, Le Dramaturgie de Hambourg, Paris 2010.

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Die binären Oppositionen

tiven oder negativen Vorzeichen verbunden. Die wichtigsten und auch ­häufigsten binären Oppositionen waren folgende: Erwählte versus Pöbel, ästhetischer Wert versus Marktwert, deutscher Geschmack versus französischer Geschmack, tra­ gisch versus komisch, Ganzes versus Teil, Geist versus Sinnlichkeit, Goethe ver­ sus Kotzebue. Diese binären Oppositionen wurden gewöhnlich nicht einzeln be­ schrieben, sondern es wurden mehrere miteinander verknüpft, so dass sie sich gegenseitig stützten. Im Folgenden soll auf einige dieser binären Oppositionen näher eingegangen werden.

Die binären Oppositionen Erwählte versus Pöbel In Lessings Hamburgischer Dramaturgie spielt das konkrete im Hamburger Thea­ ter sitzende Publikum keine Rolle. Wir erfahren nicht, wie es reagierte, ob es mit den Vorstellungen zufrieden oder unzufrieden war. Lessing äußert sich auch nicht darüber, wie sich das Hamburger Publikum zusammensetzte. Eine der wenigen konkreten Mitteilungen, die Lessing diesbezüglich machte, ist neben der oben schon erwähnten die, dass das Publikum die sogenannte „Entreprise“ nicht genug unterstützte, so dass das Theater schließen musste.6 In den Berliner Theaterkriti­ ken nehmen die Reflexionen über das Publikum dagegen einen verhältnismäßig großen Raum ein. Dadurch entsteht der Eindruck, dass der Zuschauer bei der Wertermittlung eine Schlüsselposition einnahm. Jedoch nicht in dem von Lessing angesprochenen Sinn. Die Stimmen der Zuschauer blieben nämlich „unerhört“, dafür wurden die Zuschauer gleich den Stücken und Schauspielern einer Bewer­ tung unterzogen. Es wurde häufig berichtet, ob eine Vorstellung vor leerem oder vollem Haus ge­ geben wurde, und es fand eine Reflexion darüber statt, welchen sozialen Schich­ ten das anwesende Publikum zugehörte. Vor allem aber beschäftigen sich die Re­ zensenten mit dem Bildungsstand des Publikums. Da sie diesen gar nicht kennen konnten, unterstellten sie einen Zusammenhang zwischen Bildungsstand und Besucherzahl. Offensichtlich bemühten sich die Kritiker, das Publikum in der Öffentlichkeit zu differenzieren und es bestimmten Genres und Autoren zuzu­ ordnen. Das Publikum wurde auf diese Weise bewertet und in einen großen un­ 6   Im letzten Stück schreibt Lessing: „Wenn das Publikum fragt; was ist denn nun geschehen? und mit einem höhnischen Nichts sich selbst antwortet: so frage ich wiederum; und was hat denn das Publikum gethan, damit etwas geschehen könnte? Auch nichts; ja noch etwas schlimmers, als nichts. Nicht genug daß es das Werk nicht allein nicht beförderte: es hat ihm nicht einmal seinen natürlichen Lauf gelassen“ (Gotthold Ephraim Lessing: Werke. 1767–1769, hrsg. von Klaus Bohnen, Frankfurt/M. 1985, S. 684).

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gebildeten Teil und einen kleinen gebildeten Teil getrennt. Es gab den „großen Haufen“,7 der zusammenlaufe, um sich an Singspielen wie Kotzebues aus dem Französischen übersetztes und bearbeitetes Fanchon das Leyermädchen zu ver­ gnügen,8 und den „ausgesuchten Zirkel“,9 der sich an Stücken wie Die natürliche Tochter oder Egmont bildete. Es gab aber auch eine nicht näher bezeichnete neu­ trale Masse. Christoph Willibald Glucks Iphigenia in Tauris wurde zum Beispiel „immer bei vollem Hause vorgestellt“,10 obwohl diese Oper oft auf dem Spielplan stand. Bei diesem Stück, das zu den erfolgreichsten in Berlin gehörte, war den Kri­ tikern die undifferenzierte Masse wertneutral. Die Beschäftigung des Kritikers mit dem Zuschauer war nicht auf ein ästheti­ sches Lager beschränkt. Sowohl die Berliner Spätaufklärer als auch die Berliner Romantiker setzten sich eingehend mit den Zuschauern auseinander. Unter­ schiedlich aber war die Tendenz. Während sich die Aufklärer darum bemühten, alle „Klassen und Stände“ zusammenzubringen, arbeiteten die Romantiker darauf hin, sie sogar räumlich voneinander zu trennen. Die Haude- und Spenersche Zeitung und die Vossische Zeitung in Berlin legten Wert darauf, für das Publikum im Ganzen zu sprechen und nicht zu polarisieren. Das ist aus der Besprechung einer Aufführung von Kotzebues Die Sonnenjungfrau deutlich herauszulesen. Gleich eingangs heißt es, dass es „Zulauf der Menschen aus allen Klassen und Ständen“ gegeben habe und dass „eine beträchtliche Zahl aus Mangel an Raum vor Anfang der Vorstellung zurückgehen“ musste.11 Der Kri­ tiker führte das als Beweis dafür an, dass Kotzebues „Muse“ von einem großen, aus allen Schichten der Bevölkerung stammenden Publikum anerkannt wurde. Noch weiter ging der Rezensent der Vossischen Zeitung in seiner Besprechung von Shakespeares Stück Julius Cäsar, das in der Übersetzung August Wilhelm Schlegels in Berlin uraufgeführt wurde. In seiner Kritik der Aufführung, die offen­   NBD, 31. März 1798, S. 184–192, vgl. Datenbank, Menschenhaß und Reue, 21. 03. 1798.   Fanchon das Leyermädchen gehört zu den erfolgreichsten Stücken am Berliner Nationaltheater. Nach mehr als zehn Aufführungen findet sich folgende Besprechung: „Wenn Stücke einen großen Zu­ lauf haben, und dieser sich auf Ueberraschung und Neuheitsreiz stützte, so geschieht es nicht selten, daß, wenn sie eine Zeitlang liegen bleiben, man nachher eine Abnahme des Interesse bemerkt, denn die Urtheile haben sich unterdessen berichtigt. Es spannte daher die Erwartung, wie Fanchon heute besucht seyn würde? Und das Haus war neuerdings so voll, daß eine Menge Personen keinen Platz fanden“ (HSZ, 12. Februar 1805, Nr. 19). 9   VZ, 16. Juli 1803, vgl. Datenbank, Die natürliche Tochter, 12. 07. 1803. 10   JpM, 1798, Bd. 2, S. 36. 11   „Dieses Stück welches dreizehn Jahr auf der Bühne ist, und hier vielleicht über sechzigmal ge­ geben ward, ist an jenem Tage von einem solchen Zulauf der Menschen aus allen Klassen und Stän­ den besucht worden, daß eine beträchtliche Zahl aus Mangel an Raum vor Anfang der Vorstellung zurückgehen mußte. Den Widersachern von Kotzebue’s Muse ist also abermals durch das große Pub­ likum lebhaft widersprochen“ (VZ, 3. Februar 1803, Nr. 15). 7 8

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bar ohne Streichungen und Veränderungen texttreu über die Berliner Bühne ging, entwickelte er seine Vorstellung von einem Theater, das man als „theatralisches Theater“ bezeichnen könnte: Eine gute Schaubühne braucht das dramatische Gedicht höchstens als einen Stoff, und um sich frei zu entwickeln, muß das Theater mit diesem Stoff ganz nach Willkühr schalten können, als ob er noch gar keine Form hätte. / Aus diesem Gesichtspunkte, dem Unter­ schiede zwischen theatralischer und dramatischer Poesie, läßt sich manches auf u ­ nserm Theater retten, worüber das gebildete Publikum (allenthalben eine überaus k­ leine Zahl) den Bann sprechen möchte.12

Der anonyme Rezensent schlug also vor, Stücke, die der kleinere, gebildete Teil des Publikums ablehnte, so zu bearbeiten, dass sie gespielt werden könnten, weil er die Stücke nur als theatralischen Stoff begriff. Das ist wohl eine der frühesten ­Äußerungen zum Regietheater. Bemerkenswert ist, dass der Kritiker auf die Vor­ behalte des gebildeten Publikums einging, jedoch den großen Haufen als Ziel­ gruppe eines „theatralischen Theaters“ vor Augen hatte. Das impliziert die An­ sicht, dass das Theater beide Teile des Publikums zufriedenstellen sollte. Auch die oben zitierte Bemerkung eines Rezensenten zu Glucks Iphigenia auf Tauris stammt von einem Spätaufklärer, vermutlich von Rambach, der die Jahrbücher der Preußischen Monar­chie herausgab. Der Rezensent äußerte seine Freude darüber, dass das Haus bei dieser Inszenierung immer ausverkauft war. Das sah er als ein gutes Zeichen für den guten Geschmack des Berliner Publikums an. Ganz anders war das Verhältnis der dem romantischen Lager zugehörigen ­Autoren zum Publikum. August Ferdinand Bernhardi kritisierte die ästhetische Konzeption des Dramatikers Kotzebue generell, wenn er es für einen Mangel an­ sah, dass dieser zwischen „der Gallerie und Publikum gar nicht trennt“.13 Auf den billigen Plätzen der Galerie saßen die Ungebildeten. Bernhardi wollte damit s­ agen, dass Kotzebue seine Stücke für alle berechnet habe und nicht zwischen den ge­ bildeten und ungebildeten Zuschauern unterscheide. Seiner Meinung nach war das der größte Fehler dieses Autors. Der dem Schlegel-Kreis zugehörige Hans ­Christian Genelli kritisierte in seiner Rezension der Inszenierung von August Wilhelm Schlegels 1802 in Berlin aufgeführtem Schauspiel Ion in der Zeitung für die elegante Welt diejenigen Zuschauer, die offenbar Verständnisprobleme mit dem Stück hatten. Aber Genelli erklärte dem Publikum das Stück nicht, sondern er warf ihm eine geringe Bildung vor:

  VZ, 1. März 1804, vgl. Datenbank, Julius Cäsar, 27. 02. 1804.   BAZ, 1798, September-Heft, S. 306.

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6  Ästhetische Wertebildung in der zeitgenössischen Berliner Theaterkritik Auch gab es wohl unter den Zuschauern einige, obgleich nur wenige, aus den Klassen, die sich vorzugsweise die Gebildeten nennen, welche keinen Anstand nahmen dem Stück vorzuwerfen, daß sie die Handlung nicht verständen. Damit konnten sie doch nichts An­ dres meinen, als: entweder daß ihnen die Fabel selbst unbekannt sei, (was jedoch auch nicht wohl dies Nichtverstehen bewirken konnte, indem sie so ausführlich im Stück er­ zählt wird, daß man sagen kann, das Gedicht bescheide sich ordentlich nach dem Bedürf­ nis der Unkundigen); oder daß die bei solchem Stoffe unvermeidliche Anspielung auf Mythologie sie störe. Allein wenn Bildung nicht blos in Erlernung irgend eines Geschäftes oder in der müßigen Fertigkeit zu leerem Raisonniren bestehn soll, sondern vielmehr in Entwickelung der Phantasie, des Gefühls und der Leidenschaft, und überhaupt eines lebendigen Sinnes für Natur und Welt: so darf man von dem, der Anspruch auf solche macht, gewiß vor allem erwarten, daß er in der Mythologie, diesem unvergänglichen Ko­ der der Phantasie und dem Urquell aller Menschenbildung, wenigstens nicht ganz unbe­ wandert sei. Und wenn es doch solche Leute giebt, so werden sie sich bescheiden müssen, daß, so lange ihnen ein solcher Maaßstab fehlt, kein Kunstwerk eben nöthig hat, für sie berechnet zu seyn. 14

Genellis kritischer Text lässt die unterschiedlichen Konzeptionen, welche die Ro­ mantiker und die Spätaufklärer von Dichtung hatten, äußerst scharf hervortreten. Ähnlich wie Bernhardi unterteilte er das Publikum in Gebildete und Ungebildete. Nur die Perspektive war unterschiedlich. Hatte Bernhardi dem Dichter Kotzebue vorgeworfen, für alle zu schreiben, so warf Genelli dem ungebildeten Publikum vor, sich mit etwas beschäftigt zu haben, das gar nicht für es bestimmt war. Genelli sprach den Ungebildeten das Recht ab, über ein nicht für sie bestimmtes Kunst­ werk zu urteilen. An dieser Stelle muss erwähnt werden, dass die wirklich unge­ bildeten Bürger wohl gar nicht ins Theater gehen konnten; denn sie wurden durch die Eintrittspreise und den frühen Beginn der Vorstellungen um 18.00 Uhr daran gehindert. Die Etablierung von Liebhabertheatern in Berlin geschah häufig aus dem Grund, der arbeitenden, weniger wohlhabenden Bevölkerung Theaterver­ gnügungen zu verschaffen.15

Ästhetischer Wert versus Marktwert Lessing schrieb im ersten Stück der Hamburgischen Dramaturgie, dass das neue Theater mit Cronegks Olint und Sophronia eröffnet worden sei, weil man mit ­einem deutschen Originalstück habe anfangen wollen. Aber der „innere Wert ­dieses ­Stückes konnte auf eine solche Ehre keinen Anspruch machen“.16 Leider   ZfdeW, 8. Juli 1802, vgl. Datenbank, Ion, 15. 05. 1802.   Vgl. Anhang, Nr. 59 und 66. 16   Gotthold Ephraim Lessing: Werke. 1767–1769, hrsg. von Klaus Bohnen, Frankfurt/M. 1985, S. 187. 14 15

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erfahren wir von Lessing nicht, wie das Publikum dieses seiner Meinung nach ­keinen inneren Wert besitzende Stück aufgenommen hat. Der innere Wert ist seither eine Kategorie, die bei der Begutachtung einer Theateraufführung an vor­ derster Stelle steht, auch in den Kritiken in Berlin. Bernhardi sprach Racines Atha­ lia den „innern Werth“ ab.17 Über Kotzebues Schauspiel Lohn der Wahrheit urteilte er, dass es nicht den „geringsten Werth hätte“.18 Ebenfalls sprach Bernhardi Kotze­ bues Lustspiel Die beiden Klingsberge jeglichen inneren Wert ab, wenn er seine Kritik der Uraufführung mit folgenden Worten begann: „Herr von Kotzebue ist mit rühm­lichen Wetteifer bemüht, sich selbst den Preis der Plattheit abzugewin­ nen; er macht mit jedem neuen Produkte Eroberungen in dem ihm befreundeten Lande der Albernheit und Gemeinheit“.19 Die beiden Klingsberge gehörten aber zu den erfolgreichen Stücken am Berliner Theater. Ein anderer Kritiker billigte Molières Lustspiel Der Geitzige einen „klassischen Werth“ zu,20 womit offenbar der innere Wert gemeint war. Darauf dürfte auch der Rezensent einer Auffüh­ rung von Schillers Die Jungfrau von Orleans abgezielt habe, der dem Stück einen ­„hohen Werth“ zusprach. Er gab nur zu bedenken, dass das Stück alltäglich wer­ den könnte, weil es so oft wiederholt werde.21 Die Häufigkeit, mit der ein Stück gespielt wurde, sagte offenbar etwas über seinen inneren und äußeren Wert aus. Der anonyme Rezensent zu Schillers und Gozzis Turandot bemerkte, dass „das Haus zwar nicht leer, aber doch auch lange nicht so gedrängt voll [gewesen sei], als wirklich der Werth des Stückes zu hoffen berechtigte“.22 In dieser Formulierung schwingt schon deutlich mit, dass es neben dem inneren Wert einen anderen, äußeren Wert gebe und dass es eine Differenz zwischen innerem und äußerem Wert eines ­Stückes geben könne. Der Kritiker des sehr erfolgreichen Singspiels Die Nymphe der Donau machte die gleiche Feststellung mit der umgekehrten Be­ obachtung, die er in ­seiner ironischen Schlussbemerkung lakonisch zusammen­ fasste: „An der Vortrefflichkeit des Stücks wird übrigens niemand zweifeln, der an der Kasse sitzt“.23 Er billigte demzufolge dem Stück keinen inneren Wert zu, stellte aber fest, dass sein äußerer Wert enorm war. Ein Rezensent von Goethes Torquato Tasso beschrieb den materiellen und den immateriellen Wert des Stückes als Ge­ gensätze: „Tasso ist allerdings ein Werk, mit dem man die Scheuren nicht füllen kann; aber es ist eine seltene Frucht menschlichen Geistes, durch deren Genuß   BAZ, Februar-Heft 1800, S. 152.   BAZ, Februar-Heft 1799, S. 240. 19   BAZ, Juni-Heft 1799, S. 528. 20   HSZ, 20. August 1805. 21  Schillers Die Jungfrau von Orleans war das am meisten aufgeführte Stück am Berliner Natio­ naltheater. Unter Ifflands Leitung erlebte es fast 140 Aufführungen. 22   HSZ, 25. Februar 1806. 23   Eunomia 1802, 2. Jg., 1. Bd., S. 280–282. 17 18

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sich der Geschmack für das Schöne und Edle zu bilden […] vermag.“24 Der ästhe­ tische Wert eines Stückes besteht diesem Kritiker zufolge im Bildungspotential. Der Kritiker der Haude- und Spenerschen Zeitung schrieb dem Stück folglich einen hohen inneren, aber niedrigen äußeren Wert zu. Dass die Wertbestimmung jedoch nicht immer einfach und eindeutig war, macht der Kritiker des von Stegmayer stammenden musikalischen Quodlibets Herr Rochus Pumpernickel deutlich: Am heutigen Abend das Publikum zu beobachten, war anziehend. Es wollte im Anfang sich das Lachen durchaus nicht gestatten, verfeinerten Geschmack, alten Takt des rich­ tigen Gefühls über ästhetischen Werth oder Unwerth behaupten. Wollte die Natur bei Einzelnen dem inneren Zuge folgen, verwies es der Mehrheit Kunstsinn mit tadelndem Zischen. [Aber dann] siegte das Zwerchfell in der Geschmacks-Controverse, und weil Unzelmann zuletzt auch noch eine kleine captatio benevolentiae anbrachte, war das Stück vom Fall gerettet, und dürfte sich nun fernerhin wohl guten Zuspruchs erfreuen.25

Diese Bemerkungen verraten, dass der Rezensent dem Lager der Aufklärung zu­ zuordnen ist, ein Romantiker hätte diese Beobachtung so nicht wiedergegeben. Mittels der Beschreibung des Publikums bei der Aufführung zeigt der Rezensent, dass das Publikum nicht homogen und dass es außerdem in seinem Rezeptions­ verhalten dynamisch war. Ähnliches hatte der Kritiker von Schillers Jungfrau von Orelans schon beobachtet, der befürchtete, das Stück könne „alltäglich“ werden. Werte, auch innere, konnten sich demzufolge im Rezeptionsprozess verändern.

Deutscher Geschmack versus französischer Geschmack Lessings kontrastive – und durchaus klischeehafte – Gegenüberstellung des deut­ schen und des französischen Geschmacks in der Hamburgischen Dramaturgie, die sich vor allem gegen Voltaire richtete, fand in der Berliner Theaterkritik eine Fort­ führung. Lessings gelehrigster (aber wenig origineller) Schüler war Bernhardi, der drei Jahrzehnte später in Berlin wieder den französischen Geschmack dem deut­ schen und englischen Geschmack gegenüberstellte und mit dieser Methode zu dem Ergebnis kam, dass der Deutsche tiefer fühle und der Engländer richtiger klassifiziere als der Franzose, der nur für den Moment lebe: Es ist eben nicht schwer einzusehen, wie die französische Nation an den Voltairschen Tragö­dien habe Geschmack finden können. Die Leichtigkeit der Versifikation, der schein­ bare Zusammenhang, das epigrammatische Pathos, ein Paar glückliche Metaphern, eini­ ge gute Repliquen, dies alles mußte, wenn es nur einigermaßen künstlich vorgetragen ward, die Franzosen unausbleiblich rühren und erschüttern. – Rühren und erschüttern?   HSZ, 11. Februar 1812.   HSZ, 20. Januar 1810.

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Die binären Oppositionen O ja, aber nicht im Sinne des Teutschen und Britten; denn dieser, bei seiner einseitigen Receptivität fühlt tiefer, jener bei seiner ausgedehntern Oberfläche vergleicht und classi­ ficirt richtiger als der Franzose, welcher nur für den Moment lebt, für ihn sich enthusi­ asmirt, dessen Reizbarkeit bloßer Kitzel ist, der mit dem Ernste und dem Scherze spielt, aber nicht wie der Mann, sondern wie ein unverständiges Kind.26

Bernhardi schrieb diese Zeilen in seiner Kritik der Aufführung von Voltaires Mérope, die in Berlin in der Übersetzung von Friedrich Wilhelm Gotter sehr er­ folgreich gespielt wurde. Für Iffland hatte die Inszenierung dieses Stückes ver­ schiedene Funktionen zu übernehmen. Vor allem war ihm das französische klassi­ sche Theater ein Muster. Grund dafür dürften seine dramaturgische Sozialisation in Gotha und Mannheim gewesen sein, wo die Stücke der französischen Klassik zum Repertoire gehörten. Die Mérope diente ihm als Muster-Stück, mit dem er das Berliner Publikum und die Schauspieler an den gesprochenen Vers auf der Bühne heranführen wollte. An Schlegel, dessen Hamlet-Übersetzung kurz danach über die Bühne gehen sollte, schrieb Iffland, dass sich Zuschauer und Schau­spieler ohne die Verse der Mérope nicht hätten zurechtfinden können.27 Aus diesem Grunde hatte er die Aufführung des Hamlet verschoben. Bernhardi ging in seiner pauscha­ len Ablehnung so weit, dass er alle französischen Stücke kritisierte. So schrieb er zum Beispiel: „Die Athalia ist eins von den Stücken des Racine, welches bei uns am bekanntesten ist; nicht etwa, weil es den meisten innern Werth hätte, sondern weil es durch die herrliche Musik auf eine eigenthümliche Art herausge­hoben wird.“28 Die vielgelobte Musik war aber von dem Deutschen Johann Abraham ­Peter Schulz, der die Chöre vertont hatte. Bernhardis Rundumschlag traf auch die 1797 in Paris uraufgeführte Oper Medea von Cherubini, deren Libretto FrançoisBenoît Hoffman verfasst hatte. Über dieses Stück schrieb er in seiner Kritik die folgenden einleitenden Worte: „Daß ein jeder Franzose unfähig sey, die Griechen zu verstehen, läßt sich fast a priori beweisen; und daß daher ein jedes französi­ sches Stück, welches griechisch seyn soll, erbarmungswürdig ausfallen muß, ver­ steht sich von selbst.“29 Bernhardis Kritik zielte nicht auf die Regeldramaturgie der Franzosen, denn er betonte ausdrücklich, dass sein Hauptvorwurf nicht das Materielle sei, das Lessing hervorgehoben habe. Seine Kritik richtete sich auf den seiner Meinung nach herr­ schenden Mangel an Poesie, „die durchgängige Verwechslung der ­Poesie mit Phra­ se“.30 Worauf Bernhardi eigentlich abzielte, wird erst ersichtlich, wenn man seine   BAZ, 1. April 1799, S. 345–351, vgl. Datenbank, Merope, 22. 04. 1799.   Vgl. Anhang, Nr. 24. 28   BAZ, 1. Februar 1800, S. 152–154. 29   BAZ, 1. März 1800, S. 216. 30   BAZ, 1. April 1799, S. 345–351, vgl. Datenbank, Merope, 22. 04. 1799. 26 27

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Kritiken zu den Stücken von Iffland und Kotzebue genau zur Kenntnis nimmt. Diesen die Gegenwartsbühne beherrschenden Dramatikern warf er vor, sich die Franzosen als Vorbilder genommen zu haben. In Bernhardis Genealogie der rüh­ renden Familienstücke stehen nicht die Deutschen am Anfang, sondern Molières Tartuffe und Le Misanthrope sowie Diderots Le Père de Famille.31 Aus Anlass der Aufführung von Kotzebues Das Epigramm in Berlin schrieb Bernhardi 1798: Unsere Leser werden gewiß in ihrem Leben unbedeutende französische Gesichter in Menge gesehen haben, denen die Jugend, die Blüthe der Gesundheit und eine gewisse Lebendigkeit, einen flüchtigen Reiz geben, welcher durch Freundlichkeit und Geschmei­ digkeit noch mehr erhöht wird. Wenn aber das Alter komm, das Feuer des Auges erlischt, die Röthe von den Wangen weicht, und die Weichheit der Umrisse verliert: dann wird jene Lebendigkeit widrig, man bemerkt das Bedeutungslose der Physiognomie; und jene Freundlichkeit verknöchert sich in den Zügen des Gesichts, und wird Fratze. Etwas ähn­ liches ist Kotzebue begegnet.32

Bernhardi, der dem Stück jeglichen Wert absprach und es geringschätzig immer nur als „Produkt“ bezeichnete, rückte Kotzebues Schaffen dicht an die französi­ sche Dramatik, die er für unbedeutend hielt und der er nur den Reiz der Neuheit zuerkannte. Bernhardi war nicht der einzige, wenn auch mit Abstand der ver­ bissenste Kämpfer gegen den französischen Geschmack und dessen vermeintliche Nachahmer. Auch der Kritiker der Aufführung von Corneilles Rodogune in der Vossischen Zeitung, Boehlendorff, war der Meinung, dass der Wert des Stückes „nur“ darin bestehe, Übungs- und Musterstück für Dichter und Schauspieler zu sein.33 Ver­ mutlich lehnte sich diese in sich widersprüchliche Auffassung, die in ähnlicher Weise auch ein Kritiker in der Eunomia vertrat, an Schillers Prolog An Goethe, als er den ‚Mahomet‘ von Voltaire auf die Bühne brachte an, der anlässlich der Aufführung des Mahomet in Weimar gesprochen und 1800 gedruckt erschienen war.34 Schiller äußerte in diesem Gedicht die Meinung, dass Goethes Übersetzung des Mahomet den Deutschen kein Muster, aber Führer zum Besseren sein möge.

  BAZ, 1798, September-Heft, S. 303.   BAZ, 1799, Januar-Heft, S. 72. 33   „In Hinsicht des Werths der Französischen Tragödie für Deutsche Bühnen ist wohl das allge­ meine Urtheil darin übereinstimmend, daß sie nur ein Uebungs- und Musterstück für den Deutschen Dichter sowohl als den Schauspieler, in Ansehung des von beiden weniger beachteten Theils beider Künste, nehmlich des äußern poetischen und theatralischen Maaßes und schicklichen Verhältnisses, und für den Schauspieler insbesondere, des Studiums der theatralischen Mimik, Mahlerei und Grup­ pierung, seyn kann und darf “ (VZ, 5. August 1802, Nr. 93). 34   Schiller: An Goethe, als er den Mahomet von Voltaire auf die Bühne brachte, in: Gedichte von Friedrich Schiller, Erster Theil, Leipzig 1800, S. 270–274. 31 32

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Die Franzosen sollten deshalb kein Muster sein, weil sich die Weimaraner an der ­griechischen Klassik orientierten.35 Wie stark der Widerstand bei einem großen Teil der Kritik gegen die franzö­ sische Klassik, insbesondere das Lustspiel, war, zeigt die brüske Ablehnung von Kotzebues origineller Knittelvers-Übersetzung von Molières L’École des femmes im Jahre 1802.36 Diese erste deutsche Versübersetzung des Molièreschen Stückes wurde, wie die Haude- und Spenersche Zeitung schrieb, durch einen lange vorher geplanten Skandal bei der Uraufführung ausgepocht. Von diesem Skandal erholte sich das Stück nicht mehr, es wurde im gleichen Jahr noch viermal aufgeführt, dann verschwand es für immer von der Berliner Bühne. Die Auseinandersetzung um die Kotzebue-Übersetzung von L’École des femmes war sehr vielschichtig, denn einerseits wurde der Übersetzer von der Kritik in die Nähe zu Molière gedrängt und als dessen Nacheiferer bezeichnet,37 andererseits unterstellte die Kritik ihm, sich mit dem französischen Klassiker vergleichen zu wollen, indem er ihn über­ setzt habe.38 Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit Kotzebues Übersetzung fand nur von Seiten der Spätaufklärer in den beiden Berliner Zeitungen statt, das romantische Lager ignorierte anfangs die Inszenierung und Übersetzung, dann begegnete sie dem Stück vor allem mit Spott und allein mit einer Kritik an der Verswahl.39 Der anonyme Kritiker in der Zeitung für die elegante Welt sah in der Hinwendung zu Molière ein Zeichen dafür, dass Kotzebue von „seiner eigent­ lichen Armut überzeugt“ sei und sich deshalb „durch den Reichthum eines an­   Vgl. Klaus Gerlach: Berlin versus Weimar. Kotzebues gescheiterte Berliner Klassik, in: Literaturwissenschaftliches Jahrbuch. N. F., Bd. 53, Berlin 2012, S. 281–300, hier S. 286. 36   Vgl. dazu auch René Sternke: Französische und Berliner Klassik. Die historische Variabilität des Klassischen, in: Klaus Gerlach/René Sternke (Hrsg.), Der gesellschaftliche Wandel um 1800 und das Berliner Nationaltheater, Hannover 2009, S. 154. 37   „Seit Monaten war es bekannt, daß diese Uebersetzung da sei, daß sie einstudirt würde. Mit sehr mannigfaltig gemischten Gesinnungen sah man ihrer Darstellung auf dem Theater entgegen. ‚Kotze­ bue übersetzt Moliere, er der ihm seit so langer Zeit und oft so glücklich nachgeeifert hat? Endlich also wird doch der genievolle Stifter des reinern, edlern Geschmacks im Lustspiel, auch auf unsrer Bühne einheimisch werden!‘ sagte ein sehr gebildeter Theil des Publikums und freute sich“ (HSZ, 22. März 1803). 38   „Man steht wirklich an, ob man es für ein gutes Zeichen für Kotzebue halten soll, daß er sich mit dem Moliere beschäftigt – indem es wirklich auf die Vermutung führen könnte, daß er sich end­ lich von seiner eigentlichen Armut überzeugt habe, und durch den Reichthum eines andern Dichters mit bereichern wolle“ (ZfdeW, 23. April 1803, Nr. 48, Sp. 376). 39   Von Seiten der Romantiker erschien bezeichnender Weise keine Besprechung der Berliner Auf­ führung. Stattdessen wurde in der Zeitung für die elegante Welt ein namentlich nicht gezeichneter Text unter folgender Überschrift veröffentlicht: „Moliere in neuen Gewande. Etwas auf Veranlassung der Ecole des femmes auf dem franz. Theater in Braunschweig“ (ZfdeW, 21. April 1803, Nr. 48, Sp. 375– 377 und 23. April 1803, Nr. 49, Sp. 383–386). 35

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dern Dichters mit bereichern wolle“.40 Tatsächlich war diese Bemerkung jedoch ironisch; denn die Romantiker schätzten Molière ebenso wenig wie August von Kotzebue. August Wilhelm Schlegel urteilt in seinen Wiener Vorlesungen 1809 äußerst geringschätzig und herablasssend über den französischen Klassiker. Die von den Romantikern gegenüber Kotzebue immer wieder geäußerten Anschuldi­ gungen, sich bei fremden Autoren bedient zu haben, richtet Schlegel auch an die Adresse Molières.41

Ganzes versus Teil In fast allen Theaterkritiken taucht das Kriterium der Einheit auf, mit dem das auf der Bühne Dargestellte bewertet wurde. Es wurde immer wieder die Frage aufge­ worfen, inwieweit das Dargestellte eine Einheit bilde oder in einzelne, effektvolle Teile zerfalle. Auffällig ist, dass es zur Beantwortung dieser Frage keinen wirk­ lichen Maßstab gab. Es scheint nur einen Konsens darüber gegeben zu haben, dass mit der steigenden Vielzahl der Einzelteile der innere Wert sank. Bernhardi z. B. zählte viele Einzelteile auf, wenn er Stücke von Kotzebue be­ sprach, um zu zeigen, dass die Stücke kein Ganzes bildeten. Seine Besprechung des Historiendramas Gustav Wasa fasste er folgendermaßen zusammen: „Daher ent­ steht dann ein solches liebliches Gemisch von zarter Weiblichkeit und Heroismus, Intrigue und Teufel, Liebe und Zärtlichkeit, und der Henker weiß, was sonst noch, aus denen dieses Stück zusammengesetzt ist.“42 Derselbe Kritiker warf Kotzebue in seiner Besprechung des Stücks Das Epigramm vor, ein „Gemengsel“ aus einem Iffland-Stück und einem Jean-Paul-Roman geliefert zu haben.43 Also kein Ganzes. Aber auch der Kritiker von Kotzebues Menschenhaß und Reue meinte, dass die „Schönheiten dieses Stücks gegen seine Mängel aufs genaueste abgewogen“ wer­ den müssten.44 Mit dieser Formulierung unterstellte er, dass das Stück kein Ganzes bilde. Auch der Kritiker von Kotzebues Hugo Grotius konstatierte: „Man sieht, daß 40   [Anonymus:] Moliere im neuen Gewande. Etwas auf Veranlassung der Ecole des femmes, auf dem franz. Theater in Braunschweig, in: ZfdeW, 21. und 23. April 1803, Sp. 376. 41   Vgl. August Wilhelm Schlegel: Vorlesungen über dramatische Kunst und Literatur, zweiter Teil, hrsg. von Edgar Lohner, Stuttgart u. a. 1967, S. 74–88. Schlegel urteilt dort u. a.: „Viele seiner Er­ findungen sind mir als erborgt verdächtig und ich bin überzeugt, die Quelle würde sich nachweisen lassen, wenn man die Altertümer der possenhaften Literatur durchsuchte. […] Andere liegen so nahe, sind oft genutzt und abgenutzt, daß sie gewissermaßen für ein komisches Gemeingut gelten können“ (S. 77). Schlegel lässt nur vier Stück Molières gelten, darunter die Schule der Frauen. Aber auch von diesem Stück weiß er zu berichten, dass schon Paul Scarron, das Thema nach einer spanischen No­ velle bearbeitet habe. 42   BAZ, 1800, April-Heft, S. 310. 43   BAZ, 1799, Januar-Heft, S. 73. 44   NBD, 12. Stück. Sonnabends, den 31ten März 1798, S. 184–192.

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die Handlung dieses Stückes keine Einheit hat, und die Hauptereignisse der­selben durch Zufälligkeiten herbeigeleitet werden.“45 Doch nicht nur Kotzebue, auch an­ deren Autoren wurde der Vorwurf gemacht, kein Ganzes geschaffen zu haben. Aber nur in Ausnahmefällen wurden Belege erbracht. Zacharias Werners Stück Die Söhne des Thales gehörte dazu. Ein Kritiker schrieb: „Ein Ganzes ist ­dieses dramatische Gedicht nicht zu nennen. Die Theilnahme gleitet von dem Einen zum Andern über. Einzelne Theile sind schön“.46 Auch Julius von Voß wurde vorgewor­ fen, stümperhaft gearbeitet zu haben. Der Kritiker der Aufführung seines Lust­ spiels Die Griechheit bemängelte, dass das Stück nicht zusammenhängend sei und ihm ein „festeres, haltbareres Gewebe“ fehle. Die Personen seien „unter sich kaum anders als durch das Personenverzeichniß verbunden“.47 Auch Schiller wurde gelegentlich der Vorwurf gemacht, kein Ganzes geschaffen zu haben. Die Gesamtbewertung lief dennoch nach einem anderen Schema ab, weil die Kritik in solchen Fällen nicht das vermeintlich Unvollkommene hervor­ hob, sondern das Positive und Gelungene resümierend herausstellte. Der Kritiker in der Eunomia schrieb zwar: „die Form, in welcher der Stoff im Ganzen dar­ gestellt wird, und die einzelnen, sich widerstrebenden Bestimmungen desselben, lassen keinen Total Eindruck zu“,48 um dann zu resümieren, dass Maria Stuart ­eines der „schönsten dramatischen Werke“ Schillers sei. Ebenso verfuhr die Kritik mit Goethe. Der Kritiker von Goethes Stück Die natürliche Tochter in der Haudeund Spenerschen Zeitung schrieb, dass in den Charakteren und der Handlung des Schauspiels keine Einheit sei, das werde aber durch „eine fast ununterbrochne Reihe so glänzender dichterischer Gedanken“ und „die Sprache“, die „überall so edel und erhaben-schön“ sei, der Beobachtung entzogen.49 Goethe sei eben ein Genie und dieses Stück eine treffliche Arbeit, so sein Resümee. Goethe nahm in der Kritik von Anfang an eine Sonderstellung ein. Seine Kritiker, selbst Kotze­ bue,50 zogen immer ein positives Resümee.

Goethe versus Kotzebue Wie andeutungsweise schon bei der Betrachtung der oben behandelten Opposi­ tionen gezeigt wurde, waren es vor allem die Werke von Kotzebue und Goethe, an denen die Kritiker wertbildende Kategorien exemplarisch entwickelten. Die   HSZ, Nr. 19, Sonnabend, 12. Februar 1803.   Vossische Zeitung, 12. März 1807, Nr. 31. 47   Vgl. Datenbank, Die Griechheit, 11. 05. 1807; Vossische Zeitung, 16. Mai 1807. 48   Eunomia 1801, 1. Jg., 1. Bd., S. 349–353. 49   HSZ, 25. Oktober 1803, Nr. 128. 50   Goethe wird in Kotzebues Schrift Das Berlinische Nationaltheater 1802 als einer „unserer größten Dichter“ und Iphigenie auf Tauris als ein Meisterwerk bezeichnet. 45 46

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6  Ästhetische Wertebildung in der zeitgenössischen Berliner Theaterkritik

grundlegende Opposition in der Berliner Theaterkritik war eindeutig die von Kotze­bue und Goethe. Ein wichtiger Grund dafür scheint Kotzebues Wertschät­ zung durch den preußischen König Friedrich Wilhelm III. gewesen zu sein. Der König hatte Kotzebue am 18.  Januar 1803 in einem öffentlich gemachten Kabi­ nettsschreiben aufgefordert, in Berlin zu bleiben, dessen Akademiemitgliedschaft bestätigt und ihm eine Präbende des St. Nikolaistifts in Magdeburg angetragen.51 Kotzebues Gegner befürchteten offenbar durch diese allerhöchste Protektion eine Kanonisierung seiner Werke. Dazu kam, dass Kotzebue seit der Gründung seiner Kulturzeitschrift Der Freimüthige ein wirksames Publikationsorgan zur Verfügung hatte.52 Sein Aufsatz Das Berlinische Nationaltheater 1802 bildete eine Parallele zu Goethes im Journal des Luxus und der Moden publiziertem Beitrag Weimarisches Hoftheater. Februar 1802. In diesem berühmten Aufsatz zog Goethe ein Resümee über das von ihm als Direktor des Weimarer Theaters Geleistete. Diesem Auf­ satz kam bei der Mythenbildung zum Weimarer Theater unter Goethes Leitung eine besondere Rolle zu. Goethe bemühte sich in seinem Text, eine Entwicklung darzustellen, die das Theater unter seiner Leitung genommen habe. Er erzählte deshalb die „Geschichte des noch bestehenden Hoftheaters“,53 die er in vier Perio­ den unterteilte. So wichtig wie die Geschichte, die er erzählte und in der Iffland eine ­tragende Rolle spielte, weil sie mit dessen Gastspiel 1796 begann, war aber die Aura, die er dem Publikum seines Theaters verlieh. In Weimar, so behauptete Goethe, gehe nicht der Pöbel ins Theater, der nur schauen, staunen, lachen und weinen wolle.54 In Weimar bereite sich das Publikum auf das Theater vor. Deshalb könnten dort auch Stücke gegeben werden, „woran nur ein erwähltes Publikum Geschmack finden kann“.55 Die Stücke, die Goethe in seinem Text aufzählte, wur­ den übrigens mit Ausnahme des Lustspiels Die Brüder (Adelphoe) des Terenz alle auch auf der Berliner Bühne gespielt. Der Beitrag Das Berlinische Nationaltheater 1802 in Der Freimüthige zog eben­ falls ein positives Resümee. Der Verfasser zählte keine Titel auf, wie das Goethe gemacht hatte, sondern nennt die Namen der Autoren:

  Vgl. das in der Vossischen Zeitung vollständig abgedruckte Kabinettsschreiben (VZ, 29. Januar 1803). 52  Vgl. Klaus Gerlach: Berlin versus Weimar, in: Literaturwissenschaftliches Jahrbuch. N. F., Bd. 53, Berlin 2012, S. 281–300. 53   Goethe: Weimarisches Hoftheater. Februar 1802, in: Journal des Luxus und der Moden, 1802, März-Heft, S. 136–148. Vgl. WA I, Bd. 40, S. 73. 54   Ebenda, S. 78. 55   Ebenda, S. 79. 51

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Die binären Oppositionen Also elf neue Opern und neunzehn neue oder neu einstudierte Schauspiele hat Iffland im verwichenem Jahre auf die Bühne gebracht. Die meisten Nahmen der Verfasser (Babo, Colin, Corneille, Göthe, Gozzi, Kotzebue, Lessing, Schiller, Schlegel) bürgen für seine Sorgfalt bei der Wahl; und Alles, was zur äußern Ver­zierung gehört, ist mit Kenntniß, Geschmack und Aufwand angeordnet worden. Er hat folglich im verwichenen Jahre seine Ehre als Direktor redlich gelöst.56

Es folgte eine ausführliche Würdigung der schauspielerischen Leistung Ifflands, der neben seiner Direktorentätigkeit noch 16 große Rollen übernommen hatte. Dieser Aufsatz im Freimüthigen, in dem sich Kotzebue in eine Reihe neben ­Goethe, Gozzi, Lessing und Schiller stellte, hatte offenbar seine Gegner provo­ ziert und erschreckt. Wenngleich, wie wir gezeigt haben, Kotzebue und G ­ oethe in der Theaterkritik schon länger eine Opposition gebildet hatten, wurden die beiden Dichter fortan als Repräsentanten des Unterhaltungstheaters und des Bildungs­theaters als Konkurrenten gegeneinandergestellt. In der Berliner Zeit­ schrift Brennus57 erschienen 1803 mehrere Theaterkritiken von Friedrich Schulz, in denen Kotzebue und Goethe als ästhetische Gegenpole beschrieben wurden und die gleichzeitig auf eine unversöhnliche Polarisierung der Zuschauer hinaus­ liefen; denn als sichtbarstes Zeichen des Unterschiedes der beiden Dichter wurden ihre jeweiligen Anhänger, „die Auserwählten“ und „der Pöbel“, ausgemacht. Die erste ausführ­liche Kritik von Schulz im Brennus widmete sich der spektakulären Berliner ­Aufführung von Kotzebues Die Hussiten vor Naumburg im November 1802. Das in Versen verfasste Stück ist formal streng nach den klassischen Re­ geln der Einheit von Zeit, Ort und Handlung aufgebaut. Wieland hatte die den Acker­bürgern in den Mund gelegten gereimten Verse zwar gegenüber Böttiger problematisiert, lobte aber deren Qualität in den höchsten Tönen und verglich Kotzebues Verskunst mit derjenigen Ariosts.58 Das Schauspiel behandelt einen historischen Stoff, nämlich die Belagerung von Naumburg durch die Hussiten im Jahre 1432. Kotzebue schildert, wie das friedliche Zusammenleben der Stadtbe­ wohner durch die Belagerung gestört wird und wie die Bedrohung durch das erst bedachte, dann aber sehr riskante Handeln eines Familienvaters abgewendet wird. Die Belagerer werden durch einen Zug in weiße Hemden gekleideter Kinder, der in das Lager der Feinde eindringt, moralisch überwältigt. In dem Stück gibt es acht Chor-­Szenen. Die acht Chöre wurden von verschiedenen Komponisten ver­ tont. Die Uraufführung war ein großer Erfolg, das Stück wurde sehr oft wieder­

  Der Freimüthige, 1803, Nr. 10, S. 39.   Brennus. Eine Zeitschrift für das nördliche Deutschland, Berlin 1802–1803. 58  Vgl. Wielands Briefwechsel, hrsg. von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissen­ schaften, Berlin 2004, Bd. 15.1 (bearb. von Thomas Lindenberg und Siegfried Scheibe), Nr. 605, S. 582. 56 57

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holt59 und unter ­anderem auch in Leipzig, Weimar und Wien gespielt. Schulz’ Kritik war von vornherein darauf angelegt, Kotzebue und das Stück der Lächer­ lichkeit preiszugeben. Gleich zu Beginn lobte Schulz das Historiendrama als etwas ­„ Außerordentliches“. Die super­lative Behauptung diente aber nur dazu, um dann zu demonstrieren, dass sich das „Außerordentliche“ aus einzelnen Lächerlich­ keiten zusammensetzte. Wirkungsvoll seien bestenfalls einzelne Teile und mach­ ten ­Effekt, aber Kotze­bue vermöge „kein schönes Ganzes“ zu dichten.60 Auch be­ hauptete der Kritiker, Kotze­bue habe ganze Stellen aus dem Wallenstein und der Jungfrau von Orleans nachgeahmt.61 Da er seine Behauptung nicht belegte, liegt der Verdacht nahe, dass es sich um eine Verleumdung handelte. Ridikülisiert wurde das Stück vollends, indem die vorgeblichen Reaktionen der Zuschauer be­ schrieben wurden: „Nie flossen so viele Thränen; man hätte fast, wie vor einiger Zeit in Paris bei den Vorstellungen von Misantropie et Repentir Parapluis nöthig gehabt, um nicht naß zu werden; nie waren die Ohnmachten so häufig und so ­gefährlich“.62 Das sind natürlich Übertreibungen, die aber das Lesepublikum amü­ sierten. Schulz bediente sich in ­seiner Rezension einer Methode, die er Kotzebue unterstellte. Der Rezensent dürfte die Lacher schnell auf seiner Seite gehabt ­haben. ­ ächstes wurden die Rezensenten, die positiv über das Damit aber nicht genug. Als n Stück geschrieben hatten, kritisiert: „Was das Stück selbst nicht that, vollendeten die Zeitungen; man pries es darin als das höchste Meisterwerk der ­Poesie“.63 Schulz zielte hier vor a­ llem auf die Bes­prechung in der Haude- und Spenerschen Zeitung, die vermutlich von Garlieb Merkel stammte. In jener Be­sprechung ­wurden Die Hussiten als Meister­werk bezeichnet, das in seiner Schlichtheit den Werken der Alten nahe­komme. Die acht Chöre wurden als gelungenster Versuch gewürdigt, den Chor der Alten neuzubeleben. Tatsächlich waren diese Chöre ein bemerkens­ werter Beitrag Kotze­bues, das antike Theater in die Gegenwart zu h ­ olen. Schil­ lers Experiment mit dem Chor in dem Stück Die Braut von Messina erschien erst ­einige ­Monate später auf der Bühne. Kotzebue hatte sich aber nicht über die Funk­ tion des Chores ge­äußert. Schulz suggerierte nun in seinem Text, dass Kotzebue sich mit den antiken Tragikern habe messen wollen, und schrieb, dass das „eine wahrlich possierliche Unwissenheit verräth“.64 Die Bemerkung des Kritikers aus der Berliner Zeitung, dass Die Hussiten Kotzebue „den ersten Platz unter Deutsch­ lands wirklich dramatischen Dichtern, wenigstens bei der Nachwelt ohne Wider­  http://berlinerklassik.bbaw.de/BK/theater/Theaterzettel.html   Brennus 1803, Bd. 3, S. 112. 61   Ebenda, S. 110. 62   Ebenda, S. 103. 63   Ebenda, S. 104. 64   Ebenda, S. 112. 59 60

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Die binären Oppositionen

spruch, zusichert“,65 empörte Schulz dann vollends: „Doch jetzt scheint er auch im Musen­tempel selbst etwas gelten zu wollen; in die Loge, wo Göthe und Schil­ ler sitzen, mögte er gern“.66 Aber den Eintritt in diese wollte Schulz auf jeden Fall verhindern, jedenfalls bemühte er sich mit allen Mitteln, Kotzebue den Zutritt zu versperren. Dazu reichte es aber nicht aus, Kotzebue öffentlich zu verspotten und lächerlich zu machen, sondern er musste einen wirklichen Heros präsentieren, um mit dessen Größe das Kleinliche des anderen zeigen zu können. Schulz’ Besprechung der Berliner Inszenierung von Goethes Iphigenie auf ­Tauris erfüllte genau diesen Zweck. Der Text erschien im folgenden Heft des ­Brennus. Genau genommen handelte es sich bei diesem Text nicht um eine Be­ sprechung des Stücks, denn Schulz äußerte sich gar nicht konkret über das Stück, er setzte ­voraus, dass es dem Leser bekannt sei. Seine Äußerungen blieben all­ gemein, immer aber enthusiastisch lobend. Der Text war eine einzige Lobes­ hymne auf ­Goethes gesamtes Schaffen. Schulz bezeichnete es als „das hohe ewige Schöne, das unabhängig von allem Wahn und allen Wirbeln der Zeit, ohne Wan­ del bleibt“.67 Für dieses „Göttliche“ hätten nur Wenige ein Gemüt. In Bezug auf das Publikum der Iphigenie schrieb er: Diese sanft gehaltenen Charaktere, diese feinen Schattierungen der Leidenschaften, diese hohe Güte in den Gesinnungen, diese einfache Größe der Handlung, diese gedanken­ schwere Diktion, und diese liebliche Fülle und himmlische Grazie des Ganzen sind nicht für die trägen Herzen, die blöden Augen und dicken Ohren des Volks.68

Goethes Misserfolg beim Publikum wurde damit begründet, dass der größte Teil des Publikums für dieses Werk nicht empfänglich sei. Die trägen Herzen, blö­ den Augen und dicken Ohren könne nur das „Außerordentliche“ befriedigen. Das ­Außerordentliche sei aber nur so etwas, wie der Mann im Monde für das Kind.69 Damit aber nicht genug. In der Besprechung der zweiten Aufführung der ­Iphigenie in Berlin im folgenden Heft des Brennus offenbarte sich Schulz. Aus der Tat­sache, dass diese zweite Vorstellung offenbar vor einem fast leeren Haus gegeben wurde, schlug er Kapital, indem er sie zu einer Versammlung von Auserwählten, die zu­ sammengekommen waren, um „Götterworte“ aufzunehmen, stilisierte. Iffland forderte er auf, die Iphigenia trotz des geringen Kassenerfolges weiterhin zu spie­ len. Es genüge, wenn das ein oder zwei Mal im Jahr geschehe, denn die „Götter­

  HSZ, 9. November 1802, vgl. Datenbank, Die Hussiten vor Naumburg, 05. 11. 1802.   Brennus 1803, Bd. 3, S. 109. 67   Ebenda, S. 219. 68   Ebenda, S. 220. 69   Ebenda, S. 219. 65 66

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kost“ solle sparsam genossen werden.70 In der Zwischenzeit könne ja immerzu Kotzebue gespielt werden. Schulz fasst sein Ansinnen so zusammen: Kotzebue im Ueberfluß und alle Tage, bald rein sauer, bald säuerlich, bald verwässert und schaal, bald mit Zucker und pikantem Gewürz versetzt, – und Göthe zum frohen Feste; Kotzebue der weite, bunte Markt für Alle, Göthe das Allerheiligste für die Erwählten. In der That, Wiederholungen von Stücken, wie Iphigenia, sind ein treffliches Mittel, das Schauspielhaus von manchem Unrath zu säubern.71

Wie wir sehen, ging es Schulz nicht nur um die Erhebung Goethes und die Herab­ würdigung Kotzebues, sondern um Sonderung des Publikums in zwei Klassen. Wenn wir Nietzsche richtig verstehen, war das das eigentliche Anliegen der Ro­ mantiker: Die Scham der Deutschen über Kotzebues Erfolg bei ihnen.72

Mit Hilfe von binären Oppositionen wurde von der Theaterkritik ein Werte­system errichtet, womit die Autoren, die Stücke und das Publikum zueinander in Rela­ tion gebracht wurden. Durch Gegenüberstellung sollten die Unterschiede der Werte deutlich gemacht werden, die den Autoren zugeordnet wurden. Die Kri­ tik stilisierte Kotzebue und Goethe zu Repräsentanten entgegengesetzter litera­ rischer Konzepte. Kotzebues Werken wurde nur ein äußerer, zeitlich begrenzter materieller Wert zugestanden, den der Pöbel an der Kasse bestimmte. Goethes Werken dagegen wurde ein innerer, unbegrenzter ideeller Wert zugesprochen, den nur die Erwählten ermessen könnten. Durch die Rückkopplung dieser Werte an bestimmte Gruppen von Zuschauern wurde die Trennung des Publikums in eine gebildete Oberschicht und in eine ungebildete Unterschicht heraufbeschwo­ ren. Friedrich Schulz hatte sich 1798 in der Neuen Berlinischen Dramaturgie vom Publi­kum verabschiedet. Schulz sah wohl, dass Dichter und Schauspieler um den Beifall des Publikums buhlten und sich freuten, wenn es „ihren Werth laut an­ erkennt“,73 er schlug jedoch vor, eine „Geschmacksjury aus den Weisesten und Gebildetesten des großen Haufens“ zu errichten, um diese dann auf die „symbo­   Ebenda, S. 335.   Ebenda, S. 336. 72  Friedrich Nietzsche: Menschliches, Allzumenschliches. Kritische Studienausgabe, hrsg. von ­Giorgio Colli und Mazzino Montinari, München 2012, S. 448f. – Nietzsche schließt seine Bemer­ kungen über das Theater der Deutschen mit dem Gedanken, dass mit dem erwachenden nationalen Ehrgeiz der Deutschen „jene Verlogenheit und Unechtheit der deutschen Bildung [entstanden sei], welcher sich Kotzebue’s schämte“. 73   Neue Berlinische Dramaturgie, 6. Januar 1798, S. [1]. 70 71

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lischen Vorschriften der Lessingschen Dramaturgie“ schwören zu lassen.74 Wie wir gesehen haben, war Lessings Hamburgische Dramaturgie zwar ein wichtiger Referenztext für Schulz, Lessings Wertschätzung des Zuschauers übernahm er je­ doch nicht. In seinen 1803 erschienenen theaterkritischen Texten ging er dann sogar so weit, das Berliner Publikum zu bewerten und einen bestimmten Teil des­ selben aufzufordern, den Musentempel zu verlassen. ­ riedrich Die auf den Pfaden der Romantiker wandelnde Literaturgeschichte ist F Schulz & Co. weitestgehend gefolgt.75 Der Berliner Schriftsteller Franz Horn ­leistete mit seinem Werk Die schöne Literatur Deutschlands während des achtzehnten Jahrhunderts dazu einen entscheidenden Beitrag.76 Der Autor, der Lehrer am Berliner Grauen Kloster war, stützte seine dort publizierten Meinungen ganz we­ sentlich auf die romantische Kritik. Vor allem war August Wilhelm Schlegel, den er oft zitierte und dem er sich anschloss, sein Gewährsmann.77 Seine Bewertungen des Dramatikers August von Kotzebue sind ganz von Schlegel beeinflusst. Horn sprach in seiner Literaturgeschichte Kotzebue die Fähigkeit ab, „ein vollendetes abgeschlossenes Kunstwerk“, wie es das Trauerspiel sei, zu schaffen. Er habe kein Genie, um auf das Höchste im Menschen einzuwirken.78 Kotzebue habe Talent, doch Talent reiche nur aus, um durch Lustspiele und Possen auf das Einzelne im Menschen zu wirken und für „die momentanen Erfolge“.79 Horn behauptete zwar zu Beginn seiner Kotzebue gewidmeten Einlassungen, nicht den „ungeheuren Machtspruch fast aller Europäischen Parterres ästhetisch zu annihilieren“,80 zielte dann aber entschieden auf diese von der Romantik herausgearbeitete Differenz ab.81 Die Hervorhebung dieses aus romantischer Sicht bestehenden Widerspruchs war eine Stellungnahme, welche alle von uns beobachteten binären Oppositionen zur Wertebestimmung aufgriff. Die Bewertung der um 1800 zum Repertoire ge­   Ebenda, S. 3.  Vgl. Simone Winko: Negativkanonisierung: August v. Kotzebue in der Literaturgeschichts­ schreibung des 19. Jahrhunderts, in: Kanon, Macht, Kultur. Theoretische historische und soziale ­Aspekte ästhetischer Kanonbildungen, hrsg. von Renate von Heydebrand, Stuttgart und Weimar 1998, S. 341–364. Winko hat 37 Literaturgeschichten zwischen 1827 und 1897 ausgewählt. 76   Franz Horn: Die schöne Literatur Deutschlands während des achtzehnten Jahrhunderts, Ber­ lin 1812. 77   Vgl. ebenda, S. 138, 142, 147. Darüber hinaus gibt Horn zu erkennen, dass er seine Erkenntnisse ganz wesentlich aus der Kritik gewonnen hat, ohne dass er ihr sklavisch gefolgt sei (vgl. z. B. ebenda, S. 295f., §§ 161, 162). 78   Ebenda, S. 254, § 158. 79   Ebenda, S. 254f., §§ 158, 159. 80   Ebenda, S. 253, § 157. 81   Wolfgang Frühwald: Der Zwang zur Verständlichkeit. August Wilhelm Schlegels Begründung romantischer Esoterik aus der Kritik rationalistischer Poetologie, in: Die literarische Frühromantik, Göttingen 1983, S. 129–148. 74 75

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6  Ästhetische Wertebildung in der zeitgenössischen Berliner Theaterkritik

hörenden Dramatik durch die Literaturgeschichte wurde ganz wesentlich durch die Berliner Theaterkritik um 1800 geprägt. Das schmale, aber einflussreiche und vielfach aufgelegte Werk Franz Horns, das die erste deutsche Literaturgeschichte zu dieser Epoche war,82 verfestigte ein Bewertungssystem, das aus der Kontroverse zwischen Aufklärung und Romantik hervorgegangen war.

82   Vgl. Franz Horn: Die schöne Literatur Deutschlands, während des achtzehnten Jahrhunderts, Berlin und Stettin 1812. Dort heißt es: „Da wir bekanntlich noch kein Werk besitzen, das sich mit der Geschichte und Kritik der Deutschen Literatur des achtzehnten Jahrhunderts ausschließlich beschäf­ tigt hätte, so begegneten mir manche Schwierigkeiten, die zu bekämpfen eine besondere Anstrengung erfoderten“ (S. IV).

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7  Der Zusammenhang zwischen ästhetischer und ökonomischer Bewertung

Wertmaßstäbe In den Texten über das Theater, insbesondere in Theaterkritiken sowie in Briefen von Autoren und Theaterdirektoren, finden sich durchgängig zwei verschiedene Wertmaßstäbe: ein ästhetischer und ein ökonomischer. Mit dem ästhetischen Maßstab wurde der ästhetische Wert und mit dem ökonomischen Maßstab der ökonomische Wert gemessen, der einem Stück zugesprochen wurde. Der ästhe­ tische Wert bezeichnete den sogenannten inneren Wert und der ökonomische den sogenannten äußeren Wert eines Theaterstücks. Es scheint so, als ob jedes Stück Eigenschaften besäße, nach denen diese Werte beschrieben oder gar be­ rechnet werden könnten. Diese Wertermittlung war ein komplexer Prozess, der vor allem von der Theaterkritik, dem Zuschauer und dem Finanzier bestimmt wurde. Zum Prozess der Wertermittlung kann mit einiger Sicherheit nur gesagt werden, dass er weder objektiv noch neutral war, sondern immer von Macht­ interessen bestimmt wurde. Das wohl größte Interesse an der Wertbestimmung ­hatten die Autoren, denn sie war für ihre bürgerliche und künstlerische Existenz von entscheidender Bedeutung. Von der Wertbestimmung war abhängig, wie viel Honorar sie be­kamen und ob ihre Stücke aufgeführt wurden. Die Autoren wiede­ rum wurden von den jeweiligen Interessen der verschiedenen sozialen Gruppen gestützt. Wie wir im sechsten Kapitel gesehen haben, vollzog sich die ästhetische Wer­ tebildung vor allem in der zeitgenössischen Theaterkritik in Tageszeitungen und Kulturjournalen. In diesen tagesaktuellen Texten wurden die Stücke und die ­Autoren ästhetisch bewertet. In den seltensten Fällen ist es möglich, aus den Kri­ tiken ein ästhetisch fundiertes Bewertungssystem herauszulesen, das Allgemein­ gültigkeit besaß und auf verschiedene Stücke gleichermaßen Anwendung fand. In der Regel wurde bewertet, indem inhaltliche oder formale Aspekte verschie­ dener Stücke miteinander verglichen wurden. Es wurden binäre Oppositionen herausgearbeitet. Auf einer scheinbar neutralen ästhetischen Waage wurde abge­ wogen, ob ein Stück die Sinne anspreche oder den Verstand beschäftige, ob es aus zusammengesetzten Teilen oder aus einem Ganzen bestehe, ob die Erfindung neu sei oder nach einem altbekannte Muster gearbeitet worden sei, ob es den Zu­

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7  Der Zusammenhang zwischen ästhetischer und ökonomischer Bewertung

schauer „nach dem Höhern und Unendlichen“1 oder in „die gemeinste Lebens­ prose“2 ziehe. Ein wichtiges, nicht werkimmanentes Kriterium, das von den (ro­ mantischen) Kritikern zur ästhetischen Bewertung herangezogen wurde, war die Reaktion des Publikums. Ob ein Stück von der Masse beklatscht oder von den Erwählten bewundert wurde, galt als sicheres Zeichen für die ästhetische Qualität eines Stückes. Die ästhetischen Bewertungen scheinen infolge der geringen Sys­ tematik sehr stark vom subjektiven Urteil des Kritikers abgehangen zu haben. So beschuldigten die Frühromantiker August von Kotzebue, Shakespeare und Schil­ ler nachzuahmen, während die Kritiker aus dem Lager der Spätaufklärer Kotzebue Originalität bescheinigten.3 Die Kritik suggerierte, dass es einen Zusammenhang zwischen ästhetischem und ökonomischem Wert eines Stückes gebe. Je größer der ästhetische Wert, umso geringer sei der ökonomische, je geringer der ästhetische, umso größer sei der ökonomische Wert des Stückes.

Die Bemessung des ökonomischen Wertes Alle auf dem Berliner Nationaltheater gespielten neuen Stücke wurden als Manu­ skript gekauft. Das geschah in der Regel durch den direkten Kontakt mit den Au­ toren oder über Vermittler wie z. B. Franz Kirms, über welchen Iffland die Stücke Goethes erhielt. Indem Iffland ein Manuskript, das ihm zugeschickt worden war, annahm oder ablehnte, entschied er über dessen Wert. Demnach hatten auch die­ jenigen Stücke, die abgelehnt und demzufolge nicht honoriert wurden, ihren Platz auf der Werteskala: ganz unten. Sie waren wertlos. Mit seiner Unterschrift auf eine Geldanweisung legte sich Iffland dagegen definitiv fest, ein Manuskript im Tausch gegen eine Summe Geldes zu erwerben.4 Je größer der dort stehende Betrag, umso höher stand das Stück auf der ökonomischen Werteskala.

  Vgl. die Kritik zu Schlegels Ion, vgl. Datenbank, Ion, 15.05.1802.   Vgl. die Kritik zu Julius von Voß’ Künstlers Erdenwallen, vgl. Datenbank, Künstlers Erden­ wallen, 29. 01. 1810. 3   Exemplarisch kann die Bewertung seiner Übersetzung von Molières L’ École des femmes ange­ sehen werden. Der Rezensent in der Haude- und Spenerschen Zeitung schreibt, nur „er war in Deutschland im Stande eine solche Uebertragung zu leisten, und sie gehört nicht zu seinen gerings­ ten literarischen Verdiensten“ (HSZ, 22. März 1803). Der Rezensent der Zeitung für die elegante Welt schreibt: „Möchte übrigens Hr. v. K. es doch bei diesem Versuche bewenden und den Staub des a­ lten Moliere, so wie den des ehrlichen Holberg in Frieden ruhen lassen; wenigstens verschone er den größe­ren Theil des Publikums mit seinen Uebersetzungen, und theile sie lieber dem gebildeten Ber­ liner, das ihn etwas in Masse bewundert, im Manuskripte mit“ (23. April 1803, S. 385). – Vgl. auch Bernhardis Kritik zu Octavia, vgl. Datenbank, Octavia, 01. 07. 1800 und die ungezeichnete Kritik zu Die Quäker, vgl. Datenbank, Die Quäker, 28. 01. 1812. 4   Vgl. z. B. Anhang, Nr. 37 und 73. 1 2

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Die Bemessung des ökonomischen Wertes

Die Autoren, Übersetzer, Komponisten, Bearbeiter erhielten für ihre Arbeit ein bestimmtes Honorar. Den überlieferten Listen5 zufolge, in denen der Ankaufpreis ­ utoren und der Manuskripte verzeichnet wurde, gab es bei der Honorierung der A hinsichtlich der Genres Unterschiede. So wurden Goethe für Die natürliche ­Tochter 126 Taler ausbezahlt, Schiller erhielt für seine Jungfrau von Orleans 107 und für Die Braut von Messina 103 Taler. Kotzebue bekam für Die französischen Kleinstäd­ ter und für Die deutschen Kleinstädter zusammen nur 171 Taler. Für die drei Stücke Die Hussiten vor Naumburg, Don Ranudo de Colibrados und Hugo ­Grotius erhielt derselbe Autor 393 Taler. Für seine Schauspiele Das Vaterhaus und Die Haus­ freunde ließ sich Iffland 112 bzw. 111 Taler auszahlen. Julius von Voß wurden für sein Lustspiel Künstlers Erdenwallen 80 Taler gezahlt. Konrad Levezow bekam für sein Trauerspiel Iphigenia in Aulis nur 65 Taler. Damit erhielt Levezow etwa die Hälfte von Goethes Vergütung. Noch weniger, nämlich 16 Taler, erhielt Friedrich Gustav Hagemann für sein Lustspiel in einem Akt Großmuth und Dank­barkeit. Bearbeiter und Übersetzer wurden ähnlich honoriert. Schiller bekam für seine Bearbeitung von Gotthold Ephraim Lessings Nathan der Weise und die Über­ setzung von Carlo Gozzis Turandot zusammen 171 Taler. Goethe erhielt für seine Voltaire-Übersetzung Mahomet 97, für Tancred 95 Taler. Julius von Voß bekam für seine Übersetzung der Gluck-Oper Armide 100 Taler, Johann Daniel ­Sander für seine Übersetzung der Iphigenia in Aulis nur 72 Taler. Theodor Heinrich ­August ­ odogune Bode erhielt für die Übersetzung von Pierre Corneilles Trauerspiel R 107  Taler. August Wilhelm Schlegel bekam für seine in Berlin gespielte Über­ setzung von Shakespeares Hamlet 67 Taler, also 30 Taler weniger als Goethe. Am besten wurden die Komponisten honoriert. Johann Friedrich Reichardt er­ hielt für seine Oper Tamerlan 500 Taler; jeweils die gleiche Summe erhielt der Hofkapellmeister Friedrich Heinrich Himmel für seine Musik zu Kotzebues aus dem Französischen übersetztem Vaudeville Fanchon das Leyermädchen und zu Ludwig Roberts romantischer Zauberoper Die Sylphen. Robert erhielt für seinen Text immerhin 100 Taler. Für die Musik zu Kotzebues heroischem Schauspiel mit Chören und Gesängen Deodata erhielt der Komponist und Direktor der Ka­ pelle des Nationaltheaters Bernhard Anselm Weber 400 Taler. Die hohe Honorie­ rung der Komponisten unterstreicht die Bedeutung der Musik für das Theater um 1800. Es kann gar nicht genug betont werden, dass jedes Stück mit Musik gegeben wurde. Die Zuhörer waren an die sinnliche Unterstützung des Textes durch die Musik gewöhnt. Opern und Singspiele bildeten einen Höhepunkt. Auffällig sind die hohen Honorare für Schillers Wilhelm Tell (331 Taler) und Zacharias Werners Die Weihe der Kraft (500 Taler). In beide Dramatiker hatte Iff­ 5   Franz Dingelstedt (Hrsg.): Johann Valentin Teichmanns weiland königl. preußischen Hofrathes Literarischer Nachlass, Stuttgart 1863, S. 457–466.

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7  Der Zusammenhang zwischen ästhetischer und ökonomischer Bewertung

land große Hoffnungen gesetzt und beabsichtigte, sie an die Berliner Bühne zu binden. Das war wohl der Grund, weshalb ihnen ein vom Durchschnitt so stark abweichendes hohes Honorar zugebilligt wurde. Besonders nach dem frühen und plötzlichen Tod Schillers setzte Iffland große Erwartungen in Zacharias Werner, dessen Stück Die Weihe der Kraft er auf einer Lesereise Popularität zu verschaffen suchte.6 Die chronologisch angelegte Ankaufsliste macht außerdem deutlich, dass ab 1808 weniger Stücke gekauft wurden und auch das Honorar niedriger ausfiel. Das war offenbar der finanziellen Lage des Theaters geschuldet, die sich in unmit­ telbarer Folge der französischen Besetzung drastisch verschlechtert hatte. Vergleichen wir die Honorare mit der Häufigkeit der Aufführungen, die ein ­sicheres Indiz für gute Einnahmen an der Theaterkasse sind, so fällt auf, dass kein zwingender Zusammenhang bestand. Hohe Honorare bescherten nicht immer große Einnahmen und umgekehrt bedeutet es nicht, dass ein Stück, für das nur ein geringes Honorar gezahlt worden war, wenig Erfolg an der Theaterkasse hatte. Die natürliche Tochter, für die Goethe 126 Taler Honorar erhalten hatte, wurde z. B. nur vier Mal gespielt. Schillers Jungfrau von Orleans (107 Taler Honorar) erlebte dagegen 136 Aufführungen. Schlegels Ion (101 Taler) wurde drei Mal aufgeführt. Kotzebues Die deutschen Kleinstädter erlebten 61 Aufführungen, seine Über­ setzungen von Die französischen Kleinstädter nur sieben; für beide zusammen hatte er 171 Taler erhalten. Kotzebues Der Wirrwarr (165 Taler) brachte es auf 41 Aufführungen. Kotzebues Die Kreuzfahrer und Das Zauberschloß (297 ­Taler) erlebten nur 18 bzw. 4 Aufführungen. Johanna Franul von Weißenthurns Lustspiel Beschämte Eifersucht (38 Taler) kam auf 24 Aufführungen. Goethes Übersetzung des Tancred (95 Taler) schaffte sieben Aufführungen, Schlegels Hamlet (67 Taler) zehn. Für die Partitur des Singspiels Die Nymphe der Donau (2. Teil) hatte Iffland nur acht Taler bezahlt, das Stück lief aber 41 Mal. Eine ähnlich glückliche Hand hatte Iffland mit dem Kauf von Peter Winters Das unterbrochene Opferfest. Das in ganz Europa erfolgreich aufgeführte Singspiel, das Ludwig van Beethoven zu ­seinen sieben Variationen über Kind, willst du ruhig schlafen inspirierte, kostete nur 50 Taler, wurde aber 59 Mal aufgeführt. Reichardts Oper Tamerlan (500 Taler) schaffte nur sechs Aufführungen. Seine Komposition zu Gotters Shakespeare-Be­ arbeitung Die Geisterinsel (500 Taler) brachte es dagegen auf 54 Aufführungen. Vom selben Werk hatte Iffland einige Monate vorher bereits die Komposition von Johann Friedrich Anton Fleischmann für 70 Taler gekauft. Sie wurde jedoch nicht gespielt, weil Iffland mit der Komposition unzufrieden war, wie Caroline Schlegel   Vgl. Uta Motschmann: Die Ausstattung von Zacharias Werners Drama Martin Luther oder die Weihe der Kraft (1806), in: Klaus Gerlach (Hrsg.), Das Berliner Theaterkostüm der Ära Iffland. ­August Wilhelm Iffland als Theaterdirektor, Schauspieler und Bühnenreformer, Berlin 2009, S. 81, Anm. 12. 6

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Das Verhältnis zwischen Kasseneinnahme und ästhetischer Bewertung

berichtete.7 Dass Iffland Manuskripte kaufte, die dann nicht aufgeführt werden, kam gelegentlich vor. So kaufte er Kotzebues Carolus Magnus, für 113 Taler und von Julius von Voß die Stücke Das Crochet (135 Taler) und Die Weinlese (20 Taler), die allesamt nie aufgeführt wurden. Wie wir gesehen haben, wurde der ökonomische Wert eines Stückes zweimal bestimmt: einmal beim Ankauf eines Manuskriptes vom Autor, Übersetzer oder Komponisten durch die Theaterdirektion und zum anderen beim Verkauf der Ein­ trittskarten der entsprechenden Inszenierung an das Publikum. Während Iffland das Stück als Rohmaterial für eine Inszenierung ansah, bewertete das Publikum das Stück als unablösbare Komponente der Theatervorstellung. In Ifflands Be­ wertung floss außerdem noch sein Wissen um die (sehr unterschiedlichen) Auf­ führungskosten, wie Bühnenbilder und Kostüme, ein.8 Zwischen beiden Wert­ bestimmungen bestand zweifellos eine Wechselwirkung, jedoch nicht unbedingt eine Abhängigkeit.

Das Verhältnis zwischen Kasseneinnahme und ästhetischer Bewertung Sehen wir uns ein in Ifflands Auftrag verfertigtes Verzeichnis aus dem Jahre 1802 an, in dem wir die Tageseinnahmen aller Stücke aufgelistet finden, die im Monat Juni gespielt wurden.9 Diese in den Verwaltungspapieren überlieferte Tabelle ist zwar ein Zufallsfund, sie ist aber dennoch aufschlussreich und womöglich reprä­ sentativ. Das Jahr 1802 kann als richtungsweisend für Ifflands Direktionsarbeit an­ gesehen werden. Im Januar 1802 wurde das neue Schauspielhaus eröffnet, Iffland veröffentlichte sein Theatergesetz mit den Regeln für Schauspieler,10 die ­Kostüme auf dem Königlichen Nationaltheater in Berlin erschienen zum ersten Mal, die täg­ liche Theaterkritik in den Berliner Tageszeitungen erschien ebenfalls Mitte 1802 erstmalig. Dazu kam, dass sich August von Kotzebue in diesem Jahr in Berlin nieder­gelassen hatte, was den Streit zwischen Romantik und Spätaufklärung zur „ästhetischen Prügelei“ eskalieren ließ,11 der mit dem Theaterskandal während der  7   Caroline Schlegel an Luise Gotter, Weimar, 2. Mai 1798, in: Caroline [Schlegel]. Briefe aus der Frühromantik, nach Georg Waitz vermehrt hrsg. von Erich Schmidt, Leipzig 1913, Bd. 1, S. 450f.  8   Vgl. Anhang, Nr. 34. In dieser Liste werden Aufwand und Einnahme gegenübergestellt.  9   Vgl. Anhang, Nr. 50. 10   Klaus Gerlach: Ifflands Kostümreform oder die Überwindung des Natürlichen, in: ders. (Hrsg.), Das Berliner Theaterkostüm der Ära Iffland. August Wilhelm Iffland als Theaterdirektor, Schau­ spieler und Bühnenreformer, Berlin 2009, S. 20–22. 11   Vgl. Rainer Schmitz (Hrsg.): Die ästhetische Prügeley. Streitschriften der antiromantischen Be­ wegung, Göttingen 1992. – Vgl. auch den Briefwechsel Caroline Schlegels. Die August von Kotzebue

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7  Der Zusammenhang zwischen ästhetischer und ökonomischer Bewertung

Aufführung seiner Schule der Frauen einen unrühmlichen Höhepunkt erreichte.12 Das Etatjahr 1802/03 war das erste unter Ifflands Leitung, in dem ein beträchtli­ ches Defizit ausgewiesen wurde. Daran sollte sich in der Folge nichts mehr ändern. An den 30 Tagen im Juni 1802 wurden 24 Stücke gegeben, ein Stück wurde drei Mal, vier Stücke wurden zwei Mal gespielt. Insgesamt wurden ca. 7 292 Reichstaler eingenommen. Die Rangfolge der ersten zehn Stücke nach den Tageseinnahmen ist folgende: 1. Das Singspiel Das unterbrochene Opferfest von dem Komponisten Peter Winter. 2. Das Lustspiel Das öffentliche Geheimnis von Gozzi in der Bearbei­ tung von Gotter. 3. Das Singspiel Die Nymphe der Donau. Theil 2 von Ferdinand Kauer. 4. und 5. Die Tragödie Die Jungfrau von Orleans von Friedrich Schiller. 6. Das Singspiel Der reisende Student von Peter Winter. 8. Das Trauerspiel Die Ver­ schwörung des Fiesko zu Genua von Schiller. 9. Das Schauspiel Hermann von Unna von Christiane Bénédicte Eugenie Naubert. 10. Das Trauerspiel Lanassa von Le Mierre in der Bearbeitung von Karl Martin Plümicke. Die eine Hälfte der Aufführungen waren Singspiele und Opern, die andere Lustspiele, Schauspiele und Tragödien. Die Einnahmen verteilten sich ungefähr zur Hälfte jeweils auf das Musik- und das Sprechtheater. Von den insgesamt 7 292 eingenommenen Reichstalern stammten ca. 3 580 aus den Eintrittsgeldern der Singspiele und Opern.13 Genau lassen sich die Einnahmen den einzelnen Genres nicht zuordnen, weil erstens an manchen Abenden Stücke verschiedener Genres gespielt wurden, weil zweitens viele Stücke nicht eindeutig einem Genre zugeord­ net werden können, wie z. B. Hermann von Unna, ein Schauspiel mit Chören und Tänzen und weil drittens jedes Stück auf dem Theater um 1800 mit Musik aufge­ führt wurde. Die fünf Aufführungen der sehr erfolgreichen Singspiele von Peter Winter und Ferdinand Kauer brachten der Kasse fast 2 000 Reichstaler ein. Die Singspiele Das unterbrochene Opferfest, Der reisende Student und Die Nymphe der Donau. Theil 2 waren demzufolge an der Kasse am erfolgreichsten. Der Autor, von dem die meisten Aufführungen gespielt wurden, war Friedrich Schiller, von ihm wurden fünf Stücke mit insgesamt sechs Aufführungen ­gegeben. häufig erwähnenden Briefe Carolines lassen erahnen, wie argwöhnisch Kotzebues Eintreffen in Ber­ lin beobachtet wurde. Das von Caroline am 13. Februar 1803 kolportierte Gerücht, Kotzebue wäre fast Minister geworden, macht das besonders deutlich (vgl. Caroline. Briefe aus der Frühromantik, Leipzig 1913, Bd. 1, S. 356). 12   Vgl. René Sternke: Französische und Berliner Klassik, in: Klaus Gerlach/René Sternke (Hrsg.), Der gesellschaftliche Wandel um 1800 und das Berliner Nationaltheater, Hannover 2009, S. 154. 13   Von den 30 Aufführungen im Monat Juni 1802 sind 12 Singspiele und zwei „Schauspiele mit Chören und Tänzen“. Diese 14 Aufführungen bringen der Kasse ca. 3 580 Reichstaler, also etwa die Hälfte der Einnahmen des Monats. Genau kann das nicht berechnet werden, weil an manchen Tagen zwei Stücke gegeben wurden, von denen eines ein Singspiel und das andere ein Schauspiel war.

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Das Verhältnis zwischen Kasseneinnahme und ästhetischer Bewertung

An zweiter Stelle stand Kotzebue mit fünf Aufführungen von vier Stücken. Das an der Kasse erfolgreichste Stück war das Singspiel Das unterbrochene Opferfest mit 536 Reichstalern, das Stück mit der geringsten Einnahme war das Lustspiel Der Besuch von Kotzebue mit ca. 79 Reichstalern. Das erfolgreichste Schauspiel war das Lustspiel Das öffentliche Geheimnis. Dieses Lustspiel von Carlo Gozzi war bereits 1781 von Friedrich Wilhelm Gotter übersetzt und möglicherweise von Iff­ land ins Repertoire aufgenommen worden, um die unterschiedliche Behandlung bei der Übersetzung zu zeigen. Iffland war mit Schillers Übersetzung von Gozzis Turandot äußerst unzufrieden gewesen.14 Die Einnahmen der sechs Schiller-Auf­ führungen betrugen mehr als 1 680, die fünf Aufführungen der Stücke Kotzebues 957 Reichstaler. Die Inszenierungen der Stücke von Schiller und Kotzebue zusam­ men erwirtschafteten mehr als ein Drittel der Einnahme in diesem Monat. Der Anteil der Stücke der beiden Dramatiker am Spielplan betrug jedoch auch etwas mehr als ein Drittel. Werfen wir noch einen Blick auf ein Verzeichnis der Aufführungen in Potsdam aus dem Jahre 1800.15 Das Verzeichnis gibt über die Einnahmen und Ausgaben derjenigen Stücke Auskunft, die Iffland im Potsdamer Stadttheater aufführte (vgl. Kapitel 3). Der materielle Aufwand war relativ groß, weil das Ensemble mit meh­ reren Wagen hin- und wieder zurücktransportiert werden musste und obendrein Logiskosten anfielen; die Bedingungen für Reise und Logis wurden vorher festge­ setzt.16 Insgesamt wurden in diesem Jahr neun Vorstellungen in Potsdam gegeben. Drei Stücke von Iffland, ein Stück von Kotzebue, ein Stück von Schiller, drei Sing­ spiele von Reichardt und je ein Stück von Sallmann und Jünger. Ifflands Schauspiel Das Vaterhaus verzeichnete die höchste Einnahme (292 Taler). Das Schauspiel Der Essighändler von Mercier und Reichardts Liederspiel Lieb’ und Treue, die beide an einem Abend gespielt wurden, standen auf dem zweiten Platz (288 Taler). Schil­ lers Trauerspiel Wallensteins Tod nahm die dritte Stelle ein (275 Taler). Kotzebues Lustspiel Die beiden Klingsberge stand erst an siebenter Stelle (209 Taler). Aus beiden Verzeichnissen lässt sich ablesen, dass einerseits die Singspiele, de­ ren Erfolg auf den Wiener Bühnen zumeist erprobt worden war, und andererseits die Gegenwartsdramatiker Iffland, Kotzebue und Schiller das Repertoire domi­ nierten. (Vgl. Bildtafel 6.) Diese drei waren wichtig als Autoren, Übersetzer und Bearbeiter. Zwar wurden insgesamt von Schiller weniger Stücke als von Iffland und Kotzebue gespielt, jedoch wurden die des Weimaraners häufiger wiederholt. Die Jungfrau von Orleans wurde unter Ifflands Leitung fast 140 Mal aufgeführt. Da­ bei muss noch berücksichtigt werden, dass das Stück während der französischen   Vgl. Anhang, Nr. 49.   Vgl. Anhang, Nr. 34. 16   Vgl. Anhang, Nr. 31 und 32. 14 15

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7  Der Zusammenhang zwischen ästhetischer und ökonomischer Bewertung

Besatzungszeit nicht gespielt wurde und erst 1809 wieder auf die Berliner Bühne kam. Kein anderes Stück wurde auch nur annähernd so oft gespielt. Nur wenigen Kotzebue-­Stücken gelang es, mehr als 40 Mal aufgeführt zu werden. Die deutschen Kleinstädter mit 61 Aufführungen waren Kotzebues erfolg­ reichstes Original­ stück. Nur seine Übersetzung und Bearbeitung des französischen V ­ audevilles ­Fanchon das Leyermädchen schaffte einige Wiederholungen mehr. Viele S­ tücke von ­Kotzebue brachten es nur auf zwei bis zehn Aufführungen. Das nämliche galt für Ifflands Werke. Von den 27 Stücken, die auf der Berliner Bühne aufgeführt wurden, wurden nur zehn mehr als zehn Mal aufgeführt. Das Schauspiel Die Jäger mit 33 Aufführungen ist das erfolgreichste. Schillers Stücke wurden mindestens 13 Mal aufgeführt. Die These, dass Kotzebues und Ifflands Werke, wie Klingen­ berg behauptete,17 der Kasse wegen gespielt wurden, ist angesichts dieser Zahlen nicht haltbar. Die Zahlen über die Honorarleistungen, die Kasseneinnahmen und die Auf­ führungsfrequenz legen den Schluss nahe, dass Iffland mit bestimmten Inszenie­ rungen andere wiederum erst ermöglichte. Die von der Kritik meist als ästhe­ tisch minderwertig bewerteten Singspiele wie Das unterbrochene Opferfest, Der reisende Student, Die Nymphe der Donau oder Das Neusonntagskind konnte Iff­ land für einen verhältnismäßig geringen Preis erwerben. Gleichzeitig verschaff­ ten sie der Theaterkasse große Einnahmen, weil sie beim Publikum beliebt waren und oft wiederholt werden konnten. Die Einnahmen der meisten Singspiele über­ stiegen die Ausgaben für die Inszenierung um ein Vielfaches.18 Zwar müssen ne­ ben dem Honorar auch der Aufwand für die teuren Dekorationen, Honorare für die Schauspieler und der Theaterbetrieb berücksichtigt werden, aber ein Großteil ­dieser Kosten fiel bei allen Inszenierungen an. Erfolgreich an der Kasse, im Erwerb allerdings wesentlich teurer als die Singspiele, waren die Stücke Schillers, Ifflands und Kotzebues. Die Bewertung der drei Zeitgenossen durch die Kritik fiel nicht so eindeutig aus wie bei den Singspielen. Eine differenzierte Untersuchung der zeit­ genössischen Kritik der drei Dramatiker Iffland, Kotzebue und Schiller könnte aufschlussreich sein. In einer wortwitzigen und geistreichen Kritik zur Inszenie­ rung von Die Nymphe der Donau beschäftigte sich der nur mit „Z“ unterzeich­ nende Autor mit der Rolle der „hohen“ Kritik, die dieses Stück abfällig beurteilt hatte. Er kam zu dem Schluss, dass es „eitler, weltlicher Stolz [sei], wenn sich die platte Kritik über des Volkes gültigere Stimme“ erhebe. Am Ende seines Textes wies er ganz ohne Ironie darauf hin, dass sich das von der Kritik viel geschmähte Singspiel und Schillers Tragödie Die Jungfrau von Orleans an dieselben Zuschauer   Karl-Heinz Klingenberg: Iffland und Kotzebue als Dramatiker, Weimar 1962, S. 158.   Mozarts Opern, die zufolge der historischen Genrebezeichnung Singspiele sind und als solche auch auf den Theaterzetteln bezeichnet werden, laufen fast alle mit großem Erfolg. 17 18

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Das Verhältnis zwischen Kasseneinnahme und ästhetischer Bewertung

wandte. Er schloss mit der Feststellung: „Das wird man uns übrigens aufs Wort glauben, daß die Nymphe der Donau und die Jungfrau von Orleans ganz und gar eine und dieselbe Tendenz haben.“19 Die These einer indirekten Proportionalität von ästhetischem Wert und Markt­ wert, wie sie von der romantischen Kritik formuliert wurde, besitzt keine absolute Gültigkeit. Die ästhetische Bewertung durch das Publikum, dem von der roman­ tischen Kritik die dazu notwendige Kompetenz abge­sprochen wurde, gibt noch keinen Aufschluss über den Marktwert, weil die Einnahme durch den Aufwand relativiert wurde. In den beiden oben ausgewerteten Verzeichnissen ist Goethe nicht vertreten. Das ist kein Zufall; denn die zehn in Berlin aufgeführten Werke des Weimaraners wurden insgesamt weniger als 80 Mal aufgeführt.20 Nur das von Reichardt ver­ tonte Singspiel Jery und Bätely (14 Mal), Götz von Berlichingen mit der eisernen Hand (13 Mal), Egmont (12 Mal) und Die Laune des Verliebten (11 Mal) wurden mehr als zehn Mal aufgeführt. Im vorigen Kapitel haben wir gezeigt, dass allein ­Goethes Stücken ein singulärer Charakter zugeschrieben wurde. Sogar Garlieb Merkel, bekanntlich kein Freund des Weimaraners, schrieb 1803 in einer Kritik zur Aufführung des Stücks Die natürliche Tochter, dass es „das originellste und trefflichste Werk ist, mit welchem der berühmte Dichter seine Nation noch be­ schenkt hat“.21 So pointiert wie in diesem Text wurde Goethes Sonderstellung als Dramatiker sonst nirgends beschrieben. Die Kritik war sich einig in der ästhe­ tischen Bewertung seines Schaffens, das als einzigartig anerkannt wurde. Das mag auch ein Grund dafür sein, dass Iffland zehn Werke und drei Übersetzungen bzw. Bearbeitungen von Goethe in Berlin aufführte, obwohl sie keinen Erfolg hatten. Iffland machte zweifelsohne mit der Aufführung von Stücken des Weimaraners Verluste. Das heißt, Iffland subventionierte die Aufführung von Goethes ­Werken zugunsten eines kleinen Kreises von Liebhabern und um des Prestiges willen. Deutlich wird das bei seiner im Jahre 1814 vorgetragenen Bitte, Goethe möge zu den Feierlichkeiten aus Anlass der Befreiung von der Napoleonischen Herrschaft ein Festspiel verfertigen. Obwohl das gewünschte Stück nicht länger als 20 Minu­ ten dauern sollte, bot er dafür die Summe von 200 Talern.22 Goethe erfüllte Ifflands Bitte und dichtete das Festspiel Epimenides Erwachen, das dann erst nach Ifflands Tod auf die Berliner Bühne kam.23 Auch die sehr hohe Summe von 6­ 00 ­Talern für   Klaus Gerlach (Hrsg.): Eine Experimentalpoetik. Texte zum Berliner Nationaltheater, Hanno­ ver 2007, S. 385. 20   In dieser Zählung sind die Übersetzungen bzw. Bearbeitungen nicht berücksichtigt. 21   Ernst und Scherz, 16. Juli 1803, vgl. Datenbank, Die natürliche Tochter, 13. 07. 1803. 22   Vgl. Anhang, Nr. 96. 23   In dem wenige Wochen vor seinem Tod am 1. September 1814 geschriebenen Brief an Karoline Jagemann in Weimar wies Iffland auf den Widerspruch zwischen inneren und äußeren Wert in Bezug 19

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7  Der Zusammenhang zwischen ästhetischer und ökonomischer Bewertung

die Bearbeitung von Romeo und Julia,24 die nur drei Mal aufgeführt wurde, beweist die Sonderstellung Goethes, der von Iffland bevorzugt behandelt wurde. Goethes Werke waren aber nicht die einzigen, die subventioniert wurden. Zum Beispiel wurden auch die Opern von Johann Friedrich Reichardt offenbar nur des­ halb aufgeführt, weil Iffland sie in Auftrag gab, obwohl von vornherein klar war, dass sie keine Repertoire-Stücke werden würden. Zwischen Reichardt und Iffland bestand eine enge künstlerische Beziehung, die auf gegenseitiger Wertschätzung beruhte. Mit der Zahlung des erhöhten Ankaufpreises von Goethe-Manuskripten und Reichardt-Partituren sowie deren Aufführung dürfte Iffland gegen den könig­ lichen Auftrag gehandelt haben, das Theater stets im Hinblick auf den Zustand der Kasse zu führen.25 Dass das unter den finanziellen Bedingungen, unter denen Iffland arbeiten musste, überhaupt möglich war, war den Kasseneinnahmen der populären Stücke zu danken, mit denen die von der „hohen“ Kritik geschätzten Stücke subventioniert wurden.

Beim Ankauf der Stücke bewertete der Theaterdirektor Iffland diese qualitativ (ästhe­tisch) und quantitativ (ökonomisch). Sowohl ökonomische Kriterien, d. h. die Spekulation auf einen damit zu erzielenden Gewinn, als auch ästhetische Kri­ terien spielten eine Rolle. Dass die ökonomische Spekulation für Iffland nicht al­ lein ausschlaggebend war, ist daraus ersichtlich, dass er eine große Anzahl von Goethe-Stücken kaufte und hoch honorierte, obwohl diese in der Regel einen geringen Gewinn erzielten. Mit dem Erwerb von Eintrittsbilletts übernahm das Publikum bei der ökonomischen Bewertung eine zentrale Funktion, ohne selbst ökonomisch zu spekulieren. Eine Spekulation hinsichtlich der ästhetischen Be­ wertung betrieb das Publikum beim Kauf der Eintrittskarte sehr wohl, weil es ja nie wusste, ob sich die ästhetischen Erwartungen erfüllen würden. Die ökonomi­ sche Bewertung vollzog sich also nur indirekt über den Umweg der ästhetischen Bewertung durch den einzelnen Zuschauer. Die Menge der Zuschauer nahm eine ökonomische Bewertung vor, der Einzelne eine ästhetische. Iffland kannte die­ sen Zusammenhang. Da er das Publikum differenziert betrachtete und zwischen auf Goethe hin, indem er schrieb, dass die „Verlegenheit der finanziellen Mittel“ zur Zeit sehr groß sei, dass aber die „innere Vortrefflichkeit“ des Werkes Wirkung tun werde (Universität Köln, Theater­ wissenschaftliche Sammlung, Schloss Wahn, Au 4693, Bl. 9–11). 24   Vgl. Anhang, Nr. 89. – Wie Goethes Brief an Johann Friedrich Cotta vom 17. März 1812 nahe­ legt, ging Iffland auf Goethes Vorschlag ein, mit dem Ankauf auch das Recht zum Weiterverkauf an andere Bühnen zu erwerben (vgl. WA IV, Bd. 22, Nr. 6271). 25   Vgl. Anhang, Nr. 6.

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Der Zusammenhang zwischen ästhetischer und ökonomischer Bewertung

Masse und Einzelnem unterschied, versuchte Iffland jedoch, beide gleichermaßen in sein energetisches Konzept einzubinden.26 Die Zuschauer waren die Einzigen, die die Bewertung eines Stücks allein aufgrund der Stärke ihres sinnlichen und intellektuellen Genusses beurteilten. Für Friedrich Nietzsche musste sich Thea­ ter daran messen lassen, ob sich der Zuschauer „ehrlich an Etwas freuen könne“. Nietzsche wies auf diesen Aspekt hin, wenn er über Kotzebues, Schillers und ­Goethes Bedeutung und Wirkung auf dem Theater urteilte. Nietzsche schrieb den Erfolg Kotzebues, der für ihn das „eigentliche Theatertalent der Deutschen“ war, dem absoluten Genuss zu, den das Publikum aus dessen Stücken zog: „Hier war nichts Erzwungenes, Angebildetes, Halb- und Angeniessendes“.27 Die Anordnung der Stücke nach den Tageseinnahmen gibt Aufschluss über de­ ren ästhetische Bewertung durch das Publikum. Während Iffland das Stück als Rohmaterial für eine in der Zukunft zu gebende Vorstellung bewertete, bewer­ tete das Publikum das Stück als unablösbare Komponente der Vorstellung. Die Theaterkritik abstrahierte zumeist, wenn sie über ein Stück urteilte, von der Vor­ stellung auf der Bühne, die sie nur zum Anlass nahm, um das Stück zu bewerten. Stücke von Autoren wie Iffland und Kotzebue, die die romantische Kritik herab­ setzte, wurden von dem Theaterdirektor Iffland, von der Kritik der Aufklärung, von Künstlern, die Theaterbilder anfertigen, und vom Publikum gleichermaßen positiv bewertet. Schillers Stücke, welche in der Literaturgeschichtsschreibung po­ sitiv beurteilt, von Iffland besonders honoriert und sorgfältig behandelt, jedoch von der romantischen Kritik nicht beachtet wurden und ansonsten positive wie negative Kritiken erfuhren, erlebten große Publikumserfolge. Goethes Stücke, die von der romantischen Kritik gelobt, von Iffland besonders hoch vergütet und von der Literaturgeschichtsschreibung geschätzt wurden, versagten beim Publikum. Iffland betrieb eine Subventionspolitik, indem er mit den Einnahmen der bei der Masse des Publikums erfolgreichen Stücke Manuskripte aufkaufte und Auffüh­ rungen von wenig gespielten Stücken für ein kleines Publikum erarbeitete. Das von der romantischen Kritik als „Unrat“ beschimpfte Publikum subventionierte mit seiner Begeisterung für das Singspiel die Stücke der hohen Genres.

26   Vgl. René Sternke: Distinktionsverlust, Charakterverfall, Modernität, in: Klaus Gerlach (Hrsg.), Das Berliner Theaterkostüm der Ära Iffland. August Wilhelm Iffland als Theaterdirektor, Schau­ spieler und Bühnenreformer, Berlin 2009, S. 72. 27  Friedrich Nietzsche: Menschliches, Allzumenschliches. Kritische Studienausgabe, hrsg. von ­Giorgio Colli und Mazzino Montinari, München 2012, S. 448f.

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Resümee

Der preußische Staat rang dem König die Entscheidung darüber, wer wann und wo ein Theater bauen und führen dürfe, nach und nach ab. Vor allem blieb es je­ doch der Eigenverantwortung der einzelnen Bürger zu danken, dass in ­Preußen eine reiche und hochentwickelte Theaterkultur entstand. Am Berliner National­ theater führte Iffland ab 1796 geregelte Organisationsstrukturen für den künstleri­ schen Bereich, effiziente Verwaltungsstrukturen und eine Buchführung ein. Den­ noch verschuldete sich das Theater unter seiner Leitung weiterhin. Iffland konnte sich mit der Forderung durchsetzen, staatsökonomische Grundsätze nicht auf das Thea­ter anzuwenden. Damit etablierte er folgenreich das Subventionstheater. Per­ formativität, Glanz, Luxus und Vergnügen waren kennzeichnend für das Haus, das unter Friedrich Wilhelm  II. die Funktion eines repräsentativen Hoftheaters hatte. Unter Friedrich Wilhelm  III. verlor es seine Repräsentationsfunktion für den Hof. Im Gegenzug bemächtigten sich die Bürger des Theaters und gestalte­ ten es zum Ort ihrer Repräsentation. In dieser spannungsreichen Situation gelang es Iffland, einen Neubau durchsetzen und sich verschiedener öffentlichkeitswirk­ samer Medien zu bedienen. Zur Steigerung des Wertes der Stücke, der Schau­ spieler und der Aufführungen regte er die bildende Kunst zur Produktion von Thea­ter- und Rollenbildern an. Diese Werke der bildenden Kunst, die er gezielt zur Werbung für das Theater einsetzte, konstituierten gleichzeitig eigene mate­ rielle und ästhetische Werte. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts gab es für Künstler zwei Wege, sich ihr Leben und Werk materiell auf der Grundlage ihres Schaffens zu ermöglichen: Erstens der Verkauf ihrer Werke auf dem Markt, zweitens ihre persönliche Bindung an ­einen Mäzen und damit oftmals an einen Hof. Iffland führte eine Reihe von Künst­ lerdramen auf, in welchen die materiellen Voraussetzungen künstlerischer Arbeit thematisiert werden: sein Schauspiel Die Künstler als Entwurf einer Aussöhnung von Markt und Kunst, Heinrich Becks Lustspiel Das Kamäleon als Darstellung der persön­lichen Abhängigkeit des vom Markt unabhängigen romantischen Künst­ lers, Julius von Voß’ Lustspiel Künstlers Erdenwallen als Problematisierung be­ wusst auf den Markt spekulierender Künstler, Goethes Schauspiel Torquato Tasso als Reflexion über den nicht vom Markt, sondern von einem Mäzen und einem Hof abhän­gigen Künstler, Kotzebues Lustspiel Der arme Poet als realistisches

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Resümee

Stück über einen Dichter, der desillusioniert für den Markt arbeitet und dabei nicht einmal Erfolg hat. Die Theaterkritik errichtete mit Hilfe der binären Oppositionen ein Wertesys­ tem, womit die Autoren, die Stücke und das Publikum zueinander in Relation gebracht wurden. Durch die Rückkopplung bestimmter Werte an bestimmte Zuschauergruppen wurde die Einteilung des Publikums in eine gebildete Ober­ schicht und eine ungebildete Unterschicht vorgenommen. Während die Kritik der Aufklärung das Publikum als Einheit zu erhalten suchte und von den zwei Seiten einer Medaille sprach, verabschiedete die romantische Kritik das Gros der Zuschauer und versuchte, es aus dem Kunsttempel zu vertreiben. Die Bewertung der um 1800 zum Repertoire gehörenden Dramatik durch die Literaturgeschichte wurde wesentlich durch die Berliner Theaterkritik um 1800 geprägt. Die Literatur­ geschichte übernahm die romantische Position weitestgehend und verfestigte ein Bewertungssystem, das aus der Kontroverse zwischen Aufklärung und Romantik hervorgegangen war. Bei der Konstitution des Repertoires spielten qualitative (ästhetische) und quantitative (ökonomische) Kriterien eine Rolle. Für Iffland war nicht allein die ökonomische Spekulation ausschlaggebend. Das Publikum vollzog eine ökonomi­ sche Bewertung der Stücke und Aufführungen über den Umweg der ästhetischen Bewertung bzw. der Spekulation auf den erwarteten Genuss durch den einzelnen Zuschauer. Anders als dem Autor, dem Kritiker und dem Theaterdirektor waren die Stücke dem Publikum keine Spekulationsobjekte mit einem Tauschwert. Ob der Zuschauer aufgrund seiner Theaterbesuche Werte akkumulierte, indem er sich selbst dadurch veränderte (bildete), und ob diese Werte einen Tauschwert hatten, indem er aus dem in Form von Bildung akkumulierten symbolischen Kapital bare Münze schlagen konnte, muss dahingestellt bleiben, weil der Zusammenhang zwi­ schen Theaterbesuch und Persönlichkeitsbildung zwar in der Programmatik der verschiedenen ästhetischen Parteiungen eine große Rolle spielte, seine praktische Wirksamkeit aber von keiner Seite nachgewiesen wurde, ja aus den geführten the­ oretischen Auseinandersetzungen nicht einmal hervorgeht, ob die Kritiker dem Theater, so wie sie es vorfanden, überhaupt eine Bildungsfähigkeit zutrauten. Die romantische These einer indirekten Proportionalität von postuliertem äs­ thetischen Wert und Marktwert wird durch eine Untersuchung des Verhältnisses von Einnahmen, Aufwand und ästhetischer Bewertung nicht bestätigt.

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Resümee

Der Theaterdirektor Iffland war einander widersprechenden Forderungen aus­ gesetzt. Friedrich Wilhelm III. verlangte von ihm eine wirtschaftliche Führung des Theaters. Staatsreformer wie Wilhelm von Humboldt erstrebten eine Unter­ ordnung des Theaters unter den Staat. Das heterogene Publikum verlangte ein hete­rogenes Repertoire. Die romantische Theaterkritik hingegen verlangte, dass das Theater als Kunst-Institution ein autonomes Wertesystem vertrete, forderte die Aufführung der wenig publikumswirksamen höheren Genres und verurteilte, ein idealistisches Kunstprogramm propagierend, jegliche Rücksichtnahme auf ­äußere, vor allem materielle Zwänge. In dieser Situation bemühte sich Iffland er­ folgreich, das Theater sowohl künstlerisch als auch ökonomisch weitgehend un­ abhängig zu halten. Dabei konnte er auf Erfahrungen aufbauen, die er in seiner ­Jugend gesammelt hatte, als es ihm schwerfiel, seine persönlichen Ideale mit sozia­ len und ökonomischen Zwängen in Einklang zu bringen. Das Theater blieb vor staat­lichen Eingriffen geschützt und erhielt regelmäßig geringe Zuschüsse vom König. Schulden wurden vom Departement der Finanzen beglichen. Indem Iff­ land das von der romantischen Kritik als „Unrat“ beschimpfte große Publikum mit seiner Begeisterung für die niederen Genres die höheren subventionieren ließ, gelang es ihm, ein Repertoire von unüberbietbarer Breite auf die Bühne zu brin­ gen, das nahezu allen heterogenen Ansprüchen Rechnung trug. Ohne das eine dem anderen aufzuopfern, versuchte Iffland mit relativem Erfolg, „theatralische Kunstführung“ und „Oekonomie“ in Balance zu halten.

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Anhang

Editorische Bemerkung zum Anhang

Die im Anhang abgedruckten Dokumente sind eine thematische Materialsamm­ lung zu Ifflands „theatralischer Kunstführung und Oekonomie“. Sie erschließen wichtige Quellen zum Berliner Nationaltheater unter Ifflands Leitung und sollen der Forschung als Grundlage dienen. Des Weiteren sollen sie als Erläuterungen zum mono­graphischen Teil des vorliegenden Buches gelesen werden. Der vorliegende Text der Briefe und Dokumente gibt, so weit verfügbar, die Handschrift in Orthographie und Interpunktion diplomatisch getreu wieder. Still­ schweigend aufgelöst werden n zu nn und m zu mm. Aufgelöste Abkürzungen werden in kursiver Schrift wiedergegeben. Unterstreichungen werden gesperrt ­wiedergegeben. Lateinische Schrift wird in serifenloser Schrift wiedergegeben. Seiten­umbruch wird durch // und Zeilenumbruch durch / (bei Adresse und Empfänger­bemerkung) gekennzeichnet. Texte in spitzen Klammern stehen im Original an anderer Stelle. Kursive eckige Klammern […] bezeichnen Textverlust. Unterpungierte Buchstaben bzw. Worte bezeichnen unsichere Lesung.

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Bildtafeln

Tafel 1: Gedenkmünze für Iffland, Graveur: Gottfried Bernhard Loos, Berlin 1799, Durch­messer: 44 mm Inschrift: „Qui fabulas scenicas scribendo agendoque animos semper movit oblectavit perculit If l and o musarum alumno istuc amoris monimentum L ipsi ae quos arte ac moribus sibi devinxit amicorum officiosa voluntas offert“ (Ihm, der die Seelen durch das Schreiben und Aufführen von Theaterstücken stets bewegt, erheitert und erschüttert hat, dem Iffland, dem Zög­ling hat dieses Denkmal der Liebe zu Leipzig der dienstfertige Wille seiner Freunde, die er sich durch Kunst und Sitten gewonnen hat, geweiht.) Iffland unternahm im Lauf seines Lebens eine Vielzahl von Gastspielreisen. In Leipzig, wo auch sein Verleger Georg Joachim Göschen lebte, hatte er eine besonders treue Anhängerschaft. 1799 hielt sich Iffland drei Wochen in Leipzig auf, wo er 14 Vorstellungen gab. Er eröffnete sein Gastspiel am 2. Juni mit einer Aufführung von Pygmalion. Am Ende des Gastspiels wurde ihm zu Ehren ein Fest veranstaltet und diese Medaille überreicht.

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Bildtafeln

Tafel 2: F. R. Naumann, Ifflands Garten-Haus zu Berlin / Vue de la maison de jardin d ­ ’­Iffland à ­Berlin, vermutlich nach der Vorlage von Friedrich Wilhelm Delkeskamp, Radierung, 9,5 × 15,2 cm Ifflands Gartenhaus im Tiergarten. Das repräsentative Haus wurde nach einem Entwurf von Karl Gotthard Langhans 1799/1800 gebaut. Nach den Plänen von Langhans wurde fast zur gleichen Zeit das neue Schauspielhaus auf dem Gendarmenmarkt errichtet. Das Grundstück „Thiergarten Nr. 17“ erwarb Iffland 1799 mit Erlaubnis von König Friedrich Wilhelm III. (vgl. ­Anhang, Nr. 23 und 25). Ifflands Bruder Gottfried schreibt am 22. August 1808: „In des Bruders Garten werden jetzt die Menge Pfirsiche und das übrige Obst auf den Bäumen sichtbar und dick. Gestern nach dem Essen wanderte er, seine Frau und ich in dem Garten, diesen Anblick zu haben, dann setzte er sich auf Deine bewohnte Stube zum Schreiben an den Theateralmanach“ (Geiger 1904, S. 317).

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Bildtafeln August Wilhelm Schlegel Der neue Pygmalion An Iffland. Sind’s Träume, die dem Sinn vorüber walten, Und die ein Morgenlüftchen mit sich rafft? Und seh’ ich wirklich: welch ein Zauber schafft, Daß Hellas Wunder neu sich mir entfalten! Er ist’s, der Bildner redender Gestalten: Sein Feuerblick, sein Gang, der Arme Kraft, Die Denkerstirn, die tiefe Leidenschaft, Die mächtig ringt, das Höchste festzuhalten. Was zürnst du noch dem Werke deiner Hand, Dem Spiegel deiner schöpferischen Seele, Als ob ihm Leben zur Vollendung fehle? Die hohe Kunst, der sich dein Geist verband, Schon fühlst du sie von Deiner Glut erwarmen; Sie steigt herab und ruht in deinen Armen.

Tafel 3: Anton Graff, Iffland, Kreide­zeichnung in Schwarz, Braun und Weiß, um 1800, 62,2 × 50,7 cm

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Tafel 4: Anton Graff, Iffland als Pygmalion, Öl auf Leinwand, um 1800, 240 × 160 cm

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Tafel 5: Karl Friedrich Stange, Der Gensd’armes Platz, kolorierter Stich nach einer Vorlage von Anton Wachsmann, 1804, ca. 14,5 × 7,7 cm Das nach Plänen von Karl Gotthard Langhans 1802 eröffnete neue Schauspielhaus ersetzte das sogenannte Französische Komödienhaus, das mitten auf dem Platz stand. Das neue Haus ­wurde auf Anregung Ifflands hinter dem alten Haus erbaut, so dass dort während der Bauarbeiten weiter­hin Vorstellungen ­ge­geben werden konnten und nach dem Abbruch des alten Hauses der Gendarmenmarkt zu ­einem wirklichen Platz wurde.

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Tafel 6: v. Schiller – v. Kotzebue – Iffland, Punktierstich nach Vorlagen Anton Graffs von Johann Friedrich Bolt, 1803 Schiller, Kotzebue und Iffland waren um 1800 die erfolgreichsten und meistgespielten Drama­ tiker, die zusammen das Repertoire dominierten. Die Anordnung der drei Köpfe vor dem Hinter­grund einer Pyramide soll vermutlich eine Rangordnung abbilden, die den dramatischen ­Genres geschuldet ist, in denen sie vor allem auf das Publikum wirkten. Schiller steht für die Tragödie, Kotzebue für die ­Komödie und Iffland für das bürgerliche Familienstück.

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Tafel 7: Innere Decorirung des Theaters, zum Behuf des großen Maskenballs, Berlin 1804 Der Stich zeigt das Innere des neuen Nationaltheaters. Anlass des Festes war der Geburtstag der Königin Luise. Um Raum für den Ball mit über tausend Gästen zu schaffen, wurden B ­ ühne und Zuschauerraum auf eine Ebene gebracht. Die Wände wurden mit Weinlaub dekoriert und zusätzliche Kronleuchter an der Decke aufgehängt. Im Licht von tausenden Kerzen ­sollte die Festgesellschaft, zu der auch viele Bürgerliche eingeladen waren, als eine große ­Familie ­er­glänzen.

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Tafel 8: Gebrüder Henschel, Iffland als König Lear, Heft 15, Blatt 6 von Ifflands mimischen Darstellungen Die seit 1804 in Berlin lebenden aus Breslau stammenden Künstler-Brüder Henschel haben mit ihren mimischen Darstellungen versucht, das Schauspiel vor der Verflüchtigung zu bewahren. Zwischen 1808 und 1811 verfertigten sie während der Vorstellung hunderte Zeichnungen und veröffentlichten 120 Kupferstiche mit Ifflands mimischen Darstellungen.

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Tafel 9: Gebrüder Henschel, Mimische Darstellungen von Iffland, Gouache, z. T. gefirnisst, auf Bristolkarton, Blattgröße: 23× 18 cm, Durchmesser der Medaillons: je 3,5 cm 1.1: Lear in König Lear von Shakespeare, 1.2: Richter Dupperich in Die Quälgeister, oder viel Lärm um Nichts von Shakespeare. 1.3: Wilhelm Tell in Wilhelm Tell von F. v. Schiller 2.1: Kammerrat von Fegesack in Der Geitzige von Molière. 2.2: Kaufmann Herb in Der ­Amerikaner von Camillo Federici. 2.3: Martin Luther in Die Weihe der Kraft von Z. Werner 3.1: Flappert in Der argwöhnische Liebhaber von Ch. F. Bretzner. 3.2: Shylock in Der Kaufmann von Venedig von Shakespeare. 3.3: Der alte Dominique in Der Essighändler von L. S. Mercier 4.1: Richter Dupperich in Die Quälgeister, oder viel Lärm um Nichts von Shakespeare. 4.2: Hetmann in Graf Benjowsky auf Kamtschatka von A. v. Kotzebue, 4.3: Haushofmeister ­Constant in Selbstbeherrschung von A. W. Iffland

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Tafel 10: Gebrüder Henschel, Gedächtniß-Feyer Ihrer Königlichen Majestät Luise von Preußen, Kupferstich, Berlin 1811 Am 20. Juli 1811 fand im Konzertsaal des Berliner Theaters eine Gedächtnisfeier zu Ehren der verstorbenen Königin Luise von Preußen statt. Auf der Bühne des Saales war ein von dem Künstler Wichmann stammendes Standbild aufgestellt, das die Königin als Urania darstellt. Vor der Statue befand sich ein Altar mit brennender Opferschale. Schon am 4. August 1810 war im Theater eine Trauerfeier begangen worden, bei der Iffland eine Trauerode von Friedrich Gottlieb Klopstock vorgetragen hatte.

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Tafel 11: Johann Gottfried Schadow, Iffland-Büste, Marmor, 1807 Die Büste aus Marmor wurde nach ­einem 1803 entstandenen Modell gefertigt. Die Büste war von Kronprinz Ludwig von ­Bayern für die Walhalla in Auftrag ge­geben wurden. Als beschlossen wurde, keine Bildnisse von Lebenden an diesem Ort auf­zunehmen, gelangte sie in die ­Münchner Glyptothek.

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Tafel 12: Christian Heinrich Stobwasser [zugeschrieben], Iffland, Lackmalerei in Öl, 1810/15, Durchmesser: 8 cm 1810 wurde Iffland der von ­Friedrich Wilhelm III. neu­gestiftete Roten Adlerorden, dritter ­Klasse ver­liehen. Er war damit der erste Schauspieler, dem ein Orden verliehen w ­ urde. Am ­ ilhelm von Humboldt an s­ eine Frau: „Daß mir der König während 27. Januar 1810 schreibt W ­ rden ge­geben hat, weißt du v­ ielleicht schon  […]. meiner Abwesenheit den neu gestifteten O Es ist nämlich eine z­ weite und dritte Klasse des R ­ oten Adlerordens neu errichtet worden. Die ­zweite hat niemand ­bekommen, die dritte un­gefähr 50 Menschen, die 4 Minister, ­einige (nicht alle) geheimen Staatsräte, und sonst von allen Ständen, Gelehrte, selbst Iffland.“

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Tafel 13: Friedrich Tieck, Iffland-Statue, Marmor, 1828 Die Statue wurde 1828 in dem nach Plänen von Schinkel er­bauten Schauspielhaus aufgestellt. Der Kopf der Statue wurde nach der Büste von Schadow modelliert (vgl. Tafel 11). Die Plastik wurde durch Spenden finanziert, die bei Benefizvorstellungen der ­Theater von Berlin, Mannheim, Frankfurt/Main, M ­ ­ ünchen, Wien, Leipzig, Hamburg und Königs­ berg ein­genommen worden ­waren. Die Iffland-Skulptur war demzufolge ein wirkliches National­ denkmal, sie wurde ­Jahre früher aufgestellt als das erste deutsche Schiller­-Denkmal.

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Tafel 14: Apollosaal des Königlichen Schauspielhauses von Karl Friedrich Schinkel, nach 1828 Friedrich Tiecks Iffland-Statue stand auf einem hohen Sockel in einer Nische des A ­ pollosaals. Die Nische war ursprünglich mit rotem Stoff verkleidet. Im Saal befanden sich mehrere Büsten von Schauspielern, die so angeordnet waren, dass sie auf Iffland blickten. Unter anderen waren Büsten von Ferdinand Fleck und Friederike Bethmann aufgestellt.

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1. Iffland an Friedrich Wilhelm II. Mainz, 20. Juli 1792 (H: GStA PK, Signatur: HA I, Rep. 96, Nr. 208 J, Bl. 66–67) [Adresse:] Ihro Majestät / dem Aller Gnädigsten König und Herrn, / Friedrich Wilhelm / König von Preußen Ihro Majestät Allergnädigster König! Veredlung der Sitten und Gefühle ist der Zweck den ich in meinen Theatralischen Schriften erreichen mögte. Die Hagestolzen haben das Glück gehabt den Beifall, Ihro Majestät zu haben. Geruhen Ihro Majestät mir zu verstatten, daß Höchstdero Nahme, der mir Ermunterung aller Empfindungen für das Gute ist, diesem Schau­ spiel die Urkunde der Nüzzlichkeit und Zweckmäßigkeit // ertheile. Mit tiefster Ehrfurcht und dem Gefühl von Unterthanen Liebe Ihro Majestät Allergnädigster König Höchstdero Unterthänigster Diener August Wilhelm Iffland Mainz, / d 20 Jul / 1792 2. Karl August Böttiger über Ifflands Spiel. Ohne Ort, April 1796 (H: SLUB Dresden, Signatur: Msc. Dresd., h 37, Verm 4o, X, 16) Das Charakteristische seines Spiels ist, daß er nie bloß das einzelne Individuum spielt, sondern immer die Gattung darstellt, dabey aber doch von einzeln Indivi­ duen, die er in dieser Gattung bemerkte, wieder so viele besondere Eigenheiten borgt und in der wahrsten Individualität hervorstehn läßt, daß jeder weniger auf­ merksame Zuschauer gewiß bloß einen einzeln Menschen dieser Gattung, den er besonders kannte, vor sich zu erblicken glaubt. So gab er in Scheinverdienst das ganze Genus: St aab s ch i r urg us , aber jedermann erinnerte sich eines beson­ dern Regimentsfeldscheers oder Staabschirurgus, der grade diese kleinen Pedan­ terien und Gewohnheiten an sich gehabt habe. So spielte er im deutschen Haus­ vater den Mann von feinem Weltton und zierlichen Hofsitten mit unverdorbenen, warmen Hausvatergefühl. Ueberall besannen sich die Zuschauer auf bekannte Charak­tere an diesem und jenem Hofe, und fanden Aehnlichkeiten. So ist der ­Lieutenant Wallen in st i l l e Wass er s i nd t i ef nach Iflands Spiel des genre a­ ller infatuirten Glücksritter von leichten Füssen und leichtem Blute. Aber ich hörte laut aufschrein: das hab ich da, oder dort schon im Leben gesehn. Die ganze Kunst

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bey ­diesem klassischen Spiele besteht nur darinne, diesem in die ­Gattung ge­ holten ­Ideale grade so viel Individualität durch Beymischung // gewisser charak­ teristischer Geberden, Angewohnheiten, Originalitäten zu geben, daß der Zu­ schauer getäuscht werde und während er wirklich die ganze Gattung sieht, und eben dadurch den innigen Genuß wahrer dramatischer Darstellung hat, dennoch nur ­einen festbestimmten, einzelnen Menschen zu sehen glaubt, der ihn allein wieder, als handelnde Person in diesem Stücke, zum Ganzen interessiren kann. So war in der ehelichen Probe der an und für sich unbedeutende Geste, sich öfter mit den zwei Vorderfingern an die Lippen zu fahren, das individualisirende die­ ses eifersüchtigen Ehestandshelden, und in der Rolle des Lieutenant Wallen, ist die ­Eigenheit, während der lebhaftesten und semillantesten Bewegung mit zusam­ mengepreßten Lippen einen gewissen pfeifend-zischenden Ton hervorzupressen, die grade in einigen entscheidenden Momenten des Spiels wiederkommt, sehr fürs Einzelne charakteristisch. [Am linken Rand: Diderot p. 258] Die Höchste Nüchternheit und sorgfältigste Abwägung des Kraftaufwands zu dem, was jedesmal der Rolle unentbehrlich nöthig ist, ohne auch nur um eine Linie weiter zu gehn, als grade gegangen wer­ den mußte, ist das Geheimniß, wodurch Ifland bey mäsigen Mitteln so groß, so vielfältig spielt. 3. Iffland an Franz Kirms. Mannheim, 15. Mai 1796 (Fotokopie: Antiquariat Inlibris, Gilhofer Nfg. GmbH, Wien) Mannheim d 15ten May 1796 Mein wahrer, Herzensfreund! Hier bin ich seit dn 13ten. Krieg, Betteln, Hunger, Verdruß, Kälte und Arger, sind der Gegensatz des schönen, friedlichen, wohlhabenden, angenehmen, herzlichen Weimars! Ewig unvergesslich ist mir die Liebe und Güte, die dort die schönsten Tage meines Lebens schufen! Den 21ten thue ich einen vorbereiteten Schritt, der mich nach Weimar rücken soll! Wann? das werde ich in den darauffolgenden ­Tagen ahnden können. Es ist mein ganzer, fester, ernster Wille! Es ist außerdem, der ganze Wunsch der Meinigen in Hannover. – Den 19ten heirathe ich. – Tausend Grüße, unserm ehrlichen Kranz, der lieben Familie Ludecus und meinem war­ men, geliebten Freunde Böttiger. Ihm, schreibe ich den nächsten Posttag nach der Heirath, denn ich muß ihm viel schreiben. Bleiben Sie mir, was Sie mir dort waren, ein ewig unvergesslicher, warmer, gütiger Freund, gegen den ich ewig dankbar bin. Die Besten Grüße an Ihr g anz es Haus!!! Iffland

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4. Carl Wilhelm Ramler an Iffland. Berlin, Dezember 1796 (H: Deutsches Literaturarchiv Marbach, Handschriftensammlung, Bestand: Ramler, Carl Wilhelm, Zugangsnr. 43207) Wohlgeborner, Hochgeehrtester Herr! Nach meinem aufrichtigsten Glückwunsch zum Antritt des neuen Jahres und des neuen Amtes übersende ich Ihnen noch einige Schauspiele. Flurer hat für die seinigen nichts gefordert. Sein Ad a l onna oder der R äub e r w a l d ist zwar wahr­ scheinlicher als der große Räuber Abällino, (das Benefizstück des Herrn Fleck) würde aber nach diesem vielleicht wenig Glück machen. Noch besitze ich ein ge­ drucktes von ihm E hest andss c enen betitelt, welches ich mir die Mühe genom­ men hatte etwas durchzufeilen: Weil aber Herr Fleck diesen Mann (vielleicht auch meine Feile) nicht sehr liebt, so brachte er mirs mit der Kritik zurück, daß manche Scenen darin zu große Ähn­ lichkeit mit Scenen aus andern Schauspielen hätten. Ich werde das Stück, nebst andern, nächstens Ihrer eigenen Kritik // überlassen. – Wir zeitherigen Directoren haben z we y Theatersiegel gehabt: als der Herr Geh. Rath v. Warsing noch einen Schein von Antheil an der Direction hatte, foderte er mir das meinige ab. Wenn er es Ihnen noch nicht eingehändigt hat, so bitte ich, es von ihm abfodern zu lassen. Da jetzt das Theater geschlossen ist, und ich noch nicht der Luft genießen soll, wünschte ich mir doch ein freundschaftliches Gespräch bey einem Glase Wein mit Ihnen zu halten. Darf ich hoffen Sie bey mir zu sehen? Ich will Ihnen so wenig vorhusten als es mir möglich seyn wird. Nach 4 oder 5 Uhr soll ja der Rheinwein am besten schmecken und am besten bekommen. Ich bin ganz der Ihrige Ramler Berlin, am Schluß des Jahres 96. 5. Iffland an Franz Kirms. Berlin, 11. Dezember 1796 (H: Goethe-Museum Düsseldorf, Signatur: NW 761/1962) Berlin den 11 Decbr 1796 Wohlgebohrner Herr! Ich weiche der Notwendigkeit, der König zahlt meine Schulden und giebt mir jährlich 3000 reichsthaler – Nur B e dür f ni ß , konnte gegen mein Herz den Blick von Weimar gewaltsam abwenden! – Tief lebt der schöne Augenblick in meiner Seele, wo ich einst in wenig Jahren – mit meinem Herzen dort hausen kann. Sein

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Sie so gütig Ihre Durchlaucht den Herzog und Herrn Geheimrath von Göthe, da Sie von der Warheit überzeugt sind, es auf meine Art zu sagen, die meine ­süßeste Hofnung mir nicht raubt und laßen Sie ein Wort mir melden, ob Ihnen mein Wunsch gelungen ist! Ich eile von diesem Blatte wegzukommen, auf dem ich etwas schreibe, daß, wie Sie mich kennen, mir nicht Freude machen kann, da Geld, mich nie bestimmt hat, und iezt mich bestimmen mußte. Mit wahrer Hochachtung Euer Wohlgeb. gehorsamster Diener Iffland 6. Friedrich Wilhelm II. an Iffland. Berlin, 16. Dezember 1796 (H: GStA PK, Signatur: HA I, Rep. 36, Nr. 2547, Bl. 17–20; Schreiberhand) [Von Ifflands Hand:] Copie der Vollmacht des Director Iffland Besonders lieber Getreuer! Je mehr der gebildete Geschmack in Hauptstädten ein, mehr denn gewöhnliches Schauspiel zum allgemeinen Bedürfnisse macht, je ­bereitwilliger habe ich jederzeit, mit allem, was nach und nach Umstände ge­ stattet, zur Aufnahme und Vervollkommnung des hiesigen National-Theaters beyzu­tragen gesucht. Die seltenste Gelegenheit hiezu bot aber Eure Erscheinung in Berlin Mir dar, und Euch ist es bereits bekannt, wie ich die künftige Führung dies Faches Euren Einsichten anzuvertrauen Willens bin, und dieselbe, durch Zu­ sicherung eines angemessenen Schicksals, auch Euch angenehm zu machen, aller­ gnädigst Mich bemühet habe. Damit Ihr aber Eure Geschäfte ohne weitern Verzug antreten könnt, habe ich solche durch gegenwärtige Instruction, die Ihr dem gesammten Theater-Personale zugleich mit Eurer Anstellung bekannt machen werdet, näher bestimmen wollen. Uiberzeugt, daß jede Theilung der eigentlichen Direction nicht anders als durch Mangel an Einheit im Sistem und Ausführung, den Fortgang des Ganzen hem­ men könne, vertraue ich dieselbe hiermit lediglich Euch an. Es wird nemlich der Professor Ramler, in Rücksicht seines Alters und seiner geleisteten Dienste, von jedem Antheil daran, // jedoch mit Beibehaltung des gehabten Gehalts, gnädigst dispensirt. Der Geheimrath v. Warsing aber behält alles, was zur Handhabung der ­Polizei im Schauspielhaus, Theater sowohl wie Amphitheater zur Vermiethung der Logen, zum Abonnement, Unterhaltung des Hauses in Bau und Besserung, wie überhaupt zum Detail der Einnahme und deren Führung gehört, oder in den folgenden Articles nicht als Euer Geschäft bestimmt wird. Dafür bleibt ihm nicht nur sein Gehalt als Institiarius des Theaters, sondern auch die Hälfte seines gehab­ ten Director-Gehalts.

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Dokument 6

Ihr allein seid Director des National-Schauspiels, und in dieser Eigenschaft hat der p. v. Warsing das Directions-Siegel Euch zu übergeben, so wie die genaue Grenzziehung Eurer Pflichten und Geschäfte in folgenden Articles enthalten ist. Der Blick über das Ganze, so wie dessen Leitung, Anordnung und Bestimmung ist Eure Sache; das Detail der Ausführung die des Regisseurs, und muß lezterer in seinem Geschäft nicht gehemmt, sondern auf jede Weise darin unterstüzt werden. Die Wahl der gedruckten und Annahme der Schauspiele im Manuscript; die Billigung derjenigen Stücke, welche die Schauspieler zu ihren Benefiz-//Vorstel­ lungen wählen, die Anordnung oder Weglassung dessen, was gegen Sitten und Staatsverfassung läuft; die Vertheilung der Rollen in neuen Stücken, sind ledig­ lich Euer Geschäfte, so wie Ihr allein Vorschläge zu Gehaltsverbesserungen, An­ nahmen und Verabschiedungen der Schauspieler zu machen habt; welche leztere alle Gesuche deshalb schriftlich an Euch abgeben müssen, in bedeutenden Fällen nemlich, zum schuldigen Einholen meines Allerhöchsten Willens. Zur Sicherstellung des angenommenen Etats müsst Ihr von jedem aufzuführen­ den Stück einen Uiberschlag der Erfordernisse entwerfen, solchen dem Inspector übergeben, seine Anzeige von dem, was vorhanden ist oder neu gemacht werden muß, so wie auch seinen schriftlichen Uiberschlag von allen neuen Erfordernissen, als Decorationen, Garderobe etc. verlangen, nach diesem Uieberschlage aber und nach dem jedesmaligen Zustande des Cassen-Fonds allein ermessen, ob das Stück der Kosten werth sei und ob es sogleich gegeben oder aufgeschoben werden solle. Im Ersten Falle unterzeichnet Ihr jenen, von Euch entworfenen und von dem Inspector // wegen der Kosten angegebenen Hauptüberschlag. Dieser sorgt als­ dann für promte Ausführung und besten Einkauf der Sachen, deswegen man kei­ nen Lieferanten hält, sondern die Waren ausnimmt, wo bei innerer Güte mög­ lichstes Ersparniß zu erreichen steht. Nachdem das Stück zum Erstenmale en Scene gebracht ist, müssen den zweiten Tag darauf sämtliche Rechnungen, durch den Inspector als empfangen attestirt, Euch überbracht werden, und nach Eurer Unterzeichnung zahlt die Casse aus. Da­ mit Ihr aber in diesen und allen zu Führung des Ganzen nöthigen Dingen, genaue Kenntniß des Cassen-Bestandes habet, müssen alle Behörden, welche Rechnung für das Theater führen, Waren und fertige Arbeit abgeliefert haben, spätestens am Dritten Tage nach Ablauf jeden Monats ihre Rechnungen abgeschlossen, dem In­ spector vorlegen, welchen sie zur Anerkennung Euch liefert, von wo ab sie an die Casse zur Auszahlung gehen; denn Niemand zahlt an Hauptrechnungen einen Theil oder das Ganze, als der Rendant. Man muß Ende jeden Monats, so gut als // Ende des Jahres wissen, ob die Casse Gewinn oder Verlust hatte. Darnach habet Ihr Euer Benehmen auf den folgenden Monat festzusezen. Es dürfen weder besonders die Opern, noch auch besonders die Schauspiele Eure Aufmerksamkeit ausschließlicher Gegenstand werden. Ihr

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habt vielmehr durch gleiche Rücksicht auf beide verwandte Künste, die Erhaltung des Ganzen zu bewirken zu suchen, in beiden aber, sowohl im Schauspiel als Oper, auf Abwechselung der Rollenvertheilung zu sehen und dadurch entschiedene ­Talente zu schonen, angehende zu bilden und den Künstler eben so vor unver­ meidlicher Vernachlässigung, als das Publicum vor endlicher Sättigung zu retten. Insofern Kunstbehandlung und Sorge für Cassen-Bestand, und eben deshalb tägliche Kenntniß desselben unzertrennlich sind, liegt es Euch nicht weniger ob, die Etats, so wie die abzulegende General-Rechnung mit zu unterzeichenen. So bleibt Ihr auch zu jedem Privatunterricht verbunden, den Mitglieder etwa ver­ langen möchten. Dagegen sind die Lese-Proben, die Proben selbst, deren Zahl und Bestimmung, die Ord-//nung auf dem Theater, wie alles, was zur Ausführung der Vorstellungen unmittelbar gehört, die Vertheilung der unbesezten Rollen in den gangbaren alten Stücken Geschäfte des Regisseurs, welcher auch in allen, vom Augenblick abhän­ genden Dingen, nach seinem besten Willen, ohne des Directors Zuziehung, mit Ausnahme der oben angeführten Stücke, entscheidet. Ihr entwerfet das Repertoir, der Regisseur macht es aber bekannt und Ihr sezt es nicht eher fest, als mit seiner Uiberzeugung, daß solches so sein könne. Nicht weniger bleiben die Ausübung und Haltung der vorhandenen Gesetze, nach Er­ messen der Umstände, und des sehr behindernden Locale, lediglich dem Regis­ seur überlassen. Da Ihr zugleich Verfasser und Künstler seid, und ununterbrochene Geschäfte Euch fernere Arbeiten unmöglich machen würden, so gestatte ich Euch gnädigst die Tage Eures Auftretens in Berlin, auf dem Repertoire selbst zu bestimmen. Nur in der Wahl der Rollen werdet Ihr Zweifels ohne diejenige Rücksicht brauchen, welche Ihr einem, neben Euch stehenden entschie-//denen Verdienst, sicher nie versagen möchtet. Die Monita der Oberrechen-Kammer können nur den Calculum; nicht den In­ halt der Euch vertrauten Kunstführung angehen, und habet Ihr diese keinesweges dort zu verantworten. Nachdem ich Euch auf die Art mit allen selbst gewünschten Mitteln Gutes zu stiften, Nachtheil aber und Misbräuche zu entfernen, vertrauensvoll versehen, zweifle ich keinen Augenblick, daß Ihr zur möglichsten Vervollkommnung des Theaters alle den Fleiß anwenden werdet, der bei Euch, unterstüzt durch Kennt­ nisse, geleitet durch Erfahrung, hoffentlich weit eher als der beste Wille eines An­ dern, meine Absicht ganz erfüllen wird. Dagegen könnet Ihr von der steten Zu­ friedenheit und Aufmunterung Euch versichert halten, womit ich verbleibe Euer gnädiger König! Berlin d. 16ten Decbr. 1796 Fr. Wilhelm. [Von Ifflands Hand:] Dem Original gleich Iffland

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7. Iffland an Johann Ludwig Berger. Berlin, 28. Dezember 1796 (H: SLUB Dresden, Signatur: Msc. Dresd., u 223) [Adresse:] An Herrn / Berger, Königl. Schau-/spieler Indem ich Ihnen, über manches Gute, was Sie gestern gespielt haben, mein Kom­ pliment mache, setze ich die Bemerkung hinzu, daß der Abt, auch in den Stel­ len, wo er der Sidonia von Liebe spricht, doch etwas mehr, AbtsAnsehen behalten muß. Namentlich, wünsche ich, daß selbst da, wo der Ton zärtlich wird, er doch nicht ga l ant wird, daß der Körper nicht, zu ihr hinübergebogen, in das Lieb­ haber Ansehen, der bürgerlichen Schauspiele verfalle. Dieß ist erstens, gegen den Ton, der Heroischen Tragödie, und gegen die Formalität des Abts und Prälaten, der wohl von der Seele aus, wo er liebt, Biegsamkeit des Tones haben kann, aber dem immer doch der Prälatenanstand und die, sonst von Ihnen, wohlbehaltene Würde, bl eib en muß. – Dann laßen sie die Stelle weg, „Liebe in mei nen Ar men, und ändern sie, in, Liebe me ine r S e el e. Ihr Ergebenster Diener Berlin d 28 Decbr / 1796 Iffland 8. Iffland an Johann Friedrich Ritz. Berlin, 13. Mai 1797 (H: GStA PK, HA I, Rep. 36, Nr. 2412, Bl. 36–37) 1797. Mai 13. Wohlgebohrner Herr Würdiger, gütiger Freund! Ein Brief aus Hamburg, sagt mir, die dortige Französische Schauspielergesell­ schaft, würde den Winter, mehrere Monate hier spielen. Ehrlich bekenne ich, daß das sehr schlimm für uns wäre. Ihre Majestät, haben mich so gnädig versorgt, daß ich, für meine Person, dabei nicht verlieren könne. Aber das ist gewiß, daß die Ankunft eines Französischen Schauspiels zu Berlin, die Zerrüttung des deutschen Nationaltheaters, unver mei d l i ch nach sich zieht. Denn 1.  Ist das Lustspiel der Franzosen, beßer als das Unsere. 2. Werden sie länger bleiben, als einige Monathe, weil sie bei kurzem Auffenthalt verlieren würden 3. Werden, die zahlreichen französischen Kolonisten, die Gesannten, die Emigrir­ ten und deren Zirkel, die verschiedenen Höfe, alle, sich dorthin wenden. 4. Verliert das deutsche Schauspiel den Kredit, von der Gnade Sr. Maje-//stät des Königs, welchen es, seit Allerhöchstdero Regierungsantritt, in Berlin und aus­ wärts, erhalten hat.

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 5. Dieses französische Schauspiel in Berlin, ist das Signal, zu mehreren in Deutschland, welche nach dem vaterländischen Beispiel unseres Monarchen, eingegangen sind, und dann wieder, sicher wiederangestellt werden.   6. die Kaße des Nationaltheaters, welche trotz des Verlustes der Trauer, auch ­ihrerseits, nach dem Verlust von 6000 Thr., sich iezt nicht nur erholt hat, son­ dern besser steht als jemals, würde von einem guten Französischen Theater, so zurückgesezt werden, daß sie des Königs Majestät, alsdann, um Zuschuß anzugehen, sich nicht enthalten können werde.   7. die Idee, aus den Zinsen, eines, // treu und mühsam gesamleten Kapitals, Pen­ sionen zu erhoffen, ginge gänzlich verlohren.   8. So wie die erhebende Idee, daß das deutsche Schauspiel unsern gütigen Kö­ nige gefallen, aufhört – und mit ihr, der edelste Sporn etwas zu leisten.   9. Sollte Berlin, vielleicht, zwei Theater, zu e ine r Kaße, erhalten können: so kann es sicher nicht, zwei Theater, zweier Nationen, mit zwei Kaßen, erhalten. 10. Das deutsche Schauspiel, ist w a h rer, das Französische, oft, ange nehme r. So wie, für den Umgang, oft, der Franzose, angenehmer ist, als der Deutsche. Darinn, würde der Grund unseres Kaßenverlustes liegen. Ohne verdienst­ loser, in der Hauptsache, zu sein, als jene // würden wir ärmer werden, als jene. 11. Die zahlreichen Französischen Kunstanhänger, von des hochseligen Königs Vorliebe für Franzosen, gebildet, sind nur deshalb nicht hörbar, da Unser ­gütiger König, den Blick auf deutsche Künstler geworfen hat. Mit der König­ lichen Autorisation eines Französischen Schauspiels, erwachen alle – und un­ sere Kaße fällt. Sollten Sie es möglich finden: so bitte ich, Ew. Majestät, hievon etwas zu sagen. Die Pflicht der Erhaltung meines Werkes, daß der Monarch, meiner Redlichkeit anver­ traut hat, befielt mir, diese Wahrheit zu sagen. Ich muß wünschen, daß einige Rücksicht darauf, Aller Gnädigst genommen werden möge. Sollten wir deßen nicht gewürdigt werden: so ist das Meine gethan. Mit wahrer Hochachtung Euer Wohlgebohrner Gehorsamster Diener Iffland Berlin, 13 Mai 1797

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9. Iffland an Johann Friedrich Ritz (?) mit dem Personenverzeichnis zur ­„ Zauberin Sidonia“. Berlin, 29. Mai 1797 (H: GStA PK, Signatur: HA I, Rep. 36, Nr. 2412, Bl. 40, 41) 1797. Mai 29. Wohlgebohrner Herr! Das Personen Verzeichniß der Sidonia folgt hiebei, wegen der Decorationen erwarte ich heute noch den Bericht des Herrn Lanz. – Gestern sagt mann mir die Franzosen aus Hamburg, wollten uns verachten. Ach, das wäre sehr edel. In ­meinem Leben soll mir kein Mépris willkommener gewesen sein, als der, wenn die Herren, bei den Magnifizenzen von Hamburg blieben. Ihr Herzlicher Diener Iffland Berlin / den 29ten Mai 1797 Vollständiges Personen Verzeichniß zur Z aub er i n Si doni a Schauspiel in 4 Akten, von Zschocke Herzog Hugo Jolanda, dessen Gemahlin Aldobrandini, Arzt und Vertrauter des Herzogs Castellan Tolomeo Abt Gregorius Sidonia, ein edles Fräulein aus Calabrien Cynthio, ihr Diener Präsident des geistlichen Gerichts Mönche Zwei andere Mönche Volksanführer Azo, ein Kind von drey Jahren Anführer der Trabanten Scene: Modena. Soldaten; welche als Statisten gebraucht werden, sind 50. Mann.

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H Fleck. Mad. Fleck. H Böheim. H Labes. H Berger. Mad: Unzelmann. Mad: Eunike. Hr: Greibe. Hr. Bessel Hr. Rüthling. Hr. Leidel. Hr Leist. H. Benda. H. Zimmerle. Mll. Fleck. Hr. Lattig.

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Nemlich: Mönche mancherley Art 14. Mann Trabanten des Herzogs 10.  ––– Trabanten des geistlichen Gerichts 10   ––– Zum Volcke 13  ––– Bediente zum Abtragen   3  ––– 50. Mann 10. Iffland an Friedrich Wilhelm III. Berlin, 11. April 1798 (H: GStA PK, Signatur: HA I, Rep. 96 A, Nr. 141, Bl. 35) Allerdurchlauchtigster Großmächtigster König AllerGnädigster König und Herr! Der, soeben erfolgte Tod des Profeßor Ramler würde der TheaterKaße Gelegenheit geben, dessen Pension von jährlichen Vierhundert Talern einzuziehen. Allein die Verdienste des berühmten Profeßor Engel überhaupt, seine mehr­ jährigen Verdienste um das hiesige Theater; so wie die eingeschränkte Lage, wo­ rinn er, zum Bedauren aller guten Köpfe, in seinem Vaterlande lebt, machen mir den unterthänigsten Antrag zur Pflicht, daß Ewer Königliche Majestät mildest ge­ ruhen wollen, diese fällige Pension, wodurch weiter keine Königliche Kaße be­ lästigt wird, dem Profeßor Engel in Schwerin, Allerhuldreichst zu ertheilen. Ich ersterbe Ewer Königlichen Majestät Allerunterthänigster Iffland Berlin / den 11ten April / 1798 11. Friedrich Wilhelm III. an Johann Jakob Engel. Berlin, 12. April 1798 (H: GStA PK, Signatur: HA I, Rep. 96 A, Nr. 141, Bl. 35; Schreiberhand, Entwurf; der Brief steht auf Ifflands Schreiben) An den Profeßor Engel den 12. Aprill 1798. Ich erhalte von der Direction des Berliner National-Theaters, bey der Euer Verdienst um dieses Theater in einem ­äußerst theilnehmenden Andenken zu stehen scheint, heute die Nachricht von dem Tode des Profeßors Ramler und die Aufforderung, Euch die 400. thlr. jähr­ liche Pension zu verwilligen, welche durch diesen Todesfall bey der TheaterKaße erledigt worden. Da Ich nun Meinerseits Euren Talenten nicht minder die voll­ ständigste Gerechtigkeit wiederfahren laße; so ist die längst schon erwartete Ge­ legenheit, irgend einen Beweis davon Euch geben zu können, iezt Mir besonders

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angenehm in dem Ich hoffe, daß Ihr gern in Meine Staaten zurück kehren und wo der Aufenthalt darin Euch gefallen sollte, diese 400. Thlr zu Eurem bequemeren Auskommen annehmen werdet von Eurem gnädigen Könige 12. Iffland an Franz Kirms. Berlin, 17. April 1798 (H: SLUB Dresden, Signatur: Msc. Dresd., h 37, Bd. 96, vor Nr. 36b abgelegt [Abschrift von Böttigers Hand]) An HKR. Kirms. Für meinen Freund allein.   1. Präpariren Sie sich in meiner Frau eine nichts weniger als hübsche, eher häßliche, gescheite, sehr gute Frau, die ich innigst liebe, zu sehen.   2. Ueberlegen Sie, wo ich Visite machen muß . Ich möchte die wenigen Tage der Freunds chaf t leben   3. Es ist besser Georg ißt mit uns. So bleibt die Kolonie beisammen.   4. Ich bitte den ehrlichen Bloß zur Aufwartung zu haben.   5. Ich wünsche alle Soupés und Diners wo sich deren finden sollten, so viel es mit Anstand möglich ist, zu vermeiden.   6. Lassen wir die Mahler lieber weg, als daß wir anstoßen   7. Die Jagemann macht doch die Galathea im Pigmalion?   8. Ich bitte daß Sie mir bei der Ankunft alles sagen, was ich thun, nicht thun soll.   9. Ich habe, glaube ich, gebeten, daß ich und meine Frau ein besonderes Bett in meinem Zimmer erhalten. 10.  Verlieren Sie die Geduld nicht!! Einen Ruhetag wünsche ich für Oettersberg früh und Belveder Nachmittags, wenn es angeht. Auserdem gebietet über euren Knecht. Nur Egmont, den ich nicht mehr im Gedächtniß habe, k ann ich nicht spielen. Ich gehe Nachts 1 Uhr, den Sonntag den 3 Mai aus Weimar weg. Nicht weil ich will, sondern weil ich muß Berlin. d. 17 April 1798. 13. Iffland an Friedrich Wilhelm III. Berlin, 10. Juli 1798 (H: GStA PK, Signatur: HA I, Rep. 36, Nr. 2413, Bl. 3–4) Allerdurchlauchtigster, Großmächtigster König AllerGnädigster König und Herr! Bei Uebernahme des Theaters, vor Achtzehn Monathen, fand ich nach deßen ­Neunjähriger Existenz nur 7200 Thaler Vorrath und 7000 Thaler Schulden. Ich

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hoffe bei dem instehenden Abschluß, 25 000 Thaler Vorrath und nur 5000 ­Thaler Schulden zu haben. Diese Schuld ist nämlich der Rest, eines, ehemals mit 14 000 Thalern aufgenommenen Kapitals; davon jährlich 1000 Thaler, nach dem Kontrackt abbezahlt werden müßen. Unter meiner Direcktion, hatte die TheaterKaße den Verlust, daß des Hoch­ seeligen Königs Majestät, für die Potsdammer Vorstellungen, nicht mehr die Bo­ nifications Gelder zahlen ließen, welche die vorige Direcktion mit fast 2000 Thr. jährlich, empfangen hatte. Durch die Todesfälle in dem Königlichen Hause, hat die Theater­Kaße über 7000 Thaler verlohren. Zugleich mußten Theater und ­Orchestre, beträchtlich verbeßert werden. Da nun dieser Umstände ungeachtet, das Theater nie nahmhafftes Kapital, als Ueberschuß gewonnen // hat: so ist bei mir der Ge­ danke entstanden, daß durch Fleiß und neue Erwerbsquellen, das König­liche Na­ tionalTheater nach etwa Zehn Jahren, ohne den jährlichen Königlichen Zuschuß, werde bestehen und zugleich die Pensionirung, verdienter Mitglieder, aus eignen Mitteln werde bestreiten können.    Die neuen Erwerbsquellen sind folgende: Erstens, ein anderes, größeres Schauspielhaus. Fremde und Einheimische hof­ fen dieses Geschenck von Eurer Majestät. Gerade, da diese Zierde Berlin so ganz und gar abgeht. Die Schauspieler werden ungesund in den niedrigen Anziehzimmern, treiben sich gegen alle Sittlichkeit, unter dem Publikum, in Kostüme Kleidern umher, die theils kostbaren Kleider, sind in einen engen Raum gepreßt, dem Verderb überla­ ßen. Der Auffenthalt auf dem Theater selbst, ist eine Marter und das Spiel wie es noch erreicht ist, ein Wunder mit Lebensgefahr. An guten Vorstellungen gehen Hunderte von Zuschauern zurück und die sich // herein drängen, leiden jede Ungemächlichkeit, so daß mehrere schon ohn­ mächtig herausgetragen worden sind. Da nun ein neues, größeres Schauspiel Haus, schon an sich die Einnahme er­ hohet, so würde eine wöchentliche Redoute im Schauspielhause während der Wintermonathe, auf den Fuß wie die Königlichen Redouten im Opernhause, aber gegen Entreegeld und von der TheaterKaße verwaltet, nebst dem beträchtlichem Pacht, von den vermietheten Erfrischungen, eine gewonnene jährliche Summe verschaffen, deren Zinsen, den iezigen Königlichen Beitrag nach zehn Jahren ein­ zuziehen und verdiente Schauspieler zu pensioniren gestatten würde. Der Königliche Geheime Rath Langhans, hat einen Plan für ein neues Schau­ spiel Haus verfertigt, so auch der Königliche Decorateur Verona. Ich hoffe Euer Königlichen Majestät, AllerHöchsten Willen nicht entgegen gehandelt zu haben, indem ich beide angegangen bin, ihre Plane Un-//terthänigst vorzulegen. Wie sehr würde der schöne Gensd’armes Markt gewinnen, wenn das neue Schauspielhaus, in seiner Länge, nahe an die Charlottenstraße wo iezt die Fisch­ behälter sind, und die Facade nach dem großen Platze hin kommen würde. Wenn

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Ewre Majestät geruhen sollten aus dem État der diesjährigen Bauten, Grundlage und Mauerauffrichtung zu befehlen, so könte aus künftigjährigem Etat, kommen­ den Sommer, das Uebrige vollendet werden. Nur einige Monathe würden Euer Majestät uns verstatten im Opern Hause zu spielen, um indeß das alte Haus weg­ zubrechen und für das neue Haus, die alten Decorationen zu ergänzen. Geruhen Eure Majestät, für die Schönheit Ihrer Residenz, das Bedürfniß des Volks und zum Beßten der vaterländischen Kunst, einen Gnädigen Entschluß zu faßen. Berlin wird dann das Beßte deutsche Theater haben und durch Königliche Milde, redlichen Fleiß, fern von Unersättlichkeit, wird ein Werk da stehen, das seine Künstler nährt und ehrt bis in den Tod. Ich schmeichle mich daß mein red­ licher Vorschlag, sich in Art und Zweck von den Zumuthungen, die vordem aus­ ländische Künstler gemacht haben, auszeichnen werde. Geruhen Ewer Majestät Ihrer Deutschen in Gnade zu gedenken. Ich ersterbe Euer Königlichen Majestät Unterthänigster Iffland Berlin den 10ten Juli 1798 14. Friedrich Wilhelm III. an Iffland. Charlottenburg, 10. Juli 1798 (H: GStA PK, Signatur: HA I, Rep. 36, Nr. 2413, Bl. 3; Schreiberhand, Entwurf; der Brief steht auf Ifflands Schreiben) Antwort de dato Charlottenburg den 10. Juli 1798. Lieber Getreuer. Daß der Zustand des Berliner Nationaltheaters, in den 18. Mona­ ten Eurer Direction von 7200. th. Cassen-Bestand, iezt ziemlich auf 25/m thlr in die Höhe gekommen ist und die 7/m. rthlr noch unbezahlt gewesenen Schulden bis auf 5/m th. getilget worden, rechtfertiget sehr angenehm die in Eurer Person getroffene Wahl eines wahren Sachverständigen, deßen Bemühungen und Absich­ ten ein hinreichendes Capital zu sammlen, um aus den Zinsen bejahrter Schau­ spieler zu pensioniren, von Mir, nach ihrem ganzen Werthe anerkandt werden. Ich werde daher auch Bedacht nehmen, den gewöhnlichen Bau-Etat für Berlin und Potsdamm mit zu der Darstellung eines geräumigeren Schauspielhauses zu ver­ wenden das auch durch wöchentliche Redouten in den Wintermonathen für das Pensions-Capital einträglich seyn kann, insofern nur die Plane des Geheim Rath Langhans und des Dekorateurs Verona in ihrer Ausführung nicht zu beträcht­ liche Summen erfordern mögten. Ich erwarte daher, daß beyde in ihren Arbei­ ten dem gemäs verfahren und eine anständige Darstellung liefern werden, damit demnächst desto eher Sich entschließen kann Euer gnädiger König.

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15. Iffland an Ludwig Tieck. Berlin, 30. Juli 1798 (H: SLUB Dresden, Signatur: Msc. Dresd., App 273, Nr. 21a) [Adresse:] An Wohlgebohren /  Her r n Ti e cke Eben habe ich Sternbald angefangen zu lesen. Früher hatte ich keine Unbe­ fangenheit zum Genuß. Ich bin pag 76 und – es ist mir Bedürfniß Ihnen den ­innigsten Danck für die schöne, reine Seelenstimung zu danken, die aus Ihnen in mich übergegangen ist! Folgen – o folgen Sie doch meiner Bitte, für das Schauspiel zu schreiben! Sie werden mich mit aller Herzenswärme bereit finden, zu empfan­ gen was Sie geben. In der ruhigen Nachtstunde, lese ich weiter. Iffland B 30 Jul 98 16. Iffland an August Wilhelm Schlegel. Berlin, 3. September 1798 (H: SLUB Dresden, Signatur: Msc. Dresd., e 90, XIX, Bd. 12, Nr. 13) Mit einer Art von Jammer setze ich die Feder an. Ich habe keine Aussicht, daß vor dem Frühjahr, Hamlet eine Vorstellung werden kann, die Ihrer und unserer wür­ dig sein könnte. Die immer noch daurenden Krankheiten, machen, daß beständig, einer für den andern, ein Geschirr aufgeworfen kriegt. Dazu muß ich die Men­ schen fétiren und in dieser DirektionsPreße, in diesem Tagewercke zum Erwerb – was kann aus Hamlet werden? Mit Noth wird Mattausch, dieser Tage, als Reconva­ lescent, eine kleine alte Rolle, zur Aushilfe spielen, an lernen, ist nicht zu denken. Mögten Sie doch das ganz übersehen und nicht an mir zweifeln, der ich, erst gestern Mittag, von der Unmöglichkeit gedrungen, mich entschließen konnte, dieß zu schreiben. Muß ich nicht dadurch bis Frühjahr, auf Sie Beide verzichten? Aber glauben Sie mir, Sie werden dann einen – so viel möglich – reinen Genuß ­haben und das – noch dazu nicht einmahl // gewiße Flickwerck, was iezt ent­ standen sein würde, müßte Sie empört haben. Aber nun liegt mir alles daran, zu ­wißen, wann und auf w i e L ange, Sie im Frühjahr kommen können? Erfreuen Sie mich damit, mir das bald zu sagen. Der Jude von Cumberland ist gegeben und darüber sind von den Kreutzigern und mir, Streitschriften – meinerseits hoffe ich, auf honette Art gewechselt. Es thut mir weh von diesem Blatte zu scheiden, welches Ihren Reisewagen, seits drehen soll, statt zu uns. Wir lieben Sie so herzlich als mann Sie lieben muß. Meine Frau will Ihnen das selbst sagen. Ach! In diesem ErwerbsTumulte – ist mein Kopf Comptoirmäßig und die Kunst, ist mit facit – Summa und Salvo errore überschüttet. Das ist Kummer in

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jedem Sinne und ich fühle mich sehr // bang dabei! Bedauren Sie mich. Mein be­ ßeres Gefühl, von den Umständen gedrückt, verdient das manchmahl! Von ganzer Seele der Ihre Iffland B. d. 3 Septbr 1798 17. Friedrich Wilhelm III. an Iffland. Potsdam, 16. September 1798 (H: GStA PK, Signatur: HA I, Rep. 36, Nr. 2698, Bl. 3v–r; Schreiberhand) Lieber Getreuer. Ich habe resolvirt, wärend des bevorstehenden hiesigen Herbst­ Mannoeuvres, auf dem Theater im neuen Palais, drey deutsche Vorstellungen, am 20ten, 21ten und 22ten September geben und das Personale des Theaters wärend dieses Auffenthalts, in der Stadt in dem zu dem neuen Schauspielhause gehörigen Gebäude wohnen zu laßen, weil sonst das Unterkommen der Schauspieler wohl mit Schwierigkeiten in jenen Tagen mögte verbunden seyn. Der Cammerherr und Directeur des Spectacles, Freyherr v. d. Reck erhält dem gemäs dato An­weisung, damit Ihr wegen der Dekorationen, Requisiten, Musick u.s.w. das Nöthige mit demselben verabreden könnt. Wegen der zu gebenden Vorstellungen selbst aber erwarte Ich Eure Vorschläge fordersamst in Charlottenburg, woselbst Ich diesen Abend eintreffe, indem Ich // überzeugt bin, daß Ihr ohne den guten Fortgang des täglichen Berliner Schauspieles zu unterbrechen, dennoch zu drey unterhalten­ den Vorstellungen alhier, das nötige Personale dort werdet entbehren können, für ­deßen Ueberkunft und Rückfahrt der Ober StallMeister Graf v. Lindenau, nach heute erlaßener Verfügung Sorge tragen wird. Ueber die sonstige Endschädigung der Schauspieler aber will zu seiner Zeit nach den ehemahligen Prinzipien, Vor­ schlägen und Liquidation erwarten Euer gnädiger König 18. Iffland an Karl August Böttiger. Berlin, 27. Oktober 1798 (H: SLUB Dresden, Signatur: Msc. Dresd., h 37, Bd. 96, Nr. 39) In Eile! Mein lieber Freund! Eben sagt mir ein Ehrenmann im Vertrauen, er habe, von ­einem der sich verschnappt habe, erfahren, in Weimar komme ein Kupferstich ­heraus, der mich und die Jagemann in einer Kutsche, Schauspieler umher und Sie auf dem Bock sitzend vorstelle. Der Mann habe gesagt, er habe 1 Dukaten Pranu­ meration, schon nach Weimar gesendet. Suchen Sie doch das zu erfahren, zu zernichten, da wir unter dieser Bosheit, alle zu verlieren haben! Sollte es nicht i n Weimar sein, – was mann mir doch sagt –

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so // werfen Sie doch Ihr Auge neb en Weimar umher. Entschuldigen Sie das we­ nig Vorbereitete meines Briefes, mit dem Abgange der Post und daß ich nichts habe versaumen wollen. Ihr B d 27 oct 98 Iffland 19. Iffland an Friedrich Wilhelm III. Berlin, 25. November 1798 (H: GStA PK, Signatur: HA I, Rep. 36, Nr. 2413, Bl. 14–15; Iffland verschreibt sich bei der Jahreszahl) Allerdurchlauchtigster Großmächtigster König Aller Gnädigster König und Herr! Euer Königlichen Majestät Aller Gnädigsten Befehl vom 7ten Julius gemäß, zu Ge­ winnung mehreren Raumes für das Vergnügen der Einwohner, wodurch in Ver­ bindung mit einer Redoute, größere Einnahme und also ein beträchtliches Ka­ pital für einen Pensions Fond, gewonnen werden könnte; die Plane eines neu zu erbauenden Schauspielhauses unterthänigst vorzulegen, ist bald darauf, der Plan des Decorateur Verona übergeben und gegenwärtig, wage ich es, zwei Plane des Geheimen Oberbaurath Langhans vorzulegen. Der Plan, welcher Littera A, bezeichnet ist ist merklich wohlfeiler, als der zweite, Littera B, bezeichnet. Letzterer, ist allerdings für das Ganze unweit einträglicher. Indeß bescheide ich mich, daß, wenn Ewer Königliche Majestät geruhen sollten, den dringenden Wünschen der Stadt und dem Beßten der Kunst, ein neues Schau­ spielhaus zu schenken, es mir nicht zusteht weiter etwas zu wünschen. // Mögten Ewer Königliche Majestät noch die gehorsamste Bitte erhören, es sei nun daß Allerhöchstdieselben, dem Plane des Decorateur Verona, oder einen der Langhansischen Plane genehmigten, alsdann dem Verfaßer des gewälten Planes, Langhans oder Verona, auf wenige Augenblicke, ein Gnädiges Gehör zu ertheilen. Ich ersterbe Ewer Königlichen Majestät Unterthänigster Iffland Berlin / den 25ten November / 1789

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20. Friedrich Wilhelm III. an Iffland. Berlin, 26. November 1798 (H: GStA PK, Signatur: HA I, Rep. 36, Nr. 2413, Bl. 14; Schreiberhand, Entwurf; der Brief steht auf Ifflands Schreiben) Ant wor t. Ipse dixit Berlin den 26. November 1798. Lieber Getreuer. Ich werde die Plane in Ueberlegung nehmen, welche Ihr zu ­einem neuen Schauspielhause, mittels Berichts vom gestrigen Dato Mir vorgeleget habt und werdet Ihr zu seiner Zeit näher auch beschieden werden von Euerm gnädigem König. 21. Iffland an Karl August Böttiger. Berlin, 11. Dezember 1798 (H: SLUB Dresden, Signatur: Msc. Dresd., h 37, 4o, Bd. 96, Nr. 38) Berlin den 11 Decbr 1798 Ihr Klaßisches Werck, mein theurer Freund, gieng vor mir her und öfnete Thüren, Herzen und Augen! Ob das alles, so sehr das Glück von meiner S e ele sein wird, als Ihr Werck mir Freunde macht – wer weiß es? Ich genieße mein Glück, wie die Christen aus Speners Schule das Abendmahl, mit Zittern! Empfunden habe ich die Hand des Freundes, deßen Herz mein Bild vest vor der Seele hielt und dann niederschrieb! Danck Ihnen theurer, geliebter Freund! Ni e ist unsere vergäng­ liche Kunst, s o der Vergeßenheit entrissen. Das leichte Bild, von losen, dünnen Nebeln zusammengesezt, ist so vest gegriffen und der Hauch, ist verkörpert der Nachwelt aufbewahrt. Danck, Danck Ihnen! – Sonst schreibe ich Ihnen nichts, als daß ich Sie liebe – und daß ich Weimar nicht vergeßen kann! daß ich das Bild, der schönen Stunden dort, vesthalte – wie Sie mein Kunstbild! Es ist ein schöner Traum, aus – den schönsten Zeiten, die – vorüber sind. – Nicht für immer, glaube und hoffe ich! Sie werden hieher kommen? Darauf freue ich mich, und freue mich sehr! – Gott mit Ihnen und die warmen Wünsche eines ehrlichen Herzens! – Ich bin oft sehr traurig! Ich bin von so Vielem loßgerißen, was dicht an meinem Her­ zen lag und tiefe Wurzel eingeschlagen hatte! – Friede und Freude meinem Freunde! Iffland

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22. Iffland an Franz Kirms. Berlin, 25. Januar 1799 (H: Goethe-Museum Düsseldorf, Signatur: NW 61/1955) [Adresse:] An Herrn Kammerrath / Kirms / zu / Weimar B d 25 Jan 99 Ich will Iphigenia sogleich ausschreiben laßen. Ende Mai werde ich dann doch wohl für viel Geld in Leipzig spielen und Sie auf ein Paar Tage sehen. Herr Schiller hat ja mit unsaglichen Bitten Herrn Schröder, dennoch n icht nach Weimar, zum Wallenstein gebracht? Da das ni cht geht, läßt er aus Complaisance ein Wort gegen mich, von mir fallen? Ei? Ich werde ni e Wallenstein spielen. Dank für die Einlage und den Zei­ tungsbericht. Wir grüßen alle. Habe ich Ihnen den Fremden, oder Selbstbeherr­ schung geschickt? Wollen Sie noch ein Stück? Sind Sie mir noch gut? Ich liebe Sie Iffland ewig! [Am linken Rand:] Mit unseren Zeichnungen dann auch Ihre. 23. Iffland an Friedrich Wilhelm III. Berlin, 17. März 1799 (H: GStA PK, Signatur: HA I, Rep. 36, Nr. 2547, Bl. 3r) Allerdurchlauchtigster, Großmächtigster Aller Gnädigster König und Herr! Das Gnädige Wohlwollen Eurer Königlichen Majestät in Gott ruhenden Herrn ­Vaters, führte mich in die Preußischen Staaten, Eurer Majestät Gnädiges Ver­ trauen aber, giebt mir den Wunsch, dankbar so lange ich vermag, meine Kräfte dem Staate zu opfern, der gegen mich so [Text bricht ab] Ich fühle jedoch das Bedürfniß eines Platzes, um in Ruhe zu arbeiten. Von dem Ertrage zweier Benefice Vorstellungen mit 1700 Thalern, von 500 Thr. Ersparniß, dem Ertrag einer neuen Auflage meiner Schriften mit 3600 Thr, werde ich in den Stand kommen, großentheils im Thiergarten einen Fleck zu bezahlen und mit ­einem WohnHause zu besezen, welches gegen 8000 Thaler kommen könnte. Eine gnädige Erlaubniß Ewer Königlichen Majestät, auf sechs Wochen, vom 15n May, bis 20n Junius, von Berlin entfernt zu sein, in Magdeburg, Leipzig und Breßlau, einige Rollen übernehmen zu dürfen, würde noch mir 2600 Thr erwer­ ben und so, in einem eignen bezahlten Sommerhause, mich zu dem Zufriedensten von Eurer Königlichen Majestät Unterthanen machen. Mit dem ehrfurchtsvollsten Vertrauen, glaube ich Ewer Königlichen Majestät dies Geständniß über meine PrivatAbsicht zu Füßen legen zu müßen, um jeder

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Mißdeutung vorzubeugen. Mit gänzlicher Unterwerfung, submittire die Bewil­ ligung des Urlaubes, der auf das Wohlsein des Theaters, meinen Einrichtungen nach, nicht den mindesten nachtheiligen Einfluß haben sollte. Ich ersterbe Ewer Königlichen Majestät unterthänigster Iffland Berlin den 17 März 1799 24. Iffland an August Wilhelm Schlegel. Berlin, 19. März 1799 (H: SLUB Dresden, Signatur: Msc. Dresd., e. 90, XIX, Bd. 12, Nr. 14) Berlin den 19 März 1799 Daß ein so geschundnes Kreützthier wie ich, sehr vest in seinen Gefühlen und Meinungen sein und bleiben könnte, ist vielleicht wenig wahrscheinlich aber es ist wahr. Die Meinung und Liebe für Sie und Hamlet, besteht in Ihrer ersten Krafft. Sie haben gewonnen, daß des Publikums Vorlautheit die Piccolomini vorschob, und ich Gotters Merope gleich darauf gab. Ohne diese Vorgänger, konnten Schau­ spieler und Publikum sich nicht zurecht finden. Nun ist Mad. Unzelmann bis Ende Aprill verreiset und wäre Sie es nicht: so dürfen wir iezt Wallensteins Schluß, nicht weigern. Ich baue ein Landhaus, ver­ reise den 15 Mai auf 6 Wochen, den Fond dazu theils zu erobern. Nehmen Sie von mir, den Wechsel auf Ehrenwort, daß Hamlet Michaelis ist. Wenn Sie anders nicht den Anfang August vorziehen. // Ich denke, da die genannten Umstände es iezt verhindern, deshalb an Michaelis, da diese Zeit dort auch Ferien hat, und wir dann auf die Freude Ihrer Gegenwart rechnen dürfen. Auch ist im Herbst, das Publikum am empfänglichsten. – Bauen Sie eisern auf die Gewißheit der Vorstellung! Schilock und Richard, sind unveräußerlich in Herrn Flecks Händen. Auf ein eignes Werk für die Bühne von Ihnen – warte ich mit Sehnsucht und würde Alles für Ihre Ehre und Ihren Gewinn, mit Entzücken thun. – Bitten Sie Ihre liebe Frau, Madame Gotter zu sagen, daß sie Michaelis durch mich zwan­ zig Pistolen, für den Dorfjunker und die geänderte Mariane empfängt, dabei das eine // Exemplar des Dorfjunkers zurück. Sie soll wegen des Drucks sich nicht ­geniren. Mit herzlichen Grüßen von uns an Sie beiden, der Ihre Iffland

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25. Friedrich Wilhelm III. an Iffland. Berlin, 19. März 1799 (H: GStA PK, Signatur: HA I, Rep. 36, Nr. 2547, Bl. 3r; Schreiberhand) Ant wor t. Ipse dixit Berlin den 19. März 1799. Lieber Getreuer. Ich habe nichts gegen den von Euch beschloßenen, unterm 17ten März mit Zutrauen Mir ange­ zeigten Kauf eines GrundStükkes im hiesigen Thiergarten und gegen die Mittel, die Ihr erworben habt, daßelbe mit einem Wohnhause zu bebauen, will vielmehr, damit Ihr dieses Etablißement ganz Schuldenfrey besizzen möget, den Urlaub auf Sechs Wochen Euch zugestehen, den Ihr anwenden wollet, bey den Bühnen in Magdeburg, Leipzig und Breslau noch ein paar tausend Thaler durch Gastrollen zu erwerben. Nur bey dem vorgeschlagenen Termin vom 15. May bis 20. Juny, habt Ihr wohl nicht erwogen, daß Euer Hierseyn bey der Berliner Revue vielleicht nötig seyn und auf jeden Fall nichts schaden kann, daher Ich denn gewärtigen will, daß ­ erdet, wo­ Ihr die Abreise wenigstens um 10. Tage bis zum 25. May aussezzen w gegen Ihr bis zum 30. Juny ausbleiben könnt. Ich bin Euer getreuer König 26. Iffland an Johann Friedrich Ludwig Niethe. Berlin, 28. Juli 1799 (D: Deutscher Bühnen-Almanach, hrsg. von A. Heinrich. Berlin 1854, S. 142–146) Verzeihen Sie, mein geliebter und wahrer Freund, daß ich noch vor meiner An­ kunft mit einem Schreiben Sie belaste. Daß man, wie Sie gestern äußerten, mich der Habsucht, der Gewinnsucht wegen meiner Reise beschuldigt, thut mir zu weh, als daß ich nicht ein Worth in den Busen der Freundschaft darüber niederlegen sollte. – Ich habe hier eine große Besoldung, daß ist wahr. Aber ich thue dafür auch ge­ wiß mehr, als irgend ein Direktor thut, wie ich mit Herrn Schröders Urtheil be­ legen kann. Die Ausgaben, wozu in dem theuren Berlin meine Stelle führt, sind nicht gering, so wie die Ansprüche auf das Mitleid häufig sind. Der verstorbene König ließ mir dreimal ein Haus anbieten, ich lehnte es ab. Wenn ich nun durch den Ertrag meines Talents ein Haus gewinne? – Ist das Hab­ sucht? Vom Fürsten, auf den General und Kaufmann, nützt jeder sein Talent und übersetzt es in baaren Ertrag – wie kann das Publikum den Künstler der das thut, mit Anschein nur gewinnsüchtig nennen? – Das Berliner K. Theater, selbst der sehr viel geringere Beitrag des Hofes abgerechnet, besteht bloß und allein durch jene innere, tägliche Reibung und gewaltthätige Anspannung aller Kräfte, durch jenes gewinnsüchtige angestrengte Spekuliren, was der aller kaufmännischten Einrichtung Ehre bringen würde – und – ich gestehe es nach meiner inneren Emp­ findung – was bei einem Theater eines großen Monarchen in seiner Residenz, wel­ ches jezt das erste Theater in Deutschland ist, nicht der Fall sein sollte! Wenn des

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Königs Majestät beachten wollen, wie wenig der Staat für uns hier thut – so muß es uns seine sehr günstige Meynung erwerben. Es ist in Berlin bekannt, daß ich mich diesem Werke mit rastloser Anstrengung widme und mir deshalb wenig Vergnügen erlaube. Wenn ich dafür nach Verlauf eines Jahres, in bedeutender Ehre und Ertrage Erholung schöpfe, so ist es meiner Arbeit angemessen, es bringt Berlin keinen Schaden und die Verwendung meines Gewinnes ist – in Absicht des Hauses – zu rechtfertigen; in Absicht manches an­ dern Artikels macht sie mir Ehre. Uebrigens habe ich auf einem Fürstlichen, auf einem Churfürstlichen Hof-­ Theater und auf einem stehenden Theater einer der ersten Preußischen Städte Rollen für einen hohen Preis gegeben und habe 800 Thaler ausgeschlagen, die mir Dresden für 9 Rollen bot, weil es ein Theater zweiten Ranges war. Ich lebe bescheiden, still, und wenn es wahr ist, womit die öffentlichen Schriften schmeicheln, daß ich jezt der erste deutsche dramatische Künstler bin, so überhebe ich mich ja dieser Ehre nicht, sondern arbeite um so sorgfältiger und emsiger. Daß mir dieser Vorzug, so viel mit Ehre sein kann, eintrage, daß muß, denke ich, jeden interessiren, dem es nicht gleichgültig ist, daß es einem ehrlichen, fleißigen Manne recht wohl gehe, und daß Berlin den besitzt, dem man Verdienst einräumt. Lediglich auf meine Kosten Kunstausstellungen an anderen Orten zu geben, dazu bin ich nicht reich genug. Ich muß aber freimüthig bekennen, daß es bei meiner, wirklich überhäuften Arbeit und großen Verantwortlichkeit der Jahressumme, die mich keinen Tag ver­ läßt – bei manchen wahrhaft kritischen Stunden mich ungemein abspannen, ja endlich muthlos machen würde, wenn ich den Gedanken aufgeben müßte, am Ende eines durchkämpften Jahres auswärts mich umzusehen. In keinem Dienst­ verhältniß ist dieser Genuß mir je versagt worden. Wie viel nöthiger ist er mir hier, wo der Monarch diesen Zweig der Künste nur gewähren lässt, ohne wie die Erfahrung zeigt, selbst für sich daran Vergnügen oder Erholung zu finden. Ein Theil des Publikums hängt an dieser Richtung, so wie ein anderer Theil desselben, aus Nachahmung, aus Gewohnheit und aus – freilich un­ nöthiger Furcht – den Geist der Einschränkung walten lässt, wovon der Hof – aus weisem Zweck für das Ganze – das Beispiel giebt. Daher und nicht sowohl von der Kälte des letzen Winters, kommt die verringerte Einnahme diese Jahres. Was in einem Falle die größte Lobrede unsers edlen Königs ist, wird im an­ deren Falle die gegründetste Besorgniß und wahre Sorg des Direktors, der nur von einem gewissen Luxus der Residenz die glänzende Erhaltung eines kostbaren Werkes nützlich finden kann, das, wenn es nicht mehr glänzend seyn kann, für die Menge keinen Reiz hat. Das National-Theater liefert bei beschränkten Kräften wenigstens bei Kräften, die auf dem Ohngefähr von Witterung und politischen Ereignissen beruhen, ein

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gutes Schauspiel, eine sehr gute Operette und manchmal eine große Oper, welche Kenner der schwer bezahlten königl. Oper vorziehen. Deren Mitglieder genießen zu halben und ganzen Jahren die Ehre und den Vortheil des Auslandes. Weshalb soll, was dort kaum bemerkt wird, hier Mißfallen erregen? – Ueberhaupt – Sie werden, verehrter Freund – mir zugestehen, daß ich Prätensionen hasse, daß ich sie nicht kenne – überhaupt aber ist es eine nie bestrittene Wahrheit – daß wahre Künstler selten sind, man hat deshalb überall und zu allen Zeiten ihnen einge­ räumt, daß sie nicht wie die gemeinen Früchte im Freien stehen, sondern in Treib­ häuser gesezt sein müssen. Ich meine, daß man den gewöhnlichen Maßstab für sie ein wenig verlängern muß. ­ ollen Unbescheidene Anmaßung kann ich darunter nicht verstehen wollen. W nun die Berliner, oder einzelne Leute zu Berlin, bei meinem stillen, einfachen ­Leben, bei dem Fleiße, womit ich für ihr Vergnügen mich hingebe, wie der aller­ lezte Schauspieler, die Ehre, die ich erwerbe, den Gewinn, für den ich wahr­ lich mühsam genug arbeite und den ich auch hier mit manchem Dürftigen ehr­ lich getheilt habe, wollen sie ihn in gehässigem Lichte sehen, mir die sparsamen Augen­blicke meines Vergnügens verbittern, so kann ich das freilich nicht hindern. Aber das werde ich hindern, daß dadurch keine ängstliche Besorgniß und keine Kleinlichkeit in mein Leben zu Berlin komme. Sonst wäre es um meinen Muth, um allen Künstlersinn gethan. Es ist nicht leicht, daß ich eine gewisse Schüchternheit in mir bekämpfe, aber es ist nützlich und ist sogar Pflicht. Ich werde wie ein ehrlicher, thätiger, sorgsamer Mann auf der geraden Linie fortgehen, stoße ich bei diesem Bestreben dennoch an, in Gottes Nahmen, so soll mich das nicht ängstigen. Der König ist Herr! – Wird der dereinst einen solchen Urlaub mir verweigern, so verändert das freilich den ganzen Gesichtspunkt meiner hiesigen Lage, Wün­ sche und Existenz auf eine sehr widrige, auf eine sehr traurige Weise! – Doch – man muß nicht zu weit in die Zukunft voraussehen wollen! Die Meinige – kann in keinem Falle trübe oder beschränkt sein, wenn Gott mir Gesundheit läßt, die ich zu erhalten strebe. – Sie – mein geliebter Freund – haben nach Ihrer redlichen freundschaftlichen Seele bei jener Mißdeutung gewiß meinetwegen sich gekränkt. Es wäre also nicht zu verzeihen, daß ich Ihnen dies schreibe, wäre ich nicht von Ihrer Güte gewiß, daß Sie, eben weil Sie mein Freund sind, die Ausschüttung meines Herzens wollen. Zugleich enthält dieser Brief etwas von dem, wovon ich wünschen muß, daß Sie es vorkommenden Falles Manchem antworten möchten, der mir nicht wohl will. Ihr herzlich erkenntlicher Iffland. Berlin, den 28. July 1799

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Dokumente 27–29

27. August Wilhelm Schlegel an die Berliner Theaterkasse. Jena, 21. November 1799 (H: SBB PK, Nachlass 230) Daß ich Endesunterzeichneter aus der Königl. Haupt-Theater-Casse in Berlin die Summe von zwölf Friederichsd’or als Honorar für die Bearbeitung des Schauspiels Ham l et ausgezahlt empfangen habe, solches wird hiedurch quittirend beschei­ nigt. Jena d. 21 Nov. 1799. August Wilhelm Schlegel [Am linken Rande unter dem Brief:] 12 Frd’r. 28. Friederike Auguste Conradine Unzelmann an Sara Levi. Ohne Ort, ohne ­Datum (H: Zentral- und Landesbibliothek Berlin, Historische Sammlungen, Signatur: EH 6286) [Adresse:] Pour Madame / Madame Levi / neé Itzig Madame! Dießer Tage werde ich die Ehre haben Ihnen 15 Dukaten für Fräulein von Arn­ stein zu zustellen. Mit der ergebensten Bitte ihr solche zu überschicken für eine Empfangene Partitur für Herrn Iffland. Auch bitte ich dießes Briefgen günstigst mit ein zu schließen und meiner Dankbarkeit und Hochachtung versichert zu seyn Friderike Unzelmann 29. Johann Wolfgang von Goethe an Franz Kirms. Weimar, 6. Januar 1800 (H: Landesarchiv Berlin, Signatur: A Rep. 167, Bd. 9) Hierbey ein Exemplar Mahomet für Iffland. Sie haben ja wohl die Güte es ihm mit der heutigen Post zuzuschicken und ihm dabey von mir ein freundliches Wort zu sagen. Weimar am 6 Jan 1800 G.

