Asien, nämlich Hindostan und Dekan

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D. Anton Friedrich Büſchings

Erdbeſchreibung Eilften Theils 3 weite Abtheilung , 1

ſie ni nemlich

Hindoſt an und Dek a n .

U usg e a r beitet von

Matthias Chriſtian Sprengel.

Hamburg , bei Earl Ernſt Bohn. 1802 .

Matthias Chriſtian Sprengels

Erdbeſchreibung Don !

Oſtindien, nemlich

Hindoftan und Defan. 1.

Hamburg , bei Carl Ernſt Bohn. 1802 .

‫‪£.‬‬

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ociaio

v o r rede. glaube in der Einleitung hinlänglich die

jo ber der indiſchen Erdbeſchreibung im Wege ſtan . Schwierigkeiten gezeigt zu haben , die biss

den , und immer die genaue Kenntniß von In dien verhindern werden , ſo lange es dort noch

ununterſuchte und unbeſchriebene Landſtrecken giebt. Hier werde ich alſo nur mit wenigen Wor

ten berühren dürfen , was ich in dieſer zweiten Abtheilung des fünften Theils von Aſien zu leis ſten bemüht geweſen bin , und was ich in den

folgenden auszuführen gedenke. Da gegenwärtig von Länderbeſchreibern mehr gefordert wird , als

bloße Nomenklatur der Gebirge, Flůſle, Größe, Unterabtheilungen und Ortſchaften irgend eines Landes , ſo habe ich ebenfalls nach dem Beiſpiele meiner Vorgånger geſucht , das wichtigſte der indiſchen Statiſtik voranzuſchicken. Die Lan, desgeſchichte durfte ich darin nicht übergehen ,

weil unter den vorhandenen Geſchichtbüchern kein eing

Vorrede.

einziges bis auf die neueſten Zeiten reicht, auch bei åltern Zeiten noch immer eine Menge unbes

nugter Quellen oder Specialgeſchichtſchreiber bes fragt werden müſſen. Ich habe mich dabei aber meiſt auf die wichtigſten und neueſten Revolu

!

1

tionen beſchränkt, und geſtehe frei, daß hin und wieder Lücken geblieben ſind , davon manche erſt nach Bekanntmachung beſſerer indiſcher Duellen ausgefüllt werden können. Nach dieſer Seite folgt eine beurtheilende Anzeige der vornehmſten

im Drucke vorhandenen Hülfsmittel zur indis ſchen Geographie. Habe ich darin irgend eine bedeutende Duelle oder wichtige Reiſe übergan gen , fo ſtand ſie mir entweder nicht zum Ges

brauche offen, oder ſie iſt ineiner Aufmerkſamkeit zufälliger Weiſe entgangen . Man wird vielleicht

in dieſem Verzeichniſſe zweierlei vermiſſen, nem lich die Quellen der alten indiſchen Geographie, oder die Nachrichten , welche über die indiſche Kenntniß der Griechen und Römer zu uns gekoms men ſind, ingleichen ein Verzeichniß der gedruck: ten oder überfekten arabiſchen Geographen , die

wenigſtens Bruchſtücke von Indien hinterlaſſen haben. Allein die über Altindien vorhandenen

Nachrichten ſind durch Heerens und Mannerts allgemein geſchågte Schriften , welche ich auch gelegentlich benußt habe , hinlänglich aufgeklärt; ihre Forſchungen hier zu wiederholen wäre zweck: fus

Vorrede. los geweſen , da ich ſie mit keinen Zurägen von Wichtigkeit vermehren oder aufbellen konnte. Ueberdem ſchien es mir ſchicklicher, bei einzelnen Ländern , Völkern und Ortſchaften , von denen

ſich gewöhnlich wenig, fruchtbares ſagen låßt, kurz anzuzeigen , daß ſie ſchon den Alten bekannt

waren , und ob der beigelegte Name ihnen an , gehört oder nicht. Was die arabiſchen oder orientaliſchen Geographen betrifft, ro iſt unten (S. 81.) ſchon einiges von ihrer indiſchen Läns . derkunde berührt worden , die übrigen können wir nur auszugsweiſe benußen , und ihr ganzes

Verdienſt beſteht nur in důrren Namenverzeichs niſſen. So glaubte ich dieſe ſo ſparſam fließenden Duellen , gleich den meiſten Reiſen des Mittelale

ters , übergehen zu können , die ſich nur gelegent: lich nach Indien verlieren. Gern hätte ich in dieſer Abtheilung einige andere Abſchnitte, über die Größe , alte und neue Abtheilung Indiens,

Deſſen Klima , Flüſſe, Produkte, Einwohner, und was gemeinhin unter den ſtatiſtiſchen Begriff Land und Leute und deren Verbindung geordnet

wird, aufgenommen ; allein da der dazu beſtimmte Raum zu beſchrånkt war, und alſo die zuſammen

gehörenden Gegenſtände hier getrennt werden mußten , ſo habe ich dieſe der dritten Abtheilung vorbešalten. In dieſer ſollen auch wenigſtens die erſten Abſchnitte der indiſchen Erdbeſchreibung 3

.

mits

Vorrede . mitgetheilt werden , die ſchon ausgearbeitet ſind, aber doch noch håufig der kritiſchen Feile , Ver:

beſſerungen und Zufäße, bedürfen . Indien wird freilich darin nach der gegenwärtigen, durch neu ere Revolutionen bewirkten , Eintheilung oder

ſehr willkürlichen Zerſtückelung dargeſtellt wer: den, dabei aber werde ich ſo viel möglich der Kais

fer Akbar und Aurungjebe Abtheilung ihrer Ers oberungen beizubehalten ſuchen . Indien beſtand von jeher aus drei Haupt: ländern , den nördlichen, iſtlichen und ſüdlichen, die oft gar nicht, und nur zuweilen mit einander in genauer oder entfernter Verbindung waren. Nady dieſer Hauptabtheilung werde ich zuerſt das eigentliche Hindofian , oder die Provinzen

zwiſchen dem Indus und Ganges, ferner die öſtlis chen , oder das Gebiet der Engländer am Ganges, nebſt deſſen Dependenzen , hierauf die große Pros vinz Dekan , oder die Länder zwiſchen dem Ners budda und Kap Komorin , und zuleßt die Inſeln

beſchreiben , welche nahe an den indiſchen Küſten oder in den eigentlid ) indiſchen Meeren liegen .

Sollte meine Arbeit Beifall finden , ſo bin ich entſchloſſen, auch meine Kräfte an den Reichen der Halbinſel jenſeit des Ganges und den großen und kleinen öſtlichen Inſeln zu verſuchen. Ver

v

e r ſ uc

einer Erdbeſchreibung von

D ft ind i e n .

s.Th. 2. Abth.

2

)

Einleitung.

Darſtellung oder Beſchreibungen entfernter Weltgegenden , die , ungeachtet ihrer lans gen Verbindung mit cultivirten Bólfern , größtens theils im Dunkeln liegen , gehören zu den Arbeiten, welche eher abſchrecken , als ermuntern , weil der

Unternehmer eines ſolchen Verſuchs weder das ihm vorſchwebende gdeal erreichen , noch die Erwara tung ſeiner Lefer genugthuend befriedigen kann , ſo gúnſtig ſie auch im voraus von ſeinen Bemühungen

urtheilen mögen . Er kann ſich nur ſchmeicheln ,

7

ůber ſolche Cheile des bisher unbekannten Xandes einiges licht verbreitet zu haben , die in ungeſtörs tem Berkehr mit Europa oder gebildeten Nationen ſtanden , oder das Glück gatten , aufmerkjame Bes obachter zu finden , und muß am Ende zufrieden ſeyn , die über das Ganze vorhandnen oder ihm jus gånglich gewordenen Nachrichten geſammelt und ges würdigt zu haben , ohne vielleicht zu ahnden , daß andere mit demſelben Gegenſtande vertrautere Ges lehrte , oder die im Beſite beſſerer und ſeitnerer Quellen ſind , ſeine Arbeit früher oder ſpäter ver. drången werden. 32

Ein

Einleitung. Ein mißlicher Verſuch dieſer Art iſt eine Eros beſchreibung von Hindoſtan oder Oſtindien in der engern Bedeutung dieſes Namens, als Ergänzung von Büſchings Meiſterwerk, oder Pendant von Ebelings oder Hartmanns allgemein geſchågten Bes

ſchreibungen von America und Egypten , der bei allem 'Streben nach Vollkommenheit das vorges

ſegte Ziel nur ſtellenweiſe erreichen kann. Ueberad zeigen ſich nicht nur bei kleinen Sandſtrichen , ſon. dern auch bei großen Provinzen und Völkern , bes

deutende lücken, die der ſorgfältigfte Gebrauch der vorhandenen Quellen nicht auszufüllen vermag. Der indiſche Geograph , der ſeine Materialien nicht an Ort und Stelle zuſammentragen , und hindoſtas

niſche oder perſiſche Nachrichten , aus linfunde der Sprache, nicht zu Rathe ziehen kann , muß über große Landſtriche, wie die Eroberungen der Seifs, die Schlupfwinkel der Balluchen am weſtlichen Ufer bes Indus, und die alten Wohnſiße der Rasbuts ten entweder hinwegeilen , oder davon nur das

lángſt bekannte wiederholen. Denn ſelten oder nie betrat ein aufmerkſamer Beobachter dieſe und ans

dere indiſche Provinzen , merkwürdige Kriege haben ſich felten bis dahin verbreitet , oder niemals wagte

ſich ein indiſcher Steuereinnehmer unter einzelne vielleicht noch vorhandene Vólfer , um ihre Namen

und Wohnſike in ſeine Schaßregiſter einzutragen. Daher iſt von vielen alten oder neuen indiſchen

Staaten , welche fern von den längſt beſchifften Kuſten , den alten Hauptſtådten oder den befanns

teſten Handelsplågen liegen , oft nur die ungefähre {age , oder der vielleicht långſt veraltete Name bes

kannt , und große Jánder erſcheinen als unwirth, bare

25

Einleitung.

bare Wüſten , weil fie vielleicht ehedem Räubers horden ( Coulies , Caller *) ) zum Schlupfwinkel Die Schwierigkeiten vermehren ſich, wenn alte länders und Ortbeſchreibungen mit dienten.

neuern verglidhen oder beide durch einander erklärt

werden müſſen , auch Hindoſtan nicht nach ſeinem

ehemaligen , fondern gegenwärtigen Zuſtande, ers ſcheinen ſoll. Dies alte Reich , welches man bis 1707,

dem Todesjahre des mächtigen Kaiſers Uurangzebe, oder bis 1739. Schab Nadirs Plünderung von

Delhi , das Reich des großen Moguls zu nennen pflegte , war unter der mohametaniſchen Herrſchaft

nie zu allen Zeiten oder nach allen Theilen gleich bes 2.3

kannt,

* ) Unter dieſer Benennung leben in mehreren Gegens den von Hindoftan verſchiedene halb wilde wsiter's daften , vorzüglich im nördlichen Carnatic , und

deſſen ſådlichen Dependenzen in Madura, Marawar und Tinevelli), unter eigenen Häuptlingen , welche man Polygars zu nennen pflegt. Ihre Schlupf winkel , die aus undurchdringlichen ſtellenweiſe ans gebauten Waldungen beſtehen , haben häufig einen

anſehnliden Umfang. Manche dieſer Polygars tonnen einen Räuberhaufen von 40,000 Mann zus Tammenbringen. Eben dergleichen Räuber , Coulies genannt , findet man auch im Lande der Maratten

und in Gujeratte , wo ſie ſeit alten Zeiten Reiſende und Caravanen ausplündern. Zu eben dieſes indis ſchen Volkstlaſſen gehören auch die Vills (Beels) in den unbekannten Sandmuſten von Aginere. Ans queril du Perron fand ſie auch in dem Gebiete des

Peiſchwa. Sie bringen nach ſeiner Beſchreibung ihre meiſte Zeit in den Gebirgen zu , und nåhren ſich von Heumaden , welches fie in die benachbarten Stådte bringen . S. Anquetil du Perron Reiſe nach Oſtindien. Frankfurt 1776. Ⓡ. 371. C.

!

1

6

Einleitung.

kannt, und vor derſelben noch weniger.

Dies bes

weiſen die arabiſchen Geſchichtſchreiber und Geogras phen , die in ihren noch zum Theil vorhandenen

Werfen Indien behandeln. Sie ſchránken ſich vor: züglich auf die indiſchen Provinzen ein , welche zwis ſchen Delhi und Cabul lagen , und der gewohns

liche Schauplaz ewiger Empórungen , Kriegszüge und fånderverheerungen, waren. Das óſtliche Bens galen , meiſt mit Waldungen bedeckt, war ihnen Terra incognita , und das Innere von Defan

ebenfalls , und was ſich bei ihnen über dieſe große

Halbinſel findet , beſteht aus bloßen oft unerklárs lichen Namen einiger Reſidenzen', Veſtungen und Handelsorter. Selbſt Kaiſer Akbars Sandbuch, das fein Vezier Übul Fazel 1603. zuſammentrug,

erſtreckt ſich nur über die Provinzen , die er wirk. lich beherrſchte, und endigt gegen Süden mit Chans

des und Berar. Von dem benachbarten Dekan, davon Akbar Ahmednagur erobert hatte, das übris

ge aber unter mehrere Fürſten vertheilt war , weiß ſein Begier nichts zu ſagen.

Eben deswegen hat

Liefenthaler ſich in der Beſchreibung von Dekan ſo kurz gefaßt, weil er in ſeiner Hauptquelle , even dieſem

andbuche, úber die dort vorhandenen Reis

che und Völkerſchaften keine Belehrung fand. Man muß aber nicht glauben , als

buch eine ordentliche Be{direibung der funfzehn dort aufgeführten Provinzen enthalte. Ubul Fazel .

þat darin die Große und die Grenzen der Provin, gen

im Allgemeinen angegeben , nur gelegentlich ei.

niges von ihren Produkten angemerkt , und folde Städte und, Veſtungen aufgenommen , die entwes

der zu ſeiner Zeit berühmt waren , oder ſich durch Eigens

Einleitung .

7

Eigenthúmlichkeiten oder Wunderdinge , welche Abul Fazel ſorgfältigſt fammelt, auszeichneten. In der Einleitung verſpricht Abul Fajel, nur zwölf Provinzen zu beſchreiben , und doch hat er ſich dars in über funfzehn verbreitet , oder Chandes , Berar

und Satta , die in der erſten Zall fehlen , mit auf genommen . Die Beſchreibung iſt ſehr verſchieden . Chandes nimmt nur drei Seiten ein , und Cabul wird bei Caſhemir eingeſchaltet. Ueberhaupt aber verliert ſich der Verfaſſer zu ſehr in die fabelhafte Geſchichte und Aufjáblung der Dynaſtien , welche vor der mogoliſchen Eroberung in einzelnen Pros vinzen herrſchten . Der zweite Theil dieſer Beſchrei.

bung beißt Tuckfiem Jumma, oder Regiſter derlands tare , welche jede Provinz oder deren einzelne Kreiſe bezahlten , was ſie dem Kaiſer an Geld oder Na. turalien lieferten , und wie viel Mannſchaft ſie zur Reichsarmee ſtellen mußten.

Man kann barin

freilich ſehen , wie viel Contribution jeder Mahal oder ſteuerpflichtige Diſtrict dem Kaiſer erlegte,

aber dieſe Abgabeu ſind nach Dams, einer kleis nen , nicht mehr gangbaren Kupfermünze, berecha net , von denen 40 eine Rupie ausmadyten , und von manchen einzelnen Diſtricten iſt die Abgabe nicht bemerkt. Auch ſind in dieſem Steuer , Res giſter einzelne Provinzen aufgeführt, welche, wie Candahar, in dem (andbuch fehlen , überdem be. ſteht daſſelbe aus den bloßen Benennungen der

Provinzen , Kreiſe und einzelner Ortſchaften , ohne alle weitere Bezeichnung.

lleberhaupt ſind die, úber indiſche Geſchichte und Erdbeſchreibung vorhandene Nachrichten , wenn wir einige in unſern Sagen geſchriebene 3

24

Werfe

Einleitung.

8

Werke aufnehmen , größtentheils fragmentariſch. Die Erdbeſchreiber der Griechen und Rómer , die Indien aus eigenen Beobachtungen Fannten , ſind alle verloren gegangen .

Andere , die aus ihren

Beſchreibungen und Tagebüchern ſchöpften , oder baher einzelne Angaben entlehnten , geben bei allem Schimmer des Détail keine Ueberſicht des Ganzen. Sie verweilen daher nur bei ländern und Reichen , die durch Alexanders Zúge, die Eroberungen feia

ner Nachfolger ; durch Schifffahrten, landreiſen, oder zufällige Umſtände, die Aufmerkſamkeit ihrer Sefer reizten.

Da auch nach ihren Begriffen Hins

doſtan eine ganz andere Sage Hatte, als die wirke liche iſt, ſo werden einzelne Gegenden ro Peltſam

aus ihrer Stelle gerückt, daß man ſie kaum bei uns

ſerer beſſern Befanntſchaft mit jenen Ländern wies der aufzufinden vermag. Jhre Berichte beſtehen ohnehin , außer einer kurzen Erwähnung der auf

fallendſten Gebräuche und einzelner Produkte, in

ſchwankenden meiſt unerklärlichen Angaben långſt untergegangener Reiche, oder mehr als einmal jers ſtórter Städte , deren Namen entweder falſch ges

Hört , verſchrieben oder abſichtlich verſtummelt ſind, um den fremden faut griediſchen oder römiſchen

Dhren angenehmer darzuſtellen.

Auch enthalten

die wenigen indiſchen Relationen der Alten nur

důrre Verzeichniſſe vieler durch Hindoſtan zerſtreus ter Völkerſchaften, jedoch ohne Aufſchlüſſe über ihre Wohnſige, Macht, Cultur und bürgerliche Einrichtungen , zu geben. Inde beweiſen dieſe

Namenregiſter, daß Hindoſtan immer in viele Nas tionen und Stamme vertheilt war , daß ihre Menge

zugleich die Stufe der Bildung errathen láßt, auf wels

Einleitung.



welcher die meiſten ſtanden , und daß Eroberer das

maliger, ſo wie ſpåterer Zeiten , die friedlichen Eins wohner , welche ſich nicht unter ihr Gartes Joch beugen wollten , zwangen , in waldigte oder gebúri gigte Einöden zu entfliehen und dort zu vers wildern .

Freilich entdeckt der Forſcher in den erhaltes

nen Reiſerouten , Portulanen , Ortsbeſtimmungen

und Wundergeſchichten der Vorzeit, einzelne kleine Züge und beiläufig mitgetheilte Angaben , die den treffenden Blick des erſten Beobachters verrathen, und den heutigen Zuſtand Oſtindiens zuweilen auf

kláren. Dergleichen oft bloße Fingerzeige oder Hindeutungen belehren uns , daß Hindoftan , aller erlittenen Revolutionen und der Vermiſchung mit

ungleichartigen Fremden ohnerachtet, ſich meiſtens gleich geblieben iſt, daß ein zahlreiches, den fruchts

barſten Boden bewohnendes Volf , welches Eles fanten zu ſeinen Kriegen und zum Dienſt Feiner Herrſcher gezähmt hatte, das Landſtraßen ebnete, und Rieſengebäude aufführte , und die verſchiedes nen Klaſſen ſeiner Mitbürger nach ſo mancherlei uns oft unbegreiflichenAbſtufungen geordnet hatte, damals gewiß ſchon der Wildheit entſtiegen war,

oder ſich größtenteils über die africaniſchen Negers völker und die Haraforas erhoben hatte , welche im

Innern der großen undkleinen Inſeln des indiſchen Oceans umherſtreifen , oder das ſich uralte indis fche Einrichtungen bis auf den heutigen Tag erhals ten baben . So erzählt unter andern der Naturs

forſcher Pligius a ), wahrſcheinlich nach Senecas långſt vertorner Beſchreibung von Indien , daß 25 a ) Hiſtor. patur. L. VI. c. 21. S. 317.

die

IO 1

Einleitung.

die damaligen tandesregenten ihr Gebietebenſo cas

meraliſtiſch kannten , als ſpåtere Kaiſer von Hina doſtan in neuern Zeiten . Er bemerkt bei vielen in.

diſchen Völkerſchaften die Zahl der Krieger und Streitelefanten , die ſie gegen gemeinſdaftliche

Feinde ſtellen mußten ; auf gleiche Art hat uns Kaiſer Akbar in ſeinem ( andbuche die Contingente verzeichnet, welche einzelne Provinzen und Statts halter zur Verſtärkung der indiſchen Reichbarmee aufbrachten , oder wenigſtens aufbringen ſollten. Durch die Einfälle der Mohametaner , und die lange Herrſchaft der Patanen und Mogolen über den beſten Theil von Hindoſtan , ward freis lich die Renntniß deffelben für gewiſſe Zeiten , und

beſonders für den Orient, erweitert. Allein da das von ihnen dort geſtiftete Reid) einen bald grós Bern bald Fleitern Umfang hatte , ſo blieb ihnen immer die {age , Große und Beſchaffenheit , an . fehnlider Sandſtriche und tapferer Völkerſchaften verborgen. Daber wiederholen arabiſche Geos graphen , welche wir meiſt nur in Ausjúgen benu .

Ken fónnen , entweder die Fabeln der Griechen, oder verzeichnen bloße Namen einzelner Flüſſe, Reiche und Drtſchaften. Wir finden dieſe gwar zuweilen in neuern Verzeichniſſen wieder , allein

ſelten erfährt man aus dieſen Regiſtraturen mehr, als daß dieſer oder jener Ort ſchon in frühern Zei. ten vorhanden war , ohne ihn jedoch náber Fennen

zu lernen. Arabiſche und perfiſche Geſchichtſchrei. ber der ſchrecklichen Verheerungen, welcheHins doſtan ſo oft von dieſen Glaubensfeinden eroulden mußte, nennen zwar die von den Bezwingern Hins doſtans eroberten Provinzen , und die mit den Gógens

1

Einleitung.

II

Goßentempeln zerſtörten Städte, doch über die damalige Geſtalt des verwüſteten landes , die indiſche

Verfaſſung, oder Aufklärungen der Landesgeogra. phie , darfman bei ihnen nichts erwarten , weil ſie blos Schlachten , Empórungen und Grauſamkeiten wilder Eroberer , zuſammentrugen. Auch ſolche Werfe , welche die Thaten einzelner indiſcher Ers oberer , wie Timurs Lånderverheerungen , beſchreis ben ; enthalten zu unſerm Zweck eben ſo wenig.

Cherefeddin, der Lobredner des Tirannen Timur, hat zwar unter den grellſten Gemåhlden ſeiner Robe

heit *) einzelne geographiſche Bruchſtücke einges ſchaltet, aus denen man ungefähr den Gang ſeines

Heerzuges errathen kann ") , aber dort werden nur die großen Flüſſe genannt , über welche er ſeine barbariſchen Schaaren führte, unbedeutende Plake,

in deren Nachbarſchaft er ſein Jager aufſchlug, oder die unglücklichen Ortſchaften , welche der wüthende

Heidenverfolger in Uſchenhaufen und Schädelſtätte verwandelte.

Durch Vergleichung anderer mors

genländiſcher Schriften möchte vielleicht die Auss beute * ) Wie die indiſchen Elefanten in der Nachbarſchaft

von Delhi Furcht und Schrecken unter feinem Heer erregten , ließ er vor daſſelbe tiefe Graben zieben , Hinter dieſen lebendige Büffel mit Kopfen und oben zuſammen gebunden legen . Die Buffel wurden

hernad mit Baumzweigen und Reiſern bedeckt, und das důrre Gefteåuch beiin Angriff der Indier anges Cherefed

zündet , um die Elefanten abzuhalten.

din Hiſtoire de Timur Bec. T. III. S.95 . b) Rennels Map of the Countries between the Source of the Ganges and the Caſpian Sea , in

defien Memoirs of a Map of Hindoſtan en lar ged. Sect. III.

Einleitung.

12

beute für indiſche Geographie reichlicher fenn , aber dieſe Quellen ſind nur wenigen zugänglich , und,

Vermoderni unbenugt in großen Bücherfammluns gen * ). Ein gleiches Schickſal waltet über die mors genländiſchen Reiſen und Geſandtſchaften , welche

perſiſche und andere mohainetaniſche Regenten an indiſche Fürſten zu ſenden pflegten, und ſelten find

ihre Berichte derallgemeinenVergeſſenheit entgans gen . Hr. Sangle" in Paris hat fürzlich dieſe Lücke

zu ergånzen geſucht und aus den Schagen der weiland königlichen Bibliothek einige dieſer llebers

bleibſel in einer beſondern Sammlung drucken laſ ſen).

Darin findet ſich außer Abdul Sturrins

Reiſe von Delhi nach Meffa (er begleitete 1739. den Schah Nadir auf ſeinem Rückmarſche von

Delhi) ein zu unſerm Zweck näher gehörender Ges

ſandtſchaftsbericht des Perſers Ubdul Rizac aus bem funfzehnten Jahrhundert. Jhn hatte Sultan Shah Roth , Timurs vierter Sohn , 1443 aus Sipahan an den König von Bisnagar in Defan

geſchickt. Er ſchiffte aus dem perſiſchen Meerbus ſen * ) So führt Unquetil in feinen Erläuterungen der ins diſchen Geographie ( f. Tiefenthaler 2. Bo. i . Th. S. 157.) unter den über Indien noch unbenusten per fiſchen Schriftſtellern folgende alte Handſchriften an , welche vielleicht treffliche Nachrichten über eins

zelne Provinzen jenes großen Landes enthalten . Kys der Malets Geſchichte von Caſhemir vom Jahr 1618. Niſamis Geſchichte von Malva von 1504., außer andern einheimiſchen Beſchreibungen von Gus geratte , Berar und Bengalen .

c) Voyages traduits de differentes Langues orien tales et europeennes. T. I. II. 1799. 12.)

Einleitung

13

fen burch den indiſchen Ocean , landeté glücklich in

Calicut, und fam nad)einer kurzen Reiſe über die Ghantgebirge an den Ort feiner Beſtimmnng. Nach morgenländiſcher Weiſe ſchrieb er fein vollſtándiges Lagebuch ſeiner Reiſe , nicht einmal ein Verzeichs niß der von ihm beſuchten Orte , oder der zurück.

gelegten Stationen , und nennt daher nur wenige Derter , durch welche er ſeinen Weg nehmen mußte.

Vielmehr erwähnt er mit Abſcheu die Ungeſchlachts heit der Gözendiener , unter denen er einige Zeit leben mußte , und bewundert die Pracht ihrer Pas goden und die Reichthümer , welche er in dieſem Sande in den Pallåſten iyrer Fürſten erblickte. Beis läufig verweilt er bei der Stadt Calicut auf der malabariſchen Pfefferfúſte, und der Stadt Biss nagar , der größten und reichſten im ſüdlichen Des kan , welche ſpäter in nebſt dem lange berühmten Reiche dieſes Namens von den Mohametanern gertrümmert wurde. Doch langle' hat uns nur einen Uuszug dies

fer Reiſe gegeben. Bei dem perfiſchen Geſchichte ſchreiber Mir Khond iſt ſie, nach den Proben zu

urtheilen , welche das aſiatiſche Regiſter) über

Calicut und Bisnagar mittheilt, ausführlicher vorhanden , und Abdul Rizac erſcheint in ſeinem

bollitándigen Bericht als ein nid)t gemeiner Bes obachter. Seitdem die Mogolen anfingen , ſich in Hins doſtani auszubreiten , und ihr allmålig vergrößertes Reich in Statthalterſchaften vertjeitten , entſtieg

daſſelbe bald aus ſeiner alten Dunfelheit. Doch blieb Dekan oder die Sjalbinſel dieſſeit des Ganges, und

d ) Afiatic Regiſter for 1800. S. 226. 2..

Einleitung. und die Reiche , welche dort neben einander beftan. den , langer in Nebel verhüllt , weil ſie ihre Unah. gångigkeit ſpäter als die indiſchen Rajahs in den 14

nördlichen Gebirgen und in den weſtlichen Provins zen behaupteten , auch Uurungzebe erſt gegen Ende

des fiebzehnten Jahrhunderts dieſe Staaten übers wåltigte , und bis an den Colerun , den füdlichſten großen Fluß der Halbinſel , vordringen konnte. Uls

Tein in den alten Statthalterſchaften des eigentlis

chen Hindoftans blieben viele ganz oder Halbduns Fele Provinzen , in deren Gebirgen oder'undurchs dringlichen Waldungen * ) unbezwungene Rajahs und Poingars Yauſeten , welche nie fortdauernd die

Oberherrſchaft des indiſchenKaiſerserkannten, und deren Gebiet daher nicht wie das übrige Reich in

Statthalterſchaften (Subahs) , Kreife ( Circars ), Hemter

*) Feriſhta hat uns in ſeiner Geſchichte von Detan (V. I. S. 124.) die Schredniſſe eines ſolchen wals Digten Schlupfwinkels auf orientaliſche Art beſchries

ben . Ein Befehlshaber der Sultane, von Dowlatas bad , ward 1453 von einen indiſchen Rajah in eine Buldung von Contan gelockt, und dort mit ſeinen

Truppen erſchlagen. Die Fußſteige durch denſelben waren ſo gefährlich und fürchterlich, daß ein månn , licher Tiger vor Schrecken ſein Geſchlecht verändern mußte , ſie waren verwickelter , als die lockigten

Haare der Schönen , und ſchmaler als die Pfade der Liebe. Dåmonen bebten vor den engen Thålern

und den greulichen Bergſchluchten zurúd , und ihr Anblick regte die Geiſter des Waldes in Schrecken . Die Sonne beſchien diere Wildniß nie , und der Schöpfer hatte ihr keine Grenzen gereßt. Das Gras war ſo hart wie Schlangenzähne , und die Luft ſo verpeftet, als der tintende Hauch der Drachen .

Der Tod wohnte in den Gewäſſern , und die ganze Atmoſphåre war vergiftet.

Einleitung.

15

Hemter ( Pergunnas ) und Geineinden (Mahis ) vertheilt werden konnte.

Erkannten etwa dieſe

Fürſten , wie die Rasbutten in Ugimere , oder die Bergfürſten in den Wildniſſen von Berar , Auhd und Delhi, die Lehnsherrlichkeit des Kaiſers oder ſeiner Statthalter, fo wurden .Dadurch ihre

Schlupfwinkel und Sicherheitsplage wenig bekanns ter , außer wenn dieſe bei verweigertem Tribut und

Lehndienſt, oder bei der Unmöglichkeit die aufers legte Schakung zu bezahlen ,

verwüſtet, oder

die Veſten der widerſpenſtigen Vafallen zertrúms mert wurden .

Wie viel oder wenig die Herren

von Hindoſtan ihr Gebiet Fannten , davon giebt uns Afbar des Großen Handbuch den beſten Bes weis.

Darin ſind freilich die Grången der damas

ligen Reichsprovinzen und ihre Unterabtheilungen angedeutet, einige ibrer Producte genannt, und die Namen der Hauptórter verzeichnet.

Allein

man erhålt im Ganzen nur dúrre Namenregiſter oder eine oberflächliche Kenntniß von dem indiſchen Kaiſerthum , und deſſen Geſtalt zu Anfange des fiebzehnten Jahrhunderts, und nur ſtellenweife kann der indiſche Erdbeſchreiber jenes in anderer

Rückſicht wichtige Werk befragen. In ſpåtern Zeiten gaben freilich andere Eins

geborne Hindoſtan, oder einzelne Abtheilungen , beſchrieben. Allein , nach den davon vorhandenen Bruchſtücken zu urtheilen , haben ihre Verfaſſer

eben ſo wenig Ausführlichkeit, Genauigkeit und Uuswahl beobachtet. Sie ſammelten ihre Nach richten für {andeseinwohner , welche die einzelnen

Namen der Orte oder ihre Abanderungen kannten, oder für indiſche Steuereinnehmer, um die einmal ber

Einleitung.

16

beſtimmten Gefälleeines jeden Circars auf die dars in vorhandenen Dörfer vertheilen zu können , ohne die tage, Beſchaffenheit oder den Umfang der gros Ben oder kleinen Diſtricte zu beſtimmen , weil ſie,

wie ihre Angaben zeigen, keine oder fehr allgemeine Karten vor ſich hatten. Eine neuere Beſchreibung dieſer Art citirt Orme in ſeinen hiſtoriſchen Frag. mentene ). Dies iſt eine gandſchriftliche in den Jahren zwiſchen 1750. und 1758. verfaßte Topós graphie von Dekan , welche den ehemaligen brittis

fchen General Smith gehörte.

Allein .Hr. Drme

ſagt nicht einmal , ob die ganze Halbinſel in ſeiner

Handſchrift verzeichnet war , welches man beinahc bezweifeln muß, da ſie nur ſechs Provinzen enthalt,

Kurungzebe's Eroberungen nordwärts deb Kiſtnas fluſſed gerade in ſechs Subahs oder Statthalters ſchaften vertheilt waren , uno die indiſchen Rajahs

fůdwarts dieſes Fluſſes , ſo wie die Nairenfúrſten auf der Küſte Malabar , nie ganz von dieſem Kaiſer und ſeinen Nachfolgern bezwungen wurden. Auch Herr Franklin , der vor einiger Zeit das Leben des

unglücklichen Kaiſers Schah Aulum beſchrieben hat, benußt bei ſeiner Arbeit unter andern Quellen eine allgemeine Erdbeſchreibung von Hindoſtan

(Hudecka al akauleem ), welche den heutigen Zus

ſtand jener zerrůtteten Lånder darſtellen ſoll. ylein bieſe perſiſch verfaßten Hülfsmittel ſind nur hands ſchriftlich und in einer Sprache vorhanden , die unter uns wenigen geläufig iſt, auch haben die vors

Hergenannten Geſchichtſchreiber aus dieſen Topos gras

e) Hiſtorical Fragments of the Mogul Empire, and the Morattoes London 1782. 8. 8. 24. 128. 131 ,

Einleitung graphien nur einzelne Bruchſtücke ausgehoben , ſo daß ſie mir bei dieſer Arbeit von keinem Nugen ges weſen ſind.

Europäiſche Heidenbefehrer, Kriegerund Hans delsleute haben freilich im Mittelalterauch Dſtindien t

auf ihren Sees und landfahrten beſucht , aber meis ſtens einzelneReide, oder dieſe und jene Küſten. Da ſie ganz unvorbereitet nach Indien kamen und

keine Landesbeſchreibungen vorfanben , an welche ſie ihre gdeen anknüpfen , oder wodurch ſie ihre Erfahrungen berichtigen konnten ; fo..iſt der Ses winn aus ihren Reiſen und Tagebüchern für indis

ſche Geographie höchſt unbedeutend. Sie vereis nigen überdem mit einem Federſtrich die entfernte

ften Provinzen , vergeſſen über máhrchen und Wundergeſchichten die lander , welche ſie beſchreis ben wollten , oder füllen ihre Berichte mit uners klårlichen , verhörten , oder verſchriebenen Namen . Der berühmte Barros ſchaltet in feinem befannten Buche, Aſien betitelt , worin er die Großthaten

ſeiner Nation in Oſtindien erzählt , hin und wieder Darſtellungen einzelner indiſcher Provinzen ein, und ſo enthält die vierte Decade (S. $ 55.) eine Beſchreibung von Bengalen ; aber die dort erhal. tenen Namen ſind von den gegenwärtigen , oder bei andern Schriftftellern angeführten , ſo verſchies den , daß man beinage glauben möchte, er rede von einem andern tande.

Er nennt die Reide,

welche mit Bengaien grenzen , Barcunda, Codos vaſcan , vielleicht Cooch Behar, und Coſpetir, und macht aus Chatigam und Sitagam zwei vero ſchiedene Stådte , ungeachtet dieſe Namen den Has fen Chittagong bezeichnen. Auch bemerkt er in s . Th. 2. Abth .

Ben .

Einleitung.

18

Bengalen zwei beſondere Neiche, welche von ihm Comotai und Sirote genannt werden , und mit den vielen Namen , welche uns Ufbars {andbuch

von diefet Provinz érķalten hat , nicht diemindeſte Aehnlichkeithaben. Der Gewinn für indiſche Geos graphie aus dieſen Schriften wird dadurch noch gee ringer , daß ihre Verfaſſer oft nach ihrer Zuhauſes

kunft niederſchrieben , was ihnen von den fernen Weltgegenden erinnerlich war,oder von andern auf fchreiben ließen . Dieſer Umſtand erklärt die ſuchen

in ihren Berichtert, die veränderte lage der tänder, öder die gewaltigen Sprünge von einem Reiche in das andere.

So hat uns Marco Polo , der von allen Reiſenden des Mittelalters am lángſten in Aſien

ůmherzog , in ſeinem Wunderbuche manches über Gujeratte, Caſhemir , Bengalen und über die Küſtenlander Coromandel und Malabar erhalten, aber mit Mühe erråth man aus den hingeworfenen Bruchſtücken- oder pen gewaltig verdorbenen Nas men , was ihm in der genuefiſchen Gefangenſchaft

von feinen indiſchen Reiſen beifiel ').

Johann

bon Marignolis, Kaiſer Carl IV. Hofcapellan und hernach Biſchof in Calabrien , ward 1334. vom Pabſt Benedict XII. an den mogoliſchen Große

chan geſchickt , und beſuchte außer deſſen Gebiet

auch China und Indien , aber was er von diefen Låndern bemerkt hatte, vergrub er in ſeiner böhmis

ſchen Chronit9), oderſchaltete dort von feinen Reis ſen d) 8. Geſchichte der geographiſchen Entdeckungen. Halle 1792. 8. 321.

:) $ . Gelaſ. Dobner "Monum . Hiftor. Bohem . T. II. 8. 79-182 .

1

Einleitung.

19

fen beiläufig 'ſolche Nachrichten ein , die gerade das mals ſeinem Gedächtniſſe vorſchwebten. Nach ihm beſtand Indien , wozu er auch China rechnet , aus

drei großen Reichen *) , deren Namen von ihm wahrſcheinlich verdorben und daher kaum zu erklas ren ſind. Ueber die Wunder , welche der Heilige Thomas bei ſeinem Grabe verrichtet haben Foll, und die Reliquien , welche er vom Stammvater

udam auf den Gebirgen von Ceylan entdeckte, vers B 2

gißt

* ) Nach ſeinen Angaben gehören Lånder und Provins gen ju Indien , welche man nur in der ausgedehns teſten Bedeutung dazu rechnen tann , oder nach dem gewöhnlichen Sprachgebrauch mit dieſem Namen berbindet , und das eigentliche Hindoſtan zwiſchen dem Indus und Ganges , nebſt dem größten Theile von Detan , wird von ihm ganz und gar übergans ‫ܝܐ ܀‬

gen . Das erſte indiſche Reich iſt nach ihm Mauzi ( Manci, Macim) , das ſüdliche China , nebſt den " Påndern auf der Halbinſel jenſeit des Ganges. Das * zweite Reich nennt er Nymbar. Wenn dieſer Name

&

nicht verſchrieben oder falſch geleſen iſt, fo iſt er allen bisherigen Beſchreibern von Indien unbekannt ges blieben .

Er ſagt zwar von dieſem zweiten Reiche

ſehr wenig , außer daß man es auch zu ſeinen Zeiten Klein . Indien nannte ; indeffendheint er unter Nymbar einige Sftliche Inſeln , odet Sumatra , zu

verſtehen , denn er war in Columbi ( Palimbam ), Wo der Pfeffer wächſt. Das dritte indiſche Reid nennt er Maabar, wobei man ſich nicht nach Mas labar verirren muß. Denn da hier der heilige Thos 244 mas begraben liegt, ſo muß man daſſelbe auf der

Küſte Coromandel ſuchen.

Hier ſeheint er von dem

ehemals wegen ſeiner Soßentempel berühmten Lande Marawar gehört zu haben , welches Marco Polo

ebenfalls unter dem Namen Maabr. anführt, wos mit auch arabiſche Geographen die juodfiliche Ruſte son Delan bezeichnen .

. Dobner T. II. .110.

Einleitung.

gißt er; feine Reiſeroute und die Lånder anzuzeigen, welche er ſelbſt geſehen katte , oder ißm von andern beſchrieben waren .

Seit 1494. Haben freilich Europåer Oſtins

dien in Schaaren beſchifft, bekriegt, und durch wandert. Durch dieſes ſeitdem nicht unterbrochene

Verkehr iſt die Geſtalt , Größe und Eintheilung, des lángſt wegen ſeiner Reichthümer berühmten tans des allmålig entwickelt worden. Ulein immer blies

ben große Reiche ihren Blicken verhüllt, und urs alte Bólfer bis auf die zufällige Kenntniß des Nas mens verborgen.

Das Innere von Defan haben

ſeit 1750. in den Kriegen , welche die Engländer bort mit den Franzoſen und den Eingebohrnen führ. ten , europăiſche Heere oft genug durchzogen, aber die fúdlichen Provinzen des Marattenſtaats ſteigen,

erſt ſeit den neueſten Kriegen der Engländer mit dem legten Sultan von Myſore aus der alten Dun . kelheit hervor , und noch ſind wir über die Staa.

ten des Subah von Dekan , oder das Reich Cas nara (Bednur, Skeri, Nuggur,) nicht beſſer unter .

richtet, als vor hundert Jahren. Brittiſche Heere Haben 1778. und ſpäter die Provinzen Bundels

cund, Malva , Candeiſh, und Baglana durchs jogen , doch ihre Tagebücher ) nennen nur Drte, wo Goddards Heer raſtete, Mangel litt , oder mit Maratten und umerziehenden Fafirs fåmpfen mußte. Die weſtlichen Gegenden Hindoſtans an den Grenzen von Perſien , die Sandwuſten der Ballufchen , die Gebirge von Agimere, und die mil . 6) Journal of the March of the Bombay detache . ment , acroſs the Marattah Country from Cal.

pee to Surat. in 1778. London 1781. 4 .

Einleitung Wifden Stämme, welche in Lahor, Multan und ben benachbarten Provinzen , unter dem Namen der Gickers , goudis , Bhathy und Bills umberſtreis fen , hat in unfern Sagen fein Reiſender beſucht, und die tånder der Siefs , in welchen dieſe und an , bere gteich unbekannte Bólferſchaften leben , durfte

Forſter auf ſeiner berühmten Reiſe durch das nórds liche Hindoſtan nicht betreten.

Die gewaltigen Revolutionen , welche Hin , boſtan feit den Einfällen der Mohametaner and der

Hecrſchaft der Mogolen erlitten hat , ſind der fans Besbeſchreibung gleich nachtheilig geworden. Große Reiche wurden zertrümmert, und wir fónnen kaum muchmaßlich ihren ehemaligen llmfang beſtimmen.

Gange Bóſferſchaften wurden aus ihren Wohn, orten verjagt, oder gar von der Erde vertilgt , und die Grenzen von Hindoſtan oder des mogoliſchen

Kaiſerthuins ſind ,wie von andern indiſchen Reis chen , bald eingeſchränkt, fald erweitert worden , ſo daß große landſtriche in manchen Perioden nicht

einmal von indiſchen Geſchichtſchreibern genannt werden.

Ehe Sultan Baber im Anfange des

fechszehnten Jahrhunderts das Reich des Große moguts in Hindoſtan gründete , beherrſchten die damaligen pataniſchen Regenten ſelten ganz Bens

galen , auch Malva , Agimere und Caſhemir eben ſo wenig,

Gujeratte ward erſt im vierzehnten

Jahrhundert von den Patanen bezwungen , aber bato wieder durch Berråcheren verloren , und felo

ten Delinte fich ihre Herrſchaft über die Länder aus,

welche füdwarts des Nerbuddafluſſes liegen. Die Heutigen Provinzen , Agra , Elbadabad und Oriſſa , find aus den Trümmern ehemals berühmter Statt. B 3

Halters

Einteitung. Halterſchaften entſtanden , die fonſt Biana , Oure rah und Jionpur Hießen , und in den Kriegen , wels che die indiſchen Kaiſer mit ihren rebelliſchen Gros

Ben vor dem ſiebzehnten Jahrhundert führten , håus fig vorkommen , aber ihren ehemaligen Umfang: und welche Diſtricte dazu gehörten , weiß niemand ,

weil indiſche Geſchichtſchreiber geographiſche Unters ſuchungen möglichſt vermeiden , und die Nachrich .

ten, welche dieſe Nebel aufklären konnten , långſt verloren ſind. Die Sieks Kaben , ſo viel wir wife ſen , bem Kaiſer pon Delhi feine weſtlichen Pros vinzen von lahor bis Sindy entriſſen . Aber was

ſie von dieſen Ländern wirklich befekt baben , und wie ſich ihre zwölf Fürſten, von denen manche fies benzigtauſend Reuter ins Feld ſtellen fönnen , in dieſe Eroberungen getheilt haben , darüber iſt nicht die mindeſte Nachricht vorhanden. Geht aan tier fer in die altere indiſche Geſchichte zurück , ſo find die geographiſchen Beſtimmungen noch ungewiſſer. Bisnagar, Diſapur, Golconda und andere waren weiland måchtige Staaten. Die Nachrichten von den ewigen Kriegen , welche ſie mit einander und

andern Fürſten führten , gaben ſich bis zu unſera Zeiten erhalten , aber da ſie nach ihrer Zerſtörung durch die Mogoren in fo verſchiedene Theile aufgen

1oſt wurden , iſt es jeßt beinahe" unmöglich , den Umfang jener Reiche anzudeuten .

Doch Hindoſtan beſtand in alten und neuern

Zeiten nicht blos aus machtigen Reichen und weite ausgedehnten Provinzen.

Mitten unter dieſen las

gen faſt unzählige weniger bekannte Staaten min , berer Große zerſtreut, deren Beherrſcher von einer verſteckten Waldveſtung oder von einem für uns über

23

Einleitung.

überwindlich gehaltenen Bergſchloſſe ihrenTitel ents lehnten. In den Kriegen der indichen Kaiſer ecs fcheinen dergleichen unruhige Häuptlinge oft genug, die gegen ein anſehnliches Geſchenk , oder das Ver. ſprechen , treu und hold zu ſeyn , in ihrer alten Vers faſſung gelaſſen wurden , aber die Lage und Große ihres Landes war nie zuverläſſig bekannt , und was wir über einzelne dieſer , an Menge, Macht und

Wichtigkeit abwechſelnden , Dynaſtien erfahren ha. ben , liegtmit wenig Worten unter alten und neuern

Kriegsbegebenheiten vergraben .

Ferifhta nennt

in ſeiner Geſchichte von Dekan eine Menge folcher

kleiner Fürſtenthümer, wie die Rajahs von Sons geer , von Khalneg , von Weragur, von Balgoan und andere. Daß ſie machtige Fürſten waren , bes weiſt die koſtbare Beute , welche die Mahometaner

in der lekten Hälfte des funfzehnten Jahrbunderts in ihren eroberten Schlöſſern fanden , goldne Schüſſeln mit Juwelen befekt, groß genug , ein

ganjes gebratenes Lamm zu faſſen , nebſt vielen Ges fåßen von Porcellain , das man damals nur in den Palláſten der angeſehenſten Fürſten antraf ). Wo aber eigentlich ihr Gebiet lag, und ob ihre Reſis dengen und Hauptveſtungen noch vorhanden ſind, oder ihre Namen verändert haben , davon ſchweis

gen neuere Beſchreibungen von Dekan. Xehnliche kleine Staaten begrenjen noch die den Britten uns terworfene Provinzen Auho und Bengalen , wie die Fürſtenthümer Almora, Remaun , Gorka , Coochbehar ze., aber ob ſie je den faiſerlichen

Statthaltern unterworfen waren , ob die Einwok. tter den Hindus oder einem andern Bolke angehör BA

31) Feriſhta Hiſtory of Dekkan. V , I. 160 ..

ren ,

1

Einleitung. ren , oder ob dieſeGebirgslander eben ſo menſchens leer ſind , als Butani, welches Turner, 1784. auf

ſeiner Reiſe nach Tibet berührte , darüber hat uns

felbſt Rennel nicht belehren können.

Noch find

Dergleichen freie ; oder den Sieks und Maratten

zinsbare, Fürſten im nördlichen Delhi , in Malva und Berar, in Mengevorhanden , wir Qaben aber

ihre Eriſtenz blos zufällig durch Forſter , Hunter und Blunt , erfahren. In dem lekten Kriege det Engländer und Maratten erſcheinen in andern Gea genden Hindoſtans å &nliche, gleich unbekannte, kleine 1

Rajahs , wie der Rajah Piplias in der Nachbars ſchaft von Suratte, der Goſſein von Calpi , der Regent von Bopal, der Fürſt von Gokud ze . aber von dem Umfange ihrer Lånder , und ob fie dieſe ſchon ſeit geraumer Zeit beherrſchen , wiſſen wir eben ſo wenig , als ob ſie nicht vielleicht bei ſpår tern Revolutionen ihre Herrſchaft eingebůßt Qaben.

Manche von dieſen unruhigen Bergfürſten , oder Anführern glücklicher Räuberhaufen , find durch bloßen Zufall zu unſerer Kenntniß gelangt. So glückte es Herrn Forſter auf feiner Reiſe von Bens galen nach Perſien , in per Nachbarſchaft der nords · lichen Gebirge, welche die Provinz Delhi begrens gen , und in der Nähe von Caſbemir , eine Menge

unabhängiger Bergfürften zu entdecken , von deren Eriſtenz die alte und neuere Geſchichte ſchmeigt.

Eben ſo entftieg während der lekten myſoriſchen Kriege,ein ſolcher unbekannter Poingar aus feiner | uralten Dunkelheit hervor , den bisher niemand ahndete , ob er gleich in der Nähe von Seringas patan vier und zwanzig Quadrat . Meilen (and

beğerrſchte, und fein Bezwinger mit deſſen Namen ✓

feis

Einleitung. feinen Eitel vermehrte. Dies war der Rajah Won Coorga , der bereits zu Ende des ſechszehnten Jahre hunderts in den Waldungen langs den weſtlichen Ghauts Fein Weſen trteb , ſich vor etwa dreißig Jahren den Sultanen von Myſore unterwerfen mußte, bis die Engländer 1792. ſeine wankende

Unabhängigkeit wieder herſtellten. Die indiſche Gewohnheit, hohen Civil : und

Kriegsbeamten ſtatt der Beſoldung fehne ( Jaghires ) anzuweiſen , und von dieſen Dienſtlehnen ihrem Dberherrn , dem Kaiſer , eine ihrer Fruchtbarkeit

und Größe angemeſſene Zahl Krieger zu ſtellen und zu unterhalten , hat die Grenzen der ehemaligen Reichsprovinjen gewaltig verändert, aus dieſen vorher unbekannte Herrſchaften gebildet , und ans fehnliche Reiche in kleine Diſtricte jerſtückelt. Denn dieſe Bafallen oder Dienſtleute benugten die Schwache ihrer Oberheren , oder die Verivirruns gen , welche nach unglücklichen Kriegen erfolgten , ſich in ihren lehnen unabhängig zu machen , ihr ure ſprüngliches Gebiet nach allen Seiten zu erweitern, und von einer Beſtung, welche die glücklichen Råus ber zum Wohnort wählten , demſelben einen Naa men beizulegen , der ſo lange dauert, als dergleis chen Abentheurer fich in ihren Eroberungen bes þaupten können. Dergleichen ſchnell aufkeimende undeben ſo ſchnell'verblühende Staaten waren die

Fürſtenthümer der Robillas , welche in der legten Hälfte des vorigen Jahrhunderts die fruchtbarſten Cheile der faiſerlichen Provinzen Delhi und Auhb

beherrſchten , und hunderttaufend bewaffnete Kries ger ihren Feinden entgegenſtellen konnten.

Der

mächtigſte von dieſen , der Nabob von Seharun. BS

pore ,

ung

eit l n i E

26

. pore , der einen von den acht Kreiſen beherrſchten

worin die Provinz Delki vertheilt iſt, konnte ſich mur bis 1788. behaupten. Nachdem drei Dabobs dort acht und zwanzig Jahre geherrſcht þatten , ers litt der lekte von ihnen , Golaum Kadir, die vero biente Strafe für ſeine in Delhi begangenen Grau . ſamkeiten. Die Maratten ließen ihn mit vielen Martețn hinrichten , und in fein Gebiet gaben ſich Maratten , Sieks und die freien nördlichen Bergs

fürſten, getheilt.

Die öſtlichen Nachbarn feines

Stamms inUuhd ſchwachtenſich durch Theilungen und ewige Fehden , ſo daß fie größtentheils ſchon 1772. von ihrem vormaligen Schukherrn , dem Nabob von Uuho , beſiegt waren , und außwan . derten.

Seit 1792. hat der Name der Rohillas

in dieſen Gegenden ganz aufgegórt, und die einzia gen lleberbleibfel eines weiland tapfern Bolfs , die I

ohnmächtigen Prinzen von Rampore und Feruckas bad , leben dort von einer Penſion ihres Ueberwins bers , und ſind jegt als bloße Unterthanen des Nas bob von Auhd anzuſehen.

Ich übergehe hier , um nicht die nachfolgende Geſchichte von Hindoſtan zu wiederholen , die pas taniſdien Nabobs , welche um 1760. an den Grens zen des Marattenſtaats und Myſore cine Kette

yon Bergveſtungen beſaßen , welche ihnen der Su . Þah von Defan für geleiſtete Dienſte im Namen

bes Kaiſers von Delhi eingeräumt hatte, dem ſie aber bald den Gehorſam verſagten . Doch ihre Unabhängigkeit war von kurzer Dauer ; inden ſich Hernach die Maratten und die Sultane von Mya

fore in inre Herrſchaften theilten, und in einigen

ihrer Veſtungen liegen jegt, engliſche Garniſonen, um

Einleitung

27

um den neuenRajah von Myſore gegen feine Nache barn zu vertheidigen.

Doch nichts übertrifft die ſchnelle Entſtehung independenter Staaten in Hindoſtan , als die kurze Herrſchaft der Begum Sumro in derNachbarſchaft von Delhi , der Witwe eines deutſchen Abentpeus

rerø , der als franzöſiſcher Soldat im fiebenjährio gen Kriege nach Indien kam , zu den Englandern

ůberging und hernach mehreren indiſchen Fürſten diente. Ihr erſter Mann , ein treuer Bertheidi. ger deg unglücklichen Kaiſers Schah Allum , ergielt von ihm zu Bezahlung ſeiner Truppen den fruchts baren Diſtrict Serdhana, vierzig. Quadratmeilen

groß , in der Provinz Delhi. Nach deſſen Eode behauptete deſſen Witwe ihn gegen Maratten und andere Feinde , und erweiterte ihr urſprünglich Fleis

nes Gebiet durch ihre Tapferkeit während der leze ten Verwirrungen in Delhi. Sie wurde dieſes auch gewiß behauptet und an den nordlichen Grens

zen von Hindoſtan mitten unter Maratten und Siets einen neuen Staat gegründet haben , háts

ten nicht ihre Befehlshaber nebſt ihrem eigenen Sohn ihre fühnen Entwürfe vereitelt.

Die Gewohnheit , Namen und Eintheilung ganger Provinzen und anſehnlicher Diſtricte wille führlich zu verändern , erſchwert die Landeskunde

auf eine Art, welche nur derjenige erfahren bat, welcher die verſchiedenen Benennungen zu vereini. gen , oder ihre Peranlaſſung aufzuſpüren , verſucht, Das heutige Carnatic auf der Küſte Coromandel

bieß im funfzehnten Jahrhundert Kuz, aud Kuri ra ). Im ſiebzehnten Jahrhundert war diefe Pepe ving t) Feriſhta Hift. of Dekkan . V. I. S. 45.

Einleitung. ving zwiſchen den Reichen Bifapur und Gotconda getheilt, und man hielt ſie entweder für Cheile dies 1

fer Reiche, oder nannte ſie Chandegerri, Bisna. gar und Vellore, nach den Wohnorten der Statt.

Halter, welche damals Carnatic regiertien. Wie endlidh Áurungjebe zu Ende dieſes Jahrhunderts

feine Siege auch über beide Reiche ausdehnte , .fo bekamen fie nebſt Carnatic eigene Befehlshaber, die vom Subah von Defax abbingen , und in dies

fer Zeit erhielt dieſes tand ſeine heutige Geſtalt. Wie verſchiedene Lånder hat der Name Defan feit eini gen Jahrhunderten bezeichnet. Urſprünglich hieß Dekan die Halbinſel dieſſeit des Ganges , vom Merbuddafluß bis Kap Comorin , welche in meh.

rere indiſche und mohametaniſche Reiche zerſtückelt war , die längſt nicht mehr vorhanden ſind. Die

erſten Portugieſen , deren Hauptniederlaſſungen auf der weſtlichen Stüſte der Halbinſel lagen , eri fuhren bald den Namen des landes , dehnten ihn

aber blot auf einen unbeträchtlichen Theil derHalba inſel aub. Franz d'Almeida , einer ihrer erſten

Dicetónige, beſchránkt Defan gegen Norden durch den kleinen Fluk Bate , der ſich in der Nachbar. Fchaft von Bombay mit dem indiſchen Ocean ver, einigt , ' und gegen Süden durch den Fluß Aliga, ber bei der Veſtung Socotora, den anchediviſchen Inſeln gegenüber , ins Meer fåüle ').

Da d'ut

meida als Oberbefehlshaber von Goa mit dem Kó. nig von Dekan in mancherlei Verbindungen ſtand,

To verdient ſeine AngabeAufmerkſamkeit , und darf

nicht mit den lånderbeſtimmungen gewöhnlicher Reiſebeſchreiber vermengt werden , wenn er gleich einen 1) Barros Aha. T. I. $ . 171 .

Einleitung.

29

einen Cheil von Dekan für das Ganze hielt. Denn die Vergleichung mit den Karten , die dieſe Halb . inſel abbilden , zeigt, daß er den nåchſten Nach barn von Goa , den Regenten von Biſapur, einen von den mahometaniſchen Regenten , welche ſich damals in das mittlere und nördliche Defan ges theilt hatten , für den eigentlichen Herrn von Des kan gått. Wie hernach) Aurynggebe alle dieſe Reiche beywang, beränderte ſich der Begriff von Dekan abermals , und die Spaifer von Delhi legten ihn if ten füdlichen Eroberungen bei , die ſich vom Ners

budda bis zum Colerunfluß ausdehnten , und von ihrem Statthalter von Uurungabad , oder dem Subah von Defan , regiert wurden . Jegt begreift der Name Defan blos die ſehr zerſtückelten fånder

des Mizam Ali von Hyderabad, nachdem ihm die Englánder die nördlichen Circars entriſſen , und bie Maratten , vorzüglich der Fürſt von Berar, fein Gebiet von allen Seiten zerſplittert haben. Den beſten Beweis dieſerzufälligen oder durd

Kriegshåndel veranlaßten Namensveränderungen und der daraus entſtehenden Verwirrungen giebt

das Reich Bisnagar, das ſpåterhin Marſinga go nannt ward. Daſſelbe lag auf eben dieſer Halb, inſel zwiſchen Kap Comorin und dem Lombudras

fluß, die Beherrſcher ſowohl als Unterthanen wa ren Hindus, und Bisnagar führte mit ſeinen nord lichen Nachbarn lange , blutige Kriege , bis et con ihnen zu Ende des ſechszehnten Jahrhunderts überwältigt ward.

Allein wie dieſes Reidh feit un

kunft der Portugiefen in Indien den Namen Ilary

fingaerlangte, oder auf welche Art der alte Name Bitnagar ( Beegenuggur), felbft wie dieſes Reid in

30

Einleitung.

in ſeinem größten Flor ſtand , ſich in Marfinga vers ánberte , dieſe Frage iſt bisher nicht aufgeloſt wors den . Alte indiſche Geſchichtſchreiber , vorzüglich die , welche perſiſch ſchreiben , kennen keinen ans dern Namen , als Bisnagar, den das Reich von der alten Stadt und königlichen Reſidenz Bisnas gar erhielt , welche jeßt am Ufer des Combubra in Ruinen liegt, und im lekten Frieden zu Seringas patnam den Maratten abgetreten ward. Den als teſten Beweis davon enthält die Reiſe:deb oben ges nannten mogoliſchen Geſandten Abdul Rizac an den

König von Bisnagar. Er verweilte in dieſem Reis



che und der Hauptſtadt einige Zeit , aber in ſeinem Berichte erſcheint feine Spur von Narſinga. Dies ſen zufällig entſtandenen Namen gaben die Portus gieſen zuerſt in Umlauf gebracht, und ſpåtere eus topäiſche Reifende ihnen nachgeſchrieben, ungeach tet ſie weder das Reich noch die Stadt Narſinga

betreten Katten. Daher findetſich der Name Mare finga auf allen Karten . : Diego Ribero fat ihn ſchon auf ſeiner Weltkarte von 1529 , auch Chevet 1

auf ſeiner Karte von Aſien gegen Ende des reches zehnten Jahrhunderts , wenn er gleich dort auch

Bisnagar verzeichnet hat. Sange nach dieſen und andern Karten nahm Orme auf ſeiner Karte von Coromandel in dem tande Carnatic einen Ort Mars

fingapuran ebenfalls auf. Uuch Hr. Rennel hat ign auf ſeiner neueſten Karte von Dekan wieders

Holt , allein der Stadt Marfingapuran eine ans dere dage angewieſen , und in die Nachbarſchaft

der alten Stadt Moſore verlegt, obgleich in der Geſchichte der neuern myſoriſchen Kriege, in wel chen engliſche Heere jenes Land von einem Ende zum

1

Einleitung . ,

31

zum andern durchzogen , nie eine Stade ober Pe ſtung diefes Namens genannt wird , das unbedeus tende Bergſchloß oder Felſenneſt Naraſingapore ausgenommen , welches Orme *) gelegentlicyin det Nachbarſchaft von Dindigut anführt, welches aber

ſeiner Lage, Ilnwichtigkeit, und frühern oder fpå. tern Unbekanntſchaft wegen unmöglich jene Mas mensverwirrung bewirft haben kann. Nicolaus Conti aus Benedig , der 1444.

lange vor Ankunft der Portugieſen in Indien war, und durch den gelehrten Poggius feine Reiſe bes ſchreiben ließ , welche Ramuſio nachher in ſeinet Sammlung aufnahm , kennt den Namen Narſinga noch nicht. Er kam felber nach Bisnagar , und

bewunderte die Größe dieſer alten Hauptſtadt und die Macht iyres'Regenten , der nach ihm der mache tigſte indiſche König war. Er durchreiſete das Reich Bisnagar von einem Ende zum andern,

nennt mehrere jeßt zerſtörte Städte des Landes, aber keine einzige hat mit Narſinga die mindeſte Aehnlichkeit. Eduard Barbeffa , der mit dem vorherges nannten Vicekonig Almeiba ju gleicher Zeit in Ins dien war , und 1916. eine für ſeine Zeiten außerſt

belehrende Geographie von Indien ferieb , iſt, ſo weit meine Forſchungen reichen , der erſte, welcher

des Reichs Narſinga erwähnt oder für einerlei mit Bisnagar Hålt. Er ſagt, Bisnagar iſt die Hauptſtadt des Reichs Narſinga , deſſen König

Raſena þeißt. Nach ihm wären alſo die Namen

desReichsundderHauptſtadt verſchieden, und feine ) Hiſtory of the military Transactions in Hin . doſtan . V. II. Sect. 2. $. 704 .

1

32

Einleitung.

feine Meinung ward dreihundert Jahre Hindurch von allen Reiſebeſchreibern wiederholt, die entwes der in dieſe Gegend famen , oder etwas von derſels ben erfuhren *). Der Stifter der portugieſiſchen Herrſchaft, der berühmte Don Alfons Albuquets que, ſtand mit dem Großfürſten von Bisnagar in mandjerlei Verkehr, empfing von ihm Geſands teri, und ließ wieder Botſchafter an ihn abgeben.

Sein lebensbeſchreiber nennt aber dieſesReich immer Narſinga , obgleich die Stadt Bisnagar, wie Albus

querque in Indien war, noch in ihrer vollen Blüte daſtand, und erſt lange nach dieſes berühmten Felds

Herrn Lode zerſtört wurde. Wahrſcheinlich hat fein Biograph, der nach der Zerſtörung von Biss nagar ſchrieb , feine Nachrichten, nach dem in Pors tugal damals allgemein üblichen Gebrauch , jenės Reich Narſinga zu nennen , verbeſſert , oder den

neuen zufälligen Namen mit dem damals veralteten bers

* ) Thevenot, der im Fiebzehnten Jahrhundert die von ihm bereiſten Lånder mit großer Genauigkeit bes

ſchrieb , die von ſeinem raftloſen Forſchungsgpiſt zeus gen , reßt (Voyages , Paris 1789. T. 3. S. 273.) bei dem heutigen Carnatic als allgemein betannt vors

aus : ou Royaume de Bisnagar, qu'on a autrefois appellé Narlingue. Auch Rennel iſt noch 1793. gleicher Meinung (Memoir of à Map of Hidoltan .

3 d . Edition . S : 291.) , und er will nicht entſchets den , ob Bisnagar oder Narſinga ( zwei neben einani der beſtehende, oder auf einander folgende , Reiche waren . Des jekt vergeſſenen franzöſiſchen Geogras

phen Andreas Thevet Karte (Colinographie du Levant. Lyon. 1556.' fol.) regt, ſo weit meine Unterſuchungen gehen , die Städte Bisnagar und Darſinga zuerſt neben einander , und leştere, wie

in den meiſten neuern Karten , weiter oſtwärts.

Einleitung

33

Bertauſcht w ). " Von fremben Reiſenden , welche ſich während des portugieſiſchen Ulleinhandels nach Indien wagten , war , ſo viel wir wiſſen , der Engs lånder Cåſar Friederich einer der erſten , welcher Bisnagar beſuchte. Er war dort 1567 , gerade

wie deſſen nördliche Nachbaren , die Könige von Viſapur, Ahmednagur und Golconda, dieſen Staat gertrümmert, und deſſen prachtige Hauptſtadt zers ſtórt hatten . Weil er in Geſellſchaft von Portus gieſen reiſete , oder von ihnen feineNachrichten eins jog , nennt er das von ihm beſuchte Reich immer Marſinga. Mit der Zeit verlor fich der Name Bisnagar vóllig, der größte Theil des eroberten Reichs fiel an Viſapur , aber vor Erſcheinung der

Geſchichte von Dekan , deren Verfaſſer Feriſhta ift, hatte man in Europa geringe Nachrichten von

deſſen åltern und neuern Schickſalen. Allein Narſinga iſt keineswegs ein Name, den die Sprache eines fremden Volks zufällig aus. bildete, ſo wie daswerd

inſel jenſeit des Ganges von den Peguanern Pums mai , den Chineſen laumeen

und andern benachs

barten Völkern Kammau genannt wird. Bisnas: gar hat vielmehr den Namen Narſinga von einem

ſeiner alten Könige erhalten . Dies verſichern Bars ros , do Couto und andere Schriftſteller des fechis .

zehnten Jahrhunderts. *).

Nach ihnen regierte in

m) Vida do grande Alfonſo d'Albuquerque. Lis. Als bon . 1774. T. I. S. 95. T. II. S. 43. * S. des indiſchen Chroniſten in Portugal , Diogo do Couto , eine Stelle , die noch in unſern Eagen, dort aber ohne Gewinn für Geſchichte und Erdbes (dreis 5. C. 2 , 3bth.

fveionne MaleliennuRenigſewbeaſrcdhredirbeirnhuwndieerdteJrhaolhtr, ediheienndtme 32der

in dieſe Gegend famen , oder etwas voineſideſrcfheelns n

ben ercfhuahfrte ). Der mStteifter der ponrtsug uques Hererſ an,d der bermüh ßfDüorſnteAnlfo n 201s6nagar qu ,ſt emiit de Gro vo Bi l r r g p e n e h i k c f r n p in ma Be r , em haftevron ihm Geſabennd terii,un ndelnisebßeſwciherdeeibeBrotſcnt r anſeis hnicahbge mer Se leba nen abe die arRe im g g h n c a t i i n e d ſ e l s r a g e i a i t b N erque , o dien di rS chB rer , lwen Alibtue o u h in In wa , no in ih v tenB daſtand, und erſt lange nach dieſes berühheimnlichFelds beren Codreapjherſtört wurde. Wahtröſrcung hat fein Biog , der nach der Znerſ von Biss

q

te nagar ſchrieb , ſeine Nachrich , nach decmhin Pori tugal damalsngaallgemein üblichen Gefberrat u , jenes Reid Marſi en zu nennen , verbef , oder dteenn neuen zufällig Namen mit dem damals veralte dert ten ot * ) Theven , tdeenr im Friebzehn Jahrhun igkediiet son ihm bereif Lånde mit großer Genau sgeift bes

ſdrieb , die von ſeinem raftloſen Forſchung jewe s gbeeni ,defmesthe(uVtoigyeangCear,naPtairciasls17a8l9l.gemTe.in 3.beSk.ann2t7B3a.r)s

e aus: ou Royaum ede Bisnagar, qu'on a autrefois u

g nel piſt nochol1t7a9a3, agplpeieclhleréMNetaiironlnuinng (M.emA.ouicrh RoefnàM s a f id . S.r291 ) , und erwill onidHyt entide. 3 d . Edi a

ag den , 06 Bhiensdne

der bneſte

nga ei ben nan erzw ne de ei

oder Narſi

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, oder auf ſeeinneann foilcghenen , Neidhaes ware . Des sjest vergeſ frang aphGjieeogr a t e e ogr e r v n t d e phevanAtn Th de .Kar (Colin Le .chuLnygeonn . 1556 fol.) fest, ſo weit meine u ſ r gehen , die Stadte Gignaga und Unter ga Narſin zuerſt neben einander ,and testere, wie n n tu den meiſte neuer Karte ,weiteroftmórnt

.

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m ) Vida dosada bos , 3724 1.

ndodhupueron 91. TITILO .

* Besides contenitn ernaal Coroine Datese toch in una

dort aber no Geivinn für Gefdridite into S.Th. 2.2 o .

NAS 2886

34

Einleitung.

in Bisnagar gegen Ende des vierzehnten Jahrhuns derts ein Stonig , Namens Nerſing ( Narſindus). Dieſer Name iſt bei indiſchen Fürſten nicht unges wöhnlich , und Feriſkta nennt unter andern einen Rajak Nerſing , an den Srengen von Carnatic, den 1480. der König Mahmud von Dekan bes Friegte n). Weil Rajah Nerſing von Bisnagar

ein glücklicher Krieger war , ſein Gebiet anſehnlich erweiterte , und fremde Staufleute in ſeinem Reiche

eine gute Aufnahme fanden , ſo ward von dieſen allmålig aus dem lande des Nerſing das Land Nar.

finga gebildet, und dieſer Name dauerte , wie er einmal in Europa bekannt wurde, lange nach der

Zerſtörung des Reichs fort. Denn die Beſieger beſſelben begnügten ſich nach Verheerung der Haupt ftadt mit der dort gefundenen Beute, und den weſts lichert ſchreibung beſteht. Decadas da Alia , T. II. S. 734. Was er über die Veranlaſſung des Namens Narſinga , ohne ſeine Quellen zu nennen , anführt,

beſtåtigt nach ihm van der Ua in ſeiner betannten Reiſeſammlung . Unter den Nachrichten , welche jer ner Sammler von Alfien benuste , befand fich eine

turze Beſchreibung von Indien, deren Verfaſſer ein indiſcher Chriſt aus Cranganor war.

Dieſer nannte

1501. den Portugieſen das Reid Narſinga nebſt der Ten Hauptſtadt Bisnagar , das Reich hatte aber den Namen von einem König Narſindus erhalten. Eben daſſelbe wiederholt der Seſuit Nicolaus Pimenta , der 1997. die Miſſionen ſeines Ordens unterſuchen mußte. Er tam auf ſeinen Wanderungen nac Chanbegrim

(Chandegerri) , wo er den König von Narſinga fand, defien Gebiet eigentlich Bisnagar håtte heißen muſs

fen , das aber nach ihm Narſinga von einem Könige

dieſes Namens benannt wurde. Purchas Pilgrimes T. II. S. 1745

n ) Hift. ofDekkan , V. I. S. 165.

Einleitung.

35

lichen Reichsprovinzen. Daher einer von bisnas gariſchen Prinzen , welcher den Untergang des

Reichs überlebte, aus deſſenTrúmmern in den oſts fichen Gebirgen einen neuen Staat gründen konnte.

Er und ſeine Nachfolger wählten um 1578. •) die Veſtungen Bilconda und Egandegerri, vierzig enge liſche Meilen nordwårts von Arcot , zu ihrem

Wohnfiß, und ihre Vafallen waren die Rajaks von Tanjore, Madure und andern Diſtricten.

Wir wiſſen diefes aus den Miſſionsberichten , des ren Verfaſſer zu Ende des rechszehnten Jahrhuns derts nach Chandegerri kamen , auch überließ einer

von dieſen Fürſten 1645. den Engländern einen Strich landes an der Seeküſte, auf dem Gernach Madras erbauet wurde ). Chandegerri ward in ben Kriegen der Könige von Piſapur und Golo

conda ( Telinga) jerſtört, und Hierauf flüchtete der Fürſt von Marfinga weiter fübwärts nach Vellore. Aber auch dieſe carnatiſche Beſtung Gatte bald dars auf gleiches Schickſal. Sie warb 1660. von Aus

rungzebes Feldherren erobert, und der dort woßs nende Fürſt von Narfinga hingerichtet. Aber mit ihm erloſch dennoch fein altes Geſchlecht nicht. Denn wir finden um 1736. einen Prinzen von Narſinga oder Bisnagar in Unnagundi wieder.

Dieſen Namen füört bei den Eingebohrnen ein Theil der alten zerſtörten Stadt Bisnagar ; allein der

Name iſt ihnen eben ſo unbekannt als Narſinga ) , und er hat ſich nur bei den unter ihnen wohnenden 2

Mas

. ) S. Feriſhta Hiſtory of Dekkan , T. I. $. 305 . p ) Fragments of the Mogul Empire note XXXV. 9) Moores Account of Captain Littles Detach ment. 6. 113 .

:36

Einleitung.

Mahometanern erhalten. Noch 1791. lebte hier ein Abkommling dieſes alten Fürſtenſtamms , bon einer kleinen Penſion , welche ihm Tippo Saheb reichen ließ , und dem geringen Ertrage des ihm

berſtatteten Münzregals.

Auf dieſeArt ſchwank,

ten die Namen Bisnagar und Narſinga in alten und neuern Zeiten , und eine Stadt oder Veſtung

Narſinga ſcheint nie vorhanden geweſen zu ſeyn, wenigſtens iſt es mir noch nicht geglückt, einen glaubwürdigen Zeugen gefunden zu haben , der fels ber in Narſinga geweſen wäre. >

Da nach der Zers

ſtörung dieſes indiſchen Reichs der übriggebliebene Fürſtenſtamm bis zu unſern Zeiten fortdauerte, ; und ihm zuweilen ein nicht unanſehnliches Gebiet

gehörte, ſo verrückten europäiſche Reiſende , die damals noch keine Rennelſchen Karten zurechtmies fen , das vermeinte Reich Narſinga nach Belieben ; oder da ſie deſſen Umfang nie gehörig kannten , ſo legten ſie dieſen Namen ſolchen Diſtricten bei , wo wirflich , oder ihrer Meinung nach , ein indiſcher

Fürſt regierte , bis er endlich während der neuern Revolutionen in Defan ganz und gar aufhörte.

Denn pa die Maratten jekt Herren von Bisnagar find , ſo iſt es faum zu erwarten , daß fie dem dort

lebenden Fürſten ſeine bisherige Penſion reichen werden .

Die Namen weiland berühmter Städte, oder kleiner minder måchtiger Staaten , haben ſich eben

ſo oft verändert , oder ſie ſind ſelbſt bei den Eins wohnern in Bergeſſenheit gerathen. Viele von dies

fen , welche die erſten Portugieſen als wichtige Hans delspláne anführen, oder Miſſionarien in ihren

Bekehrungsreiſen als anſehnliche Reſidenzen und Haupts

Einleitung

37

Hauptſtädte beſchreiben , find nicht mehr, ober blog auf den Karten von Indien , aufzu finden . So wiſſen die erſten Portugieren ſehr vieles von einem

König von Garcopa zu erzählen , deſſen Gebiet ſüd. wärts von Goà belegen war, und wozu die Hafen Mangalor; Mirzi, Batecale, nebſt andern , ges

Hörten. Die Hauptſtadt dieſes Fürſten , welche auch Garſopa genannt wird , Tag an einem To Tchiff:

baren Fluß in der Nachbarſchaft von Onor.

De

la Valle beſuchte Garſopa um 1623, aber damals hatte ſchon der König von Canara dieſe Stadt zero

ſtórt, und ihre Beherrſcherin , die wegen des vors theilhaften Pfefferhandels in ihrem Sande ſonſt von den Kaufleuten Reina da Pimenta genannt ward,

gefangen weggeführt. Dennoch erſcheint Garfopa immer noch auf unſern Karten, und Rennetbat dieſen Ort auf ſeiner neueſten Rarte nach ſeiner als ! ten lage verzeichnet. Aber ob er noch wirklich vor.

handen iſt, und ob die Engländer , die 1799. Hers ren von Canara wurden , ihn wirklich beſigen , bars über findet ſich in den neuern Kriegsgeſchichten feine Uufklärung, und es iſt beinahe zu vermuthen, daß

dieſer Name, ſo wie die niemals vorhandene Stadt Narſinga, aus alten Karten auf neuere übertras gen worden .

Andere alte Stádte wurden bei den

ewigen indiſchen Kriegen und den Berwüſtungen , welche gewöhnlich damit verbunden ſind , in Steins

haufeir verwandelt , weil eine indiſche Stadt, aus Ber den Palláſten der Großen , den Pagodent, Mos ſcheen und Mauſoleen , nur aus elenden Hütten

beſteht , die eben ſo leicht zu zerſtören als zu ers bauen ſind. So nennen die Schriftſteller des ſechss zehnten Jahrhunderts unter den bengaliſdhen Hans C3

bels

38

Einleitung.

belbſtädten dieſer Zeit einen jeſt gang Herunterges

kommenen Drt, Namens Sunargong (Comarja, Cernouem , Sinnurgam ) , die ehemalige Haupts

1

ſtadt der öſtlichen Diſtricte. Der Englander Ralph Fitch beſuchte fie um 1990 , weil hier die feinſten Baumwollenzeuge gewebt wurden. Akbars Sandbuch nennt ſolche ebenfalls als eine Stadt, von der damals ein bengaliſcher Diſtrict ſeinen Nas men erhielt, ohne etwas von ihrem Alter oder iſ.

rem Handelzu berühren. Auch Tiefenthaler kennt den Circar Sunargong, aber die Stadt dieſes Nas mens nicht. Shre lage hat zwar Rennel im bens

galiſchen Atlas füdoſtwärts von Daccaangegeben, aber nichts weiter von Sunargong erfahren , das

ſchon um 1326. eine Stadt von Wichtigkeit war, und aus deren Ruinen vielleicht ſpåtergin Dacca

entſtand "). Da nun unſere beſten Fübrer durch das indiſche Labyrinth Ortſchaften aufnehmen, die lángſtens in Ruinen liegen , oder die jest eriſtirens den nicht von den långſt verſchwundenen abfondern ; wie leicht iſt es daher , einen veralteten Ort mitten

unter den wirklich vorhandenen aufzuführen , um ro mehr , da es unmöglich iſt, jeden bei Schrifts ſtellern der Vorzeit angeführten Plaß , wie Sunars gong , einige Jahrhunderte durch nachzuſpüren. Sehr häufig haben indiſche Sieger aus Stolz oder {aunie die Namen ihrer Eroberungen veráns dert , um ihre Großthaten zu verewigen. So führt die ehemalige Hauptſtadt von Bengalen vier vers ſchiedene Namen , luknouti, Gour, Ferhadabad und Zenatabad, ohne daß wir von allen die Ber.

anlaſſung wiſſen. Jegt erregen dieſe verſchiedenen Bes

r ) Dow Hiſtory of Hindoftan . T. I. $. 314. I

Einleitung.

39

Benennungen eben keine Verwirrungen , weil dieſe alte Stadt in Ruinen liegt, und , wo fonſ: Palo låſte ſtanden , Felder angebaut werden , auch die

fpåtern Mabobs von Bengalen anderswo igre Res fidenz aufgeſchlagen haben ; allein in der Geſchichte

der frühern Revolutionen dieſes landes iſtman oft verlegen , welchen Ort die einheimiſchen Geſchichte ſchreiber meinen , wenn ſie dieſe Stadt obne weis ‫ܐ‬

tere Beſtimmung anführen. Hyber Aun, der bes kannte Eroberer in Dekan , gab nach der Bezwins gung des Reichs Canara den vorneßmſten Ståde ten des Landes neue Namen ,

Mangalor ward

von ihm in Korial , und die Hauptſtadt Bednor in Hydernagor, oder Hydersſtadt,verändert. Sein Nachfolger Lippo Saheb ging noch weiter, und nannte die ganze Provinz Nuggur, nach den leko

ten Sylben der vormaligen Hauptſtadt. In den übrigen Provinzen feines Reicho nahm er áhnliche Beränderungenvor. Jeder einzelne Diſtrict vers lor ſeinen alten Namen , und bei der leßten Theis lung ſeines landes waren manche ſchwer zu beſtimo men , weil bei dieſer Neuerung der alte Name und

Umfang in Bergeſſenheit gekommen war. Die in Indien ſo allgemeine Gewohnheit, die Wohnſiße der Landesherrn nach Belieben zu vers

åndern ; Qat eine Menge fonſt berühmter Städte entweder ganz zerſtört, oder ſo herunter gebracht, daß ihre Tempel verfallen , die reichen Einwohner weggezogen , und nur die Strohhütten-der Uers mern übrig geblieben ſind , bis ein feindlicher Eins bruch , eine Peſt oder Hungersnoth , dieſe ebenfalls

zerſtreuet, oder gånzlich aufreibt. Seitdem die Nabobs von Uuhd izren Wohnfis in luknow auf. C4

ges

Einleitung. geſchlagen haben , nimmt Fizabab , ihre alte Refie deng, tåglich an Gebäuden und Einwohnern ab, und man kann voraus ſehen , daß ſie bald das Schickſal der noch ålternHauptſtadt Auhd haben wird , deren lage man an Ort und Stelle nur an den meilenweit jerſtreuten Ruinen wieder erkennt. Agra, wohin Kaifer Akbar 1566. den Siß feines Reichs verlegte, wird täglich oder, weil ſie bald von Maratten , bald von andern Feinden , ausges plündert ward , der Großmogul außer Stande iſt,

ihre zerfallenen Gebäude und Moſcheen zu unters halten , und ſeine jeßige Reſidenz, das eben ſo oft zerſtörte Delhi , náhert ſich ebenfalls ſeinem Unters gange, wenn nicht einer ſeiner Prinzen die Mas ratten und Sieks, welche ihrem Vater ſeine beſten Provinzen entriſſen Gaben und den geringen llebers reſt feines weiland machtigen Reichs unaufhörlich verwüſten, wieder in ihre alten Schlupfwinkel vers

jagt , und dadurch Mittel erlangt, dem Untergang ſeiner Herrſchaft, und dem völligen Ruin ſeiner Hauptſtadt, vorzubauen.

Aber außer dieſen in der Lokalitát des Landes liegenden Schwierigkeiten , Indiens gegenwärtigen Zuſtand darzuſtellen, fehlt es uns , ſo viel auch feit dreihundert Jahren über daſſelbe geſchrieben worden , an einheimiſchen fowohl als fremden Quel.

len. Die einheimiſchen Geſchicht- und Landbeſchreis ber , wenn man die indiſchen Steuerregiſter und

Namenverzeichniſſe mit zu dieſer Klaffe rechnen darf, find , wie oben bereits geſagt wordert, große tentheils ungedruckt , oder enthalten wegen ihres Alters und ihrer Kürze die erwartete Belehrung

nicht.

Das Reich Myſore iſt in unſern Eagen: durch

Einleitung :

41

durch zwei Cheilungstractaten aufgehellt worden , und wir können alle Diſtricte namentlich angeben,

die biß 1799. Dazu gehörten. Allein weiter nichts,als die bloßen Namen der vorhandenen Diſtricte und . Stádte , und wie viel Einfünfte der lebte Sultan

von ihnen gog , find zu unſerer Kenntniß gelangt, weil in den Steuerregiſtern nichts über die Bevóls

kerung, die landesproducte , die Gewerbe der Eins wohner 2. verzeichnet war.

Europäiſche Reiſebeſchreiber beſuchten nicht immer das eigentliche Hindoſtan , ſondern häufiger die indiſchen Inſeln , die Molucken , Java , Sus matra , und andere øſtliche Lånder , auf welche

man gewöhnlich den Begriff von Oſtindien auszus dehnen pflegt. Sie können uns alſo über das wirke

liche Hindoſtan , welches fie nie betraten , ' oder höchſtens hier oder dort auf deſſen Küſten landes ten , feine Auskunftgeben , oder erlaubte es ihre Zeit, etwas über den kleinen zufällig beſuchten Theil des großen Ganzen niederzuſchreiben ; fo wiedero holen ſie gewohntich tauſendfältig gemachte Erfahs .

rungen , das Weiberverbrennen , die Kaſteneins theilung, die ungeheuren Gókentempel, die Bers ehrung des Rindviehes x. Manche von ihren Tages

büchern ſind jeßt Äntiquitäten geworden , weil ſie das Reich des Großmoguls nach ſeiner damaligen

Macht, und deſſen Satrapien nach ihrem längſt verſchwundenen Glanze , fildern . Wir erfahren auch aus dieſen Reifen , wenn ihre Verfaſſer etwa långer in Bengalen , Malabar und Coromandel, verweilten , als die Schiffe dort mit Eins und Aus. laden zubrachten , nur fleine meiſt unbedeutende

Details über einzelne Handelsplåge Nachrichten C5

von

Einleitung. von Waaren , die eine oder ausgeführt wurden , oder der zufälligen guten oder ſchlechten Aufnahme fremderKaufleute. Andere von ihnen bereiſeten freilich Indien von einem Ende zum andern , ents weder als Geſandte an den kaiſerlichen Hof und ans dere indiſche Fürſten , oder im Gefolge der Hans delscaravanen . Allein felten Qaben ſie von ihren :

landfahrten mehr,als die Namen der Hauptſtadte,

.

oder trockene Regiſter der zurückgelegten Stationen und Lagerplåge , erhalten , dergleichen ebenfalls Thevenot , einer der beſten indiſchen Reiſebeſchreis. ber des fiebześnten Jahrhunderts , aufzeichnete.

Von der damaligen landeseintheilung, oder wie ſich dieſe ſeit Ufbars Regierung verändert hat , ers fuhren ſie nichts. Daher theilen viele , wie Tko.

mas Roe , Johann van Ewiſt, Eduard Terry, Manouchi und andere , das indiſche Kaiſerthum in ſieben und dreißig Provinzen oder Statthalters

ſchaften , ob es gleich unter Ukbars Regierung nur aus funfzehn , unter Shah gegan aus drei und zwanzig, und unter Uurungjebe, der von allen Kais ſern die meiſten Lånder beſaß, aus ein und zwanzig

Provinzen beſtand. Die Verſchiedenheit jener Un, gaben , welche die indiſchen Unterabtheitungen ſo ſehr vermehrt haben , von den wirklichen rührt vor.

zúglich daher , daß die vorhergenannten Reiſebes ſchreiber einzelne Kreiſe, worin jede Statthalteco ſchaft vertheilt war , für Hauptprovinzen hielten, So iſt das auf vielen alten Karten verzeichnete Hajakhan (Hazifhan ) nur ein einzelner Kreis der Proving Scind (Tatta). Bafor desgleichen , wel. cher ſeine Benennung von der Veſtung Bafor er.

kielt, welche zu Anfange des fiebzehnten Jahrhun . derts

Einleitung. 43 berts auf einer Inſel des Induð erbauet tard , um die Streifereien der unruhigen Balluchen abzuhale 1

ten. Die Provinz Gour (Gor) iſt ein Kreis von Bengalen , welches in achtzehn folcher Diſtricte vertheilt war. Bando, oftwårts von Agra , beißt

einer von den zwölf Kreiſen des eßemaligen Könige reichs Malva , welcher von der darin belegenen alo;

ten Hauptſtadt Mando dieſen Namen erhalten hat, und die vermeinte Statthalterſchaft Senjapur ( ges nupar) iſt der Kreis Sownpur in der ProvinzEle hadabad . Wer ſich die Mühe nehmen will, meņa rere Namen der von jenen Reiſebeſchreibern aufges

zählten und oft aus ihrer wahren lage verfekten

Reichsprovinzen mit den wirklich vorhandenen zu vergleichen , wie ſolche in Akbars landbuch von Frazer und Tiefenthaler verzeichnet ſind , wird noch mehr Verwirrungen entdecken , indem jene Reiſende oft heilige Oerter , oder wegen ihrer Wuns der berühmte Andachtsplåße, denen vielleicht eins

zelne Dörfer unterworfen waren, wie Kanduana * ), Siba, * ) Einige alte Reiſebeſchreiber , wie Twiſt , Terry und Thomas Roe , nennen unter den verſchiedenen

Provinzen , unter denen , ihrer Meinung nach , das indiſche Kaiſerthum bertheilt war , eine, Namens Gondwana ( Gundwareh ). Nad) Thomas Roe lag fie ſådweſtwärts von Bengalen , nach den beiden ans

dern nordoftwärts dieſer Provinz , ſo daß durch dies ſelbe Bengalen begrånzt wird , und ihre Hauptſtadt hieß Kharatent. Shre vermeinte Lage kann man auf Manoucis Karte ſehen. Hiebei iſt nur zu bes wundern , wie ſie einen unbedeutenden Flecken mit einer großen weit von Bengalen entlegenen Provinz

verwechſeln konnten . Es liegt freilich in der Pros vinz Bahar ein Ort Gondwarra , der in Akbars Lands

Einleitung.

44

Siba , Kafares , für eben ſo wichtige oder ausgesi

dehnte Reichsprovingen , als labor, Delhi oder Ugra, hielten.

Håtten dieſe reifenden Europåer in ihren Berichten nur nicht das ganze indiſche Kaiſerthum

umfaſſen wollen , ſondern ſich auf die landſchaften eingeſchränkt, welche ſie am beſten fannten , oder: wo ſie am långſten verweilten , ſo würde man wes niger Urſache haben , über Widerſprüche und lücken

zu Flagen , die dem indiſchen Erdbeſdireiber in jes der Gegend aufſtoßen . Dergleichen Topographien oder ſpecielle Landesbeſchreibungen ſind unter der

Schaar von indiſchen Reiſen nur wenige vorhans den.

Landbuch ( . 25.) Gurdawery heißt , und in dem

Circar Tirhut belegen , damals aber ein ſo unbedeus, tender Ort war , daß er dem Kaiſer nur " 3562 Rus pien einbrachte. Nachher nennt Gladwin (Narra tive of the Transactions in Bengal . S. 67.) uns ter den bengaliſchen Ortſchaften Gowndwareh wiess der , welches der Nabob Jaffier Khan 1720. von

der Provinz Bahar trennte , und zu dem bengalis &

ſchen Circar Purneah ſchlug.

In dieſen Kreiſen

liegt auch Gondwarra in Rennels bengaliſchem Atlas oftwårt des Kofahfluſſes. Allein von dieſem Ort führte nie eine Provinz des indiſchen Kaiſerthums

den Namen , ſondern jene Reiſende hatten von der Provinz Ghondwana (Khonduana) gehört , die eis nen anſehnlichen Theil von Berar und Malva augs machte, und die Heimath eines alten indiſchen Urs volts , der Goronds (Goanos) , war, welche noch

in der Provinz Berar in Menge vorhanden ſind und ihre eigenen Fürften haben , und von dieſen Gownds den Namen erhielt. ( Leckie Journal of a Rou

te to Nagpore, S. 36. J. T. Blunts Narrative of a Journey , from Chunargur to Rajamundry, in Afiatic Regiſter for. 1800. 8. 128. 2.)

&

Einleitung.

45

den. Zu dieſen gehören etwa der berühmte Bers nier , der Uurungzebes Geſchichte, deſſen Reiſe

von Lahor nad) Caſhemir , und leßtere Proving ſo trefflich beſdrieben hat , imgleichen Thevenot , der bei jeder von ihm bereiſten Provinz ihre Grenzen, vornehmſten Stådte und Landſtraßen , beſchrieb , und über ſolche, durch die ihn ſein Weg nicht führs

ite , die beſten Nachrichten ſammelte. Beiden kann man noch folgende zur Seite ſtellen : den Johann dan Twiſt, der.um 1613 , oder lange vor Bers nier und Thevenot , in den guzerattiſchen Rontois

ren der niederländiſchen Handelsgeſellſchaft Reſis dent war , und in ſeiner allgemeinen Beſchreibung von Oſtindien vorzüglich Gujeratte entwickelt ; und von den neuern hat Fra Paolino di San Bartos ſomeo ein gleiches Verdienſt, weil er ſich in ſeiner

Reiſe nach Oſtindien 5) am meiſten mit dem Lande Eravancor und der Küſte Malabar beſchafftigte. Ich verfenne deswegen die Verdienſte anderer ins

diſcher Reiſenden nicht , welchen; wir , wie dem Baldáus , Viſgern , d'Anquetil du Perron , Little, Hooges , Forſter, und andern , gleiche Aufkláruns gen über einzelne indiſche landſtriche verdanken .

i Nach den bisher angeführten Schwierigkeiten

f

und Hinderniſſen , den gegenwartigen Zuſtand von

Hindoſran darzuſtellen , fann ich hier unmöglich eine vollkommene, allen Theilen des großen Xandes angemeſſene; Schilderung verſprechen. Ich habe freilich die über dies Reich vorhandenen Quellen fowohl bei einzelnen Diſtricten , als bei merkwürdis

gen Städten , zu Rathe gezogen und wiederholt

verglichen. Solche Beiträge, wie der ſel. Buſching bei

. ital. , Rom 1796. deutſch , Berlin 1798. 8 .

46

Einleitung.

bei ſeiner Beſchreibung von Deutſchland und der nordiſchen Reiche rühmen konnte , ſind mir nicht geworden , oder ſolche Führer , denen er bei den

17

andern Reichen folgen konnte, waren für mich,

außer Ufbars Sandbuch , Tiefenthalers Beſchreis bung , oder Pennants indiſche Ueberſicht, nicht vorhanden , und manches Factum gat mühſam aus åltern und neuern Schriftſtellern zuſammengeſucht werden müſſen. Dergleichen , das Ganze oder bes

ſondere Gegenden betreffende, Nachrichten gabe

A

ich geprüft , verglichen und geordnet , ohne jedoch, wenn ſie von einander abwichen , oder ſich gerade widerſprachen , meinen Leſern dieſe Abweichungen , oder die Gründe für oder wider ihre Aufnahme; vorzulegen . Dft Kabe ich freilich alte Nachrichten bei einzelnen Provinzen wiederholen müſſen , weil neuere oder beſſere darüber nicht vorhanden waren , ober manche Landſtriche von den Revolutionen,

weldie Hindoftan ſo oft veråndert oder zertrúms mert gaben , weniger als andere fitten. Eben fo oft gabe ich bloße Namen verzeichnen können , weil von ganzen Gegenden weiter nichts als der

Mame bekannt war , und dieſer ſich ſelbſt auf, uns fern neueſten Karten fand. Doch wird die Bers

gleichung mit Liefenthalers Beſdireibung jedem Unbefangenen zeigen , daß ich dieſe Namen einzels

ner Ortſchaftenfehr gåtte vermeøren fónnen, wenn .

ich alle unbedeutende und unbekannte Ortſchaften Håtte aufnehmen wollen , die ſich nie durch merke

würdige Vorfälle ausgezeichnet haben. Ich lege auch meiner Arbeit keinen andern Werth bei , als daßich dadurd, vielleicht einen Grund zur indiſchen

Erdbeſchreibung gelegt habe, auf denen meine Nachs folger

Einleitung

47

folger glücklicher fortbauen können : und da andere deutſche Schriften über Indien, deren Verfaffer mit wenigern Húlfsmitteln verſehen waren , wenis ger Zeit auf den hier bearbeiteten Gegenſtand vers

wandten , und die vielleicht der bloße Zufall auf

Indien führte, den Beifall des Publicumo erlangt haben, ſo glaube ich , daß man wenigſtens meine

Bemühungen nicht für gang überfisfiig erklären werde.

Ueber die nachſtehende Geſchichte oder viele mehr Skizze der wichtigſten indiſchen Staatsvera

ånderungen füge ich noch folgendes kinju. Es ſind dabei nicht nur die allgemein bekannten Hauptmerke, ſondern auch mehrere ſpecielle Nachrichten benugt, welche einzelne Puncte aufgeklårt haben. AufVolls ftåndigkeit, oder das ungebeure Sange erſchöpft zu

Gaben , kann ſie nicht Anſprüche machen, weil mir die meiſten zumTheil untenangeführten einheimis ſchen Quellen abgingen . Meine Übſicht war fier blos , dem deutſchen lefer , der die vielen über Hins doftan vorhandenen Werke nicht befragen kann, oder durch das ermúdende Detail bisheriger Ges

ſchichtſchreiber vom Studium der indiſchen Staates veränderungen zurückgeſchreckt wird , eine Ueberſicht des Ganzen zu geben , oder , da man bisher indiſche

Vorfälle aus mehrern Büchern zuſammenſuchen mußte, dieſe in einem gedrängten Aufſat zuſammens

zufaſſen und bis auf dieneueſten Zeiten zubeſchreis ben . In der erſten Periode, oder von der Zeit an ,

wo die Mahometaner anfingen ,Indien zu befries gen , habe ich vorzüglich Herrn Dow folgen muſs fen , weil nach ißm keiner dieſen dunkeln , verwickel.

ten Zeitraum aufzuklåren gewagt hat. In der zweis ten

48

Einleitung .

ten kann ich vielleicht bei einigen Regierungen oder einzelnen Begebenheiten zu ausführlich geweſen ſeyn, allein ſie ſchienen mir eine genauere Darſtellung zu verdienen , weil Scotts und anderer Aufklärungen noch nicht unter uns in Umlauf gekommen ſind,

wie die Geſchichte der mahometaniſchen Reiche in Defan , oder die ſpåtern Schickſale der Rohillas, welche hier nach Hamilton und andern Verfaſſern behandelt ſind. Um meiſten fürchte ich , in der let ten Periode der Einheit des Ganzen durch die eins gerückten Epiſoden geſchadet zu haben. Allein eb war nöthig , ein neu auftretendes Volf , oder einen

bisher unbekannten Volksſtifter , der Vergeſſenheit zu entreißen ; auch wäre die allgemeine Landesger ſchichte zu ſehr zerſtückelt worden , wenn ich die Vors fälle einzelner Staaten bis zur Landesbeſchreibung gåtte aufſparen wollen , wie doch bei einigen minder ins Ganze verflochtenen hat geſchehen müſſen. Weil Defan in neuern Zeiten ſich ganz vom indiſchen Kais ſerthum losgeriſſen hat, und die dortigen Fürſten den Shahvon Delhi nur gelegentlich als ihren Obern anerkennen , wenn es ihr Vortheil erfordert, ſo habe ich die wichtigſten Begebenheiten dieſer Halbinſel

in einem beſondern Anhang bearbeitet , ohne jedoch darin dasjenige blos zu wiederholen , was von mit zum Theil an andern Orten darüber geſagt iſt. Da jährlich neue indiſche Quellen ans licht kommen , ſo gewinnt die Landesgeſchichte allmålig an Vollſtåns digkeit, und dunkle , zweifelhafte Chatſachen wers den aufgehellt , wie man unten bei Hyder Allys

Vorfahren ſehen wird .

Gerich i do te Der wichtigſten

indiſchen Staatsveränderungen.

welches wir Europåer Hindoſtan , DasIndi{ anden ,, oder Oſtindien in der engern Bedeus tung nennen , dehnt ſich zwiſchen dem Indus und

Burramputer, dem bengaliſchen Meerbuſen , und dem indiſchen Ocean von Weſten nach Diten aus . Nordwarts wird daſſelbe durch unerfteigliche Geo birge, welche unter den verſchiedenen Benennun .

gen , Hindoku , Kuttore , Himmaleh ze., bekannt find , von Turan und Tibet geſchieden , und er. ſtreckt ſich gegen Súden bis an die Inſel Ceylon . Die Eingebohrnen kennen jene Namen ihrer Heim

: math , und die ſpätern (andeseintheilungen iþrer Ueberwinder, nicht. In der Shanſfrit, oder der alten indiſchen Sprache, þeißt Indien Baratga ( Bhertefund ), von einem alten König der Fabels jeit, deſſen Vater die ganze Erde beherrſcht haben s . Tb . 2. Abth .

rou.

50

Geſchichte von Oſtindien.

foll. Eine andere Benennung iſt Medhyama, oder das Mittelland, weil die alten Indier, nad) der Meie nung anderer alten Völker , die Mitte unſerer Erde zu bewohnen glaubten , und gambudwipa , nach

der einheimiſchen trefflichen Frucht, Jambu (Eus genia) , welche die Europäer Roſenapfel zu nennen pflegen ).

Nach den Sagen der Hindus übertrifft ihre Geſchichte an Alter die Nachrichten aller Vólfer, und ſie umfaßt einen Zeitraum von viclen Million

nen Jahren , ehe ſie die Periode ( Kalijugam ) ero reicht, worin wir gegenwärtig leben , und welche 432,000 Jahre dauern ſoll •). Daher die Brasi minen , uin jene ungeheure Periode auszufüllen,

ihre alten Rajahs Jahrtauſende regieren taſſen , ſo wie man ehemals die Regierung der nordiſchen Kós nige nach Jahrhunderten berechnete, um ſie bis an die Súndfluth hinanzubringen . Allein diefe und ans bere Fabeln ſind noch lange nicht kritiſdy geprüft worden , wir kennen die Urheber oder Erfinder jes

ner chronologiſchen Berechnungen nicht, und ob

nicht vielleicht ihre Angaben durch ſpåtere Zuſage. oder Erklärungen entſtellt oder verdorben ſind. Wir können daßer in der indiſchen Geſchichte nicht weiter zurückgehen, als bis andere Wölfer etwas von dem lande, Indien genannt, erfuhren und aufzeichneten. Der

a ) Rennels Memoir of a Map of Hindoftan. III. Edit. S. XX. Aſiatic Reſearches T.I. $ .419 .

b) Anquetil du Perron ſur les Antiquités de l'In de , in deſſen Recherches hiſtoriques de l'Inde, 8.1- LXII. Wilford on the Chronology of the Hindus in Alat . Researches , T.V. 6. 241. 16.

Geſchichte von Oſtindien .

51

Der große Zeitraum , welchen die indiſche, freilich oft fragmentariſche, Geſchichte umfaßt, bes ſteht beinahe aus drei Jahrtauſenden . Aber der Urſprung des Volfs , wenn daſſelbe die erſte Stufe der Kultur erreichte , ſich am Gnous , Ganges, Merbudda und Kiſtna ausbreitete, und wer die Erbauer der ungeheuren Pagoden , und andrer Tempel in Elephanta , Elura oder Jagernaut, war .

ren , davon und andern wichtigen Begebenheiten alter und neuer Zeiten ſind keine Nachrichten zu ung gelangt. Die Shanſkritſprache, worin Auf klárungen der indiſchen Geſchichte, chronologiſche Syſtemeund Stammtafeln , oder poetiſche Fictios nen über die Großthaten erdichteter Könige vors

handen ſeyn ſollen , war nur ſehr wenigen bekannt, die ſich in unſern Tagen mit der alten indiſchen Ges

ſchichte beſchafftigt haben. Dieſe urſprünglich auf Palmblåttern geſchriebenen verdächtigen Urkunden ſind noch nie kritiſch geprüft worden , ihre Verfaſs

fer ſind weder dem Namen , der Zeit, wenn ſie lebten , noch ihrer mehrerern und geringern Glaube würdigkeit nach , bekannt, und über ihre wahr.

ſcheinliche Eriſtenz hat man fo fümmerliche Yufs ſchlüſſe , daß ihre ganze Autoritåt auf das Unſehen

galb -oder ungelehrter Braminen beruht. und .

was können dieſe für europäiſche Forſchungen uns

empfängliche Braminen ſagen , denen Religionss

pflichtverbietet , ihre Geheimniſfe ,den Miſchmaſch ihrer Mythologie, oder die geheiligten Sagen der Urwelt zu enthüllen. Sie beantworten in den låns dern , wo die Engländer Herrſchen , die Fragen über

Mothologie , Chronologie oder Genealogie der uns durchdringlichen Porzeit , nach den Erwartungen oder

32

Geſchichte von Oſtindien .

oder angenommenen Syſtemen ihrer brittiſchen Freunde , welche bei ihnen Unterridit ſuchen. Spås

tere Geſchichtſchreiber, welche groftentheils im ſiebzehnten Jahrhundert indiſche Begebenheiten aufzeichneten , oder was unter den Mahometanern

ſeit ihrer Herrſchaft in Hindoftan vorfiel, haben fid) entweder gar nicht in jene Fabelzeit eingelaſſen,

oder ſolche nur oberflächlich berührt. Dieſe ſchriea ben perfiſch oder in einer bekanntern Sprache, und

waren gewöhnlich Uugenzeugen , oder Theilnehmer an den von ihnen der Nachweft hinterlaſſenen Aber viele von ihnen ſind kaum weiter als den Namen nach bekannt. So bat Revolutionen .

Hr. Scott feine Nachrichten über die legten Res gierungsjahre Uurunggebes und die Striege, welche dieſer Kaiſer in Defan führte, aus einer Hand. ſchrift entlehnt , welche ihm ein Rajak von Bun. delcund mittheilte, von deren Verfaſſer er aber

nid ;ts weiter erfahren konnte , als daß er einige Kriege unter Zurungjebes Truppen als Officier mitgemacht hatte. Was wir zuverläſſiges und jus

ſammenhängendes über die Seſdichte von Hindos ſtan ſeit den Einfällen der Mahometaner wiſſen , verdanken wir blos den Bemühungen des Hrn.

Alexander Dow , welcher vorzüglich den Feriſyta

bei ſeiner Geſchichte von Hindoſtan benußte. Ulo? lein er ſagt von dieſem Verfaſſer ſo wenig , daß wir außer ſeinem Namen Mahumud Eaſim Fes riſhta nichts weiter von ihm erfahren. Er war aber ein Mann von Stande , und bekleidete bei

dem Sultan von Biſapur, Jbrahim Adit Shah, der 1626. ſtarb , die anſehnlichſten Ehrenſtellen. Dow ſelbſt verſtand wenig perſiſch , er bediente fich alſo

Geſchichte von Oſtindien.

53

alſo bei ſeiner Ueberſegung feines perfiſden Lehrers, der ihm Stellen aus dem Feriſhta , dieHrn. Dow unverſtändlich waren , ins Mohriſche oder die ges meine Sandesſprache überſekte. Aus dieſer erſten

Verdolmetſchung legte Dom fein Werf engliſch zu. ſammen , und durch dieſe Unfunde des Driginals

laßt er den Feriſyta häufig ganz was anders ſagen , als wirklich in ſeinem Werfe fteht. Dies hat Pate ton ) mit mehreren Stellen erwieſen , welche berflesz es.t

þat . Aus dieſer und andern Quellen , wohin voro júgrich Gladwins Leben der Kaiſer Jehangirs und Shah Jehan ") , Scotts Geſchichte von Defan,

und den Kriege Aurung

in dieſer Halbin :)

elo nebſt Drmes Frnagmentezebüebser das Reich derſM x n golen und die Maratten () geboren , babe ich die nachfolg

Chatſach

über die Geſchich

von

t Hindoſtaenndmeünhſam zuſaermmenge , dieſe , we o es möglich war , chronologiſ geoſrudcnehtt, und , ſo weit es de Zu er ch , ku un de

r ſanume laubte rz d utlich dargeſtellt. Wiendhearnhgolu wa nic im zu verme , weildie ħanngden rePnerf ht ,umnedr

iden

elnd

onen

der entfernte Schauplaß der Beegnebenheite , : les fern , welche dieſe Geſchichte befragen wollenn , uns möglich ſo geläufig als, ihrem Verfaſſer ſeyn kans nen , der ſich mit ihr über zwanzig Jahre beſchaffo



tigt hat. Da nun indiſche Begebenhei mit uns fern Zeiten bald náher , bald entferntertevnerflochten

find , und der Zuſtand des Ganzen in altern und D 3

De

neuern

.) f. Principles of Aſiatic Monarchies, S. 89.26. d ) Calcutta 1788. 4. e ) Lond. 1794. 2 Voll. f) Lond. 1782. 8.

54

Geſchichte von Oſtindien .

neuern Zeiten wichtige Beränderungen erlitt , fo laſfen ſich dieſe am beſten unter folgende Haupts perioden bringen :

Erſte periode. Von den Unfången der pers fiſchen Herrſchaft über einzelne indiſche Vol. ker , den indiſchen Kriegen der Griechen und

Mufelmánner, bis auf Babers Eroberung von Hindoſtan , 1525 . Zweite Periode. Herrſchaft ber Mogolen über Hindoſtan und Defán , oder vom Kaiſer Bas ber bis Uurunggebe , von 1525 — 1707.

Dritte periode. Verfall des mogoliſchen Kais ſertgums und deſſen Zerſtückelung durch eins Heimiſche und fremde Feinde, oder Barbaren und kultivirte Volker , von 1707-1800.

Erſte Periode.

Von den Anfängen der perfiſchen Herr. ſchaft über einzelne indiſche Völker , den indiſchen Kriegen der Griechen und Mu

felmanner, bis auf Babers Eroberung von Hindoſtan , 1525.

Griechiſche Geſchichtſchreiber haben dieGeſchichte der Indier zuerſt in ihre Weltgeſchidyte aufgenom . men . Zwar glauben einige von ihnen , Bacchus habe ſchon einen Zug nach Hindoftan unternom .

men , oder Seſoſtris , König von Egypten , feine Erobes

Erſte Periode, biß 1525.

55

Eroberungen bis an den Gangeb verbreitet. Allein dieſe Feldzüge, welche Alexanders Gefährten für

wahr hielten , fallen ebenfalls in die fabelhaften Zeiten , und ſind daher , wie andere Sagen der Borwelt, zwar gåufig wiederholt , von andern bes ftritten , aber nie etwas darüber ausgemacht wors

den , daher fie auch hier keine weitere Unterſuchung verdienen ®).

Durch die Perſer , und das Verkehr der Gries chen mit ihnen, entſtieg Indien allmählich aus ſeiner alten Dunkelheit. Perſiſche Könige bezwangen eis nige iğrer indiſchen Nachbarn , und manches von ihrer Kenntniß dieſes (andes hat uns Herodot ers halten. Nach ihm ſandte Darius Hyſtaſpis im

breizehnten Jahre ſeiner Regierung den Scylar von Caryanda mit einer Flotte aus , den lauf des

Indus zu unterſuchen . Scnlar ſegelte von der Stadt Cafpatyrus im lande Pactrica ab , und lief

nach einer dritteşalbjährigenFahrt endlich in den perſiſchen Meerbuſen ein . Håtte ſich dieſe Unters

ſuchungsreiſe bis zu unſern Sagen erhalten, ſo würs den wir das ålteſte Zeugniß von der damals rohen oder civiliſirten Beſchaffenheit von Indien vor uns haben , oder mehr wiſſen , als Herodot aus perſis

ſchen Nachrichten , oder aus der dritten Hand , ers fahren konnte. Denn der unter Schlar Namen vorhandene Periplus 1) iſt gewiß ſeine Arbeit nidit,

weil ſid, derſelbevorzüglichmit den Hafen des mito telländiſchen Meeresbeſchafftigt, nur einen kleinen D 4

Theil g) P. Robertſons hiſtorical Diſquilitions on India, S. 181 .

6 ) Hudſon geographiae veteris ſcriptores graeci minores

T. I.

56

Geſchichte von Oſtindien .

Theil Ufiens berührt, und von Indien nichts ers wähnt. Eben deswegen bleibt uns die Lage der Stadt Cafpatyrus dunkel, wo er ſich, einſchiffte, welche man in Badafſhan, Caſkemir und Multan ,

vergeblich aufgeſucht hat. Für Caſhemir ſtimmt indeſſen , daß der Behut (Hydaſpes ), einer von den fünf berühmten Flüſſen , welche den Indus vergrößern , in den öſtlichen Grenzgebirgen dieſes tandes entſpringt, und auf demſelben zu Akbars

Zeiten ein Theil des Handels von Caſhemir getries ben ward :).

Der NamePactrica hat ſich zwar

eben ſo wenig wie Caſpatyrus erhalten , allein Pokud, das nach Heerens Meinung ') in der Pros ving Cabul liegen ſoll, kann es nicht ſeyn , vielmehr iſt es mir wayrfcheinlicher, dieſen Sandſtrich , von dem ſich weder in Akbars {andbuch , noch in Tiefens

thaler , eine Spur findet, in Caſhemir zu ſuchen, und wirklich war dort ju Akbars Zeiten ein Dis

ftrift, Namens Phaf, vorhanden , mit Strömen reichlich verſehen , der auchdem Namen nach beſo fer mit Pactnica, als andere Verinutýungen, übers einſtimmt.

Darius begivang hernach einen Sheil von 3n. dien , aber bei weitem nicht das Ganze ; und der größere Cheil des Landes blieb unbezwungen. Sein

Gebiet war durch den Indus , und die Sandwüſten von Multan und Ugimere , gegen Often beſchränkt, ſo daß dazu Cabul , 'Caſhemire , nebſt Theilen von Lahor , Multan und Satta gehörten. Dieſe lans

der waren , wie noch in unſern Tagen , unter eine Menge 1 ) Ajin Akbery , V. II. 8. 155 . ) gdeen über die Politit und den Handel der alten Welt , S. 318.

Erſte Periode , bis 1525 .

57

Menge Stämme und Bólferſchaften Wertheilt, unb To reich an edeln Metallen , daß Darius aus dies

ſen Eroberungen den dritten Theil ſeiner Einkünfte in Golde zog , da feine andern Provinzen gerin . gere Schaßungen , und dieſe in Silber , erlegten . Allein die Perſer , wie Herr Heeren ſchon ausführlich dargethan hat, dehnten Indien jenſeit der nördlichen Grenzgebirge, Hindofu , Kuttoré

und Caſhemir , aus, ſo daß ſie Badafſban , Kleins und vielleicht Großtibet, dazu rechneten . Es ſcheint auch , daß manches, was uns Herodot von ben Indiern erhalten hat , eher guf ſein Norde indien , als auf die jüdlichen Provinzen am Indus, paßt. Seine goldſuchenden Ameiſen , dié ſpåteré arabiſche Geographen , und Reiſende des Mittelo

alters nach ihm , faſt wörtlid ) wiederholen , verfekt Hr. Heeren nach Kleintibet. Nach der Meinung des Grafen von Veldheim ) þat man dieſe Fabel

vielleicht ausgeſprengt, um Fremde von den indis ſchen Goldwaſchen zu verſcheuchen . Selbſt in ſpås tern Zeiten hat man von den Demantgruben in

Golconda åhnliche Fabeln verbreitet , welche nach : Marco Polo wegen der vielen Sdılangen und Adler

unjugånglich waren. Graf Beldheim glaubt auch, daß jene Ameiſen aus der Verwechſelung mit Thiers

fellen entſtanden renn módten , deren ſich die U. ten , ſo wie noch die Zigeuner in Ungarn , bei den

Goldwaſchen bedienten . Seine Muthmaßung wird durch Kaiſer Akbars {andbuch hintánglich unters

ſtúßt. Dort heißt es.. ) in der Beſchreibung von D5

Caſhes

1 ) Bon den gordfuchenden Ameiſen und Greifen der Alten . Selmft. 1799. 8. m ) Vol. II. Ø. 167.

Geſchichte von Oſtindien

58

Caſhemir, und zwar bei dem Circar Pehfeli: „Gold wird hier auf folgende Art geſammelt : Man breis tet in dem Fluß langhaarichte Ziegenfelle aus , und bieſe werden mit Steinen beſchwert, damit ſie nidyt das Waſſer wegtreibe. Nach zwei oder drei Tagen nimmt man die Felle Heraus, läßt ſie an der Sonne trocnen , und ſchüttelt die in den Haaren ſteckens ben Goldfórner Beraus. Kerobots Pavåer, welche ihre Kranken tods ten , hernach bei ihren Gaſtmahlen verzchren , und 9

überhaupt rohes Fleiſch eſſen , würde ich auch in jene Gegend verſehen , und für die Vorfahren der

Heutigen Tibetaner Galten. Denn jene Gaſtmable laſſen ſich ungezwungen auf die Zerfleiſdjungsceris monien der Tibetaner bei den Leichen ihrer Freunde

Deuten , und das Eſſen des rohen Fleiſd ;es durch bas blos an der luft getrocknete tibetaniſche Ham.

melfleiſch erflåren , wenn er ſeine Padåer nicht zu weit gegen Süden verlegt, und von ihnen nicht die ſchwarze Geſichtsfarbeder mittágigen Indier bes merkt hátte.

Durch Alexanders Zug nach Hindoſtan , dreis Hundert und fünf und zwanzig Jahre vor unſerer Zeitrechnung, ward daſſelbe oder deſſen nordöſte liche Provinzen jenſeit des Indus bekannter.

Er

führte feine Macedonier faſt auf demſelben Wege dorthin , den nachher ſpätere Eroberer wählten ,

doch kam er nicht weiter als bis an den Hiphaſis oder den heutigen Bejah , den vierten großen Fluß , der jenſeit des Indus in der Provinz Sahor das

fruchtbare Panjab bildet. Sein Heer durchjog die Proving Cabul, eilte über den Indus, in der Ges gend,

Erſte Periode, bis 1525 .

59

gend , wo dieſer große Fluß den Namen Attof

führt, und kam durch den größten Theil von las kor , ungeachtet feindliche Heere, und betrachts liche, vom Regen aufgeſchwollene, Flüſſe ſeinen Marſch aufzuhalten ſchienen. Dieſe waren der Hydaſpes ( Behut), Aceſines ( Jenab , Chunaub ), der Hydraotes (Rauvi) , fo daß die Ufer des Bes ja , an denen er zwolf grofje Altare crbauen ließ , die außerſten Grenzen ſeines beſchwerlichen Zuges blieben. Alexander ſchloß zwar mit einigen mách.

: tigen indiſchen Rajahs Búndniſſe, eroberte auch Veſtungen , feinen Rückzug zu decken , die hins långlich mit Garniſonen verſehen wurden , und hatte bei der Unzahl und Leberlegenheit ſeines Hees res über die indiſchen Armeen , das er nach der

Weiſe der nellern Eroberer mit Eingebohrnen (Seapons ) verſtärkte, die gewiſſe Hoffnung, das heutige Bengalen zu erreichen.

Allein die 216

neigung ſeiner Truppen , ihm ſo weit durch uns bekannte (ånder zu folgen , der ungewöhnliche Res

gen , der die Beſchwerlichkeiten des Zuges ver, mehrte , weil dieſer grade in die indiſche Regens geit fiel, in welcher noch alle Kriegsoperationen

aufhören, und die Ueberſchweinmungen , welche alle Straßen verbarben , zwangen ihn endlich zur Rúckfehr. Dieſe nahm er nach Nicáa , eis ner von ihm gegründeten Stadt zwiſchen dieſen

Flüſſen , in deren Nachbarſchaft er Schiffe hatte erbauen laſſen , um den auf des Jndus und die Fahrt aus demſelben in den perſiſchen Meers

buſen zu unterſuchen . Jene Fahrt und Ulefan. ders Rúdzug långs den Ulfern des Indus Hat und ſein Admiral Nearch erhalten , welchen Bins cent

60

Geſchichte von Oſtindien .

cent vor einiger Zeit am beſten und gelehrteſten ero tåutert hat *).

Nach Uleranders Abzug, und deſſen bald dars auf erfolgtem Sode , fekten ſich die unterworfenen oder Halbbezwungenen Indier wieder in Freiheit, aber das Schickſal der hinterlaſſenen Beſakungen ift uns unbekannt geblieben , wenn gleidz ſpåtere Nachrichten hin und wieder Spuren oder Erinnes tungen von ihnen haben finden wollen. Auch die

Namen der bei Geſchichtſchreibern dieſer indiſchen Erpedition erwähnten Vólfer und Städte find kaum wieder zu erkennen , weil gerade jene Gegens den in unſern Eagen wegen ihrer råuberiſchen Bes wohner , der unitariſchen Sieks , von Europäern

nidit beſucht werden , ſo oft in vorigen Zeiten der Schauplak ſchrecklichſter Verheerungen geweſen,

und ihre åltern Benennungen wahrſcheinlich vers bört , verſchrieben und verdorben ſind.

Von ins

ten bisher verſuchten Wiederherſtellungen ſind fols gende die wahrſcheinlichſten. Die Khatei (Kateri), welde, von Alexandern befriegt wurden , können

vielleicht die Kehteries oder die Rasbutten ſenn, weil er in der Nachbarſchaft ihrer heutigen Wohn

ſige agirte, und dieſe Kriegerfaſte damals noch nicht von fremden Einwanderern aus ihrem alten viele leicht urſprünglichen Gebiete verdrängt war. gno

deſſen ſind ſie noch in der Provinz Multan , durch welche Alexander ſein Heer führte, unter dem Na.

men der Kutries ſehr zahlreich .' Ueberhaupt ber iſt n) The Voyage of Nearchus from the Indus , to the Euphrates , illuſtrated by Authorities an cient and modern , by Will. Vincent London. 1797. 4

Erſte Periode , bis 1525.

60

Der Stamm der Keßteries , nach UfbarsHandbuch, in ſo viele Nebenzweige vertgeilt, daß dieſe Kriegera faſte im ſediszehnten Jahrhundert ſchon fünfhuna

Dert Unterabtheilungen zählte. Die mit dieſen Beco bündete Malli wohnten gewiß in eben dieſer Pros ' ving, und ihr -Name fann ſich vielleicht in dem heutigen Multan erhalten haben . Eben ſo wahre ſcheinlich iſt es , daß die Dridracả in der ſüdlichen Confluen ; des Sedledge und des Indus wohnten,

wo unſere beſten Karten einen Diſtrikt Dutch bes merfen.

Die Sindomanni ſind wol die Ureins

wohner von Scind , oder ein Stamm der Ballua

fchen ( Belutſhees ), die nach Akbars Handbuch ") den ganzen Landſtrich von Dutch bis Satta bewohn ten, und von denen nach Tiefenthaler ")ein Stamm

unter dem Namen Sindh befannt iſt. Da nach Älepanders Tode fich deſſen Befehida

haber in ihres Herren Eroberungen theilten, ſo wurden während der Kriege, welche ſie mit einans der führten , die griechiſchen Kolonien in Hindoftan vom Sandracot , einem máchtigen Rajab, zero ſtórt, welcher nach den wenigen Nachrichten , die wir von dieſen entfernten Ländern berigen , gang

Hindoſtan vom Indus bis zum Ganges beherrſcht zu haben ſcheint. Seleucus Nicator , der von Üles randers Generalen den beſten Theil ſeiner aſiatis ſchen Eroberungen , alſo auch Indien, ſo weit es Damals befannt tvar , erfangte , und drei und drets

ßig Jahre nach dem berühmten Macedonier ſtarb, ſuchte die kurze Herrſchaft der Griechen in dieſer neuen Welt wieder herzuſtellen , oder , wie andere

wollen, er ſuchte dager blos Elephanten zu erbeuten. Auf b) y. II. Ⓡ. 145

p)

. 140.

Geſchichte von Oſtindien .

62

Huf feinem indiſchen Zuge Fam er viel weiter , als Ulexander geweſen war. Er führte fein Heer über den Beia , den Sedledge , den gumna , an deſſen

Ufern die jekt zerſtörte Kaiſerſtadt Delhi belegen iſt. Seleucus erreichte endlich den Ganges , und

ſol ſogar bis deſſen Mündungen vorgedrungen ſeyn . Durch ſeinen Feldzug ward die alte indiſche Haupts ſtabt Palibothra zuerſt bekannt, deren wahre lage noch nicht ausgemacht iſt , und ſchwerlich je zuvers låffig beſtimmt werden kann , weil der veränderte

Sauf des Ganges , und die Verwüſtungen der Mas

Hometaner, die Gegend , worin weiland Palibos thra lag, gånzlich umgeſchaffen haben.

Rennel

glaubt ), dieſe alteStadt habe am Fluß Soane, i in der Nachbarſchaft der heutigen Stadt Patna,

geſtanden , weil die Eingebohrnen die weitläuftigen Ruinen eines lange zerſtörten Drts Patelputer nens

nen , und ibre {age mit den Angaben alter Geos graphen einigermaßen übereinſtimmt. Allein neuere

Unterſuchungen über die Lage dieſer weiland ſo bes rühmten Stadt am Ganges , welche noch dazu in einer Abhandlung vergraben find , wo man ſie un . 1

möglich erwartet " ) , haben dieſem bisher zweifels Haften Gegenſtande genauer nachgeſpürt. Nach Wilford lag Palibothra in der Nachbarſchaft von Rais mahal , einer bengaliſchen Stadt am weſt

lichen Ufer des Ganges zwiſchen Coſſimbazar und Perneah.

Die alte Stadt aber war am oſts

lichen lifer dieſes Fluſſeserbauet , zwiſchen dem .

ſelben und dem Geutigen Cooſy ( Coſa). Dies iſt der Memoir . S. so.

8 ) Wilford on the Chronology of the Hindus in den Aliat. Reſearches , T. V. 8. 269.86.

Elfte Periode , bis 1525 . der Erannáboas des Plinius.

63

Der Name, den

Plinius dieſem Fluſſe beilegt , iſt zufällig entſtans ben , und bedeutet ſo viel wie goldbringend , weil

alle Flüſſe , welche ſich von Norden her in den Gans ges ergießen , goldreich ſind , und daher den indis ichen Beinamen Hiran s nn baha führen . Der

Cofa ergießt ſich jeßt fünf und zwanzig engliſche 管

Meilen nördlicher in den Ganges , er hatte früher

aber einen ſüdöſtlichern lauf , wie noch fein altes Bette beweiſt. Auch die Entfernung , welche nach

den Berichten der alten Erdbeſchreiber Palibothra ſowohl von der Vereinigung des Jumna mit dem Ganges', als von der Mündung des leßten Fluſſes, gehabt haben ſoll, ſtimmt beſſer mit der Gegend von Rais mahal , als mit der von Patna , überein . Seleucus ward ſowohl durch das furchtbare Heer , das Sandracot ihm entgegenſtellte, als den Einfal des Antigonus in ſeine weſtlichen Staaten, zum Růckjug gezwungen, und verließ , nach einem

Geſchenk von fünfhundert Elephanten , die Länder am Ganges und andern indiſchen Flüſſen.

Er

gründete nach ſeiner Rückunft wahrſcheinlich einen neuen Handelsweg , auf welchem lange nach ihm indiſche Waaren nach Europa gelangten. Da der

Indus in einem Theil feines Reichsjenſeit des ins diſchen Grenzgebirges entſpringt , ſo kamen , wie

noch im ſiebzehnten Jahrhundert , eine Menge Waaren und indiſche Produkte dieſen Fluß hinauf, ſo weit er ſich beſchiffen ließ. Sie wurden hierauf weiter nach einem jeßt unbekannten Fluß gebracht, dem Plinius den Namen Icarus beilegt , und von

dieſem weiter auf dem Drus (Gijon , Amu) nach dem caſpiſden Meere.

Auf dieſem ſchiffte man die

Geſchichte von Oſtindien .

64

die Waaren weiter weſtwärts nach dem Kurfluß , und brachte ſie mit landfracht nach dem Fafh

( Pķaſis ), aus welchem ſie über das ſchwarze Meer weiter gingen. Pompejus ſtellte dieſe Handels: ſtraße nach dem mithridatiſchen Kriege wieder

her "). Sie ward auch) zu den Zeiten der Byzans tiner benußt, und griechiſche Geſchichtſchreiber des Mittelalters nennen eine Stadt Dubios jenſeit der

caucaſifchen Gebirge, acht Tagereiſen von Erzes,

rum ( Theodoſiopolis) belegen , welche der Haupts fiş des griechiſch indiſchen und perſiſchen Handels war ').

Dubios lag in Armenien in der Nachbars

ſchaft von Tiflis, und ward 640. von den Arabern erobert. Dieſe nennen den Ort Dowin oder Das win w). Nur erhellt aus dieſer Stelle nicht, ob

indiſche Waaren damals zu tande über Candahar und Perſien , oder über das caſpiſche Meer , nach Dubios famen . Beides kann geſchehen fenn , doch

vorzüglich ward der Handel von perſiſchen Kauf. leuten zu lande getrieben . Kaiſer Juſtinian vers bietet in ſeinem Gefeßbuch " ) ſowohl griechiſchen als perfiſchen Kaufleuten , den Handel mit Gemür, zen anders , alo an drei Orten , zu treiben , die ing,

geſammt mitten im Sande liegen , nemlich in Miſio bis, Calinicum ( Racca ) und Urtarata , welcher lektere in Armenien lag , doch erlaubte er , daß die Ber Heeren de Graecorum de India notitia Com .

ment. Gotting. V. XI. S. 77. 1) Stritter Memor. Populor. olim ad Danubium , Pontum Euxinurn etc. accolentium . $ . 314. U

T. IV.

u ). Abulfeda in Barching & Magazin . Th. V. C. 316. * ) L. IV . Cod. Tit . LXIII . 4.

Erſte Periode, bis 1525

65

Begleiter perfiſcher Geſandten ihre Waaren im Reiche auch außer jenen Städten verhandeln durf Wie ſpáterhin Venetianer und Genueſer das ten.

ſchwarze Meer beſuchten , und Kaffa, Lana, Tres biſonde und andere Häfen beſchiffen durften , wurs den indiſche Waaren auf verſchiedenen (andwegen

dorthin geſchafft. Sie wurden entweder über das caſpiſche Meer nach Aſtracan , und von hier zu {ande nach Tana ( Azof) gebracht, oder ſie tamen mit Karavanen durch Perſien nach Tauris , und

von hier weiter bis an die Seeküſte. Zu Unfange des vierzehnten Jahrhunderts warð Lauris noch von chriſtlichen Kaufleuten indiſcher Waaren wes gen beſucht, und Sanudo verſichert, daß viele

von dieſen nicht blos nach Eauris, ſondern von bier

ju ande nach Indien , gegangen waren % ). Dieſe indiſche Straße durch Perſien iſt , der großen Res volutionen ungeachtet, welche jenes Reich erlitten

hat, noch nicht ganz geſperrt. Denn wie Forſter 1784. aus Indien durch Candaħar und Perſien nach dem caſpiſchen Meere reiſete, fand er in allen erheblichen Städten des nördlichen Perſiens indis

ſche Kaufleute, welche die Waaren ihres Baters landes weiter verhandelten.

Seleucus , der alle Feldherrn İlleranders des Großen überlebte ; erweiterte außeč ſeinem Zuge nach Indien die Kenntniß dieſes landes noch durch Geſandtſchaften. Er ſchickte den Megaſthenes als

ſeinen Botſchafter an den König Sandracot, um bas mit ihm geſchloſſene Bündniß zu erneuern .

Megaſthenes pielt ſich einige Jahre in Palibothra aufi 9 ) Secreta fidelium crucis beim Bongars. 6. 23. s, Th, 2. Abth.

66

Geſchichte von Oſtindien .

auf, und beſchrieb nach ſeiner Rückunft, was er von den Merkwürdigkeiten des Landes und den Sits ten der Einwohner ſelbſt beobachtet oder von andern

erfahren hatte.

Wahrſcheinlich batte er in ſeiner

Beſchreibung von Indien eineMenge Fabeln oder Erzählungen gehåuft, welche die Griechen für Er. dichtungen Hielten . Sie ward daher von ſpåtern Geographen verſchrieen , und iſt nicht bis auf uns fere Zeiten gekommen. Dieſer Verluſt iſt aber für die alte indiſche Geographie unerſeßlich , weil wir nach dem ganz erhaltenen Megaſthenes die Kenntniß der Griechen von Indien ganz anders

beurtheilen würden . Da das Reich des Seleucus nach ſeinem Tode wieder zertrümmert ward , ſo entſtand dar. aus ein griechiſch -bactriſcher Staat. Er dauerte

zwar unter ſechs Königen etwas über hundert Jah, te, fie unterhielten nicht nur den mit Hindoſtan angefangenen Verkehr, ſondern befriegten auch zus weilen die indiſchen Rajaht , und ihre mit griechis ſchen Buchſtaben bezeichneten Münzen waren lange nach dem Untergange diefes Reichs in entfernten indiſchen Provinzen gangbar :). Während der Blúte deſſelben unternahm Kós nig Antiochus der Große von Syrien einen Zug nach Hindoſtan , wir wiſſen aber die Veranlaſſung deſſelben nicht, noch weniger , wie weit er jenſeit des Indus -fein Heer führte. Was ſich darüber bei den Ulten findet , beſteht blos in einem Vers

trage mit einem ſonſt unbekannten Najah Sophas gaſenus , der dieſen fremden Feind mit Elephanten und Geldgeſchenken verſöhnte. Hiers 3) Baier Hiſtor, regni Graecoruin Bactriani. 8. 107.

1

Erſte Periobe, bis 1525.

67

Hierauf verlor ſich für Europa der von Ales

randern angefangene Verkehr auf eine lange Zeit, wenn gleich durch Perſien Karavanen und einzelne Reiſende dorthin gelangten. Allein durch den Hans del der Griechen von Egypten aus über das rothe Meer ward ein bisher dunkler Theil von Indien , die Halbinſel Dekan , aufgehelt, der früher ges wiß den Arabern bekannt war. Dieſe follen ſchon

lange vor den Prolemåern jeneKüſten beſucht, und dorther mandyerlei Waaren geholt haben , welche

fie über den perſiſchen und arabiſchen Meerbuſen weiter vertrieben ). Wie nachßer die Araber uns

ter Mahomet und deſſen Nachfolger glückliche Ers oberer in drei Welttheilen wurden , und die reichs ſten Provinzen Aſiens ihrer Herrſchaft untermar,

fen , erweiterte ſich ihr indiſcher Handel, und ſie Kaben ihn bis zur Ankunft der Portugieſen in In. dien ausſdließlich beſeſſen . Von den Königen , die nach Alexanders Code

Egipten beherrſchten , ließ Ptolemåus der Zweite die Küſten von Dekan zuerſt beſchiffen , und erhob dadurch ſein Reich zum Stapelplaß indiſcher Waa . ren , woher ſie gahrhunderte lang unſerm Welt,

theil in Menge zugeführt wurden. Da die Schiff fahrt auf dem rothen Meere mit ſo vielen Gefahs

ren und Zögerungen verknüpft war , um Kaufa mannsgüter nach Nieders Egypten zu ſchaffen , lo ließ er in der Mitte deſſelben an der weſtlichen Küſte die Stadt Berenice erbauen . Aus derſelben wurs

den die indiſchen Waaren durch die Wüſte, welche

Ptoleimaus zur Bequemlichkeit der Reiſenden mit +

E 2

Bruns

a) Heeren in Comment. Goetting. T.XI. S.80.16. Mannert Geographie , s . Th. $. 155. 26.

68

Geſchichte von Oſtindien .

Brunnen und Herbergen verfehen ließ , bis nach Coptos ( Koft) am óſtlichen Nilarm gebracht, und weiter auf dem Fluß nach Alerandrien ſpedirt. Die

nach Indien beſtimmten Fahrzeuge fegelten von Berenice långs der arabiſchen , und weiter långs der perſiſchen Küſte und Mecran , bis ſie zulegt

die Hauptſtadt Pattala erreichten , welche an einem Arm des Indus belegen war , und gewóknlich für das heutige Eatta gehalten wird.

Der indiſche

Handel hatte unter dieſem Könige ſolche Fortſchritte gemacht, daß er bei einem Feſte, welches durch einen ſolennen Umgang gefeiert ward , eine Menge

Zimmet und Ebenholz, indiſche Hunde , Papageient und indiſche Ochſen , zur Schau ſtellen konnte

Nachdem Egypten unter dem Kaiſer Auguſt eine rómiſche Provinz geworden war , blieb daſſelbe im ungeſtörten Befiß dieſes eintråglichen Handels, welcher ſich unter eben dieſer Regierung noch durchy

folgenden Umſtand vermehrte. Hippalus , ein egys ptiſcher Indienfahrer , bemerkte, daß der Mons ſuhnoderPaſſatwind auf dem indiſchen Ocean bes ſtimmte Monate im Jahr von Often fer , und in einer andern Jahrszeit von Weſten und Südwes ften her , der herrſchende Wind war. Auf diefe Ers

fahrung geſtúkt, verließ er die bisherige langſame Küſtenfahrt , durchſchiffte mit günſtigem Winde den weiten Ocean , und erreichte in einer weit fürs

zern Zeit , als bisher, oder in dreißig Eagen , die indiſche Küſte. Seitdem ſabe der indiſche Kauf

mann , nach glücklich beendigter Reiſe, ſein Vaters land in weniger als Jahresfriſt , oder demſelben Jahre wieder , in welchem er es verlaſſen hatte. Denn

6) Athen . Deipnof. L. V. S. 201.

Erſte Periode, bis 1525.

69

Denn im Julius regelte er aus dem rothen Meere ab , und landete in der vorher angeführteri Zeit an dem Orte ſeiner Beſtimmung. Dort blieb ihm

Zeit genug für ſeine Geſchaffte übrig , bis ihn im December der entgegengeſekte Wind eben fo ſchnell

nach ſeiner Heimat zurückbrachte. Die Vortheile dieſer Entdeckung und der Gewinn , welchen die kürzere Fahrt dem Kaufmann brachte, waren ſo bedeutend , daß man den Paſſatwinden den Namen

des Erfinders beilegte. Auch vermeņrte fich ſeits dem die Zahl der egyptiſchen Indienfahrer anſehns lich. Denn zu den Zeiten des júngern Plinius

pflegten aus Mposhormos , welcher Hafen damals jährlich) Hundert und zwanzig Fahrzeuge nach Indien zu fes geln , da vorher zwanzig Schiffe zu dieſem Handel hinreichten . ' Myoshormos lag zwar nördlicher der indiſche Stapelplak geworden war ,

1

als Berenice, aber dem Nil viel näher , und die Reiſe von dem erſten Plak bis zu dieſem Fluß war in drei Tagen beendigt. Wie die Lage und Uebers einſtimmung des Namens beweiſt, iſt das heutige Coſſeir das alte Myoshormos, welches unter der römiſchen Herrſchaft jenen Handel an ſich gezogen

Hatte ') . Uuch damals ſchon verſchlang Indien die Schage des rómiſchen Reichs , und Plinius bes rechnet, daß Rom jáhrlich funfzig Millionen Ses

ſtertien , oder 1,250,000 Thaler , für Edelſteine, Gewürze, Specereien und andere Artikel bezah. len mußte.

Durch dieſe Fahrten , welche fpåterhin bis Ceylon , die Küſte Coromandel, die Mündungen des E 3 c) Golfelin Recherches fur la Geographie ſyfte

matique et politive des Anciens. V.II. S. 188.

70

Geſchichte von Oſtindien.

dés Ganges , und die goldene Halbinſel , unters nommen wurden , durch landreiſen nach berühmten

Stapelſtådten , wie von Barngaza ( Broach ) nach Eagara (Deoghir ), oder Karavanen , welche das mals ſchon nach China zogen o) , ward Indien nach allen Richtungen erforſcht. Aus Nachrichten, wels che griechiſche und römiſche Kaufleute in Umlauf brachten , oder Reiſende von ihren Abentbeuern unter fremden Bólkern hinterließen , baben Plinius

und Ptolemåus die vielen meiſt unerklärlichen Nas men von Reichen , Dólfern , Städten und Flüſs

fen , erhalten , vorzüglich von der weſtlichen Küſte von Defan , weil dieſe am meiſten beſucht ward,

auch den Pfeffer, das indiſche Hauptprodukt, lieferte. Sie ſcheinen auch weniger verdorben zu ſeyn , als die Namen des innern Xandes , oder auf der Küſte

Coromandel, weil ſie den Sdiffern durch langes ren und öftern Verkehr geläufiger waren.

Weber

dieſe Küfte, oder was wir jeßt Gujeratte , Cons can , Canara und Malabar nennen , ertheilt uns,

außer den beiden vorhergenannten Erdbeſchreibern,

ein durch Zufall gu ung gelangtes Portulan die trefflichſten Nachrichten . Daſſelbe ward wahr. ſcheinlich in dem erſten Jahrhundert unſerer Zeit 1

rechnung zuſammengetragen , und es führt gewöhns lich den Namen : Urrians Periplus des rothen Meeres . So manches ſich auch dort in dieſem langen Zeitraum verändert hat, ſo viele alte Nas

men auch ſeitdem untergegangen oder durch andere verdrángt fegn mogen , ſo ſind uns doch genug

übrig geblieben , um ſie in den Heutigen wieder zu erfens

d) Arriani Periplus maris Erithraei, in Hudſons Geogr. min . T. I. S. 36 .

Erſte Periode, biß 1525

71

erkennen. Den Namen Dekan , womit die nords lichen Indier die Halbinſel dieſſeit des Ganges, und überhaupt alle känder, bezeichneten, welche füdmärts des Nerbudda liegen , fennt ſchon jener vermeinte,

Arrian ). Er ſagt , hinter Broach (Barygaja), welches an der Mündung des Nerbudda ( Namas dus ) liegt, heißt das benachbarte públiche land

Dachinabades , und dieſer Name kommt von Das chanos ger , welches in der Landesſprache Súden bedeutet. Weil damals noch nicht Araber und Afgahnen jenſeit des Nerbudda vorgedrungen was

ren , ſo meint er gewiß die alte Shanſkritſprache,

welche zu ſeiner Zeit noch nicht in ſo viele Dialekte jertheilt , noch mit der Sprache ſpáterer Eroberer vermiſcht war. Denn noch keißt Süden im Shans ſkrit Daffyina ) . Mit der Erklärung und Wies derauffindung damals in Dekan vorhandener Orts '

ſchaften haben fich ſchon Drme, Rennel, Heeren und Mannert glücklich beſchäfftigt.

Ich kann aber

hier ihre darüber gegebenen Aufſchlüſſenicht wieder. bolen , weil ſie unten in der eigentlichen Landess beſchreibung wieder vorkommen werden . Da aber manche Gegenden von Indien noch ſo gut als uns

beſchrieben ſind, auch die ausführlichſten Reiſen , Provinzialbeſchreibungen und Steuerkataſter, bei weitem nicht alle wirklich vorhandenen Ortſchaften

enthalten ,ſo kann man erwarten, daß bei einer Fünf. tigen genauern indiſchen Topographie, dergleichen die Britten jekt in ihren Eroberungen veranſtalten ), E 4

į fich

e ) Hudſon I. S. 29. f) fra Paolino Reiſen nach Oſtindien . S. 97. g ) Robert Paiton . Principles of Afiatic Monar chies. 5. 211. 2 .

72

Geſchichte von Oſtindien .

fich dereinſt mehrere alte, jeßt dunkle oder verborg bene , Namen aufklären werden.

So glaubt Hr.

Mannert , das Calliena del Periplus und das Reich Calliana des'Coſmas müſſe in der Nachbarſchaft von Suratte gelegen haben , da man es doch weis ter füdwårts in der Gegend von Bombay oder auf

der Inſel Salfette ſuchen muß. Calliena gat ſich noch in der heutigen aber völlig zerſtörten Stadt Gallian erhalten, deren Ruinen Fryer , der fie 1675. beſuchte , als prachtige Ueberbleibſel eines

reichen , anſehnlichen Plakes beſchreibt, der ſpåter nur durch das Auffommen oder den vielleicht beſa fern Hafen der gegenüber belegenen Stadt Sanna verdunkelt ward , deren Handel bis zum vierzehnten Jahrhundert fo blühend war , daß man nach ihr

eine Ürt Baumwollen - Waaren Zeuge von Tanna benannte 6). Auf der andern Seite erklärt eben dieſer Gelehrte unter den fünf Stådten , welche Coſmas auf der Küſte Malabar als diejenigen ans

führt, welche ſich mit dem Pfefferhandel beſchaffs tigten , deſſen Mangarut mit der größten Wahrs

fcheinlichkeit durch Mangalor , welches weiland Dippo Sahebs Kriegshafen war , und überläßt es andern , die vier übrigen aufzufinden. Von dieſen habe ich zur Zeit zwei als noch , oder im ſechszehns ten Jahrhundert , vorhanden entdeckt. Dieſe find Parti , welches mir Paru ( Rennels Parur) am Fluſſe dieſes Namens nordwärts von Eocchin zu renn ſcheint, und Pudapatana iſt gewiß: Pudepas

tana (Pudripatana) , welches Barbeſſa und der Bers

1 ) Orme Fragments S. LX. i Abulfeda S. 271, Abdul Rizac $. 68.

Erſte Periode, bis 1525. 73 Verfaſſer des Sommario unter den Handelsſtado ten des Reichs Calicut bemerken .:). So lange das rómiſche Reich blühete , und nördliche Barbaren deſſen Provinzen nid )t verhees

ren und mit oder ohne Erlaubniß unter ſich theis len konnten , blieb Egnpten im Beſik des indiſchen Handels .. Uuch nach der Theilung des Reicha, in

welcher Egypten dem morgenländiſchen Kaiſerthum zufiel , dauerte dieſer Handel fort , obgleich die Schiffe nicht wie zuvor allein aus Berenice oder Myoshormos ausliefen. Wir wiſſen , daß im

fechſten Jahrhundert bizantiſche Schiffe aus Aila (Uelana , Áfaba , gla ) , einer Stadt am nordøſts

lichen Urm des rothen Meeres , ausſegelten , und auf dem bisher gewöhnlichen Wege bis nach Cen. lon gelangten *).

Auch ſcheinen die Griechen eis

nige von den Inſeln im rothen Meere befekt zu has

ben , die ihren Handelsleuten zu Erfriſchungsplågen oder Factoreien diënten . Denn Romanus, Felds

Herr des Kaiſers' Unaſtaſius in Paläſtina , vertrieb 486. die Araber aus der Inſel Jotabe (Jobab),

und räumte ſie den byzantiſchen Kaufleuten wieder ein , die dort bisher von den indiſchen Waaren Tribut und Zehnten bezahlt hatten ' ). Uuch Jus

ſtinians Geſenbuch enthålt, außer den oben ben merkten Verfügungen , Beweiſe von der damaligen Wichtigkeit dieſes Handels , oder der Waaren , wels che Indien den Griechen auf verſchiedenen Wegen

zuführte.

In demſelben werden m ) eine Menge ES

indis

i ) Ramufio I. S. 335. 358. .. t) Procop . de bello Perfico . $. 32..

1 ) Theophanis Chronographia. $, 121 m ) L. XVI, S. 7. D. de publicanis et vectigalibus.

74

Geſchichte von Oſtindien.

indiſcher Specereien , Edelſteine, Seidenwaaren und anderer Artikel, erwähnt, die noch einen Aus, leger erwarten , da Trillers Bemühungen den Ges genſtand nicht erſchöpfen . Unter dieſen werden ſchon Opium , Gummilac, und eine feine Wolle

aufgeführt. Wenn dieſe Wolle , marocorum lana, ſtatt deren andere arborum lana leſen , nicht indis fche Baumwolle bezeichnet, fo fonnte man eher auf tibetaniſche Wolle rathen , und vermuthen , daß die Byzantiner auch Schauls aus Indien erhalten hätten.

Wie lange dieſer griechiſche Handel von Aila und den Jnſeln des rothen Meeres getrieber wurs de , wiſſen wir eben ſo wenig , als ob ihre Fahrs zeuge weiter als Ceylon fchifften. Gewiß ward er aber um die Mitte des ſechſten Jahrhunderts, nach dem er früher manche Störungen erlitten , durch Völker unterbrochen , die dem reichen Indien nås

Her lagen , und den Waarenzug nach ihrem Vaters lande leiteten. Dies waren die Perſer , welche nach Wiedergerſtellung ihres alten Reichs den 46. ſcheu gegen Seefahrten ablegten , und Indien vom perſiſchen Meerbuſen zu beſchiffen anfingen. Jeßt wurden die Waaren , welche Europa bisher über . das rothe Meer erhalten batte , nach dem Euphrat gebracht, und auf dieſem Fluß und den Tigris weis ter nach den ſyriſchen Seehafen und dem ſchwarzen

Meere verſandt. Der egyptiſche Mönch Coſmas , der Indienfahrer genannt, hatuns über dies Bers kehr und deſſen ſchnelle Fortſchritte einzelne Frage mente erhalten. Er bemerkt in ſeiner chriſtlichen

Geographie , daß fich zu ſeiner Zeit unter der Res gierung des Kaiſers Juſtinian faſt in allen indi. fchen

Erſte Periode, bis 1525.

75

fchen Städten von Belang, vorzüglich auf der weſtlichen Küſte von Dekan ,chriſtliche Gemeihden fanden , deren Prieſter vom Erzbiſchof von Ses leucia der perſiſchen Hauptſtadt geweihet waren. Dhne Zweifel hatten ſie ſich hier des Handels wes gen niedergelaſſen , und waren Factoren des Muts

terlandes. Shre Nachkommen , welche ſpáter die Portugieſen auf der Küſte Malabar vorfanden, ſind dort noch ſehr zahlreich , ungeachtet ſie von den

Perfolgungen Tippo Sahebs ſehr gelitten haben , und wie Fra Paolino auf dieſer Küſte war, wurs

den ſämmtliche Thomaschriſten auf 80,000 Sees len geſcháßt. Aber die Perſer beſuchten Indien nicht blos zur See, ſondern ihre Kaufleute bereiſeten das bes

nachbarte Reich auch zu {ande , und ſie ſandten Kas ravanen ſelbſt nach China , um Seide und andere

Produkte aus dieſem Lande zu holen. Auch über dieſen indiſch chineſiſchen Landhandel haben ſich bei

Coſmas Fragmente erhalten. Er ſchågt die Zahl der Stationen vom perſiſchen Reiche bis zur chines fiſchen Grenze auf hundert und funfzig , nur hat er

leider vergeſſen , dieſe Karavanenſtraße genauer zu bezeichnen , oder die vornehmſten Städte anzuges

ben , welche etwa in der Nachbarſchaft derſelben lagen . Perſien verſorgte Griechenland, vermit.

telſt dieſes landhandels ,mit chineſiſcher Seide und Seidenwaaren , welche ſie aber ſo theuer zu vers

kaufen pflegten , daß die Griechen dieſe ihnen uns

entbehrliche Waare kaum bezahlen konnten , und Kaiſer Juſtinian ſchon auf Mittel dachte , dieſe Waaren auf andern Wegen zu erlangen , bis jivei

perſiſche Mönche, die in China geweſen waren, port

76

Geſchichte von Oſtindien.

dort die Seibencultur beobachtet hatten , und Seis dengrains nach Conſtantinopel brachten , Griechens land aus dieſer Verlegenheit riſſen.

Nachdem die Araber angefangen hatten , ih. ren Nachbarn mit einem neuen Religionsſyſtem zus gleich ihre Herrſchaft aufzudringen , auch Perſien ſich ihnen unterwerfen mußte , úberſahen ſie bei als Jem Kriegsenthuſiaſmus die Vortheile nicht, welche ihre neuen Unterthanen von dem Berkehr mit Ins dien und den entfernteſten Morgenländern zogen.

Omar , ihr zweiter Kaliph , ließ daher , zur Bes förderung des indiſchen Handels , dort , wo ſich der Euphrat und Tigris vereinigen und hernach vermittelft vieler Mündungen in den perſiſchen

Meerbuſen ergießen, die Stadt Baſſora erbauen. Sie erhob ſich ſchnell durch dieſes vortheilhafte Berkehr, und blieb im Beſig deſſelben bis zu Uns fange des ſechszehnten Jahrhunderts , oder bis die Portugieſen Ormus befekten und den arabiſchen

Handel durch Seeräubereien ſtórten. Die indis fchen Waaren gingen von Baſſora nach Bagdad, und von hier nach den ſyriſchen Häfen und den Handelsplågen am fchwarzen Meere, auch rühmen alle arabiſchen Schriftſteller , die wir in Uebers feßungen oder Auszügen befragen können , die mans nichfaltigen Geſchäffte der dortigen Raufleute. Die beiden Uraber , Wahab und Abuzeid , welche in dec. lekten Hälfte des neunten Jahrhunderts Ceylon, die Küſte Coromandel, und ſelbſt China , bereis feten , traten ihre Fahrt in Baſfora ann). Marco

Polo rühmt ebenfalls Baſſora als einen zu ſeinen Zeis n ) Anciennes Relations des Indes et de la Chine, traduites par Renaudot. S. 1o.

Erſte Periode, biß 1525.

77

Zeiten fehr beſuchten Marktplaß indiſcher Waaren, und fein (andsmann , Aloys Siovanni, fand dort , 1529. dreihundert Karavellen , welche Gewürze und Specereien von den entfernteſten Inſeln brach . ten , oder von andern indiſchen Städten reich bes

Jaden einliefen "). Auch unterhält Perſien noch durch dieſen Hafen ſein altes Verkehr mit Indien , und wie Sauveboeuf 1788. in Baſſora war , fas

men mit dem öſtlichen Muſſon dort Schiffe aller, Nationen fin , mit den Produkten jenes Landes,

vorzüglich mit baumwollenen Zeugen , befrachtet. Dabei aber vernachläſſigten die Araber , wels

che schon um 640. Egypten eroberten , die indiſche

Handelsſtraße über das rothe Meer keinesweges , und ſie pflegten , ſo lange ſie dieſen Handel auss ſchließlich führten ', mancherlei Waaren vom ros then Meere nach Plerandrien zu ſchaffen , welche in Europa in großern Quantitaten , als Edelſteine und feine Gewürze,, verbraucht wurden , oder, wie Pfeffer, Zimmet und Fårbeholz, mehr ins Gewicht liefen. Suez und das jeßt zerſtörte Kolzum , das von die Araber das rothe Meer benannten , waren

in dieſer Periode berühmte Handelsplage, und in Koljum erbauete man viele Schiffe » ). Auch Zabid an der arabiſchen Küſte beſchåfftigte ſich mit dem

indiſchen Handel, und ſchon im zwölften Jahre ķundert pflegten egyptiſche, habeſſiniſche und an , dere Kaufleute , aus Zabid Gewürze und Porcels lain zu holen “). Die damalige Beſchaffenheit des indiſchen Handels über das rothe Meer und Egys pten hat uns Marco Polo erhalten . Denen nady Sims

o ) Viaggio di Calicut Vinegia 1543. 8. $. 118. b , p ) Edrifi, S. 108.

9 ) Edriſi, Ⓡi 24 .

78

Geſchichte von Oſtindien.

Indien beſtimmten Schiffen , oder den dorther reichbeladen zurückfehrenden , diente die Stadt Aden zum Sammelplak. Uden liegt an der føds lichen Küſte von Urabien , auf einer landſpiße, die aus einem felſigen Berge beſteht. Es war ſchon im zwölften Jahrhundert eine berühmte Handelss ſtadt, deren Einwohner den bengaliſchen Meer: bufen und die Küſten von China beſuchten , und daher mit Perlen , Gewürzen und andern indiſchen Koſtbarkeiten , angefüllt war. Dieſe Waaren wurden hier in kleinere Schiffe geladen , um ſie über das rothe Meer nach Egypten zu ſchaffen, welches zwanzig Tage dauerte.

Den Landungs .

plag in Egypten ſcheint Polo nicht zu kennen , er muß aber ſüdlicher, als Kolzum und Suez , ges legen haben , weil die beladenen Kameele von dem.

felben bis an den Nil dreißig Tage zubrachten , und auf dieſem Fluß wurden die Waaren nach Ulerans

drien weiter verſandt. Hier wurden ſie von den Venetianern und andern Kaufleuten eingehandelt, welche, nach den vergeblichen Verfuchen der Chris

ften , die Unglaubigen durch Kreuzfahrer aus Sy. rien und Paläſtina ju verjagen , mit dieſen endlich in Handelsverbindungen traten. Die Venetianec erhielten 1340. zuerſt gegen eine jáhrliche Abgabe vom heiligen Vater Erlaubniß , mit jenen Saras cenen zu handeln , und ſchloſſen Hierauf mit den Sultanen von Egypten Handelsvertrage. Benedig blieb im Beſiß dieſes vortheilhaften Verkehrs bis

zur Ankunft ber Portugieſen in den indiſchen Ges wäſſern, und erwarb durch den Vertrieb india

fcher Produkte durch ganz Europa außerordentliche Reichthümer. 26er

Erſte Periode , biß 1525

79

$

Uber ſchon vor dieſer påbſtlichen Vergünſtis gung ward Alexandrien der indiſchen Waaren wes

gen von italianiſchen und andern Kaufleuten bes ſucht. Dies bezeugt Marinus Sanudo , der 1321, Pabſt Jobann XXII. einen gut durchdachten Plan überreichte ") , die Unglaubigen aus Syrien und

Paläſtina zu verjagen ,und den Sultan von Egys pten zu ſchwachen . Er kennt die Mittel, wodurch diefer Fürſt den Chriſten fo furchtbar wurde, bini långlid ), nemlich die Vortheile des indiſchen Hans dels , welcher ihm große Summen einbrachte und

eine Menge Waaren verſchaffte, die feinen Staas ten fehlten. Dieſe ſucht Sanudo ihm zu entreis fen , und empfiehlt daher dem Geiligen Vater , den

Chriſten , welche danals Alerandrien häufig bes fuchten , den Handel pahin zu verbieten , und die Ungehorſamen gleid, den Keßern und deren Bes ſchüßern mit dem Kirchenbann zu belegen. Er res giſtrirt darin alle indiſche Waaren , welche Europa damals in Alejandrien einzutauſchen pflegte , und zeigt , daß dieſe beſſer und wohlfeiler in Dauris oder den Hafen des ſchwarzen Meeres erkauft wer :

den könnten , wohin ſie von Baſſora úber Bagdad gebracht wurden , und daß andere Waaren , wie

Zucker, feine Leinwand 2c. , nicht blos in Egypten einheimiſch waren.

Vorzüglich ſucht er zu verhins

dern , daß dem Sultan kein Silber , Eiſen , Kus

pfer und andere Metalle, nebſt Schiffsbedürfniſs fen, zugeführt werden , weil ſein (andan dieſen Urs tikeln großen Mangel leide. Endlich ſucht er die

abendländiſchen Chriſten noch dadurch gegen den Suls

r ) Selecta fidelium crucis , in Bongars geſtis Dei per Francos. Hanov. 1611 .

80

Geſchichte von Oſtindien .

Sultan aufzuheben , daß er keinen durch ſein land ließe , der nach Indien reiſen wollte , da doch die,

Mogolen , wie ſchon die Reiſen der vielen Bettels monche im Mittelalter beweiſen , dergleichen (ands fahrer durch ihre Horden ungehindert zießen lies Ben "). Auch der Florentiner Balducci Pegoletti, ein Zeitgenoß des Sanudo , der zwanzig Jahre vor

der påbſtlichen Erlaubniß , die Länder der Unglaus bigen zu beſchiffen , fein Handbuch für Kaufleute ſchrieb) , iſt mit dem Verkehr dieſer Stadt genau bekannt. Er nennt alle indiſchen Waaren , die dort, wie Gummilac , Weihrauch , Braſilienholz, Indigo , Zimmet , Nelken , Muſcatnúſſe, Rhabar's ber , Pfeffer und Moſchus , zu haben waren , vers gleicht die dortigen Maaße und Gewichte mit den

italianiſchen , berechnet die Übgaben der Kaufleute von der Ein- und Uusfuhr , und beſchreibt Ulerans

drien überhaupt als einen zu ſeinen Zeiten ſehr bes fuchten Handelsplak des mittelländiſchen Meeres. Da alſo die Araber ſich im ſiebenten Jahre

Qundert wieder in den Beſik des indiſchen Handels

fekten , der früher ſchon in ihren Hånden geweſent war , und ſeit dem achten Jahrhundert als Erobes

rer und GlaubenspredigerHindoſtan burchſtreiften, ſo mußte das bisher dunkle Hindoftan und Dekan, ſelbſt die länder und Inſeln jenſeits derſelben , ſich ihnen allmählich aufklären. Allein ihre noch vors handenen Erdbeſchreiber, die wir über die indiſde { ánders

1) Secr. fidel. crucis , S. 234 t) Diviſameriti di Paeli e di miſure di Mercatan

zie e daltre coſe biſognevole di ſapere a Mer. catanti , in Britten Theile von Pagninis Wert :

Della Decima e delle altre Gravezze. 8. 36 .

Erſte Periode, bis 1525. lånberkunde ihrer Zeiten befragen fóilnen , ſcheinen nicht alles erfahren zu haben , was der Kaufmann auf ſeinen Sands und Seeceifen an Ort und Stelle

erlernte, oder die Befehlshaber arabiſcher Heere auf ihren Zügen erforſchten . Jene Erdbeſchreiber beweiſen durch ihre Eintheilung des Landes, wie ſchwankend ihre Vorſtellung von demſelben war. Jón Haukal , der im jehnten Jahrhundert die von ſeinen Glaubensgenoſſen bezwungenen Lånder beſchrieb , auch von andern manches einmiſcht,

mit denen ſie in Verbindung ſtanden , hatte von Hindoſtan nur wenig , und noch weniger von

Dekan , erfahren . Die arabiſche Eintheilung des erſten Landes in Sind und Hind war ihm ſchon bekannt, er hatte auc, von der alten Stadt Kas

noge gehört, die er als die Hauptſtadt von Hind anführt , imgleichen von Manſurak, Multan und andeřn Stadten , die weſtwärts des Hindus lagen. Aber jenſeit dieſes Fluſſes, der von ihm allemal

Mihran genannt wird , (ſo heißt auch noch ein Hauptarth deſſelben unweit ſeiner Mündung, ) iſt ihm alles dunkles und unerforſchtes land, wovon

er nichts zu ſagen weiß ). Abulfeda hingegen , zu deſfen Zeiten Indien ſchon bekannter war, vers theilt das ganze große Reich beſtimmter in as Seno und al Hend. Zur erſtern sProvinz gehört Indi en er n n Ufer des Indu , bis ſich dieſ

De

Fluß

h welchen ins Mee eßt, rain u an r ergi or die Städte Cab rn ul, ſ t n l a u M r , anMnten (en Bhaf ), ndebſt arnidfef weens nige bek

, lag .

4 Hen

beg

ein

weit

u) . The Oriental Geography of Ibn Haukal, by Sir W. Ouſely. S. 146. 2.

5. C. 3 2bth.

1

82 3

Geſchichte von Oſtindien .

weit größern. Landſtrich. Dazu gehörten Bengas len , die benachbarten Provinzen Delhi und Ugra, auch Ugimere , obgleid, keine Spur derſelben in ſeiner Beſihreibung erſcheint, Gujeratte und ganz Dekan. Wie wenig Abulfeda von allen dieſen gros

Ben Ländern Fannte, ob er gleich von Delhi und der alten Stadt Kanoge am Ganges , auch der

Bergveſtung Gualeor , gepórt þatte , zeigt ſeine Unterabtheilung von al Hend , in Gujeratte , Mai nibar , und al Mabar. Guzerat ward ſchon frúk von den Urabern verheert, daher ſind ihm die gro.

fen Hauptſtådte im Innern des Landes und meh. rere an den Küſten belegne Seehafen bekannt. Manibar iſt die heutige Küſte Malabar, die von

den Árabern des Pfefferyandels wegen håufig bes ſucht ward , und wo ſie ſchon ſehr frúly eine Kolor

nie gründeten. Sie iſt noch auf dieſer Küſte mits ten unter den Hindus vorhanden , und die 26s fómmtinge derſelben , welche Mahometaner find,

" heißen Mapuleres (Mapillas ) , welches Leute oder Kinder von Mokha bedeuten ſoll, weil die erſten aus der arabiſchen Stadt Mokha auswanderten . Bon ihnen hatte Ubulfeda nichts erfahren , aber wol von den Vorfahren der ſdywarzen Juden in

Cocchin , er führt audy nur wenige Städte dieſer Küſte an. Die dritte lInterabtheilung beißt bei ihm al Mabar.

Sie begriff die öſtliche Küſte von

Defan , und was wir jekt Coromandel nennen, vom Vorgebirge Comorin bis Drira, denn er bes merft hier eine Stadt Manifattan , welches wol Maſſulipatan fenn fann. Auch kennt er den Obers

Ķerrn dieſer Küſte , der zu Birdawal reſidirte , und von den Arabern viele Pferde faufte. Bisnagar, was

Erfte Periode, biß 1525.

83

war zu Abulfedas Zeiten noch nicht erbauet , doo fcheint er von den machtigen Vorfahren der nachs

herigen Rajahs von Bisnagar etwas gehört zu Ďaben , dielange nach ihm die ganze füdliche Halbs inſel vom Tombudrafluß bis Kap Comorin bes

herrſchten. Ob der Name Mabar arabiſchen Urs ſprungs iſt, und ſoviel wie Ueberfahrt ( Trajectus) bedeutet , oder von dem alten Reiche Maravar,

das in frühern Zeiten wegen ſeiner Pagoden bes rühmtwar, auf die ganze Kuſte ausgedehnt wurde, iſt jeßt ſchwer auszumachen. Jedoch haben ihn chriſtliche Reiſende des Mittelalters beibehalten.

MarcoPolo's Bar, oder , wie einige Handſchrifs ten leſen , Maabr , iſt ungezweifelt Mabar , weil er des St. Thomas Grabmal hießerverlegt. Auch gos hann von Marignol, Kaiſer Karls des Vierten Hoffaplan , braucht die BenennungMaabar ebens

falls , um die Küſte Coromandel zu bezeichnen. Endlich verlor ſich die Dunkelheit , weldje die

Geſchichte Hindoſtans in unerklärliche Fictionen und abentheuerliche Sagen verhüllte , und wir ers fahren durch arabiſche und perſiſche Geſchichtſchreis

ber die fernern Schickſale des Landes und deſſen alle måhliche Unterjochung durch fremde Eroberer im

Zuſammenhange. Freilich liefert ſie nur ein ſchaus berhaftes Gemåħide der wildeſten Tirannei , der ſchrecklichſten Verheerungen , und abwechſelnder Empórungen ganzer Provinzen und deren Machts

þaber. Auch umfaſſen ſie keinesweges die eigents liche Geſchichte des Reichs, oder deſſen bald ſchnel, les bald langſames Steigen und Fallen. Sie ber

ſtehen größtentheils aus Tagebüchern oder Kriegs relationen , welche wichtige und unwichtige Vors 3.2

fålle

Geſchichte vonOſtindien .

84

fälle aneinander reihen.

Der Landesherr undder

ſen Familie fins der Hauptgegenſtand der indiſchen Geſchichtſchreiber, nebſt ihrene häuslichen , öffent. lichen und friegeriſchen Handlungen . Bei ihnen

geht kein noch ſo kleiner Umſtand verloren , der nur einigermaßen auf den Monarchen Bezug hat ; das her haben ſie sagden , Hoffeſte, felbſt Reifen aus einer Provinz in die andere, aufs genaueſte vers zeichnet. Geburten , Bermählungen und Sterbes falle der kaiſerlichen Prinzen , Veränderungen uns

ter den Hofbeamten , Beförderungen im Militair, und Belohnungen an Ehrentiteln und mancherlei Geſchenken , folgen in einer ermúdenden Reihe auf einander. Begebenheiten von größerem Intereſſe werden nur beiläufig berührt, und werden dieſe ets wa mit einiger Ausführlichkeit behandelt , fo find

ſie fúr europäiſche leſer ohne genealogiſche Tabellen, oder nähere Anzeige der darin verflochtenen Pers fonen , wegen ihrer ähnlichen , langen und ſo ſehr veranderlichen Damen , kaum verſtändlich . Aber die wenigſte dieſer in Menge vorhandenen Mates rialien zur Geſchichte von Hindoſtan ſind zur Zeit

gedruckt oder überſeßt worden. Wir befißen alſo pon einzelnen Perioden nur Fragmente , und was europäiſche Reiſende während ihres Aufenthalts

verzeichnet haben , iſt mit großer Behutſamkeit zu gebrauchen , weil ſie nicht immer die Landesſprache inne hatten , und Bolfbſagen für wahre Geſchichte hielten.

Allein das bisher nur theilweiſe beſuchte oder bekannte Indien erfdeint mit Hülfe dieſer fehr uns

gleichartigen Quellen allmählich in feiner wahrer

Geſtalt, und wir fónnen ſeitdem die Zeit und den Schaus

Erfte Periode , biß 1525.

85

Schauplak uralter Revolutionen beſtiminter, als die Schickfale der vermeinten indiſchen Volksſtifter Sind und Hind , die Geſchichte der mehtagiſchen Dynaſtie , oder die Regierung des Ramdeo , ans

geben , der Indien vierhundert und dreißig gahre vor unſerer Zeitrechnung beherrſcht haben ſoll.

Seitdem die Kalipben oder Mahomets Nach folger deſſen Lehre mit Feuer und Schwerdt'unter ihren Nachbarn verbreitet, und ihre Herrſchaft über

Perſien , Chorafan und Chowaresim , ausgedehnt hatten , fo trafHindoſtan bald ein gleiches Schicks fal, um fo mehr , da deſſen Einwohner Goßendies ner und im Beſin großer Reichthúmer waren. Schon unter dem ſechſten Kaliphen wagten um

680. arabiſche Feldherrn Streifzüge in Hindoftan , verheerten das heutige Multan , und zogen mit 12000 Gefangenen 'wieder nach Choraſan jurück.

Einen ähnlichen Zug unternahm während der Res gierung Walid I. zu eben der Zeit , wie deſſen fiego

reiche Heere das Reich der Weſtgothen in Spanien

jerſtórten , fein Statthalter Mahomet von Choi raſan .

Er bezwang 705. die Provinz Multan ,

und würde gewiß tiefer- unter den Gókendienern vorgedrungen ſenn , hátte man nicht in Bagdad

feine Zurückberufung beſchloſſen. Indeſſen blieben ſeine Eroberungen jenſeit des Indus arabiſche Pro. vingen , welche von beſondern Statthaltern regiert wurden *). - Umn 769. ward das nördlicher liegende Cabut bezwungen, und die dort erbeufeten Goken :

bilder wurden an den Kaliphen geſchickt , weil ſie aus gediegenem Golde beſtanden und mit koſtbas F 3 ici , T.I s da Moslem Annale Abulfe ) 1 T. II. S. Isi .

ren

: 427.

86,

Geſchichte von Oſtindien.

ren Edelſteinen verziert waren.

Dagegen wurdent

die Góken von Stein zerſchlagen , und mußten oft den Moſcheen in Ghiqni; Mecca uno Medina , ju Thürſchwellen dienen . Jedoch war , wegen der Unruhen in Bagdad und der ewigen Empörungen der Statthalter in den eroberten Provinzen , die

Herrſchaftder Uraber am Indus nicht veft gegrüns det, die Rajahs von Multan und der benachbars ten Gegenden verjagten die Beſagungen der Kalis phen , ermordeten die unter ſie zerſtreuten Schat. einnehmer, und erlangten auf einige Zeit ihre vos rige Freiheit wieder. Ulein da Hindoſtan in viele kleine Staaten zertheilt war , und die Rajabs oder

Fürſten derſelben , anſtatt vereinigt die Feinde iho res Glaubens abzuwehren , einander bekriegten ; fo fanden die arabiſchen Statthalter an den indiſden Grenzen hinlängliche Gelegenheit , die dánder am Hindus zu verheeren , oder ihrer Herrſchaft wieder zu unterwerfen.

Gegen Ende des neunten Jahrhunderts bila dete ſich aus den Eroberungen der Araber im nords

lichen Perſien und oftwårts des ſchwarzen Meeres

das machtige Reich Bochara ( Bucharei), und aus dieſem nicht lange darauf , 960 , das Reich Choras fan durch Empórungen der Statthalter . Leſteres

wird von ſeiner Hauptſtadt gewöhnlich Ghigni ges nannt. Dieſer noch vorhandene Ort liegt vier Tages reifen von Cabul, an einem Urm des Comfluſſeb, welcher ſich von Weſten her in den Indus ergießt.

Der dritte unabyångige Regent, Namens Mah. mud , bezwang den größten Theil von Hindoſtan, und unternahm zwölf Feldjúge nach deſſen oftlichen und füblichen Provinzen. Schon 998. brach er in

1

Erſte Periode, biß 1325.

87

in Cabul ein , und bezwang den Circar Peiſchawit. Auch in Multan ſtellte er die mahometaniſche Herrs fchaft wieder her , wo' damals ein indiſcher Fürſt,

Zeipal, Herrſchte, 'deſſen Alliirte die Rajahs von Delhi, Agimere, Ranoge und Callinger waren , und bezwang Panjab , oder das tand der fünf Flüffe, welche von den nördlichen Gebirgen her ſich julekt in den Indus ergießen.

Auch Caſhemir

mußte ſich ihm unterwerfen , er führte fein fiegreis ches Heer bis an den Ganges , wo der Rajah von

Kanoge iým zinspflichtig wurde, und eroberte im nördlichen Delhi die damals ſchon vorhandenen

Städte Nagracot , Lenaſſerim , Muthra , nebſt

andern , deren Tempelzerſtört und ihrer Schage beraubt wurden .

Auf ſeinem zwölften Zuge bes

Friegte er die Rasbutten in Ugimere , und das Reich Gujeratte , wo er in der Stadt Sumnat ein urs

altes Gogenbild zerſchlagen ließ , und eine uners meßliche Beute davon trug.lingeachtet die Sul. tane von Ghizni, welche Hindoſtan bis 1184. bes Herrſchten , ſich långſt von der Oberherrſchaft des Kaliphen von Bagdad befreiet hatten , ſo behielt dieſer doch immer einen Schein derſelben. Mah. mud ließ ihm durch Gefantten feine Siege úher die Ungläubigen bekannt machen , und verehrte ihm eis

nen Theil der indiſchen Beute. Der Kaliph hin. gegen ſtellte über die erfochtenen Siege Freudens feſte an , und überſandte ihin und ſeinen Nachfol. gern nad, orientaliſcher Sitte Feierkleider und Ehs beherrſchte rentitel. Mahmud ſtarb 1028 , und th des Ganges n i r r I

bis Guzeratte, re ' und Cafbemir ge und von Cabul n bis an die Gebir von Ugime . Doch ware ihm F4

dieſe

88

Geſchichte von Oſtindien .

dieſe Lånder nicht ganz unterworfen , oder mit dem Shiani :völlig vereinigt. Manche Fürſten Reiche Ghigni ließ er in ihren Beſigungen , wenn ſie ihm Elephans

ten und einen Theil ihrer Reichthümer verehrten,

und andere ſegten ſich wieder in Freiheit, ſo bald das feindliche Heer ihre Grenzen verlaſſen hatte, ſo daß Mahmuds Nadsfolger die von ihm bezwuns genen fånder zu wiederholten malen befriegen und ihrer Herrſchaft unterwerfen mußten. Daher was ren ſchon ſieben Jahre nach ſeinem Tode Nagracot

und andre Fürſtenthümer, oftwärts von Multan bes legen , unabhängige Staaten geworden. Die Rags butten in Ugimere wurden von den Sultanen von

Ghigni und den nachherigen Großmoguls nie ganz

beſiegt, und ſie haben ihre alte Verfaſſung in den Gebirgen von Raiputana bis auf den heutigen Tag

behauptet. Der Zweck ſeiner Heerzüge war , wie die ſpätern eines Timur, Nadir Shah und Abdalla,

den Gößendienſt zu zerſtören , und ihre Schakkams

mer mit den Reichthümern der Unglaubigen anzus füllen.

Die Beute , welche Mahmud aus Hins

boftan nach Shizni brachte, war unermeßlich und läßt ſich , ſo übertrieben auch die darüber vorhans denen Ungaben ſeyn mógen , nur auf folgende Art wahrſdeinlid, machen. Indien trieb ſeit den åltes ſten Zeiten einen vortheilhaften Handel , wie die

rómijdje Geldeinfuhr hinlänglich beweiſt, und bes ſaß reiche Gold , und Silbergruben. Der größte Theil der Einwohner hatte keine, oder äußerſt wes nige Bedürfniſſe, daher ſie ihre Koſtbarkeiten an

Tempel und deren Diener, die Braminen , vers ſchwendeten ; und ihre Fürſten häuften , wie nocy

in unfern Lagen geſchiebt, ihre Einkünfte in ftun Bes

1

Erſte Periode , biß 1525.

82

fkungen und unterirdiſchen Gewölben auf. WieMahi mud 1008. den Gógentempel zu Bime niederreis Ben ließ , fand er in demſelben 700,000 goldene Münzen , 28,000 Pfunde Gold , und Silberges fchirr , 1600 Pfunde Solo und 80,000 Pfunde Silberbarren , und die dort erbeuteten Edelſteine hielten 800 Pfunde am Gewidyt " ). In dem Zema pel zu Sumnat in Gujeratte , welchem tauſend ins

diſche Dörfer nebſt ihren fåndereien gehörten , bei

dem zweitauſend Braminen als Prieſter angeſtellt waren , und in deſſen Nebengebåuden 300 Tånges rinnen ( Bayaderen ), ju welchem Dienſt die Fürs Ben willigſt ihre Tochter bergaben , und eben foviet Balbiere wohnten , um die dorthin wallfahrenden Pilgrimme zu reinigen , erbeutete Mahmud unter: andern eine goldene Kette , welche achtzehnhundert Pfunde wog. Wie er von ſeinem achten Zuge wies der nach Ghizni jurůckjog, beſtand fein Untheil. an den Geſchenken , womit die Indier die Plúndes rung abgekauft hatten , oder dem Raube aus den geriforten Semipeln und Bergſchloſſen , in zwan .

zig Millionen Dirrems baaren Geldes , 53,000 Sklaven und 350 Elephanten , außer was ſeine Befehlshaber erbeutet hatten ):

Vonſeinen Nachfolgern auf dem Thron von

Ghizni waren wenige ſo glücklich , ihr indiſches Ges biet zu erweitern . Sie konnten ſich kaum in dem

Beſik der länder erhalten , weil ihre Statthalter ſich von ihnen fosriſſen , die bez , ungenen indiſchen Fürſten ſich wieder in Freiheit fekten , auch Lúrs ken' und Mogolen aus den Einöden des innern fs Afiens Hindof Hiſtor Dow of tan. T. I S. 65. y 9) ) Dow I. S. 74 .

90 .

Geſchichte von Oſtindien .

Afiens Hervorbrachen , und Indien zu verheeren anfingen. Die Sultane von Ghijni durften wegen der Empórungen ihrer Statthalter und der Håns bel mit ihren Nachbarn fich felten von ihrer Haupts ftadt entfernen. Ueberdem war es in dieſem Reiche Sitte , die wichtigſten Stellen am Hofe und ans dere Staatsbedienungen mit erkauften türkiſchen oder tatariſchen Sklaven zu befeßen , und manche von dieſen Fremdlingen wurden von den Regenten an Kindesſtatt angenommen. Nun ſuchten ſie bei jeder Thronerledigung fid, auf denſelben zu ſchwinio gen, die rechten Thronerben zu verdrängen , und

Ghizni ward der Schauplas immerwährender Resº volutionen .

theilt.

Sdon 1158. warb das Reich gers

Der weſtliche und größte Theil deſſelben

ward von den Gauriden erobert. Dieſen Namen

führte ein mahometaniſcher Fürſtenſtamm von der alten Stadt Gor (Ghouri) jenſeit des nordweſtlis chen Staufaſus ( Hindofu ), welche ſonſt den Suls tanen von Ghijni unterwürfig war. Der Stifter dieſer' Dynaſtie hieß Sultan

Moaz ul Dien , aber die indiſchen Geſchichtſchreis ber nennen işn gewöhnlich Mahomet Gori. Zuerſt entriß er 1158. feinem bisherigen Oberherrn den beſten und weſtlichſten Theil ſeiner länder. Dieſem blieben nur die Provinzen an beiden Seiten des

Indus , wo Chuſero ll . Nachkommen , fo hieß,der lekte Regent von ganz Shijni, bis 1184. regiers ten. Weil Mahomet Gori wegen ſeiner nordweſt lichen Eroberungen mit den Perſern und den nords lichen Barbaren del innern Afiens in ewige Kriege verwickelt war , und Hindoſtan ſeine großere Aufo merkſamkeit an ſich zog , ſo fügrte er feine Schads ren

Erſte Periobe, bis 1525.

91

ren neunmal dorthin , und erweiterte ſeine Herre ſchaft jenſeit des Sanges. Die Provinzen Lahor, ein Theil von Agimere, ' und die nördlichen Die ſtrikte der geutigen Provinz Delhi , mußten fich ihm unterwerfen.

Die Stadt Delhi eroberte er

fchon 1194 , regte einen feiner Sklaven als Statt. halter über ſie, und die bezwungenen Hindus muß. ten den Koran annehmen. Bon bier wandte er ſich nach Kanoge , jerſtórte Benares , den alten

Siß der indiſchen Gelehrſamkeit, und ließ über tauſend Gósentempel in Moſcheen verwandeln .

Auch die wichtige Beſtung Guaieor , die man ihret { age wegen damals , wie in unſern Tagen , für uns überwindlich hielt, und einem beſondern indiſchen

Reiche den Namen gab , ward von ihm bezwuns gen . Wie er aber die unruhigen Ghickers , einen indiſchen Räuberſtamm in den Gebirgen von Lahor und Multan , unterjochen wollte, ward er von ei. nigen entſchloſſenen Kriegern dieſes Bolts auf feia nem Zuge nach der Stadt Ghizni ermordet. Sein Nachfolger war ein erkaufter Sklave,

der ſich in dem vorher beſchriebenen indiſchen Felda zuige ausgezeichnet hatte. Er bieß Cuttub al Dien Abiek, und war von Geburt ein Patan oder Ufs gahne. Der Urſprung dieſes Volfs , das noch die Gebirge bewohnt, welche nordweſtweſtwarts Hindos ſtanvon Perſien trennen , iſt in gleichem Dunkel vers hüllt, als die Abfunft eines jeden andern Wolfe, das nach langer Unbekanntſchaft endlich in der Geſchichte auftritt. Die Afgahnen erſcheinen als Bundesgenoſ ſen oder Begleiter der Uraber auf ihren indiſchen

Streifzügen , und lebten nach Ukbars Sandbuch ) in

a ) Vol. II. 8. 203 .

92

Geſchichte von Oſtindien.

itt mehrere Stamme durch die Provinzen Eabut und Candahar vertheilt.

Sie waren vor der Uns

nahme des Korans Feueranbeter, den Königen von Ghigni freilich unterworfen , behaupteten indeſſen , wie alle Gebirgsvolker, ihre alte Verfaſſung , und vermiſchten ſich mit ihren lleberwindern nicht. Eis nige laffen dieſes Volk , das in den vorher genanns ten Provinzen mit ſeinen Heerden herumjog, von den Sjraeliten ſtammen , da ſie aber , indiſchen Sas gen zufolge, ſchon zur Zeit des Uuszugs der Juden

aus Egypten in ihren nachherigen Wohnplågen fa. ßen , und ſonſt keine Verwandtſchaft zwiſchen ignen und den Juden bemerft wird , ſo verdient dieſe Muthmaßung nicht weiter verfolgt zu werden. Sie reden ihre eigene Sprache, und Ukbars Sandbuch .

unterſcheidet dieſe von der türkiſchen , mogoliſchen;

indiſchen und perſiſchen Sprache. Sultan Cuttub ward 1205. Der Stifter eis

ner neuen Dynaſtie , welche Hindoſtan Jahrhuns derte, oder bis 1525; beherrſchte. Als feines Vors

gångers Feldherr ſchlug er ſeinen Sig in Lagor auf, und wie er hierauf ſeine Eroberungen bis an den gumna ausdehnte , fo warb Delhi die Hauptſtadt

der mahometaniſchen Eroberungen in Hindoſtan . Nad deſſen Code erbte er aber nicht das ganze

Reid, feines Vorgängers , ſondern nur die indiſchen Eroberungen . Die Provinzen jenſeit der nords' weſtlichen Grenzgebirge, oder die länder, welche bisher Ghinni und Gor hießen , behielt Mahmuds: Meffe, Namens Yeas ul Dien. Dieſer überfandte den mächtigern Nachbarn die Zeichen der fóniga lichen Würde , und Cuttub war der erſte mahomes

taniſche Beherrſcher von Hindoſtan , der ſich in aller

Erſte Periode, biß 1525.

193

aller orientaliſchen Pracht, mit den großen Paus Fen ( Nobut ) , dem königlichen Sonnenſchirm ,

ohne weichen die ſpåtern Kaiſer von Delhi nicht einmal auf ihren Ottomannen erſcheinen , feinen Unterthanen zeigte. Er befriegte auch die Vors

fahren der heutigen Dſchaten ( Jauts , Khatn, Gete , Jits). Da dieſe urſprünglich, nach Kaiſer Akbars Sandbuch , in Gujeratte wohnten , und in fpåtern Zeiten weiter nach Oſten gezogen ſind, Eut tub aber dieſes Volf in der Nachbarſchaft der alten Stadt Narwalla befriegte, fo fónnen Ferif ta's gits.6) feine andern als die heutigen Dſchaten fennt, welche ſpåterhin ſich wie andere indiſche Bólfer in mehrere Stamme theilten .

Er unterwarf ſichy,

wenn man Lånder verwüſten , Gebäude zerſtören,

und die Einwohner bei tauſenden Schlachten, unters werfen nennen darf, das Reich Malva , und vers

breitete feine fiegreichen Waffen bis an den Ners

buddafluß. Cuttub war wegen ſeiner Freigebigkeit berühmt, und erhielt deswegen den Beinamen lack

Buftſch , oder Fürſt, der bei ganzen { acks oder kundert taufenden verſchenft. Er ſtarb durch einen fall vom Pferde 1210. Sein Sohn Uram Shah war zwar ſein Nach

folger, da ſich aber die Befehlshaber in den Pro vinzen überall emporten , und die indiſchen Rajahs ihre alte Freiheit erkämpften, war er außer Stande, ſeines Vaters Eroberungen zu behaupten. Daher verdrängte ihn fein Schwager Altumſk nach einer kurzen Regierung vom Thron. Altumſh ftammte von einer edeln tatariſchen Familie , hatte aber das Unglück, in feiner Jugend in Sklaverei zu gerathen , unb

6) Dow I. Ⓡ. 166.

1

94

Geſchichte von Oſtindien.

und dem Sultan Cuttub von Delhi verkauft zu

werden . Er erhielt aber wegen ſeiner Tapferkeit bald die Freiheit wieder , und ward von ſeinem Herrn zu den erſten Würden im Reiche erhoben. Äls Kaiſer von Hindoſtan bezwang er Bengalen, 1225 , deſſen Regierung ſeitdem gewöhnlich einem von den kaiſerlichen Prinzen übertragen ward , der fich aber hier felten behaupten konnte. Ultumſ unterjochte die rebelliſchen Rajahs in Malva wie.

der , und auf dieſem Zuge wurden die alten Städte

Malva , Bilfa 26. erobert. : Sein Sohn Ferofe konnte ſich auf dem wanfenden Chron von Delhi

nicht behaupten , ſondern mußte ihn 1236. ſeiner Schweſter Rizia überlaſſen . Sie hatte, wie ihre Vorfahren , mit den unruhigen Statthaltern in den Provinzen viele Kriege zu führen. So bald fie aber einen abeffiniſchen Sklaven jum oberſten

Befehlshaber ihrer Heere ernannte , vereinigten ſich alle Großen gegen die Kaiſerin , und ſie ward 1239.

vom Lhrone verdrångt. Dieſen beſtieg ihr Bruder Byram II., er ward aber ſchon 1242. der Regie. rung entfeßt und im Gefángniß ermordet. Durch

dergleichen plógliche Regentenwechſel zeichnet ſich die indiſche Geſchichte dieſer und anderer Zeiten,s Bubenſtrei chen , vor der europäiſchen aus. Sie beſteht groß . tentheils aus einer langen Kette von Meuchelmord, Berråtherei, blutburſtiger Rache, raſtloſer Herrſch . ſucht , ewigen Empórungen , und deren blutiger

Beſtrafung. Die darin verwickelten Hauptperſo nen find häufig menſchliche lingeheuer , oder wahre Collhäusler , und verdienen wol Regenten an der

Spiße eines großen Reidjo zu ſtehen , die mit bes maffnes

Erſte Periode , bis 1525.

95

waffneten Heeren , wie Sultan Mahmud in Delhi, ordentliche Jagden gegen die unglücklichen Einwobs ner des platten (andes anſtellen , dieſe bei tauſens den niedermegeln ließen , und mit den Köpfen der unſduldig Erſchlagenen ſiegprangend in ihre Res ſidenz zurückkehrten ? Oder wenn eben dieſer Sule tan für einen verlornen Zahn ein prachtiges Maus foleum erbaute ? Diere und andere Barbareien

gier zu wiederholen, ſcheint mir für diefe Skizze, welche vorzüglich die Hauptveränderungen im Gans

gen , und deſſen Hauptprovinzen , darſtellen ſoll, zwecklos , und wem dieſe Ausbrüche der wildeſten

Leidenſchaft nicht mit Abſcheu erfüllen , der kann fie

chronologiſch geordnet in Dows Geſchichte von Hindoſtan finden .

Unter Byram II. fingen die Mogolen an, Hindoſtan zu verwüſten. Der Weltverwüſter Dryinfischan hatte bereits 1221. das Reich Ghizni über den Haufen geworfen , doch Indien blieb das

mals von ſeinen Naubzügenverſchont. Aber 12401 zu eben der Zeit , wie ſein Enkel Rußland und Poi

len verheerte, und bereits bis liegniß vorgedrungen war , jog ein Schwarm dieſer Barbaren nach Ini dien, und eroberte Lahor. Allein ſo oft ſie auch ſeit dieſer Zeit die nördlichen Provinzen des patas niſchen Reichs durchzogen , ſo wurden ſie dennoch

eben ſo oft zurückgeſchlagen , und ehe Timur 1398. bis Delhi vordrang, oder Sultan Baber 1525, dieſe indiſche Hauptſtadt eroberte, durften ſie ſich ſelten weiter als Lahor oder Multan wagen , und nur ſelten finden wir beim Feriſhta angemerkt, daß ſie wie 1242. in Bengalen eingefallen waren. Dem

16

Geſchichte von Oſtindien.

Dem Namen nach war freilich ganzHindos ftan den pataniſchen Sultanen unterworfen , in deſſen hatten Gujeratte, Malva , ſelbſt Bengalen , eigene Könige , die freilich oft bekriegt, aber ſelten ganz unterdrückt oder völlig bezwungen wurden . Agis

mere, oder die alten Schlupfwinkel der Rasbutten, behaupteten ihre alte Unabhängigkeit , ſo oft auch

ihre Bergveſten Chitor , Rintimpore und andere, belagertwurden. In den weſtlichen und nördlichen Provingen zogen eine Menge wandernder Stämme umher ,welche ihre Nachbarn ausplunderten , zwar

gäufig beſiegt wurden , doch , aller Niederlagen un. geachtet, nicht ausgerottet oder überwältigt werden fonnten . Wie oft mußten nicht die Sultane von

Delhi gegen die råuberiſchen Ghickers zu Felde zies gen, welche die Gebirge in lahor an den Grenzen von

Caſhemir zwiſchen dem Indus und Behut bewohns ten . Dieſes Volf gatte ſeine eigene Fürften , und

zeichnete ſich von den übrigen Hindusdurch die Ges wohnheit aus , die wir noch heut zu Tage in Tibet und bei den Nairen in Malabar finden , daß ſich

zwei, drei verſchiedene Mánner , oder mehrere Brús ber , mit einer einzigen Frau bebelfen ). Die Ghickers zeigten den Mogolen den Weg nach Hins doſtan , und noch lebt ihr Name in dem Diſtrikt

Ghafares (Kafares ), den alte Reiſebeſchreiber als eine beſondere Proving des mogoliſchen Reichs an .

führen , obgleich dieſer Name ſo wenig als ihre Hauptveſtungen Pirnala und Dhankara in den Bes ſchreibungen von Jahor oder Cafbemir vorkommt. Selbſt die Medats , welche einen waldichten Lands

ftrich c ) S. Feriſhta's Account of Malabar in Afiatic

Miſcellany , Vol. II. Ⓡ. 303 .

Erſte Periode , biß 1525.

97

ftrich , wenige Meilen von Delhi,bewohnten , lebo ten die Hauptſtadt zuweilen in Schrecken.

ilm

1265. wurden über hunderttauſend von ihnen nies

dergehauen , und dieWaldungen gelichtet, ihren Råubereien ein Ende zu machen. Ueberhaupt war das Gebiet der pataniſchen Regenten gegen

Súden durch den Nerbuddafluß begrenzt, und vor Ende des dreizehnten Jahrhunderts blieb Dekan

von ihren Verbeerungen verſchont, wo ſie niemals beſten Fuß faſſen konnten.

Obgleich die Regierungsgeſchichte der meiſten

pataniſchen Könige größtentheils in Grauſamkeiten, Schwelgereien und ewigen Kriegen mit den Nachs barn und rebelliſchen Unterthanen , beſteht, ro has ben ſich doch einige von ihnen auf andere Art aus,

gezeichnet, und Hindoſtan war zuweilen der Zus fluchtsort, wohin ſich die Prinzen von Turkeſtan , Choraſan , Perſien und Syrien gegen die Wuth der Mogolen retteten "). Sultan Altumſk , der 1258. ffarb, und ein glücklicher Krieger war , vers

warf alle morgenländiſche Pracht ſeiner Vorfah, ren , Er hatte kein Serail oder Zenana, fondern

begnügte ſich mit Einer Gemahlin. Dieſe mußte, feine ganze Wirthſchaft führen, auch mit eigenen Hånden das Brodt für ſeine Tafel backen. Wie ſie einmal bei dieſer Arbeit die Finger verbrannt

hatte, und von ihm eine Mago zur Gehålfin vers langte; ſchlug er ihr folches ab , weil er das Reich

nicht mit überflüſſigen Husgaben beſchweren wollte. ga er felbſt beſchäfftigte ſich , weil er Lånder res gieren mehr für Ehre, als Arbeit hielt , mit Bús chers d) Dow I. 8. 206.

5.Th. 2. Abth .

Geſchichte von Oſtindien .

98

cherabſchreiben , um einigermaßen ſein Brobt zu verdienen.

Gegen das Ende des dreizehnten Jahrhun . derts reizten die Reichthúmer der bisher unbezwuni genten Rajahs von Dekan auch die Raubſucht der

Patanen . Unter Ferofe 11. jog deſſen Schwiegers Fohn Alla mit einem kleinen Heer gegen Südent, 1

(

und eroberte 1293. die uralte Stadt Deoghir (Tas

gara) in der nachherigen Provinz Ahmednagur, das mals die Reſidenz eines machtigen Rajahs, dec, wie mehrere andere, die Halbinſel unter ſich getheilt hatte. Er verließ aber dieſe Hauptſtadt wieder, welche hernach den Namen Dowlatabad erhielt, und kehrte mit unermeßlicher Beute , welche blos in gediegenem Golde 15000 Pfunde betrug , nach Delhi zurück. Allein Feroſe Hatte von dieſem glúcks lichen Zuge keinen Gewinn , die Großen am Hofe

wollten Sheil an der reichen Beute haben , und ries then dem alten Kaiſer , ſeinen Feldherrn Aua , ſo

hieß der glückliche Sieger, ſeiner Schåße zu bes rauben , weil er ohne Erlaubniß fich ſo weit unter den Gókendienern gewagt hatte. Aber auch Alla

wollte nicht den Sohn ſeines fühnen Zuges verlies ren. Er verſtårkte ſein Heer, und hatte beſchloſs fen, in Bengalen ein neues Reich zu ſtiften. Durch Verſicherungen unwandelbarer Treue , und reich liche Geſchenke an ſeine Freunde am Hofe, bewegte er den Kaiſer, mit einem kleinen Gefolge in fein Felds

lager zu kommen , ließ ihn aber unterweges ermors den.

Nun beſtieg der Meuchelmorder der: Thron

von Delhi, und Feroſe's Prinzen , die des Vaters Tod råchen wollten , wurden nach kurzem Widere

ſtande überwältigt. Um 1306. mußten Alla's Felde Herrn

Erſte Periode, biß 1525 .

99

Herrn einen abermaligen Zug nach Dekan unters nehmen , der eben ſo glücklich ausfiel. Ganz Malva ward damals erobert , und die berühmten Städte Ugein und Mandu mußten den Siegern ihre Thore

öffnen. Damals ward auch die Provinz Merut, das Vaterland der Maratten , im nordweſtlichen

Dekan , bezwungen , wenn anders Dow , der fer riſhta's Geſchichte von Indien nur auszugsweiſe mittheilt, diefen Namen in ſeinem Driginal gefuns Den hat. Deoghir ward ebenfalls erobert , und der

Rajah mußte perſönlich dem pataniſchen Monare chen die Huldigung leiſten. Hierauf ward Eelins ga , oder das nachherige Golconda, eine alte

Hauptprovinz im öſtlichen Dekan , angegriffen , und Urinfil ( Warangole), die Hauptſtadt des Ras jahs von Carnatie, eingenommen. Qua's Feldherr, Cafoor , drang 1306, noch tiefer in Dekan ein , er bezwang viele Fürſten , deren Länder ihre Nas

men fpåter verändert haben , und deren Jage , wię Door , Summund, jeßt nicht angegeben werben

kann , und kam endlid nach Maber, oder dem heus Ueberall wurden die indiſchen Tempel zerſtört, und die goldnen Góken nebſt den in den Zempeln ſeit Jahrtauſenden aufgehäuften Schågen geplundert, und unter dieſen ein alter bes

tigen Maramar.

rühmter Sempel, Seets Bunder Rameſſar. Da Hun in Sanjore und dem benachbarten Maramar

noch Pagoden von riefenináßiger Geſtalt vorgans den ſind , bei denen man heilige Ochſen aus einem einzigen Granitblock fehen fann , die zweitauſend

Centner wiegen " ), der Gott Rama ( Brahma), der Erſchaffer, hier ſeit den älteſten Zeiten verehrt

der Erſdaffet, biet G

ward , Pennants View of Hindoltan , V. II. S. 14.

100

Geſchichte von Oſtindien.

ward , auch Bunder einen am Meere belegenen Drt bezeichnet; ſo erreichte der Sieger Cafoor wahrſcheinlich die Ceylon gegenüberliegende Súſte.

Er ließ bei dieſem Gókentempel eine Moſchet bauen , die noch zu Feriſhta's Zeiten vorhanden war. Eben dieſer Feldherr verheerte 1311, bas weſtliche Defan , und verbreitete ſeine ſiegreichen Waffen bis Dabul in der Nachbarſchaft von Sets

terah, der ehemaligen Hauptſtadt der Maratten. Die reiche Beute , welche ein jeder Zug nach Der kan in die kaiſerliche Schakkammer brachte, und die Bemühungen der machtigen Rajahs , in dieſer

Halbinſel das unerträgliche goch ihrer Glaubenso feinde abzuwerfen , wenn dieſe mit ihrem Raube heimgekehrt waren, verwickelte die Kaiſervon Delhi in endloſe Kriege, welche bis zu unſern Zeiten forto gedauert þaben. Im Norden ihres Reiches fonts ten fie kaum die Einfälle der Mogolen nebſt den

Streifereien der Rasbutten abhalten , und im Sů den griffen die galbbezwungenen Rajahs von Des

kan bei jeder Gelegenheit zu den Waffen. Um das her dieſe trefflich angebauten Provinzen nicht zu

verlieren , verlegte Sultan Tuglie Shah 1338. den Sik des Reichś nach Deogħir. Aus Delhi muß. ten alle Einwohner , jung und alt , auswandern ,

and diejenigen , welche die Reiſefoſten nicht auf. bringen konnten , wurden unterweges auf Koſten

des Kaiſers verpflegt. In Deoghir, das damalo ſeinen Namen in Domlatabad verändern mußte, ließ er eine Menge neuer Gebåude aufführen , und , damit die Auswanderer auf ihrem langen Wege

Schatten fånden , diefen mit Bäumen bepflanzen , Alle Großen mußten ihre Familien nach der neuen Haupts

Erſte Periode, biß 1525.

101

Sauptſtadt ſchicken , um dem Kaifer als Geißel ihrer Treue zu dienen , und Delhi ward wüſte und leer. Doch nach einigen Jahren mußte er den vers triebenen Einwohnern von Delhi, die lieber in die

Waldungen flogen , als ſo weit nach Süden aus. wanderten , erlauben , iğren alten Wohnſig wieder

zu beziehen, uno Delhi blieb nach wie vor Indiens

Hauptſtadt. Dowlatabad Hingegen warb die pa. taniſche Hauptſtadt in Defan , und dort ſchlugen die Vicefónige ihr Hoflager auf, um die ſüdlichen Eroberungen zu erweitern. Aber dieſe fündigten ſchon 1347. dem Sultan von Delhi den Gehors

fam auf, und Alla ul Dien , vorher ein armer Mahometaner in Delhi, verwandelte die patanis fchen Eroberungen in Defan in ein unabhängiges

Reich , das ſich in dieſer Halbinſel allmäßlich ers weiterte, und , wie wir unten ſehen werden , bis 1525. blågete , ohne in einiger Verbindung mit Delhi zu ſtehen. Damals gerfiel es durch Empós

rung der Großen in fünf beſonderemahometaniſche Staaten , die theils einander aufrieben, theils zur fekt von den Mogolen verſchlungen wurden. Gegen Ende des vierzehnten Jahrhunderts erreichten die Empórungen in den Provinzen eine

folche Höhe , und der Chron in Delhi wechſelte fo oft unter den pataniſchen Prinzen ab, daß zwei ders felben zugleich den Sultanstitel führten , und die

Großen bald denSultanMahomet IV., bald deſo fen Gegner Abu Bicker , unterſtüßten . Endlich ges langte nach dem Tode beider Pråtendenten 1393 . ein Kind auf den Thron , Namens Mahmud III. Dieſer konnte die abgefallenen Großen, welcheihm ;

wie feinem Vater Mahomet, einen neuen Kaiſer * eitt

V

1

102

Geſchichte vonOſtindien .

entgegenſtellten , nicht überwältigen , die Statt.

Halter in den Provinzen bekriegten einander, um während der Verwirrungen in Delhi ihre Anhäns ger ju vermehren , und mitten unter dieſen Unru.

ben ward Hindoſtan von einem wilden Eroberer

angegriffen , dem es in ſeiner zerrůtteten lage nicht widerſtehen konnte.

Dieſer Angriff kam von der nordweſtlichen

Seite her, auf welcher die Mogolen beinahe feit þundert Jahren Indien zu verheeren verſucht hate ten , und Eimur oder Tamerlan war der Anfüh. rer dieſer unüberwindlichen Räuberhorden. Eimur gehörte nicht zu den Nachkommen des Weltverwůs ſters Dfbinkischan, von dem der größte Theil von Aſien bezwungen und hernach unter feine Söhne und Enkel vertheilt ward , obgleich Timurs Bors

fahren von einem Oberhaupte eines der vielen mos goliſchen Stamme entſproſſen waren. Bei den Regenten von Zagatai oder der großen Bucharei was ren deſſen Uhnherren Noviane oder Defſire geweſen , und ſein VaterTargai beſaß als Novian die Stadt Kerh (Sheerfobz) nebſt ihrem Gebiet, etwa ſechs deutſche Meilen fübivárts von Samarkand belegen. Da die große Bucharei damals fo gerſtůckelt war, daß man innerhalb ihrer alten Grenzen ein und

dreißig fleine Dynaſtien zählte, die einander uns aufhörlich befehdeten , verſuchte der junge Timur in dieſen Fehden ſein Glück, und zeichnete ſich bald durch ſeine Tapferkeit vor den übrigen mogoliſchen

Anführern aus, daß man ißm zum Chan der alls máßlich wieder vereinigten Bucharei wählte. Er

beſiegte hierauf andere an ſeine Weidepláke gren, jende Horden , und erhob Samarkand zur Haupts Radt

Erſte Periode, biß 1523.

103

Stadt feines neuen Reichs. Mit ſeinem Glüce ftieg fein Ehrgeiz , und er beſchloß, alle die Lånder

ſeiner Herrſchaft zu unterwerfen , welche die Mos golen unter Dlhinfischan erobert hatten. Nach der Eroberung von Chowareſim und Choraſan wurs

den Kandahar , Perſien , Seorgien und andere Provinzen , von dem Sieger verheert. Von hier -309 er nach Rußland , verwüſtete die Hauptſtadt 1

Moſcau , und jerſtreuete die goldne Horde am Uralfluß . Die unglücklichen Einwohner diefer láns der , welche ihr Eigenthum dem wilden Räuber nicht preisgaben , oder ſich nicht unbedingt unters warfen , wurden bei tauſenden niedergemegelt. Da Limur bereits 1394. ſeinem Enkel Pir Mahomet bie (ånder von Ghizni bis zum Gndus übergeben

hatte, auch ganz Hindoſtan wegen der innerlichen Unruhen eine leichte Eroberung zu feyn fchien , ſo nahm dieſer Prinz von ben abgetretenen Ländern

Beſik. Er zog hierauf über den Indus , breitete fich in Multan aus, und bezwang die Stadt dies fes Namens. Limur folgte ihm 1397. mit einem Heere von 92,000 Kriegern ' ) nach Hindoſtan , führte daſſelbe ohne Widerſtand über den Indus und die Flüſſe, welche ſich in denfelben ergießen , und befreiete ſeinen Enkel, der während der Regens geit alle Pferde verloren hatte , und von den In. viern in der Stadt Multan eingeſchloſſen war.

Beide nahmen hierauf ihren Weg über Adjobin , Batnir (Battenije), Samana 2c- 9) , mit Raub und Gefangenen beladen nach der Hauptſtadt.

Ehe er aber dieſe einnahm , ließ er alle indiſche Ges G4

fans

f) Inſtitutes of Timur by J. White , $ . 135...

$) Rennels Memoir third Ed. 8. 92. 113 , 116.

104

Geſchichte von Oſtindiert.

fangene, hunderttauſend an der Zahl , niedermes

Bein, weil ſie bei einem Ausfall, den der unglüds liche Mahmud aus Delhi wagte, ihre Freude bes jeugt hatten , oder ſich bei einem abermaligen Ges fecht in Freiheit reßen , uno mit ihren Brüdern ver. einigen konnten. Mahmud , der unter den Mauere *

ſeiner Hauptſtadt die Feinde angriff, ward aufs Haupt geſchlagen , und mußte nachGujeratte ents fliehen. Die Einwohner von Delhi untermarfer fich hierauf dem Sieger, und alle Grußen eilten

in ſein {ager, ihm ihre Ehrfurcht zu beweiſen. Er 書1

ließ ſogleich in allen Moſcheen ſeinen Namen beim Gebet ausrufen , und forderte von der Stadt eine Kriegesſteuer. Aber ihrer wartete ein trauriges

Schickſal. Limurs Steuereinnehmer zwangen die Reichen durch Marter und andere Gewaltthätigo keiten, ihre Schäße anzuzeigen , fo daß dieſe, über

die harte Behandlung aufgebracht, zu den Waffen griffeit, und in dieſem Kampf einige Mogolen ers ſchlagen wurden. Uuf die Nachricht der in Delhi

ausgebrochenen Unruhen befahl der Wüterich , die Stadt auszuplündern und die widerſpenſtigen Eins wohner niederzuhauen , und die Mogoten erfüllten Den Befehl ihres Cirannen mit der grauſamſten Wuth. In dieſer verzweifelten lage tódteten die Indier nach einem alten Gebrauch , Joar genannt,

wenn alle Hoffnung verloren war , ihre Weiber und Kinder; und zündeten ihre Wohnungen an, um den Ueberwindern die Beute zu entreißen . Ein großer Theil der Stadt ward ein Raub der Flams

men, und die Einwohner , welche die Flammen vera ſchonten , oder nicht durch das Schwerdt der Mos golen fielen , wurden als Sklaven in das feindliche tager

Erſte Periode, biß 1525 .

105

lager geſchickt, ſo daß einzelne Krieger hundert Ges fangene, ja Knaben , Haufen derſelben , vor ſich Ker trieben. Funfzehn Tage verweilte Limur auf

den Ruinen der zerſtörten Stadt , und nahm biers auf ſeinen Rückzug , ohne die eroberten Provinzen ganzmit ſeinen Ländern zu vereinigen , oder in den Hauptveſtungen Garniſonen zu hinterlaſſen . Doch zeigte er ſich , wie wir weiter unten ſehen werden ,

als wirklichen Herrn von Hindoſtan , und vers ſchenkte gange Provinzen nach Gefallen. Anfangs nahm er einen andern Weg , als den er gekommen

wer , und wandte fich nordmårts. ' Auf dieſem Zuge ward die Stadt Mehrut zerſtört, weil die

Einwohner ihm nicht die Thore öffnen wollten , und er bezeichnete ſeinen Weg bis an die Gebirge

von Sirinagur mit Feuer und Schwerdt. . Timur führte Hierauf rein Heer über den Ganges , und

ſchien die Provinz Äußt zu bedrohen, berweilte dort aber nicht lange , ſondern marſchirte långs der Gebirge Semalik, über Meliapur , gallindar und Gummo nach Weſten , jog zum zweitenmale

über den Indus, und weiter über Cabul und die

Gebirge Hindoku nach Samarkand. ' In der Pros ving lahor beſtåtigte er den alten Statthalter , und übertrug ihm die Verwaltung von Multan und ano derer Diſtrikte. Zur Dankbarkeit ließ dieſer Geld

in feinem Namen prägen , ſchickte auch zuweilen ribut nach Samarkand.

gn andern indiſchen

Provinzen ließ er die Befehlshaber, welche ſich ihm unterwarfen , bei ihren Würden , auch ließen

fich in fåndern jenſeit des Indus viele Mogolen nieder , und noch 1429. finden wir in Cabul einen

mogoliſchen Statthalter, der dieſe Provinz im Nas Ss

men

Geſchichte von Oſtindien .

106

men von Sultan Shah Roth , Limurs, Sohn und Nachfolger , regierte.

Wagrend dieſes Ungewitters , welches vors züglich die nördlichen Reichsprovinjen traf, bere haupteten ſich die pataniſchen Statthalter in den weſtlichen oder ſüdlichen Provinzen , ohne ſich um den Kaiſer von Delhi ju befúmmern , viele nahs

men den Königsritel an , und hinterließen die ih. nen zugefallenen fånder ihren Erben.

Nach Sis

murs Rückzug famen die beiden Gegenfaiſer, Mah. mud und Nufarit , welche bisher um den Thron bon Delhi gekämpft Katten , aus ihren Schlupf winkeln wieder hervor , fonnten ſich aber weder in Delhi behaupten , noch die abgefallenen Provinzen

ihrer Hoheit unterwerfen. Nuſarits Schickſal iſt weiter'nicht bekannt geworden , Mahmud hingegen warb aus einer Veſtung feines verheerten Gebiets jur andern getrieben , und von denſelben Großen des Thrones beraubt , auf den ſie ihn erhoben hati ten , und ſtarb 1413. Mit ihm erloſch die patas

niſche Dynaſtie, welche ſeit 1205. Hindoſtan ber herrſcht hatte, und deren Stifter Sultan Cuts tub war.

Dem Mahmud folgte ſein Staatsſecretair Dowlat Cyan in der Regierung , der aber nach funfzehn Monaten ins Gefängniß wandern mußte.

Chiger Chan , der von Mahomets des Propheten Familie ſtammte, und daher den Beinamen Seid oder Syed führte, bewirkte dieſe Revolution. Et

war vorber Statthalter von Lahor und Multan , und Timur hatte ihn in dieſer Würde beſtátigt. Die Geſchichte feiner und feiner Nachfolger Res gies

Erſte Periode , bis 1525. 107 gierung beſteht in immerwährenden baldglücklichen bald unglücklichenGefechten, vereitelten Verſuchen , die abgefallenen Provinzen wieder ans Reich zu

bringen , Rebellionen zu unterdrücken , und izren

wankenden Thron gegen Prátendenten zu ſchüßen.

1

Die oft blos titulåren Beherrſcher des weiland k ſo m Bezir oder s t l ha en , ſwtoahditn ſie ſiechn zuweil s dem Ort ihres Aſutfent t t u nach dem Verl der Haup er rette t,ennicht n e l h zu rbefe , mund ihcrhetUennehnång ge vermeiherßen ſich zwa nachmeeinnee erfo i aber Sie , verl m e n o t d n n n h r Pa ebe ſo bal , we ſic der die ge Sieg teauf die anderte Seite lenfte e,n oder ſie ihre Dienſ nicht belohn gemneungfcghlaufbtt . Ein Sulo

m d tan ßveonn Chizersr Nachko en war von desn o e n Gr in ein vo ihm erbaut Stadtg ermor n det , dsund der leigltleig Sultan tatuesnredegrieFraumilie d8er a w t Sye tra frei 144 . hdaibeerSch s h einem feintermaBnenfehl abt, und olnebte Gernac a a d v als Pri in der Sta Bud .

Dieſer Thronenräuber hieß Beloli, er war

ebenfalls afgahniſcher Herkunft, und aus dem Stamm lodi entſproſſen , daher alle ſeineNachfol. ger , welche bis 1525. den Chron von Delhi bes faßen , den Beinamen lodi führten. Beloli's Bors fahren waren Handelsleute , welche ſich mit dem

Verkehr zwiſchen Perfien und Hindoſtan beſchaffe tigten , und ihrer Reichthümer wegen anſehnliche Statthalterſchaftenerlangten. Uuch Beloli beſaß vor ſeiner Thronerhebung eine ſolche Statthaltero ſchaft, oder hatte die Regierung von Sirhind, ein nem anſehnlichen nördlichen Diſtrikt in der Pros ving Delhi, an ſich geriſſen . Er aber und ſeine Nacho

1

Geſchichte von Oſtindien . Machfolger konnten den alten Glanz des indiſchen 108

Kaiſerthums nicht wieder herſtellen, noch weniget eine von den großen abgefallnen Provinzen ihrem Zepter unterwerfen . Schon 1452. war Beloli

gezwungen , die Ueberbleibfel ſeines kleinen Reichs mit dem machtigern Statthalter von gonpur zu theiten , der ſich zum Oberheren von Elhadabad und eines Theils der Provinzen Agra , Auhd und Behar , aufgeworfen hatte. Wie wenig Beloli

von den alten Provinzen ſeines Reichs beſaß , ob er gleich auf einige Zeit Multan bezwungen , und einen Theil des Landes Mewat , auch Sonpur,

wieder zum Gehorſam gebracht Gatte, beweiſt fein lekter Wille von 1478, worin er jedem ſeiner Söhne und Enfel etwas von ſeinem Gebiete übers fieß , welches nur aus Agra , Delhi , Elhadabad,, und Stücken von Auhd und Behar , beſtand. Das übrige Hindoſtan war iri mancherlei Staaten gertheilt. Beloli jog 'auch aus den erſten Provins zen nicht alle landesherrliche Einfünfte, moeil eino

jelne unbezwungene Rajahs,oder aufrühriſche lehns. leute, die Steuern ihres Bezirks einbehielten , und råuberiſche Nomaden von Zeit zu Zeit des Suls tans länder brandſchaften .

Bis auf Babers Eroberung vonDelhi und des nördlichen Hindoſtans erlitt das Reich keine

joichtige Veränderungen , oder es blieb dort bei den alten Verwirrungen.

Beloli's Nachfolger,

Secunder Shah, verſudste zwar 1494. Bengas Ten wieder zu erobern , erhielt aber in dieſem Kriege nichts weiter , als eine nähere Grenzbeſtimmung, doch ward bei dieſer Gelegenheit Behar auf einige

Beit wieder mit dem Reiche vereinigt. Eben dies - fer

Erſte Periode, bis 1525.

199

fer Sultan wählte 1504.die Beſtung Ugra zu ſeis ner Reſideng, und Delhi ward von den Großen

und allen , welche zum Hofe gehörten , verlaſſen , Die Provinz Malva, welche die pataniſchen Sul. tane nie völlig bezwangen , wenn ſie gleich zuweis len jenſeit des Merbudda ſiegten , konnte er wåk. rend der Zwiſtigkeiten unter den dortigen Najahs auch nicht wieder ans Reich bringen , doch mußte erichtige Veſtung Narwar nebſt ihrem Gebiete unterwerfe . Secunder ſtarb 1916 , und n

batte ſeinen Sohn gbrah

zum Nachf

, uns

ter welchem Hindiſtan voinm den Mogoloelgnererobert ward , oder oder das weiland furchtbare Reich des Große moguls feinen Anfang nahm , wie gleich gezeigt werden ſoll.

Unter den Sultanen des Hauſes lobi , vors züglich unter Secunders Regierung, fanden die Portugieſen den Seeweg um das Vorgebirge der

guten Hoffnung nach Oſtindien

bewirkten eine

wichtige Revolution im indiſchen Handel, und die Kaiſer von Hindoſtan , nebſt andern indiſchen Fúro ſten , kamen allmählich in någere Verbindungmit Europa. Da aber Baſco de Gama und feine Nacho

folger zuerſt blos einige Håfen von Defan beſuch ten , diefes große Sand , außer den oben erwähnten Streifzügen , feit der Mitte des vierzehnten Jahrs

Hunderts von Delhi entweder ganz unabhängig, oder in fünf mahometaniſche Reiche zertheilt war, auch die Portugieſer vorzüglich die Küſte Malabar beſchifften , welche fremde Eroberer bisher nicht

verheert oder bekriegt hatten , ſo ward die uns kunft eines fremden Volfs vielleicht nicht einmal

in Delhi oder Agra bemerkt.

Selbft Feriſhta, der

110

Geſchichte von Oſtindien.

der allgemeine Geſchichtſchreiber von Indien , Hat bieſe für Europa und Indien gleich wichtige Bes gebenheit kaum berührt, welche unten ausführlicher bargeſtellt werden ſoll.

Zweite Periode. Indifche Geſchichte unter mogoliſchen Re genten , oder den Großmoguln , vom

Kaiſer Baber 1525. bis Aurungzebe - 1707

Sbrahim , der lebte Sultan aus dem Hauſe lobi,, konnte feine zwanzigjährige Regierung durch fich kaum gegen feine Brüder und unruhige Befehls: Haber" auf dem Thron erhalten , als ein Fühner Åbentheurer , der in ſeinem Vaterlande alles vers loren hatte, ihm die Krone raubte. Dieſer war

Zeir 'ui Dien Mahummud Baber , der fünfte Ab* kömmling in gerader Linie von dem Weltverwüſter Limur.

Sein langer Name heißt ſo viel als Sule

tan Baber , die geprieſene Stüße der Religion.

Nachdem Limurs großes Reich durch Theilungen, Empórung der Großen und Angriffe der Nachbarn , in mehrere kleine Staaten zerſtůckelt war, die durch ewige Fehden einander aufrieben , maro Babers

Water Herr von Fergana ( Furgaunet ) , Khojend und Oſhrupna ( Auratia , aſthruſhna). Dieſe Pros vingen lagen nordoſtwärts von Samarfand, an

den Duellen und füdlichen Ufern des Sifon ,und feine

Zweite Periode, von 1525-1707. TIT feine Hauptſtadt hieß Undekhan (Andſhan , Ina dija). Baber verlor ſeinen Vater ſchon , als er erſt zwölf Jahre alt war , bewies aber in dieſem

Knabenalter ſo viel Geiſt und Entſchloſſenheit, daß er nicht nur 1494. die Regierung dieſer Lånder übers nahm , ſondern auch dieſe aufs tapferſte gegen ſeine Berwandten vertheidigte , die ihn in ſeiner Haupts ſtadt einmal eingeſchloſſen hatten. Baber eroberte 1496. Samarkand, die damalige Hauptſtadt von

Lurfeſtan, und andern Provinzen , welche Limut bezwungen hatte. Allein da dieſe Stadt ſich ihm auf Kapitulation ergeben hatte , ſo verbot er ſeiner Soldaten , zu plündern. Dieſe waren aber blos

in der Hoffnung, Beute zu machen , ſeinen Faha 3

nen gefolgt , und verließen ihn daher , um unter einem andern Führer ihre Habſucht beſſer zu ber friedigen. Baber kam dadurch in ſolche Verlegens Beit , daß ſeine große Armee bis auf vierzig Reuter

zuſammenſchmolý, Samarkand , Fergana, nebſt | allen Eroberungen , verloren gingen , und er ſeine Zuflucht zum Fürſten von Choraſan neşmen mußte. Er brachte jedoch bald mehrere Fürſten , unter ans dern ſeinen Dheim Sultan von Bochara, auf ſeine Seite, und eroberte 1498. fein våterliches Erbis

theil nebſt andern Diſtriften wieder . Allein auf einem Zuge nach Samarkand entſtand eine abers

malige Empôrung unter ſeinen Truppen , fie veca ließen ihn größtentheils , und nur zweihundert und vierzig Mann blieben bei ihm . Unſtatt mit dieſer geringen Mannſchaft nach ſeinen Staaten zurücks zukehren und beſſere Zeiten zu erwarten , liebrer fich dennoch nicht abſchrecken , die volfreiche Stadt Samarkand ju überrumpeln. Der erſte Angriff mig.

II2

Geſchichte von Oſtindien.

mißglückte zwar , aber der zweite gelang ihm1499. Die Stadt ward in der Nacht von ſeinem kleinen

Haufen erſtiegen , Babers Anhänger vereinigten fich mit demſelben , und obgleich über 14000 Usbes ten den Angreifer zu verjagen ſuchten , ſo mußten fie doch zuleßt die Stadt dem Sultan Baber übers

laſſen. Dieſer fühneStreich , der bei der Große der Stadt , ihrer zahlreichen Befakung, der Wachs

famkeit der Einwohner, welche den erſten Angriff glücklich vereitelt hatten , und dein ſchwachen Hoffe nungsſtrahl, von wenigen Freunden in der Stadt unterſtüßt zu werden , ganz unausführbar ſchien,

wird von den morgenländiſchen Geſchichtſchreibern als das ſchwierigſte Unternehmen ſeiner Art geſchil. dert , und weit über alle Großthaten ſeines Ahn Herrn Timur erhoben. Baber war nun zwar Herr bon Samarkand, aber fein Heer zu ſchwach , die daraus berjagten lisbefen nebſt ihren Bundsgenoſ +

fen aus Maverelnabr (Transoriana) zu vertreiben. Die Hülfe, welche er zu dieſem Zweck von den mo,

goliſchen Fürſten erhielt, war entweder für jenes Unternehmen zu geringe, oder die Hülfstruppen

verließen ihn , anſtatt Beiſtand zu leiſten . Er litt daher 1501. bei Caridzin eine gewaltige Nieders lagë, und erreichte Samarkand mit wenigen Bei

gleitern. Die Stadt ward hierauf von den Usber ken belagert, und Baber dort aufs engſte einger fchloſſen . Nachdem er Samarkand vier Monate

lang tapfer vertheidigt, und eine ſchreckliche Huns

geronoth die Ueberbleibfel feines Heeres nebſt vies len Einwohnern aufgerieben hatte, war er gezwuns gen , fein Heil in der Flucht zu ſuchen.

In einer

dunkeln Nacht verließ er, nebſt hundert ſeiner Ger treuen

Zweite Periode , von 1525-1707, 113 treuen , die Stadt, und entkam nach Taſhkend. Aber auch hier fand er keine bleibende Státte , ob

gleich ſeine Verwandten alle Kráfte aufboten , Bas bers Angelegenheiten wieder herzuſtellen , oder wes

nigſtens für ihn ſein våterliches Erbtheil Fergana zu erobern. Die vereinigten Fürſten wurden von Den Usbefen aufs Haupt geſchlagen , und Bas ber mußte ſeine Zuflucht zu einem ſüdlicher wohs nenden mogoliſchen Fürſten , dem Chan von Zero med ( Turmuz) ; nehmen , deſſen Reſidenz am ſüd.

lichen Ufer des Gihon in der Nachbarſchaft von Baltk belegen war.

Wie er dieſem fein unglück.

liches Schickſal vorſtellte, und ihm bewieb , daß fein Mißgeſchickihn bisher wie den Stein auf dem Schachbrett umhergetrieben habe , rieth ihm dieſer, ſeinen Verluſt zu vergeſſen , und ſein Glück in einer andern Weltgegend , in dem von Parteien zerrúts

teten Hindoſtan , zu verſuchen. Die außerſte Pro, ving dieſes Reichs war Cabul , jenſeit, des gndus belegen , und durch die Gebirge Hindoku von den

Låndern der Mogolen getrennt. Hier herrſchten feit Timurs Eiubruch in Hindoſtan mogoliſche Statthalter , und 1506. war einer von Babers

Verwandten Regent von Cabul. So wie ſich in Hindoſtan die Großen einander die Provinzen zu entreißen ſuchten , die vom Sultan von Delhi abs gefallen waren , fo ward Cabul damals durch åħn .

liche Zwiſtigkeiten zerrůttet. Baber , der fünfmal in Indien einbrach , ehe er dort die mogoliſche Obers herrſchaft gründen fonnte, benußte dieſe Unruhen ,

und eroberte Eabul in kurzer Zeit. Åber anſtats weiter nach Oſten vorzubringen , und die unrechts

mäßigen Beſiger aus Jabor oder Multan zu vers 5 5. A. Abb

H

trets

114

Geſchichte von Oſtindien.

treiben , eilte er wieder über die Gebirge zurid , und unterwarf ſich Candahar und Ghizni. Das gegen empórte ſich Cabul gegen ihn , das er aber durch ſeine Entſchloſſenheit wieder bezwang , indem er die Unführer der Rebellen an der Spike ihres Heers mit eigener Hand im Zweifampf erlegte. Unterdeſſen hatten die Usbeken Candahar ihm wies

der entriſſen. Weil aber Shubiani ( Shaibek ), ihr Sultan , gegen welchen Baber nie aufkommen

konnte, nicht lange darauf mit den Perſern in Krieg verwickelt ward , worin derſelbe 1511. ſein Leben

verlor, ſo beſchloß Baber nach deſſen Tode , das verlorne Fergana , und was die Usbeken ihm an

den Flüſſen Sigon und Sihon entriſſen hatten ,wies der zu erobern. Er war auch ſo glücklich, mehrere mogoliſche Prinzen unter ſeinen Fahnen zu vereinis gen , ſo daß er mit einem Heer von 60,000 Reus , tern die Reiche Bochara und Samarkand wieder

bezwang. Er wählte hierauf Samarfand zur Haupts Hadt ſeiner damaligen und fünftigen Eroberungen, und überließ ſeinem Bruder die Regierung von Cas bul. Aber nach neun Monaten hatten ſich die Use befen von der Miederlage wieder erholt, worin ihr fiegreicher Führer geblieben war , und vertrieben die Mogolen aus beiden Reichen. Baber ſuchte

Hierauf in Verbindung mit den Perſern Bochara und Candaþar wieder zu erobern , ward aber , nebſt

ſeinen Alicten, abermal geſchlagen , ſo daß er mit

Mühe und Gefahr nach Cabul entfliehen konnte. Doch behielt er von ſeinen Eroberungen Ghizni, deflen Grenzen aber gegen vorige Zeiten auf einen kleinen Umfang beſchränkt waren . Da

Zweite Periode , von 1525-1707. 115 Da ihm das Glück auf ſeinen nördlichen Zus gen ſo ungünſtig geweſen war, ſo wandte er ſich nunmehr nach Hindoftan, und zog 1519. über den Indus.

Ganz Panjab , oder das Land der fünf

Flüſſe , ward von ihm bezwungen , und er ſchickte Boten an den Sultan Ibrahim , mit dem Uufs trage , Indien fen vom Timur erobert und den

Mogolen zinsbar geworden , er ware alſo entſchloſs fen , die Rechte ſeines Hauſes gegen Jbrahim auss zuführen , und verlangte von ihm , durch Unters

werfung der Verheerung des Landes zuvorzukoms men.

Ullein Baber konnte ſeinen Plan damals

nicht ausführen. Die Afgahnen waren in Cabul eingefallen , und nachdem ex dieſe zu Paaren ges

trieben hatte , bedrohete der König von Candahar eben dieſe Proving , dieſer ward aber geſchlagen, ſeines landes beraubt , und Candahar mit Babers übrigen Ländern vereinigt, wozu damals auch Bas Dakſhan gehörte . O6 Babep ohne folgenden Ums

ſtand wieder über den Indus gegangen wäre, weil ſeine Macht ſich unmöglich mit den großen Heeren meſſen konnte, die Straßim ihr entgegenzuſtellen im Stande war , iſt noch nicht ausgemacht. Das

mals , oder 1519 , empórte ſich der Statthalter von lahor gegen Jbrahim , und unterwarf ſich dem Eroberer von Cabul; und da zu gleicher Zeit eis

- ner von Jbrahims Brüdern viele indiſche Magnas ten auf ſeine Seite brachte , um den regierenden

Kaiſer vom Chron zu ſtoßen , ſo unterſtüßte er ihn in ſeinem Unternehmen , nachdem der neue Prá. tendent ihm alle Länder jenſeit des Indus überlaſſen hatte. Über Jbrahim beſiegte ſeinen Bruder. Dies erweckte den Sultan Baber aus ſeinem Schlums mer, H 2

116

Geſchichte von Oſtindien .

mer , der ſich in Cabul den Vergnügungen über, ließ , und die Regierung der bisher eroberten Pros

vinzen ſeinen Großen anvertrauet hatte. Er jog ſeine Macht aus Ghizni und Badakſhan juſam . men , und zog über den Indus.

Weil einige von

Zbrahims Befehlshabern zu ihm übergingen , und andere ihn ermunterten , weiter fortzurücken , ſo beſchleunigte er feinen Marſch nach Delhi. Dort

erwartete ihn Jbrahim mit einem machtigen Heer, das Baber ſelbst auf kunderttauſend Reuter und 1

tauſend Elephanten ſchåßt, welche er mit dreizehns tauſend unerſchrockenen Mogolen angriff.

Die

Schlacht erfolgte 1525. bei Panniput, nordwärts von Delki, einem in der indiſchen Geſchichte durch

áhnliche entſcheidende Schlachten berüşmten Ort, und Baber erfocht einen herrlichen Sieg , nachdem

Ibrahim in dieſem Gefechte geblieben war. Delhi und Ügra óffneten dem Sieger die Thore , und die Herrſchaft der Patanen in Hindoſtan hatte nach dies ſem Treffen ihr Ende. gedoch viele pataniſche Große,im Beſig eins

zelner Provinzen und Beſtungen Hofften ſelbſt nach dem Verluſt der Hauptſtadt mit ihren zahlreichen

Heeren die Mogolen wieder über den Indus vers jagen zu können. Sie wählten einen neuen Sul.

tan aus dem Hauſe lodi , und ſuchten Agra zu ers obern. Babers (age war damals äußerſt gefährs lich. Viele Håupter der Patanen verließen ſein

Heer , und vereinigten ſich mit dem neuerwählten Sultan Mahummud. Die Einwohner der Pro .

vinz Ugra griffen zu den Waffen , überfielen die moe

goliſchen Streifparteien , ſchnitten dem Hauptheer alle Zufuhr ab , und Babers Soldaten fingen an , wegen

Zweite Periode , von 1525-1707. 117 wegen der ungewöhnlichen Hiße , des einreißenden Mangels , und der feindlichen Uebermacht , muth, los zu werden ; auch ſeine beſten Generale riethen den Rückzug nach Cabul , als das einzige Mittel, die Armee zu retten. Baber hingegen erklärte , ein Reich , mit ſo vieler Mühe und Beſchwerde erwors

ben , könne ihm nur mit dem Verluſt des Lebens

entriſſen werden , und ließ zugleich bekannt machen , daß jedermann , der ſeine Sicherheit dem Ruhm , und Bequemlichkeiten den Gefahren des Krieges

vorzóge , Freiheit haben ſollte , nach Cabul zurůck, zukehren. Dieſe Erklärung wirkte auf die jagens den Omrahs oder Befehlshaber, und jeder ſchwor, dem Sultan in allen Gefahren zu folgen. Audy das pataniſche Heer wagte keinen Angriff, vielmehr verließen mehrere Omrahs , auf die Nachricht, Bas

ber würdeHindoſtan nicht, wie ſein Vorfahr, råus men, ihre Poſten , und gingen zu den Mogolen mit ihren Truppen úber , um ſich dem neuen Herrn

zu empfehlen . Dennoch waren die Patanen an Mannſchaft Babers Truppen weit überlegen , er

ließ ſie aber durch ſeinen Sohn Humajun angreifen und zurücktreiben. Andere pataniſche Omrahs wur. den in ihren Veſtungen bei der damaligen Kriſe von den indiſchen Rajahs angegriffen , weil ſie

glaubten , die Herrſchaft der Mahometaner habe ihr Ende erreicht. Die pataniſchen Großen unters warfen ſich alſo lieber den Mogolen , ihren Glaus

bensgenoſſen, alộ die Rache der bisher von ihnen geplagten Hindus zu erfahren , und auf dieſe Art erlangte Baber die wichtige Beſtung Gualeor nebſt einigen andern. $ 3 1

Doch

118

Geſchichte von Oſtindien .“

Doch bei allen Siegen über die Patanen , und der Eroberung der Provinzen Cabul , Lahor, Delhi und Agra , war Hindoſtan noch lange nicht bezwungen. Große Abtheilungen des Reichs, wie

Multan, Agimere, Auhd, Bengalen und andere Provinzen , blieben in ihrer alten Verfaſſung, ſo daß indifche Rajahs ſolche unter fich getheit , oder pataniſche Omrahs ſich darin zu Herrſchern aufgeworfen hatten . Daher vereinigten ſich 1526 .

eine Menge indiſcher Fürſten und patariſcher Bes 1

fehlshaber, nebſt dem wieder emporgekommenen Sul. tan Mahummud , abermals gegen den glücklichen Eroberer. Sie brachten eine ſolche Macht zufams

men , daß Babers Feldherrn es für unmöglid, hiels ten , ſo vielen nach allen Niederlagen nie unters drückten Feinden widerſtehen zu können , und das

Her riethen , in Ugra eine ſtarke Garniſon zu faſſen, und mit den übrigen Truppen Panjab zu beſeßen.

Allein Baber entflammte ihren Muth durch ſeine Vorſtellungen , und alle traten ſeiner Meinung bei, die Feinde anzugreifen . Sie wurden auch in einem blutigen Treffen überwunden , und die ſich mit der Flucht retteten , über den Ganges getrieben. Dies ſer Sieg beveſtigte Babers Herrſchaft. Er hatte freilich die übrige Zeit ſeiner Regierung Empóruns gen genug zu dåmpfen, und rebelliſche Befehlshaber

zu beſtrafen , indeſſen da er ſeine Herrſchaft jenſeit des gumna bis an den Ganges ausgedehnt, und

ſelbſt Behar an den Grenzen von Bengalen bes zwungen hatte , ſo fonnte er an Eroberungen in

Nordweſten denken , und er ließ 1526. durch feia

nen Prinzen Humajun das Reich Balik in Beſik nehmen . Sultan Baber ſtarb 1530, im funfzigs ſten

Zweite Periode , von 1525 • 1907. 119 ften Jahre ſeines Alters, und regierte fünf Jahre .

in Hindoſtan. Er hinterließ den Ruhm eines glück. lichen , thátigen Eroberers, und eines milden , wohithátigen und gelehrten Prinzen. Er hat felbft die Begebenheiten ſeines Lebens in einem ungedruckt vorhandenen Werke beſchrieben , Bakeat Babri,

oder Babers Begebenheiten betitelt. Er hat darin nicht nur die Geſchichte ſeiner Vorfahren und ſeis ner eigenen Regierung , ſondern auch eine Geogras

phie und Naturgeſchichte von Indien , nebſt einer Unzeige der vornehmſten Mächte in Hindoſtan , verzeichnet.

Sein Enkel Ufbar der Sroße ließ es

aus der mogoliſchen Ulrſchrift perſiſch úberſeßen , und in dieſer Sprache wird es nicht nur in Indien Håufig gefeſen , ſondern es iſt auch in England in mehreren Abſchriften vorhanden , die in neuern

Zeiten durch zurückkehrende Britten dorthin ges bracht find ) .

Baber hinterließ feinem álteſten Prinzen Hus majun den Thron von Hindiſtan , und ſeine ans dern Eroberungen. Dieſer Prinz war des Vaters Gefährte auf feinen indiſchen Zügen geweſen , und

erhielt von ihm bei deſſen lebzeiten zur Belohnung ſeiner Tapferkeit die Regierung der fånder , welche Baber in der großen Bucharei, und jenſeit des gns dus , bezwungen hatte. Als Kaiſer von Hindoſtan war er eilf Jahre lang beſchafftigt, ſeinen Thron zu beſchüßen , von dem ihn ſein Bruder, machtige pataniſche Omrahs , und die beiden Segenkaiſer ſeines Vaters , Ada ul Dien und Mahummud, zu verbrången ſuchten und wirklich verorångten.

Nach langem Umherirren fand er , von ſeinen Ans H 4 hans h ) S. Ouſelys Oriental Collection . Vol. II. S. 37.

120

Geſchichte von Oſtindien .

Hångern verlaſſen , in Perſien ſichern Aufenthalt. Unterdeſſen ward Hindoſtan dreizehn Jahre lang von pataniſchen Abentheurern verheert, die einans der vom Thron ſtießen , und das unglückliche Land

Hatte in einer Zeit von neun Jahren fünf Kaiſer, 1

die entweder ermordet , oder auf gewaltſame Art von der Regierung entfernt wurden , bis Humajun endlich das Glück gatte , den verlaſſenen Thron wieder zu beſteigen. Es iſt aber kaum möglich , die Hauptbegebens

Heiten dieſes verwirrten Zeitraums auszuheben, weil Feriſhta , dem wir hier allein folgen fónnen , die

Theilnehmer an dieſen Verſchwörungen und ihre verſchiedenen Abſichten zu entwickeln unterlaſſen

Kat, auch die Empórungen in verſchiedenen Pros vinjen ausbrachen. Humajuns erſte linternehmung war gegen Guzeratte gerichtet, weil der dort abges

fallene Subah oder Statthalter Bahadur die alte Stadt Mandu (Mendu) in Malva erobert hatte,

auch den Gegenfaiſer Alla ul Dien in ſeinen Abſich ten auf den Thron unterſtüşte. Er ward zwar aus ſeinen Eroberungen vertrieben , Humajun vers folgte ihn bis Guzeratte , und bezwang Champa. nier , die alte Hauptſtadt dieſes Reichs , nebſt allen

Schåşen , welche Bahadurs Vorfahren dort auf: gehåuft hatten , ferner Ahmedabad und andere Des ſtungen , ſo daß der Subaß zu den Portugieſen in Diu ſeine Zuflucht nehmen mußte.

Weil aber

wázrend dieſes glücklichen Feldzugs ein anderer Gegner von Oſten her Delhi und Agra bebrokete, ſo mußte Humajun dorthin feine Kriegsmacht wens

den , und Gujeratte ging wieder verloren. Der

Zweite Periode , von 1525-1707. 121 Der neue Widerſachei war ein Ufgahn aus dem Stamm der Rohillas ,

welche in unſern

Lagen Hindoſtan mannichfaltig beunruhigt has ben. Er hieß .Shere , und hernach als Kaiſer von

Hindoſtan Shere Shab. Einer von ſeinen Vors' fahren war um die Mitte des funfzehnten Jahrs

gunderts nach Indien ausgewandert, um dort, wie andere Abentheurer , Ruhm , Ehre und Reichs thúmer zu erwerben , und erlangte bald ein legn.

Dieſes befaß unter des lekten pataniſchen Königs Ibrahim Regierung ſein Enkel Skere. Mach dies len Såndeln mit ſeinen Brüdern über des Vaters

Erbſchaft ging er nach Behar. Der Subah dies ſer Provinz war ebenfalls unabhångig geworden, und Shere wußte ſich ſo bei ihm cinzuſchmeicheln , daß der Subah ihn zum Vormund feines Sohns Darüber braden Unruhen in Behar ernannte. aus , welche der Subah von Bengalen unterſtükte. Shere war in dieſem Kriege glücklich , und eroberte

ganz Behar für ſich , nebſt der wichtigen Berg . beſtung Chunar , in der heutigen Provinz Elhadas

bad am Ganges belegen. Humajun verlangte dies ſen wichtigen Ort zurück, wo die legten pataniſchen

Kaiſer ilre Schage aufzubewahren pflegten. Weil er aber gerade damals in GujeratteKrieg führen mußte , trat er mit dem Shere in Unterhandluns gen , beſtåtigte ihn in ſeinen Eroberungen , doch mußte er dem Kaiſer Gehorſam und Tribut vers

ſprechen. Shere eroberte hierauf 1542. ganz Bens galen , ward aber dadurch dem Kaiſer ein furchts

barer Nachbar , daß er ihn zum zweitenmale bes kriegte , und deſſen Hauptveſtung Chunar eroberte.

Aber einer von Humajuns Brüdern gatte ſich in 5

Ugra

1

I 22

Geſchichte von Oſtindien .

Ugra zum Kaiſer ausrufen laſſen , der Sieger wars alſo genöthigt, die Lånder jenſeit des Sanges zu vers laſſen , und Shere erfocht bei dieſem Rückzuge eio nen großen Sieg über die faiſerlichen Truppen . Shere nahm Hierauf ſelbſt den kaiſerlichen. Ditel

an, ließ in ſeinem Namen Geld prågen , und zog mit einem zahlreichen Heer nach Deliyi. Humajun bot alles auf, dieſen gefährlichen Nebenbuhler zu verjagen , ward aber bei Kanoge am Ganges aufs Haupt geſchlagen.

Sheré eroberte nach dieſem '

Siege Agra unb Delhi , und weil Hunajun nach der Niederlage von den meiſten Großen verlaſſen

ward , ro flüchtete er nach {ahor , konnte dort aber kein Heer zuſammenbringen , weil ihn fein Gegner auf dem Fuß nachfolgte, auch die Stadt lahor eins nahm . Humajun zog alſo über den Hindus nach Tatta, um vielleicht mit Hülfe der Nabobs der weſts

lichen Gegenden Guzeratte zu erobern. Alle aber verweigerten ihm Beiſtand. Der verlaſſene Kaiſer ging alſo über den Hindus , und begab ſich mit den wenigen Freunden , die ihm treu geblieben waren,

zu einem Rasbuttenfürſten , der die Gegend von Seſſelmere beherrſchte. Wie dieſer aber des Kais fers traurige tage erfuầr, und von ſeinem kleinen

Gefolge keinen Ungriff befürchten durfte, ſuchte er fich ſeiner Perſon zu bemachtigen. Der Unſchlag warb dem Kaiſer verrathen , er mußte ſich alſo durch ſchnelle Flucht zu retten ſuchen. Er eilte auch in einerNacht mitten durch die Wüſte von dannen ,

wo man oft in einigen Tagereiſen kein Waſſer fand, fo daß in dieſen fandichten menſchenleeren Gegenden viele ſeiner Begleiter vor Durſt und Elend umkas

men .

Jedoch erreichte er endlich Amerçot 25° 40! nórdi.

Zweite Periode, son 1525-1707. 123 nördl. Breite , die Beſtung eines indiſden Rajahs. Er ward gier gut aufgenommen , auch ihm 1542 .

ſein Sohn Ukbar geboren . Hier ſuchte er , mit Hülfe dieſes Fürſten , Bhakor (Bukor) , eine Bes ſtung mitten im Indus , ju erobern . Da er aber dorthin wieder durch die Wüſte ziehen mußte, mard

er von vielen ſeiner Anhänger verlaſſen , und ges

zwungen , nach Candahar zu fliehen. Aber hier erwarteten ſeiner neue Gefahren. Sein rebelliſcher Bruder Camiran hatte ſich der Provinjen jenſeit

-des Hindoku bemåchtigt, und ſchickte ein Heer ges: gen ihn aus.

Er mußte alſo zurückweichen , vers:

lor alle feine Habe , ſein Sohn , nebſt deſſen Muts ter , fiel den lleberwindern in die Hände, und dem Humajun , von allen verlaſſen , blieb jebt nur die Flucht nach Perſien übrig. Shah Tamaſp nam

ihn dort freundſchaftlich auf , und fekte ihn 15.44 . wieder in den Stand , wenigſtens feinen Bruder aus den Eroberungen in der Bucharei zu vers treiben .

Unterdeſſen ward Shere Shah von allen in . diſchen Großen als Kaiſer erkannt , und alle Länder von Bengalen bis zum Indus waren bis auf eins

zelne widerſpenſtige Vafallen , deren Bezwingung einen jeden indiſchen Kaiſer von Zeit zu Zeit bes

ſchafftigte, ihm unterworfen. Shere zog hierauf nach Malva , welche zwar von den Patanen oft verheerte Provinz die Oberherrſchaft der Mogolen

noch nicht erkannte, und übergab dieſe füdliche

Grenzprovinz einem neuen Statthalter. Gegen die Rasbutten war er eben ſo glücklich , er bezwang den Rajah'von Rintinipore , auch mußte ſich ihm

die alte für unüberwindlich gehaltene Bergveſtung Ekis

124

Geſchichte von Oſtindien.

Chitor ergeben , die auf einein ſteilen Berge in eis ner weiten Ebene liegt , acht Meilen damals im

Umfange ḥatte, und von den Mahometanern noch nie erobert war. Indem er aber Callinger, eine andere Veſtung im tande Bundelfund, einnehmen wollte , ward er während der Belagerung durch

Entzündung einer Menge Pulvers in den laufgrás 1

ben getödtet. Shere Shah war nicht nur ein glücklicher Krieger , ſondern er ſorgte audy für das Wohl ſeiner Unterchanen. Er ließ auf ſeine Kos

ſten auf der großen Heerſtraße, welche damals von der jekt zerſtörten bengaliſchen Handelsſtadt Sunargong bis an den Hindus lief, und in der låns ge 1500 indiſche Meilen (Coß) , oder wenigſtens fechshundert deutſche Meilen ýielt, auf jeder Meile Brunnen graben , und bei jeder Station Herbers gen ( Caravanſerais) erbauen , in denen alle Reis ſende ohne lInterſchied der Religion aufgenommen wurden , auch den ganzen Weg mit Bäumen bes

pflanzen , um die Wanderer vor dem brennenden Strahl der Sonne zu ſchüßen . Für die öffentliche Sicherheit war unter ſeiner Regierung ſo gut ges ſorgt, daß Kaufleute auf offener Straße bei ihren

Waaren ſchlafen konnten , ohne Räuber befürcho ten zu dürfen. Jóm verdankt Hindoſtan die erſten reitenden Poſten , welche ordentliche Stationen halten , und ſowohl des Sultans Befehle , als die Correſpondenz der Unterthanen , beſorgen mußten . Nach ſeinem Tode riß einer von ſeinen jun,

gen Prinzen , Jbrayim , gewöhnlich aber Selim genannt, in Abweſenheit ſeines altern Bruders Adil , die Regierung an ſich . Adil ſuchte zwar auch

ben erledigten Thron von Kindoftan zu erlangen, vers

Zweite Periode, von 1525-1707, 125 2

verglich ſich aber mit ſeinem Bruder, und begnügte ſich mit dem Diſtrift Biana. Unruhige Große, welche bei bürgerlichen Kriegen für ſich Vortheile zu erlangen hofften , verleiteten zwar den Adil, den geſchloſſenen Vertrag zu brechen , er ward aber bei Ugra beſiegt, und entfloh nach Bengalen. Selim dåmpfte andere Empórungen eben ſo glücklid ), und

vereitelte mehrere Verſuche, ihn umzubringen , ſtarb aber ſchon 1552. Hierauf beſtieg ſein zwölfe

jähriger Prinz Feroſe den faiſerlichen Thron , ward aber bald darauf von ſeinem Dheim Mahummud in den Armen ſeiner Mutter ermordet. Mahums muds Regierung war von kurzer Dauer , ſein Bruder : Jbrahim entriß ihm in demſelben Jahr Delhi und Agra , brachte die machtigſten Omrahs

auf ſeine Seite, und zwang den Kaiſer, über den Ganges zu fliehen.

Ibrahim hatte wieder zwei

Nebenbuhler zu bekämpfen , den nach Bengalen verjagten Mahummud, und Secunder, einen Verwandten des Sultans Shere , konnte aber ſich nicht auf dem Chron bebaupten , und ward nach wiederholten Niederlagen , und mehreren vergeblis chen Verſuchen , wieder emporzukommen , 1554. ermordet.

Secunder beſtieg alſo den erledigten

Chron , weil ihm der abgelegte Mahummud, nachs dem er ſeinen tapferſten Feldherrn Himmu verlo. ren hatte, nicht langer gefährlich war , und Mas

hummud bald darauf von einem neuen Gegenkaiſer kingerichtet wurde.

Unter Secunders kurzer Schattenregierung kam endlich der verjagte Humajun 1554. wieder

nach Hindoſtan zurück. Seit 1545. hatte er mit

perſiſcher Hülfe ſeinen treuloſen Bryder Camiran in

Geſchichte von Oſtindien. in Candaħar und Cabul befriegen müſſen, der wahn 126

rend der vorher erzählten Revolutionen in Hindos"

ſtan dieſe Provinzen an ſich geriſſen hatte.

Camis'

ran ' ward zwar in verſchiedenen Treffen überwuns den , und aus ſeinen Eroberungen vertrieben. Er

hatte ſich auch nach dieſen Niederlagen dem Humas jun unterworfen , und mehr als einmal verſprochen, eine Pilgerſchaft nad) Mecca anzutreten. Aber bei der erſten Gelegenheit zettelte er neue Verſchwós

rungen gegen ſeinen Bruder an , bis dieſer ihn auf Berlangen ſeiner Truppen nach einer abermaligen Niederlage blenden Taſſen mußte , weil , fo lange Camirani Freiheit oder Kräfte befaß , llnruhen zu erregen , in dieſen Gegenden Fein Ende des Bürgers

krieges zu erwarten war. Hierauf zog Humajun über den Indus , bezwang laljor wieder , und nås Herte ſich der Provinz Delhi. Die Einwohner der

Hauptſtadt, der ewigen Abwechſelung der Regens ten måde, ermunterten den Sultan , den Thron feines Vaters wieder zu beſteigen. Allein Secuns

ders Anhänger waren noch zahlreich genug , und erſt nac) zwei blutigen Schlachten konnte er 1554. in Delhi einziehen , und Secunder flüchtete zu den independenten Fürſten in die Gebirge Semalik. Hus

majun hatte zwar feinen Gegner ſo gedemüthigt, daß er von ihm wenig zu befürchten hatte , die pas taniſchen Großen waren durch den zehnjährigen Streit der Kronprátendenten theils aufgerieben ,

theils ſo geſchwächt, daß fie Erholung brauchten , altein Humajun bekleidete den wieder eroberten Chron nur kurze Zeit. Denn er ſtarb ſchon 1555. durch einen Fall von einer marmornen Treppe feia nes Pallaftes. Sein

Zweite Periode, von 1525-1707. 127 Sein Sohn Ufbar war in Panjat beſchåff tigt , wie der Kaiſer unvermuthet in der Haupte ftadt mit Tode abging , und ob er gleich erſt dreis 1

zehn Jahre und neun Monate alt war , ſo erfanna ten die Großen iận dennoch als Kaiſer von Hindos ſtan. Ukbar , der wegen ſeiner milden Regierung, Der Beveſtigung der nogoliſchen Herrſchaft in Hins doſtan , und der Vereinigung ſo vieler neuen oder

lángſt abgeriſſenen Provinzen mit feiirem Kaiſers thum , den Namen des Großen erhielt, hat von allen mogoliſchen Regenten am lángſten das Staats. ruder geführt, und ſeine Regierung dauerte ein

und funfzig Jahre. Akbar führte die Einrichtuns gen am Hofe, bei den Armeen , und übrigen Theis len der inviſchen Staatsverfaſſung ein , die große tentheils , oder ſo weit es der jeſt zerrůttete Zus ſtand des mogoliſchen Kaiſerthums erlaubt , noch

fortdauern.

Nur iſt die Geſchichte dieſes trefflis

chen Regenten nicht nach Würden beſchrieben. Sein Bezier Abul Fajel hat zwar unter dem Titel :

Ufbernamel , ein ausführlidjes' Werk in drei Båns den hinterlaſſen , das in Indien allgemein geleſeta wird , in England handſchriftlich vorhanden iſt, aber noch keinen Ueberſeker , wie der dritte Cheil deſſelben , gefunden hat. Der erſte Band enthalt die Geſchichte der Vorfahren dieſes Kaiſers , und der zweite die Denkwürdigkeiten von Akbars Regies rung bis zum Jahre 1602 , in welchem der Vers

faſſer, auf Anſtiften des Prinzen Selim , ermore bet ward. Den dritten Theil , welcher unter dem Titel: Ajin Akbery , oder Akbars Sandbuch , bes kannter ift , und herrliche Nachrichten über den damaligen Zuſtand von Indien verbreitet, hat Hr.

128

Geſchichte von Oſtindien.

Hr. Gladwin 1783. úberfekt, und in Calcutta in drei Quart Bånden drucken laſſen.

Außerdem

führt Frazer in ſeiner Geſchichte Shab Nadirs

noch andere Geſchichtſchreiber dieſes Kaiſers an , von denen man bisher nichts weiter , als die Titel ihrer Werke, fennt. Sr. Dow hat zwar in ſeiner

Geſchichte von Hindoſtan das Ukbernameh benußt, aber nur kurze Auszüge daraus mitgetheilt , welche blos aus Gefechten , Belagerungen , und andern Kriegsbegebenheiten , beſtehen. Der Venetianer Manouchi, welcher vierzig Jahre als leibarzt am kaiſerlichen Hofe lebte , und in portugieſiſcher Spras che eine Geſchidste des mogoliſchen Reichs in Hins boſtan aus Reichsannalen bis zum Jahre 1658.

verfaßte ) , iſt mit Vorſicht und Behutſamkeit zu gebrauchen . Der Herausgeber oder Ueberſeger feis ner . Handſchrift hat dieſe aus Reiſebeſchreibungen und andern Werfen ergånzt , Manouchi verläßt ſich bäufig auf fremde Gehülfen , und Kaiſer Uks bars Geſchichte beſteht in dieſem Werke meiſt aus kaum glaublichen Verſuchen , die chriſtliche Religion in Hindoſtan einzuführen , und wie weit es den Miſſionarien damit gelungen war.

Empórungen unter den Großen , Verſuche der pataniſchen Nabobs in den entlegenen Pros vingen , die neuern Eroberer aus Indien zu vertreis

ben, und die Bemühungen der heidniſchen Rajahs, das låſtige goch ihrer Glaubensfeinde abzuwerfen ,

verminderten ſich unter feiner Regierung nicht. Als

lein da er ſeinen Staaten eine guteingerichtete Vers faſſung i ) Hiſtoire generale de l'Empire du Mogol de puis fa fondation ſur les memoires de M. Ma

nouchi par François Catrou , a la Haye 1707.8.

zweite Periode, von 1525 - 1707. 129 faſſung gab , die Regierung der Provinzen einer ges nauern Oberaufſicht unterwarf, ſo veranlasten wirkliche Empórungen der Subahs , oder Mißs. brauch der ihnen anvertrauten Gewalt , freilich Uns

ruhen und Kriege , allein die Friedensſtörer oder offenbaren Rebellen konnten nur kurze Zeit der ſtras

fenden Hand des Kaiſers Widerſtand leiſten. Auch wagten es bei ſeinen Lebzeiten ganze Provinzen nicht, unabhängigeStaaten zu bilden, die neu eroberten etwa aubgenommen , wo Akbars Macht noch nidyt beveſtigt war , daher in ſeinem Landbuche nicht eins mal das wirklich bezwungene Ahmednagur , oder

das tributáre Viſapur, genannt werden. Akbar

verordnete 1582 , daß die Statthalter in den Pros vinzen alle drei Jahre abwechfeln ſollten , damit ſie

nicht einen dem Oberøerrn gefährlichen Einfluß uns ter den Einwohnern erlangten , und die Unterthas

nen einſehen ternten , daß alle Gewalt ſich ain fais

ſertidien Hofe in Delhi , oder Ugta , vereinige. Daher find unter Ufbars Regierung die Beiſpiele ſelten , daß die abgerufenen Statthalter fich weis gerten , ihre große oder kleine Proving zu verlaſſen , oder ſich dort mit gewaffneter Hand zu behaupten.

Ungeachtet die bezwungenen llreinwohner, die dulbs famen Hindus, den größten Theil der Volfémenge, trok der Menge ihrer Uleberwinder, und der jahrs lich aus Eucan , Perſien und andern mahometas

niſchen Staaten zuſtrómenden Fremdlinge, aube machten , oder ſie in manchen Provinzen , die ents ferntèr vom Schauplaße der Einbrüche von Nors

Den und Nordweſten her lagen , die einzigen Eins wohner waren , fo Titten fie doch unglaublich von

der Barbarei und dem Religionsgaſſe ihrer Hes 5. 5. 2. 2bth.

3

zwins

130

Geſchichte von Oſtindiett.

zwinger. Nicht nur wurden ihre Fahrtauſende Kitts durch verehrten Góken niedergeſtürzt, ihre Pagoden

zerſtört, und auf den Trümmern derſelben Moſcheen erbauet , ſondern die bezwungenen Hindus wurden

auch bei Tauſenden niedergehauen , oder in die Sklaverei geſchleppt, ſo daß bei Eroberung veſter

Plåge, oder für unbezwinglich gehaltener Zufluchtos örter , die Einwohner lieber das ſchreckliche goar

wählten , als den Kapitulationen ihrer Glaubends feinde traueten. Das Joar der Hindus , oder viel, mehr der Rasbutten , beſtand darin , daß , wenn in einer Stadt oder Veſtung alle Rettung verlos

ren war , Weiber und Kinder von ihren Mánnern und Vårern getödtet , oder mit ihren Wohnungen

und aller Habe perbrannt wurden , und die übrige wehrbare Mannſchaft mit den Waffen in der Hand unter den Feinden ihren Tod ſuchte und endlich fand. Afbar unterſagte alle Berfolgungen der Religion

wegen, verband Hindus und Mahometaner durch Heirathen, und beförderte die vornehmen Hindus

zu allen Würden und Ehrenſtellen am Hofe ſowohl als bei der Armee.

Daß die Unruhen , die nach dem Tode ſeines Baters in Delhi , Cabul und andern Provinzen,

ausbrachen , ſo bald gedámpft wurden , verdankte Afbar der Klugheit und Entſchloſſenheit ſeines Vors munds Byram , der in den erſten Jahren ſeiner Regierung alle Geſchäffte beſorgte. Dieſer ſuchte auch nie abgefallenen Provinzen wieder ans Reich zu bringen , und neue zu erobern.

Daher ward

ſchon 1556. die wichtige Veſtung Gualeor den Pas tanen entriſſen.

Heberhaupt nehmen Akbars Res

mühungen , ſeinen Thron ju beveſtigen , und ſeine Herrs

Zweite Periode, von 1525-1707. 13 ! Herrſchaft zu erweitern , den größten Theil ſeiner Regierung ein , und er mußte dieſer Kriege wegen von einem Ende ſeines Reichs bis zum andern zies ben.

Nad ) der Eroberung von Gualeor wurden

die Patanen aus dem Theil der Provinz Elkadabad vertrieben , welcher jenſeits des Ganges liegt , und

er erbauete 1581. am Zuſammenfluß des Jumna und Ganges, die jeßt den Englándern gehörende Beſtung Elhadabad. Malva ward ſchon 1560. befriegt, und der Regent dieſes von den Patanen oft bezwungenen , aber wieder frei gewordenen lans des , mußte nach vergeblichen Berſuchen , ſich gegen die Mogolen zu behaupten , außer landes flüchten. Durch die Eroberung der veſten Stadt Brampore

und der Provinz Chandés , welche jeßt , wie Malva, in den Händen der Maratten iſt, überſchritt Akbar die alte Grenze von Hindoſtan , den Nerbuddafluß, und das in mehrere Staaten vertheilte Dekan vers lor dadurch ſeine Vormauern gegen Angriffe von

Norden her. Auch die Provinz Oriſſa , die damals Gurrah bieß, ward 1564, nebſt dem Geutigen Buns

delcund (Bundho ), den Hindus entriffen. Dieſe Provinz war ſehr reich und trefflich angebauet, weil ſie bisher von fremden Eroberern weniger, als die benachbarten, gelitten hatte, doch erſt 1592. ward ſie völlig unterjodt. Indeſſen ſcheint Afbars Herrſchaft in Oriſſa nicht veft gegründet geweſen zu ſeyn , weil ſie in ſeinem Sandbuch nur als ein Theil von Bengalen erſcheint. Die Rasbutten in den Mahometanern worden , waren nie ganz unternt Agimere , wie ſchon verſchiedentlich gezeigt

fen.

Die Rajahs , welche hier ſeit alten Zeiten

regierten , und bei feindlichen Einbrüchen in die 92

132

Geſchichte von Oſtindien.

Sebirge und Sandwüſten flüchteten , wurden in iſe rem Gebiete gelaſſen , wenn ſie mit einem Theil ihrer Schage die Habſucht der Sieger befriedigten , oder deren Heer mit ihren tapfern Rasbutten vers

ſtårkten. Von den Fürſten dieſer Provinz war der Rannah von Chitore an den Grenzen von Guzes ratte einer der måchtigſten . Er konnte ein Heer von 200,000 Mann den Feinden entgegenſtellen, die wahrſcheinlich wegen ſeiner Macht, und der

Unfruchtbarkeit ſeines Gebiets , ihn bisher nicht beunruhigt batten . Akbar bezwang nach einer lan, gen Belagerung Chitore , die alte Bergveſtung des Rannah , ſchleifte ihre Werke, hieß .Die Tyúrme in die Luft ſprengen , und die Befakung niederhauen . Obgleich nach Akbars { andbuch dieſe Veſtung wähi rend ſeiner Regierung der Wohnort des mogolis ſchen Subahvon Ugimere war, ſo haben die Nachs kommen des Rannah ſie in der Folge wieder eros bert , und von neuem beveſtigt, bis ſie Aurungzeba

1681. in einen Steinhaufen verwandelte, und jegt ganz verfallen , ein dichter Wald und Wohnort der Žiger und anderer reißender Chiere geworden iſt. Ein gleiches Schickſal hatte 1572. die Provinz Gus jeratte , welche unter den legten pataniſchen Kais

ſern von Delhi abgefallen war , weil, nach dem Code des legten unrechtmäßigen Beſikers , die Großen über den Nachfolger nicht einig werden konnten , und das Land unter ſich getheilt hatten.

Mit dem Lande fiel die berühmte Handelsſtadt Sus ratte auch in die Hände des Großmoguls , und ſie blieb lange deſſen vornehmſte Seeſtadt, wo er eine

Flotte hielt , reinen Handel und die nach Mecca

wallfahrtenden Pilgrimme zu beſchäßen. Dbgleich die

zweite Periode , von 1525 - 1707. 133 die Portugieſen damals die guzerattiſchen Großen gegen Urbar ( chúßten , auf der ſüdlichen Küſte von Gujeratte die Inſel Diu beſaßen , und nach den andern Häfen Handel trieben, ſo erwähnt Feriſhta doch bei der Eroberung von Guzeratte kein Wort von dieſen fremden Handelsleuten , und Ykbars

{andbud, bemerkt in der Beſchreibung dieſer Pros ving ) blos beiläufig, daß die Europåer durch Nach

läſſigkeit der Befehlshaber in den Beſig von Daman, Surjane und andern Plågen , gekommen wåren. Die Gebirge, welcheCaſhemir umgeben , gats ten dieſes treffliche land bisher gegen Eroberer ges ſchüßt, oder die Einwohner ihre verlorne Freiheit

2

nad, einem feindlichen Einfall bald wieder erlangt.

Auch Ukbar bezwang Caſhemir1585, und pflegte dieſe wegen ihres reizenden Clima's berühmte Provinz oft zu bereiſen. Nicht lange darauf fam die Reihe an die mahometaniſchen Staaten , unter weldje das

nördliche Defan getheilt war. Von dieſen unters .

warf ſich Berar 1592 , indeß ſcheint dieſe Proving wie gegenwärtig in mehrere unabhångige Fürſtens thümer zertheilt geweſen zu ſenn , denn Akbars lande buch nennt verſchiedene Rajuhs, 'die den Kaiſer nicht als ihren Oberherrn erkannten , und von den hundert und zwei und vierzig Diſtrikten ( Perguna na's) , worin damals Berar vertheilt war , jog der Kaiſer von dreißig derſelben aus dieſem Grunde Feine Einfünfte. Das zweite Reich , Ahmednagur, darin die alte Stadt Deoghir-( Dowlatabad ), nebſt

mehreren veſten Platzen , lag, ward 1600. bezwuns gen. Es ſcheint ſich aber nachher wieder in Freis

heit geſegt zu haben , denn dieſe Provinz wird in 93

Afbars

# Vol. II. $. 80 . 1

134

Geſchichte oon Oſtindien.

Akbars Sandbuch unter den Reichsprovinzen nicht beſchrieben . Das Reich Diſapur , welches an die beiden vorhergehenden ſüdwärts grenzte , blieb das mals noch unbezwungen , doch mußte der König

- Tribut bezahlen , und eine von ſeinen Töchtern dem kaiſerlichen Prinzen zur Gemahlin überlaffen. Da Dekan vor Afbars Regierung mit dem Reiche der Patanen oder Mogolen in geringer Verbindung

ſtand , die nördlichen Eroberer vor dem ſiebzehnten Jahrhundert ſich nicht in dieſem reichen (ande deſto

Tegen konnten , ſo hat dieſe Halbinſel eine eigene mit der Kindoſtaniſchen unvermiſchte Geſchichte,

deren Hauptvorfälle unten angezeigt werden ſollen. Gegen Ende feiner Regierung hatte Akbar nod, mit feinem eigenen Sohn Selim Krieg zu führen. Er hatte drei Prinzen , von denen Ses lim (Jehangir ) der älteſte war , und als der Erbe

des Reichs angeſehen wurde. Ob der Vater dem Sohn zu lange lebte , oder ob Dürenblåſer den Prinzen gegen den Vater aufhegten , iſt nicht bes

kannt geworden.

Wahrſcheinlich aber verdroſ es

Selim , daß er in unrühmlicher Muße ſeine Tage verlebte , unterdeß feinė Brüder mit Unterjochung der Könige von Defan beſchafftigt waren . Selim

ſuchte in der Abweſenheit des Baters fich der Ves ſtung Ugra zu bëináchtigen , welche Akbar ſehr vers

ſchönert und beveſtigt hatte. Ufbar erhob dieſen Ort, der bisher von feinem Belange geweſen war,

zu feiner Reſideng , und ertörilte ihr den Namen Akbarabad , der noch nicht ganz erloſchen iſt. Dort erbaute er auch die berühmte Citadelle von rothen

Quaderſteinen , welche fünfhundert Gebäude ents hielt , und ungeachtet fo vieler Belagerungen noch der

Zweite Periobé.,'von 1525-1707. 135 der Vergånglichkeit troßt. Selim mußte zurúcko weicheri, wie das kaiſerliche Heer zum Entſak bers beieilte , doch ?fbar ſuchte feinen Sohn mehr durch váterliches Zureden , als durch Waffen, zur Pflicht

zurücfjuführen.

Allein ſeineVorſtellungen waren

vergebens :, weil der Prinz den Subah von Bens gaien auf ſeine Seite zu bringen koffte. Wie ihm

dieſes nid )t gelang , wurden wieder linterhandluns gen angefangen , und Selim unterwarf ſich 1604.

auf Vorſtellung ſeiner Mutter , die perſönlich zu ihm nach Elhadabad fam. Urbac regierte nach dies ſer Ausſohnung nur kurze Zeit , und ſtarb 1605, nachdem er dieſen Prinzen auf ſeinem Todette, durch Ueberreichung ſeines eigenen Turbans , und Umgúrtung des Schwerdts vom Kaiſer Humajun, zum Nachfolger ernannt hatte.

Akbar beſaß von Hindoſtan einen beträchts lichern Theil , als irgend einer ſeiner Vorfahren , und ihm verdankt das Reich des großen Moguls alle bisherigen Einrichtungen und ſeine ganze Vers

faſſung . Mit der půnktlichſten Genauigkeit ber ſtimmte er in ſeinem {andbuche die kleinſten Des tails des faiſerlichen Hofſtaats , die Perſonen bei der kaiſerlichen Küche, und die Speiſen , welche

für ſeine Tafel angeſchafft und bereitet wurden. Sehr ausführlich beſchreibt er darin die vielen Stålle für Elephanten , Kameele , Pferde 2c. , die verſchiedenen Gattungen dieſer Thiere , ihre Ges ſchirre, und wie viel ein jedes an Futter brauchte.

Die Ausgaben der Harems , oder der dazu nóthis gen Wachter, find eben ſo ſorgfältig verzeichnet,

als die kaiſerliche Jagdequipage, Garderobe , und die mancherlei wohlriechenden Sachen ſowohl für 94

bert

136

Geſchichte von Oſtindien .

ben Kaiſer ſelbſt, als deſſen Wohn , und Uudienza zimmer. . Auch das indiſche Münzweſen ſeiner Zeit iſt darin ſehr gut aufgeklärt, und der Gehalt ſowohl als der Werth aller damals geprägten Múngſorten

aufs genaueſte beſchrieben. Akbar vertheilte das ganze von ihm beherrſchte Reich in große Provinzen und kleinere Diſtrifte. Sein Vezier Abul Fazel hat uns in dem vorherges

nannten landbuche dieſe Eintheilung erhalten , und einige Provinzen genau beſchrieben. Wáre Kaiſer Babers Beſchreibung von Hindoſtan , Vakeat Bas bri, im Druck vorhanden , ſo würde die Vergleis chung beider Nachrichten deutlich zeigen , welche

Provinzen beide zu ihren Eroberungen redneten. Unter Akbar beſtand das indiſche Kaiſerthum aus

zwolf alten und drei hinzugekommenen Provinzen. Sede gerfiel wieder in Circars oder Kreiſe von vers ſchiedenem limfange, ſo daß Bengalen damals aus neúnjehn , und Delhi qus acht Circars beſtand.

geder Circar war wieder in kleinere Diſtrikte eins getheilt , Pergunna's , Mayis oder Dusbas ges nannt , deren man in den zwölf alten Provinzen

2737 gåhlte. Jede Provinz ward von einem fais ferlichen Statthalter regiert, der Sepahfillar oder Vicefónig hieß , und in der Folge den Namen Sus bahbar , oder Subah , erhielt. Er war Befehlss haber der Truppen , und Oberrichter ſeiner Pros vinz (Subah) , ihm waren alle übrigen Civil s und

Militairbeamten unterworfen , diejenigen ausges 'nommen , welche das Finanzweſen beſorgten. lleber einzelne Kreiſe war ein Foujdar geſeßt', der im Kleis

nen die Stelle des Sepahlillars vertrat , für die

innere Ruhe forgte, Aufruhr verhindern mußte, und

Zweite Periobe, von 1525. 1707. 137 und die Eruppen feines Bezirks befehligte. Da der Verfaſſer des Landbuchs die Civilverfaſſung einer

jeden Proving nicht mit gleicher Ausführlichkeit, als den Hofſtaat und was zu dieſem gehörte , bes þandelt , bei Vuseinanderſeßung einzelner Staatss

åmter ermúdend weitſchweifig iſt, andere aber zu kurz berührt , ſo laßt er auf dem Foujdar ſogleich den Eutwal folgen , ohne andere Civilperſonen zu erwähnen , die doch gewiß vorhanden waren. Der

Eutwal war Aufſeher der Polizei in jedem großen und kleinen Orte , und iſt es noch. Seine Geſchäffte waren ſehr maimichfaltig , und manche ſeiner Oblies

genheitenſonderbar genug. Er mußte für öffentliche Sicherheit, vorzüglich des Nachts, ſorgen , genaue Verzeichniſſe von allen Auss und Einpafſirenden hale . ten , die Müßiggånger zu einem ihnen angemeſſenen Gewerbe antreiben, für wohlfeile Preiſe der lebenso mittel wachen , Auftaufereien verhindern , und den Reichen nicht erlauben , auf den Markten mehr eins zukaufen, als ſie für ihre wirflid e Bedürfniſſe brauch. ten. Der Cutwal mußte bahin reben , daß Frauens

zimmer nicht öffentlich einherritten , daß keine Ochs fen, Kameele und Pferde geſchlachtet wurden , keine Frau wider ihren Willen mit ihrem Manne vers

brannt, und fein Miſſethåter lebendig geſpießt werde. Nach Akbars Verordnung durfte der Cutwal nicht leiden , daß Fleiſcher und andere ſchmußige Hands werfer in der Stadtwohnten , oder Begråbnißplaße innerhalb derſelben angelegt wurden, auch mußte er jedem , der mit dem Scharfrichter aus einem Gefäße

tranf, die Hand, und wer mit ihm aus einer Schuſs fel aß , einen Finger abhacken laſſen '). 3.5 Ajeen Akbery. V.I. S. 373.16.

Die

138

Geſchichte von Oſtindien. Die Beſchreibung der Kaiſerlichen Urmee ges

máhrt eben ſo wenig eine deutliche Ueberſicht. Zwrap

werden die Unterhaltung der Elephanten, Kameele, Pferde und anderer daſtthiere', wie dieſe damals angeſchafft, unterſudyt , und nachher, ihrem Atter und Werthe gemaß , geſtempelt oder gezeid net wur.

den , wie viel der monatliche Sold vom Oberbefehlse Haber bis zum gemeinen Soldaten betrugi bis ins geringfügigſte Detail verfolgt, aber man erfährt

aus den Abſchnitten des Landbuchs, welche ſich mit der Armee beſchafftigen , weder die Stärke des fais ſerlichen Heers , noch die verſchiedenen Urten der Truppen , oder ob die den Provinzen auferlegten Contingente wirklich vorhanden waren , auch aus Ber den Grenzen derſelben dienten. Legteres iſt

nicyt wahrſcheinlich , denn nach der oft erwähnten Anzeige ſtieg die Mannſchaft, welche eilf der alten Reidysprovinzen , unter denen Delhi nicht mitges rechnet iſt, ſtellen mußten , auf die ungeheure Ans' zahl von 3,343,000 Infanteriſten , und 655,000 Reutern. Sein ganzes Heer Hatte Akbar unter 177 Munſubdars vertheilt, von denen die oberſten . 10,000 , und die vom geringſten Range 1000 Mann befehligten , von denen die Hälfte aus Ins fanterie beſtand. Uußer dieſen gab es noch eine · Menge geringerer Munſubdars, die von hundert bis neunhundert Mann anführten , und mehrere andere, deren ganze Mannſchaft aus zehn bis zwans zig Soldaten beſtand. Sein Sohn Jepangir vers ſtärkte die Mannſchaft der Munfubdars , und uns ter ſeiner Regierung erſcheinen mehrere, welche von 12 bis 30,000 Mann unter ihrem . Coms

mando Qatten. Es iſt bekannt, daß ein gewaltis ger

Zweite Periode, von 1525 - 1707. 139 ger Troß den indiſchen Armeen folgt. Eben dies ſes beweiſt Akbars landbuch. Der Kaiſer rechnete für einen Munſubdar , welcher 10,000 Mann ans

führte, zweihundert Elephanten, hundert und ſechse zig Kameele , vierzig Maulthiere, fünftzundert und vier und vierzig Pferde , und 320 mit Dchſen bes

ſpannte Wagen , und für einen Biſti, der zwanzig Mann befehligter: fünf Pferde, einen Elephanten , ein Rameel und einen Wagen.

Das Finanzweſen ward unter ihm gleichfalls in die beſte Ordnung gebracht, weil er jur Einrichs tung und Beſtimmung der Abgaben den berühmten Braminen Tudor Mull brauchte , der bei dieſer Arbeit das alte indiſche Steuerſyſtem zum Grunde

Jegte. Seine Genauigkeit und fein Beſtreben , fos wohl dem Kaiſer eine gewiſſe Einnahme zu ſichern , als die Unterthanen nicht über ihre Kräfte , ju bes

ſchagen , zeigt ſich vorzüglich bei Veſtjekung der Contribution , oder dem Pachtgelde von liegenden .

Gründen , die der Fruchtbarkeit des Bodens, und der davon erhaltenen Produkte , gleich angemeſſen find. Alle Provinzen , die dem Kaiſer ganz unters worfen waren , wurden aufs ſorgfáltigſte ausges meſſen , bis auf die Eroberungen in Defan , wo vielleicht damals obwaltende Unruhen dergleichen nicht verſtatteten , und von einer jeden die Zahl

der Beegahs oder Morgen, fie mochten beſtellt ſenn oder brach liegen , aufs pünktlichſte regiſtrirt. Sos gar dié nur theilweiſe unterjochte Provin; Agimere, die meiſt aus Gebirgen oder Sandwüſten beſtand, und in den Händen ihrer alten Rasbuttenfürſten blieb , war gleich den übrigen cataſtrirt, und ſie bes

ſtand aus 21,435,961 Beegahs und, 7 Bijivaks. Nur

r

Geſchichte von Oſtindien . Mur ein geringer Cheil ſcheint davon angebaut gea 140

weſen zu ſeyn, weil dietandſteuer, oder die eigento

liche Pacht, welche ein Drittheildes jährlichen Ers trages ausmachte, nur 571,036 Rupien betrug in ).

Ein Beegah , das in den nördlichen Provinzen noch das gewöhnliche Landmaaß iſt, beſtimmte Akbar zu 3600 Quadratguz , jedes Guf zu vier und zwans sig Zoll berechnet, oder man rechnet ungefähr drei Beegahs auf einen engliſchen Morgen von 43,560

Duadratfuß.

Dieſe ſogenannte Sandſteuer war

vom Beegah nach den darauf gewonnenen Pros

duften verſchieden , oder nachdem einzelne Beegays Getreide, Reis , Zucker , Baumwolle , oder ans bere indiſche Gemächſe , lieferten , daher auch Abul Fazel beſondere Tabellen zu Berechnung der davon zu entrichtenden Präſtationen entworfen

1

Hat " ).

Doch dergleichen Berechnungen und Res

giſter waren nicht blos von den Provinzen übers Haupt vorhanden, ſondern ſein Finanzmeiſter konnte aus dem Tuffiem Jumma oder dem Steuerkataſter überſehen , wie viel im Durchſchnitt jeder Circar, Diſtrikt oder einzelner Ort, dem Kaiſer zu zahlen .

Hatte. Das Pachtgeld von Såndereien ward nach einer kleinen Scheidemünze berechnet, Dan ges nannt , welche jeßt nicht mehr in Umlauf iſt, und wovon vierzig eine Rupie ausmachten. Nody was ren die Verzeichniſſe der vermeſſenen (andereien mit folcher Genauigkeit aufgenommen , daß man darin

kleine Unterabtheilungen oder Biſwahs bemerkte, von denen zwanzig ein Beega ausmachten. Akbar Qatte freilich ſeinen Unterthanen eine Menge 26 gaben m) Ajeen Akbery . V. II. S. 103 .

n ) Aj . Akbery . V. I, S. 356.16 .

meny

Zweite Periode, von 1525-1707. 141 gaben erfaſſen , die ſie ſonſt bezahlten, und wie die Taren von jeder öffentlichen Verſammlung, von jedem Baum , vom Verkauf der Ochſen , für die Erlaubniß , die Erndte anzufangen 2c.; ſehr drús Dennoch mußten die Einwohnet đend waren. der Städte und andere Unterthanen fünf pro Cent von den Manufakturen, nebſtzollen von der Durchs

und Einfuhr vieler Artikel , nebſt andern Steuern , entrichten. Dieſe legtern hat gewiß Abul Fazer nicht mitgerechnet, wenn er ") des Kaiſers Eina

künfte nur ju 90,743,881 Rupien anſchlågt,

da

Frafer ") feines Enkels Shah Jeban jährliche Eins nahme auf 220 Millionen Rupien berechnet, welche Vermehrung ſich keinesweges aus dem verbeſſerten

Zuſtande der Eroberungen in Dekan und Zuran erktåren 1& ft.

Akbar führte in feinem Reiche eine neue Zeits rechnung ein , weil ihm das mahometaniſche Hes bfhra nicht gefiel, er war aber bei dieſer neuen Here ſehr vorſichtig, indem Zeloten und abergläubiſche

Perſonen durch Abſchaffung der Hedföra die Relis gion in Gefahr zu ſenn glauben modten. Sie fing mit dem erſten Jahre ſeiner Regierung an , und

hieß Tarif lillahi, oder die machtige Hera. Jahre und Monate waren nach dem Lauf der Sonne bes rechnet, und das Jahr hatte keine Schalttage. Die Namen der Monate und Tage blieben perfiſch ,

und jeder Monat beſtand aus 29 bis 30 Tagen "). Sie ſcheint aber nie allgemein eingeführt geweſen zu feyn , oder nach ſeinem Cote daſſelbe Schickſal gehabt o) Aji Akbery. V. I. 8.3. Hiſtory of Nadir Shah. 5. 26.

9) ' Aj. Akbery. y. I, S. 344 .

142

Geſchichte von Oſtindien .

gehabt zu haben , was Lippo Sahebs neue Zeits rechnung in unſern Tagen erfuhr, der in ſeinen Staaten ſeit 1792. alle offentliche Urkunden nach einer ſelbſt erfundenen dere ausſtellen ließ, nema

lich von der Zeit an , da Mahomet den Titel eines göttlichen Propheten annahm , welches bekanntlich dreizehn Jahre vor ſeiner Flucht aus Mecca ges

ſchaa,

Akbar zeigte ſich während ſeiner ganzen Rem gierung als einen Fürſten von den tolerantes ſten Geſinnungen , die Hindus, wurden unter ihm nicht nur von den bisherigen Verfolgungen der

Rechtgläubigen befreit, ſondern er fuchte auch die verſchiedenen Religionsparteien durch Heirathen einander näher zu bringen. Seinem Glauben war er eben nicht unbedingt anhånglich , ſondern ſuchte durch den Umgang mit den Braminen und andern

Gelehrten in fremde Religionſſteme einzudringen , und daraus das beſte zu wählen. Daher hat er im dritten Cheil ſeines Landbuchés ſehr viele indiſche Religionslehren , von der Schöpfung , Gottess

verehrung, Faſten , und Bußúbungen , ſammeln laſſen . Wegen dieſer Religionsgeſpräche mit den Braminen und andern Geiſtlichen , und ſeiner Gleichgültigkeit gegen den Koran , machte ihm 266 dalla , ein tartariſcher Chan , mancherlei Vorwürfe. Auf gleiche Weiſe , oder vielleicht durch katholiſche Miſſionarien , welche ſich damals in Bengalen und andern indiſchen Provinzen aufhielten , ſcheint im die Bibel bekannt geworden zu ſeyn. Ilm aber ihs ren Inhalt genauer zu erfahren , ſchickte er 1582. einen Geſandten an den portugieſiſchen Vicefónig

von Goa , um durch ihn von dieſem Inbegriff des chrijts

Zweite Periode , von 1525-1707. 143 chriſtlichen Glaubens eine arabiſche oder perſiſche Ueberſeßung zu erlangen. Es wurden hierauf drei Jeſuiten nach Agra geſchickt, welche ihm eine lleber .

ſegung der Bibel in vier Sprachen überbrachten , auch, dem Kaiſer verſchiedene Heiligenbilder vers

ehrten. Akbar foll ſich auch mit ignen in Unters redung über die chriſtlichen Glaubenslehren einges Jaſſen haben , ob er aber dieſen ſo große Vorzüge

vor den Vorſchriften des Korans einraumte , oder die neue Lehre am Hofe ſowohl, als bei andern Mas Hometanern , großen Beifall fand , laßt ſich zur Zeit nicht beſtimmen , weil der einzige nicht ganz unverdåd tige Manouchi " ) dieſes Bekehrungs.verk am ausführlichſten behandelt hat.

Nach Ukbars Tode beſtieg deſſen áltęſter Pring Selim den våterlichen Thron , und nahm als Kais

ſer den Titel gegangir , oder Welteroberer , an.

Db er gleich nach der Weiſe feiner Vorfahren ſeine eigene Regierung im Eujeth Jehangiri beſchrieb, auch andere indiſche Geſchichtſchreiber über dieſelbe vorhanden ſind, ſo hat ſich davon nur eine kleine

Zahl wichtiger Auftritte erhalten , und alle dieſe Nemoiren oder Biographien beſchafftigen ſich am meiſten mit des Kaiſers Edwachen, ſeiner Abneis

gung von Geſchafften , und ſeinen vielen Reiſen aus einer Provinz in die andere. Sie ſind noch fåmmte

lich ungedruckt, aber Hr.Gladwin , der Ueberſeker

von Ufbars landbuch , zur Zeit der ausführlichſte Geſchichtſchreiber dieſes Kaiſers , hat aus diefen

Quellen geſchöpft ® ). Er gat darin aber nur Vers ånde

r ) Hiſtoire generale de l'Empire du Mogul . S. 123 . $ ) The Hiſtory of Hindo tan during the Reigns of

Geſchichte von Oſtindien.

144

ånderungen am Hofe und der kaiſerlichen Familie,

Standeserhöhungen, den Wechſel der Statthaltera ſchaften , nebſt den im Orient gewohnlichen kleinen und großen Unruhen in den Provinzen , verzeichnen können . Manouchi, der während gehangirs Res gierung nad) Indien kam , beſchafftigt ſich in feie nem vorher angeführten Werke mit ähnlichen Aufs. tritten , vorzüglich aber dem großen Einfluß, den des Kaiſers Gemahlin Nur' Mahl über ihn hatte, und den Unruhen , welche ſie unter ſeinen Söhnen erregte , ſo daß auch fein Nachfolger Shah gehan gezwungen wurde , die Waffen gegen den Vater

zu ergreifen. Auch hat er ſeine Nachrichten håus

fig aus Stadtgeſprächen und fliegenden Gerüchten geſammelt.

gehangir ſchien beim Untritt ſeiner Regierung feines Vaters Beiſpiel zu folgen , blos das allges meine Beſte vor Augen zu haben , und ſeine Unters thanen gegen Unterdrückungen zu ſchüßen. Aber zu bald überließ er ſich den Vergnügungen des Trunks und der Liebe im höchſten Lebermaaß, er verſchweigt auch dieſe Uusſchweifungen in ſeiner eigenen Lebenss

beſchreibung nicht. Vielmehr erzählt er darin offens herzig , daß er zuerſt im dreizehnten Jahre ſeines U16

ters , von einer Jagd ermüdet und durſtig , auf uns

rathen einiger Hoflinge Wein als Stärkungsmittel getrunken habe. Der Geſchmack davon bezauberte

ihn fo fehr, daß er nachher täglich Wein tranf; und ihn in immer größern Zügen genoß , daß Wein

zuleßt feine Nerven nicht mehr reiste , ſondern -er den ſtärkſten Branntwein trinken mußte. Neun Jahre of Jehangir, Shah Jehan and Aurungzebe by Fraxis Gladwin. Calcutta 1788. V. I.

Zweite Periobe, von 1525-1707. 145 Jahre lang trank er von dieſem Lebenswaſſer täglich vierzehn Becher des Tages und ſechs des Nachts, oder zuſammen ſechs Quart Bouteillen. Während dieſer Zeit verlor er allen Geſchmack am Eſſen , und

ein Hühnchen, etliche Radieſe und ein wenig Brot waren feine ganze Nahrung für einen Tag. Zulegt wurden durch den Ulebergenuß des Branntweins

ſeine Nerven ſo ſchwad ), daß er den Becher nicht felbſt in der Hand halten konnte , und er mußtep.

auf Anrathon der Aerzte, ſeine Diát ándern. Er tranf nun Branntwein mit Wein vermiſcht, und

verminderte in ſieben Jahren ſeine bisherige Pors tion bis auf ſechs Becher , die er blos des Nachts zu trinken pflegte.

Aber ganz konnte er doch den

Wein nicht meiden , Wein blieb feine einzige Ers quickung , wenn ihm nichts mehr ſchmecken wollte,

und ſelbſt in ſeiner Todesſtunde ließ er ſich noch eis nen Becher Wein reichen , allein er ſtarb vor dem Genuß deſſelben ).

Gleich nach ſeiner Chrongelangung befahl er,

die berühmte, aud von europäiſchen Reiſebeſchreie

bern erwähnte, goldene Kette an ſeinem Pallaſt in Agra beveſtigen zu laſſen . Sie ſollte dazu dienen , den Unterthanen bei Beſchwerden über uns gerechte Richter , oder Bedrückungen , wenn ſie

ſolche berúhrten , beim Kaiſer Recht zu verſchaffen . Sie wog vier Maunds, oder an vierhundert Pfund, und hielt dreißig Ellen in der {ånge. Er ließ außers 1

dem verſchiedene für die Unterthanen wichtige Vers ords

t) Gladwin S. 90. 92. u ) W. Finch Journal in Purchas Pilgrims. T. I. S. 439 .

5.05. 2. bth.

146

Geſchichte von Oſtindien.

ordnungen ergehen , die hinlänglich den bisherigen Druck des niedern und Mittelſtandes beweiſen , und von denen gier nur folgende berührt werden

können . Um Reifenden in unangebauten und vers wilderten Gegenden , deren es wegen der ewigen Kriege eine gewaltige Menge gab, Schuß und Dbs

dach zu verſchaffen , befahl er, langs den Landſtras Ben auf Kaiſerliche Koſten , oder derer , die Amts .

lehne (Jaghires) beſaßen , Moſcheen und Herbers gen zu erbauen , oder Brunnen zu groben , und

führte dies zum Theil wirklich aus. So ließ er 1619. von Ugra bis (ahor, ſeiner gewöhnlichen Res ſidenz, hohe Steinfáulen in der Entfernung einer

indiſchen Meile von einander errichten , bei der dritten Säule Brunnen graben , und den ganzen

Weg mit Bäumen bepflanzen , wie man noch auf einigen Karten ſehen kann *). - Niemand durfte

auf offener Straße Ballen oder Kaufmannsgüter.

ohne Willen des Eigenthúmers öffnen . Kein Bes. amter ſollte ſich des Nachlaſſes der Mahometaner oder Hindus bemachtigen , wenn Erben vorhanden

wåren , und hatten ſie keine , ſo ſollte die dem Kais ſer verfallene Erbſchaft zur Erbauung neuer Hers

bergen , Ausbeſſerung der Brücken , und Anlegung der Waſſerbehalter, verwandt werden. Es ward jedermann verboten , ſich wider Willen des Eigens týúmers in deſſen Wohnung einzuquartiren. Rein

Beſiger eines Umtslehns, fein Einnehmer der 26 . gaben durfte Einwohnerin noch weniger berauben ).

ohne Wiſſen des landesgerrn eine innerhalb feines Diſtrikts Heirathen , den landmann (Ryot) ſeiner Felder Er ſchaffte auch manche dem lande Tchads

*) Gladwia S. 47.

0) Gladwin S. 96.

Zweite Periode, von 1525-1707. 147 ſchädliche Gebräuche ab , wie 1607. in Bengalen. Dort pflegten die Einwohner , wie früher Marco Polo und Barbeſſa verſichern , eine Menge Knas ben zu entmannen , und außer landes zu hogen Preiſen zu verkaufen. gehangir verbot bei ichwes

ren Strafen dieſen uralten ſchåndlichen Handel, ließ mit Gewalt die verſtůmmelten Knaben überall wegnehmen , und bewirfte durch ſeine Verfüguns

gen , daß ſeitdem dieſer einzelnen ſo einträgliche

Handel mit Verſchnittenen , die vorzüglich Perſien brauchte, völlig aufgórte :).

Jehangir Hatte kaum ſechs Monate regiert, als fein alteſter Prinz Khobru ſich gegen ihn ems pórte, und ißm in vollem Maaße den Ungehorſam gegen ſeinen Vater wieder vergalt.

Noch en er

fich mit ſeinem Vater Ufbar verſöhnt hatte , ers munterten mehrere Große den Prinzen Khosru,

ſich nach dem Tode des Großvaters als Kaiſer aus. rufen zu laſſen. Allein die hernach erfolgte Ausa föhnung vereitelte dieſen Plan, oder die Mißvers

gnügten verſchoben deſſen Ausführung nur auf eine gelegnere Zeit.

Der Prinz war ſeitdem immer

nachdenkend und mürriſd), und alle Bemühurg des Vaters, ihn aufzuheitern , war vergebens. Uns

ter dem Vorwande ,Akbars Grabmal zu beſuchen, verließ Khosru den kaiſerlichen Pallaſt insgeheim , und flúchtete in aller Eil nach Panjab , um ein Heer gegen den Vater zu verſammeln. Hier fuchte

er auch , in Vereinigung mit einigen Großen , die wichtige Beftung fahor zu überrumpeln , um dort feine Reſidenz aufzuſchlagen. Weil aber die Bes § 2 faßung 3 ) " Barbella in Ramulio I. $. 330. S. 101 .

Gladwin

148

Geſchichte von Oſtindien .

fakung dem Kaiſer gehangir getreu blieb , und dies

fer gegen ſeinen Sohn perſönlich zu Felde zog, mußte er die Belagerung aufheben , und erlitt nicht lange darauf am Bejafluß eine gewaltige Nieder.

lage. Khosru ſuchte nun, von ſeinen bisherigen Begleitern verfaſſen, mit einem kleinen Gefolge nach Cabul zu entkommen.

Wie er aber , von ſeinem

Vater verfolgt , über den Chenab reßen wollte, fand er keine Fahrzeugė, fondern überall die Ufer

von Gehangirs Unhängern befekt.

Von dieſen

' ward er zulegt umzingelt , gefangen und dem Pax

ter überliefert. Dieſer nahm an des Prinzen Uns

gångern eine grauſame Rache, fie wurden lebendig geſpießt, und reihenweiſe aufgeſtellt, der Prinz in Feſſeln mußte , auf einem Elephanten durch dieſe

Reißen geführt, die Marter ſeiner Freunde mit eis genen Augen anſehen , und ward in Lahor enge vers wahrt. gehangir erklärte hierauf ſeinen dritten Prinzen Khorum zum Nachfolger , : erlaubte ihm

alle Ehrenzeichen der kaiſerlichen Würde, und bes 1

ehrte ihn mit dem Titel Shah , den feit Limur

nur der wirkliche Kaiſer geführt hatte. Seitdem kick der Prinz,immer Shah Jehan , welchen Nas

men er auch in der Folge als Kaiſer führte: Khosru " : ward nach etlichen Jahren ſeiner engen Haft ents ledigt , und der Staiſer ließ ihn ſogar an ſeinen Hof

nach Agimere kommen.

Allein feine Uufführung

beruhigte den Pater nicht, auch ſoll er abermals verſucht haben , ihni des Chrons zu berauben ), er ward daher bald wieder verhaftet, und bald dies

ſem , bald jenem Großen zur Aufſicht übergeben .

Um 1620. mußte er ſeinen Bruder Shak Sehan nach a ) Gladwin $ . 16.

Zweite Periode, don 1525-1707. 149 nach Dekan begleiten , und ſtarb während dieſes Feldzuges 1621. in der Stadt Brampore an einer

Krankheit. Die Nachrichten , welche Europåer von Khosru’s Tode verbreitet haben , die damals in großer Menge als Kaufleute , Krieger und Miſs

fionarien , ſich in Indien aufhielten , der Pring wåre von ſeinem Bruder erwürgt worden , oder

man habe ihn im Gefängniß geblendet, werden von

einheimiſchenGeſchichtſchreibern nicht beſtätigt. gehangirs Gemahlin , die wegen ihrer Schorts heit und Herrſchſucht gleich berühmte Nur Mahl, die Sonne des Harems , oder , wie ſie auch ges nannt ward , Nur gehan , das Licht der Welt, nimmt in ſeiner Geſchichte einen ſehr großen Plak

ein. Sie hatte ſich dem Kaiſer ſo nothwendig ges macht , daß ſie immer um ihn war, ihn auf ſeinen Reiſen nach Caſhemir , Cabut, Agimere , begleis tete, auch wenn ihın ſonſt niemand aus dem Zes nana oder Harem folgen durfte.

Sie war die

Witwe eines kaiſerlichen Befehlshabers, Namens Shir Afkun ( Afghan ), der in Bengalen ſeinen Tod fand , und ward von deſſen Verwandten als Witwe

nach Hofe geſchickt. Jehangir ſahe ſie hier zufäls. lig , und ward von ihrer Schóngeit fo bezaubert,

daß er ſich mit ihr 1611. vermáhlte. Nach Mas nouchi ") kam ſie dem Kaiſer in lahor ebenfalls zus fällig zu Geſict, und ihre Schönheit reizte ihn ſo ſehr, daß er ihr ſeine Hand antragen ließ . Weil ſie aber in der Treue gegen ihren Gemahl beharrte, ward dieſer insgeheim in Bengalen ermordet, und das Gerücht ausgeſprengt, er wåre an einer Krank.

Heit geſtorben. Jegt entſchloß ſich deſſen Witwe, R3 b) S. 166.

des

150

Geſchichte von Oſtindien.

des Kaiſers Anträge anzunehmen , ihre Verwands ten wurden zu den gödſten Ehrenſtellen Befördert, und ihr Vater ward des Kaiſers erſter Miniſter.

Die Erhebung ihrer Verwandten iſt zuverläſſig ges wiß , aber deſto weniger die Ermordung ihres Ges 19

mahls , weil nur ein einziger perſiſcher Schriftſteller dieſen Umſtand erwähnt, dem es europäiſche Reiſes beſchreiber nacherzählt baben "). So lange ihr Vater lebte , ſcheint NurMahl nur zur Unterhaltung und Vergnügen des Kais

fers beigetrageu zu haben , fo bald aber dieſer Ons rah 1621. ſtarb, finig ſie an, die wichtigſten Reichss geſchaffte an ſich zu reißen. Alle Staatsámter wurs den von ihr vergeben , Kriege angefangen und bes endigt , und die Großen nach ihrer {aune, oder nachdem ſie ihrer Eitelkeit huldigten , eins und abs

gerekt. Von ihrer Gewalt úber den Kaiſer haben einheimiſche und fremde Geſchichtſchreiber Anekdos ten genug geſammelt, von denen die meiſten bloße

Bolfsſagen ſenn möchten , wohin auch die folgende gehört: „Nur Mahl habe von ihrem Gemahl ways rend ſeiner Trunkenheit erbeten , nur einen einzigen Tag zu regieren , und in dieſem kurzen Zeitraum die bekannten Münzen mit den zwölf Zeichen des

Thierkreiſes prágen laſſen.”

Daß Münzen mit

dem Namen ſeiner geliebten Nur Mahl auf kaiſers lichen Befehl geprägt worden , ſagt Gehangir ſelbſt in ſeiner Lebensbeſchreibung, er zeigt auch die pers fiſchen Ueberſchriften diefer Münzen an , welche ſo lauten : „ Auf Befehl des Kaiſers gehangir hat

dieſe Münze, durch den Namen der Nur gehan Padſha Begum hundert Zierden erlangt "). be

c ) Gladwin S. 94.

d) Gladwin S. 23

Zweite Periode , von 1525-1707. 151 bemerkt aber ihren Werth nicht, auch nicht, ob es Gold , oder Silbermünzen waren. Da nun dieſe Inſchrift ganz verſchieden von der Ueberſchrift der Zodiafafrupien iſt , die man ſelten beiſammen fins det , und daher von Münzliebhabern theuer bezahlt

werden , ſo waren obige Münzen , mit dem Namen

der Nur Jehan bezeichnet, wahrſcheinlich zum Ges brauch des kaiſerlichen Harems beſtimmt. Denn ſchon ufbar verordnete, daß Lebensmittel , und

was ſonſt das Zenana nothig hatte , in befondern, einzig zu dieſem Behuf geprågten, Münzen bezahlt werden ſollten , welche übrigens mit dem andern im Reiche curſirenden Gelde gleichen Werth und

Gehalt hatten e). An den mannichfaltig beſchries benen , und eben ſo verſchieden erklärten Zodiakal, rupien " ) hat Nur Mahl nicht den geringſten Uns theil , wie ſchon mehrere geglaubt haben , weil auf keiner einzigen ihr Name erſcheint. Dieſe Rupieh wurden lange nach ihrer Bermáhlung und vor der Zeit geſchlagen , ehe ſie nach dem Zeugniß ihrer

Zeitgenoſſen an der Regierung wirklichen Antheil nahm. Uuch iſt die Veranlaſſung dieſer Münzen unbekannt. Zwar befahl Kaiſer gehangir zuerſt im dreigegnten Jahre ſeiner Regierung, 1027. der Hedſhra und 1618. unſerer Zeitrechnung, Golds mungen mit den Zeichen des Thierkreiſes auszuprás gen , ſagt aber nicht, was ihn dazu vermochte ). Dieſe Münzen ſind bis ans Ende ſeiner Regierung geſchlagen worden , und von verſchiedenen Jahren R4

in

e ) Aji Akbery. I. S. 56. f) 8. Edw . Moor Narrative of Capt. Littles De tachment. Lond. 1794. S. 482. 2 . 9) Gladwin S. 105 .

152

Geſchichte von Oſtindien .

in indiſchen und europäiſchen Sammlungen vors handen. Uuch baben Münzliebhaber feine früher als das Jahr 1618. auffinden fonnen 6).

Von vielen wird Nur Mahl auch für die Ers finderin des koſtbaren , wohlriechenden Roſenols gehalten , von dem ein Centner Roſenblátter nur zwei Drachmen Del liefert. Unter andern hat Manouchi ) den Gang dieſer Erfindung ausführi

lich beſchrieben. Nach ſeiner Erzählung ſpaßierte gehangir eines Tages mit ſeiner geliebten Gattin lángs den Ufern eines ganz mit Roſenwaſſer angea füllten Kanals , als beide auf der Oberflächeeine Art ſehr feinen Schaum bemerkten . Beim Abſchöpfen verbreitete dieſe Materie einen überaus vortreff lichen Geruch , dem man weiter nachforſchte, und 3

endlich durch Deſtillation erhielt. Indeſſen vers fichern einheimiſche Geſchichtſchreiber , die Mutter der Nur Mahl habe dieſes wohlriechende jegt úbers all in Indien zum Parfumiren gebräuchliche Del

1618. erfunden , und dem Kaiſer zu Ehren Atyr gehangire genannt *). Daß es früher nicht in Hindoſtan bekannt war, beweiſt Akbars Sandbuch . Darin werden in der Beſchreibung der Parfums, welche für den Kaiſer bereitet wurden , deſſen Haare

zu falben, deſſen Hände zu waſchen, und die Staatss zimmer mit Wohlgerůchen zu erfüllen , eine Menge: Eſſenzen , Blumen , Kräuter , Wurzeln und Spes cereien aufgeführt, und nach ihrem Werthe geords

net, Roſenwaſſer wird darin håufig genannt , aber

von Roſenol, das in dieſem Verzeichniſſe nicht feh. len

H ) Moſſel beknopta Hiſtorie van het Mogolſche Kaizerryk. Batavia 1758. fol. S. 20. i) S. 172

t ) Gladwin 8. 24.

Zweite Periode, von 1525-1707. 153 len durfte, wenn es bekannt geweſen wäre , davon findet ſich nicht die geringſte Spur ').

Kaiſer Akbar ward durch dieEmpórung ſeis nes Pringen Selim verhindert , Dekan völlig ju

bezwingen , oder einmal ſeine Eroberungen jenſeit des Nerbudda gegen die Angriffe der nicht ganz bes

zwungenen Fürſten von Golconda und Biſapur fichern zu können , alſo gingen dieſe zu Anfange der

Regierung Jehangirs wieder verloren. Er ſuchte daher ſeit 1612 , wie ſein Vater , die Reichsgren, zen gegen Süden zu erweitern , überließ aber dieſe Unternehmungen ſeinten Generalen. In dem erſten Feldzuge wurden die Fürſten von Dekan zu gleicher

Zeit von Guzeratte und Berar angegriffen , aber durch die Eiferſucht ſeiner Feldherrn des Kaiſers gut angelegte Plane vereitelt. Die kaiſerliche Ars mee ward zurückgeſchlagen , und die Fürſten von Defan bedroheten des Kaiſers eigene Lånder, Pring Shah gehan ergielt hierauf 1616. das Commans

do, er entſegte das von den Feinden eingeſchloſſene Mandu , die alte Hauptſtadt von Malva , und

unterwarf ſeinem Vater die Provinzen Chanded

und Ahmednagur wieder. Er bezwang auch Bago lana , eine gebirgichte Proving fúdoftwarts von Suratte , welche die Bargies , oder die Vorfah. ren der Maratten , tapfer dertheidigten , und die

Fürſten von Defan mußten dem Kaiſer alle Eros

berungen abtreten . Aber ſie griffen 1620. wieder zu den Waffen , und ſuchten die Kaiſerlichen aus .

Baglana und Ahmednagur zu vertreiben . Shah gehan ſchlug ſie abermals zurück, und zwang die

Fürſten von Viſapur und Golconda , dem Kaiſer RS. 1 ) Aj. Akbery . I. 8. 99-107 .

ris

154 ,

Geſchichtevon Oſtindien .

Tribut zu erlegen , unter welcher Bedingung ihnen ihre lander gelaſſen wurden. Dieſer ſtieg an Geld und Koſtbarkeiten auf funfzig lac , oder"fünf Mils

lionen Rupien , und dazu mußte Diſapur allein achtzehn Sac bezahlen.

Bergebens hatten bisher die Kaiſer von Delht verſucht , die Rasbuttenfürſten in den Gebirgen von Ugimere zu bezwingen. Freilich unterwarfen

fich zuweilen einige derſelben, aber andere behauptes ten ſich länger in den Gebirgen und Sandmuſten

dieſer Proving, oder fegten ſich wieder in Freiheit, wenn die Kaiſer anderwärts beſchafftigt waren . Akbar Hatte bereits den måchtigſten dieſer Fürſten , den Rannah von Chitore (Gurchitto ), bezwuns gen , und deſſen alte Veſtung zerſtört. Deſſen

Nachfolger, Umerſing, fd ;iug bierauf feinen Woons plag in Udipor auf, welchen Ort er beveſtigte, und

dem Kaiſer Gehorſam verſagte. Wegendes Khose ru's Empórung konnte geþangir den Uebermuth des Rannah nicht beſtrafen. Dieſen Titel führte der Rajah von Udipor. wegen ſeines Anſehens uns ter den Kasbutten ausſchließlich , und man übers feßt ihn gewöhnlich durch Herr der Herren. Aber 1013. jog der Prinz Shah Jehan gegen ihn zu Felde. Der Rannah ( chloß ſich mit ſeinen Rab. butten in Udipor ein , und glaubte , das feindliche Heer würde fich , aus Mangel an Lebensmitteln , in einem verheerten Sande nicht halten können . Doch eine Seuche,welcheſeine Truppen in Menge

wegraffte, gwang ihn , um nicht alles zu verlieren, Unterhandlungen anzufangen. Er behielt zwar ſein Gebiet, mußte aber fein Contingent, gleich andern

unterwürfigen Fürſten, zur Reichsarmee ſtellen , und

e

Zweite Periode, von 1525-1707. 155 und ſeinen Prinzen dem Kaiſer als Geißel übers geben , der zugleich in Jehangirs Dienſte trat. Vorher hielten die Rannahs von Chitore ihr Ges

ſchlecht zu edel, andern Fürſten zu dienen. Seits bem aber haben ſie ſelbſt , oder ihre Pringen , am

kaiſerlichen Hofe Ehrenſtellen bekleidet, auch wurs den ſie , gleid, andern indiſchen Rajahs , Befehlss

haber bei den faiferlichen Heeren . Doch pflegten die Rannahs von Chitore in neuern Zeiten ſich ſels tener am faiſerlichen Hofe aufzuhalten , als,die ans dern Rasbuttenfürſten des Landes Ugimere, nemlich die Rajabs von Joinagur (Umbere , Jepore), und von Judpor ( Mervar). Oben iſt bereits gezeigt worden , daß Jehans gir ſeinen Sohn Shah Jehan 1606. zum Nach ,

folger ernannte. Dieſer Prinzbeſaß, feinem Range gemäß , anſehnliche Lehne in Agra , Ugimere , tas hor und andern Provinzen. Nur Mahl entzweite fich bald mit ihm , und da ſie nicht hoffen konnte, ihn als Kaiſer, wie den Vater , ju beherrſchen ,

ſo nahm ſie den jüngſten kaiſerlichen Prinzen Shes ciar , einen gutmüthigen , ſchwachen Mann , in Schuß, der ſich ohnehin mit ihrer Tochter von ihs rem erſten Manne vermählt hatte. Durch binters liſtige Vorſtellungen , Shah Jehan trachte nach dem Chron , und andere Verleumdungen , gelang

es ihr endlich , den Kaiſer gegen ſeinen Sohn eins zunehmen , und dem Sheriar wurde die Bezwins gung der Afgahnen in Lahor , und die Wiedereros berung von Candahar, übertragen , das die Pers ſer an ſich geriſſen hatten . Weil dem jüngern Prins

jen Shah Jehans Jehne bequemer lagen, ſolange dieſe Feldzüge dauerten , ſie auch Spaß gegans Ges

156

Geſchichte vonOſtindien .

Geduld dadurch prüfen , und im Fall der Wider's feßlichkeit völlig mit dem Water entzweien wollte, To überredete ſie den Kaiſer , dem Sheriar ſeines Bruders lehne zu überlaſſen , der altere PrinzFonne fich dergleichen in Malva , Defan und Gujeratte, auswählen . Shah Jehan machte dagegen dem

Bater ehrerbietige Vorſtellungen , er bewies , daß er nie gegen ihn einen Fehltritt begangen habe, dieſe

Ungnade zu verdienen , und daß ein Herrſchlüchtie ges Weib das Reich nur zu zerrůcten ſuche, er war auch po glücklich , den Vater zu gewinnen . Uber

Mur Mahl vermochte zu viel über den Kaiſer, und alle Großen am Hofe waren Shah Jehans Feinde; Sheriar fekteſich alſo in den Beſin dieſer lehne. Das gegen griff Shah Jehan zu den Waffen , vermehrte ſeine Truppen , und ſuchte ſich der Stadt Ugra zu

bemachtigen. Aber des Kaiſers Heer hatte an Mes kabut Chan einen tħátigen , glücklichen Anführer. Dieſer verſtårkte die Beragung von Agra , und trieb den Pringen nach Malva zurück. Weil ihm

hier einige ſeiner Befehlshaber untreu wurden , und ihn mit ihren Truppen verließen, mußte Shak ger han auch dieſe Provinz raumen , und ſeine Zuflucht nach der Beſtung Ufſir in Chandes nehmen . Er warb zwar vier neue Eruppen , konnte aber damit

das kaiſerliche Heer nicht beſiegen , daher begab er ſich nach Bengalen . Hier ſchien ihn anfangs bas

Gluck anzulácheln , er überwand die kaiſerlichen Statthalter, Bengalen und Behar wurden bald erobert , und in der Stadt Dacca fand er einen

anſehnlichen Schaß , ſo daß er ſeine Anhänger fürſtlich belohnen , und mit ihnen wieder über der

Ganges in Elgadabad vordringen konnte , er ward aber

Zweite Periode , von 1525-1707. 157 aber in der Nachbarſchaft von Beniares abermat aufs Haupt geſchlagen. Shah Jehan ward biers auf aus ſeinen Eroberungen vertrieben , und eilte mit den wenigen ihm treugebliebenen Unhángern nach Brampore , der damaligen Hauptſtadt von Chandes. Hier trat er mit ſeinem Vater in Untere handlungen , und bat um Verzeihung, die er auch unter folgenden Bedingungen 1624. erhielt: „ Der Prinz ſollte feine beiden Söhne dem Kaiſer übers geben , ſeine beiden Hauptveſtungen , Aſſir in Ehan . des ; und Rotas am Ilfer des Ganges , räumen, und was damals in Defan erobert war , für ſich

behalten .” Er erfüllte alle Bedingungen , und ſeine Prinzen Dara Shekuậ , und der ſpäter berühmt

geworbene Qurungzebe , waren ſchon im Begriff, mit vielen Geſchenken nach Jahor abzureiſen , als Hofcabalen auf einmal den Vergleich vereitelten ,

und der Kaiſer auf einige Zeit ſeine Freiheit verlor, oder vielmehr aus den Händen ſeiner bisherigen Beherrſcher in die Gewalt ſeines Feldherrn Mer Kabut gerieth. Dieſer Omrah fiel um dieſe Zeit bei der Kais

ferin in lingnade, ſeine Feldgerenſtelle ward ihm ab . genommen , und ihm die Wahl gelaſſen , ob erin Bengalen als Statthalter regieren , oder allein nach Hofe kommen wolle , um von den ihm ans vertrauten Geldern Rechnung abzulegen. Mehas but ſahe ſeinen Fall vor Augen , wählte aber das lektere, und begab ſich , nebſt 5000 Rasbutten, nach Hofe.

Der Kaifer ſtand damals in einem

Sager am Fluſſe Belut , und dieſer Fluß trennte das kaiſerliche Jager von ſeiner leibwache und übria

gem Gefolge. Megabut beſchloß alſo, fich ſeiner Pers

158

Geſchichte von Oſtindien .

Perſon zu bemachtigen, und dies gefang ihm 1626 . Der gefangene Kaiſer hing nun ganzvon des Sies gers Hånden ab, die Großen am Hofe zerſtreuten Ndy, oder wurden ebenfalls vom Mehabut, nebſt der Kaiſerin , gefangen. Jedoch war Mehabuts Glück von kurzer Dauer .'. Seine Rasbutien was ren ſo zugellos , daß des Kaiſers in lahor zerſtreute Soldaten zu den Waffen griffen , und eine große

Anzahl derſelben niederhieben . Megabut felbſt bes handelte die Großen , die ſich nach und nach wieder bei dem Kaiſer einfanden , ſtolz und übermüthig, daß dieſe zur Befreiung des Kaiſers Anſtalten tra. fen , welche Nur Mahl aus allen Kraften unters

ſtúkte. Der gefangeneKaiſer madyte den Mehabut dadurch ſicher , daß er ihm die geheimen Plane ſeis ner Gegner verrieth , und ihn warnte', ſeine Perſon nicht in Gefahr zu ſehen. Ullmählich fammelte ſich ein faiſerliches Heer , das Mehabut mit ſeinen wes nigen Niasbutten nidyt angreifen durfte, und der Kaiſer begab ſich , unter dein Vorwande einer ans

zuſtellenden Muſterung , zu deinſelben . Mehabut verließ nun , um Freiheit oder leben zu retten , das Hoflager , und entkam ven Nachſehenden glücklich , jedoch mußte er alle ſeine Gefangenen freigeben, und begab ſich nach Malva. Da er außer Stande war,

der neuen Hofpartei, die feinen lintergang geſchwos ren hatte , allein Widerſtand zu teiſten , lo pohnte

er ſich mit dem von ihm ſo oft beſiegten Prinzen Shah Jehan aus , und beide vereinigten ſich , den

Kaiſer aus den Händen ihrer Gegner zu befreien. Wie aber beide den neuen Feldzug eröffnen wolle

ten , ſtarb der Kaiſer 1627. im ſechzigſten Jahre ſeines Atters.

Schon

Zweite Periodė, von 1525-1707. 159 Schon ſeit 1620. litt gehargir ſehr an der Engbrúſtigkeit, und konnte ſeitdem dieheiße Wits terung in Ugra und Delhi nicht ertragen . Er wählte alſo die nordweſtlichen Provinzen des Reichs zu ſeinem Aufenthalt , und die Stadt Lahor, welche

er durch viele Gebäude verſchönerte, war feine ges wöhnliche Reſidenz.

Das Kluna von Caſhemir

war ſeiner Geſundheit beſonders zutraglich , daher er dorthin meiſtens im Sommer' eine Reiſe anzus ſtellen pflegte. Unter ſeiner Regierung wurden die Verbins dungen der Europåer mit den Kaiſerlichen Provins

zen und dem Hofe allmählich veſter geknüpft. Nicht nur in den großen Handelsplagen und Hauptſtadten

hatten ſich Portugieſen , Hollander , Englander und andere Europaer als Kaufleute niedergelaſſen , ſondern ſie bereiſeten auch init ihren Waaren unges Kindert folche Provinzen, welchejekt fremden Kauf leuten verſchloſſen ſind , wie unter andern der engs

liſche Kapitain Robert Coverte beweiſt, der 1607. von Suratte über Brampore nach Agra , und von hier über Muthra , das nördliche Ugimere, bis in die Wohnſiße der Balludhen am Indus , und weiter über Candahar nach Perſien reiſte m). Auch

dienten damals Europåer vorzüglich als Urtilleris ſten unter des Kaiſers Truppen , und geħangir felbft

ſuchte den Coverte durch große Verſprechungen zut bewegen , in ſeine Dienſte zu treten . Schon 1612 . Tchloß gehangir einen Vertrag mit dem portugies fiſchen Vicefónig von Goa , und in dieſer Stadt wurden häufig Edelſteine und andere Koſtbarkeiten

für m ) 8. Osborne's Collection of Travels and Voya ges. V. II. S. 241 , 24.

16о

Geſchichte oon Oſtindien .

für den Kaiſerlichen Hof angeſchafft. gehangir ſagt felbft , er habe daber ,den erſten Puterhahn erhal. ten , imgleichen die erſten Ananas , die auf ſeinen Befehl in den Kaiſerlichen Garten von Ugra vers vflanzt wurden " ). Huch die Portugieſen brachten den erſten Toback einige Jahre vor 1617. nach Ins

dien . Dies ſagt Jehargir ſelbſt ") , auch die Enge Lånder brachten dieſe Waaren auf ihren frühern Reifendorthin , und mit Einem Pfunde Toback, als einem ſehr angeneamen Geſchenk, effaufte Cos vette íbog. die Freundſchaft der mogoliſchen Bes fehlshabera Jehangir ließ aber ſchon 1617. den Gebrauch dieſer Pflanze in ſeinem ganzen Reiche verbieten .

Seitdem die Königin Eliſabeth von England 16oo. eine oſtindiſche Geſellſchaft in London errich tet hatte, und dieſe als Nebenbuhlerin der Portus

gieſen und Hollander in den indiſchen Gewäſſern auf. trat , fo beſuchten ihre Schiffe Suratte und andere

indiſche Hafen . Weil aber die Kaufleute ſowohl in den Seehafen , als auf ihren (andreiſen durch

des Kaiſers Gebiet, mancherlei Erpreſſungen er: dulden mußten , ſo ſchickte Jacob I. den Thomas Roe 1614.an den indiſchen Kaiſer. Er ward vom

gehangir in der Stadt Agimere gut aufgenommen , und erhielt von ihm die Verſicherung, daß engliſche

Kaufleute im ganzen Reiche freien Handel treiben konnten , und ihre Schiffe in allen Häfen frei eins

und ausfahren ſollten. Unter den Geſchenken , die ihm von dem engliſchen Geſandten überbracht wurs den , war eine koſtbar verzierte Kutſche, in welcher

ſowohl der Kaiſer als ſeine Geliebte Nur , Mahl Käufig

S.as.

n ) Gladwin 8. 25 .

. ) Gladwin 8. 41.

T

Zweite Periode , von 1525-1707. 161 5

Häufig zu fahren pflegten. Doch verdient biebei bes merkt zu werden , daß der Kaiſer in der Geſchichte

ſeiner Regierung nie etwas von dieſer Geſandtſchaft erwähnt , ob er gleich darin die Feindſeligkeiten der Englánder und Portugieſen berührt , auch andere

Geſandtſchaften an ſeinen Hof, d.B.die perſiſchen, nebſt den Geſchenken, anführt , die ſie ihm brachs ten , und von ihm wieder erhielten.

Shah Jehan war bei des Vaters Abſterben in Malva , und mit Mehabut, ſeinem Feldherrn, beſchafftigt, feine Angelegenheiten wieder herzuſtel. len . Da Jebangir aber auf der Reiſe von Caſhes mir nach Labor geſtorben war, ſo konnte er wegen

der Entfernung nicht ſo bald nach Hofe kommen , um den erledigten Thron zu beſteigen.

Seine

Feindin -Nur Mahi gab ſich alle Mühe, dem Prins zen Sheriar die Krone zu verſchaffen , und ihr Brus Der Uſof Chan , Shah Jehans Feind, ließ einen Enkel des verſtorbenen Kaiſers von ſeinem ålteſten

Sohn Khosru als Kaiſer von Hindoſtan aụsrufen. Unterdeſſen näherte ſich Shah Jehan der Haupts ſtadt Ugra , viele Große erfannten ihn als ihren

Oberberrn , Sheriar ward in lahor gefangen ges nommen und geblendet, und der junge Prinz Box

lafi, des alten Kaiſers Enkel, nebſt andern Prin. zen vom Geblút, ermordet , ſo daß Shah Jehan ſchon am 1. Febr. 1628. in Agra feierlich als Kais ſer ausgerufen ward.

Er verlegte den Siß der Regierung wieder nach Delhi, dieſer von ſeinen beiden Vorgångern vernachläffigten oder beinahe veródeten , indiſchen Hauptſtadt, er ließ hier einen prachtigen Pallaſt

und eine Menge anderer Gebäude aufführen , ſo s. Th. 2 , Abrh.

dac

162

Geſchichte von Oſtindien.

daß Alt . Delki jeßt eine Vorſtadt der neuen Bers fchönerungen ward , die dem Kaiſer , außer was

die Großen auf die Erbauung ihrer Pallåſte vers wandten , funfzig tac Rupien oder an fünf Millios nen Gulden koſteten . Da Delli auf dieſe Art ers

neuert und anſehnlich vergrößert ward , ſo erhielt es von ihm den Namen Jehanabad , den es noch zuweilen führt. In dieſer Stadt vergaß der Kais fer ſein bisheriges Geſchäfft, mitten unter ſeinen Iruppen imn lager zu leben, und durch Siege und Eroberungen Ruhm zu erlangen. Er verbrachte 1

feine Zeit in Delhi mit. Suſtbarkeiten und ſeinen Weibern im Zenana. So zahlreich auch dieſes bes fegt war, fo zwang er dennod mehrere Große, ihm ihre Gemahlinnen zu überlaſſen . Außer dies ſen Zeitfúrzungen pflegte er große Jagdparthien

ober Thiergefechte anzuſtellen , ſodaß die Geſchichte feiner Regierung , die legten Jahre ausgenommen, unglaublich leer an merkwürdigen Vorfällen iſt. lleberdem hat der indiſche Geſchichtſchreiber Ubdal Hamid {ahori, der ein ausführliches Werk über

die drei erſten Jahrzehende feiner Regierung von 1628 bis 1658. verfaßte, noch keinen Ueberſeker

gefunden , und eigentlich ſind Manouchi und Bers

nier die einzigen , welche wir bei dieſem Zeitraum benußen können . Die Grenzen des Reichs erhielten keine wichs tige Veränderungen , außer daß die unter den

vorigen Kaiſern feines Hauſes verlornen Provinzen Balf und Badakſban wieder unter ſeine Herrſchaft kamen . In Dekan würde er ſolche gewiß erweitert

haben, gåtte er nur ſeinem Soận Uurungzebe freiere Hand gelaſſen , jedoch ward unter iým 1656. ein betrádyts

Zweite Periode, von 1525-1707. 163 beträchtlicher Theil von Telinga bezwungen , die Hauptſtadt Bagnagur ( Hyderabad ) erobert und ausgeplundert, und der König des Landes mußte in feine Veſtung Golconda flüchten. Dieſe Vers

größerung ſeines ſüdlichen Gebiets war für den Kais fer ſo wichtig, daß ſeine Eiufünfte dadurch um 7,500,000 Rupien vermehrt wurden. Das Rós nigreich Viſapur würde ſich auch unterworfen has ben , wenn ſein neuer Feldherr Emir Jumla , der wegen Nachſtellungen aus dein Dienſt des Königs von Telinga zu . Dem Kaiſer úberging , und ihm

die Eroberung dieſer Provinz ſehr erleichterte, ſeine Truppen einzig dazu hátte brauchen fónnen.

Schon 1517. fingen die Portugieſen an , Bents galen zu beſchiffen , und in Chatigan ( Chittagong ), dem öſtlichſten Hafen in dieſer Provinz , Handel zu treiben , der in dieſen Zeiten von fremden Kaufs

leuten vorzüglich beſucht ward. Da fie aber mit dem Handel zugleid ) Kaperei gegen indiſche und andere Fahrzeuge trieben , welche nicht mit ihren

Páſſen verſehen waren , fo fürchteten freilich, die ins diſchen Kaifer ihre liebermacht zur See , ſuchten ſich aber bei jeder Gelegenheit wegen dieſer Sees ráubereien an ihren Faktoren und Kaufleuten zu rås chen , ſolche plózlich zu überfallen ihrer Waaren zu berauben , oder gefangen wegzuführen . Dies Schickſal hatten ſie bereits in Bengalen 1534. ger Habt, und ſie ſcheinen dieſen Handel eine Zeitlang aufgegeben zu haben , weil Barros und ſeine Forts feker ,'welche die Ausbreitung der portugieſiſchen Schifffahrten fo genau beſchreiben , Bengalen feits dem faum erwähnen . $

Sie famen endlich wieder

dorthin , und Hongin, in der Nachbarſchaft der holo

164

Geſchichte von Oſtindien.

holländiſchen Faktorei Chinſura , ward der Stapel. plas.ihres Handels. Sie ſcheinen aud) bier , wie

in ihren andern indiſchen Niederlaſſungen , eine Kriegsmacht gehalten zu gaben. Denn wie Shah Gehan in dem Kriege mit ſeinem Vater , in der

Gegend von Benares , eine große Niederlage ers, litten hatte , ſuchte er bei dem portugieſiſchen Gou. verneur in Hougly Beiſtand , welchen ihm dieſer aber verweigerte, weit er einen Aufrührer gegen feinen Vater zu unterſtügen Bedenken trug. Als Kaiſer rachte ſich Shah Jehan wegen dieſer ihm verweigerten Hülfe, auch roll eine von ſeinen Ges mahlinnen ihn gegen die Chriſten aufgeheßt haben . Hougly ward daher von ſeinen Truppen eingeſchloſs fen , die Portugieſen mußten der Ulebermacht weis chen , und fämmtlich als Gefangene nach Agra

wandern , wo einige den Koran annahmen , die Weiber theils in dem kaiſerlichen Harem einges ſperrt, theils unter die Großen verſchenkt , und

die übrigen nach einiger Zeit nach Goa zurückges ſchickt wurden,

Schon vor ſeiner Throngelangung hatte der Kaiſer vier Pringen erzeugt, welche während ſeiner

Regierung das männliche Alter erreichten , und da Shah Jehan unſchlüffig war , einen Nachfolger zu ernennen , ſo glaubte jeder von ihnen , Recht auf den Thron zu haben , und dieſes bewaffnet ges gen ſeine Brüder auszuführen.

Weil ſie wahrs

ſcheinlich gegen einander in der Hauptſtadt Pars teien machten , oder der Vater bei ſeinen Lebzeiten einen burgerlichen Krieg befürchtete, ro wurden ſie

vom Hofe als Statthalter in die Grenzprovinzen

entfernt. Der álteſte Prinz Dara Sheku, 1615. gebos

Zweite Periode, von 1525 - 1707. 165 geboren , war ein fluger , gelehrter und leutfeliger

Herr , dabei aber hißig und ungeſtům , und hatte von ſeinen Einſidsten einen ro hohen Begriff, daß er ſich von niemand rathen ließ . In der Religion war er nicht eifrig , ſondern unterhielt ſich gern

mit Braminen und geſuiten über ihre Glaubens, lehren , ſo daß beide glaubten , er würde als Kais

fer zu ihrer Kirche übertreten. Der zweite Sohn, Sujak, geb. 1616 , war verſchlagen und ránkes voll, freigebig im höchſten Grade , um dadurch feine Anhänger zu vermehren , úberließ fich aber zu ſehr den Ausſchweifungen in der Liebe.

Der

dritte Prinz, Uurungzebe , úbertraf feine Brüder an liſt, Heuchelei, und Kunſt , ſich zu verſtellen . Dem äußern Scheine nach war er ein bigotter Ans

dáchtler , betete unaufhórlich , trennte ſich nicht von ſeinem Koran , und gab vor, nach des Vas ters Ableben der Welt zu entſagen. Er ging das

her einfach oder ſchlecht gekleidet einger , verſchmås þete Perlen und Edelſteine, genoß blos Obſt , Ges

müſe und ſchlechte Speiſen , und bloßes Waſſer war ſein Getrånf. Aber er berbarg unter dieſer 1

ſcheinheiligen Demuth einen grenzenloſen Ehrgeiz, und es glückte ihm , feine Brüder durch Frommelei zu berücken . Morad Bukſb , der jüngſte von ale len , liebte ebenfalls Vergnügungen des Weins , der Jagd , und anderer Zeitfürzungen , war aber das, bei offen und tapfer , ein Feind von Rånken und

Intriguen , und pflegte zu ſagen , daß er ſich blos auf ſeinen Arm und ſein Schwert verließe.

Unter dieſe vier Prinzen vertheilteder Kaiſer 1638. ſein Reich auf folgende Weiſe: Dem Dara

wurden labor und Multan als Statthalterſchaften & 3

ůbers

1665 Geſchichte von Oſtindien . übergeben , Sujah erhielt die Regierung von Bens galen , Uurungjebe die Eroberungen in Dekan , und Morad Buff& Guzerátte. Doch der ålteſte Prings

Dara, verließ Delhi nicht, ſondern blieb bei ſeinem Bater , der ihm einigen Antheil an der Regierung ließ , auch Würden und Auszeichnungen vor ſeinen Brüdern erlaubte. In dieſer {age befanden ſich die Angelegenheiten von Hindoſtan , als der alte

fiebzigjährige Kaiſer in eine gefährliche Krankheit ſchweifungen geſchwesBetránke , den durch Uuss

zugezogen hatte. Da Shah Jehan ziemlich lange danieder lag , ſo verbreitete ſich bald das Gerücht, der Kaiſer wäre toot. Der ganze Hof gerieth in Verwirrung, diz Gewölbe der Hauptſtadt blieben verſchloſſen , auch die Pringen erfuhren bald dieſe Nachricht, und feißten ſich in Bereitſchaft, ihre Abſichten auf den Thron auszuführen. Dača traf in und um Delki ſo mancherlei Anſtalten , daß dem kranken Vater feines Lebens wegen bange ward,

und alle Speiſen , die auf ſeine Tafel kámen , vors her zu Fredenzen befahl. Sujah, der in dem reichen Bengalen anſehnliche Schåße geſammelt hatte, verließ dieſe Provinz mit einern zahlreichen Heere , um , wie er vorgab , des Vaters Tod zu ’ råchen , den Dara hårte vergiften laſſen . Auch Uurungzebe růſtete ſich zum Kriege , obwohl der

Bater ihm ſowohl als dem Sujah ſeine Beſſerung wiſſen laſſen , auch beiden verboten hatte, weiter vorzubringen .

Da aber Aurungzebe nur mit wes

nigen Truppen nach Delhi marſchiren konnte , weil das faiſerliche Heer unter dem vorhergenannten

Emir Jumla das Königreich Diſapur befriegte, auch

1

Zweite Periode, von 1525-1707. 167 auch ſein Schak erſchöpft war , fo brachte er ſein

nen jüngſten Bruder , Morad Buff6 , auf ſeine Seite.

Er ſchrieb ihm , da Dara ein Góken:

diener wäre, Sujah als Reger den Chron nicht erlangen fónne, weil er die Lehre, der Perſer begúns ſtige, Ali wåre Maqomets wahrer Nachfolger, und er ſelbſt entſchloſſen ſen , ein Fafir zu werden,

ſo habe Moras das nádyſte Recht zum Thron. Würde er daher verſprechen , ihn fünftig. in einem Winkel ſeiner Staaten leben zu laſſen , um ſeinen Andachtsübungen nachjuhängen , ſo wolle er mit

allen feinen Truppen zu ihm ſtoßen, um mit ger meinſchaftlichen Kräften ihre Brüder zu beſiegen.

Er überſandte ihm zugleich ein lac Rupien , und rieth ihm , die Handelsſtadt Suratte wegzuneh mer, weil dort ein anſehnlicher Schaß verwalt láge. Morad nahm den Antrag mit Freuden an ,

brachte in ſeiner Provinz anſeinliche Summen zui. ſammen , verſtärkte ſeinen Anhang durch die Ver. ſprechungen ſeines Bruders , und ließ Suratte bes lagern , welches ſich bald ergeben mußte.

Hierauf ſuchte Aurungjebe des Vaters Trup. pen auf ſeine Seite zu bringen , die unter dem Emir Jumla in Viſapur agirten. Dieſer Feldherr war zwar ſein Freund , durfte ſich aber nicht öffentlich

für ihn erklären , weil Dara deſſen ganze Familie

als Geißel in der Hauptſtadt zurückbehalten hatte, um ſich ſeiner Treue zu verſichern. Der Prinz bes redete ihn alſo , ſich zum Schein gefangen nehmen zu laſſen , damit Dara glauben möchte, er habe gezwungen ſeine Truppen dem Uurungjebe überlaſ; ſen , und dies gelang ihm. Zwar ſuchten anfangs des Jumia Truppen ihren Anführer wieder in Freis Heit ( 4

168

Geſchichte von Oſtindien. .

heit zu regen , ſie wurden aber balo' durch Geld und Verſprechung fünftiger Belognung gewonnen , des Prinzen Fahnen zu folgen . , Qurungzebe ermuns terte nun ſeinen Bruder, fich in Brampore mit ihm

zu vereinigen , und gemeinſchaftlich nach Ugra zu ziehen. Morad ward zwar von Freunden gewarnt, ſeinem falſchen Bruder nicht unbedingt zu trauen . Allein der Prinz, von Herrſchſucht geblendet , vers

warf alle Warnungen , er hatte ficty auch ſchon nach der Eroberung von Suratte als Kaiſer auss

rufen , und Münzen in ſeinem Namen prågen laſo fen. Nach der Vereinigung beider Heere ließ ſich Morad ganz von ſeinem Bruder leiten , weil Aus runggebe ihm aufs ehrerbietigſte begegnete , und ihn

nie anders , als Kaiſer und Majeſtát, anredere. Das Borrůcken eines fo anſehnlichen , wohlgerú. ſteten Heers ſekte den alten Kaiſer ſowohl, als den Prinzen Dara, der eigentlich im Namen des Vas

ters regierte , in Schrecken , und weil ſich Shah Jehan úberredete , er würde durch lInterhandlungen ſeine Söhne mit einander verſohnen fónnen, ſchrieb er an beide Prinzen , er wäre noch am leben , und der Geneſung nahe , fie möchten alſo wieder nach Defan und Gujeratte zurückkehren. Sie ließen - fich aber durch des Vaters Ermahnungen nicht auf.

halten , und unter ihrem Heere ausſprengen, Dara habe in dem Sdireiben des verſtorbenen Kaiſers Hand nachgemacht.

lInterdeſſen nåherte fich Sujah mit den bens galifchen Truppen der Hauptſtadt, und Solyman, Dara's ålteſter Sohn , erhielt gegen ihn den Obers befehl des faiſerlichen Heeres. Solyman , ein junts

ger , feuriger und thátiger Prinz , würde gewiß den

Zweite Perioße , son 1525-1707. 169 den Šujah zurückgeſchlagen und deſſen Anhänger zerſtreuet haben , wenn er für ſich allein hátte Hans deln dürfen. Allein der Kaiſer, der den Streit ſeiner Kinder über die Nachfolge durch Ermahnuns

gen und das väterliche Anſehen ohne Blutvergießen beizulegen glaubte , regte dem Prinzen einen andern Befehlshaber zur Seite, mit dem geheimen Aufa trage , ein Treffen möglichſt zu vermeiden , und wenn dies nicht angehe, doch den Sieg nicht mit Nachdruck zu verfolgen . Sujah war damals mit feinem Heer ſchon bis. Elhadabad gekommen , als er vom Solyman angegriffen und geſchlagen ward, Er würde eine völlige Niederlage erlitten haben ,

hátte Solyman den Sieg benugen dürfen. So aber entkam Sujah ſeinen Verfolgern, gewann Zeit,

ſein zerſtreutes Heer wieder zu ſammela , und blieb im ruhiger Beſik von Bengalen.

Da der Kaiſer ſeine Macht gegen den Sujah ausgeſandt hatte, lo fanden Vurungjebe und Mos

rad auf ihrem Marſche nach Ugra keinen Widers ſtand. Auch gegen ſie war ein Heer nothwendig. Unſtatt aber dem tapfern Solyman' daſſelbe anjur vertrauen , ward dazu ein anderer Anführer ges

wählt , der gleichfalls den Weg der Unterhandluns gen einſchlagen ſollte. Dieſe Armee ward von beis

den Prinzen bei Ulgein (Eugene), einer alten indis ſchen Stadt , welche in unſern Tagen die Reſineng des machtigſten Marattenfürſten Mataji Scindia war , angegriffen und beſiegt. Hierauf übernahm Dara das Kommando gegen ſeine Brüder.

Sein

Heer war der Menge nach den gegen ihn vereinigs ten Truppen von Defan , Malva und Guzeratte,

weit überlegen , allein viele Omrahs waren über ( 5

den

170

Geſchichte von Oſtindien.

den Prinzen mißvergnügt, und gönnten ihm die Kais ſerfrone und die Unterdrückungſeiner Brüder nicht. Auch verſäumte er , den Prinzen Solyman mit dem Kern der kaiſerlichen Truppen an ſich ju gies hen , und den alten Kaiſer ſelbſt an dieſem Felds zuge theilnehmen zu laſſen , gegen den viele Anfüh.

rer der Prinzen nicht würden gefochten haben . Dara verſchanzte ſich an dem Fluſſe Chumbul, der fich nicht weit von Ugra in dem gumna ergießt, und ſuchte ſeinen Brüdern den Uebergang zu vers wehren.

Allein Uurungjebe gewann einen kleinen

Rajah dieſer Gegend. Dieſer erlaubte den Brús Dern , durch ſein land ihr Heer zu führen , und an einer feichten Stelle über den Chumbur ju reken. Sie famen alſo glücklich über den Fluß , und bes

droheten Dara's Sager , der ihre Annäherung nicht einmal ahndete.

Er mußte alſo eine andere Stela

lung nehmen , und zog ſich bis an den Jumna zus růck , an deſſen Ufern Ugra erbauet iſt. Hier ward

er aber von ſeinen Brüdern angegriffen , und nach einem hartnäckigen blutigen Treffen überwunden. Dara wurde gewiß in diefer Schlacht.den herrlichs

ſten Sieg erfochten gaben , weil in derſelben ſein Bruder Morad verwundet war , ein Theil des

feindlichen Heeres in der größten Unordnung zurück, wich , und die vom Aurungzebe befehligte Kolonne

von Dara's tapfern Rasbutten ſehr bedrängt wurs

de, als er auf den Rath eines verråtheriſchen Om rah ſeinen ungeheuren Elephanten verließ , und ein Pferd beſtieg , um den Flüchtigen ſchneller nach . regen zu können.

Bei den indiſchen Urmeen ers

theilt der oberſte Feldherr immer ſeine Befehle von dem Rücken eines großen Elephanten , auf wels dem

Zweite Periode , von 1525-1707. 171 chem er in einer Art von Chron fikt, und von dem

ganzen Heer geſehen werden kann . So bald aber dieſer. Siß leer iſt, oder die Armee ihren Unführer

nicht mehr erblickt, ſo glaubt dieſe , er ſen)im Ges fechte umgekommen , und nimmt in der größten Verwirrung die Flucht. Einen gleichen Erfolg

hatte Dara's Entſchluß bei ſeinen Truppen , fie wichen überall, und Dara mußte ihnen nach Ugra

folgen. Hier konnte er ſich ſeßen , feine Truppen wieder fammeln , oder dieſe mit dem Heere feines Sohnes verſtårken , auch rieth ihm Shah Jehan ſelbſt, nur bis Delhi zu marſchiren , wo er Geld, Pferde und Elephanten, zur Fortſegung oder Beens digung des Krieges finden würde.

Ullein Dara

hatte den Kopf verloren , und flohe mit ſeiner Fas milie nach Lahor. Doch hatte ſein Sohn Soly. man nod) eine gute Urmee beiſammen , welche die

verbundenen Prinzen erſt beſiegen mußten , che fie den Kaiſertgron beſteigen konnten. Aurungzebe wagte ſelbſt nach dem erfochtenen Siege nicht, den

Pringen anzugreifen, ſondern ſuchte durch angezet.

tefte Verråtherei dieſes Heer zu zerſtreuen , und dies gelang ikm .

Er fchrieb an Solymans vors :

nehmſte Befehlshaber, daß Dara aufs Haupt ges ſchlagen und ſeine ganze Armee zu ihm übergegan. gen fen , daß er allenthalben Befehle erlaſſen habe,

ſich derPerſon des früchtigen Dara zu verſichern, und daß Shah Jehan nicht wieder geneſen werde. Sie wurden zugleich von ihm ermuntert , ihr eiges nes Beſte wahrzunehmen , und ihm den Pringen

als Gefangenen zu überliefern. Dies war aber nicht leicht auszuführen . Indeß ſchilderten die auf dieſe Art gewonnenen Heerführer dem Soly. nian

172

Geſchichte von Oſtindient.

man ſeine gefährliche Lage mit den grellſten Farben , daß långerer Widerſtand vergeblich ſenn würde , und riethen ihm , zu den unbezwungenen Rajahs in die nördlichen Gebirge von Sirinagur ju flüchten.

Auf dieſe übertriebenen Nachrichtenward der Prinz bald'von ſeinen beſten Truppen verlaſſen , und ihm

blieb zulegt keine andere Rettung übrig , als ſich mit ſeiner Familie dorthin zu begeben.

Uurungjebe und Morad Bufra nåßerten ſich

hierauf der Stadt Ugrá , jedoch ohne ſolche zu bes ſeben , und Aurungzebe fchickte einen von ſeinem Hofſtaat an den alten Kaiſer ab , ihn feines finde lichen Gehorſams und der aufrichtigen Reue über ſein bisheriges Betragen zu verſichern , auch mußte ſein Abgeordneter alle Schuld der begangenen

7

Feindſeligkeiten auf den Ehrgeiz des Dara ( chieben. Shah Jehan fchien eben ſo geneigt , das unter beis den vorgefallene .zu vergeſſen , und gleich unzufries den mit ſeinem álteſten Prinzen zu ſeyn , und ents ließ den Boten mit dem ſehnlichſten Wunſch , ſeis nen Sohn zu umarmen , und mit ihm die beſten Mittel zu überlegen , die Ruhe im Reiche wieder

herzuſtellen. Håtte ſich damals Aurungzebe nach dem kaiſerlichen Pallaſt begeben , ſo war er vers

loren , denn Shah Jehan hatte alle Anſtalten ges troffen , den Prinzen beim erſten Eintritt gefangen zu nehmen , und in dieſer Abſicht feine Leibwache anſehnlich verſtårft. Uurungzebe aber traute den

freundlichen Verſicherungen ſeines Vaters nicht, verſprach zwar , vor ihm zu erſcheinen , ſchob aber

den Beſuch von einem Tag zum andern auf , und ſuchte unterdeſſen die Großen in Ugra zu gewinnen .

Nachdem bier fein Anhang hinlänglich verſtärkt war ,

Zweite Periode , von 1525 - 1707. 173 war , befahl er feinem å teſten Prinzen Mahmud, den Großvater zu beſuchen. Aber kaum hatte der Prinz das Thor des Pallaſtes betreten , als er die

Wache überfiel, eine Menge Soldaten herein. brachte , des alten Kaiſers Vertheidiger nieders

hauen ließ , und die ganze Veſtung befekte. In dieſer Verlegenheit , oder vielmehr wirklichen Ges fangenſchaft, bot der Kaiſer ſeinem Enkel die Krone an , wenn er ſeine Befreiung bewirfen wolle , der Prinz aber verwarf aus Furcht vor dem Vater alle Anerbietungen , und verlangte , ohne den Rais

ſer zu ſehen , die Schlüſſel des Pallaſtes, die ihm auch nach vergeblichem Zaubern eingehändigt wurs den. Auf dieſe Art gerieth Shaly Jehan 1658.

in ſeines Sohns Gefangenſchaft, und hat ſeine übrige Lebenszeit in derſelben zubringen müſſen. Zwar ließ ihm Uurungzebe feinen Schak und ſein Harent , er konnte ſich auch in den Garten des Pala laſtes vergnügen , allein er ſtand in der Ubweſens

heit des Sohnes unter der genaueſten Aufſicht, ihm warð aller Briefwechſel verboten , und nies mand zu ihm gelaſſen . Aurungzebe ſuchte ſich hero nach wegen dieſer unnatürlichen Gewaltthätigkeit vor der Welt durc) ein offenes Schreiben zu rechts

fertigen. Er zeigte darin, er wäre zu dieſem all. gemein verhaßten Schritte gezwungen worden, weil Shah Jehan einen anſehnlichen Theil feines Schas kes dem Dara zur Fortſeßung des Krieges úbers laſſen Habe , ſo bald aber fein Bruder nur bezwun.

gen wäre , würde er perſönlich dem Vater die Thů. ren feines Gefängniſſes eróffnen. Nachdem Aurungzebe ſich ſeines Vaters und

der angeſegenſten Großen verſichert qatte , beſchloß er ,

174

Geſchichte von Oſtindien.

er , im Gefolge ſeines Bruders Morad den Dara zu verfolgen. So bald beide von Ugra aufbrachen ,

riethen dem Morad feine Freunde , mit ſeinen Trups pen in Ugra oder Delhi zu bleiben , weil ihn jeders mann , aud) Vurungzebe ſelbſt, als red tmáßigen

Beherrſcher von Hindoſtan erkannt hatte, und leß. term die Bezwingung des Dara zu überlaſſen. Aber der Prinz baute zu viel auf ſeines Bruders Vers ficherungen und deſſen Schwúre auf den Koran, daß er mit ihm die Hauptſtadt Ugra verließ. Bei

ihrer Ankunft in Muthra , innerhalb der Grenzen von Ugra , riethen ihn ſeine Freunde abermals , auf ſeiner Hut zu ſeyn , und keinen Beſuch bei ſeinem Bruder abzulegen , roeil ſie etwas von deſſen vers

råtheriſchen Anſchlagen erfahren hatten . Allein Morad war gegen alle Vorſtellungen taub , und bes

gab ſich noch an demſelben Lage in Vurungzebe’s Ges zelt. Er ward hier ehrerbietigſt aufgenommen, und mit einem Kerrlichen Gaſtmahlbewirthet, Um Ende Deſſelben ward Wein von Schiras und Cabul aufa gefeßt, wovon Moráð ein großer Liebhaber war , den Yurungzebe aber , wegen Mahomets Verbot und , ſtrenger Beobachtung der Vorſchriften des Propheten , nie zu trinken pflegte. Er verließ alſo

den Speiſeſaal unter dem Vorwand, ſich zur Ruhe zu begeben , und ermunterte den Morad ; ſich die

Macht durch mit den übrigen Gäſten zu vergnügen. Morad überließ fich , gegen die Warnung ſeiner Freunde, den Freuden des Bechers , bis er zus leßt, ganz berauſcht, in tiefen Schlaf verſank. Seine Begleiter verließen ihn , um ſeinen Schlaf nicht zu ſtören. Uurungzebe Hingegen erfuhr bald

den Zuſtand ſeines Bruders , und nachdem er ikm den

Zweite Periode, von 1525-1707. 175 den Sábel und den Dolch , den jeder Jndier von

Range immer in ſeinem Gürtel führt, hatte abnehs men laſſen , trat er ſelbſt in das Zimmer , gielt dem Morad eine lange Strafpredigt , betheuerte, ein Irunkenbold verdiene nicht, den Thron von Hins doſtan zu beſteigen , und befahl zuleßt, den Morad zu binden und gefänglich zu verwahren.

Dieſer

erwachte zwar beim Wegführen , ſchrie um Hülfe,

und einige von ſeinem Gefolge machten Anſtalten, ihn zu befreien . ' Uber viele ſeiner Omrahs waren vorher durch Geſchenke gewonnen , und den übris 1

gen Befehlshabern verſprach Aurunggebe in derſels ben Nacht Erhöhung des Soldes und andere Vors theile, ſo daß die Urmee des Prinzen ſchon am ans

dern Tage größtentheils in Äurungjebe’s Dienſte trat, und er ſelbſt insgeheim nach der Veſtung Ses

limgur in Delhi abgefüfrt werden konnte , wo Mos

rad 1659. auf Befehl feines Bruders ermordet wurde. 1

Aurunggebe begab ſich hierauf nach Panjab,

um ſeinen Bruder Dara zu verfolgen. Dieſer ýielt ſich dort wegen der feindlichen liebermacht nicht ficher , und flohe weiter nach Multan. geders mann glaubte , er würde ſeinen Weg nach Cabul

nehmen , und ſich dort mit Hülfe der Afgahnen , Cartaren und anderer Gebirgsvolfer , zu beýaupten ſuchen , allein er wandte ſich nach Scindi , und bes ſegte die Beſtung Bafor , welche mitten in den Sandwüſten auf einer Inſel des Indus liegt. Jeſt

überließ Aurungjebe die Bezwingung des Dara ſeis nen Generalen , und zog wieder nach Ugra, weil · entweder die unruhigen Rasbuttenfürſten in feiner

Abweſenheit den Bater befreien , oder Solyman, in

176

Geſchichte von Oſtindien .

in Verbindung der Gebirgsfürſten , und Sujah von Bengalen aus, ihm den neu erlangten Thron ſtreitig machen fonnten .

Dara ließ in Bafor feinen Schas nebſt einer ſtarken Garniſon , und mehreren Europäern, die feine Artillerie bedienten , und eilte von hier den Indus tinab nach Gujeratte , wo die Hauptſtadt Ahmedabad ihm die Thore offnete. Auch verſprach ihm ein machtiger Rasbuttenfürſt, der eben das mals Uurungzebe’s Dienſte verlaſſen hatte , Beis ſtand. Dara verließ alſo Guzeratte , und begab

ſich mit ſeinen Begleitern nach Ugimere, um ſich mit den Rasbutten zu vereinigen. Allein dieſe was

ren unterdeß mit Aurungjebe wieder ausgeföhnt, und eben dieſer zog dem Dara mit einem Heere ento

gegen , welches ſeine Anhänger bald zerſtreute. Mit den übrigen , die außer der Beſagung von Bafor etwa zweitauſend Mann betragen mochten , bes

fchloß er hierauf, nad, Gujeratte zu entfliehen. Ulein er hatte weder Zelte noch Gepäcke, der Ruckzug ward in der heißeſten Jahreszeit unter. nommen , und er mußte durch Sandwüſten feinen Weg nehmen , wo ſich oft auf etlichen Tagereiſen

kein Waſſer fand , und worin Balluchen , Coulies und andere råuberiſche Nomaden umherzogen, wel.

che die Flüchtigen der Beute wegen beunruhigten . Auch inGujeratte wurden ſeine Erwartungen ges

tåuſcht.

Die dortigen Befehlshaber waren von

feinem Bruder gewonnen , nahmen ihn in feine

Stadt oder Beſtung auf, und ſein einziger zu. fluchtsort, Bafor am Indus , ward von Uurung. jebe's Truppen eingeſchloſſen. In dieſer Verlegens

heit, und faſt von allen Begleitern verlaſſen , mußte er

Zweite Periode , von 1525 - 1707. 177 er ſich wieder in die waſſerleeren Wüſten von Scindi und Agimere wagen , um Bafor zu erreichen , oder vielleicht die Belagerer zu vertreiben. In dieſer traurigen (age fand ihn Bernter , der und zur Zeit über dieſen Zug , die fernern Schickſale Dara's, und über den Krieg , den Shah Jehans Söhne

mit einander führten , am beſten belehrt hat, und allgemein für den beſten Geſchichtſchreiber dieſer Periode gehalten wird "). Allein zu ſchwach , Bas kor zu entſeken , nalm Dara , allen Einreden ſeis ner Gemahlin und ſeines Sohnes zuwider , ſeine Zuflucht zu einem afgahniſchen Häuptling, dem er am Hofe ſeines Vaters zweimal das Leben gerettet

hatte, deſſen Gebiet Bernier aber näher anzus zeigen unterlaſſen hat.

Anfänglich fand er hier

eine gute Aufnahme, wie aber der treuloſe Ufgahne den traurigen Uufzug des Prinzen und die Beſchafs

fenheit ſeines kleinen Gefolges bemerkte , bemách. tigte er ſich ſeiner Perſon , entweder von Uurung zebe beſtochen , oder in der Hoffnung , von ihm ans

fehnlich belohnt zu werden . Er ſekte den Prinzen, nebſt feinem Sohn, gebunden auf einen Elephanten, und überlieferte ihn den Belagerern von Bafor. Von hier ward Dara auf gleiche Art über Lahor

nach Delhi gebracht, und mußte, auf Uurungzebe's Befehl, auf einem elenden Elephanten , in ſchmu. Bigen , zerriſſenen Kleidern , dort ſeinen Einzug

halten. Er ward durch die beſuchteſten Theile der Stadt geführt, zwar vergoß der zahlreich verſam . m

Póbel, dies Schauſpiel anzugaffen , häufige Chrás p) S. Scotts Translation of Feriſhtas Hiſtory of Dekkan . Vol. II. S. g.

5. C). 2. abth.

M

178

Geſchichte von Oſtindien .

Chránen , allein keiner wagte es , ihn zu befreien . Man bradte ihn hierauf nach einein ſeiner Gårs ten , und anfangs hieß es , er würde in Gualeor

in ſicherer Verwahrung bleiben. Allein bei Hofe war ſein Tod beſchloſſen , und Nurungjebe ließ ihn in der Nacht des 28. Uug. 1659..ermorden , deſs

fen Sohn Sepe Sheku aber nach Gualcor abs führen. lim dieſe Zeit , oder bald nach Dara's Ses

fangennehmung, ließ Uuriingjebe ſich als Kaiſer ausrufen , und befahı, den Anfang ſeiner Regies rung vom Jahre 1069. der Hedſhra , oder vom

12. Mai 1659. Der chriſtlichen Zeitrechnuitg, ju datiren , und geruhete, die Elrentitel Moby o 'dien , Wiedererwecker der Religion, und Allumgir, Welts eroberer , anzunehmen. Ullein er ward nicht überall als Kaiſer von

Hindoſtan erkannt , fein Bruder Sujah Herrſchte in Bengalen , und war geriſtet , ihm den Ehron ſtreitig zu machen , und fein NeffeSolyman dros hete , aus den Gebirgen von Sirinagur hervorzus brechen , und beide mußten erſt gedemüthigt wers den . Sujah hatte Elhadabad befekt, und ſtand

in der Nachbarſchaft dieſer wichtigen Veſtung, in " einem verfchanzten Sager. Aurunggebe zog gegen ihn perſönlich) zu Felde , vom Emir Jumla begleis

tet , der gerade um dieſe Zeit aus der Scheingefans genſchaft in Defan zu ihm geſtoßen war. Sujah erwartete den Ungriff feines Bruders nicht, ſons dern griff das Heer des Saiſers an , weil gerade.ein wilder Rasbuttenhaufen einen Aufruhr erregt,

die Faiſerliche Bagage geplundert , und die Armeg verlaſſen hatte. Sujah würde gewiß den Sieg davon

Zweite Periode, von 1525-1707. 179 davon getragen haben , hátte er nicht, wie Dara bei einem áhnlichen Gefecht, ſeinen Elephanten verlaſſen , wodurch ſeine Soldaten , die ihn für todt hielten , in Schrecken geriethen, zurückwis

chen , und Sujah das Schlachtfeld räumen mußte. Er hatte aber keinen beträchtlichen Verluſt erlitten, und fammelte bald ſein zerſtreutes Heer' wieder, weil ihn der Sieger nicht verfolgen konnte. Der Kaiſer mußte nach Ugra eilen , weil die rebelliſchen Rasbutten ſeinen Vater zu befreien droheten.

Doch übertrug er die Führung des bengaliſchen Krieges dem tapfern Emir Jumla , dem er fúr

ſeine Dienſte die Statthalterſchaft von Bengalen verſprach . Dieſer zwang den Sujah , feine veſte Stellung zu verlaſſen , und er mußte ſich über Bes

nares , Patna und andere Orte , bis Rajemahl am Ufer des Ganges zurückziehen , um zu verhindern,

daß die unruhigen von ihm ſehr gedruckten bengas liſchen Rajahs ſich nicht für den Kaiſer erklärten . Aber auch Emir Jumla fonnte den Prinzen nicht weiter verfolgen , weil die Regenzeit einfiel, und

unter den Führern ſeines Heeres Zwiſtigkeiten auss brachen. Der kaiſerliche Prinz Mahmud , den der Vater bei dieſem Heere angeſtellt hatte , und -deſſen

Führer eigentlich Emir Jumla ſeyn ſollte, verlangte

den Oberbefehl, unddaß Jumla ihm in allen Dingen geqorchen müſſe.

Dies war ſeiner Inſtruction zus

wider , und der Feldherr verwarf alle prinzliche Einreden.

Bei dieſem Streit mit Emir Jumla

ſtieß der Prinz Mahmud allerlei unbeſonnene Res den aus , der Kaiſer habe ißm den Chron zu vers danken , und andere leidenſchaftliche Ausbrüche, die dem Vater bald hinterbracht wurden. Da er M2

nun

i

180

Geſchichte von Oſtindien .

nun das Oberkommando nicht erlangen konnte, und wegen ſeines Benehmens mit Recht des Vaters Rache und den Verluſt ſeiner Freiheit befürchten mußte , verließ er das Sager , und ging mit wenis

gen Anhängern zu ſeinem Dheim Sujah über. Dies fer fonnte die Flucht des Prinzen auf keine mögs liche Art erklären , und hielt ſie vielmehr für eine

ihm ſelbſt geſtellte Falle. Er nahm zwar den Mah. mud freundlich auf, ließ ihn aber genau beobachten, vertraute ihm doch kein wichtiges Kommando , ſo

daß Mahmud , über dieſe Behandlung aufgebracht, ihn bald wieder verließ , und ſich wieder zum Emir

Jumla begab. Uurungzebe, der ſchon vorher uns

zufrieden über ſeinen Sohn geweſen , ward durch deſſen Flucht noch mehr erbittert , und befahl dem Mahmud , eiligſt nach Hofe ju kommen . Kaum war er aber über den Ganges gegangen , ſo ließ ihn

der Vater gefangen nehmen , und 1661. nach Guas

leor abführen , wo er , ſo viel mán bisher weiß, geſtorbenah iſt. behauptete ſich indeſſen in Bengalen , und ertheilte unter andern den Engländern eine Bes

freiung von den Zöllen ). Doch Emir Jumla ward fo anſehnlich vom Kaiſer verſtärkt, daß der Prinz Rajemahl verlaſſen , und endlich nach der Stadt Daffa am Buramputerfluſſe flüchten mußte.

Da er hier auf die Långe vor ſeinen Verfolgern nicht ſicher war , ſo begab er ſich mit ſeiner Familie nach der Halbinſel jenſeit des Ganges , nach dem Königreiche Arrafan , welches bis dahin mit Hins

doſtan in geringem Verkehr ſtand , deſſen Einwohs ner aber in Bengalen als roge Barbaren unter dem

a) Ormes Fragments. 8. 183 .

1

1

Zweite Periode , von 1525-1707. 181 dem Namen der Muggs bekannt waren ). Er ward von dem Könige von Arrafan gut aufgenoms men , ihm auch ein Schiff verſprochen , den Prins zen nach Mecca zu bringen. Allein die Baarſchafs ten und Koſtbarkeiten , welche Sujah bei ſich führs te , verblendeten den Mogo, ( dieſen Titel , der ſo viel als heilig bedeutet, führtendie Könige von Urs rafan , ) das Gaſtrecht zu verlegen; oder, wie Bers

nier will, der Prinz , des ewigen Aufſchubs måde, verband ſich mit mehreren Abentheurern , die das mals als Seeräuber die Schifffahrt von Bengalen unſicher machten , den König zu entthronen. Auf dieſe Nachricht ließ der Mogo 1674. den Prinzen

in ſeiner Wohnung überfallen , und mit ſeinen gleitern umbringen , bis auf deſſen Tochter , welche der Mogo zu ſeiner Gemahlin auserleſen hatte. Indeſſen Sujahs Schickſal iſt noch nicht zuverlåſ, ſig bekannt.

Nach einigen roll er ſich bei jenem

Ueberfall in die Gebirge gerettet haben, und dort

in einem Gefechte durch einen Steinwurf getödtet ſenn. Andere glauben , er ſey den Händen des treuloſen Mogo entkommen , und habe ſich nach Perſien , Conſtantinopel , ja gar nach der Inſel Suluh in der Nachbarſchaft der Philippinen , ges rettet, wo man in neuern Zeiten fein Grabmal ges funden haben will. Allein ſein in Arrakan erfolg.

ter Tod ward bei Lebzeiten Nurungzebe's von vielen bezweifelt, denn in dem Kriege , welchen dieſer Kaiſer um 1674. mit den Afgahnen führen mußte, fand ſich jemand , der ſich für den Prinzen Sujah Indeſſen macht es Bernier ) Höchſt

ausgab.

wahrſcheinlich, daß Sujah zulegt in den Wilds r ) Gladwin S. 27.

M3 niſ $) Voyages I. S. 156.

Geſchichte von Oſtindien.

182

niſſen von Urrafan , entweder durch Mórder , oder wilde Thiere , ſeinen Tod gefunden habe.

Während des bengaliſchen Krieges ſtarb der gefangene Vater in Ugra am 21. Jånner 1666,

und von Vurungjebe's bisherigen Widerſachern wär blos Prinz Solyman in Sirinagur übrig , der

ihm durch Hülfe der unerreichlichen Gebirgsfúrs ſten und Verbindung mit auffäßigen Großen ges fährlich werden konnte.

Er füchte zwar durd)

goldenen Regen den Najah von Sirinagur, den er in ſeinen Schlupfwinkeln nicht keimſuchen konnte, dahin zu bringen , daß Solyman ihm ausgeliefert würde, welches jener aber mit vielem Troße vers weigerte.

Er gewann jedoch einige benachbarte

Fürſten , welche den fühnen Rajah befehden mußs ten , auch wurden keine Ueberredungen geſpart, ihn

für den Kaiſer zu gewinnen.

Der Rajah ward

endlich in ſeiner Treue gegen den Prinzen wankend, aber fein Anſchlag, ſich der Perſon deſſelben zu bes

machtigen , dem Prinzen ſchnell verrathen , Soly. man ſuchte alſo über die Gebirge nach Tibet jul ento Er ward aber unterweges eingeholt, nach Delli ausgeliefert, und , gleich den andern

kommen .

Kronprátendenten , nach Gualeor gebracht, wo er endlich durch Gift ſein, deben endigen mußte ).

Uurungzebe's Geſchichte iſt, ungeachtet ſeis ner langen , glücklichen Regierung , ( denn er bes Herrſchte Hindoſtan beinahe acht und vierzig Jahr,) weniger bekannt , als man bei der immer großer

werdenden Verbindung zwiſchen Europa und Ins

dien glauben módjte.

Was wir von derſelben, außer

t ) Bernier I. S. 147

Zweite Periode, von 1525-1707. 183 außer feinen Bemühungen , wiſſen , den väterlichen Chron zu erlangen , und ſich auf demſelben zu bes haupten , verdanken wir blos dem oftgenannten Bernier , und andern Indienfahrern , welche die

Staatsveranderungen ihrer Zeiten ihren Reiſebes ſchreibungen einverleibt haben. Man hat ſogar in Europa geglaubt, dieſer Kaiſer habe verboten, ſeine Geſchichte zu beſchreiben. Åtein es ſind über dies felbe ungedruckte und noch unbenußte Nachrichten genug vorhanden , die von ihm ſelbſt und ſeinen

Zeitgenoſſen Gerrühren. ' Man zählt ſogar, außer den Memoiren , welche Manouchi, der Leibarzt ſeines zweiten Prinzen Mauzum , im dritten und

vierten Bande ſeiner noch ungedruckten Geſchichte der mogoliſchen Kaiſer zuſammengetragen gat, ſechs

verſchiedene Handſchriften über ſein Zeitalter, die fámmtlich in den Verzeichniſſen berühmter englis ſcher Bücherſammlungen aufgefülrt ſind, und theils

feine ganze Regierung, theils einzelne Jahre derſel. ben , behandelt haben . Sind nun gleich aus dieſen Quellen zur Zeit

wenig andere Begebenheiten zu Tage gefördert ,

als

ſeine Kriege in Dekan , und die Entſtehung des den Mogolen ſo furchtbar gewordenen Marattens

ftaats; ſo haben ſich dod, in europäiſchen Berichten zufällig einige andere erhalten , wie Uurungjebe’s langen Kriege mit den Afgagnen , gleich nach Uebers

windung feiner Nebenbuhler , ſeine Bemühungen , die indiſche Religion in ſeinen Staaten auszurot. ten , und ſeinen verunglückten Zug , die Völfer oſtwärts des Buramputer unter ſeinem Feldherrn Emir gumla der mahometaniſchen Herrſchaft zu unterwerfen. M 4 Nach

184

Geſchichte von Oſtindien.

Nach Moſſel w) mußte der Beſieger des Prin . zen Sujah einen Feldzug jenſeit des Buramputer wagen , welcher Fluß Bengalen gegen Oſten von verſchiedenen Reichen ſcheidet, mit denen Hindos ſtan bisher geringes Verkehr hatte. Er ſollte das

Reich Uſuám erobern , welches die Regenten von Bengalen vergebens zu bezwingen verſucht hatten. Dort wohnte ein halbwildes, kriegeriſches Volf, das ſich durch Sprache und Sitten von den Ins diern unterſchied. Emir Jumla bezwang freilich) die Hauptſtadt Ghergong , und verjagte den König von Aſham in die Gebirge, Allein die Eroberung , war von kurzer Dauer. Die Armee litt während der Regenzeit an Mangel und Krankheiten. Sie ſcheint auch nur den ſüdliden Theil erobert ju has ben , und mußte wieder nach Bengalen zieher., wo Emir Jumla bald darauf geſtorben iſt.r). Die Patanen oder Afgahnen , ein unruhiges, Friegeriſches Volk , welches die nordweſtlichen Ges

birge von Peiſchawir , Cabul und den benachbarten

Provinzen , bewohnt; erkannten jwar größtens theils die Herrſchaft des indiſchen Kaiſers ; da fie aber in eine Menge Stämme zertheilt waren , deren Afbars { andbuch ") blos in Cabul fieben und

dreißig zählt , ein Heer von hundert und funfzigs tauſend Streitern zuſammenbringen konnten , und

in ihren Wohnpláken an den äußerſten Grenzen

des Reichs ſchwer zu befriegen waren : To lebten die }

u) Beknopte Hiſtorie van het Mogolfe Kayſerryk . S. 28 .

1 ) S. Moham . Kaflim Deſcription of Alham , in den Aſiatic Reſearches. Vol . II. S. 171. 36.

1 ) Vol . II. S. 202.

}

Zweite Periode, von 1525-1707. 185 die dortigen Statthalter mit ihnen in ewiger Fehde. Da um 1666. ein Krieg zwiſchen Perſien und Hin , doſtan auszubrechen ſchien , hatten ſich mehrere

pataniſche Stamme für Perſien erklärt. Aurungs zebe befahl, die Rebellen zu beſtrafen , und da ſeine

Feldherren die Schuldigen mit großer Strenge besi handelten , griff die ganze Nation zu den Waffen. Der kaiſerliche Befehlshaber überwand zwar eins

gelne Haufen der Rebellen , wie er ſie aber 1675 . über den Hindus verfolgte, ward er von den af

gahnen umzingelt, und mit ſeinem ganzen Heer niedergehauen. Nach dieſem Siege wahlten ſie einen gemeinſchaftlichen Anführer , oder inachten bekannt , daß der Prinz Sujah , von dem man nach ſeiner Flucht nach Urrakan nichts gewiſſes ers fahren hatte , ſich bei ihnen eingefunden habe , und mit ihrer Hülfe den Kaiſer vom Chron verdrången wolle. Aber der vermeinte Sujah war ein afgak. niſcher Soldat, der dieſem Prinzen gedient und

mit ihm Uehnlichkeit hatte. Der Kaiſer zog alſo gegen ſie in Perſon zu Felde , und hatte das Glück, ſie ohne große Anſtrengung zu überwaltigen.

Der

Feldzug dauerte funfzehn Monate , und während deſſelben wurden die Afgahnen aus ihren Wohnuns gen in den fruchtbaren Chålern von Cabut in die

nórdliden Gebirge getrieben. “ Ulm eine neue Em. pórung in der Geburt zu erſticken , ließ er dort neue Veſtungen erbauen , und gab der Provinz einen beſſern Statthalter. Die vorigen Befehlshaber des Kaiſers hatten die Afgahnen mit eiſernem Zepter

regiert , und ihre Großen mit ſtolzer Verachtung behandelt. Der neue Subah regierte ſie mit Güte und Herablaſſung , verminderte den Tribut , wels MS

chen

186

Geſchichte von Oſtindien .

chen ſie dem Kaiſer zahlen mußten, und erließ ihnen die Rückſtande, boch konnte er fie durch alle ans

gewandte Mittel nicht dahin bringen , daß ſie den Betrüger auslieferten. Daher ließ er 1678. deſs ſen vorneymſte Anhänger und Beſchüßer zu einem feierlichen Gaſtmahl nad Peiſchawir einladen , und

wie ſich dieſe zahlreich einfanden , an der Safel mit ihrem Gefolge ermorden. Auf dieſe Nachricht ents floke der vermeinte Sujah nach Perſien , und die Afgagnen , ihrer vornehmſten Führer beraubt, wags

ten es nicht , deren Tod zu rächen, und hielten fich wagrend der ganzen Regierung Murunggebe's ruhig :). Vurungzebe ſtellte ſich nicht nur als einen eife

rigen Verehrer des Korans , ſondern er war wirks lid ) ein ftrenger Beobachter des Gefeßes. Er vers abſcheute alle geiſtige Getránke, und lebte áußerſt máßig. Er trant bloßes Waſſer , feine Speiſen beſtanden in Gemüſen , Hirſen , Brot und Zuckers werk , und Fleiſch fam áußerſt ſelten auf ſeine Sas fel. Er ſchlief auf der bloßen Erde , und ein Ties gerfell war ſein ganzes Lager. Eben ſo einfach war er in ſeinem Unjuge , feine ganze Bekleidung Foſtete nur acht Rupien , und ſein Turban noch weniger.

Ilm die Verbrechen abzubůßen , welche ihn zum Chron befördert hatten , befahl er 1678 , daß die

Heiden oder Hindus , welche den größten Theil ſeis ner linterthanen ausmachten , ihren Glauben vers leugnen und Mahometaner werden ſollten . Zu.

gleichwurdendie Heiligen Kühe überall geſchlachtet, eine Menge Braminen , und alle , welche die Bes

ſchneidung verwarfen , hingerichtet, die Pagoden nieders

3 ) Orme Fragments. S. 34. 68. 91. C.

Zweite Periode, von 1525-1707 . 187 niedergeriſſen , und aus ihren Trümmern-Moſcheen Allein nur wenige nahmen den Koran an , das gemeine Volf und die Rasbutten blieben

erbauct.

ihren Góßen getreu , und bewaffneten ſich zur Bers theidigung ihres Glaubens. Eine alte Frau ward

in Agra Anführer eines ſchwärmeriſchen Haufens, welchen der Kaiſer in Perſon zerſtreuen mußte. Da durch dieſen wilden Befehrungseifer eine Menge Menſchen ihre Wohnungen verließen ; oder das les

ben verloren , weil die Hindus ihre Tempel enthus ſiaſtiſch gegen ihre Zerſtörer vertheidigten , ſo ges rieth Uckerbau , nebſt andern Gewerben , bald in Berfall , und die Statthalter fonnten zulent die ihren Provinzen auferlegten Schakungen nicht zils ſammenbringen. Dadurch erfaltete des Kaiſers

Bekehrungseifer, die Hindus wurden nicht mehr gewaltthätig gezwungen , ihre Religion zu verlaſſen, fie mußten dieſe Toleranz aber mit einer ſchweren Kopfſteuer erfaufen , die Hoxen und Niedrigen aufs erlegt ward, und die Hälfte der alten kaiſerlichen Eins

Fünfte betragen haben ſoll. Jedoch die Rasbuttens fürſten weigerten fidy, dieſe Religionsſteuer zu bes zahlen , und geswont Sing , Rajah von Judpor, einer von den drei máchtigſten dieſer Fürſten, madyte

dem Kaiſer die bảndigſten Vorſtellungen , und bes wies ihm in einem noch vorhandenen Schreiben ), daß Gott nicht allein der Gott der Mahometaner, ſondern auch der Hindus , ſey , und daß dieſe Kopf, ſteuer die ſchädlichſten Folgen für das ganze Reich haben werde. Seine Vorſtellung ſcheint aber auf

den fanatiſchen Heidenverfolger wenig Eindruck gemacht zu haben. Denn er verlangte von den ro a ) Orme Fragments. Notes S. XCIII.

188

Geſchichte von Oſtindien .

1

ſo oft vergeblich befriegten Rajahs in Ugimere kein

Geld mit ihren Namen zu prägen , das Schlachten des Rindviehes in ihrem Gebiete zu erlauben , ihre

Pagoden zu zerſtören , und die Streitigkeiten ihrer Unterthanen nach dem Koran zu entſcheiden. Fors derungen dieſer Urg brachten die Rasbutten zur Vers

zweifelung, und ſie fündigten , mit den Waffen in der Hand , dem Kaiſer den Gehorſam auf. Uurungjebe brachte gegen ſie ein zahlreiches

Heer zuſammen , und ſeine drei Söhne, Akbar, Azem und Mauzum , wurden aus ihren Provinzen

gerufen , daſſelbe zu verſtärken . Der Rajah bon Chitor verließ mit ſeinen Unterthanen und ihren Heerden das platte land , und flok in die Gebirge. Das kaiſerliche Heer folgte ihnen in die engen Påſle und Bergklüfte mit großer Beſchwerde, und konnte zulegt weder vordringen , noch zurückkehren , weil unerſteigliche Gebirge den weitern Zug verhinders ten , und die Rasbutten die Päſſe beſegt , oder durch Verhacke verrammelt hatten. Es ward zur

lekt ganz eingeſchloſſen , eine von des Kaiſers Ges mahlinnen fiel den Feinden in die Hände , und håtte ihm der Rajah von Chitor nicht ſelbſt den Rückzug eröffnet, ſo mußte er mit ſeinem Heere umkoms men , oder ſich den Rasbutten ergeben. Der Rais

ſer begab ſich hierauf nach der Stadt Agimere, und überließ ſeinen Söhnen die weiteren Führung

des Kriegs.

Prinz Uzem eroberte 1681. die veſte

Stadt Chitor , welche Kaiſer Akbar ſdon 1570.

zerſtört hatte. Uber ſeitdem waren dort eine Menge Pagoden und anderer Gebäude wieder erbauet, und die Einwohner hatten ſich anſehnlich vermehrt. Auf

des Kaifers Befehl ward Chitor zum zweitenmale jers

Zweite Periode , von 1525-1707. 189 zertrümmert, und ſeitdem iſt es nicht wieder erbauet worden.

Doch blieb der Rajah unbezwungen .

Dem Prinzen Afbar ward die Eroberung des Landes Judpor aufgetragen , welches auch den Nas men Mervar führt. Dort herrſchte des vorhers genannten geswont Sings Witwe ' als Vormůns

derin ihrer beiden unmůndigen Pringen.

Afbar

war mit ſeinem Vater und beiden Brüdern zerfale len , und ſein Stolz dadurc ) am meiſten gefrånft,

daß er als der jüngſte bei ihrem Leben feine Hoff nung zum Thron hatte , und dadyte daher auf

Plane; denfelben zu erlangen . Die liſtige Fürſtin erfuhr etwas von dieſen geheimen Abſichten , und wußte den Prinzen geſchickt zu überreden , mit ihs rer Hülfe den Vater in der Stadt Ugimere zu übers fallen , wo er nur 4000 Mann zur Bedeckung hatte. Mit 30,000 entſchloſſenen Rasbutten , die ſich mit dem Heer des Prinzen vereinigen ſollten , war

der Anſchlag leicht auszuführen , allein der Sterns peuter , welcher zu dieſem lleberfall eine glückliche

Stunde auswählen ſollte, verrieth die ganze Sache. Aurungjebe zog ſeine beiden andern Sihne an ſich, und erregte durd, einen erdichteten an den Akbar : gerichteten Brief, über die Urt , wie ſie gemeins

ſchaftlich über die Rasbutten herfallen wollten, den Argwohn ihrer Unführer, der Prinz wolle rathen. , Die Rasbutten trennten ſich alſo von ſeis nem Heere , und eilten nach Mervar zurück. AE ,

bars eigene Truppen , über den mißlungenen Ans ſchlag, und die Beſorgniß , von des Kaiſers Ars mee angegriffen zu werden , geriethen ebenfalls in

Verwirrung, und verließen haufenweiſe ihre Fahs nen . Jeßt blieb dem Prinzen nichts anders übrig, als

190

Geſchichte von Oſtindien .

als für ſeine und ſeiner Familie Sicherheit zu fors gen , und eilte mit ihnen nach Judpor.

Er übers

ließ der Fürſtin , ſeine Gemahlin und Kinder zu bes ſchůßen , und er wandte fich , blos von 500 Rass

butten begleitet , nach Guzeratte , wo ihn ſein Brus der Mauzurn verfolgte , und beinahe erreicht hatte. Da er in dieſer Proving nicht ſicher war , flober zu dem Marattenfürſten Sambagi. Dieſer ließ ihn zwar als Kaiſer von Hindoſtan ausrufen , auch in ſeinem Namen in Chandes , Malva und ans dern faiſerlichen Provinzen Schakungen eintreiben . Weil aber die Maratten in dieſem Kriege mehr für

ihren eigenen , als Afbars Vortheil, forgten , dus rungjebe’s Feldherren , troß allen erfochtenen Sier gen, dieſe Nauber nicht aus Dekan vertreiben fonns

ten , und er feine Ausſichten hatte , das Reich zu erobern , von dem er den leeren Titel führte , To verließ Prinz Afbar ſeinen Bundesgenoſſen , und Tegelte 1686. auf einem engliſchen Schiffe nach Perſien ab , wo er wahrſcheinlich geſtorben iſt.

Uurungjebe fekte nun zwar nach der Flucht des Prinzen den Krieg gegen die Rasbutten fort , ohne jedoch wichtige Vortheile úber ſie zu erlangen. Wegen der Kriege , die ſeine Feldherrn in Dekan mit den Maratten nicht nach ſeinen Erwartungen

führten , und der Anweſenheit des Prinzen Akbar unter ihnen , war dort ſeine Gegenwart nöthig. Er mußte ſich daher 1681. bequemen , mit den

Rasbutten Frieden zu ſchließen. Sie blieben in ihs rer bisherigen Verfaſſung, ihre Fürſten gaben dem Raiſer einige Diſtrifte zurück , die ſie während der Kriege mit ſeinen Brüdern an ſich geriſſen hatten.

Allein von derKopfſteuer, die er von ihnen , gleich andern

6

Zweite Periode, von 1525 - 1707. 191 andern heidniſchen Unterthanen , verlangte, ward im Friedensſchluſſe nichts weiter erwähnt 6). Die übrigen Fahre ſeiner Regierung war der

Kaiſer in Dekan beſchäfftigt, theils die Maratten zu Paaren zu treiben , die unter einem kühnen uns führer im weſtlichen Defan ihm furchtbar wurden, oder die Eroberung der Reidye vifapur und Gols

conda zu vollenden , die er als Prinz angefangen ,

und durch ſeine Befehlshaber bisher vergeblich zu vollenden verſucht hatte. Da Aurunggebe der erſte indiſche Kaiſer war , der die damals in Defan vors handenen großen Reiche jerſtörte, oder hier die Herrſchaft der Mogolen, bis an den Colerunfuß ausdehnte, da feine Vorfahren nur Streifzüge in dieſe Lånder wagten , ſid, mit dem Beſik der Grenze

provinzen Chandes , Ahmednagur und Berar bes gnügten , oder blos ſich von Difapur und Golconda Tribut bezahlen ließen ; ſo wird es nöthig ſeyn , die uns bekannt gewordenen Staatsveränderungen von Dekan voranzuſchicken , ehe wir uns in Uurung,

zebe's Eroberungen in dieſer Halbinſel einlaſſen . Der Fluß Nerbudda , welcher an den weſtlis chen Grenzen von Berar entſpringt , und ſich bei Broach in den indiſchen Ocean ergießt , war , ſeits dem Mahometaner von Ghigni , Deihi und Ugra aus , Hindoftan beherrſchten , eine geraume Zeit die ſüdliche Grenze ihrer Eroberungen , oder dieſer Fluß ward damals und ſpåterhin als das ſúdliche Ende von Hindoſtan betrachtet.

Jenſeit des Mers

budda wohnten bis Anfang des vierzehnten Jahrs hunderts Hindus oder indiſche Völkerſchaften , in viele große und kleine Stamme vertheilt. Nach den

b ) Orme Fragments. S. 101. 119. 139. 142. 151. 1

192

Geſchichte von Oſtindien.

den Sagen der Eingebornen zählte man in dieſer Halbinſel vier Hauptſtamme, Mehrut, Kuz, Tes ſinga und Conger. Mehrut hieß der nordweſtliche

gebirgichte Theil von Dekan , wo ſich die weſtlichen Ghauts ( Gattes) in mehrere unerſteigliche Retten theilten, und an deſſen Küſte die Seepláke Bomban , Goa und andere, belegen waren . Nach Orme) bes trug jener Sandſtrich zweihundert engliſche Meilen von Weſten nach Oſten , und dreihundert und viers zig Meilen von Norden nach Süden , und Mehrut war damals den Königen von Viſapur unterworfen. Der Name lebt noch in der berühmten Marattens nation , die in der Folge den Kaiſern von Defan ſo

furchtbar'wurde, und deren urſprüngliche Wohnſike

in dieſen Gebirgen lagen . Die Maratten führen 1

zwar dieſen Namen erſt in neueren Zeiten , und hießen in frühern Bergeers (Bargeers). Da aber die in der Geſchichte von Defan fo häufig vorkoms menden Bergeers in Melrut zu Hauſe gehörten, als treffliche Reuter ſeit dem vierzehnten Jahrhuns dert berühmt waren , da die Lehne , welche dem

Sevagi , dem Stifter des Marattenſtaats , von feiner Mutter her gehörten , in Mehrut lagen , und dieſe Provinz noch der Sik der marattiſchen Res gierung iſt, ſo hat man keine Urſache, dieſen lirs ſprung zu bezweifeln . Feriſhta braucht überdem

den Namen Maratten , welchen er den Einwoh, nern von Mehrut beilegt , lange vor Sevagi's Zeis

ten ) , und Maratten und Bergeers werden von ihm und ſeinem Leberſeker gleichbedeutend anges nommen. Auch iſt der Name Bergeers noch nicht vers

c ) Fragments. S. LIV . d ) Feriſhta Hift. of Dekkan. V. I. S. 33.

Zweite Periode, von 1525-1707. 193 veraltet, denn in der Provinz Berar Heißen die Mas ratten wirklich ſo '). Ueberhaupt rühren die Verwics rungen bei dem Urſprung der Maratten daher , daß man die váterlichen Ahnen Sevagi's nicht von ſeis nen mütterlichen Vorfahren und der Nation unter,

ſchied , deren Führer er ſeit 1646. wurde . Sevagi ſelbſt war ein Hasbutte , er ſtammte von dem alten

Fürſtenhauſe Chitor , und Rajah Beem Sing war ſein Ur. Eltervater . Sein Eltervater Baugh Sing begab ſich nach Defan , und deſſen Enkel Shaji vero

måhlte ſich mit der Tochter eines Marattenfúrſten . Uus dieſer Ehe ward Sevagigeboren , und ererlangte von ſeiner Mutter Puhna , geneagur, nebſt andern Diſtriften in Mehrut , welche in den Gebirgen der weſtlichen Ghauts tagen , durch eine Menge uners ſteiglicher Bergveſten gegen jeden Angriff geſichert

waren , und ign in den Stand resten , aus dieſen Schlupfwinkeln mit marattiſchen Rauberhaufen fos wohl des Kaiſers neue Eroberungen in Defan , als

auch das Reich Diſapur , unaufhörlich zu beuns ruhigen. Der zweite Stamm , Kuz, nahm feinen Urs fig in Carnatic, welche Provinz lange dieſen Nas men behielt, ob ſie aber in ihren heutigen Grenzen eingeſchloſſen war , oder, wie faſt zu vermuthen iſt , einen großern Umfang hatte, iſt jeßt nicht auss zumachen. Telinga , der dritte Stamm , ließ ſich in den nordöſtlichen Diſtrikten von Dekan nieder, und das Reid, Golconda , nebſt den nordlichen Cir . cars , oder das ganze Sand , welches ſich oſtmárts

der Grenzen von Viſapur zwiſchen den beiden Fluſs e) Leckey Journey to Nagpore. 8. 34• ៣ s. Th. 2. Abth.

fen

194

Geſchichte von Oſtindien.

ſen Kiſtna und Sondegamma bis ans Meer aus. dehnte, führte früher dieſen Namen, von dem auch noch ein indiſcher Dialekt der telingiſche genannt

wird. Der Stamm Conher ließ ſich in Canara

nieder , oder vielmehr dieſe Provinz hat von ihm' den Namen erhalten , auch eine indiſche Mundart,

welche mit der marattiſchen übereinſtimmtî), heißt nach dieſem Stamm die 'canariſches Db die indir

fchen Völkerſchaften , welche Malabar , Mnſore, Tanjore und Tineveln bewohnen , und ſchon ſehr frůlje Unterthanen des Reichs Bisnagar waren , eis nem dieſer Stámme angepórten , iſt unbekannt. Feriſhta , den wir über dieſen Gegenſtand einzig befragen können, gat ſich darüber nicht ausgelaſſen . Ueberdem wollte er auch nurdie Geſchichte der Ma. hometaner auf dieſer Halbinſel beſchreiben. Die gewiſſe Geſchichte von Dekan berbanken

wir blos mahometaniſchen Schriftſtellern , welche

die Thaten und Schickſale ibrer Glaubensgenoſſen, die von ihnen geſtifteten Reiche und ihre Kriege

mit den Gözendienern, in perſiſcher Sprache erhals ten haben . Sie ſteigt aber nid)t höher Hinauf, als bis zur Regierung der Kaiſer von Delhi, Fés roſe II . und Ulla ul Dien , welche beide gegen Ende

des Dreizehnten Jahrhunderts Dekan bekriegten, Telinga und Carnatic verheeren ließen , ſich aber in dieſen Provinzen nicht behaupten konnten . Ihre Nachfolger festen zwar dieſe Kriege von der Veſtung Dowlatabad ( Deoghir ) fort, da ſie aber 1325 . wieder verloren ging, und ihre Statthalter fich in

Verbindung einiger indiſchen Rajahs wieder in Freiheit fekten , die Kaiſer von Delhi , wegen ewi. ger

f ) Unquetil du Perron Reiſen nach Oſtindien , S: 301 .

Zweite Periode, bon 1525-1707. 195 ger Unruhen und Empórungen in ihren alten Pros vingen , Defan nicht mit der ganzen Macht ihres Reichs befriegen konnten , ſo dauerte es , einzelner

glucklichen Feldjåge ungeachtet, über dreihundert Jahr , ehe ſie hier veſten Fuß faſſen konnten. Erſt 1347. erhielt Dekan einen mahometas

niſchen Beherrſcher ,der von den Kaiſern von Delhi unabtångig war. Er þieß Huſſun , und war ein armier Einwohner von Delhi, der durch Unters

ſtúkung eines reichen Braminen ſo weit gedieh , daß er in der Nachbarſchaft dieſer Hauptſtadt einigeMors gen - landes bearbeiten konnte. Kaiſer. Tuglik. Shah von Delhi ſandte 1321. einen ſeiner Großen mit

einem Heer jenſeit des Nerbudda , um die unruhi. gen Einwohner zu Paaren zu treiben , und Huſſun begleitete ihn nach Dekan , zeichnete ſich aber in dieſem Kriege ſo vortheilhaft aus , daß er einige Lehne in den tåndern des jezigen Subah von Des

kan erlangte.

Weil aber zuleßt die kaiſerlichen

Truppen und Beſaßungen in Dekan nicht gehörig

unterſtüßt oder ýinlänglich verſtárkt wurden , ſo ergriffen die indiſchen Rajahs die erſte , beſte Geles genheit, die unter ihnen zerſtreuten Patanen zu

überwältigen. Selbſt die kaiſerlichen Befehlshaber vereinigten ſich mit ignen , undwählten ein gemeins

ſchaftliches Oberhaupt, um in dieſen entfernten

Gegenden Selbſtherrſcherzu werden. Deners ſten glücklichen Verſuch wagte gbragim , einer von

Suglifs afgahniſchen Feldoberſten , und ließ ſich unter dem Titel Nahir ul Dien als Sultan von

Defan , oder eines neuen Staats , aubrufen. Er erhob den vorgedachten Huſſun zu einer Höhern Bes

fehlshaberſtelle, bewirkteNaber dadurch, daß dieſer bald 2

198

Geſchichte von Ofkindien.

bald fein gefährlicher Nebenbuhler wurde. Denn da ber Kaiſer wegen eines Aufſtandes in Delki die unerwartete Empórung in Dekan nicht beſtrafen

fonnte, To beſchafftigte fich Huffun vorzüglich das mit, deſſen treugebliebene Befehlshaber und Bes fakungen zu gewinnen , oder im Fall des Widers ftandes über den Nerbudda zu jagen , und durch ges

waltfame Mittel die Lånder füdwårts des Nerbudda ganz von Delhi zu trennen. Dadurch vermehrte er ſein Unſehen allmählidy unter den Kriegsbefehlss Habern und andern Afgahnen , die bisher gbras ģims ſiegreichen Fahnen folgten , und dieſer mußte julegt vom Kriegesſchauplag abtreten , und ſeinem eigenen , freilich thårigern , General die Herrſchaft der neuen Eroberungen überlaſſen.

Hufſun ward alſo 1347. in Dowlatabad von allen Großen als Sultan von Dekan erkannt,

fo weit dort die Mahometaner die Gógendienter bes

zwungen batten , und veränderte nach orientali, fcher Sitte ſeinen bisherigen einfachen Namen . Er nannte ſich in ſeinen Verordnungen Alla ul

Dien Huſſun Rangok Bhamini, welchen legten Namen Bhamini alle ſeine Nachfolger bis 1526. führten , oder ſo lange das mahometaniſche Reich

Defan unzertheilt blieb. Den Namen Kangok wählte er, weil ſein Wohlthåter in Delhi, der obgedachte Bramine , Kangoh hieß. Der Name

Bhamini heißt ſoviel als Braminiſch , denn in der gemeinen Dolfsſprache wird Bramin gåufig durch Bhamen ausgedruckt. Er ſuchte dadurch das än.

denken ſeines erſten Wohlthåters und deſſen Vers dienſte um den neuen Staat von Dekan zu erhalten .

Denn Kangog war der erſte Bramine, der in Diens

Zweite Periode , von 1525-1707. 197 Dienſte eines mahometaniſchen Fürſten trat , und ſeitdem iſt Perſonen dieſer Kaſte bis auf den Heus tigen Tag das indiſche Finanzweſen häufig anvers trauet worden . So war der Bramine Tudor Mul

Kaiſer Akbars Miniſter , der unter ihm dasFinanza wefen in Ordnung brachte, und Tippo Sahebs, des wútþenden Berfolgers der Gbkendiener ,Finanzmis niſter war der Bramine Purneah , der dieſe Würde

nod, bei dem neuen Rajah von Myſore bekleidet. Alla ul Dien wählte die alte Stadt Colburga

( Kalberga, Uſinabad ) am Fluſſe Biemra zu feia ner Reſidenz, welche jeßt zum Gebiet des Nizam von Dekan gehört 9 ), und von ſeinen Nachkom . men mit der Beſtung Biedr ( Ahmedabad ) vers tauſcht ward. Dieſer Sultan regierte Dekan bis

1357. Sein Reich begriff aber nur einen Theil von dem mittlern und weſtlichen Theil der Halbs inſel. Gegen Süden ward es durch den Kiſtna, fluß von dem reichen und machtigen Lande Bisnas gar geſchieden. Dort herrſchte ein mächtiger indie

ſcher Rajah, den die Mahometaner erft 1564. überwältigen konnten . Gegen Oſten Gatte Telinga ( Golconda ) damals ſeinen eigenen Rajah. Die

nördliche Grenze iſt ſchwer auszumachen. Ein Theil von Berar war zwar den Sultanen von Dekan unterworfen , aber die Provinz Chandes nicht.

Aber dagegen gehörte ihnen die Provinz Mehrut ( Baglana ), welde fich bis Guzeratte ausdehnte, und um 1374. völlig bezwungen ward. Gegen Weſten erſtreckte ſich Alla ul Diens Gebiet biß an

die Seeküſte, und die Städte Chaul und Dabul füdwärts von Bombay waren ihm unterworfen. N 3 9 ) Orme Notes S. CXXXVI.,

Der

1

198

Geſchichte von Oſtindien .

.

Der furchtbarſte Nachbar der Sultane von Dekan war der Rajah von Bisnagar. Dieſes Reich hatte ſchon vierhundert gahre geblühet , und ſeinen Nas men von der berühmten Stadt Bisnagar erhalten, die 1344 , oder kurz vor Alla ul Diens Chrons 1

gelangung , erbauet ward ). Bisnagar erſtreckte fich vom bengaliſchen Meerbuſen bis an den indis fchen Ocean , und begriff das ehemalige Reich Tippo Sahebs , oder Sunda , Canara und Myſore, fers her die landſchaft Udoni, worin die unüberwinds

liche Grenzveſtung gleiches Namens ( Dodne) beles

gen war , nebſt Carnatic und Tanjore, und übers Haupt fechazig Seeháfen . D6 zum Reiche Bisnas auch die Provinzen füdwårts von Tanjore und

die malabariſchen Nairenſtaaten gehörten, iſt nicht zuperlaffig gemiß. Da aber ſelbſt die Könige von Ceylon und die malabariſchen Nairenfürſten Ges

fandte am Hofe dieſes Rajahs hielten , die ihm jáýrs lich koſtbare Geſchenke überbringen mußten , die Rajahs von Bisnagar“ zu Marco Polo's Zeiten

Herrn der Perlenfiſcherei auf der ſüdlichen Küſte bon Coromandel 'waren , und zuweilen von den

Nairenfúrſten Tribut einfordern ließen i ) , fo fcheis nen ſie den Theil der Halbinſel vom Kiſtnafluß bis Rap Comorin ganz beherrſcht zu haben. Zwar ber hauptet Eduard Barboſa ( Barbeſſa) in ſeiner indis ſchen Erdbeſchreibungdas Gegentheil , und nach ihm

erkannten der Zamorin und die ondern Mairenfúró ſten in Malabar keinen fremden Oberherrn, er glaubt auch , ſie wären durch die weſtlichen Ghauts gegen alle Einfälle von Bisnagar ger hinlänglich ges h) Feriſhta I.

. XI.

1 ) Feriſhta I. S. 263 .

Zweite Periode , von 1525 - 1707. 199 geſichert * ) , allein die Verbindungen der Portus

gieſen mit den indiſchen Fürſten waren damals noch zu neu , um ihre Verhältniſſe gegen einander in ih, rem ganzen Umfange ju kennen.

Das Reich der Bhamini, Sultane in Des kan , dauerte beinahe hundert und adytzig Jahre. Allein die Geſchichte deſſelben iſt viel dunkler und verworrener

als die Geſchichte der indiſchen Kais

fer in Delhi. Feriſyta hat über dieſen Zeitraum vorzúglich die Veränderungen am Hofe, nebſt den ſelten unterbrochenen Empórungen der Großen , ge's

fammelt ; daher ſeine Nachrichten bis zum Efel mit den veranderlichen , und dem Gedächtniß kaum einguprágenden , Namen und Ehrentiteln der Felds Herrn , Hofbeamten und anderer Großen , angefüllt ſind. Außer den ewigen Kriegen , welche die Suls

i tane von Dekan mit ihren Nachbarn, den Königen von Gujeratte , den Fürſten von Telinga , den Ras

jahs von Bisnagar und den unzähligen kleinen Bergs und Waldfúrſten führten , iſt ihre unfruchts bare Geſchichte deswegen fo abſchreckend , weil viele

Regenten , deren in der angeführten Periode fiebs

zehn auf einander folgten , häufig als Kinder von zehn bis zwölf Jahren den Thron beſtiegen , oder als die blutdürftigſten Tyrannen ihre Unterthanen mit eiſernem Zepter regierten. Die Großen vers drángten einander unaufhörlich) burch Berråtherei und Meuchelmord aus der Gunſt der Monarchen , und ihre Anhänger ſekten die in der Hauptſtadt ans gefangene Fehde in den Provinzen fort. Die Suls tane wählten ihre Rathgeber und oberſten Felds Herren nicht blos aus ihren eingebornen Unterthas N 4 *) Ramulio V. I. S. 324.

nen,

200

Geſchichte von Oſtindien.

nen , ſondern fremde Abentheurer aus Turkeſtan , der Mongalei und Abiſſinien , fchwungen ſich aus dem Abſchaum des Póbels zu den göchſten Ehren , ſtellen , und beriefen , um ſich in ihren Würden zu

behaupten , Schaaren ihrer Landsleute nach Des tan , welche oft die blutigſten Bürgerkriege veran,

laften . Was ſich aus Ferifhta's trocknen Mords ,

Namens und Titelregiſtern für unſere Zeiten und zur Ueberſicht der vornehmſten Staatsveränderun. gen in Detan zuſammentragen láßt, beſteật etwa in folgenden Begebenheiten :

Alla ut Diens Nachfolger hieß Mahummud. Er ſtarb 1374. nach einer kurzen Regierung, und ließ zuerſt viereckigte Gold, und Silbermünzen mit feinem Namen prágen. Sie wurden aber aus Ner :

ligionshaß und Nationalſtolz von den Fürſten von Bisnagar und Telinga eingeſchmolzen , jedoch Mas Hummud beſtrafte die indiſchen Wechsler mit uns erbittlicher Strenge, ſo daß die Münzen von Rale

berga , mit dem Namen des Propheten und ſeiner Júnger bezeichnet, bald allgemein in Umlauf kas

men , und die Münzen der beidniſchen Rajahs erſt nach dem Untergange der Dynaſtie Bhamini in mahometaniſchen Staaten angenommen wurden .

Er zwang den Rajah von Telinga , ihm Tribut ju bezahlen , und einen Theil ſeines alten Gebiets bis an die Beſtung Golconda abzutreten , ſo daß ihm

etwa die Küſtenprovinzen , oder die durch eine undurchdringliche Gebirgskette geſchiedenen nordlis chen Circars , übrig blieben.

Unter den Geſchens

fen , welche der Rajah von Telinga dem Sieger darbringen mußte , befand ſich ein Chron von El.

fenbein mit Goldplatten belegt, und mit den foſto bars

Zweite Periode, von 1525-1707. 201 barſten Edelſteinen verziert, deſſen Werth auf vier Millionen Rupien geſchikt ward. SeineNachfols ger nahmen auf demſelben beim Anfange ihrerRen gierung die Huldigung ein , und bemühten ſich , defe fen Werth durch reiche Verzierungen zu erhöhen. Unter Mahummud fingen die Kriege mit Biss

nagar an. Dieſer alte indiſche Staat Katte frei. fich einen größern Umfang, als die Lånder, welche die Sultane von Dekan beherrſchten , und die Ras

jahs waren wegen ihrer unermeßlichen Reichthú. mer berühmt. Ob ſie gleich ihren Gegnern Heere

von fünfmal kunderttauſend Mann Infanterie, and fünftauſend Elephanten , nebſt einer zahlreis chen Reuterei, entgegenſtellen konnten , ſo wurdent

fie doch in allen Treffen von einer geringern Anzahl

Mahometaner beſiegt, weil dieſe zum Kriege abi gehärteter waren , und den Feind mit großerer Kühnheit angriffen. Mahummud beſiegte den Ras jah 1365. in verſchiedenen Gefechten , und machte

unermeßliche Beute. Unter dieſer befanden fich nach einer am Siſtnafluß gewonnenen Schlacht 4000 Elephanten und dreihundert Kanonen , und feitdem fingen die Sultane von Dekan an , fich dieſer Feuerſchlünde bei ihren Heeren zu bedienen.

Dieſer Strieg mit Bisnagar ward mit unglaubli. ther Grauſamkeit geführt; denn da die Hindus zu

Anfange deſſelben eine von des Sultans Grenzo 1

veſtungen erobert, und die ganze Beſakung hatten niederhauen laſſen , fo gelobte der Suttan , nicht eher Friede zu machen , als bis er ihren Schatten Hunderttauſend Heiden geopfert gátte. Es wurs

den daßer nicht blos die Gefangenen niedergemeßelt,

ſondern auch alle Einwohner, ohne Unterſchieddes N S

Ges

202

Geſchichte von Oſtindien.

Geſchlechts und Alters, die den Siegern in die Hände fielen , fo daß es fchien , er würde die uns gläubigen Bisnagarer ganz von der Erde vertilgen . Da Mahummud bis zur Hauptſtadt vordrang, ſo

mußte der Rajah um Frieden bitten , und jährlis chen Tribut verſprechen. Zugleich ward in dieſem Frieden ausgemacht, daß man in fünftigen Kries gen von beiden Seiten der Wehrloſen ſchonen , den Gefangenen das Leben friſten , und überhaupt die bisherigen Grauſamkeiten einſtellen wolle. Dies, ſagt Feriſhta , iſt auch in den folgenden Kriegen in Dekan immer beobachtet worden.

Wie Timur zu Ende dieſes Jahrhunderts Hindoftan verheerte und Delhi eroberte , erſchod der Ruf von ſeinen Siegen bis nach Dekan. Suls tan Luglik Bhamini , der damals in Dekan res gierte , ließ Geſandte mit reichen Geſchenken an

des Weltverwüſters-Hoflager abgehen, und ihm Beiſtand zur Eroberung Hindoſtans anbieten . Dis mur nahm dieſe Aufmerkſamkeit ſo hoch auf, daß er dem Sultan die Provinzen Malva uno Guges ratte ſchenkte , und darüber ein Firman , oder eine eigeneUrkunde, ausſtellen ließ , aber weder Luglif, noch ſeine Nachfolger, waren je im Stande , ihre Rechte auf dieſe Länder auszuführen.

Ahmed, der neunte Sultan von Dekan , der um 1420. regierte , war ebenfalls gegen Bisnagar

glücklich , und eroberte von dieſem Reiche mehrere Veſtungen zwiſchen dem Kiſtnas und Lombudras fluß. Er bezwang das übrige von Telinga , und fand bei der Eroberung von Warangole (Warun. kul) , der Hauptveſtung des bisher tributpflichtigen

Cheils von Telinga , nordoſtwärts von Golconda, einen

Zweite Periobe, von 1525-1707. 203 einen reichen Schak , den die Fürſten dort ſeit Jahrhunderten aufgehåuft hatten . Die öſtlidsen Gebirge ſchükten damals blos die nördlichen Eirs

cars gegen die Herrſchaft der Mahometaner; denn hier Herrſchte noch um die Mitte des vierzehnten Jahrhunderts der Rajah von Dureah , dem die Sultane von Dekan erſt 1471. die jeßt zerſtörte

Veftung Dureah , nebſt verſchiedenen andern , ents

riſſen. Ukmed unterjochte auch einen anſehnlichen Theil oder das übrige von Berar. Dies war der { andſtrich Gondwana (Gondwarra ), der ſeinen eis genen Nabob hatte, und an Malva grenzte.

Er

hat dieſen Namen von einem alten indiſchen Stamm , den Ufbars Handbuch Gownd nennt , und von dein wir eben ſo wenig , als von andern indiſchen Vol. ferſchaften , wiſſen , welche gelegentlich in der indis fchen Geſchichte erſcheinen . Er iſt aber noch vors handen, wiewir aus neuern Reifen durch Berar ") erfahren haben , und noch iſt dieſer indiſche, frei lich ſehr rohe , Stamm unter meſįrere Häupter vers theilt. Der Rajah dieſes Landes , welcher Ahmeds

Vafall ward , hatte in der jekt zerſtörten Veſtung Kurleh ſeinen Sik. ghm folgte 1457. ſein Sohn Humajun in

der Regierung, der wegen ſeiner Grauſamkeit den Beinamen Zalim , Wutherich , erhielt. Er ers theilte ſchon einem ſeiner Großen den Ehrentitel Nizam el Mulk , d. i. welcher das Reich in Ords nung bringt, der nachher den mogoliſchen Statts Haltern in Dekan zu eiger ward. Humajuns Barbarei ging ſo weit, daß , wenn er in ſeis

her Wutę irgend einen Großen oder Omrah hins richs 3. ) Leckie Journal of a Ronte to Nagpore. S. 36 .

204

Geſchichte von Oſtindien .

richten ließ , deſſen Familie und Verwandtſchaft ein gleiches Schickſal hatten , und nicht ein. mal die niedrigſten Hausbedienten verſchont wurs den , daher die Großen , wenn ſie nach Hofe ben rufen wurden , vorber ihr Haus zu beſtellen , und fich zum gewiſſen Code zu bereiten pflegten.

Goa

war um dieſe Zeit ein berühmter Seehafen , und 1470. ward derſelbe von den Sultanen von Dekan

dem Rajah von Bisnagar entriſſen. Mit dem Jahre 1482. nåberte ſich das Reich Defan ſeinem Untergange. Die Großen achteten die Befehle der Sultane nicht , welche bis 1526. ben bloßen Namen der Regenten führten. Daher wagten dieſe es nicht, die offenbarſten Rebellen zu beſtrafen , ſondern nahmen ſie wieder zu Gnaden an , ſo oft ſie auch das Verſprechen der Treue ges

brochen hatten. In dem kurzen Zeitraum von 1518 bis 1526. wurden von einigen Großen vier Sultane nach einander auf den Chron erhoben ,

und von eben denſelben wieder Kerabgeſtürzt. Die Statthalter in den Provinzen des Reichs , welches

feit 1480. aus acht Abtheilungen beſtand , kamen gar nicht nach Hofe, unterließen , ihr Contingent jur kaiſerlichen Urmee zu ſtellen , ja einige nahmen

öffentlich den Sultanscitel an , und ließen in den Moſcheen ihres Gebiets das Gebet in ihrem Nas men ableſen. Dekan , fo weit es in dieſen vers wirrten Zeiten von den Mahometanern bezwungen war, beſtand aus folgenden Provingen , deren Grens

zen und Umfang aber aus Mangel geographiſcher Beſtimmungen nur ſehr unvollkommen angedeutet werden können. Berar beſtand damals aus zwei Abtheilungen , die von den jegt zerſtörten Schlór fern

Zweite Periode, von 1525-1707. 205 fernKyaweel und Mahore ihren Namen erhielten . Telinga hatte ebenfalls zwei Statthalter, den nords lichen Theil regierte der Subah von Warangole, und der ſüdliche Theil, zu welchem die Seeküſte, imgleichen Raimundri , Maſſulipatan , Bilconda und Dureah gehörten , waren dem Nizam el Mule Beheri anvertraut. Die vier übrigen Provinzen

hießen Dowlatabad, Concan , worin Goa, goneer, Balgoan belegen waren , Beejapur ( Viſapur) und Kalberga ( Affinabad ). Da nun mit dem Sultan Kulim Ulla , der

fur Zeit des mogoliſchen Einfalls in Hindoftan regierte, bei dem Kaiſer Baber gegen ſeine Mis

nifter vergeblich Hülfe fuchte, und gleich vergebs lich bald dieſem , balo jenem ſeiner Statthalter ſeine Perſon anvertrauete, um wenigſtens einen Sheil ſeiner Herrſchaft wieder zu erlangen , das Haus Bhamini in Dekan erloſch ; fo riſſen die

ſchon früßer unabhängig gewordenen Statthalter die verſchiedenen Reichsprovinzen an ſich , oder lies Ben dort bis zu gúnſtigern Zeiten die Befehlshaber in iþren Würden , und das vom Stamm Bhamini

faſt hundert und achtzig Jahre beherrſchte Dekan ward in fünf unabhängige Reiche von ungleichem Umfange ferſtůckelt, die neben einander bald für. gere, bald långere Zeit beſtanden , und zulegt von

den mogoliſchen Kaiſern verſchlungen wurden . Dieſe waren Ahmedabad , Berar, Ahmednagur, Bifas pur und Golconda.

Das erſte Reich erhielt feinen Namen von

der Veſtung Ühmeðabad , welche Sultan Ahmed

Bhamini 1430. in der Nachbarſchaft der Beſtung Biedr (Beder) erbauen ließ. Es hatte nur einen Fleis

1

206

Geſchichte von Oſtindien.

kleinen Umfang, die Könige, welche dort nach eins ander regierten , führten den Beinamen Berib .

Jöre Herrſchaft hörté ſchon in der Mitte dieſes Jahrhunderts auf , und bei der Eroberung von Bisnagar wird 1564. der König Ali Berid Shah vom Feriſhta zum lektenmale genannt. Die Haupts ſtadt. Ahmedabad ward , nebſt dem größten Theil

des Landes , von Biſapur erobert, das übrige aber mit Abmednagur vereinigt.

Das Seich Berar umfaßte die ganze Pros vinz dieſes Namens. Hier regierten nur vier Kós nige, welche den Litel llmmad Shah führten. göreHerrſchaft dauerte bis 1574. Damals machte der Sultan von Ahmednagur berſelben ein Ende,

er mußte aber Berar 1595. den Mogolen úber. laſſen .

Ahmednagur hatte ſeinen Namen von der Hauptſtadt, welche Ahmed , der erſte Regent dies fes neuen Reichs, 1494. erbauete , weil er damals bem Sultan von Defan die alte Stadt Dowlatas

bad nicht entreißen konnte.

Dowlatabað verlor

nach Erbauung dieſer Stabt ihr altes Unſehen , bis Kaiſer Shah Jehan ſie zur Hauptſtadtſeiner füdlichen Eroberungen erhob. Das Reich Ahmeds nagur begriff nach der Zertrůmmerung des benadys barten Staats Ahmedabad ,

die Provinz Bags

lana , nordwärts des Bimafluſſes, den ganzen Landſtrich , den der Gondaveri von ſeinem Urs ſprunge bis an die Grenzen von Golconda durch : ſtrómt , nebſt einem Theile von Berar. Uußer

den Kriegen , welche die Könige , Nizam Shah ges nànnt , mit Guzeratte , Biſapur , und zulegt mit

den Mogolen führten , bat ſich von den Sdjickfas len

Zweite Periode , son 1525-1707. 207 Ten von Uhmednagur wenig erhalten , und es não

herte ſich ſchon 1594. feinem Untergange, weil das mals die Großen anfingen , unter jungen , minders

jáhrigen Sultanen die Führung des Staatsruders an ſich zu reißen. Da Kaiſer Akbar um dieſe Zeit Malva, Ehandes und Guzeratte erobert hatte , ſo verſprad, einer von dieſen Ilſurpatoren dem Kaiſer Tribut, wenn er ſich ſeiner gegen ſeine Nebenbuh. ler annehmen wollte. Ein mogoliſches Heer rückte alſo in Ahmednagur ein , und belagerte 1595. die Hauptſtadt. Zwar warö dieſe nicht erobert, doch mußte Berar , ſo weit es damals dieſem Reiche ges hörte, dem Kaiſer abgetreten werden. Weil aber nad, dem Abzug der Mogolen der Sultan Bahas

dur dieſen Verluſt nicht verſchmerzen konnte , ro fuchte er die verlorne Provinz wieder an ſich zu bringen , und die kaiſerlichen Truppen wurden aus

einem Theil derſelben veririeben . Ukbari zog Hiers auf perſönlich nach Defan, und belagerte den Sule fan in der Beſtung Afere , auch die Hauptſtadt Uhr médnagur warð 1600. von feinem Prinzen Daniel eingeſchloſſen . Beide mußten ſich nach vergeblje chem Widerſtande ergeben , und der gefangene Suls tan Bahadur Nizam Shah ward nad) Guateor ges

ſchickt. Das ganze Reich ward von den Mogolen damals nicht bezwungen , ſondern Ufbar begnügte

fich mit den eroberten Veſtungen , und ſchlug dieſe, nebſt andern unterjochten Diſtrikten , zu der Statt halterſchaft Chandes . 11 Unterdeſſen' erholten ſich die Großen von AH, mednagur von ihren Miederlagen , und Mattef lims ber , ein Ubiffinier , der tapferſte und glücklidſte

von ihnen , ernannte einen neuen Sultan Mors tiza

208

Geſchichte von Oſtindien.

tija II. Dieſer konnte aber weder die Mogolen aus ihren Eroberungen vertreiben , noch den erlos fchenen Glanz feines Reichs erneuern , er ward alſo bald darauf ermordet. Nach ſeinem Tode erhielt Ahmednagur drei verſchiedene Herren. Ukbar blieb im Beſin der Hauptſtadt und anderer Veſtungen . Mallef Umber bemachtigte ſich des öſtlichen Theils, und ein anderer Omrak , Kajoo Minnaun , der wahrſcheinlich ein Hindu war, des weſtliden. Des lestern Regiment war von kurzer Dauer , denn Mallef Umber nahm ihn gefangen , und bemách. tigte ſich 1603. feines Antheils . Er wählte hiers auf Dowlatabad zur Hauptſtadt ſeiner Eroberun. gen , und behauptete ſich gegen den Kaiſer Jehans gir , der ihn freilich oft beſiegte, aber nie ganz der müthigen konnte , bis an ſeinen Lob , der 1626 .

erfolgte. Feriſhta rúhmtihn als einen trefflichen Regenten , der nicht nur ſein verheertes Reich in den beſten Stand feste, fondern auch von ſeinen Nachbarn ſo gefürchtet warb , daß die Könige von Golconda und Viſapur ihm Tribut bezahlen muß.

ten. Er iſt der Erbauer von Uurungabad , fünf Meilen von Dowlatabad, belegen , welche Zurung

gebe Kernach verſchönerte , und zur Hauptſtadt eis ner neuen Provinz erhob.

Umbers Sohn , Futs

teh Chan, folgte ihm in der Regierung , weil dies fer aber des ermordeten Mortiza zebnjährigen

Prinzen Huſſein auf den Thron erhob, um in deſſen Namen ju regieren , auch dem Kaiſer

Sbab gehan nicht die Schåße und Elephanten des ermordeten Mortiza ausliefern wollte, ro fandte dieſer ein Heer gegen, ihn aus, welches beide, den jungen Sultan und ſeinen Bezier, in Dowlas

Zweite Periode, von 1525 - 1707. 209 Dowlatabað einſchloß, und um 1636. zur Uebers

gabe zwang. Auf dieſe Ürt endigte ſich das Reich Ahmednagur.

Sultan Huſſein ward gefangen

nach Gualeor abgeführt, und ſein Beſchůker Futs

teh Chan trát in des Kaiſers Dienſte. Weil er aber in kurzer Zeit den Verſtand verlor , " gab Shah Jehan ihm eine Penſion von 200,000 Rus : pien , welche ißm in Lagor bis an ſeinen Tod auss gezahlt wurden . Die beiden noch übrigen Reiche in Defan ,

Viſapur und Golconda (Telinga) , beſtanden bis 1685. neben einander , um welche Zeit ſie gleiches

Schickſal mit den übrigen hatten. Was in beiden vor dieſem Zeitpunkt vorfiel, beſteht leider in den

gewöhnlichen orientaliſchen Ereigniſſen , glücklichen *: ind unglücklichen Kriegert, länderverheerungen , Empórungen , Verråthereien, und oft blutigen Eins

und Abſegungen der Regenten und ihrer Führer. Weil ein großer Theil derſelben in den Zeitraum fällt, in welchem Aurungjebe dieſe Reiche befriegte, und nach vergeblichem Widerſtande juleßt über den Haufen warf , fo folten hier nur die merkwürdigſten

Begebenheiten ausgehoben werden , welche vor dies fen Kriegen zu unſerm Plan gehören , die ſpátern

aber in der Geſchichte der legten Regierungsjahre Uurungjebe's folgen.

Nur die Geſchichte von Vis

fapur hat Feriſhta nach ſeiner Art ausführlich bis 1594. behandelt , aber bei Golconda hat er ſich zu kurz gefaßt. Was er von dieſem Reiche Ginterlaſſen hat , beſteht bloß aus den trocknen Namenverzeich. niſſen ber acht Könige , welche bort unter dem Titel Cuttub Shah von 1512 bis 1687. regierten. Der

fünfte von ihnen , Mahummud Cuttub Shah , ers 5. 5 2. 25th

bauer

210

Geſchichte von Oſtindien.

bauęte 1586. die StadtHyderabad, die heutige Res fidenz des Subay von Defan.

Ihr erſter Name

war Bagnagur, den er ihr zu Ehren ſeiner Ges

liebten ertheilte, aber ſpåterhin veränderte. Vors her war Golconda die Hauptſtadt dieſes Reichs, eine drei Meilen von Hyderabad entfernte uralte

Bergveſtung , von welcher dieſes Reich ſeinen Nas men erhielt.

Bon großerm Umfange und mehrerer Wich .

tigkeit war allerdings das Reid Diſapur, weil es alien Verſuchen ſeiner Nachbarn , daſſelbe mehr als einmal zu gertrúmmern , muthvoll widerſtand,

die erſten Eroberungen der Portugieſen zum Theil innerhalb deſſen Grenzen lagen , und die Zerſtörung des mächtigern Reichs Bisnagar meiſt von dort aus bewirft wurde. Der Umfang von Wifapur fann nur ungefähr angedeutet werden , weil daſſelbe bei ſeiner Entſtehung unbeträchtlich war , ſich aber ges

gen Ende des ſechszehnten Galrhunderts durch Ers oberungen anſehnlich erweiterte. Gegen Norden ward daſſelbe von den beiden Reichen Ahmedabad und Ahmednagur begrenzt , und nach Eroberung derſelben durch die Mogolen dehnte ſich dort Viſas

pur bis an die Quellen des Song oder Godavern Gegen Oſten ſtieß es an Golconda , aber

aus .

nach der Zerſtörung des Reichs Bisnagar erlangs ten die Sultane von Viſapur von den Erúmmern

deſſelben den füdlichen Theil von Carnatic , nebſt dem benachbarten Reiche Tanjore , und der Ves ſtung Negapatnain . Gegen Süden machten die

Flüſſe Kiſtna und Malpurba die Grenze , aber feit 1564. reichte dieſes Reich bis an den Fluß Cavern, ſo daß das Herz von Bisnagar , nebſt einem ans ſebno

.

Zweite Periode , von 1525-1707. 211

fehnlichen Theile von Myſore, den Sultanen von Bijapur unterworfen war.

Gegen Weſten war

die Grenze eben fo abwechſelnd. Urſprünglich ges Körte dazu die ganze Seefůſte von Chaul bis Kap Ramas, aber nachher eroberten die Sultane alle

füglicher liegende Seehafen bis Barcelor. . Wie int andern indiſchen Staaten gab es in Vifapur eine

Menge zinsbarer Bergfürſten , von denen die wes nigſten den Namen nach bekannt ſind. Von dies ſen war ſeit 1564. der Rajah von Chandegerri eis

ner der mächtigſten , der aber feinen Wohnort oft wechſeln mußte , bis er julegt auf den Frůmmern

ſeiner zerſtörten Hauptſtadt Ulputtna ( Biếnagar) bis 1799. der übrigen Welt unbekannt vegetirte. Einige andere werden unten vorkommen.

Der Stifter des Reichs Viſapur war von türkiſcher Ubkunft, und , um ſein Glück zu mas chen , 1458. in Defan eingewandert.

Er bief

Euſuph Udil Shah , durch welchen lekten Titel fich ſeine Machkommen von den übrigen Sultanen

in Dekan unterſchieden . Schon 1489. kündigte er den Fürſten aus dem Hauſe Bhamini den Gehors. ſam auf, und wählte die StadtViſapur am Beems

rafluß zu ſeiner Reſideng, einen damals unbedeus tenden Ort, welchen er zuerſt mit Mauern umges

ben ließ. Während ſeiner Regierung eroberten die Portugieſen 1.509. unter des großen Albuquerque Füşrung den Seehafen Goa '). Euſuph vertrieb fie zwar aus dieſem Plaße wieder, aber Goa ging unter ſeinem Nadyfolger abermal verloren. Seits

dem Haben ſich die Portugieſen in dieſer Hauptſtade ihrer indiſchen Beſigungen immer beþauptet, und alle

1) Barros Dec. II. Cap . III, 6. 102. 16.

212

Geſchichte von Oſtindien .

alle Verſuche der Könige von Viſapur , der Mas ratten , und der Sultáne von Myſore , fie aus dies ſer Veſtung zu vertreiben , glücklich vereitelt. Die Suttane von Bijapur waren ebenfalls mit ihren Nachbarn in Kriege verwickelt, die aber keine andere Folge hatten , als daß von beiden Sei

ten einige Beſtungen erobert , die Lånder verwüſtet wurden , und nach einer verlornen Schlacht ein

bald wieder gebrochener Friede zu Stande fam . An dieſen Kriegen nahmen die Rajahs von Bisnar

gar gäufiger Untheil , entweder als Feinde, oder Aliirte von Biſapur , als ſie unter den bhamini, fchen Sultanen gewagt hatten , und eroberten die

Jånder jenſeit des Kiſtna wieder , welche ſie in vor rigen Zeiten verloren hatten. Uber ſeit 1530 , bras chen in Bisnagar Ulnruhen und Bürgerkriege aus,

denen ähnlich), welche die mahometaniſchen Staas ten ſo oft zerrůttet hatten ; die regierenden Rajahs ftarben ſchnell hinter einander , und ihnen folgten unmundige Kinder von wenigen Monaten auf dem

Throne , um deren Vormundſchaft, oder die Res

gentſchaft in iþrem Namen , die Großen des Reichs und entfernte Verwandten mit einander fåmpften. Die abwechſelnden Regenten räumten die jungen Prinzen des föniglichen Hauſes durch Gift und Mordſtahl aus dem Wege , um ihren Nachkom . men den Thron zu verſchaffen. Sie wurden wies

der von Mißvergnügten , oder Anhängern der alten Rajahs , aus der Hauptſtadt verjagt, das ganze Reich nahm an dieſen Håndeln Theil, und die meiſten zinspflichtigen Vaſallen , deren Bisnagar

eine große Menge záýtte, regten ſich in Freiheit, und verweigerten den ſchuldigen Eribut. Bei dies Ten

Zweite Periode, von 1325-1707. 213 fen Verwirrungen ſuchten zuweilen einzelne Regens ten , wenn ihre Gegner zu . furchtbar wurden., Hülfe von Bifapur , und verſprachen dafür ungebeure

Subſidien und jährlichen Tribut , dergleichen Bise nagar in vorigen Zeiten den Sultanen des Hauſes Bhamini gezahlt hatte. D6 Bisnagar gleich durch dieſe Unruhen febr geſchwächt ward , ſo benugte daffelbe doch die gleichzeitigen Kriege der Sul.

tane von Defan , um ſein Gebietauf ihre Unkoſten zu erweitern. Bei dieſen Einfällen litt Viſapur am meiſten. Ali Udil Shah , Sultan von Viſas

pur , brachte daher eine Verbindung ſämmtlicher mahometaniſcher Fürſten in Defan 1564. gegen das zwar oft erſchütterte , aber nie überwältigte, Bisnagar zu Stande, theils ſich an den Unglaus bigen zu råchen , theils den Koran über die gange Halbinſel zu verbreiten.

Bisnagar war nach der Zertheilung von Des kan ein furchtbarer Nachbar der Mahometaner,

und der Rajah fühlte ſeine Ueberlegenheit.

Denn

da das unter einem Sultan vereinigte Dekan ihn

nie hatte unterjochen können , To war dergleichen von dieſem in mehrere Staaten zertheilten Reiche um fo weniger zu befürchten , weil ſie unter einans

der in ewige Håndel verflochten waren. Der Stolz des Rajahs und die Verachtung der Mahometaner jeigte ſich bei aller Gelegenheit , und die Abſcheus lichkeiten , welche deſſen Truppen als Uliirte von

Vifapur 1564. in Ahmednagur an Moſcheen und andern Heiligen Dertern verübten , mußten jeden Mufelmann empören.

Ali Adil Shah ſchloß jenes Bündniß mitHuſs ſein Nizam Shah von Ahmednagur , Ibrahim Čuts tub

1

214

Geſchichte von Oſtindien .

tub Shah don Golconda , und Berid Shah von Ahmedabad gegen den Fürſten Ramraji von Biss nagar. Ohne Feriſhtas. Geſchichte würden wir

außer Stande ſeyn , dieſen Krieg zu überſehen , der eins der älteſten indiſchen Reiche gertrümmerte,

weil Reiſebeſchreiber, welche jene Verbindung und ihre Folgen ebenfalls aufgezeichnet haben , die Nas men der Fürſten ſo außerordentlich verjžůmmeln .

Der Englắnder Cáſar Friedrid), welcher drei Jahre nach dieſem Kriege die zerſtörte Hauptſtadt Bisnas gar ( Bezenegher) beſuchte, nennt die verbundenen Sultane Dial Kan ( Adil Shah) , Zamuluf (Mis zam Shah) , und Cotamuluk (Cuttub Shah ). Den vierten oder den Sultan von Uhmedabad kann man gar nicht erkennen . Er nennt ihn Vis

ridi für Berid Shah , und Orme meint daher.n ), dies moge vielleicht der König von Chandes gemus ſen reyn , der aber an dieſem Kriege keinen Tyeil

nahm n). Sie erfochten an den Ufern des Kiſtna einen herrlichen Sieg über den Rajah. Er blieb ſelbſt in dieſer Schlacht, und über hunderttauſend Hindus follen in derſelben geblieben fennt. Die Sies ger verfolgten die Flüchtigen bis unter die Mauern der Hauptſtadt. Dieſe, welche fünf deutſche Meis len im Umfange hatte , ſtark beveſtigt war , und eine Menge Pagoden mit goldenen Dächern , uns geheure Palláſte , und eine Menge Monumente ins

diſcher Baukunft, in und außerhalb ihren Mauern befaß , ward erobert und von Grund aus zerſtört. Sechs Monate verweilten die Sieger in Bisnagar,

riſſen die Häuſer nieder, um verborgene Schåhe ju

m) Fragments of the Mogul Empire. 6. LXXI.

n ) Hacluit Voyages, T. III. $ . 276.

Zweite Periode, von 1525-1707. 215 zu entdecken , und kehrten hierauf, vielleicht weil 1

ſie ſich über die Beute entzweieten , mit dem Raube nach ihren (andern zurück. Von dieſer Zerſtörung hat ſich das Reich ſo wenig, als die Hauptſtadt, wiederholen können , und der Name Bisnagar vers fchwindet ſeitdem in der Geſchichte. Die Stadt, welche in unſern Zeiten den Sultanen von Myſore

gehörte, und jeßt den Maratten abgetreten iſt, liegt ganz in Ruinen , und hat ebenfalls ihren Nas men verändert, und da der Fluß Tombudra durch dieſelbe ſtrómte, ſo beſtand fie eigentlich aus ztvei Städten , deren Trümmer jegt Unnagundi und Ulputna beißen ). Den erſten Namen Fennt Fes riſhta ſchon , und er ſagt, Ali Adil Shah wäre nach dem Rückzug ſeiner Bundesgenoſſen nach Anis conde gezogen , um einen Prinzen des erſchlagenen

Rajahs wieder auf den våterlichen Thron zu erheben. Daß jene Fürſten dieſen Zug aus bloßer Raubfucht unternommen haben ſollten , iſt kaum zu glauben,

daß ſie aber nach Zerſtörung der Hauptſtadt den geſchlagenen Feind nicht weiter verfolgten , oder das bezwungene Reich nicht unter ſich theilten , iſt noch weniger zu erklären. Daher rettete ſich der Brus

der des erſchlagenen Ramraji in die oftlichen Ges birge , und behauptete ſich in den Veſtungen Bils

conda ( Paliconda, Penigonda ) , Chandegerri, Udoni, auch ſpåterhin eine Zeitlang in Vellore, und vererbte dieſe Trümmer von Bisnagar auf

feine Nachkommen. Sie regierten hier noch 1645, und das heutige Carnatic , nebſt den Fürſten von Gingi und Tanjore , erkannten inre Oberherrſchaft. D4

Euros

0) Moores Narrative of Capt. Littles Detachment. 3. 182.

216

Geſchichte von Oſtindien.

Europåer , welche während dieſer Zeit nach Des kan kamen , 'nennen dieſen Fürſten, der meiſtens

in Chandegerri ' wohnte , gewöhnlich König von Narſinga, entweder , weil die Rajahs von Bis.

nagar ſchon lange dieſen Titel führten, wie in der ' Einleitung . S. 29. 2. gezeigt iſt , oder die Fürſten 1 1

von Chandegerri das Land des ehedem berühmten Fürſten Nerſing ganz oder größtentheils beſaßen. Con einen Fürſten dieſes Namens redet Feriſhta

in ſeiner Geſchichte von Defan ' ) , nur iſt aus Scutts lleberſekung nicht zu erſehen , ob er oder. ſein (and Narſinga hieß. Er erwähnt auch deſ

ſen Hauptſtadt, aber ohne ihren Namen anju. führen; ob er etwa die Stadt Narſinga meint, welche in alten und neuern Karten , wie die Stadt Dekan in verſchiedenen Gegenden von Carnatic,

erſcheint, laßt fich nicht beſtimmen , aber ſchwers lich war Narſinga je als Reſidenz oder irgend bes deutender Ort vorhandeni.

Dem Beiſpiel des Rajahs von Chanbegerri folgten die übrigen Großen und Befehlshaber inden ihnen anvertrauten Diſtrikten , und das Reich Bis. nagar ward nach der gånzlichen Zerſtreuung ſeines

Heeres und der Zerſtörung ſeiner Hauptſtadt in eine

Menge kleiner und großer Staaten zerſtůckelt, von denen die wenigſten zu unſerer Kenntniß gelangt

ſind. So hatten die Veſtungen Udoni , Bancas

pur , Carwar und Barcelor , ihre beſondere fürs; ſten , und ſpäterhin erſcheinen die Rajaks von Cas rur , Gerref , Corg ( Eurg , Eurga ) und andere die ſonſt dem Großfürſten von Bisnagar treu und. hold geweſen waren. Waren p) T. I. S. 165

Zweite Periode, von 1525-1707. 217 Waren die Sultane von Viſapur? ſonſt in

keine Kriege verwickelt , ro ſud ten ſie dieſe kleinen Fürſten ihrer Hoheit zu unterwerfen , und um 1570. idyloſſen ſie einen Vertrag mit Ahmednagur , das fic) zuweilen der Ueberbleibfel von Bisnagar gegen Viſapur annahm , daß die Sultane von Ahmed.

>

nagur ſich im Lande Berar entſchädigen ſollten, wenn Vifapur Eroberungen in Bisnagar machte, In dieſem Kriege mußte ſich ſchon 1573. der Ras

jak,von Udoni unterwerfen , und der Rajah, von Eurg ward 1980. bezwungen.

Ungeachtet die ål.

teſten Rajahs von Myſore ein ſo kleines Gebiet bes ſaßen , welches nur aus zwei und dreißig Dörfern

und der Stadt Myfore beſtand, ſo werden ſie doch in der Geſchichte der Kriege erwähnt , welche Vis

ſapur jenſeit des Kiſtna führte, und um 1593. mußte Nectaderry Fion , oder Rajah von Myſore, 1

die Herrſdaft pon Viſapur anerkennen , und dem

Sultan Ibrahim Adil Shah zwanzig Elephanten zum Zeichen ſeiner Unterwürfigkeit als Geſchenke darbringen . Dies iſt das älteſte Zeugniß in der Geſchichte für die Exiſtenz eines kleinen Staats, Myſore genannt, der in unſern Tagen ſich ſo ſchnell ausbreitete , aber auch bald wieder zu ſeiner alten Inſignificanz berabſank.

Da Feriſhta ſeine Geſchichte von Bijapur. mit dem Jahre 1596. ſchließt, ſo ſind die übrigen Staatsveränderungen dieſes Reichs bis zu ſeiner, endlichen Auflöſung , oder bis 1685 , unbekannt, oder in der Geſchichte der Kriege vergraben , die Uurungjebe gegen Ende des fiebzehnten Jahrhuns

derts in Dekan führte. Da dieſe aber vorzüglich gegen die Reiche Diſapur und Golccnda gerichtet 25

waren,

/

218

to Geſchichte von Oſtindien .

waren ,, und erſt nach den frühern Staatsverändes fungen in Dekan beſchrieben werden können , ſo

ſollen die fernern Schickſale beider Reiche, welche ſo ſehr in Aurungzebe's lekte Regierungsjahre verflochten ſind , bei dieſem Zeitraum entwickelt werden .

Das Reich Diſapur ward ſeit 1660. von zwei Angriffen von Norden und Weſten Her erſchüttert,

denen es endlich unterliegen mußte. Die Mogos len, denen daſſelbe feit 1600. zinsbar war ) , drans gen von Norden ber ein , und die Maratten , welche ſelbſt vom Wurungzebe aufgehegt wurden , Viſapur

zu ſchwachen , zerſtückelten das Reich von Weſten her. Da nun die Maratten erſt Unterthanen der Sultane von Dekan , und hernach der von Viſapur,

waren , (denn Setterah und Puhna waren unbes zweifelte Pertinenzen des lekten Reichs ) , ) unter bem Namen der Bergeers bei ihren Heeren dienten, und die erſten bekannten Heerführer der Maratten ,

als Vafallen und Befehlshaber von Viſapur, in Den Kriegen von Defan erſcheinen ; ſo wird es , um

dieſe leichter zu überſehen , nöthig ſeyn , hier die

Entſtehung und allmähliche Uusbreitung dieſes neuen indiſchen Staats , oder vielmehr dieſer macha, tigen Räuberariſtokratie, voranzuſchicken.

Oben S. 192. iſt bereits einiges von den als ten Wohnſigen, den verſchiedenen Benennungen, und der eben ſo verſchiedenen Abſtammung der Mas rattennation überhaupt , berührt worden. So viel aber iſt gewiß , daß, nach indiſchen Sagen , die Maratten zu den ålteſten Stämmen in Defan ges Hörs 9 Dow II. S. 196 . r) Feriſhta's Dekan , T. I. S. 310.

Zweite Periode , von 1525-1707. 219 Horten, daß ſie urſprünglich die gebirgichte Provinz Merut, Gernach Baglana genannt, bewohnten, daß fie unter dem Namen Bergelers den Sultanen

von Kulberga , und ſpåterhin denen von Viſapur, treffliche Dienſte leiſteten , und noch früher als Seeräuber in den indiſchen Gewäſſern gefürchtet wurden , deren Kapereien man von den Zeiten des Naturforſcher Plinius durch alle Jahrhunderte, bis in die Mitte des achtzehnten , durchführen kann. Sie ſtanden unter mehrern Fürſten und

Unführern , und waren immer als leichte Reuter berühmt. Db ſie von den übrigen Hindus ein in

Sitten , Gebrauchen und Religionsgrundfågen ab, . weichendes Volk waren , wie die Batluchen in Tats ta , die goudis in lahor , oder wie die Gownds , Beil und coney in Berar und Chanues , wiſſen

wir eben ſo wenig, als ob die Proving Merut von ihnen den Namen erhalten hat, wie Gonds wana in Berar von den Gownds , oder was der Name Bergeers bedeute. Sektérn Namen ſollen

die Maratten für veráchtlich Halten , und ſich lieber Dekani nennen laſſen . So oft der erſte auch als Benennung eines Reutertrupps vorkomint, ſo iſt mir doch nur eine einzige Stelle aufgeſtoßen , nach welcher man unter Bergeér den Namen eines bes

fondern Diſtrikts verſtehen kann. Nach Glads win. ) 30g 1629. einer von Shah Jehans Felds þerrn von Tatta aus nach Khibér , einer Veſtung von Defan , und kam durch das Gebiet von Bihrji (Bergi).. Aus dieſem erhellet; Daß die Maratten lange vor Sevagi in der Geſchichte Dekan als ein

kriegeriſches Vole bekannt waren. Sie gehörten, wie

$ ) Hift. of Jehạngir etc. S. 89.

Geſchichte von Oſtindien .

220

wie noch in unſern Tagen , zur dritten indiſchen Hauptfaſte, der Kafte der Baiſhia (Bice) , oder der Kaufleute und Feldarbeiter. Da dieſe, wie alle andere Kaſten , in eine Menge Unterabtheis langen zerfällt, ſo gehören die Maratten zu drei derſelben , der Goonby , Uckerfeute, der Cowlan, Kuhhirten , und der Dungur oder der Schäfer ) . Selbſt ifjre Fürſten , die ſich in unſern Tagen durch ihre Eroberungen in Hindoſtan ausgezeichnet ya. Feiner obern Kaſte ; Denn der 1793

verſtorbene Fürſt von Ugein , Madaji Scindia , war vom Stamm der Ackerleute , und ſein Nach bar Holkar aus der Kafte der Weber entſproſſen ,

Daher ſind die Maratten auch in ihren Speiſen und andern indiſchen Gebråuchen weniger einges ſchrånkt.

Sie dürfen den übrigen Hindus vers

botene Speiſen eſſen , nur Rindfleiſch nicht , ſie können zu allen Tageszeiten ihre Mahlzeiten hals ten , und dabei Gebet und Reinigung beobachten oder nicht. Sevagi hingegen , der Stifter des heutigen

Marattenſtaats , der ſeine Herrſchaft weit über die alten Grenzen von Merut ausgedehnt hat, ſtamme von einer Köbern , oder der zweiten Kafte, welche Kehteries, oder die Kriegerkaſte, genannt wird, und wieder aus fünfhundert Minterabtheilungen beſteht.

Sein Ahnherr war Beem Sing, Rajah von Chis tor ( udipor ), der angeſehenſte unter den Rasbuta tenfürſten in Ugimere. Dieſer erzeugte mit einer Zimmermannstochter einen Sohn, Namens Baugh Sing, welcher wegen der niedrigen Herkunft ſeio ner

t) Tone Attempt to illuſtrate ſome Inſtitutes of

the Maratta People. S. 24.

!

Zweite Periode, von 1525-1707. 22 i ner Muttervon ſeinen Verwandten verachtet warb,. und daher auswandern mußte. Baugh Sing, Ses vagi's Eltervater , begab ſich nach Chandes , und nahin bei einem Zemindar, welcher Ali Mohun (Muhan) hieß , Dienſte. Hier machte er ſich ſo beliebt , daß dieſer Diſtriftsaufſeher (dies iſt die

urſprüngliche Bedeutung des Namens Zemindar) ihn bei ſeinem Tode zum Vorinund ſeines jungen Sohnes ernannte. Wie fein Mündel aber volle jährig war , verließ er ihn wieder , und zog nach Dekan , wo er in der Nachbarſchaft von Puhna sich ankaufte, oder , wie andeče wollen , den Dis

ſtrift ( Pergunna) Puhna vom König von Vifapur als Dienſtlehn erhielt .). Baugh Sing , von ani dern Danju Gigenannt *) , erhielt den Beinamen

Bhoſelah , der von indiſchen Geſchichtſchreibern fehr verſchieden erklärt wird . Bald foll er die Tas

pferkeit des Baugh Singbedeuten , und dann heiße er foviel, als Speer in der Bruſt des Feindes, bald die niedrige Herkunft ſeiner Mutter , bald ſeis

nen Geſchledytsnamen anzeigen. Dieſer Name blúbet noch bei einigen Häuptern der Maratten . Nicht nur beißt der öſtliche Marattenfúrſt, der Rajal von Berar , welcher zu Sevagi's Familie gehört, und von deſfen Großvaters Bruder Bumns boji ſtammt, Booflah , ſondern um 1760. regierte auch ein Marattenfürſt in der Nachbarſchaft von Goa , der kleine Bonſulo ( Booflah ) genannt. Baugh Sing war wirklich ein unternehmender Kries ger , auch ſoll er unter Kaiſer Shah Jehans Heeren

gedient haben. Er hinterließ zwei Söhne, den Mas u ) Afiatic Miſcellany. V. II. n. 1. S. 91. ) Fryers Travels. S. 171 .

Geſchichte von Oſtindien . Maloji und Bumbojë Beine vereinigten ſich mit 222

andern Freibeutern , und lebten vom Raube , bis

endlich der älteſte Bruder bei einem Marattenfürs ſten , oder Rajah,der Bergeers in den Gebirgen von

Baglana , Namens gadorae, Dienſte nahm , der

beim Sultan von Ahmednagur in Unreben ſtand. Maloji half ihm in ſeinen Fehden, und gewann den gadorae durch ſeine Tapferkeit , daß dieſer ihm

verſprach , ſeine Todyter mitMaloji's Sohn Shaji zu vermáklen. Der Maratte wollte zwar in der Folge ſein Verſprechen nicht erfüllen , daher Mas

loji nicht nur ihn , ſondern auch ſeinen lehnsheren , den Sultan von Viſapur, befriegte , und lez. teen bedrohete, alle: Moſcheen mit Schweineblut

zu verunreinigen. Der Sultan , dadurch in Furcht gefeßt, bewilligte, was Maloji verlangte, und die Bermáhlung ſeines Sohns mit der Tochter des gadorae ward mit großen Feierlichkeiten vollzogen.. Durch dieſe Heirath ward das Geſchlecht der Bhos

ſelal , oder der Prinzen von Chitor, mit dem Stamm der Maratten vereinigt, und Shaji's Nachkommen erſcheinen ſeitdem als wirkliche Mas

ratten . Jadorae behielt aber gegen den ihm aufs gedrungenen Schwiegerſohn einen heimlichen Groü . Er durfte ihn zwar , ſo lange der alte Maloji lebte , nicht merken laſſen. Nach deſſen Code aber

zwang er den Shaji , nach Viſapur zu entfliehen . Er -ward hier gut aufgenommen .

Der Sultan

von Viſapur erhob ihn zum Befehlshaber über 10,000 Pferde, und ertheilte ißm ein Dienſtleặn ( Jaghire) in Carnatic.

Auf dieſe Art breiteten

fich die Maratten fern von ihrer alten Heimat aus, einer von Shaji's jungern Söhnen erbte des Bas ters

Zweite Periode, von 1525-1707. 223 ters lehne in Carnatic , und ward der Stammvater

der heutigen Fürſten von Tanjore. Shaji erzeugte den berühmten Sevagi , defe fen Geburt in das Jahr 1628. fállt. Er entzweite fich aber mit ſeiner Gemahlin , verftieß ſie, und dieſe mußte mit igrem Sohne Sevagi nach Puhna zurückfehren . Hier ward Sevagi unter Aufſicht eines Maratten erzogen , er blieb ķier bis zu ſeinem fiebzehnten Jahre , und erbte nach des Vaters Tode deſſen Gúter , nebſt dem Erbtheil ſeiner Mutter, im Lande Merut .

Dieſe Geſchichte von Sevagi’s Vorfahren weicht freilich von den bisherigen Erzählungen, auch von denen ab , welche ich anderswo habe

drucken laſſen . Allein damals war die indiſche Ges

ſchichte, weniger bearbeitet, eine Menge unverdächs tiger Nachrichten ſind ſeitdem erſt zum Vorſchein gekommen , und alle , weldje vor 1790. den Urs ſprung der Maratten unterſuchten , konnten nur

aus Reiſebeſchreibern oder unzuſammenhängenden Berichten der Eingebornen ſchöpfen.

Dbige ges

nauere Nachrichten verbanken wir den Herren

Chambers und Scott. Erſterer hat in dem in Calo cutta erſchienenen Aſiatic Miſcellany einen Uuszug aus dem perſiſchen Werke Khazanah e Aamerah , (

über den lIrſprung und die Ausbreitung der Mas ratten, drucken laſſen ;. Hr . Scott aber ſeiner llebers feßung des Feriſýta ein Tagebuch eines Augenzeus. gen angehångt , der den Kaiſer Uurunggebe auf als len feinen Zügen in Dekan begleitete , den Sevagi

felbft befriegte, und damals von ſeinen Vorfahren beſſere Nachrichten einziehen konnte, als jegt dort auszumitteln ſind.

Sevagi

224

Geſchichte von Oſtindien . Sevagi blieb bis 1645. unter der Aufricht

des Maratten Dadajt, aber fein unruhiger Geiſt und raſtlöſer Ehrgeiz erlaubten ihm nicht , in Puh.

na und den dazu gehörenden Bergveſtungen müßig zu leben . ' Er brachte daher unter ſeinen Vaſallen und Madybarn bald einer Räuberhaufen zuſams

men , powohl Viſapur als des Kaiſers Befißungen auszuplündern . Dadaji , des Kaiſers Rache fürch. tend und das feindliche Betragen ſeines Mundels

verabſdjeđend , fuchte ihn durch Ermahnungen wieder zurückzubringen, aber vergebens. Dadaji brachte ſich alſo durch Gift ums Leben. .

Sevagi gelangte hierauf zum völligen Beſis ſeiner våterlichen Güter , wahrſcheinlich auch der Lånder feines Großvaters Jadorae , verſtärkte feine Räuberbanden , und erweiterte ſeine Streifereien in Concan , Baglana und Viſapur. Er eroberte

in den Gebirgen dieſer Provinzen eine Menge Ves

ſtungen , ließ neue erbauen , und betrug fich wie ein unabhängiger Fürſt. Endlich dachte inan in Viſapur daran , den auffälligen Maratten zu bes

ſtrafen , und es ward ein Heer gegen ikn ausges fandt. So viel Anhänger auch Sevagi zuſammens gebracht haben mochte , ſo durfte er es doch nicht

wagen , daſſelbe anzugreifen. Er trat alſo mit dem Befehlshaber von Viſapur in Unterhandlungen, und zwiſchen beiden Armeen ward ein Plak bes

ſtimmt, wo dieſer mit zehn , Sevagi aber mit fünf Begleitern erſcheinen ſollte, den Vergleich zu ſchlies

Ben. Ubdalla, oder der Befehlshaber von Viſas pur, foli dieſe Unterredung vorzüglich gewünſcht haben , um ſich während derſelben des Sevagi ju verſichern , oder ihn zu ermorden. Aber der Mas rattens

Zweite Pertode, von 1525-1707. 225 rattenfürſt kam ihm zuvor , und erſtach den Ubs dalla , indem er iận zu umarmen ſchien. Er gab hierauf feinen Leuten ein Zeichen , ben Feind anzu. greifen, der während des Waffenſtilſtandes ders gleichen nicht vermuthete, und zerſtreuete das ganze nach derDebagi erbeutete baš gange tager , und

nach dieſem Siege unterwarfen ſich ihm mehrere

Diſtrikte von Viſapur. Viele Veſtungen öffneten ihm die Thore , und unter andern Settera , ein ſehr veſtes Bergſchloß, wo die Könige von Viſas pur ihre Staatsgefangenen zu verwahren pflegten, und die ſpåtern Marattenfürſten ihren Wohnſig eufſchlugen.

Um dieſe Zeit unternahm .Vurungzebe, der bisher in den mogoliſchen Eroberungen in Dekan Statthalter geweſen war , den Zug nach Ugra,

um ſeinen Vater von der Regierung zu verdrången, Sevagi ſchien ihm bei dieſem Vorhaben ein geſchicks tes Werkzeug ju feyn. Er wünſchte ihm Slúce

åber feinen erfochtenen Sieg , ermunterte ihn , ties fer in Viſapur vorzudringen, und that ihm zus legt den Vorſdlag, ihn nach Agra zu begleiten , Sevagi verwarf dieſen Untrag mit Verachtung, und ſchien den Krieg gegen den regierenden Kaiſer zu verabſcheuen. Er ließ daher den Weberbringer der Botſchaft von ſeiner Perſon entfernen, und nz be a n e chen doch nußte ng es d hw n c S ites bi rli. urJe es be te erſegduie Abw s

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Geſchichte von Oſtindien.

226

rücken , weldje ißn aber weder aus ſeinen Erobes rungen vertreiben, noch etwas gegen ihn ausrichs ten konnte.

So bald aber Aurungzebe ſeinen Bas

ter gefangen genommen hatte, ſandte er ein neues Heer nach Dekan , den Ševagižù bezwingen. Dies fes eroberte Puhna und andere Veſtungender Mas ratten. Doch Sevagi råchte ſich durch Ueberfalle und Streifereien in des Kaiſers Gebiet. Da alſo Aurungzebe's Feldherr die Maratten nicht zur Schlacht bringen, auch keine wichtige Vortheile über den Sevagi erlangen konnte, nahm er ſeinen Rückzug nach Aurungabad.

Sevagi benußte die Abweſenheit des faiſers lichen Heeres, um in einer von ihm bisher vers l

ſchonten Gegend Beute zu machen , und zog mit viertauſend Reitern nach Suratte. Außer dem großen Handel , den dieſe Stadt , am Taptifluſſe belegen , mit Perſien , Arabien und andern lån .

dern trieb, befaßen die Europäer dort anſehnliche Faktoreien , auch lag in dieſem Hafen die Kriegss flotte des Großmoguls , ben furattiſchen Handel gegen indiſche Seeråuber zu ſchüßen. Dieſerreiche

Handelsplak war gar nicht beveſtigt, ſondern mit einem bloßen Erdwall umgeben , und hatte nur eine ſchwache Beſaßung. Nachdem er vorher die Bes

ſchaffenheit der Stadt unterſucht, und die Wok. nungen der reichen Einwohner ausgefundſchaftet hatte, drang er 1664. in dieſelbe ein. Suratte

ward von ihm drei Tage lang ausgeplundert, aber an den Faktoreien der Europåer vergriff er ſich nicht, weil dieſe mit ſchwerem Geſchüß verſehen waren . Die Beute , welche Sebagi davon trug , wird von

einigen auf fechs Millionen Thaler gefchaft , auch befans

Zweite Periode, von 1525-1707 . 227 befanden ſich die koſtbaren Geſchenke darunter , welche der Fürſt von Abiſſinien für den Aurungzebe beſtimmt hatte.

Suratte ward ſpåterhin von den

Maratten von neuem beunruhigt, und ſie mußte ihnen 1669. und 1671. abermals Kriegsſteuern zahlen ). Auf die Nachricht von der Plünderung dies ſer Handelsſtadt ſchickte Aurungzebe einen neuen Feldherrn nach Defan , und verſtärkte feine Trups pen . Sevagi hielt ſich ſechs Monate hindurch vers theidigungsweiſe, ſchnitt dem kaiſerlichen Heere die

Zufuhr ab , und hinderte deffen Vorbringen , ins bem er alle Brunnen und Waſſerbehälter vergiften ließ. Seine Familie und Schake hatte er in der Veſtung Porunder verwahrt , weil er dieſe für uns, überwindlich hielt. Über es gelang zuleßt dem fais ſerlichen General, mehrere Anführer der Maratten

durch große Verheißungen vom Sevagi abwendig zu machen , viele ſeiner Veſtungen zu erobern , fos

gar ihn ſelbſt in Porunder einzuſchließen. Die Bes ſtungward förmlich belagert , und ſo durch das Fais ſerliche Geſchůk geångſtigt, daß ſie ſich nicht lån. ger halten konnte. In dieſer Verlegenheit verließ Sevagi diefelbe unbewaffnet, nebſt einigen Begleis tern, und erſchien vor dem kaiſerlichen lager, um dem Oberbefehlshaber vorgeſtellt zu werden . Dieſem gab er ſich zu erkennen , und verſprach künftig dem Kaiſer Gehorſam , wenn er wegen der begangenen Frevelthaten Verzeihung erlangen würde, auch eine Million Pagoden zu bezahlen , und vier und zwans

zig ſeiner beſten Veſtungen dem Kaifer zu überlies førn. Er fand die beſte Aufnagme, und ſogleich P 2 y ) Moſfel S. 29 .

ward

228

Geſchichte von Oſtindien ,

ward,ſeineUnterwerfung nach Hofe berichtet. Ehe aber Äurungjebe’s Entſchluß erfolgen konnte , rieth er dem kaiſerlichen Befehlshaber, ſein Heer nach Viſapur zu führen , und dieſes Reich zu erobern. Der Zug ward aud) wirklich angetreten , die feinds liche Armee aufs Haupt geſchlagen , welche die Mos golen , nebſt den mit ihnen verbündeten Maratten,

zurücktreiben ſollte , und die Hauptſtadt Bijapur eingeſchloſſen. Weil aber das platte land verheert war, es den Belagerern an Magazinen und Zu,

fuhr fehlte , und darüber Mangel undKrankheiten einriſſen , ſo mußte die völlige Zerſtörung dieſes Reichs bis zu einer andern Zeit verſchoben werden. Unterdeſſen langte Sevagi’s Begnadigung an . Aurunggebe befahl ihm, nach Ugra zu kommen, wies ein {ac Rupien für die Reiſekoſten an , und

Sevagi begab ſich , nebſt ſeinem Sohn und tau. ſend Reitern , nach Hofe.

Er ward hier 1667.

dem Kaiſer vorgeſtellt, glaubte aber , ſeinem Range nicht gemäß aufgenommen zu werden , und außerte

daher ſein Mißvergnügen laut und heftig. Seine Beſchwerden wurden dem Kaiſer hinterbracht, der,

dadurch beleidigt , ihm den Hof verbieten , und in genaue Verwahrung, nehmen ließ. Sein Sohn aber durfte bei Hofe erſcheinen. Durch Freigebigs keit gewann er bald ſeine Wache, die góchſtens des Morgens und Abends ſich um ihren Gefangenen bekümmerte. Er befahl daher eines Tages einem

ſeiner Sklaven , ſich in ſein Bett zu legen , und ließ ſich und feinen Sohn in verdeckten Körben, worin man ihin Speiſen gebracht hatte, aus dem

Gefängniß tragen , und entfam glücklich aus der Reſidenz. Er wandte fich hierauf nach Norden, und

Zweite Periode, von 1525-1707. 229 und kam nach Muthra , einem alten Keiligen Orte der Hindus.

Hier übergab er feinen Sohn einem

Braminen , der ihn , als ein Mädchen verkleidet,

ungehindert nach Defan brachte. Nach andern foll ſein Sohn , der Strapazen ungewohnt , unters weges umgekommen ſeyn. Da aber dieſer Prinz

Samba hieß , und Samba nach des Vaters Tode wieder Unführer der Maratten ward, ſo verdient dieſe Sage , wie ſo viele andere-den Sevagi ber

treffend , feinen Glauben.

Er ſelbſt reiſete von

Muthra als Pilger nach Benares , und von hier nach der berühmten Pagode Jagernaut, und über Gofconda nad, ſeinen Staaten zurück . Der Krieg warð alſo mit den Maratten ers,

neuert , und Sevagi ecoberte verſchiedene dem Kais ſer früher übergebene Veſtungen wieder. Dagegen

ſuchten -Uurungjebe's Generale in ſein Gebiet vors zubringen , befekten, die Påſle, wodurch die Mas ratten in die kaiſerlichen Länder ſtreifen konnten, ers

fochten auch einzelne Siege über ſie, ohne jedoch den Feind überwältigen zu können. Denn zugleich mit den Maratten mußten des Kaiſers Feldherren

Bijapur und Gofconda befriegen , und wechſelten ju oft in dem Kommando ab , weil dem Kaiſer

ihre Operationen mißfielen , oder ihre Treue ihm zuweilen verdächtig ſchien. Dagegen beveſtigte ſich

Sevagi in ſeinenEroberungen zwang ſeine Nachs baren , die Verheerung ihrer länder durch ſchwere Kriegsſteuern abzukaufen , und ſchloß mit den Eur

ropäern Handelstractate , die ungeſtört ſeine Sees háfen beſuchten.

Um 1674. beſchloß er , alle Zeichen ehema. liger lInterwürfigkeit abzulegen , und beſtieg in der P 3

Ves

230

Geſchichte von Ditindien.

Beſtung Rari den Chron mit den in Indien ges wöhnlichen Ceremonien. Vorher reinigte er ſich in einem heiligen Waſſer bei Pertaubgur, und ließ ſich öffentlich gegen Goldmünzen wågen. Dazu waren 16000 Pagoden erforderlich , ſo daß er hundert und zwölf Pfunde gewogen haben ſoll. Dieſes Geld , nebſt noch funderttauſend Pagoden, wurde unter die anweſenden Braminen , und ans

dere Urmen , vertheilt. Hierauf beſtieg er den Thron, mit allen Inſignien indiſcher Herrſcher ums geben , und nahm den Titel Maharaja , oder Große

fürſt, an , den ſeine Nachkommen beibehalten haben ;).

Obgleich Sevagi von des Kaiſers Truppen umgeben war , theils ihn zu beobachten , theils ihn aus ſeinen Schlupfwinkeln zu vertreiben , ſo unternahm er dennoch einen Zug nach Carnatic, welches in einer großen Entfernung von ſeinen Ves ſtungen lag. Oben iſt bereits bemerkt worden, daß, wie Sevagi's Vater nach ſeiner Vertreibung aus dem Marattenlande bei dem Sultan von Viſapur

Dienſte nahm , er von dieſem ein Lehn in Carnatic befam , das er mit der wichtigen Veſtung Singi

und dem Fürſtenthum Tanjore vermeørte. Dieſe erhielt noch bei ſeinen Lebzeiten ſein jüngſter Sohn Eccoji , als Vaſall der Sultane von Diſapur. Da

Sevaji um dieſe Zeit einen Vertrag mit Golconda gemacht hatte , das Reich Viſapur unter ſich zu theilen , und hierauf mit vereinigten Kräften die Mogolen aus Defan zu verjagen ; ſo jog er mit

ſeinen Maratten , nebſt den Hůlfstruppen von Gol. conda , nach Carnatic , und berief ſeinen Brudeć Eccoji :). Fryers travels. ' S. 80.

Zweite Periode , opN 1525-1707. 231 Eccoji zu einer Unterredung nach Gingi , und das erſte, was er von ihm verlangte, war die Auslies ferung des vaterlichen Schaßes. Eccoji, der in

des Bruders Hånden war , bewies ſich ſehr nachs gebend, und verſicherte , ganz Tanjore ſtunde zu

ſeinem Befehl. Aber in der Nacht entwiſchte er insgeheim , und erreichte die Stadt Sanjore. Ses vagi ſegte ſich hierauf in den Beſik von Gingi und

andern Veſtungen von Carnatic, übergab dieſe eis nem beſondern Statthalter , und zog wieder in ſein {and zurück. Gingi blieb bis 1698. in den Håns den der Maratten , damals ward es nach einer

zwölfjährigen Belagerung von dem tapfern Zul. feffar , einem Feldherrn des Kaiſers, erobert , und ſeitdem gaben die Maratten , aller Verſuche uns

geachtet , ſich nicht wieder in Carnatic veſtlegen können.

Nach ſeiner Rückkehr erneuerte Sevagi die

alten Streifereien gegen Biſapur, Chandes , Gus zeratte , und andere kaiſerliche Provinzen. Aber

unglücklicher Weiſe entzweite er ſich 1678. mit ſeis nem Sohn Sambagi, ſo daß dieſer den Vater vers ließ und zu den Kaiſerlichen überging. Er ward in ihrem lager mit großen Ehrenbezeugungen auf

genommen , erhielt den Rajahtitel und den Obers befehl über ſiebentauſend Reiter.

Mit dieſen

kämpfte er gegen ſeinen Vater in einer Schlacht am Biemrafluß, in welchem Sevagi eine große Niederlage erlitt. Allein die Verwüſtungen , wels che des Kaiſers Truppen in Viſapur und dem Ges biet der Maratten vornahmen, ihre Grauſamkeis ten gegen die gefangenen Hindus , welche als Skla.

ven verkauft wurden , entzweite den Pringen mit P 4

ſeis

232

2 : Geſchichte von Oſtindien .

feinen Bundesgenoſſen. Er trennte ſich alſo von ihnen , Fehrtë 1679. wieder nach Pauunla zurück,

und warb mit dem Vater wieder verſöhnt. Die Streifzüge, welche Sevagi , ſo lange er lebte , in den (åndern feiner Nachbarn unternahm , wagte er theils in eigener Perſon , theils waren damit

ſeine Heerführer beſchafftigt, und überall bezahlte er Spione, die ihm Nachricht geben mußten, wenn ein Streich auszuführen oder ' reiche Beute zu ers haſchen war. So erführ er 1680 , daß ein ans

Tehnlicher Geldtranſport für die faiſerlichen Trups pen in Uurungabad ankommen würde. Mit einem

auserleſenen Haufen ſekte er ſich ſogleich in Bewes gung , und es gelang ihm , die Bedeckung zu übers

wåltigen , die erwartete Beute zu erlangen und ficher nach Rari zu ſchaffen . Er hatte ſich aber bei dieſem Fühnen Zuge zu ſehr angegriffen , daß er von der gewaltigen Anſtrengung den Blutſturz be.

fam.

Dieſe Krankheit, welche ſich täglich vers

mehrte, ward ſehr geheim gehalten , doch zulegt unterlag er derſelben , und ſtarb am 5. April 1680. im zivei uns funfzigſten Jahre feines Alters.

Sevagi war ein wachſamer , unermüdeter und in Gefahren unerſchrockener Krieger. Seine Unternehmungen berechnete er ſo genau , daß fie

ihm åußerſt ſelten mißlangen . Die dage ſeines vår terlichen Erbtheils in den Gebirgen von Concan, welche einen Theil der unerſteiglichen Glauts auss machen , die Eiferſucht und Spaltungen unter den Feldherren , welche zu ſeiner Beſtrafung ausges ſchickt wurden , und die reiche Beute , welche ſo

viele Ubentheurer ſeinen Fahnen zuführte , erhobeni ihn von einem unbedeutenden Vafallen des Reichs Viſas

Zweite Periodé., von 1525. 1707. 233 Viſapur zu einem máchtigen , von den Nachbarn

gefürchteten Fürſten ,und dem Stifter eines Staats, der , bei größerer Einigkeit unter deſſen Gliedern, den Koran und deſſen rohe Anhänger wahrſcheing lich aus Hindoſtan verdrängt haben würde. Sein Gebiet , welches jeßt der Peiſchwa beherrſcht, eri ſtreckte ſich von Norden nach Süden , vom Fluſſe Tapti bis zum Mirzeu , långs der weſtlichen Küſte

von Defan, und alle Seepláke.waren: ihm unter: worfen , diejenigen ausgenommen , welche Portu . gal und England dort früher beſaßen. Die Auss dehnung ſeines Gebiets von Weſten nach Oſten kann weniger beſtimmt angegeben werden, weit hier

zuweilen Veſtungen und Diſtrikte erobert , bald aber wieder verloren wurden . Doch befaß er in

den Gebirgsketten der Ghauts dreihundert und funfzig Veſtungen , welche die Påffe deckten , aux ßer einer Menge kleinerer Poſten , von denen man Felsſtücke berabrollen konnte , den eindringenden Feind aufzuhalten.

Sambagi ward vonden meiſten Unvångern ſeines Vaters nach deffen Tode als Oberhaupt an. erkannt. . Zwar machte ihm fein Bruder Rama' ( Ramgi) anfänglich den Chron ſtreitig , aber die

Zahl ſeiner Anhänger war zu klein , er mußte alſo: fichdem Sambagi unterwerfen und ins Gefängniß wandern.

Sambasi mar zwar ein tapferer Kries

ger , allein "er liebte den Trunk , 'und die Vergnús gen des Ehebettes leidenſchaftlich. Da , mie bes reits oben angezeigt worden , der Prinz Afbar, Sohn Uurungzebe's , zu ihm ſeine Zuflucht nahm , und von ihm als Kaiſer von Hindoſtan erkannt word , ſo mußte Yurungzebe die Maratten nicht blos P 5

234

Geſchichte von Oſtindien.

blos als feindliche Nachbarn , ſondern auch als

Thronenråuber, fürchten. Er zog daher 1683. ſelbſt nach Dekan , trieb den Sambagi in die Enge , und ſchlug ſeine Schaaren in mehreren Gefechten . Wie

aber Uibar fand , daß Sambagi ſeinem Vater nicht

die Spige bieten konnte, verließ er ſeinen Gaſts freund , und ſchiffte nach Perſien. Hierauf übers

ließ der Kaiſer die Bezwingung der Maratten ſeis nen Feldherrn, und er ſelbſt ſuchte die ſo lange vers fchobene Eroberung von Defan zu vollenden . Sama

bagi råchte zwar die erlittenen Niederlagen durch

Streifereien in des Kaiſers Gebiet, und plunderte unter andern die Stadt Broach in Gujeratte aus .

Er befriegte auch 1685. die Portugieſen , bedros hete Goa mit einer Belagerung , und eroberte viele

Beſtungen in Viſapur. Legtere gingen aber bald svieder verloren , wie der Kaiſer feine ganze Macht gegen die Maratten vereinigte , und ſie wieder in die Gebirge zurückbrångte. Hier ward er entweder von einem beſtochenen Vertrauten den Feinden vers rathen , oder von dieſen , wie er mit einem kleinen

Gefolge eine ſchöne indiſche Braut aufgeben wollte,

überfallen, genug er gerieth 1689. in die Hände feiner Gegner.

Er ward fogleich in das kaiſerliche

Lager gebracht, hier zur Schau mit einer Holzers nen Krone Kerumgeführt, und zulegt Kingerichtet. Undere verſichern , der Kaiſer habe ſeines Lebens ſchonen wollen , wenn Sambagi ſeinen Glauben

verleugnete. Dieſes ſoll er verworfen , und ſogar

den Propheten nebſt deſſen Anhängern verſpottet haben , worauf man ihm die Zunge ausſchneiden,

den Körper in Stücken þauer und den Hunden vorwerfen ließ.

Nach

Zweite Periode, von 1525-1707. 235 Nach Sambagi's Lode geriethen Rari und

andere Hauptveſtungen der Maratten in die Hände des Kaiſers , auch ſein unmåndiger Sohn Sahu, das nachherige Oberhaupt der Maratten , ward ges

fangen. Doch hatte Rama, Sambagi’s Bruder, das Glück, ſich nach Carnatic zu retten , und wählte die Veſtung Singi zu ſeiner Reſidenz. Hier ward er von des Kaiſers Truppen eine geraume Zeit belagert , verſchiedene Anführer der Maratten aber boten alle ihre Kräfte auf, den Ort zu ento

feßen , und griffen das kaiſerliche Lager unaufhórs lich an. Damals ſchien das Reich der Maratten ſich ſeinem Ende zu nähern. Der ThronerbeSahu war ein Gefangener des Kaiſers , und Rama irrte

als Flüchtling umher. Die Maratterfürſten , von denen die vornehmſten Sunta und Dhunna gießen, 2

waren unter einander uneins , wen ſie als Obers haupt erkennen ſollten , und manche von ihnen diens ten gegen ihre Brüder bei dem kaiſerlichen Heere. Weberhaupt iſt die Geſchichte der Maratten von Sambagi's Hinrichtung bis Zurungzebe's Tode åu.

Berſt dunkel und ungewiß. Wir wiſſen noch nicht, wie und wenn Sahu (Sowraja ), der dritte Große fürſt der Maratten , die Regierung derſelben übers

nahm , ob Rama, ſein Dheim , während deſſen Gefangenſchaft von allen Maratten als Oberhaupt erkannt ward , oder ob er blos in dem von Sevagi

eroberten Theil von Carnatic regierte. Rama lebte wirklich von 1689 bis 1698. in Carnatic , oder in

der Veſtung Gingi, bis dieſe von den Mogolen erobert ward. Nach dem Verluſte von Singi fins den wir ign in Tanjore, und nicht lange darauf

als Führer eines Räuberhaufens in Berar. Da Rama

236

Geſchichte von Oſtindien.

Rama aber ſchon 1702. an den Blattern ſtarb,

und einen zweijährigen Prinzen , Namens Sevagt, eben dieſe Zeit hinterließ a ) , da Aurungzebe um über die Maratten im weſtlichenDefan große Vors

theile erhielt, únd 1703. Setterah und andere Ves ſtungen eroberte, ſo ſcheint er in dieſen Gegenden

nicht wirklich geherrſcht, ſondern nur verſucht zu Haben , dieſe alten Beſikungen ſeines Hauſes gegen den Kaiſer zu ſchůßen . Sein Sohn Sevagi hers gegen ward wirklich als Haupt der Maratten ers

kannt, er ward in dei Peſtung Kalneh , unter Uufs ficyt eines gewiſſen Ram Chund , eines Braminen, der ſeines Vaters Miniſter war 6) , erzogen. Dies fen Dormund erkannten alle Marattenfürſten als ihren Führer , er vereinigte alle einzeln umherſtreis fende Rauberhaufen unter feinen Fahnen , und

dieſe überlieferten dem Prinzen den ihm zukoms menden Theil der Beute ). Uebrigens iſt Sevas gi's il. Geſchichte ſehr dunkel, und alles, was wir von derſelben wiſſen , beſteht darin , daß ſein Sohn Ram 1739. Großfürſt der Maratten ward. Da alſo die Maratten , ſo vieler Niederlagen

ungeachtet, immer zahlreicher wieder im Felde ers ſchienen , weil ſie überall durch landsleute oder Glaubensgenoſſen verſtärkt wurden , die durch den

langen Krieg verarmt waren , nicht blos Dekan von ihnen ausgeplundert ward , ſondern des Kais

ſers Provinzen ; Chandes und Malva, ein gleiches Schickſal hatten , und Uurungzebe ſie nidt mit 176,000 Reitern bezwingen oder vertilgen konnte,

ſo beſchloß er', mit ihnen Frieden zu ſchließen. Er gab

b) Scott II . S. 96. a ) Scott II. S. 100. c) Scott II. S. 100. 104. 108 . $

zweite Periode , von 1525-1707. 237 gab 1705. dem Sahu ſeine Freiheit wieder , uno

dieſer mußte mit den Anhängern feines Vaters Brudersſohns in Unterhandlungen treten.

Uber

ihre Forderungen waren ſo unverſchämt, und der

verlangte Waffenftillſtand ward ſo wenig beobachs tet , daß Sagu , den der Kaiſer mit dem Titel Rajak beehrt , und alle Zeichen dieſer Würde ers

laubt hatte,wieder in ſein Gefängniß zurúcfehrte. Inter den Maratten , die damals umherſtreiften ,

finden wir ſchon, daß unmündige Kinder die Würde und die Armee ihres Vaters erbten , wie Suntas Sohn , Ranu , beweiſt, auch entdecken wir unter

ihren Fürſten ſchon einen Neema Scindia, wahrs ſcheinlich einen Vorfahr des durch Zerſtörung des mogoliſchen Reichs in unſern Tagen ſo berühmt ges wordenen Madaji Scindia, Kurz vor Aurụngs jebe's Tode mußte Sahu abermals eine Unters handlung mit den Maratten anfangen .

Aber ihr

Uusgang iſt nicht bekannt geworden , und Sahu war 1707. noch ein Gefangener des Kaiſers. Da

er aber bald kernach der Aufſicht des Zulfeffar Chan übergeben ward , welcher kaiſerlicher Genes raliſſimus in Defan war , und dieſer nach des Kais

ſers Tode deſſen Heer nach Delhi führen mußte,

lo ſcheint Sahu um dieſe Zeit ſeine Freiheit erlangt zu haben. Denn aus gleichzeitigen Zeugniſſen ers hellet, daß Sahu , unter der Bedingung nach Sets "

terah entlaſſen wurde, den indiſchen Kaiſer als Oberherrn zu erkennen , auch deſſen Heer auf Ers fordern mit ſeiner Mannſchaft zu verſtärken. Wir finden ihn auch um 1712. und 1716. als Obers Haupt der Maratten in der Veſtung Setterah, und

Kaiſer Ferufſir , Aurungjehe's vierter Nachfolger, bes

Geſchichte von Oſtindien .

238

bediente ſich ſeiner , den übermächtig gewordenen faiſerlichen Statthalter in Dekan zu Paaren zu

treiben. Seine Geſchichte gehört in den folgens Den Zeitraum , in welchem das machtige Reich des großen Moguls allmählich zertrümmert ward , wels ches Saħu , oder vielmehr ſein Peiſchwa, thătig bewirken half.

Indeß müſſen wir hier noch den Urſprung oder die Veranlaſſung des Tributs anzeigen , den

die Maratten ſeit Wurungjebe's Regierung erft von Defan , und hernach von des Kaiſers übrigen Pros

vinzen , gefordert und eingetrieben gaben. Nur find die indiſchen Quellen bei dieſer ſchimpflichen Nachgiebigkeit der mogoliſchen Kaiſer ſo kurz, abs

gebrochen und widerſprechend , daß man mit Mühe ihre Nachrichten vereinigen , und daraus etwas

Mutôniaßliches folgern kann. Sevagi, der freis lich von Plündern lebte , hat dieſen Tribut noch nicht eingetrieben , aber ſchon unter Sambagi fins' den ſich davon Spuren . Die Kaiſer von Delhi pflegten ihre Eroberungen in große Provinzen (Su. bays ) zu vertheilen , und dieſe den erſten Perſonen des Reichs anzuvertrauen , welche wegen ihres Ranges , ihrer Reichthümer und ihrer zahlreichen Unhånger, das von Akbar einmal eingeführte Sy. ſtem erhalten konnten , dem Kaiſer ' einen beſtimms ten Theil der Einkünfte zu erlegen , und von dem übrigen eine veſtgeſegte Anzahl Reiter zu unters Haltert.

Vurungzebe verfuhr in Defan anders.

Er vertheilte ſeine Eroberungen in kleinere Diſtrikte, ſo daß beinahe jedes Bergſchloß mit den dazu ges

Hörigen Ländereien ſeinen eigenen Befehlshaber Gatte. Dieſe waren von geringerm Range , und ihre

Zweite Periode , von 1525-1707. 239 1

ihre Diſtrikte durch den langwierigen Krieg ents weder verheert oder erſchöpft, fo daß der Kaiſer ſie aus ſeiner Kaſſe befolden mußte " ). Thre Manns ſchaft war daher nicht zahlreich , nie vollzählig, oder beſtand aus dem elendeſten Geſindel. Sie konnten daher die landesabgaben ſelten beitreiben ,

und ihre linterpåchter (Zemindar) befreieten ſich von dieſen Xaſten , wenn es ihre {age oder andere

Umſtande erlaubten.

Habfüchtige Befehlshaber

fanden freilich Mittel, von den vermogenden Uns terthanen Geld zu erpreſſen , oder belegten dieſe mit außerordentlichen Kontributionen , weil die åle

tern Abgaben nicht gehoben werden konnten. 35. rem Beiſpiel folgten die Maratten in den Provins zen des Kaiſers, und ſie beſtellten dort ordentliche

Steuereinnehmer , ſo daß die Einwohner den Mas ratten ſowohl, als den Kaiſerlichen Beamten , 26 . gaben entrichten mußten. Wie Aurungzebe zulegt fand , daß die vollige Unterjochung der Maratten unmöglich war , bot er ihnen , wie oben bereits ers

zählt worden , zu wiederholten malen Frieden an. So wenig wir auch von den Bedingungen wiſſen, unter denen der gefangene Sahu den Sunta und

ſeine Genoſſen mit dem Kaiſer auszuſohnen ſuchte, ſo iſt es doch gewiß , daß Uuringzebe dieſen Freis beutern Geld anbot, wenn ſie ſich in Zukunft rus hig verhalten würden. Dies geſchahe, wie ein pers Fiſcher Geſchichtſchreiber verſichert ) , gegen Ende

ſeiner Regierung. Sie forderten von den Einkünfs ten von Dekan zehn pro Cent, oder zehn von Hun. dert

d ) Scott II. S. 64. e) Khazanah e Aamera in den Afiatic Miſcellanies. V. II. 1. I. S. 97. Scott II. S. 151 .

240

Geſchichte von Oſtindien.

bert Rupien , auch bewilligte er ihnen unter dem

Namen Serdeſmufi neun pro Cent, erfüllte aber dieſe Bedingung nicht.

Deſmof bedeutet, in Des

kan , was man in Bengalen Zemindar nennt, nems

lich denjenigen , welcher in einem beſtimmten Die ſtrift für den Sandesherrn den ihm gebůſrenden Pacht vom Ertrage des angebaueten Landes eins

nimmt , und davon für ſeine. Müſwaltung zehn pro Cent behált , oder işm ſind als Gehalt gewiſſe Jånder pachtfrei angewieſen . Serdeſinufi heißt alſo foviel als der Antheil, welchen der Dejmok für ſeine Bemühung von den landesgefallen einbehalt . Äurunggebe's Nachfolger , Kaiſer Bahader Shah (Mahomet Mauzum ) , verſprach als Statto halter von Dekan den Maratten 1709. wirklich jehn pro Cent von ſeinen Sandrevenúen , aber es iſt ungewiß , ob ſie dieſe von ganz Dekan (denn von den anderu Provinzen war damals noch nicht

die Rede ) , oder nur von den Diſtriften heben follo ten , welche die Maratten zu ihrem alten unvers

jáhrten Eigenthum rechnen , wie Merut , Tans jore, oder einzelnen Diſtrikten von Viſapur und Cars natic. Eben dieſer Kaiſer ernannte während ſeiner

kurjen Regierung : den Daud Chan qum Subah von Dekan. Dieſer Wohloß 1712. folgenden Vers trag mit dem Großfürſten Sahu in Setterah : die Maratten ſollten , außer den vorher; angeführten

zehn pro Cent , noch unter dem Nainen des Chout den vierten Theil allerKaiſer - Landeinfünfte in Des kan erheben. Davon waren aber die Jaghires der faiferlidien Prinzen und die Dienſtlehen des Sus bah von Dekan befreiet.

Dieſe Abgaben ſollten

mit Zuziehung der kaiſerlichen Einneşmer gehoben wers

Zweite Periode, von 1525 - 1707. 241 werden , die Maratten durften aber in jedem Dio ftrift zwei Einnehmer beſtellen , wovon der eine die alten zehn pro Cent , und der andere den neus hinzugekommenen Chout berechnen mußte. Auch ward ihnen Mehrut, oder was ſie in Concan als zu ihren früheren Urſigen rechneten, als Eigenthum überlaſſen. Dafür mußten ſie aber alle Streifen

reien einſtellen , auch das Heer deš. Subah von Dekan mit funfzehntauſend Reitern verſtärken. Der Vertrag erhielt jwar die kaiſerliche Beſtätis gung nicht, ward aber gewiß von den Maratten

vollzogen, indem ihre Räuberzüge in Defan wirk.

·lich aufhörten , und ſogar in Chandes marattiſche Einnehmer angeſtellt waren *).

Ein neuer Sus

ball , bem-der Kaiſer Ferufſir 1716. Dekan anvers traute , und gegen welchen er hernach ſelbſt die Maratten aufhekte, beſtätigte , um von dieſer Seite ficher zu ſeyn , den vorigen Bergleich in ale len Punkten ; der Kaiſer verwarf ihn zwar bald

darauf , war aber zu ohnmachtig, etwas dagegen zu unternehmen , denn ſeit Wurungzebe's Code wać bas Anſehen des Kaiſers in Defan vóllig erloſchen , und die Subans regierten dieſes land nach Wohls gefallen.

Bis 1724. forderten die Maratten dies

Fen Tribut von Dekan , allein in dem angeführtent Jahre mußte ſich Guzeratte demſelben unterwerfen, und weil wegen der Revolutionen in Delhi, unter Aus

runggebe's Nachfolgern, die Kaiſer alle Mühe hatten,

fich dort auf dem Throne zu behaupten , fo wurdent die ſüdlichen Reichsprovingen von den Maratten uns

áblåffig beunruhigt , und ihnet , wie Defan , preiss geges

6) Scott II. S. 156: 5. C. 2, 2pcs .

242

Geſchichte von Oſtindien .

gegeben. Malva eroberten ſie ſchon um 1735, und von dieſer Zeit fingen ſie an , den Chout von den übrigen Kaiſerlichen Provinzen , und ſelbſt von Ugra und Delhi , einzutreiben.

Kaiſer Uurungjebe war während ſeines Aufs enthalts in Defan , der bis an ſeinen Tod dauerte,

außer den Händeln mit den Maratten , ju gleicher Zeit mit der Eroberung und Vertilgung der Reiche Viſapur und Golconda beſchäfftigt. Beide waren

ſeinen Vorfahren im Reiche ſchon tributpflichtig, unterließen aber deſſen Bezahlung, ſo oft ſich dazu eine ſchickliche Gelegenheit fand. Håtten ſich dieſe Fürſten , wie ſie bisweilen verſuchten , genau mit den Maratten verbunden , ſo war bei der damaligen

Stimmung der kaiſerlichen Prinzen und Befehlss Haber die Eroberung von Dekan ſehr zweifelhaft, da die Maratten allein dem Kaiſer genug zu ſchaffen

machten, ungeachtet er mitten in ihrem lande ſtand, und ihre Hauptveſtungen eingenommen hatte. Nach. dem des Kaiſers GeneraleDiſapur faſt zwanzigJahre vergebend befriegt hatten , begab er ſic) 1683. pers fönlich dorthin , gerade wie Ali Abil Shah von Vis ſapur geſtorben war , und einen unmündigen Prins, zen hinterlaſſen Batte, in deſſen Namen bald dieſer

bald jener von den Großen die Regierung führte. Bergebens bot der Regent alles auf, das kaiſers liche Heer. von ſeinen Grenzen zu entfernen , er ward in einem blutigen Treffen beſiegt, und mußte

ſeine Rettung in der Hauptſtadt ſuchen. Die Sies ger folgten ihm auf dem Fuße nach), und da das Reich Viſapur durch innere Unruhen áußerſt ges ſchwächt war , ſo fonnte fein neues Heer zuſammens

gebracht werden ; denn von den achtzigtauſend Reis tern

Zweite Periode , von 1525-1707. 243 tern , mit denen ſonſt die Sultane von Viſapur ihre Länder ſchükten, waren damals kaum zwölftaus fend übrig. Die Hauptſtadt Viſapur ward alſo fórm . lici, belagert, und mußte ſich 1686. ergeben . Der junge Sultan Secunder Udil Shah warð mit ſeinem ganzen Hofe gefangen , und dem Kaiſer in filbernen Ketten überliefert. Dieſer behandelte ihn nicht wie einen Regenten , den das Glück verlaſſen hatte, fons

dern wie einen treuloſen Baſallen, und er mußte ges feſſelt den Kaiſer auf ſeinen weitern Heerzügen begleis ten. Mit der Hauptſtadt unterwarf ſich das übrige Reich , bis an den Cavernfluß. Mit dem benachbarten Golconda war der

Krieg von Uurunggebe's Feldherrn bisher eben ſo

ſchläfrig geführt, und zuweilen durch temporáre Bertrage unterbrochen worden , wenn die Sultane anſehnliche Geſchenke anboten.

Allein ou eben der

Zeit , da Viſapur mit Nachdruck angegriffen ward , mußte der kaiſerlichePrinz Mauzum den Sultan von Golconda bekriegen. Hier regierte damals

Abu Huſſun Cuttub Shah , ein ſchwacher Pring, der fich zum großen Verdruſſe ſeiner mahometanis fchen Großen von zwei Braminen regieren ließ. Sein Feldherr Ibrahim , über ihren Einfluß ers bittert , ging daher zu den Feinden über , ohne eine Schlacht zu wagen. Abu Huſſun mußte jekt ſeine Hauptſtadt verlaſſen , in die Veſtung Solconda

entfliehen , und Hyderabad den Feinden råumen . Dieſe fanden in dem Pallaſte des Sultans und

den Wohnungen der Großen eine reiche Beute.

gert (dien das Reich Golconda ſein Ende erreiche zu haben , wäre der Prinz gegen des Sultans Zu.

fluchtsort gerückt. Allein er ließ ſich mit ihm in Unters

244

Geſchichte von Oſtindien .

Unterhandlungen ein , wie Abu Huſſun zwei Crore oder zwanzig Millionen Rupien zu zahlen verſprach . Hyderabad alſo ward , nebſt den andern Eroberuns gen , geråumt, und Aurungjebe ſchien, dem Anſchein nach , den Vergleich zu billigen . Allein nach der Einnahme von Viſapur ward dieſer vom Kaiſer uns beſtåtigte Vertrag aufgerufen , das Reich Gols conda abernials angegriffen , und die Veſtung dies

ſes Namens ſieben Monate lang belagert. Da Des Kaiſers Heer das ganze land beſegt hatte , Mare ſulipatan und andere Seeſtädte den Siegern ihre Shore offneten , auch die Befehlshaber ſich dem Kaiſer unterwarfen , mußte der in ſeiner Veſtung bedrängte Sultan 1686. ihrem Beiſpiel folgen. Er ward als Gefangener auf die Veſtung Dowla. tabad gebracht, wo er 1704. fein Leben endigte, und fein Reich unter dem Namen Hyderabad in eine Provinz des mogoliſchen Reichs verwandelt, in welche ſich ſpáterhin der Subah von Dekan , die Maratten und die Engländer theilten . Durch die Zerſtörung der beiden mahometas

niſchen Reiche in Dekan hatte Uurungjebe ſeine

Herrſchaft bis an den Caveryfluß, und jenſeit defe ſelben , erweitert.

Carnatic und Myſore, nebſt

andern Diſtrikten , welche den Sultanen von Vis

fapur und Golconda unterwürfig geweſen waren , mußten dem Kaiſer, während ſein Heer die Ves ftung Gingi wurden überall die Gókentempel zerſtört , und die

Fürſten von Tanjore, Trichinapoli und Myſore, mußten anſehnliche Kriegsſteuern erlegen . Auf dieſe Art dehnte Uurunggebe gegen Ende des liebens

zehnten Jahrhunderts ſein Gebiet ſo weit gegen

Zweite Periode , von 1525-1707. 245 Süden aus , daß unter ihm das Reich des groz

ßen Moguls den weiteſten limfang hatte. Seine Eroberungen in Defan vertheilte er in fünf Statti

halterſchaften. Dowlatabad ( Aurungabad), Biedr ( Uhmednagur) und Berar, beſtunden aus den frů. hern Eroberungen ſeiner Vorfahren , die von ihm ſelbſt bezwungenen Reiche wurden nach ihren Haupts ſtådten Viſapur und Hyderabad benannt , und ſeis

nem jüngſten Prinzen Mahomet Kamburſy úbers Taſſen. Die Einfünfte von beiden berednete man damals auf 6,536,000 Pf. St. 9 ) ; doch haben ſeine Nachfolger nie ſo viel aus ihnen erhalten, weil

einzelne Befehlshaber dort bald die Unabhängigfeit erlangten , die Maratten jene Provinzen unaufhörs lich beunruhigten , und zulegt die Statthalter in Defan die faiſerlichen Einfünfte inne behielten , um die Länder , ihrem Vorgeben 'nad), gegen feindliche Ungriffe vertheidigen zu können. Nach der Eroberung von Gingi , welches das mals die ſtårfſte Veſtung in Carnatic war , hatte

Aurungzebe blos mit den Maratten zu ſchaffen, des nen er vergeblich Frieden anbot , um in Ruhe ſein

Seben beſchließen zu können. ' Aber dieſe ward ihm nicht zu Theil, und er ſtarb mitten in dieſem Kriege in der Stadt Ahmednagur am 21. Febr. 1707 . Der Kaiſer war damals neunzig Jahre alt , von

denen er acht und vierzig Jahre den indiſchen Thron beſeſſen hatte. Bei ſeinem Tode waren von ſeinen fünf Sóh. nen noch drei am Leben.

Der álteſte , Magomet

Mauzum , war kaiſerlicher Statthalter in Cabul,

dem zweiten, Uzim , wars die Provinz Malva D. 3 3 ) Fraſers Nadir Shah. S. 35.

kurz

246

Geſchichte von Oſtindien .

kurz vor ſeinem Tode anvertraut , uns den dritten,

Mahomet Rambutſk , beſtimmte er zum Regens ten von Biſapur und Hyderabad , oder zum Sus bah von Defan.

Jeder von dieſen Prinzen hatte

erwachſene Söhne , und außerdem waren von des Kaiſers Brüdern noch fünf Pringen vorhanden. Wer von allen fein Nachfolger ſeyn ſollte, darüber war der Kaiſer nicht mit ſich ſelbſt einig. Nach ſeinem lekten Willen zu urtheilen , hatte er wol die

Abſicht, ſein ungeheures Reich unter ſeine Söhne zu theilen , denn er beruft ſich darin auf eine frůs

Here Theilung , die aber nicht weiter bekannt ges. worden iſt. In ſeinem Teſtamente 6) empfahl er

ſeinen Sóýnen, außer was er dem jüngſten ſchon jugedacht hatte , das übrige Reich nach den beiden Hauptſtadten Ugra und Delhi zu vertheilen. Wer

von ihnen Delhi erhielt, ſollte Cabul , labor , Ugi mere und andere Provinzen bekommen , wem aber Ugra zufiel , ſollte Malva, Berar und Gujeratte haben. Doch ſeinen Sohnen war es nicht um einen Theil derländer ihres Vaters, ſondern um das ganze Reich, zu thun , und daher entſtanden feit 1707. die bürgerlichen Unruhen , dit blutigen Löronverander rungen und die vermehrte Macht der Großen , die zulegt das indiſche Kaiſerthum zertrümmerten. Freilich hatte Aurungzebe ſein Reich anſehns

lich vergrößert, dennoch war daſſelbe bei ſeinem

Leben nie ganz beruhigt, oder des Kaiſers Anſehen in allen Provinzen gleich beveſtigt. Die Afgahnen empórten fid), während er Defan bekriegte , in Cabul und den benachbarten Provinzen bei jeder

Gelegenheit. Die Rasbutten in Ugimere, über die

5 ) Frazers Nadir Shah. S. 36,

Zweite Periode , von 1525. 1707. 247 die unpolitiſche Ropfſteuer erbittert, ſuchten ſich

mit den Waffen in der Hand von der gehåfligen Religionstare zu befreien , wenn gleich immer eis

nige ihrer Fürſten bei den Kaiſerlichen Heeren diens ten. Die Dſchaten plünderten ſeit 1692. die Pro, vinz Agra aus , und er mußte in der Hauptſtadt derſelben gegen dieſe Bauern ein Heer von 35000 Mann halten. Die Unführer dieſer Bauern (denn der Name Dſchat ( Jat) ſoll einen fandmann bes zeichnen ) nagmen bald den Rajahtitel an , und

Eyuramun , ihr erſter Fürft, eroberte bald nach 1707. das ganze land zwiſchen Ugra und Gualeor. Er ward zwar bald zu Paaren getrieben , aber deſ

ſen Nachfolger, Baden Sing, entriß dem indiſchen Kaiſer um 1930. die Stadt Ugra , nebſt vielen Ves ſtungen im ſüdlichen Delhi. Unter ihrem dritten

Fürſten, Sorudge Mul, hatte die Macht der Dichas ten um 1760. iør Höchſtes Ziel erreicht, und ſie ges hörten. damals zu den furchtbarſten Feinden des ins

diſchen Kaiſerreichs , aber nach ſeinem Ende gingen die meiſten Eroberungen verloren , und ſeine Nachs

kommen ſind gegenwärtig auf einige Bergſchlöſſer eingeſchränkt, welche ihnen die Maratten gelaſ ſen haben. Uurungzebe's Eroberungen in Dekan konnte er mit ſeinem großen Heer nicht gegen die

Streifereien der Maratten ſchågen , weil ſeine Ges nerale die kaiſerlichen Befehle nur nach Gutdúns ken befolgten , und durch ihre Zögerungen und

Zwiſtigkeiten die völlige Vertilgung dieſer Räuber verhinderten. Gegen ſeine Sóbne war er , wie ſie Heranwuchſen , mißtrauiſch , weil er befürchtete, ſie möchten ſein Betragen gegen feinen Vater nach

ahmen , dager ſie oft gefånglid, eingezogen oder in 2.4

ents

248

Geſchichte von Oſtindien .

entfernte Provinzen verwieſen wurden . Das ins diſdhe Kaiſerthum lóſete ſich nach feinem Tode vole lig auf , weil die vielen Thronprátendenten unter ſeinen Söhnen und Enkeln einander durch liſt und Gewalt von der Regierung verdrängten , und die Kaiſer ſo ſchnell abwechſelten , daß in dem kurzen Zeitraum von 1707 bis 1717. ſieben Kaiſer nach

einander den Thron beſtiegen , von denen zwei ſeine Söhne , einer ſein Enkel, und vier ſeine Urenfel

waren . Fúnf von dieſen meiſt unwürdigen Rex genten verloren nach ihrer Abſegung das Leben, dazu kam , daß die meiſten von Aucungzebe's Nacha folgern ſchwache, unthätige , oder gar verworfene Menſchen waren , die ſich von treuloſen Günſtlins gen leiten ließen , und über die ewigen Kabalen in der Hauptſtadt das übrige Reich vergaßen , daher

die beſten Provinzen von Perſern , Afgahnen , Stefs, Dichaten und Maratten erobert , oder das Eigenthum Kerrſchfúchtiger Statthalter wurden ,

welche die Herrſchaft des Kaiſers nur auf ihren Münzen erkannten,

Dritte Periode. Von Aurungzebe's Tode bis zur volligen Auflöſung des großmogoliſchen Reidys gegen Ende des achtzehnten Jahrhuna derts.

Hindoftans Schickſaleund Staatóveränderungen nach Vurungzebe's Ableben ſind zwar von vielen

perſiſchen Geſchichtſchreibern aufgebellt worden, die

$

Dritte Periode, von 1707-1800, 249 die meiſtens ſelbſt an den Revolutionen dieſer Pes riode Theil nahmen ; aber ihre Arbeiten ſind , wie die früher genannten Quellen der vorigen Jahrhuns derte , nur handſchriftlich vorhanden , oder einzeln von engliſchen Gelehrten benußt worden , welche,

wie Scott, Crawfurd , Gladwin , Duſely und andere , ſchågbare Materialien zur neuern indis ſchen Geſchichte zu Tage gefördert haben :). Bis dieſe indeffen durch lieberſegungen oder Auszüge zugänglicher werden , können wir zur Zeit nur, über die Urſachen des Verfalls des indiſchen Kaiſers thums unter Aurungzebe's Nachfolgern , Eradut

Chang Bericht von den Kriegen , die Uurungzebe's Söhne und Enkel bis 1712 : mit einander führten , und Scotts Geſchichte der indiſchen Kaifer von Ferufſir bis Shah Ullum II. befragen. Beide hat der legte im zweiten Theil des von ihm überſeßten Feriſhta über Dekan eingeſchaltet. Wie Uurungzebe ſtarb , befand ſich keiner

von ſeinen Prinzen in Ahmednagur , weil der Vas ter ihnen die Regierung anderer indiſchen Provins zen úbergeben hatte. Da nun jeder von ihnen auf des Vaters ganzen Nachlaß Anſpruch machte , To brach ſchon 1707. ein blutiger Erbfolgefrieg aus, den ihre Nachkommer Jahre lang fortſekten . Bon

den Söhnen des alten Kaiſers war der zweite, 2zin Shah , bei des Baters Ableben in der Pros vinz Malva , und alſo der Stadt Ahmednagur am náchſten. Er begab ſich) fogleich dorthiny ließ ſich als Kaiſer ausrufen , und ward von allen Großen,

welche ſich in dieſer Gegend befanden , ale Beherrs ſcher i ) S. Tiefenthaler 2. B. 1. Ch. S. 258. Ouſely's Oriental Collections V. II.

. 372 .

: 250 ..

Geſchichte von Oſtindien .

ſcher von Hindoſtan erkannt. Er war aber ſpare fam gegen die Truppen, vernachlaffigte die Minis

ſter und Befehlshaber feines Vaters, und ſchien nicht z11 aħnden, daſ feine Brüder ihm den Thron ſtreitig machen könnten . Uzim verließ bald nach

eingenommener Huldigung, die füdlichen Provinzen ſeines Reichs , um , wie deſſen Vorfahren , feinen Siß in Ugra zu nehmen . Allein der Sohn ſeines åltern Bruders , der Prinz Uzim al Shan , hatte

von Bengalen aus fchon dieſe Stadt bereken laſſen, fein eigener Sohn Bedar , bisheriger Statthalter

von Guzeratte, machte gekeime Unſchláge , dem Bater den Thron zu rauben , und ſein älterer Brus der , Mahomet Mauzum , jog init einem großen Heer in gleicher Abſicht aus der Provinz Cabul nad) Delhi. Mauzum Katte ſeinen Bruder dadurch ficher gemacht, daß er ausſprengen ließ, er vers lange die Kaiſermürde nicht, ſondern werde nach des Baters Lode ſich nach Perſien begeben "). Ins deſſen verſtärkte er ſein Heer, und eilte auf die erſte Nachricht von des Vaters Tode durch Lahor nach

der Hauptſtadt. Indem alſo beide Brüder den Chron mit den Waffen in der Hand zu erkämpfen ſuchten , fing Mauzum vorher Unterhandlungen mit dem Uzim an. Er ſchrieb ihm , er verabſcheue

Blutvergießen und Brüderkrieg, das hinterlaſſene Reich ihres Vaters wåre groß genug für beide. Er Schlug alſo eine Theilung vor , und überließ dabei dem Uzim , ob dieſer gleich der jüngere Prinz war,

die Auswahl, diejenige Hålfte des ganzen Reichs an fid) zu nehmen , welche er zu regieren wünſche. Allein Uzim ertheilte auf dieſes Schreiben den ſtols jen

Memoirs of Eradut Khan, S. 42 .

Dritte Periode, von 1.707-1800. 251 zen Beſcheid , er würde ihm morgen auf dem Schlachtfelde antworten. Unterdeſſen näherten ſich beide Heere einander , und bei der alten Stadt

Muthra erfolgte am andern Tage eine blutige Schlacht), in welcher Mauzum Sieger blieb , und Ujim , nebſt ſeinem Sohn Bedar, und einem jún. gern Prinzen , ihr Leben einbüßten. Seine Res gierung hatte nur wenige Monate gedauert , auch ward er dieſe furze Zeit über nie Herr von ganz Hindoſtan , denn die nördlichen Provinzen erklär: ten ſich für ſeinen Bruder Maujum. Deſſen åltes ſter Prins, Uzim al Shan , regierte als Statthala ter die reichen Provinzen Bengalen und Behar , die Statthalter von Uuho , Elhadabad und Agimere,

erwarteten, wer von Aurunggebe's Sohnen ſich auf dem Throne behaupten würde , und des verſtore

benen Kaiſers júngſter Prinz Kamburſy war Vice könig von Viſapur oder Herr der Eroberungen in

Dekan , ſo daß ſeine Herrſchaft fich blos über die mittlern Provinzen , Guzeratte, Ahmednagur , Malva und Berar , erſtreckte.

Nach Uzims Niederlage nahm der Sieger bei Muthra 1707. den Namen Shah Alum , nebſt

andern Ehrentiteln , an ').

Er war 1663. gebox ren ,

1 ) Dieſer indiſche Kaiſer hieß als Prinz Mahoniet Maujum oder ahsmet der Glorreiche. Nach ſeis ner Chrongelangung nahm er den Titel Koteb ab din , Bahadr Shah , Shah Alum an , welcher Are der Steligion , der tapfere Kerr , Herr der Welt ben

zeichnet. Die indiſchen Geschichtſchreiber nennen ihn gewdhnlich bald Bahadr Shah , bald Shah Allum . In Betracht des lekten Namens muß er Shah Als lum I. heißen , um ihn von dem jest regierenden

blinden Kaiſer zu unterſcheiden ,

252

Geſchichte von Oſtindien.

ren ; alfo vier und ſechzig Jahr alt , wie er den

Chron beſtieg.

Alle Großen , die feinem Vater

gedient , oder feinen Bruder auf dem Zuge nach Agra begleitet hatten , beſtätigte er in ihren Hems tern , oder ertheilte ihnen höhere Würden. Allein

er mußte , ehe er ſich auf dem Throne beveſtigen konnte, noch einen zweiten Gegner überwinden,

dies war fein jüngerer Bruder Mahomet Kams buffk. Er batte fich ebenfalls in Defan als Kais

fer ausrufen , und Münzen mit ſeinem Namen prå. gen laſſen. Shah Allum verließ daher Ugra mit einem zahlreichen Heer , und init einem noch grós Bern Gefolge von den Angeſehenſten des Reichs, weil ihn unter andern ſiebzehn Prinzen vom Ges

blüt, insgeſamt Aurungjebe's Enkel und Ulrenfel, nebſt den Kindern der von eben dieſem Kaiſer ent

thronten Könige von Difapur und Golconda , dort: Hin begleiten mußten. Kambutſk erwartete ſeinen

Bruder in Hyderabad , der gegenwärtigen Haupte ftadt von Defan. Uuch Shah Ullum ſuchte dies ſen Bruder , ehe es zur wirklichen Schlacht kam,

durch vortheilhafte Unerbietungen zu gewinnen. Der Prinz würdigte ihn nicht einmal einer Unte

wort , fondern bot , ſo weit ſeine Kräfte reichten ,

alles auf , um ſich wenigſtens in der Halbinſel zu behaupten. Jedoch feine Macht ſchien furchtbarer,

als ſie wirklich war , weil die Hoffnung, Beute zu machen , oder am Ende des Bürgerkrieges große Belohnungen zu erlangen , viele Abentheurer unter

ſeinen Fahnen verſammelt hatte.

Doch viele von

ihnen verließen den Prinzen wieder , weil er-Wür Den und Ehrentitel an teute ohne Perdienſt und

niedriger Abkunft verſchwendete, andere Perſonen vom

Dritte Periode, von 1707-1800. 253 vom Range und Einfluß unter den Einwohnern von Dekan folgten ihrem Beiſpiel, weil ſie voraus,

ſahen , er wurde in dieſem ungleichen Kampfe uns terliegen , föhnten ſich insgeheim mit dem Shah Allum aus, und verließen des Prinzen {ager. Er

nahm zwar an einigen dieſer Aufrührer eine grau, ſame Rache, ließ ſie hinrichten , und ihrë Gús ter einziehen. Aber dadurch verlor er die beſten Heerführer' feiner Truppen , an deren Spiße weis ter fein Mann vom Rufe oder anerkannterTapfers

keit ſtand, 06 nun gleich nach den mißlungenen Unterhandlungen des Kaiſers Heer über den Ner.

budda gegangen , und bis auf einige Meilen von Hyderabad vorgerůckt war , ſo entſank doch dem Prinzen der Muth nicht, der ihm in ſeiner vers

zweifelten Lage allein übrig blieb. Denn ſeine ruppen waren wegen ſchlechter Bezahlung res belliſch , drobeten , fein Gepäcke auszuplündern, oder verließen haufenweiſe ihre Fahnen , ſo daß ſein ganzes Heer zulegt bis auf jehntauſend Mann

ſchlechter dekaniſcher Reiter geſchmolzen war. Mit dieſer kleinen Macht jog er dem Kaiſer entgegen ,

veft entſchloſſen , ihn , troß ſeiner lleberlegenheit, im offenen Felde anzugreifen ; denn Wahrſager hatten ißm den Kopf verrückt, und er vertraute zu ſehr auf ihre Prophezeihungen von ſeiner fünfa tigen Kaiſerwůrde, und daß ſeine Nachkommen über Hindoſtan herrſchen ſollten . Shah Alum, der bei dieſer mißlidhjen lage feines Bruders immer hoffte, ihn auf andere Gedanken zu bringen , vers

bot feinen Befehlshabern , dieſen verlornen Haus Ulein ſein Feldherr Zulfeffar, ein alter General unter Aurungjebe's Truppen,

fen anzugreifen .

der

254

Geſchichte von Oſtindien.

der nach Azims Tode Shah Alluins Oberbefehls. Haber geworden war , fand, daß der Prinz die Nachſicht des Kaiſers verachtete, und das Halten

der kaiſerlichen Truppen für Furchtſamfeit auslegte; und beſchloß , ihn lebendig dem Kaiſer zu übers liefern . Nur ein geringer Theil des Heeres , oder

der Mannſchaft, , welche zlım Gefolge des Obers

befehlshabers gehörte , war zu dieſer Uusfúkrung nöthig. Der Prinz ward alſo bald von einem Haus fen Maratten und Zulfeffars eigenen Soldaten

umzingelt , und ſein kleines Korps bald zerſtreuet, oder niedergehauen. Dennod, ergab ſich der Pring nicht, rondern wehrte ſich mit ſeiner Leibgarde aufs

tapferſte , und verſchoß von ſeinem Elephanten.ro viele Pfeile , bis ſein Kocher ganz ausgeleert war. Endlich , von vielen Wunden erſchöpft, ſank er auf feinem Elepkanten nieder, ward Halbtodt als Gefangener in das kaiſerliche Lager gebracht, und ſtarb hier 1708. in der Nacht nach dem verlornen Treffen.

Shah Allum Håtte ſich nach Beſiegung feis nes Bruders die Provin; Defan völlig unterwers

fen müſſen , weil dieſes große land bei weitem nicht erobert oder beruhigt war. Die Maratten , wenn . gleich einige von ihnen den kaiſerlichen Fahnen folge ten , verließen ſich auf ihre Bergſchlöſſer, und ber raubten ihre Nachbarn ungeſtört, und eine Menge halbwilder Bergs und Waldfúrſten ( Polygars )

erkannten in den unzugänglichen Diſtriften von Carnatic , Myſore, Canara , und andern Wuſtes neien der Halbinſel, die Oberherrſchaft des indis

(djen Kaiſers eben ſo wenig , als die Häuptlinge der Carolinens oder Palaosinſeln den König von Spas 1

Dritte Periode, von 1707-1800. 255 Spanien. Aber das Beiſpiel ſeines Vaters ſchreckte ihn ab , långer in Dekan zu verweilen , der dort das Ende ſeiner Regierung zubrachte , ogne die vers ſchiedenen Stảmme bezwingen zu können , und fou gar während dieſes Krieges fein Unſehen in Ugis mere und ben nördlichen Provinzen einbußte.

Er

zog daher wieder über den Nerbudda zurück , und

beſtellte einen Statthalter , das Land Dekan zu res gieren.

Degt beſchäfftigten die Riasbuttenfürſten in Agimere ſeine Aufmerkſamkeit. Sie waren långs

ſtens den Kaiſern von Delhi unterwürfig ; in der Stadt Ugimere und der Beſtung Chitor wohnten von Zeit zu Zeit faiſerliche Statthalter ; die Pros vinj Ugimere war , wie die übrigen Staaten des

Reichs , zu einem beſtimmten Tribut und Stellung ihres Contingents zur Reichsarmee angeſchlagen m) ; auch dienten die Rajahs, nebſt ihren Prinzen , un. ter den faiſerlichen Heeren , oder hielten ſich am

Hofe auf. Dieſe Fürſten , von denen die Rajahs von Chitor oder Ildipor , die von Judpor oder Mervar, und die von Jopor oder Joinagur , die måchtigſten waren , blieben dennoch in ihren lans dern regierende Fürſten , und ſchüttelten das ihnen auferlegte goch bei jeder Gelegenheit ab , daher ſie bisweilen in völliger Freiheit lebten , bald Kaiſers liche Bafallen waren. Einige von ihnen erſchienen

zwar bei Shah Allums Throngelangung perſónlich in Delhi , verließen aber ohne Erlaubniß das kais ſerliche Hoflager, fekten ſich in Verfaſſung, einen Angriff abzuwehren , und verbanden ſich durch Heis rathen genauer zur gemeinſchaftlichen Selbſtvertheis digung. m ) S. Ajeen Akbery, V. IL S. 103 .

256

Geſchichte von Oſtindien .

Aber gerade wie der Kaiſer mit ſeinem Heer gegen ſie ausziehen wollte, lief die Nachricht

digung.

ein , die Siefs waren aus der Provinz Layor in

Delhi eingefallen , hätten den Befehlshaber von Sirhind erſchlagen , und das Land bis an den Sumna verwüſtet. Jhr Einfall war von den årg.

ften Frevelthaten begleitet. Die Sieke hatten alle

Moſcheen , Grabmahle und öffentliche Gebäude zero ſtört, alle Magometaner erſchlagen , oder als Ges fangene weggeführt , das ganze Land ausgeplúns bert , und ſich bis in die Nachbarſchaft von Delhi gewagt , ſo daß man in der Hauptſtadt wegen die fer barbariſchen Glaubensfeinde in Furcht und Schrecken gerieth. Allein ehe wir des Raiſers Feldzug gegen diefe Rebellen beſchreiben , wird es nöthig ſeyn , ſo weit unſere Nachrichten reichen, einiges über dieſe auf einmal emporgekommene neue

Religionspartei voranzuſchicken , um ſo mehr , da die Sieks in der Folge noch öfter vorkommen wers den , und in unſern Tagen an der Zerſtückelung des mogoliſchen Reichs ſo großen Antheil genoms men haben .

Die ganzë Geſchichte der Siets ; ihrer Vers faſſung und gegenwärtigen Macht oder Unmacht, iſt in große Dunkelheit verhüllt, weil wir darüber nur fragmentariſche ; einander widerſprechende,

Machrichten beſitzen "), und was man in Hindoſtant über 1) Alles , was ivir zur Zeit über die Siets wiffen ,

ſteht in d’Anquetils Recherches hiſtoriques et geographiques ſur l'Inde beim Tiefenthaler II . B. 1. Th . S. 192. ic. Crawfurds Sketches rela : ting to the Hiſtory , Religion , Manners of the Hindous ; V. II. 5. 276. XC. Sullivans Analylis of

Dritte Periode, von 1707-1800 . 257 über ihre Entſtehung und Ausbreitung geſchrieben

hat , in Handſchriften vergraben liegt , die noch nicht gehörig benußt ſind , davon befindet ſich auf der Nationalbibliothek in Paris , nad; d'Anquetils

Zeugniß ), eine mauriſche, vielleicht aber perſiſche, Handſchrift über das Leben des Nanek , ihres Res

ligionsſtifters. Major Ouſely ) nennt einin Engs land vorhandenes Manufcript, Uhwal Siffun, oder Geſchichte der Siefs , betitelt , und nach Franklin “) hat ein gewiſſer Major Brown eine

Geſchichte der Siefs in Calcutta berausgegeben, die aber noch nicht nach Europa gekommen ift. Die Sieks., deren Namen Schüler oder Sers

nende bezeichnet, entſtanden zu Anfange des fecha zehnten Jahrhunderts , und unterſchieden ſich von den übrigen Hindus blos durch ihre Glaubenslek. ren. Ihr Stifter , ein gewiſſer Nanek von dem Stamm der Rasbutten , ward 1469. in dem Dorfe Salvandi ( Julwundi )i ſechzig engliſche Meilen weſtwärts von der Stadt lahor , geboren, welcher

Ort hernach die Namen louagar ( lohagar ) und Rhais of the political Hiſtory of India. Deutſch überſ. Halle 1787. S. 214. 2. G. Forſters Journey from Bengal to England. Vol. I. S. 253. ic. Franklins Hiſtory of Shah Allum . Deutſd), Leips zig 1800. S. 98.2 . und Eradut Khans Memoirs

of the Mogul Empire , in Feriſhta's hiſtory of Dekan , Vol. II. Š. 57.142. C. Aus dieſen Duel, len iſt der nachfolgende Bericht gezogen . . ) ®. Tiefenthaters Beſchreib. von Hindoftan , II. B. 1. Th. S. 193

p) Oriental Collection , N. 4. S. 170. 9) Hiſtory of Shah Allum . S. 47..

5. C). 2. bt5.

R

258

Geſchichte von Oſtindien .

Rhaipor erhielt.

Talvandi roll indiſch Schwert

bedeuten , und die Sieks bezeigen in ihren Tempeln

dem Schwerte und andern Waffen wirkliche Vers ehrung, auch ſind die von ihren Surühs gepräge ten Münzen mit einem Schwerte bezeichnet. Von Nanefs Weisheit, die er ſchon in der Jugend bliks

ken ließ , hat man viele wunderbare Erzählungen . Er lernte leſen und ſchreiben , war in den Shaſters und heiligen Büchern der Braminen gut benans

dert , verheirathete fich , und erzeugte mit ſeiner Frau zweiSöhne, welche Serick c, hund und Letchis midan genannt werden . Da die indiſchen Anhåns ger des Brama ſich in mehrere Glaubensparteien

abſondern , ſo hielt er ſich zu der SekteNarghenny, welche nur einen unſichtbaren Gott verehrt , die

Herzlichſteliebe zu dieſem allgemeinen Weltregierer, und die ſtrengſte Moral empfiehlt.

Nanek fing

bald an ,gegen den Gokendienſt, die Mythologie der Braminen , und die Ceremonien der indiſchen Religion zu eifern. Da er immer einen großen Hang zum Reifen hatte , verließ er ſeine Familie , als er fünf und zwanzig Jahre alt war, und beſuchte nach der Weiſe indiſcher Goſſeins , Birages und anderer Pilgrimme , welche auf ihren Wanderungen fich

zuweilen nach Europa verlieren , Bengalen und die ' ſtlicher liegenden Reiche. Auf einer zweiten Reiſe

durchwanderte er Defan , und ſoll ſogar nach Cen: lan gekommen ſeyn , und auf einer dritten Reiſe durchzog er Perſien und Arabien. Auf dieſen Reis ſen brachte er fünfund zwanzig Jahre zu , und bes ( chloß hierauf, ſein Vaterland nicht wieder zu vers laſſen. Weil er ſich aber vor dem Uufenthalt in

den Städten und in der Nachbarſchaft derſelben fcheues

Dritte Periode, von 1707-1800. 259 ſcheuete, ſo wies ihm ein Gebirgsfürſt, der Ras

jah von Calanor ( Kullanor) , der ſein Schüler ges worden war und an dem öſtlichen Ufer des Ravi

nordwarts der Stadt Lahor wohnte, einen Ort an demſelben Fluſſe an , etwa achtzig engliſche Meis len von (ahor entfernt , denn Naneb wollte in

der Nachbarſchaft des Waſſers wohnen.

Da

er ſich hier allen Weltgeſchafften zu entziehen ents ſchloſſen war , ſo trennte er ſich von ſeiner Famis lie , welche nach Calanor 30g , und ihn nur geles gentlich beſuchte. Sein Wohnort warb burch

feine Unweſenheit und die Menge der Fremden , welche ihm zuſtrómten , bald berühmt. Er führt aber mancheilei Namen * ) , von denen Amrutfic und Daria die gewöhnlichſten ſind. Hier ſtarb er endlichals ein wegen ſeiner Frömmigkeit und Weiss heit berühmter Mann ; ſein Todesjahr iſt aber uns gewiß , weil ihn einige im ſiebzigſten , andere im neunzigſten Jahre ſterben laſſen. Doch iſt es wahrs ſcheinlich , daß er im Jahre 1539. das Zeitliche

verließ. Sein Grab wird jährlich von andächtis gen Sieks beſucht, und bei demſelben werden als 2

moren

1 ) Nanets Wohnort führt die ſo ſehr verſchiedenen Nas men Amarſor, Amrutſir, Chuckguru , Daria , Rans daſpor und Eſchét, ſie bezeichnen aber wirtlich einen

und denſelben Ort. Umarſor iſt nur eine Corruption von Umrutſir, und der lekte Name iſt nur aus Ums rut , ein Waſſer , welches nach der indiſchen Mythos logie denen , die davon trinten , Unſterblichkeit vers

leihet, und Sir , ein See oder Teich, zuſammens gerekt , der auch wirtlich hier vorhanden iſt. Chuck .

guru , ſagt Rennel in dem Verzeichniß der auf reis ner Karte vortommenden Namen , iſt einerlei mit

Amrutfir , und ift daher auch in Rennels und la Ros chets

hte

en

260 o Geſchic von Oftinbi . in mofen ausgetheilt. Aber auch andere Orte in Hints doſtan ſtehen wegen ſeiner Anweſenheit im Ruf, wie Nanekmatha in der Provinz Delhi , wo in eis

nem Baum Naneks geſchnigte Hand gezeigt wird. Dieſer Stifter einer peuen jahlreichen Sekte

hinterließ die beiden vorhergenannten Söhne. Eine Zeitlang wohnten fie in Calvandi , bes Baters Ges

burtsort, bis ſie durch die Bedrůckungen der mos goliſchen Befehlshaber auszuwandern gezwungen wurden . Sie wandten ſich alſo nach Umrutfirm wo ihre Nachkommen noch leben ſollen , aber , ob fie gleich zu des Stifters Familie gehören , in feia

ner größern Achtung, als andere Sieks , ſtehen, fie haben ſich nichteinmal zu Fürſten oderUnführern ihrer Glaubensbrüder emporſchwingen fónneri..., Nanek ernannte auf ſeinem Todbette einen

geliebtenSchuler, Namens lhina, zu ſeinem Nach folger , um ſeine Lehren zu ſammeln und zu verbrei. ten , er veränderte auch ſeinen Namen in Angud,

welches ſo viel als gleich oder ähnlich bedeutet. Die Sieks ehren ihn als ihren zweiten Guruh oder

geiſtliches Oberbaupt, dås iſt , Meiſter.

debers kaupt

chette's Karte unter dieſem Namen zwiſchen Lahor und Calanor: verzeichnet. Daria , im Indiſchen eine Berſammlung , eine fromme Stiftung, auch ein Haus ; dieſes Wort bezeichnet alſo nur die Wohnung des Propheten . Ramdaſpor heißt nach Tiefenthaler die Stadt , welche nahe bei dem heiligen Orte liegt.

Der Name Tſchet tommt allein beim Liefenthaler vor , und iſt gewiß von den hier wohnenden , oder dorthin wallfahrenden Siets entſtanden . Umrutſir

iſt aber 1762. vom Ahmed Shah von Grundaus zers ſtört, und der dabei befindliche Heilige See verſchüts tet worden . Da er ſpåterhin wieder vortommt, ſo ſcheinen die Siets thn wieder erbauet zu haben.

Dritte Periode, von 1707-1800, 261 Haupt wird der Name Guruh mehreren indiſchen Geiſtlichen beigelegt , wie den Braminen , welche

Moral und andere philoſophiſche Wiſſenſchaften lehren.

Die Byraghes , eine Art wandernder ini

diſcher Mönche, nennen ihren Prior ebenfalls Sus ruh , die Geiſtlichen der Siers führen auch dies Fen Namen , und der Dalai Lama von Tibet wird

in Hindoſtán Maha Guruh , oder der große Meis i ſter, genannt. Ungud ſammelte die Lehren ſeines Vorgängers in einem Werke, Pothn oder das Buch genannt, andere aber kennen daſſelbe Gou runt; auch beſchrieb er Naneks lebensgeſchichte in einem andern Werke, Jenum Sacky betitelt , wele ches vielleicht die vom d’Anquetil vorher angeführte Biographie renn kann. Beide Schriften verfaßte er in einem indiſchen Dialekt, der in Panjab oder

der - Gegend der fünf Fliſle in lahor geredet wird. Er bediente ſich dabei beſonderer Schriftzüge ,Gur Mouecty oder Guru Muky genannt , die Nanet erfunden und befohlen Gaben ſoll, feineBerorönuns gen damit zu ſchreiben , ſie ſind aber von den Buch.

ſtaben des Shanſkritalphabets wenig verſchieden. Da Naneks Glaubenslehren noch nie übers fekt, oder je von Gelehrten unterſucht ſind , ob ſie gleich aus ihrem Pothy Fein Geheimniß machen, denn Hrn. Wilkins , der 1780. bei den Gottesvers

ehrungen der Sieks in Patna gegenwärtig war, verſprachen ſie eine Abſchrift blos gegen Erlegung der Koſten , ſo kennen wir fie nur ſehr im Auges meinen . Außer der Verehrung eines unſichtbaren Weltſchópfers verwerfen ſie alle braminiſche Tras ditionen. Sonſt duldeten ſie auch keine Gemälde

und Bildfáulen in ihren Tempeln , aber Hr. Wils R3

fins

262. wwi Geſchichte von Oſtindien. fins fand in ihrem Betſaal Gemälde von magome: taniſchen Fürſten und indiſchen Göttern. - Er ſahe hier auch auf einer mit Goldſtoff bekleideten Art von Altar einen runden Schild und ein breites

Schwert liegen , ohne deſſen Bedeutung zu erfah, ren . Nach Naneks Vorſchriften ſollen ſie dasall.

gemeine Wohl der Menſchheit, auch Gaſtfreiheit und Mildthátigkeit gegen alle Fremde, qusüben , Borſchriften , welche aber jeßt wenigſtens nicht von allen Sieks befolgt werden , wie die Plündes rungen ihrer Nachbaren beweiſen , und daß Fors

ſter 1781. auf feiner Reiſe von Bengalen nach Pers ſien ihr Gebiet nicht berühren durfte 5). Nane gebot eine allgemeine Duldung, daher Ufgahnen

und andere Mahometaner unter ihnen wohnen , ja erunterſagte ſeinenAnhangern alle Religionsdiſpute mit andern , die nicht ihres Glaubens ſind. Shr

Gottesdienſt beſtehtin Liedern zum Lobe der Eine heit, s ) Ein engliſcher Officier , Rapitain Hardwick , der 1796. die Proying Sirinagur bereiſete, war ein Zeuge der Plünderungen und Grauſamkeiten , welche fich die Siets gegen wehrloſe Pilgrimme erlaubten. In der Nachbarſchaft von Hurdwar liegt ein heilis ger Berg , Namens Chandni , in deffen Nachbars ſchaft der Ganges vorbeifließt , und in deſſen Belen zu gewiſſen Jahreszeiten daaren indiſcher Pils grimme ihre Sünden abwaſchen , damals zählte

man dort auf zwei Millionen Menſchen , die aus allen Gegenden Hindoftans herbeigeſtrömt waren . Sie wurden dort bon einem Schwarm belvaffneter

Siets überfallen , ausgeplundert , und über sooo von ihnen todtgeſchlagen , ohne daß dazu die Siets eine andere Veranlaſſung hatten , als ihre Naubſucht ju befriedigen .

Beſonders wurden die Fakirs und

andere indiſche Geiſtliche ihrer Wuth aufgcopfert, S. Afiatic Regiſter for. 1800. S. 248.

1

Dritte Periode , von 1707-1800. 263 heit, Allmacht und Allgegenwart Gottes , die aus dem in ihren Tempeln verwahrten Potky abgeleſen und abgeſungen werden , in Gebeten um die Gnade

Gutes zu thun , und für das allgemeine Wohl der Menſchheit, und liebesmahlen , an denen ſie auch fremde Zuſchauer Theil nehmen laſſen. Dieſe Mahls zeiten beſtehen in geweihtem Brot, Purſaud ges nannt, und aus Mehl, Butter , Zucker und Ges würzen gebacken ; oder eben dieſe Ingredienzen wero den zu einem Brei gefocht, und unter die Anwes

fenden verteilt. Sonſt eſſen die Siefs alle Arten

von Fleiſch Rindfleiſch ausgenommen , vorzüglich aber Schweinefleiſd ), weil die Magometaner daſ ſelbe verabſcheuen . Von der urſprünglichen Gleichs Heit aller Menſchen hatten ſie ſonſt eigene Begriffe, fie erzeigten daher den Vornehmſten unter ihnen keine Achtung, neigten das Haupt nie , oder ftan.

den von ihrem Siße auf, einander zu begrüßen. Die gemeinen Sieks Gegen noch diefen Bauernſtols,

und etn ſimpler Reiter , den Forſter nach dem Nas men ſeines Befehlshabers fragte, antwortete tros Big , er verachte jeden irdiſchen Obern , und erkenne keinen andern Herrn über ſich , als ſeinen Prophes ten Nanef. Dieſer gebot ihnen , nur Weiber iß. rer Religion zu heirathen , und die hinterlaſſenen Witwen nicht zu verbrennen , erlaubte ihnen auch ,

einen zweiten Mann zu wählen , doch wird lektere Vorſchrift, da die Sieks doch nicht alle indiſche Gebräuche abgelegt haben , oft übertreten .

Die

blaue Farbe wird von ihnen fehr geachtet, und ſie ſind ſämmtlich blau , oder in blaugeſtreiften und gewürfelten ſeidenen und baumwollenen Zeugen ges

kleidet, wahrſcheinlich um der Braminen zii ſpots R4

tent,

264

Geſchichte von Oſtindien.

ten , welche die blaue Farbe für unglücklich Halten , und ihnen daher, ſo wie den Höhern Kaften , zu tragen verboten iſt. Sie nehmen alle Religions. Verwandte in ihre Gemeinſchaft auf, wodurch ſie fich vorzüglich von den andern Hindus unterſcheis

den , welche wegen ihrer Kaſteneintheilung keine Profelyten machen. Will jemand zu ihreč Sefte ůbertreten , fo verſammeln ſich vier bis fünf Sieks an jedem beliebigen Ort , und verlangen von den Profelyten , feinen vorigen Meinungen ernſtlich zu entfagen. Hierauf werden einige Süßigkeiten ges,

kauft, in Waſſer aufgelöſt, und damit die Augen

und der Leib des Neubekehrten beſprengt. Oder ſie nehmen Waſſer, tauchen darin ihre Fußzehen odeć. den ganzen Fuß , und geben es dem neuen Sie

zu trinken . Er muß auch mit lauter Stimme

Wah guruje fa Khalſak , 'wah guruje ka Futtak. austufen. Dieſe Worte ſind aus dem Arabiſchen und Indiſchen zuſammengeſegt, und eine Art Ses gensformel für ihre Verfaſſung, und ein Gebet zum Andenken ihrer verſtorbenen Guruhs. Thr

gewöhnlicher Gruß beſteßt auch in den Worten Wah Guruh. Hierauf ſagt einer von den anwes

ſenden Siefs , der am beſten mit ihren Lehren vers traut iſt , Manefs Vorſchriften dem Profelyten in

einer ihm verſtändlichen Sprache vor , und nimmt ihm ein feierliches Verſprechen ab , dieſe fünftig zu beobachten . Er darf keinen Toback rauchen, aber Bang und Opium zu nehmen bleibt ihm uns, verwehrt. Der Neubefehrte wählt ſich hernach eis men Lehrer , ihn in der Schrift und Sprache ihrer heiligen Bücher zu unterrichten , aber ſo weit brins

gen es, die wenigſten Siefs , ſie begnügen ſich, Wag

Dritte Periode , von 1707-180o. 265 Wah Guruh auszurufen , Haare und Bart wacha fen zu laſſen , und ſollen ſogar dem Nanef unddeſ fen Nachfolger göttliche Verehrung erweiſen. Eritt

ein Mahometaner zu den Siefs über, ſo finden

bei ſeiner Aufnahme diefelben Ceremonien ſtatt, außer daß man das Waſſer , oder die Speiſen;

welche dabei gemeinſchaftlich genoſſen werden , vors her mit einem Schweinszahn umrührt. Die ganze

1

Mation theilt ſich jekt in zwei Klaſſen , die Khuas laſah, die wahren , echten Sieks , und die Khals fah. Die erſten ſcheeren , wie die andern Hindus, Haare,und Bart, beobachten die Lehren Nanefs und feiner erſten Nachfolger , und beſchäfftigen fich mit bürgerlichen Verrichtungen . Der Guruh Go. bind Sing ſoll der Stifter der Khalſah:ſeyn. Sie unterſcheiden ſich von den erſtern dadurch , daß ſie Bart undHaare wachſen laſſen, ſich ausſchließlich mit

dem Kriege beſchafftigen , ihren Glauben mit Feuer und Schwert ausbreiten , und rauher und wilder als ihre friedlichen Brüder ſind, von denen ſie ſich noch durch ein eiſernes Urmband unterſcheiden , das

fie beſtandig tragen.

Nur ihre Befehlshaber tras

gen ein goldenes Armband ,

oder die Reichern

ſchnüren goldene Retten um ihren Turban . Ungud , der zweite Guruh der Sieks, brachte

ſeine Zeit , außer der Sammlung ihrer Glaubens. legren , in andachtiger Einſamkeit zu , und ſtarb 1542. in dem Flecken Khadur , ſeinem Geburtsort.

Er ernannte ſeinen Schwiegerſohn Amerboß zum Nachfolger, von dem man zur Zeit nichts weiter weiß , als daß er 1574. im Dorfe Gouindual an den lifern des Biahfluſſes ſtarb. Shm folgte als

vierter Guruk Ramdaß. Kaiſer Ukbar foll ihm R 5

einige

1

Geſchichte von Oſtindien.

266

einige lånbereien eingeräumt gaben , wo er nachher die Stadt Ramdaßpor erbauete. Er ſtellte auch

den heiligen , dem Gotte Ram geweihten See wies der her, und ſaimelte die Geſchichte ſeiner Bors fahren und ihre Verordnungen , die er mit einem Commentar begleitete. Sein Tod erfolgte 1581 .

Der vierte Guruh hieß.Argun , und war des voris gen Sohn . Er zerfiel mit einem Indier , daher er in der Stadt lahor gefangen ward , und 1606.

in dieſem Gefängniſſe ſtarb. Ramdaß und Argun lebten unter Akbars Regierung. Die Siefs hatten damals gewiß ſchon viele Anhänger , und ilire lehre mußte ſich im nördlichen Hindoſtan weitverbreitet Haben , daher man ſich mit Recht wundern muß, in Akbars Tandbuch keine Spur von dieſen Volke,

ihrem Namen , heiligen Dertern , und ihrer Erens nung von den übrigen Hindus , ju finden. Indes iſt die Beſchreibung der Provinzlahor åußerſt kurz gerathen , und der kaiſerliche Vezier Abul Fazel

ſcheint ſich um die Religionsſtreitigkeiten der Uns gläubigen wenig bekümmert zu haben. Hierauf folgte Urguns einziger Sohn , Nas

mens Hir Govind, dem Vater in der geiſtlichen Er råchte den Tod deſſelben an deffen Widerfacher in lahor , mußte aber , ans Furcht vor Würde.

der Strafe, in die nördlichen Gebirge und Wals

dungen entfliehen , die feitdem immer die Schlupfs winkel -der Sieks wurden , wenn ſie ſich gegen die Mogolen auflehnten , oder gegen die kaiſerlichen Befehlshaber die Waffen ergriffen. Unter dem Hir Govind fingen ſeine Schüler an , kriegeriſchen Muth zu zeigen. Utlein dieſe Håndel.Find unter

den häufigen Empórungen der nördlichen Provinzen vers

Dritte Periode, von 1707-1800. 267 ; vergraben. So viel iſt gewiß , daß einer von ges

hangirs Befehlshabern die Siefs zwang , ſich dem Kaiſer zu unterwerfen, und ihr Guruh mußte als Gefangener nach Gualeor wandern , dod ward er

ſeiner Haft wieder entlaſſen , und ſtarb 1644. ju Khyrutpor in Panjab.

Obgleich von Hir Govinds Vorgängern Söhne vorhanden waren , ſo wählten doch die Sieks ſeis

nen Enkel Hir Roy (Harran ) zu ihrem Guruh . Von ihm iſt nichts weiter bekannt geworden , als daß er dieſe Würde bis 1661. bekleidete. Nach ſeinem Tode entſtand unter ſeinen Sohnen Ram

Ron und Hir Kiſhen eine Fehde über die Nachfolge, und beide wandten ſich nach Delhi , um den Streit entſcheiden zu laſſen. Der Kaiſer überließ es aber den Siefs , ihren Guruh zu wählen. Die meiſten erklärten ſich für den Hir Kiſgen , der jedoch 1664. bald nach ſeiner Ernennung in Delhi ſtarb. Ihm folgte Taigh Bahadr , der aber an dem

Ram Ron einen gefährlichen Nebenbuhler Hatte, Dieſer brachte es auch durch ſeine Freunde am Hofe

dahin , daß Taigh eingezogen wurde, und zwei Jahre in Delhi gefangen faß. Doch ward er von einem Rasbuttenfürſten wieder befreit , und bes gleitete dieſen nach Bengalen , weil er gegen ſeinen Widerſacher in lahor nicht aufkommen konnte. Er

wählte feinen Siß in Patna , konnte aber auch hier

den Verfolgungen ſeines Gegners nicht entgehen , ſondern ward auf kaiſerlichen Befehl nach Delhi gebracht , und dort 1675. hingerichtet. Die meiſten Siefs ernannten hierauf ſeinen einzigen hinterlaſſenen Sohn , Gobind Sing ; zum

Nachfolger. Die Furcht, ſeines Vaters Schickſal ju

Geſchichte von Oſtindien . zu haben , vermochte ihn , Patna zu verlaſſen , und 268

er begab ſich nach Sirinagur jenſeit der nördlichen Gebirge, welche die Provinz Delhi begrenzen. Er war von ſtolzem , unruhigem Semperamente, und

bekam daher bald mit einem kaiſerlichen Befehls. haber Håndel, die in einen förmlichen Krieg aus. brachen. An der Spiße eines zahlreichen Heers ſchlug er den Gouverneur von Sirinagur , und ließ Münzen prägen , die auf der einen Seite mit feis nem Namen , Gobind Guruh , und auf der ans

dern mit einem Schwerte; und der Inſchrift Sieg und Schwert, bezeichnet waren.

Doch mußte er.

endlich nach Jahor fliehen. Da Gobind friegeris ſchen Muth beſaß, und er , wie oben gezeigt wor's den , die bisher friedlichen Siefs in einen Räubers

fchwarm umzuſchaffen wußte, ſo benußte er die Unruhen nach Aurunggebe's Tode , den Tod ſeines

Vaters zu rächen , und ſeine Herrſchaft zu erweis tern , und wüthete 1908. mit Feuer und Schwert gegen die kaiſerlichen Unterthanen. Weil Shah 21.

lum diefe Verheerungen, wobei die gefangenen Mas Kometaner in Retten die Moſcheen mit Schweines blut verunreinigen mußten , als eine Glaubensſache anſahe , fo zog er perſönlich gegen die Sieks zu

Felde. Dieſe hatten ſich auf den Anhöhen um ihre Veſtung Daber gelagert , welches aber eben ders

felbe Plag iſt, der auch den Namen Johagur fübre. Der Kaiſer durfte ſie in dieſen Schlupfwinkeln nicht angreifen , blieb alſo in ſeinem Lager , um ſie ſicher zu machen , und verbot ſeinen Truppen , ſich den feindlichen Verſchanzungen zu nähern. Allein fein Feldherr griff die Sieks dennoch an , und dilug fie

aufs Haupt, ſo daß fie igre Werke verlaſſen , und ihre

Dritte Periode, von 1707-1800. 269 ihre Zuflucht in Lohagur nehmen mußten. Weit das Treffen den ganzen Tag gedauert Hatte , fo brach darüber die Nacht ein , und gegen die Bes ftung konnte nichts weiter unternommen werden . Indeß konnte ſich die Menge dort aus Mangel an Lebensmitteln nicht lange halten. Lohagur ward alſo

aufs engſte eingeſchloſſen , und alle Wege und Zu.

gånge mit Truppen beſert, ſo daß keiner entrinnen konnte. Uber der Guruh kannte die Gebirgspåſſe beſſer. In der Nacht pach der verlornen Schlacht legte er alle Zeichen ſeiner Würde ab , verkleidete ſich in einen indiſchen Bettelmonch , ſo daß ihn ſelbſt die Seinigen kaum erkannten , und entwiſchte glücklich über die Gebirge. Den andern Sag ward

die Veſtung mit Sturm erobert , aber der Guruh , der dem Kaiſer lebendig úberliefert werden ſollte, war weder unter den Gefangenen , noch unter den Lodten , zu finden. Nach dieſer gewaltigen Nieders lage zerſtreuten ſich die Sieks, und hielten ſich in ihren Sdilupfwinkeln ruhig. Aber Gobinds Ges

N

ſchichte iſt in großer Dunkelheit verhüllt. Nach einigen ſoll er ſich das traurige Schickſal ſeiner Fas milie, die nach der Eroberung von Lohagur von 1

den Siegern niedergehauen wurde , To ſehr zu Hers

zen genommen şaben , und vor Gram bald nach ſeiner Flucht geſtorben ſeyn.

Nach andern ſønte

er ſich wiedermit dem Kaiſer aus, kam nach Delhi, und ward von einem Patanen erſchlagen . For. ſter ) läßt ihn gar den Kaiſer Shah Uuum nach Defan gegen ſeinen Bruber Køan BukfQ begleis ten , und in der Stadt Nandere am Gondaverifluß

ſterben , aber dieſem Vorgeben widerſpricht die Ges ſchichte. t ) Journey from Bengal. V.L 8. 263,

270

Geſchichte von Oſtindien .

fchichte. Denn gerade während dieſes Krieges wagtendie Siefs den verheerenden Einfall in Delhi, und der Kaiſer zog erſt gegen ſie zu Felde , wie er Feinen Bruder in Defan überwunden hatte. Gos bind war der legte Guruh der Sieks , weil Nanek prophezeiht hatte, es ſollten nur zehn dieſer geifts lichen Fürſten über ſie regieren. Die fernern Schicks

fale dieſes im nördlichen Hindoſtan ſo mächtig ges wordenen Volfs werden wir unter den folgenden Kaifern erfahren . Kaiſer Shah Alam überlebte den Feldzug gei gen die Sieks nur kurze Zeit , und ſtarb im Jager bei Lahor am 17. Febr. 1712. nach einer kurzen Regierung. Er hinterließ vier Pringen , die ſchon bei Lebzeiten des Vaters bemüht waren, ſich in ſeine

Gunſt zu ſegen , oder Anhang unter den Großen zu erlangen , um mit ihrer Hülfe den Thron ju bes

ſteigen u ). Unter dieſen hatte der zweite Pringi Azim al Sham , die meiſte Hoffnung dazu. Viele von den Großen hatten ſich für ihn erklärt, er war im Beſik des faiſerlichen lagers und Schakes', und

ſeine eigenen Truppen waren zahlreicher , als die ganze

u ) Shah Alums vier Prinzen erſcheinen bei den Ges (chichtſchreibern unter verſchiedenen Namen . Der åtteſte, Mauz O'din , oder Glorie der Religion, heißt auch Jehander Shah , d. 1. König , der die Welt beſigt. Der zweite hien Mohmet Azim , oder der große Mahomet , imgleichen Azim al Shan, oder von erhabenem Range. Der dritte ward Rafi feeil al Kadr , oder von großer Macht, auch Rafs

feeil al Shan genannt, d. i. von hohem Range ; und der jüngſte führte den Titel Khojifta Athter , gluck:

licher Stern , imgreidhen Jehan Shah," König der Welt. S. Frazers Hiſtory ofNadir Shah . S.40. Holwells intereſting hiſtorical Events S. 20. 1

Dritte Periode, von 1707-1800 . 271 ganze Mannſchaft ſeiner Brüder zuſammengenoms Allein der oberſte Befehlshaber , Zulfeffar,

men .

war ihm entgegen. Dieſer wollte einen Kaiſer ba. ben , der ihm allein das Staatsruder anvertrauete,

Er nahm alſo die Partei der drei andern Prinzen , und verſprach , das våterliche Reich unter fie ju vertheilen , ſo daß der ålteſte die Kaiſerwurde, die beiden andern aber Bengalen und Dekan haben

ſollten. Håtte Uzim gleich nach des Vaters Abs leben ſeine Uebermacht gegen die drei Brüder ges

braucht, ſo konnte ihm die Kaiſerwurde ſchwerlich entgehen . Allein er glaubte, ſie ohne Blutvergies Ben zu erlangen , weil ſeine Brüder wegen Gelds mangel ihr Heer nicht bezahlen , ihre Truppen alſo nicht lange beiſammen bleiben konnten.

Während

dieſer : ſüßen Träume ward er von ſeinen Brüdern in dem beveſtigten {ager angegriffen , geſchlagen , und er verlor in dieſem Treffen das Leben . Die Sieger eroberten dasganze lager, nebſt dem Schak ihres Vaters , und die ganze Beute ward dem Zule fekkar úbergeben. Wie die kaiſerlichen Prinzen hierauf zur verabredeten Theilung ſchreiten wollten , bemerkten ihre Freunde mit Verdruß und Schreko ken , daß der ehrgeizige Feldherr den ſchwachen , unthätigen und wollúſtigen Prinzen , Mauz D’din , zum Kaiſer ergeben wollte , obgleich der jüngſte von ihnen , feines Muths und der Fähigkeiten Wes gen , den Thron am erſten verdiente. Da Zul.

feffar die Ausführung des Vertrages von einer Zeit zur andern aufſchob , hingegen bei den drei Prinzen nach ſeiner Gewohnheit tägliche Beſuche ablegte,

ſo rieth man dem jüngſten, Jehan Shak , ihn bei dieſer Gelegenheit veſtzunehmen , oder ermorden ju

272

Geſchichte von Oſtindien .

zu laſſen, aber der Prinz verabſcheute ein ſo nieders tráchtiges Mittel , und geſtand es dem Feldherrn ſelbſt, es ſtünde in ſeiner Gewalt , ihn aus dem

Wege zu raumen . Jedoch verließ Jehan Shah ſogleich das { ager mit ſeinen Truppen , und feste fich in Bereitſchaft, den Thron niit den Waffen in der Hand zu erkämpfen , aber die Nacht vor der Schlacht ward ſeine ganze Uminunition durch einen

Verråther in die luft geſprengt, und feine Trup. pen geriethen über dieſen Verluſt in Furcht und Schrecken. Dennoch wagte er eine Schlacht, welche nur etliche Tage nach ſeines Bruders Tode

vorfiel, und worin er , nebſt ſeinem Sohn , ers ſchlagen ward. Jegt waren von Shah Utums Söhnen noch zwei übrig , der álteſte und der Britte. Dem leßtén hatte der Feldherr noch bei des Vas

ters Leben die heiligſten Verſicherungen ertheilt, er würde ihn nie verlaſſen , daher der Prinz ihn auch gewöhnlich Dheim zu nennen pflegte." Udein die feierlichſten Eide ſind bei indiſchen Großen von Feis nem Gewicht, wenn ſich die Umſtände verandern, oder es ihr Intereſſe erfordert, anders zu handeln. Es kam daher zwiſchen dieſen beiden Brúpern zur

dritten Schlacht, in welcher Raffeeil geſchlagen ward, nebſt ſeinem Sohn auf dem Schlachtfelde blieb,

und der ålfeſte, Mauz D’din , ſich endlich auf dem våterlichen Throne behauptete.

Als Kaiſer nahm er den Titel Jehandar Shah an , und Zulfekkar ward fein Vezier. Dieſer aber

war dereigentliche Kaiſer, alle Geſchäffte gingen durch ſeine Hände , und er ertheilte Wurden und Ehrenſtellen nach Belieben. Dabei war der neue

Bezier äußerſt raubſüchtig. Wer von den Großen fúc

Dritte Periode, von 1707-1800. 273 für reich geşalten ward , wurde dem Miniſter bald verdachtig , und ſein Vermögen gewiß in Beſchlag

genommen. Gegen ſeine Freunde und Anhänger war er áußerſt ſparſam , ertheilte ihnen zwar Rang

und Titel, aber keinen Gehalt oder Dienſtlegen, ' die ihrer Würde angemeſſen waren , ſo daß er uns geheures Vermögen in der kurzen Zeit , welche ges

bandar regierte, zuſammenſcharrte, wegen ſeines Seizes allgemeines Mißvergnügen erregte, oders mie Eradut Chan in ſeinen Memoiren ſagt, Hins dus und Mahometaner den Himmel Tag und Nacht

anfleheten , die Unterthanen von dieſem unerſátts lichen Räuber zu befreien. Unterden vergnügte ſich der Kaiſer mit ſeiner Geliebten tal Koor und ihren Freunden und Freuns

binnen vom niedrigſten Pobelin Delhi. LaiKoor war vorher eine öffentliche Tänzerin (Balladere ) geweſen , und von ganz geringer Herkunft. Der

Raiſer wies zu ihren Ausgaben jährlich zwei Crore Rupien (20,000,000 GI.) an , ohne was ſie von ihm an Foſtbaren Kleidern und Edelſteinen erhielt. Zubera, ihre Freundinn, die vorher auf dem Markte

von Delhi grúne Waaren verkauft hatte , und mit ihr des Kaifers gewöhnliche Geſellſchafterin war , erhob er gleichfalls zu einem hohen Range , und fchenfte ihr ein anſegnliches Dienſtleben. In Ges fellſchaft dieſer beiden Weiber pflegte er in ſeinem Wagen in der Hauptſtadt umherzufahren , und zus

weilen theure Edelſteine, goldnes Geråthe , Seidens und andere Waaren auf den Märkten zu kaufen ,

ein andermal aber Obſt, Gemüſe und Kleinigkeiten. Eines Tages beſuchten ſie die verſchiedenen Garten

von Delhi, und keerten zutekt in einer Brannte s . Th. 2. Abth.

weins,

; ' 274

Geſchichte von Oſtindien .

weinsſchenke ein , deren Inhaberin eine gute Bes

kannte der Zohera war.

Dieſe ward für die gute

Bewirthung reichlich beſchenkt, und erhielt unter andern ein ganzes Dorf zum Zeichen der allerjoch. ften Zufriedenheit. Wie der Kaiſer hierauf mit ſeia nen Begleitern wieder nach dem Pallaſt zurückkeha ren wollte , fielen alle drei ſtark berauſcht in tiefen

Schlaf. Sal Koor ward zwar hernach von ihren Seuten ins Bette gebracht, aber der Kutſcher , eben

ſo bejecht wie ſein Herr , vergaß , ob man den Kais ſer aus dem Wagen gehoben hatte , oder nicht , und -

brachte ihn alſo, wie gewöhnlich , in den Schups pen . Vergebens warteten die Hofieute die ganze Macht auf des Kaiſers Rückkehr , bis ſie endlich am andern Morgen erfuhren, lal Koor ware längſt zu Hauſe , und ſich bei ihr nach dem Kaiſer erkuns digten. Sie erhielten zur Untwort, er würde viels

leicht im Wagen liegen , man fand ihn auch dort in den Urmen der Zohera ruhig ſchlafend. Hegns

liche Ausſchweifungen oder gleidh thórichte Zeitvers

ſchwendungen Qaben die Geſchichtſchreiber feiner Res gierung in Menge erhalten , oder von ihr nichts anders melden fönnen , als Zulfeffar : Bedrůckuns gen , oder die liederliche Wirtſchaft am Hofe .; Unter einem ſolchen Regenten mußte das Reich

ſeiner Auflöſung entgegen eilen , auch wagten es ſchon einzelne Statt alter in der Nähe der Haupts

ſtadt, ſich in ihrer Provinz unabhängig zu machen. Dies verſuchten die unter der folgenden Regierung

fo hoch emporgekominenen Sneds , oder Abfómms linge von Mahomets Tochter Fatima , die beiden

Brüder Syed Abdollah , und Syed Huffein , aus der Stadt Barrak im nördlichen Delfi gebürtig, wo

Dritte Periode, von 1707-1800. 275 wo dieſe Nachkommen Mahomets fich in großer

Anzahl niedergelaſſen hatten , wovonder eine Gous verneur von Elhadabad , und der andere von Bas þar war. Abdollah hatte die Ueberſchüſſe feiner Pro ,

vinz während der Unrußen nach Shah udums Code nicht nach Delhi geſchickt, weil er zur Partei des Prinzen Uzim gehörte, und dieſe Gelder zu Vers mehrung ſeiner Mannſchaft und Belohnung ſeiner

Anhänger verwandt hatte.

Kaiſer Jehangir bes

rief dager. gleich nach ſeiner Throngelangung den Abdollal, aus ſeiner Provinz zurück , um Rechnung

von den Einkünften abzulegen. Er erſchien aber nicht, und ſchlug den neuen Statthalter zurück ,

der ihn ablöſen ſollte. Anſtatt ihndafür zu beſtras fen , ward er' in ſeinem Umte beſtåtigt , weil ges rabe um dieſe Zeit in Bengalen eine Empórung ausbrach , die den Kaiſer ſeiner Würde und ſeines Sebens beraubte, und man in Delhi dachte ; Abs

dollah würde durch dieſe Nachricht zu ſeiner Pficht zurückkehren, und dem neuen Pråtendenten tyáti. gen Widerſtand leiſten. Dieſer kam von Oſten her , und war Pring

Ferokkſere, des Kaiſers Vetter , ein Sohn ſeines Bruders Üzim . Er hatte ſic ) nach deſſen Code nach Bengalen gerettet , und ſeinen Oheim Jehans der Shah nie als Oberherrn von Hindoſtan ers kannt. Wie er 1712. in Bengalen Anhänger fand,

und mit dieſen in das benachbarte Bahar einrückte, erklärten ſich die beiden Sheds für ihn , und vers

mehrten mit ihren Truppen ſein Heer , das er zur Eroberung von Delhi zuſammengebracht hatte. In der Hauptſtadt gerieth alles auf die Nachricht von

bem Anzuge eines Gegenfaiſers in die größte Vers wir

276

Geſchichte von Oſtindien .

wirrung , zumal diefer fchon im Beſig zweier reis chen Provinzen und der widtigen Veſtung Elhas babad war , und nach den vielleicht übertriebenen Gerüchten 70,000 Mann zuſammengebracht hatte. Der Kaiſer wußte nicht, wem er das Kommando

feines Heeres anvertrauen ſollte , weil viele ſich weigerten , daſſelbe zu übernehmen. Dèr átteſte kaiſerliche Prinz mußte alſo dem Frind entgegens ziehen , dem man zwar viele Generale, aber wenig Druppen mitgab.

Der Prinz eilte zwar , dem

Feroffere und den beiden Syeds das weitere Vors dringen zu verhindern , wie er aber die feindliche Ileberinadt entdeckte , verließ er heimlich das lager ,

und ſeine Mannſchaft zerſtreute ſich von ihrem Ans führer verlaſſen , oder ging zum Ferokhſere über. Auf die Nachricht von dieſem linfall übernahın Jes

ħander Shah felbft die Vertheidigung feines Throns, er brachte ein zahlreiches Heer von alten verſuchten Iruppen zuſammen , und ſuchte, vom Zulfeffar und andern Großen begleitet, den feindlichen Uebera gang über den Gumna zu wehren . Aber ein Theil von Ferok ſere's Truppen ſtanden ſchon diesfeits des Fluſſes , denen die übrigen ohne Widerſtand folgs ten. Es kam hierauf zur blutigen Schlacht, und der Ausgang blieb lange unentſdieden , weil eins felne Abtheilungen des kaiſerlichen Heeres den ans

greifenden Feind tapfer zurückſchlugen. Allein das Centrum, welches gehander Shah anführte, ward deſto leichter zerſtreuet , ro daß der Kaiſer ſeinen Elephanten verlaſſen mußte. Doch war die Nieders

lage des faiſerlichen Heeres nicht allgemein , Zule feffar behauptete ſich immer auf ſeinem Poſten,und

erft wie ſich der Tag neigte, räumte er ign , und

Dritte Periode , von 1707-1800. 277 marſchirte in der beſten Ordnung nach Shak Junge. Hier zog er die Flüchtigen an ſich , und ſchickte Bos ten aus , den Kaiſer aufzuſuchen , mit dem er ſich nach Dekan ju retten gedachte.

Uber dieſer war

nicht anfzufinden, weil er verkleidet zu entformen geſucht hatte. Das geſchlagene Heer wandte fich alſo nact) Agra , und traf Anſtalten , die Stadt zu

vertheidigen , aber, der Sieger eilte den Fliehenden nach , und Ugra mußte ſich wenige Tage nach der

verlornen Schlacht ergeben . Dort qatte ſich um

dieſelbe Zeit Jehander Shah verkleidet eingefun. den , und in dem Pallaſt eines feiner Großen vers borgen. Er ward hier aber bald entdeckt, und auf des Kaiſers Befehi hingerichtet . Ein gleidhjes

Schickſal hatte ſein Feldherr Zulfeffar, und beidet leichname wurden auf einem Elephanten beim Eins

zuge Ferokhfere’s in Delhi zur Schau ausgeſtellt. Weil gehander Shah nur kurze Zeit regierte,

wird er von einigen nicht unter die Kaiſer gezählt *). Er beſaß den Thron auch nur neun Monate, aber der Anfang ſeiner Regierung läßt ſich eben ſo wes nig genau beſtimmen , als das Ende derfelben, doch (djeint lekteres in die erſten Lage des gar nuars 1713. ju fallen .

Ferofyſere bewies ſich nach ſeiner Thronbes ſteigung ſehr grauſam gegen viele Große , welche

unter ſeinem Vorgänger Hohe Würden bekleidet Hatten . Dieſe wurden gingerichtet, auch auf feis nen Befehl drei kaiſerliche Prinzen geblendet , unts ter denen ſelbſt ſein jüngerer Bruder war , die Syabs hingegen , die ihn auf dem Thron erhoben

hatten , reichlich belohnt. Abdolaş erhielt den Ely ren

1 ) Mollel 8. 32.

278

Geſchichte von Oſtindien .

rentitel: Cuttub al Mulk, und warb des Kaiſers Vezier , den Huſſein hingegen erhob er zum Schaß , meiſter und oberſten Feldherrn , áud) ertheilte er ihm den Titel Emir al Omrah , oder Oberſter uns ter den Prinzen. Beide Brüder riſſen alle Regies rungsgeſchaffte, Vergebung der Aemter , und Ers theilung der Würden und Belohnungen , an ſich , behaupteten ſich auch in ihrer angemaßten Gewalt nicht nur ſo lange Ferokhfere auf dem indiſchen Chrone ſaß, ſondern auch unter ſeinen drei Nach, folgern , bis ſie zulegt nach vielen vereitelten Vers ſuchen , ihre Macht zu untergraben , das gewohn. Schickſal Gover indiſcher Staatsbeaniten ers fuhren.

Obgleich Ferokhſere kein Herr von Fähig.

keiten war , ſo ſahe er doch bald ein , daß ihn die Syeds am Gångelbande leiteten. Er bemühete ſich daber , ihren Einfluß durch Gift zu vernichten, oder die Brüder von einander zu trennen , aber ſie

waren zu ſehr auf ihrer Hut , und alle geheime Kas balen wurden von ihnen zeitig genug entdeckt , um

nicht ein Opfer derſelben zu werden. Außer den wichtigen Hemtern , welche der Schafmeiſter bes

faß, wünſchte er noch die Statthalterwurde von Dekan. Nach ſeinem Plan follte hier ein Stella vertreter in ſeinem Namen regieren , ihm die Eins

künfte úbermachen , er ſelbſt aber woute in Delhi bleiben. Der Kaiſer erklärte ihm , er wolle ihm die Oberaufſicht dieſer Provinz anvertrauen , er müſſe aber alsdann nach Defan ziehen. Dies ges ( chahe blos , um ihn von der Hauptſtadt zu ents fernen. Beide Brüder merkten die Abſicht iğrer Gegner , verließen alſo den Hof, vermehrten igre

Truppen, und fegten ſich in igren Palláſten im Bers theis

Dritte Periode, von 1707-1800 . 279

theidigungsſtand. Der Kaiſer beſaß nichtEntſchloſs ſenheit genug , dieſe Spaltung unter den Großen zu ſeinem Vortheil zu benuken . Täglich veränderte er den Plan , ob er die Syeds entlaſſen , beſtras fen, oder wieder zu Gnaden annehmen ſollte. Ends lid) ſchlug ſich deſſen Mutter ins Mittel , und vers

föhnte die erhigten Gemüther mit einander. Die Syeds blieben in ihren Aemtern , der Vezier Abs dollah durfte den faiſerlichen Pallaſt mit ſeinen Trup. pen befeßen , wodurch Ferothſere völlig in ſeine Ges walt fam , und deſſen geheimeRathgeber vom Hofe entfernt, und als Statthalter nach Bahar oder

andere entfernte Provinzen geſchickt wurden . Da Dekart, oder die Eroberungen der Mos

golen in der weſtlichen Halbinſel, um dieſe Zeit ſich allmählich der kaiſerlichen Berrſchaft zu entjies hen anfingen , fo verdienen die Veränderungen in

dieſer Proping ſeit Yurungjebe's Tode bier anges zeigt zu werden , ohne uns jedoch in die Entwickes lung der ewigen Kriege , aller Empórungen der Fleis

nen und großen Fürſten , der Streifereien der Mas ratten , oder die mannichfaltigen Veränderungen

unter den dortigen Nabobo, Rajahs und Polygars,

einzulaſſen . Die Kaiſer von Delhi beſaßen eigentlich nur den öſtlichen Theil von Defan , und der Can prryfluß begrenzte ihr Gebiet gegen Süden. geni

feit deſſelben gab es eine Menge indiſcher Rajahs, die bald dem Kaiſer zinspflichtig waren , bald von

den Maratten ausgeplundert wurden , oder ihre alte Freiheit bald fürzere oder längere Zeit behauptes

ten , wie die Fürſten von Tanjore, Marvar, Mys fore , Sunda , Canara, und die Nairen in Mas

labar und den weſtlichen Ghauts. Den Maratten ges

280

Geſchichte von Oſtindien.

gehörte die nordweſtliche Halbinſel, und dieſe ers weiterten ihr Gebiet nach allen Seiten. Karz vor feinem Ableben hatte der alte Kaiſer Uurungzebe ſeinem jüngſten Pringen Kambukfh die Eroberuus gen in Dekan übergeben , die er aber ſchon 1708. verlor , weil er , mit ſeinem Erbtheil unzufrieden,

nach der Kaiſerwürde ſtrebte.

Shah- Üllum I. ,

der dieſen Prinzen beſiegte , beſtellte hierauf ſeinen

Feldherrn Zulfeffar zum Subah von Dekan , und Dauð Chan Punni , einen gebornen Defaner und tapfern Krieger, ju deſſen Stellvertreter "). Wie lange er dieſe Würde bekleidete, iſt ungewiß. Um

1713. war er Statthalter von Guzeratte :), .aber wie der Schaßmeiſter Huſſein ſich um Defan bei

dem Kaiſer Ferokhfere bewarb, wählte er den Daud Chan wieder zum Stellvertreter, der aber dieſe Würde doch nicht erkielt. Dauds Nachfolger war ein für die Geſchichte von Dekan merkwürdis

ger Mann , der an dreißig Jahre dieſe Provinz als

einen unabhängigen Staat beherrſchte, und ſeinen Nachkommen hinterlaſſen konnte, die noch die Trúmmer derſelben von Hyderabad aus regieren. Dies war der berühmte Nizam al Mulf , oder,

wie er vorher Gieß , Chin Kulijih Chan ( Klits, Kilith , Kuttulic Chan) , oder der das Schwert

ziehende Herr , auch Uſoph Jah ( Azefiah) genannt. Er war von türkiſcher oder vielmehr mogoliſcher Herkunft, und ſeine Vorfahren Perſonen von Ans ſehen in Samarkand.

Sein Großvater, Abid

Chan , begab ſich nach Hindoftan unter der Regies rung des Kaiſers Shag Jegan , und diente unter den

) Eradut Khan S. 57. Frazer 8. 40. 3) Scotts Memoirs S. 138.

Dritte Periode , von 1707-1800. 281 den Truppen des Prinzen Uurunggebe. Wie dies fer aber den Thron beſtieg, ward er zum Befehls. haber von 5000 Reitern erhoben , er machte ihn

auch zu einem ſeiner Miniſter , der alle kaiſerliche

Verordnungen , milde Stiftungen betreffend, ause ſtellen mußte , und blieb 1686. bei der Belagerung von Golconda. Sein Sohn hieß Shas aubsed , din , auch Ghaziodin. Er war Befehlshaber von 7000 Reitern , und zeichnete ſich ſehr bei der Eros berung von Viſapur aus. So lange er lebte, ſtand er bei dieſem Kaiſer in großem Unſehen , und ward

nach deſſen Code Statthalter von Suzeratte , wo er 1710. in Ahmedabad ſtarb. Sein Sohn Nis zam al Mulk wgr 1644. geboren , ſtand ebenfalls bei jenem Kaiſer in Anſehen , und befehligte 5000 Reiter , allein ſeine Geſchichte iſt bis 1707. dunkel.

In dieſem Jahre finden wir ihn , nebſt dem Prins

zen Kambukrą, bei einer Unterhandlung mit den Maratten beſchafftigt "). Nach des Kaiſers Ubs leben blieb er bei dieſem Prinzen in Dekan , weil jener ihn , nebſt andern mogoliſchen Generalen, zu deſſen Beſchůßern auserſehen þatte. Eben debe wegen wollte er den Uzim Shah nicht als Kaiſer erkennen . Wie aber Kamburſy fich hernach zum

Kaiſer ausrufen ließ , und fein Bruder Shah Al. lum I. nach Dekan zog , die Ruhe im Reiche wies

der Kerzuſtellen , ging er, nebſt andern Großen, zu dieſem Kaiſer úber, noch eße er ſeinen Bruder

beſiegt hatte "). Unter dieſer Regierung ſcheint der Mizam feinen Poſten von Wichtigkeit bekleidet zu S 5

haben,

a ) Scotts hiſtory of Aurupgzebe's Operations in Dekkan . S. 117 . 6) Eradut Khan . 8. 53 .

282

Geſchichte von Oſtindien .

haben , und wir finden ihn in der folgenden um 1712. als Privatmann in Delhi. lInter Kaiſer

Ferofkſere ward er Subah von Defan , aber ſchon 1714. wieder zurückberufen, nachdem er etwa ans derthalb Jahre dieſe Provinz regiert hatte, und Huſs fein über dieſelbe beſtellt. Hernach erhielt er den Diſtrikt Morabad in den nördlichen Gegenden von Auhd , mußte dieſen aber 1717. einem andern fais

ferlichen Günſtling überlaſſen). Im Jahre 1719. warð er zum Statthalter von Malva ernannt, und 1720. eroberte er , wie wir unten ſehen werden,

die Provinz Defan , und behauptete fich in derſels ben bis an ſeinen Tob.

Nach der Ausſohnung mit dem Kaiſer jog Schafmeiſter Huſſein 1714 , nach dem ihm der anvertrauten Defan , den dort eingeriſſenen Unord,

nungen abzuhelfen , die Maratten in ihre alten

Grenzen einzuſdıránfen, und die unruhigen Ras jahs und Polygars zu bezwingen. Um Hofe hatte man diefen Zug lángſt gewünſcht, um Gelegenheit zu haben , die gefährlichen Syeds ju trennen , und

einen von ihnen ſo bald als möglich aus dem Wege zu raumen. Der vorher erwäynte Daud Chan, mußte daher die Provinz Guzeratte mit Matva vertauſchen , doch mit dem geheimen Befehl, den

Huſſein , der ſeinen Weg durch Malva nahm ,utis terweges anzugreifen undvon der Seite zu ſchafs fen .

Daud befolgte den Auftrag , und ſuchte mit

einem Haufen Maratten den neuen Subah aufzus halten , blieb aber in der Schlacht beiBrampore, und Huſſein regte nach derſelben ſeinen Marſch nach Dekan ruhig fort. Er konnte hier aber wenig Sus tes

c ) Scotts Memoirs S. 81. 152. 154.

Dritte Periobe', vott 1707-1800. 283 tes ſtiften , weil der Kaiſer und deſſen Vertraute ohne Unterlaß an ſeinem und ſeines Bruders Uns

tergang arbeiteten . Sie hekten den Marattenfúr., ſten Sahu , der damals in Setterah dieſe Räubers horden beherrſchte, gegen ihn auf , ihre gewöhnli. chen Streifereien anzufangen. Sie waren auch

in mehreren Gefechten glücklich , ſo daß der Subay 1716. gezwungen ward , die bisherigen Verträge

mit ihnen zu erneuern , und die Verheerungen feis ner Provinz durch den früher bewilligten Chout abs zukaufen , auch den Maratten zu erlauben , daß

ſie in den kaiſerlichen Eroberungen von Dekan eis gene Beamte anſtellen könnten , dieſen Tribut eins zutreiben . Ferofyſere und feine Günſtlinge waren

über dieſen Vergleich zwar äußerſt aufgebracht, aber es ſtand nicht in ihrer Macht, ihn aufzuhe.

ben , und der Kaiſer ward durch ſeinen Bezier, Huſſeins Bruder , gezwungen , ihn zu beſtätigen. Aber auch der Bezier unterlag beinahe in Delhi den Nachſtellungen ſeiner Gegner ; der Kaiſer übers

häufte diejenigen mit Ehrenſtellen und Geſchenken, die ihn von dieſem Miniſter zu befreien verſpra.

chen , und ſeine Widerſacher vermehrten ſich mit jedem Lage. Huſſein erhielt von allem Nachricht, was in derHauptſtadt vorging ; er verließ alſo Des kan 1718 , beſtellte ſeinen Better Halim Aly zum Vicegouverneur , und, eilte mit einem zahlreichen Heer von funfzigtauſend Reitern , unter denen zehntauſend Maratten waren , zur Beſchüßung ſeis nes Bruders herbei. Dem Kaiſer ward zwar ger

rathen , ſich an die Spige feiner Sruppen zu ſtellen, ſich der Perſon ſeines Veziers zu verſichern , und

dem Huſſein entgegenzuziehen , deſſen Truppen ges wiß

1

284

Geſchichte von Oſtindien,

wiß nicht gegen ihren Oberherrn ſtreiten würden,

allein er konnte ſich dazu nicht entſchließen ; inzwis ſchen warb eine Art von Vergleich zwiſchen den Syeds und ihren Gegnern geſchloſſen , und beide föhnten ſich zum Schein mit einander aus.

Unter Ferokhſere's Regierung, von welcher

die Geſchichtſchreiber jener Zeiten meiſtens dieHofo kabalen und fruchtlofen Entwürfe verzeichnet has : ben , die verhaßten Syeds zu ſtürzen , wagten es

die Siefs 1716 , wieder aus ihren Schlupfwin . keln hervorzubrechen , und lahor und Delfi zu vers Heeren. Gobind , ihr fekter Guruh , hatte keinen Nachfolger beſtellt, vielleicht hatten es die Zeit. låufte nicht erlaubt , nach der oben beſchriebenen Niederlage dafür zu ſorgen , oder man glaubt, Nas

nefs Vorſchrift gemäß , die beſtimmte Zahl ihrer

Lehrer ſen bereits vollendet. Ein gewiſſer Bunda, den andere auch Jeffing nennen, einer von Gobindo

Schäfern , hatte die zerſtreuten Haufen gefammelt, fid) zum Guruh aufgeworfen , und ahmte feinem legten Vorgänger in den ſchrecklichſten Barbareien gegen die Mohametaner nach . Der Statthalter von (ahor , der ihn beſtrafen ſollte, mard mit gros Bem Verluſt zurückgeſchlagen , und der Befehlsha.

ber von Sirhind , der nach ihm das faiſerliche Heer gegen die Siefs anführte, in ſeinem Zelte von einem dieſer Zeloten ermordet. Nach der Ers

oberung von Sirhind ward deſſen Gemahlin , nebſt

vielen Einwohnern , niedergemegelt, die Moſcheen zerſtört, und die Todten aus ihren Gråbern hers vorgekolt. Bald darauf erfuhren die Einwohnec von Seharurpore ein gleiches Schickſal, oder ſie wurden gezwungen , ihren Glauben zu verleugnen. Da

Dritte Periode , von 1707-1800. 285 Da die Sieks auf dieſe Weiſe die Provinz Delhi verheerten , ſelbſt die Hauptſtadt bedrohten , uns ,

terdeß andere von ihnen uber den Sedledge ſekten, um gleiche Grauſamkeiten in lahor auszuüben , mußte der neue Statthalter von Lahor gegen ſie

ausziehen , und war glúcflicher. Er beſiegte ſie in mehreren Gefechten , und zwang gulekt den Bunda,

ſich mit ſeinen Leuten in der Veſtung lohagur eins zuſchließen. Ille Zugänge zu derſelben wurden ſo

genau befekt, daß der eingeſchloſſene Guruh weder Hülfe noch Zufuhr erhalten konnte. Die ſchrecks lichſte Hungersnoth riß alſo bald unter den Belas

gerten ein , daß fie Efel, Pferde, und ſelbſt die in ihrem Geſeke verbotenen Kühe aufzehren , und ſich endlic ), nach drei Monate lang erlittenem Elend , auf Gnade und Ungnade ergeben mußten. Die

gemeinen Sieks wurden nach der Eroberung der Beſtung unter die Officiere des faiſerlichen Heeres vertheilt, die ihre Gefangenen niederöauen ließen, Bunda aber nebſt ſeinem minderjährigen Sohne und den andern Häuptern nach Lahor, und von hier weiter nad Delhi abgeführt. Bunda erſchien in Delhi auf einem Elephanten in einem eiſernen Kås fich verwahrt. Man hatte ihn in reichen Goldſtoff gefleidet, mit einem rothen ſehr verzierten Turban

geſchmückt, und hinter ihm faß ein Soldat mit ges zogenem Sábel. Vor ihm wurden auf langen Stangen die Kópfe feiner erſchlagenen Unführer bergetragen , und hinter ihm folgten die übrigen Gefangenen auf Kamelen , zwei- und zwei zuſams mengefeſſete. Alle ertrugen den Spott und die Mißhandlung des Póbels mit unerſchütterlichem

Gleidimuth , verwarfen auch den Antrag des Kais ſers

286

Geſchichte von Oſtindien .

fers , durch Entragung ihrer Irrthümer ihr Leben ĝu retten. Es wurden dager ſieben Tage nach eins ander von den Gefangenen Hundert und darüber

hingerichtet, und am achten kam die Reihe an den Bunda und feinen Sohn.

Beide wurden mit all .

gemeinem Sefpotte, außer der Stadt, abgethan. Dem Vater gab man einen Dolch in die Hand, um damit feinen Sogn zu erſtechen. Wie er aber diefes ſtandhaft verweigerte , ward der Knabe vor feinen Augen niedergebauen. Er mußte hierauf das Herz ſeines Sohnes verſchlucken , und mit glů. henden Zangen ward ihm das Fleiſch von den Ges beinen geriſſen , welche Marter er ganz gelaſſen und ohne Klage erduldete "). : Hierauf erging ein kais ferlicher Befehl, alle Sieks ſollten ihre Haare abs fcheren und Mahometaner werden , Die dieſes

nicht thun wollten , wurden niedergehauen.

Es

wurden ſogar Belohnungen auf den Kopf eines jes den Sieks gefekt, welches die Folge hatte, daß ihre Anhänger in den Ebenen von Jahor und Delhi ganz ausgerottet wurden .

Doch viele von ihnen

retteten ſich zu den unbezwungenen Rajahs und Roys in den nordlichen Gebirgen und Waldungen , wo ihre Verfolger ſie nicht erreichen konnten. Mans

che hingegen , durch die grauſamen Verfolgungen erſchüttert, ſchnitten ihre Haare ab , und entſagten

außerlich Nanefs und Gobinds Lehrfågen ").

2115

lein Nadir Shahs Einfall zeigte, zwanzig Jahre ſpåter, daß die Sieks, bei weitem nicht vertilgt was ren. Angefeuert von der wildeſten Raubſucht und

dem wüthendſten Fanatiſmus , råchten ſie ſich ſpås terhin d) Scotts Memoirs. S. 143 .

e ) Forſters Journey , S. 371.

Dritte Periode , von 1707-1800. 287 terhin an ihren Verfolgern , und entriſſen Ferofhs fere's Nadfolgern den nördlichen Theil von Delhi, Lahor , Multan , ſelbſt die den Perſern oder den

Königen der Ubdalli's abgetretenen Lånder jenſeit des Jndus , ſo daß fie jest im nördlichen und weſtlichen Hindoftan ein Gebiet von mehr als 6000 geographiſchen Meilen beherrſchen . Die Beſtung Lahor , die ihnen oft von den Abdalli's

wieder abgenommen ward, iſt ihr Hauptort. Ihre Eroberungen liefern die beſten Pferde, haben llepers

fluß an Rindviek und ſind ſehr fruchtbar an Geo treide. Metalle , an denen es dieſen Sandſtrichen fehlt , erhalten die Sieks durch Tauſchhandel von ihren Nachbaren. Doch werden ihre Gewehr :

und Tuchfabriken für die vorzüglichſten in Hindos ftan gehalten.

Seit Bunda's Hinrichtung werden die Sieks nicht mehr von einem allgemeinen Oberhaupt res giert , und ihre Guruhs oder Geiſtlichen , welche 2bfórnmlinge ihrer erſten Sehrer find , haben feinen Einfluß in weltliche Angelegenheiten. Seitdem hat ſich die ganze Nation unter eine Menge Häuptlinge vertheilt , die bald Sirdars , bald anders genannt werden , insgeſammt aber das Wort Sing ihrem Namen benfügen , welches in der Sbanſfritſprache

einen komen bedeutet , und ein gewöhnlicher Titel der Kriegerfaſte iſt. Ihre Verbindung unter eins

ander iſt gegenwärtig ſehr geringe , jeder Sirdar betriegt oder beraubt ſeine Nachbaren nach Gefals len , und regiert ſein Gebiet nach eigenem Gutdůns

ken.

Doch wenn die ganze Nation angegriffen

wird , wie die Abdalli's in unſern Tagen oft mit

Glück verſucht haben , oder eß das allgemeine Ino ters

288

Geſchichte von Oſtindien.

tereſſe erfordert, ſo treten alle Häupter zuſammen . In dieſen Verſammlungen , die Gurimotta heißen, werden Krieg oder Frieden beſchloſſen , Verbinduns gen mit den Nachbaren getroffen , oder die Ges

ſammteinkünfte des Staats berechaet. Ein jeder Sirdar erhålt davon feinen Theil , nach der Zahl der Truppen , die er zuſammenbringen kann . Er muß aber von ſeinen Einfünften etwas beſtimmtes wieder unter ſeine Soldaten vertheilen , welche bei dem geringſten Mißvergnügen ihren Anführer vers laſſen , und einen andern , freigebigern , oder glücks

lichern Sirdar wahlen können. Vereinigt können die Sieks 250,000 Reiter zuſammenbringen , die

mit füntenflinten und Såbeln bewaffnet ſind , von Ber elendeſten Koſt leben , bei der ſchlechteſten Wito terung in kein Zelt kommen , und die ſchwerſten Strapazen ertragen .

Manche von den Heerfüha

retn der Sieks haben zwar wol 70,000 Reiter in ihrem Gefolge, aber die meiſten nur zwanzig bis dreißigtauſend, und manche ſtreifen mit zwanzig bis dreißig Pferden umber , bis ſich ihr Gefolge alls

mählich vergrößert.

Bei großen Heerzugen find

fie auch mit Artillerie verſehen, die aber von ſchlechs ter Beſchaffenheit iſt , und noch ſchlechter bedient wird. Fußvolt ſteht bei den Sieks in weniger Achtung , und wird nur als Befaßung in ihren Ver ftungen gebraucht. Einer alten Sage zufolge glaus ben die Sieks , ſie würden durch ein weißes Volf, von Weſten Herkommend, ausgerottet werden, und

disfe deuten ſie auf die Europåer, deren Webermacht

fie bei ihren Streifereien in Rohilound und bei an. dern Gelegenheiten erfahren haben.

Ferolki

Dritte Periode , von 1707- 1800, 289 Ferofyſere ertheilte,der brittiſchen Handelss geſellſchaft, welche ſeit dem Anfange des fiebjegns ten Jahrhunderts (am 31. Dec. 1600.) Indiend

mannichfaltige Produkte mit ihren Schiffen auss führt , 1716. verſchiedene Freiheiten. Sie hatte

jonſt in Suratte und andern Háfen des faiſerlichen Gebiets, früherer Vergünſtigungen ungeachtet ), hobe Zólle bezahlen müſſen , und war dabei mans cherlei Erpreſſungen ausgefekt. Um dieſen abzus Helfen , fandten ihre Faktoren in Bengalen einige Abgeordnete nach Delhi , ſie konnten aber wegen des Einfluſſes der bengaliſchen Statthalter bei den Großen am Hofe wenig ausrichten , als auf eins

mal der Kaiſer in eine ſchwere Krankheit fiel, wels 1

che ſeine Aerzte für unbeilbar erklärten . Es ward ihm alſo gerathen , den engliſchen Wundarzt Has milton , der die bengaliſchen Deputirten nad) Hofe

begleitet hatte , ju befragen , und ſeine Vorſchrifs ten batten ſo gute Wirkung , daß der Kaiſer glück. lich wieder hergeſtellt ward. - Er überýäufte den Urzt mit großen Geſchenken, unter denen ſich Nacha bildungen ſeiner Inſtrumente von gediegenem Golde befanden , und erlaubte ihm , fich) eine Gnade auss gubitten. Hamilton verlangte nichts für ſich, ſons pern bat nur um Ubhelfung der Beſchwerden , welche

die engliſche Geſellſchaft über die Plackereien der Zoll. einnehmer und anderer Beamten des Kaiſers führte.

Dieſes ward nach langen Zögerungen bewilligt :), und

f ) S. Journal ofSir Thomas Roe in Purchas Pil. grimes V. I. $. 580. 9) Orme Hiſt, of the military Transactions. V. II. Sect. I. S. 71. 16.

s . th. 2. Abth . "

290

Geſchichte oon Oſtindiett.

und darüber der Geſellſchaft ein kaiſerlicher Firman

oder Befehl in gehöriger Form ausgefertigt. Dies fer befreiete ſie von den låſtigen Viſitationen , und

der Earation der Waaren , von denen ſie feit ges hangirs Regierung brei und ein halb pro Cent bes zahlen mußte. Anſtatt deſſelben erlegte ſie jeſt 10,000 Rupien in Suratte von iğrer jährlichen Eins und Ausfuhr , und 300o für den freien Hans del in Bengalen . In Bahar und Driffa, wo die Engländer ſchon damals Faftoreien hatten , wurs den ſie von allen Abgaber befreit. Sie erhielten das Recht, Geld zu prägen , und daß dieſe Müns zen im ganzen Reiche angenommen werden ſollten .

Ihre Fahrzeuge, welche an den Küſten Schiff bruch litten, und , dem indiſchen Strandrechte gemaß, in Beſchlag genommen wurden, befreiete der Kaiſer ebenfalls von dieſer Räuberei, auch ers laubte er ihnen , überall in ſeinen Staaten Faktos reien anzulegen , und daß zu einer jeden 40 Begas {and , jede zu 16000 0 Fuß berechnet, oder wes

nigſtens funfzehn Morgen (andes überlaſſen wers den ſollten 6). Ungeachtet Ferofhſere dem Anſchein nach mit Feinem Bezier ausgefühnt war , und deſſen Bruder dem aus Defan ancůckenden Subah befohlen hatte,

in dieſer Provinz zu bleiben , weil alle Zwiſtigkeiten beigelegt wåren , ſo traueten die in beſtåndiger Ges

fahr ſchwebenden Syeds dennoch den Faiſerlichen Verſicherungen nicht. Der Vezier hatte ſeinen Anhang durch viele bisher vernachläſſigte Große oder Omrahs vermehrt , denen er wichtige oder eins trågs h) S. Frazer . 45. Bolts Confiderations. V. I. S. 61. , Scotts Memoirs S. 139.

Dritte Periode, von 1707-1800. 291 trägliche Poſten ertheilt hatte , und der Subah von Dekan feste ſeinen angefangenen Marſch nach der

Hauptſtadt ungehindert fort. Noch ehe er Delhi mit ſeinem Heere erreichte, verlangte der Vezier von dem Kaiſer, alle feine Rathgeber und Vertraute

zu entlaſſen, vorzüglich ſeinen Schwiegervater, den Rajah von Goinagur, ihm die Oberauffidit über den ganzen Hofſtaat ju ertheilen , ihn zum Genes ral der Artillerie zu ernennen , und ſeinen Freun .

ben die Beſchützung des Kaiſers und des ganzen Hofes zu überlaſſen , alsdann wurden beide Bruder dem Kaiſer fernerhin treu und gehorſam ſeyn. Fes

roffere mußte alle Bedingungen bewilligen , und ſeine Vertrauten und Rathgeber von ſeiner Perſon entfernen , ſo daß nur etliche von ihnen , oder eins gelne der niedrigſten Bedienten um ihn blieben. LInterdeß hielt der Subah von Dekan 1718 .

in Delhi feinen feierlichen Einzug, feine Truppen wurden in der Hauptſtadt vertheilt , und er begab ſich perſönlich zum Kaiſer. Er ward von ihm ſehr freundlich und wohlwollend aufgenommen. Ferokh .

ſere wechſelte mit ihm ſeinen Turban , eine Ehrens bezeugung von der höchſten Art , und beſchenkte ihn mit allen Kleinodien , welche er am Leibe trug. Der Subah gab dieſe Gaben -trokig zurück, verwies ihm die bisherige Behandlung der Syeds, und verließ nach einigem Wortwechſel den kaiſerlichen Pallaſt

mit Ungeſtům . Sein Bruder that , nebſt einigen ſeiner Freunde, ein gleiches, die Truppen des Ves ziers zogen ab , des Kaiſers vorher entlaſſene Garde beſekte den Pallaſt wieder, und in ſieben Tagen ward von beiden Seiten nichts weiter vorgenom .

men . Der Kaiſer, endlid) der Einſamkeit müde und

/

292

Geſchichte von Oſtindien .

und von ſeinen Vertrauten getrennt , beſchloß , eine gagd anzuſtellen.

Daran ward er von dem Ves

zier verhindert, weil er und der Subah den andern

Tag vor ihm erſcheinen wollten .

Der Vegier fand

ſich auch zur geſekten Zeit bei dem Kaiſer mit feia

nem Gefolge ein , die faiſerliche Garde mußte aber . mals ihre Poſten räumen , und dieſe wurden von feinen Truppen befekt. Der Subah von Dekan erſchien damals nicht, ſondern vertheilte feine Solo daten , die Zugånge nach dem Schloſſe zu bewa.

chen . Wie der Bezier endlich zur Audienz vorges laſſen ward , machte er neue Forderungen , alle noch übrige Höflinge und Bedienten von ſeiner Pers ſon ju entfernen , und des Beziers Freunden ders ſchiedene Ehrenſtellen anzuvertrauen . Zugleich machte er dem Kaiſer die bitterſten Vorwürfe wes

gen der vielen Nachſtellungen, die er und ſein Brus der erfahren gåtten , und zeigte , daß von allen die

ficherſten Beweiſe in ihren Händen waren. Dbs gleich Ferofhſere ſich in den Händen ſeiner Unters drůcker befand, und fein Pallaſt mit ihren Trupe pen umgeben und angefüllt war , ro verlangte er dennoch Bedenkzeit, ehe er ſich über dieſe Anträge

erflåren könne, welche ihm der Vezier verweigerte, daher er ſich in ſeinen Harem begab , oder viels mehr verbarg , wo er nach indiſcen Grundfågen unverteglieh war , weil die Wohnungen der Frauena zimmer im Orient von Fremden nicht angetaſtet werden .

Die Nacht über , wie dieſes in dem Pale

laſte vorfiel, war Deloi in der äußerſten Verwirs rung , die Freunde des Kaiſers ſtanden mit ihren Iruppen bereit, um über die hochmuthigen Snede

Herzufallen , und dieſe hatten mit den Fhrigen die Stra.

Dritte Periode , von 1707-1800. 293 Straßen und Hauptplåße der Stadt befeßt. · Geo gen Morgen verbreitete ſich das Gerücht, der Bes zier wäre im Pallaſte, ermordet , hierauf fam es in

einigen Straßen zwiſchen den Anhängern des Rais fers und ihren Gegnern zu wirklichen Gefechten, und von den Maratten wurden funfzehnhundert,

nebſt drei ihrer vornehmſten Anführer , erſchlagen , worauf die übrigen mit großem Verluſt die Stadt verließen . Da ſich auch der Póbel zur Beſchůzung des Kaiſers bewaffnete, und viele von den abges

fekten Hofbeamten von allen Seiten herbeieilten , Fo wußte der Subaħ und ſeine Freunde nicht , ob fie in der Stadt bleiben oder diefelbe råumen rolls ten . Aber auf die Nachricht, der Vezier lebe noch ,

und habe den Kaiſer mit Gewalt in dem Zenana gefangen genommen , und einen andern Prinzen auf den Thron erhoben , ward die Ruhe wieder hers

geſtellt. Ferokhſere ward in einem dunkeln Zinimer über dem Chor des Pallaſtes eingeſchloſſen und ſtrenge'bewacht. Hier ſaß er , durch) ein Heißes

Eilen geblendet, zwei Monate lang, aber doch war er des Geſichts nicht ganz beraubt. Weil er

nicht alle Hoffnung aufgeben wollte , den Thron

wieder zu erlangen , und ſich durch die Flucht ju retten ſuchte, ſo beſchloſſen die Syeds , ihn zu vergiften , wie dieſes Mittel aber nicht die gehoffte Wirkung Qatte, ſuchte man ihn mit einer Bogente

feşne zu erwürgen , aber der Kaiſer widerfekte ſich ſeinen Henkern ſo muthig , daß ſie ihn mit Keulen

erſchlagen mußten. Dies geſchah am 24. Febr. 1719. im fünften Jahre ſeiner Regierung. Die Syebs hatten unterbeß den Thron von

Delhi mit einem andern Prinzen befeßt, den ſie E 3

aus

294

Geſchichte von Oſtindien.

aus den Gefängniſſen befreieten , in welchen Uue rungzeb’es zahlreiche Nachkommenſchaft theils im

Schloſſe Selimgur bei Delhi, theils in der Citas delle von Agra , gefangen ſaß. Er hieß Ruffeh al Dirjat, war ein Jüngling von ſiebzehn Jahren , und ein Enkel Shah Allum I. von ſeinem jüngſten Sohn. Unter ihm blieb die Regierung in den Håns den der Syeds, Ferokkſere's Freunde wurden eine geſperrt, und ihrer Güter und Reichthümer bes raubt.

Allein die neue Regierung war von kurzer

Dauer , Ruffeh ſtarb nachvier Monaten und etlis chen Tagen an der Schwindſucht.

Daß er von

den Syeds vergiftet worden , iſt eine von ihren Feinden ausgeſtreute Sage. Da der ganze Hof ſtaat, bis auf die Verſchnittenen und niedrigſten

Bedienten , Kreaturen der beiden Brüder waren, und ſie ihre Widerfacher theils unterdrückt, theits in entfernte Provinzen geſchickt hatten , ſo durften

fie von dieſem unerfahrnen Schattenfaiſer nichts befürchten.

Er hatte ſeinen jüngern Bruder Ruffen al Dowla zum Nachfolger.

1

Weil damals einzelne

· Machthaber den Thron von Hinboſtan nach Bes lieben erledigten und wieder befekten , fo glaubte der Statthalter von Ugra, ein gleiches Recht zu has ben. Er befreiete alſo den Pringen Nicoſir aus der

Citadelle dieſer Stadt, der ebenfalls ein Enkel Shah Allums I. war , und Hoffte, ihn mit Hülfe

der miſvergnügten Großen , vorzüglich des Rass buttenfürſten von Goinagur , den die Syeds ebens

falls verdrångt hatten , zu ſchüßen. Allein die Brús der verfammelten ſchnell ihre ganze Macht , und

zogen mit ihrem Kaiſer nach Ugra, ehe der Aufs ſtano

Dritte Periode, vont 1707-1800. 295 ſtand ſich weiter verbreiten , oder der Statthalter ſich mit ſeinen Bundesgenoſſen vereinigen konnte. Die Belagerung von Agra dauerte nur einige Tage.

Denn da die Beratung fich gegen ihren Befehls. Haber auflehnte, ſo entleibte ſich dieſer , um nicht ſeinen Feinden lebendig in die Hände zu fallen , die Stadt mußte ſich ergeben , und Nicoſir wieder in ſein altes Gefängniß wandern. Aber auch die Res

gierung des Ruffen al Dowla neigte ſich ſchnell ih, rem Ende. Er ward während der Belagerung krank,

und ſtarb am 12. Jun. 1719 , ehe ſich einmal die Syeds über ſeinen Nachfolger vereinigen konnten. Sie befreieten alſo zum drittenmal einen Ena kel Shah Allums I. aus der Beſtung Selimgur, und ließen ihn unter dem Namen Magomet Shah

am 24. Jul.1719. als Kaiſer ausrufen. Unter ihm hörte endlich die bisherige Regentſchaft der Syede auf. Die große Einigkeit der Brüder verwandelte

ſich in Zwietracht, und ſie gerfielen , wie einige

wollen , über die Beute, die ignen in Ugra zuges fallen war. Auch wagten es einzelne Statthalter, ihnen zu widerſtreben . Außer verſchiedenen kleinen Empórungen , die zwar gedämpft, aber nicht ſo geahndet wurden , als ſie unter Ferpfkſere's Res gierung ſich an ihren Widerſachern zu rächen pflege ten , lehnte ſich der berühmte Nizam al Mule ges gen die Syeds auf. Ihm war bereits unter der

vorigen Regierung dieStatthalterſchaftvon Malva übergeben , er hatte dieſe Provinz gegen die Mas yratten beſchügt, und uugeadytet ſie damals , wie

gegenwärtig, in viele kleine Herrſchaften zerſtůckelt war , in blühenden Zuſtand verſeßt, auch unter

den Maratten großenEinfluß erlangt. Da Syed I 4

Hub

296 ^ Geſchichte von Ifindient... Hufein Subah von Dekan war , und Malva als der Schlüſſel oder die Vermauer dieſer Provinz aw geſehen, ward , ' ro verlangte er von dem Nijam,

ihm Malva abjutreten , und überließ ihm dagegen,

unter bler andern Statthalterſchaften zu wählen.

Dazu war aber der Nizam nicht zu bewegen , um fo mehr , da ihn Huſſeins Widerſacher aufhegten, bieſe Statthalterſchaft nicht aufzugeben , ſondern Tidy im Beſik derſelben mit den Waffen in der

Hand zu behaupten , indem ſie dieſe Widerſeklictys Feit als das einzige Mittel anfahen, den Emir al

Omrah aus der Hauptſtadt zu entfernen. Der Mizam ging aber noch weiter. Er wagte einen Einfall in Defan , eroberte dort verſchiedene Ves ftungen und ſchlugdie Truppen , welche Huſſeins Stellvertreter ihm entgegenſtellte. Da der Nizam

mehrere Marattenfürften gewonnen hatte , ſeine Partei zu verſtårken , auch der kaiſerliche States Halter von Berar ſich für ihn erklärte , welche Pros ving damals noch nicht von den Maratten 'ůber's ſchwemmt war , ob ſie ihnen gleich den Chout bes zahlte; fo beſchloß Huſſein endlich, zur Beſtrafung

des Rebellen mit des Kaiſers Eruppen nach Dekan zu marſdiren . Allein " ege fein Heer beiſammen * war , ward er , wie ihm gerade der Kaiſer die 26.

ſchiedsaudienz ertheilt hatte, ermordet. Alle Ehs renſtellen und Würden , welche die Syeds und ihre Freunde bekleidet hatten , wurden an andere vers

geben , und Abdollah ſeiner Bezierwürde entfeßt.

Er beſaß aber Macht und Reichthümer genug, um ſeinen Gegnern Widerſtand zu leiſten .

Auf die

Nachricht von der Ermordung ſeines Bruders eilte er nach Ugra , um dort unter den gefangenen Prins gen

Dritte Periode , von 1707-1800. 297 zen einen zum Kaiſer zu wählen , und deſto ficherer den Mahomet Shab und deſſen Anhänger zu ben fiegen. Der Thron ward verſchiedenen Prinzen angetragen , aber ſie weigerten ſich , ihn anzuneh , men, ſelbſt der fchon einmal zum Schattenfaiſer erwählte Nicojir. Doch julegt fand ſich unter ih . nen einer , Namens Ibrahim , den der Kaiſertitel reizte , und er ward mit den gewöhnlichen Ceremos

nien auf den Tyron erhoben. Dieſe beftehen in folgenden Feierlichkeiten . So bald der neue Kais

fer oder Großmogut fidy auf den Thron (Muſnud) erhebt, mit dem Sonnenſchirm über ſeinem Haupte, ordnen ſich die Großen des Reichs nach ihrem Rans ge und Würden an beiden Seiten des Chrons.

Ein Herold verfúndigt hierauf den Namen des Bes herrſchers von Hindoſtan , nebſt den Ehrentitein, welche er, entweder ſeine Tapferkeit oder ſeinen Eis

fer für die Religion zu beweiſen , gewählt hat, nebſt den Titeln und Würden ſeiner Reichsbeamten (Omi rahs ) , von denen ein jeder ihm durch ein Geſchenk

an Gold oder Edelſteinen (Nuzzir) feine Huldigung bezeugt. Der erſte Küchenmeiſter überreicht dem

Kaiſer auf einem goldnen Teller Brod , Confituren und andere Speiſen , von denen der Kaiſer , nad). vorher verrichtetem Gebet , das die ganze Ver .

ſammlung ebenfalls herſagt, etwas für ſich nimmt, und das übrige mit eigener Hand unter die Anwes fenden vertheilt. Hierauf beſteigt er ſeinen Staatst elephanten , und begiebt ſich in Begleitung aller Großen nach der Hauptmoſchee von Delhi, und wirft unterweges Golds und Silbermünzen , auch andere Dinge von verſchiedenem Werthe, unter

das Boll aus. In der Moſchee wird erſt gebetet, LS

und

2980

Geſchichte von Oſtindien .

und hierauf der Gottesdienſt von dem Obergeiſtlis chen (Suddur ul Suddur) verrichtet. Nachdem die Fürbitten für den Kaiſer geendigt find, geht det

ganze Zug mit gleichem Geprånge wieder nach dem Pallaſt zurück. Der Vezier ſuchte hierauf ſeinen Angang zu

bermehren ,fegte viele nach Ferofyſere's Ermordung entlaſſene Große in ihre Vemter wieder ein , und keß in den nördlichen Provinzen Werbungen ans ſtellen . Dazu verwandte er von ſeinem eigenen Bermogen eine Crore oder zehn Millionen Rupien, aud) ließ er aus dem koſtbaren goldenen Thron Shah Jehans Geld prägen , ſo daß er in kurzer

Zeit 80,000 Reiter zuſammenbrachte. Allein uns ter ſeinem Heere befanden ſich viele Abentheurer, welche nur der hohe Sold anlockte; indem er jes

dem Reuter , ohne deſſen Pferd zu unterſuchen, monatlich achtzig Rupien bezahlte, da ihr gewohns licher Sold nur funfzig Rupien betrug, wenn ſie gut beritten waren. Daher viele nach erhaltes nem Sold ihn wieder verließen , und zu ſeinen Gegnern übergingen. Beide Heere kamen endlich am 2. November 1721. bei der alten Stadt

Muthra an einander , und Mahomet Shah ers focht über, den Gegenkaiſer Jbrahim einen glans zenden Sieg , in welchem er und ſein Vezier zus legt gefangen wurden . Der erſte mußte ſich wies der nach Selimgur verfügen , und der andere ward bis an ſeinen Tod enge verwahrt. Mahos

met hielt in Delhi einen glänzenden Einzug; alle, welche ſich im Treffen ausgezeichnet hatten , wurs ben anſehnlich belohnt, und die Nabobs und Sus

bahs in ihren Provinzen beſtåtigt, auch dem Nis jam

Dritte Periode, von 1707-1800. 299 jam die Regierung der Provinzen Malba und Der kan übertragen .

Dadieſer Fluge undmachtige Mann Dekan bis 1748 , oder bis an ſeinen Lod , behielt, ſo

Horte unter Mahomet Shah das Anſehen des Rais fers in dieſer Proping allmählich auf. Die Eine künfte derfelben wurden gar nicht mehr nach Delhi

ůbermacht, oder der Nizam , welcher dort aló uns abhängiger Fúrſt regierte , fandte ihm nur gelegente

lich Elephanten und andere Geſchenke. Weil aber der Kaiſer bald nach ſeinem Einzuge in Delhi ſeinen an des Syeds Stelle ernannten Vezier durch den

Cod verloren hatte, und er ohne Gehülfen und Rathgeber fein Reich nicht beherrſchen konnte; fo trug er dem erfahrnen und in Geſchäfften grau ges wordenen Nizam al Mule dieſe Würde an , und

ließ ihn nach der Hauptſtadt berufen. Er kam auch dort 1722. an , und ſein erſtes Geſchäfft war , 6 den Kaiſer zu ermahnen , ſeine Zeit nicht mit den Vergnügungen des Harems und andern Juſtbarkeis ten zu verſchwenden , ſondern ſich der Regierung

anzunehmen , die Finanzen in beſſere Drdnung :ju bringen , und Aemter und Würden nur geſchickten - * und redlichen Männern zu ertheiten. Wie aber der neue Bezier fand , daß dieſe Reden nicht nach dem Geſchmack des Kaiſers und ſeiner verworfenen Günftlinge waren , und daß er keine Verbeſſerun . gen in der Staatsverwaltung bewirken würde, legte er feine Stelle nieder, und ging 1723. nach Den kan zurück , unter dem Borwande, einen Rebellen zu züchtigen , der ſich in Gujeratte gegen den Kais fer aufgelehnt hatte. Er war auch ſo glücklich, die

Ruhe in dieſer Provinz wieder herzuſtellen , und begab

300. - Geſchichte von Oſtindien. begab ſich Hierauf 1924. abermals nach Delhi, um den dort eingeriſſenen Unordnungen zu ſteuern, aber

feine Mühe war vergebens. Er gab alſo vor, auf die Zagd zu gehen , und verließ die Hauptſtadt zum

zweitenmat. Mahomet, über die plößliche: 46 reiſe feines Veziers empórt , verſprach die Proving Defan einem Unterbefehlshaber in Hyderabad, wenn er die Waffen gegen den Nizam ergreifen würde, und beſtellte úber Malva und Gujeratte

andere Statthalter. Allein der Nizam jerſtreute

bald das Heer ſeines gegenihn aufgehesten Vaſale Fen , erlegte ihn in einem Treffen , ſchickte deſſen Kopf nebſt einem Theil der Beute nach Delhi, und wünſchte dem Kaiſer Glück , einen Rebellen beſiegt

zu haben.

Ueber Guzeratte hatte er einen ſeiner

Verwandten zum Verweſer beſtellte, dieſer mußte auf ſeinen Befehl alle kaiſerliche Beamten abſeßen ,

auch alle Jaghiredars, oder Inhaber der Dienſte lehne, aus ihren Diſtrikten verjagen , und er ſelbſt ermunterte die Maratten , in Guzeratte einzufal. len . Dieſe offenbare Empórung brachte den ſonſt über Auftritte dieſer Art fehr gleichgültigen Kaiſer

aus aller Faſſung. Er befahl, ein Heer zur Ben ftrafung des Nizam auszurüſten , aber keiner von den ihn umgebenden Großen wollte das Kommando

ábernehmen. In dieſer Verlegenheit beſchloß er den unter den vorigen Regierungen ſo übermächtis gen Syed Abdollah ſeiner Haft zu entlaſſen , und ihn nach Defan zu ſchicken . Aber er ſtarb gerade um dieſe Zeit, nicht ohne Verdacht, daß die andern Miniſter , neidiſch über das Vertrauen , welches

Mahomet auf einen ihrer Meinung nach vergeſſenen

Mann feßte , ißn mit Gift von der Seite geſchafft hat.

Dritte Periode,don 1707-1800. 301

katten *). Endlich ſtellte ſich Sirbulund Khan an die Spiße des Heers , und brachte Guzeratte 1

wieder zum Gehorſam . Allein die Maratten mies derholten feit 1728. jährlich ihre Einfälle , To dag

zuleßt die ſo oft ausgeplünderten Einwohner die Steitern nicht bezahlen konnten , welche zur Bes foldung der Truppen und Garniſonen angewieſen waren. Der neue Statthalter mußte alſo ſeine Soldaten entlaſſen , oder dieſe verließen ihn , weil fie feinen Sold bekamen , und den Marattén fogar ben Chout von dieſer Provinz, oder den vierten

Theil der kaiſerlichen Einfünfte, verſprechen . Da Sirbullund dieſen Vergleich ohne Einwilligung des Hofes geſchloſſen hatte , ward er abgerufen , und einem Rasbuttenfürſten dieſe Provinz übergeben.

Deſſen ungeachtet erhielt der Kaiſer aus Guzer ratte ſeitdem weiter keine Einkünfte. Denn Raja Ubi Sing, ein Glaubensbruder der Maratten , trat

mit ihnen in genauere Verbindung , anſtatt ſie zu vertreiben oder die Grenzen zu beſchúßen . Die nås

Hern Umſtände dieſer Verbindung ſind nicht bekannt. Indeſſen iſt es gewiß , daß ſeit 1730. die Marato ten wirklich Gujeratte einnahmen , oder der Peis fhwa den ſüdlichen , und die Famitie Suicatoar, die noch in Gujeratte anſáñig iſt, den nördlichen Sheil dieſer Provinz an ſich geriſſen haben. Aberſie trågt

ihnen das lange nicht ein , was der Kaiſer ehemals daher erhielt. Denn unter Uurungzebe ſtiegen die kaiſerlichen Einfünfte auf 15,196,227 Rupien, da die Maratten nicht mehr als 9,870,900 Rupien aus derſelben aufbringen können ; entweder weil

dieſe Proving , wie alle Länder , welde die Marats ten

0) Frazer S. 59.

A을

302 0 : Geſchichte von Oſtinbient.

2,

ten beherrſchen , durch ihren ſchrecklichen Druck entvolfert iſt, der ehedem blühende Handel gang i

aufgehört hat, oder die herumziehenden Räuberbaus fen , welche unter dem Namen Coolies , Beels, Kartf as dort normadifiren , und wegen igrer Ars muth und Roheit geringen over keinen Tribut erles gen können , die ehemaligen Wohnpläße der betriebs ſamern Unterthanen eingenommen haben. So fchwanfend auch die Beſchlüſſe der kaiſers lichen Rathgeber in Delhi fenn mochten, und ſo wenig Kraft und Nachdruck ſie bei der jegt anfan . gender Zerſtůckelung des Reichs zeigten , fo blieb die Beſtrafung des aufrüşriſchen Nigams doch ihr

Hauptzweck, und dieſen ſuchten ſie durch Zwiefpale zwiſchen ihm und den Maratten auszuführen. Als lein der alte, mit den Hofkabalen zu befannte Fürſt, hatte von allem , was man gegen ihn in Delhi ber

ſchloß, hinlänglicheKundſchaft. Um alſo von die ſen Nachbaren in Dekan nichts befürchten zu dürs fen , ermunterte er die Maratten , die Proving Malva anzugreifen. Damals gatten dieſeNåuber noch ein gemeinſchaftliches Oberhaupt, wenn gleich einzelne Anführer auf eigne Rechnung umherſtreifs Ten, oder unter den Heeren des Nizam von Des kan, auch anderer'mogoliſcher Feldherren , dienten, Shr damaliges Oberhaupt warder ſchon unter Aus rungzebe's Regierungbekannte Sahu (Saugi, Som Rajah) , ein Enkel von dem berühmten Sevagi. Er hielt das lockere Band unter den , durch ihre nördlichen Eroberungen machtiger gewordenen , Mas rattenfürſten dadurch zuſammen , daß dieſe, außer was ihnen in Egandes , Ahmednagur und Guzes ratte gehörte, Dienſtlehne im alten Marattenlande oder

Dritte Periode, von 1707-1800. 303 ober Mehrut befaßen , ihm aber dagegen Diſtrikte in den neu erlangten kaiſerlichen Provinzen abtres ten mußten, daher die Lånder der Maratten bis

auf den heutigen Tag auf die ſonderbárſte Weiſe zerſtückelt ſind, und jedem Fürſten , oder wenig.

ſtens, dem måchtigſten , Diſtrikte innerhalb oder neben dem Gebiete der übrigen gehören . Sahu hat ſich nicht durch Kriegsthaten , wie ſeine Börs fahren , ausgezeichnet , ſondern lebte in Ruhe IR

der Veſtung Setteraḥ , fünf und zwanzig deutſche Meilen weſtwärts von Puhna belegen , unterdeſſen ſeine Baſallen oder die andern Marattenhelden ihr Gebiet nach allen Seiten erweiterten. Sahu

ſcheint ſich überhaupt , wie er zu altern anfing, der Regierung wenig angenommen zu haben , daher er um dieſe Zeit, oder gegen 1717 , (das Jahr, wenn dies eigentlid, geſchahe, iſt nicht gewiß , bekannt,)

alle Geſchaffte ſeinem Peiſhwa übertragen hatte. Der Peiſhwa war unter den erſten Marattenfúcs ften der oberſte Staatsminiſter, ſein Name wird

bald durch Kanzler, bald durch Führer erklärt, und bei Sevagi's Verhandlungen mit Europäern ers

ſcheint ſchon der Peiſhwa . "). Weil Sabu dieſem Miniſter die ganze Regierung überließ , die Große fúrſten der Maratten weiterhin von dem jedesmas ligen Peiſhwa ernannt , ja zuleßt in Setterak eins

geſperrt wurden , ſo ward dieſe Würde nicht nur in einer Familie erblich , ſondern man betrachtet auch den Peiſhwa, feit Sahu's Regierung , als das eigentliche oder ſichtbare Oberhaupt der Ma.

ratten . Der Stammdater der Heutigen Peiſywa's, ober

+) S. Fryers new Account of India and Perfa . S. 79 .

304

Geſchichte von Oſtindien .

oder derjenige , dem Sahu die Regentſchaft übers frug , hieß Ballaji ) ( Biſſonauth ), und ſeine Vors eltern waren Braminen in Concan , welche, feito

dem die Glieder dieſer Kafte auch weltliche Ges

ſchaffte überneğmen, ſich als Pächter oder Verwals ter von Siverdun ( Cifardan , Sufferdan ) náhr. ten , einer Seeſtadt in Concan , welche zwiſchen ben bekanntern Handelspláken Dabul und Choul

belegen iſt. Saħu hatte keine Kinder.

Er ließ daher

D Die Namen und die Folge der erblichen Peiſhwa'$ in Puhna , feit Sahu's Regierung , find in uns glaubliche Dunkelheit verhüdt; weil entweder die Maratten keine einheimiſche Geſchichtſchreiber haben, oder wern , wie faſt zu vermuthen ſteht , Annaliſten ,

Chroniſten und dergleichen unter ihnen vorhanden find, niemnand dieſe Quellen zeither benußt hat.

Daher find unfritiſche perſiſche Biographien oder Kriegsgeſchichten , welche gelegentlich marattiſche Bes gebenheiten berühren , unſere einzigen Führer. Die

Perirrungen in den Namen und der Folge der Peis . Thwa's rühren theils daher , daß dieſe indiſchen Quels 1

len jo ſelten die Zeit beſtimmen , ſpåtere Jahre mit frühern verwechſeln , und bei der Namensåhnlichkeit der verſchiedenen Peiſhwa's , Ballagirow und Bas

jerow , die Perſonen unter einander gemiſcht haben . So weit fich alſo Mir Gelam ( lo heißt der Berf. des vorher oft angeführten Werts Khazanah e dames

rah) , Kerr und Chambers vereinigen laſſen , hatten die Maratten folgende erbliche Peiſhwa's : Der Stammbater derſelben hieß Wiſlaji Punt, ein Bras

mine in der Stadt Sewurdun (Siferdan ) und Zeits genoß des berüchtigten Sevagi. Sein Sohn Bals laji Biſſonat ward von dem Großfürſten Sahu um

1717. zum erſten Peiſhwa ernannt, und ſtarb 1721. ( S.Mir Gelain in Al. Miſcell: V. II. n . I. 5. 202 . 203.)

Deſſen Sohn Bajirov I. war der zweite Verbs

Dritte Periode, von 1707-1800. 305

Dáher alle Befehlshaber und Maratten von Unſes hen nach Setterah kommen , um aus ihnen einen

Stellvertreter oder Diceregenten zu wählen. Bal. laji empfahl ſich ihm durch ſeine Kenntniſſe, noch mehr aber durch die Verſicherung, daß er 25,000 Reiter, und noch eine größere Unzahl zur Vertheis digung des Staats ſtellen könne. Er ernannte ihn alſo zum Peiſhwa , und empfahl allen Unweſenden, ign als ihren Obern zu erkennen . Er wies ihm zu gleich zehn Procent von allen Einkünften des Mas rattens

erbliche Peiſhwa, und ſtarb 1740. Der dritte hieß Badajirow II. , des vorigen Sohn , und ſtarb am

27.April 1749. Der vierte Peiſhwa war Bas jirow II., ein Sohn ſeines Vorgångers , und ſtars

1761. vor Gram über die Niederlage bei Panniput. Sein Sohn Madurow folgte ihm als fünfter Peis

Thwa, und ſtarb am 17. Nov. 1772. Hierauf ward fein Bruder Naraim Row , ungeachtet defien Mins

derjährigkeit, von den meiſten Marattenfürſten als fediſter Peiſhwa erkannt , aber ſchon , 1773. von ſeis

nem Vater bruder Ragoba ermordet. Ragoba , auch Ragonaut Now genannt, riß hierauf die Peiſhwas würde an ſich), tonnte ſie aber nicht gegen ſeine Gegs

ner behaupten.

Dieſe erhoben 1774. den Madhu .

row Maraim žum ſiebenten , oder wenn man Nas

goba's furze , ſtürmiſche Regierung mitzählt, zum achten Peiſhwa. Nach einigen par er des ſechſten Peiſhwas nachgeborner Sohn , nach andern aber ein untergeſchobenes Kind. Er ſtarb durch einen uns glückliden Fall am 27. October 1796 , und er ſcheint teine männliche Erben hinterlaſſen zu haben , denn

nach ſeinem Tode wählten die Maraftenfürften des vorher gedachten Nagoba's Sohn zumi achten (oder neunten ) Peiſhwa, der noch , aber mit wenigem Ans reben , die Regierung führt , und ſo unbekannt iſt, daß ich nicht einmal ſeinen Namen Herſeken tanii.

s . Th. 2. Abth

11

306

Geſchichte von Oſtindien.

rattenſtaats als Beſoldung an , und einen gleichen Antheil an dem Chout, den die Maratten fünftig von den faiſerlichen Provinzen eintreiben würden m ). Der erſte Peiſhma ſtarb ſchon 1721 ; und hatte ſeinen Sohn Bajirow zum Nachfolger "). Un dieſem wandte ſich 1732. der Nizam , um Malva

anzugreifen , und ein zahtreiches Heer unter Bajis. rows Anführung folgte dieſer Aufruf.

Malva

ward zwar von einem tapfern faiſerlichen Feldherrn

'vertheidigt, wie dieſer aber weder Geld noch Uns terſtüßung aus Delhi erhielt , ſo mußte er der llebermacht weichen . Seine Nachfolger waren von gleichem Muthe beſeelt , fie wurden aber aus

eben dieſer Urſache bald áberwältigt. Die Mas ratten , nicht blos mit dieſer Provinz zufrieden, wagten ſeitdem gleiche Einfälle in das benachbarte

Agra, plünderten hier die faiſerlichen Domainen aus, verheerten Bundelcund erſchienen 1735. zum erſtenmale vor Delhi, und verbrannten die

Borſtådte. Der Kaiſer brachte zwar ein Heer ges gen ſie zuſammen , weil aber die Maratten jedem

Treffen auswichen , ſich in Streifparteien vers theilten , und der kaiſerlichen Armee alle Zufuhr abs ſchnitten , ſo konnte man ihr Vordringen weder vereiteln , noch weniger ſie aus ihren Eroberungen verjagen . Doch erlitten ſie 1735. in der Nachs barſchaft von Ugra von dem tapfern Nabob von

Quhd, Saadut Khan , dem Ahnherrn der Fürſten, die gegenwärtig dieſe Proving als kaiſerliche Veziere, aber unter engliſcher Vormundſchaft beherrſchen, eine

m ) S. W. Chambers Short Account of the Ma ratta State , S. 6 .

n) Aſ. Miſcellany V. II. S. 103.

Dritte Periode, von 1707-1800. 307 eine gewaltige Niederlage. Drei ihrer vornehms ſten Anführer wurden gefangen , eine Menge der flüchtigen Maratten fanden ihren Tod im Jums na , und ihr Peiſhwa Bajirow , der mit einem an.

dern Räuberhaufen bei Gualeor ſtand , würde mit gleichem Verluſt zurückgeſchlagen ſeyn , kåtte Saas dut Khan nicht vom Hofe Befehl erhalten , Vers ſtårkung abzuwarten. Die Maratten mußten ins deß Ugra råumen , behielten aber die Provinz Malo

va ). Obgleich damals große Hoffnung vorhans den war , ſie auch aus dieſem Lande zu verjagen, .

po waren die Rathgeber des Kaiſers, vorzüglich der Emir al Omrah Khandoram , ſo verblendet, daß

ſie mit den Maratten Frieden ſchloſſen , worin ih. nen der Ehout von den kaiſerlichen Einfünften vers ſprochen warð "). Aus welchen Provinzen ſie dies

fen Tribut fünftig erhalten ſollten , wird nicht ges meldet. Von Defan , Chandes und Ahmednagur konnte es nicht ſeyn, denn dort war iğnen der værte

Theil der kaiſerlichen Gefálle långſt angewieſen, von Guzeratte und Malva eben fo wenig , denn dieſe Provinzen Gatte ihnen der Kaiſer ſchon früher eins geråumt. Die Maratten erhielten alſo wahrſcheins

lich die Befugniß , den Chout aus Ugra undElhas dabad , vielleicht auch aus Berar , zu erheben , legs tere Provinz ward damals noch von einem faiſerlis chen Statthalter regiert , der aber in dieſer unrus higen Periode kaum erwähnt wird. Der Schrecken über den Einfalt der Marato

ten , noch mehr aber die ſchwankenden Maaßregeln

ſeiner Miniſter , das Reich von dieſen Räubern zu U 2 b ) Scotts Memoirs 5. 198 .

p) Scotts Memoirs Ⓡ. 199 .

ber

308

. Geſchichte von Oſtindien .

befreien , vermochte den Raiſer, fich wieder mit

dem alten Nizam auszuſohnen . Er ward daher noch vor dem Vertrage mit den Maratten nach Delhi berufen, gerade wie aud) er dieſe Räuber nach der Niederlage bei Agra aus Malva ju vertreiben ſuchte.

Er beſiegte den Bajirow in einem blutigen

Treffen , und würde gewiß ſeinen Zweck erreichthas ben , wäre nicht der übereilte Friede mit den Mas

ratten zu Stande gekommen, oder der Nizam nicht nach Delki berufen worden , den Kaiſer bei einer

größern Gefahr zu berathen , welche ihm von Wer ften her bedrohete. Dies war Nadir Shahs berühmter Einfall

in Hindoſtan , der das alte Reich der Mogoten ro Heftig erſchütterte, daß es fich von dieſem Unfall

nie wieder erholt hat. Seitdem unterlag daſſelbe fedem Feinde , der es im Ganzen oder theilweife angriff, die Empörungen der Statthalter in den bisher treu gebliebenen Provinzen gelangen , weil der Kaiſer aus Ohnmacht und Geldmangel ſie nicht aħnden durfte, und ſogar in der Nähe reiner Haupts

ftadt ſolchen ohnmächtigen Rebellen , dergleichen Dihaten , Sieks und Rohillas urſprünglich was

ren , anſehnliche Diſtrikte einräumen mußte, bis ihm julegt nur die Steinhaufen von Delhi, und die Trümmer feines oft ausgeplünderten Pallaſtes

übrig blieben . Ueber die Veranlaſſung dieſes merk: würdigen Zuges , den ein perſiſches Heer auf dem felben Wege unternahm , auf welchem bisher alle Eroberer und Berwuſter des unglücklichen Hindos

ftans gekommen waren, find zwei ganz abweichende Meinungen vorhanden , und überhaupt finden ſich bei den Nebenumſtänden dieſes zwar bald beendig, ten

Dritte Periode, von 1707-1800. 309 ten , aber wegen der Folgen deſto ſchrecklichern Krieges ſo viele. Widerſprüche, Varianten und Abweichungen , daß man , um dieſe zu vereinigen oder zu widerlegen , ein beſonderes Werk ausars beiten můjte. Nach der erſten Meinung hat der

alte Nijam von Defan und der Nabob von Auho, Saadut Khan, die Perſer nach Indien berufen , um mit ihrer Hülfe des Kaiſers liebling, den Feldmars ſchal und Schafmeiſter Khandoran , ju ſtürzen. Beide ſollen dem Nadir Shah die Leichtigkeit vor. geſtellt haben , über die Gebirge und die Flüſſe vor

Panjab vorzubringen , weil ihm die Befehlshaber von Cabul und fahor keinen Widerſtand leiſten, und das kaiſerliche Heer ſich für ihn erklären würde.

Nach der andern Meinung war Nadir Shahüber den indiſchen Kaifer erbittert , daß es ihm Hülfe gegen die Afgahnen verſagte, dieſe ſogar innerhalb ſeiner Staaten aufnahm , wie ſie von den Perſern überwåltigt waren , oder ihre Flucht nach Cabul nicht verhindern ließ , und andere ihm gemachte Forderungen von der Hand wies. Nadir Shah berfolgte alſo ſeine Feinde bis in des Kaiſers Ges biet, und da er hier nicht den erwarteten Widers ſtand fand, oder die Schwädje der indiſchen Re. gierung einſehen lernte , ſo führten ihn Raubſucht und Conquerantenwuth bis nach Delhi.

Allein

die erſte Meinung iſt gewiß , wie andere ſchon ges

jeigt haben) , von des Nigams Feinden erfunden und verſchönert worden , ſie wird auch von gleich, zeitigen Augenzeugen , Metadikan , nach Jones U 3

;; Uebers

1

) S. Bernouli's Nizam al Mulk beim Tiefenthas Ter II. B. 2. Th. . 92. S. 134. 26.

Forſters Trav. V. I.

310

Geſchichte von Oſtindien.

Ueberſegung, Tiefenthalern , der bald nach Nadirs Ubzug Indien bereiſete, und den einheimiſchen Schriftſtellern , die der Hauptmann Scott in ſeis nen Memoiren über Aurungzebe's Nachfolger ber nußt hat , widerſprochen , und keiner von ihnen ers wähnt der Ereuloſigkeit , welche jene ehrgeizigen

Berråther, nach Frazer , Otter , Moſfel und Dow , gegen ihren Regenten begangen haben ſollen. Hins gegen ſtimmen ſie darin fámmtlich überein , daß, wie Nadir Shatı wegen der großen Kriegsmacht, welche der Kaiſer zur Vertheidigung feiner Haupts ſtadt zuſammen brachte, gegen Erlegung einer Summe Geldes , Hindoftan zu verlaſſen dachte, er von dem Nabob von Auhd , der um dieſe Zeit mit dem Nizam ſerfallen war, bewogen wurde, den geſchloſſenen Vergleich zu brecen , und Delhi auss

zuplündern. Hieraus haben wahrſcheinlich indiſche Geſchichtſchreiber, denen Frazer , Dow zc. gefolgt find , und welche ro hånfig Zeiten , Perſonen und Nebenumſtånde mit einander verwechſeln , ein frús heres Verſtändniß mit dem perfiſchen Eroberer ges ſchloſſen , und dadurch die ganze Geſchichte feines Einfalls auf eine unglaubliche Art verwirrt und vers dorben , anſtatt zu zeigen , daß ſich der ganze Zug

allmählich entwickelte , und daß Nadir Shah ima mer weiter vordrang ; je leichter von ihm alle

Schwierigkeiten überwunden wurden , bis ihm zu .

legt Verråther den Kaiſer und ſeine Hauptſtadt in die Hände lieferten .

Nadir Shah, oder wie er urſprüglich hieß, Nadir Kuli , aus Choraſan gebürtig, hatte ſich von einem Stallbedienten eines Befehlshabers in

einer kleinen Stadt eben dieſer Provinz und Råus bers

Dritte Periode, don 1707-1800. 311 beranführer , durch ſeine Sapferkeit allmäßlich ſo emporgeſchwungen , daß er 1728. erſter Befehlss Haber bei dem perſiſchen Regenten Shah Tamaſp wurde. Er zeichnete ſich in dieſer Stelle bald durch

glückliche Unternehmungen aus , daß er die Afgah, nen , die Herren von Iſpahan , und vieler perſis

fchen Provinzen waren , überwältigte, die Türken, welche damals Perſien glücklich bekriegten , aus ihren Eroberungen verjagte, und von den Ruſſen die Provinzen wieder erlangte, welche Peter der Große den Perſern am caſpiſchen Meere entriſſen

hatte. Weil aber die Großen am Hofe, und ſelbſt

Tamaſp , ſeine Verdienſte verkannten , oder ſeine Vorſchlage verwarfen , ſo entſekte er 1732. dieſen Fürſten der Regierung , und erhob, deſſen Sohn Ühbas , ein Kind in der Wiege , auf den Thron. Doch als Ubbas ſchon 1736. ſtarb, ließ er ſich auf

der Ebene Moan , oder der Gegend , wo der Kur und Uras ſich vereinigen , von den Großen des

Reichs, die er dorthin verſammelt hatte, zum Herre (cher von Perſien wählen , ſeinen Kindern die Erbs folge verſprechen , und nahm kierauf den Titel Shah Nadir an. Jeßt beſchloß er , an den Afgahnen von Can , dahar Rache zu nehmen , die ſich nicht nur von Perſien losgeriſſen , ſondern dies Reich früher vers

heert und zerrůttet hatteii.

Joſepk , der König

dieſes rohen Volfs , ſchien zwar in der Veſtung Candahar jum tapferſten Widerſtande bereit ; wie aber Nadir Shah 1737. mit einer ungeheuern Kriegsınacht herancůckte , verfor er den Mutly,

überließ ſeinemSoón dié Vertheidigung der Haupts ſtadt, und eilte nach Delhi. Hier verſprad, er, Il 4

ben

312

Geſchichte von Oſtindien .

den Kaiſer Mahomet als Oberherrn zu erkennen, wie ſeine Vorfahren gethan hatten , denn unter Kaiſer Äkbar war Candahar noch eine indiſche Pros ving, welche die Perſer feinen Nachfolgern erſt 1650. entriſſen. Aber des Kaiſers Günſtling, Khandoran , rieth , die Afgahnen ihrem Schicks

Fale zu überlaſſen , er verſäumte ſogar , ungeachtet ein jahlreiches perfiſches Heer an den indiſchen Grenzen verſammelt war , dem landvoigt von Cas bul Geld zu übermachen , um die Päſſe dieſer Pros

vinz mit gehöriger Mannſchaft zu befeßen ." Wåre dieſes geſchehen , fo war es den Perſern äußerſt fchwer, oder beinahe unmöglich , etwas gegen Hin .

! doſtan zu unternehmen . Candahar ward alſo ges zwungen , ſich nach einer anderthalbmonatlichen 1

Belagerung 1738. zu ergeben , allein die Afgahnen waren nach dem Verluſt der Hauptſtadt doch nicht ganz bezwungen . Viele , die den perfiſchen Nieders lagen entronnen waren , hatten ſich zu ihren Brús dern in Cabul gerettet , und ihre Aufnahme vers anlaßte eigentlich Nadirs Einfal in des Kaiſers

Gebiet. Unter mehrern Geſandtſchaften , welche er feit ſeiner Throngelangung nach Delhi abgefers tigt hatte, erſuchte er ſchon 1737. den indiſchen Kaiſer vor dem afgahniſchen Kriege , ein Heer nach Cabul zu ſchicken , um jene Räuber von zwei Seis ten anzugreifen , aber in Delhi war man dazu nicht geneigt. Während der Belagerung von Candahar ging ein anderer Geſandte dorthin , um über die

Aufnahme der in des Kaiſers Gebiet geflüchteten Afgahnen Beſchwerde zu führen , zugleich aber den Kaiſer an eine alte Schuld von zehn Millionen Rus

pien ju erinnern , die einer feiner Vorfahren , Hus majun,

>

Dritte Periode, von 1707-1800. 313 majun , im fechzehnten Jahrhunderte Hintertaffen hatte , wie dieſer Kaiſer wegen eines Rebellen aus ſeinem Reiche entfliehen mußte , und hernach mit Perſiſcher Hülfe den Thron wieder erlangte. Aber auch dieſer ward von einer Zeit zur andern aufges Halten , weil man am kaiſerlichen Hofe glaubte,

Sandahar würde nicht erobert werden , Nadir Shah vielleicht in dieſem Kriege umkommen, oder

innerer Unruhen wegen nach Perſien zurückkehren müſſen. Nach der Eroberung von Candahar mußte noch ein Botſchafter an den kaiſerlichen Hof abges hen , mit dem Auftrage, ſein Geſchafft binnen viers

sig Tagen zu beendigen. Interdeſſen rückte er mit feinem Heere, das gewöhnlich auf 125,000 Keiter

geſchikt wird , durch die unbefekten Påſle in Cabul ein . Die Hauptſtadt dieſer Provinz ergab ſich nach einigem Widerſtande , und ſeine Truppen brauchte er , die Afgahnen auszurotten. Vielleicht wäre er nicht weiter vorgedrungen , weil die vielen Flüſſe, über welche er ſein Heer führen mußte , feinen weis tern Zug erſchwerten , oder daſſelbe der vereinigten Macht von Hindoſtan nicht gewachſen 'war . 2018

aber die Einwohner von Jellalabad , einer Stadt in der Provinz Delhi, feine Botſchafter, welche die Entlaſſung der frühern Abgeſandten bewirken

ſollten , nebſt ihrer Bedeckung, erſchlagen hatten , To zog er mit ſeinem Heere weiter , und ecoberte Peiſchawir , die zweite Stadt in Cabul. Hiers auf kam die Reiſe an Layor , eine Hauptveſtung in Panjab , am Fluffe Rauvi belegen . Jeßt hieft ihn nichts weiter in feinem Zuge auf, doch dauerte es zwei Monate , ehe er Carnal , vier

Tagereiſen nordweſtwärts von Delhi , erreichte, แ 5

wo

Geſchichte von Oſtindien .

314

wo er im Anfange des Jahres 1739. fein lager aufſchlug.

Der Kaiſer und ſeine Miniſter glaubten erſt die Nachricht vom Einfall der Perfer und ihrem

weitern Borrůcken nicht, und verðarben nachher

die Zeit mit vergeblichen Berathſchlagungen und Planen , den Eroberer von der Hauptſtadt zu ente fernen , als dieſer ſich derſelben mit ſtarken Schrits ten nåperte. Endlich regte ſich der Kaiſer , nebſt

feinem erſten Feldherrn Khandoran , und dem Nis jam von Dekan , in Bewegung.

Seine Urmee

ſchågt Frazer auf 200,000 Mann, ſein {ager an dem Kanal, der Delhi mit Waſſer verſorgt, dehnte fich lieben indiſche Meilen aus , und war mit fünfo tauſend Kanonen bepflanzt. Der Kaiſer erwartete Hülfe von den Rasbutten und andern Reichsvafal

len , allein dieſe blieben zu Hauſe, doch ſtieß der Nabob von Vuhd , Saadut Khan , mit 50,000 Mann zu ihm , von denen 20,000 Reiter waren. Beide Urmeen waren einander ſchon ſo nahe , daß

die Perſer des Nabobs Bagage auszuplündern und die Bedeckung niederzuhauen anfingen , worauf dies fer ſogleid) ſeinen Leuten zu Hülfe eilte. Der Nis zam rieth zwar, weil der Sag meiſt verſtrichen war,

das Gefecht bis zum folgenden zu verſchieben , als 1

lein der Nabob von Wuhd hatte ſich bereits mit dem Feinde eingelaſſen , und Khandoran folgte mit eis

nem Theil des Heeres , um den erſtern zu unters

ſtúßen . Beide wurden von den Perſern mit fols cher Wuth angegriffen , daß ihre Truppen in einer Kalben Stunde in Unordnung geriethen , Shandos

ran, der Oberbefehlshaber, ſchwer verwundet, und der Nabob von Juho gefangen ward. Erſterer ſtarb balo

Dritte Periode, von 1707-1800 . 315 balb nach der verlornen Schlacht an ſeinen Wuns den .

Indeß hatte das ganze indiſche Heer nicht

an derſelben Theil genommen , der Kaiſer blieb in ſeinem verſchanzten dager ſtehen , auch wagten die > Perſer nicht, daſſelbe anzugreifen. Ueber den Tag , wenn dieſe Schlacht vorgefallen ſeyn ſoll, herrſcht in den darüber vorhandenen Berichten eine große Verſchiedenheit, darin aber ſtimmen die meiſten überein , daß dadurch Indiens Schickſal in der Mitte des Februars entſchieden wurde , oder dieſe Schlacht zwiſchen dem 14. und 19. diefes Monats

vorfiel "). Ueber dieſe Niederlage und den Verluſt iweier Feldherren gerieth zwar das kaiſerliche Heer in große Beſtürzung, indeß war daſſelbe zahlreid) genug , die Hauptſtadt ju decken , oder das weitere Vorbrin gen der Perſer zu verwehren. Der Berluſt der

lektern im Treffen bei Carnal kann auch wol nicht unbeträchtlich) geweſen ſeyn , weil Nadir den Sieg nicht verfolgte, oder er fand julegt, wie ſeine Neis gung zum Frieden beweiſt, daß er bei der weiten

Entfernung von ſeinem Reiche ſein Heer nach eis

nemzweiten Treffen nicht ſo leicht ergånzen konnte, als ſein Gegner. Genug es kam bald darauf zwis

fchen beiden Heeren zum Waffenſtillſtand, und Nas bir Shah beſchloß , Indien zu verlaſſen.

Er ward zu dieſen Friedensgedanken durch den 1

gefangenen Nabob von Auhd veranlaßt.

Nach

einigen roll er dieſen bei einer-Unterredung gefragt

haben , ob der Kaiſer , da ſo viele feiner Generale in dem legten Treffen geblieben waren , noc, wol einen

r) Guthrie , überf. von Heine. VII. B. I. Abtheil. S. 523

316

Geſchichte von Oſtindien .

einen Feldherrn dbrig habe, worauf Saadut Ehant ihm geantwortet , im kaiſerlichen lager waren noch viele andere Fürſten und Feldherren , nebſt einer Menge groben und kleinen Geſchüßes , vorhanden,

den Krieg gegen ihn fortzuſehen. Nach andern hat Saadut Chan auf die Nachricht von Kyandos rans Tobe, um deſſen Würde zu erlangen , jum Frieden gerathen , und dem Nadir zwei Crore Rus pien angeboten , wenn er gndien räumen würde, auch ſollte der Kaiſer bei ihm einen Beſuch ables gen ). Von dieſen Unterhandlungen gab er dem Nizam Nachricht, und im faiſerlichen lager gerieth

darüber jederinanın in freudiges Entzücken , auch der Nizam mußte ſich ſogleich zu den Perſern bes

geben , Den Frieden ju vollziehen . Er ward mit großem Geprắnge empfangen , der Friede auf obige Bedingungen unterzeichnet, auch Candabar den Perſern abgetreten . Für dieſe Dienſte erbat ſich der Nijam bei ſeiner Rückkehr die durch Kyandos rans Tod'erledigte Würde des Emir al Omrahi und der Kaiſer ertheilte ſie ihm , ohne zu bedenken, daß der Mabob von Muhd ebenfalls nach dieſem Ehrenpoſten ſtrebte, und vielleicht eher verdiente, da der Nizam , als Vezier des Kaiſers und Subah des großen (andes Dekan , Würden und Reichthús

mer hinlänglich befaß. Mahomet Shah begab ſich

hierauf in das perſiſche Lager, Shah Nadir ſandte ihm ſeinen Sohn entgegen , empfing ihn ſtehend vor feinem Zelte, und führte ihn mit eigener Hand zum Ebron. Beide Fürſten überhäuften einander mit Geſchenfen und Ehrenbezeugungen , und nach einer

$ ) Tiefenthaler II. G. 2. Th. 8.52 . Scotts Mem . Ø . 204:

Dritte Periode, von 1707-1800 . 317 einer kurzen Unterhaltung kehrte Der Kaiſer wieder zu ſeinem Heere zurück. Unterdeſſen erfuhr Saabut

Chan die Erhöhung des Mijam , er gerieth dar , über in die äußerſte Wuth , und beſchloß , ſich an

dem Kaiſer und dem Habfüchtigen Nizam, ju rächen . Bei einer neuen Unterredung mit dem perſiſchen

Konig gab er ihm zu verſtehen, die verlangte Sum me wäre für das reiche Hindoſtan viel zu geringer

und er ſelbſt fónne ihm aus ſeinen Mitteln ſo viel bezahlen. In dem kaiſerlichen Jager wäre niemand, als der Nizam , den er fürchten dürfe , und habe er dieſen einmal vom Heere entfernt oder in ſeiner

Gewalt , fo fónne ihn nichts verhindern , nach Delhi zu ziehen , und ſich der im kaiſerlichen Pals laſt aufgehäuften Schake, und der Reichthümer der Großen und anderer wohlhabenden Einwohner

zu bemachtigen. Dieſer Vorſchlag machte auf den geldgierigen Perſer großen Eindruck , und er ließ ſogleich den Nizam in ſein lager berufen. Dieſer

folgte dem Befehl unverzüglich), weil er ſich auf den geſchloſſenen Frieden verließ , ward aber bei

ſeiner Ankunft gefangen genommen .

Nadir vers

langte hierauf eine zweite Unterredung mit dem Kaiſer, und dieſer begab ſich mit einem kleinen Ges

folge nach dem perſiſchen {ager. Hier ward ihm ein beſonderes Zelt zur Wohnung angewieſen , nur er durfte nicht, wie er Willens war , in ſein tager

zurückkehren , ſondern mußte ſeine Familie und gans zen Hofſtaat nachfolgen laſſen. Zugleich erging ein Befehl vom Shah Nadir an das kaiſerliche Heer, auseinander zu gehen , und an den Kaiſers Minis 1

ſter ſich , nebſt den hohen Befehlshabern , bei dem

perſiſchen Monarchen einzufinden. Die Armee, wel. che

318

Geſchichte von Oſtindien .

che ſchon bei der Abweſenheit des Kaiſers den Muth berloren hatte , lief jekt in der außerſten Unords

nung auseinander.

Ein jeder wählte ſeinen Weg

für ſich , und viele von den einzeln abziehenden ins diſchen Kriegern wurden von den perfiſchen Streifs parteien , oder dem tandvolk , unterweges ausges plündert oder toðtgeſchlagen. Zugleich ward auf Nadirs Befehl des Kaiſers Artillerie, die Kriegss

kaffe, und alle Koſtbarkeiten , welche indiſche Große

auf ihren Feldzügen mitzuführen pflegen , in das perfiſche Lager geſchafft.

Nadir Shah fandte hierauf den Nabob von Auhd. , nebſt einigen perſiſchen Großen , nach Delhi, um die Schlüſſel der Stadt und den faiſerlichen Pallaſt in Empfang zu nehmen , und er ſelbſt folgte ihnen einige Tage darauf mit ſeinem Heer und dem gefangenen Kaiſer. Um 8. März langte der uns geheure Zug in einer Vorſtadt von Delhi an. Nas dir bezog einen kaiſerlichen Garten , der Kaiſer aber ward unter einer ſtarken Wache nach ſeinem Pal.

laſt gebracht. Den folgenden Tag gielt Shah Nas dir ſeinen feierlichen Einzug, und Münzen mit ſeis nem Namen und Ehrentiteln wurden unter das Volk geworfen. Er bewohnte Hierauf , ſo lange et

in Delhi verweilte , den kaiſerlichen Pallaſt, und, ſein Heer hatte ſich an den Ufern des Jumna ges lagert. Die Perſer hielten anfangs die ſtrengſte Mannszucht, und kein Indier erfuhr die kleinſte

Beleidigung. Doch durfte ohne beſondere Erlaub . niß des Shahs niemand aus der Stadt Heraus, oder hineingelaſſen werden , damit keiner Geld oder

Koſtbarkeiten wegſchleppen möchte. 216er

Dritte Periode, von 1707-1800. 319 Uber an demſelben Abend entſtand auf dem Ges treidemarkt von Delhi ein Aufſtand unter dem Pós bel, entweder weil wegen der Anweſenheit der Pers

Fer die Lebensmittel aufſchlugen , oder ein Gerücht ſich verbreitet hatte , Nadir Shah wäre im kaiſers

lichen Pallaſt ermordet. Viele Einwohner griffen zu den Waffen , und hieben die Perſer nieder , die ihnen vorfamen. Weil die Nacht einbrac), feiner von den Großen oder Polizeibeamten den fárm zu ſteuern , oder das falſche Gerücht zu w' iderlegen ſuchte; ro dauerte das Toben und Morden die ganze Macht durch . Der Shah hatte zwar beim Ans

fange des Tumults einige von ſeinem Gefolge ums Hergeſchickt, das Volk zu beruhigen , und den Aufs rührern zu verſichern , daß er am Leben ren , aber

fie wurden ebenfalls erſchlagen. Da er nun ſeine Perſer in der Nacht upd den engen Straßen von

Delhi keiner Gefahr ausſehen wollte , ſo mußten ſie auf ihren Poſten beiſammen bleiben , Am 11. März , bei Unbrüd) des Tages , verließ er den

Pallaſt, um an den Einwohnern Rache zu nehs men , und gerieth in die äußerſte Wuth , wie er in den Straßen ſeine Leute in ihrem Blute liegen fahe , am meiſten aber , wie ein Schuß aus einem Hauſe , vermuthlich auf ihn gezielt , einen von ſeis

nem Gefolge erlegte. Er befaßt hierauf, in jeder Straße , wo man einen erſchlagenen Perfer fånde , alle Einwohner , ohne Unterſchied- des Geſchlechts und Alters , niederzumachen , und ſein Befehl ward nur zu genau erfüllt. Die wilden Perſer mordes ten Hindus , Mogolen und Afgahnen ohne Unters ſchied , ſo daß man wegen der Menge der Leichen kaum fortfommen konnte , und plünderten die Haus

3.20

Geſchichte von Oſtindien ,

Häufer. Zugleich brach ein Feuer aus , welches einen anfehnlichen Theil der Stadt in die Aſche legte. Das Blutbad hatte bereits bis zum Mittag gedauert, und 120,000 Menſchen auf die graus

famſte Art ihr Leben verloren , als der Nizam und andere Große ſich dem Eyrannen mit der Bitte nå.

herten , der Stadt zu ſchonen . Um des Kaiſers willen will ich vergeben , rief er ihnen entgegen, und ſteckte ſein Schwert in die Scheide. Sogleich warb ourch Trommelſchlag geboten , mit dem Mors

den und Plündern inne zu halten , und die blutgies rigen Perſer befolgten den Befehl aufs pünktlichſte. Die oben angegebene Zahl der Erſchlagenen möchte vielleidit übertrieben ſcheinen , wiewohl ſie andere noch höher( chágen. Aber wenn man bedenkt, daß

die Perfernichtblos diejenigen niederhieben , die ſie auf den Straßen fanden , ſondern in die Hauſer einbrangen , die Kaufleute in ihren låden , die ru. higen Hindus in ihren Zimmern , und die Weiber der Bornehmen und Geringern in den Harems ers fchlugen , daß viele Frauenzimmer , der perſiſchen Furie zu entgehen , ſich in Brunnen ſtürzten , oder die Männer ſich mit ihren Weibern verbrannten,

To iſt jene Schakung gewiß nicht zu şoch. Auch wurden nach geendigtem Blutbade auf Nadirs Bes

fehl mehrere angeſehene Perſonen , vorzüglich Po. lizeibeamten , hingerichtet, weil ſie den Aufruhr

nicht geſtillt hatten , ehe er weiter ,um ſich griff, und viele Große traf daſſelbe foos , weil ſie die

perſiſchen Soldaten , welche ihren Palláſten zur Schußwehr dienen ſollten hatten niedermegeln laſſen . Außerdem hatten die Perſer viele Hindus,

vorzüglich Weiber , als Gefangene in igr Sager weg ,

Dritte Periode, von 1707-1800. -321 weggeführt, von denen Nadir bei ſeinem Abzuge 50,000 wieder befreiete. Weil man die Menge der Ermordeten unmöglich begraben , oder aus der

Stadt ſchaffen konnte, ſo wurden ſie auf den Ruis

nen der zerſtörten Häuſer zuſammengehåuft, und mit denſelben verbrannt.

Drei Tage darauf, oder am 14. März , ſuchte der Wutherich , der ſeinen Blutdurſt geſtillt hatte,

auch ſeine Habſuchtzu befriedigen. Zuerſt wurden die indiſchen Großen ihrer Reichthümer beraubt. Nizam al Mulk mußte anderthalb Crore Rupien

baar, in Edelſteinen und andern Koſtbarkeiten , ers legen, und andere bald eine großere, bald geringere

Summe. Diejenigen, welche verdåchtig waren, ihre Schåge verborgen zu haben , wurden mit Sdílás gen gemißhandelt, dieſe anzuzeigen ; daher viele ſich lieber das Leben naħnien.

Der Nabob von

Uuho hatte dem Shah zwei Crore Rupien verſpro. dhen , weil er aber kurz naci) der Einnahme von Delhi an einem Krebsſdaden geſtorben war , To ſchichte Nadir ein Kommando nach luknow , der Hauptſtadt ſeiner Provinz , dieſes konnte aber

nichtmehr als acht Millionen Rupien erhaſchen. Zugleich verſicherte ſich der Shah aller Schage und Sachen von Werth in dem kaiſerlichen Pals

laſte. Man fand drei und ein Galbes Crore Rus pien in der Schakkammer, jedes Crore zu ſechs

Millionen Thaler gerechnet , an Silbergeſchirr für anderthalo Erore ; an Edelſteinen funfzehn Crore ; alle dieſe Koſtbarkeiten nahm er für ſich. : Außers dem beraubte er den faiſerlichen Pallaſt feines bes rühmten Pfauen :Throns , deſſen Werth auf ein

Crore Rupien geſchågt ward , eilf Erore Rupien 5. 1

, 4 5 , 6,

X

an

>

322

Geſchichte von Oſtindienti

an andern prådjtigen Thronen , Gerath und Waf. fen von Gold und mit Edelſteinen verziert, außer 1000 Elephanten , 7000 Pferden und 10,000 Kameelen ).

Hierauf fam die Reihe an die übrigen vermós genden Einwohner von Delhi , die Kaufleute, Sus weliere und andere Perſonen.

Ihnen wurden

21,200,000 Rupien auferlegt, die ſie in zehn Tas gen zuſammenbringen ſollten. Die verlangteSums

me ward auf jede Familie vertheilt, und durch die hårteſten Mittel erpreßt. Die Unglücklichen , wel. che durch die perſiſche Furie ſchon das Jørige vers foren hatten , mußten noch den lekten Heller hers geben , und wenn ſie außer Stande waren , Geld

oder Koſtbarkeiten aufzubringen , wurden ihnen alle Habſeligkeiten weggenommen , dieſe weit unter ihs rem Werth berechnet , und bernach öffentlich vers kauft , welche auf dieſe Urt den Perſern allein in

die Hände fielen , weil von den Einwohnern es nies

mand wagen durfte, oder wenige von ihnen reich genug waren , als Käufer aufzutreten u).

So lange das perſiſche Heer in und um Delhi verweilte , litten die Ueberbleibfel dieſer weiland

blühenden Stadt alle Drangſale, die nur wilde Råuberborden auf ihren Zügen verbreiten können. Uußer dem erſten ſchrecklichen Blutbade , und der

Einaſcherung einesanſehnlichen Theils der Stadt, worin auch ein Theil des kaiſerlichen Pallaſtes vers brannte , und was dein fo regr gedemüthigten india ſchen Monarchen an Zelten , Decken , Betten ac. übrig t) Frazer S. 221. Scotts Memoirs S. 208. u) Frazer S. 202 .

Dritte Periode, ' Don 1707-1800. 323 übrig geblieben war s) , verbreitete ſich eine tödliche Seuche während des Aufenthalts der Perfer , wels che eine Menge Menſchen wegraffte , und ganze

Straßen entvolkerte. Wegen des tyranniſdien Bes fehis , daß keiner die Stadt verlaſſen durfte , und der Berheerung, die Nadirs Soldaten in der ums liegenden Gegend anrichteten , ward die Zufuhr ges heimt , die öffentlichen Vorrathshäuſer wurden von den Perſern ausgeleert, ſo daß Weizen , Reis und andere Lebensmittel , ju den höchſten Preiſen

ſtiegen, uitd eine Hungersnoth zu befürchten war, bis Nadir die Thore "zu öffnen erlaubte. Endlich

quáften diejenigen, welche die Kriegsſteuer von den Bürgern eintreiben ſollten , die wohlhabenden Eins wohner bis zur Verzweifelung, fie forderten ihnen nicht nur größere Summen ab , als ſie eigentlich ju erlegen hatten , ſondern wußten ſich auch bei dies

rem Geſchäffte ſo zu bereichen , daß ſie vier bis fünf Erore Rupien blos für ihre Bemühung zuſammens brachten .

Nachdem die Perſer den Einwohnern alles Geld-geraubt hatten , oder was Geldes' werth war, ſchloß ihr Shah am 15. März 1739. einen Vers gleich mit dem indiſchen Kaiſer , wodurch dieſer ihm die Provinzen ſeines Reichs abtreten mußte, welche jerſeit des Indus lagen , er behielt aber las bor und die übrigen , welche oſtwärts dieſes Fluſs ! fes belégen waren. Erſtere beſtanden aus der Pros vin; Cabul , nebſt dem Diſtrikt Peiſchawir , dem weſtlichen Theil von Multan , dem Diſtrift Hejas riad , worin die Beſtungen Bufor und Sukar

þart an dem Indus liegen , imgleichen die Provinz X 2

) Scotts Memoirs . 211 ..

Cats

324

Geſchichte von Dſtindien.

Satta (Scind) , ſo daß in dieſer Gegend alles land den Perſern abgetreten ward , was bisher zu Hins doſtan von den nördlichen Gebirgen , die Cabul bes

grenjen , bis zum Nalaſincra gehörte. Der Nala.

fincra iſt ein öſtlicher Arm des Indus , der auch unter dem Namen Ponderim in den indiſchen Dcean fällt. Dieſe anſehnlichen lå..der beſtanden theils aus Gebirgsgegenden , theils qus unfruchtbaren Steppen , und waren von rohen Afgahnen , oder

den wilden Balluſchen , und andern nomadiſchen Stámmen , Bathen , Chofias X., bewohnt , wele dhe ſeit Jahrtauſenden ") in dieſen Steppen umher. ſtreifen. Hierauf feierte er das Beilager reines

Sohnes mit einer kaiſerlichen Prinzeſſin , iber des ren Namen und Abkunft aber verſchiedene Meis nungen ſind.

Nach Frajer 1) war ſie eine Urenfes

lin des Kaiſers Aurungjebe, von ſeinem jüngſten

Sohn Morad Kambufſb , nach Scott aber *) eine Urenkelin vom Kaiſer Shah Jehan. Daſſelbe ward

mit aller orientaliſchen Pracht vollzogen , aber keis ner durfte während der Vermáhlungsfeierlichfeiten über ſeine erſchlagenen Verwandten ; den Verluſt feiner Güter , oder fein eigenes Elend trauern. Endlich entließ Nadir Shah auch den gefans

genen Kaiſer aus ſeiner Haft , erlaubte ſeiner Leibs garde , iln zu bewachen , und ſeine Höflinge muß. ten ihre bisherigen Geſchäffte wieder übernehmen. Den 8. Aprill beſtimmte er zur feierlichen Throne

erhebung des Schattenfaiſers. Alle Große mußs ten ſich bei Hofe einfinden, und Mahomet felbſt erſchien y) S. Ibn Haukal Geography , S. 37. i ) S. 197 * ) Memoirs . 209.

Dritte Periode, von 1707-1800. 325 erſchien mit feinem gewöhnlichen Gefolge. Nadir

führte ihn ſelbſt zum Thron , reßte ipm mit eiges nen Händen die Kaiſerfrone auf , und beſchenfte

ihn mit vielen Koſtbarkeiten , die früher Mahos mets Eigenthum geweſen waren. Hierauf mußten fich alle Große, entfernen , diejenigen , ausgenoms men , welche immer des Kaiſers Perſon umgaben. Er ertheilte ihm jekt gute Vorſchriften , wie er ſich künftig als Regent betragen , und den Ehrgeiz ſeio ner Großen båndigen müſſe. Nadir vieth dem Rais ſer , alle Dienſtleben einzuziehen , und alle Beams teni hohe und niedrige , ordentlich zu befolden .

Er follte den Befehlshabern nicht erlauben , eigene

Truppen zu halten , ſondern die Urmee můßte blos ; aus des Kaiſers Soldaten beſtehen , und dazu

brauche er nur, 60,000 Reiter , deren Sold und Einrichtung er ihn ſogar vorſchrieb. Auch mußs ten feine Geheimſchreiber alle Statthalter von Hins doſtan und die Häupter in Dekan durch Briefe ers mahnen , den Mahomet für ihren Kaiſer zu erkens nen, und nahm hierauf freundlichen Abſchied, als ob er blos zum Beſuch in Delhi geweſen wäre, vers

ſprach jedoch , in vierzig Tagen wiederzukommen , wenn die indiſchen Großen es wagen würden , Uns ruhen anzufangen .

Um 21. Márz fingen die Perfer an , die Stadt zu räumen , die Artillerie nebſt den geraubten

Scházen warb zuerſt fortgeſchafft. Am 11. April mußten alle , die zu Nadirs Heere gehörten , außer der Leibwache, Delhi verlaſſen . Keiner von dieſen durfte långer in der Stadt bleiben , und wer dies dennoch wagte , ward dem Heere mit abgeſchnittes

nen Naſen und Ohren nachgeſchickt. Keiner durfte X3

indis

326, c Geſchichte von Oſtindien. indiſche Gefangene als Sklaven mitnehmen , dies

jenigen ausgenommen, die er wirklich erkauft gatter oder woran er ſein Eigenthum durch fchriftliches

Zeugniß des Verkäufers beweiſen konnte.

Huch

die indiſchen Weiber (denn viele Perſer hatten ſich in Delhi verheirathet) ,, die ihren Mánnern nicht folgen wollten , konnten zurückbleiben .' , Um 14. April 1739. 80g Nadir Shah felbft ab , und die Einwohner athmeten endlich freier, nachdem ſie die Tyrannei des perſiſchen Withes. richs fünf Wochen lang im Góchſten Grade ers fahren hatten : Was Delhi während diefer kurzen

Zeit von ſeinem Glanze und an Reichtfümern vers lor, láßt ſich eben ſo wenig gewiß beſtimmen , als

der vorher berührte Menſchenverluſt, weil die dars, über vorhandenen Schakungen fo febr verſchieben ſind , und manche den Stempel der offenbarſten Uebertreibung an der Stirne tragen. Der Miſs fionarius Saignes , der 1740. aus Bengaten einer Bericht nach Frankreich von dieſer perfijchen Furie

ſchicktea) , ſchåßt den ganzen durch die Perſer:in Delhi angerichteten Schaben auf die ungeheure Summe von 3000 Millionen Thalern , coder soo Crore Rupien , davon, die Perfer rgo Crore an

Gold und Silber , Edelſteinen und andern Koſto barkeiten im . kaiſerlichen Pallaſte gefunden haben ſollen . Allein ſo ungeheuer auch die Beute war,

welche Nadir und ſeine Gruppen aus Delhi wega fdhleppten , fo raubten fieau Baarſchaften und

Edelſteinen doch kaum ben ſiebenten Theil diefees Summen.

Denn was die Flammen verzehrten

warb ihnen nicht zu Theit, was ſie an Gebäuden , Hauss a ) Lettres edihantes T. II. S. 263 .

Dritte Periode, von 1707-1800. 327 Hausgeråth und anderer Habe, bei der Plúnderung

perdarben, mar freilich für die Beſiger ein empfinds lider Verluſt, aber auch davon kam den Räubern wenig zu Guté, und manches von dem entführten

Raube blieb während des Rückmarſches in Indien , oder gelangte dahin auf Umwegen wieder zurück. Der Verluſt des Raiſers durch die Ausleerung feia nes Pallaſtes läßt ſich mit ziemlicher Wahrſchein. lichkeit berechnen . ), und dieſer ſtieg bloß an Gold, Silber und Edelſteinen, auf zwei und dreißig Crore Rupien , oder über zweihundert Millionen Thaler. Die Beute, welche der Shah bei der Plünderung des faiſerlichen Lagers machte, die großen Sums

men , welche der Nijam und andere indiſde Gros ße als Kriegsſteuer zahlen mußten , und was here | nach von den übrigen Einwohnern in Delhi fúr ,

Rechnung Shah Nadirs beigetrieben wurde , fann man wol eben ſo hoch ſdåsen , obgleich das meiſte in Juwelen und koſtbarem Geräthe beſtand , und

was außerdem die perſiſchen Befehlshaber , groß und Klein , für ſich erpreßten , ſtieg nach Frazers

Ungabe wol auf zehn Crore Rupien. Auf dieſe Urt gåtte alſo die Kaiſerſtadt vier und ſiebzig Erore Rupien , oder 444 Millionen Thaler, von ihren Reichthümern eingebúßt , wiewohl hievon wieder beträchtliche Summen abgehen , welche die vorneha men Omrahs von ihrem Privatvermögen verloren,

weldjes ſie nicht gerade in Delhi, fondern in ihren Leben oder in den ihnen anvertrauten Provinzen erworben hatten , aus igren Schaßfammern Gerbeis ſchaffen mußten, oder zulfållig mit ſich führten. Bei

rechnet man aber den Schaden überhaupt, den 34 6) Scotts Mem, S, 208.

Dels

328

Geſchichte von Oſtindien .

Delhi, nebſt der umliegenden Gegend , durch den perſiſchen Einfal erlitt , ſo kann man dieſen nicht geringer , als hundert Crore Rupien , oder 600

Millionen deutſcher Thaler , anſchlagen. Da das ſüdliche {ahor beim Einmarſch der Perſer verwüſtet war , ſo nahm Shah Nadir ſeis nen Rückzug durch die nördlichen Gegenden von Delhi und der erſten Provinj, oder er verließ die ges

wöhnliche Straße von Delhi nach Candahar , aber fein Heer mußte viel vom Regen , und noch mehr

von den Plünderungen der indiſchen Bauern , leis den ). Um andere abzuſchrecken , ließ er die Stadt

Tanniſſer ausplündern , und die Einwohner fåmmt. lich niederhauen , auch viele Dörfer und Flecken , die auf ſeinem Wege lagen , verwüſten. Weiters

Hin war feine Abſicht, durch Caſhemir in ſein Reichy zurückzukehren . Dies ward ihm aber von ſeinen Generalen abgerathen , weil er ſchwerlich mit feis nem Gepäcke durch die Gebirge kommen , oder hier

die nöthigen Lebensmittel vorfinden würde. Er zog alſo langs den ſüdlichen Grenzen dieſes Landes weis ter. Wie er an den Chinab (Jenab) kam , hats

ten die Einwohner ſeine Schiffbrücke zerſtört, und er ſahe ſich genöthigt, ſein Heer auf Kahnen und Fahren über dieſen Fluß zu führen , zugleich befahl er , daß ein jeder die in Indien oder Delhi geraube ten Edelſteine ihm ausliefern folle, ob er gleich ſchon eine ungeheure Menge dieſer Koſtbarkeiten beſaß. Jeder Perſer mußte ſich der ſtrengſten lins

terſuchung unterwerfen. Viele gaben ihre Beute willig her , und wurden dafür von ihr belohnt,

bei andern fand man ſie in den Såtteln und ans derm

c ) Tiefenthaler II. B. 2. Th. 6. 81 .

Dritte Periode, von 1707-1800. 329

berm Gepäcke verborgen , aber viele verſchärrten ihre Schaze lieber , um ſie bei einer andern Geles genheit wieder auszugraben , aber der Fluß war ſo gut befekt, daß keiner umkehren durfte "). ' Was

ihn veranlaßte , ſeine eigenen Gefährten zu beraus ben , iſt nidt gewiß bekannt gewordene). Da er aber ſo viel Juwelen verſchwendete, und dieſe zu den ſonderbarſten Verzierungen brauchte , lo fann

zulegt vielleicht fein eigener ungeheurer Vorratı zu ſeinen phantaſtiſchen Dekorationen nicht hinges reicht haben. Er ließ nicht nur mit diefen Steinen Sábelſcheiden , Köcher, Streitárté und Pferdes

geſdirr in Herat ein ganzes Jahr lang verzieren, fondern ein großes ungeheures Zelt , nebſt allen daju gehörenden Schirinen , Einfaſſungen und Schranken , womit die morgenländiſchen Fürſten ihre Wohnung verwahren , mit Edelſteinen bereken und ausſchmücken. Dieſe ſchimmerten überall in

mancherlei Formen und Figuren 'von Thieren, Bógeln , Bäumen und Blumen an den Wänden, 1983

As

9

wels

0 ) Khojeh Abdulkurriin , S. s . e ) Hr . Bernouilli , der im II. B. 2. Th . Reiner Zus ſåpe zum Tiefenthaler das wichtigſte über Nadirs Zug nach Hindoftan aus den befien Quellen geſam's melt hat , glaubt, S. 82. , er habe ſeine eigenent

Truppen folgenden Vorfalls wegen auspiúndern laſs ſen. Nod) ehe er dieſe über den Indus geführt hatte,

kamen in ſeinem Lager Botſchafter von den Großs mogul an , um zwei reiche, zum Kopfpuke der Kais ſerin gehörende Vigretten , einzuldfen oder ſie von ihm zu erbitten . Jedermann mußte ſich hierauf der Plünderung unterwerfen , aber die eine ward yur unter den Effetten eines hingerichteten Befehlshabers

gefanden , die andere tam nie zum Porſchein .

330

Geſchichte son Oſtindien .

welche von violettem Utlas waren . Die Stangen un Nagel waren von gediegenem Golde , und fies

ben Elephanten brauchte man, daſſelbe fortzus

ſchaffen f). Bei Attok jog das perſiſche Heer über den Indus, und hierentging Nadir Shah mit genauer Noth den Nachſtellungen einiger verivegenen Uf, gahnen. gn Cabul erwartete er den Subah von

Tatta ( Scind), ihm zu guldigen und ſeine Schage darzubringen. Über dieſer verließ ſich auf die ferne,

füdliche Lage ſeiner Proving, und die Bergpaſſe, Sandwüſten und angeſchwollenen Flüſſe, welche die Perſer erſt durchsieben mußten , ehe ſie ſein Ges

biet erreichten. Doch Nadir ließ ſich durch dieſe Hinderniſſe nicht abſchrecken. Er verlor zwar auf dieſem grauenvollen Marſch viele ſeiner beſten Eruppen aud) einen großen Theil der indiſchen Beute , und der Mangel an Lebensmitteln ſtieg aufs hodiſte , ſo daß Übdulfurrim , der die Perſer

auf dieſem Zuge begleitete , verſichert , das ganze Heer Gåtte umkommen müſſen , wäre damais Schnee gefallen. Nadir ſuchte Khudabad, den Siß des Subah von Tatta , zu erreichen , aber in welcher Gegend jenſeit des Indus dieſe Stadt

belegen war , weiß keiner anzugeben , der dieſen Feldzug beſchrieben hat , und von europäiſchen Reis ſenden iſt blos Robert Coverte in dieſer Gegend geweſen , der 1607. mit einer Karavane von Bus kor nach Candahar jog , aber keine Ortſchaft dieſes Namens,anführt. Er findet ſich auf keiner vora bandenen Karte, weil alle hier nur eine Terra in

cognita verzeichnen.

Er ſcheint aber nordmärts der

f) Mem , ofKhojeh Abdulkurrim . S. 26.

Dritte Periode, von 1707-1800. 331 der Beſtung Bufor ( Bħafor) zu liegen. Der rei belliſche Subah hatte jenſeit des gndus , oder auf den Inſeln dieſes Fluſſes , ſeine Siderheit geſucht,

in der Erwartung, daß Mangel und Elend die Perſer gewiß aufreiben würden , auch war es dem

Befehlshaber, den Nadir von Perſien ausfandte; um dieſe Gegend einzunehmen oder ſich mit ihm zu vereinigen , nicht möglid ), eins von beiden zu

bewirken. Nadir führte indeß ſein Heer nach lars kaneh , einem ebenfalls unbekannten Ort, und fam endlich bis Umercot, einer ſtarken Veſtung mits

ten in einer waſſerleeren Sandwüſte, şundert ins diſche Meilen von Latta entfernt. Die Annahes rung des perfiſchen Siegers und die Ueberredungen

ſeiner Freunde bewogen endlich den Subah oder den König der Balluſchen', Interhandlungen an. zufangen , welche Nadir gern bewilligte, weil fein Heer voč: Hunger und Durſt beinahe umfam .

Der Subah mußte ſeine Schage ausliefern , zwei feiner Söhne als Geißel geben , und ward in ſeis ner alten Würde beſtätigt. Weil aber die Proving Tatta , welche auch Sind genannt wird , einen zu großen Umfang hatte, ſo ward ſie in drei Dis

ſtrikte vertheitt. Den füblichen , oder den Diſtrikt Tatta , übergab er dem Subah Khodajar, den mittlern , oder uns völlig unbekannten , eröielt ein perſiſcher Befehlshaber, und über den nördlichern , welcher von der Veſtung Shekaripur benannt wird ,

und bisher blos von dem von gones überſetzten

Mahadikhan angeführt iſt , beſtellte er einen Chan von Dautputer. Hierauf führte er ſein Heer wies der nach Candahar , und hier weiter über den Gis

fon, um die tartariſchen Fürſten von Chowareſim . .४१

Reims

332

Geſchichte von Oſtindien .

þeimzuſuchen 9 ). » Doch kurz vor - ſeinem Tode ſchickte er Geſandte an den indiſchen Kaiſer , um von ihm funfzig bis ſedygig lac Rupien zu erlangen,

weil ſeine Kaſſe von den vielen Kriegen erſchöpft 1

war , und er ſeinen Unterthanen die Abgaben auf

drei Jahre erlaſſen hatte. Allein Mahomet enta fchuldigte ſich mit ſeinen ſo ſehr verminderten Eins künften , ſandte ihm aber das verlangte Porzellan , Uloe und Sandelholz " ). Nach dem Abzuge der Perfer wollte der Rais

fer Mahomet ſeine Miniſter verändern , durfte dies fes aber wegen des machtigen Nizam von Dekan nicht wagen. Ja wie dieſer wegen Unrußen , die in jener Provinz ausgebrochen waren (denn ſein zweiter Sohn, Nazir Jing, hatte ſich gegen ihn ems

pórt,), nach Dekan eilen mußte , drang er ihm in ſeiner Abweſenheit einen Rathgeber auf. Die von ihm bisher verwaltete Würde des oberſten Felds

Herrn und Schafmeiſters erhielt des Nigams åle teſter Sohu Ghazioddin, der beide nadyher mit der wichtigen Großvezierwürde vermehrté. " Außer der Empórung des Nazir ging gegen

ſeinen Vater waren die Verwirrungen in der Halbs

infel Dekan aufs Höchſte geſtiegen. Faſt jeder Bes fehlshaber , dem der kaiſerliche Statthalter eine Veſtung, oder bald grójzere bald kleinere Diſtrikte, anvertrauet hatte , war während des perfiſchen Eins

falls in ſeinem Gebiete unabhängig geworden , bes zahlte die ihm auferlegten Schaßungen nicht, und ſie ſuchten einander durch ewige Fehden aufzureis ben .

9 ) Khojeh Abdulkurrim S. 15. 26. " Mahadikhan S. 312: 320...

6 ) Mein, of Abdulkurrim S. 158..

Dritte Periode , von 1707-1800. 333 ben.

Die Maratten miſchten ſich nicht nur als

Bundsgenoſſen in dieſe Handel, ſondern benugten ſie nebſt den Verwirrungen in Delhi, der malos metaniſchen Herrſchaft in der Halbinſel ein Ende zu machen. Sie hatten um dieſe Zeit viele Sees

pláße auf der weſtlichen Küſte, wie Choul , Baſe ſien u . erobert , und wurden den Europäern und

dem Kaiſer gleich furchtbar. Nizam al Mull vers ließ alſo Delhi 1741, um fürs erſte ſeinen auf růhriſchen Sohn zu beſtrafen , und erreichte unges

hindert die Nachbarſchaft von Uurungabad , wo er durch hinterliſtige Gefangennehmung ſeines Soho nes deſſen Empórung glücklich dámpfte. Er ſtellte

ſich ſehr frank, und hielt ſich in ſeinem Zelte ſo ſtrenge verborgen , daß man in ſeiner Armee wirks

lich glaubte , er wäre in Todesgefahr, und dieſe Nachricht ſid, ſchnell unter den Truppen des Nazir gings verbreitete. Weil zugleich Boten über Bos ten in des Prinzen lager abgefertigt wurden , iğn einzuladen , ſeinen Vater zu beſuchen , der ihu vor Feinem Ableben zu ſehen wünſche, To ließ fich Nas zir Jing dazu bereden. Aber kaum hatte er das

våterliche Zelt betreten, ſo verlor er ſeine Freiheit, und ward in Feffeln geſchlagen. Er mußte hierauf einige Monate ſeinen Vater als Gefangener begleis ten , erhielt aber nicht lange darauf ſeine Freiheit wieder , und folgte ſeinem Vater in der Regierung, wie dieſer 1748. in einem Alter von 104 Jahren

ſtarb ') , welche aber, wie wir unten ſehen were den , von kurzer Dauer war.

Frús 1) Mizam al Mult hinterließ , nach der Weiſe morgens ländiſcher Fürften, eine zahlreiche Nachfoinmenſchaft. Cie

334 ,

Geſchichte von Oſtindien .

Fråber hatte Nazir ging als ſeines Baters Stellvertreter in Dekan, oder als wirklicher Statta

Halter dieſer Proving, glückliche Kriege mit den Maratten geführt.

Uuf die Nachricht, die Pers

ſer håtten Delhi erobert , und den Kaiſer gefangen genommen , růckte der Peiſhwa' Bajirow mit 50,000 Reitern 1739. vor Aurungabad , und vers

langte, da die Herrſchaft der Mogolen ihr Ende · ers .

Sie beſtand aus fünf Sihnen , und einem Entel von ſeiner Tochter, Det ålteſte hieß Gbazioddin ban . Er ward , wie der Vater nach dem perſis

Tchen Einfal wieder nach Dekan zurückging , an deſs ſen Stelle Schafmeiſter und Oberbefehlshaber der Truppen unter dem Kaiſer Mahomet Shah und dere

ſen Nachfolger Uchinet.

Im Jahr 1751. erhielt

er die Subahwürde von Detan , ſtarb aber 1752,

wie er dieſe Provinz in Beſitz nehmen wollte , in Aurungabad an beigebrachtem Hifte. Der zweite hieß Wazir Jing. Schon bei Lebzeiten des Vaters riß er die Subahwürde an fich , erlangte ſie auch nad deſſen Tode , ward aber ſchon 1750. ermordet. Der dritte Sohn war Salabad Jing , und ebenfalls Subah von Detan .

Bon ihm erhielt Frankreich

1753. die vier nördlichen Circars.

Er regierte bis

1763 , und ward damals von ſeinem Bruder flis

gam Aly umgebracht. Er hat von ſeinen Brüdern

Detan am långſten beſeſſen , und regiert noch , ſtand aber bis 1800. in großer hångigkeit von der Pras fidentſchaft Madras , welche eine kleine Armee in reis nem Lande hielt. Der jüngſte und fünfte Prinz des alten Nizom war Bazalet Jing. Er ſtarb ſchon 1783. als Nabob von Adoni. Noch hinterließ Nis

kam al Mult einen Enkel von ſeiner Tochter, Nas

mens Muzaffer Jing.

Er war Nazir Jings Nes

benbuhler , behauptete ridy aud) furze Zeit mit frans

zdfiſcher Hülfe als Subah von Dekan , ward aber fdon 1750. ermordet.

Dritte Periode , von 1707-1800. 335 erreicht habe , dieſe wichtige Veſtung, und die 264

tretung von ganz Defan. Nazir fonnte dieſen Råus bern zwar nur 12000 Mann entgegenſtellen , als lein er griff ſie dennoch muthig an , trieb die Mas

rätten über den Sondaveri, und ſchlug ſie in vers fchiedenen Gefechten . Er ſoll auch in dieſem Kriege

Puhna verwüſtet haben. Bajirow , durch ſo viele Niederlagen endlich gedemüthigt , bot dem Nazir Frieden an , und den Maratten wurden darin die

Diſtrikte Kerkun und Hindia abgetreten . Allein dieſe erfekten den erlittenen Verluſt lange nicht, und der Peiſkwa betrübte ſich über den unglücklis chen Feldzug ſo ſehr, daß er bald darauf in Malva

am 27. April 1740.vor Gram ſtarb. Sein Sogn Ballafirow folgte ihm in der Peif wawürde '). Aber unter den Maratten erfolgte um dieſe

Zeit eine andere merkwürdige Veränderung.

Ihr

Großfürſt.Sahu ſtarb 1740. in ſeinem Gefängniß Setterah, ohne Erben zu hinterlaſſen , und in Puhna entſtanden unter den Großen über die Wahl feines Machfolgers gewaltige Gåhrungen. Einige begúns ftigten einen tanjoriſchen Prinzen NanaSaheb, der bereits das niånnliche Ulter erreicht hatte , weil er von Sevagi's Geblüte war. Denn er ſtammte

von Eccogi , Sevagi's jüngerm Bruder , der Tans jore 1674. erobert hatte , und deſſen Nachkomment noch in dieſem Lande regieren.

Nana war Eccos

gi's Enfel, und ein Marattenheer zog wirklich aus, um ihn auf den Thron zu erheben. An der Spike einer andern Partei ſtand Ragoji Bhoſela ( Bons fulo ), der nadiherige Rajah von Berar. Er ges Hörte ebenfals zur Familie des Stifters der Mas rats

1) Afiatic Miſcellany V. II. n. 1. S. 109 .

336

Geſchichte von Oſtindien.

ratten , und ſtammte von Sevagi's Baterbruder Humboị. Uuch hatten ſich ſeine Vorfahren in den Kriegen ausgezeichnet , welche die ehemaligen Kónige von Viſapur mit ihren Nachbaren führten.

Für ſich ſelbſt verlangte er die Maşarajawürde nicht, ſondern für einen ſeiner Prinjen , oder , wie

andere wollen , für einen untergeſchobenen Pråtens denten , den Salu vorher an Kindesſtatt anges nommen haben ſoll. Allein der Peiſhwa Ballaji ſuchte dieſe Würde einen nähern Verwandten der regierenden Familie zu verſchaffen , welcher Ram hieß , 1733. geboren , und alſo ein Kind von fies

ben Jahren war , um ſeine ehrgeizigen Abſichten ausführen , und deſto ſicherer,als deſſen Vormund regieren zu können. Sein Großvater war Sevas

gi's júngſter Sohn , der ebenfalls Nam hieß , und zwei Söhne hinterließ ; davon der eine, Namens Sevagi der zweite, dieſen Prinzen erzeugte. Da Sevagi's Nachkommen in gerader Linie bei den

Maratten in großer Achtung ſtehen , ſie mögen ſich auch durch Eroberungen oder Kriegsthaten wenis ger ausgezeichnet haben , als andere glücklichere

Heerführer , denn der gegenwärtige Grosfürſt in Setterak war vorher blos ein Subaltern - Officier

bei der Reiterei , fo gelang es dem Peiſhwa bald,

Unhänger für ſeinen jungen Prinzen 311 gewinnen , und ihm wie ſeinen Vorgänger in Setterah eingur ſchließen .

Allein Ragoji, der Oberbefehlshaber (Bufſhi) von Sahu's Armee war , und damals die Stelle

eines Mufaſdar , oder Einnehmer des Chouts bei dem kaiſerlichen Statthalter in Berar bekleidete, dergleichen Beamten die Maratten in allen indis

ſchen

Dritte Periode, von 1707-1800. 337 1

fchen Provinzen zu beſtellen pflegten , ſeitdem man arifing, ihre Streifereien mit Gelde abzukaufen, fuchte dieſen Gegner mit gewaffneter Hand zu vers drången , verglich ſich aber nach einer in der Nachs barſchaft von Puhna erlittenen Niederlage mit dem Peiſhwa. Da er vorher von ihm oder dem Große

fürſten abhängig war , ſo befreite ihn Ballajirom von der bisherigen Lehnbarkeit , er trat ihm die

ganze Provinz Berar mit aller { andeshoheit ab , welche ſeine Nachkommen noch beherrſchen , und vermehrte ſein Gebiet mit verſchiedenen Diſtrikten .

Seitdem ſteht der Rajah von Berar mit den übris gen Marattenfürſten in keiner oder ſehr geringer

Berbindung, und miſcht ſich ſelten in die Angeles genheiten der ganzen Nation , ob er gleich nach dem Peiſhwa einer der måchtigſten Fürſten iſt , welcher

viertehalb Crore Rupien Einkünfte und 70,000 Mann auf den Beinen hat. Denn wie während des amerikaniſchen Krieges alle Marattenfürſten gegen die Englánder verbunden waren , nahm er an demſelben feinen Theil, und erlaubte ſogar einem engliſchen Heere , durch ſein ' land zu ziehen , um die andern Maratten anzugreifen.

Uuch ſcheidet

man feit dieſer Trennung Berar, oder die öſtlichen Maratten von den weſtlichen , die zu Puhna gehos ren , und den Peiſhwa als Oberhaupt erkennen . Sein Gebiet iſt nicht wie die tånder der andern

Fürſten durch fremde Beſikungen zerſtůckelt, die

entweder dem Peiſhwa oder irgend einem andern Marattenfürſten geboren .

Er zieht deſſen Eins künfte allein , okne dieſe mit dem Peiſhwa zu theia len . Die Provinz Berar iſt länger unbekannt ges blieben , als andere Theile von Dekan , und beſteht 5. C. 2. 25th.

grüßs

/

338

Geſchichte von Oſtindien .

größtentheils aus dichten Waldungen und långs der Küſte aus unerſteiglichen Gebirgen , welche die

Soand (Gohnd , Chogan ), ein wildes, Den Mas ratten tributáres Volf , bewohnen , und von denen ein Theil von Berar ehemals den Namen Gond.

wana führte. Sonſt finden ſich in dieſer Proving, eine Menge Polygars , welche die Maratten zwar berwungen , aber in ihrem kleinen Gebiete gelaſſen þaben , ſo daß manche des Jahres kaum 200 Rus pien Schabung erlegen können .

Der neue Großfürſt Ram hat bis 1727. ges lebt , von ſeiner Regierung aber iſt nichts zu ſagen , weil er dieſe ſeinem Peiſhwa überließ. Von den Reichseinkünften bekam er jährlich für ſeinen Hofs ftaat zwolf lac Rupien , und eine leibwache von

2000 Mann diente zu ſeiner Beſchüßung. Dbs gleich ſeine Gewalt außer dem Schloſſe Setterah Fehr eingeſchränkt iſt, ſo beweiſen die Haupter der Maratten dem gefangenen Fürſten doch die größte Verehrung. Er wird dem Volfe jährlich einmal

mit aller aſiatiſchen Pracht gezeigt, der Peiſhwa und andere Staatsbeamtewerden von ihm in ihren

Würden und Hemtern beſtätigt, und erhalten alss dann Feierkleider und andere Geſchenke. Zieht der Peiſhwa zu Felde , ſo wird eč vorher bei dieſem

Fürſten zur Audienz gelaſſen. Der ganze Diſtrikt von Setterah iſt von allen Abgaben befreiet, und

betritt ein Marattenfürſt dieſe Gegend , ſo muß er alle Zeichen ſeiner Würde , welche die Indier von den Mahometanern angenommen haben , ablegen , und darf die großen Heerpauſen (Nobut) , welche

immer ein Elephant im Gefolge indiſcher Fürſten trågt, nicht rühren laſſen. Um

Dritte Periode, von 1707-1800. 339 Um 1743. mußte der Kaiſer in der Nachs barſchaft ſeiner Hauptſtadt einen unruhigen Vaſals len zu Paaren treiben , der ihm nicht nur die 266 gaben von ſeinen fåndern verweigerte, ſondern auch fein urſprünglich kleines lehen auf Unkoſten ſeiner

Nachbarn vergrößerte, und in den öſtlichen Gegens den der Provinz Delhi einen unabhängigen Staat gründete , der erſt vor kurzem ſeine Endſchaft er's reicht hat. Dies war der Rohillafürſt Uli Maho. met. Die Rohilla's , ein afghaniſcher Stamm ,

von dem Diſtrift Roh in der Provinz Cabul ſo ges namnt, pflegten , wie andere nördliche Abentheuret,

nach Hindoſtan auszuwandern , um ihr Glück uns ter den Kaiſerlichen Heeren zu verſuchen , und ers

vietten , nach indiſchem Gebrauch , lehen in dieſer oder jener Provinz jur Belohnung ihrer Dienſte, und davon eine beſtimmte Anzahl Soldaten zu uns

terhalten. Ali Mahomets Vorfahren kamen 1673 . unter Aurungjebe's Regierung nach Hindoftan .

Es n'aren zwei Brüder, Allum und Huſſein , und der Kaiſer räumte ihnen einen Sandſtrich jenſeits des ' Ganges ein.

Dieſer hieß damals Futtair,

und war ein Eircar der Provinz Delhi. Er lag

zwiſchen den nördlichen Gebirgen und der Proving Uuhd, hatte einen ſehr fruchtbaren Boden , und ward von vielen Flüſſen bewäſſert. Die Einwohs ner waren Hindus , die ſich vorzüglich mit dem Landbau beſchafftigten , die Rohilla's hingegen die Güterbeſiger, Sandesvertheidiger und Garniſonen in den Stadten. Beide Brüder hinterließen fünf

Söhne , von denen ſich Daud Khan , ein Sohn des älteſten Bruders , durch ſeine Tapferkeit vor den übrigen auszeichnete.

Er ward in den Kries

Y 2

gen

Geſchichte von Oſtindien .

340

gen gegen die Maratten gebraucht, vertrieb die Räuber aus des Kaiſers Provinzen , und ihm ward

dafür der Diſtrikt Budaon überlaſſen. Sein Ges folge beſtand zwar nur aus dreihundert Kriegern, allein mit dieſer wenigen Mannſchaft Half er den

nördlichen Bergfürſten in ihren Fehden. In dies fen ward er einem máchtigern Bergfürſten , dem Rajah von Cumaon bekannt, deſſen land jenſeit der nördlichen Gebirge lag. Er war dem indiſchen

Kaiſer nicht unterworfen , mußte ihm jedoch ju . weilen Eribut bezahlen . Auch dieſen unterſtúkte er in den Kriegen mit ſeinen unbekannten Nacy. barn.

Wie aber der Rajah,die Dienſte des Rohils

lenanführers nicht ſeiner Erwartung gemäß bes lohnte , beſchloß Daud , ihn zu verlaſſen. Dieſes ward dem Rajah verrathen , er ließ alſo feinen Feldherrn gefangen nehmen , ißm Arme und Beine abhacken , und an ſeinen Wundeni ſterben !). Daud hinterließ zwei Söhne , von denen der jủngere, Ali Mohamed , des Vater's Liebling war , und den Namen der Rohilla's berühmt machte. Er hinters ließ ihm ſein ganzes Dermogen, das in der Veſtung Budaon verwahrt lag , dadurch zog er nicht nur

bald des Vaters Ungånger an ſich , ſondern nahm auch eine Menge Afgahnen in ſeine Dienſte, welche

zu ihm jenſeit des Ganges eilten.

Die Proving

Kuttair war damals in eine Menge Leben vertheilt, die den kaiſerlichen Miniſtern und andern Beamten angewieſen waren. Einem von dieſen gehörte der

Diſtrikt Morabad , weldier ſo beträchtlich war,

daß er zuweilen einem beſondern Statthalter ans ber.

1) 5. Hamiltons Relation of the Rohilla Afgahns. 5.9. 32 .

Dritte Periode, von 1707-1800 . 341 Morabað grenjte met Ali's Beſikungen , und dieſer erhielt ſprache des damaligen Inhabers, daß ihn in ſeines Vaters Lehen beſtåtigte, vertrauet wurde.

an Mahos durch Vors der Kaiſer und folche

mit einigen landſchaften vermehrte . Wie aber der Beſißer von Morabad 1740. nach Delhi berufen ward , riſ Ulli deſſen Gebiet an ſich. Von Hofe aus wurden zwar Truppen beordert , den unruhis

gen Rohilla zu beſtrafen , allein er hatte alle Furs ten des Ganges ſo gut befekt, daß des Kaiſers

Truppen ihm nichts anhaben konnten. Durch Ges ſchenke gewann er auch ihren Anführer , und blieb,

wie er pünktliche Bezahlung der dem Kaiſer gebüh. renden Abgaben verſprach , im Beſitz des widers rechtlich erworbenen Landes . Ullein ſo wie Uli mächtiger warð , verſáumte er , auf des Kaiſers Befehle zu achten , und zögerte, den (duldigen Tribut nach Delhi zu ſenden . Er nahm eine größere Anzahl Afgahnen in ſeine Dienſte,

verſaß ſeine Veſtungen mit Artillerie, und wußte durch Geſchenke Freunde bei Hofe zu erlangen.

Dieſe nahmen ſich auch ſeiner an, wie er in Kuctair weiter um ſich zu greifen anfing. Einer von den Großen in Delhi beſaß hier die Städte Owlah, und Minowna' mit den dazu gehörigen Diſtriften. Er hatte die Einkünfte derſelben bisher ſehr unrichtig

erhalten , und ſchickte einen Einnehmer dorthin, um die růckſtändigen Gelder von den Einwohnern beizutreiben . Wie jener aber einige dem Uli Maho. met gehörige Dörfer in Unſpruch nahm , griff dies ſer zu den Waffen , erſchlug den Einnehmer, und

behielt die eben genannten Diſtrikte für ſich. Man ~ 3

führte

3:42

Geſchichte von Oſtindien .

führte hierüber freilich Beſchwerde Hei Hofe, allein der Vezier Kummeroddien war ein Freund des Ali, und die übrigen Großen zu ſehr mit ihren Planen beſchafftigt, einander aus der Gunſt des Kaiſers zu verdrängen, daß man dieſen Aufſtand nicht ahns dete. Auch fand der Rohillafürſt bald Gelegenheit, dem Kaiſer gefällige Dienſte zu leiſten . Die Nads kommen oder Verwandten der weiland berühmten

Sneds , welche bis zu Anfange der Regierung des

Kaiſers Mahomet ſo machtig geweſen waren , ber faßen unter andern am weſtlichen Ufer des Ganges

die Stadt Barrah nebſt ihrem Gebiete , davon ſie aber dem Staiſer Grundzins bezahlen mußten. Der

damalige Inhaber deſſelben benußte die Schwache der Regierung dieſe Zahlung zu verweigern, verjagte

die kaiſerlichen Beamten aus feinem Diſtrifte , und lehnte ſich offentlich gegen den Kaiſer auf.

Das

mals befaß die Regierung in Delhi noch Kraft ges nug, einen Rebellen ohne großen Anhang und in der Nähe der Hauptſtadt zu beſtrafen . Es wurden daher Truppen gegen die Syeds ausgeſchickt , mit

dieſen vereinigten ſich die Rohilla's unter Ali Mas homet , jerſtreuten die Truppen der Rebellen , und

ihr Unführer blieb in einem Gefechte. Für dieſen Beiſtand erhielt Ali den Nabobstitel m ), und er ward

m) Nabob , oder eigentlicher Vaib , heißt ein Stells vertreter , und dieſer Titel wird allen Perſonen von Range, Statthaltern und andern Befehlshabern, beis

gelegt ; ihn führen aber nur Mahometaner, da hins gegen die angeſehenen Indier fich lieber Rajahe, 0.i.

Fürſten, nennen laſſen. In Detan iſt der Titel Mait eben ſo häufig , und wird zuiveilen mit Nabob vers

wechſelt. Naif iſt aber ein indiſches Wort, das einen

Officier oder Anführer bezeichnet.

Dritte Periode, von 1707-1800. 343 ward im ruhigen Beſige aller ſeiner unrechtmäßigen Eroberungen beſtätigt.

Uber unerachtet dieſer Erhebung wären beię nake. alle Plane des ehrſüchtigen Robillafúrſten ges ſcheitert, gerade wie dieſe Feſtigkeit zu erlangen fichienen. Die Regierung in Delhi gerieth, über die Menge der in Kuttair einwandernden Fremdlinge

in Beforgniß , und über die innere Stärke , welche ber. nenie Nabob durch mancherlei Einridjtungen

feinen Beſitzungen zu geben wußte. Man beſchloß alſo Moradabad von Ali's låndern zu trennen, und , übergab die Verwaltung der dazu gehörenden lands ſchaft einem angeſehenen Hindu , dem Rajah Hirs Nund , mit dem Yuftrage , den Nabob . der Rom

Hillen genau zu beobachten . Er ſollte auch von ihm die Rückſtande von den ſo lange unbezahlten Ges fållen eintreiben , und er warð mit hinlänglicher

Mannſchaft verſehen , im Fall der Widerleßlich, keit ernſthafte Maasregeln ergreifen zu können. Der Forderung, die Rückſtände einzuſchicken , wußte der liſtige Robillafürft durch mancherlei Uusflüchte aus,

zuweichen , eigentlich aber ſuchte er nur Zeić ju. ges winnen, um ſeine Truppen zuſammenzuziehen. Wie

der Rajah endlid Ali Magomets Gebiet feindlich angriff, fand er unerwarteten Widerſtand. ward ſogar in ſeinem lager von den Rohilla's übers fallen und aufs Haupt geſchlagen . Seine Artils Jerie , Feldgeråthe, und was er ſonſt nach indiſcher

Sitte mit ſich führte, fiel den Feinden in die Hände, und man fand hernach den Rajah in ſeinem Zelte

ermordet , nicht ohne Verdacht einer dabei verůbs ten Perrátherei. Ali

344

Geſchichte von Oſtindien .

Ali Mahomet ſuchte fich zwar bei Hofe wes gen dieſer Thåtlichkeiten zu entſchuldigen , und bes wies , der Rajah wåre in ſein land gefallen , und

er hätte ſich gegen ihn vertheidigen müſſen.

So

gutgeſinnt auch der Bezier fich bisher gegen den Rohillafürſten bewieſen hatte , fo wenig wirkten ins deſſen Ali Mahomets Scheingrúnde. Ein anderer

kaiſerlicher Feldherr, NamensMir Munnu, mußte alſo 1742. mit einem Heere zur Beſtrafung des uns

ruhigen Fürften Gerbeieilen ; der Rohillafürſt zog ebenfalls ſeine Truppen zuſammen, und beide Heere näherten ſich von Oſten und Weſten her dem Gans ges. Weil aber Ali Mahomet alle Furten dieſes

Fluſſes befekt hatte, ſo wagte és der kaiſerliche Bes fehlshaber nicht, über den Ganges zu feßen . Ino dem nun beide Urmeen gegen einander ſtanden, ward die Fehoe'durch einen Vergleid ) beigelegt. Uli Mahomet behielt, was er unrechtmäßiger Weiſe an ſich geriſſen hatte , verſprach davon jährlich die kaiſerlichen Gefälle abzutragen , vermábite ſeine Lochter mit dem Mir Munnu , und gab ihr einen

anſehnlichen Brautſchaß mit. Seit dieſer Zeit vers änderte der Eircar Ruttair ſeinen Namen in Ros Hilcund oder Land der Rohilla's , und die alte Bes

nennung kommt nur zuweilen in faiſerlichen Urkuns den vorn).

Da alfo der Friede mit dem Kaiſer wieder Hergeſtellt war, und Üli, das Allgemeine Oberhaupt

der Rohilla's , von dieſer Seite nichts zu befürchs ten hatte , ſo benugte er dieſe Ruhe ſein Gebiet jen. ſeit der nördlichen Gebirge zu erweitern , und griff 1744. mit 15000 Mann den Rajah von Cumaon an ;

n) Hamilton S. 53 .

Dritte Periode , von 1707-1800. 345 án ; allein er hatte auf dieſem Zuge unglaubliche Hinderniſſe zu überwinden. Er mußte die von dem

Rajah belegten Gebirgspåſſe mit Gewalt erobern, ſein Heer zwei Monate lang durch undurchdring. liche Waldungen führen , die nur wilden Thieren zum Aufenthalt dienten . Weil es in dieſen wilden Einöden ganz an tebensmitteln fehlte, ſo mußte er,

was feineMannſchaft zum Unterhalt brauchte, über unerſteigliche Gebirge ſchaffen , aus deren verbors

genen Schlupfwinkeln eine glückliche Streifpartei fehr leicht den ganzen Vorrath erbeuten oder zers ſtoren konnte, ja alle feine Urtillerie , Pferde und Gepåcke" zurücklaſſen . Demnach bahnte er ſich eis nen Weg durch die Wildniß. Der Rajah nahm bei Annäherung der Feinde die Flucht nach Siris nagur , überließ ihnen feine Hauptſtadt Almora, und die Rohilla's plünderten und verheerten ſein, {and nach allen Richtungen. Ali verglich ſich ends

fich mit dem Rajah von Sirinagur, der damals Schuß oder Oberlehnsherr über Cumaon geweſen

zu ſenn ſcheint. Dieſem verſprach er jáhrlich drei {ac Rupien Schußgeld zu bezahlen , und ward von ihm im Beſit ſeiner Eroberungen gelaſſen. Er

kehrte hierauf mit einer großen Beute nach Rohils cund zurück ,oder wie andere wollen , nothigte eine

Seuche, die unter den Rohilla’s einriß , den Fúrs ſten zum Rückzuge " ). Nach dieſer Eroberung gerieth Ali Mahomet mit ſeinem füblichen Nachbar , dem Nabob von Uuhd , in Streitigkeiten , dem die ſteigende Größe des Rohillafürſten allinåhlich gefährlicher wurde, und' der lange ſchon die Abſicht Qatte, Rohilcund Y 5 b ) Tiefenthaler Th. 1. 6. 173.

mit

*1

346

Geſchichte von Oſtindien.

mit ſeinem Gebiete zu vereinigen. Der Nabob hatte in Ali Mahomets Waldungen Salibáume fållen laſſen , welche man in dieſen Landſtrichen von Hindoſtan als gutes Bauholz benußt. Die Ros hilla's wollten dies nicht erlauben , verjagten die

Holsfäller von ihrer Arbeit , und erſchlugen den Auffeber , den der Nabob von Auhd zu dieſem Ges

fchaffte beſtellt hatte. Der Nabob führte über dieſe Gewaltthátigkeiten große Klage in Delhi , und der Kaiſer Mahomet Shah befahl dem Rohillafürften, die Urheber dieſes Unfugs zur Beſtrafung auszulies i fern , auch allen verurſachten Schaden zu erſeken. Ali fand nicht für gut , weder das eine noch das

andere zu erfüllen , erklärte vielmehr, alles wåre auf ſein Geheiß geſchehen. Dies ward ihm am Hofe als öffentliche Empórung ausgelegt, und der Kaiſer befahl, den Rohillafürſten nachdrücklichſt zu beftrafen , und deſſen Unhänger aus ihren Eros

berungen zu verjagen. Der Vezier , ihr Beſchüßer am Hote , gab ſich zwar alle Mühe , das Ungewits ter abzuwenden ; allein er hatte an dem Nabob von

Auhd einen gefährlichen Nebenbuhler , der durch Bezwingung oder Verjagung der Rohilla's des Bes ziers Macht und Einfluß in Delhi zu beſchränken ſuchte. Sufdar Jung , fo hieß der Nabob von

Huht , ließ es daher nicht an Vorſtellungen beim Kaiſer fehlen , die Rohilla's zu bekriegen. Er ſchoć auch das Geld zur Anwerbung kaiſerlicher Truppen her , und bezahlte dieſen für jeden Marſchtag guns derttauſend Rupien , und die Hälfte, wenn ſie eis nen Rafttag machten. Al ward alſo. 1745. von

Weſten her von einer Armee des Kaiſers-, und von Súden von der Macht des Nabobs von Uuhd ans gegrif

Dritte Periode, von 1707-1800 . 347 gegriffen. Ihn verließ aber , bei der ihm drohen.

den Gefahr, ſeine bisherige Entſchloſſenheit, die Truppen des Kaiſers fielen ungehindert in Rohils cund ein , und ließen überall bekanntmachen , alle

Robila's , die ihren Fürſten verlaſſen würden , ſoll. ten Verzeihung erhalten , die ihm aber getreu blies ben , als Rebellen beſtraft werden , auch ließ es der Nabob von Auhd nicht an Drobungen und

Ueberredungen fehlen , ſo daß der Rohillafúrſt ſehr bald ſeine treueſten Unhánger verlor , und das Feld nicht langer gegen ſeine Gegner halten konnte. Er mußte ſich alſo mit wenigen Getreuen in die Ves

ſtung Bangur einſchließen. Hier hielt er eine ſchwere Belagerung aus , und es ſchien , nach Ens digung derſelben wurde die Herrſchaft der Rohilla's am Ganges ihre Endſchaft erreiden. Allein der Bezier und Ali Mahomets Landsleute unter dem kaiſerlichen Heer wußten die Unterhandlungen ſo

zu lenken , daß der Rohillenfürſt bei ſeiner Unters werfung beſſere Bedingungen erhielt , als er nad ſeinem Betragen erwarten konnte. Er mußte dem Kaiſer Ramgur abtreten , und ſich nach Delhi bes geben , wo er im Pallaſte des Beziers in leidlicher Gewahrſam gehalten wurde. Seine Familie aber durfte in Rohilcund bleiben , auch behielt ſie den bort verwahrten Schak , nebſt andern Habſelige

Feiten. Moradabad erhielt einen faiſerlichen Bes

fehlshaber, der Nabob von Muhd hingegen mußte ſeine Anſprüche auf Robilcund bis zu einer gunſtis

gern Gelegenheit verſparen. Alle Rohilla's durften im Lande bleiben , doch ward ihnen verboten , über den Ganges zu gehen , oder ſich in dem weſtliden

Cheile der Provinz Delhi auszubreiten, Sobald

348

Seſchichte von Oſtindien . Sobald die feindlichen Heere das ( and vera

Taſſen hatten , fingen des gefangenen Fürſten Ans gånger und Freunde an , ſich in der Stadt Sums bul zahlreich zu verſammeln , bedauerten die 20s

weſenheit ihres glücklichen Anführers, und beſchloſs fen , feine Freiheit zu bewirken . Wiertauſend Ros Hilla's machten ſich in einzelnen Parteien auf den

Weg nach der Hauptſtadt, ſchlichen ohne Geräuſch in die Vorſtådte ein , dereinigten ſich vor des Kais

ſers Pallaſt , und forderten ungeſtúm die Loslaſſung ihres Fürſten. Delhi hatte damals eine ſchwache Beſakung, der Kaiſer hatte ſeine Truppen nach glücklich beendigtem Kriege entweder abgedankt, oder in andere Provinzen verlegt , er wußte fich alſo bei dieſem unerwarteten Auftritt nicht zu hels

fen . Weil indeß einigen Großen dies Wageſtůce der unruhigen Rohilla's fehr gelegen fam , ihre ehrs

geizigen Plane durchzuſehen , auch viele Afgahnen in des Kaiſers Dienſten vorſtellten , die ganze Nas

tion in den nordlichen Gebirgen möchte ſich mit

den Aufrührern vereinigen , fo ward Ali Mahomet 3

auf freien Fuß geſtellt. Doch fand man es gefährs lich , ihm ſeine verlornen Länder wieder einzuräus men , er ward alſo zum Verwalter des Landes Sir,

þind im nördlichen Delhi beſtellt, und er mußte, um ſich feiner Treue zu verſichern , ſeine beiden åls teſten Söhne in der Hauptſtadt als Geißelzurücks Taſſen. Aber der Rohillafárſt fonnte in Sirhind ſeine Abſichten auf das verlorne Robilcund nicht verbergen , er nahm viele von feinen ehemaligen Anhängern wieder in Dienſt , und belohnte fie fo reichlich , daß der Kaiſer wenig oder nichts von der

Einfünften dieſes landes erhielt. Wie endlich 21h. med 1

Dritte Periode, von 1707-1800 . 349 med Shah, König von Candahar , 1747. in Hins doſtan einfiel, und der Kaiſer alle ſeine Kräfte aufs bieten mußte, dieſen Barbaren von der Hauptſtadt

abzuhalten , fo gaben ihm die darüber im Reiche entſtandenen Verwirrungen die beſte Gelegenheit, ſeinen lange entworfenen Plan auszuführen . Uns

ſtatt, wie er ſchuldig war, mit ſeiner Mannſchaft deb Kaiſers Heer gegen die Feinde zu verſtärken ,

führte er dieſe weit von dem Kampfplak, unter dem Vorwande , einen nördlichen Zemindar zu bes

ſtrafen , der die kaiſerlichen Gefälle abzutragen vers weigerte. Wie endlich Ahmed Shah mit ſeinen Ubballi's Hindoſtan verlaſſen mußte , und des Kais fers Truppen , die bisher in Sirhind ſtanden , den flüchtigen Feind bis (ahor verfolgten , ſo wagte er es , über den Ganges zu geben , und das ganze Ros

þilcund einzunehmen. Seine linterthanen nah, men ihn mit Freuden auf , und mit ihrer Hülfe wurden alle kaiſerlichen Beamten aus dem ganzen

{ande vertrieben , ja der ſchwache Kaiſer mußte ihn abermals in dem Beſite deſſelben beſtätigen. Deßt

gab er ſich alle Mühe , den Zuſtand von Rohitcund zu verbeſſern , und Ruhe und Ordnung wieder eina

zuführen: Die kleinen kriegeriſchen ſchwer zu zah. menden Rajahs wurden aus ihren nördlichen Schlupfwinkeln verjagt , und dieſe unter Rohilla's vertheilt , auf deren Beiſtand er ſicherer rechnen konnte. ga alle Hindus , die Aemter oder Leben von einiger Bedeutung beſaßen , wurden derſelben

entſeft, und nur den geringern Hindus der Unbau des Landes überlaſſen .

Ali genoß die Früchte ſeiner raſtloſen Syatiga keit nicht lange , et war.gegen Ende feines Lebens, mit

1

350

Geſchichte von Oſtindien .

mit einer ſo heftigen Taubheit befallen , daß er eis nen Kanonenſchuß faum vernehmen konnte , und

daju geſellte ſich die Waſſerſucht. Weil feine fechs Söhne insgeſammt minderjährig und die beiden åſs teſten abweſend waren , fo beſtimmte er den dritten,

Sigulla Chan ; zum Nachfolger.

Dabei übers

trùg er die Regierung von Rohilcung , und der vers

fchiedenen Antheile , die jeder Sohn an dem Nacho laß des Vaters haben ſollte, ſechs angeſehenen Ros Hilla's , welche theils nahe Verwandten , theils alte Freunde ſeines Hauſes waren , und ſtarb 1749. Seit ſeinem Code war Rohilcund immer unter

mehrere Fürſten vertheilt, die einander wechſelſeix tig bekriegten und ſelten nach einem gemeinſchafts lichen Plane handelten , bis endlich , wie wir unten ſehen werden , der Nabob von Auhd , der ſo lange vergeblich nach dem Beſik dieſes Landes geſtrebt hatte , daſſelbe 1774. und 1794. eroberte.

Nicht lange Bernach , als ſich die Rohila's jenſeit des Ganges auszubreiten anfingen , erlangs ten andere afgahniſche Abentheurer ein Gebiet diese

feit dieſes Fluſſes , in dem ſogenannten Duab zwis ſchen dem Gumna und Ganges , welches von der

Stadt Feruckabad , welche Mahomet Chan , einer ihrer Anführer , 1713. im öſtlichen Theil von Agra

erbauete, den Namen erhielt. Dieſe Afgahnen unterſchieden ſich von ihren Brüdern durch den Beis namen Bunguſch . Der erſte von ihnen , Ujam Chan , diente ' unter der Reuterei Aurungjebe's, und pflegte ſich , wenn man ſeine Dienſte nicht brauchte , in der Stadt Mow in Bundeſcund aufs

zuhalten , wo ihm ſein Sohn Mahomet geboren wurde. Dieſer nahm als Anführer von zweihuns dert

Dritte Periode, von 1707-1800. 351 bert Reitern Dienſte bei einem Fürſten von Bundels

cund , und kalf ihm ſeine Feinde beſiegen. In dies ſen Fehden vermehrte er ſein Gefolge biš auf viers tauſend Mann , welche er dem Kaiſer Ferothſere anbot, als dieſer 1713. mit Hülfe der Syeds dem ausſchweifenden gehander Shah den Thron von Delhi ftreitig machte. An dem Siege , welchen Ferofyſere bald darauf über ſeinen Gegner bei Se. cundra erfocht , hatte Mahomet großen Antheil,

und er erhielt dafür zwölf Dorfſchaften zur Bes lohnung, in deren Mitte er die vorhergenannte

Stadt Feruckabað erbauete , welche urſprünglich dieſe Dörfer innerhalb ihrer Mauern einſchloß.

gegt fing er an , nach der Weiſe indiſcher Macht, Haber weiter um ſich zu greifen , vertrieb die alten Einwohner , welche zum Theil Rasbutten waren ,

aus ihren Wohnſiken , übergab dieſe feinen lands . leuten , und benußte die Unruhen in dem benachs barten Bundelcund , auch hier Eroberungen zu

machen. Da in der Nachbarſchaft von Feruckabad andere Günſtlinge oder Beamte des Kaiſers ebens

falls Dienſtlehen beſaßen , nahm er dieſe von ihnen in Pacht , wußte aber dabei ihr ſteigendes und fale

lendes Unſelen in Delhi To gut zu benußen , daß er ländereien, die blos auf lebenszeit verliehen was ren (Saghires), in erbliches Eigenthum (Ultumgha) verwandelte., oder ſich im Beſige derſelben beſtåtis gen ließ. Gegen Ende der Regierung des Kaiſers Mahomet hatte er auf dieſe Weiſe ſchon ein Gebiet

von beträchtlichem Umfange erlangt , aus welchem er vierzig lac Nupien Einfünfte gog. Dieſes Hins terließ er ſeinen Nachkommen , von denen ſeinte

Söhne, Saim Khan und Ahmed Khan , und ſein Enkel

352

!

Geſchichte von Oſtindien.

Enkel MujufferKhan, das bald machtigebalb gang unterdrückte Fürſtenthum Feruckabad bis auf unſere Zeiten beſeſſen haben , und , fo viel wir wiſſen , noch)

beſigen . Da aber dieſe afgahniſchen Nabobs fünf. tig in den Veränderungen in Delhi, Uuhd und, Rohilound , auch bei den Streifereien der Marats ten in dieſe Gegenden verflochten ſind , und ſich in

der Folge keineſchickliche Gelegenheit finden dürfte, die Schickſale dieſes kleinen Staats zweckmäßig zu behandeln , ſo wird es mir erlaubt ſeyn , dieſe hier bis auf die neueſten Zeiten zu anticipiren oder voranzuſchicken. Mahomet, deſſen Todebjahr unbekannt iſt, aber noch während Kaiſer Mahomet Shahs Regierung fällt, hatte ſeinen Sohn Kaim Khan zum Nach folger. Kaim beſchloß , Rohilcund mit ſeinen låns

dern zu vereinigen , wozu ihm die vormundſchafts liche Regierung über Ali's abweſende oder minders

jáhrige Prinzen und das damals getheilte Intereſſe der Großen unter den Rohilla's die beſte Veran .

laſſung gab. Die Vormunder ſuchten zwar durch Abtretungen den drohenden Sturm abzuwehren,

und verſprachen , Kaim ihre Eroberungen weſte warts des Ganges zu überlaſſen , allein dieſer , von dem damaligen Vezier , dem Nabob von Auhd, angereizt , der Herrſchaft der Rohilla's ein Ende zu machen , verlangte vóllige Unterwerfung. Kaim

brach daher 1749. durch Auhd in Rohilcund ein, fand aber die vereinigte Macht der Rohilla's in den Ebenen von Dowreih in der Nachbarſchaft det Stadt Owlah verſammelt. Hier erfolgte zwiſchen beiden Heeren ein blutiges Treffen , in welchem aber

die Bunguſchafgahnen aufs Haupt geſchlagen wur . deny

Dritte Periode, von 1707-1800. 353 den , und Kaim Khan , nebſt ſeinen beſten Genes ralen , das leben verlor. Die Rohilla's eroberten

Hierauf , was ihren Gegnern oftwårts des Ganges gehört hatte. Raim Khan hinterließ eine zahlreiche Nachkommenſchaft, die bei ſeinem Tode aus fieben

und zwanzig Söhnen und fünf und funfzig Tóch. tern beſtand. In ſeinem Harem hatte er an tau. ſend Weiber , von denen noch vierzig im Jahre

1787. lebten .

Seine Wittwe Bibi Saheb er.

nannte gleich nach ihres Mannes Tode einen von

deſſen Söhnen , Iman Khan, zum Nachfolger,

der ſich aber nicht in der Regierung von Feruckabab behaupten konnte. Denn kaum hatte der Titularvezier , der Nas bob von Auhd , den Cob und die Niederlage der Afgahnen erfahren , als er ſich ihres landes zu bes machtigen ſuchte, und fein Feldherr Nevil Rai fiel ungehindert in Feruckabað ein . Kaims Wittwe verſprach ihm zehn Millionen Rupien zu bezahlen, wenn er ifr und ihren Kindern das Erbtheil ihres Vaters , oder was Kaiſer Ferofbfere ihrem Große vater erblich geſchenkt hatte , laſſen würde. Alleiri

da ſie die verſprochene Summe nicht baar aufbrini gen konnte, ſo ward ein Theil davon in Juwelen

abgetragen. Bei Scházung derſelben veruneinigs ten ſich beide, Kaims Wittwe behauptete ſchon mehr bezahlt zu haben , als ſie ſchuldig wat ; Nevil

Rai ſchåkte hingegen , was er bereits empfangen, nur auf die Hälfte , und forderte noch vierzig {ac Rupien . Er nahm hierauf das ganze (and in Bes .

fiß, die Wittwe mußte in ſeinem tager bleiben , gman Khan , und vier ſeiner Brüder nebſt andern angeſehenen Afgahnen wurden als Gefangene nach s . Th. 2. Abth. 3 Delhi

354

Geſchichte von Oſtindien .

Delhi und Elşadabab geſchickt und insgeheim ers mordet. Indeß hatte ſich bei den Verwirrungen,

welche bei dem gewaltthårig aufgehobenen Vergleiche in Feruckabad entſtanden , ein Bruder des erſela.

genen Kaims , der Ahmed hieß, und von dem man als einem Krúppel nichts zu befürchten glaubte, feine Zuflucht nach der Stadt Mov genommen , auch die Wittwe entfam aus ihrer Haft mit einigen ges retteten Koſtbarkeiten , und begab ſich zu ihm. Weil die Einwohner von Mow ſichihrer annahmen , und ſich hier viele Afgahnen allmählich einfanden , fo fammelte Ahmed bald ein kleines Heer von viers

tauſend Mann , das ihn zwar für den rechtmäßis gen Nachfolger feines Bruders erklärte , allein wes

ber mit Geſchüß noch Ummunition verſehen war. Dennoch wagte es dieſer kleine Haufe , den Nevil Rai aufzuhalten, der ſolchen mit 50,000 Mann und þundert Kanonen zu zerſtreuen ſuchte. Ahmed úbers fiel 1750. unvermuthet deſſen lager , und weil der feindliche Anführer zu Anfange des Gefechts blieb,

fo geriethen deſſen Truppen bald in Unordnung, und bie Afgaħnen eroberten das Sager und ſämmtliche Artillerie. Dieſer Sieg ſtellte die Angelegenheiten

des neuen Nabobs von. Perucabad ſchnell wieder hér. In furzer Zeit zählte er 20,000 Mann uns ter ſeinen Fahnen, auchviele Rohilla's vereinigten fich , in der Hoffnung Beute zu machen , mit ihm. Zwar eilte der Vezier mit Hunderttauſend Mann ihm von neuem entgegen , um die Rebellion in der

Geburt zu erſticken, allein er ward ungeachtet ſeis ner Uebermacht bei Pattiari , einige Meilen von Feruckabad , ebenfalls geſchlagen , und entfam mit

Müge nach Delki. Ahmed eroberte hierauf ſein gans

Dritte Periode, von 1707-1800. 355 ganzes Gebiet wieder , die ProvinzMuhd ward von ſeinen Streifparteien verwüſtet, und er wagte es fogar, die wichtige Veſtung Elhadabad zu belagern . Allein der bis zur Verzweiflung gebrachte Vezier

bot alles auf, die Bunguſchafgahnen und die das mals mit ihnen vereinigten Rohilla's auszurotten , und fuchte bei den Maratten Hülfe. Dieſe vers ſtárften die Ueberbleibfel ſeines Heers mit funfzigs tauſend Reitern , und jekt wagte er den dritten Ans

griff auf Feruckabad. Ahmed wollte anfänglich den

Feind in der Nachbarſchaft dieſer Stadt erwarten, da ihm aber ſein Gegner zu überlegen war , und

nicht alle Rohillafúrſten an dieſem Kriege Theil naha men , ſchickte er ſeine Familie nebſt allen Sachen

von Werth und den vornehmſten Einwohnern jens feit des Ganges, wo ſein Sohn und einige Ros

hillafürften mit dreißigtauſend Reitern den Feind erwarteten , oder in Bereitſchaft waren , ihn , wo er ſich zeigen würde , anzugreifen. Aber die les bermacht des Beziers war fo ſichtbar , und der neue Angriff ſo gut entworfen , daß Ahmed und

ſeine Alliirten es nicht wagen durften , das Feld gegen ihn zu behaupten. Verſchiedene Ungriffe ges gen die feindlichen Vorpoſten wurden abgeſchlas gen , ſo daß die Afgahnen zulekt ihre Sicherheit in den nordlichen Bergveſtungen ſuchen mußten . Auch

dorthin wurden ſie von dem Vezier verfolgt , der fie zwei Monate lang vergebens auszuhungern fuchte. Weil die feindlichen Truppen ſehr durch Krankheis ten in den óden Gegenden fitter , die Afgahnen in ihren genommenen Stellunge .. alle Angriffe vers eitelten , die Maratten die bedungenen Subſidien

verlangten , die der Bezier nicht zahlen konnte, und ein 32

356

Geſchichte von Oſtindien.

ein Einfall des Königs der Abdalli's Delhi bedros Hete, ſo mußte der Nabobvezier 1753. Frieden ſchließen. Ahmed Khan erhielt die Stadt Feruckas bad , nebſt andern Diſtrikten , wieder , welche ihm

zu ſechzehn {ac Rupien jährlicher Einkünfte anges ſchlagen wurden.

Seine übrigen Eroberungen

wurden den Maratten zum lInterpfandė für ihre

Forderungen überlaſſen; doch ſollten dieſe nach Bes friedigung der Maratten zwiſchen den Nabobs von

Uuhd und dem geſchwächten Fürſten vonFeruckas bad gleich getheilt werden , ſo daß diefen Räubern ein beträchtlicher Strich landes in Duab zufief.

Die Robilla's wurden ebenfalls in dieſem Frieden eingeſchloſſen, wie ſie dem Vezier Verſchreibungen auf funfzig Lac Rupien aufſtellten , welche ſie ters

minweiſe abzutragen verſprachen, wovon aber die Zahlung nie erfolgt iſt; auch mußten ſie dem Kais

ſer einen jährlichen Tribut von fünf lac Rupien ers legen ). Die Maratten behaupteten ſich in den ihnen

abgetretenen ländern bis zu ihrer berühmten Nies derlage bei Panniput. Da ſie nach derſelben das

nördliche Hindoſtan råumen mußten , ſo entriß iş. nen Ahmed Khan alles wieder , was er ihnen frio Her eingeräumt hatte, und ward in ſeinen Erobes rungen von dem Könige der Abdalli's, der damals Oberregent in Delhi war , beſtátigt. Ukmed ward hernach in alle Kriege verflochten , welche in Delhi,

Üuhd und Rohilcund, theils zur Bezwingung des Nabobs von Auho , der Rohilla's und anderer Fúrs sten , p ) Hamilton S. 112 , I. Willis Obſervations on Feruckabad , in Scotts Remarks on Sheridans Statements , 8.61.

Scotts Memoirs S. 226.

Dritte Periode , von 1707-1800. 357 ſten, bis 1770. geführt wurden, ja ihm warb 1763 . die Würde eines kaiſerlichen Schaßmeiſters anges tragen , ohne jedoch bei allem dieſem Wechſel der Dinge an land und leuten zu gewinnen ; auch warð er kurz vor ſeinem Tode abermals mit den Marats

ten in Krieg verwickelt. Dieſe hatten den Kaiſer

Shah Allum II . wieder auf den Thron von Delhi erhoben , und da er ihnen die verſprochenen Pros

vingen Sorah und Elhadabad nicht verſchaffen

konnte, bediente er ſich ihrer Hülfe, rebelliſche Vas fallen zu beſtrafen , oder Uſurpatoren aus den faj.

ſerlichen Beſikungen zu vertreiben , wobei ihnen immer der beſte Theil der Beute zufiel. Auf dies

ſen Streifzügen in den Provinzen Ugra und Delhi ward Ahmeds Gebiet von ihnen , wie gewohnlich, verheert. Sie erſchienen 1772. vor Feruckabad, und verlangten nicht nur dieDiſtrikte in Duab wies

der , welche ſie nach der Niederlage bei Panniput þatten verlaſſen müſſen , ſondern auch alle Einkünfte

welche er ſeit jener Zeit aus dieſen Eroberungen ges hoben hatte. Ahmed Khan war pamals blind, und

ein faft ſiebzigjähriger Greis , er verglich ſich alſo mit ihnen , und ſtarb nicht lange darauf. Die Große und der Umfang ſeines Gebiets iſt nicht hins lánglich bekannt , obgleich während des langen Pros ceffes gegen den Generalgouverneur Haſtings genug darüber verhandelt iſt , und die Behandlung des

Nabob von Ferucabad einen eigenen Unklagepunkt ausmacht.

Indeſſen ſcheint er daſſelbe gut verwal.

tet zu haben , weil er einen Schas von zwanzig Millionen Rupien hinterließ.

Nach ſeinem Tode iſt Feruckabad größtentheils in fremde Hände gerathen , oder der regierende Nas 33

bob

Geſchichte von Oſtindien . bob der Bunguſch, Afgahnen durch den Einfluß ſeis 358

nes måchtigen Nachbars, des Nabobs von Uuhd,

fo Herunter gekommen , daß ihm faum der tägliche Unterhalt für ſeine Familie übrig blieb. Muzuffer Khan , Ahmeds Sohn und Nachfolger, war zu jung und unerfahren, als er die Regierung überneh, men mußte. Der beträchtliche Nachlaß ſeines Vas

ters verſchwand bald , weil der junge Fürſt feine Anhänger allzureichlich beloknte , welche ihn gegen neue Pråtendenten beſchükten , als dieſe fdjon 1772. die Nachfolge ſtreitig machten , feine Schak. meiſter die ihnen anvertrauten Gelder zu ihrem Vortheile verwandten , Muzuffer mehrere Truppen unterhielt, als er mit ſeinen Einfünften beſolden konnte , und der Nabob von Augd , der längſt Fes ruckabað und Rohilcund mit ſeinen ländern zu vers

einigen getrachtet hatte , gewiſſermaßen die Vor. mundſchaft des funfzehnjáhrigen Prinzen übernahm, welche zum großen Verderben des Landes bis 1784. gedauert hat.

Der Nabob von Muhd nahm 1772. den jun,

gen Prinzen von Feruckabað als Sohn an , und verſprae , die Maratten aus den Diſtrikten zu veto treiben , die ihnen ſein Vater Ahmed kurz vor ſeis nem Tode hatte einräumen müſſen 9 ).

Die Mas

ratten wurden bald über den gumna zurückgejagt,

aber der Nabobvezier behielt die Beute unter dem Porwande, daß ſie ihm nach dem Vertragevon 1753.

gehörte , ér auch große Summen auf ihre Wieders eroberung habe verwenden müſſen. Dod) gab er Hernach dem Prinzen etwas von dieſen Diſtritten,

allein unter der Verſicherung, Muguffer müſſe ſich ſeiner 9) Forſters Travels V. I. S. 167.

Dritte Periode, von 1707-1800. 359 ſeiner Führung ganz überlaſſen , und ihn auf ſeinen Kriegsjúgen mit zehntauſend Mann begleiten . Zus folge dieſes Vertrages folgte er dem Nabob 1774.

in den berühmten Rohillakrieg , von dem unten når Qere Anzeige geſchehen ſoll, und der Nabobvezier

ſchoß ihm drei Jac Rupien vor , weil ſeine Truppen des Soldes wegen ſchwierig waren . Dieſe Anleihe iſt der Grund der ſpátern Unforderungen des Nas bobs von Auhd an den Fürſten von Feruckabad ges weſen , wodurch ihm das ganze Land unterwürfig wurde. Da der Rohillafrieg von kurjer Dauer war , To kehrte Mujuffer wieder in ſeine Reſidenz zurück , fiel aber bald dieſem bald jenem raubgieri. gen Günſtling oder Führer in die Hände , dener er zulegt bei ſeinen ganz zerrůtteten Finanzen ſeine Juwelen verkaufen , ja ihnen verſtatten mußte, das erſparte Vermogen ſeiner Verwandten unter ſich zu theilen , die aber meiſtens das gewöhnliche Schicks ſal indiſcher Machthaber erfuhren . Manche von

dieſen wurden von dem Nabob von Uuhd beſtellt, wenn ſie ihn für ihre Ernennung bezaplten , oder die Schuld des jungen Nabobs abzutragen verſpra.

chen, aber auch eben ſo bald wieder abgefekt; und Muzuffer hatte in dem kurzen Zeitraume von vier Jahren fünf Miniſter, welche in ſeinen Namen regierten.

Endlich , nachdem die Verwirrungen aufs

Höchſte geſtiegen waren , ſo daß der junge Nabob fich ſogar der Truppen des Veziers bedienen mußte,

um die Abgaben von ſeinen Unterthanen beizutreiben, ſo beſchloß dieſer, den lange gebegten Plan auszus führen , ſich der Perſon des jungen Prinzen und

ſeines landes ju bemachtigen . 34

Er erſchien alſo 1776 .

360

Geſchichte von Oſtindien.

1776. vor Feruckabab , und verlangte von ihm zweis

1

hundert Kanonen , ſein Feldgeråth und alle Eles phanten. Muzuffer mußte ſich zu allem bequemen, zwar entging er durch Vorſtellung des engliſchen Reſidenten am Hofé des Nabobs von Uuhd der wirklichen Gefangenſchaft, mußte aber dagegen legs

1

term einen jährlichen Tribut von vierhundert und funfzigtauſend Rupien verſprechen. Dieſer Eribut beſchleunigte den Ruin des ganzen Landes und die Noth des Fürſten . Die Einnehmer , welche jene Summe für den Vezier erhoben , ſuchten nur fich

zu bereichern , und wurden dager bald abgerufen . Das Sand ward von fremden Truppen übers

ſchwemmt, die Abgaben von den Unterthanen beis zutreiben, und zulegt überließ der Nabob von Uuho

Feine Forderungen an Feruckabad den Engländern ſtatt der Subſidien, die er dieſen Alliirten ſeit 1773 . zahlen mußte , ſo daß Mužuffer für ſeinen Hofſtaat und den Unterhalt ſeiner zahlreichen Verwandten

nur drei Jac Rupien übrig behielt. Da landesherr

und Unterthanen durch dieſe Maaßregeln verarmen mußten , die Einwohner ſchaarenweiſe ihre Heimat 'verließen , und endlich vorauszuſehen war , daß aus

dem völlig erſchöpften (ande kein Zribut weiter bei. getrieben werden konnte , ſo nahm man ſich in Cals

cutta des Fürſten thåtiger an. Die Verbindung,

in welcher er feit ſeinem Regierungsantritte mit Uuhd geſtanden gatte, ward aufgehoben , und jene Prås fidentſchaft nahm ihn unter ihren unmittelbaren Schuß. Ihm wurden von den Beſikungen ſeines Vaters achtzehn Diſtrifte ( Pergunnaks) einges råümt , deren Einkünfte man damals auf 975,000

Rupien berechnete. Jedoch mußte er fünftig für den

1

Dritte Periode, von 1707-1800. 361 den erlangten Schuß eine beſtimmte Summe nach Calcutta úbermachen , auch fünfhundert afgahnis ſche Reiter zum Dienſte der Englånder bereit hal. ten "). Ob dieſe Verbindung mit der Präſidente ſchaft Bengalen noch Statt findet, ob der Fürſt von Feruckabad noch im Beſige ſeines Landes iſt , oder 生

daſſelbe vielleicht längſt verloren hat , darüber ſind keine Nachrichten vorhanden , wenigſtens iſt der Tribut von Feruckabad in den neueſten Rechnungen

über die bengaliſchen Einkünfte nicht mit aufgeführt. Da das unglückliche Hindoſtan , ſo lange

Kaiſer Mahomet daſſelbe beherrſchte, durch den perſiſchen Einfall; die Verkeerungen der Maratten, den Verluſt der beſten Provinzen und Zerſtůckelung

der übrigen äußerſt geſchwächt, und das Anſehen des Kaiſers völlig gelähmt war ; ſo konnte es jeder Nachbar oder lånderſüchtige Eroberer ohne Gefahr wagen , auf den Trůmmern des mogoliſchen Kais ſerthums ein neues Reich zu gründen. Ein ſolcher fand ſich auch 1747. in der Perſon des neuen Rós niges von Candahar. Freilich haben er und ſeine Nachfolger es bis zu Ende des vorigen Jahrhuns derts nicht an Verſuchen fehlen laſſen , dieſen Plan

auszuführen , allein nie find fie ihnen ganz gelun. gen. Jedoch ging während dieſer Einfälle die Pros vinz Lahor verloren , und Delhi und Agra wurden

durch dieſe wiederholten Verheerungen völlige Ein. öden.

Nach des berühmten TyrannenNadir Shahs Ermordung zerfiel ſein großes Reich in mehrere Staaten. Jeder ſeiner Feldherrn riß diejenigen

Provinzen an ſich , die ihm am nächſten lagen, oder 3 5 r) India Correſpondence V. 6. S 14. 16.

ſeine

/

362

Geſchichte von Oſtindien ..

ſeine Habſucht am beſten befriedigten .. Unter dieſen

erlangte Uxmed Shah , ein Afgahn, die öſtlichen Eroberungen jenes Fürſten , und ſtiftete mitten uns ter ſeinen zertheilten unruhigen Landsleuten ein ges waltiges Reich , das aus einem Theile von Multan , den Sandwüſten von Scind , und den Provinzen

Cabul , Peiſhamir , Caſhemir, Candahar, Ghizni, Gor (Gaur ) , Seiſtan und Ehoraſan beſtand. Es

führt häufig den Namen Candaħar, von der neuen Stadt , die Nadir Shah nach der Zerſtörung der

Bergveſtung Candahar in der Ebene bei derſelben erbauete , und Nadirabad benannte. Uhmed Shah votlendete ſie , beſtimmte ſie zur Hauptſtadt von Afgagniſtan , und ertheilte ihr den Namen Candas

har ). Sonſt erſcheint dieſer neue Staat auch unter dein Namen des Reichs der Ubdalli's oder

der Duranni's . Der erſte bezeichnet den Stamm, zu dem Ahmed und ſein urſprüngliches Gefolge ges hórten , welche, wie ſchon geſagt worden , beide Afgahnen waren . Dieſes in der indiſchen Geſchidste lange berühmte Vole hatte ſich in viele Stamme jertheilt, und bewohnte , außer den nordweſtlichen Gebirgen zwiſchen Perſien und Hindoftan, die Ebes nen jenſeit des Indus bis ans Meer , denn die wiſe Den Halluichen werden aud) zu den Ufgahnen geredy.

net. Ein ſolcher abgeſonderter Stamm waren die

Abdalli's , welche dieſen Namen von der Stadt 26. bal , in der Nachbarſchaft von Herat , erhalten has ben. Sie erſdeint auch auf Nadirs indiſcher Marſch , route unter -dem Namen Huſſan Abdal '). Der Urſprung des Wortes Duranni's iſt zweifelhafter. Ich b ) Forſter II. S : 83.

t) Mem. of Khoje Abdulkurrim . $. 6.

Dritte Periode, von 1707-1800. 363 Ich würde ihn für einerlei mit Currien halten , denn unter den vielen afgahniſchen Stammen ,

welcheAkbar in ſeinem Landbuche “) aufzählt, nerint er auch den Stamm Turrien ; allein Khojeh 26 dulkurrim , welcher den Uhmed fannte , und ein Zeuge ſeiner Eroberungen war , verſichert, er habe

bei der Gründung ſeines neuen Reichs den Ehrens titel Dür dowran , Perle des Zeitalters , angenom men , und davon waren hernach ſeine Unterthanen Duranni's genannt "). Die Abdalli's lebten ehedem in ihren Gebirgen unter eigenen Fürſten , und wie

Shah Nadir die Afgbanen vor ſeinem Zuge nach

Hindoſtan aus jurotten ſuchte , hieß ihrOberhaupt Mohmmamed Zeman. Der legte Name Hat fich noch unter ſeinen Nachfolgern erhalten , und der legte befannte König von Candahar , der in unſern

Tagen ſo viele Kriege, mit den Sieks geführt hat,

und mit dem ſich Tippo Saheb gegen die Engláns der zu verbinden ſuchte , hieß Zeman Shah. Er ward von dem Perfer überwunden , und mußte uns

ter ſeinem Heere dienen. Sein Sohn Ahmed, der

neue König der Ubdalli's , hatte gleiches Schickſal, aber beſſeres Glück als der Vater, denn er ſchwang

fich von der niedrigen Stufe eines Zeptertrågers ( Yeſfawul) bis zum Befehlshaber einer beſondern afghaniſchen Brigade empor. In dieſer begleitete er ſeinen Herrn nach Delhi , und wenn wir dieſen Zug mitrechnen , iſt Hindoftan von ihm ſiebenmal feindlich angegriffen worden. Nach Nadirs Eode verließ er mit ſeinen Afghanen das perſiſche Heer,

ließ ſich als König von Candahar ausrufen , und begab u) V. II. S. 202 .

8) Khojeh Mem. S. 179 .

364

Geſchichte von Oſtindien.

begab ſich in ſein neues Reich. Kurz vorher war in der Nachbarſchaft jener Stadt Nadirs Befehlss Haber von Cabul und Scind angekommen , um ſeio nem Herrn den Tribut aus dieſen und andern Pros vingen zu überbringen , welcher dreißig {ac Rupien betrug. Aber auf die Nachricht von deſſen Code theilten er und feine Freunde das Geld unter ſich . Ahmed, nahm die Räuber gefangen , jwang fie die Beute wieder heraus zu geben , verſtårfte mit dies

fen Schågen ſein Heer, und bereitete ſich zu einemi Zuge. nad, Jndień. In tahor , welche Grenzpro. vinz der Indus von ſeinem Reiche trennte, war das mals der kaiſerliche Statthalter geſtorben, und deſ ſen Söhne ſtritten ſich um die Nachfolge. Einer

von dieſen war nach Delhi geflüchtet, und verſprach , auf die Nachricht von Ahmeds Zurüſtungen , ſich #

ihm zu unterwerfen , wenn er iận zum Vezier wåb, len würde.

Dies ward von dem Abdalli bewilligt,

aber der Vergleich kam nicht zu Stande , weil der Prátendent von Lahor ſich wieder mit dem Kaiſer von Delhi ausſohnte. Ahmed zog alſo über den Indus , eroberte Lahor nach kurzem Widerſtande,

und beſchloß Hierauf Delhi heimzuſuchen , wo er noch weniger Hinderniſſe vermutħete. Der Kaiſer Mahomet konnte wegen einer ſchweren Krankheit

nicht ſelbſt zu Felde ziehen.

Man brachte inde

ein anſehnliches Heer zuſammen , welches der Krons prinz und der Bezier Kummer ul Dien anführ. ; ten , und der Nabob von Uuhd Sufdar Jung nebſt

vielen Rasbuttenfürſten verſtärkten . Dieſe ſudyten dem Feinde den Uebergang über den Sedledgezu vers hindern , aber Ahmed fegte in einer ganz andern Gegend über den Fluß , und orang bis Sirhind vor,

Dritte Periode, von 1707-1800. 363 Ich würde ihn für einerlei mit Eurrien halten , denn unter den vielen afgahniſchen Stammen ,

welcheUrbar in ſeinem Landbuche “) aufzählt, nenint eč auch den Stamm Currien ; atlein Khojeh 26 dulkurrim , welcher den Ahmed Fannte, und ein Zeuge ſeiner Eroberungen war , verſichert, er habe bei der Gründung ſeines neuen Reichs den Ehrens titel Dür dowran , Perle des Zeitalters , angenom

men , und davon wåren hernach ſeine Unterthanen Duranni's genannt "). Die Abdalli's lebten ehedem

in ihren Gebirgen unter eigenen Fürſten , und wie Shah Nadir die Afgợanen vor feinem Zuge nach Hindoſtan auszurotten ſuchte, hieß ihr Oberhaupt

Mohmmamed Zeman . Der lekte Naine hat fich noch unter ſeinen Nachfolgern erhalten , und der legte bekannte König von Candahar, der in unſern Dagen ſo viele Kriege mit den Siefs geführt hat, und mit dem ſich Lippo Saheb gegen die Englån . der zu verbinden ſuchte, hieß Zeman Shah. Er ward von dem Perſer überwunden , und mußte uns

ter ſeinem Heere dienen. Sein Sohn Ahmed, der neue König der Ubdalli's , hatte gleiches Schickſal, aber beſſeres Glück als der Vater, denn er ſchwang

fich von der niedrigen Stufe eines Zeptertrågers

(Yeſſawul) bis zum Befehlshaber einer beſondern afghaniſchen Brigade empor. In dieſer begleitete er ſeinen Herrn nach Delhi , und wenn wir diejen Zug mitrechnen , iſt Hindoſtan von ihm ſiebenmal feindlich angegriffen worden. Nach Nadirs Code verließ er mit ſeinen Afghanen das perfiſche Heer,

ließ ſich als König von Candahar ausrufen , und begab u) V. II. S. 202 .

Khojeb Mem. S. 179.

366

Geſchichte von Oſtindien. Der neue Kaiſer Ahmed hatte zwar auf dem

kurzen Feldzuge gegen die,Abdalli's einige Erfahs rungen geſammelt , aber fein Reich par von der ehemaligen Große ſo herabgeſunken , daß dazu nur

die ProvinzenUgra und Delhi , und dieſe nicht eins mal gang, gehörten, alſo leicht zu überſehen waren . Ulein Regierungsgeſchaffte und die Kuyſt , ſeine

großen und kleinen Vafallen zu ihrer Pflicht anjur Halten , und das gefallene faiſerliche Unſehen in den übrigen Provinzen wiederherzuſtellen , ſchienen feine

Kräfte zu überſteigen. Er wünſchte alſo die laſt der Regierung einem tgåtigen , erfahrnen Bezier anzuvertrauen, und glaubte, ihn in der Perſon des

alten , in indiſchen Staatsgeſchäften grau gemors

denen , Subay von Defan , Nizam al Mulf , ges funden zu haben.

Allein dieſer verbat ſich die bes

ſchwerliche Würde wegen ſeines hohen Alters, ſtarb auch bald hernach 1748. im hundert und vierten

Jahre ſeines thátigen Lebens. Hierauf ward Sufs dar Jung, Nabob von Augd , zum Vezier erhoben , deſſen Vorfahren eben ſo wenig ju den Eingebors

nen gegórten , als die Uhnen der meiſten indiſchen Großen , welche ſeit Yurungzebe die wichtigſten Reichsámter bekleideten.

Die Vorfahren des neuen Veziers ſtammten aus der Stadt Nojapur 'in Ehoraſan , und ſein Großvater Mirza Naſſir kam zu Anfange des vori. gen Jahrhunderts nach Indien , und ward in der

Provinz Bahar angeſtellt. Sein Sohn Saadut Khan ward Nabob von Auhd , .einer Provinz, welo che dem Kaiſer wegen der Handel mit den Nachbarn

und der innern Unruhen wenige Vortheile brachte.

Zuhd war ſchon unter Mahomets Regierung , als vom

Dritte Periode , don 1707-1800. 367 vom Reiche getrennt, anzuſehen , weil die Statt, halter ihr Amt erblich machten. Uud, iſt es Saas duts Nachkommen gelungen , ſich im Beſige dieſer Provinz bis auf den heutigen Tag zu erhalten. So lange Saadut lebte , hatte Kaiſer Mahomet eine gute Stüße an ihm ; er half die Maratten aus Agra vertreiben , bot auch bei dem perfiſchen Einfalle die gange Macht ſeiner Provinz zur Rettung des Rais

ſers auf, nur bleibt ihm der ewige Schandfleck, daß er ſich durch Ehrſud)t verleiten ließ , den Shah Nadir zur Aufhebung des geſchloſſenen Friedens zu ermuntern , und dadurch der Urheber der perſiſchen

Furie in Delhi zu werden. Er ſtarb aber kurz vor derſelben am 10. März 1739. Der neue Bezier Sufdar Jung war ein naher mütterlicher Verwands ter dieſes Nabobs , und hatte deſſen Tochter gehei. rathet. Da er ihm während des perſiſchen Einfalls die Interimsregierung von Uuhd übertragen hatte,

fo blieb Sufdar Jung nach ſeines Sawiegervaters Code Befehlshaber oder Nabob dieſer Provinz. Unter Ahmed Shahs Regierung wagte der

Pónig von Candabar zwei neue Einfälle in Hindo. ſtan . Bei dem erſten , 1749, kam er nicht weiter als bis labor , trieb aber dort Brandſchafungen

ein, auch mußte der Statthalter ihm jáhrlichen Tris but verſprechen. Zwei Jahre hernach , oder 1751,

erſchien er abermal mit einem anſehnlichen Heere jenſeit des Indus , und hatte beſſer Glück , denn der Kaiſer mußte ihm die Provinz labor abtreten, welche ſeitdem nie nder nur auf kurze Zeit wieder mit dem Reiche dereinigt warb, weil Abdalli's, Mas

raften und Sieks im Beſige derſelben abwechſelten , und legtere ſie endlich unter fich vertheilt haben. Außer

3

368

Geſchichte von Oſtindien .

Uußer Sufdar Jung hatte des Kaiſers Schak. meiſter Ghazioddin, der alteſte Sohn des berühmten Mijam ál Mulf, bei Hofe großen Einfluß. Wie dies

1

ſer aber nach Defan zog , um ſeinem jüngern Brus . der die Herrſchaft über dieſe Proving ju entreißen , auf welchem Zuge er 1752. das Leben verlor, ro überließ er ſeinem Sohne gleiches Namens die dems ter, welche er als Emir al Omrah bei Hofe bekleis dete , den wir zum Unterſchiede Ghazioddin II. nens nen wollen. Ghazioddin II. entfernte 1752. den Nabob von Uuhd aus Delhi , weil er einen kaiſer's lichen Verſchnittenen, der bei Ahmed Shah in gros

Ben Gnaden ſtand , heimtückiſch hatte ermorden laſſen . Der Kaiſer entſekte iken blos ſeiner Beziers

würde , weil er den måchtigen Fürſten nicht nach Verdienſt beſtrafen konnte. Seitdem führen die Nabobs von Uuho den Titel Vezier oder Nabobs vezieć, weil ſie zuweilen dieſe Würde wirklich bes kleideten oder in Anſpruch nahmen. Allein Sufs

dar Jung , um ſich zu råchen , befreiete einen fais

ferlichen Prinzen aus dem Gefángniſſe, und belagerte Delhi ſechs Monate lang, in der Hoffnung, den Uh,

med Shahvom Thronezu ſtoßen. Jedoch ſein Geg. ner Ghazioddin II.vertheidigtedie Stadt mitſolchem Muthe , und ſchlug alle Stürme ab , daß endlich der abgeſekte Bezier die Belagerung aufheben mußte. Er vermochte ihn auch , den Gegenkaiſer auszuliefern, und ſich nach Uuhd zu begeben , wie Ghazioddin II.

fein Gebiet mit der Provinz und Veſtung Elhadas bad vermehrte.

Obgleich ein neuer Bezier wieder ernannt wurde , ſo war doch alle Gewalt in Ghazioddins II.

Hånden , und er ſuchte dieſe dadurch zu erweitern, daß

Dritte Periode, von 1707-1800. 369 daß er die minder machtigen Fürſten , welche in einzelnen Diſtrikten unabhängig geworden waren, zu unterjochen ſtrebte. Er wandte ſich alſo gegen die Dſgaten , weldje , wie wir unter der Regierung Aurungjebe's geſehen haben , urſprünglich rauberis

fiche Bauern in der Provinz Agra waren . Ihre Anführer verſtanden die Schwäche des Kaiſers und

die Zwiſtigkeiten unter den Großen in Delhi fo gut zu benußen , daß ſie den Rajahtitel annahmen , eia nige Veſtungen von Gewicht eroberten , und ſich allmählich im nordweſtlichen Ugra und in Agimere ausbreiteten , wo ihnen der Diſtrikt Mewat gehörte. Ser damaliger Rajah hieß Sorudge Mull. Une ter ihm wurden die Dikaten ihren Nachbarn am furchtbarſten , und keiner ſeiner Nachfolger, welche

jekt auf die Bergveſtungen Deig , Bhirtpor und Combhere eingeſchränkt ſind und den Maratien Tris

but bezahlen , haben ihr verlornes Unſehen wieders

herſtellen können. Sorudge Mulljog aus ſeinen Eroberungen jährlich über zwölf Millionen Chaler, und hatte außer dem Fußvolfe 12,000 Reiter in ſeis

nen Dienſten ") . Ghazioddin . vertrieb die Dria. tèn aus den Ebenen von Agra , und zwang den

Fürſten in ſeine Bergveſtungen zu fliehen. Weil

es ihm an Geſchüß fehlte, dieſe zu belagern, ſo vers langte ex vom Kaiſer , ihm die ſchwere Urtillerie

aus Delhi nachzuſenden. Ullein Ahmed Shah war über das Glück ſeines Feldherrn neidiſch , er fühlte den Druck und die Ubyảngigkeit zu ſehr, in welcher er in ſeinem Pallaſte lebte , und befürchtete, Ghas

zioddin II. wurde die Beute für ſich behalten , und işm

1) Verelft View of Bengal App. S. 104. 5. b. 2. 4 tp.

Ha

370

Geſchichte von Oſtindien.

ihm feine durch dieſe Eroberungen und deren Eins künfte vermehrte Gewalt am ſchwerſten empfinden laſſen. Das verlangte Geſchůz ward alſo verweis gert , ja der Kaiſer ließ ſich mit dem Dfhatenfürs ften in Unterhandlungen ein , und dieſer verſprach ,

ihn von der låſtigen Herrſchaft ſeines Miniſters zu befreien , wenn er ſeine Haustruppen mit ihm vereis nigen wollte. Der Kaiſer zog auch mit dieſen wirke

lich zu Felde , allein Ghazioddin II. ließ einen Haus fen Maratten gegen ihn anrücken , und dieſe übera fielen das faiſerliche lager. Ahmed konnte ſich kaum in verdeckten Palanfins retten , ein Theil ſeines

Harems fiel den Maratten in die Hände , und dieſe erbeuteten das ganze Gepäck und alle Inſignien , welche die Gegenwart des Kaiſers auf den Heerzůs gen bezeichnen . Ghazioodin folgte ſeinen Bunds. genoſſen nach der Hauptſtadt, hier wurden die Raths geber des Kaiſers ihrer Würden und Ehrenamtec entfeßt, und er vermehrte reine bereits anſehnliche Gewalt noch mit der Bezierwürdė. Ahmed Shah mußte Hierauf die Regierung niederlegen , Ghaziods din ließ ihn im Gefängniß blenden und 1753. einen

neuen Kaifer den erledigten Thron beſteigen. Der neue Kaiſer hieß Allumgir II. , war ein Sohn von Gehänder Shah , Purungjebe's drittem Nachfolger , und hieß als Prinz Yeziz ul Dien. Er fing ſeine Regierung mit vielen Gnadenbezeus gungen an, und befreiete unter andern ſiebzehn Prius gen vom Geblåt aus ihren Kerfern. Da die Bes

zwingung der Dſhaten vereitelt war , ſo beſihloß der Vezier , das faiſerliche Anfehen in der Provinz

Lahor wieder herzuſtellen, eigentlid) aber die Statt. Hal.

U

Dritte Periode, von 140741800. 371 Halterſchaft derſelben får fich zu exlangen. Jahor war den Ubdalli's ſchon unter der vorigen Regies

rung abgetreten , allein ihr König Ahmeð hatte den bisherigen faifeilichen Statthalter in ſeinem Amte gelaſſen . Dieſer war gerade damals geſtorben, und deſſen Wittwe fiihrte die Regierung im Namen des Königs von Candahar. Nach einigen ward Allums

gir 11. gezwungen , feinen Vezier auf diefem Zuge zu begleiten, und Ghazioddin II . vermählte ſichwah, rend deſſelben mit einer Tochter des verſtorbenent

Státthaiters, eroberte die Veſtung Lahor , und

zwang ſeineSchwiegerinutter, ihm ihre Schäße auss zuliefern.

Hierauf ward vom ihm ein neuer Lands

voigt über Lahor Beſtelle , der dieſe Stelle von Bes zier mit dreißig lac Rupiex erkaufte, und pas fais

ferliche Heermarſchierte wieder nach Delhi.

be gers Die Wittwe , oder des Beziers Schwie

mutter, die auf dieſe Art der Regierungvon lahor

und ihrer Reichthümer beraubtwar, führte darů. ber Beſchwerden bei dem Ubdalli, ihrem eigentlichen Scugherrn .

Dieſer Katte bereits auf die Nachs

richt von dem kaiſerlichen Einfalle in ſein Gebiet ein Heer verſammelt , und zog 1756. zum viertenmale nach Hindoſtan. Der Stellvertreter des .... Beziers

mußte niun Lahor wieder verlaſſen , und ähmed zog nach der Wiedereroberung dieſer Veſtung gerade nach Delhi. gegt ward dem Vezier vor der Rache

des Siegers bange, er verſöhnte ſich alſo mit ſeis ner Schwiegermutter, und dieſe brachte es bei dem

Abdalli dahin , daß er zum großen Mißfallen des Raiſers ſeine Würden behielt , und wegen des Ver's

gangenen völlige Verzeihung erlangte. 24 2

Da

372

Geſchichte von Oſtindien . Da der kaiſerliche Schaß erſchöpft war , und

Keine Armee gegen die anrückenden Abdalli's vers

ſammelt werden konnte, fo zog ikr König Ahmed ungehindert in Delhi ein , und Ulim Gir II. nahm den Sieger mit vielen Ehrenbezeugungen auf. Als lein dieſer wollte den weiten Zug nicht vergebens unternommen haben , und er brauchte Geld , ſeine

aufrühriſchen Truppen zu bezahlen , die er mit den Einfünften ſeines gebirgichten Landes nicht erhalten

konnte ; er verlangte daber von den Einwohnern der Hauptſtadt eine ſchwere Kriegsſteuer. Da dieſe aber langſam oder gar nicht eiufam , weil die Eins wohner die Nachwehen der perfiſchen Plünderung empfindlich fühlten, ſo erlaubte ibm der Kaiſer, zehn Millionen Rupien in den benac;barten Provinzen und den Diſtritten beizutreiben , welche ſich ſeiner

Herrſchaft entzogen hatten. Uhmed blieb mit feis nen råuberiſdén Abdalli's nach einigen rechs und Delhi glücklichen Einwohner alles Elend und alle Grau,

ſamkeiten der perfiſchen Furie. Ihre Wohnungen wurden von den rohen Kriegern ausgeplundert, und

der verborgenen Schake wegen zerſtört. Der fais Ferliche Pallaſt ward aller Verzierungen und Koſts barkeiten , welche die Perſer übrig gelaſſen , oder bei

der ungeheuren Beute verſchmåht hatten , beraubt.

Die weißen Marmorwånde, weldie mit goldenen Blumen und eingelegter Arbeit von Achat, gaſpis und Karneol verziert waren , wurden niedergeriſs ſen und zerſchlagen , um die Edelſteine Heraus zu holen, und die ſilbernen Decken der Staatszimmer

herausgeriffen, kurz das ganze Gebäude aufs ſchreck,

licho

Dritte Periodé, von 1707-1800. 373 fichſte verwüſtet. Seit dieſer Plünderung hat ſich

Delhi nicht wieder erholen können, ganze Quartiere der Stadt ſind von ihren Einwohnern verlaſſen oder liegen in Ruinen , und die Trümmer des Kaiſerlichen

Pallaſtes find umher zerſtreuet. Die Zimmer, welche jeßt der Kaiſer bewohnt, beſtehen aus bes mahlten Brettern, und die Vorhänge und Teppiche, die ſonſt aus Sammet und andern reichen Zeugen, mit Gold und Perlen brodirt , beſtanden , haben

ſich in Cattun und ſchlechte baumwollene Zeuge vers mandelt.

Der Vezier Ghazioddin . Il . mußte auf

Ahmeds Befehl die Brandſchaßung von Außd'und den benachbarten Provinzen eintreiben, und er ſelbſt jog gegen die Dlhaten , um Sorudge Mulls reiche

Schakkammer ju plündern. Er konnte ihn aber nicht aus ſeinen Bergveſtungen verjagen , dafür wurden alle Dlhaten , welche den Abdalli's in die Hände fielen , niedergehauen , doch ſoll der Diha. tenfürſt die gånzliche Verheerung ſeines Sandes . durch eine anſehnliche Summe Seldes abgekauft haben ;).

Von hier wandte fich Ahmed nach der

Stadt Agra , welche ein kaiſerlicher Befehlshaber tapfer vertheidigte ; weil aber während der Belages rung eine Peſt in ſeinem {ager ausbrach), welche eine Menge Afgahnen wegraffte, ſo eilte er wieder nach Delhi zurück , und machte Anſtalten , Indien

zu verlaſſen . Hier bat ilin der Kaiſer Allumgir II. ihn von dem Habfüchtigen Bezier zu befreien , der fich damals in Feruckabad verborgen hielt , weil er die verlangte Kriegsſteuer in Auhd und der umlies

genden Gegend nicht aufbringen konnte.

Ahmed

ernannte alſo den Rohillafürſten Nigib ul Dowla Aa 3

3) Franklins Leben Shah Allums ,

zum

. 15 .

374 - Geſchichte von Oſtindien . zum Vezier , mit dem Befehl, den Kaiſer gegen alle Verſuche Gþazioddins 11. zu ſchůken , und die Abs dalli’s nahmen kierauf ihren Rückweg nach Delhi. Nach Ahmeds Aljuge fand ſich der abgefekte

Ghazioddin wieder in der Nachbarſdaft von Delhi ein, von einem großen Schwarme Maratten und den Hülfstruppen des Naboos von Feruckabad bes gleitet. Wie aber die Thore der Stadt vor ihm verſchloſſen wurden , belagerte er Delhi vierzig Lage. Endlich) , da die Stadt fich nicht langer halten fonnte , beſtach der neue Bezier Nigib die Maratten , daß ſie ihn ,ungehindert abziehen ließen,

und der Kaiſer mußte den ihm verhaften Ghaziod. din wieder in allen ſeinen verlornen Würden eins reken. Da Nigib ul Dowla bis 1771. ein ſtand af. ter Vertheidiger des Kaiſers von Delhi warn und er der Stammvater eines neuen Fürſtenſtamms

geworden iſt , der bis 1788. fortdauerte , ſo müſs ſen wir dieſen in der neuern indiſchen Geſchichte bes

rühmt gewordenen Mann ebenfalls näher kennen lernen . Er gehörte zu den Rohilla's , kam rehr

jung nach Hindoſtan , und nahm Dienſte bei dem berühmten Uli Mahomet , der vor rechzig Jahren jenſeit des Ganges den Staat der Rohilla's, grún. dete. Unfangs hatte er nur dreißig Reitee unter

feinen Befehl, und diefe Mannſchaft vermehrte ſic ), fu wie ſein Kriegsruhm ſtieg , und er erlangte nicht nur im eigentlichen Novilcund Dienſtlehen ,

ſondern auch ein anſehnliches Gebiet weſtwärts dies fes tandes . Shm gehörte der Circar Seharunpore, einer von den acht Kreifen , worin Kaiſer Akbar die Provinz Delhi vertheilte. Gegen Norden dehnte 'Gové fich

Dritte Periode , von 1707-1800. 375 fich Nigibs Gebiet bis an die Gebirge Sewalik aus , und er beſaß dort verſchiedene veſte Berg, ſchlöſſer. Gegen Oſten ſchied es der Ganges von dem eigentlichen Rohilcund , und gegen Süden grenzte es an Ferickabað und dem Diſtrikte von Delhi , ſo daß : deſſen Grenje nur einige Meilen von der Hauptſtadt entfernt war. Seine weſtlis

chen Nachbarn waren der Circar Sirhind, und

eine Menge unbekannter Bergfürſten , welche große tentheils den Siefs zinsbar waren . Dieſer ihin unterworfene Diſtrikt hatte zuleßt einen ſo betrachts lichen Ilmfang ; daß derſelbe an 770 deutſche Meilen ausmachte, ihm an 1,100,000 Pf. St. Einfünfte gab, und Nigib ul Dowla 20,000 Mann unterhalten konnte. Ehe Ghajioddin II . die Dichas tenfürſten befriegte , würde er gewiß dein Nigib ul

Dowla angegriffen haben , allein er fürchtete deſſen Macht und Verbindung mit den übrigen Rovilla's. Er wirkte es daher bei dem Kaiſer aus , daß dieſer

feinen Gegner mit Seharunpore belehnte , wovon er aber die gewöhnlichen Abgaben bezahlen , auch die darauf angewieſene Mannſchaft ſtellen mußte. Daher begleitete er auch 1753 , den Ghazioddin

nach Lahor. Wie hierauf derKönig von Candahar, Ahmed Shah , zum viertenmale nach Jidien zog, leiſtete er ihm auf ſeinem Zuge nach Delhi nuklidje

Dienſte, und verhinderte, daß der Vezier den 26. balli’ó kein beträchtliches Heer entgegenſtellen konnte. Wodud) er ſich in der Folge, auszeichnete , wird unten angeführt werden . Wir bemerken bier nur, daß Nigib ul Dowla 1271. ſtarb , und ſeine Eros

berungen ſeinem Sohn Zabeda Khan Şinterließ, der bis 1785. regierte . Ha 4

Wahe: 1

376

Geſchichte von Oſtindien. Während daß Ghazioddin II, abermals in

Delhi unumſchránkt herrſchte, bekam er Streitig keiten mit Ullumgirs ålteſten Prinzen , der damals Ali Gohar , auch Shah Zade bieß , und jekt als Kaiſer in Delhi regiert. Alli Gohar hatte , nebit

ſeinen Brüdern , den Ubballi auf ſeinem Zuge gee gen die Dicha n und nach Ugra begleiten müſſen, ſie erhielten aber , wie Uhmed Delhi verließ , ihre Freiheit wieder , und begaben ſich), bis auf den als

1

teſten Prinzen Ali Gohar, zu ihren Familien in den kaiſerlichen Pallaſt. Dieſer damals zwei und dreißigjährige Prinz beſchloß , ſeinen Bater von der

Vormundſchaft oder vielmehr aus der Gefangene ſchaft ſeines Veziers zu befreien , und begab ſich zu dieſem Ende nad) Jedger , einem zu ſeiner Upanage gehörigen Diſtritte, und warb Truppen, dieſen Plan auszuführen. Gbazioodin II . , der von allem Nach

richt erhielt , und befürchten mußte , fein Feind, der Nabob von Auhd , und die Rohillafúrſten könnten ſich vielleicht mit dem fünftigen Thronfole ger vereinigen , ſuchte ihn mit den größten Betheus rungen der Freundſchaft nach Delhi zurückzubrin. gen , und zwang ſogar den Kaiſer Allumgir , ſeinen Sohn (dyriftlich dazu zu ermahnen, 41 - Gohar blieb aber in ſeinem Jaghire. Endlich , wie der Vezier feierlich auf den Koran befchwor , daß er nid )ts wider des Prinzen Leben oder Perſon unters

nehmen wolle, fand er ſich in Delhi ein , nahm aber ſeine Wohnung außeč der Stadt in einer von den Dorſtåoten. Der Vezier bat ihn zwar , feie nen Aufenthalt im kaiſerlichen Pallaſt , im Schooß ſeiner Familie zu wählen , aber der Prinj trauete dem Ghazioddin nicht, und wußte beffen Verlan , gen

Dritte Periode, von 1707-1800. 377 gen durch Entſchuldigungen und Vorwände auszu. weichen . Wie alfo dieſes Mittel fehlſdylug, den

Kronprinzen einzufangen , wagte er eg , gegen ihn Gewalt zu brauchen , und eines Tages war Ali Go.

hars Wohnung mit Bewaffneten umgeben.

Er

hielt aber , weil die Wohnungen der indiſchen Gros Ben durch Mauern und andere Vertheidigungsans

falten gegen plöbliche Ueberfálle gedeckt ſind, vers fchiedene Angriffe aus , indeſſen hielten die Erups

pen des treulofen Beziers alle Zugånge aufs ges naueſte beſegt. In dieſer Lage gåtte ſich der Pring julegt ergeben müſſen , aliein er ſchlug ſich mit eini, gen Getreuen durch alle Wachen durch , nachdem er vorher einen Anfúører des Beziers gewonnen hatte , und entfam glücklich aus Delhi. Er begab ſich hierauf zu einem Marattenfürſten , der den

Chout in den Diſtrikten jenſeit des Jumna milia

táriſch eintrieb , und dieſer erlaubte ihm , in ſeinem lager zu bleiben .

Wie der Maratte aber zulegt

befürchtete , über die Aufnahme des faiſerlichen Prinzen mit dem Vezier zu zerfallen , mußte er weiter ziehen . Der Prinz ſchlug abermals ſein Standquartier in gedger auf , und blieb bier bis 1757. Wie er fid, dort aber auf die lange nicht ſicher hielt , naljm er ſeine Zuflucht zum Nis

gib ul Dowla , dem Fürſten von Sehgrunpore. Dieſer nahm dem Prinzen mit allen ſeinem Range gebührenden Ehrenbezeugungen auf, und wies ihm monatlich für ſeinen Hofſtaat 50,000 Rupien an. ga Nigib ſuchte mit dem Nabob von Aubb , den

der Bezier vom Hofe verdrängt hatte, und den übrigen Rohillafürſten , eine Verbindung zum Vors theil des Pringen zu ſtiften , und ihn mit ihrer gana Has

jen

378

Geſchichte von Oſtindien .

zen Macht gegen den Ghaziodbin zu unterſtüken . Allein der Vezier verließ ſich auf die Maratten,

die bereitwilligſt ſeinen Befehlen folgten , wenn er ihnen länder anwies , die ſie auisplündern konnten .

Einer ihrer Anführer, gunfojih fiel ſogleid , in Seharunpore ein , verheerte das platte Land , und Nigib fonnte ſich nur in eine von ſeinen Beſtungen retten , wo er von den Räuberſchwärmen umjina

gelt ward , und bereits nitit işnen Unterhandlungen anfing , um fein land gegen gänzliche Veripuſtung

zu ſchüßen . Auch der Prinz mußte ſeine Freiſtätte verlaſſen , und nad) Uugo entfliehen , der Nabob

empfing' ihn zwar mit vielen Ehrenbezeugungen,

und verſah ihn mit Elephanten , Pferden , Gezels ten und andern Geſchenken , erklärte ſich aber nicht

öffentlich für ihn. Ali Gohar miſchte ſich hierauf in die bengaliſchen Angelegenheiten , nahm nach Ers mordung ſeines Baters den faiſerlichen Titel an , -und erhielt endlicly, was er bisher vergeblich ges

ſucht hatte, wie wir unten ſehen werden , Sdub von den Engländerit.

Unterdeſſen der Thronerbe des Reichs in den öſtlichen Provinzen von Hindoſtan umherirrte , ſeis nem Vater zu helfen , hatte der Kaiſer Gelegen's

heit gefunden , ſeine traurige lage dem König von Candahar vorzuſtellen , allein der Brief fiel dem

Bezier in die Hände , er beſchloß alſo , den Kaiſer abzuſehen. Jedoch wagte er es nicht , im Schloſſe ſich an der Perſon des Kaiſers zu vergreifen , weil

die Leibwache ihrem Herrn getreu blieb , fand aber bald dazu eine günſtige Gelegenheit. Gerade das mais war ein wunderty & tiger Fafir oder 'Kerums

wandernder mágometaniſcher Monch in der Mady bars

Dritte Periode , von 1707-1800. - 379 barſchaft von Delhi angekommen .

Da riun ein

ſo heiliger Mann ſich nicht ſo weit erniedrigt, reis nen einmal gewählten Aufenthalt zu verlaſſen , oder ſich perſönlich) zum Kaiſer zu verfügen , und Alum's

gir ſo viel von ſeinen Wandergaben gehört hatte, fo'ward er theils durch lleberredung, theils durch Gewalt gezwungen , den Fafir zu beſuchen . Kaum war eſ dort angekommen , als zwei verſteckte Mórs

der ihn anfielen , ſogleich niederſtießen , und den todten Körper an das Ufer des Jumna warfen , wo er zwei Tage unbegraben liegen blieb. Jest erhob der Vezier 176o. einen neuen Kaiſer auf den

Thron , ter Jehan Shaw hieß , und ein Enkel Aus rungjebe’s von ſeinem jüngſten Prinzen KambuFſh war. Er hatte aber außer den Mauern ſeines.Pals laſtes nichts zu ſagen , und regierte fo furze Zeit, daß viele Geſchichtſchreiber dieſer Periode nicht eins mal ſeinen Namen anführen , auch man nicht jus verkafſig weiß , was aus ihm geworden iſt “). Nach dieſer Frevelthat kielt Ghazioddin ſich in Delhi nicht långer ſicher , weil die Abdalli’s mit ſtarken

Schritten zu ſeiner Beſtrafung berbeieilten ; fons dern flow zu den Dſhaten . Er hat auch ſeitdem nicht wieder zu ſeiner Würde gelangen fónnen . Vor der Schlacht bei Panniput befand er ſich bei

den Maratten , und nach derſelben ſoll er als

Flüchtling an verſdiedenen indiſchen Höfen gelebt. haben.

Unterdeſſen erſchien Ahmed Shah 1760. mit einem anſehnlichen Heere zum ſechſtenmale in Hin. doftan. Außer dem Vorſage, den Unruhen in Delhi

einmal ein Ende zu machen , und den treuloſen Dex zier a) Scotts Memoirs S. 236 .

ji

380

‫ܨ܀‬

Geſchichte von Oſtindien .

zier zu beſtrafen , ward er zu dieſem Zuge durch den

Einfall der Maratten in lahor , und die Einladung ger der von den Maratten bedrảngten Rohillafúrs ſten , veranlaßt. Wie der König der Ubballi’s 1756 .. Hindoſtan verließ , úbergab er die Regierung von tahor feinem Sohne Timur , und beſtellte den Ses

han Kýan zum Führer und Rathgeber des Prinjen. Der vorige kaiſerliche Statthalter dieſer Provinz, Urina Beg , batte ſich damals in die nördlichen Waldungen gerettet , kam aber nach Ahmeds Rucks

juge aus ſeinen Schlupfwinkeln wieder hervor, und erhielt wegen ſeiner genauen Renntniß des Landes die Verwaltung eines Theils von lahor , nemlich den Diſtrikt zwiſchen den Flüſſen Rami und Seda letige. Hier hielt er ſich eine Zeitlang ruhig , jer. fiel aber bald mit dem Oberſtatthalter Jehan Khan , jog die Sieks auf ſeine Seite , und plunderte mit ihnen das Land aus. Jehan Khan jog gegen die Rebellen aus, ward aber von ihnen geſchlagen, und die Abdalli's von den Siegern aus ihren Beſtungen

verdrängt. Da die Maratten damals in Ugra und

Dielli hauſeten , Nigibs Gebiet größtentheils eins genommen hatten , und Udina Beg die Rache deš Abdalli fürchtete, ermunterte er die Anführer dies fer: Rauberhorden , nach lahor zu kommen. Sie

folgten ungeſäumt dieſem Rufe, und zogen mit eis nem großen Heere über die Flüſſe. Da Jehan Khan dieſer Macht nicht gewachſen war , flüchtete er mit dem Prinzen über den Indus. Die Maratten erz

otierten die Veſtung lahor , nebſt dem benachbars ten Multan , und machten große Beute. . Zur Dankbarkeit erhielt Adina Beg die Statthalter

ſchaft von lahor , doch mußte er ihnen jährlich eis nen

Dritte Periode, don 1707-1800. 381 nen Tribut von fünf und ſiebenzig lac Rupien vers ſprechen.

Dieſer zeigt deutlich , wie viel die indis

ſchen Provinzen durch die immerwährenden Empós rungen , Kriege und feindlichen Einfalle erlitten hatten , denn Uurungzebe’s Einkünfte aus ahor

betrugen ziveihundert und eilf Lac (21,100,000) Rupien . Uding Beg ſtarb nicht lange darauf , las \or ward alſo , wie Multan von den Maratten , jerſtückelt, und einer ihrer Anführer in der Bes ſtung laħor beſtellt, die Einfünfte für den Peiſhwa und andere Fürſten beizutreiben. Dieſe unruhigen

Nachbarn mußte Ahmeð aus igren Eroberungen verjagen.

So wie ſich die Maratten im weſtlichen Hins doſtan bis an die Ufer des Indus ausgebreitet bats ten , eben ſo litten die Lånder. am Ganges von ih.

ren Verwůſtungen. Nigib ul Dowla wvard von ih.

nen in ſeiner Veſtung Suckertal eingeſchloſſen , und der Ganges konnte kaum die óſtlichen Rohillafürs

ſten und den Nabob von Uuhd gegen ihre Verhees

rungen (djüken. Die fånder der indiſchen Rajahs wurden von ihnen auf gleiche Art ausgeſogen , ſo daß ſich alle Einwohner Hindoſtans nach einem · Retter ſehnten , ſie von dieſem unerträglichen Jodhe zu befreien. Die Rohillafürſten und andere er. munterten alſo den Abdalli, die Góßendienier aus ihren Eroberungen zu verjagen , und ſelbſt tien ins diſchen Kaiſertbron zu beſteigen.

Ahmed jog alſo 1760. úber den Indus , vers jagte die Maratten aus der Provin, labor , und

(dilug ihre Haufen , die ihn auf ſeinem Zuge auf. Galten wollten. Ihr Heerführer Funfoji, der mit achtzigtauſend Reitern Nigibs tånder det:geerte, bers

.

382

Geſchichte von Oſtindien .

Verließ auf dieſe Nachricht Seharunporé , und eilte den Abdalli's mit ſeiner ganzen Macht entgegen . Da lahor aber durch die früfern Streifereien der

Sieks und Maratten verheert war , vermied Un. ined , auf Nigib ul Dowla's Rath , die gewohns liche Straße nach Delhi , führte ſein Heer auf eis rem nördlichen Wege , und vereinigte ſich endlich mit den Rohilla's', die daſſelbe aus den ländern jens feit des Gumna und Ganges reichlich mit Lebens. mitteln verſorgten. Er griff hierauf die Haupts armee der Maratten bei Sirhind an , und ſie ers

titten hier die erſte große Niederlage. Nach dieſer Sdylacht wurden Delhi und Agra von den Abdals

li's befest , und die Feinde waren aus dein nordlis chen Hindoſtan verdrängt. Um dieſe Zeit fing der

umherirrende Gqazioddin II. durch Bermittelung der Rohilla's Friedensunterhandlungen mit dem Sieger an , und Ahmed bezeigte Neigung, gegen Eslegung von zwei Crore odeč zwanzig Millionen Rupien , Delhi zu verlaſſen. Der Bezier verſprach ſchon dreißig lac auf der Stelle zu zahlen , und den

Reft terminweiſe abzutragen , als die Maratten, : welche ſich nach der Niederlage von Sirhind wies der geſammelt, und andere Streifparteien an ſich gezogen Qatten , die Unterhandlungen aufhoben. Sie růckten hierauf wieder gegen Delhi vor , erlits

ten aber bei Baudli eine gewaltige Niederlage , in welcher ihr vornehmſter Unführer das Leben verlor. Ilngeachtet des großen Verluſtes , den die Marats

ten in dieſer ziveiten unglücklichen Schlacht erlitten hatten , konnten ſie doch dem Abdalli und deſſen Alliirten , welche bald darauf durch den Nabob

von Auho vermehrt wurden , ein drittes Heer ents gegens

Dritte Periode , von 1707-1800. 383 gegenſtellen .

Dieſes ward von ihremFürſten Hols

kar angeführt , der einen Theil von Malva beſaß, und die Rasbuttenfürſten in Ugimere bekriegt hatte.

Ahmed ſandte gegen ihn 15000 ſeiner beſten Reiter aus , die ihn bei Secundra , einer Stadt im nord,

lichen Ugra , úberfielen , und das ganze Marattens Heer niederhieben oder gefangen nahmen , ſo daß Holfar ſich nur mit wenigen Begleitern retten konnte. Dies war der dritte Sieg , den Uhmed

in kurzer Zeit über die llngläubigen erfochten hatte, wegen der Hiße aber führte er ſein Heer gegen Nors

den7 und Tagerte ſich bei Unopſ here an den Ulfern des Ganges. Von hier ſchickte er Briefe an den Prinzen Ali Gohar in Benigalen und den Nabob bon Uuhd", wbrin er dem erſten den Thron von

Deftyi, und dem legtern die Bezierwürdeanbot. Der Prinz hätte damals ſchon die Erinerdung ſeines Baters'erfahren , in Patna fich als Kaifer ausrus

fen laſſen , den Namen Shah Allum angenommen , und den Nabob von Muhd zu feinein Bezier ers Uber Shah Ullum war damals mit gros nannt.

Ben Entwürfen, auf Bengalen beſchäfftigt, und ers

theilte zur Antwort , ex würde erſt nach Eroberung dieſer Provinz den Lyron ſeines Vaters in Beſin nehmen .

Endlich war die Nachricht von den Siegen des Abdalli, und der gånzlichen Auflöſung dreier

marattiſden Heere , in Puhna erſchollen , wo man damals wähnte, die Herrſchaft der Mahometarier

in Hindoſtan habe ikr Ende erreicht, und die Mas ratten waren Herren des ganzen Kaiſerthums. ges dod, der Peiſhwa Bajirow H. verlor bei dieſen Uns

fållen den Muth nicht, und brachte ſchnell ein neues Heer

1

384

Geſchichte von Oſtindien .

Heer von Hunderttauſend Mann zuſammen , bas außer der Reiterei aus mehreren Regimentern Seas pois beſtand , und mit einer zahlreichen Artillerie verregen war. Zum Unführer deſſelben warð Big,

was Row , der å teſte Sohn des Peiſkwa , beſtellt,

weil aber dieſer als ein ſiebzehnjähriger Pring ju wenig Erfahrung Qatte , fo ward dieſes Heer dem Bruder des Peiſhwa, Sadaſhi ( Sedafbeo'), art. vertraut , welcher gewöhnlich Blow genannt wird. Mit dieſer Macht ſollten die Abdalli's wieder in ihre Gebirge getrieben werden , und die Maratten

Fegten ſich in den legten Monaten des Jahres 1760. in Bewegung.

Bei Ugra ſtieß der juleßt beſiegte

Holkar mit den Ueberbleibſeln ſeines geſchlagenen Heeres zu ihnen , bei Muthra that der Dibatens

fürſt Sorudge Mull ein gleiches , auch Ghajiod. din 11. verſtärkte mit ſeinem kleinen Gefolge das

Marattengeet. Bhow , ſo bald er ſich den Feine den nåherte , war entſchloſſen , dieſe anzugreifen,

aber die Flüſſe waren ſo ſehr durch den Regen ans geſchwollen , daß er nicht über den Jumna feßen konnte. Auch verließ ihn auf dieſem Zuge Teine

bisger bewieſeneKlugkeit. Er war überzeugt, die Ubdalli's fónnten im ungleichen Kampfe mit feia ner unterhabenden Macht nicht beſtehen , und nach

ihrer Vertreibung wollte er den Biswas Row auf dem Kaiſerthron erheben, und in ſeinem Namen regieren ). Deswegen verwarf er auch alle Bors

ſchlage ſeiner Generale, das überflüſſige Gepäcke nebſt der ſchweren Artillerie zurückzulaſſen, das Heer in

6) Cazi Rajah Pundit, eines Augenzeugen , Account of the Battle of Panniput, in den Aſiatic Reſear: ches. V. III. S. 97.

Dritte Periode, von 1707-1800. 385 in kleine Corps abzutheilen , mit dieſen den Feind unaufhórlid ) zu beunruhigen, und ſich in keine fórm .

liche Schlacht einzulaſſen, damit die Abdalli's, durch immerwährende kleine Gefechte und Mangel an les bensmitteln erſchöpft, genothigt wurden , Hindos ftan zu räumen . Doch ſuchte er durch geheime Unterhandlungen den Nabob von Auhd auf ſeine

Seite zu ziehen , oder dieſen Fürſten zu verhindern, fich gegen die Maratten init den Abdalli's zu vereis nigen. Doc) Shujah ul Dowla , ſo hieß der Nas bob , verband ſich dennoch mit ſeinen Glaubensges

noſſen , und Galf den Uhmed die Maratten beſiegen . Bhow růckte hierauf vor Delhi, und belagečte den Schattenfaiſer Shah Jehan in ſeiner Burg. Der

Befehlshaber der Abdalli’s vertheidigte ſich zwar tapfer, wie er aber fand , daß , ſo lange die Regens

zeit dauerte , kein Entfak von der Hauptarmee zu hoffen war , übergab er die Veſtung. Jeßt erlitt

Delhi die dritte Plúnderung , und was die Perſer und Abdalli’s bei den vorigen Verheerungen übrig

gelaſſen hatten , ward jekt von den Maratten völlig jerſtórt. Die Trůmmer des kaiſerlichen Pallaſtes wurden von iğnen ſo durchwühlt , daß ſie an filbers

nen Verzierungen und Geråthſchaften ſo viel zuſam . menbrachten , um ſiebzehn lac Rupien daraus zu nrúnjen :). Da bei den verarmten Einwohnern wenig Beute zu machen war, ſo wurden die Grüfte der Verſtorbenen ausgeplundert. Viele Mauſoleen

der Großen , in der Nachbarſchaft von Delhi , was ren mit filbernen Lampen , leuchtern und andern

Sachen von Werth , verſehen , und der Habſucht der

c ) Cazi Rajah S. 97.

5. C. 2. 2bth.

B6

386

Geſchichte von Oſtindien .

der frühern Räuber , welche der Heiligkeit der Gras ber ſchonten , entgangen , aber den Maratten was ren dieſe Wohnungen des Friedens und der Undacht nur Gebäude, die Raub entgielten ; ſie wurden alſo ohne Ausnahme geplündert.

Ehe jedoch das Marattenheer die Gegend um Delhi verließ , fingen die Rohillafürſten , mit Auss

ſchluß des Nigib ulDowla, der ein perſönlicher Feind des Bhow war , imgleichen der Nabob von Auậd, Shujah ul Dowla , neue Unterhandlungen an , weil fie den mißlichen Ausgang einer Schlacht, und die

Rache der Maratten fürchteten , wenn dieſe Sieger blieben , auch Abdalli dem Nabob von Uuhd , wie er wirklich Ulrſache hatte , nicht völlig zu trauen

ſchien . Denn der Bhow hatte ſtatt des bisheris gen Schattenfaiſers den Sohn des in Bengalen

abwefenden Kaiſers Shah Ullum, den Prinzen ges wan Buckt, auf den Thron erhoben , und den Nas bob von Auhd zu deffen Vezier beſtellt. Ahmeds Vezier war ebenfalls zum Frieden geneigt , und ließ durch den Nabob von Uund die Unterhandlungen fortſeßen , welche den Dihaten und vielen Marat.

tenhåuptern gleich willkommen waren . Der Bhow erklärte , er habe mit den Abdalli's und ihrem Rós nig Ahmed Shah feine Streitigkeiten. Er fónne ungehindert in ſein (and zurückkehren , und die indis fchen Provinzen behalten , welche dem Nadir Shah lăngſt abgetreten waren . Er wollte ihm ſogar las hor einråumen , und ſelbſt das nordiveſtliche Hindo. fan bis Sirhind überlaſſen , wenn er verſprache, fich fernerhin in die indiſchen Angelegenheiten nicht

zu miſchen. Aber Ahmed verwarf dieſe Vorſchlage verächtlid), und verlangte dagegen, daß die Mas rats

itte

800

-1 707

e riod

. 387 , vorn 1s r ungs chnnehmmeinda n ſ r i e p t t ſ s t e t ó t n r a e , d iſsbuare ra , dicihe er fpuerei , Z n Dtihs den zin i Ste n lich eernbl e a t m n t a n e e f e i n k i t n r , in ih al He ſtr rut vo cDkekehr , na Mehbuddazurü breiten , aucthenrich niſeen über teden Fluß Meratten aus nze ſoll ſp,rachdie h feß eenr denn Mar ut ztuirg Gre , ver rlichenauc , viihnnzen de u Choen künf vtoenn den faiſe t Pro unzg zahlelbe,n nur uſhoelnl ſie ſich nich e mit ildeer Heb ens deſſ ht beinſtlich . Dntaenalſo berid Thee rddeernunFgries den enric ern inigennmei n , odedenihr Fo rhand die Unte ſchw en zu vebrreoche ware , wur be

lung

wr

abge

Pe

.

Hierauf zog der Bhow den Feinden entgegen ,

und eroberte den Poſten Khunjpura, ſiebzig indiſche Meilen von Delhi , am Jumna belegen , um über dieſen Fluß ju ſeben. Der Ort war von zehntaus

ſend Abdalli's beſekt, er ward aber dennoch bezwuns gen , die Beſaßung niedergeþauen oder gefangen, und die Stadt ausgeplündert.

Ahmed, konnte mes

gen des hohen Waſſers ſeinen leuten nicht zu Húlfe kommen , fekte endlich, nachdem er ſein Heer ges muſtert hatte, am 23. Oct. 1760. úber den gumna, es dauerte zwei Tage, ehe das ganze Heer nicht ohne Berluſt Kerüber kam , und ſchlug bierauf ſein lager vier indiſche Meilen von den Verſchangungen der Maratten auf, die ebenfalls bei Panniput ein ſehr befeſtigtes lager bezogen hatten . Doch waren die Abdalli's ihnen an der Zahl der Krieger weit übere legen. Denn Ahmed jählte unter ſeinen und den Fahnen ſeiner Alliitten 79,000 Mann , unter des nen 41,000 Mann Reiter waren , außer viermal

ſo viel Freiwilligen und leichten Reitern , die blos

zum Streifen dienten und den fliegenden Feind zu Bb 2

bers

388

Geſchichte von Oſtindien .

verfolgen , zweitauſend Ramele , jedes mit zwei Schüben bewaffnet, die Zumburufs , eine Art von Doppelkaken , fügten , und viele andere Kamele, von denen Drehbaffen abgefeuert wurden .

Die

Marátténarmee beſtand außer der zahlreichen Gars

niſon in Delhi, nadidem ſich die über des Bhous Kriegsführung mißvergtiúgten Dſgaten getrennt hatten , und wieder in ihr tand zurückgegangen was aus 60,000 Streitern , von denen 55,000 Reiter waren , außer dem ungeheuern , bei den ins

diſchen Armeen gewöhnlichen , Troß.

Beide Ars

meen blieben beinahe drei Monate in ihrer Stel. lung. Uhmed hatte ſein Lager init gefáilten Bius men umgeben , und täglich fielen zwiſchen den auss

geſandten Parteien Gefechte vor , von denen mans che den ganzen Tag dauerten, ohne daß beideHeere daran Theil nahmen ; dod) war meiſt der Nachtheil auf der Seite der Maratten. Ihr Anführer ſuchte

daher ſein Heer zu verſtårken , und andere Marats tenfürſten an ſich zu ziehen, die blos für eigene Rechs nung das land ausplinderten , oder die Zufuhr zum {ager der Verbündeten abſdynitten. Gerade erwars tete er im November 1760. eine Verſtårkung von 15000 Mann mit vieler Beute beladen , aber ſie ward von den Abdalli's überfallen, gånzlich zerſtreuet,

und ihr Anführer Gobind Pundit auf der Flucht getödtet. Dieſe Schlappe erregte im Lager des

Bhow Kleinmuth und Unzufriedenheit , und der Mangel an Lebensmitteln fing an fúblbar zu wer,

den. Es wurden alſo zweitaufend Reiter nach Delhi insgeheim ausgeſchickt, um Geld zu holen , und die unruhigen Soldaten zu befriedigen , und jeder Reis

ter ſollte zweitauſend Rupien mitbringen.

Uber

auch

Dritte Periode, oon 1707-1800. 389 auch dieſes Mittel ſchlug fehl. Die Maratten, wels che nur bes Nachts marſchieren konnten , weil die Streifparteien der Abdalli's beſtändig um das feinds liche Lager ſchwärmten , verfehlten des Weges auf ihrer Rückkehr von Delhi, und geriethen unter die Abdalli's , welche die Verirrten niederhieben , und eine reiche Beute davon trugen . Die Notų ſtieg

indeſſen im lager der Maratten immer höher, und wegen des Mangels brachen allerlei Krankheiten aus , die tåglich viele Menſchen wegrafften. Der Bhom ließ ſich alſo in nelie Unterhandlungen mit dem Nabob von Uuhd ein , die Nigib ul Dowla aber trog der Unzufriedenheit der Roşilla's und ans derer Anführer über den verzögerten Ausgang des Krieges glücklich zu vereiteln wußte. Endlich, nachs dem die Maratten keine Rettung Fahen , und das

größte Elend in ihrem Lager don zwei Tage ges herrſcht hatte , weil die nach Holz und Lebensmitteln

ausgeſchickten Parteien von den Feinden aufgefangen

wurden, umringten die Anfüşrer dasZelt des Bhow, und verlangten , ehe ſie alle vor Hunger umfåmen, gegen den Feind geführt zu werden , und verbanden fichi, ju ſiegen oder zu ſterben. Der Bhow berile ligte ihre Bitte , ließ ſie am 7. Januar 176 s. qus dem verpeſteten Lager vor Tages Anbruch ziehen , und es erfolgte hierauf die blutige Schlacht bei Pans niput. Die Maratten fochten wie Verzweifelte, ſie brachten auch einige feindliche Kolonnen in lins

ordnung, und um Mittag ſchien ſidy der Sieg auf ihre Seite zu neigen . Allein Ahmed (chickte den Abtheilungen ſeines Heers , die am meiſten von den

Feinden gedrångt wurden , Unterſtüßung, und ließ die Flüchtigen mit Gewalt wieder ins Feuer treiben. B6 3

Das

390

Geſchichte von Oſtindien .

Das Treffen fing alſo mit erneuerter Wuth an, und die Maratten mußten endlich weichen , wie Biswas

Row , der Bhow und andere ihrer erſten Unführer getödtet waren, und ein Haufen bewaffneter Fakirs mit den Truppen des Nabobs von Vuhd den Angriff

unterſtüßten . Jeßt ward die Niederlage allgemein. Die Maracten verließen das mit den Leichen ihrer Brüder bedeckte Schlachtfeld , und die Flüchtigen

wurden mehrere Meilen von den Abdalli's verfolge. Diejenigen , welche nicht durch das Schwerdt der Sieger fielen , wurden einzeln oder in kleinen Pars teien von den erbitterten tandleuten getödtet. Die Zahl der auf beiden Seiten Gebliebenen iſt nicht bes kannt geworden ', felbſt Caji Rajah , der als Uugens zeuge und Theilneşmer an den früßern Interbands Jungen dieſesblutige Treffen am ausführlidiſten bes ſchrieben hat, wagt darüber nicht einmal eine muth,

maßliche Sdyázung.

Das ganze Heer der Mas

ratten warð völlig aufgerieben , und von allen Uns

führern hatte Holkar Rajah von Endore einzig das Glůck, nach Dekan zu entfommen , das ganze Lager ward nebſt allem Geſchůk , das aus zweihundert

Kanonen beſtand, eine Beute der Sieger. gm {ager fand man an Weibern , Kindern und Måns nern , die nicht zu den Streitern gehörten , oder ihrer Wunden und Krankheiten wegen nicht entflies hen konnten , an 500,000 Seelen ; dieſe wurden

größtentheils von den wüthenden Abdalli’s mit kals tem Blute ermordet , weil ſie ihren Weibern und Müttern verſprochen hatten , auch ihnen einige Uns glaubige aufjuopfern , ſo daß man in Ahmeds fas ger vor jedem Zelte große Haufen von Kopfen der Erſchlagenen erblickte. Etwa funfzigtauſend Ges fans

Dritte Periode , von 1707-1800. 391 fangene wurden zwar als Sklaven weggeführt, doch diefen erging es nicht beſſer als den übrigen , ſelbſt einige ſchwer verwundete Anführer der Maratten wurden in der Gefangenſchaft getödtet. Die Ans zahl der im ager bei Panniput zurückgelaſſenen Pferde, Kamele und laſtochſen , war beinahe uns

glaublich. Ulein fünf undert Elephanten fielen den

Abdalli's in die Hände, und einzelne Reiter trieben, wie Cazi verſichert, Heerden von Kameten und Pfers

den gleich Schaafen vorſich her. Da die Nieders lage bei Panniput die größte war , welche die Mas ratten je erlitten hatten , ſo wäre es den Siegern ein leichtes geweſen , ſie völlig aus Hindoſtan zu vertreiben, aber bei der Abweſenheit des Kaiſers und den verſchiedenen Abſichten der Verbundenen :

ward dieſer günſtige Zeitpunkt verſäumt. Dennoch daiterte es gehen Jahre , ehe die Maratten ſich wies der ſo weit von ihren Grenzen wagten , und lahor ward von ihnen nie wieder beunruhigt. Gleich nach dieſer unglücklichen Schlacht mußte die marattiſche Beragung Delhi verlaſſen , und eilte mit vielem

Raube beladen nach Dekan ; doch die Dſhaten jags ten dieſen Flüchtigen einen betrachtlichen Theil ihrer Beute wieder ab . In Puhna war die Beſtürzung über den Verluſt ſo vieler Feldherren und eines ro

furchtbaren Heeres allgemein , und faſt eine jede Familie betrauerte einen Berwandten , der in der unglücklichen Schlacht umgekommen war.

Auch

den Peiſhwa bekümmerte der Tod ſeines Sohnes und das Wiederemporſtreben der faſt unterdrückten

Mahometaner so ſehr , daß er vor Gram in dem. ſelben Jahre ſtarb , in welchem die unglückliche Schlacht vorfiel. B64.

Ahmed

1

392

Geſchichte von Oſtindien .

Ahmed Shak verweilte nach dem Siege bei Panniput nicht lange in Indien. Da der von ihm erkannte Kaiſer Shak Ullum bei ſeinem Abzuge mit der Wiedereroberung von Bengalen beſchafftigt war, To ernannte er deſſen Sohn gewan Buckt zum

Reichsregenten im Namen feines Vaters, und den

Nigib ul Dowla zu deffen Bezier. Ukmed mußte ſeinen Rückmarſch beſchleunigen, weil ſeine ſeit zwei Jahren unbezahlten Truppen den rückſtåndigen Sold verlangten, und nicht länger in Indien bleiben wolle

ten . Er hatte von dem ganzen Zuge Feinen weiterni Vortheil , als den Ruhm , die Maratten beſiegt zu haben und vierzig Jac Rupien unter ſeine aufrühri. ſchen Abdalli’s vertheilen zu können , die ihm der

Nabob von Seharunpore für den geleiſteten Beis ſtand erlegte ). Mit der Regierung Shah Ullums II. , der ſich

176o. in Bahar als Kaiſer aufrufen ließ , nähern wir uns den neueſten indiſchen Staatsbegebenheis ten die für Europa wichtiger geworden ſind , als

alle frühere, weil eine bloße Handelsgeſellſchaft, wels : che bisher in den indiſchen Angelegenheiten wenig

oder nicht mehr als ihre Vorgänger oder Handelse nebenbuhler verflochten war , erſt Beſchußerin dies ſes Kaiſers ward , und hernach zur Belohnung ein gewaltiges Reich am Ganges und in Defan erlangte, deſſen Umfang kaum von den Hefißungen irgend eis ner jegt vorhandenen indiſchen Nation übertroffen wird. Sie hob ſich durch ihre reid ;en , ausgedehnt ten Provinzen und ihre Theilnahme an allen neus

ern indiſchen Revolutionen ſchnell zur erſten Macht

in Hinduſtan empor , und machtige Fürſten find durch D) Cazi Rajah Pundit. $ .-91. 26.

li

Dritte Periode, von 1707-1800 . 393 durch dieſe Handelsgeſellſchaft auf den Thron erhos ben und wieder herabgeſtürzt worden ,

Der Untergang des indiſchen Kaiſerthums, abermalige Theilungen der fo oft ſchon zerſtückelten Reichsprovinzen , und die ſchnellen Eroberungen der Englånder am Ganges ſind alſo die Hauptbeges

benheiten dieſer Periode. Da aber die lettern ges rade in die Zeit fallen , wie Shah Ulum II . den Thron beſtieg, und ſeine Freigebigkeit fremden Kaufs leuten die reichſten Provinzen verſchaffte, ſo müſſen wir dieſe Entſtehung eines neuen indiſchen Staats voranſchicken. Bengalen Hatte mit den benachbarten Pros vinzen Başar. und Oriſſa bald verſchiedene bald ges

meinſchaftliche kaiſerliche Befehlshaber. Seit Uus rungzebe's Regierung, und nachdem Ferokhrere 1713. den Thron beſtiegen hatte , ward Bengalen von Jaffer Chan , einem den Kaiſern in Delhi ſehr ergebenen Nabob , regiert , der ſich bei allen Revos lucionen in der Reſidenz in feiner Stelle behauptete, und dieſe feinen Nadškommen Hinterlaſſen konnte. Er ſtarb ſchon 1725 , und hatte ſeinen Enkel Ser: feraz zum Nachfolger beſtimmt. Allein der Vater dieſes Prinzen , Shujah ul Dowla , der während der Regierung ſeines Schwiegervaters deſſen Stells vertreter in Oriſſa geweſen war, zwang ſeinen Sohn,

ihm Bengalen zu überlaſſen , und ward vom Kais fer, dem er reiche Geſchenke machte , in der bengas liſchen Nabobswürde beſtätigt. Shujah folgte dem Beiſpiele feines Schwiegervaters ; und ſorgte für

Ruhe und Ordnung in feiner Provinz , ſo daß dem Kaiſer die Einkünfte der Provinz regelmäßig übers

macht wurden , und er aus derſelben jährlich huns B6 5

dert

1

394

Geſchichtevon Oſtindien .

dert und zwanzig {ac Rupien zog. Wie Shujah 1

noch die Aufſicht über Driſſa führte, kamen zwei

feiner Verwandten , Aliderdi und Hagi Khan , ju ihm aus Delhi , und traten in ſeine Dienſte. Beide wurden bernach zu hohen Ehrenámtern befördert, und Aliverdi erhielt 1729. die Regierung der Pros vinz Bahar , wo er die vielen unruhigen Bergfúrs ſten und ſelbſt den Rajah von Tipra úberwand , der nie die Hoheit des indiſchen Kaiſers anerkannt hatte.

Shujah ſtarb fchon 1739, und ſein Sogn Serfer raz folgte ihm als Nabob in der Regierung.

Der

neue Nabob überließ ſich anfänglich der Führung folcher bengaliſchen Großen , die unter ſeinem Vas ter das meiſte galten , und die er ihm als Rathges ber auf ſeinem Todbette empfohlen hatte. Ulein ſie mußten bald den Freunden und Unhängern des

Prinzen Plak machen , ' worauf mancherlei Zwiſtigs Feiten unter den alten und neuen Staatsdienern auss

brachen , und die beiden Brüder Uliverdi und Hagi Khan fogar den Plan entwarfen , den Nabob abs zuſehen. Aliverdi hatte in Delhi den Nabob Ser, fera; als einen treuloſen Vafallen beſchrieben , der während des perſiſchen Einfalls Münzen mit Nas dirs Namen prägen laſſen , und dieſem Fürſten den

Tribut von Bengalen úbermacht gatte, er ward alſo in Bahar , das bisher von Bengalen abying, als faiſerlicher Statihalter beſtåtigt. Serfecaz ers

fuhr dieſe Verråtherei, entlegre alſo den Uliverdi feiner Würde, und berief feine Truppen aus Bas har. Doch dieſe waren ſchon vom Aliverdi gewons

nen , und begleiteten ihn nach Murſyadabad, der Reſidenz bes bengaliſchen Nabobs. Serferaz, det

vorher den beſten Theil ſeiner Truppen abgedanft hatter

Dritte Periobe, vont 1707-1800. 395 þatte , konnte dem Rebellen keine hinlänglicheMacht entgegen ſtellen , verwarf auch den Rath ſeiner Freunde, fich der Perſon des Hadgi zu verſichern. Er erlaubte diefem ſogar, ſeinem Bruder entgegen zu

gehen , unter dem Vorwande , den Streit beizules gen und den Aliverdi nad Hofe zu bringen , dem

Mabob ſeine linterthänigkeit zu bezeugen. 2lber kaum war Hadgi in ſeines Bruders {ager angekom. men , als dieſer zu offenbaren Feindſeligkeiten ſchritt, die er bisher ſo viel als möglich vermieden hatte,

und ſeinen Marſch nach derHauptſtadt fortſekte. Unerwartet griff er bier des Nabobs lager an, deſs fen Truppen bald in Unordnung geriethen und zum

Feinde übergingen. Serferaz ſekte zwar das Trefs

fen deſſen ungeachtet fort, und wenn ſeine übrigen Truppen gleiche Bravour bewieſen hátten , ſo were der Rebell vielleicht zurückgeſdylagen worden , aber er unterlag der Menge , ward in dieſem Gefechte 1739. auf ſeinem Elephanten erſchoſſen , und das gange lager, fiel dem Sieger in die Hände. Durch Treuloſigkeit gegen ſeinen Beſdyúker ward Aliverdi, der auch den Ehrentitel Mahabut Jung führt; Nabob von Bengalen' und der dazu gehörenden Provinzen. Bei Eroberung der Haupts ſtadt Murſyadabad bemächtigte er ſich der reichen Schåße, welche Serferaz: Vorfahren dort aufges håuft hatten. Weil er davon baar hundert lac Rus pien, und an Edelſteinen ſiebengig lac , nach Delhi

ůbermachte, auch dem Kaiſer Mahomet Shah, deſ fen Vorfahren aus den drei Provinzen 268 Lac Rus

pien Einkünfte hatten , jährlich 130 lac ju zahlen 1

verſprach , und unter die Miniſter anſehnliche Ges

fchenke vertheilte , ſo ward Pliverdi als Kaiſerlicher Statte

396

Geſchichte von Oſtindien .

Statthalter in Bengaten , Bagar und Oriſſa , bes ſtátigt ). Er mußte aber ſeine ganze Regierung durch bald fein (and gegen die Maratten vertheidigen ; wels

che wágrend derſelben Bengalen zum erſtenmale þeimſuchten , bald mit unruhigen Großen Krieg führen , welche ſich gegen ihn auftehnten, ſo daß er oft in der größten Gefahr ſchwebte, alles zu verlies ren. gm Jahre 1742. erſchien ein Marattenheer von 80,000 Reitern , welches der Rajah von Bes rar ausgeſandt hatte , Bengalen in den Gegenden

diesſeite des Ganges auszuplündern, und verbreitete

die fdzrecklichſten Verheerungen . Alle Manufaktus ren wurden von ihnen zerſtört, die Einwohner aus ihren Wohnungen verjagt, und ſelbſt die Mauls beerbaume niedergehauen. Die Veranlaſſung dies

ſes Einfalls wird ſehr verſchieden erzählt. Einige glauben , der Rajah habe blos das reiche Bengalen dem Chout unterwerfen wollen , der die weſtlichen Maratčen aus den andern faiſerlichen Provinzen fo Tehr bereicherte. Allein Bengalen hatte nie dieſe brückende Abgabe erlegt , und der Fürſt von Berat

hatte dazu feinen andern Grund, als die Hoffnung, feine Raubſucht zu befriedigen. Undere behaupten, der Kaiſer gabe den Rajah von Berar aufgehegt, Bengalen zu verwüſten , weil er feit langer Zeit den

bengaliſchen Tribut habe entbehren müſſen. Allein ſen hatte, wie oben ſchon gezeigt worden , Uliverdi größtentheils abgetragen, auch war Mahomet Shah

mit dieſem Friedensbruche ſowenig zufrieden , daß der Nabob von Außb auf ſeinem Befehl dem Allis verdi e) S. Gladwins Narrative of the Transactions in Bengal 8. 175 .

Dritte Periode, von 1707-1800. 397 verdi Hülfe leiſten mußte , um die Berar ; Marat. ten aus Bengalen zu verjagen '). Nach einer drits ten Meinung foll der alte Nigam al Mulk die Mas ratten zu dieſem Einfalle verleitet haben , um viele leicht ſeine eigenen Staaten gegen ihre Streifereien

zu ſchůßen . Genug Boſcar Pundit, der Unführer der öſtlichen Maratten, verlangte vom Aliverdi zehn Xac Rupien , die ihm aber abgeſchlagen wurden . Wie aber der Nabob weder die durch das ganze land

jerſtreuten Maratten zum Treffen bringen, noch die Verwüſtung ſeines Landes verhindern konnte , vers ſprach er, ihm jene Summe zu bezahlen. Aber dies

ſer Feldherr erhöhete jekt ſeine Forderung , und wollte nur gegen Erlegung von hundert ſac Rupien das (and råumen ; auch ſollte ihm der Nabob alle feine Elephanten überliefern . Dic Maratten blies ben alſo in Bengalen , und erſt im folgenden Jahre glückte es dem Nabob , fie in einer Schlacht zu bes ſiegen , und nach Berar zu verjagen.

Die Maratten von Berar erſchienen 1744. (vieder, den Chout mit Feuer und Schwerdt eins zutreiben. Da ſie ſorgfältigſt eine Schlacht vers mieden , ließ Aliverdi ſich mit dem Boſcar Pundit in Unterhandlungen ein , und ſtellte ſich , deſſen Fors derungen , ſu übertrieben ſie auch waren , befriedis

gen zu wollen . Boſcar ward daher mit ſeinen vors

nehmſten Anführern eingeladen , den Vergleich zu ſchließen.

4

Uliverdi ließ zwiſchen beiden Heeren ein

großes Zelt aufſchlagen , um eine gleiche Unzahl feis ner vornehmſten Befehlshaber aufnehmen zu font, nen. Er hatte aber zwiſchen den Wänden deſſels ben eine hinlängliche Anzahl Bewaffneter verſteckt,

welche, f ) Scotts Memoirs Ⓡ. 329.

398

Geſchichte von Oſtindiena

welche, wie Boſcar das Zelt mit ſeinen Begleitern betrár , über dieſe Herfielen und ſie größtentheils nies

derhieben , ehe ſie einmal den Sábel ziehen konnten . Er ließ hierauf die ihrer Unfüşrer beraubten Mas ratten angreifen , und zwang fie , nach einer großen Niederlage , Bengalen zu verlaſſen . Der Verluſt feiner beſten Feldherren , und die Niederlagen ſeines Heers ſchreckten indeffen den Rajah von Berar nicht ab , eine dritte Armee in Bengalen einbrechen zu laſſen . Mit dieſer zugleich

wagten die weſtlichen Maratten unter Unführung igres Peiſhwa einen Angrif von einer andern Seite auf dieſe Provinj , unter dem Borwande , der Kais ſer habe ihnen eilf lac Rupien auf die Einkünfte von Bengalen angewieſen , in der That aber , um die bengaliſche Beute mit dem Rajah von Berar zu theilen . Oliverdi gewann den Peiſhwa durch eine große Summe Geldes , daß er wieder nach Puhna

jurückkehrte. Die Berar - Maratten fekten aber ihre Plúnderungen fort , bis endlich 1753. mit ihs nen ein Friede geſchloſſen ward .

In dieſem vers

ſprach Uliverdi, dem Rajay von Berar jährlich zwolf {ac Rupien Tribut zu bezahlen , trat ihm den Theil von Oriſſa ſüdwärts von Cuttac nebſt dieſer Veſtung

ab, und erlaubte ihnen, den bewilligten Chout durch ſeine Einnehmer in dem nördlichen Oriſſa bis an den Piplifluß zu erheben 9).

Seit dieſer Zeit iſt der Rajah von Berar im Beſik, dieſes anſehnlichen Theils von Oriſſa geblies ben , $ ) Holwell . intereſting events . S. 108. l . Or me II. S. 32 44 . Gladwin Narrative of the Transactions in Bengal Ⓡ. 191.24. Scotts Me moirs . S, 157

Dritte Periode , von 1707-1800 . 399 ben, und die Bemühungen der Engländer, die Ves ſtung Cuttac wieder zu erlangen, ſind vergeblich ges weſen , um vermittelſt derſelben die nördlichen Cirs cars mit Bengalen zu verbinden , ob er gleich zuweir

len engliſchen Truppen den Durchmarſch durch ſein Gebiet erlaubt hat. Bengalen hat inm auch den bedungenen Chout bis 1765. erlegen müſſen . Er hat aber aufgehört, fobald die Engländer Herren dieſes Landes wurden . Der Rajah hat es zwar nicht an Erinnerungen fehlen laſſen , und Lord Clive vers

ſprach 1765. die Bezahlung deſſelben.

Wie Hers

nach Verelſt Generalgouverneur von Bengalen ward , wurde darüber 1768. abermals verhandelt,

und die Engländer machten ſic , anheiſchig, den Chout zu bezahlen, wenn der Rajah von Berar von dieſer Schuld ſich würde die Einfünfte abziehen laſſen, die er ſeit 1753. aus Driſſa gehoben hatte, allein der Vergleich kam nicht zu Stande 6) .

Doch einmal

haben die Erglánder ihm etwas ſtatt dieſes God) ans

geſchwollenen Tributs erlegt.

Denn als ſie 1786.

mit den Maratten und andern indiſchen Fürſten in

einem ſchweren Krieg verwickelt waren , und einer von den Marattenfürſten , die damals Berar unter ſich vertheilt hatten , init 50,000 Reitern Bengalen bedrohete , gewann ihn Herr Haſtings mit drei lac

Rupien , die er ihm ' als Geſchenk auszahlen ließ , daß er von ſeinen Forderungen abſtand i). Ends lich ſtarb Uliverdi Khan am 9. April 1756. nach

einer unruhvollen Regierung, und hatte ſeinen Sohn

Surajah Dowla zum Nachfolger. Dieſer war ein graus

H ) Verelſt View of the State of Bengal, App . 8.71.89

1) State of India by W. Haſtings. S. 8 .

400

Geſchichte von Oſtindien .

grauſamer, geiziger und ganz von ſeinen leidenſchafo ten geleiteter Fürſt, der bald nach Untritt feiner

Regierung mit den Englandern in Streitigkeiten verwickelt ward, deren Hauptniederlaſſung damals Calcutta am Huginfluſſe war , und außer dieſem ets was beveſtigtem Orte , des Handels wegen , vers

fchiedene Faktoreien in den bengaliſchen Städten bes Faßen. Schon während der Regierung ſeines Große vaters hatte er ihre vom Kaiſer in Delhi erlangten

Freiheiten einzuſchránfen geſucht, und als wirklicher Mabob von Bengalen wollte er ihnen ſeine Ulebers

macht fiihlen laſſen. Ein Hindu , Namens Kiſſens daß , deſſen Vater unter Aliverdi's Regierung eine trågliche Hemter bekleidet , und großes Vermogen ertvorben Hatte, hielt ſich bei der Syabſucht des neuen

Nabobs , und der Hårte , welche er gegen viele bens galiſche Große ausübte , in der Nähe des Hofes nicht ſicher, er begab ſich alſo nebſt feiner Familie und Nieichthümern nach Calcutta unter den Schuß

der Engländer. Surajah verlangte deſſen Auslies ferung, welche ihm die engliſche Regierung, oder die Beamten der Sondner oſtindiſchen Geſellſchaft

verweigerten. Zu eben der Zeit erhielten dieſe aus Europa Nachricht, daß wegen der Streitigkeiten in Nordamerika ein Krieg zwiſchen Großbritannien

und Frankreich ausbrechen würde. Sie ſekten ſich alſo in Vertheidigungsſtand, ließen die verfallenen

Werke ihrer Niederlaffung ausbeſſern , und Kanos nen aufführen. Dem Nabob wurden dieſe Anſtal.

ten fo vergrößert, als ob die Englánder in ſeinem Gebiete eine Hauptveſtung erbauen ließen , ihnen wurden alſo diefe Arbeiten unterſagt. Dazu kamen

Streitigkeiten wegen der Zollfreiheiten , welche die Lond

Dritte Période , von 1707-1800. 401 fondner Handelsgeſellſchaft ſchon vom Kaiſer Fes rokkſere erlangt hatte , und ihre Beamten ihres eis genen Vortheils wegen zu weit ausdehnten ). Der Nabob beſchwerte ſich , daß man in Calcutta indis

ſchen Kaufleuten Freipåſſe ertheile, die blos für brittiſches Eigenthum gültig waren , und dadurch Feine Zolleinfünfte fchinålere.

Weil er überdem in

den brittiſchet Niederlaſſungen große Reichthümer erwartete , ſo beſchloß er, dieſe fremden , feinen Bes

fehlen trogenden , Kaufleute zu vertreiben. Zuerſt ward ihre Füktorei in Coſſimbazár eingenommen und geplündert. Er rückte hierauf mit einem gros Ben Heere vor Calcutta, das ſich eben ſo fchnell am 20. Jun. 1756. ergeben mußte , weil die Beſtungsı werke unvollendet waren , auch die Befakuntg nuc aus weniger Mannſchaft beſtand.

Da die Waas

ren , welche Bengalen zur Ausfuhr liefert, ſchon vor einiger Zeit verſandt, auch die Schiffe aus England noch nicht angekommen waren , ſo ward

der Nabob ſehr in ſeiner Erwartung betrogen, dort eine reiche Beute zu finden. Denn in den Magas zinen waren nur etwa für 200,000 Pf. St. ant Waaren, und an baarem Gelde nur der vierte Theil

jener Summe in der Kaſſe vorhanden. Die Ein wohner , welche ſid ) vor der Uebergabe nicht auf die Schiffe hatten retten fönnen , wurden gefangen, und von dieſen mußten die meiſten in der bekannten

ſchwarzen Höhle verſczmachten. Da bei der Einnahme von Calcutta ein Theil der Gebäude der Niederlaſſung in Feuer aufgegan .

gen war , und die Befehlshaber des Nabobs ihre Se.

6) Orine II. 8. 80 .

5. Th, 2. Ubth.

EC

1

1

402 snGeſchichte von Oſtindien . Gefangene irgendwo verwahren mußten , lo ſperrs ten ſie diefe, welche aus 146 Perſonen, Kaufleuten ,

Soldaten , Matroſen und einer Frau beſtanden, in einem engen loche ein , das eilf Fuß fånge und

achtzehn Fuß Breite hatte , und bisher zum Ges fängniſſe einzelner Verbrecher diente . Gegen die Außenſeite, welche mit einer Veranda oder einem

bedeckten Gange verſehen war , hatte daſſelbe zwei kleine ſtark vergitterte Fenſter. In dieſem engen

dumpfigen Raumemußten alle Engländer ohneUns terſchied eine ganze Nacht in der heißen Jahrszeit, in einem ſo Geißen lande, zubringen, weil die Wache es nicht wagte , den ſchlafenden Nabob durch die

Nachricht von dem ſchrecklichen Zuſtande ſeiner

Gefangenen zu wecken. Durſt, unerträgliche Hike, und eine von den Ausdúnſtungen ſo vieler zuſams mengedrängten Menſchen verpeſtete Luft, quàlte die Eingeſchloſſenen ohne Linderung, bis die meiſten

in einer langſamen Codebermattung ihren Geiſt aufgaben .

Das wenige Waſſer , welches ihnen ,

der engen Gitter wegen , faum gereicht werden

konnte , erfriſchte nur eine kleine Anzahl der Uns

glücklichen , und einige fuchten durch begierigſt eins geſogene Schweißtropfen von igrem eigenen Kors

per den Durſt zu löſchen. Ule Bemühungen, durch vóllige Entfleidung die Hiße zu måßigen , oder die erſtickende luft zu verändern, welche Holwell, der

diefe Jammerſcene überlebt und als Augenzeuge bes ſdhrieben hat, mit dem Dunſte des ſtårkſten Hirſd ). Horngeiſtes vergleicht, war vergebens, und ſelbſt die Hoffnung, durch Schmåhungen über den Na. bob , und die Vollſtrecker ſeiner grauſamen Bes

fehle , die Wache zu reizen , auf die Gefangenen ju

Dritte Periode , son 1707-1800 . 403 zu feuern, oder daß die Flammen , welche in der Nies derlaſſung wütheten , ihren Kerker erreichen möch.

ten, brachten den Tod nicht näher, den alle wünſche ten. Nach langem Cobeskampfe waren die ſchwach.

ſten zertreten , erſtickt, oder vor Durſt und Hige in raſender Verzweiflung umgekommen. Drei und zwanzig fahen nur am andern Morgen das Tagess licht wieder , als der Nabob auf die Nachricht, die meiſten Gefangenen wåren in ihrem Kerker vers

ſchmachtet, die ſchwarze Höhle zu eröffnen befahl, damit die Ueberlebenden ihm ſagen konnten , wo die Schåße der Faktorei vergraben waren.

Die engliſchen Einwohner von Calcutta , die der Gefangenſchaft entkommen waren , hatten ſich auf die Schiffe gerettet, um mit dem erſten gúnſtis gen Winde Bengalen gang zu verlaſſen. Sie wurs

den in ihrem Zufluchtsorte an der Mündung des Hougly vom Nabob nicht beunruhigt, denn dieſer bedrohete, nach Vertreibung der Englander , die

hollandiſchen und franzöſiſchen Faktoreien , welche ihm , um ſeinen Haß gegen die Fremden und ſeis nen Verdruß über die unbedeutende Beute zu mile dern , die ihm in Calcutta zu Theil mard , eine ans

ſehnliche Summe Geldes zum Opfer bringen muß. ten. Die Nachricht von der gånzlichen Auflöſung des vortheilhaften bengaliſchen Handels und der

grauſamen Behandlung ihrer Mitbrüder ſeßte die andern brittiſchen Präſidentſchaften Madras und

Bombay in die größte Beſtürzung. Ihre Kräfte waren zu ſchwach , es mit einem ſo mádytigen Fúrs. ſten aufzunehmen , und Hülfe aus Europa war bei

dem mit Frankreich ausgebrochenen Kriege kaum zu erwarten , Madras fonnte ſich kaum bei der das mali,

404

Geſchichte von Dfindien,

maligen Uebermacht der Franzoſen in Défait gegen diefe Nebenbuhler behaupten . Gerade damals batte

diefe Präſidentſchaft mit dem Subah von Defan , Salabad Jing, einen Vertrag geſchloſſen , die ers ftern gemeinſchaftlich aus ihren Eroberungen zu vers treiben , und ein Corps Truppen war ſchon zur Uusführung deſſelben in Bereitſchaft.

Da åber

Der Verluſt des einträglichen bengaliſchen Handels die übrigen Präſidentſchaften zu ſehr erſchütterte, und gerade bei Madras eine Kriegsflotte unter dem Admiral Watfon im Stande war , Truppen

einzunehmen , ſo wurden mit den Kriegsſchiffen 2400 Mann unter dem Oberſten Clive eiligit nach Bengalen abgefertigt, die ſich dort mit den llebers bleibfeln der Einwohner von Calcutta dereinigert

follten. Ungeachtet Stürme und Ungewitter dieſe Flotte zerſtreueten , fo fam doch endlich ein Theil derſelben in Bengalen an , und Clive hatte bereits am 3. Januar 1757. Calcutta wieder erobert, auch

bald hernach des Nabobs Beſakungen aus einigen benachbarten Veſtungen vertrieben , wodurch er die

Schifffahrt auf dem Fluſſe zu ſperren ſuchte. Auf die Nachricht von dieſen Feindſeligkeiten růckte der Nabob wieder gegen Calcutta , ſuchte aber die Engs

länder durch Friedensvorſchläge zu tauſchen. Slide hingegen griff ihn mit 2000 Mann in ſeinem lager an , er konnte zwar bei der großen Uebermacht der

Feinde weder den Nabob , wie ſeine Abſicht war, gefangen nehmen , noch betråchtliche Vortheile über deſſen Truppen erfechten ; doch hatte dieſer Uebers fall den Vortheil, daß Surajah auf den Gedan . ken fam , fich mit den Engländern wirklich auszus

föhnen , und ſchon am 9. Febr. 1757. mit ihren Fries

Dritte Periode, von 1707-1800. 495 Frieden ſchloß. In dieſem erhielt die oſtindiſche Geſellſchaft alle verlornen Faktoreien und Handelés logen wieder , auch ward ihr erlaubt, Calcutta

ju beveſtigen. Sie ſollte für die geraubten Gúter und Baarſchaften Schadenerſaß erhalten , ſo viel nemlich dem Nabob davon berechnet war. Die Geſellſchaft durfte, wie zuvor , ihren Handel frei von allen Zóllen treiben , ihr wurden füdwärts von

Calcutta acht und dreißig Dorfſchaften abgetreten , und überhaupt alle Privilegien erneuert , die ihr die indiſchen Kaiſer ertheilt hatten, Allein der Friede ward von beiden Theilen nicht gehalten . Die Engländer eroberten nach dem.

ſelben die franzöſiſche Faktorei Chandernagor, uns geachtet der Nabob allen Europäern verboten hate te , ihre Feindſeligkeiten gegen einander in ſeinem Gebiete fortzuſeßen. Dagegen unterſtüßte Sur rajab die Franzoſen insgeheim , ermunterte ihre Befehlshaber in Dekan , nach Bengalen zu mars ( chiren , um ſich ihrer Hülfe zur volligen Vertreis bung der Englånder zu bedienen . Der Krieg brach

alſo von neuem aus , und der Ausgang deſſelben

ſchien für die Engländer nichts weniger als günſtig, Weil aber viele von Surajahs Feldherren , und ans

dere bengaliſche Magnaten, mit ihm wegen ſeines Geiges , Eigenſinns und der erlittenen übeln Bes

handlungen , unzufrieden waren ; ſo verbanden ſie ſich mit ignen , und beide Theile kamen dahin übers ein , den Nabob abzuſehen und einen andern an deſſen Stelle zu erheben. Unter denen , welche ſich

zu der noch nicht erledigten Würde meldeten , ward Mir Jaffier, ein Mann , der große Gewalt und

Einfluß beſaß, ein naher Verwandter Surajahs, Cc 4

und

!

406

Geſchichte von Oſtindien.

und einer ſeiner vornehmſten Generale , ju deſſen Nachfolger beſtimmt. Weil man in des Nabobs

Schakkammer große Reichthümer erwartete, vers langten die Engländer für ihre Unterſtúkung bei dieſer Revolution ungeheure Summen , und Mir Saffier bewilligte ſie ohne Bedenken , weil er dieſe

wohl mit Surajaho angefüllter Schagkammer und den großen Einkünften ſeiner reichen Länder zu bes

ſtreiten glaubte. Er verſprach , Dec oſtindiſchen Geſellſchaft nach ſeiner Throngelangung für den bei der Plünderung von Calcutta erlittenen Schas ben 10 Millionen , und den engliſchen Einwohnern dieſer Stadt für ihren Verluſt funfzig {ac Rupien zu bezahlen. Die indiſchen und armeniſchen Kaufs Jeute in Calcutta wurden von ihm gleichfalls ents

ſchädigt. Uußerdem erhielten die brittiſchen landı und Seetruppen funfzig Jac Rupien zum Gefchenk, die aber in den Vergleichsartifeln eben ſo wenig

aufgeführt wurden , als die anſehnlichen Summen, welche den Gliedern der bengaliſchen Regierung bei dieſer Gelegenheit zu Theil wurden , wovon der Oberſte Clive allein 256,500 Pf. St. erhielt , und in den folgenden Revolutionen noch größere Reichs

týúmer erwarb "). Weil Mir Saffier verſprochen hatte , rich mit den Engländern zu vereinigen , ſo bald ſie das Heer des Surajah angreifen würden , fo fekte ſich Clive mit 3000 Mann gleich nach dem vollzogenen

geheimen Vergleiche in Bewegung, und hierauf ers folgte am 23. Junius 1757. das berühmte Treffen

bei Plaſſen , wodurch der engliſche Befehlshaber ſich auf 1) Parkers Evidence of the Transactions in the

Eaſtindies. 8..269.

/

Dritte Periode, don 1707-1800. 407 auf einige Zeit fo großen Ruhm erwarb yadaß er mit einer fo kleinen Macht 68000 Feinde beſiegt

hatte, in der That aber ward die Schlacht blos

durch Feigherzigkeit und Verråtherei der bengalis ſchen Befehlshaber gewonnen . Surajah verlor

zuerſt feinen beſten und getreueſten Feldherrn, wodurch ſeine Truppen ſchon muthloß wurden,

ſeine Reiterei wagte es nicht, die Engländer anzus greifen , und Mir Saffier ging zwar nicht dem Vertrage gemäß , zu den Engländern über , blieb aber doch mit ſeinem Corps während der ganzen

Schlachtunthätig. Das ganze Jager nebſt alter Urs tillerie ward eine Beute der Sieger, und Surajah ward auf die Nachricht von Mir Saffiers Verras therei, ungeachtet ſein Verluſt an Todten äußerſt geringe war, fo muthlos , daß er mit wenigen Bes

gleitern die Flucht ergriff, und ihm ſein ganzes Heer in der größten Unordnung folgte. Er glaubte ſich ſelbſt in ſeiner Hauptſtadt nicht ſicher, ſondern flok verkleidet weiter , warb aber unterweges erkannt,

gefangen genommen , und hernach auf Befehl von Mir Saffiers Sohne ermordet, nachdem feine Res

gierung kaum ein Jahr gedauert hatte. Mir gaffier erlangte alfo die bengaliſche Nas bobswürde ohne Schwierigkeit, und ward überall als landesherr erfannt. Er fand aber bald , daß

feines Vorgängers Schakkammer nicht die erwars teten Reichthümer enthielt, und daß es ihm ſchwer fallen würde, die Forderung ſeiner Bundesgenoſſen

zu befriedigen. Nach dem Vergleiche mußte er ihs nen die Hälfte der verſprochenen Belohnung gleich

nach ſeiner Ehrongelangung bezahlen , aber es vérs Cc 4

gins

408

Geſchichte von Oſtindien .233

gingen zwei gauge Monate , ehe er den erſten Tero min erfüllen konnte , die übrigen Gelder gingen noch tangſamer ein ) , und der Nabob mußte zuleßt

Den Englándern jiir Sicherheit die drei bengaliſchen Kreiſe Burdwan , Nuddea ,und Hougly verpfán .

den , um ſich aus ihren Einfünften bezahlt ju mas chen . Außer den Beſchwerden der Englander über

die ſo lange verzögerte Zahlung entſtanden zwiſchen beiden Sbeilen andere Mißhelligkeiten , die Regier rung von Calcutta miſchte ſich in alle bengaliſche

Ungelegenheiten , ſie verlangte von ihm feine über: flüſſigen Truppen abzudanken , weil ſie ihn bins långlich gegen jeden Feind beſchüken fónne , wele ches der Nabob verwarf, und ſie nahm ſogar einige von ſeinen Großen in Schuß , die ihm wegen ihrer Treue verdächtig oder allzumáchtig ſchienen , und die er dager ihrer Aemter entſegen wollte. Die Engländer halfen ihm zwar einige Empörer beſies gen , die ſich gegen ihn aufgelehnt hatten , aber das durch ward ſeine Abhängigkeit von ihnen noch grós ßer , weil er ihre Hülfe theuer bezahlen mußte, und die dafür ſchuldigen Subſidien nur mit Mühe aufs

bringen konnte. Er war daher genóthigt , ihnen den Salpeterpacht in Bahar zu überlaſſen. Die Hollander widerſprachen zwar , weil ihnen dieſes Monopol unter der vorigen Regierung eingeräumt war , ſie mußten aber nachgeben , weil Clive ihnen fo viel Salpeter zu verkaufen verſprach , als ſie biss her aus Chinſura ausgeführt hatten. Indeß lies fen ſie ſich mit dem über ſeine Bundesgenoffen aus ßerſt aufgebrachten Nabob , der alles aufbot , ſich der Engländer zu entledigen , in geheime Verbins dun ,

m ) Orme II. S. 188.

11

Dritte Periobe, von 1707-1800. 409 dungen ein . Unter dem Vorwande , die Beſaßuns

gen in ihren Niederlaſſungen am Ganges abzulöſen oder zu verſtärken , wurden von Batavia zweitaus fend Europåer und Malanen nach Bengalen ges ſchickt, in der That aber ſich mit den Truppen des Mabobs gegen die úberinůthig gewordenen Engláns

der zu vereinigen. Dieſe kamen auch 1759. auf ſieben Schiffen an dem Orte ihrer Beſtimmung an,

deren Abſichten jedoch die Engländer bald erriethen .

Da aber damals ihre Macht in dieſen Provinzen noch nicht ſo veſt gegründet war , um andern eu.

ropäiſchen Handelsgeſchafften vorzuſchreiben, wie viel oder wenig Soldaten ſie in ihren Faktoreien halten ſollten , ſo erſuchten ſie den Nabob , die Lan .

dung der Holländiſchen Truppen zu verbieten. Niche leicht ſind wol indiſche Verſtellungskunſt , lift und Uusfiúchte mannichfaltiger angewandt worden , als damals von den verſchiedenen Parteien , nachdem

ſie von der glücklichen landung der Truppen zu ges winnen oder zu verlieren hofften. Der Nabob ero theilte zwar den Befehl, die Holländer nicht ang Sand zu laſſen , ließ auch zum Schein Truppen ges genChinfura marſchiren, und diefe Hollandiſche Nies derlaſſung mit derPlünderung bedrohen, wenn ihre Truppen landen würden .

Unter der Hand aber

ließ er den Hollandern wiſſen , daß alles nur ges

ſchåbe, um die Engländer irre zu führen , und daß er feine ganze Macht bald mit der ihrigen vereinis gen wolle. Sie ließen alſo die von Batavia ges kommenen Soldaten ans (and ſeßen . Clive , der wegen des Friedens und der damaligen Verbindun.

gen zwiſchen England und Holland die gelandeten Truppen nicht als engliſcher Befehlshaber angreis E c 5

fen

410

Geſchichte von Oſtindien .

fen durfte, konnte dieſes deſto eher auf Befehl ſeis neß Bundesgenoſſen , des Nabobs von Bengalen , wagen. Vorher hatte er ſchon die indiſchen Wege weiſer beſtochen , welche, anſtatt dieſe Truppen nach Chinſura zu führen , das fie in einem Tage erreichen konnten , ſie in den Sümpfen und Ges buſchen in den Niederungen des Houglyfluſſes irre

leiteten , - und endlich an einen Hauptpoſten der Engländer führten , die iſrer fchon mit Kanonen warteten. Die Hollander verſuchten deſſen unges achtet durchzukommen , wurden aber durch das

Feuer der engliſchen Batterien genothigt , das Ges wehr zu ſtrecken. Zu gleicher Zeit wurden ibre im ir gaffier Fluſſe liegenden Schiffe erobert.

war über dieſen bereitelten Plan äußerſt betreten, indeſſen äußerte er zum Schein große Freude über den Sieg der Englander. Er bat ſogar den Obers

ften Clive, ihm die gefangene Mannſchaft auszus liefern , unter dem Vorwande , ſie für ihre Kühn . heit zu beſtrafen , daß ſie gegen feine Befehle feit

Gebiet bewaffnet betreten Gatten , in derLhat aber, ſie zum zweitenmal gegen die Engländer zu braus

chen. Clive, der dies merkte , entſchuldigte ſich , weil ſeine Religion ihm unterſagte, das einem ents waffneten Feinde gegebene Wort zu brechen , er wolle ſie daher ſo lange in Verwahrung behalten , bis ſich des Nabobs Zorn gelegt habe , alsdenn ſollten ſie ihm ausgeliefert werden . Sie wurden aber bald darauf nach Batavia zurückgeſchickt , und die ganze Sadje erregte blos einen Schriftwechſel zwiſchen beiden Handelsgeſellſchaften , worin die

Hollander über Friedensbruch und verlektes Vólfers recht klagten , die Engländer aber die bolländiſchen Bers :

Dritte Periode, von 1707-1800. 411 Berhandlungen mit dem Nabob aus ihrer beiders feitigen Correſpondenz, bewieſen ). In eben dieſem Jahre 1759. wagte der hers umirrende kaiſerliche Prinz Ali Gohar , der ſeit ets

lichen Jahren bei mehreren indiſchen Fürſten fich aufgehalten hatte , einen Angriff auf die Proving

1

Bahar. Weil Mir Saffier noch nicht in Delhi als Nabob von Bengalen beſtåtigt war , auch die kaiſerlichen Einfünfte aus feinen ländern nicht beso richtigt hatte ; ſo trat Kaiſer Allumgir 11. dem Prins zen Ali Gohar Bengalen , nebſt den dazu gehören, den Provinjen , ab. Anfangs glaubte der Nabob, mit ſeiner Macht den Prinzen von ſeinen Grenzen abhalten zu fónnen , aber ſeine unbezahlten Trup. pen wollten nicht fechten , und viele ſeiner unruhis gen Vafallen in Bengalen hatten ſich entweder of fentlich für den Prinzen erklärt , oder erwarteten nur dert Uugenblick , dies mit Sicherheit thun zu können.

In dieſer Verlegenheit war Mir Jaffier

gezwungen , bei den Englandern Hülfe zu ſuchen , die er auch erhielt , ob ſie gleich wegen des Krieges

auf der Küſte Coromandel mit Frankreich dorthin einen Theil ihrer Truppen geſchickt hatten , und ihre Armee in Bengalen bis auf dreitauſend Mann vermindertwar. Der Prinz machte den Englåns

dern große Unerbietungen , wenn ſie ſich mit ihm vereinigen wollten , und trug ihnen damals ſchon die Dewanny , oder die Einnehmerwurde der fais ferlichen Einkünfte in den drei Provinzen , an , die

ſie 1765. wirklich erhielten. Allein ſie ließen fich nicht 1 ) 6. Defence of the united Company of Mer chants in England againſt the Complaints of the Duteh Eaſt India Company. London 1762. 4 .

412

Geſchichte von Oſtindien .

nicht durch dieſe Vortheile blenden . Der Pring griff alſo , nebſt dem Nabob von Corah , der ihn

auf dieſem Zuge unterſtúkte, Patna, die Haupt. ftadt von Bahar , an', aud Hatte ihm der Nabob von Uuho Beiſtand verſprochen , feinen Plan auf Bengalen auszuführen . Er mußte aber die Belas gerung aufheben , weil ihn ſein Bundesgenoſſe; der vorhergedachte Nabob , verließ , deſſen Beſtung

Elhadabad der Nabob von Zuhd während ſeiner Ubweſenheit überrumpelt hatte. Der verlaffene Prinz ſchrieb hierauf einen rührenden Brief an den

Oberſten Elive , worin er feine traurige Lage ſchil derte , blos Szülfe gegen feines Vaters Vezier vers langte , und die Verſicherung hinzufügte , daß er weder den Mir Saffier , noch feine Lånder , beun,

ruhigen wolle. Clive ſchien beinahe geneigt, den Prinzen zu unterſtüßen , allein Mir Saffiers Mis niſter machten dagegen ſo gegründete Vorſtelluna gen , daß der Prinz für diesmal nichts weiter als ein Geſchenk von fünfhundert goldnen Mokurs ( 12,000 Rupien ) erhielt '). Da der Vezier in Delhi 1760. Den Vater des Pringen ermordet hatte , ſo nahm Ali Gobar auf dieſe Nachricht den kaiſerlichen Titel und den : Namen Shah Allum , Herr der Welt , an den Grenzen von Patna an , und ward von den meis ſten Fürſten als indiſcher Kaiſer erkannt. Seine

Anhänger vermehrten ſich bis auf 30,000 Mann, mit dieſen zog er zum zweitenmal vor Patna , und erfocht am 9. Febr. 1760. einen herrlichen Sieg

über Mir Jaffiers Befehlshaber, der die Stadt vertheidigen ſollte. Clive war unterdeſſen nach Eus ropa

b) Parkers Evidence. . 230.

Dritte Periode, von 1707-1800. 413 ropa zurückgegangen , die Regierung von Calcutta

fandte alſo einen andern Befehlshaber dem Kaiſer entgegen , der ſich mit den Truppen des Nabobs

vereinigte, und das kaiſerliche Heer bei Serpore beſiegte. Weil die Engländer von des Nabobs Truppen nicht gehörig unterſtüßt wurden , fams melté Shah Ullum fein geſchlagenes Heer bald wies Ber , und marſchirte in der größten Geſchwindigkeit nach Bengalen, wo mehrere aufräßige Rajahs feine Partei genommen hatten. Mit ſeiner leichten Reia terei , wozu ein Haufen Maratten geſtoßen war ,

nåberte er ſich ſchon der Reſidenz des Nabobs , da er aber feine Schlacht zu liefern wagte , ward er

von Mir Jaffier und den engliſchen Truppen zum Rückzuge gezwungen. Auf demſelben ſuchte er jwar abermals Patna einzunehmen , aber der Ans

griff ward durch die Wachſamkeit der Befagung vereitelt. Er blieb indeſſen in den nordlichen Ges genden dieſer Provinz , ließ dort Kriegsſteuern eine

treiben , und ſchlug am Soanefluß ein beveſtigtes {ager auf. Aus demſelben ward er ſchon zu Ans fange des Jahres 1761. von den Engländern vers trieben. Da es ihm nun an Mitteln fehlte , ſein

Heer zu unterhalten , die Eroberung von Bengas len , ſo lange die Engländer des Nabobs Alliirte blieben , unausführbar ſchien , und der Nabob von

Uuht ſeinen bisherigen Beſchußer, den Fürſten von Corah oder Elhadabad , hatte ermorden laſſen , ſo trat er am 29. Januar ' 1761. mit den Engs iảndern abermals in Unterhandlungen , um ſich

in ihren Schuk ju begeben.

Er hatte ihn ſchon

früher geſucht , den ihm aber damals der Oberſte Clive verſagte, weil er unter den Befehlen des Nas

414

Geſchichte von Oſtindiert.

Nabobs von Bengalen ſtünde, und der Kaiſer es für gefährlich hielt ſich dieſem Fürſten anzuver, trauen . Der Major Carnac , der die brittiſchen Truppen anführte , durfte für ſich mit dem Kaiſer Shah Atlum nicht unterhandeln , er mußte dager Berhaltungsbefehle aus Calcutta einholen , vers ſprach aber , unterdeſſen den Kaiſer nicht zu beuna ruhigen , und da es ihm ſehr an Gelde fehlte, lo

follte des Nabobs Befehlshaber in Patna für ſeis nen " und feines Hofes lInterhalt ſorgen. Da die Regierung von Calcutta ſich von einer nähern Vers bindung mit dem Kaiſer große Vortheile verſprach , ſo ward die Aufnahme des Kaiſers beſchloſſen . Schon am 6. Febr. 1761. kam Shah Aulum mit

feinem Gefolge im engliſchen Lager an , und ihm wurden täglich tauſend Rupien für ſeine Ausgaben

angewieſen , die aber der Nabob bezahlen mußte, und begab ſich gierauf nach Patna. Dem Nabob

war die Aufnahme des Kaiſers åußerſt mißfällig, und er gab ſich alle Müge , ihn dahin zu bringen , ſein Gebiet zu verlaſſen . Da nun um eben dieſe Zeit der König von Candahar den wichtigen Sieg bei Panniput über die Maratten erfochten , den Shah Alum in Delhi als rechtmäßigen Kaiſer ers kannt hatte, der Nabob von Bengalen Fein Mittel

unverſucht ließ , den Kaiſer aus ſeinem Gebiete zu entfernen , ja einen Aufſtand unter deſſen Truppen

anzettelte, und die Engländer, durch deren Hülfe er den Chron ſeiner Vorfahren zu beſteigen dachte,

ihn nicht bis Delhi begleiten wollten , ſo verließ er. am 21. Jun. 1761. Patna wieder, und begab ſich , um ſeiner Hauptſtadt näher zu ſeyn , ju ſeinem Ver zier, dem Navob von Auho. Wågs

Dritte Periode, von 1707-1800. 415 Während dieſes Krieges waren die Streitig , Eeiten zwiſchen Mir Jaffier und ſeinen Bundesges noſſen ſo weit gediehen , daß lektere endlich deſſen Ubſegung beſchloſſen , welche noch vor der Aufs nahme des Kaiſers am 20. October 1760. erfolgte.

Die Engländer hatten des Nabobs fånder mit ih. ren Truppen gegen feindliche Anfálle und unruhige

Vafallen beſchůzt, weil aber feine finanzen durch Nachläſſigkeit ſeiner Miniſter außerſt jerrůttet was ren , ſo bezahlte er ihnen die verſprochenen Subs fidien nicht , auch waren dieſe bei der damaligen Verfaſſung von Bengalen ſo bald nicht zu erwars ten . Der alte Nabob úberließ Günſtlingen die

Regierung, die erklärte Feinde der Engländer was ren , den Nabob gegen ſeine Bundesgenoſſen ein.

nahmen , und allen Vorſchlagen und Entwürfen der Regierung von Calcutta gerade zuwiderhans belten . Die Londner Directoren , welche ſich von den bengaliſchen Siegen und den erlangten Reicha thúmern goldne Berge verſprachen , und daher ihre

Rimeſſen nach Indien verminderten , verlangten von ihren Beamten in Calcutta nicht nur das von Frankreich bedrängte Madras mit Baarſchaften

zu verſehen , ſondern auch die vergrößerten Eins künfte in Retourwaaren anzulegen.

Aber die gro?

ßen Summen , womit Mir Saffier die Nabobs würde erkauft hatte, waren zu den bengaliſchen

Kriegen verwandt, oder ihren Civils und Militairs beamten zugefallen. Da diefe damals mit reichen

Schågen nach Europa zurückgekehrt waren , und die Forderungen der Directoren nicht erfüllt wera den konnten , ſo glaubten ihre Beamten , in Cal.

cutta durch eine Repolution oder abermaligen Ver. * kauf

Geſchichte von Oſtindien .

416

kauf der Nabobswürde an den Meiſtbietenden los wohl die Einfünfte der Geſellſchaft als ihre eigenen verbeſſern zu müſſen.

Die Gründe, womit die Regierung in Cals cutta dieſe Revolution zu beſchönigen ſuchte , waren

größtentheils unerheblich , oder von des Nabobs Widerſachern erfunden. Dieſe beſchuldigten den Mir gaffier unter andern , er habe eine große Uns zahl unſchuldiger Perſonen grauſamer Weiſe ermors den laſſen.

Man fand aber fernach alle dieſe vers

meinten Opfer feines blutdürftigen Charakters bis auf zwei am Leben ). Zum Nachfolger des alten Nabobs hatte man deffen Schwiegerſohn Mir Cof

fim auferſehen , der ihm anfangs blos guten Rat ertheilen , und deſſen Finanzen in beſſere Ordnung bringen ſollte. Wie aber Mir Saffier dieſen Rath. geber oder Mitregenten verwarf , und wie bisher

öhne Vormund Bengalen regieren wollte , fo ward deſſen Abfeßung beſchloſſen. Außer den großen Ges ſchenken , welche der neue Nabob Mir Coffim uns ter die Glieder der Regierung von Calcutta bér.

theilen mußte, und wofür der Gouverneur Vans fittart für ſeinen Untheil 58,333 Pf. St. erhielt '), derſprach er der oſtindiſchen Geſellſchaft folgende Vortheile: Anſtatt der drei ihr bisher blos vers pfändeten Diſtrifte wurden ihr drei andere, Midnas pore nebſt Burdwan in der Nachbarſchaft von Cals

cütta , und Chittagong am äußerſten öſtlichen Ende von Bengalen , eigenthümlich überlaſſen , welche Bet Gefellſchaft jährlich über fünftehalb Millios nen ( 47630,312 ) Rupien einbrachten, und ihr 1 . Ker: 8. Parkers Evidence. 8. 2511

9) Parkers Evidence. 6. 270.

Dritte Periode, don 1707-1800. 417 Hernach noch einträglicher geworden ſind. Uebers dem ſchenfte er iør fünf lac Rupien baar als Húlfs , gelder, den Krieg gegen die Franzoſen in Carnatic fortzuſehen ., Obgleich der mit dem neuen Nabob

geſchloſſene Vertrag nichts von den Geſchenken an die Diener der oſtindiſchen Geſellſchaft erwähnt ; To waren dieſe doch im Lande ſo gut befannt , daß Der abgefeßte Nabob zu wiſſen verlangte, wie viel Mir Cofim den Engländern verſprochen habe,

und er ignen die Hälftemehr bezahlen wollte, wenn ſie ihm die Regierung von Bengalen ferner übers ließen.

13. Jekt mußte man ſich der Perſon des abges feßten Nabobs verſichern. Mir Coffim und der Gouverneur von Calcutta begaben ſich alſo , von Truppen begleitet , nach Murſhedabad , der Res

fidenz deſſelben. Hier wurden alle Mittel verges bens verſucht, ihn dahin zu bringen , die Regies rung ohne Geräuſch niederzulegen . Man befekte alſo deſſen Pallaſt, erhob Mir Coſſim auf den Ibron,der alte Nabobhielt ſich zwar in ſeinem Ha. rem verborgen , er verließ denſelben aber, wie man ihm erlaubte, feinen Schaki feine Koſtbarkeiten und den ganzen Harem mitzunehmen. Er mußte

HieraufCalcutta zu ſeinemAufenthalte wählen, und Mir Coſſim ißm eine feiner Würde angemeſſene Penſion bezahlen.

Jedermann konnte vorausſehen , daß die Freundſchaft zwiſchen Mir Cofſim und den Englån. bern nicht von langer Dauer ſeyn würde, und ſchon Shah Atums Anweſenheit in Patna erzeugte mans cherlei Mißhelligkeiten . Der Nabob betrachtete pie Gegenwart des Kaiſers in dieſer Stadt als einen 5. C. 2, 26th, DO Kunſts

418

Geſchichte von Oftinbient.

Kunſtgriff ſeiner Alliirten , ſeine Macht zu unters graben , und ihn , gteich feinen Vorfahren , zum bloßen kaiſerlichen Gouverneur berabjuſeßen . Das Der opeigerte er ſich lange , dem Kaiſer ju huldigen , und ward bazu nur von den Engländern gezwuns gen. Mir Coffim war ein thátiger unternehmens der Mann , der die Feſſeln der fremden Mitherró ſchaft ſchwerer als ſein Vorfahr fühlte, die ihm eine Geſellſchaft europåiſcher Kaufleute angelegt

Hatte, und ihren Einfluß in alleRegierungsgeſchaffte mit dem größten Verdruſſe ertrug. Sein ganzes

Beſtreben war alſo feit ſeinem Regierungsantritte, ſich von dieſen fåſtigen Bundesgenoſſen zu befreien , die ſeineEinfünfte fdmålerten , ſeine Unterthanen drůckten , und ihn nur ſo lange als Nabob von Bengalen erfannten , bis ihnen ein anderer Come petent größere Geſchenke und beſſere Bedingungen anbóte. Sein Vorgänger , der in Calcutta lebte, war nicht von fämmtlichen Gliedern dieſer Präſi. dentſchaft, ſondern nur durch eine kleine Stimmen . mehrgeit , abgeſetzt worden , und die Minoritåt ers

klärte deſſen Behandlung geradezu får ungerecht. Mir Coſſim führte eine beſſere Ordnung in ſeinen Finanzen ein , verbannte von ſeinem Hofe alle aſias tiſche Pracht, und ſorgte für richtige Bezahlung ſeiner Truppen. Er vermehrte ſeine Urmee ans ſehnlich , nahm viele Seapons in ſeine Dienſte, vorzüglich wenn ſie in der europäiſchen Kriegszucht

geübt waren , imgleichen viele Mogolen und ufo gaậnen , die ivegen ihrer Tapferkeit im Rufe ſtan.

ben.

Dagegen machten die Englander unaufþórs

lich Vorſtellungen , weil ſie den Nabob kinlånglich gegen alle Feinde beſchúßen könnten , und die Trups pens

7

Dritte Periodé, von 1707-1800. 419 penvermehrungen nur dem fånge ſchädlich wåren. Da ſie mit wachſamer Eiferſucht ſeine Handlungen

beobachteten , verlegte er , um ihrer Aufmerkſama

/

feit zu entgehen , ſeine Reſidenz weiter nach Nors den , nach Monghier, einer Stadt an den nordi weſtlichen Grenzen ſeines Gebiets , welche von ala ten ihren Handelslogen entfernt war. Endlich brach der ſchon lange unter der Aſche glimmende Zmiſt über des Nabobs neue Zolleinrichtungen in öffentliche Feindſeligkeiten aus. Da die Engláng der nach den kaiſerlichen Privilegien für ihre Waa.

ren in dieſen Provinzen von allen Zollabgaben bes

freiet waren , fo dehnten ſie dieſe Freiheiten nicht nur auf alle Artikel aus, die ihnen von einheimis fchen Aufkåufern geliefert wurden , ſondern wuß. ten auch andern Kaufleuten gegen Gebühren dieſen

Vortheil zu verſchaffen , indem ſie ihre Wadrent für engliſche Güter ausgaben. Der Mabobbes

ſchwerte ſich über dieſe Beeinträchtigung ſeiner Zoll. gefälle , und verlangte , daß wegen der vielen Mißs . 1

brauche die Engländer dieſes Vorzugs entſagen folla ten. Der damalige Gouverneur Vanſittart, der vorzüglich den Mir Coſſim zum Nabob von Bens

galen befördert hatte, ſchien bei dieſem Streite nach : geben zu wollen , und bat nur , vor ausgemachter Sache keine Neuerungen vorzunehmen , bis man

ſein Verlangen In Ueberlegung genommen habe. Da alſo Mir Coſſim eine günſtige Antwort erwari tete, befahl er ſeinen Zollofficianten , ohne Unter ſchied alle durchgehenden Waaren anzuhalten , wie dieſe aber weiter gingen und keine engliſche Gútec ohne Erlegung des Zolls pafſiren ließen , wurden

die Vorſteher der engliſchen Faktoreien in Patna, DO 2

Dacca

1

420

Geſchichte von Oſtindient. -0 . 1

Dacra und andern Orten , die nichts gon Dan. fittarts geheimen Unterhandlungen wußten , ſo aufs gebracht, daß fie des Nabobs Zollbeamten gefängs lich einzogen. Weil man nun in Calcutta die Zoll.

freiheit nicht einbußen wollte, und der Nabob wes gen Behandlung ſeiner Beamten keine Genugthuung erhielt , fo befahl er , alle Eingeborne , welche die

Englánder in ihren Handelsgeſchafften brauchten, ebenfalls zu verhaften , und dieſe Gefangene nach Monghier zu bringen. Zugleich ließ er eine allges meine Zoubefreiung bekannt machen , daß , da die reichen Kaufleute unter engliſchem Namen doch frei durchgingen ; er die armern mit dieſer Abgabe nicht bedrucken wolle r). In Calcutta warð bieſe Verordnung als ein offenbarer Bruch aller- bither beſtandenen Verbins dungen erflårt, und man machte dem Nabob das Recht ſtreitig, dergleichen Verfügungen zum Beſten ſeiner Unterthanen zu erlaſſen. Nach vergeblichen

Unterhandlungen über beiderſeitige Beſchwerden Chien der Krieg unvermeidlich , und die Englander

begingen die erſten Feindſeligkeiten.

Ihr Reſident

in Patna ſuchte fich 1763 , mit ſeiner unterhabens

den Mannſd ;aft der Stadt zu bemachtigen. Er konnte die Citadelle zwar nicht bezwingen, allein die ganze Stadt ward von ihm beſekt und rein ausges plündert. Der Nabob eroberte zwar Patna bald wieder , die Engländer ,wurden aus ihrer Faktorci vertrieben , und von des Nabobs Truppen ſåmmts.

lich gefangen , wie ſie eben im Begriffe waren , fich , da ihnen der Weg nach Calcutta abgeſchnitten war , in das Gebiet des Nabobs von Auhd zu retten . Die

*) Scotts Memoirs S. 413 .

Dritte Periobe, voit 1707-1800. 425 Die Auftritte in Patna vermehrten den Haß des

Mabobs gegen die Engländer , und er befahl in der erſten Hiße , nicht nur alle Gefangene dieſer Nas tion , fondern auch diejenigen , welche ſich in ſeis nen ländern befanden , umzubringen , wodurch meg. rere Perſonen von Anfehen ihr Leben verloren.

Die Vollziehung dieſes grauſamen Befehls befchleimigte ſeinen Fall. Denn obgleich die Engo lander der angreifende Theit geweſen waren , To hatte Mir Coffim unter den Gliedern der Regies rung von Calcutta ſo viele Gegner , die er als Na.

bob mit allen Geſchenken nidt verſöhnen konnte, daß ſchon am 10. Jul. 1763 , ſtatt feiner , reine Vorgänger Mir Saffier zum zweitenmate rats Mas bob erhoben ward , wie dieſer alle ihm vorgeſchries benen Bedingungen : Pinging, und ſeine Freunde reichlich belohnte. Er bezahlte den engtifchen lands und Seetruppen 437,499 Pf. Sterling , imo det oſtindiſchen Gefellſchaft, ihren Beamten und ans bern bei dieſer Revolution verflochtenen Perſonen 975.000 Pf. St. Die Geſellſchaft behielt das Eigenthum der drei ihr 1761. abgetretenen Kreiſe, und erlangte ihre alte Zoufreiheit wieder. Mir Jaffier ward in der Unzahl der zu haltenden Trùp, pen eingeſchränkt, da hingegen die Englánder ibre

Landmacht auf ſeine Koſten verſtärkten . Sie dachs ten ſogar , auf die Art wie die Hollander, ihre ins diſche Vaſallen durch eine leibwache zu behandeln , ſich ſeiner Perſon durch eine engliſche Garde zu vers ficheen , aber dies wollte der Nabot nicht bewillie gen6). Da Mir Cofim noch nidjt bezwungen

war, ſondern mit einem wohlverſehenen Heer gang D03 6) Verelſt. View . $.49.

Bai

422

Geſchichte von Oſtindiett.

Bahar und die Beſtungen Murfhedabad, Mons għier und Patna befekt hielt , ſo verſprach der neue Nabob , beffen Bezwingung oder Vertreibung aus

Bengaten auf eigene Koſten -zu bewirken und den Engländern, ſo lange der Krieg dauern würde, die nothigen Subſidien , oder monatlich fünf tac Rus pien , zu bezahlen . Damit aber dieſe nicht im Rückſtande blieben , oder die Engländer nicht mit

dem Nabob, wie unter der vorigen Regierung, der Subfidien wegen zerfallen möchten , wurden dieſe auf Mir Coſſims Schäße: angewieſen , die man ju erobern Goffte, und im Fall dies nicht gelingen follte , wie auch wirklich nachher erfolgte, mußte

er ihnen die Einkünfte der Provinz Nuddea vers pfänden ). Hierauf warb der Feldzug gegen Mir Coffim eröffnet, um ihn aus Bengalen zu verjagen. Es bauerte aber zwei Jahre , ehe dieſe Provinz wieder beruhigt ward. Der abgeſefte Nabob beſaß Hins

långliche Hälfsmittel, den Krieg auszuhalten , fein zahlreiches Heer beſtand aus beſſern Truppen , als

bieEnglánder bis dahin zubeſiegen gewohnt waren , er machte ihnen nach mehreren unglücklichen Ges fechten mit ſeinen gut exercirten Seapons und ſeis ner tapfern mogoliſchen Reiterei faſt jeden Fuß breit Landes ſtreitig, und war ihnen an Mannſchaft weit überlegen. Bei ſeinem Heere befanden ſich viele

tapfere Feldherren , unter andern der ſpäter in der indiſchen Geſchichte berühmt gewordene NujufKhan, auch wußte er gegen Ende des Krieges den Kaiſer

felbſt und deſſen Vezier , den Nabob von Auhd, in fein ty Bolts Conſiderations , V. I. append. 6. 15. 16. Parkers Evidence S. 207. 26. ' !

Dritte Periode, von 1707-1800. 423 fein Intereſſe zu ziehen. Dieſe Berbindung ſuche ten die Engländer zivar auf alle Weiſe zu vereiteln , fie bemüheten fich , den Bezier dahin zu bringen, mit ihnen gemeinſchaftliche Sache gegen den Nabob zu machen , und ihn von Norden her anzugreifen , uns terdeſſen ſie ihn von Súren her bedrängten ; aber dieſe

Unterhandlungen gelangen nicht, vielleicht weil der Vezier von ſeinen brittiſchen Pliirten nicht die Vors theile hoffen fonnte , die er vom Mir Coſſim ges wiſſer erwartete , er modyte ſiegen oder verlieren, und der Kaiſer , welcher , wie der Ausgang gezeigt

hat , die Engländer begünſtigte, auf ſeinen Vezier keinen Einfluß hatte.“ ).

Die Englånder hatten ſchon vierzehn Tage nach Mir Eoſſims Abſegung, am 19. Jul. 1763, eine Abtheilung von dem feindlichen Heere bei Buls Tapore, in der Nachbarſchaft von Eutwa, jerſtreuer, worauf rich ihnen ſchon am 24. dieſes Monats, Murſhedabad (Morudabad) , die bisherige bengas tiſche Hauptſtadt, ergeben mußte. Mir Eoſſim , der in der legten Schlacht einen ſeiner beſten Felds Herren verloren hatte , 30g hierauf perſönlich den Siegern entgegen, ward aber am 2. Aug. auf den Ebenen von Geria ebenfalls geſchlagen. Sein Vers luft war aber nicht beträchtlich , oder der Sieg der Englander entſcheidend genug , daß er nach der ers fittenen Schlappe ein befeſtigtés Sager bei Dudas nulla beziehen konnte. Aber auch hier ward er, ſeis ner llebermacht ungeachtet , indem ; nach engliſchen Berichten , dreitauſend Engländers gegen 60,000 Indier fochten , abermals angegriffen und aus

feinen Verſchanzungen vertrieben. Mir Coſſim DO 402 u) Parkers Evidence S. 208. 2

mußte to

Geſchichte von Oſtindien. mußte hierauf nad) Mongbier fliehen , aber dieſe Veſtung ergab ſich ſchon im AnfangeOctobers den

Siegern , nachdem der Nabob vorher ſeine Schäße und Reichthümer in Sicherheit bringen , und aus Berdruß über ſeine Niederlagen alle engliſche Ges

fangene fatte ermorden laſſen. Endlich ward am 6. Dct. 1763. Patna , ſeine leßte Veſtung, mit

Sturm erobert , und er mußte die Ueberbleibſel ſeis nes geſchlagenen Heeres über den Caramnaſſa, den nördlichſten Grenzfluß von Babar , führen , und war auf dieſe Art aus feinen Staaten völlig vers trieben ").

Sein Feldherr Nujuf Khan , der die Treus loſigkeit des Nabobs von Huhd hinlänglich erfahren hatte , rieth ihm jest, ſich nichtmitdieſem Fürſten einzulaſſen , ſondern entweder in Benares oder dem lande Bundelfund ſeine Sicherheit zu ſuchen , die Maratten gegen ſeine Feinde aufzuheben, oder im das Kommando ſeinerTruppen zu überlaſſen. Er

verſprach , die Engländer mit der Reiterei unaufs

hörlich zu beunruhigen , ſich in kein ernſthaftes Ses fecht einzulaſſen , und ihnen alle Zufuhr abzuſchneis den , ſo daß ſie gehindert wurden , ihn weiter zu

verfolgen. Aber Mir Coſim verwarf diefe Vors fchlage , und verband ſich dagegen , nachdem er ſeine

überflüſſigen Truppen udgedankt hatte, mit dem Fair ſerlichen Bezier , demi Nabob von Uuld , nind vers

ſprac) ihm monatlich eilf Lac Rupien , wenn er ihm mit feiner ganzen Macht zur Wiedereroberung ſeis

ner (ånder unterſtüßen würde "). Bei dem Vezice

befand ſich ſeit 1761. der unglückliche Kaiſer Shah AL

r.) Parker. 8. 202. 26. - y) Scotts Memoirs 6.431 .

Dritte Periode, von 1707-1800. 425 Allum Il. Da er ganz von ihm abhing, oder in Auho von ſeiner Gnade lebte , ſo mußte er ihn , wie

Der ſeinen Willen, zurWiedereroberung Bengalens begleiten. Der Vezier ſchrieb drohende Briefe an die Regierung von Calcutta , worin er ihnen nachs drücklichſt ihre ungebetene Einmiſchung in die indir ſchen Angelegenheiten , die ungerechte Ein , und 26

feßung der Nabobs von Bengalen , und die Zeca trúmmerungen dieſer Provinz verwies , und ich

blos auf ixren Handel einzuſchránken befahl ). Zugleid, aber zettelte er unter den engliſchen Erups pen , denen die Geſellſchaft ihren Antheil an Mix gaffiers Geſchenken für die Armee vorenthalten hatte , und großen Mangel an Lebensmitteln litten, Meutereien an , daß ſie ſchaarenweiſe ihre Fahnen verließen , oder mit Ungeſtüme ihre Forderungen durchfekten , ſo daß die Engländer bis Patna zur rückweichen mußten, Die drei Verbündeten brachen alſo 1764. mit

einem gewaltigen Schwarme größtentheils irregulay rer Truppen in Bahar ein , und verheerten dieſe Provinz bis in der Nähe von Patna. Håtte das mals der Vezier feine ganze Madt gegen die Engr lander gewandt, oder wenigſtens ſich mit Ernſte des

vertriebenen Nabobs von Bengalen angenommen , fo war für die lektern die Provinz Bahar gewiß verloren . über nach der indiſchen Gewohnheit, mitten im Kriege , oder gerade vor einer entſcheie

. denden Schladit durch Spione oder geheime Bog

ten Verſtändniſſe im feindlichen lager zu unterhal. ten , bemüheten ſich die Engländer , den Kaiſer von der udianz abzuziehen , und boten ihm noch 1

DO 5

bor

3 ) Parker. S. 228.26 . Forſters Journey I. S. 144.

是a

426.coGeſchichte von Dſtindients: border Schlacht bei Burat, da er unter der Vors

mundſchaft Feines Beziers nicht frei handeln konnte, Sicherheit in ihrem lager an. Allein dieſer Vers fuch verunglückte *). * Zu gleicher Zeit zerfielen auch Mir Cofim und der Bezier mit einander, die früher ſchon bei

dieſem Kriege ganz verſchiedene Abſichten hatten. Dieſes" fühlte' der bengaliſche Nabob , - und noch

mehr, daß er endlich bei den langſamen Kriegsopes rationen feines Verbündeten außer Stande fennt würde, die verſprochenen Subſidien zu bezahlen.

Weil die kaiſerliche und des Veziers Armee hinreichs te , die Engländer zu beobachten , verlangte er mit

ſeinen Truppen einen Einfall in Bengafen zu verſus dhen , unter dem Vorwande , dort die Landſteuer

beizutreiben . Dazu aber war der Vezier nidjt ju bewegen , weil er glaubte, fein Gaſtfreund brauche nur dieſen Vorwand , um ſich von ihin zu trennen, vielmehr verleitete er Mir Coſſums befte Befehls .

ķaber,ihren Herrn mit ihren Truppen zu verlaſſen , und forderte im Namen des Kaiſers die ihm gebůh. renden Einfünfte von Bengalen und Bahar, welche er während feiner kurzen Regierung nid )t abgetras gea batte , und wenigſtens acht und vierzig {ac Rus pien betrugen. Der Nabob konnte diefe Summe

nidit aufbringen , weil er ſchon auf dieſen Fall bei dadt , ſeine beſten Koſtbarkeiten in Sicherheit ges bracht hatte, es wurde daher auf Befehl des Ves ziers fein Gepäcke ausgeplündert , fein Harem und

mehrere Perſonen , die zum Hofe gehörten , ihrer Reichthümer beraubt , und Mir Coffim ſelbſt als Gefangener nach des Beziers lager abgeführt ) . Maha a ) Scotts Mem . 8.433 . 6) Scotts Mem . 5.436. .

Dritte Periode, von 1707-1800. 427 : Während dieſer Auftritte bei dem feindlichen Heere hatten die Englånder Verſtärkung erhalten , und am 9.Mai 1764. des Véziers Angriff auf iht

{agerglücklich abgeſchlagen. Sie ſelten ſich daher in Bewegung , den Vezier als, ihren furchtbarſten

Widerfacher in ſeinen eigenen Staaten zu befriegen. Er räumte hierauf Bahar, und bezog bei Bufar, einer Stadt am ſüdlichen llfer des Ganges , ein bel

veſtigtes lager, um ſeine länder "zu decent , wohin ihm die Endländer folgten . Hier wurden ſie am 23. Oct. 1764. von dem Vezier angegriffen , und 7000 Mann , von denen goo Europäer waren , mußten ſich gegen 40,000 der beſten indiſchen Trups

pen vertheidigen . Auch in dieſem Treffen bei Bus far blieben ſie Sieger, und erbeuteten das ganze tas ger ihrer Gegner nebſt hundert und breißig Kanos

nen. Der Vezier Shujah ul Dowla flobe nach El. şadabad, vorher aber entließ er den gefangenen Mir Coſſim ſeiner Haft. Dieſer rettete ſich nach Benares , und weil die Englánder bald darauf auch

dieſe Heilige Stadt einnahmen , zu den Robilla's. Seine lånder fah er nicht wieder , ſondern lebte bis

1777. in Delhi von den Ueberbleibfeln feiner gerets teten Reichthúmer, die aber nach der erlittenen Plúnderung nicht ſo beträchtlid, waren , als einige fie anſchlagen , und ſtarb dori am 6. Junius des ebengenannten gahres ") .

Nach dieſem unglücklichen Treffen verließ der

indiſche Kaiſer ſeinen Ylliirten , und nahm ſeine Zus flucht zu den Engländern , welche ihm fürs erſte

Benares zum Aufenthalte anwieſen. Hier wurden mit

Parker. $. 246.16. Scotts Memoirs 8. 440.16. Forſters Journey . V. I. 8. 146. 26.

428

Geſchichte von Oſtindien.

mit ihm die frühern IInterhandlungen, fortgeſekt, welche Hernad) für die Geſellſchaft ſo wichtig wurs ben . : . Weil der Bezier die Engländer nach der Schladt von Burar nur mit leeren Friedensvors

ſchlågen hinhielt, und mit Hülfe der Maratten und

Rohillas ſie immer noch zu beſiegen glaubte , lo berſprachen leßtere , für den Kaifer die Provinzen

Elhadabad' und Uuho, die dem Vezier gehörten, il erobern , dafür trat er ihnen aber am 24. Dec. 1764. zwei Provinzen ab , welche von ihren bens galiſchen Befißungen fehr entfernt waren , und jens feit des Soane und Ganges lagen. Dieſe waren Ghazipore, einer der außerſten Kreiſe von Bahar, den der Vezier an ſich geriſſen hatte , imgleichen

die Proviny Benares, welche damals einen Fleinen

indiſchen Fürſten gehörte, jeßt aber den Kaiſerlichen Tribut den Engländern entrichten mußte '). Da der Bezier von feinem Frieden hören wollte oder die Bedingungen der Engländer nicht erfüllen konnte , denn ſie verlangten unter andern

Mir Coffims Auslieferung, der , wie oben gezeigt worden, nicht mehr in ſeinen Händen war, ſo warð der Krieg gegen ihn in deſſen eigeiren {åndern forts gerekt. Der Vezier hatte ſeine Armee durch einen Schwarm Maratten verſtärft , auch die Rohillas fürſten zu ſeinem Beiſtande aufgeboten, allein legtere

nahmen an dem Kriege feinen Theil . Die Englån. Der befekten alſo ſeine Hauptſtadt luknow , und ero oberten die wichtige Veſtung Elbababab. Da ſie auch von einigen Anhängern des Staiſers verſtärkt wurden , und Nujuf Khan ſich mit ihnen vereis

nigte, ſo juchten ſie den Vezier zu einer Schladit ju

1) Bolts Confiderations. V. 1. 6. 20. 24 .

Dritte Periobe, von 1707-1800 , 429 zur zwingen , welche cuch am 3. Mai bei Calpy , eia ner Stadt am Jumnafluß in der ſüdlichen Gegend von Uukd , erfolgte. Die Maratten wurden durch

das engliſche Kanonenfeuer bald zerſtreuet, und eils ten über den Fluß zu Hauſe. Auch die Truppen des Beziers verließen nach ihrem Abzuge das

Schlachtfeld , und er felbft flüchtete, da er ſich in feinen eigenen fåndern nicht ſicher hielt , zu dem afgahniſchen Fürſten von Feruckabad. Dort fand er endlich , daß er mit ſeiner Macht nicjts gegen Europåer ausrichten konnte , und da'er nach dem legten Bergleiche Shah Allums mit den Englåne dern Mir Coſſims Schickſal befürchten mußte , alle feine länder zu verlieren , ſo nahm er endlich den Rath ſeiner Miniſter an , ſich mit den Engländern auszuſohnen , und begab ſich perſönlich in das feinos liche Lager.

Wahrſcheinlich würde er hier durch

Geſchenke und Intriguen ſein Gebiet zurück , und wol noch mehr erlangt haben, als er verloren hatte,

gåtte nicht eine für die Bengatiſche Regierung uners wartete Erſcheinung allen Unterhandlungen ein Ende gemacht , und felbft den früher mit dem Kaiſer ges ſchloſſenen Vertrag vernichtet. Doch ehe wir dieſe indiſche Staatsverändes

rung weiter verfolgen wird es nöthig fenn , einen andern für Bengalen gleich wichtigen Vorfall zu beſchreiben. Der alte Nabob von Bengalen , Mir

Saffier , ſtarb endlicy am 5. Febr. 1765. Er fins terließ von ſeinem álteſten Sohne, der ſchon 1761.

vom Blige erſchlagen weard, einen ſechsjährigenEns kel , und außer dieſem einen zweiten erwachſenen Prinzen, den er zu ſeinem Dachfolgen beſtimmt

hatte. Ob nun gleich einige Glieder der engliſchen Nes

Geſchichte von Oſtindien.

430

Regierung von einer Vormundſchaft, die nur ihnert jufallen konnte , mancherlei Vortheile erwarteten , fo, mußten ſie doch den Schein einer neuen Revolus tion vermeiden , und erkannten daher den zweiten

Pringen, Nudjum ul Dowla, als Nabob von Bens galen.

Er mußte aber dieſe Würde, gleich ſeinen

Borgångern , theuer erkaufen , und 139,000 Pf. St., nac, andern , 230,000 e) dafür feinen brits

tiſchen Freunden bezahlen. Auch ward ſeine Ges walt ſehr beſchränkt.

Sein Vater hatte 24,000

Mann Soldaten Galten dürfen, er mufte beim Ans

tritte ſeiner Regierung verſprechen, nur die zu ſeiner Bedeckung, und die zur Hebùng der Landeseinkünftei 1

nöthige Mannſchaft zu halten , die überdem mehr von dem brittiſchen Reſidenten an ſeinem Hofe, als

von ihm , abhing, Die Engländer in Calcutta ers.

nannten feine Miniſter, und er durfte ſie nicht ohne ihre Einwilligung verändern , auch ſtand ihnen frei, alle übrigen Beamten eins und abzuſehen .

Die

Verwaltung ſeiner Einkünfte behielt er zwar , aber der brittiſche Reſident, oder der von ihm ernannte

Schahpfleger, ward zugleich ſein Finanzminiſter, auch genoß er die Hebung und Verwendung derſele ben nur eine kurze Zeit, denn ſo lange der Krieg

mit dem Nabob von Auhd dauerte , mußte er ſeis:

nem Beſchůker monatlich ſieben {ac Rupien erlegen , und wie dieſe von dem indiſchen Kaiſer die Dewan .

ny der drei-Provinzen erhielten , ward ſeine jähr: liche Einnahmevon hundert und achtzig Jac Rupien bis auf zwei und vierzig tac herabgeſeßt, welche die

Engländer als Penſion zahlten , dagegen aber die :

ſämmtlichen Landeseinkünfte für ſich behielten , und die

Verelft View .

. go. Parker S. 271, A

Dritte: Periode, von 1707-1800. 431 die londner Geſellſchaft warb im Beſige aller von feinen Vorfahren erhaltenen Freiheiten und Bor. theile beſtätigt ).

Auf dieſe Art ward dieſe Handelsgeſellſchaft, fchon vor der bekannten Freigebigkeit Shah Ul. lums II., gewiſſer Maßen Oberherr von Bengalen ,

und ſie konnte ſich von den in eben dieſen Jahren angefangenen Unterhandlungen mit dem Kaiſer und vem Nabob von Uuhd noch größere Bortheile vers ſprechen , als die bisherigen Machthaber in Calo cutta 1765. ihren Einfluß größtentheils verloren.

Die Direktoren der oſtindiſchen Geſellſchaft in long pon fanden bei allen in Bengalen erworbenen Reich ,

thümern weder ihren Handel erweitert , noch ihre teine Einnahme wirklicy vermehrt, und ſie konnte die Wúnſche ihrer Aktionäre, die durch erhöhte Dir videnden ebenfalls an den indiſchen Schågen Tþeil nehmen wollten , nicht erfüllen , dieſe erhielten viela

mehr geringere Dividenden , als vor den bengalis fchen Revolutionen. Denn bis 1755. hatten die Direktoren jährlich unter die Mitglieder der Ges ſellſchaft acht pro Cent, oder im Ganzen 255,000 Pf. St. vertheilt, da nach dieſer Periode , oder

dem glänzendſtenZeitpunkte ihrer bisherigen Eriſtengt nur ſedis pro Cent, oder nicht mehr als 191,644 Pf. St. an Dividenden bezahlt werden konnten .

Die oſtindiſche Geſellſchaft war durch die Habe ſucht ihrer Beamten in koſtbare, oft ganz unno, thige Kriege verwickelt worden , die ihr in der Ferne freilich Vortheile zeigten , die ſie aber erſt in fünfo tigen Zeiten erwarten konnte , wenn die dabei bes

zielten Entwürfe glücklich ausgeführt wurden . The ren

f) Bolts I. S. 21. .f.

Verelft View. S. 59, 54

4326Geſchichte von Oſtindien ." éen Befehlshabern und Handelsauffehérn waren Fürſtenthümer und Königreiche für Geld feil, und dieſe kehrten , wie lord Clive's Beiſpiel freilich aus,

ſchließlich beweifet, denn feinem ſeiner Nachfolger glückte es , in ſo kurzer Zeit gleiche Schåke zu ero werben , mit Reichthümern beladen nach England gurück. Sie hatten in den Jahren von 1757. bis 1747. an Geſchenken , Belohnungen und Dou ceurgeldern , an vier und dreißig Millionen Thaler

( 3,590,198 Pf. St. ) 9). Es ward daher in lons don beſchloſſen , den Oberſten Clive , der wegen reis ner Verbienſte um die indiſchen Angelegenheiten irs tåndiſcher ford geworden war , als Gouverneur von

Bengalen undOberbefehlshaber aller Truppen nach Calcutta ju ſchicken , die Finanzen der Geſellſchaft in Ordnung ju bringen , den eingeriſſen Mißbråu.

chen abzuhelfen ; und um dort zweckmäßige Eins richtungen treffen zu können , wurden ihm vier Ges

Hülfen zugeordnet , welche Bengalen , die Lage der Geſellſchaft und die Denkungsart der indiſchen Gros Ben , kannten. ford Elive kam gerade in Bengalen an , wie

die Geſellſchaft den Krieg mit dem Nabob von Auhd

beendige Hatte, einem Fürſten , den man damals wenig als feine tånder in Europa fannte , für den indiſchen Kaiſer Lånder erobern , und mit ihm

und ſeinem Vezier vortheilhafte Verträge ſchließen wollte. Er hob die bisher betriebenen Verhande lungen auf , und ſtellte die Ruhe in Bengalen auf folgende Art wieder her. Da die Provinzen Ghas zipore und Benares , welche der Kaiſer der Geſello

ſchaft 1764. geſchenkt hatte, von iþren andern Bes ſikuna $ X Parker S. ago

Dritte Periode , von 1707-1800. 433

figungen zu entfernt lagen, und ihre Vertheidigung mit großen Koſten verknüpft war , ſo gab er dieſe

zurück , und der Rajak von Benares , der in den

legten unruhigen Zeiten aus einem Zeminbar, oder bloßen Diſtriftsverwalter , Fürſt geworben war,

gelangte wieder zum Beſige derfelben, blieb aber als Vafall in der bisherigen Verbindung mit ſeinem

lehnsherren, dem Nabob von Auhd. Da die Ges fellſchaft, wenn man dem Kaiſer die Provinz Auhd überließ , fern von ihren Grenzen in ewige Kriege verwickelt ward , weil Shah Allum fich dort gegen

den bisherigen Eigenthümer derſelben und deſſen Alliirte ohne fremden Beiſtand unmöglich behaups ten konnte , ſo ward ſie dem Vezier wieder übers

laſſen ; dagegen mußte dieſer dem Kaiſer einen Theil ſeiner ſpätern Eroberungen abtreten , den Englån. dern freien Handel in ſeinen ländern verſtatten , und

ihnen für die aufgewandten Kriegskoſten funfsig lac Rupien bezahlen. Für die Geſellſchaft erlangte ford Clive wes

fentlichere Vortheile, nemlich drei große reiche Pro. vinjen , die ihr Kang und Gewicht unter den indir ſchen Hauptmåchten verſchafften. Der Kaiſer úbers ließ ihr freigebig die Dewanny von Bengalen, Bas har und Drira , oder die Hebung aller landebherrs lichen Einkünfte. gn allen indiſchen Provinzen gatten die Kaiſer zivei Perſonen von Range beſtellt, den Statthalter , Subah oder Nabob. genannt, der

die Kriegsmacht befehligte, auch oberſter Richter war , und den Dewan , der in ebenderſelben Pros vinz dem Finanzweſen vorſtand , alle Ubgaben bes rechnete, und den feſtgeſekten kaiſerlichen Antheil nach Delhi úbermachte. In den meiſten Provins 5 , C5 4. Moto

Ee

gen

434

Geſchichte von Oſtindiens ... dan

jeniswar Diefe Stelle in unruhigen Zeiten eingegans 1

gen , und die Nabobs hatten die Verwaltung der

Finanzen an , fich geriſſen . Der Nabob von Bens galen verlor durch ihre Wiederherſtellung viel von feinem Anfehen , er konnte nicht mehr, wie feine

Vorfahren , Schake anhaufen , ſondern mußte ſich mit ſeinem feſtgeregten Gehalte von 42 lac Rupien begnügen.

Dagegen ließ nun die Regierung von

Calcutta die landeseinkünfte durch ihre Beamten heben , und vermehrte ihre Einkünfte ungemein . Torb Clive berechnete damals den jährlichen Ertrag

der drei Provinzen auf 250 {ac Rupien ( 3,125,000 Pf. St.).

Davon mußte ſie dem Kaiſer jährlich

ſechs und zwanzig lac, oder eine viel geringere Sum . me auszahlen , als er ſonſt aus dieſen Provinzen

zu erhalten pflegte). Auch überließ er den Enge håndern in Dekan die vier nördlichen Circars, wie

weiter unten gezeigt werden ſoll. Da ford Clive

den Kaiſer nicht nach Delhi begleiten wollte, ſo er. hielt Shah Allum II. die Provinzen Corah und Els Hadabad , welche bisher ſeinem Bezier gehört hat. ten , deren Einkünfte 25 lac Rupien betrugen , ſo daß er mit den bengaliſchen Rimeſſen jährlich auf ſeinen Hofſtaat, denn Truppen unterhielt er außer einer Leibwadie nicht, ein und funfzig {ac Rupien verwenden konnte. Davon mußte er aber dem Nus

juf Khan für den Verfüſt von Coraş,aus welchem Lande ihn der Nabob von Auhd verdrångt batte,

jährlich mitzwei {ac Rupien entſchädigen. Die Engländer gewannen bei dieſen Verhands lungen am meiſten , und ſie wußten nach und nach

die bengaliſchen Einkünfte von den darauf haftens den

6) 8. oben 3.395 .

Dritte Periode, von 1707-1800. 435 den Abgaben an den Raiſer zu befreien .

Denn

Shah Allum hat die ihm verſprochenen rechs und zwanzig Lac Rupien längſt eingebüßt , oder nur bis 1771. erhalten. Uuch die blos zu Titular , Nabobs berabgewürdigten bengaliſchen Fürſten von Mir Saffiers Nachkommenſchaft haben ſich bei jeder Ries gierungsveränderung einer Verminderung ihrer Eins fünfte , von 42 bis auf 16 fac Rupien , unterwets

fen müſſen ,und die Regierung in Calcutta hat durch Subſidien , Monopolien und Verbeſſerungen im Steuerweſen , To gute Einrichtungen getroffen, daß ſie jeßt ihre Einkünfte aus den drei Provinzen

über fünf Millionen Pf. St. berechnet. 15 Shah Allum verweilte bis 1771. in der Ves

ſtung Elhadabad, ohne die Hoffnung aus den Uus gen zu verlieren , den ſo lange erſehnten Thron von

Delhi zu beſteigen. Ob er dort gleich ein ruhigeres, ſorgenfreieres Leben führte, als ihm tveder vorher nod, nadzher je zuCheil geworden iſt, ſo ſchien ihm

doch die fremde Schuzherrſchaft läſtig, denn die Engländer hatten jene Veſtung mit ihren Truppen

befekt. Der engliſche Befehlshaber wohnte in der Eitadelle , der Kaiſer aber in der Stadt , und eis ner von den erſtern war mit den indiſchen Sitten

ſo wenig bekannt , daß er , weil das lårmende Ges räuſch des Mobuts , der großen und kleinen Pau. Fen , Poſaunen und anderer Inſtrumente , weldje fich zu beſtimmten Eagszeiten im Pallaſte des Kais

fers Hören laſſen , ihm láſtig war, dieſe kriegeriſche Muſik zum großen Mißfallen des Hofes verbieten

ließ ').

In Delhi war für ihn wenig Freude zu

erwarten , weil Sieks , Rohilla's, Maratten und Ee 2

1) Scotts Memoirs S. 448.

Dfhas

436

Geſchichte von Oſtindien .

Drhaten die Provinzen Agra und Delhi unter fide getheilt hatten oder abwechſelnd verheerten , ſo daß Nigib ul Dowla , dem der König der Ubdalli's die

Bertheidigung der Hauptſtadt und die Beſchüßung der kaiſerlichen Familie anvertrauet Hatte , ſich kaum in dieſem Poſten behaupten konnte. Endlich warð er 1770. gar von den Drhaten in Delhi belagert. Migib fuchte in dieſer Verlegenheit Hülfe, wo er ſie finden konnte , unterhandelte mit den Maratten,

und ermunterte den Kaiſer , zur Vertheidigung feis ner Hauptſtadt herbei zu eilen. Shah Alum ſtand fchon vorher mit den Maratten in Traktaten , ihn nach Delhi zu begleiten . Einer feiner Günſtlinge,

der dort erſter Miniſter zu werden hoffte , ſtellte igm den Aufenthalt in Delhi unddie Nothwendig,

feit , die alten Reichsprovinzen den Unglaubigen ju entreißen , dringend vor , und ſelbſt der Nabob von Auhd , dem die Nachbarſchaft des Kaiſers Kinders lich war, gewiſſe Plane auszuführen , ließ es nicht

an Ueberredungen fehlen , dieſen Zug zu wagen , ob er ſich gleich öffentlich dawider erklärte. - Verges bens bemühete ſich die Regierung von Calcutta , den

Kaiſer in Elşadabad zu behalten. Sie bewies ihm, 1

daß er bei der damaligen Lage ſeiner Angelegengeis ten nach einem bloßen Schatten greife, und tadelte den übereilten Schritt , ſich den Maratten anju.

vertrauen , einem treulofen , habfúchtigen Volke, das nur als reine Beſchußer die bei Panniput vers

lorne Herrſchaft über Hindoftan wieder zu erlangen ſuchte. Wie aber alle Vorſtellungen nichts halfen , erlaubte ſie ihm zwar , zwei Bataillons ihrer Seas pons in ſeinem Dienſte zu behalten , die europái fchen Officiers mußten aber zurückbleiben , auch ſchoß

Dritte Periobe, von 1707-1800. 437 fchoß ſie ihm zwei und zwanzig lac Rupien von den bengaliſchen Einkünften por. Im Frühlinge 1771. Qatte er ein Heer von 16,000 Mann zuſammen , das der tapfere Mujuf

Khan befehligte , und verließ damit ſeinen bisherie gen Wohnort. Ehe ſich aber die Maratten mit ihm vereinigten , mußte er ihnen große Vortheile für den zu leiſtenden Beiſtand verſprechen . Sie verlangten die Abtretung der Provinzen Corah und Elhadabad, die Nachbezahlung des ſchuldigen Chouts , den ſie ſelbſt långſt in des Kaiſers tándes

reien beigetrieben hatten , die Hälfte aller ju mas chenden Beute , und eine Summe Geldes , die

Dihaten bezwingen zu fónnen. Ob ihn gleich ſo übertriebene Forderungen håtten abſchrecken müſſen , auf ſolche Bedingungen den wankenden Thron von Delhi zu erlangen , ſo bewilligte er doch alles , und şielt am 25. Dec. 1771. feinen feierlichen Einzug in der zerſtörten Hauptſtadt.

Migib ul Dowla,

der Beſchußer der kaiſerlichen Familie , war einige Zeit vorher geſtorben ,und ſein Sohn Zabeda Khan Hatte nach des Vaters Tode deſſen Würden und

lehen an ſich geriſſen , und verweigerte dem Kaiſer die Huldigung. Er jog alſo zwanzig Tage nach ſeiner Ehrongelangung mit 90,000 Maratten ger gen ihn zu Felde , beſiegte ihn in einem blutigen Treffen , erbeutete ſein ganzes lager , und bezwang

Seharunpore und was zu dieſem Circar gehörte, bis auf einige Veſtungen in den nordliden Gebirs gen , wohin Zabeda ſeine Zuflucht nahm . DieMas ratten eigneten ſich die ganze im feindlichen Lager

gefundenen Beute zu , und anſtatt den Rebellen in

ſeine Schlupfwinkel zu verfolgen , verföhnten ſie Ee 3

fich

Geſchichte von Oſtindien.

438

#

fich mit ihm insgeheim gegen eine Summe Geldes , und verlangten ſogar vom Shah Ullum ;'den Za. bada Khan in ſeine verlornen Wården und länder wieder einzuſehen. Der Kaiſer war unterdeſſert

nach Delhi zurückgekehrt, weil er ihren Antrag vers warf, wohin ihm die Maratten folgten .

Nujuf

Khan , rein Feldherr , ſuchte ſie zwar zurückzutreis ben , aber er ward geſchlagen , Zabeda wieder zu Gnaden angenommen , und Nujuf Khan entlaſſen , der gierauf mit ſeinen Truppen bei dem Marattens fürſten Tuccaji Hoffar Dienſte nahm , dem die

Stadt Endore und ein anſehnlicher Theil von Mal va gehörte.

Jegt ſuchten die Maratten Coray und Elhas babab zu erobern.

Beide Provinzen waren von

den Engländern befekt, dieſe hatten ſich auch ges nauer mit dem Nabob von Puhd verbunden , um

ihr beiderſeitiges Gebiet gegen die erwarteten Streis fereien dieſer Räuber zu ſchůzen. Da die Marato ten aber die Engländer nicht anzugreifen wagten, und der Ganges die Staaten des Mabobs von Hund

deckte , fo wandten ſie ſich 1772. nach Rohillund,

um nach Bezwingung dieſes landes von hier aus Muhd und Bengalen mit Feuer und Schwerdte zu verheeren . Zum Vorwande brauchten ſie , die No.

Hillafürften waren iğnen funfzig {ac Rupien ſchuldig, die der Nabob Sufdar Jung ihnen 1753. für ges leiſtete Dienſte verſprochen und auf igr (and anges

rieſen håtte.

Dsgleich damals Rohilound in eine

Menge kleiner Herrſchaften zerſplittert war, ſo dati faſt jede Stabt ihren beſondern Fürſten hatte , von

denen die Mächtigern ſich auflinkoſten der Schwar chern zu vergrößern ſuchten , ſo vereinigten ſie ſich doch

Dritte Periode , von 1707-1800. 439 doch damals gegen den gemeinſchaftlichen Feind, und hielten die Ufer des Ganges beſeßt. Über die Maratten kamen dennoch herüber , und verheerten

das land auf die grauſamſte Weiſe. In dieſer Vers legenheit ſuchte Hafiz Rħamut , einer von den ants geſehenſten Rohillafürſten, Hålfe bei dem Nabob von Huld , und verſprach ihm vierzig Laç Rupien zu bezahlen , wenn er ſich mit ihm gegen die Mas

ratten vereinigen wolle. Da dieſer Nabob-ſelbſt einen Beſuch von den marattiſchen Streifparteien fürchtete, fatta er feine Truppen zuſammengegos gen , auch die Regierung von Calcutta , von gleis

cher Gefahr bedrohet , ihm eine Brigade Englåns der überlaſſen . Beide kamen alſo den Robilla's gu

Hülfe, aber erſt 1773. růckten dieſe Hülfstruppen in Rohilcund ein , nachdem das Land ſchon aufs årgſte verwouſtet war , und die Maratten wurden über den Ganges zurückgetrieben. Sie haben ſich

auch ſeitdem nie wieder in dieſe Gegend gewagt. Da die Provinzen Corah und Elhadabad den Engländern nicht bequem lagen , den Unfällen der Maratten ausgefekt waren, die ihre Anſprüche bar.

auf nicht fahren ließen , und ihre Bertheidigung mehr koſtete , als ſie eintrugen , ſo wurden beide in Bergleiche zu Benares ain 7. Sept. 1773. dem

Nabob von Uuhd abgetreten. Dafür mußte er aber der oſtindiſchen Geſelſdaft funfzig Jae Rus

pien binnen zwei Jahren bezahlen . Beide Cheile verſprachen einander wechſelſeitigen Beiſtand. Doch mußte der Hülfe verlangende Bundsgenoß die Aus

riliartruppen unterhalten. ) Yuch dieſe Subſidien wurden genau beſtimmt, und um fünftige Zwiſtig. Ee 4

feio

Geſchichte von Oſtindien. Feiten zu vermeiden , ward Bem Nabob der Sold

einer engliſchen Brigadeaus acht Bataillons Sear poys und Europåern , und einer Compagnie Artil.

teriſten, beſtehend, monatlich zu 210,000 Rupien berechnet.

Auf dieſen Vertrag erfolgte 1774. der bes

rühmte Robidafrieg , der in England ſo großes Aufſehen erregt hat , und ein Hauptanklageartikel in dem bekannten Proceffe gegen Herrn Haſtings geworden iſt. Da in demſelben die Rohilla's theils aus ihrem Lande Vertrieben , theils ganz ausgerote tet wurðen , fo kandelte freilich der Nabob von

Auhd nach indiſchen Grundſåken , die Englander þåtten aber ju dieſen Grauſamkeiten nicht die Hand bieten follen , zumal die Forderung ihres Alliirten nicht ganz gültig war. Denn er erſchien mit ſeiner Hülfe zu ſpåt , nachdem die Maratten das Land

dieſer Fürſten verheert þatten. Nicht alle Rohillas fürften hatten dem Nabob von Uuhd für ſeinen

Beiſtand die Bezahlung von vierzig Lac Rupien vers ſprochen , und legterer bei dieſem Kriege nur die

Abſicht, fein Land zu vergrößern und kriegeriſche Dachbarn von ſeinen Grenzen zu entfernen , deren Unterjochung oder Vertreibung feine Vorfahren

vergebens verfiicht hatten. Da die Rohilla's fich weigerten , die im Marattenfriege verſprochenen

Subſidien zu bezahlen , fo-fiel er mit ſeiner ganzen Macht in ihr tand ein.

Eine engliſche Brigade

verſtärkte ſein Heer auf diefem Zuge, weil das Ins tereffe der Präſidentſchaft Calcutta mit dem Auss gange dieſes Krieges unzertrennlich verfnüpft war. Der Nabob von Muhd hatte die Gelder , welche er

igr für die abgetretenen Provinzen Corah und El hadas .

Dritte Periode, don 1707-1800. 441 Kadabad ſchuldig war , nicht abgetragen , und bei ben großen Einkünften , welche Bengalen feinen neuenHerren aufbrachte, waren ihre Finanzen doch nicht in blühenden Umſtånden , weil ſie damit die

andern Präſidentſchaften unterſtüßen mußten, auch der indiſche Etat große Summen koſtetę. Sie vers langten alſo Bezahlung von dem Nabob , und dies 1

ſer wies ſie mit ihren Forderungen an die Rohilla's, bewilligte ihnen aber außerdem die Hälfte von den Geldern, die er von den Rohilla's in dieſem Kriege zu erbeuten Goffte. Ob nun gleich ein måchtiger Feind Rohilcund bedrohete, lo hatten ſich die im mer uneinigen Fürſten doch nicht zum gemeinſchaft, lichen Widerſtande verbunden . Der einzige Ha.

fig Rhamut war zum Kriege gerüſtet, und hatte ein Heer von 28,000 Mann unter ſeinen Fahnen, Bergebens bemühete er ſich, die andern Fürſten

dahin zu bringen , ihre Macht mit der ſeinigen zu vereinigen, oder etwas zu den Kriegskoſten beizu .

tragen. Einige entſchuldigten ſich mit ihrem Uns vermogen, andere glaubten ihr Gebiet allein vers theidigen zu fonuen , und wieder andere fingen mit dem Nabob von Auhd Unterhandlungen an. So wie dieſer aber weiter vordrang, Ward das ganze (and von ſeinen Truppen verwüſtet. Die Einwohs ner , welche ſich nicht in die Beſtungen oder nórds lichen Gebirge gerettet hatten , wurden niederges hauen oder aus ihren Wohnungen verjagt, und

dieſe niedergeriſſen . Hafis hatte mit ſeinen Trup. pen ein veſtes lager bei dem Dorfe Cutterah am Bogafluſſo bezogen, welches ſechzig Kanonen beſchůk, ten . Hier ward er am 22. April 1774. angegrif.

fen , auf& Haupt geſchlagen , und er verlor ſelbſt Ee 5

in

442

Geſchichte oon Oſtindien .

in dieſem Treffen das Leben . Nach dieſer Nieders lage fuditen die übrigen Fürſten fich ſo gut zu rets ten, als ſie fonnten , einige unterwarfen ſich bem

Sieger, andere begaben ſich in die nördlichen Ges birge, und andere nahmen ihre Zuflucht jenſeit des

Ganges zu ihren Brüdern in Zab :dà Khans Gebiete. Uber außer den Englándern nahm auch Shah Uuum an dieſem Kriege Theil , und ſein Feldherr Mujuf Khan , der nach dem 26jugie der Maratten feine verlornen Würden wieder erhalten,

die Dſhaten zu Paaren getrieben , und ihnen die BeſtungUgra glücklich entriffen hatte, erſchien nach der Schlacht bei Euttera , in Robilcund. So gleichs gültig nun auch dem Bezier des Kaiſers Zufriedens

heit oder Mißvergnügen über fein Betragen gegen die Rohilla's zu ſeyn ſchien , lo durfte er es doch bei dieſem Kriege nicht mit ihm verderben. Der Kaiſer hatte unſtreitigere Rechte auf Rohilcund, nur die Ilmſtånde hatten es ihm nicht erlaubt , die Rohilla's, wegen ihres Ungehorſams und der nicht

bezahlten Territorialeinkünfte zu beſtrafen . Der Nabobvezier fürchtete ſich auch vor denMaratten , die der Kaiſer ihm bei jeder Gelegenheit ins Sand

ſchicken fonnte. Wie ſich alſo der Vezier Shujak ul Dowla , fo hieß der damalige Nabob von Uuhd, anheiſchig machte, die Striegskoſten allein zu tragen, den faiſerlichen Truppen zwei lac Rupien beim Puso

marſche, im Felde für jeden Ruhetag sooo , und auf dem Marſche tåglich 10,000 Nupien ju bejah, len , aud) die Hälfte des eroberten' (andes und der

gemachten Beute zu überlaſſen verſprach , fo erhielt deſſen Feldherr Nujuf Khan Befehl, zuni Vezier ju ſtoßen. Allein Shah Puum hatte , wie der Ers forg

Dritté Periode,von 1707-1800. 443 folg nachher bewieſen hat, wohl Urfache , Miß, trauen in dieſe Verſprechungen zu ſegen , oder über den Nabob, wegen der vortheilhaften Erweiterung

und Sicherſtellung ſeines Gebiets, eiferſüchtig zu werden . Er fieß daher ſeine Truppen langſam ang růcken, und NujufKhan erſchien 'erſt in Nobiſcund,

als deſſen Fürſten lángſt überwältigt waren." Suf par Jung bezwang hierauf eine Stadt nach der ans dern , aber die Rohillafürſten, welche ſich ihm frů. Her unterwarfen , hatten gleiches Schickſal mit des nen , welche durch Gewalt der Waffen bezwungen wurden. Sie wurden aus ihren Beſikungen vers drångt , ihrer Habe beraubt , und nebit ihren Fa. milien als Gefangene nach des Beziers Veſtungen abgeführt. Viele dieser im Ueberfluſſe gelebt hatten , wurden in ihren er,

kern ſo farglich gehalten , daß es ihnen oft an den erſten Bedürfniſſen des Lebens fehlte. " Dod, erhiela ten ſie zulegt ihre Freiheit wieder , und fanden in Luknow und Rohilcúnd für ihre übrige Lebenszeit nöthigen Unterßalt. Der Vezier bemachtigte ſich des ganzen Landes, und er vermehrte durch dieſe Eroberung ſeine Einkünfte mit 84 {ac Rupien ( 1,050,000 Pf. St.), und nac) andern ') noch höher , welche ſich aber unter ſeinen Nachfolgern durch Bedrückung des Landes und Uuswanderungen

der Unterthanen bis auf dreißig lac ( 375,000 PF, St.) vermindert haben. 1

SłujufKhanverlangte julegtfür ſeinen Herrn die ausbedungene Hálfte, dieſer Fordering ſuchte der Vezier dadurch auszuweichen, daß er ihn zu feinem Stellvertreter beim Kaiſer ernannte. Wie et

1) Hamilton S. 253.

444

Geſchichte von Oſtindien.

er aber damit nicht zufrieden war , verſprach er eids !

lich , nach völliger Beruhigung des landes dem Kai. ſer drei Jac Rupien und den ihm zukommenden

Antheil herauszugeben. Nujuf Khan ging hierauf nach Delhi zurück , Shah Ulum þat aber nie eto was von dieſen Eroberungen erhalten.

Dagegen mußte der Nabob von Auho einem

Rohillafürſten , den die übrigen nach Hafiz Eode als ihr gemeinſchaftliches Oberhaupt erfannten , eta was von ſeinen Eroberungen überlaſſen. Dies war Fizulla Khan , der einzige übriggebliebene Sohn des eigentlichen Stifters des Rohillaſtaats m) , der ſich nach Loldong , einer Bergveſtung in der nord.

weſtlichſten Gegend der Cumaons (Cummows) Ges birge , gerettet hatte.

Anfänglich ſuchte er ſich

durch Vermittelung der engliſchen Befehlshaber bei der ArmeedesBeziers mit dem Sufbar Jung aus .

zuſobnen , und bot der oſtindiſchen Geſellſchaft für ihre guten Dienſte dreißig lac Rupien an . Die Práfidentſchaft Calcutta wollte ſich damit nicht ber faſſen , aus Furdit, ihren Bundesgenoſſen durch

Fürſprache oder Einmiſchung in die Angelegenheis ten von Rohilcund zu beleidigen. Er verfchanzte ſich alſo in den Gebirgen , um. vor jedem Angriffe ſicher zu renn , und ſammelte alle jerſtreute Rohilo

la's unter ſeine Fahnen , daß er allmählich an 40,000 Mann zuſammen brachte. Einen ſo machs tigen Feind durfte der Vezier nicht an den Grenzen

ſeiner Eroberungen zu Kråften kommen laſſen. Er führte daher fein Heer bis nahe an das verſchanzte {ager , umgab daſſelbemit Poſtirungen , und ſchnitt ihm alle Zufuhr aus dem platten (ande ab. Uus den

m ) S. oben S. 350 .

Dritte Periode, von 1707-1800. 445 ben nördlichen Gegenden konnte Fizulla feine Lebens, mittel erhalten , weil dieſe aus unwirthbaren Eins

óden oder undurchdringlichen Wåldern beſtanden. Daher riß bald Hungersnoth unter den zuſammen,

gedrångten Rohilla's ein , und der Mangelerzeugte tödtliche Seuchen unter ihnen. Dabei wurden aber

die Unterhandlungen von beiden Seiten fortgeſekt, bis ſich endlich der Bezier bequemte, feine Fordes rungen zu måßigen , um den Krieg einmal zu beens digen ; denn er befürchtete , Fizulla möchte zulegt,

aufs dußerſte gebracht, mit den Ueberbleibfeln ſeis nes Heeres , das er nicht ganz einſchließen konnte, nach Cumaon oder Sirinagur entfliehen , von şiers

aus bei der erſten Gelegenheit Gervorbrechen , und Rohilound beunruhigen , oder ſich gar mit den Ma. ratten vereinigen , welche der Kaiſer wegen des ges

brochenen Vergleichs vielleicht gegen ihn gufheber könnte. Er nahm alfo die endlich erfolgte engliſche

Vermittelung an und ſchloß zu foldong am 7. Dctos ber 1774. Frieden mit dem Rohillafürſten . Dies

fer mußte die bisher in den Gebirgen behaupteten Páſſe verlaſſen , und ihm ward der nicht unbetrachts liche Diſtrikt Brampore abgetreten , welcher ſich in der Långe ſiebenzig , und in der Breite dreißig engs

tiſche Meilen ausdehnte, und wenigſtens hunderts

tauſend Einwohner zählte, er erhielt auch ein weit größeres Gebiet , als er vorher beſeſſen hatte. Die Einkünfte deſſelben wurden damals nur auf viers gebn Sac Rupien angeſchlagen , aber durch kluge Einrichtungen wußte Fizulla dieſes (and fo zu vers

beſſern, daß ihm daſſelbe zulegt fechs und zwanzig Lac ( 325,000 Pf. St.) einbrachte. Alle Rohil.. la's , die ihn bisher vertheidigt hatten , mußten

neba

446 - Geſchichte von Oſtindien. nebſt ihren Anführern jenſeit des Ganges auswans bern . Er durfte nidyt mehr als 5000 von ihnen in ſeinem Dienſte behalten. Uuch ward ihm aufs erlegt, den Begier mit divei bis dreitauſend Mann bei fünftigen Kriegen zu unterſtågen , allen Ber. bindungen gegen ihn zu entfagen, und ihm die Hälfte feines Schages oder funfzehn Sac Rupien aus. juliefern n) . Dieſer kleine aus den Trimmern vom ehemas

ligen Rohilcund zuſammengefegte Staat hatnicht länger als bis 1794. gedauert. Fizulla fam zwar

zum Beſige des ifm angewieſenen Sandes , uno

wählte Brampore zu feiner Reſidenz, allein er bes forgte, der Vezier möchte den Vergleich brechen,

baher bemagteer ſich , die Präſidentſchaft Calcutta bahin zu vermogen , daß ſie den Frieden zu Loldong garantirte. Dies geſchah auch am 25.Febr. 1778 . jur fünftigen Sicherheit des Fürſten , und außer den Geſchenken an den engliſchen Reſidenten bes

zahlte er dafür ein lac Rupien an den Bezier und eben ſo viel der Präſidentſdaft Calcutta ). Uls bie Engländer während des legten Marattenkrieges 1

fich überall nach Hilfsgeldern und Eruppen ums fagen , verlangte ſie aud) vom Fizulla Khan im Nas men des Veziers sooo Reiter , ob er gleich Gods dards Corps , das 1778. durch Ugra und Malva

gezogen waſ , mit fünfhundert Rohilla's bereits verſtärkt hatte , und die geforderte Mannſchaft {dwerlich aufbringen , noch weniger im Felde uns terhalten konnte. Denn dazu waren jährlich dreis

Big tac Rupien nöthig , welche Summe feine ges wógns in) Hamilton S. 265. 266. 296. 0) Haſtings Anſwer. S. 108 .

Dritte Periode, von 1707-1800. 447 wohnlichen Einkünfte überſtieg i ob er gleich das malo ſchon einen beträchtlichenSchaf aufgehäuft hatte. Man verlangte daher nur einen Theiloder die Hälfte dieſer Eruppen . Da nun Fizulla fich nicht dazu verpflichtet glaubte , der Vezier Hinges gen als engliſcher Bundesgenoß an dieſem Kriege Cheil nehmen mußte , auch derſelbe nach dem Fries den von {oldong berechtigt war , auf dieſen Fall

Beiſtand von den Rohilla's zu fordern, und Fizulla auf ſeine Weigerung beſtand , ro ward er im Bers

trage zu Chunar 1781 , den der Generalgouvers neur Haſtings und der Nabob von Auht mit eins ander idyloſſen , ſeiner länder verluſtig erklárt. Sie

wurden dem Bezier , wie das übrige Rohilcund, jus geſprochen , doch mußte dieſer die rad) Ubzug der Koſten für das zu ſtellende Hülfscorps übrig bleix benden Einkünfte dem feines landes beraubten Fis zulla als Penſion auszahlen "). Allein dieſer Bers trag ward bald nachher wieder aufgehoben , und es glückte dein Fijulia , die dem Bezier 1774. unbes ſtimmt verſprochenen Húlfstruppen ein für allemal

mit funfzehn tac Rupien abzukaufen, die er termin, weiſe bezahite ). Seitdem hat dieſer Fürſt fein fand in Ruhe

regiert , und er fart im Auguſt 1794. Er hinter. ließ eine zahlreiche Nachkommenſchaft von Rieben

Söhnen und drei Töchtern , und fein átteſter Sohn Ali Mahomeć folgte ihm in der Regierung. Er war wegen ſeiner Härte und Grauſamfeit bei den

Rohilla's nid)t beliebt, welde dagegen den zweiten Prins p ) Haſtings Anſwer. S. 112 .

a) 6. India Correſpondence , 246. 26.

V. III. S. 317.

448

Geſchichte von Oſtindien .

Prinzen Golaum geneigter waren. Golaum wußte dieſe Unhänglichkeit zu ſeinem Vortheile zu benuken , er gewann die vorneşmſten Anführer der Truppen, entfekte ſeinen Bruder ſiebzehn Tage nach des Bas ters Tode gewaltthårig der Regierung, ließ ihn in

feinem Harem einſchließen, auch nicht lange her. nach auf eine grauſame Art ermorden. Golaum fuchte zwar dieſes Bubenſtück zu verheimlichen, oder

wenigſtens zu verbreiten , daß Ali ſich ſelbft entleibt Habe. Weil er aber ſich dennoch nicht ſicher glaubte, und von ſeinem Nachbar, dem Bezier , befürchten

mußte , daß er Brampore bei dieſer Gelegenheit eins ziehen möchte, ſo ließ er ihm ein anſehnliches Ges ſchenk von zwei und zwanzig tac Rupien für die Bes

ſtátigung in ſeiner Würde anbieten. So anges nehm auch dem damals ſehr verſchuldeten , auss ſchweifenden Nabob von Zuha , dies unerwartete Geſchenk war , ſo wagte er es doch nicht, dieſe

Summe ohne Mitwiſſen ſeiner Bundesgenoſſen an. zunehmen . Es war überdem nicht ausgemacht, ob

dem Vater Golaumsdas Fürſtenthum Brampore als ein bloßes Dienſtlehen nur aufLebenszeit (Jagħire), oder als ein fand eingeråumt war , welches er auf feine Kinder vererben konnte, weil diefer Punft im Frieden zu lolbong unbeſtimmt geblieben war. Das erſtere war eher anzunehmen , weil die Englander deswegen mit ihm 1783. unterhandelten, und Brams

pore in ein erbliches Fürſtenthum gegen Erlegung von funfzehn lac Rupien verwandeln wollten , wel. cher Antrag aber vom Fizulla Khan verworfen ward 6). Zum großen Mißfallen des Veziers und

ſeiner vielen Günſtlinge erklärte die Präſidentſchaft Calo

c) India Correſpondence , V. III. S. 257.

Dritte Periobe, von 1707-1800 . 449 Calcutta auf die Nachricht der Revolution in Brams 1

pore , ſie wolle den Mórder beſtraft wiſſen , dem Vezier ein Corps Truppen zur Vertreibung des

Golaum zu Hülfe ſchicken , und hernach ſollte auss gemacht werden , was der unmündige Sohn des ermordeten Ali Mahomet von des Vaters Låndern

behalten ſollte. Zwei engliſche Brigaden regten ſich ſogleich in Bewegung, denen der Nabob von Aubd mit dem außerſten Widerwillen und mit langſamen Schritten folgte. Golaumhatte unterdeſſen alle Uns

ſtalten zum tapferſten Widerſtande getroffen , und eine Armee von 34,000 Mann zuſammengebracht, mit welcher er die Engländer am 26. Oct. 1794. angriff. Das Treffen war außerordentlich blutig, und der Sieg auf Seiten der Englander lange zweifelhaft zur großen Freude des Veziers. Doch -zulegt wurden die Rohilia's mit großem Verluſte

zurückgeſchlagen , die Stadt Rampore mußte fich ergeben , und Golaum in die nördlichen Gebirge flúchten . Die Verbundenen folgten ihm auf dem Fuße nach , bis endlich Golaum lInterhandlungen anfing. Er verſprach , ins engliſche Lager zu foms mten, wenn er für ſeine Perſon geſichert wäre, auch niemand ſich an ſeiner Familie vergreifen wolle, aber ſeine wahre Abſicht ging dahin , durch Bes ſtechung der engliſchen Befehlshaber ſich in der ans gemaßten Würde zu behaupten . Seine Vorſchläge wurden angenommen , er begab ſich alſo in das engs

liſche ager , und fing dort ſogleich an , die Freund. ſchaft der Befehlshaber zu gewinnen. Da er im Bes

fiße des våterlichen Schages war , ſo machte er ih. nén ungeheure Anerbietungen , um ſich in ſeinem

Fürſtenthume zu behaupten. Dem brittiſchen Res 5. C. 2 , 29th,

Sf

fidens

450

Geſchichte von Oſtindien :

fidenten am Hofe des Beziers verſprádi er hunderts tauſend goldne Mohurs (4,000,000 Rupien), eben viel dem Befehlshaber der engliſchen Truppen , und eine gleiche Summe der oſtindiſchen Gefello

ſchaft, ſo daß er ſeine Wiedereinſegung mit zwölf Millionen Rupien gewiß zu erkaufen dachte, aber

wider ſein Erwarten wurden dieſe Anträge verwor .

fen , und die Englánder ſuchten dagegen die Ans . führer der Rohilla's, die in dem veſten tager ges blieben waren , zu gewinnen. ginen ward allges meine Verzeihung angeboten , wenn ſie mit ihren Leuten die Waffen niederlegen würden , auch ſollte

Ahomed , der ålteſte Prinz des ermordeten Ali, den beſten Theil von des Vaters {åndern wieder erhale ten . Golaum befúrdytete jeßt , ſeineBefehlshaber módyten dieſe Bedingungen annehmen , oder ſich ohne ihn mit dem Vezier vergleichen . Er ließ ſie

daher insgeheim ermahnen , unter feiner andern Bedingung Frieden zu ſchließen , als daß ihm Rams pore wieder abgetreten wiirde. Die Rokilla's weis

gerten ſich daher , auseinander zu gehen , und die

Feindſeligkeiten einzuſtellen. Dieſe geheimen llns terhandlungen wurden aber den Engländern bald verrathen , ſie ließen alſo den gefangenen Golaum

unter einer guten Bedeckung nach Uuhd abführen . Seine Entfernung , und die Anſtalten , welche von dem vereinigten Heere getroffen wurden , das feinds liche Jager anzugreifen , vermochten die Rohilla's endlich am 7. Dec. 1794 , den angebotenen Fries

den anzunehmen. Sie lieferten Golaums Schage aus, die wirklich dreihundert und achtzigtaufend

goldene Mohurs (jedenvierzig Rupien an Werth)

betrugen , und dem Vezier ausſchließlich zufielen, Die

Dritte Periode, von 1707-1800. 451 Die Ärmee der Rohilla's ging auseinander , und dem jungen Prinzen Ahomed ward das Gebiet ſeis

nes Vaters größtentheils übergeben. Daſſelbe bes ſtand aus der Stadt Rampore und fünfhundert gut bevölkerten Dorfſchaften , deren Einkünfte auf zehn Lac Rupien angeſchlagen wurden. Da aber Ahomed minderjährig war , beſtellte man zur Vers waltung des Landes einen Vormund , der Vezier bekam die übrigen Diſtrikte, und die Alliirten jos gen wieder nach Uuyd. Doch vorher ließ der Ves zier von der gemachten Beute eilf lac Rupien unter die engliſchen Eruppen vertheilen.

Ein einziger

Feldzug beruhigte Rohilcund wieder , und , ſo viel wir wiſſen , ift Uhomed noch Herr des ihm abges tretenen Gebiets , aber über das fernere Schickſal feines grauſamen Dheims ſind keine Nachrichten vorhanden ).

Die Nabobs von Auhd ſind ſeit dem perfis fchen Einfalle , als kaiſerliche Beziere , ſouveräne Beherrſcher ihres Landes, und als engliſche Ul.

liirte verſchiedentlich erwähnt worden , da ſie aber ſeit ihrer Verbindung mit der Präſidentſchaft Cala cutta von dieſer gleich andern benachbarten Fúrs ſten nach und nach abhångig wurden , ſo kann die neuere Geſchichte dieſer Nabobs ķier nicht übera gangen werden . Der zweite erbliche Fürſt von

Puhd, Shujah ulDowla , ward 1764. mit den Englåndern in Krieg verwickelt , weil er ſich des abgeſekten bengaliſchen Nabobs Mir Coſſim ans

nahm , der durch den Frieden von 1765. beendigt wurde.

Er erhielt in demſelben ſein verlornes Ges biet Sf 2 8) S. Franklins Hiſtory of the Reign of Shah Al lum. App. II. $. 216. 26.

452 C Geſchichte von Oſtindien . biet'wieder , bis auf die beiden Provinzen , die er demn Raifer Shah Ulum überlaſſen mußte , er ben zahlte dagegen den Engländern fünf Millionen Rus pien, und erlaubte ihnen freien Handel mit ſeinen Unterthanen. Er vermehrte hernach 1771. - mit Hülfe dieſer neuen Alliirten ſein Gebiet mit Corah ,

Elhadabad, und dem anſehnlichſten Theile von Ro. hilcund , mußte aber , wie oben gezeigt worden , dieſe Abtretungen mit anſehnlichen Summen ers

kaufen, und außerdem die Unterhaltung eines Theils der bengaliſchen Truppen übernehmen. Von dies fen ward eine ganze Brigade unter dem Vorwande

in feine Hauptſtädte und Grenjveftungen vertheilt, den Nabob zu beſchůßen und etwa ausbrechende

Unruhen ſchnell beizulegen. Dieſe fremden Garnis fonen foſteten ihm aber jährlich 3,120,000 Rui

pien. Shujah ul Dowla ſtand bis an ſeinen Lod, der 1775. erfolgte, in großem Unſehen . Der Rais

fer Shah Ullum beſtåtigte ihn im Beſige aller Pros vinzen , welche er unter Bermittelung der Engláns der erworben hatte , wie der Nabob -350,000 Rus

pien nach Delhi ůbermachte. Ja der Kaiſer gab ihm den Auftrag, mit den Englandern wegen des

růckſtändigen bengaliſchen Tributs zu unterhandeln, und wie dieſer, aller Vorſtellungen ungeachtet, nicht erfolgte, denfelben gar zu erfaſſen.

Sein Nachfolger Ufoph ul Dowla , der bis 1795. regierte , war von ganz verſchiedener Dens kungsart. Er hing blos ſeinen Vergnügungen nach

verſchwendete ſeine Zeit mit Tänzerinnen und den verworfenſten teuten ; und überließ dieſen die Res

gierung. Unterdeſſen ſeine Gúnſtlinge große Reichs

thümer zuſammenrafften , darbte er gåufig, und ſeine

1 Dritte Periode, von 1707-1800. 453 ſeine Unterthanen wurden durch Erpreſſungen zu

Grunde gerichtet. So ( dildern ihn wenigſtens engliſche Berichte, die einzigen , welche und zur Zeit

über die neueſten Begebenheiten von Hindoſtan of fen ſtehen . Von ſeinem Vater hatte er gwar eine reiche Schakkammer geerbt , aber ſeine Truppen waren nach indiſcher Weiſe unbezahlt, und batten große Rúcſtånde zu fordern. Da dieſe in ihn orans gen , ſeine Verſchwendungen den Schaß bald ers ſchöpften , fo entließ er die unruhigſten , und ſuchte die übrigen durch engliſche Officiere zu diſcipliniren ,

welche des hohen Soldes wegen håufig bei ihm Dienſte nahmen. Da der lekte Vertrag mit den Englándern durch den Eod ſeines Vaters erloſchen war , ſo erneuerte der Generalgouverneur Haſtings ihn am 25. Mai 1775. mit deſſen Nachfolger wies der , aber auf låſtigere Bedingungen für den Nas

bob.

Er mußte den größten Theil ſeiner neu ges

formten Truppen abdanken , dagegen aber außer

der alten Brigade mehrere engliſche Regimenter als Beſakung in ſeinem Landeaufnehmen und dieſe bes folden und verpflegen. Seine Einkünfte, die ſpås terhin wegen gånzlicher Finanzgerrättungen bis un. ter die Hälfte ſchwanden , ſtiegen damals noch auf

263 Lac Rupien , davon koſteten ihm die neuen Húlfstruppen jährlich zz lac. Seine Einnahme ward noch auf eine andere Art vermindert , daß er den Englandern damals die Herrſchaft über das

Fürſtenthum Benares abtreten mußte. Benares war eine alte , bei den Hindus für Heilig geachtete Stadt , der Sig braminiſcher Ges lehrſamkeit, und gehörte nebſt ihrem Gebiete zur Provinj Elhadabad. Seit dem Verfalle der Kaiſers würde ff 3

454

Geſchichte von Oſtindien.

würde in Hindoſtan bemächtigte ſich ein bloßer Zes mindar berſelben , und nahm davon den Rajahtitel an , ward aber bald vom Nabob von Uuho ges zwungen , ihn als Oberherrn zu erkennen , und ihm

jährlich zwei und zwanzig Lac. Rupien zu bezahlen. geßt ward dieſer Fürſt unter gleichen Bedingungen ein Vafall der Engländer , ſie gaben ihm aber , weil dieſer Rajah ſich 1782. gegen ſeine neue Schuß. Herren auflehnte , ein ſchwereres goch auferlegt,

und die ihnen zu zahlenden Subſidien bis auf vier. zig lac Rupien erhöhet !).

Da die Engländer bald nach dieſem Vergleiche in Indien mit Frankreich , Holland , und einer furchtbaren Liga indiſcher Fücſten in Krieg vers wickelt , und dadurch ihre gewöhnlichen Einkünfte

ſchnell erſchöpft wurden , ſo war es ihrer Seits nothig , auf die richtige Bezahlung der Subſidien von Zuhd zu bringen , die ſo langſam und unors dentlich eingingen , daß der Nabob oft mit zehn Millionen Rupien und brüber im Rückſtande war.

Sie ließen zwar kein Mittel unverſucht, um dieſe Summen beizutreiben, allein es war dem erſchöpfe ten Nabob unmöglich , Zahlung zu leiſten. In dies

ſer Verlegenheit wandte er ſich 1781. an ſeine Muts ter, die durch Haſtings Prozeß und ihre vermeints lich erlittenenDrangſale berühmt gewordene Bhow Begum. Ueberhaupt ſind dieſe und andere Äufo tritte in Auhd , obgleich ganze Aktenſtoße darüber gedruckt vorhanden ſind , durch die Menge der Zeus genverhöre, Berichte und Gegenberichte eher vers dunkelt , als aufgeklärt worden. Jene Wittwe bes

faß große Reichthúmer. Denn wie ißr Gemahl, der Nas

1) Sullivans Ueberſicht, S. 151. 16.

Dritte Periode, von 1707-1800. 455 Nabob Shujah ul Dowla , den Engländern 1765. für die Wiedereinſehung in feine verlornen (ånder

funfzig lac Rupien verſprechen mußte , war ſie ihm .

am meiſten begúlflich , dieſe Gelder aufzubringen , und gewann dadurch ſein ganzes Vertrauen. Was

er hernach während ſeiner zwanzigjährigen Regies

rung erſparte, oder für ſeinen Privatſchaf ſammelte, ward ihr übergeben , und ſie blieb bei ſeinem Tode

im Beſige dieſer Reichthúmer ). Der Nabob Alfopo ul Dowla hatte jedoch , als rechtmäßiger Erbe derſelben , beim Antritte ſeiner Regierung von dieſen vergrabenen Schåßen ſchon 56 tac Rupien baar , oder größtentheils an Edelſteinen , Elephans ten und Kameelen , als den ganzen Nachlaß ſeines

Baters , erhalten ), und die Präſidentſchaft Cal. cutta der Fürſtin die Garantie geleiſtet, daß fie von ihr gegen alle fernern Unſprüche des Nabobs

geſchüßt werden ſollte, weil inan in Calcutta glaubte, die Begum gabe dem Nabob den ganzen váterlichen Nachlaß eingehåndigt. Da dieſe aber ſelbſt in der

größten Noth war, und der Nabob von Uund ihr nicht gerecht werden konnte , ſeine Zemindars, ans ſtatt zu bezahlen , ſich gegen ihn auflehnten , und fich ſogar mit ſeinen Feinden verbanden , ſo ſchloß

Herr Haſtings in Chunar am 19. Sept. 1781. eis nen neuen Vergleich mit dem Nabob ). Tim ward für die Zukunft das låſtige Schußgeld zur Hálfte erlaſſen , das er den Engländern bisher bes

zahlt hatte, und der größte Theil der engliſchen Iruppen mußte ſein land räumen. Dort blieb nur

Ff 4 u) u Scotts Hiſtory of Bengal . S. 446. * ) Haſtings Anſwer . S. 45 . 1) India Correſpondence , V. III. S. 173 .

die

Geſchichte von Oſtindien .

456

die alte Brigade , welche fchon zu feines Vaters

Zeiten in Auho geftanden hatte , nebſt einem ans dern Regimente, als Beſaßung in Iufnow , wodurch ſeine Ausgaben ſehr vermindert wurden. Denn die Engländer erhielten für dieſe Truppen ſtatt 7,600,000 , jeßt nur 3,420,000 Rupien Subſis dien. Weil bei der damaligen allgemeinen Vers bindung der indiſchen Mächte gegen die Engländer

viele Vafallen des Nabobo gegen ihn und ſeine Bundesgenoſſen die Waffen ergriffen hatten , ſeine Steuereinnehmer aus ihren lehen verjagten , und dadurch ſeine Einfünfte fchmålerten , ſo konnte er

nach dem Vergleiche von Chunar alle Jaghires eins ziehen , die er oder ſeine Vorfahren verliehen hats ten , diejenigen ausgenominen , welche die Práfis dentſchaft Calcutta ihren Beſigern garantirt katte, oder er mußte dieſen den jährlichen Ertrag ihres Jaghires fernerhin bezahlen. Des Nabobs Muts ter und andere Verwandte befanden ſich unter des nen , welche auf die angeführte Art ihre Beſikuns gen verloren , und der Nabob mußte jeßt für den Unterhalt aller feiner väterlichen und mütterlichen Angehörigen forgen , die aus einer ſo großen Menge

von Weibern, Kindern und andern Perſonen bes ſtand , daß die Bhow Begum ihre Anzahl auf 2000 Seelen ſchåkte :). Allein dieſe Fürſtinn traf noch ein hårterer Schlag. Sie hatte, als ſie ihrem Sohne den gans zen våterlichen Schak angeblich auslieferte, einen großen Theil deſſelben verſchwiegen , fid, immer ges

gen den Nabob feindlich bewieſen , deſſen rebelliſche

Vafallen gegen ihn unterſtüßt, und an den Unrus деп,

1

3 ) India Correſpondence , V. II, S. 16.

1

Dritte Periode, von 1707-1800. 457

ken , die 1782. in Benares gegen die Engländer ausbrachen , thåtig Theil genommen.

Die Gas

rantie ihrer Beſigungen' ward alſo aufgehoben , und der Fürſtinn angedeutet, dem Nabob den zurückbes haltenen váterlichen Nachlaß ausjukehren , doch ſollte für ihren anſtändigen Unterhalt geſorgt wers den. Auf dieſe Art fuehten ſich die Engländer nicht nur an der Fürſtinn zu rächen , ſondern auch ihre durch den Marattenkrieg erſchöpfte Kaſſe zu füllen , und vom Nabob die lange rückſtändigen Subſidien auf einmal zu erhalten “) .

Die Begum hingegen

wollte ſich auf nichts einlaſſen , ſuchte Gewalt mit

Gewalt zu vertreiben , und führte über das Betra. gen des Nabobs heftige Beſchwerden. Denn dieſer

Hatte wegen feiner durch Verſchwendungen ere ſchöpften Raſſe vielen ſeiner Verwandten die Pen. fionen nicht bezahlt , die er ihnen nach Einziehung ihrer Gúter reichen mußte , daher viele ausgewan . dert waren , um ihren llnterhalt bei Fremden zu ſuchen , oder wirklichen Mangel litten.

Da alſo die Begum weder ihren Sohn bes frie igen , noch mit ihm wegen ſeiner Anforderuns gen unterhandeln wollte, fo ward beſchloſſen , ges gen ſie und ihre Unhånger Gewalt zu brauchen . Dieſes Verfahren des Nabobs und ſeiner Alliirten iſt in den Arten des Haſtingsſchen Prozeſſes und andern damaligen Zeitſchriften mit den grellſten Farben ausgemalt , und dadurch die ſchrecklichſte Mißhandlung wehrloſer Prinzeſſinnen verbreitet worden. Die Hårte gegen die in dem Harem von Fizabad eingeſchloſſenen Perſonen läßt ſich auf keine Weiſe entſchuldigen , wenn gleich die Begums oder ffs ihre a ) S. India Correſpondence , V. III. S. 64. 16e

458

Geſchichte von Oſtindien.

ihre Rathgeber ſie größtenteils ſelbſt veranlaßten , und es aufs áußerſte ankommen ließen , ehe ſie das Verlangen des Nabobs erfüllten. Engliſche Trup. pen in deſſen Dienſten eroberten alſo am 12. Jan. 1782. die Stadt Sijabad , welche von Soldaten

der Begum befekt war, erſtürmten die Citadelle,

welche die Mutter, Großmutter und Schweſtern des Nabobs bewohnten , erlaubten ſich gegen die weibliche Dienerſchaft derſelben ungewöhnliche Strenge , und ließen ſie Hunger und Durft leiden. Den Begums wurden ihre Verſchnittene, die igre Geſchaffte beſorgten , von der Seite geriſſen , und im Gefängniſſe mit Ketten und Banden belegt, um

die' verborgenen Schake anzuzeigen. Was der Nabob durch dieſe verſchrienen Grauſamkeiten er . preßte , mußte er ſogleich ſeinen Alliirten einhans

digen , und dieſe erhielten abſchláglid) 45 lac Rus pien "). Auch von der Einziehung der Dienſtlegen hatte der Nabob feinen großen Gewinn , weil er mit den Einfünften derſelben die alten Inhaber penſioniren mußte. Höchſtens kann man , was er

durch dieſe Operation gewann , auf rechzehn Sac Rupien anſchlagen. Denn die zu zahlenden Pens ſionen ſtiegen auf 2,268,000 , und der Ertrag der eingezogenen Låndereien war damals 3,938,000 Rupien ). Weil ſich in der Folge des Nabobs Finanzen

nicht verbeſſerten , vielmehr wegen ſeiner Verſchwens.

dungen und des Druckt der Unterthanen feine Eins nahme jährlich geringer ward , (denn dieſe wanders ten

b) India .Correſpondence , V. II. 8. 69 . c) S. India Correſpondence , V. II. S. 16. V. IV. . 246.

Dritte Periode , von 1707-1800. 459 . ten vorzüglich aus Rohilcund ſchaarenweiſe aus, oder wurden Räuberbanden , und die fruchtbarſten

Diſtrikte verwandelten ſich in Wüſteneien , ) po

mußten die Englander die Beſchüßung des Landes abermals übernehmen , oder ſich für die Bezahlung ihrer Subſidien zu ſichern ſuchen. Es wurden das

her nach geendigtem Marattenkriege mehrere engs - liſche Regimenter in Auhd cinquartirt, und ſeine

mit Eintreibung der Abgaben beſchafftigte irregus låre Milig , welche das Land völlig ausſog , und dem Nabob jährlich über fünf und ſiebenzig lac Rus pien foſiete, abgedankt , die engliſchen Subſidien aber bis auf fünf und fünfzig {ac Rupien (682,127

Pf. St.) erhohet. Uſoph ulDomla ſtarb endlich im September 1797 , und ſeint vermeinter Sohn Aly , ein Jüngling von ſiebzehn Jahren , folgte igm in der Regierung. Da dieſer aber erweislich ein untergeſchobenes Kind war , (denn der verſtorbene Nabob , felbſt unfähig Kinder zu erzeugen , pflegte juweilen ſchwangere Weiber insgelyeim in ſeinen Harem aufzunehmen , und deren Kinder nach der

Niederkunft für die feinigen auszugeben , ) ſich um die Regierung noch weniger als ſein vermeinter Vas

ter bekümmerte, und er ein erklärter Feind der Engländer war ; ſo ward er von ihnen am 21. Jan. 1798. abgeſekt, und ein Bruder des verſtorbenen Nabob , Namens Saadut Aly Khan , an ſeine Statt auf den Thron erhoben. Der abgefeste Uly war zwar nur der Sohn einer gemeinen Wäſches

rinn), indeſſen wurden ihm jährlich 150,000 Nus pien angewieſen, die er in Benares verzehren -konnte. ; Wie er aber kernach auf Verlangen der bengalis ſchen d) S. Afiatic Regiſter for 1799. S. 347. 26.

460

Geſchichte von Oſtindien .

fchen Regierung ſeinen Wohnort mit Calcutta vers tauſchen ſollte , gerieth er in die äußerſte Wuth , ließ den brittiſchen Reſidenten in Benares und ans dere dort anweſende Engländer ermorden , und nahm die Flucht. Jekt ſuchte er mit Hülfe einiger aufrühriſchen Bergfürſten ſein verlornes (and wies der zu erobern , und im nördlichen Bengalen Uns ruhen zu erregen , er ward aber ſchon am 1. Dec.

1799. von einem feiner Helfershelfer , einem uns

befannten Rajah , den Englándern ausgeliefert, und lebt jegt in ihrer Gefangenſchaft. Sein Nachs folger Saadut erkaufte von ſeinen Alliirt die Nas

bobswürde für zwölf Lac Rupien , hat ihnen ſeine beſte Veſtung , die Stadt Elhadabad , überlaſſen müſſen , auch iſt er verbunden , zehntauſend ihrer Truppen in ſeinem lande zu befolden , die ihm jáhrs

lich ſechs und ſiebenzig lac Rupien (969,197 Pf. 1

St.) koſten. Die Kriege , welche die europäiſchen Handelss geſellſchaften feit dem fiebzehnten Jahrhundert aus unſerm Welttheile nach Indien zu übertragen pflege ten , gehören nicht eigentlich in die indiſche Geſchichy te , weil ſie meiſtens in Seegefechten und Wegnahs

me ihrer großen und kleinen Niederlaſſungen bes ftanden , vorzüglich in Defan geführt wurden , und indiſche Fürſten , die neueſten Zeiten ausgenoms men , an denſelben keinen Theil nahmen . Jedoch verdient der merkwürdige und ſich über einen gros Ben Theil von Hindoſtan und Defan verbreitende Krieg eine Ausnahme , den die Engländer von 1775 bis 1784. mit den Maratten , vielen andern india

ſihen Fürſten , Frankreich und Holland, führen mußten. Die in

Dritte Periobe, von 1707-1800. 461 Die Veranlaſſung gaben die Unruhen, welche

fichon 1772. unter den weſtlichen Maratten in Puh. na ausbrachen , und die Theilnahme der engliſchen Práſidentſchaften Calcutta und Bombay an dieſen Handeln , weil ſie davon mancherlei Vortheile , uns ter anderm eine Erweiterung ihres Gebiets in eis nem Theile von Hindoſtan , erwarteten , wo fie bis. her auf einige Inſeln und Seeſtadte eingeſchránft

waren . Der fünfte Peif wa der Maratten, Ma, durow , ſtarb in dein angeführten Jabre ohne Kins

der zu hinterlaſſen. Er beſtimmte aber ſeinen Brus der Naraim Row , einen vierzehnjährigen Prinzen ,

zum Nachfolger , und ſeinen Vaterbruder Rago. naut Row (Ragoba) zu deffen Vormunde. legterer hatte ſchon früher nach der Peiſhwawůrde geſtrebt, bei dieſem Streite ſeine Freiheit verloren , und faß in Pahna bis kurz vor dem Eode des legten Peis fhwa gefangen. Ragoba war aber als Vormund

bei den marattiſchen Großen nicht beliebt , welche ſtatt ſeiner dieſe Stelle wünſchten, um unter einem minderjährigen Peiſhwa ihr und ibrer Freunde Ano ſehen , durch Hemter und Dienſtlegen, zu vermehren.

Sie verwickelten ihn daher in mancherlei Zwiſtigkeis ten mit den Gliedern der Regierung in Puhna,

fprengten die nachtheiligſten Gerüchte von ihm aus, und überredeten den jungen Peiſhwa , ſich der Füh.

rung ſeines Dheims zu entzießen. Ragoba , über dieſe Kabalen aufgebracht, verließ die Hauptſtade, nahm , weil er feine Kinder hatte , einen Pringen

von Berar, Smrut (Furrut) Row , an Sohnes Statt an, um diefem , wie ſeine Gegner behaupten,

die Peiſhwawurde zu verſchaffen , und zůſtete ſich zum Kriege ... Seine Gegner in Pubna -waren ihm gwar

462

Geſchichte von Oſtindien .

zwar nicht an Tapferkeit, dieſe hatte er bei der Ers oberung von Gujeratte, und 1759 , wie durch ihn

die Abdalli's aus Lahor vertrieben wurden, Kinlångs lich bewieſen , aber an Mannſchaft weit überlegen ; Ragoba konnte ſich daher nicht im Felde halten, er' ward geſchlagen , und gerieth abermals in die

Gefangenſchaft. Der Peiſhwa Maraim verbarb es aud) bald mit ſeinen Großen , weil er úber ſeine Vergnügungen die Regierungsgeſchaffte verſáumte. Man beſchloß alſo eine neue Regierungsverändes rung , oder wie andere wollen , Ragoba arbeitete

insgeheim an der Abfeßung ſeines Neffen , und ließ ihn 1773. in ſeinem Pallaſte durch gedungene Mórs der unbringen . Da jekt von Ballaji's, des erſten Peifhwa , Familie niemand weiter vorhanden war, foernannte man den Ragoba zu ſeinem Nachfola

ger. Er fand bald , daß nur ein Krieg die unru. bigen mit einander zerfallenen Marattenfürſten vereinigen könnte , er griff alſo ſeinen Nachbar, den Subah von Dekan , an , konnte aber in dieſem Kriege keine widytige Eroberungen machen , weil einige Marattenfürſten ſich mit ihrem Kontingente

von ſeinem Heere entfernten , und nach Pubna zus růckfehrten.

Er rüſtete ſich hierauf gegen Hyder

Aly , Nabob von Myſore, der ſein Land aber von der Verheerung der Maratten mit drittealb Mils lionen Rupien befreiete; jeßt beſchloß 'er, den Als lirten der Engländer , den Nabob von Carnatic

þeimzuſuchen , als er die unerwartete Nachricht ers Fuhr, in Puhna wåre eine Revolution gegen ihn ausgebrochen . Der ermordete Peiſhwa Naraim Row hatte eine Wittwe hinterlaſſen , welche ſich

für ſchwanger ausgeben mußte. Verſchiedene Håaps ter

Dritte Periobe, 'von 1707-1800. 463 ter in Puhna, welchemit Ragoba's Regierung uns zufrieden waren , brachten die Wittwe in die Ber

ſtung Porunder, eilf indiſche Meilen von der Haupto ſtadt, in Sicherheit , vereinigten fich , den Nagoba nicht langer als Peiſhwa zu erkennen , weil man

von ſeinem Vorgånger einen Erben erwarten fónne, und Ragoba , wegen des an ſeinem Neffen begans

genen Mordes , die Herrſchaft über die Maratten nicht verdiene , und beriefen die übrigen Großen von ſeinem Heere zurück , die dieſer Einladung auch unweigerlich folgten.

Dennoch wagte es Nagoba,

nach Puậna zu gehen , um ſich an ſeinen Gegnern zu råchen , ward aber von dieſen auf dem Marſche dorthin am 3. April 1774. aufs Haupt geſchlagen, und mußte jekt ſeine Zuflucht nach Malva nehmen .

Dort ſuchte er die beiden máchtigſten Marattenfúrs ſten , die Raja's pon Endore und Ugein , in ſein Intereſſe zu ziehen , die zwar nicht zu der Verbins

dung in Puhna gehörten, ihn aber doch nicht als Peiſhwa erkennen wollten. Unterdeſſen war Naraims Wittwe dem Vors geben nach von einem Sohne entbunden worden, der , ob er gleich ein untergeſchobenes Kind war,

in "Puhna, unter dem Namen Madhurow Naraim, als Peiſhwa ausgerufen ward. Vorher hatte ſich Ragoba mit den Verbundenen in Puhna, welche den Namen der zwölf Brüder angenommen fats tene) , zu vergleichen geſucht, und verlangte ento weder die Vormundſchaft über den neugebornen Peiſhwa, oder eine Theilung ſeiner länder. Beide Antråge wurden verworfen .

Er trat daher mit

den Marattenfürſten in Concan und Gujeratte in Wers e ) Chambers Account of the Maratta State. 8. 1S .

4642.5

Geſchichte von Dffindien .

Berbindung , brachte andere kleine Anführer auf ſeine Seite , die der Peiſhwa aus ihren Saghires

verðrángt hatte , verſprach dieſen , ihre verlornen länder wieder zu verſchaffen , und hoffte ſich ſelbſt durch die in der Provinz Guzeratte belegenen Bes fißungen des Peiſhwa zu entſchädigen. Dieſer Zug gelang ihm eben ſo wenig , denn er ward von der Urmee des jungen Peiſhwa auf der Ebene bei Urs

ras , in der Nachbarſchaft der Handelsſtadt Cams baet , abermals geſchlagen , ſo daß ihm nach dieſem verlornen Treffen nichts weiter übrig blieb , als ju

den Engländern in Suratte feine Zuflucht zu neho men.

Den Hafen dieſer Stadt , der zur Zeit der Blúthe der mogoliſchen Herrſchaft der vornehmſte

Kriegshafen der Kaiſer von Delhi , und deswegen durch eine beſondere Veſtung geſdúkt war , hatten die Engländer , oder ihre Präſidentſchaft Bombay, ſchon 1759. eingenommen , und ſeitdem erhoben ſie bort von allen fremden Handelsſchiffen den Zoll, welchen dieſe ſonſt des Kaiſers Kommendanten ers legt hatten.

Außer dieſem Hafen und der kleinen

Inſel , auf welcher die Stadt Bombay erbayet ift, beſa6 jene Präſidentſchaft weiter nichts als einige jerſtreuete Niederlaſſungen auf der Küſte Malabar, und ihr kleines Gebiet war ſo zerſtůckelt und unans ſehnlich, daß ſie aus , deſſen Einkünften nie ihre Auss

gaben beſtreiten fonnte , ſondern von Bengalen jáhrlich dazu anſehnliche Summen übermacht wers den mußten. Die Regierung von Bomban nahm den Ragoba willig auf , und glaubte , da ihre wichs

tigſten Handelspláße Bombay und Suratte in dem

Gebiete des Peiſhwa lagen , die Streitigkeiten uns ter

Dritte Periode, von 1707-1800. 465 ter den Maratten benußen zu müſſen , um vielleicht durch Theilnahme an denfelben gleiche Eroberuns gen zu machen , als es den beiden andern engliſchen

Präſidentſchaften Calcutta und Madras bei åbnlis chen Handeln unter den indiſchen Fürſten geglückt war . Daher hatte ſie ſchon 1774 , und ehe ſie ſich mit dem Ragoba einließ, dem Peiſhwa die Inſel Saljette , die Vorrathskammer von Bombay, wegs

genommen. Da Ragoba auch mit Hülfe der Engs lånder ſeinen bisber verfehlten Zweck gewiß zu ers reichen Koffte, ſo kam ſchon am 6. März 1776. ein Vergleich zu Stande , nach weldhem Bombay ibn als den rechtmäßigen Peiſhwa erkannte , und mit

ihrer ganzen Macht zur Wiedererlangung dieſer Würde unterſtüßen wollte. Ragoba übernahm das gegen alle Kriegskoſten , die monatlich auf anderts halb fac Rupien angeſchlagen wurden. Weil er aber dieſe Subſidien nicht baar aufbringen konnte,

verpfándete er den Englándern feine Kleinodien, wies ihnen überdem die Einkünfte verſchiedenec Stádte und Diſtrikte auf der Küſte Concan und

im ſüdlichen Cheile von Gujeratte an , welche jus ſammengenommen einen landſtrich von funfzig Meis

len ', zwiſchen den Flüſſen Tapti und Mihie, augs machten.

In demſelben lagen verſchiedene Sees

pláße , die , feitdem die Maratten unter den Eins wohnern alle Induſtrie durch ihre Räubereien zers ſtórt haben, dennoch einen bedeutenden Handel mit

rober Baumwolle treiben. Blieb Bombay im Bes

fine dieſer Lånder, fo hob ſich dieſe Präſidentſchaft dadurch aus ihrer bisherigen Ohnmacht, auch batte ſie ihre Einkünfte mit 1,925,000 Rupien vermehrt. Ihre Truppen vereinigten ſich gierauf mit Rago: 5. Cọ 2 lth. ba's

466

Geſchichte von Oſtindien .

ba's Ungångern , um die Maratten wieder aus Gus jeratte zu vertreiben. Dies ward der Uteberlegens heit der legtern ungeachtet glücklich ausgeführt, die Feinde wurden in verſchiedenen Treffen beſiegt, und

wieder nach Dekan zurückgedrångt, weil der Su. bah von Defan , der mit zu Ragoba's Gegnern ges

Hörte, die verſprochenen Húlfstruppen zurückbehielt, und mehrere Marattenfürſten ihre Contingente nach

Hauſe gehen ließen. Auf dieſe ürt ſchmolz das Heer Der Verſchwornen bis auf zehntauſendMann, und Ragoba fonnte bei den wieder anfangenden

Ziviſtigkeiten unter deſſen Führern gewiß hoffen, Puhna einzunehmen.

Dieſe waren damals ſo weit

gediegen , daß Ragoba's Gegner einen Geſandten

nach Bomban ſchickten , um den Krieg zu endigen '). Die Unterhandlungen aber jerſdilugen ſich , und

dieſe Präſidentſchaft traf dagegen Anſtalten zu eis nem Zuge nach dem Sige dermarattiſden Regies rung , als auf einmal alle ihre Erwartungen vereis telt wurden .

Die Bengaliſche Regierung, welche über die beiben andern Pråſidentſchaften die Aufſicht führt, und ohne deren Zuſtimmungdieſe nicht Verbinduns gen mit Freunden eingehen dürfen , mißbilligte einen Kriegri den Bombay ohne ihre Einwilligung anges fangen hatte und ohne ihren Beiſtand nicht fortſes Alle Feindſeligkeiten wurden daher von Bengalen aus unterſagt , und ein Geſandter Ben fonnte.

nach Puhna geſchickt, einen Frieden mit den Mas ratten zu vermitteln . Zwar unterblieb der Zug

nach der marattiſden Hauptſtadt ; indeſſen berief Boms

Retroſpective View of the Maratta War. 5.7.

Dritte Periode, don 1707-1800. 467 ' Bomban feine'dem Raguba überlaſſenen Hülfstrups pen nicht zurück, daber es ſich die Miniſter in Puh. na nicht erklären konnten , wie die Engländer von der einen Seite den Frieden ſuchten , von der ans Dern aber Feindſeligkeiten in ihrem Gebiete begins gen , oder den Ragoba fernerhin unterſtükten . Doch kam julegt am 1. März 1776, der Friede zu Porunder zu Stande. Bombay mußte die Pars thei des Ragoba verlaſſen , und ihm ward am Jums nafluſſe, am åußerſten Ende der marattiſchen Ers oberungen , ein legen angewieſen , deſſen Einfünfte man ihm auf drei (ac Rupien berechnete. Der junge Pring Madhu Row ward von den Englåns dern als Peiſhwa anerkannt, Bombay behielt Sale fette, oder durfte ſtatt dieſer Inſel die Stadt Bros adh nebſt ihrem Gebiete wählen , welches aber nicht geſchehen iſt. Auch wollte der Peiſhwa für die

aufgewandten Kriegskoſten zwölf {ac Rupien bes zahlen 9).

Der Friede ward von beiden Theilen nicht ganz erfüllt, dauerte auch nur einige Jahre, in wels chen über die Auslegung deſſelben geſtritten wurde , und gerade 1778 , wie Frankreich und Großbris tannien der Nordamerifaner halben in Krieg vers wickelt wurden , brach der zweite Krieg mit den Maratten aus. Bomban erlaubte dem Ragoba, der den Frieden von Porunder verwarf , in Sus ratte zu bleiben , und marattiſche Unruhſtifter fans ben dort und in Bombay fidere Aufnahme. Viele Große in Puhna hatten ſich gegen den jungen Pei.

Ikwa und deſſen Führer und Beſchüger Nana Fers

nawes aufgelebut , beide aus Puhna verjagt, und Gg 2 8) Carnatic Reports. V, s. n. 116.

Irups

Geſchichte von Oſtindien.

468

Truppen zuſammengebracht, um den Ragoba zum Peiſkwa zu erheben ; allein dieſe Unruhen in der Hauptſtadt wurden bald gedámpft , weil der machs tigſte Marattenfürſt Scindia, Rajak von Ugein, dem Nana zu Hülfe eilte , Nagoba's Freunde ges fangen nahm , und andere Mißvergnügte durch

Geſchenke gewonnen wurden 5). Zu gleicher Zeit war Ram Rajah , Großfürſt der Maratten , im December 1777. in Setterah ohne Erben geſtor. ben , und fein Tod vermehrte die Spaltungen uns ter den Staatsparteien , weil einige den Rajah von Berar , die übrigen aber einen andern Prinzen von

Sevagi's Familie zum Nachfolger haben wollten. Calcutta ſowohl als, Bombay hofften bei dieſen Vers : wirrungen zu gewinnen , und beide Präſidentſchaf.

ten waren darin zwar einig , mit den Maratten ju brechen , jedoch in den dadurch zu erreichenden

Zwecken verſchiedener Meinung. Bombay wollte blos dem Ragoba die verlorne Peiſhwawürde vers

ſchaffen und ſein eigenes Gebiet vermehren , Cal. cutta hingegen , den Rajah von Berar dahin bring

gen , ſich als marattiſcher Großfürſt ausrufen zu laſſen.

Über dieſer Fürſt wanfte in ſeinen Ents

ſchlüſſen , und unterhandelte zu gleicher Zeit in Cats cutta und Puhna. Er trauete den Engländern nicht, weil ſie für ihren Beiſtand beſondere Vors theile verlangten , hielt ſie daher von einer Zeit zur « andern mit Bedenklichkeiten, Verſprechen und Auss

flúchten hin , verwarf aber die Anträge , ihnen feine Grenjdeſtung Cuttac abzutreten , oder des bengas

liſchen Chouts auf immer zu entſagen. Ein

5) S. Retroſpective View of the Maratta State. S., 16 .

Dritte Periode , von 1707-1800.- 469 Ein bengaliſches Heer zog alſo ſchon am 1. Mai 1777. über den Jumnafluß , in der Abſicht, die Truppen der Präſidentſchaft Bomban) zu vers

ſtårken, insgeheim aber den Unterhandlungen mit dem Fürſten von Berar Nachdruck zu geben.

Es

war zur Uusführung beider Plane viel zu ſchwach , und beſtand blos aus indiſchen Truppen , die aber von Europåern angeführt wurden. Dieſes Heer, welches erſt vom Oberſten Ješlie , und hernach vom General Goddard befehligt wurde, záhite an ſtreits barer Mannſchaft nur 6727 Mann , war aber durch den ungeheuren , bei den indiſchen Urmeen gewöhnlichen , Troß bis zu 38,456 Mann anges wachſen ). Daſſelbe zog nicht nur auf einem von Europäern nie betretenen Wege mitten durch das

füdliche Hindoſtan , von den bengaliſchen Grenzen bis zur Seeſtadt Suratte, ſondern marſchierte auch mitten durc) die Länder der Maratten , die daſſelbe,

waren igre Fürſten einig geweſen , ohne Mühe auf, reiben oder zwingen konnten , das Gewehr zu ſtrek, fen. Der ganze Marſch dauerte , weil der erſte Anführer leslie zu lange in Bundeſcund verweilte, zehn Monate (vom 1. Mai 1777. bis zum 25. Fes bruar 1778 ) , und den ganzen zurückgelegten Weg durch die Halbinſel berechnet man auf achthundert engliſche Meilen "). Die Truppen hatten unglaubs

liche Schwierigkeiten zu überwinden. Die Hike war im Sommer ſo unerträglich , daß ſelbſt Eins geborne davon auf der Stelle umfamen ; fie litten

häufig großen Waſſermangel, weil die Maratten alle Brunnen verſchüttet hatten , und waren überall Gg 3

von

1) Rennels Memoir. 3. Edit. 3. 237 1 ) Pennants View of Hindoftan , V. II. 8. 199.

470

Geſchichte von Oſtindien .

von feindlich geſinnten Einwohnernt umgeben . Wie fie endlich Brampore , die Hauptſtadt von Cyano des , nad) vielen Mühſeligkeiten erreicht katten , ers hielten ſie Befehl zum Xúckzuge, allein Goddard wollte ſich in die überſtandenen Gefaören nicht noch einmal wagen , und langte endlich von hier in neun , zehn Tagen glücklich in Suratte an . Eine andere engliſche Armee , welche damals ben weit flirzern Weg von Bombay) nach Puhna

wählte , fand auf demſelben größere Schwierigkei. ten , und ward von den Maratten wirklich einges

ſchloſſen . Die Regierung von Bombay katte am 27. Nov. 1778. mit dem Ragoba ein neues Búnde niß zu Stande gebracht, in welchem ſie alle im Frieden von Porunder verlornen Diſtrikte wieder

erhielt , und dieſe noch mit der Beſtung Baſſeen

(Baçaim) vermehrt wurden . Dafür, und für die Wiedererſtattung der Kriegskoſten, beſchloß fie, für ihn Puhna zu erobern, um ſo mehr, da einige ſeiner Freunde erklärt hatten, zu ihm zu Roßen , ſobald

er ſich in der Nähe dieſer Stadt mit engliſcher Hülfe zeigen würde. Obgleich dieſe Hauptſtadt der Mas ratten nur hundert engliſche Meilen von Bombay entfernt iſt, ſo miffang der Zua gånzlich , weil die Armee viel zu ſchwach war , dieſen Plan auszufühs ren , denn ſie beſtand hódſtens allé 4000 Mann

meiſtens Seapons , ju denen Ragoba mit tauſend Reitern geſtoßen war, die Bergfette der weſtlichen

Ghauts überſteigen mußte, und wegen der Schwies rigkeiten , ihren Troß durch die ſteilen und engen

Päſſe zu ſchaffen , auf dieſem Marſche zivei Mos nate zubradite. Daher gewann Nana Zeit, feine

Ungánger zu bewaffrien, Ragoba's wenigen Freunde in

Dritte Periode, von 1707-1800, 471 in Furcht zu ſehen , und ein zahlreiches Heer zu verfammeln , das größtentheils aus Reitern bes

ſtand.

Dieſe ſchnitten den anrückenden Feinden

alle Zufuhr ab , und beunruhigten durch ihre Ans griffe das kleine Heer unaufhörlich. Ulm dieſem den lInterýalt zu erſchweren , wurden alle Städte und

Flechen in Brand geſteckt, ja Puhna felbft war mit Stroh und andern brennbaren Materialien anges

füllt , um auch dieſe Stadt einzuåfdhern , im Fall es dem Ragoba glücken follte, bis dahin vorzudrins gen. Er ward aber ſchon am 19. Jan. 1779. bei dem Dorfe Wargaum nebſt ſeinen Begleitern ums zingelt , und dort mußten feine Alliirten , um die Truppen von Bomban von der Gefangenſchaft zu

retten , mit dem Scindia eine ſehr erniedrigende Capitulation unterzeicinen . Durch dieſelbe gerieth Ragoba in die Gefangenſchaft dieſes Fürften, Gods dards Urmee warð über den Jumnafluß zurückbes

ordert , Bombay mußte alle Eroberungen heraus, geben , die es im Frieden zu Porunder begalten Hatte oder in dieſem Kriege gemacht haben konnte,

und der Präſidentſchaft Bombay warð auferlegt, fernerhin feinen Theil an den bürgerlichen Unruhen der Maratten zu nehmen . Jekt warb den einges fchloſſenen Truppen der Rückzug nad Bombay ers

laubt, zuvor mußten ſie aber dem Sieger zwei

Geißel ſtellen , welche für die Erfüllung aller eina zelnen Artikel haften ſollten . Allein die Convention pon Wargaum ward

weder in Bombay noch in Calcutta genehmigt, und

beide Präſidentſchaften verlangten wenigſtens die Erneuerung des lezten Friedens von Porunder ,

welches aber die Maratten verwarfen . Die Feind. Og 4

ſelig,

472

Geſchichte von Oſtindien.

ſeligkeiten wurden alſo von beiden Seiten erneuert, und Bombay hoffte gewiß zu ſiegen , da Ragoba ſich aus der Gefangenſchaft wieder gerettet einen

Marattenfürſten , den Rajah von Brodera, dahin gebracht hatte , ſich für ihn zu erklären , und Gods dard mit ſeiner Verſtärkung in Suratte angekoms men war. Doch vor Eröffnung des Feldzuges jog ſich über die Englándér ein unerwartetes Ungewits ter zuſammen , welches zu gleicher Zeit alle drei

Präſidentſchaften mit dem Verluſte aller ihrer Ers

oberungen und gånzlicher Vertreibung aus Oſtins dien bedrohete.

Mehrere indiſche Mächte katten 1779. eine furchtbare Verbindung gegen dieſe in kurzem ſo machtig gewordenen Handelsleute geſchloſſen . Der Nizam von Dekan war der Stifter dieſer großen

Allianz, welcher außer ihm , der Peiſhwa nebſt ſeis nen Beſchůßern , der Rajah von Berar , Hyder Ulyi Nabob von Myſore , der kaiſerliche Mis

niſter Nujuf Khan , und öffentlich und insgeheim andere indiſche Fürſten, beitraten. Jeder von dies ſen Verbündeten war von den Engländern beleis digt, oder hatte Beſchwerden über eine oder andere ihrer Práſidentſchaften zu führen. Der Subah

von Defan konnte es der Präſidentſchaft Madras nicht verzeihen , daß ſie die nördlichen Circars von ſeinen Ländern an ſich geriſſen , und ihn ganz vom

Meere abgeſchnitten hatte , auch ſich gerade um

dieſe Zeit von ſeinem Bruder, dem Nabob von Adoni, den Circar Guntur (Mortezanagur) abtreten laſ ſen , durch welchen er einige Verbindung mit dem

Meerebehielt, ohne das engliſche Gebiet zu berüh. ren . Hyder Uly hatte wegen der Grenzenund vers met

Dritte Periode, von 1707-1800. 473 weigerter Hůlfsleiſtung mit Madras beſtandige Streitigkeiten , er glaubte gerechte Anſprüche auf die Provinz Carnatic zu haben , und die Engländer

hatten bei der legten Beſignehmung von Guntur ſein Gebiet verlegt. Dieſer Fürſt ſollte daher in Carnatic einfallen , und mit Hülfe der Franzoſen

Madras zu erobern ſuchen , während der Nizam den gemeinſchaftlichen Feind in den nordlichen Cirs cars beſchafftigte. Der Peiſhwa , über den gebros

chenen Frieden erbittert , übernahm den Angriff auf Bombay und Suratte , hoffte auch die Ueberbleibe

fel der ihm entronnenen engliſchen Truppen aufzus reiben. Der Rajak von Berar brauchte den ihm

ſo lange vorenthaltenen Chout von Bengalen zum Vorwande , und ſtand an deſſen Grenzen mit achts zigtauſend Reitern bereit , ihn mit Feuer und Schwerdt einzutreiben . Shah Allums Il. Feld.

herr, Nujuf Khan, endlich wollte ſich nur bei dies ſer allgemeinen fåndertheilung vergrößern , er ſollte den engliſchen Alliirten , den Nabob von Auhd , bes drohen , wo viele von deſſen Vaſallen Faum den Zeitpunkt erwarten konnten , ſich gegen ihn und die Engländer zu erklären. Von allen dieſen großen Entwürfen ward kein einziger ausgeführt, weil es der ligue an einem thås tigen entſchloſſenen Führer fehlte, die Glieder ders felben zuſammen zu halten , den gemeinſchaftlichen Angriff zu betreiben, und das perſchiedene Intereſſe

der Bundsgenoſſen zu vereinigen. Dazu fehlte es dem Nizam an Geiſt, Madyt und Erfahrung. Er, als Stifter derſelben , erfüllte keine einzige Bedin , gung, und ließ keinen Mann marſchieren, wie Guns

tur ſeinem Bruder zurückgegeben, und ihm der längſt Ogs

ver:

474

Geſchichte von Oſtinbien .

verglichene Tribut von den übrigen Circars verſpro,

djen ward. Hyder Ally brach zwar , wie wir uns ten in der nachfolgenden neuern Geſchidste von Des

kan zeigen werden, mit großer Macht in Carnatic ein , und machte den Englåndern viel zu ſchaffen , allein die franzöſiſche Hülfe kam viel zu ſpåt, auch

ſtarb er wágrend dieſes Krieges. Der Rajah von Berar nahm von den Engländern ſtatt des Ehouts eine Summe Geldes oder drei fac Rupien, verhielt ſich den ganzen Krieg über ruhig, und tåuſdyte den

Peiſhwa powohl als die Engländer , die ihren Zwiſt durch ſeine Vermittelung beizulegen ſuchten. Nus

juf Khan war zu alt , und zu ſehr in Delội beſchaff tigt, ſich gegen ſeine Widerfacher in der Gunſt des Kaiſers und ſeinen von den Dſhaten errungenen Ländern zu behaupten , ſo daß nur Nana und deſ fen treueſter Bundsgenoß , der Rajal von Ugein,

von den übrigen Alliirten den eigentlichen Krieg in Gujeratte und Malva fortſekten. Goddard zog ſchon im Unfange des Jahrs 1778: nach Guzeratte , um dem Rajah von Bros

dera die Diſtrikte wieder zu verſchaffen , die ihin der Peiſhwa früher entriſſen hatte. Ihm ward die

ganze Provinz überlaſſen , wogegen er'aber ſeine blühendern Beligungen , füdwårts des Nerbudda, den Englånbern einräumen mußte. Dieſe bezwan.

gen ſchon am 15. Februar Ahmedabad , die Haupts ſtadt von Guzeratte , und Nana, der dieſen wich. tigen Plak ſeines Herrn zu entſegen herbeieilte , ers fuýr ihre Einnahme unterweges , und warð am 3. Upril bei Brodera aufs Haupt geſchlagen, fein Heer zerſtreuet, auch gezwungen , Guzeratte wieder zu

verlaſſen. Goddard beſchäfftigte ſich nach dieſem Siege

-

Dritte Periode, von 1707-1800. 475 Siege, die Vafallen des Peiſhwa in Güzeråtte und dem benachbarten Eoncan zu unterjoden , und ers oberte viele Veſtungen , von denen Baſſien die wichs tigſte war. Hierauf wagte er es , den Peiſhma in Puhna heimzuſuchen , obgleich fein ganzes Heer nur aus fedystauſend Streitern beſtand, und fam glücklich über die weſtlichen Ghauts. Dod) jenſeit derſelben ſtand Scindia mit einer zehnfad) ſtårfern

Armee , der ihn zwar anzugreifen vermied, aber doch durch ſeine Ueberniacht zum Rückzuge zwang, den er ohne Berluſt im Ungefidyte eines großen feindlichen Heeres vollendete.

Da der Marattenfürſt Scindia die Haupts ftüße des Nána mar , ſo beſchloß die bengaliſche Res gierung, ihn durch einen neuen Angriff auf feine lang der von der Allianz abzuziehen , dadurch die Armee des Peiſtwa zu ſchwachen , und dem GeneralGods dard Luft zu machen .

Es ward daher 1780. don

Bengalen ein neues Heer nach Malva geſchickt, wenn 2000 Seapoys nebſt vier Kanonen und 120 Reiter dieſen Namen verdienen . Mit dieſen follo

ten ſich einige indiſche Rajahs in Agra und Ugimere vereinigen , deren Lånder von den Maratten aus.

geſogen waren , und das låſtige goch ihrer Habs ſüchtigen Glaubensgenoſſen langſt abzuſchütteln wünſchten. Scindia’s Hauptveſtung in deſſen ofte lichen Eroberungen , das für unüberwindlich ges Haltene Gualeor, ward von den Engländern am 4. Uug. 1780. ' ůberrumpelt, ſie drangen , von eis nem kleinen Dihatenfürſten , dem Rannak von Gohud , unterſtüßt, in Matva ein , woraufScins dia ſeinen Staaten zu Hülfe eilen mußte. Es ger lang ihm zwar , das kleine engliſde Heer im Febr. 1781 .

Geſchichte von Offindien . 1781. bei Serong einzuſchließen , wie diefes aber

476

Hülfe erhielt, warð er mit großem Verluſte zurück geſchlagen. Die Engländer konnten wegen Ulebers legenheit des Feindes den Sieg nicht benußen, denn Bengalen mußte alle ſeine Kräfte aufbieten, um nur die von Hyder Uly bedrängte Präſidents ſchaft Madra's zu retten , daher fielen nach dieſem Gerechte weiter keine Begebenheiten von Wichtige

keit vor. Da auch Scindia zur Beſchůkung ſeiner Sánder weder vom Peiſhwa noch vom Rajah von :

Berar die erwartete Hülfe erhielt , und die Enge - Jånder während des Krieges alles aufboten , die in . diſche Ligue zu trennen, ſo nahm er endlich ihre Uns träge an , und der Friede fam bald zu Stande. Er ward am 17. Mai 1782. zu Salber , einer

Beſtung im Sande Gohud , geſchloſſen., und bald, heruach auch auf den Peiſkwa und die übrigen Mas rattenfürſten ausgedehnt. Die Engländer mußten den Maratten alles

zurückgeben , was ſie in Agra , Guzeratte und Cons can erobert hatten , und Bombay verlor alles wies

der , wodurch dieſe Präſidentſchaft ihr Gebiet zu erweitern hoffte. Sie behielt blos die Inſel Sale

ſette, nebſt der Handelsſtadt Broach am Nerbuddas fluſſe, die aber bernach dem Scindia wegen der bei

dieſem Frieden geleiſteten Dienſte überlaſſen ward. Die Engländer mußten den jungen Peiſhwa als rechtmäßiges Oberhaupt der Maratten erkennen, und allen Verbindungen mit dem Ragoba entſagen. Dieſer Fürſt begab ſich hierauf nach Malva, wo ihm eine Penſion angewieſen ward , er genoß dieſe aber nicht lange , ſondern ſtarb ſchon 1788. Gern

Kåtte es der Generalgouverneur Haſtings , der das mals

A

Dritte Periode, von 1707-1800. 477 mals den engliſchen Angelegenheiten in Indien vors ſtand; gelegen , daß ſich der Peiſowa mit ihm gen

gen Hyder Uly verbinden möchte. Aber die Res gierung in Pukna wollte ſich in keinen neuen Krieg einlaſſen , verſprady aber , mit dem Nabob zu Mys 7

fore einen Frieden zu vermitteln . Auf dieſe Art wurden endlid Bengalen und Bombay von einem koſtbaren ihre Kräfte weit überſteigenden Kriege

befaciet, deſſen Nachwehen beinahe die Grund, veſten der oſtindiſchen Geſellſchaft erſchüttert hát. ten , auch in ihrer bisherigen Verfaſſung wichiige

Beränderungen bewirkte, und jest konnten beide Präſidentſchaften ihre ganze Kriegsmacht zur Bes zwingung Hyder Aly's in Carnatic und Malabar anwenden .

Da Hindoftan , ſeitdem Shah Allum II. als wirklicher Kaiſer von Delhi regierte , in mehrere unabhängige Staaten vertheilt war ; ſo beſchränkt ſich die Geſchichte des eigentlichen Kaiſerthums nur auf Hoffabalen , wodurch einzelne Günſtlinge und Feldherrn nicht die gefallene Macht des Hauſes Limur aufzuhelfen , fondern nur ihre Gewalt und

ihren Einfluß zu vermehren ſuchten.

Die Engláns

der beherrſchten die öſtlichen Reichsprovingen , oder

was jenſeit des gumna lag , unabhängig vom Kais ſer , ſeitden er ihnen 1784. den lange vorenthal tenen Tribut von Bengalen , Bahar und Oriſſa erlaſſen mußte. Die Siefs waren Herren von fa,

hor und dem nördlichen Diſtrifte der Provinz Delhi, plủnderten nach Gefallen in der Nachbarſchaft der kaiſerlichen Reſidenz , und beſtellten ſogar in den Vorſtádten derſelben Beamten , die Einwohner ges

gen andere Räuber zu ſchüßen. Die Rasbutten, fürs

Geſchichte von Oſtindien .

478

fürſten behaupteten ſich in ihren Gebirgen und Sandwüſten , wenn ſie gleich , wie in den vorigen

Zeiten , zuweilen Schagung erlegten, und die Mas ratten hatten das übrige von des Kaiſers' landern erobert. Daher fónnen hier nur einige Hauptver. anderungen in Delhi von 1771 bis 1788. berührt werden.

So lange Nujuf Khan , der Beſchußer des Kaiſerb , lebte , und anfänglich als Emir ul Omrah,

und hernach in einer noch höhern Würde, welche am Hofe von Delhi nur in den gefährlichſten Zeits Tåuften vergeben ward , als Bafil Muttaluf, oder wirflicher Reichsregent, des Kaiſers Angelegenheis ten vorſtand, ſchien Ruhe und Ordnung in den biga'

her jerrütteten Provinzen wieder aufzuleben, dem

Kaiſer wurden ſeine Gefälle ordentlich entrichtet, und die Unterthanen erholten ſich allmählich von den erlittenen Drangſalen . Zwar wurden des Kais

fers fånder nach wie vor von Maratten , Dſhaten, Siefs , und vom Zabeda Khan , Fürſten von Ses harunpore , bedrohet , weil ſie ſich aber über die

Beute nicht vereinigen konnten , und einander ſelbſt befriegten , fo konnten dieſe Streifzüge, ſo lange Nujuf Khan an der Spike eines zahlreichen Heeres ī

ſtand, wol einzelne Landſchaften verheeren , allein der Thron in Delhi blieb unerſchüttert. Die Marats

ten waren nach ihrem vergeblichen Angriffe auf Ros

Hiſcund wieder nach Defan gezogen , um die Hans del in Puhna wegen der ſtreitigen Peiſhwawurde beizulegen. Die Dreaten wurden von dem Kaiſers lichen Feldherrn aus ihren Eroberungen und ihren Hauptveſten Ugra und Deig verjagt , und ſo febr

in die Enge getrieben , daß iŷr Rajah blos einige Berge

Dritte Periode, von 1707-1800. 479 Bérgſchlöſſer übrig behalten hat , und in Bhirtpur, in der Nachbarſchaft der alten Stadt Biana ; jest

als Bafall der Maratten lebt.

Auc, die Siefs

wurden von ihm von den lifern des Gumna vertries ben , und nach mehreren Niederlagen gezwungen ,

den Raiſer durch reiche Gefdenke zu verfbanen. Zabeða Khans Gebiet ward von den Siefs unaufo Hörlich verwüſtet, und er mußte zulekt , um ſeine Tänder zu retten , ihren Glauben annehmen. Håtte

Shah Allum damals Muth und Entſchloſſenveit gezeigt, ſo konnte er vielleicht ſein Reich vom lin.

tergange retten , allein er lieh Schmeichlern fein Dhr , und ließ ſich von jedeni Großen leiten , der mit gift oder Gewalt ſich des Schloſſes von Delhi

bemachtigte , und hinderte oft die Entwürfe ſeines Feldherrn , ſeinen Thron zu beveſtigen. Doch auch Nujuf Khan dachte nur, wie ſeine Nebenbuhler, für ſich Vortheile zu erlangen. Die Stadt Agra nebſt den andern Eroberungen von den Dibaten wurden dem Kaiſer nicht zurückgegeben , ſondern Cer behielt ſie als eine von ſeinen Truppen eroberte

Proving , aus welcher er futz vor ſeinem Tode zipei Nillionen Pf. St. Einkünfte zog. Dieſer erfolgte endlich im April 1782. in Delhi, und da er nur einen unmundigen Sohn , aber mehrere Tochter

hinterließ , fo ftritten ſich nicht nur ſeine Generale nach dem Tode ihres Unführers über deſſen Mach . laß , ſondern auch , wer von ihnen im Namen des

Kaiſers ftatt Nujuf Khan die Regierung über die beiden Provinzen Delhi und Ugra führen ſollte,

welche jedoch nie gan; Shall Allums Oberherrſchaft erfannten.

Unter

480

Geſchichte von Oſtindien. Unter ihnen waren Afraſiab Khan , Sen der

verſtorbene Reichsregent an Kindes Statt anges

nommen hatte, und Mirza Shuffi, welcher ſich vers nach mit ſeiner Tochter vermählte , die angeſehens

ſten und ehrgeizigſten. Beide hatten auch den meis jten Einfluß bei den Truppen . Da ſich Afraſiab gerade in Delhi aufhielt , als Nujuf Khan ſtarb, To gelang es ihm bald , ſich der Perſon des Kaifers. zu verſichern , der ihn zum Emir al Omrah oder s erſten Miniſter ernennen mußte. Allein Mirza

Shuffi ſtand ſchnell gegen ihn als Nebenbuhler auf, gewann einige von den Großen , und führte ſeine Iruppen , welche bisher glücklich gegen die Sieks gefochten , und die Grenzen gegen dieſe Freibeuter

gedeckt hatten , nach Delhi ? Da Shah Üllum ſelbſt den Mirza ju begünſtigen ſchien , und deſſen Gegner die angemaßte Gewalt nicht freiwillig nies

Derlegen wollte, ſo wäre die unglückliche Haupts ſtadt beinahe der Kampfplatz erbitterter Parteien geworden . Ullein in Ugra brach um dieſe Zeit ( 1783 ). eine Empórung aus , wodurch Afraſiabs Beſikungen in dieſer Provinz febr mitgenommen wurden. Da ihm nun der Verluſt derſelben wich .

tiger ſdien , als die wankende Miniſterwürde, ſo eilte er dorthin , fein Eigenthum zu ſchůßen und die

Unruhen zu ſtillen . Kaum hatte er Delhi verlaſs fen , als Mirza Shuffi ſeinen Einzug hielt , die Unhänger ſeines Gegners einferferte , ſich des Pals

laſtes bemachtigte, und den Kaiſer zwang, ihm ſeines abweſenden VorgängersWürden und Ehrens ámter zu ertheilen. Sein Glück machte ihn ſtolz ſeine Anhänger fanden ſich in ihren Erwartungen

für den geleiſteten Beiſtand betrogen , und gaben Offents

Dritte Periode, von 1707-1800. 481 öffentlich ihre Unzufriedenheit über den neuen Ges walthaber zu erkennen . Afraſiab katte unterdeſſen die Unruhen in Ugra beigelegt, die Unſtifter ders felben auf feine Seite gebracht, und rüſtete ſich, mit

ihrer Hülfe ſeinen Gegner zu ſtürzen . Bei dieſem neuen Kampfe über die Vormundſchaft des Kais

ſers , der gleich einem Balle aus einer Hand in die andere geworfen ward, und alles genehmigen mußte, was ſein erſter Miniſter und deſſen Creaturen vers

langten , wagte einer von den faiſerlichen Pringen, den Vater aus den Händen feiner treulofen Gros fen zu befreien , die nur deſſen Alter unb Unents

ſchloſſenheit zu ihren ehrgeizigen Abfichten benuks ten .

Dies war der eigentliche Thronerbe Gewan

Bufht, der ſchon vor 1771. die Regierung im Nas men ſeines Vaters geführt hatte, ſo lange dieſer in

Bahar und Elhadabad abweſend war , allein nach deſſen Rückkehr ſeinen Aufenthalt im Innern des

kaiſerlichen Pallaſtesnehmenmußte. Mit Hülfe einiger Großen und fremden Officierewarb.ein Plan entworfen und vom Kaiſer genehmigt, den Mirza Shuffi feſt zu nehmen , den Prinzen aber zum Res gedoch Mirja erfuhr dieſe Verſchwörung, und da er es nicht wagte, mit ſeis

genten zu ernennen .

Men mißvergnügten Truppen gegen ſeine Widerfas cher Gewalt zu gebrauchen , ſo verließ er Delhi von etwa tauſend Reitern begleitet. Jedermann glaubte, er würde bei den Siefs Hülfe ſuchen und diefe Freis

beuter nach Delhi führen , allein wider aller Er.

warten begab er ſich in ſeines Nebenbuhlers Afras fiabs Lager.. Da beide abgefekte Miniſter und ges wiſſermaßen geådytete Flüchtlinge waren , und beide

vielleicht vereinigt hoffen konnten , einen Theil ihrer vers S. Th. 2. Abth. H6

Geſchichte von Oſtindien .

482

verlornen Gewalt wieder zu erfangen , fo wurden

ihre bisherigen Zwiſtigkeiten balb beigelegt, und die alte Freundſchaft .erneuert. Sie Vereinigten ſich

Hierauf, ohne nach des Kaiſers Zuſtimmung zu fras gen , deſſen Reich zu theilen. Mirza Shuffi ward wieder zum erſten Miniſter ernannt , dagegen dem Afraſiab das fruchtbare Duab abgetreten , oder die Diſtrikte, weldje zwiſchen dem Jumna und Gans

geb liegen , und jeder erhielt die Hälfte von Nujuf Khans Nachlaſſe. Sie zogen hierauf nach Delt

wo der Hof wegen Uusſohnung beider Prátendens ten in die größte Beſtürzung gerieth. Der Pring rieth gwar , ihnen entgegen zu gehen, weil des Kais fers Truppen den feindlichen an Zahl und Diſciplin überlegen waren , allein fein Antrag warð verwors

fen , weil die Rebellen Unterhandlungen anfingen, und der Kaiſer dabei für ſeine Perſon mehr, als von einem zweifelhaftenSiege, zu gewinnen glaubte. Der Prinz mußte ſogar auf des Vaters Befehl mit ſeinen vertrauteſten Rathgebern ſich in das feindlis

che Lager begeben , uin den vorerwähnten Vertrag zu unterzeichnen. Mirza Shuffi ward hierauf wies Der Miniſter, bekleidete aber dieſeWürdenicht lange, ſondern ward am 23. Sept. 1783. auf Afrafiabs Anſtiften in der Nachbarſchaft der Stadt Deig er. mordet.

Dieſer ward hierauf ſein Nachfolger, aber auf

eben ſo kurze Zeit. Er behandelte feines Vorgång gers Freunde mit großer Hårte, beloqnte ſeine eis genen Anhänger nicht nach ihren vermeinten Bers

dienſten , und ließ den alten Kaiſer"und deſſen Fas milie ſeinen Stolz und Eigennuß fühlen . Für dies fen war damals keine andere Ausſicht, als ſich mit Hülfe

Dritte Periode , von 1707-1800. 483 Hülfe der Engländer und ihres Aliirten , des Nas bobs von Auhd , von dieſem Herrſchfůchtigen Manne zu befreien . Zu dem Ende mußte ſein Prin ; ges wan Bufht , der jeßt zum drittenmale zur Vertheis

digung feines Vaters auftrat, den kaiſerlichen Pals laſt insgeheim verlaſſen und nach luknow gegen , wo fich damals der Generalgouverneur Haſtings befand. Dort verlangte er Hülfe für ſeinen unglücklichen Vas ter , die ihm aber nicht gewährt werden konnte, weil Bengalen zu ſehr die Nachwehen des eben beendigs ten Krieges fühlte, auch die Lokdner Direktoren

ihren Beamten befohlen hatten , alle Theilnahme an den Händeln der indiſchen Fürſten zu vermeiden . Dagegen ward dem Prinzen Schuk verſprochen , ihm Benarrs zu ſeinem Aufenthalte angewieſen, und der Nabob von Uuhd mußte jährlich fünf lac Rupien zu deſſen Unterhalte aufbringen) , deren Bezahlung aber gernach die Engländer übernahmen . Afraſiab gab ſich alle Mühe , den Pringen wieder

in feine Gewalt zu bekommen , und zwang ſogar

den alten Kaiſer, eigenhändig auf deſſen Uuslieferung ju dringen , verfehlte aber ſeinen Zweck. Zugleich ließ ſich Ufraſiab mit der bengaliſchen Regierung in eine andere linterhandlung ein , um einen Nebens

buhler zu befriegen , der fich der Provinz Agra bes

machtigt gatte, und ihn nicht als des Kaiſers Stella vertreter anerkennen wollte. Dieſer war Mahomet

Beg, ebenfalls einer von Nujuf Khans Feldherren anfangs ſowohl Mirza's als Üfraſiabs Freund, und ein Haupttheilnehmer an des erſten Ermordung . Weil die Engländer auf des Prinzen Bitten dem

Afraſiab eine beſſere Behandlung des Kaiſers ems HK pfalls 1) Scotts Memoirs. 8. 278.

Geſchichte von Oſtindien. pfahlen , vérſprach er alle ihm vorgeſchriebene Bes 484

bingungen zu erfüllen , ja dem Prinzen ſeine Stelle abzutreten , wenn er auf ihren Beiſtand zur Bes

gwingung des Mahomet Beg rechnen könnte m ). Da ihm diefer aus vorher angeführten Gründen 'abs geſchlagen ward, ſo mußte der Kaiſer ihn perſönlich nach Ugra begleiten , um mit Hülfe der Maratten den widerſpenſtigen Beg zu bekämpfen. Doch mits

ten unter dieſen Zurüſtungen ward Afraſiab am 2. Nov. 1784. von einem Bruder des Mirza Shuffi ermordet.

Der Kaiſer befand ſich damals in Ugra , und da vorher mit den Maratten Unterhandlungen an. gefangen und vielleicht vollendet waren, wovon aber der Inhalt unbekannt geblieben iſt , ſo gelang es ih.

rem mächtigſten Fürſten , dem Madaji Scindia, bei der Unentſchloſſenheit und Zwietracht unter den Großen von Delhi , fich der Perſon des Kaiſers zu verſichern. Nach geſchloſſenem Frieden mit Engs land, und Beilegung der Streitigkeiten in Puhna, befand ſich dieſer Fürſt in Agra , um die ihm frus Her zinsbaren Zemindars auszuplündern, welcheſich

während ſeiner Abweſenheit in Freiheit gelegthats ten . Weil damals keiner von den mogoliſchen Gros

Ben Unſehen oder Einfluß genug beſaß , Əfraſiabo 1

Stelle einzunehmen , und Scindia es an Geldens fen und Verſprechungen nicht fehlen ließ , ro úbers redete er den alten Kaiſer leicht, ißm die Regies

rungsgeſchaffte zu überlaſſen . Shah Allum ernannte ihn zum Emir al Omrah, und den Peifbwa der Mas ratten zum Bafil Muttuiluf oder Reichsverreſer,

deſſen Geſchäffte aber Scindia in ſeiner Abweſenheit bes

m) Scotts Mem. $. 277.

Dritte Periode , von 1707-1800. 485 beforgte. Der Kaiſer begab ſich hierauf nach Delhi, wohin ihn die Maratten begleiteten , der neue Res gent übernahm das Kommando von des Kaiſers und Afraſiabs Truppen , auch Mahomet Beg trat in ſeine Dienſte. Die Stadt Agra und andere Ves ſtungen mußten ſich ihm ergeben , und die ganze Provinz ward dem Kaiſer unterworfen. Da auf

dieſe Art Ruhe und Ordnung wieder hergeſtellt was ren , und das zahlreiche Marattenheer jeden Auss bruch der Unzufriedenheit über die neue Regierung leicht dåmpfen konnte, die Finanzen gebórig verwals

tet, und dem Kaiſer für ſeinen Hofſtaat jährlich zwólf lac Rupien angewieſen wurden , ſo ſchien das Reich des Großmoguls ſich endlich von ſeinen Drange

ſalen zu erholen. Allein Scindia tonnte die ſeiner Nation eigenthümliche Raubſucht nicht lange vers bergen . Db er gleich von feinen neuerlangten Würs

den und den ehemaligen Beſißungen Nujuf Khans zwei Crore Rupien Einkünfte zog, außer was ihm Feine Länder in Malva eintrugen , ſo fuchte er doch noch größere Reichthümer zuſammen zu ſcharren. Er entfekte mehrere Große ihrer Stellen , bemache tigte ſich ihres Vermögens unter mancherlei Vors wånden, und zog ſogar alle Dienſtleben ein, wodurch er es vollends mit dem mogoliſchen Udel verdarb. Kaum war alſo ein Jahr verfloſſen , als der

alte Geiſt der Empórung gegen den habſüchtigen Regenten ausbrach , und dem Kaiſer ſeine bisherige

Stüße raubte. Der Robillafürſt von Seharuns pore , Zabeda Khan , ſtarb 1785. Er hinterließ

einen Sohn Namens Golam Khadie, einen jungen , wilden und grauſamen Pringen , der gleich nach des

Baters Tode fich ſeines Landes bemachtigte, ohne 163

fich

486

e Geſchicht von Oſtindien .

fich vom Kaiſer beſtätigen zu laſſen, und fein Heer

verſtärkte, ſich im Befis deſſelben zu behaupten . Gerade wie der Regent Scindia Anſtalten traf, reiz nen Uebermuth ju beftrafen , brach ein åhnlicher Hufſtand in Ugimere aus. Der Rajah von Jois

nagur , einer der dortigen Rasbuttenfúrſten , weis gerte ſich , den fchuldigen Tribut zu bezahlen , und

hatte ſich mit den Mißvergnügten in Delhi verbuns den , jeden Ungriff zu vereitein , den Scindia gegen

ſein Gebiet oder zu ſeiner Beſtrafung wagen möchte. Da der Regent Oberbefehlshaber der kaiſerlichen Truppen war , und er fo viel Mannſchaft aufbieten konnte, als zur Bezwingung eines widerſpenſtigen Vafallen nöthig waren, ſo ward Zabedal Kişan über die Rasbuttenempórung vergeſſen . Allein der Feldzug von goinagur nahm für den Marattenfürſten eine

ſehr unglückliche Wendung. Mahoinet Beg ging den

frühern Verſtändniſſen gemäß mit ſeinen Eruppen zu dem Feinde über. Dennoch glaubte der Regent mit den ihm treu gebliebenen den Rebellen beſiegen zu können , und wagte ein Sreffen . Der Sieg blieb lange zweifelhaft , als aber der beſte Cheil der kais ferlichen Infanterie mitten in der Schlacht dem

Beiſpiele Mahomet Begs folgte , erlitten die Mas ratten eine gewaltige Niederlage . J {{r ganzes Heer ward zerſtreuet, und da der Regent ſich ohne Trups pen bei der Verbindung der Großen gegen ihn nicht in Delhi zeigen durfte , To flüchtete er nach der Ves

ftung Gualeor , rein Heer wieder zu ſammeln , und Verſtårkung aus Malva und Dekan an ſich zu zies Hen. Die Maratten wurden Hierauf ganz aus des Kaiſers (åndern verjagt, doch blieben die Stadte Delhi und Agra von ihnen befekt.

gest

Dritte Periode , von 1707-1800 . 487 Jegt náhern wir uns dem traurigen Zeitpunkter wo der unglückliche Shah Allum nebſt der ganzen Nachkommenſchaft des Hauſes Timur in die Hände . des wildeſten Barbaren gerieth. von ihrem Bes ſchußer verlaſſen mußten ſie in ihrer Hauptſtadt die årgſten Mißhandlungen erdulden , Hunger und Elend leiden , und der alte Kaiſer fein unzeitiges Mitleiden gegen den Kronenräuber, den er aus dem Wege råumen konnte , mit dem Verluſte ſeiner Aus

gen büßen . Scindia's Niederlage war vieten Gros, Ben ſehr erwünſcht, das ihnen von ihren Glaubense

feinden auferlegte goch abzuſchütteln , und ſelbft im kaiſerlichen Pallaſte gab es Verråther, welche lieber dem blutdurſtigſten Tyrannen , als dem zwar

Habſúchtigen, aber menſchlicher geſinnten Marattens Rajah gehorchen wollten. Der Verſchnittene Muns ; ſur Uli ; des Kaiſers Oberhofineiſter, der mit ihm P

erzogen , und ſeine ganze Regierung durch mit Gnas denbezeugungen diberhåuft war, ermunterte alſo den Golam Khadir, nach Delhi zu kommen , und die ers ledigte Stelle des Emir al Omrah zu übernehmen. Da er ſchon zum Kriege gerüſtet war , folgte er dies. ſem Rufe ohne Bedenken . Die marattiſche Befas

Kung verließ bei feiner Annäherung die Hauptſtadt, die Rohilla's nahmen hierauf Delhi ein , und der Kaiſer ward von denen , welche iħn" umgaben , ſo lange zugeſekt, bis er den Rohillafürſten zum Emir al Omrah erklärte. Doch mehreren von den mogos liſchen Großen mißfiel die dem Kaiſer abgepreßte Ernennung , ſie beneideten entweder dieſchleunige Erhebung eines roben unerfabrnen Jünglings, hiels ten es mit den Maratten , oder erwarteten von ihs

nen Vortheile für die Zukunft. Unter dieſen jog H6.4

die

488

Geſchichte von Oſtindien .

die Begum Sumro , die Wittwe eines deutſchen

Abentheurers ") , alle ihre Truppen zuſammen , mit ignen vereinigten viele von der Gegenpartei ihre Mannſchaft, und Golam Khadir ward gezwungen , die Stadt zu verlaffen .

Er blieb mit ſeinen Ros

Hilla's zwarin der Nachbarſchaft von Delhi ftehen, und wagte es ſogar , den Kaiſer in ſeinem Pallaſte zu belagern , allein auf die Nachricht, daß von den Ufern des Ganges ein neuer Retfer zum Schube

des Kaiſers berbeteile, mußte er die Belagerung aufgeben , ſich zum Scheine mit dem Kaiſer vers

ſöhnen und wieder nach Seharunpore abziehen. Dhne eine neue Berråtherei, bei größerer Einigkeit unter den faiſerlichen Anhängern, und bei entſchloß

fener Anwendung ihrer lleberlegenheit, båtten ſie damals den Robillafürſten ganz unterdrücken fóns nen , ſo daß es ihm unmöglich war , fid in die Ans gelegenheiten von Delhi zu miſchen.

Unterdeſſen näherte fich der Prinz gewan Bukht, von einer andern Partei eingeladen, der

Hauptſtadt mit ſtarken Schritten. Da er die Eng, lander nicht bewegen konnte , ihm ein Korps ihrer

Truppen zu überlaſſen , fo brachte er felbft durch Berſprechen anſehnlicher Belohnungen ein Syver que fammen, drang ungehindert von Benares bis Dethi vor, ward dort mit Freuden aufgenommen , und übernahm 1787. die Regierung. Allein der vers råcheriſche Majir Munſur Ati wandte alle Mittet an , Pater und Sohn zu entzweien , und wußte

juleßt dem alten Raiſer Mißtrauen gegen Feinen eis genen Sohn einjufdsen , fo daß ihm deſſen Gegens wart in der Hauptſtadt låftig ward. Er trug da. her in) 8. Einleitung 8. a7.

Dritte Periode, von 1707-1800. 489 Her dem Prinzen die Statthalterſchaft von Agra

auf, welche damals zum Theil in feindlichen Håns den war. Denn die Maratten gatten die Citadelle der Hauptſtadt befeßt, und gsmael Beg , ein Brus der des im Rasbuttenkriege umgekommenen Maho.

met Begs , war mit deſſen ererbtem Heere beſchaff tigt , ſie aus dieſer Provinz zu verjagen . Da gos mael vorher unter den Begleitern des Pringen nach

Delhi geweſen war , begab er ſich mit ſeiner Fas milie, welche bisher in Selimgur eingeſchloſſen war, in deffen Lager , ward aber ſehr falt aufgenommen , weil der Prinz die Abtretung ſeiner Eroberungen in Agra verlangte, auch Ismael ſchon von den Zwis

ftigkeiten der faiſerlichen Familie Nachricht hatte. Sierauf wandte er ſich , weil es ihm an Gelde fehlte ſeine Mannſchaft zu bezahlen , an Golam Khadir, der ihn noch geringſchåriger behandelte , und ſich

ſogarfeiner Perſon zu verſichern fuchte. In dieſer {age, da feine Truppen wegen des unbezahlten Sols des ſchwierig wurden , und der alte Kaiſer einen ges liebtern Sohn , den Prinzen Arber Shah , ju ſei. nein Nachfolger beſtimmte, blieb ihm nichts anders

übrig, als fein jeßt überflüſſiges Gefolge zu entlaſe ſen und wieder nach Benares zu gehen , wo ihn die Engländer wie vorher aufnahmen und unterhiels ten. Er genoß aber ihre Wohlthaten nicht lange, fiel nach einer Wallfahrt zu dem Grabe eines bes

rühmten Heiligen in eine tödtliche Krankheit ſtarb an derſelben am 31. Mai 1788. Seine Kina der nebſt der übrigen Familie, oder die rechtmáſiis

gen Erben des indiſchen Kaiſerthrons, leben noch in Benares von der Gnade der engliſchen Res gierung.

H65

Der

490

Geſchichte von Oſtindien . Der Ubzug des Prinzen und das unerklärliche

Zögern des Madaji Scindia , deč , anſtatt nach Delhi zu geben , ſich mit der Wegnahme einzelner Veſtungen am Jumna beſchäfftigte , ermunterten den Golam Khadir wieder, einen neuen Verſuch auf Delhi zu wagen. Erſt verband er ſich mit dem gsmael Beg , die Maratten aus Ugra zu verjagen,

gerfiel aber bald mit ſeinem Alliirten , der hierauf. von den Maratten eine gewaltige Niederlage erlitt,

worin fein ganzes Heer aufgerieben wurde. Doch beide ſohnten ſich wieder mit einander aus , und da

Golams Ubſichten jegt dahin gingen, den alten Sais fer abzuſehen und deſſen Schakkammer auszuplún. Dern, ſo ward ihm ein Theil der Beute verſprochen, und gsmael fanımelte auf dieſe Hoffnung fein zers

ſtreuetes Heer wieder. Weil Ismael aber menſche licher als der wilde Rohilla dachte, ſo warc.d . ie neue

Verbindung von kurzer Davier , und Gemael ging endlid) zu den Maratten úber. Golam Khadir , unter dem Borwande , den

Kaifer von der Herrſchaft der Maratten zu befreien , nahm hierauf-im Julius 1788. Delgi ein , und Bes wies ſich während feines Aufenthalts von ſieben und

vierzig Tagen als der blutdurſtigſte Tyrann. Denn außerdem, daß er die grauſamſten Mittel anwandte,

Geld zu erpreſſen , hatte er durch unmenſchliches Saufen alles Gefühl verloren , und beging im Raus .

fche die tollſten Uusſchweifungen. Anfänglich beus chelte er die tiefſte Verehrung gegen den alten Kais ſer , verſprach in Begleitung eines kaiſerlichen Prins jen die Maratten aus Hindoſtan ju vertreiben, auch ihm den dritten Teil der Einfünfte aus den wieder .

eroberten Ländern für deſſen Hofſtaat zu entrichten , und

!

Dritte Periode, von 1707-1800. 491 und ließ über dieſe und andere Bedingungen einen

feierlich beſdwornen Vertrag ausfertigen. Sos bald er aber den Palaſt mit ſeinen Soldaten beſeft, und alle Angånger und Beſchußer des Kaiſers von ihm entfernt hatte, forderte ' er mit dem größten Ingeſtüme Geld oder Anweiſungen ; am ſeine wegen des růcfſtandigen Soldes unruhigen Truppen bes friedigen zu fönnen. Da wir aber über die nachs folgenden Greuelſcenen ein ſehr genaues verdeutſch tes Tagebuch beſigen , worin die unerhörten Miß. Handlungen einzeln verzeichnet ſind, die der Kaiſer und ſeine Familie damals érdulden mußten ), To

darf hier nur folgendes aus dieſer authentiſchen Quelle wiederholt werden . Shah Allum entſchultigte fich bei dieſer uns erwarteten Forderung mit der Unmöglichkeit Geld

aufzubringen. Denn da die Gegend um Delhi feit langer Zeit von Freunden und Feinden verheert war, hatte er ſelbſt die ihm angewieſenen Gefälle nicht als lemal richtig oder kontraftsmåßig erheben können . Nur erlaubte er unbedachtſamer Weiſe, um des unverſchåmten Wütherichs los zu werden , ſelbſt im Pallaſte nachzuſehen , ob er dort die vermeinten

Schåge finden würde. Golam ließ daher überall nachſuchen , einreißen und graben , und verſchonte Felbſt die geheimen Zimmer des Harems nicht. Was

die alten und jungen Frauenzimmer von ihren Ers

ſparungen und Kleinodien nicht freiwillig ausliefers ten , ward aus den verborgenſten Winkeln geraubt, ja ihnen vom Leibe geriſſen, manche von ihnen wurs ben

o) 8. Scotts Menoirs S. 285.2 . Meine Auswahl der beſten ausländiſchen geographiſchen Nachrichten Th . III. 8.61.25.

492

Geſchichte von Oſtindien .

den muthwillig entfleidet, um verborgene Edelſteine zu entdecken. Was ſich im Pallaſte an Geſchmeide , Silbergeſchirr oder Baarſchaften fand , ward fo .

gleich in die Münze geſchickt, und was nur einigen Werth hatte , fortgeſchleppt.

Weil nun Shah Udum die vermeinten Schake wirklich nicht beſaß, der feines Verſtandes beraubte

Rohilla dieſes nicht einſehen wollte , und bei des Staiſers Söhnen Schläge und Peitſchenhiebe vers geblich verſucht wurden , des Vaters verborgene

Schåße anzuzeigen , ſo entſegte er ihn auf die em , pórendſte Weiſe feiner Würde, und ließ ihn nebſt

allen Angehörigen in Selimgur einſperren . Dort warb ſo wenig får ibren linterhalt geſorgt, oder der Barbar glaubte wenigſtens durch Hunger von ihnen Geld zu erpreſſen , daß der Kaiſer ſelbſt den åußers ſten Mangel litt, mehrere Perſonen weiblichen Ges ſchlechts vor Hunger umfamen oder ſich ſelbſt das Leben raubten,

ga einmal war Shah Ullum in

folcher Noth , daß er ſeinen Wächtern einen kleinen filbernen Ring , etwa vier Groſchen am Werthe, gab , um etwas grobes Brod für ihn zu kaufen. An ſeiner Stelle ward aus Selimgur ein

Sohn des 1753. entthronten Kaiſers Ahmed Shah geholt, und unter dem Namen Jehan Shah auf den Thron ergoben. Weil Golam ihn mit gleichen

Forderungen wie ſeinen Vorgänger beſtürmte , und er felbſt weiter nichts beſaß, als was man ihm in

beſſern Zeiten für ſeinen Unterhalt angewieſenhatte, ſo verſprach er in der Angſt, ſechs und dreißig Lac Rupien herbeizuſchaffen , die aber erſt von den fais

ferlichen Baſallen und Zemindars beigetrieben wers den mußten . Da aber dieſe Gelder theils gar nicht theils

>

Dritte Periode, von 1707-1800. 493 theils ſehr langſam aufgebracht werden konnten, ins dem die Maratten damals einen großen Theil der Provinz Delhi wieder eingenommen hatten, und ſelbſt in der Nähe der Hauptſtadt umberſtreiften , ſo ward

gegan Shah mitAbſegung undSchlågenbedrohet, ſein Verſprechen zu erfüllen. Golam ſelbſt begans delte ihn als ſein Geſchópf mit der größten Verach, tung , als Kaiſer führte er blos den leeren Titel,

undmußte gleich den übrigen Gefangenen während ſeiner kurzen Regierung Ingemach und Elend ers dulden . Eines Tages, wie işm hinterbracht ward,

Shah Allum müßte beinahe mit Weibern und Kins dern Hungers ſterben , konnte er ihnen nicht mehr als fünf Rupien zur Erleichterung ihres Elends ſchicken , weil dieſe ſein ganzes Vermogen ausmach . ten.

Seiner eigenen Familie erging es nicht beſſer,

und er mußte zuweilen den Golam Khadir vergebens

anflehen , ihnen die nothwendigſten Bedürfniſſe des Lebens zu verſchaffen. Dod, Shah Allums leiden waren mit ſeiner

Abſegung und der Gärteſten Gefangenſchaft noch nicht geendigt.

Der Tyrann ließ ign nebit feinen

Prinzen am 10. Aug. 1788. noch einmal vor fich

fordern , und verlangte wie immer die Anzeige reis ner verheimlichten Schake. Wie er aber durch Drohungen nichts von ihm erhielt , befahl er deſſen Söhne in des Baters Gegenwart zu Boden zu wers

fen . Als ihm der alte Kaiſer hierauf ſeinen uner. Körten Fredel verwies , ward Golam , durch beſtåns dige Ausſchweifungen erhißt, darüber ſo aufgebracht, daß er ihn auf gleiche Art zu Boden werfen ließ, und mit ſeinem eigenen Dolche der Augen beraubte.

Seine Prinzen würden ein gleiches Schickſal erfah. ten

494 < Geſchichte von Oſtindien . ren haben , aber nur nach langen Vorſtellungen ließ er ſich von ſeinem Vorhaben abbringen. Dieſe und andere Barbareien, von denen Fein

Abfómmling des Hauſes Limur verſchont blieb, Dauecten in Delhi vom 26. Jul. bis.jam 14. Sept. 1788.

Unterdeſſen wurden die Forderungen der

Rohilla's wegen des verſprochenen aber nicht bezahls ten Soldes immer ungeſtümer, die Maratten hats

ten ſich in der Gegend von Delhi lo cerſtårkt, daß

Golam Kyadir beinahe eingeſchloſſen war, und ſein Alliirter, Jbragim Beg, endlich ſeine Partei verlaſſen

hatte. Da in der Kaiſe -ſtadt nid)ts mehr zu raus ben übrig war, ſo mußte er ſich endlich zum Abzuge 'nach Sebarunpore entſchließen , wohin ihm der neue Kaiſer gehan Shaę , vierzehn Prinzen und acht Prinzeſſinnen vom Geblüte nebſt dem treuloſen Bers

rather Munſur Ali folgen mußten. Uuch nahm er eine beträchtliche Beute mit, ihr Werth låßt fich aber kaum muthmaßlich beſtimmen , weil man nicht zuverläſſig weiß, wie viel er davon unter ſeine Truppen vertgeilte , und wo der übrige Neſt geblies ben iſt. Diejenigen , welche ſie auf zwei Crore Rupien ſchågen , haben ſie gewiß übertrieben. Nach ſeinem Ubmarſche befekten die Marats ten Delhi wieder , Scindia ward in feine verlornen Würden sieder eingefekt, der blinde Kaiſer beſtieg auf Scindia's Verlangen den Thron feiner. Vors fahren , und ward von ihm durch Geſchenke in den Stand gefeßt , feiner Würde gemäß leben zu fons

nen. Golam war über den Gumna gezogen , und

kam bis nach Mehrut. In dieſer Stadt ward er von den Maratten umzingelt, und ſo enge einges

ſchloſſen, daß der äußerſte Mangel unter ſeinen Trups pen

Dritte Periode, von 1707-1800. 495 pen einriß. In dieſer Noth wagte er es , ſich mit fünfhundert halb verhungerten Reitern durchzu. fchlagen , und entkam ſeinen Feinden.

Da dieſe

ihn aber auf dem Fuße verfolgten , verließ ihn eis ner von ſeinen Begleitern nach dem andern , bis er

; zulegt allein übrig blieb.

Endlich ſtürzte er mit ſeis

nem ermüdeten Pferde, ward von den Bauern ers kannt und den Maratten ausgeliefert. Die Bes

ſabung von Mehrut ergab ſich nach der Flucht ihres Heerführers , und der Schattenfaiſer' ward nebſt den übrigen Prinzen nach Delhi zurückgebracht. Hierauf zogen die Maratten nach Seharunpore , wo ſich ihnen alle Veſtungen der Rohilla's ergeben mußten , und das ganze Sand durch Brandſchakuns gen und Plünderungen vergeert ward , worin fich ſeitdem Maratten und Sieks getheilt Gaben. Mas daji Scindia nahm an dem GefangenenGofam Khas die eine grauſame Rache, wie ſeine Frevelthaten verdient hatten . Nachdem er vergebens bedrohet

worden, den Ort anzugeben , wo ſeine Reichthús mer , die ſchwerlich von Belange ſeyn konnten , vers wahrt lagen , warb er in einem eiſernen Ráfiche dem Spotte und Muthwillen des marattiſchen Hees res ausgelegt, þierauf ließ Scindia ihm Naſe und Dhren abſchneiden , die Uugen ausſtechen , Hånde und Füße abýacken , und in dieſem Zuſtande nach Delhi alführen , er ſtarb aber unterweges . Sein Rathgeber , der perrätheriſche Nazir, der Urheber aller Mißhandlungen der kaiſerlichen Familie , mußte ihm eben dahin folgen, und ward bei ſeiner Ankunft von Elephanten zu Tode getreten .

Nach der Unterjochung dieſes Rohillaſtaats

kehrte der Regent Scindia ebenfalls nachDelhi jus rüd ,

496. ,

Geſchichte von Oſtindien .

růck , und bewies fich gegen den alten Kaiſer feber freigebig. Von den Reichseinkünfteit beſtimmte er neun (ac Rupien für ſeinen Unterhalt, die ihm auch , ſo lange fein Beſchußer in Delhi blieb , richs tig ausgezahlt wurden . Weil aber ſeine Gegenwart zuweilen außer der Hauptſtadt nöthig war, ſo bes

ſtellte er einen feiner Feldoberſten zum Befehlshas ber in Delhi , deſſen Habſucht aber ſo weit ging, daß dem unglücklichen Kaiſer bald der beſte Cheil feiner Penſion entzogen wurde. In neuern Zeiten iſt dieſe ſo ſehr geſchmålert worden , daß die Mas ratten ißm jährlich nur funfzigtauſend Rupien , und dieſe ſehr unordentlich , ausgezahlt haben. Davon mußte er ſeine dreißig Kinder und zahlreichen Vers wandten unterhalten , oder mit ihnen in der größten i

Dürftigkeit leben. Indeſſen unterſtükten ihn ſeine ehemaligen Vafallen zuweilen bei dieſer kümmerli, chen Einnahme. Der Nabob von Auhd überſchickt

dem Kaiſer monatlich 2000 Rupien , und alle , die ſich ihm vorſtellen laſſen , bringen ihm nach indiſcher

Weiſe ein kleines Geſchenk, ſo daß er budiſtáblich vom Ulmoſen lebt. Seine ſpätern Schickſale find nicht bekannt geworden, wir wiſſen nur, daß er noch

unter dem Schuße der Maratten in feinem zerſtörs ten Pallaſte mit Blindheit, Alter und Armuth kämpft, und wahrſcheinlich mit ſeinem Tode das Reich des großen Moguls aufhören wird , wenn

auch die Maratten einen ſeiner Prinzen zum Kaiſer ernennen ſollten.

Mabaji Scindia hob ſich durch ſeine anſehns lichen Beſikungen in Malva und die Regentſchaft

in Delhi und Agra zum måchtigſten Fürſten ſeiner Nation. Sein Heer , wodurch er feine ausgedehna ten

Dritte Periode, fidon 1707-1800. 497 ten tånder und ſo viele ihm zinsbare Fürſten in Dvdnung hielt , beſtand 1793. aus 125,000 Kries

gečn , davon waren 27,000 Mann reguláre Ina fanterie , welche Franzoſen und andere Europäer zu Befehlshabern hatte. Sein oberſter Feldherr , der ſeine ürmee völlig umſchuf, war der General

du Boigne, der ſich jekt in Frankreich aufhält, und ſeine Einkünfte berechnete man auf ſechs Crore

Scindia ftarb fchon 1793 , aber feir Sohn Dowlut Row , der ißm in der Regierung folgte , beſigt weder des Vaters Geiſt noch Ents Rupien.

ſchloſſenheit , und ſein unbezahltes ?

ihn in beſtändiger Empórung, ſo daß er és 17992 nach Puhna führen mußte , um bei den dort auss gebrochenen Unruhen , wovon aber die Nebenum .

ſtånde zur Zeit unbekannt ſind , den Schag:einiger Großen auszuplúndern..

Dbgleich die Könige von Canbaħar durch dent

gnous von dem eigentlichen Hindoſtart abgefono dert ſind , ſo gehören ihnen doch außer Cabul und Carvemir verſchiedene Provinzen dieſesReiche, und feit 1747. haben ſie mehr als einmal verſucht, gna dieni" zu erobern , oder wenigſtens die räuberiſchen Sieks aus ihrer Nachbarſchaft zu vertreiben , Ahmed Shah , der 1770. zum legtenmale in Delhi war , ſtarb 1773 , und hatte ſeinen Sohn Timur

Shall zum Nachfolger. Unter ihm gerieth dieſer neue afgahniſche Staat ſehr in Verfal. Die Pros vinz Scindi hatte ſich ganz von ihm losgeriſſen , und

er konnte wegen eriger Empörungen ſeiner Vaſals len an keinen Zug jenſeit des Indus denken . Sein

Codesjahr iſt nicht bekannt , er ſcheint aber um 1793. verſtorben zu ſeyn. Sým folgte ſein Sohn 5 26 2. Abt).

zes

498 ... Geſchichte von Oſtindien . Zeman Shah in der Regierung , der in der neuen 1

indiſchen Geſchichte berühmter geworden iſt. Er fiel 1796. mit einem großen Syeere in Punjab ein , beſiegte die Siefs in verſchiedenen Gefechten , und entriß ihnen die Beſtung lahor, aber wegen eines in ſeiner Abweſenheit in Candahar ausgebrochenen

Aufſtandes mußte er ſeine Eroberungen verlaſſen . Um eben dieſe Zeit bewarb fich Lippo Saheb um

feine Freundſchaft, und ſuchte ihn durch Geſandts ſchaften zu bewegen , 1797. nach Delki zu ziehen , den alten Kaiſer vom Throne zu ſtoßen , und Hins

doſtan gemeinſchaftlich von der Herrſchaft der Uns

gråubigen zu befreien . Zeman Shah ſchien zwar dieſen Vorſchlag anzunehmen, alleinſo viel wir wiſe ſen hat er ign nicht ausgefü @rt. Auch er regiert nicht mehr. Im Sommer des vorigen Jahres 1801. empórte ſich ſein Bruderfohn Mahmud Shah gegen ihn , und brachte ihm in der Nachbarſchaft von Cabut eine gewaltige Niederlage bei, weil er

während des Treffens von ſeinen vorneømften Ges neralen verlaſſen ward. Der Sieger zog hierauf triumphirend in Cabul ein , und ward bier , in Peiſhawir, Caſhemir und andern Provinzen von allen Großen erkannt, Zeman Shab aber auf der

Fluchtnebſtſeinem Bezier gefangen. Von ſeinen fernern Schickſalen haben wir nichts erfahren , ins deſſen iſt Mahmud Shah das gegenwärtige Obers

Haupt der Abdalli's, oder König von Candaħar. sr

Anhang.

499

un

Anhang. Hauptveränderungen von Dekan ſeit 1748. oder Nizam ul Mulks Tode bis auf uns ſere Zeiten .

Da die Oberherrſchaft des Raiſers von Delgi ſeit 1748. in dieſen Ländern größtentheils aufhörte, viele Provinzen dort ihre Herren und Grenzen mans

nichfaltig veränderten , und in dieſer Halbinſel gleis che Revolutionen auf einander folgten , als im eis gentlichen Hindoſtan , welche für Delhi ganz und gar keine Wirkung hatten ; To ſchien es mir nöthig , dieſe indiſchen Begebenheiten in einem beſondern

Ungange zuſammen zu faſſen , um den ſo oft durch gleichzeitige Vorfälle unterbrochenen Faden der nördlichen und mittlern indiſchen Geſchichte nicht durch Kriege und Revolutionen in den ſüdlichen

Provinzen noch mehr zu verwirren . Uus dem , was oben bereits von Uurunga

gebe's Regierung geſagt worden , erhellet, daß dies ſer Kaiſer ſeine Eroberungen in Dekan weiter als feine Vorfahren ausdehnte, daß er aber im Süden von Dekan mehrere Vafallen der ehemaligen Kos nige von Bisnagar und Viſapur nicht ganz bes

zwingen konnte , oder wenn auch einige dieſer Fürs ſten Kernach ſeinen Statthaltern zinsbar wurden, ſo war ihre Oberberrſchaft doch nie veft gegründet. Uurungjebe hatte feine und ſeiner Vorfahren Eros

berungen in Defan , welche zwiſchen den Fluſſen Ji 2

Ners

500 Hauptveränderungen von Dekan Merbudda und Cavery belegen waren , in fechs

Statthalterſchaften getheilt , und über die von ihm eroberten Provinzen Bijapur und Golconda einen

gemeinſchaftlichen Statthalter , den Nizam oder

Subah von Defan , verordnet. Unter ihm ſtans den eine Menge Befehlshaber , welche theils zings pflichtige indiſche Rajahs , theils Nabobs einzelner

Diſtrikte und Veſtungen , Beſiker großer und fleis. ner Saghires , oder Polrgars , das iſt, unruhige

Bergs und Waldfürſten in unzugånglichen Gegens den waren , ſo daß Nizam ul Mulf oft fechs und dreißig ſolcher Vaſallen in den ihm anvertraueten Provinzen zählte , die einander unaufhörlich bes

fehdeten , und ſich ſeiner Herrſchaft bei jeder Geles genheit zu entziehen ſuchten.

Nicht nur das geringe Intereſſe, welches bieſe ewigen kleinen Kriege und Empórungen für

uns haben , ſondern auch die linmöglichkeit, der endlichen Erfolg derſelben darzuſtellen , deranlaßt

mich , fie größtentheils zu übergeben , und mich daher blos auf die Hauptveränderungen einzu. ſchránken , die während dieſes Zeitraums in der Subahſchaft von Defan, der Mabobie Carnatie, ber brittiſchen Präſidentſchaft Madra's und dem Reiche Mofore vorfielen.

Da von den fünf Söhnen , welche der alte Nizam 'von Dekan 1748. bei ſeinem Abſterben gins

Terließ , der älteſte, Ghajioddin Emic al Omrah, bei dem Kaiſer von Delhi war , Po riß deffen Brus der , Nazir Jung, der zweite von ihnen , der ſchon bei Lebzeiten des Vaters nach der Subahwürde ger ſtrebt hatte , die Regierung von Dekan an ſich.

Er fatte aber bald einen Nebenbuhler aus ſeiner eiges

ſeit 1748 bis auf unſere Zeiten . 501 eigenen Familie zu bekämpfen , der Murzafa gung, oder der unüberwindliche Krieger , hieß.

Bei der

zahlreichenNachkommenſchaft, welche indiſche Fürs ſten zu ģinterlaſſen pflegen , und den Zwiſfigkeiten , welche bei ihren Lebzeiten zwiſchen ihnen und ihren erwachſenen Söhnen gewöhnlich ausbrechen , hes gen die erſtern eine große Zuneigung zu ihren Ens keln , und ſuchen dieſen auf Koſten ihrer leiblichen Kinder große Bortheile zu verſchaffen. So war es auch in den legten Lebensjahren des alten Nijam . Murzafa.Jung war der Sohn einer vorzüglich ges liebten Tochter , und der Großvater hatte ihn ims

mer in ſeinem Gefolge. Nach deſſen Tode verbreis tete ſich ſchnell die freilich unverbürgte Sage, der

alte Großvater habe diefem Enkel den beſten Theil feines Schages vermacht, ihn zum Nachfolger in Dekan beſtellt, and darüber die Beſtätigung des

indiſchen Kaiſers erhalten. Murzafa’s. Unhänger waren zwar nicht zahlreich , jedoch hatte ſich mit

ißm ein Pråtendent der Provinz Carnatic verbuns den , deren Nabobs fich damals von Defan loss

Sein beſter Alliirter aber war Dupleir , franzöſiſcher Gouverneur von Pondis geriffen þatten.

/

chern. Er gatte vorher ſchon die Engländer glücks lich in Carnatic befriegt , und ihre Hauptveſtungen erobert, er beſaß eine genaue Kenntniß des damas

ligen Zuſtandes von Dekan, und der Leichtigkeit,

von den Zerrüttungen in dieſer Provinz Bortheile zu ziehen , und ſuchte dort für ſeineNation irgend ein anfehnliches Gebiet zu erlangen. Wie nun Murzafa mit Hülfe der Franzoſen Carnatic eros

berte, dort einen neuen Nabob 1749. einfegte, und dem Magir Jung táglich furchtbarer zu werden Ji 3 ſchien ,

502 Hauptveränderungen von Dekan ſchien , ſo mußte der Subah dem neuen Widers facher entgegen eilen . Er drang 1750. mit einem Heere von 300,000 Mann in Carnatic ein , und

wußte die Eiferſucht der Franzoſen und Englånder gegen einander ſo gut zu benußen , daß legtere fich für ihn erftårten , in der Hoffnung , von ihrem Alliirten gleiche Vortheile zu erlangen , als der Nas bob von Carnatic den Franzoſen bewilligt hatte. Er gatte ihr kleines Gebiet um Pondichern mit eis ner Menge indiſcher Dorfſchaften vermehrt, und

Dupleir konnte mit Recht erwarten , åhnliche Vers größerungen in der Nachbarſchaft der andern frans zöſiſchen Niederlaſſungen zu erlangen. Beide Ara

meen näherten ſich einander unweit Pondichery, aber Nazir Jung war ſeinem Bettér weit überlegen .

Dieſem fehltees an Gelde, feine unbezahlten Trup.

pen zu befriedigen. Dupleir Hall zwar ſeiner Vers legenheit durch anſehnliche Darlehen ab , allein uns ter den franzöſiſchen Hůlfstruppen brachen Meus tereien aus , und die Officiere wollten nicht fechten , fo daß Murzafa unter dieſen Umſtänden von ſeinen Alirten verlaffen warb . Geßt blieb ihm nichts weiter übrig , als entweder zu entfliehen , oder ſich

ſeinem Dheim zu unterwerfen. Da beide ſchon vorher geheime Unterhandlungen mit einander ans gefangen katten , auch Nazir Jung ſeinem Better verſprechen laſſen , ſich nicht an ſeiner Perſon zu

vergreifen , vielmehr ihn in allen Würden und Bes fißungen zu beſtåtigen , welche ihm ſein Großvater verliehen hatte , ſo wählte er nach einigen Bedenks lichkeiten das lektere. Kaum war er aber in ſeines Dheims ( ager angekommen , als dieſer ihn in Fefe ſeln legen und auf engſte verwahren ließ. Nazir gung

feit 1748. bis auf unſere Zeitett.

503

gung griff hierauf das Heer feines Gegners an , das bald der Uebermacht weichen mußte , und ohne Mihe zerſtreuet ward. Nach dieſem leicht erruns genen Siege war Nazir Jung im ruhigen Beliße von Defan , genoß-aber ſeines Glückes nicht lange. Da in den indiſchen Kriegen die Afgahnen oder Patanen als ' muthige, unerſchrockene Soldaten

lángſt berühmt find, ſo hatte ſich Aurungjébe ihrer ſchon bei der Eroberung dieſer Halbinſel bedient, und ſie wurden hernach von ſeinen Statthaltern zur Erhaltung der Ruhe und Beſtrafung der Res bellen gebraucht. Der alte Nizam hatte ihren Ana

führern anſehnliche Diſtrikte in den mittleren Ges birgen an den nördlichen Grenzen von Myſore zur

Belohnung ihrer Dienſte úberlaſſen , daher gab es

in der Mitte des vorigen Jahrhunderts eine Menge pataniſcher Nabobs in dieſer Halbinſel , wie die Nabobs von Eudapa , Canul , Shanoré , Hars

ponelly u . , die längſt von den Maratten und ans dern Eroberern überwältigt ſind. Viele dieſer Fürs

ften waren insgeheim dem gefangenen Prinzen ers geben , und über den treuloſen Subah erbittert,

fein gegebenes Wort fo fchåndlich gebrochen zu has ben . Uuch verlangten ſie von ihm für den geteis Stéten Beiſtand Befreiungen und andere Vortheile, die Nazir Jung ihnen als Vafallen , die blos ibre Pflicht erfüllt batten , nicht zugeſtehen wollte. Dus pleix , der in und um Pondichery Truppen "genug beiſammen hatte , und durch die Gefangenſchaft ſeis nes Alliirten alle ſeine Plane vereitelt ſah, in Des. kan oder Carnatic Eroberungen zu machen , ers

kannte den Nazir Jung nicht als den rechtmäßigen Subab, ſondern trat mit den Mißvergnügten uns Ji 4

ter

504 Hauptveränderungen vor: Defan ter deffen Gefolge in Verbindung. Beſonders fties ſein Ruhm dadurch, daß er 1750. die wichtigeHans Delsſtadt Maſſulipatan eroberte , weil der Subah

dort und in Yanam die franzöſiſchen Waarenlager hatte plündern laſſen, auch die berühmte carnatiſche Veſtung Gingi, die Uurungzebe Jagre langvergeblich

belagert hatte, mit ſtürmender Hand einnahm . Na zir Jung fog bierauf gegen die Franzoſen zu Felde, da ſich aber durch Dupleix Yufhebung die Mißver.

gnügten in ſeinem Heere tåglich vermehrten , ſo daß die Hälfte ſeiner Befehlshaber geneigt war , iro

gend einen fühnen Streid) auszuführen , und er eben wegen dieſer Spaltungen unter ſeinen Erup, pen Carnatic nicht mit gleicher Macht, wie das erſtemal, angreifen konnte, lo ward: er am 4. Des cember 1750. aufs Haupt geſchlagen. Er blieb ſelbſt in dieſem Gefechte, denn wie erauf die Nach, richt, die Patanen ſtünden nebſt andern Anfúk. rern mit den Franjoſen in Berbindung, und ſaben

daßer dem Treffen ruhig zu , dieſe Verráther durch ſeine Gegenwart zum Kampf anfeuern wollte, warð er von dem Nabob von Eudapa erſchoſſen , Er: hatte zwar bei Unfange des Treffens geboten , den

Murzafa umzubringen , aber dieſer Befehl ward nicht vollzogen. Sogleich nach Nazir Jungs Jode ward Mur

gafa aus dem Gefängniſſe gebolt, und als Subak von Dekan ausgerufen , das ganze Heer ſeines Dheims erklärte ſich für ihn , und die Franzoſen wurden wegen Bewirkung dieſer Revolution aufs

freigebigſte belohnt. . Er wählte ſie zu ſeiner Seibe wache, vertrauete ignen nicht nur ſeine Sdpáge ang

feit 1748 bis auf unſere Zeiten.

505

an , ſondern begab ſich auch mit ſeinem ganzen Heere nad Pondichery. Dort erklärte er den Chunda Saib , einen treuen Anhänger der Frans joſen , zum Nabob von Carnatics und befreite dieſe Provinz von den Steuern und Abgaben , wel che ſie, gleich andern indiſchen Ländern , bisher

hatte nach Delhi úbermachen müſſen.

Dupleix ery

bielt von dem neuen Subah mancherlei Würden und Ehrentitel , er ward von ihm zum Munſub von 7000 Reitern erhoben , und mit allen dieſer

bohen Würde angemeſſenen Ehrenzeichen verſeben. Er ward úberoem reichlich beſchenkt, und außer vielen koſtbaren Kleinodien roll Dupleiç damals

zweihunderttauſend Rupien baar erhalten haben. Gleich dankbar bewies ſich Murgafa gegen die frang

zöſiſche Handelsgeſellſchaft, die damals gleich der londner und der niederlandiſchen in den verſchiedes nen Seeprovingen von Hindoſtan und Dekan nue einzelne zerſtreute Veſtungen und Handelslogen beo

faß. gbr wurde in der Nachbarſchaft von Pons dichery ein Strich landes,abgetreten , der ihre das mals geringe Einkünfte jáhrlich mic 96,000 Rue pien vermehrte. Ferner erhielt ſie im Sande Tans jore, wo ihr der kleine Handelsplat Carical ges

fórte , einen ähnlichen Diſtrikt von hundert und dreißig indiſchen Dörfern , die größtentheils von fleißigen Webern bewohnt waren , welche ihr, die

Vortheile des Handels ungerechnet, 110,000 Rus pien einbrachten. Auch ward ihr die alte berühmte Handelsſtadt Maſſulipatan nebſt ihrem Gebiete

überlaſſen , ſo daß die Geſellſchaft von allen dieſen Erwerbungen ihre Serritorialeinkünfte über fünftes

Halb Millionen Rupien vermehrte. Auch ſollte das gis

in

go6 Hauptveränderungen von Dekan in Pondichery geprágte Geld in gan ; Carnatic Ums lauf haben .

Hierauf zog er wieder , von einem Corps Franzoſen unter Buſfo's Anführung begleitet , 'nad

ſeiner HauptſtadtHyderabad, um ſich dort von den Ungemachlichkeiten des Krieges zu erholen , warb aber 1751. unterweges umgebracht. Die patanis

fchen Nabobs , welche ihm durch Ermordung ſeis nes Dheims den Beſik der Subahwürde verſchafft Hatten , fingen ſchon auf dieſem Marſche Meutes reien an , weil Murzafa ihre Dienſte nicht ihren

Erwartungen gemäß belohnte. Sie machten freis lich ausſchweifende Forderungen , Erlaſſung des Tributs von ihren Dienſtleben , den fie drei Jahre

rúcſtändig geblieben waren

gånzliche Befreiung

deſſelben für die Zukunft , eine Vergrößerung ihres Gebiets , und die Hälfte von Nazir gungs hinters Jaſſenen Schaken . Doch Dupleir wußte ſie das mals zu vertröſten , und verſprach , ſich ihrer ans zunehmen , wenn Defan völlig beruhigt wäre. Da aber Murzafa fowohl ihre Erwartungen , als auch ähnliche Forderungen , die von andern Seiten an

ihngemacht wurden, unmöglich befriedigen konnte, fo rannen die Patanen auf Rache. Der Subah mußte auf dem Marſche nach ſeiner Hauptſtadt das Gebiet des Nabobs von Cubapa berühren , und

einige von deſſen Soldaten bekamen unterweges Streitigkeiten mit den Einwohnern , deren Woha nungen bei dieſem Zwiſte nach der Weiſe zúgelloſer Iruppen in Brand geſteckt wurden.

Der Nabob,

Hierüber aufgebracht, behandelte die Mordbrenner feindlich , und ließ durch ſeine leute viele von ihnen

niederhauen.

Damit noch nicht zufrieden , griff 2

feit 1748 bis auf unſere Zeiten .

507

er den Theil von des Subaho Seere an , der zur Bedeckung ſeines Harems diente, und beging bas bei viele Ausſchweifungen. Buſſy ſuchte zwar dieſe Feindſeligkeiten in der Geburt zu erſticken, abec

Murzafa war über die Beleidigung feines Harems fo erbittert, daß er mit ſeiner Reiterei gegen den Nabob anrückte, mit welchem aber die übrigen Pas

tanen gemeinſchaftliche Sache machten . Sie wurs den zwar in dieſem ungleichen Kampfe zurückges ſchlagen , und die meiſten von ihnen kamen dabei nebſt ihren Anführern um ; wie aber der Subah

ben Nabob von Canul, per von den unzufries denen oder in ihrer Hoffnung getauſchten Patanen allein übrig geblieben war , von ſeinem Elephanten

mit eigner Hand erlegen wollte, und bereits den Sábel gegen den Rebellen geguckt gatte, ward er von ihm mit einem Speere Durchbohrt, und ſtarb mitten unter dieſem Getůmmel.

Der unerwartete Tod des Subah Murzafa Jung verbreitete unter deſſen Heere die gewohns liche Unordnung nach dem wirklichen oder vermeins

ten Verluſte des Unführers , Buſſy gerieth nebſt

feinen Truppen in die außerſte Gefahr, dem Haſſe der Eingebornen gegen die ungläubigen Fremden aufgeopfert zu werden , und Dupleix verlor durch dieſen Unfall alle Hoffnung, ſeine Nation unter eis nem ihr ſo ergebenen Fürſten in Defan zu erheben .

Doch Buſty benugte die Unentſchloſſenheit und Furchtſamkeit der auf dem gegenwärtigen Fall uns vorbereiteten Heerführer. Er berief in aller Eile

die erſten Hofbeamten nebſt den angeſehenſten Bes fehlshabern zuſammen , um ſich mit ignen über die Wahl eines Machfolgers zu vereinigen . Von dem ermor

508 Hauptveränderungen von Dekan ermordeten Gubah war zwar ein minderjähriger Sohn vorhanden , aber außer ihm befanden fich deſſen teibliche Brüder bei der Armee , die ihm als

Staatsgefangene hatten nachCarnatic folgen müfe fen , damit ſie während feiner Abweſenheit in fei nen Staaten keine' Unruhen erregen möchten .

Durch Buſſo's Ueberredungen ward . Salabáð Jung , der zweite Bruder Nazir Jungs, zum Subah von Defar ernannt, ohne die faiſerliche Beſtätigung einzuholen oder zu erwarten , wie er alle Abtretungen ſeines Bruders beſtätigte, auch den Franzoſen fünftig noch größere Vortheile vers ſprach. Jedoch mußte der neue Subah ſeinem unmundigen Better , welcher Sadudin hieß , die Herrſchaft oder den Circar Adoni ( Udnen ) , wele cher von einer alten berühmten Veſtung des gero

ſtörten Reichs Bisnagar dieſen Namen führte, überlaſſen " ). Salabad Jung , der im Febr. 1751. die Res gierung von Dekan erlangte , untermarf ſich , ehe er in feine Hauptſtadt einjog , einen Theil der låna der der pataniſchen Nabobs , welche Buſin. aber

dem jungen Prinzen Sadudin einräumen ließ , und warb am 2. April 1752. mit großem Frohlocken in Hyderabad aufgenommen. Da er durch Hülfe der Franzoſen die Würde ſeines Vaters erlangt Hatte, und Büſly fein vornehmſter und vielleicht einziger Rathgeber ward ; ſo zog dieſer für ſich und Feine Nation , ſo lange Salabad Jung regierte,

die größten Vortheile von feinen Bemühungen. Der Subah belohnte feine Verdienſte mit einem Geſchenke von acht sac Rupien , und die franzöſis fchen Orme I. 6. 249.

feit 1748 bis auf unſereZeiten . 309 Tchen Hülfstruppenwürden eben ſo reichlich bedacht. geder Fähnrich erhielt 50,000 Rupien , und der Sold der Gemeinen und Unterofficiere ward mit

gleicher Freigebigkeit erhöhet. Anſtatt daß diefen bisher in Indien monatlich zehn bis höchſtenszwan. zig Rupien bezahlt wurden , bewilligte er ihnen rech, zig , nur erſchöpfte er durch dieſe Freigebigkeit ſeine ohnedem nicht ſehr angefüllte Kaſſe, ſo daß er zus legt dieſe fremde teibwache größten theils entlaſſen mußte. Ueberdem hatte Salabad Jung , ſo lange

er lebte , mit ſeinen Brüdern ewigeHåndel. Sie machten ihm nicht nur die Subahwürde ſtreitig, ſondern er mußte ihnen bisweilen großen Antheil an der tandesregierung überlaſſen . Raum hatte Salabad Jung ſeine Hauptſtadt in Beſiz genommen , als ſein áltérer Bruder Ghas

zioddin , den der Kaiſer Ahmed Shah zum Subah bon Dekan ernannt hatte , von Delhi mit einer

großen Macht herbeteilte, ſeinen Nebenbuhler zu ſtürzen . Vorher hatte er ſchon die Maratten von Puhna und Berar. gegen ihn aufgehegt, die aber nad ) Erlegúng einer Summe Geldes und Abtres

tung einiger Diſtrifte igre Feindſeligkeiten einſtells Endlich erreichte Ghazioddin die Grenzen von Dekan , eroberte die volfreiche Stadt Uuruns ten .

gabad , und ſuchte , wiewol vergebens, durch große Verſprechungen die Franjoſen für ſich zu gewinnen ) oder wenigſtens dahin zu bringen , ſeinen Brudet zu verlaſſen . Während dieſer Unterhandlungen wåhite Salabad ein zwar ſchåndliches, aber in gno dien nicht ganz ungewöhnliches Mittel, fich von ſeinem Gegner zu befreien , und er vermochte feine

eigene Mutter , ihren älteſten Sohn durch Gift aus

510 Hauptveränderungen oon Dekaw aus der Welt zu ſchaffen . Nach Ghazioodins Sobe hief deſſen Heer aus einander , viele Befehlshaber

Fehrten zwar mit ihrer Mannſchaft nach Delhi zus rúce ,

aber andere nahmen bei den Maratten

Dienſte. Die Maratten erneuerten hierauf die Feindſeligkeiten wieder , wie ſie aber in ihrem eiges nen tande angegriffen wurden und gegen die Hülfs . truppen des Subah nichts ausrichten konnten , ſo bequemten ſie ſich endlich gegen Ende des Jahres zum Frieden , der zu Calberga . zu Stande fam . Da aber die Lånder des Subah gerade in der Mitte

der Staaten des Peiſhwa’s und des Rajahs von Berar lagen , ſo haben ſeine Nachkommen ſeit dieſer

Zeit mit beiden Nachbaren faſt immermågrende Kriege führen müſſen. Von den wenigſten wiſſen wir die Zeit und den Ausgang, jedoch ſo viel ers hellt aus den darüber vorhandenen fragmentaris [ chen Nachrichten , das Defan , oder was davon

dem Subah gehörte , in ſeinen weſtlichen und nords lichen Theilen beträchtliche Einbuße litt , und der Subaß den Maratten anſehnliche Diſtrikte abtres ten mußte.

Da Salabad durch den Beiſtand der Frans joſen die Ruhe in ſeinen ländern wieder hergeſtellt hatte , ſo verlangten dieſe auch eine ihrer Tapfers

keit angemeſſene Belohnung. Nach DupleiePla. nen , die Macht der Franzoſen in der Halbinſel zu erweitern, konnte dieſe nur in neuen Abtretungen beſtehen . Der Subah überließ ihm daher den Eirs car Suntoor ( Condavir ) unter gleichen Bedinguns gen , als ſein Vorfabr der franzöſiſchen Handels,

geſellſchaft Maſſulipatan verliehen hatte. Durch dieſe Freigebigkeit, und den großen Einfluß , den Buſlo

feit 1748bis aufunſereZeiten.

511

Buffy bei dem Subah erlangt Batte , beleidigte ep aber viele ſeiner Großen , welche nur dahin arbei. teten , die Fremden von deſſen Perſon zu entfers

nen , und dieſes glückte işnen während Buffy's 26s weſenheit , der ſich wegen einer Krankheit nach Maſſulipatan begeben hatte. Den franzöſiſchen Hälfstruppen ward der Sold ſehr unrichtigbezahlt, und zulegt unter dem Vorwande gar zurückbehal, ten , daß die Einfünfte aus den verſchiedenen Prok vingen fparfam und unregelmäßig einkámen. Ein

Theil derſelben zerſtreuete ſich alſo , um die Nůcks ſtånde beizutreiben, und die übrigen konnten nur mit Mühe von ihren Officieren zuſammengehalten werden. Doch Buſio ſtellte nach ſeiner Geneſung bie alte Ordnung bald wieder her , und damit feine Mannſchaft, welche aus 800 Europåern und 5000

indiſchen Infanteriſten beſtand, künftig ihres Sole

des wegen geſichert wäre , ungetheilt zur Beſchůs kung des Subah zuſammenbleiben konnte , unb nicht långer wie bisher von der Willführ oder dem

Eigennuge ſeiner Miniſter abhinge , brachte er den Subah dahin , ſeiner Nation auch die übrigen Cits

cars , Eonbapillo ( Muſtaphanagur), Yalore ( Els løre ), Rajahmundri und Chicacole einzuräumen ),

Frankreich gewann durch dieſen Vertrag einen ber tråchtlichen Zuwachs an fåndern . Es dehnte durch

dieſe Erwerbung feine Herrſchaft bis in der Nähe des Ganges aus , und erlangte dadurch ein ſolches Anlegen und Gewicht unter den Fürſten von Des kan , als keine europäiſche Nation ſich vor . 1753.

rühmen konnte , ſelbſt die Portugieſen in der Mitte ihrer großen Eroberungen nicht gene fünf Dis ſtrikte, 9 Orme I. $. 334. 1

512 Hauptberänderungen von Defan ſtrikte , welche jeßt die nördlichen Circårsgenannt werden , weil ſie in dieſer Richtung von Madra's

und Pondichern liegen beſtehen aus der ganzen Seeküſte von Golconda und einem Shell von

Priffa . Sieerſtrecken fich vom Fluffe Kriſtna bis zum See Chilka , oder von Süden nach Norden kundert und zwanzig deutſche Meilen in der långe,

und ihre Breite beträgt von ſechs bis achtzehn Meis len . Von den fåndern des Subak von Dekan find ſie durch dichte Waldungen und eine lange Ges

birgskette abgeſondert, durch welche nur wenige meiſt ungangbare Påſſe führen . Das ganze (and

iſt fruchtbar, gut bevolkert, und die Einwohner liefern die feinſten und wohlfeilſten Baumwollens waaren . Gegen einen feindlichen Angriff ſind die Circars leicht zu vertheidigen , und durch ihre lage am Meere für den Handel wichtig. Die Staatsbeamten des Subah und andere Große an ſeinem Hofe waren mit der Abtretung

eines ſo wichtigen landſtrichs šußerſt unzufrieden, und bemühten fich , Buſſy dahin zu bringen ,ſtatt deſſelben andere Diſtrikte mitten im {ande anzuneho men ." Wie dieſer Tauſch ihnen nicht gelang , lies fen ſie kein Mittel unverſucht, den Subah mit feis

nen bisherigen Befchüßern zu entzweien. Dies gelang ihnen endlich 1756 , und Buſſo .erhielt Bes

Fehl, mit ſeinen Truppen Salabad Jungs Gebiet zu verlaſſen. Dagegen verband der Subah fich mit den Englåndern in Madra's , um mit ifrer Hülfe einige widerſpenſtige Vafallen zu bekriegen , fie fonnten ihm aber wegen der in Bengalen damals

ausgebrochenen Unruhen keine Truppen überlaſſen.

Dagegen wagte Buſſn auf dieſem Marſche einen neuen

feit 1748 bis auf unſere Zeiten. 513 neuen Berſuch , fein verlornes Unſehen bei dem ſchwachen , von ſeinen Gegnern irre geleiteten Su.

bah wieder zu erlangen , und drang mit ſeiner Mannſchaft bis Hyderabad vor. Er warð hier zwar von dem gantzen Heere des Subah und einer

Menge Maratten beinahe umzingelt , allein dieſe Uebermacht fonnte den kleinen Haufen diſciplinic ter Truppen nicht überwältigen , und es kam daher bald zum Frieden .

Dadurch ward aber der Eins

fluß der Franzoſen in die Ungelegenheiten von Des kan nicht, wie ſie vermutheten , wieder hergeſtellt , und Buſſy ,mußte im Nov. 1756. Hyderabad abers mais rerlaſſen , um die in den nördlichen Circars

ausgebrochenen Unruhen zu dåmpfen , wo ſich wah. rend des Zwiſtes zwiſchen dem Subah und ſeinen

Beſchůßern viele Zemindars und Polygars gegent die neuen Oberherren aufgelehnt hatten . Zwar behielt der Subah hundert Franzoſen nebſt taufend Seapons in ſeinen Dienſten , da aber Dupleir ſchott früher von feinem Poſten abberufen wurde , und deſſen Nachfolger in Dekan bis 1763. einen uns glücklichen Krieg mit England fährten , ſo ward jene Mannſchaft während deſſelben 1758. zurück. beordert. Auf dieſe Art, endigte fich die genaue Verbindung zwiſchen dem Subah. und der Regies rung in Pondicherry , und legte hat wegen ihrer

Dhnmacht nach dieſem Kriege ſolche nicht wieder anknüpfen können .

So lange Salabad Jung Buſin's Rathſchlás gen folgte , oder dieſer alles über ihn vermochte,

wurdendeſſen Brüder von allen Regierungsgeſchaff ten entfernt, in leidlicher Gewahrſame gehalten,

und ihrer Geburt und Range gemäß mit aller Ach. 5. 05. 2. Mbp.

KE

tung )

514. Hauptveränderungen von Dekan tung behandelt. Sobald dieſer Feldherr aber den Hof des Subah verlaſſen hatte, wurden beide Prin. zen auf Vorſtellung einiger Großen , die bei den Zwiſtigkeiten , welche unter den drei Brüdern uns vermeidlich waren , im Trüber fifchen wollten , in

Freiheit geſekt. Dem áltern, Nizam Uli , ward der fübliche Theil von Berar anvertrauet, das das mals die öſtliden Maratten noch nicht ganz eros bert vatten , und derjüngſte Bruder, Bazalet Jung, erhielt den Diſtrift Udoni , in deſſen Belize er auch bis zu ſeinem 1784. erfolgten Ubleben geblieben iſt.

Doch Nijam Ali war mit feiner Statthalterſchaft nicht zufrieden , ſondern ſtrebte nach der Subah. würde. Er brachte verſchiedene Omrahs auf ſeine Seite , miſchte ſich in die Staatsgeſchaffte, und zuweilen war Salabad gezwungen , ihn in Hydes rabad oder Uurungabad ſchalten und walten zu laſs

fen . Doch zuleßt , wie Nizam Ali ſeine Üblichten auf die Abſegung feines Bruders zu deutlich mers ken ließ , mußte er 1759. deſſen Hof velaſſen , und Defan ganz raumen,

Während dieſer Unrußen in Dekan waren Frankreich und England ſeit 1756. in Krieg vers

wickelt worden , an dem die Handelsgeſellſchaften beider Nationen Theil nahmen , und Carnatic, worin igre damaligen Hauptbeſikungen lagen , jum Schauplaße ihrer Operationen wählten . Da Buſſo

nach ſeinem Abzuge aus Dekan die Engländer 1758. aus ihren Handelslogen in den nördlichen Circars vertrieben hatte, in dieſen Kreiſen eine Menge Pos

Ingars zerſtreuet waren , die ſich auf ihre Schlupfa winkel trokend weder den Franzoſen unterworfen

hatten , noch ihnen Tribut bezahlten , auch Clive von

ſeit 1748 bis auf unſere Zeiten. 515 von Bengalen aus mit dem vertriebenen Nizam Ali

Unterhandlungen angefangen hatte, umdieſe Frems den gemeinſchaftlich aus den unrechtmåßig erwors benen Circars zu vertreiben , ſo ward (don 1758. ein kleines Corps Engländer von Bengalen dorts

ħin geſchickt. Derlen Unführer, der Oberſte Ford, vereinigte ſeine Mannſchaft mit den ſchlecht bewaff neten Halbwilden , den vorher erwähnten Poly. gars , nachdem man mit ihnen einen förmlichen

Vertrag wegen der fünftigen Eroberungen geſchloſs ſen hatte. Nach dieſem erhielten ſie dieHälfte aller Beute, auch ſollten ignen die fammtlichen Cirs cars abgetreten werden , die Häfen und Seeſtadte

mit ihrem Gebiete ausgenommen , welche ſich die Engländer ausbedungen . Dafür mußten dieſe Po. Ingars aber monatlich während der Dauer des Kries ges 50,000 Rupien verſprechen ") , die aber nicht

bezahlt wurden . Ungeachtet die Franzoſen in dies ſen Gegenden einehinlangliche Anzahl Truppen hats ten , ſo gelang die Unternehmung doch über alle

Erwartungen . Die Franzoſen wurden aus vers

ſchiedenen Poſten vertrieben , und in mehreren Ges fechten beſiegt , ſo daß Maſſulipatan , der Haupts ort dieſer Diſtrikte, ſchon am 6. März 1759.

eingeſchloſſen werden konnte, und zulegt am 5. April mit Sturm erobert wurde.

Uber außer

demſelben befand ſich in den Circars ein franzos fiſches Obſervationscorps , und ihr Anführer

katte vor der Einnahme der Beſtung bei dem Sus

bah Salabad Hülfe geſucht. Da deſſen Rathges ber den Streit der beiden feindlichen Mádite über

die nördlichen Circars für die gúnſtigſte Gelegens RE 2

*) Orme V. II. Sect. 2. S. 375.

heit

516 Hauptveränderungen von Dekan Heit anſahen , folche ihrem alten Herrn wieder zu unterwerfen , ſo eilte er nebſt ſeinem Bruder dem

Nabob von Adoni zur Rettung von Maſſulipatan herbei. Allein ob er gleid) 15,000 Reiter und 20,000 Seapons unter ſeinen Fahnen zählte , und

das franzöſiſche Obſervationecorps zu ihm geſtoßen war , ſo marſchirte der Subah dennoch ſo lange fam , daß Maſſulipatan eingenommen war , ege er

mit ſeinem Heere die Nachbarſchaft deſſelben ers reichte.

Auf die Nachricht von der Eroberung dieſer Veſtung , und das in feiner Ubweſenheit fein Brus

der Nizam Ali förmlich die Waffen gegen ihn er. griffen hatte , ánderte Salabad auf einmal ſeinen Operationsplan. Nizam Ali Hatte während des Zuges nach Maſſulipatan Uurungabad erobert, mehrere Diſtrikte erklärten ſich für ihn , weil er die bisherige Regierung anders einzurichten verſprach , und bedrohete Hyderabad, die Reſidenz feines Brus bers .

In dieſer unangenehmen lage beſchloß er ,

fich lieber mit den Englandern zu verbinden , um deſto gewiſſer ſeinen Bruder beſiegen zu fónnen, und am 12. Mai 1759. waren die Unterhandlung gen beendigt. Salabad trat den Englåndern Maſo ſulipatan, nebſt mehreren zu den nordlichen Circars

gehörenden Diſtrikten ab , verſprach alle Franzoſen binnen vierzehn Tagen aus ſeinen Ländern zu ſchafu

fen , ihnen in Defan nie eine Niederlaſſung zu ers lauben , oder je Franzoſen in Dienſt zu nehmen . Die Präſidentſchaft Madras machte ſich blos ani

þeiſig, den Feinden des Subah keinen Beiſtand zu leiſten. Er

ſeit 1748 bis auf unſere Zeiten.

517

Er verlangte Hierauf von dem Oberſten Ford, ſich mit ihm zur Bezwingung ſeines rebelliſchen Bru. ders zu vereinigen , der aber unter dem Vorwande, die Franzoſen hätten nod) nicht des Subahs láns

der geräumt, an dieſem Kriege keinen Theil nehmen

wollte. Salabad, hierüber erbittert, verließ Maſ. ſulipatan einige Tage nach dem Vergleiche, und die Englánder blieben im ungeſtörten Beſige einer ans Tehnlichen Handelsſtadt und eines großen fruchtbas ren ( andſtrichs långſt der Seeküſte, aus welchem ſie jährlich 400,000 Rupien zogen. Quf welche Weiſe der Streit mit dem Nizam Ali beendigt ward , darüber fehlt es uns an Nachs

richten , er ſcheint aber für den Subah nachtheilig ausgefallen zu fenni. Eben ſo wenig ſind uns die nadherigen Begebenleiten in Defan bekannt ges worden .

Wir wiſſen nur , daß Salabad Jung im

eilften Urtikel des pariſer Friedens als rechtmåßis ger Subah von Defan erkannt, und bald darauf 1764. von ſeinem Bruder Nizam Ali avgeſekt, und im Gefängniſſe nach einiger Zeit ermordet wurde ). Dieſer folgte ihm in der Regierung, und lebt noch in ſehr hohem Alter in Hyderabad. Weil er an den in neuern Zeiten in Dekan geführten Kries gen thåtigen Antheil nahm , ſo iſt die Geſchichte ſeis ner Regierung , die Handel mit den Maratten auss Da ??

Frieden von 1763. alle feit 1749. gemachten Eros berungen , alſo auch die nördlichen Eircars , aufges ben mußte , ſo glaubte Nizam Ali dieſe gewiß wies

haft adras der zu eerlangeni;paatlalenin der Präſidentſc M l gehört Maſſu

und der füdliche Theil der KE 3

Sullivans Annalyſis S : 247

Eira

518 Hauptveränderungen von Dekan Circars ſchon ſeit 1759 , auch hatte ſie die Wich tigkeit des ganzen gegen alle Angriffe geſichertenSans des während des Rrieges kennen lernen , eben dess wegen war ſie ſchon vor dem Frieden mit Frank.

reich darauf bedacht, mit demſelben ihr Gebiet zu vermehren.

Daher mußte Shah Allum während

ſeiner erſten bengaliſchen Unterhandlungen mit den Engländern im April 1762. dieſer Präſidentſchaft den Beſiß von Maſſulipatan beſtätigen , und als er hernach garzu ihnen ſeine Zuflucht nehmen mußte, ihr am 12. Aug. 1765. die von den Franzoſen bis.

her beſeſſenen Circars völlig abtreten , ohne dabei auf die gerechten Anſprüche des Subah von Des kan die mindeſte Rückſicht zu nehmen. Dem Mizam Uli war dieſe kaiſerliche Belehnung ſehr unerwartet, und ba er fo wie ſeine Vorfahren

ganz unabhängig von Delhi in Defan regierte, auch ſich dort nicht einmal als Subah hatte beſtás tigen laſſen , fo traf er alle Anſtalten ,die neuen lås ftigen Nachbarn nicht nur aus den Eircars , Tons dern vielleicht auch aus Carnatic , zu verjagen .

Schon 1765. verband er ſich alſo mit Hnder Aly,

Nabob von Myſore, die engliſchen Beligungen in Defan von zwei Seiten anzugreifen , allein dieſer Krieg ward bald beendigt , ungeachtet wir von der Führung deſſelben wenig erfahren haben , weil die

Vorfälle in Defan während dieſes Zeitraums wes niger Geſchichtſchreiber , als die bengaliſchen , ges

funden haben , und Ormes genade Kriegsgeſchidite fich leideț mit dem Jahre 1761. endigt. Wir wiſe fen nur , daß , wie die Engiánder von den nordlis chen Circars fer ſeine länder bedroßeten , er dhon am 12. Nov. 1766. mit ihnen Frieden ſchloß, und iğnen

i

ſeit 1748 bis aufunſere Zeiten . ? 519 ihnen die nördlichen Circars notgedrungenübers ließ. Doch blieb der füdlichſte, oder Guntoor, bei ſeiner Familie. Diefen Kreis behielt fein Bruder, der Nabob von Adoni , wiewohl den Engländern in der Hauptſtadt deſſelben das Befaßungsrecht ers laubt ward. Dagegen machten ſich legtere anheis ſchig, dem Subah von dreien der neuerlangten Cirs

cars jährlich fünfLac Rupien zu entrichten. Würs den ſie aber den Diſtrikt Ehicacole bezwungen Qas

ben , beffen Einwohner die neue Herrſchaft nicht anerkennen wollten , oder Guntoor ihnen einmal zufallen , To verſprachen ſie den Tribut mit vier {ac Rupien zu erhöhen. Der Subah ſollte von ihnen alſo fünftig neun lac erhalten , welche jene Lånder ihm nie eingetragen katten , als ſie noch Beſtandtheile von Dekan waren . Zugleich ſchlofo ſen beide Måchte eine genaueAlliang, und verlangte Der Subah von den Engländern Hülfstruppen , fo durften ſie die Kriegskoſten von den verſprochenen

Entſchädigungsgeldern abziehen '). Hyder Ally fegte indeſſen den Krieg gegen Ears natic fort, und da er die ganze Provinzin Anſpruch nahm , fo ward am 26. Febr . 1768. zur Schwas

chung dieſes länderſüchtigen Fürſten zwiſchen dem Subah und der Regierung von Madras ein zweiter

Bertrag geſchloſſen. Darin erklärte Nizam Ali, als kaiſerlicher Statthalter von Defan , den Nas bob von Myſore feiner Länder verluſtig, und ſeine nördlichen Eroberungen wurden den Engländern

überlaſſen. Doch damit der Subah durch dieſe Abtretung nichts von feinen Anſprüchen auf jene RE 4 bom 1) Reports of the Committee to enquire in to the Cauſes of the War in Carnatie , V.1. . 209.

520 Hauptveränderungen von Dekan vom Reiche Bifapur abgeriſſenen Sandſtriche eins büßte, ſoverſprachen ſeine Bụndsgenoſſen , ihm jahrs lich von den Einfünften dieſer Diſtrikte ſieben lac Rupien zu bezahlen. Doch was die Engländer ihm mit der einen Hand gaben, das nahmen ſie ihm mit der andern.

Denn zu gleicher Zeit ward die Ents

ſchadigungsſumme von den nördlichen Circars bis auf zwei łaç Rupien vermindert , oder der Suban . erhielt nach wie vor neun tac Rupien , ob er gleich

den Englandern einen anſehnlichen Theil von Hys der Ali's Eroberungen abgetreten Hatte u).

Dieſes Bündniß erregte einen neuen Krieg in Defan , von dem man aber in Europa wenig er

fahren hat. Dabei zeigte Nizam Uli ſeine indiſche. Politik aufs deutlichſte; und wie wenig er ſeinen

Verfrågen mit der Präſidentſchaft Madras nach, zukommen dachte.

Unterdeſſen er ſolche durch den

legten Vertrag und den darin zu Hyber Ali's Uns terdrückung verſprochenen Beiſtand ficher machte, ſchloß er bald darauf mit dieſem Fürſten eine áhn. liche Allianz. Der Inhalt dieſes Traftats iſt zwar nicht öffentlich bekannt geworden , weil die Vers bindungen indiſcher Fürſten fehr geheim betrieben

werden , und ſelten vollſtändig ans Tageslicht foms men,

Doch ſo viel wiſſen wir nach den Berichten

von Uugenzeugen , daß der Subah dem Hyder Alm, oder vielmehr deſſen Sohn Lippo Saheb , gang Carnatic verlieh , ungeachtet der indiſche Kaijer . die Proving ſchon 1765 , von der bisherigen Ubr

þảngigkeit von Dekan befreiet hatte. Von den verſchiedenen Pråtendenten , die damals auf Cars nátie Anſprüche machten , hielt ſich Maphus Kban, der

u) Carnatic Reports V. I. S. 209.

ſeit 1748 bis aufunſere Zeiten.

521

der ältere Bruder des damaligen Nabobs von Cars

nátic , Mahomet Äli , am Hofe des Subah auf. Dieſer vermählte ſeine Tochter mit dem Prinzen Tippo Saheb, und trat ſeinem Schwiegerfohne alle Rechte auf dieſes land ab , und beide Verbung dete griffen hierauf Carnatic an.

geht glaubte der Subah in Verbindung mit dem Hyder Aln, nachdem er gegen monatliche Subs ſidien von ſechs (ac Rupien einen Theil feiner Zrups pen jur myſoriſchen Hauptarmee hatte ſtoßen laſſen ,

die Englánder und ihren Nabob gewiß aus Carnatic zu verjagen , und er würde vielleicht, bei einiger lins terſtüßung von Frankreich her, ſeinen Zweck erreicht

haben , weil die Finanzen der londner oſtindiſchen Geſellſchaft damals in der äußerſten Zerrúttung wa. ren .

Allein die Englánder besten die Maratten

auf, in Defan einzufallen , bedroheten von Bengas len und den nordlichen Circars her des Mijams láns der von der andern Seite , und da der indiſche Kais ſer damals unter ihrem Schuße und von ihren Subs

fidien in der Veſtung Elizadabad lebte, ſo war es ihnen leicht, die Abſegung des Subah von Dekan zu bewirken. Der Kaiſer verſprach ihnen auch ein Firman oder Patent . auszufertigen , nach welchem i fie einen neuen Subah ernennen , und jeden ihnen gefälligen Fürſten dazu, wahten konnten . Abert glücklicher oder unglücklicher Weiſe fand ſich nies mand , der nach dieſer Würde ſtrebte , oder mách ,

tig genug war , des Nijams länder zu erobern "). gn dieſer miflichen Tage , und da die Eroberung

pon Carnatic nicht ſo lonelt erfolgte , als der Sur, RE 5.2, bab ) Verelſt View of the Britiſh Government in Bengal. App. 8. 69.

522 Hauptveränderungen von Dekan bak erwartet hatte , fohnte er ſich wieder mit den Englándern aus , die früher geſchloſſenen Traftate wurden erneuert, und der Krieg mit dem Nabob von Mnſore dauerte bis 1769 , ohne Veränderuns gen in Defan zu bewirken . -

Von den ſpätern Begebenheiten in Nizam Ali's (andern iſt bis 1780. wenig zu unſerer Kernts niß gelangt. Er ward freilich in dieſem Zeitraume oft mit den Maratten in Krieg verwickelt, und hatte 1774. und 1778. Hoffnung, die.feinen Vorfahren entriſſenen Veſtungen Dowlatabad, Brampor, Affir , nebſt den dazu gehörigen Landſtrichen wieder zu erlangen , hatten die Engländer an dieſen Hans deln Theil genommen. Zu antern Zeiten war er in den Unruhen in Puhna mit verwickelt, und vers

hinderte, daß Ragoba die Peiſhwawürde erlangte "). Doch ward 1780. Nizam Ali abermals mit

den Engländern in Krieg verwickelt, der freilich

nicht zum völligen Ausbruche Fam , jedoch die lege tern in die größte Verlegenheit brachte. Madras bezahlte die ſchuldigen Gelder von den nordlichen

Eircars nicht , weil deren Einkünfte ſich durch Em . pórungen der Zemindars, oder falſche Maaßregeln der Regierung von Madras, vermindert hatten, verweigerte dem Subah die Hülfe gegen die Mas ratten , und bemachtigte ſich , allen vorhergebens

ben Eraktaten zuwider, des ſüdlichſten Kircars Condavir ( Guntoor ), um von Carnatic aus eine

durch fremdes Gebiet ungehinderte Verbindung mit den übrigen Eroberungen und ſelbſt Bengas len zu erlangen .

Der Subah von Dekan ſtellte

ſich baậer an die Spige der oben beſchriebenen liga, die 1

y) . oben $. 472.

feit 1748 biß auf unſere Zeiten . 523 die gefährlichen Fremden aus Indien zu vertreiben . Er überließ zwar dieſes Geſchafft ſeinen Bundsges

noſſen , weil ein fhátiger Angriff auf die Beſikuns gen der Englander feine Kräfte überſtieg, oder er fich nach indiſcher Weiſe von ihnen durch Unterhands

lungen tåuſchen ließ , und hatte daher von ſeinen Bemühungen, die furchtbarſten Mächte Hindoftans gegen die ſchnell empor gekommenen Europåer vereia

nigt zu haben , den kleinſten Vortheil. Nizam Ali ward in den nachherigen Friedensſchlüſſen mit den Maratten und Hyder Ali übergangen, und der Ents

wurf , ihm gegen eine Summe Geldes die fammtlis

chen Circars nordwårts des Kiſtnafluſies abzutres ten , oder die engliſchen Eroberungen auf der Küſte Coromandeldurch den Kiſtnafluß gegen Norden eins

zuſchränken , kam nicht zu Stande. Vielmehr ges 1. rieth dieſer wankende , übelgeleitete, und wegen der {age ſeiner {ånder ohnmachtige Fürſt in eine neue Abhängigkeit, wovon er ſich erſt in unſern Eagen befreiet hat.

Weil er aus ſeinen durch die Morats

ten gelegentlich verbeerten und jerſtückelten ländern geringe Einfünfte zog , feine Kriegsmacht alſo aus einem roken Haufen völlig ungeübter und noch

ſchlechter bewaffneter Soldaten beſtand , ſo nahm er 1785. ein Corps engliſcher Seapons in Sold, die ihn beinahe zum , bloßen Vafallen von Madras

erniedrigten. Von dieſer Zeit an iſt der Subak von Dekan ein treuer Bundógenoſfe der Engländer geblieben , und weil ihm außer den Maratten der Nabob oder der Sultan von Myſore der gefährs lichſte Nachbar war , ſo verband er ſich 1792. und, 1798. zu deſſen Unterdrückung. Seine Druppen haben freilich zur Zertheilung des unter zwei Re. genta

524. Hauptveränderungen von Defan genten ſehr vergrößerten Reichs Myſore wenig beis getragen , jedoch half ſeine marattenartige Neiterei die Operationen der Engländer'ſchneller ausführen. Doch ungeachtet der engliſchen Truppen , welche

in ſeinem Gebiete vertheilt waren , und des englis ſchen Reſidenten an ſeinem Hofe, wäre 1797. die

Berbindung mit England beinahe aufgeloſt wors den. Von den vielen europäiſchen Glücksrittern , die ſich im Dienſt indiſcher Fürſten emporzuheben ſuchen , von den vielen Franjoſen , die im Unfange des Revolutionskrieges der engliſchen Gefangen .

ſchaft entronnen waren , oder vielleicht als Apoſtel der Freiheit und Gleichheit Nizam Ali's Gebiet zu ihren Abſichten wählten , befand ſich ein Mann von beſſerm Schlage , Namens Raymond , in Der

kan , der bei långerm Leben oder größerm Einfluß auf des. betagten Subah (dywankende Rathgeber

das Anſehen des weiland gefürchteten Nijam von Defan vielleicht wieder Gerſtellen konnte. Er bils dete aus dem armſeligen zuſammengelaufenen Ge. ſindel, welches Nizam Ati bisher als Truppen uns

tervielt , ein auf europäiſche Urt geübtes Heer, wel.

ches beſſer oder nur gehörig bezahlt, den Subah hintánglich bertheidigen konnte. Weil aber von deſſen vier erwachſenen Söhnen ein jeder des alten Baters Nachfolger ſenn wollte , und einer von dies

ſen durch den Sultan von Myſore, oder den Jafos binern , welche jenen unglücklichen Fürſten zulekt beherrſchten , ſeine Abſicht auszuführen glauste, ſo ward dem Nizam fein eigenes Heer zuleßt ſelbſt furchtbar, und er mußte es 1798. mit engliſcher

Hülfe eñtwaffnen. In

ſeit 1748 bis auf unſereZeiten . 525 gu den beiden vorher genannten Kriegen ges gen den Sultan von Myſore vermehrte er ſeine låns der anſehnilich . Von den ſüdlichen Provinzen , die

Hnder Uin oder Tippo Saheb ikm oder ſeinen Vor. fahren entriſſen hatten , erlangte er in den beiden

bekannten Theilungen 1092 Quadratmeilen wieder, welche größtenteils aus den Beſigungen der patas niſchen Fürſten , ſeiner ehemaligen Vafallen bes

ſtanden , auch gewann Nizam Ali durch dieſe Eros berungen jenſeit des Kiſtnafluſſes über ſechstehalb Millionen Rupien an jabrlichen Einfünften. Er bgt ſie aber fåmmtlich in einem neuen Vertrage mit der Regierung von Madras 1800. ihr wieder überr laſſen , bis auf diejenigen Diftrifte , welche nords warts des Tombudrafluſſes liegen. Dagegen aber iſt dieſer Fürſt von der Verpflichtung befreiet wor ,

den , ſechstauſend vierhundert Mann engliſcher Iruppen in ſeinem lande zu unterhalten :).

Die Staatsveränderungen , welche während dieſes Zeitraums in Carnatic vorfielen , gången mit den Ungelegenheiten der Präſidentſchaft Madras und der Regierung von Pondichery ſo genau zuſam . men , daß man ſie nicht füglich von einander trens

nen kann ,ſondern beide zuſammengefaßt werden müſſen . Die engliſche Handelsgeſellſchaft in lon:

don , welche zu Anfange ibres indiſchen Verkehrs auf die beiden Handelspláße Suratte in Concan und Maſſulipatan auf der Küſte Coromandel eins geſchränkt war , erhielt 1645. von einem Abkomms linge der alten Regenten von Bisnagar den carnas

tiſchen Flecken Chinapatan , wo hernach die Bes. ſtung St. Georg nebſt der Stadt Madras erbauet wurs

3) S. Aſiatic annual Regiſter for 1800. S. 140.

526 Hauptveränderungen von Dekan wurde, und 1684. von Sambagi , dem zweiten marattiſden Großfürſten , das rúdlicher liegende

Cuddalore ( Eudulur), welches von der dabei ans gelegten Veftung auch den Namen S. David führt. Dort und in andern Seehafen waren fie blos mit

dem Handel beſchafftigt , der zwar durch die Fürs À

ften des Landes und deren Beamten oft genug ges ſtórt wurde , allein vor dem Achner Frieden wagten

es die Engländer nicht , Gewalt mit Gewalt zu vers treiben , oder an den indiſchen Staatshåndeln Theil zu nehmen . Nach ihnen hatten ſich die Franjoſen auch auf dieſer Küſte eingefunden , welche vorher

blos als Handelsleute Suratte und Maſſulipatan beſucht hatten. Sie erlangten 1676. von dem Rós

nige von Biſapur den Flecken Pudutſchery , der all,

máßlich ihre Hauptniederlaſſung wurde. Das tand Carnatic, worin die vorhergenanns ten Beſtungen der Englander und Franzoſen lagen ,

Dehnt ſich zwiſchen den öſtlichen Ghauts und dem Meere långſt der Seefiſte von dem Cavernfluſſe

bis zum Gondegamına aus, und hatte früher gleiche Schickſale wie das Reich Bisnagar , von dem es eine Provinz war. Es mußte ſich wie das Haupts land bisweilen den Sultanen von Viſapur und

Golconda unterwerfen , latte aber zu Zeiten eigene Fürſten vom Stanime der alten Rajahs von Biss nagar , welche bald in Chandegerri bald in Vellore

reſidirten “, und ward - gegen Ende des fiebzehnten Jahrhunderts von Uurungzebe's Feldherren bezwuns gen . Vor diefer lekten Einnahme war Carnatic in mehrere Herrſchaften dertheilt , und wir finden

in Gingi und andern Hauptveſtungen mehrere Res

genten , die halbwilden Polygars in den weſtlichen

527

ſeit 1748 bis auf unſereZeiten.

Sebirgen und nördlichen Waldungen ungerechnet. Unter der Oberherrſchaft des Kaiſers von Delhi ward dieſe anſehnliche Provinz qum Gebiet des Sus bah von Dekan geſchlagen , der dort zur Erhaltung der Ruhe und ordnungsmåfigen Hebung der { ans. desgefalle einen Stellvertreter beſtellt hatte, der bald Nabob von Carnatic , bald von ſeiner Reſis denz Nabob von Arkot genannt wurde. Einer +

von dieſen , welcher Sadatulla hieß, und von 1711 . bis 1732. dort regierte , wagte es zuerſt nach der

Unabhängigkeit zu ſtreben , und die Nabobswürde in ſeiner Familie erblich zu machen.

Da er keine

Kinder hatte , nahm er zwei Bruderſökne an deren Statt an , den älteſten, Doaſt Ali , ernannte er zu ſeinem Nachfolger in Carnatic , und den sweis ten , Bokar Ali , zum Befehlshaber in Vellore. Sabatulla's Vorfahren hatten ihre Herrſchaft ges

gen Süden gewiſſermaßen bis Kap Comorin aus, gedehnt, und die Fürſten oder Rajahs von Eritchis napoli, Tanjore , Madure und anderer kleinen Staaten zur Zinsbarkeit gezwungen , ſie pflegten aber das ihnen auferlegte goch bei der erſten Geles

genheit abzuwålzen. In Tritchinapoli entſtanden 1736 , nach dem Tode des lekten Fürſten , Unry. hen wegen des erledigten Throns. Um dieſe zu ſtils len , eigentlich aber um ſich der wichtigen Veſtung zu verſichern , welche dem ganzen Xande den Namen

gab, ſchickte Doaſt Uli, der zweite unabhångige Mabob von Carnatic, feinen Schwiegerſohn Chunda

Saheb mit einem Heere dorthin , der die Beſtung Eritchinapoli nebſt dem ganzen tande eroberte , als lein altes får fich behielt.

Dem damaligen Subah

von Defan , Mizam ul Mule , war der Abfall von Cars

528 Hauptveränderungen 'von Defan Carnatic ſo wenig als die Eroberung von Trichinas poli gleichgültig, und er würde gewiß ſeinen widers

ſpenſtigen Daſallen beſtraft haben , allein feine Ges genwart war wegen des perſiſchen Einfalls in Délyi

nöthiger. Er überließ es daher den Maratten, den unge orſamen Nabob durch Verheerung ſeines dans des jų zůchtigen.

Sie fielen auch fchon 1740. in

Carnatic ein , Doaſt Uli eilte ihnen mit ſeiner gans gen Macht entgegen , blieb aber in einem Treffen gegen die Maratten.

Sein Sohn Subdar Uli

folgte ihm in der Regierung, und befreieté ſein (and durch eine große Summe Geldes von den Feinden. Da er aber den Maratten in einem geheimen artis Fel Tritchinapoli überlaſſen hatte , dass ihm ſein Schwager Chunda Saheb vorenthielt, ſo wandten

ſie ſich 1741. dorthin , nahmen das ganze land in Beſik , und Chunda Saheb ward als Gefangener

nach einer Beſtung in der Gegend von Setterak abgeführt.

Subdar Ali behauptete ſich alſo in der anges maßten Würde , und hatte das Bergnügen , feinen Gegner , der ihm die Nabobswürde ſtreitig machen konnte , weit von ſicly entfernt zu ſehen . Wie er

aber , um die den Maratten verſprochene Summe abzutragen , 1742. ſeinen Befehlshabern in den

Beſtungen und den übrigen carnatiſchen Baſallen große Schatzungen auferlegte , und an dem mách , tigſten von dieſen , dem Morti; Uli , Nabob von Vellore , gleiche Forderungen machte , ſo ward . er von ihm ſchon am 2. Oktober 1742. Vergiftet.

Er hinterließ zwar einen minderjährigen Pringen, Namens Seid Maboinet, den des Vatere Freunde als den rechtmäßigen Nabob erkannten , allein der Mór.

ſeit 1748 bis auf unſere Zeiten.

529

Mörder Mortiz Ali Hatte einen großern Ungang, und ließ ſich als Fürſtvon Carnatic ausrufen . Um dieſe Zeit war der alte Nigam wieder nach Delhi zurückgekehrt, und die Unruhen in Cars natic , welches nebſt andern füdlichen Provinzen

ſich ſeiner Herrſchaft entzogen hatte , beſchafftigten ſeine Uufmerkſamkeit vorzüglich. Er kam auch mit einem ſo zahlreichen Heere in dieſe Proving, daß es niemand wagte, ihm Widerſtand zu leiſten . Die Stadt Arcot ward nebſt andern Veſtungen bald ets

obert, die Maratten wurden aus Trichinapoli ohne Mühe pertrieben , und er beſchloß, einen neuen Nas bob von Carnatic zu ernennen , deſſen Treue ihm unverdåchtiger war.

Wie er aber fand , daß die

Einwohner ſehr für Sadatula's Familie eingenom . men waren , fo fegte er úber deſſen jungen Urenkel, Seid Mahomet , einen Vormund. Dies war Ans warodien Khan , der Stammdater der gegenwårs tigen Nabobs von Carnatic, der ſich ſchon in Aus

rungzebe's Kriegen ausgezeichnet hatte.

Mortiz

Uli blieb wegen der begangenen Frevelthat unbes ſtraft, und behauptete ſich ferner in Bellore. - Er frat aber ſchon 1744. wieder in Carnatic auf , in

welchem Jahre der junge Nabob auf fein Anſtiften ermordet wurde, und Dupleir ihm die Nabobes würde anbot, um den engliſchgeſinnten Anwarodien

durch einen Nebenbuhler zu beunruhigen. Mortif Ali beſaß aber blos den leeren Titel , denn da er zu feige war , ſeinen Gegner zu befriegen , und ſich nicht in Dupleir Plan fügen wollte , ſo begnügte er

fich mit dem Beſige von Vellore, und nahm , fo viel wir wiſſen , an den ſpåtern carnatiſchen Hans deln feinen Theil. Seine Beſtung ward 1761. von s . Th. 2. Abth.

11

den

530 Hauptveränderungen von Dekan den Engländern erobert , und er ſcheint damals in ihre Gefangenſchaft gerathen zu ſern. Unwarodien blieb alſo im Beſige von Carnas tic , und unter ihm ward die alte Verbindung mit

dem Subay von Defan wieder bergeſtellt, welche aber nicht von langer Dauer war.

Während dies

ſer Vorfälle wurden England und Frankreich in den öſterreichiſchen Succeſſionsfrieg verwickelt, und fuchten einander aus Indien abermals zu vertreis ben. England berlor fchon 1746. Madras nad) einer kurzen Belagerung. Dupleix hatte zwar vers

ſprochen , dieſen Sie der zweiten brittiſchen Präſis dentſchaft dem Anwarodien nach der Eroberung

einzuråumen. Wie eraber fein Verſprechen nicht erfüllte , verband der Nabob ſich mit den Englåns dern. Hierauf glaubte Dupleir S. David eben ſo leicht einzunehmen , ward aber zweimal mit Vers luſte zurückgeſchlagen. Die Engländer wagten biers auf 1748. einen Ungriff auf Pondichery , der ebens

falls mißlang, bis zulegt die Nachricht des geſchloſs fenen Uachner Friedens den Feindſeligkeiten in Des kan ein Ende machte, und die Angelegenheiten beis

der Geſellſchaften auf den vormaligen Fuß wieder herſtellte. Nach dem Frieden war Dupleir wieder mit

neuen Entwürfen beſchäfftigt, die Macht der Frans goſen in Indien empor zu bringen , und dazu fand ſich in Carnatic eine günſtige Gelegenheit . Biele. von den angeſehenſten Einwohnern waren mit der Regierung des ihnen gewaltthårig aufgedrungenen Nabobs unzufrieden , oder mißgonnten ihm die Ebre, eine ſo anſehnliche Provinz zu beherrſchen,

und es fehlte nur an einem fügnen und entſchloſſes nen

ſeit 1748 bis auf unſere Zeiten . 531 nen Manne , ſich an die Spike der Mißvergnüge ten zu ſtellen.

Ein ſolcher fand ſich bald in der

Perſon des Chunda Saßeb , der ſeit 1741. ein Ges . fangener der Maratten war , und durch ſeine Gen

malin , welche damals mit ihren Kindern in Pons dichery lebte , zu Sabatulla's Verwandtſchaft ges Horte. Mit ſieben Sac Rupien befreiete Dupleix ihn aus den Händen der Maratten, und ließ ihn 1749. nach Carnatic kommen. Bei ſeiner Ankunft hatte ſich dort Murzafa Jung zum Subah von Defan ausrufen laſſen , und rüſtete ſich , mit Hülfe der Franzoſen ſeinen Dheim dieſer Würde zu beraus

ben . Chunda Saheb fand ſich bei dem Heere dier ſes Prátendenten ein , erkannte ihn als den rechts máßigen Subak , und erlangte dagegen von ihm die Nabobswürde von Carnatic , doch mußte dieſe

Provinz erſt erobert werden . Beide brachten ſehr bald ein anſehnliches Heer zuſammen , welches Dus pleir durch franzöſiſche Hülfsvólfer verſtärkte. Uns warodien , der wirkliche Nabob , unterließ damals

aus Gründen , die wir nicht wiſſen , bei den Enge låndern in Madras Beiſtand zu ſuchen , welche ſich gerade in einen ähnlichen Kampf um das Fürſtens thum Tanjore eingelaſſen hatten. Beide Heere trafen endlich bei Amoor auf einander , Anwaro ,

dien ward beſiegt , und verlor das Leben in dieſem

Treffen . Sein ålteſter Sohn verlor ſich in dieſer Schlacht, und ward einige Zeit für todt gehalten, kam aber während des liebenjährigen Krieges wies der zum Vorſcheine , half ſeinem Bruder die abges

fallenen Fürſten von Madura , Maravor und Dis nevelly befriegen , und lebte noch 1768. an Hyder

Aly's Hofe . - Der jüngſte Sohn , Magomet Ali, 41 2

wab

532 Hauptveränderungen von Dekan lage

er 1h Nied

ich

glückl

oms

entf

men ,und ſich nach gerettet , und e Trichinapoli n tete hatte dort beſſer Zeite . erwar

Durch dieſen Sieg beveſtigte Chunda Saheb 4

ſeine Herrſchaft, und er belohnte die Bemühungen des franzöſiſchen Befehlshabers durch ein Geſchenk von ein und achtzig indiſchen Dörfern in der Nachs

barſchaft von Pondichery. Jézt rieth ihm Dupleir, ſeinen einzigen Gegner , den Mahomet Uli in Iris

chinapoli, aufzureiben , ehe er neue Kräfte fam . meln konnte. Allein die Kriegskaſſe des neuen Nas bobs war ungeachtet der ſtarken Contributionen , welche ihm feine Unterbefehlshaber in den Veſtuns gen uno

um dieſe zu ergänzen führte er ſeine Cruppen nach

Tanjore, deſſen damals reiche Fürſten , nebſt ihren ſüdlichen Nachbarn , dem Nabob von Carnatic

ſeit 1742. den ſchuldigen Tribut verweigert hatten, Endlich erregten Dupleix Vergrößerungsplané die Aufmerkſamkeit der Regierung von Madras , und ſie beſchloß , ſeinen Abſichten möglichſt entgegen zu arbeiten. MahometUli ward durch engliſche Trup,

pen unterſtüßt, und überhaupt verbeſſerte ſich ſeine anfangs mißliche Lage zuſehends, Salabad Jung, der damals als wirklicher Subah in Dekan regierte, ernannte ihn zum Nabob an die Stelle ſeines ges

bliebenen Daters, und ſchickte ihm einen Haufen Maratten zu Hülfe; auch der damalige Regentvon Myſore eilte zu ſeinem Beiſtande herbei , wie er

ihm die Beſtung Trichinapoli verſprach, ſobald er ſeine Nebenbuhler überwåltigt Haben würde. Bis 1752. befriegten alſo Chunda Saheb und Mahomet Ali einander meiſt in den ſüdlichen Ses

ſeit 1748 bis auf unſere Zeitet. 533 Gegenden von Carnatic.

Die in dieſer Zeit vore

gefallenen Gefechte , Belagerungen und Miederlas

gen , gehören nicht in unfern Plan , um ſo mehr da ſie von Orme längſt mit großer Genauigkeitbeſchries ben ſind. Anfangs ſchien das Glůck dem Chunda Saheb günſtig , und er wagte es fogar, ſeinen Gegs ner 1751. in Tritchinapoli zu belagern. Wie ec aber nebſt ſeinen franzöſiſchen Bunosgenoſſen auf

der Inſel Seringham eingeſchloſſen ward, und ſeine Perſon, um nicht ſeinem Gegner in die Hände zu fallen , insgeheim dem Generale der tanjoriſchen Sruppen anvertrauete , fo warb er von dieſem ers

mordet. Obgleich die Franzoſen bei der Uebergabe von Seringham an dreitaufend Mann verloren, ſo blieb ihre Kriegsmacht dennod, zahlreich genug, dem

Mahomet Ali den Beſik von Carnatic ſtreitig zu machen. Da ſich aber reine Anhänger nach dem Lode ſeines Gegners vermehrten , auch Madras

anſehnliche Verſtärkungen aus Europa erhielt ;- To würden ſie doch auf die Långe ihren Plan , dem

Sohne des ermordeten Chunda Saheb die Nabobs würde zu verſchaffen , haben aufgeben müſſen , als

unerwartet Kommiſſarien aus Europa anlangten , die Streitigkeiten beider Handelsgeſellſchaften zu vermitteln . Dieſe brachten zuerſt einen Waffens

ſtillſtand und gegen Ende des Jahres 1754. fole genden Vergleich zu Stande, der aber erſt von beis

den Hófen london und Paris Beſtåtigung erhalten Pollte. Nach dieſem ward beiden Theilen unters

fagt, ſich in die Angelegenheiten indiſcher Fürſten ju miſchen , und ſie blieben im Beſige aller Veſtun, gen und Landſchaften , welche ſie bei Schließung

des Vergleichs inne gatten , auch ward derHandel 113

beider

534 Hauptveränderungen von Dekan beider Geſellſchaften auf den alten Fuß geſtellt “). Sichtbar gewann Frankreich, bei dieſem Vertrage, 1 : denn die Einkünfte von den Sandſtrichen , welche ſie der Freigebigkeit der Subahs von Dekan und an.

derer Fürſten verbankten , ſtiegen auf 6,842,000 Rupien , da hingegen England aus feinen neuen Acquiſitionen, Eritchinapoli mit eingeſchloſſen, das von engliſchen Truppen befekt blieb , nur 800,000 Rupien einnahm . Doch war es für bie Präſident.

ſchaft Madras vortheilhaft, daß nach dieſem Vers

gleiche der unternehmende Dupleir Indien verlaſ ſen mußte, und ſeine Nachfolger nicht Månner von

gleichen Kenntniſſen und gleicher Thátigkeit waren . Da der ſiebenjährige Krieg den zwiſchen Enge land und Frankreich 1754. geſchloſſenen Vertrag

entkräftete , und beide oſtindiſche Handelsgeſellſchafs ten , durch Flotten und Mannſchaft unterſtüßt, einander zu fchwächen ſuchten , ſo ward Carnatic abermals der Schauplak ihrer Feindſeligkeiten , die bis 1761. fortdauerten . Unfangs ſchien das Glück den Franzoſen günſtig, und ſie eroberten die englis fcbe Veſtung S. David.

Uber auf Tritchinapoli

ward ihr Angriff vereitelt ; eben ſo wenig konnten fie den Rajah von Tanjore überwältigen , der Mas

Komet Uli's Partei genommen hatte , und ſie mußs ten 1758. die Belagerung ſeiner Hauptſtadt auf: heben. Zur See wich ihre Flotte immer vor den Engländern, und dieſe, von ihren andern Präfte dentſchaften verſtårkt, eroberten 1759. Maſſulipas tan nebſt den nordlichen Circars.

Im folgenden

Sagre mußte die franzöſiſche Beſaßung die Beſtung Singi, a) Moſſels beknopte Hiſtorie van het Mogolſe Key Terryk .

. 57. 26.

ſeit 1748 bis auf unſere Zeiten. 535 Gingi', im ſüdlichen Carnatic , räumen , und 1761. ward Pondichern , der Hauptſiß ihres Handels und ihrer Regierung, nach einer Hartnäckigen Belages rung bezwungen . Ihr Heerführer Ially gerieth mit allen unterhabenden Truppen in die Gefangenſchaft, and in drei Jahren waren ſie aus allen ihren Eros

berungen auf der Küſte Koromandel verdrångt. Ihre übrigen Befißungen in Bengalen und Mala. bar gingen ebenfalls verloren , ſo daß gegen Ende des Krieges ihre aufleute, gleich ihren Heeren, gno dien råumen muften. Weil den Siegern während

deſſelben der Befehl der franzöſiſchen Regierung in die Hände fiel, alle den Engländern entriſſene Plage von Grund aus zu zerſtören , ſo bedienten ſich dieſe Hernach des Vergeltungsrechts gegen die feindlichen Handelspláke, vorzüglich gegen Pondichern . Nicht nur alle Veſtungswerke wurden geſprengt , ſondern

auch die vornehmſten Gebäude niedergeriffen , ſo daß Frankreich im Frieden von 1763. einen bloßen Steinhaufen wieder erhielt, welchen die meiſten Einwohner verlaſſen hatten , und aus dem atler Handel entflohen war. Der Nabob Mahomet Ali verhielt ſich in dieſem Kriege meiſt leidend , doch Foſtete er ihm der beſten Theil ſeiner Einkünfte, denn er mußte ſeinen Bundsgenoſſen zur Führung deſſelben ungeheure Subſidien erlegen . Der Pas riſer Friede , der 1763. den Krieg in Europa ens

digte , beruhigte auch Carnatic wieder. Frankreich erlangte zwar ſeine alten Beſikungen zurück, mußte aber alle in Defan , Carnatic und Tanjore, durch Dupleir ſchlaue Stúnſte erlangte Diſtrifte fahren laſſen , auch den Mahomet Ali als rechtmäßigen Nabob erkennen .

{ 14

Dies

536 Hauptverändećungen von Dekan Dieſer Fürſt, Der ſchon während des Kries ges ganz von den Engländern abhing, ward nach

demſelben ihr vollig unterwürfiger Bafall, oder ein eigentlicher Titularfúrſt. Seine länder wurden in allen ſpätern Kriegen der Englánder aufs ſchreck,

lichſte verheert , und durch Hungersnoth und Peſt entvolkert. Er mußte dieſen ſo genannten Beſchů, Bern ſeine ganze Einnahme überlaſſen , ſo daß ihm kaum die für ſeinen Hofſtaat nöthigen Summen

übrig blieben, und weil ſeine Einkünfte nie zu den verlangten Subſidien hinreichten , ſich in eine bes ſchwerliche Schuldenlaſt verwickeln. In Friedens,

zeiten lagen engliſche Garniſonen in ſeinenVeſtuns gen und Gránzplågen , die er beſoiden und unters halten mußte, zulegtward er gar gezwungen , enge

liſchen Befehlshabern dieEinkünfte ganger Diftrifte anzuweiſen , und der Regierung von Madras die

ganze Verwaltung ſeines Landes zu überlaſſen. · Uls les, was diefe vonihm verlangte, mußte er befolgen, weil er nebſt ſeinem ganzen Sande in den Händen deř Engländer war , und ſogar Madras zu ſeinem Wohnorte wählen . Eine Menge Traftate ſindvon Zeit zu Zeitzwiſchen ihm und jener Präſidentſchaft geſchloſſen und wieder vernichtet worden , aber deſ ſen ungeachtet haben igre Forderungen an ihn nicht

aufgehört. Die Engländer ſind Herren feines lans des , ſo wie von Bengalen , das ebenfalls einen eis genen Nabob hat. Don 1350. bis 1766. hat

ihnen Mahomet Ali 71935,000 Sternpagoden (eine Goldmünze , beinahe drei Reichsthaler an Werth , oder an 23,805,000 Shaler) baar erlegt, und dennoch blieb er ihnen 8,500,000 Pagoden

( 25,500,000 Thaler) ſchuldig, welche ſich bis 1787. )

feit 1748 bis auf unſere Zeiten .

1787. wenig vermindert hatten. .

537

Damals wart

zwiſchen ihm und der Regierung von Madras ein

neuer Vertrag geſchloſſen . Nach dieſem zahlte er in Friedenszeiten zu Erhaltung des engliſchen Kriegse etats jährlich drei Sac Pagoden ; ward Madras aber in Krieg verwickelt , ſo war er verpflichtet,

vier Fünfthcile ſeiner Einkünfte zu den Koſten zu bezahlen , und dieſe Kriegsſteuer auch im Frieden ſo lange zu erlegen , bis alle Forderungen der Pras

fidentſchaft Madras berichtigt waren.

Sým blies

ben daher für ſeinen Hofſtaat und andere Ausgas

ben nicht mehr als 234,787 Rupien übrig , fo daß er oft genótbigt wurde , zur Erhaltung ſeiner zaht reichen Familie neue Schulden zu machen .

Mahomet Ali iſt, öffentlichen Nachrichten zu folge, am 15. Jul. 1801. geſtorben, und über dieVers waltung ſeines Landes zwiſchen der Präfidentſchaft Madras und ſeinem Nachfolger ein heftiger Streit entſtanden , der noch nicht beigelegtiſt : weil uns aber

über dieſe Håndel, in welchen Madras einen Mefe fen des alten Nabobs gegen den Sohn zu begún. ftigen ſcheint, authentiſche Nachrichten fehlen , ſo

können ſie hier noch nicht beſchrieben werden. Das im vorigen Jahrhunderte etwa dreißig

Jahre lang furd )tbare Reich Myſore, deſſen Aufe löſung 1799. erfolgte , war bis 1760. ein zinsbas reb lehen der Regenten von Bisnagar , Vifapur und Hyderabad , und in der Geſchichte von Dekan ſo unberühmt , daß es kaum unter den ihm an

Macht und Umfange åhnlichen Polygars und Nais

renſtaaten dieſer Gegend erwähnt wird. Beiláufig erſcheint daſſelbe 1584.4beim Feriſyta " ) ; allein 15

die

6 ) Hiſt, of Dekkan , V. I. S. 329. !

538. Hauptveränderungen von Detan die damals dem Rajah Mectadery von Myſore von ſeinem Oberberrn auferlegte Strafe von fünf und zwanzig Elephanten beweiſet ſowohl die Beſchaffens Heit feines Gebiets , das nur aus Wald und Die

cicht beſtand , als die Armuth deſſelben , der feie nem Lehnsherrn weder Gold noch Edelſteine dars bringen konnte, und deſſen Geſchichte fönſt in Duns 7

kelheit verhüllt ift.

Da die indiſchen Fürſten , ihre

Macht mag noch ſo eingeſchränkt, und ihr Gebiet noch ſo unbeträchtlich feón , Geſchlechtsregiſter bes

fiken, worinn ihre Vorfahren feit Jahrtauſenden verzeichnet ſind ); ſo haben ſich dergleichen in uns ſeru Tagen auch von Myſore aufgefunden , und ein ſolcher Stammbaum , der zwar nur zweihuni

dert Jahre hinaufſteigt, ward in Lippo Sahebs Pallaſte bei der leßten Eroberung von Seringapai fan entdeckt '). Nach dieſem hieß der Stamms bater aller nach ihm in Myſore regierenden Rajahs Worrear. ' Er lebte um 1610 , und ſein Gebiet beſtand urſprünglich aus der Veſtung Myſore und zwei und dreißig Dorfſchaften , das er aber bald

mit den Beſikungen ſeiner ſchwächern Nachbarn vermehrte , auch dadurch die Inſel im Fluſſe Cas vèrn erlangte, auf welcher hernach Seringapatan

erbauét wurde. Dbgleich ſeine Nachfolger theils Kinder, theils unfähige Prinzen waren , die ſich von ihren Miniſtern leiten ließen , fo erweiterte ſich

doch der Umfang ihres kleinen (andes allmåßlich durch Eroberung einiger Bergſchlöſſer und Vertreí. bung c) S. Liſt of the Rajahs of Sirinagur in the Asia . tic Regiſter for 1800. 6. 259 . D) 8. A. Beatſon View of the Origin and Con.

duct of the War with Tippo Sultan. 8. 229

ſeit 1748 bis auf unſere Zeiten . 539 bung der angrenzenden Polygars aus ihren Schlupfo

wpinkeln. Die Rajahsvon Myſore führten außer ihren Namen noch den beſondern Titel eines Dipoc

Rajab , oder des licht verbreitenden Fürſten , das her iqnen bei Tage und bei Nacht , felbſt wenn ſie auf die Jagd auszogen , brennende lampen vorges

tragen wurden ). Er ſcheint aber Bernach abgés kommen zu ſeyn, und findet ſich in der Titulas

tur des gegenwärtigen Fürſten nicht. Einige Reiſes beſchreiber haben von den mnſoriſchen alten Fürſten noch eine beſondere Art , Krieg zu führen , vers

zeichnet , daß ſie ihre Feinde in den Gefechten der Naſen beraubten , wesivegen ſie allen ihren Nach, barn ſo furchtbar wurden ). gn eben dieſem Jahrhunderte zeichnete ſich 1638. von den myſoriſchen Rajahs Ram Canterwa Narſa durd, Großthaten und glückliche Kriege aus, Er ließ zuerſt Goldmünzert, die Canteary Pagoden , prågen , welche die gewöhnliche Rechnungsmünze in dieſer Gegend geblieben , aber von geringerém

Wer:ke , als die Sternpagode an der Küſte iſt. Unter ihm fcheint ſich Myſore vom Reide Diſapur

abgeriſſen zu haben, war aber wårend dieſes Kam. pfes unter'mehrere Prinzen vertheilt, welche ſich 1684. den Sultanen von Golconda unterwerfen

mußten ). Jedoch war dieſe Oberherrſchaft von kurjer Dauer, und als Zurunggebe 1687. jenes Reich bezwang , mußten ihm auch deſſen Baſallen huldigen und Tribut bezahlen. Wie viel den Ras

jahs von Myſore auferlegt warb , iſt nicht zuver láſ e) Aliatic Regiſter for 1800. 8. 4. f) Fryers travels ®. 163.

9 ) Orme hiſtorical Fragments Ⓡ. 199. 1

540 Hauptveranderungen von Defan lånig bekanntgeworden, da aber ſpåterhin desKai fers Statthalter in Delan von ihnen ſieben lac Rus pien verlangten dies die gewefen, zuforfcheint ſeyn. Nach jenemverglichene Fürſten Some haben eine Menge Prinzen von Worrears Familie

in Myſore regiert, bis endlich der leßte, Chie Kiſia , 1760. von ſeinem Feldherrn Hyder Uly vom Tyrone verdrángt wurde , zwar den Schein der alten Herrſchaft übrig behielt, aber als deſſen Staatsgefangener von zwei lac Rupien leben mußs

te , bis er endlich in dem Pallaſte ſeiner Vorfahren 1766. ſtarb.

Die frühere Geſchichte des berühmten myſos riſchen Eroberers Hyder Alt iſt in große Dunkel,

heit verhüllt, weil Europåer in ſeinen Dienſten,

vorzúglich, Maitre de la Tour , ein franzöſiſcher Ofs ficier; ſolche blos von Hörenſagen aufzeichneten oder dabei aus Unfunde der Sprache Feine glaubo würdige Zeitgenoſſen befragten. Aus ſeiner Lebense beſdreibung ſind daher eine Menge Unrichtigkeiten

und Widerſprüche über Hyder Uly's Herkunft in Europa verbreitet worden , weil die einheimiſchent gleichzeitigen Quellen unbekannt blieben . Zwei ders

ſelben ſind ſeit kurzem úberſeßt worden "), und aus ihnen haben wir folgendes erfahren :

,, Hyder Aln's Vorfahren gehörten zum aras biſchen Stamme Eoreſhi, welche weiland den Eems pel zu Mecca beſchußten. Wenn ſie in Defan ein, wanderten , iſt nicht bekannt, aber ſie befleideten ſeit der Mitte des ſiebzehnten Jahrhunderts Magie ſtratswürden in der Stadt Cohir (Conr) im Ges

biete des Subah von Dekan , acht und zwanzig ins diſche 5 ) Aſiatic Regiſter for 1800. Characters S. 1...

feit 1748 bis auf unſere Zeiten . 541 diſche Meilen weſtwärts von Hyderabad Belegen , und gehörten zu den angeſehenſten Einwohnern dieſes Drts. Hyders Großvater verließ ,wegen far

milienzwiſtigkeiten dieſen Ort, und begab ſich nach Sera ( Sirpi) zu dem damaligen Kommendanten (Hakim ) der Sultane von Biſapur., der ihn zum Befehlshaber von þundert und funfzig Soldaten ernannte. Er vermählte ſich bald daraufmit der Tochter eines angeſehenen Mannes in Colar , und

wählte dieſen in per Nachbarſchaft der öſtlichen Ghauts belegenen Ort zu ſeinem Aufenthalte. Dort ward ihm ein Sohn geboren , Namens Futteh Aly ; dies .war Hyder Aly's Vater , der hernach funfs

zehnhundert mit {untenflinten bewaffnete Muſques tiers im Dienſte des Hafim von Sera befehligte, und deswegen den Titel Futteh Naic erhielt , weil Naic in der Skanſkritſprache einen Officier oder

Befehlshaber bezeidinet. Futteh Naic erzeugte den berühmten Hyder Uln , der ihm 1718. (1131 Jahr der Hegirah ) in Colar geboren wurde , und nahm

hernad) Dienſte beim Rajah von Mnfore, als ihm bei den in Sera entſtandenen Untugen der Sold

nicht bezahlt wurde. Seine untergabendeManns ſchaft zeichnete ſich durch Ordnung und Tapferkeit vor den übrigen Truppen des Rajah aus , ſo daß nach ſeinem Tode ſein Sokn Hyder Uly 1738. das Kommando über ſie behielt. In der Nachbarſchaft

von Myſore , welches damals noch durch ſehr enge Grenzen beſchränkt war , gab es mancherlei kleine

indiſche Bergs und Waldfürſten , die dem Herr. ſcher von Seringapatan bald zinspflichtig waren , bald gegen ihn ihre Unabhångigkeit behaupteten . Unter dieſen jog der zinsbare Fürſt von Bengelor Hins

542 Hauptveränderungen von Dekan Hyber Aly's Aufmerkſamkeit auf rich , und er brachte es bei dem erſten Miniſter oder Dalawai von My fore bald dahin , daß er ihn befriegen durfte. Nach

dem ſich dieſer Fürſt vergeblich in ſeiner Veſtung vertheidigt hatte ,mußte er 1746. um Frieden bits ten . Ihm ward zwar ſein Gebiet gelaſſen , aber

er mußte dem myſoriſchen Generale vier Lac Rupien bezahlen , und künftig verſprechen , acht {ac Ru pien Tribut nach Seringapatan einzuſenden . Der

Rajah von Bengelor feste fich ſchon im folgenden galire wieder in Freigeit; Hyder griff ihn alſo mit einem großern Heere an , beſiegte ihn 1747. abers mals , nahm ihn nebſt ſeiner ganzen Familte gen

fangen , und erhielt das Fürſtenthum Bengelor als Dienſtlegen. In dem Kriege, den Frankreich und England damals in Carnatic als Adiirte der Pråtendenten

auf dieſes land führten , befehligte er einen Cþeil

der myſoriſchen Eruppen , welche dem Mahomet ili zu Hülfe geſchickt wurden , wenn gleich rein Name nur bei einzelnen Gefechten genannt wird i), und

ſuchte für dieſe Hülfe die Beſtung Tritchinapoli ju

erlangen. Da aber dieſes fehlſchlug, gog das mm. ſoriſche Heer wieder in ſein Gebiet zurück. Um dieſe

Zeit, oder zwiſchen 1754. und 1760 , jerfiel Hong der Aly mit dem Dalawai , Namens Nundo Rai

(Nano Rajah), weil er den Tribut innebehielt, den die von işm bezwungenen Polygars in den nordlis chen Gebirgen hatten erlegen müſſen, und dem Mi

niſter nur einen kleinen Theil der erlangten Beute überniachte. Mundo Rai erkannte zu ſpát, daß er

ſeinemGeneralezu viele Sewaltübertragen, boundn 1) Orme I. Ⓡ . 369.

feit 1748 bis auf unſere Zeiten.

543.

von Hyders unternehmendem Charakter alles zu befürchten hatte. Er ſuchte ihn daher nach der Hauptſtadt Seringapatan zu locken , um ſich ſeis ner Perſon zu verſichern. Hyder , welcher durch

feineSpione am Hofe dieſe geheimen Nachſtelluns gen erfahren hatte , ließ ſich nicht abſchrecken, ſons dern zog , von ſeinen beſten und vertrauteſten Kries gern begleitet, nach der Hauptſtadt, nahm aber unter dem Vorwande eines Beſuchs den Miniſter in ſeinem eigenen Pallaſte gefangen , und der Ras jah Chik Kiſna war mit allem , was ſein Feldherr.

in Seringapatan vornahm ; dem Unſcheine nach zufrieden . Er erklärte ſogar in einer öffentlichen Berſammlung aller Staatsbeamten, es wäre längſt ſeine Abſicht geweſen , den Nundo Rai aus ſeinem Poſten zu entfernen , übertrug deſſen Wúrde dem Hyder Äly , nebſt allen Regierungsgeſchafften. Hys der , damit noch nicht vergnügt , verlangte von dem

Rajah die Dalawaiwürde erblich für ſich und ſeine Nachkommen , und erhielt ſie.

Da dieſer Fürſt,

gleich ſeinen Vorfahren , alle Staatsgeſchaffte dem Miniſter überließ , und ſich nicht aus feinem Pal. Jaſte entfernte, um die Vergnügungen deß Harems,

ſeiner Garten und anderer indiſchen Zeitfürzungen in Ruhe genießen zu können , ſo blieb Chik Kiſna

wie vorher in ſeinem Palaſte eingeſchloſſen. Hyder gab ihm eine Garde zu feiner Beſchüßung , und wies ihm von ſeinen Einkünften , welche damals zwei Millionen Rupien betrugen '), zwei lac Ru.

pien für ſeinen Hofſtaat an. Jedoch behandelte er. dieſen Fürſten bei öffentlicher Gelegenheit als ſeis

nen Oberherrn , führte die nachfolgenden Kriege in

1) Orme I. 6. 202 .

/

544 Hauptveränderungen von Dekan in deſſen Namen , und überſandte ihm von der ger machten Beute zuweilen Ehrengeſchenke.

Dieſer

Titularfürſt ſtarb ſchon 1766 , und Hyder ließ ihm zwei von feinen Söhnen nach einander in dieſert Schattenregierung folgen . Wie aber der lekte

Fürſt von des obengenannten Worrears Nachkome menſchaft, Chiaum , 1796. an den Pocken ſtarb,

fo hielt es Tippo Saheb nicht für nöthig , die leere Ceremonie der Ernennung eines Nachfolgers zu ers neuern. Chiaums Verwandte mußten ſogar iho r'en Pallaſt in der Stadt Myſore räumen , und ihs nen ward ein Fleines Haus in Seringapatan zur Wohnung angewieſen , wo ſie von einer ſehr vers minderten Penſion , von 7,965 Rupien , leben mußten.

Während dieſer Revolution in Myſore, die Hydern die unbeſchränkte Herrſchaft des ganzen Lans

des verſchaffte, war der Krieg der Engländer und Franzoſen ſo unglücklich geführt worden ), daß lektere alle ihre Eroberungen bis auf Pondichery verloren hatten . Als aber die Engländer auch dieſe

Veſtung einſchloſſen , ſo ſuchte der franzöſiſche Bes fehlshaber Sally úberall Hülfe, den Ort zu retten. Er fand ſie auch bei dem myſoriſchen Regenten Hys

der Aly , wie ihm außer andern carnatiſchen Dis ſtrikten 1760. die Veſtung Thiagar , nebſt ihrem Gebiete , und die füdlichen Landſchaften Madura und Einevelly angeboten wurden. Er ſchickte alſo

fünftaufend Mann unter ſeinem Schwager dorts bin , um die Franzoſen zu unterſtügen , die aber wegen eines Einfalls der Maratten in Myſore bald zurückgerufen wurden . Auch waren viele von den myſos 18. oben S. 534 .

felt 1748.bis auf unſere Zeitett.

845

moſoriſchen Großen mit der ganzen Expedition uns zufrieden , indem dadurch die Engländer gereizt

wurden , die füdöſtlichen Landſchaften von Myſore anzugreifen , worin Caroor , Dindigul und andere

Veſtungen lagen * ). Hyder war damals mit ſeis nem Landesherrn zerfallen , viele von den alten

Staatsdienern und Rathgebern des Fürſten über

Hyders Obergewalt eiferſüchtig, und dieſe Gahruins gen vermehrten ſich ſo , daß der neue Regent ſeine Stelle niederlegen , und mit ſeiner Familie Sering gapatan verlaſſen mußte. Zu gleicher Zeit war ein

Heer Maratten in Myſore eingefallen , um den lange růckſtandigen Tribut einzutreiben. Der Ras jak verſprach die Zahlung deſſelben , ermunterte die Feinde aber , nach der Hauptſtadt zu kommen , um mit ihrer Hülfeden rebelliſchen Hyder völlig zu unterdrücken. Hyder entflok fierauf nach Benges

lor , gog die nach Carnatic detaſchirten Eruppen

an fich, und ging den Maratten entgegen "). Wie er ſich aus dieſer Verlegenheit herauswickelte, das von ſchweigen ſeine Lebensbeſchreiber , wir wiſſen nur , daß er die Maratten mit Gelde befriedigte, alle verlorne Gewalt in kurzem wieder erlangte,

ſeine Gegner mit Gefängniſſe und Einziehung ihrer Güter beſtrafte.

Da bei der Vertreibung der Franzoſen aus Carnatic mehrere derſelben bei ihm Dienſte nağı men , fo brauchte er dieſe Fremben , feine Truppen auf europåifche Art zu bilden . Er Hatte ſeine ganze

Regierung durch franzöfiſche Officiere, Ingenieurs, 2164 m Orme II., 2. 677. 679 . :: n) Orme ). c . 685,

s. Th. 2. Abth .

Mm

-

( 546

Hauptveränderungen von Dekan

Artilleriſten und andere unter feinem Heere , und da er von ihnen eine beſſere Taktik erlernte, ſo ſtand

er mit diefer Nation immer in der genaueſten Vers bindung.

Nachdem der Friede zu Paris Carnatic ber ruhigt hatte , fing er 1763. an , feine Herrſchaft nach allen Seiten auszudehnen, und das Land Sera war Yeineerſte Eroberung. Diefes hatten die Mas ratten dem Subah von Dekan entriſſen , und dies ſer bemühete ſich vergeblich , daſſelbe wieder zu ers ' obern. Hyder 'verſprach ihm , fünf lac Rupien zu bezahlen , wenn es ihm nach Berjagung der Mas ratten abgetreten würde, und bemeiſterte ſich deſ

felben ohne Schwierigkeit.

Zu gleicher Zeit vers

ſchaffte ihm der Subah von Dekan die kaiſerliche Beſtåtigung und den Nabobstitel, nebſt allen

mit dieſer Würde verbundenen Ehrenzeichen . gm folgenden Jahre 1764. bezwang Hyder das Reich

Canara , welches durch dichte Waldungen und die weſtlichen Ghauts von ſeinem Gebiete geſchieden

war , bei Gelegenheit eines Erbfolgeſtreits . Das durch breitete er ſeine Herrſchaft bis an die Seen küſte aus , erlangte den Hafen Mangalor und die

Veſtung Bednur, deren Namen er in Hydernagur veränderte. Das Reich Sunda grenzte gegen Nors

ben mit Eanara , in welches fich die Portugieſen , Maratten und einige Polygars getheilt hatten .

Die erſtern fonnte er nicht bezwingen , aber die ans dern wurden aus ihren Eroberungen vertrieben , oder gezwungen , den neuen Oberherrn zu ers kennen.

Auch die Nairenfürſten auf der Küſte von

Malabar unterwarf er 1765. feiner Herrſchaft in einer

feit 1748 bis auf unſere Zeiten. 547 einer Art von Religionsfriege. Unter ihnen wohns ten ſeit dem Anfange des dreizehnten Jaħrgunderts Mahometaner , welche unter dem Namen der Mas

pelets ( Mapuleres , Mahapilla's ) fich vom Handel

und der Schifffahrt náþrten , und große Reichthús mer erfarben . Ihre Schake reizten die Habſucht der Nairenfürſten , ſo daß ſie die Uusrottung dies

ſer fremden Religionsfeinde beſchloſſen. Viele taus ſend Mapelets wurden freilich in dieſem langs der Küſte allgemeinen Blutbade erſchlagen , doch viele retteten ſich in die Nadybarſchaft der holländiſchen Veſtung Cranganor , und ſuchten bei ihrem Glau,

bensgenoſſen Syder Uly Hülfe. Er erſdien balo mit einem zahlreichen Heere , beſiegte die Mairens

haufen , welche ſein Vordringen verhindern wolls - ten , und nahm an den Gókendienern eine graus ſame Rache. Ihre Fürſten mußten die Verhees

rung ihres Landes und die gånzliche Vertilgung ihs rer Unterthanen durch ungeheure Brandſchakungen

· erkaufen , welche zum Teil ihre Kräfte überſties gen , ſo daß ſich einige von işnen , wie der Zamos rin von Calicut, der einmal der mächtigſte von dies

fen Mairenhäuptlingen war , aus Verzweifelung 事A

nebſt ſeiner Familie in ſeinem Pallaſte verbrannte.

Doch gelangte weder Hyder noch fein Nachfolger

zum ruhigen Beſize diefer Eroberungen. Bei jedem Kriege , den ſie in andern Gegenden von Dekan

führen mußten , fekten ſich die nie ganz unterjochs ten Mairen in Freiheit. Hyder ſuchte zulegt dieſe unruhigen Häuptlinge durch Abtretung ihres Fleis

nen Gebiets an die myſoriſche Oberherrſchaft zu ges wohnen , ſein Nachfolger Tippo Saheb hingegen

wüthete gegen die Widerſpenſtigen mit unerhörter Mm 2

Grau .

:)

548 Hauptveränderungen von Dekan Grauſamkeit, ließ ſie ohne Unterſchied des Alters oder Geſchlechts bei tauſenden niederhauen, und die Bráminen und Fakirs durch gewaltthåtige Bes ſchneidung und gezwungenes Rindfleiſcheſſen in Mus

felmånner verwandeln , ſo daß die Einwohner in zahlreichen Schaaren auswanderten , bis er endlich

1792. feine malabariſchen Eroberungen den Engs Tåndern überlaſſen mußte.

Mit ſeinen nördlichen Nachbarn , den Mas ratten , war Hyder in ewige Kriege verwickelt. Sie pflegten unter dem Vorwande, den Chout in feinen Ländern beizutreiben , dieſe häufig zu verwůs ſtert. Er mußte ihre Verheerungen entweder durch Geſchenke abkaufen , oder ſich mit ſeinen Truppen in den Hauptveſtungen einſchließen , wo die land. leute auch mit ihrer Haabe Sicherheit fanden , bis

die Maratten durch die Regenzeit zum Rückzuge ges nöthigt wurden. Hingegen war er in den lekten Jahren ſeiner Regierung gegen dieſe Tånderverwů. ſter glücklicher. Er entriß ihrem Peiſhwa und deſo

fen Bafallen den größten Theil ihrer ſüdlichen Eros berungen , oder die lehen der ehemaligen pataniſchen Nabobs, welche von einem veſten Bergſdiloſſe, wie die Befehlshaber von Darwar , Gojindergur, Karponelli, den Namen führten , und erweiterte dadurch das myſoriſche Reich bis an die Sombudras ‫܀܀‬

und Gutpurbaflüſſe, welche von Süden ver in den Kiſtna fallen.

Da die Engländer, als Schukherren des Nabobs von Carnatic, Hyder Uly's öſtliche Nadj. barn waren , ſeine wachſende Macht und Rüſtun.

gen ihnen einmal gefährlich werden konnten , und er auf Carnatic und deſſen füdliche Dependenzen Ano

ſeit 1748 bis auf unſere Zeiten .

549

Unſprüche zu haben glaubte, welche Hyyder Aln, als Inhaber der Påffe , durch die öſtlichen Ghauts ſchneller ausführen konnte , ehe die Truppen der Präſidentſchaft Madras' Geiſammen waren , ſo

ward er zweimal mit ihnen in Krieg verwickelt, ohne einer von beiden Mächten Vortheile zu vers ſchaffen . Der erſte Krieg , der in die Jahre von 1765 bis 1767. fállt, iſt oben ſchon berührt wors den , und daß er ihn in Verbindung mit dem Sus bah von Defan anfing , aber ohne ihn ens digte. Hyder überſchwemmte während deſſelben Carnatic mit ſeiner zahlreichen Reiterei, verheerte

dieſe Provinz nach indiſcher Weiſe, und ſeşte felbft Madras in Furcht und Schrecken. Weilaber die Engländer gegen ihn die Maratten aufhekten, Bombay ſeine Eroberungen in Canara angriff, und ſeinen Kriegshafen Mangalor einnahm , auch Hys

der , trok ſeiner Uebermacht, die Engländer nicht beſiegen konnte , ſondern vielmehr von ignen ges fchlagen warb , ſo ſchloß er am 4. April 1.769. mit ihnen Frieden , ohne an fåndern etwas zu gewins nen oder zu verlieren .

Während des amerikaniſchen Krieges hoffte

der Nabob von Myſore , dieſe låſtigen Nachbarn gewiſſer zu beſiegen , indem er an der bekannten ins diſchen liga Theil nahm . Er fiel daher 1780. mit 80,000 Mann in Carnatic ein , eroberte viele Veſtungen , und darunter Arcot , die Reſidenz des Mabobs Mahomet Aly , und rieb zwei engliſche

Heere unter den Oberſten Bailly und Braithwaite völlig auf. Da England damals zugleich mit den

Franzoſen und andern indiſchen Mächten Krieg füb. m 3

o ) S. oben S. 472.

ren

550 Hauptveranderungen von Dekan ten mußte, die franzöſiſche Flotte unter Suffrein der engliſchen die Herrſchaft zur See ftreitig machs te , und den engliſchen Seepláken aufCoromandel alle Zufuhr abſchnitt , fo entſtand in dem ſchon vom Feinde verheerten Carnatic eine grauſame

Hungersnoth , die an 540,000 Menſchen wegs raffte ) , diejenigen ungerechnet, welche Hyder als Rekruten , Weber und ſonſtige Handwerker wegführen ließ , um mit ihnen feine Staaten zu

bevölkern . Doch mit dem Jahre 1782. ånderte fich Hyder Aly's Kriegsglück.

Die Engländer

ſchloſſen mit ihren gefährlichſten Gegnern , den Max ratten , Frieden , Bengalen konnte, von dieſer Seite befreiet , Hülfstruppen nach Earnatic ſchis

cken , Madras erhielt Verſtårkung aus Europa, 3

7

darunter deutſdhe. Eruppen waren , auch Bombay wagte einen Angriff auf Hyders weſtliche Lånder, und eroberte in Sunda und Canara die Seeſtadte Carvar , Onor und Mangalor ,, nebſt der Hauptı Stadt Hydernagur. Zwar erhielt Hyder endlich die

lange erwartete Hülfe aus Frankreich , die aber theils zu ſchwach war , und daher nur Cudalore vor

den Engländern erobern konnte, theils zu ſpåt ans langte , weil die Engländer in Oſtindien vor ihrer {andung ſchon wieder zu Kräften gekominen waren ,

und Syyder Uln am 10. Dec. 1780. an einer Kranke

heit ſtarb, welche feine Unternehmungen in Care natic fehr verzögerte.

Sein Nachfolger Tippo Saheb fekte indeſſen den angefangenen Krieg fort , zwar verlor er 1783 .

verſchiedenie Beſtungen , welche ſein Vater in Cars

natic eingenommen hatte, und die Engländer grifs fen p ) Pennants View of Hindoftan , y. I. S. 132..

/

feit 1748 bis auf unſere Zeiten . 551 . fen feine füdlichen Provinzen Coimbettore und Dins

digul an , um von hieraus ſeine Hauptſtadt Serins gapatan zu bedrohen , oder ſich einen landweg nach Malabar zu eröffnen. Dagegen aber vertrieb er den Feind aus: Canara , eroberte Hydernagur nebſt aller verlornen Beute wieder , und ob er gleid, die Englånder nicht aus Tellicherry und andern malas bariſchen Handelspláken vertreiben konnte , fo bes

zwang er Mangalor nach einer langwierigen Belas gerung. Interdeſſen hatte der Friede zu Paris 1783 . den Krieg in Europa geendigt, und er verlor das

durch den Beiſtand der franzöſiſchen Truppen. Da ferner dieſer Krieg den engliſchen Handel in Oſtindien rehr ferunter brachte, weil die zum Ans kaufe der Baaren beſtimmten Gelder zu den Kriegss koſten verwandt werden mußten , und nie dazu hinis

reichten , und daher jede Präſidentſchaft mit einer großen Schuldenlaſt beſchwert war ; ſo gaben ſich

die Engländer alle Mühe, einen Frieden zu Stande zu bringen , der nach langen Unterhandlungen am 11. März 1784. zu Mangalor geſchloſſen wurde.

Daxin erhielt ein jeder wieder zurück , was er im Kriege verloren hatte , ohne daß dadurch die Grens zen beider Staaten verändert wurden .

Hyder Uly war wirklich ein ſeltner vortreff licher Regent, von dem ſeine indiſchen Zeitgenoſſen enimeny

und zugleich verſichern , daß er unter den mit ihm zu gleicher Zeit lebenden Fürſten ſeinees gleichen nicht gefunden habe. Er ermuntert den lands mann durch weiſe Gefeße, wüſte Gegetnedieenn anzus bauen , machte unter den Religionspar

keinen

Unterſchied , und erhob die Mahometaner nicht Mm 4

auf

552 Hauptberänderungen von Dekan auf Unfoſten der viel zahlreichern Hindus. Sein Hyeer ließ er durch Europåer ausbilden , welche er mit großen Koſten in ſeine Dienſte zog , und ſeine Beſtungen waren mit Kriegsvorråthen aller Art

kinlánglich angefüllt. Seinem Sohne Hinterließ er ein durch glückliche Eroberungen bis auf faſt 4200 Quadratmeilen vergrößertes Reich , von dem das

urſprüngliche Myſore, nach ſeinem Umfange von 1760 , höchſtens 1200 Quadratmeiten betragen

Die Zahl feiner Unterthanen läßt ſich, da in den indiſchen Staaten noch keine Volfsjáh. lungen eingeführt ſind , kaum ungefähr beſtimmen , allein da die Engländer in den beiden 1792. erlange ten gebirgichten Diſtrikten Barramahl und Salem die Einwohner våben zählen laſſen * ) , und man wol für die fruchtbarern Provinzen eine gleiche Bolksmenge auf die Quadratmeile annehmen kann, ſo möchte die Schakung ſeiner Unterthanen zwis mochte.

!

ſchen fechs und acht Millionen Seelen von der

Wahrheit wol nicht weit entfernt ſeyn.

S

Sein Sohn Lippo Saheb , geboren 1949, war ganz das Gegenbild feines Safers , und daher.

in allen Bemühungen , fein Reich durch Eroberun. gen zu erweitern , unglücklich.

Søn beſeelte ein

Feuereifer, die Hindus und Chriſten zu verfolgen und ſie durch die grauſamſten Mittel in Magomes taner umzuſchaffen. Er war ein harter, heftiger

und leidenſchaftlicher Fürſt, und an ſeinen Feinden Rache zu nehmen ſein Lieblingsgedanke. Mit dem Entwurfe , die Herrſchaft der Magometaner in Ins

dien wieder herzuſtellen , und die Engländer mit frans

9 ) Pattons Principles of Afatic Monarchies O. 211 .

ſeit 1748 bis aufunſere Zeiten. 553 franzöſiſcher Hüffe aus ihren Eroberungen zu vera jagen , oder ſie auf den bloßen Handel einzuſchrám - Een , war er Tag und Nacht beſchafftigt. Er liebte

Neuerungen , und ein kaum þalb durchdachtes Pron jeft folgte dem andern. Daher veränderte er den Titel feines Vaters , der ſich mit der Nabobstvurde begnügt hatte , und vertauſchte ign mit dem erhas benern eines Sultans, bezeichnete ſeine Münzen mic

eigenem Namen und Titel , um ſeine Unabhángige keit von dem entfernten , ohnmächtigen Kaiſer von Delhi anzubeuten , und ſchloß Verbindungen mit

Fürſten , die wie der Rajah von Nepal zu entfernt waren , ju feinen Planen mitzuwirken , oder wie die Rajahs von Judpor und Joinagur fchwerlich mit ihm gemeinſchaftliche Sache machen konnten , die Herrſchaft der Mahometaner wieder bergun ſtellen.

Seine Regierung zeichnet ſich vorzüglich durch zwei Kriege aus , die er mit den engliſchen Práfis bentſchaften Madras und Bombay führen mußte.

In dem erſten verlor er die Hälfte ſeines ganzen Gebiets , und in dem zweiten fein Leben , und was

ihm die Sieger bei der erſten Theilung an Land und Leuten gelaſſen hatten.

So wenig ſich indiſche Fürften um Europa bekümmern , ſo ließ der Sultan won Myſore doch 1787. Drei ſeiner Großen als Geſandte nach Franku reich abgehen. Sie wurden dort ehrenvoll aufges nommen und mit vielen Geſchenken entlaſſen , aber

eine Verbindung gegen Großbritannien , welche der Smeck ihrer Sendung geweſen ſeyn foll, konnten fie nichtzu Stande bringen. Noch vor ihrer Rücks

Kehr ward der Sultan mit den Präſidentſchaften s mm 5

Ma

!!

554 Hauptveränderungen von Dekan Madras und Bombay in Krieg verwickelt , weil er ihren Handel , den ſie von Tellicherry dus auf der

Küſte Malabar trieben , beunruhigte, und 1790. ihren Ullüirten , den Rajah von Travancore , den

einzigen Nairenfürſten , deſſen Unabhängigkeit biss her unangetaſtet geblieben war, in ſeinem lande angriff. Beide Präſidentſchaften mußten ihrem Bundsgenoſſen zu Hülfe eilen , ehe er ganz übers wältigt war , ſchloſſen aber vorher gegen den Sula tan ein Bündniß mit den Maratten und dem Sus

bah von Dekan , -denen Lippo Saheb långſt ein gefährlicher Nachbar geweſen war , um deſſen (áns der von allen Seiten anzugreifen. Weil aber die Armeen der Maratten , die größtentheils aus Reis

terei beſtanden , nur in Streifzügen gebraucht wers den konnten , ſo wurden dieſe mit einigen Batail.

lonen engliſcher Seapons verſtärkt, um deſto leiche ter die myſoriſchen Veſtungen erobern zu können , und da die engliſche Reiterei der feindlichen weder an Menge noch Gewandtheit gleichkam , fo ließen

.. die Maratten ſowohl als der Mizam zur engliſchen Hauptarmee zehntauſend Reiter ſtoßen , um ihre Ángriffe von Oſten und Weſten şer zu unters ſtůßen .

Der Krieg dauerte nur drei Feldzuge.

In

dem erſten bezwangen die gegen den Sultan vers bundenen Mächte mehrere ſeiner beſten Grenzber ſtungen in deſſen nördlichen Provinzen , die Enga

jånder mußten ſich aber aus Myſore zurückziehen, weil Tippo Saheb Carnatic bedrohete.

In dem

zweiten“, oder 1791, übernahm ford Cornwallis, der damals Generalgouverneur des brittiſchen Ins

diens war , das Kommando , und Dippo's Lánder wurs

ſeit 1748 bis auf unſere Zeiten . 555 wurden von fünf Urmeen von allen Seiten anges

griffen . Der. Sultan verlof zwar eine Menge Veſtungen , und die verſchiedenen Heere breiteten ſich allmählich in den miſoriſchen Provinzen aus,

um ihn in ſeiner Hauptſtadt einzuſchließen: allein Mangel an Lebensmitteln sielt die Alliirten ab , ihs ren Plan auszuführen , weil Tippo fein eigen land

verwüſten ließ , um den Feinden die Subfiſtenz zu erſchweren , und ſeine zahlreiche Reiterei ihnen die Zufuhr abſchnitt , die ihnen aus, den Magazinen oder ihren Provinzen nachfolgte ; und die mitten

in ihren Operationen einfallende Regenzeit machte das weitere Vordringen unmöglich , fo daß Corns

wallis nebſt den übrigen Heerführern des Sultans Gebiet bis auf die eroberten Hauptveſtungen mit großem Verluſte raumen mußten.

Doch 1792.

gelang der dritte Angriff glucklicher. Die Allärten ,

anſehnlich verſtärkt, vereinigten ſich endlich in der Nähe von Seringapatan, und ſchloſſen dieſe Haupts ſtadt von allen Seiten ein . Cornwallis eroberte am . 7. Febr. des Sultans ſtark beveſtigtes lager, wodurch er.Seringapatan zu decken ſuchte, und

Lippo Saheb mußte mit den leberbleibfelnſeines gefchlagenen Heeres in feine Hauptſtadt fliehen . Sogleich wurden Anſtalten zur Belagerung getrof fen , und die Englander landeten auf der Inſel, auf welcher Seringapatan im Fluſſe Cavern ers

bauet iſt. Da der Sultan einelange Belagerung nicht aushalten konnte , und befürchten mußte, bei einem Sturm feine ganze Eriſtenz aufs Spiel zu

ſegen , ſo ließ er ſich, da für ihn alles verloren ſchien , zu Vergleichsvorſchlagen berab , und der

Friede ward ſchon am 24. Febr. 1792. unterzeich, net.

556 Hauptveränderungen von Dekan

!

net. Er verlor darch die Garten Bedingungen ; welche ihm die Sieger vorſchrieben , die Hälfte ſein ner bisherigen Beſigungen , und die drei Alliirten theilten ſich in die abgetretenen Provinzen , nach . dem dieſe ihren Staaten am nächſten lagen , oder ihre Grenzen am vortheilhafteſten deckten , ſo daß jeder gleid) viel von den Trümmern des jerſtückels ten Reichs Myſore erhielt, oder ſeine Einfünfte aus dieſen Eroberungen mit 3,949,000 Rupien vermehrte. Die Engländer wurden durch dieſe Sheilung Herren der malabariſden Küſte , der Ges birgspåſſe in den öſtlichen Ghauts , durch welche Syyder Uly die ihnen zinspflichtige Provinz Carnas tic fo oft beunruhigt hatte, und einiger füdlichen mnſoriſchen Provinzen. Die Maratten und der

Digam erlangten dagegen Hyders nördliche Erobes rungen , oder was dieſer Fürſt beiden Mächten feit 1765. entriſſen hatte. Den Einfünften nach büßte Lippo Saheb die Hälfte feiner länder ein , aber

dem Umfange nach nur 1514 Quadratmeilen , fo daß ihm nach dieſem Frieden ein anſegnfiches aneins anderhangendes Gebiet von 2662 õuadratmeilen übrig blieb. Außerdem mußte er ſeinen Gegners für die aufgewandten Kriegskoſten drei und dreißig Millionen Rupien bezahlen , und da er dieſe Qums

me nicht gleich aufzubringen vermochte , den Engs ländern zwei von ſeinen Söhnen als Geißel übers

geben , bis er dieſe und alle übrigen Friedensbedins gungen erfüllt hatte. Der nachtheilige Friebe von Seringapatan wirkte auf den ſtolzen , zwar beſiegten aber nicht bes zwungenen , Fürſten fo mächtig , daß er bis zum

Zusbruche eines neuen Strieges., der 1799. erfolge te,

fett 1 748 bis auf unſere Zeiten . $ 57 te , feinen andern Gedanken hegte , als ſeinen Vers luſt zu ergången , ſich an ſeinen gegen ihn verbúns deten Nachbarn zu rächen , und ſeine Herrſchaft úber ganz Dekan auszudehnen . Daßer ſuchte er ſchon '1796. den 'König Zeman Shahvon Kandas

har für ſeine Plane zu gewinnen , nach Delhi zu ziehen , welches ſeine Vorfahren zweimal erobert hatten , den alten blinden Kaiſer abzuſeßen , und der Herrſchaft der Sieks , Maratten und anderer Ungläubigen ein Ende zu machen. Zeman Shah

follte hierauf, von allen Rechtgläubigen unterſtüßt, ſein ſiegreiches Heer nach Dekan führen .

Dort

verſprach Lippo die Fahne eines heiligen Krieges aufzupflanzen , und Heiden und Chriſten unter das

Schwerdt des mahometaniſchen Slaubens zu beus gen. Der König von Kandahar ( chien , wie ſeine

fpåter bekannt gewordenen Antworten beweiſen , für einen ſolchen Kreuzzug geſtimmt zu ſeyn , allein wir

wiſſen die Urſachen nicht, die iặn verhinderten , jes nes Vorhaben auszuführen. Mitten unter dieſen großen Entwürfen kam zum Unglücke für Tippo Saheb 1796. ein Frans goſe von der Inſel Bourbon Namens Ripaud , ein Ergjakobinery, nach Seringapatan , der mit einem Kaperſchiffe in den indiſchen Gewäſſern gegen die Englånder gefreujt hatte, und von ignen verfolgt, in Tippo's Hafen Mangalor eingelaufen war. Er wußte dem Sultan die neue Ordnung der Dinge in Frankreich, die Siege ſeiner Nation in Europa, und die bevorſtehende Vernichtung der engliſchen

Macht ſo geſchickt zu vergrößern , daß er ihn von der Bereitwilligkeit der franzöſiſchen Republik Ribs ren alten Yliirten gegen ihren " gemeinſchaftlichen Feind

558 Hauptberänderungen von Dekan Feind zu unterſtüken , völlig überzeugte. Lippo Saheb ſchloß daher am 2. April 1797. mit dieſem Abentheurer ein förmliches Offenſiv -Bündniß ger gen England , und einen Theilungstraktat über deſs

ſen indiſche Befißungen. Mit beiden Vertragen ſchickte er eine Geſandtſchaft nach Isle de France, um dieſe von der Regierung beſtátigen zu laſſen , die Einſchiffung der verſprochenen vierzigtauſend Mann Hülfstruppen zu beſchleunigen , und den neuen Krieg mit Vertreibung der Portugieſen aus Goa und der

Engländer aus.Madras und Bombay anzufangen . Tippo's Geſandten fanden bei ihrer Ankunft

auf der Inſel Franfteich , daß Ripaud die Macht ſeiner Nation gewaltig übertrieben hatte , auch die Dollziehung des Bündniſſes großen Schwierigkeiten unterworfen war. Der Befehlshaber der Inſel mußte die Depechen der Gefandten nach Europa

zur Beſtätigung überſchicken , und dorther erſt die verſprochenen Hülfstruppen erwarten , weil beide Inſeln von aller Mannſchaft entblößt waren. Die myſoriſche Geſandtſchaft kehrte daher unverrichteter Sache wieder zu Hauſe, und brachte ſtatt eines wohlgerüſteten Heeres nur einige Sands und Sees

officiere, and eine ſehr kleine Anzahl Soldaten mit. Das ganze Húlfskorps beſtand überhaupt aus neun

- und neunzig Kópfen , von denen etwa ein Drittheil Europåer, die übrigen aber Neger und Mulatten waren.

Der Sultan Hatte ſeine Unterhandlungen

mit Isle de France , um die Engländer ſicher zu machen , oder ſie deſto gewiſſer zu überfallen , ſehr

geheimniſvol betrieben.

Die Geſandten mußten

fich auf Ripauds Fahrzeug mit einem kleinen Ges

folge einſchiffen, und ſollten unbeobachtet auf der Inſel

i

ſeit 1748 biß auf unſere Zeiten . 559 Inſel ihre Aufträge ausrichten. Allein der Gous , verneur dieſer Kolonie empfing fie unter dem Dons ner der Kanonen, ließ die ganze Beratung in Wafs fen treten , die vornehmſten Einwohner begleiteten

ſie öffentlich vom Schiffe bis in ihre Wohnung, ja er ließ durch gedruckte Proklamationen das geſchloſs fene Bündniß , die Kriegsmacht, welche das Dis . rektorium dem Sultan zur Vertreibung der Enge tånder aus Indien nächſtens ſenden würde , ver .

fündigen , und die Einwohner beider Inſeln offents

lich einladen , als Freiwillige den Fahnen ihres neuen Alliirten zu folgen.

Neutrale Schiffe, welche damals in dem Has fen Port Louis , dem Hauptorte der Kolonie , las gen , brachten dieſe Neuigkeiten bald in limlauf, und ſie verbreiteten ſich ſchnell nady london und Madras. Dort befahlen die Direktoren der Ges

ſellſchaft ihren Beamten , des Sultans Betragen genau zu beobachten , ihm wegen der la:it gewordes nen Verbindung mit ihren Feinden Vorſtellungen

zu machen , und überhaupt die ſchleunigſten Maaßs regeln zu treffen , dem drohenden Sturme ju bes

gegnen. In Madras hingegen wurden auf die erſte Nachricht von der geſchloſſenen Allianz alle Erups pen zuſammengezogen , und durch Verſtärkungen aus den andern Präſidentſchaften vermehrt. Doch ſuchte man vor dem wirklichen Ausbruche des Kries ges den Sultan durch Intergandlungen zu gewin.

nen , beſonders aber darauf zu dringen , alle Franı zoſen aus ſeinem Dienſte zu entlaſſen , allen Vers bindungen mit der neuen Republik zu entſagen, und den Englándern die Küſte von Canara , auf wels cher ſein einziger gut beveſtigter Kriegshafen Man . galor

560 Hauptveränderungen von Detar gator lag , gegen eine andere Entſchädigung zu überlaſſen .

Tippo Saheb hingegen bemühete fich , allen friedlichen Anträgen auszuweichen, und zögerte von einer Zeit zur andern mit ſeiner Erklärung über die

ihm gemachten Vorwürfe feindlicher Geſinnungen. Zulegt låugnete er alle Verbindungen mit der fran. jóliſchen Republik , und erklärte die 1798. in Mans

galor gelandeten Franzoſen für Künſtler, Hands werker, oder ſolche Leute , die in feinen Staaten

ihr Glück machen wollten . Hierauf ward von Seis ten der Englánder der Krieg beſchloſſen , und da ihre Allianz mit den Maratten und dem Subah von Defan fortdauerte , fo erwarteten fie , daß beide Måchte an demſelben Theil nehmen würden. Als lein die Maratten wagten ſich nicht aus ihrem Ges

biete , weil ihr Peiſhwa durch einen unglücklichen

Fall das leben verloren gatte , und içre Fürſten mit einander in weitläuftige Fehden verwickelt was ren . Dem Nizam war noch weniger zu trauen ,

weil er von franzöſiſchen Jakobinern umgeben war, die ihn mehr als einmal dahin brachten , alle Vers bindungen mit Madras aufzugeben , und die Ans führer ſeiner durch Franzoſen gut ausgebildeten

Truppen ein geheimes Verſtåndniß mit Tippo Sas ließ er hernach etwa þeb unterhielten. Doch Doch ließ 16,000 Mann regulárer und irregularer Truppen . zu den Engländern ſtoßen . Dieſe drangen mit einer Macht im Februar 1799: in feine Staaten ein , dergleichen er zu ſeiner Vertheidigung aufzubringen außer Stande war. Unerachtet ſeiner abſichtlich verjógerten Unterhands

lungen , und der fortgefekten Bemühungen , neue Feinde

Zeiten ſeit 1748 bis auf unſere Zeit en ..' 561 Feinde gegen die Engländer aufzuregen , ſchien işm der feindliche Angriff feiner tånder fehr unerwartet.

Er führte darüber laute Beſchwerde, und zeigte ſich bereit zum gútlichen Vergleiche. Der Befehls. Haber der engliſchen Truppen , der General Harris, war freilich bevollmachtigt, deb Sultans Bor.

ſchläge anzunehmen . Da aber die Kriegsrüſtuns gen , die Vermehrung der Truppen , und die Mo.

bilmachung zweier anſehnlichen Armeen , die von Malabar und Carnatic aus in Myſore eingedruns

gen waren, große Summen gekoſtet hätten , auch die oſtindiſche Geſellſchaft bei dieſer Gelegenheit Tip. po's Macht ſo einſchränken wollte, daß ſie von ihm fünftig nichts befürchten durfte, ſo waren ihre Fors derungen dieſem Syſteme angemeſſen , und für den Sultan unerträglich. Sie verlangte unter andern

von ihm abermals die Hälfte feiner Lånder, dreißig Millinnen Rupien baar , und zur Sicherheit des

Friedens vier von ſeinen Sohnen und Generalen als Geißel. Der Sultan verwarf zwar dieſe Bes dingungen , und hoffte von der veſten lage ſeiner

Hauptſtadt , der Regenzeit, welche alle Kriegsopes rationen die Sommermonate durch verhindert, und der Ankunft franzöſiſcher Hülfe, beſſere Bedinguns gen oder einen glücklichern Uusgang des Krieges. Harris regte alſo ſeinen Zug gegen die Hauptſtadt fort, vereinigte ſich mit der weſtlichen Armee , und eröffnete am 22. April 1799. die förmliche Belas

gerung von Seringapatan , welches der Sultan mit feinem ganzen Heere vertheidigte . Die engli. fchen Batterien machten in kurzer Zeit folche Bres

ſchen in dem Hauptwalle der Veſtung, daß am 4. Mai in der größten Mittaghiße ein Sturm ges Mn 5. 45. 2. abcb. wagt

562 Snuptveränderungen von Dekan wagt werden konnte.

Dieſer gelang der 'tapfern

Gegenwehr der Beſakung ungeachtet, und Tippo Saheb verlor bei dieſer Vertheidigung nebſt einigen Generalen das Leben. Die Befagung zerſtreute ſich nach dem Tode des Sultans , und die Engländer waren nad) einigen Stunden Meiſter der Veſtung.

Der Pallaſt des Sultans fiel nebſt ſeiner ganzen Familie in ihre Hände , und deſſen erwachſene Prins zen nebſt den ihn überlebenden Generalen ergaben ſid nad und nach den Siegern.

9u des Sultans Pallaſte entdeckte man große Scháze und ganje Zimmer , die mit Baarſchaften , Gold , und Silbergeråthe und Juwelen angefüllt waren . Die Sieger ſchienen zwar größere Reichs

thümer zu erwarten , als die Scházung derſelben bernach bewies, allein ſie wurden auf achtchalb Nillionen Rupien berechnet, welde nach indiſchem

Kriegsgebrauche unter die Eruppen vertheilt wurs den . Die Beute an Elephanten , Kameelen und andern laſtthieren , imgleichen an Geſchüß und an. dern Kriegsvorráthen war gleich anſehnlich , wels ches alles die Engländer für ſich behielten. Uußer den myſoriſchen Veſtungen , welches fie vor dem Falle der Hauptſtadt erobert hatten , ergaben ſich die úbrigen eine nach der andern , und am vierten

Junius war das ganze Land nebit den Provinzen Canara und Sunda in ihren Händen. Selbſt der Kriegshafen Mangalor éffnete ihnen die Thore, und. alle Befehlshaber , denen der Sultan ein großere oder geringere Macht anvertrauet hatte , legten mit ihrer Mannſchaft die Waffen nieder. In den Ges birgen ſuchten jwar einige Beſtungsfommendanten

und unruhige Polygars den Siegern ihre Erobes runs

ſeit 1748 bis auf unſere Zeiten . 563 rungen ſtreitig zu machen. So überrumpelte ein gewiſſer Duhndia einige fanariſche Veſtungen , und beunruhigte 1799. die Gegenden , welche ſid) den

Engländern unterworfen hatten. Er ward zwar von ihnen mit großem Verluſte in das Gebiet der Maratten vertrieben , ſammelte aber 1800. am

Malpurbafluſſe ; im Gebiete des Nigam , einen neuen Anhang, den Qerrenloſe Soldaten und andere I

Glücksritter bald vermehrten.

Da aber die Mas

ratten und der Mijam ſich gegen ihn mit den Engs låndern vereinigten , ward er im Sept. dieſes Jah.

res von ihnen bei Conahgull, in der Nachbarſchaft des Kiſtnafluſſes angegriffen , fein ganzer Urbang zerſtreuet, und Duhndia auf der Flucht niederger hauen . Ein áhnlicher Aufſtand brad, zu gleicher Zeit in den weſtlichen Ghauts , an den Grenzen des kleinen (andes Corgå , aus. Dort ſtritten ſich ſeit dein Anfange des vorigen Jahrhunderts der Rajak

dieſes landes und ein Nairenfúrſt, der Rajab von Cotiote, um einen kleinen gebirgichten Diſtrikt, der auf, unſern Karten zu finden iſt. lekterer hoffte von Duyndia's Aufſtande Vortheile zu ziehen , ſiel dager in Corga ein , verheerte das land mit Feuer und Schwerdt, und beging die größten Graujams

keiten. Die Englander, unter deren Schuße der bedrångte Fürſt von Eorga ſtand , nahmen ſich deſ ſelben an , und halfen ihm den Feind aus ſeinen

Eroberungen verjagen. Er rettete fich zwar in ſeine dicht verwachſenen Schlupfwinkel, wohin ihm regus låre Truppen nur mit großer Gefahr folgen Fonni ten , allein da die Engländer feit dieſen Unruhen eine landſtraße durch dieſe Wildniß haben ebnen

laſſen , auch einen Succeſſionsſtreit unter zweien Mn 2 6

Prás

564 Hauptveränderungen von Dekan Pråtendenten , dem Rajah von Eurimnab und dem Pnche Rajak , geſchlichtet Qaben , ſind dieſe Hans - del ebenfalls beigelegt worden. · Nach der Eroberung von Seringapatan und des ganzen Landes Myſore ward dieſes weiland

machtige Reich in ſehr enge Grenzen eingeſchränkt, und unter vier verſchiedene Oberherren nach den Grundfågen vertheilt, welche man bei der erſten

Zerſtückelung deſſelben 1792. angenommen þatte. Obgleich die Maratten bürgerlicher Unruhen wegen den traftatenmäßigen Beiſtand nicht geleiſtet hats ten , ſo erhielten ſie doch , um dieſe Nation nicht

zu reizen , unter dem Vorwande des Chouts oder anderer Forderungen wegen Myſore auszuplündern, auch ihren Antheil. Man überließ ihnen alſo ein Stůck von Sunda , nebſt einigen Diſtriften von Bebnur und Chittledrug, und die Erúmmer der

alten Stadt Bisnagar (Unnagundi) , ſo daß ſie an den ſüdlichen Grenzen ihrer Herrſchaft ein Gebiet von zweihundert acht und zwanzig Quadratmeilen und 791,000 Rupien Einkünfte ohne Schmerdts

ſtreich erwarben. So viel hatte es dem Sultan

jährlich eingebracht, allein nach der gewöhnlichen Behandlung marattiſcher Unterthanen, und dem eins mal unter dieſem Wolfe eingeführten Plúnderſy. ſteme, wodurch die angebauteſten , bevólfertſten

Provinzen ſchnell in Einøden verwandelt werden, hat ſich dieſe Einnahme gewiß vermindert. Dem Subah von Dekan fiel bei dieſer Theis lung ein größerer landſtrich zu , durch den feine füdo

lichen Grenzen eine beſſere Haltung erlangten. Dars in lagen Guty , Raidrog, Penuconda , Surrums

conbaß und andere in der Kriegsgeſchichte von Des fan

ſeit 1748 bis auf unſere Zeiten . " 565 kan weiland berühmte Beſtungen. Die ihm übers Taſſenen Provinzen waren vierhundert und achtzig Quadratmeilen groß , und durch ihren Befiß wur

den ſeine Einkünfte mit 1,821,000 Rupien vers mehrt. Doch mußte er davon einem der vornehm. ſten Befehlshaber des verſtorbenen Sultans ein bes

ſtimmtes Leben zu ſeinem und ſeiner Familie Unters halte einräumen. Er hat aber , wie oben bereits S. 525. gezeigt worden , in einem beſondern Vers

trage ſowohl dieſe Provinzen als die 1792. erwor. benenSandſtricheden Engländern größtentheils wies der überlaſſen .

Da die Engländer oder ikre Präſidentſchaf. ten Madras und Bombay zur Zerſtörung des mys ſoriſchen Reichs das meiſte beigetragen hatten , ſo war ihr Gewinn bei der Theilung deſſelben in aller Rückſicht der wichtigſte, ihre Beſikungen in Dekan erhielten dadurch völlige Eonſiſtenz, und ihr Ges biet in dieſer Halbinſel erlangte einen beinahe gleis chen Umfang, als ihre früheren Eroberungen am Ihnen ward die Stadt Seringapa.

Sanges.

tan nebſt dem dazu gehörenden Sandſtriche, alles was von Canara und Sunda weſtwärts der Ghauts belegen war , die große Proving Coimbettore, nebſt

mehreren Veſtungen und Diſtrikten an den Grens zen von Carnatic , und deſſen Dependenzen abges treten , ſo daß fich ihre Herrſchaft jegt im Innern der Halbinſel jenſeit der öſtlichen Gþauts ausdehnt, und auf der weſtlichen Küſte ihnen alle Seeſtådte und die meiſt unbekannten Staaten der Mairen , Mapelets und anderer kleinen Fürſten von Travans

cor bis in die Nachbarſchaft von Goa unterworfen Find und der malabariſche Handel ganz in ihre Mn3

Håns

566 Hauptveränderungen von Dekan Hånde gerathen iſt. Ihre Eroberungen von 1799. kann man auf ſiebenkundert vier und ſechzig Quas

dratmeilen , und deren Einfünfte auf 2,331,000 Rupien berechnen . Dieſe müſſen ſich aber unter

ihrer Verwaltunganſehnlich vermehren. Sie has ben ſeitdem das ihnen zugefallene Sand ausmeſſen , die Einwohner zählen , und die angebaueten (ander

nach ihrem jabrlichen Ertrage verzeichnen laſſen . Aber außer dieſen wichtigen Vortheilen erlangte die oſtindiſche Geſellſchaft in London noch das Be.

ſagungsrecht in den Beſtungen , welche den nordlis chen Provinzen von Myſore zum Schute gegen ei. nen unvermutheten feindlichen Einbruch dienen, und die darin vertheilten Garniſonen werden auf Koſten des neuen Fürſten unterhalten , den die Engländer wies

der auf den Thron ſeiner Vorfahren erhoben haben. Nach der vorher beſchriebenen Landestheilung blieben von Tippo Saheus Reiche etwa 1190 Quas

dratmeilen oder die größere Hälfte übrig. Dieſe bes ſtimmte man einem eigenen Fürſten , der jene Hälfte, welche dem alten Myſore, ehe daſſelbe durd, Hyder

Aly's Eroberungen ſeine vormaligen Srenzen erweis tert hatte , an Große gleichkain , unter Aufſicht und

Mitwirkung der Engländer regieren ſollte. Da man

Bedenken trug , einem von Tippo Sahebs Sohnen dieſe Würde zu ertheilen, oder wahrſcheinlich beſorgen mußte, er würde ſich der Vormundſchaft einer frems den Nation , und ihrem Einfluſſe in die Landesvers

waltung, zu entziehen. ſuchen ; ſo ward ein Nach, Fömmling der alten vom Hyder Alry verdrängten Ra. jahs von Myſore dazu quserſehen . Dies war Kiſna.

Raige , der einzige fünfjáhrige Sohn Chiaum des vierten , der 1796. in Dippo Sahebs Gefangens ſchaft

ſeit 1748 bis auf unſere Zeiten. 557 ſchaft ftarb , und nachy, deſſen Sobe der auf ſeinem Ihrone finlänglich beveſtigte Sultan es für unnos

thig fand, die Schattenherrſchaft der altenFürſten wieder zur erneuern. Er ward am 24. Jun. 1799 .

in der Stadt Myſore mit den in Indien gewöhnlis den Feierlichkeiten auf den Thron feiner Vorfahs ren erhoben . Tippo Sahebs Finanzminiſter warð die Verwaltung ſeiner Einfünfte übertragen , die

aber durch die vorher beſchriebenen Tveilungen und Die Subſidien , welche er den Engländern für ihre Beſakungen in feinen Veſtungen zallen mußte, und

die ſie bei vorfallenden Kriegen auſrønlich erhöhes ten , fehr vermindert wurden.

Eigentlich hat er

in feinem Lande wenig zu ſagen. Die Engländer find Herren deſſelben , er darf ſich ohne ihre Ein. willigung in feine fremde Verbindungen einlaſſen , auch keine Europäer in ſeinem Gebiete dulden , ends lich hat er noch die Penſionen übernehmen müſſen, welche die Engländer des Sultans Civil: und Mis

litairperſonen bewilligten , als dieſe ſich ihnen nach dem Tode inres Herrn unterwarfen. Auch für Lippo Sahebs Hinterlaſſene Nach . kommenſdaft, weldze aus dreizehn Söhnen und einer Menge Weiber , Tochter und andern weiblis chen Verwandten beſtand , ward in dem Traftate

zu Hyderabad vom 13. Jul. 1799. geſorgt, wodurch die Herrſchaft der Mahometaner in dieſem Theife von Dekan vóllig aufgelóſet wurde. Manwies ihnen die karnatiſche Veſtung Vellore zum Wohnorte an , nebſt einer jährlichen Penſion für alle von 720,000

Rupien, welche ihnen die Engländer aus dem Ertrage ihrer Eroberungen zu zahlen verſprachen .. No 4

Quels

568

Quellen und Hülfsmittel

Quellen und Hülfsmittel der indiſchen Geographie. I ) Landkarten.

Seộr Pehr viele Reiſende,, Geſchichtſchreiber und ans dere , welche Oſtindien úberhaupt , oder einzelne

Theile dieſes Landes beſchrieben , wo ſie am lång. ſten verweilten , haben jene Weltgegenden durch Starten aufzugellen geſucht. Dies waren aber ges wohnlich Nachbildungen alter Seekarten , oder alls gemeiner Vorſtellung von Aſien , dergleichen Ches

vet, Mercator und andere geliefert Gaben , wobei aber keine Himmelsbeobachtungen , Vermeſſungen, oder genaue Reiſerouten zum Grunde liegen. Sie

zeigen daher nur die ungefähre age des Landes , eis nige von den Hauptflüſſen , die Seehåfen , welche am meiſten des Handels wegen befucht wurden , oder von den Stadten des innern (andes nur robe

che, welche, wie Delhi, Ugra , Brampore , Biss nagar, lange in der Geſchichte berühmt , oder , wie Dekan , Bengala und Marſinga , nie vorhanden waren ,

Erſt ſeit den neuen Kriegen der Engländer und Franzoſen in Oſtindien , oder den brittiſchen Eroberungen am Sanges und in Dekan , find ein . zelne Provinzen genauer unterſucht, zum Theil

wirklich vermeſſen , oder die Lage der Hauptórter

genau beſtimmt worden , und gelingt es den Enge låns

der indiſchen Geographie.

569

ländern , die lander am Inbus und ähnliche unbes kannte Gegenden auf gleiche Art auszuſpåhen , als einige von ihnen feit kurzem Sirinagur , Malva - und Berar bei einer bloßen Durchreiſe unterſucht gaben , wo ſie die tage der meiſten Derter beſtimms

ten, und dieLandesprodukte naturhiſtoriſch beſchries ben ; ſo werden unſere indiſchen Karten bald eine andere Geſtalt gewinnen. Die jegt vorhandenen

ſchildern entweder Oſtindien überhaupt, oder nur einen Theil deſſelben . Ihrer find , wenn man auch dié álteſten ganz übergeht , eine ſolche Menge , daß Hier nur die beſten und neueſten genannt werden können . Denn auch nur die theilweiſe brauchbaren anzugeben , iſt unmöglich , weil ſie, außer in Herrn Dalrymples oder Rennels Sammlungen , ſchwers lich beiſammen gefunden werden,

Der bekannte gelehrte franzöſiſche Geograph, Hr. d’Anville, hat auf ſeiner großen Karte von

Ūſien ). Indien ebenfalls nach genauer Vergleis chung alter und neuer Hülfsmittel dargeſtellt, hers

nach aber eine beſondereKarte von Indien heraus. gegeben , und fein Verfahren dabei, und warum er von ſeinen Vorgångern abwich oder nach beſſern

Erfahrungen abweichen mußte, in einer beſondern Erklärung beſchrieben 6). Herr Rennel, der fich in ſeinem unten anzuzeigenden Werke mit der Průj fung und Beurtheilung beiðer trefflichen Urbeiten

beſchafftigt hat , und dieſem Führer bei ſeiner gros Nns

Ben

a) I. II. III. Partie de la Carte d'Aſie ſous les au ſpices de Monſeigneur le Duc d'Orleans. Paris 1751. 52. ſechs Blatt.

1) Eclairciſſernens geographiques fur la Carte de l'Inde par Mr. d'Auville. Paris 1753.4.

570

Quellen und Hülfsmittel

Ben indiſchen Karte oft allein gefolgt iſt , erkennt Dankbar v’Anville's Verdienſte um die indiſche Erds beſchreibung, wenn er gleid, ſeine Grrthümer nicht verſchweigt, und fällt davon folgendes Urtheil eines Sachkenners.

Wenn man bedenft , ſagt er , daß

dieſer treffliche Geograph bei Darlegung der Provins zen des innern Indiens kaum andere Materialien

vor fich hatte , als armliche Anzeigen der Haupts ſtraßen , oder unſichere Reiſebeſchreiber, ſo muß man ſich wundern , daß er dieſe Gegenden ſo gut

þat beſchreiben können . Le Neptune Orientale par Mr. d'Apres de Manevilette. Paris 1775. 2 Vols. Die erſte Auss gabe erſchien 1754. Der erſte Band der zweiten beſchafftigt ſich mit der Geſchichte und Beſchreibung

des Landes. Der zweite beſteht aus 61 Karten, die aber vorzúglich die Küſten , die an denſelben bes legenen Städte, auch überhaupt die öſtlichen Gns ſeln darſtellen. A general Map of the Eaſt Indies.

Ex

hibiting in the peninſula on this side of the Gan.

ges the ſeveral partitions of the Moguls espire, and the dominions of the Engliſh Eaſt India , by Thom. Jefferys. Lond. 1772. Die Quellen ſind

nicht genannt. Die Karte dient indeffen , das ins nere Hindoftan, ſeitdem daſſelbe in neuern Zeiten beſſer aufgeklärtworden , die Eroberungen der Enge länder , und die Provinzen , in welchen ſie Krieg

geführt gaben , deutlicher zu überſehen . A new Map of Hindoſtan by JamesRennel. London 1787. vier Blatt... Die erſte genau und

mit möglid/ſtem Fleiße entworfene Karte , welche bei

:

ber indiſchen Geographie.

571

bei allen ſpätern zum Grunde liegt. Die erſte Uuss gabe 'erſchien 1782 , und ward durch unermüdetes Beſtreben des Verf. und Benukung neuerer Hülfos

mittel hernach erweitert und verbeſſert. Hr. Rens

nel , der vorfer Ingenieurmajor und Generallands vermeſſer in Bengalen war , hat ſich bleibende Vers

dienſte um die indiſche Erdbeſchreibung erworben, und iſt noch immer mit ihrer Vervollkommnung

beſchafftigt. In einer beſondern Abhandlung )

hat er die bei ſeiner Karte benugten Hůlfsmittel beſchrieben , die Gründe angegeben , wenn er ihs ' ren Anzeigen folgte , oder davon abweicht, und

welche Mühe er anwandte, die tage der Hauptorte möglichſt genau auszumachen , und dadurch die wahre Geſtalt des ganzen Reichs zu berichtigen. Seine Abhandlung iſt ſeit der erſten Erſcheinung

dreimal mit neuen Zuſaßen und Verbeſſerungen ers ſchienen . Die erſte fam 1783. in london Geraus, die zweite 1788 , und dieſe hat die mehreſten und wichtigſten Zuſäße erhalten , die dritte ſtimmt mit der vorhergehenden wörtlich überein , nur find am Ende auf acht Seiten neue Verbeſſerungen anges

hangt, welche das unglückliche Schickſal des Rais fers Shah Allum II. , die Küſte von Oriſſa , die

{age von Sirinagur , und deu Lauf des Ganges jenſeit der indiſchen Grenzgebirge aufkláren. Hr. Bernouilly Hat dieſe Ubhandlung nad, der erſten

Ausgabe in den Zufäßen der von ihm beſorgten Liefenthalerſchen Beſchreibung ( Th. 3.) überfekt, und mit vielen núßlichen Anmerkungen begleitet, aud) “) Memoir of a Map of Hindoftan and the Mogul Empire. The third Edition . London 1793. 372 Seiten . 4.

572

Quellen und Hülfsmittel

auch die Karte, zu deren Erläuterung fie diente, in drei Blatt von Glasbach nachſtechen laſſen , nur

ħat fie in den Schriftzügen die Schönheit, Scharfe und Klarheit des engliſchen Originals nicht erreis chen können . Hind , Hindoftan or India , by L. S. de la Rochette. London 1788. ein Blatt. Eine ſchöne

und deutliche Generalkarte, auf welcher man , da ſie ſich jenſeit des 34 ° nórdi. Breite ausdehnt , die

nördlichen Grenzgebirgenebſt ihren verſchieden ſtreis chenden Ketten gut überſehen kann.

Die Flüſſe

ſind größtentheils gut gezeichnet. Aber Rennels Entdeckungen über den Urſprung des Indus , der

ſchon jenſeit-des Gebirges Hindufho ein anſehnlia cher Fluß iſt, find noch nid t benußt, auch baben die von Nordweſt und Weſten her in den Indus

ſtrómenden Flüſſe bei la Rochette einen ganz ans dern Lauf und ganz verſchiedene Namen , als auf Rennels Sarte.

Den Hezarek fennt dieſe gar

nicht , eben ſo wenig als den großen Fluß Nilab,

der bei Ättok in den Indus fallen fol. Dieſer heißt bei Rennel Kahmen , und Nilab iſt eine Benens nung des Indus ſelbſt, ſo lange er die unbekannten Gegenden nordwärts von Attofdurchſtrómt. Doch für eine detaillirte Prüfung oder Anzeige auch nur

der vorzüglichſten Abweichungen iſt hier der Ort

nicht. Manche landſtriche im innern Defan , wels che die beiden legtenmyſoriſchen Kriege ſo mannich faltig aufgehellt haben , bedürfen Berichtigung. Eben daher iſt das land Eorga ; oder deſſen Haupts ſtadt Merkera , hier noch nicht zu finden. Sonſt

iſt Hindoſtan ziemlich genau nach den ehemaligen Statthalterſchaften abgebildet. Karte



ber indiſchen Geographie.

573

Karte von Bindoſtan und der Halbinſel, nach Rennels , Campbells , Pringles und Diroms Zeichs nungen entworfen von C. Mannert, herausgeges ben von 4. G. Schneider und Weigel. Nürnb.

1797. Ebenfalls eine mit Fleiß und Sorgfalt ents Rennels Verbeſſerungen ſeiner erſten Arbeit ſind doch dabei nicht alle benußt, denn

worfene Karte.

dieſer þat den Fluß Uttof , der bei der Stadt dies

fes Namens in den Indus fallen foll, ſchon 1788. verworfen . Da dieſe Karte nur etwa 15 " über

den 32. nórdi. Breite geht , ſo iſt vom Laufe des Indus jenſeit des Attok nicht viel , von der Pros

ving Cabul nur der Kreis Peſhawir , und vom füdo lichen Caſhemir fehr wenig zu ſehen.

Kennel iſt

freilich beim eigentlichen Hindoftan zu Rathe gejos gen , doch aber finden ſich hin und wieder Abweis

chungen . Was der Herausgeber bei Colorirung ſeiner Karte für eine Abſicht Qatte, iſt ſchwer eins zuſehen , da durch dieſelbe weder die ebemalige noch

Heutige Landesabtheilung anſchaulicher wird. Camps bell und Pringle, die auf dem Titel unter den

Hülfsmitteln angeführt werden , ſind doch wol nur nach dem , was Rennel von ihnen in ſeinem Me. moir bemerkt , benukt worden , denn daß ihre in Indien ſelbſt geſammelten Nachrichten in England

gedruckt wåren, habe ich noch nicht in Erfahrung gebracht. Beim mittågigen Dekan þat Hr. Mans nert alle bei Abfaſſung dieſer Karte vorhandenen Nachrichten gebraucht.

Karte von Oſtindien diesſeit und jenſeit des Ganges , nach den neueſten aſtronomiſchen Beob, achtungen und andern ſichern Hülfsmitteln neu ents

worfen , berichtigt, und auf der Sternwarte Sees berg

574

Quellen und Hülfsmittel

berg gezeichnet von J. C. m. Reineke. Weimar 1800. 2 Blatt. Da auf dieſer Karte ein ſo bes tráchtlicher Theil des ſüdlichen Aſiens nebſt allen

öftlichen Jufeln bis Ceram abgebildet ift; ſo konnte, Der angenommenen Projection gemäß , Hindoſtan und Defan nur ſehr verfleinert erſcheinen, und da ſolche ſich nicht weit über den 30 ° nord1. Br. auge dehnt , mußten noch einige Provinzen ganz oder theilweiſe wegfallen , die zum eigentlichen Hindos

fan gehören . Sie iſt nach der gegenwärtigen tans deszerſtůckelungcolorirt , nur den Dſhaten ein zu großes Gebiet eingeräumt , und den Sieks eine 34

Haarſcharfe óſtliche Grenze vorgezeichnet, in wels cher , wie jekt die Sachen ſteken , ſie ſich ſchwers lich beſchränken laſſen dúrften , auch iſt der Grund

nicht einzuſehen , : warum die jeßt ausgerotteten

Robilla's jenſeit der Eumaongebirge verlegt ſind. Die indiſchen Eroberungen der Englander, und andere landſtriche, weiche zufällig aufmerkſas me Beobachter fanden , ſind von einzelnen Befehlss

habern , Reiſenden , oder denen , die zur Aufnahme derſelben gebraucht wurden , theils auf beſondern

Karten , theils als Aufklärungen indiſcher Krieges geſchichten beſchrieben. Ein Hauptwerk dieſer Üre

ift Rennels bengaliſcher Atlas O ) , welcher aus 21 Karten , Planen und Abbildungen beſteht, und

Kernach 'wieder neu aufgelegt ward. ' Herr Rennel ward

D) A Bengal Atlas , containing Maps of the Thea tre of War on that Side of Hindoſtan compi

led from the Original Surveys , and publiſhd Ivy the Order of the Hon . Court of Directors for the Affairs of the Eaſt India Company , by J. Rennel. 1781.

fl. fol.

der indiſchen Geographie .

575

ward nicht nur bei der Landesvermeſſung ſelbſt gee braucht, ſondern ihm als Surveijorgeneral die Ans fertigung der Reſultate der ganzen koſtbaren Arbeit übertragen. Noch iſt keine indiſche Proving ſo auss führlich dargeſtellt worden . Ein jeder Circar von

Bengalen und Bahar, nebſt dem engliſchen Antheile von Oriſſa, iſt nach ſeinen Grenzen genau abgebils det , der Sauf der kleinſten Flüſſe und jedes vorhans dene Dorf angezeigt, und mehrere Karten enthal. ten bios den lauf des Ganges und anderer bengas

liſchen Flüſſe : Da dieſe ſpeciellen Darſtellungen aber eigentlich für die Landesregierung und deren Beamten beſtimmtſind, welche in den einzelnen Dis

ſtriften für die allgemeine Sicherheit, für den Hans del und die Hebung der Einkünfte forgen müſſen , ſo hat Herr Rennel.noch durch beſondere Karten die lleberſicht des Ganzen , und der angrenzenden Provinzen Außd , Elhadabad , Delhi und Ugra, ſehr erleichtert. Da während des vorlegten Krieges zwiſchen

Hnder Äly und den drei engliſchen Präſidentſchaften mehrere Truppen : Ubtheilungen der lektern tief in Myſore vordrangen , ſo haben Kelly, Werſebe und andere engliſche Officiere auf zivei Blatt eine vors

treffliche Karte vom ſúdlichen Dekan geliefert '). Sie enthalt meiſtens, nach wirklichen Vermeſſun. gen , den Theil von Defan, zwiſchen Kap Cou morin e ) The ſouthern Countries of India from Ma drafs to Cape Comorin , deſcribing the routes of the Armies commanded by Cols. Fullar ton and Humberſton during the Campaigns of

1782

1784. ſurveyed by Col. Kelly , Capt.

Werſebe and others . London 1788 .

576 ,

Quellen und Hülfsmittel

morin bis zum 14 ° nordi. Br.. Am genaueſten find die öſtlichen Küſtentånder , der größte Theil von Carnatic nebſt deſſen Dependenzen , und die ſüdlichen Provinzen von Myſore abgebildet, das brige Myſore, nebſt der Küſte Malabar , welche die Truppen nicht berührten , nur im Allgemeinen.

Daher das Land Corga , die Diſtrikte Umra und Sulea , worüber der Fürſt von Corga und Tippo Saheb ſo lange kriegten , nebſt andern Landſtrichen

:.in der Nåbe der weſtlichen Ghauts , 'welche zwis ſchen Fürſten von Corga und Cotiote ſtreitig was ren , hier nicht angezeigt ſind. Dagegen iſt der ganje auf des Paniani , und die Lage der Ghauts mit allen ihren Krümmungen , und die nad alten

Seiten ſtreichenden Gebirgsketten vortrefflich dars geſtellt. Auch erblickt man deutlich die große von vielen Reifenben bemerkte Kluft bei Paliacadcherry. Durch dieſe 16 engliſche Meilen weite Kluft wers den die nördlichen Ghauts von den füdlichen abges

ſchnitten , und da ſonſt dieſe ungeheuren Felsmaſſen Wolfen und Winde aufhalten , die von Dſten ber kommen, ſo toben die nordöſtlichen Mouſſons durch dieſe Kluft mit verdoppelter Wuth , ſo daß Schiffe, welche långs der Küſte Malabar regeln , dieſen Windſtoß mitten im Meere verſpüren , aber deſſen Birkungen entgehen , fo bald ſie wieder die Höhe der Ghautsgebirge erreichen . Der engliſche Seekapitain Johann Mac Cluer, ben die Gutmüthigkeit , Einfalt und unverdorbes

nen Sitten der Bewohner der Peleminſeln ſo reizs ten , daß er ſchon ſeit zwölf Jahren von der übris gen Welt abgeſchnitten , und aller gewohnten Bes

dürfniſſe und Geiſteskultur entbehrend , unter ihnen lebt,

der indiſchen Geographie.

577

teht , hat auf Befehlder oſtindiſchen Geſellſchaft die weſtliche Küſte von Dekan, vom kambariſchen Meers buſen bis Bancute (Fort Victoria ) 17 ° 58' nördl.

Br. aufgenommen , ſeine 1787. und 1788. geſam . melten Beobachtungen auf einer großen Seekarte dem Publikum vorgelegt , und dieſe durch eine bes

ſondere" Schrift ') erläutert. Bisher war jene Küſte nur theilweiſe zuverläſſig bekannt, und wegen der vielen Schlupfwinfel, welche auf derſelben mas

rattiſden und andern Seeräubern gehören , den Seefahrern gefährlich. Er hat auf ſeiner Karte die wahre lage vieler Håfen und Ankerplåße wieder

Hergeſtellt, die Inſeln långſt der Küſte unterſucht, und manchen von Seefahrern jeßt verlaſſenen und eben deswegen unbekannt gewordenen Ort , wie die

portugieſiſche Beſtung Diu, ausfüşrlich beſchrieben . go dem Kriege , welchen die Engländer bis

1792. mit dem Sultan Tippo Saheb führten, mußte Capt. Little nebſt andern Officieren ein Corps Mas ratten begleiten , um die Beſigungen jenes Fürſten von Morden gec anzugreifen. Er marſchierte auf

dieſem Zugemitten durd, das Gebiet des Peiſhwa und ſeiner ſüdlichen Vafallen , und bezwang mehs rere Veſtungen , die dem Sultan von Myſore in den weſtlichen Shauts gehörten. Da er auf dieſe

Weiſe einen bisher halb dunkeln landſtrich unters ſuchte, ſo hat er auf einer beſondern Karte, welche man in Moores account of Capt. Littles Detach

ment , London 1794. finden kann, den ſüdweſtlis chen f) 8. Deſcription of the Coaſt of India by J. Mac Cluer publishd at the Charge of the Eaſt India

Company by Alex. Dalrymple Lond. 1789. 4. 5. To. 2. Abth.

378

Quellen und Hülfsmittel

chen Theil des Marattengebiets und meiſten nördli chen Eroberungen Hyder Aly's abgebildet.

Bekanntlich hat in dieſem myſoriſchen Kriege und den zweiten , der 1799. beendige ward , das weiland furchtbare Reich Hyder Uly's eine gewals tige Berminberung erlitten . Da während derſel. ben brittiſche Heere jenes tand nach allen Riditun,

gen durchzogen , die Engländer deſſen Hauptveftung Seringapatan eroberten , und zulegt Myſore jers

ſtückelten , ſo daß nach Tippo Sahebs Tode und Wegführung ſeiner Familie dem neuen wieder eingeſekten Rajah kaum der vierte Theil des alten Reichs übrig blieb ; To wurden dadurch deſſen biss herige Grenzen nach allen Weltgegenden beſchrånft. Die dadurd, erweiterten Grenzen des Gebiets der

Engländer , Maratten und anderer Fürſten haben nicht nur das innere Dekan außerordentlich aufges

Hellt, ſondern daſſelbe hat auch durch dieſe Revolu. tion eine andere Geſtalt bekommen. Um dieſe an

ſchaulich zu machen , oder deutlich zu zeigen , was den ſiegreichen Nachbarn bei dieſer Låndertheilung zufiel, hat Hr. Rennel eine neue ſchöne Karte vom ſüdlichen Defan von Cap Comorin bis 17 ° 20 ' n. Br. entworfen 9). Sie iſt im folgenden Jahre in Weimar genau nachgeſtochen , und dient meiner ebendafelbft gedruckten Schrift: Hyder und Zippo Saheb , oder ģiſtoriſch geographiſche lleberſicht des

myſoriſchen Reichs, jur Erläuterung. 2) Bes $ ) The Peninſula of India from the Kiſtnah Ri

wer to Cape Comorin exhibiting the Partition of the Territories of the late Tippo Sultad. London 1800 .

.

der indiſchen Geographie.

579

2) Beſchreibungen und Reiſen nach Hin doſtan und Dekan. Da ſich ſelbſt indiſche Kaiſer mit der lleber,

ficht ihres Reichs beſchafftigt, oder ihre Staatsbes amten veranlaßt haben , deſſen Umfang , Einthei. lung und Einkünfte in allgemeinen und ſpeciellen Beſchreibungen darzuſtellen , ſo fehlt es in Indien

an mancherlei geographiſchen Nachrichten nicht. Sie ſind aber lange nicht hinlänglich bekannt, von

einigen wiſſen wir höchſtens denTitel anzugeben, ſie ſind auch nie ganz gedruckt oder überſekt worden, und wenn ſich zuweilen Orme, Rennel und andere auf

dergleichen geographiſche Führer berufen , ſo lernen wir aus ihnen nur Bruchſtücke über einzelne Gegens den kennen. Doch ein Hauptwerk dieſer Art, oder

Kaiſer Akbars im Anfange des fiebzehnten Jahrs hunderts verfaßter und oben S. 6. 127. 135. oft erwähnter Spiegel, fönnen wir über Hindoſtan während jenes Zeitraums befragen , weil Franz Gladwin davon unter der Äufſchrift Ajin Akbery 1784. zu Calcutta eine engliſche lieberſeſung in drei Quartbånden hatdrucken laſſen. Es war bisher,

wie alle in Oſtindien gedruckte Bücher, ſchwer ju gaben , allein 1800. hat man in England einen

wohlfeilern Nachdruck in zwei Quartbånden beſorgt. Der zweite Theil von Akbars Spiegel befchäfftigt fich eigentlich mit der Beſchreibung von Hindoſtan ,

und wird daher gewöhnlich unter der Benenung Afbars Landbuch angeführt. Sein Vezier Abul Fazel hat darin das ganze Gebiet des Großmoguls nach den damaligen funfzehn Statthalterſchaften

( Subahs) verzeichnet, und von einer jeden etwas über Do 2

über 19dů

;

580

Quellen und Hülfsmittel

áber ihren Umfang, ihre Grenzen und Produft geſammelt, aud) einzelne merkwürdige Städte be

rührt , und bald ausführlicher , bald fürzer gezeigt, wie viel eine jede Provinz an Mannſchaft im Kriege ſtellen , oder dem Kaiſer an Grunds und andern Steuern bezahlen mußte. Die Beſchreibung der Provinzen iſt ſehr ungleich gerathen , und oft ber ſteht ſie nur aus igrer aften , dunkeln , unfritiſchen Geſchichte , indiſchen Volksſagen mit Wunderdins gen angefüllt, oder kleinliden Angaben , bie über

das Ganje wenig licht verbreiten . Zum Beſchluſſe

iſt noch ein Steuerfataſter aller damals von Delhi abhängenden Provinzen, Tuckfiern Jumma , anges gångt , worin die Summe der Ubgaben eines jeden Diſtrikts aus den Steuerregiſtern gezogen iſt. Das

Ganze bedarf aber eines erlauternden Kommentars, weil das am Ende des Dritten Theils befindlide Perzrichniß der in dieſem {andbuchegebrauchten ins diſchen , perſiſchen und andern Worte fie bei weis

tem nicht alle erklärt. Dadurch hatte ſich der Hers ausgeber des engliſden Nachdrucks um das euro. päiſche Publikum verdient machen können.

Ein deutſcher geſuit , Joſeph Tiefenthaler, der ſeit 1743. gerauine Zeit in mehreren Gegenden von Hindoſtan lebte , und dort wahrſcheinlich geſtors ben iſt, Gat Akbars {andbud) früher benuſt, ege man in Europa davon etwas weiter wußte, als

was Frazer über daſſelbe in ſeinem Verzeichniſſe orientaliſder Handſdriften blos in litterariſcher Rücklicht bemerkte , welches man am Ende ſeiner Biographie von Nadir Shah finden kann. ' Ties

fenthaler ſchrieb im Lande Telbſt eine Beſchreibung von Hindoſtan in lateiniſcher Sprache, welche um * 773 .

Der indiſchen Geographie.

581

1773. zufällig nach Europa gelangte, vom Hrn. Bernoulli in Berlin 1785. deutſch überlegt , und mit mancherlei Erklärungen und zum Theil gang fremdartigen Zuſagen verfehen ward , wozu d'Uns quetil du Perron die meiſten hergab. Daß Liefens

thaler bei ſeiner Arbeit das Ujin Afbern zuRathe jog , beweiſt die Vergleichung faſt auf allen Seiten. Er hat daher vorzüglich die Größe und Grenzbes

ſtimmung der verſchiedenen Provinzen entlehnt, auch das Tuckſiem Jumma ſeinem Werke größtentheils einverleibt, jedoch ohne die Abgaben der einzelnen Dis ſtrikte zu wiederholen. Nur ſcheint er einer von Glads wins Originale abweichenden Handſchrift gefolgt ju Penn , denn es fehlen bei ihm oft ganze Kreiſe, Diſtrifte und Ortſchaften , die Gladwin in ſeiner Ueberſetzung genannt hat. Zum Theil rúhren dieſe Abweichungen aach daher , daß beide die völlig uns bekannten indiſden Namen nach einer ganz verſchies denen Ausſprache ſchreiben , daß Liefenthaler fol. che alphabetiſch geordnet, Gladwin hingegen , wie èr ſie in ſeiner Handſchrift fand , aufgeführt hat, auch daß Liefenthaler kleine unbeträchtliche Circars den großern einverleibte. Indeſſen hat der deutſche Berfaſſer ſeiner Beſchreibung von Hindoſtan wes

fentliche Vorzüge vor dem Originale gegeben . Er hat die Lage vieler von ihm beſuchten Orte aſtrono, miſch beſtimmt, manche Lånder nach eigenen Be obachtungen beſchrieben , auch mehr Stádte und Flecken als Abul Fazet in feine Geographie aufges

nommen. Sie enthält úberdem mancherlei Zuſage, die im Ajin Afbern fehlen , wie die Nachrichten von Bettiah , Nepal und Aſham in der Beſchreis

bung von Bahar und Bengalen , und was ihr Ver. DO 3

Tefal

582

Quellen und Sülfsmittel

faſſer über die ſpåtern mogoliſchen Eroberungen, obet die Provinzen Aurungabad , Balagat, Biſapur u. am Ende ſeines Werfs erfahren hatte. Bei der Stadt Bisnagar folgte jedoch Hr. Liefenthaler ål,

tern Beſchreibungen , denn die vielen Mauern und Pallåſte find nach den Zeugniſſen neuerer Reiſenden nicht mehr vorhanden. Er ſagt indeſſen am Ende :

wie die Stadt gegenwärtig beſchaffen ſen, iſt unbes kannt.

Barros , 'der bekannte Geſchichtſchreiber der

portugieſiſchen Schifffahrten und Eroberungen in Oſtindien , und ſein Fortſeter Couto behandelten ihren Gegenſtand nach Archivalnachrichten. Dieſe beſtanden aus den Berichten der Vicefónige von Goa , den Tagebüchern und Beobachtungen der

jährlich ausgefandten Admirale und Piloten , oder aus andern im {ande felbft gemachten Erfahrungen.

Beide haben auch in ihren Dekaben, ſobald diePors tugieſen mit einem vorher unbeſuchten indiſchen Staate in Verkehr kamen , deſſen Lage und Merko würdigkeiten in ihrer Geſchichte eingeſchaltet. Da aber Barros eine beſondere indiſche Geographie

fchreiben wollte, oder wirklich geſchrieben Qat "), die

aber nicht erſchienen oder verforengegangen iſt, fo. þat er das geographiſche Detail größtentheil für dies res Werf verſpart. Biele ſeiner Ungaben möchten wol, wie oben ſchon von Bengalen gezeigt iſt (S. 17.) , bei folchen Ländern, die portugieſiſche Sees fahrer nur gelegentlich befudsten , fo bald ſie das ins

nere land betreffen , eine genauere Prüfung erfors dern. Denn fo bekannt die Portugieſen auch mit

den indiſchen Sarwaſſern und Seetuſten waren, wie

W $. Decadas da Alia T. l. 8.313.

der indiſchen Geographie.

583

wie die Unħånge von einſkotens Keiſebeweiſen , po Tchwankend war ihre Kenntniß von den mittellandis

fchen Staaten. Un indiſchen Reiſebeſchreibern haben wir ſeit dem Ende des rechzehnten Jahrhunderts , oder ſeits dem andere Nationen anfingen , den Handelsgewinn

dieſer Entdeckungen mit den Portugieſen und Spas niern zu theilen , feinen Mangel , nur iſt kein littes

rariſches Werk vorhanden, worin fie chronologiſch geordnet', oder ihr Werth einigermaßen beſtimmt

tváre. Da ein beträchtlicher Theil dieſer Dfindien . fahrer eigentlich China , Japan, die Molucken , die

länder auf der Halbinſel jenſeit des Ganges , oder die öſtlichen Inſeln überhaupt beſchiffte, und nur gelegentlich in irgend einem eigentlichen indiſchen Hafen wie Suratte, Cochin , Negapatam ac. ans ferte, ſo gehören die wenigſten von dieſen Reiſens den zu unſerm Zwecke. Aber auch diejenigen , wels che lange genug in irgend einem Theile von Hins

doſtan verweilten , ertheilen die Belehrung nicht, die man von ihrem oft vieljährigen Uufenthalte uns ter fremden Nationen erwarten follte. Sie vers ſtanden die Sprache der Eingebornen nicht, ſchries ben alſo blos ihre eigenen Erfahrungen auf, oder

was ſieaus den Erzählungenigrer landsleute ſchöpfe Sie beſchäfftigten ſich während ihres Das reyns vorzüglich mit Handelsangelegenheiten oder militairiſchen Verrichtungen , und fekten ihre zufáls ten.

ligen Bemerkungen größtentheils für Freunde in Europa auf. Daber ſie mancherlei Ulltagsvorfälle verzeichnet haben , die ihre eigene Perſon betreffen,

das allerbekannteſte von Indien , oder ihre Mach: richten aus früßern Reiſenden wiederholen , unb DO 4

auf

584

Quellen und Hüffsmittel

auf dieſe Art hat Jan Huygen van linſkoten mans. chen ſeiner Nachfolger aushelfen müſſen . Eben deswegen wird man in dem nachſtehens

ben Verzeichniſſevon der Schaarindiſcher Reiſebes . ſchreiber viele und ſelbſt berühmte Namen vermiſ fen . Jedoch bleibt von denen , die zu unſerm Zwecke gehören , und wirklich das Gebiet des indiſchen Kaja fers , die Lånder ſeiner Vafallen oder Nachbarn bes

ſuchten , immer eine beträchtliche Zahl úbrig, welche nach Verdienſte zu würdigen , eine eigene unabhåns gige Interſuchung erforSert, die wegen der dabei

nöthigen Unzeige ihrer llebereinſtimmungen, 26s weichungen, Widerſprüche und Unrichtigkeiten einen großern Raum einnehmen würde , als mir bei einer beurtheilenden Anzeige meiner Quellen erlaubt war .

Bon dieſen find hier alle ſolche indiſche Reifen auss geſondert , die keine oder åußerſt geringe Ausbeute geben , und bei dem Gebrauche beſſerer Materialien

füglich entbehrt werden können. Das nachſtehende, Perzeichniß gebe ich keinesweges für vollſtändig aus, weil meiner Aufmerkſamkeit vielleicht einzelne Ins

dienfahrer entgangen ſeyn Fønnen , auch ich nicht

Gelegenheit hatte, einige áltere, vorzüglich Spas nier und Italiener , ju meinem Zwecke zu erlangen, Hingegen ſind die Untengenannten von mir långſt in anderer Rückſicht geleſen und wieder geleſen ,

und

bei der gegenwärtigen Beurtheilung abermals eins zeln geprüft worden , uin ſicher angeben zu fónnen , welche indiſche Provinzen fie beſchrieben , in welchen Fåtten man ſich bei ihnen Raths erholen kann , und wodurch ſie ſich von den übrigen auszeichnen.

Die europäiſchen Reiſebeſchreiber des Mittels alters , oder diejenigen , welche vor den Seejúgent der

der indiſchen Geographie.

585

ber Portugieſen auf ihren aſiatiſchen Landfahrten nach Indien kamen , kann man nur ſtellenweiſe bes

nußen, weil ſie ohne alle Ordnung ſchreiben , láns der mit einander verwechſeln , die entfernteſten an einander grenzen laſſen , und die fremden Namen

perhört oder verſchrieben haben . Der berühmteſte von ihnen , der Venetianer Marco Polo , erzählt ſehr viel von den Gebrauchen der Indier und den

Merkwürdigkeiten işzes Vaterlandes, aber er ſagt, in ſeinem Wunderbuche nicht, ob er alles geſehen , oder blos aus Geſprächen geſammelt hatte. Doch unterſcheidet ſich einer von ihnen vor ullen übrigen

durch die Ordnung , welche bei ſeiner Relation bei obachtet iſt, und die von ihm beſchriebenen Länder folgen ihrer wirklichen lage nach auf einander. Uber dieſer Florentiner , Nikolaus de Conti, der vor

1444. fünf und zwanzig Jahre in Indien und den benachbarten Ländern umgerzog , ſchrieb ſeine Reiſe nicht ſelbſt, ſondern der gelehrte Poggius mußte ſie

auf Befehl Pabſt Eugenius IV . nach deſſen můnds lichen Erzählungen lateiniſch abfaſſen , und sein Hufs

faz ward Hernach portugieſiſch und italieniſch úbers ſeßt. Conti war in Cambaja , Malabar', im Reiche Bisnagar, Carnatic und Bengalen. Er bereiſete.

auch die Halbinſel jenſeit des Ganges, China, Sus matra und ſelbſt die Molucfen .

Seine länderbes

ſchreibungen bejtehen nur in wenigen Worten , und ihre Namen find gewaltig verdorben , ſo wie die Namen der meiſten angezeigten Srádte , welche ges wiß unentziffert bleiben werden . Die Beſchreibung

der indiſchen Gebrauche war für ſeine Zeiten bin.

långlich , für uns aber entgált ſie das allerbefann, g tefte, wieman überhaupto von feinen meiſten Nach, Do 5

fol.

586

Quellen und Hülfsmittel

folgern ſagen kann, die gewöhnlich eben daſſelbemit Fleinen Abånderungen wiederholen. Was er von den indiſchen Geldſorten und der Perlenfiſcherei bei !

der Stadt Caet anführt, ſcheint Poggius zu ſehr abgekürzt zu haben '). Die ſpåtern indiſchen Reifen wurden in dem Zeitraume unternommen , als die Portugiefen ſchon

die Fahrt um das Vorgebirge der guten Hoffnung entdeckt hatten , und ihre Verfaſſer gelangten ents weder über Baſfora , oder auf den portugieſiſchen

Flotten oder Fahrzeugen anderer Nationen , nach Oſtindien. Der erſte von dieſen war der Bologneſer Zur dewig Bartbema. Wenn er feine Reiſe antrat, iſt nicht bekannt, aber feiner eigenen Ungabe befand

er ſich 1507. in Indien.

Als Kaufmann beſuchte

er die damals vorzüglichſteri Handelsſtådte auf der weſtlichen Küſte von Defan , nebſt einigen andern in oromandel und Bengalen , er kam ſogar nach

Malaffa und den Gewürzinſeln. Er beſchiffte alſo nur die Küſten , und nur einmal wagte er ſich auf einer Reiſe nach Bisnagar. Seine Bes ſchreibungen ſind ausführlicher als beim Conti, aber manche von ihm genannte Stádte , wie Dekan , Koromandel und Bengalen , waren nie vorhanden ,

auch verwirrt er ſich bisweilen in die lage der Reiche,

Ž. B. wenn er den König von Lenaſſerim (Siam) mit dem von Bisnagar zu Lande Striege führen läßt.

So ſehr auch dieſe Reiſe in vorigen Zeiten geleſen ward, wie die lleberlegungen in den meiſten euros

påiſchen Sprachenbeweiſen ,fo enthält ſie doch ges ringe Ausbeute für die indiſche Erdbeſchreibung, weil

0) 8. Ramuſ. T. I. $. 363. 24. 1

der indiſchen Geographie. be

at

16

587

weil Barthema fich gerade nur an folchen Orten

aufhielt , welche die meiſten Indienfahrer gewohns lid) zu beſuchen pflegten. Die erſten italieniſchen Uusgaben dieſer Reiſe ſind nach einer äußerſt fehs lerhaft und incorreft geſchriebenen Handſchrift ber ſorgt, und weichen durd) Zufäße und mancherlei

Einſchaltungen von einander ab. Nach einem richs tigern lateiniſchen Eremplare iſt die ſpaniſche Uebers febung von Chriſtoph de Arcos in der Mitte des

Techzehnten Jahrhunderts gemacht worden. Dieſe liegt bei der italieniſchen Ausgabe zum Grunde, wels

che Ramuſio in feiner Sammlung aufgenommen hat ').

Eine genauere Beſchreibung von Indien hat

uns Eduard Barboſa (Barbeſſa), ein Portugieſe, Hinterlaſſen , die , wenn ſie ganz zu uns gekommen wåre, manches über deſſen damaligen Zuſtand aufs

Flåren konnte. Die portugieſiſche Handſchrift, wels che Ramuſio davon mit Mühe in Liſſabon auftrieb , iſt voller Jücken . Es fehlen darin nicht nur viele eins zelne Stellen, ſondern ganze Blåtter und Abſchnitte find in der vom Ramuſio einzig edirten Handſchrift verloren gegangen .

Barboſa ging mit den erſten

Flotten von Liſſabon nach Oſtindien.

Wie er bort

ankam , hatten die Portugieſen Diu noch nicht bes feßt. Dies geſchahe erſt um 1509 , und 1516. hatte er ſeine Beſchreibung ſchon beendigt. Da er dieſe alſo zu Anfange der indiſchen Eroberungen der

Portugiefen aufſeßte, uud zu feiner Zeit Oſtindien noch lange nicht überall erforſcht war; ſo iſt es mit

Recht zu bewundern , daß es ihm dennoch glückte , Nachrichten von ſo vielen Reichen und Völkern, und

+) Ramulo V. I. S. 159. x. ilusat sotsesserit

588

Quellen und Húlfsmittel

und ſelbſt von den åußerſten Inſeln einzuziehen. Er war gewiß einKaufmann, dies zeigen ſeine genauen

Ungaben indiſcher Uusfuhrartifel, und die am Ende ſeiner Relation verzeichneten damaligen Preiſe der Edelſteine, Gewürze und Spezereien. Nach feia

nerRückkehr aus Indien trater in ſpaniſcheDienſte, begleitete ſeinen landsmann Magellan auf der erſten Weltumſeglung, und ward mit ißm auf der philips piniſchen Inſel Zebu erſchlagen. Barbofa's Bes

ſchreibung von Indien, welche feinen andern Titel hat , als Libro di Odoardo Barbeſſa , im in Pors tugal åußerſt ſelten , und dort nie gedruckt worden , weil die Regierung im Anfange der Fahrten nach Oſtindien alle Nachrichten von dieſen Ländern ſorgs fáltigft zu verheimlichen ſuchte. Eben daher weiß man dort von ſeiner Arbeit ſo wenig , daß die bes kannten Verzeichniſſe portugieſiſcher Schriftſteller nicht einmal feinen Namen anführen, oder, wie Bars boſa Machado , von ſeinen Schriften blos Ramus fio's Ueberſekung fennen "). D6 Barboſa in allen von ißm beſchriebenen Gegenden Borneo , Celebes, China, den fiquiosinſeln ac. ſelbſt war , iſt faſt zu bezweifrin. Bon dem Innern indiſcher Staatent hatte er wenig erfahren , dies beweiſt unter andern feine Schilderung des Reichs Dehli, oder des nachs berigen Gebiets des großen Moguls, das man kaum wieder erkennen würde , wenn er es nicht in die

Nachbarſchaft von Bengalen und Oriſſa verlegte. Bom Reiche Golconda hatte er nichts gehört, aber wot von einer Stadt , die Bengalen gieß, wenn er

ſie nicht etwa dein Barthema nachgeſchriebengat. 1) Bibliotheca Luſitano - hiſtorica. T. I. $. 727.

der indiſchen Geographie.

589

Ein ungenannter Portugieſe, der mit dem 8

Barboſa gleichjeitig war , und ein Sommario di Regni , Città e Popoli Orientali ſchrieb, hatte mit dem Barboſa gleichen Zweck , die tånder jenfeit des

Vorgebirges der guten Hoffnung feinen Zeitgenoſ fen bekannt zu machen m ). Seine Arbeit würde dem erſtern ſehr zur Erläuterung dienen , hätte ſie fich unverſtümmelt erhalten.

Allein dieſe Beſchreie

bung gat nicht nur ſtellenweiſe fücken , ſondern es find davon ganze Abſchnitte verloren gegangen , wie

einzelne Abſchnitte von Koromandel, den öſtlichen Infeln , und dem großen Südlande, das man das mals gefunden Haben wollte. Da die weſtliche Ruſte von Dekan der Hauptſiß des portugieſiſchen Hans

dele war , ſo behandelt er dieſe ſehr ausführlich . Er nennt auch mehrere Nairenſtaaten als ſein Vors gånger , unter andern das Reich Travancor. Von

den verſchiedenen Reichen im innern Dekan þatte er auch mehrere Nachrichten geſammelt, und er nennt verſchiedene Sandſtådte, wie Bedr , Viſapur, Rachol und andere, die aber ſehr verſchrieben find. Deſto' Fürzer faßt er ſich bei Bengalen , wenn er gleich etwas vom lande Tipra gehört hatte, und

[chon wußte , daß in Bengalen die Cauries ſtate Scheidemünze dienen .

Um 1563.30g Cápar Friederich , ein Englåni der in Venedig wohnhaft , über Uleppo , Bagdat

und Baſſora, nach Indien. In den Reichen jenſeit des Ganges şielt er ſich am långſten auf. Doch . ipar er auch in Cambaja und Cochin.

Bon Goa

zog er zu Sande nach der alten Staðt Bisnagar, und blieb dort ſieben Monate. Sie war kurz vor feis m ) Ramulio I. Ⓡ. 149 .

590

Quellen und Hülfsmittel

feiner Unkunft von den Mahometanern zerſtört wors den , daher beſchreibt er nur ihre Ruinen , unter

denen ſich jedoch kerrliche Palláſte und Pagoden bes fanden. Bon ißm wiſſen wir nur , daß der Fürſt von Bisnagar oder Narſinga ſid, nach Zerſtörung ſeiner Reſidenz nach Carnatic rettete. Er war auch in Negapatan und Meliapur , und beobachtete die

Perlenfiſcherei zwiſchen Tinevello und Cenlon. Uuf einer andern Reiſe von Malaffa nach Koromandel

ward er nach Oriſſa verſchlagen , das kurz vorher die Kaiſer von Delhi erobert batten. Nach ihm pflegten die alten Sandsfürſten in Euttak (Catecha) zu reſidiren. Von hier gelangte er nach Bengalen ,

da er aber dort nur einige Zeit in Chittagong vers blieb , ſo weiß er von dieſem Lande wenig zu ſagen,

deſto mehr aber von Uva, Pegu , und den benachs barten Reichen , wo ſein Aufenthalt von långerer Dauer war ").

Caſpar Balbi , ein Juwelier aus Venedig, reiſete 1579. auch über Aleppo und Baſſora nach Indien. Dort beſuchte er die Seeſtådte Diu, Chaul , Goa, Coffin , Negapatan und Meliapur, und beſchreibt ihren damaligen Zuſtand, vorzugs lich die oft behandelten Gebräuche der Intier. Wichs tiger find hingegen ſeine Nachrichten von Pegu und den Merkwürdigkeiten dieſes Reichs ") .

Mit Balbi war der Englander Ralph Fitch zu gleicher Zeit in Indien , nemlich von 1573. bis 1581 .

n ) Hacluit principal navigations T. II. S. 213. 26. v. d. Aa , Deel. XVI. S. 344, 26. o) Gaſp. Balbi Viaggio dell'Indie Orientali dal anno 1579. fino al 1588. Venez 1990. 8. v. d. Aa. D. 18 .

>

der indiſchen Geographie.

591

1581. Eine Geſellſchaft londner Kaufleute fande ten iốn und einige andere dorthin , um zu erfahren , ob esihnen vielleicht gelingen fónnte, an dem reichen

Handel dieſes Jandes Theil zu nehmen. Er nahm aber ſeinen Weg durch die Levante, wahrſcheinlich um den Portugieſen nicht in die Hände zu failen , daher jene alte Karavanenſtraße durch Syrien und

Perſien , ſelbſt nach Umſchiffung des Vorgebirges der guten Hoffnung, lange Zeit von europäiſchen Reiſenden gewählt wurde. Allein er ward ſchon in Drmus von den Portugieſen als fremder Schleichs gåndler nebſt ſeinen Gefährten entdeckt, und gefans gen nach Goa geſchickt. Unterweges fórte ermans

ches von Diu und andern indiſchen Seeſtadten, welche nordwärts von Goa liegen. Hier wurden ſie zwar gegen Caution der gefånglichen Haftentlaſ: ſen , aber auch mit einer neuen Unterſuchung bes

drobt, welcher ſie 1585. durch die Flucht entgingen, auf derſelben aber Gelegenheit fanden , das Innere von Dekan und Hindoftan zu bereiſen , wohin da. mals ſelten Europäer famen. Von den auf dieſer Flucht beſuchten großen Städten beſchreibt er Vi. fapur, Golconda , Brampore , die Haupſtadt von

Candeiſh , Mandou , Ugein , Serong (Serringa ) und Ugra , nennt aber weder Flüſſe noch Ortſchaf. ten , welche zwiſchen den genannten Orten lagen,

bemerkt aud) den genommenen Weg weder nach ins diſchen Meilen noch Tagereiſen , ſo daß,man blos.

aus ſeinem Berichte erfährt, daß jene Plage das mals, wie jeßt, beträchtliche Orte waren . Was er für eine Provinz unter dem Namen Servidore

verſtekt, deſſen Fürſt der Brodkónig genannt ward, und entweder in Ahmednagur oder Berar regiert Qaben

592

Quellen und Hülfsmittel

Haben mag , iſt daher , und weil er den Namen ges

wiß verhörte, ſchier auszumachen. Von Zgra ging er zu Waſſer nach Chittagong in Bengalen. Uuf dieſer Fahrt , welche fünf Monate dauerte , da er auf der erſten Tandreiſe über ſechs Monate zu.

brachte, befchiffte er den gumna und Sanges , und kam durch Benares , Patna , Tanda, wobei er des alten Reichs Gor (Gourou) , oder vielmehr der als

ten jest zerſtörten Hauptſtadt Gor , erwähnt. Er war auch in Euch Behar" ( Couche), das er aber für eine Seeprovinz Hålt. Sein Hafen Cachegatte iſt wahrſcheinlich die Stadt Chichacotta in Bengas len.

Auf einer andern Reife beſuchte er Sipra im

Sſtlichen Bengalen , und erfuhr dort etwas von den

Muggh8 (Moghen ), einem roßen Bergvolke, das in neuern Zeiten oft genug Einfälle ins öſtliche Bengalén gewagt hat , imgleichen von Butan , wels

ches zwiſchen Bengalen und Tibet liegt. Zu ſeiner Zeit kamen Kaufleute aus China, Tibet und der Cartarei, dagin. Die leßtern brachten nach Butan , oder der dazu gehörenden Stadt Bettiah , unter ans dern Waaren auch Chowries oder Schwänge von

den tibetaniſchen Ochſen Yak. Die Haare beſchreibt er eine Elle lang, und daß man mit dieſen Schwảns

jén , wie noch in Indien geſchieņt, die Elephanten verzierte. Von den Einwohnern erfuhr er auch den Namen der nördlichen Gebirge , Cumaon , den ſie

nod) führen.

Sonſt bereifete Fitch noch andere

Gegenden , wie Pegu , Malakka und Ceilon , und

erfuhr in Malatka, daß die Portugieſen die in China verhandelten Waaren mit Silber bezahlten . Håtte

er ein genaueres Tagebuch über ſeine Reiſe geführt, oder wegen ſeiner Handelsgeſchaffte führen können, ro

derindiſchen Geographie.

593

fo würde er,da nur ſelten Europäer in die von ihm beſuchten tånder gekommen ſind , die indiſche Geos graphie feiner Seiten herrlich aufgeklärt haben. Most setas Bekannter als Fitch iſt der alte holländiſche

Reiſendejan suigben van Linſchoten .Hatte er fich gleich lange nicht ſo weit in Indien umgeſehen, fo zeigte er doch zuerſt den Weg anſchaulich , den

die Flotten der Portugieſen nach Indien nahmen , indem er eine Menge Portulane, die Beſchaffenheit DerHafen und Küſten , und ihre Entfernung voneins ander angibt , und fremden Seefahrern die Fahrt dorthin erleichterte. Er beſchrieb ihre dortige Verfafa fung und Handelseinrichtungen ausführlich , und lieferte die genaueſten Nachrichten von den Pros duften und großen Handelsartikeln , welche jene wegen ihres Reichthums berühmten Länder liefers ten . Eben wegen dieſes reichhaltigen Details find ſeine Beſchreibungen von fpátern Gadienfahrern håufig benukt worden , oder ſie haben ſolche wirts lich in ihren Berichten aufgenommen. Linſchoten

ſegelte 1583. mit der indiſchen Flotte aus liſſabon , und blieb bis 1588 in Sudien .

Er war dort in

Dienſten des Erzbiſchofs von Goa , und hat ſich die ganze Zeit über in dieſer Stadt aufgehalten, deren Lage , Einwohner und Merkwürdigkeiten er deswegen auch aufs genaueſte darſtellt. Seine "andern Nachrichten , die Ueberſicht des indiſchen

Handels, der königlichen Einkünfte 2c. , fonnte er , da fein Herr felbſt ein Glied der Regierung war , in Goa leicht erlangen , wie er denn auch aus den

Schiffsbüchern mehrererportugieſiſchen Seefahrer und Piloten die nautiſchen Beobachtungen und Uns leitungen entlehnte, welchen Cours die Schiffe nach Ppalitzdort cins 1X ¥5. Th. 2.Abth.

594

Quellen und Hülfsmittel

Indien , oder von einem dortigen Seehafen zum andern , ſelbſt nach den Molucken , China und Jas pan , zu nehmen hatten , und die den zweiten Theil oder die Hälfte ſeines Werks ausmachen. Bor ihm unbekannte {ånder hat er eigentlich nicht beſchries

ben , oder die Kenntniß der bisher entdeckten ers weitert, ſondern eigentlich ſolche Chatſachen in Umlauf gebracht, welche die Portugieſen vor ihren

Nebenbuhlern zu verheelen ſuchten . Seine Reife warb daher bald nach ſeiner Rücfehr gedruckt o), bereits 1596. ins Engliſche, und 1999. ins (ateis niſche überfekt. Sie iſt hernach in Holland oft aufgelegt, auch deutſch und in mehrere Sprachen

ůberſeßt worden. Ein gewiſſer Palubanus hat dieſe Reiſe mit Anmerkungen verſehen. Unter mehreren Englåndern , die vor Errich . tung der oftindiſchen Geſellſchaft in London an den

indiſchen Schågen Theil zunehmen wünſchten , ber

reiſete JohannTiildenball 1599. dieſe Lånder. Er hat über ſeine Reiſe aber nur zwei Briefe finters

laſſen , worin er ſehr kurz den durch Perſien ges nommenen landweg , die Reiſeroute von Candahar

über Lahor nach Ugra , und ſeine Aufnahme am Hofe Ufbars des Großen beſchreibt “ ). Nach der Stiftung der beiden oſtindiſchen Handelsgeſellſchaften in England und Holland vers mehrten ſich die Reifen nach Indienungemein, ohne jedoch die Kenntniß des Landes viel aufzuklåren, und ohne die Eroberungen der Engländer am Gans ges

p ) J. H. van Linſchoten Voyagie of de Schipvaert *-' naar Ooſt of de Portugals Indien met Kopere Platen .

Amft. 1996. fol.

9 ) Purchas Pilgrimes I. 8.1146t. d.Aa. D.XXI.

der indiſchen Geographie.

595

ges und ia Dekan wåren wir vielleicht in der indis

ſchen Länderkunde auf dem Punkte ſtehen geblieben , auf welchem wir uns zu Anfange des fiebzehnten Jahrhunderts befanden. Denn die meiſten Ins dienfahrer beſuchten nur zufälliger Weiſe irgend

einen Hafen des veſten (andes , ſie vergaßen auch wol , über die ausgeſtandenen Fährlichkeiten unb die vielen ihnen aufſtoßenden neuen Gegenſtande,

die Orte ihres Aufenthalts richtig darzuſtellen . Bon den damals nach Indien reiſenden zeichs nete ſich der Engländer Robert Coverte vor den

übrigen aus , oder fein Weg führte ihn durch Ges

genden , in welche vor ihm kein europäiſcher Beobs achter , und nach ihm eben ſo wenige gekommen find. Er litt 1607. bei Gondeve in der Nachbars ſchaft von Suratte Schiffbruch , und beſchloß hier: auf , mit einigen ſeiner geretteten Gefährten zu Lande nach Ugra zu gehen. Er hat zwar den tags

lich zurückgelegten Weg nachCoß oder indiſchen Meilen bemerkt, allein die Namen der von ihm auf ſeiner erſten Ausflucht von Suratte nach Brams

pore durchzogenen Stádte find ſo außerordentlich verdorben , daß man faſt keine Uehnlichkeit weder

auf unſern Karten , nod in andern zu gleicher Zeit oder ſpåter eben bahin unternommenen Reiſen fins det , von denen ſich Unzeigen der zurückgelegten

Stationen erhalten haben . Auf v. derUa's Karte ſtehen ſie freilich alle , allein er hat ſie eigentlich zum Behufe dieſer Reiſe ſtechen laſſen , ohne ſich zu bekümmern , ob die benannten Orte wirklich ro lies gen oder eben ſo heißen, als Coverte angiebt. Doch

zwei derſelben erſcheinen auf Rennels Karte, die übrigen konnten wol des Raums wegen nicht aufs Pp 2

ges

1

596

Quellen und Hülfsmittel

genommen werden , weil es Flecken oder kleine

Städtchen waren . Von dieſen beiden iſt ſein Days taotote, Rennels Doontateha', und Notherberry, Rennels Naderbar, auch dervon unſern Reiſenden

genannte Fluß Tyndi , der Tapti. Die Route von Brampore nach Ugra iſt gar nicht auszumachen. Von Ugra reiſete er nac, Agimere.

Auf dieſer

Straße ſind die Städte richtiger angegeben , und man kann ſeiner Spur auf unſern Karten ohne

Hinderniß folgen , ungeachtet er gerade eine das mals wenig beſuchte Straße zog , und die ganze

Gegend zur Zeit noch zu den unbekannteſten Lands ſtrichen von Hindoſtan gehört. Hierauf wandte ſich nach Seſſelmere , einer Beſtung im weſtlis chen Ügimere. Auch hier zeigen unſere Karten den von ihm genommenen Weg deutlich , ſogar die meio ften von Coverte genannten Dörfer. Da er von Jeffelmere nach Perſien reiſen wollte , ſo mußte er die Sandwüſten durchziehen , welche ſich bis zu

den Wohnplågen der Balluchen erſtrecken , und la Rochette hat die drei Städte , durch welche er in der Nachbarſchaft des Indus fam , Rori , Bus for und Suckar, auf ſeiner Karte verzeichnet. Nur

beweiſt unſer Reiſende wenig geographiſche Rennto niß , daß er nicht einmal des Indus erwähnt, der

doch bei Bukor (Bhakor , Manfura ), wo er über dieſen Fluß gehen mußte, ſeine größte Breite ers reicht. Er nennt zwar bei der Stadt Rori einen

ſchiffreichen Fluß , der ſich in den perfiſchen Meers

buſen , eigentlich in den Golf von Sinde, ergießt, auf welchen die Einwohner bis zu den Maldiven Handel treiben , und hörte , daß er Domiadar

hieße. Dieſe Benennung des Indus ift völlig un. bes

der indiſchen Geographie.

597

bekannt, fie kann jedoch verhört oder verſchrieben ſeyn. Da er jenſeit deſſelben abermals durch mens ſchenleere Sandwüſten zog , fo nennt er bis Cans dahar nur vier Ortſchaften , welche fämmtlich auf unſern Karten fehlen , und fekte hernach von Cans dahar aus ſeine Reiſe nach Perſien fort " ).

Die beiden engliſchen Handelsleute , Wilh. Finch und W. Hawkins, waren 1608. zu gleicher Zeit in Indien , und zogen beide von Suratte nach

Agra . Sie wiſſen vieles von den Feindſeligkeiten zu erzählen , welche die Portugiefen gegen ihre uns

gebetenen Nebenbuhler verübten , und den Hinders niſfen , welche ihrem Zwecke entgegenſtander , gleis che Handelsfreiheiten in des Raifers Staaten zu erlangen. Finch hat ſeine Reiſeroute ( denn beibe zogen von Suratte nach Ugra) viel genauer als Coverte beſchrieben , und den tåglichen Weg nach Coß berechnet. Hawkins ging bald hernach über Cambaeth nach Java. Merkwürdig iſt es doch , daß er ſo beſtimmte Berechnungen über Kaiſer Ges hangirs Einkiinfte, ſelbſt was in deſſen Schakkams

mer an Golde, Silber, Edelſteinen und Foſtbaren

Waaren aufgehäuft verſchloſſen war , erfahren konnte. Finch hat für den indiſchen Erdbeſchreiber auf dem weitern Zuge nach Agra beſſer geſorgt, die meiſten von ihm angegebenen Orte hat Rennel auf

feiner Karte erhalten , und es ſcheint, daß entwes der jene Straße noch die gewöhnliche Route der

Kaufleute durch das Gebiet der Maratten iſt, oder daß Rennel die alten Handelswegeaufſeiner Karte aufgenommen hat. Nur muß man ſeine Benens

nungen nach den jeſt gewöhnlichern verbeſſern, oder

AIXX r) v. d. Aa. D. 23.

Pp 3

ans

Quellen und Hülfsmittel

598

annehmen, daß fowohl Finch als Rennel Verſehen begangen haben können. Doch dieſe fallen unſerm Reiſenden , der nicht berufen war , Indien den Europäern aufzuklåren , vorzüglich zur {aſt. Der

von ihm genannte Fluß Nerwor iſt der jekt von ſeiner Quelle an bekannte Nerbudda, fein Carapor, die Stadt Tarrapore jenſeit dieſes Fluſſes, und man muß auf der weitern Reiſe ſtatt der Stadt Uglue, ligein , für den Fluß Cummere, Chumbul

Jeſen. Weil Find in der Nachbarſchaft von Ugra Indigo einkaufen wollte, ſo ging er von Agra nach

Biana, einem damals ganz zerſtörten Orte, der aber die beſte blaue Farbe lieferte , deren Anbau und verſchiedene Gattungen er als Kaufmann bes ſchreibt.

Er wollte dieſe Waare in Lahor verkaus

fen , und daher begab er ſich nach dieſer weiland berühmten Stadt auf der gewöhnlichen ,durch Råus ber zu jener Zeit weniger beunrußigten , Straße, welche jeßt die Sieks unzugänglich gemacht haben. Er hat dieſen Weg nach ſeiner Art beſtimmt nachs gewieſen. Nur muß man einige Fehler in den

Mamen verbeſſern , für Surinam , Sirhind, und für Gonowre, Ganore leſen. Gelegentlich gat Finch noch andere Hauptſtraßen durch das Gebiet des Großmoguls erhalten , wie die von lahor nach. Eaſkemir und Cabul, oder von der erſten Stadt nach Uhmedabad in Gujeratte ). Der Englander Richard Steel fam 1613 .

nach Guzeratte , und trieb während feines Aufents ħafts in Ahmedabad und Ugimere Handelsgeſchaffte. Er reiſete hierauf in gleichen Berrichtungen nady Ugra, $ ).S. Purchas I. S. 414. C. v.d. Aa . D. XXIII. too aber der ganze legte Theil der Reiſe fehlt,

der indiſchen Geographie.

599

Ugra , und von hier mit einer Karavane über Las hor und Candahar nad) Perſien. Er þat ein ors dentliches Tagebuch über den täglich zurückgelegten

Weg und ſeine Lagerplåße gehalten. Viele Namen ſind freilich verſchrieben , aber doch ſieht man aus

den einzelnen Angaben , daß er die damals gewohns liche Saravanenſtraße zog. Außer dieſen Namen , oder der Entfernung der Orte von einander , läßt er fich felten in Beſchreibung derſelben ein , und

dieſe unterſcheidet ſich kaum von den Berichten ſeis ner Vorgånger '). Da der engliſche Handel nach Indien in den ' erſten Zeiten nicht nur häufig von den Portugieſen geſtört warb , ſondern auch des Kaiſers Befehls. Haber die Schiffe der londner Geſellſchaft, und eins ; zelne Kaufleute, die in Suratte , Ahmedabad, Brampore, Ugra und andern Stådten handelten, durch mancherlei Plackereien beſchädigten , ſo ſuchte fie vom indiſchen Kaiſer gleiche Rechte mit andern Fremden in feinen Staaten zu erlangen.

Sie ers

hielt auch am 21. Oct. 1611. vom Kaiſer Jehans

gir Erlaubniß , gegen Erlegung von fünftebalb pro Cent Zoll ungeşindert Handel zu treiben , und ihr König Freiheit, einen Geſandten an feinen Hof abzufertigen .

Daher ließ Jakob 1 , 1615. den Sir

Thomas Roe als Geſandten nach Indien abgehen. Da er ſich die ganze Zeit über am Kaiſerlichen Hofe

aufhielt, auch dem Hofe auf ſeinen Reiſen folgte, ſo beſteht ſeine Beſchreibung größtentheils aus dem

Fortgange ſeiner Unterhandlungen mit den mogolis ſchen Großen , den Hinderniſſen , welche er dabei zu überwinden hatte , den Trinkgelagen , und tåg. Pp 4 6 ) O. Purchas I. S. 519 .

licher

i

600

Quellen und Hülfemitteli

lichen Vorfällen , Feſten und Feierlichkeiten an Jes

þangirs Hofe. Er þat auch hinlängliche Nachrich . ten von den Zwiſtigkeiten unter den faiſerlichen Prins zen geſammelt, ſo daß man ſeine Beſchreibung als

die erſte ausführliche und zuverlåffige von den gewóknlichen Beſchafftigungen und der Lebensart

der indiſchen Großen anſehen kann , die um dieſe

Zeit nach Europa gelangte. Eben deswegen iſt ſein Tagebuc) in ſehr viele Sprachen überfekt

Zulegt hat er daſſelbe noch mit einem Berzeichniſſe der kaiſerlichen Provinzen vermehrt,

worden .

das mit den übrigen weiter unten nåßer angezeigt und beurtheilt werden ſoll 4)...> Eduard Terry, Kapellan dieſer Geſandte

ſchaft, hat eben dieſe indiſche Reiſe beſchrieben, aber dabei andere Gegenſtande beobachtet. Er liefert eis gentlich eine allgemeine Schilderung des beſuchten landes , worin er die Sitten der Einwohner , die vornehmſten Produkte und Handelsartikel, das

Münzweſen und die Pracht am kaiſerlichen Hofe darſtellt.

Er wiederholt in dieſem Gemålde meiſt

die Bemerkungen ſeiner Vorganger , und ſolche eins zelne Angaben , wie die Kultur des Tobacks wåhs

rend ſeiner Anweſenheit, den die Einwolner aber damals noch nicht ſo , wie in Weſtindien , zu prår pariren verſtanden , und die vielleicht erſte Ermah. nung des Kaffee's , den er Cohba nennt , und als einen ſchwarzen Samen beſchreibt , den man in

Waſſer kocht, ohne deſſen Geſchmack fehr zu vers

åndern , deſſen Genuß aber die Verdauung before dert und das Blut reinigt , ſind felten anzutreffen .

Er iſt nach Sir Th. Roe der erſte Europåer , der das

u ) S. Purchas Pilgrim's. V. I. S : 535. X.

der indiſchen Geographie.

1 1

601

das Gebiet deß Großmoguls in Provinzen abzute theilen wagt, doch ohne ſeine Quellen zu nennen . Nach ihm beſtand daſſelbe aus ſieben und dreißig Provinzen , deren jede eine beſondere Hauptſtade hatte. Mit einigen Veränderungen iſt es daſſelbe Verzeichniß , welches Twift , Thomas Roe, de {aet und Manouchi ebenfalls in ihren Reiſen und Beſchreibungen aufgenommen haben. Es ſtimmt

aber weder mit Kaiſer Akbars Handbuche, noch ans

-1

dern einheimiſchen Nachrichten oder ähnlichen Vers zeichniſſen anderer Reiſenden überein , wie oben S.42. bereits gezeigt iſt. Viele von den genanns ten Provinzen ſind bloße Kreiſe beſonderer Statts

Halterſchaften, andere , wie Jejua, Sanbal, ſchwer auszumachen , weil ſo wenig von ihrer Tage geſagt wird , oder haben eine ganz andere lage, weil Oft und Weſt , ohne Karten vor fich zu haben, ſo leicht verwechſelt werden fönnen, und manche können das mals kriegeriſche Fürſtenthümer geweſen ſeyn , des

ren ſo viele in Hindoſtan entſtehen und unters gehen ).

Wilhelm Jetbold reiſete 1619. nach der Küfte Coromandel, und blieb acht Jahre als Prås

fident der londner Handelsgeſellſchaft in Maſſulia patan.

Weil gerade die Gegend in der Nachbars

ſchaft dieſer Stadt damals in England wenig bes kannt war , und Purchas , der von uns oft anges

führte Herausgeber einer Sammlung von Reifen, ihn erſuchte, über dieſen Theil von Defan Nach . richten zu ſammeln ; ſo wandte er vorzüglich feine Aufmerkſamkeit auf das Reich Golconda, das das

mals noch ſeinen eigenen Regenten hatte, davon Pp: 5 x ) S. Purghas II. S. 1460. v. d . Aa. D. XXI.

er

602

Quellen und Hülfsmittel

er doch im Ganzen wenig erfuhr. Außer was .er von den Kaſten, der Religion und den Gebrauchen

der Einwohner anfährt, beſchreibt er vorzüglich die von ihm bereiften Demantminen , welche 108 engliſche Meilen von Maſſulipatan , und zwei Meis

len von der Stadt Golconda entfernt waren . Sie lagen in einer wüſten unfruchtbaren Gegend. Der Sultan hatte ſie für 300,000 Pagoden verpachtet, und an 30,000 Menſchen waren mit dem Suchen der Edelſteine beſchafftigt. Außerdem nennt er noch einige Sandesprodukte, wie den Bezoar und die gemalten Cattune , . einzelne Veſtungen und

Stådte, Golconda und Hyderabad Hålt er aber für einen und denſelben Ort ").

7

Ein rómiſcher Patricius, Peter della Valle, beſchloß 1614, verſchmåhter liebe wegen als Pils grim nach Jeruſalem zu ziehen , und in ihm ward

durch dieſe Wallfahrt der Trieb erweckt, ſich weis ter in den Morgenlandern umzuſehen .

Er bereis

fete alſo bis 1624. das türkiſche Reich , Egypten , Arabien , Perſien und Indien . In dem lekten Xande befand er fich 1623. und einen Theil des fols genden Jahres , und beſuchte vorzüglich die damas

ligen Niederlaſſungen der Portugieſen auf der weſts

lichen Küſte von Dekan. Nach Coromandel, Bens galen , oder der Hauptſtadt Delhi , iſt er nicht ges kommen , ſondern er bereiſete von Suratte und

Goa gewöhnlich zu Schiffe die meiſten Seeſtådte, welche zwiſchen Cambaeth und Calicut belegen find.

Doch einmal wagte er ſich, von Suratte nach Ahmes babad , der Hauptſtadt von Guzeratte , und gegen

Ende ſeiner Reiſe von Onor im Gefolge einer pors tugies v) Parchas I. 8.535. c.

der indiſchen Geographie.

603

tugieſiſchen Geſandtſchaft an den Hof des Rajah’s A

von Gkeri (Bednor) , und die Reſidenzen verſchies bener nicht mehr vorhandenen Nairenfürſten. Er zeigt ſich überall als einen aufmerkſamen Beobache ter , und da er mit den Eingebornen Perſiſch reden konnte, ſo erhielt er úber manche ihrer Gebrauche

und Einrichtungen Auskunft, die andere Reiſende aus trübern Quellen entlehnen mußten. Im Gans zen beſtåtigt er nur die Angaben ſeiner Vorgånger, oder ſeine meiſten Bemerkungen haben andere frů. her oder ſpåter ebenfalls niedergeſchrieben. Ins deſſen kann man ſeine Nachrichten bei einzelnen Des tails mit Vortheil benußen :). Der Qolländiſche Reſident oder Vorſteher der

Faktoreien , der niederländiſchen Handelsgeſellſchaft in Gujeratte, Jobann van Twiſt,ſchrieb um 1630 . eine allgemeine Schilderung von Indien , oder des

mogoliſchen Reichs, worin er ſich jedoch vorzüglich über diejenige Provinz verbreitete , in welcher er ſo lange angeſtellt war a). Zuerſt beſchreibt er das Gebiet des Kaiſers nach den 37 Provinzen , die er aber aus dem vorher angeführten Terry entlehnt

hat , hierauf die Beſchaffenheit der damals blühens den nordweſtlichen indiſchen Handelsſtådte, wie

Suratte, Broach, Cambaet, Ähmedabad 2c. Die verſchiedenen Einwohner dieſes Landes, wo mans chers 3 ) Piedro della Valle viaggi in Turchia , Perſia ed India .

Roma 1650 - 1663. 4. IV Vols.

Deutſch überreßt, Genf 1674. fol. a ) Generale Beſhryving van Indien ende int be

ſonder Kort Verhaal van de Regiering , Ceri monien , Handel , Vruchten en Gelegenheit van Guſuratten door J. van Twiſt. Amft . 1748. 4.

604

Quellen und Hülfsmittel

cherlei über die indiſchen Kaſten geſagt wird , alleine ihre Benennungen und Unterabtheilungen ſind, gang von anderen Berichten verſchieden , und die Haupts

produkte, nebſt dem Handel dieſer Proving. Beis läufig wird auch die Eroberung von Guzeratte durch

die Mogolen , die Macht und der Reichthum des

indiſchen Kaiſers behandelt, und er berichtet unter andern ſehr genau , wie viel Mannſchaft Kaiſer Shah Jehan in Dienſten hatte , und wie viel Äks bar der Große ſeinem Nachfolger an gemünztem und ungemünztem Golde und Silber, Edelſteinen und andern Sachen vom Werthe, hinterließ. Wes

der in alten noch neuen Zeiten hat Gujeratte einen

ähnlichen genauen Geographen gefunden. Schwerlich hat ſich irgend jemand von allen zur Zeit bekannten europäiſden Reifenden ſo weit und breit in den füdlichen ( åndern Üfiens umherges

ſehen , als der durch ſeine fechs morgenländiſche Reiſen (denn die ſiebente vollendete er nicht , fonts

dern ſtarb auf derſelben 1689. in Moſkau ) bekannte

Johann Baptiſta Tavernier, Freiherr von Uus bonne. Da er ſich mit dem Handel beſchäfftigte,

und vorzüglich Edelſteine eintauſchte und wieder verkaufte, ſo war ihm Indien zu ſeinem Verkehri ein vor allen wichtiges Land , das er nach alten

Richtungen durchzog, ſo daß kaum eine bedeutender Provinj, irgend eine berühmte Hauptſtadt, oder ein damals wichtiger Handelsort übrig blieb , wels che er nicht zu verſchiedenen malen beſucht hatte. Ohne uns hier in ſeine Reiſen durch Europa , Pers ſjen , oder die öſtlichen Inſeln einzulaſſen , durchs reijete er von 1640.bis 1666. Hindoſtan und Des

kan . Da er gewóknlich den Weg zu lande wåşlte, To

der indiſchen Geographie,

605

fo Hat er uns ſehr genau die verſchiedenen Straßen bezeichnet, die er von einem Orte zum andern nahm , ſehr beſtimmt die Entfernung der Statios nen nach indiſchen Meilen angegeben , und zugleich eine búndige Beſchreibung der großen oder damals

blühenden Landſchaften und Stadte şinterlaſſen. Sein Gewerbe führte ihn an mehrere indiſche

Hófe, den faiſerlichen Hof in Ugra , zum Sultan pon Golconda , und die Wohnſige verſchiedener Sroßen. Von dieſen erzállt er ſeine Aufnahme, und wodurch ſie ſich von den europäiſchen oder uns ter einander unterſchieden , ſehr ausführlich , auch

hat er ſich über die indiſche Geſchichte feiner Zeit verbreitet, und das Ende der Regierung des Kais

ſers Shah Jehan und die Thronbeſteigung ſeines Sohnes Aurunggebe als Uugenzeuge beſchrieben. Vorzüglich glückte es ihm , die Demantgruben von Golconda , Sumbulpor und im Lande Bundelcund zu unterſuchen , wo vor ihm felten Europåer ges, weſen waren. . Dadurch hatte er Gelegenheit, das

ganze Verfahren beim Aufſuchen dieſer Steine, und die Beſchaffenheit des Handets zu erfahren,

und in einem beſondern Abſchnitte belehrende Nachs richten über die verſchiedenen Gattungen und den

damaligen Preis dieſer und anderer Edelſteine mits

jutheilen. Kaiſer Aurungjebe erlaubte ihm ſogar, feinen Schak an Edelſteinen zu befehen , und hier

konnte er deſſen berühmten Diamanten , den Nar bir Shah Şernach bei der Plünderung des kaiſers lichen Pallaſtes in Delhi erbeutete, als Kenner

beurtheilen. Nach ihm wog er 279 Karat, und er ſchågt deſſen damaligen Werth auf 3,907,759 v 13 9 118. Von Rubinen und andern indiſchen Edel.

606

Quellen und Hülfsmittet

Edelſteinen Handelt er eben ſo ausführlich , ingleis chen von den vorzüglichſten Artikeln der dortigen Ausfuhr.

Cavernier gelangte auf verſchiedenen Wegen nach Indien , theils zu Waſſer, theils zu tande.

Einmal wählte er die jegt von denSiefs verſperrte Straße über Candahar , Cabul , lahor nach Agra, und zu einer andern Zeit die von frühern Reiſenden

oft genug beſuchte über Suratte durch die Provinz Malva , auch reiſete er auf einem dritten Wege, von Ahmedabad in Gujeratte, durch die Sands

wüſten der Balluchen und die Provinz Ugimere, nach dieſer Kaiſerſtadt. Bahar und Bengalen bes ſuchte er ebenfalls von Ugra aus. Er war in Els gadabad, Benares , Patna , und kam bis Dacca am Buramputer belegen. Hier zog er von frems den Kaufleuten allerlei Nachrichten über die wenig bekannten Reiche Butan und Tipra ein. Bon Sus

ratte unternahm er Auf einer von dieſen bab nach Golconda , nördlichen Circars ,

mehrere Reiſen nach Dekan . begab er ſich über Dowlatas und von hier weiter nach den Maſſulipatan und Carnatic.

Im legten (ande bereiſete er nicht nur die Nieders

taſſungen der Europåer , ſondern auch mehrere Plage des innern landes. Auf einer andern Reiſe ging er von Suratte zu lande nach Goa , und von dort weiter nach Malabar ). Seine Reiſen ſind Häufig gedruckt und überlegt worden.

Philipp Baldaus, der zwiſchen 1650. und 1662. in Oſtindien war, und dieſe Zeit über wåşı rend des Krieges der Holländer und Portugieſen in

b) J. B. Tavernier Six Voyages en Turquie , Per lie et aux Indes. Paris 1676. 1679. III Vols. 4.

1

der indiſchen Geographie.

607

in Malabar und Cenlon lebte , ſchrieb nach ſeiner Rückkehr ein ausführliches Wetk über dieſe Lånder, und die Oſts und Weſtküſte von Defans) , das

lange als ein Hauptbud, benukt und daher håufig ůberſekt ward. Schon der Titel zeigt, daß er das Gebiet des indiſchen Kaiſers nicht berührte , und das Innere von Dekan nicht zu ſeinem Zwecke ges hört. Einen großen Theil der von ihm mitgetheils ten Nachrichten entlehnte er aus andern Sdrifts ſtellern, wie die Geſchichte der erſten portugieſiſden Niederlaſſungen und ihrer Kriege mit den Einges bornen beweiſt. Ebenſo Qat er bei Beſchreibung der Seeſtadte von Guzeratte und Concan den Emiſt benußt. Auch die Karten von den Küſten von Mas labar undCoromandel ſind åltern nachgeſtochen, und

man findet auf ihnen noch viele unerklárliche Nas

men , wie Barboſas, Cendergiſia, Odeſchiria uc . Bei Cenlon verweilt er am långſten , doch beſchaffs

tigen ihn die Kriege ſeiner Zeiten und die frühern

Unrugen dieſer Inſel vorzüglich, nebſt den malas bariſchen Eroberungen der Holländer. Die Nacha

richten von den damals beſuchten Handelsplágen beider Küſten muß man aus vielen Nebenbetrachs

tungen und eingeſchalteten Bertrågen, Unterhands lungen , gelehrten Einſchiebſeln und Berichten zue

fammenleſen . Endlich hat er ſich auch in die malabariſche Sprache eingelaſſen , von derſelben Schriftproben mitgetheilt, und eine vollſtåndige Grammatik derſelben verſprochen. Am Ende des Werks widmet Baldåus der indiſchen Mythologie noch Ausführliche Beſchreibung der berühmten oſtindis ſdhen Ruften Malabar, Coromandel und Ceylon . Amſt. 1672. fol.

1

608

Quellen und Hülfsmittel

noch einen beſondern Abſchnitt , worin vorzüglich die zehn Verwandlungen des Viſhnu beſchries ben werden .

Das ganze Werk iſt mit vielen

Kupfern verziert, welcheÜbbildungen und Grunds riſſe der beſchriebenen Städte und Veſtungen ,

vorzüglich Mordgefechte und Hinrichtungen 'dars ſtellen.

Die indiſchen ReiſenWalterSchoutens, eis nes holtándiſchen Seefapitains , der von 1658 bis 1665. in Oſtindien war , und mehrere Fahrten

nach Batavia , den Molucken , und andern Ger

genden unternahm , fanden bei işrer Erſcheinung wegen ikres lehrreichen Inbalts großen Beifall, und verdienen es noch , weil ihr Verf. ſich durch

feine Bemerkungen fehr von andern Indienfahrern auszeichnet. Don Hindoſtan ſelbſt beſuchte er nur Malabar und Bengalen. In dem erſten (ande war er gerade , wie der holándiſche Befehlshaber Ryflof van Goens 1661. diePortugieſen aus Coca chin , Cranganor und Cananor zu vertreiben ſuchte,

daher er meiſtens Kriegsvorfälle aufgezeichnet hat.

Von hier ward er nach Lutocorin geſchickt, und dadurch veranlaßt , den Perlenfang zu beſchreiben,

der an dieſer Küſte getrieben wird. In Bengalen war. er 1664 , doch nur in den Handelsſtadten Hougin , Ballaſor und Coffimbajar. Was er bort

bemerkte, dient eben nicht dazu, die Landeskenntniß zu erweitern. Befriedigender ſind ſeine Nachrichten von den vornehmſten Artikeln der Auss und Eins fuhr '). Um

d) Gautier Schouten Voyage aux Indes orienta.

les commercé en 1658. et fini 1665. trad. du Hollandois. Paris 1707. 2 Vols.,8.

60,9

der indiſchen Geographie.

Um eben dieſe Zeit befand ſich Jobann bleus bof als Kaufmann in derſelben Weltgegend, und lebte von 1653 bis 1671. bald auf den öſtlichen

Infeln , bald in Perſien und Hindoſtan. Doch im lekten Reiche hat er ſich nicht weit umgeſehen , ‫لی‬

denn er war nur hin und wieder an der Küſte, oder eigentlich in den Seeņåfen Megapatnam , Palias

catte und Maſſulipatan. Nach der legten Handels, ſtadt gogen damals alle Monate Karavanen von

Ugra , Cambaeth und Suratte , um weiße und bunte Baumwollenwaaren einzutauſchen . Wegen anderer Geſchaffte , die des Verf. Aufmerkſamkeit forderten , darf man über dieſe Stádte keine neue Aufſchlüſſe erwarten. Von dort ward er während des Krieges mit Portugal als Aufſeher der Kriegos , bedürfniſſe und Rechnungsführer nady'Malabar ges

Tchickt, und war bei der Einnahme mehrerer Ves ſtungen gegenwärtig. . Sobald die Hollånber nach der Eroberung von Cocdyin ihre Gegner ganz aus dieſem Lande vertrieben hatten , mußte er verſchies bène Nairenſtaaten , wie Porca , Merta , Coilang . und Travancor bereiſen , um mit den Fürſten ders felben wegen der fünftigen Pfefferlieferung zu uns terhandeln , aber auch durch dieſe Reiſe iſt unſere Kenntniß jener kleinen Reiche wenig erweitert wore den ') .

Johann Thevenot, ein Neffe des berühmten

morgenländiſchenReiſenden MelchiſedekThevenots, der häufig mit dem erſtern verwechſelt wird , ges langte úber Perſien 1665. nach Indien , blieb hier bis e) J. Nieuhof Zee en Land Reize door verſheide Geweſten van Oft Indien . Amſt. 7682. fol.

5. Th . 2. ath.

29

610

Quellen und Hülfsmittel

bis 1667 , ſtarh aber auf der Reiſe am 6. Nov. deſſelben Jahres in der perſiſchen Stadt' Miana.

Durch dieſen Tod hat die indiſche Erdbeſchreibung einen bedeutenden Verluſt erlitten , weil die Herauss

geber feines Nachlaſſes zwar feine Handſchrift haben drucken laſſen , aber dabei dieZuſäßeund Verbeſſerun, gen entbehren mußten , die er ſelbſt bei der Durchſicht ſeiner Reiſebeſchreibung Hinzugefügt haben würde.

Er war der erſte von allen europáiſden Beobachs tern Indiens , der von dieſem Reiche nicht zufällige Nachrichten ſammeln wollte, ſo wie ſie dergleichen bald in dieſer bald in jener Provinz erlangten ; ſons dern fein Plan ging dahin , eine Ueberſicht des gans zen mogoliſchen Reichs zu geben , und daſſelbe nach allen ſeinen Theilen zu entwickeln. Die dazu nós thigen Erfahrungen zog er felbſt auf ſeiner landreiſe durch Guzeratte, und einer andern durch das nórds

liche Defan von Suratte bis Maſſulipatan, und auf dem Rückwege von dort nach Suratte ein , und Da er auf dieſe Weiſe nur einen kleinen Theil deb Landes aus eigenen Beobachtungen erforſchenkonns

te , ſo befragte er bei den andern Provinzen unter. richtete Eins und Ausländer. Vorzüglich war ihm bei Ausführung ſeines gdeals ein indiſcher Kenner ſeines Vaterlandes behúlflich , der ihm die Namen , den Umfang, die Lage und Einkünfte der damals

dem Großmogul unterwürfigen Provinzen mite theilte.

Von ihm erfuhr er die allgemeine Eins

theilung des indiſchen Kaiſerthums in zwanzig Hauptprovinzen , und dadurch entdeckte er zuerſt, daß die oben ſchon S. 42. berührte Repartition in

ſieben und dreißig Statthalterſchaften des Sir Thomas Roe , Lerry zc. im lande ſelbſt unbekannt war,

1

der indiſchen Geographie.

бII

war , wenn ſie folche gleich von Einlandern erlangt haben wollten , und daß ſie Circars oder Unters

abtheilungen der großen Statthalterſchaften für Hauptlander gehalten hatten. Von den Gegenden ,

welche er ſelbſt bereiſete, beſtimmt er den täglich zurückgelegten Weg fehr genau , beſchreibt die vors

nehmſten Städte ausführlich , wie unter andern Ahmedabad, Suratte und Golconda beweiſen, und fchaltet in ſeiner Provinzialbeſchreibung die wiche tigſten Sandesprodukte und die auffallendſten Ges brauche der Einwohner ein , ſo daß er bei einer je

den Provin; etwas ihr eigenthúintiches oder ſonſt

vorhandene Merkwürdigkeiten anführt. Auch die Mairenſtaaten in Malabar entgingen ſeiner Auf merkſamkeit nicht, und er nennt die vornehmſten. Uber ihre öſtlichen Nachbarn , die von Carnatic abhängigen Rajahs , welche die Küſtenlånder vom

Flüſſe Colerun bis Cap Komorin beherrſchen , blies ben ihm verborgen.

Von Carnatic hatte er etwas

gehört , aber er verwechſelt es mit Bisnagar, ents weder weil dieſe Provinz früher eine Pertinenz jes nes alten Reichs war , oder weit damals in Care

natic die Nachkommen der Fürſten von Bisnagar ihren Siß aufgeſchlagen hatten . Von den Haupts orten dieſes Landes nennt er Velor, S. Thome und Gingi , aber Pondichery und Madras nicht,

vielleicht weil beide damals unbedeutende Plage waren. Deſſen ungeachtet iſt ſeine Beſchreibung von Hindoſtan eben ſo wenig vollſtåndig ; als Kaie ſer Akbars landbuch , und die füdöſtlichen Provins zen , wie Bahar , Driſſa und Berar, ſind entweder

gar nicht genannt, oder in ihrer age verſchoben .

Unter Udeſſa kann er vielleicht Oriſſa verſtehen, wos 0.92

von

612

Quellen und Hülfsmittel

von der bloße Name bei ihm erſcheint, und Bekar

ſoll gewiß die Provinz Bahar ſeyn , wenn gleich kein einziger Ortsname mit ältern und neuern Bes nennungen übereinſtimmt. Ungeachtet Thevenot in Golconda war , ſo trennt er doch dieſe Proving von Telinga , und dehnt die Grenzen der lektern zu weit gegen Weſten aus. Uber bei den damali.

gen Verwirrungen in Dekan, und dem Mangel an starten , waren dergleichen Irrthümer unvers

meidlich '). Mit ihm zugleich war FranzBernier , ein Arzt aus Montpellier, in Indien , der die meiſte Zeit

feines Daſeyns im Gefolgedes kaiſerlichen Hofes verweilte, indem er erſt leibarzt bei dem Prinzen Dara , und hernach bei einem mogoliſchen Großen

im Gefolge des Kaiſers Aurungzebe war. Er kam 1658. über das rothe Meer nach Suratte , gerade

wie der zuleßt erwähnte Kaiſer ſeinen Vater der Regierung entſekte, und den gewaltthätig entriſſes

nen Thron gegen ſeine Brüder behauptete. Bers nier hat keine eigentliche Reiſebeſchreibung hinters laſſen , denn er nennt oder beſchreibt nur beiläufig die wenigſten Orte , durch, welche ihn ſein Weg

führte, deſto darſtellendeț und genauer iſt er bei den Schilderungen indiſcher Sittenund Gebräuche, der Pracht des faiſerlichen Hofes , und der beiden

Hauptſtädte Delhi und Ugra. Den Anfang reines Werks macht die Geſchichte der Chrongelangung

Aurungzebe's und ſeiner erſten - Regierungsjahre, und da die Nachrichten , welche der Kaiſer - ſelbſt

und andere indiſche Schriftſteller über dieſen Zeit, raum

f ) Les Voyages de Mr. de Thevenoť aux Indes Orientales . T. III.

Paris 1689. 8.

der indiſchen Geographie.

613

raum hinterlaſſen haben , noch ungeðruckt find, fo iſt Berniers Arbeit, mit Thevenots Nachrichten

verbunden , als eine Hauptquelle in dieſer Periode anzuſehen. Im Jahre 1663. begleitete er den Kais

fer auf einer Reiſe von Delhi über lahor nach Caſ hemir , und dies giebt ihm Gelegenheit , das außer. ordentliche Gemühl in dem kaiſerlichen Gefolge, welches aus hunderttauſend Perſonen , und guns dert und funfzigtauſend Kameelen, Elephanten und andern {aſtthieren beſtand , die Ordnung , welche dieſe Menge während des Zuges und im Lager beobs achtete, nebſt den unterweges angeſtellten Jagde parthien , aufs anſchaulichſte darzuſtellen . Ob er gleich den eigentlichen Weg , den dieſer Zug nahm ,

nicht nåher beſchreibt, auch außer (ahor keine Stadt anführt, durch welche dieſer gewaltige Schwarm nach ſeinem Beſtimmungsorte gelangte, ſo iſt er bei Caſhemir ſelbſt deſto ausführlicher. Seine Bes

ſchreibung iſt freilich keine Geographie dieſes {andes, allein er giebt von der Beſchaffenheit des Gangen, dem milden Klima deſſelben , und den faſt unerſteig .

lichen Gebirgspåſſen hinlängliche Nachricht. Von den Städten nennt er außer der Hauptſtadt nur Baramoule (Baramola) , und Sengſafed (Senk, ſefyd), nebſt einigen Heiligen Andachtsortern , auch Hat er ſeiner Reiſe eine Karte von dieſem Sande beis gefügt, welche aber daſſelbe weit unvollkommner als Gentils feit kurzem bekannt gewordene Abbils dung darſtellt. Auf derſelben láßt er , wie Gentil,

den Indus mitten in Caſheinir entſpringen , obs gleich nur einer von den fünf nördlichen Flüſſen, die hernach in dieſen großen Fluß fallen , nemlich

der Behut (Djalem , Hydaſpes ), in dieſem {ande 29 3

hers

614

Quellen und Hülfsmittel

Hervorquillt. Wahrſcheinlich entſtand dieſer Jers thum daher , daß er den Chote , oder den kleinen

Indus , der nicht in Caſhemir , ſondern in den Ges birgen von Tibetentſpringt, und nach Forſter 9) acht engliſche Meilen weſtwärts der Stadt Barainola

in den Behut ( Jalum ) fált, mit dem wirklichen gadus , oder wie er in dieſer Gegend Heißt, dem Nilab verwechſelt. Unter den Produkten von Caſı Hemir werden die trefflichen in Hindoſtan geſuchten Shauls gerühmt, davon die feinſten von der bibers artigen Wolle einer tibetaniſchen Ziegenart verfers tigt werden , die er mit andern Touj nennt. Auch in Bengalen war dieſer Reiſende, hat aber von dies

fer Provinz wenig aufgezeichnet. Er verſtand das , Perſiſche, und überfekte aus dieſer Sprache einen wahrſcheinlich verloren gegangenen Grundriß der

Geſchichte von Caſhemir. Indien verließ er ſeiner eigenen Ausſage nach uin 1666 6). Der Holländiſche Wundarzt Rikolaus de

Graaf unternahm ſedyzehn verſchiedene Seereifen, die er insgeſammt bald ausführlicher, baid kürzer beſchrieben hat ). Während derſelben war er von 1668. bis 1686. in Oſtindien und China. Was er von Indien aufgezeichnet gat , betrifft vorzugs lich Bengalen. Dort beſuchte er die Städte Hou . għli , Coſſimbazar, Monghir , Patna und Chu. pra, beſchreibt,aber vorzüglich die Gebäude und

das äußere derſelben , imgleichen ſeine Gefangens ſchaft g) Travels V. II. S..17.

h) Voyages de François Bernier. T. I. II. Amſt. 1709. 8 .

i) Reiſen van Nic. de Graaf na de vier Gedeeltens des Werelds. Amft. 1701. 4.

der indiſchen Geographie.

615

ſchaft in Mongħir, weil man ihn dort wegen 26 zeichnung dieſes Drts für einen Spion hielt. 1

Johann Fryer, ein engliſcher Arzt im Dienſte Ber oſtindiſchen Handelsgeſellſchaft, bereiſete gns , dien und Perſien von 1672. bis . 1685. Er hielt ſich im erſten (ande am långſten in den Seeſtadten

Der weſtlichen Küſte von Defan auf, war aber vors her in Madras und Mafſulipatan , beſuchte auch zweimal den berühmten Sevagi in ſeinen Veſtums gen Rari und Geneahgur. Fryer iſt daber in der Geſchichte dieſes Stifters des Marattenſtaats ein gültiger Zeuge, der mancherlei von derſelben erhals ten hat. Undere indiſche Merkwürdigkeiten þat er ebenfalls in Menge verzeichnet, aber meiſt ohne Ordnung und Zuſammenhang , und was er von den Landesprodukten und Gebrauchen rammelte,

mehr angedeutet als hinlånglich dargeſtellt. Seine Reiſe , die aus acht langen Briefen beſteht, von denen jeder fünf, fechs und mehrere Kapitel ents

hålt, ſcheint er nach ſeinen Notaten nach der Rücks kehr aus dem Oriente geſchrieben zu haben. Ins

diſchen Münzen , Maßen und Gewichten hat er eis nen beſondern Abſchnitt gewidmet ').

Alerander hamilton, ein engliſcher Schiffs. kapitain , befuhr von 1688. bis 1723 , des Hans dels wegen , das füdliche Aſien , vom rothen Meere bis China und Japan , und ſelbſt die Philippinen, und ſammelte über alle dieſe Lånder , Inſeln und

ihre damals von Europäern befuchten Handelsplage intereſſante, ſelbſt für unſere Zeiten nicht unwich, 294

tige,

£) J. Fryers Account of the Eaſt Indies and Per

fia , in eigth Letters begun 1672. and finiſhd 1681. London 1698. fol.

616

Quellen und Hülfsmittel

tige , Nachrichten '). Daher beſchafftigt er ſich in ſeiner Reiſe nicht blos init dem eigentlichen gni

dien , obgleich feine Bemerkungen über daſſelbe beis nahe die Hälfte des ganzen Werks ausmachen. Er

beſchiffte eigentlich nur die indiſchen Küſten , und lief bald in dieſen bald in jenen Seehafen ein. Uleber die mitten im Lande gelegenen Provinzen meldet er daher nichts , noch weniger vom Gebiete des indi.

ſchen Kaiſers , deſſen Reſidenzen Ugra und Delhi, oder die vom Meere entfernten Staaten . Bei der Provinz Bengalen iſt Hamilton ziemlich ausführs fich , jedoch die Faktoreien der Europäer , und die damals berühmten Handelsplåße an den Ufern des

Ganges und andernFlüſſen beſchäfftigen feine Auf merkſamkeit am meiſten. Da er gerade zu der Zeit in Indien war, wie zwei engliſche Handelsgeſellſchafs

ten als Nebenbuhleriñnen neben einander exiſtirten, und ſich in ihrem Verkehte zu übervortheilen ſuch . ten ; ſo hat er von dieſen Zwiſtigkeiten , welche nach :

her die Regierung veranlaßten , beide Geſellſchaften zu vereinigen , vielerlei Particularien geſammelt. Bon den damals fremden Kaufleuten zugånglichen Seehafen in Hindoſtan und Defan iſt ſchwerlich einer von irgend einiger Beträchtlichkeit übergangen

worden , und ſie werden fåmmtlich, nebſt den Haupt. artikeln ihrer Erportation , aufgeführt , und ſie foli gen in dieſer Reihe nach ihrer wirklichen tage, von der Mündung des Indus bis zum bengaliſchen

Meerbuſen. Bon der damaligen Beſchaffenheit

der Provinz (Tatta)und ihrem Handel, imgleichen von 1) A new Account of the Eaſt Indies being the Obſervations and Remarks of Capt. Alex. Ha:

milton. London 1739. T. I. II. 8.

der indiſchen Geographie.

617

von Gujeratte , hat er ſdjågbare' fragmentariſche Nachrichten erhalten , eben fo von den jekt vertaſ fenen oder von Seeräubern bewohnten Seeſtådten zwiſchen Bomban und Goa , und weiter bis Kap

Komorin.

lleber die vielen kleinen Mairenſtaaten

auf der Küſte Malabar und ihre Kriege unter eins ander und mit den Europäern iſt er eben ſo unters

richtend. Er wagt es auch zuerſt, nach hollandis ſchen Nachrichten die Kriegsmacht dieſer Fürſten

und ihrer vornehmſten Vaſallen anzugeben. Aber wenn gleich einige Namen und die Stärke ihrer Heere mit den ſpätern Verzeichniſſen übereinſtims men , wodurch vorzüglich Vilher und Moſſel die Verwirrungen unter den malabariſchen Nairenſtaa . ten aufzuklåren verſucht haben m ) , To weichen alle drei Angaben dennoch gewaltig von einander ab. Die Beherrſcher derſelben , oder die nackten , uner . klårten Namen dieſer außer ihrem Gebiete unbekanns ,

ten Häuptlinge ſind verſchrieben , nicht nach der {age ihrer Herrſchaften geordnet, und jedes Vers zeichniß zählt bald mehr , bald weniger , bald gang andere Fürſten , ſo daß. Dieſe dürren Regiſter bei den unaufhörlichen Veränderungen der regierenden Häuſer , und ihres bald beengten bald erweiterten Gebiets, äußerſt geringen Unterricht geben . Uebers

dem ſind wahrſcheinlich die mehreſten Familien långſt in den Kriegen umgekommen oder verarmt, welche ſie in unſern Tagen mit den Sultanen von Myſore geführt haben. Dbgleich Hr. Hamilton in

ſeiner indiſchen Beſchreibung genau dem Laufe dec

Kåſten folgt, fo fpringt er doch von Malabar auf eins mal 2.9.5 m ) S. Malabaarſe Brieven . S. 279.2. Beknopte

Hiſtorie van het Mogolfe Kaiſerryk. S. 78 .

618

Quellen und Hilfsmittel

mal nach Zinevelly über , ohne zu bemerken , daß

die in demſelben Abſchnitte genannten Pläße nicht auf der Weſts, ſondern auf der Oſtſeite von Defan

liegen , ja er verſteht unter Malabar die ganze Küſte von Kap Dely bis Negapatnam , wahrſcheinlich weil dem Rajab von Travancor damals mehr Dis

ſtrikte jenſeit' Kap Komorin gehörten. Von der ehemals holländiſchen Beſtung Negapatnam nimmt er feinen Weg gegen Norden , und verzeichnet die Handelspláße auf der Küſte Roromandel. Bei !

Mabras verweilt er , wie leicht zu erachten , låna ger , ſo wie vorher bei Bombay , aber keiner hat

vor ihm die Küſten der nördlichen Cirfars und von Driſſa ſo ausführlich beſdırieben. Ueberhaupt find in ſeiner Reiſe ſo mancherlei Belehrungen für den indiſchen Geſchic ;tsforſcher und Geographen zers

ſtreut, die bei weitem noch nicht alle benußt ſind. Von den übrigen Indienfahrern des vorigen Jahrhunderts , die uns Nachrichten von ihren Sdjickſalen oder den bald håufiger , bald feltner bes ſuchten Landſtrecken Hinterlaſſen haben , verdienen folgende hier angezeigt zu werden .

Der erſte von ihnen iſt 3. C. Viſcher, erſt hol. ländiſcher Prediger in Cochim , und hernach in Batas via, woer mahrſcheinlich geſtorben iſt. Auf der Küſte Malabar oder in Cochin verweilte er fünfJahre, von 1718. bis 1723, und ſammelte in dieſer Zeit Bemers kungen über das (and ſeines Aufenthalts und deſſen Bewohner , die er in fünf und dreißig Vriefe ges ordnet von Zeit zu Zeit nach Holland ſchickte, in

der zurückbehaltenen Handſchrift gelegentlich vers beſſerte, und nach ſeinem Ableben von ſeinem Brus ber

der indiſchen Geographie. der zum Drucke befördert wurden.n).

619 So trefi

fend und vollſtändig Hr. V. auch in dieſen Briefen die Beſchaffenheit des Sandes und die in Malabar vor andenen Volferſchaften nach ihrer Religion , Verfaſſung und ihrem größern oder geringern Vers kehre mit den Europäern dargeſtellt hat, ſo find die hier beſchriebenen Gegenſtande doch nicht nach ein uem vorher durchdachten Plane geordnet, und mans

cher Brief enthält Nachrichten , die mit dem lande Malabar in feiner Verbindung ſtehen , wie die Ents

thronung des perfiſchen Shah Huſſein, der Aufo ſtand der Eingebornen 1722. gegen die Regierung von Batavia , oder die Slike von der Verfaſſung

und lebensart der Portugieſen in Goa. Eine eis gene Landesbeſchreibụng oder Topographie von Mas labar gat der V. freilich nicht verſucht. Da er ins deſſen von den ländern der vier vorneậmſten Fürs

ſtenhåuſer und ihren angeſehenſten Vafallen Nacha richt ertheilt , ro erhält man aus ſeinen Ungaben einen beſſern Begriff von den damaligen Verhalts niſſen der Nairenfürſten unter einander, als aus den bisher vorhandenen meiſt verdorbenen Namens

liſten , oder der zufälligen Erwähnung einzelner Bergfürſten bei Gelegenheit der Kriege , welche ſie in unſern Tagen mit den Regenten und Vaſallen des myſoriſchen Reichs in den weſtlichen Ghauts geführt haben. Auch auf die Abweichungen der malabariſchen Kaſten von den andern indiſchen Volfsabtheilungen und ihre verſchiedenen Unters

klaſſen gat der Verfaſſer vielen Fleiß verwandt. Der

n) J. C. Viſchers Malabaarſe Brieven behelzende eene Naukeurige Beſchryving van de kuſt van Malabaar. Leuwarden 1743. 8 .

1

620

Duellen und Hülfemitter DerEnglanderGroſe ging 1750. als Schreis

ber der oſtindiſchen Geſellſchaft nach Bomban, lebte

dort und in Suratte während des ſiebenjährigen Krieges, und ließ nach ſeiner Zuhauſekunft in Sons don ſeine Reiſe drucken " ). Schon der Litel zeigt, daß fich ihr Verfaſſer über mancherlei Gegenſtände

verbreitet, ſie aber höchſt ſelten erſchöpft , und ſeine Bemerkungen meiſt aus áltern oder gleichzeitigen

Quellen entlehnt. Bei weitem der größte Theil ſeiner Reiſe iſt militariſch - Hiſtoriſchen Inhalts , ins dem er im erſten Bande die alte Geſchichte von Ins dien , die Entſtehung und Veränderungen der eng,

liſchen und anderer europäiſchen Handelsgeſellſchafs ten erzählt , und den zweiten Band ganz mit den Eroberungen der Mahometaner in Hindoſtan , den

Kriegen der Engländer und Franzoſen in Defan bis zum Frieden von 1763 , den Revolutionen in Bengalen bis 1764 , und felbſt der engliſchen Eros berung von Manila anfült. Auch über die Mas ratten , als die nächſten Nachbarn feines Aufents Halts , hat er allerlei zuſammengetragen ; was er aber über ihre Geſchichte erzählt , iſt ſehr dürftig und oben abgeſchöpft , und ſeine Nachrichten von

den Parfen oder Feueranbetern , von der indiſchen Religion und den Gebrauchen dieſes fo oft bewuns

derten Volks, ſindvon gleicher Beſchaffenheit. Oba gleich o ) Voyage to the Eaſt Indies, containing authen . tic Accounts , of the Mogul Government in ge neral , the Viceroyalties of Dekan and Bengal,

of Angria , the Morattoes and Tanjoreans, of the Mahometan , Gentoo and Parſee Religions, and the Hiſtory of the Warwith the French etc. by Mr. Grofe , ſecond Edition . II Vols . 8 .

London 1772 .

der indiſchen Geographie.

621

gleich ſeine Beſchreibungen von Bombay und Su ratte mit Kleinigkeiten und höchſt unbedeutenden Digreſſionen angefüllt ſind, ſo enthalten ſie dens noch einzelne brauchbare Nachrichten. Weil er eia ner der erſten war , der die brittiſchen Eroberungen

am Ganges und die Siege der Englander in Oſtins

dien zuſammenhängend beſchrieb, fo hat er eine Zeitlang mehr leſer gefunden , als ſeine Arbeit , die

zum Theil blos Zeitungsnachrichten wiederholt, bei jekt eröffneten reichhaltigern Quellen verdient. Der durch mehrere gelehrte Arbeiten vorzúg:

lich über die indiſche Geſchichte und Ulterthümer

berühmte franzöſiſche Schriftſteller, Hr. Anquetil du Perron , war auch von 1750 bis 1760. in gno dien , und hat 1771. in Paris ſeine Reiſe als den

erſten Theil des von ihm überſekten Zendaveſta drucken laſſen , von der wir auch eine deutſche llebers,

fegung beſigen ). Der Eifer, die alte perſiſche Sprache und das Shanſkrit an Ort und Stelle zu erlernen , und die Heiligen Bücher der Parſen und Hindus in getreuen Handſchriften nach Europa zu bringen , trieb ihn nach Indien , und er wandte den größten Theil feiner Zeit auf jene Sprachen , mit Sammeln alter Inſchriften und dem Studium der Vedams , des Zenda Veſta, und anderer kaum dem Namen nach bekannter indiſchen Handſchriften. Da er indeſſen einen großen Theil von Indien zu lande durchreiſte, und auf dieſen Wanderungen

durch wenig beſuchte oder noch zur Zeit wenig auf.

gehellte Provinzen fam , ſo iſt die indiſche tanders kunde

p) Anquetil du Perron Reiſen nach Oſtindien , ins

Deutſche überſegt von 3. 6. Purmann, Frankf. am Mayn 1776. 8 .

622

Quellen und Hülfsmittel

kunde durch ſeine Anzeigen des genommenen Weges und der vornehmſten Ortſchaften mannichfaltig ers weitert wurden , und wir würden ' ihm noch widys

tigere geographiſche-Uufſchlüſſe verdanken , hátte er nicht gerade ſeine Reiſe zu einer Zeit unternehmen müſſen , während die von ihm beſuchten Provinzen durch Krieg zerrüttet waren ; hátte er nicht einen

Theil feiner mühſam zuſammengebrachten Bemers kungen unterweges eingebüßt , oder feine lage es ihm erlaubt , mit mehrerer Muße zu reiſen . Denn wie er in Bengalen war , wohin er ſeinen Weg zu

Waſſer bon Pondichery nahm , ſo waren gerade die Händel zwiſdhen den Engländern und den dors tigen Nabobs ausgebrochen , und die erſtern bat

ten die franzöſiſche Niederlaſſung Chandernagor ers obert, indeſſen durchwanderte er doch einen Theil des Landes , und kam bis Murſhadabad . Da die Franjoſen nach dem Verluſte ihres Hauptkomtoirs entweder von den Engländern gefangen , oder in Bengalen zerſtreuet waren , ſo wagte er es , mit weniger Begleitung und einem ſehr kleinen Gelds vorrathe verſehen , zu lande aus dem Innern von

Bengalen nach Pondicherr zu reiſen. Er hielt ſich, ſo bald er die bengaliſchen Grenzen verlaſſen hatte,

langs der Seeküſte, und durchzog auf dieſe Weiſe Oriſſa , einen Theil von Berar, die nördlichen Cirs cars , auf einem vor ihm von einzelnen Europäern unbetretenen Wege , den aber nach ihm brittiſche Truppen und andere Reiſende dieſer Nation mit ges

ringern Beſchwerden verſucht haben , ob ſie gleich nicht gerade diefelbe Straße wählten.

Weil aber

unſere Karten von dieſen Ruſtenländern ſehr man.

gelhaft ſind , ſo laſſen ſich auf denſelben die wenigs ften

ber indiſchen Geographie.

623

ften vom Hrn. Anquetil genannten Orte auffinden. Er kam durch Balaſſor und Cuttack, berahe die bes rühmte Pagode Jagernaut , war ein Zeuge von den Vergeerungen , welche die indiſchen Pilgers ſchaaren unter eigenen Anführern auf ihren Walls fahrten auf dem platten Sande anrichten , und

durchzog die länder vieler unbekannten Bergfürſten , welche bald gan; unabhängig , bald den Maratten zinsbar waren. Hierauf ließ er ſich über die gros

Een Flüſſe Mahanudi , Godavery und den Kriſhna ſegen , und kam nach vielen erlittenen Beſchwerden glücklich in Pondichern an. Dort fonnte er bei dem Verfalle der franzos

fiſchen Angelegenheiten in Indien und 'wegen des Krieges mit England den Zweck feiner Reiſe , die Sprache der Parſen unt ihre Religionsſchriften unterſuchen , nicht erreichen. Dazu war ihm Sus

ratte , in deren Nachbarſchaft dieſe Feueranbeter wohnen , bequemer. Er beſchloß alſo , dahin zu reiſen, und begab ſich zu dem Ende zu Schiffe, und erreichte nach einer kurzen Fahrt Maķe', eine frans zófiſche Niederlaſſung auf der Küſte Malabar. Dort fand er ein reiches Feld , ſeine Wißbegierde zu befriedigen.

Er unterſuchte nicht nur die dort

vorhandenen indiſchen Stämme und ihre Mundo arten , ſondern reiſete auch überall im Sande umher, und ſogar nach Cocchin , uin an Drt und Stelle Nachrid ,ten über die Thomaschriften und die dors

tigen Juden einzuziehen. Auf dieſen Reiſen batte er auch Gelegenheit, einen geograpģiſchen Grrthum zu berechtigen , den Werſebe und la Rochette jener auf ſeiner großen Karte vom ſüdlichen Defan , und

dieſer auf ſeiner allgemeinen von Hindoſtan beibes hals

624

Quellen und Hülfsmittel

halten haben, Rennel aber auf ſeiner neueſten Karte zuerſt verworfen hat. Man glaubte bisher , daß die Reiche Canara und Cananor durch eine ſtarke zwei Tagereifen langeMauer , die ſich vom Ghautsi

gebirge bis an das Meer erſtreckt, von einander geſchieden waren , und europäiſche Erdbeſchreiber wieſen ihr bald diegs bald jenſeit des Borgebirges Dekla ( Bekul ) eine Stelle an . Hr. Anquetil , der die ganze Gegendaufs genaueſte unterſuchte,konnte keine Ruinen, keine Spur derſelben entdecken, noch von den Eingebornen in ihrer Nachbarſchaft einje

geb über ihre ehemalige Eriſtenz oder ihre ſpätere Zerftsrung erfahren . Der Verf. verließ Mahe am 13. Febr. 1758 , und ſchiffte nach Goa , da fein Fahrzeug aber, der indiſchen Seeräuber wes

gen , långs der Küſte fuhr , oder häufig in eins jelne Háfen einlaufen mußte , ſo beſchreibt er Mangalor, Onor , Sarwar , nebſt mehreren ans

dern Seeſtadten, und die damalige Beſchaffenheit, von Goa und des portugieſiſchen Handels. Hiers auf trat er ſeine landreiſe nach Suratte an , er

nahm aber nicht den geraden Weg durch das Ger biet des Peiſchma und anderer Marattenfürſten, weil er über Doltabad und Elura reiſen wolter um die dortigen berühmten Sempel und Alters thümer zu unterſuchen . Er und Thevenot find nur von allen europäiſchen Reifenden nach dies

fen weiland Heiligen Plägen gekommen , d’Unques til hat ſie aber viel genauer , als ſein Vors gånger, beſchrieben.

Auf dieſe Art durchzog er

das Gebiet des Peiſchwa und anderer Måratten,

fürſten , imgleichen den weſtlichen Theil der Lånder

des Subah bon Defan. Er beſuchte außer denn ſcho

der indiſchen Geographie.

625

ſchon genannten Städten auf dieſer Straße Puh. na , Yurungabad , nebſt vielen andern , und durfte

die berühmte Beſtung Dowlatabad bis zu dem Höch ſten Gipfel erſteigen , welches Hrn. Thevenot nicht glückte ,, und gelangte über Salermoller nach dem Drte feiner Beſtimmung. Auf unſern beſten india ſchen Rarten kann man ſeinen gewählten Weg ziems lichermaßen verfolgen , allein es ſcheint, daß auf i denſelben mehrere auf dieſer Reiſe genannten Orte zu weit nach Weſten geregt ſind , falls Hr. Unques til nicht von ſeinen Führern durch Umwege geleitet

wurde. In Suratte beſchafftigte er ſich mit Eco lernung der parſiſchen Sprache und Anſchaffung des Zendaveſta , und anderer parſiſchen imgfeiden ins diſchen Handſchriften . Er brachte deren hundert und achtzig faſt aus allen indiſchen Mundarten zus

ſammen, mit denen er endlich 1761. von Bomban nach Europa abſegelte, nachdem er vorher die al. ten merkwürdigen , oft genug beſchriebenen , Ueber . bleibfel der indiſchen Baukunft , auf Salcette und

Elefanta unterſucht þatte. Die Streitigkeiten der Engländer und Fran. zoſen auf der Küſte Coromandel führten 1754. den

engliſchen Wundarzt Eduard Jves nach Oſtin, dien , und ob er gleich ſeine meiſte Zeit in den Hauptörtern der drei Präſidentſchaften und deren Nachbarſchaft zubrachte , und fich nie weit von den Küſten oder großen Flüffen entfernte , ſo war er doch Zeuge von manchen wichtigen Begeben . geiten , auch fehlte es ihm nicht an Beobachtungss geiſte, bei oft beſchriebenen Gegenſtänden neue Ano ſichten zu entdecken , oder was von andern hier

und dort überſehen war, zu bemerken. s . Th. 2. Abth.

RE

Seine

Reiſe

626

Quellen und Hülfsmittel

Reiſe erſchien 1773. in London: 9 ).

Da der Verf.

in Geſellſchaft der Truppen war, mit denen Lord Clive Bengalen eroberte , ſo iſt er bei dieſem erſten bengaliſchen Kriege ſehr ausführlich , und die dars über mitgetheilten Nachrichten ſind Ausſagen eines

Augenzeugen. Zuf gleiche Art beſchreibt er die frú, here Bezwingung deb marattiſchen Seeräubers Ans

gria, und die Eroberung ſeiner Veſtung Gheria ; die indiſche Länderfunde iſt von ihm eigentlich nicht erweitert worden , denn was er von Bombay , den

Parfen in dieſer Stadt, und den Ruinen von Eles fanta berichtet, war ſchon durch andere Reiſende bekannt, indeſſen hat er unter andern Nachrichten

die ſorgfältigen Beobachtungen eines Freundes mits

getheilt , der 1756. tåglich während der Regenzeit die Quantitåt des gefallenen Waſſers verzeichnet hatte. Bei Madras und Eudelur ſchildert er vors

zůglich die lebensart der Europåer, und da er in Bens galen nicht weiter , als bis Calcutta, kam , und ihn ſein Amtund die Geſchichte des Krieges zu feør bes ſchafftigten , ſo konnte er dort nur einige Merk, würdigkeiten aus dem Pflanzenreiche beſchreiben . Gegen Ende des Jahrs 1757. verließ er ſchon Oſts indien wieder , und reiſete über Baſſora zu lande

nach Europe zurück . Unterweges beſuchte er auch Irincónomale und Columbo in Ceylon, die englis

ſchen Pfefferfaktoreien in Unjengo und Tellicherri, imgleichen . Cochin und Goa. Von allen dieſen Sees

9) A Voyage from Englandto India 1754. and an hiſtorical Narrative of the Operations of the Squadrons and Armies in India , under Watſon and Clive in the Years 1755-57. by E. Ives.

London 1773. 4. Deutſch überſ. von C. w. Dohm . Leipz. 1774. 8. zwei Theile.

der indiſchen Geographie.

627

Seeplågen bemerkt er bei der Kürze ſeines Aufents Kalts bald ihre Feſtigkeit, bald die dort Herrſchens ben Krankheiten , oder was ihm ſonſt für ſein Eages buch bemerkenswerth ſchien . Der Zeitfolgenach kam von den Indienfahs rern unſers Welttheils , die über ihre dortige Ans

weſenheit Nachrichten Kinterlaſſen haben, Hr. Song

nerat, Mitglied der pariſer Akademie der Wiſſerts fchaften , 1774. nach Indien , und blieb dort bis 1784, nachdem er früher ſchon die Molukken , Phis lippinen und Neuguinea beſucht hatte , welche låns Der er auch in einem beſondern Werke beſchrieben

hat. Er war während dieſer leßten Reiſe zwei volle Jahre auf der Küſte Coromandel, und beſuchte die

Provinzen Carnatic, Tanjore und Madure in nas turhiſtoriſcher, mercantiliſcher und politiſcher Rucks ficht , warð aber durch den Krieg mit Großbritans nien gehindert, ſo mancherlei Bemerkungen ; als von andern fåndern zu ſammeln, in denen er ſich

während des angegebenen Zeitraums aufhielt. Denn er war auch in Pegu ,Malakka , Canton , und

mehreren ſogenannten oſtindiſchen Infeln , wie Mas dagaſkar; Ceylon , und den Maldiven . Die eie

gentliche Landesbeſchreibung vonIndien (denn lands einwärts oder ins eigentliche Hindoftan fam Hr. Sonnerat nicht ) hat durch ſeine Reiſe wenig ges wonnen , indem er nur von den vornehmſten Sees ſtádten handelt , in welchen Europäer Faktoreien

beſigen , oder die von ihren Schiffen beſucht wers den . Die Küſte Malabar dehnt er viel weiter als Kap Delhi aus , und rechnet dazu alle Küſtenláns

der , die ſich nordwårts dieſes Vorgebirges bis Sus ratte erſtrecken. Bei allen unter dieſem Namen bes Rr 2 grifs

628

Quellen und Hülfsmittel

griffenen Ländern þat er ſich ſehr kurz gefaßt, und von allen in dieſem großen (andſtriche belegenen Seepláken verweilt er , außer Suratte, nur bei der malabariſchen Niederlaſſung der Franzoſen, dem

Hafen Maße . Dagegen ſchildert er indiſche Sito ten und Gebrauche ausführlicher, und er þat die

Trachten , Heirathsceremonien , leichenbegångniſſe der Bewohner von Coromandel, nebſt ihren eins

fachen Werfzeugen bei verſchiedenen şantieruns gent , durch eine Reihe von Kupfern erlåutert.

Auch über ihre Kaſten , ſo viel er davon an den Drten ſeines qufenthalts erfahren konnte , hat er

mancherlei geſammelt, aber ſeine Ungaben führen uns in dieſer verwickelten Materie nicht weiter, und er wiederholt meiſtens, was andere ſchon früs her darüber mitgetheilt haben . Wir werden auch

ſchwerlich dieſe durch fremde Eroberer To ſehr zere růttete Volkseintheilung deutlich überſehen , als bis irgend ein gelehrter Menſchenbeobachter fich, aus. ſchließlich der Unterſuchung dieſes Gegenſtandes widmet , die beſten über die Kaſten vorhandenen Machrichten prüft und mit einander vergleicht, die verſchiedenen Nationen , welche wir mit dem ges meinſchaftlichen Namen Hindus umfaſſen , nach

ihrer Kultur , mehrern oder mindern Vermiſchung mit Fremden, unterſcheidet, und die europáiſchen

Beſchreibungen mit Zuziehung eingeimiſcher Duelo len berichtigt.

Ein gleiches kann man von der in.

diſchen Götterlehre, ſo weit ſie zur Zeit bearbeitet iſt, ſagen , welche Hr. S. gleichfalls darzuſtellen verſucht, und die vorzüglichſten Berkörperungen des Biſhnu , nebſt andern indiſchen Gokenbildern, auf vielen Kupfertafeln dargeſtellt und erläutert kat.

der indiſchen Geographie.

629

hat. Man findet hier auch gute Nachrichten von der indiſchen Zeitrechnung, den verſchiedenen Klafs

ſen der herumziehenden Mönche, der tamuliſchen Sprache und Schrift, und den in Defan courfis renden Münzen ).

Herr Wilhelm Jodges , ein geſchågter ins diſcher Mahler , der den Kapitain Cook auf ſeiner zweiten Reiſe um die Welt begleitete, um merkwürs dige Gegenden , Naturſchönheiten und andere Ges

genſtände, zu zeichnen , ging 1780. in gleicher Abs ſicht nach Indien , und hat ſpåterhin verſchiedene Nachfolger gehabt , unter denen Daniel durch ſeine herrlichen Darſtellungen in England vielen Beifall erlangt hat. Hodges verweilte vorzüglich in Bens

galen und den weſtlichen Provinzen ,weilihn Kriegøs unruhen verhinderten , von ſeiner Kunſt in Carnas

tif Gebrauch zu machen , wo er zuerſt in Madras landete , und blieb in Bengalen bis 1784. Nach ſeiner Rückkehr gab er in London eine Sammlung

reiner trefflichen Zeichnungen indiſcher Anſichten und Gebäude heraus ).

Er hat auch dort ſeine ganze

Reiſe drucken laſſen '). Da er in ganz anderer Ab.

Rr 3. gang uteste fiche r) Sonnerat Voyage aux Indes Orientales et la Chine depuis 1774-1781. Paris 1782. II Vols.

4. Eine gute deutſche Ueberſegung nebſt den 140 Kupfern des Originals erſchien 1783. in Zürich in zwei Quartbånden .

s ) A Collection of Views in India drawn on the Spot and executed in Imitation of the Original Drawings by Will. Hodges , with hiſtorical Ac

counts and Deſcriptions of each London 1793 . II, Vols. groß ſol.

t) Travels in India during the Years 1781-1783. by W. 17 Hodges. The ſecond corrected Edition, Lo nd.

94. 4.

630

Quellen und Hülfsmittel

ſicht als die meiſten Indienfahrer jene {ånder bes ſuchte, ſo waren indiſche Topographie und Bemers kungen über die Einwohner und deren Gebräuche bei ihm nur Nebenwerk. Er ſuchte die Monumente der indiſchen Baukunſt und romantiſche Gegenden

auf , um ſie durch ſeinen Pinſel dem Zahne der Zeit zu entreißen , und was er bei ihrer Beſchreibung von Madras , Calcutta , Murſhadabad, Benares , Firzabad, Ugra und andern von ihm beſuchten Drs ten gelegentlich , aber nie das Ganze umfaſſend,

anführt, dient nur jene einzelnen Darſtellungen mit einander zu verbinden , und anzuzeigen , durch wel. che länder und Provinzen ihn fein Weg führte. Weiter als Ugra und Gualeor kam er nicht, und

nach Delhi durfte er ſich nicht, wegen damaliger Streifereien der Sieks und anderer Räuber , was gert. Uus gleichen Gründen hat er Kriegsbegebens

heiten ſeiner Zeit , wie die Eroberung von Gualeor und die Empórung in Benares 1781 , aufgenoms

men , und die Verbrennung einer indiſchen Frau in Benares während ſeiner dortigen Anweſenheit ſcheint ihm ſehr willkommen geweſen zu ſeyn, weil er durch

Abbildung und Beſchreibung dieſer Scene feinen Bericht etwas verlängern konnte , welches er auch

durch andere kleine Einſchiebſel, wie unter andern über die Entwildung der rohen Einwohner in dem

Garrowsgebirge in Bengalen , verſucht hat , ob gleich Clevelands Bemühungen , ſo hieß der Auf

klårer dieſer Wilden , aus airdern Nachrichten bes kannt genug ſind.

Seitdem einmal der berühmte Geſuitenapo, ſtel, der beilige Xaver , die Bahn gebrochen hatte,

das Chriſtenthum in den öſtlichen Entdeckungen der

631 der indiſchen Geographie . der Portugieſen auszubreiten , fo wetteiferten alle

Mönchsorden der römiſchen Kirche, mit den ges

fuiten den Heiden das Evangelium zu predigen , und bis auf die neueſten Zeiten wurden von dieſen Miſs fionarien ſelbſt die unzugänglichſten (ånder Ujiens , wie Nepal , Cochinchina und ſelbſt Tibet aus heilis gem Eifer beſucht. Viele dieſer Glaubensprediger haben außer ihren geiſtlichen Verrichtungen und den Gefahren , worin fie unter ro heterogenen Vóla

kern ſchwebten , auch die Lander ihres Aufenthalts beſchrieben und genauer dargeſtellt , als bloße Durchreiſende im Stande waren, weil ſie die Spras

che der Einwobner erlernt hatten. Da aber die meiſten dieſer Heidenbefehrer ihre hiſtoriſchen oder geographiſchen Nachrichten gewöhnlich in einem Wuſte von Teufelsanfechtungen und Wundererzáhr lungen 2c. vergraben haben , ſo ſind viele ihrer Res lationen von fernen Ländern Höchſtens dem Titel nach bekannt , und die meiſten liegen ungedruckt in bem Archive der Propaganda' oder dem reichen Mus ſeum des gelehrten Rardinals Borgia in Veletri. Indeſſen Hat fich in unſern Tagen ein gelehrter itas,

lieniſcher Karmeliter , Fra Paolino da San Bars tolomeo , vor ſeinen úbrigen Umtsbrüdern durch

allgemein geſchäfte Werke über die indiſche Göttera lehre, Sprache und Alterthümer , vorjúglich aber zu unſerm Zwecke durch eine indiſche Reiſebeſchreis bung ausgezeichnet ' ). Er war von 1776. bis 1789. in Oſtintien, und das Reich Travancor das" RC.4

eins

u) Viaggio alle Indie Orientali umiliato alla San tita di N.S. Papa Pio Seſto. da Fra Paolino da S. Bartolomeo . Roma 1796. deutſch von I. R. Forſter.

Berlin 1798. 8 .

632

Quellen und Hülfsmittel

einzige von allen indiſchen Staaten , welches biso

her von fremden Eroberern verſchontgeblieben iſt, ward ihm von ſeinen Obern zum geiſtlichen Ackers

baye angewieſen .

Da er während ſeiner Befehs

rungsgeſchäffte die Landesſprache erlernte , die indio fche Urſprache, das Shanſkrit, ſtudierte, und fos wohl mit dem Fürſten von Travancor und deſſen Großen , als auch mit ältern Miffionarien in dies fem -lande, in vertrautem Umgange ſtand , ſo tågt ſich ſchon erwarten , daß er dieſes Reich genau ges

nug erforſchen konnte. Seine Reiſe enthält daher die genaueſte zur Zeit vorhandene Lopographie von Eravancor, und die Naturgeſchichte dieſes landes iſt darin , To weit ein Uneingeweihter ſich mit dieſer ihn fremden Wiſſenſchaft befaſſen konnte, ausführ, lich behandelt.

Er hat übečdem die Verbindung

diefes Reichs mit ſeinen Nachbarn und den euros

påiſchen Handelsgeſellſchaften , die bürgerliche Vers faſſung, Lebensart und Gebråuche der Einwohner, anſchaulich dargeſtellt , und ift tiefer in die Sitten und eigenthümliche Denkungsart der Malabaren eingedrungen , als die meiſten ſeiner Vorgänger, welche Gegenſtånde dieſer Urt gemeinhin oberfläche lich behandelten , oder nicht in der Lage wie Paolino Waren , durch vertrauten Ilmgang mit den Einges bornen , ihre Beſonderheiten zu erfahren , und ſeine Bemerkungen an Ort und Stelle berichtigen ju taſſen . Nur iſt er zuweilen wie manche ſeiner Borgånger , welche einzelne indiſche Provinzen zum

Gegenſtande ihrer Unterſuchungen wählten , in den ſchon gerügten Fehler verfallen , finden nicht auf den

Ort ſeines Aufenthalts, oder blog auf Travancor zu beſchränken , ſondern Indien im Allgemeinen zu begans

der indiſchen Geographie.

633

behandeln , und von einzelnen Fällen aufs Ganze zu ſchließen. Auch verliert er ſich gelegentlich in die alte fabelhafte Geſchichte und in langweilige Ety. mologien, welche wir freilich auf ihrem Werthe und Unwerthe berußen laſſen müſſen , jedoch nicht ime mer annehmen können .

Er ſeßt auch ein zu unbes

dingtes Vertrauen im Maraſinha únd andern noch nicht fritiſch geprüften Handſchriften , und entlehnt

aus ihnen Chatſachen und Einrichtungen , die viel, leicht in frühern Zeiten úblich waren, aber jeßtnicht mehr Statt finden können. Oft hindert ihn ſeine unverkennbare, ſeltne Kenntniß des Shanſkrit und der darin verfaßten Schriften , und ſeine ausges breitete Beleſenheit in den beſten europăiſchen, über Indiens Alterthümer , Sprache, Religion z. vors þandenen Nachrichten , die von ihm behandelden Gegenſtände anſchaulich darzuſtellen , indem er ſich

dabei in Nebenunterſuchungen und Widerlegung an, derer einläßt, und vorzüglich Jones und d’Anques tils indiſche Kenntniſſe zweifelhaft zu machen ſucht. Bei dem allen enthält feine Reiſe einen reidīķaltie. gen Schaß mannigfaltiger Belehrungen , und da er vor ſeiner Ankunft in Travancor in Pondichern . landete , und gelegentlich Carnatif bereiſete, ſo ers

theilt von dieſer Provinz und ihren füdlichen Des pendenzen , Tanjore , Marawa und Madura eins

zelne von andern unbemerkte Notizen. Auch Malabar überhaupt , von dem Travancor nur ein Theil iſt, entging ſeiner Aufmerſainkeit nicht, und er gat unter andern die vielen ſonſt unbekannten

Flüſſe angezeigt , welche den meiſten Seeſtådten igre Namen gegeben haben , aber ſein Verzeichniſ

der dort vorgandenen Naitenſtaaten verbunkelt dieſe Nr 5

10

634

Quellen und Hülfsmittel

fo ſehr verwickelte Materie noch mehr, anſtatt fole che aufzuklåren. Von den oben ſchon genannten Reifenden find viele den gewöhnlichen Karavanenweg von Agra oder Delhi nach Perſien gezogen , allein einer der

neueſten indiſchen Reiſebeſchreiber, Hr. Georg Fors fter , durfte der räuberiſchen Siefs wegen dieſe

Tonft gewöhnliche Straße nicht einſchlagen. Uuf ſeiner Rückkehr von Indien nach Europa zog er den mühſeligen landweg durch die Lånder halbwilder ins

diſcher Bergfürſten , die Schlupfwinkel der Afgah. nen , durch Perſien , über das kaſpiſche Méer und durch Rußland , der gewöhnlichen Seereiſe um Afrika vor. Er trat 1782. von Calcutta , der Hauptſtadt von Bengalen, ſeine Reiſe auf dem Gans

ges an , und fand die meiſten ehemals berühmten Stádte an den Ufern dieſes Fluſſes, welche weiland Wohnſige måchtiger Fürſten geweſen waren , in Ruinen , deren erblichenen Flor die engliſchen Bes fakungen nicht wieder herſtellen konnten. Von Bes nares reiſete Forſter über Allahabad, luknow und andere Diſtrikte von Uuhd über Ferucabad wieder bis zum Ganges , den er in der Nachbarſchaft von

Loldong paſfirte. Weil die ganze Gegend durch

Kriege und die Bedrůckungen ihres Oberherrn, des Nabobs von Auht , verheert_und entvolfert war,

und ſich von den Ruinen zerſtörter Stådte und Dórs fer wenig fruchtbares ſagen ließ , ſo hat er ſeinen Bericht durch verſchiedene Epiſoden aus der altern und neuern indiſchen Geſchichte auszuſchmücken ger

ſtrebt, und ſeiner Reiſe dadurch ein wirkliches gus tereſſe gegeben.

So ſchaltet er bei Benares eine

Skige über die indiſche Götterlehreund den Zuſtand ber

der indiſchen Geographie.

635

der Einwohner von Hindoſtan ein , ehe ſie von ih, ren Glaubensfeinden bezwungen wurden. Allein

er wird bei dieſem Gemåhlde oft zu dichteriſch, und verlegt Einrichtungen in frühere Zeiten , die unbes

zweifelt mahometaniſchen Urſprungs waren .

Da

er auch weiterhin die Provinzen Auhd und Rohils cund berührte , fo giebt ihm dieſes Gelegenheit , die Geſchichte und neuere Revolutionen beider Staaten

zu behandeln. Er verſichert zwar, dabei einheimis ſche Quellen benußt zu haben , ſeine Nachrichten ftes Ken jedoch mit andern eben ſo glaubwürdigen Quels

len oft in Widerſpruche, enthalten aber deſſen unges achtet im Einzelnen treffliche Aufklärungen. Auf ſeiner weitern Reiſe durch das nördliche Delhi und

Punjab lernte er die Sieks kennen , und war ein Augenzeuge ihrer Verheerungen und Streifereien in die Lånder ihrer Nachbarn. Da die Geſchichte und Ausbreitung dieſer räuberiſchen Sektirer noch lange nicht aufgeklärt iſt, To verſucht Forſter eine Sfiße derſelben , welche oben ( S. 256.) bei der Schilderung dieſer entarteten Religionspartei von mir vortheilhaft benußt iſt. Der wichtigſte Theil ſeiner Reiſe beſteht, da er die gewöhnliche Karavanenſtraße nicht wählen durfte, in der Beſchreibung des nördlichen Theils

von Hindoſtan, den vor ihm kein Europäer darzus ſtellen verſucht hat , und er enthüllt uns eine Menge Kleiner indiſcher Gebiete , Landſchaften und Orte, die nur durch ihre lage in den Gebirgen den mans

nigfaltigen indiſchen Revolutionen entgangen ſind , doch aber den Sieks Tribut 'erlegen müſſen. Auch)

das ſeit Bernier unbereiſete Kaſkemir ward von ihm beſucht, und er entwirft ein ſchauberhaftes Ges målde

Quellen utid Hülfsmittel målde von den ſchrecklichen Bedrückungen , welche 636

1

dieſes weiland glückliche Land unter der Herrſchaft der Tyrannen von Kandahar erduldet. Nad Foro ſters Ungaben gaben Rennel und andere die lage

von Caſhemir und ſeiner vornehmſten Ortſchaften auf igren Karten beſtimmt. Dejto weniger ſtimmt

er mit le Gentils Karte überein , und es ſcheint bei der Vergleichung , als ob beide zwei ganz verſchies dene Lånder darſtellten . Nur ſehr wenige von Fors fter genammte Orte find auf derſelben zu finden, aber

kein einziger von denen , durch welche unſer Reiſens der bei ſeiner Rückkehr von der Hauptſtadt Caſhes

mir bis Uttok fam. Hierauf durchwanderte er die Wohnfige der Afgahnen , das wegen feiner Entfers nung und ewigen Unruhen im Dunkel verhüllteCas bul , und die fremden Reiſenden unzugänglichen Provinzen der Abdalli's oder des Reichs Eandahar, um durch Perſien in ſein Vaterland zu gelangen .

Da wegen der unterweges verknüpften Gefahren Hr. Forſter ſchwerlich ſobald einen Nachfolger has

ben wird , ſo wird er lange unſer Führer durch jene

ſo wenig bekannten indiſchen und afgahniſchen Prør vinzen bleiben ). Da die Engländer gegenwärtig ein ſo großes Gebiet in Indien beberrfchen , und mit den vors. nehmſten Mächten dieſes Landes in Verbindung ftes hen , ſo werden von ihnen oft Geſandte , Reſidens

ten und andere Geſchäfftstråger an indifche Hofe geſchickt, ) A Journey from Bengal to England through the Northern Part of India Caſhmire , Afgah niſtan and Perſia , and into Ruſlia by the Cal pian Sea , by G. Forſter. Lond. 1798. V. I. II. 4. deutſch überlebt von Meiners.

Der indiſchen Geographie.

637

geſchickt, oder einzelne Naturforſcher und Mens fchenbeobachter dieſer Nation ſind unaufgefordert blos aus Liebe zur Wiſſenſchaft veranlaßtworden, ganz oder halbdunkle Gegenden Hindoſtans aufzus

klåren , und die Reſultate igrer Forſchungen einzeln bekannt zu machen. So begab ſich 1796. Sapis tain Hardwick vom Duab nach dem bisher wenig bekannten Lande Sirinagur, um den berühmten Zempel Buddrenat, am óſtlichen Arme des Gan. ges zu beſuchen , und den nordlichen Lauf dieſes Fluf feb nebſt den Schneegebirgen Sewalik genauer ju

erforſchen , welche der Maler Daniel ſchon 1789.

bereiſet hatte, deſſen Bemerkungen aber, zur Zeit nur bandſchriftlich vorhanden , vom Hrn. Rennel

geprüft und benußt ſind "). Herr Hardwick ers

reichte zwar die Schneegebirgeſo wenig als den bes rühmten Tempel der Hindus , indeſſen hat er den

Umfang und die Beſchaffenheit von Širinagur, vorzüglich deſſen fünf Goldwaſchen und die Pros dufte des Gewächsreichs in dieſen faſt unerſteigli,

chen Gebirgen , mannigfaltig aufgeklárt :). Vier Jahre früher, oder 1792 , unternahm

ber engliſche Kapitain Sunter, in Geſellſchaft des Majors Palmers , der damals brittiſcher Reſident

am Hofe des mächtigſten Marattenfürſten Madaji Scindia war , eine Reiſe durch deſſen Staaten, von Agra bis zur alten Stadt Ugein in Malva .

Da er mit vieler Muße reiſete, und aller Orten von ben

) S. Rennels Memoir. $. 368. 16.

;) Narrative of a Journey to Sirinagur by Capt. Th. Hardwicke , im 6. Th. Der Aliatic Reſear: ches , und daher im Afiatic Annual Regiſter for 1800. wieder abgedruckt.

638

Quellen und Hülfsmittel

den Vafallen und Bundesgenoſſen derMaratten gut aufgenommen ward, ſo hat er auf dieſer Reiſe durch die Provinzen Ugra, Malva und Ugimere einen Schaß der lehrreichſten geographiſchen und naturs

Hiſtoriſchen Aufſchlüſſe geſammelt. Die Entfernung der Orte wird genau angegeben , auch zuweilen ihre auf Beobachtungen gegründete lage , und die ihm unterweges aufſtoßenden Naturprodukte nachRors burghs Syſteme beſtimmt. SBir erfahren aus ſeis nem Tagebuche eine Menge Kleiner Staaten , die vorzüglich in Malva unter der 'Oberherrſchaft der Maratten leben , einzelne Råuberhorden , welche, wie die Graſſias ſelbſt, die Nachbarſchaft der Haupts ſtadt Ugein unſicher machen , die noch vorhandnen

Rasbuttenfürſten , die durch Theilungen aus dem Stamme ter Rajahs von goinagur' ( Umbher ) ents ſproſſen ſind , und daß die Fürſten von Bundelfund ſich noch nicht alle den Maratten unterworfen has ben . Hr. Hunter verweilte eilf Monate in der als ten Stadt Ugein.

Dieſer lange Aufenthalt gab

ihm die beſte Gelegengeit, die Stadt ſelbſt, die umliegende Gegend , ihre Produkte und die dortige

Witterung zu beobachten 4). Bekanntlich war bisher , wie unſere Karten zeigen , das Reich Berar oder das Gebiet der' ofte lichen Maratten , und das Innere von Oriſſa eine verborgene Wüſte, von Waldungen und Gebirgen bedeckt, in welche nur einzelne engliſche Gngenieurs

vorgedrungen waren. Indeſſen haben in unſern Tagen ſich drei brittiſche Reiſende mit Unterſuchung.

dieſer Gegenden nach verſchiedenen Richtungen bes ſchaffo a) Narrative of a Journey from Agra to Ugein by Capt. Will. Hunter. Al. Reſearches Vol. VI.

der indiſchen Geographie.

639

ſchafftigt, und viele Nebel glücklich zerſtreuet, wels che ſie den Erdbeſchreibern verhüllten . Der erſte von ihnen war Thomas Motte , den lord Clive 1766. nach Sumbhulpor ſandte , um bei den dors tigen Demantgruben Edelſteine zu erhandeln.

Er

nabm ſeinen Weg von Bengalen lángſt der Sees kúſte úber Balaſſor und Cuttac durch einen ſehr ges

birgichten Sandſtrich und längſt dem Mahanudifluſſe nach der vorhergenannten Stadt. ' Es gelang ihm zwar , den Hebefluß zu beſuchen , in deſſen rothem Sande die Demanten gefunden werden , allein die einfallende Regenzeit, das Bergfieber, welches viele

ſeiner Leute wegraffte, und die bürgerlichen Unrus

hen in Sumbhulpor kinderten iận , feinen Zweck zu erreichen , und er mußte unverrichteter Sache zurückkehren. Dennoch enthält ſein Tagebuch ins tereſſante Bemerkungen über die Beſchaffenheit dies ſer lånder , der Art, wie ſie von den Maratten res giert werden , der Menge Fleiner Fürſten , die in den Gebirgen Hauſen , und bald mehr bald weniger den Maratten zinsbar ſind 6) . Im Jahre 1790. ward Herr Leckie. von der

bengaliſchen Regierung an den Marattenfürſten von Berar in Geſchäfften geſandt, und er hat úber ſeine

Reiſe von Calcutta nach. Nagpor , der Hauptſtadt dieſes machtigen Rajahs, und von Lier wieder zu. růck , ein Tagebuch drucken laſſen ). Er verzeichs net

6) Narrative of a Journey to the Diamond Mines of Sumbhulpor , by Thomas Motte in Afiatic

Miſcellany. V. II. S. 9 — 66. “ ) Journal of a Route to Nagpor', and from that place to Benares , by D. R. Leckie. London 1800. 4 .

640

Quellen und Hülfsmittel

net darin zwar nur die täglichen Vorfälle, und den von ißm zurückgelegten Weg , aber zugleich jeden Drt, ſelbſt die kleinſten zerſtörten Dörfer, ihre Ents

fernung von einander, aud) jeden Flußoder Strom, den 'er auf ſeinem Wege fand , ſo daß durch dieſe Anzeige eine Menge vorher unbekannter Ortſchafo ten ans licht gefoinmen iſt. * Seine Reife ging

åber Balaſſor , Cuttac, lángſt dem Mahanudi. fluſſe bis Nagpor , und von hier durch das weſt. liche und nördliche Berar und einen Theil von Bundelkund nach Benares. In Nagpor verweilte er freilich am långſten , da dieſe Reſidenz aber erſt

ſeit der Herrſchaft der Maratten empor gekommen iſt, und ſich nicht durch Verkehr, Volksmenge und Gebåude, auszeichnet, ſo hat er von ihr wenig mehr als ihre Polhöhe beobachtet , die etwas von der auf RennelsKarteangenommenen verſchieden ift. Ge. legentlich gat er ſich auch über die Geſchichte des {andes , und die Entſtehung und den Umfang vers

fchiedener Fürſtenthümer verbreitet, worin Berar jerſtückelt iſt, unter denen er auch zuerſt eine nicht

ganz unbeträchtliche pataniſche Herrſchaft, oder das Gebiet des Nabobs von Seuné , entdeckte. Im

{ande Bundelfund war alles in der äußerſten Vers wirrung, jeder Einwohner bewaffnet, und die In. haber einzelner Dorfſchaften verlangten für ' den Durchzug Tranſito , dem er kaum mit ſeiner milio tairiſchen Bedeckung entgegen konnte. Ausführlicher und detaillirter hat der dritte brittiſche Reiſende, der Ingenieur Blunt, eben

dieſe Provinzen beſchrieben , oder den Theil derſele ben, durch welchen er vier Monate mit einem Corps

von hundert und funfzig Mann , nebſt einer Menge laſt .

)

der indiſchen Geographie:

641

{ aſtvieh , marſchierte , und die benachbarte Gegend genauer erforſcht. Er beſaß alle Vorkenntniſſe zu einem ſolchen Unternehmen , war auch mit aſtro ,

nomiſchen Inſtrumenten verſehen, den genommenen

4

Weg beſtimmter als durch die barbariſchen Namen der neuentdeckten Diſtrikte , Flüſſe und Bergveſten zu bezeichnen , und beobachtete am 4. Febr. 1795. eine Mondfinſterniß , jedoch gatte er auf dieſem Marſche unglaubliche Schwierigkeiten zu überwins den. Die Einwohner , meiſtens Goands , Uebers bleibſel eines alten Volks , welches weiland das land

Gondwana (Gownd ) beherrſchte, ſtanden auf der unterſten Stufe der Kultur , und waren ganz oder Halbnackte Wilde, die jeden Fremden als Feind

behandelten . Blunt mußte ſeine Mannſchaft durch unerſteigliche Gebirge und undurchdringliche Wals dungen , oft durch die furditbarſten Páſſe und Bergs fchluchten führen . Viele Gegenden waren mehr von Raubthieren als von Menſchen bewohnt, und meņr als einmal lief er Gefahr, beraubt, oder nebſt allen

ſeinen Begleitern von den wilden Einwohnern ums zingelt und ermordet zu werden . Ihm ward in dem

angeführten Jahre der Auftrag ertheilt , ſich von der Beſtung Rotas im {ande Benares durch Bes rar nad den nördlichen Circars zu begeben . Auf dieſem Wege durchzog er gerade den unbeſuchteſten Theil dieſes zwiſchen Maratten und Goands jers theilten tandes , und fand auf ſeinem 1125 englis ſche Meilen langen Marſche mancherlei vor ihm in Dunkelheit vergrabene Herrſchaften , Flüſſe und Stádte .

Bis Raipur , einer großen Stadt an

dem Hauptarme des Mahanudifluſſes , erſcheinen auf Rennels und la Rochette’s Karten einzelne von 5. 45. 2. abth. ihm

Quellen und Hülfsmittel

642

ihm genannte und nach ihrer Polhöhe beſtiminte Plåße , aber füdwårts dieſes Fluſſes bis an die Grenzen der ' nördlichen Circars führt uns Herr Blunt in ein bisher unerforſchtes tand , das jene Karten nur als eine afrikaniſche Wüſte darſtellen. Wo es ihm möglich war , ſuchte er Aufklärungen über den Umfang, die Fruchtbarkeit , die Einkünfte

und Bewohner der lánder ſo vieler ffeiner Fürſten zu erlangen , und ſeine Nachrichten von dem Ges

biete der Rajahs von Corair, Buſtar , Poluns ſhak zc. beweiſen , daß diefe Gegend ſeit Afbars Zeiten ihre Verfaſſung nicht verändert hat. Denn er záhft in feinem Sandbuche eine Menge unabhängis ger und zinsbarer Zemindars in den Berargebirgen, die damals dem indiſchen Kaiſer eben ſo auffäßig waren , als ſie es jeßt den Maratten ſind. Die

Quellen des Nerbudda und Soane konnte er freis lich wegen des gefährlichen Weges und der Wilds heit der Bergbewohner nicht unterſuchen ; allein er

jog darüber von dorthin gewanderten Pilgrimmen To beſtimmte Nachrichten ein , daß es jeſt gewiß iſt , beide Flüſſe entſpringen zwar aus einem Ges birge nach verſchiedenen Richtungen in keiner gros Ben Entfernung von einander, nicht aber, wie man bisher glaubte, gemeinſchaftlich aus einem und dems ſelben Landſee ' ).

Zuleßt verdient hier noch ein Werk über Ins dien und Defan angeführt zu werden , deſſen Vers faſſer zwar nie in jenen (andern war , jedoch dabei die

D) Narrative of a Route from Chunargur to Ra jamundry in the Ellore Circar by J. Blunt , in

dem Aliatic Annual Regiſter for 1800. 8. 128 200 .

der indiſchen Geographie.

643

die beſten über beide Hauptprovinzen vorhandenen Reiſen , viele einzelne Pamphlets , oder in englis ſchen Zeitſchriften zerſtreute Aufſåke , auch vands

ſchriftliche und mündliche Nachrichten ſeiner Zeite genoſſen benußte, die ſich lange in Oſtindien aufgehals

ten hatten. Dies iſt eine von Herrn Thomas Pens nants legten litterariſchen Arbeiten , und ein Frage

ment eines großern Werks, das die ganze bewohnte

Erde umfaſſen ſollte, nachdem er ſchon als Schrifts ſteller vom Publikum Abſchied genommen hatte '). Er vereinigt darin mit vieler Gelehrſamkeit alte

und neue indiſche Geſchichte , Alterthümer , Erds beſchreibung und Naturhiſtorie , und iſt bei dieſen

Gegenſtanden bald ausführlicher, bald fürzer, nach dem ſeineQuellen reichlich oder ſpårlich floſſen, oder die Engländer in die neuern indiſchen Revolutionen

mehr oder weniger verflochten waren. Seine Uebers ficht von Hindoſtan fångt, nach vorangeſchichter Einleitung über die Kenntniß der alten von den

nordweſtlichen Ländern Indiens, vorzüglich ſeit Alexanders Zúgen , mit der Mündung des Indus (Hind) an , und endigt ſich mit dem bengaliſchen

Diſtrikte Chittagong, an den Grenzen von Ärrafan. Er geht in ſeiner kurzen Darſtellung immer zwar

den Rúſten nach , ſo daß er zuerſt Gujeratte , hiers auf Concan , Canara und Malabar, ferner die Küſte Coromandel , nebſt den nördlichen Circars, behandelt , und mit Oriſſa und Bengalen feine Ars beit beſchließt. Da er aber die großen Flüſſe meiſt von ihrer Mündung bis zu ihrer Quelle verfolgt, SB 2

To

e) The View of Hindoſian by Th. Pennant. Lon.

don 1798. II Vols. 4. mit 23 ſaubern Kupfern verſehen .

!

644 Quellen und Hülfsm . der ind. Geogr. ſo giebt ißm dies Gelegenheit, tief in die mittels ländiſchen Provinzen einzudringen , von ihnen das Merkwürdigſte zu berühren , das Wichtigſte von ihren vornehmſten Städten , wie Benares , Ugra , Delhi , Ugein , Puhna , Seringapatan , ſelbſt die entlegenſten , lahor , Agimere, Cabul und Canda. har , auch von ſolchen Provinzen, wie Nepal , Bus tan oder Eaſkemir mitzutheilen , ſo weit feine geles .

gentlich befragten GewährsmannerAuskunft gaben, mit denen die jebigen Oberherren von Hindoſtan in geringer Verbindung ſtehen . Erſchöpft nun gleich das Ganze die mannichfaltigen Gegenſtande des

nod) unausgefpåheten (andes nicht, und laſſen

fich ohne große Forſchungen gleich überall Zufäße und Verbeſſerungen anbringen , ſogar ganz übers gangene Provinzen einſchalten , ſo entſpricht es doch gemeinhin dem vorgeſekten Zwecke, und der indiſche

Geograph fann aus dieſer Skige manches Nachs forſchen erſparen , und aus den oft planloſen in den Nebenſtunden zuſammengetragenen Collecta. neen Anleitung , Nadıðeiſung und intereſſante Bes

lehrungen im Einzelnen erlangen , die aud) Schreis ber dieſes dankbar anerkennt.

Halle, gedruckt bei Johann Jacob Gebauer.