Arzt und Ethik [Reprint 2019 ed.] 9783111461380, 9783111094250


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German Pages 82 [84] Year 1948

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Table of contents :
Inhalt
Einleitung
Arzt und Ethik
Arztliche Pflichten und Rechte
Asklepisches Ziel
Namen- und Sach - Verzeichnis
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Arzt und Ethik [Reprint 2019 ed.]
 9783111461380, 9783111094250

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G E O R G B. G R Ü B E R ARZT UND

ETHIK

GEORG

B.

GRUBER

ARZT UND E T H I K

1 9

4 8

Walter de Gruyter & Co. / Berlin vormals G. J . Göschen'sche Verlagshandlung / J . Guttentag, Verlagsbuchhandlung Georg Reimer / Karl J . Trübner / Veit & Comp.

A l l e Rechte

vorbehalten.

Archiv-Nummer S14843 P r i n t e d in G e r m a n y .

Druck: . B u c h k u n s t " , H a n s J e n t z s d i , Berlin W 35.

I n h a l t

Seit«

Arzt

und Ethik

ÄrztlichePflichtenundRechte: I. Bereitschaftspflicht II. Sorgfaltspflicht

7 15 16 20

III. Bewahrungspflicht

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IV. Offenbarungspflicht

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V. Zeugnisse und Gutachten

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VI. Schweigepflicht

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VII, Ärztliche Fortbildung VIII. Honorarpflicht IX. Kameradschaft AsklepischesZiel

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Diese Schrift beruht auf Vorlesungen, die der Verfasser an der Universität zu Göttingen gehalten hat. Eine Präambel ist nicht nötig. Was dem Leser nahegebracht werden soll, ist alter Einsicht entsprossen. Es galt schon zur Zeit des großen Arztes Hippokrates als verbindlich. So möge der ehrwürdige Ärzte-Eid der Hellenen an Stelle des Vorwortes treten!

Hippokratischer Ärzte-Eid Apollon, den Arzt, rufe ich zum Zeugen, dazu Asklepios, Hygieia und Panakeia und alle Götter und Göttinnen, So schwöre ich und gelobe, nach bestem Wissen und Können Eid und Verpflichtung zu erfüllen: Den Lehrer meiner Kunst will ich wie meine Eltern ehren, mit ihn! den Lebensunterhalt teilen und ihn mitversorgen, wenn er in Not gerät. Seine Kinder seien meine Brüder! Wenn sie es wünschen, will ich sie rückhaltlos und ohne Gegengabe gerne meine Kunst lehren. Sie sollen Rät erhalten und Belehrung von mir empfangen, wie meine eigenen Söhne und wie alle Schüler, die — altem ärztlichen Gebrauch getreu — sich mir durch Lehrvertrag anvertrauten und durch einen Eid verpflichteten. Nur ihnen allein will ich Lehrer sein. Mein ärztliches Handeln geschehe zum Heil der Kranken, so gu't ich es kann und weiß. Bewahren will ich sie vor Schaden und Torheit. Niemand werde ich ein tödliches Gift verabreichen oder auch nur anraten, selbst wenn er darum bitten sollte. Keinem Weibe will ich zu Zwecken der Fruchtabtreibung dienen.

Hehr und rein möchte ich mein Leben und meine Kunst bewahren. Es sei ferne von mir,, den Blasenstein zu operieren!1 Dies bleibe Aufgabe der Männer, die solche Kunst erlernt haben! In welches Haus ich auch eingehe, ich will es nur zu Nutz und Frommen der Kranken betreten, frei von jedem bewußten Unrecht, frei auchi wie von jedem anderen Laster, so von fleischlicher Lust aller Art. Was ich bei meiner ärztlichen Tätigkeit sehe oder wahrnehme, oder was ich sonsthin dabei Menschliches erfahre, das nicht weitergegeben werden soll, das werde ich in tiefstem Herzen bewahren und will es für unaussprechlich halten. So wahr ich das alles erfülle, möge sich meine Kunst lebendig eritfalten und mein Ruf mehren alle Zeit! Aber ausgetilgt will ich sein, wenn ich meinem Eide untreu werde f

Arzt und Ethik „Officio mi officio", — z u deutsch „Durch meinen Dienst erschöpfe ich mich". So liest man es auf dem Spruchband um die Leuchte, die ein Maler dem Bildnis des Prager Rektors J o h a n n e s J e s s e n vor mehr als 300 Jahren beigegeben hat. Der Dargestellte, efin unglückliches Opfer der Gegen-Reforma'tion, ist längst dahingesunken. Die Losung seines Berufes, verkörpert in dem alten Kerzen-Symbol des ärztlichen Standes, ist lebendig geblieben; danin ist niedergelegt all das Güte und all das unausgesetzt Hilfsbereite eines vielbeachteten, i!m Licht breiter Öffentlichkeit geübtem, ärztlichen Diienenis. Seine Träger haben seit alten Zeiten den Vorzug großen Ansehens i!m Volk genossen. Aus unermüdlicher Arbeit und aus den Erfolgen ihrer Kunst wuchsen Ehre unid Ansehen des guten Arzttums empor. Diles gilt trotz allen Spottes, den die Zeiten immer wieder aufbrachten gegenüber ungeschickten, selbstsüchtigen oder aufgeblähten, eitlen Ärzten. Auch dann gilt es, wenn solcher Spott zügellos höhnend über die Grenzen griff und den ganzen Ärztestand glaubte bezichtigen zu müssen. Wer an der Straße steht, muß sitch nun einmal »das Reden der Spaziergänger gefallen lasisen. Ihre eigenartige Aufgab« verlangt es, daß man Ärzte leicht auffinden kann, daß sie am öffentlichen Weg siedeln, daß sie zu rascher Hilfe über Straßen und Plätze hinweg bereit sind. Ihr Brauchtum uind ihre Sitten, ihre Geneigtheit, dem Beruf so oder so zu dienen, ihre gesamte menschliche Art deis Umgangs unterliegen öffentlichen Maßstäben. Da richten Berufene und Unberufene. Die Gesetze, aus denen diese Richter vergleichend Gunst und Ungunst des Urteils gewinnen, sind ihnen meist nicht wörtlich geläufig. Das gilt, ob es sich um den alten Eid der Hippokratiker in seiner klassischen Einfalt handelt, oder um moderne Ärzte-Ordnungen in der erschwerenden Vielfalt ihrer Gesichtspunkte. Es scheint sie mehr eine Art von Gemeingefühl dessen zu leiten, was sich für den Mann geziiöme, der den Namen des Arztes

s

A r z t und E t h i k wie einen Ehrentitel führt. Unausgesprochen ist es, auf den ersten Blick, die Summe der Ethik, di'e man gerade dem ärztlichen Stand so gerne und so selbstverständlich zur Pflicht macht. Man tut dies auch nicht immer in klarer Bewußtheit der Eigenschaften und Aufgaben, die den Arzt idealen Sinnes erfüllen sollten; man tut es, ohne genauer festzulegen, was „Ethik" in solchem Zusammenhang bedeutet. Dabei darf man nicht vergesse®, daß es unter den Umständen des raschen Dahinlebens in volkreicher Gemeinschaft auch leicht zu einer Verkemnuing der ärztlichen Aufgaben kommen konnte, und daß man ethische Regeln gelegentlich mit modernen oder, besser gesagt, mit 'modischen Floskeln verwechselte, daß man rasch e'ngefoürgeirtien Usus für alltlb'ewäjbrt und guit begründiet ansprach. Wall main klarer sehen, daran muß main si'cth um den Begriff des Arztes bemühen. Man muß ein Bild davon gewinnen, welche Eigenschaften es zu bewährten 'galt, Mm als Arzt geachtet zu, wierden; und zwar nicht in der äußerlichem Bedingtheilt bestandener Prüfungen, sondern aus Gründe«! einer innerlichen, bewußten Bereitschaft. Sodann ist ernst zu betrachten, was als sittlich und bleibend gelten muß gegenüber flüchtigem, schnell vergänglichem Brauch einer umschriebenen Zeitspanne oder eines räiumlichen Gebietes im Rahmen .der zur Sühau getragenen ärztlichen Gepflogenheiten. Der Arzt!, darüber ist man siich heute einig, muß seine Sache verstehen; er muß den Menschen nach Eigenart seines Baues, seiner körperlichen und seelischen Leistungen erfassen könnein. Miit anderem Worten, es solil ihm die Natur des Menschen schlechthin vertraut sein. Er bedarf möglichst eingehender Kenntnisse aller Umstände des Wendens, Wachsens und Vergehens der lebendigen Masse, die wohlgeformt oder schlecht geraten ihm als Mansch entgegentritt. Die Frage des Lebens, 'also alle Rätsel um j'etne Folge von selb'stigesteuertiein Erscheinungen, die es vermögen', aufgenommene Stoffe in andere Energieform zu verwandeln, und d'ie das Leibeiwesen befähigen, seilnesglaichetn zusammen mit einem gegengeschlechtliichen Partner wieder zu erzeugen, — all das soll er feite zur Grenze des Begreifbaren erfaßt haben. Die Vorgänge d'er Stoff aufnähme, der Stoffspeicheruing unld -Zerlegung, des Stoffaufbaaxes 'Und der Stoffabgabe, der Wärmebil'diung, der Bewegung, der Fortpflanzung und der Selbststeuerung, diese eigentlichen* Besonderheiten des Lebendigen in der Gemeinsamke.t ihrer Zusammenhänge gilt es zu berücksichtigen. M.t ihnen jhat der .Arzt fortgesetzt z?u rechnen. Dies Rechnern» Abwägen u üfoeildenkien, den Krankem an Leilb und Seele: ziu erfassen und iln pBycholagiSiCiher Hingabe seinieim besonderen Wesen, helfend zu nahien, ihm tröstend und ermunternd zu dienen, all das entkleidet die ärztliche Tätigkeit des stereotypen und automatischem Charakters. Wenn sie auch gegen angemessenes Entgelt erfolgt, so ersehen wir in ihr docih miioht 'die Ausübung eines Ge'sohäftes, sondieren ein künstlerisch gestaltetes Handeln, 'getragen van einem ungewöhnlichen Maß an Verantwortung. Daimit wäre herausgehoben, Was man gamiz allgemein über die Biesontiieribeiit (dies Arzttums oder über die Eiginunig zum ärztlichen Beruf denkt. Mag niun .aiuch verachiqdeine Begabung oder Beseelung die Ärzte verschieden typisieren lassein, so d'aiß man •unterscheiden kann zwischen Männlern besonderer Wissenschafttstiefe und solchen hervorragender manueller Geschicklichkeit, zwischen ausgesprochen humanen und mehr indu'striö'sen Naturen des ärztlichen Standes,, so bleibt doch dais Bild des idealen Arztes als wünschenswert bestehen. Faßt mian siein Wesen kurz zusammen, dann läßt sich als Gemeinsames betonen: All sein Tun soll hohes Verantwortungsgefühl mit wissenschaftlicher Überzeugung, künstlerischem Wollen unJd technischem Geschick iin warm'er Menschlichkeit zuöaimmenwirken lassen. Das Pflichtenmaß der Ärzte ist von zwei Seiten aus bestimmt. Im Eilinz e l vie r h ä 1 tn'iis z u m K r a n k e n , dam er Schmerzen lindert und Wege der Genesung finden 'hilft, bat man von jeher die wesentliche Aufgabe des Arztes uind seiner Mühen geseihen. Aber man muß bedanken, daß dier einzelne Mensch an seine Familie gebunden ist. Aus Famil'ien und Sippien erwuchs die Gemeinschaft von Volk und Staat. Schon frühzeitig mußte sich also auch das Wirken, ärztlicher Hilfe im einzelnen Fall aiu'sldiehnen auf die Wohlfahrt dieser Gemeinsch af t en. Geschah

Arzt ujid E t h i k das anzfiainigs niur mittelter, so wunde es unmittelbar bedeutend, al's mian dem Arz't aufrief, in Notzeiten der Seiuidhenabwehr und darüber hinaus der Fortefhaltlung allgemein-gesunder Verhältnisse zu 'duenen. Es ¿ist gew^ß kenne Neuersaheilruung der Geschichte, im Anzt den berufenen Main» zu siefhem, dem mian maßgebenden Einfluß auf das Gedeihen der Gemeinschaft zugestehen müissie. Seinelm Stand ist die Sorgnis um (das Wahl des Staates in mairniigfaidher Weise airiheimgegeben. Damit ist das arider« Feld »einlas Pflichtenkreises gekennzeichnet, die B e r u f s p f l i c h ' t g e g e n ü b e r d e r G e m e i n s c h a f t . Möge doch keiner vergessen, daß dies nicht nur f ü r den öffentlichen Amtsarzt gilt! Wann die Krankenhäuser und 'hygienischen Körperschaften zwar dein leiinizelnen dien Vorteil bieten, aus Knank'hei.tötaigein 'zurückzukehren zur eigenen L'eiistungfffähi'gkeiit oder sich zu 'schirmen vor Schmutz und Ansteckung, so dienern sie doch dem Ganzen in allen Fällen,. Wer es versteht, das ejnzeline Rädchen lim Uhrwerk gangbar tziu erhalten, der sorgt für den Lauf des Uhrwerks überhaupt. Naidh den Erfolgen solcher Mühen bemißt sich da's anerkennende Urteil der Menge über aufgewendete Arbeit und über Art •uind' Weise solcher Einflußnahme. Bei H u f e l a n d ist zu lesen, daiß der Arizt dem Ganzen angehöre und daß jeder ein gewisses Interesse daran habe, den Mann genau kennenzulernen, deim er einmal sein Leiben anvertrauen könnte. Jeider maße sicih das Reqh'ti an, ihm zu beurteilen. Es müsse das aingelegenitlicihste Geschäft des Arzteis stein, sich die Stimme des Vokes zu verschaffen, unldl -er dürfe keiin Mittel v.eraeht'ein, dias dazu führe.') Wenln man diese Gedankengänge weiiter aus spinnt, ist man fast versucht zu glauben,, das sittliche Ansehen der Walter des Ärztestainidies sei abhängig vom Erfolg der ärztlichen Leistungen. Aber das wäre dioih wohl falsch gesehen. Man muß auch in Rechnung setzen, dlaß Ärzte allerbesten R/uies vor Mißerfolgen nicht gefeilt sind; denn eiiinimal stirbt jefdier Kranke, und daß bucht .die Öffentlichkeit allzugern obieirflä,chlirah unid vorschnell -.im Sohuldibueh des letztbehanldelnidön Doktors. Unvergessen ist die Anekdote von Friedrich d. Großen und jenem Doktor, den er gefragt^ ob er ein tüchtiger Arzt unld ob sein Friedhof sahoin voll sei. ') H u f ö l a n d , Encheiridion medicum oder Anleitung zur medizinischen Praxis, Verlag Jona, Berlin 1838 (Kapitel: Die Verhältnisse des Arztes).

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Arzt und Ethik Nicht lurn eine — auch in sonstigem Abhängigke tsverthältnissen — doch recht •fadenscheinige „Erfolgseth k" kann es sich bei 'Beurteilung eines guten Arzttums handeln, sondern mm eine Etfhi'k, die von vornherein ihren Grunid hat in dem großen und reimen Vertrauen zum Wollen des redlichen Arztes, zu se'ner charaktervollen Persönlichkeit. Von ihr erwartet man auch das nötige Können, erwartet man all die Gewissenhaftigkeit, die in Tagen der Krankheit . und Lebensmot aufgewendet wenden müssen. Solchem Sinn war übrigens auich H u i e l a n d ganz ergeben. In dem eben erwähntem Buch legte er die „Hauptmittel" nieder, 'die dem Arzt zur guten Meinung der Öffentlichkeit verhelfen. Er nennt außer der treuen, gewissenhaften Besorgung der Kranken unerschütterliche Rechtschaffenhielt, eine ordentliche Lebensart, Maß gkeit, ein verständiges, gesetztles Betragen, Bescheidenheit, Klugheit, Besonnenheit in Äußerungen und Urteilen, Vorsicht in der Wahl des Umgangs, Aufmerksamkeit ni'dhtmur auf d'as Wesentliche, sondern auch auf den Schein. Man darf hinzufügen, daß der Arzt in der Art, sich zu halten und zu gelben^ als Beispiel innerhalb der Menge wirkt. Seine Untugenden sprechen dabei ebenso an, ja vielleicht noch mehr, als seine Vorzüge dies tun. Und da nach einem Wort von W i l h e l m B u s c h der liebe Gotit immer ziehen müsse, während es dem Teufel von selbst zufalle, beruft sich die Menge der Zügellosen leichtsinnig auf die Unmäßi'gkeit eines Arztes im Lebensgenuß; daran erinnert sie sich viel lieber als der Enthaltsamkeit anderer. D Je Äußerlichkeiten des Arztes werden genau beachtet. Wie er sich kleidet, wie er 'spricht,, wie er ,ißt und trinkt, \#ie er sein Haus bestellt, wie er seine Ehe führt, wie er se.ne Kinder erzieht, alles dies wird zum Beispiel genommen und dient zur R chtschnur in mancherlei Verhältnissen. Was da an Tugenden und Vorzügen aufleuchtet, d'as kann zum großen Teil nicht anerzogen werden. Man muß es als gütige Gabe des eingeborenen Werdens in diese Welt mitgebracht haben. Wenn also 'die Meinung abzulehnen ist, das Wesen des ärztlichen Anseheins gründe sich auf seine Erfolge, und daraus sei eine E r f o l g s e t h i k f ü r den Ständ der Ärzte abzuleiten, so ist auf der anderen Seite auch zu bezweifeln* daß s - t a a t s e t b i s c h e R ü c k s i c h t e n den Aussahlag geben könnten für die Ehre dieses Berufes. Freilich zeichnet den Arzt das vertrauensvolle Verhältnis zum Staat aus, der ihn zum kundigen

Arzt und E t h i k

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Helfer bei der allgemeiner! K rankh e i ts ab w eh r beruft; ihn vielfältig als Gutachter hört, ihm den Umgang mit Seuchenerregern gestattet, 'dein sinnvollen Gebrauch von Giftmititeln nach seinen Rezepten zuläßt, ihm durch das Schweigerecht gegenüber dem Richter vor an/deren Ständen emporhebt. Aber wenn der Staat so verfährt, muß 'er dabei nicht geradezu f ü r jaden Arzt eine Gesinnung voraussetzen, idie volles Vertrauen verdient? Arnch auf diesem Weg des Betraohfcans landen wir schließlich bei der charak'tervollen Persönlichkeit. Es ist die E t h i k d e r G e s i n n u n g , 'di!e den Beruf heiligt, — alles andere darf man als abhängig davon erachten. Damit ist auch der gelegentlich ausgesprochene Gedlanke erledigt, es sei den Ärzten c n e besondere Ethik eigen oder ;es bedürfe f ü r ihr Verhältnis zum Kreis der Hilfesuchenden und deren Umwelt eines nur ihrem Stand angemessenen sittlichen Haltes. Das trifft nicht zu? E t h i k b e g r e i f t ii.n s i c h a l l d a s a n S i t t e n r e g e 1 n , w a s s i c h als gesund u n d d a u ' e r f ä h i g erwiesen hat gegenü b e r d e m m e n s c h l i c h e n H a n g zu l ä s s i g e r u n d s e l b s tib eit o n t e,r L e b e n s f ü h r u n g , g e g e n ü b e r d e n . maibu),ngsvollen ' S c h w i e r i g k e i t e n des D a s e i n s , •aus d a nein B ö s e s z u ;e r w a c h s e n p f 1 e g t. Sie summier* sich aus d'en Anschauungen, aus der Beurteilung des Guten und üst in Normen und Geboten umschrieben, die ein positives, schöpferisches Leiben iin der menschlichen Gemeinschaft gewährleisten wollen. Was in diesem Sinn sein soll oder nicht sein darf, 'ist teils in geschriebenen Gesetzen verkündet, teils gilt eis in ungeschriebenem Gesetz als selbstverständliche Angelegenheit •eines feinsinnigen Verhaltens bei der Berührung mit anderen Manischem. Es sind „Dinge des Taktes", die hier zur Geltung kommen sollen. Ohne weitere Aussprache ist es verständlich, daß dieses Taktgefühl gerade bei Ärzten allgemein vorausgesetzt wind, ja vorausgesetzt werden muß. Ihnen vertrauen -siich d.'e andienen an, wenn die iin Krankheitsnot gerieten. Sie entblößen, sich vor dem Mann ihres Vertrauens körperlich und seölisoh. Er betritt nicht nur ihre Wohn- und Schlafstätten, ihm öffnen sich nicht selten die innersten Räume 'ihres • Seins. Er bekommt Kenntnis von ihrem Fühlen, Woltem, Denken unid von all dem Gewicht der Welt, das an diesem Fühlen, Wollen unid Denken oft genug zerrt u n d die Seeüe des Hilfesuchenden belastet. Unter diesen Um-

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Arzt und Ethik

ständen versteht man es leicht, diaß die Welt es nicht ariders empfindet als so: „Dem Arzt bringen wir 'höchstes Vertrauern entgegen. Seinen Händen geben wir uniser Leben ainheiim in Kranikheitstagen. Von ifhrn erwarten wir tiefst vertwurzetlrtien Anstand, erwarten wir volle Hingabe an unser Anliegen, erwarten wir .größte Triaue. Se*Ln Ethos moiß aius Bertuisgrüöden besonders gefestigt sein, wiir bauen auif idiiesies Ethos". In der Tat sliind im koi sahen Ärzteieid die Gesichtspunkte klar zum Ausdnuck gelbraqht, die solchem Empfindein zugrunde li;etgetn. Und in diesem Siinin ist der Brauch zu ve:nstieheni, von einer ,,ä r z t l i crimeil von der „ ä r z t l i c h e n L ü g e" geführt Ja, dals hiat in idlen Augein etlicher den Eindruck der Besonderheit .einer „änzblidhen Ethik" wachgerufen. Demgegenüber darf .gesagt werden: Es ist eine allgemein menschliche Gepflogenheit, Schwerkr arake n in'iaht die ganze 'Gefahr ihres Be^ finidenis klar vor Au'gen zu stellen. Kranke Menschen sind reizbarer ialis gesunde. Sie «Sind empfi.ndli.aher aüls in den Taigen der Leistungsfähigkeit. Der Zaiistand ihrer Schwäche verlangt es> sie zu führen unld zu leiten, als ob es si'ch um Kinder handelte, die jia ebenfalls nioh't iin der Lage öind> alle Wucht der Erkenntnis ") Vgl. E b e r m a y e r , „Der Arzt im Recht", Leipzig 1930, S.97 u. 156. u ) Vgl. E r i c h E b s t e i n , Ärztliche Lebensweisheit, Stuttgart 1031. — B. F i n c k e n s t e i n , Dichter und Ärzte, Breslau 1864. 3*

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Offenbarungspflicht in Dingen des Lebens schadlos zu ertragen. Bei cLt.*ser Voraussetzung kiann man als Arzt nur m t Hoffinumg'sfreud' gkeit den darniederliegenden Gesunheitswillen wach erhalten. Man wird also in solchem Fall manches beschönigen, was an und für sich ungünstig liegt. Man greift zur Täuschung, immer in der Absicht, dadurch dier Ruihe ¡dies Kranken und mittelbar dier GerJ9isu.ng zu dienen. Besondere aufmerksames Vorgehen bei der M'tte.lung ihrer Abweg 1 ,gket erheischein psychisch labile, mutlose und depressiv belastete Meniscthein; eis kam vor, daß siie die Öprecnstuniäe ihres Arztes verl 'eßen, um gera'dian Weges ¡n den Tod zu gehen, ein doppelt bejammernswertes Unglück, wenn es sich nuir um vorübergehende seelische Störung handelte. „Duenfa mich Ulnbefugte fragen,. „Und hätte ich dien Namen 'im Kopf", so lauitet meine Antwort weiterhin, „käme eine Auskunft nur gegenüber den nächsten Angehörigen von Angesicht zu Angesicht in Frage". Man möge sich das vorgetragene Interesse durch die Angehörigen des Toten befriedigen lassen. Dabei ist der Weg über dien Fernsprecher nicht möglich. Daß die Wahrung der Schweigepflicht besonders dort angebracht ist, wo sogenannte „delikate" Umstände der Vorgeschichte den Kranken zum Arzt trieben, braucht nicht in Einzelheiten näher dargelegt zu werden. Die Menschen sind keine Heiligen, und weil sie es nicht sind, gibt es i m m ö wieder neue Spielarten des Krankwerdens im der Geschlechtssphärie, die dem Vertrauen das foebandlelniden Anztes anheimgegeben sind, dairüber hinauis aber als Gesprächstoff nicht existieren sollen. Wie schwierig für den Arzt, wenn er etwa die beiden Partner eines Ehebundes iln solcher Hinsicht zu betreuen hat, aber jeden so, daß der andere davon nichts erfährt, weil beidie Gatten treulos geworden waren! Das ein Verschweigen von Namen und allen kleinen und größeren Einzelheiten, die vielleicht doch einen Schluß auf die Persern dea Kranken zulassen könnten, auch als selbstverständliches Gebot für ärztlich wissenschaftliche Mitteilung, für Kongreßvorträge umid für Vorstellung von Patienten gilt, brauchte man nicht gesondert zu betonen, wenn dagegen nicht gelegentlich im Eifer der sachlichen Aufgabe achan gefehlt worden wäre. Sehr weni.g taktvoll miüßte es wirken, wenn dabei etwa ndlaß sie damit ihr Weiterkommen finidan kann. Wainm unjd wie die jungen Ä®ztte iduese Waffen einzusetzen bähen;, Will ¡Ihnen die habe Scbulle beibringen. Wo sie ihr KampfifeM suchen, um die Geschicklichkeit zu bewäihren, im

Kameradschaft Gafächlt 'all sehnten Wandlungen .gerecht ziu wenden uhd es zum g/uiten Ende zu führen, das ist Sache ihres Entlscihieidles, ihres Mutes unld ihres Kömieirns. Wir Lehrer viermögen 'uintsiaren Schülern nicht das Gebiet ihres ärztlichen Einsatzes zuzuweisen; sie müssen es sich •erobern. Da sieht sic'h dann wohl auch manches amdlere an,, lails mialn eis in Schule uinid Klinik erlebte. Möchte deshalb keiner der Schule gram werden, sondern die gerladetau künstlerische 'Aufgabe würdigen, d'i'e ¡Immerdar ein siuibj'eiktiveis NeMges't.altian unteir Jeweils anderen GagefeiarJhei'ten veriianigt! Mit aufrichtigein, kameradschaftlichen Gefühle» sehen dOe akademischen Lehrer alljährlich die Schar junger Doktoren h'ln/wagzirehen zur eigenen Arbeit. Siie foeuen s.'ich, wann sie vom Erfolg dieser Jugend hören, der ias ¡hereiieh gegönnt iislt, daß all die Hoffnungen sich im Kreis jedes einzelnen erfüllen, mit denen er eilnst din die askil epische Lehre gegangen. Kreuzt aber Enttäuschung hier, Mißgeschick da den Weg des jungen Kollegen, wi'e es wolM jiader Berufisgang d)ajnin 'uinid wanin mit sich bringt, dann zürnte er nicht dar Schule, weil man aiuf diesen cxdeir j'enian Sorodarflaill dor.t nicht bedacht gewiesen seli, sondern baiue auf die kollegiale Bereitschaft das einem oder .arjdanan Lehrietfs, der ihm auis seitaer Erlahmung auch über die Uinivertsdtä'tisizeit hinaus gern natein wi'rid, wanin er seinen Rat ihönein will. E ; « bedeutender Gaschichtisfaraclheir drückte e'inm'al das Verhällbniis der Generationen so aus: S'ie formten isiöh aneinander und bestimmtem so den Wandel ihrer Zeit. Müht sich der Lehsreir in baster Absicht um den Schüler, so -gewannt eir selbst diabei doch niah't wertig f ü r die eigene Pernson wiie für di,e ¡weitere Gestaltung seinias Beriufswegeß. Di'aseis gegenseitige Geben und Nehmen wird fruchtbar und ertragreich bei redlichem Bemühen in freundlichem Eifer für die gemeinsame Sache. Darin liegt aber auch dar Grunid für jene ehrliche Kollegialität, idie Lehrer und Schüler lebenslang als Stiamdasganoasen noch so verschiedenen Alterns verbinden kianin und soll.

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fcsklepisches

Ziel

Asklepisches Ziel Neun Pflichtein, vielfach einander verwandt und ineinander verachliung&n, sp aegeln d>ais Wesen dies ärztlichen Berufes. S.nliioh)t der oder jeneir c'.nzclne Doktor soill dlais tun,ra:idh(tder Kreisphysikus oder ein sonstiger Amtsarzt, sondern j e d e r Arzt! Jadar Arzt stiebt uinaiufgefcindiart als ejn Faktor mitten im Erzidhuimgswark deis Lebens. Dassen sali er tsioh auicih bewiußlt sein. Er helfe dem Menschen i'hrein Sinin zu öffnen für diie Wunder und 'dlas Glüidk des werdianiden und heinsjniwiaidhisenldten Lebeinis. Natürlich wird es mit dem Bestaunen allein nicht getan sein; da winken für alle Beteiligten vi'elie Pflichten und Aufgaben. Ein aluisgezieichneteß Büchlein deis Pädiaters A d a l b e r t C iz e r n y 42 ) handelt davon, wie der „Arzt als Erzieher des Kindes" wirke, wßnkan müsse. Aber diieas Scforilfit läßt aiupih zwischen dein Zeilen le£)en, daß ies siic'h ebensosehr um Enzidhuing der Mutter, der EJlt'arn hanide,l)ti. Eioi Buch, das dam Arizt als Enzjiöher der Erwachsenen beiderlei Geschlechtes gewidmet wäre, scheint erst nach geschir Leiben wenden zu müsisen, weran iruain eis nli.chtt alls gteinülganid araichtdt, j!m Bierfarfsialil für 'allerlei, Fragen aus Anweisern der Hygiene Einzelheiten herauszuholen. Aber was vermögen alle gedruckten Bücher und geschriebenen Reigaln! Vdel wirkungsvoller ist und bleiifbtdas lebendige Be'iispLel. Und da gibt es, wie uns scheint, doch noch sehr viel zu tun. Wir wollen nicht wiiadenhokin, was schon Ün dleir Einleitung allgemeinlar vom Arzt geaalt wur'die unid' von aeliiner Weise, sich z.u gaben unid saitaen Wandel ailnzuodhlten. Hiier sei.' nur abgezielt auf seine erzieherische Mühe um das gesunde Leben. Gar viel ist dla au schaifGen, zu raten, zu sagm; das gilt für aille Sieitein des Lebendigen, gilt für die leibliche, die geistige und die seelische Komponente, welche in ihrer Dreieinigkeit zusammen das Wesen des Persönlichen bestimmen. Dabei werden nicht so sehr gewisse Rögelin der Tageseinteilung, dies Maßes uinid d!er Art ¡am Niaihrumg uinld Taunk, dels Rhy/tihimius von Arbeilt uinid Riuihe bedeutungsvoll sieliin. Solche Reglements kemnt mian gewiiß. Aber andere Gesiohtspiun'ktle, sehr wesentliche sogar, d'ile weniger der physischen Hygiene als der psychischen und der moralischen angehören, beldürfefn idleis LiQhltes, ohne d'abefi deim Ton einer ödein uinld gedlankeniairmjen Marailpaiulkeirei, Raum zu geben. So gillt es, einer 42 ) C z e r n y , Adalbert: „Der Arzt als Erzieher des Kindes." Verlag Deuticke, Leipzig und Wien 1926, 7. Aufl.

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Asklepisches Ziel gewissen Härte dler Lebensführung das Wort ziu reden. „Geisiurodhieit iist dii,e Toahiter dar Arbeit", belehrt uns eine ältere Weisheit aus dem Sprachschatz dler Deutschen. Demgegenüber härte man i)n den letztem Jahren und Jahrzehnten gar zu gerne und allzu einseitig die Gesundheit abhängig genannt van einer müßigen Erholung, .also von sehr betonten Arbeitspausen, von einem genießerischem Nichtstun, dessen kräftige nid e Rolle zweifellos vom weiten Kreisen sehr überschätzt worden ist. Gesundheit mißt sd,oh nicht am Müßiggang, sondern am Leitstfurngsfreud-e und Leistungsfähigkeit zusammen mit dem Gefühl des leiblichen Wohlbehagens. Dan Willen zu maßvoller Leistung zu stäirken, wolligem erkt nicht für jieme iln Raubbau ausartende Gier urnd Streberei, sondern dien Willen toi .trübem Schaffen unter Einsatz der Persönlichkeit, das 'iiat ein gutes Ziieil für Erzieher unid Ärzte, etfii gutes Ziiel und ein natürliches zugleich. Nichts ist schlimmer als die Tendenz zur Flucht in Krankheit und Faulheit, wob.eli belildle Begriffe nicht etwa gleich ziu achten sind. Viel gibt eis dia ziu rügein und zu bessern, zu richten und zu wehrem bei. all dewein, d'e vom Schicksal berufen sind, den Lauf zu einem positiven Lebensziel mitzumachien. Man öffine doch nur dlie Augen, um beispielsweise alle dile Unarten uimd schädlichen Weisen zu erkennen, deren sich Menschen bedienen,