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Dokument 30

30. Iffland an Bartolomeo Verona (Vertrag). Berlin, 8. Februar 1800 (H: GStA PK, Signatur: HA I, Rep. 36, Nr. 2414, Bl. 33–34) Copia. Zwischen der Königlichen General-Direction des hiesigen National-Theaters und dem Königlichen Hofmaler, Herrn Verona, ist unter heutigem Datum folgender Contract verabredet und geschlossen worden. § 1. Herr Verona verbindet sich, dem Königlichen National-Theater jährlich drei vollständige Decorationen, das heißt, drei große Gardinen mit allen dazu gehöri­ gen Seitenflügeln und Souphiten zu liefern. § 2. Alle nöthige Setzstücke, als Häuser, Hütten, Tempel, Pavillons, Zelte, Kabinets, Kamine, Grotten, Boskets, Ehrenpforten, Anhöhen, Hölen, Gemäuer, Rasenbänke, Thore, Felsstücke, Wasser-Fontainen, Schiffe, Statuen, Piramiden pp. anzufertigen. § 3. Zu diesen sämtlichen, großen und kleinen Decorationen, giebt die Direction des National-Theaters die erforderliche Leinwand und überhaupt alle nöthige ­Materialien, doch mit Ausschluß der Pinsel und Farben, als welche allein Herr Verona liefert. § 4. Herr Verona verbindet sich, überdem alle alte Decorationen, sobald sie un­ scheinbar werden, wieder aufzumalen, und überhaupt das ganze Decorations­ wesen möglichst in einem reinlichen und zierlichen Stande zu halten. § 5. Sollten in Einem Jahre weniger als drei neue vollständige Decorationen ge­ braucht werden, so werden die fehlenden der Direction aufs künftige Jahr zu Gute geschrieben; sollten umgekehrt mehr als drei erforderlich sein, so hat Herr Verona aufs folgende Jahr so viel weniger zu liefern, als er im vorhergehenden Jahre mehr geliefert hat. Jedoch steht es auch in diesem Falle bei der Direction, ob sie die in Einem Jahre mehr gelieferten Decorationen dem Herrn p. Verona nach folgendem Maaßstabe baar vergütigen will; nemlich // für jede vollständige mehr gelieferte Decoration ohne Transparent Ein Hundert und Sechszig Thaler. In Ansehung des Materiale zu den mehr gelieferten Decorationen, gilt dasselbe, was in §. 3 dieses Contracts für die drei contractmäßigen, jährlich zu liefernden Decorationen festgesezt ist. § 6. Für die Erfüllung aller dieser Verbindlichkeiten, erhält Herr Verona aus der Haupt-Theater-Casse des Königlichen National-Theaters, jährlich Ein Tausend Sechs Hundert Reichsthaler preußisch Courant in monatlichen Terminen.

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Dokument 30

§ 7. Seinen Anfang nimmt dieser Contract von dem Ersten Tage, wo in dem neu erbauten Schauspielhause die erste Vorstellung gegeben worden ist; nämlich den 1sten Januar 1802. § 8. Die bis dahin nach dem zwischen der Königlichen General-Direction des Nati­ onal-Theaters und dem Königlichen Hofmaler, Herrn Verona, de dato Berlin den 1sten Julius 1792 errichteten, und bis zu Eröffnung des neuen Schauspielhauses be­ stehenden Contracte für das alte Schauspielhaus weniger gelieferten Decoratio­ nen, werden auf die für das neue Schauspielhaus auf Rechnung der Königlichen Theater-Casse gelieferten Decorationen in Abrechnung gebracht. § 9. Die Direction sichert Herrn p. Verona, unter Voraussetzung der Erfüllung be­ sagter Contracts-Puncte, die ausschließliche Malerei aller vorfallenden und er­ forderlichen Decorationen im Königlichen neuen Schauspielhause auf die Dauer dieses Contractes zu. § 10. Wenn daher Herr Verona auf Einige Wochen oder Monate von Berlin verrei­ sen sollte, so zeigt er der Königlichen // General-Direction solches Einige Wochen vorher an, und sucht um einen förmlichen Reiseurlaub bei derselben nach. Nach dessen Erhaltung giebt er der Direction zugleich die Anweisung, wohin und an wen sie indessen wegen des etwa vorfallenden Nothwendigen sich zu wenden habe. § 11. Die General-Direction erklärt in Ansehung des Ersten Malers des Herrn Ve­ rona, Herrn Heier, welcher bereits seit mehreren Jahren durch Fleiß, Ordnung, Pünktlichkeit und ruhiges Betragen sich vortheilhaft ausgezeichnet hat, wenn Herr Verona mit Tode abgehen oder dieser Contract zwischen beiden Theilen auf­ hören sollte, den alsdann eintretenden Decorations-Maler in dem mit demselben zu errichtenden Contract zu verpflichten, Herr Heier in derselben Art, wie der­ selbe gegenwärtig vom Herrn Verona adhibirt wird, beizubehalten, und wegen dessen von dem Decorateur zu übernehmenden Bezahlung, welche zeither und künftig auch Herr Verona übernommen hat und übernimmt, sich nach Billigkeit mit ihm zu vereinigen. § 12. Üeber die Dauer dieses Contracts wird keine Zeit bestimmt, sondern besteht derselbe so lange, als Herr Verona alle Punkte desselben erfüllt und zu erfüllen im Stande ist. § 13. Dem Herrn Hofmaler Verona sichert die Direction auf die Dauer dieses Con­ tracts die Loge No. 15. im zweiten Range des Königlichen neuen Schauspielhauses

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Dokumente 30–31

belegen, zu, um für seine Person, seine Familie und Ouvriers das Schauspiel an allen den Tagen, wo die Einnahme in die Königliche Theater-Casse kommt, zu se­ hen, so wie solches im alten Schauspielhause statt gefunden. Allen übrigen, nicht zu den hier Benannten gehörigen Personen, welche Herr Verona in die Loge mitnehmen // oder eingehen lassen will, kann, vermöge Aller­ höchster Vorschrift, welcher sämtliche Frei-Logen, incl. der Directions-Loge, un­ terworfen sind, nur gegen Erlegung des vollen Entrée-Geldes, der Zutritt verstattet werden. Jedoch will die Direction Herrn Verona nachgeben, daß, wenn er selbst oder seine Frau Gemalin in Person einen Fremden in die Loge mitnimmt und ein­ führt, für diesen kein Entrée-Geld in dem Falle erlegt werden dürfe. Beide Theile entsagen allen diesem Contracte zuwider laufenden Einwendun­ gen, und haben ihn daher zur Genehmigung und Festhaltung eigenhändig unter­ schrieben. So geschehen Berlin den 8ten Febr. 1800. General-Direction des Königlichen National-Theaters. Verona. Iffland. 31. Iffland an Friedrich Wilhelm III. Berlin, 24. März 1800 (H: GStA PK, Signatur: HA I, Rep. 36, Nr. 2698, Bl. 5r–6v; von Ifflands Hand) Allerdurchlauchtigster, Großmächtigster König AllerGnädigster König und Herr! Die Wünsche mehrerer Potsdammer und Berliner, welche mit Ewer Majestät Hof­ haltung nach Potsdamm gehen, vermögen mich um die Gewährung nachzu­suchen, alldort, für Einlaßgeld, wovon ich die Unkosten zu bestreiten hoffe, wöchent­lich ein Schauspiel zu geben. Die Direction übernimmt die Unkosten der Diäten, Be­ leüchtung, Requisiten. Ewer Königliche Majestät geruhen mildest zu verwilligen Eine Erlaubniß, daß die Direction im dortigen Schauspielhause, die vorfind­ lichen Decorationen, Beleuchtungsgeschirre, und zur Wohnung der Schau­ spieler, das daselbst erbaute, sogenannte Tänzerhaus, mit Meüblen, Weiszeug, Feü­rung und Licht, wie solches die Königlichen Tänzer erhalten – gebrauchen dürfe. // Daß, nach empfangener Erlaubniß, die Direction, sich lediglich an den dor­ tigen Kastellan und BauamtsAssessor Koch zu wenden habe, denn nur jedes­ maliges Vorherwenden an den Königlichen Kammerherrn Baron von Reck, und Ab­wartung von deßen Anordnungen nach Potsdamm hie, würde bei dem täg­ lichen Fortgange des Berliner Schauspiels, bei diesem, in der That verwickelten Geschäfft, die Unmöglichkeit der Potsdammer Vorstellungen, bewürcken.

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Dokumente 31–32

Eben so bitte ich unterthänigst, um Anweisung der Königlichen Kapelle für die Musick und Instruction an welchen dortigen Musickvorgesezten, ich mich zu wenden haben soll. Ewer Königliche Majestät geru-//hen, die AllerGnädigste Erlaubniß zu den nöthigen Hin- und Rückfuhren, auf den Königlichen Marstall, zu verwilligen. Die Preise, könten im Parterre auf 8 Groschen, im ersten Range auf 12 Gro­ schen, im zweiten auf 8 Groschen, im GallerieRang auf 4 Groschen gesezt sein. Freibillets würden, mit Ausnahme einer Anzahl zur Distribution des Geheimen Kämmerer Wolter, gar nicht stattfinden. Unter gnädigster Bewilligung dieser Bitten, würde ich, Sonnabend den 5t Aprill, alsdann aber jeden Mitwoch, so lange Ewer Königliche Majestät in Potsdam Sind, den Versuch machen, Schauspiele dort zu geben, deren Unkosten, aus dortiger Einnahme, nach treu geführter Rech-//nung, zu bestreiten wären. Ein SchauspielVerzeichniß, zur Auswahl, werde ich allzeit vorher unterthänigst vorlegen. Ich ersterbe Ewer Königlichen Majestät Unterthänigster Iffland Berlin / den 24 März 1800 32. Friedrich Wilhelm III. an Iffland. Berlin, 29. März 1800 (H: GStA PK, Signatur: HA I, Rep. 36, Nr. 2698, Bl. 8r–v; Schreiberhand) [Adresse:] An den Director Iffland Ipse dixit Berlin den 29 März 1800. Lieber Getreuer. Auf Eure Anfrage vom 24ten März will Ich wohl geschehen l­ aßen, daß Ihr während Meines bevorstehenden Auffenthaltes in Potsdamm und bis zu der dortigen Revue, wöchentlich einmal daselbst im Schauspiel-Hause eine Vor­ stellung geben und damit versuchen möget, ob die Bezahlung des Publikums für die Kosten der Beleuchtung, der Arbeiter, für Diäten der Schauspieler u.s.w. zurei­ chen wird. Ich habe daher, um MeinerSeits in diesem Versuche Euch zu Hülfe zu kommen, dato an den Directeur des Spectacles Freyherrn v. d. Reck verfügt, daß für diesen Zeitraum das Schauspiel-Haus mit den Dekorationen nicht allein Eurer Disposition überlaßen seyn, sondern auch in dem sogenannten Tänzerhause Euch und denen jedesmal erforderlichen Schauspielern etc. Nachtquartier mit Meublen, Feuerung und Licht gegeben ferner die Kapelle aufgefordert werden soll, die Mu­ sick zu übernehmen. Der Kapelle über diesen Gegenstand gerade zu Befehl zu ge­ ben, trage Ich aber um so mehr Bedenken, als ein Fall dieser Art noch nicht vorge­

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Dokumente 32–33

kommen ist und unmittelbare Befehle als Kränkung ausgedeutet werden könnten. Ferner habe Ich den OberStallMeister Graf von Lindenau bevollmächtigt, für den Transport des jedesmal erforderlichen Personale hin und retour zu sorgen, das Ihr jedoch, wie Ich verhoffen will, auf das äußerste Bedürfnis einschränken, auch da, wo die Pferde-Gespanne nicht zureichen sollen, Euch gefallen lassen werdet, daß die Bespannung zum Theil mit Maulthieren bestritten wird. Was die Festsezzung der Preise und die übrige Oekonomie anlangt; so überlaße Ich ganz Euch und Eurer Erfahrung diejenigen Maaßregeln, welche Ihr dienlich finden werdet, um von dieser Unternehmung, wo nicht Vortheil, wenigstens doch keinen Schaden für die Theater-Kasse zu haben; billige indeßen sehr daß der Einlaß-Preis Parterre auf 8 gr. festgesezt und dem Subaltern-Offizier dadurch ein Soulagement bereitet werde. Ferner billige Ich jede Zurückweisung etwaniger Gesuche um FreyBillets bis auf diejenigen, die Ihr dem Geheimen Cämmerer Wolter zur Distribution zu­ stellen wollet. Doch werdet Ihr schon veranstalten müßen, daß für Meine und Meiner Gemahlin näheste Bedienung, angemeßene Pläzze gegen Bezahlung auf vorhergehende Bestellung reservirt bleiben. Uebrigens kann Sonnabend den 5ten Aprill, das Erste Schauspiel gegeben, sodann jeden Mittwoch fortfahren, bey Mir auch wegen der zu gebenden Vorstellungen jedesmal angefragt werden. Ich bin Euer gnädiger König. 33. Iffland an Karl August Böttiger. Berlin, 29. Mai 1800 (H: SLUB Dresden, Signatur: Mscr. Dresd., h 37, 4°, Bd. 96, Nr. 40) Lieber Freund! Eine grade Frage – die Sie so zart behandlen werden, als Sie empfinden! Sollte es unmöglich sein, zu hoffen, daß Vater Wieland, zur Eröffnung des Kunsttempels uns ein Vorspiel geben wollte – w ie es sein Genius gebieten wird? Dieser Gedanke komt aus meinem Herzen und ich lege ihn in Ihrem Herzen nieder! Das der Zeitaufwand – des großen Mannes w ü rd ig , geehrt werden würde, das trauen Sie mir zu, so viel mei ne Kaße anlangt. Aber daß auch anderwärtsher, Seiner mit Achtung und Lohn gedacht werden würde hoffe ich! Indeß ne n ne ich nur das, was // von mi r abhängt. Behandlen Sie diese LieblingsIdee mit I h rer Wärme. Ich schreibe mit freu­ diger Rührung, so oft ich an den Mann – wie Sie iezt nicht sind – denke! Amen. Berlin den 29 Mai 1800

Iffland

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Dokument 34

34. Verzeichnis der Aufführungen des Berliner Nationaltheaters in Potsdam 1800 (H: GStA PK, Signatur: HA I, Rep. 36, Nr. 2701, Bl. 3–4) GeneralRechnung / über / die zu Potsdam vom 9ten April bis / den 4ten Juny 1800. / aufgeführten 9 Schauspiele Haben Haben eingebracht gekostet Tage

Name der Vorstellungen   r  g    d

  r 

g    d

Also Plus

Also Minus

r 

g    d

r    g    d

Die beiden den 9tenApril 1800 Klingsberge und das neue Jahrhundert

  209 –    –

 209, 1.–

–   –    –

–   1    –

16ten

Das Vaterhaus

 292, 8 –

 167,22.–

124,10 –

–   –    –

23

Der Essighändler und Lieb’ und Treue

 288, 4 –

 166, 7, 7

121,20,5

–   –    –

30ten

Sophie von der Daalen

  271,12 –

  159,17 –

111,19 –

–   –    –

8ten May

Erinnerung und die Comödie aus dem Stegreif

  210, –   –

 150, 6, 6

 59,17,6

–   –    –

17te

Die Geisterinsel

 255, 4 –

  283,16 –

–   –    –

28,12

18

Desgleichen

 139, 2 –

 147, 9,10

–   –    –

 8, 7,10

28te

Die Uebereilung und das Blatt hat sich ge­ wendet

  124,12 –

 137, 8, 2

–   –    –

12,20, 2

4ten Juny

Wallensteins Tod

 275, 4,6

  255,16 –

 19,12,6

–   –    –

Summa

2064,22,6

1677, 8, 1

437, 7,5

49,17

ten

ten

Das Minus ab à

 49,17

Bleibt Plus

387,14,5

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Dokumente 35–36

35. Iffland an Georg Joachim Göschen. Berlin, 28. Juni 1800 (H: Deutsches Buch- und Schriftmuseum der Deutschen Nationalbibliothek Leipzig, Göschen-Sammlung, Signatur: Bö-GS/A/Iffland, A. W., Brief 27) Berlin den 28 Jun 1800 Kann ich nicht sagen – „entschuldige mich ich habe ein Weib genommen: so kann ich sagen – habe freundliche Geduld ich baue ein Haus – und du weißt, das giebt Aerger![“] Danck für die zwei Sendungen!! Können Sie i e z t no ch , die andere Hälfte der abgeänderten Kokarden ­brauchen? Sagen Sie mir das doch bald. Sollte es zu spät geworden sein? So bin ich Ihr Schuldner und werde ehrlich abtragen. Man macht mir von Wien aus sehr glänzende Anträge, für einen Besuch in künftigen Jahre. Sollte ei nst der Zufa l l Sie mit Sekonda zusammen bringen und Sie können ihn darauf bringen, daß er damals mir geäußert hat, „nach zwei Jahren wünschte er meinen Besuch wiederhohlt“ – so thun Sie es. Der Wunsch mit Ihnen und denen die so gütig für mich denken, zusammen zu sein, thut dabei so viel und mehr – als mein Vortheil. Finden Sie das mit meiner Ehre unvereinbar: so nehmen Sie, daß ich davon nichts gesagt habe. – Ihre treffliche, liebenswürdige Frau, lebt in unser aller Gedächtniß, so wie Sie, in dem Gedächtniß meiner Frau ein wenig viel leben! Adieu! Freundschafft und Geduld dem, der beide erkennt Iffland 36. Iffland an Karl August Böttiger. Berlin, 28. Juni 1800 (H: Staatsbibliothek Bamberg, Signatur: Msc.Misc. 70/37/6) [Adresse:] An Herrn Oberkonsistorial-/Rath Bötticher / Zu Weimar / Frei Berlin 28. Jun 1800 Sie haben, mein geliebter Freund, über meinen Antrag an unsern Wieland, wegen eines Vorspiels, nicht geantwortet. Es wird also wohl nicht sein Wille sein. Wenn nur die Idee Ihm nicht Missfallen erregt hat, so gut sie gemeint war! Die Zeichnung des Vorhanges wird bald eintreffen. Wir sind nur in Sorgen daß die eigne, weit, vielleicht zu weit gehende Bescheidenheit des Königs, machen könnte, daß er den Jupiter weghaben wollen könnte! Wenn Sie meiner noch gedenken: so sagen Sie mir ein Wort. Wißen Sie etwas Gewißes, von Kotzebues Ergehen? Wenn man es zuverläßig wüsste w ie es steht, glaube ich, daß man hier nicht abgeneigt wäre, sich für ihn zu verwenden. Thun Sie also bald etwas zu einer Nachricht an mich, wenn Sie eine Zuverläßige haben. Ihr Iffland

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Dokument 37–38

37. Iffland an die Berliner Theaterkasse. Berlin, 21. Oktober 1800 (H: Theatersammlung Rainer Theobald, Berlin) [Adresse:] An Königliche Haupt Theater Kasse. Die unterzeichnete Direction, hat mit dem Herrn Kapellmeister Reichardt die Ueber­einkunft getroffen demselben für die ernsthaffte Oper Tamerlan in Vier ­Ackten, daß heißt, für die von ihm componirte Musick, nebst Ueberliefferung des übersezten und unterlegten Textes, statt der ehedem bei dem döbbelinschen ­Theater gehabten dritten Einnahme, welche derselbe wieder verlangt hat, ihm die Summe von Fünfhundert Thalern, als den Betrag der höchsten Einnahme, aus ­Königlicher Haupt TheaterKaße auszahlen zu laßen. Die beträchtlichen Einnah­ men, welche die Kompositionen des Herrn Kapellmeisters Reichard bewirken, die, in dieser Oper, gegen andre ähnliche gerechnet, geringeren Nebenaus­gaben, rechtfertigen eben so sehr dieses beträchtliche Honorar, als es nach Erfahrung der ­Direction von bedenklichen Folgen sein mögte, eine dritte Einnahme zu be­ willigen. Die Königliche Haupt TheaterKaße, wird also hiemit angewiesen oben­ benanntes Honorar, Dienstag den 21 Vormittag an den Herrn KapellMeister Reichardt gegen Quittung auszuzalen. Berlin den 21 October 1800 General Direction des Königlichen Nationaltheaters Iffland 38. Schreiben von Unbekannt über Iffland. Ohne Ort, ohne Datum (H: Landesarchiv Berlin, Signatur: A Rep. 241, Nr. 3a; in dem Erinnerungsprotokoll wird ein Brief erwähnt, der von Iffland in Nr. 39 beantwortet wird) Ich hatte noch von früherer Zeit, als die Königliche Schaubühne – damals National­theater genannt – unter der Leitung von Engel stand, ein Freibillet, in­ dem ich, nach Anleitung von Engel in manchen Stücken Aenderungen in dem Dialog und Abkürzungen von Scenen machte, auch zuweilen Prologe und in den Opern die Verse, welche oft sehr holprich waren, verbessern mußte, so hatte ich in der ­Athalia die Chöre ganz umgeändert. Auch mit Iffland fand dies Verhältniß statt und ich war sehr oft mit ihm zum Tische bei dem damaligen Staats Minister Freiherr v. Hardenberg, ehemaligen Fürsten Staatskanzler. Bei einem solchen Diné war Iffland ungewöhnlich ernst und fast niedergeschlagen, obschon in der Regel die Unterhaltung sehr heiter und zwanglos zu seyn pflegte, denn die Gesellschaft bestand immer nur aus wenigen Personen, namentlich dem Geh. Finanzrath Koch, auch dem Geheimrath Dr. Stein, Kriegsrath Scharnweber der nachmalige Staatsrath und es waren im Wortverstand sokratische Menschen, wo der Froh­

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Dokument 37

Nr. 37  Schreiben Ifflands an die Königliche Haupttheaterkasse vom 21. Oktober 1800

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Dokumente 38–39

sinn in den Schranken des Anstandes und der geistigen und sittlichen Bildung herrschte. Als er von dem Fürsten StaatsCanzler darüber befragt wurde, äußerte er wie ihn die hämischen Anfeindungen, denen er seit einiger Zeit ausgesetzt sey, so verstimmten und namentlich, weil eben ein Pasquill auf ihn von einem Menschen erschienen sey, der bei einer Winkelbühne Schauspieler gewesen, hierhergekom­ men und ein Engagement bei ihm gesucht // haben; er habe ihn als Probe eine Rolle darstellen lassen, da er aber entschieden mißfallen, so habe er ihm erklärt: wie er ihn nicht engagiren könne, ihm aber doch, aus Mitleid eine bedeutende Summe als Unterstützung ein für allemal gezahlt. Aus Rachsucht habe er nun dies Pasquill gemacht und drucken lassen. Der gereizte Zustand in welchem ich Iffland sah und in dem er sich aus der Gesellschaft entfernte, that mir sehr leid, und es bestimmte mich, an ihn einen Brief über diesen Gegenstand zu schreiben, in welchem ich ihn recht dringend und herzlich bat, doch solche Empfindung nicht zu Herzen zu nehmen, weil sie um so mehr ihren böswilligen Zweck bei dem Publikum verfehlen müßten, da man die Quelle, woraus sie flößen, Neid oder Rachsucht, kenne, und Personen, auf denen notorisch ein Makel hafte, ihn mehr durch ihr Lob, als durch ihre Schmä­ hungen schaden müßten; wobei ich erwähnte, wie er an der Tafel des Ministers sich überzeugt haben würde, mit welcher aufrichtigen Theilnahme man seine Ver­ stimmung bemerkt, wie man Alles aufgeboten, ihn aufzuheitern und ihm Beweise zu geben, wie sehr man ihn nicht bloß als Künstler sondern auch als Menschen schätze, und er könne überzeugt seyn, daß viele und die erstbesten Personen, diese Gesinnungen theilten. Hierauf erhielt ich die Antwort Ifflands. 39. Iffland an Unbekannt. Berlin, 3. Dezember 1800 (H: Landesarchiv Berlin, Signatur: A Rep. 241, Nr. 3,1) Empfangen Sie meinen innigsten Dank, für die schöne Empfindung, welche Ihr Herz und Ihr Talent, mir gegeben haben. – Es ist ein Busch um eine frische Quelle, an der Heerstraße für den müden Wandrer gestiftet! – Das Erstemal, war dieses freündliche Wort, waren Sie, das Lebenszeichen guten Willens, was in Berlin, ich je empfangen zu haben weiß. – Nachdem alle Federn und Zungen mich schänden und würgen – Sind Sie der Erste, der es wohlwollend sagt – das ist zu viel! In der That, da ich das Glück habe, eine gewiße Kindlichkeit der Empfindungen erhalten zu haben: so leide ich zwiefach bei den herzlosen Wesen, womit einige Herostraten, die würdigern Dinge zerstören, mich sistematisch verfolgen und die ganze jeunesse de Fréron aufbieten, meinen Kredit und meine bürgerliche Ehre zu zernichten. // 

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Dokumente 39–40

Ich selbst kann für meine Vertheidigung fast nichts thun, also lege ich meinen guten Nahmen und seine Erhaltung, bei jedem Ehrenmanne nieder und so muß ich erwarten, welche Wendung die Dinge nehmen wollen; ob ich in Berlin bleiben kann, oder ob die Erhaltung meines Rufs, mir befiehlt es zu verlaßen. Von Herzen der Ihre Iffland Berlin den 3ten Decbr 1800 Darf ich meinen Freünden, Abschrifften ohne Ihren Nahmen, und mit dem abgeänderten Nahmen am Schluß – G:t:r. geben? Wenn Sie es nicht verbieten, nehme ich es für Erlaubniß. 40. Iffland an Karl Friedrich von Beyme. Berlin, 16. Februar 1801 (H: GStA PK, Signatur: HA I, Rep. 36, Nr. 2416, Bl. 23r–25v) Hochwohlgeborner Herr! Hochzuverehrender Herr Geheimer KabinettsRath! Endlich habe ich über meine Reise, die vom Frieden abhing, die nöthigen Nach­ richten und die Königliche Entscheidung, ist es, woran sie hängt. Ich habe Ihre Erlaubniß, davon zu Ihnen zu reden, laßen Sie mich noch die erbitten, – mit Ver­ trauen davon reden zu dürfen. Als Director und Künstler, als Zielscheibe des Aergers in beiden Fällen, zu eig­ ner Ausbildung für beide und den Autor, ist ab und an, eine Reise höchst nöthig. Meine Vorfahren gaben und erhielten ansehnliche Summen dazu – ich will Nichts, denn ich kann noch gewinnen. Das ist, was sich des Königs Majestät vorstellen läßt, was sich nicht vorstellen läßt und nicht minder wichtig für mich ist, besteht in Folgendem. Der Hochselige König, hatte die Gnade mir den Bau eines Gartenhauses zu ver­ sprechen, ohne daß ich darum bat. Es war im August 1797 – ich hielt Ihn für ster­ bend – und wollte nicht mit gemißbrauchten Wohlwollen dem Sohne als König, vor Augen treten, nuzte also diese Gnade nicht. Auch dann nicht, als Nahmens des Königs Herrn Geheimen Kämmerers Ritz, den 27 September, dieses Anerbieten vor mehreren Zeugen wiederholte. Nach dem Weltlauf, habe ich mit die-//ser gutgemeinten Entsagung, eine Narr­ heit begangen. Indeß erhebt sie mein Selbstgefühl und als ich mein Gartenhaus von 5000 Thr Honorar für meine Sammlung und 3000 Thr Ersparniß zu bauen anfieng, wozu noch 2200 Thr Gewinn von einer Reise vor zwei Jahren gekommen ist – habe ich auch nicht auf die entfernteste Weise, der – selbst herkömmlichen Königlichen Gnade mich genähert. Es machte und macht mir Freude, das Haus durch meine Thätigkeit erworben zu haben. Dabei soll es bleiben!

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Allein das Ganze des Etablißements, kostet gegen 16000 Thaler und mit den Zinsen, mehr. Dies fordert mich auf, an Erwerb zu denken. Erwerb der Reise, ist nur dann zu machen, wenn Zeit mir vergönnt wird. Ich kann unter drei Monathen vom 8ten April an, nichts gehörig sehen, auch wenn ich nur als Director reise. Mann bietet mir in Wien, wo // die Woche dreimal Schauspiel ist, für 15 Rollen, 1500 Thaler. In Prag für acht Rollen 1200 Fl. In Leipzig für 14 Rollen 240 Fried­ richsd’or. – Ein Anerbieten in Weimar muß ich iezt, so wie eines in Bremen von 1200 Thr, ausschlagen um nicht zu mißbrauchen. Gäbe es eine Möglichkeit, des Königs Majestät ein kurzes exposé meiner Lage zu geben: so würde wenigstens das Auffallende meines Antrages gemindert. – Es liegt nun schon einmal überall im Gange der Dinge, daß man nur Italienern oder überhaupt Musikern so etwas nicht übeldeütet. Und nun erlauben Sie mir noch eine Bemerkung, geht meine Bitte den gewöhn­ lichen Weg: so wird der réferenz auf die Königliche Bemerkung, daß es viel Zeit sei, ohne alle Erläuterung Vier oder Fünf Wochen proponiren, es wird so dekre­ tirt, und meine ganze Reise ist ohne Erwerb. Haben Sie die Güte meinen Brief an des Königs Majestät, mit einer gütigen Verwendung vorzutragen: // – Sie kennen den Mens che n , ohne daß ich auf den Gang der Dinge näher deute – bin ich so mancher Kälte, Befremdung, und dem ganzen Kränkeln der gereizten Formalität ausgesezt, daß ich dann mit Angst reise! Also, werden Sie sagen – „was wollen Sie denn von mir, wenn das sie ängstet was sie wollen sollten?“ Hier liegt der ganze Inbegriff meiner Bitte: Ob das Wohlwollen welches Sie für mich haben – vergeben Sie wenn ich mir zu Viel schmeichle – Sie vermögen wird, einen Weg zu wählen der, mir unbekannt, glücklicher Weise in der Mitte läge! Halten Sie dafür, daß des Königs Majestät, mein Auftreten im Kais e rl iche n nicht angenehm wäre – seinem Herrn Vater, wäre es gewiß unangenehm gewesen – so bedarf es nur eines Winkes und ich ändre Wi e n und Prag , in Weimar und München, ohne davon daß jenes ungern gesehen wäre, das Mindeste merken zu lassen. Ueberhaupt, was in meiner Bitte des Königs Majestät e nt s chie d e n zu wieder sein könnte, das mögte ich lieber gar nicht bitten. //  Gewiß ist aber das, daß ein Director und Modehändler reisen muß, oder er wird eine Tulpe ohne Reitz, ein Pfalbürger. Gewiß ist es, daß ein Director, einer der geärgertesten, genecktesten Menschen im Staat ist! Ach – und ein Direktor in Berlin??? Nur der PolizeiObere wird so systematisch gebraten wie der Director. Der darf dann freilich nicht reisen – aber er muß auch nicht öffentlich froh noch unbefangen sein, er hat in seiner Gestalt keine poetische

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Erhebung vorzutragen und geht es ihm zu arg: so macht ein Publicandum, dem Wesen ein Ende! Meine Geduld – mein Schweigen – meine Verträglichkeit ist bei dem reizbaren Künstler selten und verdient einige Rücksicht! Das ist was ich herzlich bitte daß Sie zusammengenommen es überlegen wol­ len. Ich will lieber lange schreiben, es ist bei der Mühseligkeit Ihrer Arbeiten, er­ träglicher, durch viel Reihen Worte zu blicken, als langen Vortrag zu hören. // Wäre es nun an einem Abende, wo Sie gut fänden, mein Gemüth mit Ge­ müthern zu erfreuen, Ihnen gefällig, Ihren Willen mir zu sagen: so bedarf es nur einer Silbe an den Kastellan Leist – und ich komme, freilich mit schweren Herzen – aber doch mit der Ueberzeugung zu Ihnen, daß das nicht sein kan n , wozu Sie nein sagen. Das neue Haus, wird vor Anfang Septembers nicht fertig. Zürnen Sie nicht und erhalten Sie mir Ihre Gewogenheit. Vor allem aber glau­ ben Sie an die innigste Hochachtung, an das Vertrauen was der Man n für Sie einflößt und was ich ewig empfinden werde! Mit diesen Gesinnungen Ewer Hochwohlgebohren Gehorsamster Diener Iffland Berlin / 16te Febr / 1801 41. Iffland an Georg Joachim Göschen. Berlin, 28. Februar 1801 (H: Deutsches Buch- und Schriftmuseum der Deutschen Nationalbibliothek Leipzig, Göschen-Sammlung, Signatur: Bö-GS/A/Iffland, A. W., Brief 28; Textverlust durch Papierfraß) Berlin den 28 Febr 1801 Das Ihr Brief an mich, lange geschrieben und meine Antwort spät ist, weiß ich auch wenn Ihr Brief ein Datum hätte – was er – o Wunder! nicht hat. – Ich gehe zum Geschäfftlichen und komme von da auf mein Leben. Das Trockne muß vor­ weg! Scheinverdienst, die Künstler, die Höhen, das Vaterhaus und das Erbtheil des Vaters, können in Acht Tagen erstere Drei, in 14 die anderen, bei Ihnen sein, die ersten Drei können gleich, die andern Michaelis gedruckt sein. Ich wünsche – und wünsche sehr!!! es wäre Ihnen möglich, meinem Neveu, Konsistorialsekretär Eisendecher in Hannover, b a l d 52 Pistolen – einen Schuldentermin für meine Schwester und – Ostern mir, 300 Thr Preußisch Courant zu schicken. Der fernere Rest – ad libitum. Lezteres, sind Zinsen die Ostern fällig sind und die ich zwei Tage vor dem Fest brauche. Mein Etablißement kostet 15000 Thr. Das sah ich nicht

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vor, doch schäzt man es 20000 Thr wehrt. Ich wollte gern bis Michael die Zinsen mit 6 Prozent tragen, auch Ihnen, damit Sie und Ihre Ordnung, in Leipzig nicht mit meinem Verlangen verwechselt werden, gern einen Produziblen Schein sen­ den. Können Sie das möglich machen: so nehmen Sie mir eine nagende Unruhe. Hier, wo ich ein Hauptkapital habe, mögte ich nicht gern mich durch kleinere Auf­ nahmen diskreditiren. […] würde nicht so darauf warten müßen, hätte ich […] Winter arbeiten kön­ nen, wofür der Ertrag […] würde. […] das Kameleon, erregte die […] Bernhardi, sie hezzten alle // mißvergnügte Autoren gegen mich und alles was von der jeunesse de Fréron gegen mich auf­ zubringen war. Anonime Briefe, Unruhe, Pasquillen, was noch neben den gröbs­ ten Auswurf im Archiv, nur ärgern könnte, ward aufgeboten und – mehr als ich es ­Ihnen in ein Coup d’oeil bringen kann ward aufgeboten, mich so zu kränken, daß ich fast des Lebens satt ward. Verläumdungen jeder Art! Ich habe nie eine so schmerzliche Zeit gelebt, es ist nun vorüber, aber iezt ist auch die Zeit der Arbeit dahin! – Ein Lustspiel habe ich geschrieben. Man meint, es wäre gut. Das Tröstlichste ist wohl, daß der König – woran ich zweiflen konnte – mir Reiseurlaub gegeben hat. – Wie würde ich auf Leipzig mich freuen wo ich so gern bin, wenn nicht die Bemerkungen Ihrer früheren Briefe, mir dargethan hätten, wie fatal ich den Schauspielern bin, wie angst die Direction vor den Schauspie­ lern ist, wozu es noch kommt, daß die Direction nicht die mindeste Energie noch Ansehen bei den Schauspielern hat. – Es gehört wenig dazu, daß man faße, wie es wiedrig ist, zu stehen, wo man weiß, daß man nicht gern gesehen ist! Geben die dortigen Schauspieler, dieses Gefühl mir zu sehr – so halte ich es nicht aus. – Ich gebe mich Ihnen so, wie […] bin. Wäre mein Spiel eine ber[…] so würde ich mein Wesen treiben […] Sie grollen, dein Bewußtsein ist […] // da in meinem Spiel das Herz ist und handelt und wo es nicht unbefangen ist, nicht handeln kann – was bleibt? – Genug davon! Sie, Gehlers – und ein Tag in Hohenstetten – ist das, worauf ich mich freue. Müßte ich nicht Sekonda’s Honorar brauchen, um abzuzalen – Sechs Tage lebte ich dort der Freundschafft und zöge weiter. Daß ich aber einem ähnlichen Bremer Anerbieten, Leipzig vor ziehe – ist ja begreiflich, da in Leipzig Freunde meiner warten! Ihr Iffland Bald etwas Antwort!

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42. Iffland an Franz Kirms. Berlin, vor 5. März 1801 (H: GSA Weimar, Signatur: 48/N 25) [Empfängerbemerkung:] beantwortet den 5. März 1801. Mein geliebter Bruder! Denn was ist es daß den Bruder mehr bestimt, zufällige Verwandschaft, Ordens­ regel – oder Seelenbund und aus diesem – Handlungen? – Sie haben meinen Sohn Bethmann, so väterlich gut behandelt, daß ich wollte Sie könnten das Auge, womit mein Dankgefühl iezt in die Weimarer Gegend hinblickt und Ihnen sich hingiebt, sehen! Worte und gar geschriebne Worte, thun es nicht! – Das wuste ich wohl, daß ich auf meinen Kirms – Herz und Kompagnie – Gefühl keinen leeren Wechsel an­ weisen konnte. Bethmann ist so ganz davon durchdrungen, daß er mir mit Entzü­ cken von Ihrer Sorgfalt schreibt und noch aus Hamburg wiederholt, was ich wohl weiß, dort sei nicht Weimar und kein Kirms. Meines lieben Böttigers Fürsorge empfindet er tief – so wie die Reue über Hamlet. – Daß die Liebe zu der die ihn nicht liebt ihn martern würde, wußte ich wohl. Aber das sei! Diese Marter bildet die Kräfte und ist sie nicht späterhin die süße Verbindung mit der Vorzeit, wenn die kalte Gegenwart uns rostet? Uber meine Reise, bin ich im vollen Treiben und in sehr großer Verlegenheit. Lange standen die Wiener mit mir in Unterhandlung, nun mahnen sie mein Ver­ sprechen, wollen mich vom 15ten April bis Ende Mai. Ich strebe 14 Tage abzuhan­ deln. Seine Durchlaucht der Herzog sagt mir, Seine Anwesenheit zu Weimar, sei erst Ende Mai, dann möge ich kommen. Vor allem negotiire ich den Urlaub durch H. Geheim Rath Beyme. Da werde ich nun erst das Resultat abwarten, dann kommt die Wiener Antwort und warlich, ich habe alles gethan, Wien zu unter­drücken, wo mein Herz nicht hin wünscht. Meine Vernunft, scheint, als in ein neues Land, unter neuen Charaktern, Erfahrungen, mich gegen mein Herz, hinzutreiben. Ich hoffe, es wird nichts daraus. Auf allen Fall, denke ich, Wien, ­Weimar und Leipzig zu vereinen. Bremen, München und Frankfurt, habe ich schon aus dem Plane ge­ strichen. Mein Brief ist H. Beime schon 4 Tage gegeben, aber noch habe ich kein Zeichen des Lebens von ihm. // Die Wiener, haben für 15 Rollen und Sechs Wo­ chen 1500 Thr, die Leipziger für 14 Rollen und 4 Wochen 200 Frd’ors und freie Wohnung. Prag zwei Einnahmen für 14 Tage. Wien, suche ich auf 4  ­Wochen, 12 Rollen und 1500 Thr zu schrauben, von Leipzig eine halbe Woche weg. Prag, opfre ich etwa auf. 12 Wochen Urlaub, strebe ich zu haben. Mir ists recht, wenn entweder der König Wien verbietet, oder Wien selbst mich zurück schreckt. Ganz kann ich es nicht wegwerfen, da mein Etablißement im Thiergarten, zwar schön ist, aber Geld kostet. – Wie lange würde mich Weimar haben wollen? – das Ho­ norar? – Ach lieber Kirms, sagen Sie mir, s o oder s o ist es uns paßend. Ein Viertel Freude, ein Viertel Gewin, zwei Viertel Herz! S o ist me ine Rechnung

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für ­Weimar und da ist ja unter uns das Abkommen wohl nicht so schwer? – Ich setze meine Lage mit einer, sonst eckelhaften Deutlichkeit Ihnen auseinander, da­ mit ich nicht das Ansehen einer Kokette habe, die a l l e Theile conserviren mögte um keinen zu verlieren, wo möglich aber den wohlfeileren zu betrügen. Sollte ein Nichtunterrichteter, mich ja so sehen: so reden Sie für mich wie es ist. Weimar ist in j e dem Sinne der Punkt meines Her z ens . Zu diesen Worten bedarf es bei Ihnen, weder Kommentar noch Betheurungen! – Grüßen Sie Ihr ganzes gelieb­ tes Haus. – Ich l es e sorgfältigst die sächsische Chronik, von    und bin recht einheimisch mit dem seeligen Ehrenmanne. Sie kennen meine Neigung für alte Bücher, alte Schlößer, alte Frauen – alten Wein und alte Freunde! – Das Ne u e – – ist ein dünner Zeug, hält weder gegen Wetter, Schicksal, noch wenn das Herz sich hingeben will! Ihr dankbarer, treuer, Sie ewig liebender Iffland 43. Karl Gotthard Langhans an Karl Friedrich von Beyme. Berlin, 8. November 1801 (H: GStA PK, Signatur: HA I, Rep. 36, Nr. 2621, Bl. 12–14) Hochwohlgebohrner Herr! Hochzuverehrender Herr Geheimer CabinetsRath Ew. Hochwohlgebohren haben die Gütigkeit gehabt, durch Herrn Direktor Iffland das Verlangen zu äusern daß Sie wegen der Einrichtung der Königlichen Seiten Loge im neuen Schauspielhause näher informiret seyn möchten, um Sr. König­ liche Majestät gantz au Fait setzen zu können, welche Lage solche gegen das Thea­ ter, und gegen das auditorium haben werde. Da ich es für zu schwer fand mich hierüber in verschiedenen Grund- und Auf­ rißen gantz deutlich erklären zu können: So hat mein Sohn darüber ein Modell angefertiget, welches ich nicht säume Ew. Hochwohlgebohren hiernächst gantz ergebenst zu übersenden. Es begreift solches zwar nur den Theil des ersten Ranges, der eigentlich in Rede stehet. Ich glaube aber, daß, nachdem Ew. Hochwohlgebohren die Sache im Werke selbst gesehen haben, dieses Modell hinlänglich seyn werde die nöthige Außkunft zu geben. Die Nische a bey dem Eintrit aus der Vorkammer ist massif weil dort der Ofen und Schornstein befindlich ist. Die Heitzung geschiehet aus der Vorkammer; und vor dem Ofen wird noch ein beweglicher Blechschirm angebracht um nöthigen­ fals die Wärme zu temperieren. Die Nische b gegenüber ist von Holtz und theils darum gemacht, um den Schall der Stimme nach acustischen Grundsätzen zu

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Anlage zu Nr. 43  Übereinandergeklebte und aufklappbare Grundrisse des alten und des neuen Schauspielhauses sowie der Lindenoper. Langhans übersandte die von seinem Sohn verfertigten Zeichnungen mit einem ­Anschreiben am 8. November 1801 an den Kabinettsrat Karl Friedrich von Beyme, um sie dem ­König vorlegen zu lassen.

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c­ oncentriren, theils auch um sich beliebig in selbige etwas zurück, und aus dem Gesichtspunkte des auditoriums zu ziehen. Eben dazu dienet auch der leichte ange­ brachte Vorhang, wodurch man die Loge so weit schließen kan als es beliebet wird. Dieser Vorhang läuft an einer eisernen Stange, und kann gantz zurück geschoben werden. Die kleine Bredtwand c formiert zwar die gleichförmige Ab­theilung der gegen-//über befindlichen großen ändlichen Loge. Damit aber Ihro Majestaeten den vollen, und uneingeschränkten Blick aufs gantze Theater haben können, so ist solche mit Charniers, u einem Ressort versehen, und läßt sich, wenn man will, gantz gegen u herunter schlagen. Die gantze Loge ist übrigens etwas von dem Proscenio abgezogen. Theils weil die Öffnungen im Proscenio der Fortpflanzung des Schalls nachtheilig sind, hauptsächlich aber weil man aus solcher alßdann nicht den BlendenSchein der vordersten Lampen so sehr empfindet. Der Haupt Eingang in die Vorkammer, und von da in die Loge ist unmittelbar, und gantz separat aus dem Großen Peristylio der 6 freystehenden Säulen, ohne mit irgend dem vestibule in Verbindung zu stehen. Da inzwischen dieses Peristyle erst nach abgebrochnem alten Hause construiret werden kan. So wird biß dahin der Eingang von der Jägerstraße, und über den Coridor des ersten Ranges zu neh­ men seyn. Aus der Vorkammer kan man auf diesen Coridor, und von da in die Große ­Königliche Loge, so wohl als in die Vorkammer des Concert Saales kommen. Ich verfehle nicht zu bemercken daß das Theater selbst, und das Parterre noch um eine Etage niedriger lieget, als es hier im Modell hat angedeutet werden ­können. Das kleine Cabinet c hat auch seine Bestimmung, welche die Nothwendigkeit erfordert. Ich wünsche, daß ich mich hierdurch Ihrem gütigen Verlangen gemäß deutlich genug erkläret haben möge. Da ich auch eben jetzo eine genauen Vergleichung der drey hier befindlichen Theater vorbereitet habe. So gebe ich mir die Ehre ein Exemplar davon beyzu­ legen. Es betrifft solches die Auseinandersetzung: Wie sich das neue Schauspiel­ hauß gegen das alte, und auch gegen das Opern Hauß in Ansehung // der Größe, und quadrat Inhalt des Parterre verhält. Ich hoffe, daß diese gründliche Nach­ weißung Ew. Hochwohlgebohren nicht unangenehm seyn werde, und füge nur noch hinzu: Daß das Parterre im alten Hauße inclusive der Gänge unter den Logen Das neue Parterre exclusive der Parterlogen Das Opern Parterre enthält

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1454. 10/16. 1953 2143  ¼. Quadrat Fus

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und daß diesem nach das neue   498   ⅜ quad Fus größer als das alte und kleiner als das OpernParterre ist.   190   ¼ quad Fus Beyden aufeinander liegenden Blättern sind die Punkte, wo das Orchester auf­ höret, aufeinander geleget, und daher zeiget es sich, daß das OpernParterre zwar nicht breiter, aber um 5 Fus länger, als das im neuen Hause ist, welches auch wohl wegen der Vernehmlichkeit der Stimmen so einzurichten war. Es gehet also der Platz a b c d ab. Dagegen werden die Seiten Plätze e f g h zu­ treten. Unter der Versicherung meiner unbegrenzten Hochachtung, und Ergebenheit habe ich die Ehre zu verharren. Ew. Hochwohlgebohren gantz gehorsamster Diener Langhans Berlin den 8ten Nov: / 1801 44. Friedrich Schiller an Iffland. Weimar, 21. Januar 1802 (D: Teichmann 1863, Nachlass, S. 214) Weimar, 21. Jänner 1802. Nebst meinem verbindlichsten Dank für die 34 Stück Ducaten, die ich diesen Morgen erhalten, übersende ich Ihnen, mein werthester Freund, eine Abschrift der Turandot, der ich einen guten Succeß wünsche. Dieses Stück ist schon von Haus aus sehr theatralisch gut ausgedacht, und auf ein lebhaftes sinnliches Volk berechnet, auf ein solches wird es seine Wirkung nicht verfehlen. Es wird das In­ teresse vermehren, wenn bei wiederholten Repräsentationen zuweilen mit den Räthseln changirt wird, ich werde es hier so halten, und Ihnen die neuen Räthsel, die mir einfallen, zu beliebigem Gebrauche nachsenden. Den freundlichsten Gruß von Ihrem aufrichtig ergebenen Schiller.

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45. Iffland an Franz Kirms. Berlin, 26. Februar 1802 (H: GSA Weimar, Signatur: 48/N26) Die Direction des Königlichen National-Theaters zu Berlin hat das Schauspiel Ion, welches Sr. Wohlgeboren, Herr Kammerrath Kirms, derselben einzusenden die Güte gehabt hat, nebst den Zeichnungen des Costume dazu, erhalten. Dieses Werck hat in seiner hohen Einfachheit, entschiedenen Werth für die Kenner. Daß es auf das große Publikum tiefen Eindruck machen werde, ist nicht zu vermuthen, und nur der Erfolg kann entscheiden, ob es auf der Bühne sich erhalten wird. Die Direction wünscht dem Verfasser Achtung zu beweisen, und nimmt also, ohne Rücksicht auf Ertrag, dieses Schauspiel im Manuscript an, wenn dasselbe vor nächster Michaelis-Messe nicht im Druck erscheint, und wenn der Herr Verfasser für den Preis von Zwei und Dreissig Ducaten oder Hundert Thaler Courant derselben es zu überlassen entschlossen ist. Was die mitgetheilte Rollen-Besetzung anlangt, so wird diese, da sie passend ist und zugleich den Verhältnissen, worin die Direction sich befindet, nicht wider­ spricht, von derselben zu-//gestanden. Uiber die Zeit der Vorstellung kann jezt nichts bestimmt werden, da die aus­ getheilten Stücke und die, welche zu den Benefiz-Vorstellungen bereits gewährt und festgesezt sind, mit dem Erforderniß der nöthigen Decoration, erst gegeben worden sein müssen, ehe die Direction darüber eine entscheidende Antwort zu ertheilen im Stande ist. Das Honorar kann an Herrn Kammerrath Kirms gegen dessen Quittung abge­ hen, sobald es verlangt wird. Sie werden die Güte haben, Ihrem Herrn Commit­ tenten die nöthigen Eröffnungen zu machen und die Versicherung der Achtung anzunehmen, welche die Direction Ihnen widmet. Berlin den 26ten Febr. 1802. General-Direction des Königlichen National-Theaters. Iffland 46. Iffland an Heinrich Joseph Edler von Collin. Berlin, 27. Februar 1802 (H: Theatersammlung Rainer Theobald, Berlin) [Adresse:] An Herrn Geheimen / Sekretäir Collin / abzugeben auf dem Bauern­ markt / in der Wohnung des H v Lago / Wien. Links daneben: Frei B 27 Febr 1802 Den 24 war Regulus in Gegenwart des Königs gestern in Gegenwart der Königin mit Hoher Feier der Leute von Gefühl und mit Achtung der Ubrigen! Sie Sind empf unden und erk annt !

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Nr. 46  Schreiben Ifflands an den Geheimsekretär Collin vom 27. Februar 1802

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Die Dekorationen a l l e neu waren trefflich! Auf 3 Amphitheatern, waren 60  Senatoren, treu costumirt. Am Schluß, bestand die Szene, mit Inbegriff des Schauspieler Personale, aus 152 Personen. A l l es t re u costumirt. – Man behaup­ tet, ­außer London keine Vorstellung der Art, gesehen zu haben. Metell war brav, Publius trefflich, Attilia genialisch, die Kinder lieblich, Sextus gut und ich soll als Regulus imponirt haben. Dienstag mehr. Ihr Iffland 47. Iffland an Friedrich Wilhelm III. Berlin, 23. März 1802 (H: GStA PK, Signatur: HA I, Rep. 36, Nr. 2414, Bl. 3–6) Allerdurchlauchtigster, Großmächtigster König! Allergnädigster König und Herr! Bei Antretung des neuen Schauspielhauses war es nicht gleich möglich, alle Aus­ gaben, welche die beträchtliche Größe desselben und die augenblickliche Aus­ breitung des innern Werkes selbst veranlaßen mußten, mit Genauigkeit anzuge­ ben, obwohl die ganze Wirksamkeit mit der ersten Stunde in rasche Bewegung gesezt werden mußte. Nach einer zweimonatlichen Erfahrung und sorgfältigsten Prüfung bin ich ­dieses größtentheils im Stande. Daher bitte ich um Erlaubniß, jezt gehorsamste Anzeige von dem zu machen, was mit Bewußtseyn der augenblicklichen Noth­ wendigkeit geschehen ist, oder was nicht geschehen ist und um dessen Gnädigste Gewährung ich bitte. Von besonderer Wichtigkeit ist die Behandlung der Beleuchtung, welche, gleich der im Königlichen Opern-Hause, mit // Baumöl und argantischen Lam­ pen bewirkt wird, und nächst dem Opernhause das einzige Theater in Deutsch­ land ist, welches eine solche besitzt. Ich habe das Glück gehabt, diesen Gegenstand [am Rand: Beilage Litt: A] in die geschicktesten und redlichsten Hände zu brin­ gen. Deshalb lege ich einen umständlichen Bericht darüber vor. Euer König­liche ­Majestät geruhen, denselben prüfen zu laßen, und wenn er nach bestem ­Wissen und in denen nach der Lage der Dinge möglichsten Details berechnet ge­funden wird, die Direktion zu authorisiren, daß die fernere Beleuchtung nach dieser Norm fortverwaltet werden dürfe. Die zweite Beilage [am Rand: Beilage Litt B.] enthält die indeß, bis auf Euer König­lichen Majestät Genehmigung zur Betreibung des Ganzen gemachten bis­ herigen Arbeitsvergütigungen, welche nach meiner gewissenhaften Ueberzeu­ gung zu Gehalts-Vestsetzungen oder Veränderungen ich hiermit gehorsamst vor­ schlage. Diese sind, bis sie Allerhöchst gebilliget worden, als Diäten-Verhältniß

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angenommen, obwohl schon in dem beschränkten Maaßstabe, welchen stehende Besoldungen vor Diäten haben müssen. Zur Expedition der täglich zunehmenden Direktions-Geschäfte, so wie zu meiner Unterstützung überhaupt, habe ich den ersten Soufleur Pauly, einen Lan­ des-Eingebornen, der studirt hat, Sprachen, mathematische Kenntnisse und bei wirklicher gründlicher Wissenschaft die seltenste Bescheidenheit besitzt, in der Eigenschafft eines Sekretairs mit dem Wochengehalte von fünf Thalern und für die Führung // des Beleuchtungswesens 1 rthlr 12 g., zusammen also 6 rthlr 12 g. wöchentlich gebraucht. Ich ersuche Euer Königliche Majestät, denselben darin so zu bestätigen, daß dieser redliche unverdrossene Arbeiter dieser unentbehrlichen Stelle gewiß bleibe, welche Veränderungen auch mit der Person des Direktors vor­ gehen mögen. Bei dem Theater ist ein junger Mann von Hoffnung, Namens Grimmer, bei den Häufungen der Winterarbeit mit 3. Thaler wöchentlich auf unbestimmte Zeit an­ gestellt, der wenn diese Hoffnungen nicht bald realisirt werden, entlaßen wird. Das Orchestre ist nach dem Bedürfniß des Hauses und der Arbeit vermehrt und ich muß wegen der gehäuften Arbeit bitten, daß für Einstudirung der Chöre und Krankheitsfälle des Musik-Direktors, wo sonst das Ganze leiden würde, der Organist Seidel von hier, als Correpetitor mit dem Wochengehalte von 6.Thalern angestellt bleibe. Die Logenbedienten sind, da wegen strengeren Dienstes viele Trinkgelder weg­ fallen, jeder die Woche um 12. Groschen erhöhet. Das Amphitheater und die Gallerie haben besondere, im Vorhause liegende Treppe und Controlle, wozu der Controlleur, Namens Maurer, mit vier Thalern wöchentlich angesezt ist. Zu denen nöthigen Logenstehern und Ofenheizer sind sieben Invaliden vom Militair, welche hiezu noch tüchtig befunden, genommen worden. Der Direktions-, Orchestre-Diener, Thürwächter, Theatermeister, der Klemp­ nermeister bei der Beleuchtung, so wie Vier neu angestellte Illuminateurs sind nach dem Locale erforderlich. //  Die ungleich schwerere sehr harte Arbeit der Theater-Arbeitsleute, wozu noch drei neue, jeder zu 3. Thaler wöchentlich, erforderlich waren, hat verursacht, daß Fünfzehn Personen mit 14. Thaler 4 gr. wöchentlicher Verbesserung die Arbeit vergütet werden mußte. Der Kastellan bittet mit Billigkeits-Gründen, auf das Gehalt des Kastellans im Opernhause, also von 208. Thalern jährlich auf 240. Thalern gesetzt zu werden, worin jedoch noch nichts geschehen ist; ebenso die beiden Theater-Friseure, jeder mit Einem Thaler die Woche verbessert zu werden, da solche für die vergrößerte Statisten-Zahl die vermehrte Arbeit und den Puder zu stellen haben. Hierin ist jedoch ebenfalls noch nichts gethan; eben deshalb der eine Theater-Schneider­

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gehülfe Homann mit Einem Thaler die Woche und die Frau, welche die Reinigung des Hauses hat, Namens Canzlern, mit Einem Thaler die Woche. Der zeitherige Theater-Copist Contius hatte jährlich 260. Thaler. Allein eine Gattung Trübsinn verursachte es, daß man die Arbeiten unvollständig oder gar nicht erhielt. Es ward daher der Contius entlassen und der Copist Tzschucke mit 3 Thalern 12 g wöchentlich angestellt. Euer Majestät Gnade submittire ich, ob der Copist Contius von dem Rest seiner vacanten Besoldung, der Gemüthsumstände halber, wöchentlich Einen Thaler behalten soll. Den Rest von 26. Thalern erflehe ich für die alte Wittwe des Noten-Copisten Ziegenbalg, deren Mann 40. Jahr dem Theater gedient und seine Wittwe nach beiliegendem Zeugniß [am Rand: Beilage Litt C.] des Arztes Sternemann, in den hülflosesten Umständen hinterlassen hat. Diese beiden letztern sind noch nicht beschieden. Der Musikus Flaschka, welcher ehedem als Hautboist in Euer Königlichen Ma­ jestät Militair diente, ist für das Or-//chestre unbrauchbar. Er hat einen Gehalt von 225 Thalern 8 gr., und ich bitte unterthänigst, ihn in Hinsicht seiner frühern Militairdienste und dreizehnjährigen Dienste bei dem Theater mit zwei Thalern ­wöchentlicher Pension vorschlagen zu dürfen. Der Flaschka, welcher seit einem Jahre, ohne Dienste zu thun, ausbezahlt wird, weiß von diesem Antrage noch nichts. Mit dem Dekorateur Verona wurde bereits mit Vorwissen des Königlichen Generals der Kavallerie, Grafen von der Schulenburg Excellenz, im Februar 1800., wegen Vergrößerung der Dekorationen, der Maler-Arbeiten und des Auf­ wandes an Farben und Pinseln ein Contrakt erneuert, wodurch derselbe von 1000.  ­Thalern jährlicher Besoldung, von Eröffnung des neuen Schauspiel­hauses an, auf 1600  ­Thaler jährlich gesetzt werden sollte, wie der in Abschrift unter­ thänigst beigelegte Contrakt [am Rand: Beilage Litt: D.] besaget. Eine Wohlthat, um welche Euer Königlichen Majestät ganz besonders zu bitten ich mich gedrungen fühle, in deren Besitz auch jedes Theater von der Bedeutung des hiesigen sich befindet, ist die Anstellung eines Theater-Arztes, welcher das Personale kennt. Der Direktor befindet sich oft in dem besondersten Verhältniß, wo nur das Zeugniß und Benehmen eines mit dem Theater-Personale genau be­ kannten Arztes, ihn entweder für Täuschung hütet, oder hindert, Ungerechtigkeit zu begehen. Es ist auch eine Pflicht der Gerechtigkeit und Erkenntlichkeit, die mich zu die­ ser Bitte auffordert. Seit 17. Jahren hat der Doktor Böhm dem Theater nicht nur ganz unentgeldlich gedient, sondern an mehrere geringbesoldete Mitglieder des Theaters, Orchestres und der Arbeiter, Arznei oder Stärkung aus seinen Mitteln gegeben. Dieser unermüdete Menschenfreund // verdient die Auszeichnung die­ ser Anstellung redlich. Die Schauspieler-Krankheiten haben Eigenheiten, fordern besondere Beobachtung und Erfahrung. Vermöge dieser gelang es dem Doktor Böhm, den verstorbenen Fleck oft zu retten.

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Ueber sein Talent als Arzt berufe ich mich auf Euer Königlichen Majestät wür­ dige Ärzte, Doktor Hufeland und Görke. Geruhen Eure Königliche Majestät, diesem Manne, der zu bescheiden ist, etwas für sich zu thun, für 17. jährige unentgeldliche und künftige treue Dienste den Wochengehalt von Sechs Thalern als Theaterarzt zu gewähren. Das Talent eines so lange ausübenden Arztes wüßte ich nicht geringer anzuschlagen, wenn nicht das Theater ihm schon so verpflichtet wäre. Euer Majestät üben durch diese Huld, eine wohlthuende Gerechtigkeit für alle Theile. So gedrungen ich mich zu dieser Bitte fühle: so weiß jedoch der Doktor Böhm davon nichts. Der einzige, welcher als Schauspieler in die Stelle des verstorbenen Fleck, für Väter- Militair- und heroische Rollen in gewissen Jahren, treten könnte, ist Steiger in Hamburg. Ich lege, meine Sorgfalt zu bethätigen, zwei Briefe von ihm vor [am Rand: Beilage Litt: E et F.]. Er hat in Hamburg 1400. Thaler. Er hat den Vortheil der männlichen Gestalt, eines starken Organs und viel Feuer. Es hängt nun davon ab, ob ich jenes Gehalt überbieten, oder ob die Zusicherung eines zweijährigen Bene­ fizes statt der Ueberbietung eintreten darf. Eben so lege ich ein Anerbieten des Theaters in St. Petersburg an den Schau­ spieler Beschort vor [am Rand: Beilage Litt: G et H.]. Es werden demselben 3500.  ­Rubel geboten. Er zieht die hiesigen Dienste vor, wenn Euer König­liche ­Majestät ihm ohne weitere Verbesserung // alle zwei Jahre ein Benefiz ge­währen. Der Schauspieler Eunicke und Frau schlagen das Engagement nach Wien aus und bitten jeder um 2. Thaler Zulage wöchentlich, beide zusammen aber alle zwei Jahre um ein Benefiz. Ich submittire Euer Königlichen Majestät Gnade diese ­Bitten, welche ich als Direktor billig finden muß. Es ist vorzusehen, daß alsdann der Schauspieler Mattausch dasselbe, nehmlich alle 2. Jahre ein Benefiz erbitten dürfte. Alle drei Theile sind noch nicht beschie­ den. Mit diesem letztern käme es darauf an, ob Euer Königliche Majestät dieses bewilligen, oder über das Benefiz nichts bestimmen und ihm eine Zulage von 160 Thalern jährlich, also in allem ein Gehalt von 1200. Thalern jährlich zu ge­ währen befehlen wollten. Sämmtlichen Benefiz-Zusicherungen, die gewährt werden, würde in der Bewil­ ligung die Erläuterung beigefügt werden können, welche des Hochseligen Königs Majestät bei einigen Benefiz-Vorstellungen befohlen haben „so lange ihre Dienste zu Meiner Zufriedenheit gereichen.“ Die Schauspielerin Mebus bedarf, so anständig wie sie bei ihrer hübschen Ge­ stalt lebt, um sich zu erhalten, wohl einer wöchentlichen Zulage von zwei Thalern. Dasselbe verdient das Talent und der Fleiß, welchen die Schauspielerin Böheim die Tochter, in komischen Mütterrollen der Oper beweiset.

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Die Einnahme wird diese Ausgaben erfüllen, so viel jezt vorauszusehen ist. Die Rubriken von Maschinerie und Garderobe nehmen im ersten Jahre, wo so vieles angeschafft werden muß, was entweder verderbt oder gar nicht vorhanden // war, bedeutende Summen weg. Allein dieses mindert sich, und die Betheurung, dass ich mit den vorhandenen Kräften redlich und sorgfältigst umgehe, darf ich vor den Thron meines Monarchen, als redlicher Diener niederlegen. Ich werde alles thun, das Theater auf die Höhe zu bringen, der es sich immer mehr nähert, wenn ich mir nicht zu viel schmeichle, und wozu Euer Majestät Gnade mit Königlicher Milde die Möglichkeit geschaffen hat. Ich ersterbe Euer Königlichen Majestät Unterthänigster Iffland Berlin / den 23ten März / 1802. 48. Iffland an Anton Graff. Berlin, 13. April 1802 (H: Kunstsammlungen der Veste Coburg, Inv.-Nr. A.V, 1148,[1],1) [Adresse:] An Herrn Hofmaler / Graff / zu Dresden links daneben: Frei Ich eile Ihnen zu melden daß ich Herrn Göschen in Leipzig gebeten, von meinen Honorar, Ihnen den Rest, mit 30 Frd’or zu senden, worüber ich demnächst nach Empfang, Quitung erbitte. Mit Hochachtung Ihr Ergebenster Iffland B 13 Aprill /1802 49. Iffland an Friedrich Schiller. Berlin, 16. April 1802 (D: Schillers Werke. Nationalausgabe, Bd. 39,1, S. 236–239) Berlin den 16t April 1802 Wie viel ist das deütsche Theater Ihnen schuldig und wie dringend müßen alle Verehrer der Kunst, Sie bitten daß Sie nicht ermüden, der verlaßnen Stätte sich anzunehmen. Wallenstein! Maria Stuart!! Damit ward die große Bahn eröfnet: alles lebte in mir da ich laß, und da ich wiedergab.

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Vor Erscheinung dieser Koloßen, war ich bemüht, das groß Trauerspiel, in ge­ reimter Sprache wieder einzuführen. Publikum und Künstler, bedurften Erhe­ bung. Die Jungfrau von Orleans vollendete die schöne Stimung. Ueber Turandot bin ich einer andern Meinung, und schreibe sie Ihnen mit der Offenheit, die es ja wohl am deütlichsten darthun kann, wie ich den großen Mann empfinde! Turandot ist ausgestattet von Schillers zaubernden Genius! Es war Pflicht der Ehrfurcht, dieses Schauspiel, g anz mit der vorgeschriebnen Pracht zu geben. Ohne daß, war nur halbe Wirkung zu versprechen. Ich habe Turandot mit jeder Sorgfalt und mit einem Aufwande von 1500 Tha­ lern gegeben. Die junge Welt liebt es Turandot zu sehen. Das gestandne Alter ist nicht dafür. Die Menge hat die Neüheit des Costume gern gesehen. Das Ganze hat mehr befremdet als interessirt. Dies alles würde ich Ihnen nicht schreiben, da die Werke des Genies, nicht nach Ertrag berechnet werden sollen. Aber, Komödienschreiber mit dem mäßigsten Talent und Meßschreiber ohne Talent, werden nun ihre Wuth auf Gozzi wenden und ich werde alles was von Gozzi existirt, auf die ungenießbarste Weise, aus rohen Händen empfangen. Ich werde es nicht geben und jene werden mich kreützigen und a l l mein Thun ver­ schreien, weil ich Ihr Thun nicht zu Tage fördere. Darüber werden Sie meine Lage bedauren und sagen, was hat das mit Turandot zu schaffen? Nun verstatten Sie mir zu sagen, daß ich Gozzis Werke, und was in dieser Gat­ tung, eben so geschrieben wird, den Directionen nicht vortheilhaft und der Schau­ spielkunst schädlich glaube. Ich kann nicht für die Einführung der Italienischen Masken sein. Die deüt­ schen Schauspieler können sie nicht geben. Nur die volübile Italienische Sprache, das Leben und Sein der Italiener, der Jargon der Italienischen Schauspieler, der dafür eine gleichsam anerkannte komische Melodie hat, nur das Maskenreich was dort im ganzen Lande zu Hause ist, kann den Masken ein lebendiges und ein pi­ kantes Intereße geben. Geht es in Deutschland aufs Beßte: so werden die Masken bescheiden vor­ gestellt. Aber dann sind sie zahm, zu zahm und nicht selten gar – lahm! – Nun nehmen Sie den entgegengesezten Fall, daß die Schauspieler entweder fühlen, es müße doch wohl etwas mehr geschehen – wie unbeholfen werden dann die ­meisten, in diesem Scherze, der eine feine, und in der komischen Gewalt doch sehr keüsche Zunge fordert, herumtappen? Die gemeinen Gesellen aber werden ein unbegränztes Feld eröfnet glauben, und auf eine wahrhaft gräßliche Weise, erst grob, dann pöbelhaft gemein werden. Bei Hoftheatern, welche unter feiner, oder doch bestimter Leitung stehen, mögte dem Einhalt zu thun sein. Aber wie bei den andern Bühnen? – Das Spiel der

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komischen Charactere, wo das eigne Schaugetragene Gesicht, doch noch e­ twas zurückhält, ist mehrentheils, so arg getrieben. Was werden die Tagewerker erst hinter der Maske treiben? Wäre das Genus erst durchaus rezipirt, wer steht dafür, daß nicht zuerst ein ver­ feinerter und endlich gar ein platter – erst Harlekin – dann geradezu Hanswurst! uns geschrieben und zu geben zugemuthet wird? Dies werde ich, so viel an mir liegt, nie zugeben! Sie werden mich der Uebertreibung in meinen Voraussetzungen beschuldigen. Dennoch, wie ich meine Leüte kenne, sehe ich voraus daß es dahin kömen wird. Ich liebe die Kunst, ich habe sie aus Leidenschafft gewählt, ich beobachte, be­ treibe ihren Fortgang mit Sorgfalt, mit der Aufmerksamkeit und Wärme. Wir sind mit dem deütschen Theater, in keinem Betracht so weit vorwärts, daß wir etwas einführen könnten, was in den Händen von Schauspielern oder Schrifftstellern ohne Genie, nothwendig wieder zurückführen müßte. Ich weiß wohl daß eine Schaubühne, besonders die einer großen Stadt, wie eine große Taffel, die Mannigfaltigkeit aller Gerichte haben muß. Ich werde also auch nicht weigern, diesen haut gout, zuzeiten umgeben zu lassen. Nur vorwalten muß er nicht. Deshalb will ich das génre nicht verdrängen, wenn es aus Meisterhand kömt, aufnehmen. Aber befördern will ich es nicht. Können Sie mir verargen, daß mir Schiller wehrter ist als Gozzi? Ist nicht die Bitte natürlich, daß wir Schiller Selbst empfinden mögen, nicht den, welchem er sich leiht? Ich will Ihrem Vortheil willig und ehrenvoll begegnen. Ich will alles thun, was nur irgend die Kräfte, die ich verwalte zu leisten vermögen. Warum wollte der Genius, der den treuen, wahren, lebendigen Musikus Miller, der Wallensteins Lager schuf – uns ein Lustspiel, ein deütsches Lustspiel weigern? Sie können nicht zürnen, daß ich lieber Wallenstein, Maria und Jeanne d’arc, von Ihnen empfange als Turandot. Deshalb bitte ich Sie, laßen Sie mich wißen, ob wir in jener Art von Ihnen nichts zu erwarten haben und wann? Halten Sie mich es wehrt Ihr Vertrauen zu empfangen! Ich weiß, Sie sehen es nicht gern, daß man vorher wiße, was Sie arbeiten. Ich verbürge es Ihnen hoch und theüer, keine Seele soll es erfahren. Es ist nicht allein Kunsteifer, noch weniger Neügier, weshalb ich das wißen muß. Weiß ich vorher, was, und etwa wann, ich von Ihnen zu erwarten habe: so kann ich Kräfte und Vortheile für Sie aufbewah­ ren, die sonst, auf mancherlei Weise verthan, mir nicht zu Gebote stehen, wenn ich für Sie b es onde rs , sie verwenden mögte. Ihre Werke tragen außer dem Genius des großen Mannes, so viel herzliche Empfindung und sprechen deshalb zu allen Menschen.

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Nicht so ist es mit mancher Arbeit des Verdienstes, wo bloß Kenntniß, Gelehr­ samkeit und Spielereien des Verstandes die Menschen agaciren ohne sie jemals zu ergreiffen. Was hätte ich nicht darüber zu s agen wenn wir uns spre che n . Wird das nie sein? Mit der innigsten Verehrung der Ihrige Iffland Das Honorar geht heute ab. 50. Verzeichnis über die Einnahme der aufgeführten Schauspiele im Monat Juni 1802 (H: GStA PK, Signatur: HA I, Rep. 36, Nr. 2414, Bl. 55) Einnahme der aufgeführten Schauspiele im Monat Juny 1802. Den 1ten  2.  3.  4.  5.  6.  7.  8.  9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18. 19. 20. 21. 22. 23.

Der LorbeerKranz Oedip Maria Stuart Der Besuch Ignaz de Castro Das unterbrochene Opferfest Hermann von Unna Turandot Gustav Wasa Nymphe der Donau 2ter Theil Lanassa Der Apotheker u Doktor Die Jungfrau von Orleans Hermann von Unna Die deutschen Kleinstädter Nymphe der Donau 2ter Th. Bayard Die beyden Savoyarden Die Entführung u der Gefangene Fiesko Das unterbrochene Opferfest Der Wasserträger Der reisende Student

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 133.20.  196.22.  225.20.  79.12.  144.16.  536. 2.  262.16.  193.22.  245. 8.  415.10.  261.18.  105.10.  409.18.  256.22.  200.20.  246.22.  209.18.  215.10.  115. 6.  313.–  245.20.  197. 8.  315.16.

Dokumente 50–51

24. 25 26. 27. 28. 29. 30.

Kabale und Liebe Die Jungfrau von Orleans Figaros Hochzeit Die deutschen Kleinstädter u Nina Ariadne u Stille Wasser sind tief Nymphe der Donau 2ter Theil Das öffentliche Geheimniß

 201. 6.  340.12.  207.22.  224.10.  155. 6.  216. 2.  419. 8.

Summa

7292.18.

51. Jahresabschluss über die Einnahme und Ausgabe des Nationaltheaters 1801/02. August 1802 (H: GStA PK, Signatur: HA I, Rep. 36, Nr. 2414, Bl. 64) Abschluß / über / Die Einnahme und Ausgabe / bey / Der Haupt-Casse des / ­Königl. ­National-Theaters / vom 1ten August 1801/2. Die Einnahme ist gewesen Die Ausgabe ist

122,383 r.   8 g.   –   d. 119,100 r. 17 g. 10 d.

Ist Überschuß

  3,282 r. 14 g.   2 d.

Detail der Einnahme. 1. Die Tageseinnahme 2. Königlicher Beitrag 3. Abonnement 4. Zinsen 5. KuchenbäkkerMiete 6. Extraordinaire

101,715    –  22  5,400  12,795    –  18   604    –  16    782  1,085 122,383 r.   8 g



Iffland    Jacobi.

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52. Iffland. Pro Memoria. Vor August 1802 (H: GStA PK, Signatur: HA I, Rep. 36, Nr. 2416, Bl. 71–77) Pro Memoria Wenn man anfängt die Fläche zu betreten, nach deren Durchschreitung es von der Höhe wieder abwärts geht und nun einen Blick rückwärts thut: so kann man es sich nicht verbergen, daß man den Lebensweg anfänglich im Glauben an un­ endliche Zeit und Kräfte gegangen ist, überall zu weit ausgeholt hat, die geltenden Augen­blicke versäumt und daß man dann zulezt, wo man das irrig Gegriffene be­ ßer lenken, das Versäumte einbringen muß; sich genöthigt sieht Motive und Be­ gebenheiten so zu drängen, daß entweder das ganze Unternehmen wie gerecht es auch ist mißglückt, oder der Saumseelige für unbescheiden erklärt wird, weil er nun auf Einmahl in Anrechnung bringen muß, was er einzeln in verschiedenen Perioden hätte geltend machen können, ohne daß man es würde befremdend ge­ funden haben. In dieser nicht angenehmen Lage, darinn man so leicht mißverstanden wird, befinde ich mich iezt. Es ist sehr wahrscheinlich daß ich und meine Verhältniße nicht so gesehen wer­ den, wie sie gesehen werden sollten. Es kann damit nicht anders werden wenn ich nicht darüber rede. Will ich über mich reden, so muß ich den Zweck haben meine Lage bis an das Ende, nun so zu bevestigen, // daß ich n ie ma ls mehr von mir zu reden habe. Mein Schicksal muß sich nun unwandelbar gründen, oder ich muß den Muth faßen es von hier zu wenden. Um diese Warheit aus dem rechten Gesichtspunkte zu nehmen, muß ich bit­ ten in meine Angabe zu gehen, einen Blick in das E ig ne meiner glänzenden und doch gepreßten Lage zu thun und da ich in dem Falle bin iezt einen L eb e ns ­ abs ch luß machen zu müssen, meine Vorschläge von meiner übermüthigen Tagesre chnung , wohlwollend zu unterscheiden. Ich bin von den Umständen und von dem Termine welcher dem Anbeginn des neuen Schauspielhauses gesezt ward, so gejagt und überstürzt worden, daß ich nur an ein veränder tes Schauspiel denken konnte, nicht aber daran, daß de­ ßen Ausbreitung in allen Zweigen, im eigentlichsten Sinne, ein ne ü e s u nd g an z andres Werck sein würde. Dem täglichen älteren Triebwerk nicht entronnen, konnte ich die Gränzen, Wirkungen, Schwächen und Vortheile des eben aufwach­ senden Werkes, weniger mit Bemeßung und Sicherheit als vielmehr allgemein und mit Kühnheit // übersehen. Das, was ich und Andere mit dem Ausdruck – „mehr Arbeit“ – charakterisirten, forderte eine Um S chaf f u ng Anderer und meiner selbst. Damals nun wäre es der rechte Augenblick gewesen einen Ueberblick der ­Sache, ihrer Führung und w i e ich diese leisten wollte und könnte, unbefangen vorzule­

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gen. Aber über der Arbeit vergaß ich mich und – warum wollte ich es läugnen – ich dachte wenn das Wesen rasch getrieben, er neüt s o v iel als n e ü ­dasteht, so wird man sich erinnern durch wen es geschehen ist und seiner Zu ku n f t ­gedenken. Stattdeßen kam nun jene Kabinetsordre welche mich und mein Thun in allen Punkten für unzulänglich erklärte! Dadurch wurde der Standpunkt auf einmahl ganz verändert. Ich mußte gewahr werden, daß man, statt den emsigen Verwalter mit einiger Vorliebe zu lohnen, ihn in das allgemeine Sieb warf und unsanft sichtete. Mit den Erfahrungen die hier mich weckten war der leichte schöne Schleier zerrißen, hinter welchem ein reizbares Ehrgefühl den // Glauben an meine Kräfte, Vorliebe für meine Talentverwendungen geträumt hatte. Aus dem milden Leben der Phantasie ward ich in die kalte Wirklichkeit des Be­ rufs gesezt und erscheine mir nun bloß als lohnziehender Diener. Wie damals gütige Freunde mir begegnet sind, w ie sie Schärfen gemildert, die harten Ecken gerundet und zu der, nicht wörtlichen sondern innigen, lebendigen Dankbarkeit mich schön verpflichtet haben! D as werde ich wohl nie vergeßen. Wie es damals auf mein Betragen wirken mußte: so hat es, schmeichle ich mir, auch gewürkt. ­ iener War ich aber durch jene beügende Kabinetsordre nu r als lohnziehender D gestellt? so hätte ich auch so stehen bleiben wol l en sollen. Alsdann hätte ich nun diese Antwort zu geben „In dem Glauben daß man von mir zufrieden sei, habe ich bis daher gehandelt – mir wird entschiedne Unzufriedenheit erklärt – ich trete ehrerbietig zurück.“ Hätte man nun für genehm gehalten mich beibehalten zu wollen: so konnte dann von meiner Seite die Erklärung folgen, w i e ich in Hinsicht auf meine ganze Lage, der Sache // ferner würde vorstehen können . Allein statt der L eb ensk lug heit zu folgen, bin ich nur der E mpf indu ng gefolgt. Ich habe mich vertheidigt wie ein Schuldiger, wo ich Belobung verdient hatte. Ich habe mich der Betrübniß überlaßen, ich bin Suplikant geworden und habe eben dadurch den entscheidenden Augenblick versäumt, wo billigerweise mein Vortheil, mit dem was ich trage und leiste, in Verhältniß gesezt werden sollte. Was bei meinem fehlerhaften Benehmen damals für mich hat geschehen kön­ nen, hat das Wohlwollen der Freündschafft für mich gethan. Meine Geschäfftslage ist durchaus verbeßert, und für den Vortheil ist mir nahe Aussicht gewährt. Da nun eben iezt die Pers ön l i che Güte mich wiederholt e r in ne r t hat, ­meinen Vortheil in Anregung zu bringen: so ist es Pflicht aufrichtig nu n darzu­ legen, w as für mich Vortheil ist und – indem ich nachher bis an meinen Todt nichts mehr davon zu sagen habe – durch herzliches Vertrauen die Stimmung der Zurückhaltung zu enden, worin ich unwillkührlich seit dem lezten Winter denen gegenüber stehe, welche sich meiner angenommen haben. //

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Allerdings fühle ich es sehr schmerzlich, daß, was d ama ls nur Erwiederung im Geschäfftsgange gewesen sein würde, nun ganz anders erscheint! Meine zag­ hafte Bescheidenheit jener Zeit, kann mir nun den Verdacht der Unbescheiden­ heit zuziehen und den Verlust der guten Meinung derer, welche mir wehrt und theuer sind! In der That – hätte ich iezt noch etwas mehr Raum im Leben, als man im Fünf­ undvierzigsten Jahre, bei meinem angreiffenden Beruf und meiner abnutzenden Stelle voraussetzen kann, ich würde der Einwirkung dieser Besorgniß folgen, mei­ ner nicht erwähnen und das Worth Vortheil, wofür ich in meinem Leben stets zu wenig gethan habe, gar nicht niederschreiben, denn es quält mich indem es ge­ schieht. So aber bin ich an das Resultat meines Lebens und Seyns hingedrängt und es steht nicht in meiner Macht davon zurückzutreten. Dabei muß ich selbst, von mir selbst reden, das schadet immer. Allein eben das, daß ich sehe, die Last, Sorge und Verwicklung nimmt mehr zu, als ab – daß ich alles was auf mir // liegt, fast ohne Erhebung von außen meist ungesehen, oft un­ gekannt wie ein Bergwerker im tiefen Schacht vollenden muß – das macht es zur Nothwendigkeit daß ich in diesem Memoire von mir so geradezu reden muß, als wäre es von einem dritten. Man sagt – Iffland als Künstler und Führer der Sache stehe iezt in Deutsch­ land a l l ei n. Das ist Zufall; aber es ist ein so bedeutender Zufall für i hn , daß von ­seiner Seite es affectativ sein würde, wolle er allein thun, als wiße er das nicht. Er muß es wißen und wenn er in seinem Betragen, deßen sich als Charlatan nun nicht überhebt: so ist er um so eher berechtet bei Behandlung seiner Situation, ­diesen sehr bedeütenden Umstand in Anschlag zu bringen. Ich bin iezt im Genuß aller meiner Kräfte, im Besitz einiger re iche n und ­Einer – nur wohlhabenden, aber freundlichen, überaus r u hige n Aussicht. Nun gilt es, folgende beide Fragen vom Schicksal entschieden zu sehen. „Entweder, einen weiten ehrbringenden Wirkungskreiß mit vieler Sorge, Ar­ beit, Verkennung wobei der Lebens Genuß erkünstelt werden muß: eben des­ wegen // dann auch Gewährung der Mittel welche Sorgen versüßen und Arbeit erleichtern können – zu Berlin. Oder, Sorglosigkeit, Ruhe, Ertrag Leben für stille Wißenschafft in schöner Na­ tur; doch kleiner Wirkungskreiß und zu großem Zweck, mittlere Hülfsmittel – anderwärts.“ Wer nur berechnet, würde bald für den zweiten Fall entscheiden. Dankbarkeit, Anhänglichkeit an die welche hier mir Wohlwollen erweisen, ein starker Zug der tiefen Empfindung für die Regierung welche hier waltet – entschieden laut für Berlin. Nur muß ich in den Stand gesezt werden, durch e ig ne Ausgaben – für welche nun einmahl die For m, keine Anführung in den Rechnungen zulaßen k ann, Arbeiten erleichtern, und Sorgen versüßen zu können.

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Mein Gehalt bezahlt den Künstler, den gewöhnlichen Director lohnt das Be­ nefize ab. Für das, was ich etwa auf nicht ge-//wöhnliche Weise vermöchte, für die unglaubliche Summe des groben Verdrußes, der feineren Sorgen zwischen verdrehten Litteratoren, Erwerb, Aufpaßern, rastlosen Geschäftfsumtrieb, Ver­ lust oder Gewinn: dafür daß die Unart des Parterre vereint mit Arbeitsprüfung ­meinem Vergnügen und meinem Erwerb als Schauspielverfaßer ein Ende gemacht haben – dafür wird mir bis iezt nichts. Ohne die Qualität in Anschlag zu bringen, nur der Zahl nach berechnet, leiste ich soviel und fast mehr als einer der hiesigen Schauspieler. Ich darf behaupten, daß weder in der Oekonomie, der Ordnung, dem Ertrage in so fern es von meinen Veranstaltungen abhängt, noch im Fortgange der Kunst, in so fern das Publikum durch Einmischung ihn nicht hindert, eine Lücke sichtbar ist. Die Verwendung meiner Lebenskräfte geht im strengen Sinn, von Morgens Sechs Uhr bis Mittag halb Zwei, und von Nachmittag Drei Uhr bis Abends Neun Uhr, oft noch von Zehn bis Zwölf Uhr – mit der seltnen Ausnahme einiger Be­ suche – A l l e Tage fort // und fort für die Theatergeschäffte dahin. Diese seltne Verwendung muß ein nicht gewöhnliches Resultat des Ersatzes hervorbringen, wenn nicht die Triebkraft sich abzehren soll. Die jüngeren Jahre und die reine Kunstflamme, finden dieses Resultat in dem Enthusiasmus des Publikums. Da dieser hier nicht vorhanden ist: so drängen auch da Lebensklugheit und Bedürfniß mich an den Erwerb für mein Thun. Mir ist Aussicht gegeben, dazu durch ein willkührliches Geschenk von den mutmaßlichen Ueberschüßen zu gelangen, oder durch die Bewilligung von jähr­ lichen zwei Benefizen. Wird ein Geschenk von den Ueberschüßen an mich, bekannt; so bin ich bei je­ dem gestrichenen Arbeiter, abgelehnten Kleide, Decoration oder Manuskript dem Verdachte ausgesezt, daß ich um mei nes Vortheils willen thäte, was // ich doch nur um des Ganzen willen thue, Ansehen, Vertrauen und Einfluß würden darun­ ter leiden. An Zwei Benefize, kann ich gar nicht denken wollen. Im Gegentheil bitte ich iezt ausdrücklich was ich schon seit zwei Jahren habe thun wollen, daß ich ge­ gen Ersatz das Eine Benefice welches ich besitze, Sr. Majestät in Unterthänigkeit zu Füßen legen dürfe. Es liegt in der That etwas Unschickliches darinn, daß der Vorgesezte eines Etablissements welches das Glück hat unter dem Monarchen un­ mittelbar zu stehen, der nach der Natur seines Dienstes oft mit dem Publikum in Kollisionen kömmt, alljährlich auf deßen Freigebigkeit laute Ansprüche machen und von demselben speziell besoldet werden soll. Zwei Benefize – ungerechnet die Brandschatzung des Publikums, würden den lauten Widerspruch mehr als jede andere Verbeßerung erregen und aus diesem

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und anderen Gründen, für mich nicht mehr Ertrag bewirken, als das Eine, welches der feineren Unannehmlichkeiten mir mehrere veranlaßt hat. Wird der Ertrag meines bisher bezogenen Benefice, zwischen 1200 und 1400 Thr angenommen, soll die Verbeßerung deren ich mich nicht unwehrt gemacht, nun eintreten: so // bitte ich „gegen Rückgabe des bisher bezogenen Benefice, auf die Bedingung nu n mehr irgend etwas daß Verbeßerung beträfe für mich zu begehren, um eine be­ stimmte Jahres Besoldung von 5500 Thalern.“ Wenn mein Antrag – nach allem Eingangs Gesagten, auffallend s che int : So wird er sehr gemindert, gelte ich nur so viel daß man untersuchen will was er ist . Es sei mir verstattet die Aufmerksamkeit auf die Summe zu erbitten, welche Madam Marchetti, für die Ungewißheit ob sie Acht ma h l im Ja hre singen würde, seit Eilf Jahren hier bezogen hat. Man sagt sie sei iezt auf 3500 Thr herabgesezt, allein durch ein hinzukommen­ des Benefice im Opernhause, wird sie beßer als zuvor mit 5000 Thr gestellt sein. Ich bescheide mich, den Vergleich nicht weiter ausführen zu wollen. – Ist die Be­ handlung dieser, in der That seltnen Künstlerinn, überhaupt Sache der Phantasie, Gnadenbezeigung Sr. Majestät! – so sei es Iffland wie er dasteht und zu gebrauchen ist, vergönnt zu wünschen, daß seine Angelegenheit als Sache der Phantasie ge­ nommen, // daß seine Lage wie der glückliche Zufall und sein Fleiß sie geschaffen haben, der Königlichen Gnade im vortheilhaften Lichte erscheinen möge! Schmerzlich ist es, daß ich von den Umständen genöthigt werde mich zu taxi­ ren: aber meine Periode ist reif – ich darf sie nicht überreiffen laßen. Sollte ich zu­ rücktreten müßen – so müßte es nun sein, wo ich auswärts noch die Fülle meiner Kräfte anzubieten habe. Die Entscheidung meiner Lage am 3tn Dezbr vorigen Jahres, war eine ehrenvolle restitutio in integrum, habe ich aus einem feinen Gefühl damals unterlaßen den nöthigen Schritt weiter zu thun: so kann ich ihn nun aus dem B e dü r f n iß meiner L age, nicht mehr länger verschieben. Nach Schätzung des Geldes wie mein G ef ü h l diese vestsezt, würde ich da­ rum kein Wort verwenden, aber das respice finem! drängt mich fort und habe ich das Unglück dabei mißverstanden zu werden: so muß ich aus dem inneren Be­ wustsein, daß meine Seele es nicht verdient – dagegen Stärkung nehmen! Welcher Mann von Empfindung sagt nicht lieber mit Ergebung – „ich bedarf Nichts“ – als daß er über seine Lippen brächte – „ich bedarf!“. Daß ich es niedergeschrieben habe, kömt nicht davon daß ich ein verwildertes oder verschloßnes Herz hatte; sondern daher weil ich handeln mußte wie ich empfand. Es ist Zeit zu enden.

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Dokumente 52–53

Ohne eine schnelle Rückäußerung zu wollen, fast ohne sie wünschen, habe ich nur die Bitte die Entscheidung meines Lebensloses, vor dem 1ten August zu emp­ fangen. Iffland 53. Iffland an Bartolomeo Verona. Berlin, 7. September 1802 (H: Landesarchiv Berlin, Signatur: A Rep. 241, Nr. 12) [Adresse:] A msr Verona Monsieur Pauli m’a averti, Monsieur, de Votre desir, de faire examiner Vos plaintes, portées contre tous les travailleurs, à l’occasion des travaux pour les decorations de la flute magique. J’ai eû l’honneur de Vous marquer à la dernière repétition, que, suivant ma persuasion, ce n’est pas précisément la bonne volonté qui manque à ces gens ; par là je n’ai aucunément voulû dire, que Vous en pouviés être tout à fait content, mais seulement qu’ils Vous aiment et estiment, cas dont je me suis convaincû dans plusieurs occasions. Il est très difficile que des travailleurs de cette sorte s’elevent entièrement jusqu’à l’esprit d’un artiste de Votre feu & de Votre génie ; il ne restent que des machines, & c’est une espèce d’excuse pour eux, qu’ils sont forcés de travailler tous les jours. Vous avés fait des ouvrages, Monsieur, pour la flûte magique, qui sont dignes de Votre pinceau, // je regrèts sincèrement, que Vous n’y avés pas été appuyé de sorte que Vous l’avés souhaité. Mais quels resultats pourriés Vous attendre d’un examen, qui, d’après sa nature, est si difficile est presqu’impossible ? On ne pourra plus compter tous les jours et toutes les heures, où ils ont manqué ; et même si nous voulions les congedier tous, Vous saurés, comme moi, que nous aurions d’autres, mais pas de meilleurs. Le manque de feu est peut-être une faute nationale, et la meilleure volonté de la Direction ne peut le suppléer. D’ailleurs je sens tous les obstacles, que Vous avés rencontrés durant la chaleur excessive, dans un local qui n’a pas repondu entièrement à Vos souhaits. C’est pourquoi on a reculé la réprésentation // de la flute magique, pour aussi long tems que Vous l’avés desiré. La part que je prends à Votre santé, Monsieur, m’oblige, de reculer l’Opera : Le Labirynth, jusqu’au mois de Decembre, & peut-être plus long tems, si de petits travaux vinssent à survenir, que pour le moment je ne puis prévoir. Je serais très content, si en attendant Vous pouviés faire peindre Johanna von Montfaucon, & un ou deux chambres bourgeois avec des portes au milieu, qui nous manquent très essentiellement. Si cependant cela Vous n’est possible, Je tâcherai de m’en passer.

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Dokumente 53–54

Voilà, Monsieur, tout ce que je suis à même de // faire pour le moment, pour Vous prouver que je respecte Votre Talent, sans en tirer profit aux dépens de Votre santé, quelque grande que soit la perte que nous y sommes obligés de faire. C’est avec une estime sincére que je suis Monsieur Votre sincére ami Iffland Berlin, ce 7 Septbr 1802

54. Iffland an Friedrich Wilhelm III. Berlin, 22. November 1802 (H: GStA PK, Signatur: HA I, Rep. 36, Nr. 2414, Bl. 74–75) Allerdurchlauchtigster, Großmächtigster König AllerGnädigster König und Herr! Ewer Königlichen Majestät! haben Aller Gnädigst geruhet über die Führung des mir anvertrauten Nationaltheaters, die Zufriedenheit wiederholt zu äußern. Da­ durch habe ich so manche Wiederwärtigkeiten womit diese wenig lebenserfreü­ liche Stelle begleitet ist, minder empfunden und bin mit angestrengter Thätigkeit, ohne Berechnung meiner Kräfte, selbst mit gänzlicher Aufopferung meiner littera­ rischen Laufbahn und deren ansehnlichen Ertrages, vorwärts gegangen. Um so schmerzlicher war meine Empfindung als ich durch Allerhöchste ­Kabinetsordre vom 2ten October dieses Jahres, in mehreren darinn bestimmt auf­ gestellten Gegenständen; die Unzufriedenheit über Unzulänglichkeit des wichti­ geren Theils meiner inneren Directionsführung, wörtlich erklärt empfangen habe. Ich bitte um die Erlaubniß in beigelegten Memoire mit den Beilagen, meine Rechtfertigung und das, was ich in Ansehung meiner Lage und der des Theaters überhaupt, lange schon vorzutragen wünschen mußte, Ewer Königlichen Majes­ tat! unterthänig vorlegen zu dürfen. Die Direction eines nicht fundirten Theaters fordert bei aller Besonnenheit, Kaufmännischer Berechnung, auch Kaufmännische Wagestücke und zu dem Ende, wenn anders der Director sein Geschäfft versteht und liebt; so viel freie Hand für denselben als möglich ist. // Seit etlichen Jahren bin ich immer mehr und mehr beschränckt und für wenig erhebliche Dinge immer förmlicher und beunruhigender verantwortlich gemacht worden. Die rasche Direction eines Werkes der Freüde, ist eben dadurch in die weitgreiffende, aufhaltende Form einer Kanzellei verwandelt worden. Dadurch ist in Kleinigkeiten der Nutzen etwas befördert, aber die rege Kraft in sorgelosen

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Dokument 54

Ideen und Planen, das allgemeine Vergnügen leichten Sinnes zu schaffen; aus der Ängstlichkeit daß ich über billige Willkühr gleichwohl mißverstanden und ver­ antwortlich gemacht werden könne, fast verlohren gegangen. Als ich bei Uebernahme des National-Theaters, dasselbe in seiner Bildung und Oekonomie in mercklichem Verfall antraf sezte ich für deßen Verwaltung, folgen­ des System bei mir vest. Das Vergnügen des Hofes und des Publikums, allmälig diesen würdiger zu er­ reichen, deshalb keines Zuschußes bedürfen zu wollen, vorgefundne Schulden ab­ zutragen, wo möglich dabei noch einen KapitalStamm zu ersparen welcher innere Kraft, Beruhigung der Verdienste im Alter gewähren könnte ohne daß deshalb dem Glanze und der blühenden Thätigkeit etwas entgegen Langegediente beein­ trächtigt, Entwicklung emporstrebender Talente gehindert würde. Das Ganze sollte dem Geist der Zeit folgen, ohne ihm zu fröhnen. In Ausübung dieses Systems, sind innerhalb Sechs Jahren von der ietzigen Direction // 6000 Thaler Schulden bezahlt. Die Theaterkaße, welche bei diesen Schulden 7200 Thr Bestand – mithin nur einen wircklichen Bestand von 200 Tha­ lern darlegen konnte, hat gegenwärtig ein Kapital von 7000 Thalern. Der Aufwand ist vermehrt, Jedermann beßer bezahlt, von Langgedienten Kei­ ner entlaßen vorhandene Talente emporgekommen, auswärtige angestellt, das Be­ ßere der Litteratur auf die Bühne gebracht. Soll ich nach diesen ehrlichen Grundsätzen deren schwere Ausübung, nur wenig Stunden vom Tage übrig läßt, treülich fortfahren: so muß ich unterthänig bitten „danach bevollmächtigt und nach Erreichung des Hauptzwecks, beurtheilt zu werden.“ So manchen sehr bedeütenden Vorrechten, welche meine Vorgänger ausgeübt haben, habe ich gleich anfangs von selbst entsagt. Desto redlicher darf ich bitten in meiner Vollmacht; welche nur „in Bedeutenden Dingen zu Einholung Allerhöchster Willensmeinung“ mich angewiesen und „der Königlichen OberrechenKammer nur quoad calculum“ mich unterworfen, nunmehr Aller Gnädigst mich zu bestätigen. Außerdem werden die Rechenschafften so vervielfacht, daß sie alle Zeit den lauffenden Ge­ schäfften nehmen für deren langsameren Gang und dadurch entstehenden Ka­ ßenverlust, ich sonst nicht mehr die bisherige Sorge zu tragen weiß. Wenn ich nicht manche Dinge welche einer plözlichen Entscheidung bedürfen, nach // gewißenhafter Ueberzeügung, sub spe rati wagen darf; so bin ich an der feineren und kräftigen Verbeßerung des Theaters durchaus gehindert. Sollte ich das Glück der bestätigten, erweiterten Vollmacht nicht verdienen: so würde ich ohne Berufsfreüdigkeit, zum fruchtlosen Verderben angestrengter

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Kräfte, ohne erheblichen Nutzen für das Etablissement und ohne Vergnügen für das Publikum dienen, auch bald im Kunstwehrt geringhaltig werden müßen. Ewer Königliche Majestät würden als dann, was es auch meiner Empfindung Kosten mögte, einen ohne seine Schuld unkräftig gemachten Diener eher entla­ ßen, als einen sorgsamen Diener ohne Vertrauen beizubehalten, für Gut achten. In reiner, innigster Verehrung für Ewer Königliche Majestät! habe ich geschrie­ ben, aus gewißenhafter Sorge für meinen Dienst, aus Pflicht der bescheidnen Ehre und erwarte die Entscheidung, mit der lebendig empfundenen Ehrfurcht, welche meines Lebens schöne ungeheüchelte Empfindung aus macht, darinn ich ersterbe Ewer Königlichen Majestät! Unterthanigster Iffland Berlin den 22. November / 1802 55. Iffland an Friedrich Wilhelm III. (Pro Memoria). Berlin, 22. November 1802 (H: GStA PK, Signatur: HA I, Rep. 36, Nr. 2414, Bl. 76–84) Unterthänigstes Pro Memoria über die in der Allerhöchsten Kabinets-Ordre vom 2ten October 1802., in Betreff der Propositionen für den Etat des Königlichen Na­ tional-Theaters von 1802. in 1803. ausgestellten Gegenstände. Die von der Direktion mit 996. Thalern 16 g. gehorsamst vorgeschlagenen Ge­ haltserhöhungen betreffen, außerdem was dabei für die Arbeitshäufungen des Schauspielers Mattausch und für die Arbeitshäufung und wirkliche Talent-Aus­ bildung des Schauspielers Bethmann gerechnet ist, solche Mitglieder, die von ihrer geringen Besoldung zu 104. 150. oder 250. Thalern die nur gewöhnlichen Thea­ terbedürfnisse an Chaussure, Schminke, Kopfputz und andern Dingen, welche die Theaterkasse nicht liefert, kaum mit der Hälfte ihres Gehalts zu leisten im Stande sind. So zwar, daß nach jenen Anschaffungen zu ihrem Lebensunterhalt nur die kärglichste Fristung, für ihre Bildung aber nichts übrigbleibt. Zur Besetzung der offenen Stelle des Schauspielers Fleck habe ich die Schau­ spieler Reinhard, Schwarz und Stadler hier auftreten laßen. Der letztere hat in Frankfurth und Cassel sehr, hier gar nicht gefallen. Der Schauspieler Reinhard ist fast alle Abende herausgerufen worden, hat auch die mehrsten Moyens; nur seine zu laute Stimme hat die Einmüthigkeit des Urtheils für ihn gehemmt. Den Schau­ spieler Schwarz, da er seit anderthalb Jahren fast vergessen war, ließ ich dieser Tage noch dreimal auftreten. Der, welcher Fleck am besten würde haben ersetzen können, ist der Schauspieler Steiger in Hamburg. Dieser ist aber, da ich aus Mangel an Vollmacht nicht schnell genug handeln konnte, mit 1700. Thalern in der Mitte meiner Unterhandlungen neuerdings engagirt, also nicht mehr zu haben. Da nun­

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mehro der Schwarz vielweniger Beifall als Reinhard ge-//funden; so habe ich mit Reinhard die Unterhandlung zu 1400. Thalern für ihn und seine Frau jezt geendet. Während der einjährigen Vacanz von Flecks Stelle, glaubte ich dessen Verdienst zu seines Nachfolgers Vortheil weniger unmittelbar im Gesichte und habe der Kasse eine Ausgabe von 1500. Thalern auf das Jahr zu Gratificationen erspart. An die Seite der Schauspielerin Unzelmann ist keine Schauspielerin anzustel­ len gesucht worden, da deren Gesundheit vester ist als vordem. Zu alt für das Fach der Charakter-Liebhaberinnen habe ich eine Frau, von dieser zarten Figur im dreißigsten Jahre nicht geglaubt. Das nicht leicht zu befriedigende Paris räumt der schweren Kunst ein, daß Künstler im funfzigsten Jahre noch dieses Fach be­ kleiden. Ohne hier diesen Zweck zu haben, erwähne ich, daß der Schauspielerin Unzelmann zur Seite die Meyer für Charakter-Liebhaberinnen, die Fleck für junge Liebhaberinnen angestellt sind. Ich kenne nur die Schauspielerin Leibnitz in Man­ heim, welche hier gefallen könnte, jedoch einen unbedeutenden Mann hat, der gleichwohl mitbesoldet werden müßte. Gastrollen werden den Eindruck bestim­ men, den sie hier machen könnte. Tenoristen anlangend, so sind diese so selten, daß die Wiener Komponisten deshalb bereits angefangen haben, fast alles in Baß oder Baryton zu setzen. Man muß mehrentheils, bei Seltenheit dieser Stimme, sich auch nur an die schöne Stimme halten, Figur und Spiel dagegen, wie bei dem Sänger Weizmann; fast auf­ geben. Nur der Tenorist Krebs in Stuttgard vereint beides. Er hat 1600. Gulden Gehalt, allein ein Pensions-Dekret von 800. Gulden und jährlich zwei Monate Ur­ laub. // Da ich Pension zu bieten nicht authorisirt bin, konnte ich den Versuch, ihn zu engagiren, nicht machen, wie sehr ich das auch gewünscht hätte. In Betreff des Fehlschlagens angestellter Anfänger und dessen, daß das hiesige Theater, nach Ausnahme der vorzüglichen Schauspieler so schlecht sei, als irgend eine der gewöhnlichen Gesellschaften, muß ich folgendes gehorsamst vorstellen: Das Engagement fremder Schauspieler von Werth ist nur alsdann zu treffen, wenn man sie hier viel besser als anderwärts bezahlt, oder wenn man statt der bessern Bezahlung ihnen Pensionen sichert, wie solches in Wien, München, Stutt­ gardt und Hamburg geschiehet. Bei Besoldungen und Besoldungs-Verbesserun­ gen kommt nicht meine Meinung in Anschlag, sondern der kaufmännische Werth des Talents, den die Lage, worin sich dasselbe befindet, bestimmt und realisirt. Ist nach Ausnahme der vorzüglichsten Mitglieder die bleibende Menge hier nicht besser als anderswo: so sind dagegen der vorzüglichen Mitglieder hier mehrere als anderswo, weshalb es kommen mag, daß der Ueberrest hier mehr als anderswo auffällt, wo der vorzüglichen Mitglieder wenigere, oft deren nur eines, der mittel­ mäßigen aber mehrere vorhanden sind. Bildung der Anfänger gelingt wie alle Bildung mehr oder minder.

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Ohne Ankündigung und Geräusch war ich sehr sorgfältig beschäftigt, vor­ handene und eingeborne Talente zu ermuntern und in die Höhe zu bringen. Die Schauspieler Schwadke und Bethmann wurden von den vorigen Direktionen wie talentlose Anfänger vier Jahre lang vernachläßigt. Ihr vordem nicht geachtetes Ta­ lent ist nun dahin entwickelt, daß sie auswärts über-//all einen bedeutenden Platz einnehmen können, wozu sie auch wohl bereits Ruf abgelehnt haben. Die Schau­ spielerin Mebus steht an einer dritten Stelle im Schauspiele mit Erfolg. Die Bessel die ältere Tochter wird dieser Tage den Beweis ablegen, daß sie das Talent erwor­ ben, in der Oper mehr als den dritten Platz zu besetzen. Diese Verhältnisse sind um so schwieriger zu erreichen; da Berlin außer Talent schlechterdings auch nach Gestalt und Schönheit verlangt. Anfänger sind von mir nie aus Mitleiden beibehalten worden, sondern einige entlassen; und nur die, welche nöthig und dabei noch wohlfeiler waren als auswär­ tige, die nicht besser sind, wurden beibehalten. Zu Verbesserungen sind sie in dem Falle ihres Verdienstes vorgeschlagen, oder wenn die volle Ueberzeugung da war, daß aus Unmöglichkeit zu leben, sie dem harten Mangel und endlich dem Laster in die Hände kommen würden. Die Kälte des Publikums an sich, der Robespierismus weniger Machthaber, wel­ che das Parterre leiten, und cynische Journalisten, machen es beinahe unmöglich, daß ein anfangendes Talent, worin es auch bestehe, hier aufkomme. Es ist daher sicher anzunehmen, daß ein Talent, was man hier nur passiren läßt, auswärts sehr gefallen werde, welches auch die Erfahrung bewährt hat. So besteht unter gewissen Gelehrten, die für die Leitung des dramatischen Ge­ schmacks in Berlin gern das Monopolium haben und nur das Griechische Trauer­ spiel oder die Maskenposse gegeben wissen wollen, eine Art Beredung: Das Wei­ marsche Theater, dessen Mittelmäßigkeit dem Unbefan-//genen bekannt ist, laut und stets wiederholt für weit besser als das Berliner Theater zu erklären. Hiesige Journale wetteifern mit der eleganten Zeitung, das Berliner Theater zu pasquilli­ siren und dessen, was hier mit mehr Eifer und Aufwand als irgendwo geschiehet, kaum oder nicht zu erwähnen. Daher kommt es, daß Künstler die auswärts gut stehen, nicht gern oder nur für große Bezahlung hieher kommen, weil sie ihren Kredit nicht der Frivolität aussetzen wollen, welche hier der eine Theil übt, wäh­ rend der andere Theil gelassen zusieht. Euer Königliche Majestät befehlen, daß künftige Engagements guter Schauspie­ ler durch Entlassung und die vacant erhaltenen Besoldungen des verstorbenen Professors Engel und Schauspielers Fleck, ohne künftige Etats-Erhöhungen vor­ bereitet werden sollen. Da die ganze Form der Schauspiele sich geändert und zum Aufwande der gro­ ßen Oper vergrößert hat, wie denn die meisten Schauspiele von Effekt aus 30. bis 40. Personen, welche zu reden haben, bestehen: so ist die Personenzahl, welche

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jezt angestellt ist, durchaus unentbehrlich. Die täglichen Vorstellungen, die mög­ lichen Krankheiten und die Vorstellungen in Potsdam machen ohnehin die Zahl unentbehrlich, auch wenn noch wie ehedem Schauspiele von 12. bis 18. Personen Sitte wären. Wohl aber sind Mitglieder der Mittelklasse da, welche entweder wegen ab­ nehmender Kräfte, oder wegen veränderten Geschmackes, nicht mehr gefallen, wie sie ehedem gefallen haben, ohne daß ich sie deswegen für eigentlich un­ brauchbar erklären kann. Ich habe es nicht über mich // gewinnen können, Leute von Jahren und langen mühsamen Diensten zu entlassen, ohne deren Gnaden­ gehalt Euer Königlichen Majestät vorzuschlagen. Diesen aber, so lange die Er­ scheinung derselben nicht beleidigt, suche ich dadurch zu ersparen, daß ich mich sorgfältig bemühe, sie da anzustellen, wo sie nicht oder minder widrig auffallen, wenn sie gleich nicht mehr interessiren wie sonst. Ich schmeichle mich, in diesem Betragen dem tiefempfundenen und verehrten Sinn der Gerechtigkeit und Milde Eurer König­lichen Majestät nicht unwerth mich bezeigt zu haben. Um so rüh­ render fühlte ich mich dazu verpflichtet, da die hiesigen Schauspieler aus freiem ­Antriebe, drei alte ganz dienstunfähige Schauspieler anderer Theater, die hier wohnen, durch freiwillige aber fixirte Beiträge mit Jahresgehalt pensioniren. Da Euer Königlichen Majestät geruhen, die Vertheilung von 2. Thalern Wo­ chengehalt, entweder sie ganz dem Schauspieler Mattausch zu geben, oder sie zwi­ schen diesen und den Schauspieler Bethmann zu vertheilen, meiner Disposition zu überlassen; so werden diese, wegen der längern Dienstjahre allein dem Mat­ tausch gegeben und wird der p Bethmann, wenn sein Fleiß, Eifer und durchaus anständiges Betragen so schnell und anhaltend wie bisher zunehmen, der König­ lichen Gnade, zu welcher ich denselben mit Recht und Pflicht empfehlen kann, künftig um so mehr sich zu erfreuen haben. Geruhen Euer Königlichen Majestät über Gehaltsverbesserungen bei dem Thea­ter in Abwartung, daß solche aus Vakanzien hergenommen werden sollen, mir einen unterthänigsten Vortrag zu erlauben. //  Der Staatsökonomie Grundsatz, den Besoldungs-Etat nicht zu erhöhen, son­ dern nothwendige Verbesserungen aus sich ergebenden Vakanzien zu bestreiten, ist bei dem Theater, welches ein Beruf des Augenblicks, der Laune des Parterre, ein Werk der Freude und des Luxus ist, und seine Treibkräfte überall aus etwas üppi­ gen Boden nehmen muß, sehr schwer als Leitfaden anzunehmen und fast unmög­ lich in regelmäßige Ausübung zu bringen. Wenn man unter Bedingungen, den Schauspielern wie andern Staatsdienern lebenslängliche Dienstgewißheit, und im Fall des Unvermögens die Pensionirung giebt, welcher jene sich zu erfreuen haben: so möchte es allerdings thunlich wer­ den, dem, dessen Lebensunterhalt gesichert ist, bei verdienter Verbesserung zur Geduld auf Vakanz zu verweisen. Wo aber lebenslange Dienste nicht zugesichert

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werden, hat der Schauspieler nur seinen augenblicklichen Werth kaufmännisch geltend zu machen; und wird er auf lange und selbst noch ungewiß gemachte ­Vakanzen hinausgewiesen, so folgt er nach dem nothwendigen Gesetz des Vor­ theils dahin, wo ihm dieser augenblicklich gewiß ist. Der Direktor eines nicht fundirten Theaters ist daher, je nachdem Talente sich schnell treiben und im Augenmerk auswärtiger Direktionen stehen, zu Besol­ dungs-Erhöhungsvorschlägen genöthigt, wenn er nicht das Ganze in seinen wirk­ samen Punkten sinken laßen will. Was die Besoldungen am hiesigen Theater anlangt, so sind sie gut, aber sie sind im Vergleich mit den Ausgaben, womit man anderwärts zureichen kann, keines­ weges unge-//wöhnlich. Nur die Benefizen geben in einigen Fällen den Ausschlag für hier gegen auswärts. Da aber auch der Arbeit hier so viel mehr als irgend an­ derwärts ist, welches Verhältniß in der That auffallend ist, so gleicht sich dieses vollkommen aus. In Ansehung des Kosten-Erlasses für die Benefiziaten bitte ich um Aller­ gnädigste Erlaubniß, die Gründe anzuführen, nach welchen ich bei Erlaß der ­Kosten für den Benefiziaten gehandelt hatte. Wenn im neuen Hause die Kasse 80. oder 90. Thaler einnimmt: so ist es eine schlechte Einnahme. 150. Thaler sind eine mittlere Einnahme. Indem nun der Benefiziat zur Kasse 150. Thaler zahlt und ihr noch die gewöhnlichen Ausgaben von Beleuchtung, Zetteldruck, Wache, Sta­ tisten, Choristen und Arbeitsleuten ersetzt: verschafft er der Kasse eine mehr als mittelmäßige, fast über Etatsmäßige Einnahme. Und wenn ich auch mit dem Erlaß der Kosten überhaupt zu weit gegangen seyn sollte: so habe ich doch die Ueber­ zeugung, daß nach richtigem Calcül die Tageskosten zwischen der Kasse, welche 150. Thaler einnimmt und dem Benefiziaten, für jeden zur Hälfte getheilt werden ­ enen auf­ dürften; als dann aber nur bei notorisch schlecht besetztem Hause von d erlegten 150. Thalern die gestatteten 50. Thaler erlassen werden könnten. Denn zu 150. Thalern Abgabe und 100. Thalern Unkosten gehören 500. Personen, das Billet zu 12. Groschen gerechnet. Das alte Haus, wo keine Abgabe war, konnte 1200. Menschen fassen; das neue Haus faßt gegen 1700. Menschen. Der Benefiziat muß also das Glück haben, das neue Haus ganz besetzt zu erhalten, welches nicht stets der Fall ist, wenn er bei den starken Abgaben nicht gegen die // Einnahme des alten Hauses offenbaren Nachtheil erleiden soll. Ich habe jedoch bei meinem Benefize angefangen, den Sinn der Aller­höchsten Kabinets-Ordre buchstäblich zu vollziehen; und werde damit fortfahren, wenn anders nicht Euer Königliche Majestät geruhen wollten, für die, welche nun nach­ folgen, eine Theilung der Tageskosten Allergnädigst genehm zu halten. In betreff der Zahl der Benefizen bemerke ich gehorsamst, daß solche bei denen jezt bestehenden Abgaben der Theater Kasse ziemlich unschädlich geworden sind. Es wird schwerlich möglich seyn, jährlich ohne Acht, höchstens neun Benefize,

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mit Inbegriff der stehenden, abzukommen. Auf diese Weise aber können in zwei, drei und vierjährigem Wechsel alle die befriedigt werden, welche etwa darauf An­ spruch machen dürften. Euer Königliche Majestät haben, was den Schauspieler Herdt und Frau, den Schauspieler Kaselitz und den Sänger Franz betrifft, zu einer pflichtmäßigen frei­ müthigen Erklärung mich nochmals aufgefordert, ob die Nichtbewilligung eine Ungerechtigkeit sein würde und bei diesen Schauspielern nicht die meinem Gut­ achten übergebene Idee eines gemeinschaftlichen Benefizes anwendbar, oder die Bewilligung einer angemessenen Gratification zureichend seyn würde? Aller­ höchstdieselben halten in dieser Erwartung den Bescheid auf die von mir vorge­ schlagenen Gratifikationen zurück, erwarten dagegen mit der Anzeige von den vorhandenen Fonds anderweite vollständige Vorschläge. Es ist nach meiner Ueberzeugung unthunlich, zwei Schauspieler auf Ein Be­ nefiz anzuweisen. Es würde dadurch eine rangartige Klassification bekannt ge­ macht, welche dadurch daß sie dem Einzelnen wehe thäte, der Direktion selbst Schaden // brächte. Auch ist die willkührliche Liberalität, womit das Publikum den Einen mehr wie den Andern begünstigt, nicht ohne eine Gattung von Ge­ waltthätigkeit unter zwei zu vertheilen. Bei meinen unterthänigsten Vorschlägen für die Schauspieler Herdt, Franz und Kaselitz habe ich die Gründe dazu angegeben. Da Benefize eine Gnaden­sache sind, würde ich deren Entscheidung in die Gnade Euer Königlichen Majestät ­setzen müssen. Zu einem nachmaligen Bericht aufgefordert muß ich nach Pflicht meiner Ueberzeugung folgendes vortragen: Der Schauspieler Herdt würde eine Ungnade hier erleiden, da er bei einer seit­ her bewiesenen besondern Application und beträchtlicher Rollenübernahme nicht verdient, wenn derselbe dieses Jahr übergangen werden sollte. Der Sänger Franz ist mit 750. Thalern Gehalt unläugbar nur gering bezahlt, wie ihm denn von Frankfurth aus 2200. Gulden geboten sind, welche er abgelehnt hat. Den Schauspieler Kaselitz anlangend, so dient derselbe seit 15. Jahren mit Bereit­ willigkeit und hat seit drei Jahren kein Benefiz erhalten. Sollten letztere beide durch eine Gratification abgefunden werden, so müßte diese doch in der Art und mit der ausdrücklichen Erklärung gegeben werden, daß sie dieselbe für ein Benefiz zu nehmen, mithin beide als wäre das Benefiz jezt wirklich von ihnen bezogen, vor dem Ablauf mehrerer Jahre nicht darauf zu rechnen hätten. Widrigenfalls und wenn jezt beide nur eine mittlere Gratification empfingen, würden sie im folgenden Jahre ihr Gesuch erneuern, andern in den Weg treten, so die Benefiz-Angelegenheit nur mehr und mehr verwickeln, oder alsdann zu ihrem Nachtheil abermals abgewiesen werden.

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Eine Gratification welche statt eines Benefizes gelten sollte, würde für Einen nicht weniger als 500. Thaler ausmachen können, bei deren Auszahlung jedoch die Kasse mehr als bei dem Benefiz // erleiden würde. Hierüber geruhen Euer Königliche Majestät Allergnädigst zu entscheiden. Der offene Gehalt des verstorbenen Schauspielers Fleck macht bis zum 1ten ­August dieses Jahres 810 rtl. 33  ”  8 g Der offene Gehalt des Professors Engel bis eben dahin   Summa 843 rl.  8 g Diese 843 rl. 8 g sind in der Ueberschußsumme von 3457 rl. 12 g für das Etats­ jahr 180  ½ begriffen. Die Direktion kann künftig, bis zu dem auf Ostern mit 1400. Thalern Gehalt eintredenden Schauspieler Reinhard und Frau, diese vakanten Gehalte nur auf be­ sondern Befehl in Ausgabe bringen und muß den Aufbewahrungsschein des Ren­ danten als Quittung einführen, welches bisher, da die Königliche Ober-Rechen­ kammer in dieser Form es nicht würde haben passieren lassen, nicht geschehen, sondern die Summe im allgemeinen Ueberschuß mitbegriffen worden ist. Nachdem Euer Königliche Majestät die erbetene Zulage für 1.) den Schauspieler Bethmann mit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 rtlr jährlich 2.)  die Schauspielerin Bessel, die ältere Tochter mit . . . . . . . . . . 104  ” 3.)  die Schauspielerin Eigensatz mit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  86  ”  16 g 4.)  den Schauspieler Holzbecher mit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  52  ”   ” 5.)  den Schauspieler Bessel Sohn mit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  52  ”   ” 6.)  die Schauspielerin Lanz mit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  52  ”   ” 7.)  den Schauspieler Lemke mit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  78  ”   ” 8.)  den Schauspieler Wunder mit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104  ”   ” nicht zu verwilligen resolvirt haben, ändert sich mein unterthänigster Gratifica­ tions-Vorschlag ab. Die Summe, welche Eure Königliche Majestät ich bitte, zu Gratifications-­ Verwilligungen auszusetzen, besteht aus folgenden Posten: // 1.) aus dem offenen Gehalte des Schauspielers Fleck vom 20ten Jenner bis letzten Julius dieses Jahres mit . . . . . . . . . . . . . .   810 rtl. 2.) aus dem offenen Gehalte des Professors Engel für den Monat Julius dieses Jahres mit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   33 rl. 8 g 3.) aus den von den vorjährigen Benefizen zur Kasse gezahlten Abgaben mit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   660 rl. Summa . . . 1 503 rl. 8 g Die vorzuschlagenden Gratificationen betragen: 1.) der Schauspieler Döbbelin, wegen besonderer Thätigkeit und Gleichheit der Anstrengung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   100 rl.

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2.) dem Schauspieler Schwadke, wegen seiner sehr zunehmenden Brauchbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   200 rl. 3.) dem Schauspieler Labes, welcher in allem und jeden Betracht sich so sehr als irgend jemand dazu verdient gemacht hat . . . .   200 rl. 4.) der Schauspielerin Meyer wegen des in der ungeweigerten öftern anstrengenden Darstellung der Jungfrau von Orleans verschafften Vortheils . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   100 rl. 5.) dem Schauspieler Reinhard, wegen des bei zunehmendem Alter stets gleichen Fleißes und sorgfältigen Memorirens . . . . .  30.rl. 6.) dem Schauspieler Ambrosch, wegen der für das Ganze, auch wo es nicht persönlich oblag, bewiesenen Sorgfalt . . . . . . . . . . .   75 rl. 7.) dem Schauspieler Mattausch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   100 rl. 8.) dem Schauspieler Unzelmann bei vermehrten Fleiß und Bedürfniß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   100 rl. 9.) dem Schauspieler Benda wegen Armuth und zahlreicher Familie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   20 rl. Latus . . . . .   945 rl. // Transport . . . .   945 rl. Wegen erbetener aber abgeschlagener Zulagen 10.)  dem Schauspieler Bethmann . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   100 rl. 11.)  dem Schauspieler Lemke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   80 rl. 12.)  der Schauspielerin Eigensatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   80 rl. 13.)  dem Schauspieler Holzbecher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   50 rl. Dieser hat die Rolle des Biskroma in Axur nach dem Schauspieler Beschort mit Beifall in Berlin gesungen und ein auswärtiges Engagement von 350. Thalern ab­ gelehnt. Auch erhält er eine arme Mutter von seinem Gehalte die 104. Thaler noch mit. 14.) der Schauspielerin Bessel der ältern Tochter . . . . . . . . . . . . . . .   50 rl.    Dieser sind vom Theater zu Magdeburg 600 rt. Gehalt geboten 15.) dem Schauspieler Bessel Sohn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   40 rl. 16.)  der Schauspielerin Lanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   40 rl. 17.)  der Schauspielerin Mebus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   40 rl. 18.) den sämtlichen Unterbedienten und Offizianten an der Einnahme und sonst . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   200 rl. Summa . . . 1 625 rl. Die Summe der vorgeschlagenen Gratificationen übersteigt also die dafür mit 1503 rl. 8 g angegebenen Posten mit 121 rl. 16 g., welche aus dem nach dem letz­ ten Julius vacanten Gehalte des Schauspielers Fleck zu nehmen seyn dürfte, da ich die Vorschläge nach meinem Gewissen nicht geringer zu machen weiß.

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Vor Einreichung der ersten Etats-Propositionen habe ich 156. Thaler Gehalt des entlassenen Schauspielers Grimmer, weil dadurch keine Etatserhöhung veranlaßt wurde, in Hoffnung Gnädigster Genehmigung folgendermaßen gleich vertheilt: An die Schauspielerin Bessel die ältere Tochter wöchentlich 1. Thaler An den neu angestellten Schauspieler Wundle wöchentlich Gehalt – 1 rl. 12 g. // In der von des in Gott ruhenden Königs Majestät empfangenen Instruktion ist enthalten: „So wie Ihr allein Vorschläge zu Gehaltsverbesserungen Annahme und Verab­ schiedungen der Schauspieler zu machen habt, welche letztere alle Gesuche des­ halb schriftlich an Euch abgeben müssen; in bedeutenden Fällen nehmlich zur schuldigen Einholung Meines allerhöchsten Willens.“ ich konnte daher glauben, hierin nicht gefehlt zu haben und sehe mich ge­ nöthigt, wenn schon für jene Subjecte meine ferner gebetene Verbessserungen versagt sind, das Geschehene auf den Etat zu bringen. Diese meine Instruction, welche Anfangs auf des geheimen Kammer-Gerichts­ rath von Warsing Mitdirektion gerichtet war, daher einige jezt nicht vollig pas­ sende Verfügungen enthält, lege Euer Königlichen Majestät unterthänigst vor. Da ich überhaupt vermöge derselben weniger beschränkt war als das Kollegium der Königlichen Ober-Rechen-Kammer mich mit jedem Jahre mehr und mehr in meiner Administration hemmt und beengt: so muß ich unterthänigst bitten, daß Euer Königliche Majestät geruhen wollen, jene Instruction, die mit hoher Gnade mehreres meinem Pflichtgefühl überläßt und der Ober-Rechenkammer mich nur quo ad calculum, nicht aber was die Führung meines Geschäftes betrift, unter­ wirft, Allergnädigst zu bestätigen; oder wenn Euer Königliche Majestät anders zu befehlen für gut achten, der Direktion dem bestimmten Befehl zugehen lassen wollen, in wie fern dieselbe künftig mehr als zuvor beschränkt seyn soll. So haben auch des verstorbenen Königs Majestät mit Gnädigem Vertrauen, wie meinen sämmtlichen Vorgängern also auch mir erlaubt, im Laufe des Jahres ge­ ringere Gratificationen zu geben und bei dem Abschluß darüber zu berichten. Die Königliche // Oberrechenkammer hat seit 2. Jahren dieses Recht bestritten und in der Hauptsache habe ich ohne alle weitere Reclamation des genossenen Rechts mich bescheiden gefügt. Allein es giebt in einer Theaterverfassung augenblickliche und dringende Fälle, mit denen und deren Motiven Euer Königliche Majestät öfterer zu behelligen ich eben so wenig wagen, als ich das süße Vorrecht aufgeben wollen kann, die Aller­ höchsten Entscheidungen unmittelbar zu empfangen. Für solche muß ich wün­ schen, augenblicklich und ohne Anfrage etwas thun zu dürfen, wovon alsdann bei dem Abschluß der gehorsamste Bericht erfolgt. Ich erwähne hier zweier seither feststehender Contraktmäßigen Beredungen, um deren Allergnädigste Genehmhaltung ich nachsuchen muß, um allen Vor­würfen

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zu entgehen. Im Jahre 1799. erhielt die Schauspielerin Eigensatz einen vortheil­ haften Engagements-Antrag nach Hamburg, welchem sie gegen einen Gehalt von 600. Thalern entsagte. Ich fand Bedenken, diesen damals zu proponiren, obschon ich kein schickliches Talent, für Oper und Schauspiel gleich brauchbar, von so ange­ nehmer äußerer Gestalt für diesen Gehalt zu verschaffen wußte. Ich ließ es also bei dem Gehalte von 520. Thalern bewenden, sicherte aber derselben die Grati­fication von 80. Thalern jährlich zu, wodurch die verlangten 600. Thaler erfüllt wurden. Der zweite Fall betrifft den Sänger Eunicke und dessen Frau. Euer Königliche Majestät haben zu resolviren Anstand genommen, daß diesen ein Benefiz für alle zwei Jahre bestimmt hat zugesichert werden sollen. Es war gleichwohl bei den dringenden Anerbietungen von Wien und Frankfurth deren Abgang, welchen die Bühne ohne empfindlichen Nachtheil nicht erleiden konnte, zu besorgen. Ich er­ griff // also den Mittelweg, ihnen, auf den Allerhöchsten Nichtbewilligungsfalle des alle zwei Jahre gehorsamst zu proponirenden Benefizes eine Gratification von 200. Thalern für jeden zuzusichern, worüber ich das Zusicherungs-Schreiben der Direktion gehorsamst beilege. Dadurch erhielt ich dem Theater zwei sittliche, flei­ ßige, ruhige, äußerst brauchbare Mitglieder. Ich hatte in diesem besondern Falle keine Wahl, als entweder Euer Königlichen Majestät durch ein wiederholtes Detail lästig zu werden, dessen Wahrheit mir bekannt war, oder eine gewissenhaft be­ rechnete Freiwilligkeit zu üben, wodurch ein Verlust abgewendet wurde, den ich nicht zu decken wüßte. Indem ich aber allen bedeutenden Beredungen und Gratificationen, wenn Euer Königliche Majestät es so befehlen, bis zur Proposition beim Abschluß für künftig entsage, wollen Euer Königliche Majestät Allergnädigst geruhen, mir zu ver­gönnen, daß ich ad extraordinarium, wie es sonst üblich war und die alte be­ stehende Etats-Rubrike selbst darauf hindeutet, ohne Vorheranzeige über eine Summe von 500. Thalern jährlich zu Ermunterungen und Ausgleichungen nach Gewissen disponiren dürfe; nachher aber davon bestimmten Bericht erstatte. Meine Vorgänger besaßen jährlich einen sogenannten geheimen Fond von 12. bis 1500. Thalern, wovon die Königliche Ober-Rechenkammer gar keine Notiz haben durfte. Eben so würde ich im Laufe des Etatsjahres sehr zweckmäßige Engagements treffen können, wenn mir verstattet würde, auf ein Jahr oder ein halbes Jahr augen­blicklich sub spe rati Mitglieder anzunehmen. Die nach längerer // Prüfung beibehalten oder entlaßen würden, wenn sich nicht bald ein besonderes Talent in ihnen hervorthun würde. Euer Königlichen Majestät bei dieser Gelegenheit die von des in Gott ruhenden Königs Majestät empfangene Zukunftsversicherung unterthänigst vorzulegen, halte ich mich verpflichtet.

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Anlagend das zum Bericht erhaltene Pensionsgesuch der Schauspielerin Unzel­ mann: so hat gewiß Niemand ohne Ausnahme um Gnädige Gewährung desselben sich so verdient gemacht, als diese Erste Künstlerin aller deutschen Bühnen. Sie ist nie vernachläßigt, stets mit Anstrengung vor dem Publikum erschie­ nen, und öfterer als jemand mit den glänzenden Wirkungen des Genie’s. Ich habe eben so ihre stets lobhafte Bereitwilligkeit für das Beste des Ganzen zu ­loben als ihr ­Talent. Was Euer Königliche Majestät für ihr billiges Gesuch zu be­ schließen geruhen, ist ein Ehrendenkmal für die Kunst und ein hoher Reiz zur Nacheiferung. Sollten Euer Königlichen Majestät, in Betreff der bestehenden Pensions-Ein­ richtungen anderer Bühnen und dessen was hier dafür geschehen könnte, einen Vortrag zu verlangen geruhen: so würde der Befehl dazu mir sehr erfreulich seyn. Schließlich gestatten Euer Königliche Majestät mit huldvoller Nachsicht, daß ich zum letztenmale der Angelegenheit eines Theater-Arztes in der Person des Doktors Böhme erwähne. Bei dem Königlichen Operntheater, das, außer etlichen Sängern, in vielen Tän­ zern besteht, ist nach der Natur der dort möglichen Verletzungen ein Chirurgus nöthiger, als // ein Arzt, welcher dem rezitirenden Theater nöthiger ist, als ein Chirurgus. Dieser Arzt hätte deswegen nicht nur nicht das mindeste Recht, auf die Königliche Hof-Apotheke zu verschreiben, sondern er müßte sich dieses etwani­ gen Anspruches vorher begeben. Bei der besondern siebzehnjährigen dem Thea­ ter erwiesenen Dienstbereitwilligkeit des Doktor Böhme, wage ich es daher noch einmal, gehorsamst anzutragen, daß derselbe, da ohnehin das National-Theater, vermöge seiner besonders aus Erwerb bestehenden Kasse nicht exemplificirt, statt des mit 180. Thalern gestatteten Chirurgus, bei seiner überhaupt allen Kranken bewiesenen Sorgfalt und Uneigennützigkeit, als Theaterarzt, mit dreihundert Tha­ lern jährlich dürfe angestellt werden. Euer königliche Majestät wollen Allergnädigst geruhen, diese nochmalige un­ terthänigste Ansuchung nicht in Ungnade zu bemerken. Iffland Berlin / den 22ten November / 1802. 56. Iffland an Karl Friedrich von Beyme. Berlin, 22. November 1802 (H: GStA PK, Signatur: HA I, Rep. 36, Nr. 2416, Bl. 43–45) Verehrungswürdiger Freünd! Denn nur in diesem schieren Glauben kann ich offen und über meine g an ze Lage schreiben. Der Brief an Seine Majestät den König, ist heüte zur Post in der Abänderung welche Sie wohlwollend angerathen haben. Ich lege nun Ihnen, 1. die

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empfangene Kabinetsordre, 2. mein Schreiben an Seine Majestät, 3tens das Memoire dazu, in Kopie bei. Sie werden vom Schluße des Briefes, der eher Entlaßung als Dienst ohne Ver­ trauen erbittet, unzufrieden sein. Dennoch glaubte ich das sagen zu müßen. Ein­ mal weil ich hier vor 6 Jahren mich nicht angetragen habe sondern gefordert bin, dann, weil ich für a l l e Zukunft den Beweiß gegeben habe wollte, daß ich n ie mich aufgedrungen. Außerdem bekenne ich, daß es mit meiner Empfindungsweise ganz unverträg­ lich bleibt, ohne Vertrauen hier zu sein. Was meine ietzige Lage Gutes hat, daß hat sie durch I hre wohlwollende Ver­ mittlung erhalten. Das empfinde ich im Innern eines, nach alter Weise dankbaren Herzens. Ich empfinde es um so mehr, da oh ne Si e – das alles n icht sein würde. Meine Besoldung ist ansehnlich. Für den Neid viel zu groß. Dennoch, meiner Arbeit angemeßen, da diese mir außer dem Eßen und Schlaffen, das ist Wahr­ heit – keine Zeit zum LebensGenuß übrig läßt. Meine litterarische Arbeit, ist da­ durch am Ende und 1000 Thr reine Einnahme welche damit verlohren gegangen sind, rechne ich, weniger, als das Vergnügen der Arbeit. Der GeldVerlust, ist durch den Reiseurlaub den ich Ihnen danke ersezt und an Vergnügen habe ich auch gewonnen. Aber die E i nt r äg l i ch keit der Reisen, kann nur noch etwa zwei, höchstens drei Jahre dauern. Ich will damit durchaus nichts sagen, als erweisen, daß ich nicht über die Ge­ bühr nach Verhältniß deßen // was ich leiste, gesezt bin. Seit ich das Verlangen des Herrn Grafen von der Schulenburg, nicht unmittel­ bar sondern durch Ihn zu berichten abgelehnt habe, kann Seine Zufriedenheit, wie es nach so mancher harten Äußerung und Einwürkung sich erweiset, nicht mehr für meine Führung gewonnen werden. Ihm bleiben weit mehr Mittel diese auf mich würken zu laßen, als ich erreichen kann sie abzulehnen. Das Publikum von Berlin, ist im Ganzen kalt und tadelsüchtig. Die Macht­haber ­ elche der Litteratur verkälten, vergrollen es noch mehr und nähren die Tadelsucht w eine Folge der Bildung und Verbildung ist. Mein Geschäfft und ­deßen Erfolg, oder Nichterfolg, kann nicht vom Zimmer aus mit Philosophischen Grundsätzen über­ tragen werden, da die Natur, die Kraft und Neüheit desselben in Reizbarkeit und deren Erhaltung besteht, ohne welche ich bald eine ausgebrannte Kohle bin. Aus­ wärts nur erwerbe ich Ehre, in Berlin Kälte, Bitterkeit und Pasquille mit der Fuß­ botenpost oder in der eleganten Zeitung: von Etlichen eine stille gute Meinung. Dies ist nicht zu ändern. Der Ersatz ist daher außer dem Bewusstsein, nur in dem Vertrauen des Monarchen und einiger edlen Freünde. Wenn man das Erste mir raubt; so bin ich dahin zurückgedrängt, in dem ande­ ren nur Trost zu haben, nicht Genuß. //

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Sehe ich nun dagegen den vollgültigen Erfolg ehrlicher Handlungen die ich übe, denke ich daran daß ich seit Herr Schröder sich zurückgezogen, an meiner Stelle in Deütschland allein stehe: so ist das Resultat was ich in der Mitte voller Kräfte zu ziehen habe, doch in der That auch bei bescheidner Forderung an das Schicksal, wenig erfreülich für iezt und trübe für die Zeit wo ich nicht mehr gel­ ten und wirken können werde, was ich iezt überall mehr als hier gelte und würke. Die lezte Kabinetsordre welche alle früheren allmalig engeren Beschränkungen und Einpfählungen besiegelt und künftige zur natürlichen Folge hat, müßte mich dahin führen, meine Bestimmung und was am Ende mit mir werden soll? auf das Ernstlichste zu erwegen. Ich habe seit zwei Jahren manche und anlockende Anerbieten erhalten, deren ich weder gegen mich noch Andere erwähnt habe, weil ich unsere Verfaßung eben so liebe als ich das Parterre nicht liebe. Weil ich den redlichen, sanften, vesten ­König enthusiastisch ehre und liebe und für den edlen Sinn der Männer wie Sie! eine heilige Dankbarkeit fühle. Ich will nicht von Berlin weg, aber ich könnte doch endlich weggetrieben ­werden. Deshalb und da man bei ernsten Dingen das Äußerste als möglich an­nehmen muß // habe ich mich oberflächlich mit Aussichten beschäftigt, die ich im ­härtesten Falle realisiren könnte. Ich lege Ihnen eine Kopie eines Antrages vor, der mir in Stuttgart au f ge d r u n ­ gen wurde. Sollte mein Loos mich von hier verweisen: so ist es mir wenig wahrscheinlich, daß ich eben diesen Weg ergreiffen würde. Im Gegentheil, ich würde mich gerin­ ger aber noch ruhiger setzen. Sie sind gewiß nicht geneigt, bei dieser Mittheilung mich mißzuverstehen, da ich der Rodomontade unfähig bin. Es scheint mir natürlich, daß, indem ich Ihnen klage, wie das Schicksal mich hier beügt, ich Ihnen vertraue was es auf einer an­ dern Seite für mich thut. Ohne jenen Vorfall, würde das Papier bei den Ubrigen geblieben und nicht einmahl mündlich desselben Erwähnung geschehen sein. Solange Sie geneigt Sind in Ihrer mühsamen Stelle zu verharren und mein Be­ tragen Ihres Antheils wehrt zu sein sich bestrebt, wird mein Ergehen hier gut sein. Wenn ich mir aber die Möglichkeit denke, daß Ermüdung, Naturreitz oder Ihre Grundsätze Sie aus der Last welche Sie tragen wegführen könnten? Was wird mir dann!! Herr Geheimer Kabinetts Sekretär Niethe ist mein Freund und ein ehrlicher Mann. Aber Sie wißen daß // seine Systeme und der früher genommene Plié ihn an der Ausführung deßen hindert, was er für billig hält sobald es Wiederstand findet. Er hat das Referat meiner Angelegenheiten und ich verdenke, ihm eben so we­ nig daß er eine Gattung Mißtrauen, in sich vermuthet wenn ich Ihre Hülfe erbitte,

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als es gewiß ist, daß ich ohne diese Hülfe entweder vertrocknet oder von hier fort wäre. So herzlich ich nun Ihre Hülfe aufruffe: so wage ich es doch, Ihre Schonung und daß er in dem Glauben bleibe, meine Papiere seien erst von ihm selbst an Sie gekommen, zu erbitten. Haben Sie Nachsicht mit meiner Ängstlichkeit, um der ehrlichen Ursach willen. Haben Sie Geduld mit meinem Briefe, um des Kampfes willen an dem ich leide. Sagen könnte ich Ihnen das nicht, denn Ihre einzige Stunde am Gastfreundlichen Tische, könnte ich nicht verderben wollen. Leichter fährt der Blick über ein ­Papier als über ein leidendes Gesicht: so zwang ich mich zum Frohsinn, der seit dem 2ten October nicht in mir war. Ihr Wille faßt jede Sache in ihrer gesunden Mitte, diesem übergebe ich mein Loos und wie es ausfalle, ich werde Sie ewig mit gleicher Lebendigkeit verehren! Nehmen sie dies gütig auf und denken Sie mit Antheil an den dankbaren Iffland Berlin den 22 Novbr 1802 57. Karl Friedrich von Beyme an Friedrich Wilhelm III. Nach 22. November 1802 (H: GStA PK, Signatur: HA I, Rep. 36, Nr. 2414, Bl. 85–90) Um Ew Wohlgebohrene Aufforderung zu genügen muß ich von dem obersten Grundsatz ausgehen, den H Iffland in seiner Eingabe, von den Worten „des Vergnügens des Hofes und des Publicums“ bis zu den Worten „das gantze sollte dem Geiste der Zeit folgen ohne ihm zu fröhnen“ sehr richtig bestimmt, und dem er bisher mit dem glücklichsten Erfolge treu ge­ blieben ist. Er hat gebeten 1.) darnach bevollmächtigt und nach Erreichung des Hauptgegenstandes beur­ theilet zu werden. 2.) sein von des höchstseligen Königs Majestät erhaltene Vollmacht, welche nur a, in bedeutenden Dingen zu Einholung allerhöchster WillensMeinung ihn angewiesen und b. der Oberrechenkammer nur quod calculum ihn unterworfen hat zu bestätigen 3.) manche Dinge, welche einer plötzlichen Entscheidung bedürfen sub spe rati abzuschließen. Sr: Majestät haben diese Anträge billig gefunden // und mit dem Vorbehalte genehmigt daß Iffland mit Ende jeden Jahres darüber nähere Erläuterung ­geben und decharge nachsuchen soll.

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Wenn hier von einer Partie der StaatsVerwaltung die Rede wäre; so würde eine ­solche Vollmacht eines Theils bedenklich andern Theils zu unbestimmt seyn. Aber Iffland übet eine freye Kunst, die sich nicht in die engen Formen der Geschäfts- und Rechnungsführung zwingen läßt. Die Kunst ist hier Zweck, das Geld nur Mittel. Es muß also hauptsächlich dahin gesehen werden daß das Theater seinem schönen Zwekke entsprochen und dadurch zugleich die Mittel geschaft werden diesen Zwek ferner zu erreichen. Wenn das Theater gut ist, die Casse am Ende des Jahres ihre Ausgaben sämmtlich bestritten und noch Ueberschuß hat, womit sie ihren Bestand vermehren kann, so muß mann das Genie nicht über diese oder jene Vernachläßi­ gung der Geschäfts-//form quälen. Selbst der allerdings gegründete Gedanke, daß das Genie nicht allezeit seine Kunst äußern vielmehr ermatten und daß es alsdann dereinst schlechter gehen könne, muß so lange als es gut gehet nicht eintreten, denn diesem Wechsel sind alle menschlichen Dinge unterworfen und will mann diese Besorgniß der Zukunft vergegenwärtigen; so läuft mann dringende Gefahr sich die Gegenwart zu verderben. Wenn Iffland fortgeht, oder nur den Muth verliert seine Rollen so meisterhaft zu spielen, so wird keine Oberrechenkammer mit allen ­ihren Monitis bewirken, daß das Publicum das Haus fleißig besuche und die Casse fülle. Gegen eine geringe Vermehrung der Ausgaben die er, weil er sie zweckmäßig fin­ det, veranlaßt, wird ein gewaltiges deficit in der Einnahme ent­stehen // welches Zu­ schüße zu den mäßigsten Ausgaben nothwendig machen wird. Man werfe mir nicht ein: Iffland kann sterben. Dieser Einwurf kann gegen jeden in seiner Art einzigen Mann gemacht werden, und verliert eben darum an seiner Kraft. Dann muß mann sich finden, so gut mann kann. Wir haben mit dem Theater jezt alle Wege versucht. Wir hatten einen Entrepre­ neur für eigne Rechnung. Er machte Banquerout und das Theater ging zu Grunde. Wir hatten eine TheaterDirection von Gelehrten und Geschäftsmännern. Es ging nicht viel beßer. Seyt Iffland an der Spitze steht, ist das Theater im Gantzen gut und die Casse befindet sich im besten Zustande. Also laße mann ihn ja länger wallten, so lange er will und kann. Erinnerungen und Tadel werden // bey dieser Partie immer Platz finden, aber das Beßermachen dürfte schwerlich immer gelingen. Ich selbst habe manches auszusetzen, wie Sie wißen, und ich mögte fast sagen daß die Allerhöchste CabinetsOrdre welche Iffland Veranlaßung gegeben jezt einzukom­ men in den mehresten Dingen mir wie aus der Seele geschrieben ist, aber ich be­ scheide mich von selbst, daß Iffland das beßer verstehen muß und daß fehlende KunstTalente nicht erzwungen werden können. Darum bewundre ich jezt die von Ihnen angeführte liberale Entscheidung Sr: Majestät, und meiner Meinung nach müßten solche, ganz so wie sie gegeben ist, nach den sub no: 1. 2. 3. oben von mir angedeuteten Abschnitten expedirt und der Eingang allenfalls so gemacht wer­ den, daß dem p Iffland auf die Sr. Majestät eigne huma-//ne Weise es zum Vorwurf gemacht wird, daß er nicht früher mit seiner unbeschränktern In­struc­tion zum

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Vorschein gekommen ist. Um allen Mißverständnißen vorzubeugen, würden fol­ gende Erläuterungen allenfalls gut seyn. ad 2.a können die bedeutenden Dinge zu Einholung allerhöchster Entschei­ dung nur auf a, die Annahme neuer oder Verabschiedung alter Schauspieler b. GehaltsZulagen oder c. Gratificationen gehen. ad a Werden im Königlichen Dienst alle Stellen, die nicht wirkliche RathsPos­ ten sind, insofern das Gehalt unter 1000 r. beträgt, von den Departements-Chefs ohne Anfrage besezt. Könnte dies Iffland nicht ebenfalls eingeräumt werden. Es versteht sich daß dieses nur von wirklich vacanten nicht von ganz neu zu creiren­ den Plät-//zen gelten kann. Was von der Annahme gilt, gilt auch von der Verab­ schiedung. ad b, Eben so können von vacanten etatsmäßigen Gehältern ohne Anfrage Zu­ lagen gegeben werden, wenn das Gehalt dadurch nicht bis zu 1000 r. anwächst, doch darf kein Gehalt über 1000 r. dazu angewendet, oder eine Stelle supprimirt werden ohne Anfrage ad c Ist der Vorschlag des H p Iffland, ihm dazu eine jährliche Summe von 500 r. inter extraordinaria auszuwerfen, von deren Verwendung er nur am Ende des Jah­ res Anzeige zu thun hat, weder dem Geiste der Anstallt, noch dem Vertrauen das Iffland verdienet entgegen. ad 2, b Die Revision der OberRechenkammer betrift zuerst den Calculum; ob in Einnahme und Ausgabe richtig gerechnet ist. Dann muß untersucht werden, ob alles was einkommen oder // ausgegeben werden sollte, wirklich eingenommen oder ausgegeben und beydes auf die erforderliche Weise belegt ist. Hierbey liegt der Etat zum Grunde. Was die wirkliche Einnahme oder Ausgabe unter oder über den Etat besagt, muß gehörig aufgeklärt werden. Besonders muß jede Ausgabe über den Etat oder zu einem andern Behuf als der Etat besagt, entweder durch eine besondere Anweisung des Directors an die Casse innerhalb der Gränzen s­ einer Instruction, oder durch einen besondern allerhöchsten Befehl, justificirt werden, oder die Oberrechenkammer monirt solches mit Recht. Alles dies gehört wesent­ lich zum Calcul dem H Iffland sich nicht entziehen kann und wird. Ich sehe dabey auch keine sonderliche Schwierigkeiten, vermuthe vielmehr, daß diese sich haupt­ sächlich bey den Unkosten der aufzuführenden Stükke // ereignen werden, wo­ bey nach der Instruction für H Iffland ein von ihm entworfener und vom Theater­ Inspector auszuführender KostenEntwurf zum Grunde gelegt wird. Bey solchen Ueberschlägen kann es nicht fehlen, daß nicht zuweilen die Ausgaben höher an­ laufen, und da der Director dies nicht in seiner Gewalt hat; so muß er authori­ sirt werden die Mehrausgaben auf die Casse anzuweisen. Die Oberrechenkammer

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kann nicht moniren, daß weniger Lichte hätten angesteckt, diese oder jene Sachen zur Ausführung gar nicht oder minder kostbar hätten angeschaft, weniger Hülfs­ Leute hätten angenommen oder geringer bezahlt werden sollen, weil dies allein zur Beurtheilung des Directors gehört, der sich darin nach den Umständen richten muß. Seine Anweisung und die Quittung über // die wirkliche Ausgabe sind zum Belege hinreichend. Hiernach könnte der, wie mann will, viel oder wenige sagende Ausdruck einer Revision quoad calculum bestimmt werden. Wollte mann noch sicherer gehen; so dürfte mann nur einmal die monita über eine JahresRechnung einfordern. Ad 3 Rechne ich zu solchen Fällen die einer plözlichen Entscheidung bedürfen besonders die Abschließung der Contracte mit neuen oder alten Schauspielern, wenn ihnen größere Vortheile zugestanden werden sollen, als der Director ohne Anfrage ihnen einzuräumen befugt ist. Es ist nicht zu leugnen, daß die Anfrage dabey eine Zögerung bewirkt die zuweilen dadurch schädlich wird, daß ein Mit­ bewerber mehr bietet, und daher allerdings wohl gut den Director zu authorisiren in solchen dringenden // Fällen sub spe rati abzuschließen. Die Befugniß Engage­ ments auf kurze Zeit zu schließen macht diese authorisation nicht überflüßig, weil Künstler von entschiedenem Talent sich auf so kurtze Engagements nicht ein­ laßen werden. Solche Fälle müßen aber gleich nach dem Abschluße angezeigt und die Anzeigen nicht bis zum JahresSchluße ausgesetzt werden. Beyme. 58. Friedrich Schiller an Iffland. Weimar, 22. April 1803 (D: Schillers Werke. Nationalausgabe, Bd. 32, S. 31–33) Weimar 22. April 1803 Was Sie mir im vorigen Jahr bei Gelegenheit der Turandot geschrieben, mein ver­ ehrter Freund, ist bei mir nicht auf die Erde gefallen, und daß ich Ihnen nicht so­ gleich darauf geantwortet, ist nicht bloß aus einer gewöhnlichen Nachlässigkeit, wie sie mir sonst beim Briefschreiben oft begegnet, sondern deßwegen gesche­ hen, weil ich Ihnen über das jezige theatralische Wesen und namentlich über die Rolle, die ich selbst etwa dabei übernehmen könnte, etwas ausführliches und hin­ reichendes schreiben wollte. Und dazu kam ich nun leider nicht, und durch das Aufschieben unterblieb es ganz. Auch war mir im vorigen Jahre Hofnung gemacht worden, daß ich Sie selbst sprechen würde. Ich halte es allerdings für möglich, daß ich zweckmäßige Stücke für das Thea­ ter schreiben könnte, und da ich so gut Geld verdienen möchte als ein anderer, so würde ich gar nicht gleichgültig dagegen seyn. Aber für einen Zweck, der ­außer meinem poetischen Interesse liegt, habe ich mein Lebenlang nichts thun können,

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Dokument 58

und wenn ich mich also, wie ich hoffe, wünsche und will, in meinen künftigen ­Dramen den theatralischen Foderungen nähern soll, so muß die Kunst selbst mich dahin führen, denn ein wirklich vollkommenes dramatisches Werk muß, nach meiner festen Ueberzeugung auch die Eigenschaft haben, allgemein und fort­ dauernd zu interessieren. Da ich in meinen Arbeiten jetzt noch nicht zurückzu­ gehen glaube, und zu einem frischen Fortschritt Muth und Lust besitze, so bin ich wenigstens jezt mehr als jemals auf dem Wege, wo Sie mich wünschen. Die Turandot ist weiter nichts als ein lustiges Intermezzo gewesen, das unter den vie­ len Versuchen, die man gemacht, auch einmal mitlaufen konnte. Bei der Braut von Messina habe ich, ich will es Ihnen aufrichtig gestehen, einen kleinen Wettstreit mit den alten Tragikern versucht, wobei ich mehr an mich selbst als an ein Publi­ ­ utzend cum außer mir dachte, wiewohl ich innerlich überzeugt bin, daß bloß ein D lyrischer Stücke nöthig seyn würden, um auch diese Gattung, die uns jezt fremd ist, bei den Deutschen in Aufnahme zu bringen, und ich würde dieses allerdings für einen großen Schritt zum Vollkommenen halten. Uebrigens aber werde ich es vor der Hand dabei bewenden lassen, da Einer allein nun einmal nicht hinreicht, den Krieg mit der ganzen Welt aufzunehmen. Meine zwey nächsten Stücke werden Ihren Wünschen vermuthlich um v­ ieles mehr entsprechen. Das erste, welches ich diesen Sommer ausarbeiten will, ist die Geschichte des Warbeck, der sich unter Heinrich VII. von England für einen ­Herzog von York ausgab. Aus der Geschichte ist nichts genommen als diese Situa­ tion und alles übrige ist zu einem poetischen Ganzen erfunden. Das Stück endigt erfreuend, und ist also mein erstes nicht tragisches Schauspiel, wiewohl es durch­ aus pathetisch ist. Das Zweite Stück, das an die Reihe kommen wird, ist Wi l helm Tel l, ein Sujet, wozu ich bloß dadurch veranlaßt wurde, daß die Rede gieng, ich mache ein solches Stück, woran ich nie gedacht hatte. Dieses ganz grundlose ­Gerücht machte mich aber auf diesen Stoff zuerst aufmerksam, ich las die Quellen, ich bekam Lust, die Idee zu dem Stück entwickelte sich bei mir, und so wird also vermuthlich, wie öfters schon geschehen, die Prophezeihung eben dadurch erfüllt werden, dass sie gemacht worden ist. Dieß sind nun meine nächsten Arbeiten, ich nenne sie Ihnen, weil Sie es wün­ schen und bitte übrigens, es nicht weiter zu sagen. Noch habe ich zwei französi­ sche Lustspiele von Picard unter der Feder, wovon das Eine in 8 Tagen fertig ist, und auch das andre bald nachfolgt. Sie haben eine gute theatralische Anlage und schienen mir die Aufnahme auf unsern Bühnen zu verdienen. Goethe hat kürzlich ein sehr vortrefliches Stück von einer hohen rührenden Gattung auf die Bühne gebracht, das auch einen guten Succeß auf unserm Theater gehabt hat. Es wird auch gewiß an andern Orten Wirkung thun, und da es eine große weibliche debutrolle enthält, so wird es einen lebhaften Curs auf den deut­ schen Bühnen bekommen.

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Lassen Sie mich, mein werthester, Ihrer Freundschaft, Ihres Wohlwollens nie entbehren. Ganz der Ihrige Schiller. 59. Theatergesellschaft Harmonie an Friedrich Wilhelm III. Berlin, 31. Mai 1803 (H: GStA PK, Signatur: HA I, Rep. 96 A, Nr. 141, Bl. 40–43) [Vermerk auf der ersten Seite:] Es bleibt bey dem von Sr: Majestät erlaßenen Ver­ bothe aller stehenden PrivatSchauspielerGesellschaften. Allerdurchlauchtigster Großmächtigster König! Allergnädigster König und Herr! Zu den mancherley gesetzlich erlaubten Vergnügungen und Gemüths-Erhei­ terungen des Bürgerstandes gehöret unstreitig auch das Schauspiel, weil es für das bequemste Mittel fast alle Arten guter Eindrücke zu bewirken und für eine Schule anerkannt worden ist, welche, indem sie das Gemüth ergötzt, zugleich den Verstand bildet, und das Herz veredelt. Diese und noch viel andere vortrefliche Eigen­schaften des Schauspiels haben denn auch die meisten Staats-Regenten ver­ mogt, dasselbe unter den, in politischer und moralischer Hinsicht, erforderlichen Maasregeln nicht nur zu dulden, sondern sogar zu befördern. Vernehmlich haben Ew. Königliche Majestaet durch die beträchtlichen, dem hiesigen National-Thea­ ter huldreichst bewilligten Unterstützungen einem großen Theile der Einwohner höchst Dero Residenzstadt eine Wohlthat erwiesen, die von denselben mit dem innigsten Dankgefühle stets // anerkannt und verehrt werden wird. Allein Aller­ gnädigster König und Herr! es kann demungeachtet dieses Schauspiel-Haus von demjenigen Bürger, der sechs Wochentage hindurch vermittelst Betreibung seines Gewerbes sich und seine Familie redlich zu ernähren strebt, und nur am sieben­ ten Tage an irgend eine Gemüths-Erheiterung denken darf, nicht besucht werden, einmal, weil er nicht bemittelt genug ist, auf einen blos spirituellen Genuß für sich und seine Familie mehrere Thaler zu verwenden, und zum andern, weil das Nati­ onal-Schauspielhaus unmöglich Raum genug enthalten kann, um auf einmal alle diejenigen in sich zu faßen, die nur an einem einzigen Tage in der Woche, und zwar nur des Sonntags, es besuchen können; daher es dann kommt, daß derglei­ chen Bürger und Handwerker mit ihren Familien ihre Zuflucht zu Tabagien und Tanzsäälen, zum Kartenspiel und zu andern frivolen Zerstreuungen nehmen, die in Hinsicht auf Geist und Herz gerade das Gegentheil zu bewirken pflegen von dem, was ein gutes Schauspiel bewirken kann und mehrentheils auch bewirkt.

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Von dieser Wahrheit überzeugt, vereinigten wir Endesunterschriebene uns mit mehreren hiesigen Bürgern schon vor etwa vier Jahren und errichteten eine Ge­ sellschaft, deren Hauptzweck dahin ging, sich theils durch Conversation, theils durch musikalische Vorträge nützlich und angenehm zu unterhalten, und zugleich ihren Mitgliedern und deren Familien das zu gewähren, was das National-­Theater dem Publiko gewährt, nehmlich, eine anständige und zugleich belehrende Ge­ müths-Ergötzung. Es konnte uns nicht schwer werden, diesen Zweck zu erreichen, da mehrere von unsern Mitgliedern, so wie deren Söhne und Töchter // musi­ kalische und theatralische Kenntnisse hatten. Es fehlte uns daher nur ein schick­ liches Locale und die Erlaubniß zu theatralischen Vorstellungen von ­Seiten des Polizey-Directorii. Wir erhielten beydes und führten nunmehr, bloß unter uns und unsern Familien, kleine Stücke, und zwar bloß solche auf, die im National-Schau­ spielhause schon gegeben, und ihres moralischen und belehrenden Inhalts wegen mit Beyfall aufgenommen waren. Die Kosten, welche diese thea­tralischen Vor­ stellungen uns verursachten, waren sehr unbedeutend, denn die als Schau­spieler auftretenden Mitglieder und deren Söhne und Töchter erhielten für ihr Spiel auch nicht die mindeste Bezahlung, und eben so verhielt es sich auch mit den Musikern. Es war also blos die Herbeyschaffung der ErleuchtungsKosten und der ­Zinsen von dem zum Ankauf des Locals, zu dessen innerer Einrichtung, zu Decorationen und zur Garderobe erforderlichen Capitale nöthig, und diese ­Kosten und Zinsen be­ trugen für jedes Mitglied vier bis fünf Groschen wöchentlich, wofür es ihm frey stand, an jedem Sonntage mit Frau und Kindern, an diesem unschuldigen Ver­ gnügen Theil zu nehmen. Das Capital selbst brachten die bemittelteren Bürger unter sich zusammen, und nun kauften wir, den in der Stralauer Vorstadt in der Lehmgasse sub Nro. 9. belegenen Garten nebst dem dazu gehörigen, von der Straße weit entfernten Hause, welches wir darauf zu unsern theatralischen Vorstellun­ gen, nachdem // uns von dem hiesigen Polizey-Directorio die Erlaubniß dazu an­ derweit unterm 4ten December 1801. bewilliget worden war, einrichten ließen. In diesem Locale versammeln wir uns nun seit der Zeit mit unsern Familien bloß in den Abendstunden einiger Wochentage zum freundschaftlichen Umgange, des Sonntags aber zu theatralischen Vorstellungen, zu welchen schlechter­dings kein Fremder gegen Bezahlung und nicht anders, als wenn ein Mitglied ihn einführt, zugelassen wird. Allergnädigster König und Herr! Ew Königliche Majestaet haben höchst selbst mittelst Cabinets-Resolution vom 24ten April dieses Jahres Dero landesväterliche Gesinnungen dem General-Directorio dahin zu eröfnen geruhet: wie Allerhöchst Dieselben weit davon entfernt wären, das unschuldige Vergnügen, welches gesittete Gesellschaften sich durch Aufführung so genannter Liebhaber-Schauspiele ja zuweilen machen, stöhren zu wollen. Demungeachtet hat das hiesige Polizey-Directorium in der urschriftlich

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Dokument 59

beyliegenden Resolution uns anbefohlen, allen ferneren theatralischen Vorstel­ lungen uns bey Strafe gänzlich zu enthalten, weil nach den feststehenden, von Ew. Königlichen Majestaet höchstselbst geschärften Grundsätzen gar keine stehe nd e Liebhaber-Theater geduldet werden sollen. Wir würden uns gewiß nicht erdreisten, irgend eine Vorstellung gegen diesen landesherrlichen Befehl zu // machen, vielmehr uns demselben, als gehorsame Unterthanen gern und willig unterwerfen, wenn unsere Gesellschaft wirklich eine stehend e Schauspieler-Gesellschaft wäre. Dieß ist aber der Fall nicht; vielmehr ist ihr Hauptzweck, wie wir schon oben allerunterthänigst angeführt haben, dahin gerichtet, nach vollbrachtem Tagewerke die Abendstunden theils unter freund­ schaftlichen belehrenden Gesprächen, theils unter musikalischen Vor­trägen zu­ zubringen und nur nebenher theatralische Vorstellungen unter sich selbst, und unter ihren Familien und Freunden ganz unentgeldlich zu geben. Weit entfernt, daß dergleichen Vorstellungen dem Kaufmann, dem Künstler, dem Handwerks-­ Meister – Gesellen, Lehrbursche und Dienstboten sind unter uns nicht – den Hang nach übermäßigen Zerstreuungen einflößen, und mit großen Kosten für sie verknüpft seyn sollten, entflammen sie vielmehr durch ihren belehrenden Inhalt den Trieb zur treuen Pflicht-Erfüllung und erwecken Ekel und Abscheu gegen jedes andere unanständige, frivole und kostspielige Vergnügen. Hierzu kommt noch, daß durch unsere theatralische Vorstellungen der Casse des National-The­ aters nicht der mindeste Abbruch geschiehet, da wir unter uns bloß des Sonntags spielen und an diesem Tage das National-Schauspielhaus jederzeit gedrängt voll ist. Endlich müssen wir noch allerunterthänigst anführen, daß das Polizey-Directorium uns unterm 4ten December 1801, wie die Beylage besaget, die Erlaubniß zu theatralischen Vorstellungen oh ne  //  a l l e E i ns chrän ku ng ertheilt hat. Hätte dasselbe uns damals nur ahnden lassen, daß diese Erlaubniß nicht von Dauer sey, so würden wir auch gewiß keine einzige auf die Dauer berechnete Ausgabe ge­ macht haben, folglich weder das Grundstück, das wir jetzt besitzen, gekauft, noch die inneren, in der That kostspieligen Einrichtungen desselben vorgenommen ha­ ben. Im Gegentheile h ­ aben wir stets geglaubt, und glauben es noch, daß ein so unschuldiges, mit so geringen Ausgaben verknüpftes, für Geist und Herz so nütz­ liches, und dabey keinem öffentlichen Theater Nachtheil bringendes Vergnügen, als unsere theatralischen Vorstellungen sind, der Landesobrigkeit ungleich wohl­ gefälliger seyn müsse, als die Harlekinaden, womit Puppenspieler und Seiltänzer, zum offenbaren Nachtheil der Casse des National-Theaters das Publikum zu er­ götzen suchen. Nur diese Gründe haben uns erdreisten können, Ew. Königlichen Majestaet die gegenwärtige Vorstellung zu Füßen zu legen, mit der allerunterthänigsten Bitte: nach den gerechten und wahrhaft landesväterlichen Gesinnungen, welche Aller­ höchst Dieselben in der an das General Directorium unterm 24ten April dieses

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Dokumente 59–60

­Jahres erlassenen Cabinets-Resolution im Allgemeinen zu äussern geruhet h ­ aben, auch unserer Gesellschaft ins besondere huldreichst zu erlauben, daß die Mitglie­ der derselben ja zuweilen nur des Sonntags, nach vorher geschehener Meldung bey dem Polizey-Directorio, mit jedes-//maliger Anzeige des aufzuführenden Stücks und mit Namhaftmachung der als Schauspieler auf­tretenden Mitglieder, theatralische Vorstellungen bloß unter sich und ihren ­Familien und Freunden, in ihrem eigenen Locale fernerhin wie bisher unentgeldlich ­geben dürfen. Von einem weisen, guten und gerechten Landesherrn, dessen Willen es ist, daß seine getreuen Unterthanen nach vollbrachtem Tagewerke, seinem schönen Bey­ spiele gemäß, im Kreise ihrer Familien sich auf eine anständige Art des Lebens freuen sollen; von einem solchen innigst geliebten und verehrten Landesherrn getrösten wir uns der gnädigsten Erhörung unsers allerunterthänigsten Gesuchs, und ersterben in tiefster Ehrfurcht Ew. Königlichen Majestaet Allerunterthänigste Die Vorsteher der Erholungs-Gesellschaft zur Harmonie. in der Lehmgasse Nr. 9 Berlin / den 31ten May 1803. Domack Otto  Spatzier Babe Werner Bürger und Eigenthümer hieselbst. 60. Iffland an Adelbert von Chamisso. Berlin, 29. Juli 1803 (H: SBB PK, Signatur: Nachlass Chamisso, Kasten N 28, A. W. Iffland) Monsieur ! J’ai reçü le Manüscript de Faust, je l’ai lü, et je rend jüstice au Talent de l’auteur. Mais comme dés obstacles d’importance defendent de faire paroitre l’histoire de Faust sur le theatre, je dois remettre le Manüscript entre Vos mains, avec bien dés remerciments. Cè sont lés mémes raisons, trop longues a les alleguér ici, qui m’ont obligé de ne pas donnér le Faust dü célebre Goethe, et le méme poéme de Mr. Benkowitz. Avec le sentiment d’éstime dü au merite Monsieur Votre trés humble et trés obeis sant Serviteur Iffland Berlin / ce 29 Juillet 1803

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Dokument 61



61. Gehaltstabelle für die Jahre 1790/91 bis 1804/05 (H: GStA PK, Signatur: HA I, Rep. 36, Nr. 2415, Bl. 114–120)

Namen der ­Personen

Jahr des Gage pro Dienst­ 1790/01 Antritts rthl. g.

1791/92 rthl. g.

1792/93 rthl. g.

1793/94 rthl. g.

1794/95 rthl. g.

1795/96 rthl. g.

 1 Der Schauspieler Fleck

1783

1300 Benefiz

1300 Benefiz

1300 Benefiz

1300 Benefiz

 2 Die Schauspielerin Döbbelin Nota. Hat noch jähr­ lich 600 rthl Pension.

1775

832

832

832

832 u. Benefiz

 3 Schauspielerin Engst

1789

832 u. 100 r Grat

832

832

ist abge­ gangen

 4 Der Schau­spieler ­Unzelmann und des­ sen Frau ­separirten sich de 1795 u erhielt

1788

1560 Benefiz

1560 Benefiz

1664 Benefiz

1664

 4 Der Schauspieler ­Unzelmann

1788

832 Benefiz

 4 Die Schauspielerin Unzelmann

1788

832 Benefiz

 5 Die Sängerin ­Müller

1789

832

1040 Benefiz

1040

1040

1040 Benefiz

1040 Benefiz

 6 Die Schauspielerin Baranius

1782

624 Benefiz

728 Benefiz

832 Benefiz

832 Benefiz

832 Benefiz

936 Benefiz

 7 Die Sängerin Böhm wurde von 1796 an in Ruhe gesetzt

1787

728

728

728

728

728

728 Benefiz

 8 Der Schauspieler ­Böheim und Frau

1789

832

832 u. Benefiz

832

832

832 u. Benefiz

832

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1300 1300 Benefiz Benefiz 100 r. Grat 832

832

1664 Benefiz

Dokument 61

1796/97 rthl. g.

1797/98 rthl. g.

1798/99 rthl. g.

1300 1300 1300 Benefiz Benefiz Benefiz 100 r. Gr. 100 r. Gr. 100 r. Gr. 832 u. Benefiz

832

832

1799/ 1800 rthl. g.

1800/01 rthl. g.

1801/02 rthl. g.

1802/03 rthl. g.

1300 Benefiz

1560 Benefiz

1560 Benefiz 300 r. Grat.

gestorben

832 u. Benefiz

832

832

1803/04 rthl. g.

1804/05 rthl. g.

832 100 r. Grat.

832

832

1040 Benefiz

1040 Benefiz u. 100 r. Gr.

1040 Benefiz

1040 Benefiz.

1222 1222 1430 Benefiz 208 Zulage Benefiz 100 r. Gr Benefiz 100 r. Grat

1560 Benefiz

1560 Benefiz

1560 Benefiz

936 936 936 936 936 Benefiz Benefiz Benefiz Benefiz Benefiz 100 r. Gr. 130 r. Gr. 100 r. Gr. 130 r. Gr. 104 r. Gr. 936 Benefiz

1222 Benefiz

1222 Benefiz

1040 Benefiz

1040 Benefiz

1040

1040

1040

ist abge­ gangen

520

520

520

ist abge­ gangen

936 u. Benefiz

936

936 u. 100 r. Gr.

936 Benefiz

1040 ­Benefiz

1040

1040

1040

1040

936

936

936

936

936

237

Dokument 61

Namen der ­Personen

Jahr des Gage pro Dienst­ 1790/01 Antritts rthl. g.

1791/92 rthl. g.

1792/93 rthl. g.

1793/94 rthl. g.

1794/95 rthl. g.

1795/96 rthl. g.

 9 Der Schauspieler ­Bötticher und Frau

1787

832 sind abge­ u. 100 r. gangen Grat.

10 Der Schauspieler Herd und Frau

1786

988

988

988 Benefiz

988

988

1092 Benefiz

11 Der Schauspieler Greibe und Frau

1786

780

780

832

832

832 Benefiz

832

12 Die Schauspielerin Brückner

1787

364

13 Der Schauspieler Mattausch

1789

728

14 Der Schauspieler Czechtizky

1787

15 Der Schauspieler ­Arnoldi

Enthielt ihr Gehalt als Pension vidi daselbst 728

832

832 u Benefiz

832

832 Benefiz 150 r Gr.

832

832

832

832

832 Benefiz

ist abge­ gangen

1790

572

572

ist abge­ gangen

16 Der Schauspieler Reinwald

1775

624

624 Benefiz

624

624

624

728 Benefiz

17 Der Schauspieler Lippert

1790

1196 Benefiz

1196 Benefiz

1196 Benefiz

1196 Benefiz

1196 Benefiz

1196

18 Der Sänger Benda

1788

572

572

ist abge­ gangen

19 Der Schauspieler ­Kaselitz

1787

832

832

832

832 u 60 r Gr.

832 u ­Benefiz

832 ­Benefiz

20 Der Schauspieler ­Amberg

1787

416

416

ist abge­ gangen

21 Der Schauspieler Zimmerle ist de 1796. an in Ruhe gesetzt.

1787

416

416

416

416

416

416

22 Der Schauspieler Rüthling

1781

100 r Gr.

312 312 312 312 312 416 u 50 r Gr. u 30 r Gr. u 80 r Gr. u 55 r Gr. u 55 r Gr. u 55 r Gr.

238

Dokument 61

1796/97 rthl. g.

1797/98 rthl. g.

1798/99 rthl. g.

1196 Benefiz

1196 100 r. Gr.

1196 Benefiz

832 Benefiz

832 300 r. Entsch.

936 Benefiz

1799/ 1800 rthl. g.

1800/01 rthl. g.

1801/02 rthl. g.

1802/03 rthl. g.

1803/04 rthl. g.

1804/05 rthl. g.

1196

1196 50 r. Entsch.

1196 150 r. Grat.

1196 Benefiz

1196

1300

832

832 75 r. Grat.

832

832

832

832

832

936 150 r Gr.

1040 Benefiz

1040 100 r Gr.

1040 Benefiz

1040

1144 100 r Grat.

1144

1248

728

728

728 100 r. Gr.

728

728

728

728 50 r. Grat.

728

728

1196 Benefiz

ist abge­ gangen

832 ­Benefiz

936 ­Benefiz

936 Benefiz

936 Benefiz

936 200 r. Entsch.

936 200 r. Grat.

936 Benefiz

936

936

312

312

312

ist abge­ gangen

416.

416.

416

416

416 416 416 416 416 u 55 r Gr. u 55 r Gr. u 75 r. Gr. u 75 r. Gr. u 55 r Gr.

239

Dokument 61

Namen der ­Personen

Jahr des Gage pro Dienst­ 1790/01 Antritts rthl. g.

1791/92 rthl. g.

1792/93 rthl. g.

1793/94 rthl. g.

1794/95 rthl. g.

1795/96 rthl. g.

312

312

312

23 Der Schauspieler Carl Benda

1789

312

312

312

24 Der Schauspieler Weisschuh

1787

130

130

ist abge­ gangen

25 Der Schauspieler Labes und Frau

1787

300

26 Schauspielerin ­Altfilist

1787

104

156

260

260

312

312

27 Sängerin Lippert geb. Werner

1787

104



260

260

416

416

28 Schauspieler Lanz jun.

1790

104

104

104

ist abge­ gangen

29 Für eine vacante ­Soubrette

1790

572

cessat

30 Sänger Brandel

1791



624

ist abge­ gangen

31 Sänger Leidel dirigirt die Chöre

1791

312

312

312

312

312

32 Schauspielerin ­Wiegensdorff

1791

130

260

260

ist abge­ gangen

33 Schauspielerin Zeitzel

1791

130

260

260

ist abge­ gangen

34 Schauspieler Garly

1792

728

728

ist abge­ gangen

35 Sänger Ambrosch

1792

936 Benefiz

936

936 Benefiz

936 Benefiz

36 Sänger Franz

1792

416

416

416

416 Benefiz

37 Schauspieler Berger

1792

416

416

416

416 Benefiz

haben dies Gehalt als Pension erhalten vidi.    

936

240

Dokument 61

1796/97 rthl. g.

1797/98 rthl. g.

1798/99 rthl. g.

1799/ 1800 rthl. g.

1800/01 rthl. g.

1801/02 rthl. g.

1802/03 rthl. g.

1803/04 rthl. g.

1804/05 rthl. g.

312

416

416

416

416

416

416 20 r. Grat.

416

416

416

416

416

416

416

416

daselbst 312 400 r. Entsch.

ist abge­ gangen

ist abge­ gangen

312

416

416

1040 Benefiz

1040 Benefiz

1040

416

520

624 Benefiz und 50 r. Grat.

728

728

728 200 r. Grat.

728 u. Benefiz

728

832

624

624

624

624

624

624

624

624

624

1150, 12 g 1150, 12 g 1150, 12 g 1150, 12 g 1150, 12 g 1150, 12 g u. 100 r u. Benefiz 75 r. Grat. Gr.

241

Dokument 61

Namen der ­Personen

Jahr des Gage pro Dienst­ 1790/01 Antritts rthl. g.

1791/92 rthl. g.

1792/93 rthl. g.

1793/94 rthl. g.

1794/95 rthl. g.

1795/96 rthl. g.

38 Schauspielerin Fleck geb. Mühl

1792

104

260

416

416

39 Schauspieler Fuchs

1792

130

130

130

ist abge­ gangen

40 Schauspieler Ritzefeld

1792

130

130

182

182

41 Schauspieler Becker

1792

130

130

130

ist abge­ gangen

42 Schauspieler ­Gollmick

1792

104

104

130

ist abge­ gangen

43 Schauspieler ­Bessel 1792 und Frau waren ­zuerst im Ballet Corps

312

312

312

312

44 Schauspieler Schwab desgleichen

1792

260

260

ist abge­ gangen

45 Schauspieler Leist desgleich jetzt auch Castellan

1792

156

156

156

46 Schauspielerin ­Wegeleben

1792

156

156

ist abge­ gangen

47 Schauspielerin Girard

1792

156

156

ist gestor­ ben

48 Schauspielerin ­Böheim

1793

104

104

104

49 Schauspieler ­Bethmann

1794

416



50 Sänger Bianchi

1794

51 Sängerin Koenig

1794

156

ist abge­ 936 u. Benefiz gangen 260

242

des­ gleichen

Dokument 61

1796/97 rthl. g.

1797/98 rthl. g.

1798/99 rthl. g.

416 u. Benefiz

650

754 u. 100 r. Grat.

260

ist abge­ gangen

312 Benefiz

494

156

1799/ 1800 rthl. g.

1800/01 rthl. g.

1801/02 rthl. g.

1802/03 rthl. g.

1803/04 rthl. g.

1804/05 rthl. g.

754 u. Benefiz

936

936 200 r. Grat.

1144 Benefiz

1144

1144

494

494

494

494

494

494

494

156

156

156

156

156

156

156

156

104

104 u. 25 r. Grat.

104

104

104

208

312

312

312

416 77 r. Gr.

416 74 r. Gr.

520 50 r. Gr.

520 100 r. Grat

624 175 r. Grat

624 Benefiz

624 100 r. Grat

750

750

243

Dokument 61

Namen der ­Personen

Jahr des Gage pro Dienst­ 1790/01 Antritts rthl. g.

1791/92 rthl. g.

1792/93 rthl. g.

1793/94 rthl. g.

1794/95 rthl. g.

1795/96 rthl. g.

26

26

52 Schauspieler ­Holzbecher

1794

53 Sängerin Schick

1795

1200 Benefiz

54 Schauspieler ­Schwadke und Frau

1795

600

55 Sänger Elmenreich

1795

936

56 Schauspieler Bessel Junior

1795

130

57 Schauspieler Beschort und Frau

1796

58 Schauspieler Labes

1796

59 Schauspieler Rose

1796

60 Schauspielerin ­Eigensatz

1796

61 Sängerin Eunicke geb. Schwachhöfer

1796

62 Sänger Hübsch

1797

– 50 r. Grat.

244

Dokument 61

1796/97 rthl. g.

1797/98 rthl. g.

1798/99 rthl. g.

26

26 u. 24 r. Grat.

26 u. 25 r. Grat

1200 Benefiz

1200 Benefiz

728 Benefiz

728 60 r. Ent.

936 Benefiz

ist abge­ gangen

130

1799/ 1800 rthl. g.

1800/01 rthl. g.

1801/02 rthl. g.

1802/03 rthl. g.

1803/04 rthl. g.

1804/05 rthl. g.

26

26 u. 78 r. Grat

104

104 50 r. Grat.

104

312

1200 Benefiz

1200 Benefiz

1200 Benefiz

1200 Benefiz

1200 Benefiz

1200 Benefiz

1200 Benefiz

910

910 Benefiz

910

1014

1014 200 r. Grat.

1014

1014

182

182

182 u. 50 r. Grat.

182

182

182 40 r. Grat.

182

390

1144 Benefiz

1144 50 r. Grat.

1456 Benefiz

1456

1456

1456 Benefiz 100 r. Grat.

1456

1456

1456

416 u. 50 r. Grat.

520 u. 75 r. Grat.

520 u. 100 r. Grat.

520 u. 50 r. Grat.

520 u. 125 r. Grat.

624

624 200 r. Grat.

624

624

130

ist abge­ gangen

156 25 r. Gr.

208

416 u. 84 r. Grat.

416 u. 80 r. Grat.

520 u. 100 r. Grat.

520 Benefiz u. 180 r. Grat

600

600

ist abge­ gangen

936

936

936

936 u. Benefiz

936

1040 Benefiz mit dem Manne

1040

1144

1000

1000 u. 50 r. Grat.

ist abge­ gangen

245

Dokument 61

Namen der ­Personen

Jahr des Gage pro Dienst­ 1790/01 Antritts rthl. g.

1791/92 rthl. g.

1792/93 rthl. g.

1793/94 rthl. g.

1794/95 rthl. g.

1795/96 rthl. g.

63 Sänger Eunicke

1796

64 Schauspielerin Meyer gew. E­unicke

1796

65 Schauspieler Lattig

1796

66 Schauspielerin Hamel

1795

50 r. Grat.

67 Schauspielerin Lanz geb. Hamel

1795

50 r. Grat.

68 Schauspieler Lemke

1798

69 Sänger Rau

1798

70 Sänger Fontano

1799

71 Schauspielerin Bessel

1794

72 Schauspielerin Mebus

1798

73 Sänger Weitzmann

1799

74 Sänger Gern

1801

Summa des Etats

246

Dokument 61

1796/97 rthl. g.



1797/98 rthl. g.

1798/99 rthl. g.

1799/ 1800 rthl. g.

1800/01 rthl. g.

1801/02 rthl. g.

1802/03 rthl. g.

1803/04 rthl. g.

1804/05 rthl. g.

936 u. 100 r. Grat.

936 u. 100 r. Grat

936 u. 100 r. Grat

936 u. 100 r. Grat

936 u. 200 r. Grat

1040 Benefiz mit der Frau

1040

1144

936 u. 50 r. Grat.

936 u. 100 r. Grat.

936

936 Benefiz

1040

1040 100 r. Grat.

1040

abge­ gangen

182

182

182

182

182

182

182

182

156

208

208

208

ist abge­ gangen

156

260

260

260

260

260 40 r. Grat.

260

260

130

130

182

182 80 r. Grat

182

286

1001

1001

1001 ist abgegan­ gen

156

ist abge­ gangen

104

104

104 u. 40 r. Grat.

104

104 u. 104 r. Zulage

208

312 40 r. Grat. 30 r. dito

312

312

312

nicht etat­ mäßig

1200

1200

1200

1500

1500

156 ist abge­ 50 r. Grat. gangen 312

416

502, 16 g 606, 16 g 1200

aus vacantem Gehalt des Fleck cessiren

247

Dokument 61

Namen der ­Personen

Jahr des Gage pro Dienst­ 1790/01 Antritts rthl. g.

75 Schauspieler Wunder

1802

76 Schauspieler ­Rebenstein

1803

77 Schauspieler ­Reinhardt und Frau

1803

78 Schauspieler Lemm

1804

79 Schauspielerin Maas

1804

80 Schauspielerin Weber

1803

Latus et Summa

18630.

1791/92 rthl. g.

1792/93 rthl. g.

1793/94 rthl. g.

1794/95 rthl. g.

1795/96 rthl. g.

18954

20,826

20,150

20,410.

20,858

248

Dokument 61

1796/97 rthl. g.

1797/98 rthl. g.

1798/99 rthl. g.

1799/ 1800 rthl. g.

1800/01 rthl. g.

1801/02 rthl. g.

1802/03 rthl. g.

1803/04 rthl. g.

78

abge­ gangen 78

1804/05 rthl. g.

78 1404 364 624

156 23,534.

25.288

26.692

156

26.439, 12 27.245, 12 29.199, 12 29.266, 12 29.583, 4 30.023,4

249

Dokument 62

62. Iffland an das Departement der Finanzen. Berlin, 16. Mai 1804 (H: GStA PK, Signatur: HA I, Rep. 36, Nr. 2415, Bl. 46–54; Schreiberhand, mit eigenhändiger Unterschrift) Aufsatz über den Cassen-Zustand des Königlichen National Theaters am Ende des Monats März 1804. und dessen Ursachen, nebst dahin gehörigen Belägen. Als Seine Königliche Majestät Berlin ein neues Schauspielhaus zu erbauen geruh­ ten, war zugleicher Zeit ein Quantum zur Dotirung und Dekorationen, Beleuch­ tungs Utensilien, Garderoben und Haushaltungs-Utensilien angewiesen, um eine bestimmte Anzahl Gegenstände dafür anzuschaffen. Die Direktion übersahe sogleich, daß die für das ausgesetzte Dotirungs Quan­ tum zu leistenden Sachen durchaus nicht hinreichend seyen, um t äg l iche Vor­ stellungen im neuen Schauspielhause zu geben und daß in allen Theilen der Verwaltung eine viel größere Anschaffung von Dekorations- Machinerie- Be­ leuchtungs- Garderoben und Haushaltungs-Gegenständen erforderlich sey. Sie konnte sich nicht verhehlen, daß eine Anschaffung von dem Umfange, wie die Mobilmachung eines neuen Schauspielhauses von dem Glanze und der Größe des hiesigen ist, auch bei den unerwartet größten Einnahmen, in eben dem kur­ zen Zeitraume bestritten werden könne, in welchem die Herbeischaffung der Ge­ genstände selbst zur Fortführung des Werkes geschehen müsse; daß also im Laufe der ersten 3 bis 4 Jahre im neuen Schauspielhause nicht nur kein Geldüberschuß möglich, vielmehr ein Plus in den Ausgaben gegen die Einnahmen seyn werde. Der von Seiner Königlichen Majestät zu vollziehende Ausgaben-Etat des Thea­ ters im neuen Schauspielhause konnte nicht diesem vorübergehenden Bedürf­ nisse gemäß angelegt werden, indem es augenscheinlich gewesen wäre, daß die Einnahme nicht die alsdann so bedeutend zu erhöhende Ausgabe decken würde; der Etat mußte vielmehr so, wie er gegenwärtig würklich ist, nur auf d ie Summe gestellt und angelegt werden, welche zur Erhaltung und Fortführung des Theaters, das bereits ganz und in allen Theilen vollendet und eingerichtet übergeben wird, unumgänglich erfordert werden. Die Deckung aller übrigen Ausgaben, welche die erste ur-//sprüngliche Mobil­ machung und Vervollständigung des neuen SchauspielHauses erfordern würde, mußte die Direktion dennoch, wenn des Königes Majestät nicht um unmittelbare Verleihung eines Capitals zu diesem Zwecke behelliget werden sollten, nur nach und nach in dem Zeitraum verschiedener Jahre, aus den Ueberschüssen der Ein­ nahme über die wirklichen notwendigen laufenden Etats Ausgaben, erwarten und zu erreichen streben. Jetzt da die Mobilmachung des Schauspielhauses fast ganz vollendet alle Haupt­ arbeiten, die zum Theil, wie bei der Glorie, Wassern und Brücken, über ein Jahr

250

Dokument 62

Zeit erfordert haben, geendigt und die Rechnungen eingegangen sind, kann die Direktion darthun, was zur vollständigen Mobilmachung des Schauspielhauses in allen Theilen bereits geschehen ist, und was noch etwa bevorsteht, ferner was von diesen Gegenständen gedeckt ist, oder noch für die Zukunft zu decken bleibt; sie kann zuletzt bemessen, wann die noch zur vollständigen Mobilmachung gehöri­ gen noch nicht angefertigten Gegenstände ebenfalls vollendet seyn und die voll­ ständige Abzahlung erfolgen wird und das Theater auf den eigentlichen Etat-Zu­ stand gebracht seyn wird. I. Was für die vollständige Mobilmachung des neuen Schauspiel-Hauses seit dessen Eröfnung an, bis zum 1ten April d. J. geschehen ist. Die Direktion hat diesem Aufsatze einen actenmäßigen Bericht, über die voll­ ständige mit dem Dekorateur Herrn Verona vorläufig abgehaltene Berechnung über sämtliche für das neue Schauspielhaus gemalte neue und alte Dekorationen beigefügt, welcher alle Dekorationen, die bis zum 1ten April d. J. geliefert sind, in Hinsicht des Malerpreises umfaßt. Ferner ist ein Extrakt aus den Rechnungen der Königlichen Haupttheater Casse beigelegt, welcher alles dasjenige enthält, was an Materiale und Arbeitslohn zur Anfertigung der Dekorationen // und Machinerie für das Schauspielhaus seit des­ sen Eröfnung bis zum 1ten April currentis verausgabt worden, so wie in diesem Extrakte alle diejenigen Gegenstände aufgeführt sind, welche zur vollständigen Einrichtung des Hauses, der Garderoben- und Anzieh-Zimmern, der Magazine, Treppen pp angeschaft wurden. Aus diesen Beilagen erhellet:

rtlr.

gr. d.

1. daß die Maler Rechnung des Herrn Verona für 54 neue auf Rechnung der Theater Casse für das neue Schauspielhaus, von dessen Eröfnung am 1ten Januar 1802 an bis zum 1ten April currentis gelieferte Dekorationen beträgt nach pag. 8.

12,955

21

9  ⁹/₁₁





2. Für Aufmalung, Vergrößerung, Einrichtung und Hinzufügung neuer Gemähldestücke für 29 Dekorationen, welche aus dem alten Schauspiel­hause in das neue übertragen und aptirt wurden, erhält Herr Verona nach pag. 8   3 960

251

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3. Das zu vorstehenden 54 neuen und 29 vergrößerten alten Dekorationen, so wie für die vollständige Mobilmachung der Bühne und der Machinerie erforderliche Materiale und Arbeitslohn beträgt: für das Etats Jahr 1801/2 nach pag. 48   7 479   8   6 für das Etats Jahr 1802/3 nach pag. 66   9 617 17   5 für die 8 Monate vom 1ten August 1803 bis 1ten April 1804 nach pag 76   9 836   2   5 26,933   4   4

also in Summa

4. Zur vollständigen Einrichtung und Mobilmachung des Hauses, der Garderoben, Anziehzimmer, Logen, Treppen, Gänge, Magazine, Verschläge und HaushaltungsUtensilien pp ist angeschaft: im Etats Jahr 1801/2 nach pag. 56 für   4 323 21   9 im Etats Jahr 1802/3 nach pag. 70 für   2 124   8   – in den 8 Monaten vom 1ten August 1803 bis 1ten April 1804 nach pag 76 für   387 19   – also in Summa für   6 836   –   9 50,685   2

Summa totalis

// Aus der Summe umstehender 50,685 rtlr. 2 g 10  ⁹/₁₁ d gehören die sub No. 2. aufgeführten 3960 rtlr. aus der Veronaschen Maler Rechnung für vergrößerte alte Dekorationen zur ersten ursprünglichen Einrichtung des neuen Schauspielhauses, indem diese als ein Besitzstand, den die Theater Casse schon einmal erworben hatte, nun zum zweitenmale deshalb eine Ausgabe veranlassen, weil sie für ein neues Schauspielhaus haben eingerichtet werden müssen und sie zu alten Vorstellungen gehören, für welche in dieser Art keine Ausgaben in einem bereits im Gange seyenden Theater mehr vorfallen können.   3 960 Die Vergrößerung einer Dekoration des alten Schauspielhauses für das neue, so wie deren vollständige Ergänzung mit neuen Stücken und Praktikabelmachung, kann in Ansehung des Materiale und Arbeitslohns auf ein Drittheil

252

10  ⁹/₁₁

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dessen angenommen werden, was eine durchaus neue Dekoration erfordert. Von der Hauptsumme der 26,933 rtlr 4 g. 4 d. welche für Materiale und Arbeitslohn für sämmtliche Dekorationen verausgabt sind, kommt dennoch auf die 29 alten Dekorationen   4 089   7

11

Die 54 durchaus neuen Dekorationen, welche 12,955 rtlr 21 g. 9  ⁹/₁₁ d. an Malerey, und 22,843 rtlr 20 g. 5 d. an Materiale, Machinerie und Arbeitslohn gekostet haben, müssen, um das Quantum auszumitteln, was dann zur ersten Dotirung des Schauspielhauses gehört, aus dem Gesichtspunkte betrachtet werden, was, wenn diese vollständige Einrichtung des Theaters bei Eröfnung des neuen Schauspielhauses vorhanden gewesen wäre, an neuen Dekorationen bis zum 1ten April d. J. nöthig gewesen seyn würde. Hier ergiebt die Erfahrung und Berechnung, daß die Direktion in 2 Jahren und 8 Monaten statt 54 neuen Dekorationen nur 16 Dekorationen neu anfertigen zu lassen nöthig gehabt haben würde. Alles also, was an Malerey-Materiale und // ArbeitsKosten nun benannter Summen auf die mehr angeschaften 38 Dekorationen fällt, gehört zur ersten Mobilmachung des Theaters. Dies beträgt in gegenwärtigem Kostenfalle nun 35,799 rtlr 18 g. 2  ⁹/₁₁ d. welches sämtliche neue 54 Dekorationen erfordert haben, auf 38 Dekorationen für Malerey und MaterialKosten. 25,192 10   2 Die Kosten der 16 neuen eigentlichen etatsmäßigen Dekorationen in 2 Jahren und 8 Monaten würden der Theater Casse nur 10,607 rtlr 8 gr. zu stehen gekommen seyn. Zuletzt gehören zur ersten Einrichtung des Schauspielhauses die Summen, welche sub No. 4 dieses Aufsatzes für die vollständige Mobilmachung des Hauses, den Garderoben-Zimmern, Treppen pp aus den beiliegenden Rechnungs Extrakten ermittelt sind und welche betragen   6 836   –   9

253

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Die ganze erste Einrichtung und Mobilmachung des neuen Schauspielhauses in Ansicht der Dekorationen, Machinerie und der Haushaltung beträgt demnach in Summa bis zum 1ten April 1804 40,077

18

10

II. Was ist auf diese Summe der 40077 rtlr 18 g. 10 d. seit der Existenz des neuen Schauspielhauses bis zum 1ten April currentis aus den Ueberschüssen der Einnah­ men über die laufenden Etats Ausgaben von der Haupt Theater Casse gedeckt, und was stehet noch zu decken aus? Die Größe der Summe, welche die erste Einrichtung des neuen Schauspiel­ hauses gekostet hat, ergiebt es, daß es unmöglich ist, daß diese Summe in e­ inem Zeitraume von 2 Jahren und 3 Monaten seit Eröfnung des Schauspielhauses aus den Ueberschüssen der Einnahmen ganz hätte bezahlt werden können. Die König­lichen Beitrags Gelder betragen für diesen Zeitraum nur 12,150 rtlr. Die ­Tages Einnahmen waren zwar sehr viel höher als im alten Schauspielhause, aber das // neue größere Schauspielhaus machte auch sogleich in allen Ausgaben Titeln eine außerordentliche Erhöhung des Etats nothwendig; so daß dadurch Einnahme und Ausgabe immer wieder sich balanciren mußte. Es mußte ferner in mehrern Ausgaben Titeln, besonders aber in Anschaffung und Vermehrung der Anzüge und Costüme eine weit über die dafür ausgesetz­ ten Etats Summen hinausgehende Ausgabe veranlaßt werden, indem nicht nur mit jedem neuen Stücke, sondern auch mit jedem alten Stücke welches auf die Bühne gebracht wurde, eine bedeutende Anzahl neuer Anzüge angefertigt wer­ den mußten; denn die größere Bühne machte ebenfalls auch eine Vermehrung des Choristen- Statisten- Comparsen- und Schauspieler-Personale nöthig, für welche aber, besonders in ganzen Costümen, keine Anzüge in der Garderobe vorhanden seyn konnten, indem der Garderobe-Bestand im alten SchauspielHause nur auf eine solche Zahl von Choristen pp vorhanden war, als damals in jeder Vorstellung gebraucht wurden. Daher erklärt sich auch die große Ueberschreitung der wirk­ lichen Ausgaben für die Garderobe im neuen Hause über die dafür im Etat aus­ geworfene Summe. Es hätte daher eigentlich aus diesem Titulo ebenfalls eine Ab­ sonderung dessen angelegt werden können, was die erste Einrichtung des neuen Schauspielhauses hierin erfordert hat; und das eine sehr große Summe ausmachen muß. Die Direktion kann aber glauben, daß sie bei der hier nachgewiesenen gro­ ßen Summe für die Einrichtung des Theaters und Hauses, die ersten Einrichtungs­ kosten der Kleider beseitigen könne. Wollte man aber annehmen, daß die Direktion diese große Ausgaben im neuen Schauspielhause für die erste Anschaffung habe gänzlich umgehen, oder nur erst

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nach und nach aus den wirklichen Ueberschüssen hätte bestreiten sollen; // so würden die Vorstellungen im neuen Schauspielhause schlechter ausgefallen seyn, als sie im alten Hause ausfielen, und statt einer so bedeutend höhern Einnahme, als im neuen Hause gegen das alte wirklich gemacht worden ist, würden die Ein­ nahmen geringer als im alten ausgefallen seyn. Denn das prachtvollste neue Schauspielhaus kann höchstens die ersten zwei Monate nach seiner Eröfnung an und für sich selbst durch den Reiz der Neuheit größere Einnahmen bewürken; ist diese erste Neugierde des Publikums aber befriedigt; so kann nur durch die ­größere, glanzvollere und bessere Execution der Vorstellungen der größere Be­ such des Publi­kums und eine größere Einnahme bewirkt werden. Die Direktion hat diese Bemerkung mehr wie einmal im neuen Hause bestätigt gefunden, indem einige Stücke und Opern welche im alten Hause sehr viel Ein­ nahme brachten, im neuen Hause keine Wiederholungen zu ließen, indem, da sie nicht mit besonderm Glanze gegeben wurden, ihr Reiz verschwunden war, z. B. bei Axur. Das System der Ausgabe Beschränkung wird daher, sobald die Ausführung der Vorstellungen dabei leidet, immer einen sehr nachtheiligen Einfluß auf die Ein­ nahme mit sich führen; und ist gewiß eine Verrechnung der Direktion, welche auf diesem Wege Ueberschüsse zu gewinnen vermeint. Die ersten Direktionen des Königlichen National Theaters konnten bei einem Ausgaben Etat von 40,000 rtlr jährlich bei viel höhern Königlichen Beiträgen keine Ueberschüsse bewirken, ja kaum bestehen; da gegenwärtig ein Etat, der fast dreimal so hoch ist, besteht; und wann keine Geldüberschüsse gewonnen werden sollten; so gewinnt der Besitzstand des Theaters an Sachen gegenwärtig in Einem Jahre mehr, als ehedem in 8 bis 10 Jahren; das Publikum aber hat den großen Vor­ theil, daß es für denselben Entreé Preis, der vor // 30 Jahren stattfand, ein Schau­ spiel besitzt, das das erste in Deutschland ist und den ersten Bühnen Europas an die Seite gestellt werden kann. Nach diesen Bemerkungen geht sie über, um nachzuweisen, was unter diesen Umständen bis zum 1ten April d. J. seit Eröfnung des neuen Hauses auf die erste Einrichtungs Kosten Summe der 40,077 rtlr 18 g. 10 d. bezahlet ist, und was noch ausstehet. Am Schlusse des Monats März d. J. wurde ein vollständiger Abschluß der König­lichen Haupt Theater Casse angefertigt. Es ergab sich daraus:

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rtlr

1. Daß die Cassen Ausgabe für die Schauspiele die Schauspiel Einnahme am 1ten April currentis überstieg mit  8 116 2. Daß der Dekorateur Verona nach einer mit demselben vorläufig geschehenen Berechnung über sämmtliche für das neue Schauspielhaus seit dessen Existenz bis zum 1ten April currentis gelieferte Dekorations Malereyen, welche in Summa 16,915 r 21 g. 9  ⁹/₁₁ d. beträgt und worauf derselbe (nach pag. 9. der Beilage) an abschläglichen Zahlungen 6085 rthlr erhalten hat, 10,830 noch zu fordern habe Summa der mehrern Ausgaben und noch zu leistenden Zahlungen

18,947

gr. d

21  2

21   9  ⁹/₁₁ 18

11  ⁹/₁₁

Die Theater Casse hat also auf die Mobilmachungs Summe gezahlt 21,129 23 10 Nach dem EtatsJahre 1801 a 1802. sind ferner an baaren GeldUeberschüssen belegt worden in num. rotund.  3 000  –  – Nach dem EtatsJahre 180  ⅔ sind ebenfalls belegt worden  2 000  –  – Es sind also eigentlich auf die ganze Mobilmachung aus der Theater Cassen-Einnahme, wenn diese 5000 rtlr Geldüberschüsse als nicht gemacht angenommen werden bezahlt worden 26,129 23 10 In dem Falle, wo diese in den beiden EtatsJahren 180  ⅓ be-//legten 5000 rtlr Geld­ überschüsse nicht als Capital Fond, sondern zur Deckung der Mobilmachungs Kosten des Schauspielhauses als zu verwenden angenommen werden, hätte die Theater Casse am 1ten April d. J. noch eine Belastung an Vorschüssen und zu saldi­ renden Rechnungen von 13,947 r 18 g. 11  ⁹/₁₁ d. Weitere Rechnungen für bereits geschehene MaterialLieferungen oder Arbei­ ten standen am Ende März durchaus nicht aus, und die Direktion glaubt, gestüzt auf diese Nachweisungen, mit Grunde sagen zu können, daß sie außer der Erhal­ tung des Etats und der Fortführung des Theaters in den 2 Jahren und 3 Monaten seit Eröfnung des neuen Schauspielhauses bis 1ten April d. J. ein Capital von = 26,129 rtlr 23 g. 10  ²/₁₁ d.

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aus den Ueberschüssen der Einnahme über die Etats Ausgaben, so sehr letztere demohngeachtet noch die Etats Titel überschreiten, bewirkt haben. Dieses Capi­ tel ist zwar nicht nur nicht in baaren Gelde vorhanden, sondern die Casse ist noch mit einem zu leistenden Saldo von 13,947 r 18 g. 11  ⁹/₁₁ d. belastet. Es würde aber anzunehmen seyn, daß dieses schon gewonnene Capital der 26,129 rthlr 23  g. 10 ²/₁₁ d. nicht nur als baare Geldüberschüsse wirklich in Cassa seyn würde, son­ ­ eckung dern daß auch die 13,947 r 18 g. 11 ⁹/₁₁ d. nicht für die Zukunft noch zur D ausständen, wenn am 1ten Januar 1802. das Schauspielhaus als ganz vollendet und eingerichtet der Direktion übergeben worden, oder aus dem Bau-Fond des neuen Schauspielhauses ein Capital von = 40,077 rtlr 18 g. 10 d. für die noch ausstehende Mobilmachung des Hauses angewiesen worden wären. // III. Was stehet noch zur vollständigen Mobilmachung des Schauspielhauses an Aus­ gaben bevor und wann kann nach Erfahrung und Berechnung angenommen wer­ den, daß die künftigen Mobilmachungs Kosten, so wie obiger noch ausstehender Saldo von 13,947 rthlr 18 g. 11⁹/₁₁ gedeckt seyn werde? – Die vollständige Mobilmachung des Schauspielhauses, besonders in Betref der Dekorationen und der Machinerie ist nicht eher als vollendet anzunehmen, bis alle die Schauspiel und Opern-Vorstellungen, welche im alten Schauspiel Hause gegeben worden sind, und für welche die nöthigen Dekorationen daselbst vor­ handen waren, im neuen Schauspielhause aufgeführt und die erforderlichen De­ korationen und Machinerie Gegenstände zu diesen Stücken herbeigeschaft seyn werden. Es sind dieses folgende Dekorationen und Vorstellungen: 1. 2 Dekorationen zu Johanna von Montfaucon 2. 1 zu Raoul Crequi ” 3. 1 zu Ritter Roland ” 4. 1 zu Elise ” zu Marie von Montalban 5. 2 ” Gallerie Dekoration zu verschiedenem Gebrauch. 6. 1 ” Summa 7 Dekorationen nebst verschiedenen Freistücken zu Richard Löwen­ herz und den Wilden. Diese Vorstellungen können wegen ihres innern Werthes und wegen den von ihnen zu fassenden Einnahmen nicht vom Repertoir verschwinden. Benannte 7 Dekorationen sind bis jetzt noch so vorhanden, wie sie für das alte Schauspiel­ haus brauchbar waren.

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Die Kosten der Vergrößerung Hinzufügung neuer Setzstücke und Coulissen und ihre ganze Einrichtung für das neue Schauspielhaus würden //

für 7 Dekorationen an Materiale und ­Arbeitslohn ­betragen Für die praktikabeln Wege und Gänge in Johanna von Montfaucon und Elise würden zu ­veranschlagen seyn Für die Vervollständigung der Dekorationen in Richard Löwenherz und Wilden Der Malerpreis für 7 Dekorationen des alten Schauspielhauses beträgt a 130 rtlr pro ­Dekoration Die künftigen Mobilmachungskosten betragen in Summa Das noch zu deckende Saldo für geschehene ­Mobilmachung betrug Summa

 rtlr

 g

 d

 987

 2

 –

 300

 –

 –

 100

 –

 –

 910

 –

 –

  2 297

 2

13,947

18

16,244

20

 – 11⁹/₁₁ 11⁹/₁₁

Der Termin in welchem die künftigen MobilmachungsKosten werden gemacht worden seyn, ist mit Ende des künftigen EtatsJahres 180  ⁴/₅ ohnfehlbar anzuneh­ men, bis zu welchem Zeitpunkte alle hier benannte Vorstellungen, zu welchen diese Dekorationen gehören, auf der Bühne erschienen seyn müssen. Die Direktion muß also die Führung des Theaters vom 1ten April currentis an mit einer schon gemachten und noch zu machenden außergewöhnlichen nicht etatsmäßigen Last von = 16,244 rtlr 20 g. 11⁹/₁₁ d. antreten. Nunmehr, nachdem die ganze Last ausgemittelt ist, läßt sich einigermaßen mit Wahrscheinlichkeit bemessen, wann die Theater Casse aus den Einnahmen diese Last getilgt haben wird. Es muß vorausgesetzt werden, daß die Einnahmen für die Zukunft sich nicht bedeutend gegen die bisher im neuen Schauspielhause statt gefundenen verrin­ gern werden, welches, wenn nicht Krieg oder andere nicht vorherzusehende Un­ glücksfälle eintreten, mit Grund // zu hoffen steht. Es ist ferner erwiesen, daß diese große Ausgaben für die erste Mobilmachung des Schauspielhauses, welche durchaus von dem Aufwande, den die tägliche Fortführung des Theaters erfor­ dert, verschieden sind, nicht wiederkehren können, wenn die Mobilmachung erst wirklich vollendet ist.

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Man kann daher über die eventuelle Abzahlung obigen Capitals der 16,244 rtlr 20 g. 11⁹/₁₁ d. folgenden Satz als Basis annehmen, nemlich: Die Theater Casse hat in 2 Jahren und 3 Monaten, während der Existenz des neuen Schauspielhauses auf die Mobilmachungs Summe desselben aus den Ueber­schüssen der Einnahme über die etatmäßigen Ausgaben = 26,129 rtlr 23 g. 10   ²/₁₁ d. gewonnen; sie wird also den Rest von = 16,244 rtlr 20 g. 11⁹/₁₁ d. a dato in 19 bis 20 Monaten abgetragen haben, also spätestens am Ende des EtatsJahres 180 ⁵/₆ mit der Bestreitung aller Mobilmachungskosten fertig seyn und somit ein Capital von = 42,374 rtlr 20 g. 10 d. zu diesem Zwecke verwendet und aus den Einnahmen erübrigt haben. Bei dieser Berechnung sind die vorher bemerkten 5000 rtlr Geld Ueberschüsse, welche nach den Etats Jahren 180  ⅓ gemacht worden als Ausgabe mit verrechnet worden. Sollten diese einmal belegten Gelder als baarer Bestand verbleiben, so wächst das Passivum um 5000 rtlr an, und die gänzliche Tilgung würde sich dann bis in das EtatsJahr 180  6/7 verzögern. Es scheint noch einiger Bemerkungen bedürftig zu seyn, wie im neuen Schau­ spielhause in 2 Jahren eine anscheinende Plus Einnahme, oder baare Geld Ueber­ schüsse haben gewonnen werden können, da gegenwärtig 8 Monate später, ein sehr bedeutendes Passivum eintritt. Hierauf läßt sich aber folgendes erwidern: Die Maler Rechnung des Herrn Verona konnte, indem viele Dekorationen an­ gefangen, mehrere aber erst in diesen // Monaten, einige sogar erst in diesen Ta­ gen, in der Malerey vollendet werden und einige noch bis jetzt nicht vollendet sind, nicht früher als jetzt angelegt werden. Dieser Haupt-Ausgabe Artikel fehlte demnach in den ersten zwei Jahren als eine noch nicht beizubringende Rechnung. Sie beträgt aber allein über 16,915 rtlr und muß also in dem Augenblick ein Passivum bewirken, wo sie in die Ausgabe Rechnung der Haupt Theater Casse gelegt wird. Ferner hat der Zimmermeister Glatz zwei Rechnungen für Dekorations und Machinerie Arbeiten eingereicht, welche im Oktober vorigen Jahres und März d. J. in den Cassen Ausgaben aufgeführt stehen (confer. die Beilagen pag. 74.) und 2526 rtlr 3 g. 6 d. betragen. Diese Rechnungen enthalten Gegenstände, welche bereits mit der Eröfnung des neuen Schauspielhauses angefangen und in Arbeit gegeben worden sind, aber nicht eher als in diesem Etatsjahre zur Vollendung gelangt und demnach in Rech­ nung gestellt werden konnten. Dieselbe Bewandniß hat es mit einer Rechnung des Schlossers Schultz von 866 rtlr 2 g. (confer. die Beilage pag. 73.) Diese 3 Rechnungen des Verona, Glatz und Schlossers Schultz betragen in Summa 20,308 rtlr 3 g. 3 d. und machen, da sie

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auf das gegenwärtige Etats Jahr fallen, die Ursach des Passivi aus, welches eigent­ lich vor und mit der Eröfnung des neuen Schauspielhauses zum Theil schon vor­ handen war. IV. Da der ganze Zustand der Haupt Theater Casse in Hinsicht der SchauspielEin­ nahme und Ausgabe erörtert und, wie zu hoffen, gerechtfertigt wird, wie solcher am 1ten April d. J. sich vorgefunden hat; so darf die Direktion es nicht übergehen, auch den Zustand der Conzert-Saal Casse, deren Einnahme und Ausgabe unter einem besonderen Titul seit dem 1ten August 1803 geführt wird, darzulegen. Auch bei diesem Zweige der Theater Administration tritt der Fall ein, daß die Einnahmen aus Conzerten und Bällen noch bis jetzt nicht die ersten Anschaf­ fungskosten gedeckt haben. // Die Einrichtung des Theaters, Parterres und des eigentlichen Conzert Lokales zu einem ­großen Redouten-­Saale, um darin Ball en masque und ­Redouten für ein großes Publikum geben zu ­können, hat nach der Beilage pag. 84. gekostet

3349 rtlr

10 g.

1 d.

Ferner erhält Herr Verona für die Malerey des ­Redouten Saals eine Summe von

  500 rtlr





                 Summa

3849 rtlr

10 g.

1 d.

Auf diese Summe hat die Conzertsaal Casse noch einen Vorschuß von 2078 rtlr 12 g. 1 d. zu saldiren, welchen sie aus der Haupt Theater Casse erhalten hat. Hier­ bei findet aber kein Zweifel statt, daß dieser Vorschuß nicht noch vor Ende des Winters 180  ⁴/₅ getilgt und außer einem bedeutenden Besitzstande an Sachen nicht noch einiger Geldüberschuß gewonnen werden wird. Aus diesen auf Rechnungs data gestützten Behauptungen gehet hervor, daß die Direktion bei Anfang der Führung im neuen Schauspielhause eine große unge­ heure Last übernommen hat, und daß ihr, so viel bereits durch die Anspannung aller Künstler und die eifrigste Thätigkeit zu deren Tilgung gethan ist, noch eine sehr große und höchst bedeutende Last bevorsteht; daß diese aber, wie aus eben diesen Nachweisungen sich ergiebt, im Laufe einiger Jahre getilgt seyn werde. Daß freilich es nicht möglich ist, im Laufe einiger Jahre diese Lasten zu tilgen und zu­ gleich noch Geldüberschüsse zu bewirken und daß diese gerechter Weise unter

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diesen Umständen nicht gefordert oder erwartet werden können; daß aber zu­ gleich auf der andren Seite eine zu große Besorgniß über die Erhaltung des Etats nicht statt finden dürfe. Maaßregeln der Beschränkung oder der Ersparniß, wenn solche aus diesem dargethanen Cassen Zustande zur Anwendung gebracht wer­ den sollten, würden, wenn d a durch di e Vorstel lu nge n an Gl an z u nd R e iz verl ören, o der di e Mittel f ür  // di e E rha ltu ng d e r g ute n Mit ­ g lie der der Bü hne entz o gen w ürden, unglaubliche Nachtheile mit sich führen, und bei etwaniger dadurch bewirkter Verringerung der Ausgaben eine viel größere Verringerung der Einnahmen bewirken, welche die Vortheile der Erspar­ nisse bei weitem zerstören würde. Zweckmäßige Ersparungen, wodurch der Reiz der Vorstellungen nicht ge­ schwächt wird, sind die Pflicht der Direktion, und diese zu bewirken ist ihr eif­ rigstes rastloses Bestreben gewesen und wird es ferner seyn. Ein Umstand, von dem man eine Erhöhung der Einnahmen und Ueberschüsse erwartete, ist vielmehr die Veranlaßung von bedeutenden Nachtheilen für die Schauspiel Einnahme des Monats März d. J. geworden. Die Féte, welche im Schau­ spielhause im März currentis zum Geburtsfeste Ihrer Majestät der Königin ge­ geben wurde, und der die Direktion sich ohne Verletzung vieler Egards und Rück­ sichten nicht entziehen konnte, veranlaßte bekanntlich, daß das National Theater 4 Vorstellungen im Opernhause gab. Durch die Verpflichtung welche der Direk­ tion dabei auferlegt wurde, sich der dortigen Machinisten und Illuminateurs zu bedienen und diese nach dem Opernfuße zu bezahlen, hat die Theater Casse laut beigelegter Designation (pag. 79. der Beilagen) für die Tageskosten dieser vier Vorstellungen 2241 rtlr 4 g. 1 d. zu bezahlen gehabt, und demnach von der ganzen Einnahme der 2954 rtlr 10 g. welche im Opernhause gemacht wurden nur in Cassa behalten 713 rtlr 5 g. 11 d. Dieselben 4 Vorstellungen würden aber im Schauspielhause nach Abzug der Tageskosten 14 bis 1500 rtlr gewährt haben. Nicht zu erwähnen, daß diese Féte auf verschiedene andere Vorstellungen vor und nachher noch einen bedeutenden nachtheiligen Einfluß gehabt hat. Berlin den 16ten May 1804. Iffland

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Dokument 63

63. Beschwerde einiger Ensemblemitglieder über Ifflands Theaterleitung an Friedrich Wilhelm III. Berlin, 11. Juni 1804 (H: GStA PK, Signatur: HA I, Rep. 36, Nr. 2415, Bl. 31–34) Allerdurchlauchtigster Großmächtigster König, Allergnädigster König und Herr! Eurer Königlichen Majestät nahen wir uns allerunterthänigst, und legen Höchstdenselben eine wahrheitsmäßige Anzeige über die Verwaltung des Natio­ nal-Theaters, von der wir seit Jahren Zeugen sind, ehrfurchtsvoll zu Füßen. Diese Verwaltung geschiehet nicht nach Eurer Königlichen Majestät Willen, nicht den Gesetzen der Vernunft, der Gerechtigkeit und Moralität, nicht der dem Director ertheilten Instruction, und eben so wenig dem Interesse der Casse ge­ mäß. Die Geschäfte aller Art befinden sich in einer Unordnung die an Ve r w ir r u ng grenzt, und sich oft bis in das Detail der öffentlichen Vorstellungen erstreckt. Der Grund davon ist die Fahrlässigkeit unsers Directors, und seine Abhängig­ keit von mehreren Lieblingen im Personal des Theaters. Der Director bekümmert sich um wenig mehr als um die Rollen die er spielt. Die innere eigentliche Theaterführung überläßt er dem Soufleur Pauli. Der p Pauli aber kann das Werk nicht dirigiren, da es ihm an Geisteskräften dazu fehlt, und da die anderweiten Lieblinge des p Iffland, nämlich der Schau­ spieler B et hmann, der Musik-Director Web e r und der Cassierer Mau re r, (des Directors vormaliger Bedienter) ihren Einfluß ubermäßig geltend machen. //  Es ist stadt- und weltkundig, welche widernatürliche, strafbare Neigung den p Iffland an diese, und noch andere männliche Lieblinge im Publikum, fesselt. Die Folge davon, abseiten derer im Theater, ist Anmaaßung und Arroganz ge­ gen uns übrige. Dies ist vornämlich der Fall bei dem p Bethmann, diesem Mann von mittel­ mäßigem Kunsttalent, der aber, dem Publikum durch eine Reihe schöner Rollen aufgedrungen, im Bewußtseyn seiner Unentbehrlichkeit bei dem Direktor, sich ein unverschämtes, gebieterisches Betragen gegen uns erlaubt. Die Summen, welche den p Iffland die Privatbesoldung dieser, meist der Ver­ schwendung ergebener Menschen kostet, erschöpfen seine Casse so, daß er, trotz seinen jährlichen Einkünften von mehreren tausend Thalern, oft ganz von Gelde entblößt und in Verlegenheit wegen weniger Thaler ist. Daher seine Amts-Indelikatesse, daß er, der von allen deutschen Schauspielern und Schauspiel-Directoren der am hö chsten Besoldete ist, noch jährlich auf Reisen geht, um sich auf anderen Theatern noch Honorarien zu erwerben, wäh­ rend er seinen hiesigen Posten verläßt, und zeigt, wie derselbe auch ohne ihn ver­ waltet werden kann.

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Dokument 63

Durch alles dies geht dem Mann an unsrer Spitze sein erstes Erforderniß: Wü rde und Ans ehen, ab. Er verste ckt sich daher, wo er in den durch ihn verwirrten Verhältnissen gebieten sollte. Wo er sich zeigen mu ß, windet er sich in Ausflüchten, und hilft sich mit Versprechungen, die er niemals hält. Alles wird Verstellung und Unwahrheit bei ihm, sein Directorat daher eben so zur verkünstelten Rolle, als was er auf der Bühne darstellt. Nicht minder gebrechenvoll ist die Art wie er die Unterhaltung des Publikums besorgt. Die Beschwerden von dieser Seite führt mit uns zugleich das Publikum. Durch Mangel an Abwechslung in den Darstellungen, und durch die öftere An­ setzung sehr alter, oder sonst schon zum Ueberdruß gesehener Stücke // erfolgen sehr oft nur Einnahmen von 25 Thalern. Dies ist zum Erschrecken bei dem e in ­ zige n Theater einer so volkreichen, unaufhörlich von Fremden besuchten Resi­ denz wie Berlin! Das hiesige Theater kann, unter diesen Umständen, bei einer nur einigermaßen zweckmäßigen Führung, im Durchschmitt eine tägliche Einnahme von 400 Tha­ lern haben!!1 Selbst bei den seltenern Vorstellungen in Potsdam, die, aus sehr naheliegenden Rücksichten, mit ehrerbietiger Sorgfalt ausgewählt werden müßten, zeigt sich der Geist einer fahrlässigen Beurtheilung. Das Grundübel ist der Mangel an neuen Stücken. Diesen Mangel befördert Iffland dadurch, daß er so manches auf auswärtigen Theatern mit Beifall, folglich zum Vortheil der Kasse, gegebene Stück, nach Will­ kühr, als unbrauchbar zurücksendet, daß er nie bei Zurückweisung der ihm ange­ botenen dramatischen Arbeiten, äussert, wie ein Stück von Fehlern befreit, oder durch Zusätze verbessert werden könnte; mit einem Wort, daß er die dramati­ schen Dichter nicht allein ni cht er munter t , sondern sie ab s chre ckt . Alles dieses aus dem Motife seiner Eitelkeit: das Publikum soll es empfinden, daß er nicht mehr schreibt. So verleitet ihn auch die Eitelkeit, als vorzüglicher Schauspieler hier glänzen zu wollen, daß er Schauspieler neben sich engagirt, an deren widrigem Ton man sich nur mit Mühe gewöhnen kann. Ueberhaupt sind seine Behelfe, dem Publikum Unterhaltung zu geben, die nachtheiligsten für die ohnehin schon beeinträchtigte Kasse. Unmäßiger Pracht­ 1   Zu dieser schlechten Fürsorge für gute Einnahmen der Kasse, kommen noch Betrügereien von Seiten mehrerer Officianten beim Theater! Parterre-Billets zu 4 Groschen und Billets auf gesperrte Sitze zu 6–8 Groschen sind häufig im Publikum zu haben. Dem Direktor Iffland ist dies schon einige­ male angezeigt worden, er aber ignorirt es auf die unverantwortlichste Weise, und öffnet dadurch dem Betrug Thüren und Thore. Einer der größten Billet-Defraudanten ist des Direktor Iffland ehemaliger Bedienter (wie Maurer) der sich aber gar von dem Betrugs-Gelde eine Mätresse hält! –

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aufwand für die Augen, wobei Verstand und Herz leer ausgehen, und anhaltende Gastrollen unbekannter, mittelmäßiger Schauspieler, davon jede 6, 8 wohl 10 Friedrichd’or kostet! Ein sehr geringer Theil dieser Depensen würde hinreichen, Prämien auf brauchbare dramatische Arbeiten auszusetzen, die der Casse hundertfältige Pro­ zente tragen dürften. // Doch müßten weder Iffland noch Kotzebue die Richter der prämienfähigen Stücke seyn, da die selbst Partei sind, und ein Interesse dabei haben, dem Publi­ kum durch den Erfolg zu sagen: „es giebt keine andern dramatischen Schriftsteller als uns beide.“ Es mangelt dem p Iffland an Ordnung und Festigkeit einem solchen Werk ge­ hörig vorzustehen. (Als Schriftsteller ist er erschöpft, und als Schauspieler nur im Komischen, und in edlen Charakteren die nichts Pathetisches mit sich führen, brauchbar.) Schon seine entlegene Wohnung in der Tiefe des Thiergartens, welch ein Uebelstand für das Ganze! Er dient für ein Gehalt von 4500 r und sein Wohn­ haus trägt die inkonsequente Inschrift: Der Stille! Unsre allerunterthänigste Bitte ist demnach, um der hiesigen Bühne den Glanz und den Wohlstand zu geben, deren sie fähig ist, daß Eure Königliche Majestät al­ lergnädigst geruhen mögen. Dem p Iffland einen oder mehrere Männer von Rang, Würde und Sachkennt­ niß vorzusetzen, welche den Geschäftsgang leiten, die aufzuführenden Stücke be­ stimmen, und die Schauspieler engagieren. Gern wollten wir, die wir diese wahrhaft patriotische Bitte thun, uns nennen, wenn wir nicht unser Verhältniß bedenken müßten. Wir sind gekränkt, gemißhan­ delt, geäfft und hintangesetzt. Wir bitten um unseres Privat-Besten, aber auch um des Besten des Ganzen willen. Der Druck der Noth ist das Motif unserer Anzeige, aber die Frucht ist die heilige Wahrheit. Uns treffe der Zorn des Verhängnisses und unsers angebeteten Monarchen, wenn wir, bei der Schilderung des bedauernswür­ digen Zustandes unserer Bühne, ein Wort gegen die Wahrheit sagten!! Daß wir sie unternahmen, ist die Wirkung unsers Vertrauens zu Eurer König­lichen Majestät so humanen als aufgeklärten Gesinnungen, nach welchen jede Angelegenheit vor Al­ lerhöchstdero Thron zur Sprache gebracht werden darf, sobald sie keiner anderen Behörde untergeben ist. Als Folge unserer Anzeige bitten wir einzig: um Untersuchung durch eine unpartheiische Commission! und ersterben in tiefster Ehrfurcht Euer Königlichen Majestät allerunterthänigste treuste Diener Einige Mitglieder des Berlin / den 11ten Juni / 1804 National-Theaters

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64. Friedrich Wilhelm III. an Iffland. Charlottenburg, 19. Juli 1804 (H: GStA PK, Signatur: HA I, Rep. 36, Nr. 2415, Bl. 55–59; Schreiberhand) [Adresse:] An den Director Iffland in Berlin. Charlottenburg den 19ten Julius 1804. Es ist Mir in der That sehr unerwartet gewesen, aus Eurem Berichte vom 19ten July zu erfahren, daß das neue Schauspielhaus, statt der 21. Dekorationen womit ­daßelbe auf Kosten des Bau-Etats ausgestattet worden, binnen kurzem 111. Deko­ rationen besizzen wird, daß dazu 29. Dekorationen aus dem alten kleineren Hause mühsam ergänzt, 54. ganz neu angefertigt worden und 7. noch in Arbeit sind. Um so angenehmer ist Mir aber auch die Anzeige, daß inclusive einer Ausgabe von 6836. Thaler für andere Utensilien auf die Kosten dieser neuen Dekorationen mit 50,685. t. 31,737 Thaler schon abgefüret sind, also nur 18,947. t. 19 g. noch berichtigen bleiben und Ihr die Zuversicht hegt diesen Betrag mit den zu ­ 2297. ­Thlrn für die 7. noch in Arbeit befindlichen Dekorationen, nach 2. Jahren ohngefähr, ebenfalls berichtiget zu haben, da gegen die Etats Summe der jährli­ chen ­99443. 8. in den 11 Monaten bis Ende Juny d. J. die Einnahme schon bis auf 115,051. gekommen sey. Bey diesen günstigen, für Eure Thätigkeit so genugthuenden Umständen be­ halte Ich demnach kein Bedenken den Vorschlägen Gehör zu geben, welche von Euch wegen der im Laufe des TheaterJahres 1803. à 1804. vakant gewordenen Be­ soldungen und anderweiter Besezzung der Stellen geschehen sind, obgleich Ich den unvermeidlich gebliebenen Abgang der Schauspielerin Mayer, als einen vor der Hand Mir unersezlich scheinenden Verlust aufrichtig bedauere, auch wenn ein Arrangement möglich gewesen wäre, die Beybehaltung der Schauspiele­ rin // Eigensaz, dem Engagement der neuen Schauspielerin Maas vorgezogen ­haben würde. A. Ich genehmige daher, daß der Etat soll von 99,443. 8. durch 113.16. bis auf 99557. erhöhet, diese 113.16. aber nicht den 6397. thlrn 8 g Besoldungs- und Pen­ sions-Geldern, welche im Laufe des Jahres mit 300. thlrn durch den Tod des Kontroleurs Lampe mit 1500. thlrn Gehalt des Schauspielers Fleck mit 600. thlrn Gehalt der Schauspielerin Eigensaz mit 1040. thlrn Gehalt des Schauspielerin Mayer mit 312. thlrn Gehalt des verstorbenen Hautboisten Bender mit 225. thl  8 g Gehalt des zu pensionirenden Bratschisten Schollmeyer mit 234. thl  8 g Gehalt des zu pensionirenden Clarinettisten Lenß mit 416  thl  8 g noch vakant gewesenes Gehalt für einen Bratschisten und einen Hautboisten

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mit 104. thl   8 g Gehalt des verstorbenen Gehülfen Liebmann, mit 104. thl   8 g Gehalt des verstorbenen BilletEinnehmers Jacobi mit 138. thl 16 g Gehalt des verstorbenen Barrierstehers Lumm mit 104. thl 16 g Gehalt des zu pensionirenden BilletEinnehmers M ­ ühl­friedel mit 400. thl 16 g Gehalt des verstorbenen Beleuchtungsklempners Jüngling mit 182. thl 16 g Gehalt des verstorbenen TheaterArbeiters Neumann, mit 104. thl 16 g Gehalt des verstorbenen TheaterArbeiters Nicola mit 200. thl 16 g Pension der verstorbenen Schauspieldirectrice Koch mit 200. thl 16 g Pension der verstorbenen Schauspielerin Labes und mit 173. thl   8 g Pension des Musicus Kieniz als vakant schon vorhanden waren oder erledigt worden sind, iezt anderweitig mit 104. thl Zulage für den in die Stelle des Controlleurs Lampe iezt ­tretenden bisherigen Cassen-Gehülfen Eisig mit 1404. thl Besoldung für den Schauspieler Reinhard und Frau, nach der vorläufigen Approbation vom 13. Dezbr. 1802. // mit 104. Thlrn Zulage für den Tenorist Weizmann, nach der vorläufigen ­Approbation vom 8. August 1803 mit 104. Thlrn Zulage für den Sänger Franz, nach der vorläufigen Appro­ bation vom 2ten Januar 1804. mit 364. Thlrn Besoldung für den neuen Schauspieler Lemm, gegen Rück­ nahme der, aus dem Extraordinario bis dahin ihm gezahlten 260. Thaler mit 624. Thlrn Besoldung für die mit Ostern 1805. neu eintretende Schau­ spielerin Maas aus Weimar mit 208. Thlrn Zulage für den Schauspieler Bessel Sohn, mit 208. Thlrn Zulage für den Tenorist Holzbecher mit 104. Thlrn Zulage für den Sänger Eunicke, mit 104. Thlrn Zulage für die Sängerin Eunicke mit 104. Thlrn Zulage für den Schauspieler Lemke mit 104. Thlrn Zulage für die Schauspielerin Mebus mit 104. Thlrn Zulage für den Schauspieler Herdt u. Frau mit 104. Thlrn Zulage für den Schauspieler Mattausch mit 312. Thlrn Besoldung für den, an die Stelle des verstorbenen Haut­ boisten Bender nun anzunehmenden KammerMusicum Westen­holz mit 156. Thlrn  Besoldung für den anzustellenden zweyten Hautboisten Kunst mit 52. Thlrn vorläufige Besoldung für den anzustellenden 3ten Hautbois­ ten Groß,

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mit 208. Thlrn Besoldung für den an die Stelle des Bratschisten Schollmayer tretenden Krauth mit 208. Thlrn Besoldung für den als Violonzellist anzunehmenden Kammer­Musikum Rambach, mit 75. Thlrn Besoldung für den neu anzunehmenden Bratschisten Riz mit 84. Thlrn Besoldung für den an die Stelle des Lenz tretenden neuen Clarinettisten Bliesner, mit 104. Thlrn Besoldung für den als Contrabassist anzusezzenden Georgi mit 130. Thlrn Besoldung als Barriersteher an die Stelle des verstorbenen Lumm, für den bisherigen Illuminateur Schulz // mit 104. Thlrn Besoldung als BilletEinnehmer an die Stelle des ­verstorbenen Jacobi, für den bisherigen TheaterArbeiter Thürnagel mit 104. Thlrn Besoldung, für einen an die Stelle des verstorbenen L ­ iebmann noch anzusezzenden Cassendiener mit 52. Thlrn Besoldung, für einen an die Stelle des Mühlfriedel, noch ­anzusezzenden BilletEinnehmer-Gehülfen mit 156. Thlrn Besoldung, für einen, an die Stelle des avancirten Eisig noch zu bestellenden Cassen-Gehülfen mit 202. Thlrn Besoldung, für einen an die Stelle des verstorbenen Jüngling noch zu bestellenden Beleuchtungs-Aufseher mit 26. Thlrn Zulage für den Theaterarbeiter Schirrwagen, mit 156. Thlrn Besoldung für den bis dahin aus dem Extraordniario be­ zahlten TheaterArbeiter Galander mit 156. Thlrn Besoldung für einen bis dahin aus dem Extraordniario be­ zahlten dritten Arbeiter bey der oberen Machinerie mit 26. Thlrn Zulage für den Illuminateur Roß mit 150. Thlrn Pension für den invaliden Bratschisten Schollmayer, mit 150. Thlrn Pension für den invaliden Clarinettisten Lenß mit 78. Thlrn Pension für den invaliden BilletEinnehmer Mühlfriedel und mit 52. Thlrn Pension für die Gemüthskranke Schwester des Schauspie­ lers Labes verwendet mit 26. Thlrn aber im Pensions-Rubro als vakant aufgeführt werden ­mögen, da ähnliche Fälle, wie mit der Schwester des Labes mehrere eintreten können, die angetragene Bewilligung von 78. Thlrn also in diesem ersten Fall approbirt, der Theater-­ Kasse für die Folge sehr lästig werden könnte. Doch sezze Ich bey allen diesen Bewilligungen noch voraus, daß was die KammerMusici Westenholz und Rambach anlangt, Ihr über deren // Engagement mit dem Directeur des Spectacles Kammerherrn von der Reck, Euch vereinigt haben oder

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noch Euch vereinigen werdet, wegen der noch nicht in würk­lichen Dienst genommenen Leute, für die das Tracta­ ment bewilliget ist, aber auf zuverläßige Subjecte Bedacht ­nehmen werdet; und approbire dabei, daß da die neue Schauspielerin Willich vor der Hand nicht aus dem Besoldungs­Etat bezahlt werden kann, die Gage für selbige aus dem Extraordinario mit 208. Thlr genommen würde. B. Genehmige Ich, daß da im abgewichenen Theater-Jahre 10. Benefiz-Vorstellun­ gen stattgefunden haben, in dem bevorstehenden 1., der Schauspieler Unzelmann, 2., die Schauspielerin Unzelmann, 3., die Sängerin Schick das einmal für sie bestimmte jährliche Benefiz, 4., der Sänger Gern das ihm von 2. zu 2. Jahren bestimmte Benefiz 5., der Schauspieler Bethmann, nachdem er das leztere Benefiz im Jahre 1801. à 1802. bezogen, also wiederum iezt im 3ten Jahre 6., der Schauspieler Eunicke und Frau das ihnen von 2. zu 2. Jahren zugesicherte Benefiz für iezt erhalten leztere auch wegen ihres schönen Talentes, Fleißes und sittlichen Verhaltens, von diesem Theater-Jahre 1804. à 1805. angerechnet künftig in 3. Jahren, jedesmal zu 2. Benefiz-Vorstellungen in Vorschlag kom­ men mögen. 7., will ich der Sängerin Müller, nachdem sie seit 1800. à 1801. iezt seit 4. Jahren und 8., dem Schauspieler Reinwald, nachdem er seit 1795. à 1796. ietz seit 8. Jahren kein Benefiz bezogen hat für dieses Jahr ebenfalls die vorgeschlagenen Vorstellungen bewilligen, auf Eure Anfrage wegen der // Schauspielerin Fleck aber und wegen des Schau­ spielers Mattausch, Mich dahin entschieden, daß beyde wegen ihres Talentes und ­Fleißes, vom künftigen TheaterJahre 1805. à 1806. an, bestimmt von 2. zu 2. ­Jahren ein Benefiz gleich den Schauspielern Gern und Beschort bekommen sollen, mit welchem Argument die Fleck, nachdem sie ihre ersten beiden Bene­ fize in Zwischenräumen von 3. Jahren, das 3te und 4te Jahre aber in den beiden lezten Jahren hintereinander bekommen hat, billig sich begnügen wird. C. Bei den Vorschlägen zu den Gratifikationen, zu welchen a., durch den Rabatt von den 10. BenefizVorstellungen des ablaufenden 1350 Thl. Theaterjahres und b.,  durch die im Laufe des Jahres vakant gewesenen und gewordenen 1407.23 Thl. Besoldungen in Summa 2757.23 Thl.

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disponible seyn würden, bemerke Ich mit Beyfall, daß Ihr blos Euch nur auf die, durch die Benefize aufgekommenen 1350. Thlr einschränken wollet. Ich will daher nicht nur nach Euren Vorschlägen 1., für den Schauspieler Böheim u. Frau 100 thlr. 2., für den Schauspieler Labes 100 thlr. 3., für den Schauspieler Leidel 50 thlr. 100 thlr. 4., für den Schauspieler Kaseliz 200 thlr. 5., für die Schauspielerin Fleck 100 thlr. 6., für den Schauspieler Schwadtke 100 thlr. 7., für die Sängerin Lanz 200 thlr. 8., für die Schauspielerin Doebblin statt der proponirten 100 thlr.    nächst dann 500 thlr. 9., anderweitig zu Eurer Disposition kommenden accordiren, sondern auch geschehen laßen, daß 10., für den Schauspieler Unzelmann der seit 7. Jahren unbezahlt 600 Thl. geblie-//bene Vorschuß von als eine außerordentliche Belohnung seiner vieljährigen angenehmen Dienste abgeschrieben und ein neuer Vorschuß von 600 Thl. ­gegen ernstere Maaßregeln für eine bestimmte Rückzahlung ihm verliehen werden möge; so wie Ich ferner und 2050 Thl. 11. zulaßen will, daß Ihr, da nach Abzug dieser noch 707. Thl. 23 g. 8 Pf.: disponible bleiben, zu deren Vertheilung unter das verdiente und bedürftige Personale fernere Vorschläge bey Mir einreichen möget, sobald Ihr im neuen TheaterJahre durch fortdauernde gute Einnahme Euch überzeugt haben werdet, daß dieses Object entbehret werden kann. Dagegen kann Ich Eurem Vorschlage, die zu bewußtem Endzwekke Euch erlaubte jährliche Verausgabung von Sechshundert Thalern bis auf Zwölfhundert Talern zu erhöhen, nicht ganz Gehör geben, sehe jedoch die Billigkeit einer angemeße­ nen Erhöhung ein und will daher statt der erbetenen Sechshundert Thaler Vier­ hundert und Vierzig Thaler jährlich Euch accordiren, mithin geschehen laßen daß nunmehr 1040. Thaler jährlich ohne ­weitere Rechenschaft in der Theater KassenRechnung in Ausgabe kommen ­mögen. Was ferner nun Euer Bedauern anlangt, daß die diesmahligen Fonds nicht zulan­ gen wollen, das Orchester mit Verbeßerungen oder Gratifikationen zu bedenken und daß besonders der Musikdirector Weber einer seinem Talente angemeßenen Aufmunterung bedürfe; So laße Ich dem Talente, dem Fleiße und dem sittlichen Verhalten des Weber gewis die vollständigste Gerechtigkeit wieder­fahren und will

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nach Eurem Antrage ihn nicht nur hiermit zum KapellMeister ernennen sondern ­ ational-Theaters mit gern auch geschehen laßen, // daß der Weber im Etat des N dem Prädikat aufgeführt, überall auch so genannt und diese Bewilligung in Mei­ nem Nahmen ihm von Euch bekandt gemacht werden möge. Auch habe Ich aus Eurem Berichte gern ersehen, daß der Doctor Böhm, als Arzt des National-Theaters, der Kranken mit einer seltenen Fürsorge sich an­ nimmt, mithin kein Zweifel mehr bleibt, daß er zu allen Zeiten nicht seinen Obliegen­heiten ein Genüge leisten werde. Ich will daher den, bey seiner Bestal­ lung zum Theater Arzt, unterm 13. Dezbr. 1802. hinzugefügten Vorbehalt einer Veränderung in der Person des Arztes bey etwanigen Beschwerden des Theater­ Personale, hiermit aufheben und den Doctor Böhm als Theater-Arzt, ohne weitere Einschränkung, in der Zuversicht bestätigen, daß er ferner für das Beste des ihm anvertrauten Personale, mit möglichster Theilnahme bestehen bleiben werde. Die Bezahlung der Medikamente aus der Theaterkaße bey Krankheiten niedrig be­ soldeter Schauspieler oder armer TheaterBedienten, will Ich zugleich approbiren, dabey aber gewärtigen, daß Ihr diesen Ausgabe-Artickel nicht zu hoch anwachsen laßen, vielmehr in der Bewilligung sehr vorsichtig bleiben werdet. Auch billige Ich, daß Ihr die Festsezzung eines Bau Reparatur-Fonds für das izzige Schauspielhaus in Erinnerung gebracht habt, und verfüge dato an den Geheimen und StaatsMinister Hr. v. d. Schulenburg, bey dem nächsten nun anzufer­ tigenden Hof Bau Amts Etats auf das Bedürfnis dieses Fonds mit Rücksicht neh­ men zu laßen. Uebrigens ist es Mir angenehm, daß Ihr mit dem Euch untergeordneten Perso­ nale // Mein Wohlwollen für das NationalTheater dankbar empfindet. Nur will Ich da das Theater selbst zu einem so bedeutenden Werke empor ge­ kommen ist, das ganz eines Vorstehers bedarf, der so wie Ihr mit einer gründlichen Kenntnis der KunstPartie, einen lebendigen Eifer für die oekonomische Aufrecht­ haltung des Werkes, in sich vereinigt, Euch zu Meiner Beruhigung und zu Eurer Satisfaction, nochmals empfehlen, bey der Thätigkeit, die schon die Kunstpartie erfordert, nicht in der Thätigkeit zu ermüden, welche die oekonomische Admi­ nistration mehr wie jemals zu bedürfen scheint. Denn, wenn Ich annehme, daß in den Dekorationen allein schon ein Werth von vielen Tausend Thalern, ohne die Garderobe vorhanden ist, daß bey der Einnahme, ohne eine fortdauernde Beach­ tung der darüber eingeführten Controlle, leicht Mißbräuche, zum Schaden der unvermeidlichen Ausgaben, sich einschleichen können, die Casse selbst auch eine fortdauernde Aufsicht bedarf; So kann Ich bey diesem Umfange Eurer Obliegen­ heiten nur den Wunsch behalten, daß Ihr überall, so weit es zuläßig bleibt, auch bey dem National-Theater, das Prinzip der Inventuren und Revisionen, einführen und aufrecht erhalten möget, die in den Departements statt finden und wodurch allein nur mit Sicherheit, Ordnung erreicht und erhalten werden kann.

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Das Project zum neuen Etat mit denen der KapellMeister Weber, den Sänger Eunicke und Frau und die Schwester des Schauspielers Labes betreffenden Pa­ pieren, remittire übrigens Ich Euch in den Anlagen und bin Euer gnädiger König. 65. Friedrich Wilhelm III. an Iffland. Neisse, 22. August 1804 (H: Landesarchiv Berlin, Signatur: A Rep. 167, Bd. 26; Schreiberhand, mit eigenhändiger Unterschrift) [Adresse:] An die Direction des National-Theaters zu Berlin Auf die von der Direction des National-Theaters zu den Vorstellungen in Potsdam in den Tagen des dortigen Herbst-Maneuvres, geschehenen Vorschläge, ­haben Seine Königliche Majestät von Preußen resolvirt, daß am 20ten September die Oper Aline gegeben werden soll, da die Oper Fanchon gerade in der Revue daselbst, einmal schon gegeben ist. Dagegen kann ganz nach dem Vorschlage, am 21ten September, die Oper die GlücksRitter und am 22ten September, das Lustspiel, die vergebliche Reise gegeben werden, und muß nur die Direction mit dem Directeur des Spectacles, Kammerherrn von der Reck sich vereinigen, daß in so fern die Oper Aline länger spielt, wie die Oper Fanchon gespielt h ­ aben würde, das Kürzeste der drey Ballets am 20ten gegeben würde. Uebrigens aber bleibt es für dieses mal, wie in den vergangenen Jahren, daß das Theater-Personale in ge­ mietheten Wagen nach Potsdamm und retour gehet, nur in Potsdamm nach dem neuen Palais Wagen vom OberMarstall erhält, der Director Iffland wiederum auch in den Kommuns des neuen Palais abtreten kann. Friedrich Wilhelm Neisse den 22ten August 1804 66. Theatergesellschaft Harmonie an Friedrich Wilhelm III. Berlin, 11. September 1804 (H: GStA PK, Signatur: HA I, Rep. 96 A, Nr. 141, Bl. 44–45) [Vermerk:] Abzuschlagen Allerdurchlauchtigster Großmächtigster König Allergnädigster König und Herr! Mit Frau und Kindern bin ich seit einen Jahre gantz unverschuldet einzig und ­allein durch die von Seiten der Landes-Polizey-Behörde auf mich ausgedehnte

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Wirkung der von Ew. Königlichen Majestaet unterm 24ten April 1803 an das General Directorium erlassenen höchsten Cabinets-Resolution ein völlig ruinirter Mann geworden. Was ich hier allerunterthänigst anzuführen mich erdreisten werde, ist die reinste Wahrheit und ich unterwerfe es der allerstrengsten Prüfung. Im Jahr 1801 stand das Frenzelsche Haus nebst Garten, in der Strahlauer Vor­ stadt zum Verkauf feil; aufgefordert, von einer geschloßenen Gesellschaft, be­ stehend aus Kaufleuten, Künstlern und Handwe rks me iste r n , denn Hand­ werksgesellen, Dienstbohten, oder Menschen aus der niederen Volks-Klasse waren nie Mittglieder, das Local zu kaufen, und es so zu arrangiren, damit sie sich mit ­ihren Familien dann und wann in den Sonntäglichen Abendstunden, mit Konzerten oder mit einer kleinen Theatralischen Vorstellung unterhalten könten; wofür ­dieselben mir die Intressen des darauf verwendeten Kapitals, so lange sie ihre Vergnügungen haben könten, sicherten, frug ich deßhalb bey dem Polizey Directorium an, ob es mir, im Fall ich dieses Grundstück kaufte, erlaubt werden würde, The at ra l is che Vorstel lungen unter den Gesellschafts Cirkeln auf­ führen zu laßen; erfolgte das im Original hier beygefügte Decret. Hierauf kaufte ich gedachtes Grundstück und ließ den darinn befindlichen Saal zu einen Theater und Parterre mit beträchtlichen Kosten umformen. Die Mittglie­ der kamen darinnen monathlich einigemal zusammen; ergötzten sich mit ­ihren Familien durch musikalische Uebungen, oder durch Vorstellung eines morali­ schen Schauspiels, ohne daß irgend jemand dazu für Geld bedungen, noch irgend ein fremder Zuschauer für Geld eingelaßen wurde. Solches gewährte eine ange­ nehme und zugleich nützliche Unterhaltung zwey Jahr lang in der größten Ord­ nung und Eintracht, und ohne das dieses unschuldige Vergnügen je zu einer Be­ schwerde Anlas gab, fort. Aber gleich nachdem Ew. Königliche Majestät die oben berührte höchste  //  Cabi­ nets Resolution erlaßen hatten, wurden mir von Seiten des Polizey-Directorii alle theatralischen Vorstellungen in meinem Grundstück untersagt, indem keine ­s tehend e Privat-Schauspieler Gesellschaft weiter geduldet werden solle. Auf meine Rechtfertigung, das diejenige Gesellschaft, welche sich dann und wann des Sonntags mit theatralischen Vorstellungen bey mir belustige, keine stehende Schauspieler Gesellschaft sey, und Ew. Königliche Majestaet höchstselbst in der angeführten Cabinets-Resolution zu erklären geruhet hätten wie Allerhöchst Dieselben weit davon entfernt wären, das unschuldige Ver­ gnügen, welches Gesittete Gesellschaften sich durch Aufführung so genannter Liebhaber Schauspiele je zu weilen machen, zu stöhren wurde keine Rücksicht genommen. Ja, selbst das General Directorium hat mich auf meine dießfalsige Vorstellung, aller für mich sprechenden subjectiven Gründen ohngeachtet, auf den Grund der höchsten Cabinets-Resolution abschläglich wie die Beylage besagt, beschieden.

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Was bleibt nun Allergnädigster König und Herr! mir unverschuldet unglück­ lichen Mann anderes übrig? als Ew. Königlichen Majestaet mich zu Füssen zu wer­ fen, und höchst Dero Gnade und Huld anzuflehen? Geruhen Allerhöchst Diesel­ ben in huldreiche Erwägung zu ziehen daß ich das Innere meines Grundstücks nach erhaltener Erlaubnis des Polizey Directorii mit beträchtlichen Kosten zu theatralischen Vorstellungen habe ein­ richten lassen, die erforderliche Garderobe und Decorationen angeschaft, wozu ich Geld-Vorschüße brauchte, jezt aber Gefahr laufe, weil meine Gläubiger, seit dem die theatralischen Vergnügungen verbohten, das Ihrige mit Ungestüm zu­ rückfordern, mein Grundstück Gerichtlich angeschlagen zu sehen, daß alle mein weniges Haabe meinen Gläubigern, mir aber mit Weib und Kindern der Bettelstab zu Theil wird. Ew. Königlichen Majestaet haben zu Anfange dieses Jahres, derjenigen theatra­ lischen Vorstellung die im Hause des General Lieutenants Grafen von Kunheim an deßen Geburtstage gegeben ward, in höchsteigener Person beyzuwohnen, das Theater, Decorationen und die Garderobe in Augenschein zu nehmen, und das gantze Arrangement mit Höchst Dero Beyfall zu beehren geruhet. Dieses Arrangement war mein Werk, so // wie auch das Theater, Decorationen und Kleidungs­ stücke und das übrige Aparat mir zugehörte. Kurz vorher wurde das Geburtsfest der Gräfin von Kunheim von der Ersten Noblesse, jedoch in meinem eignen Saal gefeyert. Seit der Zeit haben mehrere StandesPersonen und angesehene Bürger­ familien den Wunsch geäußert, in meinem Saale theatralische Stücken aufführen zu dürfen; inzwischen habe ich alle deßfalsige Anträge, so vortheilhaft sie auch für mich waren, dem an mich ergangenen Verbohte gemäß, von der Hand weisen müssen. Jezt aber zwingt mich meine Aueßerst bedrängte Lage, zu Ew. König­ lichen Majestaet meine Zuflucht zu nehmen. Huldreicher Landes-Vater! Ich bin weit davon entfernt, Ew. Königlichen Majestaet um eine Aenderung der in der mehr erwehnten Kabinets Resolution geäußerten höchsten Willens Meynung Daß nehmlich keine stehende Privat-Schauspieler-Gesellschaft geduldet wer­ den solle, zu bitten; nein, ich verehre vielmehr dieselbe in tiefster Unterwürfigkeit. Da aber in der nehmlichen Kabinets Resolution die huldreiche Erklärung ent­ halten ist, daß Allerhöchst Dieselben das unschuldige Vergnügen, welches gesittete Gesellschaften sich je zu weilen durch Aufführung sogenannter Liebhaber-Schau­ spiele, machen, nicht stöhren wollen; so gehet mein allerunterthänigstes Gesuch nur dahin, mir die Allergnädigste Erlaubniß zu ertheilen, daß ich gesitteten Gesellschaften, die sich dann und wann zu ihren eigenen Ver­ gnügen und zugleich zur Bewirkung einer feinen moralischen und ästhetischen Bildung ihrer Familien, oder auch bey feierlichen Gelegenheiten, z. B. an Ge­

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burtsfesten welches bey Herrschaften und angesehenen Bürger-Familien zum öftern der Fall ist, zur Aufführung eines theatralischen Stückes vereinigen, de­ nen es aber, an dem des Endes erforderlichen Raum und Aparat, in ihren Hause mangelt, meinen Saal dazu einräumen dürfe. Diese Allergnädigste Erklärung der Höchsten Willensmeynung ist das // einzige Mittel, mich und meine Familie vor den Abgrund des Elends zu retten, in welchen wir ohne dieselbe ohnfehlbar hineinstürtzen würden; flehendlichst bitte ich da­ her, solche dem General Directorio zur Verfügung des weiter Erforderlichen, huld­ reichst bekant zu machen. Ich ersterbe in tiefster Ehrfurcht Ew. Königlichen Majestaet Allerunterthänigster ehmals Oeconom Werner Lehmgasse No. 9 Berlin / Den 11ten September 1804. 67. Peter Ludwig Burnat an Friedrich Wilhelm III. Berlin, 10. Mai 1805 (H: GStA PK, Signatur: HA I, Rep. 36, Nr. 2416, Bl. 108–109) Allerdurchlauchtigster Großmächtigster König Allergnädigster König und Herr! Durch die so sehr zu meinem Nachtheil ausgefallenen diesjährigen Geschäfte im Fache der DecorationsMahlerey bey dem Königlichen großen OpernTheater, und die daraus entstehende traurige Betrachtung, daß Solche durch möglich unglück­ licher Ereigniße: noch weit nachtheiliger für mich ausfallen können! sehe ich mich veranlaßt meine zuflucht zu den Füßen Ew. Königlichen Majestät zu nehmen, und allerhöchst Denenselben mit dieser unterthänigsten Vorstellung beschwerlich zu fallen. Es sind bereits zwölf Jahre, daß ich mit frohem Muth einer glücklichen Zu­ kunft erwartend! die unentgeldlichen Dienste eines Decorateurs verrichte ohne jedoch den geringsten Gehalt dafür zu haben, diese beträchtliche Zeit hindurch, in welcher, ohnerachtet die zur DecorationsMahlerey benöthigten Materialien so unglaublich im Preise gestiegen sind, ich jedoch meine letzten Arbeiten für eben den mäßigen Preis als meine ersten anfertigte! habe ich mich mit einem äußerst geringen verdienst begnügt, den ich mir bloß durch meine Anstrengung erwarb, und manche bittere Zeiten! durch die beständige Verlegenheit und Sorge für die Erhaltung der im Fache der DecorationsMahlerey sehr nöthigen Gehülfen ver­ lebt: die ich, um beständig zum Dienst Ew Königlichen Majestät // bereit seyn zu ­können! auf einen bestimmten jährlichen Gehalt habe setzen müßen.

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Daß gnädige Zutrauen, mit welchen die Königliche Direction mich während der Zeit ermunterte, und da wo es statt fand: durch vermehrung der jährlichen Auf­ träge meine Lage auszuhalten mir erleichterte, war unter solchen Umständen das einzige mittel zu meinem Ausharren, bis den endlich vor Zwey und Drey J­ ahren, der vielerforderlichen DecorationsArbeiten wegen zu denen damahligen Carnavals Lustbarkeiten! der Verdienst so glücklich ausfiel, daß bey der beschränktheit meiner Wünsche, ich vollkommen zu frieden zu seyn Ursach hatte, allein mit dem Ausgang dieser Zeiten, endete sich auch gänzlich jeder Verdienst. Obschon nunmehro die Königliche Direction, auf veranlaßung des Decorateurs Verona selbst, der sich aller ferneren Geschäfte bey den großen Königlichen OpernTeater freywillig entsagt hat, mir im verfloßenen Carnaval ungetheilt alle vorfal­ lenden Arbeiten zukomen ließ, so waren diese doch von der Art, daß der Ertrag davon, kaum hinreichte meine bahren jährlichen Auslagen behuf des ­Faches zu decken, noch weit weniger aber mir einen billigen Verdienst zu gewähren. Da nun die daraus folgende niederschlagende Betrachtung entsteht, daß durch die Wahl der künftig aufzuführenden Opern oder durch andere möglich unglück­licher Er­ eigniße, die Geschäfte so geringe ausfallen, ja einen gänzlichen stillstand erlei­ den, daß bey meinen positiven jährlichen // Ausgaben zur erhaltung des zum gan­ zen gehörigen Faches, ohne hinlängliche, vielleicht nicht die geringste Einnahme davon zu haben: es mir ohnmöglich ist solchen Zustand länger auszuhalten und dabey zu Subsistiren; so sehe ich mich genöthigt, um meiner bedürfenden ruhigen Zukunft mit neu belebten Muth entgegengehen zu können; Ew König­lichen Ma­ jestät allerunterthänigst zu bitten, mir, da ich schon mit dem höchst aufmunternden zutrauen erfreut worden bin, die Geschäfte in der DecorationsMahlerey alleinig vorzustehen, nunmehro mich mit den Posten des alleinigen Opern-Decorateurs, und mit dem aus obig ange­ führten Gründen! so nothwendig damit verbundenen Gehalt Allergnädigst zu be­ glücken. Ich ersterbe Ew. Königl. Majestät Allerunterthänigst treugehorsamster Diener P. L. Burnat Königl. Professor und Decorateur Berlin 10ten May / 1805.

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68. Friederike Auguste Conradine Bethmann an die Berliner Theaterkasse. Berlin, 20. Juli 1805 (H: GStA PK, Signatur: HA I, Rep. 36, Nr. 2415, Bl. 100) Vier Hundert und Vierzig Thaler Extraordinaire Zulage für das Etats Jahr von 1ten August 1804/5 habe ich aus der KöniglHaupt Theater Casse baar und richtig bezahlt erhalten, worüber ich hiermit quittire Berlin den 20ten Juli 1805

Friederike Bethmann gewesene Unzelmann

69. Johann Stephan Gottfried Büsching, Müller, Gerresheim, Koels, Franz Ludwig von Hatzfeld an Iffland. Berlin, 20. Oktober 1806 (H: GStA PK, Signatur: HA I, Rep. 151, IC, Nr. 8167, Bl. 153) [Adresse:] An / den Herrn SchauspielDirector Iffland. Copie. Dem Schauspiel-Director Herrn Iffland wird hiermit aufgegeben: Die samtlichen Mittglieder des Königlichen National-Theaters, streng dahin anzuhalten, daß keiner von ihnen die Stadt verlasse, damit die Schauspiel-Vor­ stellungen vor wie nach ungehindert fortgesetzt werden können; sollten die täg­ lichen Einnahmen des National-Theaters nicht hinreichend sind, die Ausgaben des Theaters zu bestreiten; so hat der Herr Director Iffland dem unterzeichne­ ten General-Bureau darüber Anzeige zu machen und den nöthigen Zuschuß zu gewärtigen, und versteht sich übrigens von selbst, daß gegenwartig nur von den nöthigsten Ausgaben zur Fortführung der Theater-Vorstellungen die Rede seyn kann, und es der Sorgfalt des Herrn Director Iffland anempfohlen wird, dieselben so viel als möglich einzuschränken. Vorzüglich wird auf Oper-Vorstellungen und Ballets, so wie auf die Aufführung von Schauspielen aus dem Französischen übersetzt, Rücksicht genommen werden müssen. Was über die Entree des französischen Militairs beschlossen werden wird, soll dem Herrn Director Iffland, so bald als möglich angezeigt werden. Berlin den 20t October 1806.

Präsident Bürgermeister und Rath. Busching Müller Geresheim Koels F: v. Hatzfeld

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70. Müller, Schlechtendahl, Koels an Iffland. Berlin, 26. Oktober 1806 (H: GStA PK, Signatur: HA I, Rep. 151, IC, Nr. 8167, Bl. 154) [Adresse:] An / Die General-Direktion des / National-Theaters. Copie. Der General-Direktion des National-Theaters wird aufgegeben, für den Herrn General-Intendanten Darue täglich eine Loge im National-Theater zu bestimmen und offen zu halten. Es ist über die Lage der Loge mit dem Herrn General-Intendanten Darue Rücksprache zu nehmen, damit bei Ankunft Sr Majestät des Kaisers Napoleon und des Hoffstaats nichts in der Anordnung atterirt werde. Berlin den 26ten October 1806.

Präsident  Bürgermeister und Rath Müller Schlechtendahl Koels.

71. Iffland an Unbekannt. Berlin, 6. August 1807 (H: Zentral- und Landesbibliothek Berlin, Historische Sammlungen, Signatur: EH 6307) Madam Bethmann hat bereits die Worte, um sie Ihnen zuzustellen, gestern emp­ fangen. General Hulin – zu dem ich, von dem Tage des 3ten August Bericht zu geben, mußte, sagte, als ich meine Worte einlieferte, « Eh bien ! C’est juste Collet et il n’a pas dit, vive le roy – mais le peuple – H. C’ést trés simple. C’ést le jour du Roi, peut on l’ignorer! Nous ne sommes pas ici, pour suprimér dés sentiments honétes. » Ich hätte ihn umarmen mögen! //  Sonntag werde ich einige unverfängliche Zeilen, mit meinem Danke, in Ihre Hände geben. Ich schreibe diese Zeilen, da es noch früh ist und ich wegen des heutigen neuen Stückes, Ihnen nachher aufzuwarten, heute gehindert bin. Mit der herzlichsten Verehrung Ihres edlen Sinnes Iffland B d 6 August / 1807

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72. August von Kotzebue an die Berliner Theaterkasse. Weimar, 30. Oktober 1807 (H: SBB PK, Nachlass 230) Quittung über Fünfzig Stück Friedrichsdor, welche mir Endes-Unterzeichne­ ten von der Intendanz des Königl. National-Theaters zu Berlin, als Honorar für die beyden Schauspiele der deuts che Mann und das Tas che nbu ch richtig durch die Post hieher gesendet worden. Weimar d. 30sten Octobr. 1807. A. v. Kotzebue. 73. Iffland an die Berliner Theaterkasse, mit Empfängerbemerkung von Johann Daniel Sander. Berlin, 24. Dezember 1807 (H: Landesarchiv Berlin, Signatur: A Rep. 241, Nr. 2) [Empfängerbemerkung:] Vorstehende zwölf Stück Friedrichsd’or habe ich richtig ­erhalten J. D. Sander. Berlin, d. 24sten Xbr. 1807 Die Königl. Haupt Theater Casse wird hiermit angewiesen, dem Buchhändler Herrn Sander für die Übersetzung und Bearbeitung der Oper Iphigenia von Aulis das bedungene Honorar von Zwölf Stück Fr. d’ or gegen Quittung zu bezahlen. General-Direction des Königl. National-Theaters Iffland Berlin den 24ten December 1807. 74. Iffland an Maria Telle (Vertrag). Berlin, 29. Dezember 1807 (H: Institut für Theaterwissenschaft der Freien Universität Berlin. Institutsarchiv-­ Autographensammlung. Inv.-Nr. 4500/76) En consequence du plein-pouvoir qui1 a été donné à la direction générale du Théâtre royal national par un ordre du cabinet de Sa Majesté le Roi de Prusse, daté de Memel le 24 Octobre 1807 le contrat suivant a été stipulé et conclu entre la dite Direction et la première danseuse Madame Telle engagée jusqu’aprésent au grand Opera.   qui] qui on H

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§1 La première danseuse susmentionée, s’engage à se charger sans objection de tout rôle soit de pantomime soit de danse qu’elle pourrât être apellée à executer sur les théatres royaux de l’opéra, de la comédie ou des chateaux à Berlin, Potsdam et Charlottenbourg, dans les opéra, tragédies, drames et comédies, dans les pantomimes sérieuses, comiques et Italiennes, enfin dans les ballets et divertissements, et fera tous ses efforts pour s’en acquitter aussibien qu’il lui serat possible, cependant on aura équitablement egard à la nature de son talent et au genre dans le quel elle travaille d’ordinaire, si elle dense en grand ou demi-caractère. // §2 À l’égard de la mesure de services qu’elle est appellée à rendre, la susdite premiere danseuse s’engage à se charger régulièrement par semaine, de deux rôles essentiels et d’un petit rôle soit de pantomime ou de danse moins fatigant, que la direction du théâtre royal-national aura le droit de choisir et de determiner. Si elle allait tomber malade, elle ne négligera pas d’en avertir sur le champ la Direction et de fournir même, à ce sujet si cela est requis, l’attestation du médecin du théatre. §3 La Direction s’engage à donner à Madame Telle pendant les mois d’été à dater du 1 Mai au 1 Octobre un congé annuel de deux mois consécutifs, en se reservant cepandant la liberté d’en déterminer l’époque durant l’intervalle susmentionné. §4 De plus Madame Telle s’engage à ne jamais se charger d’aucun rôle dans des bals, redoutes ou autres spectacles pantomimes ou dramatiques qui n’ont pas été ordonnés par la direction du théâtre-national, sans en instruire la dite direction et sans avoir2 obtenu son // agrément, elle ne s’eloignera non plus jamais de Berlin avant d’avoir reçu préalablement une permission par écrit de la direction susmentionée. §5 Enfin la dite première danseuse Madame Telle s’engage non seulement à se rendre régulièrement à toutes les épreuves et répétitions indiquées, mais aussi à observer strictement toutes les loix et les réglemens préscrites pour le maintien de l’orde, de la tranquillité et de la decence dans le théâtre royal-national, particulièrement à l’égard du Corps de Ballet ainsi que les réglements de police qu’on determinera encore dans la suite pour la salle du grand opera royal-Italien, elle promet de se conduire par-tout avec la décense réquise, d’obéir ainsi qu’il est convenable, á la direction général et royale du Théâtre national, au maitre des Ballets et à celui des premiers danseurs qui, en cas de maladie ou d’autres obstacles, pourroit être chargé à sa place des répétitions // des ballets, elle s’engage à se soumettre à tout ce qui lui sera préscrit à l’égard des occupations de son état et des services qu’elle   avoir] savoir H

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est appellée à rendre ; en général elle se fera un devoir de contribuer autant qu’il est en son pouvoir à tout ce qui seroit avantageux au Théâtre royal-national. §6 À condition que toutes les articles stipulés ci-dessus soient sscrupuleusement observé, Sa Majesté le Roi de Prusse, notre Auguste Souverain, a déclaré dans l’ordre du cabinet daté de Memel le 24 Octobre 1807 et la Direction générale du Théâtre royal-national déclare dans le présent acte, en conformité du plain-pouvoir qui lui en a été donné par ce même ordre du cabinet, que la première danseuse Madame Telle aura un pension annuelle de 1100 Ecus : je dis de once cent Ecus, et par consequent par Mois 91 Ecus et 16 gros, à dater du premier Decembre Mil huit-cent sept payable sur le pied de caisse par une des // caisses royales que Sa Majesté déterminera encore. Sa Majesté le Roi de Prusse a encore autorisé dans l’ordre du cabinet déja allégué la Direction du théâtre royal-national à declarer que les Sommes arrièrées de la pension accordée par le présant contract à la première danseuse Madame Telle depuis le 1 Decembre de l’année dernière jusqu’a l’époque où les caisses royales seront de nouveau établies à Berlin, lui seront remboursées mais que depuis cette époque là elle recevra sa pension par mois. §7 On accorde encore à la première danseuse Madame Telle, tous les droits et préviléges qu’ont les acteurs et actrices du théâtre royal-national, et qu’elle puisse esperer à être pensionnée par Sa Majesté suivant l’arréte qui en a été donné en général par le Roi en rapport des acteurs et actrices du théatre national, si elle étoit hors d’état de servir ou si après de longs services son age ne lui permettoit plus de remplir les fonctions de sa charge, sans que cela // nuise en rien aux droits qu’elle pourroit avoir à une pension par une promesse royale spéciale qui lui auroit été faite outre cela. §8 A l’égard des habillemens de ballets et tout ce qui y appartient, ainsi que de toutes les autres fournitures, les deux parts ont stipulé ce qui suit. La garderobe du théâtre fournira à la première danseuse Madame Telle tous les habillemens que le costume du rôle dont elle est3 chargée l’exige, au jugement de la Direction. Cepandant on en excepte toutes les espèces de chaussures, soulièrs, sandales bas blancs ou de couleurs, pantalons blancs ou de couleur de chair, ainsique le fard, les gants, les coeffures, et les ornemens du cou, résilles que fleurs, plumes, bijoux, rubans et autres chiffons et nippes de peu de consequence, et tout ce qu’il en coûtera pour blanchir, tindre ou entretenir tout ces differans effets qu’elle est chargée de se procurer à ses fraix et depans, elle se fournira les objets susmentionnés dans les qualités requises d’après le caractère de son rôle et les déterminations   est]est est H

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du maitre // de ballets, cependant en révanche elle recevra de la caisse du théatre un dédommagement de trois Ecus pour chaque réprésentation théâtrale. §9 La Direction se charge de faire mener en voiture la dite première danseuse Madame Telle à la salle de spectacle et de la faire reconduire à la maison les jours où elle est appellée à danser à une représentation, cependent on en excepte les répétitions, à moins que dans la suite Sa Majesté ne daigne permettre à cet effet l’usage des voitures des ecuries royales. D’un autre coté la première danseuse Madame Telle s’engage à ne pas choisir sa demeure à une trop grande distance de la salle d’opéra et de comédie. § 10 Le présent contrat en supposent que les deux parts l’observent en tous points, est dressé pour deux ans, savoir du 1 Decembre 1807 jusqu’au 1 Decembre 1809 et il faudra le denoncer Six mois d’avance dans le cours de la dernière année, sans cela il sera censé être pro-//longé toujours pour un an, de plus on l’a expédié en double, afinque chacune des parties contractantes puisse en avoir un exemplaire Signé. Direction générale du Théâtre Royal-national. Iffland Maria Tell née Decastelli Berlin le / 29 Decembre / 1807. Contrat fait avec la première danseuse Madame Telle.

75. Iffland an Jacob Herzfeld. Berlin, 10. März 1809 (H: Akademie der Künste Berlin, Autographen-Sammlung, Signatur: Rep. 100, A 528, Bl. 52–55) Ein kleines Geschwür an der rechten Hand, hindert mich, mein theurer Freund, Ihnen selbst zu schreiben. Ich kann Ihnen nicht beschreiben, wieviel Sie zum Glück meines Lebens beige­ tragen haben, daß durch Ihre freundliche Sorgfalt und Mühe der Wunsch erreicht ist, meiner guten Nichte ein kleines Loos für meinen Todesfall zu machen. Etwas, wovon Sie wissen, daß es bei meiner zweimaligen Anwesenheit in Hamburg, mir so sehr am Herzen lag. Vollenden Sie Ihr gutes Werk nun noch dadurch, daß Sie mich bald in den Besitz der Urkunde setzen, wodurch diese Sache eigentlich voll­ zogen wird, und die ich dem-//nächst meiner Nichte gern zustellen möchte. Vor allen Dingen aber seyn Sie so gut und melden Sie mir, je eher, je lieber, ­welches die beiden Termine sind, wo ich, in Betreff dieser Sache, die Jahresabgabe

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zu bezahlen habe, und wieviel ich jedesmal in Friedrichsd’or dorthin anweisen muß. Ich werde mich bemühen, das Geld auf das Pünktlichste und frühzeitig zu bezahlen; Sie aber, mein geliebter Freund, werden mir es nicht versagen, die Be­ sorgung nach geschehener Einsendung zu übernehmen. Was übrigens meine Lebensbestimmung anbetrifft, so will ich mit der Offen­ heit // davon zu Ihnen reden, die meinem Herzen immer so wohlthuend gewesen ist, wenn ich mich Ihnen gegenüber befunden habe. Die Anerbietungen der Wiener Fürsten haben sich mit einer ausgezeichneten Beharrlichkeit und Güte von meinem Aufenthalte bis jezt, und nachdem der Fürst Esterhazy seinen Secretär Herrn Schmidt, acht Wochen deshalb sich hier hat auf­ halten lassen, in einem gestern angekommenen Briefe, der das Ultimat enthält, zu folgenden Bedingungen erklärt: 1.) Sechs Tausend Thaler Si lb ergel d Gehalt. 2.) Ein Geschenk von Trei Tausend Thaler Si lb e rgel d. 3.) Ein jährliches Benefiz, freie Wohnung, // freie Equipage, ein zinsfreier Vor­ schuß von Fünfzehntausend Gulden Si lb e rgel d, vom Ertrage des Be­ nefizes rückzahlbar, Zwei Tausend Fünf Hundert Gulden Si lb e rgel d Pension für mich, Acht Hundert Thaler Si lb e rgel d für meine Frau, als Wittwe, Fünf und zwanzig Procent vom Ertrage des reinen Gewinnes. Für diese Bedingungen verbinden sich alle dirigirenden Fürsten, für Einen, und Alle für Einen. Dies ganze Verhältniß ist so glänzend, daß es eben um deswillen fast ängstlich zu nennen ist. So wie ich dem Berliner Theater mein ganzes Leben hingebe, so würde ich // dort an die Führung von drei Theatern mein ganzes Leben hingeben müs­ sen. Man schleppt sich mit einer Last fort, die man einmal kennt, und hat es nach und nach gelernt, sich so zu halten, daß man unter diesem Druck die gewohn­ ten wunden Stellen weniger empfindet. Ganz anders verhält es sich mit dem Ent­ schluß, neue Lasten aufzunehmen, mit Besonnenheit in neue Fehden einzugehen, und ruhigen Entschlusses in die Wirbel aller Leidenschaften wieder hinabzustei­ gen. Außerdem wird das Unglück selbst ein Band, das sehr innig verbindet. Es ist gewiß nicht angenehm, auf der Brandstätte vormaliger Palläste umherzuwan­ deln, und in // einer ausgestorbenen Glückseligkeit zu seufzen und auch wohl zu weinen. Doch scheint es mir auf der andern Seite unverantwortlich, bloß um des Geldes und mehrerer Gemächlichkeit willen, aus der Reihe heraus zu treten. Ich darf mir sagen, daß ich Einiges aufgeopfert, bis jezt aber den Glücksstand einer be­ trächtlichen Zahl erhalten habe. Es ist mir geglükt, durch persönliches Vertrauen viel zu erreichen. Sehr leicht könnte Einer nach mir kommen, der mehr Einsicht und noch mehr Thätigkeit hätte, als ich besitze, nicht leicht wird er so viel Kennt­ niß der Schwäche und Stärke der hiesigen Situation, und schwerlich wird er so viel Geduld und //Ausdauer haben. Die beiden lezten Eigenschaften begründeten sich

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auf die Liebe zu meinem über alles guten Herrn. Man muß dieses Herz, welches so gern überall Freude verbreiten will, kennen, wie ich es kenne; man muß wis­ sen, wie gleichmüthig er die Verwundung seines Pferdes und gleich darauf seine eigene Verwundung bei Auerstädt ertrug; man muß wissen, wie ehrlich und fest er sein Wort gehalten hat, und wie heldenmüthig er jezt sein Schicksal trägt, um diese Liebe gehörig zu würdigen. Es müßten also noch größere Unfälle kommen, und zwar von der Art, wie sie jezt noch nicht vorzusehen sind, wenn die // Vernunft endlich meine Empfindun­ gen niederbeugen und endlich mit Gewalt zur Auswanderung nach Wien mich hinweisen sollte. Man verlangt zwar jezt von dort aus meinen Entschluß mit um­ gehender Post. Dies ist aber nicht zu thun, und so mag denn das ganze Verhältniß aufhören, wenn man dort darauf beharrt. Auch würde ich, wenn das Schicksal endlich von Berlin mich wegweisen sollte, bei der ganz vollständigen Gesundheit, die der Himmel mir erhalten hat, und bei der Kunstliebe, wie sie frisch und ganz noch in mir ist, ohne Kampf und Mühe ein anderes, wenn auch weit kleineres, Verhältniß wählen. Reich soll ich einmal nicht werden, Mitthei-//lung hat mich köstliche Augenblicke leben lassen. Ich habe oft nicht richtig calculirt, aber fast immer sehr richtig empfunden. Der Mensch aber lebt doch eigentlich nur in der Empfindung. Alles übrige ist Stückwerk und gebrechlich. So ist mir es denn ge­ glückt, mit Wahrheit sagen zu können, dass ich einen hohen Grad von Kindlich­ keit in mir erhalten habe; die aber das Kindliche Kindisch nennen, mögen sich auf den Geldcours verstehen, aber was den Lebenscours anbetrifft, verkehren sie meh­ rentheils in einer Dürre, die das Gold nicht aufzufrischen vermag. Nachdem ich Ihnen auf diese Weise von meinem innern Seelenzustand Rechen­ schaft // gegeben habe, komme ich nun auf die Herbstreise nach Hamburg, welche Sie mir freundlich angetragen haben. Eine Reise überhaupt gehört zu meinem ökonomischen und zu meinem See­ lenhaushalt. Sie ist deshalb in meinem Engagement ausbedungen. So wie die Wiener sie mir ebenfalls verstatten wollen. Ich kann nach Francfurt, Mannheim, Stuttgardt und München gehen. Ich ginge für diesmal lieber nach Hamburg und Bremen. Ich habe keine andern Bedingungen zu machen, wenn ich nach Hamburg komme, als ganz, genau und ausdrücklich dieselben Bedingungen gewesen sind, unter welchen ich // im Jahre 1806 dort gespielt habe. Sobald mir diese für sich und im Namen Ihrer Herrn Kollegen von Ihnen gesichert sind, so breche ich die Verbindungen für Gastrollen im südlichen Deutschland ab, und wir hätten dann nur noch über die Auswahl der Stücke uns zu berichtigen, deren ich vorläufig hier etliche benennen will; Sie kennen mich und wissen, daß eine Direction um des­ willen mit mir nichts hazardirt, weil ich mich ohne weiters zurückziehe, sobald ich in einem weniger besezten Hause den Antheil des Publikums geschwächt, mithin

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den Vortheil der Direction, die mich kommen läßt, und meine Ehre nicht richtig berechnet finde. // Emilia Galotti Marinelli. Benjowsky Hettmann. (falls ich ihn dort noch nicht gegeben) Wallenstein Wallenstein (Welche Ausgabe? Die mit den Piccolomini zusammengezogne, oder Wallensteins Tod?) Octavia Antonius. (falls es dort gegeben wird) Regulus Regulus. (wenn es dort gegeben wird. Gedrukt oder Manuscript?) // Die Versöhnung oder: Clementine Schiffscapitain Fridolin Graf v. Savern. Indianer in England Samuel Der Schleier v. Vogel Baron. Dumas. Ton des Tages Testament des Onkels Baron. Hausfreunde Geheimrath. (wenn ich ihn dort noch nicht gespielt) Mondeaux. Aller Welt Freund Rückwürkung Dorsay. Alexis, Oper der Gärtner. // Es kommt darauf an, ob Sie von den dort bereits gespielten Rollen einige wieder­ holt wünschen, oder überhaupt mir andere proponiren wollen, weil ich unter Zwanzig Darstellungen, die Reise nicht wohl unternehmen kann. Ein anderes ist es, wenn das Publikum sich einer Reihe von Zwanzig Darstellungen abgeneigt fin­ den sollte, welches, wenn es an Stell’ und Ort sich so findet, als ein Unfall zu be­ trachten ist. Nun schließe ich meinen langen Brief. Ich bitte Sie, mich Ihrer lieben Frau herz­ lich zu empfehlen, auch Hrn. Stegmann und //  Eule. Ganz besonders aber bitte ich Sie, mich Herrn Schröder ins Gedächtniß zurück zu rufen. Sagen Sie ihm von meiner Situation im Ganzen, was Sie gut finden, und wovon Sie glauben, daß er Neigung hat, es zu hören. Sonst aber sagen Sie Niemand weiter etwas davon. Man wird so leicht für anmaßend gehalten und mißverstanden. Der Familie v.  Axen meine besten Empfehlungen. Auch Herrn Berthes, wenn ich bitten darf. Der Frau Wittwe Kirchner muß ich allerdings die Oper ihres Mannes bezahlen, da ich sie genommen habe, obgleich wir sie niemals werden geben können, // wieviel ich auch an dem Text, der in der That unter dem Mittelmäßigen ist, gefeilt habe, was

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ich kann. Jedes Publikum hat seine Eigenheiten, und das Parterre, was heute dies und jenes durchgehen läßt, ist bei andern Dingen unerbittlich, niemals wird das Parterre von Berlin die Promenade des Kardinals vor das Thor und den verkleide­ ten Läufer ertragen. So leidend wir uns auch befinden, so habe ich dennoch niemals aufgehört, ­Manuscripte zu kaufen, und den Verfassern sie sogar gut zu bezahlen. Wir wer­den ohnehin täglich ärmer an guten Stücken. Thun die Directionen erst nichts, oder ganz ganz geringfügige // Dinge für die Verfasser, so ists gar mit der guten ­Sache am Ende. – Einige Sachen habe ich gekauft, weil Rücksichten der persönlichen Theilnahme mich dahin geführt haben, welche jedoch auch als Geschäfts­führer so ziemlich von mir verantwortet werden können. Einige solche Fälle, ­welche ziem­ lich nahe auf einander gefolgt sind, und die Ausgaben, welche ich zur Instand­ setzung des Opernhauses für den Empfang des Königs habe machen müssen, hin­ dern mich, Herrn Höbicker, der diesen Brief Ihnen überbringt, wie ich gern wollte, das Honorar für Mad. Kirchner jezt mitzugeben. Jedoch ist dieses eine // heilige Angelegenheit, welche unfehlbar zwischen hier und vier Wochen berichtigt seyn soll. Ich bitte Sie, dieses mit meiner Begrüßung, Herrn Bartels zu sagen, welcher eben dieser Sache wegen vor einigen Wochen an mich geschrieben. Man kann nicht alles, was man gern können möchte, und wenn Sie übersehen könnten, was ich doch noch alles zu Stande gebracht habe, unter welchen Hindernissen und wie es zu Stande gebracht ist, es würde mir Ihren lebhaften Antheil erregen. Ihr Iffland B 10 März / 1809 76. Iffland an Friedrich Wilhelm III. Berlin, 11. April 1809 (H: GStA PK, Signatur: HA I, Rep. 89, Nr. 21040/1, Bl. 49–51) Allerdurchlauchtigster Großmächtigster König AllerGnädigster König und Herr! In der, über die neüe StaatsEinrichtung unter Ewer Königliche Majestät Aller­ Höchsten Nahmen erlaßenen Bekantmachung ist unter den Atributionen der in dem Umfang des Ministeriums des Inneren begriffenen, Section des Cultus, auch die Aufsicht über die Theater begriffen. Ohne Zweiffel haben weise Gründe, Ewer Königlichen Majestät bestimt die Thea­ter, wie alle andre öffentliche Institute, nicht ohne Aufsicht zu laßen und ­sicher könnte denselben kein ehrenvollerer Platz angewiesen werden, als indem sie den höheren BildungsAnstalten angereihet worden sind. Als Vorsteher eines solchen, fühle ich mich für diesen neüen Beweiß Ewer Königlichen Majestät huld­

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reichsten Theilnahme und Fürsorge für das Schauspielwesen, zu dem ehrfurcht­ vollesten Danke verpflichtet. Da es mir indeßen überaus wichtig sein muß, zur Beurtheilung und Erfüllung meiner Berufsobligenheiten, genau den Begriff und Umfang der Aufsicht zu ken­ nen, welche der Section des // Cultus über die Theater anvertrauet werden soll; so darf ich auf Ewer Königlichen Majestät huldreichste Nachsicht hoffen, wenn ich um eine nähere AllerGnädigste Bescheidung darüber alleruntertänigst bitte und es wage, einige, das hiesige Theater insbesondre betreffende Bemerkungen in tiefs­ ter Ehrfurcht hier anzufügen. Das hiesige, meiner Direction AllerGnädigst anvertraute Theater hat bisher ­unter keiner besonderen Aufsicht gestanden; über alle wichtigeren Gegenstände, seiner Kunstführung sowohl als seiner Oekonomie, haben Ewer Königliche ­Majestät, auf meinen unmittelbaren, allerunterthänigsten Vortrag, Allerhöchst­ Selbst, zu entscheiden geruhet. Nur wenn zuweilen, in Schauspielen politische Beziehungen enthalten waren, oder hätten gesucht werden können, habe ich, um Nirgend anstößig zu werden, mich verpflichtet erachtet, mir, zu meiner bestimmteren Direction, eine Beleh­ rung von dem Departement der auswärtigen Angelegenheiten zu erbitten. Die­ selbe Behörde hat auch jedesmahl die Anweisung gegeben, // wenn bei eingetrete­ nen Trauerfällen, das Theater zu schließen gewesen. Gegenwärtig mag, wenn ich nach meiner geringen Einsicht urtheilen darf, un­ ter der, der Section des Cultus übertragenen Aufsicht, hauptsächlich wohl die Be­ achtung der Sittlichkeit der aufzuführenden Stücke und die moralische Tendenz der theatralischen Vorstellungen überhaupt, begriffen werden, und wenn ich mich darinn nicht irre, so kann ich diese Einrichtung nur in Ehrfurcht bewundern und in schuldiger Unterwerfung verehren. Würde hingegen diese Aufsicht, etwa durch Mißverständniß Ewer Königlichen Majestät AllerGnädigsten Intention, oder durch die Ausdehnung, welche in der Zeitfolge leicht alle Einrichtungen annehmen, weiter verstanden werden wollen, als daß, so viel das hiesige Theater betrifft wenn von der vorgedachten Behörde, unsittliche Grundsätze, oder Darstellungen, in den aufgeführt werdenden Schau­ spielen, oder eine, von dem Theater ausgehende gefährliche Wirkung auf den VolksGeist und Glauben wahrgenommen werden sollte, dieselbe solches Ewer Kö­ niglichen Majestät, zu dem Zwecke allerunterhänigst // anzuzeigen haben würde, damit AllerHöchstdieselben geruhen mögten, die Theaterdirection, zur Abstel­ lung der bemerkten Gebrechen anzuweisen, Würde von der CultusBehörde eine nähere oder entferntere Einmischung, in die theatralische Kunstführung und Oekonomie in Anspruch genommen und sollte insbesondere daraus eine Zwischeninstanz, zwischen Ewer Königlichen ­Majestät AllerHöchsten Person und der Direction gebildet werden wollen, und

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es den Schauspielern und anderen zum Theater gehörigen Personen, erlaubt seyn, sich in irgend einer, mit ihrem Beruffe zusammenhängenden Angelegenheit, zu was immer für einen Zweck unmittelbar an jene Behörde zu wenden: so fühle ich mich in meinem Gewißen verpflichtet Ewer Königlichen Majestät in tiefster Ehr­ furcht zu bemerken, daß, nach meiner innigen und redlichen Ueberzeügung, eine solche zweifache Leitung, einem jeden Theater, und dem hiesigen, noch mehr als allen anderen, nur nachtheilig werden könne und daß insbesondere ich für meine Person, würde glauben müßen, unter solchen Bedin-//gungen, nicht mehr alles leisten zu können, was eine KunstAnstalt von der Art erfordert und den Zweck meiner Bemühungen nicht mehr vollständig zu erreichen. Ich habe es bisher mir zu einem besondern Vorzuge gerechnet, unmittelbar un­ ter Ewer Königlichen Majestät Allerhöchsten Befehlen zu stehen, und darinnen eine vorzügliche Aufmunterung zur Anstrengung aller meiner Kräfte, und nächst dem schmeichelhaften Beifalle womit AllerHöchstdieselben mich bishieher Aller­ Gnädigst zu beehren geruhet haben, den höchsten Lohn für meine Bemühungen gefunden. Nur mit Schmerz könnte ich eine Aenderung in diesem Verhältniße er­tragen und ich muß mit Grunde befürchten, daß die daraus unvermeidlich hervor­ gehende Zerstörung der ganzen, zu meinem Wirken nothwendig erforderlichen Unbefangenheit, eine Unfähigkeit bei mir zur Folge haben würde, bei der ich mich selbst nicht mehr würdig halten könnte, mit Ewer Königlichen Majestät Aller­ höchsten Beifalle begnadigt zu werden und nicht mehr im Stande glauben, den Zweck meiner Anstellung, in der, zu meiner eignen Zufriedenheit erforderlichen Vollkommenheit zu erfüllen. Geruhen Ewer Königliche Majestät, mir die Freimüthigkeit, dieser Aeußerun­ gen, huldreichst zu gut zu halten. Sie haben keine andre Quelle als meine treü­ devoteste Anhänglichkeit an AllerHöchstdero Person und die zärtliche // Fürsorge für die Anstalt, deren Direction und möglichste Vervollkommnung, AllerHöchst­ dieselben mir anvertrauet haben und die, wie ich überzeügt bin, nur bei einer, in der bisherigen Art unbeschränkten Führung, gedeihen und gehoben werden kann. Ich verharre in der tiefsten Ehrfurcht Ewer Königlichen Majestät AllerUnterthänigster Diener Iffland Berlin / den 11ten Aprill / 1809

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77. Friedrich Wilhelm III. an Iffland, mit einer gesonderten Nachricht an Friedrich Ferdinand Alexander Graf zu Dohna-Schlobitten. Königsberg, 26. April 1809 (H: GStA PK, Signatur: HA I, Rep. 89, Nr. 21040/1, Bl. 55; Konzept, Schreiberhand) Königsberg 26ten. April 1809 An den Director Iffland zu Berlin SKM. geben dem Director Iffland auf die am 11ten d. M. geäußerte Besorgnisse ­wegen seines Verhältnisses zu den obersten Verwaltungsbehörden gegen die Be­ ruhigung: daß dadurch das unmittelbare Verhältniß desselben mit Sr. Majestät nicht aufgehoben ist, und die eigentliche Direction des Nationaltheaters nur dem Director Iffland zusteht, also Einmischung in die theatralische Kunstführung und Oeko­nomie nicht zu besorgen ist. Denn obgleich die Theater nicht blos in Rück­ sicht auf Sittlichkeit, sondern auch auf Geschmack und Bildung überhaupt, mit allen übrigen Unterrichts-Anstalten in Verbindung unter der Section des öffent­ lichen Unterrichts gesetzt sind; so wirkte doch der Director Iffland auf alle jene Zwecke schon selbst immer so gern, daß darüber zwischen ihm und dem Sections­ Chef kein anderes als das größte Einverständniß obwalten kann. Der ­p. Iffland hat als Künstler, Director und Patriot durch das, was er für das Berliner National ­Theater that und was er aufopferte, S. M. Vertrauen stets noch mehr gerechtfertigt, und darf daher die Fortdauer und Bethätigung desselben mit Zuversicht erwarten. Seine persönlichen Eigenschaften haben dem Director Iffland das unmittelbare Verhältnis mit Sr. Maj. erworben, sie werden es // ihm also ferner erhalten, und AllerhöchstDieselben wünschen, daß diese Beruhigung ihn für so viele Sorgen, Bemühungen und Opfer entschädigen möge. Königsberg 26. April 1809 [gez.]

An den Staatsminster Grafen zu Dohna Mein lieber p. Ich laße Euch das, was der Director Iffland zu Berlin wegen seines Verhältnisses zu den obersten Verwaltungsbehörden unter dem 11ten d. M. vor­ gestellt hat, und meine ihm heute darauf ertheilte Antwort zu Eurer Nachricht in Abschrift hierbei zu fertigen, und verbleibe EwK Königsberg 26. April 1809 [gez.]

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78. Iffland an Friedrich Wilhelm III. Berlin, 27. Mai 1809 (H: GStA PK, Signatur: HA I, Rep. 89, Nr. 21001, Bl. 39–43; Schreiberhand, mit eigenhändiger Unterschrift) Allerdurchlauchtigster Großmächtigster König! Allergnädigster König und HErr! Der Schauspieler Kaselitz hat am 1ten April dieses Jahres seine Entlassung vom Na­ tional-Theater und zwar schon auf Michaelis erbeten, weil er von seinem Gehalte nicht leben könne. Nach Anrathung näherer Uiberlegung ist, da er während vier­ zehn Tagen seinen Entschluß nicht geändert, die Aufkündigung angenommen, und hat er hierauf gebeten, noch früher, bereits den 1sten September, abgehen zu können, welches ebenfalls bewilliget ist. // Der Angabe des Kaselitz, daß er von seinem bloßen Gehalte nicht leben könne, ist das entgegen zu setzen, daß er sich auch nicht in dem Falle befunden, von ­seinem bloßen Gehalte gelebt haben zu müssen. Es hat derselbe vom Jahre 1794 an, bis jezt, Sechs Hundert und Fünf und Funfzig Thaler an Gratificationen, und außerdem, in eben dieser Zeit, Neun Benefize-Vor­ stellungen erhalten, deren Ertrag mit Sicherheit auf Vier Tausend Fünf Hundert Thaler anzuschlagen ist, so daß er, außer seinem beträchtlichen Gehalte von jähr­ lichen 936 Thalern, in der Zeit seines hiesigen Engagements über = Fünf Tausend Thaler extraordinaire Einnahmen bezogen hat. Im Verhältniß zum Ganzen, würde // es überhaupt nicht billig seyn, das Gehalt des Kaselitz jezt vermehren zu wollen. Wenn es hart seyn würde, ihm die Aussicht auf ein Benefiz zu nehmen, so lange diese beibehalten werden, so ist der Kaselitz doch nicht von so ausgezeichnetem Verdienste, daß er auf periodische Fixirung desselben Anspruch machen könnte. Sein Bestreben muß um die Bewilligung von Zeit zu Zeit, sich verdient machen. Sollte er verlangen, hier beibehalten zu werden, so wird die Direction gewissen­ haft und mit Bereitwilligkeit beitragen, sein zeitheriges Verhältniß ihm angenehm zu machen; allein auf erhöhtere Bedingungen ihn wieder anzusetzen, würde bei seinen zunehmenden Jahren nicht an der Stelle seyn, // so wie es eine Unbilligkeit gegen junge Talente wäre, welche theils in den schwächsten Besoldungen sich ver­ kümmern und mit großem Fleiße und Erfolge vorwärts gehen. Anlangend das Gesuch des Kaselitz, daß er, nebst dem Besitzer des Museum zu Berlin, Rudolph Werckmeister, zu Potsdam ein stehendes Theater zu errichten und das Theatergebäude daselbst in Pacht zu nehmen wünscht, wobei er zugleich den Mitgliedern der Königlichen Kapelle ein Unterkommen anbieten zu können meint, so hat auf Euer Königlichen Majestät Allergnädigsten Befehl, über diesen Gegenstand ein gehorsamstes Gutachten vorzulegen, der Unterzeichnete, seiner Uiberzeugung gemäß, Folgendes vorzutragen. //

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Dokument 78

Ist das Privilegium, welches Carl Döbbelin auf einen Theil der Preußischen Staaten und zunächst auf die Kurmark und Pommern für Theater-Concessionen empfangen hat, durch dessen Nichtbenutzung und gegenwärtigen Aufenthalt in Amsterdam, als erloschen zu betrachten: so muß Eure Königliche Majestät die Direc­tion DEro Nationaltheaters unterthänigst ersuchen, bei anderweitiger Ver­ leihung dieses Privilegiums, bei gegenwärtigen Umständen, alle Oerter, welche zwei Meilen im Umkreise von Berlin belegen sind, gnädigst ausnehmen lassen zu wollen. Da aber mit diesem Privilegium überhaupt, zum Nachtheil der Städte und der Kunst, viel Ungebührliches veranlaßt worden ist, so geruhen Eure Königliche Ma­ jestät, auf den Grund der früheren Verfügungen in ähnlichem Falle, vor // der Verleihung eines Privilegiums auf einen Theil der Preußischen, besonders der zu­ nächst umliegenden Staaten, der Direction zu Berlin Allerhöchst DEro Befehle zu Prüfung der Fähigkeiten und Lage derer Directoren, welche dazu sich melden, zugehen lassen zu wollen. Was nun besonders Potsdam und das Gesuch des Kaselitz und Werckmeister anlangt, so dürfte angeführt werden, daß, wenn angenommen werden kann, daß aus guten Schauspielvorstellungen, welche von Zeit zu Zeit in Potsdam gegeben werden, einiger Vortheil entsteht, dieser, nach so manchem Verluste, allerdings der Kasse des Berliner Theaters zugewendet werden sollte, und welches beson­ ders bei der ersehnten Anwesenheit Seiner Königlichen Majestät und vorzüglich in den für die Theater-Cassen-Einnahme nachtheiligen Sommermonaten viel­ leicht, // bei möglichster Reducirung der Kosten, daselbst wöchentlich ein oder zwei Schauspielvorstellungen mit einigem Vortheil geben könnte. Haben aber in früherer Zeit die seltnen Vorstellungen, welche daselbst ge­geben worden sind, nur einen unverhältnißmäßigen Uiberschuß gewähren können, so ist nicht abzusehen, wie jezt ein in Potsdam bestehen sollendes Theater, nach den ersten Auslagen von Garderobe, Musicalien, Bibliothek, Beleuchtung, Orchestre, Tageskosten, nach Abzug des Unterhaltes des Kaselitz und Werckmeister, den ­ersterer besser erwartet, als er ihn in Berlin hat, und worin zweiter ihm nicht wird nachstehen wollen, noch sollte bestehen können. Würde aber ein solches Theater auf die Umgebungen von Berlin ausgedehnt, auf Spandow und Charlottenburg nament-//lich: so gereicht es dem Berliner Thea­ter, in dessen gegenwärtig beschränkter Situation, zum Nachtheil. Da nun der p. Kaselitz eine Stelle in Berlin hat, die er aus freien Stücken auf­ gegeben, da der p. Werckmeister durch das Museum, eine große Leihbibliothek und Musik­verlag daselbst sein Auskommen hat: so kann um so weniger Anstand genommen werden, das Unternehmen eines stehenden Theaters in Potsdam, als ­etwas vor der Hand nicht thunliches, abzurathen.

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Es ist nicht abzusehen, was daraus für die Glieder der vormaligen Königlichen Kapelle, Gedeihliches sollte erfolgen und sich bewähren können. Bei diesem Anlaß bemerkt der Unterzeichnete unterthänigst, wie er, auf // Er­ fordern, des Herrn Minister von Stein Exzellenz, im vorigen Jahre, über Gebrauch und Erhaltung der Königlichen Kapelle, im Verein mit dem Nationaltheater, nach dem Beispiele des Wiener Hofes, ein Memorial zugestellt hat. Sollten Eure Königliche Majestät, aus besonderer Gnade, geneigt seyn, den ­Kaselitz und Werckmeister, mit dem Privilegium eines stehenden Theaters zu Potsdam versehen lassen zu wollen: so muß gehorsamst bevorwortet werden, daß alsdann diesen untersagt werde, jemals Engagements vom Berliner Theater zu ­machen. Es würde ferner, aus Gründen der Nothwendigkeit, all und jede Kunstverbin­ dung und Mittheilung von Personen und Sachen zwischen beiden Theatern unter­ sagt seyn und nicht statt finden müssen. [Von Ifflands Hand:] Ich ersterbe in tiefster Ehrfurcht Ewer Königlichen Majestät unterthänigster Iffland Berlin / den 27ten May 1809 79. Iffland an Julius von Voß. Berlin, 19. Juni 1809 (D: Archiv für Theatergeschichte. Im Auftrag der Gesellschaft für Theatergeschichte hrsg. von Hans Devrient. 2. Band. Berlin 1905,  S. 241f.) Berlin, den 19. Juni 1809. Mit reinem, lange nicht empfundenen Vergnügen habe ich das treffliche Lustspiel gelesen, welches Sie mir übergeben haben. Es ist ein treues, unterhaltendes Ge­ mälde unserer Zeit und enthält tieffe Menschenkenntniß. Es soll mit Sorgfalt und Liebe gegeben werden. Die Szene der Ammengeschichte muß der Dezenzmeister wegen wohl wegbleiben oder geändert werden. Im Stücke fehlt ein Schauspieler und im Conzertvorsaal und bei dem Ausgange auf der Gaße – ein Jüde und ein Rezensent wie der, welcher die hiesigen Privat-Konzerte zu beurteilen pflegt. Die Tempioni dürfte ja nur einen Deklamator für das Konzert wünschen – und ein Gerücht den Herrn Willmann als Schauspieldirektor wähnen laßen. Hier könn­ ten ein rapeureuser, aufgeblähter, milzsüchtiger Heldenspieler und ein abgeblaß­ ter verlebt verlegener Komiker von guter Wirkung sein. Sollte nicht ein Musikkünstler du bon vieux temps, einer von denen, die im Heilig­tum der Sa che, nur in der Welt leben, nicht mit der Welt, deren Alfan­ zereien und Modedroguerieen sie kaum kennen, dem Vater Timpling sein (ein

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höchst ­h ei l i g wahrer Charakter) – aus seines Sinnes Tiefe irgendwo, etwa vor dem Konzert über ächte Kunst ein humoristisch-kräftig-kunstfrommes Wort mit dem Feuer und der Kunstgottesfurcht des alten Mahler Ebrecht reden? Die Modekünstlungen hätten dann gleich ihr würdiges Gegenbild. Doch sind das nur Ideen, mit denen ich die Unbefangenheit des Autors nicht beengen möchte. Ich kan Ihnen nicht genug sagen, mit welcher Liebe ich diese Ihre Arbeit um­ fasse. Laßen Sie doch Ihre komische Muse ferner walten! Wie wenn Sie uns ein Bild der wahren deutschen Kleinstädterei geben wollten? Herrn von Kotzebue verdienstlichen Kleinstädter mögte ich eher die deutschen Reichsstädter nennen. Ich lege das Exemplar wegen der Ammenszene etc. Ihnen bei, aber ich erbitte es zurück, sobald Ihr Humor es uns zurückgeben kann, denn ich mögte gern mich recht bald damit beschäftigen. Ich biete Ihnen für dieses Lustspiel einstweilen achtzig Thaler Honorar, vierzig Thaler, welche Sie morgen früh bei d. H. Rendant in Empfang nehmen wollen und vierzig Thaler am Tage der Vorstellung. Laßen Sie mich bald das andere Stück empfangen. Mit Achtung Ihr ergebenster Diener Iffland. Nachschrift: Soeben überzeuge ich mich, daß das Honorar von achtzig Thaler auf einmal ge­ zahlt werden kann, mithin belieben Sie morgen früh neun Uhr diesen Betrag bei Herrn Rendant Jacobi zu empfangen. Ich zweiffle nicht, die Vorstellung werde wie sie es verdient besucht werden und zu einigem Nachschuß alsdann die Kasse in den Stand setzen. Iffland. 80. Friedrich Ludwig Schröder an Iffland. Hamburg, 16. März 1810 (H: Universität Hamburg, Hamburger Theatersammlung) Schwerlich, mein Lieber Bruder wird ein heroisches Trauerspiel, wie ein bürger­ liches Schauspiel wirken. Auch ich ziehe die ersten Stücke, der Adelheid vor. Die Geschichte ist erdichtet, und wär’ es auch nicht gegen die Constitution, so ist vom Bruche des königlichen Worts und einem Bürgerkriege die Rede. Vielleicht dient es Ihnen zum Trost, daß die Cassen-Commissarien unverrich­ tet zurückgegangen sind, und daß die Proclamation im Hannöverischen nicht ge­ druckt wurde. Ich halte es aber nur für eine Galgenfrist.

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Stumpfs Harmonie Acte hat das hiesige Theater nicht; auch kenne ich sie nicht. Sind sie gedruckt? Ich freue mich Ihrer Berichte. – Minna kann Nirgends mehr so viel Glück machen als in Berlin; es erinnert an die alten Zeiten. Diese Erinnerung sollte freylich mit Schmerz verbunden seyn. Haben sie sagen lassen: Ich begreife wohl, dass ein Feldzug gegen die Türken nicht halb so lustig seyn kann, als gegen die Franzosen? Ist Riccaut im Stücke ge­ blieben? Ich habe hier im Rochus Pumpernickel nicht lachen können, so höllisch wurde übertrieben. Ich kann es überhaupt nicht leiden, daß Repertoirstücke, wie der ein­ gebildete Kranke, der politische Kannengiesser hier waren, durch solche Possen verdrängt werden. // In Ansehung der Operncomposition muß ich mich uneigentlich ausgedrückt haben. Meine Meinung war: die Ihnen mitgegebene Oper sollte nur zu e rst in Hamburg gegeben werden. Ich bin in Ihrer Schuld, lieber Freund! Ich hoffe, daß noch mehr dazu kom­ men wird, um alles auf einmahl zu berichtigen. Ich breche, soviel mir möglich ist, meine maurer Correspondenz ab; deshalb bin ich Ihnen nicht mit mehreren Auf­ trägen lästig. Wie immer Ihr S. H. d. 16 März, 10. 81. Marie Christiane Elisabeth Bürger an Iffland. Hamburg, 21. Mai 1810 (H: GSA Weimar, Signatur: 48/N 4) Hamburg d: 21ten May – 10 In Ihrer Nähe lebend, mein Verehrtester! Kann ich mir nicht die Freude versagen, Sie durch einige Zeilen zu grüßen. Seit ich durch Ihre Güte in Berlin auftrat, hat meine künstlerische Laufbahn eine so viel hellere Bedeutung gewonnen, daß ich Sie als meinen Wohlthäter betrachte und verehre. Lassen Sie Sich meine Dank­ barkeit gefallen. Sollten Sie das Manuscript Klara von Montalban welches ich im vorigen // Som­ mer von Darmstadt aus an Sie absandte nicht erhalten haben, weil ich keine Nach­ richt darüber von Berlin aus erhielt? Ich wünschte sehr das Schicksal dieses Pakets zu erfahren – und bitte gehorsamst um Nachricht durch meinen Freund Hofrath Schütte.

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Die Direktion des Altonaer Theaters würde sich sehr glücklich fühlen, wenn Sie dort auf Ihrer jetzigen Reise einige Gastrollen geben wollten. Sollte dieß Ihnen ge­ fällig sein, so hätte ich vielleicht das Glück Sie selbst dort zu begrüßen. Mit den innigsten Gefühlen reiner Verehrung Ihre ergebenste Elise Bürger 82. Pius Alexander Wolf an Iffland. Weimar, Juli 1810 (H: GSA Weimar‚ Signatur: 48/N 20) Wohlgeborener, Hochgeehrter Herr Direktor! Ueberbringer dieses Herr Professor Passow ist der Uebersetzer des Lustspiel „Ad­ vokat Patelin“. Da er auf seiner Reiße nach Preußen Berlin paßirt, so bin ich so frei Ew. Wohlgeboren zu ersuchen, ihm selbst das Honorar für erwähntes Stück verabfolgen zu lassen, das mir H. Sekretair Pauly nach Ew. Wohlgeboren Zurück­ kunft von Bremen zu übersenden versprach, wir ersparen dadurch das unnöthige Porto etc. Mit ganz vorzüglicher Hochachtung verharrend Ew. Wohlgeboren ganz ergebenster Wolf Mitglied des Herzoglichen Hoftheaters. Weimar / July 1810. 83. Karl Gottfried Theodor Winkler an Iffland. Dresden, 7. Dezember 1810 (H: GSA Weimar, Signatur: 48/N18) Verehrtester Freund! Die schöne Hoffnung die ich hegte, Sie bey Ihrer Rückreise von Leipzig nach ­Berlin in Dresden zu sehen, ist leider nicht erfüllt worden, und so kann ich Ihnen blos in der Ferne die Theilnahme an den Huldigungen versichern die Ihnen auf dieser Reise überall gebracht worden sind. Wer kann sie mehr verdienen als der edle Deutsche, der das Höchste seiner Kunst kennt, und den Kranz der am Ziele winkt sich schon um die Locken schlang? // Das Schicksal der beyden Kotzebueische Stücke welche ich Ihnen in diesem Sommer übersandte habe ich aus den Zeitungen erfahren. Sie gefielen der einen und misfielen der andern Parthey. Für Meisterwerke giebt sie auch ihr Verfasser

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selbst nicht aus, indes sind sie durchaus nicht ohne Witz und Laune. H. v. Kotze­ bue dem ich zu Weihnachten Rechnung über mein Haushalten ablegen muß, schreibt mir, daß er von Ihrer Bühne gewisse Procente der 3. ersten Vorstellungen erhalte, da diese nun vorüber sind, so ersuche ich Sie, mir den Betrag davon zu melden, und diesfalsige Anweisungen nach Dresden oder Leipzig zu geben, indem ich gleich nach Weihnachten eine Anweisung meines Freundes in Schwarzen an mich erwarte. Verzeihen Sie jedoch die Bitte //  Und nun bin ich auch noch so frey Ihnen anliegendes Manuskript zu übersen­ ­ ugen den und um Durchsicht desselben zu bitten. Ich bringe es so gern vor die A eines Kenners gleich Ihnen. Ich gestehe, daß ich es mit Liebe gearbeitet habe, und daher stolz genug bin zu glauben daß es nicht ganz ohne Verdienst sey. Das ­geistige welches durch das Ganze weht, ist freylich, eine so ächttragische Ansicht es auch dem Ganzen giebt, nicht für jeden Leser, noch weniger für jede Bühne ge­ eignet. Wenn ich mir aber denke, daß der Prolog schon den Standpunkt angiebt, von ­welchem aus das Stück mit seinem Familienschicksale zu beurtheilen ist, und daß ein Publikum wie das Berliner durch Ihre Bemühungen im richtigen Blicke viel weiter vorgerückt seyn muß, als jedes andere, so wacht doch die Hoffnung in mir auf, daß es vielleicht möglich seyn // könnte einen Versuch mit einer Dar­ stellung desselben auf Ihrer Bühne zu machen. Es wird dies eine höchst erfreu­ liche Erscheinung für mich seyn und ich der FreundesHand dabey innigen Dank ­zollen. Doch lege ich dies alles in Ihre Hand und folge Ihrem Rathe gern. Nehmen Sie die Versicherung der innigsten Hochachtung und Ergebenheit an, mit denen ich jederzeit verharre. Ihr Sie innig verehrender Karl Winkler Dresden / am 7. Dezember / 1810 84. Karl Gottfried Theodor Winkler an Iffland. Dresden, 27. Mai 1811 (H: GSA Weimar, Signatur: 48/N18) Dresden am 27. May 1811 Ew. Wohlgeboren Schreiben vom 20. May habe ich erhalten, und danke dafür. Die darinn angekün­ digte Berechnung erwarte ich. Da Herr von Kotzebue, wie ich schon die Ehre ge­ habt habe Ihnen zu melden, mir die Einkassierung aller Gelder für seine S­ tücke aufgetragen hat, und deshalb die Anweisungen zu Zahlungen Halbjährig an mich sendet, so bedarf es wohl nicht erst einer ZahlungsOrdre desselben, sondern ich bitte die fraglichen Summen, durch Anweisung oder baar sofort an mich zu

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schicken, indem ich zu Johannis von dem Herrn von Kotzebue Befehl zu eini­ gen Zahlungen erhalten werde, wobei sehr auf diese Gelder gerechnet ist. Daß die Versendung der Stücke durch mich geht, ist wohl Beweis genug dass ich auch zu Einkassierung der Honorarien beauftragt bin, außerdem // bin ich gar sehr er­ böthig es durch die eigenhändigen Briefe des H. v. Kotzebue zu beweisen. Anbey folgt der Br i ef aus C a di x . Da er nur 3 Akte hat, will H. v. Kotzebue ihn für zwey Drittel des Honorars ablaßen, wornach ich Ihre Berechnung einzu­ richten bitte. Haben Sie die Güte gehabt mein Trauerspiel, die Sü hne d e r E n kel, das ich Ihnen vor mehr als dreiviertel Jahren zuschickte, Ihrer Prüfung zu unterwerfen? Ich bitte recht sehr es zu thun, wenn Ihre Geschäfte bis jetzt es verhindert hätten und die Freundschaft zu haben mir bald einige Nachricht deshalb zu geben. Darf ich Ihnen meine Bearbeitung des Hektor zu schicken? Der Adel Ihres Verdienstes läßt Sie gewiss von der Wahrheit der Versicherung überzeugt seyn, daß ich mit der innigsten Verehrung und Hochachtung bin Ew. Wohlgeboren innigst ergebenster Freund und Diener Karl Winkler 85. Generaldirektion der Königlichen Schauspiele an die Sektion für Schulden. Berlin, 30. August 1811 (H: GStA PK, Signatur: HA I, Rep. 151, IC, Nr. 8167, Bl. 31–32) [Aktenvermerk:] Sektion für Staatsschulden Der Professor Burnat hat zu der Oper Achilles, welche am 15ten October 1810 im Königlichen Opernhause aufgeführt worden, mehrere Decorationen auf Bestel­ lung der General-Direction des Theaters geliefert, wovon die Spezial-Rechnung nach einer in dieser Rechnung gemachten Moderirung von 50 Thlr: = 1200 Thaler beträgt. Obgleich die Direction ihre Verbindlichkeit erkannt hat, diese Rechnung zu bezahlen, so hat dies dennoch, bei dem Unvermögen der Theater-Casse, nicht bewirkt werden können, und hat daher diese Forderung des Professor Burnat in dem Theater-Cassen-Schulden-Verzeichniß, welches Einem Hohen Königlichen Departement der Finanzen übergeben worden, aufgeführt werden müssen. Ausser der Rechtmäßigkeit dieser Forderung des Burnat, erlaubt der Unter­ zeichnete sich noch Folgendes zur Motivirung einer geneigten Berücksichtigung seines Gesuches um eine Zahlungsverfügung gehorsamst anzuführen. //  Der p. Burnat hat bis zum 1ten Juny d. J. kein anderweitiges Einkommen gehabt, als ein Wartegeld von jährlich 500 Thalern aus der Nationaltheater-Casse; alle ihm

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aufgetragnen Decorations-Malereien wurden ihm nach speciellen Designationen bezahlt; und in der Mehrheit dieser ihm aufgetragenen Arbeiten und des dafür ihm zu Theil werdenden Mahler-Preises, lag allein die Möglichkeit seiner Exis­ tenz. – Seit dem Ausbruche des Krieges aber wurden diese Decorations-Arbeiten für das Opernhaus eingestellt und nur seit dem vorigen Jahre erst wieder einige Decorations-Arbeiten bei ihm bestellt. – Außer der noch unbezahlten Forderung der 1200 Thaler aber für Decorationen zur Oper Achilles, hat der Professor Burnat nur überhaupt gegen 1100 Thlr. für gelieferte Decorations-Malerei zu Psyche und Die Vestalin baar bezogen. – Es ist gewiß, daß diese Summe der 1100 Thlr., welche er im Laufe von 5 Jahren erworben hat, nicht // hinreichend gewesen seyn kann, seine wirklichen ihm obliegenden Ausgaben für Farben, Leim, Malerge­ räthe, Hülfsmaler und Farbenreiber zu bestreiten, viel weniger einen Uiberschuß für seine Lebens-Existenz davon zu machen. Ein Königliches Hohes Departement der Finanzen muß daher die unterzeich­ nete Direction gehorsamst bitten, dem hiebei zurück kommenden Gesuche des Professor Burnat um eine Zahlungs-Anweisung auf seine Theater-Cassen-Forde­ rung gnädigst zu willfahren. Berlin den 30sten August 1811 General-Direction der Königlichen Schauspiele Pauly in Abwesenheit des GeneralDirectors Iffland. 86. Gebrüder Henschel an Iffland. Berlin, 16. Oktober 1811 (H: Landesarchiv Berlin, Signatur: A Rep. 167, Bd. 33) Hoch und Wohlgeborner Herr! Insonders Hochzuverehrender Herr General Direktor! Beykommend übersenden wir Ew. Hochwürden einige Probeabdrücke von dem, nach der GedächtnisFeyer der Hochseeligen Königin verfertigten Kupferstich. Mit Gutheißen des Herrn Lieutenant haben wir Sr. Majestät dem König ein Exemplar davon überreicht, wir sind so frey das hiermit erfolgte Cabinetsschreiben hiermit beizuschließen. Wir erwarten über das Weitere Ihre Befehle und verharren Hochachtungsvoll Ew. Hochwürden gehorsamste Gebrüder Henschel Berlin, den 16ten 8br 1811.

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87. Iffland an das Departement der Finanzen. Berlin, 29. November 1811 (H: GStA PK, Signatur: HA I, Rep. 151, IC, Nr. 8167, Bl. 56; Schreiberhand, mit eigen­händiger Unterschrift) [Adresse:] An / Ein Königlich Hochlöbliches Departement / für die Seehandlung und die / Staatsschulden. Unter denen, von des KönigsMajestät allergnädigst übernommenen Schulden des Theaters, bittet der Unterzeichnende, so sehr sie alle ihm an Herzen liegen, den­ noch zwei Gegenstände, einer besondern gütigen Berücksichtigung, empfehlen zu dürfen. Es sind dieses die Forderungen der Dichter, Komponisten, die Forde­ rung des Herrn Verona und die Arbeitsrechnungen des Schneider Freitag, die seit 5 Jahren stehen. Herr von Kotzebue errinert mich dringend, Herrn von Göthe ist die Casse seit 10 Jahren schuldig. Der Kapellmeister Herr Weber ist im Begriff sich zu verheirathen, und bedarf zu seiner häuslichen Einrichtung, auf das dringendste, eine verhältnißmäßge Ab­ zahlung. Die Haupt Schuld des Herrn Verona, datiert sich von 1802 an, und steht seitdem ohne Zinsen. Ungern mache ich von diesen Gegenständen Erwähnung, da ich aber den häu­ figen, gerechten und sehr dringenden Anmahnungen nichts mehr entgegen zu set­ zen weiß, und von den wahren Bedürfniß durch specielle Kenntniß der Umstände, nur zu sehr überzeugt bin; // so kann ich nicht umhin, Einem Hochlöblichen Departement für die Seehandlung und Staatsschulden deshalb die angelegentlichste Vorstellung, zu Erlangung eines gütigen Beschlußes hierdurch zu machen. Berlin den 29ten Novbr. 1811. General-Direktor der Königlichen Schauspiele. Iffland 88. Iffland an das Departement der Finanzen. Berlin, 27. Dezember 1811 (H: GStA PK, Signatur: HA I, Rep. 151, IC, Nr. 8167, Bl. 138–152; Schreiberhand, mit eigenhändiger Unterschrift) Gemäß des Erlasses Einer Hochlöblichen Section für die Seehandlung und Staats­ schulden vom 17ten December d. Jahres wegen „der in Abredestellung hiesigen Magistrats, daß die an Französisches Militair und Civil-Autoritäten gegebenen freien Entréen, nicht auf Veranlassung des vormaligen Comité administratif geschehen, die hierauf bezug habenden Facta näher auseinander zu setzen“ erfolgt hierauf pflichtmäßig der nachstehende Bericht.

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Nach den Ereignissen des Krieges, bei Annäherung und instehendem Einzuge der Französischen Heeresmacht, kurz vor den lezten Tagen des Octobers 1806, mußte es die Pflicht des Unterzeichneten seyn, mit Unterdrückung jeder anderen eignen Empfindung, die Erhaltung des Schauspiel-Instituts, so viel nur thunlich seyn konnte, zu bewirken. Der Werth des Etablissements selbst, die Nothwendig­ keit einem fremden Hauptquartier, der Armee eine anständige und bei ihnen zu Hause nicht bloß gewöhnliche, sondern geliebte, von jedem Armee-Corps zu allen Zeiten, in Residenzstädten ersten Ranges aber besonders als unerläßlich erachtete, und – wie die Erfah-//rungen aus den Rhein-Kampagnen ihn belehrt haben – Krieges-Polizeimäßig sogar befohlne Unterhaltung gewähren zu können, die Be­ trachtung, daß es klug und gerecht sey, durch sorgfältige Führung eines guten hie­ sigen Theaters, ein der Stadt sehr viel theurer fallendes Französisches Theater zu vermeiden – die Pflicht und die Ehre machten es ihn zum Gesez, Kosten, Sorgen und Gefahren zu Erreichung dieses Zweckes zu übernehmen, nicht aber die ihm für seine Person allerdings bequemere, sogar sehr vortheilhafte und aus wichtigen Rücksichten persönlicher Sicherung leicht zu rechtfertigen gewesene Auswande­ rung anzutreten. Nachdem er zu seiner eigenen Erfahrung und Überzeugung, daß, was auch sich ereignen möge, in Lagen dieser Art das Schauspiel gleichwohl keinen Tag aus­ gesezt seyn dürfe, auch noch in diesem besondern Falle das Gutachten des da­ mals noch hier anwesenden Staats-Ministers und Gouverneurs, Herrn Grafen von der Schulenburg-Kehnert Exzellenz, in dessen AmtsEigenschaft, eingeholt und mündlich bejahend // erhalten, entwarf er den Plan, in seinen Dienstobliegen­ heiten nach den Umständen und bestem Wissen und Vermögen wirksam zu seyn. Das hiesige Schauspiel erhält und erhielt vorzüglich damals ganz eigentlich sich aus der Tages-Einnahme. Der damalige Königliche Jahres-Beitrag von Fünf Tau­ send Vier Hundert Thalern war überall, bei den Aussichten aber, die nun bevor­ standen, völlig unzulänglich. Die Abwesenheit alles Preußischen Militairs, die sogleich eingetretene sehr starke Entfernung derer Beamten, welche dem Königlichen Hofe folgen mußten, so wie die sehr zahlreiche Abreise und Auswanderung anderer Personen, welche entweder ihren Aufenthalt nach Willkühr nehmen konnten, oder welche die Be­ sorgniß von hier sich entfernen hieß, und welche den größten Theil des, das Thea­ ter besuchenden Publikums ausmachten, die Zurückgezogenheit von allen öffent­ lichen Vergnügungen, welche bei dem übrigen Publikum aus Zartgefühl, aus den Schrecken der Er-//eignisse, aus Ungewißheit und theils aus Dürftigkeit sich mit Gewißheit vorhersehen ließ – gaben die traurigsten Aussichten in betreff der Er­ haltung des Schauspiels. Diese mußten um so drückender sogleich eintreten, da das Theater, als ein, sei­ ner Natur und hiesigen Einrichtung nach, spekulatives Werk, von dem, in ­jedem

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Sommerhalbenjahre zu erleidenden Verluste, bei dem Ausmarsche des Militairs und des zum Krieges-Etat gehörigen Personale vom August bis October eben jenes Jahres 1806, einen beträchtlichen EinnahmeAusfall erlitten hatte, von welchem es sich in der eben eingetretenen Winterzeit nun erst guten Theils zu erholen hoffen sollte. Diese Aussicht verwandelte sich in das Gegentheil. Die Kasse besaß so wenig baares Geld, daß die Gehalts- und TagesZahlungen nur auf vierzehn Tage vor­ auszusetzen waren. Der Herr Staatsminister und damalige Gouverneur, Graf von der Schulenburg Exzellenz nahm mit // der geringen, hier noch anwesenden Gar­ nison, in Folge der Kriegs-Begebenheiten, in solcher Eile, welche keine fernere Raths­Erholung mehr zuließ, den Auszug von hier. Von da an übernahmen nicht die Herren Minister, sondern Präsident, Bürger­ meister und Rath die Führung der öffentlichen Angelegenheiten in Berlin. Das Theater, welches des Königs Majestät Allerhöchster Person unmittelbar un­ tergeben war, hatte also auch von da an, in augenblicklicher Entscheidung seiner Führung und Erhaltungs-Bedürfnisse, an gedachte Behörde sich zu wenden. Ein Gegenstand der Sorge und lebhaften Beunruhigung ward nun, außer dem fehlenden Gelde, die Art und Weise, wie das täglich zu erwartende Französische Militair die Entrée in das Schauspiel behandeln und behandelt verlangen wollen würde. Der Unterzeichnete, der nur zu sehr begreifen konnte und selbst sah, daß in dem Augenblicke, wo so viele, so verschiedenartige und dringende Ge­ schäfte // auf den gesammten Stadtrath sich häuften, welche noch durch die, je­ den Augenblick bevorstehende Einquartirung der Garnison des Kaiserlichen Hauptquartiers und der durchziehenden Armee, in’s Unübersehbare sich verviel­ fältigten, fühlte, selbst von der Nothwendigkeit der Entscheidung gedrängt, das in diesem Augenblick Unzweckmäßige schriftlicher Eingabe, worauf ohnedies die schriftliche Bescheidung sich weit über den geltenden Augenblick würde haben verziehen müssen. Er ersuchte demnach um Persönlichen Vortrag im Stadtrathe, welchen er auch bewilligt erhielt, und von des, damals die Geschäfte leitenden Herrn Fürsten von Hatzfeld Durchlaucht, im Beisein Mehrerer, angehört, und über Nothwendigkeit, Erhaltung und Fortdauer des Theaters, auf sehr gütige und präzise Weise be­ruhigt ward. Wegen Entrée des Französischen Militairs würden Erfahrung und Um­ stände erst das Nähere ergeben können, wobei // die Direction, durch Vertretung von der Behörde, möglichst geschüzt werden solle. Um lezteres bat er besonders, da es, wenn das Recht des Krieges auf die Thea­ ter-Entréen ausgedehnt werden sollte, gar keine Möglichkeit seyn würde, dieses zu erhalten.

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Der Unterzeichnete übernahm, gestüzt auf sämtliche verehrte mündliche Aeuße­rungen, die Verbindlichkeit, die Mitglieder der Bühne eines guten Er­gehens zu versichern, ihre Besorgnisse und Furcht zu vermindern. So gelang es ihm be­ sonders einige der bedeutendern derselben, welche vorzüglich durch frühere oder theils eben eingehende auswärtige Anträge zum Abgange gereizt worden waren und so die Bühne zerstört haben würden, hier zu erhalten. Allerdings konnte er sich der lebhaften Beunruhigung nicht erwehren, daß, bei so bedeutender Gewähr, als er von seinem Eifer sich hatte führen lassen, in so manchem Betracht zu übernehmen, gar nichts Schriftliches in seinen Händen war. Er wiederholte also die nothgedrungene Bitte // deshalb so angelegentlich, bis am 20sten October 1806, die sub Lit. A. hier beigehende abschriftliche Zusicherung, mit der Zeichnung „Präsident, Bürgermeister und Rath Büsching, Müller, Gerresheim, Koels“ und darunter „F. von Hatzfeld“ über diese Gegenstände erhielt. Auf diese Schrift gründeten sich seine Handlungen, und er konnte es nicht un­ ternehmen, in jener Zeit der Angst und Mühseligkeit ferner eine noch ausführ­ lichere Schrift extorquiren zu wollen, welches nur in ruhiger Zeit thunlich ist. Dieser dem Direktor Iffland hier gegebene allgemeine Auftrag und das darin zur Erhaltung und Führung des Schauspiels ihm bewiesene Vertrauen, sezt dessen Fähigkeit und besten Willen in der Dienstleistung von Seiten und im Namen jener nun alles vertretenden Stadtobrigkeitlichen Behörde, und wie diese nachher constituirt worden ist, das früher Angeordnete aber nicht widerufen hat, in eben dem Maaße voraus, als des Königs Majestät solche von ihm zu glauben bis daher Gnä­ digst geruhet hatte und haben. Es dürfte also die Aus-//gabe der, Französischer Seits der Direction abbegehrten und anbefohlnen freien Entréen, die Ablehnungs­ versuche, die Verwendung für die Art und Weise des Gebrauchs, so wie die Befug­ niß und Anordnung dieser Angelegenheit, gleich dem Quartier – Onere Freibillets zu geben, schon aus jener allgemeinen Vollmacht zu entnehmen seyn. Die Bedeutung der Entrée-Angelegenheit der Französischen Armee vorausse­ hend, so wie ihre Folgen, ward dieser Punct jedesmal von dem Unterzeichneten in Erwähnung gebracht, erhielt jedoch nur in der Zuschrift vom 20sten Octbr. fol­ gende Erörterung: „Was über die Entréen des Französischen Militairs beschlossen werden wird, soll dem Director Iffland sobald als möglich angezeigt werden.“ Ein Anderes konnte auch die tausendfältig befragte, belastete Stadtobrigkeit da­ mals nicht auf eine Sache antworten, welche durch die Anforderung und Aus­ übung erst ihre Natur darthun mußte Da nun nach dem Einzug der Französischen Truppen der Direction, von Stadt­ obrigkeits wegen, aufgegeben ward, für // den Herrn General-Intendanten Dáru

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täglich eine Loge zu bestimmen und offen zu erhalten, welche Anordnung vom 26sten Octobr. 1806 datirt und unterzeichnet ist: „Präsident, Bürgermeister und Rath, Müller, Schlechtendahl, Koels“ wie solche abschriftlich sub Lit. B. folgt, so war die Bahn damit vorgezeichnet, auf welcher die Direction, wie ihr so oft münd­ lich gesagt war, das Nothwendige thun, dem Vermeidlichen zu begegnen suchen sollte. Der Herr General-Intendant ließ erst durch seine Auditeurs eine Loge zu Sechs Personen im ersten Range bestätigen, und wählte bald darauf Selbst die so genannte Fremdenloge, welche er bis zu seinem Abzuge behalten hat. Im Gefolge derselben Nothwendigkeit, mußte dem Herrn Kommandant, Ge­ neral Hulin, eine Loge ersten Ranges überlassen werden. Die Anzeige ward in Eile mündlich nach dem Rathhause hingesendet und angenommen, wenn das denn auch anders nicht seyn konnte. Gleich nach Abreise Sr. Majestät des Kaiser Napoleon, nahm des Herrn Gou­ verneur Clarke Exzellenz die kleine Königliche // Loge ein. Für seine Adjutanten befahl er eine große Loge Ersten Ranges. Um diese Zeit ward die große Königliche Loge von Generals und Französischen Offizieren nach ihrem Willen besezt. Der Herr General-Kommandant befahl eine Loge Ersten Ranges für seine A ­ ides de Camp. Der Unterzeichnete ließ die mündliche Anzeige bei dem Comité machen, und es ward ihm erwiedert, er möge das Unvermeidliche thun und die Mißbräuche zu hindern suchen. Unter die Mißbräuche und Unvermeidlichkeiten bei solchem Kriegs-Ereigniß, gehörte das in den ersten zwei Wochen geschehene Eindringen ganzer Züge sub­ alternen Militairs; die fast durch alle Zeiten gemißbrauchten freien Entréen zahl­ reicher Individuen, die gewöhnlich keine andere Annonce brachten, als – „de l’état major“ – und gegen welche der Widerstand vergeblich war. Wer wollte und konnte im ersten Anlauf Dinge dieser Art hindern? Doch hat es gleich anfangs an Vorstellungen bei dem Herrn General-Kommandanten // nicht gefehlt. Er ließ auch eine gedruckte Theaterpolizei entwerfen, die aber nur wenig fruchtete. Wie nachher sich erweisen wird, hat es an Wiederholung der dringend­ sten Vorstellungen nicht gefehlt. Die geforderte Loge im Parterre für den Herrn Administrator Bignon; die Loge im Parterre für den Kapitaine Collet; Tagesoffizier der Polizei im Theater; die Loge im zweiten Range für die HausOffizianten des Herrn Gouverneurs; eben daselbst für die Adjutanten des Herrn Kommandanten; eben daselbst für den, die Hauptge­ schäfte führenden Herrn General Borell; die Loge im dritten Range für den Herrn Polizei-Kapitain Gareis würde das Comité administratif, nach der bekannten Lage der Dinge, und der Macht und dem Einfluß der Personen, so wenig haben verwei­ gern können, als der Unterzeichnete.

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Mündlich ist über diese Gegenstände oft mit den achtbaren Mitgliedern des ­Comité gesprochen worden. Sie haben mit Bedauern erwiedert und die Uner­ läßlichkeit der Umstände eingesehen: dabei // konnte der Unterzeichnete nicht darauf verfallen, für jede einzelne, eben zu ihrer Nothwendigkeit schon mit der Benennung des Besitzers sich auszeichnende Loge, eine besondere schriftliche Be­ willigung des Comité einfordern zu wollen. Auch gab es, besonders Anfangs 1807, wo Jedermann eine kurze Dauer dieses Zustandes und baldigen Frieden hoffte, keine dringende Veranlassung. Wie das Comité dem Stadtrathe gefolgt ist, so folgte der die unter der ersten, auf politische Nothwendigkeit gegründeten Anweisung der Loge für den Herrn General-Inten­ dant Daru, bei denen, gleich darauf folgenden, eben so politisch nothwendigen, mündlich benannten, vom Comité nicht widersprochenen Logenräumungen für solche der Französischen Autoritäten, auf welche für die Stadt alles ankam, bona fide nach. Die für die Gensd’armes, Polizei, durchreisende Garnison, Musiker und Em­­ ploy­és nach und nach immer mehr geforderten Entrée-Karten, welche zuletzt unter dem Herrn Marschall Victor und General St. Hilaire auf das Parterre täglich 76 Bil­ lets und auf den ersten Rang täglich // 24 Billets betragen haben, sind mehren­theils mit den schriftlichen Französischen Original-Anforderungen noch zu belegen. Daß von jeder Anforderung nicht jedes mal ein schriftlicher Vortrag an die Comité geschehen, da die Sache bei jeder Beredung schon zur Sprache und Klage gekommen war, ist keinesweges einer Fahrlässigkeit zuzuschreiben, sondern der moralischen Überzeugung, daß dem Übelstande nicht abzuhelfen sey und daß die Comité nichts thun könne, als mit und zu dem übrigen, was sie nicht hemmen konnte, die Achsel zu zucken. Der Schaden der Freikarten war nicht allein nur an sich groß, er ward vorzüg­ lich durch die Mißbräuche, welche in Heraussendung aus dem Parterre an andere, damit gemacht ward, nicht mehr zu überstehen. Daß der Unterzeichnete davon, so wie von den Französischen Freiplätzen, außer den einzelnen mündlichen Berichten, auch den Hauptvortrag gethan, er­ weiset sich aus dem Protokoll der Konferenz, welche über die Angelegenheiten des königlichen Natio-//naltheaters, am 24sten Juni 1807, unter dem Vorsitz des Herrn Geheimen OberfinanzRath Sack, mit dem Herrn Stadtgerichts-Director von Schlechtendahl, Herrn Präsident de la Garde, Director Iffland, Herrn Gehei­ men Kabinets-Secretair Niethe, Herrn Rendant Jacobi, Herrn Directions-Secre­ tair Pauly und Herrn Kriminal-Gerichts-Secretair Schardt gehalten worden ist; und welche, da das Original bei Rathe geblieben, als Abschrift von dorther gleich damals erhaltenen Abschrift, hiebei sub Lit. C. folgt. Nur ist in jenem Berichte der Einnahmen-Ausfall, der durch die Freikarten er­ folgt, zu gering angegeben.

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Herr Präsident de la Garde wird der öftern mündlichen Klagen und Vorstellun­ gen des Unterzeichneten über den Gegenstand der Französischen Besitznahmen im Theater, der Bitten um Verwendung zur Abhülfe, sich erinnern. Derselbe hat bei den Autoritäten sich auch lebhaft um diesen Gegenstand interessirt, ohne ­etwas erlangen zu können. Daß der Unterzeichnete nicht versäumt hat, bei dem Herrn General-Komman­ dant deshalb Vorstellung zu thun // beweiset eine sub L. D. beigelegte Abschrift ­eines Briefes des Herrn Hauptmanns und Adjutant des Generalstaabes, Collet, vom 27ten October 1807. Es erfolgte auch darauf eine Einforderung und Revision aller Karten. Diese wurden nun alle Monate neu gemacht und neu vertheilt. Die Zahl vermehrte sich, die Unkosten mehrten sich, die Unordnung und der Nachtheil blieben dieselben. Fast die mehrsten Französischen schriftlichen Anforderungen sind als Folgen vorhergegangener diesseitiger Ablehnungen anzusehen. Daß es aber auch nicht an dem nöthigen Widerstande gefehlt, wo er möglich und nur einigermaßen schicklich gehalten werden konnte, beweiset die auf Lit. E. abschriftlich beigelegte Anforderung des Herrn Stadtrath Rück, wo derselbe un­ term 2ten September 1808, Namens des Herrn Commissaire de la Police ­Teulon, eine Freiloge begehren mußte, und der Administrator Herr Bignon, nach gemach­ ter Gegenvorstellung, in seiner Antwort, die sub Lit. F. abschriftlich beiliegt, die­ ses Ansuchen abweiset. // In wie fern nun, nach allem oben Gesagten, nach der einmal unterm 20sten October 1806 gegebenen allgemeinen Führungsvollmacht und dem unterm 26sten October 1806 gegebenen speziellen Befehl nach einzelnen mündlichen Berichten, so wie nach der, unterm 24sten Juni 1807 in der Konferenz über den Doleançe-Gegenstand der Französischen freien Schauspiel-Entréen, dennoch ein Nichtwissen dieses Gegenstandes angenommen werden kann, dar­ über enthält der Unterzeichnete sich, etwas zu sagen. Allerdings ergiebt es sich nunmehr, daß es zwar minder discret, aber dennoch berechneter und also vorsichtiger gehandelt seyn würde, wenn er um jede freie Einlaßkarte den schriftlichen Bericht an die Comité gemacht, und indem er sie vor dem schriftlichen Bescheide nicht ausgeliefert hätte, die ihrer Natur nach aufge­ regten und heftigen Ausländer dorthin verwiesen hätte. Daß der Unterzeichnete aber der Discretion fähig gewesen, das besonders in der ersten Periode so unendlich überlaufene Comité administratif nicht ohne die allerdringendste Noth behelligen zu wollen, erweiset sich aus einem Darlehn, wel­ ches er, anfangs derselben, bei dem Herrn // Erbmarschall Grafen von Hahn in ­Meklenburg auf eigenen Kredit mit Thalern in Papieren zum Nominal­ werth für die Existenz des Theaters machen zu können, so glücklich gewesen ist; so wie er auch im Jahre 1808, da die Stadtkasse den versprochenen Beitrag nicht

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möglich machen konnte, vom Herrn Banquier Anhalt – Zwölfhundert Thaler zu gleichem Zweck dargeliehen erhalten hat. Beide Posten sind nachher von der Comité bezahlt worden, und niemals wird die rührende dankbare Erinnerung an die Bereitwilligkeit und gütige Art und Weise, womit die Stadt-Obrigkeit und Comité administratif des dramatischen Ins­ titutes sich angenommen, in seiner Seele erlöschen! Wer den raschen drängenden Gang der Begebenheiten, die nicht aufzuhaltende Entscheidung des Augenblicks, die Bedeutung und Einwirkung der Personen, ­welche die Gewalt und deren Wirkung in der Hand, dem Einzelnen gegenüber stehend, kennt und beobachtet hat, wird die etwanige Nichtvollständigkeit der Anzahl einzelner schriftlicher Beläge gegen das, was auf redlichem, bescheidenem Wege // practisch erreicht worden ist, abwägen, und die welche, für die Sache ge­ arbeitet, haben das Resultat nicht zu scheuen. Die mehrmals während dem Laufe der Dinge von dem Unterzeichneten er­ betene unvorbereitete evision des Kassen- und artistischen Zustandes der gan­ zen Geschäfts-Verwaltung, redet für sein völliges und ruhiges Bewußtseyn in all und jedem Geschäftswege. Es ist noch zu bemerken, daß mit dem Frühjahr 1807 die Französische Admi­ nistration in die artistische Führung der Sache selbst Einwirkung befohlen; die wöchentliche Darlegung des Repertoirs verlangt, und von da an einen Gang der Vorstellungen und einen Aufwand verursacht hat, welcher nur zu dringenden ­Gegenvorstellungen Raum ließ, welche aber selten angenommen wurden, wenn die Französische Autoritäten das Vergnügen des Publikums, besonders des Theils desselben, der das Schauspiel frei besuchte, dadurch zu erhöhen glaubte. Der Unterzeichnete hat sehr selten mit dem Comité administratif in corpore // zu thun gehabt, sondern mehrentheils mit Herrn Präsident de la Garde und Herrn Hotho, welche, da sie Sach- und Sprachkenntnisse sehr glücklich vereinten, am mehrsten mit den Französischen Autoritäten in Berührung zu kommen, ange­ sehen werden konnten; so wie die Dankbarkeit, welche der Unterzeichnete Ihnen auch da, wo sie versagen mußten, schuldig ist, immerdar eine wohlthuende Er­ innerung aus einer überaus trüben Zeit bleiben wird. Auf diese muß er vorzüglich sich berufen, um, außer den schriftlichen Bei­ lagen, mit Ihren vormaligen Amtsgenossen über die Zulässigkeit dieser Eingabe zu entscheiden. Das vorstehende Raisonnement beweiset die Unvermeidlichkeit der von den fran­ zösischen Autoritäten requirirten freien Entréen und dürfte die Verbindlichkeit der hiesigen Stadtbehörde, den dadurch der Theater-Casse erwachsenen Scha­ den und Geldverlust als eine Kommunallast anzusehen und dem gemäß zu ent­ schädigen, nach Billigkeit und den in ähnlichen Fällen angewandten // Entschä­

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digungs-Grundsätzen hinlänglich darthun, wenn auch in der Form nicht jede ertheilte Freiloge und jeder besondere Freiplatz rechtlich begründet seyn sollte. Unbestreitbar aber ist die berlinische Stadtbehörde verpflichtet, die im Gefolge des sub. Lit. B. angeführten Verlangens der damaligen Stadtverwaltungs-Behörde dem General-Intendant Daru überlassene so genannte Fremdenloge als eine der Stadt­ casse zufallende Last anzuerkennen. Aber auch die aus der Stadt-Casse selbst an die Theater-Casse gezahlten Gelder und Geldmittel bedürfen einer nähern Untersuchung. Die Theater-Casse hat aus der Stadt-Casse folgende Summen erhalten: 1. In Seehandlungsobligationen nach dem Nominalwerth, incl. der bei Übergabe 33605 r  20 g der Seehandlungsobligationen fälligen Zinsen 2. In Tresorscheinen   8000 r 3. In baarem Gelde 35947 r    6 g Der Unterzeichnete hat nur 8000 Thaler in Tresorscheinen und 33605 r 20 g in Seehandlungsobligationen, in der Form eines // Darlehns an die Theater-Casse von dem damaligen Comité administratif empfangen und darüber gerichtliche Schuld-Documente ausgestellt. Die sämtlichen baaren Geldzahlungen aber sind nur gegen einfache Quittun­ gen des Theater-Cassen-Rendanten erhoben worden. Diese Geldsummen sind weder in der Form von Darlehen der Theater-Casse gegeben worden, noch hat die Direction des Theaters sie jemals dafür angesehen. Das sub. Lit. A. beiligende Rescript der damaligen Stadtverwaltungsbehörde giebt der Direction die Weisung, das Theater und Ballet auf dem bisherigen Fuße zu erhalten und sichert der Theater-Casse die erforderlichen Zuschüsse zu. Diese allgemeine Zusicherung der nothwendigen Zuschüsse ist durch das in Abschrift sub Lit C. beiliegende Konferenz-Protokoll, de dato Berlin den 24 Juni 1807, noch bestimmter ausgesprochen worden. Nachdem darin die Nützlichkeit und Nothwendigkeit der Erhaltung des ­Theaters zum Vortheil der Stadt anerkannt worden, nachdem darin bemerkt wor­ den, daß die bis medio May 1807 gege-//benen Geldmittel, wofür die Theater­ casse überhaupt 14500 Thlr. baare Geld-Einnahme gehabt habe, als Darlehen ge­geben worden; nachdem ferner aus der Untersuchung des Zustandes des ­Theaters sich ergeben, daß dessen Erhaltung ohne Zuschüsse, besonders wegen der vielen Freilogen und Freiplätze, welche die Französischen Autoritäten be­ nutzen, unmöglich sey; so wurde in diesem Protokoll schließlich festgesezt: daß die ­Theater-­Casse monatlich eine bestimmte Zuschuß-Summe von 3000 Thlrn. aus der Stadt-Casse erhalten solle. In Gefolge dieses Konferenz-Protokolls wurde ein Etat für das K ­ önigliche National-Theater für das Jahr vom 1sten August 1807 bis dahin 1808 gemacht und dieser laut dem sub Lit. G. beiliegenden Extract von dem Comité administratif unter dem 21 August 1807 approbirt. Zu der Aus­

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führung dieses Etats macht sich das Comité administratif zu einem Zuschuß von 36000 Thalern verbindlich. Nicht nur diese 36000 Thaler, sondern auch die in dem allegirten Konfe­ renz-Protokoll für das dringende Bedürfniß der Monate May, Juni und July 1807 bewilligten 7000 Thlr müssen nach // dem wörtlichen Inhalte nicht als ein Dar­ lehn, sondern als Zuschüsse zur Erhaltung des Theaters, welche der Vortheil der Stadt erfordern, angesehen werden; und findet sich nirgend die rechtliche Ver­ bindlichkeit für die Theater-Casse ausgedrückt, diese als Zuschüsse empfangenen Summen wieder zurück zu zahlen. Das Comité administratif hat sich, laut der an­ geführten Actenstücke zu einer Zuschuß-Summe von 43000 rthl verbindlich ge­ macht, worauf aber nur 35,947 rthl 6 g baar gezahlt worden. – In dem angeführten Konferenzprotokoll ist als ein Hauptgrund zu der Unver­ meidlichkeit der Zuschüsse der Verlust, den die Freibillets verursachen, angeführt. Hiedurch rechtfertigt sich der Antrag der Direction, entweder den auf 91,980 rthl nach vollem Entrée-Preise und auf 58,320 rthl nach Abonnements-Preise berech­ neten Theater-Cassen Verlust auf die sämtlichen, aus der Stadt-Casse erhaltenen Darlehen und Zuschuß- und Unterstützungs-Summen in Gegenrechnung zu bringen; oder die sämtlichen Geldsummen, welche die // Theater-Casse aus der Stadt-Casse als Darlehen und Zuschüsse empfangen hat, dagegen zu compensiren. Im nachtheiligsten Entscheidungsfalle über diese Anträge der Direction, dürfte doch Folgendes rechtlich aus den beiligenden Schriften fest stehen: Die Direction des Königlichen National-Theaters hat Schuld-Documente aus­ gestellt und darin den Empfang von Darlehnen von resp. 8000 rthl Tresorscheinen und 33,605 rthl 20 g in Seehandlungsobligationen anerkannt. Die Stadtverwaltungs-Behörde hat dagegen die Fremden-Loge für den Gene­ ral-Intendant Daru schriftlich verlangt und in Besitz genommen. Die Gegenfor­ derung der Theater-Casse für diese Loge, nach vollem Entrée-Preise berechnet, welche man anzusetzen berechtigt ist, da kein Abonnements-Preis vorher bere­ det worden, beträgt 10,080 rthl. Von den Seehandlungs-Obligationen sind bei den Banquiers Herrn Schickler, Salomon Moses Levy und Benecke 25,404 rthl 21 g, für 9200 rthl verpfändet. 8200 r 23 g. Seehandlungs-Obligationen waren bei dem Färber Costé gegen ein Dar-//lehn von 4400 rthl, incl. Zinsen verpfändet, und sind bereits von dem Comité administratif eingelöset, in deren Besitz sich das von Costé ausgestellte Verpfändungs-Document befindet. Außer den als Darlehn an­ erkannten 8000 Thalern in Tresorscheinen, welche in natura zu restituiren, die Theater-Direction laut Schuld-Document berechtigt ist, würde der Betrag der Ge­ genforderung von 10080 Thalern für den Gebrauch der so genannten Fremden­ loge, zur Einlösung der bei den drei Herrn Banquiers für 9200 rthl verpfändeten Seehandlungs-Obligationen hinreichend seyn, wozu, um sie ebenfalls in natura zurück zu geben, die Berechtigung aus den Schuld-Documenten ergehet.

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Auf die in den Schuld-Documenten versprochenen Zinszahlungen von 5  pro Cent würden die retardations-Zinsen für die 10080 Thlr für die Fremdenloge in Ge­

genrechnung kommen. Alle übrige, aus der Stadt-Casse erhaltenen baaren Geld-­ Summen sind nach den beigebrachten Actenstücken und Verhandlungen nicht als Darlehen sondern als Unterstützungs- und Zuschuß-Summen für die Erhal­ tung des Theaters, von deren Nothwendigkeit zum Besten der Stadt das Comité // administratif die Überzeugung erklärt hat, anzusehen, und kann deren Zurück­ zahlungs-Verbindlichkeit für die Theater-Casse rechtlich nicht begründet werden. Die Stadtverwaltungsbehörde könnte demnach, im nachtheiligsten Entschei­ dungsfalle, wenn auf die allgemeinen Zusicherungen der nöthigen Zuschüsse und auf die allgemeinen Gründe, welche die Direction für die Annahme des Thea­ ter-Cassen-Verlustes, den sie durch die freien Entréen der Französischen Autori­ täten erlitten hat, für eine Communal-Last von Berlin keine rechtliche Rücksicht genommen werden sollte, verlangen: 1. Daß die Zurückgabe der bei den drei Banquiers verpfändeten Seehandlungs-Obligationen geschehe; zu deren Einlösung an ­Kapital, exclus. ­Zinsen, in baarem Gelde erforderlich sind

  9 200 r

2. Daß das Kapital, welches das Comité administratif zur Ein­ lösung der bei dem Färber Costé verpfändet gewesenen Seehandlungs­obligationen ­gegeben hat, restituirt werde. Dies hat betragen, // ­ incl. der an Costé ­bezahlten Zinsen in baarem Gelde

  4 400 r

3. Daß die in Form eines Darlehns gegebenen 8000 rthl in ­Tresorscheinen r­estituirt werden. Diese betragen in baarem Gelde zu 80 % gerechnet

  6 400

Summa

20,000 rthl

Dagegen gehet der Betrag für die benuzte Fremden-Loge in Gegen­rechnung mit

10 080 r

Die Stadt-Casse hätte also noch Ansprüche auf eine zu ­r­estituirende ­Summe von

  9,920 rthl

Ferner würden die dem Comité administratif für die Darlehen versprochenen 5  proCentigen Zinsen näher zu berechen und dagegen die retardations-Zinsen für den Betrag der Fremden-Loge in Gegenrechnung zu stellen seyn, wodurch an­ noch ein Überschuß für die Stadt-Casse entstehen könnte. Die Direction wieder­ holt aber dabei, daß diese Forderungen der Stadt-Casse nur im äußersten Falle statt finden könnten, wenn sowohl die Anträge wegen einer Entschädigung für die

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Freiplätze und // die dafür angeführten Gründe ganz verworfen werden sollten, als auch, wenn auf den Umstand, daß das Comité administratif sich nicht nur im Allgemeinen zu den nöthigen Zuschüssen, welche die Erhaltung des Theaters be­ dürfen würde, sondern auch specialiter zu einer Zuschuß-Summe von 43000 rthl verbindlich gemacht habe, worauf jedoch nur der Theater-Casse 35947 rthl 6 g wirklich gezahlt worden, keine Rücksicht genommen werden sollte. Berlin den 27sten Dezember 1811 General-Director der Königlichen Schauspiele Iffland 89. Johann Wolfgang von Goethe an Franz Kirms. Weimar, 22. Februar 1812 (Universitätsbibliothek Basel, Autographensammlung, Signatur: Geigy-Hgb. Nr. 1052) Mit dem verbindlichsten Danke, daß Ew. Wohlgeboren sich wegen Romeo und ­Julie die Mühe nehmen wollen, erwidere ich, daß ich für das Stück 600 Rthlr. sächs. zu erhalten wünsche. Es sey nun, daß zwölf Theater jedes 50 Rthlr. zahlen, oder, welches mir lieber wäre, daß die Berliner Oberdirection es gefällig über­ nehme und an mich jene Summe im Ganzen entrichtete. Ich würde mich alsdann verpflichten, niemals an ein Theater eine Abschrift zu geben, und unter drei Jah­ ren es nicht drucken zu lassen. Auch erbiete ich mich, da auf manchen Theatern der Mönch nicht als solcher erscheinen darf, den Pater Lorenzo in einen Arzt zu verwandeln, für diese Thea­ ter nämlich, indem ich dem Manuscript, wie wir es hier gespielt, die nöthigen Veränderungen besonders beylege. Mich bestens empfehlend und abermals zum schönsten Danke Goethe. Weimar den 22. Februar 1812 90. Iffland an das Departement der Finanzen. Berlin, 5. Mai 1812 (H: GStA PK, Signatur: HA I, Rep. 192, NL Wittgenstein, II, 5,1 H 2, Bl. 28–37; Schreiberhand, mit eigenhändiger Unterschrift) Einem Königlichen Hochlöblichen Departement im Finanz-Ministerio für die General-Cassen überreiche ich gehorsamst 1.) Einen Etat für die Königlichen Schauspiele für das Jahr vom 1ten Junij 1812, bis dahin 1813 als Project. 2.) Ein Verzeichniß der Veränderungen, welche in diesem Etats-Projecte gegen den Etat pro 1811 a 1812 vorgefallen sind, oder welche ich für nothwendig erachte,

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nebst einer kurzen Beifügung der Gründe, welche die proponirten Veränderun­ gen motivirt haben. 3.) Einen Abschluß der Haupt-Casse der Königlichen Schauspiele über die Ein­ nahme und Ausgabe in den Zeitraum vom 1ten Junij 1811 bis incl: ult: Febr: 1812. 4.) Abschriften Allerhöchster Kabinets-Ordres, auf welche in dem motivirten Verzeichniß der Etats-Veränderungen Beziehung genommen wird. Das Etats-Project für das künftige Jahr übersteigt in der darinn angenommenen Ausgabe-Summe die in dem Etat dieses Jahres um 17,464 rt. 8 gr: Diese Vermehrung ist an sich sehr beträchtlich und kann nur dann minder auf­ fallend erscheinen, wenn auf das, was ich von 1809 an, wo zuerst von dem Verein aller dramatischen Zweige // in ein Institut, die Rede war, in Betreff der dazu er­ forderlichen Kosten, auseinander gesetzt und wiederhohlt vorgetragen habe, der Rükblik genommen wird. Jetzt nun, kann ich das Beträchtliche dieser Vermehrung, nur um so widri­ ger empfinden, je weniger sich Gründe vorfinden, die eine verhältnißmäßige Ver­ mehrung der praesumtiven Einnahmen, wie solche im Etat pro 1811 a 1812 mit 135.000 Rthl. angenommen sind, erwarten laßen. Dennoch ist bey jedem Artikel mit der genauesten Umsicht und Berechnung des Bedürfnißes verfahren worden. Ich darf mich nicht entbinden, das gegenwärtige Etats-Project zu überreichen, da solches meiner Ueberzeugung angemessen ist und sich auf die Eigenschaf­ ten eines Königlichen Theaters in einer der größten Städte Europas, auf lange er­ wogene, sorgfältig geprüfte Ansichten eines Kunst-Etablissements, in einer Stadt wo ein Verein der Wissenschaften und Künste ein Hauptziel der Regierung ist, begründet. Die Direction des hiesigen Theaters wird stets von zwei verschiedenen, fast ent­ gegengesetzten Rüksichten getrieben. Soll ihre Thätigkeit lediglich auf den höchst­ möglichsten Erwerb mit den möglichst geringsten Kosten gerichtet seyn: so hört das Theater auf, als eine Kunstanstalt betrachtet // werden zu können und wird ein bloßes spekulatives kaufmännisches Etablissement. Dann müssen die wichtigsten Kunstansprüche unbeachtet bleiben, die Wünsche und Erwartungen des Publi­ kums können als dann nur in so fern berüksichtigt werden, als ein baarer Gewinn, mindestens eine sichere Dekung der aufgewendeten Kosten und Auslagen vorher zu berechnen ist. Manche Gattung der Darstellungen wie z. B. große Opern und Ballets würden unter Voraussetzungen dieser Art, fast ganz vom Repertoir ver­ schwinden müssen. Mit deren Entsagung tritt ein viel geringeres Personen- und Gehalts-Bedürfniß ein. Die Ausgabe-Artikel für Garderobe, Maschinerie, Requi­ siten und Extraordinarien, sinken vielleicht auf ein Beträchtliches – ich will nicht sagen, die Hälfte, herab. Ein Ausgabe-Etat von 110 bis 120.000 Rthl. jährlich würde für ein solches Theater hinreichend seyn auf dem nur Schauspiele und Operetten gegeben würden, und das vieler, dann entbehrlichen Personen enthoben würde.

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So würde es haben seyn können zu einer Zeit, wo das Publikum noch nicht an das Größere und Glänzendere gewöhnt worden wäre und es wäre hiemit ohngefähr der Maaßstab für einen Privat-Unternehmer ange-//geben. Auch hat der Unter­ zeichnete schriftlich und mündlich gegen den nachherigen Verein, und Beibehal­ tung des früheren Verhältnißes aus Besorgniß vor der Zukunft angetragen. Ganz andre Rüksichten treten aber ein, wenn eine Königliche Direction für den Ruf der Bühne, den gehörigen Anstand in Decorationen und Kleidungen zu sor­ gen hat, wenn die Idée einer Kunstanstalt nicht ganz untergehen soll. Unter sol­ chen Verhältnißen muß der Erwerb und Gewinn, wenn auch keinesweges ganz beseitigt, doch oftmals nur unmerklich und gleichsam beiher zu erreichen gesucht werden. Im Laufe eines Jahres kommen der Fälle Mehrere vor, wo man einen Er­ werb dahin schwinden lassen muß, weil er sich nicht mit der Würde und der Ehre eines Königlichen Theaters vereinen läßt, wo man Vorstellungen auf die Bühne zu bringen unterlassen muß, von denen man vermuthen kann, daß sie zwar dem gro­ ßen Haufen gefallen und durch diesen die Casse füllen würden, die aber zu tief in ihrem innern Werthe stehen um der Idée eines Kunst-Etablissements nicht ganz entgegengesetzt zu seyn oder die der Sittlichkeit und dem Gefühl für das Gute und Schöne entgegenstreben. – Was aus diesen Rüksich-//ten der möglichsten Er­ höhung der Einnahmen entgegensteht, wird anderseits noch mehr durch die Aus­ gaben welche auf Vorstellungen gewendet werden müssen, deren Dekung nicht zu erwarten steht, von Bedeutung. Das hiesige Theater ist das einzige in Berlin. Alle Gattungen der theatralischen Schauspiele sind ihm angeeignet. Es ist die Pflicht der Direction, im Laufe des Jah­ res alle diese zu befördern, das Publikum, so verschieden in seinem Geschmak, in seinen Anforderungen, in dem Maaße seiner Kunstbildung, hat gerechte An­ sprüche, wenigstens zu Zeiten berüksichtigt zu werden. Von der großen Oper bis zur Opera buffa von der hohen Tragödie bis zur Posse verlangt es das Bessere, und jedes in seiner Art so vollständig dargestellt, als es überhaupt unter den obwalten­ den Umständen durch den Verein der Künstler und thätigen Personen, die zu die­ ser Bühne gehören, möglich ist. Wenn eine Direction auch nicht in allen Gattun­ gen der theatralischen Darstellungen, das überhaupt wohl nie zu erreichende Ideal oder die Vollendung zu bewirken vermag; wenn es an sich unmöglich ist jedem einzelnen Individuo in seinen gerechten oder ungerechten Ansprüchen genügen zu können: so muß wenigstens ein // Bestreben zu immer größerer Vervollkomm­ nung zur Annäherung an das Ideale, wahrgenommen werden können. – Es ist im laufenden Etats-Jahre mit Eifer und in ununterbrochener Thätigkeit in dieser Hinsicht verfahren worden. Drei große serieuse Opern, sieben Operet­ ten, eilf Trauer- und Schauspiele, zwölf Lustspiele, 9 Nachspiele und ein großes heroi­sches Ballet sind in den verfloßenen eilf Monaten neu auf die Bühne ge­ bracht worden. Mehrere ältere Schau- und Singspiele sind neu besetzt aufgeführt

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worden. Die vorzüglichen Werke Leßings, Schillers, Göthe’s, Kotzebue’s, Shakes­ pear’s, Racine’s, Voltair’s, Moliere’s, die Compositionen Righini’s, Webers, Sponti­ nis, ­Mehüls, Cherubinis, Cimarosa’s, Glucks und Mozarts haben den größten Theil des Repertoirs gefüllt. Keine dieser Vorstellungen ist des Theaters ganz unwürdig gegeben worden und mehrere können sich neben das Bessere von Deutschland und selbst von Frankreich stellen. – Die um 20,000 Rthl. höher ausgebrachte Einnahme als das Nationaltheater je­ mals in den wohlhabendsten Zeiten Berlins vor dem Kriege erreichte, kann viel­ leicht als ein Beweis von Zufriedenheit des Publikums im Allge-//meinen mit der Wahl und der Ausführungen der Vorstellungen angeführt werden. Die vorzügliche Richtschnur des Directors muß die seyn Mannigfaltigkeit in allen Gattungen der theatralischen Schauspiele zu befördern, sich von jeder Ein­ seitigkeit so viel wie möglich frei zu halten, für keine einzelne Gattung, oder eine einzelne Schule eine besondere und partheiische Vorliebe herrschen zu laßen, und es ist erweißlich, daß sie beobachtet worden ist. Aber diese Unternehmungen haben mehrere Rubriken des Etats in den Aus­ gaben bedeutend übersteigen machen – und leider deken die Einnahmen diese Mehr-Ausgaben nicht. Und doch wenn ich jetzt mit ernster Prüfung auf das was in den verflossenen eilf Monaten geschehen ist, zurükblike, wenn ich selbst das als verwerflich annehme, was na ch dem Erfolge beurtheilt, in den Ausgaben zu vermeiden gewesen wäre: so finde ich immer nur eine möglicherweise zu erspa­ rende Summe die gegen das Ganze unbedeutend ist. Es ist keine große Schwie­ rigkeit sich an die Ausgabe-Rubriken des Etats zu binden, aber dann ist auch jede Speku-//lation für die Einnahme und besonders für die Wünsche des Publikums gehemmt, die einen Aufwand von Bedeutung im Voraus erfordert, dessen Dekung mißlich ist. Und wie nachtheilig dergleichen Beschränkungen auf die Einnahmen zurükwirken, lehrt die Erfahrung vielfältig. – Ich lege mit Vertrauen, das Project des Etats für das Jahr 1812 a 1813 einem Königlichen Departement der Finanzen vor. Ich habe es mit strenger Berechnung angelegt. – Ein Theater in Berlin würde auch ohne die in Vorschlag gebrachten Zugänge allenfalls bestehen können. Nur kommt es auf den Maaßstab an, nach welchem es geführt werden soll. Schon die Verfügung, daß im nächsten Jahre durchaus keine neue große Oper oder kein neues großes Ballet im Opernhause gegeben werden solle, würde ein Minus von 8 bis 10,000 Rthl. in den unbestimmten Ausgabe-Rubriken veranlaßen. Wird aber verlangt, daß das Theater ferner leisten soll, was es in diesem EtatsJahre geleistet hat: so ist nach meiner festen Ueberzeugung diese Zugangs-Summe unentbehrlich. Ich weiß und sage mir ernstlich, daß sie unter den jetzigen Verhält­ nißen, für den Staat von Bedeutung ist, ich glaube aber nicht zu irren, // wenn ich die Behauptung wage, daß die Zuschüße, welche für das Theater aus Königlichen

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Cassen gegeben werden, durch die Geldcirculation, und den Geschäftsbetrieb den es veranlaßt, durch den anziehendsten Versammlungs-Platz, den es für die um­ liegenden Provinzen und Fremde gewährt, wieder in kurzer Zeit dahin zurük­ geführt werden. Ich werde mit strenger Oekonomie wachen, und sie anwenden, wo sie mit der Ehre des Königlichen Theaters und der Idée einer Kunstanstalt vereinbar ist. Sollte es mir gelingen das Theater nach dem Maaßstabe der Leistungen des vorigen Jah­ res durchzuführen, und einen Theil der erbetenen Zuschüße zu ersparen, was viel­ leicht, wenn die Zeitläufte den Einnahmen nicht ungünstiger werden sollten wie bisher, der Fall seyn könnte; so bleiben die ersparten Zuschüße zur Abrechnung aufs Künftige, in Cassa. Ich habe einen solchen Ausgabe-Etat, wie das beikommende Projekt enthält stets für nothwendig gehalten, die vorgelegten Projecte und Verhandlungen zu dem vorjährigen Etat bezeugen es; ich habe versucht nach dem gemäßigtern Etat das Theater durchzuführen. // Leider aber hat der Erfolg meine frühere Ansicht nicht vernichtet und die Theater-Casse leidet in diesem Augenblik an einem be­ trächtlichen Minus, bey dem völligen Unvermögen, dieses aus eignen Kräften zu deken. – Dies fordert mich schließlich zu der gehorsamsten Bitte auf: Die Dekung des Minus, welches bis jetzt schon mit Ende Februar … 7293 rl: 16 gr: 7 pf: vorhanden ist und bis zum 1ten Junij wenn durch Witterung und Um­ stände die Einnahmen sinken, noch um 3 bis 4000 Rthl. höher wachsen kann, auf eine Königliche Casse bald möglichst anzuweisen. Das Theater ist durch die retardirten Bezahlungen der in den Kriegesjahren ge­ machten Schulden ohne allen Kredit. Die Gegenzahlungen sind für den Mai nicht abzusehen, wenn diese erbetene Hülfe sich verzögert. Die Gläubiger deren Rech­ nungen nicht bezahlt werden können, werden den Weg der gerichtlichen Klage ergreifen und dadurch, so wie durch die Uebertheurung aller Waare und Arbei­ ten, deren das Theater bedarf, und die nicht zu vermeiden ist, wenn die Bezahlung nicht prompt geleistet werden kann, wird der Verlust der Theater-Casse bedeu­ tend vermehrt werden. Schon jetzt hat die Theater-//Casse, Rechnungen für Lie­ ferungen und Arbeiten für Vorstellungen zu bezahlen, die erst nach 3 Monaten des künftigen Etats-Jahres zur Aufführung gelangen sollen und die bereits schon ­haben sistirt werden müssen, weil die Mittel zur ferneren Anschaffung fehlen. Ohne ein solches Vorschreiten der Arbeiten aber ist kein Plan einer zwekmäßi­ gen Thätigkeit ausführbar. – Der Mangel an Zahlungsmitteln wirkt daher nicht bloß nachteilig auf den Augenblik, sondern selbst auf den Erwerb des künftigen Etats-Jahres. Es war ein verderblicher Umstand für die Geschäfte der Theater-Casse, daß die mündliche Vestsetzung, wie die Theater-Casse durchaus ohne alle Schulden an­

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fangen solle, nicht hat verwirklicht werden können. Der laufende Etat am 1ten Junij v. J. fing in einer Zeit an, wo die Einnahmen durchaus zu gering sind um die Aus­ gaben zu deken. Das Minus aus jener Sommerzeit ist bis jetzt geblieben, und somit ist im laufenden Etats-Jahre keine Periode gewesen, wo in der Theater-Casse sich so viel baare Gelder vorgefunden hätten um einen bestimmten Zahlungs­termin für Lieferungen und Arbeiten verbürgen und dadurch den möglichst wohlfeilsten Preis er-//zwingen zu können. Diese Procente, welche bey Unsicherheit des Zah­ lungs-Termins auf die Arbeiten und Waaren gelegt werden, sind bey so großen Summen, als das Theater dafür verwendet, ein nicht unbeträchtlicher Verlust und unter solchen Umständen auch bey der sorgfältigsten Revision und Behandlung der Preise, unvermeidlich. Die Decorations-Vorräthe des Opernhauses sind unzusammenhängend, die Kleidervorräthe desselben veraltet und fast wenig zu gebrauchen. Ein Umstand, welcher höchst bedeutende Ausgaben veranlaßen mußte. Dieser kostbare Um­ stand, würde bey oberflächlicher Special-Untersuchung sich leicht ergeben. Die, für das Schauspiel vorgeschlagenen Gehaltserhöhungen sind, so wie die für das Ballet, von keiner Erheblichkeit. Die Gehaltsänderungen und Erhöhungen für die Kapelle, sind von mir, seit von derselben die Rede ist, mehreremale vorher­ gesagt, bestimmt motivirt und namentlich bey Gründung des eben ablaufenden Etats auf das dringendste, aus den Folgen der Virtuositätsforderungen, Bedürf­ nißen und Vergünstigungen, so wie aus den heißen Ansprüchen der Lebensexis­ tenz, vorher deutlich angegeben. Die damals gewollte Herabsetzung der // Hauptsumme für unbestimmte Aus­ gaben, namentlich für das Extraordinarium, wogegen ich die stärksten Vorstel­ lungen, von Erfahrung gedrungen, gemacht habe, hat damals allerdings eine ge­ mäßigte Hauptsumme erscheinen laßen: dagegen ist es nun unvermeidlich, daß, da die Sache in dieser Lage, sich nicht ferner verhalten kann, wenn anders ferner die Rede von ihrem innern Werthe und von steigender Bildung und Vergnügen seyn soll, die zur Führung erforderliche und schlechterdings nicht länger zu ver­ hehlende Summe, jetzt desto wiedriger ins Auge fallen muß. Wollte man den Grundsatz annehmen: „es müße der vorige Etat, ohne alle Veränderung stehen bleiben“ so ist auch hierinn der Gehorsam möglich, wenn „dieser Grundsatz ohne allen Unterschied beobachtet wird“ und „wenn ich von allen Folgen, die das auf das Werk und das Publikum haben kann, voraus entbunden werde und auch der Verbindlichkeit überhoben werde, keine neue große Oper oder großes neues Ballet auf die Bühne zu bringen.“

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Ich erlaube mir noch einen vergleichenden Rük-//blik auf den letztern Etat des Königlichen National Theaters für das Jahr 1806 a 1807 mit dem Etat der König­ lichen Schauspiele für das Jahr 1811 a 1812 beizufügen. Damals betrugen die Königlichen Zuschußgelder 5,400 Rthl. und waren in Ver­ bindung mit den Cassen-Einnahmen hinreichend die jährlichen Ausgaben zu bestreiten. Nach dem laufenden Etat der Königlichen Schauspiele betragen die jährlichen 57,776 Rthl. Zuschußgelder Also nach Abzug der vormaligen   5,400 Mehr 52,376 Rthl. Dagegen aber ist in dem jetzigen Etat gegen den des National Theaters pro 1806 a 1807 die Gehalts-Summe für das Orchestre durch die Vereinigung der König­ lichen Kapellen von 12,115 Rthl. auf 32,001 Rthl. angewachsen, mithin mehr 19,886 Rthl. Ferner ist das Gehalt des Corps de Ballet, für das der alte Etat gar keine Aus­ gaben zu machen hatte, hinübergekommen mit 21,410 Rthl. Drittens ist die Bauunterhaltung des Opern- und Schauspielhauses auf den Etat gesetzt mit   2 000 Rthl. Summa 43,296 Rthl. Es bleiben also nach Abzug dieser 43,296 Rthl. von // obigen mehreren Zuschüs­ sen der 52,376 Rthl. nur noch 90,80 Rthl. übrig. Diese sind vielleicht hinreichend, um die ehemals nicht statt gefundenen Kosten für die Garderobe- und Requisi­ ten-Bedürfniße des einverleibten Corps de Ballet zu bestreiten. Alle übrige Aus­ gabe-Rubriken des jetzigen Etats, haben aber an diesen vermehrten Zuschüßen keinen Antheil und stehen noch wie vormals beym National Theater auf die Cas­ sen-Einnahmen fundirt. Dann aber, wenn diese auch ferner wie vormals durch die Cassen-Einnahme gedekt werden könnten, ist noch immer kein Fond zur Be­ streitung der Kosten, welche die ebenfalls hinzugekommene große Oper und das Opernhaus, und die dadurch in allen Theilen der Administration nothwendig ge­ wordene Personal- und Geschäfts-Erweiterung veranlaßt, erworben. Die große Oper so wie das Ballet sind keine Kunstgattungen, deren Aufwand ein Publikum zu tragen vermag. Alle Operntheater, wie Z. B. in Paris, Petersburg, Wien, bedürfen der Unterstützung der Regierung, und hier mehr wie in diesen größern reichern Städten. Eine große Oper ohne Glanz und Pracht, ohne Neuheit in Decorationen und Garderobe, selbst wenn das Vorhandene passend und brauch-//  bar wäre, ist ein leeres unvollkommenes Kunstwerk, wo die Dürftigkeit und Sparsamkeit, wann sie wahrgenommen wird, jeden möglichen Erfolg verhindert. Es sind für das künftige Jahr zwei neue große Opern bestimmt. Die ­Bajaderen von Catel und Ferdinand Cortez von Spontini. Sie sind in dieser Gattung das Bes­

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sere, was bekannt geworden ist. Es ist ein Vorzug dieser beiden Opern, daß sie zwei Kostüms (das Ostindische und Amerikanische) in Kleidung und Decora­ tionen enthalten, die von den Kostümen in den bisher aufgeführten Opern dem Griechischen, Römischen und Altdeutschen verschieden sind. Sie gewähren den Decorateurs ein weites Feld für neue Kunstidéen, und lassen so, einen großen Genuß für Aug’ und Ohr erwarten. Aber die bloßen Kosten der ersten Anschaffung für beide Opern sind nicht unter 10,000 Rthl. zu bestreiten. – Wenn nun im Laufe des künftigen Etats-Jahres beide Opern 10 Vorstellungen aushalten und in diesen, 10,000 Rthl. Einnahme bringen, so ist alles erreicht, was nach den Vermögens-Kräften und der auf Abwechslung gerichteten Neigung des hiesigen Publikums, zu erwarten steht. – // Mit dieser auf das höchste angeschlagenen Einnahme, aber sind lediglich die ersten Anschaf­ fungs-Kosten bestritten. Dann fehlen aber noch folgende Summen: 1.) Die auf jeden Tag fallende Durchschnitts-Einnahme, ­welche nach dem jetzigen Etat 376 Rthl. 3 gr: 6 pf. ­betragen soll, und deren Ausfall für 10 Tage, an welchen diese ­beiden Opern gegeben werden, beträgt 3761 Rthl. 11 gr. 2.) Die großen extraordinairen Kosten welche jede Vorstellung dieser Opern veranlaßt und auf 200 rl anzuschlagen sind, machen für 10 Vorstellungen 2000 Rthl. 3.) Die Deckung des Ausfalls den die Cassen-Einnahmen durch die vielen Proben, welche die Einstudirung dieser Opern veranlaßt und die auf das Repertoire und die Wahl der zu gebenden Stüke in einer solchen Zeit sehr nach­ theilig einwürken erleidet, welcher Ausfall für beide Opern mindestens auf 2000 Rthl. veranschlagt werden muß. // 4.) Neue Vorstellungen müssen eine größere Einnahme, als die im Etat ausgewordene erforderliche tägliche Durch­ schnitts-Summe beträgt bringen, um diejenigen alten oft gesehenen Vorstellungen zu übertragen, in welchen die Etatsmäßige Durchschnitts-Summe in der Einnahme nicht erreicht werden kann. Da auch dieser Gewinn bey den ­beiden neuen Opern wegfällt: so ist auch hier ein Verlust von mindestens 1500 anzunehmen. Summa des Verlustes an beiden großen neuen Opern. 9561 rl. 11 gr.

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Sollte nun durch Krankheit eines Hauptsängers, oder auf sonstige Weise eine ­Störung in die Reihe der Darstellungen dieser Opern kommen: so ist der Verlust noch größer. Ich habe die Erfahrung eines Jahres für mich, und diese zwingt mich zu der Wiederholung, daß die proponirte Erhöhung der Etats-Ausgaben-Artikel no­ thwendig ist, wenn ferner neue große Opern und Ballets auf die Bühne gebracht werden sollen, und daß der // Etat nur in dem Fall auf der bisherigen Summe ver­ bleiben kann, wenn die Verbindlichkeit zu neuen großen Opern und Balletten weggenommen wird. Ich würde dies aber sehr bedauern müssen, da diese allerdings eine Auszeich­ nung des Theaters gewähren und allein Gelegenheit geben, so viele Künstler des Orchesters, Decorations-Mahler und Tänzer würdig zu beschäftigen, auch das ­Publikum nun einmal an diesen erhöhten Ton des Ganzen, gewöhnt worden ist. Iffland Berlin den 5ten Maij 1812.

91. Pauline Anne Milder-Hauptmann an Iffland. Wien, 10. Juni 1812 (H: Zentral- und Landesbibliothek Berlin, Historische Sammlungen, Signatur: EH 1512) Wien am 10ten Juny 812. Hochedelgebohrener Insonders zu verehrender Herr General Director! Nachdem Dero mir persönlich gemachte Aufforderung im Vorigen Jahre, mich hiezu gewißermaßen berechtiget, so bin ich so frey Ihnen meinen Antrag zu ­machen, daß ich während meiner dießjährigen Ferien die Ehre zu haben wünschte, mich dem so allgemein geschäzten und einsichtsvollen Berliner Publico, in einigen Gastrollen empfehlen zu können. Die Epoche meiner Ferien beginnt im Monat August, die Zeit meines Ein­ treffens könnte also längstens bis Ende besagten Monats statt finden, // Die Sing Parten welche ich hiezu vorzuschlagen so frey bin, sind Medea in der Oper gleichen Nahmens vom Cherubini Iphigenia      Dito von Gluck Clytemnestra in Iphigenia auf Aulis Emmeline in der Schweizerfamilie von Weigl Therese im Weisenhaus Die j. Vestale in der Vestalin vom Spontini

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Da mir bekannt ist, daß diese 6. Opern sich alle auf Ihrem Repertoir befinden, so wird hieraus die Wahl einiger Rollen, wohl keiner bedeutenden Schwierigkeit unter­liegen, und ich behalte mir dann vor, die Bestimmung // derselben, so wie die Anzahl der Vorstellungen, bey meiner Anwesenheit, nach Ihrem eigenen güti­ gen Dafürhalten selbst zu setzen. Als Honorar erbitte ich mir für jede Vorstellung Dreißig Ducaten in Golde, und freye Wohnung während meines Aufenthalts in Berlin. Ich freue mich ungemein darauf Sie persöhnlich von meiner gränzenlosen Achtung überzeugen zu können, und bin in Erwartung einer baldigst gefälligen Rükantwort, die Ihren Entschluß und meine nöthigen Maasregeln bestimmen wird, // mit ausgezeichneter Verehrung Dero ganz ergebene Dienerin Pauline Anne Milder-Hauptmann k.k. Hof-Theater Sängerin

92. Pauline Anne Milder-Hauptmann an Iffland. Wien, 4. Juli 1812 (H: Zentral- und Landesbibliothek Berlin, Historische Sammlungen, Signatur: EH 1511) Hochwohlgebohrener Hochgeehrter Herr General Direktor! Ich bestättige hiermit den Empfang Dero verehrlichen Zuschrift vom 23ten Junius d. J. mit der Versicherung, daß die ausgezeichnete Güte mit welcher Sie meinen Antrag anzunehmen beliebten, mir das lebhafteste Vergnügen gewährt, und mir gewiß eine mächtige Aufforderung seyn wird, Ihr Zutrauen so viel nur immer in meiner Macht liegt zu rechtfertigen, und den Beyfall des Berliner so achtungs­ werthen Publicums zu verdienen. Es bleibt demnach vollkommen bey unserer getroffenen Übereinkunft, und ich werde ohne // fernere Nachricht von Ihnen abzuwarten, meine Reise so einrich­ ten, daß ich in der bestimmten Zeit in Berlin eintreffe; Ist es anders dennoch thun­ lich zu machen, so würde ich es als einen besondern Beweyß Ihrer Gewogenheit ansehen, wenn die Cherubinische Oper Medea dennoch statt fände, außerdem bleibt es bey denen benannten Rollen, denen wir im Nothfalle noch die Elvira im Don Juan, und Tamino in der Zauberflöte von Mozart zusetzen könnten, wenn Sie es Selbst convenable erachten.

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Ich habe nun nichts mehr zu erinnern, als, // daß ich dem Augenblik mit Sehn­ sucht entgegen sehe, der mir den Vortheil gewährt Sie persönlich meiner gränzen­ losen Achtung zu überzeugen, mit der ich ohnausgesezt bleiben werde. Dero ergebenste Dienerin Pauline Anne Milder-Hauptmann Wien am 4ten July 1812. N.S. Ich werde vielleicht mein Arrangement so einzurichten suchen, daß ich f­rüher als mit Ende August eintreffen kann, und glaube wohl nicht, daß dies Denen­selben etwa unangenehm seyn sollte, auch bitte ich Sie nicht ungütig zu nehmen, wenn ich den Wunsch hege, daß meine Gastrollen bald nacheinander statt finden ­könnten. 93. Pauline Anne Milder-Hauptmann an Iffland. Wien, 31. Juli 1812 (H: Zentral- und Landesbibliothek Berlin, Historische Sammlungen, Signatur: EH 1513; Textverlust durch Siegelausriss) [Adresse:] Hochwohlgebohren Herrn A. W. / Iffland General Director / der könig­ lichen Schaubühne / zu / Berlin / in Preußen Wohlgebohrener, Insonders zu verehrender Herr General Direktor Euer Hochwohlgebohrn verehrlichen Erlaß vom 4ten July d. J. habe richtig er­ halten, auch ist der Part aus der Vestalin, so wie jener der Clitemnestra bereits eingelangt, jener hingegen der Iphigenia auf Tauris, dann die Hero vom Herrn Kapellmeister Weber werden wahrscheinlich erst nach meiner Abreise, die ich morgen mit dem frühesten antrette, eintreffen, doch habe ich desfalls bereits die Veranstaltung getroffen, daß das Paquet gleich wieder mit dem Postwagen retour gesendet werde. Für die gütige Aufmerksamkeit in Hinsicht der übersendeten Texte, kann ich nicht umhin // dieselben meiner lebhafesten Erkenntlichkeit zu versichern, und ich bitte Sich auch meinerseits überzeugt zu halten, daß ich alles anwenden werde, um Ihren Wünschen, so viel nur immer von mir abhängt Genüge zu leisten. Da ich mir in Ansehung meiner Bitte der Medea, von Ihrer Gewogenheit, die sichere Erfüllung schmeichle, so finde ich noch die Erinnerung nach zu hollen, daß hierin, weil H Siboni der deutschen Sprache nicht ganz mächtig ist, in dem Texte einige Abkürzungen statt fanden, die indeßen, nicht von außerordentlicher Bedeutung sind, und worüber Dieselben da H. Siboni Selbst in Berlin gegenwärtig

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ist, gefälligst // Rücksprache zu nehmen belieben, und die Chöre einsweilen zum einstudieren austheilen laßen wollen; Es ist zwar unbescheiden von mir, daß ich Sie mit ein und derselben Sache so wiederhollt […] allein da ich die Rolle der Medea zu meiner Lieblings-Darstellung zähle, so wird dieser Umstand mir in Ihren Augen gewiß zur gütigen Nachsicht behülflich seyn. Ich bin mit der entscheidensten Achtung Dero ganz ergebenste Dienerin Pauline Anne Milder-Hauptmann Wien am 31ten July / 1812. 94. Iffland an Karl Borromäus von Miltitz. Berlin, 3. Februar 1813 (H: Zentral- und Landesbibliothek Berlin, Historische Sammlungen, Signatur: EH 1750; Textverlust durch Siegelausriss) Wohlgebohrner Herr Hochgeehrter Herr Baron! Von Annahme Ihrer Oper war nicht mehr die Rede. Wenn Sie die Komposition ­einer Oper des Herrn von Voß übernommen haben, ist die Annahme, bis auf ­etliche Beredungen, dem Zweifel nicht unterworfen. Jean de Paris ist völlig mit dem ersten Akte von Herrn Herklots gestern über­ geben, den 15ten d. M. wird der Rest übergeben. Es liegt im Intereße der Direction, diese sehr erwartete Oper, bald zu geben, sie nicht aufzuhalten und es würde außer Ihrem Intereße liegen, wenn man wüßte, daß der erwartete Jean de Paris aufgehalten würde, um Ihre Oper zu geben. Es würde Ihrer Oper nicht vortheilhafft sein, wenn man sie Anfangs März g­ eben wollte, wo die – wenn auch kalten Frühlingstage, doch anfangen, die ­Menschen vor die Thore zu ziehen. Wenn Ihre Oper Ende März, oder die E rste n Tage des Aprill gegeben wird, so ist mit Intereße für Sie und für das Kunstwerk zugleich gehandelt. // Es ist mir sehr schmerzlich Ihre harte Stelle über Herrn Kapellmeister Weber in der Zu­ schrifft an mich zu lesen. Ich bin es schuldig, ihn mit Krafft zu bezeügen, daß er mit wahrer Freundschafft und redlicher Theilnahme, an Ihnen und Ihrem Künstlertalent, Antheil genom­ men, Antheil nimt und daß er an Beschleunigung Ihrer Oper – nachdem hier, die Direction aus mehrerlei ernsten Gründen intereßirenden Opern gegeben sein werden – mich oft und dringend gemahnt hat.

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Wann wird H Weber meinem Rathe folgen, sein officium thun, von allem Ver­ kehr sich zurückziehen und sich beurtheilen laßen, wie es fällt, ohne sich deshalb zu grämen? // Derselbe Fall war es mit dem Herrn Maria von Weber, deßen Oper der ver­ storbene H Righini auf erster Probe laut verwarf, die H Weber allein in die Höhe hielt und dafür von dem Herrn von Weber, auf das Empfindlichste sich behandeln laßen mußte, wo er durchaus redlich gehandelt hatte! Diese Digression, wird von einer gerechten Mitempfindung, über Künstler­ Geschick und Ergehen, gegen meinen Willen gleichsam, mir abgedrungen. Verlaßen Sie indeß sich darauf, daß ich Sie Herrn Kapellmeister Weber den es auf das schmerzlichste ergreiffen müßte, in dem Grade von Ihnen gemißdeutet werden zu können, nicht // mittheilen werde: so wie Sie darauf rechnen können, daß ich alles thun werde Ihre Oper zu beeilen und Ihnen dabei auf jede mir mög­ liche Weise die Achtung für Sie und Ihr Talent zu beweisen, womit ich beharre Ewer Hochwohlgebohren Gehorsamster Diner Iffland Berlin / den 3 Februar / 1813 95. Iffland an Friedrich Heinrich von der Hagen (?). Berlin, 20. November 1813 (H: Institut für Theaterwissenschaft der Freien Universität Berlin. Instituts­archiv-Autographensammlung, Inv.-Nr. 4500/75) Wohlgebohrener Herr, Hochgeehrter Herr Professor! Die Niebelungen, eignen sich nicht zur Darstellung auf der Bühne darüber sind die mehrsten Stimmen einig. Ich sende Ihnen daher dieses höchst merkwürdige Gedicht, mit dem ergebens­ ten Danke für die Mittheilung zurück. Mit vollkommenster Achtung Euer Wohlgebohren Gehorsamster Diener Iffland Berlin den 20 November 1813

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Dokument 96

96. Iffland an Franz Kirms. Berlin, 6. Mai 1814 (H: SBB PK, Nachlass 230) [Adresse:] An Hrn. p. Kirms / zu Weimar Ich will Sie nicht beschweren meine undeutliche Hand länger zu lesen, und er­ suche Sie daher, den Auftrag, mit dem ich Ihre Freundschaft beschwor, bald und vollständig auszuführen. Seine Majestät der König wird, wie man glaubt, in vier Wochen vielleicht früher, vielleicht später, in Begleitung des Kaisers Alexander hieher kommen. Ich wünsche sehr, daß etwas, der Zeit und des Gegenstands ­würdig, als Einleitung gegeben werden möchte. Nichts ist natürlicher, als daß der Gedanke mich zuerst dahin führt, durch Ihre gütige Verwendung zu erforschen und zu fragen, ob Hr. v. Göthe sich entschließen würde, Sein Genie für diese ­Sache wirken zu lassen. Die Art und Weise, wie er dies geschehen lassen wollte, müßte natürlich seiner Phantasie ganz und gar überlassen bleiben. Die Gegen­ wart des Kaisers und die Feier dieser seltenen Freundschaft würde allerdings die Aus­führung sehr erleichtern. Da es jedoch nicht positiv gewiß anzunehmen ist, ob der Kaiser mit kommt, und da der Kaiser Franz in dieser Sache so großen Aus­ schlag gegeben hat, so ist es allerdings nothwendig, Seiner auf deutsche Weise zu gedenken und des Kronprinzen von Schweden zu erwähnen. Doch, was sage ich dies dem, der es so gut, wie irgend Jemand, übersieht; die Art und Weise, wie dies Stück geführt // seyn soll, wird uns heilig und werth seyn, wie sie Hrn. v. Göthe auch belieben wird. Die Länge des Stücks hängt ganz von seiner Disposi­ tion ab. Für uns ist es genug, wenn dadurch ein Raum von 20 Minuten ausgefüllt wird. ­Suchen Sie zu erfahren, ob es ihm gelegen seyn würde, wenn die Casse das ­Honorar von – Zwei Hundert Thaler dafür anbietet; indem wir auf den Druck nicht den mindesten Anspruch machen, dessen Absatz hier schon nicht unbe­ deutend seyn würde. Sollte Hr. v. Göthe vielleicht nicht dort, sondern in Jena oder sonst nahe seyn, so ver­binden Sie mich herzlich, wenn Sie auf eine Weise, die Ihnen die bessere scheint, sich mit ihm bereden wollten, die mir bald ein Re­ sultat zu führen könnte. Allerdings darf auch nicht Ein Tag an dieser Zeit verloren gehen, da man nicht wissen kann, wie oft solche Ankünften früher sind, als man anfangs zu glauben Ursache hat, und ich auch nicht weiß, welche Zubereitungen die Decorationen u.s.w. verlangen könnten. Lassen Sie mich noch bemerken, daß der König Sich nicht gern angeredt sieht; es müßte denn am Schlusse seyn. Diese Sache liegt mir sehr am Herzen. Ich empfehle sie Ihrem Wohlwollen und Ihrer Freundschaft! Iffland Berlin / d. 6 May  / 1814

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97. Julius von Voß über Iffland und das Berliner Nationaltheater. Nach September 1814 (H: GSA Weimar, Signatur: 269; Fragmente aus dem Nachlass, Entwurf) Iffland ist todt, Friede seiner Asche, Ehre seinem Andenken. Ausgezeichnete Ver­ dienste schmückten den Enseelten, als Dichter im sittenmahlenden, rührenden, Recht und Tugendempfehlenden Drama, als Mime im heitern launigen Fach, als vielseitiger Verbesserer des Theaterwesens in Berlin. Er war emsig, klug, gewandt, man rühmt ihm billig edle Eigenschaften im gemeinen Leben nach. Das alles ist bekannt genug. Auch das Glück, selten Verdiensten hold, stand ihm während eines langen Zeit­ raums in seinem Leben, zur Seite. L ess i ng hatte auch Verdienst, und starb im Elend, man konnte sein Grab nicht mehr finden. E ck hof kämpfte fast immer mit Bedrängniß. Auf S ch i l l ers Bahn lagen wenig Rosen. If f l ands hingegen mochte in Berlin wohl seine jährlichen Einkünfte auf Sechstausend Thaler brin­ gen. Hof und Volk nannten ihn Liebling, man bekleidete ihn mit einem Ritteror­ den, sein Leichenbegängniß endlich war ein Triumph. Wir freuen uns innig ob einem so reichen Lohn, möchte es angehn, daß ihn jedes Verdienst sammelte. Doch heben wir den Umstand auch zuvor aus, weil in nachstehenden Zeilen von einer Schwäche des berühmten Mannes die Rede seyn muß, und es nicht eh geschehen sollte, als bis auch ein volles, gern als ziemend erkanntes Licht die Vorderseite bestrahlt. Hatte Jemand seltnes Verdienst, noch dazu von seltnem Glück belohnt, kann ja auch wohl eine Schwäche des Mannes Erwähnung finden. Denn Altrömer sind wir nicht, und Iffland war auch Imperator, daß wir schlechthin ein Divus vor seinen Namen schreiben sollten. Hätten wir jedoch nicht einen Grund, // der als v ate rl änd is ch uns ein­ leuchtete, sollte es fern bleiben, diese Schwäche an den Tag zu ziehen. Ohne ihn dürfte es auch uns unedel genug erscheinen, von einem Todten, der sich nicht mehr vertheidigen kann, nachtheilig zu reden. Allein man wollte den hier gemein­ ten Gegenstand schon bei Ifflands Leben oft zur Sprache bringen, nur die ander­ weitig für ihn gehegte Achtung, in den letzten Zeiten auch noch das Zartgefühl gegen seine Gesundheit, hemmten den Entschluß wieder. Nun gehe er dagegen in Erfüllung. Und kann Iffland sich nicht selbst mehr entschuldigen, so mögen seine ihm gebliebenen Freunde es thun. Wissen sie unsere Behauptung zu entkräften, so kann es uns nicht einfallen, ihr gutes Recht es zu thun, ihnen streitig machen zu wollen. An dieser Seite aber halten wir das Recht, jene Behauptung aufzustellen auch werth.

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Sie ist nehmlich folgende. Iffland behandelte seine Theaterverwaltung in zweifachem Betracht unvater­ ländisch. Einmal in Absicht auf die Schriftsteller // […] Mag der Herausgeber dieses Schriftchens nun selbst das Wort nehmen, und die Geschichte seiner Beziehungen zum Theater mitheilen. Sie wird klar machen, was dem Leser noch immer dunkel blieb. Er rede. Wohlan! Meine Neigung Schauspiele zu dichten, ging aus keinem Studium her­ vor, denn ich war auf keiner Schule, keinem Gymnasium, keiner Universität. Ich weiß nicht, wie ich recht dazu kam, im Jahre 1793, noch Soldat, ein Lustspiel, d e r Arzt betitelt, zu machen. Ich zeigte es Freunden. Die sind eben so schlechte Beurtheiler wie Feinde. Je­ ner Lob bewog mich, es E ngel n zu schicken. Ich läugne nicht, daß ich Auffüh­ rung hoffte. Nach vierzehn Tagen erfolgte Antwort. Sie bestand aus eitel Tadel. Er war im mindesten nicht schonend, denn Engel empfahl mir unter andern erst die Grammatik zu studiren, und dennoch that er mir nicht weh. Ich dankte, nach dem mir nun darüber aufgegangenem Licht, dem Himmel, daß mein Stück nicht gegeben worden. So ist es mehreren gegangen, E ngels Tadel hat sie nicht verwundet, ein Ande­ res aber bei If f l and. Und wer möchte demungeachtet If f l ands höhere Compe­ tenz bestreiten. Es lag im Unterschied des Vaterunsers. Krieg und Versetzung nach einer kleinen Stadt entrückten mich der Sache. Erst sechs // Jahre danach, in Wien, bei den Besuchen der vielen Theater, er­ wachte meine Neigung abermal. Ich schrieb eine tolle Spektakeloper und zeigte sie S chi ckane der n. Er war gleich bereit, sie anzunehmen, der Componist aber, den er vorschlug, gefiel mir nicht, ich wollte einen andern suchen. Unvermuthete Umstände nöthigten mich zur Abreise, und ich ließ es auf sich beruhen. Eben so hatte ich mit dem Direktor des L e op ol dst ä dte r T he ate rs über einen mir bei­ gefallenen Stoff geredet, und er mich sehr aufgefordert, ihn für seine Bühne aus­ zuarbeiten, was nun auch unterblieb. Im Jahre 1800, nach Berlin zurückgekommen, machte ich ein Lustspiel. Iffland schlug die Aufnahme ab. Es verdroß mich, theils weil man zu Wien meiner Nei­ gung freundlich entgegen getreten war – freilich nur bei Nebenbühnen – theils weil ich gehört hatte: Iffland sey Allem, was in Berlin entstände abhold. Doch schwieg ich. Späterhin ging es mit einer Posse, nach dem Italienischen, d e r B an k rott ge­ nannt, mir eben so. Diesmal schrieb ich zurück: ich wäre überzeugt, daß einige vis comica darin enthalten sey, nicht durch meine Bearbeitung, sondern im Urstoff gefunden.

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Iffland entgegnete: „Das Publikum in Berlin gestattet sich das Lachen schwer“ – (dies ist wahr!) „Daher könne man solche Stücke nicht geben.“ Aber man gab doch NiedrigKomisches genug. Im B an k rott will ein armer Schuhflicker seine Tochter mit zehn Thalern ausstatten, kann aber nicht dazu ge­ langen. Der Lakai eines Bankiers erzählt ihm: sein Herr wäre durch einen Bank­ rott, wo er den Gläubigern fünfzig Prozente gezahlt habe, reich geworden. Der Schuhflicker will nun auch falliren, und von jedem // Paar Stiefeln, Schuh, Pan­ toffeln nur fünfzig Prozent, d. h. E i nen zurückgeben. In Jahr und Tag, meint er, könne das schon was einbringen. Seine Gläubiger fügten sich aber nicht wie Jene. Ich denke noch jezt, das sey komisch. Es gehört mir aber nicht, sondern dem ­F e der ici. Genug man gab die Posse nicht. Im Jahre 1802 sah ich in Paris die Oper Ar mi d e. Angezogen, wie alle Welt, von ihrer Schönheit, wünschte ich, daß man sie in Berlin geben möchte, und übersetzte dort schon manche Szenen, was bei Glu cks che r Musik, wo einzelne Worte so oft mit den Tönen in genauer Verbindung stehn, und man bei den vielen langgehaltenen Noten klanghafter Selbstlauter suchen muß, welche den Sinn doch nicht verändern dürften, schwierig genug ist. Ich brachte die Sache nach meiner Heimkunft in Anregung, doch umsonst. Es war auf dem graden Wege nichts zu thun. Diese Oper ist hernach wohl Sechzigmal gegeben und mit Recht eine Lieblings­ vorstellung geworden, sie hat zum ausgezeichneten Prachtstück dienen müssen, wenn fremde Monarchen sich anwesend befanden u.s.w. Doch wie sie eigentlich hier auf die Bühne gelangt ist, das sollte wohl ­Niemand ahnen, der da vermeint, es ginge in der liebenden Kunstwelt Alles so hübsch or­ dentlich zu. Durch einen epi g r ammat is chen Anstoß kam sie hinauf. Unmuthig, daß sonst nichts glücken wollte, wurde er versucht und gelang schnell. Ich kann es nicht deutlicher machen, aber Viele wissen darum. Hingegen der erst, von dem ein gewisser Aufsatz, in // welchem die Spitze steckte, die If f l ands Adlerblicken nicht entgehen konnte, vorgezeigt ward. Sollte Jemand noch bei Antiquaren eine Zeitschrift von 1803 und 1804 finden, genannt Sphin x so suche er darin den Aufsatz über die Oper Ar mi de. Zu Ende wird er schon sehn, was gewirkt hat. Das Mittel schlug gleich an, die Aufführung wurde zur Stelle beliebt. Bitter, und mit allem Rechte, ist es zu tadeln, gegen einen großen Mann die Waffe des Epigramms gezückt zu haben, ich verzeihe es mir auch selbst nie. Doch wie aus dem Schlimmen oft Gutes keimt und reift, so verschafften hier einige ­frivolen Zeilen den Berlinern einen hohen Kunstgenuß. If f l and schien mich nun als Beschwerlichen anzusehn, dem man wohl thue, den losen Mund zu stopfen. Er wies mir selbst einige Beschäftigungen an, die

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meine Vorliebe zum Theater nähren konnten. Nehmlich – Uebersetzungen, Um­ arbeitungen Wiener Opern als des Sternmädels, der schlafenden Jungfrauen u.s.w. Ich unterzog mich deren, wiewohl mit Kälte. Sollten die Singspiele wirken, mußte der Wiener Ton beibehalten bleiben, da konnte man aber schlimmen Kri­ tiken nicht entgehen. In etwas trösteten freilich die öfteren Wiederholungen, die dann doch Besuch fanden. Wörtliche Uebersetzungen floh ich noch mehr, wollte Originale schreiben. Doch Originale – hinc illæ lachrimæ. // […] War er nun genöthigt worden, eins von meinen Stücken zu geben, so konnte er den Verdruß dennoch nicht bergen, den es ihm machte, sich damit zu befaßen, ob es gleich mit Sorgsamkeit geschah, und er selbst darin spielte. Davon zwei Anek­ doten. Als die Griechheit dargestellt werden sollte, hörte Jemand, der es mir hinter­ brachte, daß If f l and zu dem Componisten, dem die Musik zu den kleinen Ge­ sängen und Tänzen darin aufgetragen worden, sagte: Zu d e m Z e u g we rd e n Sie do ch nicht s Ordent l i ches von Mus i k mache n ? Der Componist war jedoch redlicher, und fertigte sie angemessen und schön. Mochte es denn s ol ches Z eug nur seyn, die Griechheit erlebte doch wohl mehr als dreißig Vorstellungen, bei manchem vollen Hause, und dazu noch in den schlimmen Kriegszeiten. Es mußte also doch viele Leute in Berlin geben, die solch Zeug gern sahen, und billig, i h rem Geschmack auch zu willfahren. Daneben auch der Kasse zuträglich. Und weshalb durchaus nicht in Gutem? Man hielt eine Theaterprobe davon. Ich fand mich auch ein, wußte schon wa­ rum. Bei der Szene, wo die Bauernmädchen ihre ästhetischen Aufgaben schlecht lösen, lachten die Schauspieler. If f l and auch lachte hell auf, doch nur einen Augen­blick. Dann sah er schnell wieder ernst und mißlaunig aus. Der Schau­ spieler Schwadke sagte drollig zu mir: S eh n s i e, e s ärge r t i hn , d aß i hm d as Stück gefä l lt. Und die Rolle des Mag isters im Künst l e rs E rd e nw a l l e n gefiehl ihm später­hin doch wieder, daß er sie recht con amore gab, auch bei auswärtigen Gast­ rollen. Und – weshalb durchaus nicht in Gutem? Lebhaft gereute mich aber jene Kritik seines // Tellheim wie jene beiden an­ dern Mittel ans Ziel zu gelangen, obschon die Ueberzeugung keinen Augenblick von mir wich, ohne sie würde alles vergeblich gewesen seyn. Fest beschloß ich, nie wieder einen ähnlichen Schritt zu thun. Ich mußte ja den Genius in ihm verehren, und einige Schwächen abgerechnet – was gingen mich auch die an, welche meine Autorbeziehung nicht trafen – war seine Gemüthlichkeit höchst liebenswürdig. Ich suchte daher, bei allen sich darbietenden Gelegenheiten, meine hohe Achtung für ihn an den Tag zu legen, um so viel als möglich, die unangenehmen Augenbli­ cke, die ich – leider – ihm hatte verursachen müssen, wieder gut zu machen.

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Es fanden sich mehrere Gelegenheiten dazu. Eine ihm übelwollende Parthei regte allerhand Feindseligkeit gegen ihn an. Ohngeachtet imponirende Männer sich darunter befanden, schrieb ich wider sie. In einem Buche, das ich herausgab, Ne u B erl i n genannt, zählte ich If f l ands w i rk l iche g roße Verdienste um unser Theater auf. Der hiesige Buchhändler, Her r D u ncke r, wollte ihm eine Ueberraschung zum Geburtstag bereiten. Ich ließ dazu ein Zeitungsblatt drucken, mit der Jahreszahl 2812, worin viel von ihm stand, die Vermuthung darzulegen: sein Lob werde auch in Tausend Jahren nicht gestorben seyn. Alles das war nicht Schmeichelei, wozu ich gar nicht passe, sondern mein wahres Empfinden. Auch hatte ich ein Lustspiel drucken lassen – der Bühne nie angeboten – worin man hiesige Tagesbegebenheiten gemeint glaubte, ob dies schon keineswegs der Fall war. Dies bewog einige Theaterfreunde, das Stück in den Zeitungen, und durch Rufen im Parterre, aufgeführt verlangen zu wollen. Man stellte mir sogar ein Ver­ zeichniß von einigen // zwanzig Personen zu, welche thätig zu seyn beschlossen hatten. Mancher Autor würde ohne Zweifel dergleichen nicht wenig gefreut, und er im Stillen gern mitgewirkt haben. Ich konnte indessen berechnen, wie If f l and dabei in eine peinliche Verlegenheit kommen müsse. Ihm sie abzuwenden, unter­ drückte ich das ganze Vorhaben durch Gegenvorstellungen. Die Bahn ist gebrochen, dachte ich, wozu noch gehäßige Nebenwege. Ich will jederzeit mehrere Sachen auf einmal schicken, so hat man die Wahl, und wird ja nun das Gerathenste vermuthlich ohne Fehde annehmen. So sandte ich im Jahre 1812 sechs Stücke zugleich ein. Must apha B aira kt ar, Tragödie in Jamben, von fünf Aufzügen. Als das Erstemal, wo ich mit einem Trauer­spiel auftreten wollte, hatte ich erst dem Herrn Profe ss or Bu ch hol z es gezeigt, und ihn um eine strenge Prüfung gebeten. He r r Bu ch hol z sagt in sol­ chen Fällen nur was er denkt, und nur durch seinen Ausspruch aufgemuntert, that ich das Stück zu den übrigen. D i e Pfar re, Lustspiel in vier Aufzügen. Es hat die Absicht, solche Mißbräuche zu rügen, die bei manchen Besetzungen der Predigt­ ämter von Seiten der Kirchenpatrone wohl geübt worden, und hat folglich eine moralische Tendenz. Die blü hende und di e ve rblü hte Ju ng fe r, Lustspiel in zwei Theilen, von drei und zwei Aufzügen. Ich hatte bemerkt, daß viele junge Frauenzimmer mit Würzburgischen, und andren fremden Soldaten, welche da­ mal in Berlin sich befanden, Liebesverständnisse knüpften. Welch Unheil diese Thörinnen sich bereiten würden, lag am Tage. Früherhin war es häufig mit dem Franzosen geschehen. Manche waren ihren Liebhabern gefolgt, und mit Schande bedeckt zurückgekommen. Anderen ließen sie ein lebendig Pfand nach und die Leichtgläubigen waren auf immer unglücklich. Da // meinte ich dann: es könne den Töchtern der Vaterstadt da eine anschauliche Warnung immer zum beßten dienen, wie schlechten Dank man auch bei einigen damit gewinnen möchte. Ich erinnerte mich, vor vielen Jahren, in R ab eners S at y re n das Geschichtchen

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eines solchen Mädchens gelesen zu haben. Daraus ließen selbst einige Charakter sich entlehnen. Ich that das, und schrieb um so eh auf den Titel: nach einer R a­ b eners chen Sat y re, damit es nicht einen allzu unmittelbaren Anschein habe. Mochte sich dann kratzen, wem es jückte. Das Lustspiel war also moralisch und patriotisch zugleich, denn hiesiges schönes Geschlecht gehört doch auch zum Vaterlande. Daneben stand eine kleine Erinnerung an die Herren Militärperso­ nen, des Leichtsinns willen, der in sothanem Betracht ihnen nicht selten eigen ist, wohl an ihrem rechten Platze. Die geitz i ge Frau, Posse in fünf Aufzügen. Hier wird theils der Schein- und Heuchelpatriotismus – doch wohl nichts Unerhörtes – theils die nichtswürdige Härte gerügt, womit Brotherrschaften oft ihr Gesinde be­ handeln – absonderlich böse geitzige Frauen arme Dienstmädchen. Folglich auch moralische Absicht. Q ui nt und B ätely, Lustspiel in Versen, von drei Aufzügen, nach einer Erzählung des Herrn Zschokke. Endlich – d ie Blu me vom G ange s , Lustspiel in vier Aufzügen. Ich stellte sie nacheinander so her, wie ich mir des meisten Fleißes daran be­ wußt bin. Auch kann ein Vater gar wohl an sechs Kindern sehn, daß sie Alle nicht sonderlich gerathen sind, aber doch wissen, ob Hans oder Pe te r besser sey. Mit den höflichsten Briefe, alles vermeidend, was Klagen begründen konnte, ward das halbe Dutzend übermacht. Nimmt man nur Eins, dachte ich, bin ich schon zufrieden, bei zweien mehr als das. Am meisten hätte ich die Aufführung des Trauerspi els oder der Jung f r au gewünscht //  Auch ist die Pf ar re an so vielen andren Orten gegeben worden; in katholischen Staaten, unter der strengen Würtembergschen Censur in Stuttgard, unter der noch viel strengeren französischen damals, in Hamburg, Magdeburg u.s.w. Auch ander­ weitig im Lande z. b. in Breslau, wo Seine Königliche Majestät Höchstselbst sahen, was in Höchstdero Residenz verboten worden. [Fortgesetzt am Fuß der Seite: Das Stück ist hernach in Berlin auf einem Liebhabertheater gegeben worden.] Mir blieb also keine andere Voraussetzung mehr, als If f l and habe die Eingabe dergestalt gespannt abgefaßt, daß jenem Departement ein Verbot nöthig scheinen mußte. Hätte If f l and es gethan, dem Publikum ein schlechtes Stück zu ersparen? Soll und muß ich das glauben, soll die Bescheidenheit bis zur tiefsten Selbstverach­ tung gehn? Warum gefiel es dann an so vielen andren Orten? In Breslau machte es ­Fureur, wie man zu sagen pflegt. Liege das großentheils an dem trefflichen Spiel des Her r n D e v r i ent. Doch aus Rollen, worin gar nichts enthalten ist, kann auch der beßte Schauspieler nichts hervorarbeiten. Das sah man bei Fl e ck und If f l and mehr als Einmal. Nun, zwei Stücke waren glücklich in den Staub gelegt. Q u int u nd B ätely, auch zugesagt, blieb noch übrig. Es war kein Departement, wohin man es hätte senden können, als etwa di e br andenburg is che R e g ie r u ng in Pot s d am .

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Denn es wird von Wald und Feld und Garten darin gesprochen, und man hätte anfragen müßen: ob das erlaubt sey? Die Regierung würde aber doch vermuthlich Ja geantwortet haben. If f l and begann also dass Ding näher zu überlegen, und vermeinte endlich: Q u int und B ätely dürfe doch nicht aufs Theater. Er sagte: „Es ist ein unterhal­ tend Lustspiel, ja, ein ächtes Lustspiel, aber es fängt auf einem Trockenplatz an, und endet in einem Zimmer, worin zwei Sophas stehen, worauf // zwei Personen schlafen. Beides ist unschicklich[.] “ So war denn auch der Stab über Q ui nt und B ätely gebrochen. Mit dem Trockenplatz verhielt es sich so. Es ist ein Garten, oder Wiesenfleck vorgeschrieben, wo ein Mädchen Tischtücher und dergleichen über eine Leine hängt. Es kann nicht wegbleiben, gehört in die Begebenheit. Das wei ß e L i nnenz eug ist also unschicklich. Aber man gab hier oft die deutsche Bearbeitung von Shakespears merry wifes of windsor. Da wird Fa l lst af f – hier Gi de on genannt – in einem Korbe voll s chmutziger Wäsche fortgetragen, und beschwert sich nachher: d e n g arst ig ­ ste n Mis chmas ch von ni e der t r ä cht i gem G e st an k, d e r j e e in Nas e n ­ lo ch b el ei di gte, empfunden zu haben. Das ist s chick l ich. In dem Zimmer, wo die beiden Sophas stehen, kömmt, durch einen Irrthum des Wirthes der Geliebte zu seiner Geliebten. Ein Sopha befindet sich weit vom andern. Der Bräutigam wirft sich in den Leeren. Der Irrthum wird erkannt, es kommen viele Leute. Die Liebenden, zwei fromme gute Menschen, erschrecken selbst aufs Höchste. Die Alten besorgen üble Nachrede, und glauben deshalb die Heirath – welche noch Schwierigkeiten fand – so schnell als möglich vollziehen zu müssen. Das ist uns ch i ck l i ch . Aber in dem Singspiel nach dem Französischen, He r r v an d e r S cha l l me y, lag Herr Wur m in einem Bette, und Her r Unz el man n stieg auch hinein, warf sich auf ihn. Etwas Ahnliches geschieht im Neus on nt ag sk ind. Das ist s chick ­ lich. // Im Hu l l a von S amark and wird ein neuvermält Päärchen in die Brautkam­ mer gebracht, und nun fein allein gelaßen, um seinen Ehestand eigentlichst zu be­ ginnen. Die Brautkammer ist das Theater selbst, die junge Frau wundert sich, den Gatten nicht unternehmender zu sehn. Das ist s ch ick l ich. Im Johann von S chw ab en ruft eine Verbuhlte ihren Ritter zur Stelle ins Nebengemach, ihm die höchste Gunst zu bewilligen, in B au m d e r D i ana kömmt die Göttin erschöpft und betrübt zurück, weil sie eben ihr jungfräulich Kleinod verlor, in Fi g aro s Ho ch z eit genießt der Graf im Pavillion seiner Frau, das Kammermädchen während im D on Ju an hört man nothzüchtigen. Alles s chick l i ch. O gere chter If f l and!

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Zuletzt wählte man doch aus dem halben Dutzend Eins, und zwar die Blu me vom G anges. Merkwürdig genug. Grade das Stück, was der Autor für das schlechteste erkannte. Es war mir seltsam mit dem Stoff ergangen. Ich hatte in einem Rheinischen Ta­ schenbuch die sehr rührende und gar romantische Geschichte eines jungen Britten gelesen, der am Ganges eine Blume von der Geliebten empfing, und nach s­ ieben Jahren – wo er sie in Virginien wiederfand – noch den Staub jener Blume am Herzen trug. Freilich empfindsam genug, aber doch nicht unnatürlich. Er­griffen von der schönen Romantik, machte ich ein Theaterstück daraus. Weil es nicht ­sieben Jahre spielen konnte, mußte nun aber die Vergangenheit erzählt werden, es ­entstanden nothwendig lange Reden, die Exposition dehnte sich weit aus. Me in Fehler, mei ne Schuld. Ich hätte // mich von dem Stoff nicht an­ziehen ­lassen, bedenken sollen, daß er jener unumgänglichen Erzählungen willen, nicht zum ­Theater geeignet war. Bei dem Allen giebt es in anderen Stücken auch lange Expo­ sitionen und Erzählungen. Die Hauptsache mochte wohl seyn, daß eine s­ ieb e n Ja hre hindurch glühende Liebe dem Publikum in Berlin – wenigstens den ton­ angebenden Herren im Parterre – zu unwahrscheinlich vorkam. Ja, ­wären es noch sieben Tage gewesen. Doch keine Entschuldigung, das Stück sey verdammt. Einige – nicht alle – Zuschauer bezeigten Mißfallen, und es versteht sich, daß nun gleich das Stück liegen blieb. Ich muß voraussetzen, daß If f l and s i ch he rzl ich ge f re ut hat . Und das war ihm nun ein Signal, fortan durchaus nichts mehr von mir anzu­ nehmen. Ich sandte ihm noch den E mpfang d e s Min iste rs , ein Lustspiel in fünf Aufzügen, die S ei lt änz er, Posse in vier Aufzügen, d ie E in na hme von Bre d a, Schauspiel in Jamben von fünf Aufzügen, ein p at r iot is che s Stü ck zur Heimkehr der Landwehren – keine Silbe Antwort. Die nach Ifflands Tode bestellte Commission gab hingegen die blü hende und ve rblü hte Ju ng fe r. Meint etwa ein weises Gehirn: ich hätte statt einem halben Dutzend nur e in Stück fertigen sollen, aber mit sechsfachen Fleiß, so bedenkt dies weise Ge­ hirn nicht, daß unter solchen Auspizien gerade d an n auch sechsfacher Wider­ stand sich fürchten lassen mußte. Ungefähr als wenn Jemand, in einem gewis­ sen Staate, militärische Erfindungen oder politische Ideen angiebt. Sind sie gut, dann – schlimm! Mit Kleinigkeiten wäre allenfalls Glück zu machen. Doch das gehört // nicht hieher. Meint Jemand: obige Geschichtserzählung habe die Autoreitelkeit nieder­ geschrieben, so irrt er höchlich. Was meine Arbeiten werth sind, weiß ich bes­ ser als die Rezensenten, denn ich gehe noch strenger als sie mit mir um. Aber ich weiß auch, daß um Lustspiele zu dichten – mit Trauerspielen ist es ein Anderes, da findet man Handlung und Personen gewöhnlich schon vor – Lustspiele, welche der Natur nicht ganz untreu bleiben sollen, man sich Menschenkunde, von Höfen

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bis zu Landhütten zu verschaffen, viele Theater zu sehen, aber auch daneben viele Muster und Kritik zu prüfen hat. Um das alles weiß ich mich bemüht zu haben. Es gehört aber noch lebendige Fantasie, Erfindungsgabe dazu. Ich muß wissen, wie ich da mit mir stehe, ob ich lange suchen muß, oder die Bilder in meiner Vor­ stellung leicht entstehen. Ich habe gegen fünfzehn Bände – gedruckter und noch ungedruckter – Schauspiele gefertigt. Seh ich sie nach dem Begriff des Vollkom­ menen an, der in mir wohnt, möcht ich freilich sie alle in die Flammen werfen. Bedenke ich hingegen, wie saure ekelhafte Hinderniß ich damit fand – und grade mit den beßten unter ihnen – und was sie dem Fleiß eingetragen haben, dann sag ich laut: sie sind lange gut, nein, noch viel zu gut! Behauptet Jemand: obige Geschichtserzählung habe ein Fe ind Ifflands zu Pa­ pier gebracht, sagt er eine Lüge. Wäre ich es gewesen, hätte es unter solchen Um­ ständen befremden können? Doch indem ich mehr wußte, wissen konnte, als mancher Andere, von wie ­vielen Seiten Iffland Achtung auflegte, war es mir auch um so weniger möglich, ­anfeindenden Gefühlen gegen ihn in mir Raum zu geben. Was hieß ein oder die andere Schwäche gegen so viele herrliche Eigenheiten, selbst Größe in manchem Betracht. Ich muß wissen, was ich bei seinem Leide, seinem Tode empfunden habe. […] [Auf einer durchstrichenen Manuskriptseite:] Ich habe ihm nachstehende Grabschrift gemacht.



Des hohen Mimen Rolle ist gespielt, Ab ging er nicht zum Schirm, nein zu des Grabes Stufen, Dem Leben klatscht, wie es die Kunst erzielt, Ach könnten wir, wie sonst, heraus ihn rufen!

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Verzeichnisse

Verzeichnis der Dokumente

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Iffland an Friedrich Wilhelm II. Mainz, 20. Juli 1792 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 Karl August Böttiger über Ifflands Spiel. Ohne Ort, April 1796 . . . . . . . . . . . 151 Iffland an Franz Kirms. Mannheim, 15. Mai 1796 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 Carl Wilhelm Ramler an Iffland. Berlin, Dezember 1796 . . . . . . . . . . . . . . . . 153 Iffland an Franz Kirms. Berlin, 11. Dezember 1796 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 Friedrich Wilhelm II. an Iffland. Berlin, 16. Dezember 1796 . . . . . . . . . . . . . 154 Iffland an Johann Ludwig Berger. Berlin, 28. Dezember 1796 . . . . . . . . . . . . 157 Iffland an Johann Friedrich Ritz. Berlin, 13. Mai 1797 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 Iffland an Johann Friedrich Ritz (?) mit dem Personenverzeichnis zur „Zauberin Sidonia“. Berlin, 29. Mai 1797 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 10. Iffland an Friedrich Wilhelm III. Berlin, 11. April 1798 . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 11. Friedrich Wilhelm III. an Johann Jakob Engel. Berlin, 12. April 1798 . . . . . . 160 12. Iffland an Franz Kirms. Berlin, 17. April 1798 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 13. Iffland an Friedrich Wilhelm III. Berlin, 10. Juli 1798 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 14. Friedrich Wilhelm III. an Iffland. Charlottenburg, 10. Juli 1798 . . . . . . . . . . 163 15. Iffland an Ludwig Tieck. Berlin, 30. Juli 1798 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 16. Iffland an August Wilhelm Schlegel. Berlin, 3. September 1798 . . . . . . . . . . . 164 17. Friedrich Wilhelm III. an Iffland. Potsdam, 16. September 1798 . . . . . . . . . . 165 18. Iffland an Karl August Böttiger. Berlin, 27. Oktober 1798 . . . . . . . . . . . . . . . . 165 19. Iffland an Friedrich Wilhelm III. Berlin, 25. November 1798 . . . . . . . . . . . . . 166 20. Friedrich Wilhelm III. an Iffland. Berlin, 26. November 1798 . . . . . . . . . . . . 167 21. Iffland an Karl August Böttiger. Berlin, 11. Dezember 1798 . . . . . . . . . . . . . . 167 22. Iffland an Franz Kirms. Berlin, 25. Januar 1799 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 23. Iffland an Friedrich Wilhelm III. Berlin, 17. März 1799 . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 24. Iffland an August Wilhelm Schlegel. Berlin, 19. März 1799 . . . . . . . . . . . . . . 169 25. Friedrich Wilhelm III. an Iffland. Berlin, 19. März 1799 . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 26. Iffland an Johann Friedrich Ludwig Niethe. Berlin, 28. Juli 1799 . . . . . . . . . . 170 27. August Wilhelm Schlegel an die Berliner Theaterkasse. Jena, 21. November 1799 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 28. Friederike Auguste Conradine Unzelmann an Sara Levi. Ohne Ort, ohne Datum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 29. Johann Wolfgang von Goethe an Franz Kirms. Weimar, 6. Januar 1800 . . . . 173

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30. Iffland an Bartolomeo Verona (Vertrag). Berlin, 8. Februar 1800 . . . . . . . . . 31. Iffland an Friedrich Wilhelm III. Berlin, 24. März 1809 . . . . . . . . . . . . . . . . . 32. Friedrich Wilhelm III. an Iffland. Berlin, 29. März 1800 . . . . . . . . . . . . . . . . . 33. Iffland an Karl August Böttiger. Berlin, 29. Mai 1800 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34. Verzeichnis der Aufführungen des Berliner Nationaltheaters in Potsdam 1800 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35. Iffland an Georg Joachim Göschen. Berlin, 28. Juni 1800 . . . . . . . . . . . . . . . . 36. Iffland an Karl August Böttiger. Berlin 28. Juni 1800 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37. Iffland an die Berliner Theaterkasse. Berlin, 21. Oktober 1800 . . . . . . . . . . . . 38. Schreiben von Unbekannt über Iffland. Ohne Ort, ohne Datum . . . . . . . . . . 39. Iffland an Unbekannt. Berlin, 3. Dezember 1800 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40. Iffland an Karl Friedrich von Beyme. Berlin, 16. Februar 1801 . . . . . . . . . . . 41. Iffland an Georg Joachim Göschen. Berlin, 28. Februar 1801 . . . . . . . . . . . . . 42. Iffland an Franz Kirms. Berlin, vor 5. März 1801 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43. Karl Gotthard Langhans an Karl Friedrich von Beyme. Berlin, 8. November 1801 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44. Friedrich Schiller an Iffland. Weimar, 21. Januar 1802 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45. Iffland an Franz Kirms. Berlin, 26. Februar 1802 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46. Iffland an Heinrich Joseph Edler von Collin. Berlin, 27. Februar 1802 . . . . . 47. Iffland an Friedrich Wilhelm III. Berlin, 23. März 1802 . . . . . . . . . . . . . . . . . 48. Iffland an Anton Graff. Berlin, 13. April 1802 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49. Iffland an Friedrich Schiller. Berlin, 16. April 1802 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50. Verzeichnis über die Einnahme der aufgeführten Schauspiele im Monat Juni 1802 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51. Jahresabschluss über die Einnahme und Ausgabe des Nationaltheaters 1801/02. August 1802 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52. Iffland. Pro Memoria. Vor 1. August 1802 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53. Iffland an Bartolomeo Verona. Berlin, 7. September 1802 . . . . . . . . . . . . . . . . 54. Iffland an Friedrich Wilhelm III. Berlin, 22. November 1802 . . . . . . . . . . . . . 55. Iffland an Friedrich Wilhelm III. (Pro Memoria). Berlin, 22. November 1802 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56. Iffland an Karl Friedrich von Beyme. Berlin, 22. November 1802 . . . . . . . . . 57. Karl Friedrich von Beyme an Friedrich Wilhelm III. Nach 22. November 1802 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58. Friedrich Schiller an Iffland. Weimar, 22. April 1803 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59. Theatergesellschaft Harmonie an Friedrich Wilhelm III. Berlin, 31. Mai 1803 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60. Iffland an Adelbert von Chamisso. Berlin, 29. Juli 1803 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61. Gehaltstabelle für die Jahre 1790/91 bis 1804/05 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62. Iffland an das Departement der Finanzen. Berlin, 16. Mai 1804 . . . . . . . . . . .

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174 176 177 178 179 180 180 181 181 183 184 186 188 189 194 195 195 197 201 201 204 205 206 211 212 214 224 227 230 232 235 236 250

Verzeichnis der Dokumente

63. Beschwerde einiger Ensemblemitglieder über Ifflands Theaterleitung an Friedrich Wilhelm III. Berlin, 11. Juni 1804 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64. Friedrich Wilhelm III. an Iffland. Charlottenburg, 19. Juli 1804 . . . . . . . . . . 65. Friedrich Wilhelm III. an Iffland. Neisse, 22. August 1804 . . . . . . . . . . . . . . . 66. Theatergesellschaft Harmonie an Friedrich Wilhelm III. Berlin, 11. September 1804 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67. Peter Ludwig Burnat an Friedrich Wilhelm III. Berlin, 10. Mai 1805 . . . . . . 68. Friederike Auguste Conradine Bethmann an die Berliner Theaterkasse. Berlin, 20. Juli 1805 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69. Johann Stephan Gottfried Büsching, Müller, Gerresheim, Koels, Franz Ludwig von Hatzfeld an Iffland. Berlin, 20. Oktober 1806 . . . . . . . . . . 70. Müller, Schlechtendahl, Koels an Iffland. Berlin, 26. Oktober 1806 . . . . . . . . 71. Iffland an Unbekannt. Berlin, 6. August 1807 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72. August von Kotzebue an die Berliner Theaterkasse. Weimar, 30. Oktober 1807 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73. Iffland an die Berliner Theaterkasse, mit Empfängerbemerkung von Johann Daniel Sander. Berlin, 24. Dezember 1807 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74. Iffland an Maria Telle (Vertrag). Berlin, 29. Dezember 1807 . . . . . . . . . . . . . . 75. Iffland an Jacob Herzfeld. Berlin, 10. März 1809 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76. Iffland an Friedrich Wilhelm III. Berlin, 11. April 1809 . . . . . . . . . . . . . . . . . 77. Friedrich Wilhelm III. an Iffland, mit einer gesonderten Nachricht an Friedrich Ferdinand Alexander Graf zu Dohna-Schlobitten. Königsberg, 26. April 1809 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78. Iffland an Friedrich Wilhelm III. Berlin, 27. Mai 1809 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79. Iffland an Julius von Voß. Berlin, 19. Juni 1809 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80. Friedrich Ludwig Schröder an Iffland. Hamburg, 16. März 1810 . . . . . . . . . . 81. Marie Christiane Elisabeth Bürger an Iffland. Hamburg, 21. Mai 1810 . . . . . 82. Pius Alexander Wolf an Iffland. Weimar, Juli 1810 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83. Karl Gottfried Theodor Winkler an Iffland. Dresden, 7. Dezember 1810 . . . 84. Karl Gottfried Theodor Winkler an Iffland. Dresden, 27. Mai 1811 . . . . . . . 85. Generaldirektion der Königlichen Schauspiele an die Sektion für Schulden. Berlin, 30. August 1811 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86. Gebrüder Henschel an Iffland. Berlin, 16. Oktober 1811 . . . . . . . . . . . . . . . . . 87. Iffland an das Departement der Finanzen. Berlin, 29. November 1811 . . . . . 88. Iffland an das Departement der Finanzen. Berlin, 27. Dezember 1811 . . . . . 89. Johann Wolfgang von Goethe an Franz Kirms. Weimar, 22. Februar 1812 . . 90. Iffland an das Departement der Finanzen. Berlin, 5. Mai 1812 . . . . . . . . . . . . 91. Pauline Anne Milder-Hauptmann an Iffland. Wien, 10. Juni 1812 . . . . . . . . 92. Pauline Anne Milder-Hauptmann an Iffland. Wien, 4. Juli 1812 . . . . . . . . . . 93. Pauline Anne Milder-Hauptmann an Iffland. Wien, 31. Juli 1812 . . . . . . . . .

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262 265 271 271 274 276 276 277 277 278 278 278 281 285

288 289 291 292 293 294 294 295 296 297 298 298 309 309 317 318 319

Verzeichnis der Dokumente

94. Iffland an Karl Borromäus von Miltitz. Berlin, 3. Februar 1813 . . . . . . . . . . . 95. Iffland an Friedrich Heinrich von der Hagen (?). Berlin, 20. November 1813 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96. Iffland an Franz Kirms. Berlin, 6. Mai 1814 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97. Julius von Voß über Iffland und das Berliner Nationaltheater. Nach September 1814 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Verzeichnis der Verfasser und Empfänger der Dokumente

Die Zahleneinträge verweisen auf die Nummern der Dokumente im vorliegenden Band, Fettdruck verweist auf die Verfasserschaft. Berger, Johann Ludwig  7 Berliner Theaterkasse  27, 37, 68, 72, 73 Bethmann-Unzelmann, Friederike Auguste Conradine  28, 68 Beyme, Karl Friedrich von  40, 43, 56, 57 Böttiger, Karl August  2, 18, 21, 33, 36 Bürger, Marie Christiane Elisabeth  81 Burnat, Peter Ludwig  67 Büsching, Johann Stephan Gottfried  69 Chamisso, Adelbert von  60 Collin, Heinrich Joseph Edler von  46 Departement der Finanzen  62, 87, 88, 90 Dohna-Schlobitten, Friedrich Ferdinand ­Alexander Graf zu  77 Engel, Johann Jakob  11 Generaldirektion der Königlichen Schauspiele  34, 50, 51, 61, 85 Gerresheim, Karl August  69 Goethe, Johann Wolfgang von  29, 89 Göschen, Georg Joachim  35, 41 Graff, Anton  48 Hagen, Friedrich Heinrich von der  (?) 95 Hatzfeld, Franz Ludwig Fürst von  69 Henschel, Gebrüder  86 Herzfeld, Jacob  75 Iffland, August Wilhelm  1, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 12, 13, 14, 15, 16, 17, 18, 19, 20, 21, 22, 23, 24, 25, 26, 30, 31, 32, 33, 35, 36, 37, 39, 40, 41, 42, 44, 45, 46, 47, 48, 49, 52, 53, 54, 55, 56, 58, 60, 62, 64, 65, 69, 70, 71, 73, 74, 75, 76, 77, 78, 79, 80, 81, 82, 83, 84, 86, 87, 88, 90, 91, 92, 93, 94, 95, 96

Kirms, Franz  3, 5, 12, 22, 29, 42, 45, 89, 96 Koels  69, 70 Kotzebue, August Friedrich Ferdinand von  72 Langhans, Karl Gotthard  43 Levi, Sara  28 Milder-Hauptmann, Pauline Anne  91, 92, 93 Miltiz, Karl Borromäus von  94 Müller  69, 70 Niethe, Johann Friedrich Ludwig  26 Preußen, Friedrich Wilhelm II., König von  1, 6 Preußen, Friedrich Wilhelm III., ­König von 10, 11, 13, 14, 17, 19, 20, 23, 25, 31, 32, 47, 54, 55, 57, 59, 63, 64, 65, 66, 67, 76, 77, 78 Ramler, Carl Wilhelm  4 Ritz, Johann Friedrich  8, 9 Sander, Johann Daniel  73 Schiller, Friedrich  44, 49, 58 Schlechtendahl, Dietrich Friedrich Karl  70 Schlegel, August Wilhelm  16, 24, 27 Schröder, Friedrich Ludwig  80 Telle, Maria  74 Theatergesellschaft Harmonie  59, 66 Tieck, Johann Ludwig  15 Unbekannt  38, 39, 71 Verona, Bartolomeo  30, 53 Voß, Julius Johann Joachim von  79, 97 Winkler, Karl Gottfried Theodor  83, 84 Wolf, Pius Alexander  82

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Namen- und Werkverzeichnis

Werke sind nur mit Kurztiteln verzeichnet. Opern werden in der Regel nur unter dem Komponisten genannt; ausführliche und weiterführende Angaben sind in der mit einem alphabetischen Stücke­index versehenen Datenbank zum Berliner Nationaltheater (http://berlinerklassik.bbaw.de/BK/­theater) zu finden. Namen neuerer Autoren sind nicht hervorgehoben und werden nicht kommentiert. Ackermann, Konrad Ernst, 1710–1771, Schauspieler und Theaterprinzipal  17 Albrecht, Wolfgang  100 Alexander I.  s. Russland Alfons II.  s. Ferrara Allainval, Léonor Jean Christin Soulas d’ (gen. l’abbé d’Allainval), um 1700–1753, franz. Dichter – Der Ton des Tages 284 Altfilist, Karoline Sophie, 1776–1813, Schauspielerin in Berlin  240f. Amberg, Jacob Heinrich, geb. 1756, Schauspieler in Berlin  238 Ambrosch, Joseph Carl, 1759–1822, Sänger und Schauspieler in Berlin  221, 240f. Anhalt, Bankier in Berlin  305 Anna Amalia, Herzogin  s. Sachsen-Weimar-­ Eisenach Argens, Jean-Baptiste de Boyer, Marquis d’, 1703–1771, franz. Schriftsteller und Philosoph 61 Arnim, Achim von, 1781–1831, Dichter  41 Ariosti, Attilio, 1666–1729, ital. Komponist – La Festa del Hymeneo 15 Ariosto, Ludovico, 1474–1533, ital. Dichter  113 Aristoteles, 384–322 v.  Chr., griech. Philosoph 54 Arnoldi, Friedrich Wilhelm, 1767–1838, Schauspieler in Berlin  238 Arnstein, Franziska (Fanny) von, geb. Vögele Itzig, 1758–1818, Salonière in Wien  173

Aurnhammer, Achim  94 Axen, von, Familie in Hamburg  284 Babe, Mitglied der Berliner Theatergesellschaft Harmonie 235 Babo, Joseph Marius, 1756–1822, Dramatiker 113 Baranius, Henriette, 1768–1835, Sängerin und Schauspielerin in Berlin  236f. Bartels, Bürger in Hamburg  285 Bayern, Ludwig, Kronprinz von, 1786–1868, als Ludwig I. König  73, 146 Beck, Heinrich, 1760–1803, Schauspieler, Theater­schriftsteller  76, 83–86, 97, 130 – Das Kamäleon  83–86, 97, 130, 187 Becker, seit 1792 Schauspieler in Berlin  242 Beethoven, Ludwig van, 1770–1827, Komponist 122 Beil, Johann David, 1754–1794, Schauspieler und Dramatiker  47f. Benda, Sänger in Berlin  221 (?), 238 Benda, Carl Ernst Eberhard, 1764–1824, Schauspieler und Sänger in Berlin  159, 221 (?), 240f. Benda, Georg Anton, 1722–1795, Komponist – Ariadne auf Naxos 205 – Pygmalion 161 Bender, Musiker am Berliner Nationaltheater 265, 266 Benecke, Wilhelm Christian, 1779–1860, Kaufmann und Bankier in Berlin  307

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Namen- und Werkverzeichnis Benkowitz, Karl Friedrich, 1764–1807, Dramatiker und Lyriker  235 – Die Jubelfeier der Hölle, oder Faust der Jüngere 235 Bergé, Andreas, Theaterprinzipal einer französischen Truppe in Berlin  16 Berger, Johann Ludwig, 1760–1832, Schauspieler in Berlin  157, 159, 240f. Bernhardi, August Ferdinand, 1769–1820, Gelehrter und Schriftsteller, Theaterkritiker 24, 41f., 46, 47, 48f., 63, 69, 80f., 82, 84, 90, 103, 104, 105, 106–108, 110, 120, 187 – Bambocciaden 46f. – Ueber Ifflands mimische Darstellungen 69 Berthes  s. Perthes Berton, Henri Montan, 1767–1844, franz. Komponist – Aline, Königin von Golkonda 271 Beschort, Friedrich Jonas, 1767–1846, Schauspieler und Sänger in Berlin  54, 200, 221, 244f., 268 Beschort, Therese, 1765–1818, Sängerin und Schauspielerin in Berlin  244f. Bessel, Carl Friedrich, 1779–1837, Schauspieler in Berlin  159 (?), 220, 221, 244f., 266 Bessel, Johann Friedrich, 1755–1833, Schauspieler in Berlin  159 (?), 242f. Bessel, Marianne Marie Anna, geb. 1762, Schauspielerin in Berlin, verh. mit Johann Friedrich B. 242f. Bessel, ältere Tochter der beiden Vorigen  216, 220, 221, 222, 246f. Bethmann, Heinrich Eduard, 1774–1857, Schauspieler in Berlin  67, 188, 214, 216, 217, 221, 242f., 262, 268 Bethmann-Unzelmann, Friederike Auguste Conradine, geb. Flittner, gesch. Unzelmann, 1760/68–1815, 1786 bis 1803 verh. mit Karl Wilhelm Ferdinand Unzelmann, seit 1805 verh. mit dem Vorigen, Schauspielerin in Berlin  69, 72, 149, 159, 169, 173, 215, 220, 224, 236f., 268, 276, 277 Beyme (Beime), Karl Friedrich von, 1765–1838, preuß. Beamter, Kabinettsrat und Vertrauter von Friedrich Wilhelm III.  12, 32, 37, 184–186, 188, 189–194, 224–230

Bianchi, Antonio, geb. 1758, 1794–1796, Sänger in Berlin, zuvor in Genua, Paris und Hannover 242 Bignon, Louis Pierre Édouard Baron de, 1771– 1841, Kommissar Napoleons in Berlin, Administrator  302, 304 Birgfeld, Johannes  96 Bisky, Jens  37, 41 Blamberger, Günter  9 Bliesner, Musiker am Berliner Nationaltheater 267 Blücher von Wahlstatt, Gebhard Leberecht Fürst von, preuß. Feldmarschall  66 Blühm, Andreas  64 Bode, Theodor Heinrich August, 1778–1804, Schriftsteller und Übersetzer  121 Boeckh (Böckh), August, 1785–1867, Philologe und Altertumsforscher  23, 27 Boehlendorff, Casimir Ulrich, 1775–1825, Schriftsteller 108 Boerlin-Brodbeck, Yvonne  60 Boetius, Susanne  27 Böheim, Charlotte Dorothea, 1782–1831, ­Sängerin und Schauspielerin in Berlin  200, 242f. Böheim, Joseph Michael, 1750–1811, Schauspieler in Berlin  159, 236f., 269 Böheim, Marianne, 1757–1824, Schauspielerin in Berlin, Frau des Vorigen  236f., 269 Böhm (Böhme), Dr., Theaterarzt  199f., 224, 270 Böhm, Elisabeth, 1756 – um 1798, 1787–1796 Sängerin und Schauspielerin in Berlin  236f. Boie, Heinrich Christian, 1744–1806, Jurist und Schriftsteller 61 Boieldieu, François Adrien, 1775–1834, franz. Komponist – Johann von Paris 320 Bolt, Johann Friedrich, 1769–1836, Zeichner und Kupferstecher  141 Bonaparte, Napoleon, 1769–1821, seit 1804 als Napoleon I. Kaiser der Franzosen  127, 277, 302 Borell du Vernay, Jacob, preuß. Offizier  302 Börsch-Supan, Helmut  60, 62 Bötticher, August Wilhelm, geb. 1755, Schauspieler in Berlin  238f.

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Namen- und Werkverzeichnis Bötticher, Charlotte Christiane, geb. 1764, Schauspielerin in Berlin  238f. Böttiger (Bötticher), Karl August, 1760–1835, Gymnasiallehrer, Schriftsteller  11, 59, 63, 64, 69, 85, 113, 151f., 165f., 167, 180, 188 – Entwickelung des Ifflandischen Spiels 59, 64, 69 – Literarische Zustände und Zeitgenossen 85 Boumann, Johann, 1706–1776, Architekt  34 Bretzner, Christian Friedrich, 1746–1807, Schriftsteller 144 – Der argwöhnische Liebhaber 144 Brandel, Christian, gest. 1795, Sänger in Berlin 240 Breysig, Johann Adam, 1766–1831, Theatermaler 26 Brockmann, Johann Franz Hieronymus, 1745– 1812, Schauspieler  17, 62 Brückner, Cecilie, seit 1787 Schauspielerin in Berlin 238 Brueys, David Augustin d’, 1640–1737, franz. Dichter – Der Advokat Patelin 294 Bruinvisch, Kaufmann in Königsberg  17 Buchholz, Paul Ferdinand Friedrich, 1768– 1843, Professor der Ritterakademie in Brandenburg, Publizist  327 Bürger, Marie Christiane Elisabeth (Elise), geb. Hahn, 1769–1833, Schriftstellerin und Schauspielerin 293f. – Klara von Montalban 293 Burnat, Peter Ludwig, 1762–1817, Maler, ­Dekorationsmaler am Berliner National­ theater und an der Oper  274f., 296f. Büsching, Johann Stephan Gottfried, ab 1804 Stadtpräsident von Berlin, 1806–1808 im Comité administratif verantwortlich für die Polizeiabteilung  276, 301 Caigniez, Louis Charles, 1762–1842, franz. Dichter 53 – Salomons Urteil 53 Callot, Jacques, 1592–1635, lothringischer Zeichner und Kupferstecher  60 Campanini, Barbara, 1721–1799, ital. Tänzerin in Berlin  61

Canzlern, Putzfrau am Berliner Nationaltheater 199 Catel, Charles Simon, 1773–1830, franz. Komponist 315f. – Die Bajaderen 315f. Chamisso, Adelbert von, 1781–1838, deutscher Dichter franz. Herkunft  11, 235 – Faust 235 Charles IV.  s. Lothringen Cherubini, Luigi Carlo Zenobio Salvatore Maria, 1760–1842, ital. Komponist  52, 107, 312, 317, 318 – Lodoiska 52 – Medea  107, 317, 318, 319 – Der Wasserträger 204 Chodowiecki, Nikolaus Daniel, 1726–1801, Zeichner und Kupferstecher  17, 60, 62, 66 Cimarosa, Domenico, 1749–1801, ital. Komponist 312 Clark (Clarke), Henri-Jacques-Guillaume, 1765–1818, franz. Staatsmann und General, Gouverneur in Berlin  302 Cochois, Babette, 1725–1780, franz. Schauspielerin, seit 1749 mit d’Argens verh.  61 Collet, franz. Offizier in Berlin  277, 302, 304 Collin, Heinrich Joseph Edler von, 1771/72– 1811, österr. Schriftsteller  56, 113, 195–197 – Balboa 56 – Coriolan 56 – Regulus  56, 195, 197, 284 Contius, Kopist am Berliner Nationaltheater 199 Corneille, Pierre, 1606–1684, franz. Dramatiker 15, 108, 113, 121 – Rodogune  108, 121 Cosimo II.  s. Medici Costé, Abel, Seidenfärber in Berlin  307, 308 Cotta, Johann Friedrich, 1764–1832, Buchhändler und Verleger  128 Cronegk, Johann Friedrich von, 1731–1758, Dramatiker  100, 104 – Olint und Sophronia  100, 104 Cumberland, Richard, 1723–1811, engl. Drama­ tiker und Verwaltungsbeamter  164 – Der Jude 164 Czechtizky, Karl, 1759–1813, seit 1787 Schauspieler in Berlin, später in Prag  238

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Namen- und Werkverzeichnis Dähling, Heinrich Anton, 1773–1850, Maler 65 Dalayrac, Nicolas Marie, 1753–1809, franz. Komponist – Alexis 284 – Die beiden Savoyarden 204 – Die Glücksritter 271 – Gulistan, oder: Der Hulla von Samarcanda 329 – Nina, oder Wahnsinn aus Liebe 205 – Raoul Crequi 257 – Die Wilden  257, 258 Daru (Dáru, Darue), Pierre Antoine Noël Bruno, 1767–1827, franz. Generalintendant in Preußen und Österreich  277, 301f., 303, 306, 307 David, Jacques Louis, 1748–1825, franz. Maler 61 Deierkauf-Holsboer, Sophie Wilma  15 Delkeskamp, Friedrich Wilhelm, 1794–1872, Maler 137 Denon, Dominique Vivant, 1747–1825, franz. Diplomat, Generaldirektor der franz. Museen 61 Deppe, Uta  15 Devrient, Ludwig, 1784–1832, seit 1809 Schauspieler in Breslau, ab 1815 in Berlin  328 Diderot, Denis, 1713–1784, franz. Philosoph und Dichter  108, 152 – Le Père de Famille 108 Ditters von Dittersdorf, Johann Karl, 1739– 1799, österr. Komponist – Der Apotheker und der Doktor 204 Döbbelin, Carl Theophil, 1727–1793, Theaterprinzipal, 1786 erster Direktor des Berliner Nationaltheaters  17, 62, 181 Döbbelin, Karl Konrad Kasimir, 1763–1821, Schauspieler, Theaterprinzipal  220, 290 Döbbelin (Doebblin), Karoline Maximiliane, 1758–1828, Schauspielerin in Berlin  236f., 269 Dohna-Schlobitten, Friedrich Ferdinand Alexan­der Graf zu, 1771–1831, preuß. Staatsminister 288 Domack, Mitglied der Berliner Theatergesellschaft Harmonie  235

Duncker, Carl Friedrich Wilhelm, 1781–1869, Berliner Buchhändler  327 Dürer, Albrecht, 1471–1528, Maler und Graphiker 81f. Eckenberg, Johann Carl von, 1684–1748, Akrobat, Schauspieler, Theaterprinzipal  16 Eigensatz (Eigensaz), Christiane Dorothea, 1781–1850, Schauspielerin in Berlin  220, 221, 223, 244f., 265 Eisendecher, Christian Wilhelm, 1741–1804, Klosterregistrator und Rechnungsführer, Redakteur des Hannoverischen Magazins, Schwager Ifflands  29, 42 Eisendecher, Maria Sophia Louise, geb. Iffland, 1747–1823, seit 1771 verh. mit dem Vorigen, Schwester Ifflands  28, 29, 32, 42f., 186 Eisendecher, Konsistorialsekretär in Hannover, Sohn der Vorigen, Neffe Ifflands  186 Eisig, Gehilfe am Berliner Nationaltheater ­  266, 267 Ekhof (Eckhof), Konrad, 1720–1778, Schauspieler und Theaterdirektor  28f., 47f., 52, 59, 83, 323 Elmenreich, Johann Baptist, 1770–1816, Sänger, Musiker, Schauspieler in Berlin  244f. Engel, Johann Jakob, 1741–1802, Gymnasiallehrer, Schriftsteller, 1787–1794 Mitdirektor des Berliner Nationaltheaters  32, 39, 42, 69, 160, 181, 216, 220, 324 – Ideen zu einer Mimik 69f. Engst, Christine Marie Dorothea, geb. Rouillon, 1756–1795, Schauspielerin in Berlin  236 Erdmannsdorff, Friedrich Wilhelm Freiherr von, 1736–1800, Architekt  19 Esterházy de Galantha, Nikolaus II. Fürst, 1765–1833, ungar. Mäzen  68, 282 Eule, Gottfried, 1754–1827, Schauspieler, seit 1798 Mitdirektor des Hamburger Theaters 284 Eunicke (Eunike), Johann Friedrich, 1764–1844, Sänger in Berlin  64, 200, 223, 246f., 266, 268, 271 Eunicke (Eunike), Maria Therese, geb. Schwachhöfer, 1776–1849, Sängerin und Schauspielerin in Berlin  159, 200, 223, 244f., 266, 268, 271

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Namen- und Werkverzeichnis Federici, Camillo, 1749–1802, ital. Dichter   53, 144, 325 – Der Amerikaner 144 – Der Schleier 284 – Totila, König der Goten 53 Ferrara, Alfons II. d’Este, Herzog von, 1533– 1597, Mäzen Tassos  91, 92 Fetting, Hugo  12 Fichte, Johann Gottlieb, 1762–1814, Philosoph 66 Fiederer, Margit  75 Flaschka, Oboist am Berliner Nationaltheater 199 Fleck, Johann Friedrich Ferdinand, 1757–1801, Schauspieler und Regisseur in Berlin  39, 149, 153, 159, 169, 199, 200, 214f., 216, 220, 221, 236f., 247, 265, 328 Fleck, Luise Sophie, geb. Mühl, 1777–1846, Schau­spielerin in Berlin, Frau des Vorigen 63, 159, 215, 242f., 268, 269 Fleischmann, Johann Friedrich Anton, 1766– 1798, Komponist  122 Flittner, Christian Gottfried, 1770–1828, Apotheker, Herausgeber von Ifflands Theorie der Schauspielkunst 54 Flurer, Dramatiker 153 Fontano  s. Holbein Francke, Wilhelm, Oberbürgermeister von Magdeburg 19 Frankreich, Ludwig XIV., 1638–1715, König von 23 Frankreich, Ludwig XVI., 1754–1793, König von 47 Franul von Weißenthurn, Johanna Rachel Theresia, geb. Grünberg, 1773–1847, Schauspielerin und Schriftstellerin  122 – Beschämte Eifersucht 122 Franz II., Joseph Karl, 1768–1835, 1792–1806 Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation, seit 1804 Kaiser von Österreich 322 Franz, Johann Christian, 1762–1814, Sänger in Berlin  219, 240f., 266 Freitag, Schneider am Berliner Nationaltheater 298 Frenzel, Bürger in Berlin  272 Frenzel, Herbert A.  15, 16, 19, 46

Fréron, Louis-Marie Stanislas, 1754–1802, franz. Politiker  47, 84, 183, 187 Freydank, Ruth  21 Frick, Werner  9 Friedrich II.  s. Preußen Friedrich Wilhelm I.  s. Preußen Friedrich Wilhelm II.  s. Preußen Friedrich Wilhelm III.  s. Preußen Frühwald, Wolfgang  117 Fuchs, seit 1792 Schauspieler in Berlin  242 Galander, Arbeiter am Berliner Nationaltheater 267 Garde, François Théodore de la  s. La Garde Gareis, Polizeikapitän in Berlin  302 Garly, seit 1792 Schauspielerin in Berlin  240 Garrick, David, 1717–1779, engl. Schauspieler 59, 61 Gauthier, Laure  15 Gaveaux, Pierre, 1761–1826, franz. Sänger und Komponist – Herr van der Schalmey 329 Gehler, Familie in Leipzig  187 Geiger, Ludwig  28, 32, 41,137 Genelli, Hans Christian, 1763–1823, Architekt, Gelehrter 103f. Georg, Bedienter Ifflands (evtl. identisch mit Maurer) 161 Georgi, Musiker am Berliner Nationaltheater 267 Gerlach, Klaus  11, 27, 33, 46, 52, 65, 66, 109, 112, 123 Gerlach, Leopold von, 1790–1861, preuß. General 57 Gern, Johann Georg, 1757–1830, Schauspieler und Sänger in Berlin  246f., 268 Gerresheim (Geresheim), Karl August, 1738– um 1821, Justizbürgermeister von Berlin 276, 301 Gillot, Claude, 1637–1722, franz. Maler  60 Gilly, Friedrich, Architekt  18 Girard, seit 1792 Schauspielerin in Berlin  242 Glatz, Zimmermeister in Berlin  259 Gluck, Christoph Willibald, 1714–1787, Komponist  42, 102, 103, 121, 312, 317 – Armide  121, 325 – Iphigenia in Aulis  121, 278, 317 – Iphigenia in Tauris  42, 102, 103, 317, 319

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Namen- und Werkverzeichnis Goethe (Göthe), Johann Wolfgang von, 1749–1832, Dichter, Staatsbeamter am ­Weimarer Hof, 1791–1817 Leiter des Hoftheaters ­Weimar  9, 11, 20, 30, 39, 52, 53, 54, 55, 56, 57, 63, 64, 76, 77, 80, 83, 84, 85, 90–92, 93, 94, 97, 101, 105, 108, 111–116, 120, 121, 122, 127f., 129, 130, 154, 173, 231, 235, 298, 309, 312, 322 – Egmont  20, 54, 55, 102, 127, 161 – Epimenides Erwachen 127 – Faust. Ein Fragment 235 – Götz von Berlichingen  56, 127 – Iphigenie auf Tauris  53, 55, 56, 111, 115, 168 – Künstlers Erdenwallen 77 – Die Laune des Verliebten 127 – Mahomet  53, 108, 121, 173 – Die natürliche Tochter  56, 102, 111, 121, 122, 127, 231 – Romeo und Julia  128, 309 – Tancred  121, 122 – Torquato Tasso  55, 76, 77, 90–92, 93, 94, 97, 105f., 130 – Weimarer Hoftheater. Februar 1802 52, 56, 112 Goldschmidt, Helene  77 Gollmick, Friedrich Carl, 1774–1852, seit 1792 Sänger am Berliner Nationaltheater  242 Görke, Johann Friedrich, Arzt, Geheimer Obermedizinalrat, Militärarzt und seit 1797 Erster Generalchirurg, Gutachter für den Theaterarzt Böhm  200 Göschen, Georg Joachim, 1752–1828, Leipziger Verleger von Ifflands Werken  30, 47, 136, 180, 186f., 201 Göschen, Johanna Henriette, geb. Heun, 1765– 1850, Frau des Vorigen  180 Gotter, Friedrich Wilhelm, 1746–1797, Schriftsteller, Übersetzer, Dramatiker, väterlicher Freund Ifflands  29, 83, 107, 122, 124, 125, 169 – Der Dorfjunker 169 – Die Geisterinsel  122, 179 – Mariane 169 – Merope  107, 169 – Das öffentliche Geheimnis  124, 125, 205

Gotter, Luise Johannette Wilhelmine, geb. Stieler, 1760–1826, Frau des Vorigen  31, 123, 169 Gottsched, Johann Christoph, 1700–1766, Philosoph und Schriftsteller  94 Gozzi, Carlo, 1720–1806, ital. Theaterdichter 105, 113, 121, 124, 125, 202, 203 – Das öffentliche Geheimnis  124, 125, 205 – Turandot  105, 121, 125, 194, 202, 203 Graff, Anton, 1736–1813, Maler  30, 46, 64f., 66, 72, 138, 139, 141, 201 Greibe, Friedrich Ernst Wilhelm, 1854–1811, Sänger und Schauspieler in Berlin  159, 238f. Greibe, Maria Theresia, 1750–1820, Schau­ spielerin in Berlin, Frau des Vorigen  238f. Grétry, André Ernest Modeste, 1741–1813, franz. Komponist  53 – Die beiden Geizigen 53 – Richard Löwenherz  257, 258 Grimmer, Schauspieler in Berlin  198, 222 Groß, Musiker am Berliner Nationaltheater 266 Gruber, Bettina  89 Guischard, Kaufmann in Magdeburg  19 Hagemann, Friedrich Gustav, 1760–nach 1828/ vor 1835, Schauspieler, Dramatiker  121 – Großmuth und Dankbarkeit 121 Hagen, Ernst August  18 Hagen, Friedrich Heinrich von der, 1780–1856, Germanist, erhält 1810 in Berlin die erste Professur für deutsche Sprache und Literatur 321 Hahn, Karl Friedrich Graf von, 1782–1857, Mäzen, bekannt als „Theatergraf “  304 Hahn, Matthias  42 Hamel, seit 1795 Schauspielerin in Berlin  246f. Hamann, Johann Georg, 1730–1788, Philosoph 94 Hamilton, Emma, 1765–1815, Frau von Sir William H.  64, 70 Hammerschmidt-Hummel, Hildegard  17, 61 Hardenberg, Karl August Fürst von, 1750–1822, preuß. Minister, ab 1810 Staatskanzler  12, 41, 181f.

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Namen- und Werkverzeichnis Hatzfeld, Franz Ludwig Fürst von, 1756–1827, preuß. General  36, 46, 276, 300, 301 Haugwitz, Paul von, geb. 1791  57f. Haydn, Franz Joseph, 1732–1809, Komponist – Ritter Roland 257 – Psyche (Ballett s. Lauchery)  297 Haym, Rudolf  82 Hegel, Georg Wilhelm Friedrich, 1770–1831, Philosoph 23 Heier, Dekorationsmaler in Berlin, erster Gehilfe von Bartolomeo Verona  175 Heinitz, Friedrich Anton von, 1725–1802, preuß. Beamter  62 Heinrich, Prinz  s. Preußen, Friedrich Heinrich Ludwig Hendel-Schütz  s. Meyer, Johanna Henriette Rosine Henschel, Gebrüder, (Wilhelm, geb. 1785; Friedrich, August und Moritz) Künstler­ familie in Breslau und seit 1804 in Berlin, Zeichner und Maler  66–73, 74, 143, 144, 145, 297 Henzel, Christoph  42 Herder, Johann Gottfried, 1744–1803, Dichter und Theologe  85 Herdt (Herd), Dorothea Charlotte, geb. 1764, Schauspielerin in Berlin, Frau des Folgenden  219, 238f., 266 Herdt (Herd), Samuel Georg, 1755–1818, Schauspieler in Berlin  219, 238f., 266 Herklots, Karl Alexander, 1759–1830, Schriftsteller, Übersetzer am Berliner National­ theater 320 Herzfeld, Frau des Folgenden  284 Herzfeld, Jacob, 1763–1826, Schauspieler, seit 1786 Mitdirektor des Hamburger Theaters 31f., 281–285 Heyne, Christian Gottlob, 1729–1812, Philologe, Professor in Göttingen  94 Hilaire  s. Saint-Hilaire Himmel, Friedrich Heinrich, 1765–1814, Komponist, Kapellmeister am Berliner National­ theater 121 – Fanchon das Leyermädchen  102, 121, 126, 271 Hinderer, Walter  77 Höbicker, Herr 285

Hoffman, François Benoît, 1760–1828, franz. Dramatiker, Librettist  107 Hogarth, William, 1697–1764, engl. Maler und Graphiker  61, 72 Holbein, Franz Ignaz von (Pseud.: Fontano), 1779–1855, österr. Dichter, Theaterdirektor, als Sänger unter dem Namen Fontano am Berliner Nationaltheater  53, 246f. – Fridolin  53, 284 Holberg, Ludvig Baron von, 1684–1754, dän.-norweg. Schriftsteller – Der politische Kannengießer 293 Holzbecher, Karl David, 1779–1830, Schauspieler und Sänger in Berlin  220, 221, 244f., 266 Homann, Schneidergehilfe am Berliner National­ theater 198f. Homer, um 800 v. Chr., griech. Dichter  93, 94 Horn, Franz, 1781–1837, Schriftsteller und Literaturhistoriker 117f. Hotho, Thomas Heinrich, 1763–1848, Fabrikant und Kaufmann in Berlin, 1806 zum Mitglied des Comitè administratif gewählt  305 Hübsch, Anton, Theaterdirektor in Königsberg 18 Hübsch, Johann Baptist, 1755–1815, Sänger und Schauspieler in Berlin  244f. Hufeland, Christoph Wilhelm, 1762–1836, Arzt, Gutachter für den Theaterarzt Böhm  66, 200 Hulin, Pierre Augustin, 1758–1841, franz. General, Stadtkommandant im besetzten Berlin  277, 302 Humboldt, Caroline von, geb. von Dacheröden, 1766–1829, verh. mit Wilhelm von Humboldt  23f., 147 Humboldt, Friedrich Wilhelm Christian Karl Ferdinand Freiherr von, 1767–1835, preuß. Staatsmann und Diplomat  14, 23–26, 31, 37, 66, 132, 147 Hummel, Johann Erdmann, 1769–1852, Maler 65 Iffland, August Wilhelm, 1759–1814, seit 1796 Direktor des Berliner Nationaltheaters   passim – Die Advokaten 76

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Namen- und Werkverzeichnis – Almanach für Theater 54f. – Die Aussteuer 76 – Dienstpflicht 46 – Elise von Valberg 257f. – Das Erbtheil des Vaters  76, 186 – Erinnerung 179 – Figaro in Deutschland 76 – Der Fremde 168 – Die Hagestolzen  76, 151 – Die Hausfreunde  54, 121, 284 – Die Höhen 186 – Die Jäger 126 – Die Kokarden 180 – Die Künstler  48, 78–83, 90, 97, 130, 186 – Leichter Sinn 76 – Scheinverdienst  151, 186 – Selbstbeherrschung  144, 168 – Der Spieler 76 – Das Vaterhaus  121, 125, 151, 179, 186 Iffland, Christian Philipp, 1750–1835, Oberbürgermeister der Stadt Hannover, Bruder Ifflands  28, 32 Iffland, Gottfried, jüngerer Bruder Ifflands  137 Iffland, Johann Rudolf, 1714–1780, Vater Ifflands 28 Iffland, Louise Margarethe, geb. Greuhm, gest. 1819, seit 19. Mai 1796 verh. mit August Wilhelm Iffland  161, 164, 180 Iffland, Maria Sophia Louise  s. Eisendecher Iffland, (Nichte)  281 Ittershagen, Ulrike  70 Jacobi, Ifflands Sekretär, Kassenverwalter am Berliner Nationaltheater  35, 205, 292, 303 Jacobi, gest. 1804, Billetteinnehmer am Berliner Nationaltheater  266, 267 Jacobi, Johann Georg, 1740–1814, Schriftsteller 94 Jacobshagen, Arnold  21 Jagemann, Karoline, 1777–1848, seit 1809 Freifrau von Heygendorff, Schauspielerin in Weimar  127, 161, 165 Janitz, Johann, österr. Theatermaler  57 Japp, Uwe  76f., 78 Jean Paul (Johann Paul Friedrich Richter), 1763–1825, Dichter  110 Jung, Carsten  16

Jünger, Johann Friedrich, 1756–1797, Lustspieldichter 125 – Die Entführung und der Gefangene 204 – Komödie aus dem Stegreife 179 Jüngling, Beleuchtungsklempner am Berliner Nationaltheater  266, 267 Kant, Immanuel, 1724–1804, Philosoph  19 Karl August, Herzog  s. Sachsen-Weimar-­ Eisenach Kaselitz, Christian Günther, 1759–1818, Schauspieler und Sänger in Berlin  219, 238f., 269, 289–291 Kaube, Jürgen  9 Kauer, Ferdinand, 1752–1831, österr. Komponist  9, 27, 53, 124 – Die Nymphe der Donau  9, 27, 52, 53, 105, 122, 124, 126f., 204, 205 – Die Sternenkönigin 326 Kelch, Werner  60 Keyserling, Heinrich Christian Graf von, 1727– 1787  18f., 21 Kieniz, Musiker am Berliner Nationaltheater 266 Kimpfel, Johann Christoph, 1750–1805, Maler 65 Kirchner, Komponist  284 Kirchner, Hamburger Witwe des Vorigen  284f. Kirms, Franz, 1750–1826, sachs.-weimar. ­Beamter, seit 1791 Verwalter des Weimarer Hoftheaters  11, 29, 120, 152, 153f., 161, 167, 173, 188f., 195, 309, 322 Klara, Winfried  60, 71 Kleist, Heinrich von, 1777–1811, Dichter  9 Kliewer, Erwin  30 Klingenberg, Karl-Heinz  96, 126 Klopstock, Friedrich Gottlieb, 1724–1803, Dichter 145 Knudsen, Hans  14 Koch, Kastellan und Bauamtsassessor in Potsdam 176 Koch, Schauspieldirectrice am Berliner National­theater  266 Koch, Johann Ernst, 1760–1802, Geheimer Finanzrat in Berlin  181 Koels, Kriegsrat in Berlin  276, 277, 301, 302 Koenig, seit 1794 Sängerin in Berlin  242f.

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Namen- und Werkverzeichnis Korff, Hermann August  93 Košenina, Alexander  69f. Kotzebue, August Friedrich Ferdinand von, 1761–1819, Dichter und Herausgeber  24, 27, 46, 52, 53, 54, 57, 58, 63, 66, 67, 76, 84, 89, 92–96, 97, 101, 102, 103, 104, 105, 108, 109–117, 120, 121, 122, 123, 124, 125, 126, 127, 129, 130, 141, 144, 180, 264, 278, 292, 294–296, 298, 312 – Der arme Poet  92–96, 97, 130f. – Bayard  52, 204 – Die beiden Klingsberge  105, 125, 179 – Das Berlinische Nationaltheater 1802   112f. – Der Besuch  125, 204 – Der Brief aus Cadix 296 – Carolus Magnus 123 – Deodata 121 – Der deutsche Mann 278 – Die deutschen Kleinstädter  27, 53, 54, 84, 121, 122, 126, 204, 205, 292 – Don Ranudo de Colibrados  67, 121 – Das Epigramm  108, 110 – Fanchon das Leyermädchen  102, 126 – Der Heilige Martin 95 – Die französischen Kleinstädter  121, 122 – Graf Benjowsky  68, 69, 144, 284 – Gustav Wasa  52, 110, 204 – Hugo Grotius  110f., 121 – Die Hussiten vor Naumburg  113–115, 121 – Die Indianer in England 284 – Das Intermezzo  53, 57, 58, 67 – Johanna von Montfaucon  211, 257, 258 – Die Kreuzfahrer 122 – Lohn der Wahrheit 105 – Das neue Jahrhundert 52 – Menschenhaß und Reue  102, 110 – Octavia  120, 284 – Die Quäker 120 – Die Schule der Frauen  52, 109, 124 – Die Sonnenjungfrau 102 – Das Taschenbuch 278 – Das Urtheil des Paris 46 – Die Versöhnung 284 – Der Wirrwarr  48, 68, 122 – Das Zauberschloß 122 Kranz, Johann Friedrich, 1752–1810, Komponist, Konzertmeister in Weimar  152

Krauth, Musiker am Berliner Nationaltheater 267 Krebs, Sänger in Stuttgart  215 Krusche, Friedemann  19 Kunheim, Gräfin von  273 Kunheim, Johann Ernst von, 1730–1818, preuß. Generalleutnant 373 Kunst, Musiker am Berliner Nationaltheater 266 Labes, Schauspielerin, Schwester von Franz Christian Wilhelm L.  267, 271 Labes, Abraham, 1730–1796, Schauspieler in Berlin 240f. Labes, Anna Maria, geb. Fick, 1734–1804, Schauspielerin in Berlin, Frau des Vorigen ­240f., 266 Labes, Franz Christian Wilhelm, 1766/67–1819, Sänger und Schauspieler in Berlin  159, 221, 244f., 269 La Garde, François Théodore de, 1756 – nach 1818, Buchhändler und Verleger in Berlin, 1806 zum Präsidenten des Comité administratif gewählt  35, 303f., 305 Lago, Herr von, Wien  195 Lampe, Kontrolleur am Berliner Nationaltheater 265 Langhans, Karl Ferdinand, 1782–1869, Sohn des Folgenden  189 Langhans, Karl Gotthard, 1732–1808, Architekt des 1802 eröffneten Berliner Nationaltheaters  20, 30, 46, 137, 140, 162, 163, 166, 189–­194 Lanz d. J., Schauspieler in Berlin  240 Lanz, Karl Adolf, 1773–1833, Schauspieler in Berlin 159 Lanz, Margarethe Josephine, geb. Hamel, 1779– 1843, Schauspielerin und Sängerin in Berlin 220, 221, 246f., 269 Laserstein, Käte  81 Lattig, Johann Philipp, 1771–1800, Schauspieler in Berlin  159, 246f. Laucherie, Étienne, 1732–1820, Tänzer und Ballettmeister an der königlichen Oper und am Berliner Nationaltheater  297 Lehndorff, Ernst Ahasverus Heinrich, 1727– 1811, preuß. Kammerherr  19

348

Namen- und Werkverzeichnis Leibnitz, Schauspielerin in Mannheim  215 Leidel, Johann Heinrich, 1761–1839, Schauspieler, Sänger und Chordirigent in Berlin 159, 240f., 269 Leist, Karl Friedrich, 1760–um 1800, Schau­ spieler in Berlin, Kastellan  68, 159, 186, 242f. Le Mierre, Antoine Martin, 1723–1793, franz. Dramatiker 124 – Lanassa  124, 204 Lemke, seit 1798 Schauspieler in Berlin  220, 221, 246f., 266 Lemm, Friedrich Wilhelm, 1782–1837, Schauspieler in Berlin  248f., 266 Lenß (Lenz), Musiker am Berliner National­ theater  265, 267 Lessing, Gotthold Ephraim, 1729–1781, Schriftsteller und Dichter  20, 99, 100, 101, 104f., 106, 107, 113, 117, 121, 312, 323 – Emilia Galotti 284 – Hamburgische Dramaturgie  99, 100, 101, 104, 106, 117 – Minna von Barnhelm  293, 326 – Nathan der Weise  20, 69, 121 Levezow, Konrad, 1770–1835, Archäologe und Schriftsteller  52, 56, 121 – Iphigenia in Aulis  52, 56, 121 – Jaromar, Fürst von Rügen 56 Levi (Levy), Sara, geb. Itzig, 1761–1854, Cembalistin, Mäzenin  173 Levy, Moses Salomon, 1782–1858, Bankier in Berlin 307 Lichtenau, Wilhelmine Gräfin von, geb. Enke, 1753–1820, Mätresse von Friedrich Wilhelm II. 42 Lichtenberg, Georg Christoph, 1742–1799, Physiker und Schriftsteller  61 Liebmann, Gehilfe am Berliner Nationaltheater 266, 267 Lindenau, Karl Heinrich August Graf von, 1755–1842, Oberstallmeister  165, 178 Lippert, Carolina, geb. Werner, geb. 1778, ­Sängerin in Berlin  240f. Lippert, Friedrich Carl, 1758–1803, Schauspieler und Sänger in Berlin  238f. Loos, Gottfried Bernhard, 1773–1843, preuß. Wardein und Münzrat  136

Lothringen, Charles IV., 1604–1675, Herzog von 60 Ludecus, Familie in Weimar  152 Ludwig, Kronprinz  s. Bayern Ludwig XIV.  s. Frankreich Ludwig XVI.  s. Frankreich Luise, Königin  s. Preußen Luise Dorothea  s. Preußen Lumm, Gehilfe am Berliner Nationaltheater 266, 267 Maaß (Maas), Wilhelmine, 1786–um 1834, 1802 in Weimar, seit 1804 Schauspielerin in Berlin  248f., 265, 266 Mackowsky, Hans  62, 67 Maffei, Scipione, 1675–1755, ital. Dichter  100 – Merope 100 Marchetti-Fantozzi, Maria, 1766/67–1807, ital. Sängerin, seit 1792 Primadonna an der Berliner Hofoper  210 Marie Elisabeth Auguste, Kurfürstin  s. Pfalz und Bayern Martín y Soler, Vicente, 1754–1806, span. Komponist – Der Baum der Diana 329 Mattausch, Franz, 1767–1833, Sänger und Schauspieler in Berlin  164, 200, 214, 217, 221, 238f., 266, 268 Maurer, Kontrolleur am Berliner Nationaltheater (vormalig Bedienter Ifflands)  198, 262, 263 Maximilian I., 1459–1519, seit 1508 Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation 82 Mayer  s. Meyer Mebus, seit 1798 Schauspielerin in Berlin  200, 216, 221, 246f., 266 Medici, Cosimo de, 1590–1621, Großherzog von Toskana  60 Mehul, Étienne Nicolas, 1763–1817, franz. Komponist 312 Meißner, August Gottlieb, 1753–1807, Schriftsteller – Johann von Schwaben 329 Mendelssohn Bartholdy, Felix, 1809–1847, Komponist 27

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Namen- und Werkverzeichnis Mercier, Louis Sébastien, 1740–1814, franz. Schriftsteller  125, 144 – Der Essighändler  68, 125, 144, 179 Merkel, Garlieb, 1769–1850, Schriftsteller   114, 127 Mettele, Gisela  14 Meyer, Friedrich Ludwig Wilhelm  30 Meyer (Mayer), Johanna Henriette Rosine, geb. Schüler, 1772–1849, in 1. Ehe (1788–1797): Eunicke, in 2. Ehe (1802–1805): Meyer, in 3. Ehe: Hendel, in 4. Ehe: Schütz (1811), 1796–1806 Schauspielerin in Berlin  64, 65, 215, 221, 246f., 265 Milder-Hauptmann, Pauline Anne, 1785–1838, Opernsängerin (Sopranistin)  317–320 Miltiz, Karl Borromäus von, 1781–1845, Dichter und Komponist  320f. Mix, York-Gothart  82 Molière (Jean Baptiste Poquelin), 1622–1673, franz. Dichter  15, 52, 54, 69, 105, 108, 109f., 120, 144, 312 – Der eingebildete Kranke 293 – Der Geitzige  54, 68, 69, 70, 105, 144 – Le Misanthrope 108 – L’École des femmes  52, 109, 110, 120 – Tartuffe 108 – Die vergebliche Reise 271 Moritz, Karl Philipp, 1756–1793, Schriftsteller 28 Motschmann, Uta  21, 122 Mozart, Wolfgang Amadeus, 1756–1791, Komponist  20, 42, 52, 126, 312, 318 – Don Juan  20, 318, 329 – Idomeneus, König von Creta 52 – Figaros Hochzeit  205, 329 – Titus 20 – Die Zauberflöte  42, 318 Mühlfriedel, Billetteinnehmer am Berliner Nationaltheater  266, 267 Müller, seit 1789 Sängerin in Berlin  236f., 268 Müller, Casimir Gottfried, 1736–1807 (?), seit 1794 Justiz-Bürgermeister von Berlin  276, 277, 301, 302 Müller, Hans  62 Müller, Klaus-Detlef  91 Müller, Valerian, Bürger in Königsberg  18

Müller, Wenzel, 1767–1835, Komponist – Das Neusonntagskind  52, 126, 329 – Die zwölf schlafenden Jungfrauen 326 Murphy, Arthur, 1727–1805, irischer Schriftsteller – Die Übereilung 179 – Das Blatt hat sich gewendet 179 Napoleon  s. Bonaparte Naubert, Christiane Bénédicte Eugenie, 1752– 1819, Schriftstellerin, Dramatikerin 124 – Hermann von Unna  124, 204 Naumann, F. R., Zeichner, Kupferstecher  137 Neumann, Arbeiter am Berliner Nationaltheater 266 Nicola, Arbeiter am Berliner Nationaltheater 266 Nicolai, Christoph Friedrich, 1733–1811, Buchhändler und Schriftsteller  62 Niehaus, Michael  78 Niethe, Johann Friedrich Ludwig, preuß. Beamter, Geheimer Kabinettssekretär  32, 35, 41, 43, 48, 51, 80, 170–172, 226f., 303 Nietzsche, Friedrich Wilhelm, 1844–1900, Philosoph  116, 129 Ochsenheimer, Schauspieler in Dresden und Wien 58 Otto, Mitglied der Berliner Theatergesellschaft Harmonie 235 Paer, Ferdinando, 1771–1839, ital. Komponist – Achilles  296, 297 Pape, Walter  75, 76 Passow, Franz Ludwig Carl Friedrich, 1786– 1833, Philologe, Übersetzer – Advokat Patelin 294 Pauly (Pauli), erster Souffleur, seit 1802 Ifflands Sekretär und Leiter des Beleuchtungswesens am Berliner Nationaltheater  33, 35, 198, 211, 262, 294, 297, 303 Pelletier-Volmérange, Benoît, 1756–1824, franz. Dramatiker – Clementine 284 Perthes (Berthes), Friedrich Christoph, 1772– 1843, Buchhändler und Verleger in Hamburg 284

350

Namen- und Werkverzeichnis Pesne, Antoine, 1683–1757, franz. Maler  61f. Petrick, Romy  15 Pfalz und Bayern, Marie Elisabeth Auguste, Kurfürstin von der, geb. Prinzessin von der Pfalz-Sulzbach, 1721–1794, Ifflands Bewunderin in Mannheim  43 Picard, Louis Benoît, 1769–1828, franz. Lustspieldichter 231 – Aller Welt Freund 284 – Die Kunst, sein Glück zu machen [Der Parasit] 231 – Die Rückwirkung 284 Plümicke, Carl Martin, 1749–1833, Dramaturg, Schriftsteller  15, 124 Ponte, Susanne de  71 Preußen, Friedrich II., 1712–1786, König von 16, 17, 61, 62, 158 Preußen, Friedrich Heinrich Ludwig, 1726–1802, Prinz von, Sohn von Friedrich Wilhelm I. 21 Preußen, Friedrich Wilhelm I., 1688–1740, König von  16 Preußen, Friedrich Wilhelm II., 1744–1797, König von  10, 12, 29, 32, 39–43, 51, 58, 130, 151, 153, 154–156, 157f., 170, 184f., 200, 222 Preußen, Friedrich Wilhelm III., 1770–1840, König von  12, 17, 18, 22, 23, 24, 32, 33, 35, 36f., 41–45, 48, 49, 50, 57, 58, 65, 68, 80, 112, 130, 132, 137, 147, 160–163, 165, 166, 167, 168f., 170–172, 176–178, 180, 184, 185, 187, 188, 189–193, 195, 197–201, 212–224, 225, 227–230, 232–235, 262–271, 274f., 280, 282f., 285–291, 297, 298–301, 322, 328 Preußen, Luise Auguste Wilhelmine Amalie, 1776–1810, Königin von, geb. Prinzessin von Mecklenburg-Strelitz, Frau von Friedrich Wilhelm III.  46, 142, 145, 178, 195, 261, 297 Preußen, Luise Dorothea, 1680–1705, Prinzessin von, Tochter von Friedrich I. und dessen erster Frau  15 Preußen, Sophie Charlotte, 1668–1705, Kurfürstin von Brandenburg und Königin von, geb. Prinzessin von Braunschweig-Lüneburg, zweite Frau von Friedrich I.  15

Rabener, Gottlieb Wilhelm, 1714–1771, Schriftsteller und Publizist  327f. Racine, Jean Baptiste, 1639–1699, franz. Dichter  15, 105, 107, 312 – Athalia  105, 107, 181 Rambach, Friedrich Eberhard, Herausgeber der Annalen  99, 103 Rambach, Musiker am Berliner Nationaltheater 267f. Ramler, Carl Wilhelm, 1725–1798, Dichter, 1787–1796 Mitdirektor des Berliner National­theaters  39, 153, 154, 160 Rasch, Wolfdietrich  91 Rau, Georg Ludwig, geb. 1763, Sänger am Berlin Nationaltheater  246f. Rebenstein, Leberecht Gottlieb, 1788–1832, Schauspieler und Sänger, seit 1803 am Berliner Nationaltheater  246f. Reck, Carl Friedrich Leopold Freiherr von der, 1746–1810, Kammerherr, Direktor der Königlichen Oper  165, 176, 177, 267, 271 Rehberg, Friedrich, 1785–1835, Maler  70 Reichardt (Reichard), Johann Friedrich, Komponist, Kapellmeister, Schriftsteller  43f., 52, 53, 55f., 89, 121, 122, 125, 127, 128, 181 – Die Geisterinsel  55, 122, 179 – Jery und Bätely 127 – Lieb’ und Treue  55, 125, 179 – Tamerlan  121, 122, 181 – Der Tod des Herkules  52, 53, 55 Reinbeck, Georg, 1766–1849, Dichter und Ästhetiker 73 Reinhard(t), seit 1803 Schauspieler in Berlin 214f., 220, 221, 248f., 266 Reinhard(t), seit 1803 Schauspielerin in Berlin, Frau des Vorigen  215, 220, 248f., 266 Reinwald, Johann David, 1749–1813, Schauspieler in Berlin  238f., 268 Reuter, Francesca  27, 82 Righini, Vincenzo, 1756–1812, ital. Komponist  312, 321 Ritz (Riz), Johann Friedrich, 1755–1809, Sekretär von Friedrich Wilhelm II.  12, 32, 157f., 159, 184 Ritzefeld, seit 1792 Schauspieler in Berlin  242f. Riz, Musiker am Berliner Nationaltheater  267

351

Namen- und Werkverzeichnis Robespierre, Maximilien Marie Isidore de, 1758–1794, franz. Politiker  47, 216 Robert (eigentl. Levin), Ludwig, 1778–1832, Dichter, Bruder Rahel Varnhagens  121 – Die Sylphen 121 Röhl, John C. G.  22 Rose, seit 1796 Schauspieler in Berlin  244f. Roß, Beleuchter am Berliner Nationaltheater 267 Roß, Erhard  18 Rötscher, Theodor, 1803–1871, Philologe und Dramaturg 22f. Rotteck, Karl, 1775–1840, Historiker, Staatswissenschaftler 23 Rousseau, Jean Jacques, 1712–1778, franz. Philosoph und Schriftsteller  65 Rück, Stadtrat in Berlin  304 Rudin, Bärbel  26 Russland, Alexander I., 1777–1825, seit 1801 Kaiser von Russland, seit 1815 König von Polen 322 Rüthling, Johann Friedrich Ferdinand, 1793– 1849, Schauspieler in Berlin  159, 238f. Sacchini, Antonio Maria Gaspare, 1730–1786, ital. Komponist – Oedip zu Colonos 204 Sachsen-Weimar-Eisenach, Anna Amalia Herzogin von, 1739–1807  85 Sachsen-Weimar-Eisenach, Karl August Herzog von, 1757–1828  85, 154, 188 Sack, Johann August, 1764–1831, preuß. Beamter  35, 303 Saint-Hilaire, Louis Vincent Joseph de, 1766– 1809, franz. General  303 Salieri, Antonio, 1750–1825, ital. Komponist, Hofkapellmeister in Wien – Axur  221, 255 Sallmann, F. B., Theaterschriftsteller  125 – Sophie von der Daalen 179 Sander, Johann Daniel, 1759–1825, Buchhändler, Verleger, Schriftsteller  121, 278 Sayn und Wittgenstein, Wilhelm Ludwig ­Georg Fürst von, 1770–1851, preuß. Staatsmann und Vertrauter von Friedrich ­Wilhelm III.  22, 66

Scarron, Paul, 1610–1660, franz. Dichter  110 Schadow, Johann Gottfried, 1764–1850, Bildhauer und Maler  62, 63, 66, 67, 73, 146, 148 Schardt, Kriminalgerichtssekretär in Berlin   35, 303 Scharnweber, Christian Friedrich, 1770–1822, Kriegsrat, ab 1810 Beamter im Büro des Staatskanzlers von Hardenberg  181 Schick, Margarete Louise Aloysia, 1773–1809, Sängerin in Berlin  244f., 268 Schickaneder, Emanuel (eigentl. Johann Joseph), 1751–1812, Schauspieler, Dichter, Theater­ direktor 324 Schickler, David, 1755–1818, Unternehmer und Bankier in Preußen  307 Schiller, Johann Christoph Friedrich, 1759– 1805, Dichter  11, 27, 28, 48, 52, 53, 54, 55, 57, 85, 99, 105, 106, 108, 111, 113, 114f., 120, 121f., 124, 125, 126, 129, 138, 141, 144, 148, 168, 194, 201–204, 230–232, 312, 323 – Die Braut von Messina  114, 121, 231 – Der Gang nach dem Eisenhammer 53 – Die Jungfrau von Orleans  27, 52, 53, 105, 106, 114, 121, 122, 124, 125, 126f., 202, 203, 204, 205, 221 – Kabale und Liebe  57, 203, 205 – Die Kunst, sein Glück zu machen [Der Parasit] 231 – Die Räuber  54, 57 – Maria Stuart  52, 111, 201, 203, 204 – Turandot  121, 125, 194, 105, 202, 204, 230, 231 – Die Verschwörung des Fiesko zu Genua   57, 124, 204 – Wallenstein  114, 168, 201, 203, 284 – – Wallensteins Lager 203 – – Die Piccolomini  169, 284 – – Wallensteins Tod  125, 169, 179, 284 – Warbeck 231 – Wilhelm Tell  53, 69, 121, 144, 231 Schinkel, Karl Friedrich, 1781–1841, Architekt 148, 149 Schirrmacher, Frank  82 Schirrwagen, Arbeiter am Berliner National­ theater 267

352

Namen- und Werkverzeichnis Schlechtendahl, Dietrich Friedrich Karl, 1767– 1842, preuß. Beamter, seit 1811 Direktor des Berliner Stadtgerichts  35, 277, 302, 303 Schlegel, August Wilhelm, 1767–1845, Kritiker, Dichter, Übersetzer, Herausgeber  52, 63f., 80, 83f., 85, 102, 103, 107, 110, 113, 117, 120, 121, 122, 138, 173 – Hamlet  17, 83f., 107, 121, 122, 164, 169, 173 – Ion  64, 103f., 120, 122, 195 – Julius Cäsar  102, 103 Schlegel, Caroline, geb. Michaelis, 1763–1809, 1796–1803 Frau des Vorigen  31, 122–124, 169 Schlesinger, Maximilian  19f. Schmidt, Sekretär des Fürsten Esterházy  282 Schneider, Louis  10, 16, 41 Schollmeyer (Schollmayer), Musiker am Berliner Nationaltheater  265, 267 Schröder, Friedrich Ludwig, 1744–1816, Schauspieler, Theaterdirektor in Hamburg 30, 168, 170, 226, 284, 292f. – Das Blatt hat sich gewendet 179 – Stille Wasser sind tief  151, 205 Schröder, Johann Heinrich, 1757–1812, Maler 65 Schulenburg-Kehnert, Friedrich Wilhelm, Graf von der, 1742–1815, preuß. Staatsbeamter, seit 1798 Chef der neu eingerichteten General-­Kontrolle der Finanzen und der Ober-Rechenkammer  199, 225, 270, 299, 300 Schultz, Schlosser in Berlin  259 Schulz, Beleuchter am Berliner Nationaltheater 267 Schulz, Andreas  14 Schulz, Friedrich, 1753–1814, Pädagoge, Schrift­ steller und Herausgeber  113–116, 117 Schulz, Johann Abraham Peter, 1747–1800, Komponist 107 Schulze, Johannes Karl Hartwig, 1786–1869, Theologe, Philologe, 1808–1816 Gymnasiallehrer in Weimar  63 Schütte, Hofrat, Bekannter von Elise Bürger 293 Schwab, seit 1792 Schauspieler in Berlin  242

Schwad(t)ke, Karl August, geb. 1768, Schauspieler in Berlin  216, 221, 244f., 269, 326 Schwad(t)ke, Schauspielerin in Berlin, Frau des Vorigen 244f. Schwarz, Gastschauspieler in Berlin  214f. Schwarz, Schauspieler in Königsberg  22 Schweden, Jean Baptist Jules Bernadotte Kronprinz von, 1763–1844, franz. Kriegsminister, seit 1809 mit Napoleon I. zerstritten, 1810 vom schwed. König adoptiert  322 Scio, Sebastian di, um 1650 – nach 1711, ­Theaterprinzipal  15 Seconda (Sekonda), Franz Bartholomäus, 1755–1831, Theaterprinzipal u. a. in Dresden und Leipzig  180, 187 Sedlarz, Claudia  46 Seewald, Jan  61 Seidel, Organist am Berliner Nationaltheater 198 Shakespeare, William, 1564–1616, engl. Drama­ tiker  17, 52, 53, 61, 62, 84, 102, 107, 120, 121, 122, 143, 144, 312, 329 – Die Geisterinsel [Der Sturm]  122, 179 – Hamlet  17, 84, 107, 121, 122, 164, 169, 173, 188 – Julius Cäsar 102 – Der Kaufmann von Venedig  53, 144 – König Lear  48, 62, 69, 143, 144 – Die lustigen Weiber von Windsor 329 – Macbeth  69, 72 – Richard III. 59 – Romeo und Julia  128, 309 – Viel Lärm um Nichts  69, 144 Sharpe, Lesley  27 Siboni, Giuseppe, 1780–1839, ital. Sänger in Wien 319 Soden, Julius Graf von, 1754–1831, Jurist, Schriftsteller, Dramatiker – Ignes de Castro 204 Sophie Charlotte  s. Preußen Spazier (Spatzier), Mitglied der Berliner Theater­ gesellschaft Harmonie  235 Spener, Philipp Jacob, 1635–1705, Theologe 167 Spenkuch, Hartwin  26 Spitzweg, Carl, 1808–1885, Maler  96

353

Namen- und Werkverzeichnis Spontini, Gaspare, 1774–1851, ital. Komponist 312, 315f., 317 – Ferdinand Cortez 315f. – Die Vestalin  297, 317, 319 Stadler, Schauspieler in Frankfurt, Kassel und Berlin 214 Stägemann, Ernst August, 1763–1840, preuß. Staatsbeamter, seit 1806 Geheimer Finanzrat 36 Staël-Holstein, Anne Louise Germaine Baronne de, geb. Necker, 1766–1817, franz. Schriftstellerin 85 Stange, Karl Friedrich, 1784–1851, Zeichner und Graphiker  140 Stegmann, Karl David, 1751–1826, Schauspieler, seit 1798 Mitdirektor des Hamburger Theaters 284 Stegmayer, Matthäus, 1771–1820, österr. Schauspieler und Librettist  106 – Herr Rochus Pumpernickel  106, 293 Steiger, Schauspieler in Hamburg  200, 214 Stein, Dr., Geheimrat in Berlin  181 Stein, Heinrich Friedrich Karl Reichsfreiherr vom und zum, 1757–1831, preuß. Staatsbeamter, Minister  291 Sternemann, Arzt in Berlin  199 Sternke, René  48, 50, 71, 94, 109, 124, 129 Stobwasser, Christian Heinrich, 1740–1829, Lackwarenfabrikant 147 Stumpf, Tonkünstler in Hamburg  293 Tasso, Torquato, 1544–1595, ital. Dichter  91, 92, 93, 94, 97, 100 Telle, Maria, geb. Decastelli, Tänzerin am Berliner Nationaltheater und an der Oper   278–281 Terenz, 195/184–159/158 v. Chr., röm. Dichter 112 – Die Brüder [Adelphoe] 112 Teulon, während der franz. Besatzung Kommissar in Berlin  304 Thürnagel, Arbeiter am Berliner National­ theater 267 Tieck, Friedrich, 1776–1851, Bildhauer  148, 149 Tieck, Johann Ludwig, 1773–1853, Dichter  9, 11, 27, 81f., 83f., 85, 97, 164

– Franz Sternbalds Wanderungen  78, 81f., 88, 89, 97, 164 Tintelnot, Hans  61 Tasso, Torquato, 1544–1594, ital. Dichter  92, 93f., 97, 100 Tritt, Johann Anton, Bürger in Königsberg  18 Tzschucke, Kopist am Berliner Nationaltheater 199 Unger, Christian Georg, 1743–1799, Architekt 34 Unzelmann, Karl Wilhelm Ferdinand, 1753– 1832, Sänger und Schauspieler in Berlin   54, 67, 106, 221, 236f., 268, 269, 329 Unzelmann, Schauspielerin  s. Bethmann-Unzelmann Valentin, Jean-Marie  100 Verona, Bartolomeo, 1744–1813, Hofmaler in Berlin, Dekorationsmaler am Berliner Natio­naltheater  34, 162, 163, 166, 174– 176, 199, 211f., 251f., 256, 259, 260, 275, 298 Verona, Frau des Vorigen  176 Victor-Perrin, Claude, 1764–1841, franz. Offizier, seit 1808 Marschall  303 Viganò, Josefa Maria, geb. Mayer, 1769–1821, österr. Tänzerin, Frau des Folgenden  62, 67 Viganò, Salvatore, 1759–1821, ital. Tänzer  62, 67 Voelcker, Bruno  17 Vogel, Peter Wilhelm, 1773–1843, Dichter, Übersetzer, Schauspieler  284 – Der Schleier 284 Völcker, Lars  73 Voltaire (François Marie Arouet), 1694–1778, franz. Dichter und Philosoph  42, 53, 100, 106f., 108, 121, 312 – Mahomet  53, 108, 121, 173 – Mérope  100, 106f., 169 – Tancrède  121, 122 – Zaire 42 Voß, Julius Johann Joachim von, 1768–1832, Berliner Dramatiker, Übersetzer und Theaterkritiker  11, 51, 53, 66, 76, 86–90, 95, 97, 111, 120, 121, 123, 130, 291f., 320, 323–331 – Der Arzt 324 – Armide (s. Gluck)  121, 325

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Namen- und Werkverzeichnis – Der Bankrott 324f. – Beleuchtung der vertrauten Briefe über Frankreich von J. F. Reichardt 89 – Die blühende und die verblühte Jungfer 327f., 330 – Die Blume vom Ganges  328, 329 – Das Crochet 123 – Die Einnahme von Breda 330 – Der Empfang des Ministers 330 – Die geitzige Frau 328 – Die Griechheit  88, 111, 326 – Künstlers Erdenwallen  53, 69, 77, 85, 86–90, 95, 97, 120, 121, 130, 291f., 326 – Mustapha Bairaktar  327, 328 – Neu-Berlin  51, 327 – Die Pfarre  327, 328 – Quint und Bätely  328, 329 – Die Seiltänzer 330 – Sphinx 325 – Die Sternenkönigin (s. Kauer)  326 – Die Weinlese 123 ­ üller, – Die zwölf schlafenden Jungfrauen (s. M Wenzel) 326 Wachsmann, Anton, 1765–1836, Zeichner und Kupferstecher 140 Wahnrau, Gerhard  10, 15, 16, 17, 29, 39 Warsing, Heinrich Ludwig von, 1766–1842, Geheimer Kammergerichtsrat, Ifflands Vorgänger am Berliner Nationaltheater  39, 41, 153, 154f., 222 Wäser, Maria Barbara, 1749/50–1797, Schauspielerin, Theaterprinzipalin in Breslau  19f. Watteau, Jean Antoine, 1684–1721, franz. Maler 60f., 72 Weber, seit 1803 Schauspielerin in Berlin   248f. Weber, Bernhard Anselm, 1764–1821, Musiker, Komponist, Kapellmeister am Berliner Nationaltheater  121, 269f., 271, 298, 312, 319, 320f. – Deodata 121 – Hero 319 Weber, Carl Maria von, 1786–1826, Komponist 321 Wegeleben, seit 1792 Schauspielerin in Berlin 242 Weigl, Joseph, 1766–1846, Komponist  317

– Die Schweizer-Familie  41, 317 – Das Waisenhaus 317 Weil, Rudolf  35, 52 Weisschuh, Johann Carl Friedrich, geb. 1771, Schauspieler in Berlin  240 Weitzmann (Weizmann), seit 1799 Sänger am Berliner Nationaltheater  215, 246f., 266 Welcker, Karl Theodor, 1790–1869, Jurist, Politiker 23 Wellek, René  94 Werckmeister, Rudolph, Verleger, Betreiber einer Lese- und Leihbibliothek in Berlin (das sog. „Museum“)  289–291 Werner, Mitglied der Berliner Theatergesellschaft Harmonie  235, 274 Werner, Zacharias, 1768–1823, Dichter  53, 55, 58, 111, 121f., 144 – Attila 58 – Die Söhne des Thales 111 – Die Weihe der Kraft  53, 121f., 144 Wertheim, Ursula  91 Westenholz, Musiker am Berliner National­ theater  266, 267f. Wiedemann, Conrad  86, 97 Wichmann, Karl Friedrich, 1775–1836, Bildhauer 145 Wiegensdorff, seit 1791 Schauspielerin am Berliner Nationaltheater  240 Wieland, Christoph Martin, 1733–1813, Dichter, Übersetzer, Herausgeber  85, 93, 95, 113, 178, 180 Willich, Schauspielerin in Berlin  267 Winkler, Karl Gottfried Theodor (Pseud. Theodor Hell), 1775–1856, Schriftsteller, Dramatiker 294–296 – Hektor 296 – Sühne der Enkel  295, 296 Winko, Simone  117 Winter, Peter, 1754–1825, Komponist  122, 124 – Das Labyrinth 211 – Marie von Montalban 257 – Der reisende Student  124, 126, 204 – Das unterbrochene Opferfest  52, 122, 124, 125, 126, 204 Wittgenstein  s. Sayn und Wittgenstein Wittich, Ludwig Wilhelm, Verleger und Buchhändler 65

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Namen- und Werkverzeichnis Wolf, Friedrich August, 1759–1824, Philologe 94 Wolf, Pius Alexander, 1762–1828, Schauspieler, Regisseur und Theaterschriftsteller, 1803 in Weimar, 1816 in Berlin  294 Wolter, Ludwig, 1744–1817, Geheimer Kämmerer  177, 178 Wörner, Schauspieldirektor in Stettin  22 Wunder, seit 1802 Schauspieler in Berlin  220, 248f. Wundle, seit 1802 Schauspieler in Berlin  222 Wurm, Albert Aloys Ferdinand, 1783–1834, 1809–1815 Schauspieler in Berlin  329

Zeitzel, seit 1791 Schauspielerin in Berlin  240 Zelter, Karl Friedrich, 1758–1832, Bauherr und Komponist 57 Ziegenbalg, Notenkopist am Berliner National­ theater 199 Ziegenbalg, Witwe des Vorigen  199 Ziegler, Friedrich Wilhelm, 1761–1824, Schauspieler und Dramatiker – Der Lorbeerkranz 204 Zimmerle, Carl, geb. 1753, Schauspieler und Sänger in Berlin  159, 238f. Zschokke (Zschocke), Johann Heinrich Daniel, 1771–1848, Schriftsteller und Übersetzer   69, 72, 159, 328 – Der Geitzige  68, 69, 70 – Die Zauberin Sidonia  157, 159f.

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Literaturverzeichnis

In den Fußnoten verwendete Abkürzungen von Periodika wurden alphabetisch in das Verzeichnis aufgenommen. Annalen 1802: Annalen des neuen Königlichen Nationaltheaters zu Berlin und der gesammten deutschen dramatischen Literatur und Kunst, hrsg. von Friedrich Eberhard Rambach, Berlin 1802 Arnold, Erna: Goethes Berliner Beziehungen, Gotha 1925 BAZ: Berlinisches Archiv der Zeit und ihres Geschmacks, hrsg. von Friedrich Eberhard Rambach, Berlin 1795–1800 Birgfeld, Johannes/Košenina, Alexander (Hrsg.): Kotzebues Dramen, Hannover 2011 Bisky, Jens: Kleist. Eine Biographie, Berlin 2007 Bisky, Jens: Ifflands Berliner Kämpfe, in: Das Berliner Theaterkostüm der Ära Iffland. August Wilhelm Iffland als Theaterdirektor, Schauspieler und Bühnenreformer, Berlin 2009 Blamberger, Günther: Heinrich von Kleist. Biographie, Frankfurt/M. 2011 Böttiger, Karl August: Entwickelung des Ifflandischen Spiels in vierzehn Darstellungen auf dem Weimarischen Hoftheater im Aprillmonath 1796, Leipzig 1796 Böttiger, Karl August: Literarische Zustände und Zeitgenossen. Begegnungen und Gespräche im klassischen Weimar, hrsg. von Klaus Gerlach und René Sternke, Berlin 1989 Brachvogel, A. C.: Geschichte des königlichen Theaters zu Berlin. Nach Archivalien des Königl. Geh. Staats-Archivs und des königl. Theaters, 2 Bde., Berlin 1877/1878 Datenbank: Datenbank zum Berliner Nationaltheater, konzipiert und bearbeitet von Klaus Gerlach im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften: http://berlinerklassik. bbaw.de/BK/theater De Bruyn, Günther: Die Zeit der schweren Not. Schicksale aus dem Kulturleben Berlins 1807 bis 1815, Frankfurt/M. 2010 Dehrmann, Mark-Georg/Košenina, Alexander (Hrsg.): Ifflands Dramen. Ein Lexikon, Hannover 2009 Deierkauf-Holsboer, Sophie Wilma: Le Théatre de l’hôtel de Bourgogne, Vol. I: 1548–1635. Documents inédits, Paris 1968 Dingelstedt, Franz (Hrsg.): Johann Valentin Teichmanns weiland königl. preußischen Hofrathes Literarischer Nachlass, Stuttgart 1863 Ernst und Scherz. Ein Unterhaltungsblatt literarischen und artistischen Inhalts. Hrsg. von Garlieb Merkel, Berlin 1803 Eunomia. Eine Zeitschrift des neunzehnten Jahrhunderts. Hrsg. von I. A. Fessler, J. G. Rhode (bis Juli 1801), J. K. C. Fischer (ab Januar 1802), Jg. 1–5 (je 2 Bde.), Berlin 1801–1805

357

Literaturverzeichnis Fetting, Hugo: Das Repertoire des Berliner Königlichen Nationaltheaters unter der Leitung von ­August Wilhelm Iffland (1796–1814) bei Berücksichtigung der künstlerischen Prinzipien und kultur­politischen Wirkungsfaktoren seiner Gestaltung. Inaugural-Diss., Greifswald 1977 Fiederer, Margit: Geld und Besitz im bürgerlichen Trauerspiel, Würzburg 2002 Fischer-Lichte, Erika: Kurze Geschichte des deutschen Theaters, 2. Aufl., Tübingen und Basel 1999 Frenzel, Herbert A.: Brandenburg-Preußische Schloßtheater, Berlin 1959 Freydank, Ruth: Theater in Berlin. Von den Anfängen bis 1945, Berlin 1988 Gauthier, Laure: L’Opéra à Hambourg (1648–1728). Naissance d’un genre, essor d’une ville, Paris 2010 Geiger, Ludwig: Berlin 1688–1840. Geschichte des geistigen Lebens der preußischen Hauptstadt, 2 Bde., Berlin 1893/1895 Genée, Rudolph: Ifflands Berliner Theaterleitung, 1796–1814, Berlin 1896 (Sonderdruck aus der National-Zeitung) Gerlach, Klaus: Der Archäologe Konrad Levezow und sein Trauerspiel „Iphigenia in Aulis“, in: Konrad Levezow. Iphigenia in Aulis. Trauerspiel in fünf Akten, Hannover 2008, S. 125–139 Gerlach, Klaus: Ifflands Kostümreform oder die Überwindung des Natürlichen, in: ders. (Hrsg.), Das Berliner Theaterkostüm der Ära Iffland. August Wilhelm Iffland als Theaterdirektor, Schauspieler und Bühnenreformer, Berlin 2009 Gerlach, Klaus: Berlin versus Weimar. Kotzebues gescheiterte Berliner Klassik, in: Literaturwissenschaftliches Jahrbuch. N.F. Hrsg. von Volker Kapp, Kurt Müller, Klaus Ridder, Ruprecht Wimmer, Jutta Zimmermann, Berlin 2012 Gerlach, Klaus: Chronisten des Flüchtigen. Die Brüder Henschel porträtierten in Berlin eine Großstadtkultur um 1800, in: Günter Stock (Hrsg.), Die Akademie am Gendarmenmarkt 2013/2014, [Berlin 2013] Gerlach, Klaus (Hrsg.): Eine Experimentalpoetik. Texte zum Berliner Nationaltheater, Hannover 2007 Gerlach, Klaus, in Zusammenarbeit mit René Sternke (Hrsg.): Der gesellschaftliche Wandel um 1800 und das Berliner Nationaltheater, Hannover 2009 Goethe, Johann Wolfgang von s. WA (Weimarer Ausgabe) Goethe und die Romantik. Briefe und Erläuterungen, Theil 1, hrsg. von Carl Schüddekopf und Oskar Walzel, Weimar 1898 (Schriften der Goethe-Gesellschaft 13) Hagen, Ernst August: Geschichte des Theaters in Preußen, vornämlich der Bühnen in Königsberg und Danzig von ihren ersten Anfängen bis zu den Gastspielen J. Fischer’s und L. Devrient’s, ­Königsberg 1854 Hahn, Matthias: Schauplatz der Moderne. Berlin um 1800 – ein typographischer Wegweiser, Hannover 2009 Hammerschmidt-Hummel, Hildegard: Die Shakespeare-Illustrationen (1594–2000). Bildkünstlerische Darstellungen zu den Dramen William Shakespeares: Katalog, Geschichte, Funktion und Deutung, Wiesbaden 2003 Härle, Heinrich: Ifflands Schauspielkunst. Ein Rekonstruktionsversuch auf Grund der etwa 500 Zeichnungen und Kupferstiche Wilhelm Henschels, Berlin 1925 Hassam, Karim: Bernhard Anselm Weber (1764–1821). Ein Musiker für das Theater. Frankfurt/M., Berlin u. a. 1997 Hinderer, Walter: „Torquato Tasso“, in: ders. (Hrsg.), Goethes Dramen. Neue Interpretationen, Stuttgart 1980

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Literaturverzeichnis Himmelseher, Birgit: Das Weimarer Hoftheater unter Goethes Leitung. Kunstanspruch und Kulturpolitik im Konflikt, Berlin und New York 2010 (Theatron, Bd. 56) Homering, Liselotte: „Hierauf erschien Schillers Genius“ – Anmerkungen zu August Wilhelm Iffland und Friedrich Schiller, in: Mannheimer Geschichtsblätter, Mannheim 2010, S. 95–112 Horn, Franz: Die schöne Literatur Deutschlands während des achtzehnten Jahrhunderts, Berlin 1812 HSZ: Berlinische Nachrichten von Staats- und gelehrten Sachen. Im Verlag der Haude- und Spenerschen Buchhandlung [Haude- und Spenersche Zeitung], Berlin 1740–1872 Iffland, August Wilhelm: Ueber Eckhof, in: Almanach für Theater und Theaterfreunde auf das Jahr 1807, Berlin 1807, S. 1–30 Iffland, August Wilhelm: Johann David Beil, in: Almanach für Theater und Theaterfreunde auf das Jahr 1808, Berlin 1808, S. 92–187 Iffland, August Wilhelm: Briefe an seine Schwester Louise und andere Verwandte 1772–1814, hrsg. von Ludwig Geiger, Berlin 1904 Iffland, August Wilhelm: Briefe meist an seine Schwester nebst andern Aktenstücken und einem ungedruckten Drama, hrsg. von Ludwig Geiger, Berlin 1905 Iffland, August Wilhelm: Revolutionsdramen, hrsg. von Klaus Gerlach, Hannover 2011 (Theatertexte, Bd. 25) Jacobshagen, Arnold : Das französische Opernrepertoire am Rheinsberger Theater des Prinzen Heinrich, in: Das Theater des Prinzen Heinrich. Ein Lesebuch zum Schlosstheater Rheinsberg, Leipzig 2000 Jagemann, Caroline: Selbstinszenierungen im klassischen Weimar: Caroline Jagemann. Autobiographie, Kritiken, Huldigungen, hrsg. von Ruth B. Emde, 2 Bde., Göttingen 2004 Japp, Uwe: Das deutsche Künstlerdrama. Von der Aufklärung bis zur Gegenwart, Berlin und New York 2004 JpM: Jahrbücher der preußischen Monarchie unter der Regierung Friedrich Wilhelms des Dritten. Hrsg. von Friedrich Eberhard Rambach, Berlin 1798–1801 Jung, Carsten: Historische Theater in Deutschland, Österreich und der Schweiz, Berlin und München 2010 Kelch, Werner: Theater im Spiegel der bildenden Kunst. Deutschland und Frankreich in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts, Berlin 1937 Klara, Winfried: Schauspielkostüm und Schauspieldarstellung. Entwicklungsfragen des deutschen Theaters im 18. Jahrhundert, Berlin 1931 (Schriften der Gesellschaft für Theatergeschichte, Bd. 43) Klara, Winfried: Theaterbilder. Ihre grundsätzliche Bedeutung und ihre Entwicklung bis auf Jacques Callot. Von Max Herrmann aus dem Nachlass in den Jahren 1936 und 1937 zum Druck vorbereitet, hrsg. von Antonius Jammers, Ingolf Lamprecht und Dagmar Walach, Berlin 2005 Klingenberg, Karl-Heinz: Iffland und Kotzebue als Dramatiker, Weimar 1962 Knudsen, Hans: Deutsche Theatergeschichte, 2. neu bearbeitete und erweiterte Ausgabe, Stuttgart 1970 Körner, Josef/Wieneke, Ernst: August Wilhelm und Friedrich Schlegel im Briefwechsel mit Schiller und Goethe, Leipzig 1926 Košenina, Alexander: Anthropologie und Schauspielkunst. Studien zur ,eloquentia corporis‘ im 18. Jahrhundert, Tübingen 1995 (Theatron, Bd. 11) Košenina, Alexander s. Birgfeld, Johannes Košenina, Alexander s. Dehrmann, Mark-Georg

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Literaturverzeichnis Krengel-Strudthoff, Ingeborg/Rudin, Bärbel: In blauer Ferne. Von der Kulissenbühne zum Königsberger panoramischen Theater. Schriften zur Bühnenreform von Johann Adam Breysig (1766– 1831), Wiesbaden 1993 Krusche, Friedemann: Theater in Magdeburg, Bd. 1: Von der Reformation bis zum Beginn der Weimarer Republik, Halle 1994 Küster, Ulf (Hrsg.): Theatrum Mundi. Die Welt als Bühne, München 2003 Meinel, Katharina: Für Fürst und Vaterland. Begriff und Geschichte des Münchner Nationaltheaters im späten 18. Jahrhundert, München 2003 (Studien zur Münchner Theatergeschichte, Bd. 2) Motschmann, Uta: Die Ausstattung von Zacharias Werners Drama Martin Luther oder die Weihe der Kraft (1806), in: Klaus Gerlach (Hrsg.), Das Berliner Theaterkostüm der Ära Iffland. August Wilhelm Iffland als Theaterdirektor, Schauspieler und Bühnenreformer, Berlin 2009 Mix, York-Gothart: Kunstreligion und Geld. Ludwig Tieck, die Brüder Schlegel und die Konkurrenz auf dem literarischen Markt um 1800, in: Ludwig Tieck (1773–1853). „lasst uns, da es uns vergönnt ist, vernünftig seyn!“, Bern u. a. 2004 (Publikationen zur Zeitschrift für Germanistik. N.F., Bd. 9) Niehaus, Michael: Voreilige Reden, zurückhaltende Worte, Familienkommunikation bei Iffland, in: Johannes Birgfeld/Claude D. Conter (Hrsg.), Das Unterhaltungsstück um 1800. Literaturhistorische Konfigurationen – Signaturen der Moderne, Hannover 2007 Osterkamp, Ernst (Hrsg.): Wechselwirkungen. Kunst und Wissenschaft in Berlin und Weimar im Zeichen Goethes, Bern u. a. 2002 (Publikationen zur Zeitschrift für Germanistik. N.F., Bd. 5) Pape, Walter: Symbol des Sozialen. Zur Funktion des Geldes in der Komödie des 18. und 19. Jahrhunderts, in: Internationales Archiv für Sozialgeschichte der deutschen Literatur, hrsg. von Wolfgang Frühwald u. a., Bd. 13, Tübingen 1988 Petrick, Romy: Dresdens bürgerliches Musik- und Theaterleben im 18. Jahrhundert, Marburg 2011 Plümicke, Carl Martin: Entwurf einer Theatergeschichte von Berlin, nebst allgemeinen Bemerkungen über den Geschmack, hiesige Theaterschriftsteller und Behandlung der Kunst, in den verschiedenen Epochen, Berlin 1781 Reuter, Francesca: Le débat sur les pratiques scéniques en Allemagne au début du XIXe siècle. Thèse de doctorat en Etudes Germaniques, Université Lumière Lyon 2, 2005. Roß, Erhard: Geschichte des Königsberger Theaters von 1811 bis 1834, Königsberg i. Pr. 1935 Rudin, Bärbel s. Krengel-Strudthoff, Ingeborg Salehi, Sigrid: August Wilhelm Ifflands dramatisches Werk, Frankfurt/M. 1990 Schäfer, C./Hartmann, C. (Hrsg.): Die Königlichen Theater in Berlin. Statistischer Rückblick auf die künstlerische Thätigkeit und die Personal-Verhältnisse während des Zeitraums vom 5. December 1786 bis 31. December 1885, Berlin 1886 Schiller, Friedrich: Werke. Nationalausgabe. Briefwechsel. Bd. 23–32: Briefe von Schiller. Bd. 33–40: Briefe an Schiller. Begründet von Julius Petersen, Weimar 1956ff. Schlesinger, Maximilian: Geschichte des Breslauer Theaters, Bd. 1, Berlin 1898 Schmitz, Rainer (Hrsg.): Die ästhetische Prügeley. Streitschriften der antiromantischen Bewegung, Göttingen 1992

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Literaturverzeichnis Schneider, Louis: Iffland als Direktor des Berliner Nationaltheaters. Eine theatergeschichtliche Studie, in: Almanach für Freunde der Schauspielkunst, Berlin 1852, S. 75–109; 1853, S. 71–110; 1854, S. 126–178 Sedlarz, Claudia: Die schnurrbärtige Venus. Luisen-Huldigung auf dem Berliner Maskenball von 1804, in: Forschungen zur Brandenburgischen und Preußischen Geschichte. N.F. 2/2009 Sharp, Lesley: A National Repertoire. Schiller, Iffland und the German Stage, Oxford u. a. 2007 Sternke, René: Distinktionsverlust, Charakterverfall, Modernität, in: Klaus Gerlach (Hrsg.), Das Berliner Theaterkostüm der Ära Iffland. August Wilhelm Iffland als Theaterdirektor, Schauspieler und Bühnenreformer, Berlin 2009 Sternke, René: Französische und Berliner Klassik, in: Klaus Gerlach/René Sternke (Hrsg.), Der gesellschaftliche Wandel um 1800 und das Berliner Nationaltheater, Hannover 2009 Stuhlfeld, Willy: Geschichte der deutschen Schauspielkunst von Eduard Devrient. Neu bearbeitet und bis in die Gegenwart fortgeführt als ‚Illustrierte deutsche Theatergeschichte‘, Berlin und Zürich 1929 VZ: Königlich privilegirte Berlinische Zeitung von Staats- und gelehrten Sachen [Vossische Zeitung], Berlin 1785–1911 WA: Goethes Werke. Hrsg. im Auftrage der Großherzogin Sophie von Sachsen. Abteilung I (Werke), Bd. 1–55 und Abteilung IV (Briefe), Bd. 1–50, Weimar 1887–1919 Wahnrau, Gerhard: Berlin, Stadt der Theater, Berlin 1957 Weil, Rudolf: Das Berliner Theaterpublikum unter A. W. Ifflands Direktion (1796 bis 1814). Ein Beitrag zur Methodologie der Theaterwissenschaft, Berlin 1932 Wiedemann, Conrad: Eine Großstadtkultur um 1800. Das Akademienvorhaben ‚Berliner Klassik‘, in: Günter Stock (Hrsg.), Die Akademie auf dem Gendarmenmarkt 2007, [Berlin 2007] Wiedemann, Conrad: Julius von Voß. Großstadttheater im Off, in: Klaus Gerlach/René Sternke (Hrsg.), Der gesellschaftliche Wandel um 1800 und das Berliner Nationaltheater, Hannover 2009 Wiedemann, Conrad: Lämmermeiers Kleider. Oder der Preuße im Schlafrock, in: Klaus Gerlach (Hrsg.), Das Berliner Theaterkostüm der Ära Iffland. August Wilhelm Iffland als Theaterdirektor, Schauspieler und Bühnenreformer, Berlin 2009 Wieneke, Ernst  s. Körner, Josef Wilkens, Detlef: August Wilhelm Iffland – der vergessene Gigant aus dem Dreigestirn der Klassik, Göttingen 2009 Winko, Simone: Negativkanonisierung: August v. Kotzebue in der Literaturgeschichtsschreibung des 19. Jahrhunderts, in: Kanon, Macht, Kultur. Theoretische historische und soziale Aspekte ästhetischer Kanonbildungen, hrsg. von Renate von Heydebrand, Stuttgart und Weimar 1998 ZfdeW: Zeitung für die elegante Welt. Leipzig 1801–1859 [bis 1804 hrsg. von Karl Spazier]

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Bildnachweis

Die Vignetten sind dem Buchumschlag folgender Ausgabe nachgebildet: August Wilhelm Iffland’s Theater, Bd. 1, Wien 1814 (Privatbesitz) Tafel 1  Gedenkmünze für Iffland, Graveur: Gottfried Bernhard Loos, Berlin 1799, Durchmesser: 44 mm Klassik Stiftung Weimar, Museen, Inventarnummer: KMM Tafel  2  F. R. Naumann, Ifflands Garten-Haus zu Berlin / Vue dela maison ­de ­jardin d’Iffland à ­Berlin, vermutlich nach der Vorlage von Friedrich Wilhelm Delkes­kamp, Radierung, 9,5 × 15,2 cm Landesarchiv Berlin, F Rep. 250-1, C 241 Tafel  3  Anton Graff, Iffland, Kreidezeichnung in Schwarz, Braun und Weiß, um 1800, 62,2 × 50,7 cm Klassik Stiftung Weimar, Museen, Inventarnummer: KHz/00910 Tafel  4  Anton Graff, Iffland als Pygmalion, Öl auf Leinwand, 1800, 240 × 160 cm Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg, GK I 2669 Foto: Jörg P. Anders Tafel 5  Karl Friedrich Stange, Der Gensd’armes Platz, kolorierter Stich nach e­iner Vorlage von ­Anton Wachsmann, 1804, ca. 14,5 × 7,7 cm Stadtbibliothek Berlin, Zentrum für Berlinstudien Tafel 6  v. Schiller – v. Kotzebue – Iffland, Punktierstich nach Vorlagen Anton Graffs von Johann Friedrich Bolt, 1803 Klassik Stiftung Weimar, Museen, Inventarnummer: KPh/7105 Tafel  7  Innere Decorirung des Theaters, zum Behuf des großen Maskenballs, Berlin 1804 Deutsches Historisches Museum, Berlin, Signatur: RA 91/2101 Tafel 8  Gebrüder Henschel, Iffland als König Lear, Heft 15, Blatt 6 von Ifflands mimische Darstellungen Institut für Theaterwissenschaft der Freien Universität Berlin Tafel 9  Gebrüder Henschel, Mimische Darstellungen von Iffland, Gouache, z. T. gefirnisst, auf ­Bristolkarton, Blattgröße: 23 × 18 cm, Durchmesser der Medaillons: je 3,5 cm Deutsches Literaturarchiv Marbach

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Bildnachweis Tafel 10  Gebrüder Henschel, Gedächtniß-Feyer Ihrer Königlichen Majestät L ­ uise von Preußen, Kupferstich, Berlin 1811 Foto: privat Tafel  11  Johann Gottfried Schadow, Iffland-Büste, Marmor, 1807 Bayerische Staatsgemäldesammlung, Neue Pinakothek, ­München Lackmalerei in Öl, 1810/15, Tafel 12  Christian Heinrich Stobwasser [­zugeschrieben], Iffland, ­ Durchmesser: 8 cm Klassik Stiftung Weimar, ­Museen, ­Inventarnummer: KGe/00494 Tafel  13  Friedrich Tieck, Iffland-Statue, Marmor, 1828 © Bildarchiv Foto Marburg, Aufnahme-Nr. 1.110.683 Tafel  14  Apollosaal des Berliner Schauspielhauses von Karl Friedrich Schinkel © Bildarchiv Foto Marburg, Aufnahme-Nr. KBB 7.114 (S. 182)  Ifflands Schreiben an die Königliche Haupttheaterkasse vom 21. Oktober 1800 Theatersammlung Rainer Theobald, Berlin (S. 190–192)  Anlage zu Langhans’ Schreiben an Karl Friedrich von Beyme vom 8. November 1801 Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz, Signatur: HA I, Rep. 36, Nr. 2621, Bl. 13 (S. 196)  Ifflands Schreiben an Heinrich Joseph Edler von Collin vom 27. Februar 1802 Theatersammlung Rainer Theobald, Berlin Hinteres Vorsatzpapier – Klassiker-Fries Otto Knille, Weimar 1803 – Das Moderne Zeitalter, 1884, Heliographie des verschollenen Wandfrieses © bpk. Bildagentur für Kunst, Kultur und Geschichte, Berlin, Bild-Nr. 20027857

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Danksagung

Ich danke Conrad Wiedemann, dem Projektleiter des Akademienunternehmens Berliner Klassik an der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften (2003–2013), der meine Forschungen zum Berliner Nationaltheater stets unterstützte und förderte. Gedankt sei allen Archiven, Bibliotheken und Kunstsammlungen, die Handschriften und Bilder zur Verfügung gestellt und Auskünfte erteilt haben. Dem Berliner Sammler Rainer Theobald danke ich für die kostenfreie Überlassung von Faksimiles zu diesem Band sowie für anregende Gespräche. Des Weiteren danke ich für Recherchen, Auskünfte und Hinweise Werner Busch (Berlin), Karin Ellermann (Weimar), Jan Jäckel (Hannover), Walter Obermaier (Wien), Kerstin Schellbach (Dresden), Klaus-Dieter Pett (Berlin), Susanne de Ponte (München) und Kirsten Thietz (Berlin). Meinem Kollegen Klaus Hallof und meiner Kollegin Uta Motschmann, beide von der BBAW, danke ich für vielfältige Hilfen und Ratschläge. Marie-Luise Körner (Berlin) und Brigitte Leuschner (Berlin) danke ich für das Lesen des Manuskriptes und ihren Zuspruch. Meinem Lektor Peter Heyl gebührt großer Dank für seine sorgfältige und engagierte Arbeit am Text in allen Entstehungsphasen.

Otto Knille, Weimar 1803 – Das Moderne Zeitalter, 1884 Das Gemälde gehört zu dem vierteiligen Zyklus „Darstellung von vier Hauptepochen geistiger ­ Kultur an den Stätten ihrer hervorragendsten Wirksamkeit“, einem Auftragswerk für das Treppen­ haus der ­Königlichen Universitätsbibliothek in Berlin. Der idealisierende Wandfries zeigt von links nach rechts Peter Cornelius, Lorenz Oken, Friedrich Christoph Schlosser, Johann Heinrich Voß (in Rückenansicht), Heinrich von Kleist, Georg Wilhelm Friedrich Hegel, Johann Friedrich Blumenbach (in Rücken­ansicht), Friedrich Gottlieb Klopstock, Johann Gottlieb Fichte, Johann Heinrich Pestalozzi ­(sitzend), Jean Paul, Ludwig Tieck, eine Muse, den Zeus von Otricoli, Johann Wolfgang von Goethe, Wilhelm und Alexander von Humboldt, Christoph Martin Wieland (im Vordergrund sitzend), Carsten Niebuhr, ­Friedrich Schleiermacher (den Kopf abstützend), Johann Gottfried Herder, Carl Friedrich Gauß, August Wilhelm Schlegel, August ­Wilhelm Iffland (im Vordergrund sitzend), ­Johann Wilhelm Ludwig Gleim, Friedrich Schiller, Friedrich Maximilian Klinger